h ? r selak>? | pi N a R * . * a [N c . ’ k 7 ’ ” .. € In gi s . Ude ZEITSCHRIFT FÜR ALLGEMEINE ERDKUNDE. MIT UNTERSTÜTZUNG DER GESELLSCHAFT FÜR ERDKUNDE ZU BERLIN UND UNTER BESONDERER MITWIRKUNG von H. W. DOVE, C. G. EHRENBERG, H. KIEPERT vw C. RITTER IN BERLIN, K. ANDREE ıx oresoex uso J. E. WAPPÄUS wm sörsıscex. HERAUSGEGEBEN voN Dr. K. NEUMANN. — rim. > NEUE FOLGE. ERSTER BAND. MIT 9 KARTEN. BERLIN. VERLAG VON DIETRICH REIMER. 1856. B £ SAUSTÜTEHATFI TUR Aa US. Adzuzanı 54 TAAHIGKIGAE 3 1a j DRAAWTUR andkanoaad arıa aAh. nn AITIIA I ans TABIIR H HAIENFEHE 8.0 ‚avoa ; ı MI KL SE MRDATTGG Pı BeUÄggaw Bi ‚b amu Kaas “1 ‚aaaama n;} AHETDADESAUTE KR AHANUSL. And rn Ran o a Sa he MAR, Atraaı 10204 zuge! ei ASTUAA 9 TI uk nur Mınrara Hov us vr. i « BR. I: I. II VI. =: VD. y oRV. ‚XVl Inhalt. Uebersicht der Thätigkeit der geographischen Gesellschaft zu Berlin vom April 1855 bis April 1856. Von C. Ritter . BR Ueber das Klima von Nord-Amerika. Von H. W. Dove Die Isothermen des Jahres und der extremen Monate in der Polar- projegtion.ı,, Ven.H, MW. Doye-set - Heinen: . Die Provinz Catamarca in der argentinischen Conföderation, Herden Artikel. Vom Herausgeber. . . . : Besteigung der westlichen Höchsten Spitze 2 Bene ep im ven gust 1855. Von J. J. Weilenmann . . Aus dem Bulghar-Dagh des ciliecischen Taurus. Yon Th. Eotaeır . Geschichtliche und geographische Notizen über Californien. Erster Artikel. Von K. Andree . r Die Provinz Catamarca in der sstinieken Conföderation. - ter Artikel. Vom Herausgeber _. .» . n n ur . Die jütsche Haide. Von G. Beer gr a Däni- schen . Ueber Huc und Gaber’s paam in "On: a Von Dir. Prof. Dr. Meinicke . . . Aus einem Briefe Aastah Schlagintmeit s.an a ee, v. Humboldt . Neue Aufnahmen der Enrländer in Seren Von Dr. H. Kie- Dark As Feirfis ... . . mt Geschichtliche arg AH S otizen über Californien. Ar: Arakel, Von KzAndree,a .„ . or or na Jwus . Briefe vom Rothen Meere. Von W. Munzinger. . ... XIV. Die amerikanische Expedition nach Japan. Erster Artikel. eh Herausgeber . . . Er ine) Me a Der Mineralreichthum rien rn H. Rink. Aus dem Däni- schen von A..v. Etzel REEL Ueber das Klima des preufsischen "Staats. Von H: W.,.Doye . Seite 121 155 209 221 238 239 244 289 306 324 377 Inhalt. IV XVU. Die amerikanische Rn nach Ba Zweiter Artikel. Vom Herausgeber . . - . n era = XVII. Bericht Rob. Sihlapair eit’s an Se. Majestät den König, a. d. Dieh; A.raulı 1806. ° 57 2 22% 2 sn ml: < XIX. Einige Bemerkungen über die Temperatur ae REN vol DE WEDIOVER 2; - 5 a le : XX. Eine Weltkarte mit dei Jahreszahl 1489, "Von Dr. G. Ko hl. Mit einem Vorwort von C. Ritter . = XXI. Ueber die veränderte Wasserhöhe an den PER BIER Küsten, Von G. Forchhammer. Aus dem Dänischen von Dr. Sebald . . XXII. Die Smith-Sund-Expedition 'unter Dr. Kane. Von C. Brandes. XXIH. Berichte R. und H. Schlagintweit’s an Se. Majestät den König aus Ladak und dem Kuenluen- >. - © . 0 a. » Miscellen und Literatur. Europa. Iltustrazione di una carta del Mar Nero del MCOCLI ... R. Quehl, Aus Dänemark.‘ Bormholm und die Bornholmer Die Veränderungen der Westküste Schleswigs . ». » . . Eisenbahnen und Kanäle in Spanien. 2. 2 2 en at. Das Zufrieren der unteren Donau . . a RT ne au Hansen, Chronik der friesischen Uthlande E Vretos, La Bulgarie ancienne et moderne . . Anregung zur Begründung einer geographischen Gesellschaft in Ve- ee ran DR Tarı Duden „Hk. ERS 2 TR Analyse des Wassers des bröiseh eyskih auf TSIAU MR? MIBER - Ueber die Sondirung des atlantischen Oceans zwischen Irland und Neu- rundkand in: SOIDmErPABAD® S» .n.ia0 SON u HDUMEE VERRRECHEENEN DaBaRe Der Handel des westlichen Griechenlands . . : : ss 2 2.2... Asien. Ueber die geographische Verbreitung des Tigers . « x. x 2... Die Schiffbarmachung des Godaweiy . : 2 2. nn... Tonp- Knete Neiıe a WS fr Be a a en, Auswärtiger Handel Benghlens ee ER . ı Neuere Arbeiten über das Kaspische Brask den Urmia- daih Van- See Personal Narrative of a Pilgrimage to El-Medinah and Meccah. By 2 02 Burton we ernste ale Ed. ercg, „2 re Bericht eines Chinesen über die Liu- Kin- haar a rc Unterseeischer Vulcan bei Formosa . . . 2... Der Kohlendistriet in Tsche-Kiang . . Be Die Werke von Hawks, Spalding und w. 'tdihe über di ameri- kanische Expedition nach Japan . . ı „u. 2% Seite 390 425 428 444 473 491 932 109 274 339 345 346 357 358 459 457 460 958 96 103 105 192 194 200 262 270 270 275 lu. - | i > k | Inhalt. Ueber Dr. J. B. Roth’s Er urn regen nach Gilead, Ammon, Moab, Edomtvor., u e et ARTE, Relation d’un voyage au Thibet par Mm. Abbe Krick DI ORTE Ueber einige wichtige im Fortschritt begriffene russische geographische IATDENLENIE El ar she Australien: Enesinseln der. Preue sC'3 "ia Ne. 22 0h9aa SENEIRGIEUEN A 02 G. Brumund, Indiana . & Tijdschrift voor Indische Taal., Dana. en Volkenkunde 7, u Natuurkundig Tijdschrift voor Nederlandsch Indie Afrika. r Schweizer-Colonien im Thale von Setif Schulstatistik von Algerien. . » ... „2.10% Inu ie „BER En ol Geschichte des Caplandes . . Three Lectures on the Emigration of. ihe Duich Fe en ”Y Co. lony of the Cape of Good Hope . ».. . Gräberg di Hemsö über die Bewohner des Rif . Freie Arbeit und Sklavenarbeit in den Colonien (Mauritius) Nachricht über Livingston’s Ankunft in Tete . . . : Eine amerikanische Expedition zur Erforschung von Aftika - Reise von Kharthüm nach den Rera- und Mandera-Bergen . Ueber das Erdbeben in Egypten vom 12. October 1856 . . . Amerika. The Annals of San Francisco, by Frank Soul&e etc. . . . . A. v. Humboldt’s Essai politique sur Visle de Cuba . . . = The U. S. Naval. Astronomical Expedition to the. Southern a Re BsderausPasehucherdes Dr. Kane sr u in a Die Gefahren der sogenannten Nicaragua-Route. .. . 2. 2.2.2. Pafs über die Cordillere am See Naguelhuapi . . . ... B Die Beschiffung des Rio Salado in der argentinischen Conföderation = Baumwollen-Production in den Vereinigten Staaten . . - Dampfschifffahrt auf dem Mississippi und seinen Neben 2 5 Die Humboldt-Bai in Califonien . . . En et Ueber die Indianer der Provinz Chocö in 2 Be a Ne ne rara > Sao Yap idne a ne 2 0 0 Ma nn Das Territorium Kansas . . . . 2 EEK SALE IEE Die Schwefelgruben am en Te: ER ie Beecher, The Landfall of Columbus on his First Valle Be. Geographie des parties centrales de l’Amerique du Sud. Par Fr. zn Castelnau . .. he ae Re Ueber den Humboldt- Gletscher in Nord- Grönland A eune Ueber den gegenwärtigen Zustand des Mormonen-Gebiets . 108 282 282 285 101 101 101 117 190 192 208 259 346 951 112 114 115 175 177 179 186 254 255 256 257 258 350 357 363 364 459 463 vi Inhalt. Seite Der Handel von Guayaquil . ... lee rer aa K. Andree’s „Buenos Aires und die Atkeheh Provinzen“. . 469 Landstrafsen und Eisenbahnen auf’ Cuba 1. wu ennacıe 1 sntantert BRD Eine neue Franklin-Expedition . uw u nein Selısn 00a) 968 Miscellen allgemeineren Inhalts. Ueber W. Roscher’s „Kolonien, Kolonial-Politik und Auswanderung“ 272 B. Cotta’s „Geologische Bilder@ .«ı, . „ . 2 ons! wah-mlsunt. om Au Uebersicht der vom Juni bis zum November 1856 auf dem Gebiete der Geographie erschienenen Werke, Aufsätze, Karten und Pläne. Von W: Koner 4 = 2 Shen elüe.ne ar See ae Berichte über die Sitzungen der geographischen Gesellschaft zu Berlin $. 118, 206, 286, 333, 471 und 567. Karten. Taf. I. Karte der nördlichen Hemisphäre innerhalb des 40. Breitengrades, ent- worfen und bearbeitet von Dr. H. Kiepert, nebst Darstellung der Wärme- Vertheilung für Januar, Juli und das Jahr von H. W. Dove. Taf. II. Doppelblatt: Catamarca nach Arrowsmith. — Catamarca nach den An- gaben B. Ruzo’s. Taf. II. Karte des Staates Californien. Nach der officiellen Karte des State Surveyor General W. M. Eddy gezeichnet von Dr. H. Kiepert. Taf. IV. Karte des Andes-Passes am See Naguelhuapi. Nach dem Bericht von Fonck und Hers gezeichnet von K. N. Taf. V. Die Ruinenfelder von Assyrien nach den im Frühjahr 1852 im Auftrage der Indischen Regierung vom Comm. F. Jones und Dr. med. Hyslop ausge- führten trigonometrischen Aufnahmen, reducirt und gezeichnet von Dr. H. Kiepert. Taf. VI. Karte der Länder am oberen Nil. Von Dr. H. Kiepert. Taf. VII. Eine Weltkarte mit der Jahreszahl 1489. Taf. VII.” Uebersicht der in der Umgegend des Baikal-See’s von L. Schwarz im Jahre 1849 astronomisch bestimmten Positionen. Entworfen von Dr. H. Kiepert. Taf, IX. Der östlichste russisch - chinesische Grenzbezirk im Tungusenlande nach v. Middendorff’s Karte mit Berichtigung durch die in den Jahren 1849—53 durch L. Schwarz astronomisch bestimmten Positionen. Entworfen von Dr. H. Kiepert. Be ae ? = Jali 1856. . ZEITSCHRIFT ne vr ER BR FÜR EP | er > ‚END usmen BESONDERER Arhrirkung H Er e Ä - Y = HR Es Si 5 5 EL “ DEREL 5 De er = w. Dove, & & EHRENBERG, =. KIEPERT UND c. RITTER. t 72%, TE IN BERLIN, Ih; K ANDREE. in Dußsoe UnD: 3: N WarPÄUs a8 Gore. if ET RN TE RL I ; | R RER ee EEE Be Jl N RE j er : ABNAUSCHGEREN | Inhalt. L Uebersicht der Thätigkeit der Breuiiehe Gesellschaft zu Beine vom 14. April 1855 bis zum 5. April 1856. Von Carl Ritter. eat IL Ueber das Klima von Nord- Amerika. Von H. W. Dove, e Die Isothermen des Jahres und der extremen Monate in der. Polar- projection. (Hierzu eine Karte, Taf. 1.) Von H. W. Dove. R II. Die Provinz Catamarca in der argentinischen Republik. ai einer’ rn Karte, Taf. I.) Vom Herausgeber... . . ET IV. Besteigung der westlichen Höchsten Spitze des Monte Rosa i im August 1855.“ Von I. 3. ;Weileumanı.. :...2. 00 2 re a Miscellen. \ = 1 Ueber die ‚geographische Verbreitung des Tigers (Felis tigris) . .. -» 96 © Schweizer-Colonien im Thale von Setff . . . . ee RER | « Schul-Statistik von Algerien * *. 2.2 2. 20.222 0 20. 5,104” | Geschichte des Caplandes . . . le 2 RA RR y _ Die Schiffbarmachung des Godayers ERITREA NEN 7 n NR TE DE A RE DE | Die Inseln der True... n 2.0 een nr 402 - Neuere’ Literätur. 2x SR Illustrazione di una carta del Mar Nero del MECCLI e Ricorda sul Cau- > BR . caso, sulla Spagna, sul Marocco etc. del Generale Conte Luigi Sere. SESTEBIORIR! es 109 ; The Annals of San Fre ete. 2 Frank Soule, Deis H. Gihon an a James Nisbt . ...- re A. v. Humboldt’s Essai She, sur Pisle % Cuba ET; 1.114: The U. 8. Naval Astronomical Expedition to the Southern Beslhens u ; ‚ ring the years 1849 — 1582 . . . „une 2. j 15 Three Lectures on the Emigration of the Dutch Farmers ok the. Deka SE: 235 of the Cape of Good Sn and their ae in the Disrit f EL Natal . . . BEE Ne 117. Sitzung der geographischen. Gesellschaft vom 5. Juli ER ER re F "Karten. % ERS ER ö Be & Taf. 1I.: Karte der nördlichen Hemisphäre innerhalb des 40. Breiicngrädee, ent- | worfen und, bearbeitet ‚von Dr. H. Kiepert, nebst Darstellung der = -Wärmevertheilung für ‚Januar, Juli und das Jahr,. von H. W. Dove 2 Taf. II. Doppelblatt: Catamarca nach‘ Arrowsmith. — Catamarca nach den Angaben B. Ruzo’s. LE N Von dieser Zeitschrift Genese jeden Monat ein Heft von 5—6 Eos mit Karten und Abbildungen. Der Preis eines Bandes von 6 Heften, welche nicht getrennt abgegeben Kae ist 2 Thlr. 20 Me X Br I. Uebersicht der Thätigkeit der geographischen Ge- sellschaft zu Berlin vom 14. April 1855 bis zum 5. April 1856. Da. Statuten der Gesellschaft gemäls wird jedesmal die erste Sitzung ihres Vereinsjahres mit einer Uebersicht ihrer Leistungen im vergangenen Jahre begonnen, unstreitig in der Absicht, um dieselbe zum lebendigen Bewulstsein zu bringen, wie Vieles noch ihrer Thätig- keit zu vollbringen übrig bleibt, um ihre Zwecke, die freilich nur an- regender Art sein können, zu erreichen; aber zugleich. ist diese Ueber- sicht wohl angeordnet, um auch die Anerkennung dessen, was die Bestrebungen der Gesellschaft zur Förderung ihrer Aufgabe geleistet haben, auszusprechen. Deshalb eine einfache Aufzählung des Beachtens- _ werthesten, was durch die Gesellschaft zu Stande gekommen ist, um zu neuen wissenschaftlichen geographischen Mittheilungen fernerhin auf- zufordern. Der Erinnerung eines in diesem Jahre heimgegangenen Mitgliedes und einstigen Mitstifters des Vereins, des Directors von Klöden, sind nur wenige Worte gewidmet worden, weil seine ausgezeichnete Wirk- _ samkeit auch auf dem Gebiete der Geographie schon hinreichend be- kannt war; eine besondere Veranlassung zu diesem Andenken gab das Geschenk seiner hinterlassenen Familie an unsere Bibliothek, welches k in den von ihm besessenen schönen Reliefs des Montblancgebirges be- steht und wofür den Hinterlassenen der Dank öffentlich ausgesprochen wurde. | Die Zahl der wirklichen Mitglieder der Gesellschaft ist bis auf 265 gestiegen. Eine erfreuliche Theilnahme an unseren wissenschaftlichen Be- ‚strebungen erweisen die zahlreichen Gaben, die zur Förderung unserer Zwecke von den verschiedensten Instituten, wie von Privaten des In- Zeitschr. f. allg. Erdk. Neue Folge. Bd.I. __._. 1 Pd 2 ©. Ritter: und Auslandes. für unsere literarischen Sammlungen einliefen und für welche wir den Gebern den verbindlichsten Dank zu sagen haben, da sie uns mit den Fortschritten der Gegenwart auf diesem Gebiete in die lebendigste Verbindung bringen. Wir heben hier nur die Ueber- reichung des Prachtwerkes, die Reise des Prinzen Waldemar nach In- dien (1844—46) betreffend, hervor, welche durch Se. Königl. Hoheit den Prinzen Adalbert, Chef der Marine, in seinem und seiner hohen Geschwister Namen für die Bibliothek der Gesellschaft erfolgte, sowie die schöne Originalbüste des Entdeckers im continentalen Australien, Leichardt, von dessen französischem Reisegefährten den deutschen Landsleuten zugesandt und von dem Herrn Minister v. Raumer der geographischen Gesellschaft wohlwollend zugewiesen. Aulser den vielen Privaten, die ihre werthvollen literarischen Arbei- ten einsandten, haben uns auch mehrere öffentliche Institute reichlich . bedacht, wie die Smithsonian Institution zu Washington, die geographi- schen Gesellschaften zu Paris, London und Petersburg, ebenso haben uns die Zusendungen königl. preufsischer Consule, v. Minutoli’s aus Spanien, v. Gülich’s aus Chile und den La Plata-Staaten und Hesse’s aus Central- Amerika, sowie die Firmen von Perthes, Reimer und An- deren, die auch unsere Kartensammlungen bereicherten, zu Dank ver- pflichtet. Vorzüglich gedenken wir auch der vielen handschriftlichen Original-Mittheilungen, der wichtigsten Quellen aus allen Theilen der Erde, die wir der unermüdeten Thätigkeit und der lebhaftesten Theil- nahme des Herrn Alex. v. Humboldt verdanken. Die jüngst begründete geographische Gesellschaft zu Wien hat sich durch ihren ehrenwerthen Vorstand mit unserem Verein in eine wohl- wollende und hoffnungsreiche Beziehung gesetzt. Verschiedenen mit der Geographie enger verschwisterten Zweigen der allgemeinen Physik und Naturgeschichte verdankt der Verein man- che sehr lehrreiche Mittheilungen, zumal der Hydrographie, Meteorolo- gie, Botanik und Geologie. Herr Dove theilte Bemerkungen, über Schinz’ „Untersuchungen über die Veränderung der Rotations- Geschwindigkeit der Himmels- körper und deren Zusammenhang mit der Oberflächengestaltung der Erde“ mit, sowie er die sinnreiche, bei der Pariser Ausstellung be- kannt gemachte Vorrichtung besprach, die fortdauernde Beobachtung der Drehung der Erde aus Schwingungen des Pendels möglich zu machen. Derselbe theilte des Nordamerikaners Prof. Bache Forschun- gen über die Fluthwellen im stillen Ocean nach dem Erdbeben in Ja- pan mit, deren Durchwanderungszeit des Meeres bis zur Küste Cali- forniens die Thatsachen zu einer Berechnung der mittleren Tiefe des "Oceans darbot. Uebersicht der Thätigkeit der Berliner geogr. Gesellschaft 1855 —56. 3 Herr Wolfers gab Nachrichten über Ebbe und Fluth in Beziehung auf einige nahe liegende Orte, und besprach das Lehrbuch der Navi- gation und die nautisch-astronomischen Tafeln für die königl. preufsi- sche Navigationsschule. k Ueber die wechselnden Temperaturen des amerikanischen Golf- _ stroms, über des Astronomen Maury Windrichtungen im Gebiete der indischen Monsune, über Fitzroy’s Windverhältnisse des atlantischen Oceans, über die Temperaturverhältnisse der Quellen nach Hallmann und den Einflufs derselben auf den Pflanzenwuchs, wie über die feuer- flüssigen Zustände der Erdrinde unter ihrer festen Oberfläche nach Airy, auch über die geringe Ablenkung des Bleiloths bei der indischen Gradmessung dicht an der Masse des Himalaya-Gebirges, theilte Herr Dove die Anzeigen und seine Bemerkungen mit. Von demselben wurde auf Temperaturverhältnisse durch Bewegung des Meeres an den Küsten von Irland und Dänemark, auf die Arbeiten französischer Physiker, die Temperaturverhältnisse Frankreichs und seiner Colonien betreffend, die besonders in Algerien und Guiana zu Stande kamen, aufmerksam gemacht, und die klimatischen Verhältnisse des preufsischen Staats in den Jahren 1854 und 1855 ausführlich dargelegt, sowie die von Mid- dendorff, dem sibirischen Reisenden, in seinen Isopiptesen nachgewie- senen Thatsachen der Vögelwanderungen Rufslands, die sich nach magnetischen Zuglinien richten, besprochen. Herr Schultz legte der Gesellschaft die von ihm herausgegebenen medieinisch-climatologischen Monatsberichte für Berlin (1846— 1847) und seine Tabellen über den täglichen Gang meteorologischer Instru- _ mente in Rom vor, und hielt einen darauf bezüglichen Vortrag über | die Methode, die in Anwendung kommen müsse, um jene meteorologi- (En iu A U Zi eh eng schen Verhältnisse für die Mediein brauchbar zu machen. Herr Braun hielt zwei ausführliche Vorträge über die geographi- sche Verbreitung der Gewächse, zumal nach Decandolle’s Geographie | botanique raisonnee, welche letzterer der Gesellschaft übersandt hatte. Ueber die Nordpolarländer wurden die von Herrn Kiepert con- struirten und von Herrn Dove in Bezug auf Vertheilung der Tempe- ratur bearbeiteten Karten vorgelegt und die Wechsel der jährlichen Umgestaltung ihrer Isothermen nachgewiesen, woraus sich ergab, dafs die bisherige Annahme zweier Kältepole eine irrthümliche sei. Gehen wir nun zu Demjenigen über, was für den Fortschritt der Erkenntnifs einzelner Erdtheile beigetragen wurde, so nimmt, wie ge- wöhnlich, Afrika, als der unbekannteste, die erste Stelle ein. Wir konnten am 15. Oetober 1855 in unserer Abendsitzung den glücklich aus dem Sudan zurückgekehrten deutschen Reisenden Hein- rich Barth freudig begrüfsen, als er, über dessen Schicksal die schlimm- 1* A C. Ritter: sten Gerüchte vorausgegangen waren, gesund und wohlerhalten in un- sere. ihm sehr befreundete und für seine vielen lehrreichen Mittheilungen dankbare Mitte trat. Wir vernahmen aus seinem kernhaften Vortrage kurz und bündig die Hauptresultate seiner grolsartig vollendeten Reise- unternehmung für Geo- und Ethnographie, und seinen Entschlufs, der Ausarbeitung seines Reiseberichts für die Wissenschaft zunächst seine ganze Kraft zu widmen. Der Vorstand konnte von dem grofsen schiffbaren, von Herrn Barth entdeckten Benueflufs, der in Folge dieser Entdeckung das erste Dampfschiff glücklich in die Mitte des Sudan bis in die Nähe von Adamawa getragen, die Originalaufnahmen im grolsen Malsstabe, von Herrn A. Petermann an Herrn Al. v. Humboldt eingesandt, der Ge- sellschaft übergeben. An einem der folgenden Abende (7. März d. J.) wohnte die kühne und berühmte Weltreisende Frau Ida Pfeiffer der Sitzung der Gesell- schaft bei und wurde von derselben, deren Vorträgen sie mit der ge- spanntesten Aufmerksamkeit zuhörte, in Anerkennung der Wichtigkeit ihrer Bestrebungen, da sie selbst sich zu einer neuen Untersuchurgs- reise nach der Insel Madagascar vorbereitete, ehrenvoll bewillkommt. Von dem preufsischen General-Consul in der iberischen Halbinsel, Herrn v. Minutoli, wurde nach Beendigung seiner Reise nach den ca- narischen Inseln ein meisterhaftes Relief der Insel und des erhabenen Piks von Teneriffa zur Betrachtung vorgelegt. Herr Peters gab einen Auszug aus dem Berichte über die Reise- Expedition der portugiesischen Majore Monteiro und Gamitto (1831 und 1833) in das Innere des östlichen Süd- Afrika vom oberen Zam- beze aus, welcher Bericht durch die Bemühung des portugiesischen Mi- nisters Herrn Vieomte de Sa da Bandeira 1854 veröffentlicht und ein- gesandt worden war. Herr Kiepert legte eine im grofsen Mafsstabe construirte hydro- orographische Skizze der inneren Verhältnisse Süd-Afrika’s vor und begleitete dieselbe mit kritischen Bemerkungen über die neue Angabe des grofsen Binnensee’s in Central- Afrika und die neueren Expeditio- nen der Portugiesen nebst ausführlichen Mittheilungen über die Karto- graphie Süd-Afrika’s in den letzten drei Jahrhunderten mit besonde- rer kritischer Berücksichtigung der Douville’schen Angaben. Der Vorstand konnte aus einem Originalschreiben des Missionars Krapf nach seiner Rückkehr aus der Mombaza-Mission dessen Besuch in Aethiopien (1855), im Lager des dort siegreichen neuen Königs Thheodoros mittheilen, wie über des letzteren Fortschritte in Gondar, über dessen Pla und Anordnungen zur Herstellung des alt-äthiopi- schen Reichs und der Selbstständigkeit der äthiopischen Kirche, ferner Uebersicht der Thätigkeit der Berliner geogr. Gesellschaft 1855 —56. Er über die Begünstigung, die derselbe der Abschaflung des Sclavenhan- dels, der Zulassung der evangelischen Missionarien und der Verdrän- gung der Polygamie zu Theil werden läfst. Ueber die handschriftlich von Herrn Barth aus dem Sudan einge- sandte, von einem Timbuctu-Gelehrten in arabischer Sprache abge- falste Geschichte Timbuctu’s wurde Herrn Ralfs an den Vorstand ein- gesandte Abhandlung und Uebersetzung mitgetheilt, als das erste Spe- eimen einer in Europa bekannt gewordenen einheimischen Sudan -Li- teratur. Von demselben wurde auch die ihm von dem Herrn Grafen v. Schlieffen aus Kordofan zugesandte Nachricht von zwei Pilgerreisen- den und ihrer local verzeichneten Route vom Senegal bis Kordofan und Mecca mitgetheilt, welche dem europäischen Reisenden Barth auf ihrer Reise begegnet waren. Ueber Algerien theilte Herr W. Rose seinen kurzen Durchflug im Jahre 1855 mit. Herr Lichtenstein gab eine Notiz über den daselbst reisenden Doctor Buvry und über eine literarische Erscheinung aus Bona. Herr Schröner zeigte Proben von Algeriens üppigen Getreide- arten vor und gab Bemerkungen über ihr Vorkommen und ihre Aus- stellung bei dem Pariser Industrie - Institute. Ueber Australien wurden von Herrn Heising drei Vorträge gehal- ten, denen eine grofse Wandkarte des Erdtheils zur Erläuterung diente. Der Vortragende ging dabei in die Entdeckungsgeschichte der letzten Jahrzehnte ganz speciell ein, besonders auch die grofsen Verdienste des deutschen Reisenden Leichardt, sein Leben und seine Entdeckungen hervorhebend und nach vielen von dessen Familie und Zeitgenossen mitgetheilten ungedruckten Quellen in das gehörige Licht stellend, so- wie der Redner auch die wahrscheinlichsten Vermuthungen über Lei- chardt’s Untergang besprach. Ueber Asien waren die gütigst mitgetheilten Originalbriefe des Herrn Prof. Petermann über seine orientalischen Reisen am Euphrat, nach Persepolis und bis in die seit Jahrhunderten fast unbekannt ge- bliebene antike Heimat des Feuercultus im centralen Persien, nach Jezd, die derselbe mit einem Parsen aus Bombay glücklich zurückzulegen im Stande war, von besonderem Interesse, worauf wir den Reisenden wie- der hier in unserer Mitte begrülsten. Von der Himalaya-Expedition der drei Gebrüder Schlagintweit theilte der Vorstand nach Schreiben an Herrn Alex. v. Humboldt die erste Nachricht ihrer glücklichen Ueberkunft nach Bombay, Herr Eh- renberg die Ankunft Hermann Schlagintweits im östlichen Himalaya nach Sikkim zu Dargiling mit. Später konnte der Vorstand die Be- richte der beiden Brüder Adolph und Robert Schlagintweit, die an Se. Majestät den König gerichtet und von demselben allergnädigst über- ä | ee er DE 0 u ne 2 u a a 6 C. Ritter: sandt worden waren, vollständig zur Veröffentlichung bringen. Sie betreffen ihre glückliche Uebersteigung der westlichen Himalaya-Kette an den Quellen des Ganges und Satelesh, bis zur Betretung der tibeti- schen Grenze am oberen Indus bei Gartope in der Nähe der heiligen Seen. Sie hatten am Ibi Gamin die höchste Gebirgshöhe erstiegen, zu der sich je eine beobachtende Gebirgsexpedition erhoben hat, näm- lich 20,886 Par. Fufs, höher, als Al. v. Humboldt und Boussingault am Chimborazo kamen, und, wie Herrn v. Humboldt über den erfreu- lichen Fortschritt schriftlich mittheilte, sogar noch 786 Par. Fufs höher, als der Gipfel des Chimborazo, der nur bis zu 20,100 Par. Fufs sich erhebt. Nur Gay Lussae war im Luftballon noch um 714 Fufs höher in die Atmosphäre emporgestiegen (bis 21,600 Par. Fufs). Aus dem östlichsten oceanischen Asien waren über die Erdbeben auf der japanischen Inselgruppe Originalberichte von Osaka und Jeddo an Herrn Alex. v. Humboldt eingelaufen, welche der Vorstand durch dessen gütige Mittheilung dem Vereine vortragen konnte. Aus dem Norden Amerika’s theilte der Vorstand die an ihn ge- richteten lehrreichen Briefe des Reisenden Herrn Kohl über die Ver- einigten Staaten und Canada mit; von der sehr starken Zunahme der Bevölkerung Canada’s in den Jahren 1849 und 1850 gab Herr Dove Bericht, sowie dafs nach einem Schreiben des Geognosten Desor das Rückschreiten der Wasserfälle des Niagara auf ein geringeres Mafs, als gewöhnlich angegeben wird, zu reduciren sei. Herr v. Olfers legte Farbenskizzen des berühmten, ethnographisch so verdienten Malers Catlin über nordamerikanische Nomadenstämme, besonders die Man- dans oder Fasanen-Indianer, vor, und begleitete sie mit seinen Erläu- terungen. Herr Walter hielt einen Vortrag über Bastardverhältnisse der in Amerika lebenden Menschenracen. Ueber Süd- Amerika schickte Herr de Angelis einige seiner Ar- beiten ein, unter denen sich auch eine Lebensbeschreibung des Herrn Bonpland befindet. Herr Homeyer übergab einen Specialplan der deutschen Colonie Petropolis in der Nähe von Rio Janeiro. Herr von Martius, der berühmte Kenner der brasilischen Länder, übersandte der Gesellschaft als Geschenk seine kostbare, nur in wenigen Exemplaren existirende meisterhafte Darstellung der für die Vegetation Brasiliens charakteristischen Sammlung von Landschaften. Central- Amerika widmete Herr Kiepert einen ausführlichen Vor- trag in Beziehung auf alle Durchschnittsverhältnisse und mit kritischer Beurtheilung der verschiedenen Eisenbahn- und Canal-Projekte nach neuen Vorlagen, die in Folge der grofsartigen Original- Aufnahmen der Herren Squier, Codazzi und Kelley bei Herrn Al. v. Humboldt einge- laufen und zur Benutzung, wie zur Veröffentlichung übergeben waren. 2 Uebersicht der Thätigkeit der Berliner geogr. Gesellschaft 1855—56. 7 Die Squier’sche Arbeit ist von dem Herrn Verfasser der Gesellschaft selbst eingeschiekt worden, die handschriftlichen Aufnahmen von Ca- dazzi und Kelley’s Originale sind ein Geschenk des Herrn v. Hum- boldt für die Kartensammlung des Vereins. Wir haben zum Schlufs über unseren eigenen Erdtheil Europa Einiges zu berichten. Von Herrn v. Minutoli kamen uns einige schätz- bare Karten und neuere Werke über Spanien und Portugal zu; Herr Walter theilte eine Karte der Telegraphenlinien Englands mit; Herr Caspary sprach über die seit Kurzem erst in Schottland und England erschienene, Alles überwuchernde Wasserpflanze, Anacharis Alsinastr. Bab., die man wegen der Verschlämmung und Verstopfung der Flüsse, Teiche und Canäle daselbst die „Wasserpest“ genannt ‚hat, weil sie in ihrer grenzenlos schnell sich entwickelnden Vermehrungsfähigkeit kaum überwältigt werden konnte. Seine Bemerkungen begleitete er mit Vor- zeigung des natürlichen Gewächses, das erst seit 1842 auf den briti- schen Inseln bekannt geworden und von dem Continente fern gehalten werden müsse. Herr W. Rose theilte eine Karte über sardinische Eisenbahnen, photographische Blätter von Schweizergebirgen und einige Notizen über die Waldenser, wie über das Erdbeben im Visperthale am Fulse des Monte Rosa mit, worüber auch Herr Nöggerath aus Bonn seine Beobachtungen der Gesellschaft gütigst einsandte. Herr Dove besprach des Herrn Plantamour Nivellement zwischen Genf und dem grofsen St. Bernhard. Herr Baeyer hielt einen Vortrag über das von ihm ausgeführte Nivellement des Harzgebirges und über die dabei in Bezug auf den Gang der Refractionen gemachten vielfachen Beob- achtungen, aus deren Resultaten hervorging, dafs die La Place’sche Barometerformel berichtigt werden müsse, Herr Dieterici theilte sein grolses, vom statistischen Bureau in 7 Foliobänden herausgegebenes Werk über die statistischen Verhältnisse des preufsischen Staates mit und zeigte in einem ausführlichen Vor- trage die Entstehung und den Zusammenhang der darin gemachten Mittheilungen, sowie derselbe auch die wichtigsten Resultate der Ar- beit, so weit es die Zeit erlaubte, in der Kürze darlegte. Herr v. Carnall hielt wiederholte Vorträge über den Bergbau und die Mineralproduction im preufsischen Staate seit 1820 bis 1854 und deren Fortschritte, besonders über die Steinkohlenlager, deren Bearbei- tung und die dadurch angeregte und in Gang gesetzte Industrie. Der- selbe legte dabei die Kartenaufnahmen der Steinkohlenreviere von Bo- chum und Essen in Westphalen, sowie von Saarbrück vor. In einem anderen Vortrage behandelte Herr v. Carnall den Braunkohlen - Berg- bau und in einem dritten die Eisen-Industrie Preufsens und den Bau anderer Metalle. 8 Uebersicht der Thätigkeit der Berliner geogr. Gesellschaft 1855—56. Herr Kiepert sprach unter Vorlegung einer von ihm dazu in grö- {serem Mafsstabe handschriftlich ausgearbeiteten ethnographischen Karte über die neue, durch die Wiener Friedenspräliminarien angenommene Grenzlinie durch Bessarabien zur künftigen Begrenzung der Moldau, und setzte die dabei zu beachtenden physikalischen und ethnographi- schen Verhältnisse der mannigfachen Bevölkerung auseinander. Herr Polsberw sprach über eine Statistik der Völker des Alter- thums nach Moreau de Jonnes’ „Statistique des peuples de lanti- quite“. Zum Schlufs würde noch daran zu erinnern sein, dafs die mit Unterstützung unserer Gesellschaft herausgegebene „Zeitschrift für all- gemeine Erdkunde“ unter der eifrigen Redaction des Herrn Gumprecht bis zum sechsten Bande gediehen ist, und dafs die Gesellschaft für die Verwaltung ihrer Bibliothek an Herrn Koner einen erwünschten Ken- ner der geographischen Literatur gewonnen hat. ©. Ritter: ld I. Ueber das Klima von Nord- Amerika. Von H. W. Dorve., So lange der Gesichtskreis der Völker sich auf die unmittelbare Umgebung des Mittelmeeres beschränkte, konnten klimatische Unter- schiede nicht in extremem Mafse hervortreten. Die Temperaturver- hältnisse Griechenlands und Italiens im Gegensatze zu Syrien, Aegyp- _ ten und der gesammten Nordküste von Afrika bewegten sich innerhalb ' der Grenzen, welche durch das weitere Vordringen der Macedonier nach Asien bereits bekannt geworden waren, so dafs erst durch die Bekannt- schaft mit Germanien die Wärmeabnahme nach Norden deutlicher in das Bewulstsein trat. Tacitus Schilderung seines Klima’s trägt noch _ deutlich den Stempel dieses ersten Eindrucks und da allmählig immer nördlichere Stämme in den Völkerverkehr eintraten, so befestigte sich _ die Ansicht, dafs der Abstand vom Aequator das allein Bedingende für die klimatischen Verhältnisse sei, immer mehr. Allerdings sagt schon Caesar, dafs das Klima von England gemäfsigter, als das von Gallien sei, remissioribus frigoribus, und Strabo, dafs Britannien mehr durch Regen, als durch Schnee unwirthlich werde, da aber der conti- nentale Charakter des Innern von Nord-Asien unbekannt blieb, so _ waren die beobachteten Unterschiede der Temperaturvertheilung inner- _ halb der jährlichen Periode nicht erheblich genug, um auf die in Ost _ und West vorhandenen grolsartigen Gegensätze aufmerksam zu machen. Erst als europäische Ansiedler an den Ostküsten Nord-Amerika’s sich niederliefsen, eröffnete sich ihrem Blick auch in klimatischer Beziehung eine neue Welt. Schon an den Küsten fanden sie eine Winterkälte von auffallender Intensität. Der Hudson ist in der Breite von Rom im Mittel jährlich 87 Tage gefroren und diese Kälte steigert sich bei weiterem Vordringen in das Innere, so dafs Montreal an den Ufern ‚des Lorenzstromes in der Breite von Mailand im Januar die Tempe- 10 H. W. Dove: ratur des Bernhardhospizes zeigt, Norway-House am Winipeg 15 Grad kälter ist, als Berlin in gleicher Polhöhe. Auch bietet der Sommer keineswegs eine Compensation für diese auffallende Winterkälte, denn die Temperatur von Norway-House fällt einen Grad unter den Frost- punkt, während die von Berlin sich sieben über denselben erhebt. Auf diese Weise erklärt es sich, dafs die Einwanderer der verschiedenen europäischen Völkerstämme, mit Ausnahme der französischen Canadier, in der neuen Welt im Allgemeinen zehn Breitengrade südlicher ihre Wohnsitze aufgeschlagen haben, und dafs Amerika in den Ruf einer solchen Kälte kam, dafs Halley für ihre Erklärung zu der Annahme die Zuflucht nahm, die Erde habe sich einst um eine Achse gedreht, deren nördliches Ende nach Nord-Amerika fiel, und habe erst durch den Anstofs eines Kometen ihre jetzige Drehungsachse erhalten. Gegen diese Ansicht, dafs Amerika überall viel kälter als Europa unter gleichem Grade der Breite sei, trat 1794 zuerst Georg Forster entschieden auf. „Uns kommt es so vor, sagt er, als ob in dieser all- gemeinen Ausdehnung des Satzes einige Uebertreibung liege. Das In- nere von Nord- Amerika jenseits der Alleghani-Gebirge genielst ein ungleich milderes Klima, als die Ostküste unter einerlei Polhöhe. Der wilde Reis, der an dem südlichen Ufer des Sees Superior nicht reifen will, wächst häufig und bringt reifen Samen oberhalb des Winipeg, beinahe 5 Grade weiter nach Norden. Hearne und Macquenzie fan- den auf ihren Reisen in das Innere bis zum 68. Grade den Boden mit Wald bedeckt, und weiter erstreckt er sich auch in unserem Welttheile nicht. Die Westküste endlich, oder Neu-Albion, soll nach dem Zeug- nils der älteren sowohl, als der neuesten Entdecker ihrer hohen Ge- birgsketten ungeachtet ein sanfteres Klima, als die Ostküste genielsen. Diese Verschiedenheit zwischen den zwei entgegengesetzten Küsten eines Welttheils findet auch in dem unsrigen statt. In Ochotsk unter dem 60. Grade der Breite ist keine Art von Anbau möglich, und die Winter- kälte, die bis in den Mai fortdauert, bedeckt die Höhen und den gan- zen Meerbusen mit Eis. Noch ungleich südlicher bis an die chinesi- sche Mauer gestattet der Himmelsstrich keinen Kornbau, und in Pe- king selbst, das mit Philadelphia und Toledo im 40. Grade der Breite liegt, ist der Winter aufserordentlich streng. Die Ursache dieses Unter- schiedes zwischen der Temperatur der östlichen und westlichen Küsten sei, welche sie wolle, so ist wenigstens das Faetum so beschaffen, dafs es den anfänglich so auffallenden Unterschied zwischen der Tempera- tur beider Welttheile bedeutend vermindert.“ Auf ein reicheres Beobachtungsmaterial gestützt, gelangte Alex. v. Humboldt im Jahre 1817 in seiner Abhandlung: „Des lignes iso- thermes et de la distribution de la chaleur sur le globe“ zu allgemeineren, Ueber das Klima von Nord - Amerika, 11 uf numerische Werthe gegründeten Resultaten. „Ganz Europa, sagt er '), wenn man es mit den östlichen Theilen von Amerika und Asien vergleicht, hat ein Insel-Klima, und auf gleicher isothermer Linie wer- den in dem Mafse die Sommer heifser und die Winter kälter, als man vom Meridian des Montblane nach Osten oder Westen vorschreitet. Europa kann als die westliche Verlängerung des alten Continents an- gesehen werden, und die westlichen Theile aller Festländer sind nicht nur in gleichen geographischen Breiten wärmer, als die östlichen, son- dern es sind selbst in den Zonen gleicher Jahrestemperatur auf den Ostküsten beider Continente die Winter strenger und die Sommer hei- (ser, als auf den Westküsten. Der nördliche Theil China’s, wie die atlantische Küstenzone der Vereinigten Staaten zeigen übermäfsige Kli- mate, während die Küsten von Neu-Californien und die Mündung des Columbia beinahe gleich gemäfsigte Winter und Sommer haben. Die Witterungsbeschaffenheit dieser Nordwest-Gegenden gleicht bis zum Parallelkreise von 50° bis 52° der von Europa. Wenn man zwei _ Witterungssysteme, die concaven und convexen Scheitel derselben iso- thermen Linie vergleicht, so findet man in New-York einen Sommer gleich dem in Rom und einen Winter wie in Kopenhagen, zu Quebec _ einen Pariser Sommer und einen Petersburger Winter. In China, z.B. in Peking, wo die mittlere Jahrestemperatur die der bretagnischen Kü- sten ist, sind die Sommer heifser, als in Cairo, und die Winter so _ streng, wie in Upsala.“ Die folgenden Untersuchungen anderer Naturforscher haben die hier ausgesprochenen Sätze bestätigt; ich will daher hier zunächst auf _ die Gesichtspunkte aufmerksam machen, welche geltend gemacht wer- den müssen, wenn es sich darum handelt, den Ursachen nachzuspüren, _ welche jene auffallenden Gegensätze hervorrufen. Hier sieht man so- gleich, dafs mit der Bezeichnung excessives und gemäfsigtes Klima, wel- ‚che Buffon gebrauchte, wie mit der von See- und Continental- Klima, die von Humboldt gewählt wurde, um die Grundbedingungen dersel- ben anzudeuten, nicht alle möglichen Fälle erschöpft sind. Rechnen wir einen Ort dem Continentalklima zu, dessen Sommer heifs und dessen Winter kalt sind, dem Seeklima, wenn er milde Winter und kühle Sommer hat, so wird man zugeben müssen, dafs es auch Orte mit mil- den Wintern und warmen Sommern, ebenso welche mit kalten Win- tern und kühlen Sommern geben kann, abgesehen davon, dafs die zwi- ‚schenfallenden Jahreszeiten des Frühlings und Herbstes Anomalien zei- gen können, welche die Gestalt der Jahrescurve doch wesentlich mo- ‚difieiren, wenn auch die extremen Jahreszeiten gleiche Werthe zeigen. j ") Kleinere Schriften I, S. 251. 12 H. W. Dove: Endlich mufs von vornherein nothwendig erkannt sein, von welchem Normalstande man auszugehen habe, um beurtheilen zu können, ob ein Sommer zu kalt oder zu warm sei. Finde ich z. B. in Amerika in einer 10 Grad südlicheren Breite dieselbe Jahreswärme, als in Europa, so ist damit noch keineswegs gesagt, dafs der dort den europäischen Som- mer an Wärme übertreffende amerikanische wirklich zu warm sei, denn seine höhere Wärme kann doch noch hinter der zurückbleiben, welche im Mittel seiner geographischen Breite auf der ganzen Erde entspricht. Die Untersuchungen über die Verbreitung der Wärme auf der Ober- fläche der Erde wurden von Halley, Tobias Mayer und Lambert damit begonnen, dafs man sich die Frage zu beantworten suchte, wel- che Wärme kommt durch die Wirkung der Sonne sowohl im Jahres- mittel. als in den einzelnen Abschnitten desselben den einzelnen Breiten- kreisen zu. Diese Aufgabe liefs sich natürlich nur annähernd lösen, d. h. unter Voraussetzung einer gleichartigen Grundfläche. Aus der unsymmetrischen Vertheilung des Landes und Meeres, aus den Strö- mungen dieses und der Atmosphäre folgt nun, dafs die wirkliche Ver- theilung ganz verschieden ist von der idealen. Diese Unsymmetrie und die daraus resultirenden Bewegungen verhindern überhaupt, eine solche ideale Vertheilung zu finden, da man möglicher Weise wohl eine regel- mäfsigere Vertheilung des Landes sich denken kann, welche die directe Wirkung der Sonne der wirklichen Vertheilung des Landes näher an- palst, aber nicht zu bestimmen vermag, welche Gestalt dann die Strö- mungen des Meeres und der Luft annehmen würden. Es scheint da- her zweckmäfsiger, auch hier empirisch zu verfahren, d.h. zu bestim- men, wie viel Wärme zeigt sich auf den verschiedenen Parallelkreisen unter der Voraussetzung, dafs alle Orte, welche auf ihnen liegen, die- selbe Temperatur haben. Diese mittlere Wärme eines Parallelkreises nenne ich seine.normale Wärme, jeder Ort, dessen Temperatur höher ist, ist zu warm, jeder, dessen Temperatur unter sie herabsinkt, zu kalt. Ich nenne ferner die Abweichung der wirklichen Wärme eines Ortes von der mittleren seiner geographischen Breite seine Anomalie und finde z. B., dafs die von Berlin 5 Grade beträgt, d.h. dafs jeder Tag in Berlin im Jahresmittel 5 Grade wärmer ist, als seiner geographi- schen Breite zukommt. Verbinden wir die Orte, deren wahre Tempe- ratur der mittleren ihrer respectiven geographischen Breite entspricht, durch eine thermische Normale, so erhalten wir die Scheidelinie der zu kalten und zu warmen Punkte auf der Erde, und verbinden wir die Orte gleicher Anomalie durch Isanomalen, so gelangen wir zuletzt zu den Stellen, welche die relativ kältesten und wärmsten sind, also relative Pole der Kälte und Wärme darstellen. Die Fragen, ob das Klima eines Ortes ein begünstigtes zu nennen sei oder nicht, be- Ueber das Klima von Nord - Amerika. 13 antworten sich dadurch von selbst, ebenso, wenn man die Untersuchung für die einzelnen Jahresabschnitte durchführt, ob er dem See- oder dem continentalen Klima angehöre, endlich ob er vielleicht in dem ‚einen Abschnitt des Jahres sich dem einen anschliefse, und dies in einem anderen mit dem entgegengesetzten vertausche. ‘Die hier angedeutete Untersuchung habe ich in dem im Jahre 1852 bei Dietrich Reimer erschienenen Werke: „Die Verbreitung der Wärme auf der Oberfläche der Erde, erläutert durch Isothermen, thermische Isanomalen und Temperaturcurven“, und für die Polarprojeetion in Be- ziehung auf die extremen Monate in der „Verbreitung der Wärme in der nördlichen Hemisphäre innerhalb des 40. Breitengrades, 1855*, so weit die mir zugänglichen Beobachtungen es gestatteten, durchzuführen gesucht. Seitdem hat sich aber dieses Material so ansehnlich erwei- tert, dafs ich einige gröfsere Ländergebiete einer neuen Bearbeitung habe unterwerfen können, die ich in einigen in dieser Zeitschrift zu veröffentlichenden Abhandlungen vorlegen werde. Die Beobachtungs- data sind gröfstentheils so wenig zugänglich, dafs es mir angemessen erschien, die Temperaturtafeln hier in der neuen Bearbeitung unver- kürzt vorzulegen. Ich werde zunächst die Hauptquellen, denen sie ent- lehnt sind, anführen. | Ueber die Oberfläche der Vereinigten Staaten ist eine grolse An- zahl militärischer Forts vertheilt, welche der fortschreitenden Auswan- _ derung zunächst Schutz zu gewähren bestimmt sind, und dann häufig abgebrochen werden, wenn diese desselben nicht weiter bedarf. Sie ‚sind daher grade in den am wenigsten bevölkerten Grenzdistrieten am ‚diehtesten und die auf denselben befindlichen Militärärzte seit dem Jahre 1822 beauftragt, meteorologische Beobachtungen anzustellen. Der durch- ‚aus praktische Amerikaner will wissen, was er von dem Boden erwar- ten darf, den er urbar machen will, und so wie jeder Staat seinen _ Staatsgeognosten besoldet, übernimmt das Gouvernement des ganzen "Landes die Lösung der Aufgabe, die klimatischen Eigenthümlichkeiten des sich stets erweiternden Ländergebietes festzustellen. Die ältesten iden Reihen dieser Beobachtungen vom Jahre 1822 — 1842 sind in _ drei besonderen Schriften: Lovell, Meteorological register from obser- _ vations made by the surgeons of the army of the military posts of the United States. Washington 1826. 4., Lawson, Register for 1826—30. 'hiladelphia 1840. 8., und Lawson, Register for 12 years from 1831 1842. Washington 1851. 8. veröffentlicht worden. Die einzelnen gänge und die daraus berechneten Mittel habe ich in den „nicht iodischen Aenderungen der Temperaturvertheilung auf der Oberfläche Erde in dem Zeitraum von 1729 bis 1851. V. Theil. Berlin (Rei- er) 1853. 4.“ publieirt; aufserdem sind die daraus abgeleiteten Tem- 14 H. W. Dore: peraturtafeln in Henry Lange's Atlas von Nord-Amerika. Braun- schweig 1854, dem ich sie handschriftlich mitgetheilt hatte, abgedruckt. Das gesammte bis 1854 angehäufte Beobachtungsmaterial (Temperatur, Regen und Windesrichtung) ist aber jetzt unter dem Titel: Army me- teorological register for 12 years from 1843 to 1854 inclusive compiled from observations made by the officers of the medical departement of the army at the military posts of the United States. Washington 1855. in einem 766 Seiten starken und 10 Karten enthaltenden Quartband veröffentlicht und dadurch der unserer Beobachtung bisher verschlossene Westen geöffnet worden. Die Beobachtungsstunden waren früher 7, 2, 9, später Sonnenaufgang, 2, 9, Sonnenuntergang, welches die unter der Columne „Beobachtungszeit“ gegebenen Data erläutert. Die beigege- benen Karten beziehen sich auf die Regenmenge und die Temperatur der vier Jahreszeiten und des Jahres, wobei aber zu bemerken ist, dafs die Linien gleicher Wärme nicht auf das Meeresniveau redueirt sind. Unter den Staaten, welche sich die Erkenntnifs ihrer klimatischen Verhältnisse haben besonders angelegen sein lassen, sind New-York und Pennsylvanien besonders hervorzuheben, von denen die des Staates New-York in den jährlich erscheinenden Annual reports of the regents of the university of the State of New York, die letzteren in dem Jour- nal der Franklin-Institution veröffentlicht werden. Sie finden sich in den von mir herausgegebenen „nicht periodischen Veränderungen“. Die des Staates New-York sind aber jetzt bis zum Jahre 1850 bearbeitet erschienen in Hough, Results of a series of meteorological observa- tions made at Sundry Academies in the State of New York from 1826 to 1850 incl. Albany 1855. 502 S. 4. Ich habe bei den Tafeln auch noch spätere Jahrgänge benutzt. Das von der Smithsonian-Institution geleitete Beobachtungssystem hat seine Beobachtungen noch nicht veröffentlicht. Die Temperaturverhältnisse der Polargegenden gründen sich auf die bisher veröffentlichten Journale der einzelnen Nordpolexpeditionen und auf die Berechnung mehrerer handschriftlichen Journale derselben, deren Mittheilung ich der Güte des Oberst Sabine verdanke. Die neueren Bestimmungen für Grönland und Labrador stützen sich auf handschriftliche Mittheilung der Beobachtungen von Missionaren, wel- che Director Lamont in München mir gütigst zusandte. Ein Theil derselben ist eben unter dem Titel: Observationes meteorologicae per annos 1832 — 1854 in Groenland factae. Hauniae 1856. 230 8. 4. er- schienen. Wir beginnen bei der Darstellung der Temperaturverhältnisse mit den Polargegenden. Ueber das Klima von Nord- Amerika. 15 Die niedrigsten auf der Erde überhaupt durch direete Beobachtun- ‚gen bestimmten Jahrestemperaturen fallen in den Bereich des soge- nannten Parry’schen Archipels, also grade in die Gegend, wo die nordwestliche Durchfahrt wirklich auszuführen stets vergeblich versucht worden ist. Hier sinkt an der kältesten Stelle die Jahrestemperatur 14° unter den Frostpunkt, nämlich in North-Devon, auf der Melville- Insel und auf Banks-Land. Der gesammte Parry’sche Archipel bis zur Nordküste von Amerika hat von der Barrowstralse an eine Tem- peratur, welche nirgends —12° übersteigt. Die Isotherme von —12° erhebt sich dann nach der Nordspitze der Baffinsbay, wo die im Smith- sunde von Kane beobachteten sehr niedrigen Temperaturen aber noch nicht im Detail veröffentlicht sind, da nur eine vorläufige Notiz besagt, dafs die Temperatur vier Monate unter den Frostpunkt des Quecksil- bers gefallen sei, ohne dafs sich deutlich herausstellt, ob hier von mitt- leren Temperaturen oder von einzelnen Fällen grofser Temperaturer- niedrigung die Rede sei. In der alten Welt ist bisher nur ein einzi- ger Punkt, nämlich Ustjansk an der Mündung der Yana, bekannt, wo das Jahresmittel unter — 12° hinabgeht, aber nicht — 14° erreicht. Die niedrigsten Jahrestemperaturen auf den Küsten der Continente der alten _ und neuen Welt selbst sind also nahe gleich, aber es zeigt sich dabei _ in Beziehung auf die Lage dieser kältesten Stellen des Jahresmittels der wesentliche Unterschied, dafs der sie durchschneidende Meridian in Amerika in die Mitte des Continents fällt, während er in Asien so weit östlich liegt. dafs er durch Japan hindurchgeht. | Fragen wir nun, wie dieses niedrige Jahresmittel hervorgerufen wird, d. h. welchen Antheil die einzelnen Jahreszeiten an demselben haben, so zeigt sich ein sehr wesentlicher Unterschied zwischen beiden Continenten. In der 15 Jahre hindurch fortgesetzten Beobachtungs- reihe von Newerof in Jakutsk und in der neueren durch Herrn von Middendorff veranlafsten von Dawydov sank das Januarmittel da- selbst in drei Jahren unter —37°, einmal sogar für den Januar und December auf —38° herab und erhebt sich nie über — 31°, so dals das Januarmittel der ganzen Reihe —34° beträgt. Auf keiner der _ Winterstationen der Polarexpeditionen sind so niedrige Temperaturen beobachtet worden, denn nur einmal im Northumberlandsunde unter 77° Breite ist als niedrigstes Monatsmittel —32° erreicht worden. Daraus geht also entschieden hervor, dafs die niedrigste Wintertempe- ratur nach Asien, nicht nach Amerika hinfällt. Da aber in Jakutsk die mittlere Jahreswärme noch etwas höher, als —9® ist, so sieht man unmittelbar, dafs die niedrigen Jahresmittel des Parry’schen Ar- chipels nicht durch die hohe Winterkälte allein, sondern wesentlich durch die niedrige Sommerwärme hervorgerufen werden, und in der 16 H. W. Dove: ‘That zeigt Ustjansk am Ufer des Eismeeres eine Juliwärme von 9° über dem Frostpunkte, während die Temperatur des wärmsten Monats in dem Parry’schen Archipel überall zwischen 14° und 43° fällt, also im Mittel auf 2° angenommen werden kann. So niedrige Sommer- Temperaturen finden sich nur an der Ostküste von Novaja Zemlya, in Matoshkin Schar und der Karischen Pforte, aber verhältnifsmäfsig auf einem sehr beschränkten Terrain, wenn wir aus den Gesammttem- peraturen der entsprechenden Breitenkreise die Gestalt der Isanomalen bestimmen. Das Gebiet der zu niedrigen Juliwärme umfalst nämlich auf der amerikanischen Seite Grönland und die ganze Umgebung der Hudsonsbay, während das Taimyrland schon durch höhere Sommer- wärme jenen kalten Raum bei Novaja Zemlya nach Osten hin abgrenzt. Kann man daher den Polarländern Nord-Amerika’s im Buffon’schen Sinne ein excessives Klima nicht absprechen, da der Unterschied des kältesten und wärmsten Monats im Mittel dort 30° beträgt, während in Island der wärmste Monat nur 12° über dem kältesten sich erhebt und in Norwegen dieser Unterschied nur wenig gröfser ist, so kommt ihnen doch ein continentales Klima keineswegs zu, da sowohl die Win- ter, als auch die Sommer zu kalt sind. Dafs bei der zerstörenden Kraft, welche Winde, Meeresströmungen, Ebbe und Fluth auf die Eisdecke des Polarmeeres üben, es zu allen Zeiten des Jahres eisfreie Stellen im Polarmeere geben könne, wird man zugestehen dürfen, wenn es auch äufserst unwahrscheinlich ist, dafs sie sich stets an derselben Stelle befinden; dals es aber umge- kehrt Stellen gebe, welche nur in den seltensten Fällen eisfrei sind, ist von vorn herein nicht unwahrscheinlich, denn das an einer Stelle gebildete Eis wird, von Strömungen ergriffen, nach anderen fortgeführt, und diesem Fortführen können an bestimmten Punkten schwer zu über- windende Hindernisse entgegentreten. Für die Wärme der über dem Meere ruhenden Luftsäule wird es gleichgültig sein, ob die Eisdecke des Meeres eine an Ort und Stelle gebildete sei, oder aus Schollen be- stehe, die sich zusammengeschoben haben. Sowohl für die direete Bil- dung des Eises, als auch für die Anhäufung zusammengeschobener Eis- massen sind aber die günstigsten Bedingungen vorhanden, wo durch viele zusammengedrängte Inseln für diese Bildung eine ausgedehnte Küstenentwickelung gegeben ist und wo aufserdem die trennenden Mee- resarme nicht weit genug sind, um den in’s Treiben gerathenen Massen einen freien Abzug zu gestatten. Das die Nordküsten Amerika’s be- spülende Polarmeer hängt nun in der mittleren Breite von 75° ver- mittelst mehrerer im Allgemeinen von Ost nach West gerichteter Stra- [sen, wovon der Jones-Sund und der Lancaster-Sund die hauptsäch- lichsten sind, mit der Baffinsbay zusammen. Die Configuration des Ueber das Klima von Nord- Amerika. 17 unter der Länge von 80° W. Gr. beginnenden und, so viel wir bis jetzt wissen, bis 125° fortsetzenden Parry’schen Archipels bietet das - Eigenthümliche einer grofsen Anzahl durch verhältnilsmäfsig enge Stra- (sen geschiedener Inseln dar, in welche aulserdem das Meer in einer grolsen Menge von Meerbusen tief einbuchtet. Wenn nun bei zuneh- mender Mittagshöhe der Sonne sich das Eis des Polarmeeres in Be- wegung setzt, so werden im Durchzug durch diese nach der Baffinsbay führenden Stralsen die Eismassen sich stets von Neuem aufstauen. Hierin liegt der Grund, dafs das Kältemaximum der atmosphärischen Temperatur im Frühling und Sommer auf diese Gegenden fällt, welche, da sie auch im Winter die niedrigsten in Nord- Asien beobachteten Wärmegrade fast erreichen, einen grofsen Theil des Jahres hindurch einen Kältepol darstellen. Ganz anders ist es in Asien. Allerdings erniedrigt die zusammenhängende Masse des Landes die Wintertempe- ratur hier zu dem niedrigsten Monatsmittel im Januar, welches über- haupt bekannt ist, in Jakutsk nämlich, da aber der Abflufs der Eis- massen hier seitlich ungehindert erfolgt, westlich zwischen Spitzbergen und Novaja Zemlya, durch Matoshkin Schar und die karische Pforte, östlich nach der Behringsstrafse hin, so tritt der mit der zunehmenden Mittags- _ höhe der Sonne über der continentalen Landmasse sich entwickelnden Wärme hier kein solches Hemmnifs entgegen, wie in Nord - Amerika. Der im Winter auf den Continent fallende Kältepol weicht daher im Sommer weit von den Küsten zurück und macht Isothermen Platz, welche sich dann in Nord- Amerika in viel niederen Breiten finden. Die niedrige Temperatur der Baffınsbay erklärt sich daraus, dafs sie den Abflufs des amerikanischen Polarmeeres bildet. Dieser Ab- fluls erfolgt aus dem Lancastersund nach Süden an der Westküste der Baffinsbay durch einen Strom, der sich an der Nordspitze von Labra- dor mit dem aus der Hudsonsstrafse vereinigt, während an der Küste _ von Grönland ein Strom von Cap Farewell nach Norden hinaufgeht, worauf Capt. Irminger in einem besonderen Aufsatze „den arctiske Strömning“ ') aufmerksam gemacht hat, mit dessen Darstellung die in _ der von Schott entworfenen Current Chart of Baffins Bay from the log book of the Advance and the private Journal of Dr. Kane ?) überein- stimmt. Durch diese Strömungen findet allerdings die Erscheinung eine Erklärung, dafs die grönländische Küste eine verhältnifsmäfsig viel höhere Temperatur hat, als die gegenüberliegende des Baffinslandes; wäre aber in den Meeresströmungen allein die Ursache der Temperatur er Küsten zu suchen, so mülste die Ostseite Grönlands eine niedrigere — — IT !) Nyt Archiv for Soevaesenet q. y. 1854. 2) The U. 8. Grinnell Expedition in Search of Sir John Franklin. London 1854. Zeitschr. f. allg. Erdk. Nene Folge. Bd. T. 2 18 H. W. Dove: Temperatur haben, als die Westküste desselben, da bei jener Küste die arktische Strömung vorbeigeht, welche besonders im Mai und Juni von Spitzbergen herab Polareis nach Süden führt und, nachdem sie einen Nebenarm bei Cap Farewell in die Baffınsbay abgesendet, in gerader Richtung fortgehend sich bei Neufundland mit der Strömung vereinigt. welche aus der Hudsonsbay herabkommt. Aber man muls bedenken, dafs besonders im Winter die Luft über dem atlantischen, durch den Golfstrom erwärmten Ocean eine Temperatur annimmt, de- ren Höhe den auffallendsten Contrast gegen die eisige Luft der Baf- finsbay bildet. Grönland ist die Vermittelung dieser Extreme, wenn man ein mit Schnee und Eis bedecktes Hochland, welches die Scheide- wand zwischen solchen Gegensätzen bildet, so nennen kann. Die S.22 der Tafeln gegebenen Stationen von Grönland liegen sämmtlich an der Westküste, von der Ostküste fehlen alle Bestimmungen, aber die zahlreichen Beobachtungen, welche Scoresby in den „Arctic Re- gions“ niedergelegt hat, und einige der nach Spitzbergen unternomme- nen Expeditionen, sowie die 1djährige Beobachtungsreihe von Rey- kiavig in Island gestatten, die Gestalt der Isothermen auf der Ostseite Grönlands bis in die Nähe der Küste zu verfolgen, während die Beob- achtungen der Missionare in Labrador ihre Fortsetzung in der Baffins- bay von der Westküste Grönlands an bestimmen. Im grofsen Ganzen zeigt sich dann auf der dem atlantischen Ocean zugewendeten Seite besonders im Winter eine so viel höhere Temperatur, dafs dagegen die Einbiegungen der Isothermen, welche bei dem Betreten der Küste in dem Verlauf dieser Linien möglicher Weise eintreten können, als un- bedeutend erscheinen und daher auch bei dem Entwurf der von mir veröffentlichten Isothermkarten unberücksichtigt geblieben sind, da nach meiner Ansicht eine Darstellung so verwickelter Erscheinungen eben nur so weit gehen darf, als die wirklich vorhandenen Beobach- tungsdaten gestatten. Die Temperaturverhältnisse von Grönland und Island bilden daher für sich ein besonderes System, welches sich sowohl von dem sie be- grenzenden europäischen, als von dem amerikanischen unterscheidet. In Beziehung auf die Temperaturvertheilung im Jahre zerfallen näm- lich die nördlichen Gegenden Asiens, Europa’s und Amerika’s in fünf verschiedene Systeme: 1) in Europa sind die Winter sehr mild und die Sommer ebenfalls wärmer, als ihrer entsprechenden geographischen Breite zukommt; 2) in Nord- Asien sind die Winter ungewöhnlich kalt, ebenso die Sommer zu warm; Asien stellt also das eigentlich continentale Klima dar; 3) an dem schmalen Küstensaume von Nord- Amerika jenseits der in en Ze u A 4 nn nn Dr | Ueber das Klima von Nord - Amerika. 19 Rocky-Mountains sind die Sommer kühl, während die Winter mild sind, also ausgesprochenes Seeklima; 4) die nordamerikanischen Polarländer und die ganze Umgebung der Hudsonsbay bis zum Gebiet der grofsen Süfswasserseen haben zu kalte Winter und zu kühle Sommer, während das Innere der Ver- einigten Staaten bis zu den Felsgebirgen hin sich mehr dem Cha- rakter des continentalen Klima’s nähert, aber nur in einem vom mexicanischen Meerbusen an von S.O. nach N.W. sich erstrek- "kenden Streifen, der nach Norden zu immer schmäler wird und dessen östliche Grenze ohngefähr durch die bis zum grofsen Bä- rensee fortlaufende Kette von Sülswasserseen bezeichnet wird. 5) Grönland und Island, welche mit kühlen Sommern und relativ milderen Wintern wiederum den Charakter des Seeklima’s zeigen, welches sich in Island am entschiedensten ausspricht. Nimmt man von allen nördlicher als 63° Breite am Meere gele- genen Stationen von Island durch Nord-Amerika hindurch bis zum Kotzebuesunde das Mittel, und es sind 25 solcher Stationen, so findet sich für den Januar die Temperatur — 21.84, für den Februar — 22.77. Dieser verspätete Eintritt der gröfsten Winterkälte ist fast in allen Beschreibungen der Polarexpeditionen hervorgehoben, da die Hoffnung, die Gewalt der Winterkälte endlich gebrochen zu sehen, sich stets ver- eitelt zeigte. Der Grund der Erscheinung ist ein doppelter. Da näm- lich die Erdoberfläche ununterbrochen Wärme nach dem Himmels- raume ausstrahlt, und nur Wärme empfängt, wenn die Sonne über Jahr in zwei Hälften zerfällt, in deren einer, wenn die Sonne unter dem Horizont weilt, die Erde nur Wärme abgiebt, ohne welche zu em- | den Horizont hinaufsteigt, so mufs, da am Pol der Erde das ganze je # ff pfangen, die niedrigste Temperatur ohne andere mitwirkende Ursachen an das Ende dieser langen Nacht, d.h. in die Mitte des März fallen. Je höher die geographische Breite eines Ortes ist, desto mehr wird sich daher der Eintritt des Maximums der Winterkälte überhaupt ver- späten. Verwandelt sich aber eine bei höherer Wärme flüssige Grund- fläche unter dem Einflusse einer andauernden Kälte in eine feste Eis- decke, so wird der die Extreme abgleichende Einflufs der flüssigen B Grundfläche verschwinden. Daher zeigen am Meere gelegene Orte unter gleicher Breite diese Verspätung entschiedener, wenn nämlich die Tem- - peratur sich so weit erniedrigt, dafs das Wasser zufriert. Natürlich aber wird ein so lange anhaltender Winter stets mehrere Maxima der Kälte zeigen und Belcher ') glaubt für den Parry’schen Archipel den nn 4 u. ») The last of the Arctic voyages of H. M. Ship Assistance. Q* 20 H. W. Dove: Eintritt dieser Maxima auf den 1.— 10. November, den 20.—25. De- cember und 10.—15. März setzen zu können. Der Einflufs einer ihren Agregatzustand ändernden Grundfläche ist bei abgeschlossenen Sülswasserseen noch auffallender, als bei dem Meere. Bei beiden findet das Herabsinken der an der Oberfläche er- kalteten und dadurch schwerer gewordenen Wassertropfen, das Hinauf- steigen wärmerer aus der Tiefe an die Stelle jener in gleicher Weise statt. Aber das zu Boden gesunkene Meerwasser flielst in der Tiefe nach wärmeren Gegenden ab, wie die in den tropischen Meeren beob- achtete grolse Wärmeabnahme des Wassers nach der Tiefe zeigt, wie aufserdem die gegen die Strömung des Golfstromes nach Süden schwim- menden Eisberge beweisen, die also unten in eine arktische Strömung eingesenkt sein müssen. Dieses seitliche Abfliefsen wird in nach Sü- den abgeschlossenen Meeresbecken, wie die Hudsonsbay und die Ost- see, unbedeutend, welche eben deswegen besonders im Frühling auf ihre Südküsten abkühlend wirken; es wird in ganz abgeschlossenen Wasser- becken vollkommen verhindert. Da aufserdem Sülswasser bei 3 Grad über dem Frostpunkt am dichtesten ist, so hört schon bei dieser Tem- peratur das Herabsinken des kälter werdenden Wassers auf, ein Süls- wasserspiegel verliert also da schon seinen abgleichenden Einflufs, der bei Meerwasser bis unter Null stattfindet, da es sich bis zum Frost- punkt ununterbrochen zusammenzieht, bei welchem aufserdem die Bil- dung einer festen Eisdecke durch die Ebbe und Fluth wesentlich ge- hindert wird. Diesem Umstande habe ich schon früher die vorher unbeachtete Thatsache zugeschrieben, dafs in der Nähe der grofsen ca- nadischen Seen ebenfalls der Eintritt der gröfseren Winterkälte sich verspätet. Man braucht nur $. 42 der Tafeln die Stationen von dem nach allen Seiten von diesen Seen umgebenen Michigan zu betrach- ten, um sich zu überzeugen, dafs hier auf allen Stationen, selbst bei Fort Brady, im 31jährigen Mittel, der Februar kälter ist, als der Ja- nuar. Für den Staat New-York habe ich von 62 Stationen und den Zeitraum von 1833 — 1844 die mittlere Wärme für die halben Monate berechnet und gefunden '), dafs hier der kälteste Zeitraum des Jahres die erste Hälfte des Februars ist und dieses Resultat ist durch Sa- bine für Toronto ?) und durch die oben angeführte Arbeit von Hou sh über die Beobachtungen des Staates New-York bestätigt worden, denn hier zeigt sich, dafs unter 62 Stationen bei 60 die niedrigste Tempe- ratur in den halbmonatlichen Mitteln in den Februar fällt. ) De media ventorum direetione annuisque ejus mutationibus. 1850. 4. p. 6. 2 £ E R E Een r BR ) On the periodic and non periodie variations of the Temperature at Toronto in Canada. 1853. Ueber das Klima von Nord - Amerika. 21 jr Man kann es daher als einen Grundcharakter des Klima’s von | Nord-Amerika in dem angegebenen Gebiet bezeichnen, dafs vom hohen Norden bis fast zur Breite von 40 Grad besonders am Meere und an den Ufern grolser Wasseransammlungen die Winterkälte sich so ver- spätet, dafs in dem nordwestlichen Theile dieses Welttheils der alte Satz: „Wenn der Tag fängt an zu langen, kommt die Kälte erst gegangen“ sich viel entschiedener bewahrheitet, als in der alten Welt. Wenn man bedenkt, dafs alles von den Polen nach dem Aequa- tor Bewegte bei dem Fortrücken Punkte grölserer Drehungsgeschwin- digkeit findet, alles von dem Aequator nach dem Pole Strebende hin- gegen Punkte, welche sich langsamer drehen, so wird man es erklärlich finden, dafs der warme Golfstrom nach den Westküsten der alten Welt sich wendet, während die Gewässer der arktischen Meeresströme nach den Ostküsten Amerika’s hinüberdrängen. Diese treffen an der Spitze von Neufundland zusammen. Hier ist also im Frühjahr ein plötzlicher Sprung in der Temperaturvertheilung und an solchen Stellen conden- _ sirt sich der über der wärmeren Wasserfläche durchsichtige Wasser- dampf zu dichtem Nebel, der den Eingang der Baffinsbay und die Um- gebung von Neufundland für ‚die Schifffahrt so verderblich macht. Hier drängen sich daher von Neuschottland nach der Neufundlands- bank die Isothermen am dichtesten zusammen, und diese schnelle Tem- - peraturabnahme wird in Neufundland dann die Veranlassung zu jener _ merkwürdigen Bildung des Silberthaues, wenn warme Südwinde die - Bäume mit einer mächtigen Eiskruste überziehen und, wie Bonny- _ eastle berichtet, jeden Baum in einen Candelaber von reinstem Kry- = verwandeln. Eine ähnliche Grenzscheide zeigt sich an dem ent- gegengesetzten Eingange in das Polarmeer, an der Behringsstrafse, die ebenfalls durch ihre Nebel verrufen ist, wo der Sprung in der Tempe- raturvertheilung aber so gewaltsam erscheint, dafs, wie Herr v. Baer _ bemerkt, auf der Südseite der schmalen Landzunge von Alyaska Coli- bri’s, die gefiederten Boten des Südens, weiter nördlich hinaufgehen, _ als auf der Nordseite Wallrosse, die unförmlichen Bewohner des Nor- - dens, herabkommen. Sehen wir auf der Ostseite von Amerika Grönland eine Scheide- wand bilden zwischen den milden Wintern des atlantischen Beckens und den furchtbar strengen Wintern der Westseite der Baffinsbay, so tritt eine ähnliche aber noch auffallendere Scheidewand an der West- _ küste des Continents hervor, wo die Parallelketten der Felsgebirge die ‚milden Winter der Ufer des stillen Oceans von den äulserst niedrigen Temperaturen scheiden, welche vom Winipeg bis zum grolsen Bärensee 22 H. W. Dove: in den Forts beobachtet worden sind, welche den Lauf des Macquenzie bezeichnen. Man braucht nur die Temperatur von Sitcha mit der der Forts am Athabasca und am grofsen Sklavensee zu vergleichen, um sich zu überzeugen, dafs hier und viel weiter nach Süden herunter das ausgesprochenste Seeklima der Küsten des stillen Oceans den schärf- sten Contrast bildet zu dem continentalen Extreme, wie ich es auf der Karte der Isanomalen für den Juli in der Polarprojeetion in der „Ver- breitung der Wärme“ dargestellt habe, eine Darstellung, die aber nach den neueren Beobachtungen noch hinter der Wirklichkeit zurückbleibt. Bei dem Entwurfe dieser Karten war Fort Ross die einzige Station, wo zwischen dem heifsesten und kältesten Monate der Unterschied noch nicht 5 Grad erreichte, und es erschien daher fast unglaublich, dafs in der Breite von 38° im Niveau des Meeres der wärmste Monat des Jahres noch nicht 12 Grad erreichen, also fast eben so niedrig als in Sitcha unter 57° Breite sein sollte. Aber die seitdem bekannt gewor- denen Temperaturen von Monterey, San Franeiseo, Orford und Fort Humboldt bestätigen die Thatsache. Nun ist aus den Untersuchungen von Alex. v. Humboldt längst bekannt, dafs über ausgedehnte Pla- teau’s die Temperaturabnahme nach der Höhe viel langsamer erfolgt, als bei isolirt aufsteigenden Gebirgen oder in der auf Tiefebenen ruhen- den Atmosphäre, weil das Plateau als eine erhöhte Grundfläche ange- sehen werden kann, an welcher durch Insolation eine bedeutende Temperatur direet entwickelt wird. Alle in Neu-Mexico 8. 50 ange- führten Stationen haben eine Höhe, welche zwischen 4000 und 8000 Fufs fällt, wir haben hier also ein Plateau, welches in Beziehung auf Grofsartigkeit seiner Ausdehnung seines Gleichen sucht, da es in der mittleren Breite von 37° bis 43° in der Richtung von Ost nach West die mexicanischen tropischen Hochebenen fast um das Doppelte über- trifft °). Hier finden wir in der Höhe von 4000 Fufs als Temperatur des wärmsten Monats 20° bis 22°, also eine Temperatur, welche fast 8 bis 10 Grad höher ist, als die unter gleicher Breite an den Küsten des stillen Oceans, d. h. geradezu eine Umkehrung dessen, was wir sonst zu sehen gewohnt sind. Bei Darstellung der Verbreitung der Wärme auf der ganzen Erd- oberfläche hat man stets den Einflufs der Höhe zu sondern gesucht von dem Einflufs der Breite und Länge, d.h. man hat die Temperatur hochgelegener Stationen auf das Meeresniveau reducirt, also zu ermit- teln gesucht, welche Temperatur sich an der Beobachtungsstelle finden würde, unter der Voraussetzung, dafs dieselbe im Meeresniveau gelegen. Verbindet man die Orte so erhaltener gleicher Temperatur, so er- ") v. Humboldt, Kleinere Schriften I, 8. 424. Ueber das Klima von Nord- Amerika. 23 hält man die gewöhnlichen isothermen Linien. Die Wärme der Luft nimmt im Allgemeinen ab, wenn wir im Niveau des Meeres uns wei- ter vom Aequator entfernen und wenn wir uns in derselben Polhöhe in der Atmosphäre erheben. Fragen wir also überhaupt, in welcher Richtung wir von einem bestimmten Orte aus fortschreiten müssen, um stets zu Punkten gleicher Wärme zu gelangen, so ist auf diese Frage keine bestimmte Antwort zu geben, denn es sind unendlich viele Rich- tungen, welche dieser Bedingung entsprechen. Alle diese Richtungen fallen in eine Fläche, welche wie die Schneegrenze sich von den Polen nach dem Aequator hin immer höher erhebt. Eine solche isotherme Fläche schneidet daher die Oberfläche der Erde in einer isothermen Linie. Beobachtungen, wie die hier aus Neu-Mexico mitgetheilten, zeigen nun, dafs diese isothermen Flächen sich nicht stets der Ober- fläche der Erde nähern oder von ihr entfernen, je nachdem wir nach Norden oder Süden fortschreiten, sondern dafs sie der Grundfläche, über welcher hin sie verlaufen, analoge Erhebungen zeigen. Die iso- thermen Flächen stellen daher in der Atmosphäre dort ein ähnliches Plateau dar, als die Grundfläche, und könnten wir an einem über dem Plateau aufsteigenden Gebirge die Schneegrenze in ununterbrochenem Laufe sichtbar verfolgen, so würde sie hier von Ost nach West eine hohe Wölbung bilden, welche sich nach dem stillen Ocean hin steil herabsenkt, nach dem Innern zu allmählig verflacht, bis sie über den atlantischen Ocean in horizontaler Richtung sich fortsetzt. Der Grund der unverhältnifsmäfsigen Abkühlung der Sommer an den Küsten von Nord-Californien und Oregon liegt ohne Zweifel in der niedrigen Temperatur des die Küste bespülenden Meeres. Blod- get hat aus den von Maury gesammelten Daten gefunden, dafs west- lich von San Franeisco die Temperatur des Meerwassers das ganze Jahr hindurch fast unverändert ist, ja im Sommer, wo sie 11°.1 be- trägt, sogar etwas niedriger, als im Winter. Charles Wilkes !) sagt bei der Beschreibung der Fahrt von den Sandwich-Inseln nach _ der Mündung des Columbia und der Fucastrafse: „alle Schiffe können in der Breite von 33° bis 40° sicher auf Nebel und dunstiges Wetter rechnen. Diese Gegend kann man mit Recht die Gegend der Nebel nennen, da die Temperatur des Meerwassers sich ‘hier zu 15° Fahrenh. (6.7 R.) erniedrigt und, was vielleicht noch merkwürdiger ist, bei der Annäherung an die Küste wiederum steigt.“ Wodurch diese niedrige Temperatur des Wassers hervorgerufen wird, hat sich aus der Unter- suchung der Strömungen bisher nicht mit Genauigkeit ermitteln lassen. 1) Theory of the Winds p. 102 und die dabei befindliche Karte der Nebel- region. er 24 H. W. Dove: Da aber die Temperatur des Meerwassers vorzugsweise im Frühjahr und Sommer sich unverhältnifsmäfsig erniedrigt zeigt, so findet darin die auffallende Erscheinung ihre Erklärung, dafs in San Franeisco der" September und October die wärmsten Monate des Jahres sind. Wie schnell aber diese Abkühlung verschwindet, wenn man in das Innere nach Osten vordringt, zeigt sich, wenn man San Diego am stillen Ocean mit dem nahe gelegenen Fort Yuma am Gila jenseits der Kü- stenkette vergleicht. In einem im Jahre 1841 im Jahrbuch von Schumacher erschiene- nen Aufsatze ') sagte ich: „Ich habe mir immer gedacht, wie viel die Wissenschaft gefördert werden möchte, wenn die europäischen Natur- forscher, welche die Ostküsten des grolsen atlantischen Wasserbeckens bewohnen, sich mit den amerikanischen Physikern des jenseitigen Ufers zu gemeinsamen Untersuchungen verbänden, vielleicht dafs in späteren Zeiten Japanesen und die Ureinwohner Californiens dieselbe Aufgabe in gröfserem Mafsstabe für den stillen Ocean lösen.“ Der wunderbare Umschwung in den Verhältnissen beider Länder zu Europa erweckt die Hoffnung einer baldigen Erfüllung dieses Wunsches, da beide Länder seitdem so unerwartet aus dem Dunkel herausgetreten sind, welches sie bisher verhüllte. Wir wenden uns zu den Niederschlägen, für welche viel weni- ger Messungen vorhanden sind, und die aufserdem in Amerika oft da- durch unsicher werden, dafs die in Form von Schnee herabfallende Wassermenge dort häufig nicht mit in die Regenmenge aufgenommen wird, während in Europa die sich durch Schmelzen des Schnees erge- bende Menge stets und mit Recht zu der Regenmenge hinzugefügt wird. k Da der Luftkreis in ununterbrochener Bewegung begriffen ist, so sieht man leicht ein, dafs das Wasser nicht da herabfällt, wo es ver- dunstet, dafs im Gegentheil die Verdunstung an einer bestimmten Stelle die Veranlassung zum Regen an einer anderen wird. Im Allgemeinen also ist das an einer bestimmten Stelle herabfallende Wasser fremden Verdunstungsquellen entlehnt, und man braucht nur einen Globus zu betrachten, um sich zu überzeugen, dafs gegen das grolse Wasserreser- voir, welches wir das Meer nennen, alle übrigen Wasserbehälter ver- schwinden; es ist also hauptsächlich Meerwasser, welches durch die Destillation, für welche die Sonne die Wärme entwickelt, sich bei spä- terer Abkühlung in Regen verwandelt. Da aber mit Abnahme der Wärme die Fähigkeit der Luft, Wasser zu enthalten, abnimmt, so wird die günstigste Gelegenheit für den Regen geboten sein, wenn Luft, die ’) Nord-Amerika und Europa meteorologisch mit einander verglichen $. 293. a Bin Ueber das Klima von Nord- Amerika. 25 über dem Meere der heilsen Gegend gestanden, über kälteren Boden strömt. Wir haben also nach dem. Aequator und zwar, wo er flüssig ist, hinzublicken, wenn wir die Quelle suchen, aus welcher der Luft- kreis seinen Wassergehalt schöpft. Da aber wegen der Drehung der Erde die Winde, welche von der heifsen Zone wehen, immer westlicher werden, je weiter sie fortschreiten, oder da mit anderen Worten ein Südwestwind ein Südwind ist, welcher weiter von Süden herkommt als der Südwestwind selbst, so wird in der gemälsigten Zone der nördli- chen Erdhälfte die Südwestseite die Wetterseite sein. Die gröfste Menge des Niederschlags haben wir daher an den Westküsten der Continente zu erwarten und die mächtigsten Regen da, wo unmittelbar ein hohes Gebirge an der Küste sich erhebt. Diese Bedingung erfüllen in Eu- ropa die skandinavischen Alpen, wo das Gebirge so steil nach Westen abstürzt, dafs die Querthäler, vom Meere erfüllt, sich in Fiorde ver- wandeln. Daher fallen in Bergen 88 englische Zoll, in Sitcha in Nord- Amerika 86, und die Menge ist in Procenten ebenfalls analog vertheilt, denn sie ist in Sitcha: Bergen: Winter 26.8 26.6 Frühling 19.3 17:9 Sommer 10T 21.0 Herbst 36.2 34.5. Der Unterschied der Wärme des Wassers und des Bodens nimmt im Winter nach Süden hin immer mehr ab, und daher sinkt die in Oregon noch 60 Zoll betragende Menge weiter südlich zu geringen Gröfsen herab. Da in Neu-Mexico die Temperatur des Landes im Sommer sich so bedeutend über die der Küste erhöht, so wird die vom Meere kommende Luft an Dampfcapacität zunehmen, und so finden wir denn hier Stationen, die im ganzen Jahre die geringe Menge von 3 Zoll zeigen. “Wäre der Verlauf der Gebirge in ganz Europa von Süd nach Nord, wie in Skandinavien, so würde überall auf der Ostseite derselben eine sehr geringe Menge Wasser herabfallen, an der Westseite eine sehr grofse, der Gegensatz zwischen Schweden und Norwegen würde ein allgemeiner sein. Da aber die Hauptketten mehr der Richtung der Parallelkreise entsprechen, als der der Meridiane, so ist es bei uns die Südseite der Gebirge, welche sich durch gröfsere Regenmenge von der Nordseite unterscheidet. In Amerika aber ist die Westküste des Con- tinents von dem östlich gelegenen Gebiete durch die mehr oder minder yon Süd nach Nord laufenden Ketten der Felsgebirge getrennt, der mächtigen Wasserspiegel im Innern ungeachtet ist daher die Luft Ame- 26 H. W. Dove: rika’s relativ trockener, worauf besonders Desor !) aufmerksam ge- macht hat. Das schnelle Trocknen der Wäsche setzt alle einwandern- den deutschen Frauen in angenehmes Erstaunen, während sie, in Ver- zweiflung, dals das Brod so rasch altbacken wird, sich endlich zu der Sitte der nativ Americans bequemen, mindestens alle zwei Tage zu backen, aber Früchte und Gemüse sich in den Kellern viel länger er- halten. Im Winter fehlen der strengen Kälte ungeachtet die charak- teristischen Eisblumen an den Fenstern, der parketirte Fufsboden ver- langt eine viel sorgfältigere Construction und der mitgebrachte Wiener Flügel verliert bald durch Austrocknen seinen Klang. Als in Boston in einem frisch gegypsten Zimmer eine Sammlung von Vögeln und Säugethieren ohne austrocknende Mittel aufgestellt wurde und Desor sich darüber verwunderte, antwortete ihm der Aufseher: Sie vergessen, dals wir in Neu-England und nicht in Europa sind. Erläutert die Configuration des Landes die Erscheinung, dafs die in Europa von den Westküsten nach dem Innern allmählige Abnahme des Regens dort eine plötzliche wird, so modifieiren sich diese Ver- hältnisse doch wiederum dadurch, dafs vom mexicanischen Meerbusen bis zum Eismeer in der Mitte des Continents sich Ebenen von geringer Erhebung erstrecken. Sowie wir daher von dem Plateau von Neu- Mexico in die Niederungen des Mississippi hinabsteigen, nimmt die Regenmenge wieder zu und erreicht an der Mündung desselben und in Florida ein Maximum von 60 Zoll. Dieses nimmt, sowie wir nördlich fortgehen, allmählig ab, und sinkt im Gebiet der canadischen Seen auf 30 Zoll herab. Diese Abnahme ist in den Ebenen langsamer, als da, wo südlich die Kette der Alleghani’s beginnt, wo sie rasch erfolgt, und da an der atlantischen Küste die Regenmenge geringer ist, als in eini- ger Entfernung von derselben, so werden wir den mexicanischen Meer- busen als die Quelle für den Regen des Hauptgebietes der Union zu betrachten haben. Es ist bekannt, dals während innerhalb der heifsen Zone die Re- gen bei höchstem Sonnenstande herabfallen, sie an den äulseren Gren- zen derselben bei niedrigstem erfolgen. Leopold v. Buch hat daher die Winterregen an der Nordküste von Afrika subtropische im Gegen- satz jener, der tropischen, genannt. Die Winterregenzeit an den Gren- zen der Tropen tritt hier, je weiter wir uns von denselben entfernen, immer mehr in zwei, durch schwächere Niederschläge verbundene Ma- xima im Herbst und Frühling auseinander, welche in Deutschland in einem Summamaximum wieder zusammenfallen, wo also temporaire Regenlosigkeit vollkommen aufhört. Von diesen subtropischen Verhält- !) Du climat des Etats- Unis et de ses effets sur les habitudes et les moeurs de ses habitants. Yy | | 3 Ueber das Klima von Nord- Amerika. Pa nissen ist in dem ganzen Gebiet der Vereinigten Staaten diesseits der Felsgebirge keine Spur, wie ich ausführlich gezeigt habe '). Die Ver- theilung in Californien erinnert eher daran, während aber in Süd-Eu- ropa und Nord-Afrika das Herbstmaximum das Frühlingsmaximum übersteigt, ist hier das Entgegengesetzte der Fall. Von einer subtro- pischen Zone als solcher kann also überhaupt nicht die Rede sein, da sowohl die indischen Monsuns als die eben erörterten Erscheinungen im westlichen Amerika, den schmalen westlichen Küstensaum abge- rechnet, sie entschieden unterbrechen. Man könnte nach den bisherigen Ergebnissen es vielleicht als einen allgemeinen Satz aussprechen, dafs, wo ein wärmeres Meer eine käl- tere Küste bespült, vorzugsweise mächtige Niederschläge eintreten, wo hingegen eine bedeutende Temperaturdifferenz im Meere selbst hervor- tritt, der Niederschlag die Form einer Trübung annimmt, welche eine geringe Regenmenge liefert. Die Trübung ist eine Wolke in niederen Schichten; damit der Regen mächtig werde, muls die Wolke, welche ihn verbreitet, hoch sein, damit die ganze Luftschicht zwischen ihr und der Grundfläche zur Vergröfserung der Tropfen mitwirke. Was die Windesrichtung betrifft, so hat Franklin schon ‚die Be- merkung gemacht, dafs die allgemeine westliche Richtung in Nord- Amerika im Winter mehr nordwestlich ist, im Sommer mehr südwest- lich, während in Europa das Umgekehrte stattfindet. Die speciellen Untersuchungen von Kaemtz und mir haben dies bestätigt. Den all- mähligen Uebergang dieser Verhältnisse in einander auf dem atlanti- schen Ocean hat neuerdings Coffin ?) gezeigt. Das Army Register liefert neue Belege für Amerika. Auf diese Weise erklärt sich, dafs der Norden vorzugsweise auf den Winter der südlichen Gegenden ab- kühlend wirkt und dafs daher der ganze Continent, den westlichen Küstensaum abgerechnet, eher im Winter den Charakter des Continen- tal-Klima’s zeigt. Der Verlauf der westindischen Stürme ist auf der amerikanischen Seite des Oceans von Redfield in einer grofsen Anzahl einzelner Ab- handlungen und von Reid ?) so ausführlich erörtert worden, dafs die Thatsache der Wirbelbewegung und der Uebergang ihrer ursprüngli- chen Richtung von SO. nach NW. in eine Richtung von SW. nach NO. als erwiesen betrachtet werden kann, wenn auch nicht geleugnet werden kann, dafs es zu weit gegangen ist, wenn man jeden Sturm als einen Wirbelsturm betrachtet; dies glaube ich um so eher sagen !) Ueber die Vertheilung des Regens in der ge Zone. Poggendorffs Annalen 94. S. 51. 2) Winds of the Northern Hemisphere 1852. 4. 196 9. und Karten. 3) Law of storms. 28 H. W. Dove: zu können, da ich zuerst im Jahre 1828 ausgesprochen habe, dafs alle grofsen Stürme Wirbelstürme sind ’), während spätere Untersuchungen mich überzeugt haben, dals durch grofse Differenzen des Luftdruckes auch Stürme hervorgerufen werden, die der Aenderung der Windfahne ungeachtet, die sie hervorrufen, doch nur als stetige Ströme (Gales) an- zusehen sind. Warum diese Wirbelstürme grade im atlantischen Ocean als Westindian Hurricanes, in dem indischen als Tyfoons hervortreten, habe ich aus der allgemeinen Vertheilung des Druckes der Atmosphäre später zu erläutern ?) und die dafür gegebene Theorie ?) dadurch zu ergänzen gesucht. Sie entstehen nämlich dadurch, dafs die in dem Ge- biet der Monsuns stark aufgelockerte Luft in der Höhe der Atmosphäre seitlich abfliefst, wodurch der zurückkehrende obere Passat an den bei- den Grenzen des Auflockerungsgebietes früher herabzukommen gezwun- gen wird und im Conflict mit dem darauf rechtwinkeligen Passat die Wirbelbewegung erzeugt, deren furchtbare zerstörende Kraft Alles über- trifft, was sonst von Wirkungen bewegter Luft bekannt ist. Da aber die Auflockerung eine periodische ist, so ist klar, dafs diese Stürme in der Zone der Passate nothwendig ebenfalls in Beziehung auf ihre Häu- figkeit eine Periode befolgen müssen, deren Maximum zu der Zeit ein- treten muls, wo sich die Sonne in nördlichen Zeichen befindet. Dies zeigt sehr deutlich eine mir eben zugehende Arbeit von Poey in Ha- vanna *). Auf 365 von 1793 bis 1855 beobachtete Stürme fallen näm- lich in den 12 Monaten folgende Zahlen: 5, 7, 11, 6, 5, 10, 42, 96, 80, 69, 17, 7. Ein mit zunehmender Sonnenhöhe sich vermindernder atmosphäri- scher Druck wird, da er auf den westindischen Inseln nicht sich zeigt, in vermindertem Mafsstabe vielleicht nur in Californien und den süd- lichen Theilen des inneren Thales am Mississippi hervortreten, doch fehlen, um darüber zu entscheiden, zuverlässige barometrische Beob- achtungen. In den Polargegenden tritt aber als eine vollständig con- statirte Thatsache hervor, dafs der atmosphärische Druck in den Früh- lingsmonaten eine ungewöhnliche Höhe erreicht und dann schnell im Sommer sich erniedrigt. Die Luft häuft sich also hier an der dann am kältesten bleibenden Stelle der Erde ungewöhnlich an. So sind die Aussagen der verschiedenen Instrumente zuletzt übereinstimmende Symptome durch die Temperaturverhältnisse gegebener Grundbedin- gungen. !) Poggendorfis Annalen 13. S. 579. 2) Observations made at the meteorological Observatory at Er ton III, p. IX. 3) Gesetz der Stürme, Poggendorffs Annalen 52. 8. 1. 4) A chronological table of cyelonic hurricanes, which have occurred in the West Indies and in the North Atlantic. Ueber das Klima von Nord - Amerika. 29 Aus den vorhergehenden Beobachtungen geht schliefslich hervor, dafs die gewöhnliche Vorstellung, dafs alle klimatologischen Erscheinungen in bandartigen Streifen die Erde umgeben, eine durchaus irrige ist, und dies gilt für die tropische Zone Amerika’s, wenn wir sie mit dem indischen Ocean vergleichen, in gleicher Weise. Was aber auf diese Weise in den mittleren Zuständen hervortritt, zeigt sich ebenso in den Abweichnungen der einzelnen Jahrgänge von denselben, denn ich habe in den „nicht periodischen Veränderungen der Temperatur* ausführlich gezeigt, dals in der Regel Europa und Amerika entgegengesetzte Wit- terungsverhältnisse haben, dafs ein strenger europäischer Winter durch einen relativ milden in Amerika seitlich begrenzt wird, und umgekehrt ein hier milder dort relativ streng ist, dafs also die auf der Erde her- vortretenden Extreme sich selbst compensiren, also nicht kosmischen, für die ganze Erde gültigen Ursachen zuzuschreiben sind. Die Physik der Erde hat lange Zeit den besonderen Charakter ihrer Geburtsstätte, Europa’s, verrathen. Seitdem es möglich gewor- den ist, die Natur unter verschiedenen Himmelsstrichen zu befragen, hat sie denselben immer mehr abgestreift. Sie hat dann eine Zeit lang geglaubt, bei der grofsartigen Einförmigkeit tropischer Verhältnisse, die ihr im Gegensatz der verwickelten Erscheinungen höherer Breiten als unmittelbares Gesetz erschienen, sich beruhigen zu können. Aber auch diese Vorstellung mufste aufgegeben werden, als sich zeigte, dafs an verschiedenen Stellen der tropischen Zone ganz verschiedene Erschei- nungen hervortraten. Da ist sie denn zu der Ueberzeugung gelangt, dafs in dem bewegten Treiben des Luftkreises kein Punkt sich isoliren kann, dafs jedes Phänomen als ein durch andere bedingtes erscheint und ebenso wieder andere hervorruft. Sowie dies erkannt war, so stellte sich das Bedürfnifs heraus, dafs die Beobachtungspunkte zu verviel- fältigen seien, wenn etwas Sicheres gewonnen werden sollte. Diesem Bedürfnifs wird von Tag zu Tag mehr entsprochen und wir haben es daher freudig anzuerkennen, dafs in neuerer Zeit die Regierung der Vereinigten Staaten und die russische gleichzeitig Amerika und Asien mit einem Beobachtungsnetz umzogen haben, dessen in San Franeiseo und Peking angeknüpfte Endpunkte durch die in Europa dicht ge- schlungenen Fäden mit einander vereinigt sind, während die Ausdauer der Engländer in jahrelangen Mühen der Natur das Geständnils abge- rungen, dafs ein nördliches und südliches Polarland wesentliche Glieder in der Kette der Wirkungen bilden, welche das Leben der Atmosphäre _ zu einem so bewegten machen, dafs das Erkannte immer noch als un- - bedeutend erscheint den Problemen gegenüber, welche noch zu lösen sind. 30 H. W. Dove: Die Isothermen des Jahres und der extremen Monate in der Polarprojection. (Hierzu eine Karte, Taf. I.) Die im vorhergehenden Aufsatze hervorgehobenen Eigenthümlich- keiten des Klima’s von Nord- Amerika treten in einer graphischen Dar- stellung, welche das Gleiche verbindet, übersichtlicher hervor, als durch die numerischen Werthe der Tafeln. Ich füge denselben daher eine im vorigen Jahre von mir veröffentlichte Karte hinzu, welche den in der „Verbreitung der Wärme auf der Oberfläche der Erde* gegebenen zur Ergänzung dient. Die Karte selbst ist von Herrn Kiepert entwor- fen und enthält sämmtliche Ergebnisse der in neuester Zeit unternom- menen Polarexpeditionen der Engländer und Amerikaner. Die Linien gleicher Jahreswärme habe ich schwarz, die Isothermen des Januar blau, die des Juli roth bezeichnet. Obgleich das die Mitte der Karte einneh- mende Polarbecken noch unerforscht ist, indem nur bei Spitzbergen im grönländischen Meere und im Smithsunde der 80. Breitengrad überschrit- ten wurde, so sind doch die eontinentalen Umrisse desselben vollständig erforscht und wir wissen, dals Grönland und die Westküsten der Baf- finsbay von der Hudsonsstralse an nördlich durch Meeresarme von dem amerikanischen Continent geschieden sind, dessen am weitesten nach Norden hervortretende Punkte das Cap Barrow, das Cap Bathurst und die Nordspitze von Boothia Felix an der Bellotstrafse sind. Die Haupt- mündungen des Polarbeckens in die Baffinsbay sind der Smithsund im Norden, Jonessund und Lancastersund im Nordosten derselben, hinge- gen südlich von der Davisstrafse die Frobisher- und Hudsonsstralse, während Grönland sich als ein geschlossenes Ganze mit fiordartigen Einbuchtungen zeigt. Der Hauptabfluls der Eismassen des Polarmeeres erfolgt daher im Frühling und Sommer an der Westseite der Baffıns- bay und an der Ostseite von Grönland und diese beiden eisführenden Abflüsse vereinigen sich in der Nähe von Neufundland, wo sie den von Süden heraufdringenden warmen Wassern des Golfstroms begegnen, der, indem er sich nun nach dem alten Continent hinüberwendet, die Oberfläche des atlantischen Oceans so erwärmt, dafs die Isothermen des Januars an der nördlichen Küste von Norwegen sogar überhängende Scheitel zeigen. Der Satz, dafs die Westküsten im Winter eine ent- schieden höhere Temperatur als die Ostküsten haben, zeigt sich also nicht nur im Grofsen an den Continenten selbst, sondern sehr deutlich, freilich in kleinerem Mafsstabe, in Skandinavien, während hingegen Grönland und Kamtschatka an ihren Westküsten im Winter kälter sind, als an ihren Ostküsten. 2 v Ueber das Klima von Nord- Amerika. 31 Da die Abnahme der mittleren Jahreswärme mit zunehmender Breite über dem Meere langsamer erfolgt, als im Innern der Conti- nente, so ist klar, dafs wenn man aus den Stationen eines im Meere fortlaufenden Meridians die Temperatur des Poles bestimmt, man einen viel höheren Werth erhält, als aus den Stationen eines Meridians auf dem Continent. Dieser Widerspruch läfst sich durch die Annahme er- klären, dafs der Pol nicht der kälteste Punkt der Erde ist, dafs viel- mehr die Isothermen sich lemniscatenförmig um zwei Kältepole, einen asiatischen und einen amerikanischen schlingen, eine Annahme, die von Brewster zuerst ausgesprochen und später fast allgemein angenom- men ist. Dieser Schlufs verliert aber erheblich von seinem Gewicht, wenn sich herausstellt, dafs die Temperaturabnahme über den beiden Meeren, dem atlantischen und dem stillen Ocean, eine sehr verschiedene ist. Dals sie nicht eine gleiche sein werde, läfst sich schon daraus schlie- fsen, dafs der stille Ocean durch eine einzige verhältnifsmäfsig schmale Verbindungsstrafse mit dem Polarmeer zusammenhängt, der atlantische Ocean hingegen zwischen Grönland und Norwegen breit in das Polar- meer einmündet. Da eng zusammentretende Ufer den sie bespülenden Meeren mehr oder minder den continentalen Charakter aufdrücken wer- den, so hat man bei ihnen daher eine plötzlich stark werdende Tem- peraturabnahme zu erwarten, während da, wo sie so weit auseinander- _ treten, dals ihre Wirkungssphären nicht in einander greifen, das Meer den ihm eigenthümlichen Einflufs auf Temperaturverbreitung ungestört beibehalten wird, und so zeigt es sich auch in der That. Die Vorstellung von vollständig getrennten, isolirte Kältepole um- schlingenden Jahresisothermen führt schliefslich dazu, dafs vom Cap Barrow nach dem Pole zu die Jahreswärme nicht mehr abnehme, aber sehr erheblich, wenn man östlich oder westlich fortschreitet. Welche Erscheinungen zu diesem Schlusse führen sollen, ist mir völlig unbekannt. Die strengste Winterkälte, die wir überhaupt kennen, zeigt sich im Ja- nuar an den Ufern der Lena und in dem Parry’schen Archipel, aber auch hier hat sich nirgends bei Erreichung höherer Breiten eine Tem- peraturzunahme ergeben, weder im Winter, noch im Jahresmittel, wenn man den nördlichsten Punkt der Ueberwinterung, den Northumberland- Sund, mit südlichen Stationen vergleicht. Dasselbe zeigt sich an der Küste von Grönland, wenn man von Uppernivik und dem Wolsten- holmesunde nach dem Smithsunde geht. Ueberall haben also die Nord- nicht als ein unterbrochenes sich kundgiebt, wenn auch natürlich durch u Expeditionen ein Kältegebiet berührt, das als ein geschlossenes, “ _ die Form der Inseln und Küsten an bestimmten Stellen eine erhebli- chere Temperaturverminderung hervortreten kann, als an anderen. So 32 H. W. Dove: wenig man aber in der Darstellung der magnetischen Verhältnisse der Erde auf lokale Störungen ein bedeutendes Gewicht legt, sondern nur die Gestaltänderungen der Gleiches verbindenden Linien im Grolsen betrachtet, so wenig mufs man jede local hervortretende Temperatur- verminderung als einen Kältepol bezeichnen. Mir scheint es daher am zweckmälsigsten, anzunehmen, dafs die in Nord- Amerika und Nord- Asien erreichten kältesten Stellen als ein und demselben Kältegebiete an- gehörig zu betrachten seien, welches nach der Configuration der um- schlielsenden Isothermen zu urtheilen, einen länglichen, mehr oder min- der elliptischen Raum bildet, welcher in Beziehung auf den Drehungspol in der Weise unsymmetrisch liegt, dafs er von Europa aus hinüber- gedrängt erscheint nach der Stelle des Eismeeres, welches die nördli- chen Ufer der östlichen Seite Asiens und des westlichen Nord- Ame- rika bespült. In diesem kältesten Raume fällt das absolute Minimum im Januar auf den Continent von Asien, verlälst diesen aber bald, um im Frühling und Sommer nach Amerika hinüberzuwandern. Dabei verändert sich die Gestalt des kältesten Raumes nach dem Sommer hin in eine mehr dreieckige, deren Ecken nach den drei Hauptabflüssen des Polarmeeres, der Behringsstrafse, der Baffinsbay und dem karischen Meere hinweisen und dadurch unmittelbar ihren Entstehungsgrund be- zeichnen, welchen wir eben in kalten eisführenden Meeresströmungen zu suchen haben. Vom wissenschaftlichen Standpunkte aus wäre es sehr wünschenswerth, die bisher nur auf der amerikanischen Seite aus- geführte Erforschung des Polarmeeres im grönländischen Meere und über Spitzbergen hinauf aufzunehmen, denn hier ist seit den Unter- suchungen von Scoresby und der einzigen mifsglückten Expedition von Parry nichts geschehen, was sich irgend vergleichen lielse mit der Er- weiterung unseres Gesichtskreises auf der amerikanischen Seite, welche aber so theuer erkauft worden ist, dafs die Polarexpeditionen wohl so bald nicht wieder in gleicher Ausdehnung werden aufgenommen werden. u 7 D Ir bh .- < ya. 4:3 “ro + +3 NE TE Yartra ara Do Nra.c Bar or Br su, KIutpag 2, Ars IE E 1 | DD. Oradı Bean. 16h 10, TR "aUTREELTETE or r.un! u fi dk. Neue Folge, Bd.I. Be ' Temperatur- Tafeln. | s B > Die Länge westlich von Greenwich. Die Höhe in englischen Fulsen. . ” R nA i H Du Kir, | ” > BAD Al A se j a0 ren Sn Ö Kran f DET a I Or ah Vet hi art Ai 71.9 e| | 38,545 % - -1 sta 'tb.nr Ye WED» I.» 5 j 3> F moia® Armed NETATEN s ab]. oyalio‘) NETIHR [23 jan ER, | j LEIEDEN R 34 H. W. Dove: Breite, Länge neun Febr. | März | April er — —— — — —— z—— a Maine. 0 1 o 1 0 0 0 o East Port!) .. . . 44 54| 66 58 70)- 4.24| - 3.75| - 0.53| 3.75 Ft. Fairfield . . . .|46 46] 6749| 415|- 7.26| - 8.15| - 3.20) 1.87 Hampden ..... 44 42| 6856| .. |-10.28| - 4.88) - 1.05) 5.23 Houlton ?)....» 46 76749| 620]- 7.67| - 6.84| - 1.94, 3.30 BE Könnt... ..» 4715/68 35| 575]- 9.33| - 9.05| - 3.76| 1.45 Portland ?).. . : - 43 39| 70 20 20]- 4-.08| - 3.32) 0.23] 4.86 ee ae ists 43 31, 70 26 69|- 4.67) - 4.46| - 0.14] 5.43 New Hampshire. Concord . . «»:« 43 12)7129| .. > 4.80] - 4.51| - 0.57| 4.62 Ft. Constitution . .|43 470 49 40]- 3.13|- 2.58) 0.75| 4.37 I 43 13| 7054| . 2 ]- 3.81| - 4.92) - 0.37| 4.19 Hannover. ... . - 43 45 7222| .. |- 7.19] - 7.47) -2.86| 2.50 a Vermont. Burlington ... - » 44 27| 7310| 346]- 5-59) - 4.54] - 0.44| 3.95 Newbury. ... +.» 41 9/79 5| 150]- 6.46| - 5.69] - 1.33) 4.48 New Fane...... 4258 7235| .. |- 5.83| - 5.65| - 0.59] 5.01 Rouses Point ...45 0|7321| .. |- 6.79| - 4.25| - 0.33] 5.55 Bnlland 2 20.0. 43 381 7257| .. P 6.22] - 6.00) 0. 4.00 Williamstown .. .144 73| 72 32 | 1590]- 7.34| - 7.24| - 2.91) 2.77 Windsor... u» 43 28| 72 30 201- 4.44| - 2.44| - 0.76) 2.71 Massachusetts. Amherstt ..... .„la2 22| 7232| .. |- 1.01| - 6.90| - 3.32) 5.61 Anidover..el.ud. 42 38| 71 .. 1» 3.33) - 2.67| 0.32) 5.91 Atleboro «cn 4159| 7123| .. I- 5.10) -3.65| 0.78) 4.45 Bath . ie 43 54 6948| .. |- 3.91| - 3.87| - 0.18) 4.40 Biddeford .... . 43 31170 26| -. I- 4.86| -2.94| 0.89) 4.61 Böston ER 4221171 4| .. |- 2.44] -1.88| 1.48 6.16 Et. Independence . [42 20 71 0 50|- 2.30) -1.91) 1.54, 6.03 Cambridge a... .|42 22) 71 8, 210]- 3.12) - 2.22 1.54 6.56 a ee Er .. 1 2.93| - 3.06| 0.77| 5.39 Deerfield......» 42 35172 39| .. I- 5.07| - 8.18) - 0.38) 4.29 Ipswich. ... 0.» 42 4117046| .. |- 0.88| - 0.881 2.66, 7.11 LE RER 42 18173 20| .. I- 4.10) - 6.77| - 0.92) 2.33 Mowell, Kun 42 39) 7119| .. } 2.93] -2.80| 0.91) 5.48 Medfield ....».. 42 15| 7120| .. |- 3.64) - 2.63] 1-.12| 5.20 Mendon . “.liee 42 517130| .. I- 2.75| -3.52| 0.59) 6.02 New Bedford ... . |41 38|7056| .. |[- 1.52) -0.73| 2.52| 5.84 en 15,54: 0.0 42 31\7054| .. I- 2.85) -1.89| 1.50) 6.23 Watertown Ars. . .|42 21171 9| .. |- 2.12) -2.93| 0.77| 5.76 Westfield...... 42 617243| .. I- 2.38) -1.16| 2.47 7.07 Williams College .|42 20/73 10) .. |- 4.44| - 3.73) - 0.41| 5.12 Williamstown .. .]44 7| 7232| 1590]- 4.20| - 5.06| - 1.46) 4.41 Worcester ..... 424617149 ..--,1:51] 41.400.227 1) Ft. Sullivan. 2) Hankock barracks. 3) Ft. Preble, Mai 10.14 9.33 9.36 8.52 Juni 0 0 11.00) 13.47 11.14 13.46 12.56 12.00 13.81 14,82 13.98 12.87 13.97 13.13 14.44 14.55 14.44 12.42 14.22 12.20 15.29 14.78 15.38 16.08 13.11 16.00 15.09 14.92 15.72 15.88 14.22 16.00 13.89 16.05 14.53 14.48 14.66 15.64 14.55 16.02 15.26 14.24 14.14 13.68 13.86 14.74 13.55 16.09 17.16 15.59 15.59 16.86 14.40 16.86 16.46 15.68 16.18 15.78 14.24 16.22 16.34 August| 8 | Juli | o 13.52 14.62 15.86 14.45 14.01 15.29 16.41 14.94 14.69 14.98 13.48 15.66 15.60 15.35 15.11 15.78 13.05 14,36 16.80 17.07| 16.89 17.43 16.31 17.43 17.77 17.36 17.97 17.44 21.18 17.10 14.63 16.93 15.16 16.79 16.53 16.48 17.18 16.30 14.67 16.88 14.38 18.62] 17.30 16.41 17.40 16.80 18.00 17.15 18.84 16.98 16.18 16.92 16.04 16.40 16.73 17.12 16.45 16.60 15.66 14.48 15.79 ! j J E 1 L | “ B e \ r.\Novbr.| Decbr. | Winter 0 o 0 ) | 2.37] - 2.65] - 3.59 ) |- 0.82] - 6.16] - 7.87 10.75] - 4.60| - 6.59 -0.51| - 6.16] - 6.93 -1.72| - 9.16| - 9.17 - 3.40 - 4.28 2.58| - 2.31 2.39] - 3.70 2.24 1.25 -0.01| - 6.57 1.94) - 4.45 1.43) - 4.62 1.59] - 3.35 0.33) - 3.28 I 2.22] - 0.89 - 4.86 - 5.59 - 4.94 - 4.77 - 4.37 | -0.85| - 6.20 -3.29 - 6.93 - 3.39 - 1.76 - 0.93 - 2.48 - 3.07 - 2.83 - 3.22 - 2.31 - 3.74 - 3.62 - 3.54 - 0.66 - 0.27 - 0.87 - 1.53 - 1.96 2.22 - 1.66 - 1.50 - 2.07 - 2.51 - 5.07 0.15 - 4.72 - 0.65 -1.03 - 1.77 2>e - 5.20 - 2.13 - 2.43 - 2.068 - 0.68 rn nm Punmwo www » 0 & -0.76 1.32 - 3.09] 0.02 2.04| - 2.25 3.17| - 2.91 -183 - 2.12 - 1.17 - 3.47 - 4.06 2.57| - 1.27] - 1.42 “ 4 - 3.10] - 4.14] 4.73 2.99| - 1.50] - 2.40| 4.98 - 3.36] - 4.03) 4.93 - 7.08| 2.72 Ueber das Früh- ling Som- mer Herbst Maine. o 12.66 13.14 14.39 13.91 13.18 o 6.89 3.68 521 4 94 3.50 o 3.61 1.90 4.34 3.17 1.43 4.79 5.13 |44.77| 7.18 16.13 | 7.52 New Hampshire. 14.84 | 6.80 14.39 | 7.57 15.27 | 6.43 13.67 | 5.04 Vermont. 4.52 | 15.65 4.30 | 15.54 4.80 | 15.16 4.86 | 14.57 4.00 | 15.26 2.66 4.37 13.16 15.29 Massachusetts. 4.31 |15.97 | 6.61 5.75 | 16.45 | 7.69 3.76 | 16.81 | 7.67 4.43 |14.86 | 6.93 5.06 | 16.74) 7.82 6.26 6.23 6.35 5.41 4.50 6.88 16.46 16.26 16.96 16.54 16.69 16.66 8.20 9.08 8.28 7.98 6.48 8.60 3.36 9.69 5.44 5.61 6.17 14.30 17.32 15.66 16.09 16.06 9.07 8.72 7.59 7.18 3.22 6.26 5.61 7.50 5.15 4.24 16.92 16.05 17.16 15.97 14,97 8.63 er 8.09 7.06 7.18 5.98 15.62 | 8.06 Jahr Klima von Nord- Amerika. Unterschied o 17.71 21.83 26.31 22.41 22.88 20.17 21.83 20.39 18.39 21.72 21.87 22.45 22.92 21.51 22.67 22.00 21.58 20.66 23.70 20.40 22.53 20.22 22.29 20.22 19.66 | 17.76 21.09 20.50 29.36 17.98 |: 21.40 21.55 20.05 20.92 18.32 20.85 18.08 21.22 21.42 21.24 18.43 Be 5. u. w. 35 Beobachtungszeit ——————— (7) 2. 9. (Sa Su) Sa. 2. Su. 9 Sa. 923.8 (7) 2. 9. (Sa. Su.) Sa. 2. Su. 9 (7) 2. 9. (Sa. Su.) ee | Sa. 12—1. 9 (7) 2. 9. (Sa. Su.) Sa. 1. 10 Sa. 15 9% Sa. Max. Sa. 9. 1. 4 Sa. 2. Su. Sa. 13 Su, S.29870 (7) 2. 9. Sa. Su.) 7.1289 Sa. 93.9 6. 2. 10, 10. 7, 15 10 8. 12. 10. Su. (7) 2. 9. (Sa. Su.) 36 H. W. Dove: April | Mai | Juni Breite Länge nn Febr. | März | | Rhode Island. -0.,87 2.04 5.81| 10.21) 14.86| 17.80 Ft. Adams... Newporta).... -0.69| 2.35) 6.09| 10.49) 14.76] 17.06 Providenceb) .. - 2.23| - 0.76) 5.68] 10.27| 14.62) 17.11 Maryland. Anapolis') .... 1.54| 4.82] 9.79] 14.43| 18.08] 20.08 Baltimore... . . 0.44| 3.22] 8.94| 12,71] 17.28] 19.22 Ft. Me Henry .. 0.981 4.57| 9.19] 13.81| 17.59) 19.86 Ft. Washington . . 2.93| 6.61| 11.17] 16.12| 19.70| 21.33 New York. Albany... -2.97| 1.33| 6.79] 12.40| 16.00] 17.84 N SC, ET | 0.30 3.67!) 7.33) 13.84! 18.40| 19.00 BAINEIHER ers. nee |-5.29| 1.63] 4.21) 11.06) 15.36| 16.61 BUHEm ir... 4 \-3.28| 0.65, 5.881 9.95) 14.02] 16.82 Bridgewater . -4.49| - 0.94 4.57 9.32| 12.26| 15.39 Buffalo 0. 5% 0. ; = Bars st@.ı. Cambridge Wash. . Canajoharie ... Canandaigua. ., . 4.82 1.55| 3.86) 10.35) 17.75) 17.57 -3.141 0.42) 5.42) 9.30) 14.25) 16.08 -4.69 0.31, 5.42, 10.34) 14.59] 16.39 ‚-4.06,- 0.24, 6.79 11.70) 14.12] 17.35 -4.49 0.16 6.34 10.67 14.95 17.01 | | -4.81 -0.74 5.02) 9.47) 13.18) 15.32 ı-4.59-0.75| 5.17 11.93) 13.98| 15.55 -4.23 -1.76, 3.74 8.54| 13.60) 14.00 11.95 1.08) 4.40) 9.81) 15.19| 12.97 -0.55, 1.93), 5.52) 9.41) 13.69) 16.74 Casenovia ?).... Cherry Valley... Ba ee De - Easthampton ?) . . Ellisburg °) .... \-4.08| 0,63) 7.40) 11.32) 14.55| 16.78 Rairfield. » ı»-.,»- 1185| - 5.39) - 5.13) - 1.07) 4.32) 9.56) 13.57| 15.14 Hlatbush ®)7.... -0.28| 3.62) 7.61) 8.24| 15.71| 18.07 Fredonia.....,. - 2.04 1.47 6.42) 10.95) 14.82] 17.27 Moshen, un... s -2.53| 2.02) 6.84) 10.76] 14.54] 16.31 Bames...u 2. |»1.61| 1,09) 6.46) 9.99) 13.77] 17.67 Gouverneur „... ‚r5.93)- 0.47, 5.56) 10.17 14.04] 16.39 Granyılle. .....0.1% . | 5.02) - 5.28) - 0.31 5.16, 10.72) 15.33) 17.25 Greenyille’.. 2 .& |-0.34| 1.70/ 4.67) 12.94) 16.53) 16.83 Hamilton. ... . . - 3.87 - 0.01) 5.90) 9.96) 13.75) 15.68 Hartwick o. „ir.“ -3.39| 0.88, 5.49) 10.80) 14.58] 16.06 Henrietta ®) ., . „j43 6 ” 2,78, -4.12| 2.21) 7.33) 11.19] 14.541 16.09 Homer! als u. 1096] - 3.60 - 4.26| - 0.37) 4.94, 9.78, 13.36) 15.19 Eiudson. . 2 ce I= 2.70) 1.271 6.87| 11.94) 15.78] 17.53 Huntington, . ,. . - 1.33) - 3.56| 7.56] 13.78| 14.67| 19.11 Mkbacay „eur u. Rot -2.20 1.161 6.65) 11.34| 14.71| 17.15 Jamaica !°)... -1.08| 2.60) 6.79) 10.88] 14.57| 17.52 Johnstown ..,. - 4.40 - 0.22) 4.91) 10.52| 14.73] 16.44 Kinderhook .... -3.85| 0.77) 6.35| 11.23) 14.86) 16.94 Bingsions .o „5 .* -2.37| 1.37. 7.72| 12.23| 15.63] 18.25 Lansinburg. ... . -3.16) 0.84) 6.65) 11.85) 15.77! 17.61 a) Ft. Woleott. 5) Brown University. 1) Ft. Severn. ?) Oneida Conf. 3) Delaware Ac, 02) ri | Ueber das Klima von Nord- Amerika. 37 Deecbr. [Winter Brühe Bom- \Herbst| Jahr | ing | mer Rhode Island. w. u. br. |Novbr. i Eu) | W Unterschied \ Anz. Beobachtungszeit 0 0 o 0 o 0 o o o 4.83 | - 0.75] - 0.79 6.01) 16.65| 9.581 7.86] 18.67| 17.44] 10 Sa. 2. Su. 9 4.89| 1.01] 1.211 6.32) 16.18) 9.561 8.32] 18.24] 14.97] 14 N) 3.45 - 1.061 -1.77| 5.06) 16.01| 7.98| 6.84] 19.34| 17.78] 22 Maryland. 6.601 2.08] 1.25] 9.69] 19.24| 11.45] 10.41| 19.95] 17.99] 7% | (7.) 2. 9. (Sa. Su.) 5.481 3.00] 0.98] 829 18.49) 10.341 9.53| 19.72] 17.51] 6 - 5.91| 1.61] 0.99 9.19) 18.79) 10.75] 9.93] 19.47| 17.80] 24 (7.) 2. 9. (Sa. Su.) 6.851 2.66] 2.38) 11.30) 20.31) 11.96] 11.50] 19.78| 17.97| 15 (7.) 2. 9. (Sa. Su.) New York. 3.20 -1 47|- 2.62 6.84] 16.92] 8.00] 6.29] 21.16! 19.54] 28 NEN 5.62) 1.88] 0.65 8.28! 18.80) 9.87| 8.52] 19.30] 18.25] 4 - 5.84 - 1.69] - 3.79 5.63! 15.97) 8.00) 6.45] 21.90| 19.76] 1 N.Y. 2.55|-1.12|- 0.60, 5.49! 15.64| 7.32] 6.88] 18.21| 16.24] 22 N.Y: -0.25|- 3.69] - 4.411 4.32) 13.79) 5.26) 4.73] 20.44| 18.20] 4 N.Y. 2.32 -1.861-3.50 5.25 16.73| 7.39| 6.47] 22.39| 20.23] 2 N.Y. 1.70|- 0.86] - 2.03 4.76, 15.52) 7.07] 6.33] 19.40) 17.55) 43 Sa.2. 9. Su, 2.02 - 1.55l-3.50| 5.36! 15.38| 6.75] 6.00| 21.08| 18.88] 14 N.Y. 2.351-3.231-4.18| 6.08) 15.92) 7.23] 6.26) 22.60) 20.101 4 N.Y 1.68 - 2.361 -3.52| 5.72] 15.79) 6.72] 6.18] 21.50] 19.34] 12 NIY \ 1.391 -3.47]- 4.301 4.58] 14.37| 6.56] 5.17| 20.13] 18.67] 19 N.Y. 1.04) - 2.951 - 3.99) 5.45) 14.82) 6.22] 5.45] 20.14) 18.81| 15 N.Y =0.17\-3.64|- 4.68 3.51] 13.82) 5.22] 4.47] 20:18) 18.50] 24 10. 10 3.62) -1.09|- 2.38) 5.10) 15.72) 7.12] 6.39] 21.06| 18.10] 3 N.Y 4.56| 0.641 -0.25|1 5.62 15.551 9.03] 7.49| 17.57| 15.80] 17 N:Y -2.43|- 3.40) 6.45! 15.47| 7.87| 6.60] 20.86| 18.87] 10 N.Y. -3.97] -4.83| 4.27) 14.55) 6.21] 5.00] 20.53| 19.38] 19 N. Y. 1.40| 0.301 6.49| 17.10) 9.76] 8.71| 18.35| 16.80] 24 N!Y -0.52|-1.35| 6.28) 16.15| 8.46| 7.28] 19.31| 17.50] 18 NY -1.77|- 2.37) 6.54! 15.56) 7.55| 6.91] 19.13! 19.13] 11 N.Y - 1.57|- 2.04) 5.85| 15.57) 6.93] 6.58] 20.62! 17.61] 4 N.Y .80| - 5.34] - 5.57| 5.09| 15.36) 6.37| 5.30] 21.58] 20.93] 12 N.Y. .69| - 3.20] - 4.50) 5.19) 16.24) 6.84] 5.95| 22.53| 20.74] 14 N.Y. .16| - 0.40] - 0.49| 6.43) 17.08 8.07| 7.78] 18.63| 17.571 2 N.Y: .53|-2.65|-3.50| 5.28! 14.81| 6.49| 5.77] 19.67| 18.31| 19 NY. 2.79 - 2.36] - 3.04| 5.72| 15.331 7.11| 6.28] 19.45| 18.37] 17 N.Y. 0 62| - 2.26] - 3.041 6.91) 14.93) 6.65] 6.15] 20.21) 17.97] 3 Nr 1.84| - 2.351 - 3.40) 4.78| 14.37) 6.43] 5.63| 19.48] 17.77) 18 NE 2.96| - 1.80] - 2.56| 6.70) 16.77) 8.00| 7.04] 20.63| 19.33 17 N.Y. 4.44| - 0.44|-1.48| 5.93| 17.04| 10.22| 7.93] 21.78) 18.52] - - 3.12| - 0.57|-1.49| 6.381 16.05] 7.71| 7.28] 19.35| 17.54] 17 N.Y. 71 4. 0.17|- 0.40) 6.76) 16.53) 9.03] 7.86] 18.81) 16.931 28 N.Y. | 41.06 - 3.73] -4.30 5.07) 15.69) 6.40| 5.73] 21.20| 19.99] 14 N.Y )0| 2.78! - 2.97] - 3.62) 6.12] 16.001 7.42] 6.66] 20.94) 19.61| 17 N.Y. 0) 4.04) - 0.66/ - 1.70) 7.11| 17.05) 8.56| 7.72| 20.62) 18.75] 19 N:Y Bl 2.751- 2.391 - 2.29) 6.45) 16.74 8.00) 6.981 21.841 19.011 23 N.Y ion Ac. 6) Erasmus Hall. 7) Farmers Hall. 8) Monroe Ac. 9) Cortland Ac. 10) Union Hall. 38 H. W. Dove: Breite, Länge | Höhe [Januar | Febr. | März | April New York. 074 o 1 0 0 {) 0 Ledyard ). 2... 42 43| 76 37| 447 | -1.46| -1.70| 2.17] 6.49 Lewiston. ..... 43 9| 79 10) 280 |-2.12|-2.25| 1.24] 6.36 Baberbyinsieus . . + Sullivan c. -4.80| - 3.64] 0.66) 4.04 Bownlle ...... 43 47| 75 33| 800 | - 5.28) - 5.02] - 1.02) 5.45 Melone=-.:.... 44 50) 7423| 703 | - 6.11) - 2.60] - 0.26) 5.80 KE.STe oe) RR 43 27| 7614| 331 | - 4.14| - 4.38| - 0.39| 4.57 Middlebury..... . 42 49| 78 10) 800 | - 2.98] - 2.97| 0.86) 6.03 MENe. ... n 0. . 43 8 7820| .. |-2.66|-2.50| 0.12) 6.01 Montgomery... .j41 32) 74 0) . - 2.94) - 2.21] 2.05) 6.94 Mount Pleasant . .141 9) 7347| 125 | - 1.78] - 1.15) 2.67 7.26 Newburgh ..... 44 9) 74 5| 150 1-1.86| -2.27) 1.76) 7.20 New York ... .[40 45] 74 2 -0.11/- 1.13) 2.34| 7.07 Bloomingdale Asyl.[40 38) 74 4 0.34 -1.40| 3.90) 8.87 Ft. Columbus. .„ .j40 42) 74 1| 23 ]|-0.81| -0.69| 2.78] 7.40 Ft. Hamilton . . ..|40 37| 74 2) 25 | - 9.14 -0.47| 2.68) 6.94 Ft. Wood... ..14042| 74 11 1.11) - 3.87) 2.58) 5.90 Ft. Niagara: ..... 43 18| 79 8| 250] -2.28| -2.25) 1.10) 5.44 Ft. North Salem . . 141 26) 73 38) 3611 - 2.16) - 2.79) 1.69] 6.52 Oaklands...... ee. .* .. [-1.55) -1.90| 1.91) 2.57 Ogdensburgh. ... . [4443| 75 33] 225] - 3.22) -8.73| 0.42) 3.47 Onondaga ..... 4259| 76 6 -2.98 - 2.81) 0.80) 6.20 Ft. Ontario, ... .|43 20) 76 40) 250] - 3.56 -3.55, 0. 4.72 Oxlordl.Al. 2 u. 42 28| 35 32) 961] - 4.60) - 4.22) - 0.13) 5.41 Oysterbay ..... .14050) 7349| .. [-1.52|-0.09| 1.26) 7.69 Balmyra Wir . . 43 5) 7716| 4501 - 3.02) -1.64| 0.16) 6.33 Banane. ee. 42 43 7710 - 2.69 -2.95| 0.96) 3.32 nt le. ..]44 42| 123 26 - 4.58 -5.37| - 0.59 3.75 5 Bar.. .]44 41) 7325| 186} - 6.05) - 4.89) - 0.93) 4.72 Pompey ...... 4256 76 5| 1300| - 4.90| - 5.00] -0.98 4.02 Potsdam 2). .d..... 44 40 75 1| 394] - 6.04] - 5.87) - 1.34) 5.21 Poughkeepsie ?).. .|41 41) 7355| .. |-2.36| -2.49| 1.88 8.05! Prattsburgh ... . .142 34) 77 20| 1494] - 3.34| - 3.47| 0.44] 628 Redhook....... 42 2 7356| .. 1-3.26)-2.64| 1.70) 7.62 Bochester #..4 .... 43 7 7551| 506] -2.24 -2.45| 0.47) 5.81 Sacket harbour ’) . 143 57| 76 151 262] -4.36)- 3.42] 0.54 5.64 lem). u: 43 15] 73 30 -4.26 -4.11)| 0.26) 6.06 Schenectady .. . . [42 48| 73 55 -4.79| - 4.13) - 0.33) 5.92 Seneca Falls... . Fayette c. 463] -1.27)- 0.85) 0.94 5.29 Sommerville ... .144 10) 75 25] 412] - 4.86 - 3.64| - 0.19 4.30 Springville..... 42 30 78 50, 1160] - 2.97, - 3.06] - 0.14 6.14 Syracuse ......[43 1 7615) 400] - 0.48, -,5.08| - 2.38 6.00 Ran 43 6 7543| 173) -3.87) -3.84)| 0.12) 5.64 Watervlietl.K . ... 4243| 7343) 50|-4.01)-3.64| 0.89) 6.15 Westpoint ..... 41 23) 74 0) 1067| -1.65| -1.42]| 2.50) 7.42 Whithestown ’) . .143 8 7514| 824] - 4.63) -4.82| - 0.74 5.02 1) Cayuga Ac. 2) Renselaer Oswego. 3) St. Lawrence Ac. 4) Dutchess, Mai v 10.90 10.98 10.31 9.83 9.33 8.84 10.70 10.07 11.71 11.50 12.05 11.41 12.84 12.13 11.50 10.74 10.57 11.09 9.50 942 11.55 10.88 10.31 11.37 11.40 10.71 10.71 9.99 9.10 10.23 12.39 9.22 11.55 10.70 10.16 11.12 11.51 11.50 7.85 9.86 11.68 10.86 11.86 12.37 9.47 Juni 0 15.17 14.54 14.66 13.76 12.54 13.65 14.17 13.87 15.11 15.86 15.89 16.03 16.64 16.13 15.92 17.06 14.73 15.12 16.00 15.35 14.88 13.89 13.95 15.47 14.26 14.96 14.80 14.04 13.19 14.21 16.09 13 00 15.56 14.89 14.41 15.08 15.32 14.58 15.73 13.45 15.40 14.32 16.10 16.18 13.18 o 17.89 17.44 15.02 15.43 15.51 15.32 16.33 16.11 17.92 17.42 17.88 18.26 18.76 19.03 18.32 20.08 17.03 17.44 18.13 17.62 16.40 16.52 16.07 18.07 17.18 16.83 16.63 16.36 15.10 16.18 18.61 15.46 17.72 16.74 16.83 16.57 17.05 16.57 17.54 16.54 17.44 16.24 18.49 18.55 15.32 5) Madison bar. Juli nL | m [EPESTENTETTEN Brenn Ueber das Klima von Nord - Amerika. 39 Decbr. [Winter Be Winter Früh- | Som- 1, Herbst} Jahr Tetanse[ san. [ era Beobachtungszeit ling | El [8 u.Ww. New York. 0 o 0 0 0 0 o - 0.97] - 1.38) 6.52) 16.75) 8.60] 7.62] 19.59 N: 7% - 0.99] - 1.79) 6.19) 16.22) 8.08] 7.05] 19.69 N. Y. - 4.88] - 4.44) 5.00 RER 6.37) 5.54[ 19.90 - - 3.63] - 4.64] 4.75) 14.05) 6.09] 5.16] 20.71 N. - 0.35] - 3.02| 4.96| 14.30) 5.77] 5.12] 21.62 N. % -2.91|- 3.81] 4.34| 14.65 6.09] 5.36] 19.46 N..Y. - 1.25] - 2.40 5.86, 15.34 7.16] 6.57]| 19.31 N. X - 1.33] - 2.16) 5.40) 15. 28) 7.09] 6.26) 18.77 N. % -1.32]-2.16) 6.90) 16. .68| 8.17] 7.38] 20.86 N.Y. - 0.77] - 1.23 7.14 16.89) 8.50) 6.84] 19.20 Nut -0.95| - 1.69 7.00 17.02 8.88] 7.85| 20.15 NSSY, 1.30| 0.02| 6.94] 17.28 9.54] 8.44] 19.60 N. Y% 0.86] - 0.07| 8.53) 18.18 10.98] 9.40] 20.16 Sa. 2. Su. 0.67] - 0.28) 7.44 17.81) 9.99] 8.75] 19.84 (7.) 2..9. (Sa. Su.) 1.00) 0.13) 7.04| 17.48) 10.58] 8.81] 18.79 Sa. 2. 9. Su. -1.29] - 1.36] 6.24| 18.71) 9.04] 8.16] 23.95 TER -1.12]- 186] 5.70, 16.18; 8.27) 7.06 6.43] 16.39] 7.90] 7.14 4.66| 16.79) 8.79] 7.16 5.11 6.74 19.31 19.60 20.03 (7.) 2. 9. (Sa. Su.) N: Yı 4.34| 16.37| 5.56 26.35 NY. 6.18| 15.77| 7.19 19.21 5.19| 15.52 7.37 6.21] 20.08 Ba 2, 0. Bw 5.20 15.04 7.17| 5.96] 20.67 NY. 6.77 16.83] 9.501 8.21] 19.59 N. Y. -2.39| 5.96| 15.581 7.89| 6.761 20.20 NY. 2.39| 5.001 15.781 7.151 6.38] 19.78 x 4.62 15.94| 7.31| 5.85| 22.00 4.59 1545| 6.52| 5.33] 22.41 (7) 2. 9. (Sa. Su.) 4.08| 14.211 5.38 4.81] 20.10 N.Y. -5.44| 4.70 15.281 5.94] 5415| 22.22 N. Y. 7.44| 17.50| 9.06| 8.27] 20.97 “.Y. 5.31| 14.501 6.32] 7.74] 18.93 NY. 6.96) 16.52] 8.24] 7.27| 20.98 N.Yx. 5.66| 15.861 7.57| 6.76] 19.19 NY. 5.45| 15.90| 7.701 6.39] 21.19 (7) 2. 9. (Sa. Su) 5.81| 16.11) 7.291 6.43] 20.94 NY. 5.70 16.14| 7.33] 6.34] 21.84 N. Y. 5.91| 15.47) 7.50| 6.11] 19.54 3.99| 16.49| 7.01] 5.46] 22.40 Sa. 9. 3. 9. 5.29| 14.88 6.871 6.19] 19.60 N. Y 5.10| 16.79| 7.23] 6.82] 22.62 N.Y. 5.54| 15.33| 6.81] 6.07] 20.11 NY. 6.30 17.29| 8.24| 7.14| 22.50 (7) 2. 9. (Sa. Su.) 7.43 17.47| 9.42] 8.32] 20.20 (7) 2. 9. (Sa. Su) 458 14.37| 655| 5.17] 19.95 N.Y 6) Washington Acad. 7) Oneida Conf. | | | | | Breite, Länge | Höhe Januar| Febr, | März | April | Mai | Juni Juli August Sey En a BRSTEREE N BT: Mae 1 EINE N \ | Pensylvanien. are 0.4.1007 .,20 {) {) 0) 0 Alleghany . .... 40 30 7955 | .. [-0.77,-2.35) 4.28 | 7.32 | 11.87 15.59) 17.89 Beaver... N. -% 40 43 8020| .. ]-0.92)-1.87) - 110.01 | 13.49) 18.03| 18.86 Bedford . »-. .. - 40 1/78 29 -1.28| 1.52, 4.61 | 8.40 | 12.95) 18.66| 18.75 Bellefonte ..... 40 55) 77 48 - 4.04 - 0.38) 2.57 | 8.78 | 13.12] 17,03) 18.78 Butler .2.....]4052 7958| .. |-3.38| 0.59) 3.17 | 8.32 | 13.03) 17.96] 18.12 Carlisle bar... . . 40 3/7650, 500] -1.22 -0.46, 3.01 | 8.04 | 12.62| 17.08] 18.69 Delaware. ..... 39 35/75 34| 10) 0.74) 14.71) 4.88 | 9.03 | 14.79] 18.57| 20.44 Ebensburg..... .» 40 31/7846 | .. [-4.89| -1.43| 1.46 | 5.70 | 10.08] 17.28] 16.16 Frankfort Ars. . .40 0/7455| .. 0.16) - 0.05) 4.33 | 8.47 | 12.77) 16.63] 19.31 Franklin Venango . j41 24 7955 | .. |-4.05 -0.71| 2.14 | 8.54 | 12.73) 15.80) 17.32 Germantown .- ..140 317510| .. |-0.89| 0.49) 4.08 | 7.73 | 13.02| 17.42) 19.11 Gettysburg. .. . .139 49] 77 11) .. |-2.80) 0.24] 4.14 | 7.82 | 13.15) 16.68] 18.51 Harrisburg .... . 40 161 7650| .. |-1.20) -1.46| 3.66 | 7.89 | 14.48) 20.25] 20.12 Haverford ... . . 40 1175 191». 11:70) 7.4.46|04.30 - 14.02) 18.60) 18.80 Huntingdon ... ..140 32/78 1) .. [-2.51 | -0.18| 3.99 | 7.92 | 12.79) 18.23) 18.85 odianac . 0... 20. 40 38179 5| .. I-2.51| 0.58| 3.46 110.96 | 14.56| 17.40) 18.80 Lanessterüt 2.2. 40 37621) .. |-0.84 0.18) 3,89 | 8.95 | 12.39] 16.15] 18.38 Lewistown .... . 40 37/77 30| .. ]-0.91| 1.87) 4.17 11.06 | 15.66] 13.11] 19.30 Meadnille. ... .. . 41 39/8016! .. |-1.63| 1.04| 2.19 | 8.04 | 12.35] 17.22] 18.21 Ft. Miflin .... ..]3951/75 12| 20| 0.53) 0.29) 3.68 | 8.29 | 13.12) 17.75] 19.95 Mifflintown ....]40 34177 24| .. I|-2.54| 0.31) 4.13 | 9.18.| 12.55] 17.07] 17.52 Newtown......» 40 14|7449| .. |-1.72| 0.33) 3.81 | 7.73 | 12.98] 16.34) 17.84 Northumberland . .}40 53| 76 50 | .. |- 3.38) - 0.45| 3.34 | 9.05 | 12.99) 16.55] 18.36 Philadelphia a . . .139 57) 7510| .. [-0.85| - 0.12] 3.60 | 7.90 | 12.85| 16.45] 18.67 4 N; ER 4 0.16) 0.36] 4.60 | 8.27 | 11.95] 16.37] 18.12 Pittsbureh '). ... .|40 32)80 2| 704 | - 1.22) - 0.37) 3.12 | 7.98 | 12.85] 16.54] 18.21 Port Carbon... .|4045176 7| ». 1-1.35|- 2.64| 2.33 | 5.90 | 11.33) 17.39] 17.75 Pottsville...... 40 4076 12| .. |-0.61|-1.01| 2.25 | 8.80 | 12.61] 14.50] 17.53 Reading ...... 40 20175 52| .. 1- 2.64 - 0.44 2.77 | 9.33 | 11.94) 14.33] 18.04 Silver Lake . .. .]41 4575 35 | .. |- 6.74 - 2.17 1.58 | 7.30 | 11.73) 14.67| 17.58 Smithport :.... 4150 7825| .. |-4.22|- 2.44) 0.23 | 5.93 | 9.84| 13.65] 16.88 Sommeiset..... 40 079 6| .. |- 2.98] - 0.02) 2.62 | 6.81 | 10.39] 15.85| 15.81 Strondsburg . . . . 40 581 7517| .. |-3.26|- 1.88] 3.34 | 7.43 | 12.72] 14.93] 18.66 Uniontown ..... 3954 7948| .. ]-0.18| - 1.09) 2.66 110.74 | 13.02] 18.46| 18.81 Warten....... 41 5217915| .. |- 2.78|-0.04| 2.14 | 7.48, | 13.86] 16.56) 17.73 Connecticut. Litehfield...... 41 53/73 10| .. 1- 3.541 - 2.58] 10.41 | 3.02 8.64| 13.59) 16.03 Newhaven ..... 41 18|7258| .. |-1.65) 1.451 2.99 | 6.84 | 10.87) 16.04| 17.34 New London ?) . .|41 2172 6| 23 |-1.28) -1.07| 1.81 | 6.60 | 10.79) 15.16) 17.58 Warren Centre ..|4145)7225| .. |-4.57|-5.03| 1.46 | 4.09 | 9.06] 14.35| 15.86 New Jersey. Lambertille...... .140 23 7456| .. |-0.64|- 0.70) 3.13 | 7.86 | 12.71] 16.68) 18.83 Middletown . . . .[40 26/73 59| .. 1.24 2.74| 4.63 | 9.37 | 13.09| 15.48) 17.74 Mrenton .» .. - » 40 141 7447| .. 1-0.48| 0.25] 3.02 | 8.39 | 11.76! 15.86! 18.15 1) Alleghany Arsen, 2) Ft. Trumbull. Ueber das Klima von Nord - Amerika. 41 N I en‘ Me we |Herbst| Jahr |, .. Anz. Beobachtungszeit | KM |s.u.w. Pensylvanien. ‚Novbr.' Decbr, [Winter o 0 | 0 o o 0 1.87] - 0.42| 7.62 | 16,91| 9.27 | 8.35 - 0.97] -1.26| - 18.24| 8.24 - - 0.73] - 0.16, 8.65 | 18.60) 8.96 | 9.01 -1.10| - 1.84, 8.16 | 17.40) 8.08 | 7.96 - 0.23] - 1.00) 8.17 | 17.72| 8.78 | 8.42 SNÄstsın DDUOND eososwwo - 0.29] - 0.68) 7.91 | 17.83] 8.90 | 8.48 3.25] 1.89) 9.57 | 49.51/11 77 |10.69 5 vi [= - 3.07|- 3.13| 5.74 | 16.12] 6.85 | 6.45 0.77] 0.30| 8.52 | 18.06| 9.85 | 9.17 “ 0.31| - 1.48110.76 | 16.69| 7.88 | 8.46 7.20 0.27] - 0.04 8.28 ! 18.25| 9.63 | 9.04 - -0.60| - 1.06| 8.37 | 17.38 9.36 | 8.51 1.2.9 0.05] - 0.87| 8.67 | 19.97| 9.93 | 9.43 PAR 0.07) -0.06| - | 18.39110.16 | - 29 - 0.56[- 1.08) 8.23 | 19.16] 8.74 | 8.76 Zar -0.31|- 0.75 9.66 | 17.71! 8.94 | 8.89 72200 0.07| - 0.20) 8.41 | 17.42) 8.96 | 8.65 7.2.9 4; - 110.30 1:17.83) - Mi 7.2.9 - 0.43] - 0.34| 7.52 | 17.55 8.82 | 8.39 VEaE 1.41| 0.66) 8.17 | 18.8510.96 | 8.71 (2.) 2. 9. (Sa. Su.) - 0.53 - 0.91) 8.62 | 17.15| 8.56 | 8.35 7.2.9 - 1.10] - 0.83) 8.17 | 17.22) 8.69 | 8.31 7.2.9 - 0.60] - 1.47) 8.46 | 17.41) 8.36 | 8.19 722,09 - 0.23] - 0.40| 8.12 | 17.51) 8.96 | 8.55 tägl. Extr. 0.28| 0.27| 8.27 | 17.35| 8.90.|. 8.70 2 stündl. - 0.29] - 0.62! 7.99 | 1754| 8.63 | 8.39 (7.) 2. 9. (Sa. Su.) - 0.89] - 1.63 6.52 | 17.41) 7.60 | 7.48 7. 2. 9. 2 ss 412789 1115.73: 4. » Te -0.89| - 1.32. 8.01 | 16.33) 8.48 | 8.37 7. 2 -4.27| - 4.39) 6.87 | 16.55) 7.91 | 6.65 Zur2aid. -3.09| - 3.25) 5.33 | 14.93| 5.88 | 5.72 ee N -1.84| - 1.61) 6.61 | 15.68) 6.85 | 6.88 7. 210, - 1.94] - 2.25| 7.83 | 16.78 8.00 | 7.59 ra -0.59| - 0.62 8.81 | 18.56) 8.89 | 8.91 - 4.80] 0.65, 7.83 | 17.10) .. ei Eu Connecticut. - 3.07] - 3.06| 4.02 | 14.67| 7.02 | 5.66 - 2.11| 0.64) 6.90 | 16.79] 9.14 | 8.36 B.2= - 0.40| - 0.91) 6.40 | 16.56| 9.27 | 7.83 (7.) 2. 9. (Sa. Su.) - 2.12] - 3.91) 4.87 | 15.30| 8.32 | 6.18 New Jersey. -0.09| - 0.48| 8.57 | 17.75| 8.62 | 7.27 7.2 1.24] 1.85| 9.05 | 17.03110.88 | 9.68 1.2.9. 0.391 0.05) 7.72 | 17.21| 8.93 1 8.48 Sa. 2. 10. 42 H. W. Dove: haldeliott I... Zilss Breite| Länge Er Januar) Febr, | März | April | Mai | Juni | Juli |August Columbia. BR | o 0 o 0 0 0 0 0 Washington a . . . 48 54 2713 01 0.92) 2.10 5.93) 10.53 | 15.23 | 18.86| 20.56 a R er -0.34 2.09) 5.91] 10.07 | 13.61 | 17.55] 19.15 * Ch 1.29| 1.52) 6.26 9.01 | 12.65 | 18.34] 19.29 Ohio. Chillieotee . » . » - 39 20| 8255| .. 3.55l 3.55| 4.00] 11.11 | 12.00 | 20.00] 20.00 BNEDnall .. - ».. 39 6| 8429| 543] 0.66! - 0.92) 5.06| 9.99 | 13.99 | 17.37] 19.68 Hudson ..0.% .. 4115| 81 27) .. 1-048| 0.75) 4.441 10.42 | 13.08 | 17.19] 19.44 Marietta 22... 3925| 8130| .. 0.06| 1.03| 4.77| 9.24 | 13.20 | 16.56] 18.02 Portsmouth. ... - 3845| 8256 540] 1.10) 2.05, 6.01 10.03 | 14.50 | 17.84| 19.27 Steubenville . . . . 140 25) 80 41| 670) - 1.01 -0.87, 2.99| 8.93 | 12.93 | 16.35] 18.62 Zanesville - .. ». .[89 59] 82 0| .. 3.55| 3.11) 3.11| 10.66 | 14.66 18.66) 19.11 Michigan. Ft. Brady . .. . .]46 30) 84 43 6001 - 6.57| - 7.02| - 3.04| 2.79 | 7.70 | 11.73] 14.54 Dearbornville ... .|42 20| 83 2 0.36| -0.41| 5.25| 8.55 | 12.10 | 14.20| 15.57 Detroit „". * .-% 2% 42 20| 82 58 580| - 2.22 -2.39| 1.51 6.34 | 10.67 | 10.94| 16.75 EinGratiotn .“: .% 4255| 82 23] 598] - 2.97|-2.99| 0.51) 5.36 | 9.69 | 13.97) 16.68 Ft. Mackinak . . . 145 51| 84 33| 728] - 5.61| - 6.40| - 2.80| 2.23 | 6.87 | 11.24] 14.46 Ft. Wilkins. .... 47 30) 88 0] 620] - 3 82| -4.71|-1.35| 2.69 | 7.29 | 10.96] 14.01 Jowa. Ft. Atkinson. . . .l43 0) 92 0| 700| - 4.82] - 5.17| - 0.18] 7.93 | 11.75 | 14.56] 17.97 Ft. des Moines. . . 41 32| 93 38| 780] - 2.03) - 0.89) 3.35, 10.57 | 12.10 | 15.30] 19.77 Muscatine -... . .|41 26 91 10| 560] - 3.86! -2.14| 1.521 7.42 ' 11.39 | 15.44) 17.19 Wisconsin. Aztalan ......143 4 8852| 8081 - 4.14 - 0.89 1.55| 4.04 | 10.98 | 14.76) 17.57 Baraboo:". :*. 4.» 43 29| 8914| .. |- 6.01! - 2.65 - 0.84| 3.57 | 12.50 | 16.26] 18.10 Beloit College. . .142 30) 89 1| 750| - 3.63, - 0.60; 1.25) 4.75 !11.29 15.41| 18.39 Ft. Crawford . ..143 5) 91 0| 642|-5.59) -4.58| 1.11) 8.39 | 12.70 | 16.68] 19.23 Emerald Grove . .|42 39| 88 54) 986] - 4.53] -2.31| 0.66) 3.81 | 10.15 | 15.11| 17.48 Green Lake ... „ . |43 48| 88 56 - 2.22) - 2.00| - 0.44| 3.77 | 8.44 | 17.64] 16.88 Ft. Howard .... .]4430| 88 5| 620] - 5.80| - 5.34 - 0.30) 5.07 | 10.58 | 15.19) 17.55 Kenosha .... 44 35) 8740| 613] - 1.94) -1.71| 0.58] 2.61 | 7.60 | 13.17| 16.29 Milwaukee ;.... 43 4| 8757| 593] -3.02| -1.16| 1.08) 3.82 | 9.01 | 14.59) 17.17 Platteville ;. ... 42 20| 90 30| .. |- 6.06) -2.51| 0.78) 4.49 | 13.23 | 16.18) 17.29 Summit ae 43 4| 8830| .. | - 4.62] - 2.17) 0.05) 3.83 | 10.42 | 13.86| 16.56 Ft. Winnebago 43 31! 89 28) 770 - 5.54| - 5.99) 0.27| 6.75 | 10.96 | 14.94| 17.30 Minnesota. Pe Clark... ... 47 50/100 40 -16.69] - 3.62] - 3.05 N 1e Ft. Gaines.... ..|46 19| 94 19 1130 -10.71| - 8.93| -3.39| 3 88| 9.27 | 13.68] 15.68 Ft. Snelling ....]4453| 9310| 820|- 8.11| - 6.44! - 0.27| 6.37 | 11.99 | 16.21| 18.40 Bi. Union ..... 438 310320) .. ][- 4.75) - 6. .46| 0.21| 797) 7.92 | 15.13) 18.50 Kansas. Ft. Leavenworth. .139 21| 94 441 8961 - 1.77] - 0,38] 4.54| 10.43 | 14.06 | 17.461 19.85 Ueber das Klima von Nord- Amerika. 43 I A Krih- u 1% t h 1 Frih Som |Herbst| Jahr * pr Anz Beobachtungszeit ling | mer w 2 |s.u.w. Columbia. 0 I o o 0 o o 0 1.79: 10.57 | 19.69 | 10.85 ] 10.72] 19.64 | 17.90 | 12 7.2Beiß 0.82) 9.86 118.26 | 9.731 9.67 119.49 | 17.46 4 9. 3. 9.13 2.96, 9.31 | 18.47 | 9.57 | 10.08] 18.00 | 15.51 15 2 stündl. Ohio. 3.40| 9.04 | 20.44 | 13.181] 11.52 | 18.22 | 17.04 1 Ya: 0.81 9.68 | 18 53| 9.591 9.65 | 19.02 | 17.72 | 18 5.29 - 0.03] 9.31 18.28) 8.70] 8.92 | 79.72 | 18.31 7% 9.3 0.72| 9.07 |17.30| 9.231 9.08 117.96 | 16.581 29 Sa: 2,9 1.89) 10.18 | 18.70 | 10.90 | 10.42 | 18.17 | 16.81 | 22 -0.30| 8.28 | 17.36 | 9.73] 8.64 | 19.63 | 18.16 | 12 6. 12.6 1.93) 9.48 | 19.40 | 11.11 | 10.48 | 21.32 | 17.47 1 1 e Michigan. -608| 2.49113.33| 5.08] 4.72] 21.56 | 19.41 | 31 Br) 12.9. (Sa. Su.) -0.56| 8.64 |15.20| 7.331 7.65 ] 15.76 | 17.391 .. -2.29| 6.17 115.82 |. 7.41] 6.60] 19.14 | 18.11 | 13 (2.) 2. 9. (Sa. Su.) -2.79| 5.18) 15.42| 7.58] 6.35 | 19.67 | 18.21] 174 (2 )72. 9. (Sa. Su.) - 5.32] 2.09|13.32| 5261] 3.84 120.86 | 18.66 | 24 (7.) 2. 9.1(Sa. Su.) -4.54| 2.87|12.80| 4.87| 4.00|19.09 117.34] 2 Sa. 2. 9..5% Jowa. 5.05, 6.50 116.28 | 6.271 5.99 | 23.14 | 21.33 44 Sa. 2. 9. Su. -1.38| 8.66 | 17.57 | 6.68] 7.88] 21.80 | 18.95 2 Sa. 2. 9. Su. - 3.24 6.78 16.32 | 7.27] 6.78] 21.05 | 19.56 13 - Wisconsin, -3.14| 5.52 | 16.08] 6.92} 6.34] 21.71 |19.22] 2 Sa. 9. 3. 9 - 4.29) 5.08 | 16.80 | 6.03] 5.89 | 24.11 | 21.09 1 Sa. 9. 3. 9 - 2.66, 5.76 | 16.90 | 7.59} 6.90 ] 22.02 | 19.56 3 Sa. 9. 3. 9 - 4.77| 7.41 | 17.89| 7.26| 6.94 | 24.82 | 22.66 | 19 @.);2: 9. (Sa. Su.) - 5.151 - 4.001 4.87 |16.24| 6.851] 5.99 122.63 120.24] 3 Sa. 9. 3. 9 -5.24| - 3.15) 3.92 | 17.11 | 7.70] 6.39 | 22.88 | 20.26 1 Sa. 2. - 4.96] - 5.37! 5.11 |16.22| 6.22] 5.55 | 23.35 | 21.59 | 21 32. % (Sa. Su.) e - 3.36] - 2.34| 3.60 114.81| 6.95] 5.76 | 19.65 | 17.15 3 Sa. 9. 3. 9 J| 2.03 -0.73] - 1.64| 4.64 115.97 | 7.78] 6.69] 20.19 | 17.61 3 Sa. 9. 3.9 Hal -5.16] - 4.581 6.17 |17.12| 7.34] 6.38] 23.96 | 21.70 1 er 31 - 0.25 - 4.451 - 3.75] 4.77 | 15.25 | 7.00] 5.82 | 21.18 | 19.00 2 Sa. 2. Su. - 1.00] - 4.96] - 5.43| 5.99 |15.98| 6.20| 5.69 | 23.29 | 21.41 | 16 (7.) 2. 9. (Sa. Sn.) . Minnesota. 0.411 - 4.75] - 8.35] - = = 2 = = = - F= 1.75 - 9.651 - 9.77! 3.25 114.64 | 4.84] 3.34 126 39 | 24.41 6 Sa. 2. 9. Su. 0.14) - 6.70 san 6.03 1417.17 \ 6.171 5.57 | 26.51 | 24.24] 353 G)2.% (Sa. Sn.) Eu. -. | 5.37 | 16.94 = cd E . - Kansas. - 1.43] - 1.04] 9.68 | 18.68 | 9.63] 9.23 | 21.62 | 19.72 | 244 (2.) 2. 9. (Sa. Su.) Council Bluffs . . Ft. Croghan . . . Ft. Keamy. . .. Ft. Laramie ... . Ft. Arbuckle. .. Ft. Gibson Ft. Towson .. Ft. Washita . . Ft. Armstrong. ., Augusta Chicago ’) Jeffersonville. . . . New Harmony. . Louisville n Bellona Ars... . Charlotteville ,„.. . jet Monroe. ..., Norfolk Williamsburg , Knoxvyille Gallatin Beaufort ?)... . Chapel Hill ... Ft. Johnston . Camden gnlier arte Newport ....... \Beitonn a a . eo. . “wie a,e Ft. Moultrie .. . Columbia... . . H. W. Dove: 1) Dearborn. 2) | Breite Lünge non Jan Febr. | März Kö Mai Bi Juli a: IR: «: E Nebrasca. o ’ 0 ’ o o 0 o 0 0 0 .K1 30| 95 48! 1250} - 5.611 -3.01| 0.79) 8.82] 13.43] 18.21) 19.50 El .% .. .. 1-3.15| - 8.10| - 8.50| 7.39) 11.65| 16.11| 18.57 .l1o 38! 98 57| 2360| - 4.82] - 2.62) 1.10] 6.71| 11.91) 16.22] 18.46 42 12/104 47! 4519) -1.78| 0.27) 2.13) 6.93) 10.70) 15.70) 18.97 Indian Territory. .134 27! 97 9/1000]. 3.151 5.19| 9.43 13.26) 16.85| 17.91| 22.08 .135 47| 95 10| 560] 3.61] 4.62) 8.97| 12.90, 16.50) 19.92] 21.67 34 0! 9533| 300] 4.94] 6.21) 9.51| 14.22] 16.79) 19.99] 21.70 3414| 9638| 645] 4.841 6.69| 9.46| 13.85| 16.87) 19.65 21.68 Illinois. 41 30| 90 40| 5281 - 4.09| - 3.25] 2.59| - 8.47| 13.64| 17.54| 19.77 ‚14011! 9052! 500] - 4.94 5.54 5.90/ 11.51| 13.30) 17.37| 20.26 .141 52) 87 351 591|- 3.731 -3.22| 0.13) 6.25! 10.80] 13.63| 17.23 Indiana. 3812| 85 36| 4401 6.66 5.33] 5.33] 11.55! 16.54) 21.33] 20.88 .138 11) 87 54) 340 0.94, 4.24| 9.14 10.68] 15.84| 19.72| 20.82 Kentucky. «138 1318580] ı.:- 2418| 2.19] 5.70! 12.37] 14.25| 17.55| 18.96 39 5| 8429| 5001 0.90) 2.19 5.98] 9,51) 14.54) 18.44] 19.76 Virginia. » 13.7 1412771341 12, 0.761 3.47] 6.71] 10.09| 14.84| 18.58] 20.27 3720| 7725| 120] 2.98) 4.43) 8.13) 11.71| 13.99] 19.81| 20.97 38.42 78723 .Ch. 4.92| - 0.52) 6.44| 9.06| 12.22| 17.86) 19 68 37 0| 76 18 si 2.02) 4.30) 7.24! 10.74| 45.17| 18.76| 20.54 .136 58| 76 16 : 5.211 7.31] 10.54] 13.34| 17.33| 19.88] 21.38 37 5, 81 40 A 0.4 5.0 6.4 | 13.0 | 15.4 | 20.£ | 22.3 Tenessee. .„135 56| 83 58 - 0.66) 4.801 9.061 8.19| 14.53) 16.22) 18.70 136 23] 8640| .. 6.66| 7.11] 6.22] 12.44) 15.54| 19.11) 19.55 .136 10) 86 49| 600) 2.771 3.921 7.75l 13.30) 16.15) 19.77| 21.10 North Carolina. .134 41| 76 40 201 5.851 5.37) 7.77] 12.44| 16.40| 19.94] 21.24 .153 54| 7918 ; 4.381 5.46) 8.48| 12.26) 15.45| 18.96| 20.31 :1344.078& 5 20] 7.561 8.231 10.81| 14.30| 18.16| 20.85) 21.98 South Carolina. ‚134 17| 8033| .. 5.71) 2.301 7.72] 12.53] 14.81| 20.19] 22.69 13241471 7952| .& 7.82) 9.24| 11.70) 13.86 19.19) 20.82| 21.64 .132.45| 79 51 251 8.32] 9.06| 11.85) 14.86| 18.41| 20.88| 22.09 al As A? uk 2.54! 4.84| 6.79) 13.42| 15.68| 17.951 19.59 Ft. Macon. Ueber das Klima von Nord - Amerika. Som- mer r K een ovbr.| Decbr. | Winter Früh | ling un| Jahr IE Is. u.W. Lea. | Nebrasca. 0 0 0 7.68 19.01 | 8.60 3.51 | 17.11 - e 6.58 117.54 | 7.66 6.60 | 17.75 | 8.13 Indian Territory. 13.18 | 20.75 | 13.41 12.90 | 21.06 | 13.18 13.51 | 20.95 | 13.00 13.40 | 21.01 | 13.88 36] 3.90 | 93] 4.05 73] 5.29 63] 5.39 3. 3. 4. 4. Illinois. 8.23 | 18.71 10:24 | 19.27 5.73 | 15.69 - 3.16 0.91 - 2.70 Indiana. 2.22] 4.74 | 11.11 | 21.48 | 12.88 | 12.55 2.38] 2.52 | 11.89 | 19.96 | 10.17 | 11.14 Kentucky. 10.78 Ri, 9.85 | 10.24 1 1.80] 2.07 10.00 | 19.11 | 10.77 | 10.34 1.26) 1.45 Virginia. 10.55 | 19.29 | 10.78 11.28 | 20.39 | 12.63 9.24 | 18.78 | 11.51 11.05 | 19.81 | 13.18 13.74 | 20.58 | 15.42 11.60 | 21.07 | 11.40 Tenessee. 10.59 | 17.26 11.40 | 19.26 12.40 | 20.11 11.15 | North Carolina. 12.20 | 20.67 | 14.75 | 13.43 12.06 | 19.48 | 12.41 | 12.23 14.42 | 21.41 | 15.75 | 14.96 South Carolina. 11.69 | 21.45 | 12.19 [12.33 14.92 | 21.29 | 15.85 | 15.15 15.04 | 21.60 | 16.05 | 15.37 11.96 |19.10| 9.95] 11.15 0 23.97 21.52 18.13 16.85 17.01 15.66 15.62 21.87 18.36 18.39 16.74 17.44 16.19 17.66 16.98 16.25 16.25 16.06 13.94 18.34 16.23 16.75 14.56 14.49 13.15 17.45 12.75 12.79 15.53 oo ot Sa. 2. 9. Su. er) Sa. 2 (7.) 2. 9. (Sa, Su.) 1.2.9 3.2 (7.) 2. 9. (Sa. Su.) 9, 349 (7.) 2. 9. (Sa. Su.) Sa. 1.9 (7.) 2. 9. (Sa. Su.) tägl. Extr. 46 H. W. Dove: Breite| Länge | Höhe Irese Febr. | März | April | Mai | Juni | Juli |August Georgia. o ! 0 ’ 0 o 0 0 0 0 0 0 Augusta Ars. .. - 33 28| 8153| 600] 6.54 | 8.31 | 10.58 | 14.72 | 17.85 | 20.90) 22.18] 21.17 Milledgeville . . . . |33 283.208 .. 2744| -5.77 144141 144.66 ... |22 22| 24.44| 24.00 Savamah ... ..» “re Ar A 8.47 | 9.79 | 12.35 | 15.59 | 19.06 | 20.861 21.88) 21.95 TE bar. . .[82 5] 817 40 | 9.97 | 10.24 | 11.84 | 15.61 | 19.32 | 21.26| 21.98] 21.69 Alabama. RR ..132 46] 8854| .. 6.55 | 8.24] 9.711 12.39 | 18.17 | 20.98] 23.13| 21.82 Huntsville . ... » 34 36| 86 57 | 600] 8.44| 9.33 | 8.00 | 13.77 | 16.44 | 21.77), 21.77| 20.88 Mobile... ...]80 48] 8759| .. 110.84 | 11.27 | 14.94 | 16.88 | 19.71 | 22.30] 22.40] 22.54 Morban... 0.» : 30 14| 88 20 110.31 | 8.08| 9.45 | 14.90 | 19.38 | 20.97| 21.99] 21.46 Mount Vernon.. . . |31 12|88 2| 200| 8.20 | 9.64 | 12.56 | 15.50 | 18.63 | 20.45] 20.71) 21.24 Möniroe .. ..:- 32 23] 86 40| .. 113.77 | 11.11 | 13.77 | 17.77 | 18.22 | 19.55] 20.88| 21.33 Missisippi. Natchez ..:... 31 34! 91 28 | 264] 9.02 | 10.00 | 12.30 | 16.82 | 18.90 | 21.65] 21.91) 21.71 Vicksburg ... . .[32 24| 91 6| 350| 8.62| 9.65 | 14.22 | 18.66 | 19.93 | 21.62) 22.43| 21.38 Bon... RK “a . re nis 88 16.36 | 20.78 | 20.85| 22.32] 21.98 Pass Christian . .|30 20/89 25| .. .* “h „‘ Ira . ..1122.43| 21.73 East Pascagoula . [30 20] 8842| .. = 2 4% ....) 19.98 | 22.19] 23.07) 23.01 Missouri. Camp Ripley . . .j37 18| 93 DRM. - - - 19.56 | 19.56 | 20.44| 21.78| 22.22 Jefferson bar. . . . 138 28| 90 15 | 472] 0.26 | 1.40 | 5.80) 11.14 | 15.25 | 18.70] 20.44] 19.76 St. Louis- . ..188 37| 90 16 | 450] 0.53 | 1.30| 5.48 | 11.99 | 15.25 | 18.57| 20.63| 19.70 St. Louis Ars. ...138 40190 5| 450 |- 0.25 | 0.63 | 4.57 | 10.25 | 14.69 | 18.75| 20.54| 19.62 Br Scott»... Seel: 37 45) 94 35 | 1000| 0.40 | 1.32| 4.93 | 10.54 | 14.87 | 17.81] 20.10) 19.34 Arkansas. Little Rock . ... .134 40] 91 12 | .. 3.63] 8.12 | 11.64 | 14.64 | 16.93 | 20.30) 20.74| 21.14 #1. Smith = +). .'. 35 23194 29| 4601| 3.63) 5.28 | 8.70 | 13.50 | 16.84 | 19.35] 20.97) 20.47 Louisiana, Baton Rouge . . .|30 26| 91 18 441 9.54 | 10.23 | 13.29 | 16.57 | 19.38 | 21.58) 22.13] 21.89 Rerdesüpi,. .): 7. 31 33| 93 32 8s0| 8.28| 9.19 12.20 | 15.72 |-18.54 | 21.44| 22.32] 21.92 Tacksons®#..=. . „is a a A, 13.33 14.17 | 18.16 | 20.00 | 22.21| 22.78| 22.22 St. Philippe . . .|29 25189 30) .. [10.48 10.76 | 12.01 - - - 22.82| 21.48 Fe Orleans a . . |29 58! 90 .. 111.00 | 11.73 | 15.37 | 17.96 | 20.12 | 22.12] 22.32] 22.28 New Orleans bar... |29 57| 90 0 410 [110.34 | 11.70 | 14.28 | 16.91 | 19.39 | 21.81) 22.64) 22.57 BRuPike ._..'...: 30 10| 89 38 410 | 10.11 | 11.05 | 13.48 | 17.11 | 19.39 | 20.01| 22.31) 22.84 Babe 29; 9. a. 29 45| 93 50| .. 8.71| 5.25 | 12.05 | 17.00 | 16.24 | 20.90| 21.11) 20.59 Wood 2.4 „% ..1307 8189 54 20 110.12 | 10.86 | 12.53 | 17.27 | 20.40 | 21.90| 22.52] 22.28 Florida, St. Augustine 1). .129 48| 81 35 25 | 11.52 | 12.42 ] 13.92 | 16.35 | 18.44 | 21.04) 21.73] 21.58 Ft. Brooke. ... .|28 0| 82 28 20 1 13.11 | 14.01 | 15.87 | 17.70 | 19.84 | 21.09) 21.65] 21.52 Cedar Keys ...|29 7/83 3 35 111.79 | 12.21 | 14.96 | 16.83 | 18.98 | 20.24| 21.46| 21.05 Wacassassa. ». .| -. L + 111.90 | 11.51 | 15.50 | 17.08 | 18.45 | 20.01| 21.18] 21.26 Dallas. Aust. . 25 22! 80 20 20 115.28 | 15.36 | 17.08 | 19.37 | 20.43 | 21.591 22.271 21.131 1) Ft. Manon. \ 8.32 11.55 13.10 12.00 10.87 Ueber das Klima von Nord - Amerika. Dr. Novbr. Decbr. 47 Unterschied | Iwan Ep Son- Herbst | Jahr wg | ie Beobachtungszeit u.W. ling | | mer 18. k Georgia. 0 0 o o 0 0 o o 6.57 | 7.14 | 14.39 | 21.47 | 16.52 | 14.22 | 15.64 | 14.33 | 21 (7.) 2. 9. (Sa. Su.) Ex - - 123.55 - - 18.67 - 1 rERrR:, 8.851 9.04 | 15.67 | 21.56 | 15.38 | 15.41 | 13.48 | 12.52 | 12 Us 9.191 9.80 | 15.58 | 21.64 | 15.97 | 15.75 | 12.79 | 11.84 | 9 (2.) 2. 9. (Sa. Su.) Alabama. 5.85 | 6.88 | 13.32 | 21.98] 13.39 1 13.92 | 17.28 | 15.10| .. Sa. 9. 3.9 4.441 7.40 | 12.74 | 21.47 | 14.81 | 14.11 | 17.33 | 14.07 1 Ten, 20 10.44 | 10.85 | 17.18 | 22.41 | 16.94 | 16.85 | 12.10 | 11.56 23 1.29 8.88] 9.63 | 14.37 | 21.47 | 16.52] 15 47 | 13.91 | 11.84 2 En S 2 (Sa. Su.) 8.46 | 8.76 | 15.56 | 20.81 | 15.02 | 15.04 | 13.04 | 12.05 | 14 - 9. Su: - - 116.59 | 20.59 - - 110.22 - 1 * 2, b) Missisippi. 7.88] 8.97 | 16.01 | 21.76 | 15.58] 15.58 | 14.03 | 12.79 | 12 ° 6. 12. 6 8.40] 8.88) 17.60 | 21.81 | 14.90 | 15.80 | 14.03 | 12.93 2 Sa. 12. Su, ds - - 1121.72 - - - - 1 1,209 x - - - - - - - 4 Sa. 2. 9. Su. - - 122.76 | 17.02 - - - 2 Sa. 2. 9. Su. Missouri. 9.33 - | 21.48 | 15.85 - = ei wi 0.80 | 0.8210. 2 19.08| 9.005 9.99] 20.18 | 18.26 | 26 (7.) 2. 9. (Sa. Su.) 0.80] 0.88 | 10. 90 | 19.63 | 9.94 1 10.47 | 20.10 | 18.75] 16 tägl. Extr. -0.03| 0.12| 9.83 119.64 | 9.681 9.99} 20.79 | 19.52 | 12 Sa. 2. 9. Su. -0.40 | 0.44 10.12 | 19.08 | 10.34 | 10.43 | 20.50 | 18.64] 10 Sa. 2. 9. Su. Arkansas. 6.03 | 5.92 | 14.41 | 20.73 | 13.18] 13.56 | 17.51 | 14.81 1 7:29 3.231 4.04 | 13.01 | 20.27 | 12.47 [12.45 | 17.74 | 16.23 | 12 Sa. 2. 9. Su. Louisiana. 9.83 | 9.86 | 16.42 | 21.81 | 16.00 | 16.06 | 12.59 | 11.95 | 24 (7.) 2. 9. (Sa. Su.) 7.85| 8.44 | 12.82 | 21.89 | 15.21 | 15.26 | 14.47 | 13.45 | 23 (7.) 2. 9. m Su.) 11.93 | 12.77 | 17.45 | 22.41 | 17.711 17.591 10.85 | 9.64 3 u.29 12.22 | 11.15 -_ - 18.32 - 12.34 - 1 29 9.00 | 10.58 | 17.82 | 22.24 | 16.57 1 16.80 | 13.32 | 11.66 | 3 82.8 10.65 | 10.89 | 16.86 | 22.34 | 17.19 116.83 | 12.30 | 11.45 | 20 (7.) 2. 9. (Sa. Su.) 10.57 | 10.58 | 16.87 | 22.60 | 17.25 | 16.83 | 12.20 | 12.02 | 14 (7.) 2. 9. (Sa. Su.) 9.711 7.79 | 15.10 | 20.88 | 16.65 | 15.13 ] 15.86 | 13.04 | 14 - 10.22 | 10.40 | 16.74 | 22.23 | 16.84 | 16.55 | 12.40 | 11.83 64 (7.) 2. 9. (Sa. Su.) Florida. 11.23 ] 11.58 | 16.24 | 21.45 | 17.56 ] 16.71 | 10.21 | 9.87 | 20 (7.) 2. 9. (Sa. Su.) 13.33 | 13.48 | 17.80 | 21.42 | 18.39 1 17.77 | 8.54 | 7.96 | 25 (7.) 2. 9. (Sa. Su.) 41.41 | 11.65 | 16.91 | 20.91 17.35 516.71 ]10.05 | 9.26) 2% (7.) 2. 9. (Sa. Su.) 10.52 | 13.31 | 17.00 | 20.83 | 16.57 | 16.43] 10.72| 9.52 | 23 Sa. 2. 9. Su. 15.47 115.37 | 18.96 | 21.99 | 19.67 518.991 6.991! 6.921 3 (2.) 2. 9. (Sa. Su.) 48 H. W. Dore: | Breite) Länge eu Febr. | März | April | Mai | Juni | Juli |August Florida. 0 ‘ 0 1 0 0 0 o 0 Fanning ...... 29 35] 83 0 50] 12.30 | 11.67 | 15.55 | 17.18 | 19.41 Gambldr. -o .\ . . er BR .. 111.69 | 12.68 | 13.24 | 16.22 | 19.31 Pleasant ..... 30 20] 84 «. 112.05 | 13.19 | 18.62 | 17.81 | 19.86 Base... 0. 29 82 ar - = = . Z Heilemann . ...|2948| 82 5) .. 110.80 | 11.31 | 13.89 | 17.14 | 19.28 Henderson ... . .130 5] 82 9) .„. }10.51 | 10.34 | 14.42 | 17.11 | 19.67 Beta. ... «2 2948| 8045| .. 112.97 | 11.02 | 14.35 | 18.04 | 18.43 Hoines..o .% .% . 29 82 .. 113.66 | 11.13 | 14.43 | 17.55 | 18.48 Key West ..... 42 32) 8148| 10] 15.85 | 16.89 | 18.16 | 19.28 | 20.92 Kom ar). 5% 29 10| 82 10 50] 11.76 | 11.64 | 14.38 | 17.51 | 19.73 Meade .U ...% 28 1) 82 0) 801 11.73 | 13.87 | 16.45 | 16.84 | 19.36 Micanopy ..... 29 30| 82 28 60] 12.66 | 12.64 | 15.73 | 17.78 | 19.83 NEISSE en 26 38] 82 0 50] 13.95 | 15.99 | 17.86 | 18.61 | 21.38 New Smyrna. ... .|2854| 81 2 20] 13.51 | 14.10 | 15.81 | 18.49 | 18.86 Cantonm. Clinch . [30 24| 8714| .. 9.94 , 10.66 | 13.74 | 16.28 | 19.66 Pensacola - .|30 18| 78 27 201 9.60 | 10.48 | 13.24 | 16.22 | 19.31 Bierce,0% =! „n0, 27 30| 80 20 30] 13.66 | 14.40 | 16.79 | 18.50 | 19.96 Büssell.% 9.3... 29 82 .. 113.24 | 11.11 | 16.88 | 17.60 | 19.33 Shannon (Pilatka) . [29 34| 81 48 25] 11.23 | 11.68 | 14.28 | 17.38 | 19.82 Wacahootee .. . .|29 82 -» 112.05 | 10.45 | 11.14 | 16.74 | 17.77 Wheelock ..... 29 82 -.. [43.51 | 10.84 | 14.49 - - Texas. AmMabmac'. ... 29 01 94 :0.-.. - - ı12.6 16.5 |191 Belknap ......133 8| 98 48| 1600| 4.80 | 6.87 | 11.06 | 15.02 | 17.77 Chadboume . .. .|31 38/100 40| 2120| 5.46 | 6.55 | 11.55 | 14.89 | 16.66 BDlarkınd „H .2..8G 29 17100 25| 1000| 6.75 | 7.72 113.09 | 16 96 | 19.41 Corpus Christi . .|27 47| 97 27 20} 10.79 | 11.10 | 15.38 | 16.83 | 20.40 Brophan. . . .... 30 40| 98 31| 1000| 7.68) 8.97 | 12.61 | 14.95 | 17.57 Muusican. .....'.'.% 28 42/100 30) 800) 8.91 | 11.26 | 14.70 | 18.42 | 21.20 Bell, .% 9.0. 28 5| 9857| 200] 9.29 | 11.38 | 15.55 | 18.68 | 20.62 Galveston .. ... .. 2918| 95 1| .. [12.58 | 13.56 | 19.11 | 18.31 | 22.89 es. 31 26) 97 46| 1000| 8.89 | 8.40 | 12.08 | 14.07 | 17.56 Graham u. ns. 31 56) 97 26| 900] 7.08 | 8.80 | 11.59 | 14.35 | 18.04 HORBton.on u: . 31 54| 9556| .. 114.76 | 12.67 | 16.31 | 18.09 | 23 78 Mein. en as. 29 9| 9947| 845| 7.76 | 10.40 | 13.61 | 16.01 | 19.28 Haneolncn..n 29 22) 99 33] 900] 8.77 | 12.01 | 13.91 | 15.47 | 18.32 Mac-Intosh ....]27 31) 99 21) 400] 10.51 | 12.82 | 16.44 | 19.85 | 22.16 Mac-Kavett .... .130 55100 5! 2060| 5.66 | 6.61 | 11.29 | 15.22 | 17.84 Martin Scott. ...130 10| 99 5! 1300] 6.30 | 9.08 | 11.38 | 13.54 | 16.22 Mason .......[30 48! 99 15) 1200] 6.48| 6.86 | 11 04 | 17.28 | 18.88 Matamoros...... 25 54| 97 26 501 12.62 | 14.05 | 16.42 | 19.13 | 21.41 257 SE 2817| 98 0| 150] 10.14 | 11.20 | 16.30 | 18.34 | 21.20 Phantom Hill ... .|32 30| 99 45 2300| 4.85 | 7.68 | 11.56 | 11.29 | 17.74 Binggoldn i 9... 26 36/ 99 2| 200] 11.73 | 13.95 | 17.18 | 20.02 | 22.22 San Antonio... .129 25| 98 25) 600| 9.45 | 11.35 | 13.86 | 16.64 | 19.73 FRerrei ne, 1% 4% 30 231100 16) 1330| 1.52 | 6.21 | 11.06 | 18.26 | 18.14 Woran) 2.8. 32 40! 97 25 11001 5.14 | 7.46 | 10.79 | 13.58 ! 17.09 1) Ft. Barancas. Ueber das Klima von Nord - Amerika. 49 | e Früh- Som- Unterschied |Noybr.| Decebr.| Winter m Herbst| Jahr Anz. Beobachtungszeit ; ü | ling | mer 2. Is. uw. Florida. o o 0 0 vo 0 0 0 10:23 | 11.41 | 17.37 | 21.76 - 116.97112.08 | 10.35 | 23 Sa. 2. 9, Su. 10.48 | 11.06 17.56 | 21.03 16.16 516.46 } 11.86 | 9.97 | 24 (7) 2. 9. Sa. Su. 11.99 | 12.41 | 18.76 | 21.84 | 16.76 | 17.44 110.37 | 9.43] 13 Sa. 2. 9. Su. - - - - - - - - - a) 8.86 | 10.32 | 16.77 | 21.60 | 16.35] 16.26 | 13.30 | 11.28| 22 | (7.) 2. 9. (Sa. Su.) 9.99 | 10.72 | 17.06 | 21.62 | 16.02 | 16.37 | 12.24 110.90 | 1 129 11.38] 11.79 | 16.94 | 21.45 | 17.42] 16.90 | 11.06 | 9.66| 1 (7.) 2. 9. (Sa. Su.) - - 116.82 - - - - - 4 Sa. 2, 9. Su, 17.34 1 16.67 | 19.47 | 22.44 | 20.54 | 19.77 | 7.25 | 5.77 | 14 (7.) 2. 9. (Sa. Su.) 11.79 | 11.73 | 17.20 | 21.43 | 17.17] 16.88 10.05 | 9.70) 6 (7.) 2. 9. (Sa. Su.) 12.91 | 12.84 | 17.72 | 21.03 )18.59 | 17.54] 9.61 | 8.19] 3% Sa. 2. 9. Su 10.66 | 11.99 | 17.78 | 21.13 | 16.80 | 16.92 | 10.68 | 9.14] 44 | (7.) 2. 9. (Sa. Su.) 14.54 | 14.82 | 19.29 | 22.40 | 20.00 [19.13 | 8.77 | 7.58] 4 Sa. 2. 9. Su. 13.99 | 13.87 | 17.69 | 20.94 | 13.52 | 16.52 | 7.72 | 7.07| 3 (7.). 2. 9. (Sa. Su.) 11.591 10.73 | 16.56 | 22.33. | 16.85] 16.62] 12.71) 11.60| ° 7 4239 10.06 | 10.19 | 16.27 | 22.03 | 16.83 | 16.33 | 12.74 | 11.84 | 17 (7.) 2. 9. (Sa. Su.) 13.61 [13.89 | 18.42 | 21.90 [19.02 | 18.31 | 8.83 | 8.015 5! | (7.) 2. 9» (Sa. Su.) 11.73 112.03 | 17.94 | 22.01 | 16.19 ] 17.04 | 12.00 |. 9.98] 1% Sa. 2. 9. Su. 10.66 | 11.19 | 17.16 21.58 | 16.97] 16.73 | 11.20 |10.39| 4 (7.) 2. 9. (Sa. 'Su.) 10.80 | 11.10 | 15.22. | 20 58 | 15.70] 15.65 |10.88| 948] 14 Sa. 2. 9. Su. 12.14 | 12.16 - .- 117.15 - 111.33 - 3 Sa. 2. 9. Su. Texas. - - - 116.07 | 22.17 - _ - - 3 - .57| 5.63] 5.76 | 14.62 | 21.75 | 14.72 | 14.22 117.64 | 15.96 | 4 Sa.'2. 9. Su. .43| 6.50| 6.16 | 14.37 | 19.90 | 13.57 | 13.50 | 15.27 113.74| 3 Sa. 2. 9. Su. 97 9.15] 7.87 | 16.48 | 21.51 | 16.43 | 15.57 | 15.05 | 13.64] 3 Sa. 2. 195.80: 62 | 11.05 | 10.98 | 17.53 | 22.45 | 18.26 | 17.30 ] 11.92 | 11.47 | 23 Sa. 2. 9. Su- 70| 6.611 776 | 15.05 | 21.62 | 15.54] 14.99 | 15.86 | 13.86 | 43 Ba. 2. 9.8: .27| 9.031 9.74 | 18.10 | 23.32 | 17.88 ] 17.26 | 15.07 | 13.58] 6 Sa. 2. 9. Su. 57 | 11.06 | 10 58 | 18.28 | 22.95 | 18.04 | 17.46 | 13.99 | 12.37 | 2 Sa. 2. 9. Su. 49 | 12.18 | 12.77 | 20.10 | 24.74 | 17.10 | 18.68 | 12.93 | 11.97 | 1 - .10| 6.13] 7.81 | 14.58 | 22.35 | 15.91 | 15.16 | 17.45 | 14.54 | 23 B2.”2. 9. Sr 6.43 | 7.44 | 14.66 | 22.41 | 15.50 | 15.00 | 16.99 | 14.93 | 33 Sa. 2. 9. Su. 12.44 | 13.29 | 19.39 | 22.18 | 18.09 | 18.24 | 11.34 | 8.89] 1 ® 8.65] 8.92 | 16.30 | 21.85 | 16.36 | 15.86 | 14.73 112.93 | 6 Sa. 2. 9. Su. 9.69 | 10.15 | 15.90 | 21.79 | 16.21 | 16.01 | 13.68 | 11.64| 24 Sa. 2. 9..Su. 10.49 | 11.27 | 19.49 | 23.95 | 18.60 | 18.33 | 14.14 | 12.68 | 6 Sa. 2. 9. Su. 6.10] 9.74 | 18.61 | 22.74 | 17.85 | 17.50 | 15.44 | 13.00] 3 Sa. 2. 9. Su. 4:92 | 6.77 | 43:72 | 19.97. | 13.69 | 13.54 | 14.20) 13.20] 24 Sa. 2. 9. Su. 7.22] 7.02 | 45.73 | 20.67 | 15.12] 14.64 [15.14 | 13.65] 13 Sa. 2. 9. Su, 13.43 | 13.37 | 18.98 | 22.92 | 18.94 | 18.55 110.60 | 9.65] 7 Sa. 2. 9. Su. 11.01 | 10.78 | 18.61 | 22.74 | 17.85 | 17.50 | 13.16 | 11.96 | 3 Sa. 2. 9. Su. 6.34| 6.29 | 14.86 | 21.13 | 14.11 [14.10 | 17.14 | 14.84| 23 Sa. 2. 9. Su. 12.18] 12.62 | 19.81 | 23.69.) 18.90 | 18.75 | 12.32 | 11.07 | 6 Sa. 2. 9. Su. 8.42| 9.74 | 16.74 | 22.29] 17.45] 16.55 | 13.62 | 12.55 | 43 Ba, 2. 9. Su. 7.82] 6.52 | 14.82 | 20.30 | 14.61 [14.06 | 15.29 | 13.78] 1% Sa. 2. 9. Su. 5.051 5.88 | 13.81 | 21.52 114.83 114.01 117.47 115.641 3% Sa. 2. 9. Su. 4 i-. sc hr. f. allg. Erdk. Neue Folge. Ba.I. 50 H. W. Dove: = Zn | | | | Breite| Länge ‚nina Febr. | März | April | Mai | Juni | Juli [August | | ER‘ | > New Mexico. o_vßb 0 U 0) 0 0 0 o vo 0 Albuquerque . . . .|35 6106 38] 5032] 1.68| 3.39] 7.08] 10.76 | 14.01 17.79) 20.12 BORREO ae. 59 33 341107 8) 4576| 2.25] 4.881 9.00) 13.12 | 14.96 | 18.95) 21.37 Defianee ... .. 35 441109 15| 7200| - 2.59| - 0.54| 2.79| 6.48 | 8.44 | 14.22] 16.83 Bulmore % «>...» 32 131106 42] 3937] 5.54| 7.52| 10.43| 14.40 | 17.47 | 21.74| 22.82 Bapguna....:.. 35 3107 14| 6000) 3.06) 6.33 . eb Ir Er 2 Ceboleta ...... ML a oh 0.401 1.74 5.55] 8.60 | 13.17 | 18.00| 20.20 Massachusetts . . . 137 321105 23] 8365| - 5.46) - 4.34| - 0.32| 5.70 | 7.75 | 11.64| 13.98 Bapare.... .*. 35 411106 2] 6846] - 0.24| 0.55) 3.86) 8.56 | 11.14 | 16.38) 18.03 Bhommt „7. 7.4 .132 481107 10) 4500] 3.63) 5.37| 9.24] 13.65 | 16.64 | 17.94| 20.56 Bo 35 54/104 57| 6670|] 0.42) 1.10) 3.66) 8.14 | 10.80 | 14.44| 16.01 las Vegas ..... 35 35105 16) 6418] 0.59 - 0.36) 2.33) 6.69) 10.85 | 15.92] 17.52 Webster . .. . . .132 471108 5| 6350] 3.82) 3.76| 6.311 9.36! 12.19 | 16.92) 19.17 Californien. Benoas ne. fs «le 38 31122 8 64] 6.67] 8.92] 9.35] 11.29] 12.07 | 15.58) 15.71 Camp Far West. .|39 7121 18) 180] 6.21) 7.88] 9.03, 12.86| 13.38 | 17.63) 19.34 BIRD cregete wald ONE 0. -. | 10.41| 11.03! 10.92) 12.77) 14.10 | 16.78] 18.01 Jurnpa. .. “0. .» 34 01117 25] 1000| 9.46) 9.73] 11.06) 14.42) 14.02 | 17.70] 19.65 Humboldt City . .|40 461124 9 50] 4.96] 6.56) 7.99) 9.80) 10.33 | 11.83) 10.97 Bones. „in od. oe 41 36/122 52] 25701 4.16) 2.43) 4.92] 7.68| 10.08 | 13.13] 17.58 Miller . 0. .% 37 01119 40) 402] 6.68} 9.33) 10.96) 13.72] 16.36 | 22.73| 25.88 Monterey... .. 36 36/121 52] 140] 8.99) 8.21) 8.64] 9.67| 11.00 | 11.49) 11.77 Drorde .ı 0. ..]42 441124 29 501] 7.281 7.05) 7.81) 8.48! 10.13 | 12.01| 12.32 Reading ...... 40 301122 5) 674] 5.43] 7.68) 9.96, 12.20, 15.01 | 20.40) 22.61 MEROSS: 2 eis are .»188 34112359] .. 7.05, 6.96). 7.46 8.43) 9.64 | 10.78) 11.52 Sacramento . . . .138 331121 20| 50| 5.55] 7.711 9.29| 11.35] 17.72 | 15.50) 18.65 San Diego. ... ... 32 421117 14| 150] 8.84 9.45| 10.66| 12.98| 13.63 | 15.73] 18.09 En Eee. 17 481122 26) 150] 7.82) 8.79) 9.27) 10.39) 10.35 | 11.05] 11.51 8.04 8.97) 9.58, 11.85] 11.62 | 11.83) 12.36 BiaNe. .o u. 4 32 43 118 36) 120] 10.86) 11.56| 15.16! 18.43] 19.90 | 24.57) 26.78 Oregon. Astoria. ....».[40 1112348) 50] 4.88] 5.16] 6.09] 9.22 | 10.22 | 12.23) 13.13 Dalleaı „1. 2,2% 45 361120 55] 350] 0.481 3.55] 6.42] 9.32 | 12.26 | 15.59) 18.32 Ft. Georg ..... 46 181123 .. | 1.84] 4.60] 5.02] 6.59| 9.74 | 12.26) 13.08 Kooskooskee. . ... 146 301122 37| .. |-0.18| 2.48) 5.71) 9.27 | 11.47 | 16.62] 17.10 Loring .......|43 4/1112 27| 4800| - 3.42| - 3.53| - 3.01| 4.75 - - - Steillaeoom .... . 47 10122 25| 300] 2.96] 3.81] 4.84! 7.50 | 10.60 | 12.73) 14.32 Vancouver «= .. .145 49 122 30 501 3.80) 4.30) 5.39] 9.12 | 11.97 | 13.63) 16.75 Utah. Salt Lake . .. .. 40 46.112 6) 4351| - 2.16] 1.33] 3.44] 8.09] 14.77 | 17.46) 21.57 Russisches America. Sitcha ') er 57 313518) .. |-1.39|- 1.07) 0.55] 3.51| 6.21 | 9.10| 10.24 5 a ar = 1.66) 1.92| 3.42] 4.82| 7.47 | 10.201 11.79 Ueber das Klima von Nord- Amerika. 51 re Unterschied ee Winter ‚ei | Som ui Jahr = a peyir nz Beobachtungszeit ing | mer a ISs.u.w. New Mexico. o {) 0) o 0) 0 {) 2.28 | 10.62 | 19.06 | 11 25 | 10.80 ] 18.44 | 16.78] 43 Sa. 9. Su. 3.34 | 12.37 | 20.21 | 12.80 ) 12.18 ] 19.12 | 16.87 35 Sa 9. Su. - 1.44| 5.90] 15.82 | 6.231 6.63 119.42 | 17.26 | 35 Sa 9. Su. 6.50 | 14.09 | 21.92 | 14.34 | 14.21 ] 17.28 | 11.15 33 Sa 9. Su. 4.33 9.88 | 20.86 | 18.72 4.04 | 19.44 | 18.00 0.48 | 9.10 | 19.20 | 10.74 2 2 8.27] 18.83 |17.25| 42 1! 3 - 4.99 | 4.38113.01 | 3.81 -.0.16.| 7.75 |17.04| 8.27 5 Sa. Su. 4.06 | 13.17 19.04 | 4.06 | 10.79 | 16.93 | 14.98 1 Sa 0.88) 7.53 /15.08| 7.141 7.66] 15.59 | 14.20 5 Sa Su, 7.54] 22.08 | 18.65| 1} 10.21 | 15.41 |13.52| 3% Sa. an SEEN DINOD OB sp »pepe>» 2 -1.44 | 6.62 | 17.21 | 7.75 4.131 9.29117.65 | 9.77 Californien. 7.56 | 10.90 | 15.55 | 12.701 11.68| 9.04 | 7.99 54 Sa. 2. 9. Su. 6.60 | 11.76 | 18.88 | 13.47 | 12.68 | 13.47 | 12.28] 14 Sa. 2. 9. Su. 10.35 | 12.60 | 17.6115 301 13.96 | 8.45 | 7.26| 14 Sa. 2. 9. Su. 9.41 | 13.17 | 18.74 15.03 ] 14.09 | 10.19 | 9.33 2 Sa. 2. 9. Su. 5.86 | 9.37 |11.31| 9.271 8.95] 6.87 | 5.45 23 Sa. 2. 9. Su. 0.79| 7.56|1567| 8.93] 8.62] 17.36 | 14.88] 24 Sa. 2..9.ı8u. 7.70 | 13.68 | 23.76 | 15.27 | 15.11 | 19.20 | 16.06] 32 Sa. 2. 9. Su. 8.54 | 9.77 11.85 11.24 10.35] 4.05 | 3.31 3 Sa. .2, 9.5, | 6.87 | 8.81 |12.42 10.32] 9.611 6.62| 5.55] 2 Sa. 2. 9. Su. 6.27 | 12.39 | 21.33 | 13.48] 13.37 | 17.18 | 15.06 | 34 Sa. 2. 9. Su. 7.25| 8.51 11.31 |10.00]| 9.24] 4.69| 4.06 4 7. 2. 6 red. 6.64 | 12.79 | 17.01 | 12.79 | 12.31 | 13.10 | 10.37 14 Sa. 2. 9. Su 9.01 | 12.43 | 17.45 | 14.41 | 13.33 | 9.77 | 8.44 5 Sa. 2. 9. Su 8.39 | 10.00 | 11.25 11.03] 10.16 | 3.85 | 2.86 4 Sa. 2. 9. Su 8.44 | 11.02 | 12.34 | 12.50] 11.07 | 5.20 | 3.90 3 Sa. 12 11.02 | 17.81 | 25.79 119.42 118.50 | 16.14 | 14.77 34 Sa. 2. 9. Su. Oregon. 4.63| 8.51]13.04 | 9.571] 8.98] 8.89| 8.41 14 Sa. 2. 9. Su. 1.60 | 9.33 | 17.04 | 8.98] 9.24 | 17.84 | 15.44 34 Sa. 2. 9. Su. 3.28 |. 7.12|12.99 |. 9.961. 8.34[11.79| 9.71 2 Sa. 2. 9. Su. 2.18| 8.82|17.27| 9.46| 9.43 | 18.28 | 15.09] 2 Sa. 2. 9. Su. = 3.12 = = 6.86 - = g - Sa. 2. 9. Su. 3.33| 7.64 |13.73| 8.75] 8.37 | 11.36 | 10.40 53 Sa. 2. 9. Su. 3.34| 8,83 | 14.95 | 9.57] 9.17 14.75 | 11.61 4; Sa..2. IsBns Utah. 003] .STERKSRBr.- 3 Ber ir Sa. 2. 9. Su. j Russisches America. - 0.24| 3.42| 9.87 | 5.25] 4.58] 13.67 | 10.11 6 | stündl. 1.58! 5.24 | 11.33 | 6.691 6.21 110.85 | 9.75] 10 9. 12. 3.9 4* 52 H. W. Dove: u — —— Jana Febr. | März | April | Mai | Juni | Juli | Ip Länge | Höhe Russisches America. oo 0 ’ 0 0 0 0 0 0 0 Iluluk (Unalaschka) |53 52/166 25) - 0.2 0.1 |- 0.6 0.2 28 23 Pt. Clarence . . 45 165 - 1-19.14|-13.89|-12.18| - 9.11) 0.37) 3.74| 8.85 Pt. Providence. . . 141173 31 = = 5.11|- 7.11|-11.44| - 4.67| = 1.11) 2.62). . Kotzebue Sund . 5581165 7) - ]-19.56|-21.11|-16.89) - 7.78| - 0.89] 3.01) 8.02 Ss RE. 147 2001-26.16|-25.97|-19.18) - 8.60) 4.11) 9.55) 15.00 Brittisches America. 1) Hudsons-Compagnie und Canada. 30.130 14001-23.98|-20.77/-14.66|- 5.13] .. = a 5 12123 13] 500]-24.15|-21.67|-16.62|- 8.73| 1.41| 7.12] 8.93 511113 51! 500/-19.79|-18.34-11.76|- 2.54| 7.18| 14.06) 12.88 6 541118 49| 500]-26.13|-22.88|-22.63|-12.28| - 1.92) 6.53] 9.29 281113 6| 8501-21.16)-25.47-19.38)-12.18| - 0.18) .. Fi Pelly Banks ... Ft. Franklin... . Ft. Simpson... . Ft. Confidence. . . Ft. Entreprise . . . Ft. Reliance .. . Ft. Resolution. , . Ft. Chipewyan. . Edmonton House . Carlton House. . . 46 109 6501-25.34|-22.60|-18.88-10.56| 1.79 10113 51| 500]-14.03|-25.60|- 9.79 - 8.501 3 2x 5 431118 20| 700|-18.12-16.00/-12.85- 5.42) 5.96| 10.22] 13.78 53 40/113 18001- 9.31- 0.91) .. en IR Fr 2 52 51106 13| 1100| .. 6 .. Cumberland House |53 37102 17) 800]-20.09)-14.71|- 8.84| 1.33) 8.00) 11.91| 13.24 Norway House. . . 154 98 .. 1-17.39/-15.32)-11.14- 2.04| 5.60) 10.19] 14.02 Oxford House... .|54 55) 96 28] 4001-24.03-15.07,-10.41- 1.50] 2.67) .. en Et. York... ...]57 0) 9226| 20|-16.49|-17.16)-12.10)- 5.69| 0.68) 6.96| 12.44 Ft. Churchill. .....[59 2| 93 10) 20]-23.64|-17.47-16.28|- 6.98| - 1.58) 5.64] 11.02 Ft. William. . .. . 18 23| 89 20) 660)-11.69 -10.57|- 4.12|- 0.26] 750) 11.88| 13.42 Ft. Michipicoten a . [47 56| 85 6 660)- 9.50,- 6.82)- 2.65) 1.18] 8.84] 10.22| 11.12 „ 2) I ... ]-10.33)\- 8.69|- 3.63) 3.14] 9.03) 12.00) 1690 Ft. Temiscaming. . [47 19| 79 31) 6301-10.12|- 6.03|- 3.37) 3.13] 7.71| 13.67) 15.68 Rupert House . . . 51 21| 83 40) 201-16.04.-14.521-10.831- 4,871 4.23) ..:| .. Canada. Penetanguishene.. . 44 48| 80 40| 600]- 4.72|- 5.48!- 1.15| 1.81] 8.88) 14.77) 17.06 ISHCHSBET -.o...: - 43 15) 8010| .. I- 2.57|- 3.62] 0.55| 5.13] 9.88| 13.24| 16.24 Morontor..t 9.00% 4339| 7921| '342}- 3.12)- 3.82|- 0.79 4.06| 8.52] 12.09) 15.29 _ Kingston. ..... 44 8) 7639| .. |- 5.78- 9.83|- 2.22). 3:56] 11.56| 15.11| 16.89 Montreal ’), „. ..[45 31| 7335| .. |- 7.55|- 5.68- 0.45| 6.14| 12.66] 16.56| 18.48 2 : er .. F- 7.70|- 6.16|- 1.59) 4.42] 11.57| 16.05| 20.84 = RE ||. er .. = 8.01|- 7.08|- 2.001 3.56) 9.51| 15.10! 16.74 St. Martin... .. 45 32) 73 36) 1181- 8.26|- 6.74|- 2.931 3.181 10.34] 15.20) 16.39 @ueBece „m “. 2. 46 49| 7116| .. I- 9.34 - 7.63|- 1.63| 3.29| 9,59| 14.78| 17.46 New Brunswick. Fredericton. ... . 46 53| 66 45 - 6.67]- 3.56] 0.44| 3.56| 2.22]: 7.33] 14,89 Prince Edward Island. 6.26|- 3.77|- 1.86| 2.49] 8.71| 12.53) 16.66 Charlotte Town . . 46 12) 63 0 - Nova Scotia. Albion Mines „. .|45 34] 6242) 120|- 5.84|- 5.54|- 2.23] 2.17] 7.31) 11.68) 15.08 Kaltası. v2... 44 39| 63 37) .. 4.18)- 3.68/- 0.90) 3.07| 7.12] 10.691 13.97 Ueber das Klima von Nord - Amerika. 53 ‚Dt. | ei | Som ap ldarhr I Dr Anz. Beobachtungszeit ing | mer oihe Is. u.W. at, Ä | k.M. Russisches America. o 0 0 ö 0 0 0 0 0 BE110 |- 0.2 0.031 0.63] 7.10| 3.43] 2.80] 10.4 1.00 £2 8. 1. 9. red. 171-13.93|-14.09|-15.72 - 6.94| 6.11 | - 4.75] - 5 32] 27.99 | 21.82] 1 stündl. 91- 6.44-12.56|- 8.29)- 5.74) - - - - - as stündl. -13.67-11.89]-17.52)- 8.52) 5.45 | - 4.65] - 6.311 29.13 | 22.97 | 1 stündl. -17.98|-22.41|-24.80|- 7.89| 12.32 | - 6.50] - 7.74] 41.16 | 37.12] .. - Brittisches America. Yu 1) Hudsons-Compagnie und Canada, .. |-20.441-21.73]| - - - - - - a - 4-14.27|-19.06|-21.63|- 7 98] 8.10 | - 4.841 - 6.59] 33.08 | 29.73] 13 19 mal tägl. 31-10.43!-17.94|-18.64|- 2.37| 12.21 | - 2.07] - 2.781 33.85 | 30.88] 1 84.2 9 14.98-24.32 -24.44|-12.28|1 7.23 | - 5.621 - 8.781 35.42 | 31.67 | 1 15 mal tägl. 41-14.53|-27.381-24.67/-10.58| .. |-5.86| .. RR x 2 - -21.81[|-23.25|- 9:22] .. 2 ae .. x Pr 15 mal tägl. - 886/-15.38[-17.82|- 4.89) .. = en es ae 3: 8. 8. "red. 12.99|-15.71)- 4.10) 11.87 | - 0.05] - 1.99] 31.90 | 27.58] 3# 8. 8. red. a a» 2= ER hin SR tägl. Extr. 12.80/-15.87| 0.16] 11.97) 0.14] - 0.90] 33.33 |27.84| 1 -15.91|- 2.53| 12.39 | - 0.93 - 1.74] 31.41 | 28.30] 7 - I- 8.32|-24.47|-14.59-10.88| .. .. Er .. ar an 7. 12. 8° red. 4- 3.03|-12.56]-15.35|- 5.70] 8.92 | 0.67) - 2.83] 29.60 | 24.27 | 1 Morg. Mitt. Ab. red. -12.75/-20.441-20.52|- 8.28] 8.72 | - 4.47] - 6.14[ 34.66 | 29.24| 1 3 Morg. Mitt. Ab. 6.151- 9.47) 1.041 12.41 2.59] 1.641 25.11 | 21.88 K; - 4.281-. 6.87| . 2.46| 11.27 4.061 2.781 21.96 | 18,14 1 8. 8. red. 4.351- 7.79) 2.851 14.48 5.89] 3.86] 27.23 | 22.27 1 82 6.36|- 7.50| 2.48| 14.76 3.58] 2.921 25.80 | 22.26 1 Sa. 12. Su. red. 7.29j-12.65)- 3.821 .. “Ss . EN. u\s Sa. 14. Su. Canada. 3.57]- 4.59] 3.18] 16.02 5.881 5.12] 22.54 | 20.61 1 88 1.871- 2.69) 5.18 14.72 6.823 6.02] 19.56 | 17.41 7 9.9 2.331= 3.09| 3.93| 14.19 6.431 5.431 19.11 | 17.28 | 12 wahr. Mitt. 2.671- 5.92| 4.30] 15.85 7.415 5.41] 26.22 | 21.77 1 = 5.721=- 6.32] 6.12] 17.51 7.151 6.12] 26.03 | 23.83 i 10 2su3 5.791- 6.551 4.80) 13.88 6.731 6.63] 28.54 | 24.43 48 - 5.92]- 7.00) 3.69 15.68| 5.97) 4.59] 24.75 | 22.67 5 tägl. Extr. 3 6..2.v10 7.02]- 7.34| 3.52) 15.91 | 5.941 4.51| 24.65 | 23.25 3.751 16.49| 5.85) 4.39|26.80 |25.01] .. = New Brunswick. 8.22]- 6.15] 2.07]13.00|] 6.52] 3.86|24.99 | 1955| - _ Prince Edward Island. 1.51|- 3.85] 3.11| 15.02 | 6.03] 5.301 22.92 | 18.87 1 - Nova Scotia. 3.47]- 4.94| 2.42|13.93| 6.33] 4.43] 20.92 | 18.87 | 10 tägl. Extr. 1.911- 3.29| 3.10] 13.02| 7.24] 5.031 18.15 116.311 73 6. 3. 8. red. 54 H. W. Dove: Breite) Länge | Höhe Jam Febr. | März | April | Mai | Juni | Juli August) | | | | : ; Y 1 es New Foundland. po SR f) | 0 | 0 | 0 | 0) CE En ı) 0) Seo 4734| 5228| - |- 3.85 - 4.94 - 3.47) 0.62) 3.24| 7.12| 10.73) 11.49], Labrador. ST 5710| 6150| - 1-15.93|-14.53|-10.02]- 4.151 0.37) 0.35] 7.21| 8.49 > Et Re era 57 30| 63 - 1-16.59|-15.13|- 9.21\- 3.59| 0.51) 4.89) 7.76) 8.58 BIEHTOn 2 20. 38 63 30 °- }-16.46|-14.24|- 9.81)- 4.55) 0.31) 4.18] 6.85) 7.13 Groenland. Friedrichsthal . . .159 58| 4430| - |- 5.5 |- 5.9 |- 44 |- 2.0 | .. ee 7 5® Lichtenau ..... 60 22| 45 40 - |- 4.37|- 2.92,- 2.04 0.67) 3.51] 5.75] 6.43| 6.08 Lichtenfels... . - 63 5120| - ]|- 9.07|- 8.42|- 6.35|- 3.54| 0.21) 2.99) 4.92| 3.73 Neu Hernhut. . . .j64 5| 5130| - |- 8.2i|- 7.37|- 5.62|- 3.17) 0.33] 3.62] 5.46) 4.96 Godthaab ..... 64 10) 52 R4| - |- 8.72|- 8.64 - 7.29 - 4.44| 0.07 3.151 4.41| 3.93 Jacobshavn. . . . .16912 5058| - |-14.2 -15.2 |-11.6 |- 6.7 |- 0.1 30H 5.9 4.3 Omenak'.-.. ..:; 7041| 5152| - |-17.0 |-18.2 |-14.8 |- 8.1 |(-0.9)| (3.0) (4.9)| (3.8) Upemivik .....- 7248| 5540| - |-19.7 !-22.4 |-18.6 |-13.0 |- 2.6 | 1.9 | 3.3 2.9 Wolstenholm Sound |76 30) 6856, - |-25.44,-29.34 -21.99|-15.88|- 2.75) 3.44 3.79 0.74 Arktische Länder. Winterinsel .... .166 11) 83 11| - 1-24.52|-24.88|-18.99|-11.34|- 3.87/- 3.92 1.49) 2.16) - Et. Hope.eti.t. or=92 62 32) 8656| - |-27.25|-26.08|-26.71)-15.98|- 6.28- 0.28) 4.20) 6.62|- Ielnolk ...... 69 21) 92 2) - |-21.39|-22.92|-22.67|-14.60|- 3.05) 0.07) 3.15) 0.84] = Pt. Bowen. ... .|73 14| 8856) - |-27.04 -26.36|-26.84|-17.11\- 6.41) 1.93| 2.02] - 0.65 Batty Bay... . .]73 12] 9110| - |-23.08|-22.31|-21.78|-13.27| .. ir # ni Pt. Leopold .......173 50) 9020| - |-29.64-29.42|-23.91|-19.26| .. > Ar er Boothia Felix . . .16959 92 A| - |-26.97|-28.45|-26.97|-15.37|- 7.27 0.96) 4.12] 2.97 Beechey Insel . ...!74 5) 9151! - |-28.89|-25.53/-19.99)-13.40|- 5.77) 2.12) 3.29) 1.00) - Assistance Bay. . .]74 40) 9416| - |-27.11|-27.47|-24.18\-15.64|- 8.84| 1.02 2.58) 1.60 Disaster Bay . . .|75 31) 92 10) - |-30.39/-31.66/-27.50/-12.07|-10.06/- 1.81, 2.71) 1.90 Northumberland- J Soundii.zdew. 7652| 97 0 - |-32.00|-26.92)-21.64 -17.60 - 7.67|- 0.95| 1.64) 0.80 ’ Griffith Island... .j7440 95 0) - 1-28.00|-28.66|-25.19|-17.01|-10.23) 0.12) .. 2 | Melville Insel . » . 174 47110 48| - |-28.71|-30.02)-24.84|-16.82|- 6.77) 1.87) 4.63) 0.28 Deely Insel ... . .|74 351108 40, - |-29.76|-27.58|-22.73 he Se J& Pr. Wales Strafse . [72 471117 44| - 1-28.67|-30.98|-27.02|-16.36|- 5.81] 1.82] 2.44] 2.49|- Merey Bay... ..[74 6 117 54| - |-30.04|-28.51|-26.18|-14.84|- 9.69)- 0.22) 2.09) 0.53] = F Ueber das Klima von Nord- Amerika. 55 Unterschied Noybr.| Decbr.; Winter Frühe, Som- u Jahr Anz. Beobachtungszeit | ing | mer vr 0W. New Foundland. o o o o | o o 0 o 2.97]- 3.92) dal 9.781 5.26] 2.81] 16.43 | 13.70 ot 0.87 - tägl. Extr. Labrador. )6|- 4.32)-12.72]1-14.39|- 4.60! 6.68| 0.09% 3.06] 24.42 | 21.07 9, 7—8, 12, 4—51 4- 4.45,-12.42]-14.71|- 4.09 7.04 0.261- 3.00] 25.17 | 21.80 ua = 71- 5.62)-12.52]-14.41|- 4.68| 6.05|- 1.06|- 3.35] 23.59 | 20.46 6 6—\, 12, 6-—7 Groenland. 3/- 1.91,- 4.32j- 4.20 ie 6.09 au! 0.92 10.18 | 10.29] 9 52— 7, 12—14, 6—7 1- 4.80- 8.031 8.51|- 3.23] 3.88)- 1.69[- 2.39) 11.99 |12.39| 63 - 8- 4.92)- 8.26/- 7.95|- 2.82) 4 68|- 1.42]- 1.88[ 13.72 | 12.63] 8 6.7 61- 4.47|- 6.45|- 7.94|- 3.89| 3.83|- 1.27]- 2.32] 13.30 | 11.77 | 133 - 9.1 \-12.2 |13.87.- 6.13| 4.63- 3.53 8.1 |-14.3 |-16.50.- 7.93) 3.90,- 3.97 „2 17.2 [19.77-11.40 2.70.- 5.231- .49\-26.24|-26.90|-13.52) 2.65|-11.31 Arktische Länder. 11.40) - 0.09|- 6.411-10.36] 27.04 | 23.23 1632) 3.51/- 8.03|-11.551 33.87 | 28.88 -13.44| 1.35/-11.23|-11.75| 29.93 | 25.25 “ -16.79| 1.07/- 9.521-12.65| 29.06 | 26.43 2stündl. Pe RE 3 A Ir A & - 4.73121.1 |18.50| 5 Morg. u. Mitt. - 6.12]23.1 |20.40| 5 Morg. u. Mitt. 8.89] 25.7 |22.47| 5 Morg. u. Mitt. -12.201 33.13 | 29.551 1 4stündl. [EFGENETEENGTEEN 31-19.23 -21.091-22.16 9)-16.63 -24.191-26.54 -16.54| 2.68- 9.92|-12.581 32.57 29.22] 24 stündlich 311.21 -24.84|-26.42-13.05| 2.14|- 8.58l-11.48132.18 28.56] 1 3 stündl. 5_17.19/-23.731-22.10.-16.22| 1.07- 9.52|-12.65| 30.05 27.17| .. ® 9)-21.87.-26.251-29.43 -16.54 0.93|-12.84|-14.471 34.37 |30.36| 1 3 0)-16.73/-29.55]-29.82-15.64| 0.50-12.38|-14.25] 33.64 | 30.32] 1 - 2 .23. 04 -23. .47 127. 40.- 16. 14 2.26|-15.77|-14.26] 35.65 | 29.66 | 14 - 3-18. 64-25.74]-27.69| .. ae 4 er bir = S 2 stündl. 3-18.76.-24.62|-28.09|-16.401 2.25-12.71|-13.74| 33.47 | 30.80] 1 - -21.27 -24.47]-27.67,.-16.90| 0.80/-13.43|-14.30] 32.13: 28.47 | 1 - BE III. Die Provinz Catamarca in der argentinischen Conföderation. (Mit einer Karte, Taf. II.) Die Provinz Catamarca gehörte bisher zu den allerunbekanntesten Theilen der argentinischen Conföderation; nur ein paar Namen von Ortschaften und Gebirgszügen waren zu allgemeinerer Kenntnifs ge- kommen und wechselten auf unseren Karten, Irrlichtern gleich, oftmals den Platz, den ihnen schwach begründete Vermuthung angewiesen hatte, um sie nur überhaupt als geographische Errungenschaften festzuhalten. Vergebens hatte sich Sir Woodbine Parish, dessen Arbeit über die ar- gentinischen Staaten noch immer die vollständigste und lehrreichste ist, während seines Aufenthalts am La Plata bemüht, Nachrichten über das entlegene Gebirgsland einzuziehen: der Gouverneur selbst gestand, dafs er über die Ausdehnung und die materiellen Hilfsquellen desselben nicht unterrichtet sei, und noch weniger war es möglich, zuverlässige topo- graphische Angaben zu erhalten. Auch seitdem ist kein Reisender von wissenschaftlicher Bildung in die von allen Hauptverkehrsstrafsen ent- ° fernte Landschaft gedrungen, weder von der Küste des stillen Oceans durch die erzreichen Distriete der Provinz Atacama und den Come Caballo-Pafs, der in einer Höhe von 13,625 Par. Fuls, — fast 500 F. höher, als der Gipfel des Finsteraarhorns — von Copiapö über die Cor- dillere führt, noch von Osten her aus den salzgeschwängerten und wasserarmen Wüsteneien, in denen oasengleich an den Ufern des Rio Dolce und Rio Salado die Ortschaften der Provinz Santiago liegen. Auf dem schönen Kärtchen, durch welches Herr A. Petermann im zweiten Hefte seiner diesjährigen „Mittheilungen“ den Bericht Philippi’s über das Plateau von Atacama erläutert, finden wir deshalb an der Stelle, wo Catamarca liegt, einen leeren Raum; und dafs es sogar in den unmittelbar benachbarten Ländern noch vor wenigen Jahren un- Die Provinz Catamarca in der argentinischen Conföderation. 57 möglich war, brauchbare Nachrichten über die abgeschlossene Alpenland- schaft zu erhalten, bemerkt Lieut. Gillifs, Führer der von den Vereinig- _ ten Staaten ausgerüsteten Expedition nach Chile: er beschreibt den Zu- gang zu dem Come Caballo-Pafs ausführlich; von dem letzteren aus soll man ostwärts niedrige, einförmige Gebirgszüge mit nur wenigen hervorragenden Spitzen erblicken; aber „all beyond is terra incognita, ezcept to the professional mine hunter or smuggler“ ’). Um so erfreulicher ist es, dafs jetzt unter den Bewohnern der argentinischen Staaten das Bestreben erwacht ist, die Zustände des eigenen Landes kennen zu lernen, und dafs damit der Wunsch, den Herr Petermann am Schlusse des erwähnten Artikels ausspricht, bereits in Erfüllung gegangen ist. Vor zwei Jahren richtete der Director des Museo Nacional, Oberst du Graty, ein Rundschreiben an die Regie- rungen der einzelnen Staaten, in welchem er sie aufforderte, statistische Berichte über die von ihnen verwalteten Provinzen einzusenden und so das Material für eine allgemeine Landesstatistik herbeizuschaffen; und noch im Laufe des Jahres 1854 hatte Senor Benedieto Ruzo, ein eben so eifriges, wie einsichtsvolles Mitglied der Regierung von Catamarca, eine ausführliche Denkschrift über die physische Beschaffenheit dieses Landes und die wichtigsten Nahrungsquellen seiner Bewohner, sowie eine Uebersicht seines auswärtigen Handelsverkehrs innerhalb des letz- ten Decenniums dem Museo Nacional eingereicht. Jetzt hat der Na- eional Argentino in einer Reihe von Nummern, die uns von dem für die Verbreitung geographischer Kenntnisse rastlos thätigen preufs. Geschäfts- _ träger und General-Consul in den La Plata-Staaten, Herrn v. Gülich, - gütigst mitgetheilt sind, beide Arbeiten abgedruckt, die erste vollstän- dig, die zweite in einem übersichtlichen Auszuge. Obgleich sie gerade in den für uns wichtigsten Beziehungen manche Lücken zeigen, liefern sie doch zur Kenntnifs jener Landschaft einen sehr erheblichen Bei- trag und setzen uns in den Stand, einige grobe Fehler aus unseren Karten zu tilgen. Leider ist die grölsere Denkschrift ausschliefslich vom volkswirth- schaftlichen und statistischen Standpunkte entworfen; rein Geographi- sches erwähnt sie nur beiläufig und an den verschiedensten Punkten unter den weit ausgesponnenen und oft wiederholten Angaben über die landwirthschaftliche und industrielle Thätigkeit der Bewohner; überdies ist sie in ihrer Anordnung so verworren, dafs ihre Reproduction un- geachtet des beträchtlichen Raumes, den sie beanspruchen würde, uns dennoch der Mühe nicht überheben könnte, in einer besonderen Bear- N 1) The U, 8. Naval Astronomical Expedition to the Southern Hemisphere during the years 1849 — 1852. Washington 1855. 1, p. 9. k 58 Die Provinz Catamarca beitung durch Combination des reichhaltigen Materials die geographi- schen Resultate zusammen zu fassen. Sie beginnt mit einem Absehnitt über die Bevölkerung und die Ortschaften der einzelnen Departements, in dem brauchbare Entfernungsangaben vorkommen, handelt dann von den Communieationsmitteln innerhalb der Provinz, darauf von den Grenzen der einzelnen Departements; unerwartet folgen dann ein paar Sätze mit der Aufschrift: „Allgemeiner Ueberblick* und ein längerer Abschnitt: „Flüsse, Bäche und Lagunen, Wälder“, in welchem viel mehr von der Beschaffenheit des Bodens und seinen Producten, als von den genannten Dingen die Rede ist; nichtsdestoweniger schliefst sich daran noch ein besonderer Abschnitt über wildwachsende Pflan- zen an, und zum Schlufs folgen andere unter den Ueberschriften: „Wild und Jagden“, „kriechende Thiere und Gewürm“, „Kalköfen, Mühlen“, „Handwerker-Innungen“, „Provinzial-Constitution, Einnahmen und Ausgaben“, — das sieht so entsetzlich bunt aus, dafs, wie wir fürch- ten, selbst die sieben Weisen des Alterthums vergebens nach dem Ein- theilungsgrunde forschen würden, den der Verfasser der Abhandlung im Auge gehabt hat. Zur Charakteristik des Inhalts bemerken wir, dafs die einzelnen Theile der Provinz aus ganz entgegengesetzten Gründen mit ungleicher Genauigkeit behandelt sind. In Bezug auf das Rectoral — das Gebiet der Hauptstadt — vermissen wir bei vielen Ortschaften Angaben über ihre Lage und Entfernung von einander, wie von der Hauptstadt; der Verfasser hielt diese Punkte vermuthlich für zu bekannt. Am ausführ- lichsten sind die drei östlichen Departements, Piedra Blanca, Ancaste und del Alto behandelt, während die Nachrichten über die westlichen, Pomän, Belen und Tinogasta, und über die nördlichen, Andalgala und Santa Maria, ungleich spärlicher fliefsen; hier sind verhältnifsmälsig nur wenige Niederlassungen namhaft gemacht, und die Ortsbeschreibung entbehrt der erforderlichen Anschaulichkeit. Die Regierung selbst ist offenbar mit diesen entlegenen Landschaften noch nicht hinlänglich be- kannt; Sgr. Ruzo bezeichnet sie in einem Begleitschreiben als ganz unorganisirt und nimmt seinerseits auch für ihre Statistik nur den Werth approximativer Angaben in Anspruch. Lage. Im Hinblick auf die Rectification unserer Karten müssen wir namentlich den Mangel an geographischen Ortsbestimmungen be- dauern. Die Denkschrift enthält in dieser Hinsicht nur zwei Angaben, dafs die Hauptstadt unter 23° südl. Br. und dafs Fuerte de Andalgalä um einen Grad nördlicher liegt, während der Reisende in Folge der Krümmungen des Weges 40 Leguas von Catamarea nach Andalgalä zurücklegen müsse, — unvollständige und ungefähre Angaben, die nichts- destoweniger die einzigen Haltpunkte bilden. Unsere Karten setzen die | U 02 ; Ei in der argentinischen Conföderation. 59 Hauptstadt‘ zwischen 27° 30’ und 27° 45’ südl. Br.; Dean Funes rückte sie in einer von Woodbine Parish benutzten handschriftlichen Arbeit noch tiefer südlich, — unter 28° 12’. Im Gegensatz zu diesem Ex- trem setzt Herr Petermann die Stadt sehr weit nach Norden, unter 26° 35’, so dafs sie nördlicher als Tucuman liegen würde, nicht blos nach den gewöhnlichen Annahmen über die Lage dieser Stadt, sondern auch nach der Vermuthung Petermann’s, der sie bereits um mehr als einen Breitengrad nordwärts schiebt. Nach dem uns vorliegenden Ma- terial können wir uns dieser Meinung nicht anschliefsen, und zwar aus folgenden Gründen. Das nördöstliche Departement Catamarca’s, del Alto, dessen nörd- lichste Ortschaft Quimilpa, nach den Entfernungsangaben zu schliefsen, mindestens einen halben Grad nördlicher als Catamarca liegt, grenzt unserer Denkschrift zufolge im Osten noch an Santiago; Tucuman ist seine nördliche Grenzlandschaft; die Hauptstadt der letzteren liegt also jedenfalls nördlicher als die Stadt Catamarca. Und zwar um ein Beträchtliches. Denn in einer uns ebenfalls vorliegenden Brochüre sta- tistischen Inhalts, die im Jahre 1845 unter Autorität der Regierung von Tucuman gedruckt und von Justo Maeso in seiner spanischen Ue- bersetzung des Werkes von W. Parish zum Theil reproducirt wurde, wird südlich von Tueuman eine beträchtliche Anzahl von Bächen der Reihe nach namhaft gemacht, ehe der Rio de Marapa, einer der süd- licehsten, dessen Quelle innerhalb der Provinz Catamarca und zwar im nördlichsten Theile des Departements Piedra Blanca liegt, erwähnt wird !). Das von diesen zahlreichen Bächen durchströmte Terrain zwischen der Stadt Tucuman und der Nordgrenze Catamarca’s kann auch deswegen keine unbeträchtliche Ausdehnung besitzen, weil von !) Da Justo Maeso die betreffende Stelle nicht mittheilt, rücken wir sie hier ein: Rios que banan el territorio de la Provincia. Al Sud (de la ciudad): Manan- tial de Marlopa, bastante agua potable, mucho pescado; — Rio de Lules; se le sa- can muchas asequias para las labranzas y establecimientos de cana, molinos eic.; — Arroyo del Rei, tiene su origen en el lugar de la Reduccion; — Rio Colorado, de poca agua en invierno; — Rio de Famailla de bastante agua; — Rio de Aranilla; poca agua, inmediato d este rio hay un arroyo de bastante caudal; — Rio de los Romanos; bastante aqua, recibe el Arroyo de Monteros; — Rio de Monteros, bastante aqua; — Rio Seco, poca agua; se pierde en unas partes de su cauce y brota en otras; — Rio del Conventillo, abundante de agua, yes celebre por las hermosas tina- jas para agua que ü sus märgenes se fabrican; — Rio de Medinas, bastante caudal, y se le sacan muchas asequias; — Rio Chico, abundante agua; — Arroyo de Mata- sambe, mucha agua; —* Rio de Marapa, mucha aqua; — Rio de San Ignacio, poco caudal; — Rio de Guacra (Grenzfluls gegen Catamarca), poca agua. Ein Sr Blick auf die Karte Arrowsmith’s lehrt, dafs bei Anführung dieser Bäche die Reihen- folge von Norden nach Süden beobachtet ist, dafs also Marapa südlich vom Rio de Medinas zu suchen ist, was auch schon daraus folgt, dafs der Rio de Marapa bei ; Singuil in Catamarca vorbeifliefst. 3 We |) 60 Die Provinz Catamarca den 10 Departements, aus denen die Provinz Tucuman besteht, nicht weniger als 5 innerhalb des bezeichneten Zwischenraumes liegen, näm- lich die Departements von Famailla, Monteros, Chiquiligasta, Rio Chico und Graneros. Es ist uns also in jedem Falle unmöglich, den Breiten- unterschied zwischen den beiden Provinzial-Hauptstädten auf weniger als 50’ zu veranschlagen; höchst wahrscheinlich ist er viel beträcht- licher. Nun setzt Arrowsmith die Stadt Tucuman etwa unter 27° südl. Br., Parish in der ersten Ausgabe seines Werkes ($. 264) unter 27° 10’, die spanische Brochüre unter 27° 10”, woran Justo Maeso fest- hält, — Angaben, die uns eher bestimmen könnten, uns hinsichtlich Catamarea’s für die südlichste aller Positionen (Dean Funes 28° 12’) zu entscheiden, als die Stadt noch mehr, wie jetzt, nach Norden zu rücken. Gegen das erstere spricht indefs die Lage Rioja’s und seiner Annexe, da wir den zu Catamarca gehörigen Ort Chumbicha, 21 Leguas südlich von der Hauptstadt gelegen, nicht füglich unter eine südlichere Breite, als die Stadt Rioja, setzen können; und es bleibt daher ‘das Gerathenste, hinsichtlich Catamarca’s unter den gewöhnlichen Annah- men eine mittlere, 27° 40', festzuhalten. Auch dann sind wir noch genöthigt, vorauszusetzen, dafs Tucuman etwa um einen halben Grad nördlicher liegt, als bisher angenommen wird, während wir, wenn wir in Bezug auf Catamarca der Annahme Petermann’s folgen wollten, die Stadt‘ Tucuman um etwa anderthalb Grade nach Norden rücken und das Bild dieser Gegenden in höchst bedenklicher Weise verschieben mülsten. Auch die Prüfung der Angaben in Bezug auf einen westlicheren Meridian ermuthigt uns nicht, Herrn Petermann zu folgen. Wir führ- ten bereits an, dafs Andalgalä einen Breitengrad nördlicher, als Cata- marca, liegt; von dem ersten Ort bis Santa Maria sind 40 Leguas ebenfalls in nördlicher Richtung. Da der Weg dorthin nur 16 Leguas durch Wüsten, im Uebrigen über Gebirge und durch Thäler führt, wollen wir diese Entfernung ebenfalls auf nicht mehr als einen Breiten- grad veranschlagen. Läge nun Catamarca wirklich, wie Herr Petermann meint, unter 26° 35’, so würde man Santa Maria unter 24° 35’ setzen müssen; und da das Thal, in welchem dieser Ort liegt, sich unserer Denkschrift zufolge 35 Leguas nordwärts erstreckt, ehe sein Flufs sich mit dem von San Carlos vereinigt, um den Rio Pasage (oder Rio Sa- lado) zu bilden, würde das Bett dieses Stromes unter dieser Länge ebenfalls um zwei Breitengrade nördlicher gerückt werden müssen, als bisher. Obgleich wir nun mit Herrn Petermann darin übereinstimmen, dafs der obere Lauf des genannten Stromes auf unseren Karten ganz verzeichnet ist und namentlich zu südlich liegt, halten wir doch eine so bedeutende Abweichung von der bisherigen Annahme nicht für i in der argentinischen Conföderation. 61 nmothwendig, da die Differenz um die Hälfte redueirt wird, wenn wir für die Breite Catamarca’s bei einer mittleren Annahme, 27° 40’, ste- hen bleiben. Ebenso finden wir in Bezug auf die westliche Länge der Haupt- stadt in den Angaben der Denkschrift keine Veranlassung, unsere Kar- ten zu corrigiren; diese setzen den Ort unter 69° 20’ westl. L. von Paris. Obgleich eine Prüfung der hierauf bezüglichen Notizen nur ein annäherndes Resultat liefern kann, wollen wir sie doch nicht von der Hand weisen, da sie uns in den Stand setzt, die Lage von zwei ande- ren Orten, durch die das Bild der Provinz regulirt wird, annähernd zu fixiren. Der Weg von Catamarca nach Poman ist nach der Denkschrift für die ersten 14 Leguas derselbe, der südwärts nach Rioja führt. Bei Concepeion — welches also durchaus nicht, wie unsere Karten wollen, weit östlich von Catamarca, sondern 14 Leguas südlich davon liegt — wendet er sich plötzlich westwärts, um durch eine Gebirgsschlucht nach dem 15 Leguas entfernten Poman zu führen '). Den letzteren Ort werden wir hbiernach etwa um einen halben Grad westlich und fast eben so viel südlich von Catamarca ansetzen dürfen. Tinogasta, der Hauptort des westlichsten Departements, ist von Catamarca auf dem Wege über Pomän nach einer Stelle der Denk- schrift 64, nach einer anderen 70 Leguas entfernt. Die letztere Zahl ist eine runde, die erstere wahrscheinlich ein Druckfehler für 69 Le- guas. Der Weg von Pomän führt nämlich westwärts 28 Leguas zum Serro Negro, von hier sind, wie sich aus einer anderen Stelle ergiebt, westwärts nach Copacabana 9 Leguas, von hier nach dem nördlich ge- legenen Tinogasta 3 Leguas, — im Ganzen also von Pomän nach Ti- nogasta 40 Leguas, und von Catamarca ebendahin 69 Leguas. Tino- .„gasta liegt demnach 37 Leguas westlich von dem Meridian von Pomän, die wir, da der Weg zum gröfsesten Theil durch wasserlose Wüsten, also in ziemlich gerader Richtung fortläuft, unter dieser Breite füglich auf anderthalb Grade veranschlagen könnten, wenn wir nicht aus an- deren Indizien folgern mülfsten, dafs die Richtung des Weges etwas nach Norden neigt ?), dafs der Längenunterschied zwischen beiden !) El camino de Catamarca por Poman sale desde la Ciudad al 8. por el mis- mo que conduce d la Rioja hasta 14 leguas de donde converge el rumbo al 0, desde ‚Concepcion y transtornando el serro por una quebrada aspera de 15 leguas que lleva ‚el nombre de Pomän, sale d este poblado. *) Diese Neigung folgt aus der Entfernung Tinogasta’s von Belen, dessen Lage, ungeachtet gines incorreeten Ausdrucks an einer Stelle der Denkschrift, durch mehrere concurrirende Angaben mit hinlänglicher Sicherheit bestimmt werden kann. Belen soll nämlich 70 Leguas (über Andalgalä) im Westen von Catamarca, und 30 Leguas ebenfalls im Westen von Andalgalä liegen; da Catamarca von Andalgala 62 Die Provinz Catamarea Orten also etwas geringer ist. Wir nehmen ihn auf 1° 20’ an und setzen Tinogasta unter 71° 10’ westl. L., und nur ganz unbeträchtlich südlicher als Catamarca. Damit stimmt die Angabe überein, dafs die Ortschaften Serro Negro und Rio Colorado, 9 Leguas ostwärts von Copacabana, zwar in politischer Beziehung zum Departement Tinogasta, also zur Provinz Catamarca, in kirchlicher aber zum Sprengel Anjullon in La Rioja ge- hören. Anjullon ist offenbar die Parochie, die Arrowsmith unter dem Namen Angulos in der nördlichen Hälfte des zu Rioja gehörigen Tha- les von Famatina verzeichnet, — und diesem Sachverhältnisse würde unsere Combination angemessen sein, da ihr zufolge der Meridian von Tinogasta die Sierra de Famatina, welche das genannte Thal im We- sten begrenzt, durchschneidet und Tinogasta selbst hinlänglich nach Süden gerückt erscheint, dafs seine südöstlichsten Annexe in eine zu Rioja gehörige Parochie eingepfarrt sein können. Wie aber, wenn man Catamarca nach Petermann unter 26° 35’ südl. Br. setzt und nun durch die eben erörterten Angaben sich genöthigt sieht, Tinogasta un- gefähr unter denselben Parallel zu stellen? Dann würde sich zwischen der nördlichsten Parochie Rioja’s und den erwähnten Annexen Tino- gasta’s ein Raum ausdehnen, der mehr als einen Breitengrad füllt, d. h. die kirchliche Eintheilung würde vollkommen widersinnig sein, oder man müfste annehmen, dafs auch die ganze Provinz Rioja mit ihrem Zubehör auf unseren Karten um einen Grad zu tief nach Süden gerückt ist. Gegen die bisherige Position Rioja’s hat aber Herr Petermann keine Einwendung erhoben. Um nun den Abstand der Hauptstadt von der Westgrenze bestim- men zu können, fehlt nur noch eine Angabe über die Entfernung Ti- nogasta’s von dem Kamme der Cordillere. Die Denkschrift erwähnt 12 Leguas westlich von Tinogasta (über das 2 Leguas nördlich gele-, 40 Leguas entfernt ist, stimmt die Zahl, aber die Richtung ist ungenau, da Andal- galä um einen Breitengrad nördlicher als Catamarca liegt, Belen also unmöglich ge- nau im Westen beider Ortschaften liegen kann. Die Wahrheit erhellt aus folgen- den Angaben: sowohl von Belen, wie von Andalgalä bis zu dem im Norden des letzteren gelegenen Santa Maria sind 40 Leguas; Belen und Andalgalä müssen also ungefähr unter gleicher Breite liegen. Ferner: von Pomän nach Belen sind 40 Le- guas Wüstenweg in nordwestlicher Richtung; Belen liegt also wohl einen Grad nördlicher, als Pomän. Drittens: die Bewohner des Serro Negro, welcher, wie wir sahen, einen Grad westlicher und nur unbedeutend nördlicher als Pomän liegt, verdingen sich zur Landarbeit in Londres, „20 Leguas nördlich“, — Londres liegt aber nur „3 Leguas südsüdwestlich“* von Belen. Auch hieraus folgt, dafs wir Belen ungefähr einen Grad nördlicher als Pomän, etwa unter derselben Länge wie den Serro Negro ansetzen müssen. Sämmtliche Angaben bilden eine Concordanz, die je- den Zweifel beseitigt. Nun liegt Tinogasta aber „22 Leguas südsüdwestlich von Be- len“; da der Weg also nicht direet nach Süden und aufserdem durch eine Schlucht (von Zapata) führt, können wir Tinogasta nicht 50’ südlicher als Belen ansetzen. E - in der argentinischen Conföderation. 63 gene San Jose) den durch eine heifse Mineralquelle ausgezeichneten Ort Fiambaläa als noch zu diesem Departement gehörig. Aber dieser ist noch nicht der westlichste. Aus einer anderen Stelle ersehen wir, dafs der Flufs, der die Felder Fiambala’s und in seinem weiteren Laufe auch die von San Jose, Tinogasta und Copacabana bewässert, 7 Le- guas westlich von Fiambala bei Sanjil vorbeiströmt; von hier bis zum Kamme des Gebirges wird man also noch einige Leguas zurückzulegen haben, so dals Tinogasta von demselben noch ungefähr 40’ — 50’ ent- fernt sein dürfte. In den eben berührten physischen Verhältnissen finden wir eine wichtige Bestätigung unserer Annahme hinsichtlich der südlichen Breite der Hauptorte in der Provinz Catamarca. Der erwähnte Flufs ist der einzige in diesem Gebiet, der einen längeren von West nach Ost gerichteten Lauf besitzt und die Vorgebirge der Cordillere in ihrer Breite durchschneidet; es läfst sich also vermuthen, dafs sich, wenn irgendwo, so hier ein Uebergang über das Gebirge darbieten werde. In der That bemerkt die Denkschrift, dafs San Jose, wo der Weg von Belen durch die Schlucht von Zapata in die von Tinogasta nach Fiam- balä führende Strafse mündet, der Hauptausgangspunkt für den Handel über die Cordillere ist '). Die Denkschrift nennt den Namen des Passes nicht, den dieser Verkehr benutzt; aber der Lauf des Flusses liegt ge- nau unter derselben Breite, welche Gillifs dem Come Caballo-Pafs an- weist, — ein Umstand, der wesentlich zur Bestätigung unserer Annah- men beiträgt. Wir glauben also mit der Sicherheit, die durch blofse Angaben über die Entfernung und das Terrain erreicht werden kann, die rela- tive Lage folgender Punkte annähernd bestimmt zu haben: Catamarca 27° 40’ S. Br., 69° 20’ W.L. von Paris, Poman 28° - 6950" - - - Tinogasta 27°40' - 71°10' - - - wobei wir nochmals erinnern, dafs wir hinsichtlich der Lage Cata- marca’s an der bisherigen Annahme lediglich deshalb festhielten, weil wir in den uns vorliegenden Materialien keinen Anlafs zu einer Aen- derung erblickten. Sollte künftig die Lage der Stadt astronomisch be- stimmt werden, so wird sich nach diesem festen Punkt auch die Lage der übrigen Ortschaften leicht reguliren lassen. Grölse und Grenzen. Ueber die Gröfse der Provinz enthält die Denkschrift folgenden Satz: „Catamarca hat eine Ausdehnung von 105 Leguas von O. nach W. und eben so viel von N. nach $.; man !) El anejo de San Jose es el punto preciso que tiene Tinogasta para el trü- fico por cordillera y es d donde sale rectamente el camino de Zapata. E “ a A h % 64 Die Provinz Catamarca mufs aber von dieser Quadratfläche ein Stück, 12 Leguas von ©. nach W. und 10 Leguas von N. nach $. grofs, abziehen, welches die Pro- vinz Tucuman abschneidet und in Besitz hat, in dem Bezirk von Ca- lalao, im Norden von Santa Maria, so dafs in Folge dessen für Cata- marca eine Oberfläche von 10,905 Quadrat-Leguas übrig bleibt“ *). Diese Berechnung ist irrig. Ihr zufolge mülste sich die Provinz über mehr als 44 Längengrade und fast über 4 Breitengrade ausdeh- nen, im Osten also den Flufs Medinas (oder Rio Dolce) erreichen — der in der Denkschrift nie erwähnt wird, obgleich sie die unbedeutend- sten Bäche namhaft macht — und im Norden sich fast bis zum 24° erstrecken, wodurch die Provinz Salta beinahe ganz von der Westgrenze der argentinischen Conföderation abgedrängt werden würde. Eine Prü- fung der Entfernungsangaben macht es wahrscheinlich, dafs jene Zahl durch eine einfache Zusammenrechnung der letztern entstanden ist, so dafs die Angabe des Flächeninhalts werthlos wird. In der That be- merkt Justo Maeso, der die Ausdehnung des Landes nach beiden Di- mensionen nur auf 100 Leguas angiebt, ausdrücklich, dafs damit nicht die Ausdehnung in gerader Linie gemeint sei und dals die Provinz auch kein Quadrat bilde. Auch die Bemerkung, dafs der Distriet von Colalao im Norden von Santa Maria liegen solle, scheint ungenau. Aus der weiter unten zu erörternden Stelle über den Lauf des Flusses von Santa Maria müssen wir schliefsen, dafs das zunächst im Norden gelegene Thal das von San Carlos ist, welches bereits zur Provinz Salta gehört. Aus der Brochüre über Tucuman folgt überdies, dafs diese Provinz an dem Stromgebiet des oberen Pasage, zu dem bereits das Thal von Santa Maria, noch mehr also dessen nördliches Grenzgebiet gehört, keinen Antheil hat. Nun wird in dieser Brochüre der Rio de Colalao unter den Bächen im Norden der Hauptstadt erwähnt, zwischen dem Rio de Vipos (Pipos bei Arrowsmith) und dem Bache von Trancas, der etwas südlich von dem die Grenze zwischen Tucuman und Salta bildenden Rio del Tala fliefst ?). Der Distriet von Colalao mufs also östlich !) Ocupa una estension territörial de 105 leguas de E. a O. y otras tantas de S. d N. bajändose de este cuadrado 12 leguas de E. 4 O0. y 10 de N. a S$. que la Provincia de Tucuman cercena 6 detenta en el cuadrilatero de Colalao al Norte de Santa Maria, quedando por consiguiente para Catamarca la superficie de 10905 le- guas. 2) Nördlich von Tucuman werden folgende Bäche namhaft gemacht: Manantial del Saladillo, escaso de agua; — Rio de Vipos, mucha agua; no distante de este rio hay otro arroyo de mucha agua; — Rio de Chuscha, de poca aqua; — asequiones; — un manantial permanente; — Rio de Colalao, escaso de aqua; — arroyo de Tran- cas, abundante; — Rio del Tala, abundante de agua, divide la jurisdiccion de esta provincia de la de Salta; despues de recibir los rios que al N. de la Ciudad van nom- brados, forma el Rio Sali. Este, en su curso al 8., recibe todos los que bajan de in der argentinischen Conföderation. 65 oder nordöstlich von dem Thal von Santa Maria liegen. Neu ist es, dafs er von Tucuman beansprucht wird. Auch Justo Maeso kennt Grenzstreitigkeiten zwischen Catamarca und Tucuman, die wir sofort erwähnen werden; sie scheinen aber ein anderes Gebiet zu betreffen, _ da er das Thal von Colalao, ebenso wie die von San Carlos, Calcha- qui und Cachi als im südwestlichen Theile der Provinz Salta gelegen bezeichnet. Wir zweifeln nicht, dafs er bei Namhaftmachung dieser Thäler die Reihenfolge von O. nach W. beobachtet: das Thal von Colalao liegt also im O. von Santa Maria und sein Bach gehört ver- muthlich zum Gebiet des Rio de Medinas. Die Provinzialgrenzen sind bestritten und nach unseren Kennt- nissen noch nicht genau zu verzeichnen. Wir stellen die Angaben dar- über zusammen und beginnen mit der Ostgrenze, wobei wir bemerken, dafs östlich von den auf unserem Kärtchen am Ostabhange des Serro de Ancaste verzeichneten Ortschaften in den Llanos noch eine andere - parallele Reihe von Niederlassungen liegt, die wir nieht eintragen moch- ten, da es an Angaben über ihre Entfernung von einander fehlt. Die Denkschrift bemerkt nur, dafs diese zum Departement Ancaste gehö- rigen weidenreichen Ebenen bei einer Längenausdehnung von 30 Le- _ guas eine Breite von 9 Leguas in ostwestlicher Richtung besitzen. Das Departement von Ancaste grenzt der Denkschrift zufolge im S.S.O. noch an das Gebiet von Cordoba, im ©. ebenso wie das De- _ partement del Alto an Santiago. Nach Justo Maeso bildet der Bach von Albigasta die gegenwärtige Grenze zwischen beiden Provinzen, da Catamarca den Distriet zwischen diesem Bache einerseits und dem Ge- _ wässer von Moreno, den Niederlassungen Choya, Albigasta und Obanta _ andererseits, der Grenzregulirung von 1684 zuwider, usurpirt habe. Unsere Denkschrift nennt diese Niederlassungen nicht; auf strittigem Gebiet gelegen, mögen sie inzwischen eingegangen sein; wohl aber wird der Bach von Albigasta noch unter den Gewässern der Provinz aufgezählt; nach dem Obigen mufs er also 9 Leguas ostwärts vom Fulse des Gebirges fliefsen. Weiter nordwärts springt die Provinz Tucuman nach Westen vor ‚und bildet zunächst die Nordgrenze des Departements del Alto, dann die Ostgrenze der Departements Piedra Blanca, Fuerte de Andalgala und S. Maria. Es folgt daraus, dafs zu Piedra Blanca aufser dem Orte Singuil und seinem Thale noch die jenseits desselben gelegenen Höhen gehören, obgleich die Denkschrift auf ihnen keine Niederlassungen nam- macht; der Theil von Tucuman, mit dem Piedra Blanca zusam- u la Sierra ya espresados (S. 59. Note) al S. de la Ciudad, y engrossado con ellas forma el Rio Grande. Zeitschr. f. allg. Erdk. Neue Folge. Bd. I. d 66 Die Provinz Catamarca menstöfst, wird „Marapa und Escaba“ genannt. Auch mit Tucuman hat Catamarca Grenzstreitigkeiten; die ältere Grenze der zuletzt ge- nannten Provinz erstreckte sich nach Justo Maeso nur „bis zur Ort- schaft Alijilan, folgte dann dem Abhange der Sierra und wurde durch eine Linie gebildet, die über den Gipfel Paquilingasta ging, bis sie den Flufs von Escaba erreichte,* — Localitäten, über die wir noch im Dunkeln sind. Die gegenwärtige Grenze, sagt derselbe Zeuge, er- streckt sich dagegen bis an den Flufs von Guaera — der, wie wir sahen, auch in der Brochüre über Tucuman als südlichster Bach dieser Provinz angegeben wird und vermuthlich ein südlicher Zuflufs des Rio de Medinas ist — und den Ort San Francisco, so dafs Tucuman einen Distriet von eirca 60 Leguas Länge und 25 Leguas Breite an Cata- marca verloren habe. Im Norden grenzt Santa Maria, der Denkschrift zufolge, zunächst an den Distriet von Colalao „und in seiner grölseren Ausdehnung an das Territorium von Salta“. Das unmittelbare Grenzgebiet zwischen beiden Provinzen war nach Justo Maeso längere Zeit ein Zankapfel zwischen Salta und Tucuman. „Salta* — so lautet sein Bericht — „reclamirt von Tucuman einen wüsten Landstrich von 3 oder wenig mehr Leguas Breite (in ostwestlicher Riehtung), der die Provinzen Catamarca und Salta trennt und dessen sich der Gouverneur von Tu- cuman, General D. Alejandro Heredia bemächtigte. Es möchte schwer sein, den wahren Zweck der Usurpation eines wüsten und anscheinend ganz unbrauchbaren Terrains zu begreifen. Aber in jenen Jahren führ- ten die Provinzial- Regierungen einen geräuschlosen und nichtsdesto- weniger für die Interessen der Bevölkerung höchst verderblichen Krieg mit einander, und zwar vermittelst unerschwinglicher Auflagen unter dem Namen von Durchgangszöllen (derechos de tränsito), die von Bue- nos Aires an, wo sie als Zollrechte (derechos de Aduana) auf den nach den inneren Provinzen bestimmten Waaren lasteten, bis Salta und Mendoza aus dem Gouvernement jeder Provinz, durch welche ein Handelsartikel gehen sollte, einen Räuber machten, der das er- prefste, was er von dem Werth der Waaren sich anzueignen wünschte; wobei Fälle vorkamen, dafs Waaren schon auf der Hälfte des Weges an solchen erschöpfenden Abgaben mehr entrichtet hatten, als ihr Werth betrug. Um nun an diesen Erpressungen auch ihren Antheil zu er- halten, bemächtigte sich die Regierung von Tucuman des erwähnten Distriets, und belastete den Handelsverkehr von Mendoza, San Juan, Catamarca und La Rioja, der nach Salta ging, mit einer Abgabe von 4 Silber-Realen für jede Maulthierlast; eine Mafsregel, die zur Folge hatte, dafs der Handel von Mendoza und San Juan ganz aufhörte und der von La Rioja und Catamarca sich sehr beträchtlich verminderte. in der argentinischen Conföderation. 67 Doch müssen wir hinzufügen, dafs während der Verwaltung des Dr. Gonda die Regierung von Tucuman diese exorbitanten Abgaben auf- hob und ein mälsiges Wegegeld an deren Stelle treten liefs, welches bis 1853 bestand.“ Tucuman ist also im Besitz des strittigen Ter- rains geblieben. Auffallend sind die Angaben über die Westgrenze. Nach der Denkschrift stöfst nicht nur der nordwestliche Theil von Santa Maria, sondern auch das Departement Belen und das von Tinogasta im We- sten an Bolivia, das letztere nur im Südwesten an Chile. Wenn wir nun auch annehmen, dafs das Gebiet der Departements Belen und Ti- nogasta sich ziemlich weit nordwärts über die weidenreichen Plateau’s am Ostabhange der Andes ausdehnt — wie denn z. B. die Laguna Blanca noch zu Belen gehört "), — so sieht man doch, dafs die Re- gierung von Catamarca über die Südgrenze Bolivia’s-eine Ansicht hat, welche den extremsten Ansprüchen des letzteren gemäls ist. Wäh- AU U RE rend Philippi die Nordgrenze Chile’s bis 23° 30’ südl. Br. vorrückt — so dafs Catamarca im Westen nirgends an Bolivia grenzen könnte — _ und Andere sie wenigstens unter 25° angeben, läfst Gillils sie zwar _ ander Küste unter 25° beginnen, im Innern aber südöstlich laufen, so. dafs sie die Cordillere unter 26° durchschneidet und am Ostabhange ; derselben noch bis 26° 10’ südwärts reicht; auch Herrera setzt die Grenze unter 26°. Die Angaben der Denkschrift sind nur mit den beiden letzten Berichten vereinbar; denn selbst dann, wenn das ganze Bild Catamarca’s nördlicher gerückt werden mülste, als wir es gethan haben: so weit wird man nie gehen können, dafs selbst das Departe- ment Tinogasta nordwärts über 25° hinausreicht. Die Differenz der Angaben hinsichtlich der Grenze zwischen Chile und Bolivia beruht wohl nicht in der Unkenntnifs einiger Berichterstatter, sondern in der Unbestimmtheit der thatsächlichen Verhältnisse selbst, und die Regie- _ rung von Catamarca scheint in Uebereinstimmung mit Gillifs Angabe den Kamm der Cordillere nördlich von 26° 10’ und die sich daran an- schliefsenden Hochländer als bolivianisches Gebiet zu betrachten. ») In Bezug auf die beigegebene Karte bemerke ich, dafs die Denkschrift für Laguna Blanca nur die eine Angabe liefert, sie liege 40 Leguas nordnordwestlich von Belen am Fufse der Cordillera von Antofagasta, und zwar an einem Seitenwege, der von der nach Bolivia führenden Strafse westwärts abführe. Diese letztere Be- _ merkung und der gebirgige Charakter der Landschaft bestimmten mich, die Laguna Blanca nicht noch weiter nordwärts zu rücken; aber die Annahme ist, da sie sich nur auf diese eine Notiz stützt, sehr unsicher. Ueber die Cordillera von Antofagasta giebt die Denkschrift nun vollends keine weitere Belehrung, die Richtung des Ge- _ birges bleibt völlig ungewifs, und ich habe den Namen nur deshalb eingetragen, um ungefähr die Gegend zu bezeichnen, wo dieses Gebirge nach den Andeutungen der Denkschrift zu suchen ist. 68 Die Provinz Catamarca Im Süden grenzt Catamarca an La Rioja; Grenzstreitigkeiten scheinen hier nicht stattzufinden. Gebirge. „Die Beschaffenheit der Provinz“, sagt die Denkschrift, „ist eben so verschiedenartig, wie das Klima, je nach der Bodenerhe- bung der Departements, nach ihrer der Cordillera mehr oder minder nahe gerückten Lage, und nach dem Einflufs der innerhalb der Pro- vinz liegenden Gebirge und Hügelrücken. Drei Gebirgssysteme, die von Norden nach Süden streichen, bilden eben so viele Hauptabschnitte in dem Gebiet der Provinz: die Zweige der Cordillera de los Andes im Westen, der Serro de Ambato mit dem Serro de Anconqujja ’) in der Mitte und der Serro de Ancaste im Osten der Provinz. Von Sü- den an erhebt sich der Boden so merklich gegen die nördlichen und westlichen Grenzdistriete, dafs diese im Vergleich mit den Thälern als Höhen betrachtet werden können“ ?). Diese Darstellung wird durch verschiedene andere Angaben so voll- kommen bestätigt und erläutert, dafs sie uns nöthigt, unsere Karten in durchgreifender Weise abzuändern. Zunächst springt in die Augen, dafs der Serro de Ambato und der Serro de Ancaste nicht, wie Arrowsmith meint, Theile eines und desselben Gebirgszuges, sondern zwei verschiedene Meridiangebirge sind. Der Serro de Ancaste ist der östlichste Gebirgszug der Provinz, und wird deshalb von dem Verfasser zuweilen auch schlechtweg der Serro del Oriente de Catamarca oder der Serro del Naciente genannt. Der Ort Ancaste liegt 14 Leguas östlich von Catamarca, und gleich- wohl auf dem westlichen Abhange des nach ihm benannten Gebir- ges, während das Departement del Alto den nördlichen Theil dessel- ben einnimmt. Der Serro de Ancaste ist also ein Meridiangebirge, über einen halben Grad ostwärts von Catamarca gelegen; im Süden erstreckt er sich in die Wüste hinein, durch welche die Wege von Catamarca nach Cördoba, San Luis und Rioja führen. Die Communi- cation über das Gebirge ist sehr schwierig; an steilen Gehängen und ’) Nur an dieser Stelle schreibt die Denkschrift Aconquija, sonst stets Ancon- quija. Da auch Justo Maeso der letzteren Schreibart folgt, habe ich sie vorgezo- gen, — vielleicht mit Unrecht. ’ ?) EI aspecto de la Provincia es muy variado lo mismo que el clima en razon de la altura topogräfica de los Departementos, su mas 6 menos proximidad d la Cor- dillera, y por el infiujo de los montes y serranias interiores. Tres sistemas de ser- ros que giran de N. as. forman otras tamtas sesiones (secciones?) principales en el territorio de la Provincia. Los ramales de la Cordillera de los Andes al Occidente, el Serro Ambato con el de Aconguija ocupan el centro, y el serro de Ancaste el E. de Catamarca. Desde el S. se va elevando el terreno tan sensiblemente hasta los terminos N. y O. de la provincia, que pueden considerarse como umos collados a sus valles. in der argentinischen Conföderation. 69 an Abgründen vorbei führen vielfach sich schlängelnde Fufspfade, die selbst dem sicheren Maulthier beschwerlich sind und den Verkehr der Ortschaften beider Departements untereinander, wie mit der Hauptstadt, sehr erschweren. Dagegen besitzen die Niederlassungen in den Ebe- nen östlich von dem Gebirge eine Stralse für Fuhrwerk, die von der Travesia (Wüste) von Quilino über die Serrillos (im Nordosten?) oder an dem Brunnen von San Bernardo vorbei nach der Provinz Tucuman führt. Der Serro Ambato '), ebenfalls ein Meridiangebirge, streicht durch die Mitte der Provinz, und zwar westlich von der Hauptstadt, nicht, wie Arrowsmith zeichnet, östlich. Denn die Stadt Catamarca, die ur- sprünglich im Thale von San Juan de la Riviera de Londres begrün- det war, wurde, als man diesen Punkt aufgeben mufste, um den fort- dauernden Einfällen der in der Cordillera de los Andes sich behaup- tenden Calchaquies -Indianer zu entgehen, zunächst im Valleviejo wieder aufgebaut, endlich aber in Folge der Ueberschwemmungen, denen die- ses Thal durch einen von N. nach S. fliefsenden Bach ausgesetzt war, eine halbe Meile (20 Cuadras) westlich an einen höher gelegenen Punkt verlegt „in der westlichen Hälfte des Thales, am Fufse der Serrilladas von Ambato“. Dieses Meridiangebirge liegt also im Westen der Stadt, und es wird ausdrücklich bemerkt, dafs man von Catamarca nach den östlichen und westlichen Theilen der Provinz nur auf den Strafsen von Poman und Andalgalä gelangen könne, weil der undurchdringliche Serro Ambato dazwischen liege °). Wir haben bereits gesehen, dafs die Strafse nach Pomän zuerst 14 Leguas südwärts (also längs des östlichen Fulses der Sierra) führt, ehe sie eine Schlucht erreicht, welche _ das Gebirge durchsetzt und ein Ueberschreiten desselben ermöglicht; ebenso muls die Strafse nach Andalgalä 22 Leguas die Richtung nach Norden innehalten, bis sie bei Singuil eine Stelle erreicht, wo das Ge- birge ein Vordringen nach Westen verstattet. Viel schwieriger ist es, das Gebirgssystem zu entwirren, zu dem der _Serro de Anconquija gehört. Dafs dieses Gebirge nicht ein Quer- joch ist, wie unsere Karten wollen, erhellt klar aus der oben mitge- theilten Hauptstelle, in welcher dasselbe in unzweideutiger Weise unter den von N. nach S. streichenden Gebirgszügen aufgeführt und als zu !) Er hat den Namen von einem unbedeutenden Orte Ambato ganz in der Nähe von Rodeo im Departement Piedra Blanca. Da die Denkschrift nicht angiebt, wie weit er von Rodeo entfernt ist, habe ich seinen Namen auf der Karte nicht ein- tragen können. 2) Belen dista 70 leguas de la Ciudad al O0. por dos rutos, d saber: por la del Fuerte y por la de Pomän, y son tambien los ümicos caminos y salidas de Cata- ee d los Departementos de N. y P. por la intercesion del impenetrable serro de mbato, 70 Die Provinz Catamarca demselben, mitten durch die Provinz ziehenden Bergsystem gehörig be- zeichnet wird, von dem der Serro de Ambato einen Theil bildet. Sind nun beide Sierren Theile einer und derselben Gebirgskette, so erhellt aus anderen Stellen der Denkschrift eben so deutlich, dafs die von Aneconquija die nördliche Fortsetzung der andern ist. Santa Maria liegt nämlich 32 oder 40 Leguas, je nachdem man den einen oder den andern der beiden von Andalgala dorthin führenden Wege einschlägt, nördlich von diesem Orte, der, wie wir bereits be- merkten, um einen Breitengrad nördlich von Catamarca in nordnord- westlicher Richtung liegt. Nun ist Santa Maria der Denkschrift zu- folge in einem Thale gegründet, welches in einer Länge von 13 und in einer Breite von % Leguas von S. nach N. gerichtet ist und im ©. durch den hohen Serro de Anconquija, im W. durch eine im Vergleich mit ihm niedrige Serrania eingeschlossen wird, die von der „Serrania del Cajon* nur eine Abzweigung bildet '). Dieses ist der nördlichste Punkt, an dem das Gebirge von Anconquija, so weit es die Provinz Catamarca angeht, erwähnt wird; sehen wir nun, bis zu welcher Stelle im Süden dieser Name an dem Gebirgszuge haftet. Die Punta de Balastro ist der südlichste Theil des Thales von Santa Maria und zugleich die erste Ortschaft desselben, wenn man von Süden kommt. Südwärts von ihr führt der Weg auf einer Strecke von 16 Leguas durch eine Sahara (un campo desierto de 16 leguas de are- nal fragoso), durch deren Mitte ein nie austrocknender Süfswasser- bach fliefst, der Rio del Arenal; „er kommt vom Gebirge von Ancon- quija und fliefst von O. nach W.“ Noch südlicher, 18 Leguas von der Punta de Balastro, gelangt man zu dem Serro del Atajo, „welcher sich in einer dem Laufe des Serro de Ancongquija entgegengesetzten Richtung hinzieht, von demsel- ben nach Westen ausgeht und mit ihm in Las Capillitas den innern Scheitelpunkt eines Winkels bildet* °). Hier befindet sich also ein duıch ein Meridiangebirge und ein Querjoch gebildeter Gebirgsknoten, an dessen südlichem Fufse, oder, wie die Denkschrift sagt, „auf der Fläche der äufsern Spitze des Scheitels, den der Serro von Ancon- quija mit dem von Atajo oder Capillitas bildet*, das mehrmals er- I) ... en um Valle, que corre de $S. d N. en una longitud de 13 leyuas desde la Punta de Balastro häcia al N. y en latitud de 2 leguas entre el elevado serro de Anconquija al E. y una serrania comparativamente baja al O0. que forman un solo ramal con la serrania del Cajon. 2) A 18 leguas 8. de la Punta de Balastro primera poblacion del valle de Santa Maria esta situado el serro del Atajo que corre um rumbo opuesto al de An- conguija y del cual sale jirando al occidente y formando en las Capillitas el punto interior del vertice de um dngulo. PR in der argentinischen Conföderation. 71 wähnte Andalgalä liegt '). Die südliche Verlängerung des Gebirgszuges führt bereits den Namen Serro de Ambato: um von Catamarea nach f Andalgalä zu gelangen, mus man nicht den Serro de Anconquija, son- dern den Serro de Ambato überschreiten. Die Centralkette von Catamarca führt also in ihrem südlicheren Theile den Namen Serro de Ambato, an dessen östlichem Fufse die Hauptstadt des Landes liegt. Einen Breitengrad nördlich von dem Parallel Catamarca’s stölst mit der Centralkette ein Querjoch, Serro del Atajo zusammen, und von diesem Knotenpunkt ab führt sie, nord- wärts fortstreichend, den Namen Serro de Anconquija, indem sie an ihrem westlichen Abhange zunächst eine weite Wüste, dann, von der Punta de Balastro ab, das Thal von Santa Maria liegen läfst. Die Gebirgsverhältnisse des ferneren Nordens werden durch die Bemerkungen der Denkschrift über den Flufs von Santa Maria einiger- mafsen aufgeklärt. „Dieser Flufs“, heist es hier, „hat in seinem Laufe eine bemerkenswerthe Absonderlichkeit. Er entspringt ziemlich an dem- selben Punkte, wie der Fluls von San Carlos (in der Provinz Salta), auf den „Nord-Serrilladas del Cajon“; jener fliefst nach Osten und der von Santa Maria genau nach Süden, und nach einem Laufe von un- gefähr 30 Leguas wendet er sich bei der Punta de Balastro nach Nor- den, als ob er wieder zu seiner Quelle wollte, und vereinigt sich bei Las Conchas, 35 Leguas von der Punta de Balastro, mit dem Flusse von San Carlos, um mit ihm vereint von Las Conchas ab den Pasage zu bilden.“ Es ergiebt sich hieraus zunächst, dafs dieser sogenannte Serro del Cajon im Nordnordwest von Santa Maria zu suchen ist; so- dann, dafs die „niedrigere Serrania“, welche das Thal von Santa Ma- ria im Westen einschlielst und ebenso, wie der Serro de Anconqujja, eine Abzweigung desselben sein soll, den Flufs unmittelbar nach sei- nem Ursprung zu einem südlichen Laufe zwingt, bis sich ihm hier die Punta de Balastro entgegenstellt; endlich drittens, dafs der Serro de Anconquija, wenn er ebenfalls eine Abzweigung des Serro del Cajon sein soll, weiter nordwärts von dem nach Osten fliefsenden Rio Pa- sage durchbrochen werden muls. ; Ueber diese „Sierra des Thals* (von Santa Maria), Serro del Ca- - jon, enthält die Denkschrift nur noch eine Notiz. Von Belen aus führt ein Weg 22 Leguas nach Norden und theilt sich dann; der eine Zweig führt nordwärts „über die weidenreichen Felder und Niederlassungen des Thals von Santa Maria (Cajon de S. M.) nach Bolivia und Salta und heifst der Wüstenweg, Camino del despoblado, während der an- EEE EEBDEUBRE U E %) Andalgalä liegt al pie del Serro de Aconquija en la lUlanura del punto ex- terior del vertice que forma dicho serro con el del Atajo 6 Capillitas. 272 Die Provinz Catamarca dere sich nordnordöstlich wendet und sich bei der Punta de Balastro mit der Strafse vereinigt, die von Andalgalä nach Santa Maria führt.* Es scheint sich hier also um ein Plateau zu handeln, — entweder um dasselbe, welches unter dem Namen El Despoblado bekannt ist und 10—12,000 Fuls über dem Meeresspiegel liegt, oder um den südlichsten Theil desselben — von dem sich der Serro de Anconquija abzweigt und, nachdem er vom Rio Pasage durchbrochen ist, als mächtiges Gebirge südwärts fortsetzt, bis er sich etwas nördlich von Andalgalä dergestalt gabelt, dafs der eine Zweig, die Hauptrichtung beibehaltend, als Serro de Ambato in geringerer, doch noch immer beträchtlicher Höhe die Provinz Catamarca von N. nach S. durchschneidet, während der an- dere unter dem Namen Serro del Atajo westwärts streicht. Wenn man von Andalgalä nach Santa Maria will, wird man also den Serro del Atajo überschreiten müssen; und das geht aus dem Ab- schnitt über die Wege in der That hervor. Zwei Strafsen führen von hier nach Santa Maria, die eine 40, die andere 32 Leguas lang, beide durch Schluchten; die längere, der Weg der Bergwerke genannt, durch die Schlucht von Amanäo, die kürzere „über den Abhang der Erzgru- ben oder Capillitas* durch die Schlucht von Cholla, welcher Ort einer anderen Stelle zufolge ungefähr 4 Leguas nordnordwestlich von Andal- gala liegt. Und eben schon „4 Leguas von Andalgala werden beide Wege sehr rauh bis nach Santa Maria, und ein Viertheil ihres Laufes bietet durch Bergrücken und Abgründe dem Verkehr eine drohende Gefahr.“ Zwischen dem Serro del Atajo oder Capillitas und der ersten Ortschaft im Süden von Santa Maria (der Punta de Balastro) liegt ein wüstes Feld — dasselbe, von dem wir schon oben gesprochen haben. Der beträchtliche Landstrich, der sich über mehr als zwei Län- gengrade zwischen dem Serro de Ambato und dem Kamm der Cor- dillere ausdehnt, scheint nur in seiner östlichen Hälfte eine ebene Bo- denbeschaffenheit zu besitzen. Hier liegt eine 625 Quadrat-Leguas grolse Salzwüste, die sich von dem Departement Andalgala südwärts bis zu den Grenzen von La Rioja, westlich bis an die Departements Belen und Tinogasta ausdehnt. Durch dieses öde Terrain führen die Wege von Andalgala und von Pomän nach Belen. Ueber die beiden Grenzdepartements Belen und Tinogasta wird hingegen bemerkt, dafs drei Viertheile derselben von den Gebirgszügen eingenommen sind, die sich von der Cordillera de los Andes abzwei- gen. Leider sind die Nachrichten über diese entlegenen und, wie es scheint, selbst der Regierung von Catamarca nur unzulänglich bekann- ten Landschaften zu dürftig, als dafs sie uns ein klares Bild von dem Östabhange der Andes gewähren könnten. Nur beiläufig werden wir ee hin und wieder auf einen Gebirgszug aufmerksam gemacht, ohne dafs in der argentinischen Conföderation. 213 | die disjecta membra des Systems der Cordilleren zu einem Ganzen ge- ordnet werden. h -.$o erfahren wir, dafs man 28 Leguas westlich von Pomän und 9 Leguas östlich von dem Meridian von Tinogasta den Serro Negro - überschreiten mufs, wenn man von Poman nach Tinogasta reiset. Die - westliche Länge wie die südliche Breite dieses Höhenzuges erregen die Vermuthung, dafs er mit der Sierra Velasco in Rioja zusammenhänge. Allerdings versichert die Denkschrift, dafs der Weg von Tinogasta nach der Stadt Rioja ein ebener sei, allein ich zweifle, dafs diese Be- merkung buchstäblich zu nehmen ist; sie soll vielleicht nur den Con- _ trast zwischen dieser Strafse und den gleichzeitig erwähnten rauhen Gebirgswegen über die Cordillera nach Chile und Bolivia schärfer her- vorheben. Auch die zu Belen gehörigen Ortschaften nördlich von dem Haupt- orte des Departements liegen in einer 15 Leguas breiten Thalsenkung, die im Osten durch eine südliche Abzweigung des Serro del Atajo, im Westen durch Gebirgsreihen eingeschlossen wird, „die sich merklich erheben und sich mit der Cordillera vereinigen“. An einer anderen Stelle wird unter den Sierren westlich von Belen die von Culampajä namhaft gemacht; sie besitzt Goldminen. Nach Tinogasta führen von Belen zwei Strafsen: die längere, 34 Leguas, geht über den Serro Negro, die kürzere, 22 Leguas, durch die Schlucht von Zapata nach San Jose, _ welches 3 Leguas nördlich von Tinogasta liegt. Man erkennt daraus, dafs auch das Departement Tinogasta im Osten überall durch Hügel- reihen eingeschlossen ist. Nehmen wir nun noch einige Angaben hinzu über Serranias, wel- che zwischen den Provinzen Catamarca und Tucuman hinziehen, so haben wir Alles zusammengetragen, was die Denkschrift über Gebirgs- züge berichtet. Das Bild, das wir darnach entworfen haben, weicht wesentlich von unseren bisherigen Vorstellungen über die orographi- schen Verhältnisse Catamarca’s ab; aber schon Justo Maeso benutzte Nachrichten, die ihn überzeugten, dafs Parish’ Angaben über die Con- _ figuration des Landes auf erheblichen Irrthümern beruhten, und seine - Gegenbemerkungen werden durch unser Kärtchen eine Erläuterung fin- den. „Das Thal von Catamarca,“ sagt er (OH, p. 164), „erstreckt sich ‚nicht bis zu den Grenzen von Atacama, wie Sir Parish versichert. Jenes Territorium von Atacama bleibt mit Antofagasta im Westen der Provinz, und zwischen dem Thale von Catamarca und dem von Anto- fagasta liegen andere Thäler, das von Andalgalä und Belen und Lon- dres, das 25 bis 30 Leguas breit ist, und das von Gualfin, welche durch Bergreihen getrennt sind, und von da erheben sich die Gehänge der Cordillera, so dafs zwischen der Stadt Catamarca und dem Gipfel- TA Die Provinz Catamarca punkt derjenigen Cordillera, welche die Scheidelinie mit Antofagasta oder der bolivianischen Provinz Atacama bildet, ein Raum von mehr als 100 Leguas liegt; woraus der Irrthum erhellt, in dem sich Parish befindet, wenn er annimmt, dafs das Thal der Stadt Catamarea sich bis Atacama erstreckt, während doch ein so bedeutender, mit Thälern und Gebirgsketten erfüllter Raum dazwischen liegt.“ Ob die Sierren von Ancaste und von Ambato nach Süden hin sich wirklich so verflachen, dafs sie sich in der Wüste verlieren, die zwischen Cördoba und Rioja liegt, wird man bezweifeln dürfen. Wir wissen, dafs auch diese Wüstenei von Bergzügen durchschnitten wird, namentlich im Osten von Simbolar und im Westen von Cienega, unter 30° 20’ südl. Br. und beziehungsweise 68° 35’ und 69° 15’ westl. L. Ist nun die Axe jener Bergketten von Catamarca wirklich genau von Norden nach Süden gerichtet, so könnten diese Hügelreihen der Wüste wohl eine Fortsetzung derselben sein. Vermuthlich ist aber Justo Mae- so’s Angabe correcter, dafs die Gebirgszüge Catamarca’s nach Süd oder Südost streichen, — vielleicht mit einer erheblich stärkern Nei- gung nach Ost, als ich es auf dem Kärtchen dargestellt habe, — und in diesem Falle würde bereits die westliche Hügelkette der Provinz Cordoba (unter 67° 45’ W. L. bei 30° 30' S. Br.) der Sierra von An- caste entsprechen, während die Berge bei Simbolar eine Fortsetzung der Sierra von Ambato sein könnten. Berichte über Reisen von Cör- doba und von Rioja nach Catamarca würden diese Punkte aufklären. Zur Vervollständigung des orographischen Bildes können bei dem gänzlichen Mangel an hypsometrischen Bestimmungen in der Denk- schrift nur noch einige Bemerkungen über das Klima herbeigezogen werden. Da sie für die nördlichen, der Tropenregion näher gerückten Districte eine kühlere Temperatur bezeugen, liefern sie eine Bestätigung für die bereits mitgetheilte Angabe, dafs Thäler wie Gebirge nach Nor- den hin eine beträchtlich zunehmende Bodenerhebung zeigen. Heifs (ardiente) wird das Klima nur in den Ebenen des Departements An- caste genannt, d. h. in den ostwärts von der Sierra gelegenen Land- strichen, die vermittelst der ebenen Theile der Provinz Santiago mit den ausgedehnten Flächen des Gran Chaco zusammenhängen: und das ist vollkommen begreiflich, denn sie sind den glühenden und erschlaf- fenden Nordwinden ausgesetzt, die, nicht gehemmt durch die unbedeu- tende Bodenanschwellung, welche in den Provinzen Chiquitos und Matto Grosso die Wasserscheide zwischen den Quellen des Madeira und To- pajos einerseits und des Paraguay andererseits bildet, aus den Aequa- torial-Gegenden herüber wehen. Aufserdem wird nur noch im Depar- tement del Fuerte das Klima heifs genannt, doch mit dem lehrreichen Zusatze, dafs hier die Hitze des Tages durch eine allnächtlich von der E K: in der argentinischen Conföderation. 1 Sierra de Anconquija wehende frische Brise abgekühlt wird; unter _ dieser Länge macht sich also bereits die Einwirkung der bedeutenden \ Höhen und der kühlen Plateau’s fühlbar, die der Provinz Catamarca im Norden vorgelagert sind. Auf den Gebirgsabhängen in den De- _ partements Ancaste und del Alto ist das Klima trocken und gemäfsigt p (seco y templado), auf den Sierren selbst feucht und frisch (hümedo y _ fresco). Aber in dem nördlichsten aller Departements, in dem von Santa Maria, welches nur zwei Breitengrade von dem Wendekreise entfernt liegt, ist es kalt und trocken (frio y seco) und deshalb ge- sünder, als das von Andalgalä, — woraus hervorgeht, dafs dieses Thal sehr hoch liegt und heilsen Winden unzugänglich ist. „Ein Tag mit- ten im Sommer zeigt hier sehr merklich die klimatische Verschieden- heit der vier Jahreszeiten: von 10 Uhr Morgens bis 2 Uhr Nachmit- _ tags herrscht eine gewöhnliche Sommertemperatur, von 2 bis 9 Uhr ist es herbstlich, von 9 Uhr Abends bis 7 Uhr Morgens winterlich, und von 7 bis 10 Uhr Morgens frühlingsmälsig.* Ob nun ein solches Klima - wirklich für Schwindsüchtige so überaus wohlthätig ist, wie Sgr. Ruzo meint, lassen wir dahingestellt sein; er versichert, dafs die Bewohner von Tucuman das Hochthal deswegen zahlreich besuchen. „Sie keh- ren alle gesund zurück, aber nicht immer mit dankbarem Herzen; denn sie streuen fortwährend den Samen der Verführung aus, dafs das De- partement sich von Catamarca losreilsen möge, und nähren solche treu- lose und aufrührerische Ideen.“ Wir werden die Calamität, die diesen _ politischen Stofsseufzer veranlafste, nicht ausschliefslich dem undank- baren Herzen der Tucumanen zuschreiben können, da sie in der geo- graphischen Lage des Departements eine genügende Erklärung findet: Santa Maria ist, wie wir gesehen haben, für Catamarca ein ultramon- | L $ ) ' tanes Land, dessen Bewohner sowohl durch die Richtung und den Aus- gang des Thales, wie durch den Lauf des Flusses, der ihre Felder be- wässert, auf den Verkehr mit dem Gebiete des oberen Rio Salado hin- gewiesen sind, während nach den Departements von Catamarca nur über Gebirge und durch Wüsteneien elende Strafsen führen, die ohne inminente peligro nicht passirt werden können. Auf die relative Höhe der einzelnen Gebirgsketten wirft die Be- merkung ein Licht, dafs nur auf den Bergen der Departements Santa Maria, Belen und Tinogasta Vieunas und Guanacos gejagt werden, da diese Thiere es nicht lieben, von den höchsten Cordilleren aus der un- mittelbaren Nähe der Schneelinie auf niedrigere Bergzüge herabzustei- gen; auch diese Thatsache bestätigt die Bemerkung, dafs die Gebirge der Provinz im Norden und Westen an Höhe zunehmen. Won dem bedeutendsten Einflufs auf das Schicksal Catamarca’s ist die ungewöhnliche Trockenheit der Luft. Während in der Tropen- 76 Die Provinz Catamarca region, wo die Schneelinie beträchtlich höher als in der Breite Cata- marca’s liegen mülste, der Ostabhang der Andes zahlreiche Quellen entsendet, die sich zu den wasserreichsten Strömen vereinigen; während sich selbst noch in den bolivianisch - argentinischen Grenzprovinzen Ströme von einer so beträchtlichen Entwickelung wie der Pilcomayo, Vermejo und: Salado bilden, zeigt sich südlich vom 25. Breitengrade eine auffallende und verhängnifsvolle Wasserarmuth. Die Gewässer der nordöstlichen Grenzprovinz Tucuman vereinigen sich allerdings noch zum Theil in eine Ader, die aus dem Alpenlande in die Ebene führt; aber ihr Zuflufs ist bereits so spärlich, dafs sie sich bei dem weiten Laufe durch fast horizontale Ebenen erschöpft, ehe sie den Parana er- reicht. Und die Bäche, die von den Bergen Catamarca’s und Rioja’s herabrinnen, sind sämmtlich so dürftig, dafs sie schon nach kurzem Laufe in den Längenthälern versiegen, ohne sich zu vereinigen oder gar das Gebirge zu durchbrechen. Die Ursache wird nicht in dem Relief des Bodens zu suchen sein, da diese Provinzen wenigstens Seen besitzen würden, wenn sie als vollständige Kesselthäler eine Vereini- gung ihrer Gewässer unmöglich machten; sondern in der Trockenheit der Luft, die das Mafs der feuchten Niederschläge auf ein Minimum beschränkt und auf den Gebirgen ungeachtet ihrer beträchtlichen Höhe zur Ansammlung und längeren Aufbewahrung bedeutender Schnee- massen Nichts beiträgt. Auf den Bergen in der Nähe des Come Ca- ballo-Passes, unter 27° 35’, liegt die Grenze des ewigen Schnees nach Gillifs 14,784 engl. Fufs (13,872 Par. Fufs) hoch, nur 948 Par. Fuls niedriger, als unter dem Aequator bei Quito, während sich auf der nördlichen Hemisphäre schon unter dem 19. Breitengrade eine noch etwas grölsere Differenz zeigt. Auch südlich von dem genannten Passe scheint die Schneelinie noch mehrere Breitengrade hindurch fast die- selbe Höhe zu behaupten, wenn es auch zweifelhaft erscheinen mag, ob sie am Vulkan von Peuquenes (unter 33°) zwischen 2270 und 2350 Toisen liegt; am Tupungato (33° 22’) giebt sie Gillifs auf 10,771 Par. Fufs (11,480 engl. Fufs) an; aber von hier zeigt sich ein so beträchtliches Herabsteigen derselben, dafs sie anderthalb Grad süd- licher, am Descabezado, schon unter 8000 Fufls erreicht wird. Und in dieser südlichen Region tritt auch wieder die Bildung beträchtlicherer Ströme ein; die am Tupungato entspringenden dringen schon weit in die Pampas ein, die vom Descabezado rinnenden finden ihren Weg zum Meere. In Chile wächst die Feuchtigkeit nach $. hin in gleicher Weise. ee Da sich nun in Catamarca und Rioja kein Flufs bildet, der diese Staaten mit dem grofsen Stromsysteme verbindet, zu dem sie gehören, und da sich zwischen ihnen und der nahen Küste des stillen Oceans die gewaltige Scheidewand der Cordillere aufthürmt, entbehren sie aller Fe in der argentinischen Conföderation. 27 bequemen Communicationsmittel, die ihr Aufblühen befördern könnten. . Und derselbe Grund, der dieses Uebel hervorrief, lastet auch schwer auf dem Ackerbau, der nur auf den quellenreicheren Gehängen, und _ auch hier nur vermittelst künstlicher Bewässerung möglich ist. In der Ber günstigsten Lage befindet sich noch der nördlichere Theil der - Senkung, die zwischen den Sierren von Ambato und Ancaste liegt und _ durch niedrigere, von N. nach $. laufende Hügelrücken in mehrere Thäler getheilt wird. Sie sind von Bächen durchströmt, die sofort zur Bewässerung der Felder verwerthet werden. Der Bach von Paelin nährt die Landwirthschaft in den noch zum Rectoral gehörigen An- nexen Santa Cruz und Guaicama, während Portezuelo Quellwasser be- sitzt. Valleviejo wird vom Rio del Valle durchflossen, dessen Wasser bereits nahe an seinem Ursprunge in der Schlucht von La Puerta durch zahlreiche Gräben auf die Felder dieser Ortschaft geleitet wird. Der Rio del Tala wird schon nach einem Laufe von 10 Leguas in der Nähe der Hauptstadt durch neun Canäle vollständig erschöpft. Viel übler ist es mit den Landschaften im Westen der Sierra von Ambato bestellt, in denen sich hinsichtlich der Bodenerhebung eine viel gröfsere Einför- migkeit zeigt. Ein Blick auf das Kärtchen lehrt, dafs sich hier die Bevölkerung fast ausschließslich auf die Gebirgsabhänge verwiesen sieht, und macht folgende Bemerkungen Justo Maeso’s über dieses Gebiet an- schaulich: „Das Relief des Bodens in demjenigen Theile der Provinz, der westlich (von dem Thale der Hauptstadt) bis zur Cordillera liegt, besteht aus Gebirgsgehängen (faldas 6 caidas) und darin eingeschnitte- nen Schluchten, und aus ebenen Flächen (Ilanuras) im Thale; diese ‚werden von Nord nach Süd oder Südost durch Gebirgsreihen ge- trennt, die gleichsam Fächer (oder Einsenkungen, cajones) bilden, unter welchem Namen man Thäler versteht. Die Thalfächen sind mit Gebüsch bedeckt. Die Bäche, welche von der Serrania herabfliefsen oder an ihrem Fulse entspringen, dringen nicht weit in die Ebenen r wor, da ihr Wasser von dem sandigen Boden absorbirt wird, so dafs Er die Abhänge der Serranias bevölkert und eultivirt, die zwischen den Gebirgszügen liegenden Landstriche aber wüst und unbebaut sind.“ Das Thal von Belen hat einen gröfseren Bach, der 20 Leguas nördlich von dem Hauptorte des Departements entspringt und auch die Felder von Gualfin und San Fernando bewässert. Ebenso scheint sich die e Bevölkerung von Tinogasta um den bei dem Hauptorte vorbei- menden Bach concentrirt zu haben; er bildet nicht blos für den ekerbau die Lebensader, sondern auch für den Handel, da er, wie rkt, den Ostabhang der Cordillera der Breite nach durchschneidet ' einen Zugang zu ihrem Kamme verstattet. Für die absolute Erhebung der Thäler Catamarea’s über dem .: 78 Die Provinz Catamarca Meeresspiegel fehlt es in der Denkschrift an Angaben, und wir müssen uns deshalb für jetzt damit begnügen, aus den schon anderweitig be- kannt gewordenen hypsometrischen Bestimmungen, namentlich aus den älteren für die Strafse von Buenos Aires nach Bolivia und den Angaben Mac Rae’s für die Strafse von Mendoza nach Rosario, uns eine ungefähre Vorstellung davon zu bilden. Von dem Flufsthale des La Plata und Paranä steigt man auf zwei Stufen zum Fulse der An- des an; die erste enthält die ausgedehnten Tiefländer der Llanos und Pampas, die sich unmittelbar an die genannten Flüsse anlehnen und im Süden eine Erhebung von nicht mehr als 3—500 Fufs besitzen; Esquina de Medrano, wo die Stralse von Rosario nach San Luis den Rio Tercero verläfst, liegt 509 engl. Fufs über dem Meere, im Westen von dieser Station steigt man bei El Tortoral (798 F. hoch) zur zwei- ten Stufe an, die man bei Villa de la Concepeion (33° 6’ 37" 8. Br., 66° 43’ 8’ W.L. von Paris) in einer Höhe von 1532 engl. F. erreicht. Das hier beginnende höhere Stufenland liegt im Süden 1000 — 1200 F. über den angrenzenden Pampas: die niedrigsten Punkte, die Lieut. Mae Rae auf der Strafse von Mendoza bestimmt hat, sind (nächst Villa Concepeion) El Balde 1565 F., El Desaguadero 1648 F., Acorocorto 1726 F., — was ein sehr schwaches Ansteigen nach Westen verräth. Der Ostrand dieser Stufe zieht sich zwischen dem 66. und 67. Längen- grade hin, und die Strafse nach Bolivia, die ihm mehrere Breitengrade hindurch folgt, führt zum Theil durch das Tiefland, zum Theil über die höhere Stufe. Sie geht von der Stadt Cördoba (1558 F. hoch) nordwärts über das Hügelland dieser Provinz, wo sie in San Pedro (2900 F.) ihren höchsten Punkt erreicht, nach Portesuelo (2070 F.) und steigt dann über Ambargasta (1050 F.) wieder in das Tiefland hinab, dessen niedrigste Stelle sie in den Salinen der Wüste von Ambargasta (358 F.) erreicht; von hier geht sie nach Noria (595 F.) an den Rio Dolee und folgt dem Laufe desselben über Santiago nach Tucuman, welche letztere Stadt bereits wieder in einer Gebirgslandschaft, 2490 F. hoch liegt. Die höhere Stufe dehnt sich also ostwärts von der Cordil- lere über sechs Längengrade aus, ist aber keine einförmige Ebene, son- dern von Meridiangebirgen durchschnitten. So führt die Strafse von Mendoza bei San Jos& del Morro über einen Rücken von 3192 engl. F. Erhebung, weiter westwärts am Rio Quinto (2434 engl. F.) und bei San Luis de la Punta (2548 engl. F.) über die südlichen Ausläufer des Gebirgszuges, in welchem, 50 engl. Meilen nördlich von der Stadt, die jetzt fast verlassenen Goldminen La Carolina liegen. Auf der Strafse von Rosario nach Rioja hat man zunächst die beiden Meridiangebirge der Provinz Cördoba, dann die Höhen bei Simbolar und Cienega' zu überschreiten, und zwischen der Stadt Rioja und der Cordillere liegen in der argentinischen Conföderation. 79 _ ebenfalls noch zwei Meridiangebirge, die Sierra Velasco und die Sierra de Famatina. In der Breite der Provinz Catamarca zeigen sich, wie wir gesehen haben, mindestens drei von Norden nach Süden streichende Gebirgszüge, die Sierren von Ambato, von Ancaste und der Serro Ne- - gro; und es bleibt zweifelhaft, ob sich im Osten nicht noch ein vierter Höhenzug befindet, etwa ein Randgebirge, mit dem das Stufenland zum Rio Dolce abfällt. Von diesen Gebirgen scheint nur dasjenige, welches auf der Strafse von Poman nach Tinogasta überschritten wird und hier den Namen Serro Negro führt, sich unmittelbar von der Cordillera ab- zuzweigen, während die andern von den hohen Plateau’s ausgehen, die den westlichen Theil der Provinz Salta ausfüllen. Wir können nun annehmen, dafs das ausgedehnte Stufenland, welches den gröfseren Theil der La Plata-Staaten bildet, wie gegen Westen, so auch gegen Nor- den ein allmähliches Ansteigen zeigt; für die Provinz Catamarca besitzen wir die Versicherung, dafs der Boden derselben sich nach den genann- ten Himmelsgegenden sehr merklich erhebe, und haben-in den klima- : tischen Angaben eine Bestätigung dieser Notiz gefunden. Da nun, wie bemerkt, Tucuman gegen 2500 F. hoch liegt, und die Bodenanschwel- - lung, auf welcher die Stadt gegründet ist, sich kaum mehr als 100 F. _ über das Bett des nahen Rio Sali erheben wird, so glauben wir nicht _ zu hoch zu greifen, wenn wir annehmen, dafs die Thäler Catamarca’s ungefähr 3000 Fufs über dem Meeresspiegel liegen und nach Norden - und Westen bedeutend ansteigen. Das Thal von Santa Maria liegt vollends im Hochgebirge, und die klimatischen Angaben über dasselbe ' lassen eine ungleich beträchtlichere Bodenerhebung vermuthen. ' Bemerkenswerth ist die Analogie zwischen der Bodenanschwellung in den Gegenden, mit denen wir uns hier beschäftigen, und den Districten, die sich in der nördlichen Hemisphäre an die Rocky Mountains anleh- nen. Dort zeigt sich westlich vom Fort Laramie am Plattenfluls bis zu den Wasatsch-Bergen, über mehr als sieben Längengrade, ein nach Westen ansteigendes Plateau von 5— 7000 Fuls Höhe über dem Mee- - resspiegel; hier im Süden lehnt sich an den Ostabhang der Andes eben- falls ein Plateau von gleicher Breite, doch ungleich geringerer Höhe (1500 —3000 F.); aber während dort die hebende Kraft so gleichmäfsig wirkte, dafs die Wasserscheide zwischen den Zuflüssen des Missouri und denen des Colorado kaum erkennbar ist, hat sie im Süden nicht nur mehrere Meridiangebirge, die dem Verkehr erhebliche Hindernisse entgegenstellen, emporgehoben, sondern ihre Wirksamkeit mit solcher Kraft auf die Hebung der Cordillera concentrirt, dafs die Pässe über ‚dieses Gebirge bedeutend höher liegen, als der Gipfel des Fremonts- Peak, des höchsten Punktes der Wind-River-Mountains. In der nörd- ‚liehen Hemisphäre liegt zwischen den Wasatsch-Bergen und der Küsten- 80 J. J. Weilenmann: Cordillera, der Sierra Nevada, ein zweites Plateau von mindestens 4000 Fufs Höhe, das man als ein grofes Längenthal betrachten kann; in der südlichen zeigt sich zwischen der Haupteordillera und dem Kü- stengebirge ebenfalls ein Plateau von 3— 5000 Fufls Höhe, welches, wie A. Petermann a. a. O. hervorgehoben hat, auch „eine longitudi- nale Art von Senkung“ zwischen den beiden Gebirgszügen bildet. Hier wie dort zeigen sich endlich in beträchtlicher Höhe über dem Meeres- spiegel grofse Salzseen und salzgeschwängerte Gründe; der See, an dem die Mormonen sich niedergelassen haben, liegt 3940 Fuls, die Saline von Atacama unter 23° S. Br. über 6900 Fufs, die von Punta Negra unter 24° 15’ S. Br. sogar gegen 8000 Fufs hoch. Auf der südlichen Hemisphäre liegen auch östlich von der Cordillera die ausgedehntesten Salzgründe; auf der nördlichen sind sie weniger be- trächtlich; doch finden wir auch hier zahlreiche Salzflüsse: den Salado, einen Zuflufs des Colorado in Texas, den Salt Fork, Zufluls des Ar- kansas, den Saline und Great Saline, Zuflüsse des Plattenflusses und des Kansas. K.N. (Schlufs folgt.) IV. Besteigung der westlichen Höchsten Spitze des Monte Rosa im August 1859. Von J. J. Weilenmann. Wir waren den 9. August 1855 früh Morgens von Stalden aufge- brochen, wo wir, durch mehrere Erdstöfse aufgeschreckt, eine schlaf- lose unheimliche Nacht zugebracht. Von den Naturschönheiten, die den Wanderer bei hellem Wetter gleich beim Eintritt ins Thal über- raschen sollen, gewahrte man leider Nichts; dichter Nebel verhüllte die höheren Bergregionen bis auf etwa 7000 Fufs hinunter. Die dürf- tig begrasten und auch nur spärlich bewaldeten trockenen Thalgehänge boten dem Auge wenig Erquickendes; überall, am Boden und an Ge- bäulichkeiten zeigten sich Spuren des am 25. Juli stattgehabten ver- heerenden Erdbebens und vermehrten den traurigen Eindruck, den das vielgepriesene Thal auf uns machte. Auch in St. Niclaus hatte das Erdbeben schrecklich gehaust; von einem der beiden Wirthshäuser waren die Mauern und Fufsböden theilweise und das Dach ganz eingestürzt. Besteigung der westlichen Höchsten Spitze des Monte Rosa. 1 Die Gäste wurden in einem hölzernen Hause gegenüber, das nicht ge- litten, empfangen. Hinter St. Nielaus wird das Thal weiter und freund- _ lieher. Grüne Matten erquicken das Auge und wechseln mit Wald. f, > ‚Es war etwa 10 Uhr, als wir Zermatt, auf hübschem Wiesengrunde _ zerstreut, erreichten. Wir gingen bei dem grofsen, am Anfange des Dorfes gelegenen Gasthofe vorbei und nahmen Quartier bei Herrn Sai- ler, Besitzer des ehemals unansehnlichen, jetzt bedeutend erweiterten Wirthshauses in der Nähe der Kirche. Das Hötel auf dem Riffel, wel- ches man hier ganz deutlich sieht, gehört ebenfalls ihm; sein Bruder und seine Schwester besorgen die Wirthschaft oben. Sie telegraphiren _ sich gegenseitig durch verabredete Zeichen, wenn oben Etwas verlangt wird, oder von unten Reisende in mehr als gewöhnlicher Zahl im An- zuge sind. Auf Herrn Sailer’s Anrathen und in der Hofinung, der Nebel möchte gegen Nachmittag sich zertheilen, unternahmen wir so- gleich einen Ausflug auf das 3 Stunden von Zermatt südwestlich ge- _ legene Hörnli oder Hürnli, dessen schwarze mit vier Steinmannli ge- _ krönte Spitze sehr deutlich, aber wenig einladend auf dem düstern neblichten Hintergrunde emporragte. Es ist der geeignetste Punkt, um das Matterhorn, das noch weiter südwestlich liegt, in der Nähe zu sehen; aber als wir auf ihm angelangt waren, hatten sich die Nebel immer näher um uns zusammengezogen und benahmen uns jede Aus- sicht. Wir schlugen den Rückweg über den Zmutt - Gletscher. ein; einige kleine Schneefelder an der Westseite des Hörnli boten Gelegen- heit, hinunter zu gleiten. Unser Führer war entzückt über meine Fer- tigkeit darin und meinte, es mülste, so weit er uns kenne, nicht schwer ‚halten, mit uns den Monte Rosa zu besteigen. Er hatte es dabei auf _ mein Fernrohr abgesehen, womit er so eben am jenseitigen Abhange des Zmutt-Thales Schafe entdeckt und sogar das Zeichen auf ihrem Rücken erkannt hatte. Es stach ihm sehr in die Augen. Er meinte, es wäre gut auf der Jagd zu brauchen, erkundigte sich angelegentlich mach dem Preise, falls mir dasselbe feil wäre, und erbot sich, uns da- für in Begleitung eines zweiten Führers auf den Monte Rosa zu ge- leiten. Er hatte dabei Johannes zum Taugwald im Auge, er selbst x war nie oben gewesen. Obschon ich zu diesem Handel bereit war, _ weil das Fernrohr mich nicht ganz befriedigte, schien uns unser Füh- _ rer dem Unternehmen nicht gewachsen zu sein; auch gefiel mir sein ; ommiren nicht und wir unterliefsen einstweilen, auf seinen Vor- einzugehen. Am folgenden Morgen, der einen schönen Tag verkündete, fanden Yir im Hausflur Peter zum Taugwald, der unser Vorhaben, den Monte tosa zu besteigen, gewittert haben mochte; er drängte sich uns nicht uf und erweckte sofort unser Vertrauen, wurde uns auch von Herrn - Zeitschr, f. allg. Erdk. Neue Folge. Bd. I. 6 an 82 vo, wma Sailer anempfohlen. Johannes zum Taugwald hatte sich auf Veran- lassung unseres gestrigen Führers eingefunden und ist ein bewährter Führer. Wir hatten Ursache, mit Beiden zufrieden zu sein. Es wurde beschlossen, Peter gleich mit zu nehmen; Johannes sollte, wenn das Wetter schön bliebe, am Abend nachkommen. | Die Sonne stand schon ziemlich hoch, als wir von Zermatt nach | dem Riffelhötel aufbrachen, das vor zwei Jahren am Rande des Riffel- plateau’s erbaut ist. Man wird hier besonders dureh den Anblick des Matterhorns gefesselt, dieser anziehendsten aller mir bekannten Gebirgs- | formen. Es zeigt sich von hier aus ganz frei und isolirt, weithin die | Gegend dominirend, und erhebt sich gegen 4000 Fufs in schlanker Py- ramide über seine etwa 10,000 Fufs hohe Basis. An seinen schwar- zen Seiten bleibt kaum ein wenig Schnee haften, nur die noch nie er- klommene Spitze trägt eine kleine Sehneemütze. Die südöstlich vom Matterhorn sich erhebende Gebirgskette war durch den höheren Theil des Riffel verdeckt. Aus unserem Zimmer im Hötel genossen wir eine reizende Aussicht auf das tief unter uns liegende Zermatt-Thal und auf die von schneeigen Hörnern und Gletschern starrenden Gebirgs- züge, welche dasselbe im Westen und Osten begrenzen. Jenseits der Ausmündung des Visper-Thales ins Rhone-Thal, am nördlichen Ho- rizont, erhoben sich das Breithorn und andere Berge im Lötsch-Thale, an der Grenze des Cantons Bern. Wir bestiegen an diesem Tage das Riffelhorn, das von den Tou- risten selten besucht wird, obgleich das Panorama, das man von. ihm erblickt, die Mühe der Unternehmung reichlich belohnt. Mich fesselte besonders die imposante Masse des gerade gegenüber schroff aus Glet- schern emporstarrenden Breithorns; an den Abhängen, die sich von seinem strahlenden Firnrücken nach dem Gornergletscher hinuntersen- ken, wechseln schwarzer Fels und Gletscher aufs Zierlichste ab. Alle vor uns aufgethürmten Formen, das weithin isolirte Matterhorn, der kleine Mont Cervin, die Zwillinge oder Castor und Pollux, der Lys- Kamm und der Monte Rosa haben ihren besonderen Charakter. Ein passenderer Name als Zwillinge oder Castor und Pollux hätte den öst- lich vom Breithorn traulich beisammenstehenden graciösen Schneekup- pen, deren blendendes Weifs nirgends von Fels getrübt wird, kaum gegeben werden können. Der Lys-Kamm, wieder eine grandiosere- Masse, schliefst die Reihe auf würdige Weise. Der Monte Rosa, vom Jetzteren durch ein weites, hohes Firnplateau getrennt, steht mehr iso- lirt und erscheint weniger imposant, als Breithorn und Matterhorn weil er entfernter ist und auf der westlichen Seite nur ganz allmählich zu seiner bedeutenden Höhe sich erhebt. Von allen diesen Höhen AN Besteigung der westlichen Höchsten Spitze des Monte Rosa. 83 "stürzen Gletscher in das Thal uns zu Fülsen, und bilden vereint den grolsen Gorner-Gletscher. © Um des uns durch den höheren Theil des Riffel verdeckten Saas- _ grates ansichtig zu werden und eine noch ausgedehntere und etwas veränderte Uebersicht auf die uns umgebende Gebirgswelt zu bekom- men, stiegen wir wieder auf die Rothe Kumme hinunter und wandten uns dem nach Osten ansteigenden Gornergrat zu. Ein sehr begange- ner Pfad brachte uns bald zu dem Punkte, der das Hauptziel der Tou- risten und noch höher als das Riffelhorn ist. Leider lagerten schon Wolken auf dem Saasgrate und den anderen nördlich gelegenen Höhen. Nur die Hauptpartie vom Monte Rosa bis zum Matterhorn und Weils- horn lag noch immer schön vor uns, und diese zu bewundern kann man in der That kaum satt werden. Selbst in dieser bedeutenden Höhe ist noch nicht alles Leben erstorben; die kahlen Felsen waren hie und da mit einem Pflänzchen geschmückt; Geum reptans blühte sehr üppig. Vögel hüpften auf den Felsblöcken herum; am Rande des 'Sehnees, der auf der östlichen Fortsetzung des Grates lag, sahen wir ‘Spuren von Füchsen und Murmelthieren. Ich kenne keine gleich be- ‚deutende Höhe der Schweiz, der so leicht beizukommen ist, wo man, ohne einen Schweilstropfen zu vergielsen, auf dem Rücken eines Pfer- ‚des 9000 Fufs hoch gelangen und so ruhig und sicher die Aussicht geniefsen kann. Den Rückweg nach dem Riffel-Hötel schlugen wir "über die Guglen ein, eine Erhöhung am nördlichen Rande des Riffels. Da das Wetter am nächsten Morgen für eine gröfsere Excursion nicht geeignet schien, gingen wir nochmals nach dem Gornergrat und ‚liefsen uns, obgleich wir nüchtern waren und uns nicht mit Proviant versehen hatten, verlocken, dem Hochthäligrat bis zum Stockhorn zu folgen, die einladend vor uns lagen. Die Partie ist ganz leicht zu _ machen; der Grat ist zuerst mit Schnee bedeckt, nachher, wo er ge- gen das Stoekhorn ansteigt, kommen über einander geworfene Fels- blöcke vor, die leicht zu überschreiten sind. Auf dem Gipfel des Stock- ‚horns fanden wir in der That die wundervolle Rundsicht, die wir uns ochen hatten. Das Stockhorn ist das östliche Ende und der ‚höchste Theil des Riffels; es zieht sich von demselben ein Firnrücken noch weiter östlich der Cima di Jazzi zu, verflacht sich aber in dem yeiten Firnplateau, das sich zwischen dem „Nordende“, der Cima di zzi und dem Strahlhorn ausdehnt. Auf der nördlichen Abdachung lieses Firnrückens senkt sich der Findelen-Gletscher gegen Zermatt unter, auf der südlichen der Gorner-Gletscher, den Riffel fast bis a seinem Fulse enge umschliefsend. Die Cima di Jazzi erhebt sieh rdlich vom „Nordende*, der nördlichsten Spitze des Monte Rosa, 6” 84 J. J. Weilenmann: 2 und ist von demselben durch den Weilsthorpafs getrennt, über welchen früher ein Pfad nach Macugnaga führte, der jetzt nicht mehr begangen wird. Sie erscheint hier als harmloser abgerundeter Schneegipfel, birgt aber gegen Osten schauerliche, 7000’ tiefe Abgründe. Das Nordende, in hohen steilen Felswänden .emporstarrend, dominirt majestätisch die hehre Gletscherwelt. Vom Saasgrat sahen wir nur das Strahlhorn und das Rimpfisch-Horn; die höhern Mischabel-Hörner, deren eines, das Täschhorn, 14032’ hoch, der höchste Gipfel der innern Schweiz ist, waren zum Theil in Wolken gehüllt. Das Stockhorn ist nach Nord, Ost und Süd und zum Theil auch gegen West von stundenweiten Glet- schern und Firnfeldern umgeben, deren Weifls nirgends von Fels un- terbrochen wird. — Befriedigt von unserer improvisirten Tour schlugen wir, den Hochthäli- und Gorner-Grat links lassend, über lange Schnee- hänge den kürzesten Weg nach dem Hötel ein, das wir um 41 Uhr höchst abgemattet erreichten. Nachmittags verdüsterte sich der Himmel vollkommen und ent- sandte gegen Abend strömende Regengüsse. Der nächste Tag, ein Sonntag, war zu einer Expedition nicht günstig. Lange Weile trieb mich oft nach dem ebenen Platze vor der Wirthshausthüre, wo ich mich nach den Wolken umschaute. Da sah ich zuweilen, wenn ringsum Nebel und Wolken lagen, weit oben, in schwindelnder Höhe, wo man nur Himmel wähnte, plötzlich die Spitze des Matter-Horns emportau- chen. So überraschend war die Erscheinung, dafs ich zuerst glaubte, mich zu täuschen, obschon sie mit der gänzlichen Abwesenheit ver- mittelnder Massen zwischen mir und der Spitze, die den Maafsstab zur Beurtheilung der Höhe hätten geben können, leicht zu erklären war. — Der von Hrn. Bucher und mir projeetirten Monte Rosa-Partie hatte sich unterdessen ein deutscher Archivrath angeschlossen, der, wie wir auf dem Riffel ankamen, schon etwa 8 Tage oben war. Er zählte wenigstens 50 Jahre; seine langen Beine (eine Zierde, die auch bei uns sehr entwickelt ist) liefsen auf einen guten Fulsgänger schliefsen; aber sein kurzes Gesicht hatte ihn schon in manche üble Verlegenheit geführt, wie er denn noch vor Kurzem auf dem Wege von Zermatt auf den Riffel, den man bequem ohne Führer zurücklegen kann, im Walde vollkommen verirrt war. Diese und andere Unfälle, die ihm zugestolsen, machten mich etwas stutzen und ich schlug vor, aulser den beiden Führern noch einen jungen Burschen mitzunehmen, dessen besondere Aufgabe wäre, sich desjenigen anzunehmen, dem etwas be- gegnen sollte, und allenfalls mit ihm zurückzukehren, damit die An- deren unbehindert ihr Ziel verfolgen konnten. Freilich nützte uns dann der junge Bursche, dessen Wahl wir unseren Führern überliefsen, nicht ® H & Besteigung der westlichen Höchsten Spitze des Monte Rosa. s5 im geringsten, indem er eher der Hülfe bedurfte, als dafs er anderen solehe hätte leisten können. " Nachmittags langten unsere Führer an, obschon keine Aussicht _ auf besser Wetter vorhanden war. Am Montag Morgen sah der Him- mel trübe aus, den ganzen Nachmittag und Abends bis 9 Uhr regnete es unaufhörlich, so dafs Niemand ernstlich an eine Monte Rosa- Be- steigung dachte. Ohne die geringste Vorbereitung getroffen zu haben, hatten wir uns einem langen köstlichen Schlafe hingegeben, und ich war sogar ungehalten, als es Morgens um 34 Uhr an der Thüre pochte und Peter eintrat, um uns anzukünden, dafs es gutes Wetter gebe. Ich _ hätte mich zu gerne wieder aufs Ohr gelegt. Als wir zum Fenster hinaussahen, schien uns, als ob am finstern Wolkenhimmel, der nur hie und da einen Stern durchblinken liefs, verzweifelt wenig Anzeichen zu einem schönen Tag wären. Unsere Führer glaubten aber aus ei- ner gewissen Helle, welche über der Ausmündung des Visperthales ins Rhonethal sich zeigte, sicher auf gutes Wetter schlielsen zu dür- fen; schon gestern Abend hatten sie oft nach jener Gegend gespäht. — Mir wollte es gar nicht einleuchten, bei so zweifelhaftem Wetter die Reise zu unternehmen; da aber die übrige Gesellschaft dafür war, mulste ich mich darein fügen. Es galt nun uns möglichst zu beeilen, da der Morgen schon sehr vorgerückt war. Um 54 Uhr erst brachen wir auf. Unsere Gesell- schaft bestand aus Hrn. Bucher von Regensburg, dem Hrn. Archiv- ' rath, mir und drei Führern. Hrn. B. hatte ich 8 Tage vorher, ganz | zufällig, in Viesch im Rhonethal getroffen, von wo aus wir zusamınen das Aetischhorn am Aletschgletscher bestiegen und auch den Viescher- _ gletscher besucht hatten. Ich hatte ihn als ausdauernden Bergsteiger _ und charmanten Reisegefährten kennen und schätzen gelernt. Es schlos- sen sich ferner uns an zwei junge Engländer mit ihren beiden Füh- rern, von denen keiner auf dem Monte Rosa gewesen; es waren Führer, _ wie man sie überall findet; der eine schien ein ganz ordentlicher Bur- P sche zu sein; der andere, der sich schon in Städten herumgetrieben | _ haben mochte und etwas französisch parlirte, wollte mir nicht gefallen. Sie schlossen sich nur an, weil sie ohne unsere Führer nicht hinauf- gekommen wären. Die Engländer selber hatten mit uns kein Wort ‚deswegen gesprochen, es war lediglich Arrangement der Führer unter ich; — möglich, dafs die unseren ihren Vortheil dabei fanden. Wir waren also 10 Personen, und davon war einzig Johannes zum Taug- wald einige Wochen vorher mit den Herren Smyth aus Great Yar- vuth auf dem obersten Theile des Kammes der Höchsten Spitze ge- esen. Ob den Herren Smyth, ihnen oder einem andern der Führer, e sie hatten, das Verdienst zukömmt, den Weg aufgefunden zu ha- 86 J. J. Weilenmann: ben, auf welchem sie zuerst jenen obersten Theil erreichten, weils ich nicht, In ihrem im Jahre 1854 erschienenen Werke, „Neue Untersuchun- gen über die physikalische Geographie und die Geologie der Alpen,‘ resumiren die Herren Schlagintweit die bis damals gemachten Versuche zur Besteigung des Monte Rosa, wie folgt: „Die ersten Versuche zur Besteigung des Monte Rosa wurden von der Südseite aus gemacht. Die Herren Vincent und Zumstein, Herr v. Welden u. s. w. gelangten da- mals auf die Vincent-Pyramide, Ludwigshöhe und Zumsteinspitze. Die Höchste Spitze konnte von der Südseite bisher nicht erreicht werden. Theils verhinderten dieses ihre grofse Entfernung von den bewohnten Orten, aber noch mehr die Schwierigkeiten, welche das Terrain zwi- schen der Zumsteinspitze und der Höchsten Spitze entgegenstellt. Von der Walliser Seite, von Zermatt aus, machten 1847 die Herren Ordi- naire und Puiseux aus Besangon den ersten Versuch. Sie gelangten bis auf die Einsattelung zwischen dem Nordende und der Höchsten Spitze, 346’ unter der letztern. Dieselbe Stelle erreichten auch im Jahre 1848 Hr. Ulrich, und 1849 die Herren Ulrich und Studer. Im Jahre 1848 sind ihre Führer Madutz und Mathias zum Taugwald von dem Sattel bis zur Spitze hinaufgestiegen, nämlich auf jene gegen Osten gelegene Erhöhung des Felsenkammes; es ist dieses derselbe Punkt, welchen auch wir (im J. 1851) bestiegen haben.“ ?) Im Jahre 1854 erreichten die Herren Smyth, vom Sattel zwischen dem Nordende und der Höchsten Spitze, ebenfalls jene östliche Erhö- hung des Kammes. Im Jahre 1855 versuchten sie eine zweite Bestei- gung; statt aber wieder dem benannten Sattel sich zuzuwenden, über- schritten sie den Gornergletscher in seiner ganzen Breite, stiegen zu den Felsplatten „in der Schwärze* und schlugen in südöstlicher Rich- tung, über Schneefelder, den bisher noch nicht versuchten Weg nach dem Felsenkamme ein, welcher von Westen auf den obersten Theil der Höchsten Spitze führt; — den Kamm überkletternd, erreichten sie diesen, vorher nie betretenen, obersten Theil derselben. Jene im Jahre vorher erklommene, nach den Herren Schlagintweit 22’ niedrigere Er- höhung, hatten sie nun im Osten unter sich. Von einem Stock und daran gebundenem Hemde, den sie dort zwischen Steine aufgepflanzt, war nichts mehr zu sehen, nur der Steinhaufe war geblieben. Uns führte der Weg zuerst bei den kleinen Seen am Fufse des Riffelhorns vorbei, nach der rothen Kumme. Dort wandten wir uns links dem Abhange der Gornergrates zu, wo ein betretener Pfad uns fast eben fort an den Rand des Gornergletschers brachte, den wir bis- !) 8. Zeitschrift für Erdkunde Bd. 1: 8. 368. Besteigung der westlichen Höchsten Spitze des Monte Rosa. 87 her zur Rechten unter uns hatten. Er wurde etwas weiter unten als der von den Herren Schlagintweit auf ihrer Karte bezeichnete Rück- weg überschritten, und der kleine Gornersee, den wir in keinem Falle sehen konnten, weil er zu tief lag, etwas links gelassen. Die Herren Schlagintweit schlugen von ihrem Nachtlager in den Gadmen (das Rif- fellıötel bestand noch nicht) eine südöstliche Richtung über den Gor- ner- und Gornerhorngletscher ein, um zu dem bewulfsten Sattel zu _ gelangen Die Herren Ulrich und Studer mit Madutz und zum Taug- _ wald überschritten den Gornergletscher in südlicher Richtung, bis zur - Stelle, wo der ganz kleine Gornersee liegt, der zuweilen ganz ausge- laufen ist. Sie fanden in zwei auf einander folgenden Jahren keine Spur davon. Von der Gufierwand „ob dem See“ gelangten sie über den Gornerhorngletscher auf den Sattel. 4 . Der Gornergletscher war, wo wir ihn überschritten, ganz eben _ und leicht zu begehen. Es kamen keine weiten Spalten vor, dagegen einige breite Bäche, welche übersetzt werden mulfsten. Von seiner he Grofsartigkeit kann man sich erst einen Begriff machen, wenn man mitten ‚darauf ist. Obschon wir schnell darüberhin gingen, brauchten wir 14 Stunden, um ans jenseitige Ufer zum Fufse der Felsplatten zu gelangen, die von den Herren Schlagintweit „in der Schwärze“ be- nannt werden und einige hundert Fuls über dem Gletscherniveau lie- gen mögen? Auf Studer’s Karte heifst diese, nördlich vom Gipfel des _ Lyskammes gelegene Stelle „auf der Platte“, während die Herren _ Schlagintweit eine nördlich von den Zwillingen sich befindliche Stelle so nennen, die dagegen von Hrn. Studer „Schwärzberg“ benannt wird. F. Man ist hier im Herzen einer unendlich wilden und erhabenen Ge- _ birgswelt. Das Wetter gestaltete sich immer besser. Alles Ueberflüs- _ sige wurde hier zurückgelassen. Nachdem wir etwas gerastet und uns zu der jetzt ernster werdenden Reise gestärkt hatten, betraten wir das Anfangs nur sehr allmälig ansteigende Schneefeld. Erz gefallenen, ganz staubigen Schnees wegen mühsam zu begehen. Jo- - hannes und Peter zum Taugwald hatten den ermüdendsten Posten; — ie gingen abwechselnd voran und geriethen zuweilen mit dem einen [s in eine verdeckte Spalte. Wir anderen, die ihnen einer hinter dem andern folgten, hatten schon etwas bessern Pfad. Die einen tru- ‚gen. blaue oder grüne Schleier, die anderen grüne Brillen, ich beides zusammen. Um die Augen möglichst zu schonen, liefs man sie auf lem dunkeln Rücken seines Vormannes ruhen, wozu man übrigens 88 J. J. Weilenmann: ohnedies fast genöthigt war. Nach und nach ging es steiler hinan. Links hatten wir den Gornerhorngletscher, welcher zwischen dem Nord- ende und der Höchsten Spitze entspringt, mit seinem Chaos von Eis- würfeln und geborstenen Abhängen; in der Tiefe zur Rechten den Monte Rosa- Gletscher, der dem weiten Firnmeere entströmt, das zwi- schen der Höchsten Spitze, Zumsteinspitze, Signalkuppe, Parrotspitze und dem Lyskamme sich ausdehnt. Der Weg über den Gornerhorn- gletscher nach dem Sattel mufs schwieriger und mühsamer sein, als derjenige bis zum Grate, den wir gingen; es bedarf dort gewils viel Umsicht, um in dem Wirrwarr von Eiswürfeln und Schrunden sich zurecht zu finden. Die Schneefelder, welche wir überschritten, boten keine Schwierigkeiten, nur mufste man die Richtung des Grates, des- sen Anfang man, ausgedehnter Erhöhungen und Vertiefungen wegen, meist nicht sehen konnte, wohl im Auge behalten. Die Engländer und der Hr. Archivrath waren schlecht beschuht (letzterer trug dünnsohlige, kaum ein wenig mit kleinen Stiftchen benagelte Stiefeln) und glitten zuweilen einen Schritt zurück, was für die dicht auf ihren Fersen Fol- genden sehr unangenehm war. Gesprochen wurde fast gar nicht; man hatte genug zu thun um bei Athem zu bleiben, obschon alle 10 bis 20 Schritte Halt gemacht wurde. Je mehr man dem Anfange des Gra- tes sich näherte, desto steiler wurden die Schneehänge. Der letzte Schneerücken, den man zu erklimmen hat, war so abschüssig und hart, dafs eine halbe Stunde weit Tritte mit dem Beile eingehauen werden mulsten; eine mühsame Arbeit, die aber dennoch schneller von statten ging, als ich erwartete. — Hier verlor einer der Engländer seinen Schleier, der leicht über den steilen Hang hinunterglitt; — da ich einer der Hintersten war, vermochte ich denselben mit meinem langen Stabe aufzufangen und glaubte, es wäre ein Anlafs, mit dem Engländer an- zubinden, denn bisher hatten wir mit Beiden kein Wort gewechselt. Sie blieben aber nach wie vor, und während der ganzen Tour stumm wie die Fische! Oben am Schneerücken angelangt, befanden wir uns zum ersten Male seit dem Halt auf den Felsplatten wieder auf Gestein, und nach- dem noch ein kurzes Schneefeld überschritten worden, war der höch- ste felsige Grat erreicht. Wir mochten jetzt schon kaum weniger als 14,000’ hoch sein. Wir hatten von „in der Schwärze“ bis hieher 3 Stunden gebraucht und obschon die letzte Hälfte dieser Strecke äu- (serst ermüdend war, so war doch keiner zurückgeblieben, alle hatten die gleiche Ausdauer gezeigt. Dafs die Engländer, welche am wenig- sten an solche Partien gewöhnt sein mufsten, sich so wacker halten würden, hatte ich nicht erwartet. Bisher hatten wir selten Sonne ge- habt; ich hatte von dem feinstaubigen Schnee eiskalte Fülse bekommen, u; \ | | Besteigung der westlichen Höchsten Spitze des Monte Rosa. 89 Unvorsichtiger Weise hatte ich mich nicht mit wollenen Strümpfen ver- sehen, wovon ein Paar mich wärmer gehalten hätte, als die 3 Paare baumwollene und leinene, die ich über einander angezogen. Ich war ‚daher froh, endlich voll von der Sonne beschienen zu werden. — Nach- dem wir etwas geruht, athmeten wir vollkommen so leicht wie in der Ebene; nur das anhaltende Steigen hatte uns erschöpft, nicht die dünne Luft. Diese Ermüdung verspürt man an bedeutend niedrigeren Ber- gen, wo lange, etwas erweichte Schneefelder zu erklimmen sind, in ganz gleichem Grade. Wer sich hiervon recht schlagend zu überzeu- gen wünscht, braucht nur in einem schneereichen Frühling, wenn die Abhänge bis zur Thalsohle hinunter mit Schnee bedeckt sind, einen Berg von 7 bis 8000’ Höhe zu ersteigen. Hier, am Anfange des Gra- tes, war es einem der Engländer, die mit den Herren Smyth im Juli diesen Weg gemacht, vor Mattigkeit unwohl geworden. Er lag be- wulstlos da und war dem Erstarren nahe; — da brachten sie ihn an eine vom Winde geschützte Stelle, zogen ihm Schuhe und Strümpfe aus und rieben ihm Hände und Füfse mit Schnee, bis er wieder zu sich kam. Ich glaube nicht, dafs einer von uns eine Anwandlung von Unwohlsein verspürte. — An derselben Stelle wurde eine letzte Rast gemacht und der Proviant noch einmal vorgenommen. — Nun schickte man sich zum letzten, gefährlichsten Theile der Reise an. Es fand sich, dafs man noch verschiedenes nicht durchaus Nothwendiges zu- rücklassen konnte. Schleier und Brillen wurden beseitigt, denn es handelte sich jeden Tritt, den man auf dem verwitterten Grate that, vorher zu prüfen und ein offenes Auge zu haben. Zu beiden Seiten, gegen Nord und Süd, gähnten fast senkrecht abfallende Schneewände, aus welchen hie und da spitze Felsen hervorragten. Das Ueberklim- men des Grates ist ohnedem schwierig und war es jetzt, des neugefal- lenen Schnees wegen, und weil, wo die Sonne hinschien, das verwit- terte Gestein aufthaute und unter Händen und Füfsen wich, noch viel mehr. Man wufste kaum wohin man, ohne auszugleiten, den Fufs stellen durfte. Einer der Engländer von Hrn. Smyth’s Gesellschaft, Hr. Birbeck von Leeds, der im Jahre 1854 auf dem Montblanc war, versichert, dafs bei dessen Besteigung nirgends Schwierigkeiten vor- kommen, welche mit denen auf diesem Grate zu vergleichen wären. — Auf dessen Südseite war es warm und sonnig; auf der Nordseite aber, wo die Felsen, wenn kein Schnee haftete, zuweilen mit einer dünnen Eiskruste überzogen waren, empfindlich kalt. Klammerte man sich hier mit der vom Schnee nassen Hand an, so blieb sie augenblicklich kleben. Hr. Bucher, dem Anfangs etwas vor Schwindel gebangt, ge- wöhnte sich bald an den Blick in die Tiefe. Die Engländer waren äufserst unvorsichtig; sie schienen unsere precäre Lage nicht einzu- 90 J. J. Weilenmann: sehen; die Führer durften sie nie aus den Augen lassen und hatten ihre liebe ‚Noth mit ihnen. Mir war eine vor wenigen Wochen. be- standene Rutschpartie, von der ich noch verschiedene Spuren trug und die weit schlechter hätte enden können, in. zu lebhafter Erinnerung, als dafs ich mich. nicht gröfster Vorsicht beflissen hätte. Steigungen gab es nur noch unbedeutende; die Lungen wurden wenig mehr in Anspruch genommen, dennoch fühlten wir uns, als wir nach beinahe dreistündigem ununterbrochenen Klettern am Fulse der Spitze uns be- fanden, welche den höchsten Theil des Kammes bildet, vom beständi- gen Kriechen, Anklammern, Ducken und Aufpassen so abgemattet, dafs wir beinahe am Hinaufkommen verzweifelt hätten, als wir die Schwie- rigkeiten ermalsen, die uns noch bevorstanden, um den nur etwa 20’ hohen, schroff uns überragenden Gipfel zu erreichen. — Hier ging dem Hrn. Archivrath, der mit seinem kurzen Gesicht keine solche Touren unternehmen sollte, bei einer ungeschickten Bewegung die Schulter aus- einander. Nach langem vergeblichen Stofsen und Ziehen gelang es unserem zweiten Führer Peter (einem starken bäumigen Burschen), sie ihm wieder einzurichten, zu unserer allgemeinen Befriedigung, denn wir wären mit dem hülflosen Archivrath, der übrigens schon, seitdem das Klettern begonnen, eine recht. klägliche Rolle spielte, auf dem schmalen Grate in nicht geringer Verlegenheit gewesen. Zum Danke für die gelungene Operation wurde dem Peter von uns das Doctor- diplom ertheilt und er von nun an mit dem errungenen Ehrentitel be- nannt. Der Herr Archivrath bewies ihm aufserdem seine Erkenntlich- keit auf eine ihn vielleicht noch mehr ansprechende Weise. Bis zum Fufse des höchsten Gipfels waren es jetzt vielleicht noch 10 Fuls. Der Grat wurde plötzlich ganz schmal und war höchstens noch einen Fuls breit; der darauf haftende Schnee bildete eine scharfe Kante, die aber nicht hart war. Johannes ging zuerst aufrecht hinüber, die Schnee- kante niedertretend. Es bangte uns für ihn, als er sich dann auf schmalen Felsbändern um die südliche Wand der höchsten Kuppe her- umwand, um zu versuchen, ob von dieser Seite hinauf zu kommen sei. So viel ich mich erinnere, sagte er, er sei mit dem Herrn Smyth dort hinaufgekommen. Er hielt es jetzt des Schnees wegen nieht für thun- lich und wandte sich auf die Nordseite, wo er uns für einige Augen- blicke verschwand, kam jedoch mit der Nachricht zurück, es sei dort hinauf zu kommen. Ich passirte die kurze Strecke des schmalen 'Gra- tes mit angehaltenem Athem und nicht ohne Schauern ebenfalls auf- recht und Johannes kam mir auf der anderen Seite mit ausgestreckter Hand entgegen. Rittlings hinüber zu rutschen wäre, glaube ich, noch weniger angegangen. Peter kam nun auch herüber, die Uebrigen war- teten auf der anderen Seite, weil hier zu wenig Raum war. Es galt Besteigung der westlichen Höchsten Spitze des Monte Rosa. 9 nun, über eine glatte, beeiste Felsplatte, welche auf die Schneewand ausgeht, die jäh nach dem Gornerhorngletscher abfällt, eine fast senk- rechte Runse zu erreichen, welche direct auf die Spitze führt. Sie ist von Nord, Süd und Ost eingeschlossen; nicht weit von ihrer Ausmün- dung auf die Spitze stand eine Felsplatte vor, welche das Hinaufkom- men erschwerte. Peter half zuerst Johannes hinauf, dann mir über den glatten Felsen zur Runse. Man befand sich hier ganz im Schat- ten; es war grimmig kalt und unheimlich. Nun warf mir Johannes einen langen Strick zu, den ich um’s rechte Handgelenk wand, und zog mich, zum Theil schwebend, hinauf. Ich erreichte mit den Knieen den vorstehenden Stein, Johannes bot mir die Hand, zog mich an sich, und mit wenigen Schritten hatte ich die oberste Kuppe der Höchsten Spitze erreicht, was ich, hoch erfreut, der nachfolgenden Gesellschaft, so gut es nämlich nach den ausgestandenen Mühen ging, durch Jauch- zen kund that. Die Anderen kamen alle nach und nach auch hinauf, selbst der Herr Archivrath, den man, den Strick um den Leib gebun- den, hinaufgehisst hatte. Es war 14 Uhr; wir hatten demnach vom Riffelhötel, das etwa 7000 Fufs hoch liegt, 8 Stunden gebraucht. Der Himmel über uns war ganz rein und sonnig, die Temperatur ange- nehm. Die nächste Umgebung lag in prachtvoller Reinheit, im strah- lendsten Glanze vor uns. Der Blick auf das im Süden, einige Tau- send Fufs unter uns ausgebreitete flimmernde Firnmeer und auf den Gornerhorngletscher, der im Norden von dem etwa 350 Fufs unmittel- bar unter uns liegenden Sattel zu Thale geht, um mit dem Weifsthor- und Monte Rosagletscher den Anfang zum Gornergletscher zu bilden, war wundervoll. Der Monte Rosa besteht aus einem gewaltigen, sich gleichmäfsig erhebenden Gebirgskamm, welcher mit dem Nordende, der nördlichsten Spitze, beginnt, bis zur Signalkuppe eine südsüdöstliche Richtung nimmt, dann nach Südwest sich zieht und mit dem Balmen- horn endigt. Demselben entsteigt eine Reihe gigantischer verwitterter Hörner, die einander an Höhe fast gleichkommen. Die 4 nördlichen Spitzen, das Nordende (14,153 Fufs hoch), die Höchste Spitze, auch Gornerhorn genannt, wo wir waren (14,284 Fuls), die Zumsteinspitze (14,064 F.) und die Signalkuppe (14,044 F.), runden sich mit der Cima di Jazzi, nördlich vom Nordende, in ihrem steilen, theilweise mit Glet- schern behangenen Absturze, zum schauerlichen Krater aus, der den Hintergrund des Macugnagathales bildet. Die Parrotspitze (13,668 F.), die Vincentpyramide (13,003 F.), die Ludwigshöhe (13,350 F.), das _ Schwarzhorn (13,220 F.), das Balmenhorn (13,070 F.) entheben sich jenem Theile des Kammes, welcher von der Signalkuppe nach Südwest _ sich zieht. Von unserem Standpunkte aus erschienen die Zumstein- spitze, Signalkuppe, Parrotspitze und Vincentpyramide, welche am öst- 92 J. J. Weilenmann: lichen Rande des uns zu Fülsen liegenden Firnplateau’s sich erheben, als ganz unbedeutende Höhen, obgleich sie noch einige tausend Fuls über dem letztern emporragen mögen. Im Nordosten, 9000 Fuls unter uns, sahen wir Macugnaga auf grünen Matten liegen und dazwischen die Anza wie einen Silberfaden zu uns emporschimmern; der untere Theil dieses reizenden Thales, das wir zwei Tage später mit einem Beige- schmack tropischer Hitze seiner ganzen Länge nach durchpilgerten, war uns durch Nebel verborgen. Die Gebirgskette im Westen, vom Lys- kamm bis zum kleinen Mont Cervin, lag auffallend tiefer als wir. Das Matterhorn kam uns fast gleich an Höhe und ragte immer noch ge- bietend über seine Umgebung empor. Noch weiter im Westen, etwa 18 Stunden von uns entfernt, thronte in einsamer Majestät der Mont- blanc. Er erhob sich ganz isolirt und unbeeinträchtigt von den ihn umgebenden, hier nicht oder kaum bemerkbaren Höhen als mächtiger Dom weit über den Horizont empor und zeichnete sich durch seine stärkere gelbröthliche Färbung vor den näheren Gipfeln aus. Die Dent blanche, das Weilshorn, die zackigen Mischabelhörner und andere Spitzen des Saasgrates, sowie das nähere scharfkantige Nordende, la- gen in vollkommener Klarheit vor uns. Am nördlichen Horizonte rag- ten einige der höchsten Gipfel der Berner Kette, die Jungfrau, das Finsteraarhorn und die Schreckhörner, aus dem compaeten Nebel her- vor, der Thäler und Schluchten rings um uns her bis zur Höhe von 7 — 10,000 Fuls erfüllte. Das Becken des Gornergletschers und der Thalgrund von Macugnaga waren die einzigen sichtbaren Thäler; letz- teres war die tiefste von Nebel freie Stelle und der einzige grüne Fleck im ganzen weiten Panorama. Ueber den Ebenen Piemonts und der Lombardei wogte ein endloses, in seiner Einförmigkeit grolsartiges Nebelmeer. Mit demselben fast verschwimmend schien im entferntesten Osten etwas Weilses hervorzutreten, wahrscheinlich der Ortles. Die Aussicht war demnach nicht vollkommen befriedigend. Der grofßse Knäuel von Kämmen und Spitzen mittlerer Höhe, der sich hier oben bei ganz hellem Wetter vor dem Schauenden entwirren muls, lag im Nebel verborgen, nur die höchsten Gipfel ragten gleich Inseln in wei- ten Entfernungen von einander darüber empor. Eine gröfsere Einsicht in die umliegenden piemontesischen und Walliser Thäler wird man selbst ohne Nebel kaum haben, der hohe weite Vordergrund, der einen überall, nur gegen Macugnaga nicht, umgiebt, muls dieselbe benehmen. Auf der Spitze, wo wir waren, lag mehr als fulstiefer, staubiger Schnee, der sich nicht treten liefs und sehr kalt machte. Sie dacht sich etwas gegen Süden ab, ist aber nur so breit, dafs höchstens drei Personen gedrängt hinter einander Platz haben. Wir durften nur sehr behutsam uns bewegen. Aufser anderem losen Gestein fanden wir Besteigung der westlichen Höchsten Spitze des Monte Rosa. 95 dieht am Rande der Wand, welche senkrecht gegen Norden abstürzt, ein ganz kleines Steinmannli, das nur wenig über den Schnee hervor- ragte. Darin entdeckten wir zu unserer nicht geringen Freude ein Couvert mit dem Namen des Herrn Smyth, und in demselben breite rothe und schwarze Seidenbänder, wovon wir einige Stücke abschnitten. Ich nahm auch etwas vom Gestein mit, der Glimmerschiefer ist. Wir liefsen unsere Namen ebenfalls auf Papier zurück. Solche Papierstrei- fen, gut unter einem Steine geborgen, wo Nässe nicht zukommt, kön- nen sich Jahre lang erhalten. Meine Finger waren vom langen Halte am Fufse der höchsten Kuppe und in der schattigen Runse so kalt, dafs ich kaum schreiben konnte. Die Sonne schien warm, dennoch war es bei totalem Mangel an Bewegung kaum möglich, sich zu er- wärmen. Würde man hier von Nebel überrascht, oder träte nur für einige Zeit eine Wolke vor die Sonne, so mülste es vor Kälte geradezu nicht auszuhalten sein. Die Luft war ganz still und es war uns ver- gönnt, während einer vollen halben Stunde die entferntere und nächste Umgebung mit aller Mufse zu betrachten. Wir befanden uns beinahe am östlichen Ende des Grates und do- minirten vollkommen die ganz kurze Fortsetzung desselben nach Osten hin, sowie auch den höchsten Theil des Kammes, den wir so eben überklettert. Ob von unserem Standpunkte auf den unter uns liegen- den östlichen Kamm zu gelangen sei, wo die Herren Schlagintweit bei ihrem ersten Versuch, Herr Smyth und wahrscheinlich auch Madutz und Mathias zum Taugwald gewesen waren, untersuchten wir nicht. Wir waren zufrieden, den obersten Theil der Höchsten Spitze erreicht zu haben, auch hätte es uns die karg zugemessene Zeit nicht gestattet. Aus diesen mifslungenen Versuchen geübter Kletterer läfst sich jedoch fast abnehmen, dafs von dem östlichen Grate nicht auf die westliche, höhere Spitze zu kommen sei. Vom Sattel zwischen dem Nordende und der Höchsten Spitze aus gesehen schien den Herren Ulrich und Schlagintweit der oberste Theil des Kammes aus zwei Erhöhungen oder kleinen Spitzen zu bestehen. Von ihrem Standpunkte aus mochte der östliche Theil des Grates, den wir unter uns hatten, und die etwas mehr westliche höhere Kuppe, auf welcher wir waren, beinahe gleich hoch erscheinen. Nachdem dann die Herren Schlagintweit den östlichen Grat erklommen, fanden sie jedoch, dafs die mehr westliche Spitze 22 Fufs höher war; ein paar Einzahnungen und die allgemeine Steilheit verhinderten sie, bis dort- hin vorzugehen. Wenn nun Madutz und zum Taugwald, selbst nach- _ dem sie auf dem Kamme waren, noch aussagen, dessen höchster Theil bestehe aus zwei gleich hohen Gipfeln, durch einen Eissattel mit ein- ander verbunden, so beruht dies auf Täuschung. Eben so wenig ent- 94 I. J. Weilenmann: spricht die Beschreibung jenes Theiles des Kammes, wo sie waren, der wirklichen Beschaffenheit des höchsten Gipfels, und es läfst sich daher annehmen, sie seien nur auf dem 22 Fuls niedrigeren östlichen Kamme gewesen. Eine genaue Orientirung war übrigens unter den ungünsti- gen Umständen ihres Aufenthalts dort oben kaum denkbar und Täu- schung leicht möglich. Da wir noch vor Einbruch der Nacht den Gornergletscher zu passiren hatten, war es hohe Zeit, aufzubrechen. Ich trennte mich nur ungern von der erhabenen Scene und stand allein noch oben, als die Uebrigen, mit Ausnahme von Johannes zum Taugwald, schon alle die Runse hinuntergestiegen und zum Theile wieder auf dem Grate angelangt waren. Ich liefs mich am Seile hinunter, das Johannes hielt; meine rechte Hand, zu der ich den Handschuh verloren, war so er- starrt und gefühllos, dafs sie das Gewicht des Körpers kaum mehr zu tragen vermochte. Der Rückweg über den Grat ging glücklich, aber fast eben so langsam von Statten, wie Morgens. Der Herr Archivrath hatte zur Vorsicht immer noch das Seil um den Leib gebunden und wurde von Peter daran geführt. Die obersten steilen Schneehänge, obschon nun seit Stunden der Sonne ausgesetzt, waren noch gefroren. Wir hatten wieder, und zwar nun mit den Absätzen, in die eingehaue- nen Tritte zu treten, und mufsten sehr behutsam gehen, um nicht aus- zugleiten. Als wir die weniger abschüssigen Schneefelder erreicht, fing es an, wärmer und behaglicher zu werden; man durfte ohne Gefahr sich wieder etwas vergessen und um sich schauen. Die Strahlung war so intensiv, dafs wir Brille und Schleier wieder hervornehmen mufsten. Da ich mit Johannes den Vortrab bildete, band er mir, der hie und da vorkommenden Schründe wegen, das Seil um den Leib. Der auf- thauende Schnee machte das Gehen äufserst beschwerlich. Ich hatte mich gefreut, über einige lange Schneefelder hinuntergleiten zu können, es wollte aber nicht recht gehen, selbst sitzend kam ich kaum vor- wärts. Je mehr man sich dem ersten Haltepunkte „in der Schwärze* und dem Fufse des Lyskammes, der Zwillinge und des Breithornes näherte, um so riesiger wuchsen diese Gebirgscolosse vor uns, um so üppiger prangten sie in der Abendbeleuchtung. Ihre Zinnen und Ab- hänge strahlten in nie geahnter Pracht und Glanzesfülle auf dem Azur des klaren Himmels. Es war ein herrlicher, über die Maafsen grofs- artiger Anblick; nur Schade, dafs man sich der Augen wegen nicht ganz dem Genusse desselben hinzugeben wagen durfte. Trotz aller Vorsicht spürte ich bereits die Wirkung der starken Strahlung. Die dunkeln Felsplatten boten uns, seit Stunden nur von blendenden Scehnee- feldern umgeben, sehr wohlthuende Abwechslung. Man sah jetzt den kleinen weilsgrün gefärbten Gornersee etwas nördlich, in einer Ver- Besteigung der westlichen Höchsten Spitze des Monte Rosa. 9; tiefung und an der Stelle, die ihm auf den Karten angewiesen ist. Leider mufsten wir, indem wir den Gornergletscher überschritten, der prächtigen Gruppe vom Monte Rosa bis zum Breithorn, die in den Strahlenfluthen der sich neigenden Sonne von Minute zu Minute schö- ner wurde, für einige Zeit den Rücken wenden. Auf dem Gletscher hatte sich seit dem Morgen, wo noch Alles gefroren war, ein reges Leben entwickelt. Ueberall murmelten, von der Sonne ihrer Fesseln entledigt, kleine und gröfsere Bäche, die hie und da in ihrem beeilten Laufe Cascaden bildeten oder sich mit lautem Getöse plötzlich durch eine Spalte in’s Innere des Gletschers stürzten. Etwa in der Mitte desselben fanden wir ein Häufchen gebleichter Knochen, welche Kopf und Hörnern nach, von welchen letzteren nur der innere knochige Theil übrig war, einer Gemse gehört hatten. Wir waren dem rechten Ufer nicht mehr fern, als plötzlich der eine Engländer vor unseren Augen verschwand. Jesus Maria! schrie Peter entsetzt und stürzte ihm mit Johannes nach. In einem Nu hatten sie den Graben, in welchen er gefallen, knieend überspreizt; er war eben im Begriff, vom schnell da- hineilenden Wasser weggetragen zu werden, als sie ihn an Armen und Kleidern erwischten und aufs Trockene brachten. Wir hatten ihn im ersten Augenblicke des Schreckens in gröfserer Gefahr geglaubt; zwar hätte es ihm übel genug ergehen können, wenn unsere beiden wackeren Führer nicht so schnell bei der Hand gewesen wären. Der Bach, in welchen er gefallen, ergofs sich in geringer Entfernung in einen der 38 bis 40 Fufs weiten, ziemlich tiefen, mit Wasser gefüllten Trichter, deren es hie und da auf dem Gletscher giebt. Er war etwa 4 Fufs tief, der Boden und die Seiten, von eigenthümlichem Grün, begreiflich sehr glatt, so dafs das Wasser, obschon kaum mehr als einen Fuls tief, mit Schnelligkeit dahinschofs. Der Engländer, sowie er hinunter- glitt, lag auch sogleich der Länge nach im Bache, fand am glatten Eise nirgends Halt, und wäre wahrscheinlich dem Wassertrichter zu- geführt worden, wo es vielleicht nicht leicht gewesen wäre, ihn heraus- - zufischen. Dafs ihm, der in Gummischuhen den Gletscher überschritt, - so etwas begegnen konnte, darf nicht wundern. Diese Leute kennen eben die Gefahren solcher Gebirgspartien nicht, an den Führern aber, die hierzu da sind, wäre es, sie darauf aufmerksam zu machen, und * z. B. eine solche Fufsbekleidung nicht zuzulassen. Wie wir über die Felsplatten hinuntergingen, war derselbe Engländer im Begriffe, kopf- über auf die Nase zu fallen, wurde aber von einem der Führer am _ Rockscholse erwischt. Ob er die ganze Tour in Gummischuhen machte, weils ich nicht. Ich fand nachher einen der fatalen Schuhe am Ab- _ hange des Gornergrates, wo die Engländer uns vorangeeilt waren. Einmal wieder an diesem Abhange auf Terra firma angekommen, 96 Miscellen : waren wir geborgen und brauchten nicht mehr zu eilen. Wir genossen mit aller Mufse das wundervolle Schauspiel, das uns jetzt zu Theil wurde und zum Schlusse wohl den erhabensten Genufs des an Ge- nüssen so reichen Tages bot. Die Sonne überfluthete mit ihren letz- ten Gluthen die stolzen Häupter und eisigen Gehänge des Breithorns, der Zwillinge und des Lyskammes. Den Monte Rosa, der vermöge seiner Stellung der untergehenden Sonne ein viel weiteres und fast schattenloses Schneegewand weist, mufs man bei dieser Beleuchtung gesehen haben, wo er an Glorie seine bescheideneren Nachbarn weit überstrahlt. Ein erhabnerer Anblick als diese Reihenfolge tiefgeröthe- ter Schneemassen läfst sich kaum denken, und dazu die feierliche Ruhe, die lautlose, geheimnilsvolle Stille, die ringsum herrschte! Ich ver- mochte kaum, mich von dem herrlichen Bilde loszumachen, und mufste mich immer und immer wieder danach umwenden; ich suchte mir es tief einzuprägen und werde es wohl nimmer vergessen. Den Weg, welchen wir an den Abhängen des Monte Rosa ge- macht, konnten wir mit blofsem Auge selbst in dieser Entfernung noch bis weit hinauf, wo die gefrorenen Schneehänge begannen, verfolgen. Als wir von der rothen Kumme einen letzten Blick zurückwarfen, "hatte sich das Bild, wenige Augenblicke zuvor noch von Leben und Wärme erglühend, in dasjenige des Todes und der Erstarrung umgewandelt. Die riesigen Formen schimmerten nur noch wie verklärte Geisterge- stalten in bleichem Lichte uns entgegen. Miscellen. Ueber die geographische Verbreitung des Tigers (Felis tigris). Nach J. F. Brandt, Akademiker in St. Petersburg: Untersuchungen über die Ver- breitung des Tigers und seine Beziehungen zur Menschheit. Sendschreiben an Herrn Baron A. v. Humboldt. St. Petersburg 1856. 4. Eine Mittheilung in der Sitzung der geographischen Gesellschaft zu Berlin am 5. Juli von C. Ritter. Zu den früheren Versuchen ') von Nachweisen über das Löwen- und Tiger- Land auf der Erde giebt der Verfasser eine vollständig ausgearbeitete Monographie, aus der wir hier nur Einiges von allgemeinstem Interesse hervorzuheben versuchen. ?) A. v. Humboldt, über den Löwenjäger J. Gerard: Allgemeine Erdkunde Th. VI. 1836. Bd. IV. 2. Abth. S. 688 — 723: über das Löwen- und Tigerland. Ueber die geographische Verbreitung des Tigers. 97 "Nach einer historischen Angabe über Verbreitung S. 1—9, über speeielle geo- graphische Ausbreitung S. 9—31, geht der Verfasser im dritten Abschnitt zu all- gemeinen Folgerungen in Beziehung auf Vergangenheit und Gegenwart über. Wie dem Löwen in Afrika und in einem namhaften Theile von West-Asien die Obergewalt über alle wilde Thiere seines Bezirks nicht abzustreiten, sagt er, so ist auch der Tiger der ausschliefsliche Beherrscher der Thiere des gröfsten Theiles von Ost- und Südost-Asien. Beide Thierkönige begegnen sich wohl einmal auf ihren _ Grenzgebieten Beludschistan, Iran, Kurdistan und den Indus-Landschaften, blei- _ ben sonst aber in gegenseitiger respectvoller Entfernung. Das nördlichste gegen _ die polare Seite hin vorkommende Gebiet des Tigers ist die Süd- und Südwest- _ küste des kaspischen Meeres, Ghilan und Mazenderan, nordwärts bis zum Ili und _ dem Balchasch-See, am Tarym, auch östlich vom Saisan-See am Irtysch und im A Süden des Altai. Ostwärts in der Mandschurei ist er noch häufig bis Korea und in den einsamen Thälern an der chinesischen Grenzmauer. Von da an erstreckt sich sein Gebiet südwärts durch Vorder- und Hinter-Indien, über Sumatra und Java, wo er seine eigentliche Aequatorialgrenze erreicht. Von seinen Westgren- zen, vom Indus und Oxus, macht er Streifzüge gegen Westen bis zum Aralsee und nach Baku am ÖOstfufse des Kaukasus, in die Kirgisensteppe und zum mitt- leren Irtysch. In Hinterindien so gut wie in Vorderindien ist seine Heimath, _ Aber im mittleren und östlichen cultivirten China, auf Ceylon und in einem Theile Vorderindiens ist er ausgerottet. ; In den Gebirgen von Tibet und Nepal steigt er auch hoch hinauf bis zur Schnmeegrenze und begegnet dort den Polarthieren noch eher, als an den Nord- - grenzen der Mandschurei und Mongolei, wo er selbst öfter Rennthiere, Luchse und andere Thiere überfallen kann, die man Halb-Polarthiere nennen darf, im x Gegensatz zu Eisfüchsen, Eisbären etc. als Ganz-Polarthieren, denen er nie- _ mals begegnet. Im Himalaya-Gebirge steigt der Tiger bis zu 9000 Fufs auf. Da dieses grofse Raubthier in Central-Asien so weit gegen den Norden bis in die nordischen hohen Heimatgebiete, welche früher wilde Pferde und wilde Kameele herbergten, sich verbreitet, so vermuthet der Verfasser, dafs der Tiger mit eine Hauptursache des Verschwindens dieser Thiere aus dem asiatischen Steppenlande und der Verkümmerung der dortigen nördlichen Fauna gewesen sein _ möge. Grofse Naturereignisse haben auf Veränderung der Verbreitung der Pflan- zensphäre, wie der Verbreitung der Thierwelt, mächtig eingewirkt, und sie öfter us allgemeiner Verbreitung auf blos insulares Vorkommen eingeschränkt, wie dies bei dem Luchs, der wilden Katze, dem Biber, dem Wolf und dem Bären der Fall ist. Aber auch der Culturfortschritt der Menschen trat zur Sicherung ihrer Hausthiere im Kriege gegen die Raubthiere hervor. Dadurch ist auch der Tiger zwar schon auf eine beschränktere, aber noch keineswegs kleine Tigerinsel con- eentrirt. Aus dem Kaukasus, Mingrelien und Georgien war er nach Chardin und üldenstedt schon seit dem vorigen Jahrhundert verdrängt; aus Armenien, das e Römer noch vorzugsweise das Tigerland nannten, hat er sich gänzlich zurück- ogen; in Babylonien, wo er zu 'Diodors Zeiten am Euphrat noch heimisch war, wird er nicht mehr gesehen; aus Ceylon ist. er ganz verschwunden, wie auch ıs Kaschmir nach v. Hügel’s Berichten. Den dicht behaarten, im gefrorenen Boden Sibiriens gefundenen colossalen Zeitschr. f. allg. Erdk. Neue Folge. Bd. I. 7 98 Miscellen: Mammuththieren und Nashörmern, denen nach Brandt’s anatomischen Untersu- chungen selbst Tannennadeln als Nahrung genügten (die also für nördliche Kli- mate geschaffen waren), ebenso mehreren Ur-Rinderarten, Riesenhirschen, wilden Pferden und Kameelen der mittelasiatischen antiken Fauna, konnten ihre einsti- gen Beherrscher nicht fehlen, um ihrer zu grofsen Vermehrung Schranken zu setzen. Dazu war der Tiger in jenen hohen nördlichen Breiten als biegsamster, schlauester und kräftigster Wächter der nordischen Fauna eingesetzt, der den dor- tigen vernichtenden Einflüssen auf andere Thierarten durch seine Zähigkeit und Energie leichten Widerstand leisten und sich auch, wenn es Noth that, aus den südlichen Verbreitungszonen rekrutiren konnte, was jenen mehr polaren Colossen, die in höherem Grade durch Nahrung und Lebensweise an den Norden Asiens gefesselt blieben, versagt war. Viele der untergegangenen nördlichen Thiercolosse, massiger und weniger schnellfüfsig als die Thiere des südlicheren Asiens, viel- leicht auch stupider, konnten bei ihrem schmackhaften Nahrungsstoffe dem Tiger- könige wenig Widerstand leisten. Ein Theil der Mammuthe und der büschel- haarigen Nashörner des nördlichen Sibiriens scheint dort im Herbstschlamme ver- sunken, dann durch plötzlich eingetretene Kälte eingefroren und mit wiederholten Schlammlagen bedeckt worden zu sein, ohne wieder aufthauen zu können. Solche Individuen sind es, welche die Lena, Wilui und andere Flüsse durch Fortspülung des darüber gelagerten Erdreichs dem Forscherblicke der Neuzeit zugänglich machen. Sehr wahrscheinlich hat auch die grofse Zahl der den asiatischen Norden durchziehenden wilden Völkerschaften, wovon eine die andere aus ihren Heimat- sitzen verdrängte, während ihres vorherrschenden Jägerlebens nicht wenig Antheil an jener Verkümmerung der nord- und mittelasiatischen Fauna gehabt. Die geographische Verbteitung des Tigers war bedingt durch die Verbreitung der colossalen Thiere der Pflanzenfresser; mit deren Aussterben oder Verkümme- rung mufste auch die Sphäre der Tigerverbreitung sich verändern und verrücken. Der Tiger an der Spitze des Katzengeschlechts war wie dieses durch seine Fähig- keit, in allen Temperaturen zu existiren, auch am wenigsten auf eine bestimmte engere physikalische Sphäre eingeschränkt, wie manche andere Thierarten. Er kann Nässe und Trockenheit, eisige Kälte auf den Himalayagipfeln und tropische Hitze unter dem Aequator vertragen. Die Tigerzone läfst sich daher in keine isotherme Zone vegetabilischer Verhältnisse einschliefsen. Er gehört deshalb zu den Geschlechtern der Fauna, welche Brandt polyklinische (vielbeugige) nennt, die sich verschiedenen Temperaturen anbequemen. Zu seinen Gefährten unter den Thieren, die ihn in die verschiedenen Zonen begleiten können, also mit ihm nur eine polyklinische Gruppe ausmachen, welche den extremen Gruppen der tropischen Zone eben so wenig ausschliefslich angehört, als einer Gruppe der Fauna der temperirten Zone, — zu diesen Begleitern des Tigers zählt der Ver- fasser vorzüglich den Fuchs, den Wolf, den braunen Bär, die Fischotter, den Luchs, den Hermelin, den Dachs, die Eichhornarten und kleine Nagethiere, wie auch gewisse Classen von Vögeln, Amphibien und Fischen. Hierauf geht Dr. Brandt auf das Verhältnifs der Thiere, zumal des Tigers und anderer grofsen Raubthiere, zum Menschen und zu den Völkern über. Hier zeigt sich, dafs die Völker Europa’s, Asiens und Afrika’s zur Abwehr und Ver- tilgung der stärksten Raubthiere von jeher einen namhafteren Aufwand von Kraft Ueber die geographische Verbreitung des Tigers. 99 und Intelligenz brauchten, als die nur von kleineren und schwächeren Raubthie- ren bedrohten Urbewohner des amerikanischen Continents; deshalb waren jene auch früher als diese genöthigt, zum eigenen Schutze wie zum Schutze ihrer Hausthiere in einen siegreichen Kampf gegen die Raubthiere zu treten und auf Mittel zur Vertilgung ihrer gefräfsigen Gegner zu sinnen. Thaten sie dies nicht oder hielt sie ein Aberglaube, wie bei einzelnen Völkern Inner-Dekans, Hinter- Indiens und Sumatra’s, davon zurück, so hatten sie keinen Antheil am Herrscher- . reiche der freien Menschen über die Thierwelt. Wo die Raubbestien, wie bei den Aegyptern, Kleinasiaten und Griecheu die Löwen, schon in sehr frühen Zei- - ten vertilgt wurden, hatten die Völker auch schon sehr früh ihre geistigen Kräfte _ geübt und sich zu höherer Intelligenz erhoben. Der Kampf mit der rohen thie- rischen Kraft war eins der ersten beachtungswerthen Bildungsmittel in den Ur- zeiten der Menschheit, die grofsen Raubbestien waren eine Wohlthat für das Menschengeschlecht. Wo dieser Kampf gänzlich fehlte, wie auf den australischen - Inselgruppen oder dem australischen Continente, wo kein gröfseres Raubthier " existirt, oder im afrikanischen Negerlande, wo der Mensch ihnen unterlegen blieb, R oder in den amerikanischen Wildnissen, wo nur schwächere Raubthiere leichter E besiegen waren, da fehlte auch dieses Bildungsmittel der Urzeit. Die Intelli- _ genz jener Völker blieb längere Zeit in ihrer Emiedrigung zurück. Die Centralsitze der Stammeltern der Kelten, Griechen, Germanen, Slaven, j Iranier und des Sanskritvolks waren Baktrien und das hohe westliche Iran, wo _ auch bei den nördlichen Semitenstämmen der Araber Heerdenwirthschaft zum. € Kampfe gegen die Raubthiere und zum Schutz der Heerden aufforderte. Mit die- _ sen Ursitzen des arischen Stammes fällt die natürliche Verbreitungssphäre des 9 Tigers zusammen. Aber die nach Westen wandernden Völker kamen bald aus derselben heraus, wie z. B. die germanischen, nach Europa fortschreitenden, und ni die Erinnerung an den grausamsten Erbfeind der Urzeit verschwand daher gänz- \ lich aus ihrer Sage und behielt kein Denkmal in ihrer Sprache. Tiger ist ein medisch -iranischer Name, den erst die Griechen von den Ost- f völkern angenommen haben und der sich von ihnen weiter zu den Westvölkern verbreitete. # In Iran war er einheimisch, er hiefs „der Pfeilschnelle“. Bei den Iraniern blieb das Tigerbild im Wappen ein Emblem der Macht. Da bei diesem Volke noch ein zweiter Kämpe, der Löwe, zu dem Kampfe gegen den Tiger hinzukam, so wurden Beide zu Bezeichnungen der höchsten Macht und Königswürde des im - Kampfe mit ihnen so ritterlich und frühzeitig entwickelten Volks der Iranier und Perser erhoben, wie alle Königsbilder zu Persepolis und Ninive beweisen. Das Sanskritvolk trennte sich, wie die Sprachforscher gezeigt haben, viel später von der gemeinsamen baktrischen und hoch-arischen Heimat, als die Kel- ten und Griechen und selbst als die Germanen und Slaven von den Iranern aus Kabul und dem Pendschab, und wanderte erst später in das heilige Brahmanenland, ordindien, ein. Daher trat bei ihm, wo sich am Indus Tiger und Löwe begegne- n, auch der Kampf gegen Beide auf. Beide Thiergestalten spielten in der in- dischen älteren Literatur, wie in der reich ausgebildeten Fabelwelt und Heroen- zeit eine bedeutende Rolle, der Tiger auch in den ältesten sanskritischen Veda- gedichten, wie der Löwe, die also beide in den Ursitzen des Sanskritvolkes ein- lin 100 Miscellen: heimisch gewesen sein müssen, ehe das letztere in das heifse südlichere Indien einzog, wo der Schreeken des Donnergebrülles des Löwen der alten Poesie in der modern-indischen Poesie erstirbt, weil dort der Löwe vertilgt ist, während der Schrecken des Tigers in der modern-indischen Literatur bleibt, wo er dann nicht, wie der Löwe, als edler Herr der Thierwelt hervortritt, sondern im Gegen- satz zu ihm als grimmiger, grausamer Rathgeber und Menschenwürger, den sich daher auch Tippo Saib und mancher andere indische Sultan oder Nabob zu’ sei- nem Thronwappen erkor. Bei den schwächsten und feigsten der südlich-indischen Hindustämme, wie bei den äthiopischen Schwarzen, dem tamulischen Stamme und verwandten, die sich niemals der Uebermacht der grimmigen Tigerwelt ganz erwehren konnten, schlug der Schreeken vor dem grausamen Raubthiere durch den Aberglauben in den scheinbar beruhigenden Volkswahn um, der Tiger sei die Metempsychose von Ur- und Grofsvater, oder ein Vetter (Mamu ist die gewöhnliche Anrede an den- selben in der Noth), ein verwandelter Bruder des von ihm Verfolgten, was als leidiger Trost in der Todesgefahr der Seele des Geängstigten noch Halt einflöfsen konnte gegen das unvermeidliche Uebel, zerfleischt zu werden. Ebenso besteht der abergläubische Volkswahn in Rajastan, der Tiger sei die Incarnation eines mächtigen Raja. Dieser nachtheilige Wahn ist ein grofses Hindermifs des Kampfes gegen den Tiger bei diesen Völkern gewesen und bis heute geblieben, indem sich dieselben noch immer unter dessen Oberherrschaft beugen, ohne auf seine Ver- . tilgung auszugehen. Die Hindumütter bringen daher auch zuweilen ihre eigenen Kinder dem Tiger zum Opfer dar, wie ehemals in Vorderasien dem Moloch. In dem Osten Asiens hat der Tiger den entschiedensten Eindruck auf die chinesischen Völker gemacht, die durch ihr ganzes Ländergebiet mit ihm eine ursprüngliche Heimat theilen mufsten, aber den ehrenhaftesten Sieg über dieses wildeste Raubthier davon trugen. Die Erinnerung an diesen furchtbaren Erbfeind hat sich in vielen ihrer Einrichtungen aus der Urzeit erhalten. In ihrer Schrift- sprache hat der Tiger ein eigenes Zeichen, das als Schlüssel zu vielen anderen Sprachzeichen dient, also in die früheste Culturperiode zurückreicht. In ihrer Zeitrechnung ist das Tigerjahr eins der zwölf Jahre des chronologisch sich wie- derholenden Cycelus. Der Tigerkopf bildet den Kopf ihres grofsen Drachen, der alle Sonnen- und Mondfinsternisse in Bewegung und das ganze Reich noch in Trauer und Angst versetzt. Die Physiognomie des Tigers wiederholt sich oft auf das Gräulichste in den Gesichtsbildungen mehrerer ihrer Götzen und Heroen. Der Prototyp ihrer Wappen und ganzen Heraldik ist das Tigerbild. Die Sticke- rei mit den Tiger- und Drachengestalten ist den kaiserlichen Gewändern vorbe- halten, aber die Phantasie der Chinesen gebraucht diese Bilder zu jeder Art von Kunsterzeugnissen. Sie sind die Triumphzeichen ihrer errungenen Civilisation über die Thierwelt, ihre allgemeinen Trophäen, denn aus ihren Culturprovinzen ist der grofse Würger vertilgt. Bei allen verwandten Völkern der Nachbarschaft, den Mongolen, Mandschuren, Koreanern, Siamesen, Cambodschen, Birmanen spielt der Tiger eine ähnliche Rolle, wie bei den Chinesen, aber diese Völker sind ihm zum Theil noch unterthan geblieben. Griechen und Römern wurde der Tiger erst seit Alexanders des Macedoniers Eroberungen in Indien bekannt. Algerien: Schweizer-Colonien; Schulstatistik. Geschichte des Caplandes. 101 Sehweizer-Colonien im Thale von Setif. Seit einigen Jahren besteht ein auf Actien gegründeter Colonisations-Verein, weleher unter dem Schutze des französischen Gouvernements eine Anzahl Schwei- zer-Colonien in der fruchtbaren Umgebung, von Setif in der Provinz Constantine angelegt hat, über deren erfreuliches Gedeihen Herr Blaser im April-Heft der Revue de Orient vom Jahre 1856 einen detaillirten Bericht abgestattet hat. Bis jetzt sind 5 Colonien in der Nähe von Setif begründet worden: nämlich Arnat, seit dem Jahre 1853 von Familien aus den Cantonen Wallis, Genf, Aargau und Bern bewohnt, und gegenwärtig die bevölkertste der Niederlassungen, mit einer Kirche, einem Pfarr- und Schulhause; sodann Bouhira, schon grofsen Theils von Colonisten besetzt, Mahouar und Messaoud, bis jetzt noch ‚mit wenigen Ansied- lern, endlich Ouricia, kaum vollendet und erst wenig bebaut. Für den Preis von 2500 Fr. erwirbt der Ansiedler ein Haus mit 55 Posen Acker, Berner Mals. Der Boden ist fruchtbar und besteht aus Ackerland und Wiesen, welche durch zahl- reiche Quellen bewässert werden. Freilich ist die ganze Medjana holzarm, doch liefern die die Ebene umgebenden Gebirge einen Ueberfluls an Cedermn- und Eichenholz, welches den Colonisten unentgeltlich von den kaiserlichen Forstbe- amten überlassen wird, so dafs dieselben nur die Transportkosten zu tragen ha- ben. Die Aussichten für den Landmann sind durchaus günstig, und die in An- griff genommenen Verbindungsstrafsen von Setif mit den übrigen Hauptpunkten Algeriens dürften von nicht geringem Nutzen für den Absatz der in den Colo- _ nien gewonnenen Cerealien sein, ai Er Schul-Statistik von Algerien. Die Provinz Algerien zählte im Jahre 1848 115 europäische Volksschulen (Enseignement primaire), nämlich 71 Knaben- und 44 Mädchenschulen, nebst 10 Salles d’asile mit 3,858 Knaben und 4,250 Mädchen. Im Jahre 1855 hatte sich die Zahl der Volksschulen bis auf 178 Knaben- und 119 Mädchenschulen, nebst 67 Salles d’asile vermehrt, welche von 10,672 Knaben und 8,986 Mädchen besucht wurden. Von höheren Schulen (Enseignement secondaire) existirte im Jahre 1848 nur das College zu Algier mit 167 Schülern. Im Jahre 1855 gab es aulserdem noch in Algier ein Lyceum mit 333 Schülern, sowie ähnliche In- _stitute zu Bona, Mostaganem, Oran und Philippeville errichtet waren. Auch wa- _ ren zwei Privatinstitute von 120 Schülern besucht. Arabisch-französische Volks- schulen sind zu Algier, Mostaganem, Bona und Constantine, mit 400 Schülern. - Israelitisch-französische Communalschulen sind in Algier, Mostaganem, Bona, Constantine und Oran mit 474 Schülern und Schülerinnen. (Revue de P’Orient. 1856. Avril.) Zers Geschichte des Caplandes. Von D. Moodie, einem einheimischen Bewohner der Colonie Natal, wur- den seit dem Jahre 1840 die Archive der Cap-Colonie und der Natal-Colonie 102 Miscellen: bis zum Jahre 1795 durchgearbeitet, um Annalen einer Cap-Historie zu schrei- ben, die bis dahin noch nicht existirte. Er setzte diese Arbeit bis in die neue- ste Zeit fort, ohne die Unterstützung der Regierung zur Herausgabe zu erlangen, die aber gegenwärtig auf Subseription in der Capstadt unter dem Titel: „Cape Records from 1652 — 1795 by D. Moodie“, 2000 Seiten in Octavformat, Sub- script. bei A. S. Robertson, Cape Town, angekündigt ist. Diese Ankündigung ist begleitet von einem Briefe des Dr. J. Bleek an D. Moodie, d. d. Pieter-Ma- ritzburg, 3. Nov. 1855, worin er einige Bemerkungen über die Wichtigkeit die- ser Arbeit aus Original- Urkunden der Cape Records macht und D. Moodie in- sonderheit hinsichtlich seiner Ansicht über die Buschmänner beipflichtet. „Ihre Nachrichten“, heifst es in dem Schreiben, „sind für die Charakteristik der Hot- tentotten und ihre Geschichte viel wichtiger, als Alles, was wir bis jetzt durch vorübergehende Reisende über sie erhalten haben. Sie enthalten höchst wichtige Materialien für die Geschichte aller südafrikanischen Völker; kein anderes Werk kommt dem Reichthum der darin aufbewahrten Thatsachen gleich.“ Schon in der Schrift „Voice from the Kahlamba“ hat D. Moodie die falsche Hypothese vom Ursprunge der Buschmänner als einer durch das Vordringen der Europäer erst verkümmerten und degradirten Menschenrace vollkommen widerlegt. Sie befanden sich in demselben Zustande schon längst vor der Ansiedlung der Europäer am Cap; dies geht aus Bleek’s Sprachforschungen hervor und den Vocabularien, die er schon früher durch Lichtenstein’s Sammlungen mitgetheilt erhielt. Alle ande- ren Hottentott-Dialekte, wie die der Namaquas, Koranas u. a., gehören einer Sprachfamilie an, aber die Bushmansprache ist so verschieden davon, dafs sich nicht einmal mit Sicherheit herausstellt, ob sie überhaupt zu dem ganzen Kreise dieser Sprachfamilie zu zählen ist. Dafs die Buschmänner längst vor der Cap- Colonie schon als solche existirten, geht schon aus der weiten Verbreitung ihrer Sprache hervor, nicht allein an der inhospitablen Westküste bis zum 19. Grad südl. Br., sondern auch durch ganz Kaligari und über den See Ngami hinaus. Livingston fand sie überall zerstreut auf seinen Wanderungen bis zum 10. Grade südl, Breite. Wichtige Nachriehten über diese Buschmänner, die mehrere Stämme bilden, gab Robert Moffat in seinen Missionary Labours and Scenes in South Africa. Die Hypothese, sie seien entartete Hottentotten, ist ganz grundlos; denn von Anfang an, wo man Nachrichten von ihnen aufweisen kann, verstanden beide Völkerstämme sich wegen ihrer verschiedenen Sprache nicht ohne Dolmetscher. Van der Walt, einer der ältesten Berichterstatter, bezeugte, dafs die Buschmänner keine Viehheerden hatten, wie die Hottentotten, sondern nur zwei Hausthiere, „den Hund und die Laus (Pedieulus)“. Sie selbst verwahrten sich gegen den Vorschlag, den der gute Missionar ihnen machte, zur Ernährung ihrer neugebo- renen Kinder Ziegen zu halten und deren Milch geniefsen zu lassen. Sie lachten ihn aus und sagten, sie und ihre Vorväter hätten nie Vieh gehalten, und dabei würden sie auch bleiben. Europäische Geographen haben, so unwissend sie auch in der afrikanischen Ethnographie sind, doch niemals behauptet, was ihnen Schuld gegeben wird, dafs durch den Druck der Cap-Colonisten die Buschmänner aus dem Hirtenstande in das Jagdleben zurückgedrängt seien. Allerdings verglich Linne den Bushman noch mit dem Orang Utang! Ihre Sprache ist entschieden keine corrupte Hottentotten- oder Kaffernsprache, und die Hottentottensprache Die Schiffbarmachung des Godaweıy. 103 auch kein verderbter Dialact der schönen Setschuanen- oder Kaflernsprache, wie Bunsen irgendwo angab. Dies beweist nur, wie irrthümlich auch bei den ein- ‚sichtigsten Sprachforschern die Vorstellung von den südafrikanischen Sprachen und wie nothwendig ihr fortgesetztes gründliches Studium ist, zu welchem die von Moodie herauszugebenden Records die wichtigsten Beiträge liefern werden. C.R: Die Schiffbarmachung des Godawery besonders zum Behufe der Baumwollen- Ausfuhr aus Indien nach England, wurde besonders durch einen Brief des Obersten Cotton, Ober-Ingenieurs von Madras, angeregt, der eine Verhandlung der Handelskammer und der Commercial -Asso- ciation von Manchester zur Folge hatte. Oberst Cotton beginnt mit der Bemer- kung, dafs Berar nächst den Vereinigten Staaten-der englischen Manufactur die beste Baumwolle zum geringsten Preise (14 Doll. pro Pfd.) liefert. Die Be- schaffung dieser Baumwolle ist aber eine der wichtigsten commerciellen Fragen für Englands Industrie. Jetzt mufs die indische Baumwolle 3 — 400 engl. Mei- len zu Lande nach Bombay mittelst Ochsentransports oder eben so weit zu Lande zum Ganges und dann noch 600 engl. Meilen auf diesem zu Wasser nach Cal- eutta mit 6 L. Sterl. Kosten pro Tonne (ohne Interessen, Risico u. s. w., in Al- lem vielleicht mit etwas unter 1 Den. Kosten pro Pfund) hingeschafft werden. Wäre der Godawery schiffbar, so könnte, wenn man die Kosten des Gütertrans- ports auf dem Ganges zu Grunde legt, bei 400 engl. Meilen Wassertransport die Tonne zu 10 Shill.; oder, wenn man nach den Kosten des Transports auf dem Indus rechnet, sogar zu 9 Sh. bis zum Hafen von Coringa an der Mündung des Flusses befördert werden. Die Quantität Baumwolle, die jetzt aus Berar ausge- führt wird (nach Cotton 30,000 Tonnen jährlich), verursacht 180,000 L. Trans- portkosten, während der Transport auf dem Godawery, die Tonne zu 10 Sh. ge- rechnet, nur 15,000 L. kosten würde. " Bei mäfsiger Preiserhöhung als Anreiz zum Baumwollenbau könnte nach - Capt. Fenwick, der 40 Jahre im Dienste des Nizam stand und 3— 4 Jahre für das Haus Palmer u. Comp. zu Hyderabad Baumwolle aufkaufte, der Baumwollen- bau dort so ausgedehnt werden, dafs alle Fabriken Englands mit dem Product versorgt werden könnten. Bei billigem Transit würden auch andere Artikel, wie Weizen, ausgeführt, andererseits an 60,000 Tonnen Salz für die 10 Millionen Einwohner des Gadawery-Bassins auf dem Flusse von der Küste aus eingeführt ‚werden können, und ebenso eine Menge Reis den Flufs hinaufgehen, da er un- fern der Küste, zu Radjamundıy, nur 4 so viel kostet, als in Berar. Der Godawery entspringt nicht fern von Bombay in den West-Ghats bei w tabischen Meeres entfernt; aber der Hauptstrom scheint nach Cotton nur bis um Zusammenflusse mit der Wurdah, 300 engl. Meilen vom Meere, schiffbar ge- höher hinauf gelegenen ein grofser Wasserfall befindet. Der Fall der rdah dagegen ist nur mäfsig; sie ist von Capt. Fenwick bis Wuny, 150 engl. Meilen oberhalb ihrer Mündung in den Godawery, mit einem Flachboote von ’ 104 Miscellen: - 48 Fuls Länge und 18 Fufs Breite beschifft worden. Wie viel höher aufwärts die Wurdah noch einen mäfsigen Fall hat, ist nicht ausgemacht. Die Wyne Gunga, wenigstens eben so grofs wie die Wurdah, in die sie sich ergiefst, hat auch einen mäfsigen Fall und ist nach Fenwick eine bedeutende Strecke, wohl 100 engl. Meilen, schiffbar. Da die Wurdah mitten durch das Baumwollenland fliefst, ist sie für den Verkehr weit wichtiger, als der Godawery oberhalb seiner Vereinigung mit ihr. Aber während der Godawery einen sehr geraden Lauf hat, der die direete Entfernung von der Mündung der Wurdah bis zum Einflufs in das Meer kaum um ein Viertel übersteigt, ist der Lauf der Wurdah gewundener, da die direete Entfernung von Wuny bis zu ihrer Mündung in den Godawery nur 100 engl. Meilen, der Stromweg aber 150 beträgt. Im vorigen Jahre unter- suchte ein Offizier während der Regenzeit in einem kleinen Dampfer den Flufs bis zum Indrawatti und meinte, die Hauptfelsen, die die Schifffahrt hemmten, könnten mit einem Aufwande von nur 60,000 L. entfernt werden. Es seien zwi- schen Wuny und dem Meere nur sechs felsige Stellen, jede von 1—3 engl. Mei- len Länge. Da der Felsen ein weicher Schiefer, sei es leicht, einen breiten Ca- nal durch denselben anzulegen. Ein Boot von 60 Tonnen, mit Eisen beladen, und mit 12 Eingeborenen bemannt, fuhr bis zur Wurdah hinauf und zurück. Die Tiefe des Flusses ist nach Cotton äufserst veränderlich; in der trockenen Jahres- zeit beträgt sie nur 14 bis 2 Fufs über den Furthen, während das Wasser bei der Anschwellung des Stromes zuweilen bis auf 60— 90 Fufs ansteigt; der Fluls ist dann 600 Yards bis 1 engl. Meile breit, und da alle Felsen bedeckt sind, hindert Nichts die Schifffahrt. Seiner Ansicht nach kann der Flufs durch Weg- räumung weniger Felsen während des Monsun auf 4— 6 und für flache Boote auf 8 Monate leicht schiffbar gemacht werden. Um ihn für das ganze Jahr und auf eine Strecke von 600 engl. Meilen der Schifffahrt zugänglich zu machen, mülsten Canäle durch die Felsen- Barrieren angelegt, und zur Speisung derselben während des Monsun Wasser in Behältern angesammelt werden. Die Anlagen, um dieser Wasserstrafse während 100 Tagen stündlich 100,000 Cubik-Yards Wasser zu liefern, würden angeblich einen Kostenaufwand von nur 24,000 L. verursachen. Wenn dadurch die Schifffahrt von 600 engl. Meilen verbessert würde, kämen auf die englische Meile nur 40 L. Kosten. Selbst wenn man die Kosten auf das zwanzig- und dreifsigfache veranschlagen würde, ständen sie noch immer in keinem Verhältnifs zu den Kosten der Eisenbahn von Bengalen. Die Beseitigung der Schwierigkeiten scheint in der That nicht ganz so ein- fach zu sein. Nach einem Briefe des Lieut. Haig, des Civilgouverneurs der Go- dawery-Abtheilung, vom März 1855 im Athenaeum, waren die Arbeiten zur Ver- besserung der Schifffahrt des oberen Godawery schon begonnen. Er verschaffte sich zunächst 450 Arbeiter, Geräthschaften und Transportmittel, an 15,000 Pfd. Sprengpulver, 2 Dampfer u. s. w., unterrichtete die Arbeiter, und fuhr den 14.7 Februar ab, fand aber mehr Hindernisse in der starken Strömung und der Un- wissenheit der Kulis, als er erwartet hatte. Die Sandbänke verändern selten ihre Stelle, obwohl der Sand immer in Bewegung ist. Die erste ist 5 engl. Meilen oberhalb Radjamundry, die nächste 4 engl. Meilen höher hinauf, die Strömung an ‚diesen nirgends über 25 engl. M. die Stunde, überall eine Tiefe von wenig- stens 34 Fufs; nur die Durchfahrt ist verwickelt. Von Polaweram, 17° 16’ Br. Tong-King. 105 und 81° 41’ L., durch die Hügel bis Ippur, 35 engl. Meilen, ist überall tiefes Wasser mit träger Strömung. Hier beginnen die Sandbänke wieder und sind häufig bis Budrachellum. Der Fall ist hier im Mittel 1% Fufs pro engl. Meile, "an mehreren Stellen 24 Fufs, an zwei Stellen 3 Fufs; an den letztern betrug die Strömung an der Oberfläche 2% engl. Meilen die Stunde, weil sich im Strome eine Reihe Sandflächen mit einer Neigung von 10 — 25 Fufs pro engl. Meile in entgegengesetzter Richtung, d. h. der Quelle zu, befinden. Auf den letzten 30 engl. Meilen unterhalb Budrachellum sind an einigen Stellen nicht gerade grofse, aber zahlreiche abgerissene Felsen im Flufsbette. Bei Budrachellum aber ist die- ses auf eine Strecke von 6 engl. M. ganz mit Felsen von verschiedener Gröfse angefüllt. Eine Felsmasse in der Mitte beträgt wohl 50,000 Tonnen. Doch soll es möglich sein, eine gute Passage abwärts für Boote bis Ende Januar und wohl auch für die Fahrt stromauf herzustellen. Sicher ist es, dafs der Godawery bis Budrachellum, 40 engl. Meilen vom Meere, für die Zeit vom 15. Juni bis 28. Februar für Boote, die 24 Fufs tief gehen, schiffbar ist. Der Bau eines Canals, der 8 Monate im Jahre schiffbar sein sollte, wurde bei diesen Felsen von Bu- drachellum angefangen. Die Central-Barriere besteht aus hartem Gneifs und wird nach Wegräumung einiger Felsen und Bäume 200 Tage über eine gute Durchfahrt gestatten. —th. a u A EU ua Tong-King. Die Nachrichten, welche wir bis jetzt über Tong-King besitzen, sind so spärlicher Art, dafs es schwer sein dürfte, ein richtiges Bild dieses Reiches zu entwerfen. Schon in den Jahren 1834 und 1835 brachten die Nowvelles Annales des Voyages (3”® Ser. I, p. 158 und VII, p. 42) zwei Berichte der französischen Missionare Marette und Charrier über dieses Land, welchen sich gegenwärtig eine um Vieles besser geschriebene und ausführlichere Mittheilung des apostolischen Wiears, Herrn Retord, anschliefst (Nouv. Annal. des Voyages 1856. II, p. 361). Diesen neueren Angaben zufolge zerfällt Tong-King, das gegenwärtig mit Cam- bodscha und Cochinchina das Reich Anam bildet, in vier grofse Theile: das süd- liche, östliche, centrale und westliche Tong-King. Der Bericht verbreitet sich namentlich über das letztere, ein etwa 88 Lieues langes und 20 — 30 Lieues breites Gebiet, welches nördlich an China, westlich an Laos, südlich an das Meer _ und an das südliche Tong-King, und östlich theils an das Meer, theils an die beiden Vicariate von Central- und Ost-Tong-King grenzt, von denen es durch den Hauptflufs des Landes, den Song-Cäi, getrennt ist. In gerader Richtung - von Süden nach Norden bis zur chinesischen Grenze durchzieht eine Gebirgskette das Land, welche in ihren südlichen Theilen aus zu Tage stehenden Massen schwarzen Marmors und Kalksteins mit vielen herrlichen Stalactiten- Grotten be- steht und nur hier und da mit Gruppen einer freilich nicht zur Benutzung ge- igneten Holzart bedeckt ist. Die nördlicheren Theile des Gebirges hingegen bieten den Anblick einer üppig wuchernden tropischen Natur dar. Sie sind der Aufenthalt der Elephanten, Tiger, Leoparden, Wölfe, Bären, Büffel ete., sowie zahlloser gefährlicher Reptilien. Das Gebirge ist reich an edelen Metallen, sowie 106 Miscellen: an Kupfer und Zinn, doch werden die Minen nur von Chinesen gegen einen jährlichen Tribut ausgebeutet. In den letzten Jahren hat man auch in den Flüs- sen Goldsand entdeckt, mit dessen Waschung sich etwa 10,000 Chinesen be- schäftigen. Viele fischreiche Flüsse eilen von den Gebirgen dem Meere zu und befördern durch den Schlamm, den sie in ihren periodisch wiederkehrenden Ueber- schwemmungen auf den Niederungen zurücklassen, die Ueppigkeit der Vegetation. Die Ueberschwemmung, welche vom 5. bis 9. Monat dauert, führt eine solche Masse Schlamm den Flufsmündungen zu, dafs beispielsweise das Gebiet von Kim- sön, welches gegenwärtig eine christliche Bevölkerung von 20,000 Seelen zählt, sich erst in den letzten 15 Jahren aus diesen Alluvialmassen gebildet hat. Frei- lich ist, bei dem gänzlichen Mangel an gebahnten Wegen, die Communication zur Zeit der Ueberschwemmung nur durch Schiffe möglich, ja dieselbe wird so- gar bei dem Zurücktreten des Wassers in die Flufsbetten zeitweilig fast gänzlich, gehemmt, da die vielen Wasserlachen, welche in dem unebenen Terrain zurück- bleiben, die ohnehin schlechten Wege noch ungangbarer machen. Das Klima in den Bergen sowohl wie in den Niederungen ist namentlich für den Fremden höchst ungesund. Der Witterungswechsel tritt meistens plötzlich ein; auf grofse Hitze folgen heftige Stürme, auf anhaltende, Alles ausdörrende "Trockenheit ver- heerende Wolkenbrüche. Monate lang entbehrt man mitunter des Klaren Sonnen- lichts, während eben so lange wiederum der Himmel wolkenfrei erscheint. Wäh- rend seines langjährigen Aufenthalts in Tong-King hat Herr Retord nur ein Mal Hagel erlebt, der in Stücken von der Gröfse eines Eies bis zu der einer Billard- kugel herabfiel. Natürlich ist bei solchen Witterungsverhältnissen das Land der Heerd für Typhus und Cholera, welche letztere nach dem Berichte des Missio- nars Charrier zum ersten Male im Jahre 1820 dort auftrat und seitdem die ge- waltigsten Verheerungen unter der dichten Bevölkerung jährlich anrichtet. Die 6 Provinzen, über welche sich die Mission ausdehnt, umfassen 21 Kreise, 94 Bezirke, 462 Cantone und 4,455 Communen. Diese letzteren bilden unter sich Gruppen von etwa je 3 Ortschaften, so dafs das ganze Gebiet eirca 13,365 - Ortschaften enthalten würde. Rechnet man die Commune zu 1500 — 2000 Ein- wohnern, so würde sich mithin die Mission über 6,682,000 — 8,910,000 Seelen ausdehnen, was eine Bevölkerung von 3,900 Seelen auf die Quadratlieue ergäbe (in Frankreich rechnet man auf die Quadratlieue 1,285 Seelen). Ganz Tong- King hat eine überaus dichte Bevölkerung, jedoch kann man, da keine amtlichen Tabellen über den Ab- und Zugang derselben geführt werden, die Gesammtsumme nur annäherungsweise bestimmen. Nach einer unter dem Könige Minh-Menh erschienen Geographie besals Tong-King 10,261 Communen, was auf eine Be- völkerung von eirca 18 Millionen Seelen schlielsen lassen würde. Die Bewohner der Niederungen sind durchweg Anamiten und sprechen eine und dieselbe Sprache, während die Bergbevölkerung aus einem Gemisch verschie- dener Nationalitäten besteht und einen selbst für die Bewohner der Ebenen schwer verständlichen anamitischen Dialect spricht. Den Hauptstamm dieser Bergbewoh- ner bilden die Muong’s, von denen bereits 5 — 6000 zum Christenthume über- getreten sind. Neben diesen wohnen in sieben grofsen Familien die Xa’s, ferner die Thi’s, welehe als die Urbewohner des Landes angesehen werden, und endlich die chinesischen Gebirgsbewohner, Nong’s genannt. Diese Bergvölker, welche : = ui Tong-King. 107 sich durch weifsere Hautfarbe und gröfseren Körperwuchs von den Anamiten der Ebene unterscheiden, führen ein Nomadenleben, namentlich die Xa’s. Nur die " Muong’s scheinen davon eine Ausnahme zu machen, da sie ihre Wohnplätze zur Zeit der Hungersnoth, welche freilich bei der Uebervölkerung und der aus den schlechten Communicationsmitteln entspringenden Unmöglichkeit, eine nothleidende Provinz zu unterstützen, öfter eintritt, oder zur Zeit eines Krieges wechseln. Die- ‚sem Umstande mag es auch wohl zuzuschreiben sein, dafs das Christenthum un- ter allen Bergvölkern allein bei den Muong’s Eingang gefunden hat. Bei weitem -_ eivilisirter ist die Bevölkerung der Ebene, und wenn auch mit der Civilisation eine gewisse Sittenverderbnifs unter ihr eingerissen ist, so zeichnet sich doch die grofse Masse durch einen sanften und der Belehrung zugänglichen Charakter aus. Eine bevorzugte Kaste giebt es nicht und nur unter den Muong’s existirt eine - Art erblicher Adel (Lang), welcher an der Spitze des Stammes steht. Selbst die - Frauen nehmen in Tong-King eine durchaus freie und würdige Stellung ein. Eigenthümlich ist es, dafs die in einer Ortschaft zusammenwohnende Bevölkerung _ fast ausschliefslich dasselbe Gewerbe treibt; so giebt es Orte, welche nur von Ackerbauern, andere, welche nur von Handwerkern oder Kaufleuten bewohnt werden. Was die Handels- und Verkehrsverhältnisse betrifft, so könnten dieselben bei den ergiebigen Hilfsquellen, welche das Land bietet, bei weitem bedeutender sein; da jedoch der Export alleiniges Monopol des Königs ist, und kein Anamite aus- serhalb der Grenzen des Reiches Handel treiben darf, so beschränkt sich der Handelsverkehr fast ausschliefslich auf Tong-King. Von fremden Nationen ha- ben nur die Chinesen ein Handelsprivilegium für Tong-King sich zu erwerben ‚gewulst. 3 Die höchste und alleinige Gewalt vereinigt sich in der Person des Königs, _ doch mufs auch er sich dem Landesgesetze beugen. Ein Staatsrath und Minister stehen ihm unmittelbar zur Seite, während in der Hauptstadt jeder Provinz noch ein Collegium von fünf Grofs-Mandarinen gebildet ist, nämlich dem Gouverneur der Provinz, den Chefs der Criminalpolizei und der bürgerlichen Gerichtsbarkeit, dem Commandanten über eine Abtheilung von 5000 Soldaten, und einem in der chinesischen Schrift bewanderten Mandarinen. Aufser diesen verwalten in jedem Kreise drei, in jedem Bezirke zwei Mandarinen tieferen Grades die Geschäfte. Wie in den Nachbarstaaten steht aber auch hier dieser Beamtenstand der Man- darinen sehr in Mifscredit. Betrug an Fürst und Volk, Spiel und Unzucht jeg- licher Art charakterisiren die Mandarinen. Confueius ist der eigentliche Schutzheilige des Landes und jeder Ort hat deshalb auch einen ihm geheiligten Tempel oder Altar. Daneben besteht die Buddhaeultur, jedoch in einer von der chinesischen und indischen Buddhalehre wesentlich abweichenden Form. Fast überall trifft man dem Buddha geweihte Pagoden, in welchen der Dienst von einigen Bonzen versehen wird, doch ver- ichtet die grölsere Masse der Bevölkerung die anamitisch-buddhistische Lehre d ihre Priester. Am meisten verbreitet ist der Cult der Local -Schutzheiligen. eder Ort hat seinen besonderen Schutzgeist, jeder Schutzgeist seinen besonderen 105 Miscellen: Buddha-Tempeln neben dem Bilde des Buddha noch die vielen anderen Gott- heiten aufgestellt sind, während in den Tempeln der Schutzgeister nur ein Thron sich befindet, auf welchem der Geist der Gottheit unsichtbar ruht. Der König hat seine besonderen Schutzgeister. Zeigen sie sich seinen Wünschen nicht will- fährig, so wird der Thron öffentlich ausgepeitscht und dem halsstarrigen Heiligen sein Diplom entzogen. Im entgegengesetzten Falle aber avancirt der nachgiebige Geist durch ein königliches Decret zu einem höheren Grade. Aufserdem wird noch die Verehrung guter und böser Schutzgeister vom Staate tolerirt; zu ihnen gehören die Geister verstorbener Könige und Königinnen, grofser Feldherren und anderer berühmter und berüchtigter Personen, sowie die Seelen von Hunden, Büffeln, Schlangen, Drachen, Fischen etc. Prosternationen, Processionen, Ge- sänge, Spiele und Feste bilden die Hauptmomente der Anbetung. Endlich ver- einigen sich noch zu Anfang jedes Jahres die Mitglieder jeder einzelnen Familie zu einem gemeinsamen Gedächtnifseult für die Geister der Vorfahren. Ihnen ist in jedem Hause ein besonderer Raum oder ein Ruhebett geweiht. Die Gesammtzahl der zum Christenthum übergegangenen Bevölkerung be- trägt gegenwärtig schon 420,000 Seelen, nämlich 73,000 in Süd-, 60,000 in Ost-, 150,000 in Central- und 139,000 in West- Tong-King. Das Heer besteht aus 200,000 Soldaten, von denen 40,000 in der Hauptstadt stehen. Da Pferde sich im Lande fast gar nicht vorfinden, so beschränkt sich die Cavallerie nur auf Elephanten -Reiter. —r. Die Inseln der Treue. Das südöstlichste Ende des Binnengürtels des insularen Australiens bilden Neu-Caledonien und die Inseln der Treue (Zoyalty group). Die letztgenannte Gruppe besteht aus den drei gröfseren Eilanden Una, Lifu und Mari. Hier hat, + wie in Polynesien überhaupt, seit den letzten zwei Jahrzehnten die evangelische _ Mission ein sehr gesegnetes Arbeitsfeld gefunden, und zu gleicher Zeit ist durch die dort stationirten Boten des Evangeliums die Kunde dieser Korallen- Eilande | Bi bereichert worden. Den zu London 1855 erschienenen und von Rev. Williams Hill verfafsten „Gems from the Coral Islands“ entlehnen wir nachfolgende Notizen. Lifu, etwa 60 engl. Meilen von Mari, hat circa 80 Meilen Umfang und ist dicht bevölkert. „Nahe der genannten Insel zwischen Mari und Lifu liegt das Eiland Toka. Es ist ein Korallenfelsen und zwar eine jener winzigen und isolirten menschlichen Wohnungen, welche in so grofser Anzahl den stillen Ocean erfüllen und welche ihre freien, immergrünen, lieblichen, einer Kokusnuls an Gestalt ähn- lichen Gipfel weit über die darunter liegende Korallenbank erheben, gleich als wollten sie den Seefahrer beglückwünschen, führen und warnen, wenn er zwischen den gröfseren Inseln hinsteuert.“ (Auch hier sind die Bewohner seit 1852 zum Theil christianisirt.) — Una, etwa 80 Meilen nordwestlich von Lifu, ist ein Büschel von Korallen -Riffen. Zum ersten Male ward es 1846 von Lifu aus von Missionaren besucht, die ihre Fahrt mit folgenden Worten beschreiben: „Nach einer Seefahrt von 15 Stunden näherten wir uns dem Lande. Indem wir wind- wärts segelten, entdeckten wir, dafs die bewohnte Seite der Insel von einer fast Die Inseln der Treue. 109 ununterbrochenen Kette von Felseninseln umgeben sei, die verschieden, bis zu einer Viertelmeile im Umfang grofs waren, sich ungefähr einige 60 Meilen in der Richtung nach Norden von einem Punkte der Inseln bis zum anderen herum er- streckten und eine mehr als 16 Meilen im Durchmesser breite Lagune bildeten. Das Ganze gewährte einen eben so pittoresken als romantischen Anblick, bei dem das Auge mit Wohlgefallen verweilte. Ein starker Gegenwind blies uns entge- gen, die See war stürmisch bewegt; über unbekannte, trügerische Klippen fuhren wir hin und obgleich die Lagune innerhalb der Felsen ruhig war und einen - sicheren Ankerplatz bot, so zeigte sich doch nirgends eine Einfahrt, welche für unser Fahrzeug breit genug war. Wir wufsten nicht, wie weit wir mit Sicher- heit weiter segeln durften und gelangten endlich zu zwei Einfahrten, wo die Fel- sen etwa 30 bis 40 Fufs auseinander zu treten schienen. Hier entschlossen wir uns, den Versuch zu machen, in die Lagune hinein zu segeln; aber wehe! die _ Gefahr wuchs, die Untiefen dehnten sich von jedem Felsen weiter in den engen Canal hinein, als wir vorher bemerkt hatten; mehrere Minuten lang arbeiteten wir in bangem Zweifel gegen den Wind und die kurz abgebrochenen Wogen und waren froh, als wir alle Segel back legen und wieder in die offene See hinaus- ‚treiben konnten.“ Den südöstlichsten Ausläufer von der Insel Neu-Caledonien — gleichsam von dieser ein durch die Meereswoge losgesprengtes äufserstes Stück — bildet die Fichten -Insel. „Es ist ein kleines aber wichtiges Eiland, ungefähr 30 Mei- len von Neu-Caledonien entfernt. Es ist niedrig und hat nur einen vulkanisch aussehenden Berg in seiner Mitte, von dem sich das Land nach dem Meere zu abdacht. Ein grofser Theil der Insel ist mit schönen Fichten bedeckt, wonach Capitain Cook sie benannte. Bei den Eingeborenen heifst sie „Korie“. Vor ‚einiger Zeit war sie einer der vornehmsten Stapelplätze für Sandelholz und kann als der Sitz der politischen Macht für den Süden von Neu-Caledonien angesehen werden.“ B. Neuere Literatur. Mlustrazione di una carta del Mar Nero del MCCCLI e Ricordi sul Caucaso, sulla Spagna, sul Marocco ete. del Generale Conte Luigi Serristori. Con tavole. Firenze 1856. - Die hier herausgegebene Karte befindet sich auf der Laurentiana in Florenz, ist im Jahre 1351 gezeichnet, und zwar von einem Genuesen, wie der Verfasser ius einigen Wortformen schliefst. Eine genauere Prüfung zeigt in der That, dafs ie in der Schreibart der Eigennamen unter den bisher. bekannt gewordenen oder sschriebenen Karten die meiste Achnlichkeit mit der des Genuesen Baptist vom ahre 1514 auf der Wolfenbütteler Bibliothek besitzt. Geringer ist die Ueber- mmung mit der etwas älteren Karte Visconti’s (vom Jahre 1318) auf der hek zu Wien. Leider hat der Herausgeber sich bei seinem Commentar 110 Neuere Literatur: darauf beschränkt, die bekannteren Namen der Karte hervorzuheben und einige auf den genuesischen Handel bezügliche Bemerkungen daran zu knüpfen: eine Vergleichung mit den anderen mittelalterlichen Karten und eine Zusammenstellung der verschiedenen, oft sehr eorrumpirten und kaum erkennbaren Lesarten würde nützlicher gewesen sein und den gar nicht unbedeutenden Werth der Karte von 1351 besser ins Licht gestellt haben. Wir können hier zur Charakteristik des originellen Blattes nur wenige Einzelnheiten hervorheben. Von Länder- und Völkernamen zeigt die Karte zunächst nördlich von der unteren Donau noch Burgaria, während Fredutio (a. 1497) bereits Uelachia hat. Der Name Rofsia, bei Fredutio an das linke Dnjepr-Ufer gestellt, fehlt. Die Krim heifst hier, wie auf den anderen italiänischen Karten jener Zeit, Gazaria. Auf der Westküste des Asowschen Meeres, ungefähr auf der Stelle des heutigen Nogaisk, steht der Name Loman, wahrscheinlich verlesen für Coman; Visconti hat hier Comania, Grazioso Benincasa und Fredutio: Chumania, Baptist: Cu- mana, zwei anonyme Karten der Wolfenbütteler Bibliothek Comana und Cuma- nia. Auf derselben Küste, in der Gegend des heutigen Taganrog, kennt unsere Karte wie alle anderen Cabardi. Jenseits der Don-Mündung zeigen sich an der Küste des Asowschen Meeres zunächst die Namen Zacharia und Bazinachi; der erstere lautet auf den anderen Karten Jacaria, Jacharia, Agaria; der zweite bei Visconti und Benincasa: Cacinachi, während Baptist und die beiden erwähnten anonymen Wolfenbütteler Blätter die jedenfalls richtigere und jetzt durch unsere Karte bestätigte Lesart Bacinachi (Petschenegen) haben. Auf der ganzen kau- kasischen Küste kennt unsere Karte nur den einen Landesnamen Zichia (Tscher- kessen-Land), während Fredutio südlich von diesem noch Auogalsia (Abchasen- Land) und Mengrellia (Mingrelien) nennt. Avogaxia setzt unsere Karte, wohl irr- thümlich, an das linke Ufer des Phasis. Auf der Südküste des schwarzen Meeres sind Volks- oder Ländernamen nicht genannt. 2 Ueber die Flüsse bemerken wir Folgendes. Die Donau fliefst mit 5 Mün- dungen, oder da zwei derselben (die südlichste und die zweite von N. gerechnet) vor ihrem Ausflusse noch kleinere Inseln umschliefsen, mit 7 Mündungen ins Meer, von denen nur die nördlichste, Licostoma, benannt ist; Fredutio kennt aufserdem noch Solma und Sangiorgio (Sulina- und Georgsmündung). Der Dnjepr heifst Turllo, wie auf den anderen Karten Turlo. An der Mündung des grofsen Kagulnik steht, wie auf einem der Wolfenbütteler Blätter, Zinestra; die anderen Karten haben abweichend Langistra, Laginestra, Lasmestra, Lazinesta. Der Dnje- ster theilt sich in 3 Arme; er heifst vor der Stromtheilung Luxoni (bei Baptist Lussem), der östlichste Arm Erexe, wie bei Fredutio und Benincasa. Der Meer- busen Karkinites führt den Namen Golfo de Negropilla, während die meisten an- deren Karten Nigropoli schreiben. Die Salzseen bei dem jetzigen Eupatoria wie an der unteren Molotschna sind richtig angegeben. Der Don heifst Flumen Ta- nai. Der Kuban fliefst hier, wie bei Fredutio, nur in das asowsche Meer; er heifst Coppa (auf den anderen Karten Copa, Locopa, Locupa). Die Gebirgs- bäche der kaukasischen Küste wagen wir nicht zu identificiren, und bemerken | nur, dafs der zweite Flufs nördlich vom Phasis auf unserer Karte Megapotami heifst, was den Schlüssel zu den undeutlichen Lesarten der anderen (Megapomo, Negapotimo) liefert. Der Rion, Fasso, fliefst mit zwei Miündungen ins Meer. Serristori: Illustraxione di una carta del Mar Nero etc. 111 Südlich davon folgen die Flüsse Lovati (Vati, Levati, Lovar) und Gonea (jetzt Günieh am Tschoroksu) in Uebereinstimmung mit den anderen Karten. Weiter _ westwärts finden die Lesarten der anderen Blätter, Artaui, Archani, Arcani, Ar- com, Docari jezt eine befriedigende Aufklärung durch den von unserer Karte dar- gebotenen Namen Archavi (Archabis der Alten, jetzt Archawa). Der Flufs öst- lich von Trapezunt heifst, wie bei Benincasa und Fredutio, Sormena (jetzt Sur- meneh). Unter den anderen kleinasiatischen Flüssen heben wir nur den Namen Pormon hervor, der aus dem alten Polemonium entstanden ist (jetzt Palaman-Su). Auch in Bezug auf Ortsnamen hat unsere Karte manches Eigenthümliche- - In der Krim, etwa auf dem halben Wege von der Spitze Ssari Bulat (hier, ab- | weichend von Fredutio, Lagrosca genannt) nach dem Isthmus von Perekop hat - sie den auf allen anderen Karten fehlenden Namen Ocellis. Der Hafen des heu- tigen Akmetschet heifst Varango Limeno, während Fredutio Uarangida südlich vom Cap Tarchan ansetzt. Das letztere ist auch auf unserer Karte fälschlich Lorosofar genannt, wie bei Baptist und den anonymen Wolfenbütteler Blättern ' Rossofar und Rasofar; richtiger ist wohl Visconti’s Rosso Tar. Interessant ist es, dafs die Karte von 1351 etwa auf halbem Wege zwischem diesem Cap und _ den Salinen des heutigen Eupatoria den Namen Chirechiniti hat, und dadurch deutlich die Lage des alten Kerkinites anzeigt, welches Spaskj aus unhaltbaren Gründen nicht hierher, sondern an die Nordküste des Busens von Tamyrake ver- setzen und mit Karkine identifieiren wollte. Keine andere italiänische Karte kennt _ diesen Ort, — wenn sein Name nicht etwa in den sonst unverständlichen Les- ‚arten Crichiniri bei Visconti, Trinici bei Benincasa und Fredutio u. s. f. zu su- chen ist, — Namen, die an derselben Stelle verzeichnet sind und auf unserer Karte fehlen. Die Bucht von Calamita führt auf allen Karten denselben Namen, _ wie jetzt. Cherson heifst Zurzonna, auf den anderen Karten Cersona, Giriconda, - Girisonda, Gerezonda, auf den anonymen in Wolfenbüttel Zurzona. Das jetzige Balaklawa, auf den anderen Karten Cenbano, Cembano, Enbano, Cenbaro ge- nannt, heifst; hier richtiger Cemballo (wie in den genuesischen Urkunden), das alte Symbolon. Der Name Loia bei Fredutio (Lota bei Benincasa) wird nach dem Namen Laya unserer Karte und Laja bei Visconti und Baptist mit dem Cap _Aja zu identificiren sein. Oestlich vom Cap San Todoro (jetzt Aithodor) hat nur unsere Karte den Namen Etalita, der in der Handschrift so undeutlich ge- ‘wesen zu sein scheint, dafs der Herausgeber ihm in Parenthese Julitca? beige- im stimmen mit den auf den anderen Karten verzeichneten mehr überein; neu am östlichen Ufer des Golfs von Kasandip der Name Zucalai. Auch die 'estküste des asowschen Meeres bietet nur unbedeutende Varianten; Porto Pi- ı kurz vor der Mündung des Don (Pixan und Piscam bei Benincasa und Fre- , Piscam bei Baptist) bestätigt Visconti’s Lesart Porto Pissano und spricht ir eine Colonie von Pisa. Die Namen an der Ostküste stimmen ziemlich über- 112 Neuere Literatur: ein; an der Stelle des heutigen Anapa, wo nur Fredutio Napa liest, hat unsere Karte wie die anderen Mapa; Sudshuk Kale heifst Porto de Susacho, das alte- Pithyus falsch Pezorda. Am wenigsten haben sich die Namen an der kleinasia- tischen Küste verändert. Damit die Wandelung derselben deutlich werde, stellen wir sie übersichtlich zusammen, dergestalt, dafs die erste Columne die Namen des Alterthums, die zweite die der Karte von 1351, die dritte die neueren Namen enthält. Bathys Archabis Kissa Athenai Rhizus Susurmaina Trapezus Hieros Tripolis Zephyrion Kerasus Ischopolis Boona Polemonium Oinoe Amisus Serristori hat die Herausgabe dieser werthvollen Karte benutzt, zu gleicher Zeit einige Erinnerungen an seine Reisen am Kaukasus, in Spanien und Marokko mitzutheilen und seine Landsleute mit den berühmtesten Förderern der Studien des Sanskrit und des Koptischen, namentlich in Berlin, bekannt zu machen. The Annals of San Nisbet. Dieses für die Kenntnifs Californiens wichtige Werk, das gegen Ende des vergangenen Jahres die Presse verlassen hat, verdient durch seine umfangreichen und gründlichen Untersuchungen über die inneren und äufseren Verhältnisse die- ses Landes, namentlich über die Hauptstadt San Franeisco, um so mehr Beach- Lovati Gonea Archavi Quissa Sentina Riso Stillo Sormena Trapesonda Platena Giro Viopoli Scto. Vigegni Laitos Tripolli Zeffano Giraprimo? Chirisonda Sanvassilli Omidia Bazar Schisti Lavona Pormon Onio Lamiro Liminia Simiso Platagona Languissi Bathum Günieh Archaweh Witzeh Atina Rizeh Sürmeneh Tarabuzun Platana Ieros Burun Tarabülüs Zefreh Kiresun Agios Vasilios Bazar Su Wona Burun Palaman-Su Unieh Samsun Wir gehen von Ost nach West. | Halys Lalli Panigerio Calipo Karusa Carossa Sinope Sinopi Harmene Erminio Kinolis Quinolli Ionopolis Ginopoli Karambis Carami Girapetrino Castelle Comana Tripissilli Amastris Samastro Parthenios Parteni Tieios Thio Cavo Pischello Herakleia Pon- tica Penderachia Nipo Lillion Lirion Sangarios Zagam Daphnusis Fenosia Kalpe Carpi Depotimo Psilis Silli Rhebas Riva Hieron Giro Seutari "raneisco ete. by Frank Soule, John H. Gihon and James New York 1855. 824 8. gr. 8. Gerzeh Sinub Kinoghlu Inebolu Kerembe Amasry Bartan Bendereghli Kerpe Liman Tschili h Riwa Scutari —nı. The Annals of San Francisco _ete. 113 tung, da es weniger die augenblicklichen Eindrücke, welche sich dem fremden Besucher des Landes aufdrängen, als vielmehr eine auf historische und amtliche Quellen gegründete Untersuchung enthält. Nach einer gröfseren historischen Ein- leitung, welche die Lage des Landes von der Entdeckung desselben durch die _ Spanier bis zur Gründung von San Francisco behandelt, gehen die Verfasser zu einer detaillirten Schilderung des raschen Emporblühens dieses am weitesten ge- gen Westen vorgeschobenen Punktes der Civilisation über. Keine Beziehung bleibt unerörtert. Die staatlichen Verhältnisse, Handel, Gewerbe, Ackerbau, die gesell- - schaftliche Stellung der aus den verschiedensten Nationalitäten zusammengewür- felten Bevölkerung, das tägliche Leben, die hervorragendsten Persönlichkeiten, ja fast jedes seit dem letzten Brande entstandene Gebäude von Bedeutung wird einer Besprechung gewürdigt; die grofse Anzahl sauber ausgeführter Holzschnitte dürfte zur Veranschaulichung viel beitragen. Da der Raum es nicht gestattet, ' näher auf das überreiche Material, welches dieses Buch bietet, einzugehen, so beschränken wir uns hier auf die Zusammenstellung einiger statistischen Details. | Nach dem Census von 1852 betrug die Gesammtbevölkerung Californiens 254,435 Seelen. Bis zum Jahre 1854 hatte sich dieselbe bis auf circa 326,000 Seelen vermehrt und bestand in runden Zahlen den Nationalitäten nach aus 204,000 Amerikanern, 30,000 Deutschen, 28,000 Franzosen, 5000 anderen Eu- ropäern, 20,000 amerikanischen Spaniern, 17,000 Chinesen, 20,000 Indianern, 2000 Negern. Von diesen arbeiten etwa 100,000 in den Goldminen, während der Rest in den Städten und sonstigen Niederlassungen vertheilt ist. Während bei den Indianern und eingeborenen Californiern sich die Zahl der männlichen zur weiblichen Bevölkerung fast gleich stellt, ist bei den eingewanderten Natio- nalitäten die erstere bei Weitem überwiegend. — Der Ertrag der Goldminen kann nur annähernd angegeben werden. Im Jahre 1848 waren in den verschiedenen Münzen 45,301 Dollars deponirt, während der wirkliche Ertrag wahrscheinlich -3,000,000 Doll. betrug. 4849 deponirt: 6,151,360 Doll., 25,000,000 Doll. wahrscheinlicher Ertrag, 1850 = 36,273,097 - 40,000,000 - r R 1851 - 55,938,232 - 60,000,000 - } . 1852 - 53,452,567° - 63,000,000 - t B 1853 - 55,113,487 - 65,000,000. -- s . San Franeisco hatte in der Mitte des Jahres 1846 gegen 200 Einwohner; m Jahre 1847 hatte sich die Einwohnerzahl, nach der schon im August des es 1846 begründeten ersten californischen Zeitung „Californian Star“, auf en, Dänemark, Polen, Rufsland, Malta, wie aus Central- und Süd- Amerika einigen Inseln Australiens je ein Bewohner) sich befanden. Gegen Ende les Jahres 1853 zählte die Hauptstadt 50,000 Einwohner, also mehr als den € Pesiien Theil der ganzen Bevölkerung des Landes; darunter waren 32,000 erikaner, Engländer und Iren, 5,500 Deutsche, 5,000 Franzosen, 3,000 Ame- ner spanischer Abkunft, 3,000 Chinesen und 1,500 Einwohner anderer Na- alitäten mit Einschlufs der Neger. Unter dieser Bevölkerung von 50,000 See- Zeitschr. f. allg. Erdk. Neue Folge. Bd, I. 8 114 Neuere Literatur: len befanden sich nur eirca 8,000 Frauen und 3,000 Kinder. Seit dem Brande von 1853 hat San Franeisco 250 Strafsen und Spaziergänge, 18 Kirchen, 10 öf- fentliche Sehulen mit 21 Lehrern und 1250 Schülern, 2 Hospitäler, 5 amerika- nische, 1 französisches, 1 spanisches, 1 deutsches und 1 chinesisches Theater, 160 Hötels, 66 Restaurants, 20 Bäder, 63 Bäckereien, 15 Mehl- und Sägemüh- len, 13 Bisenwerke ete. Zwölf Zeitungen erscheinen täglich und aufser diesen noch eine Anzahl periodischer Blätter; unter den Tagesblättern befindet sich auch eine in chinesischen Charakteren gedruckte Zeitung, welche „Gold-Hill’s News“ heifst, da die chinesische Bezeichnung für San Franeiseo Gold- Hill bedeutet. Die Stadt besitzt 18 See-Dampfschiffe, von denen 8 für den Verkehr nach Panamä, 4 nach San Juan del Sud, 2 nach Oregon und für den Küstenverkehr bestimmt sind. Aufserdem befahren 23 Flufsdampfer die californischen Ströme. — Das Staats- wappen von Californien zeigt im Vordergrunde die thronende Minerva, auf die von den Spitzen der Sierra Nevada umkränzte und von Schiffen belebte Bucht von San Franeisco blickend. Ein Schaf, Pflanzen und einen in den Diggins ar- beitenden Goldgräber erblickt man im Vordergrunde. Oben befindet sich im Sternenkranz die Inschrift „EVREKA“, während die Umschrift des Wappens „The Great Seal of the State of California“ lautet. Das Stadtsiegel von San Francisco zeigt einen aus der Bai sich erhebenden Phönix mit der Umschrift: „Seal of the City of San Francisco“. Kur A. v. Humboldt’s Essai politique sur Tisle de Cuba. Hiesige Blätter veröffentlichen folgendes Schreiben A. v. Humboldt’s: „Ich habe in Paris im Jahre 1826 unter dem Titel „Essat politique sur Visle de Cuba“ in zwei Bänden Alles vereinigt, was die grofse Ausgabe meines „Voyage aux Regions equinowiales du Nouveau Continent“ im Theil IH, p. 445 — 459, über den- Agrieultur- und Sclaven-Zustand der Antillen enthält. Eine englische und eine spanische Uebersetzung sind von diesem Werke zu derselben Zeit erschienen, letztere als „Znsayo politico sobre la isla de Cuba“, und ohne etwas von den sehr freien Aecufserungen wegzulassen, welche die Gefühle der Menschlichkeit einflöfsen. Jetzt eben erscheint, sonderbar genug, aus der spani- schen Ausgabe und nicht aus dem französischen Original übersetzt, in New-York in der Buchhandlung von Derby und Jackson ein Octavband von 400 Seiten un- ter dem Titel: „The Island of Cuba by Alexander Humboldt. With Notes and a preliminary Essay by J. S. Thrasher“. Der Uebersetzer. welcher lange auf der schönen Insel gelebt, hat mein Werk durch neuere Thatsachen über den nume- rischen Zustand der Bevölkerung, der Landesceultur und der Gewerbe bereichert und überall in der Discussion über entgegengesetzte Meinungen eine wohlwollende Mäfsigung bewiesen. Ich bin es aber einem inneren moralischen Gefühle schul- dig, das heute noch eben so lebhaft ist, als im Jahre 1826, eine Klage darüber öffentlich auszusprechen, dafs in einem Werke, welches meinen Namen führt, das ganze siebente Capitel der spanischen Uebersetzung (p. 261 — 287), mit dem mein „Essai politigue“ endigte, eigenmächtig weggelassen worden ist. Auf diesen Thei Gillifs: The U. S. Naval Astronom. Expedition to the Southern Hemisphere. 115 meiner Schrift lege ich. eine weit gröfsere Wichtigkeit, als auf die mühevollen Arbeiten astronomischer Ortsbestimmungen, magnetischer Intensitätsversuche oder statistischer Angaben. „J’al examine avec franchise (ich wiederhole die Worte, deren ich mich vor dreilsig Jahren bediente) ce qui concerne l’organisation des societes humaines dans les Colonies, linegale repartition des droits et des jouissan- ces de la vie, les dangers menagants que la sagesse des legislateurs et la modera- tion des hommes libres peuvent &loigner, quelle que soit la forme des gouvernements. Il appartient au voyageur qui a vu de pres ce qui tourmente et degrade la nature humaine, de faire parvenir les plaintes de l’infortune @ ceux qui ont le devoir de les - soulager. J’ai rappele dans cet expose, combien l’ancienne legislation espagnole de Vesclavage est moins inhumaine et moins atroce que celle des Etats a esclaves dans U’Amerique continentale au nord et au sud de l’equateur“. Ein beharrlicher. Ver- _ theidiger der freiesten Meinungsäufserung in Rede und Schrift, würde ich mir selbst nie eine Klage erlaubt haben, wenn ich auch mit grofser Bitterkeit wegen meiner Behauptungen angegriffen würde; aber ich glaube dagegen auch fordern zu dürfen, dafs man in den freien Staaten des Continents von Amerika lesen könne, was in der spanischen Uebersetzung seit dem ersten Jahre des Erschei- _ mens hat eirculiren dürfen. - Berlin, im Juli 1856. Alexander v. Humboldt.“ The U. S. Naval Astronomical Expedition to the Southern Hemisphere during the years 1849 — 1852. Lieutenant J. M. Gillifs, Superintendent. Lieut. Archibald Mac Rae, Acting Master S. L. Phelps, Captain’s Clerk E. R. Smith, Assistants. By Lieut. J. M. Gillifs. Washington 1855. 2 vols. 4. - Die Anregung zu dieser Expedition danken wir einem Deutschen: Dr. Ger- ling in Marburg. Er suchte schon im Jahre 1847 Lieut. Gillifs von der Marine der Vereinigten Staaten dafür zu interessiren, für die Bestimmung der Sonnen- parallaxe, die ausschliefslich nach den Beobachtungen der Venus-Durchgänge von 1761 und hauptsächlich 1769 berechnet war, durch gleichzeitige, auf den verschiedenen Hemisphären und ungefähr unter demselben Meridian angestellte "Beobachtungen desselben Planeten während der Periode seiner retograden Bewe- gung eine neue, von der Wiederkehr eines so seltenen Phänomens wie ein Venus- Jurchgang unabhängige Basis zu gewinnen. Mehrere hervorragende Astronomen äufserten sich sehr günstig über den Vorschlag, andere, die davon keine wesent- perbe Berichtigung der jetzigen Annahmen erwarteten, hielten dennoch die Aus- ihr: desselben aus anderen Gründen für wünschenswerth, und um die Unter- itzung der amerikanischen Regierung zu erwirken, legte Lieut. Gillifs den Plan hst: der „Amerikanischen philosophischen”Gesellschaft * und der „Amerika- schen Akademie der Künste und Wissenschaften“ zur Begutachtung vor. Beide ehrte Körperschaften beschlossen, dem Berichte der zur Prüfung desselben ein- en Special- Comite’s gemäfs, die Unternehmung der Theilnahme des Gou- jements; zu empfchlen, und dieses erwirkte vom Congrefs eine Summe, die r Bestreitung der Kosten ausreichend schien, Um für die Beobachtungen, die 8* 116 Neuere Literatur: gleichzeitig an den nordamerikanischen Sternwarten und auf der*südlichen Hemi- sphäre angestellt werden sollten, eine möglichst weite Basis zu gewinnen, dachte Lieut. Gillifs zunächst daran, Chilöe, als den südlichsten, von Europäern bewohn- ten und für einen längeren Aufenthalt erträglichen Ort, zum Stationspunkt zu wählen; aber die Nässe des dortigen Klima’s, das nur an einer verhältnifsmäfsig geringen Anzahl von Tagen einen unbewölkten Himmel erwarten läfst, und die Nothwendigkeit regelmäfsiger und recht zahlreicher Beobachtungen bestimmten ihn, sich für Santiago zu entscheiden, das sich besonders im Sommer durch grofse Trockenheit der Luft auszeichnet. In den Plan der Expedition waren aufser dem Hauptobject, den Venus-Beobachtungen zur Bestimmung der Sonnen- Parallaxe, noch zahlreiche andere astronomische, magnetische und meteorologische Beobachtungen aufgenommen, welche voraussichtlich die Zeit und die Kräfte der wenigen gelehrten Theilnehmer auf anstrengende Weise in Anspruch nehmen mulsten. Dies mufs man im Auge behalten, wenn man über den geographischen Werth der beiden jetzt vorliegenden umfangreichen Bände kein unbilliges Urtheil fällen will. Es handelte sich nicht um eine geographische Exploration der südlichen Halbkugel, sondern um eine einfache Reise nach einem hier gelegenen Orte, der zum Zweck astronomischer Beobachtungen ausersehen war, und um den mehr- jährigen Aufenthalt an diesem, eben nicht aus Rücksicht auf das Interesse der geographischen Wissenschaft gewählten Punkte. Wenn die Expedition nichts- destoweniger, ungeachtet ihrer anhaltenden astronomischen Arbeiten, den Eifer besafs, ihre — meist unfreiwilligen Mufsestunden, so weit es die Natur der Haupt- aufgabe zuliefs, zum Nutzen der geographischen Wissenschaft zu verwenden, theils durch Ausflüge einzelner Mitglieder nach dem Norden und Süden Chile’s, theils durch Einziehung von Erkundigungen bei den Behörden oder bei Kennern des Landes; und wenn sie die dadurch erhaltene Information durch das Studium älte- rer und neuerer, zum Theil wenig bekannter Schriften zu ergänzen suchte, um dem Publicum eine möglichst reichhaltige und vollständige Arbeit vorlegen zu können: so verdient eine solche Thätigkeit auch von Seiten des Geographen dank- bare Anerkennung. Ist die Summe des geographisch Neuen, welches die beiden vorliegenden Bände bieten, im Verhältnifs zum Umfange derselben nicht gerade grols, so bildet das Werk doch ein mit Kritik entworfenes, wohlgeordnetes Gan- zes, eine zuverlässige Quelle der Belehrung, deren Reichhaltigkeit aus einer kur- zen Angabe des Inhalts erhellen wird. Der erste Abschnitt des ersten Theils wird durch einen gedrängten Abrifs der physischen Geographie Chile’s eröffnet, in welchem die Gebirge, Vulcane, Andes-Pässe, Seen, Flüsse, Häfen und Inseln der Reihe nach besprochen wer- den, worauf der Verfasser die Provinzen der Republik von N. nach $. durchgeht und namentlich die materiellen Hilfsquellen ihrer Bewohner erörtert, unter Be- nutzung der statistischen Angaben, welche er von den Landesbehörden erlangen - konnte. Dafs die folgenden Capitel über das Klima und die Erdbeben, die vom Jahre 1570 ab aufgezählt werden, von besonderem Werthe sind, durfte man von vorn herein erwarten, da diese Materien mit der Aufgabe der Expedition in nähe- rem Zusammenhange stehen. Die drei nächsten Capitel behandeln die politischen, soeialen und kirchlichen Zustände Chile’s, das achte und neunte die Topographie Cloete: Three Lectures on the Emigration of the Dutch Farmers etc. 117 Santiago’s und Valparaiso’s, das zehnte einen Ausflug nach den beiden erzreichen - Provinzen des Nordens, Atacama und Coquimbo, woran sich ein Capitel über die Mineralquellen des Landes anschliefst. Demnächst finden wir noch eine aus- führliche Schilderung der Umgegend von Santiago, namentlich in landwirthschaft- licher Beziehung, und den Bericht über einen Ausflug nach dem Süden durch das Innere des Landes bis Constitucion an der Mündung des Maule. Dieser geo- graphische Abschnitt wird unterbrochen durch zwei Capitel über die Präsidenten- wahl von 1851 und die nächstfolgenden Ereignisse. Der zweite Abschnitt enthält den historischen Reisebericht. Lieut. Gillifs schlug die Route über Panamä ein, während seine Mitarbeiter Cap Horn um- segelten. Der Bericht verbreitet sich über die Tour des ersteren und enthält interessante Abschnitte über die Reise von der Mündung des Chagres nach Pa- _ namä, wie über die Städte Panamä und Lima. Die Darstellung des Aufenthalts in Chile ergänzt die Angaben des ersten Abschnitts. Ein Anhang enthält Beob- achtungen über die vom November 1849 bis zum September 1852 in Chile ver- _ spürten Erderschütterungen, sowie meteorologische Beobachtungen, namentlich in _ der trockenen Provinz Atacama. Der zweite Band beginnt mit einem knappen, aber anschaulichen Berichte des Lieut. Mac Rae über seine Reisen von Santiago durch den Uspallata-Pafs über Mendoza und San Luis de la Punta nach Rosario, über seine Rückkehr nach Santiago durch den Portillo-Pafs, und über einen zweiten Besuch des Uspal- _ lata-Passes; 21 Orte sind astronomisch, 49 hypsometrisch bestimmt. Wir haben _ diese Angaben oben in dem Artikel über Catamarca benutzt. Hierauf folgt ein - Bericht über die Mineralien und Mineralwasser Chile’s von Prof. J. L. Smith. Viel lückenhafter sind die letzten Abschnitte, über einige indianische Alterthümer _ (der gröfste Theil derselben gehörte zu der Sammlung des Generals Alvarez, des letzten spanischen Commandanten der Provinz Cuzco), über die Zoologie, Bota- nik und Paläontologie; sie enthalten eben nur vereinzelte Beiträge zur chileni- schen Fauna und Flora. Der zoologische Theil ist mit schönen Abbildungen von 20 Species Vögeln, 11 Reptilien und 9 Fischen ausgestattet. Den Schlufs bildet _ Dr. Philippi’s Bericht über das Meteor-Eisen von Atacama, den Herr A. Peter- _ mann bereits im zweiten Hefte seiner diesjährigen „Mittheilungen * bekannt ge- ' macht hat. —n. Fi “2 Three Lectures on the Emigration of the Dutch Farmers from the (olony of the Cape of Good Hope, and their Settlement in the District of Natal. Deli- vered to the Natal Society at Pietermaritzburg by the Hon. Henry Cloete, L.L.D., Recorder of the District. Natal, Pietermaritzburg 1852. i In diesen höchst anziehenden Vorträgen setzt ein Zeitgenosse und Augen- zeuge die politischen und socialen Verhältnisse auseinander, welche in den Boers den Entschlufs, sich der britischen Herrschaft zu entziehen, zur Reife brachten. zeigt, wie das von der britischen Regierung geduldete, wo nicht begünstigte Treiben der Hottentotten-Missionäre einen grolsen Theil dieses Volksstammes 118 Sitzungsbericht ‚der Berliner geographischen Gesellschaft. den landwirthschaftlichen Arbeiten entfremdete und dadurch den Ackerbau der Boers lähmte; wie ferner die mit einer kaum nennenswerthen Entschädigung der Besitzer vollzogene Aufhebung der Sklaverei, mitten in der Erntezeit, den Ruin des Ackerbaues vollendete und die Vermögensverhältnisse zahlloser Familien un- heilvoll zerrüttete; wie endlich bei der von der Regierung gegen die Kaffern be- obachteten Politik an eine Sicherung der in den östlichen Distrieten gelegenen Besitzungen nicht zu denken war. Nachdem er so den Entschlufs der Bauern, die Cap-Colonie zu verlassen, erschöpfend und überzeugend motivirt hat, schil- dert der Verfasser die Gefahren, mit denen die Emigranten auf ihrer Wanderung durch das Quellgebiet des Orange-Flusses und bei ihrer Ankunft in Natal zu kämpfen hatten. Ein Ereignifs, das nicht blos für die Kenntnifs, sondern auch für die Cultivirung eines grolsen Theiles von Süd-Afrika so wichtig ist, wie die Emigration der Boers und die daran sich knüpfenden Folgen, hat natürlich für den Geographen ein besonderes Interesse, während die Charakterfestigkeit, welche die tapfern Auswanderer inmitten aller Drangsale bewährten, eine, allgemeine Theilnahme beansprucht; der Hauptreiz obiger Vorlesungen liegt aber in der Sicherheit, Einsicht und Besonnenheit, mit welcher der Verfasser sein feines und lebendiges Gemälde der britischen Colonial-Politik gezeichnet hat. Lehrreich für die gegenwärtigen Zustände ist auch die auffallende Vorsicht, mit welcher der Verfasser politische Materien, namentlich wenn sie das Verhältnils der Briten und Holländer zu einander betreffen, behandeln zu müssen glaubt; da dieser Zug auch in anderen Schriften aus dem Caplande, deren Kenntnifs wir der gütigen Mit- theilung des Herrn Dr. Bleek verdanken, sehr merklich hervortritt, müssen wir annehmen, dafs die Antipathie zwischen den beiden Nationen in der Colonie Na- tal auch jetzt noch eine offene Wunde ist, die nicht anders als mit grolser Zart- heit berührt werden darf. —ın. Sitzung der geographischen Gesellschaft vom 5. Juli. Der Vorstand eröffnete die Sitzung durch Ueberreichung und Besprechung Ü der im Laufe des Monats für die Gesellschaft eingegangenen Geschenke: 1) Army h Meteorological Register, for twelve years, from 1843 to 1854, inclusive, compiled 4 from observations made by the officers of the medical department of the army. Washington 1855 (s. die Abhandlung über das Klima von Nord-Amerika). 2) Mit- theilungen über wichtige neue Erforschungen auf dem Gesammtgebiete der Geo- graphie von Dr. A. Petermann. 1856. Heft V. 3) Registro estadistico del estado de Buenos Aires. Redactado por Justo Maeso. Buenos Aires 1855. (Geschenk des Herrn General-Consuls v. Gülich.) 4) Die Cholera zu Berlin in den 10 Jah- ren 1831, 32, 37, 48, 49, 50, 52—55, mit besonderer Rücksicht auf ihre räum- liche Ausbreitung. Von H. Mahlmann. Nebst einer Karte von Berlin über die 9 ersten Epidemien. 5) Europa, von Vogel und Delitsch. Leipzig, Hinrichssche Buchhandlung. Orographische Wandkarte. 6) Dr. Karl Vogels kleiner Schulatlas der Elementar-Geographie. Sechs Karten, entw. und gez. von O. Delitsch. Mit’ | Sitzungsbericht der Berliner geographischen Gesellschaft. 119 naturhistorischen Randzeichnungen. Leipzig 1855. 7) England, von Gräf und _Kiepert. Weimar 1856. 8) Terrestrial Magnetism by Colonel Edward Sabine. - Eine Tafel mit erklärendem Text. 9) Untersuchungen über die Verbreitung des Tigers und seine Beziehungen zur Menschheit. Von J. F. Brandt. St. Petersburg 41856. 10) Bemerkungen über die Wirbelthiere des nördlichen europäischen Rufs- lands, besonders des nördlichen Urals. Von J. F. Brandt. (Nr. 4—10 sind Ge- schenke der Herren Verfasser oder Herausgeber.) 11) An English Kafır Die- _tiomary of the Zulu-Kafır Language, as spoken by the Tribes of the Colony of _ Natal, By James Perrin. Pietermaritzburg 1852. 12) A Kafır English Dietio- nary of the Zulu-Kafır Language, as spoken by the Tribes of the Colony of Natal. By James Perrin. London 1855. 13) An Elementary Grammar of the Zulu-Kafır - Danguage. By John William Colenso. London 1855. 14) Ivangeli Eli Yingewele Eli- Baliweyo G’Umatu. London 1855. 15) Three Lectures on the Emigration of the Duteh Farmers from the Colony of the Cape of Good Hope, and their Settle- ment in the District of Natal. By the Honorable Henry Cloete, L.L.D. Pieter- maritzburg 1852 (s. o. Literatur). 16) Lecture on the Early Visits of Europeans to Natal. By the Honorable D. Moodie. Pietermaritzburg 1852. 17) Plan of the - Town of D’Urban, situated in the Territory of Natal. 18) Cape History and ‚Science. By the Hon. Donald Moodie. (Nr. 11—18 sind Geschenke des Herm Dr. Bleek.) Darauf hielt Herr Dr. Kiepert einen Vortrag über neue Karten eines Theils von Assyrien, die nach den Aufnahmen der englischen Ingenieure der Bombay- Gesellschaft zu dem Zweck eonstruirt sind, um als topographische Grundlage für _ das Studium der assyrischen Alterthümer zu dienen. Die Generalkarte umfafst einen Raum von nur 30 Quadratmeilen. Wichtig sind die detaillirten Stadtpläne von Niniveh und Nimrud, im Mafsstabe von 1:23,000, besonders dadurch, dafs auf ihnen die alten Tigrisbecken und die Alluvialländer verzeichnet sind. Auf dem Hauptblatt, im Mafsstabe von 1:73,000, ist die Lage der vier Ruinenstädte nd etwa 70 einzelner Ruinenhügel, sowie die Richtung der genau vermessenen B) quäduete verzeichnet, welche das Wasser des Grofsen Zab und eines Neben- flusses desselben 40 engl. Meilen weit nach Nimrud hinführten. Als das wich- _ tigste Resultat dieser Aufnahmen kann man bezeichnen, dafs eine so colossale _ Umwallung, wie man sie bisher angenommen hatte, um die Angaben Strabon’s und Ktesias’ über den aufserordentlichen Umfang der Stadt (480 Stad.) zu erklä- ren, in Wahrheit nicht existirt. Auch die Hypothese, dafs der Djebel Maklub _ der östliche Theil dieser Umwallung sei, ist unhaltbar; er ist vielmehr ein natür- liches Kalkgebirge von nicht weniger als 2000 Fufs Höhe. Die Stadt Niniveh ‚oeeupirte nach diesen Aufnahmen einen Flächenraum von etwa 500,000 [JFuls, war also ungefähr so grofs, wie jetzt Kairo. Die vereinzelten Ruinenhügel sind allerdings über den ganzen Raum bis zum Djebel Maklub zerstreut, aber zwischen ihnen hat sich durchaus keine Spur zusammenhängender Gebäude entdecken lassen. Demnächst sprach Herr Prof. Ehrenberg über die Organismen auf dem efen Meeresgrunde. Schon vor einigen Jahren hatte er Meeresschlamm, der aus der Südsee, aus Tiefen von 12,000 und 12,900 Fufs hervorgeholt war, mikros- sch untersucht und erkannt, dafs er vorherrschend organisch war, ja dafs die eichen Polythalamien und Polyeystinen oft noch mit den weichen Thierlei- = 120 Sitzungsbericht der Berliner geographischen Gesellschaft. bern erfüllt waren. Jetzt ist es vermittelst eines verbesserten Senkapparats ge- lungen, aus der Tiefe von: 16,200 Fufs an den Kurilen Meeresschlamm hervor zu holen, der von Prof. Bailey in Westpoint, New-York, analysirt ist. Die Unter- suchung ergab ebenfalls, dafs der Schlamm nur zum geringsten Theile aus un- organischen Stoffen besteht, und dafs das Organische vorwiegend ist. Auch die Ueberreste der weichen Körpertheile hat Bailey in den Schalen gefunden; er ist aber der Ansicht, dafs hieraus nicht auf ein Leben in so grofsen Meerestiefen geschlossen werden dürfe, meint vielmehr, dafs diese Organismen durch Meeres- ströme oder Thiere, denen sie zur Nahrung dienten, aus höheren Regionen fort- getragen und todt auf dem Meeresgrunde abgelagert wären. Diese Ansicht wird nicht blos dadurch bedenklich, dafs die erwähnten zarten Formen gröfstentheils mit ihrem weichen Inhalt wohlerhalten sind, sondern sie steht auch im Wider- spruch mit der Thatsache, dafs die Organismen des Meeresgrundes nicht densel- ben Arten angehören, die in den geringeren Tiefen des Meerwassers ungefähr in denselben Gegenden vorwiegen. Das Meer ist überall entweder mit Kalk- oder mit Kieselschaalthieren angefüllt. Im ägäischen Meere sind die letzteren vorherr- | schend, der Grund desselben zeigt aber nach Forbes’ Untersuchungen vorwiegend Kalkschaalthiere. In den grölsesten Tiefen, die jetzt untersucht sind, finden sich namentlich Polyeystinen, aber keine Kalkschaalen. — Bailey wird Abbildungen der beobachteten Formen veröffentlichen. Derselbe Redner theilte darauf die Analyse einiger Materialien mit, die er von Dr. Vogel aus Central-Afrika erhalten hatte und die er im Originale vor- legte: 1) Oberflächenstaub aus der Gegend von Kuka, 2) Bodensatz des Tschad- sees, 3) Brunnensand aus einer Tiefe von 45 Fufs, aus der Gegend von Kuka, und 4) Goldsand aus den Quellen des Flusses Gongola. Die Untersuchung hatte 133 organische Formen gezeigt, so dals die Gesammtzahl der aus den von Over- wegh und Barth, von Werne, Russegger und Lepsius mitgetheilten Materialien erkannten Formen mit Einschlufs der jetzt entdeckten sich auf 242 Arten beläuft. Von den 69 Arten, welche der Bodensatz des Tschadsees enthielt, gehört keine den Salzwasserformen an; sein Wasser kann also nicht brackisch sein. Der Oberflächenstaub aus der Nachbarschaft von Kuka ist grau, woraus erhellt, dafs der zimmtfarbene Seiroceo-Staub nicht aus dieser Gegend herübergeweht wird. Hierauf hielt Herr Prof. Ritter zwei Vorträge über Brandts „Verbreitung des Tigers“ und über Moodie’s „Cape History and Science“, die wir unter den Miscellen dieses Heftes mitgetheilt haben. Zum Schlufs beendigte Herr Prof. Koch seinen in einer früheren Sitzung begonnenen Vortrag über die Communicationsmittel Transkaukasiens, und sprach namentlich über die gro[se Strafse von Redut-Kaleh über Kutais durch den Pals von Suram nach Tiflis, über die alte Strafse, die von Suchum-Kaleh nordnord- östlich durch das Gebiet der Tzebeldiner in einer Höhe von 7000 Fufs über zwei Sattel des Kaukasus führt, über einen Weg aus dem oberen Thale des Rion zu | den Quellen des Uruch und über den Weg von Kutais nach Achaltziche. d 4 3 m? £ y. N DM N w X D H.MAHLMANN Geo-Lithograph.BERLIN. NORDFOL ARCTIE POLE. —— . KaRrıE — == Li —I DER TG — NÖRDLICHEN SIRWNISPHÄRE —— INNERIALB DES 40. BREITENGRADES. —— ENTWORFEN UND BEARBEITET. 1 N’ \ _ I RT H.W.DOVE. ME > I’ = zZ UA DIR TE NORIERRN EORWOSPENBIRIE U SS Se SmmN THE 40m DEGRER OF LATITUDE un! DRAW on HENRYKIEPERTLUDBERLIN — 4 _ Bin ae" en 1 72 u u > m la er u ai ‘ De ne u . aatz in Berlin. nach RROWSMITH A 59 .Anst.v. Punta Lith a0 Zeitschrift £ allgem. Lu teenl Ei Folge Hal _ Versuch einer Skizze ver CATAMARCA Sach den Angaben Benedicho Nuro's , entm. u. gez .von CN 7856. £ v2 1 20 Tequas > ) | R vo x. “u eu! canılldn “ % ch ng ME N Tee Zn yo ef: + Imudodres de DE Fapata NE AMAROA „. I \ R cv 12 EN ? 04 Br Aoncepeion? oPrtntilla j a S i üpacavana g | KT Ah is ma? we ü ilosta de Ragket ee hlampanas N ar AMAR cq nach ARROWSMITH. SFamatina x »RIOJA messer 09 Ben! Lith. Änst. VI. Rraalz. in Berlin 4 2 ar Verlage ‚der Decherjhen Geheimen Ober » Hofbuchpruderei in } Berlin ‚it fo ‚eben Gala und Bafelbie- wie Bug in allen N RS Saraprapi fiatiftfces Semi RR >, | " Prenfifchen Staats, mitten die fämmelichen Städte, Fleden, Dörfer, und fenfigen & Ortfgaften größeren Umfanges, Re En ‚alphabetifcher Ordnung, Dorartemen, des Ländlichen Kreifes, des Buaemnge: Baal Br SE ERE ‚und, der. a ER A: Rechnungs-Rath im Königt, Su. Miniferium. Br ER; 90 + Bogen. Seheftet, 3 N = Brenn von Henry. Lange. Br, | I: Leipzig nach. Dresden. (Karte, "Notizen. y he Schweiz. - (Karte, 9 Abbildungen, Notizen.) ‚Leipzig nach: ya Riedel: 2 aeeni Notizen.) N , Mir 10 Abbildungen a Noten) ee: ne 2 Ä ‚(Mit 10 Abbildungen und Notizen. IR ne = Preis des Blattes 5 Ser. u. Er allen Buchhandlungen zu haben. eh Be K- Bei Dietrich Reimer in. Berlin ist erschi a über alle The HRG % £ u e x Wissenschaften 3 ‚zu "Berl Le 9 fünfte noch. vor. DER HL = SH era DR mar El rl Inha 1x ; ie V. Run dem Bulghar Dagh- des eilieischen Taurus, von Th. Kotachyr 121 vL Geschichtliche und geographische Notizen über Californien. Erster - Artikel. Von K. Andr ee. (Hierzu eine Karte, Taf. III.) Ba ; 139 «VI. Die Provinz Catamarca in. der argentinischen Conföderation. (Schlufs. Ara ‘Vom, Herausgeber. BE NO Be u BE 155 Miscellen. e I Ä BRER Aus dem Tagebuche des Dr. Kane. » 2... 2... 2.0. 10 Die Gefahren der sogenannten. Nicaragua - an, N 177 Pals über die Cordillera am See Naguelhuapi. ‚(Hierzu eine Race, Taf, v) 479° Die: Beschiffung des. Rio 'Salado in der argentinischen Conföderation. 4 ‚186. \ # Hi Gräberg di Hemsö über die Bewohner des Bil, . 2 nme 4190: Auswärtiger Handel Bengalens.. 5 VAR er „Freie Arbeit und Sklarenarbeit in den Colonien. RER . 2 Neuere Literatur. ö Neuere Arbeiten über das kaspische Meer, den Urmia- EL Yan- See „1% Personal Narrative of @ Pilgrimage to El- ‚Medinah and Meccah. By ? Richard F. Burton. ae ERS 200.8 Sitzung der geographischen Geslschaft zu Bi vom 9. Aus 1806 206: 2% z Nachrichten. Dtm more Karten. SL 2 Dar DJ: Karte de Staates California. Nach der offieiellen Karte des State _ 5 Surveyor General W. M. Eddy, gezeichnet von H. Kiepert, Tat, IV. Karte des Ändes- Pafs am See ‚Naguelhuapi. Nach dem Bericht von .Fonck und Hers, gez. von K. N. tee Fe # Von dieser Zeitschrift erscheint jeden Monat ein Heft von 5—6 Bogen £ 3 mit Karten und ‚Abbildungen. ‚Der Preis eines Bandes von 6 Heften, welche nicht Kennt Bee werden, ist 2 Thlr. “4 Sur ” V. Aus dem Bulghar Dagh des cilieischen Taurus. Herr Theodor Kotschy, k. k. Custos- Adjunet am botanischen _ Hof-Cabinet in Wien, der frühere Begleiter des Ober-Bergrath J. Rus- segger in den Jahren 1835 —1841 auf dessen afrikanischen und syri- ‚schen Reisen, brachte mit demselben auch im cilieischen Taurus einige "Zeit zu, setzte dann aber selbständig seine Jahre langen (seit 1844) Reisen als Naturforscher in Persien und Kurdistan fort, bis Mosul. Viele seiner botanischen und zoologischen Entdeckungen sind bekannt geworden. In der Allgemeinen Erdkunde Band XVI. konnten seine iehtigen handschriftlichen Mittheilungen über die Frühlingsflora von Aleppo und über die Vegetationsverhältnisse des Mons Casius bei An- - tiochia von dem Unterzeichneten veröffentlicht werden. Es ist zu hof- fen, dafs dieser erfahrene Wanderer und Kenner der Natur seine - Tagebücher demnächst bekannter machen wird. Wir verdanken seiner gütigen Mittheilung den folgenden Umrifs über einen sehr wenig ge- "kannten Theil des alpinen eilicischen Taurus, den Bulghar Dagh ober- alb Tarsus, den er erst im vorigen Jahre (1855) von Neuem als ‚Botaniker und Zoologe durchforscht hat. Im Juni 1856. C. Ritter. ART ERT, Die nördlich über der Stadt Tarsus gelegene Gruppe des ciliei- schen Taurus, türkisch Bulghar Dagh genannt, präsentirt sich von der 'Seeküste aus als ein mächtiger breiter Alpenstock, dessen höchste "Kammkuppen in abgerundeten Formen erscheinen. Aus dieser Ferne von 30 Stunden haben diese Spitzen durchaus nicht das Ansehen un- serer zerrissenen Hochalpen. Ein scharfes und geübtes Auge ist im Stande, von hier den Hauptcharakter des ganzen südlichen Gebirgs- bhanges zu erkennen. Die nächst dem Meere gelegenen Hügel sind, Pelle a Me 122 Th. Kotschy: indem sie sich zu Bergen erheben, schütter und niedrig bewachsen, und ziehen sich als weit gedehnte Ausläufer in einer anwachsenden Höhe tief gegen die Alpen hinein. Ein dunkler Saum, der aus den tiefen Thälern und Schluchten im Hintergrunde emporsteigt, umgürtet das Alpenland. Hier ist die Region der Föhren-, Tannen-, Ceder- und Wachholderwälder. Ueber der Linie der durch die dunklere Fär- bung scharf begrenzten Baumregion liegt ein breiter, kahler, smaragd- grüner Streifen, der sich bis zu den sterilen, weilsgrau aussehenden Felsenkuppen des Hochalpenlandes erhebt. Besonders abstechend treten diese höchsten nackt aussehenden Regionen durch die bedeutenden, noch im August häufig da liegenden Schneefelder hervor. Der dreimonatliche Aufenthalt in diesen Bergen und Alpen bot hinsichtlich der Vegetationsverhältnisse, der Sitten der Turkomanen wie der hier so häufig vorkommenden Steinböcke und übrigen seltene- ren Thiere Gelegenheit zu Beobachtungen dar, von denen die folgenden Zeilen einen Umrils liefern mögen. Durch eine 3—4 Stunden breite kahle Ebene, die spärlich mit Baum- wollpflanzungen, Gossypium herbaceum, bebaut und durch wenig kleine Ortschaften belebt ist, werden die ersten Vorberge vom Meeresstrande getrennt. Tarsus, das einstige Emporium Ciliciens und der Geburtsort des Apostels Paulus, von weiten, üppigst vegetirenden Gärten umgeben und von dem herrlichen und kalten Gebirgswasser des Cydnus reich- lich durchströmt, liegt in der Mitte dieser Ebene. Auf den Hügeln und in den Vertiefungen, die der Zahn der Zeit aus dem Zusammen- sturz der herrlichen Paläste zurückgelassen hat, wie es noch halb um- gefallene, aus dem Schutt hie und da hervorragende Syenit- und Mar- morsäulen bezeugen, ist die jetzige aus Lehm und Steinen erbaute Stadt gelegen. Von den südwestlichen höchsten Schutthaufen, wo einst das Kastell gestanden haben soll, geniefst man des Anblickes über die üppig vegetirenden weiten Gärten, hinter deren grünem Vorder- grunde sich majestätisch das Taurusgebirge durch seine mächtigen wei- ten Vorberge, bis zu seinen plattgedrückten Schneegipfeln erhebt. Die Vegetation der Ebene, nachdem sie längs des Meeresstrandes in dem oft eine halbe Stunde landeinwärts sumpfigen Boden in Schilf- rohrwäldern und Salzpflanzen auftritt, wird über die ganze Fläche hin hauptsächlich durch die kleinen zarten, nur einen Fuls hohen Sträucher von Lagonychium Stephanianum MB. vertreten. Diese hier ungemein häufige Pflanze ist eine wahre Plage für Baumwollkultur, da sie mit ihren starken holzigen Wurzeln überall den Boden durehwuchert. Die seegrünen, fein zusammengesetzten Blätter und silberweilsen Stengel geben der am Ende Juni schon ganz dürren Ebene ein zartes silber- graues Ansehen. Der Boden ist auf der ganzen Fläche, die 40 Stun- Aus dem Bulghar Dagh. 123 den vom Taurus aus nach Osten sieh hinzieht und aufser dem Cydnus _ noch von den mächtigen Flüssen Sarus und Pyramus quer durchströmt "wird, im März, April und Mai mit üppiger Vegetation bedeckt. Einst, als Cicero Prokonsul Ciliciens war, gehörte diese Landschaft zu den reichsten Provinzen des römischen Reiches; jetzt liegt leider beinahe _ das ganze Land unbebaut da, die Kanäle sind alle versandet, und nur ‚den Flufsufern entlocken die Landleute, trotz ihrer Saumseligkeit, den- noch zwei reichliche Ernten im Jahre. — Verfolgen wir den Weg ins Gebirge, so treten wir auf sanftan- ‚steigende Hügel, welche aus einer weilsen kreidigen Erde bestehen, und nur spärlich mit niedriger Strauchvegetation von immergrünen Stein- _ eichen (Quereus [Coceifera] calliprinos Webb.), Kreuzdornen, Terpen- tinbäumen etc. bekleidet sind. Dieses Hügelland ist nur wenig be- - wohnt, bebaute Ackerstücke zeigen sich selten, dagegen werden in dem höher gelegenen Theile die früher krüppelig wachsenden Sträucher stär- ker und üppig, sobald die weilse Erde zurücktritt und der hier felsig F hervortretende Kreideboden von einer schwarzen Lehmerde bedeckt ist. Durch ein vier Stunden langes Ansteigen erreicht man zwischen stach- ligen hohen Sträuchern die Höhe des äulsersten, vom Taurus gegen _ Tarsus herablaufenden Bergrückens. Ein dichtes Buschwerk von un- - durehdringlichen, dornig stacheligen Hochsträuchern, durch Rhamnus ‚oleoides, Paliurus orientalis, Crataegus pyracantha und Rhamnus Ala- ternus vorzüglich vertreten, in deren Dickicht nach Aussage der Be- gleiter viele Leoparden hausen, überzieht die ganze Gegend. Eine büsch der sonst hier kargen, dürren Vegetation, giebt ein düsteres Bild der Langweile, wenn nicht die Ueberraschung eines Triumphbogens aus der Römerzeit mit einer breiten, aus Quaderstein gebauten, in der Weite einer Stunde noch ganz gut erhaltenen und für die Hufe der Pferde beinahe zu glatten Heeresstrafse dieselbe mildern würde. Mit dem Aufhören dieses alten Kunstwerkes erreicht man den Saum eines ales und steigt an dessen Flufsufern im Schatten der Platanen hinab, mmer tiefer in das Gebirge eindringend. Viele bebaute Aecker zei- gen dieses ganze Thal entlang einen sehr ergiebigen Boden, und Ter- pentinbäume, so wie die immergrünen Eichen wachsen hier zu mäch- igen Stämmen heran. Bei einem Barometerstande von 27 Zoll 4 Linien und + 17° Reaumur, also an 1000 Fuls über dem Meere, fangen im ntern Theile dieses Thales Föhrenbestände an, die zu den Species Pinus Bruttia Tenore zu gehören scheinen. Das lichtgrüne Ansehen er weichen, langen Nadeln, das buschige und eigene des Baumwuch- es, wo sich auf einem Stamm die horizontal abstehenden Aeste in eren diehten, rundlich zusammengehaltenen Gruppen formiren, und 124 Th. Kotschy: das üppige Wachsthum des ganzen Bestandes giebt der bisher trauri- gen Landschaft einen bezaubernden Reiz. An Stellen der mehr felsi- gen Lehnen, wo die Föhren nicht mehr auftreten, sind Sträucher von Fontanesia phyliroides Dec., Quercus infectoria L., Cercis siliquastrum L., Elaeagnus latifolia MB. und einer ausgezeichneten Nebenart von Quer- cus Cerris L. die vorwaltenden; im feuchten Thalgrunde aber stehen Gruppen von Myrten zwischen dem allgemein verbreiteten, rosige Blumenteppiche bildenden Oleander. Das Flufsbett selbst wird beider- seits von mächtigen Platanen und wild rankenden Reben überwölbt. Von dem zur Mittagsrast bestimmt gewesenen Chan Meserolugh führt der Saumweg durch tiefe Schluchten in lichtern Föhrenbeständen berg- auf. Die gewöhnliche Mediterranflora tritt desto schneller zurück, je mehr man sich der Alpenkette des Taurus nähert. Nach einem Ritte von mehr als 20 Stunden erreicht man die Nähe der bewohnten Land- schaft von Güllek. Sie zeichnet sich, schon in der Nähe der Alpen befindlich, vorzüglich durch das gänzliche Verschwinden der Myrten, Oleander und Lorbeerbäume, das spärliche Vorkommen der Eichen, Quercus coccifera, und der Terebinthenbäume aus. Zahlreich tritt hier der herrliche Wachholder, Arceuthos drupacea Antoine et Kotschy, auf, dessen Früchte von der Gröfse kleiner wälschen Nüsse einen angeneh- men Geschmack besitzen. Im November, wo die Früchte reif sind, kommen aus Osten Caravanen von Turkomanen in die hiesigen Ge- genden, sammeln die Früchte und kochen daraus eine Art Marmelade, die sie ins Innere mitnehmen. Auch ein angenehmes Getränk wird daraus bereitet, welches sich in irdenen Krügen den Winter hindurch erhalten läfst. Hier befindet sich der Botaniker in einer dem Taurus eigens angehörigen Flora. Von dieser Gülleker Landschaft aus ist der Anblick der selbst im Juni vielfach mit Schnee bedeckten Alpenkette mit ihren über 6—10 Stunden weit lachend ergrünenden Matten ein überaus reizender. Die Rücken von Güllek sind in dem untern Theile an ihren Ost- und Westabhängen mit weiten Weingärten bepflanzt, in denen zerstreut Wohnungen herumstehen. Die flachern Thalgründe und dem Weinstock nicht günstige Abhänge sind mit Gerste, Weizen und Kichererbsen bebaut, während Roggen, Kartoffeln und andere Feld- früchte vermifst werden. Das Barometer hat während der drei Monate den Stand von 24 Zoll und 7 Linien als das Medium in Güllek aufgewiesen, das also 3800 Fuls über dem Meere liegt. Eine der Pinus maritima Lambert nahe stehende Form (Pinus Pseudohalepensis Dehnhardt) erreicht in der Land- schaft von Güllek ihre obere Grenze, während die Waldbestände ins steile Hochgebirge hinauf mit Pinus Laricio Poiret var. caramanica an- fangen. Die bisherigen lichtgrünen, schlanken Bäume weichen dem Aus dem Bulghar Dagh. 125 gleich hochgewachsenen, schweren, in seinen Gipfeln schirmartig aus- _ gebreiteten dunkeln und dichtern Waldbestand der Schwarzföhre. Von - diesem Gülleker Kulturboden, der eine terrassenförmige Abstufung des Südabhanges bildet, drängt man sich durch tiefe Schluchten auf mühsamen Saumwegen dem Stocke der Hochalpen näher heran, und erreicht nach einem Ritte von 6 Stunden den Fufs des Alpenlandes. Diese ganze Strecke ist mit dichtem Waldbestande von Coniferen (Pi- - mus Laricio, Pinus Fenzelü Ant. et Ky. ms., Abies Cilieica Cedrus Libani _Barr., C. Libani Barr. var. argentea, Juniperus excelsa MB., J. foeti- dissima Willd.) bedeckt und stellenweise mit Gruppen von Eichen _ (Quercus Libani Oliv., Q. calliprinos Webb., Q. Cedrorum Ky, Q. Abie- tum Ky.) gemengt. Eine Stunde über Güllek fängt die untere Vege- tationsgrenze der Ceder vom Libanon an. In ihrer Begleitung findet sich im cilieischen Taurus immer eine Silbertanne mit 9 bis 10 Zoll hohen, aufrechtstehenden Zapfen, die als Abies cilicica bezeichnet wurde. An lichtern Stellen der Thalwände stehen die schon 1000 Fufs tiefer vorkommenden, mit Früchten schwer beladenen Sträucher von Arceu- thos drupacea Ant. et Ky., und bilden im Durchmesser oft 2 Fuls dicke Stämme. An den schattigen, mit Moos bewachsenen Felsen finden sich häufig Halbbäume von Tazus baccata. Zwischen diesen Nadel- _ hölzern ist das Laubholz nur an sonnigen, lichten Felsenlehnen spär- _ lieh durch Ostrya orientalis, Fraxinus petiolata Briss, F. oxyphylia MB. _ und Acer platanoides sammt asiatischen Eichen vertreten. Je höher gegen das Alpenland angestiegen wird, desto häufiger tritt die Ceder _ mit der Silbertanne und mit der zu mächtigen Bäumen heranwachsen- den Juniperus ercelsa MB. hervor, während Pinus Laricio aufhört und Pinus Fenzelii Ant. et Kotschy in Schedulis, ein Schwarzföhrenbaum _ mit verhältnifsmäfsig sehr kleinen und weichern röthlichen Zapfen- _ schuppen, zerstreut auftritt. In der Höhe von 5- bis 6000 Fufs sind _ die Waldbestände, nach der Häufigkeit des Vorkommens der Bäume, in folgender Reihe zusammengestellt: Cedrus Libani var. argentea wächst besonders an Ostabhängen mit Silbertannen gemischt. Pinus ' Fenzelii kommt so wie Juniperus excelsa MB.? vereinzelt vor, wird aber in der Nähe des Alpenlandes durch Juniperus foetidissima, einen - grolsen Wachholderbaum, ersetzt. Die Westlehne der von der Central- kette nach”Süden streichenden Bergrücken bewachsen vorherrschend Silbertannen, dann Cedrus Libani var. viridis, Juniperus excelsa MB., mit wenigen Pinus Fenzelii Ant. et Ky. In den offenern Schluchten, venn sie sich, wie dies in dem obern Theil dieser Region häufig ist, "bis zu der Thalfläche, einer Viertelstunde, ausbreiten, stehen dichte Be- ‚stände von hohen und mächtigen Stämmen Juniperus excelsa MB. Auf- fallend ist in der Nähe der obern Grenze der Baumregion das grup- nn. .' 126 Th. Kotschy: penweise Vorkommen einer Eichenspeeies, Quercus Ibieis Ky. in Dryo- graphia Ciliciae, die an unsere Quercus Robur lebhaft erinnert. Ebenso kommen auf tiefem Gerölle am äufsersten Saum der Baumgränze in dichtesteem Cedernwuchse Gruppen von Pappeln vor, deren Formen unsern Zitterpappeln ähnlich sind. Bei einem Barometerstande von 22 Zoll 3 Linien und + 16° = 6400 Fufs über Meer ist die obere Baumgrenze gelegen, die plötzlich mit hohem Waldbestande aufhört und auf den Anhöhen um so viel höher ansteigt, als sie in den 'Thä- lern unter die Mittellinie zurückweicht. Die letzten Baumreihen be- stehen aus uralten Cedern, dem mächtigen und diekblättrigen Wach- holderbaume, Juniperus foetidissima Willd., wie der hier nicht hoch- gewachsenen aber reichlich mit langen Zapfen besteckten Silbertanne. Mit Recht kann diese Region von 4500 Fufs an mit dem Namen der Urwälder der Cedern belegt werden, da dieselben hier die Bestände von vielen Millionen von Stämmen ausmachen, die zu gleichen Theilen in die vorbenannten zwei Varietäten zerfallen. Die Mächtigkeit der Cedernstämme übertrifft selten den Umfang von 10 Fufs, nur diejeni- gen Bäume, welche eine besonders günstige Lage in muldenförmigen Vertiefungen der Bergabhänge haben, erreichen, aber nur sehr selten, den Umfang von 20 Fuls, und werden von den wenigen im Libanon auch in beiden Varietäten noch stehenden Stämmen um mehr als das Doppelte des Umfanges übertroffen. Ueber diesen durch Cedern, mächtige Föhren, Tannen und Wach- holderbäume breiten, dunkeln Waldgürtel dehnt sich ein weites, 4 bis 6 Stunden anzusteigendes, von allen Bäumen und Sträuchern entblöfs- tes Alpenland aus. Blumenreiche, buntgefärbte, doch nur an Quell- abflüssen zu Rasen zusammengewachsene Alpentriften werden hier von einer gut gedeihenden Vegetation bedeckt. Vorherrschend ihrer Arten- menge nach sind: Compositae, Labiatae, Leguminosae und Umbelliferae, beinahe gleich stark vertreten erscheinen Caryophylleae, Cruciferae, Scrofularineae und Liliaceae. Im ersten Sommeranfang sind die Berg- seiten mit neuen Tulpen, blauen Anemonen, weilsen Ornithogalen, Seil- len, Fritillarien und Hyaeinthen bedeckt. Später im Juli erblüht das Heer der Ranunkeln, Silenen, Potentillen und Rosen. Das Kleid än- dert sich nochmals, und zahlreiche Hyperica, Euphorbiae, Marrubia, Centaureae, Acantolinon’s etc. beschliefsen mit Ende August die Flora, bis nach dem ersten Regen im September die ganze Alpenwelt mit blauen und weilslichen Crocus überdeckt und von der Schneedecke ge- wöhnlich noch blühend eingehüllt wird. Jene, von der Meeresküste aus sanft erscheinenden Kammkuppen des ganzen Hochalpenlandes, welches sich über diesen so blumenreichen Alpentriften erhebt, zeigen sich in der Nähe als steile, kaum ersteigbare Geröllabhänge von senk- Aus dem Bulghar Dagh. 127 rechten Wänden durchbrochen. Der Charakter dieses obern Alpen- eiles besitzt grofßse Aehnlichkeit mit jenem unserer noch nicht die Gletscherregion erreichenden, aber bis in den Hochsommer mit Schnee- feldern bedeekten Alpen. Nur in dem untern Theile bis zur Höhe von 8000 Fuls ist diese so üppige Flora zu finden; weiter hinauf zei- gen sich nur hie und da zwischen Steingerölle sich durchwindende sehr gebrechliche Stengel von Lactuca glareosa, Viola crassifolia, Lamium eriocephalum, Isatis suffrutescens. Um die auf glimmerhalti- gem Thonschiefer gelegenen Schneethälchen sind in dichte Polster zusammengewachsene, uralte Exemplare, mit 1 Zoll dicken Wurzel- _ stöcken von Potentilla pulvinaris, Scorconera cinerea. Die Spalten der Felsenwände zieren Silene, Draba Androsace, Sazifraga. Die höchsten, mit feinem Steingerölle überdeckten Südabhänge der an 10500—11000 _ Fufs über Meer erhabenen Spitzen (Barometerstand am 29. Juli um 412 Uhr Mittags 18 Zoll 10 Linien, Thermometer + 11° R.) zeigen uns zwei kriechende Cruciferen, Heldreichia Kotschyi Boiss., Eunomia ro- tundifolia DC. und eine Absinea, Arenaria Nilgerrensis Walk. et Arn., als am höchsten vorkommende Pflanzen. Die ganze Reihe dieser Spitzen und der dazwischen liegenden Kämme fällt an der Nordseite in senk- rechten, ja oft überhängenden 1000 bis 2000 Fufls hohen Wänden ab. _ Ausflüge, die mehrfach an der östlichen Abdachung um den Alpenstock auf die Nordlehnen unternommen wurden, liefsen einen senkrechten - Abfall durch die ganze Gruppe des Bulghar Dagh auf der Nordseite vom alten Popandus bis gegen die Hochebene von Caraman sehen. Eine _ zweite tiefere, durch ein Hochalpenthal geschiedene, über 3000 Fufs ‚steil abfallende, häufig durchbrochene Felsenwand bildet den weitern - schroffen Abfall der Nordseite bis zur Baumgrenze. Wie sich die Süd- _lehne in der Weite von 12 Stunden allmählig herabsenkt, so kann man von den höchsten Spitzen an der Nordseite, längs eines durch die "Wände herabführenden, von den Silberminen aus gebahnten Saum- weges, die eben so hoch gelegene Thalsohle in drei Stunden erreichen. Mehrere mächtige mit der breiten Centralkette parallel laufende Hoch- iler sind nördlich unter den Kuppen mit weiten, ewigen Schnee- feldern ausgefüllt, und in den vielen muldenförmigen Vertiefungen hat ‚sich das Schneewasser zu kleinen Seen angesammelt, unter denen der westliche Kara Göll eine bedeutende Tiefe bei dem Umfange einer iertelstunde besitzt. Die Rücken und Hügel bieten durch ihre mannigfachen Formen einen anziehenden, mitunter sogar pittoresken Anblick dar. Die Ve- getation jedoch dieses weiten Terrains ist eine nur ärmliche. Um nach diesem Hochlande zu gelangen, wird vom Standquartier Güllek der Veg durch die cilieischen Pässe und von da direct nach Norden in u A u IE Se 128 Th. Kotschy: das cedernreiche Bergthal von Gusguta bis an die mächtige Quellen- gruppe Goolag in 6 Stunden zurückgelegt. Obwohl über der Baum- grenze eine Stunde, so fängt das steile Ansteigen erst jetzt ernsthaft an, und in 3 Stunden wird auf einem gut gebahnten Schlangenwege das hohe Joch Koschan erreicht, von dem man eine vollständige Ueber- sicht der südlich und nördlich vom Taurus gelegenen Länder aus einer Höhe von 9000 Fuls in zwei Landschaften verschiedenen Naturcharak- ters hat. Eigenthümlich ist hier der Anblick der nördlich vom Taurus gelegenen Berge und Ebenen, und bevor selbe das Auge noch näher prüft, schweift es in weiter Ferne auf den um vieles höher gelegenen Spitzen der östlichen Tauruskette Allah Dagh. Im weiten Norden er- hebt sich im Höhenrauch ein breiter, durch mächtige Schneefelder deut- lich hervortretender, majestätischer Kegelberg, es ist der über 15000 Fufs hohe vulkanische Kolofs Erdjesch Dagh bei Caesarea, der Argäus der Alten. Das übrige nähere Bergland ist aufser dem nordwestlich gelegenen, spitzig-konischen Hassan Dagh zu einem wellenförmigen, aus dieser Höhe von der Ebene kaum zu unterscheidenden Hügelland verschmolzen. So erscheint, bis an den hart unter den Spitzen liegen- den nördlichen Gebirgsfuls, beinahe die ganze nördliche Landschaft als eine weite, von Hügelreihen durchzogene Hochebene. Doch traurig ist der Eindruck, den dieses Bild trotz seiner erhabenen östlichen Ein- fassung durch die hohe zackige Alpenkette des hohen Apisch Dagh im Totaleindrucke erzeugt. Wohl sind die dem Gebirge näher gelege- nen Hügelreihen mit einer Föhrenart von nur vereinzeltem Vorkommen bewachsen. Die weitere Ebene hingegen ist ganz baumlos, und die Farbe der ganz kahlen Landschaft hat eine lichtgraue, düstere Beleuch- tung. In der Nähe der Dörfer oder Städte, wo der Boden durch künst- liche Bewässerung in weiterer Ausbreitung Feuchtigkeit bekommt, sind runde, dunkelgrüne Flecken zu bemerken, von denen feine Streifen sich gegen den Osten hinziehen, durch die Vegetation der Flufsufer gebildet. Vom Koschanjoche aus ist die weite, im Baumwuchs sanft sich senkende Südlehne bis gegen das Meer hin angenehm zu über- sehen. Hat das Auge den schmalen Streifen des sterilen Hochalpen- landes überschaut, so wiegt es sich über die saftgrünen und silber- weilsen Ceder- und Tannenbestände in die tiefern Thäler zu dunklerem Kieferwalde herab. Diese dicht bewaldete Landschaft der ganzen Berg- region des Südabhanges ist noch von mächtigen, zu kahlen Zacken sich emporhebenden Felsenkämmen durchzogen, und bildet durch den Abstand ihrer weilsen Farbe ein mannigfach bezauberndes Bild, wel- ches durch verschiedene Färbungen der Laubhölzer stellenweise noch mehr gehoben wird. In der weitern Ferne im Süden bezeichnet eine lichtgrüne Farbe die, den untern Saum des Waldbestandes bildende E Aus dem Bulghar Dagh. 129 ” anne durch den feinnadligen Pinus Halepensis. Der äufserste Saum, meist schon mit dem Meere verschwindend, zeigt dem scharf sehenden Auge einen schmalen Streifen der eiliecischen Ebene und weiterhin die spiegelglatte Fläche des Meeres, im Westen von Schattenstrichen der bergigen Insel Cypern begrenzt, während im Osten in nebelgrauer _ Ferne die Bergkette des Amanus in dem Horizont der syrischen Wüste verschwimmt und mit dem hohen Mons Casius steil in die See abfällt. Die Landschaft des nördlichen Taurusabhanges bietet ihrem ganzen Charakter nach ein steril aussehendes Bild, während die südlichen Ab- hänge, durch alle metereologischen Verhältnisse begünstigt, eine man- nigfaltige und üppige Vegetation hervorbringen. Am Koschan-Rücken führt weiter der künstliche und mit vielen Kosten gebaute Saumweg, durch die wildesten felsigen Alpenschluchten gebahnt, der von der Re- _ gierung zu dem Zwecke bestimmt ward, um die Bergwerke der süd- liehen und nördlichen Abhänge des Taurus zur Herbeischafflung des _ rohen reichen Minerals zu verbinden. Hier auf dem Koschan erreicht diese Stralse die bedeutendste Höhe von 9000 Fufs über Meer. Am 6. Juli bedeckten noch klafterhohe Schneeflecken diesen Weg an den _ nördlichen Felsenlehnen. Zwei Alpenseen liegen in der Nähe dieser ' Bergstrafse. Ohne Abflufs und blofs vom Schneewasser genährt, wim- meln sie doch vom thierischen Leben, und im Spätsommer sind sie von zwei neuen, kleinen Crustaceen so überfüllt, dafs das Wasser ei- _ nen rothen Widerschein von der Färbung dieser Thiere erhält. Der _ diesem See im Norden gegenüberstehende Bergrücken Gisyl Deppe ist ür den Botaniker eine neue Entdeckung. Das Kalkgebirge, welches ‚sich noch über die Seen hinaus fortsetzt, wird von schwarzen Diorit- nassen durchbrochen, um die herum die Anhöhen theilweise ocker- ‚elbes, theilweise aber rothbraunes Eisenoxydgestein führen. Auf diese für den Taurus neue Gebirgslage hat bisher kein Botaniker den Fufs gesetzt. So kahl und nackt dieser nordöstliche Theil des Hochalpen- landes aussieht, besitzt er doch eine bedeutende Anzahl ihm angehöri- und auf den sonstigen Kalkalpen nicht vorkommender Gewächse. Hier im Dioritgesteine ist ein Ueberflufs an Quellen, der dem übrigen zum Theil mangelt. Hier sind auch die reichen Berggruben, in denen _ vorzüglich auf Silber mit vielem Vortheil gegraben wird. Die hier vor 20 Jahren entdeckten Erzgänge hatten zur Folge, dafs quer durch den zweiten nördlichen, ganz felsigen, 4000 Fuls tiefen Abfall ein jaumweg mit grofsen Kosten gebahnt worden ist, der durch die Kalk- ‚wände westlich eine Stunde weit führend, auf schwarze Schiefermas- sen sich herabzieht, die wieder viele eigenthümliche alpinische Gewächse besitzen. An 1000 Fufs auf verwitterndem, schwarzem Schieferboden ich senkend, betritt man wieder den Kalk und bald darauf, in einer - Zeitschr. f. allg. Erdk. Neue Folge. Bad.I. 9 r ) 130 Th. Kotschy: Höhe 7000 Fuls über Meer (Barometerstand 21 Zoll 13 Linien, + 19° R.), ist der obere Saum der Baumgrenze erreicht. Cotoneasier numularia C. A. Meyer mit der zierlichen Berberis crategina DC. sind die höchst- reichenden Sträucher, an die sich als Hochstrauch Ostrya orientalis, Juniperus excelsa MB. anschliefsen, bis endlich eine Schwarzföhre, die dem Pinus Laricio sehr nahe steht, schüttere Bestände bis zur Thal- sohle herabbildet, obwohl der Bergabhang nicht zu steil und mit Erde hinlänglich bedeckt ist. Keine Cedern, keine Silbertannen, noch we- niger Wachholderstämme gedeihen hier. Im Thale fallen grofse weils- blättrige Bäume von Pyrus elaeagnifolia auf, die an dem Südabhang nur als Sträucher, an der Baumgrenze spärlich zu finden sind. Amı Fufse liegen die Schmelzhütten von Bulghar Maaden, nach einer bei- läufigen Schätzung an 1000 Fufs über der Ebene von Koniah erhoben, oder auf 4000 Fufs über Meer. Das Kulturland nimmt hier einen sehr geringen Raum ein, und nur die der Mittagssonne gegenüberliegenden Aecker erfreuen sich einer mäfsigen Ernte. In den Gärten der dor- tigen Bergbeamten gedeihen den Sommer hindurch Fasolen, Erbsen, Krautpflanzen und besonders viel rothe Rüben; Erdäpfel sind jedoch keine zu sehen. Die Kirsche, kaum zum zwei Klafter hohen Baume angewachsen, steht mit verkümmerten Gipfeln da. Aepfel- und Birn- bäume gedeihen ebenso kümmerlich. Obwohl der Boden reich bewäs- sert ist, eine der Mittagsonne ausgesetzte Lage hat, so ist es doch die Nähe der über 10000 Fufs hohen Bergspitzen, die in den zwei stufen- weise übereinander folgenden steilen Gruppen von Felsenwänden nahe über dem Thale emporgehoben sind, wodurch das Klima so rauh wird. Die Witterungsverhältnisse sind in Cilicien der Vegetation günstig. Schon im Februar erblühen an dem sandigen Seestrande viele Pflan- zen in einem veränderlichen kühlen Wetter, während dem noch die Winterstürme See und Land peitschen. Mit Ende März reicht die Blumenentwickelung der Flora bis an die 1000 Fufs über dem Meere gelegenen lichten Waldbestände von Pinus halepensis, während starker Regen mit Jau erwärmendem Sonnenschein abwechselt. Der April ist der Sommer der Ebenen; dichte Blumenteppiche bekleiden dieselben, und nach Aussage Hassan Agas ist am 6. April, seinem Hochzeits- tage, die 4500 Fufs hoch gelegene Landschaft von Güllek mit Sembyl (Hyacinthus orientalis) und Tschidem, einem gelben und blauen noch nicht bekannten Crocus überzogen. Der Mai brennt einen Theil der Ebene aus, rückt die Sommerflora bis Güllek vor und entblöfst die ersten Erdstreifen im Alpenlande vom Schnee, welche bei Südwinden schnell durch die Hitze der in der Ebene unerträglich warmen Sonne breiter werden. Als bei der Ende Juni erfolgten Ankunft ein Aufent- halt von 8 Tagen in Tarsus sich als nothwendig herausstellte, war die Aus dem Bulghar Dagh. 131 Vegetation über die Ebene zu einem strohgelben Kleide verdorrt. Nur n den Gärten und an den Wasserleitungen grünten Bäume, Sträucher und Mannshöhe übertreffende Stauden. Auf den Vorbergen vermilste man gänzlich blühende Pflanzen, erst um den zur Mittagsrast bestimm- ten Chan war eine Flora anzutreffen, die mit unserer Augustvegetation in ihrer Entwickelung ziemlich gleich stand. Güllek’s Umgebung hatte im diesjährigen Mai und Juni ausnahmsweise von Dürre zu leiden, und _ das ganze Blumenreich nahte seinem Herbst- und Winterschlafe. Die ' Alpen beherbergen in andern Sommern bis zum neuen Schneefalle an der Südlehne in tiefen Schluchten mächtige Schneemassen, zeigen de- - ren weilse Flecken aber, jetzt zu Ende Juni, so spärlich als sonst im August. Die Hitze war am Tage, selbst in den Alpen, auf + 18 bis + 20°R. im Schatten gestiegen; die Nächte hingegen waren empfindlich kalt, _ und noch am 16. Juli zeigte auf dem Kisil Deppe das Thermometer um 6 Uhr früh + 4° R., um 9 Uhr früh aber stieg es schon auf + 16° R. in einer Höhe von 8500 Fufs. Die Alpentriften sind in der _ Zeit bis 8 Uhr früh mit Reif überzogen. — $trichregen finden sich zu Güllek in anderen Jahren noch Mitte _ Juni, jede Woche ungefähr einmal, weshalb auch die Vegetation bei Ankunft mit Herrn v. Russegger vor 17 Jahren um jene Zeit in der "üppigsten Entwickelung getroffen wurde. Am 31. Juli hat sich das erste Sommergewitter in den Alpen mit starkem Regen und Donner _ entladen, ebenso am 10. August, sonst aber waren die Tage immer _ heifs mit starkem Nordwinde. Um den 18. August war der Himmel einige Tage umwölkt, des Morgens das höchste Gebirge in Nebel gehüllt, doch für die Vegeta- tion schon zu spät, die sich selbst durch einen Regen im August nicht ‚mehr erholt. Eine unerträglich schwüle Hitze mit dunstiger Luft stellte sich am 20. und 21. August ein. Der Komet erschien am 22. und war am lichtesten den 25. zu sehen. Ein starkes Gewitter mit Regen ‚und Schnee wurde am 30. August vom Bulghar Magara auf dem gegen- 'überliegenden Apisch Dagh beobachtet. Früh bis 10 Uhr erglänzte dessen Gebirge bis auf 8000 Fufs herab im Winterkleide, an dem fol- ‚genden heiteren Nachmittage aber verschwand wieder jede Spur. Der ‚heifseste, windstille Tag war der d. September; das Thermometer zeigte im Schatten 244° R. Die nächsten Tage ist die Luft mit Rauch der ielen Waldbrände, bei heifser Atmosphäre, erfüllt. Am 14. September Nachts war ein Gewitterregen in den Alpen bis 'Güllek herab. Den 22. September erschien der Kegel des Metdesis, während am 21. der Regen den ganzen Tag hindurch anhielt, mit Schnee bedeckt, welcher ich drei Tagen wieder ganz verschwand. In der letzten Hälfte des 9 * A .r 132 Th. Kotschy: September pflegte das Thermometer zwischen + 12 und + 17° R. zu stehen. Die Leute nannten den Herbst dieses Jahres einen unbestän- digen und veränderlichen. Das durch seine Lage und die klimatischen Verhältnisse vielfach begünstigte Bergland am südlichen Abhange des cilieischen Taurus ist nieht so wenig bewohnt, als es Reisende gewöhnlich meinen. Die Ort- schaften sind deswegen alle von der hier von Konstantinopel nach Bagdad durehführenden Hauptstrafse weit entfernt, weil nur zu häufig durch die Karavanen so starke Erpressungen vorkommen, dafs die an der Strafse gelegenen Dörfer verlassen werden, der Kulturboden bald vom Walde überwachsen ist, und in weit entlegenen engen Thälern des tiefen Gebirges sich die Bevölkerung niederläfst. Als Botaniker diese Gegend durchstreifend ist man vielfach in der Lage, Ortschaften zu passiren, die wohl meist den Geographen nicht bekannt sein dürf- ten. Diese werden von Turkomanen bewohnt, welche Feldbau trei- ben, zumal aber Weingärten pflegen. Sie besitzen jene bedeutenden Schaf- und Ziegenheerden, die im Sommer die Alpen, im Winter die Vorberge und Ebenen abgrasen. Eine gastfreundschaftliche Aufnahme der Orientalen ist auch hier zu finden und bezieht sich gewöhnlich auf den persönlichen Schutz und eine kleine Gabe von Nahrung, die in einer solchen Ueberfülle von der Natur gespendet wird. In einer Ortschaft angelangt, ist es Sitte, unter einem hohen Wallnufs- oder Platanenbaum abzusteigen. Bejahrte Männer sind es gewöhnlich zuerst, die sich dem mit seinem Trofs gelagerten Fremden nähern. Die Bekanntschaft wird zuerst bei der Dienerschaft eröffnet, und wenn diese es für gut hält, die Einge- borenen dem Fremden sich nahen zu lassen, so bilden diese sitzend einen Kreis nach dem allgemein gebräuchlichen Grufse. Ist das Ge- spräch über den Zweck des Kommens und das Ziel der Reise been- digt und fangen die Fragen des Reisenden an, um Auskunft über be- sonders ihn interessirende Gegenstände zu erhalten, wird schwarzer Kaffee servirt, vorher aber die Pfeife aus des Reisenden Tabakssack gestopft. Sind die verlangten Auskünfte derart, dafs die Wahrschein- lichkeit eines kleinen Vortheiles durch das Herbeiholen der gewünsch- ten Gegenstände sich herausstellt, so wird sich der Fremdling gewöhn- lich ganz zufrieden gestellt finden. Andere Auskünfte hingegen werden ziemlich gleichgiltig oder gar nicht beachtet. Da jeder Europäer für einen Arzt gehalten wird, und wenn er mit Vortheil reisen will, ihm auch die Mitführung von Medikamenten zu empfehlen ist, so werden gleich die Kranken herbeigeholt, für die Medieinen aber, wenn selbe auch oft auf wunderbare Art gewirkt haben sollten, nicht einmal Dank abgestattet. Hat der mitgeführte Koch des Europäers das Mahl fertig, Zu a ae Aus dem Bulghar Dagh. 133 80 lassen mehrere der herumsitzenden Leute ihre Speisen auch her- ‚beiholen. Auf dem hingebreiteten Teppiche werden alle Gerichte in Tellern zugleich aufgetragen und kreisförmig um die grofse Schüssel mit Reis und Fleisch (Pilau), dem gewöhnlichen Nahrungsmittel des _ Reisenden, angeordnet. Die Hände werden gewaschen und mit der Rechten in mannigfaltigster Art Ragouts auf der Reisschüssel bereitet, _ dann in Form eines weichen Knödels mit den Fingern nach dem Munde _ gebracht. Während des schnellen Essens wird mit Schneewasser ver- dünnte saure Milch nachgetrunken. Speisen, die mit Reis nicht recht genossen werden können, werden in das papierdünne Brod, welches nach Art eines Löffels zusammengelegt wird, eingewickelt und mit Ge- schicklichkeit so genossen. Schnell ist die Mahlzeit vorüber, das Wa- schen der Hände wird eine Nothwendigkeit und kaum ist dies beendigt, so entfernt sich der gröfste Theil zur Fortsetzung seiner Tagesgeschäfte, ohne weiter glückliche Reise zu wünschen. Abendunterkunft wird auch unter Bäumen gewählt, oder, wenn man ein Zelt mitführt, wird selbes an einer Anhöhe neben der Ortschaft aufgeschlagen, von der aus die Aussicht auf einen Theil der Umgebung zu geniefsen ist. Nach einer in Gesellschaft des Reisenden abgehaltenen Abendmahlzeit bleiben die _ Dorfbewohner über alle Gebühr lange im Zelt, wo oft die Unterhal- tung angenehm, mitunter aber auch höchst langweilig wird. In eine _ nähere Berührung kommt der Europäer in den Dörfern des Taurus - mit den Bewohnern nicht leicht; ihr ganzer Haushalt, ihre Gärten, ja sogar ihre Aecker sind ihm nicht zugänglich. — Es giebt in den Ort- schaften viele Wirthe, die neben Ackerbau grofse Heerden besitzen _ und im Sommer ihr Hauswesen meist in den Alpen mitführen, wo sie dann unter Wollzelten sammt Familie wohnen. Bis Ende Mai, we _ der Abzug nach den Alpen erfolgt, sind die Aecker und Weingärten so weit besorgt, dafs gewöhnlich der Bruder des Familienhauptes selbe zu hüten und bis zur Ernte zu bestellen vermag. Mehrere Familien _ wählen einen der wohlhabendern Familienväter zu ihrem Oberhaupt, - mischen mit diesem ihre Heerden, laden das Nothwendigste von ihrem Haushalte sammt einem Zelte auf Kameele und verlassen, mit Lebens- mitteln versehen, den Ort. Nach einigen mit ihren weidenden Heer- _ den langsam zurückgelegten Tagreisen lassen sie sich in den Schluchten ‚des Hochgebirges nieder, und rücken mit dem Abschmelzen der Schnee- massen der obern Baumgrenze immer höher hinauf. Am Anfang Juli ‚traf man schon zahlreiche Zeltgruppen mit grofsen Heerden im Alpen- ande. Diese überaus zahlreichen Ziegen- und Schafheerden sind die Vertilger der Freuden des Botanikers. Hat einmal eine solche Heerde einen Bergrücken durchzogen, so findet man schon die schönen Exem- ‚plare der Pflanzen meist verstümmelt; kommen aber hinter den Zie- a 134 Th. Kotschy: gen die Schafe, so sind noch die Ueberreste bis in die Rhizome hinein abgebissen. Die Hirten sind dann die einzigen Führer zu Stellen, an denen noch eine reiche Beute möglich ist. Es ist nothwendig, dafs der Botaniker gleich bei seiner Ankunft mit einigen Zeltgruppen nä- here Bekanntschaft zu machen sucht, um hier in den abgelegenen Hö- hen sicher und mit Vortheil botanisiren zu können, Das Reisezelt sammt Proviant mufs mitgebracht werden, ebenso einige Geschenke für die während des Aufenthaltes in den Alpen die Milchwirthschaft führenden Frauen. Gerathen ist es, unmittelbar zwischen den Woll- zelten seinen Lagerplatz zu wählen, um nicht von den grolsen, star- ken Hunden bei jeder Entfernung und Annäherung an die Zelte an- gegriffen zu werden. Die Alpenwirthschaft bringt durch die Mastung der Schöpse den meisten Gewinn, weshalb-auch die Hammelheerden die bedeutendsten sind. Neben der im Handel gesuchten Wolle geben die Schöpse mit Fettschwänzen ein im Orient geschätztes Fleisch, um so mehr, da kein Rindvieh geschlachtet wird. Die nicht so zahlreich gehaltenen Ziegen haben viel treffliche Milch, das Hauptnahrungsmittel. Die Haare wer- den von den Hirten gesponnen und von den Frauen auf den Alpen. zu grobem Zeltzeug verarbeitet. Butter und Käse sind ausgezeichnet schmackhaft, ebenso die verschiedenen, aus Milch zubereiteten Gerichte, unter denen aus sülsem Obern zubereiteter Kaimak an der Spitze steht. Das Melken besorgen die Frauen, die aufser der Küchenarbeit noch spinnen, Teppiche weben und Wurzeln von Mumbya conglobata zum Färben der Wolle einsammeln. Die Männer führen aus der oft 5 bis 6 Stunden entfernten Baum- region Brennholz herbei, gehen in ihre Dörfer herab, um die Ernte zu bestellen und bringen einen Nachtrag frischer Lebensmittel mit sich ins Alpenland hinauf. Einen anstrengenden Stand haben die Hirten; sie müssen mit Hilfe ihrer Hunde die Heerden vor Bären, Luchsen und Schakaln hüten. Nach- mittag vom Stand treibend, halten sie selbe die ganze kalte Nacht bis gegen 8 Uhr Morgens längs der höhern Rücken und Lehnen auf der Weide. Den heifsen Tag hindurch ruhen Ziegen und Schafe, meist vor den Zelten sich sonnend. Der Aufenthalt in den Alpen wird wäh- rend des Sommers zwei- bis dreimal gewechselt, wobei mit den’ Zelten in immer gröfsere Höhe angestiegen wird, bis die höchsten Quellen von 8000 bis 8500 Fuls erreicht sind. Gegen Ende August gelangen die Heerden wieder ins Thal hinab, die Milch schwindet und nur dürre Grasweide dient den Winter hindurch als Futter. Mehrere vierfüfsige Thiere, unter denen das Cingiale der Levan- tiner, eine Art Schwarzwild, das sich von dem europäischen unterschei- De a Aus dem Bulglar Dagh. 135 den soll, am häufigsten ist, bewohnen die eilieische Ebene. In den grofsen Wäldern von @Querceus Pyrami Ky., deren Bestände an der Mündung des Pyramus einen Raum von zwei Quadratmeilen einneh- men, leben zahlreiche Heerden dieser Thiere. Ebenso finden sie sich zerstreut in den weiten, mit Schilfrohr bedeckten Sümpfen der Brack- wasser am Küstensaum. Da die Eingebornen ihr Fleisch nicht be- nützen können, so werden auch darauf keine Jagden veranstaltet. Das >hst grofse und häufige Thier ist eine Gazelle, die flüchtig durch dem Gebirge näher gelegenen, trocknen, steppenähnlichen Ebenen ımer vereinzelt angetroffen wird. Es scheint eine größere, der An- tilope Dorkas nahestehende Art zu sein, mit einem ganz weilsen Un- terleib und einer isabellgelben Sommerbehaarung; sie übertrifft auch um ein Viertel an Gröfse die gewöhnliche Gazelle. Sie wird nicht selten von den Eingebornen mit Pferden gejagt, da die Muselmänner das Fleisch derselben schätzen und ihr sonst auf Schufsweite nicht leicht beizukommen ist. In den östlich gelegenen Wäldern von Bajas soll auch ein Hirsch vorkommen, doch ist er zu den seltnern Thieren echnen. Aufserdem beleben dieses Flachland die gestreifte Hyäne l der Schakal, die Stelle unseres Wolfes vertretend. In dem nord- lichen Theile des Paschalik von Marasch kommen an den Flüssen Bi ber vor, und russische Jäger sind bis hieher gedrungen, um auf die- ses Thier Jagd zu machen. An den drei Hauptflüssen der Provinz ıden sich Fischottern. Unter den kleinen Nagern verdient der häu- fige, aschgraue Maulwurf, Asphalar typhlus, erwähnt zu werden. Ebenso sind auch mehrere Mäusearten nicht selten, und andere kleine Thiere. Die Sümpfe längs dem Meere ernähren eine grofse Menge Was- vögel, unter denen sich Pelikane, Flamingos und Reiher sehen las- en, und Enten sind da mit anderem genieisbarem Geflügel in so grofser Anzahl, dafs sie allgemein auf dem Bazar von Tarsus feil ge- boten werden. Ein das südliche Klima liebendes grofses Rebhuhn, Tetrao Frankolinus, ist allgemein verbreitet und wird wegen seines imackhaften Fleisches vielfach gejagt. Die Anhöhen in der Ebene, wie deren sandige, trockne Stellen sind besonders häufig von gif- en Schlangen bewohnt, unter denen die berüchtigte, giftige, schwarze pis die am meisten gefürchtete ist. Insekten sind häufig im Früh- den Monaten April und Mai, vertreten; später, wenn die Vege- ion dürre geworden ist, verschwinden sie. ‚Die bis 4000 Fufs sich erhebenden Vorberge des Taurus haben lten Schwarzwild aufzuweisen; dagegen bewohnt die warmen, felsi- n Thäler ein ausgezeichnet grofser Leopard, von dem jährlich 15 bis D- Felle an die Vorstände der Provinz von den Jägern als Geschenke bgeliefert werden. Dieses Thier liebt die einsamen, wasserlosen, mit < ut - ET 156 Th. Kotschy: Quercus (coceifera) calliprinos Webb. bewachsenen Kalkberge, und wird nur dann mit Vortheil gejagt, wenn es in die höhern Regionen der schüttern Bestände von Pinus halepensis Mill. auf Beute ausgeht. Diese Thiere erreichen die Gröfse und Länge eines Tigers, sie sind schön gefleckt, aber gefährlich zu jagen; junge Thiere gerathen manchmal in Gefangenschaft und werden den Vorständen der Provinz zu Ge- schenken gemacht. Der Schakal ist in dieser Gegend aufserordentlich häufig; er begleitet die Reisenden während der Nacht mit seinem wi- derwärtigen Geschrei, welches aus allen Winkeln der Thäler und Schluchten vernommen werden kann. In den Weingärten werden zur Lesezeit oft Dachse erlegt; die Eichenhaine und mit Gesträuch durch- zogenen Thäler bewohnt das syrische Eichhörnchen und ein dem ägyp- tischen ähnlicher, langohriger Hase. Bemerkbar ist die Armuth an kleinern Thieren; ja selbst von efsbaren Vögeln kommt nur das Stein- huhn vor, dem Falken und Adler häufig nachstellen. Die in der Höhe von 4500 Fufs anfangende dunkelbewaldete Bergregion, so wie das über derselben sich erhebende Alpenland wird hauptsächlich von den kleinasiatischen Steinböcken, Aegoceros Aegagrus Wag. (türkisch Gejik), bewohnt. Diese Thiere trifft man während des ganzen Sommers zu 5—8 in Gesellschaft, und die jüngern 3—Öjährigen, weniger scheu, ziehen sich nicht selten durch die Ceder- und Tannenwälder bis in die Nähe der Landschaft von Güllek herab. Die ausgewachsenen Männ- chen, so wie die Mutter mit diesjährigen Jungen sucht man in dem Waldgebirge vergeblich. Der mächtige, von so vielen Wänden durch- schnittene und theilweise unzugängliche Hochalpenstock giebt ihnen einen gesicherten Aufenthalt während des Sommers. Jäger, denen es darum zu thun war, ein altes 10jähriges Thier zu erbeuten, haben nach einer Mühe von 5 Tagen ihren Zweck nicht erreicht, und obwohl sie sechs alte Männchen vereinzelt angetroffen haben, so konnten sie sich ihnen auf keinen Fall bis auf Schufsweite nähern. Die Steinböcke sind ungemein scheue, flüchtige Thiere, und geschieht es auch nicht selten, dafs man sie durch Umgehen auf Schufsweite bekommt, so ge- hören doch dazu immer rüstigere Alpenjäger, um eine ergiebige Jagd zu unternehmen. Wenn im Spätherbst die Spitzen tief vom Schnee bedeckt werden, so zieht das ganze Wild in die Cederwälder und nährt sich da von den jüngern Zweigen derselben, sowie auch vom dürren Eichenlaub und den häufigen Eicheln. In dieser Jahreszeit sucht der, den ganzen Sommer hindurch einsam lebende Bock eine Gefährtin, und ist am wenigsten scheu. Die Weibchen bleiben 5 bis 6 Monate trächtig und werfen dann 1 oder 2 Junge. Die Jäger pflegen nach der Ueppigkeit des Wuchses der Hörner zu erkennen, ob ein erlegter Steinbock als einzelner oder als Zwilling geworfen worden ist. Das un DEE u De u Aus dem Bulghar Dagh. 137 junge Thier, kaum geboren, braucht nur 2 bis 3 Tage, um so stark zu werden, dafs es der Mutter über die steilsten Wände nachklettern kann. Die Geburtszeit fällt in den April und Mai, also wenn noch "keine Schaafheerden und Hirten, wegen der in den Cedernwäldern noch aufgethürmten Schneemassen, das eigentliche Alpenland betreten "können. Die zeitig im Frühjahr geborenen Thiere sollen sich beson- ders durch ihr Gedeihen auszeichnen. Will man junge Steinböcke ein- ‚fangen, so müssen die Voranstalten dazu schon im März getroffen wer- den. Eine Anzahl junger, zum erstenmal trächtiger Ziegen sind anzu- schaffen, besonders gut zu pflegen und wo möglich solche auszuwählen, - deren Wurfzeit in dieselbe Periode mit jener der Steinböcke fällt. Den _ Bergbewohnern sind die warmen, hohen Alpenthäler und Lehnen, in deren Bereich Steinböcke vorzüglich gerne werfen, bekannt. Sobald es also möglich ist, gehen sie um Ende April in jene Höhen, beob- achten die trächtigen Thiere durch 10 bis 14 Tage und merken be- _ sonders an jenen Orten auf, wo die trächtigen Thiere sich meist auf- _ zuhalten pflegen. Entdecken sie, dals ein Thier sein Junges geworfen habe, so nähern sie sich am zweiten oder dritten Tage der Stelle und _ können ganz unversehrt das Junge erhaschen. Durch eine der jungen, zum erstenmal trächtig gewesenen Ziegen wird dem jungen, nach dem Thale gebrachten Steinbock seine Mutter ersetzt. Die Euter werden, _ damit sie nicht zu viel Milch geben, in zwei von Leder gemachte Säck- chen, die dem Euter des Steinbocks ganz ähnlich sind, so eingebunden, dafs das junge Thier nur einen Theil der Ziegenmilch genielst, wäh- rend der andere Theil zwischen dem Säckchen aus dem wirklichen Euter weicht. + Im Hause des Chefs von Bulghar Dagh, Hassan Aga Kaleh Agassi, sind mehrere Steinböcke vor Jahren auf diese Art mit eingebundenem Euter erzogen worden, wobei sich die Officiere der in den Engpässen 'stationirten Armeeabtheilung des Ibrahim Pascha ein Vergnügen dar- aus machten, lebend solche Thiere zu besitzen. Noch vor wenigen Jahren befand sich bei Hassan Aga ein ausgewachsener Bock in sei- _ nem Garten, der aber boshaft wurde, einst seinen heranwachsenden hoffnungsvollen Sohn zu Boden stürzte und ihn bald erschlagen hätte, wenn nicht zufällig ein Diener mit einem starken Stocke und erhobe- ‚nen Geschrei das Thier von seinem Vorhaben abgehalten hätte. Die ‚Jagd auf Steinböcke kann man dann als ein Vergnügen ansehen, wenn ‚man sie neben dem Botanisiren betreibt, sonst aber ist sie zeitraubend id mühsam; denn um Steinböcke zu finden, muls man es sich nicht ielsen lassen, die Alpen tagelang vergeblich zu durchstreifen. Die ‚den Berggegenden ganz vorzüglich vertrauten Jäger kennen ge- sse Plätze, an denen sich fast immer einige aufzuhalten pflegen. Sie u AU SU 2 2 zu 9 0 an a & 2 BE A, Fu ih 138 Th. Kotschy: nennen sie Dusla (Sulzen), die aus einem grauen Erdreich bestehen, welches stark salzhaltig ist. Bei der Exeursion nach den Cydnus- quellen, die vom 18. bis zum 24, September dauerte, und während der sich mir fünf Jäger aus freien Stücken anschlossen, sind sieben Stein- böcke erlegt worden, und zwar am zweiten Tage beim Eintritt ins Alpenland drei Stück, worunter ein fünfjähriges üppig gewachsenes Männchen. Bei dieser Gelegenheit ist viel über Steinböcke gesprochen und mancherlei Nachricht über Lebensart, Aufenthalt und Verbreitung eingezogen worden. Die Jagd auf diese Thiere wird von den Bewoh- nern der Alpendörfer nach eingeführter Ernte und für den Winter bestelltem Haushalte fleilsig betrieben. Der Gewinn ist kein bedeu- tender. Die Hörner werden dort blols zu Pulverbüchsen verarbeitet, die Haut, als Teppich für das Gebet verwendet, erhält sich aber im- mer, wenn sie von einem im Winter erlegten Thiere herstanımt, in einem Preise von 5 bis 8 fl. C.-M., da sie stark in der Ebene gesucht wird. Das Fleisch verzehren die Jäger noch gewöhnlich während der Jagd. Es ist also nur der besondere Hang, sich solchen Mühselig- keiten auszusetzen, um den Ruf zu besitzen, eine bedeutende Anzahl Steinböcke erlegt zu haben. Es giebt in Anascha einen Jäger, der 135 Steinböcke erlegt haben soll; von einem zweiten wurde mehr als die doppelte Summe angegeben, dieser lebte aber nur der Jagd. Mit Hunden die Thiere zu verfolgen, kann nur dann einen Vortheil bie- ten, wenn die Steinböcke entfernter von den Felsen angegriffen werden. Vor drei Jahren hat sich ein Steinbock zu der Ziegenheerde Hassan Aga’s verirrt; die Hunde umringten ihn; er flüchtete auf einen Felsen und wurde bis zum Morgen von denselben umlagert, wo der Hirte das Jöjährige Thier von seltner Grölse erlegte. Auch erzählt man, dafs junge Steinböcke sich unter Schafheerden mengten und so, von den Hirten plötzlich angefallen, lebend gefangen worden sind. Die Gröfse der alten 10- bis fdjährigen Thiere ist der Fleischmasse nach mit jenem eines Hirsches zu vergleichen und hat dann die Länge von mehr als 6 Fuls. Das Fleisch ist vom 3- bis 6jährigen Thiere weich, und in Würfelstücken am Ladstock über Kohlen geröstet, ein zu dem eiskalten Wasser trefllich schmeckendes Gericht. Aulser dem Aasgeier, Vultur fulvus, dem eben so grolsen Bart- geier und der höchst selten vorkommenden Genelta sarmatica Suele lebt in zahlreicher Gesellschaft mit den Steinböcken auf dem Taurus der ausgezeichnete Tetraogallus Caucasicus (Ur Keklik), ein blumen- und kräutergenielsender Vogel von der Grölse eines Auerhahnes, im höchsten Alpenlande. Obwohl er häufig vorkommt, ist es doch sehr schwer, sich den von ihm bewohnten Felsenwänden zu nahen. Sein Gesang ist ein helles, die Ohren angenehm berührendes Rufen; seine Aus dem Bulghar Dagh. 139 bung meist schwarz und isabellgelb. In der Region der felsigen Baumgrenze sind nach eingezogenen Nachrichten wilde Schafe (Muf- elon’s) erlegt worden, doch erscheinen sie nur spärlich, Die Alpen- ‚dohlen gehören zu den häufigsten Vögeln der höher gelegenen Thäler, ebenso auch Schneefinken, - Der Bär, Ursus syriacus Ehrb. (Aaje), gehört zu den seltnern Er- ‚scheinungen; dennoch beunruhigt er vielfach die Heerden und da er sich in unzugänglichen Felsenschluchten zu verkriechen pflegt, so ist es sehr schwer, seinem Verstecke beizukommen. Er liebt es, die Wein- gärten, Bienenstöcke und Schafheerden zu plündern, woran ihn die ‚trefflichen Hunde nur zu oft hindern. Ein den Schafheerden nicht minder gefährliches Thier, die oberste felsige Waldregion bewohnend, ist der schwarzohrige Luchs (Gurg), dessen Felle, als das kostbarste KRslmwerk, sehr hoch bezahlt werden. Es sollte scheinen, dafs so weite, dicht bewaldete Berglehnen von Geder- und Silbertannen auch eine bedeutende Anzahl Vögel besitzen; ‚doch so wie aufser dem syrischen Eichkätzchen nur selten andere kleine "Thiere angetroffen werden, sind auch aufser dem Steinhuhn, drei Specht- arten, zwei Drossel- und zwei Meisenarten selten andere kleine Vögel zu sehen. Diese Armuth, sowohl an Individuen als an Arten, ist wohl durch den Wassermangel während der heifsen Monate zu erklären. VI. ar re chiohüiebe und geographische Notizen über d Californien. Erster Artikel. (Hierzu eine Karte Taf. III.) Californien bildet den ersten Kern zu einem angelsächsischen Reiche am grofsen Weltmeere, und offenbar ist diesem Lande eine grofse Zukunft beschieden. Seit dreihundert Jahren kennt man seine Gestade, vor etwa neunzig Jahren erhielt es die ersten weilsen An- er, aber erst vor kaum einem Jahrzehnt ist es für den Weltver- ır erschlossen worden. Wir dürfen die Staatenbildung, das Wachsthum und die Entwicke- 3 der Gemeinwesen in Nordamerika nicht nach europäischem Mafs- be beurtheilen, weil auf der anderen Seite des Weltmeeres sich Alles 140 K. Andree: in neuer und eigenartiger Weise ansetzt und entfaltet. Der Boden, auf welchem die Menschen sich bewegen und ihre Evolutionen machen, ist ein ganz anderer, als in unserem alten Erdtheile, und bedingt eine verschiedene Anwendung der Kräfte; in Amerika lebt sich ein jedes Individuum von vorne herein ganz anders aus. Die Vereinigten Staaten sind erst vor etwa drei Menschenaltern selbstständig geworden, ihr Staatenbund ist noch weit jünger; und doch haben sie in dieser kur- zen Spanne Zeit, man möchte sagen, ein Jahrtausend durchgemacht. So rasch und im Sturm und doch so sicher und zuversichtlich auf sich selbst hat kein Volk gelebt, und dieses ist noch dazu ein Volk, das neu aus aller Welt Enden zusammengewehet wurde. Die Amalgami- rung verschiedener Elemente ist wunderbar schnell vor sich gegangen; und während in England Normannen und Sachsen Jahrhunderte lang wie Schichten neben und auf einander lagerten, die Waliser noch heute keltisch geblieben sind, und während in Frankreich bis jetzt der Baske wie der Bretagner, der Flaming wie der Elsasser seine alte Nationa- lität bewahrt hat, verschwinden die Millionen Einwanderer in den Ver- einigten Staaten, wenn nicht in der zweiten, doch schon in der dritten Generation in dem, was wir der Kürze halber als Yankeethum bezeich- nen wollen. Ihre Volksthümlichkeit geht im englischen Amerikaner- thum auf, und läfst die Sprache des alten Mutterlandes fallen. Was ist denn noch Französisches übrig geblieben im alten Louisiana, über- haupt am Mississippi, und was von den Spaniern in Florida? Nur in Pennsylvanien haben die deutschen Bauern sich zäh gehalten, aber nur indem sie sich absperrten und lediglich auf den Ackerbau beschränkten. Aber auch für sie kommt die Zeit, in welcher ihr ohnehin schon viel- fach verkümmertes Deutschthum verschwindet. Es treibt bei ihnen keine frischen Wurzeln mehr; die geistige Befruchtung fehlt. Das „Immer Vorwärts“, das go ahead, läfst keine Ruhe zu; Alles geht mit Windeseile; unser Begriff von Behagen, Beschaulichkeit und Umsicht fehlt dem Amerikaner. Er greift immer in die Zukunft hin- aus und hinüber, er kann und mag nicht langsam zuwarten und will Schwierigkeiten und Probleme unverzüglich lösen. Gefahren vermeidet er nicht, sondern er stürmt ihnen entgegen, um sie zu beseitigen; er packt den Stier bei den Hörnern und sieht zu, wie weit er damit kommt. Bis jetzt hat er stets ein beispielloses Glück gehabt und blickt mit Befriedigung auf Alles, was er ruckweise, meist unter heftigen Ge- burtswehen, aber allemal rasch erreichte. Binnen sechszig Jahren haben die Vereinigten Staaten eine Kauffahrteiflotte auf Meere, Seen und Ströme gebracht, deren Tonnengehalt jene Grofsbritanniens nun schon überflügelt; sie sind eine Handelsmacht ersten Ranges, ein grofses Agriculturland, das jährlich mehr als 3 Millionen Ballen Wolle Geschichtliche und geographische Notizen über Californien. 141 - inden Verkehr bringt; sie bilden eine Kornkammer für Europa; sie haben allein so viele Eisenbahnen als Europa zusammengenommen; _ ihre Canäle und Telegraphen reichen von einem Theile des Landes zum anderen; aus 13 Staaten sind 31 geworden, nebst 7 Territorien; sie stehen in Allem, was materielle Entwickelung anbelangt, in wunder- ‚barem Gedeihen. Auch in der Cultur haben sie verhältnifsmäfsig Fort- schritte gemacht, und für den Volksunterricht sorgen sie mit Eifer. Dies Alles mufs erwogen werden, wenn es darauf ankommt, die Ver- einigten Staaten ruhig zu würdigen. Andererseits ist wahr, dafs uns Europäern das ganze rastlose, hastige, oft rohe und gewaltthätige Trei- ben der Nordamerikaner in hohem Grade unerquicklich erscheint: al- lein sie haben eben andere Anschauungen und Bedürfnisse als wir, und können sich darauf berufen, dafs alle ihre inneren Fehden nicht so viel Blut in Anspruch genommen haben, als eine einzige der in Spanien oder in Frankreich periodisch herkömmlichen Revolutionen. Sie können fragen, wie lange es denn gedauert habe, bis England am Schlusse des 17. Jahrhunderts seinen Umwälzungen ein Ende machen konnte? Sie stürmen mit einer furchtbaren Heftigkeit in alle Contro- _ versen hinein, aber hauptsächlich deshalb, um sie möglichst schnell ab- - zuthun. Sie kennen und haben die Hemmungen nicht, welche in Eu- ropa die Leidenschaft auf andere Wege und oftmals auf lange Zeit in die Tiefe drängen; bei ihnen hat der Vulkan immerwährend tausend Oeffnungen, in jeder Gemeinde, in jedem Zeitungsblatt ist eine Fuma- role. Gegenwärtig wird unter grolser Aufregung und mit bedenklicher _ Hast die Sclavereifrage zu einer Entscheidung getrieben, und hier mag es sich ereignen, dafs der stürmische Drang einmal zu einem unheil- vollen Ergebnisse führt. In den Grenzlanden, wo der Abschaum der Gesellschaft sich abzulagern und anzusetzen pflegt, ruft man den Rich- ter Lynch, wenn Warnungen nicht fruchten, und in Californien traten _ eben jetzt zwanzigtausend Bürger in verschiedenen Theilen des Staates -_ auf, „um die Luft zu reinigen“. Die Behörden sind zu schwach oder _ pflichtvergessen gewesen, um das Land von einer Anzahl gemeinge- fährlicher Menschen zu befreien. Die Gesellschaft, welche sich beein- trächtigt fühlte, wartete einige Jahre auf Abhülfe; als diese nicht er- folgte, machte sie eine Revolution im Interesse der öffentlichen Sicher- "heit und in ächt amerikanischer Weise, möglichst rasch. Sie säubert das Land, und kehrt zur Ruhe zurück, sobald sie ihren Zweck erreicht hat. Californien macht diesen Versuch nun schon zum zweiten Male. Wir haben das Alles hervorgehoben, um anzudeuten, wie es kommt, dafs auch das neue Goldland so schnell zu materiellem Wohlstande sich ıporarbeiten konnte. In diesem ganzen amerikanischen Behaben und 142 K. Andree: in durchaus anderer Weise als in Europa; aber das Volk wächst da- mit auf; seine Begriffe vom öffentlichen Leben und vom Staatswesen entspreehen den unsrigen nicht, und die politische Synthese ist bei ihm eine ganz andere, als in der alten Welt. Die Spanier kannten Ober-Californien seit 1542; Drake fuhr 1579 die Küste entlang ; dafs Drake’s Port oder Drake’s Bay gleichbedeu- tend sei mit der Bucht von San Franeiseo, ist eine Annahme, für welche kein stichhaltiger Grund vorliegt, und Kieperts Karte legt Drake’s Bay (oder Jack’s Harbour) mit Recht nordöstlich von der Punta de los Reyes. Jenes herrliche Wasserbecken blieb auch den Spaniern bis 1769 unbekannt, wie sie denn überhaupt einer so fernen Küste erst dann einige Aufmerksamkeit zuwandten, als die seefahrenden Völker Europa’s anfıngen, den stillen Ocean zu besuchen, von welchem die mifstrauische und nieht ohne Grund besorgte Politik des spanischen Hofes sie gern ausgeschlossen hätte. Ansons Fahrten und Unterneh- mungen hatten gezeigt, dafs die Silbergalleonen im 18. Jahrhundert eben so wenig sicher waren, wie zu jener Zeit, als das Freibeuterwesen seine gröfste Ausdehnung erreicht hatte. Man schien endlich zu be- greifen, wie wichtig und für Spaniens Colonialreich gefährlich Califor- nien werden könne, wenn es in den Besitz einer fremden Macht ge- langte. So lange dieses Land nicht von weilsen Menschen bewohnt war, konnte man möglicher Weise Spaniens Anrecht auf den Besitz desselben in Zweifel ziehen oder dasselbe unbeachtet lassen; um jeden Vorwand abzuschneiden, beschlofs man in Madrid, Missionäre nach Neu-Californien zu senden und die Glaubensboten durch eine Anzahl Truppen zu schützen, welche befestigte Punkte anlegen sollten. So entstanden seit 1769 eine Anzahl von Missionen und Presidios. Die erste Mission war San Diego; sie wurde unter Leitung des tüch- tigen Franeiscaners Junipero Serra in’s Leben gerufen. Seinem Orden war die Bekehrung der Indianer übertragen worden; derselbe gründete von dem genannten Jahre bis 1776 nicht weniger als 19 Missionen, zu welchen 1817 und 1823 noch zwei andere kamen. Sie sollten die Keime für die Colonisirung des Landes bilden und standen unter dem Schirm von vier Presidios, deren Befehlshaber die Anweisung hatten, dem Wunsche der Patres gewärtig zu sein und ihnen Soldaten gegen jeden Feind zur Verfügung zu stellen. Jedes Presidio bildete zugleich eine „Jurisdietion“. Das von San Francisco umfafste die Ortschaft San Jose de Guadalupe und die Missionen San Francisco Solano, S. Rafael, S. Franeisco, Santa Clara, S. Jose und Santa Cruz. — Das Presidio von Monterey: das Dorf Branciforte und die Missionen $. Juan Bautista, San Carlos, Unsere liebe Frau de la Soledad, $. Antonio, $. Miguel, S. Luis Obispo. — Geschichtliche und geographische Notizen über Californien. 143 Das Presidio von Santa Barbara: die Missionen La Purisima, Sta. Ines, Sta. Barbara, Buenaventura, $. Fernando; sodann die Stadt Royna de los Angeles. Das Presidio von San Diego endlich die Missionen San Gabriel, San Juan Capistrano, San Luis Rey und Diego. Die Ge- sammtbevölkerung aller dieser Punkte wird für das Jahr 1831 auf 23,025 Seelen angegeben, wovon 10,272 erwachsene männliche, 7632 - weibliche Personen waren, 2623 Knaben und 2498 Mädchen. Die Mis- sionen befanden sich bis 1824 in einem ziemlich gedeihlichen Zustande; aber es war eben so wenig frisches Leben und Aufschwung in ihnen, als überhaupt im spanischen Amerika; wir finden jene Stagnation, die überall eintritt, wo Priester ausschliefslich die Gewalt über ein schwa- ches Volk üben. Die Indianer wurden streng gehalten, noch strenger als Leibeigene; ihre Bekehrung war, was sie überhaupt sein konnte, eine mechanische; denn es ist bis jetzt durchaus noch nirgends ge- _ lungen, von Hause aus wilde Indianerstämme innerlich für das Chri- stenthum zu gewinnen; vielmehr hat sich Alles nur auf äufsere For- _ meln und Gewohnheiten, wohl auch auf Anhänglichkeit an die sinnlich _ in’s Auge fallenden Ceremonien beschränkt. Uebrigens spielten in den Franeiscanermissionen Stock und Peitsche eine wesentliche Rolle, und _ sehon La Perouse verglich den Zustand der californischen Indianer in den Missionen mit jenem der Negerscelaven auf den Antillen. Nach Mexieo’s Trennung vom Mutterlande bildete Californien ein - Territorium der neuen Republik, denn zur Bildung eines Staats reichte _ die geringe Volkszahl nicht aus; auf keinen Fall waren mehr als aller- _ höchstens 6000 Weisse in Lande. Die vollziehende Gewalt übte ein Generalcommandant als Gouverneur; doch blieb den Missionaren noch ‚einige Zeit ein bestimmender Einflufs auf eine „Deputation“, welche vom Volke gewählt wurde und das repräsentative Element bildete. Ca- lifornien wurde von Mexico aus geradezu stiefmütterlich behandelt. Der ongre[s decretirte in pseudophilanthropischer Wallung die „Manumis- sion“ der Indianer, und damit war den Missionen die Axt an die Wur- zel gelegt. Das Schicksal jener Guaranis, welche am Uruguay und _ Paranäa von den Jesuiten einigermafsen gesittigt worden waren, nach Entfernung der fürsorglichen Patres jedoch gleich wieder in Barbarei zurückfielen, hätte als warnendes Beispiel dienen und belehrende Fin- gerzeige geben können. Der mexicanische Radicalismus, welcher in ähnlicher Weise verfuhr, wie die abstracte Philanthropie, kehrte sich er nicht an Natur und Erfahrung, er hatte seine einmal fertige Frei- sformel. Den Franeiscanern wurde befohlen, alle Indianer frei zu lassen, die „gut geartet seien und so viel von Ackerbau oder von ir- gend einem Handwerke verständen, dafs sie sich selber forthelfen könn- en“. Solchen Leuten solle ein Stück Landes zugewiesen und das Ge- 144 K. Andree: biet in Pfarrsprengel je unter einem Curate getheilt werden. Bis da- hin hatte jeder Missionar einen Jahresbeitrag von 400 Piastern aus dem Staatsschatze erhalten; dieser wurde eingezogen. Aber der Indianer konnte nicht auf eigenen Fülsen stehen; so- bald er der Aufsicht und des Zwanges überhoben war, verwilderte er. Die angebliche Freiheit war ihm willkommen, weil sie ihn jeder Ver- pflichtung zum Arbeiten überhob; das ihm zugetheilte Land war schon in den nächsten Monaten verspielt, und der Indianer wurde Landstrei- cher, Bettler oder Räuber. Man sah sich endlich gezwungen, das alte’ Verhältnifs wieder herzustellen; aber alle Versuche scheiterten nun an der Widerspenstigkeit der Indianer; auch waren inzwischen Fremde ins Land gekommen und die frühere Abgeschlossenheit liefs sich nicht länger aufrecht erhalten. Der Handel äufserte seinen Einfluls; — auch die Franeiscaner handelten mit Landeserzeugnissen. Sie waren bisher noch im Besitz der Missionen geblieben, und Mexico liefs sie bis 1833 gewähren. Dann aber setzte die demokratische Partei im Congrels eine unverständige Mafsregel durch. Ohne auf die jüngste Erfahrung Rücksicht zu nehmen, wurde verfügt, dafs die Ländereien unter weilse Ansiedler und Indianer vertheilt werden sollten; das Vermögen der Patres habe der Staat sich anzueignen. In Folge einer Revolution, durch welche Santa Anna an’s Ruder kam, wurde zwar dieser Schlag abgewendet, aber die Demokraten hatten eine Aufforderung erlassen, in welcher sie unternehmende Leute zur Einwanderung nach Cali- fornien aufmunterten. Als dann eine Anzahl von Ausländern kam, um sich anzusiedeln, wurden sie kühl empfangen, weil sie für die Geg- ner der Demokraten unwillkommene Gäste waren. Einige kehrten wieder heim, aber Viele blieben im Lande; sie waren von vorne her- ein milsgestimmt gegen die mexicanische Regierung. Dasselbe war der Fall mit den eingeborenen Creolen, welche durch das unablässige politische Experimentiren in steter Aufregung erhalten wurden. Die Centralisten in Mexico, an deren Spitze Santa Anna stand, nahmen, um ein strafferes Regiment führen zu können, den ein- zelnen Staaten und Gebieten manche Rechte, welche die Föderativ-Ver- fassung von 1824 ihnen zuerkannt hatte. Schon 1836, als ganz Cali- fornien nicht viel über 6000 weifse Bewohner zählte, brach zu Mon- terey ein Aufstand aus. Californien sollte, diesem Pronuneiamiento gemäfs, so lange unabhängig bleiben, bis die Föderativverfassung wie- der hergestellt sei; im nördlichen Theile des Landes ging man aber weiter und erklärte das Land rundweg für unbedingt unabhängig. Hier traten zuerst Nordamerikaner auf; an der Spitze des Aufstandes im Norden stand ein Yankee, Graham; mit ihm ging der Engländer Cop- pinger Hand in Hand. Den Californiern gelang es, unter Vallejo’s er Geschichtliche und geographische Notizen über Californien. 145 - Führung die mexicanischen Soldaten aus dem Lande zu treiben; doch liefsen sie sich 1837 die neue mexicanische Verfassung gefallen und _ traten in den alten Verband zurück. "Die Missionare wurden endlich aller Ungewifsheit überhoben: man _ beraubte sie von Staatswegen ihres Eigenthums. Das Vieh wurde weg- ‚getrieben oder geschlachtet, das Feld nicht mehr bestellt, und schon im Jahre 1845 war keine Spur mehr von dem ehemaligen Gedeihen - der Missionen vorhanden. Ein Theil derselben wurde im öffentlichen | Aufstrich verkauft, ein anderer verpachtet. ' ‚Californien hat nie einen inneren Zusammenhang mit dem übrigen Mexico gehabt; es lag demselben völlig abseit und war von den be- völkerten Landestheilen durch weite Wüsten getrennt. Mexico konnte eine Seemacht werden, wenn es Californien zu würdigen und zu be- nutzen verstanden hätte. Südlich von San Diego liegt am grofsen Ocean, bis zur Fonsecabay abwärts, kein einziger guter Hafen; dage- gen hat die californische Küste deren eine nicht unbeträchtliche Anzahl, x und dazu eine unerschöpfliche Fülle des trefflichsten Bauholzes, frucht- baren Boden in Menge, ein gemäfsigtes Klima, schiffbare Ströme im - Innern, wie sie das ganze übrige Mexico nicht besitzt, und eine aus- gezeichnete Handelslage. Alle diese Vortheile hat Mexico nicht zu würdigen verstanden, obwohl sie allen seefahrenden Völkern in die Augen sprangen. Schon zur Zeit der spanischen Herrschaft hatten die Russen etwa 25 Stunden nördlich von San Franeisco an der Bodega- _ Bay sich niedergelassen, und bald nachher 15 Stunden weiter nördlich das Fort Slawinskoi Ros angelegt. Sie wollten dort Robben schlagen _ und Getreide bauen, um mit demselben ihre Besitzungen im hohen Norden zu versorgen. Fast zu derselben Zeit machten sie bekanntlich _ auch einen Versuch, sich auf den Sandwich-Inseln festzusetzen. Die- ser milslang, aber die beiden Punkte an der californischen Küste be- "haupteten sie bis 1841 !). Damals wurden sie an denselben Capitain Sutter verkauft, auf dessen Ländereien am Rio de los Americanos man späterhin das erste Gold entdeckt hat. Bodega war für Sitka und die Stationen der russischen Pelzjäger überflüssig geworden, seitdem der - Gouverneur von Neu-Archangel mit der Hudsonsbay- Gesellschaft einen - Vertrag geschlossen hatte, durch welchen die letztere sich verpflichtete, - 2) Die Russen hatten sich auch auf dem südlichsten Eilande der Farallones, also gerade dem Eingange zur San Franeiscobay gegenüber, niedergelassen. Dort ‚schlugen sie Robben, deren jene Insel in einem einzigen Jahre nicht weniger als 80,000 lieferte. Robinson fand dort die Russen 1829, Life in California, during @ Residence of several years in that Territory. New York 1846, S.8. Das Buch ist vor dem Kriege der Vereinigten Staaten mit Mexico geschrieben: der scharfsinnige er sagt aber die Dinge, welche nachher kamen, mit einer wunderbaren Zu- t voraus. Zeitschr. f. allg. Erdk. Nene Folge, Bd. T. 10 146 K. Andree: die Stationen im hohen Norden mit dem erforderlichen Getreide zu versehen. Bis zum Jahre 1826 waren aufser den Russen. wenig oder gar keine Fremde im Lande. Nachdem aber zwei rivalisirende Gesell- schaften, die Columbia- und die nordamerikanische Pelzhandels-Com- pagnie, sich vereinigt hatten, begannen die Biberfänger und Pelzthier- jäger über die Grenze hinaus zu schwärmen; einzelne machten Aus- flüge bis nach San Francisco und Monterey; sie hatten demnach den Continent in seiner ganzen Breite, vom St. Lorenz und der Jamesbucht in der Hudsonsbay bis zum stillen Ocean durchzogen; sie waren die eigentlichen Bahnbrecher und Schanzgräber, und zeigten Anderen, die nach ihnen kamen, den Weg. Den mexicanischen Behörden flölsten die unwillkommenen Gäste mit ihrem barschen Benehmen und ihrem streitbaren Sinne nicht geringe Besorgnisse ein; sie erliefsen Gesetze, denen zufolge keinem Ausländer Zugang in Californien gestattet sein sollte. Aber an diese Verordnungen kehrten sich weder die Trappers noch die Walfischfänger; jene stiegen über die Pässe der Sierra Ne- vada, diese liefen in die Häfen ein; andere Abenteurer, besonders aus den Vereinigten Staaten, siedelten sich, ohne Erlaubnifs einzuholen, in fruchtbaren Gegenden an. In den Hafenplätzen waren schon seit län- gerer Zeit einzelne Kaufleute ansässig und die Vereinigten Staaten schiekten 1843 einen Consul nach Monterey, der damaligen Hauptstadt. Mit dem Aufschwunge, welchen der Walfischfang im stillen Ocean nahm, wuchs auch die Wichtigkeit der californischen Häfen, denn sie boten sichere Zuflucht und sehr willkommene Erfrischungspunkte. Da- mals führte Californien nur Häute und Talg aus, der Viehstand war sehr beträchtlich und wurde von den bekehrten Indianern besorgt, welche sich für ein Hirtenleben besser eigneten, als für den Ackerbau. Jenes entsprach dem Geschmack und den Neigungen von Menschen, welche ein herumschweifendes Leben der Stätigkeit vorzogen, ohne welche die Bestellung des Ackers nicht möglich ist. Ueberhaupt ist der Indianer ein weit besserer Viehhirt als der Neger. Man baute Gerste, Mais und vortrefflichen Weizen, auch Oel und Wein bei den Missionen; ein Ochs kostete 2 Piaster, ein Pferd von 5 bis zu 10. An der Bucht von San Franeisco lagen fünf ehemalige Missionen (Do- lores, Santa Clara, San Jose, San Franeisco Solano und San Rafael); in denselben lebten etwa 5000 Indianer und nur 200 Weisse. Sie be- salsen mehr als 40,000 Häupter Hornvieh und eine verhältnifsmäfsige Menge von Schafen, Pferden und Maulthieren. Bei San Jose lieferte eine Aussaat von 8 Fanegas (Himpten) Weizen eine Ernte von 1200 Fanegas, und im folgenden Jahre, ohne dafs der Acker neu besäet wurde, noch einmal 700. Von dieser Mission bezogen die Russen län- nr See ee a As Sa el Me a. Sen Mn Geschichtliche und geographische Notizen über Californien. 147 gere Zeit jährlich vier bis fünf Schiffsladungen Getreide; auch nahmen sie Fleisch an Bord. Im Allgemeinen liefsen aber die Missionäre nur wenige Aecker bestellen, und Forbes giebt in seinem bekannten Werke an, dafs um 1830 die Erzeugung von Brotfrüchten nur 63,000 Bushel Weizen, 28,000 B. Mais, 18,500 B. Gerste betrug; dazu kamen etwa 4000 B. Bohnen und 3000 B. Erbsen. Diese Ziffern sind wohl etwas zu niedrig gegriffen. Der Viehstand betrug 216,727 Häupter Rindvieh, 32,100 Pferde, 2844 Maulthiere, 177 Esel, 153,455 Schafe, einige Tau- send Stück Ziegen und etwa 900 Schweine. k Ueberhaupt waren die Zustände von ganz primitiver Art. Für - rüstige unternehmende Abenteurer war gerade ein so fruchtbares, von _ wenigen Tausend Menschen bewohntes Land in hohem Grade anziehend; sie betrachteten es ohne Weiteres als ihr Eigenthum. Dem Waläisch- fänger und Fallensteller folgte der Schenkwirth, und in dessen Nähe liefsen sich Squatter nieder und alte Matrosen, welche des Umher- schweifens überdrüssig waren. Es kümmerte sie nicht, ob sie willkom- men waren; man hätte sie nur mit Waffengewalt vertreiben können. Sie bildeten nun ein thätiges Element in einem bis dahin völlig pas- siven Lande und hoben sich im Verlaufe einiger Jahre durch Arbeit- samkeit zu Wohlstand empor. Dadurch war festgestellt, dafs Califor- _ _ nien eine geeignete Region für Ansiedelung im Grofsen sei, und Ro- binson sagte schon vor 20 Jahren mit Bestimmtheit voraus, dafs die paar Tausend Creolen das Land nicht würden behaupten können. Die Regierung sah, wie wir schon früher andeuteten, die Einwanderung un- gern und hielt längere Zeit an dem alten spanischen System fest. Wer ein Stück Land in Besitz nehmen und als Eigenthum behalten wollte, mufste vor allen Dingen ein Zeugnifs beibringen, durch welches der Vorstand der Mission, zu welchem die Felder gehörten, sich damit ein- verstanden erklärte. Es ist begreiflich, dafs ein solcher Schein am allerwenigsten ausländischen Protestanten eingehändigt wurde. Selbst spanische Offiziere im königlichen Dienst durften ohne ausdrückliche Genehmigung der Missionare nicht heirathen. Durch die Freilassung der Indianer wurden allerdings die Missio- nen zu Grunde gerichtet, aber seitdem die Ländereien dieser letzteren nicht mehr geschlossen und in todter Hand blieben, konnte der Privat- mann sich freier bewegen. Bald waren einige Hundert Fremde ange- siedelt, und damit ging die Zeit zu Ende, in welcher Creolen zwar 4000 Kühe besafsen, aber nicht ein Pfund Käse oder Butter verfertig- ten; ja, auf mancher Estaneia war nieht einmal Milch zu haben. Von nun an begann auch die Ausfuhr von Landesprodueten nach den Sand- wich-Inseln; man brachte für das Getreide europäische und nordame- _ rikanische Fabrikate zurück, und so entstand allmählich ein schwung- 10* > un a © EN > EEE RELEEUEHNNERET ER 3 148 K. Andree: hafter Handel. ‘Im Jahre 1846 besafsen die californischen Creolen überhaupt nur drei Seeschiffe, sämmtlich kleine Schooner; die eigene Rhederei sämmtlicher Häfen, welche Mexico am stillen Weltmeer be- sals, beschränkte sich auf etliche zwanzig kleine Schiffe, die zusammen nicht so viel Tonnengehalt hatten, wie drei oder vier unserer grolsen Bremer Dreimaster. Das Verfahren der mexicanischen Behörden erregte den Unwillen der fremden Ansiedler. Im Jahre 1840 liefs Gouverneur Alvarado etwa hundert Fremde, zumeist Nordamerikaner und Engländer, verhaften, in Monterey einsperren und zum Theil in Eisen legen; viele wurden nach San Blas abgeführt und manche starben in Folge der Mifshandlungen. Die Mexicaner waren milstrauisch geworden, seitdem Texas Tausende von Nordamerikanern an sich gezogen hatte, die sich um die Central- Regierung gar nicht mehr bekümmerten; man erklärte geradezu, dafs man eine künftige Verschwörung und eine künftige Schilderhebung der Fremden befürchte und derselben zuvorkommen wolle. Alvarado ge- dachte die Einwanderung abzuschrecken, aber sein Plan gelang nicht. Der Seehandel Californiens war allmählich in die Hände der Nord- Amerikaner gefallen, deren Kriegsschiffe in nicht langen Zwischenräu- men sich in den Häfen blicken liefsen. England wurde besorgt und ging mit dem Vorsatz um, ein so werthvolles Land sich abtreten zu lassen. Es hätte damit festen Fufs auf der Westküste Amerika’s ge- wonnen, eine Region erworben, die ungleich werthvoller erschien, als Oregon, das, von der nordamerikanischen Regierung in Anspruch ge- nommen, späterhin derselben auch völlig überlassen werden mulste. Die Bay von San Francisco und der Hafen von Monterey hatten eine bessere Weltlage, als der Nutkasund. So entstand der Plan, die auf etwa 50 Millionen Piaster sich belaufende Schuld, welche Mexico in England contrahirt hatte, für getilgt zu erklären, wenn Californien ab- getreten würde. Man betrieb aber den Plan nicht mit Ernst und liefs ihn fallen. Wenige Jahre später war Californien sammt Neu-Mexico für eine ungleich geringere Summe in die Hände der Nordamerikaner übergegangen, welche sich damals auch schon im Besıtze von Texas und Oregon befanden. Seitdem mufs England darauf verzichten, an der amerikanischen Westküste festen Fuls zu gewinnen. Die Eroberung Californiens verursachte geringe Mühe und kostete nur wenig Blut. Die Amerikaner hatten den Streit mit England über die Abtretung von Oregon vorausgesehen; sie wollten sich aber um jeden Preis in den Besitz der Mündung des Columbia setzen, und der Gedanke, auch Californien sich anzueignen, lag ihnen wenigstens seit 1842 nicht mehr fern. In diesem Jahre erschien am 19. October Com- modore Jones mit der Fregatte „United States* und der Kriegsslup Geschichtliche und geographische Notizen über Californien. 149 „Cyane* (derselben, von welcher aus vor zwei Jahren Capitain Hol- ins San Juan de Nicaragua in Brand schoss) vor Monterey und nahm diese Stadt unter dem Vorwande, zwischen Mexico und den Vereinig- ten Staaten sei ein Krieg ausgebrochen. Er zog die amerikanische - Flagge auf und erliefs eine Proclamation, in welcher er ganz Califor- nien für einen Gebietstheil der Vereinigten Staaten erklärte. Nach — 24 Stunden segelte er freilich wieder ab, weil er unmittelbar nach Be- setzung der Stadt andere Verhaltungsbefehle erhalten hatte; die Sache { selbst ist aber bezeichnend genug. Im folgenden Jahre schickte dann, wie wir schon erwähnten, die Washingtoner Regierung einen Consul mach Monterey. » Für Mexico selbst nahmen inzwischen die Dinge eine mehr und mehr bedenkliche Gestalt an. Die Creolen waren ihm feindlich ge- sinnt und trugen das Joch, über welches sie häufig Beschwerde führ- ten, nur mit Widerwillen. Sie hegten aber auch Abneigung gegen die ketzerischen Eindringlinge, welche nun schon anfingen, das grofse Wort zu führen und auf ihre Waffenstärke zu pochen. Bisher hatten sie ver- einzelt gelebt, nun traten sie als eine geschlossene, verbündete und streitbare Körperschaft auf. Nordamerikanische Gesellschaften zur Be- siedelung von Oregon und Californien waren schon 1839 am Missouri gebildet worden, und manche Mitglieder derselben waren gleich damais _ nach dem weiten Westen gegangen; aber erst seit 1843 begann ein stärkerer Zug über die Felsengebirge und über die Sierra Nevada. Ca- pitain Sutter safs damals schon seit einigen Jahren in seiner mit Ka- nonen bespickten Mission am San Sacramento. „Der Pfirsich wurde nun reif.“ Damals war Fremont von seiner zweiten Reise zurückge- kehrt und hatte die ersten unıfassenden und zuverlässigen Berichte über das grofse Binnenbecken und Ober-Californien gegeben. Wir übergehen die inneren Kämpfe unter der Handvoll Creolen ?), die sich bald gegen Mexico auflehnten, bald freiwillig oder gezwungen mit den Gouverneuren gegen die Fremden gemeinschaftliche Sache machten, und bemerken, dafs im Frühjahr 1846 der Krieg zwischen Mexico und den Vereinigten Staaten ausbrach. In Californien hatten die Feindseligkeiten aus örtlichen Ursachen schon früher, ganz unab- hängig von den Vorgängen am atlantischen Ocean, begonnen. In den- +% en !) Robinson hat sie dargestellt. Viele Einzelnheiten finden wir in: Three Years in California, by Rev. Walter Colton. New York 1854, und in dem sehr an- sprechend geschriebenen Buche: A Tour of Duty in California; including a Descrip- tion of the Gold Region, and an Account of the Voyage around Cape Horn; with No- tices of Lower California, the Gulf and Pacific Coasts, and the Principal Events at- tending the Conquest of the Californias, by Joseph Warren Revere, edited by Joseph H. Balestier. New York 1849. 150 K. Andree: selben spielt von Anfang an Johann Karl Fremont, der ausgezeich- nete Reisende und gegenwärtig Präsidentschafts-Candidat der Freibo- denmänner oder Republicaner, eine hervorragende Rolle. ‚Fremonts Vater war ein Franzose, der eine Virginierin heirathete. Sie gebar ihm diesen Sohn am 31. Januar 1813 zu Savannah in Geor- gien. Er zeigte früh grofse Anlagen für die mathematischen Wissen- schaften, ging 1833 auf See, kam nach Verlauf von dritthalb Jahren wieder heim, wurde Eisenbahn-Ingenieur und vermafls die Landstrecke zwischen Charleston in Süd-Carolina und Cineinnati in Ohio. Bald nachher war er bei der Aufnahme des Landes beschäftigt, welches im Westen des Mississippi den aus Georgien vertriebenen Cherokesen als neue Heimath angewiesen war, und begleitete einige Zeit später Ni- collet auf seiner Erforschungsreise an den oberen Mississippi in den Jahren 1838 und 1839. Alle diese Arbeiten betrachtete er als Vor- übungen zu einer grofsen Reise nach dem Westen, die er im Mai 1842 antrat und auf welcher er den berühmten Südpafs näher erforschte. Auch bestieg er damals den höchsten Gipfel des Windrivergebirges, jenen mächtigen Knoten, in welchem die Quellgebiete der gröfsten nord- amerikanischen Ströme liegen. Für seine wichtigen Entdeckungen er- hielt er von der Londoner geographischen Gesellschaft die grofse goldene Denkmünze. Bald nachher trat er eine zweite Entdeckungsreise an, Es handelte sich darum, die Resultate seiner ersten Expedition zu ver- vollständigen und mit den Aufnahmen des Commodore Wilkes an der Küste des stillen Oceans in Verbindung zu bringen. Fremont brach mit 28 Begleitern am 29. Mai 1843 vom Dorfe Kansas (39° 5’ 57” N. Br., 94° 25’ 46” W.L.) auf, und kam erst im August des nächsten Jahres zurück. Während dieser Reise erforschte er das grolse Binnen- becken (das heutige Mormonengebiet Utah) zwischen den Felsengebir- gen und der Sierra Nevada, überstieg diese letztere und ging in das ealifornische Thalgelände hinab, von welchem er eine meisterhafte Be- schreibung geliefert hat. Im Jahre 1845 finden wir ihn auf seiner dritten Reise, auf welcher er von Californien insbesondere die nördli- chen Theile und Oregon bis zum Columbiastrome näher erforschen sollte. Diesmal wurden seine wissenschaftlichen Zwecke vereitelt; der Geograph sah sich, wie wir weiter unten erzählen, genöthigt, als Feld- herr an die Spitze seiner Landsleute zu treten und die Region, welche er für die Wissenschaft erschlossen hatte, mit den Waffen erobern zu helfen. Es mag hier noch erwähnt werden, dafs der unermüdliche Mann später aus eigenem Antriebe und auf seine Kosten eine vierte Reise nach Westen unternahm, um südlich vom Südpasse, unweit der Quellgegend des Arkansas, einen bequemen Pafs durch das Gebirge zu suchen, über welchen, wie er hoffte, eine Eisenbahn nach Californien Geschichtliche und geographische Notizen über Californien. 151 geführt werden könne. Er brach mit 33 Begleitern und mehr als 100 Maulthieren von Puebla am oberen Arkansas auf, wurde durch seine Führer irre geleitet und gerieth in der Sierra de San Juan in El = eine entsetzliche Lage. Ein Drittel seiner Begleiter kam um; er selbst erreichte mit äulserster Noth Santa Fe, wohin er nichts als das nackte bi Leben rettete. Ohne alle Zweifel gehört Oberst Fremont zu den aus- - gezeichnetsten Reisenden aller Zeiten '). . Im Frühlinge des Jahres 1846 befand sich Fremont mit etwa 60 _ _Begleitern in der Nähe von Monterey. Der Befehlshaber dieser Stadt, Juan de Castro, verbot ihm ein weiteres Vordringen und gab den Frem- den die Weisung, das Land zu verlassen. Des Ingenieurs Bemühungen, jenen Creolen von der Harmlosigkeit seiner Zwecke zu überzeugen, waren dem äufseren Anschein zufolge nicht vergeblich; der amerika- nische Consul Larkin ermittelte jedoch, dafs der Commandant seinem Landsmanne eine Falle legen wollte und einen Verrath beabsichtigte. Nun pflanzte Fremont die nordamerikanische Flagge auf und erklärte, dafs er sich bis auf den letzten Mann vertheidigen werde. Dieser Ent- schlufs bewies den Mexicanern, dafs sie einen muthigen und streitbaren Gegner vor sich hatten; er konnte unbelästigt abziehen, sie stachelten aber die Indianer gegen die Reisenden auf und liefsen ihnen den Weg verlegen, während sie zugleich umfassende Vorkehrungen trafen, sämmt- liche fremde Ansiedler mit einem Schlage aus Californien zu vertrei- ben. Die Verhältnisse waren der Art, dafs nur eine kühne That den Plan der Mexicaner vereiteln und Rettung bringen konnte. Fremont, dessen gesammte Mannschaft sich auf 62 Köpfe belief, erklärte auf eigene Hand den Krieg. Am 15. Juni wurde der Militärposten So- noma von Nordamerikanern überrumpelt, welche dort 9 Stück Geschütz und 250 Musketen erbeuteten. Sie hatten die Flagge mit dem Zeichen des Bären aufgehisst und ein Neu-Engländer, Wilhelm Ide, übernahm den Befehl in der „Festung“. Eine Proclamation, welche er am 18. Juli erliefs, ist sehr bezeichnend. Er verspricht zunächst allen Califor- niern Sicherheit für Leben und Eigenthum. „Die Absicht des Ober- Befehlshabers ist, sich und seine Waffengefährten zu vertheidigen. Sie sind in dies Land gekommen, nachdem man ihnen Ländereien ver- sprochen hatte, und darauf hin wollten sie sich mit ihren Familien an- !) Notes of Travel in California; comprising the Prominent Geographical, Agri- cultural, Geological and Mineralogical Features of the Country. Also the Route from Fort Leavenworth in Missowi to San Diego in California, including Parts of the Arkansas, del Norte and Gila Rivers. From the Official Reports of Col. Fremont and Major Emory. New York 1849. Das Buch enthält Fremonts Geographical Memoir upon Upper California, Major Emory’s Narrative und Fremonts Reisen von 1842 bis 1844. Der Bericht über die vierte Expedition ist mir noch nicht zu Hän- den gekommen. we 152 K. Andree: siedeln. Man hatte ihnen eine republicanische Regierung versprochen. Als sie aber in Californien angekommen waren, verweigerte man ihnen das Recht, von ihren Freunden Land zu kaufen oder zu pachten. Statt ihnen 'Theilnahme an einer republicanischen Regierung zu gestatten oder ihnen vermittelst einer solchen Schutz angedeihen zu lassen, wur- den sie durch Militärdespotismus unterdrückt. Ja die hohen Beamten, welche diese Despotie ausübten, drohten in einer Proclamation, sie aus- zurotten, wenn sie nicht das Land räumen und ihre Waffen, ihr Last- vieh, überhaupt ihr Eigenthum bier zurücklassen würden. So wären sie vertheidigungslos und eine sichere Beute der Indianer geworden. Es ist nun der unwandelbare Vorsatz der tapfern Männer, welche mich zu ihrem Befehlshaber ernannt haben, eine Regierung zu stürzen, welche das Eigenthum der Missionen nahm, um sich zu bereichern; welche das arbeitende Volk von Californien zu Grunde gerichtet und schänd- lich bedrückt hat; auch legte sie ungeheure Eingangszölle auf die Waa- ren, welche in’s Land kamen.“ Ide erklärt dann, dafs fortan eine wahrhaft republicanische Regierung die Verwaltung des Landes führen werde !). Inzwischen war Fremont in das Thal des San Sacramento mar- schirt, um dort Verstärkungen an sich zu ziehen; denn vorzugsweise in jener Gegend hatten die Amerikaner sich niedergelassen. Es ge- lang ihm, nachdem eine Anzahl von Squatters sich um seine Bären- fahne geschaart hatten, das von Castro bedrohte Sonoma zu entsetzen. Sodann wurde Californien für unabhängig erklärt. Das Alles geschah von Seiten der Amerikaner, ohne dafs sie Kunde vom Ausbruche des Krieges zwischen Mexico und den Vereinigten Staaten gehabt hätten. Als aber Commodore Sloat im Juli mit einem amerikanischen Geschwa- der ankam und Monterey besetzte, als gleich nachher Commodore Stock- ton den Oberbefehl übernahm, begriffen sie, dafs ihre Sache gewonnen sei. Die Eroberung Californiens nahm nur wenige Monate in Anspruch, und der Widerstand der Creolen und Mexicaner wurde ohne erhebliche Anstrengungen beseitigt. Im Februar 1848 trat Mexico durch den Frie- densvertrag von Guadelupe Hidalgo das Land an die Amerikaner ab. Die Grenzlinie zwischen beiden Staaten bildete fortan der Rio grande bis zum 32° N. Br.; von dort lief sie westwärts der Südgrenze Neu- Mexico’s entlang, bis sie den Gila erreicht, verfolgte denselben bis zur Mündung ir den Colorado, und berührte eine Legua südlich von San Diego den stillen Ocean. Die Schifffahrt auf dem Colorado von der Mündung des Gila bis zum californischen Meerbusen ist für beide 1) The Annals of San Francisco etc, by Frank Soule, John H. Gihon and James Nisbet. New York 1855. 8. 92. Mn 2 Sn a nn En U Don 0 u De nn er A Ds en a in a Geschichtliche und geographische Notizen über Californien. 155 Theile frei, nicht minder jene auf dem Golfe selbst. Die Vereinigten Staaten befanden sich somit im Besitze von Texas, Neu-Mexico, Utah und Ober-Californien, und zahlten für alle diese Länder an Mexico - eine Summe von 15 Millionen Dollars. Californien war nun nordamerikanisch, und die Einwanderung strömte dem Lande in erhöhetem Mafse zu, bevor noch Gold gefunden worden war. Der fruchtbare Boden und die ausgedehnten Weidegründe lockten den Ackerbauer, die sicheren Häfen und die vorzügliche Han- delslage zogen den Kaufmann an, und 1848 war die Zahl der Frem- den bereits auf 15,000 Köpfe angewachsen. Als dann im Anfange des genannten Jahres das edle Metall entdeckt ward und die Nachhaltig- keit der Schätze keinem Zweifel unterlag, lenkte sich eine neue Völker- wanderung nach dem westlichen Dorado, welches zu Ende des Jahres 1852 schon von mehr als 300,000 Seelen bevölkert war; diese Ziffer ist zu Anfang 1856 auf etwa eine halbe Million gestiegen. Zuerst waren Mexicaner aus Sonora eingeströmt; gleich nach ihnen kamen amerikanische Ansiedler aus Oregon, und Kanackas, Eingeborene der Sandwich-Inseln; Tausende von Anwohnern der Südsee, insbesondere an Bergbau gewöhnte Peruaner und Chilenen, fanden sich gleichfalls ein; Europäer und Abenteurer aus den atlantischen Staaten kamen theils über die Felsengebirge und die Sierra Nevada, oder über Pa- nama, oder endlich auf dem Wege um das Cap Horn; endlich stellte auch Australien sein Contingent, und zuletzt erschienen Chinesen zu Tausenden. Dazu rechne man die eingeborenen Creolen, die Indianer aus verschiedenen Stämmen, selbst vom Nutka-Sunde her, die Neger, Mulatten und Mestizen, und man wird gestehen, dafs ein bunteres Ge- wirr verschiedener Rassen und Volksthümlichkeiten nicht zu denken ist. Ein ähnliches Schauspiel, wie Californien es auch in ethnologi- scher Beziehung darbot, hatte die Geschichte nie zuvor gekannt. Wie sollte sich das Alles zurecht rücken, wie irgend eine Ord- nung in dieses Chaos kommen? Eine monarchische Gewalt, welche den Ausschlag hätte geben können, war nicht vorhanden, die Gesell- schaft in dem neuen Lande ohne allen inneren Zusammenhang; zehn verschiedene Sprachen schwirrten durcheinander, Alles war atomistisch zerklüftet, das Individuum kümmerte sich lediglich um sich selber und ging seinem Vortheil, seinen Neigungen und Leidenschaften nach. Nicht _ mit Unrecht ist Californien mit einem grofsen Kessel verglichen wor- ‚den, in welchem Substanzen aller Art durcheinander brodelten. Es war vollkommen in der Ordnung, dafs der Schaum und Schmuz oben auf kam und zumeist sichtbar wurde; es war aber nicht minder er- "klärlich, dafs man sich bemühte, ihn zu entfernen. Es würde in jedem n europäischen Staate Mühe kosten, hunderttausend Abenteurer aus j 154 K. Andree: allen fünf Erdtheilen in Band und Zaum zu halten, obwohl man über Polizei und bewaffnete Macht verfügt; in Californien war es doppelt schwierig, dem Gesetze Geltung zu verschaffen. Zwei Jahre lang wurde das Land von der Bundesregierung in unbegreiflicher Weise vernach- lässigt und sich selber überlassen. Glücklicher Weise überwog bald die Zahl der eigentlichen Amerikaner, welche hierher gekommen waren, um sich dauernd niederzulassen, nicht um Raubbau auf Gold zu treiben, alle übrigen Nationalitäten; auch Handwerker und Kauf- leute aus Deutschland und Frankreich hatten sich in Menge eingefun- den; endlich wirkte selbst das Gold zur Aufrechterhaltung der Gesetze, denn wer etwas besals, wollte das gleichviel ob leicht oder mühsam erworbene Metall behalten; auch um mehr gewinnen zu können, ver- langte er Schutz für seine Person. So ist es erklärlich, dafs Richter Lynch aushalf, wenn die Behörden zu schwach oder zu pflichtvergessen waren, um dem Verbrecher Gerechtigkeit angedeihen zu lassen. Man übte prompte Justiz und erreichte seinen Zweck. In San Franeisco bildeten‘ sich Ueberwachungs- und Sicherheitsausschüsse, um Räuber, Mörder und Brandstifter zu bestrafen, und die Spieler, überhaupt die Abenteurer aller Art in Schranken zu halten. Das gelang. Als später- hin die politische Corruption um sich frafs, die verschiedenen Parteien zu unwürdigen und ungesetzlichen Mitteln griffen, um ihren Anhängern einträgliche Stellen zu verschaffen und um die öffentlichen Gelder zu plündern, als sie sogar das Palladium der Nordamerikaner, die Stimm- urne, nicht heilig hielten und die Resultate derselben verfälschten; als in Folge derartigen Betruges die höchsten Aemter und die Richterbänke mit ungeeigneten Männern besetzt waren, erhoben sich in der Mitte 1854 die rechtlichen Leute abermals, bildeten in allen gröfseren Städten Vigilanz-Committeen, hingen Mörder an den Galgen, verbannten die gefährlichsten Menschen aus dem Lande, und bildeten „die bewaffnete Macht der Ordnung“; sie machten „eine Revolution im Interesse der Ruhe, des Friedens und der Gesetze“. Das Alles ist eigenmächtig, das ganze Verfahren erscheint gewaltthätig; aber es ist ein Erzeugnifs der Nothwendigkeit, es geschieht in einem Lande, das noch immer als eine Ausnahme dasteht. Alles wohl erwogen, mufs man sich wundern, dafs überhaupt so rasch die Verhältnisse in Californien, dem Schauplatze, auf welchem ein äulserst buntes Menschengewirr sich tummelte, eine im Allgemei- nen geregelte Gestalt annahmen. Der Instinkt der Yankee’s zeigte sich dabei in sehr vortheilhafter Weise. Sie traten zusammen, „um den Vulkan zu stopfen“. Als der Congrels in Washington säumig war, gaben sie sich selber eine Verfassung. In San Francisco, Sonoma und Saeramento wählten die Bürger gesetzgebende Versammlungen, denen | | | | | | | | Geschichtliche und geographische Notizen über Californien. 155 sie provisorisch die höchste Gewalt übertrugen; gleich nachher wählte ' man im Lande 48 Bevollmächtigte, welche im September 1849 zusam- mentraten, um eine Verfassung zu entwerfen. Unter diesen Delegaten _ befanden sich auch Creolen, Deutsche und Engländer. Die Versamm- lung berieth zu Monterey vom 4. September bis zum 13. October die | Verfassung unter dem Vorsitze eines baumlangen Kentuckiers, Robert Semple, der das erste Zeitungsblatt in Californien gedruckt hatte; die Selaverei wurde ausgeschlossen. Am Schlusse der Berathung feuerte _ man 31 Kanonenschüsse ab; Californien hatte seinen Stern dem ster- _ menbesäeten Banner der grofsen Union hinzugefügt. Der Bundescon- grels genehmigte im September 1850 die Aufnahme nach langen und heftigen Erörterungen, und Californien schickt seitdem Senatoren und Repräsentanten nach Washington. VD. Die Provinz Catamarca in der argentinischen Conföderation. (Schlufs.) Bodenbeschaffenheit und Cultur. — Sollen wir in Bezug - auf Cultur- und Vegetationsverhältnisse das Charakteristische der Pro- vinz Catamarca in Kürze hervorheben, so möchten wir sagen, dafs sie vorzugsweise ein Land der Obstbaumzucht ist. Sie ist dem Wende- h kreise nahe genug, um die edlern Früchte des Südens zu zeitigen, und besitzt in ihren höher gelegenen Theilen auch die für die Fruchtbäume "Mittel-Europa’s geeignete Temperatur: die Pflege des Obstbaums bil- det daher eine Hauptbeschäftigung eines grolsen Theils der Bevölke- rung und eine wichtige Grundlage des Handelsverkehrs und einiger _ Industriezweige. Ungefähr eben so bedeutend ist die Viehzucht, so- wol in den Llanos wie auf den Alpen. Der Ackerbau scheint dage- gen in Folge der Trockenheit der Luft keiner allgemeinen Ausdehnung fähig zu sein, obgleich der jungfräuliche Boden an sich meistens sehr "fruchtbar ist und, wo er bewässert werden kann, an Mais und Weizen ‚achtzig- bis hundertfältig tragen soll; die Jagd liefert nur in den nörd- _ lichen und westlichen Departements einen Ertrag; von der Fischerei _ kann bei dem Mangel an Flüssen und Seen natürlich gar nicht die 156 Die Provinz Catamarca Rede sein, und nur der Bergbau, der neuerdings wieder gröfsere Auf- merksamkeit erregt hat, verspricht eine steigende Entwickelung. Zur Vervollständigung der im vorigen Artikel enthaltenen Anga- ben über die Bodenerhebung Catamarca’s wird es sich empfehlen, wenn wir, statt uns im Allgemeinen über die Producte der Provinz und über die Beschäftigung ihrer Bewohner zu verbreiten, die einzelnen Depar- tements der Reihe nach in diesen Beziehungen durchgehen. Die Cul- tur steht hier noch auf der ersten Stufe; nur der Ackerbau macht hin und wieder Anstrengungen, der Natur abzugewinnen, was sie nur einer sorgsameren Bemühung zu gewähren Willens ist, — so dafs die Le- bensweise der Menschen hier noch sehr deutlich die Beschaffenheit des Landes abspiegelt. Die Bewohner der Departements Ancaste und del Alto beschäf- tigen sich überwiegend mit Viehzucht. Wie bereits erwähnt, besitzen sie östlich von der Sierra in den Llanos einen weidenreichen Land- strich von 30 Leguas Länge und 9 Leguas Breite, auf welchem zahl- reiche Etablissements von Heerdenbesitzern zerstreut sind. Die Heer- den bestehen hauptsächlich aus Rindvieh und Schaafen, doch ist die Zucht der letzteren auf den Alpen beträchtlicher, — vermuthlich weil die mannichfaltigen Stachelgewächse, mit denen auch dieser Theil der Llanos bedeckt sein wird, dem Wollenvieh schaden. Nur in verein- zelten Niederlassungen hat man sich überwiegend der Zucht von Pfer- den und Maulthieren zugewendet, obgleich der Bedarf an Lastvieh in den benachbarten Gebirgsgegenden sehr beträchtlich ist; gewöhnlich züchtet man von diesen Thieren nur so viele, als die Bewachung der Heerden und das wirthschaftliche Bedürfnifs erforderlich macht, und begnügt sich damit, Maulthiere in den südlicheren Provinzen aufzukau- fen und sie in grolsen Schaaren über die Grenze nach Bolivia auszu- führen. Im Allgemeinen leidet die Viehzucht in den Llanos durch den Mangel an Quellen: man mufs sich mit Brunnen begnügen, zuweilen sogar mit dem in künstlichen Reservoirs, in umwallten Vertiefungen aufgefangenen Regenwasser. An die Anlage von Pumpen hat man noch nicht gedacht, obgleich bei jedem der gegenwärtigen Brunnen zwei Menschen und ein Pferd verwendet werden müssen, um die plumpen Wassereimer in die Höhe zu heben. Günstiger sind in dieser Beziehung die Gebirgsbewohner gestellt, die auf quellenreichen Gehängen eine noch ausgedehntere Viehzucht treiben und namentlich grofse Schaf- und Ziegenheerden halten. In Vieh besteht demnach der Hauptreichthum der Bergbewohner. Sie führen jährlich über 1000 Stück nach den westlichen Theilen der Provinz und nach Rioja, versorgen sowol die Hauptstadt wie Valle Viejo und Piedra Blanca mit Fleisch, und das durch diese Verhältnisse a in der argentinischen Conföderation. 157 begünstigte Gewerbe der Viehhändler nährt sich, wie bemerkt, auch durch den Umsatz der in anderen Provinzen aufgekauften Heerden. Hand in Hand geht damit die industrielle Thätigkeit. Die Bewohner beider Departements beschäftigen sich mit der Bereitung von Käsen, die während der Sommermonate, ja bis zum Juli, zahlreich ausgeführt _ werden, und namentlich mit der Gerberei, die für den Export nach Cördoba, San Luis, San Juan und Mendoza jährlich an 4000 Häute liefert und die einheimischen Verfertiger von ledernem Geschirr, na- mentlich Reitzeug, mit dem erforderlichen Material versieht. Die zar- E teren Schaf- und Ziegenfelle werden zu Kleidungsstücken und Pelzen verarbeitet; aus Wolle und Ziegenhaaren weben die Weiber grobe Zeuge, Ponchos, Bettdecken, Säcke u. dgl., nicht blos für den häusli- chen Bedarf, sondern auch, um dagegen die Erzeugnisse der Thäler _ eintauschen zu können. © Eine andere Nahrungsquelle könnte der Waldreichthum eröffnen, der diese beiden Departements vor den anderen vortheilhaft auszeich- net. Leider führt die Denkschrift die Waldbäume nur nach ihren ein- _ heimischen Namen an, mit denen zuweilen in den verschiedenen Pro- vinzen verschiedene Species bezeichnet werden und die mir zum Theil unbekannt sind. Auf den Ebenen befinden sich Gruppen von Algarro- ben (Prosopis siliguastrum), Quebracho’s ’), Chanarales, Talas und Ce- _ biles. Der zuletzt erwähnte Baum, dessen Rinde in den Gerbereien benutzt wird, kommt auch auf dem Gebirge vor. Aufserdem wachsen - hier der Mato (seine Rinde ist ein kräftiger Gerbestoff), der Arrayan (mach Philippi eine Buchenart, nach Gay bezeichnen die Chilenen so- wol Eugenia apiculata, wie Myrtus coquimbensis damit; er soll in Cata- ® marca Bauholz gewähren), der Moye, Palo Cruz, Aliso ?), Lapacho, ’ Guitiguilı, Coco, Chachal (?) und der Nufsbaum. Von diesen sollen _ der Chachal, der Mato und aufserdem noch der Piquillin reichliche und 2 _ angenehme Früchte tragen. Bauholz (madera de construccion) liefern der Wallnufsbaum, der Arrayan, Cebil, Lapacho, Moye, Quebracho, Guitiguili, und aufserdem die nicht unter den Bäumen dieser beiden Departements aufgeführten: Pino (Pinus Laricio nach Gay), Cedro und Pacarä, der stattlichste Waldbaum. Unter diesen Bäumen werden ‚ebenso wie unter denen Chile’s viele ein Holz besitzen, das sich durch schöne Färbung oder durch die Leichtigkeit, mit welcher es Politur annimmt, vorzüglich zu Tischlerarbeiten empfiehlt; aber die Industrie der Bergbewohner beschränkt sich jetzt auf die Verferti- „Art l b ') Nach Gay Cassia emarginata, die in Colchagua, Valparaiso und Aconcagua er See wächst. Der Quebracho soll aber Bauholz gewähren. 2 2) Die Brochure über Tucuman nennt ihn drbol de lugares ‚frios. 158 Die Provinz Catamarea gung der rohesten Geräthschaften, und selbst in der Hauptstadt ist die gewerbliche Thätigkeit noch sehr wenig vorgeschritten. Da zu diesen Departements die heilsesten Distriete der ganzen Provinz gehören, sollte man erwarten, dafs sie auch in den Produeten des Acker- und Gartenbaues die grölseste Mannichfaltigkeit zeigen würden. Aber die warmen Llanos im Osten der Sierra werden nur als Weideländereien benutzt und in den Gebirgen hat die Landwirth- schaft mit Schwierigkeiten zu kämpfen. Doch geben auf vielen Ge- hängen Mais und Bohnen (frijoles, Phaseolus vulgaris) reichliche Ern- ten; namentlich gedeihen die letzteren in dem kühlen Gebirgsklima sehr gut und werden ihrer vorzüglichen Qualität wegen von den Be- wohnern der benachbarten Thäler mit Vorliebe gesucht. Sie bilden in Chile die gewöhnlichste Speise des gemeinen Mannes, und ihr Anbau empfiehlt sich in Gebirgsgegenden — abgesehen von den klimatischen Bedingungen unter dieser Breite — hauptsächlich dadurch, dafs sie auf den steileren Grehängen, deren Bearbeitung mit dem Pfluge unmöglich ist, angepflanzt werden können. Auch die Obstsorten, die in beiden Departements gewonnen werden, verrathen das kühlere Klima; aller- dings reifen hier zwei Arten Feigen von guter Qualität, und Pfirsiche; auch der Weinstock trägt in den kleinen Gärten reichlich, wenn die Traube auch einen eigenthümlichen Geschmack besitzt; aber die Haupt- sorten scheinen doch Birnen, Kirschen und Aepfel zu sein; und dafs auch diese nicht gerade im Ueberflulfs vorhanden sind, lehrt die Be- merkung, dafs die Gebirgsbewohner im Thale trockenes Obst einkau- fen. Von Gartengewächsen wird nur die Wassermelone erwähnt, von anderen Nutzpflanzen ein Strauch, Anileillo, der die Indigopflanze er- Setzt. Ob die Sierra de Ancaste mineralische Schätze bewahrt, ist noch unbekannt. In Babiano, am Ostabhange, befinden sich Gypsgruben, die aber wenig benutzt werden. Die Gebirgsbewohner, sagt der Verfasser der Denkschrift, haben so wenig Bedürfnisse, dafs sie jährlich nicht mehr als 11,000 Piaster für überseeische Waaren ausgeben. Sie haben keine Neigung, ihre Lage zu verbessern, und nicht einmal Sinn für bequeme, reinliche und gesunde Wohnungen oder ein ordentliches Mobiliar. In schmuzigen Hütten und von Flöhen belästigt führen sie ein ärmliches und uner- freuliches Leben. Viel angebauter ist das Departement Piedra Blanca. Schon sein östlicher Theil, das Thal von Paclin, besitzt einen fruchtbaren Acker- boden, auf dem viel Taback gewonnen wird, ohne dafs sein Anbau be- sondere Mühe verursacht. Ramon Gil Navarro schätzt in einer Ab- handlung, deren Schlufs in der Nummer des Nacional Argentino vom ir in der argentinischen Conföderation. 159 i ‚30. September 1855 abgedruckt ist, den Ertrag auf 5 — 600 Cargas, jede zu 600 Bündeln '); an Qualität soll dieser Taback den chilenischen ‚weit übertreffen, doch ist die Behandlung desselben mangelhaft, und es fehlt namentlich an Pressen, um den Export des Products zu erleichtern. ‚Noch bewohnter ist das Thal von Piedra Blanca, durch welches der Weg von Catamarca nagh Andalgala führt. In ihm liegen auf einer Strecke von 7 Leguas Länge und 2% Leguas Breite die einzelnen Gehöfte, wel- che die Ortschaften Callesita, Piedra Blanca, Pomansillo und Puerta bilden, zerstreut, umgeben von ihren Ackerfeldern, die durch zahlreiche _ von dem Flusse ausgehende Canäle und Gräben nach einem wohlge- ordneten und Niemand beeinträchtigenden System bewässert werden. _ Dieses Thal ist der Hauptsitz der Obsteultur und des Weinbaues. Es produeirt Pfirsiche, Granatäpfel, die das ganze Jahr hindurch conser- virt werden können, Trauben, die vom 20. Januar bis Mitte Septem- ber frisch und schmackhaft bleiben, Rosinen, Nüsse, Lucuma’s ?), Quit- ten und einen Wein, der zu den besten der Provinz gerechnet wird. _ Die Bewohner suchen diesen Fruchtreichthum dadurch möglichst zu verwerthen, dafs sie Fruchtsäfte, Eingemachtes u. dgl. bereiten oder das Obst trocknen und ausführen. Auch die Bereitung von Liqueurs und die Branntweinbrennerei ist durch die Landesproducte in Aufschwung ; gekommen. Das Thal ist übrigens schlecht bewaldet und liefert den Bewohnern nur Brennholz; an den Ufern des Flusses wächst das „Leber- - kraut“ Berro (Cardamine nasturtioides et officinale nach Gay), auf den Höhen eine Unzahl von Blumen, auch Sassaparille, Schlangenwurz, Ci- _ ehorien, Eppich, Sevenbäume, Deradilla, Chanchalagua und Savia, de- _ ren Namen wohl nur falsch gedruckt sind für Doradilla (Milzkraut), Canchalagua (Erytraea chilensis nach Gay) und (vielleicht) für Salvia (Sphacele Lindleyi nach Gay). Vorzüglich anmuthig soll der Anblick der Ortschaft Puerta sein, - deren Gebäude auf Anhöhen liegen, welche eines der lieblichsten Thäler -einschliefsen. Hier gedeihen Aprikosen, eine besondere Feigenart (uni- gales), alle anderen oben erwähnten Früchte und ein vorzüglicher Wein. _ Mitten durch die Gärten fliefst der Rio del Valle, der in der Nachbar- ‚schaft seinen Ursprung nimmt. Aber je mehr man von hier seitwärts - in das Gebirge dringt, desto mehr überwiegt der Ackerbau und end- 1) Mafse und Gewichte sind nicht blos innerhalb der ehemaligen spanischen esitzungen in Siüd-Amerika, sondern zum Theil selbst in den Staaten der argenti- nischen Conföderation verschieden. Da mir specielle Angaben für die Provinz Cata- marca meist nicht vorliegen, behalte ich die einheimischen Namen bei. Die Carga rechnet B. Ruzo zu 14 Arrobas. Sie beträgt also 350 span. oder c. 300 preufs. Pfund. 2) Die Verbreitungssphäre der beiden Lucuma-Arten, die in Chile vorkommen, L. valparadisea und L. obovata, reicht südwärts nur bis in die Breite von Valpa- aiso und Santiago. 160 Die Provinz Catamarca lich die Viehzucht. Die Ortschaften Rodeo und Ambato haben kleine Bäche, die sich später in den Rio del Valle ergiefsen; sie beschäftigen sich mit dem Anbau von Taback, Weizen, Mais und Bohnen, die einen „regelmäfsigen“, also wol nicht erheblichen Ertrag liefern, und zum Theil auch mit der Viehzucht. In den Ortschaften Valeosna und San Antonio, die östlich von der Strafse ebenfalls imsGebirge und auf quellenreichen Gehängen liegen, scheinen sich die Bewohner ausschliefs- lich mit der Viehzucht zu beschäftigen. Die nördlichen Theile des Departements hängen mit den so eben beschriebenen durch eine 3 Leguas lange Gebirgsschlucht, La Puerta, zusammen !). Die Cultur der gleichnamigen Ortschaft setzt sich noch eine Legua weit nordwärts fort, dann verengt sich das Thal, der nach Andalgala führende Weg mufs mehrmals den Gebirgsbach überschrei- ten, der sich durch die Schlucht hindurchdrängt, und ist nicht in einem solchen Zustande, dafs der Transport an dieser Stelle nicht mit Schwie- rigkeiten und oft mit Verlusten verknüpft sein sollte. Auf den umlie- senden Höhen, deren „Temperatur frisch ist und die Hitze der Hunds- tage nicht fühlen läfst“, weiden Heerden von Rindvieh, Schafen, Maul- thieren und Pferden; an einigen Orten werden auch Esel gezüchtet. Der Feldbau beginnt wieder mit den Ansiedlungen, welche die Ortschaft Pucarilla bilden. Hier wie in Singuil tragen zwar die Pfir- sichbäume reichliche Früchte; aber den Hauptertrag liefern doch die ergiebigen Ernten von Mais, Weizen und Bohnen, die von den Berg- werksbesitzern des benachbarten Departements Andalgalä oft schon auf dem Halme aufgekauft werden; Singuil producirt auch Taback. Auf den Höhen wird in einem ausgedehnten Mafsstabe Viehzucht getrieben. „Diese Ortschaften,“ sagt die Denkschrift, „vereinigen mit einem fri- schen und gesunden Klima eine malerische und angenehme landschaft- liche Scenerie. Die Vegetation wird durch den ersten Frühlingsregen belebt und erhält sich frisch durch starken nächtlichen Thau. Die ganze Gegend ist reich an Weiden; der Boden besteht überall auf den niedrigen Hügeln aus einem reinen steinlosen Thon; Bäume erblickt man hier nieht, aufser einigen Gruppen in den Schluchten, und den Wallnufs-, Pfirsich- und Feigenbäumen und Rosengebüschen in der Nähe der Ortschaften.“ Die Hauptstadt Catamarca, welche jetzt 5150 Einwohner zählt, war, wie wir bereits in dem früheren Artikel erwähnten, ursprünglich im Thale von Londres nicht weit von dem Fufse der Cordillera ge- gründet worden, sah sich aber hier durch die Angriffe der Calchaquies- !) Der Ort Puerta liegt am südlichen Eingange der Schlucht, — bei der Cor- rectur der Karte ist mir dieser Fehler entschlüpft. in der argentinischen Conföderation. - 161 Indianer, die sich in den Anden behaupteten, dermalsen bedroht, dafs _ man sie nach dem Valle Viejo verlegte. Hier hatte sie von den Ueber- schwemmungen zu leiden, denen das Thal ausgesetzt ist, so dafs die Bewohner an einen etwas westlicher gelegenen Punkt, an den Fufs der Sierra von Ambato übersiedelten. Dies geschah im Jahre 1683 in Folge einer königlichen Ordre, die vom 16. August 1679 datirt war. Der Flufs, an dem die Stadt jetzt liegt, entspringt 10 Leguas von ihr auf der eben genannten Sierra; sein Wasser wird, ehe er die Stadt erreicht, in 9 Canälen abgeleitet, welche die 9 Strafsen der Stadt durch- schneiden. Schon hieraus erhellt, dafs der Ort weitläuftig gebaut ist. _ Die Strafsen sind, nach Ramon Gil Navarro, breit und regelmäfsig, die Häuser geräumig und von grofsen und schönen Orangengärten um- geben, aus deren dunkelm Grün die weilsen Gebäude hervorblicken. Die Canäle, welche das Wasser des Flusses vollständig absorbiren, die- nen dazu, die Gärten zu bewässern und die in den Häusern angeleg- ten Bäder mit Wasser zu versehen. | Die industrielle Thätigkeit der Bewohner ist gering: es finden sich I unter ihnen die gewöhnlichsten Handwerker, Zimmerleute und Maurer, Sattler, Schuster, Schneider, Schmiede, Goldschmiede und Bötticher; aber ihre Arbeit ist mittelmäfsig und wird theuer bezahlt. Mit der Verfertigung von Uhren beschäftigen sich einige Personen aus Liebha- berei: ein Franziscaner, der Talent zur Mechanik besitzt, hat neuerdings _ eine richtig gehende Thurmuhr zu Stande gebracht. Von Bedeutung scheint nur die Fabrication von Hüten aus Seide, Vicuna- und Schaf- _ Wolle zu sein, und wichtig für die Bewohner ist es, dafs in der Stadt - fünf Mühlen existiren, deren Anlage in anderen Theilen der Provinz durch die Wasserarmuth behindert wird. Aufser den städtischen Müh- len giebt es nur noch 5 im Valle Viejo, dessen Flufs der wasserreichste der ganzen Provinz ist, und je eine in den zum Reetoral gehörigen Ortschaften Concepeion, Santa Cruz und Portesuelo. Ein vorzüglicher Thon im Osten Catamarca’s hat einige Ziegelbrennereien ins Leben ge- _ zufen, die das Tausend Bauziegel für 16 Piaster, das Tausend Dach- - ziegel für 25 Piaster verkaufen. Die unmittelbare Umgegend der Stadt hat einen steinigen Boden, der indefs der Anlage von Fruchtgärten nicht hinderlich zu sein scheint. Es werden in ihnen alle Südfrüchte gewonnen, Orangen und Citronen, "Pfirsiche, Aprikosen, Feigen und Weintrauben. Erst auf den Bergen im Westen der Stadt bildet der Apfelbaum den Hauptbestandtheil der Obstgärten; hier werden auch andere Früchte eines kühleren Gebirgs- klima’s (frutos de puna) produeirt und viel Kartoffeln gebaut. Im Sü- den befinden sich ausgedehnte Maisfelder. Der Boden des Rectorals ist im Allgemeinen sandig. Alle Ort- Zeitschr. f. allg. Erdk, Neue Folge. Bd.I. 11 162 Die Provinz Catamarca schaften desselben, besonders die östlichen (Portesuelo, Santa Cruz und Guaicama), treiben Wein- und Obstbau, und verführen die Producte desselben nach Santiago und Tucuman, wie nach den Gebirgsdeparte- ments Ancaste und del Alto. Von besonderer Wichtigkeit kann die Cultur der Baumwollenstaude werden, die bisher nur im Rectoral und im Departement Piedra Blanca angebaut ist; obgleich die Bewohner geringe Sorgfalt darauf verwenden, ist die Qualität des Produets doch von einer englischen Compagnie im Jahre 1825 sehr günstig beurtheilt worden, und es werden jetzt bereits 7— 8000 Arroba’s Baumwolle ') nach Cördoba exportirt, von denen das Valle Viejo allein 1500 bis 2000 liefert. Von anderen Nutzpflanzen werden noch Anis und spa- nischer Pfeffer erwähnt; der erstere wird zum Theil in den einheimi- schen Destillationen verwendet, zum Theil nach den Zuckerrohrpflan- zungen in der Provinz Tucuman exportirt; der Pfeffer sucht einen Markt in Cordoba und Buenos Aires, und könnte, wenn er in ausge- dehnterem Malsstabe angebaut würde, nach Don Navarro’s Ansicht eine der wichtigsten Einnahmequellen der Provinz bilden. Auf den Ackerfeldern werden Mais, Weizen, Kichererbsen, Lupi- nen und Schminkbohnen (alberjas und frijoles) gebaut, die letzteren namentlich auf den frischen Höhen. Gemüsegärten finden sich über- all; berühmt sind die Wassermelonen von Coneta. Die Heerden der Viehzüchter bestehen vornehmlich aus Hornvieh; die Schafzucht steht in zweiter Linie. Im Gebirge befinden sich aber auch Stutereien; Pferde und Maulthiere werden hier im Winter mit Gerste, im Sommer mit Luzerne (alfalfa) gefüttert. Bewaldet sind nur die Abhänge und Schluch- ten des Gebirges, besonders in der Umgegend von Concepcion; hier finden sich hochwüchsige Cedern, Wallnulsbäume, Sauces (Saliv Hum- boldtiana nach Gay), der Palo borracho, der eine reichliche und feine Baumwolle trägt und dessen Stamm zu Badewannen ausgehöhlt wird, und zahlreiche andere Waldbäume (Arrayan, Cebil, Lapacho, Moye, Quebracho, Pacara, Guitiguili). Auf den Ebenen zeigen sich dagegen nur Gruppen von Algarroben und zwei Arten Quebrachos, von denen das Holz der einen zu Wagendeichseln benutzt wird. Vorzüglich reich an Brennholz ist der Distriet im Süden des Valle Viejo. Die industrielle Thätigkeit der Landbewohner ist hauptsächlich auf Verarbeitung der Wolle und Baumwolle gerichtet; jene überwiegt in Portesuelo und den benachbarten Annexen, diese im Valle Viejo, wo gesteppte Bettdecken, Tisch- und Taschentücher und andere baumwol- lene Gewebe verfertigt werden. Der Handel beschäftigt sich mit der Ausfuhr von Wein, Weizen, der indefs auch in anderen Departements ') Eine Arroba hat 25 span. Pfund, die etwas kleiner als die preufs. sind. in der argentinischen Conföderation. 163 _ aufgekauft wird, Baumwolle und trockenem Obst (aus dem Valle Viejo allein werden jährlich 9—10,000 Arroba’s [etwa 2000 — 2200 preufs. Centn.] getrockneter Feigen exportirt), und dem Ankauf von Zugvieh in den südlicheren Provinzen, das dann in grofsen Heerden weiter nord- wärts nach Salta und Bolivia getrieben wird. . Pomän ist bis jetzt nur ein zum Fuerte gehöriger Bezirk, wird aber seiner Entlegenheit wegen fast immer als selbstständig behandelt. Sein anbaufähiges Land beschränkt sich auf einen 15 Leguas langen, b aber schmalen Distriet am Westabhange der Sierra von Ambato und wird jenseits des Flusses, an welchem die Ortschaften liegen, durch die grolse Salzwüste eingeengt '). Alle Niederlassungen besitzen kleine Wein- und Obstgärten, deren Früchte, Pfirsiche, Aepfel, Lucumas, Nüsse und Quitten getrocknet verkauft werden. Unter den Cerealien, j die hier gebaut werden, wird nur Weizen angeführt, der in der Haupt- _ stadt und in Tucuman Absatz findet. Wichtiger und allgemeiner ist _ die Zucht von Rindvieh, Schafen, Pferden und Eseln auf dem Gebirge, _ das auf diesem Abhange viel schwächer als auf dem östlichen bewal- det zu sein scheint. Es wachsen in dem Bezirk nur Viscos, Algarro- _ ben, mit deren Früchten die Maulthier-Caravanen gemästet werden, und Retamas (Sarothamnus scoparius und Spartium junceum nach Gay), die zu Weinpfählen benutzt werden, da sich ihr Holz in der Erde sehr . verhärtet. Das Ackerland des Bezirks von Andalgalä ist vielleicht eben so beschränkt; gleichwol entwickeln die Bewohner in anderen Be- ziehungen eine ungleich gröfsere Thätigkeit. Nur die Ortschaften Ama- - nao und Villavil besitzen einige Getreidefelder; der Ertrag derselben _ entspricht aber so wenig dem Bedarf, dafs die Bewohner, wie wir ge- sehen haben, die Ernten des fruchtbareren, jenseits des Gebirges gele- _ genen Departements Piedra Blanca meist schon auf dem Halme auf- ‚kaufen und auch aus Santa Maria Mais einführen. Wichtiger ist schon die Zucht von Schafen, Eseln, Maulthieren und Hornvieh auf den Ge- birgsabhängen im O. und N.; die hier wachsenden Alpenkräuter machen x das Fleisch der Thiere schmackhaft und den von den Heerdenbesitzern bereiteten und innerhalb des Departements consumirten Käse fett. Am ausgedehntesten ist jedoch der Wein- und Obstbau. Die Weinberge des Hauptorts sind nicht blos in der Provinz, sondern auch in den be- . ’ e 1) Auf dem Kärtchen habe ich zu den Namen der Ortschaften die Ortszeichen deshalb nicht hinzugefügt, weil die Denkschrift nur bemerkt, dafs die Ortschaften ‚dieses Bezirks 15 Leguas südlich vom Fuerte de Andalgalä beginnen und sich eben so weit südwärts ausdehnen, ohne dafs die Entfernung der einzelnen von einander angegeben wird. Sie liegen sämmtlich am Rio de Pomän, der ihre Aecker bewäs- sert. 143 164 Die Provinz Catamarca nachbarten Landschaften berühmt. Von Früchten werden erwähnt Wall- nüsse, Lucumas, Quitten, verschiedene Arten Birnen, Pfirsiche, gelbe und dunkle Pflaumen, Orangen, Limonen, Granatäpfel und Citronen, Melonen und Wassermelonen, Erdbeeren u. s. f.; alle Arten werden im Ueberflufs gewonnen. Daraus erklärt sich, dafs die Destillation von Liqueurs, die Bereitung von Fruchtsäften und Eingemachtem in diesem Departement am eifrigsten betrieben wird und die Grundlage für den auswärtigen Verkehr bildet. Don Navarro schätzt den Werth der hier bereiteten Liqueurs auf nicht weniger als 30— 40,000 Piaster jährlich; nach Benedieto Ruzo führt das Departement jährlich für 18 — 20,000 Piaster Branntwein, für 8— 10,000 Piaster Wein und Rosinen, für 2— 3000 Piaster Fruchtsäfte nach Tucuman, ja selbst nach Bolivia und Peru aus. Von Tucuman tauscht es dagegen ein: Reis, Wollen- und Lederwaaren, Talg und Seife, Mais und Lastvieh. Andalgalä ist da- durch ein so belebter Handelsplatz geworden, dafs man hier beständig eine Anzahl von Maulthieren in Thätigkeit findet, die grofs genug ist, 1500—2000 Lasten nach jeder Richtung hin zu befördern. Unter den Gewerben ist aus demselben Grunde das der Bötticher in besondere Aufnahme gekommen; zum Verpichen der Fässer, das in diesem trocke- nen Klima von besonderer Wichtigkeit ist, bedient man sich eines Harzes, das von einem in dem Departement $. Maria häufig vorkom- menden aber nicht namhaft gemachten Strauche gewonnen wird. Es wird mit Talg aufgelöst und als compaete Paste in Ziegelform ver- sandt. Einen neuen und bedeutenden Nahrungszweig hat diesem Depar- tement der Bergbau auf Kupfer eröffnet, der in der Sierra del Atajo nicht weit von den Ortschaften Cholla und Amanao betrieben wird. Benediceto Ruzo versichert, dafs das hier gewonnene Metall nicht blos nach Buenos Aires, sondern auch nach der Küste des stillen Meeres geht; das Letztere ist um so merkwürdiger, da die nördlichen Provin- zen Chile’s, Atacama und Coquimbo, selbst überreich an Kupferminen sind und sich fast ausschliefslich mit dem Bergbau beschäftigen; sollte hier demunerachtet und trotz des weiten und beschwerlichen Transports über die Cordillera das im Fuerte gewonnene Kupfer noch mit Vor- theil verwerthet werden können, so mufs die Ausbeutung der Kupfer- minen von Andalgalä mit eben so geringen, wie die im nördlichen Chile mit beträchtlichen Kosten verknüpft sein. Von den enormen Preisen, mit denen die nothwendigsten Lebensmittel in den Minendistrieten der Provinz Atacama bezahlt werden müssen, kann man sich aus einer von Gillifs (I, p. 266) mitgetheilten Tabelle einen Begriff machen. Für 100 Pfund Weizen zahlt man z. B. 18—20 Dollars, für eben so viel Klee an einigen Gruben 5 oder 6 Dollars. In Andalgalä wird die in der argentinischen Conföderation. 165 » Unterhaltung der Arbeiter bedeutend billiger sein. Hier liefert der _ Bergbau bereits einen so reichen Ertrag, dafs das Departement seine überseeischen Bedürfnisse zum gröfseren Theile (20 — 25,000 Piaster) mit Metallen, den Rest (12,000 Plaster) mit Früchten bezahlt. Im Departement Santa Maria tritt in Folge seiner hohen Lage die Cultur edler Obstarten gegen den Bau von Cerealien sehr in den _ Hintergrund. Die Pfirsiche reifen hier allerdings noch, vielleicht aber nur an mehr geschützten Stellen; denn von anderen Südfrüchten wird » keine erwähnt. Die Trauben sind von schlechter Qualität; aufserdem werden nur Aepfel und Birnen gewonnen. Desto ausgedehnter ist der Ackerbau, besonders an Mais und Weizen; der erstere wird in grofser r Menge nach den Departements Andalgalä und Belen, der letztere nach Tueuman exportirt; auch Kartoffeln werden namentlich auf den Berg- 4 halden im W. des Thales reichlich angebaut und zeichnen sich durch - ihre Qualität vortheilhaft aus. Das Gebirge ist vornehmlich im Westen - für die Viehzucht vorzüglich geeignet; alljährlich werden Heerden von Eseln über die Grenze nach Bolivia und Schafe nach Andalgalä und ’ Belen geführt. Die hier bereiteten Käse rivalisiren mit denen von Tafı £ in Tucuman, den berühmtesten in der ganzen argentinischen Conföde- ration. Die Wolle der Schafe ist gut, aber bei dem Mangel an Pressen 4 wird sie nicht in beträchtlicher Quantität ausgeführt, sondern innerhalb der Provinz von den Frauen zu einer Art Casimir unter dem Namen Cordillate verwebt: Dafs im Hochgebirge auch auf Vicunas und Gua- $ nacos Jagd gemacht wird, haben wir bereits erwähnt; die letzteren fin- . den sich im Westen sehr häufig in Heerden von 30 bis 40 Stück. Die mei wird von den Indianern des Gebirges auf Pferden betrieben; sie haben für das Fleisch der Guanacos eine besondere Vorliebe und ver- > fertigen aus dem Felle derselben verschiedenes Riemwerk, welches drei- r so hoch im Preise steht, als das aus Ochsenhäuten. Eben so bedeutend wie in dem vorigen Departement ist auch in diesem der Bergbau. Benedieto Ruzo bezieht sich auf eine Denkschrift des Mineralogen Hort über den Mineralreichthum der gesammten Pro- _ vinz, die er dem Museo Nacional eingereicht hat; da sie uns nicht be- kannt geworden ist, müssen wir uns auf die Notizen beschränken, dals „3 Leguas nordnordöstlich von Balastro am Westabhange der Sierra von Anconquija* durch eine anglo-amerikanische Gesellschaft Silber- minen in Arbeit genommen sind, und dafs in einer anderen Grube „Santa Maria“ gediegenes Kupfer gewonnen wird, von dem Herr Be- nedieto Ruzo dem Museo ebenfalls eine Probe übersandt hat. Im We- sten des Departements sollen sich zahlreiche Salz-Lagunen und uner- schöpfliche Steinsalzlager befinden. Das Departement Belen zeigt durch die verschiedenartige Cultur 166 Die Provinz Catamarca seiner einzelnen Theile am deutlichsten, in welchem Grade das Land gegen Norden ansteigt. Bei seiner bedeutenden Ausdehnung von N. nach $S. sondern sich in ihm klarer als in den anderen Departements die drei Zonen der Viehzucht, des Getreidebaues und der Cultur edler Obstarten. Im Norden, in der Umgegend der Laguna Blanca und west- lich von dem lagunenreichen Distriet Santa Maria’s, befinden sich die ausgedehntesten Alpenweiden, auf denen man jährlich 3— 4000, aus d@n verschiedensten Theilen der Conföderation zusammengetriebene und für den Export bestimmte Maulthiere und Esel überwintern läfst, um sie nach dem angreifenden Marsche hier wieder in einen guten Futter- zustand zu versetzen, ehe man sie den bolivianischen Käufern vorführt, Die Bewohner dieser weidenreichen Plateau’s beschäftigen sich mit der Zucht von Llama’s und Schafen und der Jagd auf Vicunas, an denen die kalten Gebirge reich sind (abundan de vicunas sus [rigidos serros). Die Cultur beschränkt sich auf den Anbau von Kartoffeln, die hier allerdings reichlich und in vorzüglicher Qualität gedeihen. Südlich an dieses Land der Viehzucht lehnt sich das Gebiet des Getreidebaues, der das Hochthal von Gualfin, San Fernando und Cie- nega charakterisirt, Auf den von dem Rio de Belen bewässerten Fel- dern wird vornehmlich Weizen gebaut, und das Product zum Theil nach Tueuman exportirt. Auch ausgedehnte Kleefelder befinden sich hier, die den Bedürfnissen der aus verschiedenen Gegenden bier zu- sammentreffenden Heerdentreiber genügen. San Fernando ist zugleich der Sitz der Bergwerksindustrie. Hier wohnt Don Jesus Maria Espeche, der Entdecker der Kupfermine La Restauradora in der Sierra del Atajo, und hat hier die Oefen zum Schmelzen der Kupfererze, wie der in der Sierra von Culampajä, westlich von San Fernando, gewonnenen Gold- eTZe. Weinbau und Obstzucht, die in diesem höher gelegenen Thale nieht erwähnt werden, treten erst weiter südlich, wo die Ortschaften Belen und Londres liegen, in die Reihe der Culturzweige und überwiegen fast den Getreidebau, obgleich auch dieser für den Export nach Tucuman und dem ärmeren Departement Tinogasta produeirt. Der Weinbau blüht vorzüglich in Londres, dessen Bewohnern der Arbeitsamkeit und Sorgfalt wegen, welche sie diesem Qulturzweige zuwenden, von Bene- dieto Ruzo ein schönes und von Spaniern nicht häufig verdientes Lob gespendet wird. Es giebt an diesem Orte Stöcke, die 170—200 Trau- ben tragen, von ausgezeichneter Qualität; der hier wachsende Mosca- teller soll der vorzüglichste in der ganzen Provinz sein. Hier wie in dem malerisch gelegenen Belen, dessen Felder und Gärten von dichten Rosenhecken eingefalst sind, wird ein eben so ausgedehnter Obstbau in der argentinischen Conföderation. 167 PULLE a L \ 4 betrieben. Pfirsiche, Aprikosen (damazcos und albarillos), Granatäpfel, _ Lucumas, Quitten, Birnen und verschiedene Aepfelsorten, in Londres auch Orangen und Wallnüsse gedeihen vortrefflich und werden in gro- [ser Menge namentlich nach Santa Maria ausgeführt. An diese Cultur lehnt sich in diesem Departement wie im Fuerte die Destillation von Liqueurs und Branntwein (für den Export nach Salta, Jujuy und Bo- Jivia) und die Fabrication von hölzernen und thönernen Gefäfsen; doch wird die Kunst, die letzteren zu glasiren, noch nicht in Anwendung gebracht. Belen besitzt an verschiedenen Stellen einen vorzüglichen Thon, aber die Benutzung von Backsteinen und Dachziegeln ist noch _ nicht so allgemein geworden, wie im Departement Fuerte de Andal- galä. | Unter den anderen Industriezweigen verdient nur noch die Ver- fertigung von Geweben aus Schaf- und Vieuna-Wolle, die sich durch Feinheit und guten Geschmack vor ähnlichen Arbeiten in anderen Thei- len der Provinz vortheilhaft auszeichnen sollen, erwähnt zu werden. Diese Industrie und zum Theil auch die Verfertigung irdener Gefälse - ruht in den Händen der Weiber; doch giebt es auch Töpfer von Pro- fession. 00 Dafs auf den Gehängen der Cordillera im Westen auch Viehzucht betrieben wird, dürfen wir kaum bemerken. Eigenthümlich ist es, dafs die Bewohner des Departements ihr Land nicht als volles Eigenthum besitzen; die Ländereien gehören der Kirche, und die Nutznielser zah- len ihr einen mäfsigen Canon. Das Klima ist trocken, gemäfsigt und sehr gesund. Im Sommer bewölkt sich Nachmittags der Himmel regel- mälsig, so dafs ein „Nachmittag Belen’s* sprichwörtlich geworden ist. 4 Es ergiebt sich schon aus dem Obigen, dafs der Handel des De- - partements mit eigenen Producten wie der Transithandel ziemlich leb- haft ist. Belen und Londres allein beziehen jährlich für 18 — 20,000 Piaster überseeische Waaren, und in Londres findet ein jährlicher Waa- _ renumsatz im Betrage von 10—12,000 Piaster statt. Die Cultur des der Cordillera noch näher gelegenen Departements | Tinogasta entspricht der in den beiden nördlichen Abschnitten Be- len’s herrschenden. Der Obstbau tritt hier an Bedeutung sehr zurück; Orangen, Pfirsiche, Aprikosen, Feigen werden nicht mehr erwähnt, und selbst der Ertrag an Aepfeln, Birnen, Wallnüssen und Granatäpfeln ist so gering, dafs er eben nur der inneren Consumtion genügt. Die spärlichen Weinberge liefern an Wein und Branntwein einen Ertrag _ im Werthe von nur 2000 Piastern. Ja selbst der Getreidebau scheint nur in der Nähe des Hauptorts, der relativ am günstigsten gelegen ist, zu gedeihen; hier liefert der Weizen auf einem überaus fruchtbaren 168 Die Provinz Catamarca Boden hundertfältigen Ertrag, dennoch werden jährlich nur 1300 bis 1500 „Cargas oder Fanegas* geerntet '). Vom Serro Negro und Rio Colorado wird ausdrücklich bemerkt, dafs der Feldbau sehr beschränkt und ganz unsicher ist, so dafs die armen Bewohner genöthigt sind, durch Lohnarbeit in dem 20 Leguas entfernten Londres ihren Unter- halt zu suchen, — und wir haben bereits erwähnt, dafs das Departe- ment der Getreidezufuhr bedarf. Neuerdings hat der lebhafte Transit- handel den Anbau der Luzerne in Aufnahme gebracht, da die zahl- reichen Caravanen, die durch dieses Departement ihren Weg über die Cordillera suchen, hier zu überwintern oder wenigstens längere Zeit zu rasten pflegen, ehe sie die beschwerliche Gebirgsreise antreten ?). Der wichtigste Nahrungszweig besteht in der Viehzucht, obwohl eigentlich nur die Alpenweiden dazu anlocken, während die Wiesen und die mit Futterkräutern bestellten Felder des Hauptthales künstli- cher Bewässerung bedürfen. Die aufserordentliche Trockenheit der Luft, die den Westabhang der Cordillere unter dieser Breite verödet hat, äufsert auch hier ihren verderbliehen Einflufs auf die Vegetation; die baumlose Landschaft, auf der sich nur hin und wieder kleine Grup- pen von Algarroben zeigen, gewährt einen traurigen Anblick; von der Cordillera weht oft ein äufserst beschwerlicher Wind, der anfangs heifs ist, dann feuchter und kalt wird und gewaltige Staubwolken vor sich her wirbelt. Die industrielle Thätigkeit beschränkt sich auf die Verfertigung feiner Wollengewebe. Von den Kupferadern, deren sich mehrere im Gebirge befinden sollen, wird nur eine einzige bearbeitet. In’ den Ge- birgen werden hier wie in Belen Vicunas gejagt. An diese speeielle Darstellung der Culturverhältnisse in den ein- zelnen Departements schliefsen wir noch einige allgemeinere Bemer- kungen. Don Ramon Gil Navarro, dessen Abhandlung durch ihre optimi- stische Färbung das spanische Wesen getreuer abspiegelt, als die sach- ?) An einer anderen Stelle sprieht Benedicto Ruzo von einer Fanega zu 12 Al- mudes & 25 Libras. Auch in Chile wird die Fanega in 12 Almudes getheilt und umfafst hier 5430,6 Kubikzoll Pr. oder 1 Scheffel 12,3 Metzen Preufs. Wenn der Verfasser aber den Almud zu 25 Libras rechnet, so meint er eine gröfsere Fanega; die span. Libra als Kubikmafs ist etwa 5 franz. Litre, die Fanega würde also circa 2 Scheffel 12 Metzen Preufs. umfassen, und noch etwas gröfser sein, als die Fanega von Buenos Aires die etwa 2 Scheffel 11 Metzen beträgt. 2) Jenseits des Gebirges haben die Futterkräuter ganz aufserordentlich hohe Preise. Gillifs erzählt (Naval Expedition to the Southern Hemisphere I, 253), dafs in Coquimbo für die Luzerne auf einer Cuadra (etwas über 6 Morgen Magdeburg.) 4000 Dollars gezahlt wurden. Auch Philippi mufste in Atacama für einen Centner 5 Piaster geben (Petermann’s Mittheilungen 1856, S. 61). in der argentinischen Conföderation. 169 _ liehe Arbeit Benedicto Ruzo’s, berichtet, dafs aus der Provinz auch jährlich 150 Arroba’s Cochenille der schönsten Qualität ausgeführt wer- . den, und dafs die amerikanische Indigopflanze (anil) in grofser Menge hier wachse, dafs aber nur vereinzelte Manufaeturen davon Nutzen zö- gen. Benedicto Ruzo erwähnt die Cochenille gar nicht, und hinsicht- _ lich des Indigo bemerkt er, dafs eine andere Pflanze (anileillo) ihn er- setze. ; Um die Bedeutung der Viehzucht in Catamarca zu würdigen, no- tiren wir aus der Denkschrift einige Preisangaben. Man kauft hier ; eine Kuh für 10, ein Stierkalb für 13, einen Ochsen für 16 bis 17 Piaster. Diese Preise erscheinen nicht niedrig, wenn man sie mit de- nen des Südens, z. B. des südlichen Chile, vergleicht, wo man für eine - Kuh höchstens 8, für einen Zugochsen etwa 12 Piaster zahlt. Aber - viel höher stehen die Preise im nördlichen Chile, in den Grenzprovin- zen Catamarca’s. Nach einer Tabelle, welche Philippi in den „Neuen Nachriehten über die Provinz Valdivia, Kassel 1851“ veröffentlichte, zahlte man im Hafen Serena in der Provinz Coquimbo für eine Kuh 22, für einen Zugochsen 32 Piaster. Die Preise mögen damals (Fe- bruar 1851) ausnahmsweise hoch gewesen sein; aber wenn wir auch _ annehmen, dafs sie gewöhnlich um einige Piaster niedriger stehen, würde dennoch den argentinischen Viehzüchtern ein erheblicher Gewinn bleiben. Bevölkerung. Von den Urbewohnern haben sich nur in den westlichen Theilen der Departements Santa Maria, Belen und Tino- gasta kleine Reste erhalten, die sich namentlich mit der Jagd im Ge- birge beschäftigen. Dort versteht man noch die Quichua-Sprache, be- | dient sich aber im gewöhnlichen Verkehr des Spanischen. Auch am _ Westende der Hauptstadt wohnen einige Indianer. Die übrige Bevöl- kerung vertheilt sich auf die einzelnen Departements folgendermafsen : 4 In der Hauptstadt und im Rectoral leben 12000 Einwohner, % im Departement Piedra Blanca . . . . 10000 - ‘ . ® Ancaste . ,",229,7.78000 - - - delwAltoihs = an 20 2206000 - - + Fuerte und Pomän . . 5500 - - - Santa Marial ." ,. 0% 94400 - - - Belenin.ı. naar. 4600 - - - Alitogasta.ikiasbrue il 2,8588 - in der Provinz Catamarca . ,„ . . .„ . 56088 Einwohner '). !) Die Ortschaften der einzelnen Departements sind: 4. Die Hauptstadt mit 5150 Einw., das Valle Viejo (3500 Einw.), Portesuelo (200 E.), Santa Cruz und Guaicama (1500 E,), Coneta und Miraflores (1000 170 Die Provinz Catamarca Diese Angaben beruhen bei einigen Departements wohl nur auf Schätzung, wenigstens ist nicht einzusehen, weshalb man einzig und allein bei dem Departement Tinogasta die genaue Angabe einer runden Zahl vorgezogen haben sollte; und in diesem Departement scheint man I Einw.), Villapima (250 E.), Bapallan (an einer anderen Stelle Capallan, 200 E.), San Pedro «und Chumbicha (200 E.). — Entfernungsangaben: südwärts von der Hauptstadt über Coneta und Miraflores bis Concepcion 14 Leguas, bis Chumbicha 21 Leguas. Villapima liegt an dem Bache von Concepeion, das Valle Viejo am Flufs von Piedra Blanca, S. Cruz und Guaicama am unteren Laufe des Baches von Paclin, Portesuelo nicht weit von demselben und, wie der Name lehrt, in einer Gebirgseinsattelung. . Das Gebiet von Piedra Blanca beginnt 4 Leguas NNO. von Catamarca mit Callesita, 1 Legua südlich von Piedra Blanca; Pomansillo 2, Puerta 6 L. nörd- lich von Piedra Blanca; die Schlucht von Puerta 3 Leguas lang; Rodeo 3 L. westl. von Puerta; Collagasta 14 L. nordwestl. von Piedra Blanca; Paelin 5_L. östl. von Piedra Blanca (grenzt im Süden an das Gebiet von Puertesuelo und $S. Cruz); Valcosna und San Antonio 6 L. nördl. von Paclin; Pucarilla 5 L. nördl. von der Schlucht La Puerta; Singuil 3 L. nördl. von Pucarilla. — Von Catamarca bis Singuil 22 Leguas. Ancaste 14 L. östlich von Catamarca; Anquinsila 2 L. westlich, Ipisca 2 L. südwestlich, Tunas 2 L. nordnordöstlich, Totoral 2 L. nordwestlich, Amana 4 L. südsüdwestlich, Rosario 5 L. nordnordwestlich, San Vicente 6 L. nord- nordwestlich, Faldas 3 L. östlich von Ancaste; — am Ostabhange der $Sierre: Icaüo 6 L. genau östlich von Ancaste; Sicha 1 L., Babiano 3, Anjuli 7, Su- ritas 9, Toma 12 Leguas nördlich von Icaüo (La Toma in gerader Rich- tung 11 Leguas nordnordöstlich von Ancaste); ferner Motegasta 3, Ramblones 8, Divisadero 10, Dorado 12, Aguadita 13, Agua del Moye 15, Jumial 20 Leguas südlich von Icaüo; Las Penas 3 Leguas nordnordwestlich von Ju- mial. — Parallel diesen Ortschaften am Ostabhange der Sierra liegen in den Llanos: Santo Domingo, Buen Retiro, Angelina, Quiros, Esquina, Liebres, Po- zos Cabados und Palmitas. Die Parochie del Alto 12 L. nördlich von Ancaste; Bilismano 6 L. südlich, Quebrada 5 L. östlich, Canas 5 L. nordöstlich, Tumas 4 L. nördlich, Manan- tial 5 L. nordwestlich, Quimilpa 7 L. nordwestlich von der Parochie. . Fuerte de Andalgalä, 40 L. auf dem Wege über Piedra Blanca nordnordwest- lich, und einen Breitengrad nördlich von Catamarca; Guasan und Chaquiago 1 L. nordnordwestlich von Andalgalä, Cholla 3 L. westlich von Chaquiago. — Pomän, 29 L. von Catamarca (s. o. $. 61); die Ortschaften Pipanaco, Colpes, Pisapanaco, Sanhil und Mutguin beginnen 15 L. südlich vom Gebiet des Fuerte, und erstrecken sich längs des Westabhanges der Sierra von Ambato 15 L. nach Süden. . Santa Maria, 40 L. nördlich von Andalgalä und von Belen; San Jose südlich von $.M.; südlichste Ortschaft Punta de Balastro; das zu S. Maria gehörige Thal erstreckt sich von hier 13 L. nordwärts. . Belen, 30 L. westlich von Andalgalä, 40 L. südlich von S. Maria, 40 L. nord- westlich von Pomän, 22 L. nordnordöstlich von Tinogasta; Londres 3 L. süd- it südwestlich von Belen, 20 L. nördl. vom Serro Negro; Cienega 6, San Fer- nando 9, Gualfin 13 L. nördlich von Belen. . Tinogasta,- 22 L. südsüdwestlich von Belen, 40 L. westlich von Pomän, hat 1203 Einw.; Copacabana und Costa de Reyes (1550 Einw.) 3 L. südlich, S. Jose und Anillaco (1190 Einw.) 2 L. nördlich, Fiambalä (1120 Einw.) 12L. westlich von Tinogasta; Sanjil 7 L. westlich von Fiambalä; Serro Negro und Rio Colorado (525 Einw.) 9 L. östlich von Copacabana. in der argentinischen Conföderation. 171 wiederum nur die Einwohnerzahl derjenigen Ortschaften zusammenge- zählt zu haben, über welche Angaben vorlagen, während man z.B. _ die westlich von Fiambalä gelegenen Niederlassungen, die doch ihrer zum Theil beträchtlichen Entfernung wegen nicht sämmtlich zu diesem Orte gehören können, gar nicht in Anschlag brachte. Die Religion ist die katholische, ohne Ausnahme. Die Geistlich- - keit besteht aus Welt- und Klostergeistlichen. Von den ersteren, 25 an Zahl, sind 3 an dem Seminar, 8 an den Pfarrkirchen, die übrigen als _ _ Adjuncten in den Pfarreien und deren Annexen angestellt. Die Kloster- geistlichkeit besteht aus einer Gemeinde von Franeiscanern; zeitweilig 4 haben sich auch Jesuiten und barmherzige Brüder blicken lassen. In den Händen dieser Geistlichkeit ruht die Sorge für die Er- ziehung, um die sich die Staatsregierung bis vor Kurzem nicht im Mindesten gekümmert hat. Zu den geistlichen Stiftungen gehören ein _ Waisenhaus, — merkwürdiger Weise für Mädchen, die hier in der Re- ligion und den Schulwissenschaften, wie im Nähen und Sticken unter- richtet werden, — und eine gelehrtesSchule, die von den Franeiscanern schon 1653 begründet wurde und aufser der Universität von Cördoba - das einzige derartige Institut in den conföderirten Staaten ist. Seit zwei Jahrhunderten haben die ehrwürdigen Väter hier, ohne vom Staate besoldet zu werden, das Studium der lateinischen Sprache, der Philo- sophie und Theologie aufrecht erhalten, und alle diejenigen, welche sich während dieses Zeitraums in Chile und den La Plata-Staaten durch Bildung über die unwissende Menge erhoben, verdanken sie dieser An- stalt oder der Universität von Cördoba. Erst ganz neuerdings hat auch die Regierung Mafsregeln ergriffen, i den Bildungszustand des Volkes zu heben. Sie hat 3 Lehrer in An- - dalgalä, Ancaste und del Alto angestellt; und dem unermüdlichen Eifer _ des Gouverneurs D. Manuel Navarro gelang es endlich, ungeachtet der - traurigen Lage des durch Bürgerkriege schwer heimgesuchten Staates, im Jahre 1850 ein neues Erziehungs-Institut zu begründen. Das Ge- bäude ist so umfangreich, dafs es die Jugend von drei Provinzen auf- nehmen könnte; aber noch fehlt es an tüchtigen Professoren, und an Mitteln, sie herbeizuziehen. Der gegenwärtige Gouverneur, Sr. Laz- «ano, soll eifrigst bemüht sein, diesem Uebel abzuhelfen. Die politischen Schicksale des Landes sind von der traurigsten Art gewesen. Wir theilen die Skizze mit, die Sgr. Ruzo davon ent- wirft, zugleich als eine Probe der dort üblichen politischen Publieistik. „Als Catamarca seine Unabhängigkeit errungen hatte, gab es sich im Jahre 1822 zur Zeit der Verwaltung D. Eusebio Gregorio Ruzo’s nach ‚dem Muster des provisorischen Reglements der Republik vom Jahre 817 eine Constitution, die mit unerheblichen Ausnahmen der Verfas- 172 Die Provinz Catamarca Er sung der nördlichen Staaten gleich ist. Da sie aber in wesentlichen Beziehungen Abänderungen erlitt, und in anderen neuer und verbesser- ter Bestimmungen bedarf, um sie mit der National- Verfassung in Ein- klang zu bringen, ist dem Repräsentantenhause ein neuer Entwurf unter- breitet worden, zugleich mit Reglements für die Justiz- und Polizei- Verwaltung, deren das Land dringend bedarf. Inzwischen lebt man nach Gewohnheitsrechten, und existirt, Dank dem guten Instinet des Volkscharakters! In dem Zeitraum von 20 Jahren (zwischen der Ver- waltung des D. Gregorio Ruzo und der des D. Manuel Navarro) sind das Land, die Gesetze, die Moral, die Einkünfte, die Gerechtigkeits- pflege, das Leben und Vermögen des Einzelnen ein Spielball, eine Beute und ein Opfer der Barbarei, der Schamlosigkeit, der absoluten Unfähigkeit, der Leidenschaften und frechen Willkür der Gouverneurs gewesen. Die Volksrepräsentation wie die Gesetze waren nur ein Macht- zuwachs für die unwürdige Regierung, weil sie ihr nur als Mittel dien- ten, ihre Willkür und ihren Despotismus auszudehnen und sich mit Straflosigkeit zu brüsten.* Die innere Zwietracht, das Einrücken der im Bürgerkriege begriffenen Heere von Rioja, Tucuman und Salta brachten das Land an den Rand des Abgrundes. Ein wenig erholte es sich unter Gouverneur Cuvas, in der ersten Zeit seiner Regierung, wurde dann aber durch die Truppen von Corrientes und Buenos Aires wieder verwüstet. Erst unter der Verwaltung Don Manuel Navarro’s athmete man wieder auf. „Es fehlen schirmende Gesetze, Ordnung in der Verwaltung, eine einsichtsvolle und unparteiische Gerechtigkeits- pflege, Patriotismus und Gemeinsinn, um die Provinz zu dem Glücke und dem Range zu erheben, welchen ihr tausend Elemente des Wohl- standes versprechen, die sie in sich enthält.“ Es fehlt ihr also zu einem ordentlichen Gemeinwesen — Alles. Die Staatseinkünfte beliefen sich vor Abschaffung des Durchgangs- zolles und vor Aufhebung des Zehnten auf 18—20,000 Piaster, wobei die Einnehmerstellen schlecht bedient waren. Verausgabt wurden 6— 7000 Piaster; kein Richter, kein Lehrer wurde besoldet. Mit weiteren 6 — 7000 Piastern könnte nach Sgr. Ruzo’s Ansicht den dringendsten Bedürfnissen abgeholfen werden. Die Abfassung einer Denkschrift, wie die von uns benutzte, lehrt am besten, dafs die gegenwärtige Regierung bemüht ist, die Zustände des Landes und seine wichtigsten Hilfsquellen kennen zu lernen. Wer- den die argentinischen Staaten nicht wieder in den Strudel neuer Bür- gerkriege gerissen, erhält sich der Friede, so darf man erwarten, dafs sich auch der Wohlstand Catamarca’s allmählich heben und dafs der Aufschwung der Schifffahrt auf dem Stromsystem des La Plata auch auf die Thätigkeit der Bevölkerung in den entlegeneren Provinzen einen belebenden Eindruck ausüben wird. in der argentinischen Conföderation. 173 Der auswärtige Handel ist in Folge der unsicheren politischen Zustände Bolivia’s und der argentinischen Staaten grofsen Schwankun- Wir stellen die von dem Nacional Argentino 5 auszugsweise mitgetheilten Angaben Sgr. Ruzo’s tabellarisch zusammen. gen ausgesetzt gewesen. j - In den or Jahren 1845 — 1854 führte Catamarca aus: h nagı nal ee mean im Bolivia Chile Ren Confäd. Ganzen 4 _ Maulthiere Stück | 17,000 1,250 — 1,100 19,350 Pferde 2 1,700 465 ja; 200 2,365 Esel = 4,900 310 —- 250 5,460 — Rindvieh - 120 5,100 — 1,100 6,320 - Schafe - _ 1,900 —_ _ 1,900 Häute - _— _— 4,100 4,100 Riemenzeug - — —- 2,420 —_ 2,420 Pelze - _ — 442 — 442 Wollenzeuge - — —_ 3,900 —_ 3,900 - Ponchos von Vicuna - ._ — 62 = 62 Seife Arrobas _ 288 _ —_ 288 Käse - — 468 — —_ 468 Getreide - 940 > = a 940 Mehl - — 5,804 _- 7,720 13,524 Taback - — 17,817 3,606 4,768 26,191 - Anis und Kümmel - 370 —_ — 175 545 Span. Pfeffer - = —. 4,994 774 5,768 Baumwolle - _ — _ 1,856 1,856 Getrocknete Feigen - — = 8,320 | 24,100 30,420 Rosinen - 924 _g — 1,252 2,176 Wein - _ — —_ 9,720 9,720 Branntwein - 35,560 — — 7,070 42,630 Kupfer in Barren Centner = 400 4,600 — 5,000 Diese Ausfuhr vertheilte sich auf die 10 Jahre nach ihrem Werth wie folgt: Im Jahre 1845 1846 1847 1848 1849 1850 1851 1852 1853 1854 Im Ganzen h nach Bolivia für Piaster 39,180 30,476 38,440 48,381 29,750 46,408 28,452 42,454 27,204 20,822 351,567 nach Chile für Piaster nach Buenos- Aires für Piaster 12,257 1,920 11,373 600 13,070 2,050 14,661 4,394 14,965 3,675 13,242 3,500 13,040 4,002 12,721 3,539 18,698 1,940 25,072 57,460 ') 149,099?) | 83,080 >) ] nach der ar- gentin.Conföd. für Piaster 80,000 80,000 !) In diesem Jahre wurden die 4600 Centner Kupfer, im Werthe von 55,200 iastern, nach Buenos Aires gebracht, 2) Im Original ist die Gesammtsumme auf 153,099 Piaster berechnet. 3) Im Original auf 83,110 Piaster berechnet. 174 Die Provinz Catamarca Wir erinnern zu diesen Tabellen im Allgemeinen, dafs die darin enthaltenen Angaben bei der Unzuverlässigkeit der öffentlichen Docu- mente zum Theil nur auf einer annähernden Schätzung beruhen, und im Besonderen, dafs bei der Viehausfuhr die Heerden nicht mitgerech- net sind, welche nur durch die Provinz durchgetrieben werden, wenn sie auch hier überwinterten. Der Export von Taback nach Chile ge- schieht durch Schmuggel, da in Chile das Tabacksmonopol herrscht. Der Export nach Bolivia hat hauptsächlich in Folge des von dem Prä- sidenten Belzu erlassenen Vieh-Einfuhr-Verbots abgenommen. Der beträchtliche Aufschwung des Handels nach Chile in den beiden letz- ten Jahren erklärt sich wohl vornehmlich durch das rasche Aufblühen der an Catamarca grenzenden chilenischen Bergbaudistricte, eine Folge des Eisenbahnbaues von Copiapö nach Caldera, und den dadurch ge- steigerten Bedarf. Dafs sich die Speculation noch nicht auf die Aus- fuhr von Futterkräutern nach Chile geworfen hat, ist um so auffallen- der, da sich jeder Heerdentreiber überzeugen konnte, wie vortheilhaft ein solches Geschäft sein würde. Was die Einfuhr betrifft, so hat Catamarca von Bolivia in den 10 Jahren von 1845 — 1854 nur für 3514 Piaster Indigo und Coca bezogen. Ueberseeische Waaren erhielt es in den ersten 8 Jahren fast ausschliefslich von Chile, doch in den beiden letzten hat der Import auf dem La Plata die Einfuhr aus Chile weit überflügelt, wie sich aus folgender Zusammenstellung ergiebt. Catamarca bezog an überseeischen Waaren aus Chile: aus Buenos Aires und dem Littoral: im Jahre 1845 für 54,013 Piaster, 8,000 Piaster, 1846 - 50,650 - 6,000 - 1847 - 65,000 - — - 1848 - 50,333 - 9,000 - 1849 - 50,666 - 5,000 - 1850 - 72,766 - 11,000 - 1851 - 50,000 - 7,000 - 1852 - 71,600 - 20,000 - 1853 - 40,000 - 64,000 - 1854 - 12,000 - 116,146 - Aufserdem bezieht Catamarca aus Buenos Aires, wie überhaupt aus den südlichen Provinzen, noch Maulthiere, Pferde und Rindvieh. Die Frachtsätze sind für jede Arroba folgende: von Catamarca nach Valparaiso, via Mendoza, 45 Tagereisen, 14 Realen, - - - Rosario, 35 Tagereisen, 1 Piaster, vom Fuerte de Andalgalä nach Copiapö, 18 Tagereisen, 9 Realen, 2 : - - - Rosario, 40 Tagereisen, 10 Realen, Br, ra Se ee Zee in der argentinischen Conföderation. 175 von Santa Maria nach Copiapo, 18 Tagereisen, 9 Realen, - - - - Rosario, 45 Tagereisen, 12 Realen. Die Höhe der Fracht richtet sich also nach den Gebirgen, die man zu überschreiten hat. Sie steht am niedrigsten für die Tour von Ca- tamarca nach Rosario (1 Real für 4% Tagemärsche), wo der Weg nur über die im Süden sich verflachende Sierra von Ancaste führt; höher ‚schon von Andalgala nach demselben Ort (1 Real für 4 Tagemärsche), weil der beschwerliche Uebergang über die Sierra von Ambato zwi- schen Andalgala und Singuil hinzukommt; noch höher von Santa Ma- ria nach Rosario (1 Real für 33 Tagemärsche), wegen der gefährlichen - Engpässe über die Sierra del Atajo. Aus der Anzahl der Tagereisen _ ersehen wir, dafs man auf der Strecke von Santa Maria bis Catamarca j täglich 8 Leguas zurücklegt. Bei dem Uebergange über die Andes grei- fen noch höhere Frachtsätze Platz; auf dem Wege von Catamarca durch _ den Uspallata-Pafs nach Valparaiso werden für einen Real nur 34 Tage- 4 märsche, auf den Wegen von Andalgala und S. Maria nach Copiap6 nur 2 Tagemärsche zurückgelegt. Wenn der Weg von Santa Maria nach Copiapö ebenfalls nur 18 Tagereisen weit angegeben ist, so führt er nieht über den Come Caballo-Pafs, sondern über einen nördlicheren, _ etwa den der Laguna Blanca, ungefähr unter gleicher Breite mit Santa _ Maria, und vermeidet dadurch die weitläuftigen Umwege, die der Zu- gang zum Come Caballo-Pafs von chilenischer Seite durch die schar- fen, oft spitzwinkeligen Wendungen der Quellbäche des Copiapo-Flusses _ zu nehmen gezwungen ist. zT Miscellen. Aus dem Tagebuche des Dr. Kane. Das Londoner Athenaeum (19. Juli) theilt Bruchstücke aus dem Tagebuche Kane’s mit. Der Nordpolfahrer erörtert die Frage, ob möglicher Weise noch "Gefährten Sir John Franklin’s am Leben seien? Er bejahet sie ganz “ entschieden. Unterm 30. Mai bemerkt er, dafs auf den Eisfeldern eine unge- heure Menge von Seehunden vorhanden se; ‘und dafs man diese 'Thiere mit leich- er Mühe erlege. Dann schreibt er weiter: a haben mehr Bi sg als wir VERBSRFEHE KORheN. Seit drei Wo- 176 Miscellen: dessen Begleitern völlig verzweifen? Sind noch welche von ihnen am Leben? Diese Frage kann Niemand mit Gewifsheit beantworten, aber er kann sie eben so wenig verneinen. Noch vor vier Monaten, als tiefes Dunkel mich umgab und Krankheit mich plagte, würde ich auf die schwarzen Hügel und die zugefrorene See gezeigt und mit Nein geantwortet haben. Aber mit dem wiederkehrenden Lichte fand sich ein wildes Volk bei uns ein, dem weiter nichts zu Gebote steht, als einfaches Jagdgeräth. Und diese Menschen lebten in Fülle von sehr nahr- hafter Speise, während ich kaum 40 Miles entfernt das Land für durchaus dürf- tig hielt. In Bezug auf Franklin hängt Alles von der Oertlichkeit ab. So weit ich indessen bis jetzt aus meinen Wahrnehmungen im Polarmeer einen Schlufs ziehen kann, wird man kaum einen Kreis von 50 Meilen Durchmesser finden, der von Nahrungsmitteln aus-der 'Thierwelt völlig entblöfst wäre. Auch im här- testen Wintereise giebt es dann und wann offene Stellen, welche von Strömungen und Tiden gerissen worden sind. Dergleichen offene Flecke fand Penny im Wel- linston- Canal; von derselben Beschaffenheit sind die sogenannten Stromlöcher an der Küste von Grönland und die Polynja der Russen; dergleichen haben auch wir bei der allerheftigsten Kälte gefunden. An solchen Punkten finden sich See- hunde, Walrosse und die früh erscheinenden Vögel in Menge ein. Ein derarti- ges Stromloch, das offen blieb, hat bei Littleton-Island, nur 40 Miles von unse- rem Ankerplatz entfernt, drei Eskimofamilien den Winter hindurch bis zum Auf- bruche des Nordeises Lebensunterhalt gewährt. Wir selber haben in den jüngst verflossenen drei Wochen Lebensmittel vollauf gehabt, und diese hat uns ein ein- ziger Jäger geliefert; wir haben Seehundsfleisch so viel wir bis zu unserer Heim- kehr bedürfen, und eine Schaar geübter Jäger würde so viel zu liefern vermögen, dafs wir hinlänglichen Wintervorrath hätten. Wir machen nun Verstecke (Caches) unter dem Schnee, damit unsere Leute nicht zu stark hineinwirthschaften, und das thun wir an derselben Stelle, die ich noch vor wenigen Tagen für eine Sa- hara erklärte. Und das war sie auch volle 9 Monate lang, und bis diese Fluth von Thierleben auf uns hereinbrach, wie Wasserquellen und Weiden und Dattel- bäume in einer Wüste des Südens.“ „In einer Beziehung bin ich anderer Meinung geworden, nämlich in Bezug auf die Fähigkeit der Europäer und Amerikaner, in einem ultraarktischen Klima auszudauern. Der Himmel verhüte, dafs eivilisirte Menschen dieser kalten, ent- setzlichen Finsternils sich preisgegeben sehen. Aber am Polarkreise, selbst bis zum 72. Grade hinauf, wo Alles Kälte und nur Kälte ist, können Menschen sich acclimatisiren, denn es ist Licht genug vorhanden, um Arbeit aufserhalb der Woh- nung möglich zu machen. Von den 136 ausgesuchten Leuten Franklin’s sind, meiner Ansicht zufolge, noch einige am Leben; es waren Männer von den Or- kaden, Leute, die schon nach Grönland auf den Walfischfang gewesen waren, rüstige gesunde Menschen, welche Erfahrung besalsen und sich dieselbe zu Nutze machen konnten. Einige Abtheilung”e derselben mögen mit oder ohne Beihülfe der Eskimos, welche sich bei der Expedition befanden, irgend einen Jagdgrund gefunden und von einem Sommer bis zum andern genug Lebensmittel und Brenn- stoffe und Seehundsfelle gesammelt haben, um drei oder vier Winter nach ein- ander der Kälte Trotz zu bieten.“ „Die geheimnifsvolien Ausgleichungen, vermittelst deren wir uns dem Klima Ol ET a a a Aw PM} N EEE VRPSG De b SE Die Gefahren der Nicaragua - Route. 477 anpassen, treten hier weit schärfer hervor, als zwischen den Wendekreisen. In der Polarzone ist der Angriff unmittelbar und plötzlich, er übt seine Einwirkun- gen rasch und offen, nicht unheilvoll versteckt, wie in heifsen Ländern. Es be- darf kaum eines einzelnen Winters, um zu sagen, ob ein Mann acclimatisirt sei. Petersen z. B., der zwei Jahre lang in Uppernavik gewesen, geht selten in einen geheizten Raum; Georg Riley, ein kräftiger Mann von heiterem Temperament, und gewohnt, sich der freien Luft auszusetzen, ist dermafsen an die Kälte ge- wöhnt, dafs er Tage lang auf unserem Schlitten schläft, ohne eine Decke, ledig- lich in seiner gewöhnlichen Reisekleidung, bei 30° unter Null. Die nordbriti- schen Seeleute, welche nach Grönland auf den Walfischfang und Robbenschlag fahren, vermögen meiner Meinung nach dem nordischen Klima zu widerstehen.“ „Ich kann nicht glauben, dafs die ganze Schiffsmannschaft Franklin’s zu Grunde gegangen und verloren sei. Ich denke mir, dafs sie in einzelne Abthei- lungen sich zerstreut habe, und dafs eine kleine Gruppe, etwa von dreifsig Mann, irgend eine Meeresstelle gefunden habe, wo die Einwirkung von Ebbe und Fluth das Wasser offen erhält. Unter Anleitung einiger Eskimos oder Grönlandsfahrer haben sie dann wacker gearbeitet, Fallen für die Füchse aufgestellt, Bären mit der Lanze getödtet, Seehunde und Walrosse geschlagen und Walfische harpunirt. Ich habe Hoffnung, wenn ich ihrer gedenke, und verzweifle nicht daran, sie aufzufinden. Heute vor einem Jahre fuhren wir von New-York ab. Ich bin nicht mehr so sanguinisch als damals, denn Zeit und Erfahrung haben mich ab- gekühlt; meine ganze Umgebung ist geeignet, den Enthusiasmus zu dämpfen und meine Hoffnungen zu mäfsigen. Ich befinde mich hier in einer aufgezwungenen ‚Unthätigkeit als ein niedergebrochener Mann, den Sorgen drücken; ich habe viele Gefahren vor mir, und stehe noch unter dem Schatten eines harten Winters, der mich stark mitnahm (hard weuring winter) und zwei meiner besten Gefährten zu Grunde gerichtet hat. Aber hier auf dieser Stelle, und nach zwei fruchtlosen Expeditionen, beharre ich unveränderlich auf meiner Meinung, und ich schreibe sie pfliehtgemäfs nieder, damit das Manuscript die Wahrheit spricht, wenn ich selber es etwa nicht mehr kann.“ — Diese Ansichten Kane’s über die Fähigkeit der Europäer, sich im hohen Norden leicht zu acclimatisiren, werden Widerspruch finden. Sie entsprechen den Bemerkungen anderer Reisenden nicht. Schon der zweite Winter wirkt auf die meisten in hohem Grade abspannend, noch mehr der dritte. _Uebrigens soll die Möglichkeit nicht in Abrede gestellt werden, dafs noch einzelne Gefährten Frank- lin’s irgendwo bei den Eskimos ihr trauriges Leben fristen. A. Die Gefahren der sogenannten Nicaragua-Route. Die seit dem Januar 1855 vollendete Panamä-Eisenbahn scheint den ganzen Transit vom atlantischen nach dem stillen Meere an sich zu ziehen. Die Passagiere von Californien oder Nord-Amerika gehen unmittelbar von dem Schiff in den Eisenbahn-Waggon und überschreiten den Isthmus bequem und gefahrlos in 4 Stunden. Aber auch auf der Nicaragua-Route von San Juan del Norte Zeitschr. f. allg. Erdk. Neue Folge. Bd. I. 12 178 Miscellen : (Greytown) nach San Juan del Sur findet zur Zeit noch ein starker Verkehr statt, weil die nordamerikanische Transit-Compagnie ihre Preise viel niedriger stellt und nicht müde wird, diese Route, namentlich auch wegen der Salubrität des Klima’s, anzupreisen. Aber solche Anpreisungen stofsen auf lebhaften Wider- spruch. Uns gehen unter anderen von kundiger Seite folgende Bemerkungen über die Niearagna-Route zu: . „Ich selbst passirte den San Juan-Strom und Nicaragua mit kleinen Dampfbooten, die wegen verschiedener Wassertiefe mehrmals gewechselt werden müssen. Die Strecke von der Küste des Niearagua-Sees bis San Juan del Sur an der Küste des stillen Meeres mufs auf Maulthieren zurückgelegt werden, und selbst während der Flufsreise müssen die Passagiere mehrmals aussteigen und einige Stellen zu Fufs passiren, da vier Stromsehnellen zu überwinden sind. Der ganze Uebergang dauert in der Regel 2—3 Tage; wir sahen am Ufer des San Juan mehrere Wracks von Dampfbooten, welehe die Unsicherheit der Flufsschiff- fahrt beweisen. Aufserdem ist der Raum der Dampfboote so beschränkt, dafs die Passagiere nicht sitzen können, sondern in der tropischen Sonnengluth die unbequemste Stellung haben, da die Boote übermäfsig besetzt zu sein pflegen. Was das Klima betrifft, so bemerken wir, dafs dort klimatische Fieber en- demisch sind und auch die Cholera bedeutende Verheerungen anrichtet. Im Au- gust 1855 starben 19 Passagiere, die von Greytown auf dem Dampfboote sich nach San Juan del Sur eingeschifft hatten. Endlich mufs die Unsicherheit der politischen Zustände in dem von Bürger- kriegen und Abenteurerbanden schwer heimgesuchten Nicaragua in Betracht ge- zogen werden. Colonel Walker hatte sich im vorigen Jahre mit seiner Bande des Dampfschiffs der Transit- Compagnie „Virgin of the Lake“ bemächtigt, die Stadt Granada am Nicaragua-See überrumpelt und den 15,000 Einwohnern der- selben grofse Contributionen abgeprefst. Man erzählte, dafs es die Absicht dieser Ränberbande sei, auch die Passagiere der Transit- Compagnie zu brandschatzen. Die Gefahren für die California-Reisenden sind also auf dieser Route grofs, und es scheint rathsamer, dafs sie die minder gefahrvolle Tour von Aspinwall nach Panamä einschlagen. Die Lebhaftigkeit der Dampfschifffahrt auf der Niearagua-Route erhellt dar- aus, dals von Greytown nach New-York 5 Dampfboote, auf dem stillen Meere von San Francisco nach San Juan del Sur 4 Dampfer, auf dem Nicaragua- See 4 Dampfer, auf dem San Juan-Strom 10 Dampfer hin und herfahren. Für die ganze Reise zahlt man auf einem Platze erster Klasse 225 Dollars (a 4 Thlr. 12 Sgr. 6 Pf.), zweiter Klasse 200 D., dritter Klasse (steerage) 100 D. Aber die Compagnie hat sich für alle Reisen und Linien bei Ueberfüllung der Schiffe (any exce/s of Passengers) eine Erhöhung der Preise um 75, 50, 25 Doll. für die drei verschiedenen Klassen vorbehalten, und es ist nicht zu verwundern, dafs dieser Zuschlag unter dem erwähnten Vorwande fast immer erhoben wird. Aufserdem mufs jede Reisetasche besonders bezahlt werden, und jeder Passagier auf dem Isthmus sich auf eigene Hand beköstigen.“ C. R. | IE \ E 3 > 179 Pafs über die Cordillera am See Naguelhuapı. R (Hierzu eine Karte, Taf. IV.) ' Die zahlreichen Projecte der letzten Zeit, durch Eisenbahnen oder Canäle _ die Ost- und Westküste des amerikanischen Continents in eine bequemere Ver- 2 bindung zu bringen, haben auch in Chile den Gedanken an ähnliche Unterneh- _ mungen für die südliche Hemisphäre angeregt und einen grolsen Eifer für Durch- forschung der Andes zur Auffindung des geeignetsten Uebergangspunktes hervor- gerufen. Begreiflicher Weise regen sich die Bewohner Süd-Chile’s in dieser Beziehung am meisten; da die Höhe der Cordillera nach Süden hin beträchtlich - abnimmt, können sie Vorschläge befürworten, deren Ausführung den relativ ge- ringsten Schwierigkeiten unterliegt; aber andererseits steht ihnen entgegen, dafs die Anwohner des La Plata nicht geneigt sein werden, ihren Handelswegen die Richtung auf das südliche Chile durch die wüsten und von unabhängigen India- nerstämmen bewohnten Pampas Nord-Patagoniens zu geben. Sollten nun auch die in’den beiden letzten Jahren unternommenen Nachforschungen auf die Eisen- bahnfrage ohne Einflufs bleiben: für die Geographie sind sie bisher wenigstens insofern von Nutzen gewesen, als sie zur Bestätigung und genaueren Erläuterung älterer Nachrichten über die Cordillerenpässe dienen und Naturverhältnisse wieder in Erinnerung bringen, die — nach den uns vorliegenden Berichten zu schlie(sen — selbst an Ort und Stelle schon längst in Vergessenheit gerathen waren. ‘Am meisten besprochen wurde in letzter Zeit namentlich eine sehr bequeme Stralse aus dem continentalen Theile der Provinz Childe über die Andes. Es lie- gen uns jetzt die amtlichen Berichte über die Erforschung derselben vor, und sie bestätigen vollkommen die Vermuthung A. Petermann’s (Geogr. Mittheil. 1856, S. 79), dafs es sich hier um die grofse Einsenkung der Andes zwischen den Seen Todos los Santos und Naguelhuapi handelt. Zwei, die von einem Kurhessen, dem Ingenieur Franz Geisse, verfafst und vom 7. und 10. April 1855 aus Puerto Montt datirt sind, einer deutschen, mit einem vortrefflichen Hafen versehenen Colonie am Golf von Reloncavi, die — wenn wir nicht irren — erst im Jahre 1853 begründet ist, betreffen eine im Sommer 1855 ausgeführte Expedition, die bis zum See Naguelhuapi gedrungen war. Fr. Geisse befürwortete hierin eine neue wissenschaftliche Unternehmung zur Erforschung dieses Gewässers, und wie wir aus einer uns so eben zugehenden Nummer des Araucano vom 3. Mai d. J. sehen, mit Erfolg. Unter Leitung der Herren Fr. Fonck und Fr. Hers fand in den Tagen vom 26. Februar bis 11. März 1856 eine zweite Expedition nach dem Naguelhuapi statt. Der Bericht über diese Unternehmung wie über die vorjährige ist im Araucano, dem amtlichen Journal der chilenischen Regierung, abgedruckt, und uns von dem Königl Preufs. Geschäftsträger in den La Plata-Staaten, dem wir für diese, wie für andere reichhaltige Sendungen zum lebhaftesten Danke ver- pfliehtet sind, gütigst mitgetheilt worden. Wir lassen zunächst den Bericht Fr. Geisse’s vom 10. April 1855 als den kürzesten und sachlichsten folgen, und fü- gen ihm als Anmerkungen das Neue bei, welches die umfangreichere Arbeit der E.. Fonck und Hers liefert. „Ich habe die Ehre Ew. H. von dem Resultat der Expedition in Kenntnifs zu setzen, welche auf Befehl des Herrn Intendanten dieses Territoriums, D. Vin- Jar 180 Miscellen: cente Perez Rosales, von Puerto Montt nach dem Ostrande der Cordillera Ne- vada in den Tagen vom 26. Febr. bis zum 11. März d. J. unternommen wurde. „Da der Herr Intendant D. V. P. Rosales erfahren hatte, dafs in der Nähe dieser Stadt ein Greis, Namens Don Jose Olavarria lebte, der im J. 1795 die ehrwürdigen Franziskaner Fr. Melendez und Diego Vallez mit 10 Linien- und 80 Milizsoldaten unter dem Befehl des Unterlieutenants D. Pablo Telles auf einer Expedition nach der Laguna Naguelhuapi begleitet hatte, liefs er den erwähnten Herrn Olavarria zu sich kommen, den einzigen Mann, der über jenen Pafs der Cordillera Aufschlufs geben konnte; und da er ihn geneigt fand, eine zweite Ex- pedition nach dem genannten See mit zu machen, beauftragte er den unter- zeichneten interimistischen Intendanten, die zur Ausführung einer so wichtigen Unternehmung erforderlichen Mittel vorzubereiten. Am 20. Febr. befahl ich vier Männern, auf dem See Todos los Santos eine Schaluppe zu erbauen, und am 26., als ich von der Beendigung dieses Baues in Kenntnis gesetzt war, konnte sich die Expedition auf den Marsch begeben. Sie bestand aus dem Führer Don Jose Olavarria, den Herren D. Vicente Gomez und D. Felipe Geifse, die sich exrboten hatten, sie zu begleiten und ein genaues Tagebuch über alles Bemerkenswerthe zu führen, was auf der Reise begegnen konnte, und aufserdem noch 8 Personen. Nach dem Bericht der Herren Gomez und Geilse ging die Reise folgendermalsen vor sich. „Sie gingen am 26. früh mit Lebensmitteln für 20 Tage von Puerto Montt ab, und erreichten Mittags den See Llanquihue. Am folgenden Tage früh Mor- gens schifften sie sich auf einer der Schaluppen ein und kamen Nachmittags am Fufse des Vulkans von Osorno an, wo sie den Rest des Tages und die Nacht zubrachten. Früh am 28. begaben sie sich nach dem See Todos los Santos, wo sie um 1 Uhr Nachmittags anlangten ’). Ein starker Platzregen verhinderte sie, an diesem Tage die Reise fortzusetzen. Am Morgen des 4. März schifften sie sich auf der neu erbauten Schaluppe ein, und erreichten nach 2 Stunden eine kleine Insel, an der sie landeten, um zu sehen, ob sich hier noch die Ziegen be- fänden, die der verstorbene D. Benjamin Mulloz Gamero auf der Expedition nach dem Naguelhuapi, welche er in Folge Höchsten Decrets vom 2. Oct. 1849 unter- nahm, hier zurückgelassen hatte. Es zeigte sich nur ein aufserordentlich grofser Bock, den man ungeachtet aller Bemühungen nicht einfangen konnte. Um 4 Uhr Nachmittags kamen sie an der Mündung des Flusses Peulla an, wo sie eine kleine Hütte aufschlugen, um einen Theil der Lebensmittel hier niederzulegen. „Am folgenden Tage setzten sie die Reise in nordöstlicher Richtung fort über einen sandigen Landstrich von 3 bis 4 Cuadras Breite, der am Ufer des !) „Der Weg schlängelt sich am Fufse des Vulcans von Osormno hin, führt zu- erst über einen Sumpf, bald darauf an den Flufs Petrohue, dessen Laufe er bis zu seinem Austritt aus der Laguna folgt.“ Fonck und Hers. Ein anderer deutscher Ingenieur, Wilh. Frick, spricht in einem Bericht über den Pafs von Villarica (de d. Valdivia, 7. Novbr. 1854) beiläufig die Ansicht aus, dafs die Seen Llanquihue und „Esmeralda (früher Todos Santos)“ einst ein Bassin gebildet hätten. „Jetzt trennt beide ein schmaler niedriger und sumpfiger Landstrich, der seine Entstehung ohne Frage sowohl den Eruptionen des Vulkans von Osorno, wie den Ablagerungen des reifsenden Petrohue verdankt, der aus dem See Esmeralda strömt.“ Be a u a Pals über die Cordillera am See Naguelhuapi. 2 181 Flusses Peulla liegt !); einem Felsen am rechten Ufer dieses Flusses gegenüber be- zeichnete der Führer eine Stelle als die geeignetste, den Flufs zu durchwaten, — was auch ohne Schwierigkeit ausgeführt wurde; und nachdem sie sofort eine ostnordöstliche Richtung an dem Abhange eines Gebirges (cerro) eingeschlagen . hatten, kamen sie, nach Zurücklegung einer Legua und nach Durchwanderung eines sehr unebenen Buchengehölzes an einen reifsenden Bach, der von Norden kommt und sich mit dem Flufs Peulla vereinigt ”). Nach dem Uebergang über die- sen Bach wendeten sie sich nach Osten und erreichten in der Entfernung von 1 Legua eine Ebene mit sehr niedrigen Buchen und Canelos; sie lagerten auf einer kleinen Pampa, die sie De los Cogos nannten (Provinzialismus für Le- chuza, Nachteule). „Früh am 3. verfolgten sie 3 Legua weit die Richtung nach O., dann eben so weit nach N.W. und N., von da 13 Leguas nach N.W. (?), wobei sie zwei Wei- her (esteros) überschritten, die beide ihr Wasser in den oben erwähnten reifsenden Gebirgsbach ergiefsen. Bei ihrer Ankunft an dem Fufse eines hohen Gebirgs- zuges schlugen sie die Richtung genau nach O. ein, indem sie über eine sehr breite Ebene gingen, die im N. und S. von schneebedeckten Bergen eingeschlos- sen, selbst aber nur von niedrigen Hügelreihen unterbrochen wird. Der gröfsere Theil dieser Ebene besteht aus Pampas, der Rest aus einem lichten Walde von Reuli und zum Theil auch Cypressen (Alerces), der aber nicht die Höhe von 12 El- len erreicht ?) und den Marsch nirgends behindert. Auf keinem Theil des Terri- toriums *) befindet sich der Baum Reuli, und es wurde bemerkt, dafs er sich immer an den Abhängen als Krummholz zeigte und dadurch für die Anfertigung 1) „Wir brachten das Gepäck über einen sandigen Landstrich von mehr als % Legua Breite, in dem wir oft bis über die Kniee einsanken, zum Lagerplatze der vorjährigen Expedition. Der Flufs Peulla hat nur eine mälsige Tiefe, so dafs es nicht schwer ist, ihn zu durchwaten. Er macht zahllose Windungen, ist bald in mehrere Arme getheilt, bald in eine Strömung vereinigt, fliefst bald auf der linken, bald auf der rechten Seite des Thales. Wir mufsten ihn zehnmal oder noch häufi- ger überschreiten“ (dies kann vermieden werden), „was des Gepäckes wegen nicht ohne Schwierigkeit war. Stromaufwärts wird er immer reissender, entweder, weil sein Ge- fälle stärker ist, oder weil seine Wassermenge, genährt durch den Schnee des Tro- nador, um Mittag anwächst.“ F. u. H. 2) Dieses scheint die Stelle zu sein, wo das Bett des Flusses plötzlich nach { Süden aufwärts führt, zu seiner Quelle am Fufse des Tronador. Das folgende im Text erwähnte, ostwärts gerichtete Thal war nach Fonck und Hers mit Coihue und | Colihue bestanden; nach Gay bezeichnet der erste Name Fagus Dombeyi, der zweite Chus- quea Cumingü, eine im südlichen Chile häufige Rohrart, die 8 — 10 Fufs, nach Phi- lippi sogar 30 — 40 Fufs hoch wird. Die im Text gemeinte Buche heifst Roble, Fagus obliqua;, der Canelo, dessen Rinde zum Gerben dient, ist Drimys Winteri. 3) „Der Boden dieser Pampas ist zum Theil sehr feucht.“ In allen Berichten ist der Name des auf den trockneren Stellen wachsenden Baumes Reuli geschrieben, während er bei Gay und Gillifs Rauli heifst, Fagus procera. © #) Ist der Ausdruck im prägnanten Sinne zu nehmen: des chilenischen Colo- _ nisations- Territoriums? Fagus procera ist gerade im Süden Chile’s häufig; sie reicht nordwärts nur bis 33° $. Br. Aber Philippi erwähnt den Baum in seiner Beschrei- bung der Provinzen Valdivia und Childe, so viel ich mich erinnere, nicht, und es ist leicht möglich, dafs er in dem den Colonisten angewiesenen Landstrich in der hat nicht vorkommt. 182 Miscellen: von Pflugscharen wohl geeignet ist. Die Pampas tragen gute Weide und viele Blumen aus der Familie der Compositae, unter denen sich eine durch ihre stark duftende Wurzel auszeichnet. Die Expedition lagerte in einer Pampa am Ufer eines kleinen Sees Namens De los Canquenes '). Von dem See Todos los Santos bis zu diesem Orte war man ununterbrochen höher gestiegen, und man berech- nete, dafs man sich jetzt etwa 300 Meter über dem Niveau des Sees Todos los Santos befand *). Die verschiedenen kleinen Lagunen, die man auf dem Wege trifft, werden durch zahlreiche kleine Bäche gebildet, die von den Bergen kommen und deren Lauf nach $. und S.W. gerichtet ist.“ Bis hierher ist der Bericht über die erste Expedition, mit Ausnahme einer Richtungsangabe, ziemlich klar. Von jetzt ab aber verursachte die Erkrankung und das Zurückbleiben des alten ortskundigen Olavarria ein ziemlich planloses Umherirren. Auf seinen Rath begab sich die Expedition nach einem Hügel, den man im Jahre 1795 den „Hügel der Hoffnung“ benannt hatte und der in ost- südöstlicher (der Bericht über die zweite Expedition sagt: im nordwestlicher) Richtung von der Laguna de los Canquenes lag. Von ihm erblickte man eine 3 — 4 Leguas lange und ungefähr $ L. breite Bucht, die nach Olavarria’s Aus- sage ein Theil der Laguna Naguelhuapi sein sollte. Die Expedition suchte dar- auf eine erweiterte Aussicht zu gewinnen, ging fehl, entdeckte dabei eine klei- nere Laguna und einen Flufs, der sie mit dem See Naguelhuapi verband, nannte beide ihres kalten Wassers wegen Laguna Fria und Rio Frio, und erreichte end- lich einen Hügel, von dem sie einen gröfseren Theil des Naguelhuapi überblickte; im Osten nahmen die Berge bedeutend an Höhe ab. Da der Zweck der zweiten Expedition hauptsächlich dahin ging, diesen dunkel gebliebenen Theil der Reise- route zu erforschen, folgen wir jetzt dem Berichte der Herren Fonck und Hers, obgleich auch dieser nicht ganz befriedigend ist. Fünf Personen hatte man nach dem „Hügel der Hoffnung“ abgeschickt, die anderen bestiegen eine beträchtliche Höhe eine Stunde östlich von der Laguna de los Canquenes. Von dem Gipfel derselben, der 1468 Meter hoch sein soll, genofs man eine umfassende Aussicht. „Im Osten war sie begrenzt durch einen Höhenzug; zwischen ihm und der Kette, auf welcher wir uns befanden, lag ein breites, von N. nach $. gerichtetes Thal, welches der Rio Frio durchströmte. Er entspringt in einer ungeheuren Gletschermasse, die sich am Abhange des Trona- dor in das Thal hinabsenkt und den Hintergrund desselben im Süden ausfüllt, !) Hier befindet sich in den Berichten über die beiden Expeditionen eine we- sentliche Verschiedenheit. Nach Fonck und Hers mufste man den nördlichen Ge- birgszug, dessen Abhang reichlich mit Reuli’s bewachsen war, so dafs man ihn Cue- sta de los Reulies nannte, überschreiten, dann an dem anderen Abhange 4 Legua hinabsteigen, um zur Laguna de los Canquenes zu gelangen. Gerade dieses Gebirgs- rückens wegen, dessen Höhe auf 1280 Metres angegeben wird, empfehlen diese Herren einen anderen Weg. 2) Auch hier divergiren die Angaben. Die spätere Expedition, welche die Höhen durch Ermittelung des Siedepunktes berechnete, giebt für den See Todos los Santos nur eine Höhe von 244 Metres an, während die Laguna de los Canquenes 1223 Metres über dem Meere liegen soll. Sie bemerkt allerdings, dals die Berechnung in Folge der Mangelhaftigkeit des Thermometers unzuverlässig ist; aber die im Text enthaltene Angabe ist eine blofse Muthmafsung. Fi a 35 a a I Pals über die Cordillera am See Naguelhuapi. 183 Mitten im Thale bildet der Flufs einen See, die Laguna Fria, tritt aus ihm mit stattlicher Wasserfülle wieder hervor und ergiefst sich, nachdem er die andere Hälfte des Thales durchströmt hat, in eine andere Laguna, — dieselbe, nach wel- cher wir die anderen Theilnehmer der Expedition entsendet hatten; diese La- guna, von der wir nur einen kleinen Theil erblicken konnten, schien sich nach Osten zu erstrecken, da alle sichtbaren Bergketten dort niedriger wurden. Aus- serdem zeigte sich noch eine andere Laguna, die ihr Wasser in die grofse er- gols.“ Die Expedition zweifelte nicht daran, dafs die grofse der See Naguel- huapi sei; es scheint uns aber evident, dafs sie anderen Gewässern die Namen - Rio Frio und Laguna Fria beilegte, als die vorjährige Expedition. Nach dem Berichte der letzteren schlug die eine Hälfte derselben von der Laguna de los Can- quenes „eine südliche Richtung ein, 1 Legua weit, bis sie an einen Bach gelangte, der nach ©. fliefst und ‚sine Laguna bildete. Sie gingen am Ufer dieser Lagune, die 3 Legua lang und + Legua breit ist, und überschritten einen kleinen Bach, der sich in die Laguna a und den sie für den Abflufs der Laguna de los Canquenes hielten. Als sie, dem Ufer der Laguna folgend, den Ausfluls der- selben erreicht hatten, der nach ©. zur Laguna Naguelhuapi geht, überschritten sie diesen. Des kalten Wassers wegen nannten sie den Flufs Rio Frio, und den See Laguna Fria; sie gingen am Südufer des Rio Frio $ Leguas weit, und da sie sahen, dafs es hier vergeblich war, eine bequeme Stelle zu suchen, wo sie zu dem Höhenzuge hinansteigen könnten, kehrten sie auf demselben Wege zurück, durchwateten den Rio Frio zum zweiten Male in seinem westlichen Theile und gingen nach 8.0.“ Diese letzte Angabe der Richtung erregt Bedenken, aber so viel sieht man deutlich, dafs der Rio Frio der ersten Expedition von W. nach ©. fliefst und durchwatet werden kann, während der der zweiten überall von 8. nach N. fliefst und ein wasserreicher Strom mit einer Tiefe von 5 — 6 Fuls und einer Breite von 20 — 30 Ellen ist; die Laguna Fria der ersten Expedition war nur 4 Legua, die der zweiten noch einmal so breit. © „Die Thalsenkung,“ heifst es in dem Bericht von 1856 weiter, „der wir bis zu dem Moment gefolgt waren, wo wir die Cuesta de los Reulies erstiegen, er- streckte sich von W. nach O. zwischen unserem Standpunkte und der breiten Basis des Tronador. Ihr östlicher Ausgang stölst unter rechtem Winkel auf das Thal des Rio Frio. Der wirkliche Pafs führt also durch jene Senkung und das Thal des Rio Frio.“ Die Bergkette, von welcher die Expedition diese Aussicht genofs, nannte sie den „Berg des 12. Februar“, nach dem Datum des Tages, an dem man ihn erstiegen hatte, und der zugleich der Jahrestag der Gründung von Puerto Montt war. Der andere Theil der Gesellschaft hatte in der That jenseits des „Hügels der Hoffnung“ eine lange schmale Bucht getroffen, deren Ende in nordöstlicher Richtung nicht zu sehen war; in der Mitte derselben lag eine Insel. Als Tro- phäe brachte er ein verfaultes Stück einer bearbeiteten Buche mit, in dem man _ einen Theil der früher in Chil6e üblichen ausgehöhlten Boote erkannte und das man für ein Ueberbleibsel eines von der Expedition von 1795 gebrauchten Fahr- Fr zeugs hielt, mithin für einen evidenten Beweis, ne man wirklich den See Na- guelhuapi vor sich sehe. Bei der weiteren Erforschung der Gegend liefs die Expedition am 15. Fe- 184 Miscellen: bruar den „Hügel der Hoffnung“ zur Linken, folgte dem Laufe des Baches, der aus dem kleinen Guanaco-See (nach dem Berichte von 1855 nur 14 Leguas öst- lich von der Laguna de los Canquenes gelegen) abfliefst, und stieg nach einem Marsche von 2— 3 Leguas ziemlich steil zum See Naguelhuapi hinab. Auf dem höchsten Theile dieses Abhanges wuchsen Reuli’s, darauf folgte die Region der Coihues und Colihues, bis endlich in der Nähe des Sees auch diese einer Alerce- Art Platz machten. Die Bucht selbst, anfangs schmal, dann allmählich sich er- weiternd, war auf allen Seiten, auch im Osten, von Hügeln eingeschlossen, von denen die weiter entfernten beträchtlich niedriger waren, als die näher liegenden; die Insel war viel kleiner, als sie auf den alten Karten dargestellt ist. Nicht weit von der Stelle, an welcher man sich befand, ergofs sich der Rio Frio in den See. Man untersuchte das Thal des letzteren etwa eine Legua weit aufwärts, — die Hälfte des Weges bis zur Laguna Fria, — und fand, dafs der Boden dessel- ben eine sumpfige Pampa war. Am 18. Februar schifften sich 4 Personen auf einem ausgehöhlten Baum- stamme ein, fuhren längs des rechten, aus steilen Felsen bestehenden Ufers des Naguelhuapi 5 Leguas weit, dann über eine andere 5 Legua breite Bucht, die sich hier südwärts abzweigt, und landeten auf einer Spitze, der sie den Namen Punta de San Pedro gaben. Da der See unruhig geworden war, drangen sie zu Lande weiter vor, über ein schwach ansteigendes, doch überall von Felsen durch- brochenes Terrain, welches mit Coihues und Colihues und aufserdem mit einer Conifere bestanden war, die 20 und mehr Ellen (varas) hoch war und deren Blätter denen der Cupressus fastigiata glichen. Nach einem dreistündigen Marsche in nordöstlicher Richtung hatte man diesen Landrücken erstiegen, fand aber, dafs die Aussicht von ihm durch einen anderen, 3 Legua entfernten und anscheinend isolirten Hügel von mäfsiger Höhe gehemmt war. Als man auch diesen erstie- gen hatte, zeigte sich, dafs er der Anfang einer nach Osten sich erstreckenden bewaldeten Hügelreihe war. Glücklicher Weise fand sich aber im N. desselben ein Punkt, von dem man die Gegend wenigstens nach W., N. und zum Theil auch nach $S. überblicken konnte. Im W. erhob sich die Centralkette der Cor dillere, in welche die lange Bucht, von der man ausgegangen war, in gerader Riehtung tief einschnitt. Zwischen der Cordillera und dem Punkte, auf dem man sich befand, erstreckte sich die Bucht, über deren Einmündung man hinüberge- fahren war, südwärts und entzog sich im S. hinter Hügeln dem Auge. Im N. und in grofser Entfernung trennte sich von der Cordillera eine mit Schnee be- deckte Gebirgskette, auf welcher die Vegetation schon in auffallend geringer Höhe aufhörte, in der Richtung nach Osten, und von dieser zweigte sich eine viel nie- drigere Hügelreihe ab, die, so weit man sie mit dem Blick verfolgen konnte, süd- wärts lief. Den Raum zwischen beiden Gebirgszügen und der Cordillera füllte eine andere sehr lange und breite Bucht des Sees, mit einer etwa 5 Leguas lan- gen Insel, neben der in gerader Linie eine Reihe kleinerer Eilande lag. Die Hauptmasse des Sees, von dem sich diese Buchten abzweigten, konnte indefs nicht erblickt werden. Die Vegetation der ganzen Gegend war bei Weitem nicht so üppig, wie auf dem Westabhange der Cordillera; der Waldwuchs war viel spärlicher und die kahlen Stellen überwogen. Mangel an Lebensmitteln verhinderte die vier Männer, weiter vorzudringen, er R Pafs über die Cordillera am See Naguelhuapi. 185 E alspsien das stürmische Wetter ihnen auch die Rückkehr für einige Tage ver- wehrte. Erst am 23. Februar gelangten sie nach einer gefahrvollen Fahrt auf _ dem See wieder zu ihren Genossen, und traten am folgenden Tage, fast überall die bei ihrer Ankunft verfolgte Strafse innehaltend, den Rückweg nach Puerto En: an, das sie am 29. erreichten. Die Expedition rühmt sich, ihren Zweck vollkommen erreicht, nämlich den See Naguelhuapi und den eigentlichen zu ihm führenden Andespafs aufgefunden zu haben. Unsere Leser sehen, dafs dieses doch nicht so ganz richtig ist. Die Expedition erblickte drei Seebuchten, die allerdings, wenn auf die alten Karten _ Ärgend ein Verlafs ist, höchst wahrscheinlich zum See Naguelhuapi gehören; aber den Hauptbestandtheil desselben sah sie nicht, noch weniger hat sie ihn recognos- eirt und die wichtigste aller Fragen entschieden, ob aus ihm der Rio Negro oder sonst ein beträchtlicher Strom ostwärts zum atlantischen Meere führt. Eben so wenig kann die Expedition aus eigener Erfahrung darüber Aufschluls geben, ob die Senkung südlich von der Cuesta de los Reulies wirklich mit dem Thale des Rio Frio in ununterbrochener Verbindung steht; sie glaubt, die Vereinigung beider Thäler von einem nördlicher gelegenen Punkte gesehen zu haben, und be- ruft sich auf das Zeugnils zweier Theilnehmer an der vorjährigen Expedition, die bei ihrem Umherirren am Rio Frio auch an dem Vereinigungspunkte der beiden Senkungen gewesen sein wollen; im Bericht über die Unternehmung von 1855 _ ist davon keine Rede, Nehmen wir nichtsdestoweniger den so eben erwähnten Umstand als consta- tirt an, so würde der Weg aus Childe über die Andes folgender sein. Von Puerto Montt am Golf von Reloncavi nach Puerto Varas am See Llanquihue 4% Leguas, von hier über den See zum Fufse des Osorno 8 Leg.; der Landweg von hier zum See Todos los Santos, 5 Leg., könnte leicht auch für Fuhrwerk brauchbar gemacht werden; das Ufer des zuletzt genannten Sees, der 244 Meter hoch liegen soll, ist unpassirbar; man mufs ihn, 6 L. weit, bis zur Mündung des Flusses Peulla durchschiffen. Der Weg längs dieses Flusses bis zum Beginn des Passes, 33 Leguas, ist bequem; man hat nur das Gebüsch zu entfernen und darf den Flufs auch nicht mehr als einmal überschreiten. Der Pafs selbst, den die Expedition nach dem Namen des Mannes, welcher die vorjährige Unternehmung an- geregt hatte, Perez-Rosales nannte, ist 836 Meter hoch, bis zu seinem höchsten Punkte 4 L., von da abwärts zur Laguna Fria 2 L. lang, und an einigen Stellen #L. breit. Er ist eine Einsattelung zwischen der breiten Basis des Tronador im Süden und der Cuesta de los Reulies (1280 Meter) im Norden, und verbindet das Thal des Peulla mit dem des Rio Friö, von denen jener durch den See To- dos los Santos zum stillen, dieser durch den Naguelhuapi zum atlantischen Meere fliefst. Von der chilenischen Seite steigt man zu dem Pafs ziemlich beträchtlich an, dann hält er sich 3 Leguas weit ungefähr in gleicher Höhe, und führt steil, _ doch ohne besondere Schwierigkeiten darzubieten, zum Rio Frio hinab; der öst- liche Abhang hat keine bedeutende Tiefe, da der Naguelhuapi, 537 Meter über dem Meere, höher liegt, als der See Todos los Santos. Längs der Laguna Fria führt kein Landweg, da sie das Thal zwischen der Central- und der östlichen Cordillere vollständig ausfüllt und bis hart an die Felsen reicht; man mufs sich ’ ‚also hier einschiffen und kann den 3 Leguas weiten Weg nach dem Naguelhuapi 186 Miscellen: zu Wasser zurücklegen, da der untere Rio Frio, der beide Lagunen verbindet, nach der Ansicht der Expedition ebenfalls schiffbar ist, wenn er von den hinein- gefallenen Bäumen gereinigt wird. Der ganze Weg von Puerto Montt bis zum Naguelhuapi würde also 36 Leguas weit sein. Die Bodenbeschaffenheit des erforschten Terrains ist nach der Ansicht bei- der Expeditionen nur an wenigen Stellen für den Ackerbau geeignet; auf dem gröfseren Theile des Weges ist die Decke von Pflanzenerde sehr dünn, und be- trächtliche Strecken scheinen den Winterüberschwemmungen ausgesetzt zu sein. Die Thäler sind meistens enge; was nicht von den Flufsbetten eingenommen ist, besteht aus Sandstrichen oder Sumpfland. Am Ufer der Laguna Fria wachsen Alerces, die zum Schiffsbau benutzt werden können. Zur Verdeutlichung der Reiseroute haben wir versucht, sie zu verzeichnen, und dabei die Karte von Gillifs zu Grunde gelegt, welche den in dem Bericht erwähnten Einzelnheiten genauer entspricht, als die von Philippi und Gay, na- mentlich in Bezug auf die Seen Llanquihue und Todos los Santos; der letztere hat einen „schmalen, von N.W. nach S.O. gerichteten Theil“, auf welchem die zweite Expedition sowol bei der Hin- wie bei der Rückreise mit Stürmen zu kämpfen hatte. Gay hat dagegen in Bezug auf die drei westlichen Buchten des Naguelhuapi Nachrichten besessen, die sich jetzt als zuverlässig erweisen und von Gillifs mit Unrecht beanstandet sind. Ueber Puerto Montt habe ich keine ge- nauere Nachricht, als dafs es am Golf von Reloncavi liegt; aber die Angabe des Berichts von 1856, dafs es nur 4} Leguas vom See Llanquihue entfernt ist, zeigt, dafs es am innersten Recef[s des Golfes liegen muls. Es ist zu wünschen, dafs die von der letzten Expedition ausgeführte Terrain - Aufnahme bald veröffentlicht werde. —n. Die Beschiffung des Rio Salado in der argentinischen Oonföderation. Ueber die Beschiffung des Rio Salado durch den Dampfer Waterwitch unter Befehl des Lieut. Th. J. Page ist unseren Lesern bereits im 6. Bande der Zeit- schrift (S. 364) eine vorläufige Mittheilung gemacht worden. Durch die Güte des preufs. Geschäftsträgers in den La Plata-Staaten, Herrn v. Gülich, dessen Namen wir schon mehrmals mit Dank zu nennen Gelegenheit hatten, sind uns jetzt aus- führlichere Berichte über dieses für die Entwickelung der argentinischen Staaten höchst folgenreiche Unternehmen zugegangen, welche deutlich zeigen, dafs man an Ort und Stelle die Bedeutung der dadurch constatirten Thatsache vollkommen würdigt. Sie bestehen aus einem Schreiben des Führers der Expedition, Th. J. Page, an Don Juan Maria Gutierrez, den argentinischen Minister der auswärtigen Angelegenheiten, datirt aus Buenos Aires 26. December 1855, und aus zwei aus- führlichen Briefen, die unter dem 8. und 14. December in Tucuman abgefafst sind, Nach Page’s Untersuchungen ist der Rio Salado während einer Zeit von 6 Monaten im Jahre sicher von Santa F& aufwärts bis Sepulturas (unter 27° Be 0 “ Die Beschiffung des Rio Salado in der argentinischen Conföderation. 187 40’ 8. Br.), wahrscheinlich aber bis San Miguel an der Grenze von Salta (unter 26° 15’ S. Br.), und vielleicht sogar noch weiter für kleine Dampfboote schift- bar. Das regelmälsige Anschwellen des Stromes in Folge der tropischen Regen macht sich nicht blofs bis Sepulturas, sondern viel weiter abwärts bis Sandia Paso, unterhalb Matarä (27° 55’) bemerkbar. Um nun den Flufs bis San Miguel, auf ‚einer Strecke, die einem Landwege von 300 Leguas entspricht, für’ die Schifffahrt nutzbar zu machen, sind nur zwei Hindernisse zu beseitigen. | | Das erste besteht in den Baumstämmen, die in den Strom gefallen sind, und _ in Verbindung mit einer Wasserpflanze Namens Totora das Fahrwasser in der Provinz Santiago auf eine Strecke versperren. Th. Page ist der Meinung, dafs dieses Hindernifs, sobald es einmal beseitigt wäre, sich nicht wie Sandbänke und Untiefen von Neuem wieder bilden und dafs seine Wegräumung nicht mehr als 10,000 Piaster Kosten verursachen würde; in Tucuman glaubte man, dafs 50 Menschen in zwei Monaten mit der Arbeit fertig werden könnten. In Santiago befänden- sich einsichtsvolle Personen, welche unentgeltlich die Leitung der Ar- beiten übernehmen würden, namentlich habe der Gouverneur Taboada, der schon im Jahre 1852 den Strom in Bezug auf seine Schiffbarkeit untersuchte, ein so lebhaftes Interesse für die Angelegenheit, dafs man seiner eifrigsten Mitwirkung gewils sein könne. Auch an Arbeitern selbst würde in Santiago kein Mangel sein; aber man würde sie dingen müssen, und Th. Page empfiehlt, dafs die Na- tional-Regierting die Ausgabe dafür übernehmen möge, da das Werk nicht einer Provinz, sondern der gesammten Conföderation zu Gute komme. Bedenklicher ist das zweite Hinderifs: die von den Indianern des Gran Chaco drohende Gefahr. „Wahrhaft betrübend“, heifst es in dem Bericht Page’s, „waren die Scenen, die wir häufig erblicken mufsten, als wir den Salado durch die Provinz Santiago abwärts fuhren. Die Indianer hatten dort das Land vor einigen Jahren verwüstet und ihre Einfälle bis über den Flufs und längs seiner Ufer ausgedehnt. An verschiedenen Punkten sahen wir Männer, Weiber, Kinder beim Einbruch der Nacht ihre Wohnungen verlassen und sich mit ihren kleinen Heerden in dichte Wälder flüchten, um sich in diesen vor den wilden Indianern zu verbergen. Die gegenwärtige Regierung thut, was in ihren Kräften steht, um die Provinz zu vertheidigen und zu schützen: aber man begreift leicht, wie un- zulänglich diese Vertheidigung ist, so lange die Unterhaltung der dazu erforder- ‚lichen militärischen Kräfte von den eigenen Hilfsquellen des Gouvernements und _ denen seiner Freunde abhängt. In den letzten Jahren haben sich die Raubzüge der Indianer auch häufiger wiederholt, als es früher der Fall war, obgleich die Thätigkeit und Energie des Gouverneurs und seines Bruders D. Antonio viel dazu beigetragen haben, das bei zwei derartigen Ereignissen geraubte Eigenthum wieder zu gewinnen; die Plünderungssucht der Indianer hat ihren Gipfel erreicht; die Bevölkerung der Grenzlandschaften wird ihrem Heerde entrissen, ihr Hab’ und Gut von den Räubern früher in Sicherheit gebracht, als die Regierung eine Kunde von dem Einfalle erhält. Die Folge davon ist, dafs die Bevölkerung sich ". einem Zustande fortwährenden Alarms befindet und weder den Acker bestellt „noch für die Heerden sorgt.“ ! B,. Um diesem Leiden abzuhelfen, die verödeten Ländereien der Cultur wieder- ugeben und zugleich die Stromschifffahrt sicher zu stellen, schlägt Th. Page die D 188 Miscellen: Errichtung einer Reihe militärischer Posten vor. Als denjenigen Punkt, der unter allen Umständen festgehalten werden müsse, bezeichnet er die Laguna del Tostado, die an der Stelle des Salado liegt, wo dieser 33 Leguas in gerader Richtung (von O. nach W.) vom Paran& entfernt ist '). Die Indianer des Gran Chaco dirigiren nämlich ihre Plünderungszüge immer nach diesem Uebergangspunkte, weil sie auf anderen Strafsen kein Wasser finden, der Tostado hingegen ein Süls- wassersee und von guten Weiden umgeben ist, und weil sich nordwestlich von ihm längs des Salado ein dichtes Gehölz ausdehnt, durch welches die räuberischen Horden ihre Beute nicht rasch genug fortbringen können. Der Tostado ist regel- mälsig der Punkt, an dem sie sich nach einem viertägigen Marsche durch wasser- arme Einöden erholen, und von dem sie ihre Kundschafter aussenden, um die vortheilhafteste Gelegenheit zu einem Ueberfall zu erspähen. Um nun ihren An- griffen auf das Gebiet des Salado ein Ende zu machen und sie auf die wasser- lose Ebene zu beschränken, würden 6 Militärposten genügen, die in einer gera- den Linie vom Tostado ostwärts nach Caraguatay am Paranä, 3 Leguas südlich von Goya, errichtet, den unteren Lauf des Salado vollständig decken würden. Da der Paranä sich unter dieser Breite in zahlreiche Arme trennt und aufserdem mehrere Flüfschen aufnimmt, hält Page es für möglich, dafs sich die Vertheidi- gungslinie von 33 Leguas durch Benutzung dieser natürlichen Verhältnisse noch verringern und durch weniger Militärposten halten liefse. Ein solches Vertheidi- gungssystem würde die beträchtlichen und bis jetzt doch ziemlich fruchtlos ge- bliebenen Ausgaben der Staaten Santa Fe, Cordoba und Santiago für ihre Ver- theidigung überflüssig machen, man könnte die militärischen Detachements dieser Staaten auf die neue Defensionslinie verpflanzen und hier Militär- Colonien be- gründen, die nach einigen Jahren durch Ackerbau und Viehzucht für sich selbst zu sorgen und die Landescultur zum allgemeinen Besten weiter nordwärts auszu- dehnen im Stande sein würden. Aus einem der von Tucuman datirten Briefe ersehen wir, dafs man sich in Santiago mit einem ähnlichen Vertheidigungsprojeet getragen hat, nämlich eine Linie östlich von Matarä militärisch zu colonisiren, welche eben deshalb, weil sie nördlicher als die von Page vorgeschlagene liegt, auch die viel beträchtlichere Ausdehnung von 70 Leguas besitzt. Aber der Wassermangel und der Salzgehalt des Bodens unter dieser Breite standen dem Project entgegen, und es ist keine Frage, dafs der Plan Page’s schon seiner geringeren Kostspieligkeit wegen den Vorzug verdient, wenn er anders dem Zweck, die Schifffahrt auf dem Salado zu sichern, vollständig entspricht. Ein anderer Berichterstatter schlägt vor, am Sa- lado selbst, und zwar am Fort Bracho, am Tostado und bei Monte Aguarä, drei u ee ee en AM ee een. Forts zu errichten, deren Besatzung das Holz in Bereitschaft halten könnte, des- sen die Dampfschiffe bedürften; aber der militärische Gesichtspunkt ist hier natür- lich von entscheidender Wichtigkeit. Die Vortheile, welche sich an die Eröffnung einer Dampfschifffahrt auf dem 2) Ueber die Lage dieses Punktes besitzen wir noch die Angaben, dafs er 120 Leguas OSO. von Santiago und 90 Leguas ONO. von Cördoba entfernt ist und ungefähr unter gleicher Breite mit Abipones (am Rio Dulce) liegt, also etwa unter 290 55’. Die Entfernung von Santiago bezieht sich natürlich nicht auf die gerade Richtung, sondern auf den Landweg über Matarä. x v Die Beschiffung des Rio Salado in der argentinischen Conföderation. 189 Salado knüpfen würden, sind höchst beträchtlich. Die westlichen Provinzen, San- tiago, Tucuman, Catamarca, sahen sich bisher für ihren Verkehr mit dem Litto- ral auf den beschwerlichen, zeitraubenden und kostspieligen Landtransport ver- wiesen, und zogen es zum Theil sogar vor, jenseits der hohen Andes-Püsse chilenische Häfen aufzusuchen. Selbst für die Provinz Salta ist der Salado von gröfserer Wichtigkeit als der Vermejo, dessen Schiffbarkeit jetzt ebenfalls festge- stellt ist; denn der Wasserweg auf dem letzteren nach Buenos Aires ist in Folge seines südöstlichen Laufes um ein Beträchtliches weiter, als der auf dem südsüd- ' östlich fliefsenden Salado, und aufserdem führt der Vermejo auf eine viel gröfsere Strecke durch die von räuberischen und unbezwungenen Indianerstämmen bewohn- ten Wüsteneien des Gran Chaco. Ueber den materiellen Gewinn, der dem Han- | del Salta’s aus einer Dampfschifffahrt auf dem Salado erwachsen würde, liefert _ einer der uns vorliegenden Berichte eine interessante Berechnung. Er veranschlagt die Kosten eines 18 Zoll tiefgehenden Dampfbootes von 100 Tonnen Last und 40 Pferdekraft an Ort und Stelle auf 22,000 Piaster, den jährlichen Sold einer Mannschaft von 6 Personen auf 1520 Piaster, und die jährlichen Ausgaben für _ Feuerungsmaterial nur auf 500 Piaster, — sämmtliche Einrichtungs- und die Be- triebskosten des ersten Jahres also auf 24,020 Piaster. Ein solches Dampfschiff _ würde die Reise von Miraflores nach Buenos Aires in 45 Tagen zurücklegen, also selbst dann, wenn man 60 Tage auf eine Reise rechnen wollte, während der Zeit _ der Schifffahrt drei Reisen zurücklegen und auf der Hin- und Rückfahrt jedesmal eine Fracht von 8000 Arroba’s befördern können. Wenn das Dampfschiff nun den Frachtsatz für die Beförderung einer Arroba von Salta nach Buenos Aires auf 8 Realen feststellte — jetzt mus man 12 zahlen — würde es bei jeder Hin- und Rückfahrt eine Einnahme von 16,000 Piastern erzielen, also schon im ersten Jahre die Einrichtungs- und Betriebskosten doppelt ersetzt erhalten. Es ergiebt sich daraus, dafs selbst bei einem Frachtsatz von 4 Realen für die Arroba — genau so viel mufs man jetzt für die Beförderung von Salta nach Miraflores zah- len — der Gewinn ein sehr beträchtlicher sein würde. Den Waarenumsatz zwi- schen Salta und Buenos Aires veranschlagt der Berichterstatter auf 500,000 Ar- roba’s jährlich; an Fracht fehlt es also nicht. Salta kann jetzt Bauholz, Baum- wolle, Reis, Weizen, Kartoffeln, Zucker, Leder und Häute ausführen, und es ist keine Frage, dafs die beträchtliche Verminderung der Transportkosten die Pro- duetion für den Export heben und ein für diese Landschaften höchst wichtiges Capital, die Arbeitskraft der zahlreichen jetzt als Maulthiertreiber beschäftigten Menschenklasse, in ergiebigerer Weise für landwirthschaftliche und industrielle Unternehmungen verwendbar machen würde. In weiterer Perspective zeigt sich die Ausdehnung der Colonisation längs des Salado, die eine natürliche Folge des belebteren Verkehrs sein und im Falle eines wirksamen militärischen Schutzes sicherlich nicht ausbleiben würde. Das Land in der Umgegend des Flusses soll für den Anbau von Reis, Baumwolle, s und Hanf, Zuckerrohr u. s. f. vorzüglich geeignet sein; dle amerikanische Indigopflanze wächst hier wild. In früheren Zeiten wurde am Salado in den Niederlassungen der Jesuiten eine so ausgedehnte Viehzucht betrieben, dafs von hier nach alten Documenten jährlich 40,000 Häute in den Handel kamen. Die Spuren dieser altspanischen Ansiedelungen sind noch vorhanden. —n. > u 190 Miscellen: Gräberg di Hemsö über die Bewohner des Rif. | Das Atlas-Gebirge, welches das Mogh’rib-ul-Aksa (Marokko) von NO. nach SW. bis zu den Vorgebirgen Ger und Nun durchstreicht, entsendet an den Quel- len der Mulvia nach NO. einen Zweig, den sogenannten kleinen Atlas, der sich unter 34° 18' N. Br., etwas nördlich von Teza, wieder gabelt und mit seinen Armen das Littoral umspannt. Der eine derselben zieht nordostwärts, begleitet das linke Ufer der Mulvia und entsendet eine Abzweigung nach Norden, die mit dem Cap Tres Forcas endet; der andere wendet sich zunächst nach NW., und folgt dann der Küste bis Ceuta und zum Cap Spartel. Die nördlich von diesem Küstengebirge gelegenen Landschaften, aus Bergkuppen und kurzen Thälern be- stehend, werden von den Bewohnern das Rif, Er-Rif, genannt, welcher Name, wie man gewöhnlich annimmt, zu den wenigen in der Sprache der Berbern er- haltenen lateinischen Worten gehören und „Uferland“ (ripa) bezeichnen soll. Im engeren Sinne bildete das Rif eine der alten 20 Provinzen des marokkanischen Reiches, und stiefs im Westen an El Gharb, die atlantische Küstenprovinz von der Mündung des Sebu nordwärts bis Ceuta, während sie im Osten durch den Flufs Necour von der Provinz Gart geschieden wurde, die an Algerien grenzt. Die Bewohner dieser gebirgigen Küste gehören der Urbevölkerung der Ber- bern oder Amazirghen an, welche sich unerachtet aller Invasionen, denen das Land im Laufe der Jahrhunderte durch Römer, Vandalen, Araber ausgesetzt war, namentlich in den Gebirgsgegenden sowol an der Küste wie auf der Hauptkette des Atlas, ziemlich unvermischt erhalten hat und noch jetzt etwa die Hälfte der Bevölkerung Marokko’s bildet. Das Rif ist so wenig bekannt, dafs selbst Renou, Verfasser des über Marokko handelnden Bandes der Exploration scientifique d’Al- gerie, weder über die Natur des Landes noch über die Bewohner genügende Aus- kunft erhalten konnte; er schätzt die Höhe des Küstengebirges auf 600 Meter; einige Gipfel sollen 1000 — 1200 Meter hoch sein. Die Bewohner sind in eine grolse Anzahl kleiner Stämme zersplittert, deren Wohnsitze nicht mit Genauig- keit angegeben werden können und deren Stärke ganz unbekannt ist. Die wich- tigsten derselben sind, wenn wir von Tetuan der Küste nach O. folgen, die Beni Gebara, die Beni Irsu, die Beni Razin und Beni Garin bei Targa, die Beni Man- sur und Beni Botoye; höher im Gebirge wohnen die Beni Zarval bei Scheschuan, die Beni Gualid auf dem Wege von Fez nach dem spanischen Küsten - Castell Pehon de Velez, die Beni Jusef östlich von den letzteren. Auch in der Provinz Gart leben Beni Botoye und Beni Mansur, aufserdem noch die Beni Zeneten und Beni Ulid. Ueber den Charakter der Bewohner des Rif und ihre Stellung zum marok- kanischen Reiche äufsert sich Gräberg di Hemsö, der sechs Jahre als Consul in Tanger gelebt hat, folgendermalsen !): Im Allgemeinen ist die Zahl der Ama- zirghen, welche dem Sultan von Marokko vollständig gehorchen und es nicht etwa blos aus Handelsrücksichten thun oder um sich die nothwendigsten Lebens- 1) Specchio geografico e statistico dell’ impero di Marocco; del cavaliere conte Jacopo Gräberg di Hemsö. Genova 1834, p. 73—79. — Das Werk ist aus dem Manu- script auch in’s Deutsche übersetzt von Alfr. Reumont, Stuttgart u. Tübingen 1833. 8. A Gräberg di Hemsö über die Bewohner des Rif. 191 bedürfnisse zu verschaffen, sehr gering; der gröfsere Theil, fast 2 Millionen In- dividuen, lebt unabhängig unter seinen Omzarghen (Herren), Amueranen (Edeln) und Amrgaren (Aeltesten), oder unter erblichen Fürsten seines Stammes. Das Volk wohnt unter Zelten, zuweilen auch in Höhlen an hohen und unzugänglichen Orten, wo es seine Unabhängigkeit behauptet und noch im Jahre 1819 unter dem Amrgar M’hausche einen blutigen Kampf gegen den Kaiser von Marokko geführt hat, der mehrere Jahre dauerte. Die Amazirghen sind von weifser Hautfarbe, mittlerer Statur, schönen athletischen Formen, rüstig, stark, thätig, lebhaft und meist schlank. Sie unterscheiden sich vornehmlich durch ihren spärlichen Bart ‘vor allen anderen Bewohnern Marokko’s; wie der Rif-Bewohner sich wieder ‚durch einen grimmigen, boshaften und trotzigen Blick vor allen anderen Ama- zirghen und besonders vor den Schilluchs auszeichnet. Von Temperament sind ‚sie lebhaft und aufgeweckt. Ihre Hautfarbe ist weifslich, das Haar nicht selten blond, dafs man sie bisweilen eher für Landleute des nördlichen Europa, als für Bewohner Afrika’s halten sollte. Sie tragen ein einfaches Hemd ohne Aermel, ‚und Beinkleider; den Kopf scheeren sie und lassen nur auf dem Hinterhaupte die Haare stehen, tragen auch keinen Bart mit Ausnahme eines kleinen Knebel- ‚und Kinnbartes. Auf den Berggipfeln bewohnen sie Hütten und bisweilen Höh- len wie die alten Troglodyten; in der Ebene bauen sie sich Häuser von Stein "und Holz, deren Mauern mit vielen Schiefsscharten versehen sind. Sie sind trotzig, voller Verwegenheit, wenn sie gereizt werden, unversöhnlich in ihrem Hasse, und treffliche Schwimmer. Ihr Hauptvergnügen ist die Jagd; sie lieben ihre Flinten ‚leidenschaftlich und sparen kein Geld, um sie mit Elfenbein oder Silber zu ver- ‘zieren. Sie nähren sich hauptsächlich von der Viehzucht; bisweilen bebauen sie auch das Feld und legen sich auf die Bienenzucht. Ihre Lebensart macht sie zu äufserst kräftigen und unruhigen Menschen; sie sind die erbittertsten Feinde der Christen und übertreffen an Fanatismus und Intoleranz selbst die Mauren. ‘ Ganz ähnlich schilderte schon im Jahre 1526 Leo Africanus die Amazirghen. Sie sind, sagt er, schreckliche und gewaltige Menschen, die weder Kälte noch Schnee achten. Ihre Kleidung besteht aus einem wollenen Hemd auf dem blofsen Leibe, und einem Mantel darüber. Um ihre Beine wickeln sie Lappen als Strümpfe. Auf dem Haupte tragen sie nichts, zu allen Jahreszeiten. Sie haben viele Schafe, Maulthiere und Esel, da ihre Berge wenig bewaldet sind. Sie sind ‚die gröfsesten Diebe und ruchlosesten Verräther auf der Welt. Den Arabern u sehr feindlich gesinnt und berauben sie des Nachts... Die Wände ihrer user bestehen aus Pfählen, die mit Kalk beworfen sind und ein Strohdach tra- gen ... Diese Gebirgsbewohner sind kräftig und muthig, und im Kampfe erge- ‚ben sie sich nicht lebendig. Sie kämpfen zu Fufs, und sind unüberwindlich, wenn ‚sie nicht eine zahlreiche Reiterei gegen sich haben. Sie tragen Säbel und Dolche. Es ist bekannt, dafs die Garnisonen der vier kleinen spanischen Küstenforts cht die geringste freundliche Beziehung mit den Bewohnern des Rif haben an- fen können. Sie dürfen es nicht wagen, das Castell zu verlassen, und sind ezug auf die dringendsten Lebensbedürfnisse, zuweilen sogar hinsichtlich des Wassers, auf die Zufuhr aus Spanien verwiesen. 192 Miscellen: En Auswärtiger Handel Bengalens,. Der jüngere Secretair des Board of Revenue in Calcutta hat jüngst einen Report über den auswärtigen Handel Bengalens 1853 — 54 publieirt, aus 12 Sätzen einleitender Bemerkungen und 213 Quartseiten Tabellen bestehend, während man seit 20 Jahren auf Mr. Bells und seiner Nachfolger Commercial Annual verwiesen war _ Die Anlage dieses blauen Buches ist dieselbe; man findet darin aber auch Angaben über Aus- und Einfuhr, Schiff- und Tonnenzahl der untergeordneten Häfen von Tschittagong, Balasore, Arakan und Tenasserim, den Caleutta-Preis- Courant, mit Angabe der höchsten und niedrigsten Marktpreise der eingeführten Güter. Der Totalbetrag des Handels von Bengalen betrug 1853—54 226,819,000 Rupien oder c. 22 Mill. L. St.; die Einfuhr 106,827,000 R., — 13,084,000 R. mehr als der Durchschnittsbetrag der beiden vorigen Jahre. Die Ausfuhr 120 Mill. R., nur 4,400,000 R. mehr. Von der Einfuhr waren aber nur 60,674,000 R. in Waaren und 46,153,000 R. in Geld, gegen 50,256,000 und 38,510,000 1852 —53. Die Ausfuhr 1853—54 war über 114 Crore in Waaren, kaum 7, in Geld, so dafs der Werth der ausgeführten Artikel doppelt so grofs als der der eingeführten war. Unter den Hauptartikeln der Einfuhr stieg die von Baumwollen- Garn und Stückgütern von 26,942,000 R. im Jahre 1852 — 53 auf 32,661,000 R., in bearbeiteten Metallen war der Zuwachs an 8 Lakh, eben so viel in Kupfer- waaren, alle anderen Artikel blieben ziemlich stationair, nur Salz zeigte eine Ab- nahme von c. 10 Lakh. Unter den Ausfuhrartikeln stieg die von Indigo um 27 Lakhs, Korn um 143 Lakhs, die des Kriegsmaterials in Folge der politischen Begebenheiten um 83 Lakh, die des Salpeters um 7 Lakh. Die Zuckerausfuhr | nahm um 1 Mill. Lakh ab, die der Baumwolle um 24 Lakh, die des Opiums um mehr als 27 Lakh. Die Einfuhr aus China hatte in Folge der dortigen Unruhen um 1 Mill. Lakh abgenommen. In Caleutta belief sich die Einfuhr von Putz- sachen (Apparel statt des früheren Millinery) im letzten Jahre nur auf 1,723,000 R., die von Büchern und Schreibmaterial auf 968,000 R. ih. Freie Arbeit und Sklavenarbeit in den Colonien. Wenn die Advocaten der Sklavenhalter in der Herausforderung der öffent- lichen Moralität und gesunden Vernunft jetzt so weit gehen, zu behaupten, dafs ’ die Emaneipation der Neger ein ihnen selbst angethanes Unrecht und eine Be- einträchtigung des allgemeinen Besten sei, so glauben wir in solchen bis zu einer widerwärtigen Paradoxie getriebenen Behauptungen nur die letzten krampfhaften Anstrengungen für eine verlorene und von der Welt gerichtete Sache erblicken zu dürfen. Von den angeblichen Thatsachen, durch welche eine so abgeschmackte Meinung erwiesen werden soll, liefert die eine — die Verwahrlosung der Eman- eipirten, nur einen neuen Beweis für die alte, hei Individuen wie bei ganzen Menschenklassen hervortretende Wahrheit, dafs Knechtschaft, barbarischer Druck und ein absolutes System der Bevormundung alle für einen vernünftigen Genufs der Selbstständigkeit erforderlichen Fähigkeiten des Menschen in einem erschrek- Freie Arbeit und Sklavenarbeit in den Colonien. 193 kenden Grade zu ertödten vermögen '); und die andere, die Rückschritte der Bodencultur in den früher durch Sklavenarbeit angebauten Ländern, trifft ersicht- ‚lich nicht die Frage, ob die Neger emaneipirt werden sollen, sondern lediglich die Art und Weise, wie die Emaneipation erfolgen soll; sie verweist auf einige wirthschaftliche Gesichtspunkte, die zwar erst in zweiter oder dritter Linie stehen, aber doch immer beachtet sein wollen, wenn man auch nicht das menschliche Wohlsein nach der Menge des Waarenexports taxiren mag. Die Nachtheile, die aus der Sklavenemaneipation für die Agricultur hervorgingen, hätten an vielen Orten durch Fürsorge der Regierung und namentlich der Sklavenhalter für zeitige Herbeiziehung anderer, freier Arbeiter zum grofsen Theile vermieden werden _ können. In Bezug auf diese Frage liefert der Bericht von Hawks über die ame- zikanische Expedition nach Japan einige interessante Materialien. Er constatirt, dafs der Ackerbau im Caplande seit der Sklavenemancipation noch immer dar- niederliegt; aber wir müssen bemerken, dafs hier hauptsächlich zwei secundäre Umstände mitwirkten, zunächst die Nähe belebter Hafenplätze, in denen die Eman- eipirten durch vorübergehende Beschäftigung, je nach ihrer Convenienz, in jedem _ Moment leicht für ihren Unterhalt sorgen konnten, sodann der Umstand, dafs die _ Hottentotten durch den unverständigen Eifer einiger Missionare schon längst den _ Jandwirthschaftlichen Arbeiten entfremdet waren und keinen Ersatz für die in die Hafenstädte wandernden Neger boten. Es kann nicht füglich. bezweifelt werden, - !) Die Erbunterthänigkeit wird hinsichtlich ihrer entwürdigenden und deprimi- _ renden Einwirkung auf den Menschen noch nicht im Entferntesten mit der Neger- sklaverei auf gleiche Linie gestellt werden dürfen; dennoch hatte sie in dem ihr unterworfenen Stande die Fähigkeit, durch Umsieht, Thätigkeit und Sparsamkeit für die eigene Zukunft zu sorgen, dermafsen erstickt, dafs in unseren östlichen Provinzen wohl die Hälfte der selbstständig gewordenen Bauern durch Leichtsinn und lüderliche Wirthschaft in die traurigste Lage gerieth. Niemand wird jetzt so. verblendet sein, auf Grund dieser Erfahrung zu behaupten, dafs unsere Bauern eine besondere, nur zum Frohndienst qualificirte Menschenspecies bildeten und dafs man ihnen durch Ver- leihung der Selbstständigkeit ein Unrecht zufügte, — obgleich man seiner Zeit aller- dings ganz ähnliche Behauptungen hören mufste; ‘es hat sich gezeigt, dafs dieser Stand nach Ueberwindung des Krankheitsstoffes, den die Gewohnheit der Unselbst- ständigkeit ihm eingeimpft hatte, eines der gesundesten Elemente des Staats gewor- den ist. Wenn nun eine Situation wie die Erbunterthänigkeit, die dem Individuum doch noch immer in einer gewissen Sorge für sich selbst und für seine Familie ein Terrain zur Uebung seiner Selbstständigkeit übrig liefs, Umsicht und spontanen Trieb zu verständiger Thätigkeit in dem angegebenen Grade ertödten konnte, — was darf man dann, ohne sich der sträflichsten Ungerechtigkeit schuldig zu machen, von den Negersklaven erwarten, denen ihr Leben Nichts als Zwangsarbeit unter der Peitsche, Zwangsarbeit für den Herrn war? Man sollte sich schämen, triumphirend auf die Thatsache hinzuweisen, bis zu welchem Mafse der Mensch den Menschen entwürdigen ‘kann, und lieber den Blick auf die glücklicher Weise nicht vereinzelten Ausnahmen _ wenden, in denen Neger den unheilvollen, auf ihnen lastenden Druck der Nachwir- _ kungen ihres früheren Zustandes so glücklich überwunden haben, dafs sie sich unter _ Weilsen zu Wohlstand und einer geachteten Stellung emporarbeiteten. Solche Bei- ‚spiele verrathen einen Grad sittlicher Kraft, den wir, unter ganz anderen Verhält- ssen aufgewachsen, kaum würdigen können, und legen uns die Ueberzeugung nahe, dafs auch die unglücklicheren Individuen ungefähr ein gleiches Mafs sittlicher Be- fähigung, wie die anderen Menschen, besitzen werden, dafs aber das ihnen zugefügte Uebel zu grofs war, als dafs es mit einem gewöhnlichen Mafse moralischer Stärke überwunden werden könnte. Zeitschr. f. allg. Erdk. Neue Folge. Ba. I. 13 194 Neuere Literatur: dafs der von einigen Sklavenhaltern des Caplandes entworfene und mehrere Jahre wirklich durchgeführte Plan einer philanthropischen Gesellschaft, die Negermäd- chen zur Zeit ihrer Mannbarkeit freizukaufen, in einem Lande, wo nur 35,745 Sklaven lebten, mit Erfolg ausführbar war, und namentlich mit einer Unterstützung von Seiten der Regierung in nicht gar langer Frist eine allmähliche und die In- teressen des Ackerbaues sicher stellende Hinüberleitung in den Zustand der Frei- heit ermöglicht haben würde. Die speciellen Verhältnisse des Caplandes machten ein solches Verfahren höchst rathsam; aber die Regierung gab energischeren und schleunigeren Mafsregeln den Vorzug. Auf der Insel Mauritius, einem Plantagenlande, hat man dagegen selbst die Wirkungen dieser schleunigen Mafsregeln rasch überwunden, obgleich die Zahl der Sklaven, deren Arbeit man plötzlich entbehren mufste, sich hier auf eirca 100,000 belief. „Nach einiger Zeit,“ sagt Hawks, „setzte die Heranziehung frem- der Arbeiter, namentlich von der Malabar-Küste, die Pflanzer in den Stand, nicht allein auf die Dienste der freien Neger zu verzichten, sondern zu billigeren Prei- sen als vorher Arbeit zu erhalten. Die freien Schwarzen schienen hier wie an anderen Orten zu glauben, dafs Emancipation Freiheit von Arbeit bedeute; sie waren in Folge dessen überhaupt nicht geneigt, zu arbeiten, selbst nicht um hohen Lohn, und verliefsen die Arbeit nach ihren Launen, wann es ihnen gefiel. Die eingeführten Arbeiter, unter dem Namen Coolies bekannt, haben jetzt fast die gesammte Landwirthschaft in Händen, wie sie auch bei dem Befrachten und Aus- laden der Schiffe thätig sind. In den Zuckerplantagen befinden sich bedeutende Colonien von ihnen. Es sind hier für sie und ihre Familien bequeme Häuser er- riehtet, und sie empfangen aufser Wohnung und freier Station 2 bis 3 Dollars monatlich. Dies ist für den Pflanzer billiger als Sklavenarbeit. Die Municipal- Gesetze zum Schutze der Coolies sind gerecht und streng; aber dieses Volk richtet sich wenig nach den Abmachungen mit den Arbeitgebern; es kommt und geht, wann es ihm gefällt, und geniefst hierin eine viel gröfsere Freiheit als die arbeitenden Klassen in England oder Nord- Amerika. Aber ungeachtet aller dieser Uebelstände stehen sich die Pflanzer bei diesem Verhältnifs besser als vor- her.“ In der That ist die Zuckerproduction, für die man gewöhnlich Sklaven- arbeit als unerläfslich betrachtet, auf der Insel regelmäfsig gestiegen; im Jahre 1812 betrug sie 969,260 franz. Pfund, im Jahre 1851 dagegen 137,373,519 Pfund, und für das laufende Jahr (1852) wurde sie zur Zeit der Anwesenheit Perry’s auf 140 Mill. Pfund geschätzt. —n. Neuere Literatur. Neuere Arbeiten über das kaspische Meer, den Urmia- und Van-See. Die Niveauverhältnisse des kaspischen Meeres sind ein Problem, dessen Lö- sung seit den ältesten Zeiten die Geographen beschäftigt hat. An die Stelle mehr oder minder gewagter Hypothesen treten jetzt allmählig immer genauere an Ort een. 5 Neuere Arbeiten über das kaspische Meer, den Urmia- und Van-See. 195 u. und Stelle angestellte Untersuchungen, welche bezwecken, zunächst die Thatsache ' der Veränderung durch genaue Messungen empirisch festzustellen, um dann dar- über entscheiden zu können, welcher rein physikalischen oder geognostischen Ur- sache die Erscheinung zuzuschreiben sei. Nachdem die verschiedenen Ergebnisse der absoluten Höhe des Wasserspiegels des Meeres, zu welchen Parrot vermit- telst barometrischer Nivellements gelangt war, es wünschenswerth machten, durch ein trigonometrisches Nivellement die Frage zu erledigen, wurde dasselbe in den Jahren 1836 und 1837 ausgeführt, und die Resultate der Messung in einem be- sonderen Werke: „Beschreibung der zur Ermittelung des Höhenunterschiedes zwi- schen dem schwarzen und dem kaspischen Meere in den Jahren 1836 und 1837 von G. Fufs, Saevitsch und Sabler ausgeführten Messungen, Petersburg 1849“, ver- öffentlicht. In einem im Bulletin de la Classe physico-mathematique de V’Acade- - mie de St. Petersbourg, VIII, p. 337 über das Werk abgestatteten Rapport ge- langt Struve zu dem Resultat: | im October 1837 war das mittlere Niveau des kaspischen Meeres 85.45 engl. Fufs = 12.21 Saschen = 26.045 Meter unter dem Niveau des \ schwarzen Meeres mit einem wahrscheinlichen Fehler von 0.83 Fuls = 0.12 Saschen = 0.252 Meter. In dem eben erschienenen Werke von Abich: „Vergleichende chemische Untersuchungen der Wasser des kaspischen Meeres, Urmia- und Van-Sees, Pe- tersburg 1856, 4., 57 S. mit 2 Tafeln“, finden sich über die Niveauveränderungen j folgende Angaben. 1 Durch eine mehr als zehnjährige Reihe von Beobachtungen, welche dreimal | täglich unter Aufsicht des Direetors der Douane in Baku über die Abweichung | des Meeresniveaus von einem als constant betrachteten Normalpunkte angestellt worden sind, geht hervor, dafs der Einflufs der Jahreszeiten regelmäfsige Schwan- kungen in der Höhe des Wasserstandes hervorzubringen vermag, welchen zufolge die Differenz zwischen dem mittleren Niveau des Meeres im Winter und im Som- | mer in der Bucht von Baku im Durchschnitt seit 1850 acht bis zehn Zoll be- y tragen kann. Das Maximum des Meeresniveau’s trifft nicht in jedem Jahre auf denselben | Sommermonat und entspricht der Zeit, wenn die in das kaspische Meer strömen- den Flüsse ihren stärksten Wasserstand haben. Das winterliche Minimum jenes ; Niveaus fällt auf die Periode, in welcher der Verlust durch Verdunstung, während des niedrigsten Standes der Flüsse, den schwächsten Ersatz findet. Diese Beob- achtungen, für die Gröfse der hier angedeuteten Einwirkungen auf das grofse Meeresbecken nach entgegengesetzten Richtungen mafsgebend, sind um so höher anzuschlagen, da der Golf von Baku keine Flüsse und Bäche aufnimmt und dem südlichen Theile des kaspischen Meeres angehört, welcher, im Verhältnifs zur nördlichen Hälfte, einen viel geringeren Beitrag durch Zuflüsse empfängt. Einem genauen Plane, der bald nach der Einnahme der persischen Festung Baku zu Anfang dieses Jahrhunderts von der Stadt und deren nächster Umgebung von den Offizieren des kaiserlichen Generalstabes angefertigt worden war, verdanken wir den Beweis, dafs das Meer die Schwelle der Pforten im Jahre 1804 bespülte, aus welchen man heute über einen sanften Abhang von 17 Faden hinabsteigt, um an das Ufer des Hafens zu gelangen. Nach einer Nivellirung vom 15. März 1853 13* 196 Neuere Literatur: beträgt der Töhenunterschied zwischen jener Wasserlinie von 1804 und der gegen- wärtigen 12 Fufs 10 Zoll 7 Linien. Dieser Unterschied hatte im Jahre 1830 9 Fufs 7 Zoll 5 Linien betragen. Im Jahre 1852 war er auf 11 Fufs 2 Zoll 5 Linien, und endlich im März 1853 bis auf die schon angegebenen 12 Fufs 10 Zoll 7 Linien gestiegen. Die Periode eines allmählichen Sinkens des Wasser- spiegels des kaspischen Meeres ist mithin seit 52 Jahren mit Sicherheit nachge- wiesen, da auch die seit 30 Jahren sowohl an der Wolga, wie an den Terek- mündungen bemerkte bedeutende Zunahme des Küstenlandes die entsprechenden Beweise einer allgemeinen Niveauerniedrigung liefert. Die Fortdauer dieses Sin- kens des kaspischen Meeresspiegels ist in der Gegenwart mit besonderer Schärfe auch an den alljährlich zunehmenden Entblöfsungen der Ruinen des sonderbaren Gebäudes zu bemerken, welches im Innern des Golfs von Baku zu einer Erfor- schung des Zeitpunktes auffordert, wann das Gebäude, wie man glaubt, vor 500 bis 600 Jahren auf einem Boden gebaut wurde, der sich mindestens 20 Fufs unter der Niveaulinie des kaspischen Meeres von 1804 befinden mufste; denn nach den im März 1853 angestellten Sondirungen befand sich das Niveau der Fundamente jenes Baues 6 — ? Fufs unter dem Meerespiegel. Zu ganz ähnlichen Wahrnehmungen über die Effecte der in der gegenwärtigen Zeit wirksamen Pe- riode eines allgemeinen Sinkens des kaspischen Meeresspiegels geben die immer mehr zunehmenden Entblöfsungen der Hafenmauer von Derbent, sowie das all- mähliche Sichtbarwerden und Hervortreten der bisher vom Meere bedeckt gewe- senen regelmäfsigen und flachen Ausweitungen in den muschelreichen Kalkstein- bänken des Hafengrundes Veranlassung, aus welchen die mächtigen Quadern ge- hauen wurden, die einst das Baumaterial für die Stadt geliefert haben. Dafs die Abnahme des kaspischen Meeres für die historische Zeit sehr alt sei, dafür hat Herr v. Baer im zweiten Abschnitt seiner kaspischen Studien (Bulletin de l’Acad. de St. Petersbourg XIII, p. 305) mannigfache Belege beige- bracht. Ein sehr entscheidender für das erstere ist der, dafs keiner der Flüsse, welche in dasselbe münden, Wasserfälle bildet, und die, deren Bett in bewegli- chem Boden ausgegraben ist, nicht einmal eine namhafte Schnelligkeit unterhalb ihres obersten Quellgebietes zeigen. Es mu/ste nothwendig eine lange Reihe von Jahren vergehen, bevor die Wolga in ihrem ganzen Verlaufe nach dem neuen Niveau ihrer Mündung ihr Bette vertiefte, denn nördlich von Zarizyn ist das jetzige Bett häufig in Thonschiefer, in mäfsig festen Kalk und in ziemlich harte Mergelbildungen eingegraben, und auch die alten Jahrbücher sprechen nirgends von einer unbefahrenen Stromschnelle. Dafs die Wolga aber auch in diese feste- ren Abschnitte ihres Bettes nach dem Sinken des kaspischen Meeres sich tief eingegraben hat, schliefst Herr v. Baer daraus, dafs bei Tschernoi- Jar der Wasser- spiegel im Herbst 684 engl. Fuls unter einer Bank von Brakwassermuscheln liegt, welche offenbar auf dem Boden des alten Bettes gelagert waren. Dafs aber im geologischen Sinne die Abnahme des kaspischen Meeres sehr neu ist, d.h. dafs die Bodenfläche um das nördliche Becken des jetzigen kaspischen Meeres viel später blofsgelegt wurde, als die meisten Flächen, die wir kennen, schliefst Herr v. Baer aus der jetzt noch rasch fortschreitenden Deltabildung der Wolga, des Ural, des Terek und der Kuma, und der verhältnifsmäfsig geringen Gröfse der Delta’s selbst, denn sogar bei Astrachan ist das eigentliche Delta nur klein, dar- unter verstanden das unmittelbar durch den Flufs angeschwemmte Land, denn eh Neuere Arbeiten über das kaspische Mcer, den Urmia- und Van-Sce. 197 Astrachan selbst liegt auf Steppenboden. Hier hat die Wolga den nach dem Ab- zuge des Meeres blofsgelegten salzreichen Boden nur eingerissen und später schwach überdeckt. Die Beschaffenheit der lang gezogenen Hügelrücken der sogenannten Bugors westlich vom Hauptarme der Wolga bis gegen die Kuma hin scheint Herm von Baer nur durch die Annahme erklärlich, dafs die Abnahme des kaspischen Mee- res eine verhältnifsmäfsig rasche und gewaltsame war. Wir müssen in Beziehung auf das Detail auf die Abhandlung verweisen. Analoge Veränderungen des Niveau’s wie vom kaspischen Meere führt Abich vom Urmia- und Van-See an. Nach Perkins verringert sich die Ausdehnung des Urmia-Sees in gegenwärtiger Zeit sehr rasch, da schmale Dämme, welche, Behufs der Salzgewinnung aufgeworfen, vor 18 Jahren sich dicht am Seeufer be- fanden, heute fast 3 Meile von demselben entfernt liegen. Dagegen konnte Lof- tus an den felsigen Küsten des Sces nirgends ein Zeichen eines jemals höher gewesenen früheren Wasserstandes auffinden. Nachdem Brant’s Umreisung des Van-Sees im Jahre 1838 die Thatsache einer allmählichen Verkleinerung des Sees bestätigt hatte, begann das Wasser desselben in solchem Verhältnifs zu stei- gen, dafs die Erhöhung im Verlaufe eines Jahres beinahe 2 Ellen betrug, so dafs _ mehrere Städte und Dörfer am See überschwemmt wurden und verlassen werden mufsten. Das im Verlauf von 3 Jahren um 12 Fufs erhöhte Niveau des Sces erhielt sich bis 1850, von welcher Zeit an ein beträchtliches allmähliches Sinken eintrat. Da die Inseln mit überfluthet wurden, so ist ein Erheben des Seebodens als Ursache der Erhöhung des Niveau’s unwahrscheinlich. Ein ähnliches An- sehwellen soll 140 Jahre früher stattgefunden haben, denn auch damals wurden die Bewohner von Ardjesch genöthigt, den Ort zu verlassen, der 40 Jahre hin- durch eine Insel blieb, worauf sich das Wasser wieder allmählich zurückzog. Wir wenden uns zu der Beschaffenheit des Wassers dieser Meere. Nach Herrn v. Baer besteht das grofse Becken des kaspischen Meeres aus einem nördlichen flachen Becken, dessen gröfste Ausdehnung von Ost nach West _ geht, und einem südlichen tiefen Becken, dessen gröfste Ausdehnung von Nord nach Süd sich erstreckt. Nicht nur die ganze Nordküste ist flach, sondern die Tiefe wächst auch aufserordentlich langsam bis 8 Faden. Um die Seehundsinseln erhebt sich der Boden zu einer weit ausgedehnten Untiefe, auf welcher die Thätig- keit des Meeres die Inseln neuer und neuester Bildung Kulaly, Morskoi, Swätoi j und Podgornyi erzeugt hat. Schreitet man aber von den Wolga-Inseln nach Sü- _ den vor, so findet sich, dafs, wenn man die Tiefe von 9 Faden ganz allmählich erreicht hat, der Uebergang zu 10 Faden rasch erfolgt, und sehr rasch noch viel bedeutendere Tiefen folgen. Die Scheidelinie des nördlichen flachen und des süd- lichen tiefen Beckens hat eine parabolische Krümmung, deren Scheitel gegen die Wolga gerichtet ist und die vom Vorgebirge Agrachan nach Osten zu einem Punkte geht, der das erste Drittel des Weges vom Vorgebirge Tjuk-Karagan nach dem Süd- _ ende von Kulaly bezeichnet. Das nördliche Becken von nicht über 9 Faden Tiefe enthält nur brakisches Wasser, an der Nordseite fast ungesalzen, da es das Wasser der Wolga, des Terek, des Ural und der Emba aufnimmt. Dieses Becken wird immer flacher an allen seinen Rändern von dem Absatz der grofsen Flüsse und von dem Sande der östlichen Steppe, den der vorherrschende Ostwind in’s Meer treibt, wfe aus den Untersuchungen von Ewersmann, Danilewski und Se- a u DE ZI a nn u u et Be nee 198 Neuere Literatur: menow hervorgeht, so dafs an der Ostküste befindliche kleine Inseln sich all- mählich mit dem Lande verbinden. Nach Westen wirken die Flüsse durch An- schwemmung noch rascher, und zwar der Terek verhältnifsmäfsig viel mehr, als die Wolga. Der Steppenboden hört mit scharfer Grenze auf, nach einer schma- len Einfassung von Salicornien folgen, so weit das Auge reicht, dann Sumpf- pflanzen, besonders Rohr. Das Wasser ist weit in’s Meer hinein trübe von den in ihm schwebenden Beimischungen, ja im Westen reicht die Trübung bis zum Agrachan’schen Vorgebirge, im Osten lange nicht so weit. Von da an, wo die anfangs geringe Senkung des nördlichen Saumes etwas mehr zunimmt, wird das Wasser durchsichtig und schön seladongrün. Im südlichen Becken ist die Tiefe südlich von Tarki selbst in der Nähe der Küste sehr bedeutend. Unter 41° 28’ Polhöhe fand 12 Leagues von der Küste Arthur Edwards schon im 16. Jahrhundert bei 200 Faden keinen Grund. In der Mitte hat man mit gehörig langen Leinen noch keine Lothungen versucht, sie gilt daher für unergründlich. Das südliche Becken selbst zerfällt in zwei Ab- theilungen, von denen die nördlichere die tiefere zu sein scheint. Die Scheide- linie liegt da, wo das Meer am meisten verengt ist, zwischen dem Apscheron’schen und dem Krasnowodski’schen Vorgebirge. Dieser stark erhobene Kamm, auf wel- chem man weit in’s Meer hinein mit gewöhnlichen Lothleinen den Boden erreicht, hat aber in der Mitte zwischen beiden Ufern und zwar auf eine bedeutende Strecke hin eine Einsenkung, auf welcher bei 100 Faden noch kein Grund erreicht wurde. Die an der Ostseite des Meeres gelegenen Baien zeichnen sich durch bedeu- tenden Salzgehalt aus. Der sehr versandete Mertwyi Kultuk oder todte Busen enthält nach der Behauptung der Fischer und ehemaligen Bewohner der jetzt auf- gegebenen Festung Alexandrowsk keine Fische, das Wasser des Karasu ist sehr scharf und bittersalzig. Auf dem Boden des Kara Bugas, in welchem keine Fische leben, fand Scherebzow eine Salzschicht von unbekannter Mächtigkeit. Es strömt Wasser ununterbrochen durch den engen Eingang in ihn hinein. Herr v. Baer bezeichnet ihn daher als eine natürliche Salzpfanne von gigantischen Dimensionen, welche das Meer selbst ohne fremde Hilfe speiset, und in welcher die Steppenhitze die Soole abdampft, von 85 Seemeilen Länge, 75 Seemeilen Breite und einer ungefähren Oberfläche von 3000 Quadrat-Seemeilen. Abich stellt die von ihm ausgeführte, sowie ältere Analysen des Wassers des kaspischen Meeres zusammen in folgender Tafel, wo die Zahlen der Ueber- schriften die Fundorte bezeichnen: 1. Meerwasser aus der Nähe von Astrachan nach der Analyse von Goebel: Reise in die Steppen des südlichen Rufslands I, S. 101. 2. Meerwasser, an der Ostküste in der Nähe der Landspitze Tjuk-Karagan oder Tüb-Karagan von v. Baer geschöpft und von Mehner analysirt. 3. Meerwasser aus dem Golf von Baku aus 23 Fufs Tiefe an einer Stelle, welche durch das Austreten aufserordentlich starker Brenngasströme be- zeichnet ist, von Abich geschöpft und analysirt. 4. Meerwasser von der Rhede von Derbent aus der Tiefe von einem Faden vom Meeresboden geschöpft und analysirt von Abich. 5. Meerwasser bei OSO.-Wind 75 Werst von der äufsersten der Inseln ge- schöpft, welche die Wolga bei ihrem Ausflusse bildet, analysirt von H. Rose, Poggendorfis Annal. XXXV, S. 185, ? Neuere Arbeiten über das kaspische Meer, den Urmia- und Van-See. 199 ar 2) 3. 4. 3. if. Gewicht . . 1.00539 1.00845 | 1.00711 | 1.0013 ii \bei 14° R bei 15° R.bei 15° R.|bei 10° R In 100 'Theilen Wasser sind In 1.40 == 1.32 | von Salzgemeng. enthalten 1.25 | 0.1654 Chlornatrium .....% =. 11.58.37 63.93 64.33 60.79 45.56 Chlorcaleium . . 2... . 1.20 4.65 0 0 0 Chlormagnium . . . .| 10.04 0 2.89 5.14 0 Bepr. kohlens. Kalkerde . 2.70 2.66 0.60 1.23 1.08 ; - Bittererde 0.20 1.46 0 ’ 26.60 Eiwetsis: Balktnsiete 7.79 3.99 7.97 8.70 24.54 - Talkerde . . | 19.68 23.29 24.11 24.13 0 nhersalz.. 2 4e..20 0. 0 0 0 0 2.17 | 99.98 | 99.98 | 99.90 | 100.00 | 99.95 Die eigenthümliche Zusammensetzung des kaspischen Meerwassers, welches sich weder in qualitativer noch in quantitativer Beziehung mit demjenigen irgend eines anderen Meeres vergleichen läfst, zeigt eine Aehnlichkeit mit den Mutter- laugen, welche nach Abscheidung des Chlornatriums durch den Soggeprocels aus den Soolen zurückbleiben, die den Steinsalz führenden Formationen entspringen. So würde z. B. eine 21malige Verdünnung der Mutterlauge von Schönebeck eine Soole darstellen, welche in Beziehung auf dies relative Verhältnifs des Kochsalzes zu den Salzen der Magnesia in derselben, dem caspischen Meerwasser sehr ähn- lich ist. Die Analyse des Wassers des Urmiasees, welches Herr Abich durch einen nordamerikanischen Missionar zu Seir bei Urmia durch Vermittelung von Herrn Khanykof in Tabris erhalten hatte, ergab, dafs das Urmiawasser 22.07 Proc. feste wasserfreie Salze in Auflösung enthielt, und zwar fand sich in 100 Theilen des Salzes 86.37 Chlornatrium, 6.94 Chlormagnium, 0.34 Gyps, 6.08 schwe- fels. Magnesia, 0.27 Chlorcaleium. Das specifische Gewicht betrug 1.175. bei 15° R. Aus diesem specifischen Gewicht und dem von 2.259 bei 15° R. des durch Abdampfen dieses Wassers erhaltenen und hierauf geschmolzenen Salzes folgt, dafs das in einer Wasserschicht von 1 preufs. Fufs Höhe enthaltene Salz einer Schicht von 1.378 preufs. Zoll Höhe festen Steinsalzes dieser Dichtigkeit entsprechen würde. Bestimmt man nach der Kiepert’schen Karte die Oberfläche des Sees zu 4118,5 Quadrat-Werst oder 81.61 geogr. Quadrat-Meilen und nimmt die mittlere Tiefe auf 12 Fufs an (nach Monteith’s Messungen beträgt die grölste Tiefe 45 Fufs, nimmt aber terrassenförmig sehr allmählich zu), so würde eine vollständigs Ausscheidung des im Urmiasee aufgelösten Steinsalzes einen Würfel von 3473.5 preufs. Fuls oder 3576.7 engl. Fufs geben. Die Oberfläche des Van-Sees beträgt nach der Kiepert'schen Karte 3359 _ Quadrat-West oder 66.56 geogr. Quadrat-Meilen. Seine bedeutendsten Zuflüsse sind am Südufer der Bitlistschai, der im Eisenberg (Demirdag) entspringt, der Whastantschai und der Anjeltschai; am Ostufer der Kuschab, der Schamiram-Su, _ der Kharatschai und Bendi-Mahi-Su. Monteith nennt das Wasser sehr salzig und bitter, Southgate brakisch und nicht übel schmeckend, Brant ganz salzig. Im März und Mai wird starker Fischfang auf eine Sardellenart, Taring genannt, ‚getrieben. Nach der Analyse von Abich enthält das Wasser von 1.0185 spec. Gew. bei 15° R. 1.73 eines Salzgemenges, welches im wasserfreien Zustande 200 Neuere Literatur: aus 14.84 schwefelsaurem Natron, 31.20 kohlens. Natron, 46.54 Chlornatrium, 2.33 dopp. kohlens. Magnesia, 1.50 schwefels. Magnesia, 3.10 schwefels. Kali und 0.44 Thonerde und Kalkerde besteht. Das aus dem Seewasser gewonnene Salz wird auf dem Bazar von Van unter dem Namen Perek verkauft. Aus der vorstehenden Untersuchung geht hervor, dafs der Van-See aus der Reihe der eigentlichen Salzseen in eine Parallele mit den Natronseen von Un- gan und Unter-Aegypten zu setzen sei und im grofsen Malsstabe auf eine Wie- derholung derselben Bildungsgesetze deutet, welche längs des südöstlichen Fusses des Systems der beiden Ararate die von Abich (Bull. de l’Acad. de St. Peters- bourg V, No. 8) beschriebene Reihe von Natronseen hervorgerufen haben, In Beziehung auf eine mögliche meteorologische Erklärung des fortdauern- den Sinkens des Spiegels der besprochenen abgeschlossenen Seen möge schliefs- lich noch hier folgende Bemerkung aus meiner Abhandlung über die Vertheilung der Regen in der gemäfsigten Zone, Poggendorffs Annalen XCIV, 8.54, eine Stelle finden. In Redutkale am Südabhange des Kaukasus fallen jährlich 58” Regen, in Kutais 50”, in Tiflis nur 19”, da hier in NO. bereits bedeutende Gebirgsketten vorliegen. Die in Lenkoran 43” betragende Regenmenge, deren Vertheilung an subtropische Regen erinnert, sinkt jenseits der Hauptkette des Kaukasus in Baku auf i3”.4, in Derbent auf 15".7 herab, ein Beweis, dafs die Quelle jener Nieder- schläge nicht in dem jene Orte bespülenden kaspischen Meere zu suchen, son- dern nach SW. hin liegt. Die unerhebliche Regenmenge scheint darauf zu deu- ten, dafs den über Afrika aufsteigenden Luftmassen der begleitende Wasserdampf fehlt und daher von Afrika nach dem Innern von Asien hinauf in der Richtung von SW. nach NO. ein wüster Gürtel hinzieht, in welchem die Verdunstung den Niederschlag überwiegt, so dafs das Niveau eingeschlossener Wasserspiegel, wie das des todten Meeres, des Kaspi- und Aralsees, unter das allgemeine Meeres- niveau desto stärker herabgesunken, je näher sie der Aequatorialgegend liegen, die ihnen durch die Drehung der Erde abgelenkte nur relativ trockene Luft- massen zuführt, während am Südabhang der Alpen und des Apennin der Sei- rocco in mächtigen Regengüssen seine Wiege verräth, die, wie ich vor längerer Zeit gezeigt habe, nicht in Afrika, sondern im westindischen Meere liegt. Dove. Personal Narrative of a Pilgrimage to El-Medinah and Meccah. By Richard F. Burton, Lieutenant, Bombay Army. Vol. I. El-Misr. XV und 318 S. mit 1 Plane u. 3 Karten. Vol. IT. El-Medinah. IV u. 426 S. mit 2 Plä- nen u. 4 Karten. Vol. III. Meccah. X u. 448 S. mit 1 Plan u. 7 Kart. London, Longman, Brown, Green & Longmans (Vol. I. II.) 1855. (117.) 1856. gr. 8. Arabien bietet für die eombinirende Betrachtung der Geographie und Ge- schichte noch ein gutes Stück von Räthseln. Seine Naturverhältnisse erscheinen zwar so einfach, seine Culturentwickelung so schematisch und fast mechanisch, dafs man mit dem gegenwärtigen Stande des Wissens von ihm glauben möchte, sich beruhigen zu können; wer aber einmal die grofsartige Behandlung seiner eg K #- r Erdkunde durch Carl Ritter (Asien VIII, 1, a. b. Berlin 1846 — 47), in welcher geniale Anschauung und Fülle des wissenschaftlichen Materials uns so bewälti- gend entgegentritt, an sich hat vorübergehen lassen, der wird bald empfunden haben, dafs viele hier zu stellende Fragen noch einer sicheren Antwort harren. Man kann sagen, dafs dies Land in Beziehung auf seine Verschlossenheit so ziemlich zwischen Asien und Afrika mitten inne stehe. In der Reihe derer, welche ver- sucht haben, dies Gebiet wissenschaftlich zu erobern (und Deutschland hat dazu in Niebuhr und Seetzen ein bedeutendes Contingent gestellt), nimmt der vortrefi- liche hochgebildete englische Lieutenant der Bombay-Armee eine der neuesten und bedeutendsten Stellungen ein. Burton hat in einer Weise über Arabien ge- sprochen, welche jedem Folgenden bedeutendere Verpflichtungen auferlegt. Er hatte sich bereits in weiteren Kreisen durch seine Schrift über Sindh (Sindh, and the Races that inhabit the Valley of the Indus, with Notices of the Topography and History of the Province, London 1851, 8.), noch mehr aber in neuerer Zeit durch die Freimüthigkeit bekannt gemacht, mit welcher er die höchst gefährliche Stellung Rufslands zu dem britisch-indischen Reiche bezeichnet hat. Die Erfah- rung wird vielleicht noch die Zeitgenossen belehren können, wie Recht der kecke Mann hatte. Die Londoner geographische Gesellschaft handelte in guter Erkennt- nifs, wenn sie ihm solche Theilnahme zuwendete, dafs man von Burton als dem Lieblinge derselben zu reden pflegt. Es ist wahr, die Reisen in Arabien und (von denen ich später zusammenhängend und ausführlicher reden will) die auf der Ostküste von Afrika sind nicht dem ursprünglichen gröfser angelegten Plane gemäls ausgeführt worden: das ist ein Glück, das nur wenigen Expeditionen zu- fällt. Hier aber ersetzt die Reichhaltigkeit der Mittheilungen und die Tiefe der wissenschaftlichen Vorbereitung, vollständig, was den beabsichtigten Reiserouten an ihrer Länge abgebrochen worden ist. Burton beabsichtigte, quer durch Arabien zu gehen, entweder von Medinah nach Maskat oder von Mekkah nach Makallah; unüberwindliche Hindernisse nöthig- ten ihn, sich auf eine Reise nach den beiden Centralpunkten des Islam zu be- schränken. In die dem Europäer so schwer oder gar nicht zugänglichen heiligen Städte einzudringen, hatte er sich arabisches Wesen sehr geschickt angelernt; er spricht arabisch, wie es aufser ihm nur Fresnel und Wallin verstanden haben. Seit dem Sommer 1852 war Burton bereits durch Vermittelung des Generals Monteith in Unterhandlungen mit der Londoner geographischen Gesellschaft ge- treten, damals in der Absicht, das innere und östliche Arabien zu durchforschen. Seine Pläne fanden den vollsten Beifall des Vorstandes derselben, besonders des vortrefflichen Sir Murchison; es war indefs unmöglich, die Bewilligung des nöthi- gen dreijährigen Urlaubs bei Sir James Hogg von der ostindischen Compagnie zu erwirken, welche einen so vorzüglichen Offizier nicht ohne Weiteres den Fähr- lichkeiten einer arabischen Reise aussetzen mochte. Doch günnte man ihm noch ein freies Jahr zur Fortsetzung seiner arabischen Studien; diese mit bestem Er- - folge zu betreiben und zugleich sich im grofsartigsten Mafsstabe für eine arabisch. Reise eigentlich vorzubereiten, wurde eine Fahrt durch Hidschäs beschlossen. Burton verliefs am Abend des 3. April 1853 London, um zunächst nach Southampton zu gehen. Die Reise nach Aegypten geschah unter der Maske eines persischen Mirza, die unter den Muhammedanern selbst gegen die eines Scheikh Abdullah umgetauscht wurde. Der Mai wurde noch in Alexandrien verbracht, Burton: Pilgrimage to El-Medinah and Meccah. 201 202 Neuere Literatur: im Juni der Ramadhan zu Cairo begangen. Von dort begab Burton sich als Pilger nach Suez (Suwes), von wo man an einem Julitage (6ten) mit dem Pilger- schiffe Silk el Dsahab (von 50 Tonnen) absegelte. Die Ueberfahrt wird höchst charakteristisch beschrieben; das rothe Meer ist bekanntlich gefährlich zu befah- ren. Am 11ten wurde Tur verlassen, und am 12ten Tage nach der Abfahrt von Suez lief man im Hafen von Yambu ein. Diese wichtige Stadt bezeichnet das dritte Viertel der Karawanenstrafse von Cairo nach Mekkah, deren beide ersten Akabah und Manhal Salmah »ind. Die Einwohnerschaft dieses Zugangsortes von Mekkah ist überaus fanatisch. Am 18. Juli gegen Abend zog die Karawane aus dem Thore von Yambu zunächst nach Bir Abbas, das man am 21. erreichte. So weit der Reisebericht im ersten Bande. Der zweite beginnt im 14. Ka- pitel mit der Abreise von Bir Abbas. Die Strafse führt über Suwaikah nach Medinah, welches der Zug am 25. Juli erreichte. Die ganze Strecke von Yambu bis dahin beträgt etwas mehr als 130 engl. Meilen und wird von Kameelen in vier Tagen, von guten Dromedaren in der Hälfte der Zeit zurückgelegt. Burton macht mit Recht darauf aufmerksam, wie viel Irrthümer in die Entfernungsberech- nungen durch die Nichtbeachtung der Verschiedenheit des Kameel- und Drome- darrittes gekommen sind. Den ganzen Rest des zweiten Bandes von Kapitel 15 bis 22 nehmen die schönen, ausführlichen Mittheilungen über Medinah ein. Der dritte Band enthält die Weiterreise, den Besuch von Mekkah und die Rückkehr. Von Medinah nach Mekkah konnten vier Stralsen eingeschlagen werden. Die erste und gewöhnliche,. welche der Küste parallel läuft, trägt den Namen der Kaiserlichen (Darb el-Sultani). Der Tarik el Ghabir ist ein Gebirgsweg, zwar reich an Wasser, aber ohne Dorfstationen, welchen daher die grofsen Karawanen vermeiden, zumal auch die Sobh-Bedawinen, schlimme Räuber, ihn umlagern. Die dritte Strafse, den Wadi el Kura, gehen die Dromedar-Karawanen gern; sie führt sicher durch das Gebiet der Beni Amr. Die vierte endlich, die „öst- liche Strafse“ (Darb el-sharki), rührt von der berühmten Gattin Harun al-Ra- schid’s, Zubaidah, her, welche damit eine zusammenhängende Stralse von Bagh- dad nach Medinah herzustellen versuchte. Diesen Weg benutzte Burton; über einen fünften, der mehr ein Gebirgspfad zu sein scheint, konnte er nichts Nähe- res erfahren. Man trat die Weiterreise am 31. August an; Suwayıkiyah wurde am 5. September erreicht, ein den schismatischen Beni Hosain gehöriger Ort. Somit befand man sich schon, wenigstens nominell, in dem heiligen Gebiete von Mekkah. Hier nimmt Burton Gelegenheit, eine Fülle der anziehendsten Bemer- kungen über das Beduinenleben zusammen zu stellen. Ohne grofsen Aufenthalt ging der Zug über el-Birkat (den 7. Septbr.) weiter und am Morgen des 11ten langte man in Mekkah an, so dafs man noch einen Tag zur Ruhe und zum Be- such des Haram übrig behielt, ehe der Pilgerzug begann. Den gröfsten Theil des dritten Bandes nimmt nun (von Kap. 26—34) die Beschreibung Mekkah’s, seiner Heiligthümer, der heiligen Umzüge u. s. w. ein, bei welcher Darstellung gelehrte Studien und Autopsie sehr geschickt vereinigt sind. Die Rückkehr er- folgte auf direetem Wege über das von europäischen Reisenden schon genug be- schriebene Dschiddah. Wer den Werth dieser Reise nur nach der Neuheit der beschriebenen Rou- ten schätzen wollte, würde dem vortrefflichen Burton entschieden unrecht thun: vor Allem müssen wir die Fülle ethnographischer Beobachtungen in Anschlag u ee Sn A e _ bringen, welche uns hier geboten werden. Seit Niebuhr und Burckhardt hat uns Niemand durch Culturschilderung so tief in die Genesis des Islam eingeführt, als Burton. Aber darüber hat der umblickende Engländer die Aufmerksamkeit für _ die eigentlichen geographischen Fragen der umfassendsten Art nicht verloren. Abgesehen von der sehr genauen Beschreibung der Routen kommen hier wieder- _ holt, wenngleich in sehr bescheidener Weise, zwei wichtige Punkte zur Sprache: die orographische Construction der Halbinsel und die Zusammensetzung ihrer Be- völkerung. Man ist geneigt, die Bodengestalt Arabiens mit der Aegyptens und Habessi- niens so weit zu parallelisiren, dafs beiden eine durchgehende südliche Erhebung gemeinsam sei und das rothe Meer einen willkürlichen, mehr oder weniger indif- ferenten Einschnitt bilde. Burton hat mit Wallin, dem ausgezeichneten Finnlän- der, dessen erfolgreiche Reisen wir leider immer noch nicht vollständig kennen, die Ansicht, dafs Arabien sich gegen Süden senke, und zwar mit besonderer Be- zugnahme auf die Aussagen der Eingeborenen (vergl. I, S.5; IH, $. 146). Wäre die gewöhnliche Meinung die richtige, so würde das Flufssystem Arabiens anders gestaltet sein, oder vielmehr, es würde dann eines geben statt der zerstreuten intermittirenden Flüfschen und Bäche. Die Abdachung ist wahrscheinlich eine doppelte, südlich und westlich. Sicher ist, dafs vom Meere nach el Musahhal eine sanfte Erhebung stattfindet, dafs Medinah bedeutend über der Küste liegt (doch ist die Höhe des Dschebel Radhwa mit 6000 Fufs über’s Mafs gegeben). Von Medinah nach Suwayrıkiyah findet wieder eine leichte Erhebung statt; indefs zwischen dem letzteren und Zaribah beweisen stehende Wasser den Charakter der Ebene. Burton glaubt an die Nachricht von einem wirklichen See an der öst- lichen Grenze von Hidschäs so wenig, wie an den Flufs, welchen Ptolemäus zwischen Yambu und Mekkah setzt. Auch die Bedawinen wufsten ihm nichts davon zu sagen. Von Zaribah ab ist ein entschiedener Abfall bis zum Meere hin; der Arafat strömt daher mit grofser Gewalt von Osten. Was die Bevölkerung der Halbinsel betrifft, so denkt man gern an eine zwar sehr zerrissene Stammgliederung, welche aber dennoch durch die Einheit des Ty- pus eng zusammengehalten werde. Burton kommt zweimal auf diesen Punkt zu sprechen (I, S.5 und III, S. 28 £.). Er theilt die Araber in drei Racen; als die erste bezeichnet er die autochthonische subkaukasische, deren Reste sich in der Provinz Mahrah, zwischen Maskat und Hadramaut an der Küste entlang finden. Das sind die Arab el Aribah von wesentlich abweichender physischer Constitu- tion. Hierauf setzt sich der Zuzug der Noachiden, ein mesopotamischer Stamm, um 2200 v. Chr., der die einheimische Bevölkerung zurückdrängt und von dem besseren Theile der Halbinsel Besitz nimmt. Er ist repräsentirt durch die Ani- zah- und Nedschdi-Stämme, von kräftiger Constitution, vielleicht zu verstehen _ unter dem Namen der Arab al-Muta’arrabah der arabischen Historiographie. End- lich den dritten Kreis bilden die ismaelitischen Araber, welche gegenwärtig noch besonders die sinaitische Halbinsel beherrschen und einen guten Theil ihrer ur- " sprünglichen Wildheit bewahrt haben. Das sind die Arab el-Musta’arrabah. Hier haben mannigfache ägyptische Beimischungen stattgefunden. Die genealogische _ Sage hat die zweite Gruppe in den Namen Sem und Joktan, die dritte in Edom und Ismael individualisirt. An einigen Punkten sind die verschiedenartigsten Volkselemente durch einander gegangen und solche Mischungen versteht die Burton: Pilgrimage to El-Medinah and Meccah. 203 204 Neuere Literatur: arabische Terminologie unter den Arab el-Musta’'ajamah, z. B. in der Bevölkerung von Mekkah. Eine grofse Meisterschaft entwickelt Burton in der Charakteristik der einzel- nen Beduinenstämme, die ganz und gar an Burckhardt erinnert, und die semiti- sche Mythologie wird manchen interessanten Zug in diesen Schilderungen zu be- achten haben. Es giebt noch viele Reste des alten Heidenthums, selbst z. B. in der unmittelbarsten Nähe von Mekkah, die Vormuhammedanisches bezeugen, wie sie Muhammedanisches erklären können. Schön merkt Burton an, dafs diese Stämme in ihrer Freiheit angefangen haben unterzugehen, ähnlich wie die India- ner Nordamerika’s; hier in einem Ritterthum der Wüste, dort in einem des Wal- des. Manche Züge, die in dem freien Stammleben sich ungetrübter erhalten ha- ben, lassen Schlüsse auf die eigentliche Tragweite des Islams machen, wo dieser den blutverwandten Menschen in geordneteren städtischen oder auch allgemeinen despotischen Verhältnissen ergriff; wie eine sittigende Achtung der Frau den Ara- bern eigenthümlich war, ehe Muhammed den Schleier und den Vorhang des Ha- rems brachte. Eben so bedeutend sind die eingestreuten Betrachtungen über wissenschaftliche und literarische Cultur; Burton betont in der ganzen Entwicke- lung derselben den unvermittelten Gegensatz einer mafslosen und doch durch die Sprachform gefangenen Poesie und eines präcisirenden Scharfsinns, der in Gram- matik, Rhetorik, Logik und Mathematik Araber neben Griechen zu stehen be- rechtigt. Ueber die Volksdichtung der Wüste werden die dankenswerthesten Mit- theilungen gemacht. Diese Schilderungen concentriren sich hauptsächlich um die Besprechung solcher Punkte, wie Medinah und Mekkah; aber auch beim Anhalten auf kleine- ren Reisestationen wird uns das Beste mit der ganzen Frische lokaler Färbung berichtet. So giebt Suez Gelegenheit, über den Verfall der Pilgerfahrten zu be- richten, d. h. über das Stadium des Islam, in welchem schon sein Verfall begon- nen hat. Jede Religionsform, welche in dem dann immer unklaren Gefühle ihrer religiösen Inhaltslosigkeit sich durch das Divertissement des Ceremoniells gleich- sam beruhigen will und schliefslich auch dieses aufgiebt, mufs zusammenbrechen. Suez hatte vor 16 Jahren c. 3000, bei Burtons Besuch 4800 Einwohner, da 1850 die rasch angewachsene Bevölkerung durch die Cholera bedeutend vermindert worden war. Die Zahl der Pilgerschiffe betrug im J. d. H. 1268 (1854 Chr.) noch 4893, dagegen 1269 (185%) nur 3136. Der Engländer hat auch nicht ver- säumt, bei dieser Gelegenheit die interessantesten commerciellen Zusammenstel- lungen zu machen. Fast erschöpfend ist die Darstellung, welche Medinah und Mekkah gefunden haben; es würde die Grenzen einer geographischen Zeitschrift überschreiten, auch nur anzudeuten, was die arabische Philologie durch den Scharfsinn, die Kritik und das umfassende Wissen des Verfassers gewonnen hat. Medinah wird nach allen Seiten hin geschildert; ein ziemlich gelungener Plan nach einheimischer Zeichnung wird beigegeben; wir erfahren, dafs unter den 16— 18,000 Einwoh- nern alle Interessen nur dem Aeufserlichen zugewandt sind; in der Bibliothek der grofsen Moschee, von welcher bisweilen Wunderdinge berichtet wurden, giebt es keine andere Merkwürdigkeit, als einen 4 Fufs grofsen Korän in Thulthi-Schrift u. s.w. Die Preise der Lebensmittel sind bei dem Zusammenfluls der Pilger hoch, Menschen dagegen billig: das schönste Galla-Mädchen kauft man für 60 Pfd. St. Burton: Pilgrimage to El-Medinah and Meccah. 205 An Burckhardt lehnt sich die Darstellung von Mekkah, diesem Mikrokosmus des Islam mit seinen 45,000 Einwohnern, doch ist für diesen heiligsten Ort der muham- medanischen Welt Burtons Reise eine Epoche machende. Er ist nämlich der achte oder neunte Europäer, welcher diese heilige Stadt und Moschee wirklich besucht und beschrieben hat. Der erste, yon dem wir wissen, war Lud. Bartema 1503, der auch arabisch verstand; dann kam Le Blanc, der 1566 in den beiden heili- gen Städten war und dessen Reise Bergeron in Paris 1649 herausgab; ihm folgte Joh. Wild, der 1604 als österreichischer Soldat in Ungarn von den Türken ge- fangen wurde und seinen Dienstherrn auf der Pilgerfahrt begleiten mufste (vgl. seine Reise, Nürnberg 1623, 4.); der vierte ist der Engländer Joseph Pitts von Exeter 1680, welcher das heilige Gebiet Arabiens als 18jähriger Jüngling sah (die vierte Ausgabe seiner Reise erschien London 1708); der fünfte ist der aben- teuerliche Giovanni Finati aus Ferrara. Er war zum Geistlichen bestimmt, ent- lief aber dem Ceremoniell seiner Kirche und wurde in den Bann gethan. Nach wunderlichen Schicksalen finden wir ihn 1809 in Aegypten, wo er sich roman- tisch verheirathet und 1811 bei dem Zuge der Wahabi’s gegen Mekkah und Me- dinah Gelegenheit findet, die heiligen Städte zu sehen; über ihn sind die zweifel- haften Arbeiten von Ali Bey und Bankes zu vergleichen. Die drei oder vier übrigen sind Seetzen (?), Burckhardt, Wallin (der als Wali eddin reiste) und un- ser Burton. Auf die Berichte dieser Männer wird mit Hinzuziehung der eigenen der Araber unsere Kenntnifs von Mekkah und Medinah sich stützen müssen. Den Mittelpunkt der Beschreibung Mekkahs bildet die Moschee, und hier mu[s es uns befremden, dafs Burton den Plan derselben von Ali Bey herüber genommen hat. Dieser beruht nämlich nach meiner Meinung nicht auf Autopsie, sondern ist nach einem einheimischen und zwar, wie ich aus einigen graphischen Andeutungen glaube schliefen zu können, maghrebinisch überarbeiteten zurecht gemacht. Ich kenne im Ganzen nur vier solche Pläne dieser Moschee, die wir eigenen muham- medanischen Kunstversuchen verdanken: ein Plan.in einer Handschrift der Bod- leiana zu Oxford, welcher in Gagnier’s und Sale’s Werke über Muhammed und _ den Korän übergegangen ist; einen zweiten bei Reland nach einer Handschrift, _ welche der Baseler Mich. Enemann aus Aegypten mitgebracht hatte; einen drit- ten zu Dresden (über welchen Merkwürdigkeiten der Kgl. Bibl. zu Dresden II, S. 457 zu vergleichen), und einen vierten in einer Handschrift der hiesigen Kgl. Bibliothek. Der letzte ist der vorzüglichste von allen. Er befindet sich in einem sehr zierlich geschriebenen poetischen historischen Werke in persischer Sprache: „futüh el haramain“, dessen Verfasser ich nicht kenne, das aber jedenfalls vor 1500 zu setzen ist. Aus ihm lassen sich die Inconvenienzen der übrigen Pläne _ leieht berichtigen. Die meisten übrigen Darstellungen aber sind reine Fictionen. Burton berichtet eingehend über die Geschichte der Moschee, deren erster Bau um die Zeit von Christi Geburt fällt. Bei der weiteren Erzählung ist be- sonders die Specialgeschichte von Kotbeddin zu Grunde gelegt, so dafs diese Dar- stellung als normal gelten kann, bis uns einmal das schon in Angriff genommene gröfsere Sammelwerk der mekkanischen Historiker von Wüstenfeld vorliegen wird. Alle Gebräuche der heiligen Umgänge sind von Burton als Augenzeugen mit le- bendigster Ausführlichkeit geschildert und das äufsere Leben des Islam dadurch in ein helles Licht gesetzt. Zu bemerken ist noch die gangbare Prophezeihung, dafs die Kaabah von einer afrikanischen Schaar fallen werde. 206 Sitzungsbericht der Berliner geographischen Gesellschaft. Ich werde in einem der nächsten Hefte dieser Zeitschrift bei der Besprechung der Burton’schen Reise nach Harar noch einmal Gelegenheit finden, auf den für die Geschichte des Islam wichtigen Theil dieses vorzüglichen arabischen Reise- werks im Zusammenhang zurückzukommen; im Uebrigen haben wir jedenfalls von dem Muth und dem Wissen des ausgezeichneten englischen Offiziers noch das Bedeutendste zu erwarten. Richard Gosche. Sitzung der geographischen Gesellschaft zu Berlin vom 9. August 1856. Der Vorsitzende, Herr Prof. Dove, überreichte der Gesellschaft folgende im Laufe des Monats eingegangene Geschenke: 1) Annales de l’observatoire physique central de Russie, publiees par A. T. Kupffer. St. Petersbourg 1853. 3 vols. 4. 2) Bulletin de la Societe de Geographie, redige par M. Alfred Maury et M. V. A. Maltebrun. IV‘ Serie. T. XT. Mai et Juin. Paris 1856. 3) Zeitschrift für allgemeine Erdkunde, herausgegeben von Dr. T. E. Gumprecht. Bd. VI. Heft 6. Berlin 1856. 4) Mittheilungen über wichtige neue Erforschungen auf dem Ge- sammtgebiete der Geographie von Dr. A. Petermann. VI. Gotha 1856. 5) The Journal of the Royal Geographical Society of London. Vol. 25. London 1856. 6) Proceedings of the Royal Goographical Society. April and Mai. 1856. 7) Notiz- blatt des Vereins für Erdkunde und verwandte Wissenschaften zu Darmstadt. 2. Jahrg. Nr. 21 — 40. Darmstadt 1856. 8) Magnetische und meteorologische Beobachtungen zu Prag. Auf öffentliche Kosten herausgegeben von Dr. J. G. Böhm und Fr. Karlinski. Vierzehnter Jahrgang. 1853. Prag 1856. 9) Verglei- chende chemische Untersuchungen der Wasser des Caspischen Meeres, Urmia- und Van-Sees, von H. Abich.* St. Petersburg 1856. 10) Ueber eine neue For- mel zum Höhenmessen mit dem Barometer, vom Generalmajor Baeyer. 11) Za rotation souterraine de la masse ignee, ses causes et ses consequences. Par Karl ‚Schröder. Paris 1856. 12) Brockhaus’ Reise- Atlas. Entworfen und gezeichnet von Henry Lange. Leipzig 1856. 13) El Araucano, Nummer vom 3. Mai 1856, enthaltend: Informe de Francisco Fonck y Fernando Hers sobre la espedicion «a Naguelhuapi. (8. Miscellen). 14) Beilage zu Nr. 144 der Augsb. Allgem. Zei- tung vom 23. Mai 1856, enthaltend eine Recension der Schrift von Schmidt über den Mond, von Wolfers. 15) Kupferne Medaille für Wilhelm Haidinger, k. Kk. Seetionsrath und Director der k. k. geologischen Reichsanstalt, demselben in Golde, 50 Ducaten an Gewicht, von seinen Freunden am 29. April 1856 über- reicht (Geschenk der k. k. geologischen Reichsanstalt). Herr Prof. Dove machte Mittheilungen aus der unter Nummer 9 erwähnten Schrift Abich’s über den Salzgehalt des Caspischen Meeres, des Urmia- und Van- Sees. Sie sind in diesem Hefte unter „Neuere Literatur“ veröffentlicht. Herr Prof. Wolfers sprach über die Schriften J. F. Jul. Schmidts: „Der Mond. Ein Ueberblick über den gegenwärtigen Umfang und Standpunkt unserer Kenntnisse von der Oberflächengestaltung und Physik dieses Weltkörpers. Nebst 2 farbigen Steindrucktafeln und mehreren in den Text gedruckten Holzschnitten. Leipzig, bei Barthı, 1856,“ — und „Beobachtung der totalen Sonnenfinsternils Sitzungsbericht der Berliner geographischen Gesellschaft. 207 _ vom 28. Juli 1851 zu Rastenburg in Ostpreufsen. Bonn 1852.“ Die Oberfläche _ des Mondes wurde zuerst von Lohrmann in Dresden abgebildet; Bär und Mädler setzten in der Mappa selenographica das Werk fort. Die erwähnte Schrift ent- hält zwei lithographirte Darstellungen von einzelnen 'Theilen der Mondoberfläche, _ und Ansichten von Durchschnitten einzelner Krater auf der Erde (Vesuv, Pik von Teneriffa, Krater in der Eifel) und einiger Ringgebirge auf dem Monde. Aus einer beigefügten tabellarischen Uebersicht der Durchmesser und der Tiefe der grölsesten Krater auf der Erde und der Mond -Ringgebirge theilte der Vortragende einige Angaben mit, und sprach dann über die röthlichen Hervorragungen am Mondrande, die bei totalen Sonnenfinsternissen schon im Jahre 1733, dann ge- nauer 1851 beobachtet wurden. — Der Vorsitzende, Herr Prof. Dove, bemerkte, bei einer Vergleichung der Höhe von Gebirgen auf der Erde und von Mondge- birgen müsse man wohl im Auge behalten, dafs unsere Berghöhen nach der Er- hebung über den Meeresspiegel, nicht nach der Erhebung über den tief- sten Punkt des Meeres angegeben würden. Demnächst sprach Herr Dr. Gosche über Burton’s Reisen. So weit der Vortrag Arabien betrifft, ist er in diesem Hefte unter „Neuere Literatur“ mitge- theilt; der Abschnitt über das Somali-Land wird weiter ausgeführt in einem der nächsten Hefte veröffentlicht werden. Herr Prof. Walter referirte den Inhalt einer gegen die Neger-Emaneipation gerichteten Streitschrift Duttenhofer’s aus Nördlingen, der längere Zeit in Suri- nam gelebt hat. Duttenhofer hat die seltsame Ueberzeugung, es sei vom physio- logischen und anatomischen Standpunkt erwiesen, dafs die Neger eine besondere Menschenspecies wären; amerikanische Schriftsteller wären auch in Bezug auf die geistigen Fähigkeiten zu demselben Resultat gelangt; den Negern gehe z. B. die Gabe, zu zeichnen, ab. Diese Thatsache wolle D. auch vom sittlichen Stand- punkte beweisen, indem er behaupte, die Neger würden sich nie auf die sittliche Stufe der Weilsen erheben können; in ihrer Heimat fehlten ihnen Ideen und Ge- schichte; in Amerika seien sie nach der Emancipation Herumtreiber geworden. Eine wirkliche Emaneipation derselben sei also eine Unmöglichkeit; sie scheitere an der angeborenen Inferiorität dieser Race; und den Sklavenhandel könne man durchaus nicht als ein Unglück betrachten, da er die Neger in eine Stellung bringe, in welcher sie desjenigen Grades von Cultur, dessen sie überhaupt fähig wären, theilhaftig würden, während sie in Afrika in fortwährender Wildheit verblieben. Es sei auch ein Irrthum, die Emancipation der Neger von Seiten Englands als einen philanthropischen Act zu betrachten; er habe vielmehr ganz selbstsüchtige Motive gehabt; England habe sich nämlich davon überzeugt, dafs der Schwer- punkt seiner Colonialmacht nicht mehr nach Amerika, sondern nach Indien falle, und sich deshalb entschlossen, unter dem Vorwande der Menschenfreundlichkeit seine eigenen amerikanischen Colonien zu Grunde zu richten, um auch den viel _ wichtigeren von anderen Völkern in Amerika colonisirten Ländern eine tödtliche Ä Wunde beizubringen. Der Erfolg habe dieser boshaften Berechnung auch ent- ‚sprochen: die Colonien wären wirklich ruinirt; Demerara habe z. B. vor der ' Emancipation 104 Millionen Pfund Zucker, 9 Mill. Pfund Kaffee, 13 Mill. Pfund _ Baumwolle produeirt, jetzt produeire es nur 60 Mill. Pfd. Zucker, 91,000 Pfd. Kaffee und gar keine Baumwolle. Ueberall habe sich gezeigt, dafs die Neger nur im Zustande der Hörigkeit zu einer gewissen Thätigkeit angehalten werden 208 Nachrichten. könnten. Auch sei der Sklavenhandel in Wahrheit nicht verhindert; in New- York würden noch jährlich 13 Sklavenschiffe ausgerüstet; der Unterschied liege nur darin, dafs der Handel jetzt mit gröfserer Grausamkeit verknüpft sei; und dieser Umstand lehre, dafs man ihn überhaupt nicht unterdrücken könne und solle. Ein helles Streiflicht auf die sittliche Unfähigkeit der Neger werfe der Umstand, dafs das Christenthum, obgleich es in einigen Theilen Afrika’s schon seit dem 4. Jahrhundert bekannt sei, dort ungeachtet der gröfsesten Thätigkeit und Selbst- verleugnung der Missionäre keine Ausdehnung habe gewinnen können; der Islam sei hier viel glücklicher gewesen. Der Vortragende spricht die Ansicht aus, dafs eine unbefangene Discussion dieser Fragen in England und Nordamerika, wo starke materielle Interessen in’s Spiel kümen, kaum stattfinden könne, und dafs deshalb Deutschland vorzüglich berufen scheine, sie nach allen Richtungen zu er- örtern. Zu diesem Behuf empfiehlt er die Gründung einer ethnologischen Ge- sellschaft. — (Vgl. o. Miscellen.) Herr Geh. Reg.-R. Dieteriei sprach, unter Anknüpfung an zwei Karten des verstorbenen Dr. Stolle, über die Zuckerproduction, die ungeachtet der Skla- venemaneipation in dem Zeitraum von 1828 bis 1851 sich von 8 Mill. Centnern auf 25 Mill. Centner vermehrt habe; im Jahre 1852 seien 29,450,000 Centner produeirt worden, mit Einschlufs von 33 Mill. Centn. Rübenzucker. Eine gleiche Zunahme zeige die Consumtion; Nordamerika verbrauche gegenwärtig 6 Mill, Europa wohl 15 Mill. Centner. Hierin liege ein deutlicher Beweis des rasch fortschreitenden Wohlstandes. Zum Schlufs machte Herr Prof. Koch eine Mittheilung über Dr. Barth’s grofses Reisewerk, dessen Karten und Abbildungen er in Gotha kennen zu ler- nen Gelegenheit hatte; er giebt hinsichtlich dieser Illustrationen der deutschen Ausgabe vor der englischen den Vorzug. Auch eine neue Karte des Thüringer Waldes von Petermann, welche die Abstufung des Terrains sehr deutlich dar- stelle, erwähnte der Redner mit vorzüglichem Lobe. Nachrichten. Ein Schreiben Dr. Barth’s aus London vom 12. August 1856, welches Se. Excell. Herr A. v. Humboldt die Gewogenheit hatte uns mitzutheilen, bringt die erfreuliche Bestätigung der schon in mehreren Blättern veröffentlichten Nachricht von der glücklichen Ankunft Livingston’s in Tete. Vor Jahresfrist ebenfalls unter dem 12. August hatte der kühne Reisende aus Naliek, im Lande der Bo- rotse, unter 14° 30’ S. Br. und 24° O.L., Nachricht von sich gegeben und sei- nen Entschlufs kundgethan, den Zambesi abwärts zu schiffen. Aber im December war er noch nicht in Quilimane eingetroffen, von wo das britische Schiff Frolie ihn nach dem Cap bringen sollte. Jetzt erwartet Mistrefs Livingston, die in London lebt, den eifrigen Forscher innerhalb weniger Wochen, so dafs wir hof- fen dürfen, bald Genaueres über seine Reisen zu erfahren. Von Dr. Vogel sind nähere Nachrichten über seine letzte interessante Reise noch nicht eingetroffen ; wahrscheinlich liegt die Schuld der Verzögerung an der Cholera, die in Murzuk geherrscht und die von Bornu erwarteten Karavanen zurückgehalten hat. a itachri für allgem-Erdkunde. Neue Folge Bi-L „Ferro 107 WEL Bere? erst, NY IK Pl u | ne" ee] Krallen el Fruyi BAR N EuN | | 1rsne N Yaakıter KARTE DES STATES CALIFORNIA W.M.EDDY od and deelarei to be the ofMieial Map of’ the hyan ast ofthe logislature, passcıl March 25% 1853) mit Berichtigung der Küste und einzelner fässe nach den in den Jahren 1855 —4 ausgeführten Küstenaufnahmen der V. St. Marine und Reeognoseirungen projeetirter Eisenbahnlinien = Gunnison.Beclowith Williamaon u.a durch die eur Oflicie sichnet von ! H. KIEPERT Berlin, 1856. Mafstäbe in 3.000,00 Deutsche Gewgrapli. Meilen, 15 -1 Grad Englische Meilenüglumt Gral iR Kümandg = Dee SRönn j Page Sondaiheo Fa a = \ EINTHEILUNG IN COUNTIES hei der Authahıne Califursaas als Staat in die U 17 Selane, N Sundouguim 154 8 SanDieyo 12 Tunlumne 1)ölo 20 Napa Neu argamisitte Counties 30 Sierra Aevnda 30 Humboldt 30 Stamslaun MÜNDUNGEN SACRAÄMENTO und Hay von S. FRANCISCO nach den Aufienlumer UM Mount, Monte [legs ou hen Fuss 1950) benta; 25 Busen 20 Shasta ar Taniny 24 Yıhn a8 Mar 35 Tulare rt inne Then to Ku E I ——e a ü ur 110 no Ei umag ur Ze B.I 7 Targsuy un Man Pag among wu yonap tdenypangeyraag SSHA-SIANY D U} K ee MAR “ ch ve a j 1 (w PROSPECTUS EINER NEUEN Een NERCTORS. PROIEOION. 4 4 Be x er KIEPERT. = 8 Diäten Preis N un y BERLIN, VERLAG VON DIETRICH REINER. i Se { 7 Werthe ünd ‚der in Stich und Colorit oft recht Be ee rsichtlichen Erdkarte in der sogenannten Mer eator’ RN Pro- en welche allein, und weit besser als die el ler E tele. oft. "nach ‚sehr elek Material ungeündlich eömpilirt und: in der Nomenclatur ungenau, fast durchaus aber mit gänzlicher Ver- 4 ‚nachlässigung . ‚aller Terrainzeichnung. Dieser im Verhältnils zu ihrem diejenigen Personen i in ed a welche, wie Forscher und RER: Lebrer im Fache der. Geographie und Staatsökonomie, Rheder, Kauf- ı Zeitungsrepactenre, und. ‚viele ns das BeamulE der em: Bi 47 ’ n) nh . Diesen’ allen wird hoffentlich. das Erscheinen einer ganz nen, und r durchaus nach dem zuverlässigsten. wissenschaftlich geprüften Material ° 32 bearbeiteten Erdkarte unter dem Aben angegebenen 7 Titel, in se een des Auteis: Dr. Haiszich Birch eine genügende Bürgue bieten dürfte. B Der Stich derselben jet. von der geschiekten Hand des Lithographen. . C: Ohmann mit grolser Sorgfalt, scharf, deutlich und elegant: ausge- 3 führt; das Colorit zeigt statt der, dureh die ‚grolsartigen Formen. der e es . Continente und Oceane; ‘besonders mit Hülfe, des Meerescolorits, Fe » ‘sich hinreichend. auszeichnenden einzelnen Erdtheile, zweckmäls iger z die» Vertheilung‘ der Erdoberfläche nach‘ .dem dermaligen politisch Be . Besitzstand mit möglichster Vereinfachung der weniger wichtig tengruppen. ’ Durch besonders, eingedruckte blaue Linien | Richtungen der grölseren und wiehtigeren ünter.den bis jetzt beobae Meeresströmungen nach der; die Resultate der ‚gründlichste suchungen enthaltenden Karte von Findlay (London 1853), tet; die von denselben und den vorherrschenden Windrichtunge gigen ee in manchen Theilen ‚des Oceans auch : = mälsige ereekhug der relativ Seiskräieign Tesndschafler Br; .. namen, eine leichte Ve ei der‘ sn: Verth October erscheinen "wird, an alle ee Rasa an. | =D der 8 Blätter ist: ‚schwarz 3 Thlr, 20 Ser., colorirg, Tal Berlin, im September 1890. 5 D A Be N u BEFLEL BE Benkknber 1 1850. 377 ri > _ ZEITSCHRIFT “FÜR. Brren: MT UNTERSTÜTZUNG Re | par GESELLSCHAFT FÜR. ERDRUNDE 2 zu BERLIN ) | = m. = Re #5; _voX j PR “= EL Dr. R. NEUMANN. ER NEUR FOLGE, 0 Tuhaltı ns BR. 21 VII. : Die jütsche Haide, Von Prof, G. Forchhammer. - 1Y NA di 209 IX. Ueber Huc. und Gabet’s Reisen in Ost-Asien.: Von Dir. Prof. ER AS Dr: Meifickaie nn er SI 5 X; Aus einem Briefe ‚Adolph Schlginwais an Keen: y. Hum-'\ 0% N Le) RER Ei BE SR XI.. Neue Aufnahmen der Tngländer i in ER Von Dr; H. Bier Erb IR (Bierzu eine Karte, Er BO BR ET Bern 239 ® XI. Geschichtliche und geographische Notizen über Californien. Von ” 3 7 SEND. KR AnMaG me AR NIE DR TE A 3 Miscellen. VE a Baumwollen - Production. der Vereinigten Staaten von Nord-Amerika. .. 254 % 1er ’ Dampfschifffahrtsverkehr auf dem Mississippi und seinen Nebenflüssen. 255 a ‘Die Humboldt-Bai m Californien. SEE RE RN RA 256 a x _ Ueber die Indianer der Provinz Chocö in Non- Granada, ERENN ae Der Thesen - Bean ea NER. > Eine amerikanische Expedition zur Erforschung von Afrika, RR, ee 253: % 2; . Bericht eines Chinesen. über die Liu-Kiu-Insen. . . . 2 2... .....262 Unterseeischer Vulean bei Formosa. . 2... 2... ee A Der Kohlendistriet in. Tsche-kiang. . ... 0 zur sn u 20 05 ‚Neuere Literatur. En SE ASE -W..Roscher, Kolonien, 'Kolonial-Politik und Auswanderung. Waren 272. h „BR. Quehl. Aus Dänemark. Bornholm ımd die Bornholmer . . . 27a TR Die ‘Werke von Hawks, Spalding und W, Au ‚über die amerika- DR re nische Expedition nach Japan. =. 2... 2 ©. AAIRE G. Brumund, Indiana.. Verzameling van Stukken over ana Volken ee. 5 - van den Indischen Archipel. . =. 71:73 5 Tijdschrift voor Indische Taal-, Land- en Poland I: u. 1858. 1854.. ‚282 ' Natuurkundig Tijdschrift voor Nederlandsch Indie...» .... ».. 285 Sitzung der BEDETBPDI EN Gesellschaft vom 6. SICHROUDER: EEE 20. “ Karte. RS = N Taf. V. Die Ruinenfelder. von.Assyrien Hack dan im Frühjahr, 1852 im Auf- "träge der Indischen Regierung vom Comm. F. Jones und Dr. med. Hyslop ausgeführten trigonomefrischen Aufnahmen , redueirt ud. gexeichnet, von H. BERNEE 9 ” _ Noir dieser Zeitschrift &lscheiht: jeden Monat ein Heft von 5- 6 Big Ei mit Karten und Abbildungen. Der Preis eines Bandes: von 6 Heften, Zwecke, nicht eg abgogeben Ban, ist 2 Thlr. 20 Sgr. B 2. Me vmI. Die jütsche Haide. Von Professor G. Forchhammer. (Aus dem Dänischen.) ') Ein grofser Theil der eimbrischen Halbinsel und des zunächst an- grenzenden Theils von Norddeutschland charakterisirt sich durch eine ganz eigenthümliche Natur. Wir bezeichnen diese als Haide und neh- men insgemein an, dafs das Haidekraut sowie einige andere ähnliche Gewächse diesen Gegenden ihr Gepräge verleihen. Da man indefs dem Haidekraut überall in Schweden sowie im Harz begegnet, ohne dals irgend Grund vorhanden wäre, die betreffenden Gegenden als Haiden zu bezeichnen, so dürfte das für die letzteren eigentlich Charakteristi- sche im Fehlen der Baumvegetation zugleich mit dem Auftreten des geselligen Haidekrauts zu suchen sein. Wenn wir uns von dem fruchtbaren östlichen Lehmgürtel mit sei- nen Hügeln und Thälern, seinen reichen Kornfeldern und kräftigen _ Buchenwaldungen gegen Westen wenden, so erreichen wir bald die Haide. Dieser östliche Haidestrich ist eben so hügelig, als der noch östlichere fruchtbare Lehmgürtel, doch besteht der Boden bis zu einer _ unergründlichen Tiefe aus Sand. Wohl finden sich hier noch Buchen- waldungen, doch ohne schlanke Stämme und ohne eigentlich gutes Ge- 2) Diese Abhandlung ist der in Copenhagen erscheinenden „Dansk Maaneds- skrift‘‘, redigirt und herausgegeben von Dr. M. G. G. Steenstrup, dem Bruder des bekannten Professors Jap. Steenstrup, entnommen. „Dansk Maanedsskrift‘“ ist die Nachfolgerin der früher von dem verstorbenen Prof. Schouw herausgegebenen „Dansk Tidsskrift‘“ und hat die Tendenz der letzteren beibehalten, nämlich ein vermitteln- des Organ zwischen der Wissenschaft und dem gebildeten Publikum zu sein. Diese populäre Richtung der D. M. erklärt es, dafs einzelne Punkte in der Abhandlung ausführlicher besprochen werden, als unsere Leser es wünschen mögen. Aber die Beseitigung dieser Erläuterungen würde den Flufs der Darstellung auf unvortheilhafte Weise unterbrochen und unseren Lesern interessante Einzelnheiten über die Naturver- _ hältnisse der cimbrischen Halbinsel, sowie die speciellen Ansichten des Herrn Ver- fassers über dieselben vorenthalten haben, so dafs wir es vorziehen, den Artikel, bis R. auf eine, unten bezeichnete Stelle, unverkürzt wieder zu geben. Der Uebers. Zeitschr. f. allg. Erdk. Neue Folge. Bd. I. Ve 14 20 G. Forchhammer: deihen — eine Folge der Armuth des Bodens an Thon und noch mehr an Kalk. Der Weizen ist verschwunden, an seine Stelle ist Roggen getreten, die Kornart, welche hier am besten fortkommt. Das Haide- kraut wird hier hoch; es erreicht in dem tiefen Sandboden, der seiner nährenden Bestandtheile doch nicht ganz beraubt ist, den höchsten Grad seiner Entwickelung, indem es zu Büschen von 2 bis 3 Fufs Höhe emporschiefst. Die Farbe des Sandes, aus dem der Boden besteht, ist bald mehr gelblich in Folge beigemengten Eisens, — bald mehr grau von beigemengten pflanzlichen Stoffen. Die Tiefe, bis zu welcher sich der Sand ohne Unterbrechung erstreckt, ist sehr bedeutend, stellenweise 100 Fuls, ohne dafs zwischenliegende Thon- oder Mergelschiehten vor- handen wären. Das Wasser sinkt daher auch, von keiner schwer durch- dringbaren Schicht aufgehalten, tief in diesen porösen Boden ein. Dieser Haidestrich erstreckt sich von den Gegenden um den Liim- fjord herum in gröfserer oder geringerer Breite durch die ganze Halb- insel hinab, auch ein nicht unbedeutender Theil des Herzogthums Lauen- burg trägt denselben Charakter '). Ursprünglich war dieser Haidestrich von Waldungen bedeckt, die in jener längst verschwundenen Periode hauptsächlich aus Föhren bestanden. Später scheint besonders die Eiche in diesen Gegenden heimisch gewesen zu sein, und noch finden sich hie und da kleine Ueberbleibsel der vormaligen weit ausgedehnten Eichenwaldungen. Doch wurde der gröfste Theil dieses Landstriches schon in sehr früher Zeit zu Ackerland verwendet, wozu theils der Werth der hier wachsenden Bäume, theils die Leichtigkeit der Bear- beitung des sandigen Bodens, selbst mit weniger vollkommenen Acker- geräthschaften, Anlals gegeben haben mögen. Mit Rücksicht auf die Gegenwart ist es indefs zu beklagen, dafs die Verhältnisse so waren, wie wir sie so eben angedeutet; einerseits enthält nämlich die sandige Erde an sich wenig Pflanzennahrung, und der Dünger, den der Land- mann auf den Acker bringt, übt nur einen sehr vorübergehenden Ein- fluls, da der Boden leicht durchdringlich und arm an Bestandtheilen ist, welche die pflanzennährenden Stoffe binden könnten; andererseits befinden sich die Schichten, welche zu einer natürlichen Verbesserung des Bodens dienen könnten, in einer praktisch nicht erreichbaren Tiefe. Es sind deshalb hier wenig Aussichten für eine gründliche und nach- haltige Verbesserung des Bodens vorhanden, und wir dürfen kaum er- warten, dafs dieser Gürtel in der Steigerung der Production mit den übrigen Gegenden des Landes Schritt halten wird. !) Um bestimmte Stellen zu bezeichnen, an denen die Haide in der angegebe- nen Form auftritt, will ich hier einen Theil der Umgegend von Viborg, Rye mit dem Himmelberge und die westlichen Umgebungen des Plöner-See’s anführen. Die jütsche Haide. 211 Ein ganz anderes Verhältnifs würde sich herausstellen, wenn man den wenig einträglichen Ackerbau aufgeben und wieder zum Holzbau zurückkehren wollte. Der tiefe Sandboden mit der geringen Menge durch seine ganze Masse vertheilter nahrhafter Substanzen, mit seiner grofsen Durehdringbarkeit für das Wasser würde sich nämlich eben für Baumpflanzungen ganz besonders eignen. Die Wurzeln würden ohne Schwierigkeit, namentlich ohne von festeren Schichten aufgehalten zu werden, diesen Boden in grofser Ausdehnung durchdringen können, und so, trotz der Magerkeit des Erdreichs, hinreichende Nahrung fin- den. Auch ist das leichte Hinabsinken des Wassers von der Ober- fläche in die tieferen Schichten dem Wachsthum von Bäumen durch- aus nicht so nachtheilig, als dem einjähriger Pflanzen, da die Baum- wurzeln dem Wasser abwärts folgen. Endlich kommt noch hinzu, dafs diese hügelige Haide mit ihren tiefen Thälern an manchen Stellen dem jungen Baumwuchs einen Schutz gewähren würde, den die west- licheren Gegenden nicht zu bieten vermögen. Was überhaupt im Lande noch an bedeutenden Waldungen übrig ist, befindet sich dann auch auf diesem Boden; ich beziehe mich hier- bei besonders auf die Gegend um Silkeborg, als grofsentheils zu die- sem Erdstriche gehörig, doch stehen auch die Waldungen im Norden Seelands auf einem durchaus ähnlichen Boden — wiewohl unter übri- gens abweichenden geographischen Bedingungen. Die Verhältnisse haben sich in letzterer Zeit hier zu Lande so ge- fügt, dafs wir in der Cultur einer eigenthümlichen Bodenart uns wie- der dem Ursprünglichen zuwenden, weil eben die älteste Betriebsart sich hier als die vortheilhafteste erwiesen hat. Ich denke hierbei an _ die Marschgegenden. Diese wurden während einer ziemlich langen Pe- riode beackert, und eigentlich sogar stärker getrieben, als es der an sich reiche Boden vertragen konnte, während man sie jetzt zu immer- währenden Triften verwendet. Freilich ist diese Umwälzung in der Cultur des Marschlandes durch veränderte Handelsverhältnisse herbei- geführt, doch ist die Rückkehr zu einem mehr naturgemäfsen Zustande, welcher von Dauer zu sein verspricht, immerhin erfreulich. Ich bin nun der Meinung, dafs eine zukünftige Zeit auch den erwähnten tiefen Sandgürtel seiner ursprünglichen Bestimmung, vorzugsweise Dänemarks Waldungen zu tragen, zurückgeben wird. Es finden sich auf diesem Gürtel noch grofse Landstrecken, welche nicht urbar gemacht sind; _ hier besteht der Einflufs der Cultur einzig darin, dafs man die Bäume ausgerottet und so ganz natürlich dem Wachsthum des Haidekrauts ‚den Weg gebahnt hat. Diese noch unbebauten Gegenden scheinen vorzugsweise in Waldungen umgewandelt werden zu können. Um dies ‚zu ermöglichen, ist es, wie bekannt, nothwendig, den Anwuchs gegen 14° 212 G. Forchhammer: Thiere zu schützen. Lebten wir noch im Urzustande, so würde frei- lich jede Schutzmafsregel überflüssig sein; die Wölfe würden den An- wuchs schützen, indem sie das pflanzenfressende Wild verhinderten, sich in solchem Grade zu vermehren, dafs den jungen Bäumen wesent- licher Nachtheil erwüchse. Jetzt aber haben wir zuerst die Wölfe, dann das überhand nehmende Wild getödtet, später endlich die Menge des zahmen Viehes in dem Mafse vermehrt, dafs jede junge Pflanze, um gedeihen zu können, unserer Fürsorge bedürftig ist. Mit der fast allgemeinen Kalkarmuth dieses Bodens würde die Ausschliefsung kalk- liebender Bäume sowie der Buche gegeben sein, während die Eiche und die Nadelhölzer durchweg hinreichende Nahrung finden würden. Verlassen wir jetzt diesen hügeligen Gürtel mit seinem tiefen Sande und schreiten gegen Westen weiter, so gelangen wir unmerklich in einen neuen Gürtel hinüber, der gleichfalls hügelig ist, doch nicht in so scharf ausgeprägten Formen, als der vorige. Der wesentliche Unterschied zwischen diesen beiden Haidestrichen liegt theils darin, dafs der zuletzt erwähnte keine so tiefen Sandschichten darbietet, als der vorige, theils darin, dafs die der Fruchtbarkeit förderlichen Thon- und Mergelschichten sich der Oberfläche insgemein hinreichend nähern, um zum Zwecke des Ackerbaues aufgesucht und benutzt werden zu können. Diese Andeutungen zeigen hinlänglich, dafs beide genannte Haidestriche ohne scharfe Grenzen in einander übergehen. Der west- liche Gürtel ist in Jütland von verhältnifsmälsig grofser Breite, ver- schmälert sich dagegen mehr südlich in den Herzogthümern Schleswig und Holstein, und scheint hier an vielen Stellen ganz zu fehlen. Er bildet ein mit Haidekraut und anderen Haidepflanzen bedecktes Ter- rain und trägt hie und da noch geringe Ueberbleibsel der älteren Wal- dungen; auch ist das nicht selten vorkommende Eichengestrüppe eine Andeutung seines früheren Zustandes. Denn auch dieser Gürtel ist früher bewaldet gewesen; er wurde aber seiner Waldbekleidung durch ein noch rücksichtsloseres Verfahren beraubt, als das, wodurch der erste Haidegürtel seine Wälder einbüfste. Der Boden ist hier nämlich nur an wenig Stellen in die Hände der Ackerbauer übergegangen, man kann sagen, dafs er im Ganzen von Menschenhänden unberührt geblie- ben ist; dagegen hat er nach dem Verschwinden der Waldungen sich mit Haidegewächsen bedeckt, die hier im Ganzen besonders gut ge- deihen. Eine grofse Verschiedenheit zeigt sich indessen in dem Umstande, dafs der Mergel nicht zu tief unter der Oberfläche liegt, dafs der fleis- sige Landmann sich also dies für den Anbau des sonst armen Bodens wichtige Hilfsmittel zu verschaffen im Stande ist. Der Mergel selbst ist hier im Allgemeinen doppelter Art; er ist nämlich entweder reich Die jütsche Haide. 213 an kleinen, besonders Kiesel-Steinen und hat dann eine graue oder gelbe Farbe, oder er ist ohne Steine, oft schieferig und von gelber, grauer oder brauner Farbe. Die erste Art gehört zu der grolsen, von mir „Geschiebethon“ benannten Bildung und hat gewöhnlich sehr mäch- tige und wasserreiche Gries- oder Sandschichten unter sich; die zweite gehört, wenigstens an vielen Stellen, der Braunkohlenformation an und ruht auf einer unbekannten Unterlage. Während ich mich rücksichtlich des ersten Gürtels dahin aussprach, dals er vorzugsweise Waldboden sei, und dafs der Ackerbau wegen Mangels an fruchtbaren Erdschichten, die Wasser und pflanzennährende Stoffe zurückzuhalten vermöchten, im Ganzen kaum lohnen würde, so kommen für diesen Gürtel ganz andere Momente zur Geltung. Der Mergel liegt bisweilen der Oberfläche sehr nahe, bisweilen etwas tiefer, und wiewohl die Mittel, welche die Kunst, sowie die Preise, welche der Handel dem Ackerbauer bieten, für die Tiefe malsgebend sein müssen, aus welcher der Landmann den fruchtbaren Mergel mit Vor- theil an die Oberfläche hervorbringen kann, so wird man doch unter den jetzigen Verhältnissen an den meisten Stellen dies für den Anbau des Bodens wesentliche Hilfsmittel in Gebrauch ziehen und so die jetzt dürre Haide zu einem fruchtbaren und verhältnifsmäfsig reichen Land- strich umschaffen können. In der That ist es auch dies Terrain, auf dem die Cultur während der letzten 20 Jahre ihre gröfsten Eroberun- gen gemacht hat, wo man jetzt reiche Weizen- und Rapsfelder findet — während dort früher kein dem Menschen unmittelbar dienliches Nahrungsmittel wuchs, wo man jetzt grofse Meiereien mit üppigen Kornfeldern sieht — während man früher nur einzelnes, dürftig ge- nährtes Vieh auf der schwarzen Haide erblickte. Diese Haide wird fast überall angebaut und im Ganzen mit Vor- theil zum Ackerbau benutzt werden können, weil der Mergel im Unter- grunde eine so überaus bedeutende Rolle spielt. Ich will schon hier anführen, dafs meiner Annahme nach im Allgemeinen für jetzt nur diejenigen Haiden Jütlands, welche eine Unterlage von Mergel oder wenigstens von Thon haben, die Umschaffung zu Ackerland lohnen werden. Viele sind freilich der Meinung, dafs die Veredlung, welche dem Sandboden durch Mergel und Thon zu Theil wird, in jetziger Zeit, wo die Wissenschaft in alle praktischen Unternehmungen so kräftig eingreift, auch durch sogenannte künstliche Düngungsmittel, vom phos- phorsauren Kalk an bis zum gebrannten Gips, erreicht werden kann; doch dürfte diese Ansicht im Ganzen auf einem Irrthum beruhen, und ‚jedenfalls wird ein solcher, nur auf künstliche Düngungsmittel gegrün- _ deter Ackerbau sehr kostspielig und nur an ganz vereinzelten Stellen anwendbar sein. Denn bei dem Anbau eines sandigen Bodens kommt 214 G. Forchhammer: es nicht allein darauf an, dem an sich armen und mageren Erdreich die zur Pflanzennahrung nöthigen Stoffe einzuverleiben, sondern es ist aufserdem von höchster Bedeutung, dem Boden eine solche Beschaffen- heit zu geben, dafs die auflöslichen, pflanzennährenden Düngungsstoffe, die nach geschehener Verwesung der Pflanzen und Ernährung der Thiere zur Erde zurückkehren, nicht leicht nutzlos vom Regen ausgewaschen werden. In dieser Beziehung ist nun aber der Thon von aufserordent- lich hoher Wichtigkeit für die Nahrungsstoffe der Pflanzen, und es ist eine wohlbekannte Erfahrung, von deren Richtigkeit ich mich durch eigene Untersuchungen überzeugt habe, dafs das Abzugswasser reich- lich gedüngter Felder, wenn es nur durch eine 3 bis 4 Fufs mächtige Thonschicht hindurch gedrungen, seiner pflanzennährenden Bestandtheile - in dem Mafse entäufsert worden ist, dals es gutes Trinkwasser von reinem Geschmack abgiebt, während das von der Oberfläche eines sol- chen Feldes ablaufende Wasser widerlich und für Menschen und Vieh zum Genufs unbrauchbar ist. Bei diesem Durchsickern durch Thon, was der Natur dieser Substanz zufolge äufserst langsam geschieht, ziehen die Thon- und Eisentheilchen die pflanzennährenden Bestand- theile an sich und halten sie fest, bis sie den Pflanzen zu Nutzen kom- men können. Eine ähnliche Wirkung übt wohl auch der Sandboden, doch ist sie in dem Mafse geringer, als der Sand weniger Thon bei- gemischt enthält, und es finden sich bei uns so vollkommen thonfreie Sandschichten, dafs sie durchaus keinen im Wasser gelösten pflanzen- nährenden Bestandtheil zurückzuhalten im Stande sind. In wie grofser Menge man also auch immer dem Boden die Pflanzennahrungsstoffe, sei es als Stalldünger, Guano, Fischdünger, oder als künstliche Dün- gungsmittel darbietet, so wird doch nur ein Theil derselben den auf diesem Boden angebauten Pflanzen zu Gute kommen. Eine grofse Menge wird ausgewaschen werden, und: wiewohl sie dann, nach Um- ständen dem Wiesenlande zugeführt, die hier wachsenden Pflanzen er- nähren und auf diese Art dem Erdboden nützlich werden kann, so wird nichtsdestoweniger ein sehr bedeutender Antheil allmählich den Weg in’s Meer finden. Nun trägt freilich unleugbar die Natur Sorge, dafs auch diese Pflanzennahrung nicht völlig verloren gehe, immerhin wird sie aber so dem Boden, für welchen sie bestimmt war, nutz- los sein, und eine Landwirthschaft auf dieser Grundlage wird stets, um einen kräftigen Betrieb zu unterhalten, eines fremden Zuschusses an Dünger bedürfen. Dieser Grund veranlafst mich, es als die wesentliche Bedingung für eine allgemeine und dauernde Urbarmachung der Hai- den zu betrachten, dafs der Anbauer Thon und besonders Mergel zu seiner Verfügung hat. Er wird dadurch ein Capital von ursprünglicher Fruchtbarkeit, dessen der reine Sandboden völlig entbehrt, mit den in Die jütsche Haide. 215 _ Pflanzen in Wechselwirkung bringen, und es möglich machen, dals die _ pflanzennährenden Stoffe, die durch seinen Betrieb in Cireulation ge- _ setzt werden, nicht untergehen, sondern in dem Kreislauf bleiben, auf den jeder dauernde Landbau sich gründet. 5 An diesen zweiten Haidegürtel schlielst sich der dritte, die Haide- ebene. Diese findet man stellenweise sogar nördlich vom Liimfjord;; von da erstreekt sie sich durch die ganze Halbinsel bis zur Elbe und ich habe sie selbst auf der hannöverschen Seite dieses Flusses gesehen. Die Oberfläche dieser Haide ist im Allgemeinen, völlig eben, mit einer sehr schwachen, kaum erkennbaren Neigung gegen Westen, übrigens an manchen Stellen von inselförmigen Erhebungen durchbrochen, wel- che bald die Thon- und Sandschichten der Braunkohlenformation. ent- halten, bald aus 'Geschiebethon und Mergel (dem für den östlicheren Gürtel charakteristischen Erdreich), bald wiederum aus Geschiebesand bestehen; der letzte hat im Ganzen den Charakter, welchen er im östlichen Haidegürtel darbietet. Die Haideebene besteht in ihren ober- sten Schichten meistens aus einem dunkelgrünen Sand, den man häufig mit dem Namen „Maar“ bezeichnet. Unter diesem zeigt sich oft schnee- _ weilser Sand und darunter der braune lose Sandstein, der in Jütland unter dem-Namen „Sandahl* allgemein bekannt ist; unter dem Sand- all endlich ein gelber, theilweise etwas kiesiger Sandboden, der sehr stark von ‚Eisen ‘gefärbt ist. Der Sandahl unterscheidet sich von dein eisenhaltigen Sande, auf dem er ruht,‘ nur dadurch, dals er als Binde- mittel einen braunen, torfähnlichen Stoff, die Humussäure, enthält; diese ist mit dem Eisen zu einer Art von Salz, dem humussauren Eisenoxyd, in Verbindung getreten, durch welches die Sandkörner und kleinen Steine zusammengehalten werden. Der sogenannte „Maar“ unterschei- det sich im Allgemeinen nur darin von dem unterliegenden weilsen Sande, dafs er von Ueberresten von Heidepflanzen durchdrungen ist; verbrannt hinterläfst er weilsen Sand. In der Nähe von Abild bei Tondern, wo ich die Mächtigkeit dieser verschiedenen Schichten unter- suchte, stellte sich das Verhältnifs folgendermalsen: Ban h Dammerde und Maar 1 Fufs 4 Zoll, el nam Grauer Sand... en 2 “ Ahleieiieve 1clo : PERF EEE Er ı BEE Unter dem Ahl liegt hier gleich blauer Mergel. + Dieser Mergel findet sich übrigens gemeiniglich unter dieser Haide, und zwar in einer von 2 bis 10 Fufs wechselnden Tiefe; ich fand ihn an so vielen Stellen, dafs ich geneigt sein möchte, das Vorhandensein desselben als allgemeines Merkmal der Haideebene anzusehen. Der Maar und die weilse Sandschicht über dem Ahl bilden also das Erdreich, in welchem die Pflanzen ihre Nahrung suchen sollen. 216 G. Forchhammer: Von allen Bodenarten, die hier zu Lande vorkommen, ist diese aber die am wenigsten fruchtbare, da sie aus fast gänzlich ausgewaschenem reinem Quarzsande besteht, der kaum irgend einen Nahrungsstoff für Pflanzen zu liefern vermag. Da nun aus den tieferen Bodenschichten des Ahls wegen auch keine Auflösung pflanzennährender Stoffe an die Oberfläche empordringen kann, so haben denn auch selbst die Haide- gewächse auf diesem Boden nur sehr kümmerliches Gedeihen. Dazu kommt noch, dafs das Wasser der Oberfläche, welches den Ahl nur sehr schwer durchdringt, die obere Haideschicht oft sauer macht, weil es sich nicht fortbewegen kann. Die Vegetation hat deshalb auch noch unter diesem Uebelstande, von dem im Boden haftenden Wasser zu leiden. Wiederum verhindert freilich der Ahl an den Stellen, wo der Boden über ihm angebaut ist, bis zu einem gewissen Grade, dafs pflan- zennährende Substanzen, welche in Form verschiedener Düngungsmittel diesem mageren Erdreich zugeführt worden sind, ausgewaschen werden. Bei der Betrachtung dieser grofsen Ebenen mit ihren hier und da vorspringenden Inseln älteren und besseren Bodens werden wir un- willkürlich an’s Meer erinnert. Man glaubt, einen alten Meeresboden vor sich zu haben, dessen Sand lange durch leichten Wellenschlag aus- gewaschen und aller feineren pflanzennährenden beigemischten Erde beraubt worden ist. Freilich möchte man dabei in Zweifel sein, ob die Ahlschicht von dieser Wasserbedeckung herrührt, oder ob der Humus, welcher in seiner Verbindung mit Eisen dem Ahl das Charakteristische verleiht, nicht eher von der Pflanzendecke herrührt, die sich jetzt auf der Haide findet und deren organische Ueberbleibsel, in Wasser ge- löst, durch den weifsen Sand, der sie nicht binden konnte, zu dem . eisenhaltigen Sande hindurchgedrungen sind, wo sie sich mittelst che- mischer Anziehung erhalten haben. Doch habe ich an vielen verschie- denen, weit von einander entfernten Stellen kleine Stücke wirklicher Holzkohle in diesem Ahlsandstein gefunden und neige mich sehr der Ansicht zu, dafs sowohl das Bindemittel des Ahlsandsteins, als diese Holzkohlen von Torfmooren herrühren, welche durch Wasser zerstört worden sind. Betrachtet man nämlich den Torf in den meisten unse- rer Waldmoore etwas genauer, so wird man aufser der eigentlichen braunen Torfsubstanz und den mehr oder weniger veränderten Pflan- zenüberresten, die in Form von Moos, Holz, Laub u. s. w. der Torf- masse beigemischt sind, auch eine Menge kleiner Stücke Holzkohle an- treffen. Diese Holzkohlenstückcehen können nicht von der eigentlichen Pflanzenverwesung herrühren, denn durch diese bildet sich nie eine der Holzkohle ähnliche Substanz, sowie man ja überhaupt die unvollkom- mene Verbrennung (wie sie beim Kohlenbrennen stattfindet), die trok- kene Destillation und ähnliche Operationen als die einzigen Mittel kennt, mn Del ne Ta an LE a a nn U h ” Er Die jütsche Haide. 217 Holz in Kohle zu verwandeln. In den Torfmooren rühren im Gegen- 'theil die Holzkohlen wahrscheinlich grofsentheils von Waldbränden, - vielleicht auch von den Feuerstellen der wilden Urbewohner her. Da aber diese Holzkohlen in der Ahlschicht zugleich mit Humus- säure gefunden werden und wir beide sonst in keiner unserer älteren Formationen vorfinden, so möchte man wohl geneigt sein, dieselben mit einander in Verbindung zu bringen und sie als fortgeschwemmte _ und wieder abgelagerte Ueberbleibsel früherer Torfmoore zu betrachten. Die Ahlschicht ist, wie ich schon bemerkte, dem Wasser undurchdring- lich. Sie läfst auch im Allgemeinen sich nicht von Wurzeln durch- dringen, wiewohl ich hin und wieder eine Baumwurzel angetroffen habe, welche diese Schicht durchbohrt hatte. Aehnliche Beobachtungen sind mir von Anderen mitgetheilt worden; doch sind dies Ausnahmen und man kann im Allgemeinen die Unfähigkeit dieser auf Ahl ruhenden Ebene, gröfsere Pflanzen zu ernähren, welche in der dünnen und ma- geren Erdrinde nicht Nahrungsstoffe genug vorfinden, als für sie cha- rakteristisch ansehen. Wenn man nichtsdestoweniger auf dieser Haide _ nicht so gar selten Eichengestrüpp antrifft, so hat mich eine genauere _ Untersuchung einer grolsen Menge solcher Standorte zu der Ueberzeu- _ gung gebracht, dafs diese Bäume auf inselartigen Stellen des älteren ahlfreien Erdreichs gewachsen sind. Noch mufs ich einer Erscheinung erwähnen, welche sich auf die- sen westlichen Haideebenen häufig findet. Man stöfst hier nämlich mancherorts auf eine Schicht zusammengehäufter Steinchen in einer von + bis 5 und 6 Fufs wechselnden Tiefe unter der Oberfläche; diese _ Steinchen sind oft so dicht zusammengepackt, dafs sie dem Eindringen von Wurzeln ein wesentliches Hindernifs entgegen stellen. Wie man deutlich wahrnehmen kann, ist diese Schicht dadurch gebildet, dafs das Wasser Thon und Sand weggespült hat, ohne in hinreichender Bewe- gung gewesen zu sein, um die Steine fortzuschwemmen; wie denn alle Umstände überhaupt zu der Annahme berechtigen, dafs es eine vor- übergehende Wasserbedeckung, eine Ueberschwemmung gewesen ist, welche die dem Pflanzenwuchse ungünstige Umwandlung der Oberfläche herbeigeführt hat. Fügt man zu diesen durch die Bodenbeschaffenheit bedingten Hemm- nissen für das Wachsthum gröfserer Pflanzen noch das rauhe Klima, die starken Stürme und den Mangel an Schutz, so ergiebt sich leicht, dafs dieser Theil der jütschen Haide im Ganzen für den Waldbau nicht geeignet ist, und dafs es grofser Fürsorge bedarf, um hier Bäume über- ‚haupt zum Wachsen zu bringen, einer Fürsorge, die wohl für Gärten und einzelne begrenzte Stellen angewendet werden kann, die aber zu schwierig ist, als dafs man sich zum Anlegen gröfserer Holzpflanzungen 218 G. Forchhammer: aufgefordert sehen könnte "). Sollen diese Haiden daher angebaut werden, so sind es der Graswuchs und die Kornproduetion, welche man vorzugsweise hervorzurufen sich bestreben mülste. Auch für diesen Fall kann der so sehr verbreitete Mergel Unterstützung gewähren, sowie auch das feuchte Klima zu ausgedehnter Graseultur aufzufordern scheint. Wie kräftig dieser Graswuchs sich gestalten kann, das zeigen die an die Marsch grenzenden niedrigen Sandebenen im Herzogthum Schles- wig, welche eben nur eine unmittelbare Fortsetzung der Haideebenen der besprochenen Gegenden bilden. Sollte ich nach der vorigen Darstellung diese verschiedenen Haide- gürtel dem Pflanzenwuchse gemäfs charakterisiren, welcher in Folge der natürlichen Verhältnisse vorzugsweise hervorzurufen und zu begün- stigen wäre, so würde ich den östlichen Gürtel den Waldgürtel nennen; hier müfste man besonders den Holzbau in’s Leben rufen; den mittle- ren den Ackerbaugürtel — hier wird besonders Korn gedeihen; den dritten endlich den Grasgürtel, denn er wird sich vorzugsweise zur Anlegung von Wiesen und Triften eignen. Selbstverständlich habe ich den Charakter der Gegend hier nur ganz im Allgemeinen angegeben; Klima, frühere Culturverhältnisse und eigenthümliche locale Entwicke- lungen derselben, Vertheilung des Flulswassers und mehr oder weniger leichte Communicationsmittel werden immer bei der Wahl der Cultur, welche sich der Mensch hervorzurufen bestrebt, wesentlich in Betracht kommen müssen. Die Urbarmachung der jütschen Haiden ist seit lange ein Lieb- lingsgegenstand der Publieisten gewesen; man ist sogar bisweilen so weit gegangen, es als etwas für die Nation Entehrendes darzustellen, dafs sie diese grofsen Haidestrecken innerhalb der Grenzen des Lan- des duldet. Auch hat es nicht an mehr oder minder grolsartigen Ver- suchen zu ihrer Urbarmachung gefehlt, von denen indels die älteren im Ganzen genommen nur wenig erfolgreich waren. Eine grofse und wesentliche Verbesserung in der Urbarmachung der Haiden ist nun allerdings mit der Entdeckung und Anwendung des Mergels eingetre- ten, auch ist es seit dieser Epoche mit der Urbarmachung der Haiden ziemlich raschen Schrittes vorwärts gegangen ?). Dennoch kommen, !) Durch diese Bemerkung habe ich indefs die Möglichkeit nicht in Abrede stellen wollen, selbst gröfsere Baumpartien zum Wachsen zu bringen; eben so wenig will ich leugnen, dafs ein Waldgürtel längs dieser westlichen Gegend in klimatischer Rücksicht grofsen Nutzen herbeizuführen vermöchte; nur würde ein solcher Wald- strich des produeirten Holzes wegen kaum von Vortheil sein, sondern sein Nutzen würde in dem Einflufs auf die Verbesserung der klimatischen Verhältnisse gesucht werden müssen. 2) Als einen Beweis für die Richtigkeit meiner Behauptung will ich hier einige Zeilen aus einem Briefe eines Landmanns aus der Lysgaard-Harde vom 11. Februar ‚ar Die jütsche Haide. 219 wie es scheint, alle praktischen Fachmänner in der Annahme überein. dafs diese Urbarmachung von Landstrecken, welche Jahrtausende hin- dureh unbebaut und öde dagelegen haben, am passendsten auf die Art zu bewerkstelligen ist, dafs man sie mit schon bestehenden Betrieben _ in Verbindung bringt, oder mit anderen Worten, dafs man dem begin- nenden Ackerbau auf Haidestrecken durch Anwendung eines Theils von dem Fruchtbarkeits-Capital, welches ein schon bestehender Land- betrieb liefert, zu Hilfe kommt; hierdurch wird einerseits ein kräftiger Pflanzenwuchs auf der aufgebrochenen Haide erzielt, andererseits wird aber die Pflanzennahrung, welche die Ernte liefert, wiederum zur Her- vorrufung einer kräftigen Vegetation verwerthet. Dennoch ist es sehr wahrscheinlich, dafs auch dies Verfahren nur dann von dauerndem gün- stigem Erfolg begleitet sein wird, wenn gleichzeitig für eine wahrhafte Verbesserung des Bodens selbst durch Auffahren von Mergel oder, in Ermangelung dessen, von Thon Sorge getragen wird. Folgt man die- sem jetzt so sehr empfohlenen Systeme, so wird die Urbarmachung der Haide langwieriger, aber vollkommen gesichert sein; man wird dem Entstehen eines Proletariats, wie es gröfsere milslungene Versuche mit sich bringen, entgehen, und man wird endlich bis in eine ferne Zu- _ kunft einen Abzug für die überflüssige Landbevölkerung der Halbinsel besitzen. Es scheint indefs auch möglich, die Urbarmaechung der Haiden, anstatt sie mit schon bestehenden Ackerbetrieben in Verbindung zu setzen, durch die vorhandenen zahlreichen und verschiedenen sehr kräf- tigen Düngungsmittel, namentlich Guano und Fischdünger, in Gang zu bringen. Aber es ist hier nieht der Ort, zu untersuchen, inwieweit die Kostspieligkeit dieser kräftigen Pflanzennahrung ihre Anwendung auf die Cultur gröfserer Länderstrecken sollte zulässig erscheinen lassen. Rücksiehtlich der Umgestaltung der Haide in Wiesen und Triften machen sich überhaupt zwei Erfordernisse geltend: einestheils eine dauernde Verbesserung des Bodens, und demnächst das Vorhandensein von Wasser. Für die Befriedigung des ersten ist, wie früher bemerkt, _ dureh die unter sehr vielen Haidestrichen befindlichen Mergelschichten von der Natur gesorgt. Um dem zweiten Genüge zu leisten, hat man - mit mehr oder weniger günstigem Erfolg den Wassergehalt der Flüsse und Bäche zu Ueberrieselungen und Wiesenwässerungen benutzt und 1855 abdrucken lassen: „Diese Verbesserung‘ (nämlich die Mergelung), heifst es, „in Gemeinschaft mit einem regelmäfsigen Betrieb mit reiner Brache ist der Fort- sehritt, der am meisten auffällt, und durch dies Verfahren sowie dadurch, dafs die Bauern ihre Haideparcellen durch Entäufserung von ihren Grundstücken trennen, ver- schwindet die eine Haideparcelle nach der anderen, und nach ungefähr 20 Jahren wird es eine Sage sein, dafs man in dieser Gegend vor zwei Jahrzehnten nur Haide amd Bichengestrüpp fand.‘ 220 G. Forchhammer: auch daran gedacht, insbesondere den Gegenden, welchen fliefsendes Wasser entweder in hinreichender Menge oder von geeigneter Art ab- geht, durch Anlegung artesischer Brunnen zu Hilfe zu kommen ....'). Das Wasser, welches aus der Atmosphäre auf die Sandschieht an der Oberfläche der jütschen Haide niederschlägt, ist hier einer sehr be- deutenden Verdunstung ausgesetzt; es dringt wohl, wenn die Oberfläche an Wasser Ueberflufs hat, durch die feinen Canäle zwischen den Sand- körnchen nach abwärts, wird aber, sobald oben Wasser fehlt, d.h. wenn die Oberfläche ausgetrocknet ist, durch dieselben engen Röhrchen wieder nach oben gesogen. Die Folge davon ist, dafs diese Sandschicht in der warmen trockenen Jahreszeit bis zu einer beträchtlichen Tiefe trocken liegt. Unter gewöhnlichen Verhältnissen wird man daher kaum auf Quellen rechnen dürfen, deren Reservoir durch diese oberflächliche Sandschicht gebildet wird. Eben so wenig wird eine Thon- oder Mergel- schicht, wo sich eine solche unter der Sandschicht befindet, Wasser zu liefern im Stande sein. Nun befindet sich aber unter dem Mergel gemeiniglich wiederum eine Sandschicht, welche sich, wenigstens in einigen Fällen, als unge- mein mächtig herausgestellt hat und zudem sehr grieshaltig ist, — von dieser zweiten Sandschicht darf man mit gutem Grunde annehmen, dafs sie eine, so zu sagen, unerschöpfliche Wassermasse enthält. Aeulserst günstig würde es sein, wenn sich das Wasser in dieser Schicht unter einem Drucke befände, der es bis an die Oberfläche emporzuheben ver- möchte; was indels bei einem Versuche, welchen die Regierung in einer der Haideebenen anstellen liefs, nicht der Fall war, indem sich das Wasser in dem Bohrloche 6 bis 7 Fufs unter der Erdoberfläche hielt. Doch würde man unrecht thun, von diesem vereinzelten Falle auf die Verhältnisse im Allgemeinen schliefsen zu wollen. Es ist nämlich sehr wohl denkbar, dafs an anderen Stellen die Bedingungen günstiger sind, dafs nämlich der Druck in der unter dem Mergel befindlichen mäch- tigen Sandschicht so bedeutend ist, dals das Wasser hier bis an die Oberfläche steigen kann. Auf diese Weise wird man dann eine arte- sische Quelle erhalten. Nächstdem ist aber ein zweiter Fall möglich und sogar wahrschein- lich, der nämlich, dafs man unter der zweiten Sandschicht noch eine zweite Thonschicht (oder eine entsprechende Mergelschicht) findet, nach !) Hier macht der Verfasser eine längere Digression, in welcher er über die Quellenbildung im Allgemeinen handelt und auseinandersetzt, dafs die unterirdischen Sandlager die grofsen Reseryoirs wären, in denen sich das durch die oberen Erd- schichten durchsickernde Wasser ansammele, dafs Quellen also gewöhnlich da hervor- brächen, wo solche Sandlager zu Tage träten. In Bezug auf die jütsche Haide ist er der Ansicht, dafs man dort in den tiefer gelegenen Sandschichten überall Wasser finden werde. D.ıR, ' | Aa u u Ze ee Ba ine u u Die jütsche Haide. 221 deren Durchbohrung man noch einmal auf eine Sandschicht stöfst, mit hinlänglichem Druck, um das Wasser über die Erdoberfläche empor- zuheben. Es sind dies Fragen von allgemeiner Bedeutsamkeit und es ver- dient gewils die wärmste Anerkennung, dafs die Regierung sich der Aufgabe unterzogen hat, nähere Kenntnifs über diese für den Anbau der Haiden so wichtigen Verhältnisse zu erlangen. Sind die örtlichen Verhältnisse einmal bekannt, so wird die Praxis diesen unter den trockenen jütschen Haiden befindlichen Wasserreichthum sich schon zu Nutzen zu machen wissen. Sehr erwünscht würde es, wie schon er- wähnt, sein, wenn sich das Wasser durch eigenen Druck an die Ober- fläche erhöbe und die Benutzung desselben mithin keine anderen Kosten mit sich führte, als die, welche eine Brunnengrabung oder Bohrung bis in die Tiefe der grofsen, unter dem Mergel befindlichen Sandschicht verursacht. Wenn sich indefs die Verhältnisse auch nicht vollkommen so günstig herausstellen sollten, so ist die Frage doch immer einer Untersuchung werth: ob es nicht thunlich sein sollte, durch wohlfeile künstliche Mittel das Wasser aus diesem unerschöpflichen unterirdi- schen Behälter an den Tag zu schaffen, um es dann zur Ueberriese- lung der Haiden und zu ihrer Umgestaltung in Wiesen und Triften zu verwenden. Giebt es doch hier zu Lande so manche Gegenden, in denen man Windmühlen der einfachsten Bauart anwendet, um niedrig gelegene feuchte Stellen mittelst Pumpen zu entwässern und so den Pflanzenwuchs zu befördern. Wie sollte es dann auf gröfsere Schwie- rigkeiten stofsen, umgekehrt Wasser aufzupumpen zur Wässerung trok- kener Gegenden? Uebrigens sehe ich mich nicht im Stande, die für diesen Fall ent- scheidenden Fragen rücksichtlich der hieraus erwachsenden Unkosten genügend zu beantworten und mufs dieselben daher den Praktikern zur Entscheidung anheimstellen. IX. Ueber Huc und Gabet’s Reisen in Ost- Asien. Vom Dir. Prof. Dr. Meinicke. Vor einigen Jahren erschien in Paris das Werk des Missionars der Congregation des h. Lazarus Huc, Souvenir d’un voyage dans la Tartarie, le Tibet et la Chine pendant les annees 1844, 1845 et 1846, 222 Meinicke: das 1855 Andree in einer deutschen Bearbeitung (Huc und Gabet, Wanderungen durch die Mongolei nach Tibet zur Hauptstadt des Tale Lama) herausgegeben hat. Es ist die Schilderung einer Missionsreise, welche die beiden katholischen Missionare Hue und Gabet im Interesse ihrer Kirche durch das östliche Asien unternommen haben. Wissen- schaftlichen Werth besitzt das Buch leider keinen; es läfst sieh nicht entfernt mit ähnlichen Werken protestantischer Missionare (wie den Arbeiten von Ellis, Williams, Gützlaff u. s. w.) vergleichen. Allein wenn man erwägt, dafs in den ganzen weiten Landstrichen zwischen der Ostküste Asiens und dem Uferlande des Amu und Sir, den Ebe- nen Sibiriens und den Schneebergen des Himalaya, die einzige Route zwischen Kjachta und Peking ausgenommen, kein anderer Punkt in neuerer Zeit von Europäern gesehen und geschildert ist, so muls das schon der Darstellung einer Reise durch einen grofsen Theil Ost-Asiens von der Ostküste des Continents bis Lhassa in Tibet Interesse ver- leihen, wenn sie auch durch ihren Werth den Geographen ein grofses einzuflöfsen nicht eben vermag, mindestens so lange wir nicht gründ- lichere Schilderungen von diesen so wenig bekannten Gebieten erhalten. Am ausführlichsten sind übrigens in dem erwähnten Werke die Schilderungen der Sitten und Einrichtungen der Völker, deren Gebiete die Missionare durchzogen; sie preisen und rühmen die Tibetaner und vor Allem die Mongolen, sie erheben sie hoch über die Chinesen, allein, wie ich glaube, nicht ohne einige Einseitigkeit. Gegen diese ethnographischen Mittheilungen stehen die Bemerkungen über die Na- tur und Beschaffenheit der durchreisten Landstriche sehr zurück; den- noch sind diese gerade bei dem gänzlichen Mangel an Berichten der Europäer über das Innere von Ost- Asien vorzugsweise interessant, und ich beabsichtige, sie in einer kurzen Uebersicht zusammen zu stellen und mit den fast nur aus den Nachrichten chinesischer Schriftsteller gezogenen Resultaten zu vergleichen, die sich in den ersten Theilen von Ritters klassischem Werke enthalten finden. Der Ort, von dem die beiden Geistlichen aufbrachen, He schüy oder das Thal der schwarzen Gewässer, eine der kleinen christlichen Gemeinden, der sie als Lehrer vorgesetzt waren, liegt schon aufserhalb der grofsen Mauer, wahrscheinlich im nördlichen Theile der chinesi- schen Statthalterschaft Tschingte (s. Ritter Asien I, 139), ohne Zwei- fel im Gebiet des oberen Sira-Muren und, wie der Anfang des Reise- berichts zeigt, da, wo die Hochebenen der Mongolei sich gegen Osten zum innersten Winkel des gelben Meeres herabzusenken beginnen. Von He schüy begaben sie sich nach dem wahrscheinlich in der Nähe lie- genden Pie lie keu, um sich für die Reise daselbst vorzubereiten; dieser Ort gehört zu dem mongolischen Bezirk Uniot, der erst seit zwei Jahr- Ar u EEE Ueber Hue und Gabet’s Reisen in Ost- Asien. 223 hunderten von den Chinesen colonisirt nnd durch ihre Thätigkeit seiner Wälder beraubt ist, was nach den etwas sonderbar klingenden Anga- j ben einen höchst traurigen Einfluls auf das Klima des Landes ausge- _ übt haben soll. Doch sind diese Gegenden, die nördlich von den _ grofsen, für die Jagden der chinesischen Kaiser reservirten Waldungen liegen müssen, noch angebaut, denn erst 2 deutsche Meilen von Pie _ die keu betraten die Reisenden das offene Steppenland, das die Chine- sen Tsaoti (Grasland) nennen. In diesem überstiegen sie einen hohen Berg, an dessen Abhange im Thale eines prächtigen Flusses die letzte chinesische Wohnung, der Gasthof Yan pa eul, lag; hier legten sie die ehinesischen Kleider ab und betraten das Gebiet der Mongolen, deren Tracht und Lebensweise sie annahmen, um desto unbemerkter reisen zu können. | Der Weg führte von Yan pa eul das Gebirge Sain ula (oder das | gute Gebirge) hinauf auf steilem, rauhem Wege voller Felsblöcke. Nach 3 Stunden erreichte man die Höhe, eine nach West eine Tagereise breite Hochfläche, die sich hauptsächlich von Nord nach Süd ande _ und sicher als der Rand des Hochlandes der Mongolei mit seinen dür- ren Grassteppen gegen die bewaldeten, anbaufähigen und gut bewässer- ten Abhänge im Osten zu betrachten ist. Die Passage dieses Gebirges ist der Kälte, wilden Thiere und Räuber halber sehr gefürchtet; die Reisenden kamen erst am zweiten Tage, nachdem sie auf dem höch- sten Punkte des Passes ein Obo (s. Ritter I, 223) gefunden hatten, gegen Westen herab in ein tiefes Thal, mit welchem die mongolische Provinz Geschekten beginnt, ein hügeliges, wohl bewässertes Land mit _ guten Weidestellen, das nur sparsam angebaut ist und blofs Hafer giebt; es soll auch reiche Gold- und Silberminen haben, deren Bearbeitung aber streng untersagt ist. In dieser Provinz liegt der neuerdings aus _ einem grolsen Lamakloster erwachsene chinesische Ort Altan some (der - goldene Tempel), von dem eine grofse Strafse durch die Mongolei zum ‚Flusse Kerulan und nach Nertschinsk führt. Nach zwei Tagen hatten die Reisenden Geschekten durchschnitten und erreichten die mongoli- sche Provinz Tschakar (oder Grenzland, s. Ritter 2, 401), in welcher sie am sechsten Tage nach ihrer Abreise von Pie lie keu nach Tolon- nor (die sieben Seen) kamen, einer schon von Timkowsky (s. Ritter 2, 367) erwähnten Stadt, die bei den Chinesen Lamamiao (Lamaklo- ster), auf den neueren Karten mit einem im Lande nicht bekannten "Namen Dschonaiman sume (achthundert Klöster) genannt wird. Es ist dies eine der unter den Mongolen entstandenen Colonien der Chi- nesen, die sich um Lamaklöster gebildet haben, und deren Hauptbe- ng in der Vermittelung des Verkehrs der Chinesen mit den Mon- golen und in der Verbreitung chinesischer Bildung unter diesen be- 224 Meinicke: steht; sie ist noch ausgezeichnet durch ihre Giefsereien von Erzbild- säulen für die buddhistischen Tempel und nimmt am Handel mit den Russen in Kjachta Theil. Am 1. October 1844 verliefsen Huc und Gabet Tolonnor, setzten ihre Reise gegen West nach Kukuhote (dem Khukhu Khotun bei Rit- ter) *) fort und erreichten am sechsten Tage Schaborteh. Die Gegend um Tolonnor ist dürr, sandig und wasserarm; sie bringt höchstens einige Gemüse hervor. Sobald man die schmutzigen Stralsen der Stadt verlassen hatte, stiefs man auf Hügel von beweglichem Triebsande; später wurde der Boden fester und zeigte Spuren von Vegetation, und in einer Schlucht lagerten die Reisenden an einem Teiche, dessen Was- ser stark nach Schwefel roch. Am folgenden Tage setzten sie die Reise durch die öde Grassteppe fort und lagerten in dieser ohne Schutz, von einem heftigen Sturme aufgehalten. Dann führte der Weg zwei Tage lang durch das Gebiet des rothen Banners der Tschakar (s. Rit- ter 2, 401), eines der acht, in welche dieser militärisch organisirte Mongolenstamm zerfällt; eine weite Ebene mit festerem, nicht unfrucht- barem Boden, der angebaut werden könnte, wenn den Bewohnern der Anbau nicht untersagt wäre, ziemlich gut bewässert durch Teiche und mit üppiger Vegetation bedeckt, belebt von Zelten und Heerden der Mongolen. Nachdem sie dies Gebiet durchschnitten, wurde das Land wieder dürrer; am Abend des fünften Tages nach der Abreise von Tolonnor lagerten sie bei den drei Seen, Teichen mit brakischem Was- ser, deren Umgebung mit Salpeter bedeckt ist. Da die Lebensmittel fast aufgezehrt waren, benutzten sie die Nähe der Handelsstadt Scha- borteh, einer der chinesischen Colonien im Mongolenlande, die aus dem Verkehr zwischen beiden Völkern entstanden sind, und machten einen Umweg, um diese zu erreichen und das Nöthige einzukaufen. Von Schaborteh nun führte der Weg zwei Tage lang durch die öde Steppe, am dritten erreichten die Reisenden in derselben grolse Ruinen einer längst verlassenen Stadt, wie deren in diesen Gegenden auch von anderen Schriftstellern (s. z. B. Ritter 1, 232) erwähnt sind, und die ohne Zweifel aus der Zeit der Mongolenherrschaft des 13ten Jahrhunderts stammen. Bald darauf kamen sie auf die grofse Kara- wanenstralse, die von Peking nach Kjachta führt und bei den Mongo- len Kutscheuh dscham (Strafse der Fürstentochter) heilst, weil sie ur- sprünglich für eine an einen Mongolenfürsten vermählte chinesische !) Die Mongolen selbst schreiben Köke Khotan. Die übrigen im Text vor- kommenden mongolischen Namen lauten in getreuer Reproduction der mongolischen Schreibart Schira Müren, Ssain Oola, Keschikten, Kerülen, Tschakhar, Tümed, Köke Nör, Dolön Nör, Ongnijut oder Ongnighut. „Weg der Fürstentochter“ ist Güngdschü (ehines. Kong-tschu) dsam. Aber saghon (contr. sön) naiman sume sind nur 108 Tempel. D.R Ueber Hue und Gabet’s Reisen in Ost- Asien. 225 Prinzessin angelegt sein soll; es ist die bekannte, von Timkowsky so genau beschriebene Strafse, und der von unseren Reisenden erreichte Punkt sicher die von Timkowsky am 8. November 1820 erwähnte Lo- calität (s. Ritter 2, 367). Am zweiten Tage darauf verliefsen sie Tschakar und betraten den Distriet Efeh, der früher zu Tschakar ge- hörte, vom Kaiser Kienlong aber davon getrennt ist, um einem Mon- golenfürsten, seinem Schwiegersohne, eine selbstständige Herrschaft zu schaffen. Nachdem sie in Efeh zwei Tage lang gewandert waren, hörte die offene kahle Steppe plötzlich auf; es erhob sich ein Gebirge, mit Tannen und Birken besetzt und von schönen Thälern durchschnitten, in deren einem sie am Abend des folgenden Tages in der Nähe von Tschortschi lagerten, einem der grofsen Lamaklöster, die bei der Staats- regierung in besonderer Gunst stehen. Die folgenden Tage führte der Weg fortwährend durch das schöne, mit Tannen bedeckte Bergland voll anmuthiger, gut bewässerter Thäler; über den Zusammenhang die- ser, Efeh von Tumet trennenden Berggegenden mit denjenigen, die sich östlicher gegen den Rand des Hochlandes, wo es sich zum Tieflande von Nord-China herabzusenken beginnt, erheben, wie mit dem Inschan im Westen, erfahren wir nichts. Nachdem sie einige Tage lang durch das Gebirge gezogen, trafen sie wieder eine Ebene und die Grenze des Distriets West-Tumet, das zum Unterschied von dem auf der Ost- seite von Tschakar liegenden Ost-Tumet so benannt wird. Dies ist ein sehr fruchtbares, gut bewässertes Land, das alle Getreidearten reich- lich hervorbringt, voll wohlhabender, von Bäumen umgebener Dörfer, deren mongolische Bewohner Ackerbauer sind und die Sitten und Cul- tur, manche selbst die Sprache der Chinesen angenommen haben. Nach drei Tagen erreichten die Geistlichen dann Kukuhote (oder die blaue Stadt), die die Chinesen Kuihoatscheu nennen. Seitdem der Jesuit Gerbillon 1696 diese Stadt besuchte und schil- derte (Ritter 1, 230), hat sich ihr Zustand sehr geändert. Sie besteht jetzt aus zwei eine halbe Stunde von einander entfernten, von Feldern und Gärten umgebenen Städten, deren östliche, die Neustadt, schön ge- baut und von hohen Wällen umschlossen, das aus 10,000 Mann be- stehende Heer, das die Grenze zu. beschützen dient, enthält; die Alt- stadt wird von ausgedehnten Vorstädten umgeben und ist ein sehr be- ‘ lebter, volkreicher Ort, dessen chinesische Bewohner mit den Mongolen der Steppe starken Verkehr treiben. Sie hat 5 grofse und 15 kleinere “ Klöster, in denen zusammen mindestens 20,000 Mönche leben. Von - Kukuhote setzten Huc und Gabet die Reise weiter fort durch ein Land, das an Fruchtbarkeit und Cultur ganz dem übrigen West-Tumet glich, und erreichten nach zwei Tagen die Stadt Tschagankuren am Hoangho, - den sie, um in das Land der Ortus zu kommen, zu überschreiten hatten. Zeitschr. f. allg. Erdk. Neue Folge. Bd.I. 15 226 Meinicke: Der Flufs machte ihnen jedoch unerwartete Schwierigkeiten, denn die Zeit des Hochwassers, die, wie bei einem aus Schneegebirgen kommen- den Strome nicht anders zu erwarten ist, in den Sommer fällt, war zwar (Ende October) längst vorüber, dennoch war er geschwollen, hatte seine Uferdämme durchbrochen, die Felder weithin überschwemmt und einen grolsen See gebildet, in dem die Dörfer auf kleinen Höhen sleich Inseln lagen. Unter grofsen Beschwerden drangen sie durch dieses Uferland und nicht ohne sich zuletzt der Boote bedienen zu müssen, bis zu der Fähre am Uferdamm vor, auf dem sie in einem dem Flufsgott geweihten Tempel übernachteten und dann sich über den majestätisch rauschenden Strom setzen liefsen. Nicht geringere Schwierigkeiten machte das jenseitige Ufer, bis sie trockenes Land er- reichten und bei einem Dorfe von chinesischen Fischern, die bei der Abneigung der Mongolen gegen Fischfang die Erlaubnifs dazu von den mongolischen Fürsten erkaufen, ihren Kameelen einige Tage Ruhe schenkten. Dann kamen sie an den Pagagol (oder kleinen Flufs), einen kleinen Nebenflufs des Hoangho, der einem anderen, nach Süd einem Zuflufs des Hoangho zuströmenden Flülschen ganz nahe entspringt, und bei hohem Wasser des Hoangho so durch diesen angefüllt wird, dafs er mit jenem nach Süd fliefsenden Flusse einen grolsen Wasserspiegel bildet. Nicht ohne Mühe wurden sie über diesen gesetzt und: betraten nun das Land der Ortus, den zwischen der grolsen Mauer und dem Mittellauf des Hoangho liegenden Distriet, der von Mongolen bewohnt und in sieben Banner unter kleinen mongolischen Fürsten getheilt wird. Die Schilderung, welche Ritter (1, 156 ff.) von dem Lande der Ortus entwirft, wird durch die Berichte unserer Reisenden vollkommen bestätigt: Die erste Tagereise führte noch durch Dörfer, die am Pa- gagol von chinesischen Fischern, weiterhin von einem aus der Verbin- dung von Mongolen und Chinesen entstandenen Mischvolk bewohnt sind, das in grofser Armuth und Schmutz lebt und auf dem dürren Boden sparsame Felder von Buchweizen, Hirse und Hanf besitzt. Am zweiten Tage hörten die Dörfer auf, es beginnt die kahle dürre Fläche, steinige Schluchten abwechselnd mit Mergelhügeln, der Boden, fast nur beweglicher Sand, trägt kein Gras, nur hier und da wächst dorniges Gesträuch, und die Heerden der Ortus stehen denen der östlichen Mon- golenstämme daher auch sehr nach; nur das Kameel gedeiht hier. Dazu fehlt das flielsende Wasser, nur in Teichen findet man salzig schmecken- des, übel riechendes Schlammwasser, die Reisenden müssen hier Trink- wasser in Schläuchen mit sich führen. Dagegen ist das Wild häufig, graue Eichhörnchen, gelbe Ziegen (sicher die Antilope der Mongolei), Hasen. schöne Fasanen. Dazu kam, dafs das Wetter, welches bisher die Reisenden sehr begünstigt hatte, sich änderte; heftige Schneestürme ne Zu ea Ueber Huc und Gabet’s Reisen’ in Ost- Asien. 227 traten (Anfang Novenber) ein, der Boden gefror rasch, die Beschwer- den des Reisens stiegen immer höher. Erst nach einigen Tagen wurde das Land etwas besser, hier und da trafen die Geistlichen Thäler mit reicherem Boden und guter Vegetation, und in einem solehen erreichten sie das bei den Mongolen hoch berühmte Kloster Rasche tschürin, grade als dort ein grolses, mit einer Art Markt verbundenes Fest gefeiert wurde, zu dem Mongolen in grolser Zahl und auch nicht wenige chi- nesische Kaufleute sich versammelt hatten. Von diesem Kloster führte ‚eine gute Landstrafse zu dem Salzsee Dabsun nor, der für das Land der Ortus und mehrere chinesische Provinzen alles Salz liefert. Schon in einer Tagereise von seinen Ufern nimmt der gelbe Boden der Wüste eine weilse Farbe an, die er einem Ausschlag von Salz verdankt; er ist mit kleinen regelmäfsigen Hügeln und dichtem dornigen Gestrüpp bedeckt und hat viele meist sehr salzige Quellen, zwischen denen sich hier und da auch ganz sülse finden; grofse Schaf- und Ziegenheerden weideten auf diesem salzhaltigen Boden. Der See selbst, ein Becken von einer deutschen Meile Umfang, war damals trocken bis. auf ein- zelne Stellen, an denen Salzquellen entspringen, der Boden, über den sie in der ganzen Länge fortzogen, ein Bett von Steinsalz, das hier auf die kunstloseste Art zum Handel gesammelt wird, darunter sollen grundlose Abgründe mit Salzwasser sich ausbreiten. Vom Dabsun-See aus zogen sie weiter nach Westen durch die Wüste der Ortus. Am vierten Tage lagerten sie an einem Orte, der seinen Namen, die hun- dert Brunnen, von einer Menge tiefer, mit Wasser gefüllter Löcher hat. Einen Tag später stielsen sie zufällig auf mongolische Begleiter des Fürsten von Aleschan, der auf einer Reise nach Peking begriffen war, und dies bewog die Reisenden, ihren Reiseplan zu ändern. Sie hatten nämlich beabsichtigt, das chinesische Gebiet auf ihrem Wege nach Tibet möglichst zu vermeiden und daher aus dem Lande der Ortus in das im Westen vom Hoangho liegende Alesehan zu gehen, um so den Kukunor zu erreichen. Allein jene Mongolen berichteten, ‚dafs ihre Heimath das öde Land der Ortus an Unwirthlichkeit noch ‚weit übertreffe und aus hohen, mit Sand bedeckten Bergen bestehe, in denen man Tage lang keine Spur von Vegetation oder Wasser fände, und das nur in einzelnen Thälern den Heerden ein mageres Futter "biete; dazu habe die Dürre des letzten Sommers noch die Unwirth- lichkeit sehr gesteigert. Daher beschlossen sie, statt die Reise nach "Westen fortzusetzen, sich nach Süden zu wenden und hier die chine- ‚sische Provinz Kansu zu durchschneiden. Zwei Tage lang zogen sie durch die Wüste, in der sie nur einen Teich mit stinkendem, kaum ge- niefsbarem Wasser fanden; dann erreichten sie den Fufs einer Berg- kette, deren Gipfel sich in die Wolken verloren, und die sie auf einem 45% 228 Meinicke: sehr beschwerlichen Passe überstiegen, von dessen Höhe sie den Ho- angho majestätisch von Süd nach Nord fliefsen sahen. Das Gestein dieser Berge nennen sie Granit und Schiefer, es schien durch grofse Revolutionen über einander geworfen; nach dem Gipfel zu fanden sie viele Muschelversteinerungen und Pflanzenabdrücke. Am Südabhange dieses Gebirges kamen sie zum Hoangho und überschifften ihn, der hier die Grenze der Provinz Kansu bildet; seinem sandigen Ufer nahe fan- den sie die kleine chinesische Grenzstadt Schetsuidze, die in einem Winkel zwischen dem Hoangho und den Aleschanbergen am Fulse von dunkeln Hügeln liegt, in denen Steinkohlen gefunden werden. Die Ufer des Flusses sind um Schetsuidze sandig und seiner Ueber- schwemmungen halber unbebaut, weiter ab jedoch fruchtbar. In einer Stunde von jener Stadt passirten die Reisenden die aus elenden Trüm- mern bestehende grofse Mauer und betraten nun das eigentliche Kansu, in dem sogleich chinesische Cultur und Industrie in sehr vortheilhafter Weise hervortrat. Das Flufsthal ist vortrefflich angebaut, das Wasser durch grofse Canäle über die Getreidefelder verbreitet, die das ganze Thal bedecken, die Bewässerung der einzelnen Felder durch kleine, aus den Canälen abgeleitete Rinnen trefflich geordnet; Dörfer sind sel- ten, desto häufiger einzelne Gehöfte, um die sich die einzigen Bäume finden. Das Reisen auf den schlammigen Strafsen mit verfallenen Wachthäusern war zwar beschwerlich, dennoch erschien den Geistli- chen, die aus der Wüste der Ortus kamen, dies Culturland erstaunlich schön. Ueber die Stadt Pingluhien erreichten sie am zweiten Tage von Schetsuidze aus die berühmte Stadt Ninghia (s. Ritter 1, 165 ff.), deren alte hohe Mauern von Sümpfen umgeben sind; allein das Innere fanden sie armselig und schmutzig, ganze Stadtviertel unbewohnt und verfallen, die Bevölkerung elend und kränklich, Handelsbedeutung hat die Stadt jetzt keine mehr. Von da gelangten sie durch das gut be- baute Land auf schöner Strafse in zwei Tagen nach der Stadt Tschong- wei am Hoangho, die durch Wohlhabenheit und lebhaften Handelsver- kehr gegen das verfallene Ninghia sehr absticht; gleich dahinter gingen sie wieder über die, hier in der Nähe des Westufers des Hoangho hin- ziehende Mauer, wo sie blos aus auf einander geworfenen Steinen be- stand, und befanden sich nun im südlichsten Theile der Provinz Ale- schan auf der grofsen Strafse nach Ili, die von Tschongwei aus auf eine kleine Strecke das mongolische Gebiet durchschneidet. Die Schilderung, welche die Reisenden vom Gebirge Aleschan ent- werfen, entspricht den Vorstellungen, die darüber in Europa verbreitet sind, sehr wenig. Es ist eine lange Bergkette aus durchaus pflanzen- losem, beweglichem Sande, in dem die Lastthiere bis zum Bauch ver- sinken; sie scheint durch Anhäufung der aus der grofsen Wüste Ueber Hue und Gabet’s Reisen in Ost- Asien. 229 Schamo hergetriebenen Sandmassen gebildet. Der Weg führte zunächst in einem Engpasse hin, den der Hoangho am Abhange dieser Sand- berge bildet, und wo sein bis dahin ganz klares Wasser die gelbliche Farbe annimmt, die ihm seinen Namen verschafft hat; auf diesen Eng- pals folgte hügeliges Land, in dem sie bei der zierlichen, in einer Art Oase mit fliefsenden Bächen gebauten Ortschaft Tschanglieuschay lager- ten. Am folgenden Tage ging der Weg über dürren Kiesboden, der jedoch einige Vegetation zeigte, zu dem blos aus Gasthöfen bestehen- den, von chinesischen Verbannten bewohnten, durch Raubangriffe ge- fährdeten Orte Kaotandze, der wie Tschanglieuschay seine Lebensmittel aus Kansu bezieht; am Tage darauf gelangten sie wieder über die grolse Mauer in das chinesische Gebiet bei dem Grenzposten Sanyen- tsin, der zur Controle über die China besuchenden Mongolen bestimmt ist. Der Weg ging von da durch Kansu nach Südwest über ein hüg- liges, fruchtbares, gut bewässertes und schön angebautes Land, das keinen Reis, vorzugsweise Weizen giebt; die Berge sind auch hier reich _ an Steinkohlen. Die Bewohner dieser westlichsten Provinz des eigent- - liehen China sind zwar Chinesen, allein, wie Spracheigenthümlichkeiten und Sitten zeigen, ursprünglich mongolischer und tibetanischer Herkunft und erst später durch den Einflufs der höheren Bildung der Chinesen für diese gewonnen; hier und da leben nichtchinesische Stämme unter eigenen, dem Kaiser zinspflichtigen Fürsten in ihrem Gebiete zerstreut. In drei Tagereisen von Sanyentsin kamen Huc und Gabet nach der blühenden Handelsstadt Tschoanglong (oder Pingfang), von da besuch- ten sie Hokiaoy (das früher Taitungfu hiefs), und sahen auf der Strafse - viele Steinkohlenfuhren. Hinter Hokiaoy hörte das Hügelland auf, der Weg führte über das hohe Gebirge Pingkeu, auf dessen Höhe Nach- _ mittags Schnee fiel, und am südlichen Abhange zu dem Dorfe Laoyapu, _ wo die Reisenden zum ersten Male statt des bisher stets zum Ofen- heizen dienenden Pferdedüngers zerstolsene Kohle gebraucht fanden und die ersten Chinesen stricken sahen. Von da sind fünf Tagereisen nach Siningfu durch ein gut bewässertes und cultivirtes Land auf einer schönen Strafse, nur in der letzten Tagereise vor Siningfu war das Land gebirgig, der Weg der steilen Abgründe halber gefährlich. Si- ningfu (Ritter 1, 172 ff.) ist eine zwar noch grolse, allein schlecht be- _ völkerte Stadt und aus gleichen Gründen verfallen, wie Ninghia, da ihr früherer Handelsverkehr sich nach Tangkeueul gezogen hat. Diese _ an der Grenze zwischen Kansu und dem Gebiet der Mongolen vom Kukunor am Flusse Keuho gelegene, kleine, aber sehr belebte Stadt, der Mittelpunkt alles Handels der Chinesen mit den Kukunorstämmen, erreichten die Reisenden (im Januar 1845) von Siningfu aus; wenn sie behaupten, zwischen beiden Orten die grofse Mauer noch zweimal 230 Meinicke: passirt zu haben, so mufs das nach unseren Kenntnissen von diesen Gegenden für ganz unmöglich gelten. In Tangkeueul wurde die weitere Reise nach Tibet dadurch unter- brochen, dafs der chinesische Einfluls hier ganz aufhört, und das Rei- sen nicht blos der hohen Gebirge und tiefen Flüsse wegen, die man auf einem Wege von mehreren Monaten nach Lhassa zu passiren hat, sondern auch durch die gefürchteten Raubanfälle der die Gebirge be- wohnenden Kolo so gefährlich wird, dafs man grofse Karawanen ab- warten muls, um diese Strecke zurückzulegen. Die nächste Gelegen- heit der Art bot die grofse Gesandtschaft, welche sonst alljährlich, seit 1841 nur alle drei Jahre von der tibetanischen Regierung nach Peking gesandt wird, und die trotz der fortwährenden Ueberfälle der Kolo doch den Weg über den Kukunor der chinesischen Hauptstrafse nach Ssetschuen vorzieht. Da diese jedoch erst im October ankam, so sahen sich die Geistlichen genöthigt, fast drei Vierteljahre in dieser Gegend zu verweilen und benutzten diese Gelegenheit, die Sprache der Tibeta- ner zu studiren. Zu diesem Zwecke begaben sie sich in die Provinz Amdo (dieselbe, über deren Lage Ritter [3, 217] noch so wenig ge- nügende Auskunft zu geben vermochte), südlich vom See Kukunor, und fanden in dem berühmten Kloster Kunbum, das an dem Orte, wo der Reformator der lamaischen Religion, Tsong Kaba, im vierzehnten Jahrhundert geboren wurde (Ritter 3, 218), in einem reizenden, be- waldeten Gebirgsthale gegründet ist, Aufnahme. Von da verlegten sie nach drei Monaten ihren Wohnsitz in das eine halbe Stunde davon entfernte Kloster Tschogortan, das am Abhange eines steilen Berges sehr malerisch liegt, und brachten hier den ganzen Sommer zu, freund- lich von den Lamapriestern bewirthet. Diese Gebirgsgegenden südlich vom Kukunor sind von den Stämmen der Sifan (Ost-Tibetaner) be- wohnt, unter denen die wichtigsten die bei den Chinesen Hungmao eul (Langhaare) benannten sind, deren Weideplätze an den Abhängen des Bayankharat-Gebirges liegen. Alle diese Stämme sind Nomaden und besitzen grofse Heerden von Ziegen, Schafen, Pferden und Yak (bos grumniens); sie leben in Leinwandzelten, während die Filzjurten und Kameelzucht den Mongolen eigenthümlich sind. Wie bedeutend die Meereshöhe dieser Bergdistriete sein mufs, ergiebt sich aus den Bemer- kungen über das Klima. In Tschogortan war im Mai der Bach noch mit Eis bedeckt und nirgends Grün zu sehen; noch im Juni fiel Schnee und Alles trug Schafpelze, erst im Juli trat starke Hitze und heftiger Regen ein. Im September 1845 verliefsen die Reisenden Kunbum, um sich nach dem 4 Tagereisen fernen See Kukunor zu begeben und dort die (resandtschaft zu erwarten. Der Weg führte durch das Bergland nach Ueber Hue und Gabet’s Reisen in Ost- Asien. 231 dem Kloster Tansan in einem bewaldeten Thalkessel, dann wird das Land eben und war mit den Zelten der nomadisirenden Mongolen, die im Besitz der Ebenen um den Kukunor sind, bedeckt. Weiter hin wurde es immer fruchtbarer und trug das schönste Gras; in diesem herrlichen Weidelande liegt der Spiegel des berühmten Kukunor (Tsot- nongpo der Tibetaner, Tsing hai der Chinesen oder das blaue Meer), an dessen Ufer sie lagerten und noch einen Monat auf die Gesandt- schaft warteten. Der See hat über 100 Stunden Umfang, bittersalziges Wasser und eine der Ebbe und Fluth ähnliche Bewegung; in seinem Westtheil liegt ‚eine felsige unbebaute Insel mit einem Lamakloster, dessen Bewohner nur im Winter, wo das Wasser stets stark gefroren ist, die nöthigen Lebensmittel erhalten, denn Schifffahrt und Fischfaug kennen die Mongolen hier nicht. Diese lieben die schönen Weiden auf den baumlosen Ebenen um den See sehr, trotz der häufigen Ueberfälle der räuberischen Kolo; sie zerfallen in 29 Banner unter eingeborenen, dem chinesischen Kaiser zinsbaren Fürsten, deren Gebiet nach Nord bis zum Gebirge Kilianschan reicht. Der nun folgende Theil des Berichtes über die Reise vom Kuku- nor bis Lhassa ist um so interessanter, da, wie die bei Ritter (3, 207) gesammelten chinesischen Nachrichten zeigen, diese Theile des inneren Asiens selbst den Chinesen fast gar nicht bekannt sind und der Reise- bericht des Jesuiten Gruber 1661 (Ritter 2, 453; 3, 183) sehr unge- nügend ist. Leider läfst freilich auch Hue’s' Bericht hier sehr viel zu wünschen übrig. Ende October kam die längst erwartete Gesandtschaft an, es hat- _ ten»sich ihr viele Kaufleute, Pilger und Reisende angeschlossen, so dafs die Karawane 2000. Menschen zählte, Tibetaner und Mongolen, mit 18,000 Lasttbieren; 200 chinesische Soldaten und 200 mongolische von den Fürsten von Kukunor gestellte Reiter sollten sie bis an die Grenze von Tibet begleiten. Mit diesen zogen die Geistlichen weiter. Anfangs ging Alles gut, ‚so weit die schönen, gut bewässerten Weidenebenen vom Kukunor reichten. Am sechsten Tage kam die Karawane an den aus dem Gebirge Nanschan kommenden Flufs Puhaingol, der in den Ku- kunor flielst, und hier seicht, aber in 12 Canäle getheilt war; die nicht hinreichend feste Eisdecke des Wassers brachte in der Karawane beim Uebergange die ärgste Verwirrung hervor, das Vorspiel zu den ent- setzlichen Leiden und Beschwerden, welchen die Reisenden entgegen- gingen. Acht Tage später erreichten sie einen anderen seichten Fluls Dulaingol und an seinem Ufer die Ruinen eines von Räubern zerstör- ten’ Klosters; bald nachher verliefsen sie das Gebiet des Kukunor und seine herrlichen Ebenen und betraten das Land der Tsaidam - Mongo- len, ein dürres steiniges Land mit salz- und boraxhaltigem Boden und DET ar 232 Meinicke: sparsamem Graswuchs. Durch dies zogen sie zwei Tage und kamen dann an das Gebirge Burhanbota (Küche des Buddha), dessen Ueber- steigung der gefährlichen Dünste halber, die der Boden auf dem Nordost- Abhange aushaucht (wie Huc sagt: kohlensaures Gas), äufserst beschwer- lich ist. Beim Herabsteigen trafen sie den ersten Schneesturm. Viel mühsamer fanden sie einige Tage später das Ueberschreiten des Gebir- ges Schuga, wo die mongolischen Reiter die Karawane verliefsen; das Hinabsteigen namentlich durch den tiefen losen Schnee und bei eisigem Winde war sehr angreifend. Von da steigerten sich die Leiden und Beschwerden der Reisen- den bei der Passage über Gebirge, die gewifs zu den höchsten der Erde gehören, und zur Winterszeit immer mehr. Das Land stieg im- mer höher auf, allmählich verschwand alle Vegetation, die Kälte wurde grimmig, und Thiere und Menschen fielen, ein Opfer ihrer Anstren- gungen. Im Anfang December erreichten sie endlich den Fufs des Gebirges Bayankharat, das nach Südosten zieht und die beiden grofsen chinesischen Zwillingsströme im oberen Laufe scheidet, etwas westlich von den Quellen des Hoangho, die sie mit einem Umwege von zwei Tagen hätten besuchen können. Das Gebirge war bis an seinen Fuls mit Schnee bedeckt, doch passirten sie es glücklich und lagerten am Südabhange an einem kleinen gefrorenen See, ihren Lastthieren Erho- lung zu gönnen. Dieses Gebirge enthält in seinen Schluchten die Wohn- sitze und Schlupfwinkel der gefürchteten Kolo, welche Ost-Tibetaner und vor Allem erbitterte Feinde der Chinesen sind, übrigens blos vom Raube leben und selbst nicht immer durch die Heiligkeit der Priester sich von der Plünderung der tibetanischen Karawanen abhalten lassen. Von jenem Lager am Fufse des Bayankharat an erreichten sie bald das Ufer des Murui ussu (der gewundene Flufs) oder des oberen Yang- tsekiang, den sie auf seiner Eisdecke überschritten. Bis dahin war die Karawane noch zusammengeblieben, nun löste sich Alles auf; die, welche Kameele hatten, eilten den langsameren Yak voran. In den Gebirgen, die nun zu ersteigen waren, erreichten die Leiden der Rei- senden den höchsten Grad, da die Beschwerden des Weges durch Eis und Schnee, die Erschöpfung der Lastthiere, die fast unerträgliche Kälte und den schneidenden Nordwind noch unendlich gesteigert wurden. Nach mehreren Tagen kamen sie an das höchste dieser Gebirge, Tantla, dessen Abhang sie sechs Tage lang über amphitheatralisch sich erhe- bende Ketten erstiegen, bis sie endlich eine grofse Hochfläche erreich- ten, die sie für die höchste Asiens hielten. Ueber diese zogen sie 12 Tage lang fort, zum Glück bei stillem, sonnigem Wetter, und fan- den die Luft sehr dünn. Vom Rande dieser Hochebene war eine wun- dervolle Aussicht über die spitzen Piks der von ihm ausgehenden Ge- Ueber Huc und Gabet’s Reisen in Ost- Asien. 233 birgsketten; dann stiegen sie vier Tage lang den Abhang über meh- rere sich folgende Ketten hinab und fanden am Fufse des Gebirges grofse, heifse Mineralquellen. Von da an senkte sich das Land immer mehr, die Kälte nahm ab, man erreichte endlich Ebenen mit Weide- boden und die ersten tibetanischen Hirten, die den erschöpften Reisen- den, welche zwei Monate lang blos von Thee und Gerstenmehl gelebt hatten, Fleisch verkauften. Dann ging der Weg noch mehrere Tage durch Thäler, in denen tibetanische Hirten ihre Yakheerden weideten, bis sie das erste Dorf am Flusse Naptschu (Khara-Ussu mongolisch, oder Schwarzwasser), der ohne Zweifel der obere Lauf des Suktschu ist, erreichten; hier wird noch kein Landbau getrieben. Der felsigen Gegenden halber, die sie nun zu durchschneiden hatten, mufsten sie ihre Kameele gegen Yak vertauschen; der Weg nach Lhassa, noch 14 bis 16 Tagereisen, war immer noch sehr beschwerlich, namentlich die "Passage durch die Bergkette Koiran, allein das Land doch allenthalben bewohnt von nomadisirenden Hirten; erst einige Tagereisen von Lhassa beginnen Felder und statt schwarzer Zelte Wohnhäuser, und am fünf- zehnten Tage nach dem Dorfe am Naptschu kamen die Geistlichen nach Pampu, das die Pilger als die Vorhalle der heiligen Stadt Lhassa betrachten, an einem grofsen Flusse, der zur Bewässerung der schönen Ebene dient; es fiel ihnen auf, dafs die Flüsse hier (Ende Januar) nur eine leichte Eisdecke hatten und Niemand Pelzkleider trug. Von Pampu aus brauchten sie 9 Stunden, um einen sehr steilen Berg zu ersteigen, „dessen Erkletterung dem Pilger Sündenvergebung erwirbt“, und als sie die andere Seite herabgestiegen waren, breitete sich Lhassa mit seinen flachen Dächern, Thürmen und Tempeln, von schönen Bäumen umge- ben, vor ihnen aus. Am 29. Januar 1846 zogen sie in die Stadt ein, 74 Tage nachdem sie den Fufs des Gebirges Burhanbota erreicht hatten. In Lhassa fanden sie eine sehr freundliche Aufnahme, und es ge- lang ihnen, Eingang bei den Einwohnern und einige derselben für ihre Religion zu gewinnen. Dies und ihr Verkehr mit den Angesehensten der Stadt erregte jedoch den Argwohn und das Mifstrauen des Bevoll- mächtigten der chinesischen Regierung, des aus dem englischen Kriege woblbekannten Mandarinen Kischan, der nach Gützlafis Angabe bald nach Huc’s Abreise aus Tibet zum Statthalter von Ssetschuen ernannt - ist *), und dieser erzwang ihre Abreise aus Tibet in Begleitung einer kleinen Abtheilung chinesischer Soldaten. Bei dieser Gelegenheit folg- ten sie der von der chinesischen Regierung zur Erhaltung ihres Ein- _ flusses auf Tibet angelegten Etappenstralse, die von Lhassa gegen Osten nach Ssetschuen führt. Bekanntlich existirt ein 1786 abgefalstes !) Gützlaft im Journal of the Geograph. Soc. of London XX, 220. 234 Meinicke: chinesisches Routier, in dem diese grofse Heerstrafse geschildert ist und das den Titel Wei tsang thu tschi führt; Klaproth hat es im Now- veau journal asiatique übersetzt und Ritter in sein Werk (3, 190 fi; 252 ff.) aufgenommen. Unsere Reisenden haben es auch in Händen gehabt, ihre Nachrichten zeigen, wie zuverlässig diese chinesische Schil- derung ist, und ich werde im Folgenden daher nur das Neue, das in ihrem Bericht enthalten ist, mittheilen. Sie verliefsen Lhassa am 15. März 1846 und erreichten am ersten Abend Detsindzug (Detsindzong bei Klaproth); der Weg dahin ging durch ein breites Thal mit vielen tibetanischen Meiereien und Gersten- feldern, allein noch herrschte der Winter, Ziegen und Yakheerden be- nagten auf den staubigen Feldern die Stengel der Pflanze Tsingkio. Von Detsindzug führte der Weg in demselben Thale aufwärts, höher aber wird es enger von Bergen umschlossen, der Boden steiniger und sparsamer bebaut. Am Abend blieben sie in Midschukung (Medjugung Klapr.), wo die Ulah (Pferde und Menschen, welche die Dorfbewoh- ner für den öffentlichen Dienst unentgeltlich zu stellen verpflichtet sind), gewechselt werden. Von da kamen sie bald zu dem Ausgange des grofsen Thales und hierauf in eine sehr wilde Gebirgsgegend, wo die Strafse sich zwischen steilen Bergabhängen an Bächen und durch Schluchten hindurch wand; dann erreichten sie, wie gesagt wird, den Strom, dem sie früher von Lhassa her gefolgt waren, wieder (was je- doch augenscheinlich ein Irrthum sein mufs), folgten ihm eine Zeit lang auf besserem Wege und stiefsen dann auf das hohe Gebirge Lum- mari. Der Westabhang desselben war nicht beschwerlich zu ersteigen, desto mühsamer fanden sie das Herabsteigen nach Osten, zwischen Felsen und durch Wälder bei bitterer Kälte und starkem Schneefall. - Von seinem Fufs führte der Weg eine kurze Strecke durch ein enges Thal zur Stadt Giamda, einer volkreichen Handelsstadt, in der viele Zeuge aus Wolle und Ziegenhaar gemacht werden, in einer Gebirgs- gegend, die herrliche Weiden für die grofsen Heerden, allein wenig angebautes Land hat und blos Gerste liefert (des von dem Routier be- merkten Reisbaues geschieht keine Erwähnung). Von Giamda aus führte der Weg vier Tage lang durch ein erstaunlich wildes und ödes Gebirgsland, in dem sie Abends bei den chinesischen Wachthäusern rasteten, denn sie fanden kein Dorf, und nur Hirten lebten zerstreut in den Thälern des Gebirges. Am vierten Tage kamen sie über einen grofsen See, der noch eine dieke Eisdecke trug, zum Posten Atdza; - von da aus hatten sie den gefürchteten Geisterberg Lhari zu überstei- gen,‘der bis zu seinem Fufs mit Schnee bedeckt war. Die Yak wur- den vorausgetrieben, um den Reisenden Bahn im Schnee zu machen; mit unendlicher Mühe erkletterte man den anfangs mälsigen, bald immer Ueber Huc und Gabet’s Reisen in Ost- Asien. 235 steileren Abhang, nicht weniger beschwerlich erwies sich das Hinab- steigen, auf dem der Weg eine ganze Strecke lang über die Fläche eines grolsen Gletschers führte. In einem tiefen Thal mit einem noch mit Eis bedeckten Flusse blieben sie im Dorfe Lhari (den 30. März). Von da kamen sie zum Weiler Tsatschuka, in dessen Nähe ein noch gefrorener See und heifse Quellen lagen, und überstiegen am fol- genden Tage das Gebirge Schorkula (Nub Konla bei Klapr.), das an Höhe und Steilheit mit dem Lhari wetteifert; allein von seinem Gipfel senkte sich der Weg nur wenig und führte mehrere Tage über die Höhe eines mächtigen Gebirgsstockes, wie deren das ganze Land bis an die Grenzen von Ssetschuen erfüllen; enge Tiefthäler, zu denen der Weg längs schauerlicher Abgründe hinabführt, unterbrechen diese Berge; keine Phantasie vermag die Furchtbarkeit dieser Gebirgswege sich aus- zumalen. Erst von Alanto wurde das Land wegsamer; die Strafse führt durch dichten Tannenwald abwärts zu dem grofsen Dorfe Lang- kitsung, das sehr malerisch in einer reichen, gut bebauten Ebene liegt und daher seinen chinesischen Namen Kinkeu (Goldschlucht) führt. Hier mufsten sie drei Tage warten, bis durch vorausgesandte Ochsen in dem Schnee, der das zu passirende Tanda-Gebirge tief bedeckte, Bahn gemacht war; dennoch fanden sie die Beschwerden der Passage des vielen Schnees, der steilen Abhänge und eines eisigen Schneesturms halber entsetzlich. Vom Dorfe Tanda am Ostabhange dieses Gebirges an kamen sie durch die sogenannte Ebene Piampa, — wenn ein Land voll Berge und tiefer Schluchten wirklich Ebene genannt werden kann, — aus ihr, einem Bache folgend, zum Posten Lhadze, dann über das hohe Gebirge Dschackla (Yaming ti schan der Chinesen), das sehr ge- fürchtet ist, allein den früher erstiegenen nicht gleich kam, nach dem Posten Barilang. Von diesem führte ein nicht beschwerlicher ebener Weg zu der kleinen Stadt Schobando, die an einem Berge liegt, von einem schmalen, tiefen Flusse umgeben, und von da ging es durch Gebirge, die mit Tannen und Stechpalmen bedeckt sind, nach dem Dorfe Kiayukiao hoch oben am Steilabhange über dem Thale des Suktschu. Dieser Flufs, der auf den Karten und bei Ritter (3, 225) Omtsiu heilst (was auf einer Verwechselung mit dem Flusse bei Tsiamdo be- ruht), ist wahrscheinlich der oben erwähnte Naptschu und nach chine- sischen Berichten ein Zuflufs des gleich zu erwähnenden Dsatschu, _ während ihn Klaproth für den oberen Lauf des hinterindischen Saluaen _ hält. Er ist hier ein breiter, schneller Strom, der im tiefen Thal zwi- schen zwei Bergketten hinströmt; er hatte kurz zuvor die Brücke fort- gerissen, die Reisenden passirten ihn daher auf einem Flosse. Von da erreichten sie den Posten Wahotschai (Wehotschai Klaproth), wo P 236 Meinicke: starker Schnee fiel; dies erleichterte den Uebergang über das im Osten sich erhebende Hochgebirge, dessen Gipfel eine breite Hochfläche bil- det voller Schnee und Eis; von dieser stiegen sie herab nach dem Posten Ngendatschai und hatten alsdann noch drei Tage auf den furcht- barsten Gebirgswegen zurückzulegen, bis sie die Stadt Tsiamdo, die Hauptstadt der Provinz Kham, erreichten (den 20. April). Sie liegt in einem Thale, von hohen Bergen umgeben, zwischen den beiden Flüs- sen Omtschu und Dsatschu, die sich bald darauf vereinigen und den Yalong kiang bilden, welcher Flufs gewöhnlich für den oberen Lauf des grolsen Stromes von Kambodscha gilt, allein wahrscheinlich der in den Bramaputra fallende Dihong ist. Die Stadt ist volkreich, doch im Verfall, der sandige Boden der Umgegend giebt blos Gerste. In dem grolsen Kloster dabei residirt der Lama Hotuktu, der als der weltliche Beherrscher der Provinz Kham angesehen wird. Die Gegend, welche die Reisenden östlich von Tsiamdo durch- schnitten, ist der im Westen von dieser Stadt sehr ähnlich, doch zeig- ten sich hier bis zum Kinschakiang die Gebirgsbewohner gegen die For- derungen ihrer chinesischen Begleiter weniger gefügig und lieferten die Lastthiere nicht mehr umsonst. Die erste Tagereise führte über hohe Berge, zwischen denen tiefe Thäler liegen, nach Paotun; von da ab sieht man nichts als wilde, fast nackte Kalksteinberge, oft mit schnee- weilsem Marmor, während westlicher blos Granit sich findet. Von Paotun kamen sie über den Posten Bagung nach dem kleinen, mit Wäldern von Cypressen und Stechpalmen umgebenen Dorfe Wangtsa und dann nach Gaya, das in einem gut angebauten Thale liegt. Nicht fern davon ist Angti, wo sie ein starker Schneesturm fünf Tage lang aufhielt; dann überstiegen sie das Gebirge Angti und erreichten die Stadt Djaya, die Residenz eines kleinen Gebirgsfürsten, wie deren in diesen Bergen mehrere sind, der mit dem Hotuktu von Tsiamdo in Krieg lag. Von Djaya. aus war der Weg weniger beschwerlich und die Dörfer zahlreich. Sie erreichten über Adzuthang das kleine Dorf Schepankeu (Chypan Keou Klapr.) oder Schieferthal, in dessen Nähe viele Thonschieferbrüche sind; der Bach des Thales führt Goldsand. Von dort kamen sie nach Kiangtsa, wo sie zum ersten Mal ein mil- deres Klima trafen; hier hatten nur noch die Bergspitzen Schnee, die Abhänge sind weniger steil, die Thäler fruchtbar und mit reicher und üppiger Vegetation bedeckt, — es war klar, dafs man sich einem wirthlicheren Lande näherte. Vier Tägereisen weiter erreichten sie den Kinschakiang (Goldsandstrom), wie hier der Yangtsekiang heifst; er flofs in schmalem Bett zwischen steilen Bergwänden mit heftiger, Eisschollen führender Strömung; sie folgten ihm eine halbe Tagereise abwärts und schifften dann zur Station Tschupalung hinüber. Von da BEER Ueber Huc und Gabet’s Reisen in Ost- Asien. 237 überstiegen sie den rothen Berg und übersahen von seinem Gipfel die reizende Ebene von Bathang, die gegen die Gebirgswüsten umher den schärfsten Gegensatz bildet. Es ist eine grofse Ebene mit so mildem Klima, dafs Hue sagt, er habe hier seit zwei Jahren zum ersten Male Schweils gefühlt und Wärme ohne Hilfe des Feuers empfunden, dabei mit so fruchtbarem Boden, dafs er jährlich zwei Ernten (Reis und alle Cerealien) und alle Früchte der gemäfsigten Zone im Ueberfluls giebt. Die Stadt ist volk- reich, die Einwohner Tibetaner, obschon die Grenze der Provinz Sset- schuen hier schon auf dem Westufer des Kinschakiang liegt; diese tibetischen Distriete stehen unter besonderen, dem Kaiser zinspflichti- gen Häuptlingen. Unter den Tibetanern leben aber hier, wie schon in Kiangtsa, viele chinesische Colonisten, welche hauptsächlich die Land- bauer sind. Aber diese reizende Ebene ist nur eine Oase in den Ge- birgswüsten. Von der Stadt aus reichte sie nur eine Tagereise weit; dann führte der Weg durch eine Schlucht auf eine mit Schnee bedeckte Hochfläche, und über diese kamen die Reisenden unter eisigen Regen- güssen nach Taso (Tasothang Klapr.). Von da ging der Weg durch den schönsten Kiefernwald, den sie noch in Tibet gesehen, nach Samba - (Eyteng samba Klapr.), das in einer hübschen, gut bewässerten Gegend liegt, und drei Tage später erreichten sie die Stadt Lithang (Kupfer- ebene) am Abhange eines Hügels in einer grolsen, allein nicht frucht- baren Ebene, in der man blos Gerste baut. Von da bis zur Stadt Tatsienlu sind acht Tagereisen; das Land ist hier so gebirgig und wild, wie gegen Lhassa hin, Berg folgt auf Berg, Abgrund auf Ab- grund; das Klima ist kalt und rauh, Schnee lag allenthalben in Fülle; noch der Berg vor Tatsienlu war (im Juni) tief damit bedeckt. Doch wurde nach Osten zu das Land immer stärker bewohnt. Eine Tage- reise Ost von dem grolsen Dorfe Makiandsung setzten sie über den breiten und reilsenden Yalungkiang, einen grofsen Zufluls des Yang- tsekiang, dessen Quellen denen des Hoangho nahe liegen. Bei Tatsienlu hört die tibetische Bevölkerung auf, die chinesische beginnt mit ihrer eigenthümlichen Cultur; die Geistlichen verliefsen ihre Pferde und setz- ten die Reise nach Tschingtufu, der Hauptstadt von Ssetschuen, in Pa- lankinen fort. Hiermit schliefst ihr Bericht, der trotz seiner Dürftigkeit minde- stens schwache Andeutungen von der gewaltigen Grofsartigkeit dieser _ Hochgebirgslandschaften giebt. een 238 X. Aus einem Briefe Adolf Schlagintweit’s an Alexan- der v. Humboldt. Kardong in Lah-aul (Kulu), 15. Juni 1856. ... Wir verlielsen Simla Ende Mai, um auf verschiedenen Routen unsere Beobachtungen im westlichen Himalaya von Ladakh fortzusetzen. Mein Bruder Robert begleitete mich durch Kulu bis hierher nach Lah- aul, von hier geht er östlich über Para Lacha-Pafs nach Ladakh, ich selbst gehe mehr westlich nach Zanskar '). Unsere Reise durch Kulu war uns in vieler Beziehung interessant. Der Satelech läuft entlang einer wichtigen geologischen Grenze. Auf der linken östlichen Seite in den kleinen Staaten rings um Simla herrschen metamorphische, aber ursprünglich sedimentäre Gesteine, in denen es uns auch gelungen war, sehr veränderte Petrefacte, marinen Ursprungs, aufzufinden. Auf der rechten westlichen Seite des Satelech- Thales hingegen, in Kulu, treten ganz verschiedene merklich krystallinische Gesteine, Gneifs, wahrer Glimmerschiefer, Chloritschiefer auf, die eine ganz neue Gebirgsgruppe bilden. Das schöne fruchtbare Thal des Bias entlang gingen wir über Sultanpur und über den Rotang-Pafs an der Quelle des Bias nach Lahaul in das Längenthal des oberen Chenab. Die Thalbildung hier im westlichen Himalaya ist sehr verschieden von der Thalbildung im Himalaya von Kemaon und Gharwäl. In dem letztern Theile findet man nur ungeheure Querthäler, die sich von der Wasserscheide des Gebirges in Tibet ununterbrochen nach Süden herab fortsetzen. Im westlichen Himalaya hingegen kommen viele grolse Längenthäler vor, mit breiter eulturfähiger Thalsohle, und auch die Querthäler sind oft weniger steil und eng, als im östlichen Himalaya. Hier in Lahaul, bei 10— 11,000 Fufs Höhe, sind wir so ziemlich aufser dem Bereiche der indischen Regenzeit; das Klima ist hier sehr schön, und das Ge- birge so grolsartig als irgend ein Theil, den wir bis jetzt zu besuchen Gelegenheit hatten. Die Bevölkerung ist tibetanisch und grofsentheils mit Handel beschäftigt. Wir haben hier bereits viele geographische Angaben und Routen gesammelt. Wir waren Alle fortwährend sehr wohl; von meinem Bruder Her- mann habe ich kürzlich sehr gute Nachrichten aus Bissehr (Bissahir) erhalten. Mein Bruder Robert geht morgen nach Ladakh ab. !) Ueber diese Localitäten vergl. W. Schott’s Artikel über Cunningham’s La- dakh im sechsten Bande der Zeitschrift, S. 585 ff. 239 XI. Neue Aufnahmen der Engländer in Assyrien. Von Dr. H. Kiepert. (Hierzu eine Karte, Taf. V.) Bekanntlich ist es das unbestrittene Verdienst eines französi- schen Forschers, des ehemaligen Consuls zu Mosul, Botta, die Blicke des Abendlandes der halbvergessenen, doch unter Jahrtausende langer Zerstörung ‚nicht völlig vernichteten Herrlichkeit der uralten Königs- sitze am Tigris durch planmäfsig geleitete Ausgrabungen wieder zu- gewendet und dadurch der archäologischen Forschung ein neues Feld ältester Cultur eröffnet zu haben. Eben so bekannt ist, dafs dieser verdienstvolle Forscher aulser seinem Landsmanne Place zu fast noch - glücklicheren Rivalen auf anderen Ruinenstätten desselben Gebietes _ britische Forscher, wie Layard und Rawlinson, gehabt hat, und dafs wir diesen und anderen britischen Reisenden zugleich Alles verdanken, was. wir über die topographischen Verhältnisse dieses historisch so wichtigen Bodens jetzt wissen. Als Vorgänger auf diesem Felde ist vor Allen mit wohlverdientem Ruhme der früh verstorbene Consul zu Baghdad, Claudius Rich, zu nennen, dessen mühsam und sorgfältig ausgeführte Aufnahmen der Ruinenfelder von Niniveh und seinen Um- gebungen durch die späteren Untersuchungen von Lynch und Ains- worth nur um Unbedeutendes vervollständigt worden sind ’). Gleich- ‚wohl blieb eine von sachkundigen Männern durch Zeichnung an Ort und Stelle ausgeführte genauere Aufnahme dieses Bodens eines der wesentlichsten Desiderate assyrischer Archäologie, und mit einer sol- chen die gelehrte Welt beschenkt zu haben, ist gewils kein geringes _ Verdienst der Vorsteher der reichsten Sammlung assyrischer Alterthü- mer, der Trustees des britischen Museums. In Folge eines von ihnen ausgegangenen Antrags übertrug die ostindische Compagnie bereits vor _ vier Jahren die Ausführung einer solchen Vermessung dem Comman- .deur in der Bombay-Marine, Felix Jones, der sich dazu als Helfer ‚den Arzt des britischen Consulats zu Baghdad, Dr. Hyslop, zuge- te. Die auf der Hin- und Rückreise ausgeführte trigonometrische, durch zahlreiche astronomische Beobachtungen gesicherte Auf- ‚a E97 Vergl. den auf den angegebenen Materialien und einzelnen topographischen der englischen und amerikanischen Reisenden Badger, Fletcher, Grant, Per- Smith, Shiel u. A. beruhenden, immer noch sehr unvollständigen Versuch eines nbildes dieser Landschaft in des Verfassers Karte der Euphrat- und Tigrisländer Atlas zu Ritters Erdkunde Heft 4, 1852. 240 H. Kiepert: nahme der grofsen Heerstrafse zwischen Baghdad und Mosul wird nach ihrer bevorstehenden Publication neben den grofsen Stromlinien des Euphrat und Tigris die erste geodätisch gesicherte Linie für die Karto- graphie dieser Länder bilden. Der vor Kurzem im zweiten Theile des Jahrgangs 1855 des Journal of the Royal Asiatic Society veröffentlichte Theil bezieht sich ausschliefslich auf das Centralgebiet der altassyri- schen Macht, das Dreieck zwischen dem grolsen Zäb, dem Tigris bis Mosul und dem Rücken des Djebel Maklüb. Von den drei grolsen Kartenblättern, welche das Resultat der trigonometrischen Aufnahmen enthalten, stellt das eine den ganzen bezeichneten Landraum im Mals- stabe von 1:73,000 dar, jedoch nicht mit weiter eingehender Detailli- rung, als dafs nicht der ganze Inhalt des Originals in der vorliegenden Reduction auf + jenes Längenmafsstabes hätte wiedergegeben werden können. Freilich darf eine die Musterblätter europäischer Specialver- messungen erreichende Genauigkeit und Vollständigkeit der Terrain- darstellung von einer Arbeit nicht erwartet werden, die über einen Raum von fast 30 deutschen Quadratmeilen ausgedehnt in dem kurzen Zeit- raume von nur vier Wochen, noch dazu mit häufigen Unterbrechungen durch die anhaltenden Regenschauer des Frühlings, ausgeführt wurde. Einen nicht unbedeutenden Theil dieser Zeit nahmen noch die spe- cielleren Untersuchungen der zerstörten Hauptstädte Niniveh und Nim- rüd in Anspruch, deren Ergebnifs in dreifach gröfserem Mafsstabe als die allgemeine Karte auf den beiden anderen Blättern des Originals und danach verkleinert auf den beiden Cartons unseres Blättchens dargestellt ist. Weit weniger inhaltreich als die Zeichnung ist der be- gleitende ziemlich umfangreiche Text, aus dem wir uns begnügen, die wenigen neuermittelten Resultate der Untersuchung hier kurz zusammen- zustellen. Ein Hauptverdienst der Jones’schen Arbeit ist die genauere Er- forschung und Niederlegung der älteren und zum Theil vorhistorischen Strombetten des Tigris, welcher Flufs bei der starken Biegung, die sein Lauf in der bezeichneten Gegend aus der östlichen Richtung des Oberlaufes nach Süden zu erleidet, an vielen Stellen, unter anderen in der heutigen Stadt Mosul selbst, die Neigung zeigt, die aus weichen Gips- und Mergellagern bestehenden westlichen Uferränder zu unter- spülen und fortzureilsen und somit sein Bett im Allgemeinen nach Westen zu verschieben, während die östlicher gelegenen tieferen Stellen des alten Flufsbettes durch die nur von dieser Seite her aus den Vor- hügeln der kurdischen Gebirge zuströmenden Nebenflüsse allmählich aus- gefüllt werden. So ist, wie die Pläne deutlich zeigen, der Tigris von den einst von ihm unmittelbar bespülten westlichen Wällen der Ruinen- Neue Aufnahmen der Engländer in Assyrien. »41 städte Niniveh und Nimrüd immer weiter und weiter zurückgewichen und hat an der Stelle seines ehemaligen Laufes nur sumpfige Wiesen- strecken hinterlassen, welche nur ab und zu durch die Fluthen hoher Frühjahrsüberschwemmungen unter Wasser gesetzt werden. Da das Tigriswasser nicht wie das des Euphrat und Nil zum Trinken geeignet ist, so war es die vorzüglichste Sorge der alten Be- wohner Assyriens, die kleineren Sülswasserbäche ihres Landes in ge- regeltem Laufe ihren Hauptstädten zuzuführen. Am leichtesten war dies Geschäft bei der Hauptstadt Niniveh selbst, deren Boden seiner Breite nach heutzutage wie in vorhistorischer Zeit von dem perenni- renden Flüfschen Khöser durchströmt wird, dessen Gewässer zugleich, wie die jetzt aufgefundenen Reste alter hydraulischer Bauten zeigen, zur Füllung des die Stadt umgebenden, theilweise in Stein gehauenen Grabens benutzt und in einzelnen Canälen durch die Stadt verbreitet wurden. Schwieriger war die Zuleitung von Wasser in die südlicher gelegene Stadt, die von den heutigen Arabern mit dem Namen Nim- rüd bezeichnet wird, da das unmittelbar anstofsende kurze Thal Schör _Dere nur im Winter und Frühjahr Wasser enthält. Frischeres Gebirgs- "wasser boten hier in nicht grofser Entfernung der grofse Zäb und sein nördlicher Nebenflufs Ghäzir; aus beiden wurde es mittelst eines über 6 deutsche Meilen langen, an einzelnen Stellen bis zu 40 Fuls Tiefe durch den harten Muschelkalkstein gehauenen Canals in sehr gewun- denen, von der geschicktesten Benutzung des Terrains zeugenden Cur- ven zur Stadt geleitet, ein Werk, das durch Jones’ Aufnahme zum ersten Male aufgedeckt worden ist. Zu den bereits mit grofser Sorgfalt ausgeführten Messungen älte- rer Beobachter, besonders Richs, über die Mafsverhältnisse der bedeu- tendsten Ruinenhügel fügt die neue Untersuchung nichts Wesentliches "hinzu; als definitiv festgestellte Zahlen durchaus in englischem Mals geben wir hier die Höhe des gröfsten, unter dem Namen des Dorfes von Koyundjyk bekannten Hügels von 96 Fufs über dem Spiegel des _ vorbeifliefsenden Khöser, während die des kleineren Hügels Nebi Jü- nus nur wenig dahinter zurücksteht ') und die des Hügels von Nim- rüd nur 73 Fufs über dem niedrigsten Wasserstande des Tigris be- trägt. Die Höhe der Stadtmauer gegen den durchschnittlich 200 Fuls !) Interessant ist die von Jones angestellte Berechnung des kubischen Inhalts dieser beiden, wie alle alten Nachgrabungen zu bestätigen scheinen, durchaus künst- 'h aufgeführten Hügel zu resp. 144 und 6} Millionen Tonnen, woraus er den Schlufs eht, dafs die Aufführung derselben durch eine Arbeiterzahl von nicht mehr als ‘000 Mann die Zeiträume von resp. 120 und 54 Jahren erfordert haben würde. > Zeitschr. f. allg. Erdk. Nene Folge. Bd. 1. 16 242 H. Kiepert: breiten, in den harten Sandstein gehauenen Graben beträgt, wo sie am vollständigsten erhalten ist, 46 Fufs, ihr Gesammtumfang 39,600 Fuls (= 38,500 rhein. Fufs oder etwa 16,000 Schritt, etwas über 13 deutsche Meilen), der Flächeninhalt des so umschlossenen Raumes 1800 englische Acres (513,000 ORuthen), ein Flächenraum, der, um eine bequeme Vergleichung mit dem Umfange bekannter Städte des Orients und Oceidents zu ermöglichen, fast genau dem des heutigen Kahirah mit seiner auf 300,000 Einwohner geschätzten Bevölkerung gleichkommt, oder 2 des Umfanges von Rom innerhalb der aureliani- schen Mauern oder der Hälfte des Areals, welches jetzt Berlin mit sei- nen Vorstädten einnimmt. Wir schliefsen diesen kurzen Auszügen aus dem englischen Origi- nal einige Bemerkungen an, die sich auf die Wahrscheinlichkeit der Angaben über die Gröfse Ninivehs beziehen. Bei der, wie aus den angeführten Beispielen und anderen hervorgeht, durchaus nicht sehr un- gleichartigen Gedrängtheit der Bevölkerung orientalischer und europäi- scher Hauptstädte läfst sich somit für den mit Wällen umgebenen Um- fang des alten Niniveh keine gröfsere Bevölkerung als die des heutigen Kahirah voraussetzen, womit jedoch die traditionellen Angaben über die ungeheure Ausdehnung und Menschenmasse der assyrischen Hauptstadt in grellem Widerspruch stehen. Am leichtesten läfst sich jedoch der- | selbe beseitigen in der einen Zahlenangabe, welehe die unter dem Na- men des Propheten Jonas unverdienter Weise in den Kanon gekom- mene spät jüdische, doch gewils auf diesem Boden des Tigrislandes entstandene Legende uns liefert. Aus der in den Schlufssätzen dersel- ben enthaltenen Angabe von 120,000 Menschen in Niniveh, die nicht rechts und links zu unterscheiden wissen, das heifst von unmündigen Kindern, die das göttliche Strafgericht nicht verdienten, hat man wohl nicht mit Unrecht auf eine Gesammtzahl von 6— 800,000 Einwohnern geschlossen. Gewils wird eine solche auch aufserhalb der erhaltenen Stadtmauern in den weitläuftigen Vorstädten Platz gefunden haben, die sich in der Blüthezeit des assyrischen Reiches sicher längs des Tigris auf- und abwärts, so wie in dem Thale des Khöser ausbreiten mufs- ten, ohne noch bei der weiten Entfernung eines äufsern Feindes eine künstliche Schutzwehr durch Wall und Graben zu bedürfen. Auf diese lange Erstreckung des bebauten, zur Stadt gehörigen Raumes, wie sie namentlich längs der grofsen Verkehrsader des Stromes nach vielfälti- ger Analogie natürlich ist, wird man ohne Zwang die drei Tagemärsche deuten dürfen, welche eben jener angebliche Prophet Jonas innerhalb Niniveh zurücklegt. Nichts beweist gegen diese Annahme das Beispiel der ungeheuren, durch Fresnel’s und Oppert’s jüngste Lokaluntersu- chungen vollkommen bestätigten Umwallungen von Babylon. Denn en Neue Aufnahmen der Engländer in Assyrien. 243 diese kolossalen Werke gehören der letzten Blüthezeit jenes südlichen Euphratreiches unter Nebukadnezar an, wo die schon drohende Nähe der feindlichen Meder die Befestigung der Hauptstadt gegen ihre An- griffe erheischte. Wenn nun aber als einziger Zeuge für eine an Gröfse den Umfang von Babylon noch übertreffende, die Länge von 480 Sta- dien (12 deutsche Meilen) erreichende Ummauerung der alten Ninos der von Strabon und anderen angeführte Ktesias auftritt, ohnehin ein Schriftsteller von zweifelhafter Glaubwürdigkeit und einer Zeit ange- hörig, in welcher der Glanz jener assyrischen Vorzeit nur noch als dunkle Sage fortlebte: so waren wir in der Ungewifsheit, ob dieser Grieche je mit eigenen Augen den Schauplatz jener Geschichten er- blickte, wohl berechtigt, die ganze Angabe für eine der zahllosen Uebertreibungen griechischer Neigung zum Wunderbaren zu rechnen. In der That ist die vollkommene Bestätigung dieses Zweifels eins der erheblichsten, wenn auch nur negativen Ergebnisse der genaueren Durchforschung jener Gegend durch unsere öfter angeführten Gewährs- männer, bei welcher in der weit ausgedehnten, nur leicht welligen Ebene auch nicht die geringsten Spuren weiterer Wälle oder Stadt- mauern aulser den oben erwähnten der einzelnen Ruinenstädte Niniveh, Selämieh, Nimrüd, Khorsabäd ') aufgefunden werden konnten. Als einzige Denkmäler assyrischen Alterthums in jenem weiten Umfange wurde eine Fülle vereinzelter Ruinenhügel von konischer Gestalt und sehr verschiedener Höhe (von 20 bis 80 Fufs wechselnd) ermittelt, die sich bei genauerer Durchsuchung als ursprüngliche Backsteinpyramiden ergaben, welche dem Einfluls der Regen von Jahrtausenden ihre jetzige Verwitterung und abgerundete Gestalt verdanken ?). Wir haben somit die Befriedigung, die Träumereien der ortho- doxen Rabbiner der englischen Hochkirche von einem über die ganze Ebene bis zum Djebel Maklüb ?) ausgedehnten Areal der alten assyri- schen Hauptstadt, in welcher sie ihren Pseudo-Jonas beliebige Tage- reisen weit spazieren führen können, durch des wackern Jones hand- greifliche Gründe auf ihr eitles Nichts zurückgeführt zu sehen. !) Die letzten beiden zeigen, wie auch von Jones richtig bemerkt worden ist, durch ihre regelmäfsig viereckige Gestalt die jüngere Zeit ihrer Entstehung. 2) Sie sind über 60 an der Zahl auf der Karte eingetragen, zu deren trigono- _ metrischer Grundlegung sie als bequeme Signale gedient haben. | 3) Diese Kalksteinkette von 2000 Fufs Höhe wird von einem dieser Schwär- mer allen Ernstes für den östlichen Wall von Niniveh ausgegeben. 16 * 244 X. Geschichtliche und geographische Notizen über Californien. Von Karl Andree. Zweiter Artikel. Fremont hat in seiner geographischen Beschreibung Californiens das Land im Westen der Sierra Nevada mit Italien verglichen, mit dem es allerdings in Bezug auf Flächenraum, Klima und Erzeugnisse manche Aehnlichkeit darbietet; aber es ist keine auf drei Seiten vom Meere umflossene Halbinsel und hat auch im Binnenlande eine ganz verschiedenartige Gebirgs- und Stromentwickelung. Der Ocean bespült den Staat vom 42. Grade N. Br., von der Pelicanbay, bis zum 32° 28’N.Br., wo etwas südlich von San Diego und der Lomaspitze sich der Tafelberg erhebt. Die Ausdehnung von der Küste bis zur Ost- grenze ist, wie ein Blick auf die Karte zeigt, verschieden. Man hat nicht etwa die Kammhöhe der Sierra Nevada als Grenze angenommen, sondern dem Staate einen Theil des grofsen Binnenbeckens und des Colorado-Stromgebietes einverleibt. So erhielt er einen Flächeninhalt von 188,982 englischen Geviertmiles, oder beinahe 8,900 deutschen Quadratmeilen. Das californische Culturland liegt jedoch westlich von der Sierra Nevada, und auch hier ist nur etwa der dritte Theil für den Ackerbau geeignet, der freilich dort überall reichlich lohnt und namentlich auch in den südlichen Theilen wunderbar ergiebig ist, so- bald man den Boden bewässert. Die bunte Mannigfaltigkeit des Lan- des, die Abwechselung von Hügel, Thal und Ebene, die malerische Landschaft, die Menge kleiner Flüsse und Bäche, und der kräftige Baumwuchs am Abhange der Gebirge, besonders aber in dem Lande nördlich von San Franeisco, wird von allen Reisenden hervorgehoben; sie erstaunten insbesondere über die gewaltigen Fichten, welche sich bis zu einer Höhe von 300 Fufs erheben. Der ganzen Küste entlang, von Santa Barbara nach Norden hin bis zur Grenze von Oregon, lau- fen Höhenzüge, welche das innere californische Thal von dem Gestade trennen, und dem durch seine eigenthümliche Configuration höchst be- merkenswerthen Stromsysteme des San Joaquin ?) und San Sacramento nur eine einzige Verbindung mit dem Ocean frei lassen, vermittelst der nicht minder merkwürdig gestalteten Bay von San Franeisco, welche von Süden wie von Norden her den gröfsten Theil der californischen !) Die Schreibart San Joaquim ist unrichtig. Geschichtliche und geographische Notizen über Californien. 245 Wasser aufnimmt. Beide Ströme fliefsen einander entgegen und ver- einigen sich in einer Deltamündung, bevor sie in die Suisunbucht fal- len; der Sacramento kommt von Norden, wo sich im obersten Theile seines Gebiets der Schastaberg bis zu 14,000 Fufs Meereshöhe erhebt; der San Joaquin fliefst von Süden her; beide empfangen eine unzäh- lige Menge Zuflüsse sowohl von der Küstenkette wie von der Sierra Nevada und sind auf einem beträchtlichen Theile ahnen Laufes schifl- bar auch für gröfsere Dampfschiffe. Dieses etwa 100 deutsche Meilen lange Thal bildet zugleich die berühmte ealifornische Goldregion, die von 40 bis zu 50 engli- schen Meilen breit ist und den Windungen der Sierra folgt. Die zahl- reichen Gefliefse, welche von den schneebedeckten Höhen herabfallen, und die Regenbäche, die gleichfalls tiefe Schluchten in das Gestein ge- rissen und gewaschen haben, lagern eine grofse Masse fester Bestand- theile an den Hügeln ab, welche sich am Fufse des Gebirges gebildet haben. In diesen, und am Ufer wie im Bette der Flüsse und Bäche, ‚liegen die ungeheuren Goldschätze, welche seit Februar 1848 zu Tage gefördert werden; nicht minder kommt das Gold in den Quarz einge- ‚sprengt vor. Dieser letztere wird nachhaltigeren Ertrag geben, als die „Placeres* in den „Canones“ und „Barrancas“, wo man das Gold aus dem Schlamme und Sande wäscht. Nach Blake’s Mittheilungen läuft das goldführende Quarzgestein der ganzen Sierra Nevada entlang in einer Breite von mindestens 10 englischen Meilen; es kann auch bei sehr gesteigertem Betriebe und unter Anwendung der besten Maschinen auf Jahrhunderte hinaus eine jährliche Ausbeute geben, welche der seit- ‚herigen allermindestens gleich kommt. Schon seit vier Jahren wird ‚auf der ganzen Strecke vom Mariposafluls im Süden bis zum Klamath ‚an der Grenze von Oregon im Norden, also auf einer Strecke von ‚etwa 500 englischen Meilen, Gold zu Tage gefördert, und alljährlich, ja allmonatlich werden neue „Adern“ entdeckt, neue „Placeres“ ge- "funden. - Die Production ergab vom Februar 1848 bis Ende des Jahres 1850 laut einem Bericht der Münzstätte zu Philadelphia 63,915,376 Doll. laut den Manifesten der Dampfschiffe 1851 . . . 34,492,642 - Eimer” - - - 1852. . 1... ;45,559,177 x] - en - - - 1853 _.....» 56,560,569.. ı- ei - - - 1854 . . .., 51,282,595 ;- Depositen in der Münze zu San Franeisco vor dem 30. November 1854 . . . sole 225... - lbst für November und ner 1854 . Joe. 43,310,662-- - für 4 Jahre Gold in den Händen der Passa- giere, zusammen mindestens . . 2»... 40,000,000 _- 298,243,538 Doll. 246 K. Andree: Wir schlagen gering an, wenn wir für das Jahr 1855 einen Gesammtertrag annehmen von . . . 60,000,000 Doll. Vom 1. Januar bis 30. Juni 1856 waren allein in New-York aus Californien angekommen ’) . 21,836,847 - Im Juli desselben Jahres kamen in New-York an etwa er we er Binwos nk = Dabei ist noch nicht gerechnet, was von den zurückkehrenden Passagieren nach den Vereinigten Staaten, Mexico, Süd-Amerika, Au- stralien, China und Europa gebracht worden ist; der Betrag dieses Goldes mag ohne Uebertreibung auf 12 Millionen Dollars geschätzt werden. Dazu kommt ferner die Goldmenge, welche seit Jahren über Panamä nach England ging und die Vereinigten Staaten gar nicht be- rührte. Aufserdem sind für Millionen Dollars in der Münzstätte zu San Franeisco geprägt worden und die Landeseinwohner selbst haben für ihren Bedarf in Californien mindestens 6 Millionen zurückbehalten. Nehmen wir an, dafs nach England nur für etwa 10 Millionen Dollars Gold (von 1848 bis Mitte 1856) direet gegangen ist, dafs in San Fran- eisco seit 1855 für 3 Millionen Dollars geprägt worden sind, und rech- nen wir für 6 Millionen im Lande selbst umlaufender Goldmünzen, so erhalten wir für die letztverflossenen 90 Monate eine Goldproduction von mehr als 400,000,000 Dollars, oder im Durchschnitt für das Jahr 50 Millionen. Nichts würde die Annahme rechtfertigen, dafs auf Jahre hinaus der Goldertrag minder ergiebig ausfallen werde, vielmehr deutet, wie schon bemerkt, Alles an, dafs er sich nach und nach um ein Be- trächtliches steigern könne. In den ersten Jahren kannte man ledig- lich Raubbau und Alles war dem Zufalle anheimgegeben; seit länge- rer Zeit verfährt man jedoch in vielen Gegenden bergmännisch und arbeitet mit beträchtlichen Capitalien, und die Zahl der „Quarzminen- Compagnien* wächst allmonatlich. Schon 1854 waren in den vier Counties Shasta, Nevada, El Dorado und Amador 14 Minen in Angriff genommen worden; sie hatten ein Anlagecapital von 793,000 Dollars; aulserdem waren zu Ende 1854 noch 31 andere Quarzminen in den oben genannten Counties, in Calaveras, Plumas, Sierra, Siskiyou und Klamath in Betrieb; alle lohnten reichlich und ergaben mindestens 50 Procent Bruttoeinnahme auf das Anlagecapital. Aufserdem waren in dem genannten Jahre weitere 15 Quarzminen in Angriff genommen worden, und im Ganzen zählte man in den sieben Counties Amador, Calaveras, El Dorado, Nevada, Placer, Sierra und Tuolumne nicht we- niger als 109 Minencompagnien ?). Gegenwärtig beträgt im ganzen’ | | | 1) New York Herald 23. Juli 1856. ü 2) Hunt’s Merchants Magazine and Commercial Review. Vol. XXXII, p. 347, (New-York 1855.) TER" Geschichtliche und geographische Notizen über Californien. 247 Staate die Zahl derselben zwischen 300 und 400; man arbeitet viel- fach mit guten Maschinen, und auch das Goldwaschen wird in man- chen Gegenden von Gesellschaften betrieben, die Dämme bauen und - rationell verfahren. Die neuesten Nachrichten (vom 3. Juli 1856) heben ausdrücklich _ hervor, dafs die Aussichten auf gesteigerten Ertrag höchst günstig seien. So sagt der Shasta Courier: „Seit vier Jahren haben wir keine so günstigen und in so hohem Grade aufmunternden Berichte über den Minenertrag in allen Landestheilen gehabt, als gegenwärtig. Zu nicht geringem Theil liegt der Grund darin, dafs unsere Arbeiter das Gold der Erde nun bergmännisch abgewinnen. Ueberall sehen wir Deiche und Dämme, wo man dergleichen noch vor zwei Jahren gar nicht ‚hatte, und in manchen Placeres, wo man früher nicht eine einzige Unze Gold fand, gewinnt man dasselbe nun pfundweise. Wir sind übrigens der Ansicht, dafs trotz alledem auch jetzt noch die Gewin- nung des Goldes in den Anfängen und in der Kindheit ist.“ Die Zei- tungen melden allwöchentlich von neuen Fundstätten; bei Coon Hollow, _ unweit Placerville, gewannen im Juni 1856 vier Arbeiter binnen drei _ Tagen mit Hülfe eines hydraulischen Apparates für 976 Dollars Gold. In Sacramento-County sind acht „Tunneleompagnien“ in Thätigkeit, und das Gewinnen von Gold aus dem Quarz wird bald den Ertrag der Ausbeute aus den Placeres überflügelt haben ?). Die Besitztitel gaben anfangs zu allerlei Streitigkeiten Anlafs, es hat sich aber allmählich eine Praxis ausgebildet, die man allgemein an- erkennt, und welche auch durch einen Beschlufs der Gesetzgebung be- sondere Gültigkeit erhalten hat. Nur die Unions-Regierung kann unter Umständen Ansprüche gegen Inhaber oder Besitzer geltend machen, thut es aber nicht. Das Recht, irgendwo nach Gold zu graben (to dig), heifst ein Claim, Anspruch. Bei den „Miners* wird in Bezug darauf ein Herkommen beobachtet, demgemäls ein Einzelner von einer „Quarz- ader“* nicht mehr als 100 Fufs in der Länge „claimen“ kann. Die Dinge regeln sich in folgender Weise. Ein Mann entdeckt eine Quarz- ader. Das wird ruchbar; sogleich erscheinen andere Miners, stecken sich jeder eine Front von 100 Fufs ab und gehen ohne Weiteres an die Arbeit. Nun wird dem ersten Entdecker eine Extrafront von wei- teren 100 Fufs zugebilligt und diese bildet seine Belohnung. Nachdem "sämmtliche Antheile abgemarkt worden sind, wählen Alle, welche bei ‚der neuen Fundstätte arbeiten, einen Recorder, und dieser verfalst eine rkunde, in welcher sämmtliche Claims verzeichnet sind; sie wird als weisdocument beim Countyschreiber niedergelegt. Dergleichen Ur- !) New York Herald, 29. Juli 1856, $. 234. 248 K. Andree: kunden haben, laut einem Beschlusse der Gesetzgebung, dieselbe Gül- tigkeit, wie alle Actenstücke, welche von öffentlichen Beamten aufge- nommen werden. Der Inhaber eines Claims kann übrigens denselben verkaufen, und der Verkaufstitel ist nie anzufechten. Für manchen derartigen „Anspruch“ werden wohl Tausende von Dollars gezahlt, während andere keinen Thaler werth sind. Der Erfolg entscheidet ?). Es ist in der neueren Zeit dargethan worden, dafs die mexieani- sche Regierung schon im vorigen Jahrhunderte vom Vorkommen des Goldes in Californien Kunde besals; sie glaubte indessen den Bergbau in jenem fernen Lande nicht aufmuntern zu müssen. Der bekannte englische Seefahrer Capitain Shelvoke erhielt 1790 in einem californi- schen Hafen etwas Erde, die ihm Goldstaub zu enthalten schien. Pro- ben cealifornischen Goldes wurden vor nun etwa 10 Jahren, kurz vor dem Ausbruche des Krieges mit den Vereinigten Staaten, in der Stadt Mexico von den Behörden vorgezeigt, aber nur einzelnen Privatleuten. Ein Mitglied des Congresses erhielt den Auftrag, über das Vorkommen des Goldes in Californien einen Bericht zu erstatten; es verlautete da- mals, dafs in der Nähe von Los Angeles sehr ergiebige Placeres vor- handen seien. Man gab sich aber gleich nachher alle Mühe, die Sache in Vergessenheit zu bringen, um die Nordamerikaner nicht noch gie- riger nach dem schönen Lande zu machen ?). Unser Landsmann Adolf Erman, der auf seiner Reise um die Erde auch Californien besuchte, schrieb am 8. December 1829 bei San Francisco folgende Stelle in sein Tagebuch: „Die hier durch Verwitterung in eine gelbe erdige Masse übergehenden Talkgesteine und der hier so häufige Magnetsand erinnern an das Vorkommen des Goldes am Ural; und wenn man noch die durchsetzenden Quarzgänge und Stöcke hinzunimmt, so wird die Analogie der Verhältnisse noch bedeutender und verdiente wenig- stens einen Waschversuch. Ich schlug dem Capitain Chramtschenko (einem Beamten der russisch-amerikanischen Handelscompagnie, der die Corvette Helena führte) vor, einen solchen zu veranlassen; denn da man wohl sicher auf Uebereinstimmung der geognostischen Beschaf- fenheit zwischen San Francisco und dem benachbarten Fort Ross rech- nen könne, so würde die Auffindung des Goldes für die russisch-ame- rikanische Compagnie von directestem Nutzen sein.“ Neunzehn Jahre später wurde bei Sutters Mühle Gold gefunden und der Scharfsinn des deutschen Gelehrten in glänzender Weise bestätigt ?). ?) Gold Mining Operations, in Hunt’s Merchants Magazine, October 1855, S. 445 ff. 2) Brantz Mayer, Mexico; Aztec, Spanish and Republican. Hartford 1854. Vol. II, p. 395. 3) Californiens Gegenwart und Zukunft von J. Hoppe. Nebst Beiträgen von Geschichtliche und geographische Notizen über Californien. 249 Californien wäre jedenfalls auch ohne die Goldentdeckung aus sei- nem langen Schlafe erweckt worden, aber die Entwickelung hätte eine ungleich längere Zeit gebraucht und würde einen mehr normalen Ver- lauf genommen haben. Seitdem die Nordamerikaner einmal entschlos- sen waren, sich an der westlichen Küste zu behaupten und Oregon um jeden Preis in Besitz zu nehmen, konnte auch Californien den Ein- flüssen eines so unternehmenden Menschenschlages nicht lange mehr entzogen bleiben. Der Besitz des oregonischen Gestades war ohne Zweifel sehr werthvoll; die Mündung des Columbia liegt jenen der chinesischen Riesenströme gegenüber und zeigt nach Japan. Aber das Hinterland der Region am Pugetsunde, wie jenes am Columbia, hält keinen Vergleich aus mit dem südlicher gelegenen Californien, dessen Küsten leicht zugängig sind und das eine ungleich vortheilhaftere Welt- lage hat. Das „goldene Thor“, welches den Eingang zur Bucht von San Franeisco bildet, ist in der That eine Pforte, durch welche der Verkehr von und nach Asien eröffnet wird. Dieses Wasserbecken hat in keinem anderen Erdtheile ein Nebenstück, und steht in der That einzig da. Man werfe einen Blick auf die Karte. Die „Chrysopylen“, in welche der Schiffer zwischen der Punta Bonita und der Punta de los Lobos einfährt, eröffnen ihm den Zugang vermittelst eines Fahr- wassers, das auch für die gröfsten Schiffe eine mehr als hinreichende Tiefe besitzt; sie ist nirgends geringer als 5 Faden, durchschnittlich beträgt sie aber mehr als 16 Faden. Die vorliegende Barre, welche sich allmählich in Form eines Bogens weiter hinaus in die See gescho- ben hat, legt den Fahrzeugen keine Schwierigkeiten in den Weg und bietet keine Gefahren; sie können unter Benützung der Strömungen an jedem Tage im Jahre mit gleicher Leichtigkeit ein- oder ausfahren. Die mittlere Einfahrt zur Bay liegt in 37° 48’ N. Br., 122° 30’ W.L. von Greenwich. Die „Pforte“ selbst ist etwa 5 Miles lang und durch- schnittlich 1 Mile breit. Am östlichen Eingange dehnt sich von Nor- den nach Süden der herrliche Wasserspiegel aus, in einer Länge von reichlich 70, einer Breite von 10 bis 12 Miles. Man hat seine Con- figuration wohl mit unserer germanischen Ostsee verglichen, und aller- dings erinnert sie, freilich in etwas entfernter Weise, an unser nordi- sches Binnenmeer. Die südliche Abtheilung umfalst etwa zwei Drittel der ganzen Länge und die überwiegende gröfsere Fläche dehnt sich nach Süden hin; sie bildet die Bucht von San Franeisco im enge- ren Sinne. Nach Norden hin, jenseits der Spitzen San Pablo und San _ Pedro, liegt die von jener Bucht topographisch beinahe abgeschlossene A. Erman über die Klimatologie von Californien und über die geographische Ver- breitung des Goldes. Berlin 1849. S. 98. 250 K. Andree: San Pablo-Bay, welche nach Osten hin vermittelst der etwa eine Meile langen und bis zu 10 Faden tiefen Carquinez-Stralse und aus der Vallejobucht das Wasser der Suisunbay aufnimmt; diese ist die nordöstliche Abtheilung des grofsen Binnenspiegels und in sie fallen die beiden einander hier begegnenden Zwillingsströme, nachdem sie ein vielfach verschlungenes Delta, das Slough (Morastloch), ge- bildet. Diese Deltamündung des San Saeramento und San Joaquin liegt etwa unter der Breite von Lissabon. Die Entfernung vom Ocean bis zum nordöstlichen Winkel der Suisunbay beträgt, wenn man dem Fahrwasser folgt, etwa 60 Miles. Bis Benieia an der Nordseite der Carquinezstralse können auch die gröfsten Seeschiffe fahren; dort hat die Unionsregierung Seearsenal und Schifiswerfte angelegt. Jenseits ist das Wasser theilweise nicht tief genug für grofse schwer beladene Fahrzeuge, und einzelne Deltamündungen des San Sacramento sind wegen der Verschlammungen und Sandbänke gar nicht oder nur schwer practicabel. Das Land, welches im Norden die Pablo- und die Suisun-Bay umgiebt, ist wohl bewässert von vielen Flüssen und Bächen, z. B. vom Suisun, Napa, Sonoma und Petaluma. In die Thäler derselben hat sich nach und nach eine nicht unbeträchtliche Menge von Ansiedlern gezogen, welche ausschliefslich einen sehr lohnenden Ackerbau treiben. Diese Agrieulturgegend liegt abseit von dem Zuge, welchen der grolse Verkehr nimmt. Die Hauptstrafse zum Innern bildet der San Sacra- mento; in ihn münden, als belebte Nebenstrafsen, der Puta, der Rio de los Americanos, der Federflufs, der Butte und viele andere; Haupt- zuflüsse des San Joaquin sind der Mokelumne, Calaveras, Stanislas und Tuolumne. In diesen Flufsthälern wurden schon Hunderte von Ortschaften gegründet, die theilweise bereits zu bedeutenden Städten herangewachsen sind, wie San Sacramento, Marysville und Nevada nach Norden, Stockton und Sonora nach Süden hin. Mittäglich von der Pablo- und der Suisun-Bay und im Osten der eigentlichen San Franeisco - Bucht liegt der Bezirk Contra Costa, eine gebirgige Gegend, in welcher der Monte Diablo sich nach neue- ren Messungen bis zu 3960 Fuls (nach früheren 3770) erhebt. Berge und Hügel, meist bewaldet, wechseln mit niedrigerem wellenförmigen Gelände ab, und der Küste entlang zieht sich ein mehrere Miles brei- ter Marschboden, der sich bis hoch in das Thal von San Jose fort- setzt. Im Westen der Bay liegt die Halbinsel San Franeisco, ein Di- striet von etwa 30 Miles Länge und 16 Miles Breite, dessen vom Ocean bespültes Ufer unfruchtbar und kalt ist, während die innere Seite ein mildes Klima hat und den Anbau reichlich lohnen würde; seither wird der Boden vorzugsweise für die Viehzucht benutzt. Das A ee Sn " = v " F b ” % t a Geschichtliche und geographische Notizen über Californien. 251 Land am Südende der Bucht, am Guadalupe, der dort mündet, die Gegend, wo die Städte San Jose und Santa Clara liegen, bildet eine höchst anmuthige, fruchtbare und gesunde Gegend; man bezeichnet sie mit Recht als Kornkammer und Obstgarten für San Franeiseo. Wei- zen giebt die Aussaat achtzigfach zurück, Mais anderthalbhundertfältig, Kartoffeln erreichen ein Gewicht bis zu acht Pfund und sind dabei äulserst schmackhaft; Möhren werden drei Fuls lang, Kohlköpfe wach- sen bis zu einem Durchmesser von zwanzig Zoll. Bei den Indianern gab es eine Sage, der zufolge die Bucht von San Franeisco einst ein Sülswassersee gewesen sei; aber bei einem Erdbeben habe sich das Küstengebirge geöffnet, das Meer sei in’s Land geströmt, und seitdem habe die Bay ihre gegenwärtige Gestalt. Das überschüssige sülse Wasser sei durch die Thäler von San Jose und Santa Clara nach Süden hin abgeflossen und in der Bucht von Mon- terey dem Ocean zugeströmt. Die Stadt San Francisco, der wichtigste Hafenort und der be- deutendste Handelsplatz an der gesammten Westküste Amerika’s, war noch nicht vorhanden, als die Nordamerikaner die alte Hauptstadt der Azteken eroberten und „in Montezuma’s Hallen Tafel hielten“. Da, wo nun mehr als 70,000 Menschen wohnen, standen im Anfange des Jahres 1848 einige Lehmhütten. Das grofse Emporium liegt in einer keineswegs angenehmen oder fruchtbaren Gegend, nahe der nordöstli- chen Spitze der oben erwähnten Halbinsel (37° 48’ N. Br., 122° 25’ W.L.), zwischen sandigen Hügeln, aber die Rücksicht auf den Han- delsverkehr und die Seeschifffahrt war bei der Gründung mafsgebend. Zwei Miles östlich von der Stadt liegt die kleine Insel Yerba buena; diesen Namen führte auch das armselige Dorf, welches der prächtigen Stadt Platz gemacht hat. Wir gehen hier auf eine Schilderung der letzteren nicht ein, weil wir gelegentlich San Francisco als Welthan- delsstadt näher zu behandeln gedenken, und bemerken nur, dafs der Geldwerth ihrer jährlichen Ausfuhren jenem von New-York nicht nach- steht. San Francisco is the point! schrieb Robinson vor zehn Jahren in seinem oben erwähnten Buche, und der spürende Yankee hat das Richtige getroffen. Zu den interessantesten Thälern in der Nähe des grofsen Wasser- spiegels gehört das Thal des Napa, eines kleinen Flusses, welcher von Norden her in die San Pablo-Bay fällt. Bartlett hat dasselbe im März 1852 besucht und beschrieben '). Er fand dasselbe von einigen !) Personal Narrative of Explorations and Imeidents in Texas, New Mexico, California, Sonora and Chihuahua, connected with the United States and Mexican Boundary Commission, during the years 1850, 51, 52 and 53. By John Russell Bartlett. New York 1854. Vol. II, p. 13 f. 252 K. Andree: fleifsigen Ansiedlern bewohnt, die von der Ortschaft Napa aus einen Dampfer bis nach San Franeisco fahren liefsen. Bei der Ausmündung in die San Pablo-Bay hat das Thal eine Breite von etwa 6 Miles; weiter nach Norden wird es enger und bildet einen grofsen, mit mäch- tigen Eichen bestandenen Park, wie er nicht schöner gedacht werden kann. Das Ganze bildete eine reizende Einöde, in welcher Wohnun- gen nur erst sehr vereinzelt und meilenweit auseinander lagen. Der Reisende bemerkt ausdrücklich, dafs er nur Bäume sah, die schon Jahr- hunderte alt waren, dafs er nirgends jungen Nachwuchs fand, wie denn auch Unterholz ganz fehlte. Er meint, dafs daran das Verfahren der Spanier schuld sei, welche den Boden abzubrennen pflegten, oder dafs wegen der umherziehenden Viehheerden junge Triebe nicht haben auf- kommen können. Die Berge, welche das Thal einschliefsen, sind bis zum Gipfel bewaldet; einzelne Felsenmassen springen in phantastischer Gestalt weit vor. Auf Hügelreihen wachsen rothe Cedern; der Lauf des Napa ist mit Weiden eingefalst. Der Patriarch in diesem wilden Paradiese, der Missourier Yaunt, war vor fünfzehn Jahren in’s Land gekommen und hatte von der Regierung eine beträchtliche Strecke Landes erhalten; er benutzte aber seine 5000 Aecker vorzugsweise nur als Viehweide. Revere hat einen Abrils der Lebensgeschichte die- ses Abenteurers gegeben; so wie er sind und waren Tausende jener Männer, die im weiten Westen ihr Glück suchten. Er hatte unter Jackson in der Schlacht bei New-Orleans mitgefochten, später den Krieg gegen die Seminolen in Florida mitgemacht. Von diesen war er gefangen genommen und bereits an den Pfahl gebunden worden, um abgeschlachtet zu werden. Nur ein Zufall rettete ihm das Leben. Er kam später nach Californien, um Pelzthiere zu fangen, und schiffte mehr als einmal in einem kleinen Boote der Küste entlang. Im Jahre 1836 gelangte er zufällig in die Mündung des Napa; das Thal war damals nur von Indianern bewohnt. Bei dem Stamme der Caymas suchte der alte Trapper eine Ruhestätte, weil in seiner Jugend eine Wahrsagerin ihm prophezeiet hatte, dafs er einst in einem fern gele- genen Thale Glück haben werde. Alle Jäger sind abergläubig. Yaunt ging nach Monterey, wurde californischer Bürger und erhielt eine Strecke Landes, auf welchem er sich ansiedelte. Mit den Wilden schlofs er ein Bündnifs, errichtete ein Blockhaus, führte die Caymas gegen andere Indianerstämme in’s Feld, und war nach einigen Jahren that- sächlich Beherrscher des ganzen Napathales; die Indianer wurden so fügsam, dafs sie ihm seine Heerden weideten und Holz für ihn fällten, namentlich die werthvollen Eichen und Cedern, die im Unterlande ge- sucht waren. Stämme von 280 Fuls Höhe sind auch in diesem Thale nicht selten; auch hier ist eine Heimath der Riesenbäume. Im oberen Geschichtliche und geographische Notizen über Californien. 253 Napathale liegen Mineralquellen, die Shepard in Silliman’s Journal (November 1851, S. 154) beschrieben hat. Bartlett besuchte die schon mehrfach geschilderten „Geyser* im Plutonthale, ging im April 1852 über San Francisco nach den Queck- silbergruben von Neu-Almaden im Thale von San Jose, das in mancher Beziehung jenem des Napa ähnelt, nur ist es ungleich länger und breiter. San Jose hat eine in hohem Grade günstige Lage und ist Mittelpunkt eines höchst ergiebige Ackerbaubezirkes, dessen Frucht- barkeit wir schon weiter oben angedeutet haben. Der 13 Miles lange Weg nach Neu-Almaden führt durch eine wahrhaft reizende Land- schaft. Die Maschinen für das Quecksilberwerk hatte die Compagnie aus England und den Vereinigten Staaten kommen lassen; Bartlett fand schon sechs Oefen in Betrieb. Das Quecksilber wird in guls- eiserne Flaschen gefüllt, deren jede 75 Pfund enthält, auf Karren bis an den 20 Miles entfernten Landungsplatz gefahren, und geht von da zu Schiffe nach San Francisco. Damals wurde das Pfund mit 60 Cents bezahlt, halb so viel als die Rothschilde für das Quecksilber von Alt- Almaden in Spanien nahmen. Die Qualität dieser californischen Grube liefs nichts zu wünschen übrig. Zu Ende des Jahres 1851 waren ver- suchsweise 1000 Flaschen nach Canton verschickt worden, weil in China immer starker Begehr nach Quecksilber ist. Die Ausfuhr aus San Franeisco stellte sich im Jahre 1853 auf 18,800 Flaschen; sie hatten einen Geldwerth von 683,189 Dollars. Davon gingen nach Hongkong 5642 Flaschen zu 180,272 Dollars, nach Schanghai 812 Flaschen zu 31,199 Doll., nach Canton 366 Flaschen zu 14,125 Doll., nach Wham- poa 300 Flaschen zu 11,500 Dollars. Der Versuch nach China war also lohnend gewesen und hatte eine beträchtliche Nachfrage zur Folge gehabt. Ferner gingen nach Calceutta 50 Flaschen, nach Mazatlan für die mexicanischen Bergwerke 2811, nach eben demselben Hafen und San Blas 255 und 1942, nach Callao in Peru 1800, nach Valparaiso in Chile 1977, nach New-York 1845 und nach Philadelphia 1000 Fla- schen. Wir schliefsen diese Mittheilungen mit nachstehender Tafel, die wir einem Berichte des amerikanischen Seeoffiziers M’Arthur entlehnen. Er war bei der Küstenaufnahme zwischen Monterey und der Columbia- _ mündung thätig; Bache hat die Resultate veröffentlicht '). N. Breite: W. Länge: Punta Pinos bei Monterey . . . . 36° 37’ 30” 121° 58’ 00” "Santa Cruz, Landspitze . . . .. 36 566 0 12 6 30 Bu j 2 !) Notices of the Western Coast of the United States; U. 8. Coast Survey. A. D. Bache, Superintendent. Washington 1851. S.10. 254 Miscellen: N. Breite: W. Länge: Punta Ado muevo . . . 2.07,7.870 41’ 00” 122° 23’. 00” San Pedro, Landspitze . . . » ..37 34 00 422 28 00 Punta Lobos. . . . 37 46 30 122 27 30 Fort Point, Einfahrt nach 8. nee 37 48 20 122..28.,.412 Süd-Roarallonı %, IX Jan Men an 8% 86:80 123 00 00 Nordwest-Faralln . 2. 2 ..2.2.837 44 00 123 8 00 Punta de los Rey . .: 2.......88. 1 30. 14123 2:80 Punta. Tornalesiit . ufeal risk 0 123:- 2:90 Bodega Head Naila sn) Kr RR 423.1... 00 Eort-Ross 1!. u. . 88 1788,00 123 16 30 Blunt’s Riff, ROTEN Mic +144027.:,150 5 IRA OR Cap Mendoeino, Zuckerhut . . . . 40 27 00 124 27 30 False Mendoeino . . 2: 2 2...40.31 00 124 26 00 Eel. River, Einfahrt |. » ».11=. 1%0...540..89 1,30 124 17 00 Table Buff . . . 7 Want AAO 124 13 00 Humboldt-Hafen, Einfahrt ltr 00 re Trinidad-Bay, Ankerstele . . . . 4 5 40 414 5 © Klamath-Flufs, Einfahrt. . . . . 4 34 00 124 1 30 Hafen St. George, Ankerstelle . . 4 43 00 124 4 0 Pelicanbay, Indianerdorf, Ankerstelle 41 55 00 124 4 08. Miscellen. Baumwollen-Production der Vereinigten Staaten von Nord- Amerika. Aus einem in dem Journal des Economistes (Paris 1856, p. 423) befindlichen Artikel über den Baumwollenhandel der Vereinigten Staaten entnehmen wir fol- gende statistische Resultate. Von allen Erzeugnissen des amerikanischen Bodens nimmt die Baumwolle den ersten Rang als Handelsartikel ein. Während vor 60 Jahren nur wenige Baumwollen-Plantagen in Nord- Amerika existirten, sind gegenwärtig eirca 77,000 Plantagen auf einem Areal von 5 Millionen Acres Lan- des in den 12 südlichen Staaten der Union angebaut. Anfangs beschränkte sich die Baumwollen- Cultur nur auf die heifsesten Gegenden, gegenwärtig aber deh- nen sich die Pflanzungen bereits bis zum 37° nördl. Breite aus. Der niedrigste Temperaturgrad, welchen die Baumwollenstaude ertragen kann, sind 60° Fahren- heit oder +12,4° R. Im Januar beginnen die Arbeiten auf den Baumwollen- feldern, und Anfangs August schreitet man zur Ente. Nach dem Census von Dampfschifffahrtsverkehr auf dem Mississippi und seinen Nebenströmen. 955 1850 zählte Alabama 16,000 Plantagen, Georgien 14,578, Mississippi 15,110, Süd-Carolina 11,522, Tennessee 4,043, Luisiana 4,205, Nord-Carolina 2,827, Arkansas 2,175, Texas 2,262, Florida 990, zusammen 73,812 Plantagen, deren Zahl sich bis zum Jahre 1855 nach einem neueren Ueberschlage um etwa 4000 vermehrt hat. Die Total-Produetion beträgt c. 3 Millionen Ballen. Die ersten vier der genannten Staaten, deren Alluvialboden sich vorzugsweise zur Baum- wollen-Cultur eignet, produeiren allein 2 Millionen Ballen. Die Steigerung der Baumwollen- Production in den Vereinigten Staaten er- giebt sich aus folgenden Angaben. Im Jahre 1784 kamen 8 Ballen nach Eu- ropa; 1792: 304 Ballen = 45,600 Livres. 1801 betrug die Total-Produetion 40 Millionen Livres, wovon etwas mehr als die Hälfte ausgeführt wurde; 1811 war die Production 80 Millionen Livres; 1821: 170 Millionen oder 425,000 Bal- len, wovon 125 Millionen exportirt wurden. Im Jahre 1824 erzeugten die Ver- einigten Staaten 509,158 Ballen; 1827: 957,281 Ballen; 1830: 997,845 Ballen; 1831: 1,038,848 Ballen; 1843: 2,378,875 Ballen; 1851: 2,355,257 Ballen; 1852: 3,015,020 Ballen; 1853: 3,262,882 Ballen. Die Berechnung für das Jahr 1855 ist noch nicht abgeschlossen, doch übertrifft die Production dieses Jahres die der früheren bedeutend. Was die Ausfuhr der Baumwolle betrifft, so sind von allen Staaten des alten Continents Frankreich und England die Haupteonsumenten. Beispielsweise wur- den im Jahre 1845 nach England 1,439,306 Ballen, nach Frankreich 359,357 Ballen, nach den nördlichen Staaten Europa’s 134,501 Ballen und in die übrigen Staaten 150,592 Ballen ausgeführt; im Jahre 1854 belief sich der Export nach England auf 1,603,750, nach Frankreich auf 374,058, nach dem Norden Euro- pa’s auf 165,172 und nach den übrigen Ländern auf 176,168 Ballen. Die Hauptausfuhrhäfen für die Baumwolle sind New-Orleans, welches fast die Hälfte der zur Ausfuhr bestimmten Baumwolle befördert, ferner Mobile, Sa- vannah, Charleston, New-York, Philadelphia und Boston. Die Consumtion der Baumwolle in den Vereinigten Staaten selbst giebt für die Jahre 1800 bis 1850 eine dem Steigen der Gesammt-Production analoge Steigerung. Im Jahre 1800 wurden in der Union 500 Ballen, im Jahre 1840 295,193, 1845: 389,006, 1850: 487,769 und im Jahre 1855 593,584 Ballen verarbeitet. —r. Dampfschifffahrtsverkehr auf dem Mississippi und seinen Nebenströmen. Nach dem Railroad Record versahen im Jahre 1851 auf dem Mississippi und seinen Nebenströmen 610 Dampfschiffe zu 134,867 Tonnen den Dienst. Im Jahre 1855 war die Zahl der Dampfschiffe auf 735 zu 191,112 Tonnen gestie- gen. Die Schiffszahl hat in den letzten vier Jahren einen Zuwachs von 20 pCt., ‚die des Tonnengehalts eine Vermehrung von 40 pCt. erfahren. Die auf den Schiffen angestellte Bemannung ist in diesem Zeitraume von 12,412 auf 14,894 Mann gestiegen. (Austria 1856, p. 501.) —r. a2 256 Miscellen : Die Humboldt-Bai in Californien. Die Humboldt Times enthält folgende Beschreibung der Humboldt-Bai: Der Eingang in diese Bai ist in 40° 44’ 46” nördl. Br. und 124° 11’ 14” westl. Länge gelegen, etwa in gleicher Entfernung vom Cap Mendoeino und Tri- nidad Head, zwei hervorragenden Landspitzen der Nordwestküste von Amerika. Von dem Golden Gate bei San Franeisco bis Cap Mendocino hat die Küste im Allgemeinen eine nordwestliche Richtung und einen kahlen und felsigen Charak- ter. Von letztgenanntem Punkte ab nimmt sie eine nördliche Richtung mit einer geringen Neigung gegen Osten, und besteht zwischen diesem Cap und Trinidad Head, einer Entfernung von 40 engl. Meilen, aus einem niedrigen, abschüssigen, sandigen Ufer; weiter nach Norden zeigt die Küste wieder einen felsigen Cha- rakter. Lieutenant Allen, von‘der Marine der Vereinigten Staaten, sagt in seinen Anmerkungen zu der Küstenkarte von Californien: „Dieser Hafen (Humboldts- Bai) ist leicht an einem merkwürdigen rothen Vorgebirge (bluf‘) zu erkennen, das sich dem Eingange gegenüber befindet und 96 Fu/s perpendikulär aus dem Meere emporsteigt, sowie an der Table Bluff genannten Landspitze, die 5 Meilen weiter südlich liegt“. Das erwähnte rothe Vorgebirge ist unter dem Namen Ho- ward Bluff bekannt, indem einer der ältesten Ansiedler der Humboldt-Bai, Ma- jor Howard, sich hier niedergelassen hat. Das einst für die projectirte Hum- boldt-City bestimmte Terrain schlofs sowohl diesen Punkt, als die niedrige Sand- spitze, die sich etwa eine halbe Meile nach Südwesten erstreckt, ein; indessen hat es längst aufgehört, mit dem Namen einer Stadt beehrt zu werden, und heifst jetzt einfach Humboldt-Point. Südwärts von dieser Landspitze wird die Bai wei- ter und dehnt sich bis Table Bluff aus, dessen Entfernung, wie gesagt, 5 Meilen beträgt. Ungefähr 3 Meilen nördlich von dem Eingange, an der Ostseite des Canals, der nach dem Haupttheile der Bai führt, liegt die Stadt Bucksport. Dieser Ort ist zum Importhafen für den Zolldistriet Humboldt erhoben worden; die hierauf bezügliche Acte hat jetzt wahrscheinlich schon die Sanction des Congresses er- halten. Als die dem Eingange zunächst gelegene Stadt ist Bucksport vorzugs- weise zur Station des obersten Zollbeamten geeignet. Der Ort enthält aufser den Privatwohnungen eine Kirche, zwei Hötels, eine Dampfsägemühle, ein Waaren- lager (store), Salons (Spielhäuser?) u. s. w. Auf einer Landspitze hinter der Stadt sind die Kasernen von Fort Humboldt, mit einer herrlichen Aussicht auf die Einfahrt in die Bai und den jenseits sich ausbreitenden Ocean. Etwa 2 Meilen nördlich von Bucksport beginnt die Hauptbai und erstreckt sich in einer 4 bis 5 Meilen breiten Wasserfläche nach Osten, dann aber noch 8 bis 10 Meilen weiter nach Norden, so dafs ihre ganze Ausdehnung gegen 20 Meilen beträgt. Sie läuft parallel mit der Meeresküste, von der sie durch einen 1 bis 2 Meilen breiten Streifen unebenen, sandigen Landes getrennt ist, meist mit niedrigem Fichtenholz bewachsen. Eine Meile von dem Punkte, wo die Bai sich ostwärts erweitert, liegt die Stadt Eureka, mit der Fronte gegen Norden. Sie ist der Sitz des Gerichtshofes von Humboldt County und treibt den gröfsten Holzhandel in ganz Californien. Es giebt hier 7 Dampfsägemühlen, die, wenn sie mit voller Kraft arbeiten, monatlich über 2 Millionen Fufs Bauholz herstellen Ueber die Indianer der Provinz Chocö in Neu-Granada. 257 können. Einige von den Mühlen sind auch mit Polir-, Schindeln- und Latten- A schneide-Maschinen versehen. Ferner hat man hier eine Mahlmühle, nebst Hö- 5 tels, Salons, Detaillistenhandlungen ete. Der Wald zieht sich bei Eureka bis zum Rande der Bai herab, und mit wenigen Ausnahmen läfst sich dasselbe von dem ganzen, zwischen jener Stadt und Union befindlichen Ufer sagen, welche letztere Stadt dagegen auf einem schönen offenen Plateau im nordöstlichen Winkel der Bai liegt. Die Entfernung von Eureka nach Union beträgt zu Wasser etwa 15 Meilen, Lande 8 Meilen. Union ist mit dem Schiffseanal durch einen 2 Meilen lan- gen hölzernen Schienenweg verbunden, der über einen dazwischen liegenden = Sumpf führt und an dessen Ende ein schönes Werft mit Speichern angelegt ist. Es ist eine bedeutende Handelsstadt, aus der die Minen des Salmon, des unteren _ Klamath und des unteren Trinity ihre Bedürfnisse beziehen, und besitzt eine Dampfsägemühle, deren Produete jedoch nur für den einheimischen Verbrauch ausreichen; ferner neue Grofs- und Detailhandlungen, nebst Hötels, Waarenlagern, Apotheken, Schmieden, Pferdegeschirr-, Waflen- und Uhrmacherläden, Zeitungs- Expeditionen, einer Kirche, geselligen Vereinen und dem anderen Zubehör einer aufblühenden Stadt. Der Ort ist im spanischen Styl erbaut, mit einer Plaza, an der die öffentlichen Gebäude und vornehmsten Geschäftslokale gelegen sind. L. a 2 2 b { j Ueber die Indianer der Provinz Chocö in Neu-Granada. Bei der Aufmerksamkeit, welche das Projeet einer Canalverbindung zwischen dem Atlantischen und Stillen Meere vermittelst des Atrato erregt, werden unse- ren Lesern einige Notizen über die in jenen Gegenden lebenden Indianerstimme nicht unerwünscht sein: es ist für das wichtige Unternehmen nicht gleichgültig, ob es inmitten einer friedlichen und dem Handelsverkehr nicht abgeneigten Be- j völkerung ausgeführt werden kann, oder ob ihm erst durch einen Vernichtungs- krieg gegen Urbewohner von unbezähmbarer Wildheit eine gesicherte Grundlage bereitet werden mufs. Der Oberst A. Codazzi, dem wir die neueste und detail- _ lirteste Aufnahme des Isthmus von Panamä und der Provinz Chocö verdanken, _ hat der Originalzeichnung seiner Karte, welche der Minister der auswärtigen An- gelegenheiten in der Republik Neu-Granada, Pastor Ospina, Herrn Al. v. Hum- _ boldt übersandt hat, mannichfaltige und lehrreiche Anmerkungen beigefügt, unter denen sich auch eine Nota sobre los Indios del Choco befindet. Nach Codazzi haben die Reste der alten Bevölkerung, welche in dieser Provinz zur Zeit ihrer Ent- deckung lebte, zum Theil noch bis jetzt ihre Unabhängigkeit behauptet, zum Theil ‚sind sie unterworfen, doch ohne dafs sie ihre alten Sitten und selbst die Nackt- it, in welcher die alten Conquistadoren sie erblickten, aufgegeben hätten; zu gehören die Indianer von Darien, die jetzt Cunas genannt werden, zu die- die Zitaräes, Noänamas und Chocöes. Die Cunas bilden von diesen den nördlichsten Stamm. Sie wohnen auf jeiden Küsten des Golfs von Darien, und steigen von der westlichen nicht sel- über den nicht hohen Gebirgszug im Innern zum Golf San Miguel hinab, Zeitschr. f. allg. Erdk, Neue Folge. Bd.I. 1% 258 Miscellen: um mit Panamä Handel zu treiben. Die auf der Ostküste lebenden stehen mit den Engländern in Verkehr, von denen sie starke Getränke, Waffen und Muni- tion, eiserne Geräthschaften, Halsbänder, Spiegel u. dgl. gegen Lebensmittel, Harz, Gummi und Schildpatt eintauschen; sie sind nämlich im Einfangen von Schild- kröten sehr geschickt. Sie leben nur an den Ufern der kleinen Flüsse, die sich in den Golf von Darien ergielsen, sowol des Fischfangs wegen, als deshalb, weil die Wasserstrafsen ihre einzigen Communicationsmittel bilden. In die Wälder be- geben sie sich nur der Jagd wegen, um ihre Fischnahrung zuweilen mit Fleisch- speisen vertauschen zu können. Sie besitzen Pisang- und Coca-Pflanzungen (plata- nales y cocales), besonders am Rio Arquia, dem nördliehsten Zuflusse des Atrato von der linken Seite. Auch am Juradö, der sich unter 7° 8' N. Br. in das Stille Meer ergiefst, leben ziemlich viel Cunas, die mit ihren Stammgenossen ver- mittelst des Truandö, eines Zuflusses des Atrato, in Verbindung stehen. Die Gesammtzahl der unabhängigen Cunas mag sich auf 2000 belaufen. Südlicher wohnen die Zitaräes, — in zwei Gruppen; die eine hat den Landstrich an den Zuflüssen des Rio Leon, der östlich vom Atrato in den Golf von Darien mündet, bis zur Grenze der Provinz Antioquia besetzt; die andere lebt etwas westlicher an den Flüfschen, welche sich zwischen 7° 5’ und 7° 15’ N. Br. in den Atrato ergiefsen. Sie befinden sich in einem höheren Grade von Abhängigkeit und werden auch häufiger von den Creolen der Provinz Choco be- sucht. Noch weiter südwärts, an den noch in Chocö liegenden Quellen des San Juan, der unter 4° 10’ in den Stillen Ocean mündet, wohnt ein Rest der alten Noänamas, die sich in der gleichnamigen Ortschaft, weiter abwärts am San Juan, in gröfserer Anzahl erhalten haben. Die alten Choeöes endlich haben sich an die Quellen des Rio Baud6, der unter 5° 8’ N. Br. in’s Stille Meer fliefst, und an die Küste des Stillen Oceans zwischen der Mündung des San Juan und der Bai von Cupica zurückgezogen. Ihre Zahl mag sich ebenfalls auf 2000 belaufen. Sie besitzen Pisang- und Coca- Pflanzungen, säen etwas Mais, verfertigen Canoes, die sie bis Panama und an die Creolen der Provinz Choc6 verkaufen, flechten Schilfmatten und verfertigen aus der Rinde des Damagua für sich und die Neger Matratzen, auf denen sie schla- fen. Sie sind ein zugängliches Völkchen, stehen mit den Negern in Handelsver- kehr und erweisen ihnen eine Gastfreundschaft, die oft mit dem schwärzesten Undank belohnt wird. eh. Der Titieaca-See. Dieses merkwürdige Binnenbecken, das heilige Wasser der alten Peruaner, ist jüngst wieder von Gibbon näher untersucht worden. Der See wird durch die Halbinsel Copa Cabana in zwei Hälften von ungleicher Gröfse geschieden; die nördliche ist etwa 32 Leguas lang und hat eine mittlere Breite von 12 Leguas; die südliche Hälfte führt den Namen Guaqui; sie hat 15 Leguas Länge und etwa 7 bis 8 Leguas Breite. Beide Theile stehen durch die etwa eine Legua breite See- Eine amerikanische Expedition zur Erforschung von Afrika. 259 Enge Tiquina in Verbindung. Durch den Titicaca-See zieht die imaginäre Grenz- linie zwischen den Republiken Peru und Bolivia; im Süden und Südwesten stöfst an ihn die peruanische Provinz Chucuyto, im Westen die Provinz Huancane; das übrige Ufer wird von der bolivianischen Provinz Omasuyos gebildet. Die ganze „Laguna“ hat einen Flächenraum von mehr als 600 Geviertleguas, und empfängt eine Menge kleiner Gebirgswässer. Aus der Südecke des Guaqui fliefst der beträchtlich breite Desaguadero ab, welcher nach einem Laufe durch dritthalb Grade in südöstlicher Richtung den See Aullagas bildet. Nach Berichten, wel- che Castelnau erhielt, hat der Titicaca-See eine sehr beträchtliche Tiefe, welche an einzelnen Stellen über 200 Faden, also mehr als 1200 Fufs, betragen soll. Gibbon dagegen bemerkt, die vielen Bergströme führten eine solche Menge von Sand, Schlamm, Kies und Geröll in den See, dafs derselbe allmählich ausgefüllt werde, wie er denn schon jetzt von Jahr zu Jahr sich auf eine bemerkbare Weise verengere. Man könne den Zeitpunkt berechnen, in welchem man nicht mehr sa- gen werde: der Titicaca-See, sondern: das Titicaca - Thal. Bekanntlich hat man neulich in Bezug auf den Genfer See ähnliche Befürchtungen ausgesprochen. Im Titicaca-See liegen viele Inseln; die gröfste ist das Sonnen-Eiland, auf welchem man noch die Trümmer des berühmten Sonnentempels sieht; auch wächst auf demselben noch dieselbe Art Mais, aus welcher die Sonnenjungfrauen Brot für die Incas und die Priester bereiteten. Auf einer anderen Insel stehen die Ruinen des Mondtempels und des Klosters, in welchem die dem Monde ge- weiheten Jungfrauen wohnten. Südlich vom Seeufer liegen die berühmten, mehr- fach beschriebenen Ruinen von Tiahuanaco. Dort erschien der Tradition zufolge _ zuerst Manco Capac, der Gründer der Incadynastie; es unterliegt aber keinem Zweifel, dafs die Gebäude zu Tiahuanaco über die Zeiten der Incas hinaufreichen und der früheren und höher entwickelten Civilisation der Aymaras angehören. _ Die Bauwerke der Aymaras erkennt man auf den ersten Blick an der grolsen Mannigfaltigkeit und Verwickelung in den Einzelnheiten; dagegen sind die Inca- Monumente einfach, streng, prosaisch, und fast immer ohne Sculpturen. An den Werken von Tiahuanaco ist das Symbol der Sonne in verschwenderischer Fülle angebracht; der Sonnencultus ist demnach in Peru älter, als das Reich der In- cas. Am Seeufer liegen noch jetzt viele Dörfer und kleine Städte zerstreut um- her; einst wurde in jener Gegend auch der Bergbau lebhaft betrieben, doch sind nun die meisten Gruben verlassen. A. ü er Fe an a a ie Eine amerikanische Expedition zur Erforschung von Afrika. A; Wir wissen wenig von jenem Theile des westlichen Afrika, den man ge- wöhnlich als Zahn- oder Pfefferküste bezeichnet; die Küste selbst ist von Gal- linas bis Grofs-Bassam und Assini@ im Allgemeinen aufgenommen worden, das - Innere jedoch völlig unbekannt. Es scheint gegenwärtig im Plane der Freunde Liberia’s zu liegen, jene seither unerforschten Strecken Guinea’s zu untersuchen und wo möglich für den Handelsverkehr nutzbar zu machen. Am 8. August I 260 Miscellen: wurde zu New-York eine Versammlung gehalten, in welcher ein Geistlicher, Mor- ris Pease, der sich längere Zeit an jenem Gestade aufgehalten, den Plan zu einer Erforschung von Inner-Guinea vorlegte. Es komme darauf an, sagte er, zugleich die Wissenschaft, den Ackerbau, den Handel und das Christenthum zu fördern, und er hege die Ueberzeugung, dafs die Expedition in diesen Beziehungen gute Früchte tragen werde. Ueber die im Ganzen keineswegs erfreulichen Zustände Liberia’s sprach der Geistliche nicht, aber wir wissen aus anderen Quellen, dafs sich in den liberianischen Niederlassungen kein Aufschwung zeigen will, und dafs sie auch heute, nachdem beinahe 40 Jahre seit der Gründung verflossen sind, noch nicht auf eigenen Fülsen stehen. Die Tercerons und Mulatten bilden eine Art von Aristokratie, welche vornehm auf die Neger herabsicht. Diese selbst, meist ehemalige Sklaven aus den Vereinigten Staaten, haben es bequem gefunden, die afrikanischen Eingeborenen in einen Zustand von Sklaverei zu versetzen. Den Namen freilich müssen sie schon ihrer weilsen Freunde und Beschützer wegen vermeiden, die Sache selbst aber ist leider vorhanden. Herr Pease sprach über das Land zwischen dem 5. und 15. Grade N. Br., das im Süden vom Ocean bespült wird und sich östlich etwa bis zum 15. Grade O.L. von Ferro erstreckt. Er hob hervor, dafs die Quellen des Niger nur etwa 300 Miles östlich von Monrovia liegen, unmittelbar nördlich vom Berge Caffa; dieser bilde den höchsten Gipfel in jener ausgedehnten Gebirgskette, die nördlich und östlich von Liberia sich hinziehe und als Schnee- oder Cong-Gebirge be- zeichnet werde. Die Quelle des Niger sei von jener des St. Paulstromes nur durch diese Kette geschieden. Der Redner schilderte den Lauf des Kowara und dessen „hundert Mündungen“ sammt der Bucht von Benin. In der Region süd- lieh vom rechten Ufer des Niger, der einen weiten Bogen bildet, liegen viele kleine und einige gröfsere Staaten, z. B. Dahome, Aschanti und „Zarribar“ nach Osten hin; was westlich und nördlich von ihnen sich ausdehnt, ist zum grofsen Theile völlig unbekannt. Diese Gegend, fuhr Pease fort, liegt gerade östlich von Liberia, nördlich vom Busen von Guinea und westlich von Aschanti. Aber auch nach Nordosten hin, in den Sudan, mufs die Expedition vordringen. Von dem inneren Lande, südlich vom 10. Grade N. Br., hat aufser einigen liberianischen Handelsleuten Niemand Kunde; diese Kaufleute kommen weithin und unterhalten Verbindungen mit den verschiedenen Stämmen. Die Region zunächst dem Golf, welcher den südlichen Theil Liberia’s bespült, bildet die Pfefferküste; jene wei- ter nach Osten hin die Zahnküste; weiter nördlich liegt die „Gold Region“. Un- mittelbar östlich von Monrovia, den St. Paul aufwärts, nach dem Schneegebirge hin und im Süden desselben, dehnt sich ein offenes Prairieland aus, das grofsen Reichthum an Pferden, Schafen und Rindvieh hat; dort wachsen neben Reis und Gerste auch alle tropischen Erzeugnisse. Diese Gegend bildet ein wellenförmiges, wohlbewässertes Hochland; es ist auch mit Holz bestanden und soll ein ange- nehmes und durchaus gesundes Klima haben. Es eignet sich für den Anbau von Getreide, Gemüse, Obstbäumen; es liefert Palmöl, Camholz, werthvolle Färbe- stoffe, Elfenbein, Baumwolle, Kaffee und Goldstaub. Ich will diese Region mit dem Namen Nord-Guinea bezeichnen. Sie wird ein vortreflliches und werthvolles Hinterland für Liberia bilden. „Die Erwerbung desselben, welche im Zweck der Expedition liegen mufs (!), würde der Regierung von Liberia neue und Eine amerikanische Expedition zur Erforschung von Afrika. 261 wachsende Energie geben, die Bürger zu umfassenden Unternehmungen veranlassen und ihren Wohlstand befördern, während zugleich die Einführung des Christen- thums und der Civilisation, welche die Stämme im Innern lebhaft ersehnen, die- sen letzteren ewig Segen bringen wird.“ -— Bekanntlich sind fast alle Missionäre in hohem Grade sanguinischer Hofl- nungen voll, und es fehlt ihnen Ruhe der Beobachtung und Unbefangenheit der Betrachtung. Man thut deshalb allemal wohl, auf die Ansichten, welche sie äufsern, nur geringen Werth zu legen; man mufs das Urtheil zurückhalten, bis greifbare Erfahrungen vorliegen, und sich stets vergegenwärtigen, dafs bis auf den heutigen Tag fast alle Bemühungen der Missionäre, namentlich auch in Afrika, so gut wie gar nicht der Rede werth sind; diese eifrigen und begeisterten Män- ner wälzen leider nur den Stein des Sisyphus, und nähren sich von einem Jahre in’s andere stets von Hoffnungen, die seither nur ausnahmsweise Verwirklichung erfuhren, obwohl eine solche fortwährend mit grofser Zuversicht prophezeiet wird. Noch unlängst hat ein wohlwollender Mann, der 20 Jahre an der Goldküste ver- weilte, Brodie Cruikshank, uns Mafsstäbe zur Beurtheilung solcher sanguinischen Erwartungen in die Hand gegeben. Der Reverend Pease bemerkt, dafs im Osten der südlichen Abtheilung Li- beria’s und an dem schiffbaren Strome Dubach zwei grofse Länder mit gesun- dem Klima liegen, die wohlhabend und dicht bevölkert sind. Das erste ist das Land Sah-po mit der Hauptstadt Si-kong, die viele tausend Einwohner hat. Unweit derselben befindet sich, nach den Aussagen liberianischer Kaufleute, eine grofse Fabrik von Eisenwaaren, in welcher gediegenes Eisenerz verarbeitet wird, das in jenem Lande in grofser Menge vorkommt. Auch weiter nach Norden hin wird dergleichen gefunden, und chemische Untersuchungen, welche man mit dem- selben in New-York und Boston vorgenommen hat, ergaben, dafs dieses Eisen vollkommen rein ist. Im Lande Sah-po liegen angeblich sechs grofse Städte, fast alle am Ufer des Dubach. - Oestlich an Sah-po grenzt das Land Dey. Es ist noch dichter bevölkert, als jenes; die Einwohner werden als mehr eivilisirt, wohlhabend und unterneh- mend geschildert; sie bauen viel Baumwolle und verarbeiten den Rohstoff; auch verfertigen sie Papier und Eisenwaaren. Von diesen Artikeln sind Muster nach - Monrovia gekommen, wo Pease sie in Händen gehabt hat; das Land selbst ist _ noch nie von einem weifsen Menschen besucht worden. Ex-Präsident Roberts m Liberia hat von den Bewohnern des Landes Dey eine sehr gute Meinung und „hofft viel von der Expedition und einer brüderlichen Diplomatie.“ Der Handel mit den inneren Gegenden hat seither den dorthin verkehrenden Kaufleuten etwa 500 Procent Nutzen abgeworfen; er ist zumeist in den Händen eingeborener und liberianischer Geschäftsmänner. Nach den Häfen der Republik kommen Schiffe aus Grofsbritannien, Deutschland, Dänemark, Frankreich, Spa- nien und Portugal; zumeist ist aber der Geschäftsbetrieb in englischen Händen. Zwischen England und Liberia fährt seit einigen Jahren allmonatlich ein Dampfer, nd es hat allen Anschein, als ob demnächst die Zahl der Fahrten verdoppelt srden solle. Es ist nun, wie Pease wiederholt hervorhebt, die Aufgabe der Expedition, den angegebenen Theil von Inner-Guinea näher zu erforschen, und nicht blos 262 Miscellen: Handelsvortheile, sondern auch das Interesse der Wissenschaft im Auge zu be- halten Der Weg würde von Monrovia aus gerade nach Osten gehen. Manche Stämme unterhalten schon jetzt freundlichen Verkehr mit Liberia; Pease’s Mei- nung zufolge sehnen sie sich nach Civilisation und Christenthum, und kein an- deres Heidenvolk habe eine so ausgesprochene Neigung, sich dem Evangelium zu- zuwenden. Ex-Präsident Roberts ist etwa 150 Miles weit in’s Innere vorgedrun- gen, also auf dem oben angedeuteten Tafellande gewesen, das er für die Anlage von Ackerbau-Colonien vollkommen geeignet hält; diese würden eine beträcht- liche Menge von Baumwolle, Zucker und Kaffee in den Handel liefern können. Die Erforschungs-Expedition werde nur etwa 10,000 Dollars nöthig haben; Dol- metscher könne sie in Liberia erhalten, wo sie zugleich einen Aufsatz vorfinden solle, in welchem Alles zusammengestellt sein werde, was man dort über das Innere weils. Wir müssen dahin gestellt sein lassen, ob die Hoffnungen auf Colonisation und Ausbreitung des Christenthums sich verwirklichen; jedenfalls wird die Ex- pedition von wissenschaftlichem Interesse sein, weil es sich darum handelt, eine Region zu erforschen, über welche wir jetzt nur spärliche Kunde haben. A. Bericht eines Chinesen über die Liu-Kiu- Inseln. Die nachfolgenden Zeilen sind das ursprünglich chinesisch niedergeschriebene, im Shanghai Almanac for 1855 in englischer Uebersetzung mitgetheilte und hier mit einigen Auslassungen deutsch wiedergegebene Reisejournal eines chinesischen Gelehrten, der im Jahre 1853 längere Zeit auf den Liu-Kiu-Inseln verweilte, und im Februar des folgenden Jahres an Bord der „Supply“ nach Schanghai zu- rückkehrte, Der chinesische Reisende war, wie seine Mittheilungen darthun wer- den, ein ziemlich umsichtiger und aufmerksamer Beobachter und sein origineller Bericht kann dazu dienen, das Material, welches die amerikanische Expedition nach Japan über die Liu-Kiu-Inseln geliefert hat, zu vervollständigen. Dem Reisejournal ist die nachstehende Vorrede vorausgeschickt. Die Insel Liu-Kju hat einen Umfang von ungefähr 100 chinesischen Meilen oder etwa 30 engl. Meilen '). Sie wird ein Königreich genannt und hat auf die- sen Rang denselben Anspruch, wie ehedem die Staaten Tang, Si und Seaou Tschu. Die Königswürde ist erblich und die Könige werden mit derselben durch den Kaiser von China belehnt. Daher zahlen sie auch nach China einen Tribut ?); die Ueberbringer desselben passiren die Provinz Fukien auf ihrem Wege nach der chinesischen Hauptstadt ?). Es giebt keine hohe Berge auf der Insel, die ') Grofs-Liu-Kiu ist nach der Karte bei Hawks (Narrative of the Expedition of an American Squadron to the China Seas and Japan) gröfser, nämlich in gerader Linie c. 64 Seemeilen lang; seine Breite wechselt zwischen 2 bis 18 Seemeilen. D.R. 2) Der Tribut wird alle drei Jahre ein Mal bezahlt und zwar in Schwefel, Kupfer, Eisen und Zinn. Die genannten Metalle sind meistens viel weniger gut, als China sie erzeugt. 3) In Peking bleiben sie oft mehrere Jahre und studiren die Sprache, daher Vegetation ist spärlich und kärglich. ‘Wenn ein Reisender, wie ich, von einer Anhöhe auf die stürmisch bewegte See hinabschant, so stellen ihm die auf- und abwallenden Gewässer ein wüstes Schauspiel vor Augen, Wogen und Wolken er- scheinen wie durcheinander gewirrt, der angestrengte Blick vermag sie nicht zu unterscheiden '). Ich gedenke meines Vaterlandes, meiner Heimath, trübe Ge- danken tauchen in mir auf, umsonst erwarte ich ein chinesisches Fahrzeug; sie kommen nicht öfter als zwei Mal im Jahre hierher. Ich habe noch keins ge- sehen. Ein alter Mann, den ich deshalb befragte, sagte mir, dafs, obgleich die Insel von China abhängig sei, doch der Handelsverkehr nur gering sei. Biswei- len kommen hier Schiffbrüchige an’s Land. Sie werden gastfreundlich aufgenom- men und den kaiserlichen Anordnungen gemäfs nach Fukien gebracht. Man lebt hier wie im Exil, nach Briefen aus der Heimath sehnt man sich vergebens. Rück- kehr ist nicht möglich; das Herz erliegt dem Gram, der Schlaf flieht meine Au- gen! Ich schreibe nun, was ich gesehen und gehört habe, um meinen Lesern zu zeigen, dafs es auch unter der gegenwärtigen kaiserlichen Herrschaft nicht an Schriftstellern fehlt, wie ehemals Tung hu, und möchte zugleich damit einen Bei- trag zur Geschichte unseres Landes liefern. Was aber meinen Styl und meine Ausdrucksweise betrifft, so mufs ich bekennen, dafs, wenn diese nach antiken Vorbildern beurtheilt werden sollen, mir die Geschicklichkeit fehlt, den Pinsel zu führen. Im 9. Monat des 3. Jahres der Regierung Hienfong’s. (gez.) Ki, Chronist des blumenbekränzten Flusses. Mitte Juni — so beginnt das Reisejournal selbst — im Jahre 1853 erreichte ich in einem amerikanischen Schiffe ?) Liu-Kiu. Am Morgen näherten sich mehrere Eingeborene in einem Boote und zeigten uns an, dafs ein Beamter aus Napa uns einen Höflichkeitsbesuch abstatten werde. Alsbald sah ich einen etwa 60 Jahre alten Mann an Bord kommen, der eine blaue Tuchmütze, ein Gewand mit weiten Aermeln und Binsenschuhe trug. Ihn begleiteten zwei Dolmetscher, welche in weitärmelige faltenreiche Gewänder von blauer Farbe gekleidet waren und ihr Haar aufgebunden hatten. Ihre Schuhe waren von Holz, in ihren Hän- den trugen sie Stäbe, auf welchen die Namen von Regierungsbeamten eingegraben waren. Da der Capitain die Ausladung von Kohlen in das Dampfschiff beauf- siehtigte, so hatte er keine Zeit, den Besuch zu empfangen, weshalb ich beauf- _ tragt wurde, dies zu thun. Ich lud sie nach der Kajüte ein und fand während der Unterhaltung, dafs sie den nördlichen Dialeet (den Mandarinen-Dialect) spra- chen. Der Beamte hiefs Maou yuh ling. Er hatte nur eine beschränkte Kennt- nifs der Literatur. Obgleich ich ihn zum ersten Male in meinem Leben sah, so _ war er doch sehr erfreut und betrug sich gegen mich wie ein langjähriger Freund. “ Er bat mich, mit ihm in seinem Boote an’s Land zu fahren und fragte mich, Bericht eines Chinesen über die Liu -Kiu- Inseln. 263 die Dolmetscher auf Liu-Kiu den nördlichen oder Mandarinen-Dialeet verstehen. (Diese und die vorhergehende Notiz enthält das obige Reise-Joumal am Schlusse). !) Es scheint, als wenn der Verfasser bei diesem Bilde an einen Vergleich sei- nes fruchtbaren Vaterlandes mit dem weniger fruchtbaren Liu-Kiu denkt. Nach den erikanischen Berichten ist die Vegetation der Insel aufserordentlich üppig, nameut- lich auf der Ostseite des Höhenzuges, der sie der Länge nach durchstreicht. 2) Die Kriegssloop Plymouth kam am 13. Juni auf der Rhede von Napha an. 264 Miscellen: wo ich absteigen würde: Bei dem Lehrer Bettelheim '), war meine Antwort. Nachdem wir gelandet waren, verliefs er mich eilig, und ich wanderte den Strand entlang, indem ich darüber nachdachte, was nun zu thun sei. Auf mein Befra- gen, wo Dr. Bettelheim wohne, sagte man mir, ich würde ihn im Tempel San Yuen Kung finden. Als ich dort ankam, bemerkte ich an jeder Seite des Ein- gangs zum Tempel zwei grofse steinerne Bildsäulen. Darüber stand der Name des Tempels. Ich ging durch zwei Thore und erbliekte dann in der Mitte eines grofsen Hofraums eine Buche, deren Stamm kaum mit den Armen zu umspannen war. Die Zweige breiteten sich aus gleich einem grofsen Sonnenschirm; der Baum war ohne Zweifel sehr alt. In dem östlichen Winkel des Hofes stand eine Sommerwohnung, in welcher zehn bis zwanzig Liu-Kiuaner laut mit einander sich unterhielten. Mitten unter ihnen safs ein Mann in abendländischer Kleidung, den ich für Dr. Bettelheim hielt. Er handelte mit den Eingeborenen um Lebens- mittel für die im Hafen ankernden amerikanischen Schiffe. Nachdem die Liu- Kiuaner fortgegangen, näherte ich mich langsam und‘ erzählte von meiner Reise. Dr. Bettelheim verneigte sich und fragte mich, ob ich einen Brief bringe. Nach- dem ich denselben übergeben und er ihn gelesen hatte, lud er mich ein, herein- zutreten. Ich sagte ihm auf sein Befragen nach meinem Stande, dafs ich Schrift- steller sei. Schreiben, entgegnete er, nützt hier nichts. Hier muls man Geschick- lichkeit besitzen, ein Geschäft abzuschliefsen, und Energie, die Leute zu regieren. Als ich dies vernahm, seufzte ich, beklagte den Tag meiner Geburt und die schwierige Lage, in welche ich gerathen; ich sei aber entschlossen, fügte ich hinzu, mein Bestes zu thun, wie er mir riethe. Das Klima auf Liu-Kiu ist verschieden von dem in China. Im Frühjahr und im Sommer scheint die Sonne aufserordentlich heifs; selbst im Herbste und im Winter ist es zur Mittagszeit so warm wie in China während des Sommers, und nur in den Morgen- und Abendstunden ist es kalt. Fliegen giebt es das ganze Jahr hindurch, selbst in der Nacht vernimmt man unaufhörlich ihr Sum- men. Mehrere Male im Monat weht ein heftiger Wind von der See herüber, dessen Nahen durch dunkle Wolken, welche sich um die Gipfel der Berge sam- meln, angezeigt wird. Dann trifft Jedermann seine Vorkehrungen, sonst würde der Sturm Thüren und Fenster fortreifsen. Als ich am 23. Januar in der Stube bei meinem Wirth am Tische safs und einen Abschnitt aus dem Evangelium des Johannes mit liu-kiuanischen Charakteren abschrieb, ward es plötzlich ganz fin- ster und der hereinstürmende Wind blies die Papiere im Zimmer umher. Wäh- rend Steine und Ziegel gleich Regentropfen herabfielen, stand ich eilig auf, um die Fenster zu schliefsen, aber die Kreuzbalken waren zertrümmert, es ging nicht mehr. Deshalb flüchtete ich mich in mein Schlafzimmer, hatte aber, da es nicht möglich war, Feuer anzuzünden, die übrige Tageszeit viel von Kälte und Hunger zu leiden. Einige Tage hielt der Sturm an und obwohl er nicht so tobte, wie am ersten Tage, so war er doch weit heftiger, als er es in China zu sein pflegt. Der San Yuen-Tempel liegt in Napa. Diese Stadt ist von Schau-li, wo !) Der bekannte englische Missionar Dr. Bettelheim, welcher 1846 sich nach den Liu-Kiu-Inseln begab und dort ununterbrochen 9 Jahre verweilte, ik Bericht eines Chinesen über die Liu- Kiu- Inseln. 265 der König residirt, 12 chinesische Meilen ') oder eine liu-kiuanische Meile ent- - - Schau-li liegt am südlichen Abhange einer Anhöhe, auf zwei Seiten von Föhren- und Cypressenhainen umgeben. Die alten Bäume mit ihren dicht ver- schlungenen Aesten, dazwischen die klaren Bergströme, aus denen durstige Rei- sende unter dem schattigen Laubdach der Waldung sich erquicken, gewähren einen herrlichen Anblick. Die Tempel und anderen Gebäude, die zwar nicht sehr ge- schmackvoll gebaut sind, ziehen doch die Aufmerksamkeit auf sich. Unglückli- eher Weise ist nirgends ein Sessel zu haben, denn die Liu-Kiuaner setzen sich, nach alter Sitte, auf den Boden. Nahe der königlichen Residenz erhebt sich mit- ten auf dem Fulssteige ein steinernes Denkmal, an dessen Spitze folgende, von einem chinesischen Mandarin verfafste Inschrift sich befindet: „Der Staat, welcher ne Fe De ze die Gesetze des Eigenthums schützt.“ Dreihundert Ellen weiter entfernt steht ein anderer Denkstein mit der Inschrift: „Die königliche Residenz des Hügels der Mitte.“ Daneben ist ein Haus, in welchem die Staatsbeamten bei öffentlichen Verhandlungen zusammenkommen. Weiterhin nimmt die Zahl der dicht an ein- ander gebauten Häuser zu, auch sieht man mehrere sehr hohe Tempel. Oben auf der Spitze des Berges liegt die königliche Residenz, deren Thore, eben so wie die Stadtthore, geschlossen gehalten werden. Sie führen die Ueberschrift: „Thore der glücklichen Wohnung“. An der einen Seite steht ein Haus, welches einem Stalle gleicht; es sind wenige Menschen darin, welche Botendienste für die Regierung versehen. Die Staatsbeamten begeben sich übrigens nicht hier durch das Thor in die Residenz, sondern wählen einen anderen Weg, welcher den Berg hinauf von hinten hineinführt. Eine steinerne, mehrere Ellen hohe Mauer umgiebt den Palast. Als ich eintrat, hörte ich eine Glocke schlagen, welche die Stunde anzeigte. Auf der Ostseite des Palastes befindet sich ein mit - weisen Wasserlilien bedeckter Teich; lieblich zitterten ihre breiten grünen Blätter auf den sanft bewegten Fluthen. Eine Brücke führt nach einem kleinen Sommer- hause, und wenn hier der Besucher, an allen vier Seiten von Wasser umgeben, sich niederläfst, so kommt’s ihm vor, als sei er im Himmel. Etwas weiterhin steht ein Monument mit einer Inschrift. Ich ging hin und fand, dafs es sich auf einen Einsiedler bezog, der sich einem beschaulichen Leben gewidmet hatte; die Inschrift lautete: „Dem vollkommen Erleuchteten“. Auch war hier auf könig- _ lichen Befehl eine Bibliothek erbaut worden, in welcher die klassischen Schriften aufbewahrt werden. Ich hatte keine Zeit, um Alles genau zu betrachten, aber was ich sah, war prächtig, ich habe nie etwas Achnliches gesehen. Bei meiner Rückkehr schritt ich durch die dem Studium geweihten Zimmer. Hier safsen viele Gelehrte vor ihren Büchern, in denen sie die Pflichten und Gebräuche der Gesellschaft erforschten und in dem, der neben ihnen stand, Gedanken an die vergangenen Tage erweckten. Es ist dies wirklich bewundernswürdig: so klein der Staat Liu-Kiu ist, so bewahrt er doch seine Eigenthümlichkeit dadurch, dafs er die Sitten seiner Civilisation in Ehren hält .... % Der König ist ein Knabe von 12 oder 13 Jahren. Der erste Minister, wel- cher die Regierung führt, heifst Schang hung hiun. Vier andere Minister, die u !) 3 chinesische Meilen oder Lis sind gleich einer englischen Meile. 266 Miscellen : den Titel Pu tsching ta fu führen, stehen diesem zur Seite und bilden mit ihm den Staatsrath. Die übrigen Beamten sind die Ortsobrigkeiten, wovon jede einen Distriet von 100 Lis beaufsichtigt; unter ihnen stehen viele Unterbeamte, die meist Dolmetscher sind .... Der erste Minister trägt eine goldene Haarnadel in seinem Haarbüschel und einen dunkelfarbigen, mit Gold verzierten Hut. Die übrigen Minister tragen gleich- falls goldene Haarnadeln, aber hellfarbige, mit Gold gestiekte Hüte. Die Ortsbe- hörden tragen ebenfalls hellfarbige, goldbordirte Hüte und eine silberne Haarnadel, die Unterbeamten eben solche Nadeln und gelbe Hüte. Aufserdem tragen die Adeligen und die Gelehrten, welche einen Titel führen, rothe Hüte und silberne Haarnadeln. Der gemeine Mann dagegen geht ohne Hut und seine Haarnadel ist von Kupfer, sehr selten von Silber. Der Zuschnitt der Kleider ist unter allen Ständen derselbe, nur durch den Gürtel unterscheiden sie sich. Alle Leute, von dem König an bis zu dem Niedrigsten, tragen Binsen- oder Holzschuhe .... Die Frauen auf Liu-Kiu gehen täglich um die Mittagsstunde auf den Markt. Mehr als hundert, alte und junge, treffen dann dort zusammen. Die jüngeren tragen ein Kleid mit weiten Aermeln. Ihre Füfse sind nackt und ihr Haar ist gleich dem der Männer aufgebunden. Ihre Haarnadeln sind von Schildpatt. Ei- genthümlich ist es, dafs sie das, was sie tragen wollen, in Mulden, Kasten oder Krügen auf den Kopf zu nehmen pflegen. So tragen sie Reisigbündel und an- dere Dinge, die 100 Catties schwer sind, und schreiten dabei rasch vorwärts. Auf der oberen Handfläche machen sie sich ein Zeichen mit einer Mischung von Tusche und Essig; man sagte mir, es geschähe dies zum Beweise der Keusch- heit. Ich erinnere mich, in alten chinesischen Büchern gelesen zu haben, dafs es ehemals unter den Frauen des Kaisers Sitte war, auf ihren Händen einen Fleck mit rother Farbe aus demselben Grunde zu machen: ein interessantes Zusammen- treffen! Die Männer in Liu-Kiu lassen sich von ihren Frauen ernähren. Nur we- nige von ihnen treiben eine eigentliche Beschäftigung. Sie sitzen auf einer Matte im Schatten eines grofsen Baumes und fächeln sich; in der linken Hand halten sie eine Tabackspfeife und in der rechten den Theetopf. Niemals gedenken sie der Anstrengungen und Leiden der Frauen !)..... In dem Werke Ti t’u yih tung tschi „Allgemeiner Atlas und Geographie“ werden Korallen und Perlen unter den Producten von Liu-Kiu aufgezählt. Das ist aber ein Irrthum. Man sagte mir, Korallen kämen von dem „Schwarzwasser- Meer“ ?) und Perlen von Formosa. Letztere werden von den Fischern in grol/sen I) Vergl. Hawks 8. 250. 2) Die Insel ist von Korallen-Riffen umgeben. „We hung for some time over the coral banks, enraptured with the beautiful forms and colors exhibited by this wonderful vegetation of the sea. The coral grew in rounded banks, with clair, deep spaces of water between, resembling, in miniature, ranges of hills covered with au- tumnal forests. The loveliest tints of blue, violet, pale green, yellow, and white gleamed through the waves, and all the varied forms of vegetable life were grouped together, along the edges of cliffs and precipices, hanging over the chasms worm by currents below. ... We succeeded in obtaining a number of fine specimens of coral. The tips of the branches were soft and glutinous, and the odor echaling from them was exceedingly offensive.“ Hawks 8. 178, 179. Bericht eines Chinesen über die Liu -Kiu-Inseln. 267 Muscheln gefunden. Bricht man diese auf, so enthalten sie zwei oder drei Per- len, jedoch nur selten. Auf Liu-Kiu werden niemals Perlen gefunden, wie mir L sehr bejahrte Leute dort sagten. Die Producte der Insel sind sämmtlich von kei- nem besonderen Werth. Das Schweinefleisch ist grob und wenig wohlschmeckend; 1 die Hühner sind klein und mager; es giebt nur wenig Ziegen und Ochsen, gar keine Gänse und Enten, viele, aber kleine Pferde. Fische und Krabben, welche man hier fängt, sind gut; bei heftigen Winden können sie jedoch nicht gefangen werden. Die Gemüse sind dieselben wie in China, aber weniger wohlschmeckend; die rübenartigen werden härter, je länger sie kochen, was wohl darin seinen _ Grund hat, dafs sie einer besonderen Art angehören. Der Reis ist kleinkörnig, dehnt sich beim Kochen aus und hat eine bräunliche Farbe; er wird wenig ge- braucht und es fehlt an geeigneten Mörsern, ihn zu stofsen. Ihre besten Zeuge sind schwarz mit Querstreifen und sehr theuer. Ich habe sie genau untersucht und nicht so gut gefunden wie die Zeuge, welche in dem Bezirk von Sung kiang in Nan siang und anderen Gegenden China’s angefertigt werden. Von Früchten fehlen Pfirsiche, Aprikosen, Pflaumen und Mandeln '), dagegen hat man vortreff- liche Orangen und eine rothe Sorte Wassermelonen, aber nicht die gelbe und die weifse. Das Zuckerrohr ist inwendig roth und hat niemals eine grüne Rinde, daher es nicht von besonderer Güte sein kann. Nur zwei Früchte, die es auf Liu-Kiu giebt, sind in China nicht bekannt. Die eine gleicht einer Olive, ist jedoch viel gröfser, als die weifse runde Olive, welche von allen die gröfste ist. Die zweite Frucht ist einer Wallnufs ähnlich und heifst King leih tsze. Sie ist grofs und lang und hat einen Stiel; ich vermag den Namen nicht zu übersetzen. Auch scheute ich mich, weil ich sie nicht kannte, sie zu essen, und kann mir nicht denken, dafs sie angenehm schmeckt. Im Allgemeinen ist demnach auf dieser kleinen Insel die Vegetation spärlich und es giebt keine besonders ausge- zeichneten Producte. Blumen sind nur wenige vorhanden; eine Rosenart, gröfser als die chinesi- sche Monatsrose, ist roth, aber ohne Geruch ?). Der Granatbaum findet sich, aber seine Blüthen werden erst im zehnten Monat, statt wie bei uns im fünften, ; feurig roth, wonach man den Unterschied des Klima’s beurtheilen kann. Von j Chrysanthemum kennt man nur die rothe Varietät; sie blüht gleichfalls erst im zehnten Monat. Die Liu-Kiuaner sagen selbst, dafs andere Blumen bei ihnen nieht vorkommen. 0 Vögel giebt es von den am meisten geschätzten Arten keine, auch ist der weilsköpfige Häher, der in China vorkommt, unbekannt; wenigstens habe ihn nicht gesehen. Die Schwalbe und ein kleinerer Vogel von grauer Farbe waren einhei- misch; letzterer zwitschert unmelodisch .. Männer von Begabung und Gelehrsamkeit sind selten; nur wenige haben die vier Bücher und die fünf Klassiker gelesen. Einige sind Dichter, aber sie be- N, — *) Pürsiche und Pflaumen werden von den Amerikanern erwähnt. ?) Wahrscheinlich ist die Camellia japonica Linn. gemeint. Der Verfasser ist ‚offenbar eben so wenig Botaniker als Omithologe, wie letzteres aus seinen gleich fol- genden Bemerkungen über die Vögel hervorgeht. Es scheinen ihm nur die allerge- wöhnlichsten Pflanzen und Vögel seiner Heimath einigermafsen bekannt zu sein. 268 Miscellen: sitzen keine besondere Gewandtheit, ihr Streben ist allein darauf gerichtet, me- trische Unrichtigkeiten zu vermeiden. Selten gelingt es ihnen, schlagende Gegen- sätze zu bilden, und ihre Gedichte leiden an dem Mangel strenger Gedankenfolge. Der oben erwähnte Beamte Maou in Napa hat natürliches Dichtertalent und ge- nie/st des Rufes, der beste Dichter auf Liu-Kiu zu sein ..... Wenn die Liu- Kiuaner beleidigt werden, so zeigt es sich recht, wie schwach und hilflos ihre Regierung ist. Sie besitzen Niemanden, der im Stande wäre, ihr Vaterland in Augenblicken der Gefahr vor schnellem Untergange zu schützen. In Lackirer- und Tischler- Arbeiten sind sie sehr erfahren; Tassen, Kasten, Kruken und Theetöpfe fertigen sie mit grofser Geschicklichkeit an. Auch machen sie Kästehen zur Aufbewahrung von Kleinodien mit mehreren Fächern inwendig. Der Firnifs, dessen sie sich bedienen, ist von rother und schwarzer Farbe und so glänzend wie Spiegelglas; etwas Aehnliches giebt es in Ost-Asien nirgends. Doch sind auf der ganzen Insel nur zehn bis 20 Familien, welche solche Arbeiten lie- fern, die deshalb selten und vorzüglich schün sind .... Der Tung schan-Tempel legt im Südosten von Napa, in einer einsamen, schönen Gegend. Ein schmaler Weg mit vielen Krümmungen führt dahin, von grünen Föhren und Cypressen beschattet. Der Tempel liegt in einer Bergschlucht, das Thor ist der See, welche hier eine Bucht bildet, zugekehrt. Beim Eintritt gewahrt man einen weiten Hofraum, welcher mit seltsam zugehauenen Steinen geschmückt ist. Blumen und Halmgewächse stehen in reicher Mannigfaltigkeit, Wohlgeruch verbreitend, umher. Ein Priester des Tempels sagte mir, der Saame dieser Blumen würde von den Eingeborenen aus Japan und Korea geschenkt. Das Innere des Gebäudes ist hübsch, hat aber nur wenige Zimmer; über dem Eingangsthore steht geschrieben: „Die grüne Zufluchtstätte“ Rings umher stehen schattige Pisangbäume, daher dieser Name. An den Wänden im Innern hängen Bruchstücke aus alten Gedichten, welche von einem zur Zeit des Kaisers Kanghi lebenden Mandarinen, Seu paou kwang, dem damaligen Priester zum Geschenk gemacht worden sind. Aufserdem findet sich hier eine kalligraphische Handschrift eines Mitgliedes des Hanlin-Collegs, Namens Lin hung nien, sowie ähnliche, vor- züglich schöne Manuscripte von Männern aus der Zeit der ehemaligen Ming-Dy- nastie, welche ihrer Schönschreibekunst wegen berühmt waren, wie z. B. von Wang ngaou tang. Es ist dies ein Beweis für das hohe Alterthum und die Be- rühmtheit dieses Tempels .... Im Nordwesten von Napa liegt der Schen hing-Tempel, eben so einsam wie der vorstehend beschriebene. Aber er steht jenem in keiner Beziehung gleich, weder was die seltsamen Steinfiguren betrifft, noch die Schönheit der immergrünen Alleen und Baumpflanzungen, die den Tung schan- Tempel umgeben. Im Innern befindet sich ein mit Blumen bepflanzter und an allen vier Seiten von Verandahs umgebener Hof, welche letztere ganz dazu geeignet sind, bei festlichen Gelegen- heiten Gästen von Auszeichnung als Aufenthaltsort zu dienen, wo sie die Fest- Theilnehmer erwarten können. Die Abgesandten meines Vaterlandes, welche in den letztverflossenen Jahren nach Liu-Kiu kamen, pflegten in diesem Tempel einlogirt zu werden. Einige von ihnen, wie Wang wun tschi und Tschau hwang, haben hier Inschriften hinterlassen, als Andenken an ihren Besuch und um den Glanz des Tempels zu erhöhen ....* Bericht eines Chinesen über die Liu-Kiu -Inseln. 269 Der Verfasser des vorstehenden Reisejourmals macht nun noch einige Mit- theilungen über die Hochzeits- und Begräbnifsfeierlichkeiten der Bewohner von Liu-Kiu, über ihre Verehrung der Gräber ihrer Ahnen, über ihre Sitten, Gerichts- verhandlungen u. dgl.m. Dabei bemerkt er beiläufig, dafs die Strafsen sehr enge | seien, es keine befestigten Städte, überhaupt kein Militär daselbst gäbe; dann brieht die Handschrift ab. Die politischen Beziehungen der Inselgruppe zu China einerseits, andrerseits zu Japan sind noch immer nicht klar in’s Licht gestellt: Auch der Verfasser des Reisejournals äufsert sich darüber nicht. Es scheint indefs unzweifelhaft, nament- lich nach den Berichten des bereits erwähnten Missionars, Dr. Bettelheim '), dafs factisch der Kaiser von Japan auf den Liu-Kiu-Inseln regiert, und die Bewohner derselben sich auch in Augenblicken der Noth und Gefahr nach Japan um Hilfe wenden. Commodore Perry hat dieselbe Ansicht über die Souveränetätsverhält- nisse. Nach älteren chinesischen Quellen ward die Inselgruppe um das Jahr 600 nach Chr. unter der Suy-Dymastie entdeckt und erhielt nach der Gestalt der Insel, in welcher man eine Achnlichkeit mit dem gewundenen Schweife (Liu) des Drachen Kiu zu finden meinte, den Namen Liu-Kiu, nach englischer Schreib- weise Loochoo- (Lutschu gespr.) Inseln. Die Gesammtgruppe, aus etwa 36 In- seln bestehend, liegt zwischen 24° 10’ und 28° 40’ nördl. Breite und 127° bis 129° östl. Länge, circa 300 engl. Meilen von Japan und 480 bis 500 Meilen von der Ostküste China’s entfernt. Die gröfste unter den Inseln heifst in der Sprache der Eingeborenen Utschena, d. h. langer Strick, was gleichfalls auf die erwähnte Achnlichkeit mit dem Schweife eines Drachen deutet; auf den Karten pflegt sie den Namen Grofs-Liu-Kiu zu führen. Sie ist in Fu oder Provinzen, und diese wieder sind in Madjiri oder Bezirke getheilt. Der Bezirk von Napa und die Hauptstadt Schuy mit ihrer Umgebung machen einen Fu aus; mehrere Dörfer zusammen bilden einen Madjiri. In jedem Madjiri ist ein Hauptort, in welchem sich das Kung Kiang, oberste Gerichtsgebäude (Rathhaus), befindet. Bei m > den Eingeborenen wird das gesammte Land der Insel, mit Ausnahme von Schuy und Napa, auch Innaka genannt; der nördliche Theil trägt den Namen Yambaru. Man findet nirgends einen Flufs, nur kleine Bäche und fast bei jedem Dorfe ein stehendes Gewässer. Die Wege, welche von der Hauptstadt Schuy nach den ver- schiedenen Theilen der Insel führen, sind auf mehrere Meilen mit Steinen ge- pflastert. Nach einer freilich sehr ungründlichen Zählung wohnen in Napa eirca 20,000 Menschen, eben so viele in Schuy, und in den übrigen Dörfern zusammen 5000, was eine Gesammtbevölkerung von circa 45,000 Seelen ergiebt. B. !) Vergl. auch den Bericht des Bischofs von Vietoria auf Hongkong, Rev. Smith, über seine Reise nach den Liu-Kiu-Inseln im Jahre 1850. Bine hierher gehörende Notiz aus demselben findet sich in: The Seventh Report of the Loochoo Mission So- ciety for 1851 — 1852. London 1853, $. 10, sowie ebendaselbst S. 49 ff. Dr. Bettel- heim’s Bemerkungen über diesen Punkt. 270 Miscellen: Unterseeischer Vulcan bei Formosa. Aufser den furchtbaren Stürmen, welche die Schifffahrt auf den Gewässern der Insel Formosa gefährlich machen, hat ein Schiff des unter Befehl des Com- modore Perry nach Japan entsendeten amerikanischen Geschwaders in der Nähe der genannten Insel noch ein anderes nicht minder merkwürdiges Phänomen, das eines submarinen Vulcans, zu beobachten Gelegenheit gehabt. Schon im Jahre 1850 hatte Lieutn. Jones, Commandeur der nordamerikanischen Kriegssloop St. Mary, unter 20° 56’ N. Br. und 134° 45’ O.L. eine solche Erscheinung eonsta- tirt. Dieses Schiff befand sich damals auf der Tour von den Sandwich -Inseln nach Hongkong; es hatte mäfsigen Ostwind und die See war ruhig. Plötzlich hörte der Wind auf, die See wurde unruhig, die Luft heifs, und ein Theil der Mannschaft nahm einen recht merklichen Schwefelgeruch wahr; dann erfolgten einige plötzliche Windstöfse aus verschiedenen Himmelsgegenden, aber ehe die Raaen gebrafst werden konnten, war es wieder still. Die Erscheinung dauerte etwa 25 Minuten, worauf der frühere Ostwind wieder zu wehen begann. West- nordwestlich von diesem Punkte, unter 24° N. Br. und 121° 50' O.L., fand das Transportschiff Southampton von der amerikanischen Marine am 29. October 1853 einen submarinen Vulcan, 10 Miles von der Küste, in voller Thätigkeit. „Er stiels,“ sagt der commandirende Lieutenant Boyle, „Rauchsäulen zu beträchtlicher Höhe empor, und die Erscheinung glich einem ähnlichen Phänomen, welches ich vor mehreren Jahren an der sieilischen Küste beobachtet hatte !); nur war sie be- deutender und gewaltiger, obgleich in Folge der dichten Rauchwolke, die über dem Orte hing, kein Lavaergufs sichtlich war. Die Wassertiefe war hier viel be- trächtlicher, als an der sieilischen Küste, und hierin mag der Grund liegen, wes- halb sich keine Lava zeigte.“ Der Wächter im Mastkorbe glaubte anfangs, dafs die Erscheinung von einem Dampfschiffe herrühre. Dem Macedonian, der einige Zeit nach dem Southampton diese Stelle passirte, wurde während mehrerer Stun- den das Verdeck und die ganze 'Takelage mit weifser Asche bestreut. Am 15. Januar 1854 doublirte die Susquehannah die Südspitze von Formosa und beob- achtete an zwei Stellen kleine Vulcane. (Hawks S. 576; W. Heine I, $. 274.) —r Der Kohlen-Distriet in Tsche-kiang. In der am 13. Febr. d. J. zu Victoria auf Hongkong stattgefundenen Sitzung der Asiatischen Gesellschaft erstattete Rev. R. H. Cobbold aus Ningpo folgenden Bericht über von ihm besuchte Kohlengruben auf dem chinesischen Festlande. „Am Montag den 17. December vor. Jahres verliefsen wir die Stadt E-ü und be- gegneten, nachdem wir einige Meilen gegangen waren, in Zwischenräumen von 100 Yards wiederholt Leuten, welche Kohlen trugen. Auf unsere Frage, woher sie die Kohlen holten, zeigten sie nach einigen vor uns liegenden Hügeln, welche den Namen „Kohlenberge“ führten. Da diese, wie man uns sagte, nicht sehr weit von unserem Wege ablagen, beschlossen wir, sie zu besuchen. Eine Meile !) Erhebung der Insel Ferdinandea im Jahre 1831. Der Kohlen -Distriet in Tsche -kiang. ira von der Hauptstrafse entfernt gewahrten wir bereits die Anzeichen, dafs hier die Bergleute wohnten; roh gebaute Strohhütten standen an den Abhängen der Berge und bewiesen, wo die Gruben lagen, da sie den Arbeitern zum Aufenthalte dien- ten. Wir besuchten zwei der nächstgelegenen Gruben und ich bedauere, dafs ich nieht die Kohlenminen in England gesehen habe, ich würde sonst im Stande sein, Vergleichungen anzustellen und eine genauere Beschreibung zu liefern. Die Gruben waren zwischen 400 und 500 Fufs tief und hatten etwa 10 unterirdische Stockwerke, deren erstes wir besuchten. Man stieg ungefähr 40 bis 50 Fufs auf einmal hinunter; dann befand man sich auf einer Plattform, von welcher eine Winde bis zu der nächsten hinabreichte; so ging es bis zur untersten fort. Von jeder Plattform aus waren 6 Fufs breite Gänge in der Richtung des Kohlenlagers eingesprengt. Die Arbeiter fuhren nicht in einem Korbe in die Grube, wie ich meine, dafs es in England geschieht, sondern sie kletterten auf Balken, die in die Seitenwände eingelegt waren, hinab. Die Weite der Gruben betrug 4 bis 6 Fufs, und eben so weit schienen überhaupt sämmtliche nach unten führende Einfahrten zu sein. Es ward den Arbeitern daher sehr leicht, hinunter zu gelan- gen und konnten sie dies ohne Gefahr ausführen: sie schwangen sich von einer Seite zur anderen, wie wenn sie in einen Schornstein hinabglitten. In jeder Grube waren ungefähr 40 Menschen beschäftigt, aufser denen, welche die Kohlen sor- tirten und zu Tage förderten. Das Product ist sehr glänzend und sieht der canal-coal ähnlich, ist aber nicht bituminös. An der Grube kostete eine Last von 130 Catties 200 bis 500 Cash, was 1 Dollar 62 Cts. bis 4 Dollars für die Tonne (englisch) ausmacht. Die beste Sorte schien sehr gut zu sein und beim Verladen ward sie sehr sorgfältig behandelt. Wer eine neue Grube öffnet, muls an die Regierung eine gewisse Abgabe entrichten. Die nächstgelegene Ortschaft von einiger Wichtigkeit ist die Stadt E-ü, ein Ort ohne Mauern, obwohl eine _ Stadt dritten Ranges (oder Hiin) in dem Bezirk (Fu) der Stadt Kinhwa, von | welcher sie zu Wasser 120 Li oder 40 engl. Meilen entfernt ist. Bei mäfsigem , % Ba = > u 24 u ern 2 en u Regen gestattet die Wasserverbindung die Fahrt mit grofsen Booten. Bei unse- rem Besuche hatte längere Zeit Dürre geherrscht und wahrscheinlich hätte da- mals kein Boot eine gröfsere Fracht als circa 1000 Catties oder eine Tonne (englisch) tragen können. Von Kinhwa führt direete Wasserverbindung über Lantschi, Yentschau (29° 37’ 12” nördl. Br. und 119° 32’ 47” östl Länge), Fu- yang nach Hangtschau (30° 20'20” nördl. Br. und 120° 7’ 34” östl. Länge), — eine Reise von etwa 2 Tagen.“ (Vergl. China Mail. Hongkong. Febr. 28. 1856.) Die besonders für den Weitertransport der Kohlen vortheilhafte Lage dieser Gruben wird ersichtlich, wenn man sich die geographische Lage der genannten Städte Lantschi, Yentschau, Fuyang und Hangtschau vergegenwärtigt. Diese lie- gen nämlich in der Richtung von Süden nach Norden an dem Ufer des Hwuy- tschau oder grünen Flusses '), welcher unweit Hangtschau mündet, und zwar Lantschi am rechten, die übrigen drei am linken Ufer. Fuyang und Hangtschau sind, weil näher der Küste zu gelegen, die bekanntesten; über die beiden ande- findet sich in Robert Fortune’s „A Journey to the Sea Countries of China. Lon- 4) Bei Wells Williams „The Middle Kingdom. New York d London 1848. Vol. 1. p. 94“ führt dieser Flufs den Namen Tsientang; ebenso auf der diesem Werke bei- egebenen Karte. 272 Neuere Literatur: don 1852“ folgende Beschreibung: „Nantschi oder, wie es bisweilen auf den Karten heifst, Lantschi ist ungefähr 120 Li (40 engl. Meilen) von Yentschau entfernt. Es ist eine der schönsten Städte in China, die ich je gesehen habe, und erinnerte mich weit mehr an eine englische, als an eine chinesische Stadt. Die Häuser sind meistens zweistückig und haben ein nettes sauberes Ansehen. Sie ist an dem Ufer des Flusses entlang gebaut und lehnt an einen pittoresken Hügel, der sich hinter ihr erhebt; eine alte Thurm- oder Pagodenruine erhöht den allgemeinen Effect, den die Landschaft macht. Die Stadt hat einen Umfang von 2} bis 3 engl. Meilen und enthält wahrscheinlich 200,000 Einwohner. Der Flufs, welcher an ihr vorüberströmt, ist mit Booten bedeckt, die beständig zwi- schen hier und Yentschau, Hangtschau und vielen anderen östlich und westlich gelegenen Städten hin- und herfahren.“ — Ueber Yentschau schreibt derselbe Reisende, es sei eine grofse Stadt und 380 Li von Hangtschau entfernt. „Sie ist in derselben Weise, wie alle chinesischen Städte, mit Mauern umgeben und befestigt; die Mauern haben reichlich 4 Meilen im Umfange. Es scheint eine alte Stadt zu sein, aber nach der geringen Anzahl von Booten zu urtheilen, wel- che gegenüber auf dem Flusse vor Anker lagen, möchte ich glauben, dafs es kein für den Handel sehr wichtiger Platz sei. Hier wird eine beträchtliche Menge groblackirter Waaren verfertigt und wohlfeiler als in den der See näher gelege- nen Städten verkauft. Es ist ein Landungsplatz für alle Boote, welche den Hwuytschau-Flufs befahren, und der Handel mit allen gewöhnlichen Lebensbe- dürfnissen ist hier sehr lebhaft. Nach ihrer Gröfse zu urtheilen, mufs die Stadt eirca 200,000 Einwohner haben. Diese scheinen aber nicht reich zu sein, we- nigstens gehen sie keineswegs so gut gekleidet, wie ihre Nachbarn in Hangtschau. Ein wenig unterhalb der Stadt liegen zwei niedliche Pagoden; eine derselben ist auf einem merkwürdig kegelfürmig gestalteten Hügel erbaut und führt den Namen Hu-lung-ta. Hier theilt sich der Flufs oder, wie ich lieber sagen sollte, hier vereinigen sich zwei Ströme, von denen der eine von Süden herabkommt und theils an den Grenzen von Kiangsi und Kiangnan, theils an der Nordseite der grofsen Bohea-Berge hinfliefst. Der andere kommt vom Norden her aus den Grünthee-Distrieten am Hwuytschau. Die Berge bei Yangtschau sind unfrucht- bar, aber die Thäler und das niedrig gelegene Land ist üppig und fruchtbar.“ B. Neuere Literatur. Kolonien, Kolonialpolitik und Auswanderung. Von W. Roscher. Zweite verb. und stark verm. Auflage. Leipzig und Heidelberg, Winter’sche Verlagshandlung, 1856. Die Aufsätze, die hier in einer neuen Ueberarbeitung dem Publieum vorge- legt werden, erschienen zuerst 1847 im 6. und 7. Bande neuer Folge des Archivs der politischen Oeconomie von Rau und Hansen, und haben jetzt durch zwei W. Roscher: Kolonien, Kolonialpolitik und Auswanderung. 273 neue Artikel über die deutsche Auswanderung und über politische Handelsgesell- schaften einen dankenswerthen Zuwachs erhalten: Das Werkchen bespricht zuerst die Natur der Colonien und handelt hier in 7 Kapiteln über die Hauptarten der Colonien (Eroberungs- und Militär-C., Handels- und Fischerei-C., Ackerbau- und Viehzuchts-C., Pflanzer-C.), über die Hauptursachen der Colonisation (Ueber- völkerung; Ueberflufs an Capital; politische Unzufriedenheit und das Bestreben, die der Gesellschaft gefährlichen Elemente aus dem Mutterlande zu entfernen; religiöse Begeisterung), über das Verhältnifs zum Mutterlande, welches schon ur- ‚ sprünglich verschieden ist, je nachdem die Colonie von Privaten oder von der Re-, gierung begründet wird, über das materielle Wachsthum der Colonien an Volks- ‚menge und Reichthum, über den geistigen Charakter des Coloniallebens (rege Erfindsamkeit, Selbstständigkeit des Individuums, rastlose Thätigkeit, Uebergewicht materieller Tendenzen), über den wirthschaftlichen Charakter desselben und über | Colonialrevolutionen. Die zweite Abtheilung giebt einen Abrifs der spanischen } u u ee und englischen Colonialpolitik, und bespricht in einem Abschnitt unter der Ueber- schrift „Freies Colonialsystem “ die Bildung der Territorien in den Vereinigten Staaten von Nord- Amerika und die verschiedenen Projecte, eine gesicherte Ver- bindung von Capitalien und Arbeitern bei der Auswanderung zu erzielen (Neger- scelaverei, Colonisation von Verbrechern, intended servants, System Wakefield’s). ] In dem schr beherzigenswerthen Abschnitt über die deutsche Auswanderung wider- t legt der Verfasser zunächst die Illusionen derer, die in der Auswanderung eine Sicherung gegen Uebervölkerung erblicken, durch den Hinweis auf die relativ sehr geringe Zahl von Auswanderern und durch die triftige Bemerkung, dafs die Volks- vermehrung immer die Tendenz habe, bis an die äufserste Grenze der Ernährungs- fähigkeit vorzugehen, dals sie also durch übertriebene Hoffnungen über die Er- leichterung, welche die letztere in Folge einer regelmäfsigen Auswanderung finden müsse, einen bedenklichen Impuls erlange und binnen Kurzem den durch die Emigration erfolgten Abgang wieder ersetze. Der Verfasser warnt ferner vor der Täuschung, dafs diejenigen, die bei uns ihr Fortkommen nicht finden, in den Colonien leicht ihr Glück machen könnten, hebt die hohen Ansprüche hervor, die in der neuen Welt an den Arbeiter gestellt werden, so dafs im Allgemeinen nur starke Feldarbeiter und tüchtige Handwerker mit einiger Sicherheit auf eine befriedigende Zukunft rechnen dürfen, und setzt dann die Kosten der Auswande- rung und den Capital-Verlust auseinander, den das Mutterland durch die Emi- gration erleidet. Der letztere Verlust würde allerdings reichlich ersetzt werden, wenn die Colonisten in einer innigen Verbindung. mit dem Mutterlande blieben; das sei aber bei den deutschen Emigranten bisher nicht der Fall gewesen, und aller Wahrscheinlichkeit nach jetzt nur dann zu erreichen, wenn der Strom der deutschen Auswanderung sich nach unseren östlichen Nachbarländern lenke, wo eine Verwischung der Nationalität unter Stämmen von geringerer Cultur und ge- ringerer Regsamkeit weniger zu besorgen und die Aufrechthaltung einer Verbin- dung mit dem Mutterlande leichter sei. Der Verfasser ist deshalb der Ansicht, ‚dafs die Auswanderung in überseeische Länder aus volkswirthschaftlichen Ge- ‚sichtspunkten nur dann befördert zu werden verdiene, wenn sie sich nicht plan- los zerstreue, sondern dergestalt auf bestimmte Punkte concentrirt werde, dafs die Colonisten ihre Nationalität behaupten könnten und in ihrer Sprache, wie in Zeitschr. f, allg. Erdk. Neue Folge. Bd. 1. 13 ® u © En nn #* LU aTa Nenere Literatur: der Nachwirkung ihrer früheren Verhältnisse einen Antrieb behielten, die Be- ziehungen zum Mutterlande fortzusetzen und zu pflegen. Der letzte Abschnitt des Buches bespricht die grofsen politischen Handelsgesellschaften, die Gründe ihres Entstehens, sowie ihre commereiellen und politischen Resultate für die Unter- nehmer, das Mutterland und die Colonien selbst. — Aus dieser Inhaltsangabe er- hellt, dafs das Werk die Spuren seiner Entstehung nicht vollkommen hat besei- tigen können, da es sich nicht als ein aus einem Gusse gearbeitetes Ganze dar- stellt; auch wird man die erschöpfende Erörterung so wichtiger und überaus man- nichfaltiger Materien in dem verhältnifsmäfsig sehr beschränkten Raume nicht er- warten dürfen. Gleichwol hat es der Verfasser verstanden, die wichtigsten Ge- sichtspunkte klar und scharf hervorzuheben und eine Arbeit zu liefern, die sowol durch die Reichhaltigkeit des Inhalts, wie durch die leichte, ansprechende Form eine sehr anregende Lecture bildet und wesentlich dazu beitragen wird, das Ur- theil über die Natur eines der wirkungsreichsten Culturmittel zu bilden und zu berichtigen. euyn, Aus Dänemark. Bornholm und die Bornholmer. Dr. Sören Kierkegaard: Wider die dänische -Staatskirche; mit einem Hinblick auf Preufsen. Von R. Quehl, Königl. Preufs. General-Consul für die dänische Monarchie ete. Mit 3 Abbildungen und einer Karte. Berlin, bei Decker, 1856. KG Da diese Schrift, wie der Verf. in der Vorrede bemerkt, dazu beitragen soll, die politischen Antipathien zwischen Deutschen und Dänen zu beschwich- tigen, ist sie überwiegend politischen Inhalts und behandelt die verschiedenartig- sten Materien. Unter die zahlreichen politischen und polemischen Abhandlun- gen, die für den Geographen von untergeordnetem Interesse sind, hat der Verf. einen Bericht über Ausflüge durch die Insel Bornholm eingestreut, der höchst detaillirt ist, so detaillirt, dafs wir sogar erfahren, wo der Verf. den Anfangs- buchstaben seines werthen Namens eingeschnitzt hat; gleichwol kann man nicht sagen, dafs er uns das Wesentliche mit der wünschenswerthen Anschaulichkeit vorführt, vielleicht weil die zahlreichen Abschweifungen den nicht-politischen Le- ser stören, vielleicht auch weil die Beschwichtigungstendenz des Verf. es nicht rathsam erscheinen liefs, mit markigeren Zügen zu zeichnen. Am meisten dürf- ten noch die Bemerkungen über das interessante Bornholmer Erbrecht und die Angaben über die dortigen landwirthschaftlichen Verhältnisse Beachtung verdie- nen. Da der Verf. weitere Mittheilungen aus Dänemark, zu denen ihn seine Stellung so sehr qualifieirt, in Aussicht stellt, glauben wir bemerken zu müssen, dafs die vorliegende Schrift ohne Frage gewonnen haben würde, wenn der Verf. die politischen Abhandlungen für eine besondere Brochüre, und den Lebenslauf eines fünfjährigen Töchterchens, das ihm nach der Bornholmer Reise durch den Tod entrissen worden (8. 250 — 260), für seine Autobiographie ausgeschieden hätte: die übersichtliche Zusammenstellung des geographischen Materials würde ihn vielleicht veranlafst haben, dasselbe schärfer zu sichten und nachdrucksvoller zu gruppiren, auch dem Styl, der jetzt bei der Verschiedenartigkeit der Materien vom Salbungsvollen und Gesuchten bis zum Nachlässigen durch alle Nüancen Hawks, Spalding und Heine: Perry’s Expedition nach Japan. 275 : schwankt, eine festere, den gebildeten Leser ansprechendere Haltung zu ver- _ leihen. — Eine kleine Karte der Insel Bornholm gereicht dem Werk zur Zierde. —n. Narrative of the Expedition of an American Squadron to the China Seas and Japan, performed in the years 1852, 1853 and 1854, under the Command of Commodore M. C. Perry, United States Navy, by order of the Govern- ment of the United States. (Compiled from the original notes and jour- nals of Commodore Perry and his Officers, at his request and under his supervision, by Franeis L. Hawks, D. D. L. L. D. With numerous illustrations. New York 1856. The Japan Expedition. Japan, and around the World. An Account of Three Visits to ihe Japanese Empire. With sketches of Madeira, St. Helena, Cape of Good Hope, Mauritius, Ceylon, Singapore, China, and Loo- Choo. By J. W. Spalding, of the U. S. Steam- Frigate Mississippi, flag-ship of the expedition. With eight illustrations in tint. London 1856. 8. Reise um die Erde nach Japan an Bord der Expeditions-Escadre unter Com- modore M C. Perry in den Jahren 1853, 1854 und 1855 unternommen im Auftrage der Regierung der Vereinigten Staaten. Deutsche Original- Ausgabe von Wilhelm Heine. Zwei Bände mit 10 vom Verfasser nach der Natur aufgenommenen Ansichten in Tondruck, ausgeführt in *Holz- schnitt von Eduard Kretschmar. Leipzig bei Costenoble, New: York bei Günther. 1856. 8. ch Es ist hier in dem literärischen Theile der Zeitschrift nicht unsere Absicht, die auf Befehl des Präsidenten der Vereinigten Staaten unter der Leitung des Commodore Perry ausgeführte Expedition nach Japan in ihrer politischen und _ commerciellen Bedeutung zu würdigen oder einen Blick auf den Nutzen zu wer- fen, den die Folgen dieses wichtigen Ereignisses in Zukunft auch für die geo- graphische Wissenschaft herbeiführen können. Wir haben es hier nur mit den - literärischen Erscheinungen zu thun, welche über die Expedition berichten, um unseren Lesern mitzutheilen, was sie in den angeführten Schriften erwarten dür- - fen, und da auch über eine grofse That mangelhaft geschrieben werden kann, dürfen wir kaum bemerken, dafs das Urtheil über die Unternehmung selbst und das Geschick, mit dem sie ausgeführt wurde, und das Urtheil über die daran sich knüpfenden schriftstellerischen Erzeugnisse zwei vollständig geson- _ derte Dinge sind. Was die letzteren betrifft, so können wir in der That nicht : sagen, dafs sie der Wichtigkeit des Gegenstandes entsprechen; von Heine und - Spalding durften wir ein umfassendes, vollständiges Gemälde nicht erwarten, da ihnen das Gesammt-Material nicht zu Gebote stand und ihnen selbst in der Be- nutzung ihrer persönlichen Aufzeichnungen manche Beschränkung auferlegt zu sein scheint; und Hawks, der unter den Augen des Commodore sämmtliche vor- h indene Schriftstücke verarbeitete, war der schwierigen Aufgabe nicht so gewach- sen, wie wir es wünschen möchten, und entbehrte aufserdem noch der Autopsie, ‚die den Schriften Heine’s und Spalding’s ein überaus frisches Colorit verliehen hat. 18* 276 Nenere Literatur: Fragt man nach dem geographischen Gehalt der drei Werke, so mufs mait sich zunächst daran erinnern, dafs der Zweck der Expedition nicht ein wissen- schaftlicher, sondern ein politischer war. Die seit zwei Jahrhunderten geschlos- senen Pforten des japanischen Reiches sollten wieder dem Verkehr geöffnet wer- den; gelang die Lösung dieser Aufgabe, so war eine Saat ausgestreut, die später auch der Wissenschaft zu Gute kommen mufste. Commodore Perry war daher nieht beflissen, sich ‚mit Männern der Wissenschaft zu umgeben, er hat sogar die Betheiligung von Gelehrten an der Expedition entschieden abgelehnt; er wufste, dafs er es bei seinen Verhandlungen in Japan mit einem höchst mifstrauischen Gegner zu thun haben würde, und vergegenwärtigte sich, dafs er, um zu seinem Ziele zu gelangen, einen seit Jahrhunderten festgewurzelten und zum Axiom ge- wordenen, Grundsatz der japanesischen Politik durchbrechen müsse, und dafs er dadurch eine Thatsache inauguriren würde, neben der — wol selbst in den Au- gen einsichtsyollerer Japanesen — das bisherige, auf dem Prineip völliger Ab- geschlossenheit beruhende System eines willkürlichen, durch die ausgedehnteste Spionage gestützten Despotismus als unhaltbar erscheinen mufste. Er mufste also den zähesten Widerstand erwarten und namentlich in dem persönlichen Ver- kehr mit den Japanesen jedes Ereignifs zu vermeiden suchen, welches den Arg- wohn und die Unzufriedenheit dieses seltsamen Volkes erregen und den Gang der Verhandlungen stören konnte. Gelehrte an Bord der Schiffe hätten während des kurzen Aufenthalts in den Hafenplätzen den natürlichen Wunsch gehabt, das Land so weit als möglich zu durchstreifen, die Lebensweise und Sitten der Be- wohner so viel als möglich zu beobachten; und einem so scheuen Volke gegen- über, wie die Japanesen es sind, konnte ein solches Verfahren den ganzen Er- folg der Unternehmung aufs Höchste gefährden und um eines verhältnifsmälsig geringen Gewinnes willen der Wissenschaft von vorn herein den Boden entziehen, der ihr hier erst bereitet werden sollte, und auf dem sie jetzt, wie wir hoffen, nachhaltigere Erfolge erzielen wird. Es hat sich allerdings später gezeigt, dafs sich auch Männern der Wissenschaft ein wenn auch beschränktes Feld für ihre Thätigkeit dargeboten haben würde; aber dieser unerwartete Umstand beweist Nichts gegen den Werth der Gründe, durch welche sich Perry bei seiner Ent- scheidung leiten liefs. Der Commodore durfte nicht zu gleicher Zeit zwei Ziele erstreben, zu deren Erreichung verschiedenartige, oft mit einander ganz unverein- bare Mittel erforderlich waren. So weit es der Hauptzweck gestattete, hat Perry indefs auch der Wissenschaft zu dienen gesucht, indem er die Thätigkeit der ge- bildeten Offiziere seines Geschwaders anregte und begünstigte; und wir würden Unrecht thun, wenn wir nicht einräumen wollten, dafs diese Männer Anerken- nenswerthes geleistet haben. Der Mississippi — anfangs Perry’s Flaggenschiff, auf dem sich auch Heine und Spalding befanden, legte auf seiner Fahrt in Madeira, St. Helena, der Cap- stadt, in Mauritius, Ceylon, Singapore und Hongkong an. An allen diesen Punk- ten hatte ein Theil der Schiffsmannschaft Gelegenheit Ausflüge zu machen, und wir finden deshalb in jedem der drei genannten Werke kurze Abschnitte über diese Gegenden, — Bemerkungen, welche die persönlichen Beobachtungen und rasch eingezogene Erkundigungen wiedergeben sollen und — bei der Kürze der- artiger Besuche — weder auf Vollständigkeit noch auf das Lob, die Wissenschaft Be Hawks, Spalding und Heine: Perry’s Expedition nach Japan, 277 durch neue Resultate bereichert zu haben, Anspruch machen. Gleichwohl sind auch diese Abschnitte, namentlich in Bezug auf das Capland, Mauritius und Sin- _ gapore, nicht ohne Interesse, da sie Angaben über den gegenwärtigen land- F wirtlischaftlichen und commerciellen Zustand dieser Gegenden enthalten und das Urtheil nicht-englischer Beobachter wiedergeben. Von Hongkong ab beginnt - die eigentliche Thätigkeit der Expedition; sie besuchte zunächst die Liu-Kiu-In- seln und erforschte das Innere des gröfsesten dieser Eilande durch eine Exeur- _ sion, welche sechs Tage in Anspruch nahm, wandte sich dann nach den Bonin- Inseln, von denen Peel-Island durchforscht, Stapleton-Island besucht wurde, und kehrte an Disappointment-Island (27° 15’ N. Br., 140° 56’ 30” ©. L. von Gr.) und an den Borodinos (die südlichste, 25° 47’ N. Br., 131° 19’ ©. L.) vorbei - nach Grofs-Liu-Kiu zurück, wo sich dieses Mal schon mehr Gelegenheit bot, die Lebensweise des Volkes zu beobachten und seinen Charakter kennen zu lernen. Am 2. Juli 1853 segelte das Geschwader nach der Bai von Yedo, wo es am - Sten anlangte und acht Tage verweilte. Das geographische Resultat dieses ersten Besuches besteht in einer genauen Aufnahme des Hafens von Uraga und anderer Theile der Bucht von Yedo, bis zu einem ‚Punkte, der nur 10 Miles von der Hauptstadt des Reiches entfemt ist. Das Land lernte man nur so. weit kennen, als es vom Bord der Schiffe sichtbar war; dagegen gewähren die Verhandlungen mit den hohen japanesischen Beamten einen belehrenden Einblick in das Wesen f des Volks, die Verhältnisse der Rangklassen zu einander und die Absonderlich- keit eines höchst complieirten und der Entwickelung unfähigen Regierungsmecha- ' nismus. Am 47. Juli ging das Geschwader abermals nach Grofs-Liu-Kiu; wäh- rend dieses dritten Besuchs wurde eine Expedition nach dem alten Kastell Tima- Gusko unternommen, der alten Residenz eines der drei Königreiche, in die Grofs- Liu-Kiu einst zerfiel, — und das Schiff! Plymouth nach den Bonin-Inseln zu weiteren nautischen Erforschungen abgesandt. Nach vierzehntägigem Aufenthalt : kehrte man nach Hongkong zurück, um hier den Winter zuzubringen; aber die Bewegungen französischer und russischer Kriegsschiffe beunruhigten den Commo- dore, er hielt es für möglich, dafs die Befehlshaber derselben Schritte thun könn- En ten, die seine Verhandlungen mit Japan durchkreuzten, und entschlofs sich des- halb, schon am 14, Januar 1854 ‘ungeachtet der ungünstigen Jahreszeit wieder Br dem Schauplatze seiner Thätigkeit zurückzukehren. Der vierte Besuch der _ Liu-Kiu-Inseln hatte eine neue Durchforschung des Haupteilandes namentlich in Rücksicht auf das Vorkommen von Steinkohlen zur Folge und gab Gelegenheit, über die landwirthschaftlichen Verhältnisse und die Produete der Insel volle In- formation zu erlangen. Am 7. Februar lichtete Perry die Anker zu seinem zwei- ten, in politischer Beziehung entscheidenden und auch in geographischer Hinsicht _ ergiebigsten Besuche Japans, bestimmte die geographische Lage und untersuchte die Gewässer der nördlicheren, zu Liu-Kiu gehörigen Inselgruppen und lief am pitan in die Bai von Yedo ein, wo die Boote sofort neue Sondirungen unter- en. Zunächst mufste der Commodore allerdings das Verbot, zu landen, er- ‚ aber nachdem am 31. März der Vertrag zu Kanagawa, 8 Miles von Yedo, eichnet war, stellte sich auf Seite der Japanesen ein grölseres Vertrauen ein, und. es zeigte sich schon während der langwierigen aber höchst interessanten Ver- gen manche Gelegenheit, die geistigen Fähigkeiten und den Charakter der 278 Neuere Literatur: unteren Volksklassen kennen zu lernen. Nach dem Abschlufs des Vertrages fan- den die Amerikaner Zugang zu den Familien der hohen Beamten, lernten die Ortschaften an der Küste, die Anordnung des Haushalts u. dgl. kennen, und zwei ihrer Kriegsschiffe fuhren die Bai so weit aufwärts, bis sie die Hauptstadt des Reiches in Sicht bekamen. Am 18. April begab sich der Commodore auf dem Powhatan nach Simoda, einem der beiden japanesischen Häfen, die dem Handels- verkehr der Amerikaner durch den Vertrag geöffnet waren. Nach genauer Unter- suchung des Hafens und mehrfachen Ausflügen in die Umgegend der Stadt wandte sich das Geschwader nach Hakodadi auf der Insel Yesso, dem zweiten den Ame- rikanern eröffneten Hafen, der ebenfalls vollständig erforscht wurde. Der Ver- kehr mit den Einwohnern gestaltete sich hier noch freier; man besuchte die Stadt und die Umgegend, die Tempel, die Kaufläden, und hatte Gelegenheit, von der industriellen Thätigkeit und dem Grade ihrer Entwickelung ein richtigeres Bild zu gewinnen; auch die haarigen Aino’s lernte man kennen. Das Schiff Southamp- ton untersuchte die Vulcan-Bucht am südöstlichen Ende von Yesso und genofs hier das prachtvolle Schauspiel, dafs plötzlich in dunkler Nacht aus einem der Vulcane gewaltige Flammensäulen emporstiegen. In Hakodadi theilte sich das Geschwader: die Vandalia ging nach China auf dem Wege westlich von den ja- panischen Inseln, die übrigen Schiffe zunächst nach Simoda, wo der Commodore die Verhandlungen über das Gebiet von Hakodadi, in dem sich Amerikaner frei bewegen dürften, zum Abschlufs zu bringen hatte; von hier aus wurden Mace- donian und Supply nach Formosa, dessen nördlichsten Hafen Kelung sie anliefen, und nach den Philippinen beordert, während der Commodore selbst mit dem Pow- hatan und Mississippi den Liu-Kiu-Inseln seinen fünften Besuch abstattete, bei dieser Gelegenheit mit dem Regenten der Inseln ebenfalls einen Vertrag zu Stande brachte und so seine schwierige Mission auf eine ehrenvolle Weise beendete. Aus dieser Uebersicht erhellt, dafs der geographische Gewinn der Expe- dition in der Durchforschung der Liu-Kiu- und Bonin-Inseln, der Bucht von Yedo, der Häfen und der Umgegend von Simoda und Hakodadi besteht. Das erkun- dete Terrain ist räumlich sehr beschränkt, erhält aber in Folge der Verträge .eine hervorragende Bedeutung; und bei der Stabilität und dem festen Typus des japa- nesischen Lebens ist es in ethnographischer Beziehung schon von hohem Werth, die Gestaltung desselben auch nur an einigen Punkten genau kennen zu lernen. Die Expedition hatte den Vortheil, mit allen Volksklassen, von den höchsten Würdenträgern des Reichs abwärts bis zu den dienenden Klassen, in Berührung zu kommen, und unter Verhältnissen, welche in vorzüglichem Grade geeignet waren, das Naturel und die geistigen Fähigkeiten des Volks zu erproben und in’s Licht zu stellen. Indem wir uns vorbehalten, unseren Lesern die wichtigeren geographischen Ergebnisse der Expedition in den nächstfolgenden Heften kurz vorzuführen, wenden wir uns zur Charakteristik der drei oben angeführten Schrif- ten, in denen die Geschichte der folgenreichen Unternehmung verzeichnet ist. Das Werk von Hawks ist das vollständigste und für den Geographen wich- tigste. Gleich nach dem Beginn der Expedition publieirte der Commodore eine allgemeine Ordre, durch welche alle Mittheilungen von Bord des Schiffes nach auswärts zum Druck verboten und selbst von dem brieflichen Verkehr der Mann- schaft mit ihren fernen Freunden und Angehörigen alle auf die Bewegungen des i a: h ä . Hawks, Spalding und Heine: Perry’s Expedition nach Japan. 279 Geschwaders, die Resultate der Expedition u. s. f. bezüglichen Angaben ausge- schlossen wurden; alle an Bord der Schiffe aufgesetzten Noten und Journale, selbst die hier entworfenen Zeichnungen sollten als Eigenthum der Regierung be- trachtet, durch den Commodore im Marine-Departement deponirt und später den Verfassern, „soweit es die Regierung für angemessen hielte“, auf ihr Ansuchen zurückgestellt werden. Da der Commodore gleichzeitig alle Offiziere aufforderte, die freie Zeit, welche ihnen die Dienstpflicht übrig liefs, zu wissenschaftlichen - Beobachtungen zu verwenden, wobei Jeder den Zweig wählen durfte, der seinen - speciellen Kenntnissen und Neigungen am meisten zusagte, und da er auch durch die Anordnung besonderer Expeditionen zur Erforschung der östlichen Gewässer und Inselgruppen mehrfachen Anlafs bot, so ist es nicht zu verwundern, dafs ihm und der Regierung ein mannichfaltiges Material zu Gebote stand, welches in seiner ganzen Vollständigkeit, mit Einschlufs der Schiffsjournale und officiellen Correspondenz Perry’s, von Hawks benutzt werden konnte, — während die eigent- _ lichen Theilnehmer an der Expedition für eine etwaige schriftstellerische Thätig- keit nicht einmal ihre eigenen Aufzeichnungen ohne besondere Genehmigung frei verwenden durften. ‚ - Hawks hat seine Aufgabe mit Fleifs und Umsicht gelöst. Er beginnt mit _ einer Einleitung, in welcher er unsere Kenntnisse über die Beschaffenheit des _ japanesischen Reiches, seine Regierung, die Rangklassen, die Religion der Be- wohner kurz zusammenfafst und die Versuche europäischer Nationen, mit Japan in Handelsverbindung zu treten, übersichtlich zusammenstellt. Abschnitte über den Zustand der Industrie, der Wissenschaft und Künste in Japan, wie über die Landesproducte schliefsen diese praktische Introduction. Auch für die Folge falst Hawks überall vornehmlich die politischen Momente in’s Auge; er unterläfst nicht, die Entdeckungsgeschichte der einzelnen Länder und Inseln zu berühren, oft mit der ausgesprochenen Absicht, die aus der Thatsache der Entdeckung hergeleite- _ ten Ansprüche der britischen Regierung auf die Oberherrlichkeit durch den Nach- _ weis zu erschüttern, dafs die betreffenden Eilande schon früher von anderen Na- tionen entdeckt waren. Demnächst wendet er seine Aufmerksamkeit vorzüglich _ den physischen Hilfsquellen, den eommereiellen Verhältnissen der besuchten Ge- genden zu, und sein Bericht kann in diesen Beziehungen für manche Theile als vollständig befriedigend angesehen werden; Hawks übergeht nichts wirklich Wis- senswerthes, soweit es von praktischem Nutzen ist; seine Arbeit spricht den Ver- stand an und bereichert unsere Kenntnisse. Sie ist die einzige, aus der man eine vollständige Information über den Gang der Verhandlungen mit den japane- _ sischen Diplomaten und dem Regenten der Liu-Kiu-Inseln schöpfen kann. Gleich- wohl müssen wir sagen, dafs wir einer so merkwürdigen Unternehmung einen ge- sehiekteren Geschichtschreiber gewünscht hätten; Hawks schreibt zwar einfach, doch ohne nachdrückliche Würde; die Darstellung der diplomatischen Verhand- lungen verlangt eine gewandtere und schärfere Feder; wo es sich darum handelt, die Politik Perry’s zu rechtfertigen, wird er weitschweifig und wiederholt sich, eich Perry’s Verfahren so logisch und consequent ist, dafs es für sich selbst ; einen pedantischen Anstrich trägt die oft wiederkehrende Recapitulation -errungenen Erfolge. Auch können wir nicht verhehlen, dafs einige Digressio- "namentlich die gegen Siebold, theils durch ihre offenbare Ungerechtigkeit, 280 Neuere Literatur: theils durch ihre gehässige Färbung mit einer würdigen Geschichtschreibung nicht vereinbar sind und einen störenden Eindruck hinterlassen. Dazu kommt, dafs der ganzen Darstellung der lebhafte Charakter der Autopsie fehlt; ihr schlichtes, spiefsbürgerliches Ansehen wird da besonders fühlbar, wo Abschnitte aus den Tagebüchern der Augenzeugen eingewebt werden, wie z. B. bei der Beschreibung der Liu-Kiu-Inseln, wo aus Taylor’s glänzend geschriebenem Tagebuche einige Episoden mitgetheilt werden. Uebrigens möchten wir, wenn der alte Commodore seine Depeschen selbst geschrieben hat, fast glauben, dafs er ein besserer Ge- schichtschreiber seiner Thaten gewesen wäre und ein Werk von gedrungener Kürze und klassischer Geschlossenheit geliefert haben würde; seine Depeschen zeichnen sich durch gesunde Logik, sachlichen Gehalt und eine höchst energische Gruppirung der Gründe vortheilhaft aus. Dem Werke von Hawks sind 11 Karten mitgegeben: ein Uebersichtsblatt für die Fahrt östlich vom Cap der guten Hoffnung, die Rhede von Napha, Grofs- Liu-Kiu, die ganze Gruppe der Liu-Kiu-Inseln, die Bonin-Inseln nebst der Parıy-Gruppe und den Coffin-Islands, die japanesischen Inseln, die Bai von Yedo, der Hafen von Simoda, Karte der Meeresströmung an den Küsten von Formosa und Japan, Hafen von Hakodadi und die Insel Formosa. Gegen achtzig Abbil- dungen, zum gröfseren Theil in Holzschnitt, zum Theil auch in Stahlstich, ge- reichen dem auch sonst schön ausgestatteten Werke zur besonderen Zierde. Neben der Ausgabe in Grofs-Octav existirt von diesem Werke noch eine Prachtausgabe in Quart, deren Kenntnifs wir der gütigen Mittheilung Sr. Excell. des Herm Alex. v. Humboldt verdanken. Text und Karten sind in beiden Aus- gaben dieselben. Aber das Prachtexemplar enthält nicht weniger als 89 Litho- graphien und 76 Holzschnitte, fast sämmtlich nach den Zeiehnungen unseres ta- lentvollen Landsmannes W. Heine. Besser als alle Beschreibungen vergegenwär- tigen uns diese Illustrationen den landschaftlichen Charakter jener Gegenden und das architektonische Gepräge der Städte, von besonderem Werth sind aber die sehr sorgfältig ausgeführten Porträts der japanesischen Bevollmächtigten und Dol- metscher, da sie nach Daguerreotypbildern gezeichnet sind. Aus den Abbildungen, die Overmeer Fisscher (Bijdrage tot de kennis van het Japansche Rijk, door. J. F. Van Overmeer Fisscher. Amsterdam 1833. 4.) mitgetheilt hat, mufste man schliefsen, dafs sich in Japan neben Gesichtszügen, die den kaukasischen voll- kommen entsprechen, auch sehr scharf ausgeprägte mongolische vorfänden, dals die Bevölkerung des Inselreiches also gemischten Ursprungs wäre; die Abbildun- gen in dem uns vorliegenden amerikanischen Werke zeigen aber fast gar keine Spur des mongolischen Typus, nicht einmal in den — ebenfalls nach Daguerreo- typen gezeichneten Porträts einer vornehmen chinesischen Dame und eines chinesischen Mädchens (zu Seite 296 der Prachtausgabe). Um so auffallen- der ist es, dafs in den eignen Zeichnungen der Japanesen, von denen die Pracht- ausgabe drei höchst interessante Copien mittheilt, die geschlitzten, schräge ge- stellten Augen sehr merklich hervortreten. Auf einem dieser Bilder wird darge- stellt, wie sich eine Anzahl offenbar den höheren Ständen angehöriger Personen auf Tragbahren über einen Flufs befördern läfst; alle diese Personen haben auf- fallend schräge gestellte Augen, während die anderen Eigenthümlichkeiten des mongolischen Typus fehlen. Die Japanesen führen solche Bilder schon seit lan- ger Zeit in Farbendruck aus; die Perspective ist ihnen wohlbekannt. ., | P" D » | Hawks, Spalding und Heine: Perry’s Expedition nach Japan. 281 } 3 Das Werk Spalding's ist in geographischer Hinsicht das unergiebigste, aber _ mit besonderer Lebhaftigkeit, in pikantem Feuilletonstyl, oft barock und mit dem trockenen Humor geschrieben, der nie seine Wirkung verfehlt. Hinsichtlich des ‚Inhalts unterscheidet es sich von den beiden anderen dadurch, dafs der Verf. beson- ders dem Leben und Treiben der Menschen seine Aufmerksamkeit zugewendet hat; er besitzt ein unleugbares Geschick, mit wenigen markigen Zügen die fremdarti- gen Gestalten der Urbewohner, ihr charakteristisches Costüm, ihre absonderlichen Manieren, ihr buntes Treiben zu skizziren, obgleich sein Talent für besonders schwierige Aufgaben, wie z. B. für die Schilderung des wirren und eigenthüm- lichen Getümmels in den chinesischen Städten, auch in dieser Beziehung nicht ausreicht; Lebhaftigkeit der Phantasie und Schärfe der Beobachtung genügen dazu nicht; gleichzeitig ist ein hoher Grad von Sammlung und Ruhe vonnöthen, das Chaos zu bemeistern, ehe der Versuch gemacht wird, es zu reprodueiren. Gleich- wohl zweifeln wir nicht, dafs ein Theil des Publikums gerade die Leetüre die- ses Werks für die interessanteste und anregendste halten wird. Während Hawks die politischen, physischen und commereiellen Beziehungen der besuchten Länder, und Spalding das Treiben ihrer Bewohner besonders ins Auge gefalst hat, ist Wilhelm Heine mit Erfolg bemüht, uns den landschaft- lichen Charakter jener Gegenden zu vergegenwärtigen, und er führt zu diesem Zweck die Feder mit nicht geringerem Geschick wie den Pinsel. Sein Werk hat also ein eigenthümliches Gepräge; es bildet eine beachtenswerthe Ergänzung der beiden andern und wird von dem Geographen mit mehr Nutzen gelesen wer- den als das Spalding’s. Dafs wir in ihm nie das geübte Auge des Künstlers vermissen würden, durften wir erwarten; aber die Darstellung durch das Wort setzt noch andere Fähigkeiten voraus, und Heine besitzt auch das nicht gerade gewöhnliche Talent, mit wenig Worten recht anschauliche landschaftliche Bilder zu zeichnen. Sein Styl ist frei von Künstelei, frisch und derb, und macht im Ganzen einen wohlthuenden Eindruck. Heine hat fast sämmtliche Excursionen mitgemacht, die hier oder dort von einem Theile der Schifismannschaft unter- nommen wurden; er hat die Umgegend von Singapore, Grofs-Liu-Kiu und Peel- Island durchstreift, Stapleton-Island besucht, so dafs er vom Lande vielleicht mehr gesehen hat, als irgend ein anderer Theilnehmer an der Expedition. Die- ses, wie der Umstand, dafs er seinen Bericht nicht mit der Beendigung der Ver- handlungen abschliefst, sondern auch die Rückfahrt durch Skizzen von den Sand- wich-Inseln, San Francisco, Valparaiso, der Magelhaens-Strafse und Rio Janeiro schildert und dadurch sein Werk wirklich zur Beschreibung einer Erdumsegelung macht, während Spalding’s Arbeit nur den Titel einer solchen führt, — dieser Umstand wird wesentlich dazu beitragen, das Werk auch dem gröfseren Publi- eum mehr zu empfehlen, wie es denn auch als ein ächtes Product deutschen We- sens und seiner lebendigen gesunden Darstellung wegen sicherlich eine ausge- dehnte Verbreitung und Anerkennung finden wird. Der Verleger hat es sehr splendid ausgestattet, und mit zehn von Eduard Kretzschmar in Holzschnitt aus- geführten Ansichten in Tondruck geziert, die vorzüglich gelungen sind und selbst udie Holzschnitte der Prachtausgabe übertreffen. Bilder wie der Fischmarkt in Canton, Honolulu u. a. zeugen eben so für das Talent des Malers, das Charak- teristische einer Scenerie aufzufassen, wie für dle Kunstfertigkeit Kretzschmars. W, Heine’s autistische Thätigkeit während der Expedition vollkommen zu TEE 282 Neuere Literatur: würdigen, ist uns schon deshalb nieht möglich, weil uns nicht das gesammte Ma- terial vorliegt. Den zahlreichen Illustrationen der Prachtausgabe, von denen die Lithographien viel besser gelungen sind als die Holzschnitte, liegen mit wenigen Ausnahmen Zeichnungen Heine’s zu Grunde, und dasselbe gilt von der amerika- nischen Octavausgabe. Aber aufserdem hat Heine noch einen besonderen Atlas in Folio publieirt, unter dem Titel: Graphie Scenes in the Japan Expedition. Comprising ten Plates and an illustrated Title-page, printed in colors and tints by Sarony & Co. New York (Preis 14 Thlr.). Diesen Atlas kennen wir nicht und wissen auch nicht, ob überhaupt ein Exemplar desselben nach Europa ge- kommen ist. —n. Indiana. Verzameling van Stulken van onderscheiden Aard, over Landen, Volken, Oudheden en Geschiedenis van den Indischen Archipel door J. F. G. Brumund, Redikant te Soerabaja. 1 Stuk. Amsterdam 1853. Stuk 2. 1854. 8. Met Platen en Kaarten. Wenn man den Holländern lange vorgeworfen hat, dafs sie wenig zur Kunde ihrer ostindischen Besitzungen beigetragen haben, so haben sie neuerdings diesen Vorwurf von sich abzuwälzen gesucht; namentlich haben in der letzten Zeit meh- rere Prediger Mancherlei über den ostindischen Archipel oder einzelne Inseln herausgegeben. Leider sind sie meist sehr breit, und der wissenschaftliche Ge- winn, den man aus ihren Arbeiten zieht, kann oft nicht hoch veranschlagt wer- den. Dies gilt auch von dem oben angeführten Werke, das, wie es scheint, noch fortgesetzt werden soll. Der interessanteste Aufsatz ist der erste „De Hindoe-Oudheden van Java, St. I. S.1—67 und St. 2. S. 1 —57, der mit einer zweckmälsigen Zusammenstellung der Literatur über die indischen Alterthümer beginnt. Die von dem Verfasser beschriebenen und durch mehrere Abbildungen erläuterten Alterthümer sind die von Tjandi-Kali-Bening, Tjandi Sari, Tjandi Loro-Djongrang, Tjandi Lumbung und Tjandi Sewu, alle auf dem Wege von Surakarta nach Djocjakarta in der Nähe von Brambanan gelegen. Unbedeuten- der sind die andern archäologischen Aufsätze über die Fürstengräber von Imo- Giri und über Steinwaffen aus der Hindu-Zeit, während die über die Expedition der Dampfböte Hekla und Samarang gegen die Seeräuber 1851, die Erinnerun- gen an Batu Gadjah, und der Artikel „nach Trawas und Umgegend“ recht be- lehrend sind. Das Leben der Javaner wird in einigen Arbeiten geschildert, die in Form von Novellen abgefalst sind, wie „Garsia de Rongging“, „De Dochter van den Bekel“ (Ortsvorsteher), „De Chinesche Muil“; diese sind besonders weit- schweifig. Kirchenhistorisch ist der Aufsatz „das Bekehrungswerk der Portugie- sen im indischen Archipel“. —th. Tijdschrift voor Indische Taal-, Land- en Volkenkunde, uitgegeven door het Batav. Genoot. van Kunst. en Wetensch. onder Redactie der Herren Dr. Bleeker, Mr. L. W. M. Zeuchenius, J. Munnich en E. Netscher. Deel I. Batavia 1853. Deel II. 1854. Aufser historischen und archäologischen Untersuchungen, unter denen wir eine Abhandlung von Friedrich über die Frage, ob die Malaien vor Einführung Dann 2: Tijdschrift voor Indische Taal-, Land- en Volkenkunde etc. 283 des Islam eine Schrift besessen, und zwei Artikel von Kinder und Wilsen über die Tempelgrotten von Kuto-Ardjo und Boro Budur hervorheben, befinden sich _ hier folgende Arbeiten geographischen Inhalts: 1) J. Hageman, über Malang, eine Abtheilung von Passarowang. Die Bevölkerung dieses Distriets, der 2000 Qua- dratpfähle grols ist, zeigt folgende Zunahme: es lebten hier 1802: 6689 Einwoh- ner, 1815: 11868 E., 1820: 13436 E., 1826: 31756 E., 1829: 41002 E. und 1845: 82899 E. In dem zuletzt genannten Jahre zählte man 543 Dörfer und produeirte 634557 Picol Reis und 90000 Picol Kaffee. Die Kaffeeproduction war 1848 auf 95000 Picol gestiegen. — 2) Dr. Croockewit über die Bevölkerung und den Handel der Insel Billiton (zwischen Sumatra und Borneo). Der Häuptling derselben hatte im J. 1850 eine Volkszählung angeordnet, welche in den 4 Für- stenthümern, aus denen die Insel besteht (Badau, Sidjuk, Blantu und Buding), eine Bevölkerung von 5584 Seelen ergab, worunter 1654 Fischer; verglichen mit Dr. Bleekers Angaben vom Jahre 1848 (Indisch Archief Jahrg. U. Thl. 3) zeigt sich also eine Verminderung von 195 Seelen; es waren besonders viele Fischer und Chinesen gestorben. Der Hauptort Tandjong Pandang hatte 81 Häuser und 400 Einwohner. Da die Gröfse der Insel nach Melvill van Carnbee 119 geogr. Quadrat-Meilen oder 2875 Quadrat-Palen beträgt, kommen auf jeden Pfahl kaum 2 Einw., während die am schlechtesten bevölkerte Residentschaft Java’s (Banju- wangie) im Jahre 1845 noch 40 Einwohner, das Delta von Surabaya aber 1679 - Einwohner auf den Quadrat-Pal zählte. Auch über den Handel werden detail- lirte Nachrichten gegeben. Es kamen 53 Prauuwen an, die meisten (23) von Pontianak auf Borneo, die andern aus verschiedenen Häfen Sumatra’s und Ja- va’s. Haupteinfuhrartikel waren Reis, Salz, Zucker und Taback. — 3) Ueber die Sitten der Dajaks am Dussun, Murung und Siang, aus den Papieren von Schwaner. — 4) Beschreibung der Vogelnestklippen zu Karang-Bollong, von G. J. P. Carlier. Diese Nester werden jährlich dreimal, Ende April, Ende Au- gust und im December ausgenommen. Im Jahre 1851 belief sich der Ertrag auf 51 Picol 62 Catties. — 5) Nachriehten über die Aru-Gruppe, von C. Ros- scher. Diese Inseln, unter 5—7°8.Br. und 134—135 O.L. v. Gr. gelegen, 20 geogr. Meilen südlich von Neu-Guinea und 15 Meilen östlich von den Key- Inseln, bilden eine Gruppe von mehr als 80 gröfseren oder kleineren Eilanden, _ von denen nur 19 bewohnt sind. Im Jahre 1850 betrug die Gesammtzahl der Bewohner nur 12999, da die Cholera im vorhergegangenen Jahre grofse Verhee- rungen angerichtet hatte (Temminck giebt der Aru-Gruppe 20000 Einw.). Die Einfuhr hatte im Jahre 1849 den Werth von 164528 Fl.; die Hauptposten bil- deten Arrack, Reis, Opium, verschiedene Wollen- und Kattunstoffe, Eisen-, Stahl- und Kupferwaaren, Gewehre, Pulver u.s. w. — 6) Historische, geographische und _ statistische Nachrichten über Tanah Bumbu, aus C. M. Schwaner’s Papieren. Dieser Distriet liegt auf der Ostküste von Borneo, vom Tjandjong Aru unter 2°7'S.B. 116°48' O.L. bis zum Flusse Serongga unter 3°2'S. Br., und wird im Norden durch Pasir, im Süden durch Kussan, im Osten durch die Strafse ‚von Makassar, im Westen durch Bandjarmasin begrenzt. — 7) Ueber die Men- tawi-Inseln und deren Bewohner, von H. v. Rosenberg. Dieser Archipel liegt 25 geogr. Meilen westlich von Sumatra, 1° —3°40'$. Br. und besteht aus 4 grö- ‚[sern Inseln (Siberut, Pora und den beiden Poggij-Inseln), die von zahllosen klei- nern und unbewohnten Eilanden umgeben sind. Die Poggij-Inseln gehören schon > WER 284 Neuere Litteratur: lange zu Benkula und sind seit 1824. holländisch, waren aber fast unbekannt, Der Translateur Christie wagte 1823 — 1824 einen Besuch, über den die Zeit- schrift für Niederländisch-Indien von 1849 eine Notiz enthält. Auch John Crisp hatte sie und die Insel Porah besucht und darüher im 6. Theile der Asiatic Re- searches berichtet. Rosenberg hielt sich 1847 drei Monate dort auf und giebt reichhaltige Nachrichten. Die Einwohner unterscheiden sich von allen benach- barten Stämmen und haben eigenthümliche Sitten und Gewohnheiten. Ihre Zahl giebt Rosenberg auf 11090 an, von denen allein 7090 auf Siberut kommen. — 8) C. Rosscher und P. A. Matthifsen geben Nachricht über die Reiche Tambuku und Bangaai auf und an der Ostküste von Celebes. Das erstere heifst bei Tem- minck: Tabunku; es ist im Norden wenig oder gar nicht bewohnt, und Rosschers Angabe, dafs es 15030 Einwohner enthalte, scheint nicht schr zuverlässig; der einzige Ankerplatz aufser der Bai von Tomori ist die Rhede von Lanona unter 2°26’30” S. Br. und 122°2' O.L. Bangaai ist eine Gruppe von 40 grolfsen und kleinen Inseln, zwischen 1° und 2° S.Br., 122°52’ und 124° 26’ O.L.; die frü- hern Fürsten derselben hatten sich zu Herren einiger Landschaften an der ge- genüber liegenden Küste von Celebes gemacht, Alles zusammen bildete das Reich ‘ven Bangaai. Die Bevölkerung der Inseln beläuft sich auf 7024, von denen al- lein 5881 auf Peling leben; diese sind Alfuren. — 9) Ueber die InselEngano, von Juragan Buwang, der auf Borneo geboren ist und sich einige Zeit auf En- gano aufgehalten hat. Ueber diese an der Westküste Sumatra’s gelegene Insel hatten wir bisher nur Nachriehten bei Valentyn Thl. V, Marsden und — in Folge eines Schiffbruchs des Arien — in den Nummern des Java’schen Kourant vom 9. Dee. 1852, 29. Jan. und 3. Febr. 1853. — 10) Willer giebt einige Nachrichten über die materiellen Hilfsquellen der Bewohner von Buru (Molucken); eine Be- schreibung der Insel hatte er im Indisch-Archief von i849 geliefert. — 11) Sta- tistische Nachrichten über die Südwest-Inseln, von ©. Rosscher. Sie liegen zwischen 7° und 8° S. Br., 126° — 130° O.L. und heifsen auch Serwatty-Inseln — ein Name, der, wie Einige meinen, aus dem holländischen Zuidwester ent- standen ist. Zu ihnen gehören die Inseln Lettie, Moa, Babber, Kisser, Wetter, Damme, Luang, Lakor, Roma, Wetang und Sermatte. Sie liefern Schildkröten und Wachs. Ihre Bevölkerung wird auf 46176 Einwohner angegeben. — 12) Drei Aufsätze über die Residentie Riouw oder Rio, eine Beschreibung derselben, eine Liste der dort vorkommenden Pflanzen mit ihren wissenschaftlichen und den malaiischen Namen und kurzen Bemerkungen über ihr Vorkommen und ihre Be- nutzung, und einen Bericht über die Fauna auf diesen Inseln und der Ostküste von Sumatra. Der Name Riouw stammt nach Einigen vom portugiesischen rzo Flufs, nach Marsden und Roorda vom malaiischen rijuh lustig, lebendig, so dafs die Lebhaftigkeit des dortigen Handelsverkehrs damit angedeutet sein solle. Die Residentschaft Riouw begreift, nach Netscher, nicht blofs die Lingga-Gruppe und die Inseln in der Strafse von Singapore, sondern auch die Anambas, die Nord- und Süd-Nantunas, die Seeräuber und Tambelan-Inseln und das Reich Lingga auf der Ostküste Sumatra’s, und zählt im Ganzen 155350 Einwohner, worunter 4100000 Malaien. Netscher giebt ausführliche Tabellen über Ein- und Ausfuhr für den Zeitraum von 1830 bis 1852, aus denen erhellt, dafs der Handelsverkehr ziemlich stationär geblieben ist. —th. Natuurkundig Tijdschrift voor Nederlandsch Indie. 285 > " Natuurkundig Tijdschrift voor Nederlandsch Indie, uitgegeven door de Natuur- kundige Vereeniging in Ned. Ind. Deel IV, V, VI. Nieuwe Serie Deel 1. II, III. Batavia 1853. Diese Zeitschrift enthält für die eigentliche Geographie verhältnifsmäfsig we- _ nig. Der bedeutendste Aufsatz, der die im Vorigen erwähnten Nachrichten er- _ gänzt, ist vom Marine-Lieutenant G. F. deBruijn Kops über den Riouw-Lingga- Archipel. Wie es bei allen solchen Monographien geht, mufs man freilich viele Wiederholungen mit in den Kauf nehmen und allgemeine Beschreibungen, die _ sich bei den einzelnen Theilen wiederholen. Der Verf. beschränkt sich auf den ' Riouw-Lingga-Archipel zwischen Sumatra und Borneo, der Halbinsel Malakka im Norden, Banka und Biliton im Süden. Er unterscheidet 1) die Riouw-Gruppe im Norden, aus den grofsen Inseln Bintang, Battam, Gampang, Gallat, Bulang, Tjumbol, Sugei, Grofs-Durian, Grofs-Karimon, Segupong und einer grofsen An- zahl kleinerer bestehend, und 2) die Lingga-Gruppe aus den Inseln: Lingga, Sinkep, Timian, Rodong, Saja und der Sieben-Inselngruppe bestehend; alle In- seln sind, mit Ausnahme von Lingga, niedrig und erheben sich nur 100 — 200 Fufs über das Meer. Die Beilage I. giebt die Gröfse der einzelnen nach Baron Melvill von Carnbee. Sie beträgt für den ganzen Riouw- und Lingga-Archipel 97,4 geogr. Quadrat-Meilen. Von den andern Inseln, die aufser den angeführten - zur Residentschaft Riouw gehören, sind die Nantunas 30 Quadrat-M., die Süd- Nantunas 4, die Anambas 10,2, die Tambelan 7,0 Quadratm. grofs, so dafs der Archipel im Ganzen 148,6 Quadrat-Meilen umfafst. Unsicherer ist die Gröfse des festländischen Reichs Indragiri auf 677 Quadrat-Meilen veranschlagt. Die Be- völkerung der Riouw- und Lingga-Gruppe und des Reiches von Indragiri soll im Ganzen 40000 betragen, was sehr von Netschers oben angeführten Angaben ab- weicht. Eine zweite Beilage giebt die Zahl der Schiffe, die in Riouw 1842—51 angekommen sind, mit Unterscheidung der europäischen und inländischen; eine andere den Betrag der Verpachtungen in den Jahren 1842 —1852; die letzte den monatlichen höchsten, niedrigsten und mittleren Thermometerstand, Morgens, Mittags und Abends zu Rioww vom Januar bis Dezember 1852. Alle diese Nachrichten ergänzen bedeutend die früheren, besonders von Roettger und C. van Angelbeck über die Insel Lingga 1826 (Bat. Verhandl. Th. XI). — Nächstdem ist zu erwähnen des Ingenieur S.H. de Lange „Wissenschaftliche Reise nach Me- nado (vom 23, Januar 1852 bis 20. Märy 1853)“, die mehrere Höhenbestimmun- gen enthält. Die übrigen einzelnen Abhandlungen sind mehr naturwissenschaft- liehen Inhalts. Die Zoologie wird vertreten durch P. Bleeker’s Beiträge zur Kenntnils der ichthyologischen Fauna von Amboina, Ternate, Gilolo, Sumatra, _ Java, Solor, Celebes, Borneo, Ceram, Banka, den Banda-Inseln, Timor, Flores, auch Japan. Die Botanik ist nur ärmlich bedacht, da die Beiträge mehr den - Landbau und landwirthschaftliche Industrie z. B. die Zucker-Fabrikation betreffen. rvorgehoben verdient zu werden: P. F. H. Fromberg über die Zuckereultur auf Java, wie seine chemische Untersuchung der Kassayawurzel und P. J. Maier's handlung über den Java-Reis. In geologischer und mineralogischer Hinsicht en mehrere Gegenden beschrieben, z. B. die Insel Madura von Cornelius root, die Residentien Samarang und Kedu von Liebert. Man hat beson- rs nach Steinkohlen und Kupfer gesucht. Croockewit analysirt das Zinnerz, = 286 Sitzungsbericht der Berliner geographischen Gesellschaft. Eisenerz, Schwefel und andere Mineralien, Maier mehrere Mineralwasser. Die Erdbeben auf Java, Sumatra, Tscheribon, Banda, Menado, den Molucken und überhaupt im indischen Archipel 1852 und 1853 werden chronologisch verzeich- net; auch einige wenige meteorologische Beobachtungen mitgetheilt. De Lange bestimmt die geographische Lage von Batavia, womit man Baron Melvill von Carnbee’s „Discussion sur la longitude de Batavia et de quelques autres points prineipau& de lile de Java“ in seinem Moniteur des Indes 1848. Th. II. No.1 vergleichen kann. Aufserdem enthält jeder Band Nachrichten über die Gesell- schaft der Natuurkundige Vereeniging in Niederländisch-Indien. Als ein Curio- sum mag erwähnt werden, dafs unter den Mitgliedern seit 1850 vorkommt: Se. Hoh. Akwasi Boachi, Prinz von Ashanti, Ingenieur vom Minenwesen in Nieder- ländisch-Indien zu Buitenzorg. —th; Sitzung der geographischen Gesellschaft zu Berlin vom 6. September 1856. Vorsitzender: Herr Prof. Ehrenberg. Nach Verlesung und Genehmigung des Protokolls nahm Herr Du Rieux das Wort, um unter Anknüpfung an den in der vorigen Sitzung gehaltenen Vortrag des Herım Prof. Walter über die Sklavenfrage zu sprechen. Der Redner empfahl bei Prüfung der Emancipationsfrage nicht blofs die Lage der Neger, sondern auch die der Weifsen ins Auge zu fassen; es zeige sich nämlich, dafs die weilse Race in den sklavenhaltenden Staaten nicht besonders gedeihe. Wenn innerhalb des Zeitraums von 1840 —1850 in den sklavenhaltenden Staaten der Union sich die weilse Bevölkerung um fast eine Million vermindert, die schwarze hingegen um fast eine Million vermehrt habe, so sei dies eine zum Nachdenken auffordernde Thatsache. Niemand könne bei einem Vergleich zwischen dem Norden und Sü- den der Vereinigten Staaten in Abrede stellen, dafs sich dort ein sehr hoher Grad von Cultur, ein ununterbrochenes rasches Fortschreiten, eine erstaunliche Mamnichfaltigkeit der Interessen und eine Regsamkeit des geistigen Lebens zeige, von der man im Süden keine Spur erblicke; hier herrsche Stabilität und Ver- sumpfung; das Interesse des Plantagenbesitzers sei fast das einzige, das sich gel- tend machen könne; die Weifsen seien hier eine dumme und faule Race, und es zeige sich deutlich, dafs der durch die Sclaverei bedingte wirthschaftliche und sociale Zustand auch für die geistige Entwickelung der weifsen Race nicht von Segen sei. Der Unterschied in der geistigen Regsamkeit mache sich selbst in der Zahl der öffentlichen Organe geltend: während in den sklavenhaltenden Staa- ten nur 79 tägliche und 511 wöchentliche Zeitschriften erschienen, hätten die freien nicht weniger als 195 tägliche und 1513 wöchentliche Journale. Dafs der emaneipirte Neger auf einer niedrigen Stufe der Cultur stehe, sei nicht zu verwundern; er sei nach der Emancipation ein Proletarier und diese Klasse ge- höre auch in andern Staaten nicht zu den Mustern der Civilisation. In den Ver- einigten Staaten würde übrigens die Emaneipation auch nicht mit so grofsen wirthschaftlichen Inconvenienzen wie in andern Ländern verknüpft sein, weil hier | Sitzungsbericht der Berliner geographischen Gesellschaft. 287 Y; grofse Anzahl weifser Arbeiter vorhanden wäre, die gern einer lohnenden schäftigung in den südlichen Staaten entgegen gehen würden und deren Beispiel auch die emancipirten Neger zur Arbeit veranlassen würde. In andern Staaten sei es hauptsächlich der Mangel solcher Coneurrenz gewesen, der den Grundbe- sitzer zu ruinirenden Ausgaben genöthigt und den Neger zu den mafslosesten _ Lohnforderungen ermuthigt hätte. In Bezug auf die Einführung von Coolies sei grolse Vorsicht anzurathen; die mit diesen abgeschlossenen Contracte wären oft der Art, dafs ihr Zustand von dem der Sklaven wenig verschieden sei; na- mentlich auf den Guano-Inseln befänden sich die Coolies in einer bejammerns- werthen Lage. Herr Prof. Walter bemerkt, dafs Duttenhofer nicht gegen die Negeremanci- pation an sich sei, er halte dieselbe nur in der Art, wie sie bisher erfolgt, nicht für rathsam, denn die Neger seien wie die Kinder und vertrügen die Selbst- ständigkeit nicht; deshalb sei er dafür, dafs ihr Zustand in den einer Art Hö- rigkeit verwandelt werde. Der Hauptpunkt, der untersucht werden müsse, bleibe -_ immer die Frage, ob die Neger überhaupt der Freiheit fähig wären. Herr v. Hum- boldt gehe bei Behandlung der Sklavenfrage vom Standpunkte der Humanität aus, und der menschenfreundliche Gedanke der Emancipation beruhe auf der Voraussetzung, dafs die schwarze und die weilse Race von Natur gleich befä- higt wären. Diese Voraussetuung müsse aber erst bewiesen werden, und die bisherige Erfahrung spreche nicht dafür. Man dürfe nur die Berichte über Hayti lesen, wie unmanierlich dort z. B. ein angesehener Reisender von einem hochge- stellten Neger empfangen sei. Auch in Sierra Leone habe die Emaneipation _ nicht gefruchtet. Herr Oberbürgermeister Krausnick wendet dagegen ein, die Entwickelungs- fähigkeit der Neger sei sowol in der neuen Welt durch viele Beispiele, wie in dem Heimathlande der schwarzen Race dadurch constatirt, dafs hier einige Ne- rstaaten allerdings eine gewisse Cultur zeigten, wenn auch eine andere als die unsrige. Es sei eine allgemeine Erfahrung, dafs unterdrückte Völker, selbst wenn sie geistig noch so bevorzugt wären, in ihrer Cultur zurückgingen; dies im grofsen Mafsstabe das griechische Volk; auch die polnischen Juden bildeten in ihrem Culturzustande einen schneidenden Contrast zu der westeuro- päischen Civilisation. Wie Druck, Noth und Elend den sittlichen und geistigen Zustand des Menschen deprimirten, das könne man sogar an Beispielen schen, die uns viel näher lägen; er wolle nur an die schlesischen Weber erinnern. ” _ Prof. Ehrenberg. Herr v. Humboldt hat bei Erörterung der Sklavenfrage den näturwissenschaftlichen Standpunkt ebenso im Auge gehabt, wie den der _ Humanität. Es ist wahrhaft lächerlich zu behaupten, dafs die Neger, vom natur- _ wissenschaftlichen Standpunkt betrachtet, als eine besondere Menschenspecies an- gehen werden müfsten, und es läfst sich dafür nicht der entfernteste Grund en; die aus der Verschiedenartigkeit der Haare "hergeleitete Argumentation it nicht stichhaltig, denn es ist bekannt, dafs auch innerhalb der weilsen Race s Haar bei verschiedenen Individuen verschieden gestaltet sei. Manche Natur- her sind leider auf abscheuliche Abwege gerathen, indem sie ein Vergnügen finden, individuelle Ansichten und unerwiesene Hypothesen als ganz zu- sige Wahrheiten in einer allgemein verständlichen Form vor ein Publieum ingen, welches, unbekannt mit dem gegenwärtigen Stande der Forschung, Ba 288 Sitzungsbericht der Berliner geographischen Gesellschaft. den Inhalt soleher Schriften’ nicht zu beurtheilen versteht; diese haben auch über die Neger Ansichten verbreitet, welche eine besonnene Forschung als durchaus unbegründet verwirft, Zu ihnen gehört unter Andern Herr Burmeister, der in seinem Werke über Brasilien die Neger 'ebenfalls für eine besondere nur zum Dienen bestimmte Menschenspecies ausgiebt. Von Seiten der Naturforschung liegt dazu, wie bemerkt, durchaus kein Grund vor. Herr Prof. Walter. Die naturhistorischen Gründe sind von Amerikanern, namentlich von Morton, erörtert worden. Dieser hat nachgewiesen, dafs die Ne- ger kleinere Schädel haben und dafs die Gehirnmasse bei ihnen beträchtlich ge- ringer ist. Seinen Untersuchungen zufolge hat die germanische Race durch- schnittlich 88 Kubikzoll Gehim; innerhalb derselben stehen die Engländer mit- 91 Kubikzoll am höchsten. Die Neger dagegen haben nur 70, die Bewohner der australischen Inseln sogar nur 64 Kubikzoll Gehirn. Solche Verhältnisse ver- dienen doch beachtet zu werden. Was den Einwand betrifft, dafs der Druck den Negersklaven herabgewürdigt habe, so ist zu bemerken, dafs die freien Ne- ger in vielen Gegenden Afrika’s ebenso depravirt sind, wie die Sklaven. Viele von ihnen sind Cannibalen. Die Cultur der afrikanischen Staaten ist aufser- ordentlich gering; sie zeigt sich eigentlich nur bei den Fellatahs, aber dieser Stamm hat eine auffallend helle Hautfarbe und scheint auch von den Arabern viel gelernt zu haben. Burmeister führt für seine Ansicht eine grofse Menge Thatsachen an und weist nach, dafs der ganze Körper des Negers vom Scheitel bis zur Sohle ein anderer sei, als der der weilsen Race. Unter solchen Um- ständen wird man die Controverse mindestens als unentschieden betrachten müssen. Der Vorsitzende, Herr Prof. Ehrenberg, schliefst die Discussion und hält einen Vortrag über den Landstrich zwischen Osnabrück, dem Dollart und dem Jahdebusen. Bei Gelegenheit der Eisenbahnarbeiten sei man dort auf eine Sand- art gestolsen, die sich als dem Brückenbau sehr nachtheilig erwiesen habe. Er habe sie untersucht und gefunden, dafs sie mit organischen Resten von Meeres- formen erfüllt sei, — eine merkwürdige Thatsache, welche an die alten Erzäh- lungen über die cimbrische Fluth erinnere. Strabo deute den betreffenden Be- richt des Posidonius irrig auf die gewöhnliche Meeresfluth; eine solche würde aber, wie er ganz richtig bemerke, die Cimbern aus ihren Wohnsitzen nicht haben vertreiben können, eben so wenig, wie sie Meeressand bis in die Gegend von Osnabrück führen konnte. Osnabrück liege schon entschieden im Hügellande, zwei Meilen von der deutschen Moorebene, 21 Meilen vom Meere, 18 Meilen vom Jahdebusen entfernt, in einer Höhe von 183 Fufs über dem Meere. Das Vorkommen jenes Triebsandes bei Osnabrück sei also nur dadurch erklärlich, dafs hier ein periodisches Senken und Heben des Landes stattgefunden habe; eine Ansicht, für die auch die in Bezug auf die Küste der Nordsee gemachten Erfahrungen späterer Zeit sprächen. Schliefslich legte Herr Mahlmann eine Nummer des Monatsblatts für me- dieinische Statistik und öffentliche Gesundheitspflege vor und theilte aus seiner daselbst abgedruckten Abhandlung „über die Volksdichtigkeit und Volksvermeh- rung in der dänischen Monarchie“ die Hauptresultate mit, die er mit den Er- gebnissen der neuesten Zählungen in andern Ländern verglich. a & F Taf.\. | | mm nenn rm 7 DH { ILL Kedbusch a == NZ MA e ” Zeitschrift£. allgem.Erdkunde,Neue Folge Bd.I. $ R1 ca weY R CH 3x 8 GL £= 2 ER der Si le, ar fe der Stiercolesse Base & NEE, 2 & \ 5 I» 3 Ss « e7 * Ss Peer | Armuschich / ya d br a ER SS Tordyillay, N o a — Bcheikhjlm ir Koranlisgßi Hussein-Ugreo N 1 EN j£ \ | | y waküsch N | j \ Alirösch N | Küberli) | \ S ul 3 Hussctrsichaue N Tundy A \ x \% NR IR : | DEN \ SBrllanat N y h 7 Bi N > Bi N ae E N | \\ Ahenibet öiulta\ Pndstckngini 3 Em Frühjahr u N N Ser Diedideh ulm DIE TFT: res ler TS, ! a | | | B > a x AadrElids RlosterMarBehnam) RUINENFELDER IE N VON \ nach den im Frühjahre 1852 im Auftrage der Indischen Regierung von Comm. FELIX JONES una Dr. Med. J.M. HYSLOP / z INNTINTIM Wrede My ausgeführten trigonometrischen Aufnahmen (publicirt Febr. 1855 un Mafflab ron 1: 73000 ) reducirt es-Sih AsphfaleQuiclten ürchen /o Ruinenhuigel 3 MuhamdHeiligengräber * &: Me cıkl Erdi= ı3=pdepit-bik- ü,gheg Massitab in 560000 4 : 5 n Pr A 1D.Grogr, Meile TERONER- 5 4 Sfnglische m 1,008 Schritte a Telt el-Rhairmeh ei NN 10% Gez.v. H.KIEPERT. Berlin bei D.Reimer. Gest-v.Ch. Francke. Betaı u Uneeineen ift erfienen mb in Be ER 0.0 zuchaben: : | geofogifche, Bilder. RE ; ar re "Bon « AR | 2%: AIR ST IE, Bernhard Eotta RER "Dritte verboforte un germehete Yuflager £ "Brofäiet 2 The. Elegant gebunden 2 Tor, ; Bl ER REES EDER 7 br Grtoßer he | VI. Entftehung und Bau "ber Seht “ en? en : a EL VII Die ang une A (1 DR) de R 3 Kot . I genlogifiien Wirkungen des FRE 1° IK. Die Kohlenlager.. - EDS" nd Eis hr «ÄheeE ‚geologtfchen Deteur | X. Se an des sonne Sehens a auf ER . v p\ er € 3; } AR Gallen imoraus die fee, Grrane I ber RERKT EN D% u 4 Verwendung verwelie "om a Fr TOR Eder ei Grofrüfe. $ weden. 0 RS Fe A N. b F jr jo ensie, Bat 2. 9. Wenn. Fe ı mein inem m Vorlage i ist kochen. erschienen: 7 RE nu EEE - Neuer u andatlanı ehe a A DT j ra Dr. Heinrich rer RN BR ER ängenen Akademie der Wissenschaften zu \ Berlin. x BER. s BS Dritte Lieferung. ne BR BR re, 3. Westlicher Planiglöb. ‚23: Dänemark und SE RN ne Schweden. EN = EEE ae er aan Talgerahe von KIEPERTs Bouem“. | RT Font ie Schuld einiger ‚Kupferstecher leider so. ‚lange verzöget . ölsere Anzahl Blätter a im Stich volle ; Wen EN, Ehe Te Kr 5 = im —. ROTE ER Die Vulkane der ' Republik Mesicon In Skizzen E ‚von ‘ Carl EAUR 18, Bl. Cart. 4 Thlr. 10 Ser Diese naturgetreuen,. ‘von dem Herkuskeher‘ auf seinen Reisen i 5 selbst aufgenommenen Ansichten dienen als Mustraionen zu seinen. u ‘ ‘ Pr mitgetheilt, worden sind. Bei Georg Ba in Berlin erschien sun ist Aurch al are zu ‚bestehen: EDER h Die Hellenen | im Seyeentande. Handelsgeschichte = "Von - $; Ex 2 = Bir "Dr. Karl. Berilani” Pe Ester Band. Mit 2 Karten. , Geh. 2 Thlr, %5 Ser. Ulrich Jasper Seotzen’ s 3: R e i 8 e n Arabia Fein und Tl air fe: Nee und commentirt i "von EAN: Professor 2: Friedr, Kruse, mehren: Ener Gelehrten. ‚Ir bis 37 Band. 6 a 22; Sg: IH x Sl : Gearuckt bei A, v. Schade in Berlin, Grünstr, 18. | 1 En "MIT } UNTERSTÜTZUNG 2 : no DER GESELLSCHAFT FÜR ERDKUNDE zu | BERLIN SR um usmen BESONDERE MITWIRKUNG I Er u a = eg, RE HER ei . N INN BERLIN, ee . ANDREE ı In DRBSDEN | und BE E. WARPÄUS ı N v BoRTmoRN, vos, = ‚Inhalt. 1 EEE Beite XII. "Briefe vom Böthen Meere. Von W. Munzinger.'ı.'..»., 72.022289. XIV. Die amerikanische Expedition nach Japan. Vom Heraus geber. ‚306 XV. Der Mineralreichthum Grönlands. Von H. Rink. Aus dem Dä- lachen on A; Etoal. a al u N a A Miscellen. NE i RN Die Veränderungen der Westküste Schleswigs. NET . ri. . Eisenbahnen und: Canäle in Spanien, .. 2... 2 nn 2 2.8345 Das Zufrieren der untern Donau. . . ie EEE Reise von Kharthüm nach den Rera- ar Manor Bergen, (Mit einer Karla TE VL) AL na ee RL NT a Re EN . Das Territorium Kansas. . . En Bi Die Bekyefelgruben am Popocatepell, EN 35% ER Neuere Literatur. | Er NET en RN, Hansen, Chronik der friesischen Uthlande. Altona 1856. -357. \ A. P. Vretos, La Bulgarie ancienne et moderne. Petersbourg 1856. 358 rasen The RR of Columbus on his First to America, = London 1856. SERO Fe ‚363 NR i Geographie des En centrales hi PAmerique I% Sud. etc. dipris in do- cuments recueillis pendant V’Expedition executde par ordre du $ gouverne- x ment ‚frangais pendant les anndes 1843 a 1847 sous lu direction du. k REITER ET SL comte Francis de Castelnau. .. . ae Be X ' Sitzung der ae Gesellschaft vom 4 October. a ‚333 we: Karte. EEE EIN, ee Taf. VI. Karte der Länder am ‘obern Nil. Von Dr. H. Kiepert. Von dieser Zeitschrift erscheint jeden Monat ein Heft von 5 6 Bogen ' mit Karten und Abbildungen. Der Preis eines Bandes von 6 Heften, welche nicht Brent Anargehen eu ist 2 Thlr. 20 ker “ fi m A XII. Briefe vom Rothen Meere. Von W. Munzinger !'). Wischt, den 18. August 1853. Den 8. August 1853 bestiegen wir, begleitet von der Familie mei- nes Reisegefährten und einigen Freunden, in Suez ein Boot, um unsere rke, die — wegen Seichtigkeit des Hafens bei der Ebbe — auf die Rhede äd el Merakib) vorausgegangen war, zu erreichen. Erst um Mitter- nacht lichteten wir die Anker und segelten, anfangs längs der afrika- schen Küste, dann der arabischen uns nähernd, mit günstigem Nord- wind (Schemmäl), der uns Nachmittags den 9. nach Cap Abu Zelima brachte, einer sandigen Rhede, die vor dem Nordwinde gut geschützt ‚ist. Wir liefen an, die Matrosen beschäftigten sich mit Fischen, mein Gefährte schrieb sein nautisches Tagebuch; ich nahm meine Flinte auf den Rücken, um mir die Berge anzusehen, die der Küste parallel laufen. *, ‘ 1) Der Verfasser, ein junger Orientalist, begab sich im Jahre 1852 von Paris, wo er seine Studien beendigt hatte, nach Unter-Aegypten, um sich dort im Türkischen, Arabischen und Persischen praktisch weiter zu bilden, und trat, um seinen Aufenthalt jenem Lande verlängern zu können, nach einem halben Jahre in ein alexandrini- sches Handelshaus. In dieser Stellung fand er bald Gelegenheit, an einer commer- ciellen Expedition nach den Hafenplätzen des Rothen Meeres Theil zu nehmen und mentlich in Massua längere Zeit zu verweilen. Nach mehr denn Jahresfrist kehrte nach Alexandrien zurück, mit dem festen Entschlufs, die Grenzländer von Habesch m zweiten Male und für einen noch längeren Aufenthalt zu besuchen; im März 1855 führte er diesen Plan aus und im August hatte er seinen Zielpunkt erreicht, — - Keren im Lande der Bogos, auf der Strafse von Massua nach Cassela etwa unter 16° N. Br. und 36° O.L. v. P. gelegen. Hier lebt er seitdem unter den Einge- _ borenen, mit linguistischen und ethnmographischen Forschungen beschäftigt, die sich namentlich auf die Völkerschaften der Bogos, Beni Amer, Schoho’s, Schangalla’s, Galla’s und Somali’s beziehen, und es wäre zu wünschen, dafs er in den Stand ge- setzt würde, seine Zeit vollständig der Verarbeitung der von ihm gesammelten Ma- terialien widmen zu können. Die hier mitgetheilten Briefe, die durch ihre Bemer- ungen über die sammercieilgn Verhältnisse der Küsten des jetzt an Brdentahe ge- den die Einleitung zu dem Bericht über "den Aufenthalt in Massua, den wir in nem der nächsten Hefte veröffentlichen werden. D. R. 61 Zeitschr. f. allg. Erdk. Neue Folge. Bd.I. 19 290 W. Munzinger: Wild zeigte sich nicht; um so mehr erregte die eigenthümliche Strüe- tur der Berge (Sandstein mit horizontalen Schieferlagen durchzogen) meine Aufmerksamkeit. Ausläufer des Sinai mit heifsen Quellen und Schwefelminen treten etwas nördlich von Abu Zelima bis an’s Meer heran. Die Fläche zwischen diesem und den Vorbergen war früher vom Meere bedeckt, wie der mit Muscheln vermischte Flugsand beweist. Hier hatte ich das erste Anzeichen, dafs das Rothe Meer auf seiner arabischen Küste immer seichter wird, was besonders in Gedda klar hervortritt, wo die Stadt durch das Zurückgehen des Wassers bald eine Stunde vom wirklichen Hafen entfernt sein wird. Den 10. August früh verliefsen wir die Rhede und schifften mit einem tüchtigen Nordost, der unser Schiffehen hübsch herumdrehte, Tor zu, das wir vor dem Assr (Nachmittags 34 Uhr) erreichten. Der Ha- fen ist ziemlich geräumig und gut geschlossen, doch im Innern seicht. Er ist von der Nordseite durch Klippen, an denen schon manches Schiff scheiterte, von der Südseite durch eine mit Dattelpalmen bedeckte Land- zunge geschlossen. Tor ist ein armseliges Dorf mit kaum 30 Häusern. Die Einwohner sind Christen syrischer Abkunft; ihre geistlichen An- gelegenheiten werden durch einen armen alten, etwas bettlerischen, grie- chischen Priester vom Berge Sinai geleitet; im Uebrigen sind sie von den Beduan kaum zu unterscheiden. Sie scheinen arm, treiben aber mit Provisionen von Suez einen einträglichen Tauschhandel gegen Perl- mutter- und Schildkrötenschaalen, die von den Fischern hierher ge- bracht werden; dann und wann läfst der liebe Gott ein Schiff stran- den, und das Strandrecht versteht sich hier von selbst. Die mohammedanischen Toriten wohnten früher den Christen zur Seite in einem Dorfe, dessen Ruinen, von einem nahen Hügel Raub- nestern gleich auf das Meer herabsehend, noch nicht der Zeit Platz ge- macht haben. Jetzt leben sie draufsen zwischen den Dattelwäldern und in der Wüste; doch ziehen fast alle jungen Leute auf’s Meer, wer- den Matrosen oder fischen auf eigene Rechnung. Unsere Schiffsleute waren alle von Tor und deshalb mufsten wir ihnen den 11. August freigeben, um ihren Familien Lebewohl zu sagen. — Die Sprache der Toriten ist arabisch; wer aber von Kairo kommt, versteht davon kein Wort; die Aussprache ist viel gutturaler und wird dadurch sehr unver- ständlich. Die arabische Sprache hat überall dasselbe Fundament von Wörtern und Formen, aber jede Provinz oder fast jedes Dorf giebt ihr einen eigenthümlichen, nur an Ort und Stelle verständlichen Zu- satz. Den Tag nicht nutzlos zu verbringen, bestieg ich nach Mittag einen Esel, um das warme Bad zu besuchen, das sich am Fufse des Berges befindet, der sich hinter Tor erhebt. Die Gegend ist fast eine Wüste, | Briefe vom Rothen Meere. 291 _ doch mit niederem Kraut bedeckt; weiterhin folgen reizende Palmen- e wäldehen, in denen das Bad, das Abbas Pascha gehört und fast heilses _ Wasser hat, versteckt liegt, — in seinem Rücken kahle Schieferberge, im Hintergrunde die majestätischen Formen des Sinai. Ich trat in den grölsten der Palmengärten ein, der dem Kloster S. Katharina gehört; die Gärtner sind junge Griechen, wahrhafte Gärtnerfiguren aus Arka- dien, die Ruhe ihres Lebens spiegelte sich auf ihnen ab. Der Garten "ist sehr grofs, von rauschenden Bächen durchzogen; die Wipfel der schlanken Bäume sind voll der herrlichsten gelben und rothen Datteln. Alles grünt und wuchert und erscheint nach dem trockenen Aegypten ein wahres Paradies. Hier sieht man das fröhliche ungezwungene Schaffen der Natur, dort merkt man den Schweifs der Arbeit. Rechts von dieser Dattelpflanzung öffnet sich der Weg zum Wadi Mussa, wo der Ayn (Quelle) Mussa ist. Das Thal ist ebenfalls an Datteln reich. Hier ist der Weg zum Sinai, dem Berge der heiligen Erinnerungen. Die Geschichte, die auch der Muslim in seinem Buche anerkennt, lebt noch in den Namen der Gegenden und Stellen von Suez bis Tor. Eine jede Quelle, jedes Thal hat hier Moses oder Pha- raon zum Taufpathen. Man sagt, dafs der Gründer des Islam von den Mönchen des Sinai seine erste Erziehung erhalten habe; es soll sich _ noch jetzt in dem dortigen Kloster eine alte griechische Handschrift be- finden, die angeblich über die Anfänge Mohammeds merkwürdige Auf- - schlüsse liefert. Erst am 13. August erlaubte uns der Wind, Tor zu verlassen; _ aufserhalb des Hafens hatten wir fast Sturm, der die Fluthen über die Barke hinpeitschte. Um Mittag erreichten wir Ras Mohammed, wo wir _ innerhalb der Klippen Anker warfen. Erst den 14. gewannen wir das offene Meer, setzten die Fahrt während der Nacht ununterbrochen fort und kamen am 15. Nachmittags bei Gibl Antar an, einem kleinen runden schön geschlossenen Hafen. Wer den Roman Antar kennt, k wird sehen, dafs die orientalischen Erzählungen nicht blos Dichtungen f sind; ihr historischer Grund hat sich in den Ortsnamen aufbewahrt. Am Lande befanden sich viele Beduan, die den vorbeiziehenden Barken Wasser, Holz und Kohlen liefern: Schelme mit scharfgeschnit- tenen Gesichtern. Den 16. endlich kamen wir trotz des widrigen Windes nach Wischt, einem wie die früheren ganz runden, aber ziemlich geräumigen Hafen. Es lagen vier Schiffe mit Sklaven vor Anker. Wischt ist ein Nest von 30 — 50 Häusern, alle an einen Felsen geklebt, auf dem ein Wart- thurm ohne Kanonen steht. Man findet hier Vorrath von allen Lebens- - bedürfnissen, da die Barken von Suez täglich hier einkehren und das Festland im Innern dattelreich und von zahlreichen Heerden durchzo- 19” vr | 292 W. Munzinger: gen ist. Ich hatte ein Dromedar genommen, um eine kleine Exceursion in die Berge zu machen. Doch wurde ich daran durch die Beduan verhindert, die nicht lieben, wenn ein Fremder ihre Brunnen sieht, da er durch seinen bösen Blick sie vertrocknen könnte. So fand ich den Aberglauben Aegyptens hier wieder. Uebrigens zeigten sieh mir die hiesigen Beduan von einer sehr vortheilhaften Seite, aufrichtig, höflich, gastlich, gesprächig und ohne die Scheu vor dem Fremden, die in die- sen Ländern eine Beobachtung der Volkssitten so sehr erschwert. Da wir in dem heifsesten Monate reisten, hatten wir auch auf dem Meere grolse Hitze, gewöhnlich schon am Morgen in der Cajüte 25° R., in der Nacht, wenn der Wind schwieg, bis 27° R. Gedda, den 30. August 1853. Am 17. August fuhren wir, Wischt hinter uns lassend, bei völlig ruhiger See zwischen Inseln und Klippen hindurch und ebenso den Morgen des 18.; Nachmittags 3 Uhr passirten wir die Fischerinsel Hasanich, deren Nordkap vom 25° geschnitten wird. Wir waren also den Tropen nicht mehr fern und es schien, dafs sie sich als etwas mehr, denn eine astronomische Idee ausweisen wollten. Der Himmel umwölkte sich; es entlud sich ein Gewitter auf dem nahen Festlande, wo man heftig regnen sah. Der Wind drehte sich mehrmals und schien unser Bemühen, den im SW. gelegenen sicheren Hafen zu erreichen, vereiteln zu wollen. Endlich gelang es uns, einige hundert Sebritte unterhalb der Insel Anker zu werfen. Der Wind wurde nach 5 Uhr ein entschiedener Süd-Munsun; es donnerte, reg- nete und von Süden kam eine heilse Luft, wie aus einem Feuerofen. Das Thermometer stieg in 5 Minuten von +25° auf +31’ R. Nach 6 Uhr legte sich der Wind; es war, als ob die sich bekämpfenden Nord- und Südwinde einen Stillstand geschlossen hätten. Die Sonne war eben im Untergehen; von dem Festlande auf die Insel brückte sich ein lange nicht gesehener Regenbogen; auf dem Festlande sah man unaufhörlich regnen, hinter der Insel Wolken gegen Süden trei- ben: da hatte also der Nordost die Oberhand. Wir stiegen beruhigt in die Kajüte hinab, um unser Nachtmahl zu nehmen; kaum aber hat- ten wir uns gesetzt, als sich ein leises Säuseln von NO. erhob und nach 5 Minuten der Sturm wieder losbrauste; der Nordost hatte ge- siegt und wir waren ihm ganz ausgesetzt. Wir hatten die drei Anker im Meere mit 8 Faden Tiefe und glücklicher Weise solidem Grund; doch wurden wir trotzdem noch einen Faden tiefer in’s Meer hinaus- geführt, wo wir uns erst mit Hilfe aller unserer Ketten festhalten konn- ten. Wären wir weiter in’s Meer getrieben worden, so hätten wir we- nig Hoffnung gehabt, durch die vielen Klippen zu entkommen. Der an ni Briefe vom Rothen Meere. 293 Wind legte sich erst um 8 Uhr, erhob sich zwar um 12 Uhr von Neuen, _ doch ohne Heftigkeit und wir schliefen ruhig bis zum Morgen. Am 19. erlaubte uns ein Südwest kaum, in Mahar, den nächsten Hafen, einzulaufen; er ist gut und sicher, da er gegen Norden und Süden von Korallenfelsen, an denen sich Austern finden, umzäunt ist; im Osten öffnet sich ein Thal, worin ein paar Dattelpalmen sichtbar werden. Es treibt sich eine Kabyle hier herum, halb Fischer, halb Hirten; ihrer zwei kamen an Bord, um unsere Barmherzigkeit zu prüfen. Der Himmel war den ganzen Abend schwarz umwölkt; mit Ein- bruch der Nacht blitzte und donnerte es unaufhörlich; es fiel ein leich- ter Regen, dem ein ziemlich heftiger Wind folgte. Dieser legte sich indefs am Morgen des 20. ganz und erst am Abend des 22. konnten wir in Yambo, die erste Stadt, die wir bis jetzt getroffen, einlaufen. Ich hatte mir eine günstigere Vorstellung von dieser Stadt gemacht. Sie hat aus der Ferne ein ganz imposantes Ansehen, gleicht aber, wenn man sich ihr nähert, einem Ruinenhaufen, — wie alle hier ge- legenen Ortschaften, da sie flache Dächer haben, — und kann kaum ‚mehr als 5000 Einwohner haben, vielleicht nicht einmal so viel. Diese stehen nicht im besten Leumunde, so dafs ich, als wir an’s Land stie- gen, meine Pistolen mitnahm. In der Stadt findet man wenig Eigen- thümliches, aufser dafs sehr viele Häuser aus rohen Palmenstämmen errichtet sind, besonders die Kaffee’s, deren es in Folge des Pilger- durchzuges viele giebt. Der Diwan (das Haus des Gouverneurs, Mo- hafıs), der über dem Hafen gebaut ist, liegt halb in Ruinen und der alast des Scherif sieht nicht viel besser aus. Da unweit der Stadt sich wasserreiche Thäler und Dattelpflanzungen finden, wird sie jeden Morgen mit Fleisch und Früchten versorgt und ebenso mit sehr gutem Wasser, das an den Küsten des Rothen Meeres selten ist. Die Ein- wohner sind fast alle mit einem mannshohen soliden Stock bewaffnet, er unten mit Silberfäden verziert ist. Die Beduan dagegen haben ‚immer Säbel und Lanzen bei sich, und Luntengewehre rl nicht sel- ‘ten. Man sieht jetzt viele Pilgrime hier, besonders Mogrebiner, die sich dureh den weilswolligen Burnus bemerklich machen. Wir spazir- ten über den engen schmutzigen Markt und mufsten hören, wie die nder schrien: Ist kein Knüttel da, diese Ungläubigen todtzuschlagen? "Wir thaten, als ob wir es nicht verständen. Man mufs dergleichen gleichmüthig zu ertragen wissen, wenn man im Orient reisen will. - Yambo ist für den Handel in drei Beziehungen wichtig. Erstens ist es der Hafen von Medina, was besonders im Sommer einen grofsen Verkehr mit Suez und Kosseyr und ein reges Leben in der Stadt selbst zursacht, da die meisten Pilger nach Vollendung der Wallfahrt über 294 W. Munzinger: Yambo zurückkehren. Sodann ist es der Stapelplatz für das ägypti- sche Getreide, das von Kosseyr hierher gebracht wird, theils im Auf- trage der Regierung für die Truppen, theils durch Privatspeeulation für die Bedürfnisse des Landes und besonders Gedda’s. Endlich ist es der Markt für die Perlmutterschalen und anderen Producte des Mee- res zwischen diesem Orte und Wischt, von wo die Fischerbarken ge- wöhnlich im Frühling zurückkehren. Doch ist es für den Fremden nicht leicht, hier vortheilhafte Einkäufe zu machen, da die Griechen von Gedda und die Muslemim von ebenda und Suez ihre Agenten in allen diesen kleinen Häfen haben, die auf der Stelle jede gute Gele- genheit benützen können. Ueberhaupt haben die Europäer das Privi- legium der Thätigkeit und Handelsintelligenz nicht; in Schlauheit und Sparsamkeit thun es ihnen die orientalischen Kaufleute zuvor. Man sieht hier die reichsten Leute im blauen Hemde barfuls herumgehen, aller Reichthum wird sorgsam verheimlicht, da man die gute alte Zeit der Türkenherrschaft noch nicht vergessen hat, Yambo hat einen türkischen Mohafis, der unter Gedda steht; das Land aber steht unter einem eingeborenen Fürsten, jetzt Scherif Ab- dallah, der allein auf die Beduan, welche sich um die Türken wenig kümmern, Einflufs besitzt. Er nimmt von jedem nach Gedda gehen- den Schiffe 2 Thaler Hafengeld und bei dessen Rückkehr nach Suez einen dritten, Diese Abgabe wird erst seit einigen Jahren erhoben, Nach dem Tode Mohammed Ali Pascha’s athmeten die Beduan wieder frei auf und erriehteten nördlich von Yambo eine Station, wo sie jedem ankernden Schiffe mehrere Thaler Hafengeld abnahmen. Lief eine Barke nicht ein, so wurde sie in Kähnen verfolgt und das Geld auf der hohen See abgepresst. Dieser Zustand rief Klagen in Cairo hervor, die nichts fruchteten, und ebenso beim Scherif, der die Idee sehr will- kürlich aber doch nicht so übel fand und die Sache am Ende so ord- nete, dafs man die Abgabe regelmäfsig in Yambo zahlt und der Ge- winn, anstatt den Beduan, nun dem Scherif zukommt. Die Hitze nahm in den letzten Tagen immer zu und sank nie unter 26°. Auch die Nächte waren heifs und feucht und am Mor- gen fiel so starker Thau, dafs ich gewöhnlich gebadet aufstand. Den 23. bis 28. August schifften wir bei wenig Wind und grolser Hitze bis Rabuk, dem Vorhafen von Gedda. Das Land trägt hier ganze Waldungen von Dattelpalmen, worin zahlreiche Dörfer versteckt sind, während an der Küste nur wenige Hütten von Baumästen sich befinden. Der Hafen ist sehr geräumig und selbst für grofse Schiffe leicht zugänglich. Rabuk ist der Ort, wo die von Suez kommenden Pilgrime in’s Meer untertauchen und, nachdem sie so die letzte Sünd- haftigkeit abgelegt, als Zeichen der Reinheit ein weilses Stück Zeug Briefe vom Rothen Meere. 295 | um den Leib schlagen, Kopf, Fülse und eine Schulter blols lassend. _ Ophthalmien, Sonnenstiche und Erkältungen, die sie in’s mörderische Klima von Mekka tragen, sind die gewöhnlichen Folgen dieser gottge- fälligen Handlung. “Den 29. nach Mitternacht hoben wir die Anker und waren um Mittag im Angesicht von Gedda. Auf einer Reise, die man mit gutem Winde in 8 Tagen zurücklegen kann, hatten wir 20 Tage zugebracht, _ da wir seit 14 Tagen mit Gegenwind zu kämpfen hatten oder durch Windstille behindert wurden. — Der Hafen von Gedda ist so seicht, dafs man eine halbe Stunde von der Stadt entfernt ankern muls; das Innere ist fast trocken. Ehe wir an’s Land treten, werfen wir noch einmal den Blick auf das Meer zurück, dessen nördliche Hälfte wir jetzt durchfahren haben. Das Rothe Meer ist von der Natur in manchen Beziehungen sehr vernachlässigt, in anderen wieder begünstigt worden. Es empfängt keinen einzigen schiffbaren Flufs, der den Zugang in das innere Land _ eröffnen könnte; die Küsten sind wüst, wasserarm und von räuberi- schen Nationen bevölkert; an das Uferland schliefsen sich Hochebenen, die vom Meere aus sehr schwer zugänglich sind. Die Winde sind ‚regellos und erlauben keine regelmäfsige Schifffahrt. Aufserdem ist das Meer voller Klippen, die oft kaum einen Durchgang gestatten, so dafs eine Fahrt auf diesem Gewässer nicht zu den sicheren Unterneh- mungen gehört. Dazu kommt, dafs selbst die vorzüglichsten Häfen gegen Stürme keinen hinlänglichen Schutz gewähren und dafs der Ein- gang, das Bab-el-Mandeb (Thor der Bedrängnifs), schwer zu passi- ‚ren und 6 Monate im Jahre durch den conträren Munsun für Segel- schiffe fast ganz verschlossen ist. - Auf der andern Seite kommt dem Handel auf dem Rothen Meere der Reichthum der Nachbarländer zu Statten: Abyssinien und die Gallaländer führen ihm ihre Schätze zu; das Jemen liefert ihm seinen Kaffee; es steht in direeter Verbindung mit dem fruchtbaren Aegypten d bildet für den indischen Transithandel den natürlichen Canal. Die Küsten, so wüst sie liegen, erzeugen Gummi, Myrrhen und Weihrauch, und das Meer selbst verbirgt Schätze, die unerschöpflich scheinen: Per- en, Perlmutter- und Schildkrötenschalen. Auch fehlt es nicht an Hän- den, diese Schätze zu heben. Die hier lebenden Hirtenstämme sind von Natur auch rüstige Matrosen; eben so gut oder noch besser, wie sie ihre Dromedare reiten, verstehen sie ihre Barken zu lenken und die Tiefen des Meeres zu tauchen, um ihm seine Perlen zu rauben. Araber legt sich nicht, wie der Europäer, sein ganzes Leben hin- ı auf ein Handwerk, in dem er vollkommen zu werden sucht. Er er Thätigkeit fähig und wechselt seine Beschäftigung täglich; des- 296 W. Munzinger: wegen finden wir in diesen Ländern keine gesonderten Berufsklassen, der Hirt ist zugleich Matrose und Fischer; er liebt das Land, scheut sich aber keineswegs vor dem Salzwasser, freilich ohne für das letztere die Leidenschaft unserer Matrosen zu besitzen. Alle schwimmen gut und ausgezeichnete Taucher sind nicht selten. Und dennoch macht Niemand aus dem Seeleben sein beständiges Handwerk, ausgenommen vielleicht die Bewohner von Dahalak, die, so zu sagen, auf dem Meer und für das Meer geboren sind. Die Barken sind von verschiedener Form und Gröfse und danach heifsen sie Saya, Sembuk, Changia und Baglah, welche letztere bis 200 Tonnen tragen, mit Instrumenten und Steuerrad versehen sind und meistens zum Verkehr mit Indien gebraucht werden. Die anderen Arten sind von 5— 100 Tonnen mit einfachem Steuerruder, einem oder zwei Masten, von denen der hintere immer ganz klein ist; das Segel ist das lateinische, das an eine Segelstange geknüpft wird. Die letztere ist beweglich am Mastbaum angebracht und erfordert beim Lichten viele Menschenkräfte. Das Segel ist von verschiedener Gröfse und bil- det ein Viereck, dessen eine Seite viel länger und nach dem Hinter- theil gerichtet ist. Kehrt sich der Wind oder kreuzt man, so muls das Segel mit seinem Baum umgekehrt werden, was bei Sturm fast un- möglich ist. Die Barken sind offen, nur das Hintertheil hat ein klei- nes erhabenes Deck, an dem der zweite Mastbaum angebracht ist. Die- ses bildet eine niedrige unbequeme Kajüte, worin man kaum aufrecht stehen kann. Man fährt gewöhnlich nur des Tages der Küste entlang, da man aufser dem Compafs und dem Senkblei keine Instrumente hat und die Karte fast unbekannt ist. Mufs man bei einer Ueberfahrt nach der entgegengesetzten Küste die Nacht auf offenem Meere zubringen, so heifst dieses „Samret“ und man bereitet sich dazu mit Kaffeegenufs und reichlichem Speisen vor. Unglücksfälle sind nicht selten und ich habe während meines Lehrjahres drei oder vier Mal auf den Klippen gesessen. Das Haupt der Matrosen ist der Nachoda, der zugleich Rub- ban (Steuermann und Pilot) ist; ihm zunächst steht der Mokaddem, unser Schiffsmeister. Der Armateur heifst Nachodat el barr (Capitain zu Land), der eigentliche Capitain aber Nachodat el bahr (zu Meer). Der erstere giebt nur das Schiff und schiefst alle Unkosten vor, wäh- rend der letztere den ganzen Betrieb in Händen hat, dessen Ertrag mit den Matrosen, je nach der Abmachung, zur Hälfte oder einem Drittheil getheilt wird. Feste Besoldung ohne bestimmten Antheil am Gewinn ist nicht gebräuchlich. Die Matrosen sind sehr religiös, wie ungenirt auch ihre Sprache und ihr Lebenswandel ist. Kommt die Barke an einem Scheich vorüber, so wird ihm zu Ehren eine Litanei gesungen, feines Brod (Futir) gebacken und Kaffee herumgereicht. Die ü Nahrung der Matrosen ist Brot und Reis mit Butter, und Kaffee. Vor den geistigen Getränken bewahrt sie die Religion und der Geiz. Sie lieben Geschichtenerzähler, die ihnen den Abend ausfüllen, und fehlen diese, so liest einer den anderen aus Antar oder Abu Seid vor, wo denn bei jeder religiösen Anspielung die allgemeine Zustimmung in an- dächtigen Phrasen ausgedrückt wird. Bei dem Namen des Propheten wird das: Gott habe ihn selig! nie vergessen. Die Matrosenausdrücke sind, wie bei uns, etwas unverständlich und fremdartig. Man mufs wissen, dals unter Ach’u der zweite Anker (der Bruder des ersten) _ und unter Weled’u das kleine Segel (das Kind des anderen) verstan- den wird, um zu begreifen, dafs, wenn der Capitain Ach’u befiehlt, die Position schlecht ist, wenn er aber Weled’u verlangt, der Wind günstig wird. Alle Manöver werden singend ausgeführt, in Ausdrücken, die des drolligen Witzes nicht entbehren. Die Matrosen-Conversation ge- hört auch auf dem Rothen Meere nicht in den Damensalon; die Grob- heit scheint dem Meere einzuwohnen; doch findet man z. B. nicht das Verhältnifs des Vorgesetzten gegen seine Untergebenen, das sich so schneidend auf den europäischen Schiffen ausdrückt, nicht die Läste- rungen und Schimpfworte, womit man sich auf den Fahrzeugen der Civilisation am schlechten Winde zu rächen meint. Man findet beim _ Araber im Unglück eine Resignation, die sein tiefes Religionsgefühl ihm einflöfst. Lästerungen begegnet das Wort: Chaf’ Allah! (fürchte Gott!); dem Unglück unterwirft man sich mit dem Allah akbar! (Gott ist allmächtig!) und selbst der vorzeitige Tod ist nur Nessib’na (unser Geschick). Obgleich das Rothe Meer, wie bemerkt, fast in keinem seiner Theile productionsunfähig ist, zeichnet sich doch im Norden hauptsächlich die Insel Hasanieh durch ihren Fischereibetrieb aus, während im Süden die Inseln von Dahalak den Mittelpunkt für alle Fischer von Jemen und Afrika bilden. Die Ausrüstung zu Fischereien erfolgt, wie jede See- unternehmung, durch einen Accord über die Vertheilung des Gewinns. Die Inseln von Dahalak sind die Mittelstation zwischen Massua einerseits und Loheya und Gedda andererseits; sie bestehen aus zwei grölseren und mehreren kleineren Inseln, die meist unbewohnt sind. Die beiden gröfseren sind Dahalak und Nora. Diese zwei Inseln ha- ben eine sehr ärmliche Vegetation, kleine Dornenbäume und einige "Dattelpalmen von der Gattung Doom. Man bewahrt das Regenwasser in Cisternen auf. Die Einwohner, deren Sprache den abyssinischen Jrsprung nicht verleugnet, sind reich an Ziegen, Kameelen und Eseln, die alle meistens halb wild auf der Insel umherschweifen und nur ein- gefangen werden, wenn man ihrer bedarf. Auf der Insel Döhel giebt ‚es auch Kühe. Von der Ziegenmilch wird im Winter ein schmackhafter Briefe vom Rothen Meere. 297 \ £ „ Ze u 298 W. Munzinger: Käse in rundlicher Form bereitet. Auf der grolsen Insel Dahalak be- finden sich mehrere Ortschaften, deren jede ihr erbliches Haupt hat. Sie sind vom Pascha von Massua abhängig und zahlen von den Bar- ken und Sklaven einen jährlichen Tribut von nahe an 1000 Thalern, zu deren Eintreibung Soldaten herübergeschickt werden. Sonst ist die Regierung ganz einheimisch. Die Häupter der Dorfschaften waren früher sehr reich; aber die Habsucht der Türken hat sie heruntergebracht. Sie haben immer noch viele Barken, die sie mit ihren zahlreichen Sklaven und Unterthanen bemannt auf die Fischerei ausschicken. Der alte Glanz zeigt sich noch in der ächtpatriarchalischen Gastfreundschaft. Naht ein Fremder dem Dorfe, so geht ihm der Chef desselben von weitem entgegen, führt ihn in ein Haus, das eigens zur Fremdenaufnahme bestimmt ist und labt ihn mit Speise und Trank. Der Dialekt von Dahalak stammt vom Geez ab, doch ist er den Leuten von Massua, die eine Abart desselben reden, fast unverständ- lich. Die herrschende Sprache ist aber das Arabische, dessen jemeniti- sches Idiom gangbar ist. Die Leute von Dahalak bauen ihr Land nie an, obgleich der Bo- den Pflanzungen sehr günstig ist; sie fürchten, die Habgier ihrer Herren noch mehr zu reizen. Ihre Hauptbeschäftigung besteht in der Fischerei; mit der Viehzucht und den Hausarbeiten sind die Frauen und Kinder betraut. Die hauptsächlichsten Meerproducte sind die Perlen, die Perlmutter- und die Schildkrötenschalen. Das Meer von Dahalak ist die eigent- liche Perlenregion; man findet sie in den Perlmutterschalen oder in einer kleinen, Bülbül benannten Muschel. Man betrachtet die grofsen Regen als ein gutes Zeichen für die Erndte der Perlen, die man die im Meere krystallisirten Thränen des Himmels nennt. Es scheint, dafs viel Regen das Muschelthier krank macht, so dafs sich ein Ausfluls bildet, der durch Verhärtung zur Perle wird. Der Perlenmarkt ist zu Dömöllo, auf der Ostseite der grofsen Insel. Mit dem Handel beschäf- tigen sich hauptsächlich die Banianen; sie ziehen die weilsen Perlen den gelben nicht vor, während bei uns die letzteren gar nicht geschätzt werden. Vor 15 Jahren war ein Franzose von einem Pariser Hause beauftragt, die Perlen Dahalak’s zu untersuchen; aber das Resultat seiner Nachforschungen und selbst unternommenen Fischereien war ein sehr ungünstiges Urtheil über die Qualität derselben. Die Schildkrötenschalen (arab. Döbel, Bägeh) finden sich in allen Häfen von Dahalak käuflich und ebenso in Akik, Massua und den Plätzen von Jemen. Die Schildkrötenschale besteht aus 13 Stücken, von denen besonders die schweren mit dunkelgelbem Grund und braun- Bi Briefe vom Rothen Meere. 299 schwarzen Blumen geschätzt und meistens nach Indien versandt wer- den. Zum Schildkrötenfange wird eine Barke mit wenigstens 20 Leu- ten bemannt, die nach und nach alle Inseln des Archipels besucht und bei jeder derselben beobachtet, ob sich Schildkröteneier auf dem Ufer- sande vorfinden. Ist dieses der Fall, so wird ein Mann mit Provision von Lebensmitteln und Wasser daselbst zurückgelassen, welcher der | Schildkröte auflauert, bis sie weit genug in’s Land ist, um ihr den | Rückweg abschneiden und sie auf den Rücken legen zu können. Dann wartet er auf die Rückkunft der Barke, die inzwischen die übrigen Inseln besucht hat. Nach der Heimkehr in den Hafen werden zuerst die Kosten zu Gunsten des Armateurs abgezogen und dann gewöhnlich zu gleichen Theilen zwischen diesem und den Matrosen getheilt. Doch bekommt der Matrose, der eine Schildkröte gefangen, gewöhnlich das sechseckige Mittelstück als besondere Belohnung. Die Perlmutterschalen findet man von Suez bis zu den Küsten von Berbera; Gedda ist der grofse Markt für dieselben; ihre Qualität wird nach der Gröfse und Schwere beurtheilt und ist natürlich sehr verschieden. Die Naeres (Sadaf) z. B. von den Inseln von Dahalak sind klein, weil man ihnen durch das beständige Fischen nicht die Zeit läfst, sich gehörig zu entwickeln. Man betreibt die Fischerei in Barken von 5 bis 10 Tonnen, mit vieler Bemannung und mehreren Piroguen (Huri’s), länglichen schmalen ausgehöhlten Baumstämmen, die im Rothen Meere meist die Stelle der Kähne vertreten. An jedem windstillen Tage gehen die Huri’s mit 3 bis 5 Leuten nach verschiedenen Richtungen ab, und sobald sie eine Naeres-Bank entdeckt haben, tauchen sie so lange unter, bis die Huri mit dem Product so weit beschwert ist, dafs sie in die Barke ausladen mufs. Die letzteren gehen oft von Gedda bis Berbera und bringen nach einigen Monaten meist schöne Ladungen zurück, da sie gewöhnlich noch einige frische Bänke entdecken, wo die Naeres zu ihrer ganzen Entwickelung gekommen sind. Auf der Rück- reise berühren sie meistens den Hafen von Naura im NW. von Da- halak und suchen da ihre Ladung zu verkaufen. Die Perlmutterschalen gehen ebensowohl nach Indien, als nach Europa und Syrien, und sind durch diese dreifache Concurrenz im Preise schon sehr gestiegen. Mit dieser Fischerei ist natürlich die der Perlen verbunden, da diese sich im Innern der Schalen finden. Doch liefert auch die Bülbül, eine kleine - schwarze Muschel, eine etwas geringere Qualität. Aufser den erwähnten Producten befindet sich im Rothen Meere ein grolser Reichthum von Schwämmen, der aber bis jetzt wenig aus- gebeutet wurde. Ich habe davon sehr schöne Muster gesehen. © Diese verschiedenen Meerproducte geben den meisten Anwohnern ‚des Rothen Meeres Beschäftigung und Erwerb, besonders aber den Leuten u 2m 15 oe au" an = We — 300 W. Munzinger: von Dahalak, die durch ihre Lage darauf angewiesen sind. Bruce, in seiner Beschreibung der grofsen Insel, kann nicht begreifen, wie Leute in diesem Lande wohnen bleiben, und schreibt dies der natürlichen Anhänglichkeit der Menschen an das Heimathland zu. Mir scheint es aber, dafs diese Leute sehr thöricht wären, ihre Inseln und ihr so über- aus ergiebiges Meer gegen die unruhigen Küstenländer zu vertauschen. Jetzt können sie, ungestört von Krieg und Wirrsal des Continents, ihrem Geschäft nachgehen, dessen Entwickelung ihnen Wohlstand ver- spricht. Der Boden erlaubt ihnen, Heerden zu halten, die von Wölfen nicht gefährdet werden und auf den kleinen Eilanden keiner Aufsicht bedürfen. Sogar der Ackerbau würde in Folge der Winterregen sehr lohnend sein, das Wasser ist reichlich vorhanden und süls, das Klima angenehm, im Sommer nie zu heifs. Auch sind diese von Bruce be- mitleideten Inseln keineswegs isolirt; täglich fahren Barken, die zwi- schen Massua, Loheya und Gedda einen lebhaften Verkehr unterhalten, hier vorüber und bringen alle möglichen Lebensbedürfnisse (Butter, Durra, Reis, Datteln und andere Früchte) reichlich und wohlfeil hierher. Nach diesem Ueberblick über die commercielle Bedeutung des Rothen Meeres wenden wir uns zu Gedda zurück. Vom Hafen aus betrachtet bildet diese Stadt ein angenehmes Gemälde, dem die Wüste als Rah- men dient. Sie dehnt sich nicht weit aus, Alles scheint über und neben einander gebaut, so dafs man mit einem Blick die Gesammtheit der Stadt übersieht. Unähnlich den meisten Orten im Orient, die von Aufsen grofse Pracht verheifsen und im Innern das Elend zeigen, nimmt sich Gedda um so vortheilhafter aus, je näher man es betrachtet. Es ist sehr solid gebaut, die Häuser sind grofs, hoch und elegant, wenn auch etwas unregelmäfsig; Alles steht nett und frisch da und bekundet die Wohlhabenheit der Bewohner, ganz im Gegensatz zu Kairo, wo Hütten an Paläste stofsen und das Maulthier mit Mühe seinen Weg durch Schutt und Ruinen findet. Das Innere der Häuser entspricht dem Aeufseren: Dielen und Wände sind mit kostbaren indischen Matten bedeckt; die Nargileh, die dem Fremden fast zu freigebig geboten wird, ist reich mit Silber und Perlen verziert. Was Indien, Persien und das glückliche Arabien an Schätzen darbieten, das fehlt bei den Geldherren Gedda’s nicht. Man versäumt hier keine Gelegenheit, seine Reichthümer zur Schau zu tra- gen, da man sich jetzt sicher fühlt. Die Habgier der Pascha’s ist noch immer die alte, aber sie hat die Zähne verloren. Ich sah hier einen Kaufmann, der seinen Stolz darein setzt, die meisten Barken zu be- sitzen; läuft eine derselben hier ein, so hissen alle anderen, die ihm gehören, ihre Flagge auf, und wir zählten eines Morgens mehr als zwanzig solcher bewimpelten Fahrzeuge, obgleich der Eigenthümer der- Briefe vom Rothen Meere. 301 selben noch mehrere in See hatte. Es mögen etwa zehn Kaufleute hier leben, die über eine Million Thaler zu gebieten haben; einer der reichsten ist Scheich Farek Yussir, ein ältlicher Mann von kleiner Sta- tur, mit einem äulserst feingeschnittenen, listigen, immer lächelnden Gesicht. Er kleidet sich ärmlich und liebt nicht, Almosen zu geben; doch ist sein Haus reich ausgestattet. Farek Yussir ist, wie schon sein _ Name zeigt (Bastard), Sohn einer Sklavin, und hat seinen Reichthum von seinem Herrn geerbt. Sein Hauptgeschäft treibt er mit Indien; er besitzt mehrere Segel- und Dampfschiffe, die beständig dorthin fah- ren, und kauft überdies ganze Schiffsladungen auf, um deren Coneur- renz mit den eigenen zu verhindern. So monopolisirt er gewisse Ar- tikel und wird Herr des Marktes. Die gröfsten Handelsleute von Gedda sind nicht glänzenden Ur- sprunges, die meisten frühere Sklaven, Lastträger u.s.f. Es sind be- sonders die Leute vom Hadramaut, die am ersten ihr Glück machen; an Intelligenz und Thätigkeit sind sie nur unseren Juden zu verglei- chen. Auch einige Griechen bilden sehr bedeutende Häuser und unter- halten Verbindungen über das ganze Rothe Meer. In Gedda residirt ein französischer und ein englischer Consul, — der erstere wohl nur der Pilgrime wegen, die von Algier die heiligen Orte besuchen. Für England dagegen ist wegen des indischen Handels das Rothe Meer auch in commercieller Hinsicht von Bedeutung; in Gedda mögen jährlich 10 bis 15 englische Schiffe von 600 bis 1000 Tonnen einlaufen, mit Manufaeturen, Schiffsbauholz, Taback (zum Kauen und Schnupfen), Zucker, Droguen und besonders Reis, der in Bengalen gegen arabi- sches Salz eingetauscht wird. Die Schiffe, die den Verkehr mit Indien unterhalten, fahren von _ dort mit dem Süd-Munsun ab, der bis zum Mai anhält, und bleiben bis zum August in Gedda, um dann unter Benutzung der letzten Nord- winde eine neue Fahrt nach Indien durch das Bab-el-Mandeb anzu- ‚treten. Die indischen Pilgrime aber warten gewöhnlich bis zum fol- genden Jahre. In jedem Sommer zieht die Wallfahrt nach Mekka eine bedeutende Anzahl von Leuten aus der ganzen mohammedanischen Welt hierher; dies wird auch commerciell sehr wichtig und veranlafst einige Wochen vor dem Feste in Gedda eine grofsartige Messe, auf welcher alle Produete des Orients zum Kauf ausgeboten werden. " Gedda befindet sich demnach in einer für den Handel sehr gün- igen Lage. Es liegt ungefähr in der Mitte des arabischen Küsten- ichs am Rothen Meere, eben so weit von Mocha, wie von Suez ent- it, Suakyn fast gegenüber, und nicht weit von Massua und den Häfen des. Jemen. Es ist aufserdem der Hafen von Mekka und wird dadurch ‚einer der Brennpunkte des orientalischen Handels. Alle Kaufleute, die 302 W. Munzinger: zur Wallfahrt kommen, benutzen diesen Platz, mit ihren fernen Freun- den zusammen zu treffen und sich mit ihnen über die Operationen des kommenden Jahres zu verständigen, und der Zusammenflufs so vieler Handelsleute sichert eine schnelle Abwickelung der Geschäfte. Obgleich manche Kaufleute der anderen kleineren Plätze direct mit Aegypten zu handeln suchen, zieht doch die Mehrzahl der kleinen Handelsleute aus dem zuletzt angeführten Grunde den nahe gelegenen Markt von Gedda vor, so dafs dieser Platz für den Grofshandel eine besondere Wichtig- keit erlangt hat. Unter den importirten Artikeln stehen wohl die gro- ben Baumwollenzeuge in erster Linie und es ist bemerkenswerth, dafs die Fabrikthätigkeit von Kairo das englische Product in dieser Be- ziehung fast von dem Markte verdrängt hat. Im Allgemeinen aber steht der Import hinter dem Export sehr zurück und die Ausdehnung des ersteren wird dadurch behindert, dafs die halbeivilisirten Bewohner die- ser Gegenden fest an ihren alten Gewohnheiten hängen und für solche Waaren, die mit denselben nicht in Einklang stehen, kein Interesse besitzen. In der Handelsstellung Gedda’s und der übrigen grofsen Plätze des Rothen Meeres ist übrigens während der letzten 20 Jahre eine be- deutende Veränderung eingetreten. Früher theilte Gedda seine Wich- tigkeit nur mit Mocha, das den ganzen Handel des Südens und auch der afrikanischen Plätze monopolisirte. Die Gründung Aden’s be- wirkte aber, dafs Mocha fast ganz aufgegeben wurde und sich der Handel, besonders von Afrika aufserhalb des Rothen Meeres (Berbera), nach der neuen Colonie zog. Doch die Position derselben jenseits des Bab-el-Mandeb, welches einen Verkehr mit dem Rothen Meere zur See selten erlaubt, zwang den Handel des Meerbusens, sich neue Wege zu suchen, und es erhob sich Hodeida, das in Kurzem fast den ganzen Kaffeehandel an sich zog, und Gedda gewann viel, indem sich nun die Producte von Massua und Suakyn zu ihm wandten. Hodeida und das junge aber vielversprechende Loheia sind besonders hinsichtlich des Imports von Gedda abhängig und für ihren Export ist das letztere, wenn nicht der Stapelplatz, doch der Transitpunkt, durch den sich der Verkehr mit Aegypten durchzieht. Massua, den 29. September 1853. Von Gedda hoben wir die Anker am 8. September, doch konn- ten wir erst am folgenden Tage das hohe Meer gewinnen und näher- ten uns am 10. der afrikanischen Küste bei Umm-el-Grusch (Mutter der Haifische, die wirklich hier sehr zahlreich sind). An den beiden folgenden Tagen schifften wir unter schwachem Winde und grolser Hitze hinab bis Dorura, das einen geräumigen Hafen bildet. Die Tür- Briefe vom Rothen Meere. 303 _ ken haben hier, um die Beduan in Zaum zu halten, ein Kastell gebaut mit 20 Soldaten und einer Kanone. Wir wurden von mehreren Be- scharin, einem Stamme, der von hier bis Kosseyr schweift, besucht; sie brachten uns Kameelmilch, die sie gegen unsere Durra eintauschten. Sie sind schwarz, haben aber, wie alle Beduan, die Physiognomie von - Kaukasiern und sollen in Wildheit keinem Volke der Welt nachstehen. Den 13. Abends nach einer Küstenfahrt ohne Abwechslung liefen wir in den Hafen von Suakyn ein und verweilten daselbst bis zum 49ten. Wir hatten von Gedda aus Empfehlungsbriefe an Nur-ed-Din Pascha, den Statthalter, und wurden von ihm mit aller möglichen Freund- schaft empfangen. Er gab uns einen Kawassen zur Begleitung, schickte uns Speisen auf das Schiff und bemühte sich sehr, uns gut zu unter- halten. Er ist erst seit 14 Jahren hier; man sieht ihm an, dafs er eben von Constantinopel gekommen ist. Während in Europa die ernste Frage erörtert wird, in wessen Macht Stambul nach dem Verscheiden des „kranken Mannes“ fallen soll, setzen sich die Türken in Afrika fest und dringen mit ihren Militair-Colonien in’s Land hinein, Träger der orientalischen Civilisation und Religion. “Beispiele sind Suakyn, Akik, Massua. ı Die Karte lehrt, dafs diese drei Plätze auf kleinen, vom Festlande _ auf Schufsweite entfernten Inselchen gelegen sind und Beduanstädten auf dem Continent vorliegen. Zuerst setzten sich auf diesen Inseln - Kaufleute von Arabien und Persien fest, um den Handel mit den Be- _ duan direct zu treiben, wogegen sie einen Tribut an die einheimischen Behörden entrichteten. Später schiekten die Türken auf diese Eilande "Soldaten, die in ihren Kastellen sicher waren, aber auf dem Festlande keine Gewalt hatten. Noch vor 13 Jahren zahlte die Duane von Mas- sua an die Beduan von Arkiko einen Tribut von 1005 Thalern; noch vor ‚12 Jahren konnte es der Statthalter von Suakyn nicht verhindern, dafs man auf der Insel vor seinem Diwan einen Armenier, der unglücklich 5 Arzt praktizirt hatte, buchstäblich in vier Stücke zerhieb. Auf das Festland durfte in jener Zeit gar kein Weilser. Die Beduan standen unter dem Emir, der in Suakyn eine gleich grofse Gewalt ausübte, wie der Naib in Massua. Aber in diesem Verhältnifs trat ein Umschwung ein. Es traf sich, dafs die türkische Regierung kräftige Leute in diese Gegenden schickte, die, mit gehörigen Mitteln versehen, ihren Einfluls auszudehnen ver- 'anden. Nach Suakyn sandte man 400 Soldaten mit guten Offizie- en und den jetzigen Pascha, der Reformen liebt. Seitdem macht die 'racht der Beduan dem Kaftan Platz, die Haarfrisur weicht dem Tur- an, die Hütten von Stroh den steinernen Häusern. Unter der jetzigen Regierung kann man mit Sicherheit bis in’s Gasch, bis an die Grenze 304 W. Munzinger: Aegyptens reisen. Die Soldaten machen oft Streifzüge tief in's Land hinein, sie haben oben und unten ihre Kastelle und dringen immer weiter in das Innere. Die alten Häuptlinge haben nur noch nominellen Rang. Ich sah den früheren Emir, der ehedem über Tausende von Lanzen gebot und nie ausging, ohne von einigen Hundert Kriegern ge- folgt zu sein, einzig im Tarbusch uns bewillkommnen. Die Suakyn auf dem Festlande gegenüberliegende Stadt ist nicht klein und mag wohl 10,000 Einwohner haben, die alle in Matten- oder Strohhäusern wohnen; jedes derselben ist von dem anderen durch hohe, aus Gras und Schilf geflochtene Hecken getrennt, und diese bilden die Strafsen und machen den Einblick in das Innere der Häuser unmöglich. Tiefer im Lande findet man nur vereinzelte Häuser, die zum Schutz gegen die Hyänen mit Dornenhecken umgeben sind. Die Umgebungen der Stadt sind dürr und salzreich, daher hat das Wasser einen salzigen Beigeschmack. Doch erheben sich unweit der Stadt Vorgebirge, in denen sich schöne wasserreiche Thäler befinden sollen. Nach Allem, was ich gehört, verliert sich ein ziemlich grofser Flufs, der von SW. kommt, unweit Suakyn im Sande. Es war mir nicht vergönnt, mich selbst von der Richtigkeit dieser Angabe zu über- zeugen; aber ich will doch nicht unterlassen, anzuführen, dafs man glaubt, es sei der Mareb, den sonst die Karten in den Taccaze mün- den lassen, dessen Lauf aber bis jetzt noch Niemand vollständig er- forscht hat. Ich hoffe, dafs es mir vergönnt sein wird, bei meiner nächsten Reise diese Frage aufzuklären. Die Eingeborenen von Suakyn sind den Beduan von Massua sehr ähnlich, doch zeigt ihre Sprache Differenzen, die auf fremde Einflüsse hinweisen. Der Hafen von Suakyn ist sehr gut: man tritt durch einen natür- lichen tiefen Canal ein und ankert dicht am Diwan. Das Meer ist an der afrikanischen Küste nicht so seicht, wie an der arabischen, der Boden senkt sich vielmehr plötzlich, so dafs man hier mehrere gute Häfen findet, während die arabische Seite arm daran ist. Durch In- seln und Klippen hindurch führt ein Fahrwasser von 10 Faden Tiefe. Suakyn ist für den Handel nicht unwichtig. Aufser einigen Ka- rawanen von Abyssinien, die Kaffee, Wachs, Moschus etc. hierher brin- gen, steigen viele Schellabin vom Gäsch (Takka) mit Elfenbein und Schangallas hier herab. Das Elfenbein wird immer von den Banianen !) Werne hörte in Taka von dem Kadi von Hallenga, dafs der Gohr Baraka, der in den nordöstlichen Alpen von Habesch entspringt, sich nach einem westlichen Laufe in zwei Arme theile, von denen der eine bei Suakyn in’s Rothe Meer münde, während der andere sich in den Gohr el Gasch ergielse (Expedition zur Entdeckung der Quellen des Weifsen Nil, $. 11, 12). h D. R. Be Tr Briefe vom Rothen Meere. 305 angekauft; die Schangallas gehen meist nach Gedda, wo der Central- punkt des Sklavenhandels ist. Man findet in Suakyn ferner viele Kuh- ‚und Ziegenhäute, Zähne des Hippopotamos, Straufsenfedern und alle _ Meerproducte. Der wichtigste Handelsartikel ist jedoch das Gummi Suakny, von dem eine sehr grofse Menge ausgeführt wird; die Qualität ist freilich nicht besonders. Von Suakyn bis Berbera ist die ganze Küste fast ausschliefslich mit Gummibäumen bedeckt, deren Product nur zum kleinsten Theile eingesammelt wird. Im Allgemeinen muls man sagen, dafs die Wichtigkeit dieses Handelsplatzes unter der wei- _ sen Regierung von Nur-ed-Din Pascha im Zunehmen begriffen und dafs er schon jetzt für Massua ein gefährlicher Rival ist. Nach dreitägiger einförmiger Küstenfahrt kamen wir den 21. Mit- tags in Akik an, der Mittelstation zwischen Suakyn und Massua. Es _ ist wie Suakyn auf einer Insel gelegen, die eine Viertelstunde vom - Festlande entfernt ist, ohne alle Vegetation, doch nicht ohne commer- - eielle Wichtigkeit, da viele Meerproducte hierher zum Verkauf gebracht werden und die Beduan hier ihren Markt haben. Im August ziehen alle männlichen Bewohner der Insel fort, um Perlmutterschalen und Perlen zu fischen und Schildkrötenschalen einzusammeln, und kehren erst im Frühling mit ihrer Beute zurück. Die Beduan dagegen bringen im Winter ihre Butter hierher, die sie gegen rohe Baumwollenzeuge von Kairo austauschen. Dadurch bildet sich ein Handelsverkehr, der - den Türken, welche hier eine Zollstätte errichtet haben und eine Be- Satzung von zehn Mann unterhalten, jährlich 5—8000 Thlr. eintragen soll. Die Insel selbst aber gewährt in Folge ihrer höchst kärglichen Vegetation einen armseligen Anblick und die Einwohner müssen Mo- jate hindurch auf jede andere Nahrung, als Schaffleisch und Fische, erzichten; an Brod fehlt es fast immer, wie auch oft in Massua und Peakyn. Die Communication mit Gedda und dem Jemen ist noch immer sehr unvollständig. Die Einwohner sind wahrscheinlich den Leu- ten von Dahalak verwandt und beschäftigen sich, wie diese, ausschliels- lich mit der Fischerei. Den 22. September verliefsen wir Akik und kamen, durch sehr schlechten Wind hingehalten, erst den 26. in der Nacht vor Massua ‚an. Am Morgen des folgenden Tages konnten wir in den Hafen ein- laufen und das Meer wieder für längere Zeit mit dem Lande vertau- schen. Dafs ich an diesem Orte länger als ein Jahr verweilen würde, tte ich nicht voraussehen können, als ich Suez verliefs. Was ich ährend dieses längeren Aufenthalts von Land und Leuten kennen e, habe ich auf den folgenden Blättern zu verzeichnen gesucht. Zeitschr. f. allg. Erdk. Neue Folge. Bd. I. F 20 306 XIV. Die amerikanische Expedition nach Japan. Als Strabon die Thatsachen zusammenstellte, welche in den der Abfassung seines Werkes vorangegangenen Jahrhunderten die Ausdeh- nung des geographischen Wissens am Meisten gefördert hatten, konnte er nur grolse kriegerische und politische Begebenheiten hervorheben: Alexander der Macedonier und seine Nachfolger hatten den Orient, die Feldzüge der Römer den Oceident erschlossen, auch Gallien, Ger- manien bis zur Elbe und die britischen Inseln bekannt gemacht; durch Mithradat’s Unternehmungen war über die Länder am Pontus neues Licht verbreitet, und die Begründung des Partherreichs hatte zur Kennt- nifs Hyrkaniens und der centralasiatischen Länder bis Baktrien beige- tragen. Neben den Resultaten dieser welthistorischen Ereignisse ver- schwand der bescheidene Beitrag, den der Handelsverkehr den geographi- schen Kenntnissen zu allen Zeiten darzubieten pflegt, sowol hinsichtlich seines Umfanges wie seiner Zuverlässigkeit; Strabon lebte recht eigent- lich am Abschlufs jener grofsen Periode, in welcher griechische und römische Cultur auf der Spitze des Schwertes nach Ost und West ge- tragen wurde, und der fleifsige Gelehrte den blutigen Spuren folgte, die das Vordringen kühner Eroberer in den unterworfenen Ländern zu- rückgelassen hatte. Was die Geographie des Alterthums der Eroberungssucht, dankt die des Mittelalters religiösen Motiven, die freilich oft zu nieht minder blutigen Ereignissen führten. Religiöse Motive trieben die Heere der Araber weit in das Innere Asiens und über das nördliche Afrika, und bewahrten inmitten allgemeiner Verkümmerung der geistigen Cultur die Fackel der geographischen Wissenschaft wenigstens unter diesem Volke vor gänzlichem Erlöschen; sie führten die Schaaren der Kreuz- fahrer und Pilger nach dem Orient und retteten dadurch einen Keim geographischer Anschauung, der wenige Jahrhunderte später die höchste Fruchtbarkeit entwickeln sollte, vor dem drohenden Untergange; sie leiteten fromme Mönche durch die asiatischen Einöden zum fernsten Osten, wohin nie der Fuls eines Europäers gedrungen war. Damals folgte der Geograph zur wissenschaftlichen Erndte dem Priester und dem Propheten. Beide Momente haben auch heute noch ihre Wirksamkeit nicht ganz verloren. Der Krieg freilich scheint ein ausschliefsliches Erbtheil der eivilisirten Nationen geworden zu sein und nieht mehr, wie sonst, Die amerikanische Expedition nach Japan. 307 die Kenntnils barbarischer Länder aufzuschliefsen; aber wenn er fast _ ganz aufgehört hat, neues Terrain für die Wissenschaft zu erobern, so haben doch militärische Interessen zur detaillirten, möglichst er- schöpfenden Kenntnils des der Geographie bereits anheimgefalle- nen Gebietes in hohem Grade beigetragen, und namentlich dadurch, dafs sie exacte Terrain - Aufnahmen veranlafsten, eine der vollkommen- sten Blüthen der geographischen Wissenschaft gezeitigt. Auch die Wir- kung religiöser Motive hat während des siebenzehnten und achtzehnten Jahrhunderts in der unermüdlichen Thätigkeit der Jesuiten, zu unserer Zeit in dem Eifer der Missionare einen Nachklang gefunden. Aber, soweit es sich um die Erschliefsung des bisher Unbekannten handelt, stehen beide Momente weit zurück hinter der gewaltigen Triebkraft, welche seit dem fünfzehnten Jahrhundert mit stets wachsender Stärke die Handelsinteressen geäufsert haben. Zwei Umstände kamen dieser Wirksamkeit ungemein zu Statten: die Buchdruckerkunst, mit deren Erfindung der Aufschwung des Handelsgeistes zusammenfiel, ver- kürzt die Zeit, in welcher die Erfahrungen und Erforschungen des Einzelnen ein Gemeingut Aller werden, und die Benutzung der Dampf- kraft überwindet in wunderbarer Weise die Schwierigkeit, welche die räumlichen Dimensionen der Erforschung ferner Länder bisher ent- gegengestellt haben. So hat die Wissenschaft in dem Streben nach materieller Verbesserung einen der mächtigsten Hebel gewonnen und ihrerseits dem praktischen Leben die fruchtbarsten Hilfsmittel darge- boten: Wissenschaft und Leben durchdringen sich so innig, dafs es oft _ schwierig ist, zu entscheiden, was wir der spontanen Thätigkeit der einen oder den treibenden Interessen des anderen verdanken. Sollen wir nun sagen, weshalb gerade die Expedition der Ameri- kaner nach Japan solche Betrachtungen anzuregen geeignet ist? Es handelt sich bei dieser Unternehmung nicht blos darum, dafs ein seit zwei Jahrhunderten dem europäischen Verkehr verschlossenes Reich "wieder zugänglich gemacht ist, oder darum, dafs wir über ein paar ‚kleine Inselgruppen und einige japanesische Häfen vollständigere Be- lehrung erhalten haben. Die Expedition nach Japan ist vielmehr nur eine vereinzelte, wenn auch hervorstechende Thatsache in der grofs- artigen und folgenreichen Bewegung, welche das ausgedehnteste Wasser- becken des Erdballs einem lebhafteren und regelmäfsigen Verkehr zu- gänglicher zu machen, die zahlreichen Inselgruppen, die weiten Küsten- änder desselben in den Kreis unserer Culturentwiekelung hineinzuziehen ‚sucht. Durch die Anknüpfung vertragsmälsiger Handelsverbindungen zwischen den Vereinigten Staaten und Japan wird die bedeutungsvolle Thatsache constatirt, dafs sich die von Europa nach Ost und West aus- gegangenen Culturwellen jetzt auf der anderen Seite des Erdballs be- 20 * 308 Die amerikanische Expedition rühren, ‘dafs die Dimensionen dieses Planeten von der Thatkraft des Menschen nicht blos in vereinzelten Fällen, sondern in ununterbroche- ner Folge für das praktische Leben bemeistert werden sollen. Es ist nicht nöthig, auseinander zu setzen, was die Geographie gewinnen wird, wenn der Stille Ocean für den Handelsverkehr nicht mehr ein stilles Meer, sondern so belebt wie der Atlantische sein wird; die geographische Bedeutung dieses Umschwungs ist so augenfällig, dafs es keiner Rechtfertigung bedarf, wenn wir das ihn einleitende Er- eignifs in diesen Blättern einer ausführlichen Besprechung für werth erachten. Der Ausgangspunkt der grofsartigen Thätigkeit, welche die ent- legenen Küsten des Stillen Oceans näher aneinander zu rücken sucht, liegt in Californien. Wie vor drei Jahrhunderten der lockende Glanz des peruanischen Goldes die rasche Erkundung des ganzen südameri- kanischen Continents mächtig beförderte, beschränkt sich auch heute die Wirkung des californischen Goldes nicht auf die Colonisation der Senkung zwischen der Sierra Nevada und der californischen Küsten- kette. ‘Sie hat das Gesetz des allmählichen Fortschreitens der Cultur von Ost nach West innerhalb des weiten Gebietes der Vereinigten Staaten kühn durchbrochen und an den Küsten des fernen Oceans, weit entlegen von allen Culturstätten, aus den thätigsten Elementen des unter- nehmendsten Menschenschlages ein Gemeinwesen begründet, das nach wunderbar schneller Entwickelung alle Hilfsmittel unseres vorgeschrit- tenen Zeitalters in Bewegung setzt, um mit der eivilisirten Welt im Ost und West eine schnelle und gesicherte Verbindung zu gewinnen und zur Erhöhung der Intensität seines regsamen Lebens den Strom des Weltverkehrs durch sein Gebiet zu lenken. Durch diesen plötz- lichen Impuls sind Projeete, deren Verwirklichung unter anderen Um- ständen vielleicht noch ein Jahrhundert auf sich hätte warten lassen, zu brennenden Tagesfragen geworden. Um die Ost- und Westküste der Vereinigten Staaten in eine bequemere Verbindung zu bringen, denkt man daran, die weite Ausdehnung der des Anbaues noch har- renden Prajrien durch Schienenwege zu überwältigen, und durchforscht den Isthmus von Panamä, um die geeignetste Stelle zur Anlage einer Canalverbindung zwischen dem Atlantischen und dem Stillen Meere ausfindig zu machen; die schon jetzt quer über den Isthmus gelegte Eisenbahn ist recht eigentlich ein Resultat des Aufschwungs Cali- forniens. Nach der anderen Seite, nach Westen hin, ergriff der junge Staat sofort das Scepter der Herrschaft über den Stillen Ocean; seine - Schiffe befahren des Walfischfanges wegen die nordischen Gewässer, ; sie treiben einen gewinnreichen Handel mit China und führen von dort | tausend fleifsige Arme zum Vortheil der Landwirthsehaft nach Califor- nach Japan. 309 _ nien: Im Hinblick auf eine solche Regsamkeit können sich schon jetzt ‚die europäischen Seemächte einer lebhaften Besorgnils nicht erwehren, _ wenn sie an das künftige Schicksal der Sandwich-Inseln denken. = In diesem Umsehwung, der auf den Gewässern des Stillen Oceans _ eingetreten ist, war die Nothwendigkeit der Expedition nach Japan ge- ‚geben. © Die Entfernung vom Goldenen Thore San Franciseo’s bis Shanghai beträgt 6475 Seemeilen. Auf einer so weiten Reise bedürfen Segel- ‚schiffe einiger Hafenplätze, in denen sie Proviant und frisches Was- - ser einnehmen können, und den Dampfschiffen, die jene Strecke in ‚30 Tagen zurücklegen können, ist es unmöglich, den für die ganze Reise erforderlichen Kohlenvorrath mit sich zu führen. Bisher gewähr- ‚ten nur die Sandwich-Inseln, 2093 Seemeilen von San Franeisco ent- fernt, einen Ruhepunkt: wenn der Handel zwischen Californien und China rascher aufblühen, wenn namentlich eine Dampfschifffahrtsver- ‚bindung zwischen den gegenüberliegenden Küsten des Stillen Oceans hergestellt werden sollte, so war es ein dringendes Bedürfnifs, auch auf den beiden Drittheilen des Weges, die jenseits der Sandwich- Inseln liegen, einen Hafenplatz und ein Kohlendepöt zu gewinnen. Ob eines der Eilande in der inselarmen Nordhälfte des Meeres zu diesem Zwecke dienlich sein würde, war zweifelhaft; auf alle Fälle mufste man ‚an einen der japanesischen Häfen denken, als an Ruhepunkte, die zwar ‚den Weg von den Sandwich-Inseln nach China in zwei sehr ungleiche Hälften zerlegen, dennoch aber für die amerikanische Schifffahrt sowol in’dieser wie in anderen Beziehungen unentbehrlich sind. Denn in den japanesischen Gewässern hält sieh alljährlich für län- sere Zeit eine beträchtliche Anzahl amerikanischer Schiffe des Walfisch- fanges wegen auf. Nicht blos das Bedürfnifs, von Zeit zu Zeit frische Lebensmittel einzunehmen, sondern vornehmlich die Nothwendigkeit eines Zufluchtsortes in diesem von heftigen Stürmen heimgesuchten und klippenreichen Gewässer an einer felsigen, oft von dichten Nebeln ve ‚rhüllten Küste liefsen es schwer empfinden, wie sehr die exclusive Politik des japanesischen Hofes den handeltreibenden Nationen schade. Es mufste als eine Unmenschlichkeit erscheinen, dafs Schiffe, die durch Mangel an Proviant, oder um einer Reparatur willen, oder in Folge 'stürmischen Wetters einen der japanesischen Häfen anzulaufen gezwun- gen waren, von den Küstenbatterien beschossen und erbarmungslos dem Vinde und den Wogen preisgegeben wurden, und es war tief zu be- lagen, dafs Schiffbrüchige selbst dann, wenn sie sich an die Küste ‚gerettet hatten, hier eben so verschollen und verloren waren, als ob sie auf hoher See ihren Untergang gefunden hätten. Um die ganze nerträglichkeit solcher Verhältnisse zu erkennen, darf man sich die 310 Die amerikanische Expedition ungastlichen Küsten des japanesischen Inselreichs mit seinen der Schiff- fahrt so gefährlichen Gewässern nur in den Atlantischen Ocean auf den Weg von Liverpool nach New-York versetzt denken: alle handel- treibenden Nationen würden sofort die Nothwendigkeit fühlen, einem so singulären Unwesen ein Ende zu machen. Es war für den Auf- schwung des Schiffsverkehrs in der nördlichen Hälfte des Stillen Oceans eine unerläfsliche Vorbedingung, dafs den einfachsten Geboten der Menschlichkeit an den japanesischen Küsten Nachachtung verschafft wurde. Aber die Lösung dieser Aufgabe schien mit aufserordentlichen Schwierigkeiten verknüpft zu sein. Seit zwei Jahrhunderten waren alle Versuche europäischer Natio- nen, eine Handelsverbindung mit Japan anzuknüpfen, vollständig ge- scheitert. Im Jahre 1637 hatte ein kaiserliches Decret alle Portugiesen mit Weib und Kind und allen Angehörigen aus den Grenzen des japane- sischen Reiches verbannt, und jeden Eingeborenen, der das Ausland zu besuchen und wieder heimzukehren wagen würde, mit Todesstrafe be- droht. Das Deeret fand zwei Jahre später strenge Ausführung. Un- mittelbar darauf folgte ein blutiger Bürgerkrieg, in welchem die christ- liche Bevölkerung ausgerottet wurde; die Inschrift auf dem Grabe der bei Simabara gefallenen Märtyrer, dafs „so lange die Sonne scheine, kein Christ es wagen solle, den Boden Japans zu betreten, und dafs selbst der König von Spanien oder der Christen Gott die Nichtachtung dieses Verbots mit dem Leben würde büfsen müssen“, — diese In- schrift bildete seitdem die unwandelbare Regel für die Politik Japans in Bezug auf alle auswärtigen Nationen. Als die Engländer, — welche von 1613 bis 1623 mit Japan einen ziemlich freien Verkehr unterhalten, dann sich aber freiwillig zurückgezogen hatten und nicht im Entferntesten in die politischen Wirren verwickelt waren, die jener Katastrophe vorangingen, — als die Engländer im Jahre 1673 die unter- brochene Verbindung wieder aufnehmen wollten, wurden sie kurz zu- rückgewiesen, weil König Karl II. eine portugiesische Prinzessin ge- heirathet habe. Im Laufe des jetzigen Jahrhunderts haben sie ihren Versuch, zum Theil mit grofser Schlauheit, mehrmals erneuert, doch stets erfolglos. Rufsland hatte dasselbe Schicksal. Es wollte 1792 die Zurücksendung schiffbrüchiger Japanesen zur Anknüpfung von Ver- handlungen benutzen; aber Lieut. Laxman, der Befehlshaber des russi- i schen Schiffes, wurde in dem Hafen von Hakodadi mit der Androhung, _ dafs er im Falle einer Landung die Freiheit verwirkt habe, zurückge- wiesen, und die Japanesen verweigerten sogar die Aufnahme ihrer un- glücklichen Landsleute, die sich an Bord des russischen Fahrzeugs be- fanden. Kaiser Alexander schickte 1804 eine feierliche Gesandtschaft nach Japan. 311 _ nach Japan, an deren Spitze Resanoff stand; dieser wurde von den Japanern mit Höflichkeit empfangen, erhielt aber, natürlich erst nach langem Warten, vom Hofe zu Yedo den peremtorischen Bescheid, es sei Sr. kaiserl. Majestät Wille, dafs russische Schiffe in Zukunft die japanesischen Gewässer nicht mehr besuchten. „Früher,“ heifst es in dem kaiserlichen Antwortschreiben, „stand unser Reich mit einigen "Nationen in Verbindung; aber die Erfahrung hat uns veranlafst, das entgegengesetzte Prineip als das bessere anzunehmen: es ist weder den Japanesen erlaubt, auswärtigen Handel zu treiben, noch Fremden, ‚unser Land zu betreten.* Um sich zu rächen, landeten die Russen auf den südlichen Kurilen, verbrannten einige Dörfer und tödteten die Bewohner, — eine That, die nicht verfehlen konnte, die Abneigung ‚des japanesischen Hofes gegen Rufsland zu steigern; als der im Jahre 1811 bei einer Landung auf den Kurilen von japanesischen Beamten _ gefangen genommene Capitain Golownin nach langer Haft wieder frei- gelassen wurde, empfing er ein Schriftstück, in dem die Russen vor jedem neuen Versuch, mit Japan in Verbindung zu treten, ernstlich gewarnt wurden. © Von dieser, zwei Jahrhunderte hindurch festgehaltenen Isolirungs- Politik ist nur zu Gunsten der Holländer und Chinesen eine schein- bare Ausnahme gemacht. Wir sagen, eine scheinbare Ausnahme; denn in der That zeigen die Verhältnisse, unter denen mit den Hol- ländern Verkehr gepflogen wird, noch deutlicher als die barsche Zu- rückweisung anderer Nationen, wie tief der Grundsatz, fremde Natio- nen von dem Inselreich fern zu halten, in Japan gewurzelt ist. Dafs die Holländer nicht in das Mifsgeschick der Portugiesen verwickelt wurden, verdankten sie der schimpflichen Thatsache, dafs eben sie ‚die Portugiesen verrathen und die unheilvolle Katastrophe herbeigeführt ‚hatten, und dafs sie, um ihre Krämerinteressen zu wahren, zu jeder Srniedrigung und Selbstentwürdigung sich bereit zeigten. Gleich nach r Vertreibung der Portugiesen hatten sie die japanesischen Truppen in dem Vernichtungskriege gegen die einheimischen Christen unterstützt und durch diese schnöde That die Erlaubnifs erkauft, im Lande ver- weilen zu dürfen; aber kaum sah das Gouvernement die aus den in- neren Unruhen erwachsenen Gefahren beseitigt, als es die Rechte der lolländer auf ein Minimum beschränkte, welches nicht sowol eine Aus- e, als eine praktische Erläuterung der Isolirungspolitik bildete. on im Jahre 1641 wurden sie genöthigt, ihre Factorei von Firando, wo sie sich bequem eingerichtet hatten, nach Dezima zu verlegen, — einem kleinen, nur 600 Fufs langen und 200 Fufs breiten Eiland im Hafen von Nangasaki, und ihr Aufenthalt daselbst wurde solchen Be- tungen unterworfen, dafs er nach Kämpfer’s Ausdruck einer 312 Die amerikanische Expedition ununterbrochenen Haft glich. Von der Art und Weise, wie die beiden holländischen Schiffe, die hier alljährlich einlaufen durften, behandelt werden, liefert Thunberg eine anschauliche Beschreibung. Auf den Bergen, welche den Hafen umgeben, sind Wachtposten ausgestellt, die, sobald sie mit ihren Fernrohren die Annäherung eines holländischen Schiffes erspäht haben, dem Gouverneur von Nangasaki Nachricht da- von geben. Ist das Fahrzeug in den Hafen eingelaufen, so wird es mit japanesischen Wachtschiffen umgeben, welche jeden Verkehr der Mannschaft mit der Factorei verhindern. Japanesische Beamte kommen an Bord, verfertigen ein genaues Verzeichnifs der Mannschaft und lassen sich sämmtliche Waffen und Munition einhändigen, die von ihnen unter Verschlufs gebracht und den Holländern erst bei ihrer Abfahrt wieder überliefert werden; auch die Schiffsboote müssen übergeben werden, damit ein Verkehr mit dem Lande nur auf japanesischen Booten und mit Hilfe japanesischer Ruderer möglich sei; früher wurden den Schif- fen sogar die Segel, das Steuerruder und die Kanonen genommen; die- ses hatte man aber, als zu beschwerlich, später aufgegeben. Ferner werden alle Kisten mit Privatgut, welches nicht verkauft werden soll, überliefert, darunter auch eine sorgfältig vernagelte mit den Gebet- und Gesangbüchern der Mannschaft; denn es ist den Insassen der Factorei nicht nur jeder Gottesdienst verboten, sie dürfen auch nieht einmal in Gegenwart von Eingeborenen das Zeichen des Kreuzes machen oder über Religion sprechen. Demnächst beginnt die Visitation des Sehiffes und der Mannschaft, die so scrupulös ist, dafs den Sklaven sogar die Haare auf dem Kopfe durchsucht werden; die Betten werden aufge- schnitten, die kleinen Kisten ausgepackt, die grölseren versiegelt, um in der Factorei eröffnet zu werden, die Bretter untersucht, ob sie viel- leicht hohl sind. Bei Thunbergs Ankunft wurde sogar aus einem Vor- rath von Eiern eines oder das andere herausgegriffen und zerschlagen, Butter und Käse durchbohrt u. s. f. Alle Waaren werden genau ver- zeichnet. Bisher hatten die Capitains das Privilegium genossen, dafs ihre Taschen von einer Durchsuchung frei blieben; als es aber bekannt wurde, dafs sie in ihren weiten Beinkleidern Manches einschmuggelten, war ihnen die Tracht weiter Beinkleider untersagt worden, und die verbotenen Waaren flüchteten sich nun unter einen weiten Staatsrock, der bei dem gemeinen Volke in Japan die Ansicht begründete, dafs auffallendes Embonpoint eine unerläfsliche Eigenschaft eines holländi- schen Schiffscapitains sei. Aber bei Thunbergs Ankunft war durch ein kaiserliches Decret auch der weite Staatsrock verfehmt worden: so weit geht der Zwang, dem sich die Holländer unterwerfen müssen, und sie dürfen sich darüber nicht beklagen; denn wer sich selbst erniedrigt, wird natürlich demgemäfs behandelt. Japanesische Beamte überwachen nach Japan. 313 nun auch, Alles registrirend, das Ausladen und Befrachten des Schifies. Geht ein Europäer von Bord in die Factorei, oder kehrt er von hier zum Schiffe zurück, so bedarf er eines Passes, muls sich, wie bemerkt, eines japanesischen Bootes bedienen und die Gesellschaft eines Beam- ten gefallen lassen; beim Landen erfolgt wieder eine strenge Visitation. Ein solches Uebermafs von Beaufsichtigung macht natürlich den Auf- enthalt der Holländer, die ein Jahr in Dezima verweilen müssen, durch- aus nicht beneidenswerth. Die kleine Insel, die nur Gebäude von ‚Holz und Bambusrohr enthält, da steinerne nicht errichtet werden dür- fen, ist mit einer hohen Mauer umgeben und steht mit Nangasaki durch eine steinerne Brücke in Verbindung, an deren Ende ein japanischer Wachtposten stationirt ist. Diesen kleinen, überdies mit Spionen be- setzten Raum dürfen die Holländer ohne specielle Erlaubnifs des Gou- verneurs von Nangasaki nicht verlassen. Thunberg wünschte in der Umgegend der Stadt zu botanisiren; da man auf den Arzt der Factorei seiner nützlichen Kenntnisse wegen gern etwas mehr Rücksicht nehmen mochte, setzte das Gesuch den Gouverneur in nicht geringe Verlegen- heit; abhängig, wie diese Personen sind, und nie vor Denuneiationen sicher, wagen sie auch nicht den unbedeutendsten Schritt zu thun, ohne einen Präcedenzfall zu ihren Gunsten anführen zu können. Glückli- cher Weise fand sich hier ein solcher, und Thunberg erhielt die ge- wünschte Erlaubnifs; aber gründlichere historische Studien überzeugten den Gouverneur, dafs der Arzt, dem früher diese Begünstigung zu Theil geworden, nur Unter- Arzt gewesen, und da Thunberg Ober- Arzt war, erhielt der Fall wieder ein sehr bedenkliches Ansehen, die Erlaubnifs wurde zurückgezogen, und Thunberg mufste eine Zeit lang in dem Futter botanisiren, welches für das in der Factorei gehaltene Vieh her- beigeschafit wurde, bis es ihm gelang, den Gouverneur zu überzeugen, dafs zwischen einem Unter- und Ober-Feldscher gar kein specifischer Unterschied existire. Dennoch sah er sich später bei seinen botani- schen Excursionen stets von zahlreichen Spionen und Beamten beglei- tet, und da er diese beköstigen mulste, verursachte ihm jeder derartige Ausflug eine Ausgabe von 16 bis 18 Thalern. Auch bei der Reise, welche einige Beamte der Factorei früher alljährlich, jetzt nur alle vier Jahre an den Hof nach Yedo unternehmen, bleiben sie derselben Be- aufsichtigung unterworfen; sie werden von Japanesen begleitet, dürfen mit den Landesbewohnern nicht verkehren und werden an den Ruhe- punkten in Hinterhäuser einquartirt, von denen sie nur einen Hofraum überblicken können; an mehreren Orten finden natürlich wieder ge- naue Visitationen statt. Wenn eine so scharf ausgeprägte Praktik des Argwohns und der ängstlichsten Ueberwachung während zweier Jahrhunderte von den Be- 314 Die amerikanische Expedition hörden mit der gröfsesten Unverdrossenheit durchgeführt wird, mufs sich natürlich auch in dem Volke die Ansicht bilden, dafs alle Fremde gefährliche Individuen seien, denen man durchaus nicht trauen dürfe; und die Unterwürfigkeit, mit der sich die Holländer allen diesen Chi- canen fügten, mufste eben so natürlich andererseits auch in dem Gou- vernement die Auffassung nähren, dafs es nur ein selbstverständliches, in alten Zeiten durch bittere Erfahrungen gebotenes, jetzt durch die Gewohnheit geheiligtes und von der andern Partei willig anerkanntes Recht ausübe. Solchen Ideen gegenüber mufste die Forderung Perry’s, den Amerikanern einige japanesische Häfen zu unmolestirtem Verkehr zu eröffnen, als ein unerhörtes Ansinnen erscheinen; die Isolirungs- Politik war in Japan zu alt, sie war durch das scheinbare Ausnahme- Verhältnifs der Holländer zu weit ausgebildet worden und sie hatte sich — von dem Standpunkte Japans betrachtet — zu vortrefflich be- währt, als dafs die Amerikaner hoflen durften, durch Verhandlungen, die von anderen Nationen schon oft erfolglos versucht waren, eine Aenderung zu ihren Gunsten herbeiführen zu können. Jedenfalls war so viel klar, dafs die Verhandlungen durch eine imposante Streitmacht unterstützt werden mülsten, wenn die Anträge überhaupt irgend eine Beachtung finden wollten. Andererseits erschien die Unternehmung auch nicht durchaus hoff- nungslos, wenn man den ursprünglichen Charakter des Volks, so weit er durch die Politik seiner Regierung nicht bedingt und wie er wäh- rend der Zeit des portugiesischen Handelsverkehrs hervorgetreten war, in’s Auge falste. Es war klar, dafs man es nicht mit einem Volke von angeborener und unbezähmbarer Wildheit zu thun hätte, das aus- gerottet werden mülste, wenn sein Land zugänglich gemacht werden sollte. Auch von religiösem Fanatismus war dieses Volk fern, und in seiner Religion lag Nichts, ‘was den Verkehr mit Fremden verbot. Als das erste portugiesische Schiff im Jahre 1542 durch Sturm an die Küste verschlagen wurde, fand seine Bemannung freundliche Aufnahme; der Anknüpfung eines Handelsverkehrs wurden keine Schwierigkeiten in den Weg gestellt; die portugiesischen Schiffe durften landen, wo sie wollten, und handeln, mit wem sie wollten. Noch in demselben De- cennium kamen die Jesuiten in’s Land, fromme und kluge Männer, predigten das Evangelium unbehindert und fanden in den Japanesen aufmerksame und geweckte Zuhörer. Ihre Zahl mehrte sich rasch; im Jahre 1588 betrug sie 113, die über das ganze Land zerstreut waren und mit einem Erfolge lehrten, der sie selbst in Erstaunen setzte; aus ihren Berichten erhellt, dafs sie die Japanesen für das begabteste und zugänglichste Volk Ost-Asiens hielten. Sogar einige der mächtigsten Reichsfürsten traten zum Christenthum über, und das Volk folgte ihnen; ee nach Japan. 315 der Kaiser, ein Emporkömmling von hervorragenden Gaben, war dem Viceprovincial wohlgeneigt und verwehrte dem Orden nicht, an ver- schiedenen Orten liegende Gründe zu erwerben und Kirchen zu bauen. Die Insel Kiusin war in Kurzem grofsentheils zum Christenthum be- kehrt; unter den eben erwähnten 113 Jesuiten des Jahres 1588 be- fanden sich 47 Japanesen. Gleich günstige Erfahrungen machten die Engländer zur Zeit ihrer ersten Anwesenheit in Japan (1613); nach kurzen Verhandlungen hatten sie einen Vertrag abgeschlossen, dessen erste Artikel folgendermalsen lauten: „Art. 1. Wir ertheilen den Unterthanen des Königs von Grofs- britannien, nämlich Sir Thomas Smith, Gouverneur, und der Compagnie der Ostindischen Kaufleute, die freie Befugnifs, für alle Zeiten sicher nach den Häfen unseres japanischen Reiches zu kommen, mit ihren Schiffen und Waaren, ohne eine Einschränkung hinsichtlich ihrer Per- sonen oder ihrer Güter; und hier zu wohnen, zu kaufen, zu verkaufen, zu tauschen, nach ihrer Gewohnheit mit allen anderen Nationen; und hier zu verweilen, so lange es ihnen gut dünkt, und abzureisen, wenn es ihnen gefällt. Art. 2. Wir sichern ihnen Zollfreiheit zu für alle Waaren, die sie jetzt in unser Reich gebracht haben oder später bringen werden, und für diejenigen, die sie von hier zu einem fremden Hafen ausführen werden.“ Die Japanesen sind also, wie diese Thatsachen unwidersprechlich beweisen, von Natur keineswegs menschenscheu, auch nicht von so hartnäckigen Vorurtheilen besessen, dafs sie den Verkehr mit der übri- gen Welt für gefährlich halten sollten. Sie zeigten vielmehr eine auf- fallende Bereitwilligkeit, mit anderen Völkern in Verbindung zu treten, und es fehlt auch nicht an Anzeichen, dafs sie schon vor mehr als zwei Jahrhunderten in der Entwickelung weit genug fortgeschritten waren, um die Vortheile eines solchen Verkehrs würdigen zu können. Ganz im Gegensatze zu anderen Völkern verriethen sie eine gewisse Vorliebe für das Fremde, die in ihrer angeborenen geistigen Regsam- keit, in ihrer Wifsbegierde, in ihrem lebhaften Bestreben wurzelt, das fremdartige Neue nicht blos äufserlich anzugaffen, sondern in seinem Zusammenhange zu verstehen und wo möglich durch eigene Thätigkeit zu reprodueiren. Und die neulichen Erfahrungen der Amerikaner ha- ben bewiesen, dafs in dem Charakter des Volks diese Grundzüge noch heut zu Tage in hervorstechender Weise vorhanden sind. Es mufsten ohne Frage sehr gewichtige Ereignisse sein, welche den japanesischen Hof zu einer der Volksneigung so sehr entgegenge- setzten Politik drängten und ihn zwei Jahrhunderte hindurch in der- gelben festhielten. Man hat die Berichte der Holländer über die Er- 316 Die amerikanische Expedition eignisse, welche die Vertreibung der Portugiesen zur Folge hatten, als leidenschaftlich und parteiisch anzweifeln wollen; aber wie erbärmlich auch die Rolle sein mag, welche die Holländer selbst bei jenen Be- gebenheiten spielten: was sie über das Gebahren der Portugiesen sa- gen, mufs in den Hauptzügen wohl wahr sein, da es an und für sich, ohne zufällige Nebenumstände, z. B. ohne einen Thron- und dadurch bedingten Systemwechsel, einen so radicalen Umschwung hervorrufen konnte. Auch war dieser nicht ein plötzlich hereinbrechendes, sondern ein langsam, seit einem halben Jahrhundert gereiftes Ereignifs; nicht erst 1597, wie noch die neuesten Schriftsteller, Mae Ferlane und Hawks, angeben, sondern schon zehn Jahre früher war eine Christenverfolgung ausgebrochen. Die Habsucht der Portugiesen und das widerwärtige Treiben der Schaaren von Augustinern, Dominikanern und Franziska- nern, die nach den ersten glücklichen Erfolgen der Jesuiten das Land überschwemmten und auszubeuten suchten, hatten sehr bald die Frem- den und das Christenthum in Milseredit gebracht. Diese Mönche ha- derten unter einander und verlästerten gemeinsam‘den Jesuiten-Orden; und in den Berichten des letzteren treten die Thatsachen, welche das Volk mit Mifsmuth und die Regierung mit Besorgnifs erfüllen mulsten, deutlich genug hervor: fanatische Predigten an öffentlichen Orten, ge- waltsame Zerstörung der heidnischen Tempel und Götzenbilder, Zwangs- bekehrung des Volks, sobald sich einer der Fürsten dem Christenthume zugewendet hatte, und vor allen Dingen eine unbesonnene Einmischung in die politischen Verhältnisse, wie sie namentlich in jener Zeit zu den unheilvollsten Ereignissen führen mufste. Das Feudalwesen hatte da- mals Japan in grolse Zerrüttung gebracht; die Reichsfürsten waren zum Theil fast selbstständig; sie bekriegten sich gegenseitig, um ihre Haus- macht zu erweitern und sich, wo möglich, auf den kaiserlichen Stuhl zu schwingen. In diese verworrenen Verhältnisse mischten sich die christlichen Eiferer und steigerten das Unheil, indem sie den blutigen Bürgerkriegen, namentlich auf der Insel Kiusiu, das Gepräge von Re- ligionskriegen gaben. Auch die Jesuiten können wir in dieser Be- ziehung nicht von aller Schuld freisprechen, wie dies gewöhnlich ge- schieht. Ihre eigenen Berichte zeigen, dafs sie bei den politischen Wirren die Hände überall im Spiel hatten und da, wo ihre Proselyten- macherei in Frage kam, die empörendsten Grundsätze aufstellten "); !) In dem Sendschreiben des Jesuiten Frois an den Ordensgeneral, vom 20. Fe- bruar 1588, das uns in einer fast gleichzeitigen deutschen Uebersetzung vorliegt („Jahrbrieff aufs der gewaltigen unnd weitberhümbten Insel unnd Landschafft Japon, an den Ehrwürdigen Herrn General der Societet Jesu, den 20. Febr. Anno 88 ge- schriben. Darinnen vil gründtliche, denckwürdige Historien unnd Zeittungen, sonder- lich der unuersehenlichen geschwinden veränderung, jetziger zeit Obersten Haupts gantz Japoniae, Quabacundono; Auch der grofsen, verwunderlich unnd lobwürdigen nach Japan. 317 sie bieten zahlreiche Beispiele dar, dafs das Christenthum nieht blos durch die Predigt des göttlichen Wortes, sondern auch durch Mord und Krieg Verbreitung und Befestigung suchte. Als das Reichsober- haupt, durch solche Vorgänge bedenklich gemacht, die ersten Schritte gegen die Christen unternahm, liefsen sich die durch ihre Erfolge ver- blendeten Priester zu Invectiven hinreifsen, die ihre Lage nur verschlim- mern konnten. Wenn z.B. in der unten angeführten Schrift ein Mon- arch, der die Jesuiten mit Güte überhäuft hatte, von ihnen gräulicher Tyrann, Wütherich u. s. f. genannt wird, so begreift man, dafs schon im Jahre 1587 die christliche Propaganda die Richtung gegen das Staatsoberhaupt angenommen hatte. Schon damals erfolgte ein kaiser- liches Decret, welches die christlichen Priester aus dem Lande ver- bannte. Aber auch bei diesem Vorgange sind zwei Umstände besonders merkwürdig. Der Kaiser suchte nämlich den mit den Fremden ange- knüpften Handelsverkehr dem Lande zu erhalten und sich nur der Priester zu entledigen, weil sie „das Volk zu Aufruhr und Ungehor- sam gegen ihrer Herren Gesetze“ und „alle gute Ordnung und guten Gesetze in Japan zum Scheitern brächten“.. Das Decret verordnet nämlich, nach der Uebersetzung in der unten angeführten Schrift, wört- lich Folgendes: „Weil die Gewerb und Handelsachen von disen erzehl- ten. Dingen weit unterscheiden, seind wir zufriden, dafs dieselbige vonn menigklichen unverhindert getriben werden. Zum fünfften bewilligen und vergunnen wir, dafs fürohin nit allein die Kauffleuth, sonder auch alle andere, so aus India kommen, im fall sie sich in Religion Sachen | standhafftiekeit der newen angehenden unnd allbereyt getaufften Christen. Zu trost und mehrer aufferbawung den Guthertzigen, in eyl, aus der Italienischen in unser Hochteutsche Sprach gebracht. Gedruckt zu Dilingen, durch Johannem Mayer, 1590) — in diesem Schreiben kommt z. B. über den Fürsten von Bungo, einen der eifrigsten Christen und mächtigsten Vasallen, der von den 9 Königreichen der Insel Kiusiu bereits 5 in seine Gewalt gebracht hatte, folgender Passus vor: „Der König aufs Bungen hat wegen defs grofsen verlusts, so er in Fiunga (Fiuga) erlidten, ‘wenig Macht gehabt, dann er sich nit allein in so vilen anstössen und orthen nicht hat mögen beschützen, sondern auch inn Bungo selbsten hat er genugsam zu schaffen gehabt, wegen der vilfältigen Veruolgungen, so ihme widerfahren, darumben dafs er ein Christ worden, dann jederman sagte, dafs der ursachen das Kriegsheer wäre ge- schlagen worden, unnd so er mit dem Leben daruon käme, wurde er nicht wenig thun. Es hat sich auch die Sach vonn Tag zu Tag dermassen verändert, dafs sich auch zwen grofse Herren in Bungo selbsten haben auffgeleynt, also, dafs an allen orten sich ein blutiger Krieg wider den König aufs Bungo hat erhaben, unnd wenig gefehlt, er wäre umb alles kommen, und aufs seinem Königreich vertriben worden. Nichtsdestoweniger ist König Franeiscus von Bungo also klug, fürsichtig unnd weils gewesen, dafs er letstlichen die Sachen zu Bungo dahin gebracht, dals die fürnembste Häupter der Feind seind umbgebracht worden, unnd nach zweyen Jahren hat er das gantze Königreich Bungo wieder zu gutem Frieden gebracht.“ Solches ist den „Guthertzigen zu mehrer aufferbawung“ gedruckt! 318 Die amerikanische Expedition und welche die Gesatz Camis und Fotoques belangen, nicht einmischen noch denselben einige verhindernufs unnd widerstand thun werden, inn Japon ihren freyen und offnen zugang haben mögen.“ Nichts zeigt deutlicher als diese Verfügung, dafs die Japanesen, weit entfernt von einer eingewurzelten Abneigung gegen den Fremdenverkehr, den Nutzen des letzteren für das eigene Land wohl zu würdigen wulsten, und es ist höchst wahrscheinlich, dafs dieselbe Auffassung auch noch später vorwaltete, als nach Vertreibung der Portugiesen den Holländern ein wenn auch beschränkterer Handel verstattet wurde; wie denn auch von einigen Seiten ausdrücklich berichtet wird, dafs die Vertreibung der Portugiesen erst dann wirklich ausgeführt wurde, als die Hollän- der versprochen hatten, künftig dieselben Erzeugnisse in das Land ein- zuführen. Zweitens ist es sehr lehrreich, dafs selbst die blofse Ausweisung der Priester in Japan als eine ganz ungewöhnliche Mafsregel Aufsehen erregte und von den gebildeteren Volksklassen, sogar von solehen Män- nern, die noch Heiden waren, gemifsbilligt wurde. Ein grofser Theil des Adels hielt diese Verfolgung der Christen, wie der Jesuit Frois sich ausdrückt, „für eine frembde gantz unbilliche Sach“, „weil doch jederzeit in allen Japonischen Königreichen frey gelassen, dafs ein jeg- licher die weils zu leben an sich nemme, so ihn am besten zu sein gedäuchte, und nachdem er solliche einmal an sich genommen, diesel- bige seines gefallens widerumben zu verlassen unnd ein andere anzu- nemmen, so offt ihn geliebte.“ °) Zahlreiche einzelne Thatsachen be- stätigen diese Angabe; religiöse Intoleranz war in Japan nicht hei- misch. Aber die christlichen Priester, ungewarnt durch die Vorgänge der Jahre 1587 und 1588, setzten ihr unverständiges Treiben fort, sobald die drohendste Gefahr vorübergegangen war. In den Jahren 1597 und 1612 zog sich ein neues Ungewitter über ihren Häuptern zusammen; aber die endliche Verbannung aller Portugiesen wurde doch erst 1637 beschlossen, als ein Schreiben, in welchem sie den König von Portu- gal aufforderten, mit Heeresmacht in Japan zu landen, die Dynastie zu stürzen und ein christliches Reich zu begründen, von den Hollän- dern aufgefangen und dem Kaiser von Japan überliefert war. Was die trüben Erfahrungen der letzten 50 Jahre hatten rathsam erschei- nen lassen, war jetzt eine von der Pflicht der Selbsterhaltung gebotene Nothwendigkeit geworden. Aus der Prüfung dieser historischen Thatsachen ergiebt sich, dafs die Isolirungs-Politik des japanischen Hofes keineswegs ein Product ") Jahrbrieff ete. Blatt 86 und 87. RE nach Japan. 319 des Volkscharakters, keineswegs mit dem Wesen des Volkes innig ver- wachsen und von demselben unzertrennlich ist, sondern dafs das Land durch zufällige Ereignisse in sie hineingedrängt wurde. Wenn nun diese Bemerkung zu der Hoffnung ermuthigte, dafs es auch ohne Blut- wergielsen möglich sein dürfte, die Politik des Landes in eine andere, den natürlichen Gaben und dem Charakter des Volkes angemessenere Bahn zu lenken, so mulste andererseits die Thatsache, dafs sich Japan seit zwei Jahrhunderten an diese Absonderung gewöhnt hatte, und dafs ein so streng und consequent durchgeführtes System auch auf die An- schauungen und den Charakter des Volkes umgestaltend eingewirkt haben konnte, diese Hoffnung erheblich dämpfen und die Ueberzeugung einflöfsen, dafs die Durchführung jener Aufgabe jedenfalls mit erhebli- chen Schwierigkeiten verknüpft sein werde. Da es hier nicht galt, den Charakter des Volkes, sondern ein politisches System umzugestalten, _ hatte Commodore Perry die Beamten, die Träger und Werkzeuge die- ses Systems, als seine vornehmsten Gegner zu betrachten; er mufste an den eigentlichen Sitz des Uebels, in die Nähe des Hofes, vordrin- gen, unter allen Umständen Conferenzen mit den höchsten, einfluls- reichsten Beamten herbeizuführen suchen, und durfte sich durchaus nicht in dem von der Hauptstadt so weit entfernten Nangasaki durch Verhandlungen mit untergeordneten Behörden, die auch für das unbe- deutendste Zugeständnils erst die Zustimmung der gesammten Beamten- hierarchie einholen mulsten, hinhalten lassen; er mufste den herrschen- den Klassen mit eben so grofser Festigkeit, wie dem von Natur gut gearteten Volke mit Freundlichkeit begegnen; jenen durch Entfaltung von Macht, Würde und Consequenz imponiren, dieses durch Güte ge- winnen; vor Allem aber mit Nachdruck geltend machen, dafs es ein Grundsatz der Vereinigten Staaten sei, sich nieht in die politischen oder religiösen Verhältnisse anderer Länder einzumischen, dafs sein Gouvernement sich nicht einmal um den religiösen Glauben der eige- nen Staatsbürger kümmere, dafs also eine Wiederkehr der Ereignisse, welche Japan zu seiner Isolirungspolitik bestimmt hatten, in Folge des Verkehrs mit Amerika nicht zu gewärtigen wäre. Wollte er sich nicht von vornherein auf das Niveau der Holländer stellen und sich schmäh- lichen Zumuthungen und Chicanen aussetzen, welche Reibungen und Feindseligkeiten zur unausbleiblichen Folge gehabt hätten, so mufste er namentlich'in Bezug auf einige Punkte seiner Mission, die Behand- lung der Schiffbrüchigen und derjenigen Fahrzeuge, die durch Unwetter oder Mangel an Lebensmitteln in japanesische Häfen getrieben wurden, deutlich zu erkennen geben, dafs er hierin nicht eine Gunst zu erbitten, sondern ein Recht zu fordern beabsichtige; und wenn dieser Ton wir- ken sollte, mufste eine ansehnliche Streitmacht zeigen, dafs die Ver- 320 Die amerikanische Expedition einigten Staaten auch im Stande wären, dieses Recht eventuell zu er- zwingen. Das Gouvernement der Vereinigten Staaten, welches die Expedi- tion beschlofs, war in der That von diesen Anschauungen ausge- gangen und hatte dem Commodore ein Geschwader von 11 Fahrzeu- gen bestimmt, darunter ein Linienschiff, 2 Dampffregatten, eine Cor- vette und 3 Kriegssloops. Aber die Marine der Union befindet sich bekanntlich nicht in glänzenden Umständen: für einige Schiffe fehlte es an Mannschaft, andere waren in so schlechtem Zustande, dafs sie vor einer so weiten Reise zeitraubender Reparaturen bedurften; als nach neunmonatlichem Verzuge der Dampfer Princeton in Stand ge- setzt war, zeigte sich im Moment der Abfahrt die völlige Unbrauch- barkeit seiner Maschine; er mufste zurückbleiben und der Commodore mit einem einzigen Schiffe die Expedition antreten. Bald nach seiner Abfahrt brachte die neue Präsidentenwahl die Demokraten an das Staatsruder, die über die Dringlichkeit der Unternehmung kühlere An- sichten zu hegen schienen, so dafs Perry’s wiederholte Mahnungen, sein Geschwader oder wenigstens seine Mannschaft zu verstärken, in Washington kein Gehör fanden. Als der Commodore in den chinesi- schen Gewässern anlangte, sah er sich nicht an der Spitze des ihm verheifsenen stattlichen Geschwaders von 11 Schiffen, sondern er hatte nur fünf Fahrzeuge zu seiner Verfügung, von denen eines (Susque- hannah) in so schlechtem Zustande war, dafs die Regierung seine Zu- rücksendung wünschte, wenn es nicht unentbehrlich sei (Depesche vom 25. April 1853). Der Commodore konnte seine an sich geringe Streit- macht unmöglich noch mehr schwächen: er sah sehr deutlich, dafs, je imposanter sie war, desto eher ein friedlicher Verlauf der Unterhand- lungen zu hoffen war. Schon während seines Aufenthalts in den chinesischen Gewässern hatte Perry Gelegenheit, die Voraussicht und kühle Berechnung an den Tag zu legen, die ihn während der ganzen Unternehmung ausgezeich- net haben. Holland hatte dem Gouvernement der Vereinigten Staaten die offi- eielle Anzeige gemacht, dafs es den Chef der Factorei in Dezima an- gewiesen habe, die amerikanische Unternehmung nach Kräften zu unter- stützen, und kaum war Perry in Shanghai angelangt, als er von dem General-Gouverneur von Niederländisch-Indien ein hierauf bezügliches Schreiben erhielt. Da die Streitmacht, über welche der Commodore verfügte, so weit hinter dem ursprünglichen Anschlage zurückgeblieben war, lag die Gefahr nahe, dafs ihm die Cooperation einer mit dem japanesischen Wesen so vertrauten Nation als eine wünschenswerthe Aushilfe erscheinen würde. Aber Perry hatte die Verhältnisse, unter ne an DA en © ‚nach Japan. 321 denen ‚er wirken sollte, gründlich genug studirt, um. sich sagen zu können, dafs Verhandlungen der Holländer schon in Folge der de- müthigenden Stellung, in der sie sich den Japanesen gegenüber 'befan- den, nicht die geringste Aussicht auf Erfolg hätten; nachträglich haben wir. erfahren, dafs sogar ein eigenhändiger Brief des Königs von Hol- land am den japanesischen Kaiser von 1844, in welchem eine Milde- rung der Isolirungs-Politik angerathen wurde, einen kurzen abschläg- lichen Bescheid zur Folge gehabt hat. Aufserdem mochte sich Perry, wenn er sich an die Zähigkeit erinnerte, mit welcher die Holländer ihr. Handelsmonopol aufrecht zu erhalten gesucht hatten, auch eines Zweifels an der Aufrichtigkeit holländischer Cooperation nicht erwehren | können, und der sonderbare Inhalt des von dem General-Gouverneur an ihn gerichteten Schreibens war nur geeignet, diese Zweifel zu be- stärken. Der General-Gouverneur theilte darin mit, dafs er schon vor Ankunft des Befehls seiner Regierung, die amerikanische Expedition zu unterstützen, dem Chef der Factorei in Dezima die allgemeine Weisung ertheilt habe, auf eine Erleichterung des Fremdenverkehrs hinzuwirken; jetzt halte er es aber nicht für rathsam, ein Kriegs- schiff mit neuen Instructionen für diesen speciellen Fall nach Dezima zu senden, um nicht den Verdacht der japanesischen Regierung zu er- regen; er wolle jedoch dem Commodore eine solche Instruction mitgeben, damit er selbst sie dem Chef der Factorei einhändige, falls er dessen Mitwirkung wünsche; sollte der Chef aber bereits Verhandlungen an- geknüpft haben, so würde eine Einmischung der Amerikaner den Er- folg derselben ernstlich gefährden. Der Zweck dieser Diplomatie liels sich errathen und er ist jetzt vollkommen deutlich: die Verhandlungen mit Japan sollten ausschliefslich in die Hände der Holländer gespielt, _ und — wenn dieses nicht möglich war, die amerikanische Diplomatie mindestens in das gefährliche Fahrwasser der holländischen gelenkt und mit dieser zu gleichem Mifsgeschick verknüpft werden; besonders auffällig war der Versuch, den Commodore nach Dezima zu locken, wo aus den bereits angeführten Gründen alle Verhandlungen aussichts- los waren. Wir wissen nämlich jetzt, dafs der Chef der Factorei in De- zima schon vor der Ankunft Perry’s in den chinesischen Gewässern als Grundlage seiner Verhandlungen einen den Amerikanern sorgfältig ver- heimlichten Vertragsentwurf erhalten hatte, der allerdings eine Erleich- terung des auswärtigen Handelsverkehrs ‚bezweckte, dessen eigentlicher Kern aber in der Clausel lag, durch welche Japan verpflichtet werden sollte, mit fremden Nationen nur auf den in dem Entwurf genau verzeichneten Grundlagen Verträge zu schlielsen; wir wissen fer- ner, dafs der Chef die Verhandlungen mit Japan bereits begonnen und ihren Abschlufs, unter Hinweisung auf die amerikanische Expedition Zeitschr. f. allg. Erdk, Neue Folge. Bd. T. 21 392 Die amerikanische Expedition und die Gefahren, welche dem japanesischen Reiche drohen würden, wenn seine Vorschläge unbeachtet blieben, zu beschleunigen gesucht hatte *). Wenn nun den Commodore schon zu der Zeit, als er noch in den chinesischen Häfen verweilte, das Gerücht erreichte, dafs die Ja- panesen ihre Küsten befestigten, — ein Gerücht, welches sich später als begründet erwies; — wenn er ferner in dem Schreiben des Gene- ral-Gouverneurs von Niederländisch-Indien die auffallende Bemerkung las, dafs den Japanesen die amerikanische Expedition nicht durchweg als eine vollkommen friedliche dargestellt wäre: so schlofs er mit Recht, dafs derartige, den Erfolg seiner Mission erschwerende Insinua- tionen den Japanesen nur durch die Holländer gemacht sein konnten, das einzige europäische Volk, mit dem sie verkehrten ?). So wuchsen die Schwierigkeiten; aber Perry liefs sich nicht umstricken; war die materielle Macht, über die er verfügte, auch nicht so ansehnlich, als er es gehofft und gewünscht hatte, so zog er es doch vor, auf eigenen Füfsen zu stehen, um nicht in die Irrgänge und Fallstricke der nieder- ländischen Diplomatie zu gerathen. Andere Schwierigkeiten erhoben sich in Folge des chinesischen Bürgerkrieges und schienen den Commodore zu einer bedenklichen Zer- splitterung seiner Streitmacht zwingen zu wollen. Ein Ansuchen des Gouverneurs von Shanghai, ihm Unterstützung zu gewähren, falls er von den Insurgenten angegriffen würde, konnte Perry zwar unbedenk- lich zurückweisen; aber die in Shanghai lebenden amerikanischen Kauf- leute und vor Allen der amerikanische Geschäftsträger, Mr. Marshall, erhoben andere Anforderungen, die nicht so leicht von der Hand ge- wiesen werden konnten. Inmitten der Verwirrung des Bürgerkrieges !) Der Chef von Dezima setzte dem Gouverneur von Nangasaki auseinander, what he deemed the principles which were for the Japanese interest, and which should predominate in the negotiations which he thought might result from the anticipated propositions of the United States; for both he and the Japanese knew that our squa- dron was on its way. He concluded his letier as follows: ‚‚His Majesty, the King of the Netherlands, expects that the peace of the Japanese Empire can be preserved, if the government of Japan will answer the propositions of the United States in the manner indicated,“ — that is, on the bases set forth in the Dutch draft of a treaty. Hawks p. 84. 2) Das unter den Congrefs-Vorlagen abgedruckte Schreiben der Holländer trägt das Datum 22. September 1852, ist also zu einer Zeit abgefasst, in welcher die amerikanische Expedition in China noch keine allgemein bekannte Sache sein konnte; Perry langte erst am 7. April 1853 in Hongkong an. Die betreffende Stelle des Schreibens lautet: I beg to remark, in view of the object at present contemplated by both owr governments, that in case the Netherlands chief of the factory at De- zima should have succeeded in opening negotiations with the government of Japan, it is not unlikely, that any proof of co-operation between America and Holland would prejudice these negotiations, as you are aware that the American ex- pedition to Japan. has not always been represented to be of a wholly Sriendly-and peaceful character. nach Japan. 323 war es Mr. Marshall noch nicht möglich gewesen, seine Creditive zu überreichen; er hatte sich schon vor längerer Zeit deshalb schriftlich an den chinesischen Premierminister gewendet und es war ihm Hoff- nung gemacht, dafs er binnen 4 Wochen eine Antwort erhalten würde. Als diese Frist fruchtlos verstrichen war, vertröstete man ihn damit, dafs der Bescheid vor zwei oder drei Monaten nicht eintreffen könne, und Mr. Marshall schlofs hieraus, dafs sein Schreiben nicht an den Minister befördert sei. Es blieb ihm nun seiner Ansicht nach Nichts übrig, als sich selbst nach Peking zu begeben und seine Creditive per- sönlich zu überreichen, und um seiner Erscheinung gröfseren Nachdruck zu verleihen, verlangte er, auf einem amerikanischen Kriegsschiffe dort- hin befördert zu werden. Er machte geltend, dafs seine Accreditirung gerade des Bürgerkrieges wegen, durch den amerikanisches Eigenthum gefährdet werden könne, besonders dringlich werde; der Handel Ame- rika’s mit China stehe auf dem Spiel, er könne, wenn die diplomati- sche Einwirkung auf den Kaiser jetzt, zur Zeit seiner höchsten Be- drängnils, durch ein imposantes Geschwader unterstützt werde, mächtig gefördert werden, aber auch ganz zu Grunde gehen, wenn die ameri- kanischen Interessen in so verworrener Zeit keinen legitimen und an- erkannten Vertreter hätten. Diese Angelegenheit zu einer befriedigenden Erledigung zu bringen, sei wichtiger als die japanesische Expedition; denn die letztere beruhe eben auf der Voraussetzung eines lebhaften Handels zwischen Amerika und China. Glücklicherweise sah Perry weiter als Mr. Marshall. Seitdem die Insurgenten Nanking besetzt hatten, war der Thron des Kaisers sehr in’s Schwanken gerathen und der Sturz der herrschenden Dynastie konnte nicht mehr als ein unmögliches Ereignifs betrachtet werden; in jedem Falle hatten Verhandlungen, die unter so unsichern Verhält- nissen abgeschlossen wurden, einen zweifelhaften Werth. Dafs das Experiment, mit einem Kriegsschiffe an der Mündung des Peiho zu erscheinen, das gewünschte Resultat herbeiführen würde, war ungewils; aber es konnte ernste Verwickelungen verursachen und die Amerikaner einer der beiden streitenden Parteien entfremden, — vielleicht gerade derjenigen, die schliefslich den Sieg davon tragen würde. Am wenig- sten schien es damals rathsam, mit der zur Zeit noch herrschenden Dynastie in engere Beziehungen zu treten; denn die Insurgenten-Chefs huldigten, allen Nachrichten zufolge, in Bezug auf den Verkehr mit Fremden viel liberaleren Ansichten, als sie je in China zur Geltung gekommen waren, und vom commerciellen Standpunkte aus war dieser Partei der Sieg zu wünschen. Hierauf stützte sich Perry’s politische Beurtheilung der chinesischen Wirren, die ihn bestimmte, Mr. Marshall’s Gesuch abzulehnen. Er selbst spricht sich noch im Laufe desselben 2 324 Die amerikanische Expedition Jahres folgendermafsen aus: „Es ist sicherlich die richtige Politik der Vereinigten Staaten und Englands, — der beiden einzigen Mächte, wel- che ausgedehnte Handelsverbindungen mit China unterhalten, — ruhig zu bleiben, die richtige Zeit zum Eingreifen abzuwarten, und wenn sie kommt, die Lehre von den internationalen Reehten und Freiheiten mit Energie zur Geltung zu bringen, und von einer offenen Anerkennung freierer commereieller und socialer Wechselbeziehungen, wie unseres Rechts, einen Residenten in Peking zu haben, Nichts abzulassen. Die Amerikaner werden mit mehr Gunst betrachtet, als die Engländer, da die Chinesen noch voll Unwillen an die Ereignisse des Opium-Krieges denken, und ich bin überzeugt, dafs wir bei den Verhandlungen im Vortheil sein werden, vorausgesetzt, dals wir keinen falschen Schritt thun, so lange das Endresultat des Bürgerkrieges noch nicht vollständig sicher ist. Eine freundliche Annäherung an die eine Partei würde un- sere Interessen bei der andern gefährden, wenn wir uns unglücklicher- weise der unterliegenden genähert haben sollten. Hierin liegt einer der Gründe, die mich bestimmten, eine Mitwirkung bei dem Versuch Mr. Marshall’s, Peking zu erreichen, abzulehnen, — einem Versuch, der meiner Ansicht nach gescheitert sein und nachtheilige Folgen herbei- geführt haben würde. Wenn wir uns nicht einmischen, können unsere Beziehungen zur tatarischen Dynastie, falls sie triumphiren sollte, nicht im Mindesten leiden; siegt aber die revolutionäre Partei, so haben wir doppelten Gewinn. Deshalb ist für jetzt eine „meisterhafte Unthätig- keit“ unsere beste Politik.“ ’) Dagegen konnten die Wünsche der amerikanischen Kaufleute nicht unberücksichtigt bleiben. In Shanghai allein besafsen ‚sie ein Eigen- thum im Werthe von 1 Million bis 1,200,000 Dollars, und dieses war nicht mehr. sicher, als die Insurgenten so weit vorgerückt waren, dafs sie in 35 Stunden vor der Stadt erscheinen konnten. Allerdings hatten die Aufständischen fremdes Eigenthum bisher respectirt und ihre Chefs hatten in dieser Beziehung beruhigende Zusicherungen gegeben; aber alle Nachrichten stimmten darin überein, dafs die Diseiplin in ihrem Heere nicht die beste sei, und die unausbleiblichen Folgen eines Bürger- krieges hatten sich auch darin gezeigt, dafs die Umgegend der grölse- ren Städte, namentlich im Süden, von Räubern wimmelte. Es war also immerhin möglich, dafs die amerikanischen Kaufleute eines Schutzes bedürftig wurden, und Commodore Perry entschlofs sich deshalb, von seinem kleinen Geschwader die Kriegssloop Plymouth unter Comman- der Kelly in den chinesischen Gewässern so lange zurückzulassen, bis die dringendste Gefahr vorüber war. !) Depesche an den Marineseeretair d. d, Macao 31. Aug. 1853. nach Japan. 325 Dieses Opfer war nicht unbedeutend; denn acht Tage vor der Ab- reise Perry’s nach dem Schauplatze seiner Thätigkeit waren aus Japan bestimmtere Nachrichten angelangt, dafs die dortige Regierung ausge- dehnte kriegerische Vorbereitungen treffe, um die amerikanischen Schiffe zu empfangen ’); der Commodore mufste also bei dem Versuche, in einen der japanesischen Häfen einzulaufen, auf Feindseligkeiten gefasst sein, zu deren kräftiger Abwehr ihn seine Instructionen ermächtigten. Das Geschwader, welches er den ungastlichen Küsten entgegenführte, bestand aus zwei Dampffregatten (Susquehanna und Mississippi), der Kriegssloop Saratoga und dem Transportschiff Supply. Das waren die Mittel, mit denen er eine Aufgabe lösen sollte, welche nach einer zwei- hundertjährigen Erfahrung durch blofse Verhandlungen nicht erledigt werden konnte. Die wohlüberlegte und consequente Politik, durch welche Perry dennoch sein Ziel erreichte, werden wir in einem besonderen Artikel auseinander zu setzen versuchen. K.N. i u u A XV. Der Mineralreichthum Grönlands. Von H. Rink. Aus dem Dänischen von A. v. Etzel. In dem Küstenlande von Nordgrönland finden sich zwei ganz ver- schiedene geognostische Gebilde, nämlich Trappmassen, die wol zwei Drittel des Areals bedecken, und ältere krystallinische Gesteine, welche den übrigen Theil des Landes einnehmen und wahrscheinlich auch die Grundlage der ersteren bilden. Die krystallinischen Gesteine sind wol nur eine Fortsetzung derjenigen Massen, die Südgrönland erfüllen, ohne dafs sie jedoch im Norden so reich an seltenen Mineralien, besonders Metallen, wie im Süden wären; wenigstens haben sich bisher nur hier und dort Spu- ren davon gezeigt. Der Trapp hingegen und die mit ihm in Verbindung hervortretenden Kohlenbildungen sind dem nördlichen Theile des Küsten- - Jandes eigenthümlich und kommen in Südgrönland nieht vor. In beiden u BUWIEI > r { { ...,2) Accounts from Japan state that extensive warlike preparations hqve been e to meet our ships, which indicate a determination in the government to adlıere to its ewclusive policy. Depesche vom 16. Mai aus Shanghai. 326 H. Rink: Gesteinmassen findet sich Blyant oder Graphit, aber unter so ganz verschiedenen Verhältnissen und in so ganz verschiedenen Varietäten, dafs das Vorkommen in Nordgrönland nur als zufällig betrachtet wer- den kann. Dieses Mineral, dessen technische Benutzung schon an zwei Stellen versucht worden ist, und die Steinkohlen, welche in früheren Jahren ein nicht geringes Quantum Brennmaterial für die Colonien ab- gaben und noch jetzt an benachbarten bewohnten Plätzen in beschränk* tem Umfange benutzt werden, verdienen eine nähere Erwähnung. Die Steinkohle, Es ist in dieser Zeitschrift (Bd. I, S,192 u.f.) bereits erwähnt wor- den, dafs der Trapp in Nordgrönland, der an vielen Stellen eine grofse Aehnlichkeit mit Basalt zeigt, mehrere hundert von Quadratmeilen be- deckt und dafs seine Masse sich mehrere tausend Fufs hoch über ein- ander aufgethürmt hat. Derselbe verbirgt wahrscheinlich in seinem Innern zahlreiche Ablagerungen von Resten einer vorweltlichen Vege- tation, welche einst von geschmolzenem Gestein überfluthet und durch langwährenden Druck in Steinkohlen verwandelt wurde. In den Koh- lenschichten selbst, sowie in den sie umgebenden und einschliefsenden Gesteinen findet man unzweideutige Reste vorweltlicher Pflanzen, z, B. Abdrücke von Blättern, aber besonders eine mehr oder weniger deut- lich ausgeprägte Holzstructur in gewissen Kohlen. Am merkwürdigsten sind in dieser Hinsicht die baumartigen Kohlen, welche das von dem Gipfel des Landes bei Assakak in den Omenaks-Fjord herabschiefsende Eis gleich unter seiner Oberfläche birgt. Hier werden nämlich flache und dicke, plankenförmige Stücke gefunden, welche sehr mächtigen Stämmen angehört haben müssen, sowie auch knorrige Wurzelstöcke oder Aeste, zum Theil noch von der Farbe des Holzes und kaum dunkler als Eichenholz. Es glückte mir nicht, bis zu jener Stelle hin- aufzukommen, wo der Jökul diese Kohlen losreifst und mit sich nimmt, aber man mufs vermuthen, dafs es in mehr als einer Meile Abstand vom Meere und fast in 3000 Fufs Höhe geschieht. Es ist höchst wahr- scheinlich, dafs die Bäume, denen sie angehört haben, auf dieser Stelle selbst gewachsen sind und hier einen Wald gebildet haben. Die glü- henden Trappströme ergossen sich über sie, bedeckten und verbargen sie; später wurden sie beim Abkühlen fest, worauf der immerwährende Schnee und das Eis sich darüber lagerte, die Trappmasse wieder aus- höhlte und endlich jene merkwürdigen Reste an das Tageslicht brachte. Nach einer mikroskopischen von dem Candidaten Vaupell angestellten Untersuchung dieser baumartigen Kohlen rühren dieselben von Nadel- hölzern vom Geschlechte Pinites her. Dies stimmt auch mit der Menge Bernstein oder fossilem Harz überein, welches die Kohlenschichten an Der Mineralreichthum Grönlands. 327 anderen Stellen einschlielsen, z. B. auf der Haseninsel und dann auf dem Festlande bei Atanekerdluk. An dem letzterwähnten Orte scheint es auch, als ob man Reste von Bäumen in ihrer ursprünglichen Stel- lung wahrnehmen könne. Im Allgemeinen sind jedoch die Formen der Bäume unkenntlich geworden, indem diese in die Masse gewöhnlicher Kohlen übergingen, und in den regelmäfsigen Kohlenschiehten kann man nicht einmal unterscheiden, aus welchen Arten vegetabilischer Stoffe die Kohlen zusammengesetzt sind. f Es ist anzunehmen, dafs die Steinkohlen weit und breit im Innern der Trappgebirge verborgen liegen. Hier kann indessen nur von den- jenigen Orten die Rede sein, wo das Mineral am äufseren Rande der Gebirge so hervortritt, dafs es zugänglich ist und benutzt werden kann, und von denjenigen, die unmittelbar am Strande liegen und einen be- quemien Transport; des ausgegrabenen Products an die bewohnten Plätze gestatten. Die hohen, von Trapp gebildeten Plateau’s fallen ge- wöhnlich ungemein scharf und steil gegen das Meer ab, und zeigen ganz. oben sehr steile Klippenwände, aber unten laufen sie häufig in einen mehr oder weniger flachen Fufs von niedrigeren Bergen aus, und bilden auf diese Art ein kleines Vorland von einer Viertel- bis zu einer ganzen Meile Breite. Dieses letzte, welches die steilen Klippen- mauern der Trappgebirge von der See scheidet, besteht theils aus Gra- nit, theils aus Trapp, theils aber auch aus dem die Kohlenschichten einschliefsenden Sandstein. Aber obschon die Kohlen ziemlich allge- mein in den Sandsteinmassen verbreitet sind, so ist damit doch nicht gesagt, dafs sie immer in den äufsersten Theilen derselben gefunden werden; sie können auch von den Kiesmassen verborgen werden, wel- che die Oberfläche der Berge bedecken, so dafs sie dann nicht unmittel- bar zu Tage treten, und auch nicht mit Leichtigkeit benutzt werden können. Man sieht sie im Allgemeinen nur an den äulsersten, mehr oder weniger steilen Abhängen der Berge, welche theils durch die unter- grabende Wirkung der See, theils dadurch entstanden sind, dafs Ströme das Terrain ausgehöhlt haben. In diesen Abhängen zeigen sich die Kohlen jäh abgeschnitten, wie die übrigen Schichten, welche die Berge bilden; und die dadurch entstandenen Streifen laufen nun in der Regel ziemlich horizontal auf kürzere oder weitere Distance, bis sie entweder unter einer Bedeckung von Kies und Geröll verschwinden, oder schma- ler werden und aufhören. Wollte man eine solche Kohlenschicht aus- graben, so würde man sich von dem Abhange aus mehr oder weniger horizontal unter der Oberfläche des Berges fortarbeiten müssen, wäh- rend man an anderen Orten, wo Kohlenbergbau betrieben wird, das Terrain aber nicht in dieser Art entblöfst und abgeschnitten und in Abhänge und Klüfte zerfallen ist, gewöhnlich einen Schacht von der u „0 2 Zu SE a ee 328 H. Rink: Oberfläche des Berges lothrecht in die Erde hinabsenken muls, bis man die Kohlenschicht erreicht, um diese dann nach den Seiten hin mehr oder weniger horizontal zu verfolgen. Die erste Art des Abbau’s einer Kohlenschicht, wobei man in das Fjeld selbst hineingeht, erfordert ein mehr bergmannsmälsiges Vorrücken, besonders da man die darüber- liegende Gebirgsmasse nach und nach stützen muls; ein solcher Ver- such ist meines Wissens in Grönland nur ein einziges Mal gemacht worden, Obschon das Verfahren dabei ziemlich einfach ist, — und auch auf den Faröer gebräuchlich sein soll, — hat man in Grönland es doch bisher bei den Kohlengrabungen leichter gefunden, Alles abzutragen, was über der Schicht liegt. Diese Methode kann natürlicherweise oft nur auf der äufsersten Kante der Schicht angewendet werden, wird aber weiterhin unpraktisch, da die Oberfläche ansteigt und folglich die über der Kohlenschicht befindlichen Lagen fast mit jedem Fufs an Dicke zunehmen, sowie man sich von der äufsersten Kante entfernt. Bei einer solchen Methode ist die Möglichkeit, die einzelnen Kohlenschich- ten auszubeuten, natürlich sehr verschieden; an manchen Stellen treten die Kohlen an einer steilen Klippenwand hervor, so dafs man von den- selben kaum einen Fufs breit abhauen kann, ohne den Einsturz eines bedeutenden Theiles der überhängenden Felsmasse zu verursachen; die Arbeit ist in diesem Falle mit grofser Gefahr verbunden und kann nie sonderlich weit fortgesetzt werden, oder eine irgendwie ansehnliche Ausbeute gewähren. Solche gefährliche Arbeiten der Grönländer habe ich besonders am Omenaks-Fjord zu sehen Gelegenheit gehabt; sie begeben sich gewöhnlich im Winter dorthin, wenn die bequemer gele- genen Stellen mit Schnee bedeckt sind; der Frost trägt dann etwas dazu bei, dafs die verwitterte Klippenmasse nicht so schnell zusammen- stürzt. Aber um die Kohlen in einer etwas ansehnlichen Quantität bei einer solchen offenen Grubenarbeit zu erlangen, ist es nothwendig, dafs der Abhang nicht zu steil ist; je sanfter er sich neigt, desto vortheil- hafter wird der Betrieb; doch ist es noch an keinem Punkte geglüekt, eine Schicht von mehr als einigen Ellen zu entblöfsen, ehe die darauf liegende Gebirgmasse eine solche Dicke erlangte, dafs es nicht lohnte, sie weiter abzugraben. Man pflegt bei der Kohlengrabung in Grönland die äufserste Kante einer solchen Kohlenschicht, welche durch die Fort- räumung des Darüberliegenden entblöfst war, eine Bank zu nennen. Nächstdem ist es für diese Arbeit von Wichtigkeit, dafs die be- deckende Gebirgsart locker genug ist, um für die Bearbeitung mit Hacke und Spaten geeignet zu sein; dies ist im Allgemeinen auch der Fall, weil der Sandstein und der Schiefer, welche über den Kohlen- schichten liegen, in dergleichen äufseren Abhängen sehr stark verwit- tert und in Kies und Sand verwandelt zu sein pflegen; im entgegen- ee “ Der Mineralreichthum Grönlands. 329 gesetzten Falle mufs man die Sprengung anwenden, welche auch seiner Zeit im Distriet von Omenak gebräuchlich gewesen sein soll. Da nun in anderen Ländern Kohlengruben gemeinhin an Stellen angelegt sind, wo die Kohlenschichten nur gespürt oder an der Oberfläche vermuthet wurden und wo man erst tief in die Erde eindringen mufste, um zu ihnen zu gelangen, so ist es leicht begreiflich, dafs es, wenn man bei einer solchen offenen Grubenarbeit, wie sie in Grönland üblich ist, an- sehnliche Quantitäten zu Tage fördern will, — sehr günstige Locali- täten und einen grofsen Reichthum an Kohlenschichten erfordert, und dafs das Terrain sehr zerschnitten und an zahlreichen Abhängen, an welchen die Kanten der Kohlenschiehten hervortreten, entblölst sein muls. Dieses ist in Grönland wohl auch der Fall, aber man darf nicht voraussetzen, dafs die Schichten eine erhebliche Dicke haben, oder dafs die Kohlen eine so intensive Hitze geben, wie die englischen oder die aus der eigentlichen älteren sogenannten Steinkohlenformation. Man pflegt anzunehmen, dafs die grönländischen Steinkohlen halb so viel wärmende Kraft haben, als die englischen; aber dieser Anschlag ist ohne Zweifel zu niedrig; sie brennen sehr leicht und ebenmäfsig und sind für den häuslichen Gebrauch, von dem hier allein die Rede sein kann, sehr geeignet. Nach meinen eigenen Erfahrungen bei- Omenak, wo ich ein grolses und gar nicht dichtes Zimmer mit Hilfe eines ver- hältnifsmäfsig kleinen Kachelofens in der kältesten Zeit wärmte, glaube ich, dafs Jedermann ein Mafs dieser Kohlen einem halben Malse eng- liseher vorziehen wird. Immerhin ist es von Wichtigkeit, dafs die Koh- len sehr weit über die Küste zerstreut sind und dafs es hier und dort Stellen giebt, wo die geringen Quantitäten, welche die sparsame Be- völkerung nöthig hat, lediglich durch die erwähnte Ausgrabung von der Aufsenkante erhalten werden können. Die Steinkohlenbildungen waren im Jahre 1838 der Gegenstand - einer von dem Herrn Candidaten Schythe vorgenommenen Unter- suchungsreise; er hat in Bezug hierauf der Rentenkammer einen Be- - #ieht eingereicht, worin vorzugsweise diejenigen, welche auf der Küste _ von Disko und auf der Halbinsel gefunden werden, ausführlich be- schrieben sind. Ich habe mich bestrebt, theils durch eigene Unter- suchungen, theils dadurch, dafs ich aus früheren Untersuchungen von Reisenden und von Leuten aus dem Lande selbst mir Aufklärungen holte, zur Kenntnifs der Küstenstrecken zu gelangen, wo die Kohlenschichten nahe dem Uferrande zu Tage treten, und wo sie in der erwähnten Art benutzt werden können. Wenn die Rede von einer eigentlichen bergwerksmälsigen Benutzung wäre, so würde eine einzige dieser Localitäten hinreichend sein, Grönland für viele hundert Jahre zu versorgen; aber in Anbetracht des beschränkten Be- — en un 2 ee us Een Me er ne Bet ei ee 1 330 H, Rink: dürfnisses und der Kostspieligkeit eines solchen Unternehmens würde es für die jetzige Zeit noch nicht im Entferntesten rathsam sein, sich darauf einzulassen. Sehr nützlich ist es aber, dafs hier und dort Stel- len gefunden werden, wo die zerstreute Bevölkerung sich mit eigenen Händen ihren Bedarf an diesem ausgezeichneten Brennmaterial ver- schaffen kann. Und dieses ist noch bis auf den heutigen Tag an ver- schiedenen Punkten der Fall. Im Omenaks-Fjord allein werden in jedem Winter sicherlich über ein paar hundert Tonnen ausgegraben. Die erwähnten Strecken finden sich sämmtlich auf der Karte hervor- gehoben !), und es braucht wohl nicht hinzugefügt zu werden, dafs das dazu benutzte Zeichen nicht einen einzelnen Punkt andeuten soll, son- dern eine Strecke von etwas über oder unter einer halben Meile, in welcher die Schichten mehr oder weniger zusammenhängend zu Tage kommen, so dafs man sie nach den Umständen auf der einen oder der anderen Stelle benutzen kann. Wir wollen versuchen, sie einzeln durchzugehen, wobei es sich zugleich leicht ausweisen wird, welche von ihnen die vortheilhaftesten sind, wenn die Rede von einer Be- nutzung durch eigentliche Grubenarbeit sein sollte, in welchem Falle es zunächst nur auf die Dicke der Schicht und die Nähe des Meeres ankommt. Jene steinkohlenreichen Gegenden sind: 1) Atanekerdluk (70° N. Br., 52° W. L. von Gr.). Auf der Küste des Festlandes, bei der Einmündung des Waigattsundes, zunächst dieses bewohnten Platzes treten in einem tief eingeschnittenen Strom- bette mehrere Kohlenschichten zu Tage. Die Hauptschichten, vier an der Zahl, finden sich 1000 Ellen vom Ufer entfernt und sind, durch Lehm und Sandstein von einander geschieden, ohne die Zwischen- mittel 1 Elle, mit ihnen 12 Ellen dick. Die Aufsenkante tritt auf einer Strecke von 300 bis 400 Ellen hervor, und könnte wol zu einer Breite von 2 bis 3 Ellen abgegraben werden. Der Weg durch das Strombett hinab bis an den Strand ist im Winter gleichmälsig mit Schnee belegt und zur Schlittenfahrt bequem. Bei dem Hausplatze selbst befindet sich ein geräumiger, wohl geschützter Hafen, der gröls- tentheils ziemlich tief und Schiffen zugänglich ist. Etwas höher hin- auf auf dem Lande, 800 Fufs über dem Meere, werden merkwürdige Partien von Kohlen gefunden, welche Baumstämmen ähnlich sehen, die noch in ihrer ursprünglichen aufrechten Stellung unter Sand und Lehm begraben sind; sie enthalten sehr viel Bernstein oder fossiles Harz, haben zum Theil einen ausgezeichneten Glanz und brennen mit grolser !) Wir bitten den Leser, für das Folgende die Karte im zweiten Bande dieser Zeitschrift zu Rathe ziehen zu wollen. u .s Kae" DE Eur 1 2 Piz Der Mineralreichthum Grönlands. 331 Leichtigkeit, lassen sich aber wegen der Höhe und Steilheit des Berges kaum nutzbar machen. Die Kohlenschichten können weiter längs der ganzen Küste gespürt werden; zuerst tritt bei dem Hausplatze Kard- luk, # Meilen weiter nach Norden, eine gröfsere Kohlenschicht zu Tage, von einer Elle Dicke, unmittelbar am Strande, an einem niedrigen Ab- hange, über welchem flaches Land liegt. Die Gebirgsmasse ist sehr loeker und verwittert und kann leicht abgegraben werden, aber die Kohlen scheinen von einer weniger guten Qualität zu sein. 2) Patoot. So werden die Sandsteinberge gegen die Mitte des Waigattsundes genannt, welche von 5 regelmäfsigen Klüften mit Strö- men durchschnitten und von dem Uferrande durch ein sehr gleichmäfsi- ges und mit grünem Laub bedecktes Vorland von 1000 bis 2000 Ellen Breite getrennt sind. Diese Berge sind besonders reich an entblöfsten Kohlenschichten; in der zweiten Kluft von Süden aus sieht man gegen 10 Kohlenschichten übereinander, aber ziemlich weit vom Ufer entfernt; in der vierten gleich bei ihrem Eingange zur Rechten eine Schicht be- sonders guter Kohlen, von 2 Ellen Dicke, sehr leicht zugänglich, und zur Linken 2 bis 3 etwas geringere Schichten; in der fünften Kluft, ebenfalls gleich beim Eingange, zwei Schichten von 4 bis # Ellen Dicke. Endlich wurden weit nördlicher in einer kleineren Kluft, 200 Ellen von dem Strande, drei Schichten von 4 bis 2 Ellen Dicke gefunden; kurz — die ganze Küste zeigt, auf die Ausdehnung von 1 bis 2 Mei- len, entblöfste Kohlenschichten in jedem Strombette, welches noch bis- her untersucht wurde; aber sie sind fast 4 Meile vom Strande entfernt und treten ihm erst an dem Atane-Strome, in der Mitte des Waigatt- sundes, näher. Doch zeichnet sich das Vorland durch eine gleichmälsige Böschung aus, so dafs es an mehreren Stellen doch möglich sein würde, im Sommer mit Schlitten auf der blofsen grünen Pflanzendecke zum Strande hinabzufahren. 3) Atane. Auf der Nordseite des Stromes findet sich, gleich an dem Eingange zu der grolsen Kluft, eine Kohlenschicht von 2 Ellen Dicke, an einem steilen Abhange entblöfst, reichlich 1000 Ellen vom Strande. Auf der von mir besuchten Stelle läfst sich von der steilen und festen Sandsteinwand über der Schicht Nichts fortgraben. Aber es kann kaum ein Zweifel darüber sein, dafs sich in der Umgegend von Omenak günstigere Punkte finden müssen, wo man den Aulsen- rand dieser mächtigen Schicht benutzen könnte. 4) Kordlutok. Dies ist der Name von einigen kleinen Wasser- fällen, welche aus ein paar tausend Fufs Höhe über die jähen Klippen- wände, die sich hier mehr dem Meere nähern, herabstürzen. In der Nähe derselben, ungefähr 3 Meilen von der Niederlassung Noursoak und der nördlichen Mündung des Waigattsundes, findet sich unmittelbar 332 H. Rink: am Meeresstrande ein niedriger Sandsteinabhang, in welchem drei Kohlenschiehten entblöfst wurden; die oberste und der Oberfläche nächste hatte eine Elle Mächtigkeit. 5) Nulluk, eine kleine Landspitze, 14 Meile im Süden von Noursoak, in deren Nähe sich ein Zeltplatz befindet, der im Sommer bewohnt wird. Sowohl bei dem Zeltplatze, wie etwas höher hinauf in dem Abhange eines Strombettes, findet sich eine Kohle von guter Qua- lität und ausgezeichnet schönem Glanz; sie ist aber, wie man sagt, nicht leicht zugänglich. 6) Ekkorgvät. Von dem letzterwähnten Orte ab ist keine Kohle mehr in der Nähe des Meeresstrandes gefunden worden, bis man eine Strecke in den Omenaks-Fjord hineingefahren ist, 4 Meilen von Nia- kornak, wo eine Schicht zu Tage tritt, 4 Elle mächtig und unmittelbar an dem Auslauf eines kleinen Stromes in das Meer. 7) Das Schleifsteinfjeld. In dem steilen Abhange, mit wel- chem sich dieses Fjeld in das Meer hinauswendet, kann man mehrere Kohlenschichten fast ununterbrochen verfolgen, von welchen man hier’ und dort einen Theil aushauen, aber kaum das Darüberliegende ab- graben konnte. 8) Pattorfik. Nicht weit von dem Strome dieses Namens wird eine Kohlenschicht gleichfalls an einem steilen Abhange und halb vom Meere bespült gesehen. 9) Sarfarfik. In dem kleinen Strome, welcher bei diesem Haus- platze in das Meer flielst, wird eine Kohlensehicht gesehen, welche auf eine ziemlich weite Strecke längs des Abhanges im Strombette verfolgt werden kann. Ihr äufserster Rand ist mit lockeren Massen bedeckt, welche weggegraben werden können, aber die Schicht scheint nur von geringer Mächtigkeit zu sein. 10) Kome. Mitten zwischen der letzten Stelle und der grofsen Kluft Tuöparsoit, an deren Mündung der Hausplatz Kome liegt, geht eine breite und offene Kluft in das Land hinauf, aus welcher ein klei- ner Strom (Kook, woher der Name des Platzes) in das Meer flielst. Im Grunde dieser Kluft tritt eine Kohlenschicht von 1 bis 2 Ellen Dicke auf einer langen Strecke zu Tage. Diese Schicht ist eine Reihe von Jahren hindurch für Rechnung der Handlung benutzt worden. Soweit es bekannt ist, wurde hier sowohl, wie auf den beiden letzterwähnten Orten, schon vor 50 Jahren nach Kohlen für die Colonien gegraben; man entblöfste eine Bank von 3 bis 4 Ellen dadurch, dafs man das Darüberliegende forträumte, was zum Theil aus so festem Sandstein bestand, dafs man zuweilen Sprengung anwenden mufste. Zur Kohlen- grabung wurden 5 bis 6 Mann 4 bis 5 Wochen von Mitte April ab verwendet. Die ausgegrabenen Kohlen mulsten erst einen steilen und Ba a an u Der Mineralreiehthum Grönlands. 333 50 Fufs hohen Abhang in den Strom hinunter transportirt werden, von wo sie dann auf Schlitten zum Meeresstrande gefahren wurden. Die Colonien versahen sich in dieser Weise bis 1832 mit Brennmaterial, wo man dann aber fand, dafs die Schwierigkeiten bei der Bearbeitung der Schicht in dem Grade zunahmen, dals es vorgezogen wurde, Brenn- material von der Heimatlı dorthin zu senden. Noch auf ein paar an- deren Stellen in der Nähe dieser Kluft hat man Kohlenschichten ge- funden. 11) Uperniviks-Näs auf der Nordseite des Omenak-Fjords. Der südwestliche Theil dieser Insel wird von einem sehr hohen Sand- steingebirge gebildet, welches von Strömen ausgehöhlt ist, in deren ziemlich steilen Klüften mehrere Kohlenschichten zu Tage treten. 12) Der Innerit-Fjord im Distriet von Upernivik. Es ist kein Zweifel daran, dafs dort Steinkohlenschichten an mehreren Stellen längs der Küste der grofsen Svartenhuks-Halbinsel vorkommen. Aber die- ser Landstrich ist, selbst in geographischer Hinsicht, noch zu wenig bekannt. In dem nördlichsten Theile desselben, wo man wieder Be- wohner antrifft, sind an einigen Stellen Kohlen gefunden worden. Auf der Südseite des Innerit-Fjords sieht man so drei Schichten, theils - unmittelbar am Meeresstrande, theils in dem Abhange eines kleinen Strombettes, aber von weniger als einer Elle Mächtigkeit. 13) Die Haseninsel. Hier sollen auf einigen Stellen an der Küste Kohlen vorkommen. Die bedeutendsten ‚Schichten werden auf der Südostseite gefunden, wo zwei von ihnen unmittelbar an dem Meere zu Tage treten, beide mit der Mächtigkeit von 1 bis 2 Ellen. Sie zeich- nen sich durch einen grolsen Reichthum an Bernstein aus und sind von einer vorzüglichen Güte; aber die Schichten sollen sehr bedeckt und schwierig zu bearbeiten sein. 14) Der Kohlenbruch von Rittenbank auf Disko. Unge- - fähr den kohlenreichen Bergen, Patoot, auf dem Festlande gegenüber, - finden sich an verschiedenen Stellen auf einer 3 bis 4 Meilen langen Küstenstrecke mehrere Kohlenschiehten von bedeutender Mächtigkeit. Die nördlichsten sollen die besten, reichsten und am leichtesten zu- gänglichen in ganz Grönland sein. Der Abhang wendet sich gleich in das Meer hinaus; die Schichten liegen übereinander, so dals dort mehrere auf einmal ausgegraben werden können, und es ist hier ver- hältnifsmälsig nur wenig Darüberliegendes fortzuräumen; aber der An- kerplatz soll schlecht sein. Die südlichsten werden auf beiden Seiten _ des Stromes bei Kudlisät, einem Hausplatze, gefunden, welcher bis vor 12 Jahren von einer heidnischen grönländischen Familie bewohnt war. Ich habe diese den Kohlenbruch von Rittenbank genannt, weil sie bis 1832 zur Versorgung der Colonie Rittenbank benutzt wurden, welche 334 H. Rink: von hier jährlich gegen 200 Tonnen erhielt, die von der Mannschaft der Colonie gegraben und in einer Jacht geholt wurden. Auch für die Colonie Egedesminde wurden von hier Kohlen in einer Jacht ge- holt, die an der Küste liegen blieb, während die Kohlen gegraben wur- den, und die Reise mit voller Last in 5 bis 6 Wochen vollendete; ebenso ging von Jakobshavn jährlich ein grofses Boot ab, welches zwei solcher Fahrten in 5 bis 6 Wochen zu Stande brachte. 15) Die Schanze, auf der Südostseite von Disko, gegen 10 Mei- len von der Colonie Godhavn. Man benennt mit diesem Namen eine Strecke der Küste von fast einer halben Meile Länge, welche mehrere Kohlenschichten enthält, die am meisten von allen und auch noch bis vor Kurzem benutzt worden sind. Die Schichten sollen freilich nicht die Dicke von 3 Ellen übersteigen, aber es finden sich deren mehrere über einander, sie sind auf weite Strecken entblöfst, und das Darüber- liegende soll nicht sehr schwer fortzuräumen sein. Etwas höher, eine Viertelmeile vom Meeresstrande, sollen sie 2 bis 24 Ellen mächtig sein. Schon vor 1800 wurden von hier jährlich mehrere Ladungen in einer Jacht nach Godhavn und dem Kronprinzen-Eiland geholt, und damals lag eine stehende Besatzung auf dieser Stelle, um die Kohlen zu bre- chen. Später wurden diese Züge mit einer Jacht oder Galeasse, theils auch mit offenen Fahrzeugen unternommen, verursachten aber dadurch mehrere Einbufsen, ja sogar den Verlust von Menschenleben. Nach dem letzten Untergange eines Deckbootes im Jahre 1844 ist die Koh- lengrabung auch hier eingestellt und der Ort wird gar nicht mehr be- wohnt. 16) Makkak, 6 Meilen von Godhavn. Die Schichten sind ge- ringer und schwieriger zu bearbeiten. Doch wurden hier Kohlen auf Rechnung der Handlung gegraben, und zwar noch im Jahre 1837, und es wurden damals im Sommer auf jeden Arbeitsmann täglich 2 Ton- nen gerechnet. 17) Iglytsiak. Gegen 4 Meilen von Godhavn wurde noch vor wenigen Jahren eine sehr reiche Kohlenschicht in einem Strombette aufgenommen, deren Product die Grönländer in Schlitten abholten. Blyant. Blyant oder Graphit, der in mineralogischer und chemischer Hin- sicht der Steinkohle nahe steht, weil er aus mehr oder weniger reinem Kohlenstoffe besteht, kommt in zwei verschiedenen Varietäten vor. Meistentheils wird er in den Urgebirgen über ganz Grönland sehr ver- breitet gefunden; er bildet die feinen Blätter oder Plättchen, welche bei einem flüchtigen Anblick mit Glimmer verwechselt werden können, der sie auch begleitet und den Gebirgsarten ganz auf dieselbe Weise Der Mineralreichthum Grönlands. 335 eingemengt ist. Man erkennt die Stellen der Klippen, wo Graphit so eingesprengt gefunden wird, sehr leicht durch die starke Verwitterung und die rostbraune Farbe, welche das Mineral begleitet. Auf einzel- nen Stellen finden sich diese Blätter in bedeutenderer Menge und zu ganzen Schichten oder Adern angesammelt, und nur an solchen Stellen kann von einer Benutzung dieses Minerals die Rede sein. Dieser ge- blätterte Blyant zeichnet sich durch Weichheit und schönen Glanz aus, hat aber für die Benutzung den Mangel, dafs er wegen seiner Zähig- keit und der Biegsamkeit der Blätter sich nicht gut in dem Grade pulverisiren läfst, wie es zur Herstellung der feineren Bleistiftmasse nothwendig ist. Man kann ihn noch so lange reiben, es werden doch immer feine glänzende Plättchen zurückbleiben. Verschieden von die- sem ist der sogenannte dichte Blyant, der sich durch seine Zerbrech- lichkeit, seinen schwarzen, fast glanzlosen Bruch auszeichnet und sich mit Leichtigkeit pulverisiren läfst. Er wird deshalb zu den feineren Bleistiften verwendet und steht in weit höherem Preise, als jener, be- sonders wenn er in so grofsen Stücken gefunden wird, dafs man aus dem rohen Material Bleifedern schneiden kann, so wie es mit dem von Borrowdale in Schottland der Fall ist, wo die Grube aber der Er- schöpfung nahe sein soll. Der geblätterte Graphit kommt, wie es scheint, in bedeutender Menge vor bei Ekallugarsoit und im Neksotouk-Fjord im südlichsten Theile vom Distriet von Egedesminde; in geringerer Menge auf der Landspitze Nook bei Christianshaab, und auf der grofsen Insel im Di- striet von Omenak. Aber am ausgezeichnetsten wird er auf der lan- gen Insel, eine halbe Meile von der Colonie Upernivik gefunden. Der Graphit bildet hier gleichsam Adern oder Gänge, die sich bald ver- zweigen oder zerstreuen, und sich bald wieder sammeln und dann an den stärksten Stellen eine Dicke von einer Elle erreichen können. Eine solche Ader bildet einen Streifen auf der Oberfläche, 700 bis 800 Ellen vom Landungsplatze bei Noursoeitsiak auf der Westseite der In- sel, ungefähr 300 Fufs über dem Meere. Er kann dort auf einer Strecke von einigen hundert Ellen, auf welcher 5 Gruben durch Bohrung oder Sprengung der festen Klippenmasse geöffnet sind, gespürt werden. Das Vorkommen des Minerals an dieser Stelle scheint schon seit mehreren Jahren den Grönländern bekannt gewesen zu sein, da sie Proben des- selben englischen Walfischfängern vorzeigten, worauf zuerst im Jahre 1845 zwei Briggs und zwei Schoner die Insel besuchten, dieselbe aber, nachdem sie eine geringe Quantität Blyant mitgenommen hatten, bald wieder verliefsen. Darauf kam in demselben Sommer ein gewisser Davison mit zwei Schonern dorthin, lag längere Zeit hindurch an der Stelle, und liefs erst auf der sogenannten südlichen Nase oder dem 336 H. Rink: westlichsten Punkte der Insel eine grofse Oeffnung in den Klippen- grund sprengen, und nächstdem auch auf der oben erwähnten Stelle, wo die grölste Ausbeute, nach der Aussage noch über 100 Tonnen, im Laufe von wenigen Monaten erhalten wurde. Die vorhandenen Gruben sind 10 bis 20 Ellen lang, 3 bis 4 Ellen breit und bis zu 6 Ellen tief; eine Hauptader scheint sich durch dieselben erstreckt zu haben, aber doch sehr unregelmälsig und in der Klippenmasse verzweigt, welche in grofsen Blöcken ausgesprengt ist, die darauf zerschlagen werden mulsten, um das reine Mineral auszusondern. Der dichte Graphit hat ein beschränkteres Vorkommen, wird aber doch auf einzelnen Stellen in gröfserer Menge und von der Klippen- masse reiner abgesondert gefunden. Die Steinkohlenschichten haben auf verschiedenen Stellen merkliche Veränderungen durch die Einwir- kung der glühenden Trappströme erlitten, welche sie durchdrungen oder sich über sie ausgegossen haben. So kann man hier Kohlen- schichten sehen, welche in natürliche Coaks verwandelt sind oder zu halbmetallischem, glänzendem Anthraeit, das heilst Kohlen, aus wel- chen alle flüchtigen Bestandtheile durch die Hitze ausgetrieben sind, und welche ohne Flamme oder Rauch brennen. Aber merkwürdiger ist die Verwandlung, wodurch eine ganze Steinkohlenschicht nahezu Blyant geworden ist. Man kann diese Verwandlung durch Kunst be- wirken, oder erlangt sie, richtiger gesagt, zufällig durch Ausschmelzung von Eisen in der aufserordentlichen Hitze, welche in den Eisen-Hoch- öfen herrscht, indem kleine Partikeln von den zur Ausschmelzung an- gewendeten Kohlen von dem geschmolzenen Eisen aufgenommen wer- den und sich auf der Oberfläche desselben, wenn es abgekühlt wird, als Graphit auskrystallisiren.. Schwieriger ist es zu erklären, wodurch ein ganzes Kohlenlager durch die blofse Erhitzung dieser Verwandlung hat entgegengehen können; aber sowohl das Aussehen des Blyants, wie auch die Beschaffenheit der Gebirgsart, worin er vorkommt, deu- ten auf diesen Ursprung. Eine solche Steinkohlenschicht wird bei Karsok im Omenaks-Fjord gefunden, gegen 4 Meile hinauf in’s Land, und in einer Höhe von 10 bis 12,000 Fufs über dem Meeresspiegel, in einem weilsen, gleich- falls durch die Hitze stark gehärteten und halb zusammengeschmol- zenen Sandsteine. Ueber die Art und Weise, in welcher er in die Gebirgsmasse eingelagert gefunden wird, und wie man im Stande ist, ihn auszugraben, gilt durchweg dasselbe, was über die Kohlen- schichten gesagt ist. Der Aufsenrand desselben kann hier und dort auf einer Strecke von fast einer Viertelmeile gespürt werden. Die Oberfläche des Landes bildet dort eine ziemlich ebene Gegend und das Aeufserste der Blyantschicht ist mit lockerem Kies oder mit Stein- I Der Mineralreichthum Grönlands. 337 massen bedeckt; aber nur in den Klüften kommt er reiner vor, und er scheint dort eine Dicke von fast 6 Zoll zu erreichen. Dieser Blyant zeichnet sich durch seine Sprödigkeit und Feinheit aus, sowie durch seinen Mangel an eingemengten härteren Mineralien; man kann auch Bleifedern aus dem rohen Mineral schneiden, welche sich sehr fein zu- spitzen lassen, aber doch für das Zeichnen ziemlich hart sind. Nach den letzten Versuchen, welche damit in England vorgenommen sind, soll es unter den bisher erprobten Blyantsorten diejenige sein, welche der von Borrowdale in Schottland zunächst kommt, und eine geringe Partie von derselben soll zu einem sehr hohen Preise verkauft sein, um zu feinen Bleistiften verwendet zu werden. Auch dieser Blyant war schon vor sehr langer Zeit von den Grönländern gekannt, welche Bruchstücke desselben auf der Oberfläche und durch die Ströme herabgespült fan- den. Da ich diese Localität untersucht und einen Bericht darüber an das Ministerium des Innern eingesendet hatte, kam im Jahre darauf ein von den Herren Lundt und Prahl ausgerüstetes Privatschiff an die- sen Ort und blieb ein paar Monate hindurch bei Omenak, in welcher Zeit dort mit der ganzen Mannschaft des Schiffes eine Ausgrabung von Blyant vorgenommen wurde. Sie führten dies auf dieselbe Weise aus, die bei dem Kohlenbrechen geschildert ist, indem sie nämlich die lockeren Massen, welche über der obersten Kante der Schicht liegen, forträumten; und auf diese Art wurde an einer Stelle das Mineral auf eine Strecke von mehr als 20 Ellen und in einer Breite von 3 Ellen entblöfst. Sie erhielten im Ganzen ungefähr 10,000 Pfund und fanden _ die grölsten Schwierigkeiten im Froste, der ein tieferes Eindringen ver- hinderte, und in dem beschwerlichen Transport, da das Mineral in Säcken zum Meeresufer hinabgetragen werden mufste. Im Winter wird der Transport auf Schlitten weit bequemer bewerkstelligt, da der Weg bis auf eine einzige steilere Terrasse einen ziemlich gleichmäfsigen Ab- hang hinabführt. Es muls übrigens bemerkt werden, dafs jene Unter- nehmung eben nur eine Untersuchung bezweckte und nicht dazu be- stimmt war, eine reiche Ausbeute zu machen. Im Falle einer ordent- lichen Benutzung müfste das Product dann, wenn das Schiff ankommt, schon zu Tage gefördert sein. In Hinsicht auf andere Mineralproducte, welche zum Gebrauche dienen oder dienen könnten, ist zu bemerken, dafs der „Weichstein* oder die bekannte weiche Gebirgsmasse, welche von den Grönländern _ dazu benutzt wird, Kochgeschirre und Lanzen daraus zu formen, und die namentlich zu den letzterwähnten unentbehrlich ist, besonders an zwei Stellen gefunden wird: im Pakitsok-Fjord, wo er eine Schicht in der festen Klippenwand zunächst den bewohnten Plätzen bildet, und in dem kleineren Kariaks-Fjord in dem Distriete von Omenak. Aufser- Zeitschr. f. allg. Erdk. Neue Folge. Bd. I. 22 Mr er. 0 338 H. Rink: dem werden mehrere andere Fundorte angegeben, auf welche auch der Name „Okesiksak*, welches die grönländische Benennung dieses Mi- nerals ist, deutet; aber im Ganzen ist der Weichstein hier sparsamer, als in Süd-Grönland, und die daraus verfertigten und in den grönlän- dischen Haushaltungen so nothwendigen Lanzen werden darum als eine Rarität angesehen. An guten Bausteinen ist kein Mangel, da die hiesigen granit- artigen Gebirgsmassen sehr geeignet sind, in flache Stücke zerschlagen zu werden. Auch dürfte der an mehreren Orten vorkommende und in aufserordentlich regelmäfsige Säulen zerklüftete Basalt zu Bauten ver- wendbar sein. Von Kalksteinen kommt der sogenannte Dolomit oder gekörnte Kalk sehr häufig vor. Er hat am häufigsten ein sehr schönes weilses, marmorartiges Aussehen und könnte sich vielleicht auch zu Bildhauer- Arbeiten eignen. Wie weit er tauglich ist, gebrannt zu werden, ist zweifelhaft, da er neben der Kalkerde auch noch Magnesia enthält; es ist auch kein sonderlicher Gebrauch von gebranntem Kalk bei den Gebäuden in hiesigem Lande zu machen. Alaun und Vitriol kommen in ziemlicher Menge im Distriete von Omenak vor. Der letztere findet sich auch theilweise in den Stein- kohlen, und es soll auch früher der Versuch gemacht worden sein, ihn in Verbindung mit dem Kohlenbrechen zu benutzen. Der erstere kommt in bedeutender Menge auf dem südöstlichen Theile der grofsen Insel vor, die sich durch die starke Verwitterung ihrer. Gesteinmassen aus- zeichnet; theils sitzt er in reinem Zustande wie eine Rinde auf den Klippenwänden, wo diese etwas gegen die Feuchtigkeit geschützt sind; theils ist er in die oberste Rinde der Lehm- und Kieshaufen, welche durch das Zerbröckeln und Verwittern der Klippenmassen entstanden sind, eingemengt. In diesen verwitterten Gebirgsarten selbst, sowie auch in Beglei- tung des Blyants bei Upernivik, wird eine bedeutende Menge edler Granaten gefunden. Die, welche auf der Oberfläche gefunden wer- den, sind im Allgemeinen nur klein und von Rissen durchdrungen; doch haben andere, die von Grönländern gesammelt werden und von denen Proben in die Heimath gesendet sind, sich als werthvolle Han- delsartikel erwiesen. An Metallen scheint Grönland arm zu sein. Doch kann aus den wenigen Untersuchungsreisen, die bisher in diesen weitläuftigen Landstrichen unternommen worden sind, noch kein sicherer Schlufs ge- zogen werden. Hier und dort findet man Spuren von Kupfer. Es dürfte zugleich als eine Curiosität erwähnt werden, dafs ich bei den Grönländern bei Niakornak im Distriet von Jakobshavn ein Stück me- Der Mincralreichthum Grönlands. 339 tallisches Eisen von einem Gewichte von 21 Pfund liegen fand, wel- ches nach ihrer Aussage in der Nähe des Ortes auf der Oberfläche ge- funden worden war. Es war mit einer dicken Rinde von Rost und Schmutz überzogen und daher unkenntlich, aber durch sein bedeuten- des Gewicht auffallend. Erst durch eine nähere Untersuchung habe ich mich davon überzeugt, dals es wirklich metallisches Eisen ist, und da weder die Form, noch die übrige Beschaffenheit desselben, oder der entlegene Fundort zu der Annahme berechtigen, dafs es durch Men- schen hierher geschleppt sei, und da es auf der anderen Seite bekannt _ ist, dals Eisen, ausgenommen als Meteoreisen, kaum in gediegenem Zustande vorkommt, so dürfte man dieses Stück mit Wahrscheinlich- keit für einen Aörolithen halten können, und zwar für einen der selte- | neren, welche nur metallische Bestandtheile enthalten. Dies erinnert uns an das bekannte Factum, dafs Ross auf seiner ersten Nordpol- Expedition die Eskimo im Grunde der Baffinsbucht, welehe nie mit | Europäern communicirt hatten, mit Eisengeräthen versehen fand. | | a ie u | Miscellen. Die Umgestaltungen der Westküste Schleswigs. Der Continent des jetzigen Herzogthums Schleswig erstreckte sich in alten Zeiten 2 bis 4 Meilen weiter westwärts in die See hinaus und umfafste nicht nur die gegenwärtigen nordfriesischen Marschen und Inseln zwischen 54° 20’ und 55° 30’ nördl. Br., sondern reichte sogar über die Sanddünen hinaus, die heut- zutage von der Hitzbank an der Westküste Eiderstedt’s im Süden bis zu den Bänken Sylt’s im Norden den zerrissenen Eilanden gegen den Andrang der Mee- | resfluth einigen Schutz gewähren. Der Boden dieser jetzt grolsentheils vom Meere verschlungenen Niederungen bestand aus fruchtbaren Sand- und Thonschichten, die nach Westen hin etwas höher gelegen waren und hier auf dem festen Ge- _ stein ruhten, von dem noch jetzt in Helgoland und in dem rothen Kliff auf Sylt Ueberreste vorhanden sind. Aber diese geringe Erhebung konnte der Einwirkung des Meeres keinen dauernden Widerstand entgegensetzen; sie wurde frühzeitig _ zertrümmert durch den Andrang einer zwiefachen Fluth, von denen die eine aus Nordwesten zwischen Schottland und Norwegen durch den sogenannten Trichter, die andere (27 Stunden später) aus West-Süd-West durch den britischen Canal hereinbricht. Das Meer zertrümmerte die Barriere, drang tief in die Westküste des ‚Continents ein, bildete weite Buchten, überfluthete die niedrigeren Gegenden und zerrifs das Land in mehrere grofse Inseln; gleichzeitig aber schied es von den verschlungenen Ländereien die schwereren sandigen Theile und verwendete sie 2° a B- 7. 340 Miscellen: zur Dünenbildung, während es die flüchtigeren Humustheile in den rmhigen Buch- ten ablagerte und dadurch fruchtbare Marschländer schuf, die von der tüchtigen, an den Kampf mit dem Meere gewöhnten Bevölkerung allmählich eingedeicht, dem Meere abgerungen und mit den Inseln oder dem Festlande verbunden wur- den. Schon um das Jahr 1160 waren die drei Inseln Eiderstedt, Ewerschop und Utholm, welche das jetzige weit in das Meer vorgerückte und mit dem Continent zusammenhängende Eiderstedt bilden, durch Deiche zu einem Ganzen mit ein- ander verbunden worden. Nördlich davon und nur durch den schmalen Hewer- strom getrennt, über den von Westerhewer eine Bohlenbrücke führte, lag die grolse Insel Nordstrand, welche damals die jetzigen Inseln Pelworm und Nord- strand nebst den 15 in ihrer Nähe liegenden Halligen und den zwischen ihnen befindlichen Marschen umfasste. Sie war durch den grofsen Moordeich gegen die See geschirmt und ihr fruchtbarer Boden hatte die Bevölkerung frühzeitig auf den Ackerbau hingewiesen. Nördlich von dieser Insel lagen Föhr und Am- rum, die damals wahrscheinlich ebenfalls nur ein Eiland bildeten, welches durch einige Seen und eine schmale Tiefe von dem nördlicheren Sylt geschieden war; zur Zeit der Ebbe konnte man trockenen Fufses von Amrum nach Hörmum auf Sylt, von Föhr nach der Wiedingharde gelangen, die damals noch nicht an das Festland angedeicht war, sondern ein eigenes Eiland bildete; eine Fähre scheint die Communication mit Nordstrand vermittelt zu haben. Von Sylt konnte man zur Zeit der Ebbe auf einem Schliekwege ebenfalls nach der Wiedingharde und auch nach Hoyer gelangen; im Norden trennte die Lister Tiefe, der alte Ausflufs der Wiedau, die Insel von Romöe. Die Böckingharde war ebenfalls noch ein Eiland, aber nur durch eine schmale Wassergrenze, den Danewirks- Graben, von dem Continent geschieden. Noch gegen das Ende des 13. Jahr- hunderts konnte man den Flächeninhalt der friesischen Uthlande auf e. 50 Qua- dratmeilen veranschlagen; nach den Kirchenverzeichnissen des Nicolaus Brun, der 1350 — 1366 Bischof von Schleswig war, und des Johannes Harsen, der um 1305 lebte, besafsen sie damals mindestens 95 Kirchen und Kirchspiele, — von denen seitdem 50 ein Raub der Wellen geworden sind. Dieser Zustand der Dinge wurde schon im Laufe des vierzehnten Jahrhun- derts durch Sturmfluthen erheblich verändert. Am 16. Januar 1300 stieg die: See während eines heftigen Sturmes 4 Ellen über die höchsten Deiche, rifs in Nordstrand einen bedeutenden Meerbusen ein, indem sie den besuchten Handels- platz Rungholt und 7 Kirchspiele verschlang, und richtete auch auf Sylt grofse Verheerungen an; hier wurden die Kirche zu Eidum und die Handelsstadt Wen- dingstedt zerstört; auf Nordstrand verloren 7600 Menschen ihr Leben in den Fluthen. Häufiger und verheerender wurden die Einwirkungen des Meeres, seitdem der „schwarze Tod“ in den Jahren 1349 und 1350 die Eilande entvölkert und der Arme beraubt hatte, die für die Instandhaltung der Deiche und Dämme hät- ten sorgen können. Im Herbst 1354 überfluthete das Meer alle Eilande, rifs Häuser, Kirchen und Mühlen fort, versandete die fruchtbaren Marschen, und er- weiterte namentlich den früher ganz schmalen Meeresarm zwischen Sylt und Föhr, auf dessen Grunde man in der Mitte des vorigen Jahrhunderts Spuren der alten Kirchen Ostercapelle, Löckbüll und Hanum entdeckte. Kielholt erfuhr von „gu- Die Umgestaltungen der Westküste Schleswigs. 341 den olden Luden, dat in der Wyenachten, als sick dat nie und olde Jahr sche- dete, sind alle disse benachbarde Lande dorch dat Water von eenander gesche- den. Man höret seggen, dat dat Land Sylt schole 3 Miel int Osten und Westen lang gewesen syn. Averst man sprickt: hen ist Verlahren.“ Was der schwarze Tod und dieses Unglück verschont hatte, vernichtete die fürchterliche Fluth in der Nacht vom 8. zum 9. September 1362; durch sie fan- den so viel Menschen ihren Untergang, dafs man diese entsetzliche Katastrophe in späteren Zeiten vorzugsweise „de grote Mandrank “ nannte. Sie verschlang gegen 30 Kirchen, von denen nur wenige später wieder errichtet wurden, ver- wüstete Eiderstedt, durchbrach den Milderdamm, durch den dasselbe mit dem Festlande zusammenhing, vifs Lundenberg und vielleicht auch Pellworm schon damals von Nordstrand los, erweiterte die Tiefe zwischen Föhr und Sylt und spülte ausgedehnte Strecken der zuletzt genannten Insel ganz fort, so dals diese schon damals ungefähr ihre jetzige Gestalt erhielt. Am meisten hatte Nordstrand gelitten; es sah sich seit jener Zeit von einem vollständigen Untergange bedroht, da die hohen zwischen der Hewer und der Schmaltiefe im Westen vorgelagerten Sandbänke, die bisher einen wirksameren Schutz als die Dämme gewährt hatten, durch das Meer ganz abgeplattet waren. Auf Eiderstedt sind die Verwüstungen hauptsächlich deshalb geringer gewesen, weil die westlichen Dünen dem Andrange der Wogen Stand hielten; ja hier gelang es selbst in diesem unglücklichen Jahr- hundert durch fortgesetzte Eindeichungen dem Meere drei neue Köge abzuge- winnen. In der Wiedingharde soll bei dieser Fluth Alles ertrunken sein, Men- schen und Vieh, bis auf ein einziges Pferd. Auch im letzten Decennium des 14. Jahrhunderts traten mehrere starke Fluthen ein; eine derselben, 1396, rils die jetzigen Inseln Fanöe und Manöe, im Norden von Sylt, auseinander. Der starre, hartnäckige Sinn der Friesen liefs unter ihnen nicht die Einigkeit aufkommen, die erforderlich war, um der Wuth der Elemente ein vollständiges Vertheidigungssystem entgegen zu stellen, und Ein- wohner von Nordstrand baten den Herzog Gerhard von Schleswig demüthig um einen Vogt, der unter ihnen Frieden stiften und sie zum Deichbau anhalten sollte. Der ohnmächtige Kampf gegen die gewaltigen Naturkräfte und das unsägliche Elend, welches über die Eilande hereingebrochen war, hatte auch die Gemüther der Menschen verwildert; selbst das Heidenthum erhob wieder sein Haupt, so dals eine päpstliche Aufforderung nöthig war, „dat geistlike Regiment över alle Kerken (auf Sylt) in een rechte Ordninge zu bringen.“ Aber das wiederholte Unglück hatte auch den Gedanken an das endliche Schicksal dieser Inseln den Gemüthern nahe gelegt, und eine der Prophezeiungen, die wie immer in bedräng- ten Zeiten, so auch in dieser sich vernehmen liefsen, schlofs, nachdem sie alle Wechselfälle der Zukunft aufgezählt, mit den schwermüthigen Worten: „Zuletzt werden alle diese Lande durch Wasser vergehen und der Schiffer wird zum Steuermann sagen: „Hüte dich vor Holmer Sand! * Im Laufe des folgenden Jahrhunderts wurde nichtsdestoweniger durch um- fassende Deichbauten mancher Strich Landes wiedergewonnen, wenn auch die Dämme noch häufig durchbrochen wurden, wie im Jahre 1412, wo auf Nordstrand allein 3600 Menschen ertranken. Die bedeutendsten Veränderungen verursachte die Fluth vom 1. November 1436; sie trennte Pellworm noch ent» u a a 342 Miscellen: schiedener von den übrigen Harden des Nordstrandes, und verschlang auf Sylt das grolse Kirchspiel Alt-Rantum und das Dorf Eidum. Dagegen war es den Eiderstedtern gelungen, nicht nur das im Jahre 1362 von Nordstrand abgerissene Lundenberg an den Continent festzudeichen, sondern auch 1489 durch Anlage des Dammkooges Eiderstedt selbst mit dem Amt Husum zu verbinden und so die Insel in eine Halbinsel zu verwandeln. Sie ist jetzt c. 6 Quadratmeilen grofs und zählt ce. 12,000 Einwohner in 18 Kirchspielen. Auch die Bewohner der Insel Föhr wufsten noch vor Ablauf des Jahrhunderts ihre fruchtbaren Marschen durch Vollendung grofser Deiche im W., N. und O. gegen die Angriffe der See zu schirmen; im Süden hat die Insel höhere Ufer und bedarf hier keines beson- deren Schutzes. Ebenso wurde an der Vereinigung der Wiedingharde mit dem Festlande seit 1511 eifrig gearbeitet. Auch das 16. Jahrhundert war eine Zeit umfassender Deichbauten. Um die Mitte desselben gelang es, die nun schon lange vom Meere umfluthete Insel Pellworm durch zwei Deiche wieder mit Nordstrand zu verbinden, indem man zwischen den Dämmen den Bopheveringkoog gewann. Durch Anlegung des Kohlendammkooges wurde 1554 die Böckingharde ein 'Theil des Festlandes. Ein 2 Meilen langer Damm von Hoyer über die Wiedau nach Humtrup schützte die Marschen von Hoyer, Tondern und Mögeltondern gegen das Meer, raubte aber der Stadt Tondern ihre Schifffahrt. Endlich, im Jahre 1566, wurde auch die Insel Wiedingharde sowohl mit dem Festlande des Amtes Tondern, wie mit der Böckingharde vereinigt, indem man einen grofsen Koog, den Gotteskoog, gewann und den Meeresarm im Osten der bisherigen Insel in einen Binnensee, den Gottes- koog-See, verwandelte. Umfassende, in der Folgezeit ausgeführte Deichbauten sicherten diese neue Erwerbung; Schleusen und Wasserschöpfmühlen wurden an- gelegt, den starken Wasserzuflufs zu dem Kooge wieder abzuführen. Gleichwohl ist der Ackerbau auf demselben bei der übermäfsigen Feuchtigkeit des Bodens keiner grofsen Ausdehnung fähig; die Bewohner beschäftigen sich vornehmlich mit Viehzucht und Heugewinnung, mit der Verwerthung des Schilfs an den Ufern des jetzigen Binnensees, das in der Umgegend zum Häuserdecken gem gekauft wird, und mit dem ergiebigen Fischfang; die Communication findet auf Booten statt, langen, schmalen Fahrzeugen, die mit Stangen (Kluthstöcken) fortgestolsen werden; aber zuweilen hebt sich der Grund des Gotteskoog-Sees, eine lockere Torfart, Terrig genannt, treibt in ihm umher und behindert die Bootfahrt. Diese glücklichen Unternehmungen ermuthigten sogar zu dem Versuch, die Insel Nordstrand, noch immer das bedeutendste der friesischen Eilande, mit dem Continent zu vereinigen; aber die aufgeführten Dämme wurden schon im Novem- ber des folgenden Jahres zerrissen. Nach den Angaben eines Zeitgenossen hatte die Insel damals einen Flächeninhalt von 40,156 Morgen Pr., war mit Einschlufs von Pellworm 32 Meilen lang und das jetzige Eiland Nordstrandischmoor bildete ihre höher gelegene Mitte. Ihre Seedeiche waren 19,222 Rutlen lang und um- schlossen ein Gebiet, dessen vorzügliche Fruchtbarkeit, namentlich im westlichen Theile, sehr gerühmt wird. Die Zahl der Bewohner betrug mehr als 8000. Eiderstedt war 45,600 Morgen, die Insel Föhr 18,000 Morgen grols; die Be- wohner der letzteren, 4000 an Zahl, beschäftigten sich vornehmlich mit dem Fischfang. Amrum war auch damals ein dirres Haide- und Dünenland, und Die Umgestaltungen der Westküste Schleswigs. 343 hatte nur eine Kirche. Auch die Insel Sylt, damals vielleicht nicht kleiner als Nordstrand, war schwach bevölkert; Fisch- und Austerfang bildeten die wichtig- sten Nahrungsquellen der Bewohner. Im Allgemeinen schien es, dafs die phy- sische Gestalt der friesischen Eilande jetzt eine gröfsere Festigkeit gewonnen habe; aber bei einer Reise über die zur);Zeit der Ebbe trocken gelegten Watten erin- nerten die Reste von Wäldern und Deichen, die Trümmer von Brücken, Kirchen und Dörfern an den nimmer rastenden Feind der oft heimgesuchten Landschaften. Und schon 1570 trat wieder in der Nacht vom 1. zum 2. November eine furchtbare Sturmfluth ein, welche allein in Nordfriesland 20,000 Menschen das Leben geraubt haben soll und alle nördlichen Dämme Eiderstedts zerrifs, so dafs nur drei Kirchspiele von der Ueberschwemmung verschont blieben. Auch Nord- strand litt damals sehr, und drei Jahre später traf beide Gebiete ein ähnliches Unglück. Aber mit dem letzten Decennium des 16. Jahrhunderts begann eine wahre Leidenszeit; Fluthen und Ueberschwemmungen ausgedehnter Landstriche folgten sich so häufig, dafs die zwischen ihnen liegende Frist zur Herstellung des angerichteten Schadens nicht mehr ausreichte. Das Meer rifs tiefe Buchten in die Eilande ein, die durchbrochenen Dämme konnten zum Theil nicht wieder hergestellt werden, die noch stehenden waren stark beschädigt. Nach solchen Vorgängen trat die Fluth vom 11. October 1634 ein, die Nordstrand gänzlich zertrümmerte. Gegen 9 Uhr Abends brach ein Südweststurm los, der sich zu der Wuth eines tobenden Orkans steigerte, die schäumenden Wogen gegen die Deiche schleuderte, die an 44 Stellen durchbrochen wurden. Nach einer Stunde war die blühende Insel nicht mehr; 6214 Menschen waren ertrunken, nur 2633 hatten sich retten können; 50,000 Stück Vieh waren zu Grunde gegangen, 30 Mühlen, 1300 Häuser zertrümmert worden; nur hier und da ragte aus den Fluthen ein einsamer Kirchthurm hervor. Auch die anderen Gegenden Nordfrieslands litten entsetzlich. Eiderstedt verlor 2107 Menschen und 12,838 Stück Vieh; im Amt Tondern blieb kein einziger Koog trocken. Im Ganzen sollen damals in Nordfriesland 10,300 Menschen ihr Leben verloren ha- ben, und den Geretteten war eben nichts als das nackte Leben erhalten. Nord- strand war in unzählige Hallige zerrissen, die zum Theil im Laufe der Zeit von dem Meere vollends weggespült wurden; nur Pellworm und das jetzige Nordstrand wurden wieder eingedeicht und die Bewohner der Beltring- und Edomsharde, die der Fluthen nicht mehr Herr werden konnten, bauten sich auf dem höheren Theile der Insel an, der jetzt unter dem Namen Nordstrandischmoor ein eigenes Eiland bildet. In der Lebensweise der Friesen hatten diese wiederholten Unglücksfälle eine grofse Veränderung hervorgebracht. Die meisten hatten Hab’ und Gut verloren, und sich davon überzeugt, dafs der Ackerbau auf den Inseln immer in einer höchst preeären Lage bleiben würde; mochten auch die Fluthen, welche ganze Länder verschlangen, selten eintreten, so waren diejenigen desto häufiger, welche die Saaten verwüsteten, die Ernte wegschwemmten, die Felder versandeten. Mehr ‚als je suchten sie deshalb auf der See ihre Nahrung, traten in hamburgische und holländische Dienste und nahmen hier an den gefährlichen Fahrten der Walfisch- fänger Theil, wobei sie sich bald als kühne und abgehärtete Seeleute auszeichne- ten. Im Herbst kehrten sie mit dem Ertrage ihrer Dienstleistungen zu den hei- 2 ei 344 Miscellen : mischen Eilanden zurück, auf denen die Sorge für die Heerden wie die Bestellung der Felder immer mehr ein Geschäft der Weiber wurde. Schon 1637 bemerkten die Sylter in einer Bittschrift an die Regierung: „Unsere Leute, Gott bessers, haben sich in frembde Lande zu Seewarts und bei andern uf die Vischerei umb ihr Lohn zu dienen begeben müssen zur Erhaltung Weib und Kinder.“ Die Fluth von 1634 war die letzte, welche auf die geographische Gestalt Nordfrieslands eine bedeutende Einwirkung äufserte. Es kamen allerdings auch später Unglücksfälle vor (wie z. B. 1717 und 1718), in denen das Wasser eine noch beträchtlichere Höhe erreichte, die Dämme an vielen Orten durchbrach, ent- setzliche Verwüstungen verursachte und vielen Menschen das Leben raubte; aber menschlicher Fleifs stellte das Verlorene wieder her, nur hier und dort wurde ein Koog aufgegeben, und der Umfang der nicht umdeichten Halligen verminderte sich merklich. Durch die Fluth von 1828 ging die Kirche auf Nordstrandisch- moor verloren und die Hallig Norderoogh war so verwüstet worden, dafs sie seit- dem nicht mehr bewohnt wurde. Auf der anderen Seite wurden im Laufe der Zeit auch manche Watten eingedämmt und die Grenzen des Landes in das Meer vorgerückt; die Halligen Fahretoft, Dagebüll und Galmsbüll wurden in den Jah- ren 1688, 1727 und 1794 mit dem Festlande vereinigt. Ueber den gegenwärtigen Zustand der nordfriesischen Inseln bemerken wir noch Folgendes. Sylt ist jetzt ce. 20,000 Morgen grofs, wovon nur 4 aus Aeckern, Wiesen und Weiden, das Uebrige aus Dünen und Haiden besteht, und zählte (im Jahre 1850) 2764 Einwohner in 3 Kirchspielen (gegen 2814 Einw. in 5 Kirch- spielen im J. 1769), die sich mit dem Anbau von Roggen,‘ Gerste und Hafer, mit der Fabrication von Wollenwaaren, der Schifffahrt, dem Fisch-, Austern- und Vogelfang beschäftigen. Die Austernbänke im Osten der Inseln liefern jährlich ce. 1 Million Austern, die Dünen c. 40,000 Stück Möveneier, und in der Vogel- koje wurden 1848 nicht weniger als 22,916 Krickenten gefangen. Die Insel Föhr hat einen Flächeninhalt von c. 18,000 Morgen, wovon die nordöstliche Hälfte Marschland ist, 3 Kirchen und ce. 5400 Einw. (6146 Einw. im J. 1769) in einem Flecken (Wyck) und 16 Dörfern. Sie führt Kriekenten, Hornvieh und Hafer aus. — Amrum ist eine Düne, 14 Meilen lang und nur 4 Meile breit, hat 600 Einwohner, 1 Kirche und 3 Dörfer. Die Bewohner be- schäftigen sich mit Seefahrt und Fischfang; die Austernbänke, welche die Insel umgeben, liefern einen jährlichen Ertrag von 4 Mill. Stück. — Pellworm ist eine schwer gegen die See zu schützende, aber sehr fruchtbare Marschinsel, 6269 Morgen grols; sie hat 2 Kirchen und c. 2000 Einwohner, die Ackerbau treiben und Rappsaat, Weizen, Hafer auch für den Export produeiren. — Auch die jetzige Insel Nordstrand,tdie 5861 Morgen eingedeichtes Land besitzt, nährt eine acker- bautreibende Bevölkerung auf ihrem sehr fruchtbaren Boden. In der Nähe der beiden zuletzt genannten Inseln liegen 15 Halligen, die Trümmer der im Jahre 1634 zerstörten Insel Nordstrand; sie hatten 1847 zusammen 672 Bewohner, die sich durch Viehzucht und Fischfang unterhalten; nur die Halligen Hooge, Lan- genels, Oland und Gröde besitzen Kirchen; einige, wie Norderoogh und Behns- hallig, sind ganz unbewohnt. (Nach „Hansen, Chronik der friesischen Uth- lande.“) —ın. Eisenbahnen und Canäle in Spanien. 345 Eisenbahnen und Canäle in Spanien. ' Zu den Mängeln unserer Eisenbahn-Cours-Bücher gehören in Bezug auf die nichtdeutschen Eisenbahnen die unvollständigen Angaben über die Länge der _ einzelnen Bahnen. Da namentlich das dem reiselustigen Publicum ferner liegende Spanien kärglich bedacht wird, glauben wir, dafs die nachfolgenden Notizen, welche einer gröfseren Arbeit des Herrn Meisonier (Des chemins de fer en Espagne 1855, in den Annales des Ponts et Chaussees 1856, p. 17) entnommen sind, einen willkommenen Beitrag zur Eisenbahnkunde dieses Landes liefern werden. Im Mai 1855 waren in Spanien 9 Eisenbahnen in einer Gesammtlänge von 482,649 Kilometer vollendet, nämlich von Madrid bis Albacete (in Murcia) = 278,443 Kil.; in Valencia von San Felipe de Jätiva bis zum Grao de Valencia = 59,455 Kil.; in Catalonien von Molins del Rey bis Barcellona = 16,670 Kil., von Sabadell bis Moncada = 13,362 Kil., von Barcellona bis Granollers = 29,256 Kil., von Barcellona bis Mataro = 28,000 Kil.; in Asturien von Sama de Lan- greo bis Gijon = 36,963 Kil. und von Las Fabricas de Arnao bis La Ria de Avi- les = 5,000 Kil.; endlich in Andalusien von Xerez de la Frontera bis Puerto de Santa Maria = 15,500 Kil. Im Bau begriffen sind 607,555 Kilometer, näm- lich die Linien von Socuellamos (westlich von Villarrobledo in La Mancha) bis Ciudad Real = 128,260 Kil. (Abzweigung der Bahn von Madrid nach Albacete), von Albacete bis Almansa = 80,000 Kil., von Almansa über die Venta de la Eneina bis Alicante = 95,163 Kil., von Almansa ebenfalls über die Venta de la Eneina bis San Felipe de Jätiva = 93,270 Kil.; nach Vollendung dieser Balınen würde also Madrid mit Alicante und Valencia durch Schienenwege ver- bunden sein. Ferner sind im Bau in Catalonien die drei Strecken von Reus bis Tarragona = 13,160 Kil., von Martorell bis Molins del Rey = 11,860 Kil. und von Mataro bis Arenys de mar = 9,110 Kil.; in Alt-Castilien von Alar del Rey (42° 38' N. Br., 13° 29’ O.L. v. F.) bis Santander = 130,432 Kil., eine Bahn, die besonders dadurch von Wichtigkeit wird, dafs bei Alar del Rey die aus dem Flufsgebiet des Duero ausgehende Canalisation endet; in Andalusien von Puerto de Santa Maria bis Matagorda in der Bai von Cadiz = 12,000 Kil., von Puerto de Santa Maria bis Cadiz = 34,000 Kil. Nach Vollendung aller dieser Bahnen würde also von der Hauptstadt immer nur erst eine Bahn ausgehen, die sie mit Alicante und Valeneia in Verbindung setzen würde. Im Uebrigen hat sich nur - in der Umgegend einiger Hafenplätze (Barcellona, Taragona, Santander, Gijon und Cadiz) das Bestreben gezeigt, durch Schienenwege eine raschere Verbindung mit den genannten Handelsstädten herbeizuführen. Von Canälen besitzt Spanien gegenwärtig folgende: Der Kaiser- Canal von Tudela nach Zaragossa = 94 Kil.; der Canal von Castilien von Alar del Rey bis Valladolid = 142 Kil.; der Canal de Campos, eine Abzweigung des vorigen bis Medina de Rioseco, = 59 Kil.; der Guadalquivir-Canal von Sevilla bis zum ‚Meere = 100 Kil.; der Ebro-Canal von Zaragossa bis zum Meere, zum Theil noch im Bau begriffen, = 368 Kil. Im Ganzen also betragen die Canalverbin- dungen 763 Kil. In Vorschlag ist die Ausführung folgender Canäle, sowie die Schiffbarmachung folgender Flüsse: Schiffbarmachung des Milio von Ribada- via bis zum Meere = 100 Kil.; Canalisation und Schiffvarmachung des Ebro 346 Miscellen: von Tudela bis Miranda und Verbindung des Kaiser-Canals mit dem Ebro bei Zaragossa = 198 Kil.; Canalisirung und Schiffbarmachung des Duero von Soria abwärts, und Verbindung mit den Canälen von Castilien und Campos durch die Pisuerga = 786 Kil.; Schiffbarmachung des Tajo von Toledo bis zum Austritt aus spanischem Gebiete = 420 Kil.; Schiffbarmachung der Guadiana von Bada- joz bis zum Meere auf spanischem Gebiete = 101 Kil. Um diese genannten Canäle und Wasserbauten vollständig auszuführen und ihnen vollen Werth zu ge- ben, ist natürlich von Seiten Portugals die Ausführung ähnlicher Arbeiten auf dem Duero, Tajo und der Guadiana in einer Gesammtstrecke von 577 Kilometer vonnöthen. —r. Das Zufrieren der unteren Donau. A. P. Vretos giebt in seiner neuen Schrift: Za Bulgarie etc. St. Peters- bourg 1856, folgende tabellarische Zusammenstellung der Zeiträume, in welchen die untere Donau während der Jahre von 1836 bis 1851 mit Eis belegt war: Im Winter von 1836 —37 vom 7. Februar bis 28. Februar, 1837—38 - 29. December bis 3. März, 1833—39 - 24. December bis 13. März, 1839 —40 - 12. Januar bis 2. Februar, 1840—41 - 17. December bis 21. März, 1841—42 - 26. December bis 9. März, 1842 —43 nicht zugefroren, 1843 —44 - 12. Januar bis 27. Februar, 1844—45 - 28. December bis 23. Februar, 1845 — 46 nicht zugefroren, 1846—47 - 15. Januar bis 13. Februar, 1847—48 - 2. Januar bis 1. März, 1848—49 - 1. Januar bis 23. Februar, 1849—50 - 4. December bis 23. März, 1850—51 nicht zugefroren. —r. Reise von Kharthüm nach den Mandera-Bergen. (Hierzu eine Karte Taf. VI.) Hauptsächlich zur Orientirung für einige Arbeiten, die wir in den folgenden Heften der Zeitschrift zu publieiren gedenken, übergeben wir unseren Lesern eine Karte von Habesch und den Nachbarländern, und beschränken uns für jetzt darauf, ihr einige Notizen über eine Reise beizufügen, welche die Mitglieder der katho- lischen Mission in Kharthüm, die Herren Kirchner, Gostner und Hansal, nebst Herrn Dr. Peney im vorigen Jahre von der eben genannten Hauptstadt des türkischen Sudän nach den Rera- und Mandera-Bergen unternahmen. Sie ist in der „Zrsten Fortsetzung der neuesten Briefe aus Chartum in Central-Afrika, Reise von Kharthüm nach den Mandera-Bergen. 347 geschrieben von Martin Hansal, Wien 1856, bei Wallishauser“ geschildert, und führte durch das Land zwischen dem Blauen Nil und dem untern Atbara grofsen- theils auf andern Wegen als diejenigen, welche F. Werne eingeschlagen und in seinen beiden letzten Schriften („Feldzug von Sennaar nach Taka, Basa und Beni Amer, Stuttgart 1851“ und „Reise durch Sennaar nach Mandera, Nasub und Cheli, Berlin 1852“) beschrieben hat. Die Stadt Kharthüm existirt wenig über dreifsig Jahre; sie ist aber als Residenz des türkischen Pascha’s wie in Folge ihrer für den Handel überaus günstigen Lage am Zusammenflusse der beiden Nilströme in der letzten Zeit so rasch angewachsen, dafs sie der neuesten Zählung zufolge 40,000 Einwohner ent- hielt, während noch Brehm (Reiseskizzen aus Nordost- Afrika I, 156) die Be- völkerung nur auf 30,000 Seelen schätzte. Unsere Reisegesellschaft verliefs die Stadt am 25. September 1855 und schiffte zunächst den Blauen Nil aufwärts, wo- bei das Fahrzeug weniger der Strömung als des widrigen Windes wegen fast im- mer vom Lande aus gezogen werden mufste. Die Ufer des Flusses sind an sei- nem unteren Laufe mit schönen, diehten Wäldern bestanden, die vorzüglich aus stacheligen Mimosen, den grünblühenden Naback-Bäumen und klettenartigem Haskanitgrase bestehen und fast undurchdringlich sind. Gleich oberhalb Soba erweitert sich der Flufs und umschliefst bei El-Efun zwei schön bebaute In- seln; jenseits dieses Ortes, wo eine Stromschnelle passirt werden mus, ist das östliche Ufer in Folge künstlicher Bewässerung gut bebaut, während die Wälder des westlichen bis hart an den Flufs reichen und durch ihre überhängenden Bäume der Schifffahrt hinderlich werden. Weiter aufwärts werden die Waldungen spär- licher und der Anbau, besonders von Mais, ausgedehnter; die aus Tokuln (run- den, auf Pfählen ruhenden Strohhütten mit konischen Dächern) bestehenden Dör- fer sind in einiger Entfernung vom Strome gebaut, um die ungesunden Ausdün- stungen der Niederung zu vermeiden. Das Dorf Nuba, in dem sich einige Doom-Palmen erheben, liegt in fahler Sandebene; jenseits desselben fliefst der Strom durch schöne Wiesen, auf denen die dem arabischen Wanderstamme Duk- sab gehörigen Heerden von Eseln, Schafen, Ziegen und Kameelen weiden; weiter landeinwärts schliefsen sich an sie üppige Durra-, Bohnen- und Bamienfelder, besonders in der Gegend von Taggala (Takela bei Werne). Hier hat sich der Strom wieder in mehrere Arme getheilt, welche wiesenreiche Inseln umschliefsen, Bei Kamlin sind seine Ufer hoch; die Fabrikgebäude, die Achmed Pascha an diesem Orte hatte aufführen lassen und von denen Werne spricht, fanden unsere Reisenden in einem halb zerfallenen verödeten Zustande; nach dem Tode des Pascha’s und des Würtembergers Bauer, der an der Spitze des Fabrikwesens stand, hörte die industrielle Thätigkeit auf, der rasch aufstrebende Ort sank in seine frühere Bedeutungslosigkeit zurück, und selbst in den damals angelegten Gärten zeigten sich jetzt nur noch die letzten Reste dahinsterbender Feigen- und Citronenbäume. Hinter Kamlin trägt die Gegend „einen ächt tropischen Typus und die Fruchtbarkeit des Bodens übersteigt alle Vorstellung. Gärten, Fluren, ine und Wildnisse reichen sich die Hände, die Durra- und Baumwollenfelder Banden i in der Blüthe, die Bamien hoch und kräftig da, die auf der flachen Erde hingeschlungenen Melonenstauden mit daran hängenden Riesenfrüchten bedeckten den fetten Boden, und Wälder von kolossalen grofsblätterigen Asklepiasbüschen und in ua pr u u m un 5 Unna EL 348 Miscellen: unpassirbaren mit Schlingpflanzen und hohem Haskanitgrase verflochtenen Dorn- und Stachelgewächsen gaben mit der zahlreichen, im verschiedenartigsten Farben- schmucke prangenden Vogelwelt und dem Dufte der Blüthen dem verworrenen Ganzen den eigenthümlichen innerafrikanischen wildschönen Ton. Nur die Ci- tronen-, Feigen- und Granatbäume, deren Heimath der 14. Breitengrad nicht mehr ist, sahen in Mitte der Vegetationspracht etwas kümmerlich aus und stan- den sicherlich ihren italiänischen und syrischen Genossen an Schönheit und Grölse weit nach. Längs dieses Pflanzenchaos hingen die schroffen Ufer voll von Schling- geflechten, Dornsträuchern und Grasgestrüppe, in den abgewaschenen Wänden traten dicke Baumwurzeln hervor, und das vom hochgehenden Strome fortge- schwemmte Erdreich rils ganze Bäume um, die ihre Aeste im Flusse badeten, wodurch das Ziehen des Schiffes ungemein erschwert wurde, indem sich das Seil häufig an Stauden und Bäumen verhing, und die nackten Schwarzen bald über Dornzäune wegspringen, bald an den schlüpfrigen Uferabschüssen der unweg- samen Stellen halber unter Stauden und abhängenden Baumstämmen durchkriechen, oder stückweise mit dem dicken Stricke am Halse im Wasser voranschwimmen mufsten, welche halsbrecherische Plackerei sie nicht ohne Geschick durchführten.“ Nach achttägiger Stromfahrt gelangten die Reisenden zu der aus Tokuln be- stehenden Stadt Roffah, den Ruinen von Arbagi gegenüber. Hier residirt der aus Werne’s Schriften bekannte Abu Sin, der Grofs-Schech der Schukorie, eines der zahlreichsten Araberstämme, der sich ostwärts bis zum Atbara ausgedehnt hat und mit den jenseits dieses Flusses lebenden Haddenda in unaufhörlicher Fehde liegt. Abu Sin zahlt der türkischen Regierung einen jährlichen Tribut von 25,000 Thaleın, herrscht aber dafür über sein Volk, das noch immer mit der alten Verehrung an diesem würdigen Patriarchen hängt, ziemlich unbeschränkt; nur die Entscheidung über Leben und Tod ist dem Vicekönig von Aegypten vor- behalten. Die Wohnung des Schechs ist aus schwarzer Erde gebaut; aufserhalb der Stadt besitzt er einen zierlich gehaltenen Garten mit beschnittenen Alleen, wohlplanirten Gängen, Feigen- und Dattelbäumen, und sogar Weinstöcken, deren Trauben aber säuerlich schmecken. Die Schukori& sind heerdenreich; in der Stadt beschäftigen sich einige mit Lanzenschmieden und dem Verfertigen von Sandalen; zweimal wöchentlich ist hier ein lebhafter Markt, auf dem Feldfrüchte und Vieh feilgeboten werden. Die auf der anderen Seite des Stromes liegenden Ruinen von Arbagi rühren von der ehemaligen Hauptstadt des Reiches Sennaar her, die am Anfange des 16. Jahrhunderts von den Fungi zerstört wurde. Hier (unter 14° 41’ N. Br.) fanden die Reisenden den ersten Affenbrotbaum; sein Stamm mafs aber nur 36 Fufs im Umfange, während er in südlicheren Regio- nen, in Fassokl z. B., mehr als doppelt so stark wird. Am 6. October Nachmittags 12 Uhr trat unsere Gesellschaft die beschwer- liche Landreise ostwärts an, zunächst durch langes dichtes Gras und Waldungen mit lichten Stellen, an denen sich mehrere den Schukori& gehörige Durrafelder befanden, bis zu dem Tokuldorf Abu Djelfa. Am folgenden Tage erreichte man nach dreistündigem Marsche den an einer Lache gelegenen Ort Wood (Woled) Schagurta, von Schukori@ bewohnt, zog dann durch junge Waldung, in welcher sich Gazellen und Hasen zeigten, und bekam bald den Djebel el Abai Tor zu Gesicht. In diesen Wäldern leben die Schukori& nur während der Regenzeit Reise von Kharthüm nach den Mandera -Bergen. 349 in vereinzelten Familien an den tiefer gelegenen Stellen, an denen sich das Was- ser ansammelt; sie säen hier Durra, die in 3 Monaten reif wird, und ziehen _ nach der Ernte, wenn die Lachen vertrocknen, mit Weib und Kind an den Nil; die Reisenden begegnmeten jetzt, in der ersten Hälfte des October, mehrmals sol- chen Wanderzügen. Der Djebel el Abai Tor, ein ovaler Bergrücken, ist eine _ der zahlreichen isolirten Kuppen, die sich in Ober-Nubien erheben und den Wan- derstämmen in der sonst einförmigen Ebene zur Orientirung dienen. Von dem Gipfel desselben blickte man ostwärts über eine sehr ausgedehnte Savanne mit hohem, den Kameelen zuweilen über den Rücken reichenden, jetzt freilich ver- trockneten Grase, dessen dieke Stengel von einigen Vorreitern niedergetreten wer- _ den mufsten, um dem Zuge Bahn zu brechen. Der Boden dieser Steppe war jetzt, bei einer Temperatur von +60° R., steinhart, überall weit auseinander ge- borsten und überdies wegen vieler „Gruben in der Gröfse eines Quadratfulses“ für die Kameele schwer passirbar. (Als Achmed Pascha’s Heer im Jahre 1840 durch den Gohr el Gasch zog, stürzten die Kameele und brachen sich die Beine in Folge ganz ähnlicher Gruben, die nichts anderes waren, als Elephantenspuren _ aus der Regenzeit.) Nach fünfstündigem Marsche über diese sonnverbrannten _ Ebenen erreichte man ein Strauchwäldehen und wartete hier einen Gewitterregen ab, „der eine wohlthätige Kühle in die Temperatur brachte“, — er drückte näm- lich das Thermometer auf 36° R. herab. Die Nächte sind dagegen empfind- lich kühl. Dann zog man bis zum Abend, wo ein zweites starkes Gewitter los- brach, wieder durch hochgrasige Ebenen, übernachtete auf offener Savanne in dem stacheligen Grase, und hatte auch am folgenden Tage (9. October) baum- und strauchlose Steppen zu durchziehen, in denen Rudel von Antilopen und Straufsen umhereilten. Die ersteren werden von den Arabern mit Hunden ge- jagt, welche der Jäger so lange auf dem Kameel behält, bis er sich den Antilo- pen hinlänglich genähert hat. Gegen Nord färbten viele Savannenbrände den schwarzen Abendhimmel. Am 10. October kam man wieder in Staudenwälder und erblickte in der Ferne die Rera-Berge, die man um 5 Uhr erreichte. Hier fanden die fast verschmachteten Reisenden einen Teich voll klaren Regen- wassers; in der Nacht wurden sie wieder von einem der furchtbarsten Gewitter und strömenden Regengüssen heimgesucht. Die Rera-Berge sind nicht über 300 Fufs hoch und dünn bestaudet. Auf ihnen wie auf anderen Hügelgruppen in Ober-Nubien sollen sich der Aussage der Araber zufolge alte Ruinen befin- den, welche von Städten der Ungläubigen, also wohl aus der Machtperiode des christlich -abyssinischen Reiches herrühren; aber es ist unseren Reisenden eben so wenig wie anderen gelungen, eine Spur derselben zu entdecken; nach seiner Rückkehr erfuhr Hansal von Osman Bey, dafs die Ruinen eine Tagereise hin- ter Rera sich befänden, dafs die Araber sie aber nicht gern zeigten, weil sie fürchteten, von der türkischen Regierung zu Ausgrabungen gezwungen zu werden. ‚Aber nach so manchen vergeblichen Versuchen, hier Ruinen zu finden, mufs man 'wohl vermuthen, dafs die betreffenden arabischen Sagen durch die oft wunder- ü Zerklüftung der Berge hervorgerufen sind, welche allerdings zuweilen den Anblick ceyklopenartiger Bauten gewährt. - Nachdem die Reisenden den Berg untersucht, brachen sie noch an demselben Tage auf, zunächst über dürre Grasfelder mit vereinzelten Bäumen, dann durch EEE EEE > R r 350 Miscellen: niedrige Waldungen nach den Mandera-Bergen, die sie um die Mitte des folgenden Tages erreichten. Man braucht also kaum eine Tagereise, um von dem einen Berge zu dem anderen zu gelangen; woraus folgt, dafs ihre Entfer- nung auf den Karten von Zimmermann (Karte zur Darstellung des oberen Nil- landes 1843) und A. Petermann (Abessinia and the Adjacent Countries), wo sie 14 bis 15 deutsche Meilen beträgt, zu grofs angegeben ist; dagegen bleibt unge- wils, ob Hansal’s Angabe, dafs die Mandera-Berge südlich von den Rera-Ber- gen liegen, wörtlich zu nehmen ist; auf den beiden erwähnten Blättern liegen die ersteren südöstlich von den letzteren. Werne, der eine Abbildung der Man- dera-Berge liefert, hat alle Bergkuppen, die man von ihrem Gipfel wahrnimmt, namhaft gemacht und ihre gegenseitige Lage mit Hilfe des Compasses bestimmt; die Rera-Berge nennt er aber gar nicht und hat sie auch nicht auf seinen Kar- ten verzeichnet. Unseren Reisenden zufolge erblickt man von dem Gipfel des Mandera-Berges, der aus Gneis besteht, die Rera-Berge im Norden, den Djebel Liberi im NW. (bei Werne: Liberik in N. bei O.), den Dj. Gurr im $. (nach Werne im Südwest); eben so wenig wie Werne fanden sie hier irgend eine Spur von Ruinen. Von hier trat die Gesellschaft die Rückreise an und nahm eine westliche Richtung nach dem Djebel el Abai Tor über endlose fahle Ebenen mit hohem trockenen Grase, die von Antilopen und Straufsen durchschwärmt waren. Den eben genannten Berg liefs man zur Rechten, wandte sich südwärts, zog 5 Stun- den durch einen immer dichter werdenden Wald, an dessen Ende das Dorf Ach- gahla inmitten grolser Durrafelder lag, und dann durch ein Terrain, auf dem lichtere Waldungen mit Tokuldörfern und Durrafeldern abwechselten. Nach dritt- halb Tagemärschen erreichten die Reisenden wieder den Blauen Nil bei Abu Harrafs, einem grofsen Dorfe, das eine türkische Garmison hat. Ihm gegen- über liegt Woad (Woled) Medine, eine Stadt, die ganz den innerafrikani- schen Typus trägt, „Strafsen und Plätze voll Gruben, Unflath, Sand, Staub und Schutt, Feuer und Rauch, einen erstickenden Gestank, hie und da ein Aas u.s.f. Die vornehmsten Gebäude sind die Moschee aus lufttrockenen Ziegeln mit einem Minaret, dann das Haus des Commandirenden und eine grofse Kaserne, vor wel- cher ein schöner Platz am Flusse mit jungen Citronen-, Gischten-, Dattel-, Fei- gen- und Granatbäumen bepflanzt wurde.“ Die Rückreise nach Kharthüm er- folgte zu Schiff stromabwärts. —n. Das Territorium Kansas. Schon seit einer Reihe von Jahren waren die Blicke der Vereinigten Staaten von Nord- Amerika mit besonderer Spannung und Vorliebe auf die weiten Land- schaften gerichtet, welche als Bestandtheile des im Jahre 1803 von der franzö- sischen Staatsregierung erkauften Gebiets jenseits der nördlichen Grenzen des Staates Texas im Osten der sogenannten Felsengebirge (Rocky Mountains) bis zu den westlichen Grenzen von Arkansas und Missouri hin sich ausdehnen. Selbst Staatsmänner von gereifter Erfahrung und Umsicht hegten von der Zukunft die- Das Territorium Kansas. 351 ser bis dahin tiefen Wildnissen gleichenden Landstriche, welche unerhellt von der Fackel der geographischen Erkundung im verschönernden Lichte der Phantasie um so lockender erschienen, sanguinische und hochgehende Erwartungen. Man ging so weit, in dem sogenannten Nord- West-Territorium das Herz, den noch unerschlossenen Kern, den künftigen Centralpunkt des grofsen Staatenbundes zu erblicken. Vorzüglich wurden die Gegenden zwischen dem Nebraska und Ar- kansas als ein mit allen Reizen der Natur geschmücktes, von Fülle und Frucht- barkeit überströmendes, der nahenden Cultur und Civilisation die reichsten Seg- nungen darbietendes Land angesehen. In der That fehlte es auch nicht an Motiven für solche Anschauungen. Die geographische Lage dieser Landstriche berechtigte zu der Erwartung gedeihlicher, gesunder und glücklicher klimatischer Verhältnisse. Alles, was man von ihnen wufste, — freilich beschränkte sich diese Kunde auf vereinzelte und fast sagen- hafte Mittheilungen jener Jäger und kühnen Abentheurer, die bald von dem wil- den Verlangen nach ungewöhnlichen Erlebnissen, bald auch wohl von den Hof- _ mungen auf die Ausbeute überraschender Entdeckungen nach dem „fernen Westen“ hinausgelockt wurden — schien die günstigsten Vorurtheile glänzend zu bestä- _ tigen. Wie leicht man sich auch denken mochte, dafs Berichterstatter solcher Art, zu klaren Anschauungen nicht selten wenig befähigt, sich von dem Hange, _ Wunderbares zu erzählen, zu allerlei Abirrungen von der Wahrheit hinreifsen liefsen: so war doch kaum anzunehmen, dafs ihre Schilderungen von der über- strömenden Fruchtbarkeit des Bodens, von dem Reichthum an üppig belebten Waldungen, von den zahllosen Schaaren der Büffel und wilden Pferde auf vor- trefflichen, unabsehbar ausgedehnten Weideplätzen, von den günstigen Verhält- nissen der Bewässerung, von dem paradiesischen Zauber der Landschaft zumal in den Bezirken der weithin strahlenden Felsengebirge — dafs diese Schilderungen ganz auf Täuschung und Unwahrheit beruhten. Vielmehr fanden dieselben na- mentlich in den weiten Kreisen der Gebildeten und der Kosmopolitiker nach und nach einen allgemeinen Glauben; die Voraussetzung, dafs jenen Gegenden eine grofse Zukunft vorbehalten sei, entwickelte sich immer zu bestimmteren Bildern, und man sah mit Sehnsucht und steigender Ungeduld einer endlichen Entschei- dung entgegen, durch welche sie den immer weiter westwärts drängenden An- _ siedelungen eröffnet werden mufsten. Bereits im Jahre 1845 wurde ihre Orga- nisation im Congrefs betrieben, ohne dafs man jedoch über die zu ergreifenden Mafsregeln eine Vereinigung erzielt hätte. Noch im Jahre 1853 mifslang ein ähnlicher Antrag. Allein schon im folgenden Jahre wurde die Angelegenheit von Neuem aufgenommen und deren Entscheidung herbeigeführt. Es ist bemerkenswerth, dafs erst in diesen entscheidungsvollen Tagen der Name Kansas als Bezeichnung eines Landgebiets in’s Leben getreten ist, denn ‚bis dahin führten jene unorganisirten Gegenden innerhalb des 37. und 43. Gra- des nördlicher Breite den allgemeinen Namen „Nebraska-Gebiet“. Durch die Congrefs- Acte vom 30. Mai 1854 wurde auf Grund des Ergebnisses der vorher- 4 ’ . ) h enheit wahr, um die politischen Grundsätze festzustellen, auf welchen die innere Einrichtung und Gesetzgebung derselben erbaut werden sollten. Auf diese mt rl. ir AN 352 Miscellen: letzteren einzugehen, liegt nicht in der Aufgabe unserer Zeitschrift. Es ist be- kannt genug, wie das neugebildete Territorium Kansas augenblicklich zum Kampf- platze einer der wichtigsten und entscheidendsten Angelegenheiten der nordame- rikanischen Union geworden ist, wie daselbst unabsehbare Conflicte aufgekeimt sind und wie die Aussichten auf das Emporblühen der neuen Territorien sich in einer höchst beklagenswerthen Weise verdüstern. — Unser Zweck ist nur, in kur- zen geographischnn Umrissen den Boden und das Terrain zu schildern, das durch ein trauriges Verhängnifs gerade jetzt ein Gegenstand der allgemeinen Aufmerk- samkeit der Tagespolitik geworden ist. Eine willkommene Grundlage für diese Aufgabe bietet die kürzlich erschie- nene Schrift: The Kanzas Region: Forest, Prairie, Desert, Mountain, Vale and River. Descriptions of Scenery, Climate, Wild Productions, Capabilities of Soil and Commer- cial Resources, interspersed with Incidents of Travel, and Anecdotes illustrative of the Character of the Traders and Red Men to which are added Directions as to the Routes, outfit for the Pioneer, and Sketches of desiderable Localities for present Settle- ment. By Max Greene. New York, Fowler and Walls, 1856. 8. 192 Seiten mit 2 Kartenskizzen. Wer unter dem vorstehenden Titel etwa eine systematisch gegliederte geo- graphische Darstellung erwartet, würde sich arg getäuscht finden. Diese ist vor der Hand nicht möglich. Das Land ist seinem eigenthümlichen Charakter nach mehr nur im Grofsen und Ganzen durchstreift, als genügend erkundet. Die An- siedelungen sind in den ersten Stadien der Entwickelung begriffen. Eine Anzahl von Plätzen und Niederlassungen trägt zwar bereits klangvolle geographische Na- men, allein diese sind bis jetzt entweder Missionsanstalten, Militärposten, Sitze der Agenten für die Verhandlungen mit den Indianern, oder Stationen für die Strafsen nach Santa FE und nach der Salzstadt, oder höchstens einzelne Ansiede- lungen und Weiler. Kaum verdient eine derselben den Namen Dorf; an eigent- lichen Städtebau ist zumal in Folge des zur Zeit ausgebrochenen Bürgerkriegs oder der drohenden Conflicte kaum zu denken. Die Auswanderungs- Hilfs - Ge- sellschaft zu Boston hat zwar am 17. Juli 1854 (ungefähr 13 Monate nach er- folgter Vollziehung der sogenannten Nebraska-Bill) ihr erstes Contingent zur Urbarmachung des Landes nach Kansas entsandt, eine Reihe ähnlicher Gesell- schaften und Vereine in den Staaten Neu-Englands, in New-York, in anderen “mittleren und westlichen Staaten sind ihr gefolgt: allein die unerfreulichen Er- eignisse und Verwickelungen, von welchen jede Zeitung aus jener Gegend Kunde bringt, haben die Elemente eines schnellen Gedeihens und selbst die Unterneh- mungen des Auskundschafters und Erprobers gewaltsam gestört. Gleichwohl 'ge- währt die immerhin mangelhafte und spärliche Kunde, welche das erwähnte Buch bietet "), ein vielfaches Interesse, da wir in demselben ein der Civilisation und !) Diese Monographie ist indefs keineswegs die erste oder einzige. Unter an- deren erschien schon 1854 zu Boston, wo überhaupt die Angelegenheiten des neuen Territoriums mit dem lebhaftesten Interesse verfolgt werden, das Buch: Kanzas and Nebraska: the History, Geographical and Physical Characteristies and Political Posi- tion of those Territories ... By Edw. E. Hale. (256 Seiten mit Karte.) Die Publi- cationen der Vereine zur Unterstützung der Kansas-Auswanderer bieten ebenfalls manche Beiträge zur Kenntnifs der Oberflächenbildung. Wir haben diese Schriften jedoch nur aus Auszügen in Zeitschriften kennen gelernt. e Cultur neu erschlossenes Gebiet betreten, dessen Natur bisher fast ganz unbe- kannt war. j Betrachten wir zunächst die dem Buche vorgeheftete, freilich wieder sehr { unvollständige chartographische Skizze, so bietet schon diese, wiewohl sie jeden | Aufwand von Sorgfalt und Kunst der Ausführung vermissen läfst und mit kühner Hand willkürliche Combinationen den authentischen Resultaten gleichstellt, die Grundzüge eines einigermafsen bestimmten und bezeichnungsvollen Bildes. Die | Breitengrenzen des Territoriums Kansas fallen zufolge der in geraden Strichen fortlaufenden Linien im Norden auf den 40., im Süden auf 37,30 Grad nördl. Breite, mit der Beschränkung jedoch, dafs die Südgrenze in 103° westl. Länge von Greenwich gegen das Territorium Neu-Mexico hin auf den 38. Grad zurück- weicht. Die Längengrenze windet sich im Westen dem Grat der Rocky Moun- tains entlang, den Pikes- und den Leroux-Pafs durchschneidend, zwischen dem 106° bis gegen den 108° westl. L. von Greenwich. Die Ostgrenze beginnt im Süden ungefähr in 934° westl. L., zieht sich in ziemlich gerader Linie nordwärts, bis sie auf den von Nordosten daher kommenden Missouri-Flufs trifft, der dann, etwa von dem Städtchen Westport aus, nordwärts als weitere Grenzscheide gilt. Die augenscheinlich im Allgemeinen wohlbewässerte Oberfläche des Territoriums bildet, ihren Grundzügen nach, eine von Westen nach Osten dem Missouri-Strom sich zuneigende Ebene. Das majestätisch emporragende Hochgebirge an der West- grenze entsendet nur unbedeutende Vorhöhen in das Innere des Landesgebiets, welches, abgesehen von einer unwesentlichen Ausnahme, ganz dem westlichen Stromgebiete des Missouri angehört. Die zahlreichen Bäche und kleinen Flüsse - laufen, unter den mannigfaltigsten Krümmungen und Biegungen, durchweg in westlicher Richtung; sie ergiefsen sich theils mittelbar, theils unmittelbar entwe- der in den Kansas-Flufs, der als der ausschliefsliche und eigentliche Hauptstrom des Territoriums demselben seinen Namen gegeben hat, oder in den Arkansas, _ welcher in 97° westl. L. das Gebiet des Territoriums verläfst. Als einzige oben angedeutete Ausnahme macht sich ein an Umfang unbedeutendes Gebietsstück im äufsersten Westen bemerklich, welches zwischen dem Grenzgrat der Rocky Mountains und einem nach Südosten auslaufenden Gebirgszweige derselben, ein durch seine eigenthümliche Lage in sich abgeschlossenes Glied des Territoriums bildet. Zu bemerken ist noch, dafs die Nordgrenze des Kansas- Gebiets etwa vom 104° westl. Länge ab einige Meilen südwärts des Stromgebiets des Nebraska- oder Platte-Flusses fortläuft, indem nur einige Bäche im äufsersten Nordwesten dem letzteren zuströmen; und dafs die Wasserscheide zwischen dem Kansas und Arkansas anfangs in nordöstlicher, vom 101° westl. Länge ab aber fast in rein östlicher Richtung sich hinzieht. Der Kansas-Flufs ist recht eigentlich ein Er- zeugnils des inneren Landesgebiets; ihn erreicht keines der zahlreichen Gebirgs- wasser, welche von den Rocky Mountains im engeren Sinne des Worts herabströmen. - Dies sind im Allgemeinen die äufseren Umrisse des Gebietes, welches der ser zu beschreiben unternimmt. Seine Quellen sind nicht etwa Bücher und enschaftliche Untersuchungen, sondern lediglich Eindrücke oder Erinnerungen, die “Ihn erfüllen und beleben, dazu allerlei Reminiscenzen von mündlichen Be- oder Schilderungen umherstreifender Jäger und reisender Händler. Er sich bei seinen Lesern als ein fast schwärmerischer Liebhaber der Wildnifs - Zeitschr. f. allg. Erdk. Neue Folge. Bd. I, 23 Das Territorium Kansas. 353 354 Miscellen: des fernen Westens ein. Von seinem Knabenalter her ist ihm das Leben in der weiten freien Schöpfung zur anderen Natur geworden. Eine Reihe von Jahren ist ihm unter dem wilden freien Leben auf den grofsen Prairien und in den Fel- sengebirgen dahin gezogen. Später, im Jahre 1850, wurde ihm Gelegenheit, als Mitglied einer unter tausendfältigen Hindernissen des Terrains und der Bespan- nung mit Ochsen sich mühsam dahinschleppenden Auswanderer-Karawane das ganze Gebiet des heutigen Kansas von Nordosten nach Südwesten, — von Inde- pendence nach Santa F&E, eine von ihm auf 812 engl. Meilen berechnete Weg- strecke, in der Quere zu durchreisen und auf verschiedenen Seitenausflügen die Bodenverhältnisse der Umgegend der Strafse zu erkunden. Endlich hat er in der Eigenschaft eines Geleitsmannes der seitdem eingerichteten Briefpost vom Fort Leavenworth nach der Salzsee-Stadt von Neuem Gelegenheit gehabt, die Schau- plätze seiner alten Erinnerungen wiederzusehen und seine Beobachtungen auf Landschaften auszudehnen, die ihm bis dahin unbekannt geblieben waren. Seine Darstellung trägt durchweg den Charakter einer gewissen Naturwüchsigkeit und Unmittelbarkeit, entbehrt jedoch augenscheinlich der rechten Kritik und des Ern- stes der Wissenschaft. Seine Combinationen sind nichts weniger als zuverlässig, hin und wieder einander widersprechend. Er beschränkt sich nicht auf stichhal- tige Beschreibungen, sondern verirrt sich leicht in breiten Divagationen zu einem oft müssigen Allerlei von Reminiscenzen, Schilderungen und Bildern, Sagen und Erzählungen, untermischt mit Anekdoten, selbst mit handgreiflichen Mährchen, die mehr an den winterabendlichen Feuerheerd, als in ein geographisches Buch gehören. Romantiker werden manche ansprechende Ausbeute finden; die strenge Wissenschaft kann bei der Benutzung solcher Materialien nur mit der äufsersten Vorsicht verfahren. Der Umfang des Territoriums Kansas wird: von Greene auf 81 Millionen Acres geschätzt (mithin ungefähr auf 6100 deutsche geographische Quadratmei- len); davon rechnet er etwa $ auf ergiebige und den besten Ertrag versprechende Ländereien. Zur leichteren Uebersicht zerlegt er das Ganze, mit Rücksicht auf die Verschiedenheiten des Terrains, in folgende sieben, jedoch nur sehr unbe- stimmt bezeichnete Abtheilungen oder Districte: 1) Längs der Ostgrenze gegen den Staat Missouri hin die Landschaft des hohen Graswuchses, eine Strecke von circa 140 engl. Meilen wellen- förmigen Hügellandes. Hin und wieder kommen Waldflächen von Ulmen und Pappeln vor. Das Gras, im Monat August im Allgemeinen 3 Fufs lang, spriefst in feuchten Niederungen zu einer solchen Höhe, dafs es Rofs und Reiter über- ragt. Im Juni prangen grolse üppige Blumen, jedoch ohne Lieblichkeit des An- blicks und ohne Duft. Eine reiche Anzahl von Bächen mit klarem Wasser fliefst in tief ausgehöhlten und mit allerlei Gehölz bewachsenen Betten. 2) Landschaft von sehr verschiedener Breite („10 bis 50 engl. Meilen“), in welcher jener hohe Graswuchs theils durch Striche des schönsten Buffalo- Grases, theils durch blafsgrüne Moosbetten unterbrochen wird. Die Blumenflora wird hier mannichfaltiger, dagegen der Baumwuchs spärlicher. Die Oberflächen- bildung zeigt sich fast vollständig eben; die Quellen werden seltener, das Erd- reich magerer und ärmlicher; hin und wieder kommen selbst grüöfsere Flächen sandigen Bodens vor. Das Territorium Kansas. 355 3) Das Gebiet der Wasserscheide zwischen dem Kansas (hier durch dessen südlichsten Hauptnebenflufs Smoky Hill Fork repräsentirt) und dem Arkansas bildet ein Plateau grauen Sandes, nur von wenigen langsam dahinschleichenden Flüssen durchströmt, deren Wasserspiegel 100 Fu[s unter der Plateauhöhe bleibt. Hier und da bilden sich an den vorspringenden Kuppen der Ufer erweiterte Aus- weichungen der Flüsse, durch welche fruchtbare Alluvialgründe mit bisweilen 30 Fufs tiefer Dammerde, bis zur Breite von 5 engl. Meilen und darüber ent- stehen. Am Kansas wachsen Weiden und Pappeln. Längs des Ufers des Ar- kansas sieht man kleine Waldungen von Eichen, Pappeln, Eschen und Dorn- sträuche. Zur Weide und Viehzucht ist dieser Distriet besonders geeignet; um so mehr, da ihm auch eine für den Viehzüchter erforderliche Zugabe bestellbaren Bodens nicht abgeht. Hier ist die eigentliche Heimath des zarten und nahrhaf- ten Buffalo-Grases, welches bei vollständigem Gedeihen eine Länge von 7 Zoll erreicht, gegenwärtig aber durch die hin- und herstreifenden Büffel- und Anti- lopenheerden niedergestampft wird. An der südwestlichen Grenze tritt das soge- nannte Grama auf, jenes nahrhafte, für Schafe und Kühe ausgezeichnet ru liche Gras der nord- und neu-mexicanischen Landschaften. 4) Die sogenannte Wüste (desert), welche ungefähr auf 300 Meilen vom zweiten Distriet nach Westen hin und von Fort Laramie am Nebraska-Flusse bis nach Neu-Mexico und Texas hin sich ausdehnt. Eine höchst einförmige, nur von wenigen Bächen durchschnittene Ebene. Die Oberfläche besteht aus grauem und gelblichem Thon, der kaum Bocksbartbüsche, kleine Cactusknollen und einige wenige saftlose Proben von Buffalogras zu erzeugen vermag. 5) Ein schmaler Streifen von Marl- und Kalksteinbildungen (eine Reihe so- genannter buttes, d.i. kleiner abschüssiger Hügel mit platten Gipfelkuppen). 6) Der Strich an den sogenannten Black Hills, im Ganzen der Natur des ersten Bezirks entsprechend, nur viel mehr Waldung und gröfserer Reıchthum an Wild und wildwachsenden Früchten; — „das künftige Arcadien von Nord- Amerika“. 7) Die Gegend zwischen den schwarzen Hügeln und dem Grat der Rocky Mountains, mit tiefliegenden warmen und lieblichen Thälern, von kühnen und schroffen Bergrücken durchzogen. Der Boden birgt riesenhafte Ueberreste der Vorwelt. Frische Gebirgsflüsse stürzen von den überhangenden Klippen herab, um bald die Cedern- und Nufsbaumwälder, bald auch blumenreiche Auen zu bewässern. Es bedarf nicht der Bemerkung, dafs eine solche Eintheilung, welche trotz ihrer vagen Oberflächlichkeit doch immerhin vorläufig eine Art Uebersicht und Anhalt bietet, bald durch die Namen offieieller Counties ersetzt und in Vergessen- heit gebracht werden wird. Die Vermessungsarbeiten im Auftrage der General- Regierung der Vereinigten Staaten sind seit fast zwei Jahren im Gange und wir können mit Nächstem den Publicationen ihrer Ergebnisse entgegensehen. Die Ansiedelungen stehen, wie bemerkt, noch in der Periode der ersten Kindheit. Ihr erster Anlauf beginnt im nordöstlichen Theile, an den Grenzen von Missouri, von Fort Leavenworth aus längs der Wasserstrafse des Kansas, dessen Lauf bis 150 engl. Meilen aufwärts schiffbar befunden ist. Von hier aus werden sich die Colonisten allmählich immer weiter über die noch unerforschten Gebiete im Nordwesten hin verbreiten. Der südöstliche Theil, das Nieder- Ar- 23* 356 Miscellen: kansas- Gebiet, scheint im Ganzen weniger gesund und wegen seiner niedrigeren Lage mit minder günstigem Vorurtheil angesehen zu werden. Die Aufzählung der bis jetzt vorhandenen Ortschaften wird durch 8 Missions- schulen eröffnet, unter welchen 2 katholische (Osage Mission und Saint Ma- ry’s), 2 baptistische (Pottowatomie und Briggsvale unweit Delaware), 1 methodistische (Shawnee), 1 presbyterianische (Iowa and Sac Mission). Die meisten dieser Schulen sind in dem letzten Jahrzehnt entstanden; nur Friends Shawnee Labor School kann auf eine 50 jährige Thätigkeit zurück- blicken. Eine Quäker-Mission zwischen Lawrence und Westport wurde am 22. August d. J. zerstört. Ferner werden 7 Militair-Stationen und Postämter genannt: Fort Leaven- worth, 1827 als Grenzdepöt für die Oregon- und Santa-Fe&-Strafse begründet, zugleich Sammelplatz der für den fernen Westen bestimmten Truppentheile; da- neben die seit dem 23. Mai halb verödete „Stadt“ gleiches Namens, elende Block- häuser, früher mit c. 2000 Einwohnern; — Fort Riley, neueren Ursprungs, zum Schutz gegen feindliche Indianer angelegt; Walnut Creek, Fort Scott und Couneil City sämmtlich an der Santa-F&-Strafse; Fort Scott am Mar- maton, 8 engl. Meilen von der Missouri-Grenze, 1844 erbaut; endlich die Post- station Delaware am Kansas, 8 engl. Meilen von seiner Mündung. Die Namen der übrigen Ansiedelungen sind: Pawnee, am Zusammenflufs des Republican und Chelotah oder Smoky Hill, anfangs Sitz der Territorial- Regierung; Kenilworth, am Republican, 15 Meilen von der Einmündung desselben; Che- lotah, am Flusse gleiches Namens, 6 Meilen von dessen Einmündung; Mont- gomery, 14 Meilen weiter aufwärts; Reeder, wiederum 20 Meilen weiter auf- wärts, am Einflusse des Solomon in den Smoky Hill oder Chelotah; Topeka, pennsylvanische Niederlassung, unweit Pawnee; Lawrence, schon jetzt als Han- delsplatz verhältnifsmäfsig bedeutend; die Ländereien waren 1855 bereits auf 15 Meilen in der Runde angekauft; Waponsa, 57 Meilen weiter aufwärts, lieblich gelegen; Sugar-Creek-Settlement, 40 Meilen südlich von Couneil City, Sammelplatz der Gegner des Sclavenwesens aus Missouri; Wathene; Kickapoo, am Missouri, Weston gegenüber: hier sind bereits Dampfsägemühlen in Thätig- keit; Rock City, an einem schönen Punkte der Militärstrafse von Fort Leaven- worth nach Fort Riley; Grashopper Falls, an den Wasserfällen des gleich- namigen letzten nördlichen Nebenflusses des Kansas; Somerville; an der Stran- ger-Bucht, 16 Meilen von Leavenworth; endlich Alexandria, an derselben Bucht, mit vortrefflichem Boden, Nutzholz- Waldungen und einem Kohlenlager. — Kanzas, an der Mündung des Kansas-Flusses, und Lecompton, jetzt Sitz der Regierung, finden wir in diesem Verzeichnisse nicht aufgeführt. Wir übergehen die gelegentlichen Notizen des Verfassers über Kohlen- und Salzlager, über das Vorkommen von Eisen, Blei, Kupfer und Silber am Cimar- ron (südl. Nebenflufs des Arkansas), sowie über fabelhafte Gerüchte von Gold- lagern. Der Zustand des Landes sowohl als unsere Kenntnifs desselben sind in einem rasch wechselnden Uebergangsstadium begriffen; die Beschreibungen und Hypothesen der Gegenwart werden bald nur ein historisches Interesse gewähren; in ihrem praktischen Werthe dürften sie bald gegen gründlichere und umfassen- dere Forschungen und vor den zu erwartenden Neugestaltungen zurücktreten. — Ss. Die Schwefelgruben am Popocatepetl. 357 | Die Schwefelgruben am Popocatepetl. Seitdem dieser „rauchende Berg“ mehrmals erstiegen worden ist, hat man E gefunden, dafs an demselben eine ungeheure Menge von Schwefel lagert, welche _ man nun zu verwerthen gedenkt. Im Juni dieses Jahres stellte Gaspar Sanchez Ochoa genaue Untersuchungen an, deren Resultate er jüngst in den Blättern der Stadt Mexico veröffentlicht hat. Seiner Ansicht zufolge verschwinden die Reich- - thümer der mexicanischen Silbergruben, der californischen Goldplaceres und der - Quecksilberminen von Almaden gegenüber dem Schwefelreichthum des Popocate- _ petl, der offen zu Tage liege und einen ganz unerschöpflichen Vorrath enthalte, welcher bei der steten Thätigkeit des Vulkans ununterbrochen Zuwachs bekommt. Seit mindestens 4000 Jahren dauert der Procefs der Schwefelerzeugung fort, und die Ablagerung währt auch gegenwärtig fort, obwohl der Berg seit dem 17. Jahr- hundert keinen stärkeren Ausbruch gehabt hat. Die Nachforschungen ergaben, dafs die Schwefellager dort so mächtig sind, dafs viele Tausende von Millionen Arrobas reinen Schwefels mit leichtester Mühe gewonnen werden können. Man geht mit dem Plan um, nicht nur Schwefel zu exportiren, sondern auch am Ost- abhange des Popocatepetl Schwefelsäure -Fabriken im grofsartigsten Mafsstabe an- zulegen, und den gröfsten Theil der Welt mit diesen Artikeln zu versorgen, welche mit der Entwickelung der Industrie eine ganz unberechenbare Bedeutung gewonnen haben und deren Verbrauch sich immerfort steigert. Liebig hat in seinen chemischen Briefen (Heidelberg 1851, S. 181) vortreffliche Bemerkungen darüber, und Ochoa berechnet, dafs allein die Vereinigten Staaten von Nordame- rika jährlich für mehr als 20 Millionen Dollars Schwefelsäure verbrauchen; Eng- land und Deutschland haben natürlich noch einen weit ansehnlicheren Bedarf. Diesen will Mexico fortan decken. Nach Ochoa’s Meinung kann der italienische Schwefel mit jenem vom Popocatepetl in Bezug auf Preis und Güte keinen Mit- bewerb halten, weil die des letzteren weit vorzüglicher sei, als die des neapolitani- schen und sicilianischen Productes. Man hat Vorbereitungen getroffen, um noch im laufenden Jahre die Arbeiten zu beginnen; aber die eigentliche Wichtigkeit dieser Schwefelgruben wird sich erst herausstellen, sobald die Eisenbahn von Vera Cruz nach Mexico vollendet ist. Auf ihr will man die reiche Ausbeute an’s Meer schaffen, und es kann nicht fehlen, dafs jener Hafenplatz dann eine sehr gesteigerte Bedeutung gewinnt. A. Neuere Literatur. Chronik der friesischen Uthlande. Von C. P. Hansen in- Keitum auf Sylt. Altona, bei A. Lange, 1856. 8. F Diese verdienstliche Arbeit historischen Inhalts darf auch in einer geographi- chen Zeitschrift anerkennende Erwähnung beanspruchen, da die Geschichte der Vordfriesen zum grolsen Theile in ihrem Kampfe gegen die das Land fortwäh- 358 Neuere Literatur: rend umgestaltenden Naturkräfte besteht und in ganz eminentem Grade durch die physische Beschaffenheit des Terrains bedingt ist. Diesem Umstande verdankt auch die vorliegende Schrift ihre Entstehung: der Verfasser dachte an die Zeit, wo. auch die jetzt noch vorhandenen Trümmer Nordfrieslands eine Beute des Meeres geworden sein würden, und wünschte die von ihm gesammelten historischen und statistischen Notizen der Nachwelt als ein Andenken an seine Heimath und ihre tüchtige Bevölkerung zu hinterlassen. Er hat zu diesem Behufe nicht blos die älteren und neueren Druckschriften über Nordfriesland und die Nachbarländer benutzt, sondern auch viele Pastoratarchive, Dorfprotokolle, Familienchroniken, Schiffsjournale, die Papiere der alten Landvögte u. s. f. durchforscht, und in chro- nologischer Reihenfolge die physischen, politischen und geistigen Umwälzungen, denen das Inselland und seine Bewohner im Laufe der Jahrhunderte ausgesetzt waren, schmucklos und doch mit der unverkennbaren Wärme eines an dem Lande der Väter hängenden Gemüths mitgetheilt. Wir haben die wichtigsten geogra- phischen Veränderungen, die der gefährdete Küstenstrich bisher erlitten hat, aus- gezogen und oben übersichtlich zusammengestellt. Die Schrift ist chronikartig und oft recht trocken; aber das Leben und die Sitten eines so wackern Volks- stammes, seine unverdrossenen Kämpfe gegen das mächtige Element, das seine Inseln umfluthet, und die merkwürdigen Erscheinungen, welche durch ein Leben unter so eigenthümlichen Naturbedingungen, inmitten des noch ungeschlichteten Kampfes zwischen Meer und Land, hervorgerufen werden, erregen an sich ein so lebhaftes Interesse, dafs wir einer glänzenden Darstellung nicht bedürfen. Wer . Sinn dafür hat, menschliches Leben und Leiden und menschliche Arbeit unter fremdartigen und extremen Naturverhältnissen kennen zu lernen, wird die Chronik der friesischen Uthlande nicht ohne Theilnahme und nicht ohne Belehrung aus der Hand legen. —ın. Andre Papadopoulo Vretos, La Bulgarie aneienne et moderne sous le rapport geographique, historique, archeologique, statistique et commercial. St. Petersbourg 1856. 246 8. gr. 8. Der Verfasser, welchem durch seine Stellung als griechischer Consul zu Varna die Gelegenheit geboten war, mancherlei Notizen über Bulgarien zu sammeln, ver- breitet sich in vorliegendem Buche über die staatlichen, geographischen und sta- tistischen Verhältnisse dieses Landes. Freilich vermissen wir in dem Werke eine gründlichere Schilderung aller inneren Theile Bulgariens, wie dieselbe uns durch A. Boue geliefert ist; es schien dem Verfasser mehr darauf anzukommen, die maritimen Theile des Landes, welche dem Kreise seiner amtlichen Wirksamkeit am nächsten lagen, zu schildern, namentlich aber gegen einige vermeintliche Irr- thümer neuerer Geographen in Bezug auf die alte Topographie der Küstenplätze zu polemisiren. Jedenfalls sind nähere Aufschlüsse über diese so wichtige Pro- vinz der europäischen Türkei immer dankenswerth; sie hat sich bis auf die neue- ste Zeit als ein festes Bollwerk gegen das Eindringen nordischer Völker in das Herz der Türkei bewährt, und unter einer vernünftigen Regierung dürfte ihr je- denfalls ein glückliches Prognosticon für ihre innere Entwickelung zu stellen sein. A. P. Vretos: La Bulgarie ancienne et moderne etc. 359 Zur Ergänzung des von Bou&@ gelieferten Materials wollen wir einige der wichtigsten Punkte aus vorliegendem Buche hervorheben. Bulgarien nimmt einen Flächenraum von 3570 Quadrat-Lieues ein und zählt etwa 2 Millionen Einwoh- ner, von denen 3 griechische Christen und 3 Muhammedaner sind, mit Einschlufs einer von Mahmud II. nach Beendigung des Krieges gegen Mehemet Ali in die Distriete von Babadaga und Kustendsche übersiedelten Araber-Colonie, welche dort das freundliche Dorf Arapkioi (Dorf der Araber) bewohnt. In die Zahl der Be- wohner sind ferner 3000 in der Dobrutza lebende Hirten aus Siebenbürgen ein- gerechnet, Mokans genannt, welche nach einer Convention zwischen Oesterreich und der Pforte daselbst freie Weidegerechtigkeit genielsen, eine kleine Anzahl ‚griechischer Hirten aus Phocis, einige tausend Armenier, welche als Handelsleute sich in Bulgarien aufhalten, und endlich eine geringe Anzahl Juden und Zigeu- ner, welche als Blech- und Grobschmiede nomadisirend das Land durchziehen. Die Zahl von 4,500,000 Einwohnern, welche Bou€ annimmt, ist jedenfalls viel zu grols, selbst wenn die in Thessalien, Macedonien und Epirus zerstreut leben- den Bulgaren hinzugerechnet würden. Die Provinz zerfällt in die beiden Paschaliks von Widdin und Silistria, deren jedes von einem Muschir (Pascha von 3 Rofsschweifen) verwaltet wird. Unter ihnen stehen je 2 Mirimidars (Pascha von 2 Rofsschweifen), welchen 2 Mudirs oder Ayanis (Stellvertreter der Mirimidars) zur Seite gestellt sind. Jedes Paschalik zerfällt in mehrere Bezirke, über welche Bulubaschis (Militärbeamte) gesetzt sind. Aufserdem befindet sich in jeder Stadt, in welcher ein Mudir seinen Sitz hat, ein Cadi und ein Mufti. Nach der im Tansimat erlassenen Verordnung besteht ferner zur Schlichtung wichtiger Streitigkeiten ein Municipalrath, Sura genannt, welcher aus dem Muschir, Mirimidar oder Ayani, Cadi, Mufti, dem Malmuduri (Localschatzmeister), dem Cogiobassi (Ortsvorsteher) und zwei Tzobaagis (Pri- maten) zusammengesetzt ist. Jede Gemeinde zahlt je nach ihren Vermögensver- hältnissen eine Abgabe von 15—100 Franes, welche auf die einzelnen Familien der Rajahs von den Primaten repartirt werden. Aufserdem aber zahlen die Ra- jahs eine Kopfsteuer (Kharah) von 74 Franes pro Kopf für die erwachsenen und von 33 Franes für die unerwachsenen männlichen Familienglieder. Nur die Frauen sind, wie überall im Orient, so auch hier steuerfrei. Durch einen Befehl des Sultans vom Jahre 1851 wird diese Kopfsteuer für die christliche Bevölkerung durch die Bischöfe, für die jüdische durch ihre Geistlichen erhoben, da die Ein- ziehung dieses Tributs durch türkische Beamte mehrfach zu ernstlichen Unruhen Anlafs gegeben hat. Zu den indireeten Steuern gehören aufser dem Zehnten, welchen die Regierung vom Landmann erhebt, noch 23 Procent, welche der Bul- gare von dem Erlös für verkauftes Vieh zu zahlen hat. Die Besitzer von Büf- feln, Ochsen oder Pferden haben überdies noch eine Abgabe von 114 Frances pro Stück zu entrichten, die Besitzer von Ziegen- oder Schafheerden aber aufser der Abgabe für die Weidegerechtigkeit noch eine Taxe von 20 Para (Tzibuck pa- 4 rassi) pro Stück. Frei von dieser Abgabe sind nur die Hirten, welche nicht län- ger als ein Jahr auf einem Weideplatze bleiben. Freilich ist diese Besteuerung des Viehes ein fortdauernder Streitpunkt zwischen den Hirten und den zur Ein- ziehung der Steuer bestellten Beamten, Beylixides genannt, da die Steuer, welche baar entrichtet werden mufs, von den Beylixides lieber in natura eingetrieben 360 Neuere Literatur: wird, damit sie durch den Verkauf des Viehes für sich einen besonderen Gewinn erzielen können. Die Einnahmen, welche die Pforte aus Bulgarien bezieht, be- laufen sich jährlich auf etwa 23,879,000 Frances, während die Ausgaben der Re- gierung 1,374,000 Franes betragen, von denen allein 392,700 Franes auf die Besoldung der beiden Muschirs kommen. Alles Land bis auf wenige Ausnahmen gehört der Regierung, und der Landmann kann sich gegen Entrichtung des Zehn- ten beliebig die Felder auswählen, welche er zu bestellen gedenkt. Dieser Zu- stand würde freilich das Loos des Landmanns sehr glücklich machen, wenn der letztere nicht bei dieser Art von Pachtung der Willkühr der türkischen Unterbe- amten in die Hände gegeben wäre, und wenn nicht überhaupt die Landwirthschaft an längst verrosteten Theorien festklebte. Noch übler daran sind die türkischen - Landleute, welche bei der Verwerthung ihres Getreides in den Häfen des schwar- zen Meeres den Wucher-Agenten der Handelshäuser in Constantinopel in die Hände fallen. Wein gedeiht im südlichen Bulgarien, besonders aber bei Widdin, Nikopolis, Sistova und Varna so ausgezeichnet, dafs er an Güte den westeuro- päischen Weinen nicht nachsteht; doch wird derselbe von den dem Genufs der Spirituosen sehr ergebenen Bulgaren selbst eonsumirt. Nicht allein, dafs Bulga- rien jährlich etwa 20,000 Gallonen selbst gewonnenen Alkohol verbraucht, wird auch noch eine enorme Menge Branntwein und Rum aus der Fremde eingeführt. Seidenzucht wird im Bezirk von Widdin stark betrieben, von wo circa 30,000 Okka Rohseide jährlich nach Oesterreich ausgeführt werden. An herrlichen Wal- dungen ist das Land überaus reich, und könnten dieselben, wenn die Türken nur irgend einen Begriff von Forstwirthschaft hätten, zu einer reichen Hilfsquelle für das Land werden. Jetzt werden die schönsten Stämme als Brennholz be- nutzt, wozu den Landmann hauptsächlich die Fureht vor den zu leistenden Frohn- diensten bestimmt, wenn es etwa der Regierung einfallen sollte, solche Stämme als Schiffsbauholz nach den Häfen transportiren zu lassen. Die Holzausfuhr wird daher, da dieselbe nur den Türken gestattet ist, von den Bulgaren in dem Hafen von Fundukli heimlich betrieben. Bedeutend ist auch die Obstbaumeultur, wäh- rend der Gemüsebau auf einer sehr niedrigen Stufe steht. Die Viehzueht könnte bei dem Ueberflufs an trefflichen Weiden bei Weitem ergiebiger sein, unterläge nicht die Weidegerechtigkeit denselben Vexationen von Seiten der türkischen Beamten, wie der Ackerbau. Namentlich zahlreich sind die Büffel, welche ihrer gröfseren Zugkraft wegen den Ochsen vorgezogen werden. Man rechnet etwa zwei Millionen Büffel und 1 Million Ochsen in Bulgarien, von denen viele tau- sende jährlich als Schlachtvieh nach Ungarn ausgeführt werden. Die Schafwolle wird noch vor der Schur von den Agenten des Gouvernements für die Fabriken in Selimnia angekauft, jedoch mehr, als der Bedarf erfordert, indem der Ueber- schufs heimlich nach Adrianopel ausgeführt wird. Drei Viertel der Wolle sind weils und fein, ein Viertel ist schwarz und von geringerer Güte. Auch ist der Handel mit ungegerbten Häuten sowie mit Käsen (Katzicavalli) nach Constanti- nopel von Bedeutung. Der Fischfang auf den zahlreichen Seen sowie an der Meeresküste unterliegt keiner Abgabe, wohl aber der so wichtige Blutegelfang. Das Gewicht der jährlich nach Constantinopel ausgeführten Blutegel beläuft sich auf 70 bis 80 Centner, welche dort in das Depöt des Generalpächters des bul- garischen Blutegelfanges, eines Herrn Demetrius Sakellarides, wandern, welcher E dafür an die Pforte einen jährlichen Tribut von 15,000 Frances zahlt. Gewerbe und Künste stehen noch auf einem sehr niedrigen Standpunkte und nur die Fa- brieation der von den unteren Volksklassen getragenen groben Tuche (Suschnd oder aba), welche zu Tirnova und Schumla gewebt werden und einen Haupt- handelsartikel auf den vier zu Basardschik, Dschuma, Schumla und Karassu jährlich abgehaltenen Messen bilden, dürfte von einiger Bedeutung sein. Freilich bedarf es zur Hebung des Handels und der Industrie guter Landstrafsen, deren Mangel- haftigkeit namentlich im letzten Kriege so fühlbar geworden ist. Im letzten Theile des Buches giebt uns der Verfasser eine Schilderung der Häfen Bulgariens in der Reihenfolge von Norden nach Süden, wie Strabon sie beschreibt. Die vier südlichsten Häfen von Burgas, Missevria, Achelo und Sozopolis, obgleich schon in Rumelien gelegen, hat der Verfasser doch noch in die Reihe der bulgarischen Küstenplätze aufgenommen, da dieselben unter der Jurisdietion der Pascha’s von Bulgarien stehen. 1) Kustendsche, die alte Constantia, zu Ehren der Schwester Constantins des Grofsen erbaut, heifst noch heute bei den Griechen Costantza. Unter den Byzantinern blühte sie rasch empor, bis sich im Jahre 1202 der Bulgarenkönig Joannices ihrer bemächtigte. Wenige Spuren seines früheren Glanzes hat der heutige Ort bewahrt. Zwei Säulen nur aus grünem Granit, sowie einige behauene Steine, welche dem alten byzantinischen Hafen angehören, sind die einzigen Ueber- reste aus dem Alterthume. Gegenwärtig zählt die Stadt etwa 3000 Einwohner, welche sich zum Theil von dem unbedeutenden Handel nähren, der von diesem Platze aus getrieben wird. Der Hafen ist schlecht und namentlich im Winter den heftigsten Stürmen ausgesetzt. Die Umgegend trägt noch heute denselben unwirthlichen Charakter, wie Ovid ihn von seinem zwei Stunden entfernten Ver- bannungsorte aus einstmals geschildert hat. Ueber die Lage des letzteren ergeht sich der Verfasser in einem weitläuftigen Excurse, indem er alte und längst be- seitigte Irrthümer wieder in Erinnerung bringt und gegen sie eine unnütze Pole- mik richtet. Seitdem Caelius Calcagnini im Anfange des 16. Jahrhunderts die Bemerkung gemacht hatte, dafs die Stelle, an welcher das alte Tomi lag, zu sei- ner Zeit den Namen Tomisvar führte, ist diese Notiz in verschiedene Schriften übergegangen und hat einige unwissende Personen, die von dem ungarischen Te- mesvar etwas gehört hatten, zu der lächerlichen Meinung verleitet, Tomi habe in Ungarn gelegen. Herrn Vretos hat es gefallen, diesen Irrthum bei allen Schrift- stellern vorauszusetzen, welche die Notiz Calcagnini’s reprodueirten, und dieses veranlafst ihn zu unterschiedlichen Seufzern darüber, dafs selbst Gelehrte wie Mannert, Hoffmann, Forbiger so irrigen Ansichten beipflichten konnten. Natür- lich haben diese Männer nie daran gedacht, Tomi an einer anderen Stelle als an der bulgarischen Küste zu suchen, und Herr Vretos kämpft einen ritterlichen Kampf lediglich mit den Gebilden seiner lebhaften Phantasie. Von Interesse für unsere Leser wird die feine, für Herrn Vretos freilich unverständliche Art sein, in welcher A. Boeckh diese sonderbare Polemik charakterisirt hat '). Aber das 4A. P. Vretos: La Bulgarie ancienne et moderne etc. 361 a u Tu a BE u Y | | | ") In Folge der Uebersendung einer Inschrift von Tomi schrieb Boeckh an Vretos: Oudt !xo ö,T1 700090 rais Uno sov arcıBas mooreFeloaıs anodelsem, ah orı ol zai wur apa Tois Gvunargıwras uov nenigıehaden TO ye).oiov 362 Neuere Literatur: Schlimmste ist, dafs Herr Vretos den Fundort der Inschrift, deren Entdeckung seiner Ansicht nach zur Beseitigung aller dieser Irrthümer erforderlich war, auf eine ganz ungenügende Weise bezeichnet. Er soll jetzt Anadolkjoi heifsen, und unter diesem Namen verstehen die Türken tout cet espace qui, de la petite anse le long du rivage de la mer Noire, aboutit @ une colline le long de la grande route, qui de Koustendje mene a Silistrie sur le Danube. Auf diesem Hügel, zwei Stun- den von Kustendsche, hat Vretos die Inschrift gefunden. Da keine Himmels- gegend angegeben wird, ist die Ortsbestimmung unbrauchbar; vielleicht berechtigt sogar der Umstand, dafs die Lage des betreffenden Hügels durch die von Ku- stendsche nach Silistria führende Strafse bestimmt wird, zu der Vermuthung, dafs die 2 Stunden Wegs von der Küste bei Kustendsche landeinwärts zu berech- nen sind, in welchem Falle die Säule natürlich als an ihren jetzigen Fundort verschleppt betrachtet werden müfste und für die Lage Tomi’s Nichts bewei- sen würde. Ueber die anderweitigen Ruinen, die an diesem Fundort angeblich vorhanden sind, über seine Entfernung vom Hafen, und darüber, ob an ihm über- haupt eine Stadt gelegen haben könne, erfahren wir Nichts, und so bleibt unser Wissen trotz der Entdeckung des Herın Vretos nach wie vor darauf beschränkt, dafs Tomi in der Nähe von Kustendsche gelegen habe. Charakteristisch für den Werth dieser archäologischen Untersuchung ist die 'Thatsache, dafs ın ihr das wichtigste Material zur Bestimmung der Lage pontischer Hafenplätze, die Entfer- nungsangaben der Schiffsbücher, nicht ein einziges Mal angeführt worden. 2) Mangalia, das alte Callatis, ist heut zu Tage ein unbedeutender Ort, von 1000 muhammedanischen Bulgaren bewohnt, mit einem schlechten, den Stür- men ausgesetzten Hafen. 3) Kavarna, Keme von den Türken genannt. Ueberreste des Trajans- walles, welche Boue hier gesehen haben will, sollen sich durchaus nicht vorfin- den. Der von etwa 500 Griechen bewohnte Ort ernährt sich kümmerlich von dem Getreidehandel nach Varna und Constantinopel. nag0gauR TO Uno Twmr mgoyErscrignv Fvyygaptuv nagadedousvor, olnEQ co iv Ovyyoia Teuzoßag Ayovoıw zivaı ımv aoyalav Tomda. Iaraı yao nv Tonıda 04:00» zı dv 79 auto ounzg zul al Tono oi dnıpaviorego za &v Eigonn yen- yodyav tuslacır, ws ldeiv Far Ev voig nivafı Tois zov d’Anville aai rou Kie- pert za akkoıs molkois, nahlor di nacın. ‘090 Ö2 za ?« zıwav mıwazov Ts vuv Tovoxlas, otı gwolov Tu &i um vol, arhe N00TE00V yE #aLovuevov Touoßag !zelın 70 Tone anodidora, oUnEg GV Mvevgnras ııv Tov Tourrov druyoayyv' utumraı d2 vovrov rov Tonıopag zov ®v 17 IHorrıny nogala ndn nad 6 La Motraye, Voyage Tom. II, p. 208, ou uirro vür olda apns (or yag aurou uw asgımyyaw www wor earın Lysın 700 zeu0v ), eine ovrog 10 Toweopag argıße- orara ıl9naıw dv !aelvn TO TOn® 0V zeit TO Aradoizıoı, oi de ıng Tovorlag alvaxrss to Towoßeg navrelog Ev vovrw ı9 Toro !yovaı yeygaunzvor. Tovro oliv To xoolov 2009 Hab &pavkg ayvoovvteg zes ÖvouaFEoTEVor, axroloantsg an» Tomda vv marco idgvodar dv zuolo Tui venTzgn zauLovutro Touıoßao, aua$og megi rjs dv Ovyygia Teusoßag dıvoouvro, zei ourn dm yiveoı zige 10 aeyarodes opalua, moög 6 Zorı vor 6 ayov 6 mavteragı vınmpooog. Eööwmon, arcg noAvundeorare. — Herr Vretos hat nichtsdestoweniger die Liebenswürdigkeit, seine ganze unnütze Abhandlung zu reprodueiren und schliefslich zur Erhöhung sei- nes Ruhmes Boeckhs Schreiben abzudrucken. Boeotien wird sich freuen, — wenn Herr Vretos in ihm nicht geboren sein sollte. A. B. Beecher: The Landfall of Columbus on his First Voyage. 363 4) Baltschik oder Pezeck. Cruni oder Dionysopolis, welches einige Geo- graphen an diese Stelle setzten, lag zwei Stunden weiter auf dem Wege nach Varna, wo heut zu Tage der Ort Crane oder Acrania gebaut ist. Baltschik besafs einst ein festes, auf einer Anhöhe erbautes Fort, das in den Kriegen gegen La- dislaus eine bedeutende Rolle spielte, von dem aber gegenwärtig keine Spur mehr vorhanden ist. Die Stadt, bis zum Jahre 1840 ein armseliger Flecken, hat sich, seitdem den Bulgaren die Getreideausfuhr gestattet ist, zu einem gewissen Wohl- stande erhoben und droht mit ihrem guten Hafen eine Rivalin von Varna zu werden. Die Stadt zählt jetzt gegen 5000 Einwohner. 5) Varna. An der Stelle dieser Stadt lag das alte Odessos, von dem der Verfasser eine Inschrift entdeckt hat. Die Entstehungszeit des Namens Varna ist nicht bestimmt anzugeben, da es zweifelhaft erscheint, ob der schon im Jahre 579 erwähnte Name Bama auf einen Flufs oder eine Stadt sich beziehe. Da Varna die Residenz des Herrn Vretos war, so hat er der Beschreibung dieser Stadt ein ausführliches Capitel gewidmet, welches manches Neue und Interessante über die Handelsverhältnisse dieses wichtigen Hafenortes enthält. 6) Missevria, das alte Mesembria, eine Stadt von etwa 3000 Einwohnern, mit einem den Stürmen sehr ausgesetzten Hafen, und als Handelsplatz von ge- ringer Bedeutung. 7) Achelo oder Achelu, das Anchialos der Alten, Sitz eines Erzbischofs. Reste aus dem Alterthum finden sich nicht mehr vor und die wenigen noch im Jahre 1828 vorhandenen Inschriften wurden von den Russen hinweggenommen. Der Hafen ist schlecht und der Handel demgemäfs nur unbedeutend. 8) Burgas liegt an der Stelle des alten Develtus, wie die Stadt von Pto- lemäus, Develion oder Deulcum, wie sie von Plinius genannt wird. Die Griechen nennen die Stadt Pyrgos. Es giebt noch zwei andere Städte in Rumelien, welche den Namen Burgas führen, zum Unterschiede aber von dem Hafen am schwar- zen Meere Tschatal-Burgas (an der Strafse zwischen Adrianopel und Constan- tinopel) und Hadji-Ubeki-Burgas (Schlofs an der Marizza) heifsen. Burgas, nur von 3— 4000 Einwohnern bewohnt, hat einen geräumigen und für den Han- del überaus wichtigen Hafen. Aufserhalb des Golfes von Burgas befinden sich die zwei ausgezeichneten Rheden von Poros und Katziveloscala. Die in der Nähe der Stadt gelegene Schwefelquelle von Litzia ist in neuerer Zeit chemisch untersucht und ihre Heilkraft als sehr wirksam befunden worden. 9) Sozopolis, auch Sizepoli, Sisipolis und Sissepoli genannt, das alte Apollonia, ist gegenwärtig ein höchst unbedeutender Ort mit etwa 2000 griechi- schen Einwohnern, besitzt aber von allen Küstenplätzen des schwarzen Meeres den gröfsten und am meisten Schutz gewährenden Hafen. Sein Haupthandel be- steht in der Holzkohlenausfuhr. —r. The Landfall of Columbus on his First Voyage to America. By Capt. A. B. Beecher. London 1856. 8. Trotzdem, dafs fast vier Jahrhunderre seit dem Augenblicke veırflossen sind, wo Por Castilla y por Leon Nuevo mondo hallö Colon, h. 364 Neuere Literatur: ist die Frage noch immer unentschieden, an welchem Punkte der grofse Genuese den von ihm entdeckten Welttheil zuerst betreten habe. Die Tradition hat lange die von ihm so genannte Insel San Salvador in dem heutigen Cat-Island gesucht, bis der berühmte spanische Geograph Navarrete, dessen „Coleccion de los viages y descubrimientos“ von Humboldt für die wichtigste Erscheinung auf diesem Ge- biete seit Muhoz’ „Geschichte der neuen Welt“ erklärt wird, sich nach einer ge- nauen Untersuchung der Karten und Tagebücher des Columbus für eine Insel entschied, die zu den Turk’s Islands gehört. Humboldt selbst hat indessen in seinem „Examen critique de la geographie du Nouveau Continent“ die Unrichtig- keit dieser Annahme durch eine erschöpfende Erörterung bis zur Evidenz nach- gewiesen, namentlich durch die Erläuterung der von dem alten Piloten de la Cosa verfertigten Seekarte vom Jahre 1500, auf welcher der Meridian Guanahani’s das Ost-Ende Cuba’s durchschneidet, während die Turk’s Islands unter den Inseln ge- sucht werden müssen, die Juan de la Cosa als dem Nordrande Haiti’s parallel liegend verzeichnet hat. Humboldt selbst spricht sich ebenfalls zu Gunsten Cat- Islands aus, das auch von Washington Irving in seinem „Zife of Columbus“ als der erste Landungsplatz seines Helden angenommen wird. Der Verfasser der oben angeführten Schrift, Capitain Beecher, hat die Route des Columbus nach den von Navarrete publieirten Tagebüchern einer neuen Prüfung unterworfen und sie mit den neuesten hydrographischen Resultaten verglichen; er gelangte zu der Ansicht, dafs das heutige Watling Island der Punkt sei, an welchem Columbus unter so bewandten Umständen landen mufste, — stimmt also in dieser Beziehung mit Muhoz überein. Wir lassen es dahingestellt sein, ob Sachkundige die von Herrn Beecher beigebrachten Beweise für überzeugend halten werden und be- schränken uns auf die Bemerkung, dafs zwei Bedenken, die sich aus Juan de la Cosa’s Karte ge&en die Deutung auf Cat-Island erheben, durch die Meinung Beecher’s beseitigt oder abgeschwächt werden. Nimmt man nämlich Watling-Is- land für Guanahani, so läge die Insel Concepeion wirklich im Westen von Gua- nahani, — was doch höchst wahrscheinlich war, wenn Leute von Guanahani auf ihrer Heimkehr von Ferdinandina (Exuma) bei Santa Maria de la Concepcion anlegten; zweitens würde der Umstand, dafs Guanahani auf der Karte des alten Piloten dem Eiland Samana auffallend nahe liegt, viel weniger anstölsig sein, wenn Watling-Island das Guanahani des Columbus wäre. Doch — wir über- lassen die Entscheidung Sachkundigen. L. Geographie des parties centrales de l’Amerique du Sud et particulierement de V’Equateur au Tropique du Capricorne d’apres les documents recueillis pen- dant l’Expedition executE par ordre du gouvernement frangais pendant les annees 1843 a 1847 de Rio de Janeiro @ Lima et de Lima au Para, sous la direction du comte Francis de Castelnau, et redigee par lui sur ses observations et sur celles du Vicomte Eugene d’Osery. Ouvrage qui a obtenu une medaille hors ligne de la Societe de Geographie. Paris 1854. Fol. (In 6 Lieferungen a 35 Fr.) 210 Fr. oder 56 Thlr. Die eigentliche Reisebeschreibung (Histoire du voyage) der berühmten Ex- pedition nach Central- Amerika, welche ihren Grundzügen nach von dem ver- q storbenen Herzog von Orleans noch in den letzten Zeiten vor seinem plötzlichen Tode entworfen sein soll und demnach durch den Grafen von Castelnau in den Jahren 1843 bis 1847 zur Ausführung gebracht war, ist in Folge der be- | kannten politischen Ereignisse nach mannigfachen Störungen, Hemmungen und i F. de Castelnau: Geographie des part, centr. de ’Amerique du Sud. 365 Verwickelungen erst während der Jahre 1850 und 1851 in 6 Octav-Bänden an die Oeffentlichkeit gelangt. Seitdem sind nun auch noch die übrigen sechs Ab- theilungen des Gesammtwerkes theils vollständig erschienen (Abtheil. 2 bis 5), theils in Angriff genommen (Abtheil. 6 und 7). Abtheil. 2. Malerische Ansichten und Darstellungen („vues et scenes“). 60 Ta- feln 4. 1853. Preis: 90 Fr. - 3. Alterthümer („Antiquites des Incas et autres peuples anciens“). 60 | Tafeln 4. 1854. 90 Fr. - 4. Geologische Karten und Darstellungen („Itineraires et coupe geolo- gique“). 76 Tafeln gr. Fol. 1852. (In 13 Lieferungen & 193 Fr.) 2533 Fr. - 5. Geographische Karten („Geographie“) 1854. - 6. Botanik (bis jetzt 4 Lieferungen & 123 Fr.) - 7. Zoologie (bis jetzt 18 Lieferungen a 15 Er.) Unter diesen Abtheilungen bildet der uns vorliegende Atlas die fünfte. Der- selbe besteht aus 30 Kartenblättern, welche 12 besondere kartographische Dar- stellungen liefern. Es wird sich aus einer näheren Ansicht dieser Arbeit ergeben, dafs sie wichtige und interessante Beiträge zur Orientirung über den Charakter und die Oberflächenbildung, der südamerikanischen Landschaften enthält. Und ob- gleich der Verfasser in seinen Bemühungen, eine Reihe schwieriger Hypothesen über die Gebirgs- und Stromsysteme, über die ethnographischen Verhältnisse zum Abschlufs zu bringen, nicht immer glücklich gewesen ist, — obgleich uns die denselben zu Grunde liegenden Ideen nicht ohne Verirrungen und Einseitigkeit erscheinen, — so hat er doch unleugbar das Verdienst, manche Aufhellung, na- mentlich über das Quellengebiet der südlichen Zuflüsse des Amazonenstromes, angebahnt und anziehende Betrachtungen angeregt zu haben. Bei dem allgemeinen Ueberblick dieser kartographischen Arbeit macht sich die traurige Fügung, welcher ein Mitglied der Expedition — der Bergamts-Inge- nieur Vicomte Eugene d’Osery — zum Opfer fiel, in empfindlicher Weise be- merkbar. Der Plan der Reise war im Wesentlichen darauf gerichtet, zuerst auf "dem Wege von Rio de Janeiro nach Lima die Erkundung der Höhenzüge, auf welchen die Stromgebiete des Amazonas und des Rio de la Plata sich scheiden, zur Hauptaufgabe zu machen, sodann von Lima aus sich dem Thale des Ama- zonas zuzuwenden, um dessen Natur und Umgebungen zu erforschen. Im Ver- lauf dieser Rückreise hatte Graf Castelnau, indem er sich auf dem Ucayale ein- schiffen wollte, das unangenehme Begegnifs, von fast allen zur Fortschaffung und Sicherung des Gepäcks gemietheten peruanischen Arbeitsleuten und Soldaten ver- lassen zu werden. Er sah sich dadurch in die gröfste Rathlosigkeit versetzt. , Es blieb in jenem entscheidenden Moment nur die Wahl, entweder die beabsichtigte Erforschung des Ucayale-Flusses, für welche bereits ein beträchtlicher Aufwand von Zeit und Mühe geopfert war, ganz aufzugeben; — oder einen der Gefährten mit den Reisetagebüchern, Aufzeichnungen, Aufnahmen, Sammlungen und Instru- 366 Neuere Literatur: menten, deren Transport durch die erwähnten Umstände unmöglich geworden war, nach Lima zurück zu entsenden. In Folge einer gemeinsamen Berathung wurde diese letztere Auskunft ergriffen und d’Osery erhielt den Auftrag, sich mit den . bezeichneten Gegenständen wieder nach Lima zu begeben. Nur mit lebhaftem Widerstreben fügte er sich einer solchen Entscheidung, obgleich Graf Castelnau für sich und die mit ihm gehenden Gefährten anscheinend ein ungleich gefähr- licheres Theil erwählt hatte, da sein Weg durch die wilden, von kannibalischen In- dianerstämmen und entarteten Flüchtlingen bewohnten Pampas-Landschaften führte, wogegen d’Osery auf dem Wege von Lima zu dem Hauptthal des Amazonas die ungleich kürzere, wegsamere und, wie man meinte, hinlänglich sichere Strafse über die Missionsstationen und den Huallaga-Flufs einschlagen sollte. Bei ihrem Abschiede gaben sich Alle der Hoffnung hin, spätestens binnen 4 — 5 Monaten mit ihm wieder vereinigt zu sein. Die getroffenen Verabredungen wurden indefs auf das Entsetzlichste vereitelt; d’Osery wurde, nachdem er schon gegen Ende November 1846 glücklich zu Bella-Vista angekommen war und dort auf dem Amazonas sich eingeschifft hatte, am 1. December von den Ruderknechten des von ihm gemietheten Fahrzeugs grausam ermordet. Die Thatsache dieses Ver- brechens trat zwar schon nach wenigen Tagen an’s Licht, — ein Theil des Gel- des und der Kostbarkeiten, welche er mit sich geführt hatte, wurde in den Wild- nissen der Gibaros-Indianer aufgefunden, — aber alle Nachsuchungen und For- schungen nach dem Leichnam des Ermordeten und alle Bemühungen, den Ver- bleib seines Reisegepäcks zu ermitteln, haben sich erfolglos erwiesen. In diesem letzteren befanden sich nun u. a. auch die astronomischen Beob- achtungen und Bestimmungen, welche auf der ganzen zurückgelegten Linie von Rio de Janeiro bis Lima mit beharrlicher Sorgfalt und unter d’Osery’s besonde- rer Theilnahme planmäfsig aufgenommen waren und bei der Construction der vorliegenden Karten zum Grunde gelegt werden sollten. Ein vorläufig nicht zu ersetzender Verlust. Indefs war es für Herrn v. Castelnau unter diesen Umständen eine höchst erfreuliche Ueberraschung, unter einer von Lima aus nach Paris ex- pedirten Sendung noch das Brouillon eines Theils dieser astronomischen Auf- zeichnungen zu entdecken. Seine Freude über diesen Fund war um so grölser, als sich ergab, dafs das gerettete Fragment gerade die bis dahin am wenigsten erkundete Strecke von Villa de Catalao (an der östlichen Grenze der Provinz Goyaz) bis zu den Missionen von Chiquitos umfasste. Der Geograph Daussy zu Paris, welcher bereits an der Ausrüstung der Expedition lebhaften Antheil ge- nommen und die Mitglieder für geographische Beobachtungen und Aufnahmen mit besonderen technischen Anweisungen versehen hatte, giebt auf Grund dieses Frag- ments die folgenden geographischen Situations- Bestimmungen: Südl. Breite: Westl. Länge von Paris: Salinasbiy® Din ningiaedninehraenng 3 3 Ro Insel Bananal (im Araguay-Flufs, gewöhnlich „Santa Anna“ genannt) . „u. 10,7. 91 852..0 52 36 15 San Juäo d’Araguay oder das duas Barrass . 5 21 3 30 Porto Imperial (am Tocantins-Flusse) . . . 10 42 19 50 4 0 Deaunbiertsyuniiatna enulanst, „nk 51 27 30 F. de Castelnau: Geographie des part. eentr. de !’Amerique du Sud. 367 Südl. Breite: Westl. Länge N von Paris: nee un id ine none 185. aurrrrgg BEN u Luc, baopeit ailh, Aa Aeszonfon VGRer4g 0 52 8° 80 Aldea de Gareniei! io, an ae u 52 43 30 Bey uch ul a, nicht ehmittelt' 52 254180 HRiö' Claro CH. DEWE 16 16 0 53 414 0 Stelle des Uebensiiigen über den Rio Grande 15 43 6 54 12 30 Sa as a aa ae a sa Ta a as ak KAERR an 2 22 ae 1: 7002 1: 1525085; 5822 0 BEBRDIEMEEnE ITEM. Dan ah anal, ae Ar ANIME 6 58 27 30 Bere wur un Berger 58 27 30 Curumba . . . Dar VROSHEE, ORION 59 52 30 Mündung des Taquari ME RN „geld AS 59127 30 Kot Albuquergue'o! „und an, In VErme1NZaııng 59 41 15 = Coimbra . .. rc 1ETNDZ 60 11415 - Olympo oder Bouehon (Panigtny) oh, Aa Mur 60 10 30 "Miranda u... MR KAFZONTAT IE 58 38 45 Paraguay Mirim bei < seiner Einmündung er AEAZTTITN 58 36 45 San Lorenzo (nördl. Arm) bei s. Einmündung 17 53 50 59 40 45 Mundunpdes Jauraäiuk ’ ah „main, 2469222): :31 59 55 30 Villa Maria . . . RENTEN RT EEE ZA. 30 59 54 30 Aceisehaus (Registo) am a Dane Mae 3 BreES 7571: 1,99. 7. BOARD > 60 48 30 Niederlassung (Arrarial) Lavrinhas . . . . 15 18 43 614 35 0 Matto-Grosso oder Villa Bela . . . ...15 022 62 22 45 Casalvasco . . und! daman, An ANN. ‚0 62 25 45 Dorf (Pueblo) Batite) Alkih vn ar Roll 63 50 63 re‘ San Ignacio. . . . rain) 1220, 16022 146 63 414 15 ie. an. Aal, 6 Bord 100 Mila 63 16 0 BR DörBepEhe en nut. res lung NA do San Xavier. . . 16:16 64 51 45 Die vorliegenden Kartenblätter rrriheilen sich hinsichtlich ihres Inhalts und Charakters in folgende drei verschiedene Gruppen: A. Erste Gruppe, Blatt 1 bis 8: drei mit der Jahreszahl 1854 bezeich- nete Karten der brasilianischen Provinzen Minas Geraes, Goyaz und Matto Grosso, die sich auch insofern als ein URRORSOERREEHARE Ganzes betrachten lassen, als sie sämmtlich im Mafsstabe 3504007 ausgeführt sind. 1) Karte der Provinz Minas Geraes (Blatt 1 u. 2). — Als Grundlage die- ser Blätter wurde ein auf Befehl des damaligen Provinzial- Präsidenten Franeisco Jose de Souza Soares angefertigter, indefs nicht vollständig ausgeführter und nur handschriftlich vorhandener kartographischer Entwurf benutzt, der jedoch den im Laufe der letzten Jahre ermittelten astronomischen Beobachtungen zufolge man- nigfachen Modificationen unterworfen werden mufste. In dieser Beziehung lieferte aufser den unterwegs von den Reisenden erlangten Aufnahmen und Beobachtungen die von Pissis bearbeitete Karte der östlichen Provinzen Brasiliens eine erhebliche Ausbeute. Einige Handels- und Verkehrsstrafsen sind nach den Ergebnissen der unausgesetzt von den Landesbewohnern eingezogenen Erkundigungen eingezeichnet. 368 Neuere Literatur: 2) Karte der Provinz Goyaz (Bl. 3 u. 4). — Diese Blätter sind vorzugsweise beachtenswerth, da sie ein bis dahin im Innern wenig bekanntes Landesgebiet be- handeln, dessen Erforschung der Expedition aufser den Mühen und Gefahren auch einen erheblichen Zeitaufwand gekostet hat. Die Reisenden haben diese Provinz nämlich nicht blos von Villa de Catalao aus in nordwestlicher Richtung nach Meia-Ponte und von dort westwärts über die Hauptstadt Goyaz hin durchschritten, sondern auch noch aufserdem eine merkwürdige, sowohl in hydrographischer als ethnologischer Hinsicht ergebnifsreiche Exeursion in die nördlichen Gebiete unter- nommen, indem sie den Flufs Araguay von Salinas aus abwärts bis zu seiner Einmündung in den Tocantins bei San Joao das duas Barras, und von hier aus den letzteren Strom aufwärts bis Peixa mittelst einer Bootexpedition auskund- schafteten. Der durch diese Excursion errungene Fortschritt der geographischen Kunde zeigt sich sogleich augenfällig, wenn man die Darstellung des Laufes jener beiden Ströme (Tocantins und Araguay) auf den Karten von Bru& (1843) und Arrowsmith (1842) vergleicht. — Für die Bearbeitung dieser Blätter sind neben den eigenen Beobachtungen und den Resultaten der unterwegs von Landeskundi- gen eingezogenen Nachrichten besonders die Itinerarien von Cunha Mattos und von Saint-Hilaire ausgebeutet. Daneben ist dem Bearbeiter vorzüglich noch die im Jahre 1832 auf Anordnung des Provinzial- Gouvernements verfalste geogra- phisch-topographisch -statistische Darstellung, deren Original die Reisenden wäh- rend ihres Verweilens zu Goyaz einsehen konnten, und die vorhandenen Provin- zial-Karten zu Statten gekommen. Der Text der Reisebeschreibung (Hist. du voyage, Tome II, p. 120—217) enthält sehr specielle, auf die Einzelnheiten oft über alle Erwartung weitläuftig eingehende Nachrichten und Bemerkungen !). Bei dem Allen kann Herr v. Castelnau nicht verhehlen, dafs namentlich für die Er- kundung des südlichen Theils dieser Provinz noch viel zu thun übrig bleibt. 3) Die Karte der Provinz Matto Grosso und der anliegenden Landschaf- ten des Freistaats Bolivia, in 4 Blättern (Bl. 5, 6, 7, 8), steht in Beziehung auf die Zuverlässigkeit und den Umfang der Erkundungen gegen die vorhergehende sehr zurück. Das dargestellte Terrain war von der Expedition zuerst in der Richtung von Osten nach Westen, von Goyaz bis Cuyaba durchschritten, hierauf von letzterem Orte aus Excursionen nordwärts nach den Quellen des Paraguay- Flusses und südwärts nach dem Freistaat Paraguay unternommen, an dessen Grenzstation (Fort Bourbon oder Olympo) sie jedoch, da ihnen die Erlaubnifs zum Eintritt von Asuncion aus definitiv abgeschlagen war, zur Umkehr genöthigt wurden. Unter diesen Umständen blieb ihnen nichts übrig, als in westlicher Rich- tung von Villa Bella (der ehemaligen Hauptstadt der Provinz) aus den Weg nach !) Diese geographisch-statistische Skizze ist im Wesentlichen der oben erwähn- ten officiellen Arbeit entlehnt. Herr Castelnau erklärt jedoch unumwunden, dafs die- selbe nicht als stichhaltig angesehen werden könne. Die an Ort und Stelle gewon- nenen Erkundungen brachten sogar Mängel in geographischer Hinsicht zum Vorschein. Mit Bedeutung bemerkt Herr v. Castelnau, dafs das Land im Laufe der letzten Jahr- zehnte einer traurigen Verwilderung und dem beklagenswerthesten Verfall entgegen- geht, und selbst in den 15 Jahren, welche seit der letzten statistischen Aufnahme verflossen waren, Verödung der Ortschaften und Abnahme der Einwohnerzahl merk- lich um sich gegriffen hatten. ee F. de Castelnau: Geographie des part. centr. de l’Amerique du Sud. 369 Bolivia einzuschlagen. — Als besondere Hilfsmittel dieser Karte sind angeführt: eine handschriftliche Beschreibung des Rio Tapajos '); die von dem brasiliani- schen See-Capitain Leverger ausgeführte Aufnahme des oberen Laufes des Pa- raguay-Flusses bis Asuncion, sowie ausführliche Mittheilungen desselben Reisen- den über den Lauf dieses Flusses; eine (handschriftliche?) Karte des Rio Pa- ranä. — Herr v. Castelnau ist sichtlich bemüht gewesen, das Mifsverhältnifs des grofsen Mafstabes dieser Karte einerseits und der geringen Kenntnifs des darge- stellten Gebiets andererseits, durch allerlei eingedruckte Notizen und Bemerkungen zu decken, wie man sie auf einem Kartenblatte kaum erwartet. Den fast voll- ständigen Mangel an Nomenclatur zwischen dem „Zio S. Manoel, Parnatingao et Rio das Tres Barres“ (welche Bezeichnungen der Eine Lauf gleichzeitig trägt) im Westen und dem Rio Xingo sammt dem Rio das Mortes im Osten ersetzt die grofs gedruckte Bemerkung: „Region & peu pres inconnue, indiquee seulement d’apres les anciens Roteiros ou Journeaux (sie!) de route des Conquistadores ou Chefs des Expeditions Militaires dirigees contre les Indiens et a la recherche des Mines d’Or*; er bemerkt z. B. von den Ind. Coroados, dafs sje in grofsen Häusern wohnen (wie dies bereits im Texte der Hist. du voyage, T. III, p. 117 bemerkt worden); von verschiedenen anderen indianischen Völkerschaften, ob sie „Anthropophages“ sind; oder, dafs sie trotz ihres Cannibalismus gastfreundlich gegen die Weifsen seien (Ind. Apiacas); und wieder von anderen, ob sie mit den Nachbam oder mit den Brasilianern in feindlichen oder freundlichen Verhältnissen stehen. Man sieht, zu welchen Abirrungen das Streben, die Blöfsen der geographischen Kennt- nils zu verhüllen, geführt hat. Herr v. Castelnau hätte gewils besser gethan, einen kleineren Mafsstab zu wählen, als dergleichen vage, unsichere, auf ganz ephemere Verhältnisse sich beziehende Noten, die höchstens für den Text der Reisebeschreibung sich eignen, auf dem Kartenblatte wiederzugeben. — Die süd- westliche Partie der Karte fällt in das bolivianische Territorium. Hier erscheinen “ im Westen der Provinz Chiquitos und im Osten der Provinz Santa Cruz die wälderreichen Morastniederungen des Parabiti-Flusses, in welchen die Einwirkung der in Folge der Regenzeit eintretenden weitausgedehnten Ueberschwemmungen oftmalige und sehr bedeutende Veränderungen des Stromlaufes nach sich zieht. So fand d’Orbigny im Jahre 1831 das Bette des Parabiti in einer 8 bis 10 Mei- len weit von dem dermaligen Bette des Flusses im Jahre 1846 entfernten Linie. Die Ebene ist hier so gleichmäfsig horizontal, dafs z.B. ein umgefallener Baumstamm dem Laufe der Gewässer eine ganz andere Richtung zu geben vermag. Auf dem 19. Blatte des vorliegenden Atlas, wo diese Gegend in gröfserem Mafsstabe dar- gestellt ist, sind beiläufig einige Notizen aus Tome IH, p: 205 ff. der Hist. du voyage wiederholt. — B. Die zweite Gruppe Blatt 9—27 enthält auf 19 Blättern die folgenden sieben specielleren kartographischen Darstellungen in verschiedenen Mafsstäben: 1) Hist. dw voy. III, p. 93 ist erwähnt, dafs diese Arbeit von dem Obersten Ricardo Franco d’Almeida Serra verfafst, aus dem Jahre 1799 datirt ist. Sie wurde _ den Reisenden zu Matto Grosso mitgetheilt. Ebendaselbst ist auch eines in der Re- gierungs- Registratur zu Cuyaba handschriftlich aufbewahrten Itinerariums über eine im Jahre 1805 unter Manoel Gomes dos Santos ausgeführte Expedition auf dem Arinos-Flusse gedacht. Zeitschr. f, allg. Erdk. Neue Folge. Bd, 1. 24 370 Neuere Literatur: 1) Karte der Quellen-Landschaften des Paraguay und des Rio Claro (Bl. 9), aus dem Jahre 1845 datirt. Mafsstab #s0000- Dieses Blatt enthält aufser der Bezeichnung der von den Reisenden zurückgelegten Wegstrecke, welche auf fast keinem der Blätter des Atlas fehlt, auch colorirte Anzeigen der Diamanten- führenden Flüsse und derjenigen Orte, wo die Diamantenwäsche betrieben wird. Aufser den autoptischen Forschungen der Reisenden wurden hierbei auch die an Ort und Stelle von den Einwohnern und besonders von den Diamantengräbern eingezogenen Nachrichten benutzt. Aber das glänzende Gestein, welches an so vielen Stellen bereits vollständig erschöpft ist (die Flüsse Diamantino, Ouro, Pa- raguay enthalten z. B. gar keine Diamanten mehr), erscheint dem Verfasser hier keineswegs als die gröfste Merkwürdigkeit. Er bemerkt, dafs es fast scheine, als habe die Natur dadurch nur die Aufmerksamkeit der Menschen auf den Strich lenken wollen, an welchem die Quellen der Zuflüsse des La Plata einerseits und des Amazonas andererseits (zwischen dem Plateau des Arinos und dem des Pa- raguay) in fast unmittelbare Verbindung treten, und eine Canalverbindung beider Stromgebiete leichter zu bewirken stehe, als vielleicht sonst irgend wo. Auch auf diesem Kartenblatte finden wir, neben der Nomenclatur, manche Notizen, die dem Texte der Reisebeschreibung angehören, z. B. bei den Quellen des Tombador und des Arinos, im Garten des Gehöftes do Estivado, (vergl. Hist. du voyage T, LI, p. 357): „Les deux sources coulent V’une dans l’autre pour Virrigation du jardin de la Casa do Estivado: Uune va au rio de la Plata et l’autre a l’Amazone: elles sont a 2S4M: une de l’autre.“ Und wiederum: „Les sources du Rio Arinos et du Rio Kebo (Zuflufs des Cuyaba) sont @ 40 ou 50: P’une de l’autre, dans le’ sens horizontal; et AU: dans les sens vertical“ u. s. w. 2) Karte des Pocon&-Delta (Bl. 10), ebenfalls aus dem Jahre 1845 da- tirt. Mafsstab 15740707: Die Stadt Pocone auf einem der Wege von Cuyaba nach Villa Maria, in einer die trefflichsten Viehweiden darbietenden Ebene, bildet den Mittelpunkt des Blattes, ist aber von Herrn v. Castelnau selbst nicht besucht. Sein Gefährte Weddell machte die in der Zist. du voy. III, 173—-204 erzählte Excursion auf den Höhenzügen der nördlichen Zuflüsse des Cuyaba zwischen Villa Maria und Cuyaba, und kehrte über Pocon€ zurück. Der Text der Reisebeschreibung (IH, p. 41) schildert Pocon& als eine der reichsten Städte des inneren Brasiliens; die meisten Bürger derselben besitzen 8000 bis 10,000 Stück Vieh; ihre Triften dehnen sich unabsehbar in den weiten, reich bewässerten Ebenen zwischen den Flüssen Cuyaba, San Lourenco und Paraguay aus. Ueber die früheren und jetzi- gen Handelswege, deren Richtung, Beschaffenheit und Zeiterfordernifs hat der Verfasser erläuternde Notizen hinzugefügt. Das Blatt umfafst die Landschaften von dem Plateau des Arinos im Nordosten bis zur Einmündung des S. Lourengo in den Paraguay. Ostwärts davon ist das grofse Plateau von Cuyaba oder Serra Azul angezeigt, in welches im 15° südl. Br. das Plateau d’Agoa Branca hinein- reicht. 3) Karte der Tragstelle (portage) von Camapuan und der Umgegenden von Miranda, aus dem Jahre 1853 datirt. (Bl. 11.) Mafsstab 1374007: Das Blatt begreift die Gegenden zwischen dem Rio Paranä im Osten und dem Pa- raguay im Westen vom 18. bis 22. Grade südl. Breite. Der östliche Theil stellt F. de Castelnau: Geographie des part. centr. de ’Amerique du Sud. 371 die zur Provinz Goyaz gehörige „unbekannte und unbewohnte Sertao ') von Ca- mapuan“ dar. Westlich enthält der ungleich gröfsere Theil des Blattes einen Theil der Provinz Matto Grosso. Bemerkenswerth sind die Stromsysteme des Rio Taquary im Norden und des Rio Mondego (an welchem die Stadt Miranda liegt) nebst dessen nördlichem Zuflusse Rio Aquidahouana weiter südwärts, — Als besondere Hilfsmittel und Quellen für die Construction dieser Karte werden genannt: die astronomischen Bestimmungen von Lacerda auf seiner am Ende des vorigen Jahrhunderts behufs Feststellung der Grenzen des Kaiserthums Brasilien unternommenen Expedition, die Reisebeschreibung von Leverger und zahlreiche, während des Aufenthalts zu Miranda u. s. w. eingezogene Erkundigungen und be- nutzte Itinerarien. Wir bemerken, dafs die Bezeichnung des Weges der Reisen- den dieser Karte ausnahmsweise nicht beigegeben ist. 4) Karte des Laufes des Rio Madeira von seiner Einmündung in den Amazonenstrom bis zum Rio Madore, aus dem Jahre 1853. (Bl. 12 —14.) Mafs- stab 3575 rr.. Diese drei Blätter sind mithin einem der bedeutendsten Zuflüsse des Amazonas gewidmet, der schon in früheren Zeiten, während Villa Bella noch als Hauptstadt der Provinz Matto Grosso blühete, von aufserordentlicher Bedeu- tung war, und dem durch Anwendung der verbesserten Verkehrsmittel unserer Tage, als Wasserstrafse zwischen den östlichen Gebieten von Bolivia und Peru zu dem Amazonenstrome und atlantischen Ocean, für die Zukunft vielleicht noch eine wichtige Rolle beschieden ist. Graf Castelnau hat diesem Flusse, dessen oberer Lauf zuerst die Namen Guapore und Itenes, dann bis zur Vereinigung mit dem Beni-Flusse den Namen Marmor6 führt, eine besondere Aufmerksamkeit ge- schenkt und seiner Reisebeschreibung im Cap. XXI (T. IH, p. 119—172) eine Monographie über denselben eingereiht, welche zu der vorliegenden kartographi- schen Darstellung einen ausführlichen Text darbietet ?). Als Grundlagen dieser drei Blätter oder Hilfsmittel zu der Construction derselben sind die astronomi- schen Beobachtungen der von der portugiesischen Krone behufs Aufnahme der Grenzen bestellten wissenschaftlichen Expedition (1782—1790), die von dersel- ben angefertigten handschriftlichen Karten und Reiseberichte benutzt. Dieses Material bedurfte indefs einer durchgängigen neuen Bearbeitung, da die Beobach- tungen der Castelnau’schen Expedition mehrfache Abweichungen ergaben. — Wir brauchen nicht hinzuzufügen, dafs auch diese letztere ihre Anfgabe noch nicht zu einem allseitig zuverlässigen Abschlufs gebracht hat. !) Das Wort Sertao ist dem brasilianischen Sprachgebrauch zufolge der übliche Ausdruck für unbewohnte oder wenig bewohnte, culturlose Landschaften, ohne Be- trachtnahme der Bodenbeschaffenheit derselben. 2) Mit den Bemerkungen des Grafen Castelnau sind jedoch vorzugsweise die Beobachtungen und Erkundungsresultate von Herndon und Gibbon zu vergleichen, in dem Werke: „Exploration of the Valley of the Amazon made under the Direction or the Navy Department. Part I. By Lewis Herndon. Washington 1853. Part II. By Lardner Gibbon. Washington 1854.“ — Als Versuch einer zusammenfassenden Uebersicht ist zu bemerken ein Aufsatz von H. Marie Martin: „La vallee de !’Ama- zone et ses recents explorateurs. Partie III. Le lac de Titicaca. Le bassin du Ma- deira“ in der Zeitschrift „Revue contemporaine et Athenaeum frangais. Nr. 105. 15. Aoüt, p. 33 — 60.“ 24* 372 Neuere Literatur: 5) Karte eines Theiles der Provinzen Matto Grosso und Chiquitos, aus dem Jahre 1853. (Bl. 15—22.) Mafsstab 75450. In Folge der besonders reichen Materialien, welche für einige Partien dieser die Gegenden vom 12. bis 20. Grade südl. Breite umfassenden Karte sich darboten, hat der Verfasser Anlafs genommen, dieselbe auf einen verhältnifsmäfsig grofsen Mafsstab zu bringen. Dies hat wiederum stellenweise (man vergleiche nur Blatt 17, welches zu drei Viertheilen ganz leer ist!) den scheinbaren Uebelstand des Mangels an Nomen- elatur herbeigeführt, der durch eingeschriebene Notizen und Erläuterungen nicht auszugleichen war. Die nördlichen Blätter (15, 16) enthalten u. A. die Bezeich- nung des Weges, den eine bemerkenswerthe Expedition unter mannigfachen Be- schwerden und Hemmungen durch ganz unbekannte Gegenden vom 18. Juli 1769 bis Ende Juli 1770 zur Eröffnung eines Landweges zwischen Fort Braganza (un- weit des heutigen Prineipe da Beira) und der Stadt Matto Grosso (Villa Bella), der damaligen Provinzialhauptstadt, unternahm. Diese Expedition verfolgte im Wesentlichen die Linie der Wasserscheide zwischen dem Madeira und Arinos. Einen kurzen Auszug des handschriftlichen Reiseberichts, der Herrn v. Castelnau zu Villa Bella zugänglich wurde, giebt die Reisebeschreibung (II, p. 153— 170). Weiter südwärts ist der obere Lauf der Flüsse Guapor@ oder Itenes (Madeira), Paragan, Turco, Verde, und das Quellgebiet derselben dargestellt. Dann schliefst sich ungefähr im 16° südl. Breite jener Streif der Grenzlandschaften von Brasi- lien und Bolivia an, welcher (wie uns der hinzugefügte Text belehrt) jährlich mehrere Monate hindurch dergestalt überschwemmt ist, dafs er nur mit Kähnen befahren werden kann, während der trockenen Jahreszeit dagegen so wasserarm wird, dafs die ihn durchziehenden Caravanen sich mit Wasservorräthen versehen müssen. Ostwärts dieser Region erstreckt sich nach Brasilien hinein jene grolse Hochebene zwischen dem Rio Paraguay und dem Rio Barbados (Nebenfluls des Allegre), auf welcher zahlreiche mittelbare Zuflüsse des Amazonenstromes ent- springen, während an deren Südrande weite Sumpfniederungen sich ausbreiten, die nach und nach entweder in ebenes Land oder in die Moräste von Xarayes übergehen. Südöstlich davon, um den 17. Grad südl. Br. bis zum 18. hin, er- scheinen wiederum, diesmal in gröfserem Mafsstabe, die Moräste, in welchen sich der Parabiti-Flufs nach und nach verliert (vergl. Blatt 7). In diesem Theile Bo- livie’s tritt am 18° südl. Br., südwärts der Serrania de S. Juan (unweit der Serra S. Jos€ bei der Mission gleiches Namens) die Wasserscheide zwischen dem Ama- zonas und La Plata inmitten der mit Urwäldern bedeekten Ebene so unmerklich ein, dafs der Wanderer ihrer gar nicht gewahr wird. Vom 15. bis 20. Grade südl. Breite bildet der Lauf des Paraguay-Flusses so ziemlich die Ostgrenze der Karte. In dem südöstlichen Theile erscheint das Territorium der Provinz Oto- quis ') und am äufsersten südöstlichen Rande das Gebiet der Guayeurus- und !) Die Gründung dieser „Provinz“ — die übrigens eine factische Existenz nie gehabt zu haben scheint — beruht auf einem geographischen Irrthum. In der Vor- aussetzung, dals der Tucabaca oder Otoquis-Flufs dem Paraguay zuströme, hatte die bolivianische Regierung einem unternehmenden Manne, Oliden, ein bedeutendes Ter- ritorium (Castelnau III, p. 254 schätzt dasselbe auf „2500 Zieues carrees“) über- wiesen oder zur Verwaltung verliehen, damit er auf diesem Strome eine regelmäfsige F. de Castelnau: Geographie des part. centr. de ’Amerique du Sud. 373 der Guanas-Indianer, welches im Westen von undurchdringlichen Urwäldern, im Osten vom Paraguay eingeschlossen sich darstellt. 6) Karte des Landes der Moxos und der Indianer Yuracares und Si- riones. Aus dem Jahre 1854. (Bl. 23—25) vom 11. bis 18. Grade südl. Br. Malsstab 45'507: Bei diesen 3 Blättern, auf welchen im Norden der obere Ma- deira ") (Guapore) abermals die Hauptrolle spielt, sind verschiedene von den Je- suiten angefertigte Specialkarten benutzt, welche den Reisenden theils in Bolivia, theils während des Aufenthalts in Peru zur Benutzung sich darboten. 7) Karte.der Anden vom Aequator bis Bolivia. (Bl. 26, 27.) Mafsstab 3500000: Für diese besonders in orographischer und hydrographischer Hinsicht bemerkenswerthen Blätter, welche fast das ganze Territorium des Freistaats Peru, daneben die südlichen Grenzdistriete von Ecuador unä die nordwestlichen von Bolivia umfassen, sind besonders die zahlreichen von dem Obersten Althuus ge- sammelten handschriftlichen Materialien, die Reisebeschreibungen und Darstellun- gen von Pentland, d’Orbigny, Smith und Lowe u. a. benutzt. Es verdient indefs bemerkt zu werden, dafs die neueren Forschungen von Herndon und Gibbon von den dargestellten Erkundungsergebnissen in einigen Punkten abweichen. C©. Die dritte Gruppe bilden die letzten drei Blätter aus dem Jahre 1855 (28 bis 30), welche das Centralgebiet von Amerika vom Aequator bis zum 25° südl. Breite darstellen und somit in ziemlich vollständiger Gedrängtheit einen zu- sammenfassenden Ueberblick der sämmtlichen durch die Expedition erlangten Er- mittelungen darbieten. Sitzung der geographischen Gesellschaft zu Berlin vom 4. October 1856. Der Vorsitzende, Herr Professor Dove, eröffnete die Sitzung durch Ueber- reichung der eingegangenen Geschenke: 1) Erdkarte in Mercators Projection, bearbeitet von H. Kiepert. Berlin, bei Dietrich Reimer. 2) Zeitschrift für all- gemeine Erdkunde. Neue Folge, I, 1 u. 2. (Geschenke des Verlegers.) 3) Jah- resbericht über die Luisenstädtische Realschule, enthaltend: „die Reise des heil. ibald nach Palästina. Von Dr. Hahn.“ (Geschenk des Verfassers.) 4) Ca- tecismo geografico-politico e historico de la Repüblica Oriental del Uruguay, escrito por D. Juan Manuel de la Sota. Montevideo 1855. (Geschenk des General- ifffahrt in Gang brächte. Alle derartigen Versuche blieben indefs ohne Erfolg; m ist zu zweifeln, dafs der Tucabaca sich entweder wie der Parabiti in Morästen, oder im Sande verliert! $>. 10) Castelnau schlägt vor, die Namen Guapore, Itenes und Marmore aus der geographischen Nomenclatur wegzunehmen und dafür dem ganzen Laufe den Einen Namen Madeira zu geben. Hist. du voy. III, p. 119. \ 374 Sitzungsbericht der Berliner geographischen Gesellschaft. Herr Prof. Müller hielt einen Vortrag über die Verbreitung der Neger auf St. Domingo. Auf diese Insel sollen schon im Jahre 1501 Schwarze gebracht sein; wenigstens spricht ein Brief des Statthalters Ovando vom Jahre 1503 schon von „vielen“ hier lebenden Negern. Aber 1506 wurde die Einführung untersagt, ausgenommen in Bezug auf solche Neger, die in Sevilla zum Christenthum be- kehrt waren. Dieses Verbot wurde 1510 gemildert, und im folgenden Jahre er folgte eine ziemlich beträchtliche Einfuhr aus Guinea, da ein Neger so viel wie | sechs Indianer arbeitete und die Zahl der letzteren auch nicht beträchtlich war. Im Jahre 1516 stellte Karl I. den bekannten Freibrief zur Einführung von Negern aus, und Las Casas billigte diese Mafsregel, die auch durch die Vermehrung der Zuckerplantagen motivirt zu sein schien. Die schwere Arbeit war den Negern übrigens nicht unzuträglich; sie gediehen dabei körperlich so gut, dafs Herrera meinte, ein Neger sterbe nicht, wenn man ihn nicht hänge. In Kurzem nahm denn auch die schwarze Bevölkerung so zu, dafs schon im J. 1522 ein Neger- aufstand ausbrach, das blutige Vorspiel künftiger Ereignisse; und Girolamo Quen- zoni prophezeite schon 1572, dafs die Insel bald ein Eigenthum der Schwarzen sein würde. Damals lebten auf derselben schon 7000 flüchtige Neger, die ihre Freiheit behaupteten; aufser ihnen beschränkten seit 1606 auch die Buccanier die spanische Herrschaft, die sich kaum mehr über die angebauten Ebenen ausdehnte. Aus den Buccaniers bildete sich im Westen der Insel die französische Colonie, die bald an Bedeutung gewann, als Bertram d’Augeron die Colonisten an ein ge- ordnetes Leben gewöhnt und zur Begründung fester Familienbande auch Weiber hierher gezogen hatte; d’Augeron setzte sich mit der französischen Regierung in Verbindung, und diese gewann 1697 im Frieden von Ryswyk den Westen der Insel. Hier breiteten sich die neuen Ansiedelungen aus, und es bildete sich das älteste Plantagengebiet, auf dem vornehmlich Cacao, Indigo und Taback gewonnen wurden; die zur Bearbeitung verwendeten Negersklaven waren zwar gröfstentheils aus dem Osten der Insel geraubt, aber doch so zahlreich, dafs schon 1697 ‚ein Sklavenaufstand verzeichnet wird, in welchem die Colonie nur durch die Hilfe einer Flibustierschaar gerettet wurde. Mit dem Ende dieses Jahrhunderts begann hier auch der Anbau des Zuckerrohrs; durch Kriegszüge, namentlich nach Ja- maica, gewann man neue Sklaven, und aus Louisiana, den Carolina’s und Canada schleppte man über 1000 Indianer herbei, die sich indefs als ungeeignet zur Ar- beit zeigten. In Folge des trockenen Sommers von 1715 gingen die Cacaopflan- zungen unter, während sich die Zucker- und Kaffeeplantagen ausdehnten, beson- ders unter Charles Brenier’s Verwaltung, der mit Recht für den zweiten Gründer der Colonie gilt. Zum Behuf der Bewässerung führte er eine umfassende Cana- lisation aus und gab dadurch dem Anbau des Zuckerrohrs einen solchen Impuls, dafs die Production der kleinen Antillen fortan ganz in den Hintergrund trat; es wurden Landstrafsen und Brücken gebaut und Port au Prince zum Sitz der Verwaltung erhoben. Aber es zeigte sich, dafs inmitten dieses Aufschwungs die Vermehrung der weilsen Bevölkerung hinter der der schwarzen weit zurückblieb; die Mulatten waren allerdings meistens auch persönlich frei, doch ohne bürger- liche Rechte, selbst wenn sie zu den reichsten Besitzern gehörten; und Empö- rungen der Schwarzen waren nicht selten, da sie an den unabhängigen Negern Sitzungsbericht der Berliner geographischen Gesellschaft. 35 der gebirgigen Gegenden einen Rückhalt hatten. In den Bergen hatte sich näm- lich schon 1702 eine Freibeuterschaar gebildet, die ungeachtet aller Anstrengun- gungen nicht ausgerottet, sondern erst 1785 durch Vertrag unschädlich gemacht werden konnte. Während dieser Zeit ging die Osthälfte der Insel unter der spa- nischen Herrschaft der Verarmung entgegen; hier belief sich die Bevölkerung im Jahre 1720 nur auf 18,410 Bewohner aller Farben, während man im französi- schen Domingo 6 Jahre später 30,000 Weifse und 100,000 Schwarze und Far- bige zählte. Das steigende Mifsverhältnifs zwischen der Zahl der weisen und farbigen Bevölkerung dieses Theiles der Insel zeigt sich schon in den Angaben für das Jahr 1760, wo hier 35,000 Weifse, 4000 Mulatten und 206,000 Neger lebten; und unter den Weifsen befanden sich nur 8000 waffenfähige Männer; die jährliche Einfuhr von Negersklaven belief sich auf 15,000. Damals existir- ten hier 550 Zuckerplantagen; im Jahre 1767 führte man 73 Millionen Pfund rohen, 475 Mill. Pfund gereinigten Zucker aus. Im Jahre 1779 war die Zahl der Neger bereits auf 249,000 gestiegen, und jährlich wurden 23,000 Schwarze eingeführt, so dafs sich im Jahre 1789 bei dem Ausbruch der Revolution unter 100 Bewohnern 87 Neger und nur 13 Freie, und unter den letzteren noch 5 Far- bige befanden. Die Gesammtbevölkerung bestand aus 30,000 Weilsen, 24,000 Mulatten und 480,000 Negern. — Im spanischen Domingo zählte man damals 152,000 Bewohner, worunter 30,000 Negersklaven; im Jahre 1795: 125,000 Be- wohner, worunter 15,000 Neger; im Jahre 1800: 100,000 Weifse und 15,000 eger. — Die Bevölkerung der ganzen Insel belief sich 1834 nach amerikani- schen Berichten auf 820,000 Einwohner, nach anderen nur auf 700,000. Jetzt veranschlagt man sie auf etwa 1 Million Neger und Mulatten, Herr Blume trug einen Bericht über seine Reise nach Ostindien auf dem „Great Liverpool“ vor und machte dabei ausführlichere Mittheilungen über Malta, Kairo, die Reise von hier nach Suez über den wasserarmen, nur hier und da mit Gestrüpp und verkrüppelten Bäumen bestandenen Geröllboden der Wüste, über Suez selbst, ein elendes Nest von wenigen halbverfallenen Häusern in trost- loser Einöde, mit schlechter Rhede, auf welcher gröfsere Schiffe in einer Entfer- hung von einer Meile ankern müssen, über das an flacher Küste gelegene Mokka, und über Aden, welches in einem kesselförmigen Thale liegt, eine Besatzung von 500 Engländern und 900 Indiern hat und 20,000 Einwohnern zählt. Herr Pitschner hielt einen Vortrag über die einheitliche Abstammung des Menschengeschlechts. Wenn man die Frage prüfen wolle, ob es besondere Ar- ten von Menschen gebe, so müsse man sich zunächst über den Begriff der Art klar werden, über das durchgreifende Merkmal, durch welches eine Art consti- tuirt werde. Dieses liege in der uneingeschränkten Fähigkeit, einen bestimmten pus fortzupflanzen; ohne diese Fähigkeit würden die Unterschiede der Arten erwischt und der Begriff der Art aufgehoben werden. Zu einer und derselben Art gehörten also Individuen, die sich mit einander vermischen und eine frucht- are Nachkommenschaft erzeugen könnten. Gegen dieses Kriterium sei einge- vendet worden, dafs es auch fruchtbare Bastardzeugungen gebe; namentlich habe Rudolphi sich auf einen Fall berufen, in welchem eine sardinische, nach Schwe- den gekommene Rehkuh, von einem Schafbock belegt, eine fruchtbare Nach- 376 Sitzungsbericht der Berliner geographischen Gesellschaft. kommenschaft erzeugt habe; aber genauere Nachforschungen hätten ergeben, dals die vermeintliche Rehkuh ein Weibchen des Moufflon gewesen, und eben so we- nig wären andere angebliche Bastardzeugungen constatirt. Wo Thiere verschie- dener Art sich paarten, sei die Nachkommenschaft unfruchtbar; es sei z. B. kein Fall constatirt, dafs Maulthiere sich unter einander fortpflanzten. Wenn nun der Be- griff der Art dieses Kriterium habe, so könne man die verschiedenen Menschenracen nicht für Arten ausgeben; sie vermischten sich unter einander, und die Misch- linge wären inter einander unbeschränkt fortpflanzungsfähig; die Racen wären also, wie Joh. Müller sage, nur Formen einer Art. Zu demselben Resultat ge- lange man auch vom anatomischen Standpunkte. Schon Blumenbach habe die verschiedenen Menschenracen als zu einer Art gehörig betrachtet, weil die Racen- merkmale unmerklich in einander übergingen; es sei in der That nicht möglich, die Racen scharf von einander abzugrenzen, weil sich zu den Körperformen, die man als charakteristische Merkmale angebe, auch vermittelnde Uebergangsstufen fänden; so bilde der Schädel des Eskimo den Uebergang von dem Schädel des Mongolen zu dem des Amerikaners u. s. f£ Ja selbst innerhalb einer und derselben Race könne kein Merkmal namhaft gemacht werden, welches allen zu ihr gehörigen Individuen eigen sei und bei Individuen anderer Race nicht gefunden werde; man finde im Gegentheil solehe Merkmale, die man als besonders charakteristisch für eine Race zu betrachten pflege, auch bei einzelnen Individuen anderer Race. Endlich spreche auch die psychologische Constitution für die Zusammengehörig- keit des Menschengeschlechts. Was den Menschen vor allen anderen Geschöpfen auszeichne, seien Sprache und religiöse Anschauungen; und es gebe kein Volk auf der Erde ohne diese beiden Produete des geistigen Lebens. Zum Beweise, dafs auch der Neger geistiger und sittlicher Entwickelung fähig sei, beruft sich der Vortragende auf die Berichte über Liberia, welche den Zuständen dieser Neger-Republik und namentlich auch dem religiösen Sinne der Schwarzen ein glänzendes Zeugnils ausstellten. nat Bischeh D. athlith Iirift für allgem. Erdkunde Neue Folge-Bd.T Östl. L.v.Ferro > ren] en ı muy Tr Madjar Wüste el-ftmür \ KARTE 9° reis I en | der er / tee ı - Paar . 0 PS de RT ES Ukk yun LANDER et »o| 1 0 m D; | am obernNil. No Gez vw. H.Kiepert. ) | [ | rÄ n I} I Il | l 1 | Maßstab in »,000,000 Deutsche geographische Meilen, 15 — I Grud Raual | (eine — &Kumeelstunden), = S) j w 20 62 so so = Kannek; I N —_— —— —— Ihngela-Igar 2 en Beir Be | pBerber + > | x Al.Alöster Ruinen i ET MechörifiBeiben) L > | I Erklärung arabischer Bezeichnungen % R « P’Aennir KOAMENn__ e rung an JA ä 72 oThohrin Abkir gen en h 2 14 Abarıı $. & " x Da R . _ jelnmen ze > a nr \ An Dj.Djebel (nach ayypt lussprarhe Gebel } Berg, Gebiry DN IE i >; . l N a r Hüs,Vargebirge (eigenil. Kopf) 7 x S Ja / ) & \ 7 Rue ML am | WWady ‚Thal mit periodischen Nasserlauf Bafüdapı n (pass: ın c .Dj.Ofrek arim ge 1 ] 5 I} Ayayacdı . || in ‚Quelle. Biv, Brunnen a = era Ne ads N U ir | Dar od. Beläd Landschaft | an ; = L | Beni ‚Söhne Fin Namen ron Wanderstämmen 6 u. el-Metdih A fllererem ” ‚tuemil el =trep. e=3 it der Artikel #9 Mwäras 7x Heller Schakgh 7 Pchendi eö.nBUjänN < Apik ge e “ sr a! Y A f} Zur Aussprache, 7 AN a) VUNLERFER in S scharf, x meich ‚wie im Eranadsischen eoifo eis Ss; T (A Esch ly wie weicheres dsch D.) N Kassel el-W ‘ ı1.% AR ; E) S a nh \ 2 Woled Fach! ® Walenguf NR re Lobhäje Daweshlalta; = ®, N 2 ? ENRR 18 27 Gran cin Aurani’ Dj-Uehonab j Al, 3 N" I 2 x A 2 fe 1a v = CHARTER ma B f essäfihe il Ru. Seh s DJ.Cheli Dj.Apasla Sodehib / 7 , OaneT | [} ei -Aflin hai ar, hHangkil , a unfaun 2 Dis el heil f regen u 2 S Mög et ber. lim erSuhrid] HU -Haimar 7 ’ ; a fs = Sei ei jMandera Er + | pi Doywenır ar Me Same) Sen) hama SL 2 a .’b + Dr ge | | | Yucak s u = > Of mlaNe, T Ada “Tür ° er i Ti 5. | I e ” Rofka fh R 1 . E N L a F Pl x i erh 08T © Bj Ture ren, Aue ia Fe.* enE DEWAGENR! # ; Ansrchmurd %, n N lan R \ 5 Rodag YA kabirh F Gi, Woled Meinl Se yE ed TRCH £ ] & IE, 7 An Zuugi h | &Kobbeh 3 0 nara RS er 3 hingur Shktr ı8») PR (dor gm) x > \ ? 2 | 8 ojstitenn zw af De £ N ® Feuhrer Di 7 & I | (2; ER m Dnjsh D5, 84, Yerüljäran > nt Make v Vendellilel-Fäsenin) Sm anj Ara scho Zuge, < Hettehgp Daia ® || Mandinta Ba Kujemarg E = . | Mandl, re 7 BB 72-2 BORRRNR 0e) S Eng Be le Demgin P) 22 0, I 9 > A N Nria den munge * lursi ’- k (RL lararı el en L \ 2 D velläd 7 Tri, A Se x 14 n Hidin 2 h F Ü R N DS gelobed > 4 Mmshehag", 1°; & u Fr; Edi. Roralı 2 : ioaah P . | > Wi N k* % ” N Beheya An { 3 i Le w :Daramelıh 25 \ =? x ° \e 2 ey 3 Gandjara < \ N Es yarda ln, . N \ | > Ho 3 : a 27 1 SE 4 r > Mibengbinr Dj.Kader Där| Tee z A of Masmün > na f R r > e Roseres? Trbeldich S Dj Mikik ES = ° Y - LT nah DyGüle 7 Digganalı 8 S Dy.Kulfanh ag ] 0. Ag Kan: era ; x Se , CHEN Ra) Sn ‘> ya R Ind, SH Sanaı Pürar : y mteidan DärAkol ERER 9 en RS pin Dj. Dibri, N Y ku Y u, Dj.schanhen KINO 2 Ir Trahderru A 7 B-Defpfaung 2 = DER . z 2 ” x Dj.Silie 7 2 7 ST arurtide ® r> E s < = BR) ® RR, Ka Pig s not > u Dj.Rıl e Di / 2 j.Kilgo “ , Su D, a N mn % ä Dan Taıma % Dj.Tul N 1. Br 1 0 N Z Z GM)” 8 41 Se, 7 ’ T e, a > | { x R fi E Birken aU-chasiks Baktır e\ 7 —— — — eg { = — Östl Lv Paris 28 Kae RS 50 i 7 Gestochen von J.SULZER. 1856 rlin bei D. Reimer - Im Verlage ‘des Unterzeichneten ist erschienen und durch alle Buchband- gen zu beziehen: >» vd PR‘, © Reisen in Like : —- .— Britisch-&ulana. in den Jahren 1840— 1844. > Im Auftrage Sr. Majestät des Königs von Preufsen = ausgeführt von N! Richard Schomburgk. s 2 Mit Abbildungen - und einer Karte von Britisch-Guiana ER: aufgenommen von Dr "un... Sir Robert Schomburgk. Drei Bände. Gebunden. Preis 20 Thlr. ‚kurze geschichtliche Skizze derselben seit ihrer Gründung, ihrer commer- "und politischen. Beziehungen zu dem Muttersiaat, so wie die Darlegung climatischen, gesundheitlichen und Boden -Verhältnisse, die ‚Erlebnisse. der ichen See Amucu, dem El Dorado des Sir Raleigh, dem Canukugebirge und "der Reise nach dem Quellgebiet des Takutu enthält. Der zweite Band falst die Reise nach dem Flufsgebiet des Continga und der geologisch, botanisch und Pakaraima - Gebirg , dann die Expedition nach dem Quellgebiete des Rupununi, Dorentyn, Pomeroon und die Rückkehr nach Europa in sich. IE GERT " Wiehtig und von nachhaltigem Werthe wird das Werk dadurch, dafs in dem e Unterstützung von Seiten Johannes Müller’s, Ehrenberg’s, Erich- on’s, Klotzsch’s, Troschel’s, Cabanis’ und Anderer, welche die vielen neuen Formen aus dem Thier- und Pflanzenreiche bearbeitet haben, in den nd gesetzt worden ist. Gleich wichtig für einen andern Zweig der Wissen- ‚ für die Geographie, ist ohne Zweifel die in ihren Haupttheilen fast ganz ir. Robert Schomburgk aufgenommene Karte Guiana’s, die bis ‚eine Durchzeichnung zu nehmen dem Autor erlaubt hat.. J. J. Weber. ‚Im Verlage der Ik, artif. Abtheilung bes Defterr, Lloyd in Trieh erfeeint ift buch alle ‚dentfchen Buchhandlungen zu beziehen: 2 x - ıTene 1e a FL} _ . i gliori notizie. Opera originale italiana. > - t-und den ten Expedition nach der Mündung des Orinoko, der zweiten nach dem sagen- zoologisch so höchst wichtigen Verbindungskette zwischen dem Parima- und ' Manuseript im englischen Colonialamt existirt, welches bereitwillig x Eugenio Balbi, GEA, ossia la terra deseritta Er > le norme di Adriano Balbi e le ultime e mi- Das Ganze zerfällt in drei Bände, deren erster die Ueberfahrt nach Guiana, - N ‚Aufenthalt in der Coloniestadt mit ihrem bürgerlichen und geselligen Leben, en Bande zuerst eine möglichst erschöpfende Fauna und Flora von Britisch iana gehoten wird, wozu der Verfasser durch die freundliche und bereitwi- Sem Letlage ber Lit. artift. wii dee. ER Rloyd in zrien e „jo ebem, und if in allen Buchhandlungen au; haben: ee Be alien al er Ehren, Be Rah der. Natur gezbi stchuier won m | ER Ott Berg a 1 Supitisn, 7 Holgichniten ir E SUR ende Die Stantftiche Pass "Jernfaleie ons; Sitonh. FR d. h. Grabfirhe. Golgatha. Chor Dh; Brobfixhe, Rotube, Pe ‚Bethlehem. Inneres der Geburteficche.. Unteriebifche Kapelle derfelbe Nazareıh. Die Holzfehnitte: Grab der Maria. | Geihfemane: ) Grotte der An tig. - Grundeiß der h. Grabfiche, :Sehnnene ‚mit dem Dite, der heilige & “ Genezareth. und. Tiberiae. N: ie | Alles rein Confef fionelte ift aisgerätaen au das ‚Bat Hi 8 u na te und Confirmativnegefchent Bike fein. Usb: x de A 2 Aue ’ aaa Ban mit Gott 23 jan E% In meinem a Vorge ist sachen erschienen: S Ei BER ne SE 40 Blättern. ’ | . Entwrorfen und bearbeitet ed en a Se "Dr. Heinrich Kiopert, Fe Ri; Aigen 0 ‚e sangen ‚Akademie. der, Mann N an 295 Deine, bieferung. - "Sud- Senden, 2. Rustend. $, R Nachdem « ‚die Aueh u dritten Lioferg ng yon , KIEPERT's a 4 . Handatlas durch die Schuld „einiger leider so lange er zer 4 Die Halfte, des ganzen. = a somit in 70 = vorliegen, "und. da auch die ‚Blätter ‚des, ‘6. und 7 7. Holtes i im Stiche weit vorge- “ 1 rückt sind, 80 ist es wöchh, „date er Ganzen noch ‚vor ‚dem? Pr \ az see ai Des REN PR RER AS u I Er Pe November 1856. FÜR \LLGEMEINE ERDKUNDE. UND UNTER BESONDERER MITWIRKUNG von - EN % ‚ IN BERLIN, \ K. ANDRE m DRBSDEN UND I» E. . WARPÄUS IN Sorrinoen. , mens ; 5 i ee = e . HNRAUSGEGEBEN = NE a LE N BEE NLE.R NEUMANN, Be = as ‚NEUE FOLGE, SE ER, ERSTER BAND, FÜNFTES HEFT. i a | ER”, BR, VERLAG von ı Diprnich REINER EIER | | ER 1850. FRI F: & B MREBUBES Nachricht über. Dr. J. B. Roth’ 8 ; Reise - Expedition nach Inhalt... nee ARE \ aa EN } ER 2 3 PRErE ; a j 4% "Seite XVI. Ueber das Klima des preufsischen Staats. Von H. W. Dove . ‚3777 XVU,. Die amerikanische Expedition nach aa AyEREr Ben Vom: N eg "> Meransfener. 47... ww. : . ‚390. = - XVII. Bericht Robert Schlaginweit’s s an Se. Mijesie an König; de dato Leh 4. Juli 1856 . . . . ERDE XIX. Einige Bemerkungen über. die Temperatur der Polrgogonden, Vor: i . I BSW.IDSYoT EN. a 2.0.45 Eine Weltkarte mit der Jahreszahl 1489.. Be. Hiem ehe Karte, = t Re Nr er. U) * ... ‚Vorwort, zu Dr. Kohl's Both einer Weltkarte vom J. 1489. ; im britischen Museum. Mont -Bistarı.. 2. Sn ‚444 Bi Anmerkung * über eine alte ‚Weltkarte im britischen Museum in. a London. Von Dr. Kohl ran En N ae Der ı Ri, \ . NE Be Mi ise ellen. Anregung zur Hoprarisng einer seönierhiichen. Gesellschaft in Venedig 455 * Gilead, Ammon, ‘Moab, Edom =... ERS ORTEN 455 2 ru Analyse des Wassers des grofsen Geysers auf Tsland . eine, ee Ueber den „„Humboldt- Gletscher“ in Nordgrönland a De Er NR AD RL "Ueber ‚die Sondirung des atlantischen Oceans zwischen New- Foundland zn und Irland im Sommer 1856 . ... „m. NEE | ‘ Nachrichten über den gegenw DE Zustand des Mormonen- ei ee 436 ER _ Der Handel von. Guayaquil . .. NE RE ER ET 465 N ehare. Literatur. - Geologische Bilder. ‚von "Bernhard Cotta. hr 1856 . UL, Relation d’un voyage. au Thibet en 1852 ei d’un voyage chez les Abors i „en 1853 par.M. l’Abbee Krick.. Paris 1854: . . . mie, 466 Buenos Aires und die Argentinischen PLOVIRBENN, Von Karl Bäche Ba Leipzig. ABB EN ER 92468 Sitzung der RENu Net Gesellschaft zu "Berlin vom 8. ea 1856. Ua Karte. STAL VI. Eine Weltkarte, "mit der Jakressahl 1489. a Von dieser Zeitschrift erscheint jeden Monat ein Heft von 5— 6 Bogen 3 mit Karten und Abbildungen, Der Preis eines Bandes von 6 Heften, , welche nicht getrennt abgegeben werden, ist 2 Thlr. 20 Sg. ie, ai er Ba Neueste Nachricht. Der Gebrüder Schlagintweit Uebergang von Leh in Ladak in das Gebiet von Khotan. So eben läuft bei Sr. Excellenz Herrn A. v. Humboldt ein Schreiben des Herrn Rob. Schlagintweit vom 26. September aus Leh in Ladak mit der wichtigen Nachricht ein, dals es Hermann und Robert Schlagintweit gelungen ist die Kette des Kuenlün zu übersteigen und bis in die Nähe von Elghi, der Hauptstadt Khotans, vorzudringen, bis wohin seit den Jesuiten Benedict Go&s (1604) und v. Hallerstein (1760) kein Euro- päer wieder gekommen war. Ueber das durch Abel Remusat’s historische Forschungen berühmte Khotan in Turkestan werden die zugleich eingetroffenen Nachrichten in dem nächsten Heft die- ser Zeitschrift mitgetheilt werden können. u 1 a en aa a XVl. Ueber das Klima des preufsischen Staats. Von H. W. Dove. Durch die Beobachtungen des preufsischen meteorologischen Insti- tuts, an welches sich Mecklenburg, Hannover, Oldenburg und Holstein _ neuerdings angeschlossen haben, sind die klimatischen Verhältnisse des nördlichen Deutschlands bestimmter festgestellt worden, als früher, wo die Instrumente, durch welche man die Ergebnisse erhielt, nicht ver- glichen waren, und die Beobachtungen aufserdem nicht nach einem ge- meinsamen Plane angestellt wurden. Das Nachfolgende enthält eine kurze Uebersicht der gewonnenen Bestimmungen. Dafs die Wärme eines Ortes nicht allein durch seine geographi- sche Breite und seine Erhebung über die Meeresfläche bestimmt wird, tritt gerade in unsern Breiten höchst auffallend hervor. Während die Jahreswärme in Berlin 7 Grad Reaum. beträgt, erreicht die von Ir- kutzk in nahe gleicher Breite noch nicht den Frostpunkt, und fällt in Norway House an den Ufern des Winipeg, nur ein wenig nördlicher, fast einen Grad unter denselben. Der Januar ist an beiden Stationen volle 15 Grad kälter als der von Berlin. Bestimmt man aus der ge- sammten isothermischen Vertheilung die mittlere Wärme des Parallels ‚von Berlin für die einzelnen Monate des Jahres, so findet man, dafs die so gewonnene Temperaturcurve sich nahe an die wirkliche von Petersburg anschliefst. Berlin ist daher ungewöhnlich begünstigt; es sollte in Beziehung auf Temperatur Petersburg sein, und ist Berlin. Das will viel sagen; denn in Petersburg ist der für Berlin furchtbar strenge Januar von 1848 die Regel, und im Verlauf eines ganzen Jahr- ‚hunderts ist Berlin nur einmal, nämlich im December 1829, daran er- innert worden, welche barbarische Winterkälte ihm von Rechts wegen zukommt. Der preufsische Staat fällt gröfstentheils in den Raum, in welchem die Temperatur im Januarmittel sich unter dem Frostpunkte hält. Die Grenzlinie dieses Raumes nach Süden und Westen hin, also die Iso- 378 H. W. Dove: therme von Null hat in Europa eine sehr auffallende Gestalt, denn sie läuft von der Mündung der Donau zuerst ziemlich regelmäfsig nach Strafsburg, biegt sich aber dann so plötzlich rechtwinklig um, dafs man von Strafsburg bis zum 70ten Breitengrade, also fast bis Hammerfest, nördlich hinaufgehen kann, ohne dafs sich die Wärme vermindert. Im Januar nimmt also die Temperatur in Preussen mit jedem Schritt nach Osten hin ab, ändert sich hingegen weit unerheblicher, wenn man von Süden nach Norden fortgeht. Daher haben dann Stockholm, Memel und Warschau nahe dieselbe Temperatur. Der Winter von Cleve, Cre- feld, Boppard und Trier ist 1°.2 wärmer als der von Berlin, der von Breslau eben so viel kälter, der von Ratibor sogar 2.2, denn hier ist der Winter strenger als in Bromberg und Posen, und nahe eben so streng als in Königsberg, welches wiederum 14 Grad wärmer ist als Tilsit und Arys am Spirdingssee. Die Temperaturvertheilung, wie sie im Meeresniveau stattfinden würde, wird natürlich wesentlich modifieirt durch die verschiedene Er- hebung des Landes über dasselbe. Das Brockenhaus ist im Jahres- mittel 4.7 kälter als das 2750 Fufs tiefer liegende Wernigerode, denn die isotherme Fläche, welche die Brockenspitze berührt, schneidet erst in der Nähe von Alten in Norwegen die Meeresfläche. Aber auch bei geringeren Höhenunterschieden tritt diese Abnahme der Wärme nach der Höhe deutlich hervor. Die Station Schönberg liegt bei Carthaus in 770 Fufs Höhe auf dem Plateau, auf welchem die Radaune ent- springt, unmittelbar am Fufse des über 1000 Fufs aufsteigenden Thurm- berges, vom Harz an dem höchsten Punkte des norddeutschen und sar- matischen Flachlandes. Das nur 5 Meilen davon entfernte Danzig ist im Jahresmittel über 14 Grad wärmer als Schöneberg. So ist Neu- rode in der Grafschaft Glatz 14 Grad kälter als Breslau, Kupferberg fast eben so viel, Ziegenrück im Quellgebiet der Saale, am Fufse des Eckardswaldes höchst romantisch gelegen, fast einen Grad kälter als Erfurt, Neunkirchen bei Saarbrück eben so viel kälter als Trier. Diese Wärmeabnahme ist im Frühlinge am gröfsesten, 54 Grad zwischen Wer- nigerode und dem Brocken, am kleinsten im November, wo sie noch nicht 3 Grade erreicht. In analoger Weise tritt dies bei Danzig und Schönberg hervor. Hier ist die Wärmeabnahme im März am gröfse- sten, im October am kleinsten. Der Sommer des Brockens ist der Frühling von Aachen, sein Winter aber einen Grad wärmer als der von Petersburg. Abgesehen von diesen Niveaudifferenzen nimmt die mittlere Jah- reswärme von SW. nach NO. in der Weise ab, dafs sie im Rheinthale etwa 74 Grad beträgt, an der russischen Grenze noch nicht ganz 5 Grad erreicht. Diese Wärmeabnahme in horizontaler Richtung ist im Winter Ueber das Klima des preufsischen Staats. 379 am gröfsesten, denn im Gebiet der masurischen Seen ist der Winter 34 Grad unter dem Frostpunkte, am Rhein etwa 1.2 über demselben, in Ostpreufsen fallen 4 Monate unter denselben, am Rhein und in "Westphalen kein einziger. Hingegen ist der Sommer von Posen 14.1 gleich dem von Kreuznach, der von Berlin und Breslau 14.2 wärmer als der von Trier 13.9, überhaupt die Sommerwärme so gleichförmig verbreitet, dafs sie in der Ebene mit Ausnahme von Memel und Hela, wo die See abkühlend wirkt, nirgends 144 Grad erreicht und nirgends unter 13 Grad herabsinkt. Im Herbst hingegen ist das Rheinland mit 7+ Grad entschieden wärmer als die mittleren Provinzen, wo nur in Berlin 7 Grad erreicht werden und in Ostpreufsen bereits die Tempe- ratur etwas unter 6 Grad herabsinkt. Aber noch viel erheblicher ist dieser Unterschied im Frühjahr, denn hier hat Trier bereits 7, wäh- rend in Litthauen die Wärme nur 4.1 beträgt. Das kalte Frühjahr Preufsens, Pommerns und Mecklenburgs im Gegensatz des relativ wärmeren Herbstes ist eine auffallende Erschei- nung, darum auffallend, weil das Frühjahr in ganz Deutschland über- haupt unfreundlich ist, zu den allgemeinen Ursachen des Herabdrückens der Temperatur hier also noch eine besondere hinzukommen mufs. Ich ‚suche diese Ursache in dem Einflusse der Ostsee auf ihre südlich ge- legenen Küsten. Eine flüssige Grundfläche stumpft beide Extreme ab, sowohl die der Wärme als die der Kälte. Bei einer festen Grundfläche wird näm- lich die gesammte auffallende Wärmemenge zur Temperaturerhöhung derselben verwendet, bei einer flüssigen hingegen grolsentheils zur Ver- dunstung, welche eine hohe Wärmemenge beansprucht. Kühlt sich hin- gegen die Luft ab, so sinken die an der Oberfläche des Wassers in Berührung mit ihr erkalteten Tropfen in die Tiefe und an ihrer Stelle nehmen wärmere aus der Tiefe aufsteigende Platz, wodurch die Kälte der darauf ruhenden Luftschicht vermindert wird. Dies giebt zu den Meeresströmungen Veranlassung, da das in die Tiefe gesunkene schwe- rere Wasser nach wärmeren Gegenden hin abfliefst. Anders ist es hingegen in einem abgeschlossenen Seebecken wie die Ostsee, wo der Abflufs nach Süden hin versperrt ist, welches aufserdem weit genug nach Norden hinaufreicht, um dort im Winter sich grolfsentheils mit Eis zu bedecken. Hier wird der nördlich gelegene Theil besonders im Frühjahr lange eine niedrige Temperatur behalten, da das Schmelzen des Eises eine grofse Wärmemenge erheischt, das nach Süden hin in er Tiefe abflielsende Wasser also vorzugsweise die Südküsten ab- ühlt, bis endlich in dem ganzen Becken die letzte Spur von Eis ver- chwunden ist und die Sommerwärme nun allein zu directer Tempe- aturerhöhung des Wassers verwendet werden kann. Es ist daraus er- N. a Er 380 H. W. Dove: sichtlich, dafs der erkältende Einflufs sich im Frühlinge also vorzugs- weise an den südlichen Küsten geltend machen wird, und dafs die höchste Temperatur des Meerwassers später eintreten wird als die der Luft. Auf diese Erscheinungen wurde ich aufmerksam, als ich die Tem- peratur von Danzig mit der gleichzeitigen von Hela verglich, welches auf einer weit hervorspringenden Landzunge gelegen besonders im ver- flossenen Winter auf eine höchst auffallende Weise den abstumpfenden Einflufs der See auf die auf dem Lande herrschende Kälte zeigte. Ich vermuthete daher, dafs eine Vergleichung der Temperaturcurven beider Orte im Winter den gröfseren Wärmeüberschufs auf Seite Hela’s, im Sommer den gröfseren auf Seite Danzigs ergeben würde. Nun zeigte sich aber, dafs vom September bis Februar Hela wärmer, vom März bis August kälter als Danzig sei, dafs das Maximum des Wärmeüber- schusses schon in den November fällt, und die gröfste Abkühlung den Zeitraum vom April bis Mai umfafst. Temperaturen des Meerwassers werden in der Regel nur zur Zeit der Seebäder bestimmt, es war da- her für mich eine angenehme Ueberraschung, als ich in einem däni- schen Journale ein zwölf volle Jahre umfassendes freilich unberechne- tes Journal gleichzeitiger Beobachtungen der Luft- und Meereswärme in Copenhagen fand und von Mecklenburg ein zweijähriges schriftliches Journal erhielt für das Meerwasser bei Doberan, welches eine Verglei- chung mit der nahe gelegenen Station Rostok gestattet. In Copenhagen steht die Temperatur des Meerwassers im Mai am tiefsten, nämlich 1.25 unter der Luftwärme, am höchsten hingegen im November, 1.63 über derselben, in Doberan fallen die Extreme auf dieselben Monate, nämlich eine Abkühlung von 1.77 im Mai gegen die Luftwärme in Rostok und ein Temperaturüberschufs von 3.46 im November. Die- selben Verhältnisse treten also auch hier hervor, welche sich indireet in der Luftwärme von Danzig und Hela aussprechen, sie werden da- her als für die Südküste der Ostsee allgemein giltig angenommen wer- den dürfen. Es geht daraus unmittelbar hervor, dafs der Besuch der Ostseebäder erst im Spätsommer anzurathen ist, denen wenigstens, welche eine zu grofse Kälte des Seewassers zu scheuen haben. Es sind zwei Meere, welche vorzugsweise tief in den europäischen Continent sich einbuchten, das mittelländische und das baltische, aber die Rolle, welche sie in Beziehung auf die Temperaturverhältnisse über- nehmen, ist eine verschiedene. Aus der von mir entworfenen Karte der Isanomalen geht deutlich hervor, dafs das mittelländische Meer sei- nen abkühlenden Einflufs vorzugsweise im Sommer äufsert, wahrschein- lich deswegen, weil bei der die Grenze der subtropischen Zone bezeich- nenden Vertheilung der Regen hier im Sommer die Insolation beson- Ueber das Klima des preufsischen Staats. 381 ders mächtig ist und bei dauernd heiterem Himmel zu einer kräftigen Verdunstung Veranlassung wird, während die Ostsee hingegen ihren abkühlenden Einflufs vorzugsweise im Frühjahr geltend macht. Wie weit sich dieser abkühlende Einflufs der Ostsee nach Süden erstreckt, wird sich ermitteln lassen, wenn die jetzt über das Aufblühen _ der Pflanzen nach einem gemeinsamen Plane angestellten Beobachtun- gen eine längere Jahresreihe umfassen werden. Ist die verhältnifsmälsig niedrige Temperatur unseres Frühjahrs der Vegetation nicht förderlich, so sind dieser oft noch mehr die häu- figen Rückfälle der Kälte verderblich, welche aber allgemeineren Bedin- gungen ihre Entstehung verdanken. Der Gegensatz einer festen und flüssigen Grundfläche der Atmo- sphäre tritt nämlich am entschiedensten unter dem direceten Einflufs der Sonne hervor. Es ist daher klar, dafs wenn die Sonne sich im Winter über der südlichen Erdhälfte befindet, die Wirkung ihrer mehr oder minder scheitelrechten Strahlen über den weit verbreiteten, von weni- gen Ländermassen unterbrochenen Gewässern gleichartiger sein wird, als in unserem Sommer auf der nördlichen Erdhälfte, wo Festes und Flüssiges in buntem Wechsel auf einander folgen. Mit zunehmender nördlicher Declination der Sonne erhalten wir daher in Hindostan und Nord -Afrika Temperaturen, wie sie von keinem anderen Orte der Erde bekannt sind. Die Kraft des Nordost-Monsun wird dann vollständig gebrochen und es bildet sich über der compacten Ländermasse Asiens ein grolsartiger Courant ascendant, der, begleitet von einem stark ver- minderten atmosphärischen Druck, mit allen Kennzeichen der Gegend der Windstillen auftritt, den Südost-Passat als Südwest-Monsun bis an den Fufs des Himalaya hinaufzieht und auf die kältere Luft der neben- liegenden Meere in der Art wirkt, dafs die des atlantischen Oceans sich erkältend über Europa verbreitet, während Ostwinde an den Kü- sten von Japan und Nord-Asien hervortreten, hingegen nördliche an den Ufern des sibirischen Eismeeres. Diese enormen Modificationen, welche die unsymmetrische Vertheilung des Festen und Flüssigen wäh- rend unseres Sommers hervorruft, sind ein Heraustreten aus der natür- lichen Einfachheit der Verhältnisse, wie sie eine gleichförmige Wasser- bedeckung oder eine symmetrische Landvertheilung erzeugen würde. Der Herbst nun ist eine Rückkehr in diesen normalen Zustand, der Frühling ein mehr gewaltsames Herausreilsen aus demselben. Die Na- tur schlummert im Herbst ruhiger ein, sie erwacht fieberhaft im Früh- ling und wenn diesem nicht der Winter zur Folie diente, so würde _ man dem Herbst den Vorzug geben. Die Witterung kämpft im Früh- jahr lange, ehe sie sich darüber entscheidet, ob sie in südlicheren Ge- genden höhere Temperatur zu suchen habe oder dem neuen Anziehungs- 382 H. W. Dove: punkte folgen soll, der sich für nebenliegende Luftmassen in Central- Asien bildet. Je herrlicher der Frühling bei uns erwachte, als im Moment des Gleichgewichts zwischen Ost und West die Temperatur sich selbst- ständig steigerte, desto trüber bricht dann plötzlich im Juni unsere Regenzeit mit Nordwest herein, wenn die Luftmassen des atlantischen Wasserbeckens die Lücke auszufüllen suchen, welche durch die Auf- loekerung der continentalen Atmosphäre über Asien sich zu bilden be- ginnt, während die durch die dort schnell zunehmende Wärme in Be- wegung gesetzten Eismassen des sibirischen Meeres durch Matoschkin Schar und die karische Pforte ihren Ausweg suchen und an der Küste Grönlands herabtreibend sich dort mit den Eismassen vereinigen, wel- che in der Baffinsbay aus dem Smithsund, Lancastersund und Jones- sund herabkommen, so dafs der im Winter für Europa in NO. liegende Kältepol nun in NW. liegt, und daher jedes Umschlagen des Windes in diese Richtung die Frühlingswärme plötzlich verscheucht und dann eine so eisige Luft sich verbreitet, dafs man meint, Helios sei gealtert, da selbst die hochstehende Sonne ihre wärmende Kraft verloren zu haben scheint. In dem eben Gesagten sind die Gründe angedeutet, warum wir gerade im Frühjahr so häufige Rückfälle der Kälte wahrnehmen. Diese werden der Vegetation besonders in den Gegenden gefährlich, wo sie noch Nachtfröste veranlassen in einer bereits vorgeschrittenen Ent- wickelung der Pflanzen. Es ist daher natürlich, dafs sie eben deswe- gen in diesen Gegenden eine besondere Aufmerksamkeit erregen, weil sie oft in einer einzigen Nacht Hoffnungen vernichten, welche für eine gesegnete Ernte bereits begründet erschienen. Verbindet sich mit einer solchen Erscheinung noch die Erinnerung an einen bedeutenden Mann, wie in Beziehung auf Mamertus, Pancratius und Servatius (den 11., 12. und 13. Mai) durch Erfrieren der Orangerie von Sanssouci an Friedrich den Grofsen, so erscheint der Glaube an die gestrengen Herren bei uns gerechtfertigt, da selbst ein so grofser Mann sich vor ihnen gebeugt, während man in England sie nie beachtet hat. Für alle Orte, für welche auf der Nordhälfte der Erde aus länge- ren Jahresreihen die Temperatur jedes einzelnen Tages sich bestimmen läfst, und es sind deren 23, habe ich die Anzahl der Rückfälle der Kälte bestimmt, welche in den einzelnen Jahren auf die einzelnen Tage des Mai’s kommen. Es zeigt sich dabei, dafs die Tage, um die es sich handelt, in Beziehung auf Anzahl sich wenig von dem mittleren Werth sämmtlicher Tage unterscheiden. Von bestimmten Tagen als solchen kann also hier nicht die Rede sein, man mülste denn der Na- tur geradezu einer vorgefalsten Meinung zu Liebe Gewalt anthun. Es kann also nur gefragt werden, ob im Allgemeinen um diese Zeit eine Ueber das Klima des preufsischen Stauts. 383 Temperaturerniedrigung zu erwarten sei. Um mehr Orte in Betracht ziehen zu können, habe ich daher vom 1. bis 30. Mai 6 fünftägige Tem- peraturmittel berechnet, wo der 11., 12. und 13. sämmtlich in den dritten Abschnitt fallen, und 43 Stationen auf diese Weise mit einander ver- _ glichen. Es zeigt sich hierbei in Rufsland nirgends: ein Rückfall von - Irkutzk an bis Petersburg, derselbe tritt aber hervor in Mitau, Arys, Stettin, Berlin, Arnstadt, Erfurt, dem Brocken, Gütersloh, Breslau, Prag, Peissenberg, Paris, Brüssel, Utrecht, Harlem, London, nicht _ aber in Wien, Carlsruhe, Mannheim, Frankfurt a. M., Bern, St. Gott- hard, Udine, eben so wenig in den Vereinigten Staaten in Albany, Toronto und Salem. Die Erscheinung greift also nicht in das südliche Deutschland hinein, sondern beschränkt sich auf eine Strecke von Cur- land über das nördliche Deutschland, Holland, Belgien, das südliche England und nördliche Frankreich. In Rufsland scheint der Rückfall erst später sich geltend zu machen, zwischen dem 18. und 23. Dafs aber eine unverhältnifsmäfsige Abkühlung der Ostsee durch Eistreiben, wie behauptet worden, die Ursache sei, widerlegt sich dadurch, dafs in den langen Reihen von Königsberg und Danzig die Erscheinung sich nicht zeigt, und dafs weder die Temperatur des Meerwassers noch die der Luft bei Copenhagen sie erkennen lassen. Dasselbe Resultat ergiebt sich, wenn man die Anzahl der Rückfälle in den einzelnen Jahrgängen bestimmt. Für 317 verglichene Jahrgänge in Deutschland ergaben sich, wenn man die 5 Differenzen der 6 fünftägigen Abschnitte bestimmt und unter Rückfall das versteht, dafs die nachfolgenden fünf } Tage im Mittel kälter waren als die fünf vorhergehenden, für 317 Jahr- gänge die Zahlen 128, 172, 85, 100, 111, also die gröfste Wahrschein- lichkeit für die Epoche der kalten Tage, für Rufsland hingegen 83, 78, 64, 92, 85, also mehr am Ende des Monats, d. h. die gestrengen Her- ren nach dem alten Kalender. Schon hieraus geht hervor, dafs die Ursache der Erscheinung keine kosmische, sondern tellurische ist, dies wird aber evident, wenn man in denselben Jahren viele Orte unter einander vergleicht, wie ich für 30 Jahrgänge gethan. Sind die Her- ren dann innerhalb eines bestimmten Gebietes streng, so äufsern sie sich mild in einem anderen, die Wirkung verschiedener Luftströme ist daher unverkennbar. An den Veränderungen der Temperatur des Luftkreises nehmen _ die oberen Erdschichten Theil, aber in der Weise, dafs die Extreme sich immer mehr abschleifen, je tiefer wir eindringen, bis wir in einer bestimmten Tiefe eine das ganze Jahr hindurch in ihrer Wärme un- veränderliche Schicht finden. In Berlin beträgt der Unterschied zwi- schen dem wärmsten und kältesten Monat an der Oberfläche 15°.1, 4 Fufs unter derselben hier und in Gütersloh in Westphalen 11.6, in ih an r 384 H. W. Dove: 2 Fufs 10.6, in 3 Fuls 9.6, in 4 Fufs 8.4, in 5 Fufs 7.4. Vom Sep- tember bis März nimmt die Wärme daher zu nach der Tiefe, vom April bis August ab. Was die Veränderlichkeit der Lufttemperatur betrifft, darunter ver- standen die Abweichungen der Temperatur eines bestimmten Jahres von dem aus einer langen Jahresreihe bestimmten mittleren Werthe, so ist diese sehr bedeutend. In Breslau war das Jahr 1834 49.34 wärmer als 1829, in Berlin das Jahr 1761 4.9 wärmer als 1740. In Berlin war der Januar von 1823 14° kälter als der von 1796, in Bres- lau der December von 1829 13.9 kälter als der von 1806. Die Ver- änderlichkeit, sowohl die absolute als die mittlere, nimmt vom Winter nach dem Frühlinge schnell ab, ist im Sommer wieder etwas grölser, aber im September, dem beständigsten Monate unserer Breiten, am unbedeutendsten. Betrachten wir aber die Erhöhung über den mittleren Werth ge- sondert von der Erniedrigung unter denselben, so ist jene unbedeuten- der als diese. Im December 1829 kam in Breslau ein fünftägiges Mittel vor, welches 15.9 zu kalt war, die gröfste Erhebung desselben betrug 8.5 im Januar 1834. In Arys waren die gröfsesten Abweichungen — 13.1 und +7.6, in Stettin —11 und +6.7, in Berlin —13.4 und 7.3, in Gütersloh —12.1 und +8.3, in Trier —12.4 und +7.3. In den westlichen Provinzen sind diese Abweichungen geringer als in den östlichen, und steigern sich überall mit der Entfernung von der Küste. Was die absoluten Extreme betrifft, so werde ich hier nur die Jahre vergleichen, während welcher auf den Stationen des Instituts Beobachtungen angestellt wurden, da diese an verglichenen Instrumen- ten erhalten worden sind, bei deren Aufstellung aufserdem Rückstrah- lung so viel wie möglich vermieden wurde. In Berlin betrug die gröfste Kälte im Januar 1850 — 20, die gröfste Wärme 27.9 im Juli 1852, der Unterschied also 47.9. Im Jahre 1850 fiel aber die Stelle, wo die Temperaturerniedrigung, die nach allen Seiten hin schnell abnahm, am bedeutendsten war, nach dem Grofsherzogthum Posen. In Posen wurden —29.2, in Bromberg —29.3 beobachtet. In Juni 1848 stieg in Posen das Thermometer auf 27.7, der gröfste Unterschied beträgt also dort 56.9. In Ratibor wurden im August 1849 28.4 abgelesen, dies gab mit den —?6.7 im Januar 1848 einen Unterschied von 55.1. Als die weitesten Grenzen der Temperaturveränderungen überhaupt wird man also innerhalb der Grenzen des preufsischen Staates etwa 28 — 29 Grade über oder unter dem Frostpunkte annehmen können. Auch hier sind die Extreme in den westlichen Provinzen geringer, denn in Kreuznach und Cöln fand ich als positive Extreme 27.0 und 27.0, r in Cöln wegen der Localität wohl etwas zu hoch, die gröfste Kälte in Kreuznach —17.4 im Februar vorigen Jahres, in Cöln — 16.0. Am 3. Februar 1823, einem Jahre, dessen kalter Winter berühmt ist, schrieb man aus dem Wallis: Schon zum zweiten Male in diesem Winter bestätigen die Beobachtungen eine Meinung unserer Walliser, nämlich dafs in dieser Jahreszeit es in der Ebene oft kälter ist, als in der halben Höhe des Gebirges. Dies tritt auch sehr deutlich in unseren Beobachtungen hervor. Am 22. Januar 1850 war die Kälte in Hei- ligenstadt — 22°, auf dem Brocken nur — 10.5. In Schlegel bei Glatz, 1181 Fufs über dem Meere, stieg die Kälte am 22. Januar Morgens auf — 27, dagegen hatten die Wünschelburger den bei ihnen sehr an- genehmen Wintermorgen ohne besondere winterliche Vorsichtsmafsre- geln zu einer Fahrt nach Glatz benutzt und konnten die Kälte in Glatz gar nicht begreifen. Wir wenden uns zu den wässerigen Niederschlägen. Die Elastieität der in der Luft enthaltenen Wasserdämpfe auf psychrometrischem Wege bestimmt ist im Januar am kleinsten, im Juli am grölsesten. In Ostpreufsen steigt sie von 1.2 Linien bis 4.9, am Rheine von 2 auf 4.8, so dafs sie also in den wärmsten Monaten nahe überall dieselbe ist. Da nun die relative Feuchtigkeit im Sommer ge- ringer ist, als im Winter, so ist klar, dafs die Verdunstung des Wassers aus einem doppelten Grunde vom Winter zum Sommer hin zunimmt, weil nämlich die Wärme sich steigert und zu gleicher Zeit mit dieser die Fähigkeit der Luft, Wasser aufzunehmen, oder ihre relative Trocken- heit. Nun zeigen aber unsere Beobachtungen, dafs die Regenmenge vom Winter zum Sommer hin stätig zunimmt, man könnte daher der Vermuthung Raum geben, dafs das bei uns verdunstende Wasser auch die Quelle des Regens ist. Aber wir verweisen auf unsere frühere Ausführung, S. 24 d. Zeit- schrift: „Da der Luftkreis in ununterbrochener Bewegung begriffen ist, so sieht man leicht ein, dafs das Wasser nicht da herabfällt, wo es verdunstet, dafs im Gegentheil die Verdunstung an einer bestimmten Stelle die Veranlassung zum Regen an einer anderen wird. Im All- gemeinen also ist das bei uns herabkommende Wasser fremden Ver- dunstungsquellen entlehnt, und man braucht nur einen Globus zu be- trachten, um sich zu überzeugen, dafs gegen das grolse Wasserreservoir, welches wir das Meer nennen, alle übrigen Wasserbehälter verschwin- den; es ist also hauptsächlich Meerwasser, welches durch die Destilla- tion, für welche die Sonne die Wärme entwickelt, sich bei späterer Abkühlung in Regen verwandelt. Da aber mit Abnahme der Wärme die Fähigkeit der Luft, Wasser‘ zu, enthalten, abnimmt, so wird die günstigste Gelegenheit für den Regen geboten sein, wenn Luft, welche Zeitschr. f. allg. Erdk. Neue Folge. Bd.I. 25 Ueber das Klima des preufsischen Staats. 385 386 H. W. Dove: über dem Meere der heifsen Gegend gestanden, über kälteren Boden strömt. Wir haben also nach dem Aequator und zwar wo er flüssig ist hinzublicken, wenn wir die Quelle suchen, aus welcher der Luft- kreis seinen Wassergehalt schöpft. Da aber wegen der Drehung der Erde die Winde, welche von der heifsen Zone wehen, immer westlicher werden, je weiter sie fortsehreiten, oder da mit anderen Worten ein Südwestwind ein Südwind ist, welcher weiter von Süden herkommt, als der Südwind selbst, so wird die Südwestseite unsere Wetterseite sein“, die Regenmenge wird daher von den südwestlichen Gegenden des Staats nach den nordöstlichen abnehmen, wie es die Beobachtungen er- geben, da nämlich je weiter die Luft strömt, sie desto mehr den Wasser- dampf verliert, den sie in wärmeren Gegenden aufnahm. Jedes von SO. nach NW. sich erstreckende Gebirge, und dies ist ja die Haupt- richtung der norddeutschen Ketten, verdichtet daher an seiner Südwest- seite viel mehr Regen, als an der Nordostseite, selbst so unbedeutende, wie der Teutoburger Wald, denn in Paderborn und Gütersloh jenseits fielen in denselben Jahren 28 Zoll, wo in Salzuffeln diesseits nur 21.8 gemessen wurden, Ziegenrück am Südabhange des Thüringer Waldes hat 26, Erfurt nur 20. Die in Prag 14 Zoll betragende Regen- menge steigert sich am Südabhange des Riesengebirges allmählig bis 33, sinkt aber in Neisse schon auf 16 Zoll herab. Das Rheinthal, wel- ches als eine Querspalte das rheinische Gebirge durchsetzt, zeigt daher in seinem ganzen Verlaufe eine sehr gleiche Menge von etwa 26 Zoll, aber in den Querthälern ist sie unbedeutender, so in Kreuznach nur 19. Der isolirt aufsteigende Harz verdichtet hingegen den Wasserdampf zu der gröfsten Menge, denn in Clausthal und auf dem Brocken erreicht diese 50 Zoll, aber dadurch ist auch der Vorrath erschöpft und daher sinkt an den mecklenburgischen Küsten, der Nähe der Ostsee unge- achtet, auf Poel bei Wismar diese Menge auf 16, in Wustrow sogar bis auf 13 Zoll herab, während sie in Berlin 21 Zoll beträgt. In Ost- preufsen ist sie erheblicher als in Westpreufsen, denn sie beträgt in Königsberg 28, in Conitz nur 14. Zugleich zeigt sich an der Küste der Ostsee eine Tendenz, das Maximum der Regen vom Sommer in den Herbst zu verlegen, da nämlich das Meer, wie wir früher gesehen, länger die Wärme zurückhält als das Land, so wird hier der Gegen- satz der Temperaturen beider im Herbst eine Veranlassung zur Stei- gerung der dann eintretenden Niederschläge. Die Vertheilung der Regenmenge in der jährlichen Periode bietet einige bemerkenswerthe Eigenthümlichkeiten dar, welche in allgemei- neren Verhältnissen ihre Erledigung finden. Die in der Gegend der Windstillen in der heifsen Zone aufstei- gende Luft kann nicht in der Höhe bis zum Pol zurückflielsen, da der Zwischenraum zwischen den Meridianen sich fortwährend verengert, sie Ueber das Klima des preufsischen Staats. 387 muls also früher herabkommen und wird da, wo sie den Boden berührt, ihren Wasserdampf am mächtigsten absetzen. Die Gegend der Wind- stillen rückt aber mit der Sonne herauf und herunter, sie hat ihre süd- lichste Lage in unserem Winter, ihre nördlichste in unserem Sommer. Dem analog wird sich natürlich auch die Stelle des Herabkommens verschieben. Im Winter kommen daher diese obern Ströme schon süd- lich von den Canaren und Azoren herunter, diese haben daher in den Wintermonaten ihre Regenzeit. So wie die Sonne höher nach Norden hinaufrückt, bewegt sich die Stelle des Aufsteigens mit ihr weiter nach Norden, das Herabkommen findet nun weiter nördlich an den Südküsten von Europa statt. Diesen heifsen feuchten Winden stellt sich die Mauer der Alpen entgegen. An ihren kalten mit Schnee bedeckten Scheiteln eondensirt sich der Wasserdampf zu furchtbaren Niederschlägen, wäh- rend die hohe Temperatur, welche sie aus den Tropen mitbringen, zu einer Schneeschmelze Veranlassung giebt, welche das durch den Re- gen schon erhöhte Niveau der Ströme zu einer Höhe hebt, wodurch Ueberschwemmungen erzeugt werden, von denen eben das südliche Frankreich ein so entsetzliches Beispiel gegeben. Aber dadurch er- schöpft sich auch der Wassergehalt und wir haben daher im Frühjahr, wo besonders die Lombardei von den heftigsten Ueberschwemmungen heimgesucht wird, im nördlichen Deutschland eine ungewöhnliche Trok- kenheit mit sehr hohem Barometerstande und dauernden Ostwinden. Der von Norden herbeiströmenden Luft ist der Weg nach Süden voll- kommen durch jene herabkommenden Winde versperrt, daher staut sich die Luftmasse besonders im März zu ungewöhnlicher Höhe, während die abgesperrte Luft seitlich einen Ausweg sucht und daher als Ost- wind so weit fliefst, bis sie in ihrem Vordringen nach Süden nicht wei- ter gehindert wird. Endlich dringt diese Luftmasse auch in Europa im Süden durch, der Ostwind verwandelt sich in Nord und das Barometer fällt ganz gegen die gewöhnliche Regel, weil eben dann ein Abflufs erfolgt. Im Juni endlich ist die Gegend der Windstillen so weit her- aufgerückt, dafs die oberen Winde die Alpenkette ungehindert über- strömen können, jetzt bekommen wir unsere Regenzeit, 7 Brüder und Siebenschläfer sind unsere Loostage; gerade wenn wir die Bäder be- suchen wollen, bricht die Regenzeit herein. In dieser Beziehung sind wir daher schlecht gelegen. Aber die Verhältnisse des Frühjahrs keh- ren im Herbst wieder, der September ist daher unser Reisemonat, er- reicht er eine besondere Schönheit, so erhält er den eben nicht poeti- schen Namen „alter Weiber Sommer“. Ich habe in einer neuerdings herausgegebenen Arbeit ausführlich gezeigt, dafs die barometrischen Maxima eben solche Phänomene des Stauens sind. Die Belagerung von Sebastopol lieferte so viele Nach- 25% 388 H. W. Dove: richten über die gleichzeitig im mittelländischen Meere entgegenwehen- den südlichen Winde, dafs ein bisher vollkommen dunkles meteorolo- gisches Phänomen auf eine sehr einfache Weise sich gleichsam von selbst erläuterte. In die bisherigen Beobachtungen habe ich die eleetrischen Phä- nomene und die Verbreitung des Hagels nicht aufgenommen, da ich hierüber noch mehr Material zu sammeln hoffe, als bis jetzt vorliegt. Die Südweststürme des Winters mit niedrigem Barometer habe ich früher sehon auf ihre Geburtsstätte in Westindien zurückgeführt und in neuern Untersuchungen keine Widerlegung früher geltend gemachter Ansichten gefunden. Tromben sind so selten, dafs die grofsartige Ver- wüstung, welche im Jahre 1848 eine solche im Forste von Biesenthal bei Neustadt-Eberswalde anrichtete, das einzige mir aus eigener An- schauung bekannte Beispiel ist. . Dafs zu diesen Formen viele Ge- witter und Hagelwetter als stark geneigte Wirbelwinde, deren Rota- tionsachse zuletzt mehr horizontal wird, gehören, glaube ich als eine sehr wahrscheinliche Vermuthung aussprechen zu dürfen, ohne es be- weisen zu können. Ich habe Licht- und Schattenseiten des Klima’s von Preufsen ein- fach darzulegen gesucht, die nach der geographischen Lage günstige Temperatur, den Mangel so heftiger Niederschläge, wie im südlichen Europa, die Compensation eines milden Herbstes für ein rauhes Früh- jahr, einen nur nach dem Ende hin ungetrübten Sommer. Betrachten wir aber die letztverflossenen Jahre, so müssen wir sie als besonders ungünstig bezeichnen, weil die häufige Wiederholung eines unverhält- nilsmäfsig kalten Frühjahrs nach einem milden Winter der Entwicke- lung der Vegetation am verderblichsten ist. Hierzu kommt noch die unglückliche Temperaturvertheilung im Jahre 1855. Im December 1854 und Januar 1855 hatten heftige Regen bei Südwinden das Niveau der Ströme erheblich erhöht, das Verdrängen dieses lange anhaltenden Süd- stromes durch den in der zweiten Hälfte des Januar ihn überwälti- genden polaren hatte aufserdem eine bedeutende Schneemenge geliefert. Die im Februar wiederkehrende Kälte bedingte neue Eisdecken in einem tiefern Niveau, da der auf den Boden gefallene Schnee in der andauern- den Frostperiode nicht schmelzen konnte, die Eisdecke erhielt dadurch eine ungewöhnliche Mächtigkeit. Unglücklicher Weise war der März bei niedrigem Barometerstande dauernd trübe. Die Sonne konnte nicht auf die Eisdecke wirken, welche daher so lange Widerstand leistete, bis sie endlich durch den Druck des Wassers gebrochen wurde, das aus dem verspäteten Schneeschmelzen sich dauernd vermehrt hatte. Die Beobachtungen in Oberschlesien zeigen zwischen dem 22. bis 26. März einen Ueberschufls von 4.7 über die normale Wärme, in Brom- u u 5 zu Ueber das Klima des preufsischen Staats. 389 berg von 0.6. Im obern Gebiet der Weichsel trat wegen dieser inten- siven Wärme daher der Eisgang schon energisch ein, während der Flufs im mittleren Laufe noch gesperrt war. Dem Zusammenwirken dieser Ursachen ist es zuzuschreiben, dafs die Ufer der Weichsel von einer Ueberschwemmung heimgesucht wurden, deren Schrecken Alles hinter sich liefs, was die Leidensgeschichte dieser unglücklichen Ge- genden bisher an Drangsalen aufgezeichnet hat. In dem ganzen Verlaufe meiner Untersuchungen, und sie umfassen 130 Jahrgänge Monat für Monat, habe ich kein Beispiel gefunden, dafs anomale Verhältnisse sich dauernd fixiren. Die gleichzeitige Beobach- tung der neben einander liegenden Erscheinungen zeigt eben, dafs die Betten der Luftströme veränderliche sind. Der Mangel an einer Stelle compensirt sich durch den Ueberschufs an einer anderen, und die Ge- gend, welche nach Jahren des Milswachses oft von fern her ihren Be- darf sich holen mufste, spendet dann in anderen Jahren reichlich den- jenigen Ländern, welche ihr in der Zeit der Noth zu Hilfe gekommen. So erscheint im Leben der Atmosphäre Gewicht und Gegengewicht ge- regelt, wenn man sich gewöhnt, beide Schaalen zu beachten, d.h. den localen Standpunkt zu verlassen, der nur eine in’s Auge falst. (Die zu der Abhandlung gehörigen Temperaturtafeln werden einer späteren Tabelle, welche die Wärmeverhältnisse von ganz Deutschland umfalst, einverleibt werden.) XVL. Die amerikanische Expedition nach Japan. (Zweiter Artikel.) Commodore Perry beschlofs, von Shanghai nicht direet nach Japan zu gehen. Er wollte den Japanesen gegenüber völlig unabhängig sein und namentlich für den sehr wahrscheinlichen Fall, dafs bei einer län- geren Dauer der Verhandlungen die Schiffsvorräthe an Wasser und Lebensmitteln erschöpft werden sollten, sein Verbleiben in den dortigen Gewässern nicht von dem guten Willen seiner Gegner abhängig machen. Da seine Instruetionen ihm die Anwendung von Gewaltmitteln nur zum Zwecke der Selbstvertheidigung gestatteten, wäre ihm nur die Rück- kehr zu einem der entlegenen chinesischen Häfen übrig geblieben, so- bald ihn die Japanesen, nach längerem Hinschleppen der Verhand- 390 Die amerikanische Expedition lungen, durch die Verweigerung einer Subvention an Wasser und Le- bensmitteln von ihren Küsten zu entfernen gesucht hätten; und eine solche Eventualität wäre in den Augen seiner Gegner ein erster be- deutungsvoller Sieg über ihn, und für den Erfolg der Mission ein übles Prognostikon gewesen. Perry sah sich demnach nach einem näher gelegenen Hafen um, mit dem er durch eines seiner Schiffe eine be- quemere Verbindung aufrecht erhalten konnte, und warf sein Auge auf die Liu-Kiu-Inseln. Diese waren in der That hierzu vorzüglich geeignet. Von der Südspitze Kiusiu’s ist Grofs-Liu-Kiu nur 44 Breitengrade in südsüd- westlicher Richtung entfernt; es ist wohl bebaut, reich an Quellwasser und Lebensmitteln, und von einem Menschenschlage bewohnt, den Basil Hall als ein Muster idyllischer Einfachheit und harmloser Friedfertig- keit geschildert hatte. Dazu kam, dafs sich die Souveränetätsverhält- nisse dieser Inseln im Laufe der Zeit verdunkelt hatten; die Wahr- scheinlichkeit sprach allerdings dafür, dafs die Eilande von Japan und zwar von dem Fürsten Satsuma’s, des südlichsten der neun auf der Insel Kiusiu gelegenen Fürstenthümer, abhängig waren; aber es stand auch fest, dafs die Bewohner an China einen Tribut entrichteten, und man durfte daraus schliefsen, dafs weder Japan noch China für eine unzweideutige Feststellung ihrer Oberhoheitsrechte gesorgt hatten, dafs die Inseln vielmehr ziemlich unabhängig waren und dafs man es bei dem Abschlufs einer Convention nur mit den eigenen Behörden dersel- ben zu thun haben würde. Zugleich bot sich die Aussicht dar, hier einen solchen Ankerplatz zu gewinnen, wie ihn der Schiffsverkehr zwi- schen Californien und China so dringend bedurfte; und wenn es dem Commodore gelang, durch ein wohlwollendes Benehmen das Vertrauen der Eingeborenen zu gewinnen, durfte er erwarten, dafs die Nachricht von dem friedfertigen Auftreten der Amerikaner auch nach Japan ge- langen und hier die von übelwollender Seite genährten Befürchtungen beschwichtigen würde. Gewannen die Amerikaner auf den Liu-Kiu- Inseln Terrain, so hatten sie auch für ihr Auftreten in Japan in mehr als einer Beziehung die Wege geebnet. Am 26. Mai ankerte das Geschwader vor Grofs-Liu-Kiu, auf der Rhede von Napha. Es galt nun, die Eingeborenen zu gewinnen, sie für den Umgang, wo möglich für den Tauschhandel mit den Fremden geneigt zu stimmen, und die Behörden aus ihrem mysteriösen Isolirungssystem in die ge- wöhnlichen Wege des internationalen Verkehrs hineinzuziehen. Die Aufgabe war nicht einfach: zu ihrer Lösung gehörte auf der einen Seite eben so viel Zuvorkommenheit, Discretion und Nachgiebigkeit, wie auf der anderen Festigkeit und Consequenz, — und die Mittel, u rn Ma u a nach Japan. 391 jenen Doppelzweck zu erreichen, schienen sich oft durchkreuzen zu müssen. Aus leicht ersichtlichen Gründen hatte der Commodore beschlossen, hier wie in Japan nur mit den höchsten Würdenträgern Unterhand- lungen anzuknüpfen: bei diesen orientalischen Völkern mit ihrer weit verzweigten Beamtenhierarchie, ihren scharf gesonderten Rangklassen mulste er unter allen Umständen der Quelle der Entscheidung so nahe als möglich zu treten suchen und dadurch die Gefahr vermeiden, dafs der Strom der Verhandlungen in den weitläuftigen Canälen des Beam- tenthums kläglich versiegte. Um diese für den Erfolg der Mission sehr wesentliche Forderung auf eine den ceremoniösen Nationen des Orients verständliche Weise zu motiviren, hüllte er sich selbst in ein strenges Ceremoniell, und liefs darauf verweisen, dafs er der Vertreter eines sehr mächtigen Reiches sei und zur höchsten Rangstufe desselben ge- höre. Das war in den Augen eines Volkes, bei welchem jeder Beamte vor Männern der nächsthöheren Rangstufe auf die Knie sinkt, ein über- zeugender Grund, der jeden Versuch untergeordneter Behörden, zu dem mächtigen Mandarin der Vereinigten Staaten zu gelangen, als unbillig und thöricht erscheinen lies. In der That ist weder hier noch in Japan gegen dieses Argument ein Einwand erhoben worden. Zweifelhafter war es, wie man in Bezug auf die Geschenke ver- fahren sollte, welche die Eingeborenen den Schiffen zuführten, — moch- ten sie nun damit das Wohlwollen der fremden Nation, die mit so ehrfurchtgebietender Macht an ihren Küsten erschien, erkaufen wollen oder den Pflichten der Gastfreundschaft, wie sie von den meisten Natur- völkern aufgefalst werden, Folge zu leisten meinen. Perry sagte sich indels, dafs es, um die Gunst der Eingeborenen zu gewinnen, ein schlechter Weg gewesen sein würde, wenn man von ihnen gewisser- malsen dog« zijg ragodov angenommen hätte; sollten sie dem Handels- verkehr zugänglicher werden, so waren überdies die orientalischen Ideen über die den Fremden schuldigen Pflichten unhaltbar; erneuerte Besuche wären dann den Insulanern als ein Anlals zu neuen Contri- butionen, als eine Plage erschienen, während den Amerikanern viel daran gelegen sein mulste, die gerade entgegengesetzte Vorstellung an- zuregen, dafs der Besuch der Fremden für die Landeseinwohner mit Vortheilen verknüpft sei. Die freundlichst dargebotenen Geschenke wurden also abgelehnt. Dies erregte Bestürzung und Besorgnisse; aber der Commodore benutzte die erste sich darbietende Gelegenheit, sie durch die Versicherung zu beschwichtigen, dafs er, von jeder Mifsach- tung weit entfernt, hierin nur den Gebräuchen seines Vaterlandes ge- folgt wäre, welche den Kriegsschiffen die Annahme von Geschenken untersagten. 392 Die amerikanische Expedition Die bestimmte Erklärung Perry’s, nur mit den höchsten Würden- trägern verhandeln zu wollen, hatte zur Folge, dafs schon am 30sten der Regent der Liu-Kiu-Inseln, ein ehrwürdiger alter Mann, mit zahl- reichem Gefolge an Bord der Susquehanna erschien: es war zu er- warten gewesen, dafs die höchsten Behörden des Landes bei den Be- sorgnissen, welche die Erscheinung einer Kriegsflotte den Insulanern einflöfsen mufste, bald aus ihrer orientalischen Indolenz heraustreten würden, um eine Aufklärung und beruhigende Zusicherungen zu er- langen. Der Commodore hatte alle Anordnungen getroffen, den Ein- geborenen durch Entfaltung seiner überlegenen Macht zu imponiren: die Mannschaft war in voller Uniform; der Regent und sein Gefolge wurden von den Capitains Buchanan und Adams empfangen, und als sie an Bord des Schiffes waren, durch drei Salutschüsse begrüfst, wo- bei einige dieser Naturkinder vor Schreck zu Boden sanken; demnächst führte man sie auf dem Schiffe umher, zu den furchtbaren Geschützen, der grofsartigen Maschine, die sie mit Staunen betrachteten, und er- öffnete ihnen endlich, dafs man sie nun zu dem Commodore geleiten würde, der sich bisher nicht hatte blicken lassen. Nicht ohne Unruhe, und überwältigt von dem Eindruck des Wunderbaren, das sie gesehen hatten, doch mit grofser Gravität und in dem Bewufstsein, dafs sie in eine ganz singuläre Begebenheit verwickelt wären, stiegen sie zur Ca- jüte hinab. Auf eine solche Gemüthsstimmung mufste Perry’s Freund- lichkeit besonders wohlthuend wirken; die Mienen der Insulaner klärten sich auf, sobald er sie seiner Freundschaft und seiner friedlichen Absichten versicherte, und umdüsterten sich erst dann wieder, als er seinen Ent- schlufs zu erkennen gab, dem Regenten in dem Palaste der Residenz- stadt Shui einen Gegenbesuch abzustatten. Dieses war das nächste Ziel, welches Perry erreichen mufste: neben einem lebhaften interna- tionalen Verkehr konnte das Mysterium, in welches sich orientalische Monarchen einzuhüllen lieben, nicht bestehen bleiben, und es war wün- schenswerth, den geheimnifsvollen Schleier so zeitig als möglich zu lüften und dadurch zu zeigen, dafs das Verderben noch nicht herein- breche, wenn der himmlische Sitz der höchsten Autorität nicht mehr unnahbar sei. Dem Regenten freilich war die Forderung höchst ber denklich; er berieth mit seinen Begleitern; aber der Commodore machte ihrem Gespräch durch die Versicherung ein Ende, dafs seine Pflicht den Besuch erheische und dafs er erwarte, mit allen Ehren empfangen zu werden, die dem Vertreter einer so grolsen Nation gebührten. Der Regent erhob zunächst keinen weiteren Einwand. Mit denselben Ehren- bezeugungen, die ihm bei seiner Ankunft zu Theil geworden, wurde er zu seinem Boote zurückgeleitet. a Da 5 a ei nach Japan. 393 Nachdem auf diese Weise der Verkehr mit den Behörden ange- knüpft war und der Commodore auch einigen Abtheilungen der Schiffs- mannschaft die Erlaubnifs ertheilt hatte, an’s Land zu gehen, — natür- lich mit der gemessenen Ordre, jeden Confliet mit den Eingeborenen zu vermeiden und sich namentlich nicht an Orte zu drängen, wo ihre Gegenwart unangenehm schiene, — erhielt man Gelegenheit, ein Vor- spiel des japanesischen Wesens kennen zu lernen. Anfangs freilich sammelte sich das Volk neugierig um die ersten Amerikaner, die sich in den Strafsen Napha’s blicken liefsen; es wich mit ehrerbietiger Scheu vor ihnen zurück, sobald sie sich näherten, und folgte ihnen wieder von ferne; aber bald bemerkten die Fremden eine aufserordentliche Thätigkeit von Beamten und Spionen, die ihnen auf Stegen und Wegen folgten und das Volk, namentlich Weiber und Kinder, aus allen Strafsen verscheuchten, welche die Amerikaner betreten zu wollen schienen. Die auffallendste Probe dieser ängstlichen Ueberwachung erlebte die Expedition, welche Perry beauftragt hatte, in 5 bis 6 Tagen das In- nere der Insel zu erforschen; zahlreiche Spione eilten ihr stets voraus; wenn die Gesellschaft plötzlich die Richtung änderte, sah man die Späher querfeldein laufen, um wieder die Spitze zu gewinnen und die Insulaner von den Feldern und Wegen in ihre Häuser zu treiben; trennte sich die Expedition, so folgten Spione jeder Abtheilung, ja jedem Ein- zelnen über Stock und Stein mit unglaublicher Unverdrossenheit. Da- bei waren diese Polizeibeamten gegen die Amerikaner selbst aufser- ordentlich höflich, wollten auch die Eingeborenen aus keinem anderen Grunde entfernt haben, als um den Fremden jede Belästigung zu er- sparen. Sie bedeuteten die Expedition am ersten Abend, dafs es Zeit zur Rückkehr sei, und waren sehr betroffen, als ihnen eröffnet wurde, dafs man einen Marsch von mehreren Tagen beabsichtige; aber bald fügten sie sich mit Resignation in ihre traurige Pflicht, eine so be- schwerliche Reise mitmachen zu müssen, behaupteten selbst bei grofsen Strapazen ihren guten Humor, führten die Fremden zu Kungqua’s, — den öffentlichen Rastplätzen für reisende Beamte, — wo sie mit Thee bewirthet wurden, und sorgten auch dafür, dafs die Insulaner, welche das Gepäck trugen, an jedem Morgen durch andere abgelöst wurden, Auffallend war es, dafs die Eingeborenen, wo man ihnen trotz aller polizeilichen Vorsichtsmafsregeln dennoch begegnete, die Fremden mit freundlicher Neugier grüfsten, dabei aber einige Aengstlichkeit zeigten, die in der Anwesenheit der Beamten eine Erklärung zu finden schien; diesen leisteten sie willigen, unbedingten Gehorsam; sie waren wie schwache Kinder, die am Gängelbande eines sehr ausgebildeten, aber auf ganz anderem Boden entstandenen Polizeisystems geleitet wur- 394 Die amerikanische Expedition den. Vorerst konnten die Amerikaner gegen diese lästige Ueber- wachung Nichts thun: es galt zunächst, durch ihr Benehmen den prak- tischen Beweis zu führen, wie überflüssig sie wäre. In dem weiteren Verkehr mit den Behörden trat inzwischen auch eine Probe der ränkevollen und unaufrichtigen Politik zu Tage, de- ren Urbild Perry später in Japan kennen lernen sollte. Nur mit Mühe verstand sich der Regent dazu, den Amerikanern ein Gebäude an der Küste zu überlassen, und den Besuch Perry’s in der Hauptstadt suchte er durch alle Mittel zu hintertreiben. In einem larmoyanten Schreiben bat er den Commodore inständigst, diese Absicht aufzugeben; vor einem Jahre sei ein britischer General mit einem Staatsschreiben wider den Willen der Behörden in den Palast eingedrungen, die Königin Wittwe sei vor Schreck krank geworden und befinde sich noch in dem bedenk- lichsten Zustande; alle Unterthanen müfsten an die Wiederkehr eines solchen Ereignisses die schlimmsten Befürchtungen knüpfen; aus Mit- leiden mit der kranken Dame und dem zarten zwölfjährigen Fürsten möge der Commodore, wenn er einen Gegenbesuch durchaus für nöthig halte, denselben in der Wohnung des Regenten abstatten. Da merk- würdiger Weise auch zur Zeit Hall’s eine Königin Wittwe und ein un- erwachsener Prinz auf Liu-Kiu geherrscht hatten, mochten die Ame- rikaner an die reale Existenz dieser beiden Personen nicht recht glau- ben; der Commodore entgegnete, seine friedfertigen Absichten könnten die kranke Königin unmöglich erschrecken, das neue und glänzende Schauspiel einer Ambassade würde sie vielmehr erheitern, und die ge- schiekten Aerzte des Geschwaders würden sich glücklich fühlen, ihre Wissenschaft zur Herstellung der schätzbaren Gesundheit Ihrer Maje- stät verwenden zu können. Als der Regent auf diesem Wege nicht zum Ziele gelangte, suchte der Bürgermeister von Napha durch das Arrangement eines Festmahls, zu welchem der Commodore eine Ein- ladung erhielt, eine Zusammenkunft des letzteren mit dem Regenten zu Stande zu bringen, — vermuthlich um dieselbe als ein ausreichen- des Aequivalent für den beabsichtigten Gegenbesuch bezeichnen zu können; Perry liefs sich aber durch Geschäfte entschuldigen. Einen letzten Versuch machte man noch in den Strafsen der Hauptstadt Shui, als die Amerikaner in feierlicher Procession dem Schlosse zuschritten: man suchte sie in eine Nebenstrafse zu führen, in welcher die Woh- nung des Regenten lag; indefs stand der hoch gelegene Palast den Amerikanern vor Augen, sie liefsen sich also nicht irre leiten; die Pforten des Schlosses wurden ihnen geöffnet, und nach dem Austausch gegenseitiger Höflichkeiten begab man sich in die Wohnung des Re- genten, wo ein splendides Mahl die Fremdlinge erwartete. Zur grolsen Genugthuung des Regenten brachte der Commodore einen Toast auf nach Japan. 395 das Wohl der Liu-Kiu-Inseln und ihre beständige Freundschaft mit den Amerikanern, und einen zweiten auf das Wohl des Regenten aus; dieser antwortete mit einem Toast auf den Commodore und die Offi- ziere des Geschwaders; die geistigen Getränke, denen die Insulaner fleifsig zusprachen, trugen dazu bei, das Milstrauen allmählich zu ver- scheuchen; man verabredete, dafs der Commodore nach seiner Rück- kehr von einer kleinen Excursion seinen jetzigen Wirthen eine Fest- lichkeit an Bord des Flaggenschiffs nach seiner Landessitte veranstal- ten werde, und schied von einander mit sichtlicher Befriedigung. Vor seiner Abfahrt sandte der Commodore verschiedene Geschenke an die angebliche Königin Wittwe und den jungen Fürsten, an den Regenten, den Bürgermeister von Napha und andere höhere Beamte, die mit den Offizieren des Geschwaders zusammengekommen waren, und bewirkte auch die Bezahlung der Lebensmittel, welche der Erfor- schungs-Expedition oder den Schiffen geliefert waren. Er hatte da- durch die Insulaner und die Fremden auf den Fufs gegenseitiger Gleich- heit gestellt, wie er die unerläfsliche Vorbedingung eines dauernden Verkehrs ist, und, soweit es während der kurzen Zeit möglich war, den Behörden der Insel gezeigt, dafs ein Heraustreten aus ihrer my- steriösen Isolirung kein Unheil herbeiführe, sondern im Gegentheil die freundschaftlichen Beziehungen zu pflegen geeignet sei. Für die Zu- kunft hatte er indefs am Meisten durch die Festigkeit gewonnen, mit der er bei seinen einmal ausgesprochenen Absichten beharrte: es mulste jede künftige Verhandlung erleichtern, wenn die Behörden der Insel davon überzeugt waren, dafs die Taktik der Ränke und Winkelzüge, in der sie so geübt zu sein schienen, ihm gegenüber nicht verfing. Um den freundschaftlichen Verkehr mit den Insulanern weiter aus- zubilden und sie an den Umgang mit den Fremden mehr zu gewöhnen, liefs der Commodore die Fregatte Mississippi und das 'Transportschiff Supply vor Grofs-Liu-Kiu zurück, mit der Weisung, dafs nur die or- dentlichsten Personen Erlaubnifs erhalten sollten, an die Küste zu gehen, und fuhr selbst mit der Susquehanna und Saratoga nach den Bonin- Eilanden, da er vor der Ankunft eines schon längere Zeit von Shanghai erwarteten Kohlenschiffs die Reise nach Japan nicht antreten konnte. Die Untersuchung der Bonin-Inseln hatte Perry schon vor länge- rer Zeit beschlossen, da sie in Folge ihrer Lage, ungefähr 14 Längen- grade östlich von Grofs-Liu-Kiu, für die von Californien nach China gehenden Schiffe einen noch geeigneteren Anlegepunkt als der Hafen von Napha darbieten konnten. Waren sie produetionsfähig und be- wohnt, und besafsen sie einen sicheren Hafen, so gewannen jene Schiffe auf ihrer Fahrt von den Sandwich-Inseln nach Shanghai oder Hong- kong einen Zufluchtsort, der von Honolulu 3301, von Shanghai 1081 396 Die amerikanische Expedition Seemeilen entfernt war, für die weite Reise also immer eine angemesse- nere Theilung gewährte als Napha auf Grofs-Liu-Kiu. Auch in poli- tischer Hinsicht hatten die Amerikaner in Bezug auf diese Eilande ziemlich freie Hand, da sie zwar schon 1675 oder noch früher von Japanesen entdeckt, 1823 von Coffin besucht, 1827 durch Capitain Beechey für England, 1828 durch Lütke für Rufsland in Besitz ge- nommen, aber bisher von keiner europäischen Macht colonisirt waren und eine factische Herrschaft über dieselben nicht existirte. Perry’s Erwartungen bestätigten sich vollkommen; er fand auf der gröfsesten Insel, Peel-Island, einen leicht zugänglichen, sicheren Hafen, einen Reichthum an frischem Wasser und einigen Anbau, der leicht ausge- dehnt werden konnte. Die Bevölkerung bestand aus einer im Jahre 1830 von den Sandwich-Inseln hierher übersiedelten Colonie, deren Häupter zwei Amerikaner, ein Engländer, ein Genuese und ein Däne gewesen waren; von diesen befand sich auf Peel-Island nur noch einer von den beiden Amerikanern, Savory, am Leben, und die Colonie war von jeder fremden Herrschaft völlig unabhängig. Diese Verhältnisse waren so überaus günstig, dafs Perry sofort von den Ansiedlern bei Port Lloyd auf Peel-Island einen zur Anlage eines Kohlendepöts geeigneten Platz kaufte. Von allen Aufgaben, de- ren Lösung seiner Umsicht anvertraut war, schien ihm mit Recht keine für den Weltverkehr so wichtig und für sein Vaterland so fruchtbar zu sein als die, eine Postdampfschifffahrt zwischen den gegenüberlie- genden Küsten des Stillen Oceans zu ermöglichen, — und für solche reguläre Verbindung war ein Kohlendepöt auf dem Wege von den Sandwich-Inseln nach Shanghai unentbehrlich. Zwischen dem zuletzt genannten Hafen und England wird der Briefverkehr auf dem kürze- sten Wege über Suez und Marseille in 52 bis 57 Tagen vermittelt; die Post von New-York nach Southampton braucht 15 Tage, so dafs die grofsen Handelsplätze der amerikanischen Ostküste über den chi- nesischen Markt frühestens in 67 bis 72 Tagen unterrichtet werden. Auf dem Stillen Ocean kann ein Dampfschiff, selbst wenn es auf der Fahrt zwei Rasttage hält, in 30 bis 34 Tagen von Shanghai nach San Franeisco gelangen; von hier braucht die Post bis New-York 23 bis 27 Tage; Nachrichten aus China würden auf diesem Wege also 11 bis 14 Tage früher nach New-York gelangen, als auf dem bisherigen über England; ja, nach Vollendung der Eisenbahn nach Californien würde selbst England schneller über Amerika, als über Suez, Kunde aus China erhalten können, und die amerikanische Handelswelt alle Vortheile früherer Information über den chinesischen Markt geniefsen. Das ist eine erstaunliche That- sache, welche die Bedeutung der ununterbrochenen Wasserfläche des } 3 nach Japan. 397 Stillen Oceans für den Weltverkehr in das rechte Licht stellt. Denken wir nun an den mächtigen Impuls, welchen der Handel durch eine so schnelle Postverbindung erhalten wird; suchen wir uns die steigende eommercielle Bedeutung, die ein so ungeheures und so dicht bevölker- tes, von den gewaltigsten Strömen durchschnittenes Reich wie China mit seinen werthvollen Naturproducten suecessiv erlangen wird und muls, annähernd zu vergegenwärtigen, so werden wir das Gewicht der Thatsache ahnen, dafs Perry in den Bonin-Inseln den Grundstein zur Herstellung einer ununterbrochenen Postdampfschifffahrt um den Erd- ball gelegt hat. Darin liegt das wichtigste Ergebnifs seines Besuchs. Dafs die Bonin-Inseln auch den Segelschiffen, die von Californien nach China gehen, und den 400 amerikanischen Walfischfahrern, die sich zu allen Jahreszeiten in dem nördlichen Theile des Stillen Oceans aufhalten, einen erwünschten Zufluchtsort gewähren werden, liegt auf der Hand; schon jetzt laufen alljährlich einige Schiffe in Port Lloyd ein, um Wasser einzunehmen und von der kleinen Colonie frische Lebensmittel einzutauschen. Damit nun den Bedürfnissen der Seefahrer und der künftigen Bedeutung dieses Ankerplatzes in umfassenderer Weise ent- sprochen werden könne, vertheilte der Commodore unter die Colonisten Sämereien verschiedener Art und ermuthigte sie zu ausgedehnterer Bodeneultur, setzte auch auf einige benachbarte kleinere Eilande Haus- thiere aus, die sich dort vermehren sollen. So ist in den Boden die- ser Felseninsel ein Keim gesenkt, dessen Entwiekelung nicht nur für sie selbst, sondern für den Weltverkehr von unberechenbarer Bedeu- tung ist. Höchst befriedigt durch das Resultat seines Besuchs kehrte Perry zu den Liu-Kiu-Inseln zurück. Hier war insoweit eine Veränderung eingetreten, als der alte Re- gent durch einen jüngern Mann ersetzt war. Anfangs ging das Gerücht, dafs er abgesetzt sei und sich den Bauch aufgeschlitzt habe, und man fürchtete, dieses traurige Ereignifs sei eine Folge des Umstandes ge- wesen, dafs er die Fremden im Palast zu Shui empfangen habe. Glück- licherweise überzeugte man sich bald, dafs der alte Mann noch lebe; und da sein Nachfolger mit ihm verwandt war, und überdies gegen die Fremden noch gröfsere Nachgiebigkeit zeigte, auch die Einladung zu dem früher verabredeten Diner an Bord der Susquehanna ohne Zö- gern annahm, so sprach viel für die Vermuthung, dafs der frühere Re- gent, entweder seiner vorgerückten Jahre wegen, oder weil er sich der schwierigen Situation, zu gleicher Zeit höheren Befehlen und den Wün- schen der Fremden zu genügen, nicht gewachsen fühlte, zu Gunsten seines jüngeren Verwandten freiwillig resignirt habe. Der gegenwär- tige Regent war ein Mann von etwa 45 Jahren, der sich in seiner iur 598 Die amerikanische Expedition neuen Würde und in dem Verkehr mit den Fremden noch unbehaglich fühlte und sich während der Tafelfreuden sichtlichen Zwang anthat, während sich andere Personen, z. B. der Bürgermeister von Napha, bei dieser Gelegenheit zu grofser Cordialität erwärmten. Der Commo- dore gab dem Regenten Sämereien und verschiedene Hausthiere; dies schien ihn zu erfreuen; er versprach, die Thiere sorgsam zu pflegen und die Sämereien zum Vortheil der Insel zu benutzen. Die Mann- schaft der Schiffe, welche der Commodore während seiner Fahrt nach den Bonin-Inseln hier zurückgelassen hatte, war im Stande ge- wesen, die Lage der Insulaner genauer kennen zu lernen. Am auf- fallendsten war ihnen die Furcht derselben vor den Spionen und Be- amten gewesen, welche auch jetzt noch den Amerikanern überall folg- ten; in Gegenwart dieser Polizeidiener wagten die Eingeborenen, wenn Fremde in ihre Wohnungen traten, nicht einmal von der Arbeit auf- zusehen; hatten sie sich aber überzeugt, dafs sie unbelauscht waren, so zeigten sie sich freundlich und neugierig, und nahmen gern die klei- nen, ihnen dargebotenen Geschenke an, die sie freilich, nachdem sie sich scheu umgesehen hatten, schnell unter ihren Gewändern zu ver- bergen suchten. Am 2. Juli begab sich das Geschwader, bestehend aus den Fre- gatten Susquehanna und Mississippi und den Kriegssloops Plymouth ') und Saratoga, auf die Fahrt nach dem räthselhaften Japan, und zwar, aus den oben angeführten Gründen, nicht nach Nangasaki, dem ein- zigen Orte, an welchem Japan über auswärtige Angelegenheiten ver- handelte, sondern direet nach der Bucht von Yedo, in die Nähe der Hauptstadt und des Hofes. Da Perry schon in China Nachrichten über die kriegerischen Vorbereitungen erhalten hatte, die Japan zu seinem Empfang getroffen, und da er gleich nach seiner Ankunft vor Liu-Kiu bemerkt hatte, dafs sich unter den zahlreichen in dem Hafen von Na- pha ankernden japanesischen Junken eine grolse Bewegung einstellte und viele von ihnen nordwärts segelten, vermuthlich um die wichtige Neuigkeit nach Japan zu melden: so hielt er, um für alle Eventuali- täten gerüstet zu sein, die Schiffe fertig zum Kampf. Am 8. Juli lief das Geschwader in die Bucht von Yedo ein und ankerte vor Uraga, 27 Miles von der Hauptstadt entfernt. Auf der Küste waren mancherlei Befestigungswerke errichtet, einige derselben noch nicht vollendet und auch noch nicht mit Kanonen versehen. Sofort entwickelten die Japanesen die Praxis, die sie in Bezug auf alle fremde Schiffe an ihren Küsten zu befolgen gewohnt waren: !) Diese Sloop hatte am 2. Juni Shanghai verlassen, da der Stadt zur Zeit keine Gefahr drohte, und war am 13. auf der Rhede von Napha eingetroffen, nach Japan. 399 dureh zahllose Wachtboote umzingelten sie das Geschwader und such- ten an Bord der Kriegsschiffe zu gelangen, um die Amerikaner wo möglich eben so vollständig aus dem Besitz derselben zu verdrängen, wie sie es mit den Holländern in Nangasaki zu thun pflegten. Indelfs hatte der Commodore den gemessenen Befehl ertheilt, ohne seine spe- cielle Erlaubnifs keinen Fremden an Bord zu lassen, und dieser Befehl wurde pünktlich ausgeführt. Bald erschien Tabroske, der Vice-Gou- verneur von Uraga, an der Seite des Flaggenschiffs und verlangte den Befehlshaber des Geschwaders zu sprechen und den Zweck seiner An- kunft zu erfahren; als ihm bemerklich gemacht wurde, dafs der Com- modore nur mit den höchsten Würdenträgern des Reiches verhandeln könne, verwies er auf seine hohe Stellung in Uraga, die ihn zu einer Unterredung mit dem Commodore qualifieire, erhielt aber den Bescheid, dafs nur ein kaiserlicher Cabinets-Minister eine für diesen Zweck ge- eignete Rangstufe einnehme. Die Verlegenheit des Japanesen war nicht gering; er hatte ohne Frage den Befehl, seinem Vorgesetzten über das, was er an Bord der Schiffe gesehen, ausführlich zu berich- ten, und sah sich durch die ganz unerhörte Weigerung aufser Stand gesetzt, seiner Pflicht zu genügen; in dieser übeln Situation bequemte er sich zu der Bitte, dafs ein ihm an Rang gleichstehender Ofh- zier zu der Unterredung designirt werde. Damit war für eine der wichtigsten Maximen Perry’s ein erwünschter Präcedenzfall geschaffen. Nach einigem absichtlichen Zögern bestimmte der Commodore, dafs sein Adjutant, Lieut. Contee, den Vice Gouverneur an Bord des Schif- fes empfangen sollte. Den Instruetionen Perry’s gemäfs lehnte Contee die Beantwortung der zahllosen Fragen ab, welche Tabroske an ihn richtete, und beschränkte sich auf die Mittheilung, dafs der Commodore auf einer durchaus friedfertigen Mission begriffen sei, dafs er ein Schrei- ben des Präsidenten der Vereinigten Staaten dem Kaiser von Japan zu übergeben habe und die Ernennung eines Würdenträgers vom höch- sten Range wünsche, um mit diesem die nöthigen Arrangements per- sönlich zu verabreden. Tabroske erwiderte, das Geschwader müsse zu diesem Behufe nach Nangasaki gehen, da den japanesischen Gesetzen zufolge nur dort über auswärtige Geschäfte verhandelt würde, erhielt aber den bestimmten Bescheid, der Commodore sei absichtlich nach Uraga gekommen, da es Yedo näher liege, und werde nicht nach Nangasaki gehen; er erwarte, dafs man den Brief hier an Ort und Stelle in gebührender Weise empfangen werde; seine Absichten wären durchaus friedlicher Natur, aber eine unangemessene Behandlung werde er nicht dulden, auch nicht gestatten, dafs die um das Geschwader ver- sammelten Wachtboote in ihrer gegenwärtigen Stellung verblieben, und wenn sie sich nicht sofort entfernten, werde er sie mit Gewalt ver- ER‘ Sr 400 Die amerikanische Expedition treiben. Bei dieser bedenklichen Eröffnung sprang Tabroske bestürzt auf und ertheilte einige Befehle, in Folge deren die Boote sich grofsen- theils zurückzogen; nur hier und dort verweilten noch einige Gruppen, die indefs bald verscheucht wurden, als ein bewaffnetes amerikanisches Boot sich ihnen näherte. Seitdem blieb das Kriegsgeschwader während seines ganzen dortigen Aufenthalts von einer derartigen lästigen Ueber- wachung befreit. Erinnert man sich an das japanesische Gesetz, wel- ches die höchsten Beamten der Städte, die ein fremdes in ihren Hafen eingelaufenes Schiff entkommen lassen, nöthigt, sich den Bauch aufzu- schlitzen, und an die heimtückische Verwegenheit, mit welcher diese Männer in Folge dessen den Untergang solcher Schiffe, oft den augen- scheinlichsten Gefahren zum Trotz, herbeizuführen trachteten '), so muls man sagen, dafs die Amerikaner durch die Festigkeit ihres ersten Auf- tretens nicht blofs einen bedenklichen Anlafs zu Reibungen, sondern eine wirkliche Gefahr von sich fern zu halten wulsten; noch wichtiger aber für die Zukunft war der moralische Eindruck: die Japanesen sahen zu ihrem Erstaunen, dafs diese Männer entschlossen waren, eine ganz andere Behandlung, als die bei den Holländern gewöhnliche, in An- spruch zu nehmen und — nöthigenfalls zu erzwingen. Mit der Erklärung, dafs er nicht bevollmächtigt sei, hinsichtlich des Briefes an den Kaiser eine Zusicherung zu geben, und dafs am folgenden Tage ein höherer Beamter erscheinen würde, verliefs Ta- broske das Schiff. An der Küste zeigte sich grolse Bewegung: Signal- schüsse wurden abgefeuert, Raketen stiegen in die Luft, und bei Ein- bruch der Dunkelheit leuchteten auf allen Hügeln Wachtfeuer auf. Durch die Stille der Nacht vernahm man deutlich das Läuten einer grolsen Glocke. Als der Tag graute, sah man Truppenabtheilungen von einem Posten zum andern marschiren. Am 9ten Vormittags kam der Gouverneur von Uraga, Kayama Yezaiman, ein Würdenträger der dritten Rangklasse, an Bord des Flag- ") Als im Jahre 1808 die britische Kriegsfregatte Phaeton in den Hafen von Nangasaki einlief, erbot sich ein Japanese freiwillig, an Bord zu gehen, den Capi- tain zu erschlagen und dann sich selbst zu erdolchen. Um das Schiff zu zerstören, schlug der Fürst von Omura vor, dreihundert Boote mit Stroh, Rohr und anderen Brennmaterialien zu beladen, die Fregatte zu umzingeln und in Brand zu stecken; wenn auch zweihundert Boote bei diesem Angriff auf das Kriegsschiff zu Grunde gehen sollten, so rechnete man doch darauf, dafs das letzte Drittel den Zweck er- reichen würde. Der Chef der holländischen Factorei, Döff, empfahl, das Fahrwasser in der Nacht durch Versenkungen unzugänglich zu machen. Aber während dieser Berathungen sprang der Wind um und die Fregatte gewann die hohe See. Eine halbe Stunde später hatte sich der Gouverneur von Nangasaki den Bauch aufge- schlitzt; mehrere Offiziere der Garnison, die nicht auf ihrem Posten gewesen waren, folgten seinem Beispiel, so dafs sich nicht weniger als 13 Personen dieser Affaire wegen entleibten. nach Japan. 401 genschiffs und wurde auf Befehl des Commodore, der sich seiner Po- litik getreu auch diesem Beamten nicht zeigte, von den Commanders Buchanan und Adams und Lieut. Contee empfangen. Der Gouverneur bestand darauf, dafs die Escadre nach Nangasaki gehen müsse; jeden- falls würde die Antwort des Kaisers auf den Brief des Präsidenten dorthin gesendet werden. Um diese Controverse in bestimmter Weise abzuschneiden, erklärten die amerikanischen Offiziere, der Commodore werde in keinem Falle nach Nangasaki gehen, vielmehr, wenn das Gouvernement die Ernennung eines zur Empfangnahme der Documente geeigneten Würdenträgers verweigere, mit bewaffneter Macht landen und die Briefe in Person überreichen, möchten die Folgen davon sein, welche sie wollten. Diese peremtorische Erklärung machte den Gou- verneur stutzig; er bemerkte, dafs er sich an den Hof um neue In- structionen wenden werde, dafs eine Antwort von Yedo aber erst in vier Tagen eintreffen könne. Es wurde ihm eine dreitägige Frist be- willigt und bemerklich gemacht, dafs während derselben anderweitige Verhandlungen nicht nöthig wären. Bevor der Gouverneur das Schiff verliefs, zeigte man ihm den in einem prachtvollen Kästchen aufbe- wahrten Brief des Präsidenten; die kunstvolle Arbeit setzte ihn eben so in Erstaunen, wie ihn die Ehrerbietung, die man durch die Anfertigung eines solchen Prachtwerks seinem Souverain erweisen wollte, mit Ge- nugthuung erfüllte; günstiger gestimmt, erbot er sich, Lebensmittel und frisches Wasser auf die Schiffe zu senden, erhielt aber die Antwort, dals das Geschwader Nichts bedürfe. Inzwischen war von jedem Schiffe ein Boot ausgesetzt, um das Fahrwasser zu untersuchen, doch mit dem Befehl, sich nicht über Schufsweite von der Escadre zu entfernen; der Gouverneur, der auf seine Frage nach dem Zweck dieser Arbeiten die betreffende Mittheilung erhalten hatte, hob hervor, dafs durch die Ge- setze Japans derartige Untersuchungen verboten wären, empfing aber die lakonische Antwort, dafs die amerikanischen Gesetze, denen der Commodore folgen müsse, sie ausdrücklich anordneten. Mit Schmerz überzeugte sich Kayama Yezaiman, wie wenig mit diesen Fremden an- zufangen wäre. Am folgenden Tage, einem Sonntage, ruhten die Geschäfte; nur an der japanesischen Küste dauerten die militärischen Bewegungen fort. Die Sondirungs- Arbeiten, weiter aufwärts in der Bucht, wurden am Montag wieder aufgenommen und die Dampffregatte Mississippi beor- dert, zum Schutze der Boote diesen zu folgen. Der Commodore hatte erwartet, dafs es in Yedo einen heilsamen Eindruck hervorbringen würde, wenn ein mächtiges Kriegsschiff Miene mache, sich der Haupt- stadt zu nähern, und er täuschte sich hierin nicht. Beunruhigt durch die Bewegung des Kriegsdampfers, erschien der Gouverneur von Uraga Zeitschr. f. allg. Erdk. Neue Folge. Bd.I. 26 402 Die amerikanische Expedition bald an der Seite der Susquehanna, und wulfste sich durch die Ver- sicherung, dafs er über die Aufnahme der Botschaft in Yedo eine Mit- theilung machen wolle, Zutritt zu verschaffen; er meinte, die Briefe würden wahrscheinlich schon am folgenden Tage in Empfang genom- men werden, trat dann aber mit dem eigentlichen Zwecke seines Be- suches hervor, mit der Frage, weshalb die Fregatte höher hinauf gehe. Der Commodore liefs ihm die gut berechnete Antwort ertheilen, dafs er, falls er bei der jetzigen Anwesenheit den Zweck seiner Mis- sion nicht erreiche, im folgenden Frühjahr mit einem gröfseren Ge- schwader wiederzukehren gedenke, und dafs er für dasselbe im Innern der Bucht einen sicherern Ankerplatz als den vor Uraga suchen müsse. Die amerikanischen Boote drangen indefs, überall Sondirungen anstel- lend, nordwärts bis zu einem Punkte vor, der nur 10 bis 12 Miles von Yedo entfernt war, und fanden überall auch für gröfsere Schiffe ein Fahrwasser von hinlänglicher Tiefe. Zahlreiche japanesische Fahrzeuge umgaben sie; eine Truppenabtheilung, wohl 1000 Mann stark, schifite sich ein und machte Miene, die Boote abzuschneiden; Lieut. Bent, Führer dieser Untersuchungsexpedition, hielt seine Leute fertig zum Kampf, veränderte die Richtung der Boote, um einen Confliet so lange als möglich zu vermeiden, und liefs, als dieses Nichts fruchtete, den Mississippi näher herankommen. Die Annäherung des imposanten Dampfschiffes verscheuchte die japanesischen Fahrzeuge; unangefoch- ten, doch immer scharf beobachtet, konnte Bent seinen Auftrag voll- ziehen, und gegen Abend kehrte die Fregatte mit den Booten im Tau zu dem früheren Ankerplatze zurück. Am 1?ten, dem Tage, an welchem die für eine Antwort bewilligte Frist abgelaufen war, kam der Gouverneur schon Morgens an Bord, und machte die Eröffnung, dafs ein hoher Würdenträger zum Empfange der Documente ernannt sei und dafs für die Audienz ein besonderes Haus an der Küste erbaut werde. Doch veranlafste ein angebliches Mifsverständnifs noch weitläuftige Verhandlungen, — wie denn die ja- panesische Diplomatie jeden Schritt des Terrains hartnäckig zu verthei- digen suchte. Der Commodore hatte nämlich ein Schreiben an den Kaiser aufgesetzt, in welchem er diesen mit dem Zweck seiner Mission bekannt machte, und beabsichtigte, zunächst dieses Schreiben nebst Co- pien seiner Creditive und des von dem Präsidenten verfalsten Briefes dem Kaiser als die nothwendige Unterlage für seine Entscheidung zu- stellen zu lassen; der Gouverneur wollte aber durchaus, dafs die Ori- ginale gleichzeitig überliefert werden sollten, und um noch energischer auf eine schleunige Entfernung des Geschwaders aus diesen Gewässern hinzuarbeiten, insinuirte er wieder, dafs die Antwort auf das Schreiben des Präsidenten nach Nangasaki gesendet werden würde und dort von nach Japan. 403 den chinesischen oder holländischen Beamten in Empfang genommen werden könne. Da sich voraussetzen liels, dafs dieses zähe Festhalten an dem Hergebrachten auch die beabsichtigten Verhandlungen über einen Staatsvertrag sehr in die Länge ziehen würde, fühlte sich der Commodore nur in seinem schon durch die vorgerückte Jahreszeit empfohlenen Vorsatze bestärkt, sich vorläufig mit einer würdigen Ueber- lieferung der Documente zu begnügen, dann dem japanesischen Hofe eine längere Frist; zur Erwägung zu lassen und erst im folgenden Jahre zu den entscheidenden Verhandlungen zurückzukehren; die Einmischung der Holländer glaubte er aber schon jetzt auf das Bestimmteste ablehnen zu müssen, und zu diesem Zweck liels er dem Gouverneur folgende Note einhändigen: „Der Höchsteommandirende wird nicht nach Nangasaki gehen, auch weder durch die Holländer, noch durch die Chinesen eine Ant- wort in Empfang nehmen. Er soll einen Brief des Präsidenten der Vereinigten Staaten dem Kaiser von Japan oder seinem Minister der auswärtigen Angelegenheiten überliefern und wird das Original keiner anderen Person einhändigen; wenn dieser freundschaftliche Brief des Präsidenten an den Kaiser nicht empfangen und nicht gebührend be- antwortet werden sollte, wird der Höchstcommandirende hierin eine Beleidigung seines Landes erblieken und seinerseits für die daraus ent- stehenden Folgen nieht verantwortlich sein. Er erwartet in wenigen Tagen eine Antwort, möge sie sein, welche sie wolle, und wird dieselbe nirgends anders, als in dieser Gegend, in Empfang nehmen.“ Mit dieser Erklärung begab sich der Gouverneur an’s Land, ver- muthlich, um dort mit höheren Beamten zu conferiren; denn man konnte nicht länger daran zweifeln, dafs sich in Uraga bereits mehrere Räthe des Kaisers befanden, welche insgeheim die Verhandlungen leiteten. Noch an demselben Tage kehrte er zurück und theilte mit, dafs der Kaiser eine sehr hochgestellte Person zur Empfangnahme der Doeu- mente ernannt habe, dafs bei der Ueberlieferung derselben aber keine Verhandlungen stattfinden dürften, da diese nur in Nangasaki gestattet wären. Hierin lag ein vorläufiger Rückzug, bei welchem der Schein vermieden ‘werden sollte. Jetzt zeigte sich auch der Commodore in Bezug auf die gleichzeitige Ueberlieferung der Originale, Uebersetzun- gen und Copien nachgiebiger; er erklärte sich damit einverstanden, falls der zur Empfangnahme designirte hohe Beamte ein vom Kaiser eigen- händig unterzeichnetes Beglaubigungsschreiben producire und nachweise, dals er zur ersten Rangklasse des Reiches gehöre. Da der Gouver- neur in dieser Beziehung befriedigende Zusieherungen ertheilte, wurde abgemacht, dafs eine Copie der Creditive des japanesischen Beamten dem Commodore vor der Audienz mitgetheilt werden sollte; auch ver- 26 * 404 Die amerikanische Expedition sprach der Gouverneur, dahin zu wirken, dafs die Zusammenkunft wo möglich nicht an dem von den Japanesen bestimmten und etwas ent- fernten Orte, sondern an der dem gegenwärtigen Ankerplatz des Ge- schwaders gegenüberliegenden Küste stattfinde. Diese Verhandlungen, die mehrere Stunden in Anspruch nahmen, waren durch eine argwöhnische Vorsicht von Seiten des Gouverneurs charakterisirt; wichtige Punkte, z. B. dafs bei der Zusammenkunft keine Verhandlungen eröffnet werden sollten, wurde er nicht müde mehrmals zu eonstatiren. Nach befriedigender Erledigung der Geschäfte erhei- terte sich sein sorgenvolles Gemüth bei der reichlichen Collation, die ihm von den amerikanischen Offizieren dargeboten wurde; er sprach namentlich den. süfsen Liqueurs tapfer zu, und zeigte dann bei der Be- sichtigung des Schiffes ein lebhaftes Interesse, ohne dabei die Würde und den höflichen Anstand zu verlieren, welche den höheren Klassen in Japan allgemein eigen sind. Kayama Yezaiman war überdies ein gebildeter Mann; er sprach auch chinesisch, wulste auf einem Globus die wichtigsten Länder Europa’s wie die Hauptorte in den Vereinigten Staaten zu bezeichnen, verrieth einige Bekanntschaft mit dem Mecha- nismus der Dampfmaschine und erkundigte sich nach den amerikani- schen Eisenbahnen; auch von einem Panamä-Canal sprach er, hatte aber wahrscheinlich nur von der Panamä-Eisenbahn Etwas gehört. Er bewährte sich überall als ein höflicher, intelligenter und vorsichtiger Diplomat. Am folgenden Tage (13. Juli) wurden von der Ostküste mehrere Truppenabtheilungen über die Bucht nach Uraga übergesetzt. . Der Gouverneur liefs lange auf sich warten; er erschien erst Nachmittags, unter tausend Entschuldigungen: der zur Empfangnahme des Briefes abgesendete Würdenträger, Toda, Fürst von Idzu, erster Rath des Rei- ches, sei so eben erst von Yedo eingetroffen. Kayama Yezaiman brachte die mit dem grolsen kaiserlichen Siegel versehenen Creditive desselben nebst einer Uebersetzung und Abschrift mit; das in Sammet eingewickelte und in einem Kästchen von Sandelholz aufbewahrte Ori- ginal behandelte er mit solcher Ehrfurcht, dafs er es durchaus nicht berühren lassen wollte. Er selbst hatte eine schriftliche Bescheinigung ausgestellt, dafs dasselbe authentisch sei und dafs der Fürst von Idzu zur ersten Rangklasse des Reiches gehöre. Dagegen war er in seinen Bemühungen hinsichtlich des Ortes der Zusammenkunft nicht glücklich gewesen, da, wie er sagte, der Bau des Hauses bereits zu weit vorge- schritten wäre. Es war dem Commodore aufgefallen, dafs man dazu einen entlegenen Punkt gewählt hatte, und er hatte deshalb bereits einem Offizier den Auftrag gegeben, die kleine Bucht zu untersuchen, in deren Nähe die Zusammenkunft stattfinden sollte. Da dieser be- nach Japan. 405 richtete, dals sich das Geschwader dem Audienz-Gebäude bis auf Ka- nonenschufsweite nähern könne, liefs Perry keinen weiteren Einwand erheben, sondern die Conferenz auf den folgenden Tag festsetzen; zu gleicher Zeit wurde dem Gouverneur bedeutet, dafs der Commo- dore, da es ihm nicht zieme, eine so weite Strecke auf einem kleinen Boote zurückzulegen, das Geschwader dem Versammlungsorte nähern werde. Der Gouverneur liefs sich nun auf das Detail der Ceremonien mit ängstlicher Genauigkeit ein, betonte nochmals, dafs Verhandlungen nicht stattfinden dürften, und erkundigte sich namentlich auch’ nach der Stärke des Gefolges, welches den Commodore begleiten würde; man sagte ihm, die Stärke desselben richte sich nach dem Range der Macht, an die man eine Botschaft auszurichten habe; es würde in dem gegen- wärtigen Falle also recht zahlreich sein. In der That waren am folgenden Tage (14. Juli), als die beiden Dampffregatten in der jetzt sogenannten Reception-Bay Anker gewor- fen hatten, alle Offiziere, die auf den Schiffen entbehrt werden konn- ten, 100 Marinesoldaten, 100 Matrosen, die Musikbanden, im Ganzen etwa 300 Mann, sämmtlich in, Parade-Uniform, zur Landung bereit. Auch an der Küste zeigte sich ein reges Leben. Einige hundert japa- nesische Fahrzeuge, festlich mit rothen Wimpeln geschmückt, waren im Innern der Bucht reihenweise aufgestellt; am Ufer standen in wei- tem Halbkreise die kaiserlichen Truppen, Infanterie, Cavallerie,, Artil- lerie und Bogenschützen, im Ganzen etwa 5000 Mann, in vielen Ab- theilungen um zahllose Fahnen und Fähnchen gruppirt; im Hintergrunde auf den Höhen hatte sich das Volk gelagert, welches zu dem ganz neuen Schauspiel massenweise zusammengeströmt war. Nach acht Uhr erschien Kayama Yezaiman, der an diesem Tage die Function eines Ceremonienmeisters versah, an Bord der Susquehanna, das Gefolge des Commodore bestieg die Boote und fuhr, von dem Gouverneur geleitet, unter dem Spiel der Musikbanden, dem Landungsplatze zu. Capt. Bu- chanan war der erste Amerikaner, der den Boden des lange verschlosse- nen Reiches betrat. Als alle ausgeschifft waren, verkündete der Donner der Schiffskanonen, dafs nun auch der.Commodore, den bis jetzt kein japanesisches Auge erblickt hatte, das Flaggenschiff verlasse. Die Mann- schaft, in Reih’ und Glied aufgestellt, salutirte, die Banden spielten, als Perry die Küste betrat. In feierlichem Zuge bewegten sich die Fremden nach dem Empfangssaale, wo sie von Toda, dem Fürsten von Idzu, und Ido, dem Fürsten von Iwami, erwartet wurden. Diese Für- sten waren wirklich so hoch stehend, dafs selbst Kayama Yezaiman vor ihnen auf die Knie fiel; sie sprachen kein Wort, und erhoben sich nur beim Eintritt und bei der Entfernung des Commodore zu einer feierlichen Verbeugung. Es verdient bemerkt zu werden, dafs die Ja- 406 Die amerikanische Expedition panesen selbst die Empfangsbescheinigung, welche sie dem Commodore nach Ueberreichung der Documente einhändigten, benutzt hatten, um zu constatiren, dafs ihre Zusammenkunft mit einem auswärtigen Ge- sandten an einem Orte wie Uraga ein aufsergewöhnlicher, mit den Landesgesetzen in Widerspruch stehender Act sei. Die betreffende Stelle lautet nämlich folgendermafsen: „Man hat mehrmals zu verstehen gegeben, dafs Geschäfte, welche sich auf auswärtige Länder beziehen, nicht hier in Uraga verhandelt werden dürfen, sondern in Nangasaki; da man indefs darauf aufmerksam gemacht hat, dafs der Admiral in seiner Eigenschaft als Gesandter des Präsidenten sich durch eine Wei- gerung, den Brief an diesem Orte zu empfangen, beleidigt fühlen würde, so wird, in billiger Berücksichtigung dieses Einwandes, der oben er- wähnte Brief hiermit empfangen, in Widerspruch mit den japanesischen Gesetzen. Da dieses nicht der Ort ist, wo mit Fremden verhandelt werden darf, können hier weder Conferenzen noch eine Rücksprache stattfinden. Demgemäls können Sie, da der Brief empfangen ist, ab- reisen.“ Der Act der Ueberreichung war in der That eine blolse Ceremo- nie und der Commodore beschränkte sich nach ihrer Beendigung auf die Bemerkung, dafs er im künftigen Frühjahr nach Japan zurückzu- kehren gedenke. Einer der Dolmetscher fragte, ob er mit allen vier Schiffen zurückkommen werde. „Mit allen,* war Perry’s Antwort, „und wahrscheinlich mit noch mehr, da diese nur einen Theil des Ge- schwaders bilden.* Dem lakonischen Befehl zur Abreise sich anzubequemen, kam dem Commodore nicht in den Sinn; die Japanesen sollten fühlen, dafs das Geschwader eine Macht wäre, auf deren Bewegungen sie nicht den ge- ringsten Einflufs hätten. Statt die Bucht zu verlassen, fuhr Perry noch an demselben Tage tiefer in sie hinein, und ankerte an einem Punkte, der 10 Miles weiter im Innern lag, als je ein europäisches Schiff vor- gedrungen war. Hier wurden die auch in den früheren Tagen nicht unterbrochenen Arbeiten zur nautischen Erforschung der Bucht fortge- setzt. Es war natürlich, dafs diese unerwartete Bewegung die japane- sischen Behörden wieder alarmirte; Kayama Yezaiman, der, um die Maschine einmal in voller Thätigkeit zu sehen, von der Reception-Bay nach Uraga auf einem der Dampfer mitgefahren und hier an’s Land gesetzt war, erschien wieder an Bord, und nachdem er, höflich wie immer, seine Satisfaction über den glücklichen Verlauf der Ceremonie und seine Hoffnung auf eine günstige Aufnahme des Briefes in Yedo ausgedrückt hatte, rückte er mit den besorgnifsvollen Fragen hervor, die ohne Zweifel den eigentlichen Zweck seiner schnellen Rückkehr bildeten. Er wies darauf hin, dafs dieses Binnengewässer bisher von nach Japan. 407 allen fremden Schiffen respectirt worden und dafs der Commodore hier unmöglich ankern könne; das weite Vordringen des Geschwaders, die -rastlose Thätigkeit der Boote hätten unter der Bevölkerung bereits eine grolse Aufregung hervorgerufen, die immer bedenklicher werde, je mehr man sich der Hauptstadt nähere; endlich erkundigte er sich angele- gentlichst, wann der Commodore abzureisen gedenke. Capt. Buchanan beruhigte ihn durch die Versicherung, dafs die Amerikaner und Japa- nesen die besten Freunde wären; ebendeshalb müfsten diese den erste- ren behilflich sein, einen möglichst sicheren Ankerplatz für die im nächsten Jahre ankommende grofse Flotte ausfindig zu machen; auch die Japanesen würden, wenn sie nach Amerika kämen, ankern können, wo sie wollten, und selbst das Betreten der californischen Goldfelder würde man ihnen nicht verwehren. Mehr als diese Vorstellungen wirkte die freundliche Bewirthung des Gouverneurs an der amerikanischen Ta- fel; er verlor sich bald in eine lebhafte Conversation, die sich nament- lich auf Dampfschiffe, ihre Erfindung, den Grad ihrer Schnelligkeit u. dgl. bezog, besichtigte aufmerksam die Revolvers der Officiere, einige Abbildungen von Dampfschiffen und Städten, und zog sich erst spät am Abend nach der Küste zurück. Unbehelligt drang der Commodore am folgenden Tage auf dem Mississippi noch weiter nordwärts vor, bis er nur noch 7 Miles von der Hauptstadt entfernt war, deren mit Junken bedeckten Hafen man von der Fregatte deutlich erkennen konnte. „Ich hätte noch weiter gehen können,“ bemerkt er in seinem amtlichen Bericht, „besorgte aber, dadurch zu grofse Unruhe zu erregen und so der günstigen Aufnahme des Schreibens am Hofe, das vielleicht gerade in Erwägung gezogen wurde, ein Hindernifs in den Weg zu legen; und in der Meinung, dafs ich genug gethan hätte, um auf die Besorg- nisse des Kaisers einzuwirken, ohne hierin zu weit gegangen zu sein, liefs ich das Schiff zu dem Geschwader an dem amerikanischen Anker- platze zurückgehen.“ Hier hielt sich die Flottille am 16ten auf, und empfing noch zwei Besuche des Gouverneurs, der erfahren haben wollte, dafs das Schrei- ben des Präsidenten in Yedo eine wohlwollende Erwägung gefunden habe. Er hatte einige Geschenke mitgebracht, Sachen von nicht gro- (sem Werth, aber interessante Proben japanesischer Kunstfertigkeit. Der Commodore erklärte sich bereit, sie anzunehmen, wenn Kayama Yezaiman die ihm dargebotenen Gegengeschenke nicht heimlich, wie er beabsichtigte, sondern offen mit sich an’s Land nähme. Nach länge- rem Zögern verstand er sich hierzu; nur die ihm geschenkten Waffen gestattete man ihm, auf sein dringendes Bitten, zurückzulassen. Wäh- rend der Tafel wurde er sehr eordial; er hatte allein von Seiten Ja- pans alle Verhandlungen geführt und dadurch in dem Umgange mit 408 Die amerikanische Expedition den Fremden grölsere Sicherheit gewonnen; mit sichtlichem Vergnügen verweilte er an Bord der Schiffe, wo die Wifsbegierde seines lebhaften Geistes reichlichen Stoff zur Belehrung und Unterhaltung fand. Aber selbst unter der Aufregung der Tafelfreuden trat ein charakteristischer Zwischenfall ein, welcher die Amerikaner daran erinnerte, dals sie nicht verächtliche Diplomaten vor sich hatten. Sie liefsen die Bemerkung fallen, dafs der Commodore die Abreise auf morgen festgesetzt habe; mit aufleuchtendem Blick und überraschender Fassung erbat sich einer der Dolmetscher sofort diese Erklärung schriftlich! Capt. Buchanan lehnte das Ansinnen kühl ab, Die Gründe, welehe den Commodore bestimmten, die Antwort auf das Schreiben des Präsidenten nicht abzuwarten, sind im Obigen zum Theil schon angedeutet. Die Forderung, dem amerikanischen Handel einige Häfen zu eröffnen, muthete dem japanesischen Gouvernement eine völlige Umwälzung seiner bisherigen Politik zu und suchte es auf ganz ungewohnte Wege zu lenken; sie wollte daher wohl erwogen, vielleicht gar in einer Versammlung sämmtlicher Reichsfürsten berathen sein, und es war unmöglich abzusehen, wann die Entscheidung gereift sein würde und wie lange die Verhandlungen dauern könnten, die etwa in Folge einer solchen Entscheidung angesponnen würden; von der Zähigkeit der in Japan üblichen diplomatischen Kunst hatte man be- reits hinlängliche Proben gehabt. Bei dem Mangel an Transport- und Kohlenschiffen sah sich der Commodore aber aulser Stande, seinen Aufenthalt in der Bucht von Yedo auf unbestimmte Zeit zu verlängern, wenn er nicht von der Geneigtheit der Japanesen, ihn mit dem Noth- wendigsten zu versehen, abhängig gemacht oder sich durch Mangel zu einer ungebührlichen Beschleunigung der Verhandlungen und zur Nach- giebigkeit gezwungen sehen wollte. Dagegen durfte er hoffen, im fol- genden Frühjahr nicht nur die zur Unterhaltung einer regelmälsigen Verbindung mit befreundeten Häfen erforderlichen kleineren Fahrzeuge, sondern auch ein imposanteres Kriegsgeschwader vereinigt zu haben, dessen Anwesenheit einen heilsamen Druck auf das japanesische Gou- vernement ausüben und den Verhandlungen förderlich werden mufste, Zur Zeit fehlte sogar noch das Schiff mit den Geschenken, welche die Regierung der Vereinigten Staaten für den Kaiser von Japan bestimmt hatte. Dazu kam die Rücksicht auf die chinesischen Verhältnisse, de- nen der Commodore nicht zu lange fern bleiben mochte. Aus allen diesen Gründen entschlofs er sich, den japanesischen Behörden zu noti- fieiren, dafs er in Anbetracht der Wichtigkeit der in dem Schreiben an den Kaiser von Japan berührten Angelegenheiten auf eine schleunige Antwort nicht, dringen, der kaiserlichen Regierung vielmehr bis zum nächsten Frühjahr Zeit zur Erwägung lassen wolle, damit sämmtliche nach Japan. 409 Punkte dann auf eine freundschaftliche und für beide Nationen befrie- digende Weise erledigt werden könnten. Obwol nun das Resultat dieses ersten Besuchs anscheinend nur eine Ceremonie war, hatte der Commodore doch sehr viel erreicht. Der Versuch, das Geschwader mit Wachtbooten zu umgeben und sich der fremden Schiffe so zu bemeistern, wie die Japanesen es mit den holländischen thaten, war von vornherein vereitelt und die nationale Beziehung auf einen würdigen Fufs gestellt worden. Ungeachtet alles Widerstrebens der Gegner hatte Perry seinen Auftrag bei den höch- sten Reichsbeamten, dem Sitze der Entscheidung nahe, ausgerichtet, nicht bei untergeordneten Behörden in entfernten Städten, sondern, wie es der internationale Verkehr erheischt, bei den unmittelbaren Räthen des Kaisers den Faden der Verhandlungen angeknüpft. Er hat diese stolzen Reichsfürsten genöthigt, aus ihrer geheimnifsvollen Zurückge- zogenheit herauszutreten und in mehr als einer Beziehung durch ein Abweichen von dem geheilisten Herkommen bedeutungsvolle Präcedenz- fälle entweder selbst zu schaffen, oder factisch zu gestatten: am letzten Tage war gar nicht mehr die Rede davon, dafs der Commodore die Antwort auf das Schreiben in Nangasaki erwarten solle. Endlich hatte er — und dieses war für die Zukunft sehr wichtig — den Ein- geborenen von der überlegenen Macht der Vereinigten Staaten, wie von seiner eigenen Consequenz eine wirkungsvolle Vorstellung gegeben, zu gleicher Zeit aber durch sein ganzes Benehmen und namentlich durch die Disciplin der Mannschaft, die nur bei der Empfangs-Ceremonie das Land betreten hatte, den thatsächlichen Beweis geliefert, dafs seine Absichten durchaus freundlicher Natur wären. Erst da, als die hohen Würdenträger zu ihrem Erstaunen mit eigenen Augen gesehen hatten, wie diese gewaltigen Schiffscolosse durch die Kraft des Dampfes pfeil- schnell gegen Wind und Wellen fortgetrieben wurden, — erst da konn- ten sie verstehen, was der Commodore meine, wenn er sagte, dafs die Kraft des Dampfes die beiden Nationen genähert habe und dafs die Amerikaner eben deswegen jetzt mit ihren japanischen Nachbarn ein Friedens- und Freundschaftsbündnifs abzuschliefsen wünschten. Und das Neue, welches den Augen des vereinsamten, doch aufgeweckten Volkes vorgeführt war, fiel auf keinen unfruchtbaren Boden. Am 17. Juli stach das Geschwader wieder in See. Der Commo- dore entsandte die Sloop Saratoga sofort nach China zum Schutze der amerikanischen Interessen, und ging mit den drei anderen Schiffen zu- nächst nach Grols-Liu-Kiu, wo er nach einer überaus stürmischen und gefährlichen Fahrt am 25sten anlangte und das Transportschiff Supply vorfand. Er gedachte sich hier nur wenige Tage aufzuhalten, diese aber zur Herstellung erleichterter Verkehrsverhältnisse kräftigst zu be- 410 Die amerikanische Expedition nutzen. Zu diesem Behufe verlangte er sofort eine Unterredung mit dem Regenten, und um jeder geflissentlichen Verzögerung möglichst vorzubeugen, liels er demselben gleichzeitig seine Forderungen durch den Bürgermeister von Napha vorlegen. Diese umfafsten in Kürze fol- gende Punkte: Miethe eines Hauses an der Küste für ein Jahr; Bau eines Kohlendepöts für 600 Tonnen; Beseitigung der den Amerikanern lästigen Spionage und Freiheit des Handelsverkehrs auf den Märkten und in den Kaufläden. Die gewünschte Zusammenkunft fand schon am 28. Juli in Napha statt. Der Commodore bemerkte, dafs er, da die Liu-Kiu-Inseln in der Folgezeit wahrscheinlich oft von Schiffen seiner Nation besucht werden würden, während seines jetzigen Aufent- halts durch gegenseitiges Uebereinkommen einige Uebelstände, die bei dem Verkehr befreundeter Nationen nicht Platz greifen dürften, abzu- stellen und dadurch künftigen Reibungen vorzubeugen wünsche, und liefs durch den Dolmetscher einen Bericht über seinen Empfang in Ja- pan vortragen. Gleichwohl enthielt die schriftliche Antwort des Re- genten Nichts als Ausflüchte und war ein vollendetes Product der Po- litik des Temporisirens. Schon der Aufenthalt Dr. Bettelheim’s, hiefs es darin, habe grofse Verdriefslichkeiten verursacht, und der Bau eines Kohlendepöts würde sie nur vermehren; der von den Amerikanern bis- her benutzte Tempel sei dadurch für die Insulaner unbrauchbar gewor- den; die Inseln selbst seien klein, arm an Producten und für den Ver- kehr wenig geeignet; wenn die Bewohner ihre Kaufläden vor den Fremden schlössen, so sei das ihr eigener Wille und die Regierung könne es nicht hindern; die Beamten, welche den Amerikanern folg- ten, seien keine Spione, sondern beauftragt, die Fremden vor Belästi- gung zu schirmen; aber wenn sie ihnen beschwerlich wären, wolle man sie zurückziehen. Als der Commodore das Schreiben gelesen hatte, gab er es dem Regenten zurück mit dem Bemerken, dafs er eine so wenig befriedigende Antwort nicht annehmen könne; den erwähnten Tempel hätten die Behörden selbst den Amerikanern überwiesen; diese hätten sich davon überzeugt, dafs die Inseln fruchtbar, reich an Pro- ducten verschiedener Art, und die Bewohner wohlhabend wären; und da die Amerikaner alle Bedürfnisse bezahlen wollten, sei ihre Anwesen- heit und ihr Verkehr für die Eingeborenen ein Vortheil; alle seine For- derungen seien in der Billigkeit begründet und enthielten Nichts mehr, als was den Amerikanern in China bereits bewilligt sei; wenn er da- her am folgenden Tage keinen befriedigenden Bescheid erhalte, werde er mit 200 Mann den Palast zu Shui besetzen und so lange besetzt halten, bis die Angelegenheit erledigt sei. Mit dieser drohenden Er- klärung verliefs Perry den Saal und begab sich an Bord. Er hatte sich nicht verrechnet; bei der Stimmung und dem Charakter des Volkes nach Japan. 411 konnte man nicht daran zweifeln, dafs die Behörden nicht im Ernst an eine Verweigerung dieser Forderungen dachten; es war ihnen aber zur Gewohnheit geworden und schien ihnen hier besonders rathsam zu sein, die Verhandlungen durch zahllose kleinliche Einwendungen in einem Schneckengange zu erhalten, wie sie denn auch noch später kei- nen Anstand nahmen, geltend zu machen, dafs die Kohlen gestohlen, dafs das Gebäude vom Winde fortgeblasen werden könnte u. dgl. m. Am folgenden Tage machte der Bürgermeister von Napha die Eröff- nung, dafs alle Forderungen der Amerikaner bewilligt wären; als Kohlendepöt wolle man ihnen ein Gebäude gegen einen monatliche Miethe von 10 Dollars überlassen, und zur Begünstigung des Verkehrs eine Kaufhalle errichten, da manche Kaufleute, und namentlich die Weiber, zum persönlichen Umgange mit den Fremden nicht zu bewe- gen sein würden. Hiermit war der Commodore einverstanden; der Bazar wurde am 1. August eröffnet, und es war interessant zu sehen, dafs die Eingeborenen den Preis ihrer Waaren in Folge der lebhaften Nachfrage binnen wenigen Stunden um das Doppelte zu steigern wuls- ten. Noch an demselben Tage trat der Commodore die Reise nach China an und liefs bei Napha die Sloop Plymouth unter Commander Kelly zurück, um die Insulaner noch mehr an den Umgang mit Frem- den zu gewöhnen. Kelly erhielt die bestimmte Ordre, alle für das Schiff erforderlichen Lieferungen ihrem Werthe entsprechend zu bezah- len und durch sein Auftreten das Vertrauen der Eingeborenen zu den Fremden zu befestigen; nach dem Aufhören der stürmischen Jahres- zeit sollte er auch den Bonin-Inseln einen Besuch abstatten und die Aufnahme der dortigen Gewässer vervollständigen. Capt. Kelly fand, dafs sich die Bewohner Peel-Islands inzwischen zu einer selbstständi- gen Colonie eonstituirt und aus ihrer Mitte gewählte Magistrate an die Spitze des jungen Gemeinwesens gestellt hatten. Auf der Fahrt nach China begegnete Perry der Vandalia, einem der längst erwarteten amerikanischen Kriegsschiffe, dessen Befehlshaber die Nachricht brachte, dafs auch der Powhatan in Hongkong einge- troffen und nach den Liu-Kiu-Inseln abgegangen wäre. Vandalia wurde zurück nach China beordert; dem Powhatan begegnete man lei- der nicht. Um sich über den Stand der Dinge so rasch als möglich zu unterrichten, hatte Perry ein Schiff (Saratoga) nach Shanghai, ein anderes (Supply) nach Amoy gesandt. Mit dem Rest des Ge- schwaders lief er selbst in die Gewässer von Hongkong ein. Da hier im Laufe des Herbstes auch die Kriegssloop Macedonian und die Transportschiffe Southampton und Lexington eintrafen, wuchs Perry’s Flottille auf 10 Fahrzeuge an. Aber das bedeutendste der dem Commodore zugesicherten Kriegsschiffe, das Linienschiff Vermont mit 412 Die amerikanische Expedition 74 Kanonen, war nicht expedirt worden, — weil es nicht bemannt werden konnte; ebenso erschien auch der Dampfer Alleghany nicht, weil er sich plötzlich als seeuntüchtig erwiesen hatte. Auch die vor- handenen Schiffe liefsen Manches zu wünschen übrig; Powhatan mufste in jedem Hafen, in den er einlief, reparirt werden; Susquehanna be- fand sich schon bei dem Beginn der Expedition in schlechtem Zustande, und auch die Sloop Saratoga bedurfte einer Reparatur. Noch empfind- licher war der Mangel an Offizieren; das ungewohnte Klima und der anstrengende Dienst äufserten ihre Wirkung; die Zahl der Kranken stieg; ein Offizier starb, andere mufsten ihrer untergrabenen Gesund- heit wegen nach der Heimath entsendet werden, ohne dafs sie ersetzt wurden. Auf der Vandalia waren einmal sämmtliche Lieutenants und der Master krank, so dafs ein Master’s Mate die Aufsicht auf dem Deck führen mulste. Nichtsdestoweniger blieb Perry’s dringende Bitte, ihm einige Lieutenants und Passed Midshipmen zu senden, unbeachtet: wir haben schon bemerkt, dafs das demokratische Gouvernement sich für die Expedition nicht so lebhaft interessirte, wie die Whigs, von denen sie beschlossen war. Besondere Schwierigkeiten verursachte die Her- beischaffung von Kohlen; die Kriegsschiffe anderer Nationen an der chinesischen Küste litten oft empfindlichen Mangel daran, Perry mufste mit seinen Vorräthen höchst haushälterisch umgehen und konnte die Anwendung des Dampfes nur in den dringendsten Fällen gestatten. Die Entscheidung der politischen Wirren in China war noch eben so fern, wie zu der Zeit, als Perry die Aufforderung Mr. Marshall’s, sie abzuwarten, abgelehnt hatte. Die Rebellen hatten Amoy und Shanghai besetzt, und, ihrer bisherigen Politik getreu, Leben und Ei- genthum der fremden Kaufleute respectirt. Es war somit kein Grund vorhanden, die Politik strieter Neutralität, welche die Entwickelung der Dinge abwartete, zu ändern; aber Mr. Marshall, dem von seiner Re- gierung die gröfseste Wachsamkeit und Thätigkeit empfohlen war, glaubte diese Eigenschaften durch ein unruhiges und zweckloses Um- hereilen von Ort zu Ort an den Tag legen zu müssen, und wurde nicht müde, die Kriegsdampfer des Geschwaders dafür in Anspruch zu neh- men. Unfähig, die Lage der Dinge zu würdigen, ging er mit dem Ge- danken um, die Handelsbeziehungen zwischen Amerika und China auf einen günstigeren Fuls zu stellen, obgleich die gegenwärtige Regierung sich kaum gegen die Rebellen behaupten konnte und ganz aufser Stande war, etwaigen vertragsmälsigen Zusicherungen Nachachtung zu verschaffen. Mr. Marshall bestürmte den Commodore mit weitläuftigen, verworrenen und in unangemessenem Tone abgefafsten Depeschen, setzte auseinander, wie das Geschwader seiner Ansicht nach zum Schutze der amerikanischen Interessen verwendet werden müsse, ob- nach Japan. 413 gleich die zunächst betheiligten amerikanischen Kaufleute die von Perry bereits getroffenen Mafsregeln für ausreichend hielten, und hatte zuletzt, als der Commodore bereits Dispositionen für seine zweite Abreise nach Japan getroffen hatte, den Einfall, für die von Shanghai ausgehenden amerikanischen Schiffe die Entrichtung der Zölle zu verweigern, weil der kaiserliche Commissär in Canton, durch die inneren Wirren hin- länglich beansprucht, von der Anwesenheit des Herrn Gesandten keine Notiz genommen und die Briefe desselben nicht in der festgestellten Frist beantwortet hatte. Um nun die Zollverweigerung zu beaufsichti- gen, verlangte Mr. Marshall, obgleich er eben auf dem Mississippi von ‚Shanghai nach Canton geführt war, auf einem Kriegsschiff wieder nach Shanghai zurückgeführt zu werden, und beantragte auch eine Verstär- kung der dort stationirten amerikanischen Streitmacht; und obgleich er diese Forderung dadurch motivirte, dafs die chinesischen Beamten wahrscheinlich versuchen würden, die Entrichtung der Zölle zu erzwin- gen ’), war er doch höchst entrüstet, als Perry die Ausführung jenes Planes als gleichbedeutend mit einer Einmischung in den Bürgerkrieg bezeichnete und jede Cooperation bei einem so bedenklichen und fol- genschweren Unternehmen ablehnte. Der Commodore sandte die weit- läuftigen Schriftstücke des turbulenten und den schwierigen Verhält- nissen gar nicht gewachsenen Kopfes nach Washington und zeichnete klar und sicher die Grundzüge der Politik, die während der Zeit des Bürgerkrieges dem chinesischen Reiche gegenüber zu beobachten wäre. Perry wartete das Frühjahr nicht ab, da er besorgte, dafs die Be- fehlshaber einiger fremden Kriegsschiffe, welche sich in den chinesischen Gewässern hatten blicken lassen, seine Verhandlungen mit Japan durch- kreuzen könnten. Ein französischer Commodore war mit versiegelten Befehlen von Macao in See gegangen. Der russische Admiral Pontiatin hatte sicherlich Aufträge, die sich auf Japan bezogen. Perry erfuhr, dafs er in Nangasaki gewesen war, auf den von ihm überreichten Brief seines Souveräns aber keinen Bescheid erhalten hatte, da der Kaiser von Japan gestorben wäre und in Folge dessen während längerer Zeit keine Verhandlungen stattfinden dürften. Die Unterredungen Pontia- tin’s mit den Holländern wurden in Gegenwart japanesischer Spione und auf deren ausdrückliche Forderung nur in der ihnen verständlichen ’) It will be, in my opinion, very essential that our naval force shall be in- creased at Shanghai when this order (die Zölle nicht zu entrichten) takes effect, for the Chinese imperial government has a considerable fleet in the river in front of Shanghai, and a large army on the shore; and in the desperation to which such an order may reduce the imperial officers at Shanghai, I cannot foretell the kind ‚of remedy they may attempt to apply to the case, but most probably it will be one of force. Depesche d. d. Canton, 26. December 1853. 414 Die amerikanische Expedition holländischen Sprache gepflogen; weder die Holländer, noch die Japa- nesen gestatteten ihm, dem gerade. absegelnden holländischen Schiffe Briefe mitzugeben. Nach solchen Vorgängen konnte Perry von der Cooperation, die. der russische Admiral ihm anbot, Nichts, erwarten; sie bestätigten nur, was er sonst schon wulste, dals gegen die Russen eine besondere Animosität in Japan herrschte; der Commodore lehnte also den Antrag in höflichen, doch bestimmten Ausdrücken ab. Nachdem schon Anfangs Januar einige Schiffe vorausgesandt 'wa- ren, stach Perry am 14. mit den drei Dampfern (Powhatan, Susque- hanna und Mississippi) und zwei Transportschiffen in See und langte am 20., nach sechsmonatlicher Abwesenheit, in Napha an. Er fand, dafs das Verhältnifs zu den Eingeborenen sich günstig entwickelt hatte; sie betrachteten es bereits als eine selbstverständliche Sache, für das, was sie den Schiffen lieferten, Bezahlung zu empfangen, und erhöhten sogar allmählich die Preise. Auch flohen sie nicht mehr vor den Ame- rikanern, sobald diese sich näherten; selbst die Weiber blieben auf den Marktplätzen bei ihren Waaren sitzen; wenn nicht die Furcht vor den Beamten das schüchterne Völkchen in so hohem Grade beherrscht hätte, so würde in Kurzem ein ganz rückhaltloser Verkehr eingetreten sein. Die Beamten selbst aber zeigten sich widerstrebend, und der Commo- dore hatte wieder einigen Widerstand zu überwinden, als er dem Re- genten im Palast zu Shui einen Besuch abstatten wollte. Während seines Aufenthalts in Napha erhielt Perry ein Schreiben .des General- Gouverneurs von Niederländisch-Indien, der ihm im Auftrage. der ja- panesischen Behörden mittheilte, dafs der Kaiser von Japan gestorben wäre und die länger dauernde Trauerzeit eine Aufnahme der Verhand- lungen im Frühjahr noch nicht gestatte; das Schreiben des Präsidenten könne erst nach Ablauf der Trauerzeit in Erwägung gezogen werden, und da zu diesem Behufe die Reichsfürsten, einer nach dem ‚andern, nach Yedo gehen und hier ihre Ansicht kund thun mülsten, würde darüber eine lange Zeit vergehen. Der Commodore änderte seinen Plan in Folge dieser Mittheilung nicht; es war nicht recht glaublich, dafs die Regierungsgeschäfte in einem solchen Falle vollständig unter- brochen sein sollten. Schon am 1. Februar sendete Perry die Segelschiffe nach. Japan und folgte ihnen mit den Dampfern am 7ten. Als er am 12ten in die Bucht von Yedo einlaufen wollte, sah er, dafs der Macedonian bei Kamakura auf Grund gerathen war. Mit Hilfe des Mississippi gelang es, das Schiff wieder flott zu machen, und Perry hatte die Freude, zu erfahren, dafs die japanesischen Behörden sofort den Befehlshaber des schon früher in die Bucht eingelaufenen Southampton von dem Mils- geschick des Macedonian in Kenntnils gesetzt und. ihm ihre Unter- nach Japan. 415 stützung angeboten hatten. Das war eine von der bisherigen Praxis weit abweichende Thatsache, welche die begründete Hoffnung erregte, dafs wenigstens die auf Schiffbrüchige bezügliche Forderung Perry’s von den Japanesen nicht beanstandet werden würde. In langer Reihe segelte das Geschwader in die Bucht hinein, liefs die japanesischen Boote, die, wie gewöhnlich, sich ihm entgegenstellen wollten, weit hin- ter sich, und ankerte am 13ten auf dem „Amerikanischen Ankerplatze*, 12 Miles jenseits Uraga. Bald erschienen einige Beamte an Bord, die von Capt. Adams empfangen wurden. Sie brachten die Nachricht, dafs der Kaiser bereits zwei hohe Würdenträger ernannt habe, um die Ver- handlungen anzuknüpfen, — eine Nachricht, die im Hinblick auf die Mittheilung des holländischen General-Gouverneurs sehr überraschen mufste. Aber über den Ort der Conferenzen konnte man sich nicht sofort einigen; die Japanesen schlugen Kamakura vor, denselben Platz, wo der Macedonian auf Grund gerathen war und wo das Geschwader, wie der Commodore sich bei dieser Gelegenheit überzeugt hatte, un- möglich mit Sicherheit ankern konnte; aber sie hatten in Bezug auf diesen Ort eine abschlägliche Antwort erwartet und empfahlen sofort in zweiter Linie Uraga '). Auch hierauf ging Perry nicht ein, indem er auf die Unsicherheit der Rhede namentlich während dieser ungün- stigen Jahreszeit und auf die Nothwendigkeit hinwies, den Boden des Macedonian in stillem Wasser vermittelst des submarinen Apparats zu untersuchen. Er schlug vor, die Conferenzen an der dem gegenwärti- gen Ankerplatz gegenüberliegenden Küste oder an einem Punkte wei- ter aufwärts nach Yedo, oder in Yedo selbst abzuhalten. Die Beam- ten waren zu einer solchen Zusicherung nicht autorisirt; aber obgleich sie ihren Zweck nicht erreicht hatten, bewahrten sie ein zuvorkommen- des, höfliches Wesen. Unter den verschiedensten Vorwänden, — bald um den Schiffen Proviant anzubieten, bald um sich nach dem Befinden des Commodore zu erkundigen, der einige Tage unwohl gewesen war, bald um dem Abfeuern der Kanonen am Geburtstage Washington’s (einer den ge- bildeten Japanesen nicht ganz unbekannten Persönlichkeit) beizuwoh- nen — wurden: solche Besuche seitdem täglich wiederholt, ohne die Differenz auch nur um einen Schritt der Entscheidung zu nähern. Die Japanesen beharrten bei Uraga, beriefen sich auf einen ausdrücklichen Befehl des Kaisers, und suchten durch Zuvorkommenheit wie durch List Capt. Adams zu bewegen, dafs er seinen Einflufs bei dem Com- modore zu Gunsten dieses Vorschlages verwende. Einer der Dolmet- 1) Ich folge hier den amtlichen Berichten Perry’s (Beilage zur Depesche Nr. 42, d. d. 20. März 1854), von denen die Darstellung bei Hawks in einigen Punkten ab- weicht. A16 Die amerikanische Expedition scher eröffnete ihm im tiefsten Vertrauen, er wisse, dafs der Kaiser befohlen habe, den Commodore mit den höchsten Ehren zu empfangen und seine Vorschläge mit aller Rücksicht entgegen zu nehmen, fürchte aber, dafs die Weigerung, nach Uraga zu gehen, die günstige Stim- mung ganz zerstören werde. Der Commodore konnte es sich nicht verhehlen, dafs es für die hohen Reichsfürsten, da sie sich einmal auf kaiserlichen Befehl nach Uraga begeben hatten, eine mifsliche Prüfung war, dem Geschwader nachzugehen; aber es war ihm noch bedenkli- cher, die ernsten Verhandlungen durch eine Nachgiebigkeit seinerseits zu eröffnen und dadurch die zähe Schlauigkeit der Gegner zu ermuthi- gen. Er erbot sich, die hohen Würdenträger auf einem der Kriegs- schiffe nach dem Conferenzplatze und von hier, so oft sie es wünsch- ten, nach Uraga zu befördern, und — als dies abgelehnt wurde — Capt. Adams zu einer persönlichen Rücksprache nach Uraga zu sen- den. Auf das letztere gingen die Reichsräthe ein, und Adams begab sich auf der Vandalia nach Uraga, wurde aber durch einen heftigen Sturm am Einlaufen in den Hafen verhindert, so dafs er erst am fol- genden Tage landen konnte. Mit grofsem Geschick benutzte er diesen Umstand bei seiner Unterredung mit Hayashi, dem Fürsten von Dai- gaku, doch ohne Erfolg. Um die Angelegenheit zu fördern, hatte Perry, anfangs als entfernte Möglichkeit, dann bestimmter, seine Neigung nach Yedo zu gehen als ein Ultimatum durchblicken und auch in das Schreiben, welches Adams dem Fürsten von Daigaku überbrachte, die Bemerkung einfliefsen lassen, dafs seine Instructionen ihn anwiesen, nach Yedo zu gehen, und dafs er hierzu um so mehr geneigt sei, als er dann auf die Ehre hoffen könne, hervorragende Mitglieder des kai- serlichen Hofes, welche die Kriegsschiffe zu besichtigen wünschten, an Bord derselben zu empfangen. Da er von der Sendung des Capt. Adams keinen Erfolg erwartete, that er, noch während der Abwesen- heit desselben, einen entscheidenden Schritt, näherte sich mit seinem Geschwader der Hauptstadt und liefs durch seine Boote das Fahrwasser des Hafens bis auf eine Entfernung von 4 Miles von der Küste unter- suchen: man fand hier noch eine Tiefe von 6 Faden. In dieser Stel- lung empfing er durch Adams die abschlägliche Antwort des Fürsten von Daigaku. Er hatte sie kaum eine Stunde in Händen, als ein alter Bekannter an Bord des Flaggenschifies erschien, — Kayama Yezaiman, der sich, angeblich einer Kränklichkeit wegen, bisher nicht hatte blicken lassen. Der höfliche und gewiegte Diplomat suchte zunächst die wah- ren Absichten des Commodore zu ergründen und leitete das Gespräch mit anscheinender Gleichgültigkeit auf verschiedene Gegenstände; aber als er sich überzeugt hatte, dafs der Entschlufs des Commodore nicht zu ändern wäre, rückte er plötzlich mit dem Vorschlage hervor, die nach Japan. 417 Uonferenz in Yokuhama, einem dem derzeitigen Ankerplatze gegenüber gelegenen und den Wünschen des Commodore vorzüglich entsprechen- den Orte abzuhalten. Seit zehn Tagen hatten diese zähen Diplomaten alle möglichen Einwürfe dagegen erhoben, dafs das Geschwader an dem „Amerikanischen Ankerplatze* verbleibe oder gar noch tiefer in die Bucht hineinsegele; sie hatten mit dem höchsten Ernste betheuert, dafs es absolut unmöglich sei, die Conferenzen an einem anderen Orte als in Uraga abzuhalten; und jetzt, wo sie sahen, dafs der Commodore fest blieb, und in einem Moment, wo eine ‚etwaige durch das Vordrin- gen Perry’s hervorgerufene Sinnesänderung in Yedo ihnen noch nicht bekannt geworden sein konnte, zeigten sie plötzlich eine unbedingte Nachgiebigkeit, zum unzweideutigen Beweise, dafs sie auch vorher in Bezug auf die Wahl des Conferenzortes ziemlich freie Hand gehabt hatten. In einer schriftlichen Notification erklärte der Commodore dem Fürsten von Daigaku sofort seine Zustimmung zu diesem Vorschlage, „da er aulserordentlich bestrebt sei, so weit es mit der Ehre und den Interessen seines Landes verträglich wäre, den Wünschen Sr. Excellenz entgegen zu kommen“. Sofort begannen die Japanesen die Errichtung eines Empfangsge- bäudes an der Küste bei Yokuhama. In der Zwischenzeit erschien Kayama Yezaiman täglich an Bord der Schiffe und benutzte diese Be- suche, um durch seine Erkundigungen mancherlei Material zu sammeln, welches den kaiserlichen Bevollmächtigten für die bevorstehenden Ver- handlungen dienlich sein konnte. Man erfuhr von ihm: auf Kiusiu be- fänden sich vortreflliche Kohlen, einige auch auf Nipon; auf Sikok aber habe man keine entdeckt. Er theilte auch mit, dafs bei dem jetzi- gen Empfange des Commodore keine Truppenmacht anwesend sein würde, da man von den friedfertigen Absichten der Amerikaner voll- kommen überzeugt sei, und überbrachte dem Commodore, auf dessen Wunsch, das kaiserliche Beglaubigungsschreiben für die vier Bevoll- mächtigten (Hayashi Fürst von Daigaku, Ido Fürst von Tsu-sima, Izawa Fürst von Mimasaki, und Udono, Mitglied des Finanzministe- riums, denen noch vor Eröffnung der Conferenzen ein fünfter, Matsu- saki Michitaro, beigeordnet wurde); es trug die Namensunterschrift des Kaisers: Ka-ei-silsi-neu. Hayashi stand an Rang dem Kaiser am nächsten. Als das Empfangsgebäude fertig war, wurde die Eröffnung der Conferenzen auf den 8. März festgesetzt. Unter Entfaltung grofsen Pompes, mit einem Gefolge von 500 Mann, landete Perry zur: bestimmten Stunde. Bei seinem Eintritt in den Audienzsaal wurden von dem Geschwader 21 Schüsse zu Ehren des Kaisers, 17 zu Ehren des Fürsten von Daigaku abgefeuert und auf den Hauptmast des Powhatan die japanesische Flagge aufgehifst. Zeitschr. f. allg. Erdk. Neue Folge. Bd. I. 27 AIS Die amerikanische Expedition Der Fürst von Daigaku eröffnete die Conferenz durch Ueberreichung des kaiserlichen Antwortschreibens auf den Brief des Präsidenten, und empfing von dem Commodore zwei Denkschriften und den Entwurf eines Vertrages, der nach dem Muster des amerikanisch-chinesischen ausgearbeitet war. In den Denkschriften hatte Perry nochmals mit gewohnter Ruhe und Klarheit die Nothwendigkeit und den Nutzen eines Vertrages auseinandergesetzt, indem er auf das schnelle Empor- blühen Californiens, auf die hierdurch beförderte Ausdehnung des ame- rikanischen Handels über den Stillen Ocean und namentlich (des Wal- fischfanges wegen) in den japanesischen Gewässern, und auf den Um- fang der Dampfschifffahrt hinwies; so lebhafte Verkehrsverhältnisse machten ein Zusammentreffen beider Nationen unvermeidlich, und eine weise Vorsicht erheische, dasselbe durch vertragsmäfsige Bestimmungen zu regeln, um dadurch Reibungen, Streitigkeiten und Kriegen vorzu- beugen; hinsichtlich der materiellen Vortheile eines Vertrages machte er auf die Thatsache aufmerksam, dafs die Vereinigten Staaten von China jetzt jährlich für 3,600,000 Taels Thee, für 3 Millionen Taels ') rohe und verarbeitete Seide kauften, und dafs bereits über 30,000 Un- terthanen des Kaisers von China die Vereinigten Staaten besucht hät- ten, um dort unter dem Schutze der amerikanischen Gesetze ohne Ein- schränkung ihren Geschäften nachzugehen und meist mit einem bedeu- tenden Vermögen in die Heimath zurückzukehren. In dem andern Memoire drückte er den Wunsch aus, vom Lande zu angemessenen Preisen frisches Fleisch, Gemüse u. dgl. zu erhalten, und bemerkte, es sei zur Vollendung der nautischen Aufnahmen, von denen er dem kai- serlichen Gouvernement Copien zur Disposition stelle, nothwendig, an der Küste Behufs der Winkelmessung Signalstangen zu errichten; aus Achtung vor den japanesischen Gesetzen habe er bisher jede Landung untersagt, in Rücksicht auf den erwähnten Zweck erbitte er sich aber jetzt die Erlaubnils dazu. Da diese Schriftstücke zunächst geprüft werden mufsten, konnten in der ersten Conferenz nur Nebensachen zur Sprache kommen. Auf dem Mississippi war ein Soldat gestorben, und Perry wünschte, ihn an der Küste zu beerdigen. Nach längerer Berathung unter einander er- klärten die Japanesen, der Leichnam müsse nach Uraga und von dort mit erster Gelegenheit nach Nangasaki geschickt werden, wo ein Be- gräbnifsplatz für Fremde vorhanden sei. Nangasaki war überall das Alpha und Omega ihrer Politik. Perry machte geltend, dafs friedliche Ruheplätze für die Todten von allen Nationen gewährt würden, und schlug vor, den Leichnam auf einem der kleinen in der Bucht gele- !) Ein Tael gilt 6 englische Shilling. nach Japan. 419 genen Eilande zu beerdigen. Die Bevollmächtigten zogen sich aber- mals zur Berathung zurück, und bewilligten endlich, dafs das Begräbnifs in der Nähe eines Tempels bei Yokuhama stattfinde. Hier wurde der Act am folgenden Tage nach den Gebräuchen der bischöflichen Kirche vollzogen; es war bemerkenswerth, dafs die Japanesen gegen den in seiner Amtstracht erscheinenden Caplan keine Abneigung zeigten, wie man es bei ihrem vermeintlichen Hafs gegen die Diener der christlichen Religion erwartet hatte; sie begegneten ihm vielmehr mit Ehrfurcht. Auch ein buddhistischer Priester verrichtete seine Gebräuche über dem Grabe, und nach einigen Tagen fand man, dafs die Japanesen es mit einer zierlichen Einfassung von Bambusstäben umgeben hatten. Das Schreiben des Kaisers war über Erwarten günstig. Es con- statirte zunächst, dafs man die Ankunft des Commodore zur Empfang- nahme desselben erwartet habe, bemerkte dann allerdings, dafs eine befriedigende Antwort auf alle Vorschläge, sowol aus Rücksicht auf die japanesischen Gesetze, wie in Folge des neuerdings eingetretenen Thronwechsels, zur Zeit ganz unmöglich sei, sprach aber doch die wichtige Ansicht aus, dafs ein fortdauerndes Kleben an den alten Ge- setzen mit dem Geiste der Zeit nicht in Einklang zu stehen schiene. Der Kaiser erklärte sich mit den Vorschlägen der amerikanischen Re- gierung über die Lieferung von Kohlen, Holz, Wasser, Provisionen, über die Rettung von Schiffen und ihrer Mannschaft in Seegefahr ein- verstanden, verlangte aber zu wissen, wie hoch der Kohlenbedarf sei und was man unter Provisionen verstehe. Für jenen Verkehr versprach er einen Hafen innerhalb fünf Jahren in den geeigneten Stand zu setzen, während in Nangasaki die ertheilten Zusicherungen schon mit dem Februar des folgenden Jahres in Kraft treten könnten. — Der Com- modore bekräftigte zunächst die hierin enthaltenen erfreulichen Zu- sicherungen durch seine schriftliche Zustimmung, drang aber auf den Abschlufs eines förmlichen Vertrages, verlangte die Eröffnung mehrerer Häfen und in ihnen einen unmolestirten Verkehr. Vor der zweiten Conferenz erfolgte die Uebergabe der für den Kaiser bestimmten Geschenke, unter denen ein Telegraph und eine kleine Locomotive nebst Waggon und Schienen, die sofort an der Küste in Thätigkeit gesetzt wurden, die höchste Bewunderung der Japanesen erregten. Sie wurden nicht müde, auf dem Telegraphen, der eine eng- lisehe Meile weit reichte, Befehle in japanesischer, englischer und hol- ländischer Sprache von einem Ende zum andern zu expediren, und da der Waggon so klein war, dafs kaum ein sechsjähriges Kind in ihm Platz finden konnte, setzten sich die Japanesen, um das Vergnügen einer Fahrt zu genielsen, auf das Dach, und es erregte keine geringe Heiterkeit, diese gravitätischen Männer mit ihren weiten, im Winde aur 420 Die amerikanische Expedition flatternden Gewändern, ihren vergnügten und doch ängstlichen Mienen unter dem unendlichen Jubel ihrer Landsleute pfeilschnell dahinbrausen zu sehen. Ueberhaupt zeigte sich hier und später noch mehr die auf- fallende Wifsbegierde des Volks; sie bemühten sich, Alles in seinem Zusammenhange zu ergründen, untersuchten Kleidungsstücke, Stiefel — oft zur grofsen Belästigung ihrer Träger, — mit einer Genauigkeit, als ob sie Alles sofort nachbilden sollten, und hatten immer Pinsel und Dinte bei der Hand, um Notizen und Zeichnungen zu machen. Ein Japanese hatte auf den Dampfschiffen eine vollständige und exaete Zeichnung der Maschinerie entworfen; die Amerikaner wollten sie ihm, als eine auffallende Probe von der Intelligenz dieses Volkes, abkaufen; er hätte sie aber um alle Schätze der Welt nicht von sich gegeben. Am 15. März reichten die Bevollmächtigten ein Contreprojeet eines Vertrages ein, mit der Bemerkung, dafs der chinesische nicht als eine geeignete Basis erscheine, da China schon seit längerer Zeit mit frem- den Nationen verkehrt habe, während in dem isolirten Japan mit den fest ausgeprägten und eigenthümlichen Sitten seiner Bevölkerung das Bedürfnifs eines Tauschhandels mit Fremden nicht hervorgetreten sei. Diesem Project zufolge sollten amerikanische Schiffe vom 1. Februar 1855 ab im Hafen von Nangasaki Holz, Wasser, Provisionen, Kohlen und andere Landesproducte, deren sie bedürften, zu denselben Preisen, wie die Holländer und Chinesen, gegen baare Bezahlung in Gold- und Silbermünzen in Empfang nehmen können; ein zweiter Hafen in einem anderen Fürstenthume sollte nach 5 Jahren zu demselben Zwecke er- öffnet, Schiffbrüchige und ihr Eigenthum zur See nach Nangasaki oder — seiner Zeit — dem zweiten Hafen befördert werden, aber sich nicht frei im Lande bewegen oder in Nangasaki mit den Holländern und Chinesen umgehen dürfen, „da man nicht wissen könne, welche von ihnen Piraten wären und welche nicht“; was die Häfen auf Grofs Liu-Kiu und in Matsmai (auf Yesso) beträfe, die der Commodore den amerikanischen Schiffen eröffnet wissen wollte, so seien beides „sehr entfernte Gegenden“; über Napha könne gar nicht discutirt werden; Matsmai gehöre seinem eigenen Fürsten, und hierüber könne erst im nächsten Frühjahr Bescheid ertheilt werden. Bei der Conferenz am 17. legte der Commodore seine Gegenbe- merkungen vor. Dem Hafen von Nangasaki, der aufserhalb der Route des amerikanischen Handels liege, müfsten andere Häfen substituirt und diese spätestens binnen 60 Tagen eröffnet werden; er hätte ur- sprünglich fünf Häfen gewünscht, begnüge sich aber mit dreien, einem auf Nipon, einem auf Yesso, und Napha auf Grofs Liu-Kiu; es sei ungerecht, Personen, welche durch Gottes Fügung auf die Küste einer befreundeten Nation geworfen würden, von vornherein als Piraten zu nach Japan. 421 betrachten; die Amerikaner könnten sich einer solchen Behandlung nicht unterwerfen und mülsten überhaupt jede Zumuthung, dafs sie sich den für die Holländer und Chinesen gültigen entwürdigenden Bedin- gungen fügen sollten, als eine Beleidigung ihres Landes ansehen; auf der Eröffnung von Napha und Matsmai müfsten sie beharren; wenn der Fürst des letztern ein unabhängiger Souverain sei, so wollten sie selbst dorthin gehen und mit ihm Unterhandlungen anknüpfen. Die Bevollmächtigten schienen unter allen Umständen an Nanga- saki festhalten zu wollen; dieser Ort nehme seit längerer Zeit eine ex- ceptionelle Stellung im Reiche ein und die dortigen Behörden seien mit der Handhabung der auf Fremde bezüglichen Gesetze vertraut. Gerade deshalb, erwiderte Perry, müsse er diesen Hafen auf das Bestimmteste ablehnen; die dortigen Behörden, gewöhnt an den unwürdigen Servi- lismus der Holländer und Chinesen, würden die Amerikaner in gleicher Weise zu behandeln geneigt sein und dadurch Mifshelligkeiten hervor- rufen, welche das freundliche Einvernehmen zwischen beiden Nationen stören müfsten. Nach längerer geheimer Berathung machten die Be- vollmächtigten das wichtige Zugeständnifs, dafs statt Nangasaki’s der Hafen von Simoda, im Fürstenthum Idzu auf Nipon, den Amerikanern eröffnet werden solle und dafs die amerikanischen Schiffe ihn sofort untersuchen könnten; aber in Bezug auf Matsmai müsse die Entschei- dung vorbehalten werden. Die Untersuchung des Hafens von Simoda lieferte ein günstiges Resultat; und da die japanesischen Bevollmächtigten dem Commodore am 23sten schriftlich mittheilten, dafs sie nach Verlauf eines Jahres auf der Insel Yesso den Hafen von Hakodadi, der sicherer und geräu- miger als der von Matsmai wäre, den Amerikanern eröffnen wollten, hatte Perry die Hauptpunkte seiner Aufgabe erreicht. In der frohen Ueberzeugung, dafs sich jetzt dem Abschlufs eines Vertrages kein we- sentliches Hindernils in den Weg stellen würde, entsandte er, seinen Instructionen gemäfs, die Susquehanna nach China, wo sie dem neuen amerikanischen Bevollmächtigten, Me Lane, zur Disposition gestellt werden sollte. Die feierliche Ueberreichung der von dem Kaiser für die Vereinigten Staaten, und von den Bevollmächtigten für den Com- modore und einige seiner Offiziere bestimmten Geschenke, unter denen sich namentlich Seidenzeuge, lackirte und Porzellan-Waaren — letz- tere von noch gröfserer Durchsichtigkeit als die chinesischen — aus- zeichneten, und die festliche, mit allgemeinem Jubel endende Bewirthung der Bevollmächtigten an Bord des Flaggenschiffes trugen dazu bei, die günstige Stimmung auf beiden Seiten zu erhöhen. In Bezug auf den materiellen Inhalt des Vertrages erhoben sich nur noch Schwierigkeiten, als Perry die Ernennung von Consular- 422 Die amerikanische Expedition Agenten zur Sprache brachte. Die Japanesen wollten durchaus keinem Fremden einen dauernden Aufenthalt in ihrem Lande verstatten, und es kostete viel Mühe, sie über die Natur des Consulats aufzuklären. Perry setzte ihnen auseinander, dafs die Consuln in Bezug auf Ame- rikaner die japanesischen Behörden in der Durchführung der Landes- gesetze und der Vertragsbestimmungen unterstützen, die von Amerika- nern gemachten Schulden einziehen, die Wünsche der japanesischen Regierung dem heimischen Gouvernement mittheilen sollten, und dafs in Ermangelung solcher Beamten ein Kriegsschiff hier stationirt wer- den müsse, dessen Capitain die etwa entstehenden Zwistigkeiten aus- gliche und über etwaige Vergehen von Amerikanern in authentischer Weise an seine Regierung berichtete. Die Japanesen wollten sich erst durch die Erfahrung einiger Jahre von der Nothwendigkeit solcher Beamten überzeugen, und stimmten nur mit grolsem Widerstreben der Bedingung zu, dafs 18 Monat nach Unterzeichnung des Vertrages für Simoda ein Consul ernannt werden dürfe. Auch die Feststellung des Wortlauts ging, bei der aufserordentlichen Vorsicht der Japanesen, nicht ohne weitläuftige Discussion von Statten, zum Theil auch deshalb, weil ihnen die in Handelsverträgen üblichen technischen Ausdrücke nicht geläufig waren. Der Commodore entwickelte den tausend Einwürfen gegenüber eine grofse Geduld und förderte die Verhandlungen so weit, dals der Vertrag bereits am 31. März 1854 zu Kanagawa, der dem Conferenzorte zunächst gelegenen Stadt, unterzeichnet werden konnte. Die japanesischen Bevollmächtigten liefsen diesem feierlichen Acte ein Festmahl folgen; Perry überreichte dabei dem Fürsten von Daigaku, als ein Zeichen der hoffnungsvollen Eintracht zwischen beiden Natio- nen, eine amerikanische Flagge, — was den japanesischen Fürsten sicht- lich ergriff. Die Errungenschaften dieses Traetats sind folgende: Amerikanische Schiffe dürfen bei Seegefahr oder stürmischem Wetter in jeden japanesischen Hafen einlaufen. Schiffbrüchige wer- den nach den Häfen Simoda und Hakodadi befördert; sie dürfen nicht an einem bestimmten Punkte confinirt werden, sondern sind frei und gerechten Gesetzen unterworfen '). Die Kosten der Rettung und des Unterhalts solcher Personen, sei es in Japan oder in Amerika, werden nicht wiedererstattet 2). Kaufleute werden in den Häfen Simoda und Hakodadi, in dem erstern sogleich nach Unterzeichnung des Vertrags, in dem letztern nach Ablauf eines Jahres, Holz, Wasser, Provisionen, Kohlen u. a. Artikel, deren sie bedürfen, vorfinden und nach einem !) Diese Bestimmung (amenable to just laws) erheischt eine nähere Festsetzung. *) Auf dieser Clausel bestanden die Japanesen. nach Japan. 423 von japanesischen Beamten aufgesetzten Preistarif kaufen können; sie dürfen hier Gold- und Silbermünzen und Güter gegen andere Güter unter den von der japanesischen Regierung einstweilen festgestellten Bedingungen eintauschen, doch nur unter Vermittelung japanesischer Commissionäre !). Schiffbrüchige und Kaufleute, die sich zeitweilig in beiden Häfen aufhalten, sind nicht solchen Einschränkungen und solcher Inhaftirung unterworfen, wie die Holländer in Nangasaki; sie dürfen sich vielmehr in Simoda 7 japanesische Ri (16 engl. Meilen) von dem im Hafen gelegenen Eilande nach jeder Richtung hin bewe- gen, ebenso in Hakodadi innerhalb eines Gebietes, welches festgestellt werden soll, wenn das amerikanische Geschwader diesen Hafen besucht haben wird ?). Nach Verlauf von 18 Monaten darf in Simoda ein Consul seinen bleibenden Aufenthalt nehmen, falls die amerikanische Regierung ein solches Arrangement für nöthig hält. Wenn Japan künftighin anderen Nationen noch andere Privilegien und Vortheile als die in diesem Vertrage enthaltenen gewähren sollte, so sollen auch die Bürger der Vereinigten Staaten dieselben ohne Weiteres genielsen dürfen. — So hat ein Reich, das bisher ein Schrecken aller Seefahrer war und von dessen ungastlichen Küsten es keine Wiederkehr gab, ver- tragsmälsig die Gebote der Menschlichkeit anerkannt und nach einer zweihundertjährigen, allen entgegengesetzten Bemühungen zum Trotz aufrecht erhaltenen Isolirung der rastlosesten, mächtigsten Triebkraft dieses Jahrhunderts, dem Handelsverkehr, eine Pforte geöffnet. Perry’s Festigkeit, Ruhe und Klugheit hat das, was unausführbar schien, zu einem befriedigenden Abschlufs gebracht und er kann stolz darauf sein, seinen Namen auf eine solche Weise in eine so wichtige, den Auf- schwung der Verkehrsverhältnisse auf der andern Hemisphäre begrün- dende Begebenheit verflochten zu haben. Was er erreichte, erhält da- durch einen besonderen Werth, dals es ein Anfang ist, — ein An- fang, der durch Mäfsigung und Vorsicht zu fruchtbarer Entwickelung geführt, durch Hast und Unvernunft grofsen Störungen unterworfen !) Als Motiv wurde angeführt, dafs Japan keine Zölle habe und dafs das Volk mit dem Handel durchaus unbekannt sei. Es ist eine lästige, aber für den vorlie- genden Fall gewifs sehr heilsame Bestimmung, da sie verhüten wird, dafs ein roher Egoismus die Unkenntnifs des Volks zu seinem momentanen Vortheil und zur dauern- den Beeinträchtigung des gemeinsamen Besten ausbeutet. Das hierbei zu beobach- tende Verfahren ist später in dem zu Simoda abgeschlossenen Reglement festgestellt. Die Amerikaner können, diesem zufolge, jeden Kaufladen betreten; die von ihnen gekauften Waaren werden, mit dem Namen des Käufers und dem verabredeten Preise bezeichnet, einem bestimmten japanesischen Beamten übersandt, und dieser händigt sie gegen Zahlung den Käufern ein. 2) Die Entfernung ist in dem Regulativ von Simoda (Art. XI) auf 5 Ri be- stimmt (27 Ri gehen auf einen Längengrad). 424 Die amerikanische Expedition nach Japan. werden kann; und welche Folgen er schliefslich für Japan herbeifüh- ren wird, ist unmöglich zu sagen; vielleicht giefst dieser principielle Umschwung in einer festgewurzelten, mit dem ganzen Regierungssystem tiefverwachsenen Politik einen zu feurigen Wein in einen alten Schlauch. Aber — welche Wechselfälle sich auch an dieses bedeutende Ereignils knüpfen mögen: ein Volk, wie das amerikanische, wird die errunge- nen Vortheile um jeden Preis festzuhalten wissen. Wir haben noch die Thatsachen anzuführen, durch welche Perry sein grolses Werk zum Abschlufs brachte. Nachdem er den Vertrag durch Capt. Adams nach Washington gesandt, besuchte er die Häfen Simoda und Hakodadi und fand sich sowol durch ihre geographische Lage wie durch ihre Beschaffenheit befriedigt; der letztere gehört zu den vorzüglichsten Häfen der Welt. Bei seiner Rückkehr erfuhr er, dafs Simoda der Herrschaft des Fürsten von Idzu entnommen, zu einer kaiserlichen Reichsstadt erhoben und unter das Gouvernement der Für- sten von Mimasaki und von Suraga gestellt war. Der erstere war unter den Conferenz-Bevollmächtigten dasjenige Mitglied gewesen, von dem man sagte, dafs es in Bezug auf den Fremdenverkehr den liberal- sten Ansichten huldigte, ein intelligenter, lebhafter, joyialer Mann, kaum über 40 Jahre, und bei den Japanesen sehr beliebt. Nachdem der Commodore sich hier mit den Bevollmächtigten über ein Regulativ für den Handelsverkehr in Simoda am 17. Juni glücklich geeinigt hatte, begab er sich nach den Liu-Kiu-Inseln, und schlofs auch hier mit dem Regenten derselben am 11. Juli 1854 einen Handelsvertrag ab, — so dafs den Amerikanern jetzt in diesen Gewässern vier Häfen geöffnet sind: Port Lloyd auf Peel-Island, Napha auf Grofs Liu-Kiu, Simioda auf Nipon und Hakodadi auf Yesso. Andere Völker sind inzwischen dem von Perry gebahnten Wege gefolgt — und, einer neuerdings eingetroffenen Nachricht zufolge, hat der Kaiser von Japan mit Zustimmung der Reichsfürsten den wichti- gen Beschlufs gefalst, die Häfen Simoda und Hakodadi den Schiffen aller handeltreibenden Nationen zu öffnen, K..N, 425 XVII. Bericht Robert Schlagintweit’s an Se. Majestät den König, d. d. Leh in Ladakh 4. Juli 1856. Mitgetheilt durch Herrn Alexander von Humboldt. Meine beiden Brüder und ich selbst verliefsen Simla am 29. Mai; über Fagu, Theog und Mattiana kamen wir in zwei Tagen nach Nag- kanda. Hier verlie[s uns unser Bruder Hermann, um durch Bisser, Kanaur und Spiti nach Ladakh zu gehen, während Adolph und ich gemeinschaftlich unsere Reise fortsetzten. Unmittelbar nach Nagkanda führte uns der Weg über den Sate- lesh bei Kormassen; er flielst hier, wie alle grofsen Flüsse im Hima- laya, in einer tiefen, steilen Erosionsschlucht; 1500 bis 1700 Fufs ist die mittlere Höhe der früheren, deutlich erkennbaren Ränder des Flufs- bettes über seinem gegenwärtigen Niveau. Längs dieser Ränder be- grenzen sich die flacheren, unveränderten Abhänge der Berge und die steilen Wände des Flufsbettes, ein Gegensatz, welcher ein eben so eigenthümliches, als für den Himalaya charakteristisches Bild bietet. Das Bias-Thal, welches wir zunächst erreichten, hat einen wesent- lich verschiedenen Charakter; seine breite, reich bebaute Thalsohle, mit zahlreichen grofsen Dörfern, gewährte einen sehr freundlichen An- blick. Ueber Sultanpur, den Hauptort des Thales und des Bezirks Kulu, verfolgten wir das Thal des Bias bis zu seiner Quelle am Rotang- Passe, welcher hier, da er nur 13,000 engl. Fuls hoch ist, eine bedeu- tende anomale Depression in dem mächtigen, schneebedeckten Kamme macht. Der grofse Kamm, in welchem der Rotang-Pals liegt, bildet die Grenze zwischen Kulu und Lahol. Ueberraschend war die plötzliche Veränderung des Klima’s, der Vegetation und der Bewohner, als wir vom Rotang-Passe in das ihm quer vorliegende Thal des Tschandra zu dem Dorfe Koksar hinabkamen. Während die südlichen Abfälle des Passes fast bis hinauf zur Pafshöhe mit verschiedenen Species von Coniferen bewachsen sind, fehlen sie auf den nördlichen Abfällen gänzlich; nur in den unteren Theilen des Tschandra-Thales treten einzelne Gruppen von Pinus und Weidenbäu- men auf. Die Bewohner Lahols sind sehr verschieden, sowohl in Körperbau, als Sprache und Lebensweise, von ihren südlichen Nach- barn; sie sind ein den Tibetanern verwandter Stamm. Von Koksar gingen wir das Tschandra-Thal, dessen beide Seiten 426 Bericht Robert Schlagintweit's mit zahlreichen, aber kleinen Gletschern erfüllt sind, hinab bis zu dem Zusammenflusse des Tschandra und Bhaga. Der vereinigte Bach, in seinem unteren Laufe Tschinab genannt, einer der Hauptflüsse des Panshab, heifst hier Tschandra -Bhaga. Am 16. Juni kamen wir, den Bhaga aufwärts gehend, zu dem höchsten Dorfe des Thales, Dartsche, aus nur wenigen Häusern be- stehend, von welchem aus wir zwei verschiedene Wege verfolgten. Adolph ging über den Schium ku La-Pafs nach Padum in Zanskar, von da aus beabsichtigt er in nordwestlicher Richtung nach Balti zu gehen. Ich selbst setzte meinen Weg im Thale des Bhaga-Flusses bis zu seinem Ursprunge am Bara Latsa-Passe fort (16,500 engl. F.). Ein Aufenthalt von mehreren Stunden auf der Pafshöhe selbst gab mir Gelegenheit, einige Versuche über die Bodenwärme und über den Ge- halt der in der atmosphärischen Luft enthaltenen Kohlensäure anzu- stellen; die Quantität derselben war auffallend grofs. Die Aussicht vom Passe ist durch die unmittelbare Nähe bedeutender Erhebungen in jeder Richtung nicht sehr umfassend; nur gegen Norden war eine Reihe ferner, zum Theil schneebedeckter Berggipfel zu erkennen, deren Höhe und Positionen ich durch Winkelmessungen bestimmte. Vom Passe stiegen wir nur unbedeutend durch ein ziemlich brei- tes Thal hinab; aus ziemlicher Entfernung liefsen sich einige sonder- bar gestaltete, kleine Hügel in der Thalsohle erkennen; als wir näher herankamen, zeigte es sich, dafs sie aus losen, grolsen Blöcken be- standen. Die Form ihrer Aufeinanderhäufung, ihre eigenthümliche iso- lirte Lage, sowie die Gestalt der das Thal umschliefsenden Berge machen es sehr wahrscheinlich, dafs diese kleinen länglichen Hügel die End- moränen von Gletschern sind, von denen gegenwärtig keiner mehr existirt. Es ist dies die einzige Localität, an welcher ich deutliche Beweise von ehemaligen, jetzt ganz verschwundenen Gletschern fand. Nachdem wir einige Tage dem nur sanft geneigten Thale gefolgt waren, verliefsen wir dasselbe, um in einem Seitenthale über den Lashu Lung-Pals zu gehen. Wenige Pässe von gleicher Höhe (17,200 engl. Fuls) haben so flache, sanft ansteigende Abfälle; auch kleine Ge- sträuche von Azalea reichen beinahe bis zur Pafshöhe hinauf. Wie auf Bara Latsa, war auch hier die Aussicht sehr beschränkt, da sich in der Nähe des Passes die Berge nach allen Seiten ziemlich hoch er- hoben. Im Herabgehen vom Passe vereinigten sich sehr bald die weiten Abfälle zu einem engen steilen Thale; von diesem kamen wir in das breite, plateauartige Becken Kiang, in dem tibetanischen Distriete Ruk- shu gelegen. Die geologische Beschaffenheit von Kiang zeigt deutlich, dafs es ein jetzt trockenes Becken eines ehemaligen grolsen See’s ge- an Se. Majestät den König. 427 wesen ist; wir hatten drei Tagemärsche, bis wir das obere Ende die- ses Seebeckens, 16,500 bis 16,700 Fufs hoch, erreichten. Manche mei- ner Leute klagten sehr über die empfindliche Kälte und Kopfweh, welches sie hauptsächlich dem heftigen, ununterbrochenen Winde zu- schrieben; sie waren sehr erfreut, als wir, nachdem wir über den sehr leichten, obwohl nahezu 18,000 engl. Fufs hohen Thung Lung-Pafs gegangen waren, an das Dorf Gia und in ein etwas wärmeres Klima kamen. Von Dartsche bis Gia, 10 Tagereisen, hatten wir auf unserem Wege kein Dorf gesehen. Die blühenden Saaten von Gia, sowie die zahlreichen kleinen Gruppen von Pappelbäumen, hinter welchen häufig kleine tibetanische Tempel verborgen waren, boten einen sehr freund- lichen Anblick. Durch ein enges steiles Seitenthal kamen wir hinab zum Indus bei Upschi und, seinem Laufe wenige Tage folgend, nach Leh, der Hauptstadt von Ladakh. Erst in der Nähe Leh’s erweitert sich das sonst sehr enge Indus- Thal; doch auch an den breitesten Stellen hat die Gegend ganz den bestimmtesten Charakter eines Thales und ist in hohem Grade verschieden von dem breiten, plateauartigen Thale des Satelesh und Indus bei Gartok. Am 29. Juli erreichte ich Leh. Sehr überraschend sind hier die meteorologischen Verhältnisse, verglichen mit der Höhe (circa 11,700 engl. Fufs) und Breite (circa 34° 9’ nördl. Br.) des Ortes. Mittags steigt das Thermometer im Schatten bis 30° Cels., das Minimum beträgt 15° bis 18° Cels., die Oberfläche des sandigen Bodens erhitzt sich bis 61° Cels. Die Inten- sität der Besonnung suchten wir hier, wie früher, mit einem Apparate zu bestimmen, in welchem ein Thermometer mit schwarzer Kugel auf schwarze Wolle gelegt ist, damit die Wärmestrahlung benachbarter Gegenstände möglichst wenig Einflufs hat. Dadurch werden zwar die Angaben des Thermometers grölser, aber auch zugleich unter sich ver- gleichbarer, besonders da der Einflufs der Temperatur experimentell bestimmt und bei der Berechnung definitiver Resultate eliminirt wer- den kann. Das benützte Thermometer war ein Hypsometer oder Siede- thermometer, in welchem jeder Grad in 100 Theile getheilt ist. Die höchste Ablesung, die wir hier erhielten, war 96.51° Cels., das ist 7.75° Cels. heilser, als der Siedepunkt destillirten Wassers in dieser Höhe. Ich hoffe, in wenigen Tagen hier meinen Bruder Hermann zu finden, der, wie er schrieb, Gelegenheit hatte, auf seinem Wege alle gröfseren Salzseen Tibets zu sehen und Beobachtungen über ihre frü- here Ausdehnung und ihren Salzgehalt zu machen. Wir beabsichtigen, Leh Ende dieses Monats zu verlassen und Di" ng 428 H. W. Dove: nachdem wir einige Theile der nördlich gelegenen Gebirgskette, die Karakorum-Berge, besucht haben, auf zwei verschiedenen Wegen nach Kashmir zu gehen. XIX. Einige Bemerkungen über die Temperatur der Polargegenden. Von H. W. Dove. Das eben erschienene Werk: .‚Arctic Explorations: the Second Grinnell Expedition in Search of Sir John Franklin 1853, 54, 55, by Elisha Kent Kane. Washington, 2 Vol. 8.* beschliefst wahrscheinlich für längere Zeit die Erforschung der Polargegenden in dieser Rich- tung, denn wenn auch die englische Regierung dem Wunsche, eine neue Expedition zur Aufhellung des über das Schicksal der Verlorenen noch herrschenden Dunkels auszurüsten, entsprechen sollte, was wohl anzunehmen ist, so ist doch durch die von Dr. Rae gesammelten Nach- richten und die später von Anderson auf der Insel Montreal aufge- fundenen Trümmer eines Bootes mit der Inschrift „Terror“ und eines Schneeschuhes mit dem Namen „Stanley“, des Wundarztes des Erebus, die Stelle so bestimmt bezeichnet, nach welcher hin die Expedition zu richten ist, dafs die zu untersuchende Gegend in das Gebiet des durch genaue Aufnahmen bereits Erforschten fällt. Wahrscheinlich wird die Kenntnifs des nordamerikanischen Polarmeeres jetzt von der Behrings- Stralse aus erweitert werden, da die durch die arktischen Expeditionen der Engländer bekannt gewordene Menge von Walfischen in diesem Meere zu einem von Nordamerikanern betriebenen Walfischfange nörd- lich von der Behrings-Strafse Veranlassung geworden ist, dessen Er- trag in zwei Jahren 8 Millionen Dollars betragen hat. Eine erheb- liche wissenschaftliche Ausbeute ist aber von den dabei beschäftigten Seeleuten nicht zu erwarten; wir können uns daher jetzt die Frage stellen, was für die Kenntnifs der Polarwelt durch die jetzt beendigten Expeditionen bereits gewonnen ist. Ich habe hierbei zunächst die klima- tischen Verhältnisse im Auge und betrachte das im Folgenden Gegebene als eine Ergänzung des Aufsatzes über das Klima von Amerika und die daran angeschlossene Karte der Isothermen in der Polarprojeetion. Einige Bemerkungen über die Temperatur der Polargezenden. 429 Die Bekanntmachung der Humboldt’schen Isothermen im Jahre 1817 fällt unmittelbar vor die erste Periode der Unternehmungen, eine nordwestliche Durchfahrt zu suchen, denn im Jahr 1818 erfolgte die Aufnahme der Baffinsbay durch John Ross, an welcher Franklin sich betheiligte, der in dem darauf folgenden Jahre den Durchweg im Laneaster-Sunde entdeckte und bis zur Melville-Insel vordrang. Die durch Ross, Parry, Beechey, Franklin und Back angestellten Beobachtungen eröffneten ein Gebiet von so furchtbarer Winterkälte, dafs daneben selbst die unwirthlichsten Gegenden von Sibirien zurück- zutreten schienen, von denen damals nur vereinzelte Beobachtungen, keine einzige umfassende Beobachtungsreihe vorhanden waren. Es wurde dadurch möglich, zu den von Humboldt entworfenen Isother- men neue dem Pole nähere hinzuzufügen, deren auf- und absteigende Krümmung den von ihm nachgewiesenen Unterschied der Temperatur _ der Westküsten und Ostküsten der Continente so steigerte, dafs Brew- Be ster es aussprach, dafs die Linien gleicher Jahreswärme sich lemnis- catenförmig um zwei getrennte Kältepole, einen asiatischen und einen amerikanischen, schlängen, die diesen Polen nächsten Linien sich da- her in vollkommen getrennte Aeste auflösten. Brewster legte zuerst diese Kältepole ziemlich symmetrisch auf beide Seiten des Drehungs- poles, beide in 80° N. Br., und 95° und 100° abstehend vom Meridian - von Greenwich, den asiatischen in die Nähe des Nordostcaps, den ame- rikanischen 5° nördlich von der Graham Moores-Bay, und bestimmte die Jahrestemperatur des amerikanischen zu —3°.5 der Fahrenheit- schen Scala, den asiatischen zu +1°, also jenen zu —15°.7, diesen zu —13°.8 Reaumur. Später vermehrte er den Abstand dieser Kälte- pole vom Drehungspole noch, indem er sie beide in 73° N. Br. verlegte, den einen 80° östlich, den andern 100° westlich von Greenwich, mit den Temperaturen 0° und —3°.5 Fahrenh., also —14°.2 und —15°.7 Reaumur. Die erstere Ansicht theilte Brewster im Aprilheft des Edinburgh Journal of Science 1831 mit, die letztere in einem an Herrn v. Humboldt gerichteten Schreiben in Poggendorfis Annalen 21, S. 323. Ausführliche Untersuchungen führten Kaemtz zu einem ähnlichen Er- gebnils. Im zweiten, 1832 erschienenen Bande seines Lehrbuchs der Meteorologie sagt er $. 111: „Ziehen wir die Isothermen auf eine Karte, welche die Länder um den Nordpol vorstellt, so deutet die Bie- gung der von 4°, 0° und —4° R., für welche wir noch mehrere di- recte Messungen besitzen, an, dafs sie im nördlichen Theile beider Con- _ tinente in sich selbst zurücklaufende Linien sind. Ich habe es versucht, auf Taf. II diese Linien darzustellen; danach wird ein kältester Punkt, den Brewster Kältepol nennt, nördlich von der Barrowstrafse liegen und eine Temperatur von —16° bis —20° haben, ein zweiter Punkt 430 H. W. Dove: wird nahe mit dem Vorgebirge Sewerowetstochnoi (Taimura) zusanımen- fallen und seine Temperatur —12° bis —16° R. sein.* Die Analogie dieser Vertheilung der mittleren Jahreswärme mit den Ergebnissen der Arbeiten von Hansteen über die Vertheilung der magnetischen In- tensität auf der Oberfläche der Erde schien ein neues Gewicht dieser Annahme zu geben, diese Darstellung ging daher in die physikalischen Atlanten über und galt als eine vollkommen sicher begründete That- sache. Auf der Karte von Burghardt 1842 in seiner Dissertatio de legibus caloris in terris polaribus et de isothermarum silu tum in eis- dem terris tum in America septentrionali ist der amerikanische Kälte- pol mit der ihn einschliefsenden Isotherme von —12° R. südlich von der Barrowstrafse in 74° 20’ und der Länge 983° verzeichnet und seine Temperatur auf —16°.4 bestimmt. Diese Lage stimmte sehr nahe mit der des magnetischen Poles überein, der damals in 73° 35’ N. Br. und 95° 39’ W.L. gelegt wurde. Da der Drehungspol der Erde ein unveränderlicher ist, so ist natürlich, dafs wenn man den Namen Pol auf irgend eine andere Er- scheinung der physikalischen Beschaffenheit der Erdoberfläche anwen- det, man leicht damit die Vorstellung verknüpft, dafs an jener bestimm- ten, durch Pol bezeichneten Stelle sich ein dauerndes Maximum be- finde. In dieser Beziehung hat man von magnetischen Polen gespro- chen, da die Ortsveränderung derselben in so lange dauernden Zeit- räumen in demselben Sinne erfolgt, dafs sie für kürzere Zeitabschnitte wie der Verlauf eines Jahres als unveränderlich angesehen werden können. Nun wird aber die Temperaturvertheilung auf der Oberfläche der Erde innerhalb der jährlichen Periode eine so durchaus andere, dafs die Bezeichnung Kältepol von vornherein unzweckmäfsig erscheint, weil sie Etwas als beständig zu betrachten verleitet, was doch in der That als periodisch veränderlich angesehen werden mufs. Auf diese Veränderlichkeit der Lage der Kältepole führten mich meine Untersuchungen über die Gestaltänderungen der Isothermen in der jährlichen Periode. In den Berichten der Berliner Akademie 1839 S. 126 bezeichnete ich als Endresultat derselben: „Die Kältepole der Erde, welche in den entschiedenen Wintermonaten am weitesten von einander und von dem gemeinsamen Drehungspole abstehen, nähern sich nach dem Sommer hin immer mehr einander, so dafs sie vielleicht zusammenfallen oder in einer auf der früheren Verbindungslinie senk- rechten Richtung wiederum auseinandergehen.“ Es fragte sich nun, ob die Bewegung dieser Punkte der gröfsten Kälte im Winter nach dem Sommer hin eine gleiche sei, oder ob der eine sich viel schneller bewege als der andere. Untersuchungen über die Vertheilung des Druckes der Atmosphäre zeigten mir schon im Jahre ä REDEN AN Einige Bemerkungen über die Temperatur der Polargegenden. 431 1842, dafs sich in dieser Beziehung Asien durchaus von Amerika unter- scheidet, da über ganz Asien eine vom Winter nach dem Sommer hin regelmälsige Abnahme des Druckes sich zeigt, von der in Amerika in höheren Breiten sich keine Spur findet. Dies schien mir vollkommen unvereinbar mit den über die Temperaturvertheilung bisher geltenden Annahmen. „Man ist gewohnt“, sagte ich in Poggend. Ann. 58, $. 190, „ohne Weiteres den eontinentalen Charakter des Klima’s von Nord- Amerika mit dem Nord-Asiens zu vergleichen. Ich halte diese An- sicht selbst in Beziehung auf die Temperatur für irrig. Das mit Wasser- spiegeln bedeckte Nord- Amerika und die arktischen Länder unterschei- den sich in ihren Temperaturverhältnissen eben dadurch, dafs ihnen jene hohe Sommertemperatur fehlt. Die Juliwärme von Jakutzk sucht man vergeblich am Sklavensee, in Ustjansk ist sie 12°, in Boothia nur 4°.“ In einem in den Berichten der Berliner Akademie 1845 S. 334 und Poggend. Ann. 67, S. 318 erschienenen Aufsatze „über die Verschiedenheit des amerikanischen und asiatischen Kältepoles in Be- ziehung auf ihre Ortsveränderung in der jährlichen Periode“ habe ich dies näher ausgeführt. „Da Amerika zu allen Zeiten des Jahres eine verhältnifsmäfsig niedrige Temperatur hat, Asien im Sommer eine ver- hältnifsmäfsig hohe, so sieht man leicht ein, dafs der amerikanische Kältepol seine Stelle in der jährlichen Periode wenig verändert, der asiatische hingegen bedeutend. In Asien bewegen sich die Isothermen am schnellsten, in Europa drehen sie sich am bedeutendsten, in Ame- rika findet beides im geringsten Malse statt. Es ist ohne Zahlenwerthe oder eine graphische Darstellung nicht möglich, den asiatischen Kälte- pol von seinem südlichsten Standpunkte im Januar, wo er von schwach gekrümmten, ihm ihre concave Seite zukehrenden, den Meridianen nahe parallelen Isothermen eingeschlossen wird, auf seiner Frühlings- und Sommerwanderung über das Taymurland und Novaja Semlja hin- aus zu verfolgen. Die Juliisotherme, welche das Nordcap mit Island, der Südspitze von Grönland und der Mitte von Labrador verbindet, würde allein schon zeigen, dafs man zu dieser Zeit auf dem asiatischen Continente vergeblich nach einem Kältepole suchen würde, wenn nicht aufserdem die niedrige Wärme von Schottland um diese Zeit andeu- tete, in welcher Richtung das Minimum zu finden sei. Im Januar wei- sen hingegen alle Isothermen auf den asiatischen Kältepol hin, selbst _ wenn man nur den milden Winter der Hebriden mit der eisigen Kälte der Kirgisensteppe vergleicht. Aber aufserdem zeigt der canadische - Winter, dafs der amerikanische Kältepol an seiner Stelle geblieben, dafs _ nur diesseits des atlantischen Oceans sich die Verhältnisse geändert ha- ben, nicht jenseits. Aber nicht auf die arktischen Gegenden allein be- schränken sich jene Wirkungen, sie sind sichtbar bis zur heilsen Zone.“ 432 H. W. Dove: Dafs diese Wanderung der kältesten Stelle von Asien nach Ame- rika schon im Februar beginne, ergab sich daraus, dafs während an den ostasiatischen Stationen die Temperatur vom Januar nach dem Februar hin sich erheblich steigert, sie in den arktischen Polarländern Amerika’s dann noch sinkt, ja dafs diese Erscheinung so weit südlich sich erstreckt, dafs sie noch im Staate New-York sich zeigt, wo die gröfste Winterkälte im Mittel nicht zu Anfang des Januar wie in Asien und Europa fällt, sondern in die erste Hälfte des Februar. Auf diese bisher unbeachtete, in der Nähe der grofsen Sülswasserseen besonders auffallend sich zeigende Erscheinung habe ich in den Berichten der Berliner Akademie 1846 $. 290 „über die anomale Gestalt der jährli- chen Temperaturcurven in Nord-Amerika“ aufmerksam gemacht. Es kam nun darauf an, diese Veränderung in ihren einzelnen Sta- dien zu verfolgen. Dies geschah auf den in den Abhandlungen der Ber- liner Akademie vom Jahre 1848 veröffentlichten Karten der Monats- Isothermen und zwar für die extremen Monate Juli und Januar sowohl in der Aequatorial- als auch in der Polarprojection, für die übrigen Monate nur in der Aecquatorialprojeetion. Diesen Karten habe ich in der im Jahre 1852 erschienenen Schrift „über die Verbreitung der Wärme auf der Oberfläche der Erde“ noch eine für die Jahresisothermen hinzugefügt, welche das Gebiet der niedrigsten Jahreswärme als einen zusammenhängenden kältesten Raum darstellt, welcher in der Weise unsymmetrisch zu dem Drehungspole liegt, dafs er von Europa aus, gesehen jenseits desselben fällt. Den Isothermen sind dabei noch für die einzelnen Monate und das Jahr die Isanomalen hinzugefügt, d.h. die Linien, welche die Orte verbinden, bei denen die Temperatur um gleichviel unter die mittlere der ihrer geographischen Breite zukom- menden fällt oder sich um gleichviel über dieselbe erhebt, weil dadurch viel anschaulicher sich ermitteln läfst, welche Stellen der Erde relativ zu kalt oder zu warm sind, was nothwendig bestimmt sein muls, wenn es sich darum handelt, die Ursachen zu erforschen, welche bewirken, dafs die wirkliche Temperaturvertheilung so erheblich von der des so- laren Klima’s abweicht. Diese Ursachen bestehen für das Gebiet der amerikanischen Polarländer eben darin (S. 22), dafs das mit Wasser- spiegeln bedeckte und von engen Wasserstralsen durchzogene britische Nord-Amerika sich unter dem Einflusse der intensiven Kälte immer mehr zu einem mit Eisflächen bedeckten Continent zusammenfügt. Es fragte sich nun, ob die für höhere Breiten mehr oder minder hypothetische Darstellung sich bei weiterem Vordringen nach Norden bewähren würde. Was zunächst Asien betrifft, so zeigten die von Herrn v. Baer zuerst bekannt gemachten Temperaturen von Matosch- kin Schar, der Felsenbay und der Karischen Pforte so niedrige Sommer- ä ELLI u Einige Bemerkungen über die Temperatur der Polargegenden. 433 Temperaturen, dafs hier der continentale Charakter Asiens plötzlich scharf abgeschnitten erschien und es konnte daher fraglich sein, ob die am weitesten nach Norden vorspringenden Theile von Asien noch die Eigenthümlichkeit des Continents zeigen würden. Diese Frage wurde bejahend durch Herrn v. Middendorff auf seiner Reise nach dem Taimyrlande im Jahre 1843 beantwortet. „Durch Gründung einer festen Station an der Boganida“, sagt er in seiner sibirischen Reise, „gewannen wir eine Reihe von mehr als siebenmonatlichen Tempera- tur-Beobachtungen, deren Gewicht um so voller in die Schaale fiel, als die über alle Erwartung reiche Pflanzenlese dringend nach einem Gradmafse des Unterschiedes zwischen dem Sommer eines hochnordi- schen Continental- und Küstenklima’s ausschauen liefs, denn es lag nur zu nahe, dafs die Unterschiede in den Vegetationserscheinungen hierin ihren Grund haben mufsten. Die Temperaturerscheinungen nebst der Productionskraft des Hochnordens waren bis zu unserer Expedi- tion nur allein an Küsten und auf Inseln erforscht worden, wir beob- achteten sie zum ersten Male in ihrer binnenländischen Gestaltung. Ich erinnere daran, dafs damals Dove noch nicht den Unterschied zwischen den kalten Sommern Amerika’s und den verhältnilsmäfsig warmen Som- mern Asiens in ein so helles Licht gesetzt hatte.“ Auf der amerikanischen Seite haben die zur Aufsuchung Franklin’s unternommenen Expeditionen den Gesichtskreis nach Norden noch mehr erweitert. Keine der dort angestellten Beobachtungsreihen konnte von mir bei dem Entwurf der Monatsisothermen im Jahre 1848 benutzt werden, da die Journale nicht veröffentlicht, die meisten Beobachtungen noch gar nicht angestellt waren. Erst auf der im vorigen Jahre er- schienenen Karte, welche der Abhandlung über das Klima von Nord- Amerika in dem ersten Hefte dieses Bandes der Zeitschrift für allgem. Erdkunde beigefügt ist und welche die Polarprojeetion der Isothermen für die extremen Monate Januar und Juli und für das Jahresmittel darstellt, konnten mehrere derselben benutzt werden, aber die der nörd- lichsten Punkte, die der Expedition von Belcher und der von Kane nach dem Smithsunde, waren ebenfalls noch nicht zugänglich. Ich lasse die gefundenen Mittel dieser Stationen hier folgen (da bei der Reduction der Belcher’schen Beobachtungen und der in der Battybay für die kältesten Wintermonate ein Reductionsfehler von 1° Fahren- heit oder 0°.44 R&aumur begangen ist). Sie geben in Reaumur’scher Skala: Zeitschr. f. allg. Erdk. Neue Folge, Bd.]. 28 434 B. W. Dove: Disaster- |Northumber-| Renselaer- Melville- Batty- Bay Bay land- Sund Hafen Insel Januar — 23.93 —30.83 —32.00 —27.30 "17722930 Februar eaaLTE 3211 Rn — 26.40 — 30.38 März a2 —27.93 -222,09 80.28 — 25.30 April 13.28 A200 —18.04 Bee 2 —17.24 Mai —10.07 a rlils) — 8.48 ENT Juni —a1182 — 0.96 a) 1.87 Juli 2.31 1.64 2.84 4.63 August 1.86 0.80 — 0.28 0.28 September — 6.06 — 6.00 EIERI — 4493 October 9,99 — 14.84 — 16.44 —13.94 November —16.63 RR — iA — 24.45 erde December = 23.19 Be) — 30.00 BI — 26.24 | Winter kunar23336 —.29.88 20) — 27.36 —28.64 Frühling —16.69 4 OU rl 24050 —16.44 Sommer 0.78 0.49 0.44 2.26 Herbst 3.08 BENZEOT —49.65 — 1445 Jahr | A455 | 14487 115465. |. — 1416 Die Beobachtungen von Kane in Renselaer Harbour unter 78° 37’ N. Br. und 70° 40’ W. L. von Greenwich sind mir auf doppelte Weise zugegangen, handschriftlich durch ein an Herrn v. Humboldt gerichtetes Schreiben desselben und in dem Werke selbst. Dies ent- hält eine Karte der Monatsisothermen in der Nähe der Baffinsbay unter dem Titel: Mean Monthly Isothermal Lines of the Baffinsbay projected by Charles Schott from Observations at Renselaer Harbour and other places based upon H. W. Dove’s Isothermal Lines. Auf der früher er- wähnten Karte der Polarprojeetion fällt die Station Kane’s im Ja- nuar zwischen die Linien —28° und —?4° aber näher an — 28°, die Beobachtungen geben — 27.30, im Juli etwas südlich von der Isotherme von 2°, die Beobachtungen ergeben 2.84. Diese Uebereinstimmung ist überraschend. Das Jahresmittel hingegen habe ich dort für höher ge- halten, es würde nach der Karte etwas höher ausfallen, als es beob- achtet wurde, wenn wir die an der Isotherme —12° bei der Melville- Insel gefundene Temperaturabnahme für diesen Theil als mafsgebend annehmen. Der Grund dieses niedrigen Jahresmittels liegt in dem frühen Eintritt und der langen Dauer der furchtbaren Winterkälte, die sich in beiden Jahrgängen ausspricht, also wohl nicht zufällig ist. Was die Bewegung der kältesten Stelle im Februar nach Süden betrifft, so wird sie durch die neuen Beobachtungen vollständig bestätigt, ja sie scheint in höheren Breiten wegen der längeren Abwesenheit der Sonne noch bis zum März fortzudauern. Das Fortrücken dieser kältesten Stelle nach West in den Frühlingsmonaten tritt eben so deutlich her- A | | | Einige Bemerkungen über die Temperatur der Polargegenden. 435 vor, wie die Rückwärtsbewegung im Spätherbst nach Ost. Nur scheint für das Jahresmittel die kälteste Region eine grölsere seitliche Aus- breitung nach Ost hin zu haben, als bisher bekannt war. Die Isotherme von —14° geht nämlich zuerst von der Melville-Insel ziemlich den Breitenkreisen parallel und erhebt sich dann erst nach dem Smithsund hinauf, wo ihr weiterer Verlauf unbekannt ist. Die Schlufsfolgen, wel- che sich für die Temperatur des Erdpols ergeben, werden sicherer wer- den, wenn das ganze jetzt gelieferte Beobachtungsmaterial zu einer neuen Bearbeitung der Isanomalen benutzt wird. Diese jetzt zu unter- nehmen, scheint mir aber nicht gerathen, da zu dem jetzt veröffent- lichten Material wohl noch neues hinzukommen wird, und vielleicht Richardson es eben so umfassend zusammenstellt, als er es für die früheren Expeditionen gethan hat. Im Interesse derer, welchen die Originale der Reisebeschreibungen und die handschriftlichen Journale nicht zugänglich sind, stelle ich am Ende dieses Aufsatzes die Monats- mittel der einzelnen Jahrgänge von sämmtlichen Stationen zusammen und zwar in der Fahrenheit’schen Skala, in welcher die Ablesungen erfolgten, da ich die daraus abgeleiteten allgemeinen Monatsmittel in Reaumur’scher bereits früher gegeben, und füge denselben die höchsten Kälte- und Wärmegrade in Reaumur’scher Skala hinzu. Vergleichen wir die Ergebnisse sämmtlicher bisher klimatologisch festgestellter Punkte unter einander, so zeigt sich eine merkwürdige Uebereinstimmung unter denselben, sowohl was die mittleren Werthe betrifft, als in Beziehung auf die Extreme der Kälte. Ueberall hat sich bei weiterem Vordringen nach Norden ein niedrigeres Jahresmittel gezeigt, das niedrigste überhaupt erlebte an der von Kane errichteten Winterstation unter 784 Grad nördl. Breite. Die furchtbaren Schrecken dieser polaren Natur treten in der lebendigen Darstellung Kane’s in einer Weise hervor, dafs man mit Schaudern erkennt, was es sagen will, an einem Orte zu verweilen, dem für jeden Tag im Jahre nur im Mittel eine Wärme zugewiesen ist, die mehr als 15 Grad unter dem Frostpunkt bleibt, und die in ihrem äufsersten Extreme 45 Grad unter denselben herabsinkt, ja in 5 auf einander folgenden Monaten vom No- vember 1852 bis März 1853, ebenso wie in dem darauf folgenden Jahre unter den Frostpunkt des Quecksilbers herabfiel und ihn im April noch fast erreicht. Allerdings wird das von Kane gesehene Extrem noch von dem übertroffen, welches Neveroff in Jakutzk beobachtete, der am 21. Januar 1838 eine Kälte von —48’ R. wahrnahm; dieser Fall ist aber auch der einzige in dem Zeitraume von 1829 bis 1845 vorge- kommene, da die am 21. Januar 1842 gesehenen —44.5 Kane’s Ex- treme nicht erreichen. Es läfst sich daher nicht bestimmen, ob in Be- ziehung auf absolute Extreme Amerika oder Asien die gröfsten Zahlen 436 H. W. Dove: liefert, da möglicher Weise in einem anderen Jahrgange noch höhere Kältegrade in Amerika hervortreten können. Bedenkt man aber, dals in Jakutzk in vier Jahren die Wärme im Juli 28° erreichte, ja sogar im Jahre 1838 28.5, während die gröfste Wärme im Renselaer Har- bour 9.7 war, so sieht man, wie sehr eben im Sommer diese Gegen- den gegen jene im Nachtheil sind. In Jakutzk stehen die Extreme der Kälte und Wärme 76.5 von einander, also fast so weit als der Schmelzpunkt des Schnees vom Kochpunkt des Wassers, im Renselaer- Hafen nur 54.7. Vergleichen wir die Jahreszeiten mit einander, so finden wir, wenn wir die sibirische Küstenstation Ustjansk unter 70° 55’ N. Br. hinzufügen: | ae) Unterschied | Unterschied Usjansk aueh Bene; zw. Ustjansk| zw. Jakutzk u. Rens.H. | u. Rens.H. oe — ZZ ZZ Winter | 3020 | 3053 | —eras | 324 | +30 Frühling ee re ee Söommbr 6.57 11.73 04 | 643 | 1.29 Herbst !) 432 I —8u2 | —ı637 | 260 | — 2,60 Fr | —12.98 | — 8.50 50 | 2 | 68 Nach den bisherigen Ermittelungen ist also beobachtet worden: der kälteste Januar im Mittel in Jakutzk —33.4, Februar in der Disaster-Bay — 32.11, März im Renselaer-Hafen — 30.22, April ebendort —19.24, Mai in der Disaster-Bay —10.07, Juni auf der Winter-Insel —3.92, Juli ebendort 1.82 (Karische Pforte 1.91), Au- gust in Port Bowen —0.65, September im Renselaer-Hafen —8.23, November ebendort — 24.45, December in Jakutzk —30.2 (im Nort- humberland-Sund — 30.0). Vergleicht man die durch die arktischen Reisen erhaltenen Ergeb- nisse mit den in der tropischen Zone gemessenen Wärmegraden, so erstaunt man über die Gröfse der Wärmeunterschiede auf der Ober- fläche der Erde. Im Renselaer-Hafen erhebt sich 8 Monate hindurch die Temperatur nicht bis zum Schmelzpunkt des Schnees, während der kälteste Tag in Madras noch 18.85 über demselben bleibt, der kälte- ste Monat nach fünfjährigen stündlichen Beobachtungen 19.89, der Winter 20.11, das Jahresmittel 22.36. Hier also ist jeder Tag im Mittel 38 Grade wärmer als dort. Welche Extreme vermag daher der Mensch zu ertragen, wenn man die Winternacht der Polarländer mit !) Die von Wesselowsky angegebene Temperatur des Herbstes in Ustjansk — 20.6 stimmt weder mit den Monatsmitteln, noch mit dem Jahresmittel. Die in den Temperaturtafeln angegebenen Monatswärmen waren nach dem alten Styl berech- net, was mir damals nicht bekannt war. er” Einige Bemerkungen über die Temperatur der Polargegenden. 437 der Wirkung des direeten Sonnenscheins in der nubischen Wüste ver- gleicht, „wo die Erde von Feuer, und der Wind eine Flamme“, oder in Ghizne, von dem die Afghanen sagen: „Guter Gott, warum hast du die Hölle geschaffen, da doch Ghizne schon da war“. Herschel beobachtete am Cap 56°.4 als Temperatur der Boden- fläche. Der Boden war also dort mehr als 100 Grade wärmer, als in Kane’s Winterstation, und wahrscheinlich stehen die absoluten Ex- treme noch weiter von einander, da Capitain Sturt in seiner australi- schen Reise sagt: „the ground was almost a molten surface and if a match accidentally fell upon it, it immediately ignited*. Der Mai von Massaua ist 29°.78, das höchste mir bekannte Mo- natsmittel, wenn man einige weniger sichere Bestimmungen aus dem Innern von Hindostan ausnimmt. Die wärmsten Monate verschiedener Orte unterscheiden sich daher um 28.29 Grad, wenn man die Winter- Insel mit Massaua vergleicht, die kältesten um 54 Grade, wo mehrere Orte der Tropen und Jakutzk die Extreme darstellen. Vergleicht man hingegen den wärmsten Monat in Massaua mit dem kältesten in Ja- kutzk, so beträgt der Unterschied 63.18. Für die Beurtheilung der Vertheilung der Wärme in der ganzen kalten Zone wäre es nun wichtig, wenn wir mit Sicherheit den Verlauf der Monatsisothermen in das grönländische Meer verfolgen könnten. Aber hier sind ganze Jahrgänge umfassende Stationen nur von Lapp- land bekannt, da Island nur den nördlichen Polarkreis berührt, und der wiederholten Ueberwinterungen auf Jan Mayen, der Bäreninsel und Spitzbergen ungeachtet noch keine Jahresreihe Beobachtungen, wie von Novaja Semlja, von diesen Orten vorliegt. Für die Sommermo- nate sind wir besser gestellt, da Scoresby in den Arctic Regions die Ergebnisse seiner Beschiffungen des Polarmeeres von 1807 bis 1818 bekannt gemacht, und die Expeditionen von Capt. Buchan im Jahre 1818, von Parry im Jahre 1827 über Spitzbergen hinaus bis 824 N. Br. und die Fahrten der „Recherche“ in den Jahren 1838, 1839 und 1840 für Spitzbergen Data geliefert haben. Auf der Isothermenkarte der Polarprojeetion bilden die Isothermen des Januars in der Nähe von Norwegen überhängende Scheitel, so dafs die Temperatur also erheblich zunimmt, wenn man von dem Innern von Lappland nach Norden hin der Küste sich nähert und in der That braucht man nur die gleichzeitigen Beobachtungen von Havöe unter 71° 00°’ N. Br. mit dem 54° kälteren Januar von Vadsöe am Waran- ger-Fiord in 70° 5’ N. Br. zu vergleichen, um sich zu überzeugen, wie nahe hier das continentale und Seeklima einander begegnen, was frei- lich noch auffallender hervortritt, wenn man die 9jährige Reihe von Karesuando bei Enontekis mit Kafiord, Hammerfest und Mageröe 438 H. W. Dove: zusammenstellt. Aber aus der Gestalt der Isotherme von —4° folgt, dafs die durch die Ausläufer des Golfstromes hervorgebrachte unver- hältnilsmälsige Erwärmung der norwegischen Küsten in höhern Breiten wiederum einer Temperaturabnahme Platz macht, so dafs die Anomalie nur auf ein bestimmtes Gebiet sich beschränkt. Gerade an Stellen, wo auf diese Weise heterogene Witterungsgebiete einander begrenzen, wird ein Umschlagen des Windes in die entgegengesetzte Richtung be- deutende Differenzen der Temperatur hervorrufen, der Winter des grön- ländischen Meeres bis nach Spitzbergen hin sich also durch einen Wechsel relativ hoher und sehr niedriger Temperatur auszeichnen. Dies geht in der That auch aus allen uns darüber zugegangenen Nach- richten hervor, aus den Tagebüchern, welche bei den Leichen der im Jahre 1633 auf Jan Mayen und auf Amsterdam Island in 79° 42’ N. Br. überwinternden Matrosen gefunden wurden, sowie aus den münd- lichen Berichten derer, welche im Jahre 1630 im Bellsund auf Spitz- bergen von ihrem Schiffe getrennt, aber im folgenden Jahre lebend wiedergefunden wurden, endlich aus den Nachrichten, welche Keil- hau in Hammerfest von Seeleuten erhielt, die den Winter von 1823 auf 1824 auf der Bäreninsel verlebten. Alle diese Berichte zeigen, dafs die strenge Winterkälte oft plötzlich durch enormen Schneefall, ja sogar durch Regen unterbrochen wird, dafs die Bäreninsel aber ent- schieden milder als Spitzbergen ist, und dafs auf Jan Meyen die Unter- brechung der Kälte durch milderes Wetter mit Regen noch häufiger vorkommt, als dort. Diesen häufigen gewaltsamen Wechseln der Wit- terung ist es wahrscheinlich zuzuschreiben, dafs in diesen Gegenden der Scorbut am bösartigsten auftritt. Nach Osten hin scheidet Novaja Semlja das betrachtete Gebiet von den Wintern, denen die grolse zusammenhängende Landmasse Asiens den continentalen Charakter aufprägt, und zwar so schnell, dafs schon Beresov im siebenjährigen Mittel des Januar eine Kälte von — 19.41 zeigt, einen Winter von —17.46 und ein Jahresmittel — 3.02, während der wärmste Monat 35 Grad über den kältesten sich erhebt. Der Sommer des grönländischen Meeres behält den Charakter des Seeklima’s, Scoresby giebt für die mittlere Breite von 76° für April — 7,90, Mai —4.21, Juni —0.28, Juli 2.22, Parry für Mai von 71° — 80° N. Br. —2.62, für Hecla Cove in 79° 55’ N. Br. in den drei folgenden Monaten 1.69, 3.63, 2.83, während die Temperatur des Seewassers —0.22, 1.53 und 2.14 war. Da nun in 71° N. Br. der Juli in Havöe 6.2, am Nordeap 6.5 ist, so sieht man auch hier wie an der grönländischen Küste die nach Norden hin erfolgende Wärme- abnahme, welche Martins in den Zwischenstadien ebenfalls besonders deutlich für das Meerwasser fand, dessen Temperatur von 70° 40' bis u A ee nA Einige Bemerkungen über die Temperatur der Polargegenden. 439 bis 74° N. Br. 4.74 sich zeigte, von 74° bis 77° N. Br. 3.15, und von 77° bis 79° 34’ N. Br. 2.14, während die Luftwärme weniger regelmäfsig von 4.27 auf 2.47 abnahm. Hier, wie auf der ameri- kanischen Seite, hat man in bestimmten Jahren eisfreie Stellen in hö- hberen Breiten gefunden, wo in anderen Jahren durch zusammenge- schobene Eisfelder alles weitere Vordringen unmöglich wurde. Aller Wahrscheinlichkeit nach mögen sich auch hier die im Sommer durch Stellen offenen Wassers getrennten und beweglichen Eisfelder zu einem mehr oder minder ununterbrochenen Ganzen zusammenfügen, da unter dem Einflufs einer sehr niedrigen Temperatur durchaus nicht einzu- sehen ist, durch welche Ursache gerade an bestimmten Stellen die Eisbildung verhindert werden sollte. Die bei der niedrigen Lufttempe- ratur über solchen offenen Stellen nothwendig sich bildenden Nebel werden aufserdem einer Beschiffung erhebliche Gefahren bringen. Wenn die nähere Untersuchung der Gletscher gezeigt hat, dafs die auf festem Grunde liegenden Eismassen, welche für den ersten Anblick das Bild einer imposanten Ruhe darstellen, doch in einer stetigen Bewegung be- griffen sind, so wird die Annahme gerechtfertigt erscheinen, dafs feste Eisbarrieren auf dem Meere noch weniger die Bedingung einer abso- luten Ruhe in sich tragen, dals aber umgekehrt die Annahme perma- nenter eisfreier Stellen als eine vollkommen willkührliche bezeichnet werden muls, da keine einzige directe Erfahrung sie auf die Dauer be- stätigt hat. Sowie in dem Luftmeere eine anomale Kälte an einer be- stimmten Stelle in einem gewissen Jahre seitlich compensirt wird durch dann an anderen Stellen hervortretende höhere Temperaturen, weil die an einer Stelle nach dem Aequator hin fliefsende Luft an anderen nach ‘ dem Pole zurückkehrt, die Betten dieser Ströme aber veränderliche sind, so wird es auch im Meere sein, dessen Bewegungen zwar weni- ger frei, aber doch bei dem weiten Abstand der Ufer noch äufserst veränderlich sind. Geschehen die Oscillationen der Temperatur, wie in arktischen Gegenden, zu beiden Seiten des Gefrierpunktes, so wird der flüssige Strom an seiner Oberfläche bald fest werden, bald in seine flüssige Form zurückkehren, eine permanente Form des Festen durch Hemmungen an sich verengenden Stellen aber stets wahrscheinlicher sein, als ein Festhalten des flüssigen Zustandes in unmittelbarer Be- ‚ rührung mit einer sehr kalten darauf ruhenden Atmosphäre. Von den 3 folgenden Tafeln enthält die erste die Monatsmittel der sämmtlichen Polarexpeditionen zur See, so weit mir diese bekannt ge- worden sind, in der Fahrenheit’schen Scala, die beiden anderen die be- obachteten höchsten Kälte- und Wärmegrade in Reaumur’schen Scala. Ich habe die der Expeditionen von Mac Clure, Belcher und Kane zusam- mengefalst, da die Zahlen an demselben Instrumente erhalten wurden. 440 1846 1847 1821 1822 1822 1823 1829 1830 1831 1832 Mittel 1824 1825 1851 1852 1848 1849 1852 1853 1854 1850 1851 1850 1851 1852 1853 1853 1854 28.91 a a -6.50 | -23.17 I zohs 10. aa 6.47 | 23.29 | 23.17 H. W. Dove: Mittlere Wärme der Polarstationen (Fahrenheit). Januar| Febr. | März | April | Mai | Juni Sept. | Octbr. |Novbr. Ft. Hope, 60° 32’ N.Br., 86° 56’ W.L. | | | 12.56, 0.68 -29.32 -26. « -28.10| -3.95 | 17.88 | 31.38 | 41.46 | 46.9 | Bengia Insel, 66° 11’N. Br., 83° 11’ W.L. Kirch ve a | 13.25] 7.88)-14 I Igloolik, 69°21’N.Br., 81°53' W.L. 33.83 | ertale 13.72-18.65 -28. -16.13 ee -0.85 | 25.14 | 32.16 | 39.09 Boothia Felix, 69° 59'’N.Br., 92°1’ W.L. 71.94| -3.58 -23 -33.13)-29.9 |-20.93| 1.37 | 15.27 | 36.76 | 44.57 | 40.87 | 27.42 | 10.95|-11.45-20 -25.43 -32.46 -34.74| -6.44 | 16.02 | 31.56 | 37.94 | 36.51 | 23.4 8.32| -1.23|-23 -27.52|-33.69,-31.37 -28.69|-32.02,-28.68| -2.59 | 15.65 | 34.16 | 41.26 | 38.69 | 25.41 | 9.07) -5.41/-22 Pt. Bowen, 73°14'N. Br., 88° 56’ W.L. | | 35.81 | 29.72 | 25.88 | 10,85] -5.00/-19 29 12,52. 30.12.137. 31.36 Batty-Bay, 73° 12’ N.Br., 91° 10’ W.L. | | | | | -5.43/-21 -20.95 ETENBERN 2.12 Pt. Leopold, 73° 50’ N. Br., 90° 20’ W.L. | | | | | | 9.7 |-14.5 |-22 -35.7 |-35.2 ,-22.8 |-10.0 Beechey-Insel, 74° 5’N. Br., 91° 51’ W.L. 18.46 | -1.40| -6.64-35 18.5 7.39) 15.63 -24 EI NERELRERT 1.3100 1965 194 a5 -31.41)-32.97 Assistance-Bay, 74°14'N.Br., 94° 16' W.L. ei | 1.5 | -6.7 |-21 -29.0 \-29.8 oe -3.2 |12.1 Ia8s ont een Griffith-Island, 74° 40' N. Br., 95° 0' W.L. | | Br -7.5 |-22 -31.0 |-32.5 has ur 8.96 lan. Northumberland-Sund, 76° 52’ N. Br., 97° 0’ W.L. | 18.46 | -1.40 -6.64/-35 -40.00 -29.581-17.71 -8.60 | 14.73 | 29.84 | 35.69 | 33.80 | | Disaster-Bay, 75° 31'N.Br., 92° 10’ W.L. 17.00| 9.51 .-18.33/-28 | 30.86] 4.84 534 27.01, 3812| 3620 | 1-37 38 -40.24 Einige Bemerkungen über die Temperatur der Polargegenden, 441 Juli |August| Sept. | Octbr. Narr Decbr. bei der Deely-Insel, 74° 56’N. Br., 108°40'’ W.L. | | -1.19/-10.83/-26.48 -21.9 Melville-Insel, 79° 47’ N.Br., 110° 48' W.L. 22.52 | -2.83 -21.14|-21.62 Januar| Febr, | März | April | Mai | Juni -35.84 -31.18 -31.28-32.45 -18.19 -8.21 | 16,82 | 36.21 | 42.45 | 32.59 4.1 |-20.1 |-32.45 -36.58[-40.8 |-31.7 |-5.4 | -33.93|-36.63|-24.94| -6.81 Mercy-Bay, 74° 6' N. Br., 117°54' W.L. 0.63,-20.57|-27.04 3.3 |-15.2 |-20.0 -27.3 |-25.8 |-28.4 |-1.4 |10.2 131.5 [36.7 | 33.2 | 20.1 -5.6 |-16.5 |-26.1 -43.87|-38.5 |-25.09 i Prinz Wales-Strafse, 72°47' N.Br., 117° 44' W.L. | (36.5) | 20.2° 0.2 |-10.2 |-23.4 -32.3 |-37.7 |-28.8 |-4.8 |18.9 |36.1 |37.5 | 37.6 | (24.6) Pt. Providence, 64° 14'N.Br., 165° W.L. | | | | 25.5 | 17.5 | 3.75 20.5 | 16.0 6.25) 21.5 | 29.5 | 38.0 |(44.42) (42.75) Choris Peninsula, 66° 58' N. Br., 173° 3’ W.L. | | 45.00 | Sr 25.001 1.25] 5.25 -12.0 |-15.5 | -6.0 | 14.5 | 30.0 | Pt. Clarence, 60° 45’ N. Br., 165° W.L. 47.74 | 44.91 | 38.34 | 22.08] -3.25| 3.41 -10.28) 9.43| 2.57 17.66 | 33.71 |40.06 | 51.91 |(46.47)| 43.03 | 23.19) 4.57| -2.78 -12.05| -7.93| 6.621 5.34 | 31.96 1.40.78 Wolstenholm-Sund, 76° 30'N.Br., 68°58’ W.L. 33.67 | 26.76 | 11.32|-18.60 -27.05 an -3.74 | 25.82 | 39.73 | 40.52 Renselaer Harbor, 78° 37'N.Br., 70° 40’ W.L. (37.83) (33.41)| 17.16 | 0.55-23.01|-25.99 12.89 | 29.23 | 38.40 | 31.35 , 9.81 |-10.54/-23.03|-37.74 -25.07 -30.24 _38.00 -38.09 -8.60 28.61 -21.21-33.97-14.00 EL onen) 12.89 | 29.23 se) 31.35 | 13.48 | -5.00 -23.02|- 31.86 442 H. W. Dove: Gröfste beobachtete Kälte auf den Polarexpeditionen (Reaumur)® Juni | Juli August) Sept. | Octbr. |Novbr.| Decbr Januar| Febr. | März | April | Mai Mac Clure auf dem Investigator (Prinz Wales-Strafse und Mercy-Bay) 1850 -2,2 | -14.7 | -24.4 | -28.4 | -32.0 1851 -36.9 | -36.9 | -36.9 | -28.4 | -16.4| -2.2 | 0 -4.9 | -13.8 | -24.0 | -32.0 | -33.8 1852 | -36.9 | -35.1 | -37.3 | -31.1 | -26.2 | -9.3 | -0.9 | -5.8 | -16.0 | -28.9 | -33.3 | -35.5 1853 |-43.1 | -39.5 | -40.0 Belcher (last voyage, Disaster-Bay und Northumberland-Sund) 1852 -1.3 | -4.9 | -13.8 | -24.9 | -27.3 | -35.0 1853 | -32.0 | -35.1 | -37.8 | -26.2 | -18.2 | -5.3 | -2.4 | -4.2 | -14.2 | -18.2 | -30.7 | -34.8 1854 |-40.5 | -39.0 | -36.2 | -30.8 | -22.7 | -7.5 | 0 -1.8 Kane im Smith-Sund -0.9 | -3.1 | -15.2 | -24.7 | -33.4 | -34.2 -1.5 | -5.8 |-18.2 | -32.4 | -36.4 | -41.5 1853 1854 |-40.9 | -44.4 | -38.9 | -33.3 | -18.1 1855 |-45.0 | -38.2 | -39.2 4 | Melville-Insel 1819 -14.7 | -26.7 | -35.1 | -33.3 1820 |-35.1 | -36.4 | -32.0 | -28.4 | -16.0 | -1.8 | 0 -4.4 1852 -21.8 | -31.6 | -34. 1853 |-38.7 | -39.1 | -34.7 | -30.2 { Griffith-Insel 1850 1851 | -34.2 | -34.7 | -34.0 | -27.1 | -23.1 | -9.8 | -0.4 Port Bowen -22.7 | -28.0 | -31.88 1824 1825 | -30.0 | -34.2 | -35.3 | -30.7 | -17.5 | -4.0 | -0.9 | -3.1 Igloolik u 1822 | -2.2 | -9.3 | -18.2 | -28.4 | -33.3E 1823 |-34.2 | -33.3 | -32.4 | -25.3 | -17.8 | -10.7 | -0.9 i Winter-Insel 1821 -1.3 |) -1.8 | -5.3 | -8.4 | -23.1 | -27.18 1822 | -30.9 | -30.7 | -29.8 | -19.5 | -16.4 | -5.3 ! Boothia Felix 1829 -21.5 | -30.7 | -30.7@ 1830 |-34.2 | -35.1 | -32.9 | -23.5 | -14.7| -2.7 | 0 0.4 | -12.0 | -19.5 | -32.4 | -35.19 4831 | -40.6 | -36.0 | -36.9 | -25.3 | -21.3 | -8.0 | 0 -3.5 | -11.5 | -24.4 | -32.9 | -32.98 1832 | -35.1 | -33.8 | -35.8 -7.1 | -19.5 | -25.8 | -29.8E Assistance-Bay 1850 -11.5 | -20.4 | -24.9 | -30. 1851 | -32.4 | -34.2 | -32.4 | -28.0 | -23.1 | -7.4 | -1.3 | -0.4 Ft. Hope { 1846 -7.4 \-20.9 | -25.3 | -32.0 1847 |-35.1 | -32.9 | -34.2 | -25.3 -100| -8.9 Pr 0.9 Einige Bemerkungen über die Temperatur der Polargegenden. A443 | Gröfste Wärme (Reaumur). —— : Januar| Febr, | Mürz Decbr. April | Mai | Juni | Juli .. Sept. | Octbr. |Novbr. ga nn n Mac Clure 1850 -3.5 | -11.1 | -16.0 851 |-20.9 6.7 9.3 8.9 -2.7 | -9,8| -9.3 852 | -10.7 2.2 8.4 8.9 -7.1 | -10.2 | -16.0 1853 -21.3 Belcher 852 -3.1 | -4.9 | -16.9 853 | -19.5 11.5 4.4 | 12.4 -2.7 |-11.1| -8.9 854 -2.7 0.4 53 7.41 Kane 853 | 8.4 -6.3 | -14.1| -7.2 854 -9.3 3.3 4.4 9.7 -4,0 | -12.3 | -17.9 855 -3.0 | Melville-Insel 1819 -6.4 | -11.5 | -11.5 1820 | -15.1 6.7 8.4 | 12.4 ‚852 -0.9 | -18.6 | -17.8 .- -22.2 j Griffith-Insel 850 | -6.7 | -8.4 | -16.4 1851: | -18.2 22 8.9 Port Bowen 824 -0.2 | -6.7 | -16.2 85 |-20.6 3.1 6.7 8.0 Igloolik -1.3 | -10.7 | -18.7 7.2 | 8.9 | 412.0 Winter-Insel -4.4 8.0 0.2 | -1.8| -13.3 -17.0 | -16.0 | -8.4| -1.3 | 6.2 | 8.0 Boothia Felix -3.5 | -2.7 | -17.8 -3.9 | -3.5 | -11.5 -15.1 -16.4\)-13.5| -5.3| -0.4 | 2.2 | 13.3 | 16.9 | 11.5 -13.1 | -10.0 | -18.0 | -0.9 | 1.8 | 89 | 80 | 98 -17.8|-19.5 | -7.1 ud = [0 +07] 1 — & ' Qt & Assistance-Bay 2.7 | -6.2 | -8.4 | -16.0 -18.7 | -18.7 |-16.9| 0.9| 44 | 7.5 | 80| 62 Ft. Hope 5.81 2.7| -1.5| -6.7 -18.7 | -18.1 |-16.1| -4.9 | 5.8 | 6.4 | 11.1 | 12.1 444 XXX. Eine Weltkarte mit der Jahreszahl 1489. (Hierzu eine Karte, Taf. VII.) Vorwort zu Herrn Dr. Kohl’s Entdeckung einer Weltkarte vom Jahre 1489 im britischen Museum und über seine histo- risch-geographische Kartensammlung zur Entdeckungs- geschichte Amerika’s in Washington. Mit einem Schreiben vom 6. September 1856 aus Washington sen- det Herr Dr. J. G. Kohl an den Unterzeichneten die Copie einer alten Weltkarte, welche derselbe im britischen Museum zu London während seines Aufenthalts daselbst vor seiner Ueberfahrt nach den nordameri- kanischen Vereinsstaaten aufgefunden hatte, und begleitet sie mit einer erläuternden Anmerkung, beide mit der Befugnifs, sie der Berliner Geo- graphischen Gesellschaft und der Oeffentlichkeit zu übergeben. Da sie ein neues und interessantes Mittelglied zu den aus jener inhaltreichen Entdeckerperiode um das Jahr 1500 bisher bekannt gewordenen Welt- karten enthält, wie dies in der Anmerkung dargelegt ist, so sind beide hier als Anregung zu weiterer Forschung aufgenommen. Besonders wichtig dürfte sie für die Entdeckungsgeschichte des Südendes von Afrika sein, da sie von der Zeichnung desselben auf dem Martim Be- haim’schen Erdglobus in Nürnberg ') vom Jahre 1492 abweicht und durch die Jahreszahl 1489 auf die frühere Entdeckungsfahrt des Bar- tholomäus Diaz zurückweiset (s. Lichtenstein „Geschichte der Ent- deckung des Vorgebirges der guten Hoffnung“ im Vaterländischen Mu- seum 1810). Für die Theilnehmer an Forschungen über die Karto- graphie des amerikanischen Erdtheils in vergangenen Jahrhunderten, für welche unser geehrter Freund seit einer Reihe von Jahren die wich- tigsten Arbeiten und Sammlungen zu Stande gebracht hat und selbst nach Amerika übergesiedelt ist, wird es erfreulich sein, von ihm selbst zu erfahren, dafs er seine historisch-hydrographische Arbeit über den mexicanischen Meerbusen, über die Stille Meeresküste der Vereinigten Staaten und über die atlantische Meeresküste derselben bereits been- digt hat. Es ist eine aus fünf Abtheilungen bestehende Arbeit, unter dem Titel: „The Hydrographical Annals of the Coasts of the United States“ einen starken Quartband füllend. Er enthält: 1) die Geschichte !) S. das Meisterwerk des Dr. F. W. Ghillany: Geschichte des Seefahrers Ritter Martin Behaim u. s. w. mit Einleitung von A. v. Humboldt. Nürnberg 1853. 4. a A u Eine Weltkarte mit der Jahreszahl 1489. A45 der Entdeckung und Exploration der Küste von den Zeiten der Nor- mannen bis gegen das Jahr 1650, wo keine grofsen Entdeckungen mehr gemacht wurden und die Küste wie deren Theile in ihren Haupt- umrissen als bekannt angenommen werden können; 2) eine Erklärung und Geschichte des Namens jeder grofsen und kleinen Abtheilung der Küste, jeder Bay, Insel, Sandbank, jedes Caps, Hafens, Flusses u. s. w., mit der Speeialgeschichte der Explorirung und Besiedlung jedes dieser Theile; 3) eine Sammlung einiger 50 reducirten Copien von alten Kar- ten zur Illustrirung des Werkes, von der ersten rohen Darstellung der Küste auf De la Cosa’s Weltkarte bis etwa zu den Karten von De Bry, Ortelius und Laöt, und jede mit einem kurzen Memoir begleitet; 4) eine Sammlung von Titeln der Werke und der besonderen Karten, welche sich auf die Küste beziehen; beide Sammlungen chronologisch geord- net; 5) eine grofse Karte der ganzen Küste mit Darlegung der Ent- deckungsgeschichte, die in Farben anschaulich gemacht ist. Diese grolsartig ausgeführte specielle Arbeit eines früherhin schon den ganzen Erdtheil umfassenden historisch - geographischen Werkes, worüber schon einmal der Herr Verfasser der hiesigen geographischen Gesellschaft durch einzelne Vorträge Mittheilungen machte, hat den Congrefs der Vereinsstaaten zu dem Entschlufs gebracht, vorläufig eine Summe von 6000 Dollars zu bewilligen, um für die Entdeckung und alte Geschichte der Entdeckung Amerika’s eine Samm- lung von Karten zu begründen, welche die Einleitung zu einem De- pöt von Copien nicht käuflicher oder doch nicht leicht käuflicher Ori- ginale bilden soll, zu deren Aufbewahrung auch die Räume in Washing- ton angewiesen sind. Zur vollendeten Ausführung dieses nationalen Instituts, wie Amerika noch keins besafs, welches unser gelehrter Lands- mann, wie Keiner vor ihm, durch ehrenvolle Anerkennung seiner Ver- dienste um diesen Zweig der sehr vernachlässigten Forschung in’s Le- ben zu rufen in den Stand gesetzt ist, kehrt derselbe nächstes Früh- jahr nach Europa zurück, um die schon früher in England, Deutschland und Frankreich von ihm benutzten kartographischen Sammlungen zu revidiren und seine Forschungen auch auf Spanien und andere Länder auszudehnen. Wir wünschen einem für das Wachsthum eines so grolsen Staates historisch und geographisch höchst wichtigen Unternehmen den besten Fortgang, weil es viele andere verwandte Zweige vernachlässig- ter nicht unwichtiger Forschungen beleben wird, und freuen uns, dafs die liberale Staatsbehörde den Einsichtigsten und Erfahrensten auf die- sem Gebiete zu einer so grofsartigen Wirksamkeit berufen hat; ihm selbst danken wir für seine lehrreiche Mittheilung, die auch Herr Alex. v. Humboldt gewürdigt hat. C. Ritter. 446 Eine Weltkarte Anmerkung über eine alte Weltkarte im britischen Museum in London. In der Manuscripten-Sammlung des britischen Museums in Lon- don befindet sich ein handschriftliches Werk von einem gewissen Hen- rieus Martellus Germanus, dem eine alte Weltkarte beigefügt ist. Das besagte Manuscript ist der Sammlung eingefügt unter der Rubrik: „Ad- dit. No. 15,760.* Es hat folgenden Titel: „Insularium Illustratum Henrici Martelli Germani. Omnium insula- rum nostri maris, quod Mediterraneum dicimus, exteri etiam pelagi, quod Oceanum appellant, quas quidem partim vidimus, partim ex anti- quorum nostrique temporis auctorum monumentis scriplisque cognovimus liber hic nuper a nobis elucubratus, illustratas continet descriptiones.“ Das ganze Buch scheint mir merkwürdig. Ich will mir aber hier blofs erlauben, die Aufmerksamkeit der Gesellschaft auf die ihm an- gehängte Weltkarte, von der ich eine möglichst getreue Copie zu über- senden die Ehre habe, zu lenken. Ich habe die Copie an Ort und Stelle gemacht, und habe darin gestrebt, nicht nur in den Contouren der Küsten, sondern auch in der Schrift und in der Färbung der Ge- wässer, Gebirge, Inseln ete., sowie auch in den sonstigen Ausschmük- kungen der Karte ein Facsimile herzustellen. Da ich die Karte erst kurz vor meiner Abreise von London auf- fand, so blieb mir leider nicht Zeit genug, alle Umstände, die Licht auf ihre Geschichte werfen könnten, und namentlich auch das Buch, in dem sie enthalten war, gehörig zu untersuchen. Indem ich mir diese fernere Untersuchung für einen etwaigen späteren Besuch im bri- tischen Museum vorbehalte, bitte ich, vorläufig mit folgenden kurzen, aber so weit sie gehen getreuen Notizen fürlieb nehmen zu wollen. Die Karte war im Kataloge des britischen Museums unter einem Datum eingetragen, das mir gleich beim Anblick des Bildes verdäch- tig schien. Leider kann ich mich dieses falschen Datums, das man der Karte zuschrieb, nicht mehr erinnern. In dem Werke selber, dem sie beigefügt war, fand ich gar nichts, was mir zur Bestimmung des Da- tums hätte dienen könnnen. Die Karte war gar nicht darin erwähnt. Ich forschte daher auf der Karte selber nach und fand darauf erstlich im Innern Afrika’s südöstlich vom Namen ArFR/CA die Zahl 1489, die mir eine Jahreszahl sein zu sollen schien. Sie stand aber ohne weitere Erklärung und ohne allen Zusammenhang mit dem Uebrigen da. Ich spürte daher weiter nach. Das Pergament, auf dem das Bild gemalt stand, war in der Rich- tung des centralen perpendikulären Knicks meiner Copie gefaltet und dem Buche so eingebunden, dafs die ganze Partie in der Nähe dieser 7 re re A EEE ’ | # mit der Jahreszahl 1489. A4AT Linie darin tief versteckt war. Auch war der ganze Knick oder Falt voll alten Staubes und Schmutzes, so dafs es mir klar schien, dafs hier seit langer Zeit Niemand nachgesehen hatte. Ich bürstete den Staub weg, brach das Buch, so weit es sich thun liefs, etwas mehr aus ein- ander und fand dann am südöstlichen Ende von Afrika folgende, offen- bar bisher übersehene Inschrift: Hucusque ad ilha de fonte pervenit ultima navigatio portugalen- sium Anno 1489. Vergleicht man die Ziffern der beiden Zahlen „1489*, sowohl der, welche in der eben eitirten Inseription, als auch der, welche, wie oben gesagt, im Innern von Afrika vorkommt, so scheint es offenbar, dafs sie von derselben Hand herrühren. Sie sind in ihren Zügen ganz gleich. Es war offenbar der Verfasser der Karte selbst, der sie schrieb, und sie bestätigen sich unzweifelhaft gegenseitig, obwohl wir nicht sa- gen können, warum der Verfasser die Zahl noch einmal im Innern von Afrika wiederholte. Es scheint diesem nach, dafs wir die Jahres- zahl 1489 als ein Datum annehmen müssen, was der Verfasser schrei- ben wollte, und dafs wir nicht annehmen können, er habe sich beim Niederschreiben versehen. Die Karte mufs also nach dem Jahre 1489 angefertigt sein. Eben so gewils ist es, dafs sie vor dem Jahre 1499 gemacht ist, denn erst in diesem Jahre (den 29. August) kam Vasco de Gama von seiner Entdeckungsreise nach Ostindien zurück. Die Karte zeigt keine Spur davon, dafs ihr Verfasser Kunde von den Entdeckungen Gama’s hatte. Alle Partien der Länder im Osten von Afrika haben die irr- thümlichen und traditionellen Contouren und Configurationen der älte- ren Karten. Da der Verfasser sagt „ultima navigatio“ (die neueste Expedition) und da er gar nicht des Vasco de Gama erwähnt, dessen Ausrüstung schon 1495 begonnen hatte und der bereits in diesem Jahre von Jo- hann dem Zweiten zum Commandeur der neuen Expedition ernannt war, so ist es wahrscheinlich, dafs die Karte auch noch vor das Jahr 1495, vermuthlich in den Anfang der neunziger Jahre zu setzen ist. Leider hat die Karte weder Längen- noch Breitengrade. Nicht einmal der Aequator und die Wendekreise sind angegeben. Dies könnte einigen Verdacht gegen die Sorgfalt und Tüchtigkeit ihres Ver- fassers einflöfsen. Mit dieser Ausnahme spricht aber alles Uebrige da- für, dafs der Verfasser nicht nur im Allgemeinen ein kenntnifsreicher und sorgfältiger Mann war, der etwas Gutes produciren wollte und konnte, sondern auch, dafs er namentlich sehr gute Kunde von den portugiesischen Unternehmungen hatte. Ob jener Henrieus Martellus Germanus, der das Buch schrieb, 448 Eine Weltkarte auch die Karte machte oder nicht, leuchtet aus nichts hervor. Auf dem oben gegebenen Titel sagt er blofs, er habe das Buch an’s Tages- licht gebracht (elucubratus) und dasselbe „enthielte Karten* (ilustratas continet descriptiones). Diese Karten konnten daher auch allenfalls von einem Anderen gemacht sein. Doch ist es auch möglich, dafs Martellus Germanus sie selber machte. Wer dieser Martellus Germanus gewesen sein möge, weils ich nicht. Auch konnte mir keiner der Herren auf dem britischen Mu- seum, mit denen ich darüber conferirte, weder über ihn noch sonst über die Geschichte seines „Insulariums* eine Auskunft geben. Ob das „Germanus“ seine Nationalität anzeige oder ein Theil seines Ge- schlechtsnamens sein mag, ist mir auch nicht ganz klar geworden. Doch glaube ich das letztere. Denn es scheint mir, dafs die Karte von einem Italiäner gemacht sei. Jedenfalls scheint aus der obigen Aussage, er habe einen Theil der dargestellten Inseln und Länder ge- sehen (quas quidem partim vidimus), hervorzugehen, dafs Martellus ein Reisender war. Vermuthlich ein mit den portugiesischen Entdeckern eingeschiffter Italiäner. Die Sprache, in der die Karte geschrieben ist, ist in der Haupt- sache lateinisch, für alle Namen auf der Westküste von Afrika aber ein Gemisch von portugiesischen, italiänischen oder sonstigen romani- schen Wortformen, wie dies auf so vielen Seekarten der Zeit der Fall zu sein pflegt. Als Beispiele und Belege führe ich nur, von Nordwesten nach Südosten gehend, folgende an: „Rio de palme“ falsch statt richtig portugiesisch: Rio da palma oder das palmas. „Rio di S. Giorgio“ halb italiänisch statt: Rio de $. Jorge. „Angra del principe“ halb portugiesisch, halb italiänisch statt: Angra do principe. „Rio alle schiave“* italiänisch statt: Rio dos escravos. „Pragia de Imperadore* falsch statt: Praia do Imperador. „Pöta de padron“ falsch statt: Pöta de padraö. „Arena brava* italiänisirend statt: Areia brava. „Golfo de balena“ italiänisirend statt: Golfo da baleia. Dies wird hinreichen, zu beweisen, dafs kein Portugiese diese Karte gemacht hat, sondern vermuthlich ein Italiäner, der zwar des Portugiesischen einigermafsen mächtig war, aber sich nicht enthalten konnte, sein Italiänisch einzumischen. Es ist aber wohl möglich, dafs dieser Italäner, mag es nun Martellus Germanus oder ein Anderer ge- wesen sein, sein Werk in Portugal zu Stande brachte. Die Westküste von Afrika hat in der Hauptsache ihre natürliche ud ee mit der Jahreszahl 1489. 449 Configuration, wie sie durch die portugiesischen Entdeckungen bis zu der Expedition des Diogo Caö, Martin Behaim und Bartholomäus Diaz (in den Jahren 1484 — 1487) herausgefunden war. Nur scheint die südliche Partie ein wenig zu lang und ein wenig zu weit ostwärts ge- streckt. Auch sind die Namen längs der Küste von Nordwesten her südostwärts bis zu dem grolsen Berge oder Felsen, „Monte negro“ ge- nannt, mehr oder weniger dieselben und auch in derselben Reihenfolge gegeben, wie sie auf der berühmten Karte des Martin Behaim stehen. Als Beispiele und Belege führe ich nur einige an: Der „Monte negro“ selbst, bei Behaim ähnlich gemalt und nur mit einer kleinen Abweichung Monte nigro genannt. Nordwärts von ihm der Name: „Terra fragosa“. Auf beiden Karten gleich. Weiterhin nördlich: „C. $. Agustini“. Bei Behaim: „de San Agu- stino*. Ferner: „Ponta alta* — „Rio de Fernando“. Auf beiden Karten gleich. Ferner: „Ponta de padron“, bei Behaim: Rio de patron. „Rio poderoso“ bei Behaim: Rio ponderoso. „Golfo de S. Martin“, „Rio de Judeo“, „Praia del Imperador*. Auf beiden Karten in derselben Reihenfolge. Nur hat unsere Karte einige Namen, die Behaim nicht hat, und Behaim hat sehr viele Namen, die unsere Karte nicht zeigt. Das Ge- gebene wird aber beweisen, dafs unsere Karte aus eben so guter Quelle schöpfte, wie Behaim selbst, der jedenfalls als Augenzeuge redete. Einen ferneren Beweis für die Glaubwürdigkeit unserer Karte legt das Bild der kleinen Säule oder des sogenannten „Padraö“ ab, wel- ches vor den „Monte Negro“ gesetzt ist. Barros erzählt nämlich in dem Capitel, in welchem er die Reise des Diogo Caö schildert, dafs der König Johann II. nicht lange vor 1484 vorgeschrieben habe, die Capitaine der Entdeckungs-Expeditionen sollten an den Punkten der afrikanischen Küste, wo sie landeten und für ihn Besitz ergriffen, nicht mehr wie früher blofs hölzerne Kreuze, sondern vielmehr steinerne Säulen aufrichten. Er schrieb vor, dafs diese Säulen von der Höhe von zwei Mannslängen sein, und dafs sie auf der Spitze ein steiner- nes, mit Blei eingelöthetes Kreuz haben sollten. Barros sagt zu glei- cher Zeit, dafs Diogo Caö der erste portugiesische Capitain gewesen sei, der solche Kreuze aufgerichtet habe. Auf unserer Karte ist nun ganz vorschriftsmäfsig eine solche Säule oder „padraö“ neben Monte Negro abgebildet. Man erkennt so- gar sehr deutlich das vom Könige anbefohlene Kreuz auf der Spitze des padraö. Dieser Umstand scheint mir vorzüglich stark für den Zeitschr. f. allg. Erdk. Neue Folge. Bd.I, 29 450 Eine Weltkarte Werth der Karte zu reden. Ein Geograph, der die erst vor wenigen Jahren gegebenen Deerete des Königs von Portugal so gut kannte, mulste wohl der Kunde für portugiesische Entdeckung ziemlich nahe stehen. Und alle die so eben entwickelten Verhältnisse zusammengenom- men, die ganze an die Karte gewandte Sorgfalt und die Ueberein- stimmung der auf ihr enthaltenen bekannten Daten mit den Angaben anderer Karten erlauben uns anzunehmen, dafs sie auch für die Fort- setzung der portugiesischen Entdeckungen süd- und ostwärts von Monte Negro eine gute Autorität sei, und machen es wahrscheinlich, dafs uns in ihr eine der frühesten kartographischen Darstellungen der portugiesischen Entdeckungen, welche auf die von Diogo Caö und Be- haim (1484 — 1485) folgten, erhalten sei. Martin Behaim, als er im Jahre 1492 seinen berühmten Globus in Nürnberg verfertigte, setzte das Vorgebirge der Guten Hoffnung auf diesem Globus gleich südwärts von Monte Negro, ganz nahe bei diesem Necplusultra der Flotte des Diogo Ca6, und er lälst von da an auch sofort die Küste Afrika’s nach Osten herum laufen und sich ge- gen den indischen Ocean abbiegen, während es doch keinem Zweifel unterliegt, dafs besagter Monte Negro in der Nähe unserer jetzigen Walfisch-Bay noch eine Strecke von fast 240 Leguas nordwestwärts vom Cap entfernt war. Er lag ungefähr unter dem 22° S. Br., wäh- rend das Cap sich dem 35° S. Br. naht. Behaim giebt auch noch ostwärts von seinem Monte Negro, den er, wie das Cap selbst, bis zum 35° S. Br. herabzieht, einige Namen an. Von diesen Namen kommt aber keiner in den Schilderungen der Reise des Bartholomäus Diaz vor. Auch thut Behaim nirgends in seinen Inseriptionen dieser Reise und des Namens seines Nachfolgers Erwähnung. Man kann diese auffallende Erscheinung nur durch die Annahme der Alternative erklären, dals Behaim entweder von der Reise des Diaz nicht viel wufste oder dafs er sie mit Fleifs ignorirte. Die erste An- nahme ist sehr unwahrscheinlich. Gleich nach seiner Rückkehr von Afrika mit Diogo Caö (1486) verheirathete sich Behaim mit Johanna, der Tochter des Ritters Jobst Hurter, erblichen portugiesischen Statthalters auf den Inseln Fayal und und Pico ?) und fünf Jahre später (1491) ging er nach Nürnberg ?). Wo er in der Zwischenzeit, zwischen 1486 und 1491, lebte, und was er verrichtete, erfahren wir von seinem Biographen nicht. Wohnte er vielleicht während dessen auf jenen fernen Inseln Fayal und Pico in !) Siehe Ghillany, Martin Behaim S. 54 und $. 87. 2) Ghillany 1. e. S, 71. | | | | mit der Jahreszahl 1489. 451 Gesellschaft seiner jungen Frau und in Vergessenheit der übrigen Welt- angelegenheiten? Dafs er von der Reise des Bartholomäus Diaz im Allgemeinen etwas wissen mufste, ist an und für sich ganz unzweifel- ‚haft und ist auch daraus erwiesen, dals er den Namen Caput bonae Spei auf seine Karte setzte. Aber dies ist auch das Einzige, was er von ihm hat. Unterrichtete er sich vielleicht nicht speciell über die Reise seines Nachfolgers oder Nebenbuhlers? Gegen die andere Annahme, dafs Behaim auf seinem Globus ge- flissentlich getäuscht und die Entdeckungen des Diaz verschwiegen habe, sträubt sich zwar unser Gefühl und der Umstand, dafs Behaim von so vielen Autoren für einen gewissenhaften Kartenzeichner gehalten ist. Selbst der Portugiese Trigozo lobt ein Mal seine Ehrlichkeit '). Doch war Behaim’s Lage in Nürnberg sehr verführerisch., Er stand in Deutschland „im Rufe des gröfsten Reisenden der Welt“. Er wünschte vielleicht, diesen Ruf zu behaupten, und sich nicht von einem Anderen übertroffen zu zeigen. Er und Diogo Ca6 mochten auch damals, als sie ihr Necplusultra bei Rio Negro erreichten, wirklich glauben, dafs es schon das lange ersehnte Süd-Ende von Afrika sei. Schon vorher hatten sich die Portugiesen diesem Ende nahe geglaubt. Auf den älte- sten Karten wird auch das südliche Ende Amerika’s schon unter weit niedrigeren Breiten angegeben, als die sind, unter denen es wirklich später gefunden wurde. In Nürnberg, hatte man 1492 vielleicht noch nichts von der Umsegelung des Caps durch Diaz gehört. Kam nun noch hinzu, dafs Behaim von den näheren Umständen und Resultaten dieser Reise sich noch nicht hinlänglich unterrichtet hatte, so konnte dies Alles dahin wirken, dafs sein Griffel, als er die dortige Küsten- Linie Afrika’s zeichnete, schon früher als nöthig nach Osten herum- irrte. Ich wünschte, man könnte eine andere Erklärung finden, und eile zu der uns vorliegenden Karte zurück. Mit Hülfe derselben können wir, so scheint es, vorerst die Fort- setzung der portugiesischen Entdeckungen nach Ca6 durch Bartholo- mäus Diaz ziemlich deutlich verfolgen. Denn wir sehen auf ihr meh- rere, in der Beschreibung dieser Reise, wie Barros sie giebt, als von Diaz ausgetheilt bezeichnete Namen gegeben, und sehen sie auch un- gefähr in denjenigen Abständen verzeichnet, die Barros ihnen giebt. Zuerst zeigt unser Kartenzeichner in seiner Inschrift bei dem Monte Negro und seiner Säule deutlich das Necplusultra der Flotte des Caö an. Er sagt: Ad hune usque montem, qui vocatur niger, pervenit classis Se- ’) Siehe dessen Abhandlung bei Ghillany. 29° 452 Eine Weltkarte eundi ') regis Portugalliae cui classis perfectus erat Diegus Canus, qui in memoriam rei erexit columnam marmoream cum crueis insigni, et ultra processit usque ad serram pardam, quae distat ab Monte Negro mille milliaria et hic moritur. Nach der Meinung des Kartenzeichners kam also die gesammte Flotte 2) und Mannschaft des Caö nicht weiter als bis zum Monte Negro, Diogo Caö selbst aber (vielleicht in einer kleinen Bootexeur- sion) kam noch etwas über das Necplusultra des Haupt-Corps seiner Mannschaft bis zur Sierra parda hinaus. Die Entdecker pflegen sehr gewöhnlich solche Bootexeursionen über die letzte Station ihrer Ge- sammt-Expedition hinaus zu unternehmen. Die „Sierra parda* ist deutlich auf unserer Karte angegeben, und scheint ungefähr die Distanz von Monte Negro zu haben, die unsere Inschrift ihr giebt, 1000 Mal 1000 Schritt, oder, wie Barros sie bestimmt, 120 portugiesische Le- guas. Dafs unser Kartenzeichner den Diogo Caö dort an der Sierra parda sterben läfst, ist etwas ganz Neues, und mag vielleicht ein Irr- thum sein, denn Behaim meldet nichts von diesem Tode des Caö und Barros läfst ihn wohl und lebend nach Portugal zurückkehren. Von dem Nachfolger von Caö, dem Bartholomäus Diaz, heifst es, dafs er der erste Portugiese gewesen sei, der das Vorgebirge bei Monte Negro, das Flotten-Necplusultra des Caö, mit einer vollständigen Ex- pedition umsegelt, auch bald die 120 Leguas entfernte Sierra parda er- reicht und daselbst den ersten padraö errichtet habe. Von diesem Punkte an soll er für eine lange Zeit südwärts ge- segelt sein, ohne wieder an’s Land zu gehen, und dann auch das Cap der Guten Hoffnung in stürmischem Wetter, ohne es zu gewahren, umfahren haben. Nichtsdestoweniger sehen wir auf unserer Karte zwi- schen „Sierra parda* und „Cavo de Speranza“ die Küste mit Namen bedeckt. Vierzig Leguas ostwärts vom Cap der Guten Hoffnung, so heifst es in dem Reiseberichte des Diaz (bei Barros) weiter, sah er eine Bai, die er die „Baia dos Vaqueros“ (die Bai der Hirten) nannte. Wir haben sie auf unserer Karte unter dem italiänischen Namen: „Go/fo dei pastori* oder wie buchstäblich auf der Karte steht: „de pastori*. Noch etwas weiter ostwärts gelangte Diaz zu einer Insel, auf der er ein Kreuz (seinen äufsersten und letzten padraö) errichtete und die er daher „Ilha da Cruz“ (die Kreuz-Insel) nannte. Vielleicht ist diese Kreuz-Insel auf unserer Karte mit dem Namen „Padram de $. George“ !) Soll hiermit Johannes Secundus angedeutet sein? ?) Dieselbe bestand aus zwei Schiffen. Ze u UL 22200205 mit der Jahreszahl 1489. 453 (das Kreuz des heiligen Georg) angedeutet. Es liegt in jener Gegend (in der Bahia de Lagoa oder Algoa) eine kleine Inselgruppe, die noch jetzt die Kreuz-Inseln genannt wird. Hier wurde seine Mannschaft unzufrieden und verlangte die Rück- kehr. Er konnte sie nur überreden, noch 25 Leguas längs der Küste weiter zu gehen, und der letzte Name, der in seinem Reiseberichte genannt wird, ist der des Rio do Infante. Er wird für den jetzigen Great Fish-River gehalten. Auf unserer Karte heifst der letzte Name: „ilha de fonte*. Sollte dies ein ganz neuer Name oder vielleicht nur eine Corrumpirung des Namens Rio del Infante sein? Beide Phrasen liegen in ihrer Laut- Zusammensetzung nicht weit auseinander. Von diesem Rio del Infante (oder ülka de fonte?) segelte dann Diaz wieder zurück, recognoseirte das Cap der guten Hoffnung oder, wie er es nannte, das Cap der Stürme, bestimmte seine geographische Position, erforschte die in der Nähe liegenden Baien und Häfen, und kehrte dann heim nach Portugal. Vielleicht vertheilte er auch auf dieser Heimkehr diejenigen Na- men, die auf unserer Karte auf dem Küstenstrich zwischen „Sierra parda“ und „Cavo de speranza* gesetzt sind, eine Partie, die er auf seiner Herreise, wie gesagt, gar nicht betreten und untersucht hatte. Er war in der Nähe des Caps der Guten Hoffnung im Anfange des Jahres 1487 und kam in Portugal im December dieses Jahres an. Diesem Allen nach ist es ausgemacht, dafs auf unserer Karte die Resultate des Bartholomäus Diaz dargestellt sind. Ist aber vielleicht auch aufserdem noch etwas dazu darauf gegeben? Zwischen der Reise des Diaz, die 1487 endigte und der des Vasco da Gama, die 1497 begann, wissen wir von gar keiner anderen por- tugiesischen Expedition, die das Cap der Guten Hoffnung wieder er- reichte. Doch mufs man die Möglichkeit, dafs dem Barros und den anderen portugiesischen Historikern die Kunde von einer solchen Reise entschlüpfte, zugeben. Unsere Karte scheint fast die Annahme einer solchen uns bisher unbekannt gebliebenen Reise zu unterstützen, weil sie in allen übrigen Dingen ziemlich correct und zutrauensvoll ist, und doch dabei behaup- tet, ohne den Diaz zu nennen, dafs im Jahre 1489, also zwei Jahre nach Diaz, eine portugiesische Flotte bis „ilha de fonte“ weit im Osten vom Cap der Guten Hoffnung gelangte, und weil sie ferner eine Menge Namen hat, von denen wir nicht beweisen können, dafs Diaz sie gab, nämlich die folgenden: „C. de spirito santo*, „Cavo de areas“, „Golfo de balena“, „seyra apardam“, noch ein „Cavo de areas“, „artas caha- das“ — „mangra* — „Cavo de volta*, noch eine „serra apardam* — 454 Eine Weltkarte mit der Jahreszahl 1489. „ilhto de pantame*“ — „volla da angres“, „arostacha“, „Golfo Ano delle serre“, „Cavo dalhado“ und „padram de S. George“ und „ilha de fonte*. Die beiden letzten Namen jedoch nur, wenn man sie nicht, wie ‘ich oben sagte, als den Namen des Diaz „Ilha da Cruz“ und „Rio do in- fante* entsprechend annehmen soll. Auch der Umstand, dafs es sehr auffallend ist, dafs so lange nach Diaz kein Portugiese das Cap wieder angestrebt haben soll, scheint die Annahme einer verloren gegangenen Reisekunde zu unterstützen. Im Jahre 1489 liefs der König von Portugal 20 Karawelen zur Küste von Afrika hinabgehen, die aber, so heifst es bei Barros kurz, „unverrich- teter Sache zurückkehrten*. Sollten vielleicht einige von diesen Schif- fen, von denen wir so wenig erfahren, weiter gesegelt sein und eine Reise nach Süden jenseits des Caps ausgeführt haben? Ich gestehe, die Sache kann nur als nicht unmöglich bezeichnet, aber weiter nicht gewils gemacht werden. — Vielmehr ist es wahrschein- licher, dafs unser Kartenzeichner sich in seinem Datum 1489, wenn auch, wie ich oben bewies, nicht versah, so doch irrte, und eigentlich hätte 1487 schreiben sollen. Es läfst sich aber auch denken, dafs er sein „Anno 1489* gar nicht auf die Ausführung der Reise, von der er in seiner Inschrift spricht, bezogen haben wollte. Denken wir uns vor diesem „Anno“ ein trennendes Punktum, das leicht auf der Karte verloren gehen konnte, so setzte der Kartenzeichner diese Jahreszahl vielleicht nur als Datum der Anfertigung der Karte hinzu. Dem sei indefs, wie ihm wolle. Die Karte bleibt selbst dann, wenn sie kein neues Factum in die Geschichte einführt, als die Karte des Behaim vervollständigend und berichtigend, und als (so viel ich weils) ältestes kartographisches Document, auf dem die Reise des Bar- tholomäus Diaz aufgenommen und dargestellt ist, äufserst interessant und wichtig, und ich fühle mich beglückt, dafs ich der geographischen Gesellschaft in Berlin darüber eine kleine Mittheilung habe machen können. Washington, den 6, September 1856. J. G. Kohl. Br Miscellen. Anregung zur Begründung einer geographischen Gesell- schaft in Venedig. Herr Eugenio Balbi, Sohn des bekannten Geographen, hat in der Rivista Veneta Anno I, No. 12, 6. Juli 1856, an die zur Zeit eines Morosini und Coro- nelli, Cosmographen der Republik, in Venedig zum Fortschritt geographischer Ent- deckungen bestehende Societa degli Argonauti erinnert, sowie an die seit 1825 in Florenz bestehende Societa Toscana di Geografia, Statistica e Storia natural ihres Vaterlandes. Er erinnert an die in Paris, London, Berlin und anderwärts bestehenden geographischen Gesellschaften, deren Verhältnisse und Verdienste er weiter auseinander zu setzen gesonnen ist, und deutet darauf hin, dafs eine ähn- liche Associazione scientifica in Italia wohl an der Tagesordnung wäre. Wir dan- ken ihm für die vorläufige Mittheilung dieser Anzeige, die zu einem erwünschten Ziele führen möge. ©. Ritter. Vorläufige Nachricht über Dr. J. B. Roth’s Reise-Expe- dition nach Gilead, Ammon, Moab, Edom. Unser geehrter Freund, Herr Dr. J. B. Roth, Prof. extr. ord. an der Uni- versität in München, hat sich im Auftrage Sr. Majestät des Königs von Baiern, des grofsmüthigen und liberalen Beförderers wichtiger wissenschaftlicher Forschun- gen auf dem Gebiete der Erdkunde, in diesen Tagen (November 1856) auf eine für zwei Jahre hinaus bestimmte Reise in den Orient begeben, um die südlichen und östlichen, fast gänzlich unbekannt gebliebenen Theile des gelobten Landes ans dem Dunkel hervorzuheben und dureh seine Beobachtungen der Wissenschaft aufzuschliefsen. Bei seinem Besuche in der ersten Novemberwoche hier in Ber- lin konnte sich derselbe mit den nöthigen Melsinstrumenten versehen, um die vielbesprochenen hypsometrischen Verhältnisse zwischen dem Todten und dem Rothen Meere durch die Thalsenkung el Ghor und das Wady el Arabah endlich durch positive Beobachtungen festzustellen. Hierzu wird er die nächsten Winter- und Frühlingsmonate im Tieflande verweilen, und die heifsere Jahreszeit auf Er- forschung der Gebiete Edom und Moab verwenden, die folgende Zeit auf die der Ostseite des Todten Meeres und Peräa’s bis Gilead. Da der ausgezeichnete Natur- forscher, einst wissenschaftlicher Begleiter auf v. Schubert’s palästinischer, ‘dann auf Major Harris’ äthiopischer Reise nach Shoa, hinreichend bekannt ist, und durch seine öfteren Wanderungen am Jordan und zum 'Todten Meere bei rüsti- ger Gesundheit wiederholt Gelegenheit gehabt hat, sich mit jenen Gebieten, wie mit dem Umgange der Araber vertraut zu machen, so können die Freunde des Örients seiner Expedition mit grofsen Hoffnungen entgegensehen.‘ Der Unter- zeichnete erhielt von ihm persönlich die Erlaubnifs, ein früher an denselben ge- richtetes Schreiben, in welchem er den Zweck seiner Reiseunternehmung' 'hervor- hebt, unter der Ueberschrift: „Gilead — Ammon — Moab — Edom*,' vom April 456 Miscellen: 1856, zu veröffentlichen, mit Ausnahme einiger Nachsätze, welche nicht für das gröfsere Publikum gehören. Wir danken ihm für diese Erlaubnifs, da gewifs viele theilnehmende Freunde diesen treuen und bescheidenen, edlen Wanderer, wenn auch nur aus der Ferne, mit gespannter Aufmerksamkeit begleiten werden. C. Ritter. Gilead — Ammon — Moab — Edom. Welches Dunkel schwebt noch über diesen Landstrichen, der Vormauer ge- gen die grofse Wüste von Vorderasien! Sind sie doch für den Anfang der Ge- schichte des Volkes Israel so wichtig, und erfreuten sich erwiesener Malsen bis zum Einbruche der Araber eines blühenden Wohlstandes. Aber, wie manche an- dere Provinz des alten Römerreiches in Asien und Afrika, sind Peräa und Idu- mäa mit ihren stattlichen Ruinen, grofsartigen Landschaften und wichtigen phy- sikalischen Eigenthümlichkeiten lange Zeit fast ausgeschlossen geblieben aus dem Kreise jener rastlosen Bemühungen zur Erforschung des Erdkreises, welche, eine Zierde christlicher Cultur, so unberechenbar viel beigetragen haben zur Erreichung unseres physischen und moralischen Uebergewichts in der Welt. Die theilweise unter ungünstigen Umständen unternommenen Reisen von Seetzen (1806), Burck- hardt (1810), Richter (1815), Irby und Mangles (1817) gaben uns die gewich- tigsten Andeutungen von dem, was dieses Gebiet der Geographie, Naturgeschichte und Archäologie unserer Tage zu liefern vermag. In den letzten Decennien wur- den diese so glücklich begonnenen Untersuchungen nicht viel weiter fortgeführt: denn die nautischen Expeditionen der Engländer (1847) und Nordamerikaner (1848) konnten in den wenigen Wochen, die für die hydrographische Aufnahme des Jordan und seiner Seebecken bestimmt waren, kaum mit dieser Aufgabe zu Stande kommen. Nur Kerek und Petra wie auch Gerasa wurden wiederholt be- sucht. Welches sind aber die Ursachen, dafs, während Syrien und Palästina durch zahlreiche Reisen uns mehr und mehr aufgeschlossen werden, mit dem Jordan- thale und Todten Meere, der tiefsten Kluft unseres Erdballes, die Forschungen der neueren Reisenden wie abgeschnitten sind, und diese Grenze selbst nur von den muthigsten nicht gar gemieden wird? Nur zwei sind denkbar: das verru- fene Klima und die Unsicherheit des Reisens. Eısteres gilt ja aber nur von dem Tieflande, dem schmalen Saume der Westgrenze unseres Gebietes. Frei- lich wenige Naturen mögen auf die Länge eine solche tropische Hitze und be- sonders einen solchen Luftdruck aushalten, wie sie während der regenlosen Mo- nate in jenem merkwürdigen Spalte gefunden werden, zu geschweigen die häufi- gen Windstölse aus unathembaren Gasen im Samum. Eine wohlberech- nete Enthaltsamkeit in Speise und Trank vermag auch etwas über diese lähmen- den Einflüsse der Atmosphäre, und ein nicht zu plötzlicher, Uebergang in das Tiefland nebst gelegentlichen Excursionen auf die höheren Gebirge erleichtert um Vieles die beschwerliche Aufgabe. Die Unsicherheit des Reisens betreffend, so ist dieselbe hier freilich gröfser als in anderen Landschaften der Beduinen, weil die Stämme nur klein, und häufig, ja gewöhnlich unter einander in Fehde sind, und die türkischen Pa- scha’s der westjordanischen Provinz keinerlei Autorität unter ihnen haben. Durch Analyse des Wassers des grofsen Geysers auf Island. 457 Unfällen dieser Art vorgebeugt werden. Gepäck, das die Habsucht reizen: könnte, Geld und schöne Waffen darf man nicht führen oder sehen lassen; Beschäfti- gungen, welche Verdacht erregen, wie vieles Schreiben, Zeichnen, Nachgraben und Messen, sind nur im Geheimen und unter vertrauten Leuten vorzunehmen. Hingegen ist das Einsammeln von Naturalien auch bei diesen Halbwilden als eine harmlose Beschäftigung angesehen, und geleistete oder auch nur angebotene ärzt- liche Hülfe ein wirksamer Begleitschein selbst unter den rohesten. Je länger der Aufenthalt bei einem Stamme ausgedehnt werden kann, desto sicherer und un- behinderter mögen die Arbeiten vorgenommen und die Gelegenheit abgewartet werden, mit dem nächsten Stamme in ein freundliches Verhältnifs zu kommen. Bei der Nähe von Jerusalem (als Hauptquartier) ist sowohl ein beständiges Be- ziehen von Bedürfnissen und eine sichere Ablage des Gewonnenen, als auch eine regelmälsige Verbindung durch die Post mit dem Abendlande möglich. Die Con- | suln und andere Europäer daselbst, sowie das griechische Kloster würden das - Unternehmen auf das Wirksamste unterstützen. | Hypsometrische Untersuchungen, allgemeine Terrainstudien, | | . - Contracte für Schutzgeleit und vorsichtiges Auftreten kann gewifs den meisten geognostische, botanische und zoologische Sammlungen, Copiren von Inschriften und Skulpturen, photographische Aufnahmen von Landschaften und Ruinen, Sammeln von Traditionen zur alten und Belegen zur jetzigen Geschichte der Stämme — dies sind die Aufga- ben eines Reisenden in jenem viel versprechenden Gebiete. Mit Prof. C. Ritters trefflicher Zusammenstellung des bisher dort Geleisteten (Band XV der Erdkunde) und mit Seetzens eben erst publieirtem Nachlasse an der Hand wird er im Stande sein, viele der Lücken auszufüllen, manches Ungeahnte zu entdecken und schätz- bare Natur- und Kunstproducte heimzubringen. J. B. Roth. Analyse des Wassers des grofsen Geysers auf Island. In neuester Zeit hat Dr. Taylor eine Quantität Wasser vom grofsen Geyser untersucht, dessen Temperatur 70° R. ‘betrug bei einer Temperatur von 6,5° der Luft. Das Wasser war klar, farb- und geruchlos und hatte einen leicht salzigen und alkalischen Geschmack; beim Stehen bildete sich kein Niederschlag, Das specifische Gewicht war bei einer Temperatur von 18° R. im Zimmer etwas hö- her als das des destillirten Wassers. Die gasförmigen Bestandtheile waren Sauerstoff und Stickstoff, in der klei- nen Quantität von 8 Unzen fand sich keine Spur freier Kohlensäure. Beim Kochen trübte es sich nicht, und reagirte alkalisch sowohl vor als nach dem Kochen. Beim Verdampfen blieb ein trockener, fast weilser Rückstand von erystalli- nischem Aussehen zurück, der eine schwach bräunliche Färbung in Folge einer geringen Menge von Eisenoxyd hatte und ganz aus mineralischen Stoffen bestand; es war nicht die geringste Spur organischer oder vegetabilischer Bestandtheile zu ee u ie De ng 458 Miscellen: entdecken; sein Gewicht betrug auf ein Gallon (103 Pfund preufs. Med.-Gew.) berechnet, 106,6 Gran. Der chemischen Analyse zufolge war Natron die einzige alkalische Basis, verbunden mit Kohlensäure, Salzsäure, Schwefelsäure und Kieselsäure; die Salze, die aufser einer sehr kleinen Quantität Eisenoxyd im Wasser enthalten waren, bestanden aus: Chlornatrium, kohlensaurem Natron, schwefelsaurem Natron und Kieselerde, unter denen letztere das Uebergewicht hatte. Von den 106,6 Gran waren: im Wasser löslich . » 2.2.....98,6 Gran, im Wasser und Säuren unlöslich . 48,0 - 106,6 Gran. Die concentrirte wässerige Solution reagirte stark alkalisch und war folgen- dermalsen zusammengesetzt: Kohlensaures Natron ... 2... 2.l20.2000..19,53 Gran, Chlornatrium (2 |"... rohen sie a AA A = Schwefelsaures Natron. . au. een. 1... 1465 = Kieselsäure und in Wasser und Säuren unlös- liehe, Stoffe ser warn Hu: nat BA Eisenosyd, ati Vacsriinianrazih nal Snren; 106,60 Gran. Vor mehreren Jahren hat Dr. Black das Wasser des Geysers untersucht und es, auf ein Gallon reducirt, folgendermafsen zusammengesetzt gefunden: Kohlensaures Natron . 6,51 Gran, Chlornatrium . . . 17,22 - Schwefelsaures Natron 10,22 - Kieselerde . 7. 7.838,22." - Alatnerder unse > 75,53 Gran. Wie zu erwarten, wechseln die Quantitäten der salinischen Bestandtheile in ein und:derselben oder ähnlichen Quellen zu verschiedenen Zeiten; diese selbst finden sich aber stets unverändert vor. Obgleich die Kieselerde im Wasser noch schwer löslich ist, indem fast 8000 Theile Wasser erforderlich sind, um einen Theil zu lösen, selbst wenn die Sub- stanz sich unter sehr günstigen Verhältnissen zur Lösung befindet, so wird sie hier durch die grofse Menge des kohlensauren Natrons und die hohe Temperatur des Wassers im Innern der Erde befördert. Im Juli 1846 fand Bunsen die Temperatur des Wassers (vor einer Eruption) auf dem Grunde des Geysers (un- gefähr in der Tiefe von 70 engl. Fufs) = 102° R. Bei dieser Temperatur. ist der Druck gleich zwei Atmosphären oder 30 Pfund auf einen Zoll, und dieser Druck, verbunden mit der hohen Temperatur, begünstigt sehr wahrscheinlich die Lösung der Kieselerde im Wasser. Neueren Untersuchungen zufolge scheint sie von vulkanischem, unter den Namen Phonolit, Basanit und Dolorit bekannten Kieselgestein herzurühren, aus dem die oberen Schichten in der Umgebung der Quellen bestehen. Der unzer- ei Mi ri u 1 En een. en ee Ueber den Humboldt - Gletscher. 459 setzte Phonolit enthielt nämlich 72,3 pCt. Kieselerde, während der mit dem Wasser in Verbindung gestandene nur 65,8 pCt. enthält. Die im Wasser des Geysers enthaltene Kieselerde wird nicht durch Erkalten niedergeschlagen, sondern setzt sich auf die umgebenden Gegenstände ab, sobald das Wasser verdunstet und das Lösungsmittel, das kohlensaure Natron, entfernt wird. H. Ueber den Humboldt-Gletscher. (Aus einem Briefe des Nordpolar-Reisenden Dr. Kane an Herm A. v. Humboldt, d. d. Philadelphia, 26. August 1856.) Der Gletscher „Humboldt“ wurde vom Commander Kane an 80 Miles entlang in einer nackten Eiswand von 300 bis 500 Fufs Höhe an dem nördlich- sten Ende von Grönland ausgemessen und aufgenommen; er geht von dessen äufserstem Erdboden aus, bildet den Uebergang zu dem Eismeere, scheidet dort den Osten vom Westen und setzt von der Nordküste im rechten Winkel weiter gegen Norden fort. Aber dieser Humboldt- Gletscher unterscheidet sich dadurch von allen ande- ren früher beobachteten Eismassen, dafs er direet von Süden gegen Norden fliefst und in directer Linie mit der Längenaxe des inneren Grönlandeises steht. So streicht er also in die ungekannte Polarwelt hinein, zieht durch das neugefundene Washington-Land und setzt jenseits des 81. Breitenparallels in unbekannte Fer- nen fort. Da Grönland das einzige Land ist, dessen Wässer aus einer Gegend her- kommen, welche ganz innerhalb der Isotherme des Frostpunktes liegt, und in eine arktische See abfliefsen, so ist für denjenigen, welcher sie mit dem nach Norden fliefsenden Flufssystem von Sibirien vergleichen will, die Substitution von Eis für Wasser nöthig. „Mein Reisebericht giebt nur die beobachteten Thatsachen, aber im officiellen Report hoffe ich einige Aufschlüsse über diese eben beobachteten Gletscher Nord- Grönlands geben zu können, die für das System der Crystallogie analoge Daten geben werden, wie sie Studer und Forbes hinsichtlich der Beziehung zwischen den Flüssen und den Gletschern entwickelt haben.“ Der grofse Gletscher von 1300 Miles Längenausdehnung, die aufser- ordentlichste Erscheinung im Norden der Erde, erhielt natürlich, als Denkmal der Verdienste Alexander v. Humboldt’s um die Transatlantis, von dessen letztem Enntdeeker im Nordpolarmeere den ihm gebührenden Namen, und Nord- und Süd- ende die Namen „Forbes“ und „Agassiz“, sowie ein nördlicheres Cap den Na- men „Leopold v. Buch“. Die veröffentlichte Reisebeschreibung ist nur eine allgemeine Erzählung für das grolse Publikum, In dem sorgfältig für die Admiralität ausgearbeiteten Re- port werden alle wissenschaftlichen Data niedergelegt werden, mit allen meteoro- logischen Beobachtungen während 5 Monaten eines polaren Winters. Auch die magnetischen Beobachtungen konnten durch die vom General Sabine übergebe- 460 Miscellen: nen Instrumente gemacht werden. Alles dieses mit den topographischen Karten und trigonometrischen Aufnahmen wird im Report unter Leitung des Prof. Bache publieirt werden. ©. Ritter. Ueber die durch das amerikanische Dampfschiff „Arctic“ unter Befehl Lieut. Berryman’s ausgeführte Sondirung des atlantischen Oceans zwischen Newfoundland und Irland im Sommer 1856. Se. Excellenz Herr Alex. v. Humboldt erhielt durch das Direetorium der „New York New Foundland and ‚London Telegraph Company“ ein 25 Fufs langes Profil in einer sauberen Copie des Originals, mit Begleitschreiben des Professor Morse und Anderer, zugesandt, welches die grolsartig ausgeführte erste Sondi- rung durch den ganzen atlantischen Ocean von Amerika nach Europa in einem gro[sen Mafsstabe darstellt. Die Hauptresultate derselben können in der unten folgenden Tabelle gegeben werden, da der Empfänger die Gewogenheit hatte, die interessante Sendung ganz zur Disposition des Unterzeichneten zu stellen. In der Sitzung der Berliner geographischen Gesellschaft konnte das Profil vorgelegt und zu dessen Erläuterung Folgendes mitgetheilt werden. Die kürzeste Strecke der Entfernung Amerika’s von Europa liegt zwischen dem 48. bis 52. Grade nördl. Breite, zwischen dem Hafen St. Johns in New- Foundland und der Valentia-Bay in Südwest-Irland, südlich der Dingle-Bay, westlich von Killammey. . Von St. Johns sollte eine unterseeische Telegraphen- Linie an der Küste der Vereinigten Staaten südwärts bis.New-York eingerichtet werden, und an diese sich am Nordende eine Telegraphenlinie nach Europa an- schliefsen. Zu dieser grolsartigen Unternehmung hat sich eine 'Telegraph - Com- pany gebildet, die ihren Sitz in New-York hat. Peter Cooper ist, Präsi- dent, Cyrus W. Field Vice-Präsident, Moses Taylor Schatzmeister, Profes- sor Samuel F. B. Morse der Physiker (Electrieian), Gisborne der erste In- genieur. Zur Ausführung der Sondirung der grofsen Querlinie durch den atlantischen Ocean von New-Foundland nach Südwest-Irland, eine Entfernung von beiläufig 409 geogr. Meilen (1640 Seemeilen), wurde das amerikanische Dampfschiff „the Arctic“ ausgerüstet und dem Lieutenant Berryman das Commando als Schiffs- Capitain übertragen. Das Resultat dieser glücklich durchgeführten Unternehmung haben die Herren Lieut. Berryman und Vice-Präsident Field Sr. Excellenz Herım A. v. Humboldt von England aus übermacht. Das Gouvernement der amerikanischen Vereinsstaaten war auf die Ausfüh- rung dieser grofsen National-Unternehmung eingegangen, es stellte das passend- ste Dampfschiff seiner Marine, den „Aretie,, nebst den erfahrensten See-Offieie- ren zur Disposition der Compagnie. Lieut. Berryman hatte schon früher viele Sondirungen im atlantischen Ocean zu Stande gebracht, ihm wurden in diesem u ee u a 1 u Me Sondirung des atlantischen Oceans. 461 Geschäft erfahrene Seeoffieiere, wie die Lieutn. Strain, Mitchell und Andere, beigeordnet, die am meisten zur gewissenhaftesten Ausführung einer so anstren- genden Arbeit geeignet waren; selbst die gemeinsten Matrosen der Expedition, sagt der Berichterstatter, waren begeistert bei der mühsamen Arbeit und verliefsen gern des Nachts ihre Hängematten, um die Minute der Rückkehr des Bleiloths aus den grolsen Tiefen des Oceans nicht zu versäumen, und genau aufzuzeichnen. Die Entfernung des gemessenen Seegrundes von St. Johns bis an die Süd- west-Küste Irlands in der Valentia-Bay beträgt 1640 Nautical Miles = 1900 Sta- tute Miles, d. i. 409 geographische Meilen. Auf dieser Strecke sind in Inter- vallen von ungefähr 30 Nautical Miles die Tiefen des Oceans sondirt. Ver- mittelst eines Selbst-Schreibe- Apparats am Bleiloth sind die gefundenen Mafse auf einem damit in Verbindung gebrachten Zifferblatte bezeichnet, so dafs diese in die Tabelle eingetragen werden konnten. Die zugleich mit heraufgebrachten Erden des Meergrundes sind der genauesten mikroskopischen Untersuchung über- geben ") und Proben davon durch Prof. Morse vor seiner Rückkehr nach Ame- rika von England aus auf den Continent gesandt worden. Aber auch der erste oberflächliche Ueberblick auf die zartesten, aus grofsen Seetiefen mit heraufgebrachten, zerbrechlichsten Formen von Muschelschalen oder kleinen Seethieren zeigte diese vorherrschend so vollkommen erhalten, dafs sie einen Beweis vollkommenster Ruhe in der Seetiefe abgaben, wo keine Strö- mung, keine zerstörende Meeresbewegung sie erreichen konnte. Hieraus ging zugleich die Bestätigung einer grofsen Sicherheit des Resultats der angestellten Messungen hervor. Weder eine Felsklippe noch Kiesgeröll oder Sandstriche haben die Sondi- rungen ermittelt, sondern auf der ganzen enormen Strecke (wohl beide nächsten Uferseiten ausgenommen) nur einen weichen gleichartig verbreiteten Seegrund, den schon Maury einem weichen Schneebette verglich, ganz von der Natur, wie er sagte, gleichsam auf dieser Stelle der Erdkugel vorbereitet, um einst einem Telegraphen-Taue zur ruhigsten Lagerstätte zu dienen. Nach Lieut. Berry- man sank das Senkblei mit dem Sondirungs- Apparate öfter 10 bis 15 Fuls tief in diesen weichen Seeboden ein, und eben so tief würde auch das Telegraphen- Tau (the Cable) einsinken können, zur gröfsten Sicherheit, wenn es da hinein versenkt würde. Die gröfste, durch die Sondirung erreichte Tiefe des Oceans beträgt 2070 Fathoms ?), der Fathom zu 6 engl. Fufs, = 12,420 engl. Fuls, d.i. 2! engl. Meilen oder 11,653 Pariser Fufs. Als ein sehr merkwürdiges Resultat erschien die grofse Einförmigkeit in der ganzen Erstreckung des Meerbodens, womit kein Landgrund in solcher Aus- dehnung auf der unbedeckten Oberfläche der Erde zu vergleichen sein dürfte, eine Configuration, für welche Capt. Maury den Namen eines Telegraphen- Pla- !) Diese Proben sind bei Herrn A. v. Humboldt angelangt und von diesem dem Herrn Professor Ehrenberg zur Untersuchung übergeben, der schon in der Ber- liner Akademie der Wissenschaften eine vorläufige Anzeige darüber mitgetheilt hat und die Specialuntersuchung fortsetzen und veröffentlichen wird. ?) Sowol auf der Copie des Profils, wie in einer zu derselben gehörigen An- merkung, wie auch in dem Bericht der Illustrated London News p. 267 ist die Tiefe auf 2070, nicht auf 2170 Fathoms angegeben. A462 Miscellen: teau’s gebraucht hatte. Denn in einer Strecke von nahe an 360 geogr. Meilen der gemessenen Linie zeigte sich auf der ununterbrochen gleichmälsig ge- krümmten Ebene kein einziges Hindernifs zur Legung einer Telegraphen-Linie, abgesehen von der enormen Länge der aufserordentlichen Distanz der beiden End- punkte, Weit schwieriger hatte sich für den Ingenieur die Legung des Tele- graphendrahtes über den sehr ungleichen Boden des mittelländischen Meeres we- gen der zahllos wechselnden Tiefen des dortigen Klippenbodens zwischen dem Continent von Europa und Nord -Afrika gezeigt. Die gröfste gemessene Seetiefe von 2070 Fathoms wurde am 12. August unter 51° 38’ nördl. Breite und 32° 20’ westl. Länge gefunden, eine Stelle, die 833 Seemeilen von der Valentia-Bay gegen Westen und 807 Seemeilen ostwärts von St. Johns in New-Foundland entfernt ist, also fast in der Mitte zwischen beiden liegt, von wo aus nach beiden Seiten hin die Tiefe sehr all- mählig abnimmt, doch immer noch Tausende von Fufsen beträgt, bis dieht am Küstengrunde gegen die Insel New-Foundland, wo sie sich nieht mehr auf tau- send Fufs beläuft, und ebenso gegen Irland, wo das seichtere Küstenmeer vom Seefahrer schon der europäische Boden genannt wird. Zum Verständnifs der Methode, welche bei dem Sondiren zu beobachten war, ist die Abbildung des „Patent Sounding Apparatus“ dem Profile mit Erklärung seiner Einrichtung. beigefügt, wie eine Abbildung des Dampfschiffes „Aretie“ und des Mechanismus für Sondirung auf dem Verdecke des Schiffes, Das erste Ab- rollen des Sondirungs-Apparats von einer grofsen Metallwalze ging mit reilsen- der Geschwindigkeit vor sich, die aber nach und nach immer mehr abnahm, nicht sowohl wegen der Dichtigkeit der tieferen Wasserschichten und ihrer gröfse- ren Widerstandsfähigkeit, sondern, wie Lieut. Berryman bemerkt, weit mehr we- gen der vermehrten Frietion des langen Sondirungsdrahtes. Das Hinablassen in die grolse Tiefe nahm stets eine Zeit von drei Stunden in Anspruch. Die Ab- nahme der Schnelligkeit des sinkenden Apparats wurde genau registrirt und das Verhältnifs der Frietion ermittelt. Zum Heraufziehen des Sondirungs-Apparats war eine kürzere Zeit hinreichend, weil man dazu eine kleine Dampfmaschine mit der aufrollenden Walze in Verbindung gesetzt hatte. Neun und zwanzig Tiefen- messungen sind in verschiedenen Intervallen auf dem Profile eingetragen, und ein Brief des Prof. Morse aus London vom 7. October sagt, dafs ein vorläufiges Experiment mit einem electrischen Drathe, auf die grofse Distanz zu telegraphi- ren, vollkommen gelungen sei; der Schreiber des Briefes an Herın A. v. Hum- boldt hofft, dafs die Legung des Drathes innerhalb eines Jahres vollendet sein und der hochverehrte Mann noch vor Ende eines Jahres die Nachrichten seiner Freunde von St. Louis am Mississippi oder von New-York in geringerer Zeit als 5 Minuten durch den atlantischen Ocean in seiner Studirstube zu Potsdam oder Berlin erhalten werde. C. Ritter. Die 29 Sondirungen, deren Resultate auf dem erwähnten Profile vermerkt sind, ergaben, von St. John aus gegen Ost, folgende Tiefen: 1) 96 Fathoms 576 engl. Fufs 540 Par. Fuls, 2) 150, "- = 90 - = 84 - Seat Ana =. 510. - = das = &) dA u RR asihee =... - | | | | | Nachrichten über den gegenwärtigen Zustand des Mormonen- Gebiets. 463 5) 1100 Fathoms 6,600 engl. Fuls 6,192 Par. Fufs, 6) 1150 - = 690 - = 6414 - 7) 1250 - = 750 - = 7097 - 8) 1400 - = 840 - = 788 - 9) 1500 - = 900 - = 844 - 10) 1564 -- = 934 - = 8804 - 11) 1600. - = 960 - = 9007 - 12) 1650 - = 990 - = 92389 - 13) 1680 - = 10,00 - = 9457 - 14) 2070 . - = 1240 - = 11,653 - 15) 2000 - —= 12,00 - = 11,359 - 16) 1830 - = 10,980 - —= 10,302 - 17) 1990 - = 11,580 - = 10,856 - 18):1813. . - = 1088 - — 10,206 - 19) 1650 - = 9900 - = 92389 - 20) 1590 - = 9540 - = 891 - 21) 1543 - = 92858 - = 8686 - 22) 1750. - = 1050 - = 9852 - 23) 19038 - = 148 - = 10,713 - 24) 1518 - = 918 - = 85465 - 25) 40. - = 240 - = 2308 - 26) 783. - = 4698 - = 4408 - 27) 40. .- = 240 - = 2308 - 28) 17 .o- = 4302 - = 4036 - 29) A114 - = = 6 - Nachrichten über den gegenwärtigen Zustand des Mormonen- Gebietes. Californische Blätter enthalten bis zum 30. Juli reichende Berichte aus der Salt Lake City, welche ein Schlaglicht auf die durch das Klima und andere Uebelstände bewirkte precäre Lage des Ackerbau’s in dem Gebiete der Mormo- nen werfen, deren Gemeinwesen in Folge einer Reihe von Mifserndten und Unglücksfällen der Auflösung entgegen zu gehen scheint. Die „Deseret News“, das offizielle Journal dieser sonderbaren theokratischen Republik, bemerkt unter Anderem: „Auf die vorjährige Dürre und die durch die Inseeten hervorgebrachten Verwüstungen, auf die Strenge des letzten Winters, die unserem Viehstande so verderblich wurde und die Leiden herbeigeführt hat, unter denen wir jetzt seufzen, ist in diesem Sommer wiederum ununterbrochen trockene Witterung gefolgt, die den geringen Wasservorrath, über den wir zu Irrigations- zwecken verfügen können, fast vollständig erschöpft hat. Zu diesem Milsgeschick kommt die gänzliche Vernichtung der Erndte durch die Heuschrecken in Cache- County und in Theilen der Counties Box, Elder und Utah, die von den Tabacks- A464 Miscellen: und anderen Würmern unter den Kartoffeln und dem Mais angerichtete Ver- heerung und das Verdorren ganzer Getreidefelder vor dem Reifen der Aechren, so dafs schon jetzt die hier lebenden Heiligen, sowie die Tausende, die sich noch auf dem Wege nach unseren Bergen befinden, mit einem Mangel an Nah- rungsmitteln bedroht sind. Ein fester Glaube an die Weisheit und die Ver- sprechungen des Allmächtigen, gewissenhafte Befolgung der Gebote des Herm und der Rathschläge seiner Diener, die strengste Oeconomie und unermüdlicher, wohlgeleiteter Fleifs werden uns vielleicht in den Stand setzen, der Hungersnoth bis zur Erndte 1857 zu entgehen. Denjenigen aber, welche die gedachten we- sentlichen Eigenschaften nicht besitzen und sie nicht zu erwerben streben, wer- den die Gefühle schwer verletzt und der Magen hart geklemmt (severely pinched!) werden, ehe der Ueberflufs unsere friedlichen Wohnstätten von Neuem beglückt. Und bis ein zweites Jahr verstrichen ist, werden Einwanderer nicht darauf rech- nen können, in Utah ihren Unterhalt zu finden, und Gefahr laufen, Hungers zu sterben, wenn sie ihre Vorräthe nicht mitbringen, und zwar nicht Gold, Silber oder Waaren, in der Hoffnung auf einen vortheilhaften Tauschhandel, sondern eine hinlängliche Quantität Lebensmittel, um bis zum August 1857 und nöthigen- falls noch länger — eine bestimmte Zeit können wir nicht angeben — auszu- reichen.“ Das aus Brigham Young, Heber C. Kimball und Jedediah M. Grant be- stehende Triumvirat, das die „Gemeinde der Heiligen “ regiert, hat am 9. Juli ein Circular erlassen, in welchem auf die Nothwendigkeit hingewiesen wird, „dar- über zu wachen, dafs nicht der geringste Bissen Speise verloren gehe, verschwen- det oder unnütz verbraucht werde“, um den Unterhalt für die gegenwärtige und zukünftige Bevölkerung bis zur Erndte von 1857 zu sichern. „Wenn,“ heifst es ferner, „die Bischöfe erfahren, dafs die Armen in ihren Sprengeln sich unvor- sichtig im Gebrauch der Lebensmittel zeigen, so mögen sie letztere unter ihre eigene Obhut nehmen und sie je nach dem Bedürfnifs vertheilen. Und wenn die Armen sich über eine solche Behandlung beklagen und einer so weisen An- ordnung zur gegenseitigen Unterstützung nicht nachkommen wollen, so soll der Bischof ihnen anheimstellen, den Sprengel zu verlassen.“ Uebrigens scheint es an Obst, namentlich an Aprikosen und gelben, schwar- zen und rothen Johannisbeeren nicht gefehlt zu haben, wodurch freilich dem Mangel an nahrhaften Speisen nicht abgeholfen wird. Eine Schneide- und Mäh- Maschine war vor Kurzem in dem Territorium eingeführt worden, was die „De- seret News“ als den ersten Schritt zur Einführung anderer arbeitersparender Ma- schinen begrüfsen. Auch hatte man eine Ackerbau- und Manufactur- Gesellschaft in der Salt Lake City errichtet, und werden die Einwohner dringend aufgefor- dert, sich an diesem Unternehmen zu betheiligen. Nach dem erwähnten Blatte belief sich die Zahl der Auswanderer, die von England, Wales, Schottland, Irland, der Schweiz, Dänemark, Schweden und Ita- lien über New- York und Boston nach Utah unterwegs waren, auf 1267, worunter 1005 Erwachsene, 213 Kinder und 49 Säuglinge. L. . Der Handel von Guayaquil. 465 Der Handel von Guayaquil. | Berthold Seemann bemerkt in seiner Reise um die Welt (deutsche Ausgabe I, 214) ganz richtig, dafs Ecuador nur die Hände einer thätigen Bevölkerung verlange, um eines der blühendsten Länder der Erde zu werden. Die Vorschung j hat dasselbe nicht blos mit hohen Gebirgen, ausgedehnten Weiden, kostbaren Chinabäumen, dem besten Cacao und einer grolsen Fülle anderer Producte ver- sehen, sondern auch zumeist mit einem gemäfsigten gesunden Klima, unerschöpf- | lichen Gruben werthvoller Metalle und fruchtbarem Boden bedacht. Dazu kommt | die vortreffliche Welt- und Handelslage am Amazonenstrom und Stillen Weltmeer. - Ecuador bietet ein; weites Feld für den Unternehmungsgeist, welcher aber allen Landesbewohnern, gleichviel ob. spanischer oder indianischer Abkunft, fehlt, und der nur aus Europa oder Nordamerika kommen kann. Vor Allem mangeln gute Strafsen, und die Bewohner von Guayaquil müssen z. B. ihren Weizen aus Chile _ kaufen, obwohl die Hochlande Ecuadors eine ungeheure Menge Getreide er- zeugen. In ‚der neueren Zeit haben sich die Ausfuhren gesteigert, namentlich von | Cacao, dem wichtigsten Landesproducte, welchem das heifsfeuchte Klima im Tieflande ungemein zusagt. Der Export betrug im Jahre 1855 schon mehr als - 45 Millionen Pfund, und vertheilte sich in folgender Weise. Es gingen nach | Hamburg . . ... ... 96,181 Cargas 26 Pfund, Spanien. hr hints DEIRPAIBET Frankreich... il ARE | R RS 3 URRONONR U (NONE) FOR NPSnE VERRNERE Mh} 4 - An Chiler. ic Salt see Sn 30. - Vereinigten Staaten . . .. 7,944 - 4ı- Central- Amerika. . ... 5,463 - 69 - Maxzieo drin SAD Bang easdh ih mr 922 - Bun Die Carga hält 81 Pfund. England hat gar keinen Cacao von Guayaquil ausgeführt; was nach Panamä ging, war zumeist für die Havanna bestimmt. Im Jahre 1848, als die Ernte eine aufsergewöhnlich ergiebige war, betrug die Cacao- Ausfuhr mehr als 21 Millionen Pfund, 1851 nur 94 Millionen. | - Guayaquil vermittelt vorzugsweise den auswärtigen Handel von Ecuador. Die Gesammtausfuhr stellte sich 1855 in folgender Weise heraus: | Cacao, Pfund 15,089,753, Kaffee, Centner 766, Strohhüte, Dutzende 38,778, Orseille, - 4,000, Gegerbte Häute, Stück 26,246, Chinarinde, - 7,749, Taback, Centner 3,956, Holz, Blöcke 9,863, Sassaparille, - 657, Rohr, Stück 73,551, Tamarinde, - 699, Gummi, Centner 763. Die beste Chinarinde kommt bekanntlich von Loja. Die Strohhüte, welche ‚unter dem Namen Panamähüte in den Handel kommen, werden auf dem Isth- mus in verhältnifsmäfsig geringer Menge verfertigt; bei Weitem die meisten und auch.die besten Sorten macht man in Manta, Monte Christi und anderen Ort- schaften Ecuadors A. Zeitschr. f. allg. Erdk. Neue Folge. Bd.I. 30 466 Neuere Literatur. Geologische Bilder. Von Bernhard Cotta, Professor an der Bergakade- mie zu Freiberg. Dritte verbesserte und vermehrte Auflage. Mit 166 in den Text gedruckten Abbildungen. Leipzig, bei J. J. Weber, 1856. Mit Vergnügen begrüfsen wir die dritte durch eine neue Abhandlung und zahlreiche Abbildungen vermehrte Auflage der „Geologischen Bilder von B. Cotta“, in denen der Verfasser sein schönes Talent populärer Darstellung auf eine wür- dige und ansprechende Weise verwerthet hat, als ein erfreuliches Zeichen, dafs seine nützliche Arbeit die rasche und weite Verbreitung gefunden hat, die sie verdient. Alle diejenigen, welche sich mit den Resultaten der neueren Forschun- gen iiber den Bau unseres Erdballs einigermafsen bekannt zu machen wünschen, werden in dieser Schrift, deren Verständnifs sowohl durch die einfache und klare Darstellung des Verfassers wie durch zahlreiche und vorzüglich gelungene Holz- schnitte erleichtert wird, reiche Belehrung und, wie wir glauben, lebhafte Anre- gung zu einer fortgesetzten Beschäftigung mit der geologischen Wissenschaft fin- den. Die vorliegenden Skizzen knüpfen sich an folgende zehn Hauptpunkte: die Entstehung der Erdoberfläche, die Vulcane, die geologischen Wirkungen des Was- sers, Schnee und Eis in ihrer geologischen Bedeutung, die Gesteine der festen Erdkruste, die Architeetur der Erdkruste, die Entstehung und der Bau der Ge- birge, die Erzlagerstätten, die Kohlenlager und die Entstehung des organischen Lebens auf der Erde; neu beigegeben ist eine kleine Abhandlung über „die Vor- welt als Kunstquelle“. Mit vorzüglicher Liebe sind bearbeitet die Abschnitte über die Vulcane, über die geologischen Wirkungen des Schnees und des Eises, über die Gesteine der Erdkruste, wo vorzüglich die epochemachenden Entdeckungen Ehrenbergs kurz mitgetheilt werden, und der Abschnitt über die Entstehung des organischen Lebens. Indem wir die kleine Schrift allen denen, die sie noch nicht kennen und die in die geologische Wissenschaft eingeführt werden wollen, auf das Wärmste empfehlen, glauben wir, da wir den Namen des Verlegers oben genannt haben, nicht noch ausdrücklich hinzufügen zu dürfen, dafs die Ausstat- tung höchst elegant ist und das Werkchen zu Geschenken besonders geeignet macht. —n. Relation d’un voyage au Thibet en 1852 et d’un voyage chez les Abors en 1853 par M. VAbbe Krick, suivie de quelques documents sur la meme mission par MM. Renou et Latry. Paris 1854. 8. Da Tübet noch eines der unbekanntesten Länder Asiens ist, greift man be» gierig nach jedem Werke, das neue Aufschlüsse über dasselbe verheilst, wird aber meist getäuscht. Czoma de Cörös gelangte hinein und lebte mehrere Jahre in einem Kloster West-Tübets, lernte die Sprache und hat schätzbare Werke über diese und auch Nachrichten über Tübet aus tübetanischen Quellen mitge- Fr ee Krick: Relation d’un voyage au Tibet etc. 467 theilt. Vom Lande selbst scheint er nicht viel gesehen zu haben, wenigstens ha- ben wir keine Berichte. Huc und Gabet kamen neuerdings allein von der Mon- golei aus nach H’lassa, wurden aber alsbald von den Chinesen wieder nach Set- schuen hinaustransportirt. Butan wurde 1773 von Boyle, 1783 von Turner, 1838 von Pemberton besucht; mehrere Engländer, wie Thomson, Hooker und Andere, überschritten neuerdings von ihren indischen Besitzungen aus die Grenze, durften aber nicht weiter vordringen. Nicht besser ist es dem Verfasser dieser Schrift, dem Abb& Krick, ergangen. Nachdem es 1848 dem Sohne eines Kampti-Häupt- lings, Tcehoking- Gohain, gelungen war, durch das Thal des Brahmaputra in Tü- bet einzudringen, wollte auch Krick den 15. December 1851 von Saikowh (Saik- wah) aus es versuchen. Die Engländer unterstützten ihn auf alle Weise, der Oberst Jinkins übergab ihm im Namen der englischen Regierung eine Menge Ge- schenke für die wilden Häuptlinge, Major Witch kaufte ihm einen vortrefflichen Sextanten und lieh ihm einen Compals, auch andere Offiziere waren ihm behilf- lich, doch trug diese Freigebigkeit so gut als gar keine Früchte. Die Capitel 2 bis 5 erzählen kurz das verfehlte Unternehmen. Die Geographie kann nur einen dürftigen Gewinn davon ziehen. Tchumpura war das letzte Dorf in Assam, jen- seits kein Weg mehr; nur in der guten Jahreszeit passiren hier einige Misch- mis, während der Regenzeit verschwindet selbst der Fufspfad. Krick zog zum Theil das Bette des Brahmaputra hinauf, stieg Tage lang über hohe Berge, wo- von er einen zu 9— 10,000 Fu/ls schätzte, kam dann an den Fufs des Sincutru, ging das Bett des Tiding (?) hinab, der südöstlich dem Brahmaputra zuflielst, von einem Granitblock auf den anderen springend; kommt an einen Berg, der den Einsturz droht, man räth zur Umkehr, die Wilden wollen ihn tödten, endlich er- reicht er Kotta, den letzten Weiler vor Tübet; er marschirt wieder im Bette des Brahmaputra. Bei dessen Zusammenflusse mit dem Ispack erweitert sich das Thal, der Weg wird besser, die bisher kahlen Bergkämme schmücken hohe Fich- ten, er glaubt sich in die Vogesen versetzt, zum ersten Male findet er Epheu wieder und sieht den Raben, der seit Assam verschwunden war; er tritt in ein kleines Thal, von einem Bache durchfurcht, der links von einem hohen Pik her- abkömmt. Auf dem anderen Abhange gewahrt er ein breites Thal, durch die Anschwemmungen des Brahmaputra gebildet, und siehe da, das erste Dorf in Tübet. Er wirft sich auf die Kniee und betet sein Nunec dimittis; die Dimis- sion erhält er freilich bald! War er im Lande der Mischmis bedroht, gefährdet und beraubt worden, so überliefsen die Tübetaner ihn ohne Furcht und Hoffnung sich selbst. Vom Dorfe Ualung nehmen Einwohner, Häuser, Anbau, Landschaft einen reizenden Charakter an, das Thal zu beiden Seiten erweitert sich. Im Grunde sind gut unterhaltene Felder, an den Abhängen dichter kräftiger Fichten- wald, am Fufse der Berge schöne Bambu, Orangen, Citronen, Pfirschen, Lorbee- ren; botanische Kenntnisse fehlen dem Missionar, die anderen Pflanzen zu nennen. Nach 2 Tagemärschen in einem milden Klima, wie in Europa im Mai, erreicht er den Flecken von Sommeu. Das Volk schaart sich um den seltenen Gast, schreit ihn an, er wendet sich an 3 Priester (Gelongs), giebt sich, um sie zu ge- winnen, für einen „Mann des Gebetes“ aus, und da ihn hungert, erquickt ihn ein Lama mit Thee, nach Mongolen-Art bereitet, und einem Reiskuchen. Das Dorf, am Abhange eines Berges, mitten unter grünen Bäumen, hatte 12 Häuser; einen 30* = 468 Neuere Literatur: | Kilometer links flofs der Brahmaputra, dessen Thal sich von Norden nach Süden ausdehnt, von hohen parallelen Bergketten eingefafst, deren Seiten mit hohen Fichten bedeckt und deren Gipfel weils vom Schnee waren. So weit das Auge reichte, sah man in der Tiefe angebaute Felder von Reis und Weizen, durch einen Damm gegen die Bergströme geschützt, Heerden von Kühen, Ochsen, Pfer- den, Eseln, Mäulern frei weidend. Fünf bis sechs Kilometer im Norden zeigte sich eine grofse dreieckige Terrasse, die Residenz des Gouverneurs der Provinz Rima; sein Name war Yong. Den 17. Januar 1852 wurde dieser plötzlich dem Missionar angekündigt „als der grofse Lama, der König der Könige, der den Donner in seiner Gewalt hat und eine Sonne in seinen Gedanken, dessen Zunge ein Schwert, dessen Wort ein Sturm, der befehlen könne, was er wolle. der das Recht habe, Hände und Füfse abzuschneiden und zum Tode zu verurtheilen, ohne dafs Einer ein Wort dagegen sagen dürfe,“ wenn nicht — Erfindungen des Mis- sionars hier mitunterlaufen. Es begann nun eine Vernehmung über Herkunft, Absicht seiner Reise u. s. f.; das Resultat war der Spruch, dafs er heimkehren müsse. Nach vielen Gefahren und Leiden kam der Reisende den 18. März 1852 wieder in Saikwah an. Man sieht, dieser Bericht ist viel zu unbestimmt gehal- ten, um erhebliche geographische Belehrung zu gewähren. Der Brahmaputra kommt nach Krick (p. 103) aus einem Gebirge, nordöstlich von Assam; sein Bett erscheint wie ein enger Canal, in Felsen gehauen; vom Brahmakundo bis Tübet soll er 150 bis 200 Meter breit und sein Lauf so reifsend sein, dafs an keiner Stelle ein Elephant ihn passiren könne; überall pralle er von den ihn ein- engenden Felsen wüthend ab, so dafs er von Sommeu bis zu den Ebenen As- sams nur ein weilser Schaum sei. Kein Schiff könne von einem Ufer zum an- deren fahren, nur auf Hängebrücken aus Rattans, 2— 300 Fufs lang, 9—10 Centimeter dick, am Ende eines Felsens oder an einem Baume befestigt, setze man von einem Ufer zum andern über. Dies Wenige möchte das Merkwürdigste sein, was die unbedeutende Reise über Tübet und dessen Gränze, Assam und den Brahmaputra enthält. Das Beste in dem Buche sind noch die ethnographischen Nachrichten über die Mischmis (Cap. VI) und Abors, zu welchen der Verfasser 1853 reiste. Wir lassen nur zur Orientirung in diesen unbekannten Gegenden die Uebersicht der Grenzbewohner hier folgen: 1) die Butaner, erstrecken sich nach Krick vom Testa-Flusse im W. bis Demsiri im O., im N. begrenzt von Tübet, im S. von Coos-Bezar (wohl Kutsch-Behar) und einen Theil von Assam, im W. von Nepal; 2) die Staaten des Radja von Towang, östlich von Bu- tan; sie sollen nach Einigen unabhängig, nach Anderen H’lassa tributär sein; 3) die Akha, ein unbedeutender Stamm; er lebt unter 4) den Dupelas, deren Frauen blau tätowirt sind; sie stehen nicht direct mit Tübet in Verbindung, und grenzen im N. an die Abors. 5) Die Miris, ein Stamm von ursprünglichen Sclaven der Abors, wohnen, ohne Einflufs, am Fufse des Himalaya; die Abors reclamiren sie als altes Eigenthum und die Engländer möchten mit ihnen die Ebenen bevölken. 6) Die Abors oder Pädam’s, der reichste, mächtigste und ausgebreitetste Stamm, ist nach Krick im W. begrenzt durch den Subanschiri, im O. durch den Dihong und erstreckt sich nach $. bis zum Thale von Assam, im N. bis Tübet. Das grofse Thal des Dihong gehört ihm. 7) Die Misch- - mis, östlich von den vorigen, 95° 40' bis 97° und vielleicht noch weiter, er- K. Andree: Buenos Aires und die Argentinischen Provinzen. 469 strecken sich von Tübet nach Assam, sind im Besitze der beiden Ufer des Brah- maputra und zerfallen in 3 grofse Stämme: a) die Mischmis Sulikatta (mit abgeschnittenen Haaren), die im N. an Tübet, im S., an Assam, im W. an die Abors grenzen; b) die M. Tains, an den Ufern des Brahmaputra, zwischen den ersteren im W., den Kamptis im O., Assam im $. und ce) den M. Mizus im N., die Tübet berühren, so dals man, um nach Tübet zu kommen, durch das Land dieser oder der Tains mufs; endlich 8) die Kamptis und Singfus (Sie) d.i. Singphos. Alle diese Stämme und auch ein bedeutender Theil von Bu- tan haben ihre Thüren (duar) oder Wege, die in das Thal von Assam ausgehen, und die den Europäern erst seit 1824 etwas bekannt wurden, als die Engländer sich Assams bemächtigten. —th. Buenos Ayres und die Argentinischen Provinzen. Nach den neuesten Quellen. Herausgegeben von Karl Andree. Leipzig 1856. (Bd. X der „Haus- bibliothek für Länder- und Völkerkunde“. Leipzig, bei Carl B. Lorck.) In den letzten Jahren haben die Länder am La Plata-Strom unter den Segnungen des Friedens und in Folge der dem Handelsverkehr und der Strom- schifffahrt gewährten Erleichterungen eine solche Bedeutung gewonnen, dafs eine genauere Kenntnifs derselben nicht blofs für den umsichtigen Kaufmann, sondern für jeden Gebildeten von dem höchsten Interesse ist. Der hoffnungsreiche Ver- such eines Volkes, aus dem wüsten Treiben unaufhörlicher Bürgerkriege in die Bahn eines ruhigen, geordneten Fortschrittes einzulenken, erregt schon an sich lebhafte Theilnahme; wie viel mehr noch, wenn es sich um ein Land handelt, das von der Natur mit einem gesegneten Klima, mit einem theils für die Vieh- zucht, theils für den Ackerbau vorzüglich geeigneten Boden, und mit einem un- vergleichlichen, für den Fortschritt der Cultur ganz besonders günstigen Strom- system ausgestattet ist und in diesen Gaben eine bedeutungsvolle Bürgschaft für seinen wachsenden Wohlstand besitzt. Für uns Deutsche kommt noch hinzu, dafs die Länder am La Plata schon jetzt in unserem überseeischen Handel eine bedeutende Rolle spielen und die Aufmerksamkeit der deutschen Emigration in einem noch höheren Grade, als es bisher der Fall war, verdienen. Um so dring- licher war das Bedürfnifs, in unserer Literatur ein Werk zu besitzen, welches über jene ausgedehnten und zukunftsreichen Landschaften eine umfassende und zuverlässige Information gewährte; nicht sowohl weil es uns überhaupt an werth- vollen Arbeiten über dieselben fehlte, sondern weil die vorhandenen theils vor, theils in dem Moment des ersten Aufschwungs jener Länder erschienen und die ermuthigenden Erfahrungen noch nicht verzeichnen konnten, welche die neue Aera des Fortschritts und ihre culturhistorische Bedeutung kennzeichnen. Es ist ein erfreulicher Beweis für die Umsicht und Regsamkeit der deutschen Handels- welt, dafs dem sachkundigen Verfasser der oben genannten Schrift, wie er in dem Norwort mittheilt, von vielen Seiten, von Gewerbetreibenden, Kaufleuten, Schiffs- xhedern die Aufforderung zuging, die empfindliche Lücke in unserer Literatur durch ein Gemälde jenes ausgedehnten Ländercomplexes auszufüllen, und er kann 470 Neuere Literatur: K. Andree: Buenos Aires etc. des lebhaften Dankes gewifs sein, dafs er seine ausgebreiteten Kenntnisse, seinen praktischen Blick und seine gewandte Feder der Lösung dieser wichtigen Auf- gabe gewidmet hat. Denn es handelte sich hier nicht um die einfache Ueber- | setzung und Verarbeitung eines schon vorhandenen Werkes. Das vollständigste, welches wir über die La Plata-Staaten besitzen, ist die von Justo Maeso be- sorgte, mit werthvollen Anmerkungen und neuem statistischen Material bereicherte spanische Uebersetzung des englischen Werkes von Woodbine Parish; aber eine solche Doppelarbeit ist natürlich in sich viel zu wenig verschmolzen, als dafs eine deutsche Reproduction rathsam erscheinen könnte. Es verdient daher vollen Beifall, dafs sich K. Andree zu einer freien Bearbeitung seines Stoffes entschlos- sen hat, die ihm verstattete, das Entbehrliche und minder Wichtige jenes um- fassenden Werkes fortzulassen und es durch bedeutendere Episoden aus anderen Quellen zu ersetzen. So hat er unter Anderem die lehrreichen Berichte Dar- win’s über seine Reise von El Carmen durch die Pampas nach Buenos Ayres, d’Orbigny’s über seine Fahrt auf dem Paranä einflechten, und Sarmiento’s Schrif- ten wie die neueren statistischen Arbeiten Justo Maeso’s auf eine praktische Weise verwerthen und interessante zusammenfassende Schilderungen (z. B. der Pampas-Indianer, der Gauchos) einschieben können. Das hervorragende Talent des Verfassers für derartige Arbeiten ist so all- gemein anerkannt, dafs wir zur Empfehlung der vorliegenden Schrift nur noch auf die Reichhaltigkeit derselben hinweisen dürfen. Sie beginnt mit der Ge- schichte der Entdeckung der La Plata-Länder, schildert ihren Zustand zur Zeit der spanischen Herrschaft und die damals ausgeführten Erforschungsreisen, na- mentlich Land und Volk im Süden und Westen von Buenos Aires, und geht dann zur Geschichte der Freiheitskämpfe und inneren Wirren über, die bis in die neueste Zeit fortgeführt wird und mit einer Analyse der Bundesverfassung wie der auf die Stromschifffahrt bezüglichen Bestimmungen schliefst. Hieran reiht sich eine Darstellung des grofsartigen Stromsystems und seiner Bedeutung für den inneren Handelsverkehr und die Ausbreitung der Cultur, der anderen Communicationsmittel, der Pässe über die Anden, und zum Schlufs eine speciel- lere Schilderung der einzelnen Provinzen, bei welcher dem Staate Buenos Aires und den für deutsche Colonisation besonders günstigen Uferprovinzen (Entre Rios und Corrientes) eine vorzügliche Aufmerksamkeit gewidmet wird. Ueberall wer- den die für die Cultur und die Verkehrsverhältnisse bedeutenden Momente mit Nachdruck und praktischem Sinn hervorgehoben, und da die Darstellung vom Anfange bis zum Schlufs die den Verfasser auszeichnende Frische und Lebhaftig- keit behauptet, wird sich das Werk als eine eben so angenehme wie reichhaltige Quelle der Information ohne Frage den Beifall eines ausgedehnten Leserkreises erwerben. —n 471 Sitzung der geographischen Gesellschaft zu Berlin vom 8. November 1856. Die Gesellschaft beschäftigte sich zunächst mit der Abstimmung über die im Laufe des Semesters eingegangenen Vorschläge zur Aufnahme neuer Mit- glieder. Während das Resultat der Abstimmung ermittelt wurde, übergab der Vorsitzende, Herr Prof. Dove, der Gesellschaft folgende Geschenke: 1) Annales de l’observatoire physique central de Russie publiees par A. T. Kupffer. Annee 1853. St. Petersbourg 1855. Nr. 1. Desgleichen Nr. 2: Correspondance meteo- rologique pour l’annee 1854. 2) Prof. Daniel Völter’s Hand-Atlas der Erd-, Völ- ker- und Staatenkunde in 38 Karten. Neueste Ausgabe von 1856. Efslingen. 3) Der nördliche Ural und das Küstengebirge Pai- Choi. Untersucht und beschrie- ben von einer in den Jahren 1847, 1848 und 1850 durch die kais. russ. geogr. Gesellschaft ausgerüsteten Expedition. Bd. I. Verfafst von Dr. Ernst Hoffmann. St. Petersburg 1856. 4) Magnetische und meteorologische Beobachtungen zu Prag. Herausgegeben von Dr. Jos. G. Böhm und Franz Karlinsky. 15. Jahrg. 1854. Prag 1856. 5) Mittheilungen über wichtige neue Erforschungen auf dem ‘ Gesammtgebiete der Geographie, von Dr. A. Petermann. Gotha 1856. VII und VII (Doppelheft) und IX. 6) Zeitschrift für allgemeine Erdkunde. Neue Folge. Bd.I, 3 und 4. Berlin 1856. 7) Grundlinien einer physikalischen Erdbeschrei- bung, von Dr. Moritz v. Kalkstein. 2. Aufl. Berlin 1856. 8) Proceedings of the Royal Geographical Society of London. May and June, 1856. London. 9) Ad- dress at the Anniversary Meeting of the Royal Geographical Society, 26th May 41856. By Rear- Admiral F. W. Beechey, President. London. 10) Geographische Tabellen. Für den wissenschaftlichen Unterricht zusammengestellt und bearbeitet von Dr. Carl Arendts. Berlin 1856. 11) Bulletin de la SocietE de Geographie, redigE par M. Alfred Maury et M. V. A. Malte-Brun. VI" Serie. T. XII. Juillet. Paris 1856. 12) Zur physischen Geographie der Bukowina. Mit 1 Karte. Von Franz Simiginowiez. Wien 1856. 13) On Periodical Laws discoverable in the Mean Effects of the Larger Magnetic Disturbances. Nr. III. By Colonel Edward Sabine. 1856. 14) Bentheographische Karte des Meeres zwischen Tenedos und | dem Festlande, von Dr. P. W. Forchhammer. 1856. 15) Wand-Atlas von E. vw. Sydow. Nord- und Süd-Amerika. Nach politischer Eintheilung colorirt. Zehn - Sectionen nebst Begleitworten. Gotha 1856. 16) Ergänzungen zu Stieler’s Hand- Atlas. Die europäisch-russischen Grenzländer in 10 color. Karten in Kupferstich. Erste Lieferung. Gotha 1856. 17) Ergänzungen zu Stieler’s Hand-Atlas. Der preufsische Staat in 10 colorirten Karten in Kupferstich. Zweite Liefer. Gotha 1856. 18) Wand-Karte von E. v. Sydow. Australien. 6 Sectionen nebst Be- gleitworten. Gotha 1856. 19) Karte der Rheinprovinz vom k. preufs. General- stabe. Section 58. Prüm. 20) Neuer Hand-Atlas über alle Theile der Erde, entworfen und bearbeitet von Dr. Heinrich Kiepert. IH. Lieferung. Berlin 1856. 21) Topographische Karte des Gouvernements Twer, 12 Hefte (russisch). — Der Vorsitzende ging auf den Inhalt mehrerer dieser Werke genauer ein, und machte dann Mittheilungen aus einer in dem letzten Jahrgange der Philosophical Trans- actions of the Royal Society of London publieirten Abhandlung Airy’s über die 472 Sitzungsbericht der Berliner geographischen Gesellschaft. mittlere Dichtigkeit der Erde; nach Airy’s aus der Veränderung der Schwere hergeleiteten Bestimmungen würde sich die Dichtigkeit der Erde, die bisher zu 5,67 angenommen wurde, auf mehr als 6 belaufen. Ferner machte der Vor- sitzende, unter Hinweisung auf das so eben erschienene Werk Dr. Kane’s, Mit- theilungen über die in den arktischen Regionen beobachteten Temperatur- Ver- hältnisse. Wir sind so glücklich, eine besondere Abhandlung Dove’s über diesen Gegenstand in dem vorliegenden Hefte veröffentlichen zu können. Herr Prof. C. Ritter machte folgende Mittheilungen: 1) aus einem Schrei- ben des Dr. Kane an Herrn Alex. v. Humboldt über einen in Nord-Grönland entdeckten Gletscher, jetzt Humboldt-Gletscher genannt; 2) über die zur Her- stellung einer submarinen Telegraphen- Verbindung zwischen St. Johns in New- Foundland und der Valentia-Bai in Irland ausgeführte Sondirung des atlantischen Oceans, die durch ein in authentischer Copie vorgelegtes Profil des Meeresbodens veranschaulicht wurde; 3) über die von Herrn Prof. Dr. Roth beabsichtigte wissenschaftliche Erforschungsreise nach den Ländern östlich vom todten Meere und dem Jordan; 4) über den neuesten Bericht Robert Schlagintweit’s an Se. Maj. den König, d. d. Leh, 4. Juli; 5) über eine von Dr. Kohl im britischen Museum entdeckte alte Weltkarte mit der Jahreszahl 1489, welche der geehrte Reisende zugleich mit einer erläuternden Abhandlung der geographischen Gesell- schaft eingesandt hat; 6) aus einem Briefe des jüngern Herrn v. Struve in St. Petersburg über wichtige, während der letzten Zeit in Rufsland ausgeführte geo- graphische Unternehmungen. — Die Mittheilungen ad 1—5 konnten wir in die- sem Hefte ebenfalls vollständig publieiren, die ad 6 wird im nächsten veröffent- licht werden, Im Anschlufs an die neuerdings eingetroffenen Nachrichten über A. Grego- ry’s Expedition nach Nord-Australien hielt Herr Dr. Heising einen Vortrag über das Resultat derselben. Im September des vorigen Jahres verliefs die Ex- pedition die Moreton - Bai, landete nach manchen Fährlichkeiten auf Point Pearce, drang auf dem Landwege zur Mündung des Vietoria- Flusses vor, und unternahm von hier aus im Januar eine Erforschung des Innern, indem sie dem Laufe des Flusses aufwärts folgte. Es stellte sich dabei heraus, dafs die Bedeutung dieses Stromes für die Exploration von Inner- Australien überschätzt worden, da er schon 75 engl. Meilen von seiner Mündung kein Wasser besitzt. Die Expedition drang noch bis zu einem Salzsee vor und kehrte dann mit der Ueberzeugung zurück, dafs die Vorstellung, Nord- Australien sei von einem vegetationsreichen Küsten- strich umsäumt, aufgegeben werden müsse und dafs sich einer Erforschung des Continents von dieser Seite her unüberwindliche Hindernisse in den Weg stellten. Es bliebe demnach nur noch die schwache Hoffnung übrig, von Süden her in den südwestlichen Theil des australischen Continents vorzudringen. bartaria per totum hantifüs f£ bantıfisf Hin dimat prejb& Kr dinat jr: m Tohanstes vnfiraie tolius gg rtere ET Sraziona bei c A ae ar : A Y Erz ‚a 4 ypto ) 2 k to (lv, de‘ ve! ru deferiptu kur “ind 20% R > >, \r{ ONTESTENE Adhume ulquementem, qus niger, nervenil clafııs fecundiregis Tügalliw cus? clafis fırejeclus era Die sans que in memeriam rei erezi % umnarm naar infign- et ultra yı rar nardamı que negro mulle mi wi. .‘ mi meinem Fe ist soeben erschienen: ! - Neuer Handatlas BEN Fe i über alle Theile der Erde. / | = h In 40 Blättern. : Ba MI RT & GE k Arion DE ” fr REIN ‚Dr. Heinrich Kiepert, ER 2 Mid 4 der Königlichen Akademie der Wissenschaften zu "Berlin. ie, x Dritte Lieferung, “ KR ERNN ER No. 2. "Oestlicher Hinigloß, 3. Westlicher Planiglob.. 22. Dänemark und i% i A ‚ Süd-Schweden. 24, Russland. 9 TR THAT en dal: zwei weitere uns noch in diesem J ahre erscheinen 4 { hr DR ae Wan Re u ea ee | es Eifirung In. Norember due: die ‚fünfte Bor aa December d. J. EZ rl wu 2: k 2 43 Mr Cart Sarnen 5 Wanderungen. ER Ex dur) vie. 2E : mittstsemeritengen,Beeifanten BR 2 x >98 Detan. Fein Ber. 33 Bogen niit 2 Karten. ‚ch. Preis 3 ES Eentto: + Amerifa Scheint “ bei se Rage, feinem eo und feinen. Ne önheiten ‚bald, als. der. alles zu. entwiceln # 1 Natur > und Bölterleben. der. drei RER mittel: eklleiser Stanten b Be. die a Er Siem: Eee mit. RER = ie ee) .. Mr ee FE r eis St LEE, N h He; ie a ” TER ne s " ra No a BR € + ENTER . Sm Verlage der fit. art. Abth. des De dee: eloyd 1 &rief ern Die Aunftwerke som Alteribume bis. auf die Gegenwart. ” | Ein Wegweifer or ‚.durd) das ganze Gebiet der bildenden Runfı. Y ; i Mit 120 na einen Berioben, Style und Schule der Kunft amı Seftmteften en Bon Dr. €, A, Menzel, ei .. Königl. Univerfitäts - Bauinfpektor, Vrofeffor. ‚Zweite Auflage. Das Werk erfeheint in 30 Lieferungen in Groß -Quatt, ee me Stahl TE ftichen, nebft 1 — 2 Bogen Text. Der erfle Band ift in zweiter Auflage er fihienen. Der zweite (Schluß- ) Band wird bis Mitte des Jahres 1857 ‚sompfet ß fein. Preis: Band I koftet 4 Tl. = 6.$1. E.-Mge. Jede der 15 Lieferungen Ber des II. Bandes 75 Ser, Alle Buch: und Kunflhandlungen des In= und Auslandes \ nehmen Subferiptionen darauf an und find in den Stand -gefeßt, den 1. ‚Band, oder wenigftens die erften 4 Lieferungen derfelben zur Anficht, vorzuzeigen. Die Torte - feßung ift auf Verlangen nad) und nad, oder a einmal, 12 weit fie etäienen. ” “ (que Zeit bis N 18), zu ae 3 ER Sr = x 2% In Ferd. Dümmler’ s Vergebhhandung in’ "Berlin ist kürzlich. er 4 schiehen : 2 Das phönizische Alterthum, % drei, Theilen. : Vo =DrJ.:6; ‚Movers, Professor an der Universität. zu "Breslau. Dritter Theil. Erste Abtheilung: Handel und Bchiftfahrk =. Mi a 1 Thlr.. 221 BEN. H | ne Früher erschienen: N ER ER TS % Erster Theil: Politische Geschichte und Staatsgeschichte, } 1849. gr. 8. geh. -3 Thlr. KR? er | Zweiter Theil: Geschichte der Colonien, 1850. 2. 8 nf > 3 Thlr. 10 Sgr. BEN, a. = Sm nfape der fit, seh 9Ublheifung des Defterr. RLoyp i in Erlen “4 - and ift durch alle dentfchen- Buchhandlungen zu beziehen: : Rn ‚Eugenio Balbi, GEA, ossia la terra desecittn. | 'seconde le norme di Adriano Balbi e le N e a gliori notizie. RE en italiana. Ei a auonenen > die orten, 3 Bände. N r Gedruckt bei A. w. Bohade in Berlin, Grünstr, 18. N hi mer (8 = 2 y A . December 1856 _ ZEITSCHRIFT ; - s a Er FÜR . K MIT UNTERSTÜTZUNG - EIER a; DER t GESELLSCHAFT FÜR ERDKUNDE zu BERLIN Pe und UNTER BESONDERER. MITWIRKUNG BR N a Ir SE a l rgz ; vos. £ Fah , & HERAUSGEGEBEN a 1: 2: bu vor SE ee Dr. 63 NEUMANN. a U NEUE FOLGE, ER a Pa BARS, ERSTER BAND, SECHSTES HEFT. 2% | VERLAG von DIETRICH REIMER ER DIS IR EN Ye u Ä ET Pa NEIN ET ee 3% m . & . Inhalt. XXI Ueber die veränderte Wasserhöhe an den dänischen Küsten. Von G. Forchhammer. Aus dem Dänischen von Dr. Sebald. .„ 473 XXI. Die Smith-Sund-Expedition unter Dr. Kane. Von Dr. C. Brandes 491 XXI. Berichte Hermann und Robert Schlaginweit’s aus Ladak und dem Kuenluen. Mitgetheilt durch Herrn A. von Humboldt, 4. Bericht Hermann Schlaginweit’s an Se. Majestät den König, datirt Pangmück am Tso mo Gnalari, Distriet Pangong - in Ladak, 2. Juli 1856. ...... a ne er A “ 2. Bericht Hermann und Robert Serlsstäwene s an Se. Ma. 1 EN ‚jestät den König, datirt Leh in Ladak 24. September 1856, 535 3. " Zusammenstellung einiger wissenschaftlicher Resultate aufeiner ° Reise von Ladak nach dem östlichen Turkestan, von Hermann Be " undRobertSchlagintw eit (Juli, August u, September 1856) 542 N b Mittheilungen aus älteren Nachrichten “über das Land Khotan. © Nach? CH Bitter a RE TIERE er Miscellen. Di ae 28 Ueber ‚das Erdbeben in Egypten vom 12. October 1856. Bericht Er ‚Ingenieur E. Mayer, BREER der Expedition zur Aufsuchung der Silgaplian ya an ei Reeronker ang Sa ae DEN Ueber einige wichtige im Fortschritt begriffene nanische geographische Arbeiten. Von C. Ritter.. (Hierzu zwei Karten, Taf. VII. IX.) 1. Aus einem Schreiben des Hın. Staatsraths Otto von Struve N ‚an Prof. C. Ritter, Pulkowa 27. October 1856 . . .. . 553. 2. Aus einem Briefe des Akademikers Herm Y Br an Herm Be ‚Alexander von Humboldt . . . DR 500g Verzeichnils der in Ostsibirien während der Tales 1849 "bis br Se: von Herrn L. Schwarz bestimmten Orte . » . . #506». Geographische Ortsbestimmungen, ausgeführt 1855 durch den Ca FEN -. pitän Butakoff zur Bestimmung des Laufes des Sir Darja .. 558 m Der Handel des westlichen Griechenlands . . 2... 2... 58° Landstrafsen und Eisenbahnen auf Cuba . . 2 2» 2.2... 2... .560 Eine neue Franklin-Expedition. . ... . ur Sitzung der geographischen Gesellschaft zu Berlin vom 6. December 1856 . 567 Uebersicht der vom’ Juni 1856 bis zum November 1856 auf dem Gebiete Mn der Geographie erschienenen Werke, Aufsätze, Karten und Pläne. von DIYKomer te N ala en Ber see RE DUB Karten. Taf. ‚VII. Uebersicht der in der Dioasgend des Baikal-Sees von L. Selwars & im Jahre 1849 astronomisch bestimmten Positionen, Entworfen von H. Kiepert. Taf. IX. Der östlichste russisch - ohnienische Gröusfeuhk im ‚Tungusenlande nach 'v. Middendorf’s Karte mit Berichtigung. durch die in den Jahren 1849 -—1853 durch L. Schwarz astronomisch bestimmten Positionen. Entworfen von H. Kiepe er. f % XXI. Ueber die veränderte Wasserhöhe an den dänischen Küsten. Von Etatsrath G. Forchhammer. Aus dem Dänischen von Dr. H. Sebald !). Als vor hundert Jahren der schwedische Physiker Celsius die Aufmerksamkeit auf die Verminderung des Wassers an den schwedi- schen Küsten lenkte, ahnte Niemand, welche Rolle dereinst diese Be- obachtungen in unserer Betrachtung der Erde und ihrer Oberfläche spielen würden; und als man über diesen Gegenstand lebhaft zu strei- | ten anfing, vermuthete vielleicht auch keine der streitenden Parteien, dafs Alle in gewisser Weise Recht hätten: dafs das Wasser an einer Stelle sich vermindere, an einer anderen unverändert bleibe und an einer dritten Stelle zunehme. Es erging Celsius gerade, wie ein jeder Naturforscher zu erwarten hat, dafs es ihm auch ergehen werde. Wäh- rend man nämlich seine theoretischen Betrachtungen schon längst als unbrauchbar beseitigt hat, sind seine guten, sicheren und sorgfältigen Beobachtungen zu einer Grundlage geworden, worauf man einen grofsen theoretischen Bau aufgeführt hat, der jetzt für sicher und fest gilt, viel- leicht aber mit der Zeit den Weg aller unserer Theorien gehen wird, indem er grölseren und mehr umfassenden Anschauungen Platz macht. Was man damals für eine Verminderung der Wassermasse an den schwedischen Küsten und selbst über die ganze Erde hielt, wird jetzt von einem ganz anderen Standpunkte angesehen. Während man sich damals in Speculationen über die Folgen einer langsamen Austrock- nung des Erdballs verlor, hat man sich jetzt davon überzeugt, dafs die flieisende Wassermasse auf der Erde im Ganzen genommen unverän- !) Obige Abhandlung befindet sich im ersten Hefte des zweiten Jahrgangs der Nordisk Universitets- Tidskrift. Kopenhagen 1856. 47a G. Forechhammer: dert bleibt, und dafs der verschiedene Stand des Wassers an den Kü- sten von Schweden und anderen Ländern eine ganz andere Ursache hat. Die allgemeinen Untersuchungen über diesen Gegenstand sind zu gut bekannt, als dafs ich hier bei dem ausführlicheren Beweise des Satzes verweilen sollte, dafs es nicht das Wasser ist, dessen Menge sich verändert und dessen Oberfläche sinkt oder steigt, sondern dals die Erdrinde steigt oder sinkt. Nur daran will ich erinnern, dafs, wie erst die Beobachtungen, welche Celsius an den schwedischen Küsten angestellt hatte, die Augen für jenes merkwürdige Phänomen wirklich öffneten, ebenso auch die Beobachtungen an jenen Küsten die eigent- liche Grundlage bilden, worauf die neuere Ansicht von der inneren Natur dieser Veränderungen gebaut ist. Celsius war nämlich vermöge des Taktes, welcher den wahren Naturforscher charakterisirt, durch die Ergebnisse, welche er aus seinen eigenen Untersuchungen und den zu- fälligen Beobachtungen Anderer gezogen hatte, nicht befriedigt worden, sondern hatte veranlalst, dafs in den Klippen an verschiedenen Stellen der östlichen Küsten Schwedens Marken eingehauen wurden, indem er überzeugt war, dafs eine spätere Zeit dadurch in den Stand gesetzt werden würde, das Wahre und Eigenthümliche in der Wasservermin- derung der Ostsee herauszufinden. Celsius ist vor beinahe hundert Jahren gestorben, aber unzertrennlich knüpft sich an seinen Namen eines der gröfsesten und umfassendsten Phänomene, welches wir auf der Erdoberfläche beobachtet haben. Wiederholte Messungen jener Zeichen haben gezeigt, dafs der Wasserspiegel der Ostsee und des bothnischen Meerbusens jetzt niedriger steht, als zur Zeit, da die Mar- ken eingehauen wurden, aber sie haben auch bewiesen, dafs der Ab- stand zwischen jenen Marken für den alten Wasserstand und dem jetzi- gen Wasserspiegel sehr verschieden ist, und im Durchschnitt am gröls- ten im nördlichen Theile des bothnischen Meerbusens, und in demsel- ben Verhältnifs kleiner, als man weiter nach Süden kommt. Leopold v. Buch hatte zuerst den Muth, es auszusprechen, dals, wenn der Wasserspiegel, wie er jetzt ist, nicht parallel wäre dem Wasserspiegel, wie er durch die älteren Marken bekundet wird, die Veränderung des Wasserstandes nicht durch eine Verminderung oder Vermehrung des Wassers erklärt werden könnte, da es in der Natur desselben liege, sich an den verschiedenen Stellen, wo es sich frei bewegen könne, gleich hoch zu stellen. Zeigten sich die Verhältnisse anders, so sei es nicht das Wasser, welches abnehme oder zunehme, sondern die Erde sei es, welche gehoben oder gesenkt werde. Seitdem steht es fest, dafs die dauernden Veränderungen in dem Wasserstande an den Küsten der Länder von Bewegungen in der Erdrinde herrühren. In einer langen Reihe von Jahren bin ich mit Untersuchungen Ueber die veränderte Wasserhöhe an den dänischen Küsten. 475 ähnlicher Verhältnisse an unseren Küsten beschäftigt gewesen, und ob- schon wir nur an sehr wenigen Stellen Klippen haben, welche Beob- achtungen wie die früher und noch jetzt in Schweden angestellten ge- statten, und obschon ein grofser Theil unserer Küsten der wechselnden Höhe der Fluthwasser ausgesetzt ist, wodurch die Untersuchungen er- schwert werden, so ist es mir doch gelungen, so viele Beobachtungen zu sammeln, dafs das Verhältnifs selbst in seinen wesentlichen Zügen dargestellt werden kann. Nach einem mehrjährigen sorgfältigen Stu- dium bot sich die merkwürdige Thatsache dar, dafs sich Zeichen so- wohl von einer Hebung, als von einer Senkung des Landes zeigten, so dafs die deutlichsten Hebungsphänomene in dem einen Theile und die deutlichsten Senkungsphänomene in dem andern vorkommen, dals sie aber dergestalt in einander übergreifen, dafs an nicht wenigen Stellen beide nachgewiesen werden können — ein Umstand, welcher die Beobachtungen ungemein schwierig und verwickelt macht. Es zeigte sich ferner, dafs die Senkungsphänomene älter waren, als die Hebungsphänomene, wenigstens in dem einen Theile des Landes. Diese Veränderungen der Wasserhöhe an unseren Küsten haben nach dem, was wir darüber urtheilen können, keinen grolsen Unterschied in der lothreehten Höhe zur Folge gehabt, aber wegen der Beschaffenheit dieser Küsten ist ihr Einfluls auf die geographischen Umrisse des Lan- des aufserordentlich bedeutend gewesen. An einer Stelle finden wir Dünen mehrere Meilen von dem jetzigen Meere, und diese Dünen be- zeichnen, wie weit sich das Meer nach einer Periode der Senkung und vor der Periode der Hebung zu der jetzigen Höhe erstreckte. An einer anderen Stelle finden wir einen Sund, der in einen Sülswasser- See nebst Werder verwandelt ist, wo man statt des Wassers nur frucht- bare, wohl angebaute Flächen erblickt, welche durch die fortdauernde Hebung über den Wasserspiegel emporgekommen sind. Es wird darum nothwendig sein, diese Schilderung in zwei Abschnitte zu theilen, von welehen der eine die (ältere) Senkung, der andere die (neuere) He- bung behandelt. Die grofse Nordsee - Senkung. Wenn man auf der Westküste des Herzogthums Schleswig den Grund desjenigen Meerestheiles untersucht, welcher zwischen den äufse- ren Inseln und dem Festlande liegt, so findet man an vielen Stellen, dals er aus einer torfartigen Masse besteht. An anderen Stellen findet man Baumstümpfe mit ihren Wurzeln, welche noch jetzt in dem festen älteren Sandboden dergestalt verzweigt sind, dafs man nicht im Ge- ringsten daran zweifeln kann, dafs die Bäume an den Stellen gewach- sen sind, wo wir jetzt die Stümpfe finden. Bei einem kleinen Hallig 476 G. Forchhammer: (so heilst eine nicht eingedeichte Marschinsel), Namens Oeland, stehen diese Stümpfe nahe an der Wasseroberfläche so dicht an einander, dafs die Boote sehr behutsam gelenkt werden müssen, um nicht darauf zu stofsen. Auf einer andern Stelle, zwischen Romö und dem Festlande, stehen sie in einer grölseren Tiefe von ungefähr 10 Fufs unter der mittleren Höhe des Meeresspiegels. An der Westküste der Insel Sylt ist das vom Meer bedecekte Torfmoor sehr bedeutend, und mit Stangen und Haken brechen die Bewohner grofse Stücke davon ab, die, nach- dem sie eine Zeit lang am Strande gelegen haben und ausgewaschen und getrocknet worden sind, als Brennmaterial benutzt werden, aber nicht sehr in Gunst stehen, weil sie stark geschwefelt sind. Dieselben Torfmoore hat man in der Nähe von Husum gefunden, als man einen neuen Ausgang zum Meere durchgrub, und so grofs ist die Menge die- ses unterseeischen Torfes, dafs man noch im vorigen Jahrhundert an der Westküste von Schleswig eine uralte Salzfabrication betrieb, welche schon von Saxo erwähnt wird und welche darin bestand, dafs man den aus dem Meere geholten Torf, ohne ihn zu waschen, trocknete, zu Asche verbrannte, die Asche auslaugte und diese Salzlösung durch Verbrennung einer neuen Portion Seetorf eindampfte, welcher dann wieder in seiner Asche Salz für die nächste Kochung lieferte u. s. w. Die Verhältnisse, welche beim Graben des Husumer Canals an’s Lieht getreten sind, erweisen sich als eben so belehrend, wie interes- sant, und wir kennen sie jetzt durch mehrere verschiedene Unter- suchungen. Im Jahre 1846, als ich die Verhältnisse untersuchte, be- obachtete ich Folgendes: Die See stand bei Hochwasser 34 Fufs über den Watten (niedri- ges Land, welches täglich vom Meere bei Hochwasser überfluthet wird); dann folgte 3 Fufs Marschland; darauf 34 Fufs sumpfiger Torfboden, und zuletzt 34 Fufs einer Schicht, welche aus Zweigen und Stämmen, besonders von Birken, bestand. Auf einer anderen Stelle hat man beobachtet, dafs diese Stümpfe im Strandsande festgewurzelt sind, und dafs dieser letztere Schalen von der gemeinen Herzmuschel, Cardium edule, enthält. Die Stämme lie- gen von WNW. nach OSO., welches diejenige Richtung ist, von wo die stärksten Stürme noch jetzt in jenen Gegenden herzukommen pfle- gen. Der polytechnische Candidat Lieutenant Grove hat dieses Torf- moor auf einer Strecke von 550 Fufs in einer Dicke von 6 Zoll bis 4 Fufs angetroffen. Auch dieses Torfmoor ruhte auf altem Strandsand. Dieselbe Torfschicht findet sich unter der Marsch selbst, und eine ähn- liche, vielleicht dieselbe, ist durch Bohrversuche gefunden worden, wel- che man aus Anlafs der Schleusenbauten im Jahre 1854 bei Friedrichs- stadt ausgeführt hat. Die gröfste Tiefe, in welcher man bisher diese Ueber die veränderte Wasserhöhe an den dänischen Küsten. AT Torfschichten gefunden hat, ist bei Friedrichsstadt, wo dieselbe 33 Fuls unter dem gewöhnlichen Wasserstande angetroffen wurde. Die Bäume, welche man bisher gefunden, sind unsere gewöhnli- chen Waldbäume, Birken und Eichen; aufserdem hat man Fichten und Haselsträucher wahrgenommen. Die Pflanzen, welche im Torfmoore vorkommen, sind nicht Tangarten, sondern die gewöhnlichen Sumpf- pflanzen, welche noch jetzt den Torf bilden. Aehnliche Torfmoore finden sich unter der Marsch in Holstein, Hannover und Holland, und unterseeische Wälder kommen an der Nordküste von Frankreich, wie an der Süd- und Ostküste von Eng- land vor, und man will sie selbst an der Nordküste von Spanien be- obachtet haben. Gegen Norden habe ich bei Nörre Vosborg am Nis- sumfjord Torfschichten in einer Tiefe gefunden, welche mehrere Fufs niedriger, als die Oberfläche des Meeres liegt. Im nördlichen Seeland kommt eine auf Strandsand ruhende und mit einer Lehmschicht be- deekte Torfschicht vor, welche zerstreute geschlossene Schalen von Herzmuscheln enthält; aber diese Torfschicht, welche auf dem alten Meeresgrunde ruht und, nachdem sie in einem Sülswassersumpf gebil- det war, wieder vom Meere bedeckt wurde, liegt jetzt höher als die Oberfläche der See, und ist durch die andauernde skandinavische He- bung emporgehoben. Auf der Südküste von Bornholm kommen grofse Fichtenstämme im Meere vor, bis zu einer Tiefe von 30 Fufs unter dessen Oberfläche, und an der Südküste von Schonen hat Professor Nilsson in Lund gleichfalls ein unterseeisches Torfmoor entdeckt. Dies ist ungefähr die Ausdehnung von unterseeischen Wäldern und Torfmooren, welche ich theils selbst beobachtet, theils nach den Beob- achtungen anderer Naturforscher hier aufgenommen habe. Da alle die Pflanzen, welche sowohl in Torfmooren als in Wäldern vorkommen, Land- und Süfswasserpflanzen sind, so folgt daraus, dafs da, wo diese Ueberreste jetzt gefunden werden, Land oder Süflswasserseen gewesen sein müssen, und da alle Pflanzen, so weit man sie bisher hat bestim- men können, dieselben Arten sind, welche noch jetzt hier zu Lande vorkommen, so mufs die Veränderung in der jetzigen Erdperiode statt- gefunden haben. Wir können noch etwas weiter mit dieser Bestimmung gehen, in- dem wir deutliche Spuren davon haben, dafs das Land von Menschen _ bewohnt war, als die Senkung, welche die erwähnten Wälder und Torfmoore unter die Oberfläche des Meeres brachte, stattfand. Bei dem Canalbau in der Nähe von Husum fand man nämlich in dem unterseeischen Birkenwalde eine Erhöhung von Strandsand, welche ganz das Aussehen eines Grabhügels hatte. Die Verhältnisse waren - hier folgende: 478 G. Forchhammer: Die Spitze der Erhöhung ist 3 bis 34 Fufs unter dem Wasser bei dem gewöhnlichen Stande; darauf kommt das Torfmoor, welches auf allen Seiten die Erhöhung umgiebt; dann in derselben Weise die Zweige und zuletzt die Stämme. In dieser Erhöhung hat man ein steinernes Messer und eine Menge weilser Feuersteine (en Maengde hvide Flintstykker) gefunden, welche aussahen, als ob sie angebrannt wären, und aufserdem kleine Granit-Rollsteine, so dafs es kaum be- zweifelt werden kann, dafs es ein wirklicher Grabhügel aus dem Stein- alter ist, von derselben Art, wie die, welche in so unzähliger Menge hier zu Lande, besonders in der Nähe der Küsten, vorkommen. Dals dieser Grabhügel errichtet worden, ehe der Birkenwald an dieser Stelle emporwuchs, und lange bevor der Birkenwald durch die überhand- nehmende Moorbildung zerstört wurde, geht aus allen Umständen klar hervor, und eben so deutlich giebt er uns davon Zeugnils, dafs das Land, lange bevor die grofse Senkung einen grolsen Theil des niedri- gen Küstenlandes unter die Oberfläche des Meeres brachte, bewohnt gewesen ist. Lieutenant Grove hat gleichfalls eine Kieselstelle (er Flintflaek) bei der Fortsetzung dieser Arbeiten unter Verhältnissen ge- funden, die es sehr wahrscheinlich machten, dafs sie älter als das Torfmoor war. Ferner hat Dr. Oehlers zu Krempe in Holstein 14 Fufs unter dem Marschlehm einen Topf von gebranntem Thon und in dem untersten Theil dieses Marschlehms eine grofse Menge Haselnüsse ge- funden. Unter den holstein’schen Elbmarschen, nämlich einem Theil der Wilster- und Kremper-Marsch, findet sich gleichfalls das Moor, aber in einem ganz anderen Zustande, als der, welchen ich bisher beschrie- ben habe. Alle die früheren Torfmoore, welche entweder unter der reifen und angebauten Marsch liegen, oder unter den von der See noch überspülten Watten, sind fest und von der Marsch zusammengedrückt. Sie enthalten nicht mehr Wasser, als erfordert wurde, um die Zwischen- räume zwischen dem Torf auszufüllen. Diese holstein’schen Marschen ruhen dagegen auf einem Torfmoor von so eigenthümlicher Beschaffen- heit, dafs wir dasselbe nur mit der Form von unreifen Torfmooren vergleichen können, welche wir Hängesäk (Hängebeutel) oder Gynge (Schaukeln) nennen. Letztere haben oben eine dicke Schicht Moor, welche kaum einen Menschen tragen kann, und darunter findet sich schwarzes modriges Wasser, manchmal von sehr bedeutender Tiefe, worauf schlammiger Torf folgt, welcher den ursprünglichen Boden be- deckt. Wenn man in jenen Marschen den Marschlehm durehbohrt, der eine Dicke von 20 Fufs und darüber haben kann, so stölst man auf Wasser, und der Bohrer fällt bisweilen mehrere Fufs tief herab. Und dies ist nicht das Ergebnils eines einzigen Bohrversuchs, sondern ähn- Ueber die veränderte Wasserhöhe an den dänischen Küsten. 479 liche Verhältnisse zeigen sich an mehreren Stellen in den genannten Marschen. Diese Erfahrungen beweisen, dafs die starkbewohnten, frucht- baren Marschgegenden auf Wasser ruhen, und die Wirkung dieser Un- terlage ist, dafs sie langsam sinken, wodurch sie so tief herabgekommen sind, dafs dem Regenwasser nicht mehr Abflufs nach dem Meere gege- ben werden kann, sondern dafs es mit kleinen Mühlen in die hochlie- genden Flufsbetten, welche das Wasser aus den höheren Gegenden fort- leiten, hinaufgepumpt werden muls. Die Bildung dieser Marsch kann kaum in anderer Weise gedacht werden, als indem man annimmt, dafs das Torfmoor an diesen Stellen ein Hängesäk war, als die grofse Nord- see-Senkung eintrat, und das Meer die ganze Küstenstrecke bedeckte. Der Lehm würde dann als eine einförmige Schieht die Moorschicht decken, und er würde schon zu einer bedeutenden Dicke gewachsen sein, ehe die Moorschicht faulte; nun würde der starke Zusammenhang des Lehms, verbunden mit dem Umstande, dafs das Wasser nicht ent- weichen konnte, weil es auf allen Seiten von festen Wänden einge- schlossen war, den Lehnı daran hindern, zu Boden zu sinken. Aber diese Wände sind nicht ganz undurchdringlich für Wasser, und der starke Druck, welchen die dicke Marschlage auf die Oberfläche des Wassers ausübt, wird es langsam auspressen und dadurch das Sinken der Marsch veranlassen. Es geschieht nicht selten, dafs Deiche, welche wegen ihres grofsen Gewichts einen sehr starken localen Druck aus- üben, weit rascher sinken, als der übrige Theil der Marsch. Diese auf Wasser schwebende Marsch ist nicht auf Holstein allein beschränkt, sondern kommt auch in Nord-Deutschland und Holland vor, und es ist sehr wahrscheinlich, dafs die grofsen Meerbusen in den Marschgegenden jener Länder, unter anderen die Zuydersee, welche noch in historischer Zeit zum Theil trocknes und fruchtbares Marsch- land gewesen ist, eine ähnliche Beschaffenheit gehabt haben, wie die Wilster- und Kremper-Marsch, welche bei der grofsen Sturmfluth im _ Jahre 1825 nahe daran war, vollkommen zerstört zu werden. 1 Auch im Innern unseres Landes sehen wir ausgedehnte Spuren _ dieser Senkung und wir können uns einigermafsen ein Bild von der Beschaffenheit des Landes machen, ehe die Senkung eintrat. Wenn wir die Westküste von Jütland verfolgen, so finden wir, dafs sie in _ unveränderter Weise vom Lymfjord an in südlicher Richtung bis Skal- lingen bei Hjerting läuft, wo sie sehr stark nach Osten biegt und von da wieder südlich bis Eiderstedt geht. Aber die ursprüngliche Rich- tung der jütischen Küste setzt sich von Skallingen über Fanö, Romö, Sylt, Amrom und Föhr bis zum Westrande von Eiderstedt fort, wo- durch ein grolses Salzwasserbassin zwischen diesen Inseln und dem Festlande gebildet wird, und gerade dieses Bassin ist es, worin die Die a ie in ne a ii ai 5 u A 480 G. Forehhammer: schleswigsche Marschbildung so gut wie ausschliefslich vor sich geht. Diesem Salzwasserbassin analog kommen in Jütland einige Fjorde vor, welche nur dadurch verschieden sind von dem schleswigschen Bassin, dafs sie nur eine einzige Mündung gegen die Nordsee haben. Hierzu gehört der westliche Theil des Lymfjord, Nissumfjord, Stadilfjord, Ring- kjöbingfjord und einige Süfswasserseen südlich derselben; und es ist höchst wahrscheinlich, dafs die abweichenden Verhältnisse in Schles- wig ihren Ursprung in jener grofsen Nordseesenkung haben, welche veranlafste, dafs die äufsere Küstenstrecke an vielen Stellen von dem überströmenden Meere durchschnitten wurde, und das Bassin dadurch seinen Charakter eines Fjords verlor. Vor der Senkung waren also die Inseln continental, und die Marsch existirte wahrscheinlich gar nicht. Eine grofse Strecke Flachland, mit Torfmooren angefüllt, nahm die Stelle ein, welche die Marsch und das Meer zwischen der Küste und den äufseren Inseln jetzt ausfüllt. Auf dem ganzen Wege zwi- schen Husum und Tondern können wir die Dünenstrecke nachweisen, welche nach der Senkung und vor der Bildung der Marsch den alten Strand bezeichnet. Auch in Jütland kommen hier und da Spuren eines ähnlichen Zustandes vor, aber besonders deutlich tritt er in den soge- nannten Ulfborg-Sanden, südlich von Nissumfjord und mehrere Meilen östlich von dem jetzigen Strande, auf. Die Ursache, weshalb die Spuren hier stärker hervortreten, liegt wahrscheinlich in dem Umstande, dafs wir hier schon in das Gebiet der skandinavischen Hebung kommen, welche diesen Theil des Landes mehr über die Oberfläche des Meeres emporgebracht hat. Ich mufs noch ein Verhältnifs anführen, welches zu derselben Reihe von Phänomenen zu gehören scheint. Prof. Steenstrup hat bei seiner Untersuchung über die dänischen Torfmoore darauf aufmerksam ge- macht, dafs eine allgemeine Versumpfung grolser Strecken Landes statt- finde, wodurch das Süfswasser über Stellen getreten ist, welche früher eine Waldvegetation hatten. Es ist klar, dafs eine allgemeine Senkung des ganzen Landes zur Folge haben mufste, dafs die Wasserläufe das Wasser langsamer ableiteten, dafs dieses also bei einer unverminderten Regenmenge sich sammeln und gerade dadurch die Bildung von Sümpfen veranlassen mufste, welche später mit Torfvegetation angefüllt wurden. Ob diese grofse Senkung plötzlich oder langsam eintrat, ist aus den bisher bekannten Thatsachen schwierig mit einiger Sicherheit zu entscheiden. Indefs hat es doch mehr Wahrscheinlichkeit, dafs dieselbe plötzlich eingetreten ist. Denn bei einem langsamen Sinken mulsten die Verhältnisse, welche dabei eintraten, veranlassen, dafs die Bäume, ehe ihr Fufs vom Meerwasser bedeckt wurde, dem Süfswasser ausge- setzt waren und dadurch ausgingen, und, nachdem sie ausgegangen Ueber die veränderte Wasserhöhe an den dänischen Küsten. 481 waren, rasch faulten. Da wir nun die Stümpfe besonders gut erhalten finden, so hat es einige Wahrscheinlichkeit für sich, dafs sie plötzlich unter das Salzwasser hinabgesunken sind, welches wohl die Bäume tödtete, aber doch das Holz erhielt. Aus den angeführten Unter- suchungen scheint ferner hervorzugehen, dafs wir die eigentliche Ur- sache zur Senkung in Dänemark in Gegenden suchen müssen, welche weiter nach Süden und Westen liegen, und ich kenne keine Thatsache, welche beweist, dafs sie sich weiter nach Norden erstreckt hat, als die Gegend um den Lymfjord und das südliche Schonen. Die Hebung. Es ist wohl bekannt, dafs Norwegen und Schweden, Finnland und ein Theil des übrigen Rufslands sich langsam aus dem Meere empor- heben, und es ist auch bewiesen, dafs diese Hebung im nördlichen, vielleicht auch im westlichen Theile von Skandinavien stärker gewesen ist. Es entsteht nun die Frage: wie verhält es sich mit dieser He- bung in Dänemark selbst? Die Untersuchung ist bei uns mit aulßser- ordentlich grofsen Schwierigkeiten verbunden, da wir nur auf Bornholm solche Klippen haben, dafs ähnliche Beobachtungen wie in Schweden hier angestellt werden könnten. Die Kennzeichen, welche ich bei meinen Untersuchungen benutzt habe, sind nun insbesondere Ablagerungen, Meeresstöcke (Hav- stokke) von Rollsteinen. Dieselben bilden sich an unsern Küsten durch die Wirkung des Wellenschlages auf den älteren Boden. So lange die Wellenspitze den Strand erreicht, wird sie das dortige Ma- terial in Bewegung setzen und je nach der Stärke der Wellenbewegung die kleineren. und leichteren Theile fortnehmen, während die gröfseren und schwererern zurückbleiben und gegen einander gerollt und abge- schliffen werden. So entsteht längs des Strandes ein Streifen bald von grölseren Steinen, bald von Kies, bald nur von Sand, der die Höhe bezeichnet, welche die Wellenspitze erreicht. Es ist wohl zu merken, dafs es die Wellenspitze ist, welche den Meeresstock von Steinen, Kies und Sand bildet, und dafs das bewegte Meer nie Lehm absetzen wird, da dessen Theile so fein sind, dafs sie nicht zu Boden sinken können, so lange noch irgend eine Bewegung im Wasser ist. Will man dem- nach die Höhe bestimmen, bis zu welcher das Meer steigt, so kann man Meeresstöcke von Sand und Steinen nicht ebenso ansehen, wie Lehm, welcher gleichfalls vom Meere abgesetzt ist. Da der Lehm sich nur in einem ruhigen Meere niederschlagen kann, so wird die Höhe, bis zu welcher er abgesetzt ist, nur die Höhe ausdrücken, welche der Wasserspiegel erreichen kann, während der gleichzeitig und von dem- selben Meere abgesetzte Meeresstock immer ein wenig höher liegen Zeitschr. f. allg. Erdk, Neue Folge, Bd. T. 31 482 G. Forchhammer: wird. Man sieht dies sehr hübsch auf einer kleinen Marschwiese west- lich von Höier, auf welcher sich ein natürlich aufgeworfener Wall von Sand befindet, welcher ungefähr 3 Fufs höher liegt, als die gemeine Marsch. Der Lehm ist nach dem Spiegel des Hochwassers, der Sand von der Wellenspitze des Hochwassers abgesetzt. Der Unterschied zwischen der Höhe des Lehms und des Sandes bezeichnet den Unter- schied zwischen dem Wasserspiegel und der Höhe der Wellenspitze. Im: Meeresstock selbst finden sich selten Spuren von Schalenthieren und noch seltener wohl erhaltene Schalen. Die starke Bewegung zer- quetscht sie, und das bewegte Wasser nimmt den feingemahlenen Kalk mit sich zurück. Im Lehm dagegen und in den Sandflächen, welche von einem ruhigen Meere abgesetzt sind, kommen diese Schalen zu- weilen in bedeutender Menge vor und können, bei nöthiger Vorsicht, als besonders gute Beweise für einen früher höheren Wasserstand be- nutzt werden. Demnächst können Küstenstrecken, Meerbusen, Buchten und Meer- engen, welche durch ihre Namen als frühere Meerestheile angeführt werden, jetzt aber entweder trocken oder mit Süfswasser erfüllt vor- kommen, als wichtige Beweise für eine frühere Ausdehnung des Meeres dienen. Indefs sind alle diese Zeichen nicht der Art, dafs sie nicht viel ‚Sorgfalt und Vorsicht erforderten, wenn sie nicht zu falschen Schlüssen verleiten sollen. Es ist nicht so leicht, den jetzigen Meeresstock von demjenigen zu unterscheiden, welcher von einem früheren höheren Wasserstande her- rührt, besonders da derselbe in den häufigsten Fällen eine unmittelbare Fortsetzung des andern ist, und es also darauf ankommt, zu bestim- men, wie weit das Gebiet des jetzigen Meeresstoeks in das Land hin- aufgeht. ‘Nach einigen vergeblichen Versuchen bin ich bei einem Merk- male stehen geblieben, welches mich in den meisten Fällen geleitet hat, und das, wie ich glaube, nur selten zu Irrthümern führen kann. Wenn man im Frühjahr unsere Küsten untersucht, so findet man einen Strei- fen braunen, halb vertrockneten Tanges, welcher von den Herbst- und Winterstürmen herrührt, — einen Streifen, welchen ich mit dem Aus- druck Tanglinie bezeichne; und da bisweilen mehrere solche Tang- linien vorkommen, so ist es besonders die am höchsten liegende, von mir die oberste Tanglinie genannt, welche zur Vergleichung dient. Da der Tang sehr leicht ist, so bezeichnet die Tanglinie die höchste Stelle, welehe die Wellenspitze erreicht, wenn sie den Strand hinauf- rollt, und die oberste Tanglinie bezeichnet die Grenze für die höchste Wellenspitze in der letzten Sturmperiode. Sand wird nieht so hoch reiehen, und Kies und kleine Steine werden sich noch tiefer absetzen. Ich nehme also diese oberste Tanglinie zum Mafsstab für die Ausdeh- ee ni DS ee en et | | Ueber die veränderte Wasserhöhe an den dänischen Küsten. 483 nung der jetzigen Strandbildung, und bin dann sicher, dafs ich vielleicht diese Grenze überschritten, in keinem Falle aber sie zu niedrig ange- setzt habe. Zwar ist es möglich, dafs einzelne, ganz aufserordentlich grolse Hochwasser in einem früheren Winter den Strand weiter hinauf gereicht haben können, aber sie werden dann, wegen ihrer kurzen Dauer, gröfsere Massen nicht abgesetzt haben können, und das abge- setzte Material wird nicht mit gröfseren, mehr ausgedehnten und höher liegenden Meeresstöcken zu verwechseln sein. Schalen in unseren Lehm- und Sandschichten können möglicher- weise aus älteren Perioden herrühren, aber wenn sie zu denselben Arten gehören, welche noch jetzt in unserem Moore leben, so müssen sie unserer Zeit angehören. Sie können ferner, wie so viele Haufen von Schalen an unseren Küsten und Meerbusen, von den ältesten Be- wohnern dieses Landes herrühren, aber wenn sie geschlossen und in den Schichten zerstreut sind, so können sie nicht von Menschen ge- sammelt und als Nahrungsmittel benutzt sein; ohnehin pflegen solche Ueberreste von den Mahlzeiten der ältesten Bewohner Knochen von gröfseren Säugethieren und Vögeln, geglühte Steine und Asche zu ent- halten. Wo diese fehlen, wird also grofse Wahrscheinlichkeit dafür sein, dafs der Mensch keinen Theil daran hat, wenn wir die Ueber- reste von Meeresbewohnern an diesen Stellen vorfinden. Die Ausmündungen von Meerbusen und Buchten können durch Riffe von Sand und Kies, welche der Wellenschlag abgesetzt hat, ver- stopft sein; das Regenwasser wird dann das Salz auswaschen, und der Pflanzenwuchs im Süfswasser wird bald eine Torfbildung veran- lassen, welche nach und nach die Vertiefung ausfüllen und den alten Meerbusen in eine Wiese verwandeln wird, ohne dafs sich gerade der Wasserstand an der Küste verändert zu haben braucht; aber bei einer gehörigen Erwägung aller örtlichen Verhältnisse wird man in den mei- sten Fällen im Stande sein, sich eine bestimmte Meinung zu bilden. Alte Benennungen müssen mit Vorsicht benutzt werden, und wer- den da oft Zweifel zurücklassen, wo nicht alle Merkmale eine be- stimmte Meinung unterstützen. Bei einer genauen Untersuchung unserer Küsten, unter Beobach- tung der angeführten Vorsichtsregeln, zeigt es sich nun bald, dafs wir zwei, mit Rücksicht auf ihre Wirkung ganz verschiedene Arten von Hebung haben. Die eine bezeichne ich als eine plötzliche und gewalt- same Hebung. Die Schichten, welche von ihr betroffen sind, befinden sich nicht mehr in der horizontalen oder fast horizontalen Lage, worin das Wasser sie abgesetzt hat, sondern sie neigen sich manchmal sehr stark, bis gegen 80 Grad, und das Land ist dann in einzelnen Hügeln zu Höhen aufgeschossen, welche den jetzigen Wasserstand um weit 31* A8A G. Forchhammer: mehr als 100 Fufs übersteigen. Das merkwürdigste Beispiel dieser gewaltsamen totalen Hebungen ist die grofse Anhöhe, auf welcher die Rubjerger und die Vennebjerger Kirche und Vensyssel liegen. Die Masse dieser Anhöhe, welche auf einer langen Strecke des hohen, jähen Strandes die inneren Verhältnisse der Schichten zeigt, besteht abwechselnd aus Lehm- und Sandschichten. Diese enthalten Verstei- nerungen von Thieren, welche noch jetzt an unseren Küsten leben, und den gemeinen Bändeltang, Zostera murina, in einem noch jetzt nicht verfaulten Zustande. Dieser Tang hüllt zuweilen Stücke von Bernstein ganz in derselben Weise ein, wie er noch an den Küsten der Nordsee heraufgespült wird. Aehnlicher Bändeltang wurde in dem Waldby-Hügel in der Nähe von Kopenhagen gefunden, als man der Eisenbahn wegen eine Durehgrabung vornahm, und hier, wie in Jüt- land, waren die Schichten aufserordentlich stark geneigt. Es giebt nur wenige Hügel bei uns, welche, wie der Waldby-Hügel, durchgraben sind, oder welche so stark von dem Meere abgeschnitten sind, wie der Hügelstrich zwischen Lyngby und Lökken in Vensyssel. Aber der Umstand, dafs diese zwei weit von einander liegenden Hügel in Be- treff dieses Phänomens dieselben Verhältnisse zeigen, macht es wahr- scheinlich, dafs nicht wenige von unseren Lehmhügeln ähnliche Ver- hältnisse zeigen würden, wenn das Innere derselben blofsgelegt würde. Wir haben bis jetzt keine Erfahrung, welche uns lehrt, zu wel- cher Zeit diese gewaltsamen und, wie es scheint, plötzlichen Hebungen stattgefunden haben; nur das weils man, dafs es in der jetzigen Erd- periode geschehen sein mufs, da sowohl die Pflanzen als die Thiere, deren Ueberreste in diesen Schichten gefunden werden, derselben an- gehören. Weit wichtiger und weit besser bekannt ist Dänemarks langsame, ununterbrochene Hebung, welche dieses Land mit der ganzen skandi- navischen Halbinsel theilt. Ich habe schon früher erwähnt, dafs die lothrechte Höhe, bis zu welcher der Boden in einer zu übersehenden Zeitperiode gehoben worden, nicht sehr bedeutend ist, dafs aber bei unseren niedrigen Küsten und flachen Stranden die Veränderung im Umrisse des Landes dennoch ungemein grols geworden ist. Später werde ich zu einer näheren Beschreibung einiger einzelnen, besonders merkwürdigen Stellen kommen, aber erst will ich die südliche Grenze des ganzen Phänomens bezeichnen. Rings um den südwestlichen Theil des Lymfjords findet man noch jetzt gehobene Meeresstöcke, welche über der obersten Tanglinie lie- gen; wenn man aber südlicher geht und bis zum Nissumfjord kommt, so nimmt man zwar noch einzelne, aber sehr undeutliche Spuren sol- cher Wirkungen wahr, welche sich auch namentlich in Ulfborg-Sanden Ueber die veränderte Wasserhöhe an den dänischen Küsten. 485 zeigen; weiter gegen Süden findet man nichts, was dahin gehörte, und auf der Insel Romö trifft man einen alten Wall, umgeben von einem Graben und gegenwärtig vom Meere durch eine niedrige Marschwiese getrennt. Die Höhenverhältnisse nach dem Meere zu sind der Art, dafs man eine Veränderung im Wasserstande seit der Zeit, da diese Burg, vermuthlich von alten Wikingern, benutzt wurde, nicht anneh- men kann. Hier sind also keine Niveauveränderungen seit dem letzten Jahrtausend nachzuweisen. Ich halte die Umgegend des Nissumfjord für den südlichsten Punkt an der Westküste Jütlands, wo noch deut- liche, entschiedene Spuren einer dauernden Hebung wahrnehmbar sind. Auf der Ostküste von Fühnen findet man noch deutliche Spuren ge- hobener Meeresstöcke, bis ungefähr 4 Meile südlich von Nyborg. Geht man weiter nach Süden, so nimmt man keine ähnliche Sammlung älte- rer Strandsteine wahr, und an der Ostküste der Herzogthümer Schles- wig und Holstein habe ich noch nie eine Spur von langsam gehobe- nen Küsten entdecken können. Doch mufs ich hier eine äufserst merk- würdige Stelle ausnehmen, welche mitten in Holstein auf dem Höhen- rücken unweit Bornhöved liegt, wo in einer Sandgrube eine Menge Schalen unserer gewöhnlichen Auster (Ostrea edulis), von Blaumuscheln (Mytilus edulis), Herzmuscheln (Cardium edule), Buccinum undatum und Littorina litorea vorkommen. Als ich dies merkwürdige Verhältnifs zuerst beobachtete, hegte ich nieht den geringsten Zweifel, dafs diese Stelle eine ungemein grofse Hebung bewiese, welche diesen Theil von Holstein in einer verhältnifsmäfsig späten Zeit betroffen habe, und neigte mich zu der Annahme, dafs dieselbe zu jenen gewaltsamen plötz- lichen Hebungen, welche oben erwähnt worden sind, gerechnet werden müsse. Indefs verdient diese ganze Sache eine nochmalige Unter- suchung, denn gerade die angeführten Schalenthiere sind dieselben, welche den grofsen Muschelhaufen charakteristisch sind, von denen jetzt bewiesen ist, dafs sie Ueberreste von Mahlzeiten der Urbewohner sind. Aber selbst wenn man dies annehmen wollte, so würde es nicht min- der auffallend sein, sie mitten im Lande, ungefähr 3 Meilen vom näch- sten Meerbusen zu finden, — ein Umstand, der so gänzlich von den Verhältnissen abweicht, unter denen ähnliche Ueberreste an den nörd- licheren Küsten angetroffen werden. Die Sache muls bis auf Weiteres als unentschieden bezeichnet werden. Die ganze Ostküste von Seeland zeigt Spuren der alten Meeres- stöcke, und dasselbe ist der Fall mit einem grofsen Theil der Ostküste von Möen. Eine Linie, gezogen von der Mitte des Nissumfjords bis % Meile südlich von Nyborg, und von da weiter nach Südosten, ist also die Grenzlinie des grofsen skandinavischen Hebungsphänomens. Sie ist parallel der grofsen Möen’schen Hebungskette, welche von 486 G. Forchhammer: Fritzow in Pommern bis Hjorthals im Nordseebezirk von Jütland geht, und sich überall durch stark geneigte, lothrechte, ja selbst umgestürzte Schichten auszeichnet, und deren Hebungszeit wahrscheinlich mit der- jenigen zusammenfällt, in welcher die früher erwähnten einzelnen Er- höhungen emporgetrieben wurden. Sie ist ferner parallel den Strei- chungslinien unserer verschiedenen Abtheilungen der Kreideformation, der Rommele-Felskette in Schonen, die sich nach Bornholm fortsetzt, und der Kullakette, welche sich über Steenshufvud bis Christiansö er- streckt. Schliefslich mufs ich bemerken, dafs ein grofser Theil von den Ketten des nördlichen Schwedens dieselbe Streichungslinie zeigt. Es ist eine Reihe von Jahren her, als ich meine Beobachtungen über diese Linie, als Grenze des grofsen nordeuropäischen Hebungs- phänomens, bekannt machte, und sie ist in mehrere Werke überge- gangen, z. B. in Berghaus’ physikalischen Atlas, aber sie ist nicht als Grenzlinie, sondern als Axe der skandinavischen Hebung bezeichnet. Der Unterschied ist indefs wesentlich, da sich um eine Axe die Be- wegung so vertheilt, dafs, während sich die auf der einen Seite derselben liegenden Theile heben, die auf der andern sich senken, und ich habe, trotz meiner sorgfältigsten Bemühungen, nicht die geringste Spur einer noch dauernden Senkung finden können. Zeichen von dem Vorhanden- sein der letzteren sind unleugbar aufserordentlich häufig auf der süd- lichen und westlichen Seite, aber es ist eben so gewils, dafs die Haupt- senkungsphänomene längst geschlossen sind, und dafs die lokalen Senkungen, welche man noch nachweisen kann, nicht im geringsten Zusammenhange mit Bewegungen im Erdinnern stehen, ‘sondern von der früher entwickelten, mehr oder weniger starken Zusammenpressung der Torfmoore, welche unter dem Marschboden gefunden werden, her- rühren. Der höchst verdienstvolle Naturforscher Professor Nilsson in Lund hat einige Untersuchungen bekannt gemacht, aus welchen man geschlossen hat, dafs ein Theil von Schonen zu sinken fortfährt. Da ich diese Meinung nicht theile, so ist es meine Pflicht, die Gründe ge- gen die Ansicht von dem fortgesetzten Sinken, welche sich auf meine umfangreichen Untersuchungen stützen, hier anzuführen. Der erste vom Professor Nilsson angeführte Grund betrifft die submarinen Torfmoore, welche sich zwischen Trälleborg und Skanör befinden, und welche Süls- wasserthiere und Sülswasserpflanzen enthalten. Dies ist dasselbe früher von mir ausführlich beschriebene Phänomen, welches wir an aulser- ordentlich vielen Stellen unserer Küsten kennen und welches zu der grolsen, längst abgeschlossenen Nordseesenkung gehört. Der unter- seeische Wald, welcher an der Südküste Bornholms vorkommt, gehört zu derselben Reihe von Beobachtungen; aber auf dieser Insel nimmt = a . Ueber die veränderte Wasserhöhe an den dänischen Küsten. 487 man wohl eine dauernde Hebung, aber nicht die geringste Spur einer dauernden Senkung war. An mehreren alten Küstenstellen des südlichen Schonen findet sich unter dem jetzigen Pflaster ein älteres, welches sich der Oberfläche des Meeres nähert und sich hier und da unter dem jetzigen Wasserspiegel befinden soll. Diese letzte Angabe ist von keinem Nivellement unter- stützt, ‚sondern beruht vermuthlich auf blofser Schätzung, welche in einer so wichtigen Frage nichts entscheiden kann. Dafs die Städte ein doppeltes Steinpflaster haben, nämlich aufser dem jetzigen noch ein älteres, das von jenem mehrere Fufs entfernt ist, ist eine Erscheinung, die nicht selten bei uns vorkommt und aus einer ganz anderen Ur- sache herrührt. Man führt Aalborg und Rybe als Städte an, wo das ältere -Steinpflaster in einer gewissen Tiefe gefunden wird; aber das rührt wahrscheinlich von Belagerungen oder Feuersbrünsten her, denen diese Städte ausgesetzt waren, und wo man nach überstandenem Un- glück, anstatt die grofse Menge Schutt von zerstörten Gebäuden fort- zuschaflen, denselben ebnete und die neue Stadt auf dem also erhöhten Boden erbaute. So findet man an vielen Stellen der Länder des mittel- ländischen Meeres die neue Stadt auf den geebneten Ruinen der alten Stadt erbaut. Auch der verminderte Abstand zwischen dem Seestrande und Stofstenen unterhalb Trälleborg, seit Linnee den Ort besuchte und in seiner Schoner Reise beschrieb, kann nicht als Beweis für jene Meinung betrachtet werden. Die Umgegend von Trälleborg ist sandig, und wir kennen an unseren Küsten des Sundes die Wirkung der Ströme auf das lose Küstenmaterial sehr wohl, indem sie dasselbe bald auf einer Stelle fortnehmen, bald auf einer anderen absetzen. Dasselbe scheint von dem verminderten Abstande zwischen dem Meeresstrande bei Barsebäk und den im 17. Jahrhundert angelegten Schanzen zu gel- ten, Ich kenne die dortige Beschaffenheit des Bodens nicht, aber so viel ist gewils, dafs nur, sofern der Meeresstrand aus festen Klippen bestände, diese Beobachtung einige Bedeutung haben würde. Wenn ich nun dazu rechne, dafs die Küsten von Seeland, Möen und Bornholm die deutlichsten Spuren einer dauernden Hebung tragen, so muls es aus diesem allgemeinen Grunde schon unwahrscheinlich dünken, dafs Schonen, welches zwischen den ununterbrochen gehobe- nen übrigen schwedischen Provinzen und demjenigen Theile von Däne- mark liegt, welcher gleichfalls ununterbrochen gehoben wird, eine Sen- kung erleiden sollte. Wenn deshalb die Grenzlinie für die skandinavische Hebung, wel- che durch Dänemark geht, nicht eine Axe ist, scndern vielmehr eine 488 G. Forchhammer: wirkliche Grenzlinie, auf deren südwestlicher Seite das Land unverän- dert bleibt, so entsteht die Frage, ob nicht an einer anderen Stelle eine wirkliche Axe dieses grofsen Naturphänomens vorhanden ist. Durch die Beobachtungen des verstorbenen Dr. Pingel ist dargethan, dafs die Süd- und die Westküste von Grönland sich senken, und spä- tere Beobachtungen haben die Meinung bestätigt, dafs diese Senkung zwar langsam aber ununterbrochen stattfindet. Zwischen diesen zwei grofsen Ländern mit entgegengesetzter Bewegung, Skandinavien und Grönland, liegt Island, dessen vulkanischer Gürtel parallel mit der Westküste von Norwegen läuft; und ich bin sehr geneigt, diesen Gür- tel in gewisser Weise für die Axe anzusehen, um welche die grofse Bewegung des nördlichen Theils von Europa und Amerika stattfindet. Man mufs sich dann diese Axe nicht als eine blofse ruhende‘ Linie denken, denn es ist wohl bekannt, welche grofsen Veränderungen inner- halb der Grenzen dieses Vulkanstrichs vor sich gehen; man mufs sich vielmehr vorstellen, dafs sich von diesem stark bewegten Lande aus Wirkungen nach Südosten hin ausbreiten, welche den Erdboden heben, während die nach Nordwest gerichteten eine entgegengesetzte Bewe- gung hervorrufen. Von den einzelnen Landestheilen, auf deren geographische Ver- hältnisse die ununterbrochene skandinavische Hebung seit der Bebauung des Landes einen sehr wesentlichen Einflufs ausgeübt hat, will ich jetzt die Umgegend des Lymfjords in Jütland hervorheben. Dieser Fjord oder, wie er jetzt eigentlich lieber heifsen mülste, dieser Sund, hat von der östlichen Mündung bei Hals bis Lögstör ein beinahe flufsartiges Aussehen. Von Hals bis westlich von Aalborg ist er sehr schmal, er- weitert sich darauf in die sogenannte Nibe-Bredning, zieht sich aber später wieder zusammen, und erst westlich von Lögstör in Lögstör-, Liv-, Thisted- und Nissum-Bredning nimmt er einen ganz anderen Charakter an, welcher sehr an die westlichen Fjorde bei Nissum und Ningkjöbing und an den Theil des Meeres erinnert, welchen ich früher beschrieben habe, zwischen der äufseren Reihe der friesischen Inseln und dem Festlande. Bekanntlich ist der Lymfjord seit der Sturmfluth von 1825 ein Sund, aber dieser Durchbruch hat nur einen früheren Zustand zurückgeführt, da das Wasser vom Kattegat durch viele Oefl- nungen des Lymfjords in die Nordsee strömen konnte. Eine genaue Schilderung von der damaligen Gestalt des Landes zu geben, würde vergebens sein, wenn sie nicht von einer Karte begleitet wäre, welche die älteren Zustände darstellte, aber es wird doch vielleicht möglich sein, ein Bild von den aufserordentlich grofsen Veränderungen zu ge- ben, welche im Laufe der gegenwärtigen Erdperiode vorangegangen sind. Ueber die veränderte Wasserhöhe an den dänischen Küsten. 489 Bei der jetzigen östlichen Einfahrt nach Hals hatte man damals zu beiden Seiten ein weit ausgedehntes, aber niedriges Meer, welches auf der Südseite jetzt von dem Gudumlundschen oder sogenannten klei- nen Wildmoor eingenommen wird. Jahrtausende sind vergangen, seit das Meer diese Strecke bedeckte, und um die gegenwärtige Verände- rung hervorzubringen, mufste das Meer erst ein Riff aufwerfen, damit das Wildmoorbassin von der unmittelbaren Verbindung mit der See ausgeschlossen wurde. Regen und zuströmende Flüsse und Bäche wuschen allmälig das Seewasser aus, und die Salzwasser-Lagune wurde erst zu einer Brakwasser-Lagune, dann zu einem Sülswasser-See, in welchem eine Gattung Sumpfpflanzen nach der andern dahinstarb und unter dem Einflusse unseres Klima’s und der Feuchtigkeit in Torf ver- wandelt wurde, welcher jetzt einen der gröfsten Torfmoore hier zu Lande, von beinahe einer Quadratmeile an Gröfse, bildet. Kam man weiter hinein, so hoben sich Inseln auf beiden Seiten des tiefern Theils des Sundes empor. Auf der Südseite sind es Kreide-Inseln, auf der Nordseite Inseln von Geschiebelehm; sie heifsen noch jetzt Holme oder kleine Inseln und scheinen anzudeuten, dafs der gothische Stamm schon das Land in Besitz genommen hatte, als diese höheren Partien noch vom Wasser umflossen waren. So kommen wir zu dem grofsen oder vensysselschen Wildmoor, dessen Bildungsgeschichte dieselbe ist, wie die des kleineren; aber so langsam geht die Auswaschung des Salzes in den Sand- und Lehmschichten von Statten, dafs die Quellen in der Nähe dieses Wildmoors noch zum Theil salzhaltig sind. Zwar könnte man annehmen, dafs dieses Salz von Steinsalz oder salzigen Lehm- schichten, welche älteren Erdperioden angehören, herrühre, aber theils findet sich in der Umgegend des Lymfjords nicht eine einzige von den Steinarten, welche Salzbildungen zu begleiten pflegen, theils ist das Salzwasser stets weniger salzhaltig, als das Meer um die jütischen Kü- sten, theils nähert sich dieses Salzwasser der Quellen in Bezug auf das gegenseitige Verhältnifs der Bestandtheile so sehr dem Meerwasser, dafs die höchst unbedeutenden Abweichungen die Ueberzeugung nicht beeinträchtigen können, dafs es Meerwasser ist, welches durch den Druck des sülsen Wassers aus den früheren gehobenen Sand- und Lehmschichten geprefst wir. Dazu kommt, dafs eine vensysselsche Salzquelle nach der andern verschwindet, während sie, wenn es wirk- lich Steinsalzschichten wären, welche ausgewaschen würden, dauernd sein mülsten, wie es die ächten Salzquellen zu sein pflegen. Wo diese grofsen Flächen nicht Torfmoore sind, bestehen sie bald aus Sand, bald aus blauem Lehm, welcher dann häufig mit Schalen von denselben Arten erfüllt ist, wie die, welche jetzt in dem umgeben- den Meere leben und welche bewirken, dafs der Lehm auf denjenigen 490 G. Forchhammer: Ueber die veränderte Wasserhöhe etc. Bodenflächen, welche an Kalk Mangel leiden, als Mergel benutzt wer- den kann. Wenden wir uns weiter nach Westen, so bestehen die nördlichen Inseln aus Kreidebildungen, die südlichen aus Braunkohle und Ge- schiebelehmbildungen, und dies erstreckt sich bis in die Nähe der Nordsee, wo der Flugsand das Ganze deckt. Wenn man am Abend nach einem warmen Sommertage auf einer der kleineren Inseln steht und rings umhersieht, so glaubt man, der alte Zustand sei zurückgekehrt. Der Moornebel legt sich über alle niedrigen Flächen, verbirgt die Kornfelder und das Vieh auf den Trif- ten, und man glaubt dasselbe Meer zu sehen, welches Jahrtausende vorher um die Iymfjordsche Inselgruppe seine Wellen schlug. Eine ähnliche Partie, obschon weit weniger ausgedehnt und min- der deutlich, nimmt die östliche Halbinsel ein, welche zwischen Ran- dersfjord und Kallövig liegt. Hier kommt ein Sülswassersee, der Ko- lindsund, vor, welcher früher ein wirklicher Sund war, aber noch nicht zu einem Torfmoore geworden ist. Ganz ähnliche Verhältnisse finden sich um den Ihnfjord in See- land. Auch hier ist der Arresee aus einer Meeresbucht in einen Süls- wassersee verwandelt worden, und viele alte Holme sind durch den gehobenen Erdboden zu Festland geworden. Erwägen wir nun schliefslich, dafs wir an unseren Küsten ältere Spuren einer längst abgeschlossenen Senkung finden, während wir uns gegenwärtig in einer Periode stetiger Hebung befinden, und vergleichen wir damit, dafs man in Grönland deutliche Spuren einer noch immer fortdauernden Senkung hat, während dort unverkennbare Spuren einer früheren Hebung angetroffen werden, so kommen wir unwillkürlich zu der Vermuthung, dafs das nördliche Europa und ein grolser Theil von Nordamerika sich abwechselnd auf und nieder bewegen, wie die Stem- pel in zwei mit einander verbundenen Dampfeylindern, und dafs auch bei uns im Laufe der Zeit die Hebung wieder von einer Senkung ab- gelöst werden wird. 491 XXL. Die Smith-Sund-Expedition unter Dr. Kane. Von Dr. C. Brandes. Die Reisebeschreibung ') des Dr. Kane über sein Unternehmen nach dem Smith-Sunde ist seit einem Jahre Gegenstand hochgespann- ter Erwartungen gewesen und man kann den eben erschienenen zwei Bänden, welche sie umfalst, kaum ein günstigeres Zeugnils ausstellen, als dieses: dafs sie den Freunden der geographischen Wissenschaft für die unverhofft lange Verzögerung durch das Interesse ihres Inhalts eine um so reichere Befriedigung und Entschädigung gewähren. Alle jene Nachrichten über die Erkundungen und Entdeckungen dieser zweiten Grinnell-Expedition ?), welche den vorläufigen Mittheilungen zufolge unklar, fabelhaft und kaum glaublich erschienen, treten uns jetzt in anschaulichen Erzählungen und Bildern entgegen. Unter allen arkti- schen Reisebeschreibungen auf dem Gebiete der Franklin -Literatur ist keine, welche so unmittelbar und ergreifend auf den Schauplatz jener traurigen, aber gleichwohl in ihren Eigenthümlichkeiten höchst merk- würdigen Natur versetzte; keine, welche den Triumph der menschl- chen Geisteskraft über jene Schrecknisse der arktischen Zone entschie- dener und grolsartiger bestätigte. Der Verfasser trifft mit der ihm eigenen Lebendigkeit und Schärfe für alles Neue, Ungewöhnliche und Wunderbare, was er gesehen und erlebt hat, einen sprechenden, glücklichen Ausdruck. Er reilst die Theilnahme des Lesers durch die getreue und charaktervolle Darstellung mit sich fort. Die Fülle der Thatsachen erscheint im Gewande einer fast kindlich einfachen, über die Kunst technischer Bezeichnung erhabenen, aber dabei oft küh- nen, energischen Sprache, die manche neue Elemente mit sich führt, weil die Situationen und die Gegenstände so vieles Neue bieten. Ueber- all spiegelt sich unbewacht und anspruchslos die Stimmung, mit wel- cher er erlebte und erblickte, forschte und beobachtete. Und zugleich 1) Arctic Explorations: The Second Grinnell Expedition in search of Sir John Franklin, 1853, ’54, ’55, by Elisha Kent Kane, M. D., U. 8. N. Illustrated by aupwards of three Aundred Engravings. From Sketches by the Author. Vol. 1. 2. Philadelphia, Childs and Peterson (London, Trübner) 1856. 8. 464 u. 467 Seiten. 2) Die erste auf Kosten des Kaufmanns Henry Grinnell zu New-York ausge- rüstete und nach ihm benannte amerikanische Franklin-Expedition in den Jahren 1850— 51 unter Anführung des Lieut. de Haven nahm ihren Weg nach dem Lan- caster-Sund und der Barrow-Strafse. Dr. Kane war in der Eigenschaft eines Schiffs- arztes Mitglied und ihm wird auch die Darstellung der merkwürdigen Erlebnisse und Erkundungen derselben verdankt. 492 C. Brandes: heben und idealisiren sich ihm die alltäglichen Vorkommenheiten des Lebens unter einer nie versagenden poetischen Anschauung. Selbst die Stunden schwerer Kämpfe, Drangsale und Beschwerden vermögen nicht, die Ader des Humors und der Laune zu ersticken, wiewohl ein tiefer Zug der innigsten Theilnahme, die hin und wieder beinahe in Sentimentalität ausartet, sich durch seinen Verkehr mit den Gefährten, mit allen menschlichen Wesen und selbst mit der thierischen Schöpfung hindurchzieht. Andererseits aber wird das Buch des Dr. Kane den Ansprüchen einer innerlich zusammenhängenden, systematisch durchgearbeiteten Darstellung nicht vollständig genügen können. Es ist eben die Frei- heit der Bewegung, die ihn zu einer solchen nicht kommen läfst. Er giebt nicht sowohl eine planmäfsig entwickelte Erzählung, als vielmehr einen Ueberblick in Skizzen und Bildern, je nach der Zeitfolge an ein- ander gereiht, und überläfst es der Fähigkeit oder dem Studium des Lesers, die zerstreuten Bemerkungen, Notizen und Nachrichten zu com- biniren. Als Grundlage benutzt er eine Auswahl der an Ort und Stelle oder unter dem frischen Eindrucke des Erlebten hingeworfenen Auf- zeichnungen, sowie auch anderweite Mittheilungen seines Tagebuchs !), während daneben die Fülle der Erinnerungen, welche ihn in jene Zeit zurückversetzen, unerschöpflichen Stoff zu einem ergänzenden, erläu- ternden oder mehr zusammenfassenden Texte darbieten. Eine als Zierde der äufserlich sehr sorgfältig ausgestatteten Bände hervortretende Zu- gabe bilden die theils dem Text als Holzschnitte eingedruckten, theils auf besonderen Blättern in Stahlstich eingelegten Abbildungen (wir zäh- len ihrer über dreihundert), die, sämmtlich von der Hand des Dr. Kane entworfen, als Denkmale der mannichfaltigsten Scenen, Gegenstände und Ereignisse höchst schätzbar sind, wenn sie auch unverkennbar, zum Theil wenigstens, auf dem Spiele der Phantasie unter den Ein- drücken jener Natur beruhen ?). Bei allen den grofsen Vorzügen, die dieses Werk zu einer der aus- gezeichnetsten literarischen Erscheinungen dieses Jahres machen, gehen demselben jedoch einzelne Mängel nicht ab. Manche Partien tragen den Charakter einer gewissen Raschheit oder Unfertigkeit ?), und es !) Dafls Dr. Kane die Aufzeichnungen an Ort und Stelle noch von seinem Tagebuche unterscheidet, ergiebt sich u. A. aus der Bemerkung des letztern II, 80: „I am too tired to epitomaze here my notebook's record“. 2) Abgesehen davon, dafs eine Anzahl dieser Bilder lediglich nach den Mit- theilungen der Gefährten ausgeführt wurde, fehlt bei einzelnen anderen jede thatsäch- liche Grundlage. Man vergl. z. B. den Holzschnitt 277: die Plünderung einer Nie- derlage von Vorräthen durch eine Anzahl Bären, — eine Scene, die offenbar von Niemand beobachtet worden ist. 3) Wir erwähnen der zu den Seiten 221— 222 des ersten Bandes fehlenden Die Smith-Sund-Expedition des Dr. Kane. 493 scheint, als würde der Schreibende unter der überlegenen Wucht des Stoffes unfähig, den Ansprüchen der Leser Rechnung zu tragen. So ist es uns z. B. nicht gelungen, ein klares Bild der Umgebungen des Hafens zu gewinnen, welcher den Mannschaften einen zweijährigen Winteraufenthalt darbot, und wir vermissen einen Plan oder Grundrifs, der etwa die umliegenden 5 deutschen Meilen im Umkreise mit allen so oft genannten und besuchten Anhöhen, Strömen, Baien, Inseln, so- wie auch die Lage der verfallenen und noch vorhandenen Eskimowoh- nungen darstellte. Die dem ersten Bande vorgeheftete Karte entspricht diesem Erfordernifs nur sehr unvolkommen. Eine beträchtliche Anzahl der oft erwähnten Localitäten z. B. Bedevilled Reach, Insel Godsend, Shoal Water Cove, Mary Minturn River (der bedeutendste Strom im Norden von West-Grönland, Vol. I, p. 96) u. a. sind auf derselben gar nicht erwähnt. Und doch ist die Darstellung auf die gröfseren Kreise der Lesewelt berechnet, welche nach den gegebenen Mitthei- lungen nur mühsam und unsicher dem Zuge der Ereignisse zu folgen im Stande ist. Solcher kleinen Mängel ungeachtet tragen wir jedoch kein Beden- ken, dieser Reisebeschreibung des Dr. Kane unter allen den Werken, welche unter der Bezeichnung „Franklin-Literatur“ einen in sich ab- geschlossenen Kreis bilden, die Palme zuzuerkennen. In der ganzen Reihe der Expeditionen zur Rettung Franklins können den Thaten der zweiten Grinnell-Expedition sowohl rücksichtlich der Kühnheit und Grolsartigkeit des Unternehmungsgeistes, als der bewundernswer- then Ausdauer und der Kämpfe der Mannschaften, sowie auch der Be- deutung für die Erdkunde nur etwa die Fahrten des Investigator, die Thaten des Capt. M’Clure und seiner Mannschaften an die Seite ge- stellt werden. Allein diese letzteren sind uns nur aus officiellen Be- richten und einzelnen anderen Notizen bekannt. Das Reise-Tagebuch des Missionars Miertsching kann neben denselben zwar als eine sehr erfreuliche und schätzbare Erzählung gelten, welche zumal als Erschei- nung des deutschen Buchhandels unsere Theilnahme in hohem Grade anzieht, bleibt jedoch hinter dem Werke des Dr. Kane hinsichtlich des sechs Anmerkungen, die der Verfasser, von seinem dermaligen Plane abgehend, einem officiellen Bericht an das Marine-Ministerium der Vereinigten Staaten vorbehält. — Ebenso vermissen wir den Vol. II p. 253 für den Appendix versprochenen Brief des Dr. Kane an die lutherische Mission in Grönland, in welchem er dieser als Schutz- Gesellschaft der Esquimaux daselbst dringend an’s Herz legt, jene unter Mangel und Noth verkommenden Ueberreste der in früheren Zeiten unverkennbar weit zahlreiche- ren Ansiedelungen am Smith-Sunde nach südlicheren Gegenden zu verpflanzen. — Aufgefallen ist uns unter Anderem, dafs Vol. I p. 44 (wohl nur durch einen Druck- fehler) die Benennung der „Crimson“-Klippen von Beverley dem Sir John Frank- lin, statt Sir John Ross, zugeschrieben wird. A944 ©. Brandes: überlegenen Reichthums an Thatsachen und der wissenschaftlichen Be- deutung schon in seiner bescheidenen Anlage weit zurück ?). Indem wir es jetzt unternehmen, den Inhalt der vorliegenden Bände zusammenfassend darzulegen, werden wir zunächst auf den Plan, welcher der zweiten Grinnell-Expedition zu Grunde lag, kurz eingehen, hierauf einen Ueberblick der Reisen und der damit verbun- denen Operationen geben und zuletzt die wesentlichsten Entdeckungs- resultate im Einzelnen näher beleuchten. 1) Erkundungsplan des Dr. Kane im Jahre 1853. Das Hauptmotiv der zweiten Grinnell-Expedition war die Erkun- dung des Schicksals von Franklin und seinen Gefährten. Wenn un- verkennbar gleich anfangs die Hoffnung, eine erhebliche Ausbeute an geographischen Entdeckungen und naturwissenschaftlichen Forschungs- resultaten zu gewinnen, von dem Dr. Kane und seinen Gefährten sehr lebhaft gehegt wurde, so ist doch nicht minder gewils, dafs Aussichten dieser Art nicht die eigentliche und entscheidende Veranlassung seines Unternehmens gewesen sind, und dafs die Lösung jenes unerklärten Geheimnisses, welcher viele Tausende mit bangen Ahnungen entgegen- sahen — das Verschwinden des Erebus und Terror in den unerforsch- ten Polar-Regionen — den Hauptantrieb und Ausschlag gegeben hat. Um daher den Plan, von welchem die Operationen des Dr. Kane am Smith- Sunde ausgingen, richtig aufzufassen und zu würdigen, wenden wir uns zu den damaligen Ansichten und Vermuthungen über den wahr- scheinlichen Verbleib Franklins und seiner Gefährten zurück. Nachdem die vier im Jahre 1850 ausgesandten Expeditionen — unter Capt. Austin, Capt. Penny, Capt. Sir John Ross und Lieut. de !) Es mag angeführt werden, dafs aufser Miertsching — dessen Werk die ein- zige in deutscher Sprache erschienene originale Reisebeschreibung innerhalb des Krei- ses der Franklin-Expeditionen ist — kein anderer der Gefährten M’Clure’s bis jetzt eine besondere Darstellung der Erkundung der nordwestlichen Durchfahrt unter M’Clure geliefert hat. — Ueber das eben jetzt erschienene Werk: „The Discovery of the North- West-Passage by H. M. 8. ‚„Investigator“, Capt. R. M’Clure 1850-1854, edited by Commander Sherard Osborn, from the Logs and Journals of Capt. Robert le M’Clure. Illustrated by Commander 8. Gurney Cresswell (London, Longmam, 1856. 8. XIX u. 405 $. mit Karten und Abbildungen) wird demnächst in dieser Zeitschrift näher zu berichten sein. — Bemerkenswerth ist, dafs die fran- zösische Literatur durch das Tagebuch des verewigten Lieut. Bellot (Journal d'un voyage aux mers polaires execute a la recherche de Sir John Franklin, 1851— 52. Paris 1854. 8.) ebenfalls die Original-Darstellung einer Franklin-Expedition erhal- ten hat. So viel uns bekannt ist Missionar Miertsching der einzige deutsche Mann, der auf dem Felde dieser wichtigen Unternehmungen thätig gewesen ist, während aufser Bellot noch ein französischer Lieutenant E. T. de Bray als Mitglied der Mannschaften des Schiffes Resolute in den Jahren 1852 —54 genannt wird (vergl. dessen Bericht im Journal des Debats 1854, 14. Oet.). a ee I a u . - Die Smith-Sund-Expedition des Dr. Kane. 495 Haven — im Herbst des folgenden Jahres aus den entlegeneren Thei- len der Barrowstrafse zurückgekehrt waren, entwickelten sich unter dem Einflusse der heimgebrachten Berichte zwei von einander weit abwei- chende Ansichten über die Richtung, welche Franklin nach dem Auf- bruche aus dem Winterlager auf der Beechey-Insel eingeschlagen ha- ben möchte. Capt. Austin und Sir John Ross behaupteten mit grofser Zuversicht, dafs die Expedition des Erebus und Terror nicht über den Meridian der Beechey-Insel nach Westen vorgedrungen sein könne, sondern ostwärts nach der Baffıns-Bai zurückkehrend durch irgend einen Unfall ihren Untergang gefunden haben müsse. Der greise Sir John Ross vermochte nicht, sich von jener durch die Aussagen Adam Becks entstandenen Annahme einer Katastrophe in dem nördlichen Ge- biet der Baffins-Bai loszumachen; Capt. Austin machte seinerseits mit grofsem Nachdruck die negativen Resultate der Nachsuchungen geltend. In der That war weder auf der Beechey-Insel irgend eine officielle Urkunde über eine Weiterfahrt der verunglückten Expedition aufgefun- den, noch auch am Peel-Sund, am Cap Walker, an der Nordküste des Prinz-Wales-Landes, an der Südküste der Melville-Insel, im Byam- Martin- oder endlich im Wellington-Canal irgend eine Spur der ver- milsten Fahrzeuge oder Mannschaften entdeckt. Gleichwohl fehlte viel, dafs eine solche Meinung allgemeinen An- klang gewonnen hätte. Die weit überwiegende Anzahl von Stimmen erklärte die plötzliche Rückkehr des muthvollen Franklin nach dem ersten Winterlager für ganz undenkbar, und neigte sich der Ansicht zu, dafs der unternehmende Seefahrer, dem kühnen Andringen der jünge- ren Officiere nachgebend, die Wellington -Strafse hinaufgesegelt sei, um dort im hohen Norden, wo Capt. Penny durch den Anblick einer eis- freien See höchlich überrascht worden war, die Durchfahrt zu erringen. Von allen Seiten erhoben sich, oft unter heftigem Beklagen, Vorwürfe, dafs die bisherigen Nachsuchungen sich viel zu sehr in niederen Brei- ten bewegt hätten und dafs unter dem Vorherrschen dieses Grundirr- thums ein für das Gelingen des Rettungswerkes unsäglich verderblicher Zeitverlust herbeigeführt sei. Selbst in der Admiralität gewann diese Ansicht damals die Oberhand. Dies zeigt sich in den Instructionen des Geschwaders, welches im Mai 1852 unter dem Oberbefehle des Capt. Sir Edward Belcher von Neuem nach dem Polarmeer unter Se- gel ging. Die Auskundschaftung des offenen Polarmeeres jenseits des Wellington-Canals war die Hauptaufgabe, welche dem Capt. Belcher für seine Forschungen nach Franklin gestellt wurde. © Nirgends in der Welt hatte indefs die Hypothese einer offenen See und selbst eines milderen Klima’s im hohen Norden enthusiasti- schere Freunde gefunden und einen gröfseren Spielraum gewonnen, als 496 C. Brandes: in den Vereinigten Staaten von Nordamerika. Dies erklärt sich theils aus dem eigenthümlichen Charakter der in jugendlichem Feuer aufstrebenden, für kühne Speculationen, hochgehende Ideen und Theorien unverkenn- bar besonders empfänglichen Nation; theils aus dem Umstande, dafs die von einigen amerikanischen Gelehrten, z. B. von Lieut. Maury, verthei- digte Doctrin über den Einflufs der Meeresströmung auf die Verbrei- tung der Wärme über die nördlichen Gebiete des Erdkörpers diesen Ideen einen fruchtbaren Boden darbot. Schon in den Instructionen der ersten Grinnell-Expedition traten die Erwartungen, welche man auf das Vordringen nach dem hohen Norden setzte, stark hervor. Dem Lieut. de Haven war die Untersuchung des Wellington-Canals mit be- sonderem Nachdruck empfohlen; er wurde von der Behörde mit Be- deutung auf diese Gebiete hingewiesen. Nun hatte Capt. Inglefield noch im Spätsammer des Jahres 1852 auf Anlafs eines Auftrags der Lady Franklin mit einem kleinen Dampf- boote die nördlichen Gebiete der Baffıns-Bai ausgekundschaftet. Er war fast ohne alle Schwierigkeit bis vor den Eingang des Smith-Sun- des gelangt, hatte dort zu seiner Ueberraschung eine nördliche Strö- mung der Fluthen und ein offenes Meer im höheren Norden erblickt. Die späte Jahreszeit und die unzulängliche Ausrüstung schien ihn vom weiteren Vordringen weit mehr zurückgehalten zu haben, als ein plötz- licher heftiger Nordwind, der ihm lose Eismassen entgegentrieb, die allerdings seinem kleinen Fahrzeuge leicht hätten gefährlich werden können. Angesichts dieser Nachrichten von einem offenen Meeresspiegel jenseits des Smithsundes erwachten, wenigstens in England, die Erin- nerungen an verschiedene Aeufserungen Sir John Franklin’s, aus wel- chen hervorging, dafs seine Aufmerksamkeit der authentischen Aufhel- lung jener Polargebiete einst mit lebhaftem Interesse zugewandt gewe- sen war; und bei der damals noch obwaltenden Ungewilsheit seines Verbleibs, bei dem verhängnifsvollen und fast unerklärlichen Fehlschla- gen aller Versuche, das furchtbare Räthsel zu lösen, lag die Ver- muthung nicht so gar fern, dafs Franklin durch irgend eine Fügung der Umstände es unternommen haben konnte, dort das Polarmeer auf- zusuchen, dessen eisfreier Wasserspiegel ihn schneller zum Meridian der Behrings-Stralse bringen konnte, als jener, unabsehbaren Hem- mungen der Schifffahrt unterworfene Archipelagus in den niederen Breiten. Während in England nunmehr neue Rüstungen und Unternehmun- gen namentlich für die Gegenden jenseits des Wellington-Canals mit der angelegentlichsten Theilnahme betrieben wurden, war auch in Nord- Amerika seit der Rückkehr des Commander de Haven weder der Sinn Die Smith-Sund-Expedition des Dr. Kane, 497 für fernere Hilfsleistungen an dem Rettungswerke, noch auch eine ge- wisse Lust und Begeisterung für fernere Forschungen in der arktischen Polarwelt erloschen. Die sogenannte erste Grinnell-Expedition hatte zwar die wunderbarsten Erlebnisse gehabt; kein anderer Seefahrer je- ner Zeit hatte so grolse Gefahren bestanden und so eigenthümliche Aufschlüsse über den Charakter der arktischen Meere heimgebracht. Allein für den Hauptzweck, für die Rettung Franklins, mufste sie als ganz erfolglos betrachtet werden. Indem es den beiden Schiffen Ad- vance und Rescue nicht gelang, ein von dem übrigen Geschwader nicht erreichtes Meeresgebiet zur selbstständigen Auskundschaftung zu ge- winnen, waren die Amerikaner selbst nicht einmal zu irgend einem negativen Resultat gelangt. Diese Ergebnisse hatten aber mit Nichten die Folge, dafs in Ame- rika ein zweites Unternehmen zur Rettung Franklins aufser Acht ge- kommen wäre. Vielmehr waren in den Vereinigten Staaten, namentlich seitdem mit Ende des J. 1852 in England unheimliche Zweifel an dem Erfolge der Belcher’schen Expedition überhand nahmen, alle Blicke auf den Dr. Kane gerichtet, der als Mitglied der ersten Grinnell-Ex- pedition durch Einsicht, Entschlossenheit und Thatkraft von allen Sei- ten bewundernde Anerkennung erworben hatte und in ähnlicher Weise wie Lieutenant Bellot von hoher Begeisterung für Franklin und seine Rettung erfüllt war. Diesen Mann sehen wir seit seiner Rückkehr mit den Vorbereitungen zu einer neuen amerikanischen Polar-Expedition beschäftigt, und in der That vereinigten sich bei ihm in seltenem Mailse alle Eigenschaften und Erfordernisse zu erfolgreichen Erkundungen je- ner unbekannten Welt. Ihm trug der Ehrenmann Henry Grinnell zu New-York, an den sich Lady Franklin abermals vertrauensvoll ge- wandt hatte, mit Freuden die Mittel an zu einem neuen Unternehmen, endliche Aufklärung über das Schicksal der Mannschaften des Erebus und Terror zu erringen. Alsbald folgten von allen Seiten die auf- munterndsten Erbietungen zur Beihilfe. Die geographische Gesellschaft zu New-York, das Smithsonian Institut zu Washington, die amerika- nische naturwissenschaftliche Gesellschaft (American Philosophical So- eiety) zu Philadelphia, viele andere Vereine und Freunde sagten unter den Antrieben menschlicher Theilnahme oder im Interesse für die Wissenschaft wie im Wetteifer ihre Unterstützung zu. Bald war die Ausführung gesichert und die Regierung der Vereinigten Staaten ge- währte ihrerseits gern Anerkennung, Schutz und Beihülfe. Ueber das Gebiet und die Richtung, welche eine neue Franklin- Expedition zu wählen hatte, konnte damals (im Anfange des Jahres 1853) kaum ein Zweifel obwalten. Fast Alle setzten ihre letzten Hoff- nungen auf eine endliche Lösung des tiefbeklagten Mysteriums in die Zeitschr. f. allg. Erdk, Neue Folge, Bd. I. 32 498 C. Brandes: - Erforschung des Polarmeeres im hohen Norden. So viel sich aus den bisherigen Erkundungen ergab, führten dorthin vier Pforten oder Ein- gänge: 1) die Wellington-Strafse; 2) der Smith-Sund; 3) die Spitz- bergische See; 4) die Behrings-Stralse. — Für die Regionen im Norden der letzteren, jenseits des Cap Jakan, hatten nun zwar die Entdek- kungen des Capt. Kellett im Jahre 1849 eigenthümliche Anschauungen erregt, aber diese Gegenden lagen doch dem eigentlichen Gebiete der Nachforschungen zu fern und sie waren selbst zu schwer zu erreichen, als dafs sie bei dem verhältnifsmälsig kleinen Mafsstabe der Ausrüstung hätten ernstlich in Betracht kommen können. — Aehnliche Erwägungen liefsen auch die Spitzbergische See in den Hintergrund treten. — Vom Wellington-Canal mufste man um so mehr absehen, als die Haupt- kräfte des Geschwaders unter Sir Edw. Belcher dorthin ihren Lauf ge- nommen hatten. — Ganz anders stand es um die letzte noch übrig blei- bende Strafse zum Polarmeer, um den Smith-Sund. Hier öffnete sich, verhältnifsmäfsig nahe und, wie es schien, leicht erreichbar, eine noch unerschlossene neue Welt. Und wenn auch der Gedanke, als ob Frank- lin diesen Weg genommen haben könnte, bei den Meisten keinen An- klang finden mochte, so führte dieser Zugang doch, allen Vermuthungen zufolge, in jene Zonen, welche damals allgemein als wahrscheinliche Stätte des Untergangs der Mannschaften des Erebus und Terror oder des Verbleibs ihrer Ueberreste angesehen wurden. Gelang es dem Dr. Kane, durch das Eingangsthor des Smith-Sundes die freie Fläche des Polarmeeres im hohen Norden zu gewinnen — eine Hoffnung, von welcher sowohl er als seine Gefährten lebhaft ergriffen waren, — so konnte er in jenen hohen Breiten, wo die Meridiane sich annähernd zusammendrängen, fast eben so leicht als etwa von der Mündung des Wellington-Canals aus, westwärts hinaussegeln. Dazu kam noch, dafs den bisherigen Erfahrungen zufolge in den östlicheren Theilen der Polargegend das Vordringen gegen den Nordpol hin ungleich leichter war, als in den westlicheren, und dafs man auf den am weitesten nord- wärts hinaufragenden Landbildungen am wahrscheinliehsten noch den Spuren Franklins begegnen zu müssen wähnte. Die Grundzüge seines auf praktischer Erfahrung und wissenschaft- licher Combination beruhenden Planes spricht Dr. Kane in folgenden Sätzen aus: 1) Das feste Land soll die Basis der Operationen sein, um den viel- fachen Eventualitäten und Hemmungen der Fahrten im Eise zu entgehen. 2) Eine rein nördliche Linie, unbeirrt von den Krümmungen der Landformation, führt, sofern dieselbe vorhanden, auf dem gerade- sten Wege zur offenen Polar-See. Ze ee m Die Smith-Sund-Expedition des Dr. Kane. 499 3) Die fächerartige Gestalt Nord-Grönlands hemmt die äquatoriale Richtung des Eistreibens von dorther und beseitigt demnach ein mächtiges Hindernifs, an welchem Parry’s Versuche zur Errei- chung des Nordpols auf der Spitzbergischen See gescheitert sind. 4) Die Thierwelt der Polarzone wird den Reisenden Unterhalt an Lebensmitteln bieten. 5) Es läfst sich auf Hülfsleistungen der Eskimos hoffen, da deren Ansiedlungen den letzten Ermittelungen zufolge sich bis zum Walfisch-Sund hinaufziehen und wahrscheinlich noch weiter nord- wärts längs der Küste ausgedehnt sind. 2) Verlauf der Expedition des Dr. Kane. Ueberblick der von ihm unternommenen Operationen. Das waren die Absichten, Entwürfe und Hoffnungen, mit welchen Dr. Kane am 30. Mai 1853 — unter den weithallenden Abschieds- grülsen von Tausenden der um ihn versammelten Mitbürger, begleitet von den heifsesten Segenswünschen aller derjenigen, die mit gespann- ter Erwartung dem Aufschlusse über Franklins Schicksal entgegenharr- ten — im Hafen von New-York die Brig Advance bestieg. Mit ihm waren 17 Gefährten, deren kraftvolle Gestalt und freudige Begeisterung der gehegten Zuversicht auf den Erfolg des Unternehmens einen ge- steigerten Aufschwung gab. Der geringe Umfang der Ausrüstung er- innerte an alte Zeiten, an die einfachen Mittel, mit welchen einst ein Hudson, Baffın u. A. so unvergelfsliche Verdienste sich erworben; der Anblick des kleinen Fahrzeugs konnte jene Zuversicht um so weniger erschüttern, da dessen Tüchtigkeit, Kraft und gediegene Dauerhaftig- keit keinen Zweifel aufkommen liefs und mit der muthvollen Mann- schaft, welche sich demselben anvertraute, in angemessenem Verhältnifs stand. Die Ausstattung mit Booten, Zelten, Schlitten und mit den übri- gen Erfordernissen der Fahrten und Wanderungen in den Polargegen- den war planmäfsig berechnet. Vorräthe an Lebensmitteln und Klei- dungsstücken waren durch die Freigebigkeit des edlen Henry Grinnell nach Mafsgabe der von Dr. Kane aufgestellten Berechnung reichlich be- schafft und aufserdem als Mitgabe theilnehmender Freunde von allen Seiten zusammengeströmt. Am 17. Juni wurde der Hafen von St. Johns an der Küste von Neufundland, am 5. Juli der grönländische Stapelplatz Fiskernaes er- reicht. An beiden Orten wurden nicht blos frische Vorräthe einge- nommen, sondern auch die vorhandene Ausrüstung für den Aufenthalt in arktischen Gegenden zweckmälsig ergänzt. Als ein besonderes Glück erwies sich die durch den dänischen Oberaufseher Larsen vermittelte Anwerbung des kräftigen 19jährigen Eskimo-Jünglings Hans Christian, 32* 500 C. Brandes: der durch seine Treue und unermüdliche Ausdauer, vorzugsweise aber als tüchtiger Jäger, in den Tagen der gröfsten Bedrängnifs wesentliche Dienste geleistet hat. In Upernavik gelang es noch, in jenem Eskimo- Dolmetscher Carl Johann Petersen, dessen Leistungen dem Capt. Penny auf der Barrow-Stralsen-Expedition in den Jahren 1850 und 1851 vielfach ersprielslich wurden, ein neues Mitglied zu gewinnen '). So war die Zahl der gesammten Mannschaft auf 20 gestiegen, als Dr. Kane am 27. Juli vor der verhängnilsvollen Gegend der Melville- Bai ankam. Hier hätte ihm der kühne Versuch, das von den Wal- fischfahrern mit Schrecken genannte Gebiet in der Diagonale zu durch- schneiden, statt dem vielfach gehemmten Zuge der eingeschweiften Küste zu folgen, beinahe die äufserste Gefahr gebracht. Er sah sich von den herbeiwogenden Eisblöcken und Treibeismassen in die äufserste Enge getrieben und wenig fehlte, so wäre die Brig von den sie umringenden Massen gefangen gewesen. Als Kane sich einmal durch den Anschlufs an einen Eisberg zu retten suchte, wurde dieser, da er plötzlich an- fing einzustürzen und in Trümmer zu sinken, zu einem Gegenstande neuer Gefahren. Jene Stunden des Schreckenskampfes gingen jedoch ohne Gefährdung und selbst ohne erheblichen Schaden vorüber. Mit der frühesten Morgenstunde des 4. August war der ruhigere eisfreie Spiegel des sogenannten „Nordwassers“ erreicht, welches jenseits des Mitteleises das nördliche Becken der Baffıns-Bai beherrscht. Als die Brig am 6. August unter heftigem Schneegestöber zwischen den kühn vorspringenden „arktischen Säulen des Herkules“, Cap Isa- bella im Westen und Cap Alexander im Osten, in den Smith-Sund einlief, da fehlte zwar viel, dafs der einladende Eindruck, den die See- fahrer nach dem Bericht des Capt. Inglefield erwarteten, sich ihnen verwirklicht hätte. Dagegen zeigten sich Alle von der grofsartigen Scenerie der hochragenden Klippen (1200—1500 Fufs mit Abhängen von nicht weniger als 800 Fufs) tief ergriffen; das Gefühl, dafs sie in eine neue mit den Schrecken der arktischen Natur erfüllte Welt ein- traten, trat mit drastischer Lebendigkeit vor ihre Seele. Am folgenden Tage wurde auf der kleinen Insel Littleton für den äufsersten Nothfall ein kleines Boot zurückgelassen und in der Nähe ein entsprechender Vorrath von Lebensmitteln eingegraben. Bei dem Abtragen eines klei- nen Erdhügels, unter welchem das Versteck angelegt werden sollte, 1) Als ein charakteristisches Beispiel der Unvollständigkeit der eigentlichen Reise- beschreibung des Dr. Kane verdient bemerkt zu werden, dafs dieselbe des Eintretens von Petersen in die Dienste der Expedition gar nicht erwähnt, während dieser Mann später durch die Vermittelung des Verkehrs mit den Eskimos und durch seine thä- tige Fürsorge für die Verpflegung der Mannschaften sehr wichtig wurde. Die Smith-Sund-Expedition des Dr. Kane. 501 fanden sich Leichen und Gebeine früherer Bewohner dieser jetzt augen- scheinlich ganz verödeten Gegend. Nicht ohne Wehmuth erkannten die Reisenden zugleich in den steinernen Hütten der nächsten Umge- gend, die von den kalten Eisfeldern, welche sie umschlossen, kaum mehr zu unterscheiden waren, allerlei Ueberreste erloschenen Lebens und Verkehrs. Gleichwohl blieb die freudige und hoffnungsvolle Stim- mung des Dr. Kane wenigstens unerschüttert. An einem auf der Insel Littleton vorzugsweise bemerkbaren Punkte bezeichnete eine Flaggen- stange den Fundort der von ihm am 7. August niedergelegten Depesche. In diesem Schriftstück kündigt er das Vorhaben an, längs der grön- ländischen Küste nordostwärts weiter vorzudringen. „Die Offiziere und Seemänner seien in dem besten Wohlbefinden und muthvollen Sinnes; keine Spur des Scorbut oder anderer Krankheiten habe sich bisher ge- zeigt. Sollte es gelingen, mit der Brig zu einem Meer im höheren Nor- den zu gelangen, so werde dort ein anderer Erdhügel die Stelle der weiter niedergelegten Nachrichten anzeigen. Ergäbe sich die Noth- wendigkeit, für den Winter Halt zu machen, so werde alsbald die nächste Sorge sein, eine für diesen Zweck wohlausgerüstete Abtheilung zur Anlage von Depöts zu entsenden und dadurch ein rasches Vor- schreiten der Auskundschaftung für das kommende Jahr vorzubereiten.“ ‚Jetzt sah es Dr. Kane als die nächste Aufgabe an, mit seiner Brig möglichst weit nordwärts vorzudringen. Erinnern wir uns, wie der englische Capt. Sir Edw. Belcher im vorhergehenden Jahre nach demselben Plane verfahren und auf dem Wellington-Canal in den Ta- gen des 15. — 18. August bis an den Rand des hohen Polarmeeres gelangt war, aber freilich mit Hilfe eines Dampfers und in einem der arktischen Schifffahrt in seltenem Mafse günstigen Sommer. Ganz an- ders das Jahr 1853, in welchem zumal der Monat August den See- fahrern des nördlichen Eismeeres auf immer in schmerzlicher Erinne- rung bleiben wird. Capt. Beleher bot damals vergebens Alles auf, um unter den angestrengtesten Arbeiten seiner Mannschaften, die durch die Kräfte des Dampfes und durch den Aufwand beträchtlicher Pulver- massen beim Sprengen des Eises unterstützt wurden, den Wellington- Canal abwärts zurückzugelangen. Capt. Kellett hatte die äufserste Mühe, aus seinem Winteraufenthalt an der Dealy-Insel (südlich der Melville- Insel) loszukommen, bis ihn glücklieher Weise ein heftiger Sturm aus Nordwest, der die so lange unbeweglichen Eisschranken auseinander- trieb, wie unversehens befreite; allein seiner Fahrt war nicht das er- sehnte Ziel beschieden, er mufste im Packeise mitten in der Barrow- Strafse überwintern und dort später die eingefrorenen Schiffe im Stich lassen. Und derselbe Nordwest-Orkan, der dem Capt. Kellett auf kurze Zeit so sehr günstig wurde, zertrümmerte in der Nähe der Beechey- 502 C. Brandes: Insel das Transportschiff Breadalbane und hat mittelbar den Tod des Lieut. Bellot im Wellington-Canal herbeigeführt. Auch die kleine Mannschaft der Brig Advance ging mit dem Tage ihrer Abreise von der Insel Littleton den höchsten Fährlichkeiten ent- gegen. Im Laufe der letzten drei Wochen des Monats August hat sie der Reihe nach fast alle jene Kämpfe und Schrecknisse der arktischen Natur und Seefahrt zu bestehen gehabt. Die dem Texte dieser Schil- derungen eingedruckten Illustrationen sind lauter Bilder der wildesten Natur und der äufsersten Gefahren. Mehr als einmal schien ihr Fahr- zeug unter dem Andringen der Eisblöcke, Eisfelder und Berge verlo- ren. In der Mitte des Monats August glaubten sie dem Schicksal, mitten im Packeise der Smithsund-Strafse ihr Winterlager aufschlagen zu müssen, schon nicht mehr entgehen zu können. Sie gaben einer kleinen Insel, welche nach mannigfachem Ringen einen Anhalt und Rettung darbot, den bezeichnungsvollen Namen „Godsend“. Einmal begegnete es (am 20. August), dafs vier Männer von einem plötzlichen Sturm auf einer Eisflarde (in ähnlicher Weise wie zwei Tage vorher Lieut. Bellot) hinweggetrieben wurden und erst, nachdem das Unwetter vorüber war, durch eine zur Rettung ausgesandte Mannschaft wieder eingeholt werden konnten. Der Eindruck dieser Erlebnisse ist bei den Meisten unverkennbar überwältigend gewesen. Als der Befehlshaber am 26. August die Offiziere versammelte, um über die Lage der Dinge zu berathen, da ergab sich, dafs nur Einer unter ihnen dem Opera- tionsplane des Dr. Kane aus freier Ueberzeugung anhing. Alle übri- gen gaben ihre Stimmen dahin ab, dafs ein weiteres Vordringen nach Norden unmöglich sei, und sprachen sich unverholen für die Umkehr nach dem Süden aus, bis die Winterzeit vorübergegangen sein werde. Allein Dr. Kane beharrte unerschütterlich bei seinem Vorsatze. Er stellte seinen Gefährten vor, wie wichtig es sei, für das Winter- lager einen Punkt zu gewinnen, der die Schlittenreisen weiter nord- wärts hinauf möglichst erleichtere und sprach den Niedergeschlagenen Muth ein, indem er seine Absicht kund gab, an dem nördlichen Küsten- zuge einer Bai, deren Umrisse sich vor ihren Blicken darlegten, den geeignetsten Punkt für die Ueberwinterung der Brig aufzusuchen. Zu seiner grolsen Freude ging die gesammte Mannschaft nicht blos in völliger Hingebung, sondern selbst mit wetteifernder Freudigkeit auf diesen Plan ein. Am 28. August gelang es, in der später benannten Rensselaer-Bai eine vorläufige Unterkunft zu erreichen, die einige Tage nachher, da die Bemühungen, eine günstigere Position zu ermitteln, gänzlich fehl- schlugen, zur Winterstation bestimmt wurde und wahrscheinlich bis zu diesem Augenblick das nunmehr verödete Schiff noch fesselt. Gleich un nn Die Smith-Sund-Expedition des Dr. Kane. 503 darauf wäre eine andere Wahl, wie günstig sie sich dargeboten hätte, unausführbar gewesen; denn schon am 10. September war das Schiff vollständig eingefroren. Ein Eisberg blieb nur etwa 60 Schritte ent- fernt in dem plötzlich zusammenschliefsenden Eise stehen und hat sich seitdem, so lange die Expedition dort verweilte, nicht weiter von der Stelle bewegt. Zunächst galt es nun, die nothwendigsten äufseren und inneren Einrichtungen für die mit schnellen Schritten nahende Winternacht zu- treffen. Von zwei kleinen Felseninseln in der unmittelbaren Nachbar- schaft wurde die eine zur Anlage des Vorrathshauses und der Hunde- hütte, die andere, 140 Schritte von der Brig, zur Errichtung eines Ob- seryatoriums gewählt. Eine kleine Streifpartie von drei Mitgliedern (Wilson, Dr. Hayes und Hans Christian) hatte sich schon am 8. Septem- ber in Bewegung gesetzt, um die Umgebungen der Rensselaer-Bai nach dem Innern hin zu erforschen und kehrte am 16. mit der Nachricht zurück, dafs sie bis an den Fufs einer 300 — 500 Fufs hohen Gletscher- bildung gekommen sei. Unterwegs waren mehrere Hasen und Renn- thiere, sowie auch die Ueberreste eines Bisamstieres gesehen. Da dem Befehlshaber zunächst nichts mehr am Herzen lag, als die Anlage der Depöts für die Erkundungsreisen im nächsten Frühjahr, wurden schon am 20. September zwei Offiziere mit fünf Seemännern nordwärts ent- sandt. Abgesehen von einigen Frostschäden kehrte diese Mannschaft am 15. October gesund und wohlbehalten zurück. Sie hatte ihren Auf- trag vollständig und glücklich ausgeführt; drei verschiedene Depöts waren nordwärts hin in angemessenen Entfernungen von einander an- gelegt, darunter die beiden nördlicheren jenseits des 79. Breitengrades. Sie würden für das dritte Depöt einen höheren Punkt gewählt haben, wenn nicht ein grofsartiger Gletscher, dessen Schilderung mit grolser Spannung erfüllte, der Landbildung auf weite, bis jetzt nicht durch- messene Strecken, ein überraschendes Ziel gesetzt hätte. Inzwischen waren die Zurückbleibenden nicht müssig gewesen. Ihre Thätigkeit wurde durch Einrichtungen im Innern der Brig und durch die oben erwähnten Anlagen aufserhalb derselben in Anspruch genommen. Während die zahlreichen Walrosse, welche bis gegen Ende des Monats September gesehen waren, sich jetzt zur Winterrast zurück- zogen, hatte Petersen auf seinen Ausflügen nicht blos Spuren von Rennthieren, Füchsen, Bären und, wie er meinte, auch von Moschus- Ochsen bemerkt, sondern er war so glücklich, einige Hasen zu erlegen. Mit der grölsten Erregung wurden seine Mittheilungen über die von ihm entdeckten Spuren von Eskimo-Schlittenzügen vernommen, beson- ders da er aus bewährter Sachkenntnils hinzufügte, dafs dieselben nicht über ein Jahr alt sein könnten. Es ist begreiflich, dafs der Ge- 504 ©. Brandes: danke, andere menschliche Wesen in der Nachbarschaft zu haben, dazu beitragen konnte, die Stimmung der Reisenden während der langen Winternacht von 124 Tagen aufrecht zu erhalten. Aber die Eskimo- hütten, welche in der Umgegend wahrgenommen waren, wurden bei wiederholten Besuchen immer nur verödet getroffen; man sah, sie wa- ren von ihren ehemaligen Bewohnern, wenn gleich dem Augenschein nach erst seit kurzer Zeit, völlig aufgegeben. Wir müssen es uns für jetzt versagen, auf die Erlebnisse, Be- schäftigungen und Erfahrungen während der langen Winternacht näher einzugehen. Der niederdrückende Einflufs derselben auf den Organis- mus der Reisenden liefs sich aller dagegen aufgebotenen Versuche und Mafsregeln unerachtet nicht völlig beseitigen. Aber sehr merkwürdig und für den Operationsplan des Befehlshabers äufserst niederschlagend war die Beobachtung, dafs die Natur der mitgebrachten Hunde den Mangel des Sonnenlichts nicht zu überwinden vermochte. Von den 40 Neufundländern sind nicht weniger als 9, und von 41 Eskimohun- den sind 35 den Anfällen einer jämmerlichen Krankheit erlegen, die in eine Art Kinnladenkrampf ausartete. Dr. Kane, der die Symptome dieser Krankheit gewifs mit der gröfsten Genauigkeit beobachtet und alle ihm zu Gebote stehenden Gegenmittel erschöpft hat, betont aus- drücklich, dafs die Entbehrung des Lichts in gleichem Grade als die furchtbare Kälte dem Uebel zum Grunde gelegen habe und die Ursache in dem Thierseelenleben zu suchen sei. Seit dem Anfange des Jahres 1854 liefs Dr. Kane es sich ange- legen sein, die durch den Verlust der Hunde nothwendig gewordenen Abänderungen seiner Operationspläne nach den Ergebnissen einer all- seitigen reiflichen Ueberlegung in’s Werk zu setzen. Kaum war die furchtbare Kälte im Februar und in den ersten Wochen des März über- wunden, als seinem Andringen zufolge — es war am 19. März — eine Abtheilung der Gefährten zur Erkundung der Nordküste Grönlands auszog. Es waren acht Männer, die auf einem Schlitten ihr Zelt und die nothwendigsten Erfordernisse mit sich führten. Die Beschwerden dieser Reise waren aufserordentlich grofs. Dr. Kane konnte sich einer schweren Besorgnifs nicht erwehren, als die ersten 9 Tage eine durch- schnittliche Kälte von 26 bis 27 Grad Reaumur ergaben und gerade in den letzten Tagen die Strenge der Witterung noch merklich gestie- gen war. Dennoch war der Verlauf des Unternehmens ungünstiger, als er irgend ahnen mochte. Am 31. März kamen ganz unerwartet um Mitternacht drei Mitglieder derselben — der Astronom Sontag, der Schiffszimmermann Ohlsen und Petersen — in einem höchst an- gegriffenen und ganz erschöpften Zustande bei dem Schiffe an. Sie brachten die furchtbare Botschaft, dafs vier ihrer Gefährten von der u „) Die Smith-Sund-Expedition des Dr. Kane. 505 Kälte und den Beschwerden niedergestreckt an einer mehr als zwei Tage- reisen weit nordostwärts gelegenen Stätte „zwischen den Hügeln“ liegen geblieben seien, und dafs der fünfte zur Pflege und Wartung bei ihnen auszuharren übernommen hätte. Der Eindruck dieser Meldung war um so ergreifender, als die Zurückkehrenden jene Stätte, die sie unter wildem Schneetreiben verlassen hatten, nicht näher zu bezeichnen ver- mochten, und an dem Gelingen eines Rettungsversuchs fast zu ver- zweifeln schienen. Aber Dr. Kane bedachte sich bei dieser Lage der Dinge keinen Augenblick. Ihm kam Alles darauf an, den Verunglückten möglichst schleunige Hilfe zu bringen. Er entschlofs sich, dazu seine ganze Mannschaft aufzubieten und nur fünf Männer, die den Beschwerden des Rettungsversuchs nicht gewachsen waren, zum Schutz des Schiffes zurückzulassen. Die höchst mangelhaften Angaben über den Aufent- haltsort der hilfsbedürftigen Schaar machten es unerläfslich, wenigstens Einen der Zurückgekehrten mitzunehmen, und dazu bestimmte Dr. Kane den Zimmermann Ohlsen. Aber dieser war in Folge der eben zwei Tage und Nächte hindurch überstandenen Mühsal so gelähmt und er- mattet, dafs er die Anstrengung des Marsches unmöglich hätte ertragen können. Um ihn mit sich fortzubringen, mufste Kane, gegen seinen ursprünglichen Vorsatz, sich entschliefsen, einen Schlitten mitzunehmen. Er wählte dazu den leichtesten und kleinsten aus. Auf diesen wurde Ohlsen, in Pelzdecken und Eiderbetten eingehüllt, festgebunden und mit einem Zeltapparat und den nöthigsten Lebensmitteln von den übri- gen gezogen. Trotz der furchtbaren Kälte ging die Fahrt während der ersten 16 Stunden verhältnifsmäfsig glücklich von Statten; dann aber verlor sich der Weg. Es kam nun darauf an, die Umgegend nach ver- schiedenen Seiten zu durchsuchen. Als Ohlsen jetzt aus dem tiefen Schlafe, in welchen er gleich bei der Abreise gefallen war, geweckt wurde, zeigte sich bei ihm die auffallendste Unklarheit und Verwirrung der Sinne. Er wulste an den Eishügeln, welche die Einförmigkeit der Gegend unterbrachen, kein leitendes Merkzeichen für die erstrebte Stätte anzugeben, und war nicht einmal im Stande, über die Richtung, welche von hier aus zu verfolgen gewesen wäre, sich irgendwie zu orientiren. So kam fast Alles auf das Glück an. In der Nähe trat eine Höhen- bildung so auffallend hervor, dafs Kane sich der Vermuthung hingab, dieselbe könnte jener ermüdeten Schaar nicht aufser Acht geblieben sein. Diesen Punkt ersah er, da es an jeder anderen Grundlage für die Nachsuchungen fehlte, zum Mittelpunkt weiterer Operationen. Er liefs daselbst das Zelt aufschlagen, den mitgenommenen Vorrath von Pemmican eingraben und ertheilte seinen Begleitern den Befehl, sich von hier aus nach verschiedenen Richtungen hin zu zerstreuen, 506 C. Brandes: damit die Nachsuchungen nicht auf eine bestimmte Linie beschränkt blieben. Die Kälte war inzwischen auf mehr als —36° R. (—49°.3 Fahr.) gestiegen; ein scharfer Nordwestwind machte diese Temperatur vollends unerträglich. Die Bewilligung einer kurzen Rast liefs sich nicht umgehen, obgleich man nicht einmal die Mittel hatte, Eis zum Löschen des Durstes zu schmelzen, während der Genufs des Schnees mit bren- nendem Schmerz verbunden war und sowohl Lippen als Zunge blutig wund machte. Die Frist der gewährten Ruhe mufste kurz abgemessen werden. Es war unerläfslich, so schnell als möglich zum Werke zu schreiten. Aber hier begegnete die Ausführung der Befehle des Dr. Kane, wie willig und folgsam seine Gefährten sich fast überall bewiesen haben mochten, unüberwindlichen Schwierigkeiten. Die Männer waren nicht zu bewegen, sich nach verschiedenen Richtungen auseinander zu halten; ihre Besorgnils, sich unter einer plötzlichen Verdüsterung des Wetters oder in Folge der wechselnden Oberflächenbildung der öden Eiswüsten zu verirren, trieb sie immerfort wieder zusammen. Es war, als hätte die unmittelbar nervenerschütternde Macht der Kälte jene starken Na- turen überwältigt; zwei Männer, die bis dahin die härtesten Beschwer- den ohne Anfechtung überwunden hatten, wurden von Zitterkrämpfen und Engbrüstigkeit ergriffen; ja Dr. Kane selbst, wiewohl er mannhaft seine ganze Kraft aufbot, um den sinkenden Muth durch sein Beispiel aufrecht zu erhalten, sah man zweimal halb ohnmächtig in den Schnee niedersinken. Endlich nach 18stündigem Suchen dämmerte ein schwa- cher Strahl der Hoffnung; der scharfe Blick des Eskimo Hans Chri- stian entdeckte die kaum sichtbaren, von den Andern anfangs bezwei- felten Spuren eines Schlittens. Bald wurde jedoch das Geleise kennt- licher und nun liefs die Breite der Fährte keinen Zweifel mehr übrig, dafs die Gesuchten dieses Weges gezogen waren. Demnächst zeigten sich auch Fufstapfen, und indem die Reisenden dem Zuge derselben durch den tiefen Schnee zwischen den Hügeln hin folgten, kam ihnen zuletzt von einer Anhöhe eine amerikanische Flagge und daneben das Zelt der bedrängten Gefährten zu Gesichts. Innerhalb dieses dunklen Raumes lagen die vier Kranken darnieder. Sie begrüfsten die Ankom- menden mit unbeschreiblicher Freude und der Befehlshaber war tief ergriffen, als sie ihm auf seine weitere Frage erwiederten: „Sie hätten seiner geharrt; — wären seines Kommens gewils gewesen.“ Dr. Kane und seine Begleiter konnten indefs nach ?1stündigen harten Mühen eine, wenn auch noch so kurze Rast nicht entbehren. Die Kälte war immer noch sehr grols, 33 — 34 Grad Reaum. Dabei trat der harte Uebelstand ein, dafs in dem engen Zelt kaum 8 Perso- nen gleichzeitig Unterkunft finden konnten. Man mulste sich zu einer Die Smith-Sund-Expedition des Dr. Kane. 507 höchst peinvollen Auskunft entschliefsen. Die Mannschaft theilte sich in zwei Abtheilungen, von welchen zuerst der einen und hiernach der andern eine zweistündige Rast im Zelte gestattet wurde. Allein wäh- rend die Einen sich dieser kurzen Erholung freuten, mufsten die An- dern bei einer Kälte, die jetzt auf mehr als 38 Grad Reaum. (—55.6 Grad Fahrenh.) gestiegen war, aufserhalb des Zeltes bleiben, wo sie durch unausgesetztes Umhergehen die Einwirkungen einer solchen Tem- peratur zu mildern suchten. Es kostete unendlich viele Mühe, die vier Kranken auf den Schlit- ten, welchen sie mit sich geführt, nebst dem nunmehr abgebrochenen Zelte, dessen Wände ihnen zur Unterlage dienten, in einer ihrem Zu- stande angemessenen Weise zu betten und vor dem Herunterfallen zu sichern. Nicht weniger als vier Stunden gingen bei grimmiger Kälte darüber hin. Dann schlossen sich die Männer zu einem Kreise zu- sammen, sprachen kurzes Gebet und traten den weiten Rückweg nach der Brig an. Die Anstrengungen und Beschwerden dieses Weges sind nicht zu beschreiben. Die Last, welche der Schlitten trug, war nicht weniger als 1100 Pfund. Der Weg führte über ein unebenes Terrain, über gewaltige Eisblöcke und Eisfelder dahin; die tiefen Schluchten und Grundfurchen, welche die Oberfläche unterbrachen, waren mit Schnee angefüllt und dergestalt verdeckt, dafs die Zugmänner sich ihrer nicht versehen konnten. Und doch hätte jeder Bruch, ja jede Sehnenver- renkung, die sie durch Fehltritt und Ausgleiten so leicht sich zuziehen konnten, unter jenen Umständen unvermeidlich verderbenbringend wer- den müssen. Aller unsäglichen Hemmungen ungeachtet kamen sie an- fangs ziemlich gut vorwärts; sie legten in den ersten sechs Stunden ungefähr eine gleiche Anzahl englischer Meilen zurück. Allein jetzt brachen ganz unversehens mit einem Male die unheimlichsten Symptome der gröfsten Schwäche und Ermattung und in Folge derselben die äufserste Indolenz ein. Selbst den Kräftigsten verlangte, ein wenig zu schlafen. Einige warfen sich auf den eisigen Boden, und waren weder durch Güte noch durch Gewalt wieder aufzurichten; ihr Gefühl schien völlig erstorben; Anderen fielen, während sie frei dastanden, die Au- gen zu, und sie vermochten kaum zu stammeln. Gewils, eine kurze Rast liefs sich nicht versagen. Der Schlitten wurde abgepackt, das Zelt aufgeschlagen. An Er- quickung durch Speise und Trank wurde nicht gedacht. Die Männer waren ihrer Hände so wenig mächtig, dafs sie nicht einmal Feuer an- zuschlagen vermochten; der Branntwein, den sie mit sich führten, war unter allen Decken und Pelzwerk zu den Fülsen der Männer auf dem Schlitten eingefroren. Ihrer dreizehn krochen unter der kleinen Behau- sung zusammen. Kane selbst machte sich mit einem der Bootsmänner 508 C. Brandes: auf den Weg, um das von ihm am vorhergehenden Tage zurückge- lassene Zelt zu erreichen und in demselben eine Erquickung für seine Gefährten vorzubereiten. Die Strecke betrug 9 Meilen auf ebener Eis- fläche, ohne jene Unebenheiten und Schwierigkeiten der ersten Station; sie wurde in vier Stunden überstanden, aber gleichwohl versichert Kane, diese Stunden gehörten zu den schrecklichsten seines Lebens. Sowohl er als sein Begleiter waren unter dem Einfluls der Kälte und Ermat- tung in vollständige Bewulstlosigkeit versunken. Sie versuchten, sich durch gegenseitiges Zureden aufrecht zu erhalten; „aber“ — so fügt Dr. Kane hinzu — „diese Gespräche mögen verwirrt genug gewesen sein“. Von dem, was ihnen unterwegs begegnet ist, haben sie nur den Ein- druck eines schweren Traumes behalten. Unter Anderem lief ein Bär vor ihnen her, der die auf dem Hinwege verlorene Jacke eines ihrer Gefährten, ohne sich durch ihr Herbeikommen irgendwie stören zu lassen, in Fetzen auseinander rils und zuletzt zu einem Balle aufrollte. In Beiden blieb nur ein dumpfer Anklang dieses Eindrucks, bis der gegenseitige Austausch des Bewulstseins die Einzelheiten in ihrem Ge- dächtnils wieder belebte. Kane erinnert sich, wie seine Phantasie von lebhaften Besorgnissen beunruhigt wurde, als er das Raubthier zuletzt nach der Gegend des Zeltes hin davon laufen sah, wie sein Gefährte zuerst aus der Ferne sah, dafs der Bär an dem Zelte sein. Wesen trieb, und wie sie zu ihrem Glück eben noch zeitig genug herankamen, um die niedergelegten Lebensmittel zu retten. In Beiden lebte nur noch ein verworrenes Bild des in wilder Zerstörungswuth umgeworfenen und zerzausten Zeltes und eine dunkle Reminiscenz ihrer Anstrengungen beim Wiederaufrichten desselben, bis sie in ihre Pelzsäcke kriechen konnten, um im Zustande der äufsersten Abspannung oder Bewulst- losigkeit eines zwar nur kurzen, aber tiefen und erquicklichen Schlafes von etwa 4 Stunden zu geniefsen. Dann erhoben sie sich körperlich und geistig gestärkt von ihrem Lager, um für den mit jedem Augen- blick erwarteten Zug der Gefährten ein wärmendes Getränk zu berei- ten. Grofs war ihre Freude, als dieselben bald nachher, früher als sie denken mochten, herbeikamen, und mit sichtbarem Vergnügen an der dargebotenen Erquickung sich labten. Das Wetter war still und freund- lich geworden, die Kälte sank bei hellem Sonnenschein auf 16 Grad Reaum. (—4° Fahr.). Dagegen war die Strecke, welche ihnen zu- nächst bevorstand, über die Mafsen anstrengend und beschwerdevoll. Sie mufsten hier den Lauf der Küste verfolgen, indem eine weit aus- gedehnte Kette von Eisbergen durch den Wechsel von Ebbe und Fluth hin und her geworfen, die Eisdecke zerdrückt und zerstückelt hatte. Auf diesen zerbröckelten Massen zog sich der Weg mehrere Stunden hin. Man kann denken, wie dabei der letzte Rest der Kräfte sich er- Die Smith-Sund- Expedition des Dr. Kane. 509 schöpfte. Die Ermüdeten vermochten jetzt unter brennendem Durste dem Genufs des Schnees nicht mehr zu widerstehen, obgleich der Mund davon anschwoll und Einige sogar die Sprache verloren. Immer häu- figer mufste im weiteren Verlaufe des Marsches Halt gemacht werden. Aller Abmahnungen und Gegenmafsregeln unerachtet warfen sich die Männer auf den schneebedeckten Boden. Seltsam genug, dafs sie nach kurzer Pause immer etwas gekräftigt wieder aufstanden. Dr. Kane, der gegen dieses Treiben anfangs seine ganze Autorität, wiewohl ver- gebens, aufbot, überzeugte sich aus eigener Erfahrung von der augen- blicklich wohlthuenden Wirksamkeit einer noch so kurzen Rast. Er setzte sich nieder, überliefs sich dem Schlafe, und als er von einem der Begleiter dem ertheilten Befehle zufolge nach drei Minuten geweckt wurde, fühlte er sich merklich gestärkt. So setzten sich die Männer nach und nach immer öfter auf die Läufe des Schlittens, um dann, nach drei Minuten, auf den ertönenden Weckruf von Neuem die schwere Arbeit fortzusetzen. Zuletzt nahmen sie zum Branntwein als dem äulsersten Mittel ihre Zuflucht. Eine grofse Ausnahme, da das soge- nannte Mäfsigkeitsprineip — die strenge Vermeidung aller spirituösen Getränke — unter den Grundgesetzen der Expedition stand. Anfangs wurde der Liqueur in kleinen Rationen theelöffelweise gereicht. An einem, wie es scheint, noch 10 engl. Meilen vom Schiff entfernten Punkte wurde eine längere Rast und ein „tüchtiger Schnaps auf ein- mal“ bewilligt. Von hier aus glauben sie den Rest des Marsches ohne weiteren Halt zurückgelegt zu haben. „Ich sage, wir glauben,“ — be- merkt Dr. Kane — „und dieses Wort ist vielleicht der sprechendste Ausdruck unserer Leiden; wir waren vollständig von Sinnen (quite de- lirious), verlassen von jeder Fähigkeit einer Wahrnehmung dessen, was um uns vorging. Wie Träumende schritten wir einher. Aus unseren Spuren sahen wir späterhin, wie wir hin und her von der geraden Linie abweichend — (es war am hellen Tage, denn sie sind um 1 Uhr Mittags bei .dem Schiffe angelangt) — nur durch einen Instinet uns zurechtgefunden hatten ... Ich hielt mich für den Verständigsten unter Allen, aber der Unsinn, den ich bei der Ankunft auf dem Schiffe, den Erzählungen der dort Zurückgebliebenen zufolge, geredet und als Be- fehl angeordnet habe, kann mich über die damalige Verwirrung meines Geisteszustandes nicht mehr zweifelhaft lassen.“ Diese Mittheilungen ergänzen und bestätigen sich in dem’ offieiel- len Bericht des Schiffsarztes Dr. Hayes, der diesmal auf der Brig ge- blieben war. Einer der zurückkehrenden Offiziere hatte zuletzt den Schlittenzug verlassen und war gegen zwei Stunden früher auf dem Schiffe angekommen. Auf die Nachricht von der nahen Ankunft der Mannschaften machte sich Dr. Hayes auf, um ihnen entgegen zu gehen. 510 C. Brandes: Da sah er die vier Kranken auf dem Schlitten festgebunden, den die Uebrigen kaum noch zu ziehen vermochten. Das fürchterliche Aus- sehen der Männer machte einen tieferschütternden Eindruck; als er sie begrülste, da schien es, als kennten sie ihn nicht, so stierten sie ihn mit hohlen wilden Blicken an. Alles an ihnen zeigte die Wirkungen des Frostes; von ihren Bärten hingen lange Eiszacken herab; langsam und schwächlich schritten sie einher. Welch ein trauriger Anblick, dieselben Gefährten, welche drei Tage zuvor stark und kraftvoll aus- gezogen waren, jetzt wie von der Last der Jahre dem Boden zuge- bückt zu sehen. Aber nachher, als ihnen auf den bereiteten Lager- stätten eine Ruhe, die ihnen nöthiger als Alles schien, sich darbot, traten erst die ergreifendsten Scenen ein. Denn jene Schwäche, die bis dahin blofs als Träumerei und Geistesverwirrung sich geäufsert hatte, artete jetzt in tobende Raserei (raving delirium) aus. Keiner unter Allen blieb davon frei, wenn auch der eine stärker als der an- dere angefochten war. Auf zwei Tage machte das Leben im Schiff den Eindruck eines Irrenhauses. Einige hatten die Phantasie des Er- frierens inmitten der Eismassen, und wulsten beim Erwachen nieht im Mindesten, wie ihnen während der letzten zwanzig Stunden zu Muthe gewesen und was mit ihnen vorgegangen war. Von einer alles Mafs über- schreitenden Schlaftrunkenheit ergriffen, taumelten sie hin und wieder von ihrem Lager auf, riefen wie aus tiefster Bewegung nach Hilfe oder trieben zur Eile. Endlich nach 24 Stunden erwachte Einer nach dem Andern und verlangte nach Speise. Im Ganzen dauerte der Zustand 48 Stunden; Ohlsen blieb zwei und einen halben Tag bewulstlos. Er forderte öfters Speise, als mit eigenthümlicher Gier, schien nichts zu erkennen als das, was er genols, fiel immer wieder in seine Schlaf- trunkenheit zurück, während seine Seele immer noch unter dem Zelte auf dem Eise war und augenscheinlich wähnte, er sei der Einzige, der wisse, was vorgehe. Kane war unter den Ersten, die sich wieder er- holten. Aber die Nachwehen, welche dieses auch hinsichtlich des Ziels völlig verfehlte Unternehmen nach sich zog, waren nicht abzuwenden; sie haben auf die Pläne des Dr. Kane einen lähmenden und verderb- lichen Einflufs ausgeübt. Zwei der Gefährten sind von dem Schmer- zenslager, auf welches sie bei der Rückkehr am 4. April niedersanken, nicht wieder aufgestanden; sie starben (der Eine, ein Jugendgespiele des Dr. Kane, am 8. April, der Andere, der Koch des Schiffes, am 22. Mai) in Folge der nöthig befundenen Operationen. Unter der Mannschaft hat die eine Halbschied sich nie wieder völlig erholt, und selbst die sechs Mitglieder, welche noch am besten davon kamen, er- langten ihre frühere Kraft nicht wieder. In die Tage gleich nach der Rückkehr fiel ein höchst unerwartetes Die Smith-Sund-Expedition des Dr. Kane. 511 Ereignifs, welches in mehr als einer Beziehung erfreulich wurde. In der Morgenstunde des 8. April, als die Männer eben noch das Sterbe- bette ihres Gefährten umstanden, ertönte plötzlich die Stimme des draufsen Wache haltenden Bootsmannes, der verkündigte, dafs Men- schen herankämen. Alle eilten sofort auf das Verdeck und sahen zu ihrer lebhaftesten Ueberraschung aus den schwarzen Klippen in der Nähe des Hafens einzelne wilde, rauhe Gestalten sich hervorwinden, die aber gleichwohl nichts anderes als menschliche Wesen sein konn- ten. Bald erschienen einige Eskimo-Schlitten, mit nicht weniger als 56 schönen Hunden, im Hintergrunde. Da Petersen der Eskimo-Sprache mächtig war, kam es sehr bald zu einer Verständigung mit diesen unerwarteten Gästen, die noch nie einen weilsen Mann gesehen hatten. Sie waren aus einer Entfernung von uugefähr 75 engl. Meilen bei Gelegenheit eines Jagdzuges, auf welche sie im Frühjahr auszugehen pflegten, hierher gerathen und zeigten sich von dem Anblicke der Brig und ihrer Bewohner auf das Aeulserste überrascht. Kane knüpfte mit dem Häuptlinge unverweilt friedliche und freundliche Unterhandlungen an. Diese gingen sehr gut von Statten und es liefs sich bald nicht mehr umgehen, die Ankömm- linge auf dem Schiff zuzulassen. Aber nun hielt es sehr schwer, die unruhige, zügellose und lärmende Schaar (über die Zahl der Männer sowohl als der Schlitten vermissen wir indefs eine nähere Angabe) in Schranken zu halten. Denn eine rastlose Neugier und ein ungezähm- ter Hang zum Stehlen machten sich bei ihnen sogleich durch störende Excesse bemerklich. Gleichwohl glaubte Dr. Kane Alles aufbieten zu müssen, um ein friedliches Verhältnifs aufrecht zu erhalten, während er auf alle Weise vorzubauen suchte, damit sie nicht irgendwie des Nothstandes seiner Mannschaft oder gar der Leiche des eben Gestor- benen ansichtig würden. Dies war nicht leicht, da die tumultuarischen Wilden für den Rest des Tages und die folgende Nacht im Schiffe ihren Aufenthalt nahmen und andererseits eine möglichst freundliche und gast- freie Behandlung nicht blos pflichtgemäfs, sondern auch rathsam war. Vor ihrer Abreise am folgenden Morgen schlofs Kane mit dem Häupt- linge Metek eine möglichst bündige Uebereinkunft gegenseitiger Hilfe und weiteren Verkehrs ab, kaufte vier Hunde und Walrofsfleisch, so viel die Eskimos hergeben wollten, für Nadeln, Perlen und einige Holz- stäbe. Sie versprachen, in einigen Tagen mit neuen Vorräthen wieder- zukommen und ihre Hundegespanne für die von Kane beabsichtigten Erkundungsreisen nach dem Norden zu leihen. Dieses Versprechen haben sie indessen nicht gehalten. Indem wir die anderweiten lebensvollen und anziehenden Nach- richten des Dr. Kane über die äufsere Erscheinung und den Charakter 512 C. Brandes: dieser Eskimo einer späteren zusammenfassenden Mittheilung vorbe- halten, wenden wir uns zu den weiteren Unternehmungen der Expe- dition zurück. Gegen Ende des Monats April hatte sich das Befinden der Kranken so weit gebessert, dafs Dr. Kane, dem nunmehr ein Schlittengespann zu Gebote stand (von den 51 mitgebrachten Hunden waren 44 umgekommen und unter den noch lebenden nur 3 zugfähig, denen er die 4 von den Eskimos erkauften zugesellte) mit sieben sei- ner Gefährten die ersehnte Fahrt zu dem grolsen Gletscher, dem er schon damals den Namen „Humboldt-Gletscher“ gab, antreten konnte. Nichts gleicht der erwartungsvollen Stimmung, mit welcher er am 27. April vom Schiffe Abschied nahm. Ihn belebte der Gedanke, dafs diese Reise ihn zur „Ultima Thule“ des grönländischen Gestades füh- ren und allen seinen Unternehmungen die Krone aufsetzen werde. Sein Plan ist zuverlässig sehr weit und umfassend gewesen. Er dachte erst in der Mitte des Monats Juni zurückzukehren. Anfangs schien Alles das beste Gelingen zu verkünden. Die Küstenbildung, welche auf der Strecke vom Refuge Harbor bis zum Winterlager der Brig eine gewisse Einförmigkeit zeigte, trat nach Nor- den zu immer kühner und grolfsartiger auf; tiefe Buchteinschnitte und Fiorde wurden immer häufiger; die Felsbildungen mannichfaltiger, male- rischer. Mit wahrhaft freudigem Gefühl begrüfste Kane jenseits des Cap Georg Russell die aus dem öden Weifls der ewigen Winterland- schaft emporsteigenden Rothsandstein-Bildungen, welche wie mit der wärmeren Färbung südlicher Landschaften den kalten Glanz der arkti- schen Wildnifs zu beherrschen schienen. Dazu kam, dafs diese Felsen unter den Einwirkungen des Wechsels der Jahreszeiten und der Witte- rung oft die Formen menschlicher Architectonik angenommen hatten, z. B. die von Kane benannten „drei gleichen Thürme (Three Brother Turrets)“, deren hochragende Steinmassen am Eingange eines landein- wärts gehenden Schlundes täuschend den Trümmern einer verfallenen Burg glichen. Noch ungleich imposanter erschien bald nachher am Rande einer tiefen Schlucht auf einem 280 Fufs hohen ausgebreiteten Piedestal eine einsam stehende Riesensäule, deren Schaft nicht weniger als 480 Fuls (ungefähr 450 Par. Fufls) emporstrebte, mithin fast die höchsten Bauten von Menschenhand an Höhe übertraf. Dieser Anblick wirkte wie ein Zauber auf das Gemüth der mit Kälte und allerlei Un- pälslichkeiten kämpfenden Männer. Aber bei Weitem am mächtigsten wurde Dr. Kane von dem Anblicke des ersehnten Humboldtgletschers ergriffen, der, unter 79° 12’ aus der Küste Grönlands emporsteigend, des ersten Tages, an welchem er sichtbar wurde, in der herrlichsten Klarheit sich darstellte. Diesen Gletscher betrachtet Dr. Kane als die Krone seiner Ent- Die Smith-Sund-Expedition des Dr. Kane. 513 deckungen. Er legt ihm einen Namen bei, den er nicht bedeutungsvoller auszufinden wulste. Er schildert ihn, im begeisterten Schwunge seiner Anschauungen, mit dem höchsten Aufwande der Sprache als eine er- habene und in hohem Grade grolsartige Erscheinung; und obgleich wir einem späteren Versuche vorbehalten, die an verschiedenen Stellen vor- kommenden, nicht immer völlig klaren Nachrichten, Beschreibungen und Bilder zu combiniren, können wir es uns doch nicht versagen, auf die universalgeographische Stellung, welche Kane demselben giebt, in aller Kürze einzugehen. Für diesen Zweck bedarf es zuvörderst einer Uebersicht des Terrains, und verweisen wir dabei auf die dem ersten Bande des vorliegenden Werkes beigegebene Karte, welche eine Dar- stellung der neuen Entdeckungen im Norden des Smith-Sundes oder, nach der besser bezeichnenden Benennung des Dr. Kane, der Smith- Strafse (Smith Strait) giebt. Dieser Meeresarm erweitert sich bereits einige Meilen südwärts des 70. Breitengrades in einer etwas nach Osten geneigten Richtung zu dem Becken der Peabody-Bai, und verengt sich weiter nördlich jenseits des 80. Grades wiederum zu dem Kennedy- Kanal, dessen Bett im Juni 1854 mit hellem Wasser angefüllt erblickt wurde. Die östliche Küste endigt 81° 10’ in dem Cap Constitution, von dessen dunkeln, bis 2000 Fufs hohen Porphyrklippen einer der Gefährten Kane’s von einem 480 Fufs hohen Punkte aus die eisfreie Fläche des offenen, bis in unabsehbare Fernen ausgedehnten Polar- meeres im Norden gesehen und das Getöse der brandenden Wellen gehört hat. Die Westküste des Meeresarms dagegen zieht sich so weit nördlich hinauf, dafs ihr Ende von dem Cap Constitution aus noch nicht zu erkennen war. An derselben ist, freilich aus beträchtlicher Ferne, in dem auf 2500 Fufs geschätzten Parry-Berge, 82° 27’, die nörd- lichste bis jetzt von einem Menschenauge gesehene Landbildung erblickt. Die Landschaft dieser Westküste — natürlich eine öde, wohl kaum je von einem Sterblichen betretene Eiswüste — erscheint als ein im Allgemeinen ziemlich gleichförmig zusammenhängendes Ganzes. Dr. Kane hat ihr der ganzen Ausdehnung nach den Namen „Grinnell- Land“ gegeben. Eine ganz andere Oberflächengestaltung tritt dagegen auf der Ostseite des Meeresarmes ein. Das anliegende Land führt bis 80° 12’ den Namen Grönland; — dann folgt an der Peabody -Bucht von Cap Agassiz bis Cap Forbes, 81° 5’, das Bereich des Humboldt- Gletschers; — endlich weiter nördlich eine neue Landbildung, welche, wie wir sahen, zum Cap Constitution ausläuft: Land Washington. Nun sieht Dr. Kane es so an, als ob der Humboldt-Gletscher den Abschlufs des ganzen mächtigen Körpers der Landmasse Grön- lands bildete. Er spricht unverhohlen aus: Wo dieser Gletscher im Süden seinen Anfang nimmt, da endet Grönland; wo er im Norden Zeitschr. f. allg. Erdk. Neue Folge. Bd.I, 33 514 C. Brandes: endet, da beginnt Washington-Land. Die beiden Vorgebirge Agassiz und Forbes sieht er als zwei verschiedenen Welttheilen zugehörig an, zwischen welche sich das fremdartige Element des Gletschers — einer- seits trennend und andererseits doch wieder in grofsartig eigenthümli- cher Weise verbindend — hineindrängt. Die Berechtigung, Grönland für einen besonderen Continent zu erklären, begründet Dr. Kane auf der grofsen Längenausdehnung von 1200 bis 1300 engl. Meilen (vom Cap Farewell im Süden bis Cap Forbes im Norden); er motivirt seine Ansicht mit der Bemerkung, dafs der australische Continent, von seinem nördlichsten bis zu seinem südlichsten Cap gemessen, nicht eben mehr betrage (I, 228) ?). Hier- aus ergiebt sich, wie Dr. Kane einerseits Grönland von dem amerika- nischen Continent unterscheidet, andererseits gleichwohl das nördlichste Gebiet im Osten der Smith-Strafse als Bestandtheil des amerikanischen Continents ansieht. Er hat diese Ansicht, wiewohl etwas schwankend und in weniger bestimmten Ausdrücken als im Texte, Note 45 (I, 460) näher bezeichnet und auf folgende Grundanschauung gestützt: das ge- sammte arktische Amerika jenseits der Dolphin- und Union-Strafse ist zu grolsen Inselmassen zerstückelt; es muls als ein ungeheurer Archipe- lagus angesehen werden. Während nun die Landbildungen desselben bis zum Grinnell-Land einschliefslich als Gebiet des amerikanischen Continents betrachtet werden, könnte Washington-Land im strengen Sinne des Worts nicht für einen Theil des Continents von Amerika gelten. Seiner geographischen Lage und seinem physischen Charakter nach eine Art Mittel- oder Zwischengebiet, dessen Zugehörigkeit streitig erschei- nen könnte, theilt aber das Washington-Land nicht den „peninsularen“ Charakter Grönlands, sondern hat im Allgemeinen die Natur der Ge- biete des amerikanischen Nordpolar-Archipelagus. Der Canal, welcher es von diesem letzteren trennt, ist nur 35 Meilen breit, mithin eben so wenig geeignet, für eine geographische Scheidung zu gelten, als etwa der Lancaster-Sund und die Murchison -Stralse. Wie es nun auch mit der Richtigkeit und Plausibilität dieser An- sicht stehen mag ?), es läfst sich nicht leugnen, dafs ihr eine grofs- ’) In der hinzugefügten Note I, 460 bemerkt Kane, dafs Australien zwischen der Bass- und Torres-Stralse ungefähr 1600 Meilen betrage. 2) Unter den Bedenken, welche dieser neuen Ansicht über die Eintheilung der arktischen Polarregion entgegenstehen, erwähnen wir der folgenden als der zunächst liegenden: 1) Nach der herkömmlichen Ansicht wird Grönland als ein Theil von Amerika, und zwar als der Hauptkörper oder als der östliche Abschlufs jenes arktischen Inselmeeres betrachtet, in welchem die nordwestliche Durchfahrt gesucht und gefunden worden ist. Es unterliegt kaum einem Zweifel, dafs von Grönland aus der nordamerikanische Continent zuerst entdeckt wurde; selbst die Gebiete Die Smith-Sund-Expedition des Dr. Kane. 515 artige, kühne, hochpoetische Anschauung zum Grunde liegt, von wel- cher Kane tief durchdrungen und ganz hingerissen ist. Er lebt in der Lieblingsidee, jenem unermessenen „mer de glace“, welches seinen Au- gen als ein unendlicher Eisocean sich darstellt, als einer mächtigen Crystallbrücke zweier Continente eine hohe geographische oder, sollen wir sagen, doctrinäre Bedeutung zu sichern. „Nun denke man sich“, ruft er aus, „wie durch das Innere eines solchen weiten Continents (Grönland) seiner gesammten Ausdehnung nach eine tiefe, unverwüst- liche Eissee sich hindurchzieht, welcher aus den Wasserbecken riesiger Schneeberge und aus den Niederschlägen der Atmosphäre eine ununter- brochene Nahrung erwächst. Man denke sich, wie diese Eissee, einem grolsen Strome gleich, an allen Fiorden und Thalmündungen nach einem des Lancaster-Sundes und der Barrow-Strafse sind — den Ermittelungen der königl. dänischen Gesellschaft für Alterthumskunde zufolge — schon im 13. Jahrhundert von den in Grönland angesiedelten Normannen besucht worden. Die weiten Landschaften im Norden dieses Meeresarmes und im Westen der Baffins-Bai (das heutige North Devon) wurden früher, da man sie mit dem Hauptkörper Grönlands unmittelbar zusammenhängend dachte, als „West-Grön- land“ bezeichnet. Erst in neuester Zeit ist der vom Smith-Sunde zur offenen Polar-See hinaufgehende Canal des nördlichen Eismeeres entdeckt; und seit- dem wurde die Bezeichnung West-Grönland ausschliefslich auf die Gebiete im Osten der Davis-Strafse und der Baffins-Bai beschränkt. 2) Die Ansicht des Dr. Kane, nach welcher Washington-Land als ein von Grön- land verschiedenes Land gelten soll, gründet sich auf das Dazwischentreten des Humboldt-Gletschers. Nun läfst sich zwar die Ausdehnung dieser merk- würdigen und grofsartigen Naturbildung längs der Küste des Meeresarmes, der hier den Namen Peabody-Bai führt, nicht anfechten. Allein Dr. Kane hat nicht nachzuweisen vermocht, dafs dieser Gletscher sich über die ganze Breite Grönlands hinzieht und bis zu der Ostküste desselben am atlantischen Ocean hinüberreicht. So viel wir bis jetzt wissen, ist es keineswegs undenkbar, dafs Grönland, sofern dessen continentaler Körper überhaupt so hoch hinauf reicht, durch einen Gebirgsgrat im Innern oder durch die Küstenbildung im: Osten mit Washington-Land unmittelbar zusammenhängt. 3) Sollten dagegen (was indessen den Forschungen Rink’s zufolge sehr zweifel- haft ist) die Erkundungen des Capt. Inglefield vom Jahre 1852 sich bestäti- gen, so trüge Grönland vom Walfisch-Sund ab den Charakter eines Archipe- lagus und es würde kein Grund sein, das Washington Land als eine dem grön- ländischen Archipelagus fremdartige Landbildung anzusehen. 4) Wenn die zu beiden Seiten des Kennedy-Canals liegenden Landschaften als zusammenhörig betrachtet werden, so läfst sich nicht absehen, weshalb die zu beiden Seiten der nicht viel breiteren Smith - Stralse einander gegenüber liegen- den Landschaften als zwei verschiedene Welttheile gelten sollen. 5) Es ist nicht einleuchtend, dafs Grönland wegen seiner Längenausdehnung als ein besonderer Continent und Welttheil angesehen werden müsse. ' Das Beispiel Australiens ist nicht glücklich gewählt, da zu dem fünften Welttheil weite Inselgebiete gerechnet werden, die der Lage und Naturbeschaffenheit nach viel fremdartiger sind. Sollte Grönland überhaupt zu einem eigenen Welttheile erho- ben werden, so müfste man wenigstens die Inselländer nordwärts des Lancaster- Sundes, der Barrow Strafse, des grolsen Melville-Sundes und der Banks-Strafse dazu rechnen. 33* 516 C. Brandes: Abflufs suchend, in Cataracten sich in das atlantische Meer und in die grönländische See ergiefst, und zuletzt, oben an der Nordgrenze ihres Geburtslandes, über eine der menschlichen Erkundung unerschlossene Fläche ihre gewaltigen vom Frost gefesselten Fluthen dahinströmt.* Dr. Kane fügt hinzu: er habe das Bild dieser Erscheinung schon längst vorahnend in seinem Geiste gesehen; er sei des Anblicks in der Hoff- nung, die Nordküste Grönlands zu erreichen, gewärtig gewesen. Allein indem sie jetzt in ihrer ganzen Herrlichkeit und Gröfse vor ihm stand, diese „im Anschauen herrlichen, ewig fortrückenden und doch halb- starren feststehenden Eismassen, jeden Lebenskeim vernichtend, Felsen und Inseln auf ihrer unwiderstehlichen Bahn verschlingend“, — da habe er doch die Wirklichkeit derselben kaum zu erfassen vermocht. Indem jetzt die Reisenden diesem „grofsen Gletscher“ näher ka- men, hatten sie in dem tiefen Schnee, dessen furchtbare Aufhäufung Dr. Kane einer besonderen Wirkung des Gletschers zuschreibt, die aufserordentlichsten Beschwerden auszustehen. Die Hunde waren nicht im Stande, den Schlitten zu ziehen, sie versanken tief in den hoch auf- geschichteten Massen; die Männer mulsten das Gepäck auf ihre Schul- tern nehmen und mühevoll den Weg bahnen, auf welchem die Hunde ihnen folgten. Noch weit schlimmer war es, dafs sich alsbald auch die bedenklichen Zeichen der um sich greifenden Schwäche und Krank- heit einstellten. Unter diesen Umständen war es ein vollends entschei- dender Schlag, dafs die im letzten Herbst mit wohlberechnetem Vor- bedacht hier niedergelegten Vorräthe den Bären zur Beute geworden waren. Dr. Kane ist fest überzeugt, dafs seine Männer keine Vorsichts- mafsregeln versäumt hatten, um diesen Unfall zu verhüten. Allein die Kraft, die eigenthümliche Geschicklichkeit und die Unermüdlichkeit je- ner Raubthiere überstieg jede Vorstellung. Grofse Steinblöcke, welche mit Cabestanhölzern (statt der Hebebäume) zu bewegen die Kraft dreier Männer erfordert hatten, sah man von der Stätte des Depöts bei Seite gerückt, die eisernen Pemmikanfässer waren im eigentlichen Sinne des Worts zu Splittern zerbrochen. Auch an ein paar eisernen Tonnen, die an den Enden spitz zuliefen, hatten sie, aber an diesen allein ver- gebens, ihre Klauen und Zähne versucht; man sah, wie sie dieselben trotz des Gewichts von 80 Pfunden nach allen Seiten hin und her ge- rollt und geworfen hatten. Nach allen diesen Unfällen war es das höchste Mafs des Unge- machs, dals Dr. Kane plötzlich von Fieber und Lähmung ergriffen wurde und dafs seine Krankheit eine sehr bedenkliche Wendung nahm. Es blieb kein anderer Ausweg als möglichst schnelle Rückkehr. Für Dr. Kane mufste, da er sich nicht auf den Füfsen zu halten vermochte, auf dem Schlitten ein Lager bereitet werden. Er war meist völlig Die Smith-Sund-Expedition des Dr. Kane. 517 bewufstlos; unverkennbar schwebte sein Leben in der äufsersten Ge- fahr. Als er am Iiten Tage nach seiner Erkrankung (14. Mai) im elendesten Zustande auf dem Schiffe wieder ankam, erklärte der Schifls- arzt, es sei die allerhöchste Zeit gewesen; ein Paar Stunden länger unterwegs würden unrettbar den Tod herbeigeführt haben. Unter der sorgfältigen Pflege der Gefährten nahm das Befinden des Befehlshabers bald eine erfreuliche Wendung, Es. gereichte ihm zur lebhaftesten Freude, noch während seines Darniederliegens eine Expedition unter Dr. Hayes zur Erkundung der Küsten des Grinnell- Landes (19. Mai bis 1. Juni) in’s Werk gesetzt zu sehen. Dieses Unternehmen, wiewohl es im Ganzen glücklich verlief und verhältnils- mäfsig befriedigende Resultate lieferte, konnte indessen für das zwei- malige Mifslingen des Hauptplanes, der nach dem hohen Norden ging, auf keine Weise einen Ersatz bieten. Um letzteren stand es unleugbar sehr schlimm. Schon nahete die Zeit, in welcher jede sich darbietende Gelegenheit zur Rückfahrt in die Heimath mit der gröfsten Umsicht und mit dem Aufgebot aller Mittel wahrgenommen werden mulste. Denn die ganze Ausrüstung und die Vorräthe entsprachen in keiner Weise den Erfordernissen für einen zweiten Winter in jenen öden Land- schaften. Dabei war der Gesundheitszustand der Mannschaften in Folge der furchtbaren Anstrengungen und Leiden noch immer sehr ungünstig; unter den Offizieren konnte der Schiffsarzt am 2. Juni nur zwei, und unter den Bootsmännern höchstens fünf als gesund bezeichnen; — den Meisten schien der Hauptplan fast schon unwiederbringlich verloren. Allein Dr. Kane verzagte noch nicht. Wir sehen ihn in den ersten Tagen des Juni, während er durch die Folgen seiner Krankheit noch an die Schiffsräume gefesselt wurde, aufs Angelegentlichste mit neuen Entwürfen für den hohen Norden beschäftigt. Unverkennbar erfüllte "ihn die Betrachtung, dafs bis jetzt über den Verlauf des mit dem Smith- Sunde beginnenden Meeresarmes ein positives Resultat noch nicht er- langt war, in täglich zunehmendem Mafse mit Pein und Unruhe. Er hegte darüber zwar im Voraus eine sehr feste Ueberzeugung. Abge- sehen von den Analogien der physikalischen Geographie im Allgemei- nen, fehlte es auch nicht an besonderen Beobachtungen und Anzeichen — z.B. Bewegung der Eisberge, sichtbare Spuren von Ebbe und Fluth — zu Gunsten der Ansicht, dafs das so eben noch von der Expedition unter Dr. Hayes durehschnittene Becken der Peabody-Bai im Norden nicht ringsum von Landmassen ummauert sein konnte. Aber solche Hypothesen, wie sicher er sich in denselben fühlte, bedurften doch der Bestätigung durch Thatsachen; — und, was noch weit schwerer in’s Gewicht fiel, es galt, jene Region zu erreichen, auf welche damals die letzten Hoffnungen für Franklin und seine Gefährten gerichtet waren. 518 C. Brandes: So trieb das Vorhaben, den Eingang zum offenen Polarmeer auf- zufinden, noch einmal mit aller Macht, alle noch vorhandenen Kräfte, wie unscheinbar sie waren, einzusetzen. Es war der letzte Wurf, des- sen Gelingen über den Erfolg der ganzen Expedition entscheiden mulste. Zweimal hatten die schweren Drangsale der arktischen Zone und ihre verhängnifsvollen Einwirkungen auf die menschliche Natur ein frühes Ziel gesetzt. Jetzt galt es noch einmal eine letzte Anstrengung. Die Rüstung verfolgte den doppelten Zweck, einmal den Hum- boldt-Gletscher, dessen Kenntnifs auf Anschauung aus der Ferne be- schränkt geblieben war, seiner Natur und Ausdehnung nach zu erfor- schen; zweitens den Lauf des Meeresarmes möglichst weit nach Nor- den zu verfolgen. Die erste dieser Aufgaben wurde zwei Offizieren mit Hinzugabe zweier Seemänner übertragen. Die Expedition machte sich am 3. Juni auf den Weg, erreichte am 15. den Fufs des Gletschers, vermochte aber nicht, an demselben emporzuklimmen, obgleich die Männer mit eisenbeschlagenen Stöcken und Fufsklammern versehen waren. Der Umstand, dafs die Bären auch hier sich der niedergeleg- ten Lebensmittel bemächtigt hatten, und die Folgen des beschwerde- vollen Weges im tiefen Schnee machten ein langes Verweilen unmög- lich. Die vier Männer erschienen am 27. Juni wieder vor der Brig. Ihre Anstrengungen waren nicht vergeblich gewesen; sie hatten wich- tige Beiträge zur Aufnahme der durchwanderten Küstengegend und wenigstens die Ueberzeugung gewonnen, dafs es ein wahnsinniges Unternehmen sein würde, die ungeheure Eismasse des Gletschers er- steigen oder bereisen zu wollen. Denken wir uns in jene Voraussetzungen zurück, unter welchen Dr. Kane bis vor wenigen Monaten nach dem eigentlichen Höhenpunkte aller seiner Unternehmungen hinauszuziehen dachte, so werden wir recht inne, wie ihm jetzt beim Blicke nach dem hohen Norden zu Muthe sein mufste und welche Ueberlegenheit des Geistes dazu gehörte, unter so unsäglichen Bedrängnissen der grofsen Aufgabe treu zu bleiben. An der Spitze einer muthvollen, kräftigen Mannschaft hatte er höher im Norden, als irgend sonst jemals andere Polarreisende sein Winterlager aufgeschlagen. So weit menschliche Berechnung reicht, war für alle Erfordernisse nach Möglichkeit gesorgt. Eine Anzahl Schlitten, welche man für weitere Reisen in jenen Eiswüsten fast eben so unentbehrlich hielt, als die Fahrzeuge auf der See, stand mit Be- nutzung aller vorhergehenden Erfahrungen zweckmäfsig und selbst sinn- reich angefertigt auf dem Verdeck der Brig bereit. Zehn vortrefflich eingefahrene Neufaundländer- und dazu mehr als 40 Eskimo-Hunde, welche zum Ziehen anzulernen man noch im Vorwinter viele Mühe sich kosten lassen, stellten ein rasches, vielen Beschwerlichkeiten über- Die Smith-Sund-Expedition des Dr. Kane. 19 hobenes Fortkommen über Eis und Schnee in Aussicht; dazu schienen jene auf den letztjährigen Herbstexpeditionen bis zum Fufse des Glet- schers hin niedergelegten Vorräthe eine erhebliche Erleichterung der Fahrt zu sichern. — Und nun! — Indem ihm jetzt im äufsersten Mo- mente die Nothwendigkeit .des letzten Wurfes abgerungen wird, sehen wir ihn, eben von schweren Krankheitsanfällen kaum wieder aufge- riehtet, seines körperlichen Zustandes wegen genöthigt, das Zimmer zu hüten; bei Weitem der gröfsere Theil der Mannschaft liegt darnieder; dazu ruft das Grab der beiden gestorbenen Gefährten ernste und schwere Mahnungen in’s Gedächtnifs. Seine treuen Zugthiere sind bis auf einen geringen Rest jämmerlich umgekommen; die Schlitten sind zu einem unnützen Geräth, die mittelst grofser Anstrengungen ausge- legten Vorräthe den Bären zur Beute geworden. So war es dahin gekommen, dafs das Unternehmen — dessen Aus- führung Kane trotz der beiden mifslungenen Versuche mit unerschütter- licher Ausdauer nicht aus den Augen liefs — in letzter Auskunft zwei Männern anvertraut werden mufste, die weder durch ihren Stand noch durch ihre Bildung den Anforderungen einer wissenschaftlichen Beob- achtung gewachsen waren. Diese beiden Männer, deren Namen eine ge- wisse Merkwürdigkeit gewinnen, waren der Bootmann Will. Morton und jener aus Fiskarnaes mitgebrachte Eskimo Hans Christian. Den ersteren der beiden Männer schildert Kane als eine that- kräftige, unerschrockene, durchaus zuverlässige Natur. Er erklärt ihn geradehin für den einsichtsvollsten unter seinen Gefährten. Dieses Urtheil ist um so gewichtvoller, da Morton !) bereits als Mitglied der ersten Grinnell-Expedition von seinem jetzigen Befehlshaber vielfach erprobt war. Der als Gefährte ihm beigesellte Eskimo Hans Christian hatte neben seiner eindrucksvollen Gutmüthigkeit, Treue und Hinge- bung sich besonders noch durch aufserordentliche Kraft und Ausdauer in Beschwerden ausgezeichnet; und wenn auch die Schwäche einer ge- wissen leichtgläubigen Empfänglichkeit für allerlei Vorspiegelungen und Vorurtheile an ihm bisweilen seltsam hervortrat, so hatte er doch bei verschiedenen Gelegenheiten viel natürlichen Verstand, nicht selten selbst einen treffenden Scharfblick an den Tag gelegt. Es würde müssig sein, diese Wahl weiteren Erörterungen zu unter- werfen. Die Lage der Umstände scheint sie mit harter Nothwendig- keit herbeigeführt zu haben. Dr. Kane läfst sich auf keine nähere Auskunft ein; seine Sorge ist nur darauf gerichtet, dem Unternehmen, !) Aufser dem Befehlshaber Kane und dem Bootsmann Morton war unter den Mitgliedern der jetzigen Expedition nur noch ein Offizier, Brooks, der damals schwer daniederlag, bei der amerikanischen Barrow-Strafsen-Expedition 1850 — 1851 ge- wesen. 520 C. Brandes: so viel in seiner Macht stand, einen gewissen Erfolg, die möglichste Ausdehnung zu sichern. Hätte die Reise zu Fuls zurückgelegt werden sollen, so würde dies einen unverhältnilsmäfsig grolsen Aufwand von Zeit gekostet, deshalb die Verpflegung erschwert und die Erreichung eines entfernten Zieles unmöglich gemacht haben. Dazu kam, dafs der durch die aufreibenden Beschwerden der mifslungenen Frühjahrsreisen einigermafsen angegriffene Zustand der beiden Männer (Morton hatte sich erst ganz kürzlich wieder ziemlich erholt), so weit es anging, Schonung erheischte. Dr. Kane war von Anfang an entschlossen, das einzige schwache Hundegespann, welches er besafs, auf diesen seinen „letzten Wurf“ einzusetzen. Er suchte unter den vorhandenen Schlit- ten den leichtesten aus und entsandte am 10. Juni — zu unverhältnifs- mälsig später Jahreszeit! — den Eskimo Hans Christian. Dieser traf mit Morton, der bereits am 3. Juni mit der zur Untersuchung des Gletschers ausgerüsteten Expedition die Brig verlassen hatte, nach sechs Tagen am südwestlichen Fufse des grofsen Gletschers zusammen. Nachdem sie dort einen Tag gerastet, um den ermüdeten Thieren die nöthige Erholung angedeihen zu lassen, nahmen die beiden Reisege- fährten (am 18. Juni) in ihrem Schlitten Platz, um den Küstenzug nordwärts bis in weite unbekannte Fernen hin zu verfolgen. In den ersten Tagen, so lange sie den grolsen Gletscher zur Seite hatten, war die Fahrt durch Eisberge und tiefen Schnee aufs Aeufserste gehemmt und erschwert, obgleich sie sich 5 bis 7 Meilen vom Westrande ent- fernt hielten. Die ganze Natur war hier leblos und erstarrt. Selbst Seehunde wurden hier nirgends erblickt. Die Eisdecke des Meeres- armes zeigte an einer Stelle, wo dieselbe gründlich zerborsten war, 75 Fufs Tiefe. Desto unverhoffter und überraschender war es, als die Reisenden mit dem 21. Juni, nachdem die Nähe des Bereichs des grofsen Gletschers überwunden war, wiederum einer von animalischem Leben erfüllten Gegend sich näherten. Das Eis wurde nach und nach weich und zeigte Spuren einer gewissen Auflösung. Die Hunde wider- standen dem Antreiben, warfen sich zu Boden und bogen zuletzt in- stinetmälsig seitwärts ein, unverkennbar aus Furcht, einzubrechen und in die Fluth zu versinken. Bald zeigte sich ein aus der Westküste des Meeresarmes einfliefsender Strom. Die beiden Reisenden waren genöthigt, von dem Bette des Gewässers hinweg sich der Küste des Landgebietes im Osten zuzuwenden, um dort nach einem Wege zu suchen. Dies brachte zuerst grofse Mühen und Beschwerden. Einige zwar nicht hohe, aber vielleicht 20 bis 30 Fuls hoch am Strande senk- recht emporragende Felskuppen, neben welchen keine Eisbahn vorbei- führte, mulsten überstiegen werden. Allein die Hunde vermochten diese steile Höhe nicht zu erklimmen und es bot sich keine andere Auskunft Di? Smith-Sund-Expedition des Dr. Kane. 521 dar, als den Schlitten an der steilen Felswand in aufgerichteter Stellung angelegt als Leiter zu benutzen. So schleppte Hans die Hunde, einen nach dem andern, an den Läufen des Schlittens hinauf, um sie Mor- ton, der vorher die Kuppe erstiegen hatte, entgegen zu reichen, der die Thiere dann vollends auf den Gipfel hob. Kaum aber waren diese anfänglichen Schwierigkeiten überwunden, als sich auf mehr als eine Tagereise (60 bis 70 engl. Meilen weit) ein der Reise äufserst günstiges Terrain vor ihnen ausbreitete. Indem das Wetter, welches einige Tage hindurch von diehtem Duft und Nebel verdunkelt gewesen war, sich jetzt aufhellte, erblickten sie ein ziemlich niedriges Land, an dessen Rand ein hinlänglich breiter Belt spiegel- glatten Eises hinführte, auf welchem sie in einer Stunde 6 Meilen zu- rückzulegen vermochten. Im Osten blieb das Land zunächst der Küste in wellenförmiger Flächenbildung einigermafsen eben. Gegenüber im Westen entwickelte das Grinnell-Gebiet eine beträchtlich hohe, schroffe Küstenbildung. Zahllose Berge mit zuckerhutförmigen Spitzen zogen sich in dichten Gruppen, aufgeschichteten Haufen von Kanonenkugeln vergleichbar, bis tief in das Innere hinein. Im Vordergrunde hatten die Reisenden zum ersten Male seit langer Zeit den Anblick eines offe- nen Canals, der die schwersten Eisstücke mit einer ungefähr dem ge- wöhnlichen Schritte eines Mannes gleichkommenden Schnelligkeit vor- wärts trieb. In der Mitte dieses Canals, dessen Breite und Tiefe grofsen Schiffen ein ausreichendes Fahrwasser dargeboten hätte, — wie sehr wünschten die Männer ihre Brig über die weite, dazwischen liegende Eisdecke hinweg hierher versetzen zu können! — gingen die Fluthen nordwärts, während das Wasser dicht an den Seiten, vielleicht unter dem Einflusse des zur Zeit herrschenden Nordwindes, sich der mittleren Strömung entgegen nach Süden zu bewegen schien. Nichts drängte sich stärker auf als die Beobachtung, dafs die heftigen Nordwinde keine Eismassen herbeitrieben und dafs der ganze Canal von einem Ufer zum anderen sein Gewässer klar und ungefesselt behielt. Aber mit noch gröfserer Freude als alle jene Erscheinungen be- grüfsten beide Männer die inmitten dieser Natur auftretenden Zeichen eines höchst überraschenden animalischen Lebens. Am Rande des Ca- nals sahen sie zahlreiche Seehunde von verschiedenen Gattungen hin- gelagert. Ringsum zeigten sich Schneegänse, Eiderenten, Seeschwalben und verschiedene Arten Seemöven (die sogenannten grofsen weilsen Burgemeister, Elfenbeinmöven, Mollemoken u. s. f.) in unzählbarer Menge '). Alle diese Thiere, deren Stimmen und Flattern von allen ’) Wir begnügen uns, das wissenschaftliche Verzeichnifs der in diesem hohen Norden gesehenen Vögelarten kurz wiederzugeben: Anas bermicla, 8. mollisima, 8. spectabilis, — Uria grylle, Larus glauceus, L. tridactylus, Sterna arctica; — Procella- 522 C. Brandes: Seiten wiederhallten, schienen sich keiner Nachstellung zu versehen, sie liefsen ohne Scheu die Männer nahe herbeikommen. Namentlich wurden diese von dichten Schwärmen der Eiderenten so umflattert, dafs Hans deren einmal zwei auf einen Schufs erlegte. Nachdem sie so etwa 48 engl. Meilen in grader Linie längs der Küste des Washington-Landes, den nordwärts strömenden Kennedy- Canal zur linken Hand lassend, in einer Tagereise zurückgelegt hatten, war der Sturm so heftig geworden, dafs sie zu einem 16stündigen Rastaufenthalt genöthigt wurden. Des folgenden Tages (23. Juni) bra- chen sie um 124 Uhr Mitternacht wieder auf, sahen aber, nachdem sie etwa 8 Meilen. vorwärts gekommen waren, plötzlich ihrer Sehlittenreise ein Ziel gesetzt. Der Eisbelt hörte auf, und die am Ufer vorspringen- den Klippen schienen zu steil und zu hoch, als dafs das Hundegespann hinanzukommen vermocht hätte. Die beiden Männer entschlossen sich, Hunde und Schlitten an einer dazu ersehenen Stelle zurückzulassen, und die Klippen zu übersteigen; es kam ihnen darauf an, nachzusehen, ob vielleicht jenseits im Norden eine neue Bahn für den Schlitten sich eröffnete. Diese Hoffnung versagte jedoch. Sie kamen ‚zuletzt an eine weite Bucht (Lafayette-Bai), an deren jenseitiger Curve als äufser- ste Punkte ein Vorgebirge (Cap Constitution) und ein Eiland (spä- ter als Doppel-Insel erkannt und mit den Namen Franklin und Cro- zier bezeichnet) hervortraten. In der Landschaft ringsum bemerkten sie mehr Grünes als irgend sonst wo, seitdem sie den Weg am Canal verfolgt hatten. Die Thalgründe waren mit Schnee überdeckt. Von den Felsen träufelte das Wasser herab. Obgleich es verhältnifsmäfßsig noch früh im Jahre war, vermochte Hans dennoch einige Blumen zu erkennen; er als die jungen Schöfslinge der Lichtblume (lychnis); aber das einzige Specimen, welches sie mit sich nahmen, war die trockene Schotenkapsel einer Nachtviole aus dem vorhergehenden Jahre, die ihre vollständige Entwickelung erreicht und den Winter überdauert hatte '). ria glacialis, Larus eburneus, L. argentalus. Die letzteren drei Arten sind an dem nördlichsten erreichten Punkte am Strande des unabsehbaren offenen Polarmeeres ge- sehen; nur der „Larus argentalus“ ist nicht hinlänglich recognoscirt. — Mit Recht macht Dr. Kane geltend, dafs das zahlreiche Vorhandensein dieser Vögel, welche theils von kleineren Seethieren und Mollusken leben, theils auch aus dem Pflanzen- reiche sich ernähren, die Voraussetzung eines entsprechenden Reichthums der anima- lischen und vegetabilischen Schöpfung in diesen Gegenden begründet. !) Folgendes ist das Verzeichnils der an diesem nördlichsten Punkte (jenseits des 81. Grades nördl. Br.) bemerkten Pflanzen: Ranunculus nivalis in Menge an den moosigen Abhängen der Lafayette-Bai; — Papaver nudicaule ziemlich entwickelt und gut erkennbar; — Hesperis Pallasii an der Lafayette-Bai, mittelst der über- brachten Schotenkapsel von dem Botaniker Durand recognoszirt; — Draba zwei Arten (eine wahrscheinlich mit der Draba alpina identisch) nebst den Gattungen Lychnis und Cerastium; — Sawifraga oppositifolia im ersten Hervorspriefsen; — Sawi- Die Smith-Sund-Expedition des Dr. Kane. 523 Vom Rande der Bucht kehrten die beiden Reisenden noch einmal nach dem Standorte des Schlittens zurück, um zu rasten und sodann mit den erforderlichen Instrumenten (einem künstlichen Horizont, Sex- tant und Compafs) und Vorräthen versehen, des anderen Tages den Versuch eines weiteren Vordringens zu unternehmen. Der 24. Juni ist der Tag, welcher sie zur „Ultima Thule“ ihrer arktischen Ent- deckungsreise führte. Es war ein eigenthümliches Begegnils, dafs es fünf ihrer Hunde, die sie auch diesmal bei dem Schlitten festgebunden, gelungen war, sich loszureilsen, die Steilklippen am Gestade zu er- klettern, und die beiden Reisenden unterwegs plötzlich durch ihr Er- scheinen zu überraschen. Diese Thiere jagten alsbald eine weilse Bärin auf, welche ein Junges mit sich führte und gegen die Angriffe der fünf Hunde mit der höchsten Anstrengung zu vertheidigen suchte. Kane hat dieses Jagdabenteuer, welches ein rührendes Beispiel der treuen und aufopfernden Mutterliebe jener „Tiger des Eises“ darbietet und wenigstens hinsichtlich des geographischen Schauplatzes seines Gleichen nicht hat, nach der drastischen Erzählung des Eskimo Hans ausführ- lich geschildert (I, 293—96). Beide Bären wurden durch die Flinten der Reisenden erlegt und gewährten sowohl ihnen als den Hunden eine willkommene Mahlzeit. Hans war so glücklich, in der Nähe den Lauf eines Eskimo-Schlittens ?) aufzufinden, der nebst dem vorfindli- chen Treibholz die nöthige Feuerung zum Kochen oder Braten des Bärenfleisches darbot. fraga flagellaris in vertrocknetem Zustande; — Oxyria digynmus reichlich nach Mafs- gabe einer Futterpflanze; — Salix uva ursi und Salix arctica längs des Kennedy Canals vertrocknet und knospend gefunden; — daneben die drei Gräser Poa, Alope- eurus und Festuca nebst den gewöhnlichen arktischen Cryptogamen. Mit Ausnahme der Nachtviole (Hesperis) waren alle diese Pflanzen auch an der Smith-Strafse. und am Green’s-Canal beobachtet. ») Wer möchte nicht wünschen, dafs die Männer den merkwürdigen Fund lie- ber mitgenommen hätten! Kane will (I, 309) auf denselben die Ansicht begründen, dafs der Eskimostamm früher bis zu jenem hohen Norden (81° nördl. Br.) hinauf sich ausgedehnt und eine, vielleicht gegenwärtig noch im Fortschreiten begriffene Veränderung des Klima’s stattgefunden habe. In der späteren Anmerkung (S. 462 N. 52) sagt er jedoch: das aufgefundene Fragment des Schlittenlaufs — der aus Holz und Fischbein gearbeitet und mit eingebohrten Löchern zum Durchziehen der diese Bestandtheile zusammenhaltenden Seehundsfellrieme versehen gewesen sei — könne nicht anders als entweder durch die Wellenströmung vom Smith-Sund her an diesen Strand hinaufgetrieben, oder von Eskimos, die einst an Ort und Stelle waren, zurückgelassen sein. — Für die erstere dieser Annahmen müfste man voraussetzen, dafs jener Meeresarm, der von der Baffins-Bai durch die Smith-Strafse, die, Pea- body-Bai und den Kennedy-Canal sich nach dem offenen Polarmeer aufwärts zieht, hin und wieder einer freien Strömung der Fluthen sich öffnet. So lange Dr. Kane in jenen Gegenden verweilte, war eine solche Verbindungsstrafse nie sichtbar. Dichte und schwere Eismassen herrschten über 100 Meilen weit oberhalb der Wasserfläche, wiewohl das Vorhandensein eines flüssigen Elements tief unten in den Bewegungen der Eismassen oft unverkennbar hervortrat. 524 C. Brandes: Der Weg führte hierauf quer durch eine Bucht, innerhalb welcher die Eisdecke grolfsentheils zerstückelt und durchbrochen war. Als Mor- ton jetzt sah, dafs Hans allmählich ermüdete oder der Beschwerden dieses Weges überdrüssig wurde, ergriff er die Auskunft, ihn seitwärts an der Krümmung der Bucht zur Erkundung derselben zu entsenden, während er selbst, allen Anstrengungen trotz bietend, guten Muthes weiter grade aus nach Norden hin vorging. So gelangte Morton zu der gegenüber vorgelagerten Landspitze, welche in das Cap Constitu- tion auslief. Er war so glücklich, dort am Strande einen freilich nur schmalen Eisstreifen zu finden, der sich eine Zeit lang an den Felsen hinzog. Eine englische Meile mochte er noch vom Cap entfernt sein, als die Landeismassen, aus welchen jener Streifen bestand, immer ge- brechlicher wurden und zuletzt ganz aufhörten, so dafs die Wellen, indem sie mit der entgegenströmenden See sich kreuzten, unmittelbar an den Felsen anschlugen. Inzwischen hatte sich der Wind einiger- malsen gelegt, kam jedoch immer noch aus dem Norden. Die Strö- mung (im Kanal?) ging. augenscheinlich sehr schnell (wie Morton meint, vielleicht 4 bis 5 Knoten). In der unmittelbaren Nähe entzo- gen sich die Gipfel der hochaufgethürmten Gestadeklippen seinen Au- gen, weit überhängende Vorsprünge beschränkten die Ansicht. Aber die in geringer Entfernung sichtbaren Spitzen erhoben sich etwa 2000 Fuß. Das Geschrei einiger Seemöven, die aus ihrem Versteck aufgescheucht waren, hallte in hundertfachem Echo durch die schauerlichen Klüfte. Morton erkannte, dafs ihm die riesige Höhe des eigentlichen Vorge- birges nicht erreichbar war; er mufste sich daran genügen lassen, eine ungefähr 480 Fuls hohe Klippe zu erklettern. Hier nun pflanzte er jene denkwürdige amerikanische Flagge auf, welche — einst von dem Wrack des am Columbia-Flusse gestrandeten Kriegsschiffes Peacock gerettet, — nachdem sie den Commodore Wilkes auf seinen Fahrten nach den antarktischen Polargegenden begleitet hatte, nunmehr ange- sichts der nördlichsten bis jetzt entdeckten Landbildung unserer Erde und angesichts eines noch von keinem menschlichen Fahrzeuge durch- segelten Meeres weithin sichtbar und doch von Niemand gesehen ent- flatterte. Von hier aus sah er über der offenen Polarsee im Westen das Grinnell-Land jenseits des 82. Grades in unabsehbarer Ferne sich verlieren, während schroffe Felsmassen, deren Gipfel zu erklimmen ihm versagt war, die Aussicht gegen Osten verdeckten. An diesem Punkte schöpfte er die Wahrnehmungen, welche der Kartenzeichnung des Dr. Kane zum Grunde liegen. Hier machte sich ihm angesichts der eisfreien Fluthen als besonders hervortretende Erscheinung der arktische Sturmvogel (Procellaria glacialis) bemerklich, dessen Vor- kommen den bisherigen Beobachtungen zufolge durch die Bahnen des Die Smith-Sund-Expedition des Dr. Kane. 525 offenen Meeres bedingt ist. In der That war derselbe auf der ganzen weiten Strecke von Cap Constitution bis zu dem sogenannten Nord- wasser im Norden der Baffins-Bai nirgends beobachtet. — — Hier müssen wir diese Berichte, wie mannichfachen Stoff zu den ansprechendsten Betrachtungen und Untersuchungen sie auch darbieten, vorläufig abbrechen, um den Ueberblick der Erlebnisse des Dr. Kane und seiner Gefährten zum Schlufs zu bringen. Als die beiden Reisenden am 10. Juli bei der Brig wohlbehalten wieder ankamen, fanden sie den Befehlshaber, wiewohl er mit der leb- haftesten Spannung ihre Erzählung vernahm und sich von den Ergeb- nissen der Reise nicht allein befriedigt, sondern auch in hohem Grade überrascht zeigte, dennoch in einer peinvollen, gedrückten Stimmung. Es war bereits als entschieden anzusehen, dafs in diesem Jahre die Heimführung der Brig nicht mehr gelingen werde. Schon am 9. Juni, als Dr. Kane zum ersten Male wieder nach seiner Krankheit die Räume des Schiffes verlassen konnte, blieb ihm nicht verborgen, dafs die Eis- massen im Verhältnifs der Jahreszeit sich noch aufserordentlich fest und ausgedehnt hielten. Unter der fortdauernden Ungunst des Som- mers war es dahin gekommen, dafs jetzt nur noch die Frage übrig blieb: Ob die Mannschaft entweder einen zweiten Winter in der Rens- selaer-Bucht verleben, oder ob sie, die Brig im Stich lassend, auf Booten den Rückweg zur Heimath suchen wollte? Aber dieser letzten Auskunft widerstrebte Kane mit der gröfsten Entschiedenheit. Wie traurig es auch immer noch umi das Befinden der Mannschaft stand, wie grolse Bedenklichkeiten auch erhoben werden mochten: er sah es als Verrath an, die Brig preiszugeben, so lange noch eine Möglichkeit ihrer Rettung vorhanden war. Hierbei fiel freilich die Aussicht der grolsen Drangsale, welche aus dem gänzlichen Mangel an Lebensmit- teln zu entstehen drohten, schwer in’s Gewicht. Hätte man in jenen Tagen, als die Walrofsjagd, daneben die fast täglich vorkommenden Gelegenheiten, Wildpret und Geflügel zu erlegen, zur Verproviantirung für den Winter reichliche Mittel bot, — hätte man damals auf den nunmehr eintretenden Fall Bedacht nehmen können, dann möchte es kaum schwierig gewesen sein, den schweren Uebelständen des Mangels vorzubeugen. Allein die Aufmerksamkeit des Befehlshabers war bis dahin ausschliefslich der ihm anvertrauten Aufgabe eingedenk gewesen, für diese Aufgabe hatten seine Männer unverwandten Blicks mit Muth und Freudigkeit gearbeitet und sich aufgerieben. Jetzt war es zu spät, die versäumten Vorbereitungen für die Nothwendigkeit eines zweiten Winterlagers nachzuholen. Unter diesen Umständen kam Dr. Kane auf den Gedanken, ent- weder in Upernavik oder auf der Beechey-Insel in dem reich versehe- 526 C. Brandes: nen Magazin des englischen arktischen Geschwaders Beihülfe zu suchen. Wenige Tage nach der Rückkehr der beiden Bootsmänner Hans und Morton sehen wir ihn bereits mit fünf Gefährten in einem Walfisch- boote auf dem Wege zur Baffıns-Bai. Man kann sich nicht der Be- trachtung erwehren, dafs die Umsicht, Kühnheit und Aufopferung bei diesem gefahrvollen Unternehmen ein besseres Gelingen verdienten, als ihnen zu Theil geworden ist. Dr. Kane hatte darauf gerechnet, in der Baffins-Bai auf dem sogenannten „Nordwasser“ (North Water) eine vom Eise nicht gehemmte Fahrt, sei es nach dem Lancaster-Sund, sei es nach den bewohnten Gebieten der grönländischen Küste zu finden. Alle bisherigen Erkundungen und die übereinstimmenden Aussagen der Walfischfahrer trafen in dem Resultat zusammen, dafs im Norden des Mitteleises, ungefähr vom Cap Dudley Diggs im Osten und etwa vom Cap Bathurst im Westen bis zum Smith-Sunde (Kane nennt die Insel Littleton als nördlichen Endpunkt) eine auf 90,000 engl. Quadratmei- len berechnete Fläche zumal im Spätsommer sich vom Packeise frei erhielte. Anders war dies jedoch in dem der arktischen Schifffahrt ganz besonders ungünstigen Jahre 1854. Während Capt. John Ross im Jahre 1818, Inglefield im Jahre 1852 und Kane selbst im Jahre 1853 noch das „Nordwasser* ohne Hemmungen durchsegelt hatten, trafen unsere Seefahrer etwa 10 engl. Meilen unterhalb des Cap Parry auf undurchdringliche Packeismassen. Von einem 120 Fufs hohen Eis- berge liefs sich deutlich erkennen, dals ein mindestens 30 engl. Meilen breiter Gürtel derselben granitfest und bewegungslos sich quer durch die Baffins-Bai hin erstreckte. Dr. Kane schreibt diese unerwartete Erscheinung dem Zusammenwirken der aus dem Jones-Sund im We- sten und der Murchison-Strafse (Walfisch-Sund) im'Osten herabgetrie- benen Fismassen zu und entwickelt auf Grund seiner Erfahrung die Ansicht, dafs jene grofse Fläche des „Nordwassers“ sich manchmal in zwei besondere Gebiete abgetheilt darstelle, von welchen das eine die Region des Lancaster- und Jones-Sundes, das andere die nördlichen Gebiete bis zur Smith-Stralse umfasst. Wie dem auch sei, durch die fast in denselben Tagen ohne besondere Schwierigkeit gelungene Ueber- fahrt des Capt. Inglefield von der Melville-Bai nach dem Lancaster- Sunde wird unzweifelhaft bewiesen, dafs im Süden jener von Kane beobachteten Packeis- Barriere wiederum offenes Nordwasser vorhanden gewesen ist, und somit die obige Ansicht unterstützt. Da Dr. Kane nunmehr jeden Versuch, weiter südwärts vorzudrin- gen, abgeschnitten sah, wandte er sich auf dem Rückwege nach der Northumberland-Insel, in der Hoffnung, dort für die von Siechheit be- fallene Mannschaft eine angemessene Erholung zu finden. Indem er nämlich an den Gletscherabhängen dieser Insel ein freundliches Grün Die Smith-Sund-Expedition des Dr. Kane. 527 erblickt hatte, glaubte er annehmen zu dürfen, dafs daselbst auch ani- malisches Leben nicht fehlen werde. Die gehegte Vermuthung bestätigte sich über alles Erwarten. Als die Reisenden vor der Thalmündung am Fufse einer Moraine landeten, sahen sie von verschiedenen Seiten dichte Schwärme von Eider- und Königsenten, Seemöven, Lummen und anderes Geflügel aus den wilden Felsmassen, in welchen sie niste- ten, hervorkommen; fahlfarbene arktische Füchse, durch diese Vögel in grofser Menge herbeigezogen, empfingen sie mit ihrem eigenthüm- lichen Bellen. Ueberall traten unverkennbare Anzeichen einer zahl- reichen Thierwelt entgegen, deren Vorhandensein wiederum den Boden befruchtet und nicht blos Gräser, sondern auch allerlei andere seorbuti- sche Kräuter in Fülle hervorgerufen hatte. Zugleich fanden sie ganz in der Nähe des Gestades fünf Eskimohütten, von welchen drei unver- kennbar noch kurz zuvor bewohnt gewesen waren, und eine eben so unerwartete als willkommene Herberge darboten. So wird die Northum- berland -Insel, an deren Gletscherbildungen sich anschaulicher und schöner als irgend sonst wo das allmähliche Fortrücken, die stille halb- feste Bewegung dieser Eismassen wahrnehmen liefs, von Dr. Kane als das „Capua“ der Baffıns-Bai gepriesen, und später zeigte sich, dafs auch den Eskimo auf der grönländischen Küste der Charakter dieses Eilandes keineswegs unbekannt geblieben war. Mit der Rückkehr des Dr. Kane trat die Lage der Mannschaft in ein neues Stadium. Das tägliche Gebet war nicht mehr: „Herr, nimm unsern Dank und segne unsere Unternehmungen“, sondern: „Herr, nimm unsern Dank und gieb uns unsere Heimath wieder.“ Wir sehen zu- mal die Seele des Befehlshabers von einer gemischten Stimmung er- füllt. Neben der Wehmuth, mit welcher er des letzten verfehlten Ver- suches und der drohenden Verlegenheiten des nächsten Winters ge- dachte, fand seine rege Geisteskraft in den neuen Entdeckungen und Anschauungen, welche er auch diesmal heimgebracht, eine unschätz- bare Quelle der Erhebung und selbst einer gewissen Erheiterung im tiefsten Ungemach. Einer der ersten Acte war die Niederlegung einer kurzen schrift- lichen Nachricht über die bisherigen Schicksale und Unternehmungen der Expedition (14. August). Die peinvollen Gefühle, mit welchen Kane 5 Jahre zuvor angesichts der Gräber auf der Beechey-Insel das Erdreich und alle Klüfte nach einer schriftlichen Urkunde von Sir John Franklin durchsuchen sah, standen zu lebhaft in seiner Erinnerung, als dals er diesen Schritt nunmehr nieht für ein ernstes Erfordernifs hätte halten sollen. Aber nun erhob sich unter seinen Gefährten mit star- kem Andringen von Neuem die Meinung, dafs schleunige Rückkehr nach dem Süden das einzige Rettungsmittel sei, um dem unaussprech- 528 C. Brandes: lichen Elende des Mangels an Nahrung und Feuerungsmaterial zu ent- gehen. Aber zum Aufgeben des ihm anvertrauten Fahrzeugs konnte sich Dr. Kane auch jetzt nicht entschliefsen, obgleich er es für seine Pflicht hielt, denjenigen, die auf ihre eigene Hand die Rückkehr unternehmen wollten, nicht blos seine Erlaubnifs nicht zu versagen, sondern ihnen auch eine angemessene Ausstattung mit dem nothwendigsten Reisebe- darf aus den kümmerlichen Ueberresten der Vorräthe angedeihen zu lassen. Ja er gab den neun Männern — es war gerade die Hälfte der ganzen Mannschaft; unter ihnen der Schiffsarzt Dr. Hayes, der Dolmetscher Petersen, der Astronom Sontag, — welche am 28. Au- gust, mit der Halbschied der vorhandenen Vorräthe beladen, den Weg nach dem Süden antraten, noch die schriftliche Zusicherung mit auf den Weg: dafs sie Alle, wenn ihnen das Ziel ihrer Reise zu erreichen milslänge, für den Fall ihrer Wiederkehr zur Brig eines brüderlichen Willkommens und einer herzlichen Wiederaufnahme in dem Kreise der Ausharrenden nicht fehl gehen sollten. Diese Zusicherung, wie sie dem tiefen Ernste einer edlen Gesinnung entquoll, ist kein leeres Wort ge- blieben; sie ist bedeutungsvoller, als sie ausgesprochen und entgegen- genommen war, zur That geworden. Die kleine Schaar der bei der Brig Ausharrenden — (ihrer waren zehn; Einer der am 28. August Abgezogenen kam schon nach weni- gen Tagen zurück) — hatte nicht ohne schwere Sorgen unter dem allmählichen Eintreten der traurigen Winteröde alle ihre Einsicht und Anstrengung aufgeboten, um den drohenden Uebeln des Mangels an Lebensmitteln, der Kälte und der Krankheiten nach Möglichkeit vor- zubeugen. Alle ersinnlichen kleinen Künste und Mühen wurden für die- sen Zweck aufgewendet. Die Fugen der Fenster und Wände waren mit Moos und Werg aufs Sorgfältigste verstopft. Die Einrichtung der Oefen und die Leitung der Röhren wurde nach einem in’s Einzelnste fast ängstlich berechneten Plane hergestellt; die Vertheilung der Vor- räthe auf die Mahlzeiten und das Mafs der Rationen mit ängstlicher Vorsicht nach dem vorhandenen Bestande geregelt. Eine lange Reihe verschiedener Arbeiten zum Schutz und zur äufseren Befestigung des Schiffes, sowie zur inneren Einrichtung war beseitigt, dazu manches kleine Ungemach überwunden, als am Ende des ersten Monats der sonnenlosen Winternacht (7. Decbr.) plötzlich 5 Eskimoschlitten, jeder mit 6 Hunden bespannt, vor der Brig erschienen und zwei der am 28. August verabschiedeten Mitglieder, Petersen und Bonsal, zurück- brachten. Die Erzählung dieser beiden Männer von dem, was sie seit jener Zeit erfahren, erlebt und ausgestanden, trat ganz in den Hinter- grund, als sie zuletzt berichteten, dafs ihre 6 Gefährten an einem etwa Die Smith-Sund-Expedition des Dr. Kanc. 529 200 engl. Meilen entfernten Orte uneinig, rathlos und beinahe ganz sich aufgebend zurückgeblieben seien. Dr. Kane sah es als seine dringendste Pflicht an, diesen Bedräng- ten Hülfe und Rettung zu senden. Dabei traten jedoch grofse Schwie- rigkeiten entgegen. Die beiden Zurückkehrenden waren jetzt nicht im Stande, den weiten Weg dahin zu machen. Unter den Zurückgeblie- benen lagen Einige so sehr der Pflege und Wartung bedürftig darnie- der, dafs die einzigen Gesunden — Dr. Kane und der Eskimo Hans — sich nicht entfernen konnten, ohne das Leben derselben auf das Spiel zu setzen. Da keine Zeit zu verlieren war, ergriff der Befehlshaber die Auskunft, aus den kümmerlichen Vorräthen, welche ihm zu Gebote standen, durch die Eskimos einen beträchtlichen Theil jenen Verlasse- nen zuzusenden. Es war eine traurige Erfahrung, dafs diese Wilden trotz des feierlich gegebenen Versprechens sich treulos des ihnen anvertrauten Gutes bemächtigten, während die ersehnten Gefährten durch den Schlittenzug einer anderen Eskimo- Ansiedlung am 7. De- cember bei einer Kälte von mehr als 36 Grad Reaumur (—50° Fahr.) zur herzlichsten Freude des Dr. Kane im Ganzen noch glücklich genug die Brig wieder erreichten. Die dunkeln Tage des Winters gingen der nunmehr wieder voll- ständig versammelten Mannschaft nicht ohne die traurigsten und herb- sten Erfahrungen vorüber. Nachdem die mit Theer getränkten Anker- taue, so weit sie entbehrlich schienen, verbrannt waren, schritt man dazu, die für die Flotterhaltung des Schiffes nicht unbedingt nothwen- digen Bretter und Balken zur Ergänzung des fehlenden Brennmaterials abzutrennen oder wegzuhauen. Während unter dem gänzlichen Mangel an gesunden Nahrungsmitteln der Scorbut auf jammervolle Weise um sich griff, entschlofs sich Dr. Kane, bei den Eskimo Hülfe zu suchen. In den ersten Monaten des Jahres 1855 sind trotz der furchtbaren Kälte vier verschiedene Versuche gemacht worden, die nächste Ansiedlung bei Etah (sie war 70 engl. Meilen entfernt) zu erreichen, aber immer kehrten die Männer nach zwei- oder dreitägigen schweren Kämpfen unverrichteter Sache zurück, weil sie die Hindernisse des Weges und der Temperatur nicht zu überwinden vermochten. Und als endlich das erstrebte Ziel erreicht wurde, fanden sie auch bei jenen Wilden nur schreckenerregendes Elend; auch unter ihnen war Hungersnoth ausge- brochen; die Bedrängnifs war so grofs, dafs sie die ihnen so lieben Zughunde erbarmungslos geschlachtet hatten. Zu allem diesen Elend kam noch der Ausbruch eines schändlichen Verbrechens. Zwei Mitglieder der Expedition hatten den Anschlag gefalst, vermöge einer ruchlosen Unthat mit dem Hundegespann zu desertiren. Einem derselben gelang es, im Augenblicke der Entdeckung nach einer Eskimohütte zu ent- Zeitschr. f. allg. Erdk. Neue Folge, Bd.T. 34 530 C. Brandes: weichen. Allein auch hier entwickelte Kane eine aufserordentliche Ent- schlossenheit und Thatkraft; er ruhte nicht, bis es ihm gelang, den Uebelthäter in Fesseln zur Brig zurückzuführen. Im Uebrigen gestaltete sich das Leben innerhalb des Schiffes, da die Gefährten mit unerschütterlicher Anhänglichkeit und treuer Gesin- nung einander zugethan waren, fast zu einem idyllischen Zusammen- leben ’). Dabei trat noch ein sehr eigenthümliches, höchst unerwarte- tes und psychologisch nicht recht erklärtes Begegnils ein. Jener Eskimo Hans Christian, der in allen Stücken die gröfste Biederkeit bewiesen und in der treuesten und aufopferndsten Liebe gegen den Befehlshaber die Anwandlungen des Heimwehs niedergekämpft hatte, war einstmals (im März 1855) bei dem Ueberbringen einer Botschaft an die Eskimo erkrankt. Zwei Wochen lag er, von den Bewohnern der Hütte, unter welchen zwei Töchter der Wilden bemerkt waren, sorgfältig gepflegt, danieder. Seitdem schien ein fremdartiges Element sich seiner Stim- mung bemeistert zu haben; auf Grund der freilich nur fragmentarischen Kunde, welche Kane über sein Verbleiben zu gewinnen vermochte, läfst sich kaum zweifeln, dafs er von einem zärtlichen Verhältnifs hinge- rissen nicht blos der Expedition, welcher er bis dahin unschätzbare Dienste geleistet, sondern auch den Erinnerungen an seine Heimath und Familie entsagt hat. Bei der endlichen Abfahrt des Dr. Kane und seiner Gefährten aus dem Smith-Sunde war er seit mehreren Wochen spurlos unter den dortigen Eskimos verschwunden. Wie lebhaft der Verkehr mit verschiedenen Eskimos in der letzten Zeit wurde, es ge- lang nicht, irgend eine sichere Auskunft über Hans zu gewinnen. Er scheint in einer etwas weiter entfernten Ansiedlung jener Wilden eine neue Heimath gefunden zu haben. Der gesteigerte Verkehr mit den Eskimo giebt den letzten Zeiten des Aufenthalts in der Rensselaer-Bai nicht blos eine eigenthümliche Färbung, sondern führte sogar zu einem neuen, anfangs vielverspre- chenden Unternehmen. Kane hatte diese vom Klima und von Mangel an dem nothwendigsten Lebensbedarf oft hart heimgesuchten Ansiedler in ihren Wohnstätten aufgesucht; trotz der Plage des Ungeziefers, der jede Vorstellung überbietenden Unsauberkeit und der fast unerträglichen Dunstluft hat er mitten unter ihnen in ihren Hütten übernachtet. Seine Seele ist aufs Lebendigste von Plänen für die Besserung ihrer Lage durch Uebersiedlung nach südlicheren Gegenden erfüllt. Das sichtbare !) Dies spricht sich u. A. in folgender eigenthümlich emphatischen Bemerkung aus (I, 372): It is a strange life that we are leading. We are absolutely nomads as far as there can be any thing of pastoral life in this region; and our wild encounter with the elements seems to agree with us all. Our table talk and supper was as merry as a marriage bell. Die Smith-Sund-Expedition des Dr. Kane. 531 Interesse und Wohlwollen, welches er ihnen bezeigte, blieb nicht ohne Wirkung auf den Sinn dieser Wilden. Als einst — 23. April 1855 — drei mit rüstigen Hunden bespannte Schlitten die Brig besuchten, er- wachte in ihm noch einmal mit aller Macht der Gedanke einer Reise nach dem Kennedy-Canal und Washington-Lande. Er überredete den Häuptling, mit ihm einen Ausflug nach dem hohen Norden zu machen. Voll der freudigsten Aussicht bestieg er einen der Schlitten; seine Hoff- nung gewann einen hochgehenden Aufschwung, als die Fahrt anfangs überaus schnell und glücklich von Statten ging. Allein am Fufse des Humboldtgletschers, als seine Blicke sich eben noch in den dunklen Wasserhimmel am fernen nördlichen Horizonte vertieften, — wandte sich die Aufmerksamkeit der Eskimo plötzlich auf zahlreich vorkom- mende frische Bärenspuren. Und als sie vollends einen grofsen Bä- ren beim Verzehren eines Seehundes erblickten, da waren sie nicht mehr von der lockenden Lust nach einer lohnenden Bärenjagd abzu- bringen. Dr. Kane mufste sich begnügen, in den ruhigen Stunden, welche das Umherschweifen der Wilden in jener Gegend ihm gewährte, noch einmal die majestätische Erscheinung in aller Ruhe zu betrachten. Als nach und nach die Vorzeichen der sommerlichen Jahreszeit sichtbar wurden, konnte Kane bei dem leidenden Zustande der Mann- schaft den Gedanken eines weiteren Ausharrens im Winterquartier und der Heimführung seiner Brig nicht länger festhalten. Er mulste auf die möglichst baldige Rückkehr in Schlitten und Böten bedacht sein. Alle - Herzen sehnten sich nach dem Augenblick der Abfahrt; alle Hände waren seit längerer Zeit schon mit Vorbereitungen und Zurüstungen für dieselbe beschäftigt. Dr. Kane bot seinerseits alle Ueberlegung auf, er scheute die Beschwerden eines ununterbrochenen Hin- und Her- reisens nicht, um den Transport der Kranken und ihre Verpflegung bis zu dem Augenblicke der Einschiffung zu sichern. Die Hundegespanne der Eskimo leisteten ihm unschätzbare Dienste; aber die Schwierigkeiten der Organisation der Abreise waren so grols, dafs erst am 19. Juli — zwei Monate nachdem die Mannschaft der Brig Lebewohl gesagt — bei der Hartstene-Bai in zwei Böten die Heimfahrt angetreten wurde. Der Zimmermann Ohlsen wurde noch ein Opfer dieser Anstrengungen. — Indem die Darlegung einiger der wichtigsten Erkundungen und Beobachtungen dieser höchst merkwürdigen Expedition späteren Mit- theilungen vorbehalten bleiben mufs, erlauben wir uns nur noch eine Bemerkung hinzuzufügen, die sich bei dem letzten Ueberblick der Er- gebnisse mit grofser Bedeutung hervordrängt. Es ist bekannt, dafs Capt. M’Clure unter den Beobachtungen und Erfahrungen seiner Fahrten und seines Aufenthalts in den nördlichen Polargegenden dahin kam, an jeder Möglichkeit einer Rettung oder 34* 532 Berichte Hermann und Robert Schlagintweits Geborgenheit Franklin’s und seiner Gefährten aufs Entschiedenste zu verzweifeln. Wie ganz anders Dr. Kane! Unbekannt mit den gleichzeiti- gen Ermittelungen des Dr. Rae hängt er fast bis zum letzten Augenblick dem Gedanken nach, zum Retter jener verunglückten Mannschaften zu werden; und unverkennbar geht die Freude und Zuversicht der Ueber- zeugung, dafs eine mehrjährige Subsistenz der Vermifsten in den höhe- ren arktischen Regionen durch die in denselben vorhandenen Hülfs- quellen zum Lebensunterhalt gar wohl denkbar und selbst wahrschein- lich sei, bei ihm mit der Sehnsucht, die Vermifsten zu erreichen, Hand in Hand. XXUI. Berichte Hermann nnd Robert Schlagintweit’s aus Ladak und dem Kuenluen. Mitgetheilt durch Herrn Alexander von Humboldt. 1) Bericht Hermann Schlagintweit’s an Se. Majestät den König, datirt Pangmück am Tso mo Gnalari, Distriet Pangong in Ladak, 2. Juli 1856. Nach einer Reise durch Kunower und die östlichen Theile La- daks wage ich es, einen kurzen Bericht über einige der Gegenstände vorzulegen, die ich zu untersuchen Gelegenheit hatte. Ich verliefs meine Brüder in Nag-Kanda (30. Mai) und ging, anfangs dem Sutledsch folgend, über den Tari-Pafs, c. 17,000 engl. (e. 15,950 Par.) Fufs, nach dem südlichen, höchsten Theile von Spiti, wo Dörfer, wie in einzelnen Theilen der Alpen, etwas über der ge- wöhnlichen Grenze des Getreides, bis 15,000 engl. (c. 14,070 Par.) Fufs, vorkommen. Kleine Saaten reifen noch in den günstigsten La- gen, wenn, wie in den höchsten bewohnten Orten der Alpen, der Schnee durch Aufstreuen von Erde künstlich so früh als möglich entfernt wird. Der klimatische Unterschied zwischen Kunower und Spiti ist über- raschend, weit gröfser, als er gewöhnlich durch hohe Kämme hervor- gebracht wird. Die bedeutenden Bergketten sind so gestellt, dals sie die herrschenden Süd- und Südwestwinde veranlassen, aus den äufse- ren Thälern des Himalaya bis zu Höhen von 18,000 (16,889 Par.) bis 19,000 (17,827 Par.) Fuls emporzusteigen, ehe sie Spiti erreichen. ul aus Ladak und dem Kuenluen. 533 Dadurch geschieht es, dafs sie durch die niedere Temperatur in größse- ren Höhen während des Aufsteigens fast alle Feuchtigkeit verlieren, ehe sie Spiti erreichen; in Spiti nimmt in Folge davon Klima und Vegetation weit früher, als die geographische Lage allein es erwarten liefse, den trockenen sterilen Charakter Thibets an. Von Spiti ging ich über den Parang-Pals, e. 18,400 (17,264 Par.) Fufs nach Ruptschu. Einen Gegenstand von besonderem Interesse bildeten jetzt die Salzseen, sowohl wegen der physikalischen Eigenschaften des Was- sers, als auch wegen der lokalen Verhältnisse, welche die Entstehung dieser Seen bewirkt haben mochten. Der Tso mo Riri, der grofse See von Ruptschu, war der erste, den ich besuchte. Sein gegenwärtiges Niveau ist, wie ich an mehre- ren Stellen nach sehr bestimmten Wassermarken messen konnte, 22 Fufs unter der höchsten Wassermarke. Noch jetzt erhält er einige kleine Arme eines Seitenbaches, der auf einem Absturze aus einem im Westen gelegenen Thale nahe dem unteren Ende herabkommt; der übrige Theil dieses Baches fliefst in das Erosionsbett des früheren Seeausflusses und in diesem in das tiefer gelegene Parang-Thal hinab; der See selbst hat jetzt keinen Ausflufs. Auch am oberen Ende des Sees und etwas oberhalb der Mitte, bei Korzok, kommt etwas Zuflufs herein. Die Umgebungen des Sees bilden hohe Berge, von denen ich meh- rere zu messen Gelegenheit hatte; erystallinische Gesteine, deren sanf- tere Abhänge sich sehr überraschend von den steilen Formen der sedi- mentären Gesteine in Spiti unterscheiden. Nach drei anderen Seen, dem Tso Gagar, Tso Gam und Tso Mitbal, besuchte ich den Tso mo Gnalari, den grofsen See des Distriets Pangong, der sowohl durch seine Ausdehnung als auch durch den gröfse- ren Salzgehalt vor den übrigen sich auszeichnet. Die Wassermarken, die auch hier sehr deutlich waren, ergaben eine frühere Höhe von 240 bis 250 Fuls über dem jetzigen Wasser- stande; in den drei oben genannten Seen waren diese Niveauverän- derungen etwas niedriger und unter sich sehr verschieden. Das speeifische Gewicht des Wassers im Tso mo Gmnalari war 1.003 (Wasser des rothen Meeres bei Suez 1.030). Alle anderen Seen hatten ein etwas geringeres specifisches Gewicht. Mit dem im Report I. erwähnten Voluminometer ') suchte ich die !) Reports on the Proceedings of the Officers engaged in the Magnetic Survey of India. By Adolphe, Hermann and Robert Schlagintweit. Reports I and II. Pu- blished by Authority. Madras 1855, p. 8. Das Voluminometer ist von Chr. Geifsler in Berlin verfertigt und zeigt „59550 in der Veränderung des Volumens an. 534 Berichte Hermann und Robert Schlagintweits Ausdehnung des Wassers zu bestimmen. Es hat kein Dichtigkeits- maximum, sondern zieht sich bis zu seinem Gefrierpunkte, —0.3° C., zusammen. Versteinerte Süfswassermuscheln mit kleinen Krabben finden sich sehr zahlreich längs des Ufers und auf dem Boden des Sees; die Krab- ben fand ich auch noch lebend, ebenso kleine Fische. Hier versuchte ich, obwohl weit entfernt von Holzwuchs, aus Zelt- stangen, Stöcken und 12 aufgeblasenen Schaffellen ein kleines Flofs zu machen, auf dem es uns auch gelang, an drei Stellen Tiefenprofile quer über den See zu machen. Die tiefste Stelle, die sich fand, war 170 Fuls, an den beiden anderen Profilen nicht ganz 150 Fufls. Die grölste Tiefe beträgt also wohl weniger, als die Tiefenveränderung vom höchsten Wasserstande bis zum gegenwärtigen Niveau. Ich bemühte mich, so viel als möglich Alles zu untersuchen, was die allmähliche Depression der Oberfläche dieser Seen und die damit zusammenhängende Vermehrung ihres Salzgehalts erklären könnte. Allgemeine Veränderungen der klimatischen Verhältnisse würden allerdings die Entstehung solcher Seen erklären; aber diese haben an sich wenig Wahrscheinlichkeit und sie würden weit gleichartiger das Niveau aller Seen verändert haben. Eben so wenig kann eine bis in die neueste Zeit fortgesetzte He- bung angenommen werden, durch welche etwa die Seen, wie ein am oberen Ende emporgehobenes Becken, theilweise entleert worden wären. Die Stellung des unteren Endes dieser Seen ist für jeden See, den topographischen Verhältnissen entsprechend, in anderer Richtung orien- tirt, und die neuesten Ablagerungen sind, so genau als man es messen kann, horizontal, also unverändert. Die allmähliche Erosion der Schuttmassen, deren hohe Bänke in vielen Ausflufsthälern dieser Seen, besonders des Tso mo Ganalari, Höhen von 500 bis 800 Fuls zeigen, scheint mir die wesentlichste Ur- sache der Depression dieser Seen zu sein; dies erklärt auch ganz ge- nügend die ungleiche Veränderung bei den einzelnen Seen. In weniger trockenen Klimaten, als in Thibet, würde die Depres- sion des Niveau’s allein die Folge gewesen sein; hier wurde die Ver- kleinerung der verdunstenden Oberfläche auch die Ursache des Salzig- werdens. Mit dem Fortschreiten der Erosion wurde nicht nur die Oberfläche der Seen tiefer gelegt und sehr verkleinert, sondern auch zahlreiche kleine Seen und Wasser- Ansammlungen in ihrer Nähe wurden entleert, bis zuletzt die Gesammt-Oberfläche der verdunstenden Seen und klei- nen Wasser-Ansammlungen so sehr reducirt wurde, dafs die Verdun- stung aus denselben durch die unaufhörlich darüber wehenden trocke- aus Ladak und dem Kuenluen. 535 nen Winde nicht nur dem Zuflusse vollkommen das Gleichgewicht hielt, sondern sogar mehr als diese zugeführte Wassermenge entfernte und so das allmähliche Salzigwerden der Seen veranlaßte. Es ist sehr wahrscheinlich, dafs der relative Salzgehalt noch jetzt, wenn auch sehr langsam, stetig zunimmt. Ich hoffe, später im Stande zu sein, durch die speciellen Beob- achtungen und Messungen näher begründen zu können, was ich hier nur im Allgemeinen anzudeuten versuchen konnte. Ich verlasse morgen den Tso mo Gnalari, um über Tanktse nach Ladak zu gehen, wo ich mit Robert zusammentreffen und dann in seiner Begleitung Nubra und den Kuenluen bereisen werde. 2) Bericht Hermann und Robert Schlagintweit’s an Se. Majestät den König, de dato Leh in Ladak, 24. Sep- tember 1856. Es war uns möglich, jenseits des Karakorum in das östliche Tur- kestan bis in die Nähe Eltschi’s, der Hauptstadt von Khotan, verklei- det und unerkannt zu gelangen und so den Kuenluen seiner ganzen Breite nach zu untersuchen. Nach einer vorläufigen Berechnung der zurückgelegten Distanzen beträgt der Weg, den wir in Turkestan mach- ten, gegen 300 engl. Meilen. Der folgende Bericht enthält nebst einem Itinerar und einigen all- gemeinen Bemerkungen auch eine gedrängte Zusammenstellung einiger wissenschaftlicher Resultate. Wir verliefsen Leh am 24. Juli, gingen über den Laotsche-Pals, 17,600 engl. (16,516 Par.) Fufs hoch, nach dem Shayok- und Nubra- Thale und später, das Nubra-Thal verlassend, über den Sassar-Pals, 17,500 engl. (16,420 Par.) Fufs. Wir hielten zwei Tage auf dem Passe (2. und 3. August), was uns möglich machte, auf den Gipfel des Sassarberges, c. 20,000 engl. (18,765 Par.) Fufs hoch, zu gehen; wir hatten dort eine sehr schöne Uebersicht über die uns umgebenden Gletschergruppen, die wohl zu den bedeutendsten Gletschermassen des Kuenluen gehören. Vom Sassar-Passe kamen wir auf die grofsen Plateau’s, südlich vom Karakorum-Passe, deren mittlere Höhe circa 17,100 engl. (16,044 Par.) Fufs beträgt. Am 9. August passirten wir ohne Schwierigkeit die turkestanische Grenze. Wir waren begleitet aulser von Mani, dem Patwari von Milum, von Makshut, einem früheren Diener Moorerofts, den wir am Wege von Ruktschu nach Ladak gefunden hatten, und von Mohamed Amin, einem alten Turkestani, der uns später durch seine allgemeine Kennt- 536 Berichte Hermann und Robert Schlagintweits nils des Landes besonders wichtig wurde; wir hatten 6 Reitpferde und 13 Packpferde bei uns, nebst 5 Yarkandi’s, und eine kleine Heerde von 15 Schafen und Ziegen. Die Yarkandi nebst Pferden und Lebensmitteln hatten wir von Leh geheim vorausgesandt und trafen sie, wie zufällig, erst in Nubra. Von Leh bis Sassar reisten wir mit unseren indischen Dienern und Gepäck, nicht verkleidet; jenseits Sassar aber waren wir vollständig als Yarkandi gekleidet. Den Tag, ehe wir über Karakorum-Pals gingen, 18,300 engl. (17,170 Par.) Fufs hoch, begegneten wir einer grolsen Karawane aus Yarkand, der unsere Leute zu verstehen gaben, dafs wir auf der Yar- kand-Strafse einige Tagereisen weit gehen wollten; sobald wir aber Karakorum passirt hatten, verliefsen wir die Strafse nach Yarkand und gingen auf Kisilkorum, der hohen Wasserscheide (17,400 engl. oder 16,326 Par. Fuls hoch) zwischen dem Yarkand- und Karakash-Flusse, wobei wir in einem Tage über vier Pässe von mehr als 17,000 engl. (e. 15,960 Par.) Fuls, aber von geringer relativer Höhe kamen. Wir folgten von hier in südöstlicher Richtung der Biegung des Kuenluen, bis zu einem sehr schwach salzigen See, dem Kiukioel, am nördlichen Fufse von Tschang Tschenmo gelegen. Bis hierher waren fast stets hohe, ausgedehnte Plateau’s, 16,800 bis 17,000 engl. (15,763 bis 15,959 Par.) Fufs hoch, weit bedeutender, als jene südlich von Karakorum; von Kiukioel aber folgten wir dem Karakash-Flusse im Thale (der Ursprung des Flusses ist auf Kisil- korum); zur rechten Seite waren keine Plateau’s, aber zur linken, ob- wohl nur selten erkennbar, reichten sie bis Suget. Nichts kann mit der Vegetationslosigkeit der nördlichen Kuenluen- Plateau’s und des Karakash-Thales verglichen werden. Wenn den Plateau’s und dem langen Karakash -Thale Wasser mangelte, so wäre Alles eine ungeheure Wüste. In einem Marsche von 18 engl. Meilen trafen wir nur vier Species von Pflanzen; oft war tagelang kaum et- was Gras für die Pferde zu finden, ja einige Tage fehlte es gänzlich. Der Kiukioel, ce. 14,800 engl. (13,886 Par.) Fufs hoch, dessen Ufer mit schönem Grase bewachsen waren, erschien uns als eine Oase in dieser vegetationslosen, öden Gegend. Wir hatten zwar, nach vielen Zweifeln über die Richtigkeit der uns gemachten Angaben, uns entschlossen, von Leh circa 2 Centner Pferdefutter mitzunehmen, was vor dem absoluten Erhungern schützte; aber die Pferde litten dennoch ungemein. Durch den gänzlichen Gras- mangel waren wir gezwungen, besonders anfangs sehr starke Tage- reisen von 20 bis 24 engl. Meilen zu machen, was uns selbst von gröfs- tem Vortheile war, aber die Pferde in erschreckender Weise angriff. al aus Ladak und dem Kuenluen. 537 Gleich unterhalb Kiukioel, dem Salzsee, trafen wir eine interes- sante Gruppe von mehr als 50 heifsen kohlensauren und kochsalzhal- tigen Quellen, deren Temperatur zwischen 25 und 49° Cels. war. Be- reits früher hatten wir im Nubra- Thale zwei andere Gruppen, die eine bei Panamik, 78,1° Cels., die andere bei Tschanglung, 74,1° Cels., gesehen. Nach einem Marsche von 70 engl. Meilen in vier Tagen kamen wir nach Sumgal, wo der Weg nach dem Thale von Buschia und nach Eltschi, der Hauptstadt Khotan’s, im östlichen Turkestan, sich abzweigt. Doch hatten wir einige Schwierigkeit, ehe wir diesen Ort erreich- ten. Tags vorher liefsen wir Mohamed Amin, der uns gewöhnlich be- gleitete, vorausgehen, während wir selbst einige Messungen über Flufs- breite und die Tiefe der Erosion machten. Wir sahen mit unserem Fernrohre deutlich, dafs er jenseits des Baches ging, und folgten sei- nen leicht zu findenden, im Sande des Flusses wohl markirten Tritten bis 6 Uhr Abends. Aber jetzt ging die Spur wieder über das Wasser und war nicht mehr zu sehen. Da alle unsere Leute zurück waren, schien es uns das Beste, langsam umzukehren, um ihnen zu begegnen. Doch obwohl wir sie bis 8 Uhr Abends suchten, fanden wir nirgends eine Spur von ihnen; sie mufsten bestimmt auf die andere Seite des Baches gegangen sein. Als wir versuchten, den in viele Arme ge- theilten Flufs zu übersetzen, konnten wir bei der rasch eintretenden Dunkelheit die Furten im Flusse, der stellenweise 4 bis 5 engl. Fufs tief ist, nicht mehr finden und weder auf die eine oder die andere Seite des Baches kommen; wir waren daher gezwungen, auf einer ganz kleinen Sandbank, ungefähr in der Mitte des Flusses, uns für die Nacht einzurichten. Vor Allem wurden den Pferden mit den Riemen des Sextanten und prismatischen Compasses die Fülse zusammenge- bunden; unsere Sättel und ganz durchnäfsten Schabraken dienten als Unterlage auf dem ganz feuchten Boden. Da es Nachts vorher etwas geschneit hatte, so war ein Steigen des Wassers zu befürchten, und ein kleiner in Eile errichteter Pegel zeigte die nicht geringe Zunahme des Wassers sehr bald ganz deut- lieh; doch bei der grofsen Breite des Flufsbettes war nichts ernstliches zu fürchten. Der Boden wurde zwar bedeutend nässer, kam aber nicht ganz unter Wasser. Am nächsten Morgen, 20. August, fanden wir unsere Leute gegen Mittag; auch der ihnen weit vorausgeeilte Mohamed Amin wurde Abends in Sumgal erreicht. Unsere Pferde waren auf das Aeufserste erschöpft; auf dem Wege von Kisilkorum bis hierher waren sieben von neunzehn durch Hunger, 538 Berichte Hermann und Robert Schlagintweits Kälte und Erschöpfung zu Grunde gegangen. Von Sumgal geht, wie bereits erwähnt, ein Weg nach Buschia und von hier nach Eltschi ab. Da einige Hoffnung vorhanden war, in Buschia Pferde und Yaks, so- wie Lebensmittel, die bereits zu mangeln anfingen, zu erhalten, so liefsen sich unsere Leute um so leichter bewegen, das bewohnte und nicht sehr ferne Buschia-Thal zu besuchen. Wir nahmen nur wenige unserer Leute und möglichst wenig Ge- päck mit. Wir mufsten über einen Gletscherpafs von circa 17,000 engl. Fuls, den nur Mohamed Amin kannte, der aber seit 20 Jahren nicht mehr über den Pafs gegangen war. Schon um 10 Uhr Morgens wurden wir von einem starken, mit heftigem Winde begleiteten Schnee- gestöber überfallen, das bis 6 Uhr Abends ohne Unterbrechung fort- währte. Der selbst beim schönsten Wetter sehr schlechte Weg war besonders unter den gegenwärtigen Verhältnissen sehr schwer zu fin- den. Als wir und Mohamed Amin vorausgingen, um einen Weg durch die Spalten zu suchen, fanden unsere Leute es unmöglich, die belade- nen Pferde über einige etwas gröfsere Gletscherspalten hinüber zu bringen. Sie liefsen das Zelt, Bettdecken und den Koffer mit Geld und einigen Instrumenten (die nöthigsten trugen glücklicherweise Mo- hamed Amin und wir selbst) auf dem Gletscher zurück und nahmen nur einige Lebensmittel mit, folgten aber, erschöpft durch das steile Ansteigen und den Schneesturm, so langsam mit den leeren Pferden, dafs sie bei der plötzlich eintretenden Dunkelheit nicht mehr über die letzte steile Endmoräne herabkommen und uns weder Holz noch Essen herabschicken konnten. Wir lagen die ganze Nacht in unseren nassen Kleidern im Schnee. Obwohl wir Nachts keinen neuen Schneefall hatten, so war doch die Kälte sehr bedeutend, —11,4° C. (—9,1° R.). Es erfroren zwei Pferde, eines oben bei unseren Leuten, ein anderes, eines unserer besten Pferde, das wir schon im vergangenen Jahre auf unseren Reisen im Himalaya hatten, zu unseren Fülsen. In Buschia, das wir zwei Tage später, am 25. August, erreichten, fanden wir, obwohl wir durchaus kein Geld bei uns hatten, bei den das Thal bewohnenden Leuten vortreffliche Aufnahme, erhielten Pferde, Yaks, Schafe ete., indem wir den Leuten versprachen, sie jenseits des Passes zu bezahlen. Die Leute schienen sehr ehrlich, auch ihre Preise waren ganz mälsig. Sie sind halbnomadische Tartaren, die Steinhöh- len nach Häuserart eingerichtet haben, gewöhnlich in Zelten leben und auch im Winter hier bleiben. Die Höhe von Buschia ist 9,200 engl. (8632 Par.) Fufs. Wir waren ganz gekleidet wie sie, auch vorher von arisimed Amin auf ihre Art des Essens und auf die nöthigen Salams und Be- aus Ladak und dem Kuenluen. 539 grüßsungen (die Leute sind fern von Wildheit, vielmehr sehr ceremo- * niell) eingeübt worden. Sie hielten uns in der That, da sie niemals einen Europäer gesehen hatten, wie wir vorgaben, für Kaufleute aus Dehli, von dem wir ihnen Manches zu erzählen hatten. Unser erstes Zusammentreffen war sonderbar; wir sahen ihre grolsen Heerden fettschwänziger, vortrefflicher Schafe jenseits des Bu- schia-Baches, und da wir noch fern waren, richteten wir ein Fernrohr dahin. Augenblickliche allgemeine Flucht; die Leute hielten das Fern- rohr, wie sie später sagten, für eine Flinte. Als Mohamed Amin ohne Waffen sich ihnen näherte, legten auch sie ihre nicht schlechten Lun- tenflinten (mit russischen Stempeln) weg, und wurden rasch Freunde. Eine grofse Filzdecke wurde ausgebreitet, auf die sich nach gegenseiti- gen endlosen Complimenten und Ceremonien Alles niederliefs, Thee wurde gebracht und unsere Geschäfte gingen so rasch, dafs wir nach 1% Tagen wieder von hier nach Sumgal aufbrechen konnten. Eltschi, Khotan’s Hauptstadt, war von Buschia nur noch zwei Tagereisen ent- fernt; aber die Zeit war bereits weit vorgerückt, und chinesische Sol- daten und Wachtposten ganz in der Nähe. Die Lage Eltschi’s ist auf Herrn v. Humboldt’s Karte der Gebirgs- ketten und Vulkane Central-Asiens sehr richtig angegeben (dort ist der Name der Provinz mit jener der Hauptstadt identifieirt, was zu- weilen verstanden wird). Die Stadt selbst heifst Eltschi. Die Hum- boldt’sche Karte hatten wir stets zur Hand; sie war uns durch die so klare und übersichtliche Zusammenstellung aller geographisch wichtigen Punkte sowohl bei unserer Reise, als auch bei den wiederholten Er- kundigungen um Routen und Positionen von gröfster Wichtigkeit. Vom nördlichen Fufse des Kuenluen waren wir 14 Tagereisen ent- fernt; schon bei Buschia hat der Hochalpen-Charakter des centralen Kuenluen aufgehört; die höchsten Berge in der Nähe Buschia’s sind nicht ganz 11,000 engl. Fuls hoch. Am 29. August verliefsen wir Sumgal und gingen noch drei Tage- reisen dem Karakash-Flusse entlang, der von Sumgal bis Suget nach Westen fliefst, dann aber sich wieder nach Norden umbiegt. Wir tra- fen auf diesem Wege ausgedehnte Steinbrüche von Yaschem, die aus weiter Ferne besucht werden; wir konnten von diesem in ganz Cen- tral- Asien sehr geschätzten Steine eine grolse Quantität zur späteren Analyse mitnehmen. Suget, ein Halteplatz an der Winterstrafse nach Yarkand, ist 6 Tagereisen (Karawanen-Tagereisen) vom Karakorum-Passe gele- gen; von Suget bis Karakash, einer anderen Stadt Khotan’s, beträgt die Entfernung noch 6 Tagereisen. Am 4. September brachen wir mit Mohamed Amin und zwei 540 Berichte Hermann und Robert Schlagintweits Packpferden auf, um nach reiflicher Ueberlegung allein vorauszugehen, da wir noch immer so unvollständig remontirt waren, dafs wir mit unserer Bagage nur langsam reisen konnten. Wir liefsen Alles, was nur einigermafsen entbehrlich war, zurück; auch das Zelt. Instru- mente, einige Decken, Pelze und Lebensmittel war all unser Gepäck. Es gelang uns so, in 12 Tagen in dem Hochgebirge gegen 220 engl. Meilen zu machen (25 Tagereisen des russischen Itinerars der Stralßse von Yarkand nach Leh) und am 12. September Abends wieder in Leh einzutreffen. Der Weg von Suget bis Karakorum-Pafs war uns neu; wir hat- ten sehr gute Gelegenheit, die Form und Ausdehnung der bereits früher erwähnten Plateau’s zu untersuchen und ihre mittlere Höhe zu bestim- men; auch hatten wir, ehe wir auf Karakorum ankamen, eine sehr umfassende Ansicht des Kuenluen, die Hermann zu zeichnen versuchte. Unsere Absicht war, dem Shayok zu folgen und mit Ausnahme von zwei Tagen einen neuen Weg nach Ladak zu machen. Wir be- gegneten unterwegs zahlreichen Karawanen aus Yarkand und hatten alle Ursache, sehr mit den artigen und gefälligen Yarkandi’s zufrieden zu sein. Wir erfuhren von ihnen, dafs Basti Ram, der Thannadar von Leh, Maharatscha Gulab Sing’s oberster Beamter, sobald er wulste, dafs wir jenseits Karakorum gegangen seien, uns Leute nachgeschickt hatte, mit dem Auftrage, uns höflich, aber definitiv wieder nach Ladak zurückzubringen. Seine Leute waren jedoch, nachdem sie uns lange gesucht hatten, ohne unsere Spur gefunden oder etwas von uns gehört zu haben, wieder umgekehrt. Wir begegneten, nebst vielem Anderen, auch einer Karawane mit 14 Dromedaren, die hier nicht selten als Lastthiere benutzt werden und ganz verschieden von den indischen Kameelen sind, eine sonder- bare Combination mit Yaks und Kiangs in einer Höhe von 16,000 bis 18,000 engl. (15,012 bis 16,889 Par.) Fufs. Die Leute waren gern bereit, uns zwei zu geben. Es sind die zahmsten Thiere, die wir je sahen. Sie gehen vortrefflich über Gletscher und schlechte Wege und durch kalte reifsende Ströme. Ungeachtet dieser starken grofsen Thiere konnten wir doch dem Shayok-Thale nicht folgen; wir mufsten der bedeutenden Strömung wegen bei Sultan Tschuskun umkehren und hatten von da bis Sassar, wo wir unsere frühere Strafse trafen, den reifsenden Shayok fünfmal nicht ohne Schwierigkeit zu kreuzen. Vom Sassar-Passe hatten wir die Freude, eine Flagge, die wir am Sassar-Berge aufgestellt hatten, noch wohlerhalten flattern zu sehen. Während unserer Abwesenheit von Ladak hatte unser Native Doc- tor Hoerkischen detaillirte meteorologische Beobachtungen gemacht, aus Ladak und dem Kuenluen. 541 auch speciell als correspondirende Beobachtungen für uns das Baro- meter und ein magnetisches Instrument für Deelination und ein anderes für horizontale Intensität sechsmal täglich beobachtet. Auch ein Plan von Leh, im Verhältnisse von 1:1000, den wir vor unserer Abreise entwarfen, wurde detaillirt ausgeführt. Die Mannichfaltigkeit der verschiedenen Völkerstämme aus Central- Asien, die hierher kommen, machte es uns möglich, eine ziemlich voll- ständige ethnographische Sammlung zu erhalten und gegen 30 Gips- abgüsse der verschiedenen Menschenracen zu machen, als Fortsetzung der früheren ähnlichen Sammlungen von Abgüssen in Indien und dem Himalaya. Von Adolph, der die westlich von Ladak gelegenen Theile des Kuenluen besuchte, erfuhren wir jüngst, dafs er nach Skardo oder Iskardo, der Hauptstadt Baltistan’s, am 4. September zurückgekehrt sei; er ist jetzt auf der möglichst westlichen Route nach Kashmir ge- gangen. Sobald unser noch immer fehlendes Gepäck, welches wir in Su- get verliefsen, angekommen sein wird, werden wir Leh verlassen und auf zwei verschiedenen Wegen nach Kashmir gehen. Ueber die in den letzten Worten kurz erwähnte Reise Adolph Schlagintweit’s entnehmen wir einer uns gütigst mitgetheilten Abschrift eines Briefes Rob. Schlagintweit's an seinen Bruder Emil Folgendes: „Nach einem jüngst erhaltenen Briefe Adolphs ist derselbe am 4. Sep- tember in Skardo oder Iskardo, der Hauptstadt Baltistan’s, angekom- men und jetzt auf dem Wege nach Kashmir. Er hatte Baltistan und die von Ladak westlich gelegenen Theile des Kuenluen besucht und war bis auf den Mustak-Pafs gekommen, wo er Gelegenheit hatte, ausgedehnte Gletschergruppen zu untersuchen. Er hatte beabsichtigt, von Mustak nördlich gegen Yarkand zu gehen. Nachdem ihm aber früher schon viel von der Unsicherheit nördlich von Mustak berichtet worden war, traf er selbst am südlichen Fufse des Mustak 7 Leute, die allein von 20 Personen, welche von Yarkand über Mustak gehen wollten, einem räuberischen Anfalle glücklich entgangen waren; ihre gefangenen Gefährten werden als Sklaven nach Kabul ’) und Badak- schan verkauft werden, wie es stets der Fall sein soll.“ !) Da uns das Original dieses Briefes nicht vorliegt, können wir es nicht ver- bürgen, dafs hier wirklich von Kabul die Rede ist. In der Copie war der Name zu- erst durch Cabad wiedergegeben und dieses nachträglich in Kabul abgeändert. Viel- leicht hat Schlagintweit nicht Kabul, sondern Kulab geschrieben, 542 Berichte Hermann und Robert Schlagintweits 3) Zusammenstellung einiger wissenschaftlicher Resultate auf einer Reise von Ladak nach dem östlichen Turkestan von Hermann und Robert Schlagintweit (Juli, August und September 1856. Magnetische Beobachtungen. In Leh wurden von uns selbst vor unserer Abreise zweimal vollständige magnetische Beobachtungen gemacht und zwei Apparate zur Beobachtung der täglichen Verände- rungen der Deeclination und der horizontalen Intensität aufgestellt, die während unserer Abwesenheit von unserem Native Doctor Hoerkischen täglich sechsmal beobachtet wurden. Auf unserer Reise nach Turkestan hatten wir einen Deelinations- Apparat, einen Vibrations- Apparat und einen Inclinometer bei uns. Wir beobachteten auf Sassar-Pals, Karakorum-Pals, in Sumgal und in Suget. Das Mittel für die Declination zu Leh war Juli bis September sehr nahe 2° 44' östlich; sie nahm auf den anderen Punkten etwas ab und war in Suget 2° 12’ östlich. Das Mittel für die Inclination der Nadel war: in Leh 46° 50',20, auf Sassar-Pafs 48° 11',75, auf Karakorum-Pafs 49° 8',0, in Sumgal 50° 1',3, in Suget 50° 4,5. Geographische Bemerkungen. Grofse Plateau’s treten zu beiden Seiten des Karakorum auf; sie sind bei weitem am ausgedehn- testen nördlich und westlich davon. Bei Tschang Tschenmo hören die Plateau’s auf. Dort ist, wie in ganz Ladak, ein Gebirgsland, in welchem auch die Thäler noch grofse Höhen haben, aber keine Plateau -Formen. Die mittlere Höhe der Plateau’s nördlich und westlich von Kara- korum beträgt 16,800 bis 17,000 engl. (15,763 bis 15,959 Par.) Fufs. Die bedeutendste Massenerhebung, eine der gröfsten der Erde, liegt etwas nördlich von den Quellen des Schayok. Südlich davon, zwischen Karakorum und dem Nubra-Thale, sind die nächstgrofsen allgemeinen Erhebungen und einzelne Gruppen erreichen wohl hier die gröfste absolute Höhe. Wir hatten Gelegenheit, mehrere Berggipfel zu messen, deren Höhe 24,000 engl. (22,519 Par.) Fuls zu betragen scheint. Die Richtung des Hauptkammes des Kuenluen, welcher die Wasser- scheide zwischen Ladak und Turkestan bildet, ist von den Quellen des Yarkand-Flusses bis Rudog von Nordwest nach Südost; eine verhält- aus Ladak und dem Kuenluen. 543 nilsmäfsig niedrige Kette, über welche Pässe nach Buschia und El- tschi und nach Yurungkash führen, geht von Westen nach Osten. Der Fall der Flüsse Yarkand Deria, Karakash Deria u. s. w. ist in den oberen Theilen sehr gering. Weit gröfseren Fall haben die Flüsse, die von dem nördlicheren, von Westen nach Osten streichenden Kamme herabkommen. Wir hatten Gelegenheit, aufser unseren eigenen Routen gut über- einstimmende Itinerare der Handelsstrafsen nach Bochara, nach Yar- kand, Kashgar und Kokand und nach Aksu von verschiedenen Kara- wanen, denen wir begegneten, zu erhalten. Es ist kaum nöthig, hinzuzufügen, wie überaus wichtig sowohl für unsere eigenen Beobachtungen, als bei dem Fragen nach Routen Herrn v. Humboldt’s Karte der Gebirgsketten und Vulkane Central- Asiens uns gewesen ist. Geologie. Jenseits des Nubra-Thales findet sich viel Kalk, aber so mit krystallinischen Gesteinen abwechselnd, dafs er kaum sedimentär sein kann; auch scheint er keine Versteinerungen zu enthalten. Sehr oft kommt auch schwefelsaurer Kalk in grofsen Massen vor. Am nördlichen Rande des Kuenluen scheinen die schönen krystal- linischen Gesteine bis zum Ende des Gebirges fortzugehen, oder wenn ein Saum sedimentären Gesteines noch vorkommen sollte, so kann er nur sehr schmal sein. Sehr häufig findet sich puddingsteinartiges, sehr hartes Gestein, mit rundem und kantigem Einschlusse. Wir kamen auch zu den sehr geschätzten und aus nisch Ferne besuchten Brüchen des Yaschem- Steines bei Gulbagaschen im Kara- kash- Thale, von denen wir eine grofse Quantität zur späteren Ana- lyse mitnehmen konnten. Es sind zwei Klüftungssysteme, die besonders im centralen Kuen- luen mit grolser Regelmäfsigkeit sich wiederholen: die eine, etwas stei- lere geht im Mittel von Norden 30—50° Ost, die andere von Süden 20— 40° West. Die Erosion ist sehr grofs in den Thälern am nördlichen Rande des Kuenluen; im Innern des Kuenluen herrschen die tibetanischen Flufsbettformen mit breiter Sohle vor, in denen das Wasser auch in den oberen Theilen sich vielfach verzweigt und oft ganz verschwindet. Sehr grofse Gletscher sind nur in den Gruppen nördlich von Ka- rakorum und bei Sassar, wo eine der bedeutendsten Gletschermassen des ganzen Gebirges ist. Zwei schöne Gruppen gleichartiger heilser Quellen mit reichlicher Kalkablagerung und schwachem Geruche nach Schwefelwasserstoff fan- den wir in Nubra; die eine Gruppe bei Panamik, wärmste Quelle 544 Berichte Hermann und Robert Schlagintweits 78,1° ©. (62,5° R.), die andere bei Tschanglung, Temperatur 74,1° C. (59,3° R.). Eine Quelle gewöhnlichen Wassers in gleicher Höhe 10,1° C. Eine andere Gruppe heifser Quellen, die im Itinerar erwähnt sind, war etwas unterhalb des kleinen Sees Kiukioel (14,800 engl. Fuls hoch) mit fast reinen Kochsalzablagerungen. Die Quellen, mehr als 50, waren theilweise im Flufsbette selbst und bildeten kleine Kegel, vom kalten Wasser des Karakash-Baches unmittelbar umgeben. Die Temperatur der Quellen war sehr verschieden, zwischen 25° und 49° Celsius (20 — 39,2° R.). In der Nähe dieser Quellen und auch weiter abwärts im Kara- kash-Thale kommen Salzpfuhle vor: konische Vertiefungen, mit festem Salze und einer gesättigten Salzlösung angefüllt; hier fast reines Koch- salz; einige waren noch nicht so weit eoncentrirt, dafs festes Salz sich abgelagert hätte. Auffallend war, dafs Pfuhle, in denen Salz sich abgelagert hatte (das sowohl den Boden mit einer Kruste bedeckte, als auch eine Decke an der Oberfläche bildete), stets eine weit höhere Temperatur hatten, als jene Pfuhle, die eine noch nicht so weit concentrirte Salzlösung enthielten, oder mit sülsem Wasser gefüllt waren. Diese Temperatur-Erhöhung war von dem Vorhandensein einer festen Salzdecke wesentlich abhängig. Die grofse Diathermaneität des Salzes (eine Schicht Salz läfst von 100 Wärmestrahlen 92 durch, wäh- rend gleich dickes Glas nur 39) bewirkt, dafs das Wasser unterhalb der Salzdecke durch Insolation im Laufe des Tages sehr erwärmt wird, während Nachts der Verlust durch Strahlung nicht derselbe ist: ein Phänomen aceumulirter Wärme, wie bei Saussure’s und Herschel’s Heliothermometern. In den Salzpfuhlen wird der nächtliche Wärmeverlust auch da- durch noch etwas beschränkt, dafs sich bei der geringsten Temperatur- Erniedrigung die kleinen Oeffnungen der Oberfläche schlielsen. Die Temperatur nimmt in den tieferen Lagen der konischen Ver- tiefungen sehr rasch ab, was ebenfalls mit dieser Erklärung überein- stimmt und eine Erwärmung der unteren Bodenschichten in der Art heifser Quellen ausschliefst. Ueberdies wurden in Leh sogleich nach unserer Rückkunft künst- liche Salzpfuhle mit Materialien (Thon und Salz) aus dem Karakash- Thale hergestellt. Die in denselben stündlich beobachteten Temperatur - Veränderun- gen bestätigten vollkommen, dafs die Temperatur-Erhöhung erst be- ginnt, wenn eine Salzdecke sich bildet, während das Vorhandensein des im Wasser aufgelösten Salzes weder die Temperatur noch die Ver- dunstung, die ebenfalls gemessen wurde, wesentlich veränderte. EEE aus Ladak und dem Kuenluen. 545 Meteorologie. Die Schneegrenze ist am höchsten in den Um- gebungen des Karakorum, über 18,600 engl. (17,452 Par.) Fufs; sie sinkt wenig gegen Leh, aber sehr bedeutend auf den nördlichen Ab- fällen des Gebirges gegen Khotan. Bei Pitasch, oberhalb Buschia, fanden wir sie nicht höher, als 16,000 engl. (15, 012 Par.) Fuls. Auch die von Erdstürzen überdeckten Tieffirne (eine Art unter- irdischer Gletscher, aber gewöhnlich von geringer Ausdehnung), die wir (Hermann) schon früher am Parang-Passe bemerkten, treten hier auf der Nordseite der Sassar-Gruppe sehr deutlich auf. Da wir diese Gruppe zweimal passirten, ‘hatten wir Gelegenheit, die Veränderungen der Schneegrenze zu beobachten und zu messen. Die Schneegrenze war bereits Mitte September deutlich gefallen, während Tieffirne auch in verhältnifsmäfsig bedeutenden Höhen noch sehr viel abgeschmolzen waren. Bei Karakorum scheint die Trockenheit der Luft am gröfsten zu sein; sie nimmt rasch gegen Khotan ab. Die jährliche Regenmenge auf den Abfällen nördlich vom Kara- kash-Thale glauben wir nach einigen sehr vernünftig scheinenden Angaben der Einwohner zu 12 bis 15 Zoll schätzen zu können. Die Windesrichtung ist vorherrschend nördlich; die in Central- Ladak und in Kanaur sehr häufig vorkommenden Südwinde fehlen hier ganz. Das Phänomen der Wiedererhellung von Schneeflächen nach Sonnen- untergang (analog dem Alpenglühen) hatten wir Gelegenheit, mehrmals in mondleeren Nächten zu sehen, besonders sehr deutlich in Tschibra, nördlich vom Karakorum. Wir halten es als vom Selbstleuchten des Schnees ganz unabhängig; es ist eine Beleuchtung, von den westnord- westlichen Theilen des Firmamentes ausgehend; sie wird erst dann sichtbar, nachdem der Erdschatten die Atmosphäre in gleicher Winkel- höhe mit den Bergen getroffen hat, und nachdem auch die allgemeine Helligkeit so sehr abgenommen hat, dafs die Schneeflächen mehr Licht reflectiren, als die hinter ihnen gesehene Atmosphäre. In Höhen über 17,000 engl. (15,959 Par.) Fufs fanden wir im Kuenluen die Durchsichtigkeit so grofs, dafs am Diaphanometer, wie wir es früher in den Alpen benutzten, der grofse und der kleine Kreis unter gleichen Winkeln verschwanden, d.h. so grofs, dafs Luftschich- ten von 3000 bis 3500 Fufs Dicke die Lichtstrahlen in einem für un- ser Auge nicht mehr bemerkbarem Grade absorbiren ’). !) ‚Die Absorption in gröfseren Entfernungen, durch Luftschichten ‚von vielen Meilen Dicke, wurde durch Veränderungen in der Länge eines Fernrohres bestimmt, Zeitschr. f. allg. Erdk. Neue Folge. Bd. I. 35 546 Berichte Hermann und Robert Schlagintweits Sehr häufig wird hier die Durchsichtigkeit der Atmosphäre durch eine Art von Höhenrauch, der das Psychrometer nicht affizirt, sehr bedeutend getrübt, besonders auf den Plateau’s nördlich vom Kara- korum. Die Wolkenhöhe, selbst während des Regens vom 25. bis 28. Juli, war sehr grols, über 17,000 engl. (15,959 Par.) Fuls. Nebel im Thale des Indus, bei 11,800 engl. (11,071 Par.) Fufs, hatten wir nur einmal, am 23. September. Die Temperatur des Regens war am 23. September 1 Uhr 10 Mi- nuten Morgens, als der Regen anfing, 4,6° Cels. unter der Lufttempe- ratur, und erreichte die Temperatur der Luft erst um 9 Uhr Vorm., als auch das Psychrometer der Lufttemperatur gleich wurde. Die täglichen Veränderungen des Barometerstandes hatten auch in Höhen bis 17,500 engl. (16,420 Par.) Fufs (Barometerstand 385 Millimeter) noch dieselbe Form, wie in geringeren Höhen; ein Mini- mum gegen 4 Uhr Nachm. war ganz deutlich; die Gröfse der täglichen Veränderungen betrug nur 2,5 Millimeter. Auch in Höhen von 11,000 bis 12,000 engl. (10,321 bis 11,259 Par.) Fufs fanden wir die Veränderungen des Barometerstandes nur sehr gering. Während drei Monate fortgesetzter barometrischer Beob- achtungen zu Leh betrug der Unterschied der absoluten Extreme nur 5 Millimeter. Vegetation, Thiere. Die Zahl der Pflanzenspecies sowohl als die der Individuen in den höheren Theilen des Kuenluen ist ungemein gering. Flechten fehlen ganz auf den trockenen Schuttmassen, welche die Plateau’s und die benachbarten Bergabhänge bedecken; nur auf den feuchteren Moränen treten sie bisweilen auf. Desto überraschender ist die Vegetation, besonders die Grasmenge auf den nördlichen Abfällen gegen Yarkand, Khotan, Yurungkasch, Keria ete. Aber auch hier ist die Zahl der Species geringer, als der erste Anblick erwarten liefse. - Die Zunahme der Vegetation fällt wohl mit der oben erwähnten Vermehrung der Regenmenge in diesen Theilen zusammen. Auf den grofsen Hochebenen nördlich vom Karakorum und im Karakasch - Thale fehlen die Vögel fast gänzlich; auch Raubvögel sind nur sehr selten. Vierfüfsige Thiere sind viel häufiger; es finden sich hier Yaks, deren Existenz in wildem Zustande häufig bezweifelt wurde, Kiangs, 5 bis 6 Species wilder Schafe und Steinböcke, Hasen und wodurch die Helligkeit ferner Schneeflächen so vermindert wurde, bis erstens dunkle Felsen, Firminseln, zweitens der blaue Hintergrund des Firmaments vom Schnee nicht mehr zu unterscheiden war. aus Ladak und dem Kuenluen. 547 Mäuse, noch in Höhen von 16,000 bis 17,000 engl. Fuls. Sowohl die Zahl als die Verschiedenartigkeit der Species ist ungemein grofßs, ver- glichen mit der sehr spärlichen Vegetation. Mittheilungen aus älteren Nachrichten über das Land Khotan. Nach C. Ritter. Es dürfte den Lesern der Zeitschrift nicht unerwünscht sein, wenn wir aus dem reichhaltigen Abschnitt über Khotan in C. Ritter’s Erd- kunde die wichtigsten älteren Nachriehten über das Land gedrängt zu- sammenstellen und sie den interessanten Berichten Schlagintweits fol- gen lassen. Den Europäern wurde Khotan verhältnilsmäfsig spät bekannt, da Marco Polo der erste ist, der das Land erwähnt. Viel ältere Nach- richten darüber finden wir in den chinesischen Annalen. Als die chi- nesischen Herrscher der Dynastie Han (140 v. Chr. bis 50 n. Chr.), um die drohende Macht der Hiongnu in Schach zu halten, sich nach Allianzen umsahen und ihren gefürchteten Feind namentlich auch mit seinen westlichen Nachbarn in Krieg zu verwickeln trachteten, wurde durch die vom Kaiser Wuti in die westlichen Theile Central - Asiens entsendete Embassade unter anderen Ländern auf der Grenzscheide zwischen den geographischen Kenntnissen des Westens und Ostens auch Khotan unter dem Namen Juthian den Chinesen bekannt. Es war damals ein aufblühender, doch noch keineswegs mächtiger Staat, da er nicht mehr als 2400 Krieger stellen konnte; sein kostbarstes Product, der im asiatischen Orient hoch geschätzte Stein Ju (Kasch bei den Türken, Jaspis der Alten, auch Yeschen oder, wie Schlagint- weit schreibt, Yaschem), der in seinen Flüssen Karatasch und Jurung- tasch gesammelt wurde, zog schon damals die Aufmerksamkeit der Chinesen auf sich und wird seitdem in allen Berichten als das beson- ders charakteristische Product des Landes erwähnt. Seit dieser Zeit und namentlich mit dem Verfall der Hiongnu-Macht scheint Khotan schnell emporgekommen zu sein, da der Staat, wie uns die späteren Annalen der Thang-Dynastie melden, bereits während der Herrschaft der Han, vermuthlich in der letzten Zeit derselben, aus fünf Provinzen bestand. Unter Kaiser Mingti (58—73 n. Chr.) war der König von Khotan mit China eng verbündet; er befreite sich von dem Drucke der Hiongnu, unterwarf, zum Theil mit chinesischer Hilfe, dreizehn andere Herr- schaften, stellte ein Heer von 30,000 Kriegern in’s Feld, und schickte dem Kaiser von China Geschenke, welche in den chinesischen Annalen mit dem Namen Tribut bezeichnet werden. Aus der Angabe, dafs der König den Dämonen weilse Pferde zu opfern beabsichtigte, erhellt, dafs 35* 548 Berichte Hermann und Robert Schlagintweits die Herrscherfamilie damals noch nicht dem buddhistischen Glauben anhing. Die Blüthe des Buddhadienstes in Khotan und zu gleicher Zeit die Machtperiode des Staates schildert uns der Bericht des Chinesen Fa Hian aus dem Ende des vierten Jahrhunderts. Damals war das Volk wohlhabend, und eifrig in der Verehrung Buddha’s. Vor jedem Hause erhob sich ein Altar, auf dem Blumen und Spezereien als Opfer dargebracht wurden; nicht weniger als 10,000 Personen hatten sich einem religiös-beschaulichen Leben gewidmet und wohnten in grols- artigen Klöstern, in denen auch fromme Pilger aus fernen Buddhalän- dern eine gastliche Aufnahme fanden. Was von der Pracht dieser Klöster, deren es 14 gröfsere und zahllose kleinere gegeben haben soll, gemeldet wird, legt zu gleicher Zeit von dem religiösen Eifer wie von dem Reichthum des Volkes Zeugnifs ab. In den dem Buddha geweih- ten Kapellen waren Balken, Pfeiler, Thüren mit Goldblech belegt; ein besonders angesehenes Kloster war das Werk achtzigjähriger, unter drei Regenten fortgesetzter Arbeit. Die feierlichen Processionen, wel- che jedes Kloster veranstaltete, um Schakiamuni’s Bild umherzuführen, waren für die ganze Bevölkerung ein Fest; sie zog dann vor die Stadt- thore, um hier unter Zelten oder auf Teppichen gelagert die Ankunft des hohen Prachtwagens zu erwarten, auf dem hinter Vorhängen und unter dem Schirm eines Zeltdaches das verehrte reichverzierte Bildnils unter der Obhut frommer und gelehrter Priester aus dem Kloster her- beigeführt wurde. Bei seiner Annäherung legte der König die Tiara ab, näherte sich barfuls und mit Blumen und Spezereien in der Hand dem Heiligthum und verehrte es auf seinen Knien, indem er die Wohl- gerüche anzündete. Auf den Thoren der Stadt harrten die Jungfrauen und streuten einen Blumenregen auf den Weg, auf welchem der Wa- gen seinen Einzug hielt. Nach den chinesischen Annalen, deren Angaben sich hier ver- muthlich auf die in Khotan heimischen Tempellegenden stützen, war der Buddhadienst durch einen Mönch aus Kaschmir nach Khotan ge- bracht. Dieser Umstand, der das Vordringen indischer Cultur über den Kuenluen durch den Karakorum-Pafs andeutet, erhält durch spä- tere chinesische Berichte aus der Zeit der Thang (618—907) ein wei- teres merkwürdiges Licht. Ihnen zufolge hätten die Bewohner Kho- tan’s nicht nur ihre Gesetze, d. h. ihren Glauben, sondern auch ihre Literatur und ihre Schrift den Hindu’s entlehnt, und selbst der dama- lige Name Khotan’s, Kiu sa tanna, nach Abel Remusat das sanskr. Kustana, ‚scheint die, Stadt als die Colonie eines indogermanischen Vol- kes zu bezeichnen. Auch in Tracht und Sitten findet sich manches von. dem türkischen Wesen Abweichende. Der König trug eine gold- aus Ladak und dem Kuenluen. 549 geschmückte Tiare, an welcher nach hinten zwei seidene Flügel hinab- hingen, — diese Kopftracht, die hohe, spitzzugehende Tiare mit meh- reren weit auf den Rücken herabfallenden Zipfeln, wie sie auch auf den Kadphises-Münzen erscheint, ist bei medopersischen und sarmati- schen Völkern sehr gewöhnlich und tritt selbst auf den Bildwerken der pontischen Griechen in Darstellungen sarmatischer Scenen deutlich hervor. Auch die Stellung der Frauen war eine freiere; sie nahmen an den Gesellschaften der Männer Theil und ritten auf Pferden und Kameelen wie Männer. Während dieser Periode, bis zu den letzten Zeiten der Thang, erfreute sich Khotan der hohen Blüthe, die ihm durch seine geographi- sche Stellung als Vermittler indischer und chinesischer Cultur gebührte. Die Bewohner trieben Acker- und Weinbau; sie gewannen und ver- arbeiteten Seide, seitdem sie, angeblich durch eine chinesische Prin- zessin, die sich mit dem Fürsten von Khotan vermählte, Seidenwürmer und den Samen des Maulbeerbaumes aus China erhalten hatten; die ersten Maulbeerbäume in Khotan werden in einem chinesischen Bericht vom Jahre 509 erwähnt. Auch in manchem Industriezweige hatten es die Bewohner Khotan’s zu grofser Geschicklichkeit gebracht; sie span- nen und webten Wolle und Seide, waren in der Verfertigung kupfer- ner Geräthschaften geübt und gravirten Petschafte aus dem Steine Ju. Ihre Beschäftigungen und Sitten trugen den Stempel einer Civilisation, die den Chinesen auffiel; sie waren aufgeweckt und höflich, lebten Musik und Tanz, und ehrten Wissenschaften und Künste. Der Buddha- dienst blieb in Blüthe; zur Zeit der Thang soll es an 100 Klöster in dem Lande gegeben haben. Seit dem zehnten Jahrhundert machte sich das Vordringen der Araber und des Islam auch für Khotan bemerklich, zunächst allerdings nur in dem lebhafteren Handelsverkehr mit dem Westen. Unter den Tributen für den chinesischen Hof, die bisher fast ausschliefslich aus Landesproducten, dem Steine Ju, Pferden, Glasgefäfsen u. dgl. bestan- den, werden seit dieser Zeit in den chinesischen Annalen zahlreiche Erzeugnisse des fernen Westens und Südens verzeichnet, Elfenbein und Perlen, wohlriechende Hölzer, Weihrauch, Gewürznelken u.s. w. Im Jahre 1025 sandte Khotan ein Dromedar nach China, — eine grofse Merkwürdigkeit in Ländern, in denen bisher nur das baktrische Ka- meel bekannt gewesen war. Ueber die Ausbreitung des Islam in Khotan, wie über die Leiden, mit denen der Staat unter der Invasion der Mongolen zu kämpfen hatte, sind wir nicht unterrichtet. Marco Polo fand das Land noch ziemlich blühend; es dehnte sich acht Tagereisen weit aus; die Be- wohner bauten Baumwolle, Flachs, Hanf, Korn und Wein, beschäftigten 550 Berichte Hermann und Robert Schlagintweits sich mit Handel und Gewerben, waren aber bereits Muhamedaner; doch, wie wir später sehen werden, nur zum Theil. Unter der Regie- rung der Ming hob sich das Land wieder, freilich ohne seinen frühe- ren Glanz erreichen zu können; es wurde durch das aufblühende Yar- kand allmählich verdunkelt. Von dem zuletzt genannten Ort drang auch der Jesuit B. Go&s nach Khotan; er bemerkt ebenfalls, dafs die Bewohner Mohamedaner waren. Was die Bodenbeschaffenheit betrifft, so ersehen wir aus den chi- nesischen Berichten, dafs der gröfsere Theil des Landes aus Sand- und Steinwüsten besteht, in denen sich einige gut bewässerte, fruchtbare Oasen befinden. Die wichtigsten Flüsse sind der Karatasch und Ju- rungtasch, die etwa 15 Meilen südlich von der Hauptstadt entspringen, sich nordwärts von derselben vereinigen und dann als Khotan Deria zum Tarim fliesen. In ihrem Bette befinden sich die kostbaren Ju- Steine; aus dem oben mitgetheilten Berichte ersehen wir zu unserer Freude, dafs R. und H. Schlagintweit einen der Brüche besucht haben und mehrere Exemplare dieses im Orient hochgepriesenen Steines mit- nehmen konnten, so dafs wir nun bald befriedigendere Auskunft über denselben erhalten werden, als es bisher der Fall war. Nach einer chinesischen Geographie vom Jahre 1777 stand Kho- tan unter dem General-Commandanten von Yarkand und umfafste die sechs Städte Khotian, Jurungkasch, Karakasch, Tsira, Karia oder Keria und Takhobui. Schlagintweit erwähnt von diesen Orten Jurung- kasch, Karakasch und Keria. Dafs der Name der Hauptstadt Kho- tan aulser Gebrauch gekommen ist, bemerkte schon Wathen im Jahre 1835, der von den durch Bombay ziehenden Mekkapilgern Nachrichten über Khotan einzog; er hörte die Hauptstadt Eelchi nennen, wie Schlagintweit Eltschi, — das chinesische Ilitsi oder Ilitschi. Ihre Lage bestimmte Pater Hallerstein (1760) zu 37° N. Br. und 78° 15’ 30” O.L. v. Paris. Zur Zeit Wathen’s residirten in dem Lande zwei chinesische Ambans, der eine in Eltschi, der andere in Keria, und be- fehligten eine Garnison von 2000 Mann. Unter ihnen standen usbe- kische Fürsten. Auch die Bewohner waren gröfstentheils Usbeken, — neben denen einige mongolische Oelöt lebten; die Bevölkerung scheint nicht unbeträchtlich zu sein, da man 700,000 tributfähige Unterthanen zählte. Wathen erfuhr, dafs es auch noch zu seiner Zeit in Khotan viele buddhistische Priester und Tempel gäbe, — woraus erhellt, dafs sich die Angaben Marco Polo’s und des Jesuiten Go@s über den mu- hamedanischen Glauben der Bewohner nicht auf die gesammte Bevöl- kerung beziehen. Keria, fünf Tagereisen von Eltschi entfernt, legt an einem Goldstaub führenden Flusse, dessen Sand auf Rechnung der chinesischen Regierung gewaschen wird. Die wichtigsten Landespro- ducte bestehen in Ju, Moschus, Seide, Goldstaub und Trauben, die nach aus Ladak und dem Kuenluen. 551 Yarkand verführt werden; von diesem Orte erhalten die Bewohner Kho- tan’s Leder, kupferne Geräthschaften und andere Waaren. Das ist der wesentliche Inhalt der älteren Nachrichten über das merkwürdige Culturland, die in Ritter’s Erdkunde (Thl. VOL, Band V, S. 343— 389) ausführlich mitgetheilt sind. Das kühne Vordringen der Gebrüder Schlagintweit über den Kuenluen wird uns über denjenigen Theil des Landes, der sich an den Nordabhang dieses Gebirges lehnt, genauere Aufschlüsse geben und uns namentlich mit der wichtigen Stralse bekannt machen, welche die indischen Culturländer mit dem ostturkestanischen Plateau verknüpft und aus den ersteren Religion, Literatur, Sprache und Schrift tief nach Central- Asien so früh hinüber- führte, dafs sich hier in den ersten Jahrhunderten unserer Zeitrechnung inmitten türkischer Stämme eine Cultur-Oase eigenthümlicher Art er- hob, mit einer Civilisation, der selbst die Chinesen ihre Anerkennung nicht versagen konnten und deren Spuren in dem buddhistischen Glau- ben und in den buddhistischen Heiligthümern sich bis auf unsere Tage erhalten haben. Miscellen. Ueber das Erdbeben in Egypten am 12. October 1856. (Herrn Al. v. Humboldt mitgetheilt durch die Güte des Kgl. Preufs. General - Con- suls für Egypten Herrn König aus Alexandrien vom 13. November 1856.) Rapport des Berg-Ingenieur E. Mayer, Geognosten der Expedition zur Aufsuchung der Nilquellen, über das am 12. October 1856 Morgens stattgehabte Erdbeben in Cairo und Bulak. Bulak im Palais des Mehemet Ali Pascha. Das heutige Erdbeben bestand aus drei Stölsen, sämmtlich in der Richtung von OSO. nach WNW. Der erste Stofs, von einem unterirdischen Rollen be- gleitet, erfolgte um 3 Uhr 15 Minuten, hatte eine schwache wellenförmige Be- wegung und dauerte c. 1 Minute. Vier Minuten später (3 Uhr 19 M.) erfolgte der zweite Stofs, dem ersten ähnlich, nur noch schwächer, und kaum 30 Secun- den dauernd. Während dieser beiden bewegten sich die Bilder an den Wänden, die sich von O. nach W. erstrecken, aber kein Gebäude wurde beschädigt. Nach einer kurzen Pause und kaum vom zweiten Stofse getrennt, erfolgte um 3 Uhr 20 Minuten der dritte heftigste Stofs, der 2 Minuten lang anhielt. Dieser be- stand in einem so heftigen kurzen Vibriren, dafs man keine Richtung fühlen konnte; jedoch die während desselben eingestürzten Minarets und Häuser bewei- sen, dafs auch hier dieselbe Richtung von OSO. nach WNW. stattgefunden hat. Vorzüglich in unserer Wohnung, wo die vielen Fenster, die eisernen Bett- stellen u. s. w. durch ihr Klirren den Lärmen vermehrten, — doch auch ander- wärts überall, war dieser Sto[s von einem Geräusch begleitet, wie wenn ein hef- 552 Miscellen: tiger Hagelsturm auf ein Blechdach niederfährt, während sehr Viele auch bei die- sem Sto[se ein schwächeres dumpfes Rollen im Innern der Erde gehört haben wollen. Dabei war der Himmel heiter, heller Mondschein, vollkommene Wind- stille. Nach den sorgfältigen Beobachtungen des Herrn Baron v. Neimans (dem ich auch die Zeitangaben verdanke) zeigte das Barometer 28”.04 Par., das Thermo- meter 425° Cels. Zwanzig Minuten später war das Thermometer auf 423° gefallen. Am Mittag vorher hatte ich um 2 Uhr die Barometerhöhe 0% ,7634 gefunden. Einige Mauern sind bei dieser Gelegenheit eingestürzt, jedoch nur solche, die in der Richtung von N. nach $. gebaut sind, während die von O. nach W. gebauten Mauern vielfältig gespalten sind. Dieses zeigt sich u. A. recht deut- lich bei einer eingestürzten Moschee, Djemma el Mehkemeh. Wie der Sturz beinahe überall: nach Westen stattgefunden hat, während einige hohe‘ Minaret- spitzen durch den Rückschlag nach Osten, keine aber nach Norden oder Süden gefallen sind, — so findet man. auch die Trümmer des Minarets obiger Moschee auf der WNW.-Seite, während der übrig gebliebene Theil sich nach OSO. neigt. Die innere Mauer rechts von der südlichen Eingangsthür ist in’s Innere der Mo- schee gefallen, also nach WNW.; die querstehenden Mauern sind auf mehreren Stellen gespalten. Bei einer anderen Moschee ist das Minaret gegen OSO. in die Strafse gefallen, wo es ein Haus zerstört und ein Stück von der Moschee selbst mit fortgerissen hat. — Die Consequenz, mit welcher alle Trümmer, die ich ge- schen und wovon ich gehört habe, dieselben Wirkungen in denselben Richtungen zeigen, beweist, dafs der letzte Stols in derselben Richtung erfolgt ist, wie die beiden ersten. — In den Hötels in Cairo (den einzigen Orten in Cairo, wo sich Glocken befinden) haben alle Glocken geläutet, die Pendulen jedoch sind meisten- theils stehen geblieben. Uebrigens aber sind in dem grofsen Cairo, nur eine halbe Stunde in östlicher Richtung von hier entfernt, viel weniger Einstürze er- folgt, als in dem viel kleineren Orte Bulak, so dafs es in der That allen An- schein hat, als ob der Stofs bei uns heftiger gewirkt habe als dort. In der Nacht heulten während des Ereignisses, aber auch schon zwei Stun- den vorher, die zahlreichen Hunde aufs Jämmerlichste; gegenwärtig zeigen sie sich ruhig. Die zahlreichen Sperlinge in unserem Palais jedoch waren während des Morgens noch sehr unruhig und haben dasselbe später ganz verlassen. Von dem Verhalten der gröfseren Vierfülsler habe ich keine authentische Nachricht bekommen können; während des Tages sind sie ganz ruhig geblieben. — Noch ist es schr schwül; das Thermometer zeigt jetzt, 8 Uhr Abends, -+26° Cels. Herr Linant Bey, Ingenieur, will seit 18 Jahren sechs Mal Erdstöfse in Egypten wahrgenommen haben, über die er jedoch keine näheren Mittheilungen zu machen im Stande ist, als dafs der bedeutendste derselben, beinahe so heftig wie der heutige, vor'8 bis 9 Jahren in der Mittagsstunde eines Julitages statt- gefunden habe, und dafs keiner derselben sich im Laufe des Tages wiederholte, sondern alle sich nur auf einen oder einige Stölse von mehrerer oder minderer Heftigkeit beschränkt haben. ‘Das oben erwähnte im Jahre 1847 oder 1848 statt- gehabte Erdbeben hatte jedoch eine andere Richtung, als das heutige, nämlich von Norden nach Süden. Nach der Aussage einiger Inländer jedoch soll dasselbe im Monat Rhamadan stattgefunden haben, der damals in den October gefallen ist. 14. October Morgens. Gestern war Alles ruhig, nur etwas schwül. Die Ueber einige wichtige russische geographische Arbeiten. 553 Sperlinge kehrten in den Palast zurück. — Diese Nacht haben wir von 10 bis 113 Uhr noch drei schwache Stöfse verspürt, begleitet von einem Geräusch wie von einem fernen Sturmwinde. Die Hunde bellten und heulten, die Esel und die Katzen schrieen ungewöhnlich, und die Vögel verliefsen unruhig ihre Nester und flogen schreiend umher. Das Barometer zeigte 0".7629, das Thermometer —+23° Celsius. Wir blieben während der Mondfinsternifs im Hofe. Nach dieser ist die Atmosphäre ruhig geworden und die Schwüle hat nachgelassen. Augen- blicklich ist Alles ruhig. PS. den 14. Mittags. Diese Nacht ist im Viertel Seyda Zeineb das Mi- naret der Moschee Daud Pascha, noch ein Minaret und einige schon bei dem ersten Erdbeben beschädigte Häuser eingestürzt. S. H. der Vicekönig und dessen Umgebung, die sich während des Erdbebens auf einer Barke (Dahabieh) auf dem Nil befunden, haben nichts davon wahrgenommen. — (Schon der scharfsinnige Hellenist Letronne hat in seiner kleinen Schrift: Statues vocales de Memnon, 1833, p. 23—27 und 255 bewiesen, dafs Egypten von Erdstölsen weit öfter gelitten hat, als man gewöhnlich glaubt. Der eine Memnon-Colofs wurde 27 Jahre vor unserer Zeitrechnung durch ein heftiges Erdbeben schädlich erschüttert. Al. v. Humboldt.) Ueber einige wichtige im Fortschritt begriffene russische geographische Arbeiten. (Hierzu zwei Karten Taf. VIII und IX.) 1) Aus einem Schreiben des Herrn Staatsraths Otto v. Struve an Prof. C. Ritter. Pulkowa, 27. Oct. 1856. -. Anbei erfolgt ein Verzeichnifs geographischer Positionen, von denen diejenigen, die sich auf Ost-Sibirien und Da’urien beziehen, durch den Astrono- men L. Schwarz in den Jahren 1849 —53, die den unteren Lauf des Syr Darja betreffenden vom Flotten-Capitain Butakoff im vergangenen Jahre bestimmt sind. Damit diese Bestimmungen ihren vollen Werth erhalten, ist freilich ihre Verbin- dung mit den gleichzeitig aufgenommenen Marschrouten nothwendig, aber eine bedeutende Anzahl Punkte ist auch ohne diese zu benutzen und ich hoffe, dafs diese Mittheilung Ihnen von einigem Interesse sein und auch Herm Dr. Kiepert für seine kartographischen Arbeiten werthvoll erscheinen dürfte. Vor Kurzem habe ich auch noch mehrere andere sehr werthvolle geographi- sche Materialien zur Durchsicht und Berichterstattung erhalten. Ich führe hier nur an die Arbeiten des Flotten-Capitains Paul v. Krusenstern, im Petschora- und. Mesengebiet in den Jahren 1849 — 52 ausgeführt, welche als Fortsetzung seiner früheren, in Gesellschaft des Grafen Keyserlingk ausgeführten Arbeiten über den Lauf des Petschora anzusehen sind, sich aber dabei einer erheblich höheren Genauigkeit in allen ihren Bestimmungen erfreuen; ferner die von Schwarz im vergangenen Jahre in 'Trans-Baikalien angestellten Ortsbestimmun- gen; endlich die auf der Reise des Grafen Putjatin den Amur hinauf durch einen der ihn begleitenden Offiziere, Midshipman Peschtschuroff, zur Festsetzung 554 Miscellen: des Laufes dieses Flusses angestellten Beobachtungen '). Alle diese Materialien sind noch nicht vollständig reif für fernere Mittheilung; sobald sie aber in die- ses Stadium eintreten, werde ich mit Vergnügen mich beeilen, Ihnen die wesent- lichen Resultate zu melden, indem ich nicht daran zweifle, dafs dieselben auch für Sie von grofsem Interesse sein werden. Unsere Altai- und Ural-Expeditionen haben in diesem Jahre von schlechtem Wetter, unaufhörlichem Regen und dadurch hervorgegangenen Ueberschwemmun- gen zu leiden gehabt, indessen scheint es doch, als ob im August einige günsti- gere Bedingungen eingetreten sind. Die Expedition zur Aufnahme des kaspi- schen Meeres ist jedenfalls viel mehr vom Wetter begünstigt gewesen und wir rechnen von dort auf günstige Berichte, und das um so mehr, da an der Spitze der Arbeit zwei besonders ausgezeichnete und thätige Flottenoffiziere, der Capitain Iwaschtschinzow und der Lieutenant v. Koskull stehen, die überdies zu ihrer Arbeit durch den Grofsfürsten Constantin mit sehr reichen Hülfsmitteln ausge- stattet sind. .... Die Rückkehr von Leop. Schrenck aus Daurien sowie des Herrn v. Dittmar aus Kamtschatka über Daurien wird noch im laufenden Herbst erwartet; so viel bekannt, bringen sie beide reiche Ernten mit. Zwei andere in diesem Sommer vom Amur zurückgekehrte junge Gelehrte, Gerstfeld und Mauck, haben gleich- falls viel gesammelt und beschäftigen sich gegenwärtig hier in Petersburg mit Bearbeitung des von ihnen heimgebrachten Materials. Fügen wir nun noch die in denselben Gegenden Seitens der geographischen Gesellschaft unternommenen, die Kartographie und physische Geographie betreffenden Arbeiten hinzu, so er- giebt sich, das wir in wenigen Jahren ein recht vollständiges Material zur Be- schreibung jenes bis vor Kurzem kaum dem Namen nach gekannten Landstrichs haben werden. Anmerkung. Indem wir unserem hochgeehrten Freunde den verbindlich- sten Dank aussprechen für diese lehrreichen Mittheilungen, welche von der grofs- artigen Thätigkeit des k. k. russischen Gouvernements zur Erforschung der weiten, so inhaltreichen asiatischen Ländereien ein rühmliches Zeugnils abgeben, fügen wir die Tabelle der gütigst mitgetheilten neuen astronomischen Ortsbestimmungen und eine Kartenskizze derselben bei, welche wir der Theilnahme unseres Freun- des, des Herrn Dr. Kiepert, verdanken. Der Unterzeichnete ergreift zugleich die Gelegenheit, zu bemerken, dafs ihm der erste Band der russischen Uebersetzung seiner „allgemeinen vergleichenden Erdkunde“, das asiatische Rufsland und dessen Nebenländer betreffend, zugegan- gen ist, welchen die kais. russ. geographische Gesellschaft mit vielen neuen Be- richten ausgestattet hat, über die wir bald einige Auskunft zu geben im Stande sein werden. Ueber die Expedition zur Aufnahme des kaspischen Meeres dürfen !) Hinsichtlich der Beobachtungen Peschtschuroffs ist noch die östliche Länge der Ust-Streletschnaja Staniza genauer festzustellen, nach deren Meridian er die Länge der einzelnen Punkte am Amur bestimmt hat. Nach Herrn v. Struve werden wir bald über die Lage jenes Ortes correcte Beobachtungen und damit auch für die Benutzung der Angaben Peschtschuroffs ein sicheres Fundament erhalten. Diese letzteren sind also auf unserer Karte noch nicht berücksichtigt worden. Dagegen hat sie Herr A. Petermann der dem letzten Hefte der „Mittheilungen“ beigegebenen zum Grunde gelegt. D. R. Ueber einige wichtige russische geographische Arbeiten. 555 wir aus einem Schreiben des berühmten Petersburger Akademikers Dr. v. Baer an Herrn Al. v. Humboldt vom 24. Juni 1856 einige lehrreiche Nachrichten hier hinzufügen, wodurch die in obigem Berichte enthaltenen Angaben über die Ver- dienste der Russen um die Fortschritte der wissenschaftlichen Erdkunde eine weitere Bestätigung erhalten. 2) Aus dem Briefe des Herrn v. Baer. Astrachan, 24. Juni 1856. .„. Zunächst habe ich das Manytsch- Thal im Gedächtnifs, da ich kürzlich aus demselben zurückgekehrt bin; .es ist mir, glaube ich, gelungen, die wider- sprechendsten Angaben, die ich in Astrachan über dasselbe erhielt, zu vereinigen und aufzufinden, wodurch diese mehr scheinbaren als wirklichen Widersprüche entstanden sind '). Leider bin ich mit einigen allgemeinen Fragen in Beziehung auf das kaspi- sche Meer noch nicht so weit. So geht es mir z. B. mit dem Urtheil über die noch fortgehenden Niveauveränderungen des Meeres. Es ist eines 'Theils erweis- bar, dafs die Niveauveränderungen auf wirklicher Zunahme oder Abnahme der Wassermenge beruhen, indem in jedem Jahre das Niveau im Juni und Juli steigt, nachdem das Hochwasser der Flüsse sich in das Meer ergossen hat, und wäh- rend des Winters sinkt. Allein dieser Unterschied ist nicht sehr grofs. Er machte im Jahre 1853, in welchem die Wolga und andere Flüsse sehr hohes Wasser hatten, 10 Zoll und einige Linien aus. Es könnte auch sein, dafs die grölsere oder geringere Wasserfülle, die man eine ganze Reihe von Jahren hin- durch anhaltend bemerkt, darauf beruht, dafs mehrere gleich regenreiche oder gleich heitere Jahre auf einander folgten. Leider aber hat man über dieses an- haltende höhere oder tiefere Niveau keine sichere Angabe. Die Beobachtungen bei Baku sind für diesen Zweck nicht tauglich, weil der Boden, auf dem Baku steht, ohne Zweifel seit einem halben Jahrhundert in die Höhe geht. Dasselbe scheint mir von der Gegend von Surjut zu gelten, für welche aber jegliches Mafs fehlt. Sr. Kais. Hoheit der Grofsfürst Constantin hat jetzt befohlen, im ganzen Umfange des kaspischen Meeres Marken einzuhauen oder Pegel zu setzen. Wenn diese eine Reihe von Jahren hindurch werden beobachtet sein, wird man erst entscheiden können, ob die Harmonie zwischen der mittleren Verdunstung und der mittleren Ausdehnung des Meeres hergestellt ist, und ob die Hebungen und Senkungen ganz local sind, oder auf eine allgemeine Runzelung der Erdoberfläche sich redueiren lassen. .... Aus der Fortsetzung des Schreibens ist zu ersehen, dafs Herr von Baer im Auftrage der Regierung mit den Untersuchungen über die Fischereien des kaspi- schen Meeres beschäftigt gewesen ist und darüber ein offieielles Werk in zwei Bänden herausgeben wird, von welches der erstere die Naturgeschichte des kas- pischen Meeres, der zweite die Fischerei in ihm und seinen Zuflüssen mit den Fangapparaten, den Fangweisen und Zubereitungen enthalten wird. Aufser dieser Arbeit werden von demselben Beobachter noch anderweitige Fragmente unter 2) Die mitgegebene Beilage: ‚Resultate einer kleinen Expedition an den Ma- nytsch“ vom 27. Juli wird in dem nächsten Hefte der Zeitschrift mitgetheilt werden. 556 Miseellen: dem Titel „Kaspische Studien“ erscheinen, deren demnächstige Veröffentlichung für die Wissenschaft von grolsem Interesse sein wird, C. Ritter. Verzeichnifs der in Ost-Sibirien während der Jahre 1849 bis 1853 von Herrn L. Schwarz bestimmten Oerter. Benennung des Orts: Breite: Länge östlich von Ferro: HD TMomisk ‚wirt .. del wrlnsig. ‚n.tei, 0 i0id560:20N 40 See Sldrkutskix aldıs llsaab Tall una ai, NE HET II SAEAARTE NZZ 3) iPoststatiomMotil.iW. la mn. ln 285% MNAuıslr ‚I1217040/v43,5 4) Dorf KRultuk . » oo 0 ou 0 0 0. 004 AS ZI MIR RUN 5). «Eestung Tunka'. u Ken l.mesmell, "51 14441 120 18 .19,5 6) Turanskische Mineralquellen . . „2... 51 4 29 119 26 36,0 Küsten des Baikal-Sees. (Siehe Taf. VIIL) 7) Landungsplatz der Dampfschiffe am Baikal . 51 50.4 122 36 46,5 8), Dorf; Golaustnoje-) nal -une md Male Deaial a9 RAR rt 9) Mündung der Buguldeika. . » 2... .52 31 16 123 45 55,5 10) Mündung der Sarma 2...» 2 2 .202.83.5 42 124 29 25,5 44) El: Onguren... untl. nenne #.1«83.,88).120) 12514 ı22,5 12) Vorgebirge Jelocin » » » 2 2.20.54 32 1 126 20 30,0 43) Dorf Goremiki “00 oe ler 16,55 21:47 126.59 0,0 44) Dorf Duschkatschan . » 2. 2.2.55 50.20 127.27 43,5 45) Landungsplatz Dagati . 2 2 2 22 0.55 42 25 127 39 34,5 16) Mündung des Tompuda . 2 2 2.2...55. 7.0 427 31 495 17) - - „(Tschiwirkuiponsmdnat malte BB ANAIN ART ru 920 18) - - 1. Bargusin 0.0. 0 00. 0.583.285: 39 ‚126.48 ‚48,0 19) Stadt Bargusinsk. »- » -» 2 2.2.0. .53 36 29 127 270480 20) Turkinskische Mineralquellen. . . . . . 52 59 20 126 6 51,0 24) Poststation Grematschinskaja . . » . . 52 50 24 126 24 52,5 22) Dorf Schigajewo . - - rahmen DA» AMT 464 »42Ar 10258 23) Winterlager an der nördl. Mündung a. Selenga 52 23 39 124 21 28,5 24) Poststation Possolskoje. . » 2 02.252 1.3 123 53 52,5 25) - Chara-Murin.-unasnlir suis” Ian aD RE Rlur AR A 26) - Listwemitschnja . . 2»... — — 42135 „79 27) Mündung der Perjemnaja . . .. .. 51 34 43 122 55 6,0 28) Fabrik Telminskaja . . » m. 0 nn. 52 41 48 121 27 28,5 29) Poststation Schakscha . . 2. 0 2....52. 828 130 18 40,5 30): Stadt Mschitenann die master nee erh 0,0 34) Stadt Nertschinsk . 222 2 202000.51.58 26 134 14 30,0 32) Festung Gorbitza . - NW: 53...5.54.,136:.49,55,0 33) An der Schilka nahe hei ge Mündung de Tschalsownja . » -» inte BEr2h IE RERI 2 34) Punkt an dem Flusse ee a RT 703 (10748 ee Ueber einige wichtige russische geographische Arbeiten. Benennung des Orts: Breite: 35) Punkt an einem Nebenflusse des Amasar . 53° 42' 57” 36) Punkt am Flusse Mogotscha . . . .....54 4 54 37) Goldwäscherei bei der Buchta . . . 2.54 14 6 38) Punkt am. Flusse Nukta . . 2 0.020.054 49 45 39) - - - Aralten. Aldan .ı... 1 40.1. 584118123 40) - - - Ködainanib. Murder 4) - - 4, Aldän .öd Isisitl Jhd .3d564:50:45 42) Mündung des Tschoktschai . . 0... 57 38 15 Aa)EStadtHOlekminakt. SUndb sun in anche HOT 124 44)!Mündung der Olekma . 3: . 2.2... ..60 22 10 AB) Stadt Jakutak.. 7 rare een 46) Flecken Amginsk . : E - „1:60,83, 41 47) Landungsplatz in Ust- Maisk (Mündung der 1. 2: 3 BREI N, SOREIINGE HR ELoAR MINENE «I WEHEPERUEEREEN ||| PER. 9 48) Mündung des Alm . . 2 e0e0000.0..908.46 21 49) Nelkan (Waldgebirge) - » 2 >» ..12.2...52 39 23 Der östlichste russisch- chinesische Grenzbezirk. EN Hafem Ajan.- ahnen ereit ae 14 ER ENdEEEI: Ostrogin Stan, irrt rs 2 52) Mündung des Udjugun. . . . 202....54 6 22 53) Mündung der Kupwa : . . 1.0.2.2... ..54 44 22 BE) Descharban. am: Hdiuncs kon. Nentarke sn DER 55) Wachthaus zu Inkansk. . 2.2 2.220.252 51 17 56) - zuwBuneidskr. wol. naher. „2. „5050 57) - zus Burukänsk oh .nmailıwi, Arien aba HunA2 58) Zusammenflufs der Zuflüsse der Bureja . . 51 38 55 59) Mündung des Tuur . 2 22 2022.53 46 36 60). Punkt am Udjugun . „ae 2 nnd 8 23 61) Punkt an einem Nebenflusse der Arga . . 54 30 26 62) - unweit der Mündung des Tock. . . 54 4 7 63) Jurte Titepa am Flusse Dschi . . „2. ..254 319 64) Punkt am Munmichakan ! 2. 202....254:38 15 65) Mündung der Munmicha . 2... 2..2..54 38 7 66) Mündung des Itugei in die Brianta . . . 54 31 4 672) Punkt am Elusse Unacha.. 2. .2...054 33 3 68) - am Nebenflusse des Giui . . . .. 54 40 3 PP NORRRORRNGENEE - su Diogins, Hackl Mi 56 20)’ Punktiam Könam Va... len 255 5950 it £ odi Supra nn RB. E02 72) Punkt an einem Nebenflusse der Lamama . 57 15 39 73) Mündung des Flusses Utschur . „. .. . . 58 46 59 74) _ - - Belketschiw« slor 11.7.5 Iu:-t 14 Länge 557 östlich von Ferro: 4379:51452;5” 137 138 140 141 140 140 139 152 151 153 58 2 27 5 53 46 44 18 35 38 8 44 51 7,5 37,5 52,5 52,5 37,5 22,5 7,5 52,5 45,0 31,5 54,0 39,0 22,5 (S. Taf. IX.) 155 152 149 148 151 149 150 153 151 154 149 148 146 147 145 145 145 144 144 143 144 53 6 42 22 11 37 31 47 97 31 27 47 35 39 51 35 6 47 10 40 18 7,5 30,0 22,5 52,5 33,0 3,0 0,0 48,0 7,5 22,5 37,5 37,5 3,0 22,5 1,5 558 Miscellen: Geographische Ortsbestimmungen ausgeführt 1855 durch den Capt. Butakoff zur Bestimmung des Laufes des Syr-Darja. Breite: Länge östlich von Ferro: 1) Fort No.I, Südost-Bastion . . 450145 32” 0.799149 ',51”" 2) Südliche Spitze der Halbinsel Raim . 46 4 19 79° 27011 3) Kofs-Aral, ehemaliges Fort . . .. 46 1 148 78 43 30 4) Ak-Dschar, kirgisisches Grabmal . „ 45 35 57 80 54 32 5) Fort No.II (Karmaktschi), nördl. Winkel 45 29 9 81 48 41 6) Zerstörte Festung Tschim Kurgan . . 45 1 53 82 27 30 7) Fort’Kamysch Kurgan . „2... 4.52 A 82 345 8). Hor#Perowski..$8. OU. u u nu Ad am 8 11 4 Eine Vergleichung mit dem Kärtchen, auf welchem Herr Dr. A. Petermann die Aufnahmen des Capitain-Lieutenant Iwaschtschinzow dargestellt hat, zeigt, dafs die Resultate der letzteren mit den oben mitgetheilten neueren Angaben in Bezug auf die Breite fast ganz genau übereinstimmen; hinsichtlich der Länge kommt jedoch, den Beobachtungen Butakoffs zufolge, den meisten Orten eine etwas westlichere Lage zu. Bei den am unteren Laufe des Sir Darja gelegenen be- trägt die Differenz nur wenige Minuten; bei Kamysch Kurgan dagegen fast 9, bei Fort Perowski fast 7 Minuten. Das oben erwähnte Fort No. I entspricht dem Fort Kasaly auf Petermann’s Karte, welches auf derselben nach Butakoffs früherer, nur sehr unbedeutend abweichenden Angabe eingetragen ist. Der Handel des westlichen Griechenlands. Unter allen Naturerzeugnissen Griechenlands bilden die Korinthen den wichtigsten Verkehrsgegenstand. Sie werfen den verhältnifsmäfsig gröfsten Er- trag ab, und da sie nur auf wenigen Punkten der Erde gedeihen, so sichern sie Griechenland und namentlich der Halbinsel Morea eine unversiegbare Einnahme, ohne dafs eine anderweitige bedeutende Concurrenz, aufser jener der Ionischen Inseln, deren Product jedoch qualitativ wie quantitativ hinter dem Griechenlands zurücksteht, möglich wäre. Seit dem Jahre 1852 hat die Traubenkrankheit grofse Verheerungen, namentlich in der für die Cultur der Korinthen günstigsten Gegend von Patras, angerichtet, und von den verschiedenartigen, gegen diese Krankheit angewandten Mitteln hat nur das Abhauen des Weinstockes sich als erfolgreich bewährt. Dieses hauptsächlich in der Gegend von Pyrgos angewandte Mittel brachte den dortigen Grundbesitzern im Jahre 1855 schon einen bedeutenden Fruchtertrag und, bei den enormen Korinthenpreisen, einen grofsen Geldgewinn, während die Gegenden um Patras, Vostiza, Calamata, Missolunghi und Corinth auch in diesem Jahre von der Krankheit sehr heimgesucht waren. Die gesammte Korinthenernte auf Morea betrug im Jahre 1855 über 7 Millionen Pfund zur Aus- fuhr geeigneter Korinthen, davon 5 Millionen von guter und über 2 Millionen von geringerer Qualität, welche mit der ersteren gemengt wird. Nach England wurden die meisten Korinthen der besseren Qualität, nach Oesterreich und Deutsch- land weniger und auch schlechtere Frucht versendet. Der Geldwerth der im Jahre Er Der Handel des westlichen Griechenlands. 559 1855 ausgeführten Korinthen belief sich auf beinahe 2 Millionen Gulden, wovon die gröfsere Hälfte auf die Gegend von Pyrgos fällt, welche wie jene von Vo- stiza ihr Erzeugnifs hauptsächlich auf dem Markte von Patras verhandelt. Cala- mata, welches nur eine geringere Sorte erzeugt, sandte im Jahre 1855 für etwa 60 — 70,000 Gulden Korinthen nach Triest. Obwohl die Ernte von 1855 kaum den fünften Theil der früheren gesegneten Lesen vor dem Jahre 1852 erreichte, war ihr Ertrag doch bedeutend, da die Preise sich sechs- bis achtfach höher stellten, als in den Jahren vor dem Ausbruche der Krankheit. Die verdorbenen Korinthen werden zum Branntweinbrennen verwendet, weshalb seit einiger Zeit gebrannte Wasser einen nicht unwichtigen Ausfuhrartikel Morea’s und namentlich der Stadt Patras bilden, obschon auch im Lande selbst, eben in Folge der Trau- benkrankheit, der Verbrauch von Branntwein grölser ist als früher. — Feigen liefert nur Messenien in gröfserer Quantität für die Ausfuhr, im Jahre 1855 eirca 6 Millionen Kränze (30,000 Wiener Centner), wovon beinahe $ nach Constan- tinopel und der Rest von Calamata aus gröfstentheils nach Triest ausgeführt wurde. Einen vorzüglichen Handelsartikel bildet auch die Knopper (Valonea), welche am besten auf der Insel Zea, aulserdem auch bei Marathonisi, und in Akarnanien und Aetolien gedeiht. Die schlechteste Gattung liefert Achaia. Der Gesammtertrag an Knoppern in ganz Morea und Livadien wird auf 6—7 Millio- nen Pfund geschätzt, von denen etwa 4 in Griechenland selbst verbraucht, das Uebrige aber nach England, Italien, hauptsächlich nach Sieilien, und nach Triest versandt wird. — In dem österreichischen Consularbezirk von Westgriechenland bringen nur die Orte Calamata, Marathonisi und Salona Oel zur Ausfuhr. Das in Patras erzeugte Oel reicht für den eigenen Bedarf nicht aus, auch steht das Oel Westgriechenlands dem Luccheser, Provencer, Sieilianischen und selbst dem von Corfu nach, wird jedoch dem Erzeugnifs von Zante vorgezogen. — Von der Seide, welche hauptsächlich in Morea, Akarnanien und Aetolien gewonnen wird, verspinnt Griechenland etwa zwei Drittel selbst, verarbeitet davon aber sehr we- nig im eigenen Lande. Grobe gesponnene Seide sendet man nach Tunis, theil- weise nach Marseille. Die feinere, nach italienischer Weise gesponnene Seide steht wegen Mangelhaftigkeit der mechanischen Vorrichtungen im Allgemeinen der italienischen weit nach. Etwa ein Drittel der im Lande erzeugten Cocons geht nach Marseille und Ancona. Im Jahre 1855 betrug der Seidenertrag für das westliche Griechenland circa 320,000 Pfund Cocons, zu 281,000 Drachmen berechnet. Da Griechenland keine Schafe von edler Race besitzt, so eignet sich die dort gewonnene Wolle nur zur Verarbeitung für gröbere Stoffe. Die beste Wolle erzeugt Karavassera, Vostiza, Dragomestra und Etoliko. In Morea haben die Gegenden von Gastuni und Glarenza eine bedeutende Schafzucht. — Thier- häute, meistens Schaf- und Ziegenfelle, werden hauptsächlich in Griechenland selbst verarbeitet und nur ein kleiner Theil wird nach Triest, Ancona und der Türkei ausgeführt. Der Gesammtexport belief sich für das Jahr 1855 auf etwa 100,000 Drachmen. — Getreide führt Griechenland überhaupt selten aus; ja zuweilen ist der westliche Landestheil genöthigt, Getreide vom Auslande zu im- portiren. Der innere Handel West-Griechenlands ist schon mit Rücksicht auf die ge- ringe Anzahl Städte und deren Unbedeutenheit, mit Ausnahme von Patras, wel- 560 Miscellen: ches jetzt fast 20,000 Einwohner zählt, dann bei der Gleichheit oder doch der geringen Verschiedenheit der Produete und den so geringen Bedürfnissen der ländlichen Bevölkerung, endlich bei der Unzulänglichkeit der Verkehrsmittel an und für sich ohne Wichtigkeit. Nur insoweit erhält der innere Verkehr eine hö- here Bedeutung, als es sich um Versendung der in Patras eingeführten Manu- facturen und Fabricate an die Detailhändler der kleineren westgriechischen Städte handelt, welche alle ihren Waarenbedarf aus den Händen der Grofshändler in Patras erhalten. Alle Handelsthätigkeit geht von Patras aus, und nur Calamata hat neben Patras einige Bedeutung als Handelsplatz. Pyrgos könnte, mit Rücksicht auf den Bodenreichthum von Elis, eine grofse Wichtigkeit erlangen, wenn nicht der dortige Hafen unsicher wäre und die Landung gröfserer Schiffe geradezu un- möglich machte. Der Gesammtwerth der Einfuhrartikel betmg im Jahre 1855 etwa 5 Millionen Drachmen, unter welchen Baumwollengarne und Tuche aus England, Deutschland und der Schweiz, sowie Musselinstoffe aus der Schweiz und Sachsen die Hauptstelle einnehmen. (Nach der „Austria“ 1856, S. 481.) —ı. Landstrafsen und Eisenbahnen auf Cuba. Alexander v. Humboldt hat in seiner Schrift über Cuba des Planes er- wähnt, den Hafen von Havana an der Nordküste mit jenem von Bataban6 an der Südküste zu verbinden. Die spanische Regierung wollte den Guines-Canal hauptsächlich deshalb graben lassen, um billigeres Schiffsbauholz für ihre Werfte in der Havana zu beziehen. Aber diese Wasserstralse, welche zugleich von grofser Wichtigkeit für die raschere und billigere Beförderung der Landesproducte aus dem Innern nach der Seekante gewesen wäre, ist niemals gebaut worden. Da- gegen hat Cuba ein sehr ausgedehntes Netz von zum Theil allerdings sehr man- gelhaften Landstrafsen und die Anfänge zu einem Eisenbahnsystem. J. S. Tra- sher giebt in seiner englischen Uebersetzung des oben genannten Werkes, New- York 1856, darüber nähere Nachweise. Auf den Landstrafsen, die in sehr roher Weise hergestellt worden sind, können Fuhrwerke während der nassen Jahreszeit nur mit grofser Mühe vorwärts kommen, und auf der Hauptstrafse, die östlich von Havana durch die Insel läuft, wird die Post noch jetzt nur zu Pferde beför- dert. Die Hauptpunkte, welche diese Strafse berührt, sind: Matanzas 21 Leguas, von da nach Villa Clara 57, S. Espiritu 23, Puerto Prineipe 50, Las Tunas 31, Bayamo 14, 8. Jago de Cuba 34, Santa Catalina 25 und Baracoa 44, Totallänge 299 Leguas. Westlich von Havana laufen zwei Strafsen, die centrale und jene nach der Südküste, nach Pinar del Rio 45, von da nach Guano 15 und nach Mantua 6, Total 66 Leguas. Eine andere zieht gleichfalls westlich von Havana, aber an der Nordküste, nach Mariel 14, von da nach Cabalıas 5, Bahia Honda 6 Leguas, und von dort nach Mantua. Die südliche Strafse geht von Havana nach Guines 12, von da nach Cienfuegos 57 und nach Trinidad 21, Totallänge 90 Leguas. Aufserdem zieht noch eine Landstrafse der Nordküste entlang, und die gröfse- ren Städte sind durch Wege mit einander in Verbindung gesetzt worden. So giebt es dergleichen von Matanzas nach Cienfuegos; von Sagua über Villa Clara Landstrafsen und Eisenbahnen auf Cuba. 561 nach Cienfuegos; von Remedios gleichfalls über Villa Clara /nach . Trinidad; von Moron nach $. Espiritu und Saza; von Nuevitas über ‚Puerto Prineipe nach Santa Cruz; von Gibara nach Holguin, Bayamo und Manzanilla. Im All- gemeinen gilt die Bemerkung, dafs die Strafsen im westlichen Departement sehr gut, im Central-Departement schlecht und im östlichen für Fuhrwerk unprakti- kabel sind. ‘Die gewöhnlichen Wege sind insgemein nichts: anderes als mehr oder weniger breite Pfade, die man für den Verkehr freigelassen hat, ohne sie zu ebnen, gerade zu legen oder auszubessern. Wo sie über Hügelland, steinigen Boden oder durch gefährliche Strecken führen, sind sie hoch mit Alluvialboden bedeckt und nur in der trockenen Jahreszeit zu passiren. Das Reisen ist auf Cuba allezeit eine beschwerliche Sache, und weil eben deshalb die Zahl der Rei- senden nur gering ist, so fehlt es auch an Gasthöfen; man sieht sich also auf die allerdings preiswürdige Gastfreundschaft der Bewohner angewiesen. Man empfindet alle diese Mängel sehr wohl, und schon vor Jahren wurden Entwürfe zu eigentlichen Chausseen gemacht; es ist aber mit grofsen Kosten und Schwierigkeiten verbunden, auf der Insel Wege herzustellen, welche den starken tropischen Regengüssen Widerstand leisten können. In der Nähe von Havana hat man übrigens einige Kunststralsen gebaut, und weitere Strecken sind in An- griff genommen worden. Die bedeutendste läuft nach. Westen bis Guanajay und hat eine Länge von 12 Leguas; eine südliche geht bis Santiago de las Vegas, 5 Leguas; die südöstliche ist auf einer Strecke von 73 Leguas vollendet; die östliche ist erst 5 Leguas lang. Sie alle sind vonder Junta de Fomento auf Kosten der Regierung erbaut worden. Den Anstofs zur Herstellung von Eisenbahnen gab Don Eduardo Fesser. Er wies nach, wie die Anlage von Schienenwegen verhältnifsmäfsig leicht und 'wohl- feil sei, weil man bei der Beschaffenheit des Geländes nicht nöthig habe, Durch- stiche zu machen oder Tunnels zu graben, und dafs auch kurze Strecken sich in einträglicher Weise verwerthen würden. Auch hätten die starken Regengüsse auf die Eisenbahnen 'bei Weitem nicht den nachtheiligen Einflufs wie auf die Land- stralsen, und der Betrieb brauche in keiner Jahreszeit eingestellt zu werden. Mit diesen Ansichten drang er durch; aber die spanischen Behörden umgingen seine Mitwirkung und lohnten ihm mit Undank. Sie machten in England eine Anleihe von dritthalb Millionen Dollars, die Junta de Fomento schofs jährlich 40,000 Dol- lars zu, die Regierung stellte Emancipados und Sträflinge als Arbeiter, und so kam die Bahn von Hayana nach Guines zu Stande. Sie wurde 1835 begonnen, im November 1837 auf einer Strecke von 17 englischen Meilen eröffnet und im December 1839 bis Guines, 443 englische Meilen, vollendet. Den Angaben des spanischen Finanzministers Don Pio Pita Pizarro zufolge kostete jene Eisenbahn 3,909,625 Dollars 75 Cents oder 87,366 Dollars für die englische Meile, bei nur einem Geleise, und rechnet man das Betriebsmaterial hinzu, so stellen sich die Kosten auf 95,000 Dollars! Die Regierung behielt den Schienenweg drei Jahre und hatte folgende Einnahmen von Fahrgästen: Frachten: Total: 1839 171,791 Doll. 136,484 Doll. 308,275 Doll. 1840 172,611 - 173,509 - 346,120 - 1841 168,167 - 181,963 - 350,140 - Zeitschr. f. allg. Erdk. Neue Folge. Bd.I. 36 562 Miscellen: Ueber die Ausgaben hat sie nichts veröffentlicht, aber Pizarro bemerkt, dafs dieselben jährlich 441,561 Dollars betrugen. Die Verwaltung war schlecht, und die Regierung überliefs die Bahn einer Privatgesellschaft, welche die oben er- wähnte Anleihe übernahm und die Bahn 33; englische Meilen weiter führte, bis Union, wo sie mit jener von Matanzas zusammentrifft; auch sind Zweigbahnen bis Guanajay, 21 engl. Meilen, und Bataband, 10 Meilen, gebauet worden. Jene Strafse bildet den Stamm für das Eisenbahnsystem in Cuba; sie läuft von Havana aus in einer südlichen Richtung bis San Felipe, 26 Meilen, und biegt dort nach Osten ab, über Guines nach Union. Bei Rincon, 14 Meilen von Ha- vana, läuft die Guanajay-Zweigbahn westwärts nach San Antonio, biegt dort nach Norden hin ab, und ist bei Guanajay nur 6 Miles von Mariel entfernt, das an der Nordküste liegt. Die Matanzasbahn verfolgt im Allgemeinen eine süd- liche Richtung bis Union, wo sie nach Osten zieht und durch Navajas nach Isa- bel, 25 Meilen, weiter geht. Die Cärdenasbahn geht nach Süden hin bis Bemba, 18 Meilen, biegt dann nach Südwesten ab, geht bis Navajas, 11 Meilen, und schliefst dort an jene von Matanzas an. Sie hat eine Zweigbahn, die von Bemba in südöstlicher Richtung nach Aguica geht, 333 Meilen. Diese soll weiter nach Osten hin fortgeführt werden und zwar durch die Mitte der Insel bis nach Villa Clara. Die Bahn von Cienfuegos läuft nördlich bis Cruces, 18 Meilen, und soll weitere 18 Meilen bis Villa Clara gebaut werden und sich dort mit der Cärdenasbahn und mittelbar mit dem System von Havana verbinden. Die Co- liseo-Bahn geht östlich von Matanzas bis auf wenige Stunden Entfernung von Cärdenas. Die Jucaro-Bahn läuft südöstlich bis in die ergiebigsten Zucker- distriete von Cuba. Aufserdem sind einige andere Eisenbahnen im Entwurfe, um das vorhandene Schienennetz sowohl nach Osten wie nach Westen auszu- dehnen. Die Eisenbahnen auf Cuba hatten zu Anfang des Jahres 1856 eine Länge von 3604 engl. Meilen. Davon kommen auf jene von Havana, mit zwei Zweigbahnen . . . 1084 Meilen, Regla nach Guanabacoa.. . » x... % - BSETTZRECh QADHURBA RM, Da RAR ORAL EZ - WoRReo CE ı BARRIERE A ATZE - Cärdenas, mit einer Zweigbahn . . . 624 - Jucaro, mit einer Zweigbahn . . . . 34 - Ureriitegos Wi; PDIUEAR US BABUEN. AREBTE, - ReIttacho sr REN 3. KB ARTEN NG - Trinidad nach Casilda . » »...03 - Puerto Prineipe nach Nuevitas . . . 46 - Cobre"nach SPIEgo N Min Din rd - 360} Meilen. Die Privatgesellschaften haben viel wohlfeiler gebaut, als die Regierung; so kostete z. B. die Bahn von Cärdenas nach Navajas etwas weniger als 28,000 Dol- lars die engl. Meile, und die von Jucaro etwa 20,000 Dollars, ohne Betriebs- material. Eine neue Franklin-Expedition. 563 Die Einnahmen dieser Bahnen betrugen von: 1850. 1851. Bahn: Länge: Passagieren: Fracht: Passagieren: Fracht: Hayana 1084 Meilen 293,300 D. 377,209 D. 336,076 D. 454,961 D. Matanzas 47 - 75,876 - 228,266 - 87,239 - 288,782 - Coliseo 24 - 16,691 - 105,659 - 13,333 - 128,526 - Cärdenas 623 - 32,070 - 158,374 - 61,695 - 258,378 - Jucaro 34 - 14,088 - 291,641 - 9,103 - 261,544 - Remedios, eröffnet im April 1851 SE 16,905 - 22,877 - A. Eine neue Franklin-Expedition. Es war zu erwarten, dafs der Widerspruch der Times gegen den von dem Marine-Lieutenant Pim in der Londoner geographischen Gesellschaft vorgelegten Plan einer neuen Franklin-Expedition grofsen Ansto/s erregen und den Eifer für eine solche Unternehmung noch mehr entflammen würde. Die hochsinnigen und unerschrockenen Männer, welche während einer Reihe von Jahren entweder selbst in den unwirthlichsten Regionen nach den Verlorenen gesucht oder die zu diesem Zwecke entsendeten Expeditionen mit warmem Eifer befürwortet und ge- fördert haben, werden am Wenigsten in dem Moment, wo die Entdeckung einer unzweideutigen Spur der lange Gesuchten über den Ort ihres Untergangs oder ihrer Rettung Aufschlufs gegeben hat, zu überreden sein, dafs sie jetzt die Hände in den Schools legen und an den aufgefundenen Reliquien ihr Herz trösten könnten; es mulste vielmehr selbst auf minder eifrige Naturen anspornend wirken, wenn die Ansicht, dafs von den 135 Seeleuten des Erebus und Terror kein Einziger mehr am Leben sei, nur durch solche Argumente Geltung zu gewinnen suchte, in denen kein Hauch der grofsen, edeln, durch die Humanität und die Rücksicht auf die Ehre des Landes eingegebenen Motive wehte, welche für die Entsendung der arktischen Expeditionen mafsgebend gewesen sind. Wenn die Times sich über die Resultate der letzteren verächtlich äufsern, wenn sie anführen, dafs die nordwestliche Durchfahrt „für commercielle und andere praktische Zwecke un- brauchbar“ sei, wenn sie die glückliche Heimkehr der letzten Nordpolfahrer aus den schreckenerregenden Eisregionen lediglich einem „Wunder“ zuschreiben, als ob mensehliche Umsicht, Thatkraft und Ausdauer gar keinen Antheil daran hät- ten, so ist es sehr begreiflich, dafs Männer wie Ross, Belcher, Kellett, M’Clure und die anderen unerschrockenen Seefahrer, welche zur Erreichung des von ihnen erstrebten Zieles keine Gefahr gescheut haben, in solchen Argumenten nur den armseligen Caleul und den Kleinmuth eines Krämers erblicken und mit Energie gegen ein Räsonnement auftreten, welches dem die britische Marine beseelenden Geiste so schnurstracks widerspricht. Den Times gingen unmittelbar nach der Publication ihres Artikels von Lieut. Pim, R. Collinson und R. Murchison entschiedene Proteste zu, welche zunächst das Sachverhältnifs constatirten, dafs nämlich zwischen der jetzt beabsichtigten Expedition und den früheren insofern ein grofser Unterschied existire, als die jetzige nicht mehr einen unbestimmten und unbekannten Raum zu durchmessen, 36* 564 Miscellen: sondern sich auf die Erforschung eines durch die Entdeckung einiger Reliquien von der Mannschaft des Erebus und Terror bestimmten, bereits bekannten und gar nicht ausgedehnten Terrains zu beschränken habe. Demnächst aber heben sie nochmals die grofsen leitenden Gesichtspunkte hervor, welche für alle Franklin- Expeditionen entscheidend waren. „Abgesehen von der Frage“, sagt R. Collin- son, „ob von der Mannschaft der vermilsten Schiffe noch Jemand lebt oder nicht, sind wir es dem Andenken dieser 135 Engländer, welche der Lösung eines grolsen geographischen Problems ihr Leben zum Opfer gebracht haben, und der Beruhi- gung ihrer Freunde und Angehörigen schuldig, dafs das Geheimnifs ihres Schick- sals aufgeklärt wird. Wir sind es der nationalen Ehre schuldig, dafs das, was wir begonnen haben, auch zu Ende geführt wird und dafs wir diejenigen unserer Landsleute, die künftig in Gefahr gerathen, nicht der festen Zuversicht auf Hilfe berauben, die bis jetzt in Drangsalen das einigende Band gewesen ist. Sir, ich bin in der Ueberzeugung aufgewachsen, dafs Beharrlichkeit bei einer guten und edeln Sache zu den angeborenen Eigenschaften des angelsächsischen Stammes ge- hört; gestatten wir es nicht, dafs der Schandfleck, das Schicksal unserer 'vermils- ten Landsleute im Dunkeln‘ gelassen zu haben, der Nachwelt überliefert werde, während wir es: in Händen haben, ohne ernste Gefahr die Sache aufser allen Zweifel zu stellen.“ Sir R. Murchison veröffentlicht bei dieser Gelegenheit zugleich ein von den hervorragendsten Männern unterzeichnetes und unter dem 5. Juni 1856 an Lord Palmerston gerichtetes Schreiben, welches die Motive zu einer neuen ark- tischen Expedition auseinandersetzt. Es lautet folgendermafsen: „Durchdrungen von der Ansicht, dafs Ihrer Majestät vermifste Schiffe, Ere- bus und Terror, oder die Trümmer derselben in nicht grofser Entfernung von dem Orte, wo Dr. Rae einige Reliquien von Sir John Franklin und seiner Mann- schaft fand, eingefroren sind, bitten wir Endesunterzeichnete, Männer der Wissen- schaft oder andere, welche ein lebhaftes Interesse an arktischen Entdeckungen nehmen, oder Seefahrer, welche bei der Aufsuchung unserer verlorenen Lands- leute mitgewirkt haben, Eurer Herrlichkeit ernstlich vorstellen zu dürfen, wie wünschenswerth die Aussendung einer Expedition ist, um die Ehre unseres Lan- des zu wahren und ein Geheimnils aufzuklären, welches die Theilnahme der civi- lisirten Welt erregt hat. Dieses Gesuch wird von vielen Personen unterstützt, welche, mit arktischen Reisen wohl bekannt, im Hinblick darauf, dafs die vorgeschlagene Expedition nur auf ein begrenztes Terrain gerichtet werden soll, die Ansicht hegen, dafs der Zweck erreichbar ist, und zwar ohne grofse Gefahr. Wir können kaum glauben, dafs die britische Regierung, welche zu ihrem grofsen Ruhme nach verschiedenen Richtungen so viel Versuche gemacht hat, wenigstens den von Franklin eingeschlagenen Weg zu entdecken, jetzt die Nach- forschungen einstellen sollte, wo der Ort deutlich bezeichnet ist, an welchem die Schiffe oder ihre Reste sich befinden müssen, hoffentlich mit Aufzeichnungen, die ein neues Licht auf die arktische Geographie werfen und das auf der Reise und dem Schicksal unserer Landsleute noch immer lastende Dunkel verscheuchen werden. Obwol die meisten Personen zu der Ueberzeugung gekommen sind, dafs von Franklin’s Expedition Niemand mehr am Leben sein könne, giebt es doch in un- serm eigenen Lande und in Amerika hervorragende Männer, welche eine ent- Eine neue Franklin -Expedition. 565 gegengesetzte Ansicht hegen. Dr. Kane z. B., der sich dadurch ausgezeichnet hat, dafs er bei der Aufsuchung Franklin’s weiter nordwärts vorgedrungen ist, als je ein Anderer, und dem die Königl. Geogr. Gesellschaft neuerdings ihres Grün- ders goldene Medaille zuerkannt hat, äufsert sich in einem Briefe an den edlen Mr. Grinnell folgendermafsen: „Ich weils sehr wohl, wie froh ich gewesen wäre, wenn meine Pflicht gegen Andere es mir gestattet hätte, bei den Eskimo’s des Smith-Sundes oder der Etah-Bai Zuflucht zu suchen. Es mag Ihnen befremd- lich scheinen: aber wir betrachteten das ärmliche Leben dieses Volkes mit neidi- schen Augen und zweifelten nicht daran, dafs wir mit seinen Hilfsquellen bequem hätten auskommen können. Meine ganze moralische und physische Kraft war erforderlich, um meine Leute von einer Desertion zu den Walrofs-Ansiedelungen zurückzuhalten, und in letzter Instanz war ich entschlossen, zum Eskimo- Leben zu greifen, wenn die Vorsehung uns bei unserer gefahrvollen Rückkehr nicht zum Ziele gefuhrt hätte.“ Wenden wir uns nun von solchen Betrachtungen ab und beschränken uns auf die Frage, die verlorenen Schiffe oder ihre Aufzeichnungen aufzufinden, so möchten wir bemerken, dafs keine Land-Expedition den Back River abwärts, wie diejenige, welche neulich mit grofser Noth nach Montreal Island gelangte, den Zweck, den wir im Auge haben, auf eine befriedigende Weise erreichen kann. Die gebrechlichen Boote aus Birkenrinde, auf denen Mr. Anderson seine Erfor- schung mit so grofsem Geschick ausführte, die Gefahren des Stromes, die wüste Beschaffenheit des Landstrichs an seiner Mündung und die unvermeidliche Er- schöpfung der Vorräthe verhindern schon den Anfang einer solchen Exploration, die auf eine befriedigende und vollständige Weise nur von der Mannschaft eines Kriegsschiffes ausgeführt werden kann, — um nicht des moralischen Einflusses einer starken bewaffneten Schaar zu gedenken, die in der Nachbarschaft des Ortes verbleibt, bis das Vertrauen der Eingeborenen erworben ist. Mehrere arktische Entdecker, die zur Zeit in dienstlichen Angelegenheiten abwesend sind, haben aufser denen, deren Namen unten beigefügt sind, ihre Ueber- zeugung ausgedrückt, dafs es mehrere Routen giebt, auf denen ein Schraubenschiff sich dem betreffenden Terrain so weit nähern kann, um jeden Zweifel aufzuklären. Hinsichtlich eines dieser Wege, durch die Behringsstralse längs der Küste Nord-Amerika’s, wissen wir, dafs ein einzelnes Segelschiff zur Cambridge-Bai drang, 150 Seemeilen von der Mündung des Back River, und unversehrt zurück- kehrte, und dafs sein Befehlshaber die Ueberzeugung aussprach, die betreffende Passage sei so ununterbrochen eisfrei, dafs Schiffe dieselbe ohne Schwierigkeit in einer Saison befahren könnten. Andere Wege, entweder durch Regent Inlet, Peel Sound, oder quer durch von Repulse-Bay, erhalten den Vorzug von Offi- zieren, deren Erfahrung in arktischen Reisen jede Beachtung verdient, — wobei in Bezug auf zwei von diesen Strafsen bemerkt werden mufs, dafs in ihrer Nähe grofse Massen von Vorräthen zurückgelassen sind. Ohne uns eine Andeutung darüber zu gestatten, welcher von diesen Plänen angenommen werden könnte, bitten wir Ew. Herrlichkeit dringend, ohne Aufschub diejenige Expedition anzuordnen, die nach dem Urtheil einer Commission von arktischen Reisenden und Geographen für die zur Erreichung des Zweckes ge- eignetste gehalten wird. Wir möchten Ew. Herrlichkeit bitten, den grofsen Unterschied zu erwägen 566 Miscellen: zwischen einer deutlich bezeichneten Reise nach einem engen und umgrenzten Terrain, innerhalb dessen die verlorenen Schiffe oder ihre Ueberbleibsel liegen müssen, und den früheren nothwendigerweise umhertappenden Erforschungsreisen nach verschiedenen Richtungen. Die häufigen Hinweisungen auf die Gefahr der letztern, in Regionen, die viel nördlicher liegen als das von der neuen Expedition zu besuchende Terrain, haben Personen, die mit den geographischen Verhältnissen unbekannt sind, zu der Voraussetzung geführt, dafs auch ein bestimmt bezeich- neter und eng begrenzter Versuch, wie wir ihn vorschlagen, neue Gefahren mit sich führt und zu ferneren Aufsuchungsreisen Anlafs bieten könnte. Der Cha- rakter der früheren Expeditionen setzte diese in der That Gefahren aus, da sie durch vollkommen unbekannte Gegenden dringen mufsten, während die Fahrt, um die wir bitten, nach einem bestimmt bezeichneten "Terrain gerichtet werden soll, dessen Grenze von einem der Schiffe Ihrer Majestät bereits ohne Schwierig- keit erreicht worden ist. Ebenso wie Frankreich, sobald es, nach wiederholten fruchtlosen Bemühungen das Schicksal La Perouse’s zu erkunden, von der Entdeckung einiger Reliquien dieses ausgezeichneten Seemannes gehört hatte, sofort eine Expedition aussandte, um jedes Fragment, das zu seinen Schiffen gehörte, zu sammeln, so sind auch wir davon überzeugt, dafs diese arktischen Erforschungsreisen, die unserm Lande so viel Ruhm gebracht haben, nicht in dem Moment aufgegeben werden können, wo eine Aufhellung der Irrfahrten und des Schicksals unserer verlorenen See- fahrer dicht vor uns zu stehen scheint. Schliefslich bitten wir angelegentlichst, dafs es nicht den Anstrengungen von Privatpersonen einer andern und befreundeten Nation, die sich bei dieser Ange- legenheit schon so sehr ausgezeichnet hat, auch nicht der edlen Wittwe unseres unglücklichen Freundes überlassen werden möge, ein Unternehmen zu versuchen, welches durch das britische Gouvernement viel erfolgreicher ausgeführt werden kann. Wir haben die Ehre zu sein u. s. w. F. Beaufort. R. J. Murchison. F. W. Beechey. Wrottesley. E. Sabine. Eger- ton Ellesmere. W. Whewell. R. Collinson. W. H. Sykes. ©. Daubeney. J. Fergus. P. E. de Stzrelecki. W. H. Smyth. A. Majendie. R. Fitzroy. E. G. Fishbourne. Ro- bert Brown. C. Macartney. L Horner. W. H. Filton. Lyon Playfair. T. Thorp. C. Wheatstone. W. J. Hooker. J. D. Hooker. J. Arrowsmith. P. La Trobe. W. A.B. Hamilton. R. Stephenson. J. E. Portlock. C. Piazzi Smyth. C. W. Pasley. G. Rennie. J. P. Gassiot. G. B. Airey. John F. Bourgoyne. Die folgenden Offiziere der königlichen Marine, die an Franklin-Expeditionen betheiligt waren und jetzt von London abwesend sind, haben sich schon früher zu Gunsten der oben empfohlenen Schlufs-Expedition erklärt: Commodore Kellett; Captains Sir James Ross, Sir E. Belcher, Austin, Bird, Ommanney, Sir Robert M’Clure, Sherard Osborn, Inglefield, Maguire, M’Clintock und Richards; Comman- ders Aldrich, Mecham, Trollope und Cresswell; Lieutenants Hamilton und Pim.“ Es ist uns vergönnt mitzutheilen, dafs auch Herr Alex. v. Humboldt dem in dieser Denkschrift motivirten Antrage seine gewichtige Unterstützung gewährt hat. Bei dem eifrigen Zusammenwirken so hervorragender und sachkundiger Männer durfte man wohl hoffen, dafs die britische Regierung den Antrag derselben be- rücksichtigen würde, und in der That meldet schon jetzt die United Service Ga- Eine neue Franklin- Expedition. 567 zette, dafs die Ausrüstung einer neuen Expedition nach den arktischen Gewässern kaum noch zweifelhaft sei. Diesem Blatte zufolge soll es in der Absicht liegen, zu gleicher Zeit auf dem Landwege und zur See, sowohl durch die Behrings- wie durch die Davis-Strafse nach Norden vorzudringen. Als Befehlshaber der Expedition durch die Behrings-Strafse nennt man Capt. Collinson oder Capt. Maguire; der Befehl über die Expedition durch die Davis-Strafse soll dem Capt. M’Clintock angeboten werden. —n. Sitzung der geographischen Gesellschaft zu Berlin vom 6. December 1856. Der Vorsitzende, Herr Prof. Dove, eröffnete die Sitzung durch Ueberrei- chung folgender Geschenke: 1) Zeitschrift für allgemeine Erdkunde. Neue Folge. I, 5. 1856. 2) Mittheilungen über wichtige neue Erforschungen auf dem Gesammt- gebiete der Geographie, von Dr. A. Petermann. 1856. X. 3) Die Monsune des Indischen Meeres. Von Dr. Lievin. Danzig 1856. 4) Bulletin de la Societe de Geographie, redigE par M. Alfr. Maury et M. V. A. Malte- Brun. 1856. Aoüt et Septembre. 5) Resume historique de la grande exploration de l’Afrique Centrale Jaite de 1850 a 1855 par J. Richardson, H. Barth, A. Overweg. Par V. A. Malte-Brun. Paris 1856. 6) Catalogue de livres de fonds de la librairie Arthus Bertrand, libraire de la: Societe de Geographie. Paris 1856. Herr Prof. Dove legte das Modell eines Apparates zur Bestimmung der Tiefe des Meeres vor und zeigte, wie eine schwere eiserne Kugel, welche am untern Ende des Apparates befestigt ist, sich in dem Augenblick, wo sie auf den Boden aufstöfst, ablösen mufs, so dafs die Spannung des Seiles, von dem die Kugel gehalten wird, natürlich sofort aufhört und die dabei beschäftigten Per- sonen das gewünschte Zeichen erhalten. Herr General Baeyer zeigte ein neues, in Frankreich erfundenes geodäti- sches Instrument vor, mit Hilfe dessen sich bei der Katastervermessung ein höhe- rer Grad von Genauigkeit als nach dem bisher üblichen Verfahren mit Kette und Bussole erreichen läfst. Der Apparat, dessen Hauptbestandtheile ein auf einem Gestell befindliches Fernrohr nebst Magnetnadel, eine Distanz-Latte und ein Erdzirkel sind, kann zum Nivelliren, zum Messen horizontaler Winkel, zum Multipliciren derselben und zum Messen der Zenithdistanzen mit gleichem Erfolge gebraucht werden und ist schon in diesem Jahre bei den Küstenvermessungen der Jahde und Weser zur Anwendung gekommen. Herr Prof. Ritter theilte mit, dafs durch Herm A. v. Humboldt Briefe der Herren Schlagintweit, welche vornehmlich die tübetischen Seen betreffen, einge- sandt worden seien, und dafs ein Brief des Herrn O. v. Struve über den Fort- gang wichtiger geographischer Arbeiten in Rufsland berichte, und trug ein Schrei- ben des Ingenieur Mayer über das Erdbeben in Kahira am 12. Octbr. 1856 vor. (Diese drei Berichte sind oben publieirt.) Demnächst machte der Vortragende auf die neuerdings unternommenen Reisen aufmerksam, und erwähnte besonders die demnächst von Triest abgehende Expedition unter Befehl des Erzherzogs Max 568 Sitzungsbericht der Berliner geographischen Gesellschaft. von Oesterreich, welche eine Umschiffung der Erde beabsichtigt, sowie eine Reise des Herrn v. Tschichatschef durch Klein- Asien, die sich von Adana aus über den Anti- Taurus bis an die Küste des schwarzen Meeres erstreckte und über die er in einem Briefe aus Paris Nachricht giebt. Herr Dr. Pitschner machte eine Mittheilung aus einem Briefe Philipp Schönlein’s, kurz vor dessen Tode geschrieben, über die Bildungsfähigkeit der Neger auf Cap Palmas und in Monrovia, und hielt dann über denselben Gegen- stand einen Vortrag, in welchem er erwähnte, dafs er ein Verzeichnifs von 133 ausgezeichneten Negern zusammengestellt habe, die sich durch Gelehrsamkeit in Sprachen oder Wissenschaften, als Dichter, Redner und selbst als Schriftsteller hervorgethan hätten; 60 verschiedene Reisende bestätigten dies durch ihr Zeugnifs. Herr A. Schultz hielt einen Vortrag über die Einwohnerverhältnisse Ber- lin’s, den er durch drei Pläne erläuterte. Er wies nach, dafs in der über eine Fläche von 5488 Quadrat-Morgen (innerhalb der Ringmauern) sich ausdehnen- den und aus 8659 Gebäuden mit 408,000 Civil-Einwohnern bestehenden Stadt auf jeden Einwohner im Durchschnitt ein Raum von 2,8 Quadratruthen käme, während in London auf einen jeden 73 Quadratruthen gerechnet werden mülsten. Im siebenten Polizeibezirk kommen sogar nur 0,9 Quadratruthen auf einen Men- schen, dagegen sind in einigen anderen einem jeden Einwohner 9—12 Quadrat- ruthen gewährt. Die Zahl der auf ein einzelnes Haus kommenden Bewohner be- zeichnete der Vortragende als sehr verschieden, indem am Molkenmarkt jedes Haus im Durchschnitt 31 bis 32, am Louisenthor dagegen durchschnittlich 75 Einwohner zählt. Herr Director Odebrecht las einen Abschnitt aus dem Tagebuche des Dr. Bleek über seine Wanderungen und Forschungen im Gebiete der Zulu-Kaffern vor. Die schon von anderen Reisenden beobachtete niedrige Temperatur auf den Hochländern des Innern wurde auch von Herrn Bleek wahrgenommen, welcher einmal, dem Gefühle nach, eine Temperatur von weniger als 44° R. erlebte, Bei Gelegenheit einiger ethnographischen Bemerkungen macht der Reisende den von ihm sprachlich näher begründeten Vorschlag, den grofsen südafrikanischen Völkerstamm mit dem Namen Bantu-Stamm zu belegen. Herr Prof. Ritter theilte die Resultate der Untersuchungen des Herrn v. Baer im Gebiete des Manytsch mit. Der Vortrag wird im nächsten Hefte vollständig veröffentlicht werden. Herr Prof. Dove sprach über die Extreme der Temperatur auf der Erde und erwähnte, dafs die niedrigste Temperatur (—48° R.) in Jakutsk beobachtet worden sei, obgleich man an demselben Orte bereits viermal eine Temperatur von 428° R. wahrgenommen habe. Wenn hiernach die Extreme der Lufttem- peratur an einem und demselben Orte um 76° R. auseinandergehen, so sind die Unterschiede der Bodentemperatur an verschiedenen Stellen der Erde noch gröfser, indem an manchen Orten der Boden über 100 Grad wärmer ist als an anderen. Commander Kane hat am Smith-Sunde in 5 auf einander folgenden Monaten Lufttemperaturen unter dem Frostpunkt des Quecksilbers beobachtet. Uebersicht der vom Juni 1856 bis zum November 1856 auf dem Gebiete der Geographie erschienenen Werke, Aufsätze, Karten und Pläne. Von Dr. Koner. Geographische und statistische Zeitschriften. Zeitschrift für allgemeine Erdkunde etec., herausgegeben von T. E. Gumprecht. Bd. VI. Heft 6. Neue Folge, heraus- geg. v.K. Neumann. Bd.I. Heft 1—5. Berlin (D. Reimer) 1856. gr. 8. Mittheilungen aus J. Perthes geographischer Anstalt über wichtige neue Erforschun- gen auf dem Gesammtgebiete der Geo- graphie, von Dr. A. Petermann. Gotha (Pertkes). II. 1856. Heft V— Archiv für wissenschaftl. Kunde von Rufs- land. Herausgeg. von A. Erman. Bd. XV. 1856. Heft3. Berlin (G. Reimer). 8. Das Ausland. Eine Wochenschrift. 29. Jahrg. 1856. No.20— 42. Stuttgart (Cotta). 4. Bremer Handelsblatt in Verbindung mit O. Hübners Nachrichten aus dem Ge- biete der Staats- und Volkswirthschaft. 5. Jahrgang. 1856. 52 Nm. Bremen (Schünemann) 1856. Imp. 4. (4 Thlr.). Allgemeine Auswanderungszeitung. Red. von G. M. v. Rofs. 10. Bd. 1856. 156 Nrn. Rudolstadt (Froebel) 1856. Fol. (3 Thlr.). Deutsche Auswanderer-Zeitung. Red. von C. A. Pajeken. 5. Jahrg. 1856. 104 Nrn. Bremen (Strack). Fol. (24 Thlr.). Hamburger Zeitung für deutsche Auswan- derungs- und Kolonisations-Angelegen- heiten. Red. von C. Fischer. 4. Jahrg. 1856. 52 Nrn. Hamburg 1856. gr. Fol. (2 Thlr. 20 Sgr.). Hansa. Organ f. deutsche Auswanderung, Colonisation und überseeischen Verkehr. 5. Jahrg. 1856. 104 Nm. Hamburg 1856. Fol. (24 Thlr.). Bulletin de la Societe de Geographie etc. Iv=me Ser. T.XI. 1856. Mai. Juin. T. XI. Juillet — Septembre. Paris (Arthus-Bertrand). gr. 8. Nouvelles Annal. des Voyages ete. VIme Ser, 1856. Mai — Octobre. Paris (Arthus Bertrand). 8. Revue de l’Orient, de l’Algerie et des Colonies. Nouv. Ser. 1856. III. Mai. Juin. IV. Juli — Septembre. Paris (Rouvier). gr. 8. Proceedings of the Royal Geographical So- ciety ofLondon. 1856. No.3—5. (No. 5: Address at the Anniversary Meeting of the Royal Geograph. Society, 26th May 1856, by Rear-Admiral F. W. Beechey London 1856). London (Stanford). 8. Tijdschrift voor Nederlandsch Indie, Uit- geg. door W. R. van Hoövell. 1856. März — Octbr. Zalt-Bommel. gr. 8. Bijdragen tot de Taal-, Land- en Volken- kunde van N£erlandsch Indie. IV. D. H. 3, 4. Nieuwe Volgreeks I. D. H. 1. s’Gravenhage 1856. 8. Mittheilungen des statistischen Bureau’s in Berlin. Herausgegeben von Dieterici. 9. Jahrg. 1856. No, 8— 20. Berlin (Mittler). 8. Mittheilungen aus dem Gebiete der Sta- tistik. Herausgeg. von der. Direction der administrativen Statistik im k. k. Handelsministerium. Wien (Braumüiller). 4.Jahrg. 1855. Heft1—5. Lex. 8. Zeitschrift des statistischen Bureau’s des k. sächsischen Ministeriums des Innern. Redig. von E. Engel. 1856. Nr. 4—9. Leipzig (Hübner). gr. 4. 570 w. Journal of the Statistical Society of Lon- don. Vol. XIX. Part. 2, London (Par- ker & Son) 1856. gr. 8. (28. 6.d.). Annali universali di Statistica, Econo- miapubblica, Legislazione, Storia, Viaggi Koner: ‘e Commereio eompilati da Gius. Sac- chi ete. Vol. CXXV della Serie prima. Volume nono della Serie terza. Fase. di Marzo ed Aprile 1856. Milano. 8. Geographische Lehr- und Handbücher. Arendts (Dr. C.), Geograph.. Tabellen. Für den wissenschaftl. Unterricht. Ber- lin (Scherk) 1856. 8. Balbi, Allgemeine Erdbeschreibung oder: Hausbuch des geographischen Wissens etc. 4. Aufl. bearb. von H. Berghaus. Lief. 1— 6. Wien und Leipzig (Hart- leben). 1856. 8. Berghaus (H.), Was man von der Erde weils. 2.— 7. Lief. Berlin (Hasselberg) 1856. gr. 8. (&% 4 Thlr.). Blanc (L. G.), Handbuch des Wissens- würdigsten aus der Natur und Ge- schichte der Erde und ihrer Bewohner. 7. Aufl. Fortges. und verm. von A. Diesterweg. 1. Heft. Braunschweig (Schwetschke u. Sohn). gr. 8. (3 Thlr.). Czedik (A.), Die Geografie an der Realschule, ein methodologischer Ver- such. Wien (Beck) 1856. 8. (4 Thlr.). Ehrich (J. C.), Leitfaden für den geo- graphischen Unterricht. 3te verb. Aufl. Halle (Hendel) 1856. VIIIu. 1198. 8. Geisler (A.), Leitfaden beim Unterricht der Erdkunde. In 3 Cursen. Für deut- sche Mittelschulen, 1. Die mathemati- sche Geographie, die physische und politische Geographie von Europa, Deutschland, Asien, Afrika, Amerika und Australien. Halle (Schmidt) 1856. X u. 1448. mit 2 Fig. Taf. gr. 8. Gräfenhan (A.), Geographischer Leit- faden für die untersten Gymnasial- klassen. Eisleben (Kuhnt) 1857. 8. Hoffmann (W.), Encyklopädie der Erd-, Völker- u. Staatenkunde. 17.u.18.Lief. Leipzig (Arnold) 1856. 4. (a 4 Sgr.). Nieberding (C.), Leitfaden bei dem Unterrichte in der Erdkunde. 5. Aufl. Recklinghausen (Mescher) 1856. 8. Rebau (H.), Allgemeine Geographie. 2. Ausg. Stuttgart (Hallberger) 1856. Rittershausen (D.), Die Welt- und Vaterlandskunde. Ein Lehrbuch für den Unterricht. Erfurt(Körner) 1856. gr.8. Schneider (K. F.R.), Handbuch der Erdbeschreibung u, Staatenkunde. Glo- gau u. Leipzig 1856. 8. Lief, 46 u. 47. v. Sydow (E.), Handleiding tot de na- tuurkundige aardrijkskunde, vooral ten gebruike van den Wand-Atlas van al de deelen der aarde. Uit de Hoogd. vertaald door P. A. van Walsem. 2° stukje. Utrecht (v. d. Post) 1856. 101 bl. kl. 8. (F. 0,40). Ungewitter (F. H.), Neueste Erdbe- schreibung und Staatenkunde, oder geo- graphisch-statistisch-historisches Hand- buch. 4. Aufl. 1.Lief. Dresden (Ad- ler u. Dietze) 1856. Lex. 8, (+ Thlr). Zimmermann (W.F.A.), Der Erdball und seine Naturwunder. 4. Aufl. 21.— 31. Lief. Berlin (Hempel) 1856. gr. 8. (& 4 Thlr.). — , Supplement zur 1.—3. Aufl. 1.—13. Lief. — Ebendas. (A 4 Thlr.). Zimmermann (W. F. A.), De aardbol en zijne natuurwonderen etc. Voor Nederlanders bewerkt naar het Hoogd. 1° en 2° del, 4° — 6®afl. en 3° deel 1° — 5° afl. Leijden (Noothoven van Goor) 1856. gr. 8. Adams (E.), The Geographical Word- Expositor; or Names and Terms oc- eurring in the Science of Geography, etymologically and otherwise explai- ned; with Important Appendices on the Subject of Derivate Geography, for the use of Pupil-Teachers and the Up- per Classes in Classical and Elemen- tary Schools. 2d edit. London (Long- man) 1856. 1588. 12. (28. 6d.). Anderson (R.), Modern Geography, for the use of Schools. 3d edit. London (Nelson’s School Series) 1856. 230 8. 12. (18. 6.d.). , — — — 4th edit. ibid. 1856. 2328. 12. (18. 64.). 2, then bi Ehe. 292 8. 12. (18. 6.d.) Questions and Exercises in Geography, adapted to „Anderson’s Modern Geo- graphy“. London (Nelson’s School Se- ries) 1856. 96 8. 12. (9d.). Neu erschienene geographische Werke, Aufsätze, Karten und Pläne. Ansted (D.T.), Elementary Course of Geology, Mineralogy and Physical Geo- graphy. 2d edit. London (Van Voorst) 1856. 620 8. 8. (12 S.). Beaumont (J.), Questions on Modern Geography; containing Five Hundred Questions on Modern Geography; to which is appended a List of the most diffieult Names of Places, with their Pronuneiation etc. London (Hyde) 1856. 8. (4 .d.). — , Key to the above; containing Ans- wers to all the Questions: to which is appended a Vocabulary containing One Thousand difficult Names of Pla- ces, with their correet Pronunciation. ibid. (4 d.). Brookes (H.), A General Gazetteer; or a Compendious Geographical Dictio- nary. New edit. by A. G. Findlay. London (Tegg) 1856. 8678. 8. (108. 6d.). —, — — — Abridged edit. ibid. 18. (48. 6.d.). Cornell’s Intermediate Geography; for- ming Part Second of a Systematic Series of School Geographies, designed for Pupils who have completed a pri- mary or elementary Course of Instruc- tion in Geography. New York 1856. 4. (5 8.). Guy’s School Geography. London (Cradock) 1856. 404 S. (3 8.). Ince and Gilbert’s Outlines: Descrip- tive Geography, Mathematical, Physico- Political, and Statistical. By Profes- sor Wallace. London (Gilbert) 1856. 112 S. with maps. 18. (sewed. 18.; eloth, 18. 6.d.). Kenny (W. S.), School Geography; or, Earth and Heaven ; comprising the Boun- daries, Population, History, Descrip- tion, and Prineipal Towns, Rivers, Moun- tains etc. of the various Countries of the World. London (Allman) 1856. 2128. 18. (28. 6.d.). Maunder ($.) and Hughes (W.), The Treasury of Geography, Physical, Hi 24th edit. 18. storical, Descriptive and Political. Lon- | 971 don (Longman) 1856. 9248. 12. (10 8.). Molineux (T.), Coneise Introduction to the Knowledge of the Globes; with Pro- blems, Examples, and Exereices; com- prising an Epitome of Modern Geogra- phy. New edit. by Samuel Maynard. London (Whittaker) 1856. 1428. 12. (@S8.). Hughes (E.), Outlines of Seripture Geo- graphy and History; illustrating the Historical Portions of the Old and New Testament. 3d edit. London (Longman) 1856. 3808. 12. (48. 6.d.). Seripture Geography. Text-Book of Scrip- ture Geography. London (Chambers’s Educational Course) 1856. 68 8. 12. (10 d.). Bonneau (A.), Cours el&mentaire de g&o- graphie ancienne et moderne redige sur un nouveau plan par M. Letronne etc. 27° edit. Paris 1857. 12. Galetti (J. G. A.), Egyctemi villägrajza vagy földirati, ällamtani es törtenelmi ismerettär etc. (Allgem. Weltkunde oder geographisches, politisches u. geschicht- liches Konversations-Lexikon ete. Mit Benutzung der ersten ungarischen Aus- gabe, nach der letzten (11.) Original- Ausgabe umgearbeitet von M. Falk, 1.— 4. Heft. Pesth (Hartleben) 1856. Otterloo (A. van), Handboek voor de leer der handels-aardrijkskunde. Naar onderscheidene bronnen bewerkt. Am- sterdam (Kraay). 1856. VIII en 494 bl. gr. 8. (F. 3,93). Witkamp (F. H.), Handboekje de aar- drijkskunde van Europa, inzonderheid ten dienste van jonge lieden. 2° stukje. 1° afl. Amsterdam (Briankman) 1856. kl. 8. (F. 0,50). Schetsen uit het gebied der natuur- en aardrijskunde. I. Leeuwarden (Kuipers) 1856. gr. 8. (F. 0,50). Rhigini di 8. Giorgio, Corso completo di Topografia. Torino 1856. IX u. 4328. 8. (2 Thlr. 20 Ser.). Anteckningar till Historisk Geographi. Intill är 375 e Chr. Stockholm (Westrell). 318. 8. Mathematische und physikalische Geographie. Brettner (H. A.), Mathematische Geo- graphie. Ein Leitfaden beim. Unter- richte in höheren Lehranstalten. 4. Aufl. Breslau (Max und Co.) 1856. v.Kalckstein (Dr. M.). Grundlinien ei- ner physikal, Erdbeschreibung. 2te sehr verm.Aufl. Berlin (Schneider) 1856. 8. gr. 8.| Projet d’experiences ayant pour objet de 572 determiner la longueur des regles d’un appareil & mesurer les bases geodesi- ques. Paris 1856. 8. Maury (M. F.), Physical Geography of the Sea. Entirely new edit. London (Low) 1856 5718. 8. (10 d.). Somerville (M.), Fysisk Geografi. Öfwersättning frän tredje Engelska Upplagan. Sednare Delen. Stockholm 1856. IV u. 3488. 8. (2 Rdr.). Benedikt (J.), Kosmologie. Entwurf ei- ner physischen Weltbeschreibung. Wien (Beck in Comm.) 1856. gr.8. (13 Thlr.). yv. Rougemont (T.), Geschichte der Erde nach der Bibel und der Geologie. Aus d. Franz, übers. v. E. Fabarius Stuttgart (Besser) 1856. gr. 8. (1 Thlr 3 Sgr.). Weifs (Fr.), Ueber den Orthodromismus der Erhebungen. — Petermann’s Mit- theilungen. II. 1856. p. 286. Kreil (K.), Ueber die Bestimmung der W. Koner: Seehöhe an dem beobachteten Luft- drucke. Wien (Braumüller) 1856. Lex. 8. (4 Sgr.). Die Ebbe und Fluth in der Ostsee. (Nach dem Mecklenburg. Arch. f. Landesk.) — Petermann’s Mittheilungen. Il. 1856. p- 296. Farbenwechsel der See. (Aus der St. Pe- tersburger Zeitung). — ibid. II. 1856, p- 236. Petermann (A.), Die Tiefen-Messungen im Atlantischen Ocean zur Anlage ei- nes submarinen Telegraphen zwischen Europa und Amerika. ibid. I. 1856. p- 377. Ritter (C.), Ueber die durch das ame- rikanische Dampfschiff „Arctic“ unter Befehl des Lieutenants Berryman ausge- führte Sondirung des atlant. Oceans zwischen Newfoundland und Irland im Sommer 1856. — Zeitschr, f. allgem. Erdkunde. N.F. I. 1856. p. 460. Lehrbücher der Militair-Geographie und Nautik. Killmeyer (H. O.), Militär-Geographie von Europa. 2.Lief. Stuttgart (Metz- ler) 1856. 8. (& 7 Sgr.). Almanaque nautico para 1857, calculado de orden de $S. M. en el observatorio de marina de la ciudad de San-Fer- nando. Cadiz 1855. 8. The Nautical-Almanack and Astronomical Ephemeris for the year 1860. Lon- don (Murray) 1856. 6358. 8. (28. 6.d.). Ines Ephemeris and Nautical Alma- nack for the year 1858; published by Authority. Washington 1856. 538 8. gr. 8. (10 8. 6.d.). Allgemeine Statistik. Jonäk (E.A.), Theorie der Statistik in Grundzügen. Wien (Braumüller) 1856. Lex. 8. (14 Thlr.). Kolb (G. F.), Handbuch der verglei- chenden Statistik der Völkerzustands- und Staatenkunde. Zürich (Meyer u. Zeller) 1857. gr. 8. (2 Thlr.). Moreau de Jonnes (A.), Elemens de statistique. 50 C.). 2° edit. Paris. 8. (3 Fr. | Versuch zur Lösung socialer Probleme. Ueber die aufsereheliche Vermehrung der Bevölkerung. — Ausland. 1856. N. 35. Baily (T.), Records of Longevity; with an Introductory Discourse on Vital Statisties. London (Darton) 1856. 3988. 8. (5 8.). Reisen durch mehrere Welttheile und Länder. Heinzel (F.), Die Eisenbahnen und Dampfschifffahrten nebst den dazu ge- hörigen Post-Coursen in Oesterreich, Deutschland, Italien ete. 3. Ausg. Wien (Lechner) 1856. 8. (3 Thlr.). Malerisches Universum oder Reisen um die Welt. Ein belehrendes Bilderwerk für alle Stände. 2. Bd. Lief. 9. 10. Berlin (Abelsdorff). qu. 4. (& 5 Sgr.). | Richter (T. F. M.), Reisen zu Wasser Neu erschienene geographische Werke, Aufsätze, Karten und Pläne, und zu Lande. 4. Aufl., bearb. von F. Gerstäcker. Lief. 1—8. Leipzig (Ar- noldi) 1856. gr. 8. (4 Thlr.). Pfeiffer (Ida), Mijne tweede reis rondom de wereld. 3° deel. Amsterdam (Sulpke) 1856. IV, 244 bl. gr. 8. —, A Woman’s Journey round the World. From the German. 6th Edit. London (Ward & L.). 1856. 3388. 8. (38. 6 d.). wu of the Expedition of an Ame- rican Squadron to the China Seas and Japan, performed in the Years 1852, 1853 and 1854, under the Command of Commodore M. C. Perry, United States Navy, by Order of the Govern- ment of the United States, Compiled from the Original Notes and Journals of Commodore Perry and his Officers, at his request and under his supervi- sion, by Franeis L. Hawks. Govern- ment edition in 5 vols. Vol.I. Washing- ton 1856. With maps, 89 lithogr. and woodcuts. 556 8. 4. (63 8.). Heine (W.), Reise um die Erde nach Japan an Bord der Expeditions-Esca- dre unter Commodore M. C. Perry in den J. 1853—1855 etc. Bd. II. Leip- zig (Costenoble) 1856. VIII u. 376 8. Lex. 8. (3 Thlr ). — , Graphie Scenes in the Japan Expe- dition. . Printed in Colours and Tints by Sarony et Co. Comprising Ten Folio Plates and an Illustrated Title- page, with Descriptive Letterpress. London 1856. (42 8.). —, Reis om de wereld naar Japan, aan boord van het expeditie eskader on- der Commodore M. C. Perry etc, Naar het Hoogd. 1° afl. Rotterdam (Nijgh) 1856. XIII bl. en bl. 1— 80. roy. 8. (compl. F. 10). Japan Expedition, by order of the Uni- ted States Government, performed by an Ameriean Squadron under the Com- mand of Commodore Perry. Narrative compiled from original Notes and Jour- nals by Franeis L. Hawks. New York 1856. 6248. 8. (30 8.). Hawks, Spaldings u. Heine’s Werke über die Expedition nach Japan, besprochen in der Zeitschrift für allgemeine Erd- kunde. N. F. I. 1856. p. 275, vergl. Münchner Gel. Anzeigen. 1856. No. 18 f. Neumann (K.), Die amerikanische Ex- pedition nach Japan, — Zeitschr. für 573 allgem. Erdkunde. N. F. I. 1856. p. 306. 390. Ratzeburg (J. A. H. C.), Vier Ab- schnitte aus einer Reise um die Erde. Berlin 1856. XIV, 130 8. 8. (21 Sgr.). A Boy’s Voyage round the World on board a Man-of-War. London 1856. 2568. 12. (28. 6d.). Kletke (H.), Alex. v. Humboldt’s Rei- sen in Amerika und Asien. 2. Aufl. 12.— 21. Lief. Berlin (Hasselberg) 1856. gr. 8. (&4 Thlr.). Far Off; or Asia and Australia Desecri- bed: with Anecdotes and Illustrations. By the Author of „The Peep of Day“. 16th edit. London (Hatchard) 1856. 356 8. 12. (48.). Far Off; or Africa and America descri- bed; with Anecdotes and numerous Illustrations. Part 2, new edit. Lon- don (Hatchard) 1856. 334 8. 12. (4 8.). Arago (J.), Zwei Oceane. Eine Reise nach Chili, Californien, Taiti und Bra- silien. Frei nach d. Franz. Leipzig u. Magdeburg (Baensch) 1857. 8. (1 Thlr.). Benisch (A.), Travels of Rabbi Peta- chia of Ratisbon, who in the latter end of the 12th Century visited Po- land, Russia, Little Tartary, the Cri- mea, Armenia, Assyria, Syria, the Holy Land and Greece. Translated from the Hebrew, and published to- gether with the Original on opposite pages. With Notes by W. F. Ains- worth. London (Trübner) 1856. 110 8. 12..(5:&)- Gentil (E.), Souvenirs d’Orient. Anec- dotes de voyages, moeurs, legendes, coutumes etc. Details nouveaux sur Malte, le Liban, la Syrie et I’Egypte etc. Metz (Verronnais) 1856. 8. Stokes (J,L.), On Steam Communica- tion between England, Australia, and the Cape of Good Hope. — Proceedings of the R. Geogr. Soc. 1856. No.IV. p: 79. Eine Ueberlands-Reise nach Indien. — Ausland. 1856. No. 38 ff. Bunbury (8.), A Summer in Northern Europe; including Sketches in Swe- den, Norway, Finland, the Aland Is- lands, Gothland ete. 2 vols. London (Hurst &B.) 1856. 610 8. 8. (218.). Wilkey (E.), Letters from the Penin- sula, Italy ete.; with passing Glances at the Industrial Palaces of Paris and 574 Sydenham. London (Wilson) 1856. 130 8. 12. (18.). Sonklar Edler v. Innstädten(K.A.), Reiseskizzen aus den Alpen und Kar- W. Koner: pathen. Wien (Seidel) 1857. 8. (1 'Thlr. 24 Sgr.). Biffi (8.), Reminiscenze di un viaggio nel Belgieo e nella Franeia (Milano) 1856. gr. 4. (6L.). Europa. Deutschland. Landau (G.), Beiträge zur Geschichte der alten Heer- und Handelsstrafsen in Deutschland. — Zeitschr. f. deut- sche Kulturgesch. 1856. August. Baur (H.), Die Grenzen von Germania superior und Raetia. — Correspon- denzbl. des Gesammtver. der deutschen Geschichts- und Alterthumskunde. 1856. p- 74. Arnd, Ueber jene römischen Schutz- wälle, welche sich innerhalb des vom äufseren Pfahlgraben eingeschlossenen Gebiets befinden. — ibid. 1856. p. 55. — , Aufsuchung des römischen Pfahl- grabens zwischen dem Spessart und der Wetterau. — ibid. 1856. p. 46. Brachelli (F.), Deutsche Staatenkunde. Ein Handbuch der Statistik des deut- schen Bundes und seiner Staaten, mit Einschlufs der nichtdeutschen Provin- zen Oesterreichs und Preufsens. I. Bd. Lief. 3—7. Wien (Braumüller) 1856. Lex. 8. (& 12 Sgr.). Schilling (G. R.), Der allbewanderte Reisebegleiter durch alle deutsche Staa- ten. Ein Jahrbuch und Chronik von Deutschland. Grimma (Gebhardt) 1856. 8. (1 Thlr.). Steinhard ($.), Volksbibliothek der Länder- u. Völkerkunde. I. Bd. Deutsch- land und sein Volk. 3.—8.Lief. Go- tha (Scheube) 1856. gr. 8. (& 6 Sgr.). Original-Ansichten der historisch - merk- würdigsten Städte in Deutschland. Her- ausgeg. v. L. Lange u. Jul. Lange. No. 240 — 243. Darmstadt (Lange). gr. 4. (& 10 Sgr.). Gallerie pittoresker Ansichten des deut- schen Vaterlandes und Beschreibung derselben. Lief. 1-5. Leipzig(Haendel) 1856. gr. 4. (A 6 Sgr.). Marmier (X.), Un et€ au bord de la Baltique et de la mer du nord. Sou- venirs de voyage. Paris 1856. VIII, 26458. 8. (1 Thlr. 20 Sgr.). Barrow (J.), Summer Tours in Central- Europe, 1853— 1854. PartII. Northern Germany, Styria, Carinthia ete. Lon- don (Dalton) 1856. 1048. 12. Forbes (J.), Sight-Seeing in Germany and the Tyrol in the Autumn of 1855. London (Smith & E.) 1856. 368 8. 8. (v. Stramberg), Denkwürdiger und nützlicher rheinischer Antiquarius. Mit- telrhein. 1.Abthl. 4. Bd. 5.Lief. 2.Ab- theil. 5. Bd. 4. u. 5.Lief. 1856. gr. 8. 3. Abtheil. 4. Bd. 1.Lief. (& 2 Thlr.). Coblenz (Hergt). Bradshaw’s Ilustrated Handbook for Travellers in Belgium, on the Rhine, and through portions of Rhenish Prus- sia. London (Adams) 1856. 1668. 8. Kühne (F. G.), Von Cöln bis Worms und Speyer. Rheinische Städte und Landschaften. Leipzig (Lorck) 1856. VII, 143 8. 8. (10 Sgr.). Pröhle, Eine Harzwanderung. — Wei- marer Sonntagsbl. 1856. No. 24 fi. Klein (K.), Die hessische Ludwigsbahn oder Worms, Oppenheim ete. topogra- phisch und historisch dargestellt. Mainz (Le Roux) 1856. 12. (3 Thlr.). Preufsen. Dove (H.W.), Ueber das Klima des preu- [sischen Staats. — Z. f. allgem. Erd- kunde. N. F. I. 8. 377. Das Königreich Preufsen in malerischen Original-Ansichten. Von einem histo- risch-topographischen Text begleitet, Nr. 78—81. Darmstadt (Lange) 1856. Lex. 8. (a 73 Sgr.). Zur Bevölkerungsdichtigkeit und dem Wohnungsverhältnils im preufsischen Staate. — Beilage zur Deutschen Kli- nik. 1856. No. 5. Ueber die Anzahl der Geburten, neu ge- schlossenen Ehen und Todesfälle im preussischen Staat. Forts. — Mittheil. des Berlin. statistischen Bureau's. 1856. No. 10. 11. Neu erschienene geographische Werke, Aufsätze, Karten und Pläne, Schubert, Zur Geschichte und Statistik der akademischen Studien und gelehr- ten Berufe in Preufsen seit 1840. — Arch. f. Landesk. d. preu/s. Monarchie. U. 1856. 2. Quartal. p. 188. Uebersicht der im preufsischen Staate auf gesetzlichem Wege stattgehabten Ein- und Auswanderungen in dem letzten Quartale des Jahres 1854 und im Laufe des Kalenderjahres 1855. — Mittheil. d. Berlin. statistischen Bureau’s. 1856. No. 11. Statistische Uebersicht des im preufsischen Staate in den 37 Jahren 1818—1854 zur Einholung der Allerhöchsten Be- stätigung von dem Justizminister vor- gelegten rechtskräftigen Todesurtheile. — ibid. No. 13 ff. Statistische Nachrichten über den Vieh- stand im preufs. Staate nach den Zäh- lungen am Ende d. Jahre 1819, 1831, 1843, 1852 und 1855. — ibid. No. 18 ff. Statistische Nachrichten von den preufsi- schen Eisenbahnen. Bearbeitet von dem technischen Eisenbahn-Bureau des Mi- nisteriums für Handel ete. 2. Bd. Ber- lin (Ernst u.Korn) 1856. Fol. (3 Thlr.). Sadebeck (M.), Der Zobtenberg und seine Umgebung. Eine Monographie. Bonn (Weber) 1856. 4. (4 Thlr.). Bergius, Die Civilbevölkerung des Re- gierungsbezirks Breslau. — 33. Jah- resbericht d. schles. Ges. f. vaterländ. Kultur 1856. p. 201. Gottschall (R.), Das schlesische Ge- birge. Leipzig (Brockhaus) 1857. 8. (3 Thlr.). Krebs (J.), Der Sudetenführer. Taschen- buch für Reisende in das schlesische Gebirge in dessen ganzer Ausdehnung. 2. Aufl. 3. Abth. Breslau (Korn) 1856. 8. (26 Sgr.). Dietrichs, Der Boden in der nächsten Umgebung Berlins. — Archiv f. Lan- desk. der preufs. Monarchie III. 1856. 3. Quartal. p. 393. Beck, Das Eichsfeld und seine Bewoh- ner. — ibid. III. 1856. 3. Quartal. p- 114. Giefers (W.E.), Ueber das Castell Aliso. — Zeitschr. f. vaterl. Gesch. u. Alterthumsk. Westfalens. N. F. VI. 1856. Geisberg (C.), Ueber den Handel West- falens mit England im Mittelalter u. Nachtrag dazu. — ibid. 575 Emmerich(N.), Neues statistisches Hand- buch des Regierungsbezirks Arnsberg. Arnsberg (Ritter) 1856. gr.4. ($ Thlr.). Wurffbain, Die Melioration des Mün- sterlandes. — Arch. f. Landesk. der Preufs. Monarchie. II. 1856. 2. Quar- tal. p- 1, vergl. Romberg’s Zeitschr. F. pract. Baukunst. 1856. p. 119. Vogt (P. F. W.), Monographie der Ruhr. Giefsen (Ricker) 1856. 227 8. 8. Beitrag zur Territorial - Geschichte der Preufsischen Rheinprovinz. — Mittheil. d. Berlin. statist. Bureaus. 1856. No. 20 f. vergl. No. 1—3. Hocker (R.), Der Rhein von Mainz bis Köln. Leipzig (Brockhaus) 1856. IV, 200 8. 8. (4 Thlr.). Delahaye (A.), Guide du touriste & Treves. Description de cette ville et de ses monuments antiques et moder- nes ete. Treves (Gall) 1857. II, 75 8. 12. (10 Sgr.). de Saulcy (F.), Trois jours & Treves. — Revue contemporaine. XXVII. 1856. p. 571. Die sächsischen und thüringi- schen Länder. Hingst (C. W.), Allgemeine Landes- kunde oder geographisch - statistisch - historische Beschreibung der sächsischen Länder. 1. Heft. Elsterburg (Diezel) 1856. gr. 8. (4 Sgr.). Album der Schlösser und Rittergüter im Königreich Sachsen. Herausgegeben von F. A. Poenicke. Heft 47—59. Leip- zig (Expedition des Albums). qu. Fol, (& 15 Thlr.). Helm (A.), Fremdenführer von Dresden und der sächsischen Schweiz, Teplitz, Prag und Wien. Teplitz (Helm) 1856. 2038. 16. Die Hauptresultate der Volkszählung im Königreiche Sachsen am 3. December 1855. — Zeitschr. d. statist. Bureaus d. k. sächs. Minist. d. Innern 1856. p. 108. Beiträge zur Gewerbegeographie und Ge- werbestatistik des Königreichs Sachsen. — ibid. 1856. No. 3. Die Baumwollenspinnerei im Königreich Sachsen seit ihrem Ursprunge bis auf die neueste Zeit. — ibid. 1856. No. 8.9. Die physische Beschaffenheit der militär- pflichtigen Bevölkerung im Königreich Sachsen. — ibid. 1856. No, 4—7. 576 Lange (G.), Uebersicht der in einem Sjährigen Zeitraume cultivirten und in Wiesen umgewandelten Teichflächen in den zum ehemaligen Fischurbarium von Zittau gehörig gewesenen Teichrevie- ren. — Allgem. Deutsche Naturhist. Zeitung. N. F. II. 7. 1856. Die altenburger und lausitzer Wenden. — Ausland 1856. Nr. 29. Apfelstedt (H. F. Th.), Heimathskunde des Fürstenthums Schwarzburg-Sonders- hausen 2.—8. Heft. Sondershausen (Eu- pel) 1856 (& 4 Thlr.). Bremen. Hamburg. Lübeck. Mecklenburg. Hintze (E. A.), Beiträge zur Kunde des Herzogthums Bremen. Stade 1856. 24 S. gr. 8. (4 Sgr.). Hamburg in seiner gegenwärtigen Gestalt und seine reizende Umgebung. Nach der Natur gez. und in Stahl gest. von berühmten Künstlen. Bis jetzt 20 Lief. Hamburg (Berendsohn) 1855. 56. qu. Fol. (a 12 Sgr.). Erinnerung an Hamburg. Hamburg (Gafs- mann) 1856. qu. Fol. (In engl. Einb. u. in Mappe. 7 Thlr. 18 Sgr.). Deecke, Die Freie und Hanse-Stadt Lü- beck. Für Fremde und Einheimische beschrieben. 2. Aufl. Mit 4 Ansichten, einem Plane und einer Karte. Lübeck (v. Rohden) 1856. VI. u. 138 8. gr. 16. (3 Thlr. 10 Sgr.). Tabellarische Uebersicht des Lübeckschen Handels im J. 1855. Zusammenge- stellt vom Bureau der Handelskammer. Lübeck (v. Rohden) 1856. Fol. (3 Thlr.). Gottheil, Mecklenburgisches Album. Eine Reihefolge in Stahlstichen aus- geführter Ansichten. Nach der Na- tur gezeichnet. Bis jetzt 18 Lief. Hamburg (Berendsohn) 1855. 56. qu. Fol. (& 4 Thlr.). Hessen-Kassel und Hessen- Darmstadt. Müller (E.), Das hessische Land und Volk. Leipzig (Brockhaus’ Reisebibl.) 1857. 2 Bl. 187 8. 8. (4 Thlr.). Lynceker (K.), Cassel, Wilhelmshöhe und die schönsten Punkte der Umgegend. Ein Wegweiser für Fremde und Ein- heimische. Mit einem Plane und ei- W, Koner: ner Karte. 4. Aufl. Cassel (Bertram) 1856. III u. 96 8. 32. (10 Sgr.). Landau: Wo lag Breidingen? — Cor- respondenzbl. d. Gesammtver. d. deut- schen Geschichts- u. Alterthk. 1856. p- 57. Schaub (T.), Culturbilder der Wetterau. — Frankfurt. Museum 1856. No. 18.20. Baden. Heunisch (A. J. B.), Das Grofsherzog- thum Baden, historisch - geographisch- statistisch - topographisch beschrieben. Mit Beigaben von J. Bader. Mit ei- ner Karte. 1. u. 2. Lief. Heidelberg (Grossche Univ.-B.) 1856. S. 1— 304. gr. 8. (& 16 Sgr.). Buddaeus (A.), Von Frankfurt a. M. nach Basel. Eisenbahnfahrt und Wan derung im süddeutschen Rheinlande. Leipzig (Brockhaus) 1856. 2 Bl. und 153 8. 8, (10 Sgr.). Reich (L.), Die Insel Mainau und der Badische Bodensee. Carlsruhe (Müller) 1856. 8. (12 Thlr.). Beschreibung des Stadtdirektions-Bezirks Stuttgart. Herausgegeben von dem k. statistisch -topograph. Bureau. Stutt- gart (Hallberger) 1856. gr. 8. (13 Thlr.), Würtemberg. Bayern. Gistel (W.), Neueste Geographie und Statistik des Königreichs Bayern. Strau- bing (Schorner) 1856. gr. 8. (3 Thlr.). Vogel (M.A), Nachricht über die östli- che Fortsetzung des Römer-Strafsen- segments bei Grabenstätt. — Oberbayer. Archiv. XV. 2. Zöpf (B.), Ueber die römische Heer- strafse von Partenkirchen-(Parthanum) über Ammergau, Schongau und Epfach (Avodiacum) nach Augsburg (Augusta Vindelicorum) — ibid. Whitling (H.J.), Pictures from Nu- remberg, and Rambles in the Hills and Valleys of Franconia. New edit. Lon- don (Bentley) 1856. 594 8.8. (7 8. 6d). Rosenheyn (M.), Aus dem Fichtelge- birge. — Die Welt 1856 No. 55. Stadelmann, Die Himmelkroner Allee. — Archiv für Gesch. und Alterthums- kunde von Oberfranken. VI. 3. 1856. p- 72. Härtel (M.), Der Quineigau oder Kün- zengau, seinem grofsen Umfange nach, Neu erschienene geographische Werke, Aufsätze, Karten und Pläne, enthaltend das untere Vilsthal und Koll- bachthal. 2. Sect. — Verhandl. d. hist. Ver. in Niederbayern. Bd. IV. Heft 4. 1856. Wagner (J. J.), Artobriga, die römische Mittelstation zwischen Bidajo und Ju- vavo, aufgefunden im Burgerwalde, der Stadt Trauustein gegenüber. — Ober- bayer. Archiv. XV. 2. Am Traunsee. — Bremer Sonntagsblatt. 1856. No. 34. Die Algäuer Alpen bei Oberstdorf und Sonthofen. Zugleich ein Führer für Fremde. München (Franz in Comm.) 1856. gr. 16. (12 Sgr., mit Kpfrn. geb. | 26 Sgr.). Zur älteren Statistik des Bisthums Würz- burg. — Augsburg. Postzeitung. 1856. No. 94. Die Bevölkerung Baierns, mit Rücksicht auf die freiere gewerbliche Bewegung in der Pfalz. — Austria. 1856. Heft 10. Riehl (W.H.), Pfälzische Dörfer im Grundrifs. Westermann’s illustr. deutsche Monatsschr. 1856. p. 15. Die Ethnographie auf der Landkarte. Eine Skizze aus Rheinbayern. — Deut- sche Vierteljahrs-Schrift. 1856. 4. Heft, p- 87. Oesterreich. Chmel (J.), Zur Literatur der Geogra- phie, Geschichte und Statistik Oester- reichs seit 1848. — Notizblatt. Bei- lage zum Archiv f. Kunde österreich. Geschichtsquellen. 1856. No. 12. Stern (St.), Geographie und Geschichte des österreichischen Kaiserstaates für Unter-Realschulen. 2. Aufl. Wien (Mayer u. Co.) 1856. II u. 2208. 8. (12 Sgr.). Ungewitter (F. H.), Die österreichische Monarchie, geographisch, statistisch, to- pographisch und historisch dargestellt. 3. Lief. Brünn (Buschak und Irgang) 1856. gr. 8. (1 Thlr.). Uebersicht der Waaren- Ein- und Aus- fuhr des allgemeinen österreichischen Zollverbandes imVerwaltungsjahre 1853. Herausg. von der Direction der admi- nistrativen Statistik im k. k. Handels- Ministerium. Wien 1856. (Aus der k. k. Hof- u. Staatsdruckerei). 58 8. 4. Debersichtstafeln zur Statistik der öster- reichischen Monarchie nach den Ergeb- 977 \ stell. — Mittheil. aus d. Gebiete der | Statistik. 4. Jahrg. Heft 3. 5. | Die Schifffahrt auf der Donau. — Der Bahnhof. 1856. No. 13. Die Wälder in Oesterreich. — Zeitung. 1856. No. 66. 67. Jacobi (V.), Die Bedeutung der böh- mischen Dorfnamen für Sprach- und Weltgeschichte. Leipzig(Schultze) 1856. gr. 8. (14 Thlr.). Rosenheyn (M.), Aus Böhmen. — Die Welt. 1856. No. 44. Jirecek (H.), Die Bezirke von Leito- mischl, Wratislav und Chrudim bis zum Gratzer J. 1260. Ein Beitrag zur alten To- pographie Böhmens. — Pamätky ar- chaeologieke amistopisne. Archäol. u. topogr. Denkwürdigkeiten. II. 1856. 2. Heft. Statistische Daten über die Stadt Prag. — Bohemia. 1856. No. 4. Schubert (Fr. K.), Melnik und seine Denkwürdigkeiten. Prag (Druck von F. Rohlicek im fürstl. Seminar) 1856. 588. 8. Der Führer in Karlsbad und seinen Um- gebungen. 7. Aufl. Karlsbad (Franieck) 1856. 1828. kl. 8. Hochstetter (F.), Ueber die Lage der Karlsbader Thermen in zwei parallelen Quellenzügen. Wien (Braumüller) 1856. Lex. 8. (4 Thlr.). Holmberg (A. E.), Carlsbad, dess Käl- lor, Brunnslif och Omgifningar. Stock- holm. 1856. 84 8. 8. (32 sk.). Kapper ($.), Klein Jaresch. Aus einer böhmischen Bergmannsgegend. — We- stermann’s illustr. deutsche Monats- schr. I. 1856. p. 1. Rulik (J.), Der heilige Berg, oder: Hi- storische Beschreibung des heiligen Ber- ges ob der Stadt Pribram im König- reich Böhmen. Fortges. u. verm. von P. J. Palleta. Neuhaus (Landfrass) 1856. 968. 8. Jlwof (F.), Beiträge zur Geschichte der Alpen- und Donauländer I. Ueber die ältesten Bewohner Norikums. Gratz (Ferstl) 1856. 4. (12 Sgr.). Schmidl, Der Mons Cetius des Ptole- mäus. — Sitzungsber. d. Wiener Ak. d. Wiss. Phil. hist. Cl. XX. 2.3. p. 338. Die slawische Bevölkerung in Niederöster- reich. — Gazeta Lwowska. Lemberg. 1856. No. 1. | Mandl (A.), Die Staatsbahn von Wien nissen der J. 1851—55 zusammenge- | nach Triest mit ihren Umgebungen. 37 578 Eingeleitet und poetisch begleitet von J. G. Seidl. Mit 30 Origin.-Ansich- ten. Heft 1-6. Triest (Kunstanstalt d. österr. Lloyd) 1856. 8. 1—144. 8. Schmidl (A.), Eine Woche in Wien. Zuverlässiger und zeitsparender Führer durch die Kaiserstadt und ihre nächste Umgebungen. 5. Aufl. Wien (Gerolds Sohn) 1856. 848. 8. No&l (Ch.), Nouveau guide de l’etranger dans la ville de Vienne et ses envi- rons. Vienne (Braumüller) 1856. 16. (3 Thlr.). Kreuziger, Das Bad Deutsch-Altenburg in Niederösterreich. Prefsburg (Wi- sand) 1856. XIV, 195 8. 8. Schröckinger-Neudenberg(J.R.v.), Reisegefährte durch Oberösterreichs Ge- birgsland. Ein Wegweiser in Linz und seine Umgebung, durch das Salzkam- mergut, nebst Ausflügen nach Bad Hall, Gastein, Aussee, Spital am Pyhrmn und einem grofsen Theile des Traunkreises. 4. Aufl. Linz (Fink). VII. 268 S. 8. (1 Thlr.). Rosenheyn (M.), Aus Oberösterreich. — Die Welt. 1856. No. 26. — , Aus den Salzburger Alpen. — Ibid. 1856. No. 28 ff. Die Linz-Gmündener Eisenbahn. — Augs- burger Allgem. Zeit. Beil. 1856. No. 25157. White (W.), On Foot through Tyrol in the Summer of 1855. London (Chap- man & H.) 1856. 324 S. 8. (9 8.). Die Bevölkerung des südlichen Tirols. — Augsburger Allgem. Zeit. Beil. 1856. No. 18894. Keil (Fr.), Das Mineralbad Leopoldsruhe nächst Lienz in Tirol. Innsbruck 1856. (Druck von Wagner). 43 8. 8. Forstliche Zustände in Südtirol. — Mit- theil. des Forstvereins der österreich. Alpenländer. 1856. No, T. Forststatistische Beschreibung von Vor- arlberg. — ibid. No, 2. Göth, Beschreibung steiermärkischer Bur- gen und Schlösser. Pöllau. — Mittheil. d. hist. Ver. f. Steiermark. 1855. 6. Heft. Graz. Ein treuer Führer zu den Merk- würdigkeiten der Hauptstadt Steier- marks. Graz (Mühlfeith) 1856. 16. > Thlr.). Weidmann (F. C.), Illustrirter Fremden- führer von Graz und seinen malerischen W. Koner: Umgebungen. Graz (Ferstl) 1856, VIII u. 3178. 16. (24 Sgr.). Macher (M.), Der Fremdenführer nach dem Wallfahrtsorte Maria-Zell in Steier- mark und seinen interessanten Gebirgs- gegenden ete. 3. Aufl. Wien (Grund) 1856. VIu. 1538. kl. 8. Der Kurort Gleichenberg in Steiermark, mit der Konstantinsquelle, der Karls- quelle, dem Johannisbrunnen, der Klaus- ner Stahlquelle, und der Molkenkur-An- stalt. Gratz. 1856. 138. 8. Costa (E. H.), Beiträge zur Literatur, betreffend Krain’s Geschichte, Topogra- phie und Statistik. — Mittheil. d. hi- stor. Ver. f. Krain. 1856. Februar- Heft. Triest’s Schifffahrtsverkehr im J. 1855. — Austria. 1856. Heft 9. Statistica delle naseite, morti e matri- monj nella R. eittd di Trieste pel 1855. — Bollet. di notizie italiane e stra- niere etc. dell’ Industria etc. Vol. 40. 1856. Galizien. Siebenbürgen. Dalmatien. Ungarn. Hahn (M.), Historisch-topographisch-sta- tistische Beiträge zur Kenntnifs des heutigen Ungarns, 1. Heft. Pesth (Edel- mann) 1856. gr. 8. (20 Sgr.). Studien aus Ungam. — Oesterreich. Ztg. 1856. No. 8. 26. 104. 120. Aus dem östlichen Donaureich. — Augs- burg. Allgem. Zeitg. 1856. Beil. No. 1672292. Szölösi (Bl.), Märamaros megye vis- zonyainak. (Auseinandersetzung des Marmaroscher Komitates). Mit e. Karte. Pesth 1856. 48 8. 8. Zepharovich (V.), Die Halbinsel Ti- hany im Plattensee und die nächste Umgebung von Füred. Wien 1856. 378. 8, Mit 2 Taf. (Abdruck aus d. Sitzungsber. d. k. Akad. d. Wiss.). Die Knochenhöhlen von Tufna in Ober- ungarn. — Ausland. 1856. No. 39. Böhm, Forst-Statistik des Lugoser Krei- ses im Temeser Banate und der ser- bischen Woiwodschaft. — Mittheil. d. ungarischen Forstvereins. 1856. Uebersicht der kultivirten Bodenfläche in Galizien und deren Erträge. — Wo- Neu erschienene geographische Werke, Aufsätze, Karten und Pläne. chenbeilage zur Lemberg. Zeitg. 1856. No. 11. Siminginowiez (Fr.), Zur physischen Geographie der Bukowina. Mit einer Karte. Wien (gedruckt bei Schweiger) 1856. 528. 8. Elsner (J. G.), Das Grofsfürstenthum Siebenbürgen. — Ausland. 1856. No. 37£ Söllner (J.), Statistik des Grofsfürsten- thums Siebenbürgen. 1. Bd. Hermann- ‘stadt (Steinhaussen) 1856. gr. 8. (1z Thlr.). Schuller (K.), Zur Frage über die Her- kunft der Sachsen in Siebenbürgen. Hermannstadt (Nemeth) 1856. 378. 8. (8 Sgr.). Posch (J.), Erdely nagyfejedelemseg mi- den közsege betärendes nevtara, ma- gyar, nemet &s romän nyelven. Ko- lozsvär. 1856. 748. 8. (Alphabet. Namensverzeichnifs aller Gemeinden des Grofsfürstenthums Siebenbürgen. Klau- senburg). Wanderungen im Zipserlande. — Ausland. 1856. No. 42. Dümmler, Ueber die älteste Geschichte der Slawen in Dalmatien. — Sitzungs- ber. d. Wiener Ak. d. Wiss. Phil. hist. Cl. XX. 2.3. .p. 353. Düringsfeld (J. v.), Skizzen aus Dal- matien. — Europa. 1856. No. 37 ff. Die Schweiz. Lutz (M.), Vollständiges geographisch- statistisches Hand-Lexicon der schwei- zerischen Eidgenossenschaft. Neu be- arb. u. vielfach vermehrt herausg. von A.v.Sprecher. 2 Bde. Aarau. 1856. IV, 1070 S. 8. (4 Thlr. 12 Sgr.). Tschudi (J.), Schweizerführer. Reise- taschenbuch. 2. Aufl. St. Gallen (Scheit- lin u. Zollikofer) 1856. X, 220 S. 16; nebst e. Karte (28 Sgr.). Helvetiens Naturschönheiten, oder das Schweizerland mit seinen berühmtesten Bergen, Thälern, Seen, Flüssen, Was- serfällen und Heilquellen ete. In poe- tischen Schilderungen mit 2 Titelbil- dern und Anmerkungen, herausg. von J. Kirchhofer. Aarau (Martin) 1856. XV uw512S8. 8. (13 Thlr.). 979 Alpina. Reise-Journal für Alpenwande- rer in der Schweiz. Red.: H. A. Ber- lepsch. 1. Jahrg. 1856. 24 Nın. St. Gallen (Expedition d. Alpina) 1856, Lex. 8. (1 Thlr. 10 Sgr.). Baedeker (K.), Die Schweiz, die ita- lienischen Seen, Mailand, Genua, Tu- rin. Handbuch für Reisende ete. ‚6te umgearb. u. verm. Aufl. Coblenz (Bae- deker) 1856. LIV u. 4168. 8. (1 Thlr. 22 Sgr.). Ulrich (J. J.), Die Schweiz in Bildern, mit erläut. Text von J. Reithard. Lief. 1-9. Stuttgart (Scheitlin) 1856. qu. gr. Fol. (aA 2 Thlr.). Weber’s illustrirte Reisebibliothek. No. 9. (Meyer v. Wiedikon, Naturbilder aus dem Schweizerlande). Leipzig (Weber) 1856. 8. (4 Thlr.). Murray’s Handbook for Travellers in Switzerland and the Alps of Savoy and Piedmont. 7th edit. London (Murray) 1856. 550 8. 12. (78. 6d). Coghlan (F.), Handbook for Travellers in Switzerland; with Routes through Belgium, Holland and Rhine. London (Tallant) 1856. 2548. 12. (5 8.). Praetical Swiss Guide, Illustrated: the Whole of Switzerland, Mont Blanc, Monte Rosa, Mont Cervin, the princi- pal Portions of Savoy, Piedmont, and North of Italy ete. By an Englishman in Switzerland. London (Longman) 1856. 1608 12. (28. 6d). Wills (A.), Wanderings among the High Alps. London (Bentley) 1856. 384 S. 8. (108. 6d). Alpine Travellers. Eine Recension der Schriften von Forbes, The Tour of Mont Blane. Edinburgh 1855; Tschudi, Sketches of Nature in the Alps. Lon- don 1856; Kennedy, An Ascent of Mont Blanc. London 1856; Wills, Wanderings among the High Alps. London 1856. — Edinburgh Review. 1856. p. 433. Bössner (G.), An den Quellen des Rheins. — Europa. 1856. No. 26 f. Lunckenbein, Im Maderauer Thale. Wanderskizze. — Weimarer Sonntags- blatt. 1856. No. 35 f. Desor (E.), Das Einfischthal. — Die Natur. 1856. No. 33 ff. Reisebriefe aus Graubündten. — Morgen- blatt. 1856. No. 20. 24. 25. Coaz, Topographischer Ueberblick über den Bernina-Gebirgsstock und Beschrei- 37* 580 bung der Ersteigung seiner höchsten Spitze. — Jahrb, d. Naturforsch. Ges. Graubündens. N. F. I. 1856. Besteigung des Piz Languard in Grau- bünden. — Augsburg. Allgem. Zeitg. 1856. Beil. No. 244—50. Weilenmann (J. J.), Besteigung der westlichen höchsten Spitze des Monte Rosa im August 1855. — Z. f. all- gem. Erdkunde. N. F. I. 1856. p. 80. Der Aufenthalt am Genfersee, besonders in Montreux und Umgegend. Basel (Georg) 1856. 8. (12 Sgr.). de Gingins-La-Sarra, Recherches sur quelques localites du Bas-Vallais et des bords du Leman aux premiers sieeles de notre ere et en particulier sur l’E- boulement de Taurodunum en 563. — Mem. de UlInstitut mational Genevois. II. 1856. p. 1. Frankreich. de Saint-Martin (Vivien). La France. Deux fragments de son histoire geo- graphique. — Bullet. de la Soc. de Geogr. XII. 1856. p. 24. Malte-Brun, La France et ses colonies. Description geographique et pittores- que, esquisse de moeurs, merveilles de la nature et de l’art. Paris. 1856. 8. (10 Fr.). Renard, Lettres sur lTidentitE de race des Gaulois et des Germains. — Bul- let. de l’Acad. d. Sciences de Bruxel- les. XXI. p. 221. Moreau de Jonn?&s (A.), La France avant ses premiers habitants et Origi- nes nationales de ses populations. Pa- ris. 1856. 388 8. 8. (1 Thlr. 5 Sgr.). — , Influence des vieissitudes sociales sur la mortalit€E des populations de la France. — Compte-Rendu de l’Acad. d. Sciences XXXVII. 1856. p.241. vergl. das Excerpt von Koner in der Deut- schen Klinik. Beil. 1856. No. 11. —, Statistique de la France. Paris. 1856. XXIV u. 380 8. 8. (1 Thlr. 5 Sgr.). Wolowski, Communication sur le com- merce exterieur de la France en 1855, suivie d’observations par MM. Moreau de Jonnes, Desnoyer et Wo- lowski. — Compte-Rendu de l’Acad. d. Sciences. XXXVII. 1856. p. 277. Murray’s Handbook for Travellers in France: being a Guide to Normandy, Brittany, the Rivers Seine, Loire, Rhöne W. Koner: and Garonne; the French Alps, Dau- phine, Provence etc. with maps. 6th edit. London (Murray) 1856. 630 8. 12. (9 S.). Acht Tage in Paris. Eine Anweisung alle Merkwürdigkeiten dieser Haupt- stadt in Zeit von einer Woche zu be- sehen. Paris (Leipzig, Michelsens B.) 1856. 195 S. 8. (1 Thlr.). Bradshaw’s Illustrated Travellers Hand- book in France, adapted to all the Rail- way Routes; with a short Itinerary of Corsica, and Guide to Paris. London (Adams) 1856. 222 8. 8. (5 S.). Coghlan (F.), New Guide to Paris and its Environs, arranged to enable the Stranger to visit every object of in- terest in Ten Days. 17th edit. Lon- don (Tallant) 1856. 222 8. 18. (28. 6.d). Galignani’s New Paris Guide for 1856: Revised and verified by personal in- spection etc. New edit. corrected for 1856. With map and plates. London (Simpkin) 1856. 12. (108. 6d). Stanford’s New Guide to Paris. With 2 Maps and View of the Champs Ely- sees. New edit. London (Stanford) 1856. 214 8. 12. (28. 6.d). Bradshaw’s Illustrated Guide through Paris and its Environs. London (Adams) 1856. 76 8. 8. (18.). Goodrich (8. G.), Sketches of Paris and the Parisians. London (Ward & L.) 1856. 380 8. 12. (2 8.). Berty (A.), Recherches historiques et topographiques sur les terrains de la paroisse Saint-Sulpice qui etaient en- core en culture au XVIe siecle. — Re- vue archeol. XII. 1856. p. 416. Lefevre (E.), Departement d’Eure-et- Loir. Dietionnaire geographique des communes, hameaux, fermes, moulins, chäteaux, maisons et chapelles ayant un nom partieulier ete. Chartres (Gar- nier) 1856. 2 vol. 12. — , Annuaire statistique, administratif, commercial et historigque du Departe- ment d’Eure-et-Loir, pour 1856. 17° annde. Chartres (Garnier) 1856. 12. (2 Fr. 50 c.). Paulet, Voyage d’un moine de l’abbaye de Vezelay dans le pays Hamois. — La Picardie. 1856. (Aoüt, Semptem- bre). Baron (L.), La Bretagne catholique. Description historique et pittoresque, Neu erschienene geographische Werke, Aufsätze, Karten und Pläne. preeedde d’une excursion dans le Bocage vendeen. Paris et Lyon. 1856. 8. Reisebriefe aus der Bretagne. — Aus- land. 1856. No. 27 f. 34 f. 38 f. Annuaire statistique, historique et admi- nistratif du departement du Bas-Rhin. Annde 1856. Strasbourg (1856). 12. Bouley (E.), Essai sur le systeme de- fensiv des Romains dans le pays Eduen. Paris (Dumoulin) 1856. 8. Rossignol, Alise, etudes sur une cam- pagne de Jules Cesar. Dijon. 1856. 16 Bl. 4. Desjardins, Memoire relatif au travail de M.A.Delacroix: Decouverte d’Alise. Bullet. de la Soc. de Geogr. IVe® Ser. XII. 1856. p. 81. Jomard, Extrait d’un memoire sur l’em- placement d’Alesia. — ibid. XII. 1856. p- 94. } Coynart (R. de), Etude historique, to- pographique et militaire sur la cite gauloise d’Alesia. Paris (de Martinet) 1856. 8. Revillout (Viect.), Alaise, Alise, ni l’une ni Yautre ne peut &tre Alesia. Etudes eritiques d’histoire et de topographie. Besancon (Veuve Deis) 1856. 8. Skizzen aus Südfrankreich. — Morgen- blatt. 1856. No. 21. Archard (P.), Guide du voyageur, ou dietionnaire historique des rues et des places d’Avignon ete. Avignon (Seguin) 1856. 8. Port (C.), Essai sur l’'histoire du com- merce maritime de Narbonne. Paris (Dumond) 1855. 14 Bog. gr.8. (4 Fr.). Border Lands of Spain and France. With an Account of a Visit to the Republic of Andorre. London 1856. VIH, 308 8. 8. (4 Thlr. 6 Sgr.). Die Niederlande und Belgien. Lagerwey (F.), Inleiding tot de aar- drijskunde, bevattende: Eene beknopte beschrijving van het Koningrijk der Nederlanden, het Groothertogdom Lu- xemburg en de bezittingen van Neder- land buiten Europa. 2* uitgave. Dord- recht (Lagerwey) 1856. 66 bl. 8. (F. 0,50). Kruytbosch (D. J.), Beknopte aardrijs- kundige beschrijving van het Koning- rijk der Nederlanden en het Groother- togdom Luxemburg, benevens een kort 581 sche bezittingen. Kampen (van Hulst) 1856. 8. (F. 0,10). van der Aa (A. J.), Ons vaderland en ziijne bewoners, beschrijving van de steden, dorpen en verdere merkwaar- dige plaatsen in Nederland. 17-42. Lief. Amsterdam (Loman) 1855. 56. gr. 8. (A F. 0,25). Texier (Edm.), Voyage pittoresque en Hollande et en Belgique. Paris (Mori- zol) 1856. VI, 484 8. 8. Esquiros (A.), La Neerlande et la vie hollandaise. — Revue de Deux-Mondes. 1855. Octobre. Bevolkingtafelen, twaalfjarige staten der levendgeborenen en sterfgevallen, levens- en sterftewet voor het Koningrijk der Nederlanden. Uitgegeven door het Dep. van Binnenl. Zaken. _’s Gravenhage (van Weeldan en Mingelen) 1856. 4, LVI en 441 bl. Fol. (F. 5). de Rooy (E. W.), Geschiedenis van den Nederlandschen handele Amsterdam 1856. 4 en 1030. bl. 8. (F. 7,80). Schifffahrt und Handel Niederlands, — Austria. VIII. 1856. Heft 21. Sägelken (E.), Strafsenleben in Amster- dam. — Bremer Sonntagsbl. 1856. No. 23. Scheepvaartkanalen in de provincie Gro- ningen. Rapport der commissie over eene verbetering en vereeniging der scheepvaartkanalen, aan de Staten van dit gewest. Groningen (Erven C.M. van Bolhuis Hoitsema) 1856. gr. 8. (F. 1). Allan (F.), Het eiland Schiermonnikoog en zijne bewoners geschetst. Amster- dam (Weijtingh & van der Haart) 1856. 30 bl. m. kaart (F. 0,50). — , Het eiland Wieringen en zijne be- woners geschetst. Amsterdam (Weij- tingh & van der Haart) 1856. 56 bl. m. Kaart. (F. 1.). — , Het eiland Texel en zijne bewoners. Met kaart van Texel, door J. L. Kik- kert. Amsterdam ( Weijtingh & van der Haart) 1856. XII en 132 bl. (F. 1,50). La Belgique, Guide pittoresque, monu- mental, artistique, historique, geogra- phique, politique et commercial etc. Bruxelles 1856. 18. (4 Fr.). | Statistique de la Belgique. Tableau gend- overzigt van Nederlands buitenland- | ral du commerce avce les pays etrangers, 582 pendant l’annde 1855, publie par le ministre des finances. Bruxelles (Hayez) 1856. 4. Olin (X.), Une excursion dans les Ar- dennes, — Revue trimestrielle. 1856. Avril — Juin. Guide du voyageur en Ardenne, ou ex- cursions d’un touriste belge, en Belgi- que, par Jeröme Pimpurniaux. Bruxel- les (Delevingne et Callewaert), VII, 397 8. 12. (3 Fr. 50 ec). Das britische Reich. Challener (T.), A complete Catechism of the Descriptive Geography of Eng- land; compiled for the use of Schools and Private Families. London (Long- man) 1856. 150 8. 18. (18. 9d). Roberts (G.), The Social History of the People of the Southern Counties of England in Past Centuries, illustra- ted in regard to their Habits, Munici- pal Bye-Laws, Civil-Progress ete. Lon- don (Longman) 1856. 5808. 8. (188.). Degrand, Extraits d’un memoire sur le balisage et l’Eclairage maritime en An- gleterre et en Eeosse. — Annales des Ponts et Chaussces. 1856. p. 257. Marriages, Births, and Deaths in Eng- land. — Journ. of the Statist. So- ciety. XIX, 2. 1856. p. 185. Bradshaw’s Itinerary of Great Britain for Railway, and Telegraphie Con- veyance in England, Wales and Scotland for 1856 ete. London (Adams) 1856. 150 8. 8. (28. 6d). King (J. W.), Charakters and Incidents ; or, Journeyings through England and Wales. London (King) 1856. 184 S. 8. (18. 6d). Murray’s Modern London, in 1856. By Peter Cunningham. London (Mur- ray) 1856. 366 S. 18. (5 S.). London: What to See and How to See it: with illustrations. New edit. Lon- don (Clarke) 1856. 208 8. 18. (1 8.). Pauli (R.), Der Hansische Stahlhof in London. Ein Vortrag, gehalten zu Bonn am 11. März 1856. Bremen (Strack) 1856. 19 8. gr. 8. (5 Sgr.). Barker (W.G.M. J.), Historical and Topographieal Account of Wensleydale and the Valley of the Yore in the North Riding of Yorkshire. 2d edit. London (J. R. Smith) 1856. 318 8. 8. (48. 6d). W. Koner: Hicklin (J.), Excursions in North Wa- les: a complete Guide to the Tourist in that Romantic Country; with De- scriptions of Picturesque Beauties, Hi- storical Antiquities ete. New edit. Lon- don (Whittaker) 1856. 2248. 18. (3 8.). Black’s Pieturesque Guide through North and South Wales and Monmouthshire ; with a copious Itinerary etc. 6th edit. Edinburgh. 1856. 3928. 12. (5 S.). Sinclair (C.), Hill and Valley; or, Wa- les and the Welsh. Cheap edit. Lon- don (Simpkin) 1856. 456 8. 8. (28. 6.d). Mackie (8. J.), A Descriptive and Hi- storical Account of Folkestone aud its Neighbourhood. London(Simpkin)1856. 2508. 12. (3 8.). —, A Handbook of Folkestone, for Visi- tors; with a Notice of the Prineipal Objects in the Vieinity, and Remarks on the Geology, Botany, and Natural History of the District. Folkestone (Simpkin) 1856. 80 8. 8. (1 8.). Murray’s Handbook for Travellers in Wiltshire, Dorsetshire, and Somersetshire; with a Travelling Map. London (Mur- ray) 1856. 228 8. 12. (6 S.). Hughes (T.), The Stranger’s Handbook to Chester and its Environs ete. With 44 Illustrations. Chester (Whittaker) 1856. 132 8. 12. (18.). Chanter (C.), Ferny Combes: a Ramble after Ferns in the Glens and Valleys of Devonshire. London (Reeve) 1856. 12. (5 8.). Hastings, Past aud Present; with Noti- ces of the most Remarkable Places in the Neighbourhood; with 8 Views. Lon- don (J. R. Smith) 1856. 12. (3 8. 6d). Wright (T.), Guide to the Caterham Railway, near Croydon in Surrey. Lon- don (J. R. Smith) 1856. 486 8. 12. Glyde (J.), Sufiolk in the Nineteenth Century: Physical, Social, Religious, and Industrial. Ipswich (Simpkin) 1856. 398 8. 8. Sinclair (C.), Scotland and the Scotch ; or the Western Circuit. Part 1, cheap edit. London (Simpkin) 1856. 350 8. 8.28. 6). Black’s Pieturesque Tourist of Scotland. 12th edit. Edinburgh (Longman) 1856. 684 8. 12. (8 8. 6.d). English Lakes: a Series of Tinted Views, Neu erschienene geographische Werke, Aufsätze, Karten und Pläne. with description in letterpress. Lon- don (Nelson) 1856. 18. (18. 6.d). M’Donald (H.), Rambles round Glas- gow, Descriptive, Historical, and Tra- ditional. 2d edit. Glasgow (Hamilton) 1856. 440 8. 12. (48. 6d). Martineau (H.), Guide to Windermere, with Tour to the Neighbouring Lakes, and other interesting Places. With a Map and Ilustrations. To which are added, Excursions to and from Kes- wick ete. 3d edit. Windermere. 1856. 117 8. 12. (1 8.). Hicklin (J.), Llandudno and its Viei- nity. London (Hamilton) 1856. 8. (48. 6a). Ethnology of the Counties of Down and Antrim. — The Ulster Journal of Ar- chaeology 1856. No. 15. Quiggin’s Illustrated Guide and Visi- tors’ Companion through the Isles of Man. 5th edit. London (Douglas) 1856. 204 S. 12. (1 8.). Sinclair (C.), Shetland and the Shet- landers; or the Northern Cireuit. Cheap edit. London (Simpkin) 1856. 428 S. 8. (28. 6d). Rooke (O.), The Channel Islands, Pic- torial, Legendary and Descriptive. Lon- don (Booth) 1856. 186 8. 12. (6 S.). Dänemark. Trap (J. P.), Statistisk - topographisk Beskrivelse af Kongeriget Danmark. 1.H. Kjobenhavn. 1856. 296 8. 8. (2 Thlr. 74 Ser.). Erslev (E.), Den Danske Stat, en geo- grafisk Skildring for Folket. Med hen- ved 300 Illustrationer. Bis jetzt 10 Hefte. Kjobenhavn (Stinck) 1856. gr. 8. (& 15 Sk.). Mahlmann (H.), Die Volksvermehrung und Volksdichtigkeit in der Dänischen Monarchie nach der letzten Aufnahme und seit Anfang dieses Jahrhunderts. — Beilage zur Deutschen Klinik. 1856. No. 6. v. Vett, Kjobenhavn. Historisk -topo- graphisk Beskrivelse, 1. Afdeln. Kjoben- havn (Lind) 1856. gr. 8. (1 Rdr.). Andersen (H. C.), Silkeborg, dänisches Naturbild. — Westermann’s illustr. deutsche Monatsschr. I, 1856. p. 21. Forchhammer (G.), Die jütische Haide. A. d. Dänischen. — Zeitschr. f. allgem. Erdkunde. N. F. I. 1856. p. 209. 583 Die Veränderungen an der Westküste Schleswigs, — ibid. N. F. I. 1856. p- 339. Skyrslar um landshagi & Islandi ete. Kaupmannahöfen 1855. 96 S. 8. (Sta- tistik Islands). (1 Thlr. 10 Sgr.). Hermann (W.), Island, sein Clima, seine Boden- und Culturverhältnisse. — Die Welt. 1856. No. 33. Chambers (R.), Traeings of Iceland and the Faroe Islands. London (Chambers) 1856. 86 8. 12. (18.). Schweden und Norwegen. Rudbeck (T.G.), Försok till Beskrif- ning öfwer Sweriges Städer i historiskt, topografiskt och statistikt Hänseende. 1. Delen. Swea Rike. Stockholm (Bon- nier) 1855. IV u. 261 S. mit 13 Kar- ten u. Plänen. gr. 8. (2 Rdr. 24 sk.). Stockholms Stad i Juridiskt, Administra- tivt, Statistikt och Borgerligt Hänseende. 1.—11. Hft. Stockholm (Berg) 1855. 56. 8. Mügge (Th.), Sommerleben in Stock- holm. — Westermann’s illustr.. deut- sche Monatsschr. I. 1856. p. 29. Axelson (M.), Westerdalarne, dess Na- tur, Folklif och Fornminnen. Stock- holm (Bergelin) 1855. 182 u. 28, gr. 16. (1 Rdr. 16 sk.). Hagerlöf (J.), Om Grönby Pastorat i Skäne. Lund. 1856. 69 8. 8. Gadde (N.O.), Om Stora Räby och Bjel- lerups Socknar i Skäne. Lund. 1856. 208. 8. Mellin (G. H.), Bilder aus Lappmar- kens Volksleben. A. d. Schwedischen. — Ausland. 1856. No. 29. 33. Statistiske Tabeller for Kongeriget Norge, udgifv. efter Foranstaltning af Depar- tement for det Indre. 14. Raekke inde- hold. Tabeller, vedkommende Norges Handel og Skibsfart i 1854. Chri- stiania (Grondahl) 1856. gr.8. (50sk.). Metcalfe (F.), The Oxonian in Nor- way; or Notes of Exeursions in that Country in 1854 and 1855. 2 vols. London (Hurst & B.) 1856. 634 S. 8. (21 8.). Der Census Norwegens nach der letzten Volkszählung im J. 1855. — Peter- mann’s Mittheilungen II. 1856. p. 297. 584 Das europäische Rufsland. Beiträge zur Kenntnifs des Russischen Reiches und der angränzenden Länder Asiens, herausg. von K. E. v. Baer und Graf v. Helmersen. 18. Bd. St. Petersburg. 1856. 257 8. 8. (1 Thlr. 3 Sgr.). Arsenjjew (K.), Das Kaiserthum Rufs- land. Nach der 20. Ausgabe des Russ. Originals. Riga (v. Bötticher) 1856. VII u. 65 8. gr. 8. (12 Sgr.). Menschen und Dinge in Rufsland. An- schauung und Studien. Mit 1 Titel- bilde. Gotha (Scheube) 1856. V u. 345 S. gr. 8. (1 Thlr. 224 Sgr.). Tschitscherin (B.), Die Gebietsein- richtungen Rufslands. (In Russischer Sprache). Moskau. 1856. 5 Bl. 592 8. 8. (5 Thlr. 12 Sgr.). Städtische Bevölkerung Rufslands. — Pe- termann’s Mittheilungen. II. 1856. p- 298. - Uebersicht sämmtlicher Mineral-Wasser im Europäischen Rufsland. (Nach Meyer’s Magaz. für Rufsland). — ibid. II. 1856. p- 299. Statistik des russischen Postwesens.. — Arch. f. wissensch. Kunde v. Ru/sland. XV. 1856. p. 343. Bode, Verbreitungs-Gränzen der wich- tigsten Holzgewächse des Europäischen Rufslands. Mit einer Vorrede von K. E. v. Baer. — Beitr. z. Kenntnifs d. Russ. Reiches. XVIII. 1856. p. 1. —, Beitrag zur Würdigung der Forstwirth- schaft in Rufsland.. — ibid. XVII. 1856. p. 79. v. Baer, Die uralte Waldlosigkeit der südrussischen Steppe. — Ibid. XVIII. 1856. p. 109. Die russischen und österreichischen Staats- forsten. — Kritische Blätter f. Forst- u. Jagdwiss. KXXXVI. 2. 1856. p. 259. v. Köppen (P.), Ueber Pflanzen - Accli- matisirung in Rufsland. — Bullet. de V’Acad. de St. Petersbourg. CI. hist. T. XIII. 1856. No. 20. 21. Vesselovsky, Epoques des debäcles et de la prise par les glaces de la Dwina. — ibid. T. XIII. 1856. No. 14. 15. Russwurm (C.), Eibofolke oder die Schweden an den Küsten Esthlands und auf Runö. Eine historisch - ethnogra- phische Untersuchung. 2 Thle. Reval 1855. gr. 8. Mit Atlas 4. (3 Thlr.). W. Koner: Le fleuve Werk-wa dans le gouvernement de Vologda. — Nowv. Annales d. Voy. 1856. III. p. 370. Bereskin (Th.), Die jüdischen Colo- nieen im Gouvernement Jekaterinos- law. — Arch. f. wissensch. Kunde v. Rufsland. XV. 1856. p. 333. Tschernew, Das Dorf Welikoje (Gouv. Jaroslawl). — ibid. XV. 1856. p. 537. Förster (M.), Briefe aus Südrufsland während eines Aufenthalts in Podolien, Volhynien uud der Ukraine. Leipzig Brockhaus’ Reisebibl.) 1856. II, 208 8. 8. (10 Sgr.). Neumann (K.), Hellenen im Skythen- lande. Berlin 1855, besprochen in d. Arch. f. wissensch. Kunde v. Rufsland. XV. 1856. p. 456. Schiefner (A.), Sprachliche Bedenken gegen das Mongolenthum der Skythen. — Bullet. de l’Acad. de St. Peters- bourg. Cl. hist. T. XIII. 1856. No. 13. Die Landesbeschaffenheit der Krimm und ihr Einflufs auf die Kriegsoperationen., —. Oesterreich. milit. Zeitung. 1856. No. 12. 13. 14. Topographische Skizze aus Bessarabien. — Gazeta Lvowska. Lemberg 1856. No. 18. vergl. Gratzer Zeitung 1856. No. 15. La ville de Bolgrad en Bessarabie.. — Nowv. Annal. d. Voy. 1856. IV. p. 223. Serristori (L.), Ilustrazione di una carta del Mar Nero del MCCCLI etc. besprochen von Neumann in der Z. f. allgem. Erdkunde. N. F. I. 1856. p- 109. Spanien und Portugal. Boudard, Note sur la geographie an- cienne de l!’Espagne. — Kevue Archeol. XII. 1856. p. 405. Noticia de los faros, fanales y luces de puerto de las costas de Espaüa en el Oceano y Mediterraneo, islas adyacen- tes, y posesiones en Africa, y ultramar publicada por la direccion de Hidro- grafia. Madrid. 1856. 12. v. Wolzogen (A.), Reise nach Spanien. Leipzig (Schultze) 1857. 8. (13 Thlr.). Willkomm (M.), Zwei Jahre in 'Spa- nien und Portugal. 3 Bde. 2. Ausg. Leipzig (Arnold) 1856. 8. (25 Thlr.). Spanien’s auswärtiger Handel im J. 1854. — Petermann’s Mittheil. II. 1856. p. 234. Neu erschienene geographische Werke, Aufsätze, Karten und Pläne, Meissonnier, Des chemins de fer en Espagne en 1855. — Annales des Ponts et Chaussdes. 1856. p. 17. vergl. Zeitschr. f. allgem. Erdkunde. N. F.1. 1856. p. 345. Murray’s Handbook for Travellers in Portugal. 2d edit.. London (Murray) 1856. 190 S. 12. (9 S.). Italien. Dizionario corografico-universale dell’ Ita- lia sistematicamente suddiviso secondo Vattuale partizione politica ete. pubbli- cato da G.e C. Civelli. Disp. 131 — 143, (Stato pontifico. Fasc. 14—22). Milano (Civelli) 1856. 8. Marzoratti (G.), Dizionario generale dei communi d'Italia. Torino 1856. 290 8. 12. (1 Thlr.). v. Lossow (E.), Reisehandbuch für Ita- lien. Mit 7 Karten und Plänen. 2. Aufl. Berlin (Remak) 1856. XII u. 312 8. 8. (2 Thlr.). Murray’s Handbook for Travellers in Northern Italy; comprising the Conti- nental States and Islands of Sardinia, Lombardy, and Venice, the Duchies of Parma, Piacenza, and Modena, North Tuscany, and Florence. 6th edit. 2 vols. London (Murray) 1856. 636 8. 12. (12 S.). Coghlan (F.), Handbook for Travellers in Northern Italy, and What may be Seen in Paris and its Environs in Ten Days etc. 4th edit. London (Tallant) 1856. 2508. 12..(5 8.). Edwards (W.S.), Italy as I saw it: Facts and Impressions of a Tour. Lon- don (Judd & G.). 1856. 8. (38. 6.d). Durch Welschland. Reisegedanken und Gedankenreisen aus der Brieftasche ei- nes Candidaten (Max Frommel). Stuttgart (Liesching) 1856. VIII u. 136 8. 8. (4 Thlr.). Paradis (J.), Statistique des chemins de fer en Italie. — Courrier Franco- Italien. 1856. 4 Sept. St. John (B.), The Subalpine Kingdom ; or, Experiences and Studies in Savoy, Piedmont, and Genoa. 2 vols. London (Chapman & H.) 1856. 642 S. 8. (21 S.). Dessaix (Jos.), La Savoie historique, pittoresque, statistique et biographique. Dlustree de 130 dessins et vues, por- traits, costumes, plans de villes et 585 cartes geographiques. T.I. Livr. 1— 22. Chambery 1854 — 56. 8. (& 20 Sgr.). (Das Ganze erscheint in circa 47 Lief.). Die Strafse über die See-Alpen von Nizza nach Turin. Augsburg. Allgem. Zeitg. 1856. Beil. No. 272—278. Jagd- und Reiseerinnerungen aus Sardi- nien. ibid. 1856. Beil. No. 258 —64 fi. Venedig's Schifffahrtsverkehr und Seehan- del im J. 1855. — Austria. 1856. Heft 11. . Cantü (J.), Viaggio da Milano a Vene- zia nelle eittä e nelle provincie di Como, Sondrio, Bergamo, Brescia, Mantova, Pavia, Lodi, Crema, Cremona, Verona, Vicenza, Treviso, Bassano, Belluno, Udine, Padova, Rovigo,; Chioggia. Mi- lano (Vallardi) 1856. 462 8. 8. Guida di Milano per l’anno 1856. Anno XXXII. Milano. 1856. 826 S. kl. 8. Grandi ($.. A.), Deserizione dello stato fisico, politico, statistico, storieo, bio- grafico della Provineia e Diocesi di Cre- mona. Disp. 7— 13. Codogno 1856. 8. Formentini (M.), Cenni statistiche, sto- rici e biografiei risgardanti il Comune di Bosco e suoi abitanti. Milano (Chiusi) 1856. 29 8. 8. Ausflug in die nordwestlichen Gebirge von Toscana. — Morgenblatt. 1856. No. 30 fi. Murray’s Handbook for Travellers in Central-Italy. Part 2. Rome and its Environs. 4tlı edit. London (Murray) 1856. 3788. 1% (78.). Statistica del commercio dello Stato Ro- mano nel 1854. — Annali univ, di Statistica 1856. cf. Bollet. di notizie italiane e straniere etc. dell’ Industria. Vol. 40. 1856. Ancient Rome, Eine Recension des Dic- tionary of Greek and Roman Geogra- phy. Edited by W. Smith. Part XV. (including „Roma“). London 1856. — Quarterly Review. No. CXCVII. 1856. p- 415. Noel des Vergers, La villa d’Horace. Bullet. archeol. de l’Athenaeum Frangais. 1856. p. 25. Schmidt (J. F. J.), Neue Höhenbestim- mungen am Vesuv, in den Phlegräi- schen Feldern, zu Roccamonfina und im Albaner-Gebirge, nebst Untersuchun- gen über die Eigenschaften und Lei- stungen des Aneroid-Barometers. Wien und Olmütz (Hölzel) 1856. 4. 586 Amico(V.), Dizionario topografico della Sieilia. Tradotto dal latino ed anno- tato da @. Dimarzo. Disp. Ia. Pa- lermo. 1856. 8. (10 Sgr.). Das Werk erscheint in 30 Lief. oder 2 Bdn. Die europäische Türkei. Larchey (Loredan), Un moi & Constan- tinople. Paris 1856. 12. Vretos (A. P.), La Bulgarie ancienne et moderne sous le rapport geographique, historique, archeologique, statistique et commercial. St. Petersbourg. 1856. 2648. gr. 8. Besprochen in der Z. f. allgem. Erdkunde. N. F. I. 1856. p- 358. de Carlowitz (A.), Voyage dans les Prineipautes danubiennes et aux em- bouchures du Danube. — Revue de Paris. 1856. Octobre — Decembre. Die Zigeuner in der Moldau. (Nach den Proceedings of the R. Geogr. Soe.). — Petermann’s Mittheilungen. II. 1856. p- 298. Serbiens politische und sociale Verhält- nisse. — Ausland. 1856. No. 22 f. Ueber den Bergbau in Serbien. — ibid. 1856. No. 38 f, W, Koner: Griechenland. Baird (H. M.), Modern Greece: a Nar- rative of a Residence and Travels in that Country; with Observations on its Antiquities, Literature, Language, Politics, and Religion ; illustr. with about 60 engravings. New York 1856. 3805. 8. (88. 6.d.). Appert, Voyage en Grece. Athenes 1856. XII, 1968. 8. (1 Thlr.). Reynald (H.), Les Grees modernes. — Revue contemporaine. NXIX. 1856. p- 47. Levidi (C.N.), La race hellenique et l’Occident. Reponse au Constitution- nel. Athenes 1856. 8. Handel von Westgriechenland in dem J. 1855. Nach einem Berichte des k. k. Consulats in Patras. — Austria 1856. p. 481. Landerer (X.), Ueber die Gebräuche bei der Hochzeitsfeier der Griechen und Albanesen. — Ausland. 1856. No. 34. Landerer (X.), Beschreibung der Insel Melos, ihrer Thermen und Mineral- producte, — Ausland. 1856. No. 27. Asien. Ritter (K.), Erdkunde von Asien. 1. Bd. | (In russischer Sprache). St. Petersburg 1856. VIII, 736 S. 8. (3 Thlr. 18 Sgr.). Das asiatische Rufsland. Sibi- rien. Die Kaukasus-Länder. Petermann (A.), West-Sibirien, seine Naturbeschaffenheit, Industrie und geo- graphisch-politische Bedeutung. — Pe- termann’s Mittheil. II. 1856. p. 201. Hofmann (E.), Der nördliche Ural und das Küstengebirge Pae-Choi untersucht und beschrieben von einer in den J. 1844 — 1850 durch die kaiserl. Russi- sche Geographische Gesellschaft ausge- rüsteten Expedition. Bd. II. St. Peters- burg (Buchdruckerei d. k. Akad. der Wiss.). 353 S. 4. (Bd. I im J. 1853 erschienen). Daran J. F. Brandt, Be- merkungen über die Wirbelthiere des nördlichen europäischen Rufslands, be- sonders des nördlichen Urals. 758.; und F. J. Ruprecht, Flora Boreali- Uralensis. Ueber die Verbreitung der Pflanzen im nördlichen Ural. 50 8. 4. Middendorff (A. Th.), Reise in den äufsersten Norden und Osten Sibiriens während der Jahre 1843 und 1844. Bd. I. Thl. 2. Botanik. St. Petersburg. 1856. 4. Prise et debäcle de la riviere Tom pres de Tomsk. — Kupfer, Annales. (A. 1854) 1856. Bringmann (E. C.), The Russian Ac- quisitions on the Amoor, with a Mi- nute on that great River. — The Church Missionary intelligencer. 1856. Octob. Des travaux d’exploration des Russes en Siberie et sur le fleuve Amour. — Nouv, Annales d. Voy. 1856. I. p- 113. Petermann (A.), Die neuesten Erwer- bungen im Chinesischen Reiche. — Petermann’s Mittheil. II. 1856. p. 175. Hansteen, Causes et but scientifique du voyage en Siberie. — Nouv. Annal. d. Voy. 1856. IV. p.5. Neu erschienene geographische Werke, Aufsätze, Kartan und Pläne. Le Saghalian-Ula, ou la grande riviere du nord-est de l’Asie, remarques sur les nouvelles acquisitions territoriales de la Russie le long de cette riviere. — The Church Missionary intelligencer. VI. 1856. p. 231. Madinier (P.), Description geographique et hydrographique des iles au nord du Japon. 1re partie. Les iles Kouri- les proprement dites. Paris (Dupont) 1856. 328. 8. (Extrait des Annales de la marine et des colonies, aoüt 1856). Nouvelles colonies frangaises dans les mers du Japon. (Les iles Kouriles). — Revue de l’Orient. Nouv. Ser. III. 1856. p- 415. Nöschel, Bemerkungen über die natur- historischen, insbesondere die geogno- stisch-hydrographischen Verhältnisse der Steppe zwischen den Flüssen Or und Turgai, Kumak und Syr-Darja. — Beitr. zur Kenntnifs d. russ. Reiches. XVIH. 1856. p. 117. Die Russische Aufnahme des unteren $Sir- Darja im J.1853. Nach den offieiel- len Russischen Berichten. — Peter- mann’s Mittheil. II. 1856. p. 277. v. Baer, Kaspische Studien. — Arch. f. wissenschaftl. Kunde v. Rufsland. XV. 1856. p. 387. (Kiesewetter), Ein Sturm in der Sand- wüste. — Arch. f. wissenschaftl. Kunde von Rufsland. XV. 1856. p. 381. Tiflis. — Revue de l’Orieni. Nouv. Ser. IV. 1856. p. 98. v. Haxthausen, The Tribes of the Cau- casus; with an Account of Schamyl and the Muridi. London 1856. 138 S. 8. (5 8.). Moser (L.), The Caucasus and its Peo- ple: with a brief History oftheir Wars, and a Sketch of the renowned Chief, Schamyl. London (Nutt) 1856. 204 8. 8. (5 S.). Koch (K.), Das Rion-Gebiet. — Peter- mann's Mittheil. II. 1856. p. 320. v. Haxthausen, Transkaukasia. Bd.I.II. Leipzig 1856. Recens. in Petermann’s Mittheil. II. 1856. p. 302. Das chinesische Reich. Japan. Ilarion (O.), Chinas Beziehungen zu Tibet. Aus dem Russischen. — Arch. 587 f. wissensch. Kunde v. Rufsland. XV. 1856. p. 349. Huc en Gabet, Ömzwervingen door Mongolie en Thibet tot naar de hoofd- stad van de Tale Lama. Naar deHoogd. bewerking van Dr. Karl Andree, door J. J. A. Goeverneur. Groningen (Wol- ters) 1856. XVI en 394 bl. gr. 8. (F. 3,75). Meinicke, Ueber Huc und Gabet’s Rei- sen in Ost-Asien. — Z. f. allgem. Erdk. N.F. I. 1856. p. 221. Schlagintweit’s Reisen s. unter Ost-Indien. Foucaux (P.E.), Le Tibet oriental. — Revue del’Orient. Now. Ser. IV. 1856. p- 113. Waugh’s (A. S.) Messungen der höch- sten Gipfel der Erde, mitgetheilt vom Col. W. H. Sykes. — Petermann’s Mit- theil. II. 1856. p. 379. Cobbold (H.), Journal during a Mis- sionary Tour in the Interior of Che- keang Provinee. — The Church Mis- sionary Intelligencer. 1856. Octbr. Der Kohlen-Distriet in Tsche-Kiang. — Z. f. allgem. Erdkunde. N. F. I. 1856. p- 270. Unterseeischer Vulcan bei Formosa. — ibid. N. F. I. 1856. p. 270. de Coningh (C.T.), Mijn verblijf in Japan. Amsterdam (Kraay) 1856. VI en 180.bl. (F. 1,90). Perry’s Reise nach Japan s. Abtheil.: Reisen durch mehrere Welttheile und Länder. Importance de lile ‚Peel (archipel Bonin Sima) comme depöt de charbon. — Now. Annales d. Voy. 1856. DI. p- 116. Bericht eines Chinesen über die Liu-Kiu- Inseln. — Z. f. allgem. Erdkunde. N.F. 1856. p. 262. Die asiatische Türkei. Kleinasien und die kleinasiati schen Inseln. Skizzen aus Kleinasien. Forts. — Aus- land. 1856. No. 28 ft. Waddington (W. H.), Note sur la po- sition de la ville d’Hyrgallea en Phry- gie et sur un passage obscur de Pline. — Bullet. archeol. de lAthenaeum Francais. 1856. p. 7. Waddington (W.H.), Note sur la campagne de Manlius contre les Gallo- 588 Grees et sur quelques points de la geographie de l’Asie Mineure, — ibid. 1856. p. 50. Kotschy (Th.), Aus dem Bulghar-Dagh des cilicischen Taurus. — Z. f. allgem. Erdkunde. N. F. I. 1856. p. 121. St. John (B.), Two Year’s Residence in a Levantine Family. London (Chap- man &H.). 1856. 2988. 12. (2 8.). Handels-Verkehr von Smyrna im J. 1855. (Nach dem Preufs. Handels-Archiv). — Petermann’s Mittheilungen. II. 1856. p- 301. Guerin (V.), Fragments d’une etude sur [Ile de Rhodes. — Bullet. de la Soc. de Geogr. 4° Ser. XI. 1856. p- 801, — , Voyage dans [’Ile de Rhodes et de- seription de cette ile. Paris 1856. 3118. 8. (1 Thlr. 20 Ser.). Perrens (F. T.), Etude sur l'ile de Rho- des. — Journ. gener. de UIndustrie publique. 1856. 8me Octobre. Syrien und Palästina. Reiseskizzen aus Syrien und Palästina. — Ausland. 1856. No, 24 ff. 40 f. Langlois (V.), Religion et doctrine des Noussaries. — Rev. de l’Orient. Nouv. Ser. III. 1856. p. 433. Guerin (V.), De ora Palaestinae a pro- montorio Carmelo usque ad urbem Joppen pertinente. Parisiis 1856. 8. Des Ritters Bernhard v. Hirschfeld im J. 1517 unternommene und von ihm selbst beschriebene Wallfahrt zum hei- ligen Grabe. Herausgeg. von A. v. Minckwitz. — Mitth. d. deutschen Ges. in Leipzig. I. 1. 1856. p. 106. Hahn (H.), Die Reise des heiligen Wil- libald nach Palästina. Progr. der Lui- senstädtischen Realschule. Berlin 1856. 4. (Auch besonders erschienen). Loritz (P. Urban), Blätter aus dem Ta- gebuche meiner Pilgerreise in das hei- lige Land im J. 1855. Wien (in der Mechitharisten Buchdruckerei) 1856. 1758. 8. Cing Annees de voyage en Orient 1846 — 1851 par Israel Joseph Benja- min Il, voyageur et auteur, demeu- rant & Faltischan (Moldavie). Paris 1856. XXVIO. 2408. 8. (1 Thlr. 20 Sgr.). Resebeskrifningar öfwer Palestina och Egypten, innehällande wistandet Geth- W. Koner: semane, Golgatha, Christi Graf, Na- zaret, Bethlehem, Jordans flod etc. Waldstena 1856. 16. Beamont (W.), A Diary of a Joumey to the East, in the autumn of 1854. 2 vols. London (Longman). 1856. 8. Robinson (E.), Biblical Researches in Palestine and the Adjacent Regions; or Joumal of Travels in the years 1836 and 1852, by Edward Robinson, Eli Smith, and other. 2d edit. 3 vols. London (Murray) 1856. 8. (36 8.). Rosen, Ueber die Lage des alten Debir im Stamme Juda. — Zeitschrift der deutsch. morgenl. Gesellsch. XI. 1857. p- 50. Dupuis (H.L. and J.), The Holy Pla- ces: a Narrative of Two Year’s Resi- dence in Jerusalem and Palestine; with Notes on the Dispersed Canaanite Tri- bes. 2 vols. London (Hurst &B.) 1856. 650 8. 8. (218.). Stanley (A. P.), Sinai and Palestine in connection with their History. 2d edit. With maps and plans. London (Mur- ray) 1856. 6088. 8. (16 8.). Hoffmann (A. G.), Ein Gang durch Je- xusalem. — Ausland. 1856. No. 43 ff, Tobler (T.), Die Baumwollenhöhle in Jerusalem. — Petermann’s Mittheil. II. 1856. p. 233. Wendt(R.), Der Teich Hiskias und der obere Gichon. — Bullet. de l’Acad. de St. Petersburg. CI. hist. T. XIU. p- 218. Mesopotamien, The Euphrates Valley ‚Route to India. By aTraveller. London (Stanford) 1856. 848. 12. (8 8.). Kiepert (H.), Neue Aufnahmen der Eng- länder in Assyrien. — Z. f. allgem. Erdkunde. N. F. I. 1856. p. 239. Sandreczky (C.), Reise nach Mosul und durch Kurdistan nach Urumia. Thl. 1.2. Stuttgart (Steinkopf) 1857. 8. (& 1 Thlr.). Arabien. Burton (R.F.), Personal Narrative of a Pilgrimage to El Medinah and Mec- cah. London 1856 und: First Foot- steps in East Africa. London 1856. Recensirt im: Dublin Review. No. LXXXI. Octob, 1856. p. 27; vergl. Neu erschienene geographische Werke, Aufsätze, Karten und Pläne. die Recension von R. Gosche in der Zeitschr. f. allgem. Erdkunde. N. F. 1. 1856. p. 200. Sinai, Palestine, and Mecca. Eine Re- cension der Schriften: Burton, Perso- nal Narrative ete. Vol. 1—8 und Stan- ley, Sinai and Palestine. London 1856. — Edinburgh Review. No. 212. 1856. p- 363. ; Schreiben F. Fresnel’s an Baron A. v. Wrede. (Ueber einige Punkte der Geo- graphie Arabiens). — Zeitschr. f. allgem. Erdkunde. VI. 1856. p. 604. Persien. Neuere Arbeiten über das kaspische Meer, den Urmia- und Van-See. — Zeitschr. f. allgem. Erdkunde. N. F. I. 1856. p-. 194. Hommaire de Hell (X.), De Tauris & Teheran, fragment inedit du Voyage en Perse. — Revue de l’Orient. Nouv. Ser. IV. 1856. p.1. Ferrier (J. P.), Caravan Joumeys and Wanderings in Persia, Afghanistan, Tur- kistan and Beloochistan; with Histo- rical Notices of the Countries Iying between Russia and India. Transl. from the Original Unpublished Manu- script by Captain William Jesse. Lon- don (Murray) 1856. 5348. 8. (218.). Sheil (Lady), Glimpses of Lives and Manners in Persia. With Notes on Russia, Koords, Toorkomans, Nesto- rians, Khiva, and Persia. London (Mur- ray) 1856. 4168. 8. (12 8.). Lercha (P.), Untersuchungen über die Iranischen Kurden und ihre Vorfahren, die Nord-Chaldäer. (In russ. Sprache). St. Petersburg 1856. VII, 1238. 8. (27 Sgr.). Petermann, Ueber die Mandäer. — Deutsche Zeitschr. f. christl. Wissensch. u. christl. Leben. 1856. p. 331. 342; vergl. 1854, No. 23. Vorder- und Hinter-Indien. Valentijn (Fr.), Ouden nieuw Ost-In- dien, met aanteekeningen, volledige in- houdsregisters etc. Ut te geven door S. Keijzer. 1—11°® afl. bl. 1—432. s’Gravenhage (Susan). gr. 8. (AF. 0,90). Speir, Life in Ancient India. With Map and Illustrations by G. Scharf. Lon- 589 don (Smith & E.) 1856. 4808. 8. (15 8.). Ost-Indien während Lord Dalhousie’s Ver- waltung. (Nach Allen’s Indian Mail). — Petermann’s Mittheil. II. 1856. p. 302. v. Sydow (E.), Reise des Prinzen Wal- demar von Preufsen nach Indien in den J. 1844— 1846. — ibid. II. 1856. p- 349. Sykes, The External Commerce of Bri- tish India during two periods of years; namely, the eight years (ended 30th April) 1834 1835 to 1841 — 1842, and the five years 1849 — 1850 to 1853 — 1854. — Journ. of the statist. Society. XIX, 2. 1856. p. 107. Robinson (F. H.), An Account of the Land Revenue of British India. Lon- don (Thacker) 1856. 12. (3 S.). Auswärtiger Handel Bengalens. — Z. f. allgem. Erdkunde N. F. I. 1856. p- 192. Notice sur le royaume de Tse-Kia(Tcheka) par Hiouen-Thsang, trad. du chinois par Stan. Julien. — Revue de l’Orient. Now. Ser. IV. 1856. p. 209. Aus einem Berichte von Hermann Schlag- intweit an Se. Majestät den König. — Zeitschr. f. allgem. Erdkunde. VI. 1856. p- 580. Schlagintweit’s (Herm.) Reise nach Sikkim und Assam, April — Dezember 1855. — Petermann’s Mittheil. I. 1856. p. 272. Schlagintweit’s (Rob.) Reise von Simla nach Leh in Tibet, 29. Mai — 29. Juni 1856. — ibid. I. p. 376. Aus einem Briefe Adolph Schlagint- weit’s an Alexander v. Humboldt. — Z. f. allgem. Erdkunde, N. F. I. 1856. p- 238. Bericht Robert Schlagintweit’s an Se. Maj. den König, de dato Leh 4. Juli 1856. — ibid. p. 425. L’eglise naissante dans la province in- dienne de Tinnevelly. — The Church Missionary Intelligencer. VII. 1856. p- 169. Travancore et ses missions. — ibid. VII. 1856. p. 196. 207. Les ruines de Brahminabad. — Now. Annales d. Voy. 1856. IH. p. 112. Perrin, Les vestiges d’une dynastie dans YInde. Annexion de l’Aodh aux pro- vinces Anglaises. — Revue contempo- raine. 1856. XXVI. p. 441.621. XXVII. p- 33. 56. 238. 590 Namuells (E. A.), Notes on a Forest Race called Puttooas or Juanga, inha- biting certain of the Tributary Mehals of Cuttack. — Journ. of the Asiat. Soc. of Bengal. 1856. No. 256. p.295. Graul (K.), Die Maravar. Ein Beitrag zur Völkerkunde Indiens. — Peter- mann's Mittheil. II. 1856. p. 170. Die Schiffbarmachung des Godavery. — Z. f. allgem. Erdkunde. N. F. I. 1856. p- 103. Smith (R.B.), Irrigation in Southern India; the Cauvery Kistnah and Go- davery. London (Smith & E.) 1856. 8. (28 S.). The Golden Dagon; or Up and Down the Irrawaddi:. being Passages of Ad- venture in the Burman Empire. By an American. New York 1856. 3148. 8. (68. 6d.). De Nederlandsche burgers op Ceylon. — Tijdschr. v. Nederlands Indie. 1856. 1. p- 373. de Rosny, Siam et les Siamois — ARe- vue de Ü’Orient. Now. Ser. IV. 1856. p. 243. Koner, Tong-King. — Z. f. allgem. Erdkunde. N. F. I. 1856. p. 105. Reignier, La riviere de Campot et le village de Campot-By dans le Cam- bodge. — Nowv. Annal. d. Voy. 1856. IV. p. 226. Crawfurd (J.), A Descriptive Dietio- nary of the Indian Islands and Adja- cent Countries. London (Bradbury) 1856. 4508. 8. (16 S.). des indischen Archi- pelagus. Die Inseln Setscher (P.M.), Geographie et Carto- graphie de YInde neerlandaise. Trad. du hollandais par Ed. Fraissinet. — Now». Annales d. Voy. 1856. II. p- 230. van Doren (J.B.J.), Fragmenten uit de reizen in den Indischen Archipel, enz. 2° deel 1° — 3®afl. Amsterdam (Sybrandi) 1856. gr. 8. (& F. 1,25). Fragment uit een reisverhaal. Tijdschr, v. Nederlands Indie. 1856. I. p. 391. I. p-. 69. 141. Friedmann, Skizzen aus Niederländisch Indien. — Ausland. 1856. No. 34. Roorda van Eijsinga (P. P.), Voor- lezingen over kolonisatie door Neder- W. Koner: landers, in Nederlandsch Indi&; en gedeeltelijke vergelijking van de Indi- sche Maatschap met die van Neder- derland. Haarlem (Kruseman) 1856. gr: 8. (F. 0,85). Kögel (J.), Ueber die Einwanderung in das niederländische Indien. — Ausland. 1856. No. 41. Notizen von Niederländisch Indien. — ibid. 1856. No. 30 ff. Ritter (W.L.), De Europeaan in Ne- derl. Indie. Lejden (Sijthoff) 1856. 39 Bl. gr. 8. (F. 1,80). Fraissinet (E.), Abolition de l’escla- vage dans l’Inde neerlandaise. — Nouv. Annales d. Voy. 1856. II. p. 156. Hoe’t is de Kompagnie in’t bezit harer landen op Java gekomen? — Tijdschr. v. Nederlands Indie. 1856. I. p. 39. van Goens (R.), Corte beschrijvinge van't eiland Java, derselver provin- tien, landeelinge, rijekdom en in- woonders. — Bijdragen tot de Taal-, Land- en Volkenk. v. Neerl. Indie. IV. 1856. p. 351. Landesverhuizingder Chinezen.— Tijdschr. v. Nederlands Indie. 1856. II. p. 101. Hoe’t er vroeger in de Bataviasche bo- venlanden en de Preanger regentschap- pen uitzog. — ibid. 1856. II. p. 161. De algemeene verordening omtrent het verhuren van Gouvernements-gronden. — ibid. 1856. IL. p. 181. Javasche Oudheden. Opgedragen aan Z. K. H. Prine Hendrik der Nederl. 1—3. Afl. s’Gravenhage (Mieling) 1855.1856. Fol. Perrey (A.), Excursions sur quelques volcans de Java pendant l’ete de 1854. — Now. Annal. d. Voy. 1856. IV. p- 36. Leute auf Java. Nach d. Holländ. von H. Meier. — Die Natur. 1856. No. 40 fi. Muller ($.), Over eenige oudheden van Java en Sumatra. — Bijdragen tot de Taal-, Land- en Volkenk. v. Neerl. Indie. IV. 1856. p. 98. Boachi (A.), Mededeelingen over de Chinezen op het eiland Java. — ibid. IV. 1856. p. 278. | van Goens (R.), Reijsbeschrijving van den weg uit Samarangh, nar de ko- nicklyke hoofdplaets Mataram. — ibid. IV. 1856. p. 307. Kessel (O. V.), Herinneringen aan Su- matra. — ibid. IV. 1856. p. 208. ’ Neu erschienene geographische Werke, Aufsätze, Karten und Pläne. van Doren, Beknopte beschrijving van Wahaal. — Bijdragen tot te Taal-, Land- en Volkenk. v. Neerl. Indie. IV. 1856. p. 181. Aanteekeningen, gehouden op eene reis aan de noord- en westkust van Hal- mahera. — Tijdschr. v. Nederl. Indie. 1856. IH. p. 209. Gallois, Korte aanteekeningen, gehou- den gedurende eene reis langs de oostkust van Borneo. — Bijdragen tot de Taal-, Land- en Volkenk. v. Neerl. Indie. IV. 1856. p. 221. Het gezantschap naar Bali onder den Gouverneur-Generaal Hendrik Brouwer in 1633. — ibid. N. Volg. I. 1. 1856. mn Jets over Ceram en de Alfoeren. — ibid. N. Volg. I, 1. 1856. p. 72. de Bruyn-Kops, Esquisse de Yarchi- 591 pel Rhio-Lingga. — Nouvr. Annal. d. Voy. 1856. IV. p. 160. De Moluksche eilanden. Forts. — Tijdschr. v. Nederlands Indie. 1856. I. p. 315. Kögel (J), Notizen über unterirdische Donner und ein Seebeben auf den Banda- Inseln. — Ausland. 1856. No. 39. Aanteekeningen betreffende eene reis door de Molukken van Zijne Excellentie den Gouverneur-Generaal, Mr. A. J. Duy- maer van Twist, in de maanden Sep- tember en October 1855. ’sGraven- hage (Nijhoff) 1856. VIII en 157 bl. gr. 8. (F.1,60). Recens. in der Tijd- schr. van Nederlands Indie. 1856. II. p- 254. Renseignements sur les ports de Sual, Yloilo et Zamboanga, recemment ou- verts au commerce @tranger. — Revue de l’Orient. Nouv. Ser. IV. 1856. p. 98. Afrika. Neueste Mittheilungen über Afrika. 1.Bd.: J. Richardson, Bericht über eine Sendung nach Central- Afrika in den J. 1850 u. 1851. — F. Galton, Be- richt über das tropische Süd-Afrika Leipzig (Dyk) 1856. gr. 8. ‚(21 Thlr.). Schirren (C.), Der Njandscha und die hydrographischen Merkmale Afrika’s. Riga. (Leipzig) (Fleischer) 1856. 8. ($ Thlr.). Der Suez-Canal. Isthme de Suez, journal de l’union des deux mers. No. 1.2. Paris. de Lesseps (F.), Apertura e canalizza- zione dell’ Istmo di Suez. Narrazione informativa e documenti offieiali. Tra- duzione del Prof. Ugo Calindri. Torino 1856. XXXI, 5088. 8. Mit 3 Taf. und 3 Karten (2 Thlr. 20 Sgr.). de Lesseps, L’Isthme de Suez. — Bul- let. de la Soc. de Geogr. XII. 1856. p- 14. Extraits des proces-verbaux des seances de la commission internationale du Ca- nal de Suez. Paris 1856. 8. Percement de l’Isthme de Suez. Expose et documents. 2° Ser. Paris. 8. Nouveaux documents pour servir & l’hi- stoire du percement de l’Isthme de Suez. — Nouv. Annales d. Voy. 1856. I. p. 16. della Marmora (A.), L’Istmo di Suez e la stazione telegrafico-elettrica di Cagliari. Raggionamento per far seguito alle questioni marittime. Torino 1856. 23 8. 4. M. e. Karte. (1Thlr. 10 Sgr.). Kritiker und Vertheidiger des Problems einer Canalisirung des Isthmus von Suez. — Ausland. 1856. No. 26. Die Nil-Länder. Munzinger (W.), Briefe vom Rothen Meere. — Z. f. allgem. Erdkunde. N. F. I. 1856. p. 289. Lepsius (C. R.), Denkmäler aus Aegyp- ten und Aethiopien ete. Lief. 51— 65. Berlin (Nicolai). Imp. Fol. (a 5 Thlr.) Boaz (T.), Egypt: a Popular and Fa- miliar Description of the Land, People, and Produce. With an Introductory Essay. 2d edit., with map and 50 en- gravings. London (Snow) 1856. 8. (5 S. 6. d.) Curtis (G. W.), Nil-Skizzen eines Ho- wadji; oder der Amerikaner in Aegyp- ten. A. d. Engl. von F. Spielha- gen. Hannover (Meyer) 1857. 8. (5; Thlr.) Newbold, The Gypsies in Egypt. — Journ. of the R. Asiat. Soc. of Great Britain and Ireland. XVI. 1856. v. Klöden (G. Ad.), Das Stromsystem des Oberen Nil nach den neueren Kemt- nissen mit Bezug auf die älteren Nach- richten. Mit 5 Karten. Berlin (Weid- 592 mannsche Buchhandl.) 1856. 244 Bog. er. 8. (4 Thlr.) Hansal (M.), Erste Fortsetzung der neue- sten Briefe aus Chartum in Central- Afrika. Herausg. von Fr. X. Imhof. Wien (Wallishausser) 1856. VIu. 146 Ss. 8. Reise von Kharthüm nach den Rera- und Mandera-Bergen, — Z. f. allgem. Erd- kunde. N. F. I. 1856. p. 346. Jacobs (A.), Les voyages d’exploration en Afrique. Les sources du Nil et l’Afrique equatorial. — Revue d. Deux- Mondes. 1856. Octobre. Thibauts Reise auf dem weifsen Nil. — Ausland. 1856. No. 25 ff. Suite du journal de voyage de Krapf en Abyssinie. — The Church Missio- nary intelligencer. Vol. VII. 1856. p. 162. 211. Extrait d’une lettre deM. Brun-Rollet a M. Jomard, chez les Dirfs, Bahar, Ghazal. — Bullet. de la Soc. de Geo- graphie XII. 1856. p. 5. Graf d’Escayrac de Lauture’s Expedition und das Phantom der Nil-Quelle. — Petermann’s Mittheil. II. 1856. p. 342. Burton (R.F.), First Footsteps in East Africa; or an Exploration of Harar. London (Longman) 1856. 648 8. 8. 18 S.) Das Somali-Land im östlichen Afrika und seine Bewohner. — Ausland. 1856. No. 39 £. Nord-Afrika. Algerien. Faidherbe (L.), Considerations desti- nees a servir de point de depart A ceux qui veulent etudier l’histoire de l’Afrique septentrionale, et en particu- lier de la Senegambie et du Sudan. Saint-Louis 1856. 8. Hamilton (J.), Wanderings in North Africa. London (Murray) 1856. 346 S. 8. (12 8.) French Algeria. Eine Recension von 16 Schriften über Algerien. — Quaterly Review. No. CXCVIH. 1856. p. 331. Berteuil (A.), L’Algerie frangaise. Hi- stoire. Moeurs. Coutumes. Agriculture. Industrie. 2 vols. Paris 1856. VIII, 452 u. 448 8. 8. (5 Thlr.) Daumas, Coup d’oeil sur l’Algerie, au mois de juin 1856. — Revue de l’O- rient. Now, Ser. IV. 1856. p. 69. Saint-Lager,(J.) et Robert (E.), L’Al- W. Koner: gerie, son passe, son present, son ave- nir. 1er article. — Revue de l’Orient. Nouy. Ser. III. 1856. p. 380. 491. de Baudicour (L.), La colonisation de l’Algerie, ses el&ments. Paris 1856. 8. La colonisation, journal des interets Al- giriens. Alger. 1856. Fol. (24 Fr.) de Bonnal, De la colonisation et de l’administration en Algerie. — Revue contemporaine. XXIX. 1856. p. 30. Progres algeriens. — Revue de l’Orient. Nouv. Ser. IV. 1856. p. 101. 193. The „Lion-Killer‘; or, the Life and Ad- ventures of Jules Gerard during his Ten Years’ Campaign among the Lions of Northern Africa. Condensed edition, for the Million, London (Lambert) 1856. 110 8. 12. (1S8.) Adventures of Gerard the Lion-Killer etc. Transl. from the French by Charles E. Whitehead. New York 1856. 434 S. 8. (78. 6d). Mahlmann (H.), Algerien und dessen Hauptstadt, mit besonderer Rücksicht auf die Gesundheits- und Sterblich- keits-Verhältnisse. — Beilage zur Deut- schen Klinik. 1856. No. 8. 9. Fabre (J.R.), Des richesses forestieres de l’Algerie. — Revue de l’Orient. Nouv. Ser. III. 1856. p. 499. IV. p. 178. 285. Lelorrain, Eaux minerales de l’Algerie, Hamman-Rir’a, pres Milianha, province d’Alger. — Gazetie medicale de V’Al- gerie. 1856. p. 93. 113. 128. 139. Payn, Notice sur les eaux salines d’Ham- man-Melouane pres Rovigo, precedee de considerations generales sur les eaux minerales de l’Algerie par Dr. A. Ber- therand. Alger. 1856. 36 8. 8. Biskara et son Jardin d’experimentation. — Revue de l’Orient, Nouv. Ser. IV. 1856. p. 187. Colonisation de Setif. — Ser. III. 1856. p. 530. Leclerc (L.), Les oasis de la province d’Oran. Les Oulad-Sidi-Chikh. — ibid. Nouv. Ser. IV. 1856. p. 78, Arzew (Algerie). — ibid. Nouv. Ser. II. 1856. p. 531. Carthage retrouyde. C’est & Bougie de l’Algerie qu’a existe Carthage. Paris (Correard) 1856. 8. Reise nach Tuggurt und Suf. — Ausland. 1856. No. 21 fi. Baelen, Fragments d’un voyage dans l’Oued R’ir et la Souf (Schlufs)., — ibid. Nour. a au 2 Neu erschienene geographische Werke, Aufsätze, Karten und Pläne, Gazette medicale de l’Algerie. 1856. No. 7. Reboud, Coup-d’oeil sur le Sahara de la Province d’Alger. — ibid. 1856. No. 8. Daumas, La Kabylie. — Revue con- temporaine. XXVIU. 1856. p. 775. Gräberg Di Hemsö über die Bewohner des Rif. — Z. f. allgem. Erdkunde. N. F. I. 1856. p. 190. Central-Afrika. Malte-Brun (V.A.), Resume histori- que de la grande exploration de l’Afri- que Centrale, faite de 1850 a 1855, par J. Richardson, H. Barth et A. Overweg. — Nouv. Annal. d. Voy. 1856. II. p. 257. (Auch besonders abgedruckt). Buvry (L.), Exploration de l’Afrique centrale. Voyage du Dr. Barth. 1re partie. — Revue de Orient. Nouv. Ser. III.1856. p. 353. 451. Vogel, Le pays de Gijiga et ses habi- tants. — Nouv. Annal. d. Voy. 1856. IH. p. 129. Petermann (A.), Eduard Vogel’s Reise nach Central-Afrika. 2. Abschn. Be- obachtungen über die Umgegend des Tsad-Sees und Kuka 1854. — Peter- mann’s Mittheil. II. 1856. p. 165. Daumas (E.) et Ausonne de Chan- cel, Le Grand Desert. Itineraire d’une carayane du Sahara au pays de negres, royaume de Haoussa. Paris 1856. XII u.344 8, 18. (10 Sgr.) Baikie (W.B.), Narrative of an Ex- ploring Voyage up the Rivers Kwo’ra and Bi'nue (commonly known as the Niger and Tsadda) in 1854; with Map and Appendices. London (Murray) 1856. 4648. 8. (16 S.) West-Afrika. Bibliothek älterer Reisen. Herausg. von F. Steger. 1. Bd. Mungo Park’s Rei- sen in Afrika. Leipzig (Lorck) 1856. gr. 8. (1 Thlr.) ' Valentin Ferdinands Beschreibung der Westküste Afrika’s bis zum Senegal, mit Einleitung und Anmerkungen von Fr. Kunstmann. — Abhandl. d. hist. 593 Cl. d. k. Bayer. Ak. d. Wiss. VII. 1. 1856. p. 221. Wilson (J. L.), Western Africa; its Hi- story, Condition and Prospects; with numerous engravings. New York 1856. 5268. 8. (88. 6d.) Africa's Mountain Valley; or the Church in Regent's Town, West Africa. By the Author of „Ministering Children“, London (Seeleys) 1856. 2708. 12. (3 8. 6.d.) Eine amerikanische Expedition zur Er- forschung von Afrika, — Z.f. allgem. Erdkunde. N. F. I. 1856. p. 259. Peuchgaric aine, Cöte occidentale d’Afrique. Cöte-d’Or. Moeurs, geogra- phie, commerce. — Revue de l’Orient. Nouv. Ser. IV. 1856. p. 24. 251. Faidherbe (L.), Populations noires des bassins du Senegal et du haut Niger. — Bullet. de la Soc. de Geogr. 4° Ser. XI. 1856. p. 281. La riviere de Casamance et ses edta- blissements. — Nowv. Annal. d. Voy. 1856. IV. p. 103. Schönlein (Ph.), The Cape Palmas Sett- lement of liberated Negroes.. — Pro- ceedings of the R. Geogr. Soc. 1856. IV. p. 98. Die Südhälfte Afrikas. Geschichte des Caplandes.. — Z. f. all- gem. Erdkunde. N. F.]J. 1856. p. 101. Malte-Brun (V.A.), Notice sur les decouvertes recentes des missionaires dans l’Afrique &quatoriale et sur l’ex- istancee de plusieurs grands lacs dans Vinterieur de ce continent. — Bullet. de la Soc. de Geogr. 4° Ser. XI. 1856. p- 234. Fleming (F.), Southern Africa: a Geo- graphy and Natural History of the Country, Colonies, and Inhabitants, London (Hall) 1856. 488 8. 8. (10 S. 6.d.) Cooley (W. Desborough), Joaquin Ro- driguez Graga’s Reise zu den Muata- ya-Nvo in Inner-Afrika, nebst Bemer- kungen von A. Petermann. — Pe termann’s Mittheil. II. 1856. p. 309. 318. Andersson (C. J.), Lake Ngami; or, Explanations and Discoveries during Four Years’ Wanderings in the Wilds of South - Western Africa. - 2d edit. 38 594 London (Hurst & B.) 1856, 546 8. 8. (30 8.) Trotter, Inguiries at Quilimane after Dr. Livingston. — Proceedings of the R. Geogr. Soc. 1856. N. II. p. 57. Gabriel (E.), Progress of Dr. Livingston. — ibid. p. 56. Lettre de M. Livingston. — Bullet. de la Soc. de Geogr. IVe Ser. XII. 1856. p. 155. Brieven uit en over Natal, door en Ne- derlander. Doesburgh (Becking) 1856, VIII en 37 bl. gr. 8. (F. 0,40). Sutherland, Letter from Natal. Proceedings of the R. Geogr. Soc. 1856. N. II. p. 55. Voyage de la cöte de Benguela & celle de Mozambique par les Maures portu- gais en 1854. — Now. Annal, des Voy. 1856. IV. p. 97. Journey of Moors from Benguela to Mo- zambique. — ibid. p. 75. Bleek, Forschungen in Natal. 18. Au- W. Koner: gust 1855 bis 18. Mai 1856. — Pe- termann’s Mittheil. IT, 1856. p. 362. Die Afrikanischen Inseln. Extrait d’une lettre de M. S. Berthelot. (Sur la Caldera de Bandama & Tene- riffe.) — Bullet. de la Soc. de Geogr. IV® Ser. XII. 1856. p. 169. Gray (Bishop of Captown), Three Months’ Visitation, in the Autumn of 1855; with an Account of his Voyage to the Island of Tristan D’Acunha, in March 1856. London (Bell) 1856. 156 8. 12. (48. 6d.) Dramard (E.), Madagascar. Geographie, population, commerce. — Revue de V’Orient. Nouv. Ser. III. 1856. p. 513. IV. p. 194. L’Epiornis de Madagascar. Les Hovas. — Nouv. Annales d. Voy. 1856. II. p- 118. Vergl. Ausland. 1856. No. 43. Amerika. Rapp (W.), Illustrirte Geographie von Nord- und Süd-Amerika. Nach den neuesten und besten Quellen bearbei- tet. Philadelphia (Weik) 1856. VII u. 390 8. gr. 12. (14 Thlr.) Ausdehnung der Trans-Atlantischen Dampf- schifffahrt. (Nach dem Nautical Maga- zine.) — Petermann’s Mittheil. II. 1856 p. 296. Die Nordpolarländer. (Brandes), Nordpolfahrer und Nordpol- fahrten. — Weber’s Volkskalender f. 1857. p. 137. Selmer, Sir John Franklin. — Dansk Maanedsskrift red. af Steenstrup. 1. 1855. de la Roquette, L’Amiral Sir John Franklin, sa vie, ses decouvertes et sa mort. Paris (A. Bertrand) 1856. 4. Brandes (C.), Sir John Franklin. Ne- crologische Umrisse nach Richard- son. — Minerva. 1856. 259. Bd. p. 269. Les survivants probables de l’expedition de Franklin. — Now. Anmal. d. Voy. 1854. IV. p. 93. | Miertsching (J. A.), Reise-Tagebuch (des Verf.), welcher als Dolmetscher die Nordpol-Expedition zur Aufsuchung Sir John Franklins auf dem Schiffe Investigator begleitete. In den Jahren 1850--54. 2. Aufl. Gnadau 1856. gr. 8. (4 Thlr.) M’Clure, The Discovery of the North- West Passage by H. M. Ship Investiga- tor. Edited by Commander Sherard Osborn, from the Logs and Journals of Captain R. Le M. M’Clure. Ilustra- ted by Commander $. Gumey Cress- well. London (Longman) 1856. 414 S. 8. (15 8.) Osborn (Sherard), Notes on the late Arctic Expeditions. — Proceedings of the R. Geogr. Soc. 1856. IV. p. 104. Dr. Kane’s Nordpolar - Expedition. — Petermann’s Mittheil. II. 1856. p. 382. Aus dem Tagebuche von Dr. Kane. — Z.f. allgemeine Erdkunde. N.F.1I. 1856. p. 175. Kane, Ueber den Humboldt - Gletscher. — ibid. N. F. I. 1856. p. 459. Rink (H.), Der Mineralreichthum Grön- lands. A. d. Dänisch. von A. v. Etzel. — ibid. N. F. 1. 1856. p. 324. v. Etzel (A.), Erwerbs- und Nahrungs- Neu erschienene geographische Werke, Aufsätze, Karten und Pläne. zweige Nordgrönlands. Forts, — Die Welt. 1856. No, 24 ff Neumann, Die Hudsonsbucht - Gesell- schaft und ihre vertragsmälsige Stel- lung zu Rufsland und Nordamerika. — Ausland. 1856. No. 33. The islands of Vancouver. — The Church Missionary intelligencer. Vol. VII. 1856. p- 166. Canada. Traill, The Canadian Settler’s Guide. öth edit. Toronto 1856. 250 8. 12. (5. $.) Drew (B.), The Refugee; or, the Nar- ratives of Fugitive Slaves in Canada, related by them selves: with an Ae- eount of the History and Condition of the Coloured Population of Upper Canada. Boston 1856. 388 8. 8. (7 8.) Die Vereinigten Staaten von Nord-Amerika. Bache (A. D.), On the Tides of the Atlantie and Pacific Coasts of the Uni- ted States, the Gulf Stream, and the Earthquake Wawes of December 1854. (From the American Journal of Science, Vol. 21. 1856.) New Haven 1856. 7 Bl. 44,8..8: (28. 6d) Playfair (R.), Recollections of a Visit to the United States and British Pro- vinces of North America in the Years 1847, 1848 and 1849. Edinburgh (Hamilton) 1856. 266 8. 8. (5 8.) Shaw (J.); A Ramble through the Uni- ted States, Canada and the West In- dies. London (Hope) 1856. 370 8. 8. (128. 64.) Chase (H.) and Sanborn (Ch. W.), The North and the South: a Statistical View of the Condition of the Free and Slave States. Compiled from Official Documents. Boston 1856. 134 8. 8. (4 8.) Ferguson (W.), America by River and ‚Rail. London (Nisbet) 1856. 8. (148.) Handelmann (H.), Geschichte der ame- > zikanischen Kolonisation und Unabhän- gigkeit. 1. Bd.: Die Staaten der wei- fsen und schwarzen Race. Lief. 1. 2. Kiel 1856. 8. 8. 995 Ferris (J.), The States and Territories of the Great West; including their Geo- graphy, History ete., and giving a Ta- ble of Distances; with a Map and nu- merous Illustrations, New York 1856. 364 8. 12. (78. 6d.) Bromwell (W.J.), History of Immi- gration to the United States; exhibiting the Number, Sex, Age, Occupation, and Country of Birth, of Passengers arriving in the United States by Sea from Foreign Countries, from Septem- ber 30, 1819, to December 31, 1855: compiled entirely from Official Data; with an Introductory Review. of the Progress and Extent of Immigration to the United States prior to 1819 etc. New York 1856. 2268. 8. (9 S.) Ziegler (A.), Der Geleitsmann. Kate- chismus für Auswanderer nach den Vereinigten Staaten von Nord - Ame- rika, nach Mittel- und Süd Amerika und Australien. Mit besonderer Rück- sicht auf die Ansiedelungen in Ungarn, den unteren Donaufürstenthümern, Al- gerien und dem Cap der guten Hofi- nung. Leipzig (Weber) 1856. XIIu. 235 8. 8. (4 Thlr.) Freie Arbeit und Sklavenarbeit in den Colonien. — Z. f. allgem. Erdkunde. N. F, 1.1856. p. 192. Zur Sklavenfrage in den Vereinigten Staa- ten. — Atlantische Studien. VIIL. 1856. Heft 1. 2. Equitable Villages in Amerika. — Journ. of the Statist. Society. XIX. 2. 1856. p. 127. Homans (B.), United States Railroad Directory for 1856. New York 1856. 8. (68. 6.d.) American Railway Guide for United Sta- tes. 1856. (Für jeden Monat). 16. (1 8. 6.d.) Gumprecht (P.E.), Der Weinbau in den Vereinigten Staaten von: Nord- Amerika. — Petermann’s Mittheil. U. 1856. p. 222. Berthaud (M.), L’industrie vinicole aux Etats-Unies — Revue contemporaine. XXVI. 1856, p. 858. Baumwollen-Produetion in den Vereinig- ten Staaten von Nord-Amerika. (A. d. Journ. d. Economistes.) — 2. fı «all, gem. Erdkunde. N. F. 1. 1856. p. 254. Die amerikanische Dampfschifffahrts-Ver- bindung und deren ‚bedeutende Vor- 38* 596 theile für Oesterreich. — hof. 1856. No. 6. Spaziergänge in Newyork. — Morgendl. 1856. No. 26 ff. Pelz (E.), Die östliche Hafenpartie von New York. Federzeichnung. — Aus- land. 1856. No. 25 ft. Ein Ausflug nach Neufundland. — We- stermann’s illustr. deutsche Monatsschr. I. 1856. p. 45. Greytown im J. 1855. — Ausland. 1856. No. 24. Löher (Fr.), Zustände und Zukunft der Indianer in Nordamerika. — ibid. 1856, No. 21. Der gegenwärtige Zustand der Indianer in Amerika. — ibid. 1856. No. 34. de Smet, Les quatre tribus Pieds-Noirs: Gros-Ventres, Peganes, Gens du Bang et Pieds-Noirs direets. — Collect. de precis hist. par E. Terwecoren. 1856. 15 octobre. Bonner (T.D.), The Life and Adven- tures of J. P. Beckwurth, Mountaineer, Scout, and Pioneer, and Chief of the Crow Nations of Indians. With illu- strations. Written from bis own dicta- tion. New York 1856. 537 8. 8. (8 8. 6.d.) Schoolcraft (H. R.), The Myth of Hia- watha, and other Oral Legends, My- thology and Allegoric, of the North American Indians. Philadelphia 1856. 341 8. 8. (6 8.) Lapham (L. A.), The Antiquities of Wisconsin, as surveyed and described. Washington 1856. 4. (25 S.) Reiseberichte aus Virginien. — Ausland. 1856. No. 26. Domenoch (C.), Erinnerungen aus Ame- rika, insbesondere Texas. Marburg (El- wert) 1856. 12. (8 Sgr.) Webber (C. W.), Old Hicks the Guide; or, Adventures in the Camanche Coun- try in search of a Gold-Mine. London (Clarke) 1856. 314 8. 12. (18. 6d.) Iowa as it is in 1856: a Gazetteer for Citizens, and a Handbook for Immi- grants, embracing a full Description of the State of Iowa. By N. Howe Par- ker. Chicago 1856. 264 8. 8. (78. 6. d.) Robinson (8. T.L.), Kansas: its Inte- rior and Exterior Life, including a Full View of its Settlements, Political Hi- story, Social Life, Climate, Soil ete. Boston 1856. 866 8, 8, (6 8. 6d.) Der Bahn- W. Koner: Six Months in the Kanzas. By a Lady. Boston 1856. 232 S. 8. (3 8.) Clergyman (A.), Three Years on the Kansas Border. New York & Auburn (Miller, Orton & Mulligan) 1856. 240 Sb Das Territorium Kansas. — Z. fi all- gem. Erdkunde. N. F. 1. 1856. p. 350. Malte-Brun (V.A.), Le Kanzas, ter- ritoire nouvellement annex@ aux Etats- Unis. — Now. Annal. d. Voy. 1856. Tv. p- 129, Western Border Life; or, What Fanny Hunter Saw and Heard in Kanzas and Missouri. New York 1856. 408 8. 8. (6 S. 6. d.) Nachricht über den gegenwärtigen Zustand des Mormonen-Gebietes. — Z. f. all- gem. Erdkunde. N. F. 1.1856. p. 463. Fremont (J. C.), Narrative of the Ex: ploring Expedition to the Rocky Moun- tains in the Year 1842, and to Oregon and North Califomia in the Years 184344. With a map. New York 1856. 186 8. 8. (38. 6d.) Bigelow (J.), The Life and Publie Ser- vices of John Charles Fremont; in- cluding an Account of his Explora- tions, Discoveries, and Adventures on Five Successive Expeditions across the North American Continent etc. New York 1856. 480 8. 8. (68. 6.d.) Carvalho (8. N.), Incidents of Travel and Adventure in the Far West; with Col. Fremont’s last Expedition across the Rocky Mountains; including three Months’ Residence in Utah, and a Pe- rilous Trip across the Great American Desert to the Pacific. New York 1856. 3808. 8. (6 S.) Andree (K.), Geschichte und geographi- sche Notizen über Californien. — Z. f. allgem. Erdkunde. N. F. I. 1856. p. 139. 244. Soule, Gihon and Nisbet, The An- nals of San Franeisco. New York 1855, besprochen in der Zeitschr. f. allgem. Erdkunde. N. F. I. 1856. p. 112. Abrahamsohns (A.), Interessante Be- richte über die Reisen nach Amerika und besonders zu den Goldminen Ca- liforniens und Australiens. Nach münd- lichen Erzählungen dargestellt von F. Mihm. Ilmenau (Otto, Erfurt) 1856. 8. (4 Thlr.) Farnham (E. W.), California, In-doors and Out; or How we Farm, Mine, and Neu erschienene geographische Werke, Aufsätze, Karten und Pläne. Live generally in the Golden State. New York 1856. 5088. 12. (68. 6.d.) Erinnerungen aus San Franeisco. — Eu- ropa. 1856. No. 30 fl. Pajeken (C.), Califormische Zustände, — Bremer Sonntagsbl. 1856. No. 28. Die Humboldt-Bai in Californien. — Z. Ff. allgem. Erdkunde. N. F. I. 1856. p- 256. Central-Amerika. Pieschel (C.), Die Vulkane in Mexico. 5. Artikel. — Z. f. allgem. Erdkunde. VI. 1856. p. 489. Die Schwefelgruben am Popocatepetl. — ibid. N. F. I. 1856. p. 357. Besteigung des WVulkans Popocatepetl durch die Herrn Truqui und Cra- veri im September 1855. — Peter- mann’s Mittheil. II. 1856. p. 358. Godet (J. A.), Notes sur le golfe du Mexique et les mouillages compris en- tre Tampico et la Vera- Cruz. Bor- deaux 1856. 46 S. 8. M. 8 Plänen. Berghaus (H.), Bemerkungen zu der Karte von Central-Amerika. — Peter- mann’s Mittheil. TI. 1856. p. 270. Samwer, Die Gebiets-Verhältnisse Cen- tral-Amerika’s. — ibid. I. 1856. p. 257. Skizzen aus Central-Amerika. — Augs- burg. allgem. Zeit. 1856. Beil. No. 139 —45. Aus dem Wanderbuch eines Naturfor- schers in Nicaragua. — Ausland. 1856. No. 24 ff. Squir (E. G.), Les Indiens Guatusos du Nicaragua. — Nouv. Annales d. Voy. 1856. IH. p. 5. Die Gefahren der sogenannten Nicaragua- Route. — Z. f. allgem. Erdkunde. N. F, 1856. p. 177. Heine (W.), Wanderbilder aus Central- Amerika. 2. Aufl. Leipzig (Costenoble) 1857. 8. (14 Thlr.) Squir (E. G.), Waikna: Adventures on the Mosquito Shore. New edit. Lon- don (Low) 1856. 182 8. 12. (18.) Bard (S. A.), Adventures on the Mos- quito Shore. London (Blackwood) 1856. 310 8. 12. (5 8.) —, — — Cheap unabridged Edit. Lon- don (Low) 1856. (1 8.) v. Reden, Das Mosquito - Gebiet, die Bai-Inseln und die Insel Tigre; Kriegs- Mexico. 597 fragen zwischen England und den Ver- einigten Staaten von Nord-Amerika. — Petermann’s Mittheil. II. 1856. p. 250. Scherzer (K.), Bericht über eine wissen- schaftliche Reise nach Amerika in den Jahren 1852 bis 1855. — ibid. II. 1856. p. 241. Auch einzeln erschienen. Wien 1856. 8. —, Mittheilungen über die handschriftli- chen Werke des Padre Francisco Xime- nez in der Universitäts-Bibliothek zu Guatemala. Wien 1856. 8. —, Die Indianer von Santa Catalina Ist- lävacan (Frauenfufs). Ein Beitrag zur Culturgeschichte der Urbewohner Cen- tral-Amerika’s. Wien 1856. 8. Wagner (M.), Ein Besuch bei dem Vul- can Isalco in Central- Amerika. — Westermann’s illustr. deutsche Monats- schr. I. 1856. p. 65. Scherzer (K.), Eine Besteigung des Feuerberges Irazu im Staat Costa-Rica. — Ausland. 1856. No. 27. Gumprecht, Die Blutquelle in Central- Amerika, — Petermann’s Mittheil. TI. 1856. p. 231. West-Indien. Beecher (A. B.), The Landfall of Co- lumbus on his First Voyage to Ame- rica; with a Translation of the Baron Bonnefoux’s History of his previous Life: also a Chart showing his Track from the Landfall of Cuba, and Out- line of subsequent Voyages. London (Potter) 1856. 366 S. 8. (10 S. 6d.) Lynch (T. T.), The Wonders of the West Indies. London (Seeleys) 1856. 3128. 12. (5 8.) Almanak voor de Nederl. West-Indische bezittingen, en de kust van Guinea, voor het jaar 1856. Ditgeg. op last van Z. Exc. den Minister van Kolo- nien. s’ Grafenhage (van Cleef) 1856. VIII, 503 bl. gr. 8. (F. 2,50). Die Sklavenverhältnisse auf den dänisch- westindischen Inseln. — Europa. 1856. No. 38. Süd-Amerika. Neumann, Die südamerikanischen Staa- ten seit ihrer Befreiung. Forts. — Aus- land. 1856. No. 20. 27. 41 f. 598 Neu-Granada. (Die Verbindungs- stralse der beiden Oceane.) Gisborne (L.), Survey of the Isthmus of Darien, between the Gulf of San Miguel and Caledonia Bay. — Pro- ceedings of the R. Geogr. Soc. 1856. No. IV. p. 88. Gumprecht (T. E.), Die Verbindungs- wege durch den mittelamerikanischen Isthmus. — Z. f. allgem. Erdkunde. N. F. VI. 1856. p. 533. Die Verbindungsstrafse vom atlantischen Ocean zum stillen Meer. — Ausland. 1856. No. 30. Kelley, On the Comnection between the Atlantic and Pacific Oceans, viä the Atrato and Truando Rivers. — Pro- ceedings of the R. Geogr. Soc. 1856. N. III. p. 63. Illingworth, Remarks on the Isthmus of Cupiea. — ibid. No.IV. p. 86. de Mosquera (T.C.), Schets van de natuur-en staatkundige aardrijksbeschrij- ving van Nieuw Grenade. Uit het Eng. vert. onder toezigt van A. Goldberg met 1 kaart. Amsterdam (Zweesaardt & Zoon) 1856. gr. 8. (F. 1,50). Ueber die Indianer der Provinz Choco in Neu-Granada. — Z. f. allgem. Erd- kunde. N. F. I. 1856. p. 257. Der Handel von Guayaquil. — ibid. N. F. I. 1856. p. 465. Handelsbewegung auf dem Orinoco, be- sonders in Ciudad Bolivar (früher An- gostura). (Aus dem Bremer Handels- blatte.) — Petermann’s Mittheil. II. 1856. p. 196. Chile. Rosales (V. P.), Das Chile-Bolivia-Pe- ruanische Grenzgebiet nach amtlichen Quellen. — FPetermann’s Mittheil. 11. 1856. p. 389: Gilliss, The U. $. Naval Astronomical Expedition to the Southern Hemisphere ete. Besprochen in der Zeitschr. für allgem. Erdkunde. N. F. 1. 1856. p. 115. Der Titicaca-See. — Z. f. allgem. Erd- kunde. N. F. I. 1856. p. 258. Rosales, Ueber die Wüste Atacama. — Petermann’s Mittheil. U. 1856. p. 390. Pafs über die Cordillera am See Naguel- W. Koner: huapir — Z. f. allgem. Erdkunde. N. F. I. 1856. p. 179. Die La-Plata-Staaten. Hausbibliothek für Länder- und Völker- kunde. Herausg. von K, Andree. 10. Bd. Leipzig (Expedit. der Hausbibl. Lorck) 1856. gr. 8. (1 Thlr.) Inhalt: Andree, Buenos Ayres und die ar- gentinischen Provinzen. Mannequin (Th.), Les provinces ar- gentines et Buenos-Ayres, depuis leur independance jusqu’a nos jours. Eitude historique et economique au point de Vetat actuel des chöses dans ses con- trees. Paris (Guillaumin) 1856. 8. Mansfield (C.B.), Paraguay, Brazil, andthe Plate: Letters written in 1852 — 53. With a Sketch of Authors Life by the Rev. Ch. Kingsley. Cambridge (Bell) 1856. 504 8. 8. (12 8. 6. d.) Neumann (K.), Die Provinz Catamarca in der argentinischen Conföderation. —- Z. f. allgem. Erdkunde. N. F.I. 1856. p- 56. 155. Erforschung des Rio-Salado. Nach einem Bericht des Amadeo Jaques. — Petermann’s Mittheil. II. 1856. p. 229. Die ‚Beschifung des Rio-Salado in. der argentinischen Conföderation. — Z. f. allgem. Erdkunde. N. F. I. 1856. p. 186. Brasilien. Kletke (H.), Reise, des Prinzen Adal- bert von Preufsen nach Brasilien im J. 1842. 1.—4. Lief. Berlin (Hassel- berg) 1856. 8. (# Thlr.) Stewart (C.$.), Brazil and La Plata: the Personal Record of a Cruise, New York 1856. 42358. 8. (7 8.) Die Colonisation und Sklaverei. in Brasi- lien. — Augsburg. Allgem. Zeit. 1856, Beil. ‚No, 153 —59. Reinhardt, Om de Guldminer i det In- dre af Brasilien. — Dansk Maaneds- skrift red. af Steenstrup. 1. 1855. p. 391. vergl. Ausland. 1856. No. 24. Martin (H. M.), La vallde, de l’Ama- zone ‚et ses recents explorations. — Revue contemporaine. XXVIH. 1856. 33. 308. Carrey (E.), L’Amazone, huit jours sous "&quateur. Paris (M. Levy) 1856. 13. Saal ei ELLE GE DEE WERE WE Neu erschienene geographische Werke, Aufsätze, Karten und Pläne. Guyana. de Saint-Amant, La Guyane Fran- 599 gaise. — Bullet. de la Soc. de Geogr. 4° Ser. XT. 1856. p. 246. Vergl. unter West-Indien: den Almanak voor Nederl. West-Indische bezittingen. gaise, ses mines d’or et ses autres ri- | Winkels (W. E. H.), Slavemij en eman- chesses, Paris 1856. 1828. 8. (1 Thlr.) Reeens. in d. Nouv. Annales. d. Voy. 1856. II. p. 563. Lejean, L’interieur de la Guyane fran- eipatie. Eene beschouwing van den toestand der slavernij in Suriname. Utrecht (Andriessen) 1856. IV en 116 bl. gr. 8. (F. 1,20). Australien. Brahe (H.), Skizzen aus der Südsee. — Bremer Sonntagsbl. 1856. No. 40. Waugh and Cox’s Australian Almanak for the Year 1856. Sydney 1856. 280 S.. 12. (5 S.) Büchele (C.), Australien in der Gegen- wart nach seiner historischen Entwicke- lung und Beschaffenheit, seinen Ein- wohnern und Produceten, seinen socia- len, commereiellen und statistischen Verhältnissen geschildert. Stuttgart (Hallberg) 1856. IV u. 444 8. gr. 8. (1 Thlr. 12 Sgr.) Zuchold (E.), Leychardts Biographie. — Zeitschr. f. d. gesammten Natur- wiss. 1856. Jan. — März. Lander (H.), Sur la nature probable de Yinterieur de l’Australie. — Nouv. Annal. d. Voy. 1856. IV. p. 100. Mundy (6. C.), Wanderungen in Au- ‚stralien und Vandiemensland. Deutsch bearbeitet von F. Gerstäcker ( Hausbi- bliothek für Länder- und Völkerkunde. Bd. XI.) Leipzig 1856. gr. 8. (1 Thlr.) The Draper in Australia; being a Narra- tive of Three Years Adventures and Experience at the Gold-Fields, in the Bush, and in the Chief Cities in Vie- toria and New South Wales; with In- formation and Advice adapted for the Intending Emigrant and others. Lon- don (Freeman) 1856. 3008. 12. (2 S. 6.d.) Petermann (A.), Geographie et sta- tistique de la Colonie de Victoria. Trad. de Yallemand. — Now. Annal. d. Voy. 1856. IV. p. 147. How to Farm and Settle in Australia: Rural Calendar and Traveller’s Map of the Squatting Stations, Townships, and Diggin’s of Victoria ete. By an Old Colonist. London (Ward & L.) 1856. 708. 12. (5 8.) Die australischen Inselgruppen. Islands of the Pacific. — Putnam’s Monthly. August 1856. No. 6. Stoney (H.B.), A Residence in Tas- mania; with a Descriptive Tour through the Island from Macquarie Harbour to Cireular Head. London (Smith &E.) 1856. 3108. 8. (14 8.) Tucker (Miss), The Southern Cross and Southern Crown; or, the Gospel in New Zeeland. 3d edit. London (Nis- ‚ bet) 1856. 263 8. 12. (38. 6d.) Eglise naissante de la Nouvelle-Zelande. Tentative de voyage & Matata, & Ta- rawera, au Lac Taupo etc. Voyage en canot sur le Taupo; arivde & Pukawa. — The Church Missionary intelligencer. Vol. VII. Juli 1856. p. 145. Ika-na-Mawi. Sagen und Gewohnheiten der Neuseeländer. — Ausland. 1856. No. 30. Ein Blick auf die häuslichen und politi- schen Zustände der Schifferinseln. — ibid. 1856. No. 43. de Labarthe (Ch.), Notice sur Nouka- Hiva dans ses rapports avec les autres iles de l’Oc&anie, 2° article. — Rerue de l’Orient. Now. Ser. III. 1856. p. 408. IV. p. 86. Mathieu, Cruaute des naturels des iles Viti ou Fidj. — Nowv. Annal. d. Voy. 1856. IV. p. 104. de Coux, Sept ans en Ocdanie: Excur- sion dans quelques-unes des iles evan- gelisees. Samoa. — Revue contempo- raine. XXVI. 1856. p. 425. 601. 806. Sandilands, Analysis of List of Pit- 600 cairn Islanders landed in Tahiti 23rd March 1831. — Proceed. of the R. Geogr. Soc. 1856. No. III. p. 77. Die Pitcairn - Inseln und ihre Bewohner. — Petermann’s Mittheil. II. 1856. p. 386. Hill (S. S.), Travels in the Sandwich and Society Islands. London (Chap- man & H.) 1856. 4288. 8. (108. 6 d.) Perrey (A.), Eruption du Mauna Loa aux iles Sandwich. (Trad. de Y’angl.) — Nouv. Annales d. Voy. 1856. II. p- 199. W. Koner: Coan (T.), On the Eruption at Hawaii. — American Journal of Science and Arts. I. Ser. 1856. Vol. XII. p. 240. Honolulu, capitale des iles Sandwich et ses environs. Extrait des notes de voyage du Suedois Andersson. — Nour. Annal. d. Voy. 1856. IV. p. 15. Gill (W.), Gems from the Coral Islands; or, Ineidents of Contrast between Sa- vage and Christian Life of the South Sea Islanders, Vol. 2. Eastern Poly- nesia. London (Ward) 1856. 8. (5 8.) Die Inseln der Treue. — Z. f. allgem. Erdkunde. N. F. I. 1856. p. 108. Atlanten, Karten und Pläne. Ernuszt (E.), Mnemo-Plasto-Graphik. Vorläufige Andeutungen über ein neues methodologisches System zur Reform der Lehrbücher aller Wissenschaften und Künste, sowie auch der gesamm- ten Cartographie ete. Wien (Prandel u. Meyer in Comm.) 1856. 48 8. 8. (20 Sgr.) Negri (G.), Metodo pratico per riscon- trare l’esattezza dei rilievi geodetici nella formazione delle mappe territoriale eseguiti coll’ uso della tavoletta preto- riana. Milano 1856. 7 8. 8. Jomard, Les Monuments de la Geo- graphie, ou Recueil d’anciennes Cartes europeennes et orientales ete. 1re part. 6° livr. Paris 1856. (8 Thlr. 10 Sgr.; color. 16 Thlr. 20 Sgr.) Karten zur Geographie der alten Welt und des Mittelalters. Kiepert (H.), Historisch-geographischer Atlas der alten Welt zum Schulgebrauch. 11. Aufl. Weimar (Landes-Industrie- Comptoir) 1857. qu. Fol. (1! Thlr.) Garbs (F. A.), Geographische Wandkarte zum Gebrauch beim Bibellesen. 7 Bl. 2. Ausg. Hannover (Ehlermann) 1856. Imp. Fol. (1 Thlr.) Ohmann (C.L.), Schul-Wandkarte zur biblischen Geschichte. 9 Bl. (Berlin) Leipzig (Rein) 1856. Imp. Fol. (1% Thlr.) van Senden (G. H.), Bijbel - atlas. Nieuwe verb, uitgave door P. J. Veth. 1° afl, Kaart 1—4. Tekst bl. 1— 16. | Amsterdam (Brinkman) 1856. qu. 4. (F. 1,60.) Ritter (C.) u. Kohl (J. G.), Eine Welt- karte mit der Jahreszahl 1489. — Z. f. allg. Erdkunde. N.F. I. 1856. p. 444. Atlanten über alle Theile der Erde. Baur (C. F.), Atlas für Handel und In- dustrie. 1. Lief. Mannheim (Basser- mann) 1856. gr. Fol. (28 Sgr.) Bretschneider (C. A.), Historisch-geo- graphischer Wand-Atlas nach K. v. Spru- ner. 2. Lief. mit Begleitwort. Gotha (Perthes) 1856. gr. Fol. (In Mappe 91 Thlr.; auf Leinw. 15 Thlr.) Holle (L.), Grofse Wandkarte der Plani- globen in 6 Bl. Wolfenbüttel (Holle) 1856. Imp. Fol. (1 Thlr.; auf Leinw. 21 Thlr.) Kiepert (H.), Neuer Hand-Atlas über alle Theile der Erde. 3. u. 4.Lief. No. 2 u. 3. Oestlicher u. westlicher Planiglob. No. 22. Dänemark und Süd-Schweden. No. 24. Europäisches Rufsland. No. 23. Scandinavien. No. 29. Vorder-Indien. No. 30. Ost-Asien. No. 34. Die Nil- länder. Berlin (D. Reimer) 1856. qu. Imp. Fol. (& 1 Thlr. 18 Sgr.) — , Erdkarte in Mercators Projection. In 8 Blättern bearbeitet. Berlin (D. Rei- mer) 1856. (4 Thlr.; auf Leinw. und mit Rollen 8 Thlr.) —, Compendiöser allgemeiner Atlas der Erde und des Himmels. 12. Aufl. Wei- Neu erschienene geographische Werke, Aufsätze, Karten und Pläne. = mar (Landes-Industrie-Comptoir) 1857. qu. Fol. (13 Thlr.) König (Th.), Historisch - geographischer Hand-Atlas. 5. Aufl. 1. Abtheil. Alte Geschichte. Wolfenbüttel (Holle) 1856. qu. Fol. (12} Sgr.) —, — — — 5. Aufl. 2. Abthl. Mittlere und neuere Geschichte. Ebend. qu. Fol. (3 Thir.) Pütz (W.), Historisch - geographischer Schul-Atlas. 1. Abthl. Die alte Welt. Regensburg (Manz) 1856. qu. Fol. (183 Sgr.) Schuberth (J.), Neuester Hand-Atlas der alten und neuen Geographie über alle Theile der Erde in 60 Karten. 2. Aufl. Hamburg (Schuberth u. Co.) 1856. Fol. (74 Thlr.) Stölsner (C.), Elemente der Geographie in Karten und Text methodisch darge- stellt. 1.— 3. Cursus. Annaberg (Ru- dolph u. Dieterici) 1856. qu. 4. u. qu. gr. 4. (2 Thlr. 7 Sgr.) v.Sydow (E.), Schul-Atlas in fünfund- vierzig Karten. Nach der 8. deutschen Auflage in schwedischer Sprache. 1ste Lief. von 36 Karten. Gotha (Perthes) 1856. (24 Thlr.) v.Sydow (E.), Schul-Atlas von sechs- undvierzig Karten. Nach der 8. deut- schen Auflage in russischer Sprache. 1. Lief. von 35 Karten. Gotha (Per- thes) 1856. (24 Thlr.) v. Wedell (R.), Historisch -geographi- scher Hand-Atlas. 2. Aufl. 2.—7. Lief. Glogau (Flemming) 1856. qu. gr. Fol. (& 12 Sgr.) Handatlas der Erde und des Himmels in 70 Liefgn. Neu red. Ausg. Lief. 1. 2. Weimar (Landes-Industrie-Comptoir ) 1856. qu. Imp. Fol. (& z Thlr.) Colton’s Atlas of the World. Illustrating Physical and Political Geography. Ac- ‚companied by Descriptions Geographi- cal, Statistical and Historical by R. Swainson Fisher. Vol. II. Europe, Asia, Africa, Oceanica. New York 1856. 38 Karten Fol., mit je 1— 2 Seiten Text. (20 Thlr.) Johnston (A. K.), The Physical Atlas of Natural Phenomena. Consisting of 35 large and 7 small Plates printed in Colours. New and enlarged edition. Edinburgh 1856. 155 S. Imp. Fol. (L. 12. 12 S.) 601 M'Leod (W.), A Class-Atlas of Physical Geography; comprising 20 Maps and 10 Sections and Diagrams, with Notes on the Maps. London (Longman) 1856. 18. (28. 6d.). Nelson’s School - Atlas. By W. and A. K. Johnston. Constructed to accom- pany Anderson’s Geography. A Series of 16 Maps coloured. London 1856. 8. (5 S.) Philip’s Family Atlas of Physical and General Geography: accompanied by Illustrative Letterpress, describing the Climate, Soil, Resources and Chief Na- tural Production of each County; with copious Consulting Index. Published Monthly. Part 1. London (Philip) 1856. Fol. (1 8.) The Harrow Atlas of Modern Geography with Index. Selected from the Maps published under the Superintendence of the Society for the Diffusion of Useful Knowledge. London (Stanford) 1856. 8. (12 8.6.d.) Brugsma (B.), Atlas der geheele aarde. Voor school en huis. Naar de laatste ontdekkingen en staatkundige verande- ringen bewerkt. 2e druk. In 24 kaar- ten. Groningen (Scholtens) 1856. (F. 2,80; in linnen band F. 3,70.) Kuiper (J.), Oorspronkelijke atlas der wereld met tekst. Afl. 1-15. Amster- dam (Stemler). Fol. (Compl. in 28 afl.) Landkaartjes voor schoolgebruik, enz. No. 55 en 56: Africa en Europeesch Rusland, Polen en Finland. Amster- dam (Brinkman) 1856. kl.4. (AF. 0,05.) Szaböky (A.), Földrajzi k&zi atlas. (Geo- graphischer Handatlas. Für Schul- und Privatgebrauch). Pesth (Geibel) 1855. ' Karten von Europa. Lang (H.), Karte von Europa; mit An- hang. Nürnberg (Beyerlein) 1856. Imp. Fol. In engl. 8-Cart. (16 Sgr.) Dufour (A. H.), Carte de l’Europe di- visede par bassins. Paris (Barba) 1856. Kaiser (J. F.), Generalkarte der deut- schen Staaten, von Belgien, den Nie- derlanden und der Schweiz in 4 Bl. Leipzig (Hässel) 1856. 4 Bl. gr. Fol. (Auf Leinw. und in Futteral. 6 Thlr.) Glimmerveen (A.), Spoorwegkaart van geheel Europa. Amsterdam (Gilbers ) 1856. 1 bl. (F. 1,20.) Cartier, Carte generale des chemins de 602 fer europdens, gravde par Th. Gobert et Kollmann. Vanves. Schuman (Ed.), Carte de la telegraphie @lectrique de l’Europe centrale. 2° edit. Bruxelles 1856. 1 Bl. qu. Fol. Karte von Central - Europa. (Payne). Roy. Fol. (5 Sgr.) Hendschel (U.), Neueste Eisenbahn- Karte von Central-Europa etc. Neue Aufl. Frankfurt a. M. (Jügel) 1856. Imp. Fol. (1 Tblr. Auf Leinw. 14 Thlr.) Diez (F. M.), Post- und Eisenbahnkarte von Deutschland und den anliegenden Ländern, entw. u. gez. von J. C. Baer. Gotha (Perthes) 1856. Roy. Fol. (Auf Leinw. u. in 16-Carton 14 Thlr.) v. Stülpnagel (F.) u. Bär, Deutsch- land, Königr. der Niederlande, Königr. Belgien u. die Schweiz ete. Zum Reise- gebrauch eingerichtet etc. Gotha (Per- thes). gr. Fol. (24 Thlr.; auf Leinw. u. in gr. 8-Carton. 3 Thlr.) Leipzig Karten von Deutschland. Handtke (F.), Wandkarte von Deutsch- land. Neue Ausg. Glogau (Flemming). 9 Blätter gr. Fol. (3 Thlr.; auf Leinw. 1 Thlr. 3} Sgr.) Kunsch (H.), Post-, Reise- und Eisen- bahn-Karte v. Deutschland, der Schweiz, den Niederlanden, Belgien etc. Nach Handtke’s grofser Post- und Reisekarte redueirt. Neue Ausgabe. Glogau (Flem- ming) 1856. gr. Fol. (In 8-Carton (3 Thlr.) Lang (H.), Wandkarte von Deutschland für Schulen. 3. Aufl. 6 Bl. Nürnberg (Beyerlein) 1856. Imp. Fol. (1 Thlr.) Repertoire de Cartes, publie par l'institut royal des Ingenieurs Neerlandais. 4° — 6° livr. La Haye (Langenhuysen et Nij- hoff) 1856. (Karten von Frankreich enthaltend.) — — — 2° edit. Ebds. 154 S. Lex. 8. (Vergl. Oesterreich. Bl. f. Lit. u. Kunst. 1856. p. 226.) Topographische Karte vom Preufsischen Staate; östlicher Theil. Bearb. in der topographischen Abtheilung des Kön. Preufs. Generalstabes. Mafsst. 1:100,000. Sect. 212. Egeln. 213. Dessau. 229. Zörbig. 230. Düben. 247. Eilenburg. Berlin (Schropp u. Co.). qu. Fol. (& 163 Sgr.) W. Koner: Berghaus (H.), Der Preufsische Staat in 10 colorirten Karten in Kupferstich. No. V. Provinz Westphalen. No. VI u. VII. Rheinprovinz, nördlicher und süd- licher Theil. No. IX. Provinz West- Preufsen. Gotha (Perthes) 1856. qu. Fol. (1 Thlr.) v. Rosenberg (C.), Wand-Karte vom preufsischen Staat. Zum Vortrag der Feldzüge Preufsens in den Jahren 1806, 1807 u. 1813—15. Potsdam (Riegel). gr. Fol. 12 Bl. (12 Thlr.) Krüger (C. E.), Karte der im Königr. Preufsen und den zunächst gelegenen Ländern schon bestehenden, im Bau be- griffenen und aufserdem zum gröfsten Theile mit Aussicht auf Erfolg projec- tirten Eisenbahn - Verbindungen. Berlin (Schropp u. Co.) 1856. qu. Imp. Fol. (1 Thlr.) Baeyer, Entwurf zur Anfertigung einer guten Karte von den östlichen Provin- zen des preufsischen“Staates nach dem heutigen Standpunkte der Wissenschaft und Technik. — Arch. f. Landeskunde d. Preufs. Monarchie. II. 1856. 2. Quar- tal. p. 1. v. Humboldt (A.), An Se. Majestät den König über des Generalmajor Baeyer's „Entwurf ete.“ erstattetes Gutachten. — ibid. p. 35. Reymann, Umgegend von Königsberg. Glogau (Flemming) 1856. Imp. Fol. (10 Sgr.; auf Leinw. und in Carton 27 Sgr.) —, Umgegend von Danzig. Ebend. 1856. Imp. Fol. (15 Sgr.; auf Leinw. und in Carton 27 Sgr.) Corvinus (F.), Grundrifs der Stadt Po- sen. Berlin (Mittler u. $.) 1856. Imp. Fol. (1 Thlr.) Anders (F. G. E.), Historischer Atlas der evangelischen Kirchen in Schlesien. 3. Aufl. 6 lith. u. col. Bl. u. 24 S. Text. Glogau (Flemming) 1856. (14 Thlr.) Berghaus (H.), Die preufsische Rhein- provinz oder die Regierungsbez. Düssel- dorf, Cöln, Coblenz, Aachen u. Trier etc. Gotha (Perthes) 1856. gr. Fol. (1 Thlr.) Büchel (J.), Karte des Kreises Prüm. Trier (Gall). gr. Fol. (10 Sgr.) — , Karte des Kreises Wittlich. (Gall). gr. Fol. (10 Sgr.) —, Plan von Trier. Trier (Gall) 1856. Imp. Fol. (15 Sgr.) Panorama der Mosel von Trier bis Cob- Trier BREIWE N: Neu erschienene geographische Werke, Aufsätze, Karten und Pläne. lenz. Trier (Braun) 1856. Lith. Fol. (5 Sgr.; mit Plan von Trier 8 Sgr.) Stromkarte der Elbe von Hamburg bis zur Mündung. Bearb. nach den neuesten Vermessungen. M. 1:100,000. Ham- burg (Nolte u. Köhler). qu. gr. Fol. 2 Bl. (14 Thlr.). Williard (L.), Karte des Königreichs Sachsen. Ausg. mit den Bezirksgerich- ten u. Gerichtsämtern. Dresden (Türk) 1856. qu. Imp. Fol. (1 Thlr.) v. Ehrenstein (H. W.), Das Königreich Sachsen nach den neuesten amtlichen Unterlagen entworfen. Dresden (Adler u.Dietze) 1856. qu. Imp. Fol. (14 Thlr.) Karte von dem Kurfürstenthum Hessen, aufgenommen von dem topographischen Bureau des Kurfürstl. Hessischen Gene- ralstabes. Lith. in 40 Bl. Sect. 10. 30. 34. 37 u. Titelblatt. Cassel (Vollmann inComm.) 1855.56. gr.Fol. (a 25 Sgr.) — — — Sect. 31. 35. 36. Ebend. (& 13 Thlr.) — — — Sect. 32. Ebds. 1855. (2 Thlr.) Karte von dem Grofsherzogthum Hessen, in das trigonometrische Netz der all- gemeinen Landesvermessung aufgenom men von dem Grofsherzogl. Hessischen Generalstabe.e M. 1:50,000. Section Giefsen. Geologische Aufnahme von E. Dieffenbach. Gez. von Meyer. Darmstadt (Jonghaus). qu. gr. Fol. (2 Thlr. 20 Sgr.) Bach (H.), Karte von Würtemberg, Ba- den und Hohenzollern. Stuttgart (Metz- ler) 1857. Imp. Fol. (1 Thlr. 4 Sgr.) Plan der Stadt und Festung Ulm und Neu-Ulm. ‘Ulm (Ebner) 1856. gr. Fol. (15 Sgr.) Huber (J.), Neueste Schul- und Reise- Karte vom südwestlichen Deutschland, enthaltend die Königr. Bayern, Wür- temberg, das Grofsherzogth. Baden und die Fürstenth. Hohenzollern. Nürnberg (Beyerlein) 1856. Roy. Fol. (10 Sgr.) Panorama des Neckars von Heilbronn bis Heidelberg. Nach der Natur gez. u. in Stahl gest. von Ch. Dettenhofer u. Th. Rausche. 4 Fufs lang, 8 Zoll breit. Mit: Der Führer durch das Neckarthal. Heil- 603 bronn (Scheurlen) 1856. 32 S. 8. (15 Sgr.) Die württembergischen Forstkarten im 16. Jahrhundert. — Schwäbisch. Merkur. 1856. No. 197. Plan der Residenzstadt Carlsruhe. Carls- ruhe (Veith) 1856. Imp. Fol. (1! Thlr.) München-Augsburg- Ulm. Ein Führer für Reisende auf der Eisenbahn zwischen München, Augsburg u. Ulm. 1 Karte in qu. 4. Leipzig (Brockhaus) 1856. In 8-Carton. (5 Sgr.) Nürnberg- Augsburg. Führer für Reisende auf der Eisenbahn zwischen Nürnberg und Augsburg. 1 Karte in 4. Leipzig (Brockhaus) 1856. In 8-Cart. (5 Sgr.) Scheda (J.), Generalkarte des österreichi- schen Kaiserstaats in 20 Blättern und im Mafsstabe von 1:576,000. Sect. XI u. XII. Wien 1856. Vgl. Petermann’s Mittheilungen. U. 1856. p. 345. v. Lilienbrunn (K. A. Edler), Pano- rama der Donau von Linz bis Wien, gezeichnet in Vogelperspective. 3. Aufl, 2. Sect. Wien (Hölzl). qu. Imp. Fol. (In Mappe. 2 Thlr.) Schmitt (A.), Archäologische Karte des Königreichs Böhmen. Prag 1856. Prag-Bodenbach. Führer für Reisende auf der Eisenbahn von Prag nach Boden- bach. 1 Karte in 4. Leipzig (Brock- haus) 1856. In 8-Carton. (5 Sgr.) Trieste figurata in ventiquattro vedute litografiche disegnate dal vero da Marco Moro. 12 Fasc. & 2 Bl. Text u. 2 Taf, Venezia (Brizeghel). qu. Fol, Holle (L.), Schulwandkarte von Ungarn, Galizien, Siebenbürgen, Dalmatien etc. Durchgesehen u. ergänzt von M. Schirk- huber. 4 Blätter. Wolfenbüttel (Holle) 1856. Imp. Fol. (1 Thlr.; auf Leinw. 2 Thlr.) Grimm (J.), Statistisch - topographisch- politische Gerichts- und Finanz -Karte des Grofsfürstenth. Siebenbürgen. Her- mannstadt’(Steinhaussen) 1856. qu. gr. Fol. (3 Thlr.; color. 1 Thlr.; auf Lein- wand u, in Carton 13 Thlr.) 604 Karten der übrigen Staaten Europa’s. Heck (G.), Die Schweiz. Gestochen von R. Schmidt. Malsst. 1:800,000. Color. Leipzig (Hinrichs) 1856. qu. gr. Fol. (15 Sgr.) Eisenbahnkarte der nordöstlichen Schweiz. St. Gallen (Scheitlin u. Zollikofer). qu. gr. 4. (44 Sgr.) Carte generale des chemins de fer de la France. Paris (Impr. lith. de Rougier). Carte des routes imperiales departemen- tales et de grande communication de Seine-et-Oise, dresse en 1835 par ordre du conseil general, sous la. direetion de M. d’Astier de la Vigerie, re- vue et completee en 1855 sous la di- rection de M. Tarb& de Vauxclairs. Paris (Longuet). Atlas general de la ville de Paris, feuille 34, 6° livr., par Jacoubet, grave par V. Bonnet et Hacq. Paris (Impr. lith. de Kaeppelin). La Normandie, dress& par O0. T. Lefevre, gravde par Avril freres. Paris (Impr. lith. de Kaeppelin). Carte industrielle d’une partie du depar- tement du Jura et du Doubs, gravee par Avril freres, Paris (Impr. lith. de Bineteau). Carte de la Lorraine et du Barrois a la fin du XVme sieele. Naney (Impr.lith. de Digout). Vionnois, Carte itineraire des routes et communications ouvertes sur la partie des provinces de Lorraine, du Barrois, des trois eveches, de Champagne et de V’Alsace, formant le departement de la Meurthe. Nancy (Impr. lith. de Chri- stophe). Carte nouvelle commereiale du departe- ment du Saöne-et-Loire, dressee d’apres les cartes du depöt de la guerre et gra- vee sous la direction de M. A. Lan- glois. Paris (Logerot). Carte du departement du Var, dressee en 1845, d’apres les documents du cadastre, revue et publiee par M, Bose; gravee en 4 parties, par Al. Orgiazzi et Lau- rens. Paris (Impr. lith. de Mangeon). Plan cadastral des environs de Nantes, complete et reduit a l’Echelle 1:40,000, par F. J. Pinson. Nantes 1856, le’ TIER . W. Koner: Pare des Princes, Bois de Boulogne. Grave par Delamare. Paris (Impr. lith. de Le- mercier). Carte des lignes navigables de Paris & Marseille, Mulhouse et Nevers. Paris (Impr. lith. de Bry). Nouvelle carte de la chaine des Pyrenees, indiquant tous les passages, curiosites et qualites des eaux; gravee par Dela- maıre, d’apres Perrot. Paris (Impr. lith. de Caillet). Topographische en militaire Kaart van het Kon. der Nederlanden, vervaardigd door de officieren van den General-Staf, ge- graveerd op het Topographisch Bureau, op de schaal van 1:50,000. Blad 26. Haderwijk. 32. Amersfoort. 44. Geer- truidenberg. 52. Venlo. ’s Gravenhage (Topogr. Bureau) 1856. gr. Atlas-for- maat. (Blad 26 F. 1,40; de anderen F. 2,80.) Dufour (A. H.), Carte administrative et physique de l’Angleterre, gravee par Chr. Dyonnet. Paris (Imp: lith. de L. Antoine). Stanford (E.), Map of London; with its Postal Subdivisions. London (Stan- ford) 1856. (7 8.6.d.) Travelling Map of the English Lakes and Adjoining Country, Geologically co- loured. By John Ruthven. London (Whittaker) 1856. (2 8. 6.d.) Stanford’s Road and Railway Map of Scotland. London (Stanford) 1856. 12. (3 8. 6.d.) Turner (J. M. W.) and Ruskin (J.), The Harbours of England, engraved by Thomas Lupton from Original Drawings. With illustrative Text. London (Gam- bart) 1856. Fol. (42 S.) Notes on Old Irish Maps. — The Ulster Journal of Archaeology. 1856. No. 15, Haeffner (R. L.), Karta öfwer Danne- mora Grufwefält upprättad är 1850. Stockholm (Gen. Stab. Lith. Jar.). (32 sk.) Wiberg (C.T.) och v. Mentzel (T.), Atlas till Sveriges Historie. Stockholm (Huldbergs) 1856. 4, (6 Rdr.) Neu erschienene geographische Werke, Aufsätze, Karten und Pläne. Die europäisch - russischen Grenzländer. (Ergänzung zu Stieler's Hand-Atlas). M. 1:250,000. 1. Lief. Esthland und Ingermanland, gez. von Fr. v. Stülp- nagel. Königr. Polen, gez. von dems. Wolhynien u. Podolien, gez. von dems. Moldau u. Bessarabien, gez. von dems. Halbinsel Krim nebst der Strafse von Kertsch, gezeichn. von A. Petermann, M. 1:40,000. Gotha (Perthes) 1856. Fol. (14 Thlr.) Carte des nouvelles limites de la Russie, d’apres le traitE du 30 mars 1856. Paris. 1 Bl, Topographische Karte des Twer'schen Gouvernements von dem K. Russischen Generalstabs-Major Mende. Maflsstab 1:84,000. 12 Hefte (in russ. Sprache). Moskau 1853 —56. qu. Fol. Huber (J.), Polen mit den angrenzenden Ländern etc. als Uebersichtskarte des polnischen Gebiets in verschiedenen Zeit- perioden. Nürnberg (Beyerlein) 1856. Roy. Fol, (10 Sgr.) Jomard, Note sur la carte geometrique de l’Espagne. — Bull. de la Soc. de Geogr. 4me Ser. XI. 1856. p. 265. de Algarra (A.), Mapa descriptivo de las Aduanas de Espana, bajo el punto de vista de sus productos, gastos, mo- vimiento de buques, mercancjas y va- lores de ellas etc. Madrid 1856. Fol. (2 Thlr. 12 Sgr.) Cochrane (A. E.), Map of Italy. Lon- don (Ridgway). 47 S. (18.) Handtke (F.), Generalkarte von Italien. M. 1:790,000. Nebst 6 Beikärtchen. Glogau (Flemming). Roy.Fol. (10 Sgr.) Pezze (G.), Carta geografica della Pro- vincia di Sondrio fatta dietro Y’ultimo compartimento territoriale, e coll’ indi- cazione delle grandiose strade dello Stel- vio, dello Splugo ete. M. 1:576,000. Sondrio 1856. Fol. Karten von Asien. Lang (H.), Karte der Kaukasus-Länder. Lith. von T. v. Bomsdorff. Leipzig (Brockhaus) 1856. gr. Fol. (8 Sgr.) Forchhammer (P. W.), Benthographi- sche Karte des Meeres zwischen Tene- dos und dem Festlande. Kiel. 4. 605 Garbs (F. A.), Special-Karte von Palä- stina. Hannover (Ehlermann) 1856. Imp. Fol. (10 Sgr.) Riewe (F.), Wandkarte von Palästina, zum Gebrauch für Schulen eingerichtet. Stettin (Saunier). gr. Fol. (15 Sgr.) Bible Lands, A Series of Views from Bible Lands: Seven Churches of Asia, Syria etc. A Packet, containing 12 Cards in tinted lithograph, with Map of Asia Minor and descriptive Letter- press of all the Views. London (Nel- son) 1856. 18. (1S8.) Holy Land: A Series of Views from the Holy Land, in tinted lithograph, Lon- don (Nelson) 1856. 18. (1 S.) Andriveau (J.), Carte de la Palestine. Paris 1856. Fol. Vergl. Nouv. Annal. d. Voy. 1856. IV. p. 217. Algemeene Atlas van Nederlandsch Indie. Uit offie. bronnen zamengsteld door P. Baron Melvill van Carnbee. Bl.7 en 8: Kaart van Ternate, Halmaheira en omringende eilanden en kaart van de voornaamste der Banda-eilanden. Bl. 9 — 12. Kaart van Noord en Oost-Ce- lebes, bevattende gedeelten der Resi- deentiön Manado en Ternate, kaart van Amboina en eenige aangrenzende eilan- den, kaart van de afd. Buitenzorg, en algemeene kaart van het gouvernement der Moluksche eilanden. Batavia (No- man & Wolff), Zalt-Bommel (Noman & Zoon) 1856. Fol. (& F. 2,25.) Junghuhn ıF.), Kaart van het eiland Java. Uitgeg. op last van en opgedra- gen aan Z. Exc. den Minister van Ko- loniön C. F. Pahud. Breda (Bogaerts) 1855. 4 Bl. gr. Atlas-form. (F. 24.) Karten von Afrika. Profil de Yisthme de Suez. Resultats des observations de marde faites dans les deux mers. Grav@ par E. Schieble, Paris (Impr. lith. de Lemercier). Karten von Amerika. v. Sydow (E.), Wandkarte von Nord- und Süd-Amerika in 10 Sectionen, nach politischer Eintheilung colorirt. Mit Er- läuterungen. Gotha (Perthes) 1856. (roh 2 Thlr.; aufgezogen 3} Thlr.) Chart of the Arctic Regions from Beering’ Strait to Spitzbergen constructed under the Direction of Mr. de la Roquette 606 after Franklin, Beechey, Arrowsmith, Kane ete. Paris (Bineteau) 1856. Young’s neueste Reise-Karte durch die Vereinigten Staaten von Nord-Amerika. Enth. alle Strafsen, Dampfboot-, Eisen- bahn- u. Canal- Stationen, Städte etc. Nebst 9 Beikärtehen. Nürnberg (Lotz- beck) 1856. Roy. Fol. (10 Ser.) Zimmermann, Karte für Auswanderer nach Nord-Amerika. Mit 8 S. Text. Berlin (Adolph & Co.). qu. gr. 4. (4 Sgr;) Whitman (E.B.) and Searl (A. D.), Eastern Map of Kansas. Boston 1856. 12. (3 8.) Chemin de fer de Galveston, Houston et Henderson. Paris (Impr. lith. de Kaep- pelin). Kiepert (H.), Karte des Staates Cali- fornien, nach der officiellen Karte des W.M. Eddy gezeichnet. Berlin (D. Rei- mer) 1856. gr. Fol. (10 Sgr.) Map of Central America. Engraved by Trelawney Saunders from the origi- W. Koner: nal Drawing of J. Baily of Guate- mala, with Additions from the latest Survey’s of the Admiralty, S. Moro, Col. Lloyd, Garella, Codazzi ete. re- vised in 1856 by E. G. Squier. Lon- don 1856. 1 Bl. Fol. (3 Thlr,) Central America. Wyld’s New Map of Central America, Nicaragua, Costa Rica, and Honduras, showing the Disputed Territories. London (Wyld) 1856. (On sheet, 6 S.; in case 10 8.) Dufour (A. H.), Carte generale des iles Antilles, des iles et bancs de Bahama, des Etats-Unis de l’Amerique centrale, de la mer du Mexique ete., revue et augmentee par A. Vuillemin. Paris (Lo- gerot). Karten von Australien. v.Sydow (E.), Wandkarte von Austra- lien in 6 grofsen Sectionen. Mit Er- läuterungen (72 $.). Gotha (Perthes) 1856. (14 Thlr.; aufgezogen 24 Thlr.) Physik der Erde. Jahrbücher der k. k. Central-Anstalt für Meteorologie und Erdmagnetismus von K. Krell. IV. Bd. Jahrg. 1852. Wien (Braumüller) 1856. Imp. 4. (62 Thlr.) Scoffern (J. B.) and Lowe (J. E.), Practical Meteorology; being a Guide to the Phenomena of the Atmosphere and the Practical Use of Instruments for Registering and Recording Atmo- spherie Changes. London (Houlston') 1856. 8. (18.6.d.) Lunar Almanack and Meteorological Ephe- meris for 1857; with Blank Pages for making Observations of the State of the Weather. Clapham (Simpkin) 1856. 28 8. 4. (1 8.) Roussin, Des observations meteorolo- giques. — Gazette medicale de l’Algerie. 1856. p. 115. Friedmann, Meteorologische Briefe. Fort- setzung. — Ausland. 1856. No.28.38. Geilfus (G.), Ueber die Einflüsse des Klima’s und des Bodens auf die Cultur- verhältnisse der Völker. Winterthur (Steiner) 1856. 16. (} Thlr.) Lamont (J.), Het magnetismus der aarde, populair beschreven. Uit het Hoogd. vert. door W. F. Kaiser. Zwolle (de Erven J. J. Tijl) 1856. XVIen 112bl. 8. (F. 1,30.) Dove (H. W.), Die Isothermen des Jah- res und der extremen Monate in der Polarprojeetion. — Z. f. allgem. Erd- kunde. N. F. I. 1856. p. 30. Roch (H.), Beobachtungen des Zuges der Vögel, der Vegetation und der Witte- rung im J. 1855. — Allgem. deutsche Naturhist. Zeitg. N. F. II. Heft 4. 1856. Cramer (C.), Om Lagen för Stormar. Praktisk Hjelpreda för Sjöman, efter Reid, Piddington m. fl. Stockholm (Haegyström). 8. (1 Rdr.) Petermann (A.), Die englischen wissen- schaftlichen Luft--Schifffahrten im Jahre 1852. Nach den Berichten der Royal Society, London. — Petermann’s Mit- theilungen. Il. 1856. p. 333. Münzer, Kann man das Wetter vorher- sagen? — Die Welt. 1856. No. 42. Rasch (G.), Der Donner. — ibid. 1856. No. 32. — , Wie entsteht das Gewitter. — ibid. 1856. No. 44 f. Stricker (W.), Ueber die Wirkungen sl Neu erschienene geographische Werke, Aufsätze, Karten und Pläne. des Blitzes. — Frankfurter Museum. 1856. No. 41. Roch (H.), Tabelle über die Beobach- tungen des Wetterleuchtens und der Gewitter im J. 1855. — Allgem. deut- sche Naturhist. Zeitg. N. F. II. Heft 5. 1856. Ueber Nordlichter. Aus dem Dänischen des Eigil Schjern von H. Zeise. — Die Natur. 1856. No. 41. 42. Das bei dem statistischen Bureau errich- tete meteorologische Institut. 1. Die- terici, Entstehung und erste Einrich- tung des meteorologischen Instituts. 2. Dove, Weitere Entwickelung des meteorolog. Instituts. 3. Schmauch, Verzeichnils der Beobachter; deren In- structionen. — Archiv f. Landeskunde d. Preufs. Monarchie. II. 1856, 2. Quar- tal. p. 41. 57. 86. Dove (H. W.), Ueber das Klima des preufsischen Staates. — Z. f. allgem. Erdkunde. N. F. I. 1856. p. 377. Dove (H.W.), Meteorologische Beobach- tungen in den Monaten März bis Juli. — Mittheil. d. Berlin. statist. Bureau’s. 1856. No. 10. 12. 14. 17. Zu den Verhandlungen der meteorologi- schen Section. — 33. Jahresber. der Schles. Ges. f. vaterl. Kultur. 1856. p- 279, Hertel, Wetterbeobachtungen vom 1. De- cember 1853 bis 30. November 1854. — Neues Lausitzisches Magazin. XXXII. 1856. Witterung in Mittel-Europa im December 1855 und Jänner und Februar 1856. — Die Donau. 1856. No. 11..84. Plieninger, Die Gewitter und Ueber- schwemmungen vom 31. Juli 1851. — Württemberg. Jahrb. Jahrgang 1854. Heft 2. 1856. p. 63. Witterungsgeschichte des Monats April 1856. — Augsburg. Allgem. Zeit. 1856. Beil. No. 139 —45. Magnetische und meteorologische Beob- achtungen zu Prag. Herausgegeb. von J. G. Böhm und F. Karlinski. 14. Jahrg. Prag (Calve, in Comm.) 1856. 4. (23 Thlr.) Tabellarische Uebersicht der Witterung in Oesterreich im Jahre 1856. — Sitzungs- ber. d. Kais. Akad. d. Wiss. Mathem.- naturw. Cl. XX. 1. 1856. Resultate aus den im Jahre 1855 auf der Sternwarte zu Kremsmünster angestell- 607 ten meteorologischen Beobachtungen. — Linzer Zeitung. 1856. No. 63—72. Hofmeister, Chronik der in der Schweiz beobachteten Naturerscheinungen vom 1. Jan. bis 31. März 1856. — Viertel- Jahresschr. d. Naturforsch. Ges. in Zü- rich. I. 1. 1856. Tableau des observations meteorologiques faites au Saint-Bernard en 1856. Juli — October. — Bibliotheque universelle de Geneve. 4° Ser. XXX. XXXIIT. 1856. Am Schlusse jedes Heftes. Weerkundige waarnemingen op den huize Zwanenburg. — Algemeene Konst- en Letterbode. 1856. Zu Ende jeder Num- mer. Meteorology of England and Scotland. — Journal of the Statist. Soc. XIX. 2. 1856. p. 192. Meteorological Table, Quarter ended March 3lst, 1856. — ibid. p. 195. Meteorologiska observationer ä Stockholms Observatorium är 1855. — Öfversigt af K. Vetenskaps-Akademiens Förhand- lingar. 1856. p. 82. Berling (Chr. Fr.), Bidrag till beswa- randet af frägan: Har Lunds klimat under sista seklet undergätt nägon för- ändring? Lund 1856. 13 S. 4. Kupffer (A. T.), Annales de l’Observa- toire physique central de Russie. An- nee 1854. St. Petersbourg 1856. 4. Wesselowsky (C.), Tabellen über die mittleren Temperaturen im Russischen Reiche. — Beitr. z. Kenntn. d. Russ. Reiches. XVII. 1856. p. 197. Vesse&lovsky (C.), Sur le climat de la Steppe Trans - Volgaienne. — Bullet. de l’Acad. de St. Petersbourg. (Ol. hist. T. XII. No. 17-19. Observations meteorologiques d’Orenbourg. — Kupffer, Annales. 1856. Moyennes des observations meteorologiques faites dans les provinces Caucasiennes. — ibid. — — — faites & la station meteorolo- gique de Redout-Kale. — ibid. — — — faites & la caserne de Kwi- namsk et au poste de Bouslatschirsk. ==-2ihrd, Abstract of the Results of the Hourly Me- teorological Observations taken at the Surveyor General’s Office, Calcutta in the months of January — March 1856. — Journ. of the Asiat. Soc. of Bengal. 1856. No. 256. 608 W. Koner: Neu erschienene geographische Werke, Aufsätze ete, Meteorological Register kept at the Office of the Secretary of Government, N. W. P. Agra for the months of March and April 1856. — Journ. of the Asiat. Soc. of Bengal. 1856. No. 256. Lievin, Die Monsume des Indischen Mee- res. Mit 2 Karten. Danzig 1856. 42 8. gr. 4. Observations meteorologiques faites & Al- ger. — Gazette medicale de l’Algerie. 1856. Zu Ende jeder Nummer. Bertherand (A.), Etudes de climato- logie algerienne. — ibid. 1856. No.1 2 3. Se Dove (H. W.), Ueber das Klima von Nord-Amerika. — Z. f. allgem. Erd- kunde. N.F. I. 1856. p. 9. Dove (H.W.), Einige Bemerkungen über die Temperatur der Polargegenden. — Zeitschr. f. allgem. Erdkunde. N. F. 1. 1856. p. 428. k ZurKlimatologie der amerikanischen Union. — Augsburg. Allgem. Zeit. 1856. Beil. No. 230—36. Owen, Table of Pluviometer, kept at George Town, British Guiana. — Pro- ceed. of the R. Geogr. Soc. 1856. No.IIl. p- 76. Gulick (L.H.), The Climate, Deseases, and Materia Medica of the Sandwich- Islands. New York 1856. 46 8. 8. (123 Sgr.) Gedruckt bei A. W. Schade in Berlin, Grünstrafse 18. Taf.viL ÜBERSICHT der in der Umgebung des Baikal von L.SCHWARZ im Jahre 1849 astronomisch bestimmten Positionen (dieselben sind mit den Nummern des Verzeichnisses 2-30 bezeichnet) Entworfen von H. Kie pert Maßstab 1: 4,000,000. Aigle Quellen Gr amatschinskaja 25 ur RG es Au Kjachta Ar Maimaitg "hin © 150 Ö.L.v.Ferro 124 = — - Berlin, beiD. Reimer. 1856. Gestochen von J. Sulzer Zeitsel 140 WetengdarNegotni DER ÖSTLICHSTE fan BE RUSSISCH:CHINES:CRENZBEZIRK IM TUNGUSENLANDE nach v.MIDDENDORF’s Karte | 1 = + mit Berichtigung durch die in den Jahren 1849-55 durch \ _ = ; - | | [E53 L. SCHWARZ I | ar ==, astronomisch bestimmten Positionen. 35 >: 1 = H Entworfen von Be | = = : 198 = I H. KIEPERT. Im Maßstab I: +,000,000 — Die Ziffern 50-70 bezeichen die betreffenden Beobachtungspunkte der Tabelle . je — C.Elisabef lu) Se == En == > E 7 f B. Mewatschan na S \ \ > ö ‚vorenl ER ge! B.Kiwun Gestochen von rc Zeitschrift für alle »m.Erdkunde. Neue Folge.Bd.l ei vdlkund ue Folg IB 7% Longdar Negotni DER ÖSTLICHSTE "Lan RUSSISCH:CHINES:GRENZBEZIRK ım TUNGUSENLANDE nach v. MIDDENDORF'’s Karte mit Berichtigung durch die in den Jahren 1849-55 durch L. SCHWARZ astronomisch bes immten Positionen. Entworfen von H. KIEPERT. Im Maßstab 1:4,000,000 Die Ziffern 30-70 bezeichen die betreffenden Beobachtungspunkte der Tabelle . I C. Elisabeth ; Jul ; € Mari de gprüs Er x Ngpärpa = u na : | i 2 5 & =, a. ‚Ka as) Gb. Köc (1 | I € ‚ghahoron hka ja Pgoron ‘ Es. JE } dr FL eilotowatschiwvin C.Rombegl = B.Qpkcorosat Ön.xiwun "alsasel £ i = b.Wakası Oyren 5. EB. v C.Lazanen = \ { ben ; — ‚Hari ER MH) want “© ee Kaswies Alexandrowsk vr, Ü | | | | r - == | Chumar-choton] 3 a )) \ A ” B.Moldsc) B.S 2 “= schemtscheko / —T x % B.Nengi Eu Berlin, bei D. Reimer. 18536. Librairie de KEMINK et FILS A Utrecht. mmAAAnANAASSAARAMAARAAnAAA Annan ann mann PRUÜSPECTUS JOURNAL METEOROLOGIQUF. x Lies deux consid&rations qui m’ont amend A entrepren- dre le Journal, d’ont j’ai ’honneur d’offrir le prospectus aux personnes qui cultivent les sciences exactes, ou qui du moins s’interessent ä leur progres, seront sans doute approuvdes par tous ceux qui ont reflechi sur cela. Ce sont les suivantes: La Met£orologie a besoin d’un rappochement et d’une comparaison de tant d’observations simultandes qu’on pourra se procurer de toutes les regions du monde, Si cette comparaison peut tre acquise ä prix modere, il y aura plusieurs personnes qui s’acheteront ces tableaux comparatifs, ce Journal, ou toutes les observations faites seront regues; et les personnes qui prennent la peine de faire des observations le trouveront agr&able, qu’il leur soit offert un Journal, ou pour peu de frais non seulement les fruits de leur peine sont receuillis, mais qui en outre contient les ob- servations de tout un autre endroit en Europe, La persuasion de la valeur de la premiere consid@ration qui ne sera nulle part eontestee, m’a fait insister il ya dä bien des anndes: voyez les Fortschritte der Physik, les Chan- gements periodiques de temperature, mes memoires au Gou- vernement Neerlandais sur Vetablissement d’un Institut Meteo- rologigue. Deja jaavais pris Y’avance et apres qu’en 1854 l’Institut Royal Meteorologique des Pays-Bas ä et@ fonde, jai et si heureux de r&unir dejä les observations d’une trentaine de lieux en Europe hors des Pays-Bas. Ces observations sont, diseutees, la moyenne valeur de la temperature & chaque jour et la hauteur observee du ba- romstre ä ce jour est comparde ä la temperature normale et i la hauteur barometrique normale d’un tel jour de l’annde, d’apres des series d’observations continudes pendant plusieurs anndes. ' La difference de ces hautenrs observdes et de celles caleuldes comme normales est enregistre sour le nom d’Ecarts, Afwijkingen, Abweichungen. Ainsi sur un seul page on voit comment la temperature a &ti€ elevee au dessus de la nor- male en tel endroit de l’Europe et combien elle a bais s@ en m®me temps en tel autre endroit, combien la pres- sion atmospherique a etd augmentde & Vouest, diminude & Vest, et de quelle manitre les &carts ont fray& chemin & tra- vers de l’Europe et plus loin. Dejä je recois des renseignements de !’Afrique. Mais dans ce journal ei je ne veux meler rien d’hypothetiqgue, comme cette temperature et pression normale, car il y a toujours de personnes qui doutent que je ne comnais cette tempera- ture ou pression normale & un degr& eentigrade ou un milli- metre pres. Pour le present je ne veux quinprimer les observations faites par les auteurs, qui auront la bienveillance de me les envoyer, ou plutot, qui voient dans ce journal un moyen facile et peu couteux non seulement de voir leurs observations inprimdes, mais de les voir augmentees des ob- servations de toutes les parties de l’Europe. C’est vrai, ou pourrait rendre superflu un tel Journal, si chaque observateur qui permet & P’editeur d’une Gazette ou d’un Journal la publication de ses observations ne le faisait que sous la condition de recevoir un certain nombre de tirages pour les distribuer. Jai d&ja si souvent insist@ sur une telle mesure sans fruit, que je ne crois plus la pouvoir r£aliser. Non seulement les observations journalicres me seront fort agrables, mais aussi tous les renseignements possibles sur la localit@, sur !’exposition des instruments, sur les moyennes mensuelles anterieures; et dans ce cas, qu’on a d&ja une serie anterieure d’observations, il faut absolument annoter s’il ya eu de changement d’heures d’observation, d’instruments, ou d’ex- position. On ne le croirait pas, combien de fois on fait un changement dans la maniere d’observer, sans faire auparavant et apres une serie d’observations simultandes, afıin de pouvoir comparer les deux series. Möme des observateurs tres habiles et savants ont commis cette faute dans les dernieres anndes. Comment est il done possible, qu’on perd ainsi gratuitement tout le profit d’une sdrie d’observations! Si l’on place le baro- metre a un autre endroit un peu plus ou moins &lev@, il suffit qu’on note la difference de la hauteur et le moment du change- ment comme M le Dr. GRAEGER & fait, mais si l’on expose le thermomötre d’une autre maniere, si l’on veut faire usage d’un autre thermomötre, ou bien observer ä d’autres heures, il faut ab- solument qu’on fasse des observations simultandes comparatives. Je voudrais commencer la publication de ce Journal en Decembre 1856 tout en publiant une ou deux feuilles a me- sure que je recois moi m&me les observations. Les observa- tions d’un endroit qui arriveront trop tard sont reserv&es pour un autre numero. Le prix de ce journal sera si moder& que possible. Sl y a 500 souseripteurs je publierai les observa- tions de chaque endroit & raison de 25 centimes, un quart de france de France, ou bien ä un prix plus bas encore, si cela est possible. Je puis deja promettre les observations des lieux suivants, ou les observateurs donnent le garanti parfait de la bont@ des observations. Il serait tout & fait superflu de communiquer pour le mois de Decembre 1855 tous les endroits que je puis r&unir, je ne donne que les observations de six endroits. Car on me eroira que j’ai en manusoript de la möme maniere les obser- vations de tous les lieux nomm&s iei-bas. Lieux. Nottingham Christiania Kiel Hambourg Groningue Utrecht Bruselles Treves Paris Dyon Toulouse Setif en Algerie Marseille Madrid Lisbonne Parme Mühlhausen Bern darau Paderborn Putbus Strehla Cottbus Berlin Leipzig Pegan ‚Dresde Bamberg Munchen Ittendorf Mannheim Observateurs. M Lowe. M le Prof. HanstEEn. M le Profr. Karsten. Mad. RüMmkER. M le Profr. ERMERINS. M le Dr. Krecke. M le Profr. QUETELET. M le Dr. FıescH. ä& l’observatoire Imperial M le Profr. A. PERREY. M Dumas, M le Directeur VALz. Don MAnutet Rıco SınoBas. M PreADo. M le Profr. CoLtA. M Dr. GRAEGER. M le Dr. Kocn. M Dr. E. ScHinz. M le Profr. GunDoLF. M le Dr. BREHMER. M le Dr. SCHREIBER. M le Dr. H. Borze. M le Directeur ©. BrünHns. M le Dr. JaHn. M Dr. RENKEWITZ. Dresdener Zeitung. M Dr. ELLsNER. M Dr. Lamont. M le Min. SüLzer C. D. M Dr. Neır CD. Sources, London News. par communication directe. C. D. C.D. C.D. C.D. Dir de l’Observat. C.D. Dr. Jaun C.D. Comptes Rendus. C.D. Journ. de l’agric. C.D. M CanckIEn Con- sul des Pays-Bas ä Anvers. GAD; C.D. C.D. 0. Dr. Jaun C. D. » ” GaD: Dr. Jann C. D. CD. Dr. Jaun C.D. CD. C.D. Dr. Jaun C.D. ” E Lieux. Observateurs. Sources. Kremsmunster M Dr. ResLmüßBLEer. Dr. Jaun C. D. Vienne M von LirTtrow. Fr AN Prague M Dr. Bönm. = > Cracovie M Karuıssky. Varsovie M Weisse. Dostn£zensıa W. Observ. Astro- nomieznem. ‚Dorpat M le Profr. Dr. Mäprer. C. D. Klagenfurt M le Dr. M Prertner. CD. Lemberg, Venise ou Triest Institut Imperial d’Autriche, Sit- sungsberichte. Mais je veux m’abstenir de r&produire les observations qui sont deja recues dans les Annales meteorologiques, dans les me&moires partieuliers et m&me dans les Journaux les plus eonnus que chacun peut se procurer: les Comptes Rendus ou les Annales de Physique et de Chimie le Journal Philosophique d’Edinbourg, la Bibliotheque Universelle de Gen£ve. Les observateurs qui m’envoyent les observations regulie- rement recevront un exemplaire de l’annuaire de Y’Institut, ou les observations ne sont pas seulement mises a cot& !’une de Vautre, mais ou elles sont discutdes et ou l’on trouve aussi les observations en plusieurs endroits des Pays-Bas: au Helder par M VAN DER STERR. Leeuwarde M SMEDING. Assen M Conen, Dr. en Med. Amsterdam M van Exck, Dr. en Droit. Hellevoetsluis M Lieut. de la Marine R. Nimeque M LE£EnDERTs. Vlissingue M Vreepe Lieut. de la Marine R. Breda M BURGERSDIJK, Dr. &s Sciences. Maastricht M Steisn Parv£, Profr. de Physique. Luxembourg M Reuter, Profr. de Chimie. et dans Indes orientales et occidentales. CJOEN IDEE Er II JOENN ES] — On souscrit a un Journal purement meteorologique que MM Kenmink ET FILs, libraires & Utrecht publieront sous ma direction, dont le but est de r&unir les observations des lieux eloignes autant que possible, pas encore imprimdes dans des journaux tr&s repandus, ou dans des m&moires publiees expres- sement dans ce but. Pour Yannde 1857 on imprimera les observations d’au moins trente de ces endroits nommds, dans la m&me forme que celle du prospectus ä raison de huit franes. Si MM les observateurs me sont favorables, j'imprimerai les observations d’un plus grand nombre, sans que pour cela le prix sera plus eleve. Je publierai en detail les observations des lieux Egale- ment espaces, en ajoutant le resumddes lieux qui se trouvent entre ceux-ci et quelques remarques gen£rales. Le moyen le plus sur et en m&me temps le plus simple pour marquer les grandes depressions ou @levations de la pres- sion barometrique ou de la temperature m’a paru de repro- duire le premier Chiffre ou le signe chaque fois que je veux y fixer l’attention, m&me quand il n’etait pas necessaire pour la perspieuit@; car naturellement le chiffre ou le signe place plus haut doit &tre sousentendu pour les jours suivants, jusqu’ä ce quil soit change. On est pri de me faire connaitre, si quelqu’un prefere une autre forme, en general un changement dans le projet, qui toutefois conduise &@galement au but unique: rapprochement des observations simultanees faites & des localites distantes. M les collaborateurs recevront un exemplaire de l’Annu- aire meteorologique des Pays-Bas qui forme un volume en long 4° de plus de deux cent pages et qui contient des ob- servations de Paramaribo, de Borneo, de Java, de St. George d’Elmina, Sumatra et de Decima pres de Nangasaki. Dr. BUYS BALLOT, Directeur de l’Institut Royal Meteorologique des Pays-Bas. CHRISTIANIA. — Deczenmsre 1855. | ls=| BAROMETRE. | THERMOMETRE R. |$# || Pluie. 5} Lignes de Paris. li Il As | E | sE ‚ N Lig 7 2 10 | 7 2 0 | 9 de Paris. 1 | 334.2 |334.6 | 835.8 1-73 | —42 | —57 |, 2 1787.83: 1.5391 | 139:8- | 0.05.6 | 6.6 |1L3 |Ii 3 | 37.0 | 34.2 | 308 | 71.8 4.3 1.2 | N 4 | 28.6 | vesı6 | 253 | 2.8 4.5 2.7 oJ 5| 23.7 323.6 |-944 | 1251 — 03 17 | I} 6 | 26.1 I,oa&s | 581.2 | —10,6 2.2 28% 71783.9 \ 1848| 4:36.8 || 0.041 3.3 370% || E83: D. 187.6 | 0:37.7 || 1.18.83 3.4 8.2 hi] || 9 | 38.8 || «39.4 | 339.5 | 19.3 1.5 941.) | 10 | 39.5 | 39.0 | 37.6 | —1a1 | =107 | -ı15 || | | 11 |,84:7 |1830:6 | 0.81.5- | :.11.0 10.2 1.3 hg 12 |. 87.1 F.131.9 | 483.6 | —14.6 4.1 7.5 | 13 ! 34.0 || 34.1 | 339 | 11.4 10.2 11.3.8 14 | 38.7 | 032.4 |033.2 | »12.3 | =ına | 12.6 | 15 | 33.6 | 32.0 | 329.4 | 11.1 71.4 6.2 | 1 | 16 | 29.6 |’ 80:5 | "81.4 || ı.©8.8 4.1 4.1 | 17 34.7 37. 423.4 || — 13.4 4.7 11.0 1 18 44.8 45.4 | 345.9 || —16.3 | —13.3 | —14.2 | \ 19 45.1 |: 44.2 | 43.4 || , 13.5 12.8 12.7 1, 20 | 42.2 |. va1.8 | 0416 || © 09.6 5.5 1.8 | il | 21 | 40.8 I 40.3 | 39.1 | —ı1.3 | 10.3 18.0) I | 22 | 38.4 | 38.6 | 89.5 | : 10.2 4.6 62 || 23 11 37.1 [085.5 |%.346 || » 5.7 4.6 5.2 X“ 24 | 33.6 | 32.8 | 332.2 | 4.8 393 | 27] PA 85 1188.83 11 833.1 183.4 | 389142 | 3 | X” Iı 26 | 339 | 34.0 1331| —16 | +06 | +09 | 27 | 32.118321 |334|+ 1] 2.0 1.0 |. 28 | 35.0 |: '36.0 | 36.3 1.0 1.0 | %#, 1.5. [hal 29 | 35.1 | 134.9 |" 86.1 | 1.0 26 |ve 16] | 30 | 36.4 1.362 | 871 #18 +21 00a ud 31 | 37.9 [089.0 13895 1051-02 +05 1 | | | — moyen | 333,19 | 835.22 | 335.44 | —6.21 | —4.87 | —571 | | ‚ | Date. moyen re HAMBOURG. — Decrnsre 1855. BAROMETRE. Pouces Anglais. 64 .64 76 99 | 29.99 93 65 55 50 il el ll 29.10 | 29.10 11 23 ‚30 38 50 .60 65 81 87 90 +0 .41 40 59 .67 13 67 50 | 29.40 16 .85 s0 76 .82 83 80 .82 96 70 .76 82 85 .78 70 60 .60 68 — ‚12 17 80 .83 86 90 99 | 30.01 THERMOMETRE R. 8 2 10 zii | 2306 0.0 2.01 —]10|— 30 6.01 — 441 — 65 — 4838| —30|+ 05 +15/+183|+ 05 — 0.0 | + 06 0.0 2:0) Rd. ee at 1.0 1.0 1.5 1.7 2.1 2.0 1.5 4.0 217.7 | 76.7. |a&83.0 10 0.5 1.8 2.5 4.3 5.5 2.5 0.0 0.0 —35|1—15 0.0 +20) +25 | #719 +14|1+25|—-15 —65|—52| —$65 &7 6.8 8.5 9,5 1.5 9.5 — 12.6 | —10.6 | —18.0 —11.4 9.7 | —10.8 —851— 46 0.0 +124| +30 | #036 2.5 2.6 2.0 1.5 3.5 2.1 „e 4.2 3.3 1.4 25 1.6 2.5 3.9 3.4 2326| +48| + 37 h EDEN A I 0 58 ale Direction Pluie. du vent Lignes de Paris. De} | Pate Asttl Rs de ee N VE — DeceuskeE 1855. MUHLHOUDSE. ö - 4 + IS in Br) = be) Dr) ‘5 IR Sao oa Bu % Se = Ds No on Di u eu Te nu er Be Ho I =] — | reann® onen Sonn 0 2 = Pr Ariens Scana said! Maine Massa Ara“ ” e) S +1 | | | ++| III ++ 4 | & - e 2 En ER nn PIERRE UNNA TER Bert na? = ngnan oreano namen mmann enuna onnman | 2) ANann Ammann m wann aan © aaHdua yommm aanm1o0o m 2 © Kr ae Kan Be on bl AUeT I ++ll I1l+ +hI++ | amaan maman KmasS nen Tnnda wuncoyan ey oO QDmı0 ndD Da mn 10 en m DO De de nr ao Hın © onwan en - RRaHRM Rn Era een Far aaannın S fi >> I» m Led => Er unbe mn A Er a 1 28: SEETEOBERLSR GISTE ZUHEDNE Sn mega 2 = ES} Ssnsanm DS mo dırnosan Dumas AHmsan adesan Pr sa TOTER RAU ANRER« VB EEE ee + =3 Dr 2 a Pe Er an ZZ a u a a a m sromn HHmad -AHHan VAR mann Mondo S [7-7 on a Sin Hm iD SOHN in Den I EB or SmwuamH er ann aaa area Fran Fahrt Arion a [5 > [55 > > ojuct MUND AHR BO D2 —RAFH SWR O -anHdn vmmao—m mom Aänrn rmaAma araaa amanmm u TREVES. — Decuuske 1855. her. 00 Pre erg Bee: BAROMETRE, THERMOMÄTRE R. se ö Lignes de Paris. = = I 6 2 10 6 2 10 1 | 332.1 | 332:0 | 331.0 | + 23 | +40 | #27 |» 2| 2997| 287 | 3284"+ 29|1+37 +04 3| 2971| sı2 | 322 | —ı38 | —28 | —172 || £ 4 | 3325| 5322| 3131 —81|1— 23 | — 21 | + 5 28.5 | 236.1 | 25.9 1.1 | #92.7 1620.93 0 6| 26.0 | 244 | 3943 | = 15 06 | + 11) f 71 53| 2803| 28 | +092|+13j+08s| 8 26.8 28.1 294 + 03|)+011— 23 | / 9 30.4 31.8 311 —301—-33 | —44| / 10 53.1 33.0 | 333.5 4.4 3.0 3.4 || 11 [98.2 ) #732.5 19.83;0 4.1 2.5 3.8 ||. 12 | 30.8 | 20.0 | 30.2 || — 5.6 3.0 3.6 || f 13 30.8 32.1 33.0 2.8 1.2 25 | 7 14 | 82.7 | "31.7 | 28.8 | — 18 | —10 |—03 | ] 15 | 304 | 335 | a7 +27 | +s2al+ı9 | 16 | 35.4 | "35.5 |0.851 2.0 8.0 I FILIEN 17 34.1 33.6 s33|+14|+123|+ 04|Y 18 | 335 35.0 37723 | -0r|l - 123 | — 6561| / 19 17 337.7 1:487.6 [187.6 8.4 6.6 91ıX£ 20 | 36.3 | 35.3 | 34,3 10.1 72 991, 21 | 3238| 3091 9 | 1211-89 | —ia|ly 34 | 201 31.6 | 33.8 1002| 65 | — 74 || / 23 1.488349 32.4 17.814 | 53 | Fang | BI33 WA 24 | 31.4 | 32.9 | 32.6 | + 42 4.6 25 | 25 | 324 | 31L1| 297 si 4.4 320|\1 26 | 30.1 | 329.3 | 29.6 4.0 5.7 | + 49 | 4 27 | 30.6 PH VST2: 81.8 35 | + 68 32|| ? 23 32.1 32.4 | 33.4 1.8 6.6 171 29 | 34.4 Ntgahgı |9.85.7 | 40:8 5.4 1.0 | ? 30 ı 36.0 | 36.0 | 3699| — 04| + 25 | + 2320| £ 31 | 3374| 367 | 5358| — 941-0405 | 7 moyen | 331,94 | 331.92 | 352.02 || —1.70 | #+0.20 | —1.87 eg E PARME. — DeceusreE 1855. || BAROMETRE. THERMOMETRE R. se | Pluie. s Millimötres. 383 | = | [=] l I en 9 8 ’ | ’ Res: 1 | 747.9 | 748.2 | 749.0 1 + 02 | + 301 + 186 . 2| 4751| #.1| 44|+ 15 1.3 2.01 1 % 3| 41.6 | 741.6 | 44.6 1.0 2.8 201 Kl % 4 | 49.0 | 49.1 | 749.8 1.1 3.5 02 | N 3 5| 461] #35 | 42.5 | + 06 1.8 0.5 | | 5 | 6 | 39.8 | 738.3 | 39.5 | — 1.0 2.0 05.10 ||, ©, 7| 4222| 423| 434 1.2 | + 5.8 1517| „ 8| 4421| 44 | 46.0 | — 19 18 | +02 | | 9| 48.6 | 48.9 | 50.5 | 1.5 15 | — 051 N | 10 | 52.3 | 52.6 | 754.0 1.0 1.5 0.5 | 8 | % 1] I 11 | 533 | 50.8 | 49.6 1.8 1.2 04l>| „ 12 | 47.0 | 745.3 | 46.2 2535| + 03 25 | > f 13 | 500 | #.2 | 502 3838| — 35 301% | W 14 | 33.3 | 52.4 | 515 a5 ee | 35 I793| 211 52|1-50|1+02|—20| | J 16 | 760.5 | 5391| 586 1—17/+30| +10 | >| , 17 | 57.21] 56.0 | 55.3 || 00 2.4 101 | % 18 | 533 | 722 533 ll + os Fıs +15 | 1 | „5 19 | 598 | 616 | 7926 | — 141-201 —45 || 10 20 | 61.7 | 589 | 57.2 6.0 40 1-68 || % | a1 | 535 | 7539| 5491 —91| — 58 50x | $ 22 | 563 | 554 | 56.4 5.0 | — 45 | 3.0 || || 17.5 3| 5855| 5690| 5981 — 20) +03 | + 06 | N £ 24 | 595 | 59.0 | 589 | + 0.8 2.5 2.0 | N y 25 | 57.5 | 56.0 | 755.0 2.0 2.2 2517 | 1.0 I | 26 | 555 | 55 + 25 3.0 27 | 8 ; 27 | 586 | 593 | 601 22 |+ 40 25 N | 06 28 62.3 62.0 | 62.9 1.5 | 2.0 30 | N u 29 | 64.5 | 64.2 | 764.8 12| 25 33. 0 30 | 6471638 | 63.7 3% 35 + 15 IN | % 31 | 63.7 | 624 | 614 | + 0.8 | +33 1-05 IN | ’ er | 22 moyen | 753.53 | 752.98 | 753.48 | —0.84 | +1.14 1010 | 20.1 a PUTBUS. — DsecEnm»srE 1855. ER BAROMETRE. | THERMOMETRE R. 32 || Pluie. g Lignes de Paris. As fon Be 5 = | Lignes 6 2 10 | 6 2 10 6 Ken me — Me. I | 3885 1.9329 |o8836 | =r1.2 |! er au I " 2| 33.3 343 | 36.1 | 2.5 3.1 6.4 | N 8.3 3 | 337.2 36.8 36.4 | 7.4 | 6.4 ha88 1 2 4: |? 33.8: 1.0343 |2.28.0 || =r9.0 | ng 00| L | 49 5 26.2 | 325.4 25.8 02 | + 08 0.0 || X |» 6) 261 27.1 29.0 0.6 | +40.2: |nrD.8 1. 7 29.5 29.5 31.1 1.4 | — 0.3 1.8 IS h 8 | 39.0 32.9 33.8 1 1.6 0.0 || A 9| 35.2 | 37.3 | 86.6 || — 0.8 0.3 09 | N, 83 ID Br I 38.1 3.4 5.01—-88| | u j ıl 36.6| 351 32.5 | —10.65 | 113 7.4 1 Bl 18 12 29.3 29.3 | 329.1 2.6 1.6 Tee 12 | 30:5 W.889.1 33.9 2.4 1.8 4,5 || 14 | 32,8 31.3 314 5.6 2.2 3.5 | 0.8 15 34.1 34.8 3283| —-34|—- 50 | —- 10 |N Ä 16 | 32.1 32.5 31|+17)+13|+08|»> | „ 17 32.9 34.2 374 | +#+06| + 16 = 44 | > | %, 18 | 403 42.0 | 44.1 | — 5.6 | — 38 64 | >| 15 19 45.0 | 345.2 | 45.0 8.8 6.8 70|>| % 20 | 43.8 1 043.3 | 41.9 9,5 10.0 115 1, I H 2l 38.8.4.036,7 17.858 6.7 I 751-7 | | 19 22 | 36.2 37.0 | 36.7 || —15.0 | —11.6 le , 23:.1,.27.0 W361 |0.85:0 | 1:2 | 768 ie Er 24 | 33.1 332.8 |: 84.2 0.0 | #23 Hr 1. IE 25 | 344 | 340 | 342 | + 0.8 1.2 DEE 26| 33.7 33.4 33.2 | — 0.8 0.0 021 37 | 340 | 35.0 |: 36.0 | + 09 15 #0 1 EU 33 |. 3683 I r86.3|u 86.7 || — 0,5 0.5 LO N Em 29 | 371.0 1.237.6 |: 88.4 || — 1.0 1:6 | ta Ist I 30 | 38.6 | 38:4 |. 38.5 || # 1.0 21|+16| 7 | 80 31 | 39.9 40.4 ! 341.0 | + 04|1+ 02! — 06 |» | „, | | | | moyen | 334.82 | 335.01 | 335.15 | —3.45 | —2.54 | —3.07 |) | 28.6 moyen A, re DRESDE. — Decenusre£ 1855. BAROMEITRE. | Lignes de Paris. 6 3 329.5 | 330.3 30.3 30.1 32.2 33.0 33.0 32.1 28.1 25.7 325.0 25.6 25.3 25.8 23.2 29.7 31.3 32.5 33.8 34.0 34.0 32.7 29.6 25.9 29.1 30.2 32.1 29.3 29.1 33.2 32.0 32.7 32.5 32.5 35.5 37.9 41.2 41.5 40.1 33.2 34.6 33.1 32.5 32.6 35.0 34.2 32.4 33.5 33.3 32.8 331.9 | 331.9 32.6 33.5 33.9 34.2 35.3 35.9 36.8 36.7 37.3 37.8 332.50 | 332,65 1 2 oO 332.96. il2= > onuum IFr+ m. a +1 ser-ss+r- THERMOMEITRE R. I Be vuwon»®o hd ># en SS A oo . con ce wi w -vs o= ounawi —4.43 © wur uw Direction ei = “o BERLRE O LELF] er du vent. SS SAL ZN Fir | > ABER ITTENDORF. — Drceumske 1855. ] Is. | BAROMETRE. THERMOMETRE R. | Ss | Pluie. 8 Lignes de Paris. 188 ö Zi Lignes 7 2 9 7 2 9 7 (de Paris. 1 | 320.0 |'320.2 |sıa.s | + os / + 2ı | + 120 || 05 2 | 18:8 |0.17.3 | v16.6 | # 0.8-| # 2.0 | +u0.4 |I6,7% | 546 3 | 3164 ar | I8.3-) = 13 | >85 | 774.6 0 72 4, 19.4 || 19.8 | 320.1 5.7 „1-38 || 4 5| 185 | 16.2 | 15.0 3.6 0.0 | +34.0 Irre z 6, 1493145 | 1471 — 02! + 17 | 03 ||| 25 D|: 169 0 959 | 11623 0.1 1.6 0.01 | 02 s| 162 | 164 | 17.21 — 13 | + 10 0.8 |? 0.9 9 17.9 13.7 19.6 2.0 | — 0.2 3,9 | f 10 | 20.1 | 20.0 | 320.5 3.0 2.2 42 | F 11 ! 205 | 20.0 | 20.0 | 5.0 3.5 5.0 |\iesi i ı2| 90 | 18413841 — 701 — 0 | —- 707 $ 13 | 1.o 19.8 20.7 6.2 3.5 4.7 | I 0.2 14 | 21.2 |’ 20.7 | 19.6 sır=38 30|—| 14 5 | ı79| 214 | 312|1—0s2| + 22|—01|> ö 16 | 324.2 | 23.9 | 23.4 | + 0.8 2.4 1.9 |» P) 7 | 25 Il 217 | 1214| —14| + 10 06 | > 5 18 21.2 21.6 23.4 16 | — 01 5.2) a8 v 19 24.4 24.4 24.4 10.3 9.0 11514 ” 20 | 33.1 | 21.9 | ©21.3 132 | —ı12 | 126 | £ & 21 20.3 | 19.0 | 318.4 | —143 11.0 | —10.5 Ih h 22 | 318.4 | 19.5 | 213 || — 7.8 3.7 3.4 0.2 2331| 2231| 221 | 219 4.6 | — 2.3 4.0 | " 24 | 22.1 | 22.4 | 21.9 2:0 | +21 1.0 ||| 28 2351| 21.8 | 202 | 196 + 0.8 24 +10| | E28 6 || 20.0 1944 | 919.8 || 11-0 a8 \ > 27 | 204 | 20.6 | 210 2.6 2.2 2.0 | * 23 211 | 214 | 22.83 35|+ 13 1.6 | > w 29 | 23.8 | 242 | 24.8 2.71 230,3 32 | > R 30 | 2532| 25.2 | 325.3 || — 5.0 | — 06 | — 0.46 || > Pr sıl 3312411 3834| +01|+ 34| +23 |» % \ EEE moyen 1320.33 |320.26 1320.43 | —3.48 | —1.05 | —2.85 14.5 l ‚sorgo] xne 97sod er ed uorq no ‘smpodsord 99 under wıne no opponber op orıeigp ep aed LOTIVa Sana W % Amos v2] 9P 99 oma} 29990 Aaypepop ap guid 489 ug "SIAYUIVIdINIXI SIQ IUINON "TIIOINOA II MON INdA NO YATIaNnd VI uva GIMIVYAIT "IVNUNOf ID HIOATITU 'LOTIVI SANA 'W ıed grand onb13oj010ggg9w Teumop ne NOILA4IANSNOS AA YLSIT REMARQUES GENERALES. La temperature en ce mois fut considerablement au des- sons de la moyenne, de 4 ä& 7 degres. Les premiers jours de Decembre, au Nord et & l’Est, elle fut de 13 & 25 degres trop basse, plus encore du 19 au 22 Decembre, quand Üra- covie et Lemberg dtaient trop bas de 21 degres, l’Europe Centrale de 10 degres. A TVoccident et au Sud le froid n’etait pas si intense. Le 16 et 17 £taient presque ä chaque lien un peu trop chaud. L’elevation de la temperature £tait encore plus grande apres le 25 par toute l’Europe, ä P’ex- ception de la Baviere et de l’Autriche. Lisbonne avec tout le Portugal et probablement l’Espagne et la partie meridi- onale de la France &taient apres le 15 un peu au dessus de la normale. A Masseille le 20 au 22 il se faisait sentir un refroidissement. La pluie &tait plus abondante ä& Lisbonne et ä Alger quailleurs. Le baromötre &tait plus &leve@ qu’ä& Pordinaire en Angle- terre et dans les Pays-Bas dans la premiere partie du mois comme dans la seconde moitie; en general en Europe il etait trop bas au commencement, trop haut dans la derniere partie. Ainsi le 5 il &tait trop bas de 26.5 mm. ä Christiania, le 19 il atteint partout en Europe la plus grande hauteur. A Christiania, Kiel, dans les Pays-Bas, & Mühlhouse, Putbus, Leipzig, Dresde, Cracovie, Lemberg, Varsovie, il &tait plus de -20 millimetres trop haut. Ces remarques sont plus detaillees dans les Annales de l’Institut Royal des Pays-Bas. Elles deviendroit de plus en interessantes, si on envoit plusieurs observations et plusieurs communications des moyemes memsuelles. In meinem Verlage ist. soeben erschienen: Neuer Handatlas je über alle Theile der Erde. Be 2 In 40 Blättern. Be a 6.) Entworfen uı und bearbeitet | FR: E u Dr, Heinrich Kiopert;; Mitglied der Königlichen Akademie. der Wissenschaften zu Berlin. RE "Vierte Lieferung. 2 Inhalt: 28. Scandinavien. 29. Vorder-Indien. } ‚30. Ost-Asien. 34. Die Niländer. ei, aßie fünfte” Lieferung, ehe in einigen Wochen erscheint, "wird enthalten: > BEER 4a F rankreich, ‚25. Europäische Türkei und. Griochenländ; = 317. Oestliches, Nord- America. 38. Westliches Nord- America; Be vorge, und .da’ auch die Blätter des 6. u 7. Heftes im Stiche weit vorge rückt sind, so ist es möglich, dafs die ee des Ganzen noch vor de in dem Prospect verheilsenen Term’ ıe (Ende 1858) erfolgt. r Berlin, im ‚October 186. Dietrich Reimer. % Bei Sn Berlage der ü. artift Abtheilung des Däfterr. Rloyb in. rien ef und ift durch alle. deutfchen Buchhandlungen zu beziehen: ‘ Eugenio Balbi, @EA, ossia la terra descritta 'seconde le norme di Adriano Balbi e le ultime e mi- gliori notizie. Opera originale tahanı. 7 we Das ganze Werk wird in Jahrezfrift mit-6 Bänden. gr. 8. complet und den. Umfang. von 100 Bogen‘ fowie den. Bseie- von. 5 a 20 ei nicht: a Srichienen find die erften. 3 Bände. . * Bei Eduard Weber in Yonn iR is eben endiecie: ER 21 Sadebed, Dr. Morik (Brofeffor zu Breslau), Der Series, we feine Umgebung. Mit zwei Karten des Zobtengebirges und ‚oien n sah Muildungen. gr. 4. cart. Ahle. | Gedruckt bei A. W. Schade in Berlin, Grünstr, 18. i Al u er x N © N ne ATS et ke us