N age ZEITSCHRIFT FÜR ALLGEMEINE ERDKUNDE. MIT UNTERSTÜTZUNG DER GESELLSCHAFT FÜR ERDKUNDE ZU BERLIN UND UNTER BESONDERER MITWIRKUNG VoN H. W. DOVE, C. G. EHRENBERG, H. KIEPERT vxo (. RITTER IN BERLIN, K. ANDREE ix orespen us J. E. WAPPÄUS ıx eömıxcex HERAUSGEGEBEN VON Dr. K. NEUMANN. NEUE FOLGE. FÜNFTER BAND. MIT VI KARTEN. BERLIN. VERLAG VON DIETRICH REIMER. 1858. ns jet ER mon d AN Es" \unund Rn E ws, EN Veen Zn Pain rY rWTrZUr Ti KErEr ® A SIUIIHNS RNB P; ‚aaa US Ar muns scht TRIAL A u HINaGR027MA TATKZT RG “ . « ATTIA I owı TEALAEN E DEAIEMAAUR DI VDE in ‘ Me f + rıuöozıfroo ı BURAS u 2 Wy \ Lidzu A aa ZIAUUA. I. rt Hr ' er N u r% 4 € “ ade F 1 III AIR Ei Li d ’ 7 i “ » 4 Bo, | vı14494 AAMIAR NIIHTATT ROVTDAIAAT er wori Inhalt des fünften Bandes. . Das Resultat der telegraphischen Längenbestimmungen zwischen Ber- lin und Königsberg und Berlin und Brüssel, nebst einer historischen Notiz über geographische aan Sol Tah aan im Allgemeinen. Von Dr. C. Bruhns . Ein Profil des Ural- Ghbirees, Rn Kaiserl, Russ. General -Major Dr. Ernst Hofmann - ER erNne Eine Reise über Land von Ningpo 10 Bo Mitgetheilt von Dr. Biernatzki . Die nomadischen Tuugusen von a und m Angara. Von Orlow. Aus dem Russischen vom Herausgeber pe Ein Beitrag zur zoologischen Geographie Spaniens. Von Dr. A. E. Brehm. Erster Abschnitt . 3 Reisebericht über Silein in Ungarn er nn Erdbeben » vom 15. I nuar 1858. Vom Prof. Dr. M. Sadebeck in Breslau . Die letzten Entdeckungsreisen in Süd- Australien. Vom Herausgeber . Amtlicher Bericht des Königl. Geschäftsträgers Geh. Finanzrath Dr. Hesse über die Zustände und Handelsverhältnisse der Britisch-West- indischen Insel Jamaica, vom 27. Februar 1858. Erster Abschnitt . Ein Beitrag zur zoologischen Geographie Spaniens. Von Dr. A. E. Brehm. Zweiter Abschnitt Reise im Thal des Uruguay und auf En Gebiet er Banda Oriental. Von dem Königl. Be vi und General- Consul für die La Plata-Staaten, F. v. Gülich . Amtlicher Bericht MAR Königl. Geschäftsträgers Geh. Rnanzrakh Dr. Hesse über die Zustände und Handelsverhältnisse der Britisch-West- indischen Insel Jamaica, vom 27. Februar 1858. Zweiter Abschnitt . Reisen im nördlichen Theile der Insel Borneo. Von Lieut. Claude de Crespigny. Mitgetheilt von Prof. Carl Ritter . Zwei Entdeckungsreisen in die Ostjordanische Städtewüste en Consul Wetzstein und Cyril Graham. Von Prof. Carl Ritter . Wanikoro und der Schiffbruch des La Perouse.. Vom Director Mei- nicke ın Prenzlau. ..... rs RER arte Bericht über eine im Jahre 1857 ieh, en in die östlich vom Dshebel Haurän liegende Wüste. Von Cyril C. Graham . 9 Seite 122 134 185 224 281° 305 325 339 377 414 IV Inhalt. XVI. A. C. Gregory’s Reise durch den australischen Continent im Jahre 1858. Nach Gregory’s amtlichem Bericht, vom Herausgeber XVI. Der Rio Colorado des Westens. Von Balduin Möllhausen . XVII. Reise an die Quelle des Gilui und an den Fluls Seja im Sommer 1856. Von Ussolzew. Aus dem Russischen, vom Herausgeber Miscellen und Literatur. Europa. Zur Bevölkerungsstatistik von Grofsbritannien . Nachtrag zu Herrn Prof. Kriegk’s Abhandlung über die Ara Von W.RONETT 1. ni as NE LE E Ueberreste des Alterthums auf 1 Schlangeninsel R. Battista’s „Terremoto di Basilicata“ Eine Naturerscheinung im Baltischen Meere Der Siwasch. Nach Capt. Osborn. syzaE : B. Cotta’s „Deutschlands Boden, sein Miekarcher Bau ln Er Ein- wirkung auf das Leben der Menschen“ Die diesjährigen Ueberschwemmungen in Schlesien na am oe Bar ihre Ursachen. Von H. W. Dove - N on, © Ueber die letzten, von der Kais. Russ. Akademie a Wissenschaften veranstalteten Forschungsreisen . Der Eisgang der Oka im Kreise Kasimow . Weigelt’s „Nordfriesiche Inseln“ Die Eisenbahnen Frankreichs Deseription du Departement du Bas- Rhin Afrika. Schauenburg’s „Reisen in Central- Afrika“ Schleiden’s „Landenge von Sues“ 2 Die katholischen Missionen am weilsen Nil Chör Barka und Chör el Gasch in Nubien Szarvady’s „Suezkanal“ Asien. Nachricht über die letzten Tage Dr. J. B. Roth’s : Die Forschungen der ostsibirischen Expedition im Gebiete or Witim Neuer Handelsvertrag zwischen Japan und den Vereinigten Staaten von - Nord - Amerika > 3 5 Ueber das Erdbeben von Semipalatinsk. Von Bag Die Stadt Namtow an der Tyshan-Bay . : EN Nachrichten von der wissenschaftlichen Expedition Be en Von Chanikow > EEE IT ur Die Temperatur von ME Von -H. W. Doyer,. 2 v0 55 56 59 85 163 164 182 259 263 264 276 460 497 86 277 349 470 500 61 61 66 168 265 352 355 Inhalt. Der Irawadi . . ... A Ein wissenschaftliches an in Shanghai Yedo und Umgegend . W. Heine’s „Expedition in die Bene von China, Tapes En Ochotsk“ Nachrichten über die Resultate der Reise des Lieut. Ussolzew im Jahre 1857 a RL DE EEE A N FE ER Ueber tibetanische Gebetsteine. Von Robert Schlagintweit Der Taihu oder grofse See. Von Dr. Biernatzki Australien und Polynesien. Die Arru-Inseln . . . as PRO m Gregory’s diesjährige Titnedition ak dl alias Ennehene Die central-australische Depression. Von Dr. Palacky in Prag . Unterirdische Höhlen in Süd - Australien Neue südaustralische Entdeckungsreisen . Amerika. Die Indianer im Gebiet der Hudsons-Bai-Compagnie . Die Stromschnellen des Frazer River . . ö Schreiben des Herrn Prof. Burmeister an Ba, m v. Kumbolie, d. d. Parana 30. Mai 1858 . E 5 EHE Bemerkungen A. ee, s über die erkenne ae Pe Thee’s . Hörmeyer’s „Südbrasilien“ 5 Kohlenlager im Gebiet der Ver &aiplän Saar an der Küste dor Stillen Oceans . Nachrichten über isn rare S RER zur En Fr interoceanischen Canal-Route durch die Provinz Chocö Nachricht von der RR en u Rn SR EL Der Paraguay - Ueber die Temperatur von Point Ben 2 H. w. Diowe : Zur Bevölkerungs-Statistik der Staaten Central- Amerikas . Die Häfen Rosario und Gualeguaychu _ Miscellen allgemeineren Inhalts, J. Fröbel’s „Deutsche Auswanderung und ihre culturhistorische Bedeu- tung“ Tabelle zur Beherkicht Her re han uf dem Seereze . Populäre Schriften über die Nordpolarländer . - Uebersicht der vom Juli bis zum December 1858 auf dem Gebiete der Geographie erschienenen Werke, Aufsätze, Karten und Pläne. Von DNS OIT ER? Rate ASP = ne SEAT ee Be RUHE Re GE9Rn, Ag 268 478 479 483 70 74 74 76 87 172 174 270 273 483 486 491 83 243 373 505 vI Inhalt. Sitzung der geographischen Gesellschaft zu Berlin vom 3. Juli 1858.88 L 2 & = - - - 7. August - . 184 En B z - - - - 4. Septbr. - 279 3 r e 2 - - - 4. October - .' 373 E a = - - - - 6. Novbr. - .- 502 E m z - - - - 4. Deecbr. - .. 503 Karten. Taf. I. Profil des Ural-Gebirges. Vom Kaiserl. Russ. General-Major Dr. E, Hofmann. Taf. I. Das Flufsgebiet des Witim. Von L. Schwarz, Hauptastronom der ostsibirischen Expedition. Taf. II. Neue Erforschungen in Süd-Australien, reducirt nach den zu Adelaide veröffentlichten Original - Aufnahmen. Taf. IV. Der Stromlauf des Paraguay oberhalb des Einflusses in den Parana, nach der Aufnahme des Lieut. Page. Taf. V. Die britische Provinz Pegu und der südliche Theil von Barma, nach der neuen Karte von H. Yule redueirt. Taf. VI. Der untere Stromlauf des Paranä und Uruguay im Gebiete der Argen- tinischen Republik, nach der, Aufnahme des Lieut, Page. Juli 1858. ZEITSCHRIFT 1:0 FÜR ALLGEMEINE ERDKUNDE.. MIT UNTERSTÜTZUNG DER GESELLSCHAFT FÜR ERDKUNDE ZU BERLIN UND UNTER BESONDERER MITWIRKUNG VON - H. W. DOVE, C. 6. EHRENBERG, H. KIEPERT uno C. RITTER IN BERLIN, | K. ANDREE ın orespen uno J. E. WAPPÄUS ın görtıncen. HERAUSGEGEBEN Ei von ag EIER Il Dr. K. NEUMANN. RE | B; = NEUE FOLGE, Bl:ill = FÜNFTER BAND, ERSTES HEFT. | BERLIN. | VERLAG VON DIETRICH REIMER. 4 Inhalt. Seite I. Das Resultat der geographischen Längenbestimmungen zwischen Berlin und Königsberg, und Berlin und Brüssel, nebst einer historischen Notiz über geographische Längenbestimmungen im Allgemeinen. Von Dr. Se EL EIS Te: A Re Ae Mala Day ae ee II. Ein Profil des Uralgebirges. Vom Kaiserl. Russ. Bar er Dr. Ernst Hofmann. . . ch Be 8 II. Eine Reise über Land von Ningpo nach ER Mitgetheilt von Dr. Biernatzki 2°. 0°, De Re 10 IV. Die nomadischen en von Bauntowsk und der Angara. Von Orlow. Aus dem Russischen vom Herausgeber . ... .......43 Miscellen. Zur Bevölkerungsstatistik von Grolsbritannien . . 95 Nachtrag zu Hrn. Prof. Kriegk’s Abhandlung über äie Messen: Von W.Koneris... Br ER Be Se: Ueberreste des Alterthums ur de Suinseninsel; ee Era BES E EEEE Nachricht über die letzten Tage Dr. J. Roth’s ... oh na AB Die Forschungen der ostsibirischen Expedition im Gebiete ie Witim A Neuer Handelsvertrag zwischen Japan und den Vereinigten Staaten von Nord-Amerika . ... N ii Die Indianer im. Gebiet der idee, Bay-Compagnie LE U in D Die Stromschnellen des Frazer River . . . SEN 74 Schreiben des Hrn. Prof. Burmeister an Hin: Alex. v. Hülnbakdr- d.d."Parana 30..Mail1858..0°.. 0%. . RNLER El: Bemerkungen A. Bonpland’s über die Verbreifüng des Barapiay Tricks 76 Neuere Literatur. Die deutsche Auswanderung und ihre eulturhistorische Sen Von Jul. Fröbel. Leipzig 1858 . . . 0 Be Il terremoto di Basilicata. Relazione di Raffaele Börsen Potenza. BBUR. 85 Die Reisen in Ceäitral- Afrika von Re, Park bis u Dr. Barth und 1 Dr. Vogel. Von Dr. E. Schauenburg. Lahr 1858 . . . ..2.86 Südbrasilien. Von Capitän Hörmeyer. Hamburg 1858 . .. ... 87 Sitzung der geographischen Gesellschaft zu Berlin vom 3. Juli 1858. . 88 3 Karten. Taf. I. Profil des Ural-Gebirges. Vom Kaiserl. Russ. General-Major Dr. E. Hofmann. Taf. I. Das Flufsgebiet des Witim. Von L. Schwarz, Hauptastronom der ostsibirischen Expedition. FREE NER We ei | f h „ , ee ee na a a Frame m I. Das Resultat der telegraphischen Längenbestimmun- gen zwischen Berlin und Königsberg und Berlin und Brüssel, nebst einer historischen Notiz über geo- graphische Längenbestimmungen im Allgemeinen. Von Dr. C. Bruhns. D. Kugelgestalt der Erde wurde bekanntlich zuerst von Pythago- ras '), von Eudoxus und Jarauf von Aristoteles ”) angenommen und erklärt, in der Alexandrinischen Schule war sie bekannt und Ptole- mäus, der letzte würdige Zögling dieser Schule, der Verfasser unseres berühmten astronomischen Lehrbuches, des Almagest, setzt sie in sei- ner uns hinterlassenen Geographie voraus. In dieser Geographie ist das erste Verzeichnifs von mehr als 2500 Ortsbestimmungen, es sind angegeben geographische Breiten und Längen. Die Breiten wurden durch Sonnenhöhen bestimmt und ihre Genauigkeit erstreckt sich etwa bis auf 1°, die Längen, wenigstens einige davon, sind, wie Delambre in seiner histoire de l'astronomie, tom. II, pag. 522 meint, durch Fin- sternisse bestimmt; Ptolemäus führt nämlich- selbst eine Mondfinster- nils, welche zu Arbela um 5 Uhr, zu Carthago um 2 Uhr beobachtet wurde, auf. Doch da man damals weder Chronometer, noch Pendel- uhren, noch Räderuhren hatte, so hingen die Zeitbestimmungen von Sonnen- und unzuverläfslichen Wasseruhren ab, bei denen Fehler von +, ja bis zu einer Stunde vorkommen konnten. Die hierdurch be- stimmten Längen bekamen also die Fehler der Zeitbestimmung und in der That erstreckt sich die Genauigkeit der Ptolemäischen Längen nur bis auf 3 bis 4 Grad. — Nur einige Hauptpunkte hat Ptolemäus durch solche Beobachtungen bestimmt, die anderen Oerter sind durch die Y) Gruppe, das cosmische System der Griechen. Berlin 1851, p-. 51. 2) Aristoteles, de coelo II, 14. VAR! Zeitschr. f. allg. Erdk. Neue Folge. Bd... N 1 fl ER .2 RA 2 C. Bruhns: durch Reisen ermittelten Entfernungen der Oerter von einander und die berechneten Breitenunterschiede angeschlossen. Im Mittelalter war Alles im Dunkeln; von Längenbestimmungen finden wir selbst bei den Arabern, die durch eine Gradmessung ') den Umfang der Erde bestimmten, Nichts; ja in Europa wurde selbst die Kugelgestalt geleugnet, weil, wie Whewell ?) in seiner Geschichte der inductiven Wissenschaften sagt, das christliche Dogma keine Antipoden dulden konnte, und wem ist nicht bekannt, auf welche Hindernisse der grolse, von Toscanelli unterrichtete Columbus stiels, als er mit dem Globus in der Hand den spanischen Machthabern explieiren wollte, dafs ein Weg gen Westen nach Indien führen müsse. — Seine Ent- deekungen wurden bald durch seine Nachfolger vermehrt und. diesen kam auch in den Sinn, die Lage des neu entdeckten Welttheils zu be- stimmen. In Deutschland war um dieselbe Zeit der Astronom Johann Re- giomontan der Wiederbegründer der practischen Astronomie geworden, und eines seiner grolsen Verdienste bestand darin, dafs er genaue Ephe- meriden für den Mond und die Planeten für 30 Jahre vom Jahre 1476 bis 1506 im Voraus berechnete. Während Columbus, auf Toscanelli gestützt, glaubte, dafs von der Westküste der iberischen Halbinsel bis zu der Ostküste des chinesischen Reiches statt der 230 Längengrade die Entfernung nur 52 Längengrade sei, wagte Amerigo Vespucei schon mit der Benutzung der Regiomontan’schen Ephemeriden aus der Con- junetion des Mars mit dem Monde am 23. August 1499 die Längen- differenz mit Nürnberg (die Ephemeriden des Regiomontan waren für den Meridian von Nürnberg berechnet) zu bestimmen. Auch auf der Fahrt des Magellans soll Andres von San-Martin ®) ähnliche Bestim- mungen gemacht haben; aber bei diesen einzelnen Beobachtungen ist es geblieben und mehr als 100 Jahre sind noch verflossen, bevor auch nur mit einiger Genauigkeit Beobachtungen gemacht wurden. Columbus fand auf seiner Reise die Veränderung der Declination der Magnetnadel, er passirte die Linie ohne Abweichung, und nachdem Hartmann *) im Jahre 1543 die Inelination entdeckt hatte und Robert Norman 1576 die Inclinationsboussole erfand, wollte Gilbert °) durch sie Breitenbestimmungen machen. Diese Idee ist bis jetzt, weil man noch zu wenig die Ursachen und Gröfse der magnetischen Variationen !) Unter Almamon im Jahre 814 in der Ebene von Sindjar, südlich von Nisibis. ?) Whewell, History of the Inductive Sciences Vol. I, pag. 254. 3) Apelt, Die Reformation der Sternkunde. *) Dove’s Repertorium der Physik Bd. II, pag. 129. °) Der Gedanke, durch die Declination der Magnetnadel Längenbestimmungen zu machen, rührt von Columbus her. Vgl. A. v. Humboldt, Cosmos Il, 320. n Telegraphische Längenbestimmungen zwischen Berlin und Königsberg etc. 3 kennt, nicht weiter gefördert worden; nur Humboldt sagt im Cosmos '), _ dafs sich an den Küsten Peru’s in der Jahreszeit der beständigen Ne- bel die Breite durch die Inklination mit einer für die Schifffahrt hin- reichenden Genauigkeit bestimmen liefse. Wie konnte aber wohl von einer genauen Längenbestimmung die Rede sein, bevor man nicht genaue Zeitmesser hatte; durch den Auf- | schwung in der Schifffahrt wurden gute Uhren zum Bedürfnisse, und _ die schon zu Ende des 13. Jahrhunderts erfundenen Räderuhren be- durften noch Jahrhunderte, um so hergestellt zu werden, dafs sie trag- bar gemacht und zu dem Zweck der Längenbestimmung brauchbar wurden. Erst mufste Galilei in der Kirche zu Florenz die Gesetze des Pendels entdecken und Huyghens es mit dem Räderwerk verbinden, erst mulsten die Unruhe und Spiralfeder durch Huyghens und Hooke erfunden werden, bevor die Idee des 200 Jahre früher lebenden Gemma Frisius, die Länge durch Zeitübertragung zu bestimmen, zum ersten Male im Jahre 1665 mit einer Huyghens’schen Uhr auf einer Fahrt nach Guinea in Ausführung kommen konnte. Es war noch nöthig, dafs aufmunternde Preise von 1000 Kronen durch König Philipp I. von Spanien, von 30,000 Gulden durch Holland, und 1714 von 10, 15 und 20,000 Pfund St. durch das englische Parlament ausgesetzt wurden, ehe es dem Sohne eines Landzimmermeisters zu Foulby in Yorkshire, John Harrison, gelang, der in der Preisaufgabe gegebenen Bestimmung, dafs das Chronometer in 6 Monaten nicht mehr wie 2 Minuten ab- wiche, zu genügen. Seit jener Zeit sind Verbesserungen über Ver- besserungen gemacht und sie hier alle aufzuführen, würde eine Mono- graphie der Chronometermacher, eine Geschichte der Uhrmacherkunst sein. Die Anwendung der Zeitübertragung ist besonders in diesem Jahr- hundert vielfach angewandt und ich erwähne nur die grofsen Chrono- meter-Expeditionen zwischen Berlin und Altona, zwischen Pulkowa und Altona, zwischen Altona und Greenwich. \ ' Die Mondfinsternisse werden ihrer ungenauen Beobachtung wegen fast gar nicht mehr zu Längenbestimmungen gebraucht und auch die von dem grofsen Galilei gleich nach der Entdeckung der Jupitersatel- liten vorgeschlagene Methode, die Jupitertrabanten-Verfinsterungen zu beobachten, wird selten angewandt. Für den Nautiker ist die Methode der Monddistanzen, welche 1514 Johann Werner ?) in Nürnberg, 1524 Peter Appianus und etliche Jahre später mehrere andere Astronomen WE !). Cosmos II, pag. 321. 322. 2) Eigentlich ist die erwähnte Beobachtung der Conjunction des Mars von Ame- rigo Vespucei schon eine Monddistanz -Beobachtung. ie A C. Bruhns: vorschlugen, die gebräuchlichste, für den Astronomen sind Sonnen- finsternisse, Planetenvorübergänge, Sternbedeckungen, Mondculminatio- nen und Mondhöhen brauchbar. Weil man aber bei diesen Erschei- nungen von der Gunst des Wetters abhängt, hat man auch andere Mittel erdacht, bei denen man zu jeder Stunde die Operationen machen kann und die Methode der künstlichen Signale ist mehrfach in Aus- führung gekommen. Hin und wieder hat man auch durch trigonome- trische Messungen die Längendifferenzen berechnen können. Die Genauigkeit dieser Methoden ist verschieden grofs; während die Mondfinsternisse die Längendifferenz nur bis auf etwa 2 Minuten in Zeit oder # Grad in Bogen genau geben, lassen die Beobachtungen der Jupitertrabanten Fehler bis zu 4 Zeitminute übrig und die Mond- distanzen, besonders auf dem hin- und herschwankenden Schiffe ge- messen, erreichen diese Grenze wohl schwerlich. Die Beobachtungen der Sonnenfinsternisse, der Sternbedeckungen, der Mondeulminationen ete. haben gezeigt, dafs sie, selbst wenn sie zahlreich vorhanden sind, doch Fehler bis zu + Zeitseeunde übrig lassen. Die künstlichen Signale dürfen, um das Licht noch deutlich zu sehen, nicht allzu fern von ein- ander sein und auf grofse Entfernungen sind zu viel Zwischenstationen nöthig, wodurch auch wieder die Genauigkeit des Resultats beeinträch- tigt wird. Bei dieser Art der Beobachtung hat man sich wohl von der Klar- heit des Himmels unabhängig gemacht, nichts desto weniger ist man genöthigt, gewöhnlich im Freien zu arbeiten und gegen diese Methode ist die durch den electrischen Telegraphen weit vorzuziehen, weil man bei ihr ohne Zwischenstationen, so weit als nur immer der Draht geht, in seinem Zimmer ruhig die Zeichen geben kann oder ankommende Zeichen mit einer neben dem Beobachter stehenden Uhr zu vergleichen hat. Die Beobachtungen lassen sich zu jeder Tages-, zur Nachtzeit, im Winter, im Sommer machen, keine vorüberziehende Wolke kann wie bei den Erscheinungen am Himmel die ‘oft tagelang dauernden Vorbereitungen zu Nichte zu machen und wenn man sich auf einen genau regelmäfsigen Gang der Uhren verlassen könnte, würde man nicht einmal heiteres Wetter ') zu Zeitbestimmungen nöthig haben. Die Genauigkeit kann aufserdem so weit getrieben werden, wie man will, man braucht die Beobachtungen nur zu wiederholen und bis auf 2 bis 3 Hundertstel Zeitseeunden, d. h. bis auf 20—30 Fufs in unse- ren Breiten läfst sich das Resultat genau erhalten. ') Eine Art der telegraphischen Längenbestimmung besteht darin, dafs die Durchgänge der Sterne telegraphirt werden, dazu ist während der Beobachtungszeit heiteres Wetter nöthig. Br TOR ern Ya Telegraphische Längenbestimmungen zwischen Berlin und Königsberg ete. 5 -G@aufs, jener grofse Heros in den mathematischen Wissenschaften, leitete im Verein mit Weber im Jahre 1833 einen doppelten Draht von der Göttinger Sternwarte zum physikalischen Cabinet, und indem statt B ‚der hydro-galvanischen Ströme die Induetionsströme angewandt wur- - den, war die Möglichkeit, auf entfernten Strecken sich durch Buchsta- ben und Worte zu verständigen, zur Ausführung gebracht; Gaufs schlug im Jahre 1839 zuerst die Benutzung der Telegraphen zu Längenbe- stimmungen vor, aber erst 1844 wurden rohe Versuche von Capitain Wilkes und bald darauf genauere von der Commission der nordameri- kanischen Küstenvermessung gemacht. In den Jahren 1845— 49 wur- den die Längenbestimmungen zwischen den Sternwarten von Phila- delphia, Washington, Jersey City, Hudson ete. gemacht, 1857 ist Que- beck mit Chicago verbunden. In Europa sind mir die telegraphischen Längenbestimmungen zwischen Greenwich und Paris, Greenwich und Brüssel, Berlin und Frankfurt a. M., Stockholm und Upsala, Berlin und Königsberg, Berlin und Brüssel und Greenwich und Cambridge bekannt, welche, von 1853 an gemacht sind. ©» »An den Längenbestimmungen zwischen Königsberg und hier und Brüssel und hier habe ich selbst mit Theil genommen und über die Art und Weise werde ich Näheres mittheilen. Die Bestimmungen mit Königsberg wurden im Herbst 1856 am 26. October, am 15. und 16. November, am 30. November, und 1857 am 26. und 27. September und am 4. October gemacht. In Königs- berg beobachtete Dr. Wichmann und einige Mal nahmen auch Herr Hagen und Herr Kaiser Theil, hier beobachteten Professor Encke, ich und einige Mal Dr. Förster mit. ‘ Weil die Telegraphenbureaux sowohl in Königsberg wie hier von den Sternwarten ziemlich entfernt sind und nicht ohne beträchtliche Kosten die Leitungsdrähte nach den Sternwarten gezogen werden konn- ten, wurde die Zeit mit Chronometern von den Sternwarten bis zu den Telegraphenbureaux übertragen und an den Chronometern beobachtet. — Es wurden zwei verschiedene Methoden bei den Beobachtungen an- gewandt, die Methode der Signale und die der Coineidenzen. — Die auf den Stationen aufgestellten Apparate sind die Morse’schen Druck- Telegraphen, deren Einrichtung in jedem besseren Lehrbuch der Physik bereits angegeben ist. Sobald der Schlüssel auf den unter ihm befind- lichen Ambos niedergedrückt wird, ist die Verbindung hergestellt und der Electromagnet des Relais auf der andern Station zieht seinen Anker an. Das Niederdrücken des Schlüssels auf den Ambos wurde auf der einen Station, das Aufklappen des Ankers auf den Electromagneten _ auf der andern Station beobachtet und die Differenz der beobachteten _ Zeiten ist die Längendifferenz. Brauchte bei dieser Methode der Sig- m 6 C. Bruhns: nale der Strom eine Zeit, um von der einen Station zur andern zu kommen, oder erfolgt das Anziehen des Ankers durch den Electro- magneten nicht in demselben Augenblick, in dem das Niederdrücken geschieht, so wird dieser Irrthum der Länge dadurch aufgehoben, dafs die Stationen im Signalgeben abwechselten. Bei der zweiten Methode wurde eine Pendeluhr benutzt, am Pen- del war ein Platindraht befestigt und dieser tauchte bei der einen Elon- gation des Pendels, also alle 2 Secunden, in ein Quecksilbernäpfchen. Von der Uhr aus ging ein Draht nach dem Schlüssel, von dem Queck- silbernäpfehen einer nach dem unter dem Schlüssel befindlichen Ambos; sobald nun der Platindraht in das Näpfchen tauchte, war der Strom geschlossen und der Electromagnet auf der andern Station zog den Anker an. Auf der Station, auf der die Uhr ging, war auch das Re- lais zwischen Schlüssel und Erde eingeschaltet, so dafs auf beiden Sta- tionen alle 2 Secunden durch das Anziehen der Anker ein hörbarer Schlag entstand. Das Pendel, welches alle 2 Secunden den Strom schlofs, war etwas länger oder kürzer als ein gewöhnliches Secunden- pendel, das Anziehen der Anker erfolgte daher nach einem um ein Weniges gröfseren oder kleineren Zeitraum als 2: Secunden mittlerer Zeit, und verglichen mit den Chronometern gab es Schläge, die mit den Chronometerschlägen coineidirten. Die Zeit, bei welcher solche Coincidenzen stattfanden, wurde auf beiden Stationen aufgeschrieben, aus der Zwischenzeit der einzelnen Coineidenzen wurde nachher der Gang der Pendeluhr abgeleitet und alle Coineidenzen, sowohl die hie- sigen wie die der andern Station, auf eine angenommene Zeit der Pendeluhr redueirt. Die Differenz der dazu gehörigen Ortszeiten giebt die Längendifferenz. Die Stromzeit, oder die Zeit, um welche der Strom den Electromagneten der andern Station später magnetisch machte, als den der hiesigen Station, wurde wieder dadurch eliminirt, dafs sowohl hier als in Königsberg eine Pendeluhr, die mit einem alle 2 Secunden: in ein Quecksilbernäpfehen tauchenden Platindraht ver- sehen, aufgestellt war, die abwechselnd gingen. Das Endresultat ') aller Versuche aus allen einzelnen Tagen aus beiden Methoden ist: Königsberg liegt um 28 Minuten 24,1 Secunden östlicher als Berlin. Bei den Operationen. zwischen hier und Brüssel . beobachtete in Brüssel Herr E. Quetelet, hier Professor Eneke, Dr. Förster und ich. Die Methoden waren dieselben, jedoch war die Brüsseler Sternwarte ') Ausführliche Berichte über die Daten der einzelnen Tage sind in den Ab- handlungen der Berliner Academie der Wissenschaften enthalten. TESTEN © NENNE LEE, UNTNT T- + Telegraphische Längenbestimmungen zwischen Berlin und Königsberg ete. 7 direct mit dem Telegraphendraht verbunden, so dafs dort keine Ueber- _ tragung durch Chronometer nöthig war. Beobachtet wurde 1857 April 25 und 26, Mai 2 und 3 und 9 und 10 und October 10 und 11. Es ist gefunden Brüssel westlich von Berlin 36 Minuten 6,5 Secunden. Die wahrscheinlichen Fehler ‚dieser Resultate sind nach der Theo- rie nur einige Hundertstel Secunden. Bei den Zeitbestimmungen, die bei Längenbestimmungen eins der wesentlichen Elemente sind, ist auch Rücksicht auf die persönliche Gleichung genommen. Es war im Jahre 1795, als in Greenwich der Nachfolger des be- rühmten Bradley, Maskelyne, bemerkte, dafs sein Adjunet Kinnebrook die Durchgänge der Sterne 0,5 — 0,8 Secunden später beobachtete, als er, und Maskelyne, der sich die Ursache nicht erklären konnte, entliefs seinen Beobachter, glaubend, dafs er ihn zum Beobachten nicht mehr gebrauchen könne. Dieser Schritt wurde anfangs wenig beachtet, später aber, als sich zeigte, dafs zwei Beobachter fast nie zu derselben Zeit den Stern am Faden beobachten, hat man und nicht mit Unrecht Mas- kelyne’s Härte gegen Kinnebrook getadelt. Beiden Bestimmungen der Sternörter hat diese Differenz, welche unter dem Namen „Differenz der persönlichen Gleichung“ be- kannt ist, keinen Einfluls, denn um eben so viel, als der eine Beob- achter den Stern früher oder später beobachtet, um eben so viel findet er auch den Stand seiner Uhr anders. Dieser Stand der Uhr giebt aber die Zeitbestimmungen und da diese bei den Längenbestimmungen unmittelbar gebraucht werden, ist es nöthig, die Zeitbestimmungen auf einen und denselben Beobachter zu reduciren. In Königsberg machte Dr. Wichmann, in Brüssel Herr E. Quetelet und hier ich die Zeitbestimmungen, Wichmann und ich haben uns hier nach vier verschiedenen Methoden im Beobachten verglichen und nahe dieselben Resultate gefunden, Quetelet und ich haben uns sowohl hier wie in Brüssel verglichen und das Resultat dieser Vergleichungen ist gewesen, dals ich | 0,07 Secunden früher als Dr. Wichmann und 0,18 Secunden früher als E. Quetelet beobachte. Wegen dieser Differenzen sind, wie oben erwähnt, die Längen- . differenzen corrigirt. Die frühere Längenbestimmung zwischen Königsberg und hier gab b 28 Minuten 25,0 Seeunden, 80 dals durch die jetzige Länge Königsberg uns um 0,9 Secunden oder 8 Ernst Hofmann: etwa 800 Fufs näher wäre. Die frühere Längenbestimmung war von Bessel ausgeführt, und da bei dieser nicht erwähnt ist, dafs die persön- liche Gleichung angebracht gewesen, so ist Encke der Meinung, dafs sich die entstandene Differenz vielleicht dadurch erklären lasse. Bessel hat sich nämlich mit Walbeck, Struve und Argelander ver- glichen und im 8ten Bande der Königsberger Beobachtungen sind die Zusammenstellungen gemacht. Nach diesen beobachtete Bessel an einer Uhr, deren Pendel ganze Secunden gab, fast um eine ganze Secunde früher als die andern Beobachter, dagegen an einem Pendel, das nur halbe Seeunden schlug, nur 4 Secunde. Es ist diese Differenz schwer zu erklären, sie scheint hiernach von dem Pendel abzuhängen. Struve sagte mir im vorigen Herbst, er hätte Bessel aufgefordert, sich mit ihm an einem Zweiseeundenpendel zu vergleichen, denn hätte an diesem Bessel 2 Seeunden früher beobachtet, so wäre dadurch etwas mehr ent- schieden; es ist zu bedauern, dafs diese Vergleichung nicht ausgeführt worden ist. Bringt man an die frühere Längenbestimmung die persönliche Glei- chung, die Bessel an dem ganzen Secundenpendel !) mit den übrigen Beobachtern fand, an, so stimmt sie mit der jetzigen fast nahe über- ein, von jetzt an mufs aber die oben gegebene Längenbestimmung als die richtigste und genaueste angesehen werden und in den Jahrbüchern wird sie von jetzt an auch so angegeben werden. Berlin, im Juli 1858. Il, Ein Profil des Uralgebirges. Von Dr. Ernst Hofmann, Kaiserl. Russ. General-Major im Corps der Berg - Ingenieure. Im Anschlufs an die im vorigen Bande der Zeitschrift publieirte Abhandlung über die hypsometrischen Verhältnisse des Uralgebirges geben wir diesem Hefte ein Profil dieses Gebirges von 51° bis 68° N. Br. mit, zu dessen Erläuterung nur wenige Worte erforderlich sind. Die auf dem Profil dunkler gehaltene Gebirgskette bezeichnet die Haupt- kette des Ural; zuweilen aber erheben sich westlich von derselben höhere Bergspitzen, und diese sind durch eine hellere Schattirung kennt- lich gemacht. Um das Profil nicht mit Namen zu überladen, sind die darauf eingetragenen Höhen mit fortlaufenden Nummern: versehen, welche in dem nachfolgenden Verzeichnifs ihre Erklärung finden, und !) An einer Uhr mit ganzem Secundenpendel wird bekanntlich fast immer be- obachtet. PER Ein Profil des Uralgebirges. 9 E nur die wichtigeren Spitzen benannt, damit das Profll wenigstens in “seinen Hauptpunkten auch an sich verständlich werde. Die Höhen we sind in russischen Fufs angegeben, die den englischen entsprechen. Verzeichniss der auf dem Profil eingetragenen Berge, Pässe u. s. w. be e Fufs über Nördl. Br. | No. Namen FR ! 51° 52°] 1. | Festung Guberlinsk am Urallus . . 2.2... 463 2. ' Höchster Berg bei Guberlinsk . . rl 847 3 Höchster Punkt zwischen Chabarnoi und Güberlinsk 1126 \ a. Quellen der Guberlä. . . . 2.) Plateau 1366 4. b. Ebene zwischen der Turatka u. Guberlä) von Gu- | 1295 | c. Sandstein an der Turatka . . \berlinsk 1331 2°_53°] 5. | Gipfel des Irendyk westlich von Urtakymisk + 1438 6. | Spiegel des See’s Tolkasch . . 1683 7. | Gipfel des Irendyk am östlichen Ufer des Tolkasch 3086 53°—54°| 8. | Berg Aktubä im Irendyk . . . £ 2572 9. | Quellen der Sakmara . . $ 2452 10. | Irendyk zwischen Kananikolsk und’ Magnitnäja . 2221 11. | Ural zwischen Magnitnaja und Belorezk . . . . 2678 54°— 55°] 12. | Quelle des Flusses Ural (Jaik) . . eh 2109 13. | Südlicher Gipfel des Gebirges Ui “Tasch Sr 2699 55°—56°] 14. | Pafs über das Uralgebirge zwischen den Dörfern Wesselowsk und Maskarlink . . . 2... 2015 15. | Alexandrowskaja Sopka bei Slatoust . . 2... 2679 ') 54°_55°| 16. | Gipfel des Berges Jurma . . 22 2722 200 | 3234 17. | Gipfel des Berges Iremell } & 5040 18. | Quelle des Tagin, Nebenbach der Bela \ 2 3418 35°— 56°] 19. | Zweiter Gipfel des Nurgusch. . 2 3 4318 20. | Erster Gipfel des Nurgusch a 3: 4605 21. | Gipfel des Uwan. . . ee) 3546 22. | Gipfel des Gebirgszugs Sukka 25 3833 23. | Pafs über denselben 20.5 3583 24. | Gipfel Matkal. rn darin) 53 2647 25. | Gipfel des Lukasch. . . . » 2 ..|83 3227 26. | Gipfel des Sjuratkul a 3877 27. | Gipfel des Berges Urenga . . . 00) 3820 28. | Taganai, zweiter Gipfel < E 3688 29. - runder Gipfel a nalloal & 3823 6°— 57°] 30. | Berg Asow, bei Polewskoi . . un)! 6 1852 31. | Woltschaja Gora an der Techußsowäjh a: 2430 32.:| Beresowskaja Gora, bei Bilimbajewsk. . . . . 1354 2 33. | Karaussen-See, auf der Wasserscheide . . . . 1028 57°—58°| 34. | Ural bei Nishne-Tagilsk . . 2 2.0.2 1214 35. | Belaja Gora, ebendaselbst . . ALLER 2 2257 36. | Westliche Sinnaja Gora (Blauer Berg) VIA 1929 9 Die Zahl 2689 im vor. Bande $. 443 beruht auf einem Druckfehler. Der ' Matkal (No. 24), hat zwei Gipfel, von denen S. 444 die Höhe des einen, hier die des andern angegeben ist. Die unbedeutende Differenz in den Angaben No. 88 und 93° beruht hier oder dort auf einem Schreibfehler, den wir später berichtigen zu _ können hoffen. K.N. 10 Ernst Hofmann: | a Fufs über | Nördl. Br. | No. Namen dem Meere GE RE ET © 37. | Rücken des Ural bei Kedrowka . en: 1647 38. | Oestliche Sinnaja Gora (Blauer Berg)” ee 1707 39. ‚ Rücken des Ural hinter dem Falkenstein . . . 1567 40: |, Gipfel des" Katschkanar" ar nn 2849 59° — 60% 41 | Magdalinsky-Kamen 5 na man Tun ne pr 2377 422 |. Bawdinsky- Kamen: „sur ie ae ae 3135 43. |, Konshakowsky-Kamen. . 22.20 5235 44. | Kumba, nördlichen pt m 3109 60°—61° | 45. | Denischkin-Kamen . . 5027 46. | Rücken des Ural zwischen Tscherdyn and Sansersk 2098 6274627 47. | Berg Ischerimfahtss's von lands) WE 3187 48. | Berg Jelping- Njer, htsry- ie wi TR 3929 49: 51Manst; Hum Narr aus 2776 90-416 Moning- Turmp;i. ... Ftuseiiekt ehe tar 2692 al; 16 HalrSaryr Vochgehl’f a5; neskeniger sarshnt er i « kb 3202 52. | Püre-Mongit-Ur. . EINER 2 27 7 3600 53. ' Motju- Tschachl Geaatls pie). PR ET NUR ERER 3205 54. | Ural-Pals bei der kleinen Petschora Zee 2438 3dudany-Hatschet-Ürsises au adlwästeert wufr Lidurieh ie 3205 62%:463°7 56, | Pals Potuorn-Sory (ihnen a enlnan 2493 52:,j"Jany- Uontyr=Tsehachl.. uns oral see 2964 58. | Jany-Haut-Sory. . steel 2118 59. | Petscher-Ja- Toljach - Ti: Ger Gipte) Kaaty" Te ie 2887 60. | Jengale-Tschachl . . = AR Be 3168 61. Pals Kapkartne - Kelly - Sory PR Le TPORONOE BRTT REN > ORRRE "S 1474 62 Man-KwetipNjer write: meins entf ee 3043 G3..| Tossem- Achytas-NJ0UM Yarı- denn ee 2693 645 Nintsch- Un, de. Ein aireenbiente e 3417 65:,,| Neilen- Tump-Sory, gsi aernsst wo Tea dr 1485 66.2. Neilen-Tump .. ,... ey: anumust. sufı- Inderkzd..i a 2539 67.2) Atjegligmpsr- enden: ‚niont:saheallsed 1. Me 2750 68.2 Jany- Tump,, - ‚Lyss «soh- Feiuke) Aura Io RR 2610 Bea 69. Bintenel, _ „51... fa ae Auer re di 2229 7:2] Kapkartne-Sory 2... ., puwel sale la) I. „id 1458 Men) Eipka-Ür,.., „adinß someone sah- Tata Tr. 3192 De Ljunder- Ur... 0.2 elesnah wa N a 3303 Zara Chur- Galy= Ur. MS Jahre Intser Ie okE 2768 “4.8. Tojachlen-Ur... u... I dass naf kai ET. 2544 7a. Hossa- Njer . „.. ., . fauleeuni zul Tat 3081 76. Sastem -Njers.. > Julia 2779 TAN HOMmSIinE=SOry5yY: see ee ie 1878 28.8, Sustachlen--Tschachl, fg). safamrz = u . jenfli 2695 79. | Summach-Njer . . . re 1727 80. | See Sobach-Tur, auf der Wasserscheide. rer 1500 GER 1 Weise ei ten ee 2160 92. Bett akindauanen Wfiget Yan Lach Fan u u Eee ra 3199 83... 0eika 2.0 00, We Re a ERBEN 1506 847,1 /Noikayy % ee ee. ee 2105 85. | Kiudal-Fine- Tschal > Bien 1 > nei 2304 ab Burwa-lirs.. 7. 0001.00. %, ER Re EEE 2569 87. | Schadmaha-Ur . . 4120 88. | Pals des Ural zwischen den Flüäsen Wangeri und Pateksuarztit vlurdunbadun il a lern 2468 EIER UT ET TE OR 3789 EEE EEE WETTER TEN >» > Ein Profil des Uralgebirges. 11 Fufs über | dem Meere mn nn nn nn nn a a nn mn nn mn LIU Namen 65°— 66°] 90. | Pafs des Ural zwischen den Flüssen Be und | Charutta . . te EEE 2796 91.| Pafs zwischen Charutta an Koß“ ja Eu nt 2778 92.| Snty . . h 4163 93.| Pafs zwischen den Flüssen Koshem und Lenxs i 2578 YA Der.süudleche-Pae-Jer,. - .. „ #.., use au .c '. 3550 DET MEHR TSOLWEIOWE N 1605 ger nPanische-Keutonlse,elleilwoig, Iabognglayunall, 2716 66°— 67°] 97., Nerabi . . EN ER 3086 63°—64°| 98.) Koshem -Is (en: Palueng un. = 4224 99.| Leske-Ur . . . = 2973 100. | Sale-Sacutim-Ur u 2866 101. | Halmer-Sale-Ur . 25 13982 102. | Piua-Syngapt-Ur 3 3454 103. | Syngapt-Sory. SO = 5 2934 104. | Lul-Uontmit-Tschachl . er 4351 64°—65° | 105. , Töll-Pofs (Ne-Pu- hy) = 5540 106. | Sablja a a N EC 5142 ET TOT. T ONOLE=JUSSOE Pt, NL RR NN, 3749 108"! Der nördliche Pae-Jer in. u. m. „msn 4652 1095 „Terkam Be su... Are An reed 67°—68°| 110.) Pendyrma-Pae . ERREICHTE 3523 111. Parotsch - Jadyr - Pae a Ser a ae ae 3604 westl.Kette] 112.| Jenga-Pae, höchster Big . . . 2 v2... 3719 113,.1.:Hajudir- Pae, ‚erster sGipfelu. 0. 4.97 sah st, duedad 4075 114. - - zweiter En BR = en a Ne 4003 68°— 69°] 115.| @netju . . . ; ar ai Zr Ha aa 4259 116.) Berg No.87 . . .- mac oa Ar 3517 117.| Berg im Ural am Bache e Niärbe‘ ser Tinihnruhe 1939 118.| Minisei . . a Be En 1818 119. | Konstantinow - Kanlen Ayla Dual Sic le ri Zur las aaa 1491 III. Eine Reise über Land von Ningpo nach Canton. Mitgetheilt von Dr. Biernatzki. Die drei Provinzen Chikiang, Fukiän und Kwantung umfassen, in der Richtung von Norden nach Süden, die südöstlichen Küstenland- schaften China’s. Im Westen von Fukiän dehnt sich, in Form eines Rechtecks, die Provinz Kiangse aus, mit ihrer Südgrenze Kwantung, mit der östlichen Hälfte ihrer Nordgrenze Chikiang berührend. Die Ueberlandsroute des Herrn Milne von Ningpo, der Stadt der „fried- lichen Wogen“, nach Canton, der Stadt der „Widder“, die wir in den ‚nachfolgenden Blättern mittheilen, durchschnitt den südlichen Theil von 12 Eine Reise über Land Chikiang, sowie Kiangse und Kwantung in der Richtung von Norden nach Süden. Sie wand sich in einem der Küstenlinie entge- gengesetzt gekrümmten Bogen von Meer zu Meer, und berührte im äulsersten Nordwesten den berühmten Poyang-See. Der Weg von diesem See bis nach Canton ist der südliche Theil der Hauptverkehrs- strafse zwischen dem Süden und Norden des Reichs, seit Alters her wiederholt von Fremden bereist. Die Strecke vom Poyang-See nord- wärts nach Hangehow ist gleichfalls schon früher von abendländischen Reisenden besucht worden. Nur der dritte Reise- Abschnitt, einige Meilen südlich von Hangchow bis nach Ningpo, war, ehe Herr Milne ihn zurücklegte, noch sehr wenig bekannt. Aber noch niemals ist die gesammte Route mit solcher Genauigkeit cartographirt und so ohne Abschweifung nach dieser oder jener Seite beschrieben worden, wie Herr Milne es gethan, weshalb seine Darstellung, die den dritten Ab- schnitt seines Werkes „Life in China“ ') von S. 258 bis 326 umfalst, einen unleugbaren Werk besitzt. Dieser wird dadurch noch erhöht, dafs der Verfasser, als er im Jahre 1843 seine Reise antrat, bereits vier Jahre in China gelebt hatte und mit Sprache, Sitte und An- schauungsweise der Chinesen, mit ihrer Literatur und geographischen Heimathskunde vertraut, das, was er selbst sah und erlebte, gründlich zu beurtheilen und der Wahrheit gemäfs darzustellen vermochte. Diese Gründe haben die Mittheilung dieser Reisebeschreibung hier veranlafst; wobei wir nur noch bemerken, dafs wir, dem Standpunkte dieser Zeit- schrift gemäls, die Darstellung vielfach zusammengezogen, und um die Schreibart chinesischer Ortsnamen nicht noch mehr zu verwirren, als es ohnehin schon zu geschehen pflegt, die englische Schreibweise un- verändert beibehalten haben. Am 7. Juli 1843 gegen Abend war Alles zur Abreise des Herrn Milne von Ningpo ?) vorbereitet. Er hatte einen zuverlässigen Die- ner, Namens Woo, und zwei ihm seit länger bekannte junge Burschen als Begleiter engagirt, sich den Vorderkopf scheeren und einen eine Elle langen Zopf am Haar des Hinterkopfes von einem chinesischen Haarkünstler befestigen lassen, chinesische Kleidung angelegt: — so begab er sich mit seinen Reisegefährten durch die Stadt und die Vor- städte bei hellem Mondschein unerkannt und unbelästigt nach‘ der i ') Life in China, by Rev. William Milme, M. A. for many years Missionary among the Chinese, with Four Original Maps. London, G. Routledge $ Co., 1857. Der dritte die Reise in drei Kapiteln enthaltende Abschnitt des Buches führt die Ueberschrift: A Glance at Life in the Interior of China. 2) 29° 58’ N. Br. und 121° 22’ N. L. nach Milne, Zife of China, p. 73. DE u mt ans. FG Be (ar ur4 5 7 h kn von Ningpo nach Canton. 13 Barke, die zur Fahrt gemiethet worden, um an Bord derselben die ‚Nacht zuzubringen. „Um fünf Uhr Morgens“, erzählt er, „benutzten wir die steigende Fluth, um in den nordwestlich strömenden Tzekeflufs einzulaufen. Bald befanden wir uns mitten unter einer zahlreichen Flotte kleiner Boote, die alle, von Wind und Fluth begünstigt, den Strom hinauffuhren. Ich zählte einmal 47 solcher Fahrzeuge, meistentheils, wie das unsere, Pihkwan-Barken '), welche mit wenigstens 3 Mann besetzt waren und Waaren und Passagiere nach der 127 engl. Meilen von Ningpo ent- fernten Provinzial-Hauptstadt Hangchow oder nach den auf dem Wege dorthin gelegenen Städten Tzeke, Yuyaou und Shaouhing beförderten. Der erste Ort von Bedeutung, den wir passirten, war Kaoukiaou, am linken Ufer, wo im Jahre 1130 Tartarenhorden von den: Bewoh- nern der Umgegend geschlagen wurden und Japanesen in der Mitte des 16. Jahrhunderts arge Verwüstungen anrichteten. Eine günstige Brise brachte uns bald dem Taying-Berge am rechten Ufer gegenüber, der, von grolsen Bäumen beschattet, auf seinem Gipfel mehrere Fami- lientempel, an seinen Abhängen viele Grabmäler und an seinem Fufse mehrere Wohnungen trägt. Manche Sage erfüllt noch heute hier die dunkle Waldung. Vor Alters hauste in dieser, zu einsam stillem Nach- denken wie geschaffenen Gegend ein Dichter und Denker, Namens Siay, seiner Herkunft nach ein Bauer, der als Arzt berühmt war und hier in der Einsamkeit eine Arzenei bereitete, die gegen Alter und Gebrechlichkeit, gegen Krankheit und Tod als Universalmittel galt. ‚Auch erzählt man, dafs hier im vierten Jahrhundert der berühmte Yuhe in stillem Verkehr mit der Natur sich aufhielt, ein Mann, der dreimal “von dem damals regierenden Monarchen zu hohen Ehren an den Hof geladen, diese romantische Abgeschiedenheit dem prunkvollen Hofleben vorzog. Kein Wunder, dafs man dem Berge den Namen „Berg tiefer Zurückgezogenheit“ gab. Fünf oder sechs Meilen weiter gelangten wir an eine Fähre, die nach dem vom rechten Ufer etwa 4 Meilen entfernt liegenden Berge Chay kew benannt wird. Diese Worte bedeuten „Wagen“ und „Stall“; denn hier lagerte die Reiterei des Kriegsobersten Kaoutseen des Staates Yueh (wie hier die Gegend zur Zeit vor Christi Geburt hiefs); noch zeigen sich Ruinen dieses Lagers. Als aber die Ming-Dynastie den Thron bestiegen hatte, verschanzte sich hier ein Kronprätendent, Fang kwohchin, der indessen durch einen nächtlichen Ueberfall vertrieben wurde. Die Ebbe nöthigte uns, bei der Fähre vier Stunden lang vor !) Diese Fahrzeuge führen ihren Namen nach dem Dorfe Pihkwan, oberhalb - Ningpo. 14 Eine Reise über Land Anker zu liegen. Als die Fluth wiederkehrte, fuhren wir nach Chang- ting, am linken Gestade, wo, wie es scheint, die Reichen schöne Wohnhäuser erbaut haben. Recht im Gegensatz zu diesen zum Theil prächtigen Wohnungen stand ein wenig weiter eine grolse Töpferei mit vielen elenden Strohhütten für die Arbeiter. Bis hierher hatten wir stets die, 18 Meilen südwestlich von Ningpo liegende Hügelkette Sze ming shan in Sicht, die, wie ein Eingebo- rener sie beschreibt, „dem Auge des Reisenden eine ferne ausgedehnte Ansicht mit tiefen Schluchten und dunklen Schatten darbietet. Es fin- den sich hier mächtige Felsen, ein Pfeiler neben dem andern, thurm- artige Vorsprünge und tiefe Abgründe, düstre Schluchten und gähnende Klüfte, weite Oeden und unbebaute, ja unbetretene Thäler.“ Je nach- dem man von verschiedenen Stellen aus die Berge betrachtet, erschei- nen sie in phantastischen Gestalten, „im Osten“, sagt ein chinesischer Schriftsteller, „gleich furchtbaren Wogen, im Westen gleich einer eilig fliehenden Heerde, im Norden gleich gewundenen Drachen, im Süden gleich weidenden Ziegen“. Der Pfad vom Fufs der Berge bis zum höchsten Gipfel soll 130,000 Fuls lang sein, und folgt man der Berg- reihe an ihrer Basis in allen ihren Windungen und Biegungen, so milst sie 800 Li oder 240 engl. Meilen. Sie liegt innerhalb der Distriete Ningpo, Funghwa, Tzeke, Yuyaou, Shangyu und Ninghai, und wird in den Schriften der Taouisten-Secte als das neunte der 36 hohen Ge- birge in China angeführt. Das Volk hält sie für einen vom Himmel gegründeten Wachtposten an der Grenze des Ningpo- oder Szeming- Distriets, um Unheil und Pestilenz fern zu halten. Die wilden rauhen Berge sind nur von Elfen und Geistern bewohnt; man zählt 280 her- vorragende Höhen, deren jede einen eigenen Namen trägt. Die merk- würdigste unter allen besteht aus fünf, etwa 1} engl. Meilen von ein- ander entfernten Spitzen, deren mittlere ein grofser viereckiger Fels- block mit vier Oeffnungen ist, welche den Fenstern eines Hauses glei- chen. Aus jeder dieser Oeffnungen hat man die volle Aussicht nach der Sonne, dem Monde und den Sternen, und darnach heifst das Ge- birge Sze ming, so viel als „die vier hellen“, nämlich Oeffnungen. “Auf diesem Mittelpunkte der Bergkette stehen in grolsen Zeichen die vier Wortcharaktere „Sze ming schan sin“ eingegraben, d. h. das Herz (Centrum) der Szeming- Berge. Von Changting aufwärts nimmt der Flufs den Namen Yuyaoufluls an, da er seiner gröfseren Ausdehnung nach durch den Yuyaou-Bezirk fliefst. Bisweilen wird er hier auch Yaou- und Schunflufs genannt, beide Namen zum Andenken an die berühmten chinesischen Herrscher Schun und Yaou. Die benachbarte Gegend ist zum Theil dem erha- benen Schun geweiht. Nicht weit von der Stadt Yuyaou, am rechten Bien de. cas von Ningpo nach Canton. 15 Ufer, soll er seine Aecker mit einem Elephanten gepflügt haben. Auch findet sich dort noch sein Brunnen und sein Bett aus Steinen, auf wel- chem er, nach der Tradition der Chinesen, zu schlafen pflegte. Eine halbe Stunde oberhalb Chanting gelangten wir, indem wir die Grenze zwischen den Landschaften Ningpo und Schaouhing kreuzten, in den Bezirk von Yuyaou. Der Flufs verengt sich hier bedeutend und seine Gestade an beiden Seiten sind mit der 12 bis- 20 Fufs hohen Papyrus- Staude, die von den ärmeren Eingeborenen vielfältig benutzt wird, "üppig bewachsen. Die Wurzel, die süls, saftig und kühlend ist, wird gegessen; das lange wallende Blatt wird zum Einwickeln von kleinen Reiskuchen gebraucht; aus dem Stengel werden Segel, Matten u. s. w. verfertigt, auch dient er als Dachstroh. Getrocknet braucht man Blät- ter, Stengel und Wurzeln als Feuerungsmaterial. Gleich nach Unter- gang der Sonne erhob sich ein heftiges Gewitter, das uns nöthigte, am Ufer Schutz zu suchen, wo wir bis Mitternacht vor Anker lagen. Um 2 Uhr Morgens (den 9. Juli) brachte uns eine günstige Fluth nach Yuyaou, der Hauptstadt des gleichnamigen Distriets. Sie ist nieht unbedeutend und liegt an beiden Seiten des Flusses, die Altstadt am nördlichen, die Neustadt am südlichen Ufer. Eine Brücke aus drei Bogen kreuzt den Flufs im Mittelpunkte der Stadt; sie ist 240 engl. Fufs lang und liegt 30 Schritt vom Südthor entfernt. Der Flufs heifst hier Hwuykiang, da eine. Tulpenart, Hwuy genannt, zahlreich im We- sten der Brücke wächst. Gewöhnlich heifst die Brücke nur die Flufs- brücke, obwohl sie die Inschrift Tung sze kiaou d. h. „Brücke der allgemeinen Durchfahrt“ trägt. Sie ist fast 300 Jahre alt, da sie 1556 gebaut wurde. Bis hierher segelten 1841, während des Krieges mit China, die englischen Dampfer „Nemesis“ und „Phlegeton“ unge- hindert. Mit Tagesanbruch hatten wir den Flufs verlassen und kamen zu dem westlichen Hwang ho pa, einem sehr hohen Damm, über wel- chen Boote, die nach Schaouhing oder Hangchow fahren, hinüberge- wunden werden. Dieses Bauwerk — eine Schleuse nach unseren Be- ‚griffen — ist aus massiven Steinen ausgeführt und besteht aus zwei, an der Spitze in einem Winkel von etwa 45° zusammentreffenden ge- neigten Ebenen, in deren jeder sich eine Rinne befindet. Auf der Spitze liegt ein Querholz oder ein abgerundetes Stück Holz. Der ganze ' Bau dient dazu, die Passage zwischen zwei Canälen zu erleichtern, die nicht unmittelbar mit einander verbunden werden können, weil ihr Wasserniveau einen zu bedeutenden Unterschied zeigt. Man muls die Geduld und Beharrlichkeit der Chinesen bewundern, die sich einer sol- chen öffentlichen Belästigung ruhig unterwerfen, und auffallend ist es, dafs nicht öfter Leben und Eigenthum durch diese Vorrichtung in Ge- 16 Eine Reise über Land fahr kommen. Obwohl ihre Boote vom härtesten und zähesten Holz gemacht sein sollen, so kann es doch nicht anders sein, als dafs der Kiel sowohl wie die Seitenwände, wenn sie die steinerne Rinne hin- aufgezogen werden, eine heftige Reibung erleiden und beschädigt wer- den. Schwer beladene Fahrzeuge, die besonders schwierig und gefähr- lich hinüberzuschaffen sind, müssen gewöhnlich erst ausgeladen werden. Wir fanden an der Hwangho-Schleuse bereits zwanzig Boote vor Anker liegen, welche auf Arbeiter warteten, die sie hinaufwinden soll- ten. Da die Mannschaft dieser Boote noch schlief, so legten wir uns gerade mitten vor den Steindamm, damit wir sicher sein könnten, zu- erst befördert zu werden. Kaum aber war die Sonne über den Hori- zont hervorgestiegen, als unsere Lage entdeckt wurde; man beschul- digte uns laut, dafs wir uns zwischengedrängt, und eröffnete zuerst gegen uns einen Krieg mit Worten, dann versuchte man Gewalt. Die Mannschaft der übrigen Boote griff das unsrige mit vereinten Kräften an und schob es rasch und leicht wieder in den Hintergrund zurück. Mein Führer, Woo, war an’s Land gegangen, um Lebensmittel zu kau- fen. Als er zurückkehrte, fand er zu seiner grolsen Verwunderung nicht allein, dafs unser Boot zurückgedrängt, sondern selbst hinter denen lag, die später als wir angekommen. Daher forderte er nun unsere Mannschaft auf, mit Gewalt wieder ihren früheren Ankerplatz einzu- nehmen und überschüttete die erbosten Leute der anderen Boote mit Scheltworten. Die Folge war, dafs Bambusstöcke und Bootshaken sich sofort gegen Woo erhoben und er vornüber in den Kielraum stürzte. Da war es mir nicht möglich, mich länger zu verbergen, ich eilte aus meiner Kajüte ihm zu Hilfe. Als die Sieger sahen, dafs sie Woo’s Unverschämtheit zum Schweigen gebracht, gingen sie fort, indem sie riefen: „Wie! gesetzt es wäre ein Fremder im Boote, wir würden uns nicht um ihn scheeren!* Nach Verlauf von zwei bis drei Stunden kam endlich an unser Boot die Reihe, hinaufgewunden zu werden. Eine starke Halse wurde um das Hintertheil des Fahrzeugs gelegt, jedes Ende derselben um ein Gangspill gewunden, welches auf jeder Seite der Schleuse stand, und die ‚beiden Winden von 20 bis 30 Arbeitern in Bewegung gesetzt, wo- bei sie mit Armen und Schultern arbeiteten und schrieen und brüllten, als würden sie gepeitscht. So gelangten wir auf die ansteigende Ebene des Dammes und hatten alle Hände im Boote nöthig, um uns selbst und unsere Sachen festzuhalten. Eine halbe Stunde dauerte das Auf- winden, dann erreichte das Boot die Spitze des Dammes, von welcher es nun auf der entgegengesetzten Seite durch seine eigene Schwere in das Wasser hinabglitt. Nun wollte man von uns noch eine übermäfsig hohe Steuer erheben, was nicht wenig Gezänk verursachte. Wir kamen von Ningpo nach Canton. 17 _ indessen mit Entrichtung der gewöhnlichen Taxe, 12 Cash oder 2 Far- thing, davon; für Boote mit Waaren und Passagieren werden 170 Cash, ohngefähr 6 Pence, erhoben. - Endlich um 10 Uhr Vormittags verlielfsen wir die Schleuse und konnten uns Glück wünschen, nicht zwei oder drei Tage aufgehalten zu sein, wie dies der Fall ist, wenn die Passage besonders stark fre- quentirt wird. Ich war während der letzten Stunden aus Furcht, Auf- enthalt zu verursachen und entdeckt zu werden, in meiner Kajüte ge- blieben; als wir nun aber den Canal weiter hinauffuhren, trat ich her- aus, um mit Muflse die schöne Landschaft zu betrachten, die sich zur Rechten und zur Linken ausbreitete. Die Gewässer, welche nach der Schleuse hin zusammenströmen, kommen aus der Maoushan-Lagune, die anderthalb englische Meilen entfernt liegt. Blaue Hügel umgürte- ten den Horizont, während die Ebene zwischen ihnen und dem Flusse mit frischgrünenden Reispflanzen geschmückt war. Viele Leute arbei- teten auf den Feldern, Kinder balgten und tummelten sich im Wasser; _ überall waren Frauen beschäftigt, wovon die meisten keine zusammen- geschrumpften Fülse hatten. Unter anderen noch unbekannten Gegen- ständen fielen mir besonders die Kioh wa chuen auf, eine Art leichter - Kähne, in deren Hintertheil ein Mann sitzt, der die Ruder mit den Füfsen statt mit den Händen regiert. Drei englische Meilen weiter kamen wir nach Changpa, dem zweiten Damme, der zwar niedriger als der erste ist, aber doch viele Schwierigkeiten bietet. Hier wurden indessen nur die Schultern von Arbeitern in Anspruch genommen, das Boot hinaufzuwinden, kein Gangspill kam zur Anwendung. Aber, um einem etwaigen Unfall vor- zubeugen, wurden erst das Gepäck und das Geräthe an’s Land ge- bracht, dann das Boot mit vereinten Kräften, mit Händen, Armen und Schultern, hinaufgeschoben, unter fortwährender Begleitung von Ge- schrei und Zuruf. Ich bemerkte an der Tracht der Frauen hier einen seltsamen Kopfputz: in Ningpo tragen sie den sogenannten Ningpo- helm, hier herrscht die Mode von Shaouhing, sie tragen das Haar nach der Yuanpaou-Form, so genannt nach der Aehnlichkeit des Putzes mit einem Silberbarren. Ein breites Fahrwasser brachte uns nach Yihting, von wo an die Breite und Tiefe des Flusses abnimmt. Hier wartete unserer ein _ dritter Damm, uns aufzuhalten und zu langweilen. Gewils sind diese und ähnliche Hindernisse, die auf den Canälen bei Shanghai und Can- ton nicht vorkommen, mit die Ursache, dafs der Handel in Ningpo so gering ist. Wir fanden hier jene in China ziemlich häufig an den Ufern "der Flüsse und Canäle gelegenen Wasserreservoire, die durch das Aus- treten der Flüsse über ihre Gestade, wo diese niedriger sind, als das Zeitschr. f. allg. Erdk. Neue Folge. Bd. V. 2 : E r; ‚ni 18 Eine Reise über Land umliegende Land, entstehen. Sie sind zwar im Allgemeinen nachtheilig für die Gesundheit der Umwohner, aber in Zeiten der Dürre von aufser- ordentlichem Nutzen. Während ich am Fenster meines Bootes sals und die Gegend um- her beschaute, zeigten einige der Vorübergehenden auf mich und drück- ten ihre Verwunderung aus über „das schneeweilse Gesicht dieses Mannes“. Doch liefsen sie mich unbelästigt und mochten wohl glau- ben, dals ich aus einer der nördlichen Provinzen des Reiches sei und in Begriff stehe, in meine Heimath zurückzureisen. Nachher aber, in Pihkwan, das wir um 3 Uhr Nachmittags erreichten, bestand meine chinesische Verkleidung wirklich die Probe.“ Nachdem die Reisenden sich eine Zeit lang in einem Wirthshause in Pihkwan ') ausgeruht, brachte eine Fähre sie über den Tsaoungo- Fluls. Dieser ist ein Arm des Poyang-Flusses, dessen Quelle 150 engl. Meilen südwestlich im Kinhwa-Bezirk liegt. Der Hauptstrom führt den Namen Tsaoungo auf 100 Meilen Länge bis an die Nordwestgrenze des Shaouhing-Distriets. Hier theilt er sich in zwei Arme, deren einer sich in die breite Mündung des Tseentang, an welchem Hang- chow liegt, der andere in das Gelbe Meer ergiefst. Jenseits der Fähre setzten die Reisenden ihren Weg zu Fulse fort; ihr Gepäck wurde theils getragen, theils auf Schubkarren fortgeschafft. Um 6 Uhr kamen sie nach dem Dorfe Pihsha, wo sie abermals nach kurzer Rast ein Boot bestiegen, das sie den Shaouhing-Flufs hinabführen sollte. Es war dies ein Woo pang, d. h. ein Boot mit schwarzer Bedeckung, weil der Ueberbau desselben aus schwarz angestrichenem Bambusrohr be- stand. Es konnte 18 Tonnen Waaren, aufser Passagieren, tragen und hatte drei Kajüten. Am 10. Juli, also drei Tage nach der Abreise von Ningpo, um 8 Uhr Morgens, kamen die Reisenden nach Shaouhing, welches unter 36° 6’ N. Br. und 120° 29 O. L. liegt ?). „Ungefähr vor 2000 Jahren,“ so fährt Herr Milne fort, „stand hier die Hauptstadt des Staates Yueh, der zur Zeit seiner Blüthe alles Land zwischen Canton und den Kiangnan-Provinzen umfalste. Gegen- wärtig ist Shaouhing die Hauptstadt einer Landschaft, die sich von Osten nach Westen 90 engl. Meilen und von Norden nach Süden 130 engl. Meilen weit ausdehnt und acht Distriete, Shanyin, Kwaike, Siaoushan, Yuyaou, Shangyu, Chooke und Sinchang, einschliefst. Wir setzten unseren Weg am Ufer entlang in südwestlicher Richtung fort, die Stadt und ihre Vorstädte zur Linken. Am Nordthore gingen !) Fortune, Wanderungen in China etc., deutsch von Zenker, Leipzig 1854, schreibt Pakwan. 2) Ebenso bei Fortune a. a. O. 8. 267. | | | | von Ningpo nach Canton. 19 viele Leute aus und ein, auf dem Flusse war viel Leben und Bewe- gung. Fahrzeuge jeglicher Gestalt und Gröfse — einige Lastfahrzeuge - 40, 50 bis 70 Fufs lang — fuhren hin und her. Es war ein Festtag für die Flufsschiffe. Lustig flatterten bunte Streifen von den Drachen- booten und Vergnügungsbarken, eine glänzende Procession bewegte sich zur Feier des Geburtstages des Gottes Kwante den Flufs entlang. Zahllose Zuschauer standen am Ufer, Männer, Frauen und Kinder. Da aber Fluth und Ebbe auf Niemanden warten, so hatte ich keine Zeit, das Schauspiel näher zu betrachten. Im Weitergehen behielten - wir die Mauern der Stadt noch im Auge. Nach der Aussage der Ein- geborenen sollen sie 45 Li, fast 13 engl. Meilen im Umfang haben, obwohl sie nicht mehr als 4 oder 5 engl. Meilen ') lang zu sein schie- men. Sie sind 174 Fuls hoch, an der Spitze 15, an der Basis 27 Fuls _ breit und mit einer, der „Frauenwall* genannten, 5 Fufs hohen Brust- - wehr ringsum versehen. Die Bevölkerung der Stadt sammt deren Vor- städten wird auf 250,000 Seelen geschätzt ?). Innerhalb der Mauern : giebt es aber wenigstens 60,000 Menschen, die, wie dies der Charakter ; der Bewohner des Bezirks überhaupt sein soll, „fleilsig, genügsam, I lernbegierig sind und nicht allein Handel treiben“. Viele Gelehrte soll _ es in Shaouhing geben und man sagte mir, dafs am Hofe fast aller angesehenen Mandarinen im Reiche diese sich aufhielten. Von den bedeutenderen Gebäuden und Etablissements der Stadt verdienen zwei bis drei besondere Erwähnung, sowohl ihrer eigenthüm- lichen Bauart, als auch ihres Zweckes wegen. Sie stehen an jeder Seite des Flusses, den sie gleichsam beherrschen, und ziehen die Blicke des fremden Reisenden auf sich. Als wir uns der Stadt näherten und schon während des ganzen Weges, den wir heute gekommen, fanden wir alle drei englische Meilen ?) einen Militairposten und an jeder Seite der Wachthäuser sogenannte „Rauchhügel“. Es sind dies kegel- förmige, aus Backsteinen wie ein Zuckerhut gebaute Oefen, 6 bis 7 Fuls hoch, weifs angestrichen und in der Mitte mit einem rothen Fleck be- zeichnet. Sie dienen als Telegraphen, nämlich um besonders bei der Annäherung des Feindes am Tage Rauch- und zur Nachtzeit Feuer- signale zu geben. In Kriegszeiten werden sie beständig voll Holz, Heu und Stroh gehalten, so dafs sie jeden Augenblick angezündet wer- !) Fortune a. a. O. S. 268 schätzte sie auf 3 bis 4 engl. Meilen im Umfange. ®2) Fortune a. a. O. 8. 267 sagt, die Stadt habe beinahe so viel Einwohner wie Shanghai (210,000). ?) Nach dem ursprünglichen Plane über die Anlage von Militairposten durch _ das ganze Land ‚sollte jede 5te Li ein solcher Rauchhügel, jede 10te ein Wacht- _ haus und jede 60ste eine Militairstation mit Leuten und Pferden zur Beförderung ‚von Depeschen angelegt werden. M. 2* 20 Eine Reise über Land den können. Als wir sie sahen, schienen sie übrigens leer zu sein und dienten alten Frauen und Bettlern als Obdach. Wo sie auf An- höhen liegen, sind sie ein zweckmälsiges Allarmzeichen, um feindliche Bewegungen warnend anzuzeigen. Man nennt sie auch „Wolfsrauch- Lärmfeuer“, weil, wie die Eingeborenen sagen, getrockneter Wolfs- dünger, mit Schiefspulver vermischt und in grofsen Kugeln auf den Holzstofs in die pyramidalische Höhlung geworfen zu werden pflegt, um die Masse in Brand zu setzen, worauf dann eine Rauchsäule empor- steigt, die von keinem Winde bewegt werden kann. Kaum brauche ich zu erwähnen, dafs wir uns, als wir die Stadt im Rücken hatten, in der Nähe von Weinkellern befanden; denn den Wein von Shaouhing ') kennt in China Jedermann, er ist wegen sei- ner schönen Blume und als sehr berauschend allgemein bekannt. Die Tafeln der Reichen und Vornehmen führen diesen Wein immer und derselbe macht den bedeutendsten Handelsartikel der Stadt aus. Dann aber mufs ich noch der Monumente bei Shaouhing erwäh- nen, besonders im Süden der Stadt und längs der Ufer des Flusses, von denen viele architektonische Zierden sind und einen imposanten Anblick gewähren. Sie bestehen meistens aus zwei mächtigen vier- eckigen, 6 bis 8 Fufs von einander entfernten Steinpfeilern, über wel- che ein dritter Pfeiler gelegt ist, so dafs das Ganze wie ein Thor ohne Thorflügel aussieht. Diese Steinpfeiler sind mit Figuren und Inschrif- ten versehen, mitunter finden sich auch noch kolossale Verzierungen darüber angebracht. Sehr uneigentlich haben fremde Reisende diese Monumente Triumphbögen genannt, ohne ihren Zweck zu kennen. Die Mehrzahl ist zum Andenken an die Tugenden junger Wittwen errichtet, die, nachdem sie unglücklicher Weise den ihnen bestimmten Gemahl verloren, keine zweite Ehe eingingen, sondern unvermählt bis an ihr Lebensende ihren ehrenvollen Ruf bewahrten oder nach dem Tode ihres Ehemannes ihre Schwiegereltern ebenso verehrten und ernährten, wie ibre eigenen Eltern. Chinesische Moralisten fordern, dafs eine Wittwe oder eine schon im kindlichen Alter einem Manne bestimmte Jungfrau, wenn dieser vor der Hochzeit stirbt, unvermählt bleibe. Daher wer- den die Namen Solcher auf Steinplatten eingegraben und diese sowohl bei den beschriebenen Monumenten als auch auf den kaiserlichen Land- stralsen aufgestellt. Viele Frauen und Jungfrauen werden auf diese Weise schon während ihres Lebens geehrt, häufiger geschieht dies in- dessen nach ihrem Tode, und dann pflegen solche Gedächtnilstafeln !) Vergl. Huc, das chinesische Reich, deutsche Ausgabe, Leipzig 1856, II, 8. 205 u.f. Der Wein wird aus Reis gewonnen, aber die beste Sorte kommt, was Blume und Geschmack betrifft, den spanischen Weinen gleich. von Ningpo nach Canton, 21 neben ihren Gräbern aufgerichtet zu werden. Nach den Gesetzen des Reichs muls jede Wittwe, die durch ein solches Benehmen auf allge- meine Achtung Anspruch hat, der Obrigkeit der Provinz, wo sie ge- boren, namhaft gemacht werden. Dann wird der Fall dem Collegium der Ceremonien berichtet, welches dem Kaiser darüber Vortrag hält, der darnach eine Schenkung von 42 Liangs oder 35 Dollars zur Er- richtung eines Denkmals in dem Geburtsbezirk der Wittwe gewährt. ‚Man findet diese Monumente überall, aber nirgends sah ich sie so zahl- reich als in der Nähe der Stadt Shaouhing und in der ganzen Land- schaft dieses Namens. Die jungen Wittwen von Shaouhing haben unter ihren Landsmänninnen den ehrenden Ruf, dafs sie vornehmlich keine zweite Ehe eingehen, sondern häuslich und eingezogen leben, wie es ihrem Geschlecht geziemt. Obgleich die Landschaft in der Umgebung der Stadt Shaouhing sehr anmuthig ist, so führte uns doch unser Weg die ersten 10 engl. Meilen durch eine flache Gegend; in einiger Entfernung zeigten sich rothe Hügel, ringsum unter Wasser gesetzte Felder und Talgbäume. Die Fluth ging immer sehr hoch, so dafs, um unter drei Brücken zu passiren, die Bambus-Ueberdeckung des Bootes abgenommen werden mulste. Die Hitze war aufserordentlich, man konnte die Möbeln der Kajüte kaum berühren und nicht auf dem Boden zu liegen aushalten. _ In den am Ufer gelegenen Dörfern und Weilern sprangen kleine Kin- der ganz nackt umher. Die auf dem Felde beschäftigten Männer gin- gen auch ohne‘ Bekleidung und unsere Bootsleute tauchten oft in’s ‚Wasser, um sich abzukühlen. Zwischen Hokiaou und Tseentsing, wel- che am linken Ufer liegen, erreichte die Hitze einen so hohen Grad, ‚dafs wir genöthigt waren, eine bis zwei Stunden still zu liegen. Früh am Nachmittage kamen wir nach Tseentsing, von wo ein kleiner ‚Flufsarm direct nach Hangchow in nordwestlicher Richtung führt, das ‚eirea‘60 Li oder 18 engl. Meilen entfernt ist. Der Flufs, der an die- ser Marktstadt vorüberflielst, ein Arm des grofsen Poyang-Flusses, führt den Namen der Stadt; diese selbst aber soll ihre Benennung fol- gendem Ereignifs verdanken. Vor etwa 1700 Jahren, als Yenhe den Thron der östlichen Han-Dynastie inne hatte, wollten die Aeltesten und die Vornehmeren der Stadt dem Bezirksstatthalter Lin Tsung, als er von seinem Amte abtrat, in Anerkennung seiner ehrenvollen Amts- führung eine Summe Geldes zum Geschenk machen. Lin Tsung, lehnte dies jedoch ab und nahm, als man in ihn drang, doch etwas anzu- nehmen, nur einen einzigen Cash. Daher der Name Tseen tsing, der ‚80 viel bedeutet als „ein Cash ungeschmälert“ — einer unter den vielen Millionen in China. Bei Sonnenuntergang kamen wir an dem buddhistischen Kloster 22 Eine Reise über Land Loshan vorüber. Es liegt auf dem Gipfel des sogenannten „Schrau- benschnecken-Hügels“, welcher der Aehnlichkeit mit diesem Thiere seinen Namen verdankt. Als wir unter der Brücke hindurchfuhren, die sich in der Nähe des Klosters befindet, stand einer der Mönche oben und sang sein Bettlerlied, wobei er einen Korb herabliefs, in wel- chem er von den zahllosen hin- und herfahrenden Passagierbooten Al- mosen sammelte. Das Kloster war von Grabdenkmälern umgeben, unter denen buddhistische Priester begraben liegen; ihr Baustyl ist ein- fach, aber allein diesen eigenthümlich, Nonnen sowohl wie Priester werden unter einer Art kleiner Pagoden begraben. Die Nacht (vom 10. auf den 11. Juli) brachten wir auf einem kleinen seichten Flufsarm zu; mit Tagesanbruch aber gelangten wir nach Ekiaou, 50 engl. Meilen südwestlich von Shaouhing, von wo Güter und Passagiere nach dem an Hangehow vorüberströmenden Chih- kiang-Flufs befördert werden. Wer, wie wir, von Tseentsing über Ekiaou geradeswegs nach dem Chihkiang steuert, kürzt, im Vergleich mit der Fahrt an Hangchow vorüber, den Weg um 18 engl. Meilen ab und vermeidet, was noch vortheilhafter ist, das Zollhaus in Hang- chow. Denn dieses ist, den chinesischen Reisehandbüchern zufolge, „das einzige Zollgebäude der Welt, wo die Controle eben so strenge, als rücksichtslos ist“. Kaum war unser Boot auf der Rhede von Ekiaou angelangt, als wir von den Agenten von fünf oder sechs Speditionsschiffen besucht wurden, die ihre Dienste anboten. Die Stadt zählt eirca 1400 Fami- lien, und hat wenigstens 20 Speditionsgesellschaften, deren Hauptge- schäft darin besteht, für die Bequemlichkeit der Passagiere Sorge zu tragen und die Beförderung von Waaren aus und nach dem Innern des Landes zu übernehmen. Wir wählten die Firma Kiawanshing, die uns zugleich eines ihrer Boote überliefs. Sie sandte uns sofort Arbeiter, welche unser Gepäck fortschafften und Vorbereitungen für die Fortsetzung unserer Reise nach dem 186 engl. Meilen weiter landein- wärts gelegenen Changshan auf dem grofsen Chihkiangflusse trafen. Um 8 Uhr Morgens erschien der Chef des genannten Handlungs- hauses, um uns zu begrüfsen und uns zu benachrichtigen, dafs unser Boot in Bereitschaft sei. Wir begaben uns an’s Land, gingen durch die kleine Stadt, und nachdem wir den schmalen Streifen Landes, der die beiden seichten Flufsarme trennt, überschritten, stiegen wir in das von uns gemiethete Fahrzeug. Es gehörte dieses zu den sogenannten Kientih-Booten und war in jeder Beziehung besser und bequemer als die Boote, in denen ich während der drei letzten Tage gefahren. Es war sehr geräumig, zwischen dem Vordertheil, wo die Ruderer, und dem Hintertheil, wo der Steuermann nebst seiner Familie und die von Ningpo nach Canton. 23 ge Mannschaft hausten, lagen drei grofse Kajüten, die mit Betten, Schränken, Tischen, Stühlen u. s. w. ausgestattet waren. Der Kielraum enthielt sechs oder sieben von einander geschiedene Räume zur Auf- _ bewahrung der Waaren und des Gepäcks der Passagiere. An Bord _ waren sechs Personen, aufserdem eine alte Frau mit ihrem Kinde. Diese mulsten je nach Erfordernils steuern, rudern oder die Barke schleppen, und jeder von ilnen erwartete am Ende der Fahrt eine be- _ sondere Belohnung, der Steuermann und die Bootsleute das sogenannte Weingeld, die alte Frau, die als Köchin diente, das Theegeld und ihre Tochter das Kopfputzgeld. Gegen 9 Uhr Morgens erhob sich eine leichte Brise, die uns lang- sam den Ekiaoustrom hinabführte, der sich mehr und mehr erweiterte, bis er sich, drei Meilen von unserer Abfahrtsstelle entfernt, in den unteren Theil des hier Tseentang-Flufs genannten Chihkiang ergielst. Um 10 Uhr befanden wir uns mitten im Chihkiang, dessen Bette bei _ dem Dorfe Yupookaou, das der Mündung des Ekiaouflusses gegenüber liegt, mehr als eine englische Meile breit ist. Von hier strömt der Chibkiang in nördlieher und nordwestlicher Richtung nach Hangchow, ‚welches 16 engl. Meilen entfernt ist. Unser Cours aber ging südwest- lieh nach Changshan, daher sofort das Boot gewendet würde, um in ‚dieser Richtung den Strom hinauf zu steuern.“ Von hier an legte nun Herr Milne,. wie er selbst bemerkt, die- ‚selbe Route zurück, auf welcher Lord Mac Artney (1793) mit seiner Embassade aus dem Norden des Reiches nach dem Süden zurückkehrte; ‚daher wir die Beschreibung der Fahrt des Ersteren von jetzt an noch „mehr, als bisher geschehen, abkürzen dürfen. Die nächste Ankerstation unserer Reisenden war Fooyang, eine von Mauern eingefafste Stadt am nördlichen (linken) Ufer des Chihkiang. Ehe sie aber dorthin gelangten, was nicht vor Abends 7 Uhr der Fall war, trat stürmisches Wetter ein. Von den Dämmen (Deichen), wel- - ‚ehe bis nach Fooyang an beiden Gestaden des Chihkiang sich erheben, "wirbelte der Wind dichte Sandwolken empor. Rechts gegen Norden ‚sah man ferne, unregelmälsig gestaltete Anhöhen und ausgedehnte Reis- _ felder, links gegen Süden anmuthige, bewaldete, zum Theil recht hohe Berge. Einer, Hoochaou, d. h. Tigertatze, fiel besonders auf, ein -Sehlupfwinkel für Räuber, aber auch eine natürliche Festung im Mittel- punkte der vier Landschaften Hangchow, Shaouhing, Yenchow und -Kinhwa. Sowohl in den Ebenen am linken, als auch an den Abhän- ‚gen der Berge am rechten Ufer gab es zahlreiche Maulbeerpflanzungen, in.denen jetzt gerade zum zweiten Male im Jahre die Blätter gesam- _ melt wurden. Später findet noch eine dritte Erndte statt; aber die I4 Eine Reise über Land im Winter abfallende Laub der Maulbeerbäume dient als Futter für die Ziegen. Ungefähr eine Drittelmeile vor Fooyang erhob sich am nördlichen Ufer der Kwanshan d.h. Tempelhügel, auf dessen Gipfel um 200 vor Christo ein Taouisten-Tempel stand. Unweit davon im Süden lag eine siebenstöckige Pagode Lungehuantah d. h. Drachenboot-Pagode. Fooyang selbst gewährte aus der Ferne einen freundlichen Anblick, auch die Umgebung war sehr anmuthig. Die Stadt ist auf einem fel- sigen Boden erbaut, die Mauern haben einen Umfang von 17 engl. Meilen, die Bevölkerung der Vorstädte ist sehr zerstreut. Ausgenom- men des Morgens scheint wenig Leben in Fooyang zu sein; die Stadt ist der Indigo-Markt für die Umgegend, und die Fluth im Chihkiang- Flufs dringt nicht weiter als bis hierher. „Während des ganzen folgenden Tages (den 12. Juli),“ so fährt Herr Milne fort, „segelten wir in dem tiefen breiten Flulsbette, dessen Gestade zu beiden Seiten mit einem Streifen feinen Sandes eingefalst waren. Ein festgetretener Pfad dient den Bootsleuten, wenn sie die Boote ziehen müssen, zum Fortschreiten. Während der ersten zwölf Meilen erhoben sich hohe Berge am rechten Ufer, mit abschüssigen, zum Theil bis zum Flufs hinabreichenden Abhängen. Auf den Bergen standen Militair-Stationen mit Signalposten, zur Bezeichnung der Ent- fernungen der verschiedenen am Wege gelegenen Ortschaften. Die Hitze war fast überwältigend. Aufser dem am linken Ufer liegenden Luhshan-Felsen, der zum Theil bewaldet, zum Theil nackt und rauh, war nichts Bemerkenswerthes zu sehen. Ueberall prangten zahlreiche Talgbäume im Schmuck ihres purpurfarbigen Herbstlaubes, und mäch- tige dicke Kampferbäume breiteten ihre gewaltigen, mit schimmernden Blättern bedeckten Aeste weit aus. Nachmittags passirten wir zwei im Flufsbett liegende Inseln, die „Fünf-Li-Insel“ und die „ausgedehnte Insel“. Die erstere, etwa 19 engl. Meilen von Fooyang entfernt, hat 10 engl. Meilen im Umfang und ist mit Maulbeerpflanzungen bedeckt. Die letztere liegt noch 4 engl. Meilen weiter den Flufs hinauf und mifst nur 6 engl. Meilen im Um- fange; auf ihr wird Reis gebaut. Gegen Abend segelten wir an dem Tungkian-Felsen vorüber, der am linken Ufer sich, nach der Beschreibung der Chinesen, „wie ein durstiger Walfisch erhebt, der im Begriff ist, sich in's Wasser zu stür- zen“. Eine englische Meile weiter liegt die Bezirkshauptstadt Tung- loo, eine nur gering bevölkerte Stadt, ohne Mauern, mit weils ange- strichenen Häusern. Unterhalb Tungloo warfen wir für diese Nacht Anker. Am folgenden Tage (den 13. Juli), wo wir mit Tagesanbruch weiter ° von Ningpo nach Canton, 25 fuhren, erschwerten heftige Gegenströmung und Windstille die Fahrt sehr. Wir legten in einer Stunde mitunter nur eine Viertelmeile, bis- weilen noch weniger zurück. Das Boot mulste meistens gezogen wer- den, eine sehr ermüdende Arbeit; mir aber ward dadurch Mufse, die Gegend genau zu betrachten, von der ein chinesischer Dichter sagt: „So unbedeutend dieser Bezirk auch in anderer Beziehung sein mag, seine Berg- und Wasserlandschaften haben nicht ihres Gleichen.“ Als’ wir unter Segel gingen, fuhr unser Boot SSW. längs des nörd- lichen Ufers, das zu beiden Seiten nach und nach anstieg, bisweilen über unser Fahrzeug sich herüberneigte. Zur Zeit des Frühstücks, nach- dem wir Howan zu unserer Rechten und Tsingehootan zu unserer Linken passirt, näherten wir uns den Stromschnellen bei Lewkiang- tan. Hier war der Flufs nur } engl. Meile breit, und da die ganze Wassermenge seines höher gelegenen Oberlaufes in dieses enge Bett sich ergols, so war der Sturz sehr heftig, Das Bett war mit weilsen Kieseln und runden Steinen gepflastert. Das Boot wurde das Ufer entlang gezogen, und weil hier die Strömung weniger jäh, so erreich- ten wir nach schon einer halben Stunde die Höhe des Falles, wo eine herrlicbe Ansicht sich uns darbot. Während der nächsten drei Meilen war der Flufs wieder breit und tief, das Wasser vollkommen. durch- sichtig, so dafs der Himmel sich prächtig darin spiegelte. Mitunter war die Strömung sanft, mitunter reifsend und dann voll Wirbel und Strudel. An beiden Gestaden zeigten sich die Berge vom Fufse bis zum Gipfel mit reicher Vegetation, theils wilder, theils künstlich an- gepflanzter, bedeckt. Die Gestade selbst waren aufserordentlich hoch; einzeln stehende Felsen, die jäh anstiegen und durch Schluchten und ‚Bergstrombetten getrennt waren, bildeten an einigen Stellen das Ufer. Zwar lagen jetzt die Betten der Berggewässer trocken, aber die Boots- leute sagten, dafs sie schon bei nur mäfsigen Regenschauern reilsend anschwellen. . Am nördlichen Gestade war der Pfad für die, welche das Boot zogen, in die Felsen gehauen und an einer Stelle so schmal, ‚dafs ich nieht ohne Schaudern auf die Männer sah, die den engen Pfad betraten und jede Muskel anspannten, das schwere Boot fortzuschleppen. Jeder von ihnen hatte das Seil um seinen Nacken geschlungen, und es war wirklich schrecklich, an die Folgen zu denken, wenn Einer ‘einen Fehltritt thun oder das Gleichgewicht verlieren sollte. Glück- ‚licher Weise traten sie an einer der gefährlichsten Stellen in eine Rinne ‚von Steinen, die wohlwollende Leute aus der Nachbarschaft angelegt hatten, um den furchtbaren Ereignissen vorzubeugen, die früher hier aus Mangel solcher Vorsichtsmafsregeln stattgefunden. Die Bergland- schaft ist hier wild und romantisch, hohe Klippen, tiefe Thaleinschnitte, aufrechtstehende pfeilerartige Felsen. Hier und da in den engen grünen 26 Eine Reise über Land Thälern standen die kleinen Strohhütten der Holzhauer, die auf den Bergen das Strauchholz und dürre Gezweige sammeln, um es als Feue- rung zu verkaufen. Ehe wir von dieser anmuthigen Gegend schieden, sahen wir noch einen herrlichen Wasserfall, der einige hundert Fuls hoch von Fels zu Fels herabstürzte, bis er zwischen den dunklen Stein- blöcken, mit denen der Abgrund eingefalst war, verschwand; dann aber schäumend und brausend wieder hervorbrach und sich in den Flufs er- gols. Der Shayyu ist ein durch trefflichen Geschmack ausgezeichneter Fisch dieser Gewässer. Ueberhaupt wird hier viel Fischfang getrieben, ebenso wie es hier viele Piraten giebt, welche die Fischerboote zu ka- pern suchen. Nachmittags kamen wir an dem Tiaoutai vorüber, einem hohen Berge zur Rechten, der aus drei getrennten, mehrere hundert Fufs hohen Felsen besteht, die dicht mit Rankengewächsen bedeckt sind. Weiter- hin, etwa drei engl. Meilen von unserem Ankerplatze in der verflosse- nen Nacht, trafen wir den Wooshihtan, die „schwarzsteinigte Strö- mung“. Hier war der Strom sehr tief, obwohl nur eine Sechstelmeile (engl.) breit. Aber die Abschüssigkeit des Strombettes erfolgte sehr plötzlich, der Canal lag voll mächtiger Steinblöcke und die Schnellig- keit der Strömung war so reilsend, dafs ich sie mindestens auf 30 engl. Meilen in der Stunde schätzte. Die Anstrengung, das Boot durch Men- schenkräfte auf die Höhe dieses Stromfalles hinaufzubringen, war un- säglich. Erst nach zwei bis drei Stunden war es geschehen und nun gewährte es einen imposanten Anblick, von oben herab die Strom- schnelle zu betrachten, deren Geschwindigkeit unwiderstehlich schien und die in senkrechter Richtung mindestens 8 bis 10 Fufs tief hinunter- brauste. Von nun ab segelten wir auf dem sanft in zahllosen Win- dungen hinströmenden Flusse weiter bis nach Tungkwan, wo wir vor Anker gingen.“ Ein wenig unterhalb dieses Ankerplatzes vereinigen sich drei Ströme, die zusammen den Chihkiang bilden: vom Westen her kommt der eine aus den Bergen der Provinz Nganhwuy, vom Südosten her der zweite, der Tungyangfluls, aus den Bergen des Bezirks Kinhwa, von Südwesten endlich der dritte, dessen Quellen 250 engl. Meilen entfernt liegen. Unsere Reisenden fuhren am Morgen des 14. Juli in den Tungyang hinein und hatten bald die Distriets- Hauptstadt Yen- chow (29° 37’ N. Br. und 119° 30' ©. L.) ‘) vor Augen. Auf jeder Seite derselben stand auf dem Vorsprunge eines Hügels eine sieben- !) Die Angabe bei Milne 110° 30’ O.L. beruht natürlich auf einem Druckfehler. Nach Fortune (A Journey to the Tea Countries of China p. 52) liegt Yenchow unter DI 37 NEN N BE 1199132479, LIVE. von Ningpo nach Canton. 27 stöckige Pagode. Zwanzig engl. Meilen weiter kamen sie, aber erst um 8 Uhr Morgens am folgenden Tage (den 15. Juli), nach der Stadt Lanke, nachdem abermals mehrere Stromschnellen mit grofser Mühsal überwunden waren. Die bedeutendsten waren bei Tungtszeshan, wo sich zur Linken ein hoher steiler Felsen, der Tsiang keun oder die Generalsklippe, erhebt, und mehrere Fischer mit abgerichteten Kormo- ranen fischten. Lanke, die Hauptstadt im Bezirk gleiches Namens, liegt am östlichen Ufer des Flusses in einem anmuthigen Thale mit Talg- und Kampferbäumen. Boote jeglicher Art lagen hier in grofser Menge und der Verkehr war sehr lebhaft.. Schinken, Wein, Datteln und Soja, alles sehr wohlfeil, sind die vornehmsten, weit und breit ge- suchten Producte dieser Gegend. Namentlich mit der ostwärts gele- genen Departements-Hauptstadt Kinhwa ist der Handel bedeutend. Am Nachmittage des 15. Juli, als man in südwestlicher Richtung den sehr belebten Strom weiter hinauffuhr, erhob sich ein furchtbarer Sturm, der dichte Wolken weilsen Sandes vor sich hertrieb. Nachdem das Unwetter vorüber, erreichten die Reisenden noch Yangkiang, die Grenzstadt zwischen dem Kinhwa- und dem Keuchow -Departement. Eine gute Nachtruhe stärkte die müden Bootsleute nach den Anstren- gungen des Tages und am nächsten Morgen (den 16. Juli), nachdem man viele am rechten Ufer, namentlich bei Hoochiu, liegende Fels- blöcke und eine Menge Tempel passirt, befand man sich um 10 Uhr bei der Tsihtoo-Pagode. Hier brauste eine heftige Stromschnelle, in der von zwei in einem kleinen Boote fahrenden Knaben der eine fast seinen Tod gefunden, hätte nicht ein entschlossener Fischer ihn noch mit genauer Noth gerettet. Mittags kam man nach der am östlichen Gestade am Fufse eines Hügels gelegenen Stadt Lungyew, die zwar ummauert, aber doch nur unbedeutend ist. Ihre Einwohnerzahl wird auf 5000 geschätzt; ihr vornehmstes Erzeugnifs ist Bambuspapier. Die Fahrt war an diesem Tage höchst beschwerlich, wegen der zahllosen Strudel, Stromschnellen und Felstrümmer, die im Flufse lagen. Zwölf Menschen, Männer und Frauen mufsten das Boot schleppen und schie- ben. Kaum besser ging es am Tage darauf, wo die Reisenden nur 21 engl. Meilen weiter kamen und bald nach Mittag bei grofser Hitze die Stadt Keuchow erreichten. Sie liegt einige hundert Schritte von dem sehr hohen östlichen Gestade des Flusses, in einer flachen Ge- ‘gend, welche westwärts von den Gebirgen der Provinz Nganhwuy, im Süden von den Bergen in Kiangsi und im Südosten von den mächtigen Gebirgen von Fukiän eingefafst wird. Die Mauern von Keuchow sind sieben Ellen hoch, an der Nordseite der Stadt erhebt sich eine kleine, aber siebenstöckige Pagode aus Eisen, gegenüber ragen die Trümmer einer anderen Pagode aus Backsteinen. Die Stadt zählt 50,000 Ein- 28 Eine Reise über Land wohner, In ihrer Nähe befindet sich eine fliegende Brücke, die aus festgeankerten Booten besteht, über welche Bretter für Fulsgänger und Lastträger gelegt sind. Eine Meile weiter theilt sich der Flufs in zwei Arme; der östlich strömende ist die Hauptwasserstralse nach der Pro- vinz Fukiän, der südwestlich fliefsende, der noch’ den Namen Chihkiang führt, derjenige, den die Reisenden hinabfuhren. Er ist die belebteste Verkehrsstrafse, welche Hangehow und Nanking mit den südlichen und südwestlichen Provinzen des Reiches verbindet. Die umliegende Ge- gend hier ist berühmt wegen ihrer Orangenhaine. Mit Sonnenunter- gang gingen die Reisenden bei Tsanszepoo vor Anker (am 17. Juli). Der nächste Tag bot wieder der Schwierigkeiten viele, namentlich wegen der Seichtigkeit des Stromes. Nur 18 engl. Meilen wurden zu- rückgelegt und 5 Meilen unterhalb Changshan mufste übernachtet werden. Die letztgenannte Stadt, welche ungefähr eine englische Meile von dem Flufsufer entfernt liegt, wurde nach mehrstündiger Fahrt um 5 Uhr Morgens (am 19. Juli) erreicht. Hier verliefsen die Reisenden ihr Boot und setzten mit vier Tragsesseln und deren Trägern, aufser- dem mit fünf Männern, die ihr Gepäck trugen, die Reise zu Lande bis nach dem 24 engl. Meilen entfernten Yuhshan fort. Nachdem sie die ziemlich zudringlichen Schiffer, mit welchen sie eirca 200 engl. Meilen zurückgelegt, endlich befriedigt hatten, bestiegen sie die unansehnlichen Tragsessel und gelangten in einer halben Stunde nach den vor dem östlichen Thore gelegenen Vorstädten von Chang- shan '). „Ich zählte,“ so fährt Herr Milne fort, „hier nicht weniger als 20 Speditions-Comptoire, mit denen zugleich Gasthäuser, wo man übernachten und speisen kann, verbunden waren. Eine kurze Zeit hiel- ten wir vor dem Comptoir der Firma Wangluysien, die uns weiter be- fördern sollte, um das Erforderliche zu vereinbaren. Das Haus war geräumig und bequem eingerichtet. Die Firma geniefst eines guten Rufes, und nach der Behandlung, die mir widerfuhr, kann ich nur ihr gefälliges und rechtschaffenes Benehmen bestätigen. Nachdem wir das östliche Ther passirt, kamen wir an der Amtswohnung des Stadtvor- stehers vorbei und die Hauptstrafse hinab, eine lange belebte Strafse, an deren anderem Ende zahlreiche Salzmagazine lagen. Hier ging es wieder zum westlichen Thore hinaus in eine anmuthige Gegend. Meine Träger trugen den Sedan sicher und gleichmäfsig. In der Ferne er- hoben sich hohe Berge, in der Nähe niedrigere Hügel und kleine, mit Grabmälern besetzte Anhöhen. Diese Grabmäler sind von ganz an- derer Bauart als die, welche ich in Canton sah; sie gleichen kleinen niedrigen Häusern mit offenen Fenstern und sind grofs genug, um drei, !) Fortune a. a. O. S. 302 schätzt die Einwohnerzahl auf 20 — 30,000. von Ningpo nach Canton. 29 vier und fünf Särge aufzunehmen. Die Landstrafse von Changshan nach Yuhshan besteht aus einem festen, 14 Fufs breitem Wege, der fast überall mit Kieselsteinen belegt ist und von prächtigen Talgbäumen beschattet wird. Zwei ununterbrochene Reihen von Arbeitern, welche Sedans, Waaren und Lasten trugen, die Einen in der Richtung nach Changshan, die Anderen in entgegengesetzter Richtung, bevölkerten die Strafse. Steinerne Pfeiler an den Seiten des Weges trugen die Inschrift: „Dies ist die Landstrafse nach acht Provinzen“; nämlich von Chihkiang nach Kiangse, Hoonan, Hoopih, Kwangse, Kwangtung, Yun- nan, Szechuen und Kweichow. Da die Reisen auf dieser Strafse auch bei Nacht fortgesetzt werden, so wird sie durch Leuchtfeuer erhellt. Alle drei englische Meilen steht ein Karawanserai, in dem meistens eine alte Frau die Wirtlischaft führt und wo die Sessel- und Lastträ- ger ihre Pfeife rauchen, Thee trinken und ein kurzes Schläfchen halten können. Bei Tsaoufang, welches wir um 1 Uhr Nachmittags er- reichten, wurde Mittag gemacht. Sieben englische Meilen von Changshan hatten wir den ersten Pafs, der die Strafse quer durschschneidet, den Tsaouwei kwan, ge- kreuzt; sieben Meilen weiter kreuzten wir einen zweiten. Dieser letz- tere heilst Pingfung kwan, d. h. Spanische Wand-Pafs, und ist im j4ten Jahre der Regierung des Kaisers Taoukwang (} 1852) wieder- hergestellt worden. Er besteht aus einer Reihe massiver Felsblöcke, welche gleich einer Mauer quer über die Strafse gelegt sind und trägt deshalb seinen Namen. Ueberdies bildet er die Grenze zwischen den Provinzen Chihkiang, die wir hier hinter uns liefsen, und Kiangse, in die wir eintraten. In Kriegszeiten ist dieser Pals stets als eine wich- tige Schutzwehr wider feindliche Einfälle von Nordosten in die Pro- vinz Kiangse benutzt worden '). Um 5 Uhr Nachmittags sahen wir die Stadt Yuhshan ?) vor uns liegen, ein erfreulicher Anblick nicht nur für die Sedanträger, son- dern auch für mich. Der harte Sitz, auf dem ich acht Stunden zuge- bracht, war mir höchst lästig, und ein furchtbares Unwetter, begleitet mit Regen, hatte fast ganz die obere Bedeckung meines Sedans fort- gerissen. Yuhshan liegt auf einem Hügel und ist von einer 14 engl. Meilen langen Mauer umgeben; die Stadt ist erst vor 300 Jahren, meist aus rothem Sandstein, erbaut und mächtige Bäume überschatten die Häuser. Nach einer Stunde befanden wir uns mitten in den Vor- städten. Wir gingen über die Tungtsin-Brücke, ein schönes Bauwerk 2) Fortune a. a. O. $. 304 beschreibt diese Strafse und die Pässe ebenso. Er fand die Strafse sehr belebt. ?) Fortune a. a. O. S. 307 schreibt Yukschan und schätzt die Einwohnerzahl auf 30 bis 40,000. 30 Eine Reise über Land mit hohen, weiten und massiven Bogen, wahrscheinlich aus neuerer Zeit, denn früher gab es hier nur eine Schiffbrücke, die aber wiederholt bei dem Anschwellen des Flusses Shangyaou (der hier eine nordwest- liche Krümmung macht) weggerissen wurde. Durch das östliche Thor betraten wir die Stadt, die sehr freundlich aussieht. Als Grenzstadt zwischen den südlichen und südwestlichen Provinzen, sowie zwischen dem Norden und Nordosten des Reiches, ist ihre starke Bevölkerung vom frühen Morgen bis zum späten Abend in ununterbrochen geschäf- tiger Bewegung. Die Hauptstrafse ist mehr als eine halbe englische Meile lang. An ihrem unteren Ende passirten wir das westliche Thor, um in das vor demselben gelegene Hötel Lominwang, dem besten, wie ich vermuthe, einzukehren. Nachdem wir zu Abend gegessen und zur Weiterfahrt nach Nanganfoo ein Boot gemiethet hatten, zogen wir es vor, sogleich uns einzuschiffen und auf dem Boote zu übernachten. Als ich am nächsten Morgen (den 20. Juli) erwachte, lag unser Boot an der Hinterthüre des Gasthauses. Es war weniger grofs und bequem als das, was wir zuletzt gehabt hatten, und als wir endlich gegen Mittag abfuhren, fanden wir den Strom an manchen Stellen ‚so seicht, dafs wir genöthigt wurden, uns in ein noch kleineres von ge- ringerem Tiefgang überzuschiffen, das uns bis nach dem etwa 50 engl. Meilen entfernten Hokow bringen sollte. So wurde es 12 Uhr, ehe wir weiter kamen. Während der ersten drei englischen Meilen gerie- then wir dreimal auf eine Sandbank. Völlig nackte Arbeiter brachten unser und andere Fahrzeuge wieder in Gang. Die trockene Jahreszeit hatte den Wasserstand so erheblich vermindert. Ueberall waren Wasser- räder in Bewegung, manche .20 Fuls im Durchmesser, die an den Ufern des Flusses terrassenförmig sich erhebenden Reisfelder zu bewässern. Am 21. Juli kamen wir bis Hokow, wo der Shangyaou-Flufs eine Krümmung nach Westen macht. Zuerst fuhren wir den. „sandi- gen Bach“, Shake genannt, hinab, der von einem 15 engl. Meilen nördlich gelegenen Berge herabfliefst, welcher berühmt ist wegen seines weichen Gesteins, aus dem die besten Tintenfässer verfertigt werden. Vom Vordertheil des Bootes gewahrte ich ringsum eine wenig an- ziehende flache Gegend, in der Ferne mehrere Berggipfel. Von letz- teren erwähne ich nur des Lingshan-Gebirges, nördlich der Stadt Shangyaou am linken, und der aus unregelmäfsigen Höhen bestehen- den Nangpin-Kette am rechten Ufer. Das erstere, eine der Citadellen der Provinz Kiangse, hat eine Ausdehnung von 30 engl. Meilen und 72 Bergzinnen, zu deren höchster ein 70,000 Fufs langer Pfad hinauf- führt. Auf dem höchsten Kamme dieses Gebirges soll sich eine La- gune befinden, deren Ufer sparsam bewaldet sind und in der sich glän- zende Krystalle finden, aus welchen während der Sung-Dynastie (von EEE LEERE WETTEN von Ningpo nach Canton. 31 900 bis 1200 nach Chr.) jährlich 10 Vasen angefertigt und als Tribut an den Kaiser gesandt wurden. Shangyaou am nördlichen Flufs- gestade ist eine grolse Stadt von freundlichem Ansehen; ihre 30 Fuls hohen Mauern haben 3 engl. Meilen Umfang und schienen vor nicht langer Zeit mit zwei Reihen rother Felsblöcke und blauer Backsteine über einander ausgebessert zu sein. Die städtischen Annalen gedenken häufig wiederkehrender Ueberschwemmungen, die grofsen Schaden an- gerichtet. Viel geschäftiges Leben schien unter den Bewohnern nicht vorhanden: junge Mädchen mit natürlichen Fülsen spazirten umher und ältere Frauen fuhren auf einräderigen Karren, die von jungen Männern geschoben wurden. Der Strom ist an der Stadt 400 Fuls breit; eine aus 40 Kähnen bestehende Brücke für Fulsgänger verbindet beide Ufer. Unterhalb der Stadt lag mitten in der Strömung ein grolses, mit einer Mattenhütte überbautes Boot, an dessen beiden Seiten Räder, wie an einem Dampfboote, sich drehten. Es war eine Kornmühle; die von der Strömung in Bewegung gesetzten Räder treiben eine Maschine im Innern, auf der ‘das Korn gemahlen wird '). Drei Meilen von Shang- yaou landeinwärts erhebt sich eine achteckige Pagode mit sieben Stock- werken; an jeder Ecke der einzelnen Stockwerke hängen Glocken, die von dem vorübersausenden Winde bewegt erklingen. Auf der ganzen Wegstrecke, namentlich zwischen Shangyaou und Hokow, hatte der hügelige Boden ein röthliches Aussehen, die einzel- nen Felsen bestanden aus Sandstein. Zu beiden Seiten des Flusses war das Alluvialland sehr bemerkbar, Deiche aus feinem Sande sah man überall. Die hohen, aus weichem Gestein bestehenden Felsen waren durch die heftigen und wiederholten Ueberschwemmungen sehr mitgenommen und von seltsamer Gestalt; die Eingeborenen nennen sie „verbrannte oder geröstete Felsen“. Die niedrigen Anhöhen waren mit Felsblöcken bedeckt, selten nur mit Bäumen und Gesträuchen, meistens ohne alle Vegetation und vielfach ausgehöhlt; diese Höhlen dienen Landstreichern zum Obdach. Hokow, d. h. der Ort, wo mehrere Flüsse zusammentreffen, ist seiner Lage wegen (28° 27’ N. Br. und 118° 6'’O.L.) berühmt ?). Im Südosten der Stadt führt eine 120 Meilen lange Landstrafse nach den Theedistrieten der Provinz Fukiän, weshalb die Stadt für alle nach Canton oder den nördlichen Märkten bestimmten Sorten schwarzen ") Fortune, Wanderungen in China ete., deutsch von Zenker, Leipzig 1854, be- - schreibt eine solche Kornmühle, die auch ihm wie ein Dampfschiff vorkam, genauer S. 240. Er fand mehrere der Art auf dieser Strecke. 2) Fortune a. a. O. S. 310 giebt die Lage der Stadt auf 29° 54' N. Br. und 116° 18’ O.L. an; seine Breitenangabe ist eben so unrichtig, wie Milne’s Längen- angabe. Die Einwohnerzahl schätzt der erstere auf 300,000. (Vergl. auch 8. 542 und 343). 32 Eine Reise über Land Thee’s einen Stapelplatz bildet ’). Auch wird hier viel irdenes und Porcellan-Geschirr zum Verkauf gebracht. Daher die grofse Anzahl von Fahrzeugen aller Art, die hier im Hafen lagen, und das rege kauf- männische Treiben. Viele Speicher waren alt, geräumig und hoch, einige von fünf Stockwerken. Die einheimischen Erzeugnisse des Platzes, die hier in grolser Menge verkauft werden, sind Hanf und das daraus verfertigte sogenannte Grastuch (gra/s cloth), ferner Rohr, Taback, Thee, Papier, Samen und Wurzelmehl von weilsen Lilien, schöne Bam- busschöfslinge, die gegessen werden ?), und verschiedene Kornarten. Ein wenig unterhalb Hokow erheben sich am gegenüberliegenden Ufer neun seltsam gestaltete Felsen neben einander. Sie sind von tief- schwarzer Farbe, aulserordentlicher Gröfse und gleichen einer mäch- tigen umgekehrten Trinkschale. In den Augen der Eingeborenen sind sie den grofsen Löwenfiguren ähnlich, welche vor den Thoren der Pa- läste der hohen Mandarinen aufgestellt zu sein pflegen. Daher heifsen sie „die neun den Flufs durchwatenden Löwen“ und der hier vorüber- strömende Theil des Flusses führt den Namen „Löwenfluls“. Fünf und dreifsig Meilen nordwestlich von Hokow liegt eine der vier berühmtesten Porcellan-Marktstädte, Kingtihchin ®) (angeblich 29° 16’ N. Br. und 117° 14’ O.L.) im Bezirk Jaouchow. Vor 850 Jahren wurde dieses an einem schönen Flusse gelegene, 3 engl. Meilen lange Dorf von dem Kaiser Kingtih aus der Sung-Dynastie zum Haupt- fabrications- und Stapelplatz für Porcellanwaaren erhoben. Ihren Höhe- punkt erreichte diese Manufactur, als im Jahre 1510 der eilfte Kaiser der Dynastie Ming dort eine eigene Fabrik gründete zur Anfertigung aller bei Hofe erforderlichen Geschirre. Beständig sollen dort 500 Oe- fen in Arbeit sein. Die Bevölkerung des Dorfes ist so grofs, dafs täglich 10,000 Piculs Reis und 1000 Schweine verzehrt werden. Das Kingtih-Porcellan ist besser als das aus den Fabriken von Canton und Fukiän, wird aber ausschliefslich nur in China verbraucht. Die andern drei Hauptmärkte für diese bekanntlich sehr geschätzte Waare sind: Choosien in der Provinz Honan (34° 10’ N. Br. und 114° 23’ O.L.), !) Die Tour bis Hokow hat auch Fortune während seines zweiten Aufenthalts in China zurückgelegt. Von diesem Orte schlug er den im Text erwähnten Weg südwärts nach den Distrieten des schwarzen Thee’s in der Provinz Fukiän ein. Vgl. diese Zeitschrift N. F. IV, S. 260. 2) Vergl. über den mannichfachen Gebrauch des Bambus Rob. Fortune’s Wan- derungen in China wärend der Jahre 1843 —_45, nebst dessen Reisen in die Thee- gegenden China’s und Indiens. Aus dem Engl. von Dr. J. Th. Zenker. Leipzig 1854, S. 289 u. £. %) Die letzte Silbe „Chin“ bedeutet Dorf, ein Ort ohne Mauern. Vergl. über dieses Dorf Ritter, Erdkunde IV, oder Asien II, S. 671; sowie über die Porcellan- Manufactur in China überhaupt: Huc, das chinesische Reich (deutsche Ausgabe, Leip- zig 1856) II, 8. 234 u. f. von Ningpo nach Canton. 33 Hankow in der Provinz Hoopih (30° 34’ N. Br. und 114° 10'O.L.) und Fuhshan, 12 Meilen von Canton. Mit Sonnenuntergang am 22. Juli kamen wir nach Yihyang am nördlichen Ufer, einer Bezirksstadt mit verfallenen Mauern und gerin- ger ärmlicher Bevölkerung. Nahe am Gestade ragt ein 10 Ellen hoher Felsblock, Tseentsang d. h. Cash-Magazin, empor, woran sich eine Sage knüpft, derzufolge ein armer Fischer dort in einer Spalte des Felsens einst einen Beutel mit Geld gefunden. Der folgende Tag (der 23. Juli) war ungewöhnlich schön und heiter. Die Flufsgestade verliefen sich in weite Ebenen. Zuerst kamen wir an der ummauerten Stadt Kweike vorüber, dann sahen wir eine Anzahl Fischer, welche mit Kormoranen fischten, darauf passirten wir eine Salzstation bei Shihkang. Hier wehte von dem Wachthause die gelbe kaiserliche Flagge mit der Aufschrift „Fungehesze“ d.h. nach kaiserlichem Befehl zur Verhütung des Schmuggelns: es darf kein Salz von der Seeküste der Provinz Chihkiang nach Kiangse eingeschmuggelt werden. Auch unser Boot wurde hier von einem Zollbeamten genau visitirt. Um Mittag segelten wir an der Stadt (am nördlichen Ufer) Nganjin, die sehr ärmlich aussah, vorüber. In der Nacht auf den 24. Juli überfiel uns ein furchtbares Ge- witter, früh Morgens ein zweites. Nachdem dieses vorüber, gingen wir unter Segel. Günstiger Wind und Strom führten uns schnell durch die flache uninteressante Gegend. Wir sahen nur. Felder mit Hirse, Baumwolle und Reis, in der Ferne Berge, hin und wieder Dörfer, we- nig Menschen, selten einmal einen Vogel oder ein vierfülsiges Thier. Kurz nach Mittag gingen wir in einem kleinen Hafen am Poyang- See, wo sich in diesen der Flufs ergiefst, den wir heruntergekommen waren, vor Anker. Proviant, den wir hier kaufen wollten, erhielten wir nicht. Dann steuerten wir in westlicher Richtung in den Poyang- See, aber der Wind trieb uns nordwärts nach einem hohen Berge, der mitten im See liegt '). Am westlichen Ufer erhoben sich in der Ferne hohe Bergketten. Der See war mit Inseln und kleinen Hügeln bedeckt. Zahllose Boote, mitunter auch eine grolse Dschunke, fuhren hin und her. Den Nachrichten der Eingeborenen zufolge hat der Poyang-See einen Umfang von 140 engl. Meilen, seine gröfseste Breite von Osten nach Westen beträgt 12, seine Länge von Norden nach Süden 90 engl. Meilen. Vier verschiedene Landschaften grenzen an einander in der Mitte des See’s, und die Gewässer von drei Provinzen ergielsen sich in !) Vielleicht der auch von Lord Amherst’s Embassade bemerkte Seaou Ku Shan (Ritter, Asien III, S. 673) oder der nördlicher gelegene Ta Kou Shan (eben- das. S. 674). Zeitschr. f. allg. Erdk. Neue Folge. Ba. V. 3 34 Eine Reise über Land denselben: die Ströme der Landschaften Keuchow in Chihkiang, Jaou- chow in Kiangse, Hwuychow in Nganlıwuy; im Norden schüttet der See seine Fluthen in die des Jangtszekiang. Die plötzlich herein- brechende Dämmerung machte weitere Beobachtungen unmöglich. Hin und wieder flogen Enten über den See, der an Fischen Ueberflufs hat. An den Ufern liegt ein chocoladefarbiger Thon, den man zu Geschirren verarbeitet, welche in grofser Menge verführt werden. Auch soll sich in der Nähe des See’s dasjenige Gestein befinden, das in den vorhin er- wähnten Porcellanfabriken mit benutzt zu werden pflegt.“ Herr Milne nennt nicht den Ort, wo er übernachtete, wahrschein- lich aber geschah es nahe der Mündung des mächtigen Chang - Stro- mes in den Poyang-See. Denn um 9 Uhr Vormittags am folgenden Tage, den 25. Juli, kamen die Reisenden nach Kiangkow, wenige: Meilen unterhalb Nanchang, wo ibnen ein Mann, der in einem Fasse auf dem eine engl. Meile breiten Flusse fuhr, und zwei Heerden Horn- vieh begegneten. Um 3 Uhr Nachmittags waren sie bei der „südöst- lichen Capitale des Reichs* Nanchang ') (28° 27’ 12” N. Br. und 115° 48' 17" O. L. von Greenw.). Hier lagen aufserordentlich grofse Dschun- ken, theils solche, die den Reis für den kaiserlichen Hof (Tribut) nach Peking bringen ?), theils Lustfahrzeuge. Die sehr grofsen Vorstädte schienen zum Theil durch Ueberschwemmungen verwüstet, viele Häu- ser lagen in Ruinen. Die Stadt selbst, 5% engl. Meilen im Umfang, ist ein unregelmälsiges Polygon mit sechs Thoren. Herr Milne be- suchte sie in seinem Tragsessel. Sie liegt am östlichen Ufer des Chang- flusses, hat ungewöhnlich breite Strafsen, hübsche, grofse und reinliche Läden. Es regnete, daher die Bazars wenig besucht, obwohl voll Waa- ren. Die Einwohner schienen im Allgemeinen gut gekleidet, die we- nigen Frauen, die sich auf die Strafse gewagt, hatten ein anziehendes Aeulsere. Die Stadt ist mehr Stapelplatz als Fabrikort, der Mittelpunkt für die Moden und den Luxus von wenigstens 76 Städten in 14 Land- schaften. Fortdauernder Regen und Mangel an Zeit verhinderten den Besuch der vor den östlichen Thoren gelegenen „Inseln aller Arten von Blumen“, einer Anlage des berühmten Generals Changching aus dem 11. Jahrhundert, die jetzt ein beliebter Vergnügungsort der Ein- wohner ist. Nahe dem südlichen Thore steht eine kleine Pagode mit aufserordentlich glänzender Spitze. Auflserhalb des westlichen Thores ’) Vergl. Huc, das chinesische Reich (deutsche Ausg.) II, $. 222 u. f. ?) Macartney’s Embassade fand hier 500 kaiserliche Barken vor Anker; der Pater Bouvet die schönste kaiserliche Yacht, die ihn nach Canton bringen sollte (Ritter a. a. O. 8. 669). Auch Pater Huc erhielt hier eine schöne Dschunke, „einen kleinen schwimmenden Palast“ zur Verfügung (Huc, das chines. Reich II, $. 239). von Ningpo nach Canton. 35 liegt die berühmte Tangwang-Halle, in der Mitte des 17. Jahrhun- derts vom Kaiser Kaoutsung von der Tung-Dynastie zum Anden- ken an die Installirung seines Sohnes als Statthalters der Provinz er- _ baut. Die Halle ist von @äumen und sehr geschmackvoll angelegten - Blumenbeeten umgeben und aufser kleineren, in ihr an verschiedenen - Stellen aufgerichteten Tafeln ist die Hauptwand mit poetischen In- schriften und Sentenzen bedeckt. Abends 7 Uhr am 25. Juli fuhren die Reisenden von Nanchang weiter, segelten die ganze Nacht hindurch und waren um 5 Uhr Mor- gens (den 26. Juli), nachdem sie 24 engl. Meilen zurückgelegt, bei Shechah. Auf dem Wege hierher lagen zahlreiche Indigopflanzungen. Nachdem der Strom mehrere Zuflüsse aufgenommen, erweitert er sich bedeutend bei Fungehing. Hier wird er von Deichen eingeschlossen, - unter denen der bei Hwangfowhiung aus grolsen Granitblöcken besteht _ und 1 bis 2 engl. Meilen lang ist. Lange mit Hütten bebaute Flöfse | bewegten sich den Strom hinab; auf denselben waren Männer mit Be- hauen von Bauholz beschäftigt. Eines dieser Flölse war fast eine engl. _ Meile lang und 9 Fuls breit; es ragte 4 Fuls über dem Wasser hervor. _ Die einzelnen Stämme, aus denen die Flöfse bestanden, waren mit Wei- denzweigen zusammengebunden, und ein Flofs an das andere befestigt. So bewegten sie sich leicht in den vielen Windungen des Flusses. Einige Männer standen vorn und steuerten, andere gingen auf den Seiten hin und her, um das Anprallen an’s Ufer zu verhindern. Hie und da erhob sich ein kurzer Mast mit einem kleinen Segel. Die Hütten dienten den Bewohnern der Flöfse als Obdach, daneben waren Küchen erbaut und kleine Schuppen zur Aufbewahrung von Handelsartikeln _. aus dem Innern des Landes, wie Gemüse, offizinelle Kräuter, Vögel, Eichhörnchen, Affen u. dgl. m. Kleine Küchengärten, die hie und da angelegt waren, lieferten Gemüse zur täglichen Nahrung. Männer, Weiber und Kinder bildeten die Besatzung. j Um Mitternacht den 27. Juli passirten die Reisenden Chang- shoo, einen Markt für alle medizinischen Kräuter. Der Flufs wird hier immer breiter, der Sand ist sehr weils, der Boden umher frucht- bar. Man züchtet mehr Rinder hier als Schweine, wie dies überhaupt in der Provinz Kiangse der Fall ist. Die nächste Stadt war Kiah- kiang, wo man um 5 Uhr Morgens (den 28. Juli) ankam. Sie liegt am westlichen Ufer und schliefst die Hälfte eines Hügels ein, an wel- chem die Häuser erbaut sind. Am nächsten Tage früh segelte das Boot an der Bezirkshauptstadt Keihngan, die gut befestigt ist und 3 engl. Meilen Umfang hat, vorüber. Die Bevölkerung war zahlreich und in geräuschvoller Bewegung. Die Stadt dehnt sich wohl eine Meile längs dem Ufer aus, eine schneeweilse Pagode schimmerte im Glanz 9% n ® sc + a er A ‚r er nz DAL: 36 Eine Reise über Land der Sonne. Der Flufs ist hier breit und tief, die Strömung reifsend. Als man am folgenden Tage, den 30. Juli, Lebensmittel kaufen wollte, waren nirgends welche zu haben; an Bord hatte man nichts anderes, als Reis und hart gekochte Eier. In einem Dorfe wurde Hundefleisch zum Kauf angeboten. Ueberhaupt nahm jetzt die Gegend einen sehr ärmlichen Charakter an; auch die Bewohner der Dörfer trugen den Stempel der Armuth. Hie und da erhoben sich weilsangestrichene Pa- goden von mehreren Stockwerken. Am Nachmittage des 31. Juli kam man nach der unansehnlichen Stadt Wangan. Von da ab wurde das Terrain wieder hügelig und waldig. Unweit Wangan wurde Anker geworfen und übernachtet. Ein tiefer Schlaf stärkte die Bootsleute für die Arbeit des nächsten Tages (1. August), wo 18 (nach gewöhnlicher Rede 24) Stromschnellen ’) überwunden werden mulsten. Auch die Flulsgeister wurden zu diesem Zwecke angerufen. Mit Tagesanbruch wurde der Anker aufgenommen und bei Sonnenuntergang hatte man 11 Stromschnellen glücklich hinter sich, von denen jedoch keine so beschwerlich war, wie die auf dem Chihkiang-Flusse. Die Gegend war aufserordentlich schön: ringsum, wohin man blickte, nah und fern hohe Berge, zum Theil bewaldet, doch öfter noch rauh und mit grofsen Granitblöcken bedeckt. Das zu beiden Seiten hohe Flufsgestade war häufig von zuströmenden Giels- bächen unterbrochen. Der Changflufs selbst glich mehr einem Berg- gewässer als einem sanft hinfliefsenden Strome, denn obwohl er mit- unter breit und ruhig wogte, wurde doch öfter noch die Strömung durch Felsstücke aufgehalten, an welchen sie sich brausend und schäumend brach. Die Stromschnellen lagen gleichfalls voll hoher scharfkantiger Felsstücke, waren meistens seicht und durch den bisweilen nur 6 Fufs breiten Canal brachen die Wellen sich mit lautem Getöse Bahn und stürzten, ein prächtiger Wasserfall, in die Tiefe. Auch am folgenden Tage (den 2. August) blieb die Umgebung des Flusses anmuthig. An den Abhängen der Berge weideten Ziegen, la- gen zahllose Grabmäler in Hufeisenform; ausgedehnte Zuckerrohrfelder zierten die Ebenen, hohe Bäume die Gestade. Auf den Aeckern ar- beiteten ungewöhnlich viele Menschen, die Frauen mit nicht verunstal- teten Fülsen und Strohhüten auf dem Kopfe. Um 4 Uhr Nachmittags hatten wir die 18 Stromschnellen glücklich passirt; ein Boot mit Flufs- polizei näherte sich und durchsuchte das der Reisenden nach Contre- bande. Ehe die Sonne zur Rüste ging, befand man sich bei Kan- chow. Von hier bis zu seiner Mündung in den Poyang-See ist der ') Vergl. die älteren Reiseberichte über dieselben bei Ritter, Erdkunde von Asien Bd. III, S. 668. Br h) Fi we = ; ud IE > ee ie ee u SE" I Sn ZZ Zn von Ningpo nach Canton. 37 Flufs 300 engl. Meilen lang und führt gemeiniglich den Namen Kan- Flufs. Seine beiden vornehmsten Zuflüsse sind der Kung und der Chang; der eine kommt von Osten her aus den Sienloo-Bergen in Fukiän und hat eine Länge von 110 engl. Meilen, der andere von Westen aus dem 186 engl. Meilen entfernten Wangking-Gebirge an der Südgrenze von Hoonan. Bei Kanchow lagen eine Menge Fahrzeuge; die gröfseren, deren Ladungen nach Canton bestimmt sind, werden hier gelöscht und die Waaren in kleinere Boote untergebracht. Die Stadt ist grofs und solide gebaut. Unterhalb Kanchow waren Bambus und Zuckerrohr häufig. Mäch- tige Wasserräder füllten die höher am Ufer gelegenen Bassins; einige malsen 40 Fufs im Durchmesser. Viele Flöfse mit Bauholz glitten an dem Boote unserer Reisenden vorüber, die am 3. August 25 engl. Mei- len zurücklegten. Der Flufs nimmt nun eine südwestliche Richtung, aber nur langsam ging es am 4. und 5. August nach Nangan. Das Ufer war stellenweise mit dunkelfarbigem Schiefer belegt, hier und da mit dichtem Bambusgebüsch oder mit breitästigen Kampferbäumen be- setzt. Auf den Aeckern schienen eben so viele Frauen als Männer zu arbeiten, wenigstens waren die ersteren eben so emsig und geschäf- tig, nach dem Gesang zu urtheilen, womit sie ihre Arbeit begleiteten. Sie trugen ein kurzes Oberkleid, lange Beinkleider, runde, mit blauem Besatz eingefafste Strohhüte, die oben eine Oeffnung hatten, durch welche das Haar hervorsteckte. Die Ortschaften sind hier unbedeutend; nur Nankang, eine freundliche, mit einer Mauer umgebene Stadt am west- lichen Ufer verdient erwähnt zu werden. Hier steht ein grofser Confucius- Tempel ’), der sehr in die Augen fällt und über seinem Haupteingang ‚die Inschrift trägt: Tih pei tien te, d.h. Tugend macht Himmel und Erde gleich. Bis Mittag des 6. en legten die Reisenden, obgleich sie mit Anbruch des Tages aufgebrochen, nur 9 Meilen zurück. Das Wetter war heiter, die Landschaft anmuthig, der Flufs hatte viele Win- dungen und strömte zwischen steilen Ufern, die bisweilen die Höhe von Bergen erreichten, von mächtigen Bäumen beschattet dahin. We- nige Meilen unterhalb Nangan zeigte sich ein prächtiger Wasserfall zur rechten Hand, der, von einem Berge herabstürzend, sich in einem lan- gen silberweilsen Streifen in den Flufs ergofs. Endlich bog das Boot um den vorgestreckten Fuls eines Berges und mit einem Male kam die auf dieser Strecke letzte Stadt der Provinz Kiangse, Nangan, in Sicht. Sie trug vollständig den Charakter einer Grenzstadt zwischen zwei grolsen Provinzen: eine Menge Dschunken lagen in langen wohl ge- !) Diesen Tempel besuchte auch H, Ellis. Vergl. Ritter, Asien Bd. III, 8. 676. 38 Eine Reise über Land ordneten Reihen an beiden Seiten des Flusses, grofse Gasthäuser und Karavanseraien am linken östlichen Gestade. Von hier ab wurde die Reise zu Lande fortgesetzt über das Mei- ling- Gebirge. Herr Milne miethete einen Tragsessel für sich, den vier Männer trugen, vier andere für seine Begleiter. Ohne weiteren Aufenthalt wurde dann die, gewöhnlich 18 Stunden dauernde Ueber- steigung des fast 30 engl. Meilen breiten Gebirges angetreten, die er mit folgenden Worten schildert: „Indem wir unseren Weg durch die Vorstädte von Nangan nah- men, vermieden wir die engen schmutzigen Strafsen der ummauerten Stadt, was um so angenehmer, als der Nachmittag (es war 1 Uhr) trocken und schwül war. Bald befanden wir uns in einer freien offe- nen Gegend, wo wir eine südwestliche Richtung einschlugen und kurz darauf das Meiling-Gebirge vor uns sahen, dessen Fufs noch 5 engl. Meilen entfernt lag. Eine gut gepflasterte oder vielmehr dicht mit Kieselsteinen belegte Strafse führte dorthin. Auf dieser Strafse befan- den sich zwei fast ununterbrochene Reihen von Lastträgern, die Einen in derselben Richtung wie wir, die Anderen uns entgegenkommend. Gewöhnlich gingen zwei neben einander, jeder mit einem Querholz über der Schulter, woran das Gepäck eines Reisenden oder Kaufmannsgüter hingen. Die gröfsere Zahl der Träger, denen ich begegnete, trug fremde Waaren von Canton in das Innere des Landes. Man sagt, dafs 50,000 Menschen auf diese Weise ihren Lebensunterhalt verdienen. Die lan- gen Züge gewährten einen interessanten Anblick. Die Leute bewegten sich in regelmälsigem raschen Schritt, sie sangen, jodelten, selbst mehr- stimmig, und ganz anders als die Arbeiter, denen man auf jeder Strafse in den fünf Freihäfen begegnet, die nur zu schreien und zu brüllen, verstehen. Auch Frauen trugen Lasten und nicht geringere als die Männer. Sie scherzten mit einander, indem oft zehn oder zwölf ver- schiedenen Alters zusammen gingen, seltener eine neben einem Manne.* „Zufolge der Nachrichten der Eingeborenen ist der Meiling-Pals, den sie den Hals oder die Kehle des nördlichen und südlichen China nennen, die östlichste Bergreihe von fünf Gebirgen in der Provinz Kwangtung. In manchen Büchern wird diese Bergkette Tayu ge- nannt, meistens jedoch Meiling. Dieser letztere Name wird von dem Namen einer Art wilder Kirsche abgeleitet, die an der Nord- und an der Südseite wächst. Die an der Nordseite wachsenden Bäume sollen gerade zu blühen anfangen, wenn die an der Südseite ihre Blü- then verlieren. Mehrmals hat man den Versuch gemacht, eine Strafse über das Gebirge anzulegen, die von Truppen, Kaufleuten und Rei- senden passirt werden könnte. Sowohl kaiserliche Ingenieure als auch andere Privatleute haben dazu Anschläge entworfen und ihre Kräfte von Ningpo nach Canton. 39 vereinigt, um dies zu Stande zu bringen. Vor tausend Jahren, unter der Regierung des Kaisers Yuentsing von der Tang-Dynastie, wurde unter Leitung von Beamten das Werk begonnen und ein roher Fufs- pfad angelegt, vier Jahrhunderte später ein fester Weg aus Backstei- nen, die man aus dem Thon, welchen das Gebirge liefert, verfertigte. Noch später wurde dieser Weg manchen Verbesserungen unterworfen und wie er jetzt ist hergestellt. Einer chinesischen Urkunde zufolge, die den Titel führt: „Herstellung von Gebirgsstrafsen“, scheint der Pfad vor nicht völlig 400 Jahren in folgender Weise ausgebessert worden zu sein; „Mächtige Felsblöcke wurden, nachdem man grofse Feuer über ihnen angezündet, mit schweren Hammern zerschlagen; Berggewässer wurden dadurch, dals man Gräben anlegte, abgeleitet; eine Masse Steine und Erde wurde platt gestampft; so entstand nach und nach ein spiral- förmig gewundener Pfad.“ Dies war wahrscheinlich die ursprüngliche Anlage des nun mehr und mehr verbesserten Weges, den wir hinauf- zusteigen in Begriff waren.“ „Die nördliche Seite des Passes gewährte einen unbeschreiblich schönen Anblick. Die weitausgedehnte Seite des Gebirges vom Fuls desselben bis zum Kamm bildete einen prächtig grünen Teppich, aus welchem einzelne schroffe Felsenklippen hervorragten und der von dem düstern Laube mächtiger Fichten überschattet wurde. Mitten durch diese anmutbige Landschaft, die mir, der ich so lange auf dem Schiffe zugebracht, wie ein schwebender Garten erschien, konnte ich einen festen, etwa 12 Fuls breiten, gebahnten Weg verfolgen, der, von Men- schenhand durch die rauhen Felsen und.das dichte Gebüsch angelegt, mitunter einer Treppe glich, die im Zickzack bis zu dem Kamme des Gebirges sich hinaufwand. Dies war der oben erwähnte „spiralförmige Pfad“. „Während ich in meinem, auf den Schultern von vier Männern, die diese Treppe hinanstiegen, ruhenden Sedan sals, betrachtete ich die Gegend über mir und zu meinen Fülsen. Die Fruchtbarkeit des Bo- dens war überall aufserordentlich; zur Rechten wie zur Linken Alles mit frischem Grün bedeckt. Nachdem wir eine Zeit lang, von dieser reichen üppigen Vegetation umgeben, hingeschritten waren, gelangten wir auf einen Vorsprung, von welchem aus sich eine weite, mannich- faltige Aussicht auf die Berge und die Ebenen darbot. Hinter mir in der Tiefe lag das angebaute Land von Kiangse, in dieser Jahreszeit fast schon des Schmuckes seiner Erndte beraubt und einer grofsen Wasserwüste gleich, eine weite monotone Fläche '), auf deren äufser- sten Grenzen am fernen Horizont sich einige wenige zerstreute Hügel !) Ebenso die Schilderung bei Barrow. Vergl. Ritter a. a. O. 8. 667. 40 Eine Reise über Land erhoben. Als ich meine Augen von dieser Ebene weg nach dem Ge- birge wendete, welches 1000 Fufs über der Ebene liegen soll, bemerkte ich auf der von uns bereits erklimmten Anhöhe einzeln stehende her- vorragende Klippen, düstere Schluchten, steile Abstürze, eine zahllose Menge bunt durch einander gewürfelter Felsblöcke und steinigter Er- höhungen. Zwischen den näher gelegenen Höhenzügen hindurch nahm man wild aussehende Berge wahr, von denen einer den andern über- ragte. Die Bergwand selbst, die rauh und eckig emporstieg, war voll finsterer Schluchten und enger Schlünde; die Gipfel und der Kamm des Gebirges trümmerartig zerklüftet.“ „Als wir auf dem höchsten Punkte des Passes, dem Meikwan, an- gelangt waren, setzten die Träger die Sedans nieder, um ein wenig Athem zu schöpfen. Bereits war die Sonne im Untergehen. Die Ent- fernung von Nangan bis hierher betrug 6% engl. Meilen, 18 engl. Mei- len betrug die Strecke von hier bis nach der ersten Stadt in der Pro- vinz Kwangtung, Nanhiung. Meilenzeiger in Zwischenräumen von 4 oder d engl. Meilen dienten zur Bezeichnung der Entfernungen. Der höchste Punkt des Passes selbst war ein Thor '), welches durch den Berg in einer Tiefe von 20 bis 30 Fufs, 50 Fufs lang und 20 Fufs breit gehauen war und an beiden Seiten durch einen hohen Strebe- pfeiler aus Kalkstein gestützt wurde. Hier war eine kleine Abtheilung chinesischer Soldaten zur Bewachung des Bergübergangs stationirt.* „In der Geschichte der südlichen Provinzen China’s wird dieser Pafs als ein Wachtposten von gröfster Bedeutung geschildert und in einer chinesischen Beschreibung der Provinz Kwantung heifst derselbe, wie wir etwa sagen würden, die „Thermopylen der Welt“. Hier ist die Grenze zwischen Kiangse und Kwangtung, der Schlüssel, der die erstgenannte Provinz zu- und die letztgenannte aufschliefst.“ Vom südlichen Abhange des Meiling-Gebirges erblickt man eine von grünen Feldern und waldigen Anhöhen erfüllte Gegend. Am Fufse des Gebirges liegt das Hauptquartier des Obersten der Wachtposten, die den Pafs zu schützen haben, und nahe dabei ein grofses Dorf mit zahllosen Gasthäusern für Passagiere und Lastträger, die hier in grofser lärmender Versammlung bei einander salsen. Um Mitternacht machten unsere Reisenden bei der sogenannten Centralstation Halt. Von der Spitze des Passes bis hierher war der gröfsere Theil des Weges gut gebahnt und führte durch eine Menge Dörfer, davon einige von hohen Bäumen beschattet wurden. Zahllose Insecten zirpten auf den Zwei- !) Auch Pater Gaubil gedenkt dieses Thores (Ritter a. a. O. $. 665 u. f.); ebenso Huc (das chinesische Reich II, $S. 248), und die früheren britischen Embassaden (Ritter a. a. O. 8. 666 u. f.). Pater Bouvet und Clarke Abel beschreiben es ganz ähnlich wie Herr Milne (vergl. Ritter a. a. O. S. 667). ! von Ningpo nach Canton. 41 > > \ gen und Schwärme von Glühwürmern leuchteten im Dunkel der Soemmer- nacht. Nach kurzer Rast und Erquickung und langwieriger Verhandlung mit den Sedan-Trägern ging es weiter, bis der Mond unterging. Dann wurde abermals gerastet bis zur Morgendämmerung. „Am 7. August in der Frühe zogen wir,* fährt Herr Milne fort, „in Nanhiung ') (25° 11’ N. Br. und 113° 55’ O.L.) ein. Die Thore der Stadt waren eben erst geöffnet; die Vorstädte sind sehr grofs. Wir durchschritten das östliche Thor, dann über den in so früher Stunde noch leeren und stillen Marktplatz, kamen an zwei oder drei öffentlichen Gebäuden vor- über und gingen zum südlichen Thore wieder hinaus über die Taiping- Brücke, die aus sieben Bogen besteht, und kehrten in das glänzende Hötel Yangsanho ein. Nach dem Frühstück wurde ein Passagierboot für den hohen Preis von 50 Dollars gemiethet, jedoch mit der Bedingung, dafs es uns spä- testens in sechs Tagen nach der 1315 Li oder 390 engl. Meilen ent- fernten Stadt Canton bringen sollte. Der Flufs von Nanhiung ab bis Canton war für die Schifffahrt durchweg bequem. Zwar fanden sich hie und da einige enge seichte Stellen, aber im Vergleich mit dem, was wir in den letzten drei Wochen bei unserer Fahrt die Flüsse hin- auf erfahren, ging hier die Strömung den Flufs hinunter schnell. Die Landschaft am Ufer war entschieden anziehender, als die einförmigen Ebenen in Kiangse. Abends am 8. August kamen wir nach Shaouchow am rechten (westlichen) Ufer, einer nach der bedeutenden Anzahl von Booten, die dort vor Anker lagen, wichtigen Stadt, in der auch ein Zollgebäude sich befindet. Wir blieben hier die Nacht über liegen; wenige Dollars hätten uns wohl sofort weiter geholfen, allein mein Reisegeld ging auf die Neige und so mulsten wir sammt den übrigen Fahrzeugen bis zum nächsten Morgen warten. Eine Schiffbrücke quer über den Flufs ver- bindet die beiden Ufer für Fulsgänger; nur eine Oefinung wie gewöhn- lich gestattet den Schiffen einen Durchlafs, der Nachts durch eine da- vor gelegte eiserne Kette geschlossen wird. Bei Tagesanbruch ver- _ kündeten drei Kanonenschüsse, dafs die Thüren des Zollgebäudes geöffnet worden. Die eiserne Kette wurde weggenommen und die Steuerbeamten kamen an Bord der Fahrzeuge, sie zu untersuchen. So - besuchten auch zwei Beamte der Flufspolizei unser Boot und händig- ten uns die Passagescheine aus. Zunächst fuhren wir nun an einem mitten im Strome zu unserer _ Rechten stehenden Felsen vorüber, der nach Sir G. Staunton’s Angabe ') Vergl. Huc, das chinesische Reich (deutsche Ausgabe) II, 8. 249 u. ff. 49 Eine Reise über Land 600 Fufs hoch ist, mir aber nicht höher als 80 Fuls zu sein schien. Auf diesem Felsen, an dessen Fufs die Wellen vorüberbrausten, befand sich eine Reihe von Gemächern, welche den Eingang zu einem Tempel bilden, der dem Dienst der berühmten Göttin der Güte, Kwanyin, ge- weiht ist. Am 10. August Abends kamen wir nach Yingtih am lin- ken Gestade. Diese Stadt ist zwar nicht bedeutend, liegt aber in einer anmuthigen Gegend. Zwei Pagoden, an jeder Seite des Flusses eine, und mehrere sonderbar gestaltete Berge gewahrten wir ein wenig unter- halb derselben. ’ Der Flufs, den wir bis hierher von Nanhiung ab befahren hatten, entspringt auf dem Meiling-Gebirge. Bei Yingtih nimmt er mehrere Zuflüsse aus der Provinz Hoonan auf und wird von hier ab südlich strömend der „nördliche Flufs“ genannt. Bei Tsingyuen, etwa 25 engl. Meilen oberhalb Canton und 40 engl. Meilen von Fuhshan, trafen wir am folgenden Tage auf die Ausmündung des „westlichen Flusses“ in den nördlichen, der aus der Provinz Yunnan herkommt und Kiangse durchströmt. Diese beiden, der „nördliche“ und der „westliche“ Flufs, vereinigen ihre Gewässer und strömen nach Canton, worauf unfern Whampoa noch ein dritter Flufs, der aus den Gebirgen im Südosten von Kiangse und Fukiän herkommt, sich ihnen anschliefst. Auf solche Weise wird durch die Vereinigung von drei Flüssen, dem nördlichen, dem westlichen und dem östlichen, der von den Eingeborenen so ge- nannte und den Fremden wohlbekannte „Perlflufs* gebildet, welcher sich von Canton ab in einer Länge von 60 engl. Meilen in den Ocean ergielst.* Herr Milne fand die Gegend von Tsingyuen ab anmuthig und fruchtbar: Baumwollenstauden, Zuckerrohr, Maulbeerbäume u. s. w. zeigten sich überall den Blicken. Der Verkehr war aufserordentlich lebhaft, namentlich war die Zahl der landeinwärts segelnden Boote sehr grofs. Die gesammte Bevölkerung schien ausnehmend thätig, vor- zugsweise die Frauen, welche ebenso wie die Männer die Fahrzeuge schleppten. Unter allen Ortschaften, welche unser Reisender am 12. August passirte, war der lebhafteste für alle Arten Handel Fuhshan oder Fatsan, das „Birmingham in China*. Diese Stadt liegt 12 engl. Meilen südwestlich von Canton, hat keine Mauern, aber eine Million Einwohner. Der Canal und der durch die Stadt strömende Flufs wa- ren dicht mit Booten besetzt; an jeder Seite des Flusses war eine zahlreiche Bevölkerung angesiedelt. Das Boot der Reisenden schofs eilends an Holzlagern von Bauholz aus Kiangsi, Schiffswerften, Eisen- gielsereien, Ziegeleien und andern Etablissements vorüber, und ehe man es sich versah, befand man sich bei Hwate, wo Anker geworfen wurde. Um 6 Uhr Nachmittags wurde wieder aufgebrochen und bald waren : von Ningpo nach Canton. 43 die fremden Factoreien von Canton erreicht. Hier miethete Herr Milne ein anderes Boot nach Hongkong, wo er nach Verlauf von zwei Ta- gen glücklich anlangte. So hatte er in 38 Tagen, während er unbe- lästigt durch drei Provinzen China’s gereist war, eine Route von 1300 engl. Meilen zurückgelegt, 16 Landschaften, 2 Hauptstädte, 28 um- mauerte und 17 Städte ohne Mauern theils nur berührt, theils besucht und war an einer zahllosen Menge von Dörfern, Flecken und Weilern im Innern des Landes vorübergekommen. Es ist dadurch auf’s Neue bewiesen, dafs Reisen in’s Innere von China für den Fremden nicht mit Gefahren verbunden sind und dafs namentlich die Bevölkerung den fremden Reisenden kein Hindernifs in den Weg legt. 2% Die nomadischen Tungusen von Bauntowsk und der Angara. Von Orlow '). Aus dem Russischen vom Herausgeber. Der Tunguse hat keine Heimath: sein ganzes Leben besteht aus einem ununterbrochenen Umherziehen von einem Orte zum andern. Er wandert unaufhörlich von den Flüssen auf die Berge, von den Bergen in die Thäler und an die Seen; er wird, so zu sagen, auf der Reise geboren, behält deshalb seinen eigentlichen Geburtsort nicht in der Er- _ innerung und kümmert sich nicht um ihn, — ja er fragt auch seine Angehörigen nicht darnach, — mit einem Wort, er hat keine Heimath und keine Anhänglichkeit an irgend einen Ort, sondern streicht wie das Wild in unbewohnten Einöden und Wäldern umher: diese sind ' sein Element. Die russischen Pelzhändler, welehe des Gewinnes wegen diese ent- _ legenen, einsamen Gegenden Sibiriens besuchen und dort mit den Tun- gusen zusammentreffen, die weder von einem Vaterlande noch von einem Zusammenleben einen Begriff haben, sondern in Wäldern und auf Ber- !) Orlow war der ostsibirischen Expedition attachirt. Eine: kleinere ethnogra- _ phische Abhandlung desselben Verfassers über die Orontschenen am Amur haben wir unter den Miscellen des vorigen Heftes mitgetheilt. Die vorliegende Abhandlung ist im XXI. Bande des Wjästnik der Kais. Russ. Geogr. Gesellschaft publieirt. 44 Orlow:. gen, für den menschlichen Verkehr fast unzugänglich, umherziehen, nannten dieselben die nomadischen Tungusen. Diese Benennung, welche anfangs allen Tungusen gegeben wurde, die in wüsten und schwer zugänglichen Gegenden getroffen wurden, hat sich bis auf den heutigen Tag erhalten und wird noch jetzt im Allgemeinen sowol denjenigen beigelegt, welche unaufhörlich in den Thalgründen umherziehen und aus ihnen nie zu den von Russen be- wohnten Orten herauskommen, als auch denen, welche, nachdem sie mit den Russen in den Wäldern zusammengetroffen waren und von diesen Getreide erhalten hatten, sich an Brod gewöhnt haben und jetzt, während einiger Monate, sich regelmäfsig in den russischen Ansiede- lungen zeigen, um sich einen Vorrath von Mehl zu verschaffen. Das Nomadenleben der Tungusen ist unmittelbar abhängig von der Gelegenheit, sich die unentbehrlichen Lebensmittel und Kleidungs- stücke zu verschaffen, wozu dieses umherziehende Volk wenig Mittel besitzt. Jagd. Das Bedürfnifs nach täglicher Nahrung veranlafst den Tun- gusen, Lebensmittel zu suchen, und zu diesem Behuf verläfst er seine Jurte und geht mit der Panjaga ') auf dem Rücken und dem Feuer- rohr auf der Schulter, zuweilen mehrere Tage hinter einander, den Spuren eines Wildes nach und bemüht sich, heimlich heranschleichend, dasselbe zu erlegen, damit er für seine Familie wie auch für die mit ihm zusammen nomadisirenden Tungusen Nahrung erhält. Wenn sich die glückliche Gelegenheit zeigt, ein grofses Wild zu erlegen, so kehrt der Tunguse mit einem kleinen Theil des Fleisches in seine Jurte zu- rück und zieht, nachdem er seine Familie dort mit der Beute bewirthet hat, sofort an den Ort, wo das Wild erlegt und zurückgelassen ist, und lebt hier so lange, als der vorhandene Vorrath nicht erschöpft ist; darauf verläfst er die Jurte, geht wieder auf die Jagd, und lälst seine Familie gewöhnlich an diesem oder am nächsten Tage dorthin über- siedeln, wo er, nach einer Wanderschaft um einige Flufsquellen und über verschiedene Landengen, entschlossen ist, wieder auf Beute, auf Tarabagane ?), ein Bisamthier oder eine wilde Ziege, auszugehen. Die- sem kleinern Wild zieht der Tunguse zuerst das Fell ab, packt dann alles Fleisch auf die Panjaga und trägt es in seine Jurte, in welcher !) Ein dünnes Bret, das mit Riemen auf den Rücken gebunden wird, nach Art eines Ränzels, und dazu dient, die Kleider zu tragen. Anm. der Red. des Wjästnik. ?) Mus jaculus. Der russische Name für das Murmelthier oder den Erdhasen ist Surok; Suru, Surka ist auch bei den türkischen Stämmen Sibiriens dafür ge- bräuchlich. Der von Orlow ohne jede Erklärung gebrauchte Name, der bei den Tungusen üblich und von den dortigen Russen reeipirt zu sein scheint, entspricht dem ostmongolischen Namen für das Murmelthier, tarbagha, dem kalmükischen tar- bagan, dem mandschuischen tarbakhi.. K.N. R® # 1 Die nomadischen Tungusen von Bauntowsk und der Angara. 45 er sich so lange aufhält, als er von dem erbeuteten Wilde zu essen hat. Darauf fängt wieder die Wanderschaft an, und so geht es un- unterbrochen fort den Winter und Sommer und überhaupt das ganze Leben hindurch. Es ist noch zu bemerken, dafs das Erlegen wilder Thiere, deren Fleisch die Tungusen essen und deren Felle sie für ihren eigenen Bedarf verbrauchen, von ihnen „Thierfang*“ (swjärolowstwo) genannt wird '). Fischerei. Die Gefahren, mit denen die Jagd verknüpft ist, und zuweilen auch die Erfolglosigkeit derselben veranlassen die Tungusen, auch hin und wieder zu einer Beschäftigung anderer Art zu greifen, namentlich zum Fischfang, der mit viel gröfserer Sicherheit als die Jagd zu ihrem Lebensunterhalt beiträgt. Die beiden eben erwähnten Mittel zu seinem Lebensunterhalt ziehen den Tungusen, um mit gröfserer Sicherheit für sich sorgen zu können, zu verschiedenen Jahreszeiten an verschiedene Stellen der von ihnen bewohnten Einöde. Aber ehe wir diese für sie wichtigen Localitäten namhaft machen, werfen wir einen Blick auf ihre Zeitrechnung und Zeiteintheilung. Zeitrechnung. Seltsamer Weise zählen die Tungusen in dem Zeitraume unseres astronomischen Jahres zwei der ihrigen, — ein Sommerjahr und ein Winterjahr. Jedes dieser Jahre wird in sechs Monate getheilt, deren Namen die folgenden sind. Monate des Sommerjahres: 1) Turan entspricht unserm März, 2) Sonka (Schonkon) - - April, 3) Dukun - - Mai, 4) Ijaga (Roga) - - Juni, 5) Ilkun - - Juli, 6) Iren - - August. Monate des Winterjahres: 1) Yrkin entspricht unserm September, 2) Urgun ?) - - October, 3) Ugdarpyr - - November, 4) Miro - - December, 5) Otki - - Januar, 6) Giraun - - Februar. Schaltmonat oder siebenter Wintermonat: Oktynkiro. !) Der tungusische Name, dessen Bedeutung der des russischen swjärolowstwo Ri entsprechen soll, wird von Orlow nicht angeführt. ?) Dieser Name wird weiter unten, wahrscheinlich irrig, ugun geschrieben. A6 Orlow: Als Anfang des Monats gilt das Eintreten des Neumonds in jedem Monat. Der Vollmond theilt bei den Tungusen den Monat in zwei Hälften, die erste und die zweite; und die Mitte jedes Mondes, bei zunehmendem und bei abnehmendem Licht, theilt jede Monatshälfte wieder in zwei Theile. So zerfällt jeder Monat in vier Wochen, von denen jede sieben Tage umfafst; den Wochentagen legen die Tungusen keine besonderen Namen bei, da sie dafür halten, dafs alle Tage im Jahre einander gleich sind. Im Allgemeinen nehmen die Tungusen auf die Zeitrechnung wenig Rücksicht, sondern sie erinnern sich an die Vorgänge ihres Lebens nach dem Ort, an dem sie gerade nomadisirten, oder sie rufen sich ein für sie wichtiges Ereignifs in’s Gedächtnils, z. B. das Auftreten der Pocken oder eine Rennthierseuche, indem sie sich wenig um eine ge- naue Angabe der Jahre kümmern. Uebrigens ist auch diese Zeitein- theilung und Zeitrechnung für sie vollkommen ausreichend zur Beob- achtung der von ihnen abgeschlossenen Verabredungen und Verträge, an einem bestimmten Orte und zu bestimmter Zeit mit den russischen Jägern und Kaufleuten zum Austausch der von ihnen angesammelten Pelze oder auch zur gleichzeitigen Entrichtung des Jassak an einem festbestimmten Orte Ausgangs November oder Anfangs December zu- sammenzutreflen. Aulser diesen beiden Begebenheiten beachtet der Tunguse nur das Erscheinen des Neumonds oder Vollmonds, wonach er seine Wanderung nach einem ihm bekannten Orte unternimmt und dort sich an sein Geschäft macht. Beschäftigungen der Tungusen. Jetzt wollen wir diese Ge- schäfte und das von ihnen abhängige Wanderleben der Tungusen be- schreiben, zuerst im Turan, dem ersten Sommermonat (März). In diesem Monat hat sich der Schnee, der sich in den Hohlwegen und Schluchten angehäuft hat, sehr festgesetzt, in tiefer Schicht, die oben eine hinlänglich feste Kruste hat, auf welcher der Tunguse mit Schnee- schuhen sehr schnell und dreist sich fortbewegt, während die wilden Thiere mit gespaltenen Hufen in den tiefen Schnee einsinken. Dies benutzend verfolgt der Tunguse mit oder ohne Hunde das Wild, und tödtet es, wenn er dasselbe, im Schnee versunken, ohne grofse Mühe erreicht hat, mit seinem Gewehr; zuweilen zeigt sich auch die Gele- genheit, das Wild mit dem Jagdspiels oder gar mit einem Knüttel zu erlegen; manchmal holen auch die Hunde das Wild ein und beifsen es todt, und der herbeieilende Jäger entreilst ihnen das schon getödtete Thier zu seiner eigenen Nahrung. In diesem Monat jagt man vorzüg- lich Elennthiere, Rehe, Bisamthiere, wilde Rennthiere und Ziegen. Zur Zeit dieser Jagd wählen die Tungusen ihren Aufenthaltsort in der Di, Nähe von tiefen Thälern, Hohlwegen und Schluchten, die mit Schnee angefüllt sind. Im zweiten Sommermonat (Sonka, April) gehen die Flüsse auf, und wenn in Folge des Schneeschmelzens an den Ufern derselben Ueberschwemmungen sich gebildet haben, beeilen sich die Tungusen, an die kleinen Flüsse oder an die Quellen der grolsen Ströme zu wan- dern, wo sie das Streichen der Fische stromaufwärts benutzen und an schlammigen oder schilfreichen Stellen ihre Fischerbänke oder Fisch- kasten errichten und zum Fischfang Reusen stellen. In dieser Zeit fangen sie hauptsächlich und in grofser Menge Taimene, Barsche, Hechte und Quappen. Den Ueberschuls an Fischen, der ihnen nach Befriedigung ihrer täglichen Bedürfnisse übrig bleibt, trocknen sie, da sie Nichts einsalzen, in der Sonne, und häufen ihn dann in Vorraths- kammern auf, die im Walde errichtet sind, so dals sie sich dadurch für den folgenden Monat, den sie zu den schlechtesten zählen, mit Nahrungsmitteln versehen. Für den traurigen dritten Sommermonat (Dukun, Mai) treffen die - Tungusen, um das Wild anzulocken, schon im Herbst dadurch Vorbe- reitungen, dafs sie kleine Wiesenstrecken zwischen dem hohen in den grolsen Thälern wachsenden Grase ausbrennen. Sobald im Frühling durch die Wärme der Sonne der Schnee zu schmelzen anfängt, wan- dern sie sogleich zu diesen ausgebrannten Stellen, wo unmittelbar nach der Schneeschmelze früher als an andern Orten das Gras aufsprofst - und wohin das Wild bei Nacht austritt, um zu weiden. Dann lauern ii die Tungusen, im Grase versteckt, ihm auf und erwarten einen gün- stigen Augenblick, ihm einen gutgezielten Schufs beizubringen. Wäh- rend dieses Monats tödten sie besonders wilde Rennthiere und Ziegen. _ Uebrigens hat diese Jagd keinen erheblichen Erfolg, erstens weil der im Grase versteckte Tunguse das Wild, welches auf den so vorberei- teten Stellen das emporgesprolste junge Gras abweidet, nicht überall wahrnehmen kann; zweitens, weil das Wild, sobald es die Nähe eines Menschen gewittert hat, sich sofort auf die Seite schlägt und das Weide- _ land verläfst; endlich drittens, weil ein Schufs in der Nacht nie so _ sicher wie am Tage gezielt ist. Man versichert, dafs der Jäger von Glück zu sagen hat, der in diesem Monat drei Ziegen oder ein Renn- thier und zwei Ziegen erlegt. Ihren Aufenthalt wählen die Tungusen während dieses Monats in der Nähe grofser Thäler, in welchen sie für _ die Herstellung solcher frühzeitigen Weidestrecken Fürsorge getroffen haben, entfernen sich übrigens aber nicht von den Flüssen, in welchen ‚sie Reusen stellen und wo möglich Fische fangen. Der vierte Sommermonat (Ijaga, Juni) ist ergiebig an werthvollen Die nomadischen Tungusen von Bauntowsk und der Angara. 47T 48 Orlow: Rehhörnern, die mit Blut gefüllt, weich und mit einer kurzen, aber dichten, in’s Graue spielenden Wolle bedeckt sind und von den Chi- nesen als Arznei für Frauen, deren Menstruation ausgeblieben ist, ver- wendet werden. Das Reh hat eine sehr robuste Natur und hält sich vorzugsweise auf felsigen Höhen und Gebirgen auf, zu denen auch der Tunguse in diesem Monat zieht, um in unermüdlicher Verfolgung die- ses Wildes leichter Gelegenheit zu finden, sich heranzuschleichen und es zu erlegen. Die Haut und das Fleisch des Rehes verbleibt dem Tungusen, aber die frischen oder abgebrühten Hörner werden gegen hohen Preis an Kaufleute vertauscht, die am Ende dieses Monats zu den Tungusen kommen und als Tauschmittel Thee, Taback, Salz, Blei, Schiefspulver, Getreide, Butter u. s. f. mitbringen. In Folge dessen er- hält der Tunguse, wenn er ein Reh erlegt hat, abgesehen von dem Fleisch, welches ihm zur Nahrung dient, für die Hörner allein biswei- len auf ein halbes Jahr Vorräthe zur Verproviantirung seiner ganzen Familie, und deshalb wird dieser Monat von ihm zu den besten im ganzen Jahre gezählt. Im fünften Sommermonat (Ilkun, Juli) steigen die Tungusen von der Höhe des Gebirges an die grofsen Flüsse und Seen hinab und be- schäftigen sich anfangs mit dem Fischfang, indem sie an den Flüssen auf schnellfliefsenden Strecken Reusen stellen, in welchen Aeschen (russ. chairjusy, salmo thymallus) und Hechte gefangen werden; aber auf den Seen brauchen sie zum Fischfang kleine Netze, die aus dem Haar von Pferdemähnen geflochten sind. Sie werfen diese Netze auf einem kleinen schmalen Kahne von Birkenrinde aus, der zwei bis drei Personen fafst. Die Fischerei mit Netzen ist sehr vortheilhaft, da in ihnen grofse Störe, Taimene, Forellen (salmo lenoc Pall.), Barsche und Hechte gefangen werden, welche die Tungusen der Länge nach in dünne Streifen zerschneiden und auf Gittern ausbreiten, die aus Haar- schnüren geflochten sind und, damit die Fische schneller trocknen, in die Sonne gestellt werden; auch hängt man die erwähnten Fische, nachdem sie der Länge nach zerschnitten sind, in die Oeffnung oben an der Jurte, wobei das unten unaufhörlich brennende Feuer zum schnellen Räuchern dieser auf tungusisch gapzjany genannten Fische beiträgt. Diese Gapzjany sind sehr schmackhaft und gewähren den Tungusen und den reisenden Russen eine gute Speise. Am Ende die- ses Monats fahren die Tungusen, wenn stilles Wetter ist, bei Nacht mit einer Fackel auf einem Kahn oder Flofs in die Buchten des See’s und tödten die an den Ufern sich aufhaltenden Fische mit einer Har- pune. Wenn in diesem Monat und überhaupt zu irgend einer Zeit des Sommers in Folge von Regen ein hoher Wasserstand eintritt, eilen sie an die Stromschnellen der grofsen Flüsse, und tödten dort mit der _ An UP 2 2 0 20 Die nomadischen Tungusen von Bauntowsk und der Angara. 49 Harpune am Tage vom Ufer aus die von dem Wasser zurückgeworfe- nen grolsen Taimene, Störe und Hechte. Im Laufe dieses Monats er- legen sie zur Nachtzeit an den Seen oder sogar in den Seen auch Elennthiere. Dies geschieht auf folgende Weise. Die Tungusen wissen, dafs das Elenn die Wurzel einer Wasserpflanze, des Plawun (Zycopo- dium solago) liebt und ihretwegen in der Nacht oder bei Tagesanbruch an sumpfige Seen geht, die mit dieser Pflanze bedeckt sind, hier in’s Wasser hinabsteigt und, auf den Boden tauchend, mit seinen Zähnen die Wurzeln der erwähnten Pflanze emporwühlt, worauf es an die Ober- fläche des Wassers oder an das Ufer des See’s emporsteigt, je nach- dem es ihm bequemer ist, hier oder dort seine Beute zu verzehren. Dann steigt der Tunguse, der dem Elenn nachstellt, augenblicklich in den See, setzt sich in den zu diesem Zweck in Bereitschaft gehaltenen Kahn von Birkenrinde (Omurotsch), erreicht das Wild auf dem Wasser schnell und ersticht es mit seinem Spiels. Zuweilen geht die Jagd auch so vor sich: die Tungusen begeben sich Abends an den See, ver- stecken sich hier und warten ab, wann das Wild an den See kommt: dann schleichen sie sich an dasselbe heran und erlegen es durch einen Schufs, ehe das Elenn noch an den See gelangt ist. Uebrigens ist diese Jagd selten erfolgreich, da das Elenn sehr weit den Menschen wittert und überdiefs grolsentheils nur in finstern Nächten oder bei Tagesanbruch, wenn der Nebel sich über die Wasserfläche auszubreiten anfängt, an die Seen zieht. Im sechsten Sommermonat (Iren, August) besteht die Beschäfti- gung der Tungusen im Vogelfang, der den dritten Gegenstand ihres Unterhalts bildet. Es ist bekannt, dafs die wilden Vögel, die Schwäne, Gänse, Polarenten (russ. gagary, colymbus arcticus), gewöhnlichen En- ten, Trauerenten (russ. turpany, anas nigra), Möven u. a. im Sommer zum Brüten zu uns ziehen und sich vorzugsweise an ruhigen, stillen Orten niederlassen, besonders an solchen, wo sich viele Seen und Flufs- Erweiterungen finden; hier nisten sie und brüten ihre Jungen aus. Dazu sind einsame Gegenden, in welchen der nomadisirende Tunguse sich nur selten zeigt, dem genannten Vogelwild viel günstiger, als Lo- ealitäten mit sefshafter Bevölkerung, und aus diesem Grunde versam- meln sich auch die Vögel auf solchen Einöden in grolser Menge. Der Anfang des August ist nun für das ganze Vogelheer die gefährlichste Zeit, weil die ausgekrochenen Jungen noch nicht vollständig flügge sind und die alten Mütter sich mausern und ebenfalls nicht fliegen können. Diese Zeit benutzen die Tungusen; sie wandern in die Gegenden, wo _ viel Seen sind, und fahren hier bei Nacht auf einem Kahn von Birken- rinde flink umher in die schilfreichen und sumpfigen Buchten, in denen sie mit einem Spiels das Geflügel in grofser Menge tödten. Das Vogel- Zeitschr. f. allg. Erdk. Neue Folge. Bd. V. 4 50 Orlow: fleisch essen sie, — ausgenommen das der Schwäne, — die Federn und Daunen vertauschen sie an Kaufleute für geringfügige Gegenstände, wie Taback, Ohrringe, Fingerringe, Armbänder, Glasperlen u.a. Mit der Vogeljagd beschäftigen sich die Tungusen bis zur Mitte des Mo- nats; kurz vor dem Eintreten des Vollmonds ziehen sie von den Seen fort auf die Berge und Gletscher und finden dort zwischen den Fels- trümmern die Höhlen der fetten Tarabagane, die sie aus den Höhlen ausgraben oder mit Dampf herausräuchern und dann tödten; die Felle, die sie diesen kleinen Thieren abziehen, benutzen sie für sich selbst zu dem Kleidungsstück, welches bei ihnen als Schmuckkleid gilt; zuwei- len vertauschen sie dieselben auch an Händler. Merkwürdiger Weise wird dieses Thier im Herbst so fett, dafs es fast gar kein Fleisch hat und ganz aus Fett besteht, welches überdiefs nie friert und von den Tungusen als ein Leckerbissen betrachtet wird; deshalb halten sie das- selbe vorräthig, indem sie es in ledernen Säckchen aufbewahren, wel- che eigends zu diesem Zweck angefertigt sind. Nachdem sie die letzte Hälfte des August auf den Gletschern ver- weilt und sich mit einem Vorrath von Tarabaganen und deren Fett versehen haben, steigen die Tungusen etwa am 1. September in die waldigen Thäler der grofsen Flüsse hinab, um sich zu ihrer Winter- beschäftigung anzuschicken. Der Anfang des September wird in Sibi- rien von der Natur selbst mit Genauigkeit dadurch bezeichnet, dafs die Nadeln des Lärchenbaumes gelb zu werden und vom Baum abzufallen anfangen. Wenn sich zu dieser Zeit Morgens bei Tagesanbruch in den waldigen Thälern, wo die Tungusen dann sich aufhalten, das Geschrei des Rehes hören läfst, so gilt dies für den Anfang des Winterjahres oder für den Anfang des Monats Yrkin (September). Das Geschrei des Rehes gleicht dem Meckern der Hausziege; es ist aber rauher und weit lauter, als das der Ziege, so dals man es auf zwei bis drei Werst hö- ren kann. Es läfst sich nach dem 1. September vernehmen, wenn der Bock anfängt, brünstig zu werden und die Ricke zu suchen. Dann ziehen die Ricken mit den Jungen in die waldigen Thäler hinab, und finden hier in engen grasreichen Schluchten noch grüne Weide, das nahrhafteste Futter, besonders an solchen Stellen, die im Sommer über- schwemmt waren. Wenn die Ricke nun den Ruf des Bockes vernimmt, antwortet sie ihm. Dies benutzt der Tunguse: er nimmt eine hölzerne Röhre und ahmt damit das Geschrei dieses Wildes so glücklich nach, dafs der Bock, durch diesen Ruf getäuscht, sich ihm auf Schufsweite nähert. Gleichzeitig mit den Rehen werden auch Elennthiere gejagt; aber sie schreien nicht, und deshalb suchen die Tungusen sie nur nach ihrer Fährte auf, besonders wenn der erste Schnee gefallen ist. Im Allgemeinen haben die Tungusen im September mehr Fleisch, als zu | Die nomadischen Tungusen von Bauntowsk und der Angara. 51 irgend einer anderen Zeit; im Falle einer erfolglosen Jagd leben sie in diesem wie in den vorigen Monaten von Beeren; von Elsebeeren und Rauschbeeren (russ. tscheremucha und golubiza), besonders von den letztern, die sie mit Rennthiermilch vermischen. Andere Beeren, wie Moltebeeren (russ. moroschka, rubus chamaemorus), Moosbeeren (russ. kljukwa, vaccinium orycoccus), Preilselbeeren, Johannisbeeren — schwarze, rothe und die sogenannten bemoosten, die an Gröfse und Geschmack den russischen Stachelbeeren gleichen — essen die Tun- gusen nicht, obgleich es deren sehr viele giebt, weil sie dieselben für schädlich halten. Im August reifen auch die Zirbelnüsse, die in zwei _ Arten vorkommen: die eine wächst auf hochstämmigen Cedern, die andere auf niedrigem Krummholz von Cedern; die letztere ist auch viel kleiner als die andere. Beide Arten von Nüssen essen die Tun- gusen mit der Schale; nur zuweilen, wenn sie sich gütlich thun wollen, mischen sie Kukura darunter, — in kleinen Stücken getrocknetes Fleisch. Diese Nüsse brauchen die Tungusen auch zum Thee, als Imbils. Ge- gen Ende September und Anfangs October benutzen die Tungusen das Streichen der Fische, wenn diese zum Laichen stromaufwärts ziehen, und beschäftigen sich damit, für den Winter einen Vorrath von Fischen zu sammeln. In diesem Falle wird die Fischerei mit Fischkasten be- trieben und sie ist sehr ergiebig, wenn ihr nicht ein frühzeitiger Frost hinderlich wird. Haben sie ihren Proviant für den Winter sich verschafft, so ziehen die Tungusen in der Mitte des zweiten Wintermonats (Ugun, October) in den dichten Wald zu ihrer wichtigsten Jagd, um nämlich die Felle der Pelzthiere zu gewinnen, der Zobel, Füchse, Bären, Wölfe, Fisch- _ öftern, Luchse, Vielfrafse, Marder, Eichhörnchen, Iltisse u.a. In die- sen Wäldern leben sie ziemlich lange, so dafs sie, wenn sie schon die letzte Hälfte des October hier zugebracht haben, auch noch fast den ganzen November (Ugdarpyr) hier bleiben. Zunächst beschäftigen sie sich mit der Aufstellung der verschiedenen Arten von Fallen, der Plaschka, der Kuljoma und der Sapadnja '), dann machen sie täglich die Runde zu diesen Fallen und spüren dabei die im Dickicht verbor- genen Zobel und Eichhörnchen auf. Nachdem sie den November im Walde zugebracht und so viel ’) Sapadnja ist der allgemeinste Ausdruck für Fallen zum Thierfang; mit der Sapadnja fängt man auch Mäuse und Vögel. Die Kuljoma ist eine Vorrichtung von ‘ Brettern und Stangen, hauptsächlich zum Fang von Zobeln und Füchsen; in einigen - Theilen Sibiriens wird das Wort aber auch von der Bärenfalle gebraucht. Plaschka oder Placha ist eigentlich ein gespaltener Klotz, hier also vermuthlich eine Vor- _ richtung, bei welcher der Kopf oder die Tatze des nach dem Köder greifenden Thie- res eingeklemmt wird. K.N. 4* 52 Orlow: Wild sich verschafft haben, als sie erlegen konnten, ziehen die Tun- gusen am Anfange des vierten Wintermonats (Miro, December) zu den bekannten, festbestimmten Orten, um den Jassak auszuliefern und ihr Rauchwerk zu verkaufen. Zeit und Ort, die zur Auslieferung des Jas- sak bestimmt sind, nennen sie „Jahrmarkt“, weil aufser den Beamten, die zur Empfangnahme des Jassak befehligt sind, auch Kaufleute hier- her kommen, um von den Tungusen Pelzwerk einzuhandeln. Ich will hier bemerken, dafs der Jassak die einzige Steuer ist, welche die Re- gierung den Eingeborenen, die in einem Alter von 18 bis 50 Jahren stehen, auferlegt hat; er beträgt 2 Silberrubel, die sie übrigens nicht immer regelmälsig entrichten. Es treten Fälle ein, dafs eine oder meh- rere Familien, die in entlegenen Wäldern nomadisiren, sich nicht recht- zeitig an den Ort begeben, der zur Entrichtung des Jassak bestimmt ist, und sich dadurch der Bezahlung dieser geringen Abgabe entziehen. Uebrigens kommt ein derartiger Ausfall unter die rückständigen Steuern, die der ganzen Volksgemeinde zur Last fallen, welche deshalb, nach- dem sie den ihr auferlegten Jassak entrichtet hat, sich bemüht, dieje- nigen ausfindig zu machen, welche ihn nicht bezahlt haben, wenn sie nur nicht zu weit fortgezogen sind, und den von ihnen schuldigen Tri- but ungesäumt eintreibt. Eine andere Ursache, weshalb der Tunguse auf seinem Jahrmarkt nicht erscheint, pflegt in zu grofsen Schulden an Kaufleute zu liegen, mit denen er sich auf unvortheilhafte Ge- schäfte eingelassen hat; wenn er nun später eine glückliche Jagd ge- habt hat, geht er aus Besorgnils, dafs die Kaufleute ihm die ganze Jagdbeute abnehmen werden, ohne ihm sichere Mittel zum Lebens- unterhalt zu gewähren, auf einen fremden Jahrmarkt, stellt sich hier zuweilen vor und entrichtet seinen Jassak, oder er entrichtet ihn auch nicht und verkauft das von ihm gewonnene Pelzwerk. Mit Ausnahme der beiden besprochenen Fälle begeben sich die Tungusen alljährlich zur Auslieferung des Jassak an einen und den- selben Sammelpunkt; so versammeln sich die Bauntowskischen Tun- gusen seit alten Zeiten am unteren Ende des Bauntowskischen See’s, am Ausflufs der unteren Zypa aus demselben; deshalb sind hier eine Kapelle und zwei Winterhäuser nebst einigen Vorrathshäusern errich- tet; das eine Winterhaus ist zum Aufenthalt des Beamten, der den Jassak in Empfang nimmt, auf gemeinsame Rechnung der Tungusen erbaut; das andere, zum Aufenthalt der Kaufleute mit ihren Hand- lungsgehilfen und ihrer Dienerschaft, ist auf Kosten des Kaufmanns Tsehernych errichtet. Die Tungusen von der oberen Angara versam- meln sich zur Ablieferung des Jassak in dem Kirchdorf Werchnean- garsk, die von der unteren im Kirchdorf Duschkatschan und Nishne- angarsk. Nach der Entrichtung des Jassak und dem Verkauf des EIS ENEDZEER WELTRRLL EN » Die nomadischen Tungusen von Bauntowsk und der Angara. 53 Rauchwerks kehren die Tungusen, nachdem sie sich von den Kauf- leuten einen Getreidevorrath verschafft haben, in die dichten Wälder zu ihren Fallen zurück, und beschäftigen sich den Rest des December und den darauf folgenden fünften Wintermonat (Otki, Januar) wie den sechsten (Gyraun, Februar) hindurch ununterbrochen mit der Jagd auf Pelzthiere. Aber wenn man auf diese Weise nach Mondphasen bis zum Ab- lauf unseres astronomischen Jahres rechnet, so bleibt aulser den oben aufgezählten noch ein Neumond übrig, den die Tungusen oktynkiro (die Zeit hat geendet) nennen und mit dem sie die Berechnung ihres Winterjahres schliefsen. Darauf beginnt mit dem Eintreten des ersten Neumonds nach der Frühlings- Tag- und Nachtgleiche bei ihnen wieder der erste Monat des neuen Sommerjahres und mit ihm die periodische Fortsetzung ihrer früheren Beschäftigungen. Hält man an dieser Zeit- rechnung fest, so wird man die Antwort eines Tungusen nicht mils- verstehen, wenn er auf die Frage, wie viel Jahre er gelebt hat, die doppelte Anzahl (im Vergleich mit unserer Zeitrechnung) angiebt, wäh- rend auf die Frage, wie viel Sommer er gelebt, seine Antwort mit unserer Zahl der Jahre übereinstimmt. Handel. Bei dem Handel mit den Tungusen auf den Jahrmärk- ten findet fast gar kein Geldumsatz statt, sondern er wird hauptsäch- lich durch den Austausch von Waaren gegen Pelze vollzogen. Dabei setzen die Schulden, wie die überlegten Ränke der hiesigen Kaufleute den Tungusen in eine von seinen Gläubigern, den Kaufleuten, abhän- gige Lage. Zu diesem Zweck sucht die hier handelnde Kaufmannschaft so viel als möglich von den herbeigeführten Waaren und dem Getreide den Tungusen auf Credit zu geben, wobei sie den Preis derselben fast bis auf’s Aeufserste erhöhen. Religion. Die erste Bekanntschaft mit den Tungusen von Baun- towsk und der Angara machten die Kaufleute Iwan Tschernych und Stepan Kosulin aus Bargusinsk, die bei ihren kaufmännischen Geschäf- ten die Zuneigung und Achtung der Tungusen erwarben und dann dieses benutzten und ihnen zuzureden anfingen, dafs sie sich taufen liefsen, indem sie versicherten, es würde ihnen nach der Taufe besser gehen. Die treuherzigen Tungusen glaubten ihnen und fingen an die heilige Taufe zu nehmen. So gebührt Tschernych und Kosulin in erster Linie, besonders aber den Kindern des letztern und vor Allen Michail Iwanowitsch, die Ehre, das Christenthum unter diesen Tungu- sen verbreitet zu haben; aber leider wandten diese Verbreiter des Christenthums nur wenig Aufmerksamkeit auf die Sitten und den Glau- ben der Tungusen, und in Folge dessen sind gegenwärtig allerdings fast alle Tungusen getauft, aber sie haben im häuslichen Leben die 54 Orlow: Gebräuche, den Glauben und sogar die Namen aus dem Heidenthume beibehalten. Es giebt sogar solche, die sich des ihnen bei der Taufe beigelegten Namens nicht mehr erinnern, und obgleich sie in den Ka- pellen den Russen nachahmen und sich verbeugen und beten, fallen sie doch, sobald sie sich von ihnen getrennt haben, wieder in ihre heid- nischen Gebräuche des Schamanenthums und Opferwesens zurück, so dafs, wenn man an den Seen Sawoki und Nemnjada und an der Kluft des Owokitskischen Gletschers vorbeifährt, ja selbst wenn man über die Landenge Niwoki reist, überall frische Reste heidnischer Opfer sichtbar sind. Von den Flüssen verehren sie nur den Bombuiko, wenn er seine Ufer überschwemmt. Um die Festtage kümmern sich diese jungen Christen nicht, sie feiern vielmehr nur den Tag, an welchem ihnen eine gute Jagd beschieden ist, und glauben, dafs Gott an den russischen Festen, besonders zu Weihnachten und Ostern, ihnen stets eine gute Jagd giebt, und deshalb fragen sie auch, wenn sie mit Rus- sen zusammentreffen, ob bald eines dieser Feste eintritt, damit sie dann Gott bittten können, er möge es an Jagdsegen nicht fehlen lassen. Zahl der Bewohner und Eintheilung derselben. Es scheint mir nicht überflüssig, hier noch zu erwähnen, dafs die Regierung, mit Rücksicht auf die weite Ausdehnung der grofsen und schwierigen Wan- derungen aus einem Thal in das andere zur Ueberlieferung des Jassak, um diesen armen Leuten eine Erleichterung zu gewähren, sie in drei Inorodzen-Bezirksämter eingetheilt hat. Das erste derselben befindet sich nicht weit oberhalb der Mün- dung des Angarakan oder rechten Arms der oberen Angara, der auch „Bach“ und auf Tungusisch Duschkatschan genannt wird, wovon auch die Gebäude und die Kirche, die in Veranlassung des Jahrmarkts an diesem Bache errichtet sind, den Namen Duschkatschan oder auch Nishne-Angarsk erhalten haben. Die von diesem Inorodzen-Amt ab- hängigen Tungusen gehören sämmtlich zum Kindigirskischen Stamm; man zählt von ihnen 153 Personen männlichen und 115 Personen weiblichen Geschlechts. Das zweite Amt, aus dem Tschiltschagirskischen Stamme beste- hend, befindet sich in dem Kirchdorf Werchne-Angarsk, nach dem es auch der Werchne- Angarskische Inorodzen-Bezirk genannt wird. Zu ihm gehören 106 Personen männlichen, 101 weiblichen Geschlechts. Das dritte oder Bauntowskische Inorodzen-Amt befindet sich in der Stadt Bargusin, und die Tungusen leben um den See von Baun- towsk und überhaupt am Flufs Zypa und dessen Nebenflüssen. Sie sind in drei Klassen getheilt, nämlich: 1) vom Tschiltschagirskischen Stamm 189 Personen männlichen und 264 weiblichen Geschlechts; 2) von demselben Stamm 154 Personen männlichen und 112 weib- 2 A { Die nomadischen Tungusen von Bauntowsk und der Angara. 55 lichen Geschlechts; 3) vom Kindigirskischen Stamm 23 Personen männ- lichen und 32 weiblichen Geschlechts; im Ganzen 366 Personen männ- lichen und 408 weiblichen Geschlechts. Miscellen, Zur Bevölkerungs-Statistik von Grofsbritannien. Der ersten Nummer der Hübner’schen Berichte des statistischen Central- Archives (Leipzig 1858) entlehnen wir folgende Notizen. Die Bevölkerung von England und Wales betrug im Jahre 1857 19,304,000 Seelen. Dieselbe ist _ seit dem J. 1843 in progressiver Vermehrung begriffen, da sie in den J. 1843 ——1846 die Zahl von 16 Millionen, in den J. 1847—51 die Zahl von 17 Mill., in den J. 1852—55 die Zahl von 18 Mill. überschritt und im J. 1856 die Zahl von 19,045,000 erreichte. Die Zahl der Geburten vermehrte sich in dem Zeit- raume von 1843 — 1850 von 527,325 bis auf 593,422, vom J. 1851 —57 von 615,865 bis auf 662,884, so dafs in dem letzteren Jahre auf 29 Seelen eine Ge- burt fiel. Die Zahl der Todesfälle betrug im J. 1843 346,446 und im J. 1857 420,019 (ein Todesfall auf 45 Seelen). Die gröfseste Sterblichkeit fand im J. 1849 statt, wo 440,853 Todesfälle vorkamen. Schon im J. 1847 war die Zahl der Todesfälle bis auf 423,304 gestiegen, während das folgende J. 1848 bis auf 399,800, das J. 1850 sogar bis auf 368,986 zurückging. Seit dem J. 1852 über- schritt die Zahl der Todesfälle wiederum die Zahl von 400,000 und war, mit # Ausnahme des J. 1856, in welchem die Zahl auf 391,369 herabsank, also nur auf 48 Seelen ein Todesfall eintrat, in steter Zunahme. — Schottland, in wel- chem der Registrations- Act mit dem 1. Januar 1855 in Kraft trat, zählte im J. 1855 3,004,290 Seelen, im J. 1857 3,064,566. Die Zahl der Geburten betrug im J. 1855 93,599, im J. 1857 103,632, beziehungsweise auf 32 und 29 Seelen eine Geburt. Todesfälle kamen im J. 1855 62,249, im J. 1856 58,456, im J. 1857 61,927 vor, also etwa auf 48 oder 49 Seelen ein Todesfall. Die Zahl der Armen (ausschliefslich der Heimathlosen), welche in den verschiedenen Armenbezirken und Pfarreien unter Armenverwaltung in England und Wales am 1. Januar Unterstützung erhielten, betrug 908,186. In Irland, dessen Bevölkerung ungefähr 63 Millionen beträgt, war die Zahl der Armen, welche in den Armen- bezirken am Ende der ersten Woche jedes Jahres Unterstützungen empfingen, im J. 1849 620,747. In Folge der starken Auswanderung ging die Zahl der Armen bis zum 1. Januar 1858 auf 50,582 herunter. Die Zahl der Auswanderer aus dem Vereinigten Königreich nach den „verschiedenen Gegenden betrug im J. 1843 im Ganzen 57,212. Von diesen gin- gen 23,518 nach den nordamerikanischen Colonien, 28,335 nach den Vereinigten Staaten, 3,478 nach den australischen Colonien und Neu - Seeland, und 1,881 nach anderen Gegenden. Die Gesammtzahl der Auswanderer wuchs seit dem er . 56 Miscellen: J. 1843 bis zum J. 1852 bis auf 368,764, ging in dem J. 1853 auf 329,937, in dem J. 1854 auf 323,429, in dem J. 1855 auf 176,807, in dem J. 1856 auf 176,554 herunter und stieg im J. 1857 wieder bis auf 212,857. Die Zahl der Auswan- derungen nach den nordamerikanischen Colonien varürte in dem Zeitraum von 1843 — 1857 zwischen 16,378 (1856) und 43,761 (1854). Nur im J. 1847 stieg diese Zahl bis auf 109,680 Seelen. Ungleich stärker war die Auswanderung nach den Vereinigten Staaten. Die geringste Zahl der Auswanderungen dorthin zeigt das Jahr 1843, nämlich 28,335. Von da stieg die Auswanderung bis zum Jahre 1847 bis auf 142,154, bis zum J. 1851 bis auf 267,357 Seelen. Seit dieser Zeit war die Auswanderung nach den Vereinigten Staaten im Abnehmen begriffen, indem die Zahl bis zum J. 1855 bis auf 103,414 herabsank und sich erst im J. 1856 auf 111,837, im J. 1857 auf 126,905 wieder erhob. Die geringste Zahl der Auswanderungen nach den australischen Colonien und Neu-Seeland zeigt das J.1845, nämlich 1830, während schon im J. 1843 die Zahl 3,478 betrug. Die grös- seste Zahl der Auswanderer nach diesem Welttheil brachte das J. 1852, nämlich 87,881, und später das J. 1854, nämlich 83,237. Im J. 1855 betrug die Aus- wanderung dorthin 52,309, im J. 1856 44,584 und im J. 1857 61,248. Die Menge der Auswanderungen in andere Gegenden varürte vom J. 1843 — 57 zwi- schen 1,487 (1847) und 8,773 (1850). Seit dem J. 1852 schwankte die Zahl der Auswanderer zwischen drei und vier Tausend. Im Ganzen sind mithin aus dem Vereinigten Königreich in dem Zeitraum von 1843 — 57 3,360,270 Seelen ausgewandert, von denen 500,157 auf Australien, 2,241,411 auf die Vereinigten Staaten und 543,863 auf die nordamerikanischen Colonien kommen. —r Nachtrag zu Herrn Prof. Kriesk’s Abhandlung über die Meteoren. Von W. Koner. Der fleilsigen Arbeit des Herrn Prof. Kriegk über die merkwürdigen Me- teoren Thessaliens, welche sich im 4ten Bande dieser Zeitschrift S. 265 abge- druckt findet, erlauben wir uns einige Notizen neuerer Reisenden über diese Felsenklöster hinzuzufügen, deren Berichte dem Herrn Verfasser nicht zugänglich gewesen zu sein scheinen. Zuerst widmet Courzon, welcher es sich zur Auf- gabe gemacht hatte, die christlichen Klöster des Orients zu durchforschen, in sei- nem Buche: „Visit to Monasteries in the Levant, London 1849“, einem Werke, das mehrere Auflagen erlebt hat, den Meteoren eine längere Beschreibung, der zwei saubere Holzschnitte, der eine das Hauptkloster Meteora, der andere das Kloster St. Barlaam darstellend, beigefügt sind. Den zweiten Bericht verdanken wir dem bekannten französischen Archäologen Didron aine, welcher haupt- sächlich mit Berücksichtigung des architeetonisch Merkwürdigen die Felsenklöster Meteora und St. Barlaam in den Annales archeologiques, T. I, 1844, p. 173 be- schreibt und eine höchst sauber ausgeführte Ansicht des Klosters St. Barlaam beigefügt hat, Wir übergehen hier die sehr ausführlichen Schilderungen beider Reisenden über die gefahrvolle Erklimmung der Felsenklöster vermittelst Tauen en A 1.200 Nachtrag zu Herrn Prof. Kriegk’s Abhandlung über die Meteoren, AT und Striekleitern, sowie die interessanten Notizen über die Construction der Win- den, über welche jene Stricke laufen, und wollen nur hinzufügen, dafs der be- kannte Reisende Pouqueville, welcher in Begleitung des zu seiner Zeit so gefürch- teten Ali Pascha von Janina sich nach jenen Felsenklöstern begab, vor den Ge- fahren einer solchen Luftreise dermafsen zurückschreckte, dafs er sich damit begnügte, vom Fufse des Felsens aus, auf welchem das Kloster Meteora liegt, dem oben wachthabenden griechischen Mönche die Frage zuzurufen, ob im Klo- ster eine Bibliothek sich befände. Auf die verneinende Antwort sprengte Pouque- ville davon. Seine wenigen Nachrichten über die Klöster sind nur den Berichten früherer Reisenden entlehnt. Was zunächst das gröfseste der Klöster, Meteora, betrifft, so bietet die der Transfiguration geweihte Kirche im Baustyl und decorativen Schmucke man- ches Interessante dar. Durch einen Narthex, welcher sich nicht wie sonst auf der Ostseite, sondern auf der Langseite befindet, tritt man in die in Kreuzesform gebaute, dreischiffige und in einer Apsis endende Kirche. Eine hohe, auch von aufsen weithin sichtbare Kuppel erhebt sich über dem Centrum des Kreuzes und wird von vier Säulen aus Porphyr und Verde antico getragen. Auch die Quer- arme des Kreuzes schliefsen in Apsiden. Durchweg sind die Wände des Nar- thex, des Schiffes, der Kuppel und der Apsiden mit wohlerhaltenen Fresken ge- schmückt. In dem Narthex sind es die Leidensgeschichten der Heiligen, in der Kirche selbst die Wunder der Heiligen und das Leben des Erlösers von seiner Geburt bis zum Tode, welche auf den Wänden dargestellt sind. Die Kuppel, als Versinnlichung des Himmels, zeigt das Paradies, in dessen Mitte sich das Bild des Havroxoarns, umgeben von den neun Engelschaaren, der Maria und Jo- hannes dem Täufer befindet. Die zwölf Propheten umgeben das Kranzgesimse der Kuppel, deren Bogen mit den Bildern der vier Evangelisten geschmückt sind. Im Sanctuarium ist das Abendmahl dargestellt. Besonders schön in der Auf- fassung soll die Darstellung in einer der kleinen Apsiden sein. Während Maria sanft den Schleier, mit welchem der an ihrer Seite schlummernde Heiland be- deckt ist, hebt, legt ein Engel die Passionswerkzeuge zu ihren Füfsen nieder. Die Säulen und Strebepfeiler sind mit 7 Fufs hohen Bildern der kriegerischen Heiligen der griechischen Kirche bemalt. Auch ein grofses Bild, die Transfigu- ration darstellend, welches nach der Unterschrift von Lazarus aus Zogara im Jahre 1822 ausgeführt ist, befindet sich daselbst. Ein sehr plumpes Bild der heiligen Jungfrau, deren Fleischpartien gemalt sind, während die Gewandung aus vergol- detem Kupfer gearbeitet ist, lehnt an eine der Säulen und wird von den Mönchen als eine Arbeit des heiligen Lucas ausgegeben. Den Fufsboden bildet ein mar- mornes Pflaster von byzantinischer Mosaik. Erhellt wird die Kirche durch drei im Sanetuarium, und durch je sechs in zwei Etagen in den kleineren Apsiden angebrachte Fenster. Die Bibliothek bestand nach Didron’s Zählung aus 1500 gedruckten Büchern und 372 Manuscripten, von denen 237 Papier- und 135 Per- ' gament-Handschriften sind. Ein Catalog existirte früher, ist aber später ver- brannt. Courzon schätzte die Bibliothek auf etwa 2000 Bände (of very rubbishy appearence, not new enough for the monks to read or old enough for them to sell). Der Werth der Handschriften scheint allerdings nur unbedeutend zu sein und vergeblich sah sich Courzon nach den von Björnstähl erwähnten Bruchstücken 58 Miscellen: des Homer und Hesiod um. Fast alle Handschriften sind liturgischen Inhalts, Nur zwölf Handschriften der vier Evangelien aus dem 11. oder 12, Jahrhundert sind von gröfserem Interesse. Die eine, mit Miniaturen reich verziert, gleicht dem Codex Ebbnerianus in der Bodleiana zu Oxford, eine zweite erregt durch die herrliche byzantinische Filigranarbeit, mit welcher der Einband überzogen ist, die Aufmerksamkeit. Beide Handschriften erstand Courzon, mufste sie aber nach kurzem Besitz wieder herausgeben, da sich unter den Mönchen über die Verthei- lung der Kaufsumme ein höchst ergötzlicher Streit erhob. Von den übrigen Bau- lichkeiten verdient nur noch Erwähnung das Refeetorium, rgasrefa, welches durch fünf Säulen in zwei Schiffe getheilt wird und in einer Apsis abschliefst, in der ein Marmortisch für die geweihten Brote sich befindet; sodann die Küche, ein alter quadratischer, von einer Kuppel überragter Bau, endlich drei Kapellen, den Heiligen Constantin, Johannes Baptista und Athanasius geweiht, letztere an der Stelle erbaut, wo dieser Heilige lebte. Didron fand 22 greise Mönche vor, von denen täglich die eine Hälfte am Morgen sich in die Ebene hinabläfst, um die Maisfelder zu bestellen und die Weinstöcke zu pflegen, während die zurückblei- bende Schaar den geistlichen Functionen obliegt. Die Erwählung des jedesmali- gen Abts des Klosters geschieht durch die Mönche, die Ordinirung erfolgt durch . den zu Kalabasch residirenden Bischof. Früher standen die 23 anderen Meteo- ren unter dem Hauptkloster Meteora, an das sie eine jährliche Abgabe zu ent- richten hatten, und wurden die Hegoumenen, Aebte, der kleineren Klöster von dem Hauptkloster aus ernannt. Heutzutage aber sind die übriggebliebenen Klöster unabhängig von einander. Meteora, Barlaam und Karalam stehen unter der Juris- dietion des Patriarchen von Constantinopel, Aia Triada, Aio Stefano und Aia Rosaria oder Rossani unter der des Bischofs von Kalabasch. Das Kloster Barlaam, welches beide Reisenden besuchten, liegt eine halbe Stunde von Meteora entfernt, auf einem 222 Fufs hohen Felsen, dessen Fuls zwar von grölserem Umfang ist, wie der, auf welchem Meteora erbaut ist, dessen Pla- teau jedoch von kleinerer Ausdehnung ist. Der Felsen ist bis zu ein Drittel seiner Höhe ersteigbar, von da aus aber mufs man sich des Taues oder der Strick- leiter von 50 Metres Länge bedienen, um auf den Gipfel zu gelangen. Die Bau- lichkeiten gleichen auch hier im Ganzen denen des ersten Klosters, nur dafs sie überall von kleineren Dimensionen sind. Sie umgeben einen kleinen Hof, wäh- rend der übrige Theil der Plattform in einen Garten umgeschaffen ist. Die Aller- heiligen-Kirche ist von einer Kuppel überragt und das Innere sowie die Wände des Narthex durchweg mit Fresken geschmückt. Eine kleine, den Heiligen Ba silius, Chrysostomus und Gregorius dem Theologen geweihte und ebenfalls mit. Fresken gezierte Kirche befindet sich in der Nähe. Das zweischiffige Refeeto- rium, sowie die kreisrunde, mit einer Kuppel versehene Küche bietet nichts In- teressantes dar. Ueber die symbolische Deutung eines mit rother Farbe an der Wand eines Zimmers gemalten Labyrinths, ähnlich wie in der Cathedrale zu Chartres, konnte Didron auch hier keinen genügenden Aufschlufs erhalten. Die Zahl der Mönche betrug zur Zeit 11. Die Bibliothek besteht nach Courzon’s Angabe aus etwa 1000 Bänden, meistentheils venetianische Ausgaben liturgischer Werke. Die einzige werthvolle Handschrift ist die der vier Evangelien, aus dem 11. Jahrhundert stammend und mit Miniaturen verziert. Ueberreste des Alterthums auf der Schlangeninsel. 59 Das Kloster Aio Stefano liegt auf einem halb freistehenden Felskegel, dessen Fuls mit dem dahinter liegenden Gebirgsrücken in Verbindung steht, und ist durch eine 12 Fufs lange Zugbrücke mit demselben verbunden. Didron nennt dieses Kloster Aio Karalampo, ein Name, der sich in dem von Herrn Kriegk an- gegebenen Verzeichnifs der Klöster nicht vorfindet. Wahrscheinlich beruht Di- dron’s Angabe auf einer Verwechselung, obgleich er ausdrücklich erwähnt, dafs er das Kloster Aio Stefano nicht besucht habe, da seine Beschreibung des Klo- sters Aio Karalampo ganz mit der, welche frühere Reisende und Courzon von Aio Stefano geben, übereinstimmt. Interessant ist in diesem Kloster die saubere, a jour gearbeitete Iconostasis, welche das Sanetuarium von der Kirche trennt. Das Abendmahl, die Evangelisten, die Jungfrau Maria und das Opfer Abrahams erblicken wir hier, umgeben von einer geschmackvollen Verzierung von Ranken- gewächsen, Vögeln und Arabesken. Die Arbeit wurde nach Didron’s Angabe im Jahre 1818 durch einfache Arbeiter aus Mezzovo ausgeführt, während Cour- zon ihren Ursprung nach Rufsland versetzt. Die hinter Schlofs und Riegel wohl- verwahrte Bibliothek von 150 Bänden enthält nichts Erwähnenswerthes. Im Kir- chenschatz befinden sich schöngearbeitete Filigran-Arbeiten, sowie der Schädel des Heiligen Charalampos mit einer Inschrift in alten Charakteren, welche Didron vergeblich zu entziffern suchte. Das Kloster Russami (Rosaria) liegt auf einem 100 Fufs hohen, nach allen Seiten hin senkrecht abfallenden Felskegel. Seine Plattform bietet nur Raum für wenig Gebäude, welche nach Didron’s Angabe nur von einem greisen Mönche und zwei Nonnen bewohnt waren. Aia Triada zählt nach Courzon 10 bis 12, nach Didron nur 8 Mönche. Die Mitte der Felsplatte nimmt die kleine, mit Fresken gezierte Kirche ein, wel- che rings herum von den Klostergebäuden umgeben ist. Die aus etwa 100 ge- druckten Büchern bestehende Bibliothek ist ohne jegliches Interesse. Schliefslich erwähnen wir noch, dafs Dupre seinem Reisewerke „Voyage a Athenes et a Constantinople. Paris 1825. Fol. pl. 14“ eine sehr schöne General- Ansicht der Meteoren beigefügt hat. Im Jahre 1834 veröffentlichte v. Stackel- berg in seinem Werke „Za Grece“ eine Gesammtansicht der Meteoren, sowie eine Ansicht des Klosters Aio Nikolo.. Auch der Engländer Wodworth be- suchte diese Klöster, deren Abbildungen sich in dem von ihm publieirten Werke „Greece. London 1853“ auf S. 282, 283 und 285 vorfinden; ebenso der Däne Ussing, der in seinen „griechischen Reisen und Studien, Kopenhagen 1857“ dar- über berichtet. Ueberreste des Alterthums auf der Schlangeninsel. Ueber die im Alterthum als seliger Aufenthalt Achills von Dichtern und Pro- 'saikern oft erwähnte Insel Leuke, die jetzige Schlangeninsel vor den Donaumün- dungen, erstattet Capt. Spratt im letzten (XXV]JI.) Bande des Journal of the Geograph. Society einen kurzen interessanten Bericht. Das Eiland hat nur eine | _ engl. Meile im Umfang, erhebt sich 130 Fufs über den Meeresspiegel, und zeigt fast überall ein 60 — 100 Fuls hohes Gestade. Es ist von Gestalt fast: dreieckig; eine der Ecken verlängert sich zu einem, 70 —80 Fufs hohen Vorgebirge, dessen 60 Miscellen: Isthmus auf jeder Seite Landungsplätze darbietet. „An seiner Seite“, sagt Capt. Spratt, „wo der günstigere Landungsplatz liegt, befinden sich die Ueberreste einer terrassirten, aus unbehauenen Steinblöcken erbauten Strafse im Cycelopischen Styl], die offenbar sehr alt ist. Erreicht man den Gipfel dieses Vorgebirges, so wird das Interesse des Alterthumsforschers dadurch lebhaft angeregt, dafs die Ober- fläche fast ganz aus Scherben antiker Töpferarbeiten besteht; Bruchstücke von Vasen, Schalen, Amphoren liegen in grofser Menge umher, und man bemerkt un- zweideutige Anzeichen, dafs der Boden vor nicht langer Zeit nach Alterthümern durchwühlt ist. Die irdenen Gefälse scheinen muthwillig zertrümmert zu sein, da man wahrscheinlich nach Gegenständen von materiellerem Werth, nach Mün- zen u. dgl. gesucht hat. Unter den Scherbenhaufen fand ich einige Bruchstücke mit Theilen griechischer Inschriften, die ihnen entweder, so lange «der Töpferthon noch weich war, aufgeprägt oder später eingekratzt und bemalt waren. Einige Malereien waren schwarz, andere roth; sie stellten entweder Thiere dar oder be- standen aus blofsen Verzierungen; keine war vollständig, aber sie gehörten zu Vasen und Schalen, die, so lange sie ganz waren, sehr schön gewesen sein müssen und eine frühe Besitznahme der Insel bekunden. Auch von gläsernen und me- tallenen Geräthschaften fand man Ueberbleibsel. Die Henkel von grofsen Ge- fälsen, offenbar von Wasserkrügen, waren so massenhaft vorhanden, dafs sie auf die Existenz einer Ansiedelung oder wenigstens mehrerer Wohnungen auf diesem Vorgebirge schliefsen lassen, wofür auch Spuren von Wohngebäuden sprechen; aber Reste eines Tempels konnten wir hier nicht bemerken; dieser mufs auf dem Gipfel der Felsinsel gestanden haben, wo noch einige behauene Marmorblöcke von 4—5 Fufs Länge liegen, von denen einer mit ein paar, fast ganz unleserlichen griechischen Buchstaben versehen war; zwei andere mit erhabener Arbeit schie- nen Tafeln eines kleinen Gesimses gewesen zu sein und mögen wohl zu dem Achillestempel gehört haben. Auf der Westseite bieten sich noch mehr. Beweise dafür dar, dafs die Insel in sehr alter Zeit bewohnt war. Hier ist der Boden von den Fundamenten alter, aus unbehauenen Blöcken, aber nach griechischer Weise erbauter Mauern durchschnitten, welche die Besitzungen abgegrenzt zu ha- ben scheinen, als die Insel vollständig eultivirt war; denn der Boden derselben besteht aus einer fruchtbaren, schwarzen, 2— 3 Fufs tiefen Erdschicht. Auch von isolirten Bauten desselben Charakters sind Ueberreste vorhanden; ebenso noch drei sehr alte Brunnen.“ Das Alterthum erwähnt hier keine Ansiedelung, sondern nur den Achilles- Tempel. Indefs ist das einzige positive Zeugnifs, dafs die Insel unbewohnt: war, ein verhältnifsmäfsig spätes. Aus dem Umstande, dafs Euripides die Insel moAvogrı- os nennt, wird man kaum ein Zeugnils gegen Spratt’s Ansicht herleiten mögen. Den gegenwärtigen Namen, Schlangeninsel, hat das Eiland mit gutem Grunde erhalten, da sich hier wirklich viel Schlangen finden; sie sind pechschwarz, mit weifslichem Bauch, 4— 5 Fufs lang und sehen ziemlich abscheulich aus, sollen aber nicht giftig sein. Spratt sah unter einem schützenden Felsen im Strahl der warmen Octobersonne mehr als zwanzig in einen Knäuel zusammengerollt; das Trinkwasser in den Brunnen und Cisternen ist durch diese zahlreich in sie hin- eingefallenen und dort gestorbenen Reptilien ungeniefsbar geworden. —n. u Die Forschungen der ostsibirischen Expedition im Gebiet des Witim. 61 Nachricht über die letzten Tage Dr. J. Roth’s. (Aus einem Schreiben von Dr. G. H. v. Schubert an Alex. v. Humboldt.) Ich habe Ihnen noch einen letzten Dank von dem Sterbebette eines Mannes zu sagen, an dem Sie viel gethan: von dem Sterbebette meines theu- ren Roth. _ „Es hat,“ so schreibt ein Freund aus Nazareth den 1. Juli d. J., „unserem Gott, der ein wunderbarer Gott ist, gefallen, den theuren Freund Dr. J. Roth unvermuthet schnell zu sich in die ewige Heimath zu nehmen. So freudig sein Wirken war, so war doch sein einsamer Pilgerweg oft recht beschwerlich und die Ruhe, deren er bedurft hätte, gönnte er sich namentlich in der letzten Zeit fast 5 niemals. Doch war er, als er vor wenig Wochen, vor Antritt seiner grölseren Reise nach Osten, von mir Abschied nahm, so gesund und stark als damals, wo er aus Europa kam.“ Am 24. Mai (Pfingstmontag) reiste er von hier über den Jordan an die Ost- seite des Tiberias-See’s und kam am 3. Juni, mit Beute reich beladen, hierher zurück. Am 7. Juni trat er die gröfsere Reise, in Begleitung von zwei Englän- dern und einigen ihm befreundeten Griechen an. Seine Absicht war, zunächst den grofsen Hermon (Gebel al Scheich) zu messen. Ueber Safed, am Merom- See vorüber, kam er am 10ten nach Banyas, bestieg von da den Gipfel des Ber- ges und mals seine Höhe. Am 15. machte er sich auf den Rückweg nach Na- zareth, erreichte noch Hasbeya. Das Wetter war sehr heils.. Am Tage darauf fühlte er sich unwohl und nahm zwei starke Dosen von Glaubersalz. Nach der gewöhnlichen Wirkung trat ein Fieber mit Kopfweh ein. Er nahm jetzt die freundliche Einladung des Missionars Woıtabet, in sein Haus zu kommen, gern an. Diesem Gastfreunde dictirte er noch am 21. einen Brief an mich, der vom klarsten Bewulstsein zeugt. Ueber Nacht aber verschlimmerte sich sein Zustand so, dals Wortabet am Morgen des 22. mir schrieb, es habe sich bei dem Kran- ken eine so heftige Entzündung des Gehirns eingestellt, dafs er an seinem Durch- _ kommen zweifle. Dennoch hatte er zwischen den Phantasien fortwährend auch geisteshelle Momente und sagte oft, er fühle sich recht wohl. Sein treuer Diener Anton, der ihn mit gröfsester, aufopfernder Treue pflegte, und der Bote aus Na- zareth waren in der letzten Nacht, vom 25. — 26., bei ihm. Er sprach noch manche abgebrochenen Worte (arabisch), versicherte auch dazwischen, dafs er sich ‚recht wohl fühle. Sonnabend den 26. Juni gegen Mittag nahte sein Ende. Der treue Anton konnte das nicht ansehen, er mufste, von lautem Ausbruch des Schmerzes überwältigt, hinausgehen. Auch Roth’s treuer Freund, der Consul aus Jaffa, ging schmerzlich schweigend vor dem Hause auf und nieder. Josef, der Nazarethaner, drückte dem Entschlafenen die Augen zu ... Die Forschungen der ostsibirischen Expedition im Gebiete des Witim. (Hierzu eine Karte, Taf. II.) Ueber die Reise des Hauptastronomen der ostsibirischen Expedition, Herrn L. Schwarz, auf dem Witim ist in dieser Zeitschrift (N. F. Bd. II, S. 499 ff.) + 62 Miscellen: Bericht erstattet. Die in diesem Bericht in Aussicht gestellte Karte ist jetzt im Wjästnik der Kais. Russ. Geogr. Gesellschaft (Bd. XXIU, Heft 1) publieirt und von einem ausführlichen Schreiben des genannten Chefs der Expedition begleitet, aus welchem wir die auf dieses Gebiet bezüglichen Stellen zur Erläuterung der neuen Karte hervorheben und in einer Uebersetzung mittheilen. „Den wichtigsten Theil meiner Reise bildet die Fahrt auf dem Witim auf- wärts, weshalb ich auch meine Fahrt auf der Lena auf- und abwärts und meinen Aufenthalt in Witimsk nur kurz erwähnen werde. Das Resultat meiner Reise nach dem Witim ist die Bestimmung der geographischen Lage von sechs Orten: des Kirchdorfs Orlinskoje, des Ust-Kutskji Ostrog, des Kirchdorfs Markowskoje, der Stadt Kirensk, der Stanize Spoloschninskaja und der Slobode Witimsk. Dar- unter sind zwei Cardinalpunkte: Kirensk und Witimsk. Die Bestimmung der Länge des ersten von diesen beiden Orten ist aus Beobachtungen von 7 Mond- Culminationen und einer Bedeckung von 17 Tauri gewonnen; die des zweiten aus 6 Sternbedeckungen und einer Reihe Monddistanzen.“ „Meine Reise auf dem Witim war nicht mit vollständigem Erfolge gekrönt, hauptsächlich deshalb, weil ich bis zum verflossenen Sommer keine befriedigenden Nachrichten über den mittlern Lauf dieses Flusses erhalten hatte. Die Karten von Östsibirien und auch alle von mir in Kirensk und Witimsk eingezogenen mündlichen Nachrichten über die Stromschnellen des Witim wufsten nur von einer einzigen Stromschnelle, in deren Nähe sich der See Oron befände. Im Verlauf der ganzen Fahrt auf dem Witim traf ich am untern Laufe dieses Flusses nur einen Tungusen, der im Stande war, mir über die Zuflüsse des Witim zwischen der Grofsen und Kleinen Mama Auskunft zu geben. Nachdem ich an den Mün- dungen der beiden folgenden Flüsse und auch bei den Nerpa kerpi Jakuten vor- beigefahren und zum Dyljun Uran gelangt war, mufste ich diesen Wasserfall für die Stromschnelle halten, auf welche die Karten und die mündlichen Nachrichten hinwiesen. Hier erwarteten mich Tungusen mit Rennthieren; hierher sollte um die Mitte August auch Ussolzew kommen, der von Süden aus vorgedrungen war. Die Breite dieses Punktes, 57° 30', befestigte meine Annahme, dafs diese Strom- schnelle dieselbe wäre, ‚die in Transbaikalien und in den Berichten des Kosaken Perfiljew unter dem Namen „die Parama’sche“ bekannt ist. Die Quelle der obern Angara liegt unter 57° 18°; eine Stromschnelle kann sich nur da finden, wo der Witim die Gebirgskette durchbricht, welche die Angara und seine untern Zuflüsse von der linken Seite scheidet. Ich war etwa 8 Tage am Dyljun Uran, unternahm Ausflüge nach allen Seiten, erstieg die hohen Berge am Ufer, sah das grolse Wasserscheide- Gebirge, das sich von West über Süd und Ost nach Norden hin- zog; aber es glückte mir nicht, die Leute zu treffen; ich stiels nur auf Spuren von Jägern, die einige Wochen vorher hier durchgezogen waren. Ein einziger Blick auf das Wasserscheide-Gebirge überzeugte mich, dafs Ussolzew nicht im Stande gewesen sei, mit seiner Karawane hier in das Thal des Witim zu gelan- gen, dafs er vielmehr genöthigt worden, auf einem Umwege über die Quelle der Tschara sich zum Witim durchzuschlagen. Die ihm entgegengeschickten Jakuten und Tungusen stellten ihn vor jeder Gefahr sicher. Auch ich konnte den Witim nicht weiter stromaufwärts verfolgen, denn es war unmöglich, die Stromschnelle zu durchfahren; die geographische Lage des Orts war vollständig bestimmt, ich Die Forschungen der ostsibirischen Expedition im Gebiet des Witim. 63 machte mich also am 26. August auf den Rückweg und traf am 14. September in der Slobode Witimsk wieder ein. Hier fragte ich einen Jakuten aus, der mehrmals am See Oron gewesen war und von dem mir meine Ruderer erzählt hatten. Von ihm erfuhr ich, dafs es im mittleren Laufe des Witim drei grofse und eine Menge kleiner Stromschnellen giebt; von den grolsen ist die mittelste die bedeutendste; diejenige, die meiner Reise eine Grenze gesteckt hatte, war also die erste grolse, und heifst Dyljun Uran; 40 Werst von ihr weiter auf- wärts liegt der See Oron, der sich mit einem breiten, eine Werst langen Canal in den Witim ergiefst; der See selbst ist 16 Werst lang und 5 bis 7 Werst breit.“ „Obgleich ich das vorgesteckte Ziel, die Mündung des Bombuiko, nicht er- reichte und nur etwas mehr als ein Drittel des Witim-Laufes aufgenommen habe, wobei ich gleichwohl die geographische Lage von 10 Orten auf meiner Marsch- route von 540 Werst bestimmt habe, — hat dennoch auch diese Reise ein wich- tiges Resultat gehabt. Der geographische Charakter des unteren Witim - Thales und der benachbarten Gegenden ist ein ganz anderer, als es auf der Karte Sa- borinski’s dargestellt ist. Aus einer Vergleichung der untern Strecke des Witim- Laufes, wie er auf meiner Marschroute verzeichnet ist, mit demjenigen, wie er auf Saborinski’s Karte von Ost-Sibirien eingetragen ist, erhellt, dafs Saborinski für diese Gegenden sehr gute Quellen benutzt hat, dafs aber die ganze Ausdeh- nung von ihm fast um das Doppelte vergrölsert ist. In den Hauptkrümmungen ist der Flufslauf richtig verzeichnet, aber die Entfernungen zwischen den verschie- denen Punkten entsprechen einem Mafsstabe von 50, und nicht dem Mafsstabe von 100 Werst auf den Zoll. Dadurch wird Saborinski genöthigt, das ganze Land am mittlern Witim zusammen zu drängen, und in Folge dessen sind der See Oron, die Werchnaja und Malaja Mama und Kerpi in einem viel zu geringen Abstand von einander verzeichnet; der Anfang der grofsen Krümmung des Wi- _ tim nach Osten ist auf der Karte da eingetragen, wo die Mitte dieser Krümmung _ endigen sollte; dadurch erweitert sich das Gebirgsland zwischen der Lena und dem Witim bedeutend und es wird möglich gemacht, dafs auf diesem Gebiet eine - Menge so grofser Ströme fliefsen, wie die Tschaja, Tschuja, Bolschaja Mama, _ Malaja Mama und Kerpi. Endlich ist der südliche Theil der Quellen der Tschara _ fast um die Hälfte zusammengezogen, und diese Gegend zeigt durchaus nicht die - flachen Höhen, die man nach der Karte Saborinski’s erwarten sollte, sondern sie hat vollkommen den Charakter eines Alpenlandes. Diese genauen Nachrichten über die geographischen Verhältnisse des untern Witim-Thales und der benach- barten Gegenden hätte ich schon am Ende des ersten Jahres der Expedition er- "halten können, wenn nicht der beklagenswerthe Verlust Smirjagin’s eingetreten wäre; oder mindestens am Ende des zweiten Jahres, wenn Sondhagen nicht ge- storben oder wenn Orlow auf seiner Expedition glücklicher gewesen wäre“ ... „Im engen Zusammenhange mit meinen Arbeiten stehen die Aufnahmen Ussolzew’s, wie wir auch auf unseren Reisen zusammertreffen sollten, was jedoch in Folge der oben erwähnten und anderer Umstände, deren ich unten gedenken werde, nicht glückte. Er war von dem Posten Gorbiza aufgebrochen, überstieg den Jablonnoi Chrebet auf einem guten Pfade und erreichte das Thal der Olekma, das er in der Richtung von $. nach N. durchzog. An der Mündung der Mokla, 64 Miscellen: eines grolsen Zuflusses der Olekma von der linken Seite (des linken Tungur auf der Karte Saborinski’s), angelangt, folgte er diesem Flusse bis zu seinen Quellen aufwärts, wo er den Gebirgszug erstieg, der die Olekma und den Witim scheidet. Immer die Richtung nach N. verfolgend, kam er über eine Anzahl kleiner Flüsse, die sich in den Kalakan und Kalor, Nebenflüsse des Witim von der Rechten, er- giefsen. Am Kalor traf er den hier jagenden Tungusen Karadsha, den er als Wegweiser nach den Quellen der Tschara mitnahm, wo nach der Aussage dieses Tungusen einige Jakuten aus dem Kreise Olekminsk leben sollen. Bis zum Kalor ist das Land leicht zugänglich; die flachen Abhänge (1.1ockia NOKATOCTH) mit ihren unübersehbaren Sümpfen, die zum Theil ganz ohne Vegetation, zum Theil mit lichtem Gesträuch bedeckt sind und auf weiten Umwegen umgangen werden müssen, machten auf den Reisenden den traurigen Eindruck einer ver- kümmerten Natur. Vom Kalor ab wurde das Land gebirgiger, und die Tschara setzte endlich seinem weiteren Vordringen nach N. ein Ziel. Die dort ange- troffenen Jakuten willigten nicht ein, Ussolzew auf der Tschara abwärts ') zu füh- ren, da dieser Flufs, ihrer Versicherung nach, nur im Winter auf dem Eise be- fahren werden könne. Weil ihnen nun die Parama’sche Stromschnelle bekannt war, wandte sich Ussolzew nach Westen, folgte dem Laufe der Tschara aufwärts bis zu ihren Quellen, welche aus zwei grolsen Seen herkommen. Ich mufs mir hier in Bezug auf den Charakter der Flufsthäler Ost- Sibiriens eine Bemerkung erlauben. Gewöhnlich breiten sich um die Quellen der mittleren Flüsse ?) aus- gedehnte Ebenen aus, über welche man auf Rennthieren sehr bequem reisen kann, auf Pferden schon schwerer, in Folge der ausgedehnten Tundren; dagegen ist der mittlere Strich grofsentheils auch auf Rennthieren nicht zu bereisen, und auf Pfer- den ist es ganz unmöglich fortzukommen; auf einem Kahn ist die Reise in Folge der zahlreichen Stromschnellen mit grofser Gefahr verknüpft; erst in dem untern Laufe erweitert sich das Thal, die Ufer werden niedriger und die Communication leichter. An der Parama’schen Stromschnelle traf Ussolzew Anfangs August ein, zu der Zeit, in welcher die von dem Olekminskischen Landamt ausgesandten Tun- gusen und Jakuten ihn hier treffen sollten. Diese Leute waren, wie sich nachher ergab, früh genug abgeschickt, um zur rechten Zeit an diesen Ort gelangen zu können; aber sie entledigten sich ihrer Pflicht auf eine höchst gewissenlose Weise, und Ussolzew sah sich genöthigt, einen ganzen Monat am Bache Parama zu. warten; und als die Jakuten endlich eintrafen, waren ihre Rennthiere in einem so kläglichen Zustande, dals an eine weitere Fortsetzung der Reise nicht zu den- ken war. Auch die Jakuten, welche mich zur Mündung des Bombuiko führen sollten, trafen erst am 10. September ein, und mit eben so unbrauchbaren Renn- thieren wie die, welche früher angekommen waren. Da nun inzwischen auch viel Schnee gefallen war, machten die Mangelhaftigkeit der Transportmittel und auch die Unzulänglichkeit der Lebensmittel es Ussolzew unmöglich, dem Laufe des !) Das „aufwärts“ des Originals ist wohl ein Irrthum. BEN. 2) OKOAO BEePXOBbeB CPEeAHHXD pEbR®B. Was unter den „mittleren Flüssen “ gemeint sei, ist nicht ersichtlich; es scheint hier ein Druckfehler vorzu- liegen. Das folgende „der mittlere Strich“, epeAuaa NOAO0CA, scheint den mittleren Lauf dieser ungenügend bezeichneten Flüsse zu bedeuten, wo sie Gebirgs- ketten durchbrechen. K.N. Die Forschungen der ostsibirischen Expedition im Gebiet des Witim. 65 Witim weiter abwärts nach Norden zu folgen, um so den See Oron und den Dyljun Uran zu erreichen, über den er erst hier Kunde erhielt und wo er mich zu finden hoffte. Nachdem er seine Pferde gegen Rennthiere vertauscht hatte, wandte er sich nach Westen, ging über die Berge, welche die Parama und Muja - trennen, folgte dem letztern Flusse stromaufwärts bis zu seiner Quelle, durchzog dann das Thal der nördlichen Angara und langte glücklich in Angarsk an. Von Angarsk nach Duschkatschan folgte er dem Wege, den vorher schon Orlow auf- genommen hatte. Von Duschkatschan wandte sich Ussolzew auf Rennthieren nach Goremyki, ging dann westwärts und überstieg den hohen Gebirgsrücken zwischen dem Becken des Baikal und der Kirenga. An der letzteren angelangt, setzte er auf dem schon durch die Marschroute Kryshin’s bekannten Wege seine Reise nach Katschuga fort und traf am 25. November in Irkutsk ein. Die gesammte Marschroute Ussolzew’s umfalst 1200 Werst; er hat die geographische Lage von - 25 Orten bestimmt, darunter 9 nach beiden Coordinaten; der Wasserfall bei der Parama ist als das Centrum der Reise mit besonderer Genauigkeit durch mehrere Reihen von Monddistanzen bestimmt“ .... „Die dritte Reise, die im verflossenen Jahre auf diesem Gebiete ausgeführt _ wurde, ist die des Fähndrichs Kryshin von Katschuga aus nach den Quellen der Lena und Kirenga und längs des Thales der letztern nach der Mündung dersel- ben gegenüber der Stadt Kirensk. Die Resultate dieser Reise bestehen aus dem Itinerar, in welchem von Kıyshin zwei Punkte astronomisch bestimmt sind, der Flecken Karam und die Ansiedelung Martynowskoje, und aus täglichen Barometer- und Thermometer-Beobachtungen während der ganzen Reise. Sehr wichtig für eine geologische Untersuchung der Thäler der Lena und des Witim würde eine Sammlung von Steinarten aus dem zwischen ihnen gelegenen Thale der Kirenga sein, namentlich um die Ostgrenze des Alten Rothen Sandsteins zu bestimmen; aber in dieser Beziehung ist sehr wenig geschehen.“ „Als ich in Irkuzk angekommen war, beschäftigte ich mich vor Allem mit der Prüfung der astronomischen Beobachtungen auf den Hauptpunkten dieser drei Expeditionen, und mit dem Entwurf einer Copie nach den im Brouillon ver- ' zeichneten Karten der Marschrouten, im Mafsstabe von 100 Werst auf den Zoll. - Diese Grundlagen waren mir unentbehrlich, um eine vorläufige Karte des Gebiets zusammenzustellen, auf die ich in den Instructionen für die Expedition vorzugs- weise hingewiesen war. Die Karte ist jetzt beendigt, und ich habe die Ehre, sie der Geographischen Gesellschaft vorzulegen. Sie bildet gewissermalsen einen kurzen Abrifs der Thätigkeit der Expedition für die Sammlung chartographischer Materialien über das oben erwähnte Gebiet, ist aber keineswegs ein vollständiger Bericht, da auf ihr nicht alle astronomischen Bestimmungen eingetragen sind, wie auch das Itinerar der Reise auf der Lena im Jahre 1856 und die topographischen Arbeiten Roschkow’s in ihr nicht aufgenommen werden konnten. Ein Blick auf diese Karte und auf den Flächenraum, der ihr auf der Karte Ost-Sibiriens von Saborinski entspricht, genügt, um sich von den ungemein grolsen Fortschritten zu überzeugen, die unser geographisches Wissen über das Thal des Witim und anderer benachbarter Flüsse gemacht hat. Dafs die neuen Angaben mit der Wirklichkeit übereinstimmen, und dals wir demnach die früheren Vorstellungen, _ die wir über den Lauf dieser Flüsse und über das Streichen der Gebirgsketten Zeitschr.f. allg. Erdk. Neue Folge. Bd. V. h) EEE 66 Miscellen: hegten, aufgeben müssen, — dafür bürgen die astronomischen Ortsbestimmungen, die der Karte als Grundlage dienen und die so genau sind, dafs die auf Grund genauer Mondtabellen ausgeführte Prüfung der astronomischen Beobachtungen die Längen-Annahmen nur sehr unbeträchtlich verändert. Jetzt ist es die Aufgabe des Geologen, uns vor Allem mit den Gebirgsketten bekannt zu machen, welche sich hier durchziehen, und die Epochen zu bestimmen, denen die verschiedenen Erhebungen angehören. Ich bedauere, dafs ich noch nicht die von Ussolzew auf seiner letzten Reise gesammelten Gesteinsproben in Händen habe; vielleicht könn- ten sie mir zum Beweise für eine Ansicht dienen, die ich jetzt nur auf die äus- sere Form des Laufes der Flüsse Ingoda, Nertscha und Witim einerseits und des Aldan und der Lena andererseits gründen kann. Der Gebirgszug, welcher die östlichen Zuflüsse der Selenga von den Zuflüssen der Ingoda scheidet, weiterhin zwischen der Karenga ') und der Nertscha nach NO. streicht, sich um die Quellen der letztern herumzieht und die Zuflüsse des Amur von dem Becken der Lena trennt, wird gewöhnlich für eine ununterbrochene Gebirgskette gehalten. Diese Ansicht wurde dadurch aufrecht erhalten, dafs man die Quellen der Nertscha um einen Grad zu weit nach Süden setzte; in Folge dessen wurde die Veränderung der Richtung des Gebirges, aus einer nordöstlichen in eine ostsüdöstliche, nicht beachtet. Meiner- Ansicht nach mufs man hier zwei verschiedene Gebirgsketten in Betracht ziehen. Die erste derselben, die sich nach NO. zieht und die öst- lichen Zuflüsse der Selenga von den Gewässern scheidet, welche zu den Quellen des Amur gehören, bildet in ihrem weitern Verlauf die Grenze zwischen der Ki- renga (Karenga), dem Kalakan und Kalor einerseits, und der Nertscha und den oberen westlichen Zuflüssen der Olekma andererseits; nachdem sie von der Olekma durchbrochen ist, wird sie niedriger und bildet endlich die Wasserscheide zwi- schen der Amga und der Lena. Der zweite Gebirgszug, — die grofse Kette, welche den Aldan von der Seja trennt und den erstern Gebirgszug fast unter einem rechten Winkel schneidet, wirkt in ihrem weiterem Verlaufe nach WNW. wahrscheinlich zur Verwirrung der Streichungslinien in den Gebirgsketten mit, welche das Gebiet der oberen rechten Zuflüsse der Lena durchschneiden.“ —n. Neuer Handelsvertrag zwischen Japan und den Ver- einigten Staaten von Nord-Amerika. Die von uns bei einer frühern Gelegenheit ausgesprochene Ansicht, der vom Commodore Perry am 31. März 1854 zu Kanagawa abgeschlossene Handelsver- trag zwischen Japan und den Vereinigten Staaten erhalte dadurch einen beson- deren Werth, dafs er „ein Anfang sei, der durch Mäfsigung und Vorsicht zu fruchtbarer Entwickelung geführt werden könne“, erhält eine erfreuliche Bestäti- gung durch den Abschlufs eines neuen Vertrages, der die Rechte der Nord-Ame- rikaner in nicht unerheblichen Punkten erweitert und einige Zweifel, die bei der ') Hier steht im Text wie auf der dem Wjästnik beigegebenen Karte „Kirenga* statt Karenga; die weiter unten erwähnte Amga heifst im russischen Text Anga. K.N. Neuer Handelsvertrag zwischen Japan und den Vereinigten Staaten. 67 Interpretation des älteren Tractats entstanden waren, beseitigt. Der neue Vertrag ist amerikanischer Seits von Townshend Harris, General-Consul der Vereinigten Staaten für Japan, japanesischer Seits von den beiden Gouverneurs von Simoda verhandelt, am 17. Juni 1857 zu Simoda unterzeichnet, und nach erfolgter Rati- fieation am 30. Juni 1858 in dem zu Washington erscheinenden National Intel- ligencer (vom 15. Juli 1858) publieirt worden. Die Hauptbestimmungen dessel- ben sind folgende: Durch Art. I wird den Amerikanern auch der Hafen von Nangasaki eröffnet, um hier ihre Schiffe zu repariren, Wasser, Brennholz, Provisionen „und andere nothwendige Artikel, auch Kohlen, wenn sie vorhanden sind,“ einzunehmen. Art. II gestattet den Amerikanern vom 4. Juli 1858 ab in den Häfen Simoda und Hakodadi auch den bleibenden Aufenthalt und willigt in die Ernennung eines amerikanischen Vice-Consuls für Hakodadi. Dadurch sind die langwieri- gen Controversen über den Sinn des Ausdrucks „zeitweiliger Aufenthalt“, den die Japanesen nur auf eine ganz kurze Frist deuten wollten, beseitigt worden. Als Motiv dieser wichtigen Aenderung wird im Vertrage selbst angegeben, dafs die Japanesen den Bedürfnissen der in diese Häfen einlaufenden Schiffe erfahrungs- r mälsig nicht genügen konnten. Es wird demnach künftig amerikanischen Kauf- - deuten frei stehen, in beiden Häfen Läden zu etabliren, namentlich sogenannte ‚Shipchandler- Stores zum Verkauf von Schiffsbedürfnissen (Theer, Ketten, Tau- werk etc.), was bereits im Jahre 1855 zwei Amerikaner in Hakodadi beabsich- tigten, damals freilich ohne Erfolg. (Vergl. darüber Lühdorf, Acht Monate in Japan, Bremen 1858, S. 108 ff.). Den Walfischfahrern wird diese Bestimmung von grofsem Nutzen sein und die Eröffnung des Hafens von Hakodadi werthvoller machen. # Der dritte Artikel ist für den Handel der wichtigste. Er lautet: „Bei Fest- stellung der Rechnungen soll der Werth des von den Amerikanern eingeführten Geldes dadurch bestimmt werden, dafs es gegen das japanesische (goldene und silberne Itsabues) gewogen wird, Gold gegen Gold und Silber gegen Silber. Auch können Gewichte, welche japanesische Münzen repräsentiren, angewendet werden, nachdem dieselben sorgfältig geprüft und richtig befunden sind. Ist der Werth des amerikanischen Geldes so festgestellt, so wird den Japanesen ein Be- trag von 6 Procent des Werthes nachgelassen, als Ersatz für die Kosten der Um- prägung.“ Bekanntlich hatte Commodore Perry bei den Verhandlungen über das Werthverhältnifs des amerikanischen und japanesischen Geldes die japanesischen Beamten so hartnäckig gefunden, dafs er sich, um den Vertrag nicht noch in der letzten Stunde zu gefährden, zum Abschlufs eines höchst ungünstigen Abkommens genöthigt sah. In Folge desselben wurden japanesische Münzen den dreimal werthvolleren amerikanischen gleichgestellt, so dafs die japanesische Regierung, die den Handel mit den Fremden ausschlie/slich vermittelt, bei der Umprägung des fremden Geldes einen Gewinn von zwei Dritteln erzielte. Bei baarer Bezah- lung mufsten die fremden Kaufleute also die japanesischen Waaren dreimal theu- _ rer bezahlen, als es sonst nöthig gewesen wäre, und nur bei dem Austausch von Gütern gegen Güter war es ihnen möglich, durch einen Preisaufschlag auf die eigenen Waaren sich einigermafsen schadlos zu halten. Da Japan ein Zollsystem nicht kennt, sucht seine Regierung auf diese Weise aus dem Handel mit den 5* 68 Miscellen: Fremden finanzielle Vortheile zu ziehen; aber es ist begreiflich, dafs ein so ex- orbitanter Aufschlag den Handel aufserordentlich lähmen mufs.. Nach dem neuen Vertrage soll nun das wahre Werthverhältnifs zwischen den amerikanischen und japanesischen Münzen ermittelt werden und die kaiserliche Regierung will sich mit einem Gewinn von 6 Procent, der einem Ausfuhrzoll entspricht, begnügen. Erst jetzt wird es für fremde Schiffe vortheilhaft sein, die Erzeugnisse des japa- nesischen Kunstfleilses einzunehmen. Nach Art. IV sollen Amerikaner wegen etwaiger in Japan verübter Vergehen von dem amerikanischen General-Consul oder Consul nach den amerikanischen Gesetzen, Japanesen wegen ihrer gegen Amerikaner verübten Vergehen von den japanesischen Behörden nach japanesischen Gesetzen gerichtet und bestraft werden. Nach Art. V sollen amerikanische Schiffe in den drei Häfen ihre Einkäufe mit Gold- oder Silbergeld bezahlen, „und wenn sie kein Geld haben, sollen Waa- ren als Tauschmittel angenommen werden“. Diese Bestimmung bildet "einen Rückscehritt im Vergleich mit dem Wortlaut des Art. VII in dem Vertrage von Kanagawa, welcher den amerikanischen Schiffen gestattete, „to exchange gold and silver coin and articles of goods for other artieles of goods“, ohne die Einschränkung hinzuzufügen, dals der Güteraustausch nur ein Nothbehelf für den Fall des Geldmangels sein solle. Nichtsdestoweniger haben die japanesischen Be- hörden den Vertrag stets in diesem eingeschränkten Sinne interpretirt (vgl. diese Zeitschrift N. F. IV, S. 427), und es ist ihnen gelungen, bei den neuen Verhand- lungen ihre Auffassung auch Amerika gegenüber zur Geltung zu bringen. Rufs- land hat sich derselben durch Art. III des russisch - japanesischen Handelsvertrages vom 26. Januar 1855, der eine ganz gleichlautende Bestimmung enthält, ebenfalls anbequemen müssen, obgleich sie in dem Vertrage nicht consequent durchgeführt und schon ihrer Unbestimmtheit wegen überall auf die Dauer nicht haltbar ist. Durch Art. VI erhält der amerikanische General- Consul das Recht, in drin- genden Fällen, bei Schiffbrüchen u. dgl., die Grenzen des Umkreises von 7 Ri, innerhalb dessen sich Amerikaner in Simoda vertragsmälsig frei bewegen dürfen, zu überschreiten. Hoffentlich wird diese Licenz dazu beitragen, unsere Kenntnisse von dem Innern des Landes auszudehnen. Art. VII ermächtigt den General-Consul, Einkäufe für sich und seinen Haus- halt ohne die Vermittelung japanesischer Beamten persönlich oder durch ein Mit- glied seiner Familie auszuführen. Er wird zu diesem Behuf mit den erforder- lichen japanesischen Münzen versehen werden. Art. VIII setzt fest, dafs im Fall von Meinungsverschiedenheiten über den Sinn des Vertrages der holländische Text als der mafsgebende betrachtet werden soll. Nach Art. IX tritt der Vertrag vom Tage der Unterzeichnung ab in Wirk- samkeit, mit Ausnahme von Art. II, der, wie in demselben bemerkt, vom 4. Juli 1858 ab rechtskräftig wird. Dieser neue Vertrag ist ein wichtiger Fortschritt, und — gerade durch seine Unzulänglichkeit bürgt er für weitere Fortschritte in nicht ferner Zukunft. , Perry’s specielle Aufgabe war, der unmenschlichen Behandlung Schiffbrüchiger in- Japan ein Ende zu machen, Schiffen in Seegefahr eine Zuflucht zu sichern und ihnen das Recht auszuwirken, in einigen japanesischen Häfen sich mit den nothwendig- sten Bedürfnissen versehen zu dürfen. Er erreichte mehr, indem er durch die Einschaltung der oben im Original angeführten Worte einem wirklichen Han- Neuer Handelsvertrag zwischen Japan und den Vereinigten Staaten. 69 delsverkehr die Bahn brach, — einem Handelsverkehr, der freilich durch die ungünstige Festsetzung des Münzwerthes zunächst keine besonderen Vortheile in Aussicht stellte und überdies durch die japanesische Auslegung des Vertrages ge- lähmt wurde. Der gegenwärtige Vertrag räumt das erste dieser Hindernisse fort, thut dadurch einen bedeutenden Schritt vorwärts und ebnet neuen Verbesserungen den Weg, indem er die japanesische Regierung indireet auf die Bahn eines Zoll- systems hinweist, auf den einzigen Weg, auf welchem ein anderes Hemmnifs des Verkehrs, die Vermittelung desselben durch japanesische Beamte, beseitigt wer- den kann. Auch das Recht dauernder Niederlassung von Fremden wird eine Er- weiterung des Rechts zu Einkäufen jeder Art zur unmittelbaren Folge haben müssen. Gleichwohl ist auch der jetzige Vertrag, streng genommen, noch kein Handelsvertrag; wenn er den Schiffen gestattet, „ihre Schäden auszubessern, Wasser, Brennholz, Provisionen und andere nothwendige Artikel, auch Kohlen, _ wenn sie vorhanden sind, einzunehmen“, so sind dem Geiste des Vertrages nach unter den „anderen nothwendigen Artikeln“ streng genommen nur Schiffsbedürf- nısse zu verstehen; der allgemeine Ausdruck, articles of goods, der in Perry’s Vertrag Eingang gefunden, ist hier geflissentlich vermieden. Aber in der Praxis _ wird sich dieses Verhältnifs günstiger gestalten. Aus der Schrift Lühdorf’s er- hellt zur Genüge, dafs die japanesischen Behörden der Ausfuhr einheimischer Industrie- Erzeugnisse factisch viel weniger abhold sind, als der Ausfuhr von Rohproducten, namentlich wenn diese in Lebensmitteln bestehen; müssen sie sich nun auf Grund des Vertrages zu dem Letztern bequemen, — und Lebens- mittel gehören ohne Frage zu den im Vertrage gemeinten Provisionen, — so werden sie dem Erstern sicher keinen hartnäckigen Widerstand entgegenstellen. Auch kann dieses als ein Recht gefordert werden. Denn der russische Vertrag, welcher, wie bemerkt, im Art. II genau dieselbe Bestimmung enthält, stipulirt im Art. V ganz allgemein: „In den beiden ersten der eröffneten Häfen (Simoda und Hakodadi) steht es den Russen frei, die gewünschten Kaufmannswaaren und Güter (sseaemnıe TOBapbI H HMyIHecTBa A) gegen die eingeführten Kaufmanns- waaren, Güter und Münzen (HA mpmBesennsie TOBApbI, UMyINecTBa u 2 AeHbrH) einzutauschen.“ Es ist hier also nicht ausschliefslich von Schiffsbe- dürfnissen die Rede, und nach Art. IX des Vertrages von Kanagawa kommen alle, anderen Nationen eingeräumten Rechte ohne Weiteres auch den Vereinig- ten Staaten zu Gut. Die scheinbare Einschränkung des neuen Tractats wird also nicht aufrecht zu erhalten sein. Ist diese Voraussetzung zutreffend, so können wir den Fortschritt des letztern dahin zusammenfassen, dafs er den japanesischen Ausfuhrhandel gegen eine Abgabe von 6 Procent des Werthes auf Grund eines berichtigten Werthverhältnisses der beiderseitigen Münzen eröffnet. Eine Ausdehnung des Kreises der Export- Artikel, und die Begründung _ eines Einfuhrhandels, der jetzt nur unter dem Vorwande möglich ist, dafs das vorhandene baare Geld zum Einkauf der nothwendigen Bedürfnisse nicht aus- reicht, bleibt der Zukunft vorbehalten. —n. ee ...?) Dieses Wort ist hier sehr auffallend; es bedeutet „Vermögen“, „Hab und Gut“, und kann, neben das Wort für Kaufmannswaaren gestellt, keinen andern Zweck haben, als auch für jede Art nichtkaufmännischen Privateigenthums den Ein- oder Verkauf zu ermöglichen, d. h. jede Einschränkung des Begriffs „Handelsgüter“ zu vereiteln. VER 70 Miscellen: Die Indianer im Gebiete der Hudsons-Bay-Compagnie. Da das Privilegium der Hudsons-Bay-Compagnie im Mai 1859 abläuft, ist schon seit Jahresfrist eine lebhafte Agitation über das künftige Schicksal der britisch-nordamerikanischen Besitzungen im Gange, so weit dieselben unter der Compagnie stehen. Wir glauben nicht, dafs die Hudsons-Bay-Compagnie das Schicksal der Ostindischen theilen wird; sicherlich wird aber der Schauplatz ihrer künftigen Thätigkeit bedeutend eingeschränkt werden. Als wir vor Kurzem die Ansicht aussprachen, dafs die Entdeckung der Goldlager am Frazer und Thompson River einer ungeschmälerten Fortdauer der Privilegien der Compagnie nicht günstig sei, wufsten wir nicht, dafs dieses Ereignifs das britische Gouver- nement bereits bestimmt hatte, einen — inzwischen vom Parlament genehmigten — Gesetzentwurf auszuarbeiten, durch den das ganze Gebiet jenseits der Rocky Moun- tains mit Einschlufs von Vancouvers Island von den Territorien der Compagnie gelöst und als zwei gesonderte Colonien, Vancouvers Island und New Caledonia (falls statt des letztern Namens nicht der Name British Columbia gewählt wird), unter die unmittelbare Obhut der Krone gestellt werden soll. Aber auch auf anderer Seite droht dem Gebiet der Compagnie eine Schmälerung. In Canada existirt eine starke Partei, welche den ganzen südlichen Theil der Compagnie -Territorien, in- sonderheit das Colonial-Gebiet am Red River und die Prairien am Saskatchevan mit Canada vereinigt sehen will; Andere wollen diese Gebiete und alles anbau- fähige Land innerhalb des Territoriums der Compagnie zu einer besonderen, von Canada getrennten, binnenländischen Colonie zusammenlegen. Dafs es dabei auch nicht an Personen fehlt, welche dem Monopol der Compagnie principiell abhold sind und das ganze britische Nord- Amerika dem freien Verkehr geöffnet sehen möchten, versteht sich von selbst. Bei der Entscheidung so wichtiger Fragen wird der gegenwärtige Zustand der Territorien ohne Zweifel einer eingehenden Erörterung unterzogen werden und voraussichtlich wird dabei auch die Lage der Indianer von verschiedenen Seiten beleuchtet werden. Ob im Interesse der Ur- bewohner die Fortdauer oder Beseitigung der Compagnie zu wünschen ist, dürfte eine Frage sein, die ein unbefangener Beurtheiler nicht leichthin entscheiden möchte; Thatsache ist es, dafs die Vertheidiger der Compagnie dem Interesse für die Eingeborenen eines ihrer'stärksten Argumente entlehnen, und dafs anderer- seits ein Verein, der sich die Fürsorge für das Wohl der einheimischen Bevöl- kerungen zur speciellen Aufgabe gemacht hat, die „Aborigines’ Protection Society“, aus demselben Interesse die ganz entgegengesetzte Folgerung zieht, dafs die Fort- dauer der Compagnie-Privilegien mit dem Wohle der Indianer nicht vereinbar sei. In seinem Organ, dem in London erscheinenden „Aborigines’ Friend and The Colonial Intelligencer“, das uns von Herrn A. v. Humboldt gütigst mitgetheilt wird, hat der Verein, dessen Urtheil jedenfalls eine besondere Beachtung verdient, eine Reihe von Artikeln veröffentlicht, welche sich auf Grund specieller Nach- forschungen und der von einem Parlaments-Comite veranstalteten Zeugenverneh- mung ausführlich über die Frage verbreiten. Es wird unsern Lesern von Interesse sein, wenn wir einige Punkte daraus hervorheben und zunächst mit einer über- sichtlichen Gruppirung der Indianerstämme beginnen, die in einer Denkschrift des Vereins an H. Labouchere, Staatsseeretair für die Colonien in dem Ministerium Palmerston, enthalten ist. Die Indianer im Gebiete der Hudsons- Bay-Compagnie. Ya „Ungeachtet der grofsen Menge kleiner Stämme“, heifst es in diesem Me- - morandum, „deren etwa 50 bis 60 auf dem Territorium der Compamie zerstreut _ leben, scheinen in dem ganzen britischen Nord- Amerika doch nicht mehr als sechs wesentlich von einander verschiedene Sprachen zu existiren. Beginnen wir im Norden, so finden wir zunächst die Eskimo’s, die, ausschliefslich ein Küsten- volk, die ganze arktische Küste des amerikanischen Continents von dem russi- schen Amerika im Westen bis Labrador im Osten einnehmen. 2) Die Kolo- schen, die eine grofse Anzahl zum Theil ebenfalls nur an der Küste lebender Stämme umfassen und sich vom britischen Oregon und dem russischen Amerika ostwärts bis zum Mackenzie River ausdehnen. 3) Die Athabasca oder Che- pewyan, eine weit verbreitete Nation im Süden der vorigen, deren Gebiet sich von Fort Churchill an der Hudsonsbai quer über den ganzen Continent bis Neu- Caledonien und Britisch Oregon am Stillen Ocean erstreckt. 4) Das gro/se Volk der Algongquin’s, die bedeutendste der nordamerikanischen Völkergruppen, wohnt im Süden der Athabasca und erstreckt sich südwärts tief in das Gebiet der Ver- einigten Staaten hinein. Es umfafst die bekannten Stämme der Delawares, Crees, Chippeways und andere jetzt zum Theil schon ausgerottete Stämme. 5) Die Irokesen werden von den Algonquins vollständig eingeschlossen und bildeten die Conföderation der fünf Nationen, deren ursprüngliches Gebiet den gröfseren Theil des jetzigen Canada umfafste und sich südwärts bis Pennsylvanien und New-York ausdehnte. 6) Der Rest des Gebiets zwischen den Grenzen der Al- gonguins und den Rocky Mountains kann, abgesehen von einigen kleineren Stäm- men, als das Land der Sioux betrachtet werden, gegenwärtig des zahlreichsten und kriegerischsten Indianer-Stammes in Nord- Amerika. Die Sioux herrschen über die ausgedehnten Prairie-Landschaften, die vom Missouri und dem oberen _ Laufe des Saskatchewan bewässert werden. — Von diesen Nationen, sagt ein neuerer Schriftsteller, zeigen die Irokesen und Algonquins in der ausgeprägtesten i Form die charakteristischen Eigenthümlichkeiten der nordamerikanischen Indianer, wie sie in den ältesten Beschreibungen geschildert sind; sie sind die beiden Stämme, von denen unsere Vorstellungen über die Physiognomie, die Sitten, die moralischen und geistigen Fähigkeiten der sogenannten rothen Race hauptsächlich hergenommen sind. Im Allgemeinen — aber durchaus nicht ohne erhebliche Ausnahmen — wohnen die Stämme der Algonquins und Irokesen östlich vom Mississippi, und ihre ursprüngliche Heimath war mehr der Wald als die Prairie. Das Letztere gilt auch von den Koloschen und Athabasca, die gewöhnlich von den Händlern der Hudsons-Bay-Compagnie mit der allgemeinen Benennung „Thickwood Indians“ bezeichnet werden. Obgleich die Data für eine Schätzung der früheren und gegenwärtigen Volkszahl in den Territorien der Hudsons-Bay- Compagnie bei Weitem nicht genügend sind, kann doch die dem Parlaments- Comite mitgetheilte Angabe Sir George Simpson’s, von 55,570 Seelen für das _ ganze Gebiet östlich von den Rocky Mountains, bei dem grofsen Mifsverhältnifs _ zwischen dieser Volkszahl und der Ausdehnung des von ihr eingenommenen Ter- ritoriums, als ein Beweis betrachtet werden, dafs hier ebenso wie in andern Ge- genden des amerikanischen Continents die eingeborene Race rasch dahinschwindet. Unter den Reisenden herrscht hinsichtlich dieser traurigen Thatsache nur eine Stimme. „Seit 1829“, sagt Mr. Parker von den Stämmen im Westen der Rocky Mountains, „sind wahrscheinlich 7, wenn nicht (wie Dr. M‘Laughlin, Superinten- 72 Miscellen: dent der Hudsons-Bay- Compagnie in diesem Gebiet, glaubt), „, der Gesammt- bevölkerung durch Krankheiten, hauptsächlich durch Fieber, hingerafft worden. Die Bösartigkeit dieser Krankheiten mag durch vorbereitende Ursachen, wie Un- mäfsigkeit und die weite Verbreitung der Lustseuche seit dem Zusammentreffen mit Europäern gesteigert worden sein; aber der nächste Grund der auffallenden Sterblichkeit liegt in der Art der Behandlung.“ Von den anderen Ursachen, welche auf das Wohl der Indianer Zerstörend eingewirkt haben, deutet der Verein den Verkauf von Spirituosen nur leise an und läfst es dahingestellt sein, in wie weit die Compagnie hierbei eine Schuld trifft. Aber in den Resolutionen eines Meetings der Colonisten am Red River wird mit Bestimmtheit behauptet, dafs einige bei dem Meeting anwesende Per- sonen im Dienste der Compagnie Spirituosa als Tauschmittel verwendet haben und dafs die Compagnie hauptsächlich mit geistigen Getränken die Lebensmittel bezahlt, die sie aus dem Thal des Saskatchewan bezieht. Dagegen verbreitet sich der Verein ausführlich über die für die Eingeborenen verhängniflsvolle Ausrottung des Wildes, die in dem Monopol der Compagnie ihre Wurzel hat. „Die ununter- brochene Wirkung und die Tendenz der Compagnie hinsichtlich der Ausrettung des Wildes, welches nothwendigerweise das Haupt - Subsistenzmittel eines Jagd- volkes bildet, ist für die Zukunft des Landes und das Schicksal der Urbewohner von weit gröfserer Wichtigkeit. Während die Pelze der wilden Thiere den ein- zigen Ausfuhr- Artikel des Landes bilden, ruht das Jagdgeschäft ausschliefslich auf den Indianern, und wird, um den Nachfragen der Käufer zu genügen, deren Gewinn von dem Umfange ihrer Einkäufe abhängt, von den Eingeborenen in einem viel gröfseren Mafsstabe betrieben, als es zur Befriedigung der persönlichen Bedürfnisse eines von der Jagd lebenden Volkes erforderlich sein würde. Ganz im Gegensatz zu dem Handel mit Manufacturwaaren, steigert hier die Nachfrage nicht die Production, sondern sie hat die entgegengesetzte Wirkung. Allerdings wird versichert, dafs die Regulative der Compagnie so weit als möglich einer unterschiedslosen Ausrottung der feineren Pelzthiere entgegenzuwirken suchen, indem sie den Handel mit den Pelzen junger oder aufserhalb der Jagdzeit ge- tödteter Thiere entmuthigen; aber solche Vorschriften gelten nicht für die gröfse- ren Thiere, den Büffel, das Elenn und den Hirsch, deren Fleisch zur Nahrung geeignet ist und von denen ungeheure Heerden auf eine höchst leichtsinnige Weise getödtet werden, lediglich zu dem Zweck, durch die Zungen eine Delicatesse für die Tafel zu schaffen. Natürlich wächst hier mit der gesteigerten Nachfrage auch die Schwierigkeit, die erforderliche Anzahl von Thieren zu finden. Je mehr Pelze verlangt werden, desto seltener werden die Thiere, desto anstrengender und lang- wieriger werden die Jagden; und in demselben Mafse, in welchem die Bevölke- rung selbst abnimmt und die Zahl der Jäger geringer wird, wächst für die Ueber- lebenden die Mühe, die Pelze herbeizuschaffen. Als unvermeidliche Folge davon gehen Kinder und alte Personen zu Grunde oder gerathen in Noth und Krankheit, während feste Ansiedelungen und fortschreitende Verbesserungen unmöglich wer- den. Selbst die Kunstfertigkeit, welche die Eingeborenen einst nicht ohne Ge- schick ausübten und welche ursprünglich zur Befriedigung ihrer einfachen Lebens- bedürfnisse ausreichte, geräth in Vergessenheit und wird aufgegeben, da die von der Compagnie erkauften Artikel oft besser sind und mit geringerer Mühe er- worben werden können. Und um die Abhängigkeit der Eingeborenen von der Die Indianer im Gebiete der Hudsons - Bay- Compagnie. 73 Compagnie vollständig zu machen, liefert man ihnen alle Waaren auf Credit und - läfst sie in Schulden versinken, und auch dieser Umstand ist sehr geeignet, die Energie und den Fortschritt eines Volkes herabzudrücken. Die praktischen Fol- gen eines solchen Systems können nicht besser geschildert werden als mit den _ Worten M‘Lean’s, der selbst Mitglied der Compagnie ist und in seinem vor Kur- zem erschienenen Werke: „Notes of a Twenty-five Years’ Residence in Hudson’s Bay“ hierüber folgende Bemerkungen macht: „Dafs die Indianer in Jahren mit tiefem Schnee das Wild auf eine unverantwortliche Weise vertilgen, ist allerdings richtig; aber vor der Ankunft der Weifsen war der Schneefall nicht minder stark und die Indianer waren nicht weniger geneigt Thiere zu tödten als jetzt, und doch war Wild jeder Art reichlich vorhanden und Mangel an Lebensmitteln un- bekannt. Aus welchen Ursachen stammt nun die gegenwärtige Noth? Hierauf giebt es nur eine Antwort: aus der Ausrottung des Wildes, wie sie durch den Betrieb des Pelzhandels bedingt ist. Je ärmer das Land wird, desto mehr schränkt die Compagnie ihre Ausgaben ein, um wo möglich an ihrem Gewinn keinen Ab- bruch zu erleiden; aber ungeachtet der äufsersten Sparsamkeit bleibt dieses Ziel doch unerreichbar. Während nun das Wild seltener wird, brauchen die armen Eingeborenen mehr Munition, um ihre Subsistenz zu sichern; ihre Mittel verrin- gern sich, statt sich zu vermehren. Die Ausgaben der Compagnie für das nörd- liche Departement beliefen sich 1835 auf 31,000 L. St., jetzt (1845) sind sie _ auf 15,000 L. St. redueirt, von denen schwerlich mehr als die Hälfte den India- Ds nern zuflielst.“ Ein früherer Correspondent des Vereins, Mr. Alex. Simpson, ebenfalls Theilnehmer der Compagnie, äufsert sich in demselben Sinne: „Auf ausgedehnten Gebieten sind die Subsistenzmittel überaus dürftig. In dem Distriet zwischen dem Oberen und dem Winnipeg-See finden die Eingeborenen während des Winters nur mit knapper Noth Nahrung genug, um ihr Leben zu fristen. Nördlich von den Canada’s sind Pelzthiere allerdings noch verhältnifsmäfsig häufig und der Handel ist in Folge dessen von Bedeutung, aber die armen Indianer sind doch fortwährend von Hungersnoth bedroht. Fische sind in diesem Gebiet zu allen Jahreszeiten nur in geringer Menge zu bekommen, und im Winter gewähren - die amerikanischen Hasen (rabbits) — für längere Zeit die elendeste Nahrung, ' auf die man sich verwiesen sehen kann — das einzige Subsistenzmittel; fehlt es an diesem, so tritt die gräfslichste Noth ein. Es ist bekannt, dafs Eltern, um ihr elendes Dasein zu fristen, ihre eigenen Kinder getödtet und verzehrt haben.“ Ob nun durch eine Beseitigung der Compagnie diesen Uebeln abgeholfen werden könne, scheint uns sehr zweifelhaft. Aber nicht ohne Grund spricht der Verein dieser Thatsachen wegen gegen die Compagnie den Vorwurf aus, dafs sie Nichts gethan habe, die Eingeborenen von dem so precär gewordenen Jagdleben zu einer gröfsere Sicherheit gewährenden Thätigkeit hinüber zu führen; und hierin - deckt er unserer Ansicht nach das Hauptgebrechen der Compagnie auf, dafs sie ihrer innersten Natur nach und in nothwendiger Consequenz ihrer materiellen - Interessen, je seltener das Wild wird, desto eifriger die Eingeborenen an das Jagdleben zu fesseln und von dem aus allen anderen Gründen nothwendig ge- wordenen Uebergang zu einer einträglicheren Beschäftigung zurückzuhalten sucht. „Die Fähigkeit der rothen Race,“ sagt der Verein, „sich an ein eivilisirtes Leben zu gewöhnen, ist durch den Erfolg der Missions- Gesellschaften in der Red River- Colonie und auf anderen Gebieten aufser Zweifel gestellt. Wir finden hier eine TA Miscellen: beträchtliche, rein indianische Gemeinde, die von Ackerbau lebt und an Bildung ihren weifsen Nachbarn von gleicher Lebensstellung nicht nachsteht. Hungers- noth mit ihren Schrecken ist hier unbekannt; die Volkszahl wächst; Unmälsig- keit und andere gewöhnliche Laster der Barbarei nehmen ab, wenn sie nicht schon ganz ausgerottet sind. Daraus geht unwiderleglich hervor, dafs die Aus- dehnung der Colonisation und eine freie Regierung der moralischen und geistigen Entwickelung der Eingeborenen viel förderlicher sind, als die schrankenlose und destructive Herrschaft des Pelzhandels.“ Hinsichtlich der Indianer-Colonie am Red River entnehmen wir dem Church Missionary Intelligencer (März 1858) die Angabe, dafs innerhalb der letzten 15 Jahre hier 545 Taufen und 308 Todesfälle vorkamen, dafs sich also ein beträcht- licher Ueberschufs der Geborenen über die Gestorbenen zeigt. Den geistigen Fähigkeiten der Indianer stellt der Bischof "von Rupert’s Land das günstigste Zeugnifs aus. —n. Die Stromschnellen des Frazer River. In unserm Bericht über die neuentdeckten Goldlager im britischen Nord- Amerika haben wir (Bd. IV, S. 414, 415) der Hindernisse gedacht, welche die Stromschnellen des Frazer oberhalb Fort Langley der Schifffahrt in den Weg le- gen, und bemerkt, dafs es noch zweifelhaft sei, ob es der Kraft des Dampfes gelingen werde, diese Hindernisse zu überwinden. Die letzte amerikanische Post bringt nun die Nachricht, dafs der Steamer Surprise, der am 5. Juni in Fort Langley eintraf, zum ersten Mal die Schnellen glücklich durchschnitten hat, bis Fort Hope (150 Miles von der Mündung des Frazer), d. h. bis zu den Gold- Distrieten vorgedrungen ist und seitdem eine regelmäfsige Verbindung zwischen diesem Fort und Victoria auf Vancouvers Island unterhält. Ein anderer Dampfer, Sea Bird, der ihm folgen wollte, hatte nicht die Kraft, sein Vorhaben auszufüh- ren, und wir wissen nicht, ob er bei einem zweiten Versuch glücklicher gewesen ist. Die Stromschnellen bilden also jedenfalls ein lästiges Hemmnifs, und es bleibt noch fraglich, ob der Surprise auch bei niedrigem Wasserstande, der Ende Juni eintritt, seine Fahrten wird fortsetzen können. —n. Schreiben des Herrn Prof. Burmeister an Herrn Alex. v. Humboldt d. d. Parana, 30. Mai 1858. Vor sechs Wochen habe ich Mendoza auf der Diligence verlassen und nach einer sehr beschwerlichen 14tägigen Fahrt Rosario, den Binnenhafen der argen- tinischen Lande, glücklich erreicht. Der Ort ist ein sehr bewegter Handelsplatz, welcher von Monat zu Monat sein Aussehen ändert und stellenweise eben so schnell sich hebt, wie an anderen sinkt; denn die Strafsen sind hier noch unge- pflastert und mehrfach so mit Koth überfüllt, dafs es ganz unmöglich wird, sie zu Fuls zu passiren; man mufs mehrere Tage das Haus hüten, bis die Sonne den Dreck so weit bewältigt hat, dafs es sich wagen lälst, auf hineingelegten Ziegel- steinen über den Fahrweg hinwegzuhüpfen, eine Operation, die von acht zu acht Tagen wiederholt werden mu/s, denn länger hält sich das trockene Wetter selten. Schreiben des Herrn Prof. Burmeister an Herrn Alex. v. Humboldt. 75 ie Regen, welche hier in grofser Fülle herabströmen, kommen in der Regel bald ıdem der warme Nordwind einige Tage gestanden hat, und sind häufig von eftigen West- oder Ostwinden begleitet; sie dauern ebenfalls mehrere Tage und enden, wenn der kalte Südwind eintritt, welcher stets eine sehr unangenehme Wirkung hervorbringt und die ofenlosen Häuser höchst unbehaglich macht. Man friert dann den ganzen Tag, der Himmel ist noch mit Wolken bedeckt und die Kälte um diese Jahreszeit (Ende des Herbstes) mitunter schon so stark, dafs Nachtfröste mit Reif am Morgen erfolgen. Indessen gefriert das stehende Wasser um diese Zeit hier noch nicht; erst gegen Ende des Juni hat man Aussicht, seine Regentonnen am Morgen mit Eis bedeckt zu sehen, ein Phänomen, welches sich während des Julimonats häufiger zu wiederholen pflegt. Der vergangene Sommer ist hier ein sehr nasser gewesen und hat besonders durch die heftigen Regen in den nördlichen Provinzen ein ungemein hohes Stei- gen des Parana-Flusses bewirkt. Um ‘die Mitte des März-Monats hatte er seine 'gröfseste Höhe erreicht und stand nun angeblich 18 Fufs über seinem gewöhnli- chen Niveau. Die Mole in Rosario, welche 2 Fufs über dem regelmäfsig höchsten Wasserstande angelegt ist, wurde überfluthet und steht bis jetzt noch 4 Fufs unter dem Wasser. Man sagt mir, dafs seit 1825 kein so hoher Wasserstand des Flusses beobachtet worden sei, und der jetzige den damaligen noch um ein Be- _ trächtliches übertreffe. Durch die enormen Wassermassen in Bewegung gesetzt, flutheten ganze Inseln den Flufs hinunter, überfüllt mit Hirschen, Rehen, Tigern und Wasserschweinen (Capybaras), die alle von gleicher Furcht befallen in fried- licher Ruhe bei einander aushielten, ängstlich des Momentes der Erlösung har- rend. Diese schwimmenden Inseln sind im Parana keine seltene Erscheinung; sie bestehen hauptsächlich aus den Wurzelgeflechten der Gewächse, welche ihre Oberfläche bekleiden und die zum Theil mächtige Bäume werden. Das Meiste ist freilich nur niedriges Gesträuch von 8 bis 10 Fufs Höhe, aber stets holziger Natur. Weiche Saftpflanzen bedecken den Boden wie ein hohes Schilf und füllen mit ihren zarten aber zahlreichen Wurzeln die Lücken aus, welche die derberen Gewächse ihnen übrig gelassen haben. So entsteht ein schwammiger, aber doch fester Grund, auf dem Menschen und Thiere ohne Gefahr herumgehen können. Die Einwohner von Rosario benutzten diese gute Gelegenheit, sich wohlfeilen Hirschbraten zu verschaffen; man fuhr auf Kähnen an die langsam den Strom hinabtreibende Insel heran und erlegte mit Keulen so viele der armen Thiere, als man wollte. Die Tiger freilich geboten Vorsicht, aber sie waren doch gröfsesten- 'theils so eingeschüchtert, dafs sie sich den Lasso umwerfen und in’s Wasser ziehen lie[sen, womit man sie dann an’s Ufer zog und grausam zu Tode schleifte. Einige versuchten auch zu entrinnen und kamen bei Nacht in die Stadt, woselbst sie viel Schaden, aber kein Unheil verursachten. Man sagte mir, dafs auf diese Art 11 Stück gefangen und erlegt seien; die meisten freilich junge halbwüchsige Thiere, wie der eine, den ich lebend im Käfig auf dem Hofe eines Bekann- ten sah. _ Bei meiner Ankunft in Rosario, den 4. Mai, stand das Wasser noch völlig im höchsten Niveau, aber es flutheten keine Inseln mehr den Strom hinunter; nur zahllose Massen eines Krautes aus der Familie der Sagittaria schwammen im Flufs und blieben überall am Ufer hängen. Dieses Gewächs ist häufig an 76 Miscellen: allen gröfseren und kleineren Flüssen nicht blofs des hiesigen Landes, sondern auch der Banda oriental, und verbreitet aus seiner schönen himmelblauen Blüthen- traube einen angenehmen Geruch, den man schon von ferne wahrnimmt. Von Rosario ging ich den 15. Mai nach Parana, der Hauptstadt der Con- föderation und Sitz der Central-Regierung. Es schien mir passend, einige Mo- nate der Winterszeit, die doch anderweitig nicht gut zu benutzen waren, in der Nähe der Behörden zuzubringen, deren Theilnahme an meinem Unternehmen ich manche Erfolge verdanke. Aufserdem werde ich diese Zeit zu einer genaueren Untersuchung der Tertiärformation benutzen. Ich habe schon zwei Excursionen an die steilen Ufergehänge gemacht und interessante Petrefacten, d. bh. Conchy- lien, gesammelt. Daneben beschäftigen mich die lebenden Thiere gleichmäfsig, Die Fauna ist hier von der in Mendoza völlig verschieden und mehr mit der der Banda oriental übereinstimmend, hat aber daneben manches Eigenthümliche. So ist z. B. der hiesige Fuchs eine ganz eigene Art, und eben so verschieden von dem in Mendoza, wie von dem der Banda oriental. Meine Sammlungen wachsen unter solchen Umständen fortwährend, obgleich die natürliche Armuth des Lan- des, im Vergleich mit dem Reichthum Brasiliens, keine so zahlreichen Suiten hoffen läfst, wie man dort mit Leichtigkeit sich verschafft. — Es ist meine Absicht, hier bis Ende August zu bleiben, um dann mit dem Frühling meine Reise nach Tucuman und dem Norden anzutreten. Von dort aus werde ich Ew. Exc., wenn nicht interessante neue Erlebnisse mich zu einer frühe- ren Mittheilung bestimmen, wieder Nachricht von meinem Treiben geben und namentlich eine Schilderung des mir allgemein als höchst anziehend beschriebenen Landes übersenden. Schon die Provinz Entrerios ist viel mannichfacher als das einförmige Pampasfeld zwischen Rosario und Mendoza. Bemerkungen A. Bonpland’s über die Verbreitungssphäre des Paraguay-Thee's. In der kleinen Schrift „La Provincia de Corrientes por Vicente G. Quesada. Buenos Ayres 1857“ befinden sich als Anhang „Notas ineditas sobre la conve- niencia de adoptar un sistema enteramente distinto del que hoi se observa en la JFabricacion de la Yerba Mate“ aus der Feder Bonpland’s, die der berühmte Natur- forscher seinem Freunde D. Juan Pujol, Gouverneur von Corrientes, übersandt hat. Bonpland dringt in dieser Abhandlung darauf, zunächst die in Corrientes befindlichen Yerbales oder Mate- Wälder '), die eine ergiebige Quelle des Wohl- standes für die Bewohner werden könnten, genau zu untersuchen, und bei der Fabrication des Thee’s statt des bisher und schon vor der spanischen Eroberung !) Das Product des Mate-Baumes wird bis jetzt fast ausschliefslich im Gebiet des La Plata verbraucht und ist hier unter verschiedenen Namen bekannt. Die Ar- gentiner nennen den Thee Yerba (einen Mate-Wald Yerbal, portugiesisch Herval), die Guaranis „Caamini und Caaguazu“, die Portugiesen und Brasilianer Cha, Go- gonha oder Matte, aber die Bewohner der Provinz Rio Grande nennen das Product des wilden Baumes Cauna, das aus künstlichen Anpflanzungen gewonnene Yerba de palos. Bei den Fremden endlich ist der Thee unter den Namen „Jesuiten-Thee*“, „Paraguay-Thee“, „Paraguay-Kohl“ oder „Bartholomäus-Kraut“ bekannt. Bonpland über die Verbreitungssphäre des Paraguay - Thee’s. AT “von den Guarani’s beobachteten Verfahrens ein rationelleres einzuschlagen, na- - mentlich nicht die Lese zu jeder beliebigen Jahreszeit vorzunehmen, sondern sie _ in. die Winterzeit zu verlegen, wo die Entwickelung der Pflanze ruht. Er geht ‚dann auf die Verbreitung des Mate-Baumes über und bemerkt hierüber Fol- gendes: „Nimmt man ein Lineal und legt das eine Ende desselben auf die Barre des - Rio Grande, der sich in der brasilianischen Provinz Rio Grande do Sul in den _ atlantischen Ocean ergielst, und das andere auf Villa Rica in Paraguay, so ist - der von ihm bedeckte Landstrich überall reich an natürlichen Mate-Wäldern. Alles Land, das im Nordosten dieses Striches liegt, besitzt Mate- Wälder, die mehr oder minder weit von einander entfernt sind, während sich auf dem Gebiet im - Südwesten dieser Linie nur vereinzelte Stämme finden, bald am Rande der Wäl- der, bald in ihrem Innern. Ich will versuchen, jene Reihe von Yerbales ge- mauer zu bezeichnen und mit den unmittelbar am Meere gelegenen Punkten be- ginnen.“ „Als ich mich im Jahre 1849 in Rio Grande befand, unternahm ich in der Absicht, mich mit der Vegetation der Provinz bekannt zu machen, einen botani- schen Ausflug nach der Isla de los Marineros, die einen sehr ausgedehnten Wald besitzt, und war angenehm überrascht, dort eine hübsche Anzahl von Mate-Bäu- _ men zu finden. Ich suchte zu erfahren, ob den Einwohnern das Vorkommen dieser nützlichen Pflanze bekannt sei, und da keiner von dem Schatze, den die- ser Wald in sich schliefst, Notiz genommen hatte, hielt auch ich es für ange- messen, die Entdeckung zu verschweigen, zu der ein glücklicher Zufall mich ge- führt hatte,“ „Verfolgt man nun jene Linie bis 2 Leguas von der Villa do Rio Pardo, _ auf dem Wege, der zum Bajinal’!) führt, wo man in den Durchhau (picada ?) von Santa Cruz tritt, so durchschneidet man diesen Wald, der ebenfalls an Mate- Bäumen reich ist. Die Picada von Santa Cruz präsentirt einen unermelslichen Mate-Wald; sie war erst vor wenigen Jahren angelegt, hauptsächlich zu dem Zweck, eine leichte und bequeme Verbindung zwischen der Villa do Rio Pardo und den Gebieten von Santa Cruz, Pasafando, Cruz Alta u. s. w. zu vermitteln. _ Dieser Durchhau ist 16 Leguas lang, und sieben davon führen durch einen über- aus reichen Mate-Wald, der sich in sehr weite und noch unbekannte Ferne aus- _ dehnt.“ F „In den Jahren 1850 bis 1851. reiste ich wieder durch die Picada von Santa Cruz und habe sie mit grofser Sorgfalt untersucht. Damals war General Andrea Präsident von Rio Grande do Sul. Dieser Herr hatte den Beschlufs gefalst, an ") Es ist dieses der (portugiesisch benannte) Faxinal der Dona Josefa, der von der Regierung angekauft und zur Anlage einer Stadt, der Villa de Santa Cruz, be- stimmt ist. K.N. 2) Eine Picada, mit der das Colonisationswerk in den Urwäldern beginnt, ist En etwa 20 Fufs breiter Durchhau durch den Wald, der vorschriftsmäfsig von den Baumstümpfen und dem rasch wieder aufschiefsenden Unterholz so weit gereinigt werden soll, dafs er als Strafse dienen kann. Meistens sind die Picaden inde/s nur für Reiter zu passiren. Die in Brasilien angesiedelten deutschen Colonisten vom _ Rhein nennen eine solche Picada „Schneiz“, K.N 78 Miscellen: den Seiten des Durchhau’s Waldstücke von einer halben Quadratlegua an Perso- nen zu vertheilen, die sich hier ansiedeln wollten, und beabsichtigte, für die Cul- tur des Mate und seine Bereitung eine Musterwirthschaft zu begründen; er hatte deshalb auch mit sieben mir befreundeten Brasilianern Verabredungen getroffen. Mein Plan war, ein zusammenhängendes Terrain von 4 Quadrat-Leguas, zwei auf der einen und zwei auf der gegenüberliegenden Seite des Durchhau’s zu er- werben, und hier die Musterwirthschaft zu errichten; aber es trafen aus Europa neue deutsche Colonisten ein, und der General Andrea wies die Ankömmlinge nach dem Durchhau von Santa Cruz und liefs ihnen hier durch den Ingenieur Sr. Vasconcellos Landloose von sehr geringer Ausdehnung vermessen !). Ob- gleich ich ein Terrain in dem von mir gewünschten Umfange dadurch hätte zu- sammenbringen können, dafs ich die Zahl der Theilnehmer vermehrte, hielt ich es doch für gerathen, auf die Errichtung eines solchen Etablissements in Brasi- lien zu‘verzichten, in der Hoffnung, in Corrientes, dem Lande meiner besonderen Zuneigung und meiner wärmsten Sympathien, meinen Plan ausführen zu können.“ „Der Durchhau von Santa Cruz ist übrigens eine Stelle, die zur Anlage einer Musterwirthschaft besonders bevorzugt ist. Ein hier gelegenes Etablissement hätte den Thee in jeder erforderlichen Quantität zu au/serordentlich niedrigem Preise liefern können. Denn da der Rio Pardo nur 15 Leguas von dem Etablissement entfernt ist, würde der Landtransport des Thee’s viel billiger zu stehen kommen, als an anderen Orten Brasiliens und selbst in Corrientes und Paraguay, wo der Transport gewöhnlich über Sierren und auf weiten, schlechten Wegen unter vielen Schwierigkeiten und mit den entsprechenden Unkosten bewerkstelligt werden mufs. Zuletzt bin ich doch noch aufgefordert worden, den Plan einer Musterwirthschaft an dem gedachten Durchhau zur Ausführung zu bringen, und man hat mir über- lassen, die Bedingungen für die Bildung einer Compagnie zu entwerfen, aber ich habe alle Anträge, die mir gemacht wurden, bestimmt abgelehnt.“ „Verläfst man den Durchhau von Santa Cruz, um sich nach San Anjel zu begeben, einem anderen Punkte auf der oben angegebenen Linie der Mate-Wäl- der, so bleiben im Nordosten die ungeheuren Yerbales liegen, die auf verschie- denen Karten verzeichnet sind und ein weites Areal von noch unbekannter Aus- dehnung zwischen den Flüssen Tebieuari und Uruguay umfassen. Im Jahre 1830, nach meiner langen und rechtswidrigen Gefangenschaft in Paraguay, habe ich sowol die künstlich angepflanzten Yerbales im Osten des Uruguay wie die natür- lichen von San Anjel besucht. Damals wurde in sieben Yerbales Thee produ- !) Diese deutsche Colonie liegt 8 Leguas von Villa do Rio Pardo entfernt. Sie zählte 1854 fast 900 Bewohner, und es waren von hier aus bereits neue Pica- den eröffnet. In der Picada de Santa Cruz existirten 171 Ansiedelungen, in der kleinen Picade 8, in der Picade des Rio Pardinho (der bei hohem Wasserstande zur Verschiffung der Producte nach Rio Pardo benutzt werden kann) 111, und in der „neuen“ Picade 14 Ansiedelungen. Die Colonisten beschäftigen sich mit dem Anbau von Mais, Bohnen, Kartoffeln, Taback und (als Viehfutter) Hafer und Gerste. Das Zuckerrohr wird selten vollkommen reif und ist nur zum Branntweinbrennen zu be- nutzen. Aufserdem befinden sich in der Colonie mehrere Mühlen, zwei Fottasche- Siedereien, eine Brauerei und eine Brennerei. Die protestantische Gemeinde hat ein Schul- und ein Bethaus. Dafs die Colonisten den Mate-Baum ceultiviren, wird nicht berichtet, Vergl. Hörmeyer, Südbrasilien, Hamburg 1858, S. 240 ff. K.N. Bonpland über die Verbreitungssphäre des Paraguay - Thee’s. 79 eirt; ich habe sie sämmtlich mit grofser Sorgfalt untersucht, dabei die Art und _ Weise der Bearbeitung tief beklagt und das vorausgesehen, was bald darauf ein- trat: diese reichen Yerbales wurden bald unbrauchbar, und die zahlreichen Ar- f beiter, die hier eine solche Verwüstung angerichtet hatten, mufsten neue Wälder im Norden und Nordosten von San Anjel aufsuchen. Seitdem hat man auch hier ungeheure Quantitäten von Thee herausgezogen, und nach den letzten mir zugegangenen Nachrichten mufs ich voraussetzen, dafs man bald genöthigt sein R wird, auch den Mate- Wald von San Cristöbal zu verlassen, wie man die Yerba- : les von San Anjel verlassen mulfste.“ „Der brasilianische Geschäftsträger in Buenos Aires, Sr. Dr. N. Ferreyra, war vollkommen überzeugt von der Richtigkeit der einleuchtenden Bemerkungen, die ich im Jahre 1832 in Bezug auf die Vernichtung der Mate- Wälder in Para- guay, Corrientes und Brasilien aussprach, da ich über diesen Gegenstand lange E Unterredungen mit ihm hatte. Aber man mufs annehmen, dafs auch ein neuer kaiserlicher Befehl nicht besser befolgt werden wird als der erste, und dafs die Brasilianer in der Verwüstung ihrer schönen Mate-Wälder fortfahren werden.“ „Nachdem ich die ausgedehnten Yerbales Brasiliens sowol auf der oben be- zeichneten geographischen Linie wie im Nordosten derselben angeführt habe, will ieh diejenigen namhaft machen, die sich in Entre Rios, d. h. zwischen dem Uru- guay und Paranä, und in Corrientes befinden.“ „Das Gebiet, welches die Yerbales hier einnehmen, ist nicht ausgedehnt, im Vergleich mit dem Umfange der Yerbales in Brasilien und Paraguay. Doch könn- ten die Yerbales von Corrientes noch immer alle Märkte versehen, und zwar mit grofsem Vortheil, wenn die Cultur eine angemessenere wäre und die alte Fabri- - eations-Methode aufgegeben würde. Dazu kommt noch, dafs die Transportkosten im Allgemeinen viel geringer sind als in Brasilien und Paraguay, weil der Thee - leicht und bequem auf dem Paranä und dem Uruguay verschifft werden kann.“ „Das Pueblo de San Javier ') ist ein wichtiges Centrum für die Fabrication. Hier müfste die Musterwirthschsft eingerichtet werden, die ich in der Picada de - Santa Cruz beabsichtigte. Mit der Zeit könnten dann andere in der Nähe des - Paranä etablirt werden. San Javier besitzt bereits drei Yerbales, und zwei bis - drei Leguas davon entfernt einen anderen an dem Ort, der unter dem Namen Potrero de Mborob& bekann ist; aufserdem finden sie sich auf dem ganzen Ge- - biet im Nordosten bis zu den Flüssen Piquiri Guazü und San Antonio Guazü ?), welche die Grenze zwischen Corrientes und Brasilien bilden. Hier existiren über- ‚all Yerbales, die man untersuchen mülste, um ihren Reichthum kennen zu lernen - und die Oertlichkeiten zu bestimmen, an denen die Bereitung des Thee’s mit Vortheil unternommen werden könnte.“ „Was nun die bekannten natürlichen Mate- Wälder betrifft, so giebt es ihrer I 2) San Javier liegt im Gebiet der Missionen nicht weit vom rechten Ufer des Uruguay an der Stelle, wo sich dieser Flufs dem Paran& am meisten nähert. Am - Paranä& liegt hier Candelaria. K.N. _ 2) Der erstere dieser Flüsse ergiefst sich von Norden in den Uruguay, der letz- ‚tere von Süden in den Yguazu oder Rio Grande de Curitiba, einen bedeutenden Ne- benflufs des Paranä, beide etwa 24 Längengrade östlich von San Javier. Es ist also das ganze östliche Gebiet der Missionen an Mate-Bäumen reich. K.N, 80 Miscellen : drei. Zwei derselben habe ich besucht und in ihnen gearbeitet, denjenigen, in welchem Aripi sein. Lager hatte und den: Yerbal von Santa Ana Caa-caty. Der dritte, der berühmte und reiche Yerbal von Nuguazü (Campo Grande), welcher nördlich von jenen liegt und der bedeutendste von allen zu sein scheint, mülste durchaus und vor allem Anderen untersucht werden. Allen Nachrichten zufolge mus ich schliefsen, dafs Nuguazü zum Uruguay sich senkt und dafs der Thee auf diesem Flusse verschifft werden könnte. In den ersten Jahren der Dictatur Franecia’s präparirte ein gewisser Reyes im Nuguazü gro[se Massen von Thee und suchte sie zu Lande auf dem Wege von Corpus (am Paranä) nach Corrientes zu bringen. Aber Francia sah die Concurrenz von Corrientes im Theehandel mit neidischen Blicken an: er sandte beträchtliche Soldaten-Piquets aus, liefs Reyes ergreifen und ihn erbarmungslos erschiefsen.“ „Nachdem ich die in der Provinz Corrientes gelegenen Yerbales angeführt und darauf hingewiesen habe, dafs sie mehr als ausreichend sind, alle Märkte zu versehen, mufs ich noch wiederholen, dafs der corrientinische Thee sowol hin- sichtlich seiner Zubereitung wie seines Transports immer billiger sein wird, als der von Paraguay und von Brasilien.“ Bonpland macht nun Vorschläge, diesen natürlichen Reichthum der Provinz zu verwerthen. Von San Javier als Centrum müfsten alle Yerbales, die im NO. einer von diesem Punkte nach Santa Ana, etwas östlich von Candelaria, gezoge- nen Linie liegen, untersucht werden; die Guayanos-Indianer, die von den alten Pueblos San Javier, Concepeion, Santa Maria la Mayor, Martires u, a. abstamm- ten und jetzt zerstreut lebten, würden diesen Culturzweig mit dem besten Erfolge pflegen können und auf den ersten Aufruf sich dazu bereit erklären, da sie sich gern vereinigt sähen und gern gemeinsam arbeiteten. Um Zeit und Kosten zu ersparen, könnte man sie auf dem Uruguay nach San Javier befördern, wo sie zur Deckung der ersten Kosten die vorhandenen Yerbales sofort nutzen, dann auf kleinen Besitzungen (chaeras) eine mehr geregelte Cultur beginnen, die alten und nutzlosen Bäume beseitigen, neue und regelmäfsige Pflanzungen anlegen und dureh Eröffnung neuer Picaden andere natürliche Yerbales aufsuchen könnten. Zu. die- sem Behufe mülste man sie aber mit Lebensmitteln und den nothwendigen Ge- räthschaften versehen, eine Ausgabe, die durch den gewonnenen Thee bald ge- deckt sein würde. „Gehen meine Wünsche in Erfüllung,“ schliefst der greise Naturforscher, „so habe ich allen Grund anzunehmen, dafs die Provinz sich eine unerschöpfliche ‚Quelle des Wohlstandes eröffnen und die Regierung sich. einen neuen Anspruch auf die Dankbarkeit ihrer Mitbürger erwerben wird, die sie be- reits durch so viele Fortschrittsmafsregeln verdient hat; der Ruf einer so erspriefs- lichen Thätigkeit würde sich in alle eivilisirten Länder verbreiten, die es zu wür- digen wissen, welchen Werth die Benutzung eines wichtigen Industrie- und Han- delszweiges für den Wohlstand und den Aufschwung eines Landes besitzt; die Qualität des Thee’s würde sich unendlich verbessern, seine Consumtion in Amerika sich ausbreiten; vielleicht würden sich sogar die transoceanischen Nationen mit seinem Gebrauch befreunden. Was mich betrifft, so würde ich mich glücklich schätzen, meinen Plan hinsichtlich der Theepflanzungen ausgeführt zu sehen und eine erleuchtete Regierung unterstützt zu haben, deren.einziger Ehrgeiz darin be- steht, den Fortschritt und Wohlstand ihres Landes zu fördern.“ Bonpland über die Verbreitungssphäre des Paraguay - Thee’s. 81 Auf diese Abhandlung bezieht sich ein anderes Schreiben Bonpland’s, das wir in einer älteren Nummer der corrientinischen Zeitung El Commercio abge- druckt finden und gern hier in einer Uebersetzung vollständig mittheilen, damit es nicht in den Spalten eines unbekannten und in Europa seltenen Provinzial- Blattes vergraben bleibt. Es ist vom 6. November 1854 datirt und ebenfalls an den Gouverneur Pujol gerichtet. „Die in Ew. Exec. Schreiben enthaltenen Bemerkungen will ich in derselben Reihenfolge, in der sie in dem Briefe berührt sind, zu beantworten suchen.“ „Die Yerba Mate kann mit Vortheil an den Ufern des Uruguay, des Paranä, auf allen Inseln dieser Flüsse und in der ganzen Provinz Corrientes angebaut werden, wenn man die für diese Cultur günstigsten Oertlichkeiten auswählt.“ „Als ich am Ende des Jahres 1817 in Buenos Ayres war, erfuhr ich von dem Canonicus Belgrano, dafs Mate-Bäume auch auf der Insel Martin Gareia ') vorhanden wären. Da ich seit vielen Jahren dieser nützlichen Pflanze, die den Botanikern lange ganz unbekannt geblieben war, eine besondere Aufmerksamkeit zugewendet hatte, unternahm ich sofort eine Fahrt nach der Insel. Die Soldaten wollten mir inde/s die Pflanze nicht zeigen, die das eigentliche Ziel meiner Reise bildete; ich‘ durchstrich also die ganze Insel, und hatte am dritten Tage meiner botanischen Ausflüge das grofse Glück, zwei Mate-Bäume zu finden; sie waren gut gewachsen, 15 bis‘17 Fufs hoch und hatten einen Stamm von 8 bis 9 Zoll im Durchmesser; ihre Krone war sehr zerstört, da die Soldaten der Garnison ge- wohnt waren, aus der Bereitung kleiner Quantitäten von Thee sich einen Neben- gewinn zu verschaffen. Daraus mufste ich schlielsen, dafs der Mate-Baum auf Martin Garcia mit Erfolg angepflanzt werden könne. Bei meiner Rückkehr nach Buenos Ayres erfuhr ich, dafs auch hier innerhalb des Fuerte ein Mate-Baum gestanden hatte, dafs er aber umgehauen worden, da er den Schiefsübungen hin- derlich war. Aus den Nachrichten, die ich erhalten konnte, ersah ich, dafs die drei Bäume, deren Vorkommen mich hier überrascht hatte, aus San Javier stamm- ten und zu einer und derselben Zeit hier angepflanzt waren. Ich mufs noch hin- zufügen, dafs ich, unterstützt von zweien meiner Peone, die aus Paraguay gebürtig waren, einige Pfund Thee bereitet hatte, die, obwohl sie frisch waren und die ‘Operation des Serchel nicht durchgemacht hatten, doch sehr gut ausfielen und in Buenos Ayres bald verbraucht waren.“ „In Folge dieser Entdeckung hatte ich mehrere Unterredungen mit dem da- maligen Gouverneur Sr. D. Martin Puyrredon. Dieser hochverdiente Mann for- derte mich auf, ihm meine Vorschläge und die Möglichkeit einer Cultur des Mate ‚auf dem niedrig gelegenen Theile der Insel Martin Gareia und auf den Inseln des Paranä schriftlich auseinander zu setzen. Meine Anträge wurden von dem Herrn Gouverneur günstig aufgenommen: ich sollte den Uruguay aufwärts bis San Javier fahren und von dort Pflanzen und Samen mitbringen, um auf Martin - Gareia die Ausführung des Planes zu beginnen. Aber ungeachtet meiner Vor- stellungen und der Bitten des Ministers Araujo konnte meine Reise nach San Javier nie in’s Werk gesetzt werden und meine weitgehenden Erwartungen hatten nicht das geringste Resultat. Wie nützlich wären nicht meine Bemühungen für !) Vor der Mündung des Uruguay. Zeitschr. f. allg. Erdk. Neue Folge. Bd, V. 6 82 ’ Miscellen: Buenos Ayres gewesen, wenn ich 1818 den Mate-Baum auf Martin Garcia und den Inseln des Paranä angepflanzt hätte? Die Bäume, die ich auf Martin Garcia fand, waren höchstens 10 Jahr alt und producirten einen guten Thee; hätte ich damals Pflanzungen angelegt so wären sie jetzt 36 Jahre alt. Welch ein Verlust für Buenos Ayres, dafs meine Pläne und Rathschläge unbeachtet blieben!“ „Ich will noch andere Beweise anführen, dafs der Mate-Baum aufserhalb und selbst in beträchtlicher Entfernung von der geographischen Linie, die ich in der dem einsichtsvollen Urtheil Ew. Excell. vorgelegten Abhandlung bezeichnet habe, mit Nutzen angepflanzt werden kann. Die Jesuiten erkannten vollkommen die Nothwendigkeit, künstliche Mate-Pflanzungen anzulegen. Sie liefsen deshalb auf jedem der 32 Pueblos, aus denen die Missionen von Paraguay, Corrientes und Brasilien bestanden, einen Yerbal anpflanzen. Ich habe alle Pueblos der Missio- nen besucht; viele von ihnen besitzen noch brauchbare Ueberreste der von den Jesuiten angelegten Yerbales. Von diesen Pueblos liegen folgende aufserhalb, im Südwesten der erwähnten geographischen Linie: Concepeion, Candelaria, Apo- stoles, Santa Maria de Fe, Santa Rosa, San Ignacio Guazü, Santo Tome, La Cruz und Yapeyü. Das letztere ist das. entfernteste '); sein Yerbal war sehr ausge- dehnt und produeirte alle drei Jahre *) Tausende von Arroben Thee; er ist aber von den Brasilianern vollständig zerstört, und als ich ihn besuchte, fand ich hier nur Buschwerk, das aus den nicht vollständig ausgerissenen Wurzeln emporge- schossen war.“ „Es verdient beachtet zu werden, dals der aus den künstlichen Anpflanzun- gen gewonnene Thee besser war als das Product der natürlichen Mate- Wälder. Der Hauptgrund liegt meiner Ansicht nach darin, dafs die Blätter in den An- pflanzungen, da sie gleichmäfsig der wohlthätigen Einwirkung der Sonne ausge- setzt sind, auch einen vollkommeneren und gleichmäfsigeren Grad der Reife er- langen, dafs sie aulseıdem zu einer geeigneteren Zeit geerndtet werden und dafs auf Pflanzungen die verschiedenen Operätionen bei der Bereitung ohne irgend eine Unterbrechung vorgenommen werden können.“ „Es erhellt aus dem Obigen, dafs der Mate-Baum in der ganzen Provinz Corrientes, an den Ufern des Paranä und Uruguay, wie auf den zahlreichen In- seln dieser beiden Flüsse angepflanzt werden kann; was weitere Specialitäten be- trifft, möge Ew. Exc. mir gestatten, meine Ansichten besonders darzulegen. Es könnte scheinen, dafs die auf der mehrmals erwähnten geographischen Linie des Mate-Baumes und namentlich die im NO. derselben angepflanzten Yerbales zwar kein besseres, aber ein reicheres Product lieferten als die im SW. derselben ge- legenen, weil die Bäume sich dort stattlicher belaubten; das ist nun eine der wich- tigen Fragen, deren Entscheidung Ew. Exc. einsichtsvolle Regierung herbeiführen mülste; ist die Entscheidung auch schwierig, so wird sie doch folgenreich sein und Ew. Exec. zur Ehre gereichen.“ !) Es liegt am rechten Ufer des Uruguay, nicht weit von der Einmündung des Ybicuy, etwa unter 29° 30° S. Br. EENE 2) Die Blätter des Mate-Baumes brauchen 3 Jahre, um zu vollständiger „Reife“ 3 zu gelangen. Nach dem Verfasser der Schrift: Le Paraguay. Son passe, son pre- sent et son avenir. Par un etranger qui a reside sie ans dans ce pays. Rio de Ja- neiro 1848, p. 67 erzielt man in Paraguay alle zwei Jahre eine Erndte.. K.N. Bonpland über die Verbreitungssphäre des Paraguay -Thee’s. 83 „Ich hoffe in San Javier und seiner unmittelbaren Umgebung zahlreiche und gute Mate-Bäume zur Verpflanzung vorzufinden; aufserdem wird es nöthig sein, Samen von alten, gesunden und üppig gewachsenen Bäumen zur Anlage von Baumschulen zu erhalten. Wie grofs und beschwerlich diese Bemühungen auch sein mögen, so fühle ich mich doch kräftig genug, sie mit dem vollen Eifer aus- zuführen, den eine dem Lande so nützliche und den Absichten Ew. Exec. so ent- sprechende Aufgabe erheischt.“ „Im Pueblo Santa Maria de Fe existirt ein Yerbal, den ich auf meiner Be- sitzung an dem Westabhange von Santa Maria aus Samen gezogen habe. Ich werde Ew. Exec. die Gründe mittheilen, die es mir unmöglich machten, auf mei- ner Chacra in Paraguay diese Pflanzung anzulegen; auch werde ich Ew. Exec. auseinandersetzen, wie ich auf dem Potrero de San Antonio, der dem Sr. D. Jose Espinola gehört, einen natürlichen Yerbal in eine geregelte Pflanzung ver- wandelt habe.“ „Was Ew. Exc. Wunsch betrifft, dafs ich einige Abhandlungen über diesen Gegenstand veröffentlichen möchte, so bin ich dazu bereit; ich möchte dazu nur Ew. Exe. Absichten genauer kennen lernen, da es dann leicht sein wird, ihnen zu genügen. Hiermit glaube ich die Fragen des Herrn Gouverneurs beantwortet zu haben und benutze diese Gelegenheit u. s. w.“ Das von Bonpland erwähnte Santa Maria liegt etwa 7 deutsche Meilen süd- westlich von San Javier. IE Neuere Literatur. Die deutsche Auswanderung und ihre culturhistorische Bedeutung. Von Ju- lius Fröbel. Leipzig 1858, bei Fr. Wagner. Selbst wenn die deutsche Auswanderung nicht ein so bedeutendes cultur- historisches Element wäre, welches auch einer genaueren Kenntnifs entlegener Länder die Wege bahnen hilft, würde eine diesen Gegenstand behandelnde Schrift aus der Feder eines denkenden Mannes und competenten Beurtheilers, wie Fröbel, der mit einer vorzüglichen Beobachtungsgabe ausgerüstet das Gebiet der Vereinig- ten Staaten und Central- Amerika von einem Ocean zum andern durchzogen hat, schon durch die Fülle der in ihr niedergelegten Erfahrungen und Beobachtungen über transatlantische Zustände Anspruch auf Erwähnung in diesen Blättern be- sitzen. Mit lebhaftem Interesse haben wir die inhaltreiche Schrift gelesen. Fröbel behandelt die wichtige Frage vom Standpunkt der Interessen des Auswanderers, ‚des Landes, welches er verläfst, des Landes, welchem er sich zuwendet, und end- _ lich vom Standpunkt der allgemeinen Culturentwickelung. Am Eingehendsten ist der erste Punkt erörtert; und dieser Abschnitt ist nicht blofs für den Auswan- derer, sondern auch für uns der wichtigste, indem er dem Verfasser Gelegenheit giebt, durch die Charakteristik der Zustände, des Schaffens und Treibens in den Vereinigten Staaten, dem Hauptziele deutscher Auswanderung, gewissermalsen die ‚Lebensluft zu analysiren, in welche der Auswanderer eintritt, und uns dadurch über die Organismen aufzuklären, die dort Fortkommen und Gedeihen erwarten dürfen. Der eigentliche Grund des Mifsbehagens und der bittern Enttäuschun- i 84 Neuere Literatur: gen, denen sich viele Auswanderer ausgesetzt sehen, tritt in dieser lichtvollen Auseinandersetzung klar zu Tage; sie bietet Jedem, der jenseits des Oceans eine neue Heimath sucht, einen zuverlässigen Prüfstein, um sich selbst die Frage zu beantworten, ob er in sich die Bürgschaften vereinigt, die zu einer erfolg- reichen Thätigkeit inmitten des rastlosen Schaffens der Nordamerikaner unerläfslich sind. Wer die geistige Beweglichkeit und Energie besitzt, sich in eine ganz neue Welt schnell hineinzufinden und die sich darbietende Gelegenheit zu fruchtbrin- gender Arbeit entschlossen zu ergreifen; wer in der Thätigkeit seine Freude findet und den Genufs nicht in behaglicher Ruhe, sondern in dem Gelingen seines Werkes sucht, wird in den Vereinigten Staaten die günstigsten Verhältnisse für seine neue Laufbahn vorfinden; hier ist die eigene Kraft zu den höchsten Zinsen zu verwerthen, denn die Arbeit ist theuer; hier ist es am Leichtesten, das Er- worbene zur Begründung einer selbstständigen Stellung zu benutzen. Im Sommer 1856, erzählt der Verf., erhielt der Tagelöhner für die Feldarbeit während der Erndte bei New-York täglich 14 Shilling; er kann hier, ohne grofse Sparsamkeit, von seinem Erwerb täglich den Gouvernementspreis für einen Acre Land zurück- legen, und bei gröfserer Einschränkung durch eine zweimonatliche Thätigkeit die- ser Art so viel ersparen, dafs er Grund und Boden eines Bauerngutes kaufen kann. Ein solches Zusammentreffen von theurer Arbeit und billigem Lande machen die Vereinigten Staaten in der That zu einem Eldorado für den arbeits- kräftigen Auswanderer. Aus diesem entscheidenden Grunde erklärt der Verf. auch die Auswanderung nach Canada und Australien, wo die Arbeit billig und das Land theuer ist, für unvortheilhaft, während er für solche Personen, welche nicht die Kraft zu einem vollständigen Bruch mit der Summe ihrer europäischen Anschauungen und Gewohnheiten, nicht die Kraft zu dem ununterbrochenen har- ten Schaffen, wie es in den Vereinigten Staaten nothwendig ist, in sich spüren, die Auswanderung nach einem Theile des spanischen Amerika für rathsamer hält, wo nicht ein so durchgreifender Wechsel der Lebensweise, allerdings aber auch bei einem bescheideneren Einsatz von Kräften nur ein bescheidenerer Gewinn zu erzielen ist. Der Verf. mustert die anderen Länder Amerika’s unter dem Ge- sichtspunkte, welche Aussichten sie dieser zweiten Klasse von Auswanderern dar- bieten, und räumt in dieser Beziehung Brasilien den ersten Rang ein, — freilich mit einigen Bedenken, die wir etwas schärfer. betont zu sehen gewünscht hätten; volle Zustimmung wird dagegen seine Ansicht finden, dafs die La Plata- Staaten das einzige Land sind, in welchem eine deutsche Auswanderung zu einer selbst- ständigen, eigenthümlichen und für das Land mafsgebenden Entwickelung gelan- gen könnte. Der Blick auf Central- Amerika veranlafst den Verfasser, die unbe- stimmten Vorurtheile über die Gefährlichkeit des Tropenklima’s auf ihren wahren Gehalt zurückzuführen und auf die prachtvollen Plateaulandschaften von Costa Rica, Ober-Mosquitia und Honduras hinzuweisen, die mit einem für sehr vortheil- hafte Culturzweige geeigneten Boden ein unvergleichlich schönes und gesundes Klima verbinden. Indem wir die durchdachte Schrift Fröbel’s unseren Lesern empfehlen, be- merken wir noch, dafs wir nächstens einem neuen Werke aus seiner Feder, „Amerika, Europa und die politische Zukunft“, entgegensehen dürfen, welches die Stellung Amerika’s in der Geschichte der allgemeinen Culturentwickelung des Menschengeschlechts zeichnen und, wie wir hoffen, gleich den bisherigen Schriften Raffaele Battista: Il terremoto di Basilicata. 85 Fröbels der Mittheilung reichhaltiger, positiver Beobachtungen durch Generalisiren _ und Systematisiren keinen Abbruch zufügen wird. —n. Il terremoto di Basilicata. Relazione di Raffaele Battista, Segretario perpetuo della Real Societa Economica di Basilicata. Potenza 1858. 8. Diese kleine Schrift handelt von dem Erdbeben, welches am 16. December 1857 in der Provinz Basilicata so furchtbare Verheerungen angerichtet hat. In dem ersten Abschnitt werden die Erscheinungen, die in der Provinzialhauptstadt Potenza selbst beobachtet wurden, namhaft gemacht, die hier angerichteten Ver- wüstungen geschildert und die Bemühungen der Behörden zur Anufrechterhaltung der Ordnung und zur Linderung der Noth in etwas excentrischer Weise geprie- sen, wobei auch König Ferdinands gedacht wird, „che innumere fiate per la sua alta ed illuminata elemenza si & elevato al di sopra Tito, o se altro wi e stato piü generoso e magnanimo Principe al mondo“. Der zweite Abschnitt ist der interes- santeste; er enthält Berichte aus verschiedenen Theilen der Provinz über die Er- scheinungen, die man während des Erdbebens, sowie vor und nach demselben bemerkt hat oder bemerkt haben will, und die zum grofsen Theil so angethan sind, dafs es füglich dahingestellt bleiben mufs, ob sie mit der Erderschütterung in irgend einem Zusammenhange stehen. Unter Anderem wird von mehreren Orten berichtet, dafs in den Quellen und Brunnen schon einen Monat vor dem Erdbeben die Wasserfülle ohne erkennbaren Grund auffallend abzunehmen anfing, und dafs einige ganz austrockneten, während sich nach dem Erdbeben das Wasser in ihnen wieder vermehrte. Bei dem Städtchen Tito trockneten die schwefel- und eisenhaltigen Quellen, wie die sogenannte weilse Quelle kurz vor dem Erd- beben aus, nach demselben sprudelten sie wieder reichlich, aber ihr Wasser war trübe und das der Schwefelquelle verbreitete einen auffallend starken Geruch. Im ' "letzten Abschnitt finden sich einige ganz allgemeine Bemerkungen über Vulcane _ und Erdbeben, die für das grofse Publieum bestimmt sind. Aus der am Schlusse der Schrift befindlichen Tabelle über die Anzahl der in den verschiedenen Com- munen Getödteten und Verwundeten gewinnt man einen Begriff von der Gewalt des Erdbebens; doch beruhen die Angaben gerade für die Communen, welche am meisten gelitten haben, nur auf ungefährer Schätzung. Von den vier Distric- ten der Provinz ist der von Potenza als der eigentliche Schauplatz des Erdbebens zu betrachten; während im District von Matera, dem östlichsten der Provinz, bei einer Bevölkerung von 33,464 Seelen, 61 Todte und 42 Verwundete, im Distriet Melfi bei einer Bevölkerung von 14,179 Seelen 3 Todte und 1 Verwundeter, im Distriet Lagonegro ‚bei einer Bevölkerung von 35,713 Seelen 402 Todte und 237 Verwundete gezählt werden, hat der Distriet Potenza bei einer Bevölkerung. von 123,414 Seelen einen Verlust von 9123 Todten erlitten und 1063 Verwundete gezählt. Und dieser Verlust vertheilt sich sehr ungleich auf die einzelnen Com- munen; am unglücklichsten sind die Communen Montemurro und Saponara an ‚der Westgrenze weggekommen; dort schätzte man die Zahl der Todten auf 5000, die der Verwundeten auf 500, bei einer Bevölkerung von nur 7002 Seelen; in dem letztern wird die Zahl der Todten auf 2000, die der Verwundeten auf 70 angegeben, bei einer Bevölkerung von nur 4010 Seelen. Dieser colossale Verlust ' an. Menschenleben ist wohl hauptsächlich dem Umstande zuzuschreiben, dals das 3 . 86 Neuere Literatur: Erdbeben in der Nacht eintrat, wo sich die ganze Bevölkerung in den Häusern befand, unter deren Trümmern sie begraben wurde. Auch folgte die zweite hef- tigere Erschütterung so schnell auf die erste, dafs die durch den ersten Stofs aus dem Schlaf gerüttelten Bewohner nicht Zeit gewannen, sich in’s Freie zu retten. j —ın. Die Reisen in Central- Afrika von Mungo Park bis auf Dr. Barth und Dr.- Vogel. Von Dr. E. Schauenburg. Mit Portraits, Illustrationen und zwei Karten. In zwei Bänden. Lahr (bei M. Schauenburg) 1858. 8. Lieferung 1 — 4. Dieses Buch kann für einen ausgedehnten Leserkreis eine angenehme Gabe werden. Alle diejenigen, welche sich über die weiten Ländermassen Central- Afrikas, die in dem gegenwärtigen Jahrhundert bekannt geworden sind, unter- richten wollen und die zum Theil umfangreichen Reisewerke durchzustudiren nicht die Muse besitzen, werden mit Vergnügen nach einem Compendium greifen, wel- ches ihnen in fliefsender Sprache die Hauptzüge der groöfsen Entdeckungen ver- gegenwärtig. Dr. E. Schauenburg füllt also mit seiner Arbeit eine Lücke aus, und zwar gerade zu der Zeit, wo sie sich fühlbar zu machen beginnt, Als Ein- leitung sucht der Verfasser die Entdeckungen des Alterthums, des Mittelalters und der neuern Zeit zu charakterisiren, giebt dann einen Ueberblick über die physische Beschaffenheit von Central- Afıika im Süden der grofsen Wüste, und skizzirt auf kurze und praktische Weise die Kenntnisse und Vorstellungen, die Herodot, Hanno der Karthager, Agatharchides, Plinius, Ptolemäus, Edrisi, Leo der Afrikaner und Ibn Batuta von Afrika besalsen. Ein eben so kurzer Abrifs der Entdeckungen der Portugiesen an der Küste schliefst die Einleitung. Das eigentliche Werk beginnt mit einer kurzen Schilderung der Unternehmung des Major Houghton und geht dann ausführlicher zu Mungo Park über, von dessen Unternehmungen die erste Reise von der Mündung des Gambia durch die Reiche” Wulli, Bondu, Bambak, Kasson, Kaarta, Ludamar und Bambarra bis Silla am Ni- ger und die Rückreise längs des oberen Niger, durch das Reich der Mandingo und durch Dschallonkadu zum Gambia, ferner die zweite Reise Parks mit den verschiedenen Nachrichten über sein Ende in der zweiten und dritten Lieferung dargestellt sind. Die vierte Lieferung enthält nach einem kurzen Ueberblick der unglücklichen Unternehmungen, zu denen Parks Reisen Veranlassung gegeben, die Reise Oudney’s, Denham’s und Clapperton’s von Tripolis zum Tsad-See, den Aufenthalt in Bornu und den Feldzug durch Mandara gegen die Fellatah. In wie weit Dr. Schauenburg seine Aufgabe in einer dem Bedürfnisse des Publi- eums entsprechenden Weise lösen wird, läfst sich nach dem Vorliegenden noch nicht mit Sicherheit beurtheilen. Wir müssen uns vorläufig darauf beschränken, die Leser der Zeitschrift auf diese literärische Erscheinung aufmerksam zu machen, die sich durch eine leichte und fliefsende Darstellung auszeichnet. Dem Titel des Buches entsprechend, verweilt der Verfasser vorwiegend bei den eigentlichen Reiseerlebnissen, und beginnt erst in der dritten Lieferung, der Beschreibung von Land und Leuten einen gröfseren Raum zu gönnen. Wir können nur wünschen und haben nach dem Vorliegenden Grund es zu hoffen, dafs der Verf., nament- lich im zweiten Theile, immer entschiedener in diese Bahn einlenken, und das eigentliche Reisedetail in einigen charakteristischen Zügen möglichst kurz zusam- ARE BEER TE «3 J. Hörmeyer: Südbrasilien. 87 menfassen wird, um dem wichtigeren Theil, dem geographischen und ethnographi- _ schen Element eine reichere Entwickelung geben zu können. Der erste Band wird noch die Reisen der Gebrüder Lander, Richardson’s, Overweg’s und Barth’s enthalten, der zweite soll ausschliefslich den Reisen Barth’s und Vogel’s gewidmet sein. —n. Südbrasilien. Ein Handbuch zur Belehrung für Jedermann, insbesondere für Auswanderer. Von Capt. J. Hörmeyer. Hamburg 1858 (bei Würger). Dieses Buch ist hauptsächlich zu dem Zweck geschrieben, die Gegner der Auswanderung nach Brasilien zu widerlegen und die dortigen Zustände in einem günstigeren Lichte darzustellen. Bekanntlich sind über die Frage, ob eine deut- sche Auswanderung nach Brasilien rathsam sei, so entgegengesetzte Meinungen laut geworden, dafs es für alle diejenigen, welche nicht aus eigener Anschauung sich ein Urtheil bilden konnten, fast unmöglich geworden ist, sich für die eine oder für die andere Ansicht mit Bestimmtheit zu entscheiden. Auch wir müssen darauf verzichten, das vorliegende Buch von diesem Gesichtspunkte aus zu beur- theilen, können aber die Bemerkung nicht unterdrücken, dafs es bei aufmerk- samen Lesern die Bedenken gegen eine Auswanderung nach Brasilien schwerlich zerstreuen wird. Dafs es dem Verfasser um die Wahrheit zu thun ist, können wir nicht bezweifeln; aber der Ton eines Anwalts herrscht in dem ganzen Werk so entschieden vor, dafs es nicht zu verwundern ist, wenn die Wahrheit nicht immer da, wo man sie sucht, und nicht immer in der wünschenswerthen Schärfe hervortritt. Dem Zweck des Verf. gemäfs enthält das Buch mehrere Capitel, die fast ausschlielslich für den Auswanderer von Interesse sind, wie die Abschnitte über die auf die Auswanderung bezügliche Gesetzgebung, über die Gegner Bra- siliens u.a. Bei seiner Darstellung hat der Verf. ausschliefslich die Verhältnisse ‚der Provinzen Rio Grande do Sul, St. Catharina und Parana im Auge, haupt- sächlich aber die der beiden ersten, die für die Colonisation die wichtigsten sind. In geographischer Beziehung sind die Capitel über die Naturproduete und über die deutschen Colonien von besonderem Werth; in dem erstern behandelt der Verf. namentlich die Vegetation, so weit sie für das praktische Leben von Bedeutung ist, mit grolser. Ausführlichkeit, und giebt für die Cultur der hauptsächlichsten Nutzpflanzen beachtenswerthe Winke und, wieder mit specieller Rücksicht auf den Auswanderer, sehr detaillirte Angaben über die Culturmethode, die Behand- lung und den Preis der Producte u. s. f. Es unterliegt wol keinem Zweifel, dafs das Buch für alle diejenigen, welche eine Auswanderung nach Brasilien be- schlossen haben, ein nützlicher Rathgeber sein wird und wir glauben es des- halb mit gutem Gewissen empfehlen zu können; aber zur Vermeidung jeder Selbsttäuschung ist eine aufmerksame Leetüre unerläfslich, da die Uebelstände, - mit denen der Colonist zu kämpfen hat, oft nur ganz beiläufig angedeutet wer- den. Die nachlässige Schreibart könnten wir mit Rücksicht auf den ausschliels- lich praktischen Zweck des Buches vielleicht unerwähnt lassen; aber die noch nachlässigere Correctur des Drucks kann nicht füglich entschuldigt werden. Die zu dem Werke gehörige Karte soll später nachgeliefert werden. —n. 88 Sitzungsbericht der Berliner geographischen Gesellschaft. Sitzung der geographischen Gesellschaft zu Berlin vom 3. Juli 1858. Der Vorsitzende, Herr Prof. Dove, eröffnete die Sitzung durch Ueberrei- chung der eingegangenen Geschenke: 1) (ompte-Rendu annuel adresse a S. Exec. M. de Brock, Ministre des finances par le Directeur de l’Observatoire physique central, A. T. Kupffer. Annee 1856. Petersbourg 1857. — 2) Berichte des sta- tistischen Central- Archivs durch O. Hübner in Berlin. No. 1. Amtliche Mit- theilungen über Grofsbritannien und Irland. Leipzig 1858. — 3) Zeitschrift für allgemeine Erdkunde. N. F. IV. 5. — 4) Grab Johann Ludwig Burckhardt’s vor Bab el Nassr in Cairo. — 5) Plan der Stadt Sillein in Ungarn. — 6) Karte von dem Erschütterungsgebiete des Erdbebens vom 15. Januar 1858, entworfen von Prof. Dr. M. Sadebeck. Herr Prof. Dove machte bei Besprechung der unter No. 1 angeführten Schrift auf den Umstand aufmerksam, dafs häufig von einer ausnahmsweise höhe- ren oder niederen Temperatur falsche Schlüsse auf das Klima einer Gegend ge- macht würden. So haben wiederholentlich kalte Luftströme aus der Gegend von Petersburg und aus Skandinavien für das nordwestliche Europa, vom Ural und auch aus den turanischen Steppen her für das mittlere und südliche Europa die Winterkälte bis auf 9 Grad unter dem Normalstande erhöht, während gleichzeitig die seitwärts gedrängten warmen Luftschichten für die östlich und westlich anlie- genden Gegenden eine ebenso aufsergewöhnliche hohe Temperatur hervorgebracht haben. Acht Blätter, auf welchen Herr Dove diese Luftströmungen während mehrerer Wintermonate aus dem Zeitraume von 1814 bis 1855 graphisch darge- stellt hat, dienten zur Anschauung und Erläuterung des Gesagten. Herr Dr. Bruhns hielt einen Vortrag über die Fortschritte in der Bestim- mung der geographischen Länge und über die Ermittelung des Längenunterschie- des zwischen Berlin und Königsberg vermittelst des elektrischen Telegraphen. Der Vortrag ist in diesem Hefte vollständig abgedruckt. Herr Prof. Bilharz aus Kairo machte eine kurze Bemerkung über das Grab von Johann Ludwig Burckhardt (Scheich Ibrahim el Schami), der im Jahre 4817 zu Kairo nach muhamedanischer Weise bestattet worden ist. Der Vortra- gende wurde in Begleitung des Barons y. Neimans durch den Söhn eines Freun- des von Burckhardt zu jener Grabstätte geführt, die sich vor dem Nordthore der Stadt, Bab el Nassr, befindet. Herr Bilharz überreichte zugleich der Gesellschaft eine Abbildung von dem Grabe als Geschenk. Herr General-Lieut. Baeyer trug eine Abhandlung des Prof. Sadebeck vor, über das Erdbeben in Schlesien und Ungarn am 15. Januar d. J. Die Abhand- lung wird im nächsten Hefte der Zeitschrift vollständig mitgetheilt werden. Herr Prof. Ehrenberg theilte einzelne Bemerkungen über Wadai und Dar- fur mit, welche von einem Arzte in Ober-Aegypten gemacht worden sind. Er sprach zugleich die Hoffnung aus, dafs Dr. Vogel wohl noch am Leben sei und nur in Wadai zurückgehalten werde, und erwähnte schliefslich der Medaille, welche die schwedische Akademie auf Wahlberg hat prägen lassen. III, 5 Zeitschrift f. allgem Erdkunde N.F Bd. V. deder der-Länge VOM 51. BIS ZUM 60. GRADE NÖRDLICHER BREITE . grofßgenommen.a, PROFIL DES VRAL- ERBURERS Der Hohenmaajsstab ıst Somal'so rosa yungpsDRUT n © rose Big‘ = - - BE Or = 2.594 N wog - u [702277722776 S R S e ah vrgE 7 > u > SE orse han Big u Rn use pr Big —” S se SEHE DYYRL 909 ro © 5 Tr \ o& 7 = > P 069% PAARE, 2799 & F N 5094 yarmbinr © E- ©) r = ax h = BIETEN Free RD 7 ze Dana | um > N 209 yprozap\ En) “ won . — 5 a N v 2 | Se n =) En) En BORN Z 7 Y \ Pi [I 779 \ Pr 2 z N vr yrunsogng Birma g\ 0 a | = x < | x a 8 e I 3 — | ser en grnpang x \ = - —2 | ER Ee | 2 | o Pe | are | = z — - Jo ® ) 8 | se £ } f = ee) 50 30 56 30 30 5% 30 30 — S f Vor) unny-annemnnswgd I S Ver ZT um < < 2 SI nn zer rg < a — ee > 30 —& — ng or gen » N N ) N = > sus an Twbep - a TE ‚ > r0e mung «4 N EZ 68 30 Te an IQ ra )} 7 7277 a = D ® 5 7 © ssLe sohn a Yv 517227722 4 EEE DE10 2 rg 2 an 'D a) 89s3.7-vannz 2) - D , +95 SOLO] © | E- _ se EZ DL FOagu0y ZRT & SE \ N zo, © 3008 47-77 PUTOR LE r-| a] er} e RED. e Seen % Ho SE RP F ee N 727 a > u Sm or sp apunly zer say ee z \ un J eu 30 Sr — Tara a I osız dam Ta « N reg omg —_ - nz — p6 loan a — UDO mn BIC pr geh = = > 0096 4ymbuoyr ag ZI “ u ——T oT = et - — ron Da IT ZTT > NS eur uno bg 8 _ S \ i2 65 30 el so 30 61 Zeitschr f allgem Erdkunde. N F.BdV Tat, Das Flussßebiet des Wer OST=SIBIRIEN nach SCHWARZ astronomischer Expedition . 1 4.750000 + Langen-u. Breiten Bestimmungen = SBlosse Breiten Bestimmungen Stromschnelle Jir_Dron S (masar) Pi 2 er Gorbıtan. zo Ä ita Tschi S Ing Lith Atelierv'V. Geyer Serli bei D.Reimer ser Zeitschrift erscheint jeden Monat ein Heft von 5— 6 Bogen en und Abbildungen. Der Preis eines Bandes von 6 Heften, nicht getrennt abgegeben werden, ist 2 Thlr. 20 Sgr. ziehen durch alle Buchhandlungen und Post- Anstalten. ; In der unterzeichneten Verlagsbuchhandlung erfehien und ift in allen Buchhandlungen zu haben: = Mifftonsreifen und Sorfchungen Süd- Afrika während eines 16-jährigen Aufenthalts im Innern des Continents. Autorifirte, volljtändige Ausgabe für Deutfchland von Dr. David Sivingftone, Mitglied ver mer. Facultät zu Glasgom 2r. Nebit 23 Anfichten in Tondrud, zahlreihen Holgfehnitten und 2 Karten, Ler.-Dectav. 2 ftarfe Bände, complett 54 Thlr. Zu denjenigen Reifenden, melde am Wefentlichjten zur Erforihung des Eontinents von Sübd:Afrifa beigetragen haben, gehört vor Allen David Living: ftone, deffen Reifewerf hier in autorifirter und vollftändiger Ausgabe dem deut- Ihen Publifum geboten wird, Nicht weniger als 16 Jahre teifte Livingftone un- ter den größten Bejhwerden durch die wüften Flächen Sid-Afrifas und war der erjte Europäer, der den füblih wom Aequator gelegenen Theil Afrifas von Der Beftfüfte bis: zur Oftküfte durchgog und fi dabei als Miffionär und Arzt ftets thätig zeigte. Namentlich hat er auch für die Naturmwiffenfchaften viel geleijtet und Botanil und Zoologie gewinnen mannigfache Bereicherung durch ihn. SE Ä Ein Hauptvorzug feines Werkes ift die anmuthige Weife, mit der er alle feine Erlebnifje erzählt. RR Leipzig, 1858, Hermann Eoftenoble, Bei Georg Reimer in Berlin erschien und ist durch alle Buchhandlungen zu beziehen: Die Fortschritte der Physik im Jahre 1855. Dargestellt von der physikalischen Gesellschaft zu Berlin. XI. Jahrgang. Redigirt von Dr. A. Krönig. Erste Abtheilung. Enthaltend: Allgemeine Physik, Akustik, Optik und Wärmelehre. Geh. 2 Thlr. Zweite Abtheilung. Enthaltend: Elektricitätslehre und Physik der Erde, nebst Inhaltsverzeichnifs und Register über den Jahrgang, Geh. 2 Thlr. 10 Sgr. Te Gedruckt bei A. W. Schade in Berlin, Grünstrafse 18. BB en Beh Se a nt „RTSCHREE FÜR En MIT UNTERSTÜTZUNG - DER GESELLSCHAFT FÜR ERDKUNDE ZU BERLIN UND UNTER BESONDERER MITWIRKUNG voN y H. w. DOVE, ce. 6. EHRENBERG, H. KIEPERT vno C. RITTER IN BERLIN, BE ANDREE IN DRESDEN UND T. E. WAPPÄUS IN GÖTTINGEN. HERAUSGEGEBEN VON Dr. K. NEUMANN. een 0%. NEUE FOLGE, en: " FÜNFTER BAND, ZWEITES HEFT. Be; BERLIN. VERLAG VON DIETRICH REIMER. ‚62. RER RT BE RR 1858. Inhalt. - Seite V. Ein Beitrag zur zoologischen Geographie Spaniens. Von Dr. A. E. Brehm. Erster Abschnitt . . . er - Se VI. Reisebericht über Silein in Ungarn al das Erdbeben vom 15. Januar 1858. Vom Prof. Dr. M. Sadebeck in Breslau 5 e VII. Die letzten Entdeckungsreisen in Südaustralien. Vom Heraus ee 1. Die Expedition Goyder’s im Mai und Juni 1857 2. Die Expedition A. H. Freeling’s im September 1857. . . 3. Die Expeditionen von Stephen Hack . . ; 4. Swinden’s Entdeckungsreisen westlich vom Lake More 5. Die Aufgabe der diesjährigen Erforschungs-Expedition unter B. Herrschell Babbage Miscellen. Eine Naturerscheinung im Baltischen Meere . . . . Der Siwasch. Nach Captain Osborn. . . 2 Ueber das Erdbeben von Semipalatinsk. Von Ab ramow - Kohlenlager im Gebiet der Vereinigten Staaten an der Küste des Stillen TE er FEO o Nachrichten über Lieut. Craven’s Expedition zur Ring 23 inter- oceanischen Canal-Route durch die Provinz Chocö Neuere Literatur. Deutschlands Boden, sein geologischer Bau und dessen Einwirkung auf das Leben der Menschen. Von Bernhard Cotta. Zweite Aufl. Leipzig 1858. . . .. Sitzung der geographischen Gesellschaft. zu ı Berlin x vom Er. August 1858. Karten. Taf. III. Neue Erforschungen in Süd-Australien, redueirt nach den zu Adelaide veröffentlichten Originalaufnahmen. 174 182 184 u Vz Ein Beitrag zur zoologischen Geographie Spaniens. ‘Von Dr, A. E. Brehm. \ Erster Abschnitt. „Afrika beginnt hinter den Pyrenäen.“ Alexander Dumas. Wenn ich die vorgezeichneten Worte als Wahlspruch des Nach- folgenden hinstelle, geschieht das natürlich nicht in dem boshaften ‘Sinne, welchen ihr Verfasser in sie legte. Anstatt sie auf den Spanier ‚anzuwenden, benutze ich sie, die Bodenbeschaffenheit, das Klima, und das Ergebnils beider, die Thierwelt, mit wenig Worten zu bezeich- nen, und erhebe sie erst damit zur geltenden Wahrheit. Afrika’s Klima, "Afrika’s Erde, Afrika’s Pflanzen- und Thierwelt beginnen — wenn auch nicht gerade unmittelbar — hinter den Pyrenäen. - Aufser den nördlichen Ländern Europa’s dürfte es vielleicht keine ndere Gegend dieses Erdtheils geben, in welcher der Einklang der Pflanzen und Thiere mit Klima und Bodenbeschaffenheit so scharf sieh hier in Deutschland nicht verkenne: ist sie mir doch nur noch in ge- vissen, nach Aulsen abgeschlossenen Theilen Afrika’s (z.B. in der ien. Ich muls Diesem, um Mifsverständnils zu vermeiden, hinzufügen, als ich keineswegs an die sogenannten „klimatischen Varietäten“ un- rer Thierkundigen glaube, und deshalb auch nicht annehme, dafs die liere erst durch das Klima zu ihrer gegenwärtigen Gestalt umgebil- t oder von ihm gefärbt worden sind, sondern vielmehr fest davon iberzeugt bin, dafs alle Thiere der Jetztzeit von Uranfang an dasselbe jaren, was sie noch heute sind. In wie fern ich jene Uebereinstimmung 6* 90 A. E. Brehm: und meine Ansichten in Spanien bestätigt gefunden habe, will ich in Nachstehendem darzulegen versuchen. Behufs der besseren Uebersichtlichkeit theile ich die Halbinsel in drei, von der Natur selbst vorgezeichnete Kreise oder Zonen ein, wel- che wir die europäische, mittlere oder europäisch -afrikani- sche und die afrikanische Zone nennen können. Wir brauchen diese Kreise nicht so scharf zu begrenzen, als es Willkomm in bota- nischer Hinsicht gethan hat; unserem Zweck genügt schon eine Ein- theilung im Allgemeinen. Die europäische Zone vereint Hoch- Catalonien, Hoch-Aragonien, Navarra, die baskischen Pro- vinzen, Alt-Castilien zum Theil, Leon, Asturien und Ost-Ga- lizien in sich; die afrikanische begreift Estremadura, Alentejo, Algarve, Andalusien, Murcia und Valencia; die mittlere aber wird durch die Sierra Guadarrama, Sierra de Gredos, Sierra Morena und Sierra Segura von beiden anderen geschieden. West- Galizien, Entre Duero-e-Minho, West-Beira, Nord-Va- leneia und Nieder-Catalonien dürften als Uebergänge von der mittleren zur afrikanischen Zone zu betrachten sein, obgleich sie un- mittelbar an die europäische Zone grenzen und der Lage nach dieser angehören. In der europäischen Zone haben wir noch einmal die ganze grolse, schöne Welt der Alpen vor uns: ächte Gletscher und Felder mit ewi- gem Schnee, Fichten- und Föhrenwälder, nordische Laubbäume, Ge- birgswässer mit Strudeln und Wasserfällen, freundlich grüne Bergthäler und furchtbare Felsenschluchten, heitere Menschen und muntere Heer- den, gewaltige Säugethiere und Hochgebirgsvögel; dazu aber auch, im Mittelgebirge, wallende Roggenfelder und saftige Wiesen, wasserreiche Bäche und Flüsse, reizende Landschaften mit der vollen Frische des Nordens, wenn auch bei südlicher Beleuchtung. Hier ist uns noch Alles bekannt und vertraut; denn Alles ist ebenso wie in der Heimath. Gegen die Grenzen hin nimmt unser Gebiet nun zwar bereits einen anderen Charakter an; ja selbst im Mittelgebirge schon erscheint uns Vieles unbekannt: im Ganzen aber finden wir auch hier uns bald wie- der zurecht und werden in Kurzem heimisch. Fremder zeigt sich uns die mittlere Zone. Zwei Erdtheile reichen in ihr sich die Hand; nordische Kälte wechselt mit südlicher Gluth, neben der blüthenerleuchteten Kastanie erhebt sich die immer- grünende Eiche. In trostloser Einförmigkeit breitet die Hochebene sich aus: ihre Gebirge sind Hügelreihen, ihre Berge verdienen diesen Namen nicht. An Bäumen ist grofser Mangel; aber Gräser und gras- hohe Gebüsche giebt es genug. Die Zone gleicht der Steppe des in- nern Afrika: aber Weizen und Gerste, die in ihr reifen, lassen uns Ein Beitrag zur zoologischen Geographie Spaniens. 91 d och zu lebhaft an Europa denken. Der Winter ist vollständig euro- päischer Art; im Sommer erinnert blos hier und da heimathlicher Klang, Kukuksruf und Wachtelschlag, Nachtigallensang und Turtel- Palmen und Cactusfeigen, Cypressen, Johannisbrod- und gewaltige Feigenbäume, mehr noch als alle aber die riesenhafte Alo& (Agave americana) kennzeichnen die afrikanische Zone. kanische Ichneumon in den Rohrwäldern der südlichen Ströme; die 6 eier sammeln sich zu Schaaren, während die Räuber des Nordens ‚mehr und mehr verschwinden; in den trockenen Feldern schwirrt das Flughuhn auf; in den Reisfeldern ist das Purpurhuhn eingezogen; im; Süden lebt sogar das kleine Fausthuhn, welches, wenn auch in “anderen Arten, sonst nur in den Steppen Afrika’s vorkommt. Im Win- ter wird diese Zone bereits der Aufenthalt der aus Norden einziehen- _ den gefiederten Gäste, welche die dort eintretende Kälte vertrieb: der aus den übrigen Theilen Spaniens mit gewohnter Pünktlichkeit in den ersten Tagen des August entfliehende Mauersegler tummelt sich hier mit Haus-,,Mehl- und Felsenschwalbe bis tief in den Winter hin- ein. Auch die Menschen dieser Zone widersprechen ihrem allgemeinen Charakter nicht: sie sind noch heut zu Tage Afrikaner an Geist und Körper, der Sitte und der Kleidung nach; auch sie kamen von Afrika 'herüber. — Betrachten wir die einzelnen Gebiete genauer. Ich will versuchen, aöglichst in’s Einzelne gehende Bilder zu zeichnen, und diese bunt einander reihen, damit wir die verschiedenen Oertlichkeiten und ihr enthümliches Gepräge kennen lernen. Zunächst lasse ich Bruch- ücke zu einer Beschreibung der nördlichen oder europäischen Zone folgen. Zwischen den Pyrenäen und Barcelona erhebt sich die cata- onische Küste ungemein malerisch aus den Fluthen des Mittelmee- res. Frische grüne Thäler wechseln mit steileren Felsbergen, ein Dörf- n reiht sich an das andere; bis hoch hinauf, wo die Seestrands- iefer das „Dach der Berge“ bildet, sind diese bebaut. Der sprich- jörtliche ') Fleifs der Bewohner der in Bildung und Rührigkeit oben i222] i * ") Los Catalanes sacan de piedras panes. 923 A. E. Brehm: an stehenden Provinz Spaniens hat auch nicht ein Plätzchen gelassen, ohne es zu benutzen. Ein Höhenzug kettet sich an den andern; denn fast ganz Catalonien ist Gebirgsland. Von den länderscheidenden Py- renäen herab gehen die Züge, Ausläufer des gewaltigen Stockes, in allen Richtungen durch das Land, schroff abfallend, nach vielen Rich- tungen hin zerklüftet, und von schmäleren oder breiteren, seichteren oder tieferen Schluchten durchfurcht. An der Südseite sind sie durch- gängig bis an den Gipfel hinan mit Reben bepflanzt; sogar auf die starr und glühend inmitten der Weinberge zu Tage tretenden Felsen- blöcke hat die fleifsige Menschenhand mühsam Erde getragen und sie geschichtet, geebnet, bepflanzt, einen zweiten Weinberg im Weinberge geschaffen; man hat Mauern aufgerichtet, Rinnsale angelegt, Steinhaufen aufgethürmt, Schluchten überschüttet: so ist es möglich geworden, aus den schroffen Gehängen einen einzigen Weinberg zu bilden. Er er- streckt sich auch wohl bis in die Ebene hinab, wird hier aber oft zwei- bis dreifach benutzt. Einzelne Feigenbäume stehen zwischen den Re- ben, Johannisbrodbäume an den die einzelnen Stücke umsäumenden Wegen; aber auch zwischen den ziemlich weit von einander entfernten Rebstockreihen werden Früchte gebaut. Ehe die Rebe blüht, sind da bereits Weizen, Bohnen, Linsen, Erbsen, Erdbeeren, Kar- toffeln gereift. Selten findet man grofse zusammenhängende Getreide- felder; dieselbe Erde, welche die Rebe ernährt, mu/s die Brodfrucht liefern. Zweier Pflanzen dürfen wir hier nicht vergessen, weil sie es sind, welche vor allen anderen darauf hindeuten, dafs die genannte Gegend, wenn auch eigentlich in der europäischen Zone liegend, doch ein Uebergangsglied von dieser, ja der mittleren zur afrikanischen ist: ich meine die Agave und den Feigencactus; jedoch will ich beide erst bei Beschreibung dieser Zone näher beleuchten. Von den Südgehängen des catalonischen Gebirgslandes unterschei- det sich die nördliche Bergseite jederzeit wesentlich. Die Seestrands- kiefer, an Gestalt einem grolsen Pilze vergleichbar, überzieht und begrünt hier die Abdachungen; denn die Weinberge verschwinden da, wo sie nicht die nöthige Sonne haben, fast gänzlich. Neben und unter ihr erhebt sich der Niederwald (der „monte bajo“ der Spanier) so dicht, so merkwürdig, als der Wald nur irgendwo es sein kann. Der monte bajo ist Zwergwald im eigentlichen Sinne des Wortes. Pracht- volle Haidearten, Alpenrosen, Oleander-, immergrüne Eichen- und Ulmen-Gebüsche setzen ihn zusammen und einigen sich zum fast undurchdringlichen Diekicht. Einzelne Bäumchen erheben sich über dieses Wirrsal von Pflanzen, und erscheinen nur deshalb höher als sie sind, weil der Zwergwald unter ihnen den Mafsstab für ihre Höhe giebt. In den Thälern reihen sich unmittelbar an diese Buschwälder die in Ein Beitrag zur zoologischen Geographie Spaniens. 93 ebelrechten Reihen gepflanzten „unsterblichen“ Oelbäume, oder Johan- _ nisbrod- und hier und da wohl auch Maulbeerbäume an; ein Feigen- oder ein Mandelbaum steht zwischen ihnen, selten wohl auch eine Linde, eine Ulme. Das ist der Charakter der Bodenbeschaffenheit des catalonischen Hügellandes im Allgemeinen. Aber inmitten dieses Hügellandes stei- gen, von Pluto’s Götterhand in die Wolken geschoben, einzelne hohe Berge, Gebirgsstöcke, auf. Ein solcher ist der Monserrat, und er verdient es wohl, wenn ich ihm einige Worte widme; denn an keinem anderen Orte ist mir das Eigenthümliche der Thierwelt des cataloni- schen Niedergebirges so klar und verständlich geworden, als hier. Einzeln, sich selbst genug, der eine Berg ein Gebirge, erhebt sich der Monserrat aus dem ihn umgebenden Hügellande bis zu 4000 Fufs - über den Spiegel des Meeres. Ein Gemengsel von verschiedenen Ge- _ steinen, im Wesentlichen ähnlich der Nagelfluh unserer Alpen, setzt "ihn zusammen. Gewaltige Mauern in allen nur denkbaren Richtungen und Bildungen, mehrere Hunderte von Fulsen aufsteigend, bilden seinen Fufs. Um ihn herum, ja an ihm selbst, hat alles Land noch den ge- wohnten Charakter: Seestrandskiefern, Fruchtbäume, Buschwälder, wie anderswo; mehr nach dem Gipfel zu wird es anders. Zurückspringende, mit Geröll überdeckte Stufen liegen auf den ersten Wänden; auf ihnen fulsen neue Kegel, neue Wälle, neue Felsenbaue. Alle Kegel sind unten vereint, oben zerklüftet; auf die Krone des Felsengemäuers setzt ein neues Gebirge seinen Fuls, und wieder gestaltet sich der Oberbau scharf und abgesondert inmitten des Wirrsals von Spitzen und Ecken und Winkeln und Kanten. Es scheint gar kein Ende nehmen zu wollen _ mit diesem Riesenbau; und wenn man schon nah am Bergesgipfel steht, - schweift das Auge noch immer an dem letzten Kegel hinauf, als ob es _ unmöglich sein müsse, dafs die letzte Spitze nur noch vom blauen _ Aether überdeckt wird. Zwischen den einzelnen Kegeln hat das Wasser tiefe Schluchten ei ngerissen, in denen sich Abgründe und heimliche Grotten finden. Sie sind freundlich und lieblich, trotz ihrer Wildheit. Denn das Wasser springt heute noch in ihnen zur Tiefe hinab und spendet rechts und links seinen Segen. Deshalb hat eine Welt von Pflanzen diese Schluch- ten ausgekleidet und zu herrlichen Schlupfwinkeln und Friedensorten für die Thiere gemacht. Die von den oben genannten Pflanzen des 'Niederwaldes — zu denen hier noch wilde Myrte und Buchsbaum, nebst einer Anzahl Rankengewächse kommen — gebildeten Dickichte sind vollkommen undurchdringlich, und durch ihre Lage allein schon Or jedem Menschen und gröfserem, nicht flugfähigen Raubthiere ge- schützt. Und da nun der Berg noch aufserdem hunderterlei Annehm- 94 A. E. Brehm: lichkeiten für Säugethiere und Vögel hat, kann es nicht fehlen, dafs der gröfseste Theil der eatalonischen Landwirbelthiere auf ihm zufällig oder ständig lebt. Die westlichen Landschaften unserer Zone ähneln den eben skiz- zirten in vieler Hinsicht, bilden aber mehr das Uebergangsglied zum Hochgebirge, welches hier (in Galizien, Leon und dem Basken- lande) bekanntlich vorherrschend ist. Nach allen Berichten, welche ich von Landeseingeborenen erhalten habe, unterscheidet sich die Land- schaft Galiziens von der Cataloniens namentlich dadurch, dafs das nor- dische Gepräge ihr deutlicher aufgedrückt ist, als hier. Jene beiden Pflanzen der afrikanischen Zone (Agave und Cactus) fehlen im Nord- westen gänzlich; dagegen aber tritt unsere nordische Eiche zu ihren südeuropäischen Verwandten, die Korkeiche ist häufiger als im Osten, die Linde eint sich zum Walde; der Wallnufsbaum, die Hasel- nufsstaude und andere nördliche Gewächse sind heimisch; sogar die Birke soll vorkommen. Frische grüne Matten, saftige Wiesen, fette Gründe, rauschende Bäche erinnern an das Gebirge unseres Vaterlan- des; der Niederwald tritt gegen den Hochwald zurück; der Roggen nimmt unter dem Getreide die erste Stelle ein: kurz, Alles ähnelt den Ländern diesseits der Pyrenäen. Einzelne Charakterpflanzen Spaniens aber wissen auch hier noch immer von ihrer Heimath zu sprechen, und lassen die mögliche Täuschung verschwinden. Das Hochgebirge, der vorherrschende Theil unserer Zone, hängt unmittelbar mit diesen Landschaften zusammen. Während es im Osten erst allmählich sich erhebt, ziehen sich hier die schneebedeckten Ketten weit durch das Land; wir haben es hier mit Vorbergen, aber nicht mit Hügeln zu thun, wie im Osten. Ueber das Hochgebirge selbst habe ich Nichts zu sagen. Es trägt durchaus nordisches Gepräge: unser Alpenland findet sich wieder in ihm. — Das Klima unseres Gebietes ist so verschieden als das Land selbst; es ist verschieden nach Westen und Osten, Norden und Süden hin. Weder die tropische Hitze des Sommers anderer Theile der Halbinsel, noch die überaus lästige, wenn auch nicht gerade sehr bedeutende Kälte des Inneren wechseln hier ab. Ein milder Himmel blaut über dem Küstenstriche des Mittelmeeres. Barcelona (die Stadt) hat ungefähr Rom’s mittlere Jahreswärme; 11 Grad nach Reaumur, wenn ich nicht irre. Gar selten sind die Berge des Gestades mit Schnee bedeckt, ob- gleich in den meisten Wintern sich eine ziemlich starke Eiskruste über die stillstehenden Gewässer legt. Alle vier Jahreszeiten vereint runden das laufende Jahr; es ist nicht, wie im Süden, wo man fast nur den Sommer, kaum den Winter kennt, nicht wie im Innern, wo der Som- mer drückend, der lange Winter peinlich ist, da er eigentlich nur aus Ein Beitrag zur zoologischen Geographie Spaniens. 95 m Herbstwinter und einem Winterfrühlinge besteht. Im Anfange es , März erwacht das Leben, gegen Ende des October schläft es ein: > aber reift die Orange nicht gerade im Winter, erst gegen Ende 5: s? Ich darf deshalb nicht sagen, dafs das Leben einschläft: es niit nur. Allein die munteren Vögelschaaren, welche hier im _ Frühling ihre Lieder singen, wandern Henne aus, wenn das Jahres- _ ende naht; der „Nachtigallensang verklingt mit der Nachtigall* — und die aus Norden kommenden Sänger ziehen alle weiter, als ob sie dem Winter auch hier noch nicht trauen dürften. - Auch hier ist die Zeit der Regen diejenige, welche die Erde zu . neuer Fruchtbarkeit kräftig. Der Winter hat noch zu wenig Schnee, ‚als dafs dieser allein dem Boden die nöthige Feuchtigkeit geben könnte; der Frühling erst bringt hinreichende Niederschläge. Er ist wonnig schön, im Ganzen heiter, aber gewitterreich, zumal im Monat Mai. Mit dem Beginn des Juni ist der Sommer da, und dieser reift die Erndte in wenig Wochen. Seine Hitze ist sehr erträglich, ich möchte fast sagen behaglich im Vergleich zu der Gluth, welche er in Casti- _ lien, Murcia und Andalusien im Gefolge hat. Frische See- und kühle Landwinde mildern hier die Sonnenhitze; der erstickende Süd, im Westen „Solano“ genannt, hat seine Wuth bereits gröfsestentheils _ verloren. Barcelona, welches wir als Mittelpunkt des eben geschil- ‚derten Kreises unserer Zone betrachten können, ist auch in dieser Hin- sicht reich begabt: es genielst das mildeste, wärmste Klima der gan- ‚zen Zone. u: Auf diesen Kreis folgen die Küstenstriche Nordwest-Spaniens. In Ferröl soll, nach vielfachen Nachrichten, welche ich erhalten habe, die mittlere Jahreswärme wenig von der Barcelona’s verschieden sein. Die ungeheure Wasserfläche des atlantischen Oceans regelt die Wärme- verhältnisse; sie drückt ebensowohl die Hitze des Sommers herab, als ie die Kälte des Winters mäßigt. Die tieferen Thäler Galiziens und der baskischen Provinzen gleichen im Winter reizenden Oasen; selten oder nie sieht in ihnen das Mafsliebehen seine Blüthen von Schnee bedeckt; die Citronen und Apfelsinen gedeihen herrlich. ch hier sind alle vier Jahreszeiten ziemlich scharf getrennt und alle leich angenehm. — Dafs unter solchem Himmel alles Lebendige sich ortrefflich befindet, sieht man an Mensch und Thier. Die Nordspa- nier sind fast ohne Ausnahme gewaltige, gliederkräftige Gestalten mit oli lüh enden Gesichtern; die Thiere zeigen deutlich, dafs sie mit diesen schen unter einem Himmelsstriche grofs geworden sind. E Aber weder der eine, noch der andere Kreis zieht sich weit in’s ‚and hinein. Im Innern bringen die ungeheuren Gebirgsmassen ein deres Klima hervor. Viele der höheren Züge haben den Silbermantel 96 A. E. Brehm: des ewigen Schnee’s um ihre Schultern geschlagen; andere werden erst im Juni schneefrei und bei jedem Regen auf kurze Zeit wieder mit Sehnee bedeckt. Der Sommer ist im Innern überall sehr gemäfsigt, im Hochgebirge sogar kühl; der Winter ist streng. In. den hochlie- genden Ortschaften sammelt er die Familie monatelang um die lustige Flamme im Kamin und bringt jene herzige Kälte mit sich, welche den Hauch zu Reif werden läfst und dennoch nicht lästig wird, sondern Geist und Körper auffrischt. Und dabei lacht die Sonne freundlich herunter, und Schneekönig singt seine Winterlieder, wie bei uns zu Lande. Der nordspanische Winter gleicht dem der Schweiz, wie das Land, welches er beherrscht, der Schweiz gleicht. Er bringt dort alle seine Freuden mit, wie bei uns: freilich auch seine Leiden und Schrecken; denn wir beünden uns ja im Hochgebirge. Dort ziehen sich nächtlich die Wölfe von den Höhen herab, und umschleichen das Gehöft des einsam wohnenden Bauers mit hungrigem Geheul; oder tiefer Schnee- fall verschüttet Weg und Steg, begräbt die einzeln stehende Hütte, scheidet sie von der übrigen Welt ab und führt den Wanderer in die Irre und das Verderben. Wenn aber der Frühling einzieht, welch’ ein Leben wird dann hier rege! Mit Sang und Klang beginnt er seinen Einzug: Lawinen donnern Zur Tiefe, die silberschäumenden Adern der Berge rauschen und brausen, der Solano rüttelt heulend an den ewigen Festen; dann erwacht und erlebt einer der gefiederten Sänger nach dem andern. Schneekönig voran, dann Wasserschwätzer, Fink und Drossel, Amsel und Staar, Hausrothsehwanz und Roth- kehlehen, Alpenflühvogel und Braunelle. Hier, nur hier erlebt der wahre Frühling mit all’ seiner nordischen Lust und Frische; nur hier giebt es einen Wonnemonat: — in den übrigen Theilen Spaniens kennt man blos das „Jahresviertel März bis Juni“, blos das „Jahres- zwölftel Mai“. Nach diesen, meiner Ansicht nach nur allzu flüchtigen Vorbemer- kungen will ich darzustellen versuchen, wie sich dieser nordische Cha- rakter unserer Zone in der Thierwelt ausspricht, und zwar in jedem einzelnen Kreise unseres Gebietes besonders ausspricht. Dabei steigen wir vom Hochgebirge wieder zum Meere herab, und verfolgen einzelne Gestalten gleich hier über die ganze Halbinsel, um eine bessere Ueber- sicht des Thierlebens im Allgemeinen zu gewinnen. . Die Pyrenäen und ihre höheren Ausläufer sind, wie gesagt, ein Spiegelbild der Alpen in jeder Weise. Demnach wird auch ihre Thier- welt der der Alpen entsprechend sein. Versuche ich es, eine Ueber- sieht der hervorragendsten Thiere zusammenzustellen. Ich mufs mit der ersten Ordnung der Raubsäugethiere be- ginnen, da mir über die Ordnung der Pelzflatterer genaue Nach» ‘ Ein Beitrag zur zoologischen' Geographie Spaniens. 97 richten fehlen. In der Ordnung der insektenfressenden Raub- thiere begegnen wir aber gerade in unserer Zone einem Charakter- thiere derselben, der Schwimm-, Biber- oder Bisamspitzmaus der Pyrenäen (Myogale [Cuvier] pyrenaica, Geoffr.). Bisher war dieses merkwürdige, unserer Zone allein angehörige Thier nur in den fran- ' zösischen Pyrenäen aufgefunden worden. Es ist jedoch auch auf den spanischen Pyrenäen und ihren Ausläufern heimisch; ja hier höchst - wahrscheinlich viel weiter verbreitet, als auf der französischen Seite des Gebirges. Der Director des königl. zoologischen Museums in Madrid, - Professor Graölls, hat die Biberspitzmaus auf der Sierra de Gredos in mehreren Exemplaren aufgefunden. Sie lebt dort in stehenden und flielsenden Gewässern, soll aber selten sein. Vielleicht entgeht sie we- ‚gen ihrer geringen Grölse oft der Beobachtung. Der europäische Igel (Erinaceus europaeus), spanisch „Erico“, soll im Hochgebirge bis zur Höhe von 7000 Fuls vorkommen, jedoch nir- _gends häufig sein. Ich habe ihn in Jätiva de San Felipe beobachtet 3 und in einigen Museen gesehen. Alle spanischen Igel sind kleiner als die nordischen. Der Maulwurf (Talpa europaea), spanisch „Topo“, scheint über die ganze Halbinsel verbreitet zu sein. Aus der Ordnung der fleischfressenden Raubthiere (Carni- vora) habe ich zuerst der Wildkatze (Felis Catus, Linne), spanisch „Gato montes“ oder „Gato silvestre“, zu gedenken. Sie lebt einzeln in ‚allen gröfseren klaren — deren es bekanntlich nicht gerade viele giebt, — namentlich des Hochgebirges, ist jedem Jäger bekannt, ge- hört aber in allen Museen zu den Seltenheiten. o% ‚Nieht minder selten kommt der Luchs im Hochgebirge vor. Wir haben niemals mit Sieherheit erfahren können, welche Art die in der rdlichen Zone lebende ist; doch glauben wir, dafs der im Süden nd Südwesten, hauptsächlich in Estremadura’s Eichenwäldern nicht ‚ade seltene Lynx pardina, Oken, auch über unser Gebiet verbreitet dürfte ’). Die Familie der wilden Hunde ist durch den Wolf und den ‚hs vertreten. Beide sind überall auf der Halbinsel heimisch; der re ist jedoch im Norden ein ganz anderes Thier, als im Süden. ist der Wolf nur als heerdenfeindliches Raubthier gefürchtet; im rden wird er zur Winterszeit den Menschen oft sehr gefährlich. Die- en Exemplare, welche ich sah, waren entschieden kleiner, als die Polen und Galizien; sie stammten aus Südspanien. Hier leben - ") Hinsichtlich unserer Hauskatze habe ich zu erwähnen, -dafs man in ganz >panien äufserst wenig „dreifarbige‘“ Exemplare dieser Art findet. itschr. f. allg. Erdk, Neue Folge. Bd. V. 7 98 A. E. Brehm: sie keineswegs blos im Hochgebirge, sondern gehen geradezu bis in die Ebene herab, wo sie'sich in den mit „Esparto“ (Macrochloa tena- cissima) bewachsenen Ebenen zwischen dem Grase, oder in Getreidefel- dern verbergen. Ein im Museum von Valencia stehender Wolf wurde drei Leguas (zu 20 auf den Grad der Breite) von der Stadt in der „Huerta“ erlegt. Im Süden und vorzugsweise in der Ebene sind alle Wölfe sehr feig und greifen niemals den Menschen an. Man verfolgt sie, weil sie den Heerden nachstellen, und zieht mit den erlegten Thie- ren von einem Heerdenbesitzer zum andern, um einen freiwilligen Schufslohn einzufordern. In den Sierras Nevada und Morena wer- den alljährlich Wölfe gespürt und erlegt. Das Letztere besorgen die Schweine zuweilen selbst: ohnweit des Dorfes Guechar in der Sierra Nevada wurde ein Wolf unter mehreren von ihm getödteten Schweinen mit aufgeschlitztem Bauche todt gefunden. — Anders ist es im Norden und namentlich in Galizien. Hier soll nach den Berichten meines Freundes Seoane auch der als besondere Art angesehene Pyrenäen- wolf (Lupus Lycaon, Linne) heimisch sein. Sowohl er als sein Gat- tungsverwandter (Lupus vulgaris, Brisson) — beide „Lobo“ genannt — greifen während des Winters grölsere Säugethiere und den Menschen ohne Weiteres an, und sind deshalb sehr gefürchtet. Im Winter 1856 ° | —57 fand man ohnweit Ferröl die Leichen zweier Landwächter (Guar- dias civiles) inmitten von vier durch sie getödteten Wölfen. Es ist diesen Leuten jetzt eingeschärft worden, der Wölfe wegen im Winter nicht paarweise, sondern nur vier Mann stark ihre Rundgänge zu machen, da ähnliche Unfälle nicht selten sein sollen. Auch der weit harmlosere Fuchs (Vulpes vulgaris, Brisson) unter- scheidet sich von dem in Deutschland vorkommenden durch seine ge- ringere Grölse, fahlere Farbe — welche fast die des egyptischen Fuchses ist — und dünner bestandenen Pelz, zumal im Süden Spaniens. Er ist in allen Provinzen des Landes heimisch und findet in allen Gebir- gen vortreffliche Zufluchtsstätten in Höhlen und Ritzen der Felsen. Sein gebräuchlichster Name ist „Zorra“; aufserdem heilst er nöch „Ra- bosa* und „Vulpeja“. Beschränkter als die Vorhergehenden ist der Vertreter der Soh- lengänger, der Bär (Ursus pyrenaicus, Cuvier, oder U. arctos, auct.), spanisch „Oso“ genannt. Ich lasse unentschieden, ob eine Artver- schiedenheit zwischen dem nordischen und spanischen Bären stattfindet oder nicht. Unser Raubthier ist so ziemlich über das ganze Hochge- birge Nordspaniens verbreitet, vielleicht bis Estremadura herab, da er auf der Sierra de Gredos gefunden worden sein soll. Der Bär wird. in wahrhaft lächerlicher Weise gefürchtet, ist aber zur Freude der Spa- nier seit 25 Jahren in stetem Abnehmen begriffen. Man macht in « Ein Beitrag zur zoologischen Geographie Spaniens. 99 kommt, regelmäfsige Jagden auf ihn; jedoch geschieht seine Vertilgung _ noch immer fast ausschliefslich durch die Oseros oder zünftigen Bären- _ jäger, deren Gewerbe vom Vater auf den Sohn erbt. Dafs diese Leute _ sogar über die Toreros (Stierfechter) gestellt werden, giebt ein spre- €hendes Zeugnils von der Gefährlichkeit ihres Handwerks. Und in _ der That gehört wahrhaft männlicher Muth dazu, einen Bär auf ihre Weise zu erlegen. Der Osero sucht diesen mit zwei starken tüchtigen _ Hunden im fast undurehdringlichen Dicekicht der Gebirgswälder auf, _ und stellt sich ihm ohne Feuergewehr gegenüber. Seine Waffen sind zwei Dolche, ein Doppelmesser und ein breiter hirschfängerähnlicher Doleh. Der Doppeldolch hat den Handgriff in der Mitte der starken, ihren beiden Enden zugespitzten und geschliffenen Klinge, und wird mit der linken Hand geführt; das Waidmesser ist die Waffe der Rech- ten. So ausgerüstet tritt der Jäger dem sich zu seiner Umarmung an- - schickenden Raubthiere entgegen, setzt ihm den Doppeldolch zwischen - Kinn und Brust, sucht die Gurgel mit der oberen Spitze zu verwunden _ und‘bohrt, wenn ihm dies gelang und der Bär selbst sich die zweite - Spitze in die Brust getrieben hat, das breite Waidmesser seinem Geg- mer in’s Herz. Diese Jagdweise ist mir von zwei verschiedenen glaub- "2 würdigen Nordspaniern mitgetheilt und wahrscheinlich geworden. Da mir die eigene Anschauung fehlt, kann ich sie weder bezweifeln, noch - verbürgen. — Im Süden ist der Bär gänzlich ausgerottet. Trotz aller Angaben der Zoologen, selbst der Neuzeit (Blasius, - Naturgeschichte der Säugethiere Deutschlands, Braunschweig 1857) ge- _ hört auch der Dachs (Meles Taxus, auet., Ursus Meles, Linn) zu den - Bewohnern der Vorberge unserer Zone, wie er überhaupt über die ganze Halbinsel verbreitet zu sein scheint. In Andalusien soll er Sippen und Arten vertreten. Ich bin berichtet worden, dafs in Astu- jens Gebirgen aulser dem Steinmarder auch der Edel- oder Baummarder (Hustela Martes, Briss.) ständig vorkommt. Zwar habe ich in keinem Museum das Thier gesehen; allein man hat mir den dunkelgelben Kehlfleck beschrieben. So viel ist sicher, dafs der Stein- aarder (M. Foina), spanisch „Garduna“*, „Pabiobillo* und „Patialvillo* annt, überall in der nördlichen Zone heimisch, und auch in den en anderen Gebieten keine seltene Erscheinung ist. Der gemeine Iltis (Foetorius Putorius) ist häufig und unter dem nen „Turon“ jedem Jäger bekannt. Ebenso kommen beide Wie- ‚(Foet. Erminea und F. vulgaris), letzteres „Comadreja“ und in Va- cia „Mustela* genannt, in unserer Zone vor. Die Verbreitung des z* 100 ‚A. E. Brehm: F. Erminea kenne ich nicht; F. vulgaris haben wir in der Sierra Ne- vada erlegt. Dagegen ist die in Spanien von unseren Thierkundigen vermuthete Boceamele bis jetzt daselbst noch nirgends aufge fnade worden '). Die Fischotter (Lutra vulgaris), spanisch „Nutria*, ala „Perra de aqua“ ist Bewohner aller Flüsse der Halbinsel; wir selbst erhielten in Jativa einige Exemplare lebendig. Sie zieht in den Ge- birgsbächen fischend bis zu 5000 Fufs über dem Meere hinauf. — Die Ordnung der Nagethiere ist ziemlich reichhaltig vertreten. Unser Eichhörnchen (Sciurus vulgaris), spanisch „Ardilla“, ist ein ständiger Bewohner der Schwarzwälder unseres Gebiets. Seine süd- lichste Grenze scheint die Sierra Guadarrama zu sein, wo es in den ausgedehnten Kieferwaldungen, namentlich der Nordseite des Ge- birges, häufig sein soll., In Andalusien haben wir es nirgends beob- achtet, obwohl uns auch dort das Thier als nicht besonders selten be- zeichnet worden ist. Das Murmelthier (Arctomys Marmota, Linne) ist bisher von spa- nischen Thierkundigen noch nicht in den spanischen Pyrenäen beob- achtet worden, dürfte jedoch gewils hier zu finden sein, da sein Vor- kommen auf der französischen Seite des Gebirges unzweifelhaft fest- steht. Dagegen sind zwei Schläfer, und zwar hauptsächlich der Sie- benschläfer (Myozus Glis), spanisch „Rata sellarda“, ganz häufige Erscheinungen unseres Gebietes und der übrigen Zonen bis über 5000 Fufs über dem Meere hinauf. Der Gartenschläfer (M. quereinus), _ span. „Liron*, wurde von Graälls in der Sierra Guadarrama aufgefun- den, soll aber nach Seoane auch in Galizien gar nicht selten sein. Ueber die eigentlichen Mäuse ist mir wenig bekannt geworden, Es hält sehr schwer, aulser der Wanderratte andere Arten dieser Familie zu erhalten. Diese (Mus decumanus), überall „Raton“ genannt, verdrängt die Hausratte (Mus Rattus) immer mehr. Wir haben die letztere niemals zu Gesicht bekommen, doch führt sie Graölls als in Madrid vorkommend auf. Die egyptische Ratte (Mus alerandrinus) glaube ich ebenfalls im Hochgebirge, aber in dem der südlichen Zone (Sierra Nevada), gesehen zu haben. Die Wasserratte (Arvieola amphibius) lebt in den meisten stehenden Gewässern ganz Spaniens, Ueber die kleineren Mäusearten haben wir keine Beobachtungen machen können. !) Das Frettchen (Mustela furo, Linne), spanisch „Auron‘“, wird wohl nir. gends in Europa so häufig zahm gehalten, als in ganz Spanien, wo es wie überall zur Kaninchenjagd verwendet wird. N, Ein Beitrag zur zoologischen Geographie Spaniens. 101 Eben so wenig ist es uns gelungen, irgend etwas Näheres über _ den Biber (Castor Fiber, Linn) zu erfahren. Strabo giebt unter an- _ dern Spanien als seine Heimath an; gegenwärtig scheint er daselbst nieht mehr vorzukommen. ‘ Anders ist es mit der Familie der Hasen. Nach meinen Ansich- - ten leben auf der Halbinsel vier verschiedene Arten dieser Thiere, in _ unserer Zone drei. Diese sind 1., der Alpen- oder Schneehase (Lepus variabilis), spanisch „Liebre de la nieve“, welcher in genügen- der Höhe in ganz Nordspanien gefunden wird; 2., der nordspani- ' sche Berghase, wahrscheinlich unser Lepus timidus, spanisch „Liebre*, und das Kaninchen (Zepus caniculus), spanisch „Conejo“. Der vier- _ ten Art werden wir in der südlichen Zone begegnen und dann einige "Worte über ihre Artselbstständigkeit zu sagen haben. jr Nach Lopez Seoane’s Mittheilungen soll in Galizien auch das ‚Stachelschwein (Hystrix eristata, L.) hier und da ziemlich selten vorkommen. Wir haben nicht selbst prüfen können, aber nur von die- sem Naturforscher allein jene Angabe erhalten, ohne sie von irgend _ Jemand bestätigt zu hören '). Das Wildschwein (Sus scrofa), spaniseh „Jabali“, ist, wenn auch ziemlich ausgerottet, einzeln doch noch auf der ganzen Halbinsel, je- _ doch nur in gröfseren Gebirgswaldungen, zu finden. - Unser Gebiet besitzt noch die meisten der auf der Halbinsel leben- den Wiederkäuer. ° Während der Edelhirsch in der südlichen Zone gänzlich vertilgt zu sein scheint, und in der mittleren häufig nur noch in umhegten _ Wildgärten vorkommt, — in den Bergen von Toledo ist er sehr sel- ‚ten geworden, in der Sierra Morena wahrscheinlich schon ausge- rottet, — ist er in den spanischen Pyrenäen und deren Ausläufern eben keine Seltenheit. Jedoch erreicht er auch dort nie ein hohes Alter; Zehnender sind bereits seltene Thiere geworden. "Der Dammhirsch (Cervus Dama, L.), spanisch „Paleto, Gamo“, scheint nur da, wo er gehegt wird, zu leben; so in allen königlichen Thiergärten. Auch er ist selten. Gra&lls führt ihn auch als Bewoh- ner der Sierra Guadarrama an. Kaum häufiger ist das Reh (C. Capreolus), spanisch „Corzo“ ge- nannt. Man hört zwar alle spanischen Jäger viel von diesem Wild Br; wenn man aber der Sache tiefer auf den Grund geht, stellt sich heraus, dafs es im wirklich freien Zustande nur noch in Hochcatalo- nien, Hocharagonien, Navarra, den baskischen Provinzen, Asturien, » Y) Das Meerschweinchen (Cavia Cobaya, Maregr.), spanisch „Congjilla de dias“, wird auf der Halbinsel wohl überall zahm gehalten. \ 102 A. E. Brehm: Leon und Galizien, aber überall selten vorkommt. In den Gebirgen der südlichen Zone, namentlich in der Sierra Nevada, ist seit Jah- ren kein Reh mehr erlegt worden; in der Sierra Morena soll es ebenfalls höchst selten sein, und nur in den Bergen von Toledo halten sich noch einige. Demnach ist also das Reh so gut als auf die nörd- liche Zone allein beschränkt. Nicht so ist es mit einem der edelsten Thiere der Halbinsel, dem Steinbock der Pyrenäen (Capra pyrenaica, Bruch und Schimper), welchen ich von dem der südlichen Gebirge (Capra hispanica, Schim- per) nicht unterscheiden kann, obwohl ich in den Museen von Madrid und Granada schöne Reihenfolgen vor mir hatte. Angerommen also, dafs eine Artverschiedenheit zwischen dem Steinbock der Pyrenäen und dem der südlichen Gebirge nicht stattfindet, so ist über die Ver- breitung dieses Edelwildes Folgendes zu sagen: Der spanische Steinbock findet sich heute noch auf allen zusam- menhängenden Gebirgsketten der Halbinsel, sogar bis zu 2500 Fuls herab. Er ist mit Sicherheit heute noch zu finden: in den eigentlichen Pyrenäen und allen von ihnen auslaufenden Hochketten; ebenso in den Sierras Guadarrama und de Gredos, selbst in der ‚Sierra Estrella; ferner, aber einzeln, in den andalusischen Gebirgen (na- mentlich in den Sierras de Ronda, Mälaga, Nevada und Alja- nilla); einzeln in der Sierra Morena, häufiger in. der Sierra Se- gura; in den Gebirgen nördlich von Murcia; auf der menschenleeren Hochebene von Cuenca, Despoblados de Öuenca genannt; ja selbst am oberen Jucar, z. B. bestimmt auf dem Monte Caroche, undan anderen Orten. Man kennt ihn in Spanien überall unter dem Namen „Cabra montes“ oder schlechthin „Wontes“ und findet in allen Dörfern des Gebirges Beutezeichen seiner Jagd: in die Mauern eingefügte Ge- hörne. Wenn nun auch bei der grofsen Verbreitung des schönen Thieres seine gänzliche Ausrottung einstweilen noch nicht zu befürchten steht, thut doch die verabscheuungswürdige Bubenjägerei der Spanier ihr Möglichstes, die Vertilgung zu bewerkstelligen! Obwohl die Gesetze neben der gestatteten Jagdzeit eine Hegezeit des Wildes vorschreiben, denkt dennoch Niemand daran, die letztere einzuhalten, sondern jeder Jäger schielst alte und junge Böcke, trächtige und gelte- gehende Ziegen zusammen, wie sie ihm eben vor’s Rohr kommen. Das hat denn auch bereits zur Folge gehabt, dafs die Steinböcke der Sierra Nevada bald unter die gewesenen Thiere gezählt werden müssen, wäh- rend sie früher dort häufig waren. Schon jetzt hält es schwer, daselbst einen Steinbock zu erlangen; uns wenigstens gelang es nicht, weder E mit Hülfe der eigentlichen Steinbocksjäger noch auf eigene Faust einen Ein Beitrag zur zoologischen Geographie Spaniens. 103 zu erbeuten. Der Gewinn der Jagd, 5 bis 12 Thaler unseres Geldes, ‚gilt dem Spanier mehr als jede andere Rücksicht. Am häufigsten ‚scheint der Steinbock gegenwärtig noch im spanischen Mittelgebirge, namentlich in der Sierra de Gredos zu sein. Hier sah Gra&lls im April 1851 noch Rudel von 50 bis 60 Stück, und die von seinem -_ Ausfluge mitgebrachten Böcke, welche eine Zierde des Museums von _ Madrid bilden, geben Zeugnils, dafs die Thiere dort noch ein hohes Alter erreichen. — Merkwürdig ist es, dafs der Steinbock im Norden gern in die Schneegebirge hinaufgeht, während er im Süden das Mittel- ‚gebirge bewohnt und hier oft sehr tief herab geht. Ich beschliefse meine Uebersicht der Säugethiere unserer Zone mit _ einem lieben nordischen Bekannten, der Gemse (Capella Rupicapra, Keyss. und Blas.), spanisch „Gamosa“. Man nannte bisher nur die eigentlichen Pyrenäen als Wohnort dieser südlichen Gemse, welche nach Einigen als verschiedene Art betrachtet werden soll. Allein meine Nachforschungen haben mich belehrt, dafs die Gemse der Pyrenäen - auch auf den Hochgebirgsketten südlich und südwestlich der Pyrenäen bestimmt angetroffen wird, aber nur auf den Hochgebirgsketten. Zwar - behauptete der Zoolog Saiez in Granada, das im dortigen Museum _ stehende Exemplar von der Sierra Morena erhalten zu haben, wurde aber von anderen Thierkundigen widerlegt. In Asturien aber wie in Leon — hier in den Montanas de Leon — lebt unsere europäische _ Antilope noch heerdenweise, obgleich sie natürlich hart verfolgt und ebenfalls zu keiner Zeit geschont wird. Ein südlicheres oder westli- ‚cheres Vorkommen ist bis jetzt noch nicht beobachtet worden. — Ueber die Artselbstständigkeit der spanischen Gemse oder ihre Uebereinstim- mung „mit: der unserer Alpen kann ich mich, da mir die Mittel zur _ Vergleichung fehlten, nicht aussprechen. Die mitgetheilten Beobachtungen aus der eben betrachteten Klasse könnten bereits genügen, das geschilderte Gebiet als ein ächt europäi- es anzuerkennen. Bär und Dachs, Edelmarder, Murmel- thier, Siebenschläfer, Schneehase und Gemse sind gewils kenntliche Vertreter des Nordens. Ich füge dem Gegebenen aber noch meine eigenen und Anderer Erfahrungen aus der Klasse der Vögel hinzu, um die oben erwähnte Uebereinstimmung einer bestimmten Oert- liehkeit und der sie bewohnenden Thiere besser hervorheben zu können. Denn wenn auch die flüchtigen Vögel leichter ihre eigentlichen. Hei- mathskreise verlassen können, als die Säugethiere, scheinen sie doch fester an diesen Kreisen zu hängen als jene. Auf der Südseite des catalonischen Hügelgebirges wohnen andere Vögel als auf der Nordseite, so sonderbar und unglaublich das auch 1 klingen mag; der Zwergwald hat seine eigenen Sänger, das Gebirge 104 A. E. Brehm: seine eigenen Vögel. Dafs das Hochgebirge des Südens hinsichtlich der auf ihm vorkommenden gefiederten Bewohner mit dem des Nor- dens zrolse Uebereinstimmung zeigt, darf uns kein Wunder nehmen, da der Vogel, das leichte Kind der Lüfte, sehr bequem von seinem ursprünglichen Heimathsorte zu einem anderen gelangen kann, der ihm im Wesentlichen Dasselbe bietet. * Im Hochgebirge unseres Gebietes finden wir auch die Vogelwelt der Alpen wieder. Geräuschlos, fast ohne Flügelschlag, aber falken- schnell, streicht hier der Bartgeier über die Zinnen des Gebirges. Wenn es nicht der auf den Alpen vorkommende wirklich ist, ähnelt er diesem doch in seinen Körperverhältnissen und seiner Färbung sehr. Er erinnert lebhaft an den Bartgeier des Altai, da er, wie dieser, kleiner als Gypaötos barbatus ist und im hohen Alter oft schneeweils (natürlich nur an Hals, Brust und Bauch) wird. — Der Bartgeier (Gyp. occidentalis, Schleg.) ist aber nicht blos auf das Hochgebirge un- seres Gebietes beschränkt, sondern über alle Gebirge der Halbinsel verbreitet und unter dem Namen „Quebranta huesos* — Knochenzer- brecher — allen ächten Jägern wohlbekannt. Er steigt vom Hochge- birge tief herab und wird im niederen Berglande heimisch. Deshalb trifft man ihn ebensowohl auf der Hauptkette der Pyrenäen, ihren Aus- läufern und der Sierra Nevada, als auf den kaum 1500 Fufs über dem Spiegel des Mittelmeeres erhabenen, aber überaus wilden und sehr unzugänglichen Ringgebirgen der Vega von Murcia; man findet ihn mit Sicherheit in allen gröfseren Gebirgsstöcken. Wir selbst haben ihn beobachtet: am Monserrat, bei Jätiva de San Felipe, bei | Murcia im Mittel- und Hochgebirge Andalusiens, und wissen, dafs er auch auf den Sierras Morena, Guadarrama, de Gredos, Estrella, Caroche etc. ständig vorkommt. — Man kennt in Spanien keine Mord- und Jägergeschichten von ihm, wie von dem Schweizer Läm- mergeier, sondern weils, dals er ein ziemlich unschuldiger Räuber und vor Allem Knochen- und Aasfresser ist. (Siehe hierüber Mehr in den „Mittheilungen aus der Werkstätte der Natur“, Heft I, S. 35 u. ff.) Aufser diesem prachtvollen Vogel begegnet man in unserer Zone noch folgenden gröfseren Raubvögeln: 1., dem schmutzigen Aas- geier (Neophron percnopterus), spanisch „Aguila blanca, Avanta, Ali- moche*; beobachtet auf den Pyrenäen, in Galizien, Aragonien, Cata- lonien, Asturien, Leon, sehr einzeln; 2., einem unserem fahlen Geier sehr verwandten Thiere, Gyps oceidentalis, Schlegel, spanisch „Buitre*, überall einzeln, und bisher nur in Galizien, Aragonien und Catalonien beobachtet, und 3., den braunköpfigen Steinadler (Aguila fuscicapilla, Brehm), spanisch „Aguila real“ (anstatt unserer Aquila fulva, auet.), als kühner Räuber aufserordentlich gefürchtet, zumal auch Kinderanfälle Ein Beitrag zur zoologischen Geographie Spaniens. 105 bekannt sind. Aus der Familie der Falken trifft man im Hochgebirge an: den gemeinen Bussard (Buteo vulgaris), spanisch „Milano rojo*, und den Wanderfalken (Falco peregrinus), spanisch „Halcon*; aus _ der Familie der Eulen den Waldkauz (Syrnium aluco), spanisch _ „Estrige*, bisher nur in Galizien beobachtet; ferner ziemlich häufig den _ gemeinen Uhu (Bubo marimus), spanisch „Buho* und „Carabo“; auch _ über die beiden anderen Zonen verbreitet; sowie die Ohreule (Otus vulgaris), spanisch „Buho mediano*. Aus der Ordnung der Sperlingsvögel kommen folgende im Hochgebirge vor: 1., der Alpensegler (Cypselus alpinus), spanisch „Vencejo* oder „Falsia blanca*; 2., der Mauersegler (C. apus), spa- _ nisch „Vencejo“, „Falsia comun“; 3., die Felsenschwalbe (Cotyle hr rupestris), spanisch „Vencejo“ oder rascher alle drei an steilen Fel- _ senwänden; sie gehen auch in’s Mittelgebirge herab und sind fast über - die ganze Halbinsel verbreitet; 4., der gemeine Kukuk (Cxculus ca- rus), spanisch Cuco, Cuclillo; 5., der Kolkrabe (Corvus coraz), = spanisch „ Cuervo“, der einzige Rabe Spaniens, überall verbreitet und _ paarweise häufig; 6., die Alpenkrähe (Fregilus graculus), spanisch „Grajo* und „Jucala“, auch über die südliche Zone verbreitet und dort bis zu 1000 Fuls über dem Meere herabgehend; 7., die Alpendohle (Pyrrhocoraz alpinus), spanisch „Grajo“, nach Berichten im Hochge- birge unseres Gebietes und im Mittelgebirge der afrikanischen Zone (bei Enguera, Provinz Valencia); 8., die Elster (Pica caudata), spa- nisch „Uraca, Marica, Blanca und Pegarabi-largo“, an vielen Orten _ gar nicht, an andern gemein; über die ganze Halbinsel verbreitet; 9., der Heher (Glandarius garrulus), spanisch „Arrendajo, Azulejo, Cabe- _zon und Peca marza“; auch im Mittelgebirge dieser und der beiden anderen Zonen; in der Sierra Nevada bis zu 8000 Fufs über dem ‚Meere; 10., der Schwarzspecht (Picus martius), spanisch „Pico ne- 0 und Carpintero“; in den Schwarzwäldern der Pyrenäen und der erra Guadarrama; 11., der Grünspecht (?. viridis), spanisch Pito real“; ebenda, jedoch auch in den anderen Zonen einzeln vor- kommend; 12., der Mauerläufer (Tichodroma muraria), spanisch Aranero“; an sonnigen Wänden des Hoch- und Mittelgebirges aller Zonen; 13., der Kreuzschnabel (Crxeirostra eurvirostra), spanisch „Cascapinon und Piquituerto*; in zusammenhängenden Nadelwäldern; 4 Beer Schneefink (Montifringilla nivalis); Sierra Guadarrama; 15., die Bachstelze (Motacilla sulphurea); spanisch „Pajaro de la nieve und Pepita!“; ständig nur im nördlichen Hochgebirge; 16., der sinfarbige Staar (Sturnus unicolor), spanisch „Tordo serrano“; ver- ritt im Nordwesten und Mittelspanien ganz den unsrigen, nistet nament- °h in Kirchthürmen, geht aber nicht in die südliche Zone hinüber; 106 A. E. Brehm: 17., die Misteldrossel (Turdus viscivorus), spanisch „@uia de los zorzales“; 18., der Alpenflühvogel (Accentor alpinus); Pyrenäen, Sierras de Gredos und Nevada, von 5000 Fufls über dem Meere an aufwärts; 19., der Wasserschwätzer (Cinclus aquaticus), spanisch „Andarrio, Mirlo und Tordo de agua*; in allen Alpenbächen dieser Zone und der Sierra Nevada, hier bis zu 8000 Fuls über dem Meere. Die Ordnung der Taubenvögel ist durch zwei Arten in unserem Gebiete vertreten. Die Ringeltaube (Columba palumbus), spanisch „Paloma und Pal. torcaz“, in Galizien „Pombo“ genannt, lebt in den Gebirgswäldern des nördlichen und südlichen Hochlandes (Sierra Ne- vada) als Standvogel, während sie im Tieflande nur auf dem Zuge erscheint oder wintert. Die Felsentaube (Columba livia), spanisch „Paloma de penas und Zorito* genannt, haben wir blos in der Sierra Nevada, 4000 Fufs über dem Meere, gesehen; sie kommt aber auch in den Pyrenäen vor. Bezeichnender für unsere Zone ist das Vorkommen einiger Hüh- nervögel im Hochgebirge. In den spanischen Pyrenäen findet sich das Auerhuhn (Tetrao Urogallus) als Standvogel; die Schneeregion bewohnt das Schneehuhn (Lagopus alpinus), als „Perdiz blanco“ be- kannt; unser graues Rebhuhn (Perdix cinerea) vertritt im Hoch- lande Asturiens, Leons und Galiziens das im Hügellande unseres: Ge- bietes und der beiden anderen Zonen lebende Rothhuhn (Perdiz ru- bra), spanisch „Perdizs“ oder „Perdis* genannt. Mit dieser gewissenhaft zusammengestellten Aufzählung der dem Norden angehörigen Vögel Spaniens habe ich dessen Hochland voll- kommen bezeichnet. Doch mufs ich meine Leser bitten, nunmehr noch einen Blick auf die Vögel des Mittelgebirges zu werfen, um hier das Mischlingsleben derselben kennen zu lernen. Als Mittelpunkt des Hügel- landes betrachten wir den Monserrat. Noch ist der nordische Charakter der Gegend und ihrer Bewohner vorherrschend, aber man merkt es doch bald heraus, dafs man ‚sich der Grenze genähert hat. Wenn man an einem Frühlingsmorgen an einem Abhange des Berges herumklettert, klingen Einen noch überall die wohlbekannten Töne der Heimath an. Hunderte von Nachti- gallen schlagen in einem so geringen Umkreise neben einander, dafs man wohl zwanzig Männchen zugleich singen hören kann; dazwischen flötet die Amsel, lassen sich Rothkehlehen, Garten- und Haus- Rothschwänzchen, Dorn- und graue Grasmücken, graue und schwarzröckige Fliegenfänger, Stieglitze, Hänflinge, Grünlinge, selbst Finken vernehmen; Zaunkönig, der immer- frohe, schmettert seine lustigen Lieder; der Hausrothschwanz singt von den Felsen herunter; unsere beiden Schwalben (Hirundo ru- Ein Beitrag zur zoologischen Geographie Spaniens. 107 stica und urbica) stimmen mit ein: — das sind ja alles deutsche Klänge! _ Und dazu kommen nun noch: der rothköpfige und grolse Wür- ger, der Zipp-, Zaun- und Gartenammer, der kluge Kolkrabe, der Sperber, Weih, Baum- und Röthelfalke, die Ohreule, der Meisen bewegliches Volk, die Haubenlerche, der Brach-, Was- ‚ser-, Wiesen- und Baumpieper, Baumläufer und Spechtmeise, Heher und Elster: — das sind ja alles deutsche Bekannte! Aber unter ihnen leben und lieben, wohnen und singen auch andere fremd- _ artige Vögel, liebe, anmuthige Thierchen, fast ohne Ausnahme Sänger. Und das sind gerade diejenigen, welche den Kiefer- oder Zwerg- wald Cataloniens bezeichnen. Wo nur zwei bis drei Seestrandskie- fern ihre platten Kronen ausbreiten, darf man mit aller Sicherheit den ' Meistersänger (Sylvia Orphea) vermuthen; von den immergrünen _ Eichen herab stürzt sich singend die südliche Bastardnachtigall - (Hypolais polyglotta) in das niedere Buschwerk: ein Thierchen, welches gleichsam eine südliche Ausgabe des nordischen (unseres) Spottvogels - darstellt; im Niederwalde aber entdeckt man erst nach genauerem Su- chen seine ihm ganz eigenthümlichen Bewohner. Sie sind eben solche Zwerge unter den Vögeln, als die Gebüsche, welche sie bewohnen, Zwerge unter den Bäumen sind: sie passen zum Buschwalde, als wären sie eigens für ihn geschaffen. Ich meine namentlich ihrer drei: die schwarzköpfige Augenringgrasmücke (Sylvia melanocephala), das Weifsbärtchen (Sylvia leucopogon) und den Sänger der Pro- _ vence ($. provincialis). Mäuseartig, gewandt und schnell huscht diese _ niedliche Gesellschaft durch die verschlungensten Hecken und Gebüsche; die ganze Familie läuft hinter dem Männchen d’rein, welches von Zeit zu Zeit sich stolz auf die Spitze einer vielleicht 6 Fufs hohen Haide ‚oder Kiefer erhebt, um dort sein einfaches, ‘aber angenehmes Liedchen zu singen. Bei Furcht vor Gefahr huscht er eben so schnell, als er ‚erschien, wieder in seinen Wald zurück und ist dann auch dem schärf- "sten Auge bald entschwunden. Weifsbärtehen und Schwarzköpfehen yagen sich wohl auch bis zu 20 Fufs in die Höhe — höher aber nicht! Da nun neben diesen ächten Zwergsängern auch noch die oben ge- nannten Buschsänger aus der Heimath im Niederwalde vorkommen, ist ‚dieser vielleicht der belebteste aller Wälder Spaniens. 22 Doch auch das Gebirge selbst, d. h. das pflanzenlose Gestein, ist ebendig. Um die Zinnen des Berges schweben zeitweilig Bartgeier, "häufiger Adler, schmutzige Aasgeier, Bussarde, Falken; auf den höchsten Gipfeln fulst der Kolkrabe, in den Spalten bergen sich Uhu und Käutzchen. Dazu’ vernimmt man das gellende Geschrei der Alpen- oder Mauersegler, welche in stürmischer Eile an den Wänden dahinjagen; man hört den melodischen Gesang des Trauer- 108 A. E. Brehm: Steinschmätzers, welcher, obgleich der südlichen Zone angehörig, doch hier bereits ständig vorkommt, oder den leicht kenntlichen Ruf des Bienenfressers. Und wenn man schliefslich den Fufs des Ber- ges betritt, hat man noch immer Neues zu beobachten. Hier wohnen namentlich.der schwarzkehlige und Ohren-Steinschmätzer, von denen des Nordens abweichende Haubenlerchen, hier und da eine Steindrossel, ein Zwergkautz und andere Vögel der deutschen Heimath und des Südens von Europa. Es ist unnöthig, noch genauer in das Vogelleben einzugehen, um das Recht zu beweisen, mit welchem ich unsere Zone die europäische nenne. Die angeführten Namen sind Belege genug. Auch die Ueber- einstimmung des Bodens und seines Klima’s mit der Thierwelt glaube ich nachgewiesen zu haben. Ueber die Amphibien und Fische habe ich ebenfalls Nichts mehr zu sagen; denn sie sind den übrigen Wirbel- thieren ganz entsprechend vertreten. In dem skizzirten Gebiete fehlen jedoch einige Thiere, welche man in ihm analog der vorhandenen bestimmt vermuthen sollte. Es sind dies zunächst unsere drei Krähenarten (Corvus corone, frugtilegus und cornir), ferner unsere kleinen Buntspechte (Picus medius und Piculus minor), sowie der dreizehige Specht (P. tridactylus); es feh- len, wie im übrigen Spanien, die Schreiadler, der Habicht, das Birk- und Haselhuhn. Woher das wohl kommen mag? Fehlen sie wirklich ganz, oder sind sie auf dem ihnen so sehr zusagenden Gebiet noch nieht aufgefunden worden? Ich weils diese, für die zoo- logische Geographie gewils nicht unwichtigen Fragen nicht zu beant- worten. — Gehen wir in die zweite Zone hinüber. Im Wesentlichen ist sie bereits beschrieben worden; doch glaube ich nach dem Plane meiner Landschaftszeichnungen noch Einiges hinzufügen zu müssen, sowie ich auch die klimatischen Verhältnisse noch schärfer in’s Auge fassen mufs. Wie schon bemerkt, ist unser Gebiet zum gröfsesten Theile eben, oder von niederen, ausdruckslosen Hügeln durchzogen. Die von den Grenzen aus hereintretenden Gebirge sind die einzigen, welche leben- dig im Ausdruck sind: alle übrigen, vielleicht mit alleiniger Ausnahme der Montanas de Toledo, ähneln oder gleichen einander in ihrer Ver- flachung und ihrer Oede. Zwar bildet hier und da die immergrüne Eiche dünn oder selbst dichter bestandene Wälder: aber auch diese tragen den Charakter der Oede an sich, wie das ganze Gebiet. Des- halb weils auch der Mittelspanier Nichts von Waldesleben, Waldes- frische und Waldesdichtung zu sagen: er hat das Leben nie gesehen, die Frische nie verspürt, die Dichtung niemals vernommen oder auch nur empfunden. Und eben deshalb wieder thut er unbedachtsam alles Ein Beitrag zur zoologischen' Geographie Spaniens. 109 Mögliche, seine Wälder zu vernichten. Blos die königlichen Forsten - werden gehegt, alle übrigen aber auf das Erbarmungswürdigste ver- _ wüstet. Die Häuser vieler Städte und Dörfer des Mittellandes wurden - mit Bäumen aus Wäldern ausgebaut und bedeckt, von derem ‚Dasein uns jetzt nur noch einige verkrüppelte Kiefernbüsche, oder nicht min- der dürftige Eichen, — oder einzig und allein mehrere Arten hoch- stämmiger Disteln erinnern. Und wie sehen die Waldungen der Einzelbesitzer aus! Mich haben sie lebhaft an die Steppenwälder des innern Afrika’s, namentlich an die -Kordofahn’s erinnert. Sogar im königlichen Thiergarten „EI- _ Pardo“ bei Madrid sieht man grofse Strecken, welche nicht dichter - bestanden sind als jene Steppenwälder, und wie bei diesen scheinen _ auch dort die Gräser, welche zuweilen fast mannshoch werden können, _ der hauptsächlichste Bestandtheil des Waldes zu sein. Dazu kommt, dafs die genannte Eiche, mehr als jeder andere immergrüne Baum, das 2 Gepräge der Einförmigkeit des Ganzen an sich trägt. Der Nordländer, - welcher bei einer Vorstellung der südlichen Eiche an unsere deutsche - Waldeskönigin denkt und jene mit dieser vergleicht, irrt sich gewaltig. Die immergrüne Eiche kann. nur mit Nadelbäumen, niemals mit un- seren laubtragenden Waldbäumen verglichen werden. Wenn die we- nigen Ulmen und Platanen der Wälder Spaniens im Winter ent- laubt dastehen und jedes andere Grün zur Vergleichung fehlt, erscheint die immergrüne Eiche frisch und lebendig, trotz ihrer ausdruckslosen Krone: wenn aber der Frühling die Blattknospen anderer Bäume _ sprengt und bei diesen das junge Laub im eigentlichen Blattgrün zum - Vorschein kommt, stellt sich die Eiche plötzlich so mürrisch -finster, 80 düster dar, dals man sich fast verwundert, sie nur jemals erträglich - gefunden zu haben. Dennoch aber ist sie für den Thier-, namentlich für den Vogelkundigen der interessanteste Baum des Waldes, gerade wie es hier die Distel für den Insektensamnnler ist. Nur in Flufsthälern werden zuweilen die niederen Höhen unseres "Gebietes anmuthiger. So zieht sich z. B. in der Nähe der Stadt To- ‚ledo, welche nach drei Seiten hin von einer trostlosen Ebene begrenzt ird, eine niedere Höhenreihe längs des linken Ufers des Tajo herab. Die zeigt einzelne wunderschöne Berggehänge und wahrhaft erhabene _ Kelsengruppen. Die Berge waren früher mit schönen Wäldern bedeckt, jetzt sind diese bis auf einzelne, sehr dünn bestandene Gebüsche oder Wäldchen zusammengeschmolzen, und nun erscheint der Höhenzug erordentlich arm. Man sieht meist blos Gräser und eine niedrige de, deren Vorhandensein man von fern nicht ahnen kann, obgleich gerade sie den Höhen eine eigene braune Färbung giebt. Trotz ihrer Kahlheit und Oede aber geben die Berge doch fast immer ein hübsches 110 A. E. Brehm: Bild; denn die Sonne versteht schon hier gar lebendig zu malen. Von fern gesehen treten die Felsen nur um so grofsartiger hervor, und die spärlichen Bäume einen sich scheinbar zum Walde. Das ist aber auch das höchste Leben in Farben, welches ein Gebirge unseres Gebietes erreichen kann. Die Ebene ist noch viel anmuthsloser, als das Hügelland. Hier hat das Auge gar Nichts mehr. Die gröfseste Ebene unseres Gebiets, das Kornland Spaniens, trägt seinen Namen „Mancha“ mit allem Fug und Recht. Die Mancha ist allerdings ein Flecken, wenn auch ein Fett-, dennoch ein Schmutzflecken. Sie besitzt die ganze Lang- weiligkeit und Einförmigkeit der Ebene, aber noch andere üble Eigen- schaften dazu. Vor allen mir bekannten Ebenen zeichnet sie unglaub- liche Armuth an Häusern und Bäumen aus. Es scheint, als ob es aufser den Städten und Dörfern, durch welche die Strafse führt, gar keine anderen mehr gäbe; und was Bäume anlangt, so fehlen sie auf Meilen gänzlich. Die Häuser steigen aus dem Schlammlande auf, ohne von irgend welchen Bäumen begrünt, ohne durch irgend einen Hinter- grund gehoben zu werden. Langweiligkeit und Schmutz kennzeichnen diese Ebene, ihre Dörfer und Städte sammt deren Bewohnern, ja selbst die Bäume. Denn die Oelbäume, die einzigen, welche man über- haupt zu sehen bekommt, besitzen die erstere Eigenschaft im höchsten Grade; sie sind weniger des Friedens, als der gründlichsten, unabän- derlichsten Langeweile Sinnbild. Mir ist die Mancha, oder die mittel- spanische Hochebene, vorgekommen wie eine fruchtbare Einöde oder Wüstenei. Allein diese Wüste hat ebenfalls Oasen. Eine solche ist Aran- juez. Die „schönen Tage von Aranjuez sind nun vorüber“ und zwar sehr vorüber; aber Aranjuez ist für den Geographen und Naturfor- scher noch immer merkwürdig genug. Dafs das Becken, in welchem es liegt, von Gyps eingefalst wird, anstatt von Kalk, welcher sonst auf Meilen hin vorherrscht, ist noch das Wenigste: weit interessanter ist es, die hier entsprofste Pflanzenwelt zu untersuchen. Sie zeigt uns nämlich, dafs hier nicht nur viele Pflanzen vorkommen, welche auf der ganzen übrigen Halbinsel nicht mehr gefunden werden, sondern auch, dafs es hier wirklich Wälder mit nordischer Frische und nordischem Leben geben kann. Die königlichen Waldungen um Aranjuez herum verdienen den Namen Wald in jeder Hinsicht, und zeichnen sich vor allen übrigen unseres Gebietes durch ihr ächt nordisches (freilich grös- sestentheils künstliches) Gepräge aus. Aranjuez ist eine wahre Oase; denn man betritt, sowie man das unter dem Banne des Waldaufsehers stehende Gebiet verläfst, wieder die öde Wüste, jene geschilderte, zur Verzweiflung bringende Ebene. N Ein Beitrag zur zoologischen Geographie Spaniens. 111 Noch mufs ich der Flüsse und mehr noch der Bäche gedenken, welche die eigentliche Ebene durchströmen. Die ersteren zeigen we- nigstens auf Strecken hin noch einen schmalen Saum von Bäumen und Gebüschen, namentlich Salicarien - Arten; die letzteren aber entbeh- _ ren gewöhnlich jedweden Schmuckes dieser Art. Ich habe etwas Aehn- liches in keinem anderen Lande gesehen, und zweifle, dafs sich der Nordländer eine Vorstellung von solch einem Bache machen kann. Ein ärmliches Wässerchen hat sich sein Bette in den sandigen oder kiesi- gen Lehm, der die Unterlage der Ackerkrume bildet, gegraben und schleicht in ihm kaum bemerklich dahin, gleichsam trauernd, dafs das belebende Element hier nicht einmal einige dürftige Gesträuche in’s Leben rufen kann. Wenn der Boden zur Sumpfbildung geeignet ist, wie im Thale des Manzanares, Jarama und Tajo, oder mehr noch in der Provinz Ciudad-Real, tritt der Bach oder Flufs wohl auch _ über die Ufer hinaus: aber auch dann noch fehlt ihm das eigentlich heimliche Dach seiner Ufer; denn dann bildet er eben nur Sümpfe, Brüche und Teiche, ebenso schädlich für die Gesundheit als widerwär- tig für das Auge. An anderen Orten, z. B. ohnweit Toledo, sieht man bedeutende Strecken des Ufers, und zwar das beste fruchtbarste Ackerland, von einem merkwürdigen, riedähnlichen Gras-, Busch-, Di- stel- und Kletten-Dickicht überwuchert, welches grölsestentheils un- durchdringlich ist. In ihm wohnt, namentlich im Winter, der spa- - nische Sperling, ein Charaktervogel der Zone, unter Schilf- und Rohrsängern, Ammern, Lerchen und Wachteln; aber auch dieses Steppendickicht ist einförmig und von geringem Interesse. Mit einem Worte: die zweite oder mittlere unserer Zonen ist ein schauer- lich ödes, todtes Gebiet für das Auge und das Herz. _ Aber nicht allein das Land, d. h. die Oberfläche der Erde, sondern "auch das Klima in unserer Zone ist wahrhaft abscheulich. Drei spa- _ nische Sprichworte kennzeichnen und verrufen es. Sie beziehen sich anf und lauten: | „Zres meses de wi % Y nueve de invierno.“ } ai heifst: das Jahr in Madrid besteht aus „drei Monaten Hölle und neun Monaten Winter“. Ich bin damit vollkommen einverstanden. Das zweite Sprichwort heifst: „El aire de Madrid es tan sotil, r Que mata d un hombre, y no apage ä un candil.“ „Die Luft von Madrid ist so fein, dafs sie einen Menschen umbringt, hne ein Licht auszulöschen.* Auch in diesem Falle sagt das Sprich- vort die bittere Wahrheit. Das dritte räth dem Madrileno: 112 - | A..E. Brehm: „Antes el quarente del Mayo No te quia el sayo.“ n2 „Vor dem vierzigsten Mai lege den Ueberzieher nieht ab!“ Zur Be- kräftigung dieser Gesundheitsregel habe ich blos zu sagen, dafs ich selbst den Ueberrock bis zum 10. Juni getragen habe, — weil ich es nothwendig fand. Man muls einen Winter in Madrid selbst durchlebt haben, um alle seine Unannehmlichkeiten beurtheilen zu können. Von der Unzulässigkeit oder wenigstens Unzulänglichkeit der spanischen Wärmeanstalten zu sprechen, würde zu weit führen; dagegen werde ich lieber vom Wetter selbst reden, bezüglich meine Tagebuchsbemer- kungen wörtlich hier folgen lassen. Am 18. Januar (1857). Die seit unserem Aufenthalt in Madrid herrschende Witterung ist in hohem Grade lästig und widerlich. Es ist empfindlich kalt, und wenn der auf der Sierra Guadarrama zu einer wahren Eisluft gewordene Nordwind weht, macht er Einen frö- steln bis aufs Mark. Die Kälte drückt uns mehr als 12° R. in Deutsch- land. Wir haben den Spaniern das nachgeahmt, was das Klima ge- bietet. Sie alle laufen in langen, dicken Mänteln umher, tragen wollene Jacken auf dem blofsen Leibe und dicke Wollentücher um den Hals; trotzdem haben sie noch immer Mund und Nase im Mantelkragen ver- borgen, um die schneidend kalte, trockene Eisesluft nicht einathmen zu müssen. Jetzt wissen und billigen wir auch, dafs die Wachen am königlichen Schlosse Nachts halbstündlich abgelöst werden; denn wir glauben es nunmehr, dals sie bei längerem Wachestehen schon mehr als einmal erfroren gefunden worden sind. Dabei liegt kein Flecken Schnee; nur von der Sierra Guadarrama leuchtet er herab. Wir erlei- den alle Unannehmlichkeiten des Winters, ohne dafs er uns bis jetzt auch nur eine Annehmlichkeit geboten hätte. In den letzten Tagen regnete und stürmte es, wie bei uns im November; der Regen war mit Schnee untermischt, blieb aber nur wenig Stunden liegen. Nach dem Regen fiel der Wärmemesser gewöhnlich um zwei Grad nach Reaum. Im März. Die Witterung im Februar war höchst unfreundlich; jedoch gab es einige wirklich schöne Tage mit Frühlingswetter. Im Anfange des Monats fanden wir noch Schnee im Pardo; jedoch hielt er sich nur wenige Tage. Zu derselben Zeit war dort der Manza- nares mit einer fast zolldicken Eiskruste bedeckt. Dann kamen die Frühlingsregen in hinreichender Stärke und Menge. Sie hielten ge- wöhnlich mehrere Tage an. Allein auch sie riefen noch nirgends die schlummernde Natur zum Lenzesleben wach. Einige Mafsliebchen er- blühten; an sonnigen Stellen keimten niedere Pflanzen und schlugen Blätter; die Blattknospen der Bäume jedoch verharrten allesammt in ihrem Winterzustande. Der Wärmemesser stieg in der Sonne bis auf Ein Beitrag zur zoologischen Geographie Spaniens. 113 25° R., im Schatten dagegen nie über +8°. Bei einer festlichen Ge- ' legenheit in Madrid, am 18. Februar, sah man auf den Balkonen der _ Sonnenseite der Calle de Alcalä die Damen mit Sonnenschirmen, auf der Schattenseite dagegen im Mantel und Muff. Die Nächte waren _ noch immer sehr kalt; es fror regelmäfsig in ihnen und erst vom 14. _ Februar ab schwand das Eis von den stillstehenden Wasserspiegeln. Nach dem Regen war es gewöhnlich wärmer als vorher. — Die Wit- _ terung äulserte den nachtheiligsten Einfluls auf die Gesundheit. Der . Leibarzt der Königin, Sr. Dionis, behauptete, dafs im Anfange des Monats mehr Menschen an Lungenentzündung gestorben seien, als wäh- rend mehrerer Choleraepidemien. Deshalb behielt Jedermann die dich- - teste Winterkleidung bei, dazu Mund und Nase hübsch tief in den Fal- _ ten des Mantelkragens versteckend. — Die Aenderungen des Wetters _ traten plötzlich ein: in einer Stunde konnte man den Himmel ganz _ klar und auch von Regenwolken bedeckt sehen, und umgekehrt. Ganz "ähnlich zeigte das Thermometer bedeutende Schwankungen der Wärme. #2 Ende März. Auch der März unterschied sich wenig vom Februar. Einzelne Tage voll Sonnenschein And Frühlingsduft, an denen das Ther- mometer in der Sonne +30°, im Schatten +14° R. zeigte, ganz zu Anfange des Monats abgerechnet, blieb sich der ganze Monat gleich: rauh und unfreundlich vom Anfang bis zum Ende. Die Vegetation ist _ nicht weiter fortgeschritten als zu derselben Zeit in Deutschland; nach Berichten eines direct von der Pfalz hierher gekommenen Reisenden _ war dort der Frühling viel weiter vorgeschritten als hier. Das Früh- i jahr soll nun freilich eine Ausnahme sein; — nun, unfreundlich genug ist sie. In der Sonne ist es heifs, aber alle Winde sind eisig kalt. Der Himmel war beständig trüb und verhangen, Regenschauer wech- selten mit heftigen Windstöfsen ab — und Alles war und ist noch todt im Walde und im Felde. Höchst wenige Bäume, namentlich einige "Weiden am Flusse und die Kastanien auf der Sonnenseite der Calle de Alcalä, beginnen zu grünen; noch nicht ein einziger blüht. Den- noch sind einige Zugvögel eingetroffen, wie andere, die hier geblieben ‚waren, bereits zur Heimreise aufgebrochen sind. Der erste Storch iels sich schon am 18. Februar sehen; mit ihm zugleich kam auch r Wiedehopf; am 12. März traf unser Steinschmätzer (Saeie. Ende er Noch immer ist es nicht Frühling geworden. Das eben der Natur geht äufserst langsam vor sich. Während der Oster- iertage (12. — 14. April) standen erst die Obstbäume in Blüthe, aber nicht hier in Madrid, sondern in dem tiefer gelegenen, viel milderen Aranjuez. Doch war es auch dort empfindlich kalt. Hier stehen die me eisten Bäume noch immer blätterlos. In der Thier-, namentlich in BZeitschr. f. allg. Erdk. Neue Folge. Bd. V. 8 114 A. E. Brehm: der Vogelwelt zeigt sich einiges Leben. Am 2. April trafen die Mehl- schwalbe, die Schafstelze und der Baumrothschwanz ein; am 7. kamen Grasmücke und Wendehals, am 16. der rothköpfige Würger und Bienenfresser, am 22. der Pirol und die Turtel- taube, am 28. die Fliegenfänger: — gerade wie in Deutschland auch! Anfang Juni. Der verflossene Monat kann als der erste Früh- lingsmonat betrachtet werden. Für Madrid und Umgegend wenigstens ist er derjenige Jahresabschnitt, welcher aus der entsetzlichen Einöde ein weniger einförmiges, weil farbenreicheres Gelände hervorruft. Die Bäume beblättern sich; die von der Frühlingssonne verbrannten Felder erfrischt der reichlich herabstürzende Regen. Die Luft ist gewitter- schwanger, der Himmel wolkenbedeckt. Eine dumpfe Schwüle lagert über der Gegend. Da strömen die Gewittergüsse herab. Es regnet tagelang. Das Thermometer sinkt um mehr als die Hälfte unter sei- nen früheren Standpunkt; denn auf die währenddem von Wolken um- hüllten Gipfel der Sierra Guadarrama legt sich neuer Schnee auf den noch in nur sehr unbedeutender Menge geschmolzenen. Alle von dort her über die Ebene streichenden Winde erkälten die Luft, so dafs man in der Wohnung fröstelt. Der gewaltige Umschlag der Wärmezustände bringt Husten und Schnupfen. Aber diese Regengüsse sind nothwendige Bedingungen zur Frucht- barkeit; sie bestärken die Hoffnungen auf eine gute Erndte, wie ihr Ausbleiben diese vernichtet. „Aguas del Mayo, pan para todo el ano“, d. h. Maienwässer, Brod für’s ganze Jahr! sagt das castilianische Sprich- wort. Ein wunderbarer Wechsel folgt dem belebenden Regen. Es ist ein Knospen, Treiben, Sich-Strecken, Blühen, dafs Auge und Herz mit voller Lust in dieser Frühlingswelt sich ergehen. Auf den dürren Wie- sen hebt sich der grüne Teppich. Zwar ist er nicht so dicht, nicht so saftig frisch, wie im lieben Deutschland, sondern die Halme der Grä- ser schiefsen gleichsam in die Höhe, einzeln wie die Halme des Ge- treides stehend: aber dennoch ist es ein Grasteppich — und den sieht man hier so gern, weil man ihn gar so selten sieht. In den Gärten blühen Bäume und Blumen. Ihre Hecken sind dicht und grün gewor- den. Die Nachtigallen schlagen im dichten Gebüsch — ach, nur für wenige Tage! — in dem niederen Gestrüpp klappert das Müllerchen; auf den dünnen Astspitzen sitzen die Fliegenfänger und spähen nach ihrer Beute umher. Mit Einbruch der Dämmerung gewahrt man auch hier den südlichen Vertreter unseres Nachtschattens, den Ca- primulgus ruficollis, welcher gewöhnlich seinen eigenthümlichen, von dem des unsrigen vollkommen verschiedenen Nachtgesang hören läfst. Noch schöner ist es im Walde. Alle Hecken des Pardo, welche Ein Beitrag zur zoologischen Geographie Spaniens. 115 _ bisher blofs ihre unbelaubten Aeste und Ranken zeigten, werden grün; _ die Bäume sprengen sämmtlich ihre lange geschlossenen Blattknospen. Nun erst nimmt man den Unterschied zwischen ihnen und den immer- grünen Eichen wahr.- Der Boden zeigt deutlich, dafs jetzt die Zeit seines afrikanischen Lebens gekommen ist. Ein Wald von Disteln und und Gräsern bedeckt ihn; viele der letzteren- ähneln denen der afrika- nischen Steppen hinsichtlich ihrer klettenartigen Samenkapseln und stacheligen Aehren auffallend. Dennoch ist es eine Freude, diesen Graswald zu durchschreiten. Onoporthon, des Entomologen Schatz- * kammer, treibt seine dicken hohlen Stängel in die Höhe: an ihnen- lebt und ernährt sich eine ganze Welt von Insekten: viele Käfer, eben so verschieden der Art nach, als zahlreich, Schmetterlinge, Wanzen und Fliegen. Die Blätter und der hohle Stängel empfangen die Samen- - körner der künftigen Brut; eine Wespe z. B. bohrt in den Stängel ein - rundes Loch, baut in’s Innere der Höhlung ein zierliches Nestehen aus weichen grünen Blättern, und legt auf dessen Boden ihre Eier ab. An- - dere Kerfe kleben und leimen in Ritzen und Löcher, unter Blätter und | Zweige, frei oder in Beuteln, die Eierchen an; vielleicht fünfzig ver- schiedene Thiere finden hier Heimath und Nahrung. Der ganze Wald hallt wieder von Gesang und Geschrei. Die ge- sellschaftlich lebende blaue Elster trennt sich in Paare und baut auf die schief ausgehenden Aeste der Ulmen ihr zierliches Nestchen; der prächtige Bienenfresser belebt den ganzen Wald und begrüfst seine Gefährten mit lautem, selten unterbrochenen Rufe; der Specht jubelt, die Grasmücken singen, der Kukuk erklärt allen Genossen seiner Art eifersüchtig rufend die Fehde, die Turteltaube beginnt ihr lieb- _ lieh Girren und steigt klatschend in die Höhe, um sich von dort aus - mit sanftem Schweben wieder herabzulassen: es ist ein nördliches Le- ben, des Nordens Musik, aber gar viele südliche Accorde klingen in sie hinein und machen sie ganz besonders anziehend wegen dieser R. ö Dabei ist der Mai im Ganzen noch kühl und frisch; der des Jah- res 1857 war zuweilen noch rauh. Das mögen die nachstehenden, in Madrid beobachteten Thermometerstände beweisen: Tag höchster niedrigster Stand Am 7. Mai 17,4° R. 7,99. R. - 8 - 16,1 - 6,0 - ah Ir 145 - 4,9 - Sa 142 .- Bi - 22. - 17,2 - 42 - rd. 20,5 - 5,3» 116 A. E. Brehm: Tag höchster niedrigster Stand Am 20. Mai 20,2° R. 8,7° R. - 22. - 10,9 - 7,1 - aa. 10,9 - Be - 2. - 135 - 7,9812 - 26. - 14,1 - 49 - ELSE. 141.0: 49 - TE 12,61 - 6,6 - ar 20,3: 1% 55 - Der Juni ist in unserer Zone beinahe überall derjenige Monat, welcher die „höllische* Hitze über das Land bringt. Fast eben so rasch, als die Natur aus ihrem Schlummer erlebte, welkt sie wieder dahin. Eine afrikanische Gluth legt sich nach Beendigung der Regen- zeit über das Land. Ich habe in Afrika selten das Drückende der Wärme so empfunden als hier, wo namentlich die erfrischenden Passat- winde fehlen. Denn wenn sich der Wind hier erhebt, kommt er ent- weder selbst im Sommer noch eisig kalt von den nördlichen Höhen herab, oder aber er wirbelt Wolken von Staub auf und füllt damit die Luft an, wie ein Samuhm die der Wüste mit Sand. In allen Häu- sern müssen Vorkehrungen gegen die Hitze getroffen werden; in den Strafsen der Städte und Dörfer glüht es wie vor einem Ofen. Selbst zur Nachtzeit noch strahlen die erhitzten Steine des Pflasters und der Mauern bedeutende Wärme aus. Auf den Hochstrafsen liegt der Staub Viertelellen hoch; der geringste Luftzug erhebt ihn und füllt dem Wan- derer Mund und Nase an. Das Auge schmerzt, als ob es geblendet wäre; die Lunge arbeitet mit fieberischer Anstrengung, um den in die Luftröhrenäste eindringenden Staub wieder auszustolsen. Der Körper wird in Schweils gebadet, der Kopf glüht. Wer es vermag, verläfst das Innere und eilt den Meeresküsten zu; nicht blofs nach Norden hin ziehen die Reisenden, sondern auch nach Andalusien, Valeneia und Murcia; denn selbst in der heifsen Zone ist der Sommer erträglicher, als hier. So weit konnte ich aus eigener Erfahrung sprechen. Nunmehr gebe ich mir mitgetheilte Erfahrungen. Bis zum August herrscht „die Hölle* unbedingt vor. Die Wiesen sind bald verdorrt, die Aehren im Felde gereift. Der Juli ist die Zeit der Erndte. Auf ihn folgt der fürchterlichste Monat im ganzen Jahre. Er dörrt zuweilen selbst das Laub an den Bäumen, welches ohnehin schon längst mit dicker Staub- kruste bedeckt ist. Die vollständigste Dürre drückt das Land; die Flüsse sind zu Bächen geworden. September und October sollen die schönsten Monate des ganzen Jahres in diesem wahrhaft schrecklichen Lande sein. Wenn auch des Ein Beitrag zur zoologischen Geographie Spaniens. 117 Herbstes Gaben gröfsestentheils schon im Sommer gespendet wurden, bringt der Herbst doch seine milde Frische mit: den Frühling kann er freilich nicht ersetzen. — Die Thierwelt unseres Gebietes entspricht diesem insofern voll- kommen, als sie ebenfalls entweder bald nordische, bald südliche For- men und Gestalten zeigt. Eigentlich charakteristische Wirbelthiere Mittelspaniens kenne ich nicht; denn alle hier vorkommenden finden sich auch in nördlicheren und südlicheren Theilen des Landes wieder. Dessen ungeachtet mufs ich das Thierleben unserer Hochebene näher beleuchten. Dabei werde ich immer das auch für die letzte Zone zu Sagende zum Abschlufs zu bringen suchen. Die Arbeiten des fleilsigen Gra@lls haben das Vorkommen von sechs Fledermaus-Arten festgestellt, welche mit Ausnahme einer ein- zigen (Dinops Cestoni) sämmtlich auch in Deutschland leben. Die Ord- nung der insektenfressenden Raubthiere weist wie die nördliche Zone den Maulwurf und Igel auf; dazu hat man noch die Haus- Spitzmaus (Sorez araneus), spanisch „Musarana“ beobachtet. Die Fleischfresser sind: die Wildkatze (häufig namentlich da, wo es viele Kaninchen giebt), der Luchs, selten der Wolf, häufiger der Fuchs, und die bei Aufzählung der nördlichen Zone genannten mar- - derähnlichen Thiere. Zu ihnen tritt die Genettkatze (Viverra Genetta), spanisch „Gi- neta“ genannt, welche zwar ziemlich selten erlegt wird, dennoch aber auf jedem Bergzuge anzutreffen ist. In der südlichen Zone ist sie noch häufiger, in den Gebirgen von Granada soll sie gemein sein. Wir fanden sie in allen Museen und erhielten sie in Malaga. Nach den Angaben von Gra&älls soll auch das merkwürdigste aller spanischen Säugethiere, die Manguste (Herpestes Widdringtonii, - Grai), in unser Gebiet herüberstreifen. Bekanntlich hat die ziemlich 2 zahlreiche Sippe der Mangusten namentlich in Afrika und (weniger) in _ Asien ihre Vertreter; in Europa aber kennt man aufser Spanien kein zweites Land, welches eine Manguste aufzuweisen hätte. Das Thier heifst bei den Spaniern „Melon“ und „Meloncillo“ und war den Jägern _ lange vor seiner wissenschaftlichen Entdeckung wohlbekannt, da die _ Erbeutung desselben wegen der zu Pinseln höchst brauchbaren Schwanz- haare immerhin lohnend genug wurde. Unser schönes Raubthier lebt ' ganz wie sein afrikanischer Vetter, der Ichneumon, in Rohrwäldern an. den Ufern der Ströme Andalusiens und Estremadura’s, nicht aber, wie einige Lehrbücher angeben, im Gebirge. Sein Vorkommen in Spa- ‚nien stempelt die von ihm bewohnten Landestheile durchaus zu afrika- 118 A. E. Brehm: Sehläfer, Ratten und Mäuse, sowie durch zwei Hasen in unserer Zone vertreten. Der eine der letzteren ist Lepus Cuniculus L., der andere die vielnamige südeuropäische Art: Schimper nennt sie Lepus granatensis, Gra&älls L. matritensis. Neuerdings hat man nun zwar ihre Selbstständigkeit bezweifeln oder geradezu wegleugnen wollen; allein dem dürften sich doch wohl einige Bedenken entgegenstellen, wenn man nicht ein nur die halbe Gröfse des nordischen erreichendes Thier eben blofs als sogenannte „klimatische Abänderung“ ansehen will. Alle südspanischen Hasen erreichen niemals die Gröfse und das Gewicht des nordischen, sondern sind gewöhnlich so klein und leicht, dafs ein sechs Pfund wiegender schon zu den Seltenheiten gehört. Ihre Farbe ist lichter und röther, als die der unsrigen. Wie alle jagdbaren Thiere in Spanien, gehört auch der Hase zu den Seltenheiten, wenig- stens nach unseren gewohnten Begriffen von der Häufigkeit des Thieres. Man kann tagelang geeignetes Land durchwandern, ohne einem einzi- gen Hasen zu begegnen. Jagden, in denen 20 Stück erlegt werden, sind etwas ganz Ungewöhnliches. Natürlich erzählen die Jäger auch in Spanien von „unglaublich vielen Hasen“, welche hier oder dort (namentlich bei Toledo) leben sollen; allein das sind eben Jägerge- schichten. Die Schonungslosigkeit, mit welcher jede Jagd ausgeübt wird, hat sie vollständig verdorben: Spanien ist gegenwärtig viel ärmer an Wild, als jedes übrige Land Europa’s. Die unausrottbaren Kaninchen sind häufiger, als die Hasen. Sehr zahlreich sind diese Thiere in allen gehegten Wildständen, so im Pardo bei Madrid. Die Wiederkäuer unseres Gebietes sind Hirsch, Damm- hirsch und Reh. Andere dieser Ordnung angehörige Arten kommen im freien Zustande nicht mehr vor, wenn man das auch immer be- hauptet hat. So haben fast alle Thierkundigen einem der merkwür- digsten Thiere Europa’s, dem Mufflon (Ovis musmon), das Innere Spaniens als Heimath angewiesen. Selbst der gründlichste und wahr- haftigste aller spanischen Reiseberichter, Moritz Willkomm, hat sich von der gewöhnlichen Annahme täuschen lassen und sie für baare Münze gehalten. Er erzählt, dafs noch vor wenig Jahren (1851?) eine Jagdgesellschaft vier Stück Mufflons in den Despoblados de Cuenca erlegt habe. Das ist, meiner festen Ueberzeugung nach, ein Irrthum. Von wissenschaftlichem und jagdlichem Eifer angespornt, haben wir (Dr. Apetz, mein Bruder Reinhold und ich) vom Anfange un- seres Aufenthalts in Spanien an bis zu Ende unserer Reise dem Muff- lon nachgespürt. Zu diesem Ende sind die Museen und die Privat- sammlungen aller von uns berührten Städte, die deren aufzuweisen hatten, von uns besichtigt worden; wir haben bei allen anerkannten Ein Beitrag zur zoologischen Geographie Spaniens, 119 Jägern, und zwar auch bei „Cuencanos*, bei Naturforschern, Hirten und Laien nachgefragt, aulserdem selbst ziemliche Strecken jagend - durehwandert, Gehörne der erlegten Wiederkäuer untersucht u. s. w., und sind endlich zu dem Ergebnils gekommen, dafs der Mufflon ge- genwärtig auf dem spanischen Festlande nicht mehr lebt, ja, wahr- scheinlich niemals dort gelebt hat. Nun hat es geheilsen, dafs er auf den Balearen noch häufig wäre. Allein weder Graälls noch Sanchez Comendador in Bar- celona haben das fragliche Thier während ihrer Reisen auf den Inseln gesehen oder von ihm gehört, so dafs auch für die Balearen das vom Festlande Behauptete Geltung haben dürfte. Auch wir sind mehrfach von den Erzählungen der Spanier irre- geleitet worden. Man hat uns ein Thier beschrieben, welches wir wohl _ für den Mufflon hätten halten können. Wenn uns aber die Hörner genau geschildert oder gezeigt wurden, erkannten wir jedes Mal, dafs wir es mit dem Steinbock zu thun hatten. Da nun dieser, wie schon gesagt, über die ganze Halbinsel verbreitet ist, und zweifelsohne auch bei Cuenca vorkommt — in der Nähe der „Despoblados“ lebt er be- stimmt — wird auch Willkomm in ähnlicher Weise getäuscht wor- den sein, und den spanischen Steinbock für den Mufflon ge- halten haben. — Für die Klasse der Vögel ist die mittlere Zone wichtiger, als für die der Säugethiere. Zwar ist auch in ihr noch ein wahres Mischlings- leben nordischer und südlicher Vögel zu beobachten; allein Mittelspa- _ nien wird bereits zur Winterwohnuug vieler Zugvögel. Diesem Um- ‚stande ist nun auch die bedeutende Artenzahl der hier beobachteten Nöge]l (über zweihundert!) zuzuschreiben. Nach eigenen Beobach- tungen bringen hier folgende bekanntere Vögel unserer Heimath den Winter zu: 0,Der Fischadler (Pandion haliaetos); einzeln am Jarama, Tajo und Guadiana. Der Königsweih (Milvus regalis); in sehr grofsen Gesellschaften durch das ganze Gebiet, welches er übrigens auch stän- dig bewohnt. Der gemeine und der Wespenbussard (Buteo vul- _ garis und Pernis apivorus). Der Sperber (Nisus communis), Korn- und Wiesenweih (Cireus cyaneus und eineraceus). Die Saatkrähe (Corvus frugilegus); einzeln wohl auch die Dohle (Monedula turrium). Der Gimpel (Pyrrhula vulgaris); in sehr strengen Wintern. Der Edelfink (Fringilla coelebs). Der Grauammer (Emberiza millaria); in grolsen Flügen; auch Standvogel. Die Feld- und Haidelerche (Alauda arvensis und A. arborea); beide in zahlreichen Flügen. Der Wasser- und Wiesenpieper (Anthus aquaticus und A. pratensis). Die gelbe und graue Bachstelze (Motacilla sulphurea und M. alba). 120 A. E. Brehm: Das Rothkehlchen (Rubecula vulgaris). Die Blaudrossel (Petro- cossyphus cyaneus); jedoch noch sehr einzeln. Die Mistel-, Sing- und Weindrossel (Turdus viseivorus, musicus und iliacus); die letzt- genannten sind im Süden noch häufiger. Der gemeine Staar (Sturnus vulgaris). Der Buschsänger (Sylvia provincialis); auch Standvogel. Alle deutschen Arten der Laubsänger (Phyllopneuste). Die Brau- nelle (Accentor modularis). Beide Goldhähnchen (Regulus pyrrho- cephalus und R. crococephal.). Die Ringel- und Hohltaube (Co- lumba palumbus und C. oenas); beide in zahlreichen Flügen überall, auch in nächster Nähe von Madrid. Die Wachtel (Coturniz vulga- ris); sehr einzeln in grasreichen Gegenden, trockenen Rieden etc. Meh- rere Regenpfeifer, Schlamm-, Ufer- und Meerläufer (Chara- drius, Tringa, Machetes, Totanus). Der Kiebitz (Vanellus ceristatus), „Ave fria* — kalter Vogel — genannt. Zwei Brachvögel-Arten (Numenius arquatus und N. phaeopus). Die Wald-, Sumpf- und Heerschnepfe (Scolopaz rusticola, gallinajo und gallinula). Einige kleine Möven etc. Die unserem Gebiet eigenthümlichen und dasselbe kennzeichnen- den Vögel, welche jedoch ohne Ausnahme auch im Süden vorkommen, sind folgende: Der graue Geier (Vultur cinereus), spanisch „Buitre* und „B. franeiscano*. Ueberall einzeln; Bewohner der höheren Grenzgebirge. Der Kaiseradler (Agquila imperialis). Nicht gerade selten in grölseren Forsten, z. B. im Pardo bei Madrid. Bisher noch nicht süd- licher beobachtet. g Der Habichtsadler (Ag. Bonellii), spanisch „Aguila blanca“ oder „Perdicero*. Nächst dem Steinadler der häufigste Edeladler a nid Südspaniens; hier im Gebirge, dort in Wäldern. Der Schlangenadler (Circaötos gallicus). m Der Röthelfalk (Cerchneis cenchris). Wie in Griechenland (Athen) Bewohner der gröfseren Städte (Madrids, Toledo’s, Sevilla’s, Mälaga’s), wo er in Häusern und auf Kirehthürmen brütet. Scheint einzeln in Südspanien zu überwintern; obgleich ich ihn sonst nur vom 15° N. Br. an südlich (Sennahr) im Winterquartiere beobachtete. Der rothhälsige Ziegenmelker (Caprimulgus ruficollis), spa- nisch „Papavientos“ — Windvater, — „Chotacabras* — Ziegensäuger, — „Enganapastor* — Hirtenbetrüger — und „Zumaya“ genannt; er- scheint Anfangs Mai, lebt in Gärten, Baumgruppen, Nutzpflanzungen und Wäldern, und wandert Anfangs September weg. Der Straufskukuk (Coccystes glandarius), spanisch „Cuco real*. Einzeln in Wäldern. Legt hier seine Eier in das Nest der gemeinen Elster (Pica caudata). Ein Beitrag zur zoologischen Geographie Spaniens. 121 Die Blauelster (Pica cyanea), spanisch „Rabilargo“, „Azulejo“ und „Babudo“ genannt. Sie ist in allen gröfseren Eichenwaldungen häufig, und scheint für die immergrüne Eiche geschaffen zu sein. Ihr "Gefieder und Wesen passen vortrefflich zu diesem Baume, dessen dichte Krone ihr jederzeit Schutz gewährt. Die Blauelster ist undenkbar ohne - die immergrüne Eiche. Der südliche Raubwürger (Lanius meridionalis), spanisch „Al- candon real“. Sehr einzeln in Wäldern und Baumpflanzungen. Der Kernbeilser (Coccothraustes vulgaris). Ist über die ganze "Halbinsel verbreitet und mit sehr vielen Namen begabt. Ich führe ihn _ erst hier auf, weil dafür ein Grund darin vorliegt, dafs er regelmäfsig _ von hier aus den Winter südlich geht und erst im Mai wieder eintrifft, ‘während er doch in Deutschland überall wintert. Wahrscheinlich ist ‚die Ursache dieser auffallenden Ortsveränderung in der Armuth des Landes an beerentragenden Bäumen oder Sträuchern zu suchen. Der spanische Sperling (Passer hispanicus), spanisch „Gorrion molinero“. Nur an Flufsufern mit trockenem oder unter Wasser ste- hendem Ried; demnach durchaus nicht Hausthier. Die Baumnachtigall (Aedon galactodes), spanisch „Rosarda“, „Alzsarabo“ und „Pajaro rojo“. In unserer Zone noch sehr einzeln; _ weit häufiger in der südlichen, in Weinbergen und Baumpflanzungen. \ Das Sandflughuhn (Pterocles arenarius), spanisch „Ganga* und wie das folgende „Churra*. Lebt auf weiten Brachfeldern und Haiden in Familien und Flügen, ist aber in der südlichen Zone häufiger als hier. 0 Das Spiefsflughuhn (Pterocles alchata), spanisch „Ortega“. An ‚denselben Orten wie das vorige. Es ist hier häufiger als im Süden. Der grofse Trappe (Otio tarda), spanisch „Avutarda*, das ännchen in Andalusien „Barbon“. Lebt auf weiten getreidereichen jenen; im Ganzen jedoch selten. — Ueber die Klasse der Reptilien ist in unserem Gebiete nichts Besonderes zu sagen; sie zeigt keine auffallenden, dem Lande eigen- ümlichen Gestalten. Die in den Hauptflüssen lebenden Fische sind noch unbekannt. Dagegen sind die Insekten sehr reich vertreten "und bezeichnend für die Zone, indem viele von daher bekannte Arten bis jetzt einzig und allein daselbst gefunden worden sind. . /T 122 va. Reisebericht über Silein in Ungarn und das Erdbeben vom 15. Januar 1858. Vom Professor Dr. M. Sadebeck in Breslau, Bei der Bearbeitung der über das Erdbeben vom 15. Januar d. J. eingegangenen Berichte, welche mir von der schlesischen Gesellschaft für vaterländische Cultur übertragen worden ist, hatte sich der Mangel an zuverlässigen Nachrichten vom eigentlichen Heerde des Phänomens fühlbar gemacht und deshalb bin ich beauftragt worden, die Reise nach Silein in Ungarn, wo die Erschütterungen am heftigsten gewesen sein sollten, zu unternehmen. Ich reiste Sonnabend vor Pfingsten von hier auf der oberschlesischen Eisenbahn zunächst nach Oderberg, wo ich trotz meiner vielen Instrumente — zwei Barometer, ein Theodolit, zwei Ther- mometer und einer Boussole — von Seiten der Grenzbeamten auch nicht die mindesten Schwierigkeiten zu erleiden hatte. Nach einem vierstündigen langweiligen Aufenthalt daselbst fuhr ich auf der Kra- kauer Bahn nach Bielitz, wo ich liebe alte Freunde habe. Hier wurde zur Weiterreise ein Wagen gemiethet und einer meiner Freunde ent- schlofs sich sofort, mich zu begleiten, damit ich in der vermeintlich unwirthsamen und sehr unsichern Gegend nicht allein wäre '). Wir fuhren den zweiten Feiertag von Bielitz ab, kamen bei Seipasch in das schöne Sola-Thal und erreichten gegen Mittag die Wasserscheide zwi- schen den Zuflüssen der Donau und Weichsel in einer Seehöhe von beiläufig 2000 Fuls. Der Gebirgszug, die Beskiden, dessen Gipfel hier nicht höher als 3000 Fufs aufsteigen, steht im Osten mit den Central- Karpathen in Verbindung und trennt Galizien und Schlesien von Un- garn. Seine geognostischen Verhältnisse sind denen der Central-Kar- pathen ähnlich. Der Hauptstock besteht aus granitischem Gestein und die Vorberge theils aus Karpathen -Sandstein, theils aus Kalk, welcher der Lias- oder auch wohl der Kreideformation angehört. Hie und da findet sich in den Vorbergen Thoneisenstein, welcher auch abgebaut wird. Aber die Eisenproduction ist noch im Stadium der Kindheit und erschien mir der Industrie Oberschlesiens gegenüber wahrhaft kläglich. Sobald wir die Wasserscheide verlassen hatten, kamen wir in das Thal der Kischutza, eines Nebenflusses der Waag, welches noch viel roman- tischer als das Solathal ist. Man könnte es allenfalls mit dem Schle- !) Glücklicherweise hat sich diese Besorgnifs als völlig unbegründet erwiesen. Reisebericht über Silein in Ungarn und das Erdbeben vom 15. Jan. 1858. 123 sier-Thale bei Kienau vergleichen, aber seine Dimensionen sind noch (sartiger. Wir verliefsen dasselbe erst kurz vor Silein, unfern von Mündung der Kischutza in die Waag, gegen Mittag des zweiten setages. © Silein, ungarisch Zsolna, böhmisch Silleni, liegt unter 49° 14’ N. Br., 36° 25’ O. L., im Comitate von Trentschin, 178 Toisen über dem adriatischen Meere, auf einem nach dem Waagthale hin schroff fallenden Felsen. In früheren Zeiten soll die Waag den nordöstli- n Fufs dieses Kalkfelsens unmittelbar bespült haben; gegenwärtig sie 1000 Schritt davon entfernt. Der Grundrifs der Stadt ohne die ädte hat eine rundliche Gestalt von etwa 80 Ruthen Durchmesser. Bauart ist so wie in den kleinen schlesischen Provinzialstädten. Auf dem freien Platze, dem Ringe, welcher 20 Ruthen im Geviert und ‚reinliches und freundliches Aeufsere hat, sind alle Häuser zwei- ckig, gemauert und im Erdgeschofs gewölbt. Auf der Ost-, Süd- und Westseite sind gewölbte Lauben, wie man sie auch in Schlesien h hie und da antrifft. Eine Zierde des Platzes ist die mit zwei ürmen versehene Paulskirche, welche von den Jesuiten erbaut wor- den ist. Das dazu gehörende Stiftsgebäude ist zu einem Waisenhause jenutzt worden. Aufser der Paulskirche giebt es noch zwei andere, ebenfalls katholische Kirchen, die Pfarrkirche und die Franziskaner- che, von denen die erstere im Jahre 1848 abgebrannt und bis heute och nicht völlig wieder hergestellt ist. Von andern Öffentlichen Ge- ıden verdient nur noch die Realschule einer Erwähnung. Es ist eine sogenannte Unter-Realschule von drei Klassen, in denen vier hrer unterrichten. Director ist der Ortspfarrer. Beim Unterrichte ‚vorzugsweise die deutsche Sprache im Gebrauch, daneben aber auch böhmische. Lateinisch wird gar nicht unterrichtet, eben so wenig mzösisch. Viel Zeit und Sorgfalt wird auf das Zeichnen verwendet, 1 nach den neuesten Verordnungen soll auch die Geometrie nur als wissenschaft für dasselbe — ohne Beweise — vorgetragen werden. Naturwissenschaften werden eifrigst betrieben, aber, wie man glaubt, n den Wunsch einzelner Behörden. Die Bevölkerung besteht’ aus Magyaren, Slowaken und Deutschen. e sprechen am liebsten ihre eigene Sprache, welche gegenwärtig anz Ungarn aus Opposition gegen die Regierung ungemein eulti- wird, oder lateinisch, welches man selbst im Munde der Hand- hört. Die Slowaken sprechen böhmisch. Deutsch reden alle deten, und unter ihnen ist das Deutsche die Umgangssprache. Die erste Person im Orte ist der Stuhlrichter, gegenwärtig ein Herr von Taynthal aus Wien, welcher mir aufs Freundlichste ent- zenkam und mir versprach, mich in meinen Arbeiten nach Kräften ar, 124 M, Sadebeck: zu unterstützen. Dasselbe mufs ich zwei Lehrern der Realschule, Pro- fessor Schütz und Klemens, welche sich viel mit Naturwissenschaf- ten beschäftigen, nachrühmen. Letzterer hatte sogar die Güte, für die Dauer meines Aufenthalts stündliche Barometerbeobachtungen zu über- | nehmen, zu welchem Zweck ich ihm ein gutes Greiner’sches Instrument übergab. Aus seinen und den gleichzeitigen Beobachtungen der Wie- ner meteorologischen Central- Anstalt, 20 an der Zahl, habe ich für das in der Realschule aufgehängte Barometer 177.8 Toisen Höhe über dem adriatischen Meere berechnet, und daraus als mittlere Seehöhe für den Ring die zuvor angegebene Zahl von 178 Toisen hergeleitet, was mit der von Dr. Schmidt, Astronom in Olmütz, ermittelten Seehöhe erträglich stimmt. Dieser hat nämlich aus 50 Beobachtungen, welche gleichzeitig in Silein und Olmütz an Aneroid-Barometern angestellt worden sind, für den ersten Stock des Herrenhauses, eines Gasthauses auf dem Ringe, 177 Toisen gefunden, woraus für den Ring selbst 175 Teoisen folgt. Die Umgegend von Silein ist ein von sanften Wellen durchzoge- nes, von Nord nach Süd ansteigendes Thal, etwa eine Meile lang und eben so breit, von der Waag in der Richtung von SO. nach NW. durch- flossen, und allseitig von den Vorbergen und Ausläufern des kleinen Fatra-Gebirges ') eingeschlossen. Diese Vorberge erheben sich über die Thalsohle 600 bis 1000 Fuls ziemlich schroff. Sie sind wenig oder gar nicht bewaldet und bestehen aus Karpathen-Sandstein oder Lias-Kalk. Das nächste Hochgebirge ist das kleine Fatra-Gebirge im SO., welches sich unmittelbar hinter den Bergen von Visnyova und Varin erhebt und mit seinen Gipfeln 4 bis 5000 Pariser Fufs Seehöhe erreicht. Die von mir gewählte No- menclatur ist die in Silein übliche. Dr. Kornhuber in Prefsburg nennt den südöstlichen Theil des Hochgebirges Weternahola nach der Angabe der Landleute. Gut unterrichtete Personen in Silein sagten mir aber, dafs dies kein Eigenname sei, sondern so viel heifse als Wetterberge. Den nordwestlichen Theil des Gebirgszuges, welcher von dem vorigen durch eine enge Thalspalte der Waag getrennt wird, nennt Kornhu- ber die Variner Alpen, eine in Silein ebenfalls unbekannte Bezeich- nung. In diesem Theile liegt die höchste Spitze des ganzen Gebirges, % vom österreichischen General-Stabe Krivan-Fatra ?), von Kornhu- !) Das Fatra-Gebirge zweigt sich an den Sola-Quellen von den Karpathen ab, streicht in der Richtung des Meridians nach Süden, bildet die Grenze zwischen den Comitaten Trentschin und Arwa, wird dann von der Waag durchbrochen, und setzt im Süden derselben unter dem Namen des kleinen Fatra-Gebirges fort. Es ist nicht zu verwechseln mit dem östlichen Tatra-Gebirge, welches die höchsten Spitzen der Karpathen enthält. K.N. 2) Ebenfalls nicht zu verwechseln mit dem Grofsen Krivän im Tatra-Gebirge, ER: _ Reisebericht über Silein in Ungarn und das Erdbeben vom 15. Jan. 1858. 125 ber Studenetz genannt, 855.2 Toisen über dem adriatischen Meere nach dem österreichischen General-Stabe), etwa 34 Toisen höher als Schneekoppe, welcher dieser Berg hinsichtlich seiner kegelförmigen falt und der sich anschliefsenden Gebirgsrücken ähnlich sieht. In ‘südöstlichen Theile ist der höchste Gipfel der ebenfalls kegelför- e Mincov (Mintschov), dessen Höhe ich barometrisch auf 694 Toi- i trigonometrisch auf 698 Toisen bestimmt habe. Frühere Bestim- mungen sind mir nicht bekannt. Was die geognostische Zusammensetzung dieser Gegend betrifft, so will ich sowohl das Wenige, was ich während meines viertägigen Aufenthalts beobachtet habe, als auch die Resultate der Forschungen ler Sileiner naturhistorischen Lehrer mittheilen. Der Haupt-Gebirgs- ock besteht aus granitischem Gestein, auf welchem hie und da kry- tallinische Schiefergesteine aufgelagert sind, z. B. Gneifs am Abhange Mincow, und Glimmerschiefer ebendaselbst. Auch wurde hier Dioritschiefer anstehend getroffen; doch konnte seine Beziehung zum auptgestein wegen Mangel an Zeit nicht ermittelt werden. Die Vor- ge bestehen aus Lias-Kalk, namentlich oberhalb Visnyova, und bil- den enge Schluchten mit fast verticalen Wänden; hie und da aber auch aus Dolomit. Im Gegensatz zu diesen Vorbergen werden die Höhen- züge, welche das Sileiner Thal im Westen und Norden begrenzen und gen dasselbe minder schroff abfallen als jene, von Karpathen-Sand- gebildet. Der Kalk des Sileiner Beckens soll der tertiären For- mation angehören, und ist meistentheils von Diluvium bedeckt. An der Sileiner Pfarrkirche zeigt er sich anstehend. Auch Spuren von Braunkohle will Professor Klemens in der Nähe der Stadt Een ben. = Die Flora des Gebietes scheint von der schlesischen wenig; ver- schieden zu sein. Hinsichtlich ihrer Entwickelung war sie gegen diese hl um 14 Tage zurück. Leontodon tarazacum hatte z. B. noch nir- ads, so wie bereits in Schlesien, den Pappus angesetzt, der Birnbaum r eben erst in voller Blüthe, welche dort schon vorüber war; ganz nders aber waren die Cerealien zurück. Deutet dies alles auf ein geres Klima hin, so findet dies noch seine Bestätigung darin, dafs Temperatur der Luft mindestens einen Grad niedriger war als zu elben Zeit in Breslau. Um auf einige Einzelnheiten einzugehen, so war die grolse Ver- eitung von Alchemilla auffallend. Während diese Pflanze bei uns ur‘ zerstreut vorkommt, traf man sie dort überall bis in das Hochge- GER a er Nine Höhe von 7600 Fufs erreicht. Der Krivan im Fatra wird zum Unterschiede auch als der Thuroczer bezeichnet, nach dem Namen des Comitats. K.N 126 M. Sadebeck: birge. Für letzteres ist nur eine einzige charakteristische Pflanze zu bemerken, Soldanella alpina, welche in einer Höhe von 400 Toisen aufzutreten begann, wie ich beim Besteigen des Mincov beobachtet habe, denn andere von mir hier beobachtete seltenere Gebirgspflanzen, wie Potentilla aurea, Veratrum album, Dondia Epipactis, Chrysosplenium alternifolium gehören auch den schlesischen Gebirgen an, Knieholz, welches nach Kornhuber auf der Weternahola wachsen soll; habe ich nicht gesehen. Der Thalkessel von Silein ist als das Centrum des Erdbebens vom 15. Januar d. J. zu betrachten. Nach dem Eindrucke, welchen die eigene Anschauung auf mich gemacht hat, und nach den amtlichen Berichten zu urtheilen, ist die Wirkung des Phänomens in Silein selbst am heftigsten gewesen. Schon von aufsen sieht man noch jetzt an allen gewölbten Lauben gewaltige Sprünge und Verschiebungen. In den Lauben der Ost- und Westseite des Ringes laufen die Sprünge quer durch, und auf der Südseite der Länge nach, d. h. westöstlich, woraus hervorgeht, dafs die Stöfse eine südnördliche Richtung gehabt haben müssen. Die Gesimse an den Dächern sind an vielen Häusern herabgestürzt, an einem Hause auf dem Ringe sogar ein ganzer ge- mauerter Vordergiebel. Noch ärger erscheinen die Verwüstungen, wenn man in das Innere der Häuser kommt, wo man noch jetzt Sprünge wahrnehmen kann, durch welche man hindurchsehen, ja wohl gar die Hand aus einem Hause in das benachbarte hindurchstecken kann. Am meisten haben die Eckhäuser und die oberen Stockwerke gelitten. Ganz verschont ist kein einziges Haus geblieben, am meisten noch Binde- werk-Häuser. Hie und da sind Decken und Gewölbe ganz einge- stürzt. Gegenwärtig sind immer noch fünf Häuser unbewohnbar. Die Schilderung der Verwirrung, welche der erste Stols am 15. Januar Abends bald nach 8 Uhr hervorrief, entnehme ich dem amtlichen Be- richte des Stuhlrichters von Taynthal, wo es heilst: „In Silein stürzten alle Menschen beim ersten Stofse auf die Strafse, viele ohne Winterkleider; die Frauen trugen ihre nur mit dem Hemd, bekleideten Kinder in’s Freie. Um die Marienstatue auf dem Markt- platze sammelten sich eine Menge Andächtige, welche bis zur Mitter- nacht Trost im Gebet suchten. Die Entmuthigung wuchs immer mehr, als sich die Stölse wiederholten, und notorisch wurde auffallend viel geistiges Getränk genossen. Auch die Thiere geriethen in grofse Angst. Die Hunde heulten und suchten sich zu verstecken. Das Rindvieh brüllte und erhob sich vom Lager, das Geflügel flatterte unruhig um- her, die Hühner drückten den Schnabel auf den Boden, die Tauben flogen aus, die Pferde 'schnaubten und stampften und verschmähten das Futter.“ BE , Pal 07 > N OR eisebericht über Silein in Ungarn und das Erdbeben vom 15. Jan. 1858. 127 Der offenbare Schaden an Gebäuden beträgt 40,000 Gulden, die Entwerthung 100,000 Gulden. Interessant sind auch die mündlichen Mittheilungen zweier gebil- deten Damen, der Frau Stuhlrichter von Taynthal und der Frau essor Schütz. Erstere wurde bei dem ersten Stolse von ihrem Sessel in die Höhe geworfen, und ihr Schreck wurde dadurch gestei- gert, dafs sie ein Stück Zimmerdecke auf ihr kleines, im Bett schlafen- ‚des Kind herabstürzen sah, welches aber wunderbarer Weise unver- letzt blieb; und als sie mit demselben auf die Stralse eilte, fielen auf der Treppe fortwährend Ziegelstücke hinter ihr herab. Aehnlich be- riehtete mir die Frau Professor Schütz, dafs sie ebenfalls vom Sessel plötzlich in die Höhe geworfen, und gleichzeitig die Stubenthür aufge- r issen und wieder zugeschlagen wurde, wobei das Thürfutter eine so bedeutende Verschiebung erfuhr, dafs sie, wie sie aus dem Zimmer flie- hen wollte, die Thür nur mit äufßserster Kraftanstrengung zu öffnen vermochte. Professor Klemens, welcher den Tag nach dem Erdbeben einen Bericht für eine böhmische Zeitung abgefafst hat, sagt in demselben ‚wörtlich '): „Um + auf 9 Uhr that meine kranke Frau, während ich schlummerte, plötzlich einen Schrei. Ich war augenblicklich auf den Fülsen und bemerkte staunend, dafs die eine Ecke des Zimmers stieg, während die andere fiel, wobei alles Geräth im Zimmer schwankte. ich nahm also gleich die Uhr zur Hand und bemerkte die Zeit. Meine Frau sagte, dafs ihr Bett von Süd gegen Nord gerüttelt worden sei. Sie lag mit dem Kopfe gegen Süd und bemerkte bei der ersten Be- wegung ein rasches Strömen des Blutes längs des Rückgrates, demje- nigen gleich, wie es beim Electrisiren gespürt wird. Ich wachte bei meiner Frau und zeichnete die Erschütterungen genau auf wie folgt ?).* „Die erste Erschütterung waren Stölse in horizontaler Richtung, welche in wellenförmige Bewegung übergingen; sie dauerte gute 10 Se- eunden und war die stärkste. Ihr folgte nach 50 Minuten eine schwä- chere, nach weiteren 9 Minuten eine dritte wieder etwas stärkere, und = ‘Minuten nach dieser eine vierte sehr schwache. Ferner wurde um Mitternacht eine sehr schwache Erschütterung gespürt, ebenso um 3 Uhr [0 Minuten Morgens, also bereits am 16. Januar, um 9 Uhr 20 Minu- ı und um 9 Uhr 34 Minuten.* 22 - 1) Ursprünglich ist der Bericht in böhmischer Sprache abgefalst gewesen. Die setzung hat Frau Professor Klemens in zuvorkommender Weise für mich an- tigt, weil ihr Mann, der zwar gut deutsch spricht, aber im Schreiben ungeübt t, sich vor Sprachfehlern gefürchtet hat. 2) Ich mufs hier bemerken, dafs Professor Klemens in einem Hause aus Bind- . und in einem Stadttheile wohnt, wo die Erschütterungen schwächer gewesen > 128 M. Sadebeck: „Nach dem ersten Erdbeben: liefen die Bewohner auf die Gassen und erwarteten in Angst den Morgen. Schwer verwundet war Nie- mand; die Mauern sind aber dermalsen beschädigt, dafs keine einzige ohne Risse geblieben ist; kleine Einstürzungen kamen in einigen Häu- sern vor und beinahe acht Häuser sind unbewohnbar. Samstag Abend bemerkte man abermals eine leichte Erschütterung. Merkwürdig ist, dafs man beiläufig drei Secunden früher vor einem jeden Erdbeben ein schweres und schreckliches unterirdisches Getöse hörte, welches zu- gleich mit dem Erdbeben aufhörte.“ „Den 19. Januar versammelte ich meine Schüler in die erste Klasse, zeichnete und erläuterte ihnen die Entstehung unserer Erde, da erhiel- ten die aufmerksam gespannten Knaben unverhofft einen Stofs von der Erde herauf (nach einem vorhergegangenen schwachen Getöse), wel- cher alle im Augenblick auf die Fülse stellte, worauf sie in grölsester - Verwirrung über die Bänke zur Thüre sprangen; ich hatte zu thun, dafs kein Unglück geschah. Das Auffallendste war, dafs im anderen Ende des Gebäudes im Zeichensaal zu derselben Zeit College Be- nesch mit seinen Schülern verweilte, wo sie nicht das Geringste ver- spürten in der Entfernung von 10 Klaftern. In der Stadt bemerkte man überall diese und die später nachfolgenden Erschütterungen. Diese dauerten bis Ende Februar, kleinere und grölsere zusammen gegen vierzig.“ So viel aus dem Berichte des Professor Klemens, mit welchem der des Stuhlrichters und des Professor Schütz im Einklange stehen. Letztere beiden geben für die Erschütterungen, welche nach dem 16. Januar erfolgt sind, übereinstimmend folgende verbürgte Zeitmomente: am 17. Januar Abends 6 Uhr 30 Minuten, ET u f* - - 6 - 40 - - 19. - Morgens 9 - 30 - - 19. Februar - 9°... — - Ha; - - 41 -. 80 - - 24. - - A - 0 — - Die übrigen liefsen sich nicht mit Bestimmtheit feststellen. Die letzte Bewegung soll am 5. Mai stattgefunden haben. Mir kam es ganz besonders darauf an, den Zeitpunkt des ersten Stofses vom 15. Januar möglichst genau festzustellen, um die Geschwin- digkeit der Erschütterungswellen berechnen zu können. Im amtlichen Bericht des Stuhlrichters werden zwei verschiedene Zeitangaben, näm- lich 8 Uhr 2 Minuten und 8 Uhr 15 Minuten mitgetheilt. Die erste, 8 Uhr 2 Minuten, stützt sich darauf, dafs eine gute Pendeluhr des Stuhlrichters, welche nach einem in Wien gestellten Chronometer regu- lirt worden und beim ersten Stolse stehen geblieben war, eben jene u EN u ee he Eee te de a nase Reisebericht über Silein in Ungarn und das Erdbeben vom 15. Jan. 1858. 199 ‚angezeigt hatte. Die zweite Zeitangabe, welche den Moment 13 ıten später ansetzt, ist daher entnommen, dafs man, wie mir auch Y ee aasor Schütz mündlich mitgetheilt hat, bald nach dem ersten Stofse, als Alles in’s Freie geeilt war und man sich von dem ersten Schreck etwas erholt hatte, auf dem Thurme 4 auf 9 Uhr schlagen hörte. Auf Bes Angabe ist daher wenig Gewicht zu legen, weil mir nicht mit 3estimmtheit gesagt werden konnte, wie viel Minuten in Abzug zu zen seien. Dazu kommt, dafs die Thurmuhr nach meinen Beob- ‚achtungen einen unregelmäfsigen Gang hat, und dafs sie nach einer alten Sonnenuhr an der abgebrannten Pfarrkirche von einem Frauen- zimmer gestellt wird, welches dieses Geschäft nicht zum Besten zu ver- stehen scheint. Ich halte mich daher an die erste Zeitangabe von 8 Uhr Minuten, zumal da dieselbe von der aus zuverlässigen schlesischen Zeitangaben für Silein berechneten Zeit 8 Uhr 2 Minuten 48 Secunden nur wenig abweicht. In Breslau nämlich, 32 Meilen von Silein entfernt, ist der Stofs nm 8 Uhr 38 Minuten mittlerer Ortszeit, in Reichenstein, 25 Meilen entfernt, um 8 Uhr 26 Minuten, in Oppeln, 23 Meilen entfernt, um 8 Uhr 30 Minuten, in Gleiwitz, 16 Meilen entfernt, um 8 Uhr 24 Mi- nuten, in Plefs, 11 Meilen entfernt, um 8 Uhr 15 Minuten, sämmtlich in mittlerer Ortszeit ausgedrückt, beobachtet worden. Redueirt man sämmtliche Zeitangaben auf mittlere Breslauer Zeit, so erhält man: ter für Breslau 8 Uhr 38 Minuten, ai - Reichenstein 8 - 27 - - Oppeln 8 .- 2% - - Gleiwitz 8-18 - - Plefs Bra - na und bei der Annahme, dafs Silein selbst das Centrum ge- E sen ist, habe ich als wahrscheinliche Geschwindigkeit für eine Se- eunde 24.6 Ruthen oder für eine Minute 2 Meilen, also etwa das Zehn- fache von der Geschwindigkeit einer Locomotive, berechnet. Aus dem amtlichen Berichte des Stuhlrichters geht ferner hervor, dafs das Erdbeben nächst Silein am heftigsten in Biesiez (Bitschitz) ‚ Visnyova gewesen ist. Der Besitzer von Bitschitz, Herr v. Wag- »r, ein geborener Preulse und wissenschaftlich gebildeter Mann, be- nt ein festgebautes Schlofs, welches im Erdgeschofs und im ersten ock durch und durch gewölbt ist; und hier hat der erste Stock am en gelitten, so dafs die Gewölbe vielfach gestützt werden mufsten. e gute Pendeluhr war um 8 Uhr 52 Minuten stehen geblieben, und habe dieselbe noch in dem Zustande gesehen, in welchen sie ver- t worden ist; sie konnte aber unmöglich richtig gestellt gewesen, ' mülste erst bei dem zweiten Stofse (50 Minuten nach dem ersten) _ Zeitschr. f. allg. Erdk. Neue Folge. Bd. V. 9 130 M. Sadebeck: stehen geblieben sein. Die Richtung der Stöfse war hier nach der Angabe des Herrn v. Wagner nicht südlich, sondern mehr östlich. Das Phänomen war hier von einer fürchterlichen Detonation begleitet. In Visnyova, wo besonders das Gewölbe der Kirche viele Sprünge erhalten hat, so dafs dieselbe anfänglich geschlossen wurde, sind sonst keine erheblichen Beschädigungen an Gebäuden vorgekommen. Die Stöfse kamen nach der Aussage des Pfarrers von Silein her, hatten also die Richtung von Nord nach Süd, und waren auch von einer hef- tigen Detonation begleitet. Diese kam nach Aussage der Landleute aus einer benachbarten Schlucht am Fufse des Mintov, unter dem Na- men Cooneidiel bekannt. Wahrscheinlich sind die Landleute durch das Echo getäuscht worden. Ich habe diese Schlucht besucht und in der- selben, obgleich sie von fast senkrecht aufsteigenden Felswänden be- grenzt wird, wo manche Felsstücke ganz lose zu liegen scheinen, auch nicht die mindeste Spur wahrgenommen, dafs das Erdbeben die Fels- wände gespalten oder Felsstücke herabgeschleudert hätte. I Nach Allem, was ich gesehen und gehört habe, ist das ganze Ge- biet zwischen Silein, Biesiez, Visnyova, Gbelan und Tepliesca als der Heerd des Phänomens zu betrachten, und will man durchaus einen Centralpunkt haben, so würde derselbe in der Mitte dieses Gebietes zu suchen sein. Hiermit stimmen auch alle Richtungsangaben aus fer- neren Gegenden. Ganz besonderes Gewicht ist auf die in Gyuresina und Ko Poruba beobachteten Richtungen von Nord nach Süd zu legen. Hier hätte der Stofs von Ost kommen müssen, wenn er vom Mincov ausgegangen wäre, wie Dr. Schmidt meint ’). In Betreff der Detonationen ist es auffallend, dafs dieselben gerade da am schwächsten waren, wo die mechanischen Wirkungen den höch- sten Grad erreicht hatten. In Silein nämlich habe ich von Niemand vernommen, dafs den ersten Stofs ein unterirdisches Getöse begleitet hätte; erst bei den späteren Stöfsen hat man ein solches gehört. Ich möchte dieses mit der Thatsache vergleichen, dafs die Bewohner von Häusern, welche vom Blitze getroffen werden, vom Donner gewöhnlich Nichts wahrnehmen. Höchst merkwürdig sind die Unterbrechungen, welche die Stölse hie und da erfahren haben, und welche man einer Art Interferenz der Bewegungswellen zuschreiben möchte. Besondere Beachtung verdient in dieser Beziehung der Bericht des Professor Klemens, in welchem, wie zuvor mitgetheilt, die Erschütterung vom 19. Januar in dem einen !) Dazu kommt noch, dafs in Silein an manchen Punkten die Stöfse direct von unten herauf gekommen zu sein scheinen, wie namentlich aus den mitgetheilten Aus- sagen der beiden Damen hervorgeht. MH Reisebericht über Silein in Ungarn und das Erdbeben vom 15. Jan. 1858. 131 Ende des Realschul-Gebäudes stark, im andern gar nicht gefühlt wurde. Selbst bei dem ersten Stofse am 15. Januar müssen auch ähnliche Er- seheinungen stattgefunden haben. Während nämlich die Stadtschule _ arg mitgenommen worden ist, scheint die Wirkung auf die nur wenige -Sehritt davon entfernte Pfarrkirche unbedeutend gewesen zu sein, denn _ obgleich sich dieselbe seit dem Brande von 1848 noch immer in einem _ halb ruinenförmigen Zustande befindet, ist nirgends an ihr ein Einsturz _ erfolgt, und es sollen sich nur die alten Sprünge in den Mauern er- _ weitert haben. Auch die anderen Gebäude neben dem Schulhause _ scheinen wenig gelitten zu haben. Die Witterungsverhältnisse sind in Silein keineswegs abnorm ge- wesen. Weder Thermometer noch Barometer zeigten erhebliche Schwan- kungen und am 15. Januar herrschte Windstille. Ueber das Verhalten _ der Magnetnadel fehlen zuverlässige Angaben. In Betreff der Gewässer liegen nur dürftige und wenig verbürgte Nachrichten vor. In Bicsiez hatte ein Brunnen auf kurze Zeit schwe- _ feligen Geschmack erhalten. Im Allgemeinen sollen die Brunnen er- giebiger geworden sein, doch sollen auch andere seitdem an Wasser- mangel leiden. Neue Quellen sind nirgends entstanden. £ Risse im Erdboden sind nirgends mit Sicherheit beobachtet wor- den, denn die Risse des Lehmbodens, welche unter den Sileiner Ar- kaden entstanden sein sollen, mögen wohl nicht durch das Erdbeben, ‘sondern durch den Frost bewirkt worden sein, welche Ansicht auch der Professor Schütz theilt. Ein Gleiches gilt wohl auch von den Spalten der gefrorenen Schnee- decke, welche Prof. Klemens am 24. März beobachtet haben will, da mir ‚Prof. Schütz ausdrücklich gesagt hat, dafs sich die Schneedecke erst nach dem 15. Januar gebildet hat. Noch ist ein anderes Phänomen zu erwähnen, welches das Erd- _ beben begleitet haben soll. In Gyurezina nämlich hat man zur Zeit des Erdbebens in der Richtung nach Nord, also nach Silein hin, ein F "blitzartiges Leuchten bemerkt. Ich zweifle, ob dasselbe mit dem Erd- _ beben in Verbindung gesetzt werden kann, und möchte eher glauben, dafs es von dem Feuer-Meteore hergerührt hat, welches auch in Schle- sien, aber hier in südlicher Richtung, fast gleichzeitig mit den Er- schütterungen beobachtet worden ist. Obgleich ich schon in Silein zu der Ueberzeugung gekommen war, _ dafs der MinCov nicht als Centralpunkt zu betrachten sei, so unter- _ nahm ich doch zur Vergewisserung einen Ausflug nach diesem Berge, begleitet von dem Herrn Stuhlrichter, dem Prof. Schütz und noch einigen anderen Sileinern, Mittwoch den 26. Mai. Wir fuhren Morgens ; 5 Uhr nach dem eine starke Meile entfernten Dorfe Visnyova, wo ich 4 9* 132 M. Sadebeck: am Eingange der Kirche Barometer-Beobachtungen anstellte., Nach diesen liegt der Ort bereits 53 Toisen höher als Silein und 230.6 Toisen über dem adriatischen Meere. Dr. Schmidt hat für denselben Punkt 228 Toisen gefunden. Als ich die Beobachtungen beendet hatte, gin- gen wir gegen 7 Uhr, die Träger eingerechnet zusammen 16 Personen, zu Fufs weiter. Einige waren mit Schulswaffen versehen, weil sich vor Kurzem in den Bergen Bären gezeigt hatten, aber wir haben zu unse- rem Bedauern keine gesehen. Als wir um 9 Uhr die Vorberge hinter uns hatten, stellte ich auf dem sogenannten kahlen Fleck, einer damm- artigen Verbindung mit dem Gebirgsstocke des Mincoy, ziemlich in gleichem Niveau mit den Gipfeln der Vorberge, aufs Neue Barometer- Beobachtungen an, und fand schon einen 11 Linien niedrigeren Stand gegen Visnyova. Die Rechnung hat für diesen Punkt eine Seehöhe von 395 Toisen ergeben. Nachdem wir darauf noch zwei Stunden ge- stiegen waren, erreichten wir ohne grofse Anstrengung den Gipfel des Berges; leider fing es an zu regnen, und ein Gewitter, welches heran zog, entlud sich zwar nicht direet über uns, begrülste uns aber mit Schlofsen, so dafs ich vorläufig Nichts unternehmen konnte. Auf dem Gipfel fand ich einen trigonometrischen Beobachtungspfeiler des Gene- ral-Stabes; das Signal selbst war schon zerstört. Spuren des Erdbe- bens sahen wir nicht; auch wufsten unsere Führer Nichts davon, dafs sich irgendwo eine Erdspalte gebildet hätte. Nachdem wir zwei Stun- den im Regen ausgeharrt hatten, hörte dieser auf, und nun eröffnete sich, wenn auch nur für kurze Zeit, eine herrliche Aussicht nach We- sten hin in das Sileiner Thal, und nach Nordost in das von St. Mar- ton, schon zum Thuroczer Comitat gehörig. Ziemlich in der Verlän- gerung desselben sahen wir über die näheren Berge hinweg die Gipfel der Central-Karpathen noch ganz in winterliches Gewand gehüllt. Wie schön auch die Aussicht war, so konnte ich doch derselben nicht viel Zeit widmen, weil ein neues Gewitter drohte, und ich beeilte mich, meine Beobachtungen vorzunehmen. Zuerst am Barometer, um 2 Uhr. Es zeigte im Mittel aus drei Ablesungen bei 7 Grad Reaum. 23” 10”'.14, also einige Linien mehr als auf unserer Schneekoppe, wo der mittlere Barometerstand 23” 2.42 beträgt. Aus dieser Differenz von nahezu 10 Linien erkannte ich schon, dafs der Mincov ohngefähr 700 Fufs niedriger sein muls als unsere Koppe. Die genaue und auf die gleichzeitigen Gegenbeobachtungen in Silein gestützte Berechnung hat 693 Toisen Höhe über dem adriati- schen Meere ergeben. Zur Controle habe ich von dem Beobachtungspfeiler aus die Ze- nith-Distanz des etwa 12 Meilen entfernten Fatra-Krivan genommen, auf welchem ebenfalls ein trigoenometrisches Signal steht, und dessen _ Höhe über dem adriatischen Meere nach den Angaben des österreichi- schen Generalstabes 879 Wiener Klafter oder 855.4 Toisen beträgt. Nach einer vorläufigen Rechnung, für welche die Entfernung ’) aber nur durch Abgreifen von der Karte ermittelt werden konnte, hat sich für den Mintov die Seehöhe von 698 Toisen, also 5 Toisen mehr als nach der barometrischen Bestimmung, ergeben. Wegen der grofsen Ungewifsheit in der Entfernung halte ich mich daher bis auf Weiteres an die barometrische Messung und betrachte _ die trigonometrische blofs als eine beiläufige Versicherung, dafs in jener kein grober Fehler enthalten ist. Weil ein neues Wetter heranzog, - mulste ich von einer Wiederholung der Beobachtungen Abstand neh- men und an den Rückweg denken. _ © Obgleich wir auf einem anderen, kürzeren und steileren Wege _ hinuntergingen, so fanden wir doch nirgends Spuren des Erdbebens, ebenso auch nicht unsere bewaffneten Begleiter, welche der Jagd we- gen kreuz und quer gegangen waren. Selbst die Führer, welche jeden _ Schlupfwinkel in den Bergen kennen und sehr oft in denselben herum- wandern, sagten aus, dafs sie nirgends eine dahinzielende Veränderung _ wahrgenommen hätten. ‘Das Ergebnifs war also in dieser Beziehung entschieden negativ, und ich wurde in meiner ersten Meinung, dafs der Heerd des Erdbebens durchaus nicht in den Bergen zu suchen sei, vollends bestärkt. An den beiden folgenden Tagen konnten des schlechten Wetters wegen nur kleine Ausflüge unternommen werden. Ich hätte gern in Silein Theodoliten-Beobachtungen nach den Bergen hin unternommen, allein letztere blieben bis zu meiner Abreise in Wolken gehüllt, so ‚dafs ich leider Silein nicht geodätisch festlegen konnte, denn ich mufste _ schon Sonnabend den 29. Mai die Rückreise antreten. 0° Wenn ich 'auch nicht Alles, was ich gewünscht hatte, erzielt habe, so war ich doch mit der Ausbeute in Rücksicht auf die kurze Zeit von vier Tagen ganz zufrieden. Ich verdanke dies ganz besonders der grofsen Bereitwilligkeit der Herren von Taynthal, Professor Sehütz und Klemens, mit welcher mich dieselben in meinen Be- strebungen fortwährend unterstützt haben. FR dan ") Ich habe Schritte gethan, dieselbe genau zu erhalten, wobei mir Schmidt in Olmütz seine Hilfe zugesagt hat, bis jetzt habe ich aber noch keine Antwort er- ha ten. 134 vH. Die letzten Entdeckungsreisen in Süd- Australien. (Hierzu eine Karte, Taf. II.) Mit den hauptsächlichsten Resultaten der im verflossenen Jahre . nach dem Innern Süd-Australiens ausgeführten Entdeckungsreisen ha- ben wir die Leser der Zeitschrift unmittelbar nach dem Eintreffen der ersten Nachrichten über dieselben bekannt gemacht "); die folgenden Zeilen haben den Zweck, unsere früheren Mittheilungen zu ergänzen, so weit die jetzt vorliegenden Berichte es gestatten, und der dem Hefte beigegebenen Karte als Erläuterung zu dienen. Obgleich der Bericht Goyders, so weit er den Lake Torrens betrifft, zum Theil auf einer durch Luftspiegelung erzeugten Täuschung beruht und manche nicht hinlänglich begründete Folgerung enthält, wirft er doch auf die Be- schaffenheit des Landes zwischen der innersten Bucht des Spencer Golfs und dem Lake Torrens, selbst durch seine Irrthümer, ein so lehr- reiches Licht, dafs wir ihn nicht unbeachtet bei Seite setzen mögen, wenn er auch in Australien selbst deswegen, weil er Hoffnungen er- regte, die sich nicht realisirten, mit einer leicht begreiflichen Ungunst betrachtet wird. 1. Die Expedition Goyder’s im Mai und Juni 1857. Die Untersuchungen Goyder’s und Freeling’s beziehen sich auf den nördlichsten Theil des Berglandes, welches von der in Hufeisen- form sich hinziehenden Niederung des Lake Torrens eingeschlossen wird. Für beide diente Port Augusta als Ausgangspunkt, ein auf- strebender Ort, der durch seine Lage am innersten Recefs des Spencer Golfs, des tiefsten Meereseinschnittes an der südaustralischen Küste, aufserordentlich begünstigt, sich eines noch schnelleren Aufschwungs erfreuen würde, wenn er nicht unter einem der schlimmsten Uebel- stände, dem Mangel an Trinkwasser litte. Der nächste Wasserplatz, von dem die Stadt versorgt wird, liest 12 Miles von ihr entfernt und gewährt auch nur einen spärlichen Vorrath; bei der Seltenheit atmo- sphärischer Niederschläge zeigt sich nicht einmal die Gelegenheit, Re- genwasser in einer für Menschen und Vieh hinreichenden Menge an- zusammeln, so dafs nur der Versuch übrig bleibt, durch artesische Brunnen einen so empfindlichen Uebelstand zu beseitigen. Von Port 1) Vergl. N. F. Ba. III, S. 271— 273. 367. 503—505. Die letzten Entdeckungsreisen in Süd-Australien. 135 Augusta führen nach den nördlichen Distrieten zwei Wege; der eine über die Western Plains am Westabhange der kupferreichen Flinder’s Range, die sich auf dem Ostgestade von Spencers Golf von N. nach S. hinzieht; der andere östlich davon theils über Ebenen, theils durch _ das Gebirge selbst, bis er sich etwa unter 31° $. Br. mit der west- lichen Route vereinigt. Wer den Bergweg einschlägt, mufs ‚gleich öst- lich von Port Augusta die Flinders-Kette in einem Pafs überschreiten, der nach einem hier fliefsenden Bache den Namen Pichirichi-Pafs - erhalten hat; diese Stelle gehörte früher zu den allerschlechtesten Ge- _ birgswegen, ist aber neuerdings so weit verbessert worden, dafs sie _ auch für Fuhrwerk brauchbar ist. Vom Pichirichi-Pafs schlägt die östliche Strafse zunächst über die - Ebene längs des Pichirichi- und Wiroughra Creek die Richtung nach Balearrie oder Mr. Ragles Station ein, und geht dann nach N. 30° O. 10 Miles weit über ein schönes ebenes Weideland zum Woorianda Creek, der sich in den Kanyaka Creek ergiefst. Hier wird die Ge- gend hügelig; die Strafse bleibt in der Richtung nach Watts Sugarloaf, _ einem konischen Hügel in dem Höhenzuge westlich vom Kanyaka, führt ' an. der Station der Herren Grant und Phillips vorbei, die bald das Aussehen eines Dorfes gewonnen haben wird, und folgt dem Laufe des Kanyaka bis zu seiner Quelle. Hier zeigt sich im N. die Pound _ Range mit ihren Hauptkuppen Rawnsley Bluff, Point Bonney, St. Ma- ry'’s Peak und Mount Boord; östlich von derselben zieht sich die Chase Range, westlich Elder Range hin. Dieses Hügelland betritt man, nach- dem man den Wornoka Creek überschritten; die Stralse folgt dem Wornoka und Arquaba Creek, führt an Wilpina (Mr. Marchant’s Sta- tion, :30 Miles von Kanyaka) und an Rawnsley Bluff (38 Miles von Kanyaka) vorbei zum Point Bonney. + Die genannten Bergkuppen bilden die höchsten Punkte eines Höhen- zuges, der den sogenannten Wilpina Pound umgiebt; man kann zu die- Allgemeinen mit sehr verwitterten Fragmenten von Thonschiefer be- deckt; die Hügel zeigen sanft geschwungene Linien und gerundete For- men; auf den Ausläufern gelangt man durch ein sehr allmähliches An- steigen zum Gipfel der Hauptkette, ein Beweis, dafs die hebende Kraft mehrere Miles weit in einer Richtung gleichmäfsig gewirkt hat. Bei ı detachirten Ketten dagegen sind die Gipfel mit gewaltigen Sand- Steinmassen bedeckt, deren vom Wasser ausgewaschene Oberfläche da- für spricht, dafs sie in einer verhältnifsmäfsig jüngeren Periode aus dem 136 Die letzten Entdeckungsreisen Bett des Oceans emporgehoben sind, während die steilen Felsen mit ihren steil nach Innen geneigten Schichten die Vermuthung begründen, dals sie vor ihrer Erhebung durch ein von verschiedenen Centren wir- kendes Erdbeben verworfen sind; die aufgerichteten Enden zeigen die verschiedenen Schichten von den ältesten Gesteinen bis zu den jüng- sten Bildungen. Die Hauptgesteinsarten sind Sandstein, T’hhonschiefer und Schiefer. Freeling macht darauf aufmerksam, dafs diese Berge nach Kohlen untersucht zu werden verdienten; er hatte gehört, dafs man bei Wilpina Kohlen gefunden hatte, konnte aber über die Loca- lität nichts Genaueres erfahren. Im Allgemeinen ist die Strafse durch dieses Hügelland schlecht; holperige Gebirgspfade und die steinigen Betten der Creeks machen eine Reise mit Fuhrwerk sehr beschwerlich, und für Lastwagen dürfte diese Tour gar nicht anzurathen sein. Freeling mufste mehrmals aus- spannen lassen und die Wagen mit Stricken an den steilsten Stellen des Weges hinablassen. Von Wilpina geht die Strafse zuerst längs des Pafsmore 1 Mile ostwärts durch ein Thal mit schönen Gummibäumen und Gruppen von Nadelhölzern und wendet sich dann nordwärts über ein Hügelland nach Hayward Hill, jenseits dessen sie eine Reihe von Creeks überschreitet, den Yangana, Eyatenah, Youngoona, Okultenah und Pelaton; zwischen dem letztern und dem Neuangaran Creek wird die Gegend ebener, dann mufs man aber auf ziemlich gefährlichen Wegen über einige steile Gebirgsrücken gehen, die sich von einer östlichen und westlichen Kette im Süden von Patawata abzweigen, ehe man das Bett des Awanagan erreicht, in welchem sich diese Bergstrafse mit der Route über die Western Plains vereinigt. An diesem Vereinigungspunkte liegt Ora- tunga oder Mr. Chambers Station, wo der Besitzer eine vielverspre- chende Kupfermine, die nördlichste in dieser Kette, ausbeutet. Ein paar Miles nördlich davon gabelt sich die Strafse wieder; der Weg zur Rechten führt gerade nordwärts über den Awanagan Hill, die Pa- tawata-Ebene und Narina zu dem Main Gap, der Hauptschlucht öst- lich von Anglopina Pound; die andere geht über Waraweena (Station der Herren Thomas und Walter Gill), am Mount Hack vorbei, und ver- einigt sich mit der erstern nicht weit von der erwähnten Hauptschlucht, durch welche sie hindurchführt. Beide Wege durchschneiden ein roman- tisches Gebirgsland; aber der letztere ist für Wagen fast unbrauchbar. Auch weiter nordwärts geht der Weg über ein sehr zerrissenes Ter- rain, ehe man die Mudlapina-Schlucht erreicht, welche vom Frome durchflossen wird. Hier bekommt man Mount Serle in Sicht, und er- reicht auf einer guten Strafse das 4 Miles nordöstlich von demselben gelegene Owiandina, die Station der Mac Farlanes. in Süd- Australien. 137 » Vom Mount Serle (nach Freeling 30° 31’ S. Br.) geniefst man _ eine umfassende Rundsicht. Zur leichteren Orientirung lassen wir Goy- der’s Bemerkungen darüber wörtlich folgen. „Von dem Gipfel“, sagt \ er, „erblickt man im Osten den 12 Miles Gern Mount Mae Kin- lay, dessen runder Gipfel und abschüssige Gehänge in dem ganzen Landschaftsbilde am meisten in die Augen fallen. Jenseits seines süd- _ liehen Abfalls sind die östlichen Ebenen deutlich sichtbar, begrenzt durch den schimmernden Sandgürtel, den Mr. Eyre als den östlichen 4 Flügel des Lake Torrens beschrieben hat und der ihn davon überzeugte, dafs die Beschaffenheit des Landes hier einem weiteren Vordringen nach _ dieser Richtung Grenzen gesteckt habe. Nordöstlich und südöstlich vom Mount Serle zeigen Areoona Bluff und Mount Rowe ihre schroffen und wilden Contouren, während mehr südwärts die Spitzen des Constitu- _ tion- und Exertion Hill erscheinen, deren wellenförmige, Ausläufer sich _ südwärts hinter dem südlichen Theile des Mount Serle hinziehen, wel- eher nach dieser Richtung hin eine Fernsicht nicht gestattet. Im Süd- westen fällt die Anglopina Pound-Kette in’s Auge; hinter ihr erhebt sich eine Anzahl malerischer Berge, die bei den Ansiedlern unter den Namen Cockscomb, Mac Farlane Hill, Mounts Hack, Stuart, Charlie und Wallace bekannt sind; der zuletzt genannte liegt dem Anglopina Pound gegenüber, am Beginn der Mudlapina-Schlucht, in weleher der Frome aus verschiedenen Quellen sein Wasser sammelt und in gewun- denem Lauf nach NNW. fliefst, bis er sich in dem Chaos von Hügeln - verliert, welches die westlichen Ebenen einfalst. Nach W. und NW. ist die Aussicht freier; das trockene Bett des Lake Torrens ist, wenn ‚auch nur undeutlich, sichtbar, und ein freier Horizont dehnt sich vom _ Mount North-west bis Nord 12° Ost aus, wo sich Mount Rose erhebt, der es schwierig macht, die nördlichen Berge zu bestimmen, von wel- chen nur die hervorstechendsten deutlich zu erkennen sind. Die Berge eception, Scott und North-west sind leicht herauszufinden, wie auch 1e zackige Gebirgskette von beträchtlicher Höhe jenseits des Bettes des Lake Torrens. Die Mount Thomas-Kette, die vom Mount Serle och etwa 30 Miles entfernt ist, kann man über das niedrige Land vischen Mount Rose und Arcoona Bluff erblicken.* Von Owiandina zog Goyder in nordnordöstlicher Richtung nach dem 25 Miles entfernten Umbaratana, der Station der Herren Tho- mas, und jetzt der nördlichsten Ansiedelung in Süd- Australien, nur Miles südlich vom Mount Thomas gelegen. Der Weg dahin führt ächst über das niedrige Land zwischen Mount Rose und Arcoona Bluff, und kreuzt dann den Arcoona, Gammon, Fifteen Mile und Tay- lor Creek. Auf dem höheren Theile des Weges erheben sich zur Rech- a und Linken der Gammon und der Apex Hill, der erstere ein schö- Er 138 Die letzten Entdeekungsreisen ner Berg nördlich von Arcoona Bluff und höchster Punkt einer Kette, die sich nordöstlich nach Benbonyatha hinzieht, der letztere ist vom Fifteen-mile Creek leicht erkennbar und liegt etwa 10 Miles westlich von der Strafse. Der Taylor Creek entspringt am Westabhange der Benbonyatha-Kette, fliefst zuerst nordwestlich, dann nördlich, endlich nordöstlich, und ergiefst sich in den George, der sich mit dem Mac- donnell 2 Miles südlich von St. Mary Pool vereinigt und den west- lichen Zuflufs des Blanchewater bildet. Am Taylor Creek erweitert sich das Land zu offenen, grasreichen Ebenen, die sich mehrere Miles weit um Umbaratana herumziehen. Die Ebene von Umbaratana durchzog Goyder in nordöstlicher Richtung längs des Bettes eines Baches, das sich bald zu einem tie- fen und breiten Creek erweiterte und zwischen steilen Felsenwänden in vielfachen Windungen nordwärts zur Yerelina führte; dieser Creek hat einen ähnlichen Charakter, aber er ist breiter und tiefer, die ihn einschliefsenden Felswände sind höher, das Bett ist gewundener und nicht ohne Schwierigkeit als Weg zu benutzen. Den Hütten einiger Eingeborenen gegenüber, an der einzigen Stelle, wo man für die Pferde gute Weide fand, schlug Goyder sein Nachtlager auf; von den Einge- borenen selbst bekam man Nichts zu sehen,- obgleich man ihre Stim- men hörte; sie schienen sich bei der Ankunft der Weilsen eiligst zu entfernen. Am folgenden Tage zog man in derselben nordöstlichen Richtung 3 Miles weiter zu einem konischen Hügel östlich vom Yere- lina, von dessen Gipfel man einen umfassenden Ueberblick über die Umgegend gewann, die, wie Goyder sagt, an romantischer Schönheit Alles übertraf, was er je gesehen. „Die Yamba-, Nepowie- und Ben- bonyatha-Ketten zeigten sich im Osten, Südosten und Süden, ihre durch die atmosphärische Einwirkung in phantastische Formen umgestalteten Sandstein- Piks ragten mit ihren spitzen Gipfeln hoch empor; zwischen den Ketten zogen sich breite und tiefe Creeks hin, die aus zahllosen Rinnsalen von beiden Seiten der Ketten ihr Wasser sammelten, zwi- schen steilen Felswänden von enormer Höhe in gewundenem Lauf nord- wärts flossen, und mit ihren breiten steinigen Betten die Thäler durch- schnitten, wodurch das Reisen aufserordentlich erschwert wird, wie schön und mannichfaltig auch die Scenerie sein mag.* Mittags erreichte man das felsige Bett des Macdonnell, dem man nun nordwärts folgte; man mufste den Creek mehrmals überschreiten, bis man um die Mitte des folgenden Tages aus dem Hügellande hinausgelangte und an einer tiefen, nie versiegenden Wasserstelle im Bett des Macdonnell lagerte. Weiter abwärts wurde das Bett wieder trocken, aber breiter; die hohen Felswände, welche dasselbe einschlossen, traten 2 Miles unterhalb des letzten Lagerplatzes näher an einander, das Bett wurde felsig und schwer een in Süd- Australien. 139 ‚zu passiren. Von einem hohen Bluff, den Goyder erstieg, um sich über den weitern Lauf des Creeks zu unterrichten, machte er die Entdeckung, ! dafs das Wasser bei hohem Stande sich fast 1 Mile weit durch. das feste Gestein ein 60 bis 70 Fufs tiefes und 240 bis 300 Fufs breites Bett gebahnt hat, in welchem sich eine herrliche Wasserfläche ausbrei- tete, die im Süden eine starke Strömung und nach dem östlichen Ufer - hin eine zunehmende Tiefe zeigte. Auf beiden Ufern standen schöne - Gummibäume, die auch noch jenseits der Stelle, wo das Wasser wie- ‘der vom Boden absorbirt war, eine beträchtliche Strecke weit vor- _ kamen. Diese Wasserfläche, die zahlreichen Wasservögel, das üppige _ Grün der Gummibäume bildeten einen höchst auffallenden und ange- nehmen Contrast zu den dürren Ebenen, die man eben durchzogen hatte. ‚Goyder nannte das Wasser den „Freeling“; es liegt 29° 45’, eine nicht starke Tagereise südlich von Blanchewater. Dem Thale des Macdonnell folgte man noch 12 Miles weiter ab- wärts zu einer mit saftigen Kräutern und Gräsern bestandenen Ebene, _ die jedoch kein Wasser zeigte; hier bestieg Goyder einen, von ihm Camp Hill benannten Berg, von welchem er den Mount Hopelefs im O.17° S., den Mount Hopeful im O. 30° 31’ S., anscheinend in einer Entfernung von 25 Miles bemerkte. Im NO. zeigte sich in einer Ent- fernung von 4! Miles ein anderer bedeutender Berg, den man View - Hill nannte, weil man sich von ihm eine umfassende Rundsicht ver- _ sprach. Von Norden her flogen Kakadu’s vorüber, — ein hoffnungs- ‚erregendes Zeichen für die Wasserfläche des Blanchewater, die man 'indefs noch nicht zu Gesicht bekommen hatte. Von dem Camp Hill zeigte sich deutlich, dafs die steilen Uferwände des Creeks früher nur iötien waren, die sich wenig über das allgemeine Niveau der übene erhoben, und dafs das Bett des Creeks durch die Action des Wassers allmählich zu einem Thale ausgewaschen war, dessen Breite zwischen einer und vier engl. Meilen schwankte. Vom View Hill (nach Freeling 29° 45’ $S. Br.) konnte man in der That das Land in einem Kreise überschauen, dessen Radius mm- destens 20 Miles betrug. Aber auch hier zeigte sich der Lake Torrens noch nicht; dagegen bemerkte man im Osten fünf breite Creeks, die °h später nordöstlich wanden, sich zu zweien vereinigten und in der e dem Blick entschwanden. Ueber diese fünf Creeks zog nun Goy- der, vom View Hill in östlicher Richtung; in dem trockenen Bett des zweiten wuchsen grofse Gummibäume, in dem sandigen des dritten fand man eine Stelle mit sülsem und gesundem Wasser, obgleich sich m Rande derselben ein Niederschlag von ammoniakhaltigem Salz be- "Als man 20 Miles vom View Hill vorgedrungen war und noch ' man den letzten der fünf Creeks — Jacobs Creek — überschritten 140 Die letzten‘ Entdeckungsreisen hatte, zeigte sich Mount Hopelefs Süd bei West. Am Zusammenflufs der beiden letzten Creeks liegt ein grasreicher Landstrich, der’ sich nach NO. hin noch zu verbessern schien. Am 4. Juni zog man von hier aus 30 Miles nordwärts bis 290 20' 8. Br., wo der Boden aus einem lockern und steinlosen Erdreich bestand, die Vegetation in den Betten der Creeks aber mehr zusammen- schrumpfte; ‘die letztern schlugen eine mehr östliche Richtung ein. Ein Marsch im Ziekzack nach Westen und Süden führte gegen Abend zum Blanchewater, das nur } Mile von dem nördlicheren St.‘ Mary Pool entfernt ist, zwei Wasserflächen, die erst vor einem Jahre (1856) von Mr. Babbage Herrschel entdeckt waren. Die letztere liegt unter 29° 30’ 8. Br.; sie ist 300 Fufs breit und 360 Fufs lang; die Ufer sind mit Röhricht bedeckt, die Umgegend mit Gummibäumen bestan- den; das Wasser ist ganz klar, und steht in einem anderen Niveau als Blanchewater. Dieses ist ein canalähnlicher Strom, 90— 120 Fuls breit, etwa 1 Mile lang, mit trübem Wasser; die Ufer sind ebenfalls von Röhricht und Gummibäumen eingefafst. Enten, Gänse, Kraniche, Kakadu’s, Papageien, Elstern, Brachvögel, Krähen, Habichte und an- dere Vögel zeigten sich in Menge, auch zahlreiche Viehspuren, aber keine frische. Von einem Hügel, 1 Mile nordwestlich von Blanchewater, erbliekte man, 2 Miles im Norden entfernt, eine Süfswasser-Lagune, die durch zahlreiche, in einem beträchtlichen Umkreise aus den Felsspalten 'her- vorsprudelnde Quellen gebildet wird. Diese Quellen werden weiter nordwärts noch ergiebiger und sind von Röhricht umgeben; dort zeig- ten sich auch Spuren eines Lagerplatzes der Eingeborenen. Der Boden ist ziemlich weit umher mit ammoniakhaltigem Salz bedeckt, welches gewöhnlichem Kochsalz so ähnlich sieht, dafs man in diesen Sülswasser- Quellen nichts weniger als süfses Wasser zu finden erwartet. Etwa eine halbe engl. Meile nördlich von diesen Reedy- und Rocky Springs bestieg man einen nicht hohen Berg, den man nach seinem äufseren Aussehen den verwitterten, Weathered Hill, nannte; er besteht aus Schiefer, der von Sandstein überlagert ist; sein Fuls ist von Sand um- geben, der aus der Verwitterung des Gipfels entstanden ist. Von hier aus erblickte man im N. und NO. einen Gürtel gigantischer Gummi- bäume — die sich später als ein niedriges Gestrüpp erwiesen, — und jenseits desselben eine Wasserfläche, hinter welcher das Land zu be- trächtlicherer Höhe anstieg. Auch im Osten, etwa 10 Miles entfernt, schien ein grofser See zu liegen; aber da man diese Gegend eben darchreist hatte, wufste' man, dafs dies eine Täuschung war. Im NO. theilte sich der Macdonnell in mehrere Arme, die sich wieder vereinig- ten, wo der felsige Untergrund von einem tieferen Erdreich bedeckt in. Süd- Australien, 141 war. Im SO. sah man das Ende der östlichen Gebirgskette, Mount Hopeful zeigte sich im $. 30° O., etwa in einer Entfernung von 30 Miles. 5, Vom Weathered Hill“, sagt Goyder, „stiegen wir in nordöstlicher _ Riehtung zum Macedonnell hinab, folgten seinem Laufe 7 Miles weit abwärts, kamen an mehreren grolsen und permanenten Wasserstellen vorbei, von denen die letzte 4 Mile lang, 150 Fuls breit, sehr tief und ‚aufserördentlich schön war; an dem unteren Ende derselben lag auf ‚dem Ostufer ein Lagerplatz der Eingeborenen. Ihre Wurleys schienen seit dem letzten Regen nicht benutzt zu sein, da die feste Kruste ihres ‚Bodens in Folge der Sonnenhitze vielfältig zerspalten war. Sie sind ‚ähnlich gebaut wie die von Capt. Sturt beschriebenen, warm und be- haglich; die gröfseste Hütte konnte 30 bis 40 Personen fassen, war ganz rund, nur 3 — 4 Fufs hoch, und hatte eine halbkreisförmige Oeff- _ mung, durch die man nur kriechend in das Innere gelangen: konnte. "Wir nannten diese Wasserfläche Werta Warta, nach dem Namen des Stammes, welcher die Ebenen nördlich vom Blanchewater zu besuchen ‚pflegt. Am folgenden Tage setzten wir unsere Reise nach NO. fort, folgten dem Bett des Creek 14 Miles weit abwärts, über eine sehr üppige Vegetation, welche das Thal in einer Breite von 3 bis 4 Miles bedeckt; die Baumvegetation in den Creeks veränderte sich: statt hoher "Gummibäume zeigte sich eine Bastard-Pfeflermünze, deren Wuchs im- mer mehr und mehr zusammenschrumpfte; die Creeks wandten sich nach Osten. Wir verliefsen nun den Macdonnell und begaben uns _ nach dem nächsten Punkte eines, wie es schien, unermelslichen See’s; "nach einem Marsche von 65 Miles in nordöstlicher Richtung schwand eder ‚Zweifel: wir befanden uns unter 29° 13’ S. Br. am Ufer des ake Torrens, dessen Wasser ohne alle Frage süls war.“ „Von unserem Standpunkte aus erstreckte sich der See 15 bis 20 Miles weit nach NW., so dafs die Strecke des Horizonts von NW. bei W. bis Nordwest von der Wasserfläche eingenommen war; der süd- liche Theil war begrenzt durch hohes Land, das sich südwärts nach dem Weathered Hill erstreckt und die Wendung der verschiedenen inside this promontory) ist eine ausgedehnte Bucht gebildet, die sich von einem Punkte in WNW., wo die Küste in eine Spitze ausläuft, ‚nach Süden ausbreitet; die Küste streicht in einer flachen Curve an un- serem Standpunkt vorbei nach Osten, wendet sich .allmählich südost- färts und entzieht sich endlich in der Ferne den Blicken. Der nördliche "Theil des Horizonts wird durch ein abschüssiges Vorgebirge begrenzt, im welches sich die Wasserfläche nach Norden herumzuziehen scheint. Jieser Landstrich zieht sich dann nach Osten hin und bildet das Nord- 142 Die letzten Entdeckungsreisen gestade des See’s, so weit er hier sichtbar ist; von einem etwas höhe- ren Standpunkte als unserem gegenwärtigen, schien sich die Küste nach dem östlichen Flügel des See’s herumzuziehen. Das Nordufer ist mit Vegetation bedeckt, ebenso auch mehrere Inseln zwischen der Nord- und Südküste, anscheinend etwa 5 Miles von unserem Stand- punkte; ihre steilen Gestade konnten durch das Fernrohr deutlich er- kannt werden.“ „Ursprünglich hatte ich erwartet, am Ende der verschiedenen Creeks grofse Sülswasserseen zu finden, oder einen grolsen See, dem diese Creeks ihr Wasser zusendeten; dann würde ich aber Fluthlinien haben entdecken müssen, welche den hohen und niedrigen Wasserstand bezeichneten; und selbst wenn ich annehmen wollte, dafs der Wasser- stand jetzt sein Maximum erreicht hätte, so würde doch hier oder dort die Vegetation innerhalb des Wasserrandes diese Thatsache bemerkbar gemacht haben. Im vorliegenden Falle fehlte es aber gänzlich an sol- chen Kennzeichen, der Wasserrand war deutlich abgegrenzt, auch die Bodenbeschaffenheit änderte sich plötzlich, da statt des Alluvialbodens ein blauer Lehm auftrat, der mit einer zolldieken Schicht feinen Schlam- mes bedeckt war; es ist demnach fast aufser allem Zweifel, dafs die Wasserfläche nur ganz unbedeutenden Niveauveränderungen ausgesetzt ist; und die Abwesenheit von Delta’s an den Mündungen der Oreeks spricht dafür, dafs die letztern hier keinen Widerstand finden, dafs ihr Wasser vielmehr zur Zeit seines hohen Standes irgend wohin unbehin- dert abfliefsen kann; und ich bin geneigt anzunehmen, dafs der Abflufs im Allgemeinen nach nordwestlicher Richtung erfolgt.“ So vielversprechend war das Bild, das sich Herrn Goyder darbot! Es ist nicht zu verwundern, dafs sich weitgehende Hoffnungen an diese Entdeckung knüpften: — wie wenig sie in Erfüllung gingen, werden wir aus Freeling’s Bericht ersehen. Goyder zog von seinem Standpunkte am See noch 20 Miles west- wärts nach dem höchsten Punkte des oben erwähnten Hochlandes, das sich von Nordwest zum Weathered Hill hinzieht. Er überschritt da- bei, in Entfernungen von 10 und 13 Miles, zwei Creeks, den Duck Pond Creek mit zwei grofsen Wasserflächen in seinem Bett, die von zahlreichen Enten besucht waren, und den Mirage Creek, der ihm in Folge der Luftspiegelung anfangs als ein See erschienen war. Das Hochland bestand aus einem Plateau und Sanddünen, hinter denen sich Hügelreihen mit besserem Boden und grasreichen Thälern erhoben; einige Bassins enthielten auch Süfswasser-Lagunen, die sich während } der letzten Regen gebildet hatten und jetzt schnell verdunsteten. in Süd- Australien. 143 en, Die Expedition A.H. Freeling’s im September 1857. In Folge dieses günstigen Berichts rüstete die Regierung sofort _ eine neue Expedition unter Leitung des Surveyor General Capt. Free- E ling aus. . Sie sollte namentlich untersuchen, ob der Lake Torrens schiffbar wäre, und wo möglich mit dem ihr mitgegebenen Boote in nordwestlicher Richtung auf demselben vordringen; denn nach dieser _ Himmelsgegend dehnte sich, nach dem Bericht Goyder’s, der See so weit aus, als das Auge reichen konnte, und es schien nicht unmöglich, dafs man in diesem Gewässer ein weitführendes Communieationsmittel 'entdeckt hatte, durch dessen Benutzung man leicht zu werthvollen Weideländereien im Innern des Continents gelangen könnte. „Da Capt. - ‚Sturt,“ sagt Freeling in seinem Bericht vom October 1857, „den öst- lichen Flügel des Lake Torrens an zwei Stellen besucht hat, von de- _ nen die nördlichere etwa in der von Herrn Goyder erreichten Breite, die andere etwa unter 30° S$. Br. liegt, und da er auch das Land - 400 Miles weiter nordwärts von dem Punkte, an welchem der zuletzt f ‘genannte Offizier den See erreichte, untersucht hat; da ferner Mr. Eyre die Ostküste des westlichen Seeflügels auf eine Strecke von 200 Mi- les bis 29° S. Br. bereist, auch vom Mount Hopelefs aus die Richtung des See’s verzeichnet hat, und in Folge dessen die Beschaffenheit des Landes an diesen Stellen bekannt war: so richtete sich meine Auf- merksamkeit vorzugsweise nach Nordwest, nach derjenigen Himmels- gegend, nach welcher noch keine Erforschung vorgenommen war ; denn nur nach dieser Richtung hin durfte man irgend einen Erfolg erwarten. Dafs ein Sülswassersee ohne Frage eine treffliche Gelegenheit darbieten würde, tiefer nach NW. in das Innere vorzudringen, — diese Ueber- _ zeugung bestimmte mich hauptsächlich, eine Fortsetzung der Unter- _ suchungen Goyder’s anzuempfehlen.“ © Die Expedition wurde also mit einem Boot und mit Lebensmitteln für 34 Monate versehen; man rechnete auf die Hinreise bis zum See und auf die Rückkehr je einen Monat, so dafs der Expedition für ihre _ Untersuchungen auf dem eigentlichen Schauplatze ihrer Thätigkeit ein _ Zeitraum von 6 Wochen geblieben wäre. Aber die Wege waren für ‚astwagen — man hatte das Boot zu transportiren — so schlecht, imentlich nach einigen anhaltenden Regengüssen, dafs man 64 Wo- chen für die Hinreise brauchte, und auch die Rückkehr auf dem nähe- Wochen in Anspruch nahm. Freeling brach ebenfalls von Port Augusta auf und schlug die von öyder beschriebene Bergstrafse ein. Da wir seine Bemerkungen über essen Weg, so weit sie von Interesse sind, bereits in den Bericht 144 Die letzten Entdeckungsreisen Goyder’s verflochten haben, versetzen wir uns mit der Expedition so- gleich in den nördlichsten Theil des Gebirgslandes, über welches Free- ling zunächst von dem Gipfel des Mount Thomas, bei dem oben erwähnten Umbaratana, einen Ueberblick zu gewinnen suchte. Er er- kannte von hier den Mount Eyre, den Mount North-west, und die west- lichen Ebenen, mit dem Gereleena, dem Taylor und anderen grolsen Creeks, die sich durch sie hinziehen; im Norden erhoben sich die Berge Freeling, Gardiner und Distance — die drei höchsten Spitzen der in nordwestlicher Richtung streichenden Mount Distance-Kette, von denen die südlichste, der Mount Freeling, die bedeutendste ist —; im Osten wurde die Fernsicht durch die hohen Berge unterbrochen, welche die „östlichen Ebenen“ begrenzen; nur nach NNW. sah man frei über die einförmige Fläche. Einen noch ausgedehnteren Blick über die Western Plains gewinnt man vom Mount Freeling; hier ist der Horizont von Norden bis Nordwesten vollkommen frei; mit Leichtigkeit verfolgt man den Lauf des George Creek, der am Fufse des Mount Distance ent- springend nordwärts über die Western Plains fliefst und sich endlich nach Osten zum Blanchewater und St. Mary’s Pool wendet. Südlich vom Mount Distance nehmen die Berge sehr rasch an Höhe ab; zehn Miles von ihm finden sich nur noch ein paar niedrige flachgipfelige Hügel vulcanischen Ursprungs. „Nördlich vom Mount Distance hat das Land ein ganz eigenthümliches Aussehen: die Berge zeigen Spu- ren verhältnifsmäfsig junger vulcanischer Thätigkeit; verbrannter Sand und Schlacken sind in ihrer Umgebung verbreitet und die mit Gyps- krystallen bedeckten Gehänge sind von so lockerer Beschaffenheit, dafs man bei dem Ersteigen bis an die Knöchel einsinkt. An’ diesen vul- canischen Bergen, von denen View Hill einer der bemerkenswerthe- sten ist, fliefst der Macdonnell vorbei und verliert sich dann in einer mit Steinen bedeckten Ebene, welche etwas nördlich vom View Hill von einem nicht sehr hohen Hügelrücken durchzogen wird, an dessen. nördlichem Fuls Blanchewater und St. Mary’s Pool liegen. ‘Diese empfangen ihr Wasser durch den George, welcher einige Miles ober- halb seiner Vereinigung mit dem Blanchewater aus einer Reihe von Wasserflächen besteht, die sich, wie Blanchewater selbst, canalähnlich hinziehen und ein eben so trübes Wasser haben. Es ist sehr zweifel- haft, ob diese Wasserflächen der Mehrzahl nach permanent sind; aber die Thatsache, dafs im Blanchewater Krebse gefangen sind, spricht da- für, dafs wenigstens dieses Gewässer nie ganz austrocknet. Zur Zeit unseres Besuches war es 9 Fuls tief und bildete eine zusammenhän- gende Wasserfläche von $ Mile Ausdehnung; aber während einer Woche, mit kühlem Wetter, sank es 24 Zoll. St. Mary’s Pool ist 30 Fuls tief und ohne alle Frage ein schönes Becken nie versiegenden und vorzüglich in Süd - Australien. 145 klaren Wassers, das von derselben Species Rohr umsäumt ist, welche E an den Ufern des Murray wächst '). Einige kleinere, ebenfalls von "Rohr eingefafste Wasserflächen von ähnlichem Charakter liegen 2 bis 3 Miles nördlich von St. Mary’s Pool, aber der Boden des Uferlandes besteht in der Breite einer halben engl. Meile aus einer Felsmasse. - Einige Miles westlich von diesen Wasserflächen liegen die von Mr. Goyder beschriebenen Reedy- und Rocky Springs, von denen man _ auf dem Wege zum Blanchewater 3 Miles weit über eine Ebene ziehen mulfs, welche so dicht mit zahllosen Steinen besäet ist, wie eine neu- _ macadamisirte Strafse. Nach der ungeheuren Menge von Salz (angeb- lich Soda) zu urtheilen, welches diese Quellen umgiebt und vermuthlich von dem Wasser derselben niedergeschlagen ist, kann das letztere ‚schwerlich. besonders gesund sein. Die grolse Lagune in der Nähe dieser Quellen, welche zur Zeit von Mr. Goyder’s Besuch im Juni voll von Wasser war, war jetzt im September vollständig ausgetrocknet, und ihre sehr geringe Depression unter das allgemeine Niveau der Gegend liefert den Beweis, dafs sie nie mehr als ein paar Zoll tief gewesen sein kann. Der George hat sich, nachdem er an den Fels- _ massen und Wasserflächen bei St. Mary’s Pool vorbeigeflossen ist, durch den weichen, sandigen und lehmigen Boden bei Werta Warta ein Bett gegraben, das hier wahrscheinlich 15 Fufs unter dem allgemeinen Ni- veau‘.der Oberfläche liegt. Dieser Creek bildet den Abzugscanal für das Wasser, welches auf dem grölseren Theile der Mount Distance- Kette und: auf den ausgedehnten Ebenen zu beiden Seiten derselben, auf 25 Miles weit, niedergeschlagen wird, und lagert an den letzteren auf einer beträchtlichen Strecke das von ihm mitgeführte Treibholz ab; aber ungeachtet der ansehnlichen Wassermasse, die durch diesen Creek einen Abzug sucht, und des lockern Erdreichs an und jenseits der Stelle, wo er endet, verläuft er sich doch auf der Ebene, 17 Miles von Werta Varta und 3 Miles vom Rande des angeblichen See’s, nachdem er sich in vier oder fünf verschiedene Arme getheilt hat.* " „Diese Thatsache, in Verbindung mit den Aussichten, die ich von erschiedenen Punkten auf das Land gewonnen hatte, mulste mich zu dem Schlusse führen, dafs sich von hier nach Norden nur eine ausge- hnte Ebene mit ganz unbedeutenden Niveau -Unterschieden erstrecken e, und dafs das Hochwasser, dessen Marken so deutlich hervor- Pr Der Verf. bedauert darin, dafs Capt. Freeling über Blanchewater nd St. Mary's Pool keine „Bemerkungen er es lag ihm also der ausführliche Zeitschr. f. allg. Erdk. Neue Folge. Bd. V. 10 146 Die letzten Entdeckungsreisen traten, vollkommen genügte, ein beträchtliches Areal dieser Ebene von so geringer Depression zu bedecken; befand sich hier aber eine be- deutende Depression, so hätte Hochwasser viel häufiger eintreten müs- sen, als es bekannter Weise der Fall ist, um die Ebene in dem von Mr. Goyder bemerkten Umfange zu überschwemmen. Ich näherte mich also dem See nicht mit sehr grofser Hoffnung, ihn schiff’bar zu finden, und ermittelte am 3. September genau die Stelle, von der Mr. Goyder das Wasser erblickt hatte und an der er sich zwei Stunden aufgehalten und die Lage verschiedener von hier sichtbarer Punkte durch den Com- pals bestimmt hatte. In Bezug auf die Localität konnte kein Zweifel obwalten, da William Rowe mich zu ihr führte, der Mr. Goyder be- gleitet hatte, und mir die Spuren des Feuers zeigte, welches von ihm nicht weit von dem damaligen Ufer des See’s angezündet war. Nun war bereits darin eine Veränderung eingetreten, dafs das Wasser seit dem Juni etwa eine halbe engl. Meile zurückgetreten war, — ein Be- weis, dals Goyder’s Schlufs, die Oberfläche des Wassers sei nur ganz unbedeutenden Niveau-Veränderungen unterworfen, ein irriger war. Es zeigte sich ferner, dals das überfluthete Areal viel ausgedehnter ge- wesen war, als man es selbst im Juni gefunden hatte; denn noch 6 Miles weiter nach Süden hatte das Land wahrscheinlich einen Fuls tief unter Wasser gestanden; auf verschiedenen Punkten dieses Ge- bietes zeigten sich grofse Massen von Materialien, die offenbar durch Wasser hierher geführt waren. Der Boden dieses Gebietes und der am Ufer war von derselben Beschaffenheit, ein mit Sand vermischter Thon, ohne Steine, auf eine Meile vom Ufer ab ohne alle Vegetation, und durch die Sonnenstrahlen schnell in Spalten zerklüftet. Die Kette südlich vom Mount Hopelefs war in einer Entfernung von 27 Miles deutlich in Sicht; im Norden zeigten sich Inseln mit hohen Ufern und Vegetation, aber doch so wesentlich verschieden von dem Aussehen der Höhen im Süden, dafs man über ihren wahren Charakter nichts anderes als Vermuthungen äufsern kann.* „Obgleich ich nun ziemlich fest davon überzeugt war, dafs das Ge- wässer nicht schiff’bar sein würde, war es gleichwohl natürlicher Weise nothwendig, darüber durch einen positiven Versuch Gewilsheit zu erlan- gen. Ich ging also vom Ufer eine kurze Strecke weit hinein und sank gleich bis an die Knöchel in Schlamm, der mit Wasser von etwa 1 Zoll Tiefe bedeckt war. Ein solcher Versuch war natürlich nicht genügend. Ich kehrte also zum Lager zurück, das 15 Miles vom See und 2 Miles nördlich von Werta Warta aufgeschlagen war, dem letzten Punkte auf unserer Herreise, an dem wir sülses Wasser gefunden hatten; am fol- genden Tage liefs ich hier Wasser auf den Karren laden — denn das Wasser im See war zwar süls, konnte aber nicht leicht geschöpft wer- in Süd- Australien. 147 den, da es zu flach und der Schlamm am Ufer ganz weich war — _ und rüstete mich zu einer neuen Excursion in den Schlamm, in der Hoffnung, dafs wir irgendwo auf tieferes Wasser stofsen könnten.“ „Nachdem ich nun eine andere Stelle als die Tags vorher unter- - suchte ausgewählt hatte, watete ich am 4ten eine engl. Meile weit in das Wasser, sank dabei bis an die Waden in Schlamm und fand nur _ ein paar Zoll Wasser. Am Ufer wurde ein kleines eisernes Boot zu- ' sammengestellt, das leicht von zwei Mann getragen werden konnte; aber in Folge des ganz flachen Wassers und des weichen Schlammes waren nicht weniger als sechs Mann erforderlich, um es 4 Mile weit in das Wasser zu bringen; und obgleich es ganz leer war und kaum in das Wasser einsank, wollte es doch selbst in dieser Entfernung von der Küste nicht flott werden. Auch jetzt noch nicht absolut abge- schreckt, beschlossen wir einen neuen Versuch zu wagen und nord- wärts so weit hinein zu waten, als es nur immer gerathen schien.“ u „Zu diesem Zweck brach ich mit fünf Anderen früh am öten auf, und wir machten uns an unser precäres Unternehmen, nachdem wir "Schuhe und Strümpfe abgelegt hatten. Das Fortschreiten war aulser- _ ordentlich ermüdend, da wir bei jedem Tritt bis an die Knie in Schlamm _ und Wasser sanken, und der erstere zuweilen so zäh war, dafs es ziem- _ lich schwer hielt, aus ihm wieder herauszukommen. Auch war unser Marsch nicht ohne Gefahr, da Niemand wissen konnte, wie tief und wie zäh der Schlamm einen Schritt weiter vorwärts sein würde; wäre ' Einer von uns durch Erschöpfung oder aus einem anderen Grunde aulser Stand gesetzt worden, sich selbst herauszuarbeiten, so wäre es den Anderen offenbar unmöglich gewesen, ihm wirksame Hilfe zu lei- sten. Nachdem wir 3 Miles weit in gerader Richtung vorwärts ge- schritten waren, keine gröfsere Wassertiefe als 6 Zoll gefunden hatten and über zwei kleine Inseln gekommen waren, die nur sehr wenig über Wasserfläche emporragten und uns glücklicherweise Ruhepunkte irboten, erreichten wir eine grölsere Insel, die sich vielleicht einen s über den Wasserspiegel erhob. Hier machten wir Alle, bis auf ei Personen, Halt; wir hatten an unseren Erfahrungen über den See ’rens genug und dachten nicht ohne Besorgnils daran, dafs wir über die Schlamm- und Wasserwüste, durch die wir uns eben mit so grolser Anstrengung durchgearbeitet hatten, wieder zurück mufsten. Die bei- len erwähnten Personen setzten in der Hoffnung, den See durchschrei- en zu können, ihren Marsch noch 2 Miles weiter fort, und fanden ieselbe Mischung von Schlamm und Wasser; nur war das letztere was tiefer, der Schlamm etwas nachgiebiger. Aber ihre Beharrlich- it hätte sehr üble Folgen haben können, da sich einer von ihnen, er die Küste erreichte, in einem Zustande vollkommener Erschöpfung 10* 148 Die letzten Entdeckungsreisen befand. Jetzt hatten wir uns hinlänglich bemüht, die wirkliche Be- schaffenheit des von Mr. Goyder gesehenen Gewässers zu untersuchen; es war offenbar nicht schiffbar, und der Zweck der Expedition, ver- mittelst dieses Gewässers nach NW. vorzudringen, konnte nicht erreicht werden. Dafs dasselbe nur eine zeitweilige Wasseransammlung war, ergab sich daraus, dals wir zuweilen auf Reste einer ähnlichen Vege- tation stiefsen, wie die auf dem benachbarten Lande vorkommende. Während meines Aufenthalts an dieser Localität benutzte ich jede Ge- legenheit, die äufsere Erscheinung des Landes zu verschiedenen Tages- zeiten zu beobachten; und obgleich in manchen Perioden sich eine Art von „steilen Vorgebirgen, von Inseln mit Vegetation und steilen Ufern zwischen der Nord- und Südküste“ zeigte, so wird doch die Erinne- rung an die wechselvollen Formen der Luftspiegelungen einen sorg- fältigen Beobachter abhalten, auf ihr wirkliches Dasein zu viel Ver- trauen zu setzen. Die trügerischen Wirkungen der Luftspiegelung ken- nen zu lernen hatten wir selbst eine auffallende Gelegenheit: wenn wir rückwärts auf die vollkommen ebene Fläche sahen, über die wir erst vor Kurzem einen Wagen geführt hatten, so zeigte sich auf ihr eine Linie von anscheinend perpendieulären Clhiffs, dem äufseren Anschein nach ganz ähnlich denjenigen, die wir im Norden erbliekten. Capt. Frome spricht in seinem Bericht über die von ihm im Jahre 1843 be- suchten östlichen Ebenen von denselben trügerischen Erscheinungen, die durch die Luftspiegelung verursacht werden; denn er sagt: „Der See war in einer Entfernung von 15 bis 16 Miles sichtbar, er schien voller Wasser, mit Inseln bedeckt, im Osten durch eine hohe Felsen- küste eingeschlossen. Aber Alles war eine Täuschung,“ fährt er fort, „die durch die ungewöhnliche Refraction hervorgerufen wurde; denn als wir uns am folgenden Tage an Ort und Stelle begaben, fanden wir nach allen Seiten hin nicht einen Tropfen Wasser und die Inseln er- wiesen sich als niedrige Sandhügel.“ * Unter solehen Umständen beschlofs Capt. Freeling die Rückkehr. „Hätte ich“, sagt er, „im Westen hohes Land erblickt, so würde ich mich anders entschlossen haben; aber die Aussicht von den Ufern des See’s stimmte genau mit derjenigen überein, die ich vorher von den hohen Bergen im Süden erhalten hatte; denn es zeigte sich im Westen auch nicht die geringste Erhebung, welche die niedrige Linie des Ho- rizonts unterbrochen hätte, obgleich im Südosten die 27 Miles entfernte Kette südlich vom Mount Hopelefs immer sichtbar blieb; und wenn die Beschaffenheit des Landes im Westen ebenso war wie die des Ter- rains, über das wir eben gereist waren, so verlohnte es sicherlich nieht der Mühe der Entdeckung. Dals ein Versuch, den See an anderen Stellen als den von mir besuchten schiffbar zu finden, eben so erfolglos in Siüd- Australien. 149 ge blieben wäre, ergiebt sich aus der Erforschung des Mr. John Jacob, ‚der zwei oder drei Wochen vor meiner Ankunft Mr. Goyder’s Lager _ am Duck Pond Creek, 12 Miles westlich von dem von mir besuchten - Punkte, erreicht hatte und von dort 10 Miles weit nach NNO. geritten ‚war, ohne den See zu erreichen oder ihn vor sich zu erblicken; aber _ als er von dem nördlichsten Punkte, den er erreicht hatte, in südöst- lieber Richtung zurückkehrte, stiefs er auf Schlamm und Wasser, die viel zu weich waren, als dafs er hindurch konnte; er mulste eine kleine ‚Strecke wieder zurückkehren und den Sumpf umgehen, ehe er sich _ wieder nach Süden wenden konnte. Die zeitweilige Anhäufung grofser "Wasserflächen, wie diese im Norden, ist hier zu Lande nichts Neues: m Winter 1851 stand ein grofser Landstrich der Western Plains, im N orden vom Mount Arden, unter Wasser, das durch den Willoughra und’ andere Creeks aus den Ebenen am Mount Remarkable herbeige- ‚führt war, aber nach einigen Monaten, während deren es das Aussehen eines grolsen See’s gewährte, bei der Hitze des folgenden Sommers ‚wieder verschwand.“ Nach Capt. Freeling sind die brauchbaren Landstriche in diesem ‚nördlichen Gebiet grofsentheils schon vor 1856 in Besitz genommen; won den Landschaften, die Mr. Babbage 1856 besucht hat, wurden 290 Quadratmeilen am Mount Hopelefs ausgeboten und zugeschlagen, ‚ein anderer Strich aber vom Gouvernement reservirt. Dieses reservirte Land und zwei Claims am Mount Hopelefs bilden nach Capt. Free- lings Urtheil das einzige Terrain, das hier noch verwerthet werden _ kann, wenn der Squatter nicht so bemittelt ist, durch kostspielige Bohr- ‚versuche sich Brunnen zu verschaffen. „Ueber den Werth des Landes im Norden,“ bemerkt Freeling, „scheint man sich vielen Täuschungen hinzugeben. Es wurde von Goyder unter den günstigsten Umständen ehen. Während dreier Monate vor seinem Besuch waren ungewöhn- che und sehr heftige Regengüsse gefallen, das niedrige Land war überfluthet, es hatte wahrscheinlich eine Zeit lang unter Wasser ge- tanden, an ein paar Stellen war ein üppiger Graswuchs aufgeschossen, amentlich an den Rändern der Creeks, wodurch das Auge ergötzt d die Hoffnung auf grofse Fruchtbarkeit des Bodens angeregt wurde. r Regen fällt in dieser Gegend nur selten und zu ganz unbestimm- Perioden. Das Land hat kein Bauholz, ausgenommen in den stten oder an den Ufern der Creeks, und selbst hier ist es von sehr chlechter Beschaffenheit. Der Boden ist an manchen Stellen meilen- it so dicht mit Steinen besäet, dafs das Erdreich gar nicht zu sehen nd jede Vegetation unmöglich ist. Und obgleich sich auf unserer Reise ie allmähliChe Verschlechterung des Bodens nach Norden hin in Folge inseres langsamen Vorrückens nicht in auffallender Weise bemerklich 150 Die letzten Entdeckungsreisen machte, so war uns doch bei unserer schnelleren Rückkehr seine all- mähliche Verbesserung, je weiter wir uns von dem See entfernten, recht bemerkbar.“ Auf der Rückreise schlug Freeling von Oratunga oder Mr. Cham- bers’s Station den Weg über die Western Plains ein, auf denen man in nicht zu grofsen Zwischenräumen süfses Wasser findet. Von der Kupfergrube bei Oratunga bis zum Patachelner Creek sind 9 Miles; von hier nach Bungeroo oder Mr. Paterson’s Station 20 Miles, aber die Stralse ist sandig und deshalb schwer zu befahren; 14 Miles süd- licher liegt Morlyanna, wo man in dem Creek etwas weiter aufwärts nach dem Gebirge zu Wasser findet; 18 Miles weiter kommt man zum Hookinna Creek und folgt ihm 14 Miles abwärts zu einer Wasserstelle; von hier bis zum Willoughra sind 19 Miles, dann bis Balearrie oder Mr. Ragles Station 13 Miles. Hinter Balcarrie fängt man an die Flin- ders Kette zu ersteigen, über welche der Weg durch den Pichirichi- Pafs nach Port Augusta führt. — Dieser Bericht Freeling’s lautet nun allerdings in der Hauptsache äufserst ungünstig: die Hoffnung, in dem Lake Torrens ein Communi- eationsmittel entdeckt zu haben, welches tief in das Innere hineinführen und neue nutzbare Länderstrecken erschliefsen könnte, ist vollkommen niedergeschlagen. Ob man aber in allen anderen Beziehungen seinem ungünstigen Urtheil über die Brauchbarkeit des Landes, welches das Nordende der Flinders-Kette umgiebt, beipflichten wird, glauben wir bezweifeln zu dürfen. Sein Bericht erwähnt Thatsachen, welche das Land nicht in einem so absolut ungünstigen Lichte erscheinen lassen. Von den Bergen strömt eine Anzahl von Creeks, die, wenn nicht wäh- rend des ganzen Jahres und in ihrem ganzen Laufe, so doch während längerer Zeit und an vielen Stellen mit Wasser versehen sind; die Existenz solcher permanenten Wasseransammlungen wie Blanchewater und namentlich St. Mary’s Pool, welcher letztere selbst in der Jahres- zeit, als Freeling ihn untersuchte, 30 Fufs tief war, spricht doch in Anbetracht der Sommertemperatur, die unter 294° S. Br. in sonst wüstenreichem Flachlande zu erwarten ist, für das Vorkommen reich- lich fliefsender Quellen oder regelmäfsigerer atmosphärischer Nieder- schläge, als Capt. Freeling annimmt, und läfst der Hoffnung Raum, dafs man hier noch mehr ceulturfähige Oasen und in ihnen neue Aus- gangspunkte für weitere Forschungsreisen entdecken werde. Wenn auch selbst die Umgegend der Creeks während der dürren Jahreszeit keineswegs einen besonders anlockenden Anblick gewährt, so spricht dieser Umstand, der übrigens ganz allgemein auch für die angebau- ten Gegenden Süd- Australiens gilt, an und für sich noch nicht gegen die Nutzbarkeit dieser Ländereien; die wichtigste Frage, wie es mit in Süd- Australien. 151 den! atmosphärischen Niederschlägen beschaffen ist und ob die feuch- _ tere Periode des Jahres eine Zeit ausfüllt, welche zum Anbau von kann erst auf Grund längerer Beobachtungen entschieden werden. Je- denfalls ‚sind solche Oasen, falls sie leicht zugänglich sind, für einen x Theil des Jahres als Weideländereien in einem an nutzbaren Boden- @ _ flächen verhältnilsmäfsig armen Lande schon jetzt nicht ohne Werth. 3. ‚Die Expeditionen von Stephen Hack. 0, Viel reicher an praktischen Ergebnissen für die Ausdehnung der Colonisation sind die Reisen gewesen, welche Stephen Hack im Jahre 4857 ausgeführt hat. ' Sie beziehen sich auf das Land im Nordosten der Streaky-Bay. "Ueber die erste Expedition liegt uns ein ausführlicher Bericht Hack’s vor, datirt aus Parla vom 5. Juli 1857. Hack hatte im Mai von der Regierung den Auftrag erhalten, von der Streaky-Bay nach } _ Nordwesten vorzudringen. Gepäck und Vorräthe wurden zu Schiff anı.diese Bucht befördert; die Pferde landete man in Port Lincoln, am südlichsten Theile der Westküste von Spencer’s Golf, und führte sie ‚von hierauf dem Landwege nach der Streaky-Bay. Obgleich sich auf dieser Route eine Reihe von Wasserplätzen, die etwa nur 10 Miles von einander entfernt sind, befinden sollen, trafen die Thiere an der Streaky-Bay doch in einem so schlechten Zustande ein, dafs Hack ihnen zur Erholung eine dreiwöchentliche Rast gönnte, während deren er sich mit dem Ausschiffen und dem Verpacken der Bagage und des Proviants beschäftigte. Am. 22. Juni brach Hack von Cooeyana oder Eyre’s Depot an ‚der Streaky-Bay auf. Seine Gesellschaft bestand aus dem Surveyor _ Harris, Mr. Miller, und vier Leuten; sie hatten 14 Pferde und waren mit. Provisionen auf 3 Monate versehen. Da die Packthiere schwer beladen waren, ging die Reise langsam vorwärts, erst am dritten Tage ‚erreichte man das 30 Miles entfernte Parla, in dessen Nähe Weide „und. Wasser reichlich vorhanden waren. Ob sich zwischen diesem ankte und der Gawler- Kette, die sich im NO. von ‚Parla in einer wenn solche Wasserplässe vorhanden waren, schien es nach dem Aus- sehen des Landes sehr zweifelhaft, ob man sie finden würde. Hack beschlofs also, 10 Pferde in dem Lager bei Parla zu lassen, und mit Mr. Harris und Billy Grant, drei Reit- und einem Packpferde eine ‚vorläufige Recognoseirung zu unternehmen und einen nördlicheren Punkt wusfindig zu machen, an den das Lager verlegt und von dem eine wei- 152 Die letzten Entdeckungsreisen tere Erforschung unternommen werden könnte. Mit Wasser und Pro- visionen versehen brach er am 25. Juni von Parla nach NO. auf: in dieser Richtung zeigte sich in der Hauptkette eine auffallende Depres- sion, in welcher man Wasser zu finden hoffen durfte. Man ritt etwa 14 Miles weit über gut begrastes Land, das von nicht gerade breiten Serub-Gürteln durchschnitten war, kam zuweilen auf ausgedehnte offene Ebenen, und erstieg den höchsten Punkt in einer Kette von Hügeln oder Dünen, die sich von NW. nach SO. hinzogen und in den Sen- kungen reichliches Gras trugen, während die Hügel selbst den — für Australien so charakteristischen parkähnlichen Charakter zeigten. Von diesem Gipfel, Hope Downs genannt, überblickte man im SW. das nutzbare offene Land bis nach Parla hin; im Osten schlofs das An- steigen der Hügelkette schon in einer Entfernung von 3 Miles die Aus- sicht; im NW. schweifte der Blick 8 bis 9 Miles weit über ebenes Land. Jenseits Hope Downs zog man zuerst 5 Miles weit durch sehr dichtes Mallee-Gebüsch und trat dann auf offene Ebenen, die sich eben- falls von NW. nach SO. hinzogen. Hier lagerte man, 22 Miles von Parla entfernt, an einer Stelle, wo die Pferde zwar kein Wasser, aber gute Weide fanden. Am 2%6sten trat man aus dem offenen Lande bald wieder in die Scrub-Region, die man 12 Miles weit durchzog, ehe das Stachelgestrüpp etwas lichter wurde. Ein Schwarm schwarzer Elstern schien die Nähe eines Wasserplatzes zu verkündigen, bald erblickte man auch im Osten einen grofsen Salzsee, dem man schnell zueilte. Der Scerub dehnte sich fast bis an den See aus; nur ein schmaler Strei- fen von Gras und Salzpflanzen umsäumte die Ufer desselben. Der See war hier 2 bis 3 Miles breit und zog sich längs des Fufses der Gaw- ler-Kette hin, etwa 3 bis 4 Miles von ihr entfernt. Von zwei hohen Gipfeln der Kette, die man später erstieg, sah man, so weit das Auge reichen konnte, namentlich nach Nordwesten, eine ganze Reihe solcher Seen, die nur durch schmale Isthmen von einander geschieden waren, bald sich erweiterten, bald sich verengerten, oft auch durch schmale Wasserstreifen, wie durch einen Flufs, mit einander verbunden waren. Von hier aus zog Hack nach einem tiefen Einschnitt in der Gebirgs- kette, wo er so glücklich war, eine reichliche und wie er glaubt per- manente Quelle mit vortrefflichem Wasser zu finden. Zwischen der Seen-Reihe und dem Gebirge liegt ein Gürtel recht guten Weidelandes, in einer Breite von 1 bis 2 Miles, dann tritt der Serub wieder auf und zieht sich, immer dichter werdend, bis an den Fufs des Gebirges hin. Das Gebirge besteht aus rothem Granit '); es ist nach Süden hin nur von kurzen, nach Norden hin von viel längeren Gebirgsbach-Betten ’) Am östlichen Ende der Kette tritt nach Mr. Harris rother Sandstein auf. in Süd-Australien. 153 _ durehschnitten. Vom Mount Granite genofs man, obgleich die Luft nicht ganz klar war, eine ausgedehnte Fernsicht; das westliche Ende dieser Kette lag im NW. vom Mount Granite; im Norden erhoben sich mehrere Ketten, eine hinter der andern; das entfernteste Gebirge er- bliekte'man im Nordosten. Vom Mount‘ Granite zog die Gesellschaft nach einem anderen hervorragenden, etwa 10 Miles fast genau nach Norden entfernten Berge, den sie Mount Centre nannte. Hier bildet _ nämlich die Hauptkette eine grofse halbkreisförmige Biegung, welche von Parla aus als eine starke Depression oder Unterbrechung der Ge- birgskette erschienen war; und in der Mitte der Sehne dieses Kreis- _ abschnitts lag der zweigipfelige Berg, der von den Reisenden den Na- men Mount Centre erhielt. Man traf hier auf einer Granitfläche in _ tiefen Höhlungen reichliches Wasser; in einer derselben wuchs eine üppige Wasserpflanze mit ovalen Blättern, die auf dem Wasser schwam- _ men; häufig besuchen die Eingeborenen diese Stelle. Vom Gipfel des Mount Centre erblickte man Nichts als Serub, mit alleiniger Ausnahme _ einer langen und schmalen Ebene, die mit Gras bedeckt zu sein schien; im der Nähe der Wasserplätze war die Weide ziemlich gut; auch wuch- sen hier einige hochstämmige Tannen. Am 27. Juni trat man die Rück- reise nach Parla an und stiefs gleich auf neue Quellen in dem Granit- boden; nach 20 Minuten bemerkte man die frischen Spuren von Major ‘Warburton’s Expedition, die gleichzeitig mit Mr. Hack dieses Gebiet _ durchzog; diese Expedition hatte offenbar die Wasserplätze verfehlt _ und vergebens nach ihnen gesucht. Hack folgte den Spuren des Ma- jors etwa 6 bis 7 Miles weit in der Richtung nach Parla, dann wand- _ ten’ sich dieselben plötzlich nach Westen, und da Hack besorgte, dafs er, wenn er ‘ihnen folge, durch die Kette von Salzseen am Vordringen ‚behindert werden könnte, setzte er die Reise nach SW. fort, in wel- ‚cher Richtung er vorher einen Durchweg zwischen den Seen entdeckt hatte, "und war auch so glücklich, denselben aufzufinden. Er sah hier _ wiele Krähen, grofse Papageien und zwei Tauben, und schlofs daraus, dafs sich in der Nähe sülses Wasser befinden müsse. : Die Expedition ‚zog nun durch die Serub-Region, die sich, nur durch eine nicht aus- gedehnte Weidestrecke an den Seen unterbrochen, vom Mount Centre _ weit nach Süden erstreckt, lagerte nach einem Ritt von 25 Miles am ‚Rande derselben, und: betrat dann am folgenden Tage ein schönes, sreiches Land, sanfte Hügel und Ebenen, mit Streifen von Mallee- Gebüsch durchschnitten und. mit Gruppen von 'Nadelhölzern . besetzt; das Gras war auf weite Strecken über einen Fufs hoch; der breiteste Serub-Gürtel war an der Stelle, wo man ihn durchzog, nur anderthalb es breit. Hope Downs liefs man 4 bis 5 Miles entfernt im SSO. en;:8 Miles vor Parla traf man vier gute und permanente Quellen 154 Die letzten Entdeckungsreisen auf einem Kalksteinterrain; von einigen höher gelegenen Punkten, über die man hinüberzog, konnte man sehen, dafs sich nutzbares Land von gleicher Beschaffenheit mindestens 8 bis 9 Miles weit nach Nordwest erstreckte. Auch wulsten die Eingeborenen die hier gelegenen Wasser- plätze — Karchilby und Karcherriba — namhaft zu machen, und die Vögel, die sich überall blicken liefsen, sprachen ebenfalls dafür, dafs es hier an Wasser nicht fehlen könne. Ueber die Hauptexpedition Hack’s, die er noch in demselben Mo- nat (Juli) antrat und die bis Ende September dauerte, liegen uns nur ein ziemlich dürftiges Resume und verschiedene vereinzelte Nachrichten vor, aus denen wir das Wichtigste im Folgenden zusammenstellen wollen. Hack begab sich zunächst nach Yarwandatta im Osten von Parla, von dort nordwärts an den Fufs der Gawler-Kette, und durch- zog dann das zwischen ihr und der Seen-Reihe gelegene Land in nord- westlicher Richtung. Je weiter man nach Nordwesten vordringt, desto mehr entfernen sich die Seen von dem Gebirge. Bei Warroona fand er permanentes Wasser in einem Creek, und sah von den Hügeln über- all gutes Gras oder Salzpflanzen, ausgenommen im Süden, wo das nutz- bare Land von der Scrub-Region eingefalst wird. Auch bei Toon- dulya gab es vortreflliche Weiden und schöne permanente Quellen Auf der Gawler-Kette hatte Hack einige Eingeborene in Dienst ge- nommen, die ihm mittheilten, dals er die nächste Wasserstelle erst bei Yarlbrinda finden werde. An diesem Orte endete die Gawler-Kette; von dem höchsten Punkte der Nachbarschaft zeigte sich nur ein un- übersehbares Scrub-Land, ohne einen einzigen Berg oder eine Boden- erhebung, bei der man Wasser hätte erwarten können; auch die Ein- geborenen versicherten, dafs von hier aus nach Nordwest und Nord kein Wasser zu finden sei, und weigerten sich auf das Bestimmteste, dem Reisenden nach diesen Richtungen zu folgen; sie wulsten zwar von einem weit entlegenen Lande Naralla, behaupteten aber, dafs es unmöglich sei, mit Pferden dorthin zu gelangen. Dagegen erzählten sie von einem guten Lande im Süden, und von einem grofsen Salzsee im Osten, und erboten sich, den Reisenden zu dem letztern zu führen, da es auf dem Wege dorthin an Wasserstellen nicht fehle. Obgleich nun Hack’s Instructionen dahin Jauteten, nach Nordwesten vorzudrin- gen, überzeugten ihn doch der Augenschein und die Angaben der Ein- geborenen, dafs es nicht rathsam sei, sich hier in die unendliche Serub- Wüste hineinzuwagen; dagegen erregten die Nachrichten von dem gros- sen Salzsee im Osten seine Aufmerksamkeit; vielleicht zeigte sich die Möglichkeit, am Ufer des See’s nach Norden vorzudringen und das Serub-Land zu umgehen. Er entschlofs sich also, dem Rathe der Ein- geborenen zu folgen, und es scheint nicht, dafs die Colonie Grund hat, Abtei nn a De rs ee ee A ne m in Süd - Australien. 155 zeigte, dafs Hack ein Vordringen nach Nordwesten oder Norden spä-. _ ter ganz aufgeben mulste. © Hack zog also, von Eingeborenen geführt, von Yarlbrinda nach - Osten, zuerst über ein weites, mit Salzpflanzen bestandenes Gebiet, dann über ein Terrain, in welchem Gürtel von Serub und Weideland mit einander abwechselten. Bei Murnea zeigte sich ihm endlich der 'grolse, jetzt Lake Gairdner genannte Salzsee, von dem ihm die Ein- geborenen gesprochen hatten. Aber die Scrub-Region reichte bis hart an den See, so dafs auch die Hoffnung, am Westufer des See’s nach Norden vorzudringen, aufgegeben werden mufste. Hack beschlofs nun, _ den See im Süden zu umgehen, und am Ostgestade desselben einen Dürchweg nach Norden zu suchen. Diese Reise führte ihn in ein Ge- biet von sehr verschiedenem Charakter, in welchem unbrauehbares Land mit sehr vortrefflichem abwechselte. Namentlich bei Yardea soll der Boden vorzüglich sein. Der See war indefs viel umfangreicher, als Hack es erwartet hatte; als er die südlichste Spitze erreicht hatte, nöthigte ihn der Mangel an Proviant und der Umstand, dafs die Pferde durchaus neu beschlagen werden mufsten, den Plan einer Reise um den See aufzugeben, obgleich er aus den Aussagen der Eingeborenen die Ueberzeugung gewann, dafs es möglich sei, am Ostufer desselben nach Norden vorzudringen. Hack benutzte die Zeit, die ihm mit Rück- _ sicht auf seinen Proviant für ein Verweilen im Innern noch übrig blieb, _ dieses für eine Colonisation wichtige Gebiet genauer kennen zu lernen _ und eine Aufnahme desselben zu veranstalten. Dann kehrte er quer durch das Land nach Osten zum Spencer Golf zurück. © «Der Surveyor Harris, der Hack auf dieser Expedition begleitet hat, spricht sich in einem Bericht an den Commissioner of Crown Lands, dd. d. Adelaide 10. November 1857, über die Resultate derselben fol- gendermafsen aus: „Der Umfang des auf dieser Expedition aufgefun- denen, zu Weideländereien geeigneten Gebiets beläuft sich auf 4500 "Quadrat-Miles.. Die Lage der verschiedenen Wasserplätze und der - Berge ist nach Azimuth-Beobachtungen, die durch Breitenbestimmun- _ gen controlirt wurden, auf der Karte genau verzeichnet. Die Gebirgs- 7 'ketten, die fast ausschliefslich aus rothem Granit bestehen, sind im Allgemeinen werthlos, da sie entweder ganz kahl oder mit spinifer be- deckt sind; nur ausnahmsweise sind sie bis zu ihren Gipfeln mit Gras bekleidet. Ganz am Ostende der Kette macht der Granit einem rothen Sandstein Platz. — Der grofse See ist auf der Karte nach Tangenten 156 Die letzten Entdeckungsreisen Eingeborenen bis in die Länge von Yarlbrinda ausdehnen; in der That war dieses einer der Gründe, die Mr. Hack bestimmten, sich von jenem Punkte nach Osten zu wenden, in der Absicht, die Südbucht des See’s zu umgehen und sich an seinem Ostufer nach Norden zu wenden; aber dieser Weg war so über Erwarten weit, dals unser Proviant schon auszugehen anfing, als wir die Südküste eben umgangen hatten. Ich hatte weder Barometer noch sonst ein Mittel, um Höhen zu messen, kann also über die allgemeine Abdachung des Landes im Norden der Gawler-Kette nur eine unsichere Meinung äufsern; aber bei meiner vieljährigen Erfahrung in Nivellements und Terrain- Aufnahmen darf ich mir vielleicht erlauben, die Ansicht auszusprechen, dafs die allge- meine Abdachung nach Nordosten geht und dals das Niveau des Lan- des nach dieser Richtung hin unter dem Meeresspiegel liegt. Ich bin ferner der Ansicht, dafs der grofse, auf der Karte verzeichnete See sich, wenn nicht als eine Fortsetzung des Lake Torrens, so doch als ein mit demselben in Verbindung stehendes Gewässer erweisen wird.* Das Letztere scheint nun, wie sich weiter unten ergeben wird, nicht der Fall zu sein. Mr. Hack’s Expedition ist jedenfalls in geographischer Hinsicht, wie für die Ausbreitung der Cultur in Süd- Australien von hervorra- gender Wichtigkeit, und wir bedauern es um so mehr, dafs uns weder sein eigner Bericht, noch der Bericht des Major Warburton über seine Reisen in derselben Gegend '), der zur Controlle und Vervollständi- gung eine schätzenswerthe Gelegenheit bieten würde, bis jetzt zugäng- lich gewesen ist. Wie lebhaft in Süd-Australien das Bedürfnifs nach ausgedehnteren Weideländereien empfunden wird, kann man daraus ersehen, dafs schon eine Woche nach Hack’s Rückkehr der Preis für eirca 2000 von den neu entdeckten 4500 Quadrat-Miles Weideland an- geboten war. Einer der gröfsesten Besitzer hatte sich vor Kurzem genöthigt gesehen, eine Heerde nach Neu-Süd-Wales an den Darling zu schicken. Es ist hier vielleicht der geeignetste Ort, in Kürze zu bemerken, dafs in demselben Jahre auch im äufsersten Westen Süd- Australiens eine Expedition zur Erforschung des Landes, welches sich von Fow- ler’s und Denial Bay nach dem Innern hinzieht, von den Herren Miller und Dutton ausgeführt ist. Sie zogen unter Führung eines Eingeborenen nach Beelemah, mulsten aber sehr rasch reisen, da sie nicht viel Wasser mitnehmen konnten. Nach Mr. Miller ist der Gras- !) Nach dem erwähnten Heft der Proceedings hat auch die Londoner Geogr. Gesellschaft diesen Bericht noch nicht erhalten. in Süd-Australien. 157 _ wuchs in dieser Gegend ganz vorzüglich; doch hat man nirgends ein j _ permanentes Gewässer entdeckt; man traf nur Ansammlungen von. 3 Regenwasser in Depressionen des Felsenbodens. Beelemah soll sehr geeignet sein, als Depot für eine Expedition benutzt zu werden, wel- ehe das Land weiter nach dem Innern hin erforschen will; auf Blasen _ sumpfigen Boden findet man in der Tiefe von ein paar Zoll überall Wasser; die von Mr. Eyre im Jahre 1840 geöffnete Grube 'hatte sich _ imveinen sprudelnden Quell verwandelt. Auch in dem Sande von Wa- lyanibbie stöfst man beim Graben bald auf Wasser, aber es kann ohne _ besondere Vorrichtung nicht leicht geschöpft werden, da der Sand so - locker ist, dafs er stets nachfällt. Endlich fand man in einem Brun- nen hinter Point Brown reichliches Wasser. Das von Miller und Dut- - ton durchzogene Gebiet ist nach ihren Reiserouten von Mr. Harris, — } demselben, dem wir die Aufnahme der von Hack entdeckten Gegenden verdanken, chartographisch verzeichnet worden. var: 4... Swinden’s Entdeckungsreisen westlich vom Lake Fiasl Torrens. "Die Entdeckung des Lake Gairdner mulste natürlich der Frage, wie das Land zwischen diesem See und dem Lake Toorrens beschaffen sei, ein erhöhtes Interesse verleihen, zumal da die vorläufigen Nach- 4 richten über eine in demselben Jahre (1857) nach dieser Richtung hin _ unternommenen Expedition des Herrn Swinden durchaus nicht ent- muthigend lauteten. Der Bericht über die erste Reise dieses Herrn ist uns nicht bekannt geworden; von einer zweiten Reise, die Mr. Swin- den im August unternahm und noch weiter nordwärts als die erste _fortsetzte, liegt uns ein kurzes Reisejournal vor. Obgleich es bei dem _ vollständigen Mangel an festen Anhaltspunkten nicht möglich ist, die _ von Swinden eingeschlagene Route auf der Karte einzutragen oder _ auch nur im Allgemeinen sich über die Lage der von ihm erwähnten Localitäten zu orientiren, enthält der Bericht doch einige Angaben, welche auf die Beschaffenheit des Landes Licht werfen; wir heben des- halb aus ihm das Hauptsächlichste in der aphoristischen Weise des ‚Journals hervor, in der Hoffnung, dafs die zur Zeit für uns noch tod- _ ten Namen der von ihm berührten Gegenden durch die diesjährigen Entdeckungsreisen Leben und Bedeutung erhalten werden. — -Swinden hatte nur einen Europäer und zwei Eingeborene zu Reise- ährten. Mit diesen und 5 Pferden brach er am 22. August von Mr. ep’s Besitzung (wohl nicht weit von Port Augusta) auf, und ritt er Mudlalpa nach der Senkung zwischen der Südspitze des Lake tens und dem Spencer Golf. Diese Senkung ist 2 bis 3 Miles 158 Die letzten Entdeokungsreisen lang und 400 Yards breit !); aber es zeigt sich in ihr kein Creek oder irgend eine Verbinduug zwischen dem See und dem Golf.‘ Eine engl. Meile südlich von Beda hielt man Nachtlager. Von hier ritt man am folgenden Tage nach NW., wo man einen Arm des See’s erreichte, den man umging; dann 5 Miles weit den Gum Creek aufwärts, von hier eine engl. Meile westlich, endlich nach Norden zu der Ebene im Süden von Warrio’s Gap, wo man reichliches Regenwasser für die Pferde fand. Durch Warrio’s Gap gelangte man abwärts nach ‚Pernatty, folgte hier dem Laufe des Creeks, kam an mehreren kleineren und einer gröfseren Wasserfläche vorbei, welche letztere von einem. der Eingeborenen Yarroboroboro genannt wurde, und lagerte an dem recht grolsen Wasserbecken (a very large water- hole) bei Pera. Von Pera zog man am 24. August 5 Miles westwärts nach Yal- tacowie, wo man eine Ente schofs; folgte 2 Miles weit einem Creek aufwärts, und gelangte zu einem schönen Gewässer Namens Yallywalta. Eine engl. Meile weiter traf man bei Yalperoo wieder ein grolses Ge- wässer. Hier verliefs man den Creek, wandte sich nach Norden 3 Miles weit zu einigen kahlen Hügeln, zog 2 Miles weit in diese Hügelland- schaft hinein, fand sie aber so dieht mit scharfen Steinen besäet, dafs man sich aus Besorgnifs für die Pferde nach Westen wandte und nach einem Ritt von 2 Miles glücklich aus dem Hügellande wieder hinaus- gelangte. Dann ging es 4 Miles weit nach Norden zu einem Arm des See’s, wobei man ein schönes, sehr tiefes Wasserbassin in Felsboden fand. Man folgte einem Creek abwärts nach NW., sah mehrere kleine Wasserflächen, die — wie die Eingeborenen bemerkten — allmählich austrockneten, und kam dann wieder zu einem grölseren Gewässer, Namens Andee Andee, das nur eine halbe engl. Meile von dem See oder einem Seearm entfernt war. Der See schien von hier aus sich sehr weit auszudehnen. Schwärme von Enten zeigten sich. An dieser Stelle rastete man zur Nacht. Am folgenden Tage ritt man ostwärts in ein steiniges Hügelland. Von einem Berge, den man Mount Jonah nannte, erblickte man Mount Deception in N. 30° ©. und Mount Samuel in N. 83° O. Drei Miles weiter gelangte man zu den drei grolsen Sülswasser- Ansammlungen, Namens Andemorcha, 14 Mile vom See entfernt; sie waren mit allen ") In den Proceedings heilst es: they discovered an isthmus of a quarter of a mile in breadth between Ihe southern extremity of Lake Torrens and the head of Spencer’s Gulf. Zu diesem Mifsverständnils giebt Swinden’s Tagebuch keinen An- lals; es heifst darin: Made the break, which we found between two miles and three miles long and about 400 yards wide, in which there is not any creek or the sligh- test connecting link between Lake Torrens and the gulfs | 5 Y | | | in. Süd- Australien. 159 möglichen Arten von Enten bedeckt. Von hier zog man 2 Miles weiter östlich, mit geringer Abweichung nach Norden, zu zwei kleinen Wasser- - plätzen mit‘ ziemlich brackischem Wasser, wo ebenfalls Schaaren von "Enten sich zeigten; im See erblickte man, etwa 2 Miles von der Küste, eine hübsche Insel, deren Ausdehnung man auf 4 bis $ Mile schätzte. Von hier zog man 'südwärts über ein wellenförmiges Terrain mit Salz- pflanzen zu dem felsigen Wasserbecken Beradli, an dem man über- nachtete. _ o Früh Morgens am folgenden Tage ritt man 2 Miles ostwärts an _ einen grolsen Creek, der mit dem Lake Torrens in Verbindung stand; _ sein Wasser war nicht ganz schlecht, und reichlich vorhanden. Vier Miles davon im SO. kam man zu einem grofsen sülsen Gewässer, Na- mens Bertamultera; ein anderes sehr schönes Süfswasserbecken traf man zu Baliana, 5 Miles südlich von dem vorigen. Nach einem Ritt von 3.Miles weiter gelangte man zu einigen schönen Quellen, deren Wasser sich in einer kleinen Lache vereinigte; endlich nach 5 Miles zu ‚einer grolsen Wasserfläche, Namens Carkerooh, wo man zur Nacht lagerte. - '2 Von Carkerooh aus traf man am folgenden Tage nach 6 Miles südlich ein Wasserbecken, dessen Namen die Eingeborenen vergessen . hatten. und das Swinden „Bunyips’ Waterhole* nannte. Von hier wandte man sich nach einer Schlucht, die 4 Miles östlich von Warrio’s Gap liegt und fand hier einen guten, nicht so steinigen Weg. Wenn man bei der Reise von Süden durch diese Schlucht, die „Bunyips’ Gap“ genannt wurde, seinen Weg nimmt, kommt man 6 Miles früher zu Wässerplätzen, als auf der Route durch Warrio’s Gap. Man la- _ gerte 2 Miles nordwestlich von dem schon oben erwähnten Beda. — 0» $o- weit Mr. Swinden’s Bericht. Die Menge der hier verzeichne- ten. Wasserplätze, die in ganz kurzen Abständen von einander ange- ‚troffen wurden, mufste natürlich die allgemeine Aufmerksamkeit auf _ das Land im Westen des Lake Torrens lenken. Mr. Campbell, ein Colonist aus der Nachbarschaft von Port Augusta, unternahm noch in _ demselben Jahre eine Reise dorthin und drang noch 50 Miles über - Swinden’s nördlichsten Punkt vor, wo er ganz ausgezeichnete Weide- _ länder entdeckt haben will. Sie sollen reich an Süfswasserseen sein, von denen einige 5 bis 6 Miles im Umfang haben und mehrere Fufs tief sind. An einem dieser Seen müssen nach Mr. Campbells Urtheil die Eingeborenen mehrere Menschenalter hindurch gewohnt haben, ‚denn er fand hier eine ungemeine Menge von Emu-Knochen in allen ‚Stadien der Verwitterung. Das Land soll eine grofse Aehnlichkeit mit jjenigen besitzen, welches sich zu beiden Seiten der Ueberlands- nach‘ den. Vietoria-Goldwäschen ausdehnt. Es war reich an 160 Die letzten Entdeckungsreisen wildem Geflügel aller Art. Der nächste Strich brauchbaren Landes im Norden soll weit entfernt sein; wenigstens waren die Eingebore- nen, die Mr. Campbell befragte, mit den dort lebenden Stämmen un- bekannt. 5. Die Aufgabe der diesjährigen Erforschungs-Expedition unter B. Herschell Babbage. Auf Grund dieser Nachrichten falste die Regierung den Beschlufs, für das Jahr 1858 eine grölsere Erforschungs-Expedition auszurüsten, welche das Land im Westen des Lake Torrens, jetzt „Swinden’s Coun- try“ genannt, genauer untersuchen sollte. Sie vertraute die Leitung derselben einem in australischen Entdeckungsreisen erprobten Manne, B. Herschell Babbage, an, dessen wissenschaftliche Befähigung auch von seinen Gegnern nicht bestritten wird. Gleichwohl ist diese Wahl in Süd-Australien nicht überall mit Befriedigung aufgenommen wor- den. Ein grofser, oder vielmehr der bei Weitem überwiegende Theil der Bevölkerung falst bei solchen Unternehmungen ausschliefslich ‘das praktische Interesse in’s Auge; er will das nutzbare Land, das sich im Innern des Continents finden mag, so bald als möglich‘ kennen lernen, um es sofort zu verwerthen, und fürchtet, dafs wissenschaft- liche Forscher, statt nach ‚solchen Ländereien zu suchen und sich mit der Aufnahme derselben zu beschäftigen, ihren Stolz darin suchen, in der durch ihre Instruetionen vorgeschriebenen Richtung so weit als möglich vorzudringen, unbekümmert um das, was rechts und links von ihrem Wege liegt. Uns scheint diese Besorgnils vor einer Ver- nachlässigung der praktischen Interessen etwas übertrieben: in der Be- schaflenheit des australischen Festlandes liegt für jeden Erforscher eine starke Nöthigung, die Wasserplätze, d.h. das gute Land aufzusuchen, und wenn der wissenschaftliche Erforscher nicht gleich auf der ersten Oase Hütten baut, so liegt darin schwerlich ein Unglück; seine Auf- gabe ist, Ansiedlern so weit als möglich Bahn zu brechen; von den anbaufähigen Stellen, die er auf seinem langen‘ und schmalen Wege entdeckt und bezeichnet hat, wird die Umgegend nach allen Richtungen hin rasch erforscht werden können und nach wenigen Jah- ren für die Praxis wie für die Wissenschaft ein erheblicheres Resultat erzielt sein, als es möglich gewesen wäre, wenn man mit Kreuz- und Querzügen auf einem beschränkten Terrain begonnen hätte. ‘Wir ha- ben also keinen Grund, die Hoffnung aufzugeben, dafs die üblen Pro- phezeiungen über die Erfolglosigkeit der neuen’ Expedition nicht in Erfüllung gehen werden; die Herrn Babbage ertheilten Instructionen geben zu solchen Besorgnissen auch nicht die mindeste Veranlassung. Die Expedition sollte am 17. Februar 1858 von Adelaide abgehen, | | | in Süd- Australien. 161 zunächst zu Schiff nach Port Augusta. Aufser dem Führer nehmen an ihr Theil: als zweiter Befehlshaber der Surveyor Harris, der Be- _ gleiter Hack’s; als Assistenten T. Warrener, ein Chemiker, und D.D. K Herrgolt, ein Botaniker; aufserdem noch 6 Personen, darunter ein Satt- ‘ler und ein Schmied. Vier Wagen, darunter ein schwerer Frachtwagen und ein Wasserwagen, werden Bagage und Proviant führen; die Zahl _ der Pferde ist auf 18 bestimmt. "Der eigentliche Zweck der Expedition ist in der vom südaustrali- _ schen Crown Lands Office entworfenen Instruction deutlich bezeichnet. Wir heben deshalb aus ihr die wichtigsten Stellen hervor. „Die Expedition unter Ihrem Befehl wird mit allen Pferden und dem vollständigen Material auf einem Dampfer nach Port Augusta be- fördert werden. Da die Jahreszeit noch nicht weit vorgerückt ist, und _ heifses und trocknes Wetter zu erwarten steht, werden Sie, ehe Sie Sich aus den angebauten Distrieten nach dem Westen des Lake Tor- _ rens begeben, Sich sorgfältig darüber vergewissern, dafs Sie rasch die - permanenten Sülswasser- Ansammlungen erreichen können, die in Swin- den’s Country existiren sollen. Sie werden es wahrscheinlich nothwen- dig finden, zunächst ein vorläufiges Depot und Lager in der Nähe von Port Augusta, wo Futter und Wasser vorhanden ist, zu errichten, und können dann durch eine Recognoseirungs- Abtheilung erkunden lassen, ob es gerathen ist, sofort mit der ganzen Expedition vorzurücken. Ich bitte Sie namentlich, daran zu denken, wie wichtig: es ist, dafs die Ihnen anvertraute Expedition nicht gleich anfangs entmuthigt, dafs Menschen und Pferde nicht gleich anfangs durch Wassermangel schwe- ren Leiden unterworfen werden; und ehe Sie durch einen precären - Versuch, die 70 bis 80 Miles dürren Landes zu durchziehen, die, wie "wir wissen, unmittelbar im Westen von Port Augusta und zwischen diesem Ort und dem Wasser in Swinden’s Country existiren, den Er- _ folg der Expedition und das Leben der Pferde aufs Spiel setzen, wer- _ den Sie mit Recht es vorziehen, in dem Depot einen günstigen Wechsel der Witterung oder einen Regenfall, der sich gewöhnlich im März ein- - zustellen pflegt, abzuwarten, um mit Sicherheit vordringen zu können.“ © „Als die wichtigsten Zwecke, welche durch diese Expedition er- " reicht werden sollen, betrachtet die Regierung folgende: die möglichst vollständige Erforschung des Gebietes zwischen der Westküste des ‚ake Torrens und der Ostküste des Lake Gairdner, dann des nörd- ich gelegenen Landes; die chartographische Aufnahme des durchreis- en Gebiets; die chartographische Aufnahme der Westküste des Lake Torrens, damit die gegenwärtigen Zweifel über die Ausdehnung, Rich- g und die Umrisse des See’s gehoben werden; die chartographische Aufnahme der Ost- und Nordküste des Lake Gairdner, zu gleichem Zeitschr.f. allg. Erdk. Neue Folge. Bd.V. 11 > 162 Die letzten Entdeckungsreisen Zweck; die chartographische Verzeichnung aller bemerkenswerthen Landmarken, Bergketten, Wasserläufe, Seen, permanenter Süfswasser- Quellen und Süfswasser-Flächen, nach ihrer Breite und so genau als möglich auch nach ihrer Länge.“ „Wenn Sie diese Aufgabe so vollständig, als es die Umstände er- lauben, gelöst haben, steht es Ihnen frei, falls der Zustand der Expe- dition es gestattet, Ihre Forschungen weiter nach Norden auszudehnen; die Nordküste des Lake Torrens nach Osten zu umgehen, wenigstens so weit, um etwaige bedeutende Wasseradern ausfindig zu machen, die sich von Norden oder Nordwesten in den See ergielsen könnten, und das Resultat Ihrer Forschungen auf der Nordküste mit den Kennt- nissen, die wir durch Capt. Sturt’s Forschungen über die Nordostküste besitzen, in Verbindung zu bringen.“ „Da nun nach den Untersuchungen Capt. Sturt’s keine Hoffnung vorhanden ist, durch ein östliches Vordringen im Norden des Lake Torrens nutzbare Ländereien zu entdecken, werden Sie Sich stets daran erinnern wollen, dafs Ihre Bemühungen für die Colonie vermuthlich von gröfserem Nutzen sein werden, wenn Sie, sobald Sie die Nord- küste des Lake Torrens verlassen, Ihre Untersuchungen in westlicher Richtung fortsetzen. In diesem Falle haben Sie auch die Gewilsheit, bei eintretendem Mangel Sich nach dem schönen Lande und den Süls- wasserquellen bei Murnea und Wauroa, die Mr. Hack entdeckt hat, zurückziehen zu können.“ „Glückt es Ihnen, eine wichtige Entdeckung zu machen, so ist es wünschenswerth, dafs Sie die Regierung auf irgend einem praktischen Wege so schleunig als möglich davon in Kenntnifs setzen; Sie könnten dazu vielleicht Eingeborene, mit denen Sie zusammentreffen, als Boten verwenden.“ „Die Expedition ist für 18 Monate mit Provisionen versehen. ‘Die Regierung glaubt, dafs in dieser Frist das Land innerhalb der Nord- grenze der Colonie hinlänglich erforscht werden kann. Sollten Sie aber die Regierung davon benachrichtigen können, dafs begründete Hoffnung vorhanden ist, durch eine Verlängerung dieses Zeitraums einen nützlichen Zweck zu erreichen, so werden Ihnen, wenn es an- geht, neue Provisionen nachgeschickt werden, damit. Sie Ihre For- schungen fortsetzen können. Sie werden überhaupt in jedem Falle jede Gelegenheit benutzen, über den Fortgang der Expedition Bericht zu erstatten.“ „Wahrscheinlich werden Sie ebenso, wie die früheren Reisenden, mit jetzt noch unbekannten Stämmen von Eingeborenen zusammen- treffen und von ihnen namentlich bei der Aufsuchung von Süfswasser- quellen eine schätzenswerthe Unterstützung erhalten; und ich darf kaum u it re u en an in Süd- Australien. 163 bemerken, wie nothwendig es ist, dafs Ihr und Ihrer Leute Verkehr _ mit den Eingeborenen von wohlwollender Freundlichkeit und verstän- - diger Zurückhaltung durchdrungen ist, während Sie gleichzeitig vor jeder Ueberrumpelung mit gröfsester Sorgfalt Sich sicher stellen. Sie _ können nicht eifrig genug sein, Nachrichten über die verschiedenen Stämme, mit denen Sie zusammentreffen, einzuziehen, da alle solche R Nachrichten natürlich von dem höchsten Interesse sind.“ „Einem Manne von Ihrer wissenschaftlichen Bildung ist es ganz _ unnöthig Instructionen darüber zu ertheilen, wie wünschenswerth es ist, alle möglichen Data, Proben, Samen, und alle solche Nachrichten zu sammeln, die für die verschiedenen Zweige der Wissenschaft, Bo- tanik, Mineralogie, Geologie, Zoologie u. s. w. von Werth und Interesse sein könnten. Die Regierung hat dadurch, dafs sie diese Expedition F unter Ihren Befehl stellte, ihr grolses Vertiiudh zu Ihnen an den Tag B gelegt, und ich bin davon überzeugt, dafs das Resultat Ihrer Forschun- - gen dieses Vertrauen rechtfertigen wird.“ Es ergiebt sich aus diesen Instructionen, dafs die Expedition schon ‚dann der Wissenschaft grofse Dienste leisten wird, wenn sie nur den nächsten Theil ihrer Aufgabe löst, das Gebiet zwischen dem Lake Tor- _ rens und dem Lake Gairdner ordentlich untersucht und uns über die — Umrisse und die Beschaffenheit dieser Wasserbecken vollständig auf- klärt. Selbst in diesem beschränkteren Umfange ist ihre Aufgabe von so hohem Interesse, dafs wir den Nachrichten über den Fortgang des _ Unternehmens mit Spannung entgegensehen. Miscellen., Eine Naturerscheinung im Baltischen Meere. "Die in dem folgenden Bericht erwähnte Erscheinung empfängt ein besonde- ‚res Interesse dadurch, dafs sie an demselben Tage und nur 53 Stunden früher and, als das in der zweiten Abhandlung dieses Heftes besprochene Erdbeben in Ungarn und Ober-Schlesien. Wir bedauern, den deutschen Originalbericht nicht mittheilen zu können, da uns derselbe nicht zur Kenntnifs ae ist; t Insel Dagö vom 24. Januar 1858 verlesen, welcher enen verdient, weil er S auf eine merkwürdige Naturerscheinung bezieht und weil der Autor, so weit m die an anderen benachbarten Punkten des Meeresufers ausgeführten Beob- 427 164 Miscellen: achtungen bekannt waren, die Erscheinung nicht ohne guten Grund durch eine Erschütterung des Meeresbodens zu erklären sucht. | Das Folgende ist eine Anführung der in dem Bericht enthaltenen Thatsachen, mit Ausschlufs alles dessen, was nicht wesentlich zur Sache gehört. | „Um 6 Uhr Abends am 14. Januar 1858 fing ein heftiger Wind aus NNW, zu wehen an; das Thermometer zeigte —2°,4. In der Nacht schlug der Wind nach W. um und verwandelte sich in Sturm, der um 8 Uhr Morgens des folgen- den Tages (15. Januar) von SW. zu wehen anfıng und von Regen begleitet war. Das Thermometer zeigte +1°,5. Zugleich mit dem nicht reichlichen und nur dann und wann eintretenden Regen fiel Morgens auch Schnee und feiner Hagel. Um 2 Uhr 10 Minuten Nachmittags, bei einer Temperatur von 2 Grad, während Schnee, Hagel, Regen und nafskaltes Wetter die Atmosphäre verdunkelten und ein ungestümer Wind von WSW. wehte, stürzte das Meerwasser in den Bach Kertel, der eine Tuchfabrik mit Wasser versieht, hob sein Niveau um 2’ 11” Par., und hielt es auf dieser Höhe bis 2 Uhr 20 Minuten; dann fiel es und der Bach kehrte zu seinem vorherigen normaler Wasserstande zurück. An diesem Tage hatte der Bach übrigens beinahe seinen höchsten Wasserstand . erreicht. Das Steigen und Fallen des Wassers dauerte im Ganzen 9 Minuten.“ „Um 2 Uhr 26 Min. kam eine zweite Woge mit noch stärkerer Gewalt als die erste, und hob das Wasser um 3’ 4’. Um 2 Uhr 41 Min. ging das Wasser wieder auf seinen normalen Stand zurück. Der mit seiner vorigen Gewalt wehende Sturm war vorher wieder nach NNW. umgesprungen, dann liefs er im Laufe der Nacht und am folgenden Tage allmählich nach. Andere auffallende Erscheinun- gen zeigten sich nicht, weder in der Luft noch auf der Erde, und wer das er- wähnte Steigen und Fallen des Wassers nicht selbst beobachtet hat, konnte sonst eine ungewöhnliche Naturerscheinung nicht erkennen.“ Weiter sagt Herr Briancourt: „Ich war anfangs geneigt zu glauben, dafs die von mir beschriebene Erscheinung nur localer Natur und durch eine Wasserhose hervorgerufen wäre, bald erfuhr ich aber auf meine Anfragen, dals die Erschei- nung zu Tiefenhafen in noch weit auffallenderer Weise eingetreten war; dort hatte sich nämlich das Wasser um 4 Fufs gehoben und die Woge hatte ein vor Anker liegendes kleines Schiff losgerissen und aufs Ufer geworfen. Zu Hohen- holm überströmte das Wasser gleichfalls das Gestade bis zu 3 — 4 Euls, wie es scheint gleichzeitig mit der in Kertel beobachteten Erscheinung. Vom Süden und Südwesten der Insel Dagö habe ich keine zuverlässigen Nachrichten erhalten, die ich der Gesellschaft vorlegen könnte.“ Die esthnische Gesellschaft bemerkt, dafs ihr von anderen Punkten der Meeresküste Nachrichten über dieses Ereignils nicht zugegangen sind, und fordert auf, etwaige darauf bezügliche Beobachtungen ihr mitzutheilen. —ı. Der Siwasch. Nach Capt. Osborn. Der letzte (XX VII.) Band des Journals der Londoner Geographischen Ge- sellschaft enthält eine vortreffliche Abhandlung des Capt. Sherard Osborn über das Asow’sche Meer und den Siwasch, welche namentlich über das letztere bisher Der Siwasch. 165 wi nig bekannte Gewässer, dann aber auch über die Strömungen im Asow’schen Meere viele neue und interessante Angaben macht. Capt. Osborn’s Bemerkungen ‚beziehen sich ausschliefslich auf den östlichen, von NNW. nach SSO. gerichteten Theil des Siwasch, der von dem westlichen, von OÖ. nach W. gerichteten Theile - dureh die vom Continent vorspriugende Halbinsel Tschongar und durch die von _ der Krim vorspringende Halbinsel Dshankoi geschieden ist und mit demselben _ nur durch eine schmale, jetzt überbrückte Meerenge in Verbindung steht. Vor _ einem halben Jahrhundert soll dieser westliche Theil den Namen „Flufs Tschon- gar“ geführt haben; nach Osborn gleicht er in der That mehr einem Flusse als _ einer Meeresbucht. Die östliche Hälfte des Siwasch ist fast 60 Miles lang; die Breite schwankt zwischen 4 und 20 Miles. Die Ost- und Nordküste zeigt nur unbedeutende Einbuchtungen; die Küste der Krim ist dagegen durch mehrere, 40 bis 15 Miles lange Einschnitte zerrissen, die durchweg von NO. nach SW. gerichtet sind und meistentheils von der ihnen im Norden vorliegenden Halbinsel den Namen erhalten. Auf der ganzen Strecke von Arabat bis zur Strafse von _ Tschongar besteht die Küste der Krim aus dem steil abfallenden Rande der Steppe, einem 5 bis 20 Fufs hohen Walle von Erde, Mergel oder "Thon, und diese For- _ mation setzt auch nordwärts bis Genitschi fort; nur das Delta des Karassu bildet _ eine Ausnahme, hier steigt das Land ganz allmählich an. Während auf diese Weise das Westufer des Siwasch scharf umrissen ist, besteht das östliche, längs der Landzunge von Arabat, aus einer niedrigen Sandbank, ausgenommen an zwei Punkten. Bei einem Blick auf die Karte fällt es sofort auf, dafs diese schmale Landzunge sich in ihrer nördlichen Hälfte plötzlich zweimal erweitert; diese bei- den Stellen sind isolirte, durch den Siwasch abgerissene Strecken der höheren ‚Steppe, die wie das gegenüberliegende Ufer steile Ränder zeigen und ihrer Be- schaffenheit nach durchaus von der Formation der Landzunge abweichen. Osborn ‚nennt diese Steppenfragmente Nord- und Süd-Tschakrak. Da sich an ihrer Westseite ausgedehnte Schlamm- und Kiesbänke gebildet haben, tragen sie dazu bei, die östliche Hälfte des Siwasch in drei ziemlich scharf gesonderte Bassins zu theilen. Das nördlichste Becken wird im Osten durch die äulfserste Spitze der Land- zunge von Arabat, im Norden durch den Continent, im Westen durch die Halb- insel Tschongar, im Süden durch Nord-Tschakrak eingeschlossen, und umfafst ein Areal von 60 Quadrat-Miles See- und Sumpffläche. Von den Russen wird ve sichert, dafs von der Strafse Ghenitschi durch dieses Bassin nach der Strafse von Tschongar ein Fahrwasser von 9 Fufs Tiefe leitet; aber Osborn führt That- sachen an, aus welchen erhellt, dafs den Russen selbst die Existenz dieses Fahr- wassers wenigstens im Mai 1855 noch unbekannt war. Der Zugang zur Strafse Shenitschi vom Asow’schen Meere aus war 1855 durch eine Sandbank erschwert ie sich in einer Curve nach dem Ukljuk Liman hinzog und bei ganz ruhigem tter nur 6 Fufs Wasser hatte. Jenseits dieser Barre leitet ein vielleicht nur ken eingefalstes Fahrwasser von 10 Fufs Tiefe zu dem schmalsten Theile der eerenge oder dem sogenannten Hafen von Ghenitschi. Dasselbe gabelt sich ‚hinter der schmalsten Stelle; der nordwärts abgehende Arm bildet den 166 Miscellen: durchreiten konnten; der andere, sehr gewundene Arm geht nach SW. und SSW,, zwischen Sümpfen, die mit Schilf und Seegras bewachsen sind, und führt in das offene Wasser des Nord-Bassins; er mag 4 bis 7 Fufs tief sein. Die Wasser- fläche des Nord-Bassins ist so klar und blau, als ob sie so tief wäre, wie der Atlantische Ocean. Auf ihr zieht sich das Fahrwasser in einem sanften Bogen nach der Halbinsel Tschongar hin und folgt dann der Küste derselben bis zu der Meerenge, durch welche sie von der Halbinsel Dshankoi getrennt wird; seine Tiefe schwankt je nach den Winden zwischen 4 Fuls 6 Zoll und 8 Fuls, so dafs die Russen auch dann noch, als ihnen durch die Flotten der Verbündeten der Transport über die Landzunge von Arabat unmöglich gemacht war, von Ghe- nitschi aus den Landweg über die Halbinsel Tschongar einschlugen. Das zweite Bassin, im Norden durch Nord-Tschakrak, im Osten durch die Landzunge von Arabat, im Süden durch Süd-Tschakrak, im Westen durch die Halbinsel Dshankoi eingeschlossen, gleicht gewöhnlich einem Morast und recht- fertigt am meisten den Namen der „Faulen See“, den man dem Siwasch seit alter Zeit beigelegt hat. Es ist 13 Miles lang und 8 Miles breit, und umfafst auch die schmale und tief einschneidende Bucht von Dshankoi. Mit Ausnahme des Fahrwassers, welches in die Tschongar-Stralse führt, und eines zweiten, nur 4 Fuls 6 Zoll tiefen, welches dieses Bassin mit dem südlichsten verbindet, be- steht es nur aus schlammigen Untiefen, die auf weite Strecken nicht mehr als 6 bis 12 Zoll Wasser tragen und meist mit Schilf und Röhricht bestanden sind. Dasselbe gilt auch von der Bucht von Dshankoi, die im Juli selbst am Eingange nicht einmal einen Fufs tief war. Das Becken ist eine grof/se Salzpfanne, in welcher bei der Gluth der Sommersonne die Salzsoole schnell verdampft. „Die schnelle Verdunstung und die aufserordentliche Luftspiegelung in Folge der er- hitzten Atmosphäre sind an einem Sommertage höchst auffallend; zwischen Sonnen- aufgang und Sonnenuntergang war es in dieser Jahreszeit ganz unmöglich, Gegen- stände, die nur eine engl. Meile entfernt waren, genau zu erkennen, gerade so als ob ein Kessel mit siedendem Wasser hier gestanden hätte.“ In den Schilf- feldern brüten zahllose Wasservögel. Selbst in der Tschongar-Strafse ist auf beiden Seiten der Wasserstand so niedrig, dafs auch ganz flachgehende Boote 300 Fufs weit über einen fetten, stinkenden Schlamm geschleppt werden müssen, ehe sie aufs Trockene gezogen werden können. Zur Zeit des Krieges sind hier von den Russen Landungsdämme auf den Untiefen aufgeworfen; eine hölzerne Brücke über die Meerenge existirte schon seit 1737, sie wurde aber während des Krieges stärker gemacht, so dafs sie von Transportzügen benutzt werden konnte. „Auf unsere Fragen, ob Tataren oder Kosaken durch dieses Central- Becken hindurchgeritten wären, versicherte man uns, dafs dieses doch wegen der Schlammlöcher, in die Rofs und Reiter unrettbar versinken könnten, für höchst gefährlich gehalten werde. Im Sommer 1855 sahen wir aber einige Kosaken, 1 von Schrecken ergriffen, von Nord-Tschakrak nach der Halbinsel Tschongar hin- durehreiten.“ | Das südlichste Becken ist etwa 40 Miles lang, in der Mitte höchstens 4 Fuls 6 Zoll tief, wird dann nach beiden Küsten immer flacher und endet an ihnen als ein vollständiger Sumpf. „Als wir uns von den Küsten nach der Mitte begaben, erreichten wir einen bläulich weilsen, weichen, stark mit Salz geschwängerten Zu re ie u — Der Siwasch. 167 Thon, der mit Streifen von Kies, Schilf und Lagern fossiler Muscheln (kleiner Bivalven) abwechselte..e. Man mufste bei dem Durchwaten recht vorsichtig sein, denn es existirten hier zahlreiche Höhlen; in die man tief einsinken und in ernste _ Gefahr gerathen konnte; vielleicht sind diese Löcher erloschene Schlamm- Vul- eane; «ein Temperatur- Unterschied zwischen ihnen und dem übrigen Theile des r Siwasch, der im Sommer wie ein Becken mit lauwarmem Wasser erscheint, war - nieht zu bemerken. Sobald die Flüsse’ der Krim versiegt waren und die schnelle _ Verdunstung den Wasservorrath des Siwasch vermindert hatte, bildeten sich an seinem Ufer eine grofse Masse von groben Salzkrystallen, und die intensive sal- _ zige Bitterkeit des Wassers in dieser seltsamen See erinnerte lebhaft an die Be- sehreibungen des Todten Meeres in Judäa. Im Uebrigen sieht der Siwasch hier, wie in dem klaren Theile des Nord-Bassins, gar nicht übel aus; seine klare, blaue und glänzende Wasserfläche bildet einen angenehmen Contrast zu dem 1 schmuzigen Gelb des Asow’schen Meeres.“ Nach Arabat hin wird auch das süd- _ liche Becken ganz flach; ebenso breitet sich vor der Mündung des Karassu oder Salgir eine Untiefe aus, über die kein Fahrwasser hinüberführt. Gleichwohl war _ während des Krieges auch der Salgir von den Russen zum Transport von Pro- _ viant und Kriegsmaterial benutzt. So lange sie das Asow’sche Meer beherrsch- ten, schifften sie den Proviant von Taganrog nach Arabat, führten ihn dann zu Wagen auf die Landzunge von Arabat, bis zu der den Salgir-Mündungen gegen- über gelegenen Stelle, wo das südlichste Becken des Siwasch durch das Salgir- Delta am meisten verschmälert wird; hier wurde die Zufuhr auf flache Pontons geladen, welche über die Untiefen in den Salgir hineingleiten und hier stromauf- wärts gezogen werden konnten; zu diesem Behuf waren am Ufer des Salgir 'Leinpfade angelegt worden. Erst als Capt. Lambert die Pontons verbrannte, "hörte diese Art des Transports vollständig auf. Die schon von Strabon hervorgehobene starke Einwirkung der Winde auf den Wasserstand des Siwasch ') bezeichnet auch Osbomn als eine sehr auffallende Erscheinung. Bei einem frischen Ostwinde wird im Siwasch das Schlammland ‚an der Landzunge von Arabat auf Hunderte von Yards trocken gelegt, und das "Wasser staut an der Küste der Krim um 2 Fufs an. Bei starkem Westwind da- ‚gegen, der namentlich im Sommer zuweilen mit grofser Heftigkeit über die tau- zischen Steppen tobt, wird der nördliche Theil des Siwasch binnen zwei Stunden so entwässert, dafs man über die Barre vor Ghenitschi bequem hinüber waten kann. Die Ausdünstungen des Siwasch hält Osborn nicht für ungesund, obgleich ' sie den Geruchsnerven höchst widerwärtig sind. Dafs Vögel in diesem Salzsumpf _ brüten und Nahrung finden, bleibt gleichwohl auffallend; in der Tschongar-Stralse sah 'Osborn auch Haufen von jungen Fischen, „obgleich das Wasser so gesalzen war, dafs unsere Beine, wenn sie mit ihm in Berührung kamen, so roth wurden, ‚als wären sie in sehr heifses Wasser gesteckt worden.“ —ın. a) Eioöns d’ Zarı oy6dga, wa danvois 7 aAoivıs woyız mAwinog oö yao arsuoı 170 verayn gaölos draxakunıovem, ira nalıy nAmgovsw, ware 1a An wir ‚uelbooı orapeow ou egdorua dorıy. Strabo VII, 4. 168 Miscellen: Ueber das Erdbeben von Semipalatinsk. Von Abramow'). Am 12. December 1857 fand um 2 Uhr Nachmittags in verschiedenen Ge- genden der Provinz Semipalatinsk ein Erdbeben statt. Ueber die zu unserer Kenntnifs gekommene Richtung der Erscheinungen machen wir hier nach den eingegangenen offiziellen Berichten eine Mittheilung, die wir durch einige eigene Zusätze vervollständigen. Das Erdbeben hatte die Richtung von SO. nach NW., hielt sich aber etwas mehr östlich. Wo es anfing, ist nicht genau bekannt, weil die östlichsten Er- schütterungen aufserhalb des russischen Gebiets an solchen Localitäten des chine- sischen Reiches stattfanden, mit denen die Kirgisen der Provinz Semipalatinsk in keiner Verbindung stehen. An die Grenze unseres Gebiets kam das Erdbeben über den See Saisan, zwischen 47° und 48° 30’ N. Br. und 101° — 102° 50’ O.L., in der chinesischen Provinz Gobdo. Auf dem Nor Saisan war am 12. De- cember eine so starke Erschütterung, dafs das starke und feste Eis ?) an vielen Stellen des See’s in seiner ganzen Dicke mit lautem Krachen, wie Kanonendonner, zerbarst und das Wasser aus den Spalten hervorquoll. Die gerade bei dem Fisch- fang beschäftigten Landleute waren von Entsetzen ergriffen. Das Erdbeben hat sich auch jenseits des Nor Saisan nach Südosten hin gezeigt, und man behauptet, dafs es im Gebiet von Urumtsi (chinesisch Dihua-dsheu) in der chinesischen Dschungarei, ungefähr unter 44° N. Br. und 108° O. L., angefangen hat: dort befinden sich auch Vulcane. In der Stadt Ajagus (Provinz Semipalatinsk), unter 47° 50'8” N. Br. und 97° 42’ 36” O. L., wurde keine Erschütterung bemerkt: die Erschütterungslinie ging wahrscheinlich an dieser Stadt und den benachbarten Punkten vorbei und hielt sich östlicher. In der Stadt Kokbekty, unter 48° 45’ 23’ N. Br. und 100° 4' 47" O.L.°), zeigte sich das Erdbeben, im Vergleich mit anderen im NW. gelegenen Orten, früher und stärker, und dauerte ungefähr 5 Secunden. Hier liefs sich vorher ein unterirdisches, dumpfes Getöse vernehmen, dann folgte eine so starke Erschütte- rung des Bodens, dafs die Mauern der Häuser spalteten, Bilder von den Wänden fielen und die Thüren aufsprangen; die Bewohner, von Schrecken ergriffen, flüch- teten aus den Häusern; besondere Unglücksfälle kamen aber nicht vor. Demnächst war das Erdbeben im Piquet Arkatsk ziemlich stark; dieses liegt 123 Werst nördlich von Ajagus, 1473 Werst südöstlich von Semipalatinsk. In der Umgegend von Buchtarminsk, unter 49° 36’ 12” N. Br. und 101° 13' 30” O. L. *), war das Erdbeben im Vergleich mit dem in Kokbekty etwas schwächer. In der Stadt Ustkamenogorsk , unter 49° 56’ 48” N. Br. und 100° 18' 18” !) Aus dem Russischen übersetzt. Der Original-Bericht ist im Wjästnik der Kais. Russ. Geogr. Gesellschaft Bd. XII, Heft 3 publicirt. ?2) Das Eis auf dem Nor Saisan war vom 20. bis 25. October festgeworden. 3) Bestimmung Fedorow’s. *) Von Humboldt 1829 chronometrisch, von Fedorow 1834 nach Mondeulmi- nationen bestimmt. Ueber das Erdbeben von Semipalatinsk. 169 4 0.L. '), fing das Erdbeben um 1 Uhr 40 Minuten Nachmittags an und dauerte ungefähr 10 Secunden. Ihm ging ein unterirdisches Getöse vorher, das etwa 5 Secunden anhielt. Die Erderschütterung fing etwas schwächer an, wurde dann aber so stark, dafs in den Häusern Risse entstanden, auch in den Fensterpfeilern _ und Fensterscheiben. Auch hier flohen die Bewohner voll Schreck aus ihren Häusern. Auf dem Wege von den eben genannten bewohnten Orten nach Semipala- tinsk wurde das Erdbeben in den Kosaken-Stanizen und anderen russischen An- 3 siedelungen und in den Kirgisen- Auls ebenfalls verspürt. 00» In der Stadt Semipalatinsk, unter 50° 24’ 23” N. Br. und 97° 55’ 33" O.L. ?), trat das Erdbeben um 1 Uhr 45 Min. Nachmittags ein; es fing mit einem unter- irdischen Getöse an und dauerte 5 Secunden. Die Häuser, die Möbel und übri- gen Gegenstände schwankten, die Geräthschaften in den Schränken erklirrten, die Lämpchen vor den Heiligenbildern bewegten sich hin und her. Aber sowohl hier, wie in den oben erwähnten Orten, zeigte sich die Erschütterung nicht an allen Punkten und Häusern der Stadt, und war auch nicht überall gleich stark. Von zwei Nachbarhäusern wurde sie in dem einen verspürt, in dem andern nicht, oder _ in dem einen stärker, in dem andern schwächer, und dann etwas weiter wieder _ stärker. In dieser Beziehung glich sie einigermafsen dem Erdbeben vom 30. No- vember 1731 in Peking, von welchem Du Halde bemerkt, dafs „es etwas Sonder- bares hatte, weil es auf der von ihm heimgesuchten Linie nicht gleichmäfsig auf- trat; an einigen Punkten verursachte es grofse Zerstörungen, übersprang dann dazwischen liegende Orte, an denen es fast gar nicht wahrgenommen wurde, und zeigte sich weiterhin wieder mit neuer Kraft; wo der Erdboden fester war, war _ auch die Wirkung des Erdbebens gewaltiger.“ Während dieser unterirdischen Thätigkeit der Natur fand zu Semipalatinsk in der Atmosphäre kein auffallender Wechsel statt: . Beinen Lufttemperatur Himmel Wind _ um 6 Uhr früh 602,98 — 109,5 bestirnt SO. mäfsig, 13 - Nachm. 603,29 — 6,0 Sonnenschein u. Wolken SO. - = - 603,06 — 6,7 bewölkt SW. - - Abends 602,98 ° —12,5 — SW. - Wo das Erdbeben aufhörte, darüber habe ich keine Nachrichten, da es über die Grenzen unserer Provinz hinaustrat; aber es ist bekannt, dafs es in dem "Bergwerk Smjänogorsk, Gouvernement Tomsk, unter 51° 9’18” N. Br. und 99° 59' 58" O.L,, stattfand. In der zur Provinz Semipalatinsk gehörigen Kirgisensteppe sind Vulcane nicht vorhanden; aber weiter im Südosten, von wo das Erdbeben ausging, in der ehinesischen Dschungarei, die südlich von dem ‚hohen, schneebedeckten Thian Schan liegt, giebt es Vulcane. In diesem Gebirgszuge, der sich zwischen 41° !) Nach der Bestimmung der beiden erwähnten Gelehrten, durch die erwähnten ttel. # R 2) Bestimmung Humboldt’s und Hansteen’s im Jahre 1829, nach Monddistanzen. 170 Miscellen: und 43° N. Br. hinzieht und den die Gelehrten für den Hauptsitz der vulcani- schen Thätigkeit in jenem Gebiete halten, sind vulcanische Erscheinungen ge- wöhnlich. Dort ist, weiter im Osten, auf dem südlichen Abhange dieses Gebirgs- zuges der Vulcan Ho-tscheu oder Tjurpan bekannt, unter 43° N. Br. und 108° O0. L. Nach dem Bericht chinesischer Schriftsteller ') steigt aus ihm beständig eine Rauchsäule auf; aber im Dunkel leuchtet er wie eine Fackel. Etwa 30 Mei- len westlich vom Tjurpan oder Ho-tscheu, am Fufse des majestätischen Bogdo Ola, liegt der grolse Krater von Urumtsi, Im Norden des Thian Schan, bei Urumtsi, ist ein Flächenraum von mehr als 10 Meilen im Umfang mit fliegender Asche bedeckt; wenn man dort etwas hinwirft, so erscheint sogleich Feuer und der Gegenstand verbrennt augenblicklich; wirft man einen Stein hin, so steigt ein schwarzer Rauch auf; im Winter bleibt dort kein Schnee liegen; kein Vogel wagt es, über diese Gegend hinzufliegen, die gewöhnlich „die feurige“ genannt wird. Auf der Grenze des Kreises Ili und des Gebiets von Urumtsi existirt ein Abgrund von 9 Meilen im Umfange. Dieser Ort ist unter dem Namen der „Aschengrube“ bekannt und mit Salmiak- Ausdünstungen bedeckt. Westlich von Urumtsi zieht sich ein felsiges Sandstein-Gebirge hin, das überall reich an Stein- kohlen ist. Weiter sind, 28 Meilen östlich vom Issik-kul (dem „warmen See“), der nie zufriert, die Berge Peschan (der weilse) und Agie (der feurige) bekannt. Der erstere hat seinen Namen von der weisen Farbe seines Gipfels, der mit Salz, Bimsstein und vulcanischer Asche bedeckt ist. Nach den Berichten der Bucha- ren, welche das salmiakhaltige Salz nach Sibirien bringen, wird in der Umgegend so viel davon gesammelt, dafs die Bewohner oft damit ihre Steuern dem Kaiser von China entrichten. Der zweite Berg stöfst unaufhörlich Rauch und Flammen aus; die Oberfläche der Lava ist, sobald sie erkaltet und fest geworden ist, mit Sal- miak bedeckt, der von den Anwohnern als Arzenei benutzt wird. Aus den Nachrichten, die ich von den Bewohnern der Provinz Semipalatinsk eingezogen habe, ergiebt sich, dafs Erdbeben stattfanden: in Semipalatinsk ein- mal vor mehr als 50 Jahren, wobei die Erde an mehreren Punkten spaltete, — dann im Jahre 1847; in Kokbekty im Jahre 1844 und dann noch zweimal in nicht mehr genau zu ermittelnden Jahren; in der Stadt Kopal am 31. October 1856, in der Richtung von N. nach $., — es dauerte 5 Secunden, verursachte aber keinen Schaden ?). Genauere Nachrichten . über die Richtung und das Er- schütterungsgebiet dieser Erdbeben im Kreise Semipalatinsk sind nicht gesammelt worden. Dem Obigen füge ich noch in Kürze einige Angaben über Erdbeben in West- und Ost-Sibirien überhaupt hinzu. Am 17. Januar 1849 war ein Erdbeben in der Stadt Ischim, im Gouvernement Tobolsk. Um 9 Uhr 53 Minuten Morgens liefs sich zweimal ein unterirdisches dumpfes Getöse vernehmen, ähnlich einem heftigen Sturm, von denen das zweite in das erste plötzlich einsetzte, in der Richtung von NW. nach SO.; es endigte wie ferner Kanonendonner; dabei schwankte der Boden, die Gebäude in der Stadt und die beiden steinernen Kir- chen erbebten, die Mauern, Fufsböden und Decken fingen an zu zittern. Zu !) Vergl. hierüber und über das Folgende diese Zeitschrift N. F. Bd. II, 8.39. 2?) Journal des Ministerium des Innern, Januar 1857. Ueber das Erdbeben von Semipalatinsk. 171 u. dieser Zeit wurde in der Hauptkirche vor einer ziemlich zahlreichen Volksmenge gerade die Liturgie abgehalten. Die Anwesenden sahen, dafs der grofse Kirchen- _ Kronleuchter und die Lampen hin und her zu schwanken anfingen, auf dem lin- ken Chor bewegte sich das Bild des Heiligen Nikolai, das auf einem hölzernen Piedestal stand, bald nach vorn, bald nach hinten, die Kerzen, die vor demselben angezündet waren, fielen eine nach der andern auf den Boden; das Gewölbe der Kirche bekam einen Rifs. Von Schrecken ergriffen stürzten Alle nach den Thü- ren, um sich durch die Flucht vor dem drohenden Verderben zu retten. Aber der den Gottesdienst abhaltende Protoierei hielt mit männlicher Ruhe die Fliehen- den zurück, forderte sie auf, in der Kirche zu bleiben, das Gebet fortzusetzen und auf die Gnade des Herrn zu vertrauen. Das Volk hörte auf ihn; der Gottes- dienst wurde fortgesetzt und ohne Unterbrechung zu Ende geführt. Die Kirche blieb stehen, hatte aber Risse in der obern Etage, in der Mitte des Bogens, der mit eisernen Klammern umbunden war, an den Fenstern der nördlichen Seite über dem Gewölbe und am Altar der untern Kirche, längs des Gewölbes und neben dem Bogen. Aufserhalb der Hauptkirche zeigten sich auch an einigen Ge- bäuden unbedeutende Beschädigungen; in den Fenstern waren die Scheiben zer- sprungen, aus den Schränken die Geräthschaften herausgefallen. Von den Pfer- den, die zu dieser Zeit auf dem Markte sich befanden, waren viele in die Knie gesunken; die Wagen hatten geschwankt. Die Bewohner waren insgesammt aus den Häusern auf die Strafse geflohen. In den Ansiedelungen, die in der Nähe der Stadt und am Flusse Ischim liegen, war nur ein unbedeutendes Schwanken der Häuser und anderen Gebäude bemerkt und ein kaum hörbares Krachen der Wände vernommen worden, ohne dafs irgend eine Beschädigung erfolgte. Das Erdbeben dauerte eine halbe Minute !). In Ost-Sibirien fanden oft Erdbeben statt; in Irkutsk z. B. kommen sie fast _ in jedem Jahre vor, und manchmal mehrmals im Jahre. Ein Erdbeben fand dort — am 24. Januar 1725 statt; das stärkste im Mai 1742, welches an den beiden _ damals vorhandenen steinernen Kirchen grofse Beschädigungen anrichteten; in - einer derselben fiel das eiserne Zelt (marep’s) herab, und in einem grofsen _ Theile der Häuser stürzten die Schornsteine ein. Im Jahre 1768 wurden zwei Erdbeben bemerkt, das erste am 18. März früh um 4 Uhr, das zweite am 5. Au- gust Nachmittags um 2 Uhr. Am 13. October 1769 verspürte man Morgens um 8 Uhr zwei Stöfse; der letzte war ziemlich stark. Am 28, Juli 1771 wurden um 9; Uhr zwei Stöfse verspürt, der eine leicht, der andere aufserordentlich stark. Damals wurde der Stofs am Flusse Angara bis Balagan, ebenso am Flusse Irkut und: ein dreimaliger starker in Prorwa beobachtet. An demselben Tage _ wurde um 11 Uhr auch in Selenginsk ein leises Zittern und dann ein starker _ -Stofs verspürt, der hier aufhörte und Kjachta nicht mehr erreichte. "Um eine Vorstellung davon zu geben, wie oft sich diese unterirdischen Er- "scheinungen in Irkutsk wiederholen, mag hier eine Uebersicht für 12 Jahre folgen: ap: 1828. 26. April, um 7 Uhr Morgens, - 5. August, - 7 - Abends, - 23. October, - 12 - 17 Minuten Nachts, 172 Miscellen: 1829. 24. Februar, um 5 Uhr 40 Min. Morgens, - 27. - - 5. - Morgens, 1830. 28. Mai, - 6 - - - 30. October, - 9 -. Abends, 1831. 4 Januar, re % Mu - 1832. 31. Mäız, - 7 - Morgens, 1833. 12. Juli, - 1. = Nachts, 1834 fand kein Erdbeben statt. 1835. 2. Juni, um 7 Uhr 21 Min. Morgens, - - - - 8 - Abends, - 18. Septbr., - 2 -. 30 Min. Nachmittags, - 20. October, - 12 - Nachts, 1836. 18. Januar, - 5 -..52 Min. Morgens, 1837. 13. Mai, - 11.- 42. =... Nachts, 1838 fand kein Erdbeben statt. 1839. 6. August, um 8 Uhr Morgens, - 12: Septbrisg us) 0) sur - Das vorletzte brachte eine Menge von Rissen in fast alle steinerne Häuser und stürzte mehrere steinerne Schornsteine. Aufserdem ist es bekannt, dafs in Kamtschatka, wo es, wenn man vom Vor- gebirge Oljutorskij anfängt, 17 erloschene, noch rauchende und feuerspeiende Vulcane giebt, am 23. October 1737 durch ein Erdbeben die Wohnungen der Kamtschadalen zerstört, die Oefen umgestürzt wurden, während die Glocken zu läuten und die Kirchen zu schwanken anfingen; diese Unruhe dauerte bis zum Frühling 1738. Der Tolbatschinskische Berg, der seit 40 Jahren geruht hatte, verursachte im September 1738 in der Umgegend ein starkes Erdbeben, am An- fange des Jahres 1739 warf er eine Feuerkugel aus, welche die Waldung der benachbarten Berge in Brand steckte, und bedeckte dann die Gegend auf 50 Werst weit nach allen Seiten mit Asche. Der Abatschinskische Kegel, der lange ge- raucht und von Zeit zu Zeit Flammen ausgestolsen hatte, loderte im Jahre 1737 stark auf, doch nicht länger als 24 Stunden, und warf fliegende Asche aus. Im October verursachte er ein Erdbeben, welches Häuser und Jurten umstürzte. —ın. Kohlenlager im Gebiet der Vereinigten Staaten an der Küste des Stillen Oceans. Zu den lebhaftesten Wünschen der Californier gehört die Entdeckung eines reichen Kohlenlagers in ihrem Staatsgebiet, wo möglich an irgend einer bequem zugänglichen Stelle der Meeresküste. Begreiflicher Weise sieht man einer sol- chen Entdeckung mit um so grölserer Ungeduld entgegen, als Kohlenschichten an zahlreichen Stellen der Meeresküste zu Tage treten; aber wie an der pacifi- schen Küste des britischen Nord- Amerika sind sie auch auf dem Unionsgebiet entweder nur von geringer Mächtigkeit und Ausdehnung, oder schwer zugänglich, oder sie liefern nur eine Kohle von untergeordneter Qualität, die auf Dampfern e _ genwärtig, noch nicht lohnt, und die hart an der britischen Grenze, bei der Bel- _ lingham-Bay befindlichen Kohlenlager, deren wir im vorigen Bande der Zeit- schrift $. 415 gedacht haben, noch immer bei Weitem die werthvollsten sind. - Der „California Democrat“ giebt eine Uebersicht der Punkte, an denen man bis- her Kohlen entdeckt und zum Theil auch ausgebeutet hat. Beginnen wir im Süden, so finden sich schon bei San Diego in der Küstenkette Kohlenschichten, die ein gutes Product liefern; aber mit der Ausdehnung und Mächtigkeit dieser Lager ist man noch nicht bekannt, obgleich man verschiedene Versuche angestellt hat, sie zu ermitteln. Von hier ab hat man in der ganzen Küstenkette bis zum Goldenen Thore, auch in den Hügeln um den Mountain-Lake hinter San Fran- eisco Kohlen entdeckt, aber die Schichten sind überall von so geringer Ausdeh- nung und so dünn, dafs ihr Abbau keinen erheblichen Nutzen verspricht. Das- selbe gilt von den Kohlenlagern in der Saucelito-Kette nördlich vom Goldenen _ Thore, und von den neuerdings entdeckten in den Hügeln am Petaluma Creek, der in die San Pablo-Bay mündet. Weiter nach Norden hin ist die Küstenkette "in dieser Hinsicht noch nicht hinlänglich erforscht. Erst an der Coose-Bay sind wieder Kohlenlager von beträchtlichem Umfange aufgefunden worden. Sie wur- _ den auf einem dicht an der Bay gelegenen Terrain 1851 von Lockhart entdeckt und sofort bearbeitet; aber da die Kohlen schlecht und verwittert waren, gab man den Abbau bald auf. Kurze Zeit später fand man 5 Miles von dieser Stelle entfernt ein neues Kohlenlager von 6 bis 8 Fufs Mächtigkeit; drei Adern, nur durch eine dünne Schicht Kohlenschiefer von einander getrennt, liefen über ein- ander hin. Hier wurden zwei Gruben eröffnet, aus denen die „Coose-Bay-Koh- len“ nach San Franeisco auf den Markt kommen. Diese Kohle ist etwas leichter _ als andere bituminöse Kohlen; sie brennt mit heller Flamme, verbrennt schnell, empfiehlt sich durch einen niedrigen Preis, und könnte, mit anderen Kohlen _ vermischt, auch von Dampfern benutzt werden. Die Lager an der Coose-Bay _ sollen sehr ausgedehnt sein und werden überall in gleicher Tiefe angetroffen. Da die Bay durch eine Sandbank für gröfsere Schiffe gesperrt ist, hat man hier zum - Kohlentransport ein Schleppboot placirt. : Weiter nordwärts im Thale des Umpqua und überall in der Küstenkette, _ welche die Territorien Oregon und Washington durchzieht, namentlich auch in der Nähe des Columbia River fehlt es ebenfalls nicht an Kohlenlagern; aber man hat hier noch keines von abbauwürdiger Stärke entdeckt. Erst an dem südlichen Rande der Fuca-Stralse tritt die Kohle an den hohen Bluffs wieder in mächtigen Schiehten zu Tage, und man hat vor Kurzem mit dem Abbau begonnen. Auf dem Ostgestade des Puget Sound endlich befinden sich die unerschöpflichen La- ger an der Bellingham-Bay, die ergiebigsten, die man bisher an der Küste des Stillen Meeres entdeckt hat und über die wir im vorigen Bande berichtet haben. Grant beurtheilt die Qualität dieser Kohle günstig; aber in San Franeisco ist man doch der Ansicht, dafs sie die härtere West Hartly-, Cumberland- oder Cannel- ‚Coal noch nicht entbehrlich macht. m L. 174 Miscellen : Nachrichten über Lieut. Craven’s Expedition zur Erfor- schung der interoceanischen Canal-Route durch die Provinz Choco. Gegen Ende des vorigen Jahres wurde von der Regierung der Vereinigten Staaten eine Expedition unter Lieut. Craven nach Neu-Granada geschickt, um mit Rücksicht auf das unsern Lesern bekannte, von Mr. Kelley in New-York so lebhaft befürwortete Project eines interoceanischen Canals die Flüsse Atrato und Truandö, wie den Isthmus zwischen der Quelle des letztern und der Küste des Stillen Oceans genauer zu untersuchen. Der Güte des Herrn v. Humboldt ver- danken wir die Kenntnils zweier Publicationen, die als erste Resultate dieser Ex- pedition nicht unbeachtet bleiben dürfen. Die erste ist der vollständige amtliche Bericht des Lieut. Michler, Chefs der topographischen Abtheilung, der hauptsäch- lich eine Geschichte der von dieser Abtheilung ausgeführten Arbeiten enthält; die zweite ein Bruchstück aus dem Bericht des Lieut. Craven selbst, in welchem die Hauptresultate der Erforschung zusammengefalst werden. So lange uns nicht der letztere Bericht und die dazu gehörigen topographischen Aufnahmen vollstän- dig vorliegen, müssen wir uns billig eines Urtheils über die Leistungen der Ex- pedition enthalten; doch dürfen wir uns wohl die Bemerkung gestatten, dafs das fragliche Bruchstück die Hoffnung auf eine bedeutende Bereicherung unserer Kenntnifs stark herabstimmt; denn es enthält keine neue, irgendwie belangreiche Thatsache, die nicht schon durch die von Mr. Kelley ausgesandten Expeditionen bekannt geworden wäre, und befremdet um so mehr durch die Entschiedenheit, mit welcher sich Lieut. Craven gegen das erwähnte Canalproject ausspricht. Wenn wir nun noch darauf aufmerksam machen, dafs dieses Document sich an man- chen Stellen durch eine wahrhaft bedenkliche Verworrenheit auszeichnet, so glan- ben wir hinlänglich den Standpunkt angedeutet zu haben, von dem dasselbe un- serer Ansicht nach vorläufig betrachtet werden mufs. Doch wir ziehen es vor, den Leser selbst urtheilen zu lassen. „Meine Ansicht,“ sagt Lieut. Craven, „über das merkwürdige Thal des Atrato ist die, dafs dasselbe ursprünglich ein Golf war, der im Verlauf der Zeiten durch den von den benachbarten Bergen herabgeführten Detritus ausgefüllt ist. Jetzt ist es ein ungeheurer Morast, der sich von dem Golf von Darien bis fast an die pacifische Küste ausdehnt, von welcher er durch die Darien-Kette der Cordille- ren getrennt wird.“ „Durch dieses Marschland fliefst der Atrato, der auf der von uns unter- suchten Strecke nur wenige und kleine Zuflüsse empfängt und sich durch ein Delta von 11 Mündungen in den Golf von Darien ergiefst. Dieses Delta springt von dem Saum der benachbarten Küste weit in den Golf von Darien vor, es gleicht im Allgemeinen sehr dem Mississippi-Delta, und besteht aus einem allu- vialen Niederschlag des weichsten Schlammes, der, eine. Schlammbank gebildet hat, welche sich durchschnittlich bis auf die Entfernung einer engl. Meile vor der Flufmündung ausdehnt. “ „Die durchschnittliche Tiefe, in welcher man zu den Flufsmündungen ge- langen kann, beträgt nicht mehr als 6 Fufs, und die Consistenz des erwähnten Schlamm-Niederschlags ist so gering, dafs er täglichen Veränderungen ausgesetzt Lieut. Craven’s Expedition durch die Provinz Choco. 175 - ist und zur Zeit der Seewinde kaum eine Woche lang in derselben Lage ver- _ bleibt. Diese von Norden wehenden Winde sind stark '), — während der Winter- _ monate mit geringen Uuterbrechungen so stark, dafs sie, in Verbindung mit der entgegengesetzten Flufsströmung, die Barren in fortwährender Bewegung erhalten. ' Die mittlere Wassertiefe, die in den meisten der Delta- Arme gefunden wird, be- trägt nicht mehr als 22 Fufs; auch die Arme selbst sind Veränderungen unter- worfen, und zwei alte sind nun nahe daran, sich zu schliefsen ?). Ist man in _ den Hauptstrom gelangt, so ist die Tiefe für die Schifffahrt in jeder Beziehung genügend; sie beträgt im Durchschnitt 8 Faden, und diese Tiefe kann auf der _ ganzen Strecke bis zum Truand6 gefunden werden. Das Fahrwasser ist in eini- gen Strombiegungen schmal, und nach beiden Ufern hin ist der Flufs voll von Baumknorren; auf den letzten 20 Miles seines Laufes sind die Ufer während der _ gröfseren Hälfte des Jahres überschwemmt, und die auf dieser Strecke wachsen- den Bäume gewähren kein gutes Bauholz.“ _ 00 „Sechszig Miles von seiner Mündung nimmt der Atrato den Truand6 auf, _ einen kleinen, unbedeutenden, sehr gewundenen und schmalen Strom, dessen _ Fahrwasser eine mittlere Tiefe von nur 10 Fufs hat; die durchschnittliche Breite _ beträgt 60 Fufs. In seinem unteren Laufe fliefst der Truandö 10 Miles weit durch eine Lagune. Die Flufsufer sind hier und da mit Bäumen besetzt, mei- stentheils aber überschwemmt, so dafs nur das hohe Gras den Rand des Stromes - bezeichnet. Oberhalb dieser Lagune strömt der Flufs auf eine Strecke von 16 Miles durch ein Labyrinth gut bewaldeter Inseln, deren Boden ebenfalls aus einem Al- luvium ohne jede andere Festigkeit besteht als diejenige, welche ihm durch die Baumwurzeln gegeben wird; auch hier steht das niedrige Ufer während der grös- - seren Hälfte des Jahres unter Wasser. Durch das Unterwaschen der Ufer wer- ' den die Bäume beständig unterhöhlt und fallen in den Strom. Dies geschieht so oft, dafs die Expedition auf einer Strecke von 5 Miles zehn bis zwölf Baum- " stämme durchhauen mulste; über andere zog man das Boot hinüber oder prelste es unter ihnen durch, — und mit denselben Schwierigkeiten hatte man bei der Berg- wie bei der Thalfahrt zu kämpfen ?), Das Flufsbett besteht auf dieser Strecke offenbar aus einer vollständigen Masse von Balken, welche, indem manche ‚Stellen versperrt und andere wieder geöffnet werden, häufige Wechsel des Strom- laufs verursachen; wir bemerkten zwei Stellen, an denen alte Canäle vollständig verstopft waren und neue sich gebildet hatten.“ - 0»Bei Camp Bache, nicht weit von dem obern Ende dieser Flufsstrecke, be- findet sich die erste permanente Wohnung an dem Flusse: eine Indianerhütte, !) Im Original steht: during the season of breezes, which are fresh from the orth and low. Soll es statt low heilsen NW.? 0 2) Es ist nicht ersichtlich, ob Craven diese beiden Arme unter den oben er- wähnten eilf mitgezählt hat. Nach Codazzi hat der Atrato 15 Mündungen. Vergl. se Zeitschrift N. F. Bd. I, S. 550. 3) Dies mag für die Expedition recht verdriefslich gewesen sein; aber die mi- autiöse Sorgfalt, mit welcher Craven Hindernisse beschreibt, die bei einem so grofsen mehmen, wie ein interoceanischer Canal, kaum in die Wagschaale fallen, klärt auf über den Mafsstab, den er überhaupt bei seinem Urtheil über die Terrain- ierigkeiten anlegt. 176 Miscellen: die auf Pfeilern 6 Fufs über dem Boden errichtet ist T); dies giebt einen Begriff von der Höhe der Ueberschwemmungen. Oberhalb der palos caidos wird: der Flufs breiter, und das Ufer höher, durchschnittlich 8 Fuls über dem Strome. Der Boden verliert etwas seine lockere Beschaffenheit und besteht mehr aus einem leichten, sandigen Lehm. Die durchschnittliche (Tiefe des Stroms?) ist 12 Fufs ?). Sieben Miles oberhalb der palos caidos gelangt man zu einer Reihe von Strom- schnellen und Untiefen in einem felsigen Bett, und 3 Miles weiter aufwärts er- reicht man die Wasserfälle, die eine Strecke von etwa 3 Miles einnehmen. Der Flufs stürzt hier in einem Bett von soliden Basaltmassen durch eine Gebirgs- schlucht; er ist schmal, im Durchschnitt kaum 40 Fufs breit, und sehr gewunden in seinem Lauf. Sein Fall beträgt auf den 3 Miles etwa 20 Fuls. Fünf Miles oberhalb der Fälle ergiefst sich die Nerqua in den Truandö, ein kleiner, unbe- deutender, sehr schmaler Flufs mit mäandrischen Krümmungen, der voll flacher Stellen und mit Baumstämmen ebenso angefüllt ist, wie derjenige Theil des Truand6, der palos caidos genannt wird. Das Bett der Nerqua besteht’ aus Sand und Kies; ihre Ufer sind niedrig und häufigen Ueberschwemmungen durch die Gebirgsgewässer ausgesetzt. Verfolgt man die Nerqua 6 Miles aufwärts, so er- reicht man den Hingador, einen kleinen Gebirgsbach, dessen Thal man eine kurze Strecke weit verfolgen kann. Von hier würde ein Durchstich von 150 Fufs durch- schnittlicher Tiefe durch das Thal und über niedrige Hügel auf einer Strecke von 10: Miles zur Zoturnia (?!) führen ?), einem kleinen Gewässer, welches 2 Miles weit über eine Trappformation flie[st, bald über Rollsteine, bald über feste Fels- massen. Eine andere Mile führt durch ein niedriges sumpfiges Thal, dann er- gielst sich der Flufs in eine flache Bay, Namens Bahia Ensenada. Diese letztere wird durch einen aufsen vorliegenden Strand, Namens Isla Playa oder Beach Is- land gebildet, der offenbar einer ganz jungen Formation angehört und ganz aus Flugsand ') besteht, welchen die See aufgeworfen hat °).“ ") Lieut. Michler spricht hier immer von dem Indianerdorf Tocome; ein Dorf wird doch schwerlich aus einer einzigen Hütte bestehen. ?) The soil loses somewhat of its mouldy character and is more of a light, sandy loam. The average is twelve feet. 3) Nach dem Plan des Ingenieurs Kennish ist, abgesehen von einem Tunnel von 3; Miles, ein offener Durchstich von 13 Miles nothwendig. Des Tunnels ge- denkt Lieut. Craven gar nicht. *) Mit diesem „Flugsand“ hat es eine eigene Bewandtnifs. Nach Kennish ist die Playa mit Coca- und andere Palmen und mit Buschwerk so üppig bewachsen, dafs man durch das Diekicht gar nicht hindurchdringen kann. Dann mufs der ‚‚Flug- sand‘ doch hinlänglich gebunden sein. 5) Zur Kritik dieses Berichts stellen wir die Entfernungsangaben der beiden Reporter Craven und Michler zusammen, vom oberen Ende der palos caidos ab, da Michler die Entfernung dieses Punktes von der Truandö- Mündung nicht angiebt. Da das Indianerdorf Tocome oder Camp Bache nach Michler 3 Miles unterhalb des obe- ren Endes der palos caidos und 18 Miles unterhalb der Wasserfälle liegt, sind die letzteren von dem oberen Ende der palos caidos nach Michler 15 Miles entfernt. Nach Lieut. Craven sind von den palos caidos bis zu den Stromschnellen 7, von hier bis zu den Fällen 3 Miles, im Ganzen nur 10 Miles! Die Länge der Fülle ge- ben Beide übereinstimmend auf 3 Miles an. Dann folgen wieder Differenzen, als handelte es sich um ein ganz verschiedenes Terrain. Nach Craven’s bestimmten Wor- ten mündet die Nerqua 5 Miles oberhalb der Fälle in den Truand6, und vonder Be u 2 a De A Tr en EEE ER re a ee ee Fe ee See se er. ee re u Ka ne he Lieut. Craven’s Expedition durch die Provinz Choc6. 177 Ban: „Auf dieser Insel liegt ein kleines Negerdorf. Einer der Neger, ein Mann von mehr als 60 Jahren, erzählte mir, dafs die Insel sich während seiner Leb- der Mündung der Totumia (?!) bis zu einer Meerestiefe von 7 Faden beträgt 14 Miles; ein Ankerplatz existirt hier nicht, und kann auch nicht durch Kunst hergestellt werden, wenigstens nicht an diesem Theile der Küste, da die unauf- ‚hörliche heftige Brandung die Ausführung aller und jeder Bauten unmöglich macht. _ Die See bricht sich am Strande in einer Tiefe von 334 Faden selbst bei dem _ ruhigsten Wetter.“ „Das Klima des Atrato-Thales ist mit das schlechteste auf dem ganzen Con- _ tinent, und bildet ein höchst gefährliches Hindernifs für ausgedehntere Arbeiten. Die Arbeitszeit beschränkt sich in dem ganzen Jahre auf die vier Monate vom - December bis zum März, welche die verhältnilsmälsig trockene Jahreszeit bilden. Sobald die Regen beginnen, erzeugt der Wechsel von Ueberschwemmung und glühender Hitze die epidemischen Fieber, von denen selbst die Eingeborenen nicht frei sind und die auf den menschlichen Körper eine ungemein zerstörende Wir- kung äufsern.“ 80 weit giebt der uns vorliegende Bericht Lieut. Craven’s eigene Worte wieder. Er schliefst daran folgendes Gesammturtheil über das Canalproject, wie- ‚der mit Craven’s eigenen Worten. „Die physischen Schwierigkeiten, welche bei Ausführung des proponirten Ca- " nals überwunden werden müssen, sind folgende: 1) ein etwa 5 Miles langer Durch- stich durch Schlamm, der unter Wasser steht, an der Mündung des Stromes, mit der sichern Aussicht auf bestäudige Baggerarbeiten, um denselben offen zu hal- ten; 2) die hereulische Arbeit und die unberechenbaren Kosten eines Durchstichs durch die Lagunen des Truando und die in das Flufsbett versenkten Baumstämme an der „palos caidos“ genannten Stelle, wo das Land mindestens neun Monate im Jahre unter Wasser steht und das Hochwasser eines einzigen Tages die Ar- _ beit einer ganzen Woche zerstören kann; 3) die ungeheuren Kosten, die mit der Entfernung der Basaltfelsen in einem Lande verknüpft sind, wo Menschenkräfte und Lebensmittel zu höchst extravaganten Preisen erst eingeführt werden müssen; 4) der Mangel eines Ankerplatzes an der Küste des Stillen Oceans; endlich 5) die Nerqua-Mündung bis zu der des Hingador sind 6 Miles, zwischen den Truand6- ‚Fällen und der Hingador-Mündung also 11 Miles. Lieut. Michler dagegen sagt: „On the 27th the survey of the Truando was discontinued, at a point about three miles above the mouth of the Nerqua and about 5 miles above the head of the falls.“ (Darnach liegt die Nerqua-Mündung also nur 2 Miles oberhalb der Fälle.) „Depar- ing from the Truando, the line of the work follows up the latter stream to the ‚mouth of the Hingador, a distance of 14 miles.“ Die nivellirte Linie zwischen den Truand6-Fällen und der Hingador-Mündung beträgt also 19 Miles, und da sie, mit Ausnahme der kurzen Strecke an der Confluenz der Nerqua und des Truand6, dem Laufe der erstern folgt, kann man den Widerspruch beider Herren nicht einmal durch die Annahme heben, dafs Lieut. Craven überall die Länge des Flufslaufes angiebt. ‘Von der Mündung des Hingador sind nun bis zum Stillen Ocean nach Craven noch 13 Miles, nach Michler fast 15 Miles; von dem oberen Ende der palos caidos bis zum Stillen Ocean nach Craven 37 Miles, nach Michler 52 Miles! Was soll man ' der Genauigkeit dieses Survey denken? Ein Vergleich mit den Angaben des eni eurs Rennish führt zu keinem befriedigenderen Resultat. Zeitschr. f. allg. Erdk. Neue Folge. Bd. V. 12 178 Miscellen: verderblichen Einwirkungen des Klima’s, die, nach einer geringen Schätzung, mindestens ein Drittel der hierhergesandten Arbeiter arbeitsunfähig machen werden.“ Lieut. Craven hat die Verhältnisse, offenbar durch eine sehr dunkle Brille angesehen. Die unter den beiden ersten Nummern begriffenen Arbeiten sind Baggerarbeiten, die in einem weichen Schlamme ausgeführt werden; die nach Craven nur 16 Miles lange Strecke der palos caidos wird man füglich durch eine Canalisation neben dem Flufsbett des Truand6 umgehen können. Die Fort- schaffung des festen Gesteins wird hier schwerlich kostspieliger sein, als bei den anderen projectirten Canalrouten; bei keiner einzigen findet man Arbeitskräfte und Lebensmittel in dem erforderlichen Mafse an Ort und Stelle, und ihre Her- beischaffung wird in der Provinz Chocö dadurch erleichtert, dafs der Atrato und Truandö Dampfern zugänglich sind. Uebrigens sind die Indianer der Provinz Choc6 friedlich und dienstfertig; auch Lieut. Michler hat sie so kennen gelernt; und die Hauptnahrungsmittel, Bananen und Palmnüsse, sind an Ort und Stelle in Fülle vorhanden. Was den Mangel eines Ankerplatzes am Stillen Ocean be- trifft, so fehlt jede bestimmte Bemerkung darüber, dafs die Angaben des Inge- nieurs Kennish falsch sind. Hinsichtlich des Klima’s ging die allgemeine Ansicht von jeher dahin, dafs es sehr ungesund sei; aber 'es ist eine positive Thatsache, dafs von allen Expeditionen auf diesem Gebiet kein einziges Mitglied erkrankt ist, ungeachtet fortwährender und anhaltender Arbeiten im Freien; soll man diese Erscheinung jedesmal einer exceptionellen Gunst der Witterung zuschreiben, so wird wenigstens die Vermuthung erlaubt sein, dafs solche Ausnahmen nicht gerade selten sind. Uns scheint daraus hervorzugehen, dafs hier wie an anderen Punk- ten der centralamerikanischen Küste Vorsicht und Mäfsigkeit ein recht wirksames Präservativ gegen die Einwirkungen des Klima’s bilden. Der Bericht des Lieut. Michler giebt, wie bemerkt, einen Ueberblick über die von der topographischen Abtheilung ausgeführten Arbeiten; wir beschränken uns deshalb darauf, die geographischen Angaben desselben hervorzuheben, die sich durch gröfsere Klarheit und ein unbefangeneres Urtheil vor denen des Lieut. Craven vortheilhaft auszeichnen. Ueber den Truandö bemerkt Michler: „Bei der Bergfahrt auf dem Truando erkannten wir in Folge der Hindernisse, welche die in den Strom gefallenen Baumstämme an der von den Eingeborenen los palisados genannten Stelle bilde- ten, dafs die Barquetina La Concha, welche den grölsesten Theil der: Offiziere und der Mannschaft, ihr Privatgepäck, Proviant, die Lagergeräthschaften und In- strumente transportirte, nicht weiter hinauffahren und die Wasserfälle nicht er- reichen könne. Wir schlugen also etwas oberhalb des Punktes, den wir erreicht hatten, ein Lager auf und campirten nun seit unserer Abfahrt aus dem Golf zum erstenmal wieder aulserhalb der Boote. Der Boden auf unserem Lagerplatz schien einige Festigkeit zu besitzen; er gehörte in der That zu den sehr wenigen Punk- ten der Art, die wir auf unserer bisherigen Fahrt getroffen hatten: auf der gan- zen Strecke vom Golf aufwärts besitzen die Ufer des Atrato und Truandö in E Folge der Ueberschwemmungen nur geringe Festigkeit und zeigen kaum hier oder da einen sichern Grund und Boden. Dieses Lager befand sich, 213 Miles unter- halb der Wasserfälle und erhielt von uns den Namen Camp Toucey .... Am 9. Januar verliefs der Rest meiner Abtheilung Camp Toucey und begab sich man u Lieut. Craven’s Expedition durch die Provinz Choco. 179 h ach dem Chocö-Dorf Tocome, 34 Miles aufwärts. Inzwischen war eine Strecke von 6 Miles unterhalb aufgenommen worden ... Diese Section war überaus müh- e lig und schwierig, da wir durchsehnittlich täglich kaum eine engl. Meile vor- s kamen. Die hineingefallenen und überhangenden Baumstämme bilden in En Flusse zahlreiche Hindernisse; überdies ist er sehr gewunden, und in Folge der zahlreichen Arme, in welche der Hauptstrom durch Gruppen kleiner Inseln getheilt wird, sehr schmal; dichte Waldung bedeckt beide Ufer, die erst durch schwere Arbeit beseitigt werden mu/ste, wo wir die Instrumente aufstellen woll- ten. Heftige Regengüsse hätten uns fast fortgeschwemmt; zuweilen wäre unser _ Lager überfluthet worden, wenn das Wasser noch ein paar Zoll gestiegen wäre ... Auch. oberhalb Tocome, bis zum Anfang der Palisados, eine Strecke von 3 Mi- les !), war die Arbeit noch recht schwierig. Glücklicherweise wurde das Wetter an dem Tage, an welchem wir Camp Toucey verliefsen, recht günstig, und blieb es bis zu dem gegenwärtigen Moment“ (d.h. vom 9. Januar bis 8. März). „Wäh- rend der folgenden Zeit sanken die Flüsse und erreichten einen viel niedrigeren Wasserstand, als es seit vielen Jahren der Fall gewesen. Oberhalb der Palisados _ wurde der Truandö breit und schön. Am 12. und 13. Januar wurde ein Theil meiner Leute und fast alle unsere Effeeten mit Hilfe der Indianer auf ihren Ca- noes nach dem Lagerplatze am unteren Ende der Wasserfälle, 18 Miles oberhalb Tocome, befördert... Diese Fälle nehmen einen Raum von 3 Miles ein; sie be- stehen aus einer Reihe von Stromschnellen und Katarakten, und werden dadurch gebildet, dafs der Flufls einen Gebirgszug durchbricht. ‘Hier erreicht man die Cordilleren und verläfst das ungeheure Delta des Atrato. Am 27sten wurde die Aufnahme des Truand6 an einem Punkte, 3 Miles oberhalb der Mündung der - Nerqua und 5 Miles oberhalb des Anfangs der Truandö- Fälle unterbrochen. Hier verliefs unsere Route den Truandö und folgte dem Laufe des letzteren Flusses“ (Nerqua) „aufwärts bis zur Einmündung des Hingador, eine Strecke von 14 Miles. Die Aufnahme wurde noch eine Strecke weiter bis Tambo fortgesetzt, einem Dorfe von Chocö-Indianern ... Wenn man die Nerqua verläfst, so folgt die Route dem Hingador 34 Miles aufwärts bis zu der Stelle, wo der Indianerpfad von der Nerqua den Flufs kreuzt. Auf dieser Strecke befinden sich zwei Wasser- fälle, der kleinere 2}, der gröfsere etwa 3 Miles oberhalb der Mündung des Hin- _ gador. Sie sind grofsartig und romantisch, an Höhe und Schönheit mit manchen _ in unserer Heimath zu vergleichen, welche die Bewunderung aller Freunde einer gtolsartigen landschaftlichen Scenerie erregen. Der erwähnte Indianerpfad steigt, nachdem er das Thal der Nerqua verlassen hat, plötzlich sehr steil und beschwer- lich auf einen hohen Gebirgsrücker.“ Am Hingador folgt er zuerst dem Thale desselben, kreuzt ihn dreimal, und führt dann über eine Reihe von parallelen Gebirgsketten zu dem in den Stillen Ocean mündenden Potumia, welchen Bach ‚er an einem Punkte erreicht, der 8 Miles vom Hingador entfernt ist. 9) Die Concha ist also bis zu einem Punkte gefahren, der nur 64 Miles vom “Anfang der Palisados liegt. Nehmen die letztern nun wirklich, wie aus Craven’s icht hervorzugehen scheint, eine Strecke von 15 Miles ein, so würde das Fahr- 3 die gröfsere Hälfte dieser beschwerlichen' Fahrt bereits zurückgelegt haben und ir die Reinigung des Flusses von Baumstämmen auf einer Strecke von anderthalb ütschen Meilen erforderlich sein, um die Stelle zu erreichen, wo der Truandö wie- ‚der „breit und schön“ wird. Der Transport von Lebensmitteln kann also auf dem "Pruand6, nach dieser Verbesserung, weit aufwärts erfolgen. . 180 Miscellen: In Bezug auf diesen Landstrich zwischen dem Hingador und dem Stillen Ocean, über den sich Craven in einer so verworrenen Weise äufsert, macht Mich- ler folgende Bemerkungen: „Verläfst man den Hingador, so führt ein Marsch von nur 2 Miles über den Gebirgskamm an einen Bach, der nach Südwest zum Pacific fliefst, — die erste Wasserader, die sich in den Paraeuchichi und durch ihn in den Stillen Ocean ergiefst. Kaum eine engl. Meile weiter geht man über den Chuparador, ebenfalls einen Nebenflufs des Paracuchichi; dann nach einer kurzen Strecke über einen breiten und schönen Strom, den Chupipi, und etwas weiter über zwei Nebenflüsse desselben, — lauter Zuflüsse des Paracuchichi. Der letztere vereinigt alle diese Gewässer und führt sie nach wenigen Stunden in den Grolsen Ocean.“ Acht Miles vom Hingador erreicht man endlich den Potumia, folgt diesem Bach 33 Miles weit bis zu seiner Mündung; von hier geht die Canal- route noch $ Mile weit durch den Estero de la Boca del Potumia und durch die Insel La Playa de la Boca del Potumia zum Stillen Ocean. — Diese Beschrei- bung ist so klar, dafs man in dem „Potumia“ mit Sicherheit den von Kennish „Mary’s River“ benannten Flufs, in dem Estero del Potumia „Kelley’s Inlet“ und in der Playa die Halbinsel oder Insel des Paracuchichi erkennt. Ob Craven’s „Zoturnia“ und „Totumia“ oder einer von beiden ebenfalls Mary’s River ist, lassen wir dahingestellt sein. Von Interesse sind noch Michler’s Bemerkungen über die Indianer und über das Klima. In ersterer Beziehung sagt er: „Am 17. Februar erreichten wir Camp Bache oder das Indianerdorf Tocome. Hier mufste ich mich zu meinem grofsen Bedauern von Antonio, einem Chocö-Indianer, und seiner Frau trennen. Er war uns von dem gröfsesten Nutzen gewesen, und mit Unterstützung seiner Frau waren die von ihm geleisteten Dienste unschätzbar, da sie uns in den Stand setzten, ohne den geringsten Aufschub oder Aufenthalt und mit vollkommener Sicherheit schnell von Ort zu Ort zu gelangen. Sie nahmen Mr. Campbell und mich, un- seren Diener, Sextanten, Chronometer und Barometer, das Privatgepäck und den Proviant in ihr leichtes Canoe, das 25 Fufs lang und kaum 2 Fufs breit war; Antonio ruderte mit seiner Palanca und sein Weib steuerte mit einem Ruder, und brachten uns von den Wasserfällen den Truand6 und die Nerqua aufwärts, dann auf dem Indianerpfade über die Cordilleren zum Stillen Ocean und wieder zurück, wobei sie auf der ganzen Strecke unsere Provisionen auf dem Rücken trugen. Dann fuhren sie uns wieder die Nerqua und den Truandö abwärts und brachten uns über die schwierigsten und gefährlichsten Stellen des Flusses. In der Führung des Canoe entwickelten sie hier die gröfseste Kunst und Geschick- lichkeit, so dafs uns nicht der geringste Unfall zustiefs. Am 18ten wurden wir durch den Beistand des Choc6 -Indianers Jose Maria, der uns vorher aufwärts bis zu den Fällen geführt hatte, in den Stand gesetzt, die Rückfahrt auf dem Truandö fortzusetzen ... Der Mangel an Transportmitteln hatte mich immer am meisten mit Besorgnis erfüllt. Glücklicherweise zeigten sich die Chocö-Indianer immer gerade dann, wann wir ihrer Dienste am meisten bedurften. Sie liefsen uns nie in Verlegenheit; wenn wir sie brauchten, waren sie da, wie durch göttliche. Fü- gung. Wenn alle Mittel, vorwärts zu kommen, erschöpft zu sein schienen, kamen sie uns zu Hilfe und brachten uns durch ihre eifrigen Anstrengungen und durch die geschickte Lenkung ihrer leichten Canoes über die gefährlichsten Strecken unserer Route. Ein Life-boat war das einzige reelle Hilfsmittel, dafs wir unser Lieut. Craven’s Expedition durch die Provinz Choco. 181 _ eigen nennen konnten, und als wir es am untern Ende der Truand6-Fälle zu- | rücklassen mufsten, sahen wir uns auf unserm Wege nach dem Stillen Ocean - ausschliefslich auf den guten Willen der Indianer verwiesen. Das war auch na- _ mentlich auf unserer Rückkehr der Fall. Da unser Proviant und unser Geld fast erschöpft war, hätten wir unsere Habseligkeiten verwenden müssen, um Canoes zu kaufen und ihre Hilfe uns zu sichern, wenn wir vorwärts kommen und einen Punkt erreichen wollten, an dem wir unsere Vorräthe ergänzen konnten. Die Vorsehung hat uns wahrhaft begünstigt und über alle unsere Schritte gewacht.* — Ein so günstiges Zeugnifls wird den Indianern und überhaupt der Bevölkerung an den anderen Canal-Routen schwerlich ausgestellt werden; und hierüber hat sich noch keine entgegengesetzte Meinung vernehmen lassen. Das Klima giebt Herrn Michler zu folgenden Bemerkungen Veranlassung: „Es gereicht mir zu unendlicher Befriedigung, mittheilen zu können, dafs wäh- rend der ganzen Dauer unserer Abwesenheit, sowol der Offiziere, wie der Mann- _ schaft meiner Abtheilung, bei Ausführung der mit diesem Survey verbundenen — Arbeiten, Alle sich einer ausgezeichneten Gesundheit erfreut haben und wohlbe- halten zurückgekehrt sind; nur Wenige haben von den unbedeutenden Beschwer- den (from the trifling complaints) zu leiden gehabt, denen alle Menschen mehr _ oder weniger selbst in einem günstigeren und gesunderen Klima ausgesetzt sind. Ungeachtet des so sehr gefürchteten Landes, wie es uns beschrieben war, und ungeachtet mancher üblen Prophezeiungen unserer Freunde in Bezug auf das Schicksal, das unserer warte, — natürlich sollten wir Alle den schleichenden Fie- bern, welche durch die vom Atrato durchflossenen pestilenzialischen Sümpfe er- 2: zeugt werden, oder wilden Thieren oder dem Bisse giftiger Schlangen zum Opfer fallen — ungeachtet aller dieser Voraussagen haben wir nach drei Monaten voller _ anstrengender und aufreibender Arbeiten diesen Hafen glücklich erreicht, ohne Unfall und Gefahr, ja ohne dafs wir dieselben auch nur zu fürchten gehabt hätten. Ein grofser Theil des Landes, in dem unsere Arbeiten uns zu verweilen nöthig- ten, ist seiner beständigen Feuchtigkeit und seines ungünstigen Klima’s wegen ‚berüchtigt; er ist beständig mit Wasseransammlungen bedeckt, die durch die fast täglichen Regen gebildet werden; sehr selten vergehen 24 Stunden ohne Regen. den besten Nachrichten, die wir erhalten konnten, war der Contrast zwischen die- ‚ser Saison und den früheren auffallend grofs. Während unseres zweiwöchent- ederschlag für eine Messung zu unbedeutend war. Das Wetter war prachtvoll und überaus angenehm (delightful and charming in the extreme), die Tage klar und nicht belästigend heifs, die Nächte immer kühl und erfrischend. Während der ersten Abendstunden leuchteten die Sterne meistens wunderschön hell, später Nacht wurden sie durch vorüberziehende Wolken verdeckt. Das Fallen Plüsse wurde uns sehr nützlich; statt dafs die Ufer niedrig und nafs oder überschwemmt waren, wie es sonst der Fall ist, fanden wir sie frei von arückgetretenen Wasser und auf mehrere Fuls trocken; fast bei jeder Win- zeigte sich irgend eine sandige Stelle, auf der wir die Instrumente und 182 Neuere Literatur: | Mefskette aufstellen konnten, und überhob uns der Nothwendigkeit, bei jeder Sta- tion einen Fleck Waldes zu lichten. Die Verbindung dieser günstigen Umstände machte es uns möglich, seit dem Aufbruch von Camp Toucey unser Werk ohne irgend eine Zögerung fortzusetzen. Der ganze Marsch nach dem Stillen Ocean, die Rückkehr, die Vollendung der Aufnahme des Golfs von Darien sind ohne | einen einzigen Rasttag ausgeführt worden. Ungeachtet unserer sehr beschränkten Transportmittel für eine Abtheilung, die während längerer Zeit aus 22 Personen | bestand, für ihr Gepäck und den Proviant, für die schweren Instrumente und die grofsen und werthvollen naturwissenschaftlichen Sammlungen, die alle transportirt sein wollten, während doch ein Theil der Leute nothwendigerweise mit den Sur- | vey- Arbeiten beschäftigt war, gelang es uns doch, die uns zugewiesene Aufgabe _ ohne Unterbrechung auszuführen ... Vorzüglich haben wir dem guten Wetter zu danken. Von einem wohlunterrichteten Gentleman, der während der letzten sechs Jahre zu Boca del Lucio ') gewohnt hat, erfuhr ich, dafs unser gutes Glück n dieser Beziehung ganz ohne Präcedenzfall war; hätten wir das gewöhnliche Klima kennen gelernt, so würde er erwartet haben, dafs mehrere von uns gestorben und die übrigen krank zurückgekommen wären,“ Nach Lieut. Michler besteht nun das Resultat dieser Expedition in einer Auf- nahme des Golfs von Darien und des Atrato bis etwas oberhalb der Truando- Mündung; in einem vollständigen Nivellement der Route von der letztern bis zum Stillen Ocean, nebst zahlreichen Kartenskizzen; in einer Aufnahme des Mündungs- Gebiets der Potumia (die Mündungen des Paracuchichi und Jurador konnten nicht aufgenommen werden); in astronomischen Ortsbestimmungen für die wichtigsten Punkte; in einer Reihe barometrischer Beobachtungen, die namentlich in dem Lager am untern Ende der Truandö-Fälle angestellt sind; endlich aus reichhal- tigen naturwissenschaftlichen Sammlungen, namentlich für Botanik. Eine vollstän- dige Publication dieses Materials ist dringend zu wünschen, hauptsächlich auch deshalb, damit das Urtheil des Lieut. Craven mit den positiven Beobachtungen verglichen werden kann. —n. Neuere Literüthr Deutschlands Boden, sein geologischer Bau und dessen Einwirkung auf das Leben der Menschen. Von Bernhard Cotta. Zweite vermehrte Auflage. Mit in den Text eingedruckten Holzschnitten und drei Tafeln. Erster Theil. Geologische Beschreibung von Deutschland. Leipzig (bei F. A. Brockhaus) 1858. 8. Dieses höchst anregende Werk hat den Zweck, den Einflufs der geognosti- schen Verhältnisse des Bodens auf den Entwickelungsgang und das Leben seiner Bewohner darzustellen. Wenn wir bisher die Bodenerhebung und die durch sie bedingte örtliche Modification des Klima’s, die Pflanzen- und Thierwelt als wesentliche Factoren, die auf das Leben und Treiben der Menschen bestimmend einwirkten, in’s Auge zu fassen gewohnt waren, führt uns B. Cotta auf der Stufen- leiter der Ursachen zu einem tieferen Grunde, indem er uns auf die Einwirkung A) $o ist in dem Bericht stets gedruckt; es mufs heifsen Boca del Sucio. Der Ort liegt am Atrato, nicht weit von der Mündung des Truand6, also gerade in der ungesundesten Begeid. chi Bernhard Cotta: Deutschlands Boden ete. 183 - der geognostischen Verhältnisse hinweist, durch welche auch die oben erwähnten - Faetoren wesentlich bedingt werden. Im Einzelnen ist diese, weiter in das We- sen der Dinge eindringende Betrachtungsweise uns allerdings nicht mehr fremd, denn der Einflufs der Bodenbeschaffenheit auf die Gestaltung des menschlichen Lebens ist oft so auffällig, dafs er nicht unbeachtet bleiben konnte; das Vor- kommen von edlen Metallen, von Kohlen und Eisen hat in einzelnen Distrieten _ und ganzen Ländern der Thätigkeit ihrer Bewohner eine so entschiedene Rich- tung gegeben, die verschiedenen Gesteinsarten, deren Verwitterung den Acker- boden gebildet hat, haben einen so verschiedenen Grad von Fruchtbarkeit erzeugt, dafs solche geognostische Momente sich von selbst der Betrachtung aufdrängten. Aber dieses waren eben nur vereinzelte und augenfällige Beispiele für die Ab- hängigkeit menschlichen Lebens und menschlicher Thätigkeit von der Bodenbe- sehaffenheit; die grofse Mannichfaltigkeit entlegenerer, nicht minder merkwürdiger Beziehungen konnte erst erkannt werden, wenn man eine Menge analoger Ver- -hältnisse übersah und durch die übereinstimmende Wirkung in thatsächlicher Weise auf den gemeinsamen Grund der Erscheinungen aufmerksam gemacht wurde. Und andererseits fehlte bisher jeder Versuch, die Einwirkung des Bodens auf den Men- schen für einen gröfseren, in geologischer Hinsicht mannichfaltig ausgestatteten - Länderbezirk in übersichtlicher Vollständigkeit darzustellen und dadurch. Grund- Hi züge zu einem System zu gewinnen, welches die geographische Betrachtung in einer für jeden denkenden Menschen höchst anregenden Weise zu vertiefen ge- eignet ist. Dieses für Deutschland zu leisten, ist Cotta’s beifallswerthes Bestreben. Ne- ben seinen hervorragenden Fachkenntnissen war er durch praktischen Sinn und durch ein glückliches Beobachtungstalent für- die praktischen Lebensverhältnisse 7 vorzugsweise dazu befähigt, das aus der Bodenbeschaffenheit hervorsprie[sende Geäder von Erscheinungen und Wirkungen, welches der menschlichen Thätigkeit eine reichlichere oder dürftigere Nahrung zuführt, bis in seine entfernteren, zar- _ teren Verzweigungen zu verfolgen, und bei seiner überall anerkannten Gabe aus- _ drucksvoller und populärer Darstellung ein Werk zu Stande zu bringen, welches 4 der Aufmerksamkeit aller Gebildeten empfohlen zu werden verdient. _ Der vorliegende erste Band enthält die geologische Beschreibung Deutsch- lands und damit die Grundlage des Werkes. Der Verf. giebt darin zunächst eine _ Uebersicht der Verbreitung der verschiedenen Gesteinsarten in Deutschland und ünterzicht dann die einzelnen Theile des Landes der Reihe nach einer genaueren 4 :htung in geologischer Beziehung, nicht ohne schon hier die Einwirkung der, Bodenbeschaffenheit auf die Dichtigkeit der Bevölkerung, auf die Industrie und den Wohlstand derselben, auf die Verkehrsverhältnisse, die Art zu wohnen u. f. anzudeuten. Wie er iiberhaupt nur an Deutschland als an einem Beispiel den Grundgedanken, für den er in der wissenschaftlichen Betrachtung einen festen Boden zu bereiten sucht, veranschaulichen wollte, hat er auch in der Behandlung Einzelnen die Tendenz, zu exemplificiren, beibehalten und deshalb diejenigen ile Deutschlands, mit denen er persönlich auf das Genaueste bekannt ist, mit ‚derer Ausführlichkeit besprochen, damit seine Idee, wie die Einwirkung des ens auf den Menschen erörtert werden müsse, an diesen Beispielen recht deut- hervortrete; er ist dadurch zugleich auf dem Wege einer exacten Behandlung 5 Problems allen Nachfolgern vorausgegangen, da man auch auf diesem Ge- 184 Sitzungsbericht der Berliner geographischen Gesellschaft. biete nur durch detaillirte Kenntnifs aller einzelnen 'Thatsachen zu allgemeineren Schlüssen von Werth gelangen kann. Nichtsdestoweniger giebt das Buch ein voll- ständiges Bild des deutschen Bodens; geht der Verf. über einige Theile des Lan- des, z. B. die pommerisch- preufsische Seenplatte, das Riesengebirge, rascher fort, so finden diejenigen Leser, welche gerade für diese Gegenden genauere Aufschlüsse wünschen, in dem wohlgeordneten, vollständigen Literaturverzeichnifs, das der Verf. dem Werke beigefügt hat und das über 50 Seiten eines compressen Drucks umfalst, eine Hinweisung auf alle Monographien, Aufsätze in Zeitschriften u. s. f., welche speciell über die einzelnen Landestheile handeln. Der erste Band bildet also schon an sich ein abgeschlossenes Ganzes, ein reichhaltiges Handbuch der deutschen Bodenkunde, welches nicht blofs dem Geographen, dem Statistiker und National-Oekonomen, sondern auch dem Reisenden, dem es um wirkliche Kennt- nifs des Landes zu thun ist, von grofsem Nutzen sein wird. —ı. Sitzung der geographischen Gesellschaft zu Berlin vom 7. August 1858. Der Vorsitzende, Herr Prof. Dove, eröffnete die Sitzung durch Ueberrei- chung der eingegangenen Geschenke: 1) Report of the Superintendent of the Coast Survey during the year 1856. Washington 1856. — 2) Bulletin des seances de la classe des sciences de l’Academie des Bruxelles 1858. — 3) Annuaire de l’Acade- mie royale des sciences 1858. Bruzxelles 1858. — 4) Quetelet, Observations des phenomenes periodiques. — 5) Wjästnik der Kais. Russ. Geogr. Gesellschaft. Bd. XXI. St. Petersburg 1858. — 6) H. Kiepert, Neuer Handatlas über alle Theile der Erde. Lief. VII. Berlin 1858. Herr Prof. Dove hob hervor, dafs in dem letzteren Atlas die Meeresströ- mungen genauer als auf früheren Karten verzeichnet wären, und sprach im An- schluls an das unter No. 1 angeführte Werk über die Untersuchungen des Prof. Bache, denen wir eine weit genauere Kenntnils des Golfstromes und viele neuere magnetische Resultate verdanken; ferner, im Anschlufs an No. 5, über den Eis- gang der Ströme, namentlich der sibirischen, und den Einflufs desselben auf die Bildung ihrer meerbusenartigen Mündungen, Herr Löwenberg las einen Brief A. v. Humboldt’s an Prof. Tieknor in Boston vor, der in mehreren amerikanischen Zeitungen abgedruckt ist und man- nichfache Mittheilungen über des Herrn Verfassers eigene und fremde gelehrte Arbeiten, wie auch über verschiedene gelehrte Männer enthielt. Hierauf folgte ein ausführlicher Vortrag des Herrn Prof. Dove über das Klima des preufsischen Staates. Der Vortragende machte die meteorologischen Stationen namhaft, welche sich dem meteorologischen Institut angeschlossen, cha- rakterisirte ihre besonderen Eigenschaften und theilte dann die aus zehnjährigen Beobachtungen erhaltenen Werthe für die Durchschnitts- Temperatur mit, welche der Wahrheit sehr. nahe zu kommen scheinen, da sie mit den für mehrere Punkte aus viel umfassenderen Beobachtungsreihen erhaltenen Resultaten übereinstimmen. Er besprach die Durchschnitts- Temperatur der Jahreszeiten und der einzelnen Monate, und hob hervor, dafs der September der beständigste, der Januar der unbeständigste Monat des Jahres ist, indem die Durchschnitts- Temperatur des ersteren in den verschiedenen Jahrgängen nur um 4", die des letzteren um 14° varüre. Innerhalb unseres Staates sind die äufsersten durchschnittlichen Jahres- Temperaturen um 2°,5 verschieden. Zum Schlufs ging der Redner zu der Be- trachtung der feuchten Niederschläge über und zeigte, weshalb die bei uns mitten im Sommer häufig erfolgenden Niederschläge die Regel bilden, während in Italien und im südlichen Frankreich das Maximum der Regenmenge früher eintritt und die Sommer meist trocken sind. ein F7 nn - ——- u EEE ET © nn — nn ea en eg ne am en Ir 2 L “% nu =. F ee Be er? 4 a 7 \EUE ERFORSCHU) SÜD AUSTRALIEN reducirt ach den zu ADELAIDE veröffentlichten Originalanfnahmen westliche Routen des Major WÄRBURTON und der Expedition unter Stephen HACK 1851 anfgen v. W. G. HARRIS im Zoch östliche Ronten aufgenommen v Capt FREELING u JM" GOYDER an 1D00p00 | Die beyead ım 50. der letzteren Koute aus Arremsmilll's neuester liarte eorranıt / n “ } Maipslab 1m 3.000.000 Merten 43 4 kruudt Engtische Malen 03, 10- 1 Brad. Höhen ın englischen Kiss J ltpina T B: ir TE Z 7 15 Seebechat® Snsehnung des Seel Hook fl Hiaunedl)s Inanurer N za 1 7 anna 4 ut Jarınd € 0” 1 alvoogın S heat = S SR Torhnt SEN eeiiluerg Dt, ),Nuarive. Falnga Holah we - Wr E »Ünglass I Separation Harıya Spring N e he PB. x b % Älrenkyı, 5 s Auen 4. . weni & a S VER zn ke > ie 4 . STE E BREI Rd Havrıs Blui Rx a Bruch Is IN € e En — + = = +4 York German? _ „4 p' #4 .l hr; A pÄ 3 Poreupine f De x # j\ ö Se reyannın e { il a Hanera_* -— tzorbudle BAboruga Annformine Birenburra N Dlinthus E Frinsters 4 ‚Berlin bei D.Reimer 2: vy=.: = _ Litl.Anstv TeapaliKrantan Benin: In der unterzeichneten Verlagspandlung ift erfchienen: Millionsreijen und Korfchungen Süd-Afrika während vines sechjehnfährigen Aufenthalts im Iumern des Gontinents. Antorifirte, volländige Ausgabe für Deutfchland von Dr. David Liningftone, Mitglied ber med. Facultät zu Glasgoum ır. ıc. Aus dem Englifdhen von Dr. Sermann Xogße. Res 23 Anfigiten in Tondruch, umd äahlreihen eingedructen Hofsfihnikten, Brospert. Zu denjenigen Reifenden, welche am wejentlichften zur Erfor- hung des füdafrifanifchen Gontinents beigetragen haben, gehört vor allen David Livingftone, deffen Reifewerf bier in autori- - firter, vollftändiger Ueberfegung dem deutfchen Publikum geboten wird. Es ift wohl außer Zweifel und in allen geogra- phifhen Zeitfchriften anerkannt, daß Livingftone zur Erforihung de Südens von Afrifa nicht weniger leiftete, als Dr. Hein: ri Barth für den Norden. Bolle 16 Sahre reifte Li- Y vingftone unter allerhand Mühfeligkeiten und Befchwerden durch die wüften Flächen Südafrifa’s und war umausgefeßt als —— Milfionar und Arzt thätig. Namentlich hat er für die Natur: mwiffenfchaften fehr viel getban, und Botanif und Zoologie ge- winnen mannigfache Bereicherung dur ihn. Ein Hauptworzug feines Werkes ift die anmuthige Weife, mit der er alle feine Erlebnifje erzählt, und die völlige Abwefenheit des fanafifch-puritanifchen Tones, welcher die Reifeberichte der Miffio- nare oft fo ungenießbar macht. Livingftone hat erreidt, was noch Keinem vor ihm gelungen: den füdlih vom Hequator gelegenen Theil des afrikanifchen Kontinents von einer Küfte bis zum andern zu durchziehen. Ex ift, während wir dies jchreiben, abermals in Afrika auf Reifen, und wir hoffen, daß durh ihn Afrika immer mehr und mehr aufhört, eine terra incognita fir die gebildete Welt zu fein. Die jehr gelungenen Anfichten werden zur Hebung des Effects in Tondrud ausgeführt, während die englifhe Aus: gabe nur Schwarze Abbildungen enthält, Format, Div und Papier find Ddiefem Profpect glei. Seder Band erfcheint in einem Umfange von mindeftens 25 Bo- gen und fojtet nur 23 Thlv,, gewiß fehr wohlfeil, in Berüd- fichtigung der großen Zahl der Slluftrationen, der eleganten Ausftattung und des bedeutenden Honorar für die Autorifation der deutfhen Ausgabe, Beide Bände find bereits erfchienen. Beitellungen auf dies Werk nehmen alle Buchhandlungen Deutfchlands und des Auslandes an, Leipzig, 1858. Hermann Coftenoble. Berlagsbuhhandlung. Drud von A. Edelmann in Teipzig. e Von dieser Zeitschrift erscheint jeden Monat ein Heft von 5— 6 Bogen x mit Karten und Abbildungen. Der Preis eines Bandes von 6 Heften, a: > welche nicht getrennt abgegeben werden, ist 2 Thlr. 20 Sgr. FR 6 a Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Post- Anstalten. Im Berlage von Friedrich Fleifcher in Leipzig it neu erfchienen: Das deutfche Vaterland in Neifebildern und Skizzen dargeftellt von Friedrich Heinzelmann. In vier Bänden. BrEE: Ar und 2r Band. Preis 2 Thle. 20 Sgr. EN; Berfaffer und DVBerleger glauben hier ein Werk zu liefern, welches jedem Deutz. fchen, der fein Vaterland liebt und Eennen lernen will, eine wahrhaft willfonmene Srideinung fein dürfte, und den Gebilveten aller Stände eine eben fo angenehme ala belehrende Unterhaltung gewähren wird. Es wird in vier Bänden Mitte des nächiten Jahres beftinmt vollendet fein. Zugleich bilden diefe Bände auc, die Supplemente zu des Derfaffers größerem, mit fo ungetheiltem Beifall aufgenonmenen Werke „»Weltfunde,“ Rundfchau der wichtigften Land- und Seereifen, 16 Bände, neue Auflage, Preis 22 Thle. —, welches fortwährend fowohl voll- fändig als in den einzelnen Bänden, deren jeder ein abgefchloffenes Gauze bilvet, durch alle Buchhandlungen zu erhalten ift. Gedruckt bei A. W. Schade in Berlin, Grünstrafse 18. ZEITSCHRIFT FUR ALLGEMEINE ERDKUNDE. er | NIT UNTERSTÜTZUNG DER GESELLSCHAFT FÜR ERDKUNDE ZU BERLIN ‚UND UNTER BESONDERER MITWIRKUNG j VON H. W. DOVE, €. G. EHRENBERG, H. KIEPERT uno C. RITTER ide IN BERLIN, i ER “RK. ANDREE IN DRESDEN UND J. E. WAPPÄUS ın sörrıneen. HERAUSGEGEBEN "VON Dr. K. NEUMANN. NEUE FOLGE, FÜNFTER BAND, DRITTES HEFT. BERLIN. VERLAG VON DIETRICH REIMER. 1858, db Inhalt. VII. Amtlicher Bericht des Königl. Geschäftsträgers, Geh. Finanzrath Dr. Hesse über die Zustände und Handelsverhältnisse der Britisch-West- indischen Insel Jamaica, vom 27. Februar 1858 . . 2... IX. Ein Beitrag zur zoologischen Geographie SR Von Dr. A. E. Brehm. Zweiter Abschnitt . er le LE N REEBRR Miscellen. Tabelle zur Uebersicht der Entfernungen auf dem Seewege. . . » - Die diesjährigen Ueberschwemmungen in Schlesien und am Harz und ihre Ursachen. Von H. W. Dove. . . WE Ueber die lezten von der Kaiserl. Russ. Akademie der Wissenschaften veranstalteten Forschungsreisen . »- . 2 2 2 2 0 2000° Der Eisgang der Oka im Kreise Kasimow . » . 2 22 0 00. Die Stadt Namtow an der Tyshan-Baäi . .». 2. 2. 2 2 2 0200 Die Arrı -Inseln = N nen er SE SHE Gregory’s diesjährige Expedition durch den austzalischän Continent Nachricht von der Franklin - ROH BE a a N Der Paraguay . . . . 5 Neuere Literatur. Die nordfriesischen Inseln, vormals und jetzt. Von G. Weigelt. Ham- Br BO NE ae ei. 6 4 m reiche are 2 LERNT Teer Die Landenge von Sues. Von Dr. M. J. Schleiden. Leipzig 1858. . Sitzung der geographischen Gesellschaft zu Berlin vom 4. September 1858 . Karte. Taf. IV. Der Stromlauf des Paraguay oberhalb des Einflusses in den Parana nach der Aufnahme des Lt. Page, Commandeur des nordamerikanischen Schiffes Waterwitch. Seito 185 224 243 259 263° 273 276 277 279 vol. - Amtlicher Bericht des Königl. Geschäftsträgers, Geh. - Finanzrath Dr. Hesse über die Zustände und Han- _ delsverhältnisse der Britisch- West-Indischen Insel i Jamaica, vom 27. Februar 1858 '). In den literarischen Kreisen Englands erzählt man sich, dafs Baron Bülow, als er preufsischer Gesandter in London war, einem Lands- mann, der ihn um seine Meinung über England befragte, geantwortet _ haben soll: „Als ich drei Wochen in England war, fand ich mich auf- gelegt, ein Buch über Land und Volk zu schreiben; nach drei Monaten wurde mir die Schwierigkeit der Aufgabe klar, und jetzt, nachdem ich länger als drei Jahre hier bin, halte ich sie für unmöglich.“ Ein Deutscher, der es unternehmen wollte, über das auf der Land- arte mit allen Farben des Regenbogens markirte, unter den europäi- hen Seemächten ungleich vertheilte West-Indien, über seine Produc- tionskraft, seine Bevölkerung, seine Colonial-Regierung und Verfassung, ‚ seine Bedeutung im Welthandel und seine Zukunft etwas anderes zu schreiben als eine flüchtige Reiseskizze, mufs sich an diese Anecdote rinnern. Allgemeiner Charakter der Westindischen Eilande. — Columbische Archipelagus oder die von der Meerenge von Florida bis zur Orinoeco-Mündung sich im Karaibischen Meere erstreckenden Westindischen Inseln dürfen als die Trümmer eines unter dem Meeres- ee versenkten Theiles des Festlandes’von Süd- und Mittel- Amerika E Der geehrte Verfasser dieses an Se. Excellenz den Herrn Minister-Präsidenten tatteten Berichts hat mit Erlaubnifs der Königl. Regierung länger als ein Jahr in ica gewohnt und ist erst vor Kurzem von dort hierher zurückgekehrt. Da der t die Zustände der Insel Jamaica einer eingehenden und umfassenden Bespre- ‚unterzieht, welche auf frischer persönlicher Wahrnehmung beruht, ist uns der- elbe als eine auch für die Leser dieser Zeitschrift interessante und wichtige ‚Arbeit 2 ne Hetest zur Veröffentlichung mitgetheilt worden. EIER 222 186 Amtlicher Bericht des Königl. Geschäftsträgers Dr. Hesse angesehen werden, und bestehen aus drei besonderen Gruppen, den kleinen Antillen oder Karaibischen Inseln, den grofsen Antillen und den Bahama- oder Lucaischen Inseln. — Einige der kleinen Antillen sind flach, aber ihr allgemeiner Charakter ist steil, mit einem einzigen Berge oder einer Gruppe von Bergen in der Mitte, welche rings herum nach dem Meere abfällt, und zwar jäher auf der Ostseite, die der Ge- walt der atlantischen Meeresströmung ausgesetzt ist. Trinidad ist die südlichste von einer Reihe herrlicher Inseln, welche das Karaibische Meer in einem Halbkreise umschliefsen, dessen erhabene Seite nach Osten weist. Die Reihe ist einfach bis an die Insel Guadeloupe, wo sie sich in zwei Ketten spaltet, die als die Inseln gegen den Wind und unter dem Winde (Windward and Leeward Islands) bekannt sind. Tri- nidad, Tabago, St. Lucia und Dominica sind vorzüglich bergig und die Gebirge werden von tiefen engen Schluchten oder Gullies durchzogen, die mit alten Waldungen bekleidet sind. Die vulkanischen Inseln, wel- che zumeist dem einfachen "Theile der Kette angehören, haben kegel- förmige Berge mit Felsen von einer noch schrofferen Gestalt, aber fast alle Eilande der kleinen Antillen besitzen eine ansehnliche Menge aus- gezeichneten Humusbodens in einem hohen Zustande der Cultur.. Die meisten derselben sind von Korallenriffen umgeben, welche die Schifi- fahrt gefährlich machen; es besteht wenig Verkehr zwischen diesen Inseln und noch weniger mit den grofsen Antillen wegen der herr- schenden Winde und Meeresströmungen, welche die Rückkehr bedeu- tend erschweren. Die kleinen Antillen schliefsen mit der Gruppe der Virginischen Inseln, welche mit Ausnahme von St. Thomas unbedeu- tend und flach sind; einige ragen nur wenige Fufs über das Meer und die meisten von ihnen sind blofse Korallenfelsen. Die Bahama-Inseln sind der am wenigsten bedeutsame und interessante Theil des Archi- pelagus. Die Gruppe besteht aus ungefähr 500 Inseln östlich von Cuba und der Küste von Florida, unter denen einzelne blofse Felsen sind. Zwölf sind etwas grölser und angebaut, und wenn sie auch an Dürre leiden, so bringen sie doch Campeche- oder Blauholz und Mahagony hervor. Das verworrenste Labyrinth von Untiefen und Riffen, haupt- sächlich aus Korallen, Madreporen und Sand bestehend, umgürtet diese Inseln; einige derselben steigen bis an die Oberfläche auf und sind mit kleinen Palmenwäldehen geschmückt. Die grofse Bahama ist der erste Theil der neuen Welt, an welchem Columbus landete; der nächste war Haiti, wo seine Asche eine Zeit lang ruhte, bis sie nach Sevilla und von da nach Habana gebracht wurde. Von den kleinen Antillen ist es die zur Gruppe der Virginischen Inseln gehörige dänische Insel St. Thomas, von den grolsen Antillen ist es Cuba, welches für deutsche Industrie und deutschen Handel die über die Zustände und Handelsverhältnisse der Insel Jamaica. 187 gröfseste Bedeutung hat. Jamaica ist zwar die werthvollste der briti- schen Besitzungen in Westindien, aber seine vieljährige Bedeutung als ‚Stapel- und Durchgangshafen für europäische Exporte und südameri- kanische Importe ist fast ganz auf die kleine dänische Insel St. Thomas übergegangen, seit dort der vortreffliche Hafen zum Freihafen und zu- ‚gleich zum Ausgangs- und Mittelpunkt der englisch- westindischen - Dampfschifffahrt erhoben worden ist. Dort hat die Direetion der Royal Steam Mail Packet Company mit allen ihren Schiffen, Beamten, Maga- zinen und Werkstätten ihren Sitz. Die Anziehungskraft dieses Dampfschifffahrts-Centralpunktes kann nieht hoch genug angeschlagen werden. So liegt z. B. Jamaica nur etwa 30 spanische Meilen südlich von Cuba und eben so weit westlich ‚von San Domingo. Beide Inseln sind bei gutem Winde in einem Tage zu erreichen, aber es gehen nur selten Segelboote dorthin, und der Rei- ‚sende benutzt deshalb das Dampfboot. Er fährt von Jamaica dem Trade-Wind gerade entgegen nach St. Thomas und bedarf dazu 4 bis 5 Tage. Von dort fährt er an Jamaica wieder vorüber nach Cuba ‚und erreicht dasselbe in 5 bis 6 Tagen. Die Reisenden aus San Do- _ mingo und Portorico sind in demselben Falle. Cartagena und das Fest- land von Süd-Amerika liegt in gerader Linie 435 englische Meilen _ von Jamaica, diese verlängern sich aber für das Dampfschiff zu 1503 Seemeilen, wozu dasselbe, von Cartagena nach St. Thomas (795 Mei- len), dem Trade- Wind entgegen, mindestens 6 Tage und von da nach _ Jamaica (bis Portorico 65, von da bis Jacmel 388, von da bis Kingston 255, im Ganzen 708 Meilen) 4 Tage gebraucht.’ Auch nach den nörd- lich belegenen Bahama-Inseln, ja selbst nach Europa mus der Rei- ‚sende das kleine Eiland San Thomas passiren. In gerader Linie liegt Jamaica 4000 englische Meilen südwestlich von England, über San "Thomas verlängert sich diese Reise zu 4330 Meilen. = Nur nach Belize (Britisch-Honduras) und somit nach Central- Amerika ist Jamaica noch die Station für die Mail Steam Navigation Company und von hier aus geht und kommt allmonatlich ein Dampf- ‚boot von und nach Belize, welches die Posten von Guatemala, Salva- dor und den beiden Honduras trägt. So kommt es, dals für Jemand, der den Beruf hätte, sei es in amtlicher Eigenschaft oder als stiller Zuschauer und Liebhaber moderner Romanzen dem „Ritt des nord- amerikanischen Wüstenkönigs“ in Central- Amerika zuzusehen und auf die Sterbelaute der mittelamerikanischen Volksstämme zu hören, keine bessere Warte gefunden werden kann, als dies meerumfluthete, dem ‚ampfplatz benachbarte Jamaica. - In San Thomas überwiegt der deutsche Handel jeden anderen, ind auch die deutsche Zunge überflügelt in diesem wichtigen Eilande 188 Amtlicher Bericht des Königl. Geschäftsträgers Dr, Hesse 2 allmählich die französische, englische und spanische Sprache. Das Westende der malerisch auf drei Hügeln sich ausbreitenden, vom Meere bespülten Stadt heilst noch das Brandenburger Viertel, an den grolsen Einflufs erinnernd, den brandenburgische Handelsbestrebungen auf die gegenwärtige Blüthe dieses interessanten Eilandes hatten. Christian V. von Dänemark schlofs am 24. November 1685 mit dem Churfürsten von Brandenburg einen Staatsvertrag, wodurch eine brandenburgische Handelsgesellschaft die Erlaubnifs bekam, sich in St. Thomas zu eta- bliren. Diese Compagnie legte eine grolse Factorei an, die schon nach zwei Jahren 50 Beamte bedurfte. Sie hatte fünf Handelsschiffe der gröfsesten Gattung, erregte aber die Mifsgunst der dänisch -westindi- schen Compagnie, welche die dänische Regierung zur allmählichen Be- schränkung der Privilegien der brandenburgischen Compagnie zu be- stimmen wulste. Im Jahre 1716 erloschen die Privilegien ganz und mit ihnen die Compagnie selbst, deren Mitglieder und Einwanderer, wenn sie auf dem Eilande bleiben wollten, den Dänen den Untertha- nen-Eid leisten mufsten. Damals beabsichtigte die brandenburgische Compagnie das noch heute wüstliegende, oft genug dem Sclavenhändler als Zufluchtsort dienende Crab-Eiland zu erwerben und zu einer be- sonderen unabhängigen brandenburgischen Colonie zu erheben; aber die Eifersucht der Dänen wufste das zu verhindern, und aufserdem konnte die brandenburgische Compagnie den Schaden nicht überwin- den, den ihr der Ueberfall der Seeräuber im Jahre 1687 zugefügt hatte. Ein grofser Theil der Actien der brandenburgischen Compagnie war in den Händen der Holländer. Während des Krieges, den Holland mit England und Frankreich führte, überfiel die Mannschaft eines franzö- 7 sischen Kaperschiffes deshalb die brandenburgische Factorei in St. Tho- mas, plünderte sie aus, nahm sogar ihre Handelsbücher mit, vergals aber einen eisernen Kasten, der 100,000 Dollars enthielt und den die Brandenburger retteten. Als historische Thatsache kann es gelten, dafs die Einsicht und die glücklichen Geschäfte der brandenburgischen Com- pagnie der gröfste Segen für dieses kleine Eiland geworden sind, wel- ches sich zu einer bemerkenswerthen Stellung im Welthandel erhoben hat, indem es den Austausch der Producte zwischen Europa, Nord- und Süd- Amerika hauptsächlich vermittelt. — In dem 1852 zu New-York erschienenen werthvollen Buche: „A Historical Account of St. Thomas, by John P. Knor (Geistlicher der reformirten Kirche)* heilst es S. 65: „Whelst the Danish West India Company had suffered from the establishment and commercial success of the Brandenburgers in their colony, still the privileges which had been granted to them, led to the increase of the colony and laid the foun- dation of that commercial enterprise and success which have so über die Zustände und Handelsverhältnisse der Insel Jamaica. 189 characterized the island since; what was lost by the Danish Company was gained by the island.“ Jamaica. Quellen und Material. — Jamaica, obgleich un- gleich gröfser und bevölkerter, hat in neuester Zeit keinen nennens- ‚werthen Autor für seine Statistik und Geschichte gefunden; obschon es eine würdige Aufgabe wäre, die Gründe zu untersuchen, welche _ diese, durch Umfang, Fruchtbarkeit, Bevölkerung, alte Cultur, geo- - graphische Lage und überlieferten Reichthum anscheinend zu grolser Bedeutung berufene Insel in das Stadium unverkennbaren Rückschritts - und allmählicher Verarmung gebracht hat. Von älteren Schriften über Jamaica sind erwähnenswerth: „The Annals of Jamaica by Bridges. London 1827*, „The Civil and Natural History of Jamaica by Browne. London 1819“. Beides sind gute Quellen für die Geschichte und phy- -sische Geographie dieses Landes; aber sie sind geschrieben mitten in der Sclavenzeit, der Periode des Reichthums und des Ueberflusses, einem - jetzt verlorenen Paradies. Die spätere Literatur erhebt sich nicht über den Charakter von Reisebeschreibungen und vereinzelten Monographien. Das Werk: „Jamaica, its Past and Present State, by Philippo. London -1853* ist ein Panegyrikus auf die Wirksamkeit der Baptisten - Missio- nare. Das Buch: „A Naturalist's Sojourn in Jamaica by Gosse. Lon- don 1851*, ist eine Monographie über die T'hierwelt Jamaica’s. X Wer sich daher über die Gegenwart dieses Landes orientiren und, so weit es eben möglich, ein sicheres Urtheil über dessen künftige Ent- - wiekelung gewinnen will, mufs auf das reiche und authentische Mate- - rial der Verhandlungen des Local-Parlaments zurückgehen, die indefs wegen ihres Preises und gewaltigen Umfanges auch für den schwer zu- gänglich sind, der den Muth hat, den im barbarischen Wortschwall des englischen Gesetzstyls verborgenen Kern der Sache aufzusuchen. Jene _ Verhandlungen sind unter dem Titel: „Votes of the Honourable House of Assembly of Jamaica“, und „Journals of the Honourable the Legisla- tive Council of Jamaica* veröffentlicht. Auch ist viel zuverlässiges und an neueren Angaben reiches Material in dem Bericht enthalten, wel- ehen die von dem Colonial-Gouvernement vor einigen Jahren einge- ‚setzte Sanitäts-Behörde (Central Board of Health) am 1. December 1851 dem Insel-Parlament vorgelegt hat. Es gehörten dieser, zunächst zur Untersuchung der Salubrität der Insel und Einführung einer stren- gen Sanitäts-Polizei eingesetzten Parlaments-Commission zum Theil änner von hervorragender Intelligenz und wissenschaftlicher Autorität an, welche nach umfassender Untersuchung und Anhörung vieler sach- verständigen Zeugnisse in dem fraglichen Bericht die Ergebnisse ihrer auch über die physische Geographie und Geognosie des Landes Licht verbreitenden Forschungen niedergelegt haben. Die Verfassungs -Ge- 190 Amtlicher Bericht des Königl. Geschäftsträgers Dr. Hesse schichte der Insel findet sich sehr befriedigend behandelt in dem Buche: „Colonial Constitution, an Outline of the Constitutional History and Ezisting Government of the British Dependencies, with Schedules of the Orders in Council, Statutes and Parliamentary Documents relating to each Dependency, by Arthur Miks Esq., of the Inner Temple, Barrister- at-Law. London 1856.“ Geographische Lage und physische Beschaffenheit. — Die Insel Jamaica, die grölseste der britischen Antillen, liegt zwischen 17° 10’ und 18° 10’ N. Br. und 76° 15’ und 78° 25’ W. L. von Green- wich. Sie hat einen Flächeninhalt von 4 Millionen Aeres oder 6400 engl. Quadratmeilen (266 deutschen Quadratmeilen), ist also um etwas gröfser als das weit dichter bevölkerte Grofsherzogthum Mecklenburg. Von den 3,842,000 Acres waren vor der 1834 erfolgten Aufhebung der Selaverei gegen 15,000 Acres mit Zucker bestellt, während jetzt kaum noch der dritte Theil der ehemaligen Zuckerfelder in Cultur er- halten wird. Die Insel liegt 4000 engl. Meilen südwestlich von Eng- land, 90 deutsche Meilen nördlich von Cartagena, d.h. von dem süd- amerikanischen Festlande. Die ganze Insel hat einen bergigen Cha- rakter. Die Gebirgskette, welche sich von Ost nach West mitten durch die Insel zieht, trennt wie ein Schlagbaum den Norden von dem Sü- den. Es ist dies die Kette der „blauen Berge“, deren Gipfel sich nach Robertson bis über 8000 Fufs, nach neueren Messungen nicht über 7000 Fuls erheben. Eine andere Kette zieht sich von Nordwest nach Südost. Nur etwa ein Zwanzigstel der Insel ist ebener Boden und besteht aus schmalen Thälern. In dem breitesten liegt Kingston, die bedeutendste Hafen- und Handelsstadt der Insel mit nahe an 60,000 Einwohnern. Dieses Thal (Liguana-Thal) ist nicht über 30 Meilen lang und über 7 Meilen breit. Es ist nach der See zu durch eine etwa 1 Meile lange Landzunge gegen den Ocean geschützt, welche eine natürliche Befestigung bildet und das Fort Port Royal mit dem Festlande verbindet. Auf der hügeligen Nordseite der Insel fehlen alle Ebenen. Nach der geognostischen Formation gehören die Berge der Uebergangsstufe an und bestehen aus Grauwacke und weilsem Kalk- stein. Sie charakterisiren sich dadurch, wie durch die Richtung, in wel- cher sie streichen, als eine submarine Verlängerung des östlichen Cor- dillerenzuges in Neu-Granada, desjenigen Zuges, welcher zwischen dem Meta- und dem Magdalenen-Strome sich hinzieht. Schiffbare Ströme hat die Insel nicht, mit Ausnahme des Black River, der 30 Meilen lang hinreichendes Fahrwasser bietet und als Hafen benutzt wird, aber auch den Selavenschiffen als Zuflucht dient, weil die Kreuzer ihnen dort nicht folgen können. Eine Menge kleiner auf den vorhandenen Quellenreichthum. Dessen ungeachtet tritt gerade in der Kingston-Ebene, die mit Landgütern übersäet ist, oft empfind- ‚licher Wassermangel ein, zumal wenn die Röhrenleitung, welche dort "von einer Actien-Gesellschaft hergestellt ist, dureh die reifsende Ge- walt plötzlich anschwellender Bergströme zerstört wird. Auch im In- ‚nern der Insel trocknen die kleinen Flüsse im Sommer aus, und nur "auf der Höhe fehlt es niemals an hinreichendem Wasser. Das Land hat zwei Regenzeiten — die Mai- und October -Saison, — deren Eintritt und Dauer sich nicht mit aller Bestimmtheit vorher- ‚sagen lälst, und die auch zum höchsten Nachtheil der Landescultur zuweilen ganz ausfallen oder nur in mehrtägigen Regenschauern be- stehen. Dies war z. B. im Jahre 1856 der Fall. Im Norden ist der _ Regen häufiger aber unregelmäfsiger als im Süden. Am meisten reg- net es im Monat October, während der Mai in der Regel nur Schauer ‚bringt. Durchschnittlich beträgt der jährliche Regenfall 50 Zoll, in New-Castle, der malerischen Bergkaserne (5000 Fuls über dem Mee- resspiegel), indes 70 Zoll; am erfrischendsten sind die Regen im Juli, August und December, im letzten Monat gewöhnlich gegen Weihnach- ten eintretend. Von der Höhe und Lage der Orte hängt deren Temperatur ab. In den Küsten-Ebenen beträgt die mittlere Jahreswärme 94° bis 96° _ Fahrenheit, in kühleren Jahren 82° bis 84°, und varüirt für die Mit- tagsstunden kaum um 9 Grad. Im Juli und August ist die Hitze auch zur Nachtzeit selten niedriger als 85°, während im December, Januar _ und Februar das Thermometer zuweilen auf 70° herabsinkt. In die- sen Monaten ist das Klima so schön und noch gesunder als in Ita- _ lien. Um 3 Uhr Nachmittags ist die Hitze sonst immer am grölse- ‘sten. In Kingston und Spanishtown steigt sie dann auf 130° und mehr. Günstiger ist die Temperatur an der bergigen Nordseite, die mehr durch Regen und Nordost-Wind erfrischt wird. In den Bergen findet man jede Art von Klima. Nur Schnee hat man nie gesehen, wohl aber Eis auf dem Pic der blauen Berge und Hagel sogar in Kingston. Zwischen 8 und 40 Uhr Morgens erhebt sich auf der Insel täglich die Seebrise (trade wind), und Abends um 4 Uhr beginnt ein rfrischender Landwind, der aber auf die See nur geringen Einflufs . In den kühleren Wintermonaten fällt die Seebrise aus. Auch 'Landwind läfst dann zuweilen auf sich warten. Die gewöhnlichen tströmungen werden zuweilen unterbrochen durch einen Süd- oder 'W.-Wind, welcher Regen bedeutet, und durch den „rock wind*, 192 Amtlicher Bericht des Königl. Geschäftsträgers Dr. Hesse einen Nordwind, der für ungesund gilt. Der Thaufall ist allgemein sehr regelmälsig und stark. Er gleicht einem Regenschauer und be- dingt wesentlich die Fruchtbarkeit der Insel. Veränderungen des Ba- rometers sind nur sichtbar vor einem Orkan, eine Naturerscheinung, welche indefs auf dieser Insel zu den Seltenheiten gehört. Regelmäfsig setzt der Wind, wenn ein solcher Fall eintritt, aus Südwest ein und durchläuft die Windrose durch Westen und Norden nach Nordosten. Nach diesen Orkanen heifsen die Monate August und September die hurricane months. Leichte Erderschütterungen sind nicht selten, eigent- liche Erdbeben aber leben nur noch in der Erinnerung, wie dasjenige, welches im Jahre 1692 Port Royal verschlang. Jamaica hat auf einer Strandlinie von verhältnifsmälsig nicht grofser Ausdehnung wenigstens 30 gute Häfen, die zu den geräumigsten und sichersten Westindiens gehören. Von den 16 gröfseren sind die zu Kingston, Port Royal, Old Harbour und Port Antonio die sichersten. Auch hat die Insel Mineralquellen, wovon das sogenannte Milk River Bath sehr auflösend wirkt. Das St. Thomas Apostle Bath ist ein heifses Schwefelbad im botanischen Garten der Insel. Schon Columbus schilderte seinen königlichen Gönnern Ferdinand und Isabella die landschaftliche Scenerie der Insel als das Schönste, was er gesehen. „Wie die Sonne den Mond an Glanz und Herrlich- keit überstrahle, so die Landschaften dieser gesegneten Insel die herr- lichsten Gegenden von Italien und Spanien.“ Eingeborene Schriftsteller haben mehrfach den Nachweis versucht, dafs schon die Ueberlieferun- gen der Alten in Betreff der Hesperiden sich auf Jamaica beziehen, sowie ja der Name „Antillen“ eine Corruption des Namens der mythi- schen Insel „Atlantis“ sein soll. Nach meiner Wahrnehmung hat diese Uebertreibung ihren Grund in der allerdings unbeschreiblich schönen Configuration und in dem Farbenwechsel von Berg und Thal, aus denen besonders die in Schluch- ten und Niederungen eingestreuten hellgrün schimmernden Zucker-Plan- tagen hervortreten. 4 Geologische Beschaffenheit. — Die Bergkette, welche die Insel von West nach Ost durchzieht, bildet eine dreifache Reihe paral- leler Züge, deren Kamm so scharf ist, dafs er an manchen Stellen nur 6 Ellen Breite hat, und deren Ausläufer den ganzen östlichen Theil der Insel bedecken. Die höheren Grate haben niedrigere Jöcher neben sich, die sich zu grünen Savannen herabsenken. Die Böschungen sind wild, die Abhänge steil und meist mit stattlichen Waldungen bedeckt. Die ganze Insel bietet vielfache Anzeichen unzweifelhaft vulkani- schen Ursprungs, und ein erloschener Krater findet sich im Kirchspiel St. Georges auf dem Gipfel eines 3000 Fuls hohen Berges. Die Boden- über die Zustände und Handelsverhältnisse der Insel Jamaica. 193 beschaffenheit ist ungemein verschieden. Bald ist es Kalk, welcher den ndbestandtheil bildet, bald Ziegelerde, bald lockeres, eisenoxydhal- tiges Erdreich. In den Thälern am Fufse der Bergzüge findet sich in der Regel eine humusreiche Erdschicht, mit schwerem Lehmboden wech- selnd. Kalk mit Sandsteinlagern wechselnd, Grauwacke und Trapp bilden die Grundlage der Gebirgsformation. Grobkörniger Marmor, _ Mergel und Thonerde finden sich auf vielen Punkten. An manchen Stellen besteht das ganze Gebirge aus kohlensaurem Kalk, an ande- ren, namentlich auf der Nordküste, treten Gneils und Quarz in mäch- _ tigen Massengebilden auf. Muschelkalk findet sich in den Ebenen, und ‚die Küste selbst besteht stellenweise aus Korallenbänken. Verschiedene Höhlen und Grotten von zum Theil bedeutender Ausdehnung dürfen die Aufmerksamkeit des Geologen beanspruchen. Animalische und ve- _ getabilische Fossilien der merkwürdigsten Art werden auf den Berg- ‚gipfeln gefunden. Von Metallen sind Blei- und Eisenerze vorhanden, namentlich in den Bergen von Liguana bei Kingston, ebenso Kupfer und Antimon. Notorisch haben die Healthshire Hills das Kupfer zu den Glocken der alten Kathedrale von Spanishtown geliefert, und es sind in den letzten Jahren einige Minen in nicht allzugrofser Entfer- nung von Kingston geöffnet worden, welche lohnende Ausbeute liefern. Gold in feinen Lamellen findet sich im Quellgebiet des Rio Cobre und des Rio Mina (Clarendon), wo noch jetzt die Spuren der von den Spa- _ niern angelegten Goldwäschen sichtbar sind. Pflanzenreich. — An der Spitze des Pflanzenreiches der Insel stehen die werthvollen Erzeugnisse des Tropen-Klima’s, Zuckerrohr, Kaffee, Cacao, Baumwolle, der Indigostrauch, Specereien und kostbare Hölzer. Das Zuckerrohr (arundo saccharifera) wurde um das Jahr 1520 von den Spaniern aus Asien nach St. Domingo und von dort bald darauf nach Jamaica gebracht. Seit jener Zeit bis auf den heu- _ tigen Tag ist das Bourbon-Rohr (daneben finden sich auch die übri- gen drei Gattungen) die Haupteulturpflanze der Insel, deren Stapel- Artikel auch gegenwärtig noch vorwiegend der Zucker bildet. Die Zuckerpflanze gedeiht am besten in den Niederungen und am südlichen Abhange der Berge. Die lebhafte grüne Farbe dieser Pflanzungen schmeichelt dem Auge besonders. Der Kaffeestrauch gedeiht auf den Hügeln und an den Bergabhängen in den verschiedensten Bodengat- tungen. Er wurde 1728 von Sir Nicholas Lowes eingeführt, welcher ihn auf seiner Besitzung Temple Hall, Liguana, zuerst cultivirte. Die Kaffeepflanzungen sind hauptsächlich durch Einwanderung von Fran- en aus St. Domingo vermehrt worden. Der südliche Abhang der wen Berge ist besonders reich an Kaffeepflanzungen, die zur Zeit * Blüthe an das deutsche Frühjahr erinnern und einen wundervollen Zeitschr. f. allg. Erdkunde. N. F. Bd. V. 13 & 194 Amtlicher Bericht des Königl. Geschäftsträgers Dr. Hesse Duft verbreiten. Auch der Kaffee bildet gegenwärtig noch einen wich- tigen, neben Zucker und Rum den wichtigsten Export-Artikel. Die Cultur der Baumwolle, des Indigo’s und Cacao’s hat man längst auf- gegeben, vorgeblich in Folge der hohen Zölle, mit welchen diese Ar- tikel belastet wurden, und von 60 Cacaopflanzungen, welche nach Blome 1672 vorhanden waren, ist, ebenso wie von den einst zahlreichen In- digo-Fabriken, keine Spur mehr vorhanden. Mais bildet, wie überall in den Tropen, die Basis der Landwirthschaft. Gerste und (Victoria-) Weizen hat man in den Tropen zu bauen versucht, bis jetzt nur mit mittelmäfsigem Erfolge. Brod gilt überhaupt auf der Insel als Luxus- artikel und wird von den Farbigen gar nicht oder doch nur in gerin- gen Quantitäten gegessen, wiewohl einige ziemlich grolsartig betriebene Dampf-Brodbäckereien vorhanden sind. Als Surrogat dienen die Ba- nane, die Yam, verschiedene Yucca-Arten, die Cassave (cassada bread) u.s. w. Der Brodfruchtbaum (Artocarpus sativa) und die Pfeilwurzel (Canna Indica), welche das Arrowroot-Mehl liefert, werden in grofsen Plantagen gezogen. Auch die Ingwer-Pflanzungen, die verhältnifs- mälsig wenig Arbeitskräfte bedürfen, haben neuerdings sehr zugenom- men, seit in Kingston eine grofse Fabrik von Preserven den Begehr nach dieser auch in England sehr gesuchten, besonders zu Bier be- nutzten Wurzel vermehrt hat. Ebenso vermehren sich die Arrowroot- Pflanzungen, seit dieses Mehl einen Ausfuhr- Artikel der Insel bildet. Kartoffeln (Creolen-Kartoffeln) werden auf den Höfen gezogen; sie sind wohlschmeckender wie die aus Nord- Amerika importirten, stehen aber den trefflichen Bermudas-Kartoffeln nach. Die aus Deutschland dort importirten Kartoffeln leiden sehr durch rasche Fäulnißs. Von Cultur-Gräsern ist die zufällig aus Guinea eingeführte Gattung, welche nach diesem Ursprungslande benannt wird, erwähnenswerth, ebenso das „Schottische Gras“. Einheimisch ist das Bahama-Gras, welches mittelst der ihm eigenthümlichen elastischen Fibern einen dicht in ein- ander geflochtenen Teppich von ausgesucht schöner Farbenschattirung über den Erdboden breitet. Europäische Gartengemüse sind — mit Ausnahme der Zwiebel und des Blumenkohls — in den Bergen durch- gehends gut gerathen. Daneben findet sich natürlich die in den Tro- pen heimische Banane, die Yam, süfse Kartoffel, Cassave, Lima-Bohne, der Indische Kohl und Tomate. Von Früchten sind die Cocosnufs, die Avocade-Birne, die Mango, Guava, Orange, Citrone, Lima, Tamarinde, Soursap, Sweetsap, Granate, Feige, Wall- und Haselnuls, Maulbeere, Olive, Melone, Ananas, Vanille und viele andere mehr zu erwähnen. Der europäische Apfelbaum und Stachelbeerstrauch sind gepflanzt wor- den und fortgekommen, doch sind die Früchte entartet. Zu den schön- sten Waldbäumen gehört der Pimento oder Pfefferbaum. Er erreicht über die Zustände und Handelsverhältnisse der Insel Jamaica. 195 eine beträchtliche Höhe und ist bedeckt mit einem dunkelgrünen Laub- "schmuck. durch welchen die zarten Blüthen von schneeweilser Farbe _ noch mehr gehoben werden. Selbst die Blätter dieses Baumes sind stark aromatisch, und wenn der Wind das Laubwerk schüttelt, so füllt _ sich die Luft mit würzigen Gerüchen. Es bildet der Pimento einen Hauptgegenstand der Cultur, welchem sich viele Plantagen, namentlich der Nordküste, zugewendet haben. Die Cocos- und Königspalme bil- _ den wie in Cuba den charakteristischen Schmuck der Landschaft. Auch die Kohlpalme findet sich zahlreich, besonders in den Wäldern. Be- kanntlich enthält der Theil dieser Pflanze, welcher unmittelbar unter der Blätterkrone sitzt, ein reiches Mark (den sogenannten Palmkohl), _ das gekocht und als sehr schmackhaftes Gemüse gegessen wird. Die grüne Hülle dieses Kernes dient getrocknet zu Schreibpapier. Die Palme stirbt ab, sobald der Kern entfernt worden ist. Der Ceiba oder Seiden-Baumwollenbaum (die tropische Eiche), der wilde Feigenbaum _ und der Baobab oder Kalebassenbaum erreichen riesenmälsige Verhält- _ nisse. Der Ceiba, ein durch seinen Blätterreichthum und die eigen- thümliche Form seiner, zu Tinten- und Sandfässern gebrauchten Frucht- kerne ausgezeichneter Baum, gilt in Mittel-Amerika als heraldisches Emblem der Freiheit und findet sich als solches im Gepräge der Mün- zen. Für die Niederungen und Strandgegenden ist die Mangrovie mit ihren eigenthümlichen Formen charakteristisch. Als werthvolle Hölzer sind Blauholz, Gelbholz, Lignum Vitae, Ceder, Mahagony, das schwarze und grüne Ebenholz vorzugsweise zu erwähnen. Man kann auf 50 die Zahl verschiedenartiger Hölzer veranschlagen, welche als Bau- und _ Nutzhölzer verwendet werden. Die Waldbäume führen in der Regel einen reichen Schmuck von Orchideen und Lianen. Daneben finden sich aromatische Blumen und Sträucher der verschiedensten Art, wel- _ che nach der Herbst-Regenzeit das Innere der Insel einem einzigen Garten vergleichbar machen. Die wilde Pinie, die Granadilla oder - doppelte Passionsblume, die afrikanische Rose, einige Convolvulus- und Acacien-Arten, die Cassia Alata und vor Allem die amerikanische Agave sind es, welche durch Farbenpracht und Wohlgerüche der Wild- nils Jamaica’s einen unendlichen Zauber verleihen. Unter den schmack- ‚hafte Früchte tragenden Pflanzen müssen noch der aus Australien im- portirte Mangobaum, besonders aber die sülse Ananas und die vegeta- ‚bilische Butterfrucht erwähnt werden, welche letztere mit Salz genossen wird und die Butter ersetzt. Es giebt indefs auch viele strauchartige Bäume, deren Blätter giftig sind und besonders den Pferden gefährlich Affe, das Armadill, das Opossum, Peecari (wildes Schwein), Aguti AR 13* N 196 Amtlicher Bericht des Königl. Geschäftsträgers Dr. Hesse (zur Klasse der Nager gehörig), die Moschus-Ratte und das Racoon (eine Art Schakal). Namentlich trift man in den Wäldern wilde Schweine von colossaler Gröfse, während die Aflen fast ausgestorben sind. Die Seekuh (Trichecus manati), ein der Wallrofsfamilie angehö- riges Thier, findet man häufig an den Ufern des Meeres und der Flufs- mündungen. Ratten giebt es in ungemein grofser Anzahl, eine Folge der vielen Zuckerfelder. Darunter befindet sich eine aus Schottland stammende Art von sehr streitbarem Charakter, welche absichtlich von der Regierung mit vielen Kosten eingeführt ist, um die einheimische Art zu vertilgen. Indessen haben diese Thiere in den Tropen ihren aggressiven Charakter verloren und mit den eingeborenen eine sehr gefräfsige Nachkommenschaft erzeugt, die zur Plage der ganzen Insel gereicht. Aufser der Nachtigall und dem Spottvogel vertreten nur einige wenige Arten die Klasse der Singvögel. Desto zahlreicher sind dieje- nigen, welche durch Mannichfaltigkeit des Gefieders das Auge ergötzen. Einige Kolibri- Arten erreichen kaum die Gröfse eines Käfers und wie- gen noch keine 20 Gran. Eine äufserst zahlreich vertretene Gattung schwarzer Geier, dieselbe, welche in Mittel- und Süd-Amerika den Na- men Zapilote führt, auf Jamaica aber den Namen John Crow, hat hier wie dort die Strafsenreinigung übernommen. Der Fischreichthum an den Küsten und in den Flüssen, Häfen und Buchten ist aufserordentlich. Der Calipaver, Mullet, Kingfish, Grou- per, Jewfish, White Bait und Snapper sind efsbare Fische von treff- lichem Geschmack. Von Seefischen mögen der fliegende Fisch, Del- phin, Schweinefisch, der Zitterrochen und die Bonite erwähnt werden, ferner der Seeteufel, Schwertfisch und der Hai, welche alle drei eine colossale Grölse erreichen. Unter den Amphibien stehen Land- und See-Schildkröten, geniefs- bare, zwei Fufs lange Eidechsen, sowie die Alligatoren oben an, wel- che letzteren die Flulsmündungen und Lagunen unsicher machen. In der Nachbarschaft von Kingston, Old Harbour, Salt River und Alliga- tor Pond sind diese Thiere sehr häufig. Von Giftschlangen hört man wenig auf der Insel, und besonders gefährliche Arten wenigstens schei- nen nicht vorhanden. Die gelbe Schlange (yellow snake), zur Familie der Boa gehörig, erreicht eine Grölse von 10 Fuls und ist in einzelnen Gegenden auf dem Lande sehr häufig, wo sie selbst in Wohnhäuser sich zuweilen einschleicht. Bemerkenswerth unter den Schalthieren ist die Bergkrabbe, welche im November förmlich colonnenweise und in schnurgrader Richtung über Felsen, Mauern und Häuser hinweg nach der Küste herabzieht. Hier laichen diese Thiere und kehren Ende Februar, wenn die Jungen die erforderliche Gröfse erreicht haben, über die Zustände und Handelsverhältnisse der Insel Jamaica. 197 schaarenweise, wie sie gekommen sind, nach ihren Schlupfwinkeln in _ den Bergen zurück. Nicht selten sieht man die Krabben auf Kirch- re. _ höfen, wo sie die Leichen benagen, daher der bei uns von den Todten gebräuchliche Ausdruck „Raub der Würmer“ in der Vulgairsprache Westindiens „Futter für die Krabben“ lautet. Uebrigens werden diese Thiere allgemein gegessen und sogar als Leckerbissen betrachtet. In _ den wohlhabenden Haushaltungen der Creolen pflegt man sie in Fäs- sern mit Korn und vegetabilischen Abfällen für die Tafel grols zu _ ziehen. ' Von Inseeten sind die Muskitos in der Nähe von Sümpfen und stehenden Gewässern, überhaupt da, wo nicht durchlassender Lehm- boden vorherrscht, eine förmliche Landplage. Auch Ameisen, nament- lich die grolse weifse oder Wald- Ameise, bilden auf dem Lande zu- weilen eine arge Plage und richten in den Plantagen Schaden an. Der Bifs der schwarzen Spinne und der Tarantel soll unter Umständen tödtlich sein. Lästig in den Haushaltungen pflegt auf dem Lande auch - die Gattung der cockroaches zu werden, ein bis 3 Zoll langer, platt- _ gedrückter, brauner Käfer, welcher in Schränke und Koffer eindringt und die Kleidungsstücke, sowie in den Küchen die Ueberreste von Spei- sen verzehrt, auch die Pfropfen der Weinflaschen durchbohrt, übrigens aber ganz unschädlich ist. Der Chigoe, eine fast mikroskopische Aca- _ rus-Art, auf Sandboden und da, wo Schweine gehalten werden, be- _ sonders heimisch, wählt mit besonderer Liebhaberei die menschlichen Fufszehen zum Wohnplatz und verursacht, indem er in die Haut seine _ Eier legt, ein zunächst unbedeutendes und mit einer Stecknadel leicht e zu entfernendes Geschwür, welches aber, wenn vernachlässigt, eine bös- artige Entzündung und den Verlust der Zehen nach sich ziehen kann. Zu dem brillantesten und für den Nordländer wunderbarsten Natur- _ schauspiel geben die zahlreichen Arten von Leuchtkäfern und Feuer- _ fliegen Veranlassung, welche zu Tausenden mit dem Licht von Fix- _ sternen erster Gröfse strahlend das nächtliche Dunkel des Waldes er- hellen. | Geschichte. — Die Insel Jamaica (oder Xaymaca, wie sie die Eingeborenen nannten) wurde von Columbus 1494 auf seiner zweiten Reise entdeckt. Er landete an einem von ihm Ora Cabeza genannten Punkte der Nordseite, etwas nördlich von Port Maria, verliefs aber die Insel wenige Monate darauf, nachdem er die Küste vom Rio bueno ab recognoseirt hatte. Erst 9 Jahre später, auf seiner vierten Reise (1502), sah er die Insel wieder, indem Sturm und Ungemach aller Art ihn zwangen, in der Bucht von Santa Gloria (gegenwärtig St. Ann’s Bay) utz zu suchen. Zwei Jahre lang mulste er hier ausharren, bis die e ehnte Hilfe aus Hispaniola eintraf und ihn aus seiner verzweifelten 198 Amtlicher Bericht des Königl. Geschäftsträgers Dr. Hesse Lage erlöste. Auch war es hier, wo er sich des Mittels der Prophe- zeiung einer gerade eintretenden Mondfinsternils bediente, um die ein- geborenen Kaziken im Zaum zu halten. Nach seinem drei Jahre dar- auf erfolgten Ableben gründete sein Sohn Diego die erste Colonie, Sevilla Nueva, nahe dem altindischen Dorfe Mayama, an der Bucht von Santa Gloria. Bald wurde jener Name in Sevilla de Oro umge- ändert, von dem Reichthum edler Metalle, welcher in der neuen Stadt zusammenströmte. Indefs war dieser Glanz von kurzer Dauer. Die französischen Seeräuber (Flibustier) plünderten und verheerten die Stadt von 1523 ab zu wiederholten Malen, und keine Spur der letzteren ist heut zu Tage mehr vorhanden. Doch lebt der Name fort als Bezeich- nung der dort belegenen Zuckerpflanzungen. Besseres Schicksal hatte die in einer fruchtbaren Ebene der Südseite, entfernt von der Küste durch Diego Colon gegründete Hauptstadt Santiago de la Vega, noch heute Sitz der weltlichen und geistlichen Oberbehörden der Insel. Trotz der wiederholten Einfälle der Seeräuber, trotz vorübergehender Erobe- rung durch den britischen Admiral Sir Anthony Shirley im Jahre 1596 hob sich der Wohlstand der Colonie ohne Unterbrechung, bis Oberst Jackson 39 Jahre später an der Spitze von 500 Mann sich derselben bemächtigte und die Hauptstadt schonungsloser Plünderung unterwarf. Von da ab ging es mit der Entwiekelung der Insel rückwärts, und 20 Jahre später, als Cromwell sich zur Eroberung Hispaniola’s rüstete, zählte die ganze europäische Bevölkerung etwa 1500 Spanier und Por- tugiesen, eben so viele Mulatten und Negersclaven, und acht Adels- Familien, welche das gesammte Grundeigenthum innehatten. Die bri- tische Expedition unter Penn und Venables mifsglückte, so weit es sich um die Hauptstadt der spanisch-westindischen Besitzungen handelte, wofür beide Führer später in den Tower gesperrt wurden. Allein, um sich für ihr Mifsgeschick auf Hispaniola zu entschädigen, bemächtigten sich diese mit leichter Mühe der Insel Jamaica, welche von da ab (1655) eine Dependenz der britischen Krone wurde, nachdem sie 146 Jahre im Besitz der Spanier gewesen war. Ein Theil der Königs- mörder Carls I. und deren Anhang soll zu den ersten Colonisten der Insel gehören, und die Gebeine des Präsidenten Bradshaw sollen von seinem Sobne unter dem Galgen weggenommen, nach Jamaica trans- portirt und dort verscharrt sein. Man zeigt noch das Denkmal im Walde mit dem Epitaph. Colonel Edward D’Oyley, zunächst Militair- Befehlshaber, wurde 1661 als der erste britische Gouverneur an die Spitze der neuen Civil- Verwaltung gestellt. Zwei bezüglich vom 14. und 26. August 1659 datirte Befehle, von denen der erstere die Vertheilung von 1701 Bibeln an die Armen, der zweite die Anweisung von 20 Pfd. Sterling für 15 über die Zustände und Handelsverhältnisse der Insel Jamaica. 199 Bluthunde zur Nigger-Jagd betrifft, sind für die damaligen Zustände charakteristisch. Die Insel wurde damals der Sammelplatz der engli- ‚schen Buccaniers und Flibustiers, deren Hauptchef Morgan (aus Wa- les) aus Anlals der Eroberung von Panama zum Knight befördert und ‚später sogar (1675) zum Lieutenant - Governor der Insel ernannt wurde. _ Daneben recrutirte sich die Bevölkerung aus spanischen Flüchtlingen, _ desertirten Soldaten und dem Auswurf der drei vereinigten Königreiche _ von England, Schottland und Irland. Indefs trat bereits eine günsti- _ gere Wendung ein mit der Ernennung Lord Windsor’s (1662), welcher - als Nachfolger D’Oyley’s mit Ernst und Ausdauer die Organisation _ der Civilbehörden und die Herstellung eines geordneten Rechtszustan- des in die Hand nahm. Der Friede mit Spanien (1676) befestigte _ vollends die neue Ordnung der Dinge. Kaum 14 Jahre waren seit der Eroberung verflossen, und bereits zählte Jamaica aufser der Truppen- ' macht von 5221 Mann, eine weilse Bevölkerung von 15,198 Köpfen ‚und 9500 Negersclaven. Was die Ureinwohner betrifft, so war schon _ damals“längst Nichts mehr von ihnen übrig als ihre in den Höhlen, wo sie Zuflucht gesucht hatten, bleichenden Knochen. So gründlich _ hatten neben dem Schwerte und dem Bluthunde der Spanier die Ar- _ beit in den Minen und die Krankheiten der Europäer das Werk der Vertilgung vollbracht. Unter Sir Thomas Lynch (1671) und Morgan (1675), welcher letztere die Colonisation der Nordküste sich besonders angelegen sein liefs, machte die Insel noch fernere Fortschritte. Auf - Morgan folgten Lord Vaughan (1675) und der Earl of Carlisle (1678). - Unter der Administration des ersteren geschah die Bildung der Afrika- nischen Gesellschaft, durch welche der Sclavenhandel auf Jamaica lega- lisirt wurde. Der Herzog von Albemarle (1687) machte sich verhafst _ durch Begünstigung der katholischen Kirche. Doch fand unter seiner Verwaltung eine ausgedehnte Einwanderung von Juden statt, welche _ wesentlich zur Hebung des Colonial-Handels beitrug. Allein abgesehen von den Plünderungszügen der Maroon-Neger (in die Wälder geflüch- ‚tete Selaven), welche fortdauernd um diese Zeit die Plantagen verwü- steten, war der Insel eine schwere Heimsuchung vorbehalten. Port Royal, der blühendste Hafen- und Haupt-Handelsplatz, sprüchwörtlich damals wegen seines Reichthums und seiner Schwelgerei, wurde mit 3000 Einwohnern fast urplötzlich in Folge eines Erdbebens vom Meere verschlungen. Dieses Ereignifs fand statt um die Mittagsstunde des 7. Juni 1692. Der Himmel, welcher noch kurz vorher klar und heiter wurde plötzlich von finsteren Wolken überschattet. Gerade hielt Gouverneur eine Sitzung des legislativen Rathes; die Einwohner ‚en wie gewöhnlich ihren Geschäften und Vergnügungen nach; auf Märkten und in den Kaufhallen der volkreichen Strafsen lagen die 200 Amtlicher Bericht des Königl. Geschäftsträgers Dr. Hesse BR Schätze Mexico’s und Peru’s ausgebreitet. Da plötzlich hörte man fern in den Bergen ein dumpfes Rollen, dessen Wiederhall durch die Thäler zur Küste drang. Unmittelbar darauf begann die See zu steigen und stand binnen drei Minuten fünf Faden tief über den Häusern. Dabei rollte die See, der Windstille ungeachtet, wie im ärgsten Sturm, rils die Kriegsschiffe im Hafen von ihren Ankern und warf die Fregatte „Swan“ auf die Dächer der gesunkenen Stadt. Von 3000 Häusern blieben vielleicht nur 200 nebst dem Fort unversehrt. Bei klarem ruhi- gen Wetter sind die versunkenen Stralsen noch jetzt auf dem Meeres- grunde zu unterscheiden. Es bedarf kaum der Bemerkung, dafs auf der ganzen Küste und überhaupt auf der Insel dasselbe Naturereignils unermefslichen Schaden anrichtete. Auch erzeugte die Masse verwe- sender Leichname, welche überall umherlagen, tödtliche Miasmen, wel- che noch nachträglich über 3000 Menschen hinwegrafften. Kaum waren diese Prüfungen überstanden, als die Schrecken des Krieges hereinbrachen, indem der verheerende Einfall der Franzosen unter General Ducasse, Gouverneur von St. Domingo, erfolgte. Zwar wurde derselbe vertrieben, und die Insel im Ganzen genofs fast ein Jahrhundert lang von da ab einer ruhigen Entwickelung, welche den allgemeinen Wohlstand zu nie vorher dagewesener Höhe führte. Doch wurde das wieder erstandene Port Royal 1702 durch Feuer fast gänz- lich zerstört, 1722 durch einen furchtbaren Orcan verwüstet und durch eine darauf folgende Epidemie entvölkert, daher der Sitz des Handels nunmehr nach dem unmittelbar nach der Katastrophe von 1692 ge- gründeten Kingston verlegt wurde. Unter der milden Verwaltung des Herzogs von Portland sanctionirte die Krone eine vom Repräsentanten- hause angenommene Bill, welche als die Magna Charta Jamaica’s an- gesehen wurde und dem oft erbitterten Zwiespalt mit dem Mutterlande ein Ziel setzte. Nach der Unterjochung der Maroons zählte die Co- lonie unter Admiral Vernon und Governor Trelawney 1742 eine Be- völkerung von 14,000 Weilsen und 100,000 Selaven. Im Jahre 1751 versuchte Admiral Knowles die Verlegung des Regierungssitzes nach Kingston, wurde aber durch die Aufregung, welche sich unter den Massen zeigte, an der Ausführung seines Planes gehindert. Ein allge- meiner Selaven- Aufstand, welcher die weilse Bevölkerung mit Vernich- tung bedrohte, wurde zwar rasch unterdrückt, doch spotten die Grau- samkeiten, welche dabei von beiden Seiten begangen wurden, aller Beschreibung. In die Zeit kurz nach dieser Epoche fällt die Errichtung verschiedener öffentlicher Gebäude zu Santiago de la Vega und die Anlage der reizenden Villa’s und Gärten, ‘welche die Ufer des Rio Cobre schmücken. Ein schreckliches Unglück indefs, welches 1763 sich ereignete, war das Auffliegen der Pulvervorräthe (3000 Fafs) in Fort über die Zustände und Handelsverhältnisse der Insel Jamaica. 201 Augusta, dem ausgedehnten Militair-Etablissement am Eingange des Hafens, ein Ereignifs, welches die ganze Umgegend Kingston’s mit Be- stürzung erfüllte. Um diese Zeit betrug der Neger-Import jährlich - 16,000 Köpfe, so dafs die Selavenbevölkerung innerhalb 30 Jahren von 100,000 auf 200,000 gestiegen war, während die weilse Bevölkerung etwa 16,000 zählte. Während des Krieges mit Nord- Amerika drohte der Insel ein Angriff der vereinigten spanisch-französischen Flotte, _ eine Gefahr, welche der glänzende Sieg Rodney’s und Hood’s bei Do- minica (1792) beseitigte. Eine Marmor-Statue Rodney’s auf der alten Plaza von Spanishtown verherrlicht das Andenken an diese glückliche Befreiung. Das Jahr 1795 macht Epoche durch einen neuen Kampf gegen die Maroons, welcher mit der Verbannung des grölsesten Theils dieser unbezähmbaren Feinde nach Neu-Schottland und Sierra Leone endete. Die Revolution auf St. Domingo, welche damals ausbrach, schien auch Jamaica mit dem Untergange zu bedrohen, indefs bestä- tigten sich die gehegten Befürchtungen keineswegs. Doch sank der Wohlstand in Folge der beträchtlichen Ausgaben, welche die allgemeine Krisis und die Unordnungen auf der Insel selbst veranlafsten, und der Ruin derselben konnte nur durch eine Anleihe von 300,000 Pf. Sterl. abgewendet werden, welche die Regierung des Mutterlandes der Co- lonie vermittelte. Die französische Invasion von St. Domingo aus wurde durch die Siege Lord Nelson’s und Sir Thomas Duckwarth’s vereitelt, welche die Insel gegen die von Aufsen ihr drohende Gefahr sicher stellten. Aber im Innern bestand fortdauernd der Keim der Selaven-Unruhen, welche periodisch die Insel in Flammen setzten. Die Geschichte der Colonie zählt seit der Besetzung durch England nahe an 30 Aufstände der schwarzen Bevölkerung, von denen der letzte, 1832, nur mit dem Tode von 700 Scelaven und einer Ausgabe von 161,596 Pfd. Sterl. (von dem Werth des zerstörten Eigenthums ganz abgesehen) unterdrückt wurde. Nur Beseitigung der wirkenden Ur- sache — gänzliche und definitive Aufhebung der Sclaverei — schien _ im Stande, diese innere Gefahr ein für alle Mal von der Insel abzu- _ wenden und eine ruhige Entwickelung der Colonie für alle Zukunft zu verbürgen. Es ist bekannt, dafs die Abschaffung des Sclavenhandels _ auf dem Wiener Congrefs beschlossen wurde. Bis zur Abschaffung der Sclaverei selbst verflossen noch 24 Jahre voll Erbitterung und Ge- waltthätigkeiten. Von der „Afrikanischen Gesellschaft“, gestiftet den 44. Juni 1807, welche die Philanthropen des Tages, Clerkson, Wilber- ‚force, Brougham, Stephen, Macaulay, Buxton und andere an ihrer Spitze zählte, war die Agitation ausgegangen, welche von den Anhän- gern und Dienern der dissentirenden Kirchen Englands unterstützt und nährt wurde. Daher die Zerstörung von Wesley’schen und Baptisten- 202 Amtlicher Bericht des Königl. Geschäftsträgers Dr. Hesse Kapellen und anderem den Missionen gehörigen Eigenthum zum Be- trage von 30,000 Pfd. Sterl. im Jahre 1826, bewirkt durch die aufge- regten (aus Pflanzern bestehenden) Milizen der Insel, ferner die Bil- dung der „Colonial Church Union“, welche nichts weniger als die gänzliche Vertreibung aller dissentirenden Geistlichen beabsichtigte, Indessen nahm sich das unter Grey’s Ministerium 1833 zusammenge- tretene Parlament der Sache der Emaneipation an. Eine von Stanhope eingebrachte Bill erlangte die Billigung des Hauses, nach welcher an Stelle der Scelaverei und gegen eine Entschädigung der Besitzer im Betrage von 20,000,000 Pfd. Sterl. das Verhältnifs der Sclaven vom 1. August 1834 ab in eine Art Hörigkeits- Verhältnifs umgewandelt wurde (das „Lehrlings-System“, „Apprenticeship System“). Dieses System der Halbheit erwies sich, wie kaum anders zu erwarten war, praktisch als völlig unzureichend. Die Sclaverei bestand — wenn auch nicht dem Namen, doch der Sache nach — ärger wie zuvor auf der Insel. So blieb, zumal die Agitation in England nicht ruhte und zu allen Mitteln der Presse, selbst zu Sturmpetitionen ihre Zuflucht nahm, um das Parlament und die Minister für die gänzliche Emaneipation zu stimmen, nichts weiter übrig als diese letztere. Sie wurde, nachdem die betreffende Bill in beiden Häusern durchgegangen war, unter gros- sen Feierlichkeiten am 1. August 1838 auf Jamaica proclamirt und ohne sonderliche Störung der öffentlichen Ruhe in’s Werk gesetzt. Wilberforce starb in derselben Nacht, in welcher die Emancipations- Bill angenommen wurde. Den moralischen Erfolg der Emaneipation und ihren Einfluls auf das materielle Gedeihen der Colonie werden mehrfache Andeutungen im Verlauf dieser Mittheilungen erläutern. Bevölkerung. — Nach dem Census vom 3. Juni 1844 beträgt die Bevölkerung der Insel 377,433 Einwohner, und zwar: Weilse 9,289 männliche, 6,487 weibliche, Farbige 31,646 - 36,883 - Schwarze 140,688 - 152,530 - im Ganzen 15,776 Weilse, 68,529 Farbige, 293,128 Schwarze. Dane- ben sind noch Reste der bereits erwähnten Maroon-Neger vorhanden, welche in den Wäldern leben und sich von Jagd und Fischfang nähren. Doch ist es in jüngster Zeit gelungen, einen Theil dieser Abkömmlinge flüchtiger Sclaven anzusiedeln und zum Christenthum zu bekehren. Von den Urbewohnern ist schon oben bemerkt worden, dafs sie ver- tilgt sind. Diese Bevölkerung findet ihre aufserordentliche Ergänzung durch sporadische Einwanderung, zu deren Vermehrung und Regelung eine besonders dotirte Commission, das Board of Immigration, vom Parla- ment eingesetzt ist, ohne dals man sagen kann, dafs die gewünschte über die Zustände und Handelsverhältnisse der Insel Jamaica. 203 Die Einwanderer gehören sehr verschiedenen Völkerschaften an: 1) Koolies, eine sehr geringe Anzahl. 2) Chinesen und zwar meist solche, die von den Arbeiten bei der Panamä-Eisenbahn übergesiedelt sind. Sie haben sich nicht als sefshafte und ausdauernde Arbeiter bewährt. Die gröfseste Zahl der _ Bettler in den Strafsen von Kingston und im Innern des Landes sind Chinesen. 3) Portugiesen von den Canarischen Inseln, und zwar in ziem- lich beträchtlicher Anzahl. Sie sind gute und gesuchte Arbeiter, erlie- _ gen aber meist dem Klima und vermindern sich deshalb sehr rasch. 4) Deutsche; sie finden sich sehr vereinzelt und nur in geringer ‘ Anzahl im Innern des Landes und haben namentlich um die Mission _ der Mährischen Brüder (Herrnhuter) sich geschaart. Wo sie dem Klima nieht unterliegen, sind sie wohlhabend geworden. Ein deutscher Edel- mann aus Rudolstadt besitzt in mehreren Kirchspielen der Insel grofse Plantagen, ist Mitglied des Herrenhauses und höchst geachtet. Ein anderer Deutscher, der seine juristische Bildung aus der Schreibstube eines deutschen Advocaten (zu Höxter) entnommen, ist als öffentlicher Coneurs-Verwalter angestellt, hat den Ruf eines ausgezeichneten Ju- risten und ist durch eigenen Fleifs und gute Speculation ein reicher Gutsbesitzer geworden. In Kingston giebt es auch jüdische Kaufleute aus Deutschland, die alle geachtet sind, gute Geschäfte machen und eine eigene Synagoge haben. 5) Neger, und dies ist die willkommenste und nützlichste Ein- wanderung. Bekanntlich lassen die Engländer an der afrikanischen Küste und in Westindien auf Sclavenschiffe kreuzen. Die Ladungen der weggenommenen Fahrzeuge werden entweder auf die englisch- westindischen Besitzungen gelandet und dort unter die Gutsbesitzer vertheilt, insofern die Neger nicht auf Rückkehr nach ihrem Vaterlande bestehen, oder sie werden dem Werbe-Commando in Sierra Leone r übergeben, um später den drei aus Afrikanern bestehenden englisch- westindischen Regimentern einverleibt zu werden. Keine dieser Pro- h eeduren läfst sich eine maskirte Sclaverei nennen, sondern ist jedesmal ein Glück für die betroffenen Individuen. Die Gutsbesitzer, welche _ solche Afrikaner annehmen, müssen sich zur Erziehung und Verpfle- _ gung verpflichten, und das Immigration Board nimmt denen die Ar- _ beiter weg, welche ihren Verpflichtungen nicht nachkommen. Die ‚Schwarzen sind zu sehr gesuchte Waare als werthvolle Ergänzung der mangelnden Arbeitskraft, als dafs die Herren durch schlechte Behand- lung sie zur Flucht oder Beschwerdeführung veranlassen sollten. Auch r eontrollirt die ganze schwarze Bevölkerung auf der Insel die Behand- 2304 Amtlicher Bericht des Königl. Geschäftsträgers Dr. Hesse lung der neuen Ankömmlinge, und es ist ein grofses Mifsverständnifs, wenn Lord Clarendon vor einigen Monaten die von den Franzosen in Martinique und Guadeloupe organisirte freie Einwanderung afrikanischer Arbeiter als eine verkappte Selaverei bezeichnet. Die Wiedereinfüh- rung der Selaverei in offener oder versteckter Weise auf den westindi- schen Besitzungen der Engländer und Franzosen gehört zu den Un- möglichkeiten und wird von dem farbigen Theile der Bevölkerung mit der gröfsesten Eifersucht bewacht. Die Organisirung einer freien Ein- wanderung von Afrikanern ist das einzige Mittel, den westindischen Besitzungen der Engländer und Franzosen die Coneurrenz mit Cuba und Portorico, wo die Sclaverei herrscht und wo jährlich heimlich an 30,000 Selaven eingeführt werden, möglich zu machen. Sie ist zugleich das einzige Mittel, die Afrikaner zu eivilisiren, und man darf darauf rechnen, dafs diese Ueberzeugung sich alsbald Geltung verschaffen und in Organisirung dieser Einwanderung sich bethätigen werde. Die Ne- ger von Jamaica sind eine durchaus friedfertige und betriebsame, bil- dungsfähige Menschenrace. Zur Zeit der Aufhebung der Selaverei hat man die gröfsesten Besorgnisse in Bezug auf sittliche Bändigung dieser entlassenen Selaven gehegt. Davon ist keine in Erfüllung gegangen. Wenn irgendwo die Kraft des Evangeliums sich in offenkundigen Er- scheinungen wirksam erwiesen, wenn irgendwo die Thätigkeit christ- licher Mission mit einem grofsen, sichtbaren Erfolge gekrönt worden ist, so ist es unter den Schwarzen von Jamaica, die, durchgängig reli- giösen Eindrücken in hohem Grade zugänglich, sich zu einer geordne- ten, gesetzlichen Lebensweise bequemt haben. Der beste Beweis liegt in der geringen Anzahl strafwürdiger Verbrechen, so dafs in einzelnen Bezirken die Assisen (quarter sessions) oft Jahre lang ausfallen. Nir- gends kann die Sicherheit von Person und Eigenthum gröfser sein, als auf dieser in der überwiegenden Mehrzahl von Negern bewohnten Insel. Die wohlhabenden Einwohner höheren Standes haben in der Regel in einer der Hauptstädte des Landes ein Haus, worin sie ihr Geschäft betreiben oder amtlich zu sprechen sind (office and store). Ihre Fa- milienwohnung ist aber Meilen weit von der Stadt entfernt, und sie besuchen die Stadt Morgens und kehren erst gegen Abend nach ihrem Landhause zurück. Das Klima bringt es mit sich, dafs man, um Zug- luft zu schaffen, Thüren und Fenster offen stehen läfst, und es ist eine bemerkenswerthe Thatsache, dafs man Tage lang abwesend ist, ohne Thüren und Fenster zu schliefsen. Dabei gehört es zu den allerselten- sten Erscheinungen, dafs aus diesen, Jedermann zugänglichen Räumen, wozu auch das nach englischer Sitte mit Silbergeschirr reichlich aus- gestattete Speisezimmer gehört, irgend etwas gestohlen wird, während allerdings geniefsbare Gegenstände, insbesondere Mais und Früchte, - über die Zustände und Handelsverhältnisse der Insel Jamaica. 205 ‚von jedem Farbigen, dem sie greifbar erscheinen, ohne Bedenken weg- _ genommen werden. Ueberhaupt kann die schwarze Race mit O’Con- nell sagen, sie seien die „bestverläumdeten Leute in der Welt“. Es soll damit der tief einschneidende, entsittlichende Einfluls der Scelaverei _ nieht geleugnet, auch nicht behauptet werden, dafs die Schwarzen zum , selfgovernment Fähigkeit besitzen, aber es ist eine arge Verläumdung, wenn den Schwarzen Befähigung zu intelleetueller und sittlicher Ent- wickelung abgesprochen wird. Man wird nicht fehl greifen, wenn man das in dieser Hinsicht weit verbreitete Vorurtheil mit den Bemühungen der Nord-Amerikaner, die Sclaverei zu rechtfertigen, in ursächlichen Zusammenhang bringt. Die Schwarzen in Jamaica, unter denen es Geistliche, Aerzte, Kaufleute, Architeeten und Künstler von grolser Respectabilität, Schullehrer und Mitglieder des Local- Parlaments giebt, beweisen Jedem den Ungrund dieses Vorurtheils, der sich die Mühe giebt, sich mit ihnen zu beschäftigen, und die drei westindischen Re- gimenter, deren Mannschaft einschliefslich des Musikchors nur aus Afri- kanern besteht, werden ihrer Disciplin, ihrer Geschicklichkeit in der Waffenführung und ihrer Ausdauer halber besonders gerühmt. Den weilsen Offizieren und Unteroffizieren derselben ist es gelungen, der Mannschaft fast durchgängig gute Kenntnifs des Lesens, Schreibens und Rechnens, der Religion und der Geographie und Geschichte des Lan- des beizubringen, die bei den Quartalprüfungen das Erstaunen der Zu- hörer erregen. Das stark besetzte Musikchor, welches in der Regel von deutschen oder englischen Musikmeistern geleitet wird, führt mit grolser Accuratesse die gröfsesten Musikstücke europäischer Meister aus, besonders seit der Königl. Musikdireetor Wieprecht diesen Chors einige Notenbücher übersendet hat. Man fühlt sich überrascht, wenn man von diesen Negern vor der Kaserne Symphonien von Beethoven und nebenher auch die preufsische Nationalhymne aufführen hört '). — Ein grolser Theil der Neger wohnt auf den Bergen in kleinen Ansiede- lungen und hat den Gemüse- und Komestibilien-Handel des Landes _ vollständig in der Hand. Alle Neger sprechen englisch, die aus Cuba entflohenen (und dies sind nicht wenige) auch spanisch, und in vielen Familien, deren Eltern in Afrika geboren, ist noch ein afrikanischer Dialect in Gebrauch, der sich aber schon in der zweiten Generation zu verlieren anfängt. Man kann nicht sagen, dafs auf der Insel das, was man Racen- _ Antipathie nennt, sich erkennbar mache. Anständige englische Fami- er... 4) Ueberhaupt giebt es zweierlei Export-Artikel, durch welche man überall in der neuen Welt, auf den blauen Bergen Jamaica’s, wie im Thale des Orinoco, an _ das deutsche und preufsische Vaterland erinnert wird, — Musik und Berliner Stick- IT. 206 Amtlicher Bericht des Königl. Geschäftsträgers Dr. Hesse = lien schliefsen allerdings keine Ehebündnisse mit Farbigen, auch ver- meiden sie geselligen Umgang, allein der Stolz und Widerwille der Nord- Amerikaner gegen Farbige ist dort wie in ganz England unbe- kannt. Der Grund liegt zum Theil darin, dafs die Mehrzahl der Gentry in Westindien von gemischtem Blute ist. Es war herkömmlich, dafs die englischen Grundeigenthümer ihre Weiber in England zurückliefsen und in den Colonien mit Selavinnen lebten. Die farbigen Kinder sind zum gröfsesten Theil in Europa sehr gut erzogen, und nach Aufhebung der Sclaverei ist auf diese hauptsächlich der Grundbesitz in Jamaica über- gegangen, während die englischen Väter nach Europa zurückgegangen sind. Der gesunkene Werth des Landes hat diese Uebertragung we- sentlich befördert. Als eine ethnographisch bedeutungsvolle Thatsache ist zu erwähnen, dafs die Mulatten-Familien sehr viele kinderlose Ehen zählen und überhaupt sich in der Regel nur bis in die zweite oder dritte Generation fortpflanzen. Frägt man deshalb nach der Zukunft dieser Länder, so darf man dreist annehmen, dafs keine Mischlings- Race herrschen werde, vielmehr die künftigen Herren nur schwarz oder weils sein können. In Süd-Amerika wird anscheinend das indianische Element alle anderen Schattirungen absorbiren. In Westindien wird die schwarze Race die Oberhand gewinnen, und dem kann nur durch massenhafte Einwanderung weilser Menschen begegnet werden. Wer- den die Wünsche Nord - Amerika’s in Bezug auf den Erwerb von West- Indien jemals erfüllt, so ist solche Einwanderung möglich, sonst aber ganz unwahrscheinlich. Indefs mufs man sich erinnern, dafs mit dem Schicksale Cuba’s auch das aller westindischen Inseln und noch viel mehr entschieden wird. Politische Eintheilung. — Zu der Colonie Jamaica gehören auch die Turks Islands und die Caicos an der südlichen Spitze der Bahamas, ferner Britisch Honduras (Belize). Diese Dependenzen haben zwar gegenwärtig eine besondere Colonial- Verfassung und Verwaltung, stehen aber unter dem Befehl des Gouverneurs von Jamaica und dor- tigen Oberbefehlshabers der Truppen. Die Insel Jamaica selbst zerfällt in die drei Grafschaften (coun- ties) Middlesex, Surrey und Cornwall, welche wiederum in Kirchspiele (parishes), der Zahl nach 22, getheilt sind. Es kommen von diesen auf Middlesex 9: St. Thomas in the Vale, St. Catharine, St. John, St. Dorothy, Clarendon, Vere, Manchester, St. Mary und St. Ann; auf Surrey 8: Kingston, Port Royal, St. Andrew, St. Thomas in the East, St. David, Portland, St. George und Metcalfe; auf Cornwall 5: St. Elisabeth, Westmoreland, Hannover, St. James und Trelawny. Die Grafschafts- Eintheilung bezieht sich jetzt nur noch auf die Miliz und die englische Hochkirche. Die Insel hat nämlich drei Miliz- über die Zustände und Handelsverhältnisse der Insel Jamaica. 207 Regimenter und drei Erzdiaconen, die sich nach den Grafschaften be- ‚stimmen. Die eigentliche Verwaltungs - Eintheilung der Insel beruht r Hauptstadt der Insel, mit 60,000 Einwohnern, und Spanishtown, Sitz _ der Behörden, mit etwa 15,000 Einwohnern, ferner Port Royal, Morant Bay, Black River und Savannah-la-Mar an der Südküste, Lucea, Mon- tego Bay, Falmouth, St. Ann’s Bay, Port Maria, Anotto Bay, Bufl Bay und Port Antonio an der Nordseite. Verfassung. — Die politische Verfassung von Jamaica beruht auf einem Localstatut aus dem Jahre 1854: „An act passed in the 17th year of Q. Victoria Reign, intitled, an act for the beiter Government of this Island“, welches die frühere relative Unabhängigkeit dieser Colo- nie vom Mutterlande zu Gunsten einer kräftigeren Einwirkung der englischen Regierung sehr beschränkt hat. An der gesetzgebenden Gewalt der Insel nimmt wesentlichen An- theil ein aus zwei Kammern (legislative council and house of assem- bly) bestehendes Local-Parlament, dessen Beschlüsse von der Königin oder statt ihrer vom Gouverneur der Insel bestätigt werden müssen. _ Umgekehrt vindiecirt sich das Insel-Parlament das Recht der vorgän- gigen Bestätigung von Beschlüssen des britischen Parlaments, welche auf der Insel in Kraft treten sollen. Das britische Common Law hat auf Jamaica volle, das Statute Law nur subsidiarische Geltung. Die Geburt auf der Insel verleiht zugleich die Eigenschaft als britischer Unterthan. Auch die Naturalisation durch die Colonial-Behörden hat _ dieselbe Wirkung. Besonders in seiner Geschäftsordnung verräth das Insel-Parlament eine geflissentliche Nachahmung der Geschäftsformen des englischen Parlaments. Her Maj. Honourable Legislative Council (Oberhaus) besteht aus 17 von der Krone auf Lebenszeit aus den Notabeln der Insel ernann- ten Mitgliedern '), unter denen nicht mehr als 5 bezahlte Beamte sein - dürfen. Der Gouverneur, Bischof, Oberrichter und der commandirende General sind von Rechtswegen Mitglieder des Oberhauses. Der Präsident der Versammlung bezieht 600 Pfd. Sterl., der erste Seeretair 414, der zweite 300, der Caplan 120, der Usher of the black rod 270, der Bibliothekar 60 Pfd. Sterl. Dem Hause der Gemeinen entspricht das Honourable House of _ Assembly. Die Versammlung zählt 47 Mitglieder (2 für jedes Kirch- ‚spiel und je ein Mitglied für die Städte Spanishtown, Kingston und !) Es verdient bemerkt zu werden, dafs ein sehr angesehener und wohlhaben- _ der westindischer Pflanzer, der ehemalige preufsische Regierungs-Referendar Baron Max von Ketelholdt von Ihrer Majestät der Königin letzthin zum Mitglied dieser Körperschaft ernannt worden ist. 208 Amtlicher Bericht des Königl. Geschäftstrüägers Dr. Hesse Port Royal). Die Dauer der Legislativ-Periode beträgt 7 Jahre. Wähl- bar sind diejenigen Bewohner der Insel, welche volljährig, englische Unterthanen sind und einen jährlichen Steuerbetrag von 10 Pfd. Sterl. in direeten Taxen bezahlen. Zur activen Wahl befähigt sind — ohne _ Unterschied des Glaubens oder der Farbe — alle diejenigen, welche 21 Jahre alt sind, Taxen zum Betrage von 3 Pfd. St. zahlen oder in dem betreffenden Wahlbezirk ein freehold estate zu 6 Pfd. St. jährlich oder 30 Pfd. St. Rent-charge besitzen. Der Sprecher des Hauses bezieht 600 Pfd. St. jährlich, eben so viel der Secretair, der Sergeant-at-arms 300 Pfd. St., der Caplan 50, der Bibliothekar 100, der Messenger 260, der Portier 110 Pfd. St. Die vollziehende Gewalt ruht in den Händen des Gouverneurs, welcher zugleich Ober-Befehlshaber der Land- und Seemacht ist. Ge- genwärtig bekleidet Capt. Charl. Darling diese Würde, nachdem sein Vorgänger, Sir Henry Berkley, an die Spitze der Colonie Australien berufen worden ist. Der Gouverneur führt den officiellen Titel: „His Ezcellency the Captain-general and Governor in Chief in and over the Island of Jamaica and its Dependencies, Chancellor and Vice - Admiral of the same“ und bezieht ein Gehalt von 5000 Pfd. Sterl., von denen 1500 Pfd. Sterl. dem Budget der Insel zur Last fallen. Seine Residenz ist in Spanishtown, der nominellen Hauptstadt der Insel, worin alle Central-Behörden wohnen. Die Stadt heifst in der Geschäftssprache Santiago de la Vega (die altspanische Bezeichnung), hat etwa 15,000 Einwohner und wird von Kingston aus in zwei Stunden, mit der Eisen- bahn schon in einer halben Stunde erreicht. Dort ist auch der Sitz des Congresses, sowie des bischöflichen Leiters der Landeskirche. Der Befehlshaber der Truppen residirt in Kingston, sein Diensthaus heilst das head quarter of the forces. Für den Gouvernements -Secretair sind 1200 Pfd. Sterl. ausgeworfen. Stellvertreter des Gouverneurs (Lieuxte- nant-Governor) ist der englische General, welcher als commander of the forces die Truppen der Insel commandirt, gegenwärtig Major-Ge- neral Bell. Dem Gouverneur zur Seite steht eine berathende Körperschaft unter dem Namen „Her Majesty's Most Honourable Privy Couneil“, deren Mit- glieder von der Krone beliebig ernannt werden. Mitglieder dieses ge- heimen Raths (eine Art Staatsrath) sind er officio der Vice-Gouverneur, der oberste Richter der Insel, der Bischof von Jamaica und der Bischof von Kingston. Verwaltung. — Als eigentliche oberste Verwaltungs-Behörde, die den Gouverneur begleitet, ist ein parlamentarischer Executiv - Aus- schuls (executive committee) vom Gouverneur ernannt, der aus drei Mit- gliedern des Hauses der Assembly und einem Mitgliede des legislativen über die Zustände und Handelsverhältnisse der Insel Jamaica. 209 _ Rathes besteht, um insbesondere die Finanzen der Colonie zu leiten. Kein Mitglied der Assembly kann Geldbewilligungen in Antrag bringen, welehe nicht von diesem Executiv- Ausschufs befürwortet werden. Je- des Mitglied dieses Ausschusses bezieht 800 Pfad. St. jährlich, der gleich- falls durch den Gouverneur ernannte Secretair (welcher zugleich Secre- tair des geheimen Rathes ist) 400 bis 600, der Clerk 120 Pfd. Sterl. jährlich. Gegenwärtig hat den Vorsitz in diesem Executiv- Ausschufs der Mayor von Kingston, Mr. Jordan, ein Mulatte. Drei der Mitglieder sind die eigentlich fungirenden Minister der Insel, ohne den Titel als Staatssecretaire zu führen; ihr Verbleiben im Amte hängt davon ab, dals sie die Majorität im Local-Parlament behalten und aufserdem mit der Richtung des Gouverneurs im Einklang sich befinden. Von der Central - Verwaltung ressortiren noch folgende Behörden und Beamte: das Bureau des General-Einnehmers (Receiver General’s Office), dem die Zollämter der Hafenplätze Kingston, Port Royal, Old Harbour, Morant Bay, Port Morant, Port Antonio, Anotto Bay, Port Maria, St. Ann’s Bay, Rio Bueno, Falmouth, Montego Bay, Lucea, Savannah la Mar und Black River untergeordnet sind; — das Board of Audit (Ober-Rechnungskammer); — das Stempel- Amt (Stamp office); — der Insel-Magazin-Verwalter (Head Storekeeper); — der General- Agent für Einwanderung (Agent-General for Immigration); — die Re- gierungs-Bauräthe (County Inspector of Public Works) für Middlesex, _ ‘Surrey und Cornwall ?). Postwesen. — An der Spitze des Postwesens steht der Deputy Postmaster General zu Kingston mit einem Bureau-Personal, bestehend aus dem Surveyor, Chief Clerk, 5 Assistant Clerks und dem Sokceitor. - Ihm sind 47 Postämter auf der ganzen Insel untergeordnet. Es giebt in Jamaica keine Fahrpost, aber eine sehr regelmäfsige rasche Briefpost, die auf Pferden und Maulthieren in 12 Stunden nach - den entferntesten Gegenden der Insel die Briefe befördert. Briefträger sind nicht vorhanden. Es mufs sich Jeder auf der Post seine Briefe abholen, und Geschäftsleute bezahlen für, eine eigene Sammel-Box. Die Zahl der Postrouten beträgt 52, darunter die längste Robin’s Ri- ver (Savannah-la-Mar 25 Miles), die kürzeste Alexandria (Rio Bueno 4 Miles). Das Porto von Kingston aus nach sämmtlichen Postämtern _ der Insel schwankt zwischen 4 und 8 Pence für den einfachen Brief bis 4 Unze im Gewicht. Zweimal monatlich, am 5. und 21., kommen \ - _ .!) Der Verf. macht genauere Angaben über die Zusammensetzung und Besol- dung dieser Behörden, die wir — als dem Zwecke dieser Blätter ferner liegend — übergehen. K. N. Zeitschr. f. allg. Erdk. Neue Folge. Bd. V. 14 210 Amtlicher Bericht des Königl. Geschäftsträgers Dr. Hesse und gehen die europäischen Postdampfer. Nach Süd- und Nord- Ame- rika bedient man sich auch wohl der anlangenden amerikanischen Dampfer und sonstiger Segelschiff- Gelegenheiten zur Briefbeförderung. Commissionen. — Einer Reihe öffentlicher Commissionen (Pu- blie Boards) ist die Sorge für verschiedene Specialfächer anvertraut. Ich erwähne in dieser Beziehung das bereits im Eingange angeführte „Central Board of Health“, bestehend aus dem Präsidenten des legisla- tiven Rathes, dem Sprecher des Unterhauses, dem General-Stabsarzt, dem Director des Marine-Hospitals zu Port Royal, dem Mayor der Stadt und des Bezirkes Kingston, dem Präsidenten des Medieinal-Col- legiums und drei oder vier anderen, Seitens des Gouverneurs ernannten Mitgliedern. — Sanitäts-Beamte (Health Officers) in den Hafenplätzen sind 16 an der Zahl bestellt, mit Remunerationen, welche zwischen 20 und 100 Pf£d. Sterl. schwanken. Ferner bier zu erwähnende Commissionen sind: die „West Indian Islands Relief Commission“, aus dem Gouverneur, dem General-Anwalt und zwei Mitgliedern des legislativen Rathes; — das „Board of Com- missioners of Forts and Fortifications“, aus dem Gouverneur, den Mit- gliedern des legislativen Rathes, dem Sprecher und anderen Mitgliedern der Assembly; — das „Board of Education“, aus dem Gouverneur, dem Bischof, dem Präsidenten des legislativen Rathes, dem Sprecher der Assembly und fünf von dem Gouverneur ernannten Mitgliedern be- stehend; — die „Commissioners for the Etablishment and Maintenance of a Lazaretto*; — die „Commissioners for erecting the New General Penitentiary* ; — die „Commissioners for erecting the New Lunatie Asy- lum“; — die „Morant Point-Leuchtthurm-Commission“, aus dem Ma- rine-Ober-Commandanten, dem Commodore und acht anderen Mitglie- dern zusammengesetzt; — die „Plumb Point-Leuchtthurm -Commission* (Mitglieder: der Rear- Admiral, der Commodore, der Chef der Artillerie und Ingenieure, der Sprecher der Assembly, der Mayor von Kingston, desgleichen der Mayor von Port Royal; — die „Anotto-Bay-Verbin- dungsstrafsen-Commission“, aus den Mitgliedern der Executiv-Commis- sion und den Mitgliedern des Unterhauses für Kingston, Port Royal, St. Andrew, St. Mary, Metcalfe und St. George bestehend, mit einem Solieitor (Anwalt), Schatzmeister, Techniker und zwei Aufsehern. Die ausübende Polizei liegt in den Händen der Inspectors of Po- lice, deren jeder eine angemessene Zahl von Sergeanten und Constables befehligt. Im Ganzen umfalst die Polizeimacht der Insel 14 Inspecto- ren mit 180 bis 250 Pfd. St., 41 Sergeanten mit 48 Pfd. St. und 406 Constables mit 36 Pfd. St. 10 Sh. Jahrgehalt. Gerichts - Verfassung. — Die höchsten Gerichtshöfe der Insel sind: der Kanzlei-Gerichtshof (Court of Chancery), der Appell- und über die Zustände und Handelsverhältnisse der Insel Jamaica. 211 Cassationshof (Court of Error), das Ober-Gericht (Supreme Court of ‚Judicature), welchem die Kreis-Gerichte (Circuit Courts and Courts of _ Petty Sessions) untergeordnet sind, die Admiralitäts-Gerichte und der Geistliche Gerichtshof (Court of Ordinary). Den nominellen Vorsitz in der Court of Chancery führt der Gou- verneur vermöge seiner Eigenschaft als Lord-Kanzler; in der Praxis _ wird er durch den Ober-Richter der Insel als Vice-Kanzler vertreten. Der Registrar and Clerk of Patents bezieht 600 Pfd. Sterl., der zweite Clerk 300 Pfd. Sterl. jährlich. Die Competenz dieses Hofes entspricht durchaus der der gleichnamigen Behörden Alt-Englands. Appellirt gegen seine Entscheidungen wird direet an das Cabinet der Königin (to Her Majesty in Couneil). In der Court of Error erkennt der Gouverneur nach den ihm von _ der Krone ertheilten Speeial-Instruetionen über die Zulässigkeit des _ im englischen Verfahren den Namen „writ of error“ führenden Rechts- mittels, welches gegen die Entscheidungen der Supreme Courts und As- ‚sisen eingelegt wird. Die Supreme Court of Judicature entspricht ihrer Competenz nach den Gerichtshöfen Oueen’s Bench, Court of common pleas und Exche- quer des Mutterlandes. Dieser Gerichtshof tritt drei Mal im Jahre, im Februar, Juni und October, jedesmal auf drei Wochen, in Santiago de la Vega (Spanishtown) zusammen. Ihm gebührt die Verhandlung und Entscheidung aller nicht in den Geschäftskreis der Friedensrichter fallenden Civilstreitigkeiten, deren thatsächliche Erörterung jedoch den Cireuit Courts überwiesen wird. Auch in Criminalsachen bildet die Supreme Court die Appellations-Instanz für die letztern. Der Ober- Richter (Chief Justice) wird von der britischen Regierung ernannt und bezieht 1800 Pfd. Sterl. Ihm stehen drei Assistenz-Richter zur Seite ‘(jeder mit 1200 Pfd. Sterl. Gehalt), welehe gleichfalls von dem Ca- binet der Königin (by the Queen in Council) beliebig ernannt werden. Die Circuit Courts, der Zahl nach vier — Home-, Surrey-, Corn- wall-. Middlesex -Courts, — treten jährlich- drei Mal, jedes Mal auf ‚acht Tage, an 18 näher bestimmten Orten zusammen. Dem Home Circuit Court präsidirt der Ober-Richter, den übrigen je einer der drei Assistenz-Richter der Supreme Court. Der Friedens - Gerichts- ‚schreiber fungirt jedesmal als Gerichtsschreiber des versammelten Cir- ‚Court und vertritt zugleich in Abwesenheit des General- Anwalts sssen Stelle als öffentlicher Ankläger. Diese Gerichte erledigen sämmt- iche Geschäfte, welche ehedem — vor Ausführung des Gesetzes‘ zur Ve besserung der Justizpflege (Judical Amendment Act) vom Jahre 1855 ı Assisen und Nisiprius-Gerichten, den Quartals-Sitzungen und Appell- ichtshöfen oblagen. 14* 219 Amtlicher Bericht des Königl. Geschäftsträgers Dr. Hesse Die in Kingston, Spanishtown und Montego-Bay zusammentreten- den Circuit Courts erkennen als „Insolvent Debtors Court“ (Coneurs- Gerichte) in allen Fallissementssachen der betreffenden Grafschaft. Für jede County ist ein Coneurs- Verwalter (Official Assignee) bestellt, wel- cher 400 Pfd. Sterl. bezieht '), Die gleichfalls an bestimmten Tagen und Orten zusammentretenden Courts of Petty Sessions sind Bagatell- Gerichte, denen zugleich eine beschränkte Criminal -Jurisdietion bei- wohnt. Sie erkennen über Civilsachen, deren Streitobjeet 10 Pfd. St. nicht übersteigt, über Diebstahl und Unterschlagung (larceny and em- bezzlement), wenn der Werth der gestohlenen und unterschlagenen Sache nicht 10 Schilling beträgt, mit Zustimmung des Angeklagten, wenn der Werth diesen Betrag übersteigt, aber weniger als 10 Pfd. St. beträgt, sofern der Angeklagte sich schuldig bekennt. Je zwei Friedensrichter eines Kirchspiels vereinigt können sich zur Court of Petty Sessions constituiren. Die Courts of Vice- Admiralty and Admiralty Sessions entscheiden alle in das Gebiet des Seerechts einschlagenden Streitigkeiten und üben namentlich im Fall eines Seekrieges die Prisen-Gerichtsbarkeit. Seit den ordentlichen Gerichten der Insel die Aburtelung aller auf hoher See begangenen Verbrechen und Vergehen zusteht, haben die Admira- litäts-Gerichte in gewöhnlichen Zeiten keine praktische Bedeutung und beschränken ihre Thätigkeit auf die Untersuchung von Zollvergehen. Die Court of Ordinary ist der Gerichtshof für geistliche Angelegen- heiten. Den Vorsitz in ihm führt der Gouverneur als Vertreter des Souverains. Demselben Gerichtshofe steht die Entscheidung in allen letztwilligen Angelegenheiten, sowie die Sorge für den Nachlafs ab in- testato Verstorbener zu. Das Crown Office mit dem General- Anwalt (Attorney - General, mit 740 Pfd. Sterl. Gehalt) und dem Solieitor for the Crown, das Corps der Barristers und Attorneys-at-Law, die Commissioners, welcher zur Aufnahme der bei den Supreme- und Circuit Courts erforderten Zeugen- Aussagen für die einzelnen Kirchspiele bestellt sind, das Provost-Mar- shal General’s Office, endlich die Deputy Marshals vervollständigen das dem alt-englischen entsprechende System der Colonial- Justiz. Kreis- Verwaltung. — An der Spitze der Kirchspiels-Verwal- tung steht in jedem Kirchspiel der „Custos Rotulorum“ mit dem Titel „Honourable“ und Machtvollkommenheiten, welche denen des Lord- Lieutenants einer Grafschaft in England einigerfialsen entsprechen, die sich aber noch besser etwa mit der Stellung eines preulsischen Land- rathes vergleichen lassen. Ihm sind die Magistrates beigeordnet, deren ') Eine dieser Stellen verwaltet Herr Philipson aus Höxter. über die Zustände und Handelsverhältnisse der Insel Jamaica. 213 Hi grofse Mehrzahl unbesoldet ist, während ein Theil (im Ganzen auf der Insel 19) als Stipendiary Magistrates ein Jahrgehalt von 450 Pfd. St. Seitens der britischen Regierung beziehen. Magistrat (oder Friedens- _ riehter) ist jeder geschworene Notable, insbesondere die grofsen Guts- besitzer. Aufserdem hat jedes Kirchspiel einen Friedens-Gerichtsschrei- ber (Clerk of the Peace), Coroner, Clerk to the Magistrates u. s. w. Die Leitung der Kirchspiel- Angelegenheiten gehört der „Vestry“, bestehend - aus dem Custos Rotulorum als Präsidenten, dem Rector (Superinten- denten), den Kirchenvorständen (church wardens), 10 Vestrymen und dem Clerk of the Vestry. Dieses Collegium, welches unseren Kreis- ständen entspricht, schreibt die Local-Steuern aus, überwacht die In- _ standhaltung der Landstrafsen und bestellt die Kirchspiel-Beamten. Mitglieder der Wegebau-Commission sind von Rechtswegen der _ jedesmalige Custos Rotulorum oder älteste „Magistrate“, die jedesmali- gen Mitglieder der Assembly für das betreffende Kirchspiel und aus- drücklich in jedem einzelnen ernannte „Commissioners of Roads and Bridges“, deren sämmtliche Kirchspiele zusammen etwa 242 zählen. Communicationen. — Der Zustand der Wege auf Jamaica ist im Ganzen keineswegs zu loben. Das grölseste Hindernifs sind die reilsenden Bergströme, deren Gewalt auch die macadamisirten Strafsen, welche die Insel durchkreuzen, periodisch zerstört. Die Insel hat eine Eisenbahn, welche einer gute Geschäfte damit machenden Actien-Ge- sellschaft angehört, vorläufig aber nur die beiden Hauptstädte Kingston und Spanishtown verbindet und ihrer Verlängerung erst in der Zukunft _ entgegensieht. Schienenwege finden sich aulserdem auf vielen grolsen Landgütern, wie auch oft mächtige Canäle Jie Zufuhr des Zuckerrohrs vermitteln. Kirche. — Die Insel Jamaica bildet mit den Bahamas und Bri- tisch-Honduras eine Diöcese der englischen Hochkirche. In früheren Zeiten war der Bischof von London der Diöcesan des Sprengels; seit 1825 aber ist ein eigener Bischof für denselben mit einem Jahrgehalt von 4000 Pfd. Sterl. (Seitens der Krone zahlbar) bestellt worden. Als Lord-Bischof-Coadjutor fungirt der Bischof von Kingston, Titular- _ Archidiaconus von Middlesex, mit einem Jahrgehalt von 1400 Pfd. St. aus dem bischöflichen Einkommen. (Zur Zeit Mr. Courtenay, der nach- geborene Sohn einer Familie von hohem Adel.) - Es ist bereits oben beiläufig bemerkt worden, dafs die drei Graf- schaften der Insel, welche eben so vielen Archidiaconats-Sprengeln ent- - sprechen, nur noch vermöge dieser kirchlichen Eintheilung und als ele- _ rieale Provinzen Bedeutung haben. Die drei Archidiaconen, von denen - der für Middlesex 400 Pfd. Sterl. aus dem bischöflichen Einkommen, _ der für Surrey 340 Pfd. Sterl. von der Krone und als Pfarrer von St. 214 Amtlicher Bericht des Königl. Geschäftsträgers Dr. Hesse > 4 Andrew 340 Pfd. Sterl: von der Insel, der für Cornwall 600 Pfd. Sterl. von der Krone und als Superintendent von St. James .00 Pfd. Sterl. von der Insel bezieht, vervollständigen mit dem Archidiaconus der Ba- hamas (1000 Pfd. Sterl.), ? Caplanen, einem Secretary, dem Registrar (120 Pfd. Sterl.) und dem „Apparitor* (eine Ceremonial-Charge, 30 Pfd. Sterl.) das Personal des Capitels. Den Archidiaconen untergeord- net in den Provinzen sind die Rectors (Superintendenten) der einzelnen Kirchspiele und die „Curates“ (Pfarrer). Diese letztern sind entweder „Island Curates“, sie werden ebenso wie die Superintendenten aus dem Staatseinkommen der Insel besoldet, oder „Stipendiary Curates“ und beziehen als solche eine Remuneration aus dem bischöflichen oder Rectorats-Einkommen im Betrage von 150 bis 300 Pfd. Sterl. jährlich. Der Gesammtaufwand für das geistliche Departement belief sich 1841 auf 65,920 Pfd. Sterl. Die hierzu erforderlichen Mittel werden aus dem Ertrage der Landtaxe entnommen (das Institut der Zehnten exi- stirt nicht). Daneben waren früher die Pfarrer zur. Erhebung von Stolgebühren berechtigt, deren Ertrag sich 1835 auf 5,372 Pfd. Sterl. belief. Durch die Clergy-Acte vom December 1840 ist dies abgeän- dert und das etatsmälsige Einkommen der Geistlichkeit fixirt worden. Darnach erhalten in Zukunft der Reetor von Kingston 600, die Rec- toren von St. Catherine, St. James und Trelawny jeder 500, der von St. Andrew 450, jeder der übrigen 17 400 und von den 50 Island Cu- rates jeder 340 Pfd. Sterl. jährlich. — Die Aristokratie und Gentry des Landes gehört fast durchgängig der Hochkirche an. Weder die bischöfliche Hochkirche noch die Regierungen des Mutterlandes oder der Insel nehmen irgendwie amtliche Notiz von dem Dasein anderer Religions- Genossenschaften, so grofs auch die Zahl der Kirchen, Kapellen und Bethäuser und so mannichfaltig die Secten sind, die sich über die ganze Insel verbreiten. Es besteht unter allen die- sen Secten der tiefste Frieden und sie entfalten eine Wirksamkeit, von deren erfreulichem Erfolge der gute Sittlichkeitszustand der Bevölke- rung Zeugnils ablegt. Im Kirchenbau und der Gründung neuer Kirchengemeinden herrscht ein Wetteifer unter allen Religionsparteien und man findet überall für die religiösen Bedürfnisse der Einwohner reichlich gesorgt. Die Kathe- drale zu Spanishtown, die Methodisten- und die Hochkirche zu Kingston sind schöne Gebäude, vorwiegend im Basilikenstyl aufgeführt. "Aber auch im Urwalde finden sich überall stattliche Kapellen, wo Sonntags gepredigt, im Chor gesungen und Sonntagsschule gehalten wird. — In Jamaica ist es „fashion“, religiös zu sein, und so kommt es, dals Je- dermann sich für die Förderung der Religiosität und des kirchlichen Wesens interessirt. | über die Zustände und Handelsverhältnisse der Insel Jamaica. 215 Erwähnung neben der Hochkirche verdienen: 1) die katholische Kirche, meist von französischen Geistlichen - administrirt. Es ist damit eine Jesuiten- Mission verbunden, deren Zög- _ linge insbesondere nach den Ländern spanischer Zunge in Mittel- und Süd-Amerika gesendet werden. 2) Sehottische Presbyterianer. Ihnen gehören die Familien der zahlreichen schottischen Einwanderer und ein angesehener Theil _ der Kaufmannschaft an. 3) Freie Presbyterianer. 4) Wesleyanische Methodisten, eine besonders unter den nie- deren Klassen verbreitete Religionsgemeinschaft von altem Datum, die von London aus grolse Unterstützung findet. Es sind theils amerika- nische, theils britische Methodisten. Der Cultus der letzteren ist ge- reinigier; der Cultus der ersteren, dem fast nur Neger angehören, lei- _ det an starken Gefühlsübertreibungen. j 5) Mährische Brüder (Herrnhuter). Ihre Zahl ist gering, doch genielsen sie grofser Achtung. Sie beschäftigen sich auch mit Erziehung. ' 6) Independenten. 7) Baptisten. 8) Die jüdischen Gemeinden. Sie zerfallen in die Mitglieder der englisch-deutschen und in die der portugiesischen Synagoge. Abwei- chend vom Mutterlande sind die Juden in Jamaica auch wählbar zum Local-Parlament. Es sind dieselben im Allgemeinen geachtet und lei- den weniger als in Europa von der Antipathie der Christen. Jamaica wird deshalb auch wohl das Paradies der Juden genannt. Sie sind meist sehr begütert und zeigen sich viel exclusiver als die Christen gegen Verbindungen mit Farbigen. Es giebt keinen Juden auf der Insel, der farbiges Blut hätte, und die Kinder, die ein Jude mit einer _ farbigen Person erzeugt, läfst der Vater taufen!! Gefängnilswesen. — Die Fürsorge, die man in England seit langer Zeit auf die Gefängnisse verwendet, hat auch in den Colonien ihre Früchte getragen. Jamaica hat eine grolse Strafanstalt in Kings- ton, die nach dem Auburn’schen System verwaltet wird. Sie ist vor- trefflich administrirt und dient für Männer und Weiber. Die letzteren werden in weiblichen Handarbeiten, die ersteren in Handwerken unter- richtet, auch zum Stralsenbau und anderen öffentlichen Arbeiten ver- wendet. Auch die gerichtlichen und die Friedensgerichts- Gefängnisse sind wohl eingerichtet und stehen unter strenger Aufsicht. -Gesundheitspflege. — Das bereits erwähnte Board of Health ' hat nach den freilich unvollkommenen Einrichtungen des Mutterlandes _ die öffentliche Gesundheitspflege organisirt und es ist aufser den Mili- 216 Amtlicher Bericht des Königl. Geschäftstrüägers Dr. Hesse tair-Hospitälern namentlich ein vortreffliches öffentliches Hospital in der Stadt Kingston, mit welchem eine Irren- Anstalt (altes und neues Irrenhaus) verbunden ist, errichtet. Fast jeder Hauptort eines Kirch- spiels hat ein Hospital, in welches auch die Gutsbesitzer ihre farbigen Patienten einsenden. Vor Aufhören der Sclaverei hatte jede Zucker- Plantage einen besonderen Arzt, der nach der Zahl der Sclaven be- zahlt wurde. Seit der Emaneipation ist die Lage der Aerzte unsicher geworden, und es haben sich die besseren in die grölseren Städte zu- rückgezogen. Die ärztliche Praxis setzt ein europäisches Doctor -Di- plom oder ein Examen voraus. Hier und anderswo zeigen sich die schlimmen Folgen des Leichtsinns, womit europäische Universitäten zu- weilen Diplome ertheilen. In Jamaica, besonders in den Hauptstädten, practisiren die Aerzte in der Regel nicht allein, sondern zwei zusammen unter einer Firma und schreiben sich z. B. Dr. Walker u. Co. Die meisten haben ihre Studien in London gemacht und sind wohlunterrichtet. Alle Aerzte dispensiren selbst, d. h. besondere Apotheken existiren nicht. Nur in Kingston existirt eine solche, — eine Droguerie-Handlung, die auch Detail-Geschäfte macht. Es kommen auch oft genug Verwechselungen vor, und noch im vorigen Jahre wurde die Frau des Commandeurs eines britischen Regiments dort mit Strychnin vergiftet, das ihr der Arzt statt eines Abführungspulvers eingegeben hatte. Medizinaltaxen giebt es nicht. Ein Besuch in der Stadt selbst kostet in der Regel 12 Shilling (4 Thlr.). Junge Aerzte, die von England nach der Insel kommen, ziehen sich schon nach 6 Jahren meist in ihr Vaterland zu- rück mit einem Vermögen von mindestens 10,000 Pfd. St. oder circa 70,000 Thalern. — Deutsche Aerzte, die gut englisch sprechen, wären dort willkommen. Unter den epidemischen Krankheiten, ‚die alljährlich wiederkehren, nimmt das gelbe Fieber den ersten Platz ein, das besonders in den Küstenstädten (vornehmlich unter der Schiffsmannschaft) und seltener in den höher gelegenen Orten sich einfindet. Farbige bekommen nie- mals das gelbe Fieber und unterziehen sich deshalb jeder Pflege in dieser Krankheit. Europäer in den ersten paar Jahren nach ihrer An- kunft werden sehr leicht von der Krankheit ergriffen, deren absolute Contagiosität standhaft geleugnet wird. Unregelmäfsige Lebensart, Diät- fehler und besonders starke Getränke ziehen leicht die Krankheit her- bei, die indefs keineswegs immer tödtlich ist. Die Cholera hat vor einigen Jahren grofse Verheerungen ange- richtet und ist viel mehr gefürchtet als das gelbe Fieber. Beide Krank- heiten berühren sich antipathisch, und die vom gelben Fieber regel- mäfsig besuchten Orte bleiben meist von der Cholera verschont. über die Zustände und Handelsverhältnisse der Insel Jamaica. 217 Aufserdem sind Masern und Rheumatismen aller Art, aber auch Augenkrankheiten auf der Insel nicht selten. Im Allgemeinen läfst sieb ein nachtheiliges Urtheil über die Salubrität der Insel nicht fällen und es leben dort verhältnifsmälsig viel alte Leute. Aber dem Euro- ' päer, besonders den germanischen Stämmen mit blauen Augen und blondem Haar, denen das tropische Klima überhaupt schlecht bekommt, ist ein mehrjähriger Aufenthalt auf der Insel entschieden nachtheilig. Schwindsucht und andere Brustleiden kommen sehr selten vor und nur bei solchen, welche die Krankheit aus Europa oder Nord-Amerika mitbringen. Wie in den Tropen überhaupt, so haben auch auf: Jamaica alle Krankheiten einen typischen Charakter und ebenso die Heilmittel. Kalomel und Chinin werden in grofsen Quantitäten verbraucht und in viel drastischeren Dosen gegeben als im gemäfsigten Klima, Chinin bis zu 16 und 18 Gran in 24 Stunden. „Blue pills“ und „Sulfate* (qui- _ nine) hat jede Hausfrau in ihrer Vorrathskammer und heilt damit ihre schwarze Dienerschaft und farbigen Nachbarn ohne Zuziehung des Arztes. Man kann wohl sagen, das tropische Klima ist die Ursache vieler Krankheiten, trägt aber auch das Heilmittel in sich selbst, in- dem die übermäfsige Transpiration in vielen Fällen die Genesung un- zweifelhaft wesentlich erleichtert. Schulwesen. — Für den Elementar- Unterricht ist in erfreulicher Weise zum Theil durch eine Reihe öffentlicher, gut dotirter Freischulen gesorgt, welche meist durch testamentarische Stiftungen in’s Leben ge- rufen sind und sich über die ganze Insel verbreiten. Man trifft in Jamaica auch unter den Farbigen selten Jemand an, der nicht lesen und schreiben könnte. | Auch für den höheren Unterricht giebt es Freischulen, so z. B. Wolmer’s Freischule in Kingston, mit 12,000 Pfd. Sterl. Capital-Fonds; sie zerfällt in eine Knabenschule, an welcher auch Französisch und Spa- nisch gelehrt wird und deren Besuch sich auf 400 Zöglinge beläuft, und in eine Mädchenschule mit einer Schülerzahl von 390. Bücher und Schreibmaterial werden von dem Vorstand gratis verabfolgt. Die _ Aufnahme geschieht auf Anweisung eines Mitgliedes des Gemeinderaths der Stadt an den Director der Anstalt. Alle Schulen sind der Aufsicht von Deputationen unterworfen, welche in der Regel den Rector, die Kirchenvorstände und andere No- table des Kirchspiels, oft auch den Gouverneur und Bischof zu Mit- gliedern zählen. Das Lyceum (Collegiate School) zu Kingston ist eine _ höhere Lehranstalt, deren Unterrichtsplan moderne Sprachen, die Klas- - siker und Mathematik umfalst und die Vorbereitung für den höheren _ Kaufmannsstand, die Armee und Universität anstrebt. Das Schulgeld y beträgt 12 Pfd. Sterl. jährlich. Das Mico-Institut, ebendaselbst, unter 218 Amtlicher Bericht des Königl. Geschäftsträgers Dr. Hesse dem Patronat des Gouverneurs und der Aufsicht von 11 Visitatoren überwiegend geistlichen Standes, ist eine Normal-Schule (Seminar) zur Ausbildung von Schullehrern für die Colonie. Eine zweite, die soge- nannte Draining School, für schwarze Candidaten, wurde im letzten ‚Jahre bei Kingston errichtet, und besonders dabei die Ausbildung zu Lehrern in der praktischen Pflanzenkunde im Auge behalten. Der Unterricht umfalst aufser den Elementar-Gegenständen, Grammatik, noch Exegese, Dogmatik, Naturgeschichte und Physik. Die erforder- liehe Uebung im praktischen Unterricht gewähren den Eleven die mit der Anstalt verbundenen Modell- (Elementar-) Schulen. Das Hebrew National-Institut, gegründet 1847 mit 1000 Pfd. Sterl. Capital- Fonds und durch freiwillige Beiträge unterhalten, ist eine jüdische Armen- schule. Eine Reihe über die ganze Insel zerstreuter Religions-Schulen stehen unter der Synode der presbyterianischen Kirche. Das „acade- mische“ Institut derselben Kirchengemeinschaft zu Montego Bay be- zweckt zunächst die Ausbildung presbyterianischer Lehrer und Predi- ger, umfalst jedoch auch klassische Unterrichts-Gegenstände, sowie Mathematik, und steht gegen ein Honorar von 3 Pfd. Sterl. für den Cursus von d Monaten Jedem offen. Ebenso besitzen die Baptisten neben 55 Elementarschulen, in welchen an 4000 Kinder Unterricht empfangen, eine theologische Academie (Baptist Theological Institution) und ein Lehrer-Seminar (Baptist Normal School), jene 1843, dieses 1855 zu Calabar, Rio Bueno, begründet. Endlich ist auch des Bishoffs College als eines freigebig dotirten Seminars für bischöfliche Theologen zu erwähnen. Auch für höhere weibliche Erziehung besteht in Kingston eine Privatanstalt, allein die Gentry schiekt ihre Kinder meist Behufs der Erziehung nach Alt- England. Society of Arts. — Erwähnung an dieser Stelle verdient die unter dem Proteetorat Sr. Königlichen Hoheit des Prinzen Albert seit einigen Jahren bestehende „Gesellschaft für Kunst und Wissenschaft“, welche der Erforschung und Sammlung der vorhandenen Naturschätze ihre Hauptbestrebungen zugewendet hat. Sie wirkt in dieser Richtung ungemein anregend und betheiligt sich bei allen Unternehmungen, die auf Erweiterung der Industrie und Landwirthschaft hinzielen. Botanischer Garten. — Ziemlich fern von Kingston, in einem fruchtbaren Thale, in Bath of St. Thomas the Apostle, liegt der sehr interessante botanische Garten, der hauptsächlich dazu bestimmt ist, den Gutsbesitzer der Insel unentgeltlich mit Pflanzen zu versehen und so die edelsten exotischen Gewächse im ganzen Lande zu verbreiten. Der Garten steht unter Uuratel eines sehr thätigen und verdienstvollen Mannes, Mr. Wilson, der in der letzten Pariser Industrie - Ausstellung die grofse Medaille für seine Sammlung von Bastpflanzen erhalten hat. über die Zustände und Handelsverhältnisse der Insel Jamaica. 219 ' Als ein sehr gelehrter Botaniker assistirt ihm der dortige Pfarrer der Hochkirche, Mr. Wharton. Herr Wilson hat auf der Insel als einen ganz neuen Industriezweig die Cultur der fbre plants angeregt, welche bekanntlich in allen tropischen Gegenden das Material zu Stricken und Tauwerk bilden. Er hat so eben für die Königliche Preufsische Re- gierung eine Sammlung derartiger Pflanzen abgesendet, und ist zu jeder Zeit bereit, auch nach Deutschland exotische Pflanzen und Sämereien nur. gegen Vergütung der Kosten der Emballage abzugeben. Armee. — Die Streitmacht der Colonie. belief sich vor Ausbruch des orientalischen Krieges einschlielslich 200 Mann Artillerie auf etwa - 3000 Mann, welche vier europäischen Linien-Regimentern und einem westindischen Neger-Regiment angehörten. Die Milizen der Insel, die 4 indels niemals zusammenberufen werden, zählten 16,000. bis 18,000 Mann, welche 20 Kavallerie- und 23 Infanterie-Corps, mit zwei Feld- stücken und einer Compagnie Artilleristen für. jedes Regiment, bildeten. Die Standquartiere der Truppen sind Spanishtown, Kingston und Ma- roontown, die vorzüglichsten Fortificationen Fort Charles am Ostende von Port Royal, die 12 Apostel-Batterie und Fort Augusta am Ein- gange des Hafens von Port Royal und Kingston. Gegenwärtig besteht die Garnison aus einer Abtheilung Royal Artillery in Port Royal, einer Abtheilung Royal: Engineers in Camp, dem 41sten Linien- Regiment zu Fufs, Hauptquartier Newcastle, dem isten westindischen Regiment, Hauptquartier Spanishtown (eine Compagnie in Port Royal, vier auf den „Windward“- und „Leeward*-Stationen, drei in Afrika) und dem 2ten westindischen (Neger-) Regiment, Hauptquartier Camp (Kingston). Auch der Stab, das Commissariat (Intendantur), das Train-Depot und der Medizinal-Stab befinden sich an letzterem Orte. Die Miliz-Ka- vallerie-Regimenter (House Militia) führen die Namen der drei Graf- schaften, denen sie entsprechen, die Infanterie-Regimenter (Foot Mili- tia) die der einzelnen Kirchspiele. Die Mannschaften der dem Ober- Commando der Insel untergebenen Truppentheile wechseln die Garni- son nach einem Turnus zwischen Port Nassau (New Providence, Ba- hama Islands), Demerara (Britisch Guyana), Barbadoes und Britisch Honduras (Belize). An letzterem Orte sind immer zwei Compagnien der auf Jamaica stationirten Neger-Regimenter auf Commando. Das _ weilse Regiment (41. Linien-Reg.) liegt 5000 Fufs über dem Meeres- spiegel in der malerischen Militair-Colonie New-Castle, die von der See aus gesehen einer Bergfestung gleicht. Trotz der bedeutenden - Erhebung des Bodens hat jene Höhe im vorigen Jahre das gelbe Fie- _ ber nicht zurückgehalten. Flotte. — Jamaica, früher Hauptstation des westindischen Ge- _ schwaders und Kriegshafen, hat in dieser Beziehung viel verloren, seit 220 Amtlicher Bericht des Königl. Geschäftsträgers Dr. Hesse die Bermudas zu diesem Range erhoben sind. Die Marine-Etablisse- ments zu Port Royal, das Depot und Hospital, sowie die Leuchtfeuer auf der Insel stehen unter der Oberleitung des commandirenden Senior Officer, welcher dem Admiral Commander of the Station of Bermuda untergeordnet ist. Die ehemaligen Admiralitäts-Gebäude sind zu einem Hospital für Immigranten umgeschaffen. Nur zuweilen sieht man in Port Royal von Kriegsschiffen mehr als eine Fregatte oder einen Kriegs- schooner vor Anker, wenn dort kreuzende Schiffe auf einige Tage an- laufen. In den letzten Jahren waren in Erwartung ernstlicher Diffe- renzen mit Nord-Amerika zuweilen 12 Kriegsschiffe dort vereinigt. Ein altes Linien- (90 Kanonen-) Schiff dient als Hospital-Ponton. Finanzen. Ausgabe-Budget. — Nach dem Staats- Ausgabe- Budget der Colonie für 1856 waren die Ausgaben im Ganzen veran- schlagt auf 206,764 Pfd. Sterl. gegen 201,843 Pfd. Sterl. des Vorjahres. Zu dem vorstehenden Betrag der Staats- Ausgaben kommt nun noch der Betrag der Kirchspiel- (Kreis-) Ausgaben, welche für dasselbe Jahr 46,463 Pfd. Sterl. gegen 56,640 Pfd. Sterl. des Vorjahres betrugen. Der von der Einnahme der Insel aufzubringende Gesammt- Aufwand belief sich also 1856 auf 253,209 Pfd. Sterl. oder 1,688,060 Thaler. Einnahme-Quellen. — Wir wenden uns nunmehr zur Betrach- tung der Einnahme -Quellen, aus deren Ertrag dieser Aufwand bestritten wird. Es sind dies namentlich: 1) die Einfuhr- Abgaben, welche nach dem im Parlaments- Statut 18 Victoria festgestellten Tarif erhoben werden. Inhaltlich des letzteren sind frei von Einfuhrzoll: Bienenwachs, Singvögel, Druck- schriften, Bullion, Bekleidungsstücke für Armee und Flotte, Kohlen, Coaks, Silbermünzen, Diamanten, Hunde, Farbehölzer, Cotton Wood, (frische) Fische, Flachs, (frische) Früchte, Guano, Gummi, Heu und Stroh, Hanf, Häute, Eis, Blutegel, Malz, (frisches) Fleisch, Armee- und Flotten-Bedarf an Provisionen (Vieh ausgenommen), Oelkuchen, Pflanzen, Geflügel, Rosinen, Steinsalz, Sarsaparille, Schiefer, Soda- Asche, naturhistorische Gegenstände, Talg, Schildpatt, Schildkröten, Gemüse. Dagegen zahlen: Tarif. Ale, Bier, Cider, Perry, Porter, pro Tonne (tun). . . 4 Pfd.St. 7 Sh. — d. Eine, SPrO SICK en en ae nl na a Rn EEE a - 9 -.— - Rauchspeck, pro Centner. . . RE - - 10 oe Gerste, Bohnen, Erbsen, pro Bushel . a N a en Rindfleisch, getrocknet, pro Centner . . . — - "10 - Rind- und Schweinefleisch, gesalzen, pro Fals v. "200 Pfa. —_ OTTZIR Branntwein, pro Galln . . „2... ALIEN - 6 Schiffsbrod, pro 'Gentnenn. = 17. mm un. anmleerd 6 - ne über die Zustände und Handelsverhältnisse der - Mauersteine, pro Mille Butter, pro Centner ; Lichte, Wachs- und Stearin-, pro 56 Prd.. Desgleichen, Composition, pro 56 Pfd. Desgleichen, Talg-, pro 56 Pfd. Vieh, pro Stück ER :.u% Fuhrwerk zu nichtlendwirthschaftlichen ee pro Werth von 100 Pfd. Sterl. Käse, pro Centner. Cacao, pro Centner a Kaffee, britischer Colonial- Kaffee, pro Oöitier = Liqueure, pro Gallon .. Mais, pro Bushel . SB: Fisch, getrockneter und ae I pro a Häringe, in Pöckel, pro Fals . Mackarelen, desgl. . Lachs, desgl. ML Lachs, geräuchert, pro ee iA, IY8, , Häringe, geräuchert, pro Kiste. ar. Andere geräucherte Fische, pro Centner . . . Desgl., gepöckelt, pro Fals . Roggenmehl, pro Fafs Weizenmehl, desgl. 5 Genever und Wachholder, pro Gallon Ziegen, Schafe, Schweine, pro Stück 5 Pulver (Sprengpulver GB pro Pfund. Schinken, pro Centner Oxhoft- und Puncheons-Reifen, pro "Stück Pferde, pro Stück . Indigo, pro Pfund . Er Speck, gesalzener, pro Centner . . EN Maschinentheile, pro 100 Pfd. Sterl. Werth Salzfleisch, pro Fafs von 200 Pfund. Bin, Molasse (britisch. Colonial-), pro Centner. . . Maulthiere, pro Stück Hafer, pro Buschel a Bana Gallonsii a ala 5, Sechs BrBeis,,pro Centner.. „us. 1 15 ERPEN SE RR Desgl., ungeschälter, pro Cenmerr . . 2... Rum (britisch. Colonial-), pro Gallon Salz, pro Centner . Wurst, geräucherte, pro Centner . 6 tus, pro Gallon . . . IE ; Rohzucker (britisch. Colonial-) Knabe Insel Jamaica. — Pfd. St. 4 g Fuel 8 5 2 0 I w n — u) | Io! gel ae | fe SOoRrRDMD ’ _ ’ ee re | 222 Amtlicher Bericht des Königl. Geschäftsträgers Dr. Hesse Raffinirter Zucker (brit. pe pro Pfund .- .. . iiPfd.St =SrmieRd: Thee, pro Pfund . . . 2 E a E 1-. Taback, Fabrikat, pro Pfund i 2 bie = are - - für 100 Pfd. Sterl. Werk. N ERFORT) Fe Zungen, geräucherte, pro Centner . . ee ea OT e Desgl., gesalzene, pro Fals von 200 Pfund 2 u a ee 10 - —- Weizen, pro Bushel . .. „u. iwbeulidein, 2=- Aamußee Weine in Gebinden und Flaschen, pro ee um) 3uroer Am - —_ = Yürkte 100 Prds sterk, Weitb.- a „m = „ -.+ 100m 2 ma ur Bretter; prot 1000 lauf. Fuls. . 2... 2. nu = BEE ZEN OR Schmdeln;-pro’ Mille!" a a ARE gi mann SiabersproaNille - Er BEER EREE AEIENN NBE 4 Mwuseal- Alle sonstigen, nicht ausdrücklich aufgeführten Artikel zahlen pro 100 Pfd. Sterl. des Werthes 12 Pfd. Sterl. (12 Proc. ad valorem), — Verboten sind fremder Kaffee, Rum, Zucker und Molasse. Der Ertrag der Einfuhrzölle bis zum Betrage von 30,000 Pfd. St. ist nach dem Statut 17 Victoria für Amortisation und Verzinsung der öffentlichen Schuld bestimmt. Sobald die letztere getilgt sein wird, soll nach Abschn. 39 Cap. 29 ibid. ein bestimmter Procentsatz des Werths als Zoll erhoben werden, aus welchen alsdann der Königin jährlich 25,000 Pfd. Sterl. zur Deckung der Verwaltungskosten der Insel ge- zahlt werden sollen. 2) Die Schifffahrts- Abgaben, nämlich: Tonnen - Gelder, pro Tonne 2 Sh. — Pence, Morant-Leuchtthurm-Abgabe - 0. en Bm - Desgl. Plumb- Point - tal = Amarhdlen Du Hospital- Gelder - 1 PET zusammen 3 Sh. 1 Pence pro Tonne der Ladungsfähigkeit. Küstenfahrer bezahlen diese Abgabe nur ein Mal für das ganze Jahr, andere Schiffe, welehe wiederholt in Jamaica anlaufen, ohne den Wendekreis überschritten zu haben, zahlen ebenfalls (spanische und haytische Schiffe ausgenommen) jährlich 2 Sh. Tonnengeld, 3 Pence Morant-Lighthouse und 2 Pence Hospital- Abga- ben pro Tonne. Die Gesundheits-Patent-Sporteln betragen 12 Shill. für ein Dreimast-Schiff oder eine Bark, 9 Shill. für eine Brigg, 6 Shill. für einen Schooner. Im Hafen von Kingston kommt zu den obigen noch eine Local-Hafenabgabe von 1 Pfd. Sterl. 12 Sh. für jedes Voll- schiff oder Bark, 1 Pfd. Sterl. 4 Sh. für die Brigg. 16 Sh. für einen Schooner. Schiffe, welche innerhalb der Wendekreise fahren, zahlen die Hälfte. Ferner: 3) an direeten Steuern eine Reihe ziemlich hoher und nament- ich den kleinen Grundbesitz drückender Taxen, als: Grundsteuer (Land über die Zustände und Handelsverhältnisse der Insel Jamaica. 223 Tax); Kopfsteuer (Poll Tax), im Betrage von 4 Sh. 1 Penny jährlich von jeder Person männlichen Geschlechts im Alter von 16 bis 60 Jah- ren zu entrichten; die Rum duty, eine unserer Maischsteuer entspre- ehende Fabrications-Steuer, welche in jeder Parlaments-Sitzung zu den heftigsten Debatten Veranlassung giebt und wahrscheinlich über kurz oder lang fallen wird; die Haussteuer (House Tax) im Betrage von 12 Procent des Miethsertrages; Steuer auf Reitpferde (2 Shill. für das Pferd), auf Maulthiere (6 Pence), auf Fuhrwerk (8 Sh. für jede Axe von Equipagen, 6 Sh. von Lastwagen); die Erbschafts-Taxe (Tar on hereditaments); endlich die Stempelsteuer (Stamp Tax). Nach der Stem- pel- Acte (Stamp act, 18 Victoria, Cap. 27) wird diese Steuer erhoben von in- und ausländischen Wechseln, von Bodmerei-Instrumenten und kaufmännischen Assignationen (money bonds and promissory notes), Quittungen, Asseceuranz-Policen, Vollmachten, Gewerbscheinen, > _ theken, Frachtbriefen (innäyene) und Pachtverträgen. In dem Geschäftsjahre vom 10. October 1854 bis 10. October 1855 war der Betrag der Einfahr-Zölle . . . 117,846 Pfd. Sterl., der Schifffahrts- Abgaben . 9,858 - - der Grund- und Kopfsteuer 43,329 - - der Branntweinsteuer . . 22,702 - - der Stempelsteuer . . . 9,409 - zusammen 203,145 Prä. Sterl., während der Gesammtbetrag der ordentlichen Einnahmen nur 204,453 - Pfd. Sterl. aufweist, eine Summe, welche durch die dazu tretenden aufserordentlichen Einnahmen (wesentlich Anleihen) auf den Betrag von 226,419 Pfd. Sterl. Gesammt-Einnahme gesteigert wurde. Die fünf angegebenen Kategorien erweisen sich hiernach als die Haupt-Finanzquellen des Landes. Sie warfen (nach anderweitig vor- liegenden amtlichen Angaben) im darauf folgenden Geschäftsjahre 1855 — 1856 bezüglich ab: die Einfuhr-Zölle 127,886 Pfd. Sterl. (10,040 mehr), die Schifffahrts- Abgaben 9,187 Pfd. Sterl. (672 weniger), die _ Grund- und Poll-Taxen 29,953 Pfd. Sterl. (13,376 weniger), die Brannt- weinsteuer 30,194 Pfd. Sterl. (7,491 mehr), die Stempelsteuer 11,263 - Pfd. Sterl. (1,854 mehr), zusammen 208,483 Pfd. Sterl. (5,328 mehr gegen das Vorjahr), bei einem Ertrage der ordentlichen Einnahme für dasselbe Jahr von 212,908 Pfd. Sterl. (8,456 Pfd. Sterl. mehr) und der Gesammt-Einnahme von 271,324 Pfd. Sterl. (44,905 Pfd. Sterl. mehr). _ Ausgenommen bei den Schifffahrts- Abgaben und bei den Land- und Poll-Taxen ist hiernach eine beträchtliche Steigerung der Einnahmen im Ganzen wie im Einzelnen ersichtlich. Die Staats-Ausgabe pro 1854 — 1855 betrug an ordentlichen und aufserordentlichen Ausgaben 224 A. E. Brehm: _ 243,105 Pfd. Sterl., so dafs eine Bilanz zu Gunsten des Schatzes von 16,686 Pfd. Sterl. resultirt. Die Ausgaben für 1855 —56 stellten sich auf 262,356 Pfd. Sterl. (19,251 Pfd. Sterl. mehr), so dafs ein Defieit von 8,968 Pfd. Sterl. aus der Verwaltung dieses Jahres hervorging, welches aber durch den Ueberschufs der vorjährigen Einnahme fast doppelt gedeckt wird. Neben den „public“ tares werden nun noch die „parochial* taxes (Kreis-Communal-Abgaben) zur theilweisen Bestreitung der Kirch- spiel-Bedürfnisse (einen Theil dieser letzteren übernimmt das Staats- Budget) erhoben. Diese Kirchspiel-Taxen sind analoger Natur wie die öffentlichen und bestehen in einer Erbschafts-Taxe (je nach den verschiedenen Kirchspielen 4 Pence bis 2 Shilling per Pfund Sterling des zu 6 Procent berechneten Zinsertrages); in einer Reitpferde-Steuer von 4 bis 20. Shill. für ein Pferd jährlich, und einer Steuer von Pfer- den und Maulthieren zur Landwirthschaft von 1 Shill. 6 Pence bis 20 Shill. für jedes Tbier; in der Radsteuer von Equipagen, 7 bis 48 Shill. für das Paar Räder; in der Steuer von Lastfuhrwerk, 4 bis 24 Shill. für das Räderpaar; in den Rum Licenses (Schank-Gerechtigkeiten), 10 bis 25 Pfd. Sterl. jährlich; Tavern Licenses (Gastwirthschafts-Ge- rechtigkeiten), 1 bis 5 Pfd. Sterl., wo diese Abgabe überhaupt erhoben wird, was nicht in allen Kirchspielen der Fall ist; in den Abgaben für Gewerbescheine zum Handel mit Spirituosen (dealers licenses for rum), zum Betrieb von öffentlichem Lastfuhrwerk (dray and cart li- censes), zum Hausiren (hawker’s licenses), zum Handel mit Schiels- pulver u. s. w., ferner in dem Ertrage der Pfändungs-Gelder für über- getretenes Vieh (Pounds). (Schlufs folgt.) EXT Ein Beitrag zur zoologischen Geographie Spaniens. Von Dr. A. E. Brehm. Zweiter Abschnitt. Mit wahrer Freude gehe ich nunmehr zum letzten Abschnitte meiner Mittheilungen über, indem ich mit einigen landschaftlichen Skizzen der afrikanischen Zone beginne. Hierbei mufs ich mich noch kürzer fassen, als früher, weil gerade hier die Einzelheiten ganz eigen- thümlicher Art sind und mich leicht zu allzu langen Beschreibungen verlocken dürften. Ein Beitrag zur zoologischen Geographie Spaniens. 225 > Wer jemals Nord-Afrika besuchte, wird lebhaft an seine Land- sehaften erinnert werden, wenn er die Küstenländer Ost- und Süd- Spaniens durchstreift. Einzelne Gegenden dieser Länder tragen ein 80, entschieden afrikanisches Gepräge an sich, dals man Europa in - ihnen nicht mehr erkennen kann. Dazu hat nuu allerdings die lange Herrschaft der Mauren, jener ächten Kinder Afrika’s, das Ihrige ge- than; denn sie haben nicht dem Menschen allein, sondern auch dem Lande selbst so Manches von Dem hinterlassen, was sie ihm aus ihrer Heimath erst mitbrachten. Solche Erbstücke aus der Maurenzeit sind jene paradiesischen Eilande im wüstenähnlichen „Campo“ (dem der Bewässerung nicht unterworfenen Felde) und wahrhaft wüstenartigen Gebirge, welche wir unter dem Namen „Vega“ — Fruchtebene — oder „Huerta* — Gartenland — kennen. - + In der afrikanischen Zone der pyrenäischen Halbinsel müssen wir nicht allein das Gebirge von der Niederung unterscheiden, sondern in der letztern stets auch den Campo von der Vega trennen. Jenes erlaubt nur den Anbau weniger Getreidearten oder die Anpflanzung einzelner Fruchtbäume, über diese hat das sie überrieselnde Wasser das Füllhorn der gröfsesten Fruchtbarkeit ausgeschüttet. Deshalb unter- scheiden sich beide, wie Nacht und Tag, Reichthum”’und Armuth sich unterscheiden. Aber auch das Gebirge ist nicht ein und dasselbe. Wir haben noch einmal ein Hochgebirge in unserer Zone, wahrscheinlich das 'höchste der Halbinsel, und sehen in ihm noch einmal den Norden wiedergespiegelt: wir haben aber auch ein ächt afrikanisches Hügel- land zu betrachten. Und dieses ist es, welches ich besonders im Auge behalten will. Denn wenn auch die herrliche Sierra Nevada in ihren Einzelheiten hinlänglich vom Hochgebirge des Nordens abweicht, ist sie doch im Ganzen. diesem eng verwandt. Nicht so ist es mit dem Niedergebirge. Dieses trägt durchaus das afrikanische Gepräge zur Sehau: es ist glühend und starr, wild und zerrissen, dunkel und far- benreich wie das der Wüste. "0% Wer nicht selbst im Süden war, vermag es nicht, sich den wunder- baren Farbenreigen vorzustellen, welchen das Himmelslicht dort auf dem ödesten, wildesten Gebirge in’s Leben rufen kann. Sehr selten . deckt gegenwärtig noch freundlich grüner Wald die Berge; daher fehlt ihnen das Flüstern in den Blättern der Buchen, das ernstere Rauschen imden Wipfeln der Föhren und Fichten, wie ihnen das heimliche Mur- _ meln ‘oder lustige Schwatzen und hallende Brausen des Wassers fehlt, welches unserem nordischen Gebirge jene wunderbaren silbernen Fäden einstickt, die dann wieder von frischen üppig grünen Pflanzen einge- rahmt und beim tobenden Fall mit: den Regenbogenfarben geschmückt _ werden; ihnen fehlt die Eis- und Schneedecke, oder die saftige Matte Zeitschr. f. allg. Erdk. Neue Folge. Bd. V. 15 226 A. E. Brehm: unseres Hochgebirges: — und dennoch stehen sie diesem kaum an Farbenpracht, nicht an Grolsartigkeit und Erhabenheit nach. Auch das pflanzenlose Gebirge hat seine Farben. Wenn man in dem so ge- birgigen Spanien auf einem höheren Berge steht und Rundschau hält, ist man im Anfange kaum fähig, alle die verschiedenen Farben zu trennen, welche die unzähligen, von einem Blicke überschauten Ge- birge an sich tragen. Aber gerade bei Fernsichten lernt man die wirk- lich feststehenden Farben von den ewig wechselnden Tinten unter- scheiden, welche das Sonnenlicht über die Gebirge legt; gerade da lernt man erkennen, wodurch die grolse Mannichfaltigkeit hervorge- rufen wird. Das Gebirge des Südens hat ebenfalls feststehende Farben, wie das des Nordens. Hier wird das Gestein von Pflanzen bedeckt, dort tritt es frei zu Tage. Höchst selten ist es einfarbig; fast in allen Ge- birgen sondern sich dunkle und lichtere Farben scharf von einander ab. Verschiedene Metalloxyde färben einzelne Berge lebhaft roth, braun, schwarz, grünlich; bei anderen sieht man den Wechsel der Schichten schon von Weitem an den abwechselnden Farben. Die Verschieden- heit des Gesteins ist hierbei Nebensache; denn eine und dieselbe Stein- art kann vier- bis sechserlei Farben haben. So ist namentlich der in Spanien vorherrschende Kalk ganz besonders empfänglich — man ver- zeihe diesen Ausdruck! — für die verschiedensten Farben, von der Schwärze des Granits bis zur Weilse der Kreidefelsen herab: er trägt zuweilen fast alle Färbungen des bunten Sandsteins. Zu den Farben kommt die Gestalt der Massen. Unser nordisches Hochgebirge steht an Ausdruck, Kühnheit, Schwung und Zeichnung seiner Spitzen, Zacken, Kegel, Wände und Gehänge entschieden hinter dem südlichen Gebirge zurück, weil in ihm das ewig arbeitende Wasser ohne Unterlafs ebnet, glättet, mildert, verwischt; weil Bäume, Sträucher und Gräser Schärfen und Kanten verdecken und umhüllen. Im Süden, namentlich in unserem Gebiet, arbeitet das Wasser auch, aber in ganz anderer Weise als im Norden. Hier übt es seine Macht stetig und milde aus, dort plötzlich und furchtbar. Davon giebt das Gebirge selbst sprechendes Zeugnils. Die Ringgebirge der Vega von, Murcia sind höchstens 1500 Fufs über dem Spiegel des Meeres erhaben (nur die Sierra de Espuna erreicht vielleicht 4000 Fufs), aber sie sind so wild und zerrissen, als es das Hochgebirge des Nordens nur irgend wo sein kann. Sie steigen schroff und steil aus der Ebene empor und sind an sehr vielen Stellen vollständig unersteiglich. Ihr Fufs ist stets mit riesenhaften Felsblöcken umlagert, welche das im Winter nieder- stürzende Wasser losschleuderte und mit sich zur Tiefe rifs. In allen Einschnitten der Kette haben sich Rinnsale gebildet, deren Wildheit TREE Ein Beitrag zur zoologischen Geographie Spaniens. 2927 gar nicht zu beschreiben ist. Ein wahres Wirrsal von Blöcken und Steinen füllt das Bett der „Rambla“, wie der Spanier diese Rinn- sale nennt; die Blöcke und Steine werden mit jedem Regengusse weiter abwärts gerollt, dafür aber auch neue von den Wänden abgelöst. Alle Pflanzen nun, welche im Gebiet einer Rambla hervorgesprofst waren, werden bei jedem Regengusse weggespült, und so bleibt nur das nackte Gestein hier übrig. Gewöhnlich sind die Rambla’s sehr kurz; zuweilen aber nehmen sie die Abflüsse eines längeren Thales oder Beckens auf. Dann werden sie zeitweilig zu Strömen, welche alles Land zu ihren beiden Seiten vernichten und eben so rasch ver- laufen, als sie entstanden. Solcher, während neun Monaten fast voll- ständig wasserleeren Flüsse giebt es genug im Gebirge. Man kann schwerlich etwas Eigenthümlicheres sehen, als ihr Stromgebiet. Dieses ist nach allen Seiten hin so tief eingerissen und zerklüftet, dafs man die Einzelthäler gar nicht zählen, ihren Windungen nicht mit dem Auge folgen kann. Die ursprüngliche Bodenfläche des Beckens oder Thales erkennt man nur noch an den schmalen Firsten unzählicher Bergrücken, zwischen denen sich jedesmal ein schmales Rinnsal hinzieht. Alle diese Bergrücken zusammen bilden ein Labyrinth, aus dem man nur dann den Ausgang findet, wenn man immer den Weg des Wassers weiter- geht. Man würde Mühe haben, alle in irgend eines der Thäler ein- mündenden Nebenthäler zu zählen. In einem solchen Becken kann sich der Mensch nur einzeln ansiedeln, weil erstens höchst wenig Raum zum Anlegen von Feldern übrig bleibt, und zweitens die Fruchterde der Felder bei heftigen Regengüssen jedesmal weggespült wird. Man findet deshalb auch äufserst selten ein ärmliches Bauerhaus in einem der breiteren Einschnitte, noch seltener eine Niederlassung mehrerer Ackerbauer. Es mag manche Geviertmeile geben, auf welche nur eine Familie kommt. Dennoch sind diese Gebirge nieht so arm und todt, als es auf den ersten Augenblick scheinen möchte; sie sind im Gegen- theil lebendig genug. Um zu meinem Ausgangspunkte zurückzukom- men, gedenke ich zuerst ihres Lebens in Farben. Bei den vorhandenen festen Farben und kühnen Umrissen des Gebirges kann das Himmelslicht mit Leichtigkeit das wunderbarste Farbenspiel hervorrufen. Auch wir im Norden wissen von diesem Zauber der Beleuchtung zu erzählen; aber dennoch können wir uns keinen Begriff von ihrer Wirkung in südlicheren Breiten machen. Um diese Wirkung beurtheilen zu können, muls man sie selbst gesehen haben. Es ist ein beständiges Wechseln mit Licht und Schatten, ein fortwährendes Entstehen und Vergehen von Farben und Tönen, dals die Seele wunderbar ergriffen wird im Anschauen. Auch diese Ge- 458 En; 228 A. E. Brehm: birge glühen im Morgen- und Abendroth; auch über sie haucht die Ferne ihren blauen, ätherischen Duft: auch sie leben im Licht! Aber auch anderes Leben macht sich bemerklich. Nur aus der Ferne gesehen erscheinen die Gebirge pflanzenlos; in Wahrheit sind sie es nicht. Der Nadelwald, welcher früher alle nur einigermalsen günstigen Gehänge bedeckte, ist freilich der Zerstörungswuth des Spa- niers fast gänzlich unterlegen. Nur hier und da sieht man unbedeu- tende gehegte Strecken, welche mit Nadelbäumen, namentlich Kie- fern, bestanden sind; es sind Ueberbleibsel aus früheren Zeiten, Be- weise für die Möglichkeit der Bewaldung auch dieser Gebirge, die man mit Freude begrüfst, weil man sich an dem Wohlklang des Rauschens in ihren Zweigen, den man so oft entbehren mufs, wirklich labt. Aber dafür hat man doch wenigstens Etwas auf dem Gebirge: einen Wald aus Gestrüpp, Gräsern und Pflanzen der bescheidensten Gröfsen. Na- mentlich ist es der Rosmarin, welcher ganze Gebirge überzieht und ihnen bisweilen wenigstens einen grünen Schimmer verleiht. Höhere Gebüsche bilden nur noch ziemlich sparsam in und an den Rinnsalen stehende Oleander, deren Blüthenpracht das Auge stets erfreut, und eine Art von Daphne, von den Spaniern „Mata pollo“ — Hühnertod — genannt, (auch in Form eines Halsbandes als Mittel gegen den Durch- fall des Viehs angewandt); beides Gebüsche, welche von den Thie- ren nicht gefressen und von den Menschen wegen ihres Saftreichthums nicht zu Brennholz gesammelt werden. Viele Distel-Arten bedecken ganze Gehänge und werden wie der häufig vorkommende Thymian, Rosmarin und ein Helianthemum von den ärmsten Bewohnern der Dörfer eingesammelt, stundenweit über Berg und Thal getragen und dann für wenige Realen verkauft. Der anziehendste Strauch des Ge- birges ist jedoch unbedingt die reizende Zwergpalme (Chamaerops humilis). Leider werden ihre Fächerblätter von Menschen und Ziegen gleich stark heimgesucht; erstere benutzen sie zu Besen, letztere beilsen die Spitzen ab. — Aufser diesen Pflanzen giebt es noch eine ganze Anzahl heideartiger, mir vollkommen unbekannter, welche gewöhnlich nicht über einen halben Fufs hoch werden. Blumen sind selten; doch findet man ziemlich häufig ein zwiebelartiges Gewächs, die ästige Af- fodille, welche eine schöne fleischrothe Blüthentraube entwickelt, lei- der aber sehr bald verdorrt. Obgleich man auch im wildesten Gebirge jedes nur einigermalsen dankbare Plätzchen Erde zu bebauen versucht hat, sind diese kleinen Oasen in der Wüste doch kaum der Rede werth. Das Wasser fehlt zu sehr, als dafs der Landbau jemals lohnend sein könnte. An den nicht im tiefsten Schatten liegenden Gehängen verbrennt die hier im . Sommer herrschende Sonnengluth selbst diejenigen Pflanzen, welche Ein Beitrag zur zoologischen Geographie Spaniens. . 229 kaum des Wassers zu ihrem Leben bedürfen. Man hat hier und da Oelbäume gepflanzt, ja sich selbst bis zu Mandelbäumen verstiegen ; allein alle diese Kunstpflanzungen müssen mühselig begossen werden, wenn sie nicht schon in den ersten Jahren eingehen sollen. Nur Kie- fern würden gedeihen: — aber diese sind weggeschlagen! Zwischen dem Gebirge und irgend einem der in unserem Gebiet liegenden Flüsse breitet der „Campo“ sich aus. Er ist auf grofse Strecken hin, oder überall, der Bebauung fähig; trotzdem aber weit öder, viel trauriger als das Gebirge. Das Feld, wie wir den „Campo* nennen können, gleicht nämlich an allen Orten, wo man die Hand des Menschen nicht wahrnimmt, vollkommen der Wüste, deren fahles Ge- wand es trägt. Aber da man nur spärliche Niederlassungen sieht, da die Pflanzungen der Oel-, Mandel-, Feigen- und Johannisbrodbäume nur an wenigen Orten von Bedeutung und die Felder fast neun Mo- nate des Jahres schmucklos sind, fehlen ihm alle lebhafteren Farben, wie sie die Wüste oft genug anlegt. Ein nicht von Gebirgen begrenz- tes und eingerahmtes Feld ist das Bild der entsetzlichsten Einöde, trotz aller Niederlassungen der Menschen und der sie umgrünenden Oel-, Feigen-, Mandel- und Obstbäume, Cactushecken und blüthenvollen Agaven. Im Campo wird kein vernünftiger Mensch „Hesperiens Lust- gefilde* suchen; aber eben so wenig wird er vermuthen, daselbst Ge- genden zu finden, welche den wüsten Strecken der Saharah gleich- kommen und die meisten Wüstengegenden an Einförmigkeit übertreffen. In diesem Bezuge ist das Feld wohl der beschriebenen Ebene Mittel-Spa- niens an die Seite zu stellen; allein diese übertrifft es wenigstens noch an Fruchtbarkeit: denn wenn die belebenden Regen ausbleiben, bleibt in ihm auch die Erndte aus. Dennoch darf man nicht glauben, dafs der Campo des Landmanns Arbeit nicht bezahle: ein einziges regen- reiches Jahr bringt dem Grundbesitzer die dreilsig- bis fünfzigfache Aussaat zurück. Das Feld kann fruchtbar sein, ist aber gewöhnlich unglaublich öde: und darin liegt meines Erachtens das wirklich Be- ängstigende desselben. In der Wüste beansprucht man keine Frucht- barkeit: deshalb begrüfst man jede grüne Niederung mit unendlicher Freude; im Campo soll und darf man wogende Aehrenfelder erwarten — und findet meist nur eine dürre, staubige, distelreiche Ebene ziem- lich guten Ackerlandes, auf welchem drei Vierteljabhre lang die volle Gluth der Sonne liegt und jeder Windstofs freies Spiel mit Sand und Staub hat. Wo der Mensch die Herrschaft über das Land errungen "hat, wo meilenweit ein Weinberg sich an den andern reiht oder eine "Baumpflanzung in die andere übergeht, wo man gröfsere Dörfer und ‚selbst Städtchen findet, spricht der Spanier wohl auch vom Campo, aber nur im Gegensatze zur Vega. Dieses Campo, im Ganzen noch 230 A. E. Brehm: immer dürr und einförmig, wie keine Gegend in Deutschland, meine ich nicht, sondern jene wüsten Strecken, welche z. B. die Vega Mur- eija’s umgeben. Ich will versuchen, von einer solchen Strecke eine Einzelbeschreibung zu geben. Wenn man die Ringgebirge der Vega überschritten hat, gelangt man in eine wellenförmig mit Hügelreihen durchzogene, oder von ein- zelnen ringsum frei aufsteigenden Hügeln unterbrochene Ebene, in wel- cher man nur in einigen gröfseren Thälern Oelbaumpflanzungen findet. Diese Ebene heifst schlechtweg „el campo“; die einzelnen Hügel nennt man „cabezas“ — Köpfe —, die baumlosen Felder „tierra blanca*“. Die letzteren, liegen sämmtlich terrassenartig in den unzähligen Ein- senkungen der Ebene über einander; jedes höher liegende ist klei- ner als das tiefer liegende, aber wie dieses möglichst geebnet. Grös- sere bebaute Ebenen findet man selten. Alle zwischen den Feldern liegenden Erhebungen, welche bei Weitem den gröfsesten Flächeninhalt einnehmen, sind vollkommen wüstes Land, ohne Bäume, Gesträuche und Nutzpflanzen, selbst ohne eine andere als die überall sich gleich- bleibende fahlgelbe Farbe; dürftig nur sprossen Gräser, Gestrüpppflan- zen und Kräuter zwischen den gröfseren oder kleineren Steinen hervor, welche den Boden dicht bedecken. Die Ebene ist nach allen Rich- tungen hin und aller Orten vom Wasser zerwühlt und zerrissen. Von den Hügeln herab laufen unzählige Gerinnsel nach der Tiefe, vereini- gen sich hier zu tieferen Wildgräben und wenden sich dann den tiefen Sehluchten zu, welche man „Barrancos“ nennt. Diese sind bis auf den felsigen Grund der Ebene eingerissen, durchziehen sie die Kreuz und die Quer und verringern das anbaufähige Land von Jahr zu Jahr. Auf ihrem Grunde steht Brack- oder Salzwasser in Tümpeln und Lachen; seltener bemerkt man ein schleichendes Fliefsen desselben. Nur im Winter werden zuweilen verheerende Ströme daraus. Den Regenflüssen des Gebirges sind sie entfernt ähnlich und wie diese fast völlig pflan- zenlos, unterscheiden sich aber von ihnen durch ihre bedeutende Tiefe und Längenausdehnung. Da sie die Ebene in allen Richtungen durch- schneiden und zertheilen, erschweren sie jede Wege- Anlage und machen zusammenhängende Besitzungen unmöglich. Demgemäfs sind auch die Wohnhäuser der Pächter dieser Güter, elende Hütten, sehr weit von einander — bis eine halbe Stunde und mehr — entfernt; gewöhnlich liegen sie auf einem Hügel. Jeder durch das Feld führende Weg (von den Spaniern scherzhafter Weise „Üarretera de las perdices* — Reb- hühner-Hochstralse — genannt) geht beständig bergauf und thalab, fällt ungemein steil in die Schluchten ein, steigt eben so steil wieder aus ihnen zur Mittelhöhe der Ebene auf, und ermüdet wegen seiner gar nicht zu beschreibenden Langweiligkeit aufserordentlich. Gelangt is}; Ein Beitrag zur zoologischen Geographie Spaniens. 231 man wirklich einmal in eine niemals ausgedehnte Baumpflanzung, so findet man eben auch nur Oelbäume als Vertreter der belebenden Bäume; diese aber — doch ich habe sie bereits geschildert. Die Ge- höfte gleichen nun ebenfalls dem ganzen Felde, und sonach findet man wirklich Nichts in ihm, was nicht das Gepräge der Einförmigkeit an sich trüge. Nun giebt es allerdings auch Gegenden, in denen der Campo ein anderes Ansehen hat. In den vollkommeneren Ebenen ist der Boden nicht vom Wasser zerrissen; die einzelnen Felder sind grölser, die Baumpflanzungen ausgedehnter: überall aber macht sich der Wasser- mangel furchtbar bemerklich, und überall ist der Campo demnach auch der Wüste Bild, — ein ächt afrikanisches jedenfalls. — Ein ächt afrikanisches Bild gewährt aber auch die „Huerta“ oder „Vega“: freilich gerade das dem Campo entgegengesetzte. Wer eine Vega Spaniens sieht, glaubt in die paradiesischen Gärten Kairo’s ver- setzt worden zu sein, glaubt wenigstens, im fruchtbaren Ackerlande Egyptens zu wandeln. Die Vega’s sind die Gärten Europa’s: es ist unmöglich, dafs sie noch von anderen Gegenden dieses Erdtheils über- troffen werden könnten. Ich sage Gegenden: denn eine Huerta breitet sich eben über eine ganze Gegend aus. Jede Vega, welche ich kennen lernte. hat ihr eigenthümliches Gepräge, unterscheidet sich von der an- deren; aber es ist nur ein Unterschied in der Schönheit. Eine Vega zu beschreiben, halte ich für nicht ausführbar; sie will mit leiblichem Auge erschaut werden. Wenn auch über dem Schauen die Seele trun- ken wird, sie bewahrt dennoch das ihr eingedrückte Bild für immer in sich. Die Vega ist arabisches Land. Wie im Schlammlande des Nil über- ragt die königliche Palme die Hütte des Dörflers, welcher in Kleidung und Schnitt seine arabische Abkunft noch immer verräth; wie in Ara- bien überrieselt das Wasser die Felder und giebt ihren Früchten das ewige, d. h. niemals unterbrochene Wachsthum; wie in dem unter der Sonne Afrika’s liegenden Lande, welches „getränkt* werden kann, sind die Felder Gärten, die Gärten Felder: denn der Granatbaum, die Feige, die Orange stehen in Wäldern zusammen und blühen und gedeihen. Die Vega’s sind arabisches Land; denn Araber waren es, welche sie erschufen. Es ist ein eigenes Wandern durch solches Land. Das Auge er- götzt sich an dem frischen Grün der Landschaft, das Herz schwelgt ‚mit, wo Alles schwelgt. In den Feldern selbst stehen reihenweise die Fruchtbäume, namentlich Maulbeerbäume, denen man nur eine wag- rechte Ausdehnung ihrer Zweige gestattet, um aller Blätter habhaft werden zu können: denn sie sind nicht der Zierde, sondern des Nutzens 232 A. E. Brehm: wegen gepflanzt. Aber dennoch sind sie eine grofse, vielleicht die schönste Zierde der Huerta. Sie sind es, welche sie zu jeder Zeit des Sommers begrünen, selbst dann, wenn der Weizen unter ihnen seine körnerschweren Aehren der Sichel entgegenneigt und den goldenen Grund zu einem buntfarbigen Teppich bildet, auf welchem die Kronen der Fruchtbäume wie eingestickte Blumen erscheinen. Wenn nun auch die Vega im Ganzen denselben Charakter offen- bart, giebt sie doch immer ein wechselvolles Bild. Hier und da wie- gen Palmen einzeln ihre Kronenbüschel in der Luft, hier und da treten sie zum Haine, zum Wäldchen, ja zum Walde zusammen (wie’bei Elche) und machen dann die Täuschung der sich in Afrika träumen- den Seele nur um so vollkommener. Mit den sich scheinbar zu einem Walde einenden Maulbeerbäumen wechseln Granaten-, Apfelsinen-, Ci- tronen-, Feigen-, Apfel-, Birnen-, Kirschen- und Pflaumbäume ab; ne- ben dem Getreidefelde, dessen Aehren die Reife schon vergoldet hat, sprofst frischer, junger, saftiger Reis oder üppiger Hanf lustig empor. Bald ist die Vega Feld, bald Garten, bald Beides in Einem. In die- sem Paradiese giebt es keine Zeit der Aussaat, keine Zeit der Erndte; man säet, wenn man will, und erndtet wenig Wochen nach der Aus- saat — selbstverständlich die gerade geeigneten Früchte. Jeder Monat bringt seine Frucht: der lachende Frühling sowohl als auch der spen- dende Herbst gehen durch das ganze Jahr. Vier bis fünf Mal in die- sem kann dasselbe Land seinen Segen geben; dasselbe Feldstück, wel- ches man heute sieht, erkennt man nach wenig Tagen nicht wieder. Heute schneidet der Bauer die Halme, morgen drischt er die Frucht aus; nach wenig Tagen schon liegt das Feld unter dem Pfluge, und lange bevor der Erndtemonat zu Ende ist, sieht man die grünende Saat schon wieder. In der Vega ist ein ewiger Wechsel von Blühen und Reifen, Keimen und Sprossen, Säen und Erndten; deshalb sagt auch der Spanier von der um Valencia herum sich breitenden Huerta: „Valeneia ist Gottes Land, Denn heute wächst der Reis, wo gesteın Weizen stand.“ In der Vega wird der Boden überall benutzt. Selbst die Canäle werden von sehr dichtem, hier besonders werthvollen Rohre eingefafst und zum Theil ausgefüllt. Die Wege aber, wie die ganze Vega selbst, werden durch die schon genannten Cacteen begrenzt. Hier in der afrikanischen Zone, und zwar gerade an den Rändern der Vega, sieht man die dichten Hecken des Feigencactus (Opuntia vulgaris) an dem Gebirge, welches die Huerta umgiebt, hinanwuchern, oder über das sich an das Gartenland anschliefsende Feld in gröfserer Ausdeh- nung sich verbreiten. Die grofsen gelben Blüthen des Cactus ergötzen das Auge eben so sehr, als die saftige, wohlschmeckende Frucht den Ein Beitrag zur zoologischen Geographie Spaniens. 233 Gaumen erlabt. Aber weit schöner, als dieser afrikanische Fremdling in Europa, ist die wie er hier heimisch gewordene, von Amerika her- übergekomriene Agave, die „Pita“ der Spanier. Sie ist es, welche das Fruchtland umhegt, Zäune und Hecken bildet, Mauern bewaffnet, noch vielfachen anderen Nutzen gewährt und durch ihre Schönheit das Ganze belebt. Denn da, wo sie auf nur einigermalsen fruchtbarem Boden steht, erwächst sie zur gewaltigen Pflanze und treibt im Früh- ling einen mächtigen Blüthenstengel dem Himmel zu, welcher sich oben, in etwa 20 Fufs Höhe, wie ein Armleuchter in Zweige theilt und wie ein solcher leuchtet in der mährchenhaften Pracht der goldenen Blüthen- trauben. Die Agave ist das zum vollendetsten Ausdruck gekommene Gedicht der Vega; ihr ganzes Sein und Wesen ist diehterisch. Dem Sande entsprofst sie, und giebt ihre Schönheit zur Einfassung des rei- chen Fruchtlandes her; in die Höhe strebt sie empor, um herrlich zu "blühen und dann zu sterben. Denn sowie sie geblüht, welken die ge- waltigen, saftübeifüllten Blätter dahin, versiegt ihr Leben. Sie geht ein; aber Hunderte von jungen Pflänzchen erheben sich auf ihrem Sterbebette. Welch’ schönes Bild! Frblühen, aufjauchzen in Liebe und Leben, und dann verwelkend rasch dahin zu sterben: — aber im hundertfach wiedererstehenden, frischen, grünen Bild das sich Verlie- rende ersetzen! | Mit dieser Charakterpflanze unserer Zone will ich meine Land- schaftsskizzen beschlielsen, so unvollkommen sie auch sein mögen. Ein anderes Mal will ich sie weiter ausführen. — Das Klima der ganzen Zone ist das milde der Nordländer Afri- ka’s. Der Winter wird zum Frühling, und nur der Sommer bringt zu- 'weilen ziemlich starke Hitze über das Land. In den engen Gebirgs- thälern herrscht dann eine wahrhaft fürchterliche Gluth, weil jeder Windzug mangelt. Die Passatwinde, welche die Sommerhitze Nord- "Afrika’s sehr mildern, fehlen ganz, und lassen die Gluth der Sonne oft recht sehr hart fühlbar werden. Dann herrscht auch grofse Dürre aufserhalb der Vega’s. Wenn aber im übrigen Spanien der Winter 'einzieht, beginnt hier eine überaus angenehme Zeit. An einen milden Nachsommer oder Herbst schliefst sich fast unmittelbar der Frühling an, dessen Lieder schon mit Beginn des Jahres aus frischen Vogel- ‚kehlen gesungen werden. Der October kann den Bäumen ihren Blatt- "schmuck noch nicht rauben; nur das Grün der Bäume nimmt er all- mach. Aber dafür läfst sie auch noch der ganze November in den rothen und goldenen Herbstesfarben erglühen. Und wenn der Februar ) änschickt, in den ewigen Kreislauf des Jahres zu treten, wollen den sich dehnenden Blattknospen die winterlichen Knospenhüllen be- reits wieder zu eng werden und sprengen gar bald ihre Kerker. In 234 A. E. Brehm: Andalusien, Mureia und Valencia bringt dieser Monat den ganzen lichten Frühling und seine Rosen mit; im März beginnt der Schnee schon im Hochgebirge zu schmelzen. Am 4. November konnten wir noch die zweithöchste Spitze der Sierra Nevada besteigen! Höchst selten setzen die niederen Berge einmal die Schneekappe auf; der erste Sonnenblick külst sie aber sogleich wieder weg. Auf der gegen 4000 Fufs hohen Sierra Espuna können die Eisbehälter nicht alle Jahre frisch gefüllt werden; in anderen Landestheilen macht sich oft ein sehr grofser Man- gel an dieser hier überaus werthvollen Wintergabe bemerkbar. Die ersten Regen, welche Schnee auf das Hochgebirge legen, fallen ge- wöhnlich im October. Während der nun folgenden drei Monate ist die eigentliche Regenzeit. Dann folgen die Gewitter des April und Mai, welche inbrünstig herbeigesehnt werden. Vom Juni bis zum October regnet es selten auch nur einen Tropfen. Aber es kommen auch Jahre vor, in denen es nicht oder fast nicht regnet. Süd-Spanien ist in jeder Hinsicht schon Afrika! Mehr brauche ich über das Klima nicht zu sagen. Ueber die Thierwelt unserer Zone habe ich nach dem Vorher- gegangenen nicht Viel mehr zu berichten. Dennoch aber will ich gern noch bei einigen Charakterthieren des Gebietes für kurze Zeit ver- weilen. Zuerst habe ich des einzigen, in Europa lebenden Vierhänders zu gedenken. Der Affe der Berberei (Inus ecaudatus, auect.) ist noch heut zu Tage ständiger Bewohner der Felsen um Gibraltar. Ich wurde von Alexander von Humboldt aufgefordert, über dieses Thier genauere Erkundigungen einzuziehen, und habe ihm das Ergeb- nils derselben seiner Zeit von Spanien aus bereits mitgetheilt. Es ist folgendes: Wir selbst haben, da wir Gibraltar nieht berühren konnten, selbst- ständig keine Beobachtungen machen können, und nur von Spaniern Nachrichten über die Affen von Gibraltar erhalten. Nach allen Be- richten steht das Vorkommen dieser Thiere bei Gibraltar unzweifelhaft fest. Die Gesellschaft der Affen ist sogar ziemlich zahlreich; denn es werden trotz des Verbotes der Engländer alljährlich mehrere junge Affen von den Besitzern der ihrem ständigen Aufenthaltsorte nahe lie- genden Weinberge weggefangen. Dieser Aufenthaltsort sind die Felsen über der Festung und um sie herum, welche stellenweise vom Nieder- wald überwuchert sind. Jedoch machen die Affen von dort aus Streif- züge nach benachbarten Weinbergen und Feldern und ziehen sich da- durch, wie überall, wo Affen mit Menschen verkehren, die Feindschaft der letzteren zu. Mancher Affe fällt in Schlingen, selbst durch die Ein Beitrag zur zoologischen Geographie Spaniens. 235 Kugel, wie ein im Museum von Madrid stehendes, sehr schönes männ- liches Exemplar. Während wir nun über das Vorkommen auf europäischem Boden vollkommen in Klarheit sein können, ist dies noch keineswegs hin- sichtlich der Art und Weise der Fall, wie die Affen nach Europa her- übergekommen sind. Auf der gegenüberliegenden Spitze von Afrika sollen, wie man mir sagte, die Affen nicht mehr häufig sein, ja, bei Ceuta soll es gar keine mehr geben. Es entsteht nun die Frage: sind die Affen in Gibraltar von Alters her heimisch, oder sind sie da- selbst eingeführt worden? Humboldt sagt darüber: „Wollen Sie doch endlich einmal in Gibraltar ernsthaft die Epoche zu ergründen suchen, wann die Affen auf der Landzunge mögen ver- wildert sein. Denn der sehr bequemen Erklärungsweise durch den ehe- maligen Zusammenhang beider Continente und des Uebergangs vom afrikanischen Affenlande steht entgegen, dafs weder Griechen und Rö- mer, noch die arabischen Geographen, welche die kleinsten Denk- würdigkeiten von Gibraltar beschreiben, der Affen erwähnen. Seit zwanzig Jahren habe ich vergebens durch Correspondenz mit englischen Aerzten, die lange in Gibraltar stationirten, das Problem zu lösen ge- sucht. Die Affenknochen (?) in den Breccien bei Gibraltar würden aller- dings etwas für Thierwanderung von Afrika sprechen ; aber woher das völlige Schweigen der sogenannten arabischen Geographen? Adhue sub judice lis est!“ Meine Nachforschungen haben durchaus zu keinem befriedigenden Ergebnifs geführt. Ich habe alle spanischen Naturforscher über die Affen befragt und entweder gar Nichts oder nur so viel erfahren: „Die Affen sind von den Engländern aus Afrika eingeführt und bald nach der Besitznahme Gibraltars dort frei gelassen worden.“ Etwas Ge- naueres weils man in Spanien nicht hierüber, und höchst wahrschein- lieh dürfte auch in Gibraltar selbst nicht mehr zu erfahren sein. Dafs die Affen bereits seit einer Reihe von Jahren bei Gibraltar hausen, beweisen Buffon’s Werke. Bekanntlich wurde dieser Natur- forscher 1707 geboren; 1749 erschien seine Geschichte der Thiere. In dieser erzählt er, dafs es auf den Felsen von Gibraltar Affen gäbe, welche nicht selten die Arbeiter durch Steinwürfe oder herabgerollte Steine beunruhigten. Diese Angabe läfst die Behauptung der heutigen spanischen Naturforscher mindestens zweifelhaft erscheinen, da man ‚sich doch mit Recht wundern mülste, dafs Buffon von einer nothwen- ‚dig zu seiner Zeit geschehenen Uebersiedelung der Affen nach Gibral- tar gar Nichts vernommen haben sollte. Seit Buffon ist das Vorkom- ‚men dieser Thiere oft bestritten und wieder bezeugt worden; wie sie 236 A. E. Brehm: aber nach Gibraltar gekommen sind, scheint wirklich Niemand zu wissen. Aufser den Affen habe ich nach dem bereits Mitgetheilten nur noch des Kameels und zwar des einhöckerigen (Camelus drome- darius) Erwähnung zu thun, welches hier und da zahm gehalten wird und sich ganz vortrefflich befindet. Auch in Madrid werden einige Kameele gehalten, welehe sich dort recht gut fortpflanzen. Es ist des- halb sehr möglich, dafs dieses nützliche Thier später in Süd-Spanien verbreitet werden dürfte. F Ueber die namentlich in unserer Zone zahlreichen Heerden der für die Thiergefechte bestimmten, ganz in der Freiheit lebenden und sehr verwilderten Stiere werde ich an anderem Orte das mir Bekannt- gewordene mittheilen. Die Klasse der Vögel weist in der afrikanischen Zone einige be- sonders charakteristische Thiere auf. Die Alpenvögel der Sierra Ne- vada gedenke ich später mit ihrer Heimath genau zu beschreiben, und sehe deshalb hier von ihnen ab. Dagegen aber habe ich noch einige Zugvögel aufzuführen, welche nicht in der mittleren, wohl aber in unserer Zone den Winter oder wenigstens einen Theil desselben zubringen. Ein solcher Wintergast in der südlichen Zone ist zuerst unser Hausfreund, der Rothschwanz (Ruticilla thytis), welcher mit dem Rothkehlchen erscheint und während des Winters alle Gebirge des Südens in aufserordentlicher Menge bewohnt. Wie man fast aus jedem Busche ein Rothkehlchen hervorlugen sieht, gewahrt man auch auf je- dem Felsenhange einige Rothschwänzchen, jedoch nur Hausrothschwänze, die Gartenrothschwänze gehen weiter. Unser Staar labt sich an den. reifenden Oliven und gilt als arger Räuber derselben; sogar die spa- nischen Naturforscher lassen ihn Oelfrüchte mit Schnabel und Füfsen scheffelweise wegtragen (Machado). Der Plattmönch (Sylvia atri- capilla) findet, wie sein aus den übrigen Theilen der Halbinsel aus- wandernder Vetter, das Schwarzköpfchen (S. melanocephala), un- sere Zone zum Winteraufenthalte geeignet, und bleibt ebenfalls hier; aber auch viel flüchtigere und wanderlustigere Vögel sieht man hier noch spät im Jahre. Wie ich oben angedeutet, ist namentlich unser Mauersegler ganz auffallender Weise noch im November zu sehen; wir haben ihn am 18. October noch häufig in Malaga, am 2. No- vember noch bei Granada beobachtet. Ja, wahrscheinlich bestand ein Flug Schwalben, den ich am 18. November im Thale des Jenil bemerkte, auch aus Mauerseglern; ich konnte die Art wegen der grofsen Höhe, in welcher sich der Flug bewegte, nicht bestimmen, aber auch Ein Beitrag zur zoologischen Geographie Spaniens. 237 - nur noch mit der Felsenschwalbe (Cotyle rupestris) verwechseln. Wer, wie ich, unsern Mauersegler schon Anfangs August in den Tro- pen Afrika’s (Charthum) einziehen und sein lustig Treiben dort ge- sehen hat, würdigt das späte Vorkommen desselben in Europa erst vollständig. Auch wenn Felsenschwalben jenen Zug gebildet haben, ist das höchst merkwürdig und jedenfalls ein vortrefflicher Beweis des afrikanischen Klima’s unserer Zone. Aber auch die hier ständigen Vögel sind bezeichnend. Ich will einige Charaktervögel Süd-Spaniens kurz beschreiben, vor Allen die- jenigen, welche zur Belebung der Landschaft das Beste thun — und dennoch bisher noch keinem Reisebeschreiber aufgefallen zu sein schei- nen. Namentlich ein Vogel weils selbst das ödeste Gebirge lebendig zu machen: ich meine den Trauersteinschmätzer (Dromolea leu- cura, Turdus leucurus, Linne). Er ist ein ächt afrikanischer Vogel — denn alle seine Vettern wohnen in Afrika — und dem Gebirge eigen, wie die Felsen, welche es aufgebaut haben; ja, ich meine, wer ein Gebirge im Süden genau angesehen hat, kann es sich gar nicht mehr denken, ohne unsern Vogel. Wenn man durch das grüne Gartenland einer Vega dem Gebirge zuwandelt, betritt man jenseits des letzten Bewässerungsgrabens sofort das dürre Feld oder eine mit gewaltigen Blöcken oder mit Geröll über- deckte Fläche am Fufse der Berge. Keine Pflanze scheint kräftig ge- nug zu sein, den harten Kiesboden zu durchbrechen; denn er ist voll- kommen öde und leer, oder höchstens mit bereits versengten Einzel- gräsern dünn bestanden. Das Gebirge liegt in seiner ganzen wilden Schönheit vor dem Auge, still und todt. Nur oben unter dem Gipfel sieht man eine Schafheerde auf so steilen Wegen dahinklettern, dafs man wohlweislich einen des Bergsteigens kundigen und es mit Lust übenden Ziegenbock ihr zum Führer geben mufste. Vielleicht gewahrt man hier und da noch einen gemächlich und vorsichtig hinauf- oder herabkletternden, mit Gestrüpp oder gebranntem Kalk beladenen Esel, möglicher Weise wohl auch einige Menschen um einen der unzähligen Kalköfen, die man hier angelegt hat: sonst aber ist Alles todt. Die tagtäglich über den Bergen kreisenden Geier oder der Geieradler sind in andere Gegenden ihres Jagdkreises gezogen; der krächzende Kolkrabe, welcher paarweise überall ständig wohnt, hat im Schatten eines überhängenden Felsblockes die Ruhe gesucht; die ewig lärmen- den Alpendohlen, welche hier merkwürdiger Weise tief herunter- gehen, suchen auf der Berge Rücken nach Heuschrecken und anderen Insekten; der kleine Brillensänger (Sylvia canspicillata), welcher in den die Abhänge überwuchernden Distelwäldern, und nur hier, zu 238 A. E. Brehm: finden ist, hat sich viel zu gut versteckt und ist viel zu lautlos, als dafs er gesehen werden sollte: es ist Alles mittagsstill selbst zu noch früher Tageszeit. 7 Da aber giebt frischer lustiger Gesang dem Auge plötzlich eine bestimmte Richtung. Ein lerchengrofser, tiefschwarzer Vogel mit blen- dend weilsem Schwanze, das Männchen des Trauersteinschmät- zers, ist auf der Kante eines Felsblockes erschienen und singt seine munteren Lieder hell hinaus in die reine Luft. Und nun ist das Ge- birge erst zum Leben erwacht, man selber mit. Eilig klettert man die steilen Gehänge hinan, dem munteren Thierchen nach, es wenigstens in der Nähe zu betrachten. Aber dieser Sohn des Gebirges ist be- hender als selbst das leichtfülsigste Menschenkind. Beim Herannahen des Eindringlings verläfst er seinen Standort; andere seiner Art tau- chen auf zwischen den Blöcken, die ganze Familie sammelt sich um ihr Haupt, und lustig geht es von Stein zu Stein, von Felsblock zu Felsblock, von Platte zu Platte. Wie Geister erscheinen und ver- schwinden die Thierchen zwischen den Steinen; selbst angeschossen, wissen sie noch immer eine Ritze, eine Spalte zu erreichen, in welcher sie sich unergreifbar bergen. Doch selbst auf der wildesten Flucht giebt es noch Zeit zu Gesang und Tanz. Denn unser „Coliblanco* — Weifsschwanz —, wie ihn die Spanier nennen, ist ein überaus zier- licher Tänzer, und versteht es, gar anmuthigen Reigen zu führen. Und dies gerade verlockt den Menschen, ihm zu folgen auf halsbrechenden Pfaden; man vergilst sogar die Gluth der Sonne über der köstlichen Augenweide. Auch wird ein solcher Gebirgsgang immer belohnt. Man erschaut dann erst das durch sein Erscheinen erregte Leben. Wer sich nicht in den Distelwald wagt, kann dessen charakteristischen Sänger nicht kennen lernen; wer nicht an den Gehängen herumklettert, kann weder das muntere Käutzchen (Athene Vidalii, nobis), den „Muchuelo“ der Spanier, noch die einsame, daher „Solitario“ genannte Blaudros- sel wahrnehmen, welche beide hier wohnen. Das wildeste Gebirge Spaniens ist lebendig; aber freilich muls man das Leben suchen. . Doch gebührt unserem Steinschmätzer der Preis. Er liebt seine Heimath so, dafs er sie nicht einmal im Winter verläfst, wie alle übrigen Stein- schmätzer Europa’s thun; er ist im Öödesten Gebirge sicher zu finden: denn er ist der eigentliche Vertreter seines Lebens. Und deshalb wollte ich seiner hier ehrend gedenken. Mir will es scheinen, als könne ein südspanisches Gebirge gar nicht ohne seinen Steinschmätzer sein; denn wenn sich sein Bild meinem Geiste zeigt, sehe ich klar und frisch jedesmal auch unsern schwarzen Vogel mit. Aulser den eben genannten Vögeln gewahrt man wenig andere im Gebirge. Der Zahl nach am häufigsten dürfte der Steinsperling Ein Beitrag zur zoologischen Geographie Spaniens. 239 (Petronia rupestris), spanisch „Paire oder Pairen, Chilla, Gorrion del monte und Torrudana“* sein. Er lebt in grofsen Flügen hier und im „Campo“ und brütet in zahlreichen Gesellschaften in Felslöchern. Im Sommer wohnt der Mauersegler an denselben Orten mit ihm zu- sammen. In einzelnen Felsenthälern findet man ferner Felsen- oder mehr noch Mehlschwalben (Chelidon urbica), welche sich hier zu Hunderten an geeigneten Felsenwänden ansiedeln und ein Nest über das andere kleben. Sodann trifft man wohl auch noch verwilderte Haus- oder ächte Felsentauben (Columba livia), die südlichen Steinschmätzer-Arten (Sazricola stapazina und aurita), den Zipp- ammer, unsern Zaunkönig und ziemlich häufig Haubenlerchen im Gebirge an. Die Raubvögel desselben sind der Stein- und Ha- bichtsadler, Thurmfalk, der unseren Wanderfalken vertretende afrikanische Falco peregrinoides, spanisch „Halcon“, der schmutzige Aasgeier, der Uhu und die vorhin erwähnten grofsen Räuber. Da- mit habe ich eine ziemlich vollständige Aufzählung der Vögel des baum- losen Mittelgebirges gegeben; wo sich Bäume finden, kommen noch einige Arten hinzu. Der „Campo“ besitzt ebenfalls seine ihm eigenthümlichen Vögel, und zwar nur gute Läufer oder Flieger, wie die Wüste, deren Spiegel- bild er ist. Allerdings streifen alle Raubvögel über seine Fläche da- hin, um sich Beute zu suchen; aber nicht ein einziger nimmt dort blei- bende Wohnung. Dies ist dagegen bei mehreren Vögeln der Fall, welche zum Theil das ganze Jahr hindurch an einem Orte ständig sind. Es sind folgende: Der rothhälsige Ziegenmelker. In allen grölseren Baum- pflanzungen. Die Hausschwalbe sowie die Uferschwalbe (Cotyle riparia); letztere in den vom Wasser eingerissenen Schluchten. Hier siedelt sich auch der Bienenfresser (Merops apiaster), spanisch „Abejaruco“, zahlreich an. Die Blauracke (Coracias garrulus), spanisch „Carlanco*. Sie wohnt nicht wie bei uns einzeln in hohlen Bäumen, sondern häufig in Felsenlöchern der „Barrancos* des Feldes und des Gebirges, erscheint sehr spät und verschwindet sogleich nach der Brut wieder. Die Thurmdohle, spanisch „Graja und Jucala“. Sie ist ein neuer Ansiedler in Spanien und bis jetzt nur an wenig Stellen hei- misch geworden. In einer Schlucht des Campo bei Murcia (dem ein- zigen Orte, wo wir den Vogel beobachtet haben) erschien, nach den Erzählungen eines dort ansässigen Bauers, vor etwa sechs Jahren ein Paar Dohlen und siedelte sich an. Die von dem einen Paare erzeugte Familie wuchs und gedieh, „und jetzt“, sagte der entrüstete Mann, 240 A. E. Brelm: „sind diese hungrigsten aller Vögel so häufig geworden, dals.ich. we- der meine Garten- und Feldfrüchte vor ihnen schützen, noch sie 'aus- rotten kann.“ jun.) Doch die Genanuten sind keine Charaktervögel des Campo. Als solche haben wir zu betrachten: i) Die Lerchen. Unter ihnen ist die spanische Hitikienlenahe (Galerita), spanisch „Tudovia*, die häufigste; auch ist sie Standvogel. Seltener, jedoch gewöhnlich in zahlreichen Gesellschaften, bemerkt man Ammerlerchen, und noch seltener die köstlich singende Kalander- lerche (HMelanocorypha Calandra), spanisch „Calandria“ ; — denn auch der Campo sollte seine Lieder haben! Sie wird häufig zahm gehalten und mit 2 bis 10 spanischen Thalern bezahlt. 2) Die Steinschmätzer Süd-Europa’s; jedoch findet man sihiat den Trauersteinschmätzer nur in sehr tiefen Schluchten. 3) Einige Hühnervögel. Die beiden Flughühner, Charakter- vögel des Campo, — denn sie sind Wüstenthiere im Körperbau, in der Farbe und in ihrem Leben — kennen wir bereits. Sie fehlen an we- nigen Orten, vereinigen sich aber nirgends zu so grolsen Flügen als ihre Sippschaft in Afrika es thut. In Spanien sind sie ungemein scheu und flüchtig, und können nur an der Tränke und aus Verstecken er- legt werden. Neben ihnen und noch häufiger als sie, findet. man das Rothhuhn, ziemlich selten dagegen die Wachtel im Campo, und ganz im Süden der Halbinsel noch ein allerliebstes Thierchen, das Fausthuhn (Hemipodius gibraltariensis). Dieser reizende Vogel 'be- wohnt.in Europa nur die Tiefebene Andalusiens, und ist somit unse- rem Gebiete ganz eigenthümlich. Man bekommt ihn höchst selten in seine Gewalt, da er sich in dem Gras und Gestrüpp der Hügel oder im Getreidefelde trefflich zu bergen weils. 4) Zwei Rennvögel, und zwar der kleine Trappe (Ofis Ye spanisch „Sison und Silsot“, und der gemeine Diekfufs (Oedienemus Brepita, spanisch und arabisch „Alcaravan“. Beide im ihrer 'Ge- stalt und ihrem Wesen innig verwandte Thiere bewohnen ausschliefs- lich das Feld. Der erstere wandert, der zweite ist Standvogel. : An einzelnen Stellen des Campo begegnet man auch noch zahl- reichen Flügen verwilderter Tauben, welche in den Felsenspalten‘ der Schluchten sich angesiedelt haben, niemals in die Dörfer kommen, eben so scheu wie die l’elsentauben sind und gejagt werden. Sonst dürften nur noch in den Theilen. des „Feldes“, welche zu Weinbergen oder Baumpflanzungen umgeschaffen werden konnten, andere Vögel zu fin- den sein; jedoch sind die dann dort zu beobachtenden Arten ihrem Wohnorte nicht eigenthümlich. So bleibt uns nur noch übrig, die Thierwelt der Huerta « oda Negi & Ein Beitrag zur zoologischen Geographie Spaniens. 341 zu betrachten. Auch von ihr kenne ich drei Charakterthiere: sämmt- lich Vögel, welche allgemein bekannt sind und durchaus Afrika kenn- zeichnen. Es sind eine Bastardnachtigall, ein Pre sänger und das Purpurhuhn. Die erstere, wahrscheinlich eine ganz neue, wenigstens bisher in Europa noch nieht aufgefundene Art (Hypalais Arigonis, nobis), „Cherna* genannt, scheint die gewöhnlich vorkommende zu ersetzen. Der zweite, von den Spaniern „Tintin“ genannt, Cisticola schoenicla des Systems, findet sich blos in unserer Zone und ist ein ächt afrikanischer Vogel. Er ähnelt in allen Stücken den zahlreichen Arten der Sippe Drymoica, welche: wir in Nordost- Afrika so häufig finden, kommt aber auch selbst ständig in: Afrika vor. Man begegnet ihm in den Reis-, Hanf-, Klee- und Getreidefeldern der Vega’s, sowie im Riedgrase, Schilfe und Rohre der Flufsufer und See’n. Von dort aus steigt er, seinen spanischen Namen rufend und singend, in die Höhe, und macht sich dadurch leicht bemerklieh, während er im: Grase selbst, durch welches 'er mit der Schnelligkeit der Maus huscht, schwer zu bemerken ist. Er soll nicht wandern, sondern ständig sein. Schwerer hält es, das Purpurhuhn (Porphyrio hyacinthinus), spa- nisch „Calamon“ und valencianisch „Gall de canar“ genannt, zu beob- achten, da es nur auf wenige wasserreiche Niederungen unserer Zone beschränkt ist und von Jahr zu Jahr seltener wird. Namentlich wird es.in den Reisfeldern in der Nähe der Albufera de Valencia und in den Schilfdickichten des See’s selbst gefunden. Es soll ebenfalls nicht wandern ; jedoch ist mir dies unwahrscheinlich, weil ich bestimmt weils, dafs das in Egypten lebende Purpurhuhn regelmäfsig zieht. Neuerdings ist von Guirao noch ein zweites Purpurhuhn in Spa- nien aufgefunden worden, wahrscheinlich eine in West- Afrika hausende, bereits bekannte Art. Alle übrigen in der Huerta lebenden Vögel sind ihr nieht allein eigenthümlich, Es würde daher unnöthig sein, wenn ich sie namentlich aufführen wollte. - Die ständig dort wohnenden sind meistens Garten- und Hausvögel. Zu ihnen gesellen sich zur Zugzeit und im Winter - viele nordische Flüchtlinge; auf den Flüssen wandern Wasservögel bis tief in das Land hinein. — Zum Schlufs habe ich des Meeres und seiner Ausbuchtungen we- nigstens noch zu gedenken. Von einer scharfen Begrenzung verschie- dener Zonen kann hier nicht die Rede sein; es werden vielmehr alle Küsten Spaniens so ziemlich dieselben Meeresvögel beherbergen. Den- noch haben die Seen der Ostküste, und namentlich die Albufera von Valencia sowie der „Mar menor“ bei Cartagena, ein eigenes, ächt süd- liches Gepräge. In ihnen trifft man z. B. das sonst nirgends weiter Zeitschr. f. allg. Erdk. Neue Folge. Bd. V. 16 242 A. E. Brehm: Ein Beitrag zur zoologischen Geographie Spaniens. in Europa aufgefundene Kammbläfshuhn (Fulica eristata), spanisch „Focha cornuda“ genannt, ständig, und der Prachtvogel der Küsten des Mittelmeeres, der Flamming (Phoenicopterus antiguorum), spanisch „Flamenco oder Flamante“, wenigstens zeitweilig an. Im Winter wer- den diese Seen, wie der Mensaleh in Egypten, zu wahren Asylen für die Zugvögel und zu reichen Schatzkammern für den Ornithologen. Mein liebenswürdiger Freund, der vortreffliche Beobachter Vidal in Valencia, hat bisher an der Albufera de Valencia allein 150 Arten von Vögeln erbeutet, unter denen die röthliche Schwalbe (Ceeropis rufula, Temm), die Bart- und Beutelmeise (Parus biarmieus und P. pendulinus), der gimpelartige Rohrammer (E. pyrrhuloides), der afrikanische Kuhreiher (Ardeola bubulcus), das Zwergrohrhuhn (Gallinula pygmaea), die Marmorente (Anas anguirostris) ete. genannt zu werden verdienen. Im Meere selbst tummelt sich eine zahlreiche Schaar ächter See- vögel herum, jahraus, jahrein, zu denen im Winter ebenfalls nordische Gäste kommen. Im Mittelmeere gewahrt man aufser den als vorhan- den vorauszusetzenden Möven und Seeschwalben den Sturmtau- cher jener Breiten (Puffinus einereus) ganz in der Nähe der Küsten, deren Felsen zu seinen Nistplätzen werden, in zahlreichen Flügen, welche wie Geister des Meeres bald erscheinen, bald verschwinden, jederzeit aber durch ihren unvergleichlich schönen Reigen in und über den Wellen jeden Reisenden erfreuen. Ebenso, wenn auch seltener, bemerkt man kleinere Gesellschaften der lieblichen Petersvögelchen (Thalassidroma), von denen drei Arten bestimmt beobachtet worden sind. Im Winter kommen Scharben, Säger und Taucher zu den Genannten. — Das wäre das Hauptsächlichste, was ich über die geographische Verbreitung einiger Thiere hinsichtlich Spaniens zu sagen hätte. Hier und da wäre ich gern weitläuftiger geworden, hätte ich nicht fürch- ten müssen, den einer solchen Arbeit in den Blättern dieser Zeit- schrift gestatteten Raum ungebührlich zu überschreiten. Die vielfachen Mängel meiner Arbeit möge man mit der Kürze meines Aufenthalts und mit der geringen Ausdehnung meiner Reisen in Spanien freund- lichst entschuldigen. 243 Miscellen. . Tabelle zur Uebersicht der Entfernungen auf dem Seewege. In der zweiten Nummer der „Meteorological Papers, compiled by R. Adm. R. Fitzroy, and published by authority of the Board of Trade, London 1858* ist be unter dem Namen Passage Table eine, Tabelle veröffentlicht, welche die kürzeste re Entfernung von Hafen zu Hafen auf dem Seewege angiebt und aufserdem sowol = die kürzeste, wie die durchschnittliche Frist, innerhalb deren die Fahrt zurückge- "legt ist oder zurückgelegt zu werden pflegt, verzeichnet. Die zuletzt erwähnten Angaben beziehen sich auf eine bestimmte, in der ersten Rubrik angegebene An- zahl von Fahrten und sind demgemäfs einer fortlaufenden Correctur fähig, je - nachdem neue, dem Board of Trade zugehende Nachrichten die hier, gegebenen Nachrichten über die kürzeste und über die durehschnittliche Dauer: der Fahrt _ modifieiren. Die der Berechnung zum Grunde gelegten Distanzen sind im All- R { gemeinen Bogen grölsester Kreise, oder Linien, welche, abgesehen von den durch F die, Configuration des festen Landes bedingten Abweichungen, doch fast als sol- = FIRE r1 nn che Kreisbogen angesehen werden können; sie geben schlechthin den. kürzesten Seeweg an, und nehmen keine Rücksicht darauf, dafs vielleicht eine andere Tour in Folge der Strömungen oder vorherrschenden Winde eine schleunigere Fahrt “4 - möglich macht; ebenso lassen sie den Ocean südlich vom 56° aufser Acht. Sar: ı Bei dem grofsen praktischen Werthe, den diese auf authentischem Material "70 beruhenden und von einer hohen Autorität publieirten Tabellen besitzen, wird es h Bi gerechtfertigt sein, wenn wir dieselben vollständig in die Zeitschrift aufnehmen. 2: Die mit f bezeichneten Fahrten sind nur mit Dampf, die mit “ bezeichneten mit R Schraube und Segel ausgeführt; die Fahrten ohne besonderes Zeichen sind die ' blofser Segelschiffe. — Die englische Schreibart der Namen ist meistens beibe- halten. M | a &. 4 3} | A=| | En o bee] © | B= ABER = _2s2s2s822%5 FE EIELIFEE FHRBJIEGIS ua: 2] SAAL Et Von IseiIn „| Q .Is a EIER EINS x ESEBFIERIERT: BEI IEE IE BElssiFr as |. 21. ae neh a I | | I | ajutla nach: Be Adelaide nach: pulda en | 167 | Cap der Gut. Hoffgnne | 2, 49 | 51 Se | Helena, St. . ? 1162, | »131,10 | 15 490) Melboume . . | t1l +6 | — 540 ‚123 — 1,720| Plymouth (üb. C. Hom)') 4 83 99 12,885 \ 2 52 52 3,398] Plymouth (über d. Cap | | | | der Guten Hoffnung) — — | — 11,255 ' 2 14 15° 1,172| Shanghai. ...| 1)54 | — | 5,680 „. a Son ' 585] Aden nach: | \ ze PR Bombay Jin 11:35 | =" 1,635 as, St., Insel. . 2) 5 15 612] Bombay . _ — 1,635 I hen Fed nach: | | Mauritius. . eape +10} 2,322 oint de Galle. . .| 1 7 | — | 896| Point de Galle. Br: 2,115 Mt Natal . . ) .ı 152 | — 14,252] Suer „| 17 | 1,310 Gi 6* » 244 Von Akyab nach: Cap der Gut. Hoffnung Canal, dem un Helena, St. Alexandria nach: Malta aan 8 Malta . Marseille . Rhodus Smyrna Southampton (Aufenth. in Malta u. Eee) Suda „a ‚ao. Ham: Hriesta aa. ns Zantepee. Algier nach: Gibraltar. . .. Maltaisor Sohsa > Smyma . Tunis . Algoa-Bay ach: Delagoa - Bay & Helena, St... .u..n«4 Plymouth . .. Simon-Bay. . . . Amber, Cap, nach: Bombay. . Amboyna (Molukken). nach Calcutta . Amur, Flufs, nach: San Franeisco . Anambas nach: Java Head . Macao . Anjer nach: Cap der Gut. Hoffnung Canal, dem englischen Java Head . . . IMaenonıd + Hnaharehe > Natunas . . Port Natal . Sydney Antigua nach: Bermuda. Havana Port Royal. . Antonio, St. (c. Verde) nach: Galcuttgirı ._... Madeira . Madras E Trinidad (S. Atlantie) Anzalıl der "Fahrten Kürzeste Fahrt, Tage Durehschnittl. Fahrt, Tage 81 ‚131 91 144 +33 16 _ Kürzeste Entfernung in Seemeilen Miscellen: 5,376 11,094 7,085 819 819 1,470 334 540 2,960 430 1,197 597 408 570 1,250 380 630 2,077 6,149 390 2,308 3,150 3,946 Apia (Opolu, Navigator Islands) nach: Valparaiso Arica nach: Callao Copiapo . Islay . Jelayı ir Pisco . Ascension nach: Azoren Bahia . Barbados. Cape Coast . Cap der Gut. Hoflung Dartmouth .' Dartmouth . Lizard Los, De, Islands Ply mouth Plymouth Portsmouth . . . .» Sierra Leone Thomas, St., Insel . Athen nach: Plymouth s Avatcha-Bay nach? Kotzebue - Sund Monterey Azoren nach: Liperpool Madeira . Eu Plymouth ... Portsmouth . Portland . Bahia nach: Demerara Maranham Mauritius New-York . . Norfolk (Ver. Staaten) Pernambuco. Pernambuco. Portsmouth . Rio de Janeiro. . Rio de Janeiro . Southampton . Barbados nach: Antigua . Azoren Demerara Jamaica . Anzahl der Fahrten Kürzeste Fahrt, Tage Durchschnitt!. Fahrt, Tage ur Ka Seemeilen | Kürzeste Entfernung in ados nach: ’ a Guayra . aranham . n Ben m» outh ‚Singapore ibaya’... *, ° Fi ‚th hurst nach: Bi S. Cork Eder eenock. : h ‘e Isle (Labrador) nach: Liverpool . . iz6 nach: Royal . era Cruz . . encoolen nach: Port-au-Prince . Port and (England) ort Royal (Jamaica) ' ln FR ainion Anzahl der Fahrten Kürzeste Fahrt, Tage E EEE SL, l»e Peapevdoe ww vvweNrWnx ut or x ww | mn = 5 g B=: & 8 &6 a = an Aarl.e 44 470 20 | 1,307 234, 1,081 — | 3,498 = 3,498 1,054 4 435 t2 435 —_ "550 86 111,203 14,758 20 | 1,988 — ‚19,238 _ 510 — 380 +22 412 — 11,156 — | 4,884 174! 649 12!) 820 41 | 1,850 14,657 133| 1,183 5) 897 91 928 134 730 14 777 35 | 2,858 "25 | 2,858 1341| 943 35 | 2,918 14 | 1,103 — | 2,700 +16 | 2,973 24. | 2,970 #26 | 2,970 9 833 = [4,637 +7 | 4,637 474| 2,050 Von Bombay nach: Cap der Gut. Hoffnung Cochin Mm. Colombo. Helena, St... Hongkong (ind! zu Point de Galle, Pe- nang und Singapore) Liverpool . London . Macao Mauritius Muscat Penang . Plymouth Point de Galle . Point de Galle . Pulo Way Trincomalee Tuticorin Zanzibar. . . Bonny River nach: England . - Lagos . Bosphorus inet Gibraltar Boston, V. St., k nnch: Liverpool Bourbon, Insel, nach: Agalegas . Mauritius Natal . Bow Island nach: Tahiti (Otaheiti) . Brava (C. ec nach: Ceylon Martin Vas. . Rio de Janeiro . Brest nach: Gibraltar Buenos Ayres nach: Liverpool F Montevideo . E Rio de Janeiro. . . Bussorah nach: Caleutta. . Caleutta nach: Amboyn . . . Bencoolen Bombay . Bussorah . Cap der Gut. Hoffnung Anzahl der Fahrten www - ee | ER EER — se — ©) in Tabelle zur Uebersicht der Entfernungen auf dem Seewege. Kürzeste Fahrt, Tage Durchschnittl. Fahrt, Tage 120 245 Kürzeste Entfernung in Seemeilen 246 Ceylon 45: | Demerara "| 21 90 | Helena, St.. | 8 54 | Java . 133 Liverpool 13/84 London . 1.7145 Macao 11,64 Madras ı—| 8 Madras Er 13 | Madras . "3,27 ı Manilla | —| 58 | Mauritius | —| 30 | Penang . \—, 18 Plymouth | 8) 84 Port Jackson .. — 66 Rangoon, |—| 8 Suez (Landung; zu Ma- | dras, Karen |e und | Aden). . — 24 Caldera nach: ya Cobija . all, Land’s End (England) 3 84 Californien (St. Jo- seph) nach: | Land’s End (England) | 1122 Callao nach: Arica. 11, — Disappointment Island a Galapagos - Inseln . | 2 9 Guatelma (Nicoya) Id 22 Guayaquil 4, 5 Hongkong | 1.50 Honoruru | 2) 25 Iquique . I° 4193 Mazatlan. | 1 26 Panamä . 1 19 Panama . 17 76 | Payta. 1 6 | Payta. t2| 73 Plymouth 11140 | Portsmouth . 1) 94 Rio de Janeiro 2| 46.| San Blas. 4| 27 Valparaiso . - . 19 15 Campeachy nach: | | Havana . Jr 2 44 Tampico . } 1123] Vera Cruz ı | 2 ua || Canton nach: | Anjer. h 1, — Anzahl der Fahrten Kürzeste Calcutta nach: | Fahrt, Tage Durchschnittl. Fahrt, Tage Kürzeste Entfernung in Seemeilen 30 900 95 10,296 | 82 7,088 44 2,140 1414 11,379 130 11,449 72. 3,100 19.730 +34|.1.230 +7 | ouaahh 69 2,960 47 , 3,188 29 | 1,280 110. 11,160 88. 5,710 13.680 +254| 4,580 | \v280 93 | 8,890 | — 12,230 +4... 580 — | 3,729 94) 1,000 — | 1,410 6.) 200 — 9,903 31 | 5,145 — \.,.650 — 12,395 — | 1,340 +9 | 1,340 eltern aß +34|.. 500 19,824 — ).9,940 52 | 4,883 29. ,.2,300 21, 1,292 114) 550 | —1|..,,440 3.|..320 | — 1,820 Miscellen: IPB) Von FE BE ed ie] E Eller: Cape Coast nach: Gambia River . 1 24 Liberia —_ — Portsmouth . ı. 3) 51 Sierra Leone . . 5 10 Cap der Guten Hoff- nung nach: Amsterdam Island. 2119 Ascension TEN Azoren | 2 33,4) Caleutta. . —' 40 | Equator, The (Alan) 16 17 Gravesend . 8 45 Helena, St... 53 8 Helena, St... 12 +10 Helena, St... - 6 °9 Java Head . E | +41 34 Johanna . ie Liverpool 5 7 54 Liverpool ; "2"32 Lizard - 2 40 Madras 5 39 Mauritius | 9 17 | Plymouth 15, 30 Plymouth —_ Portsmouth . | 4 53 Portsmouth . *2*46 Southampton | 12143 Trincomalee | 8 36 Vandiemensland (Ed- | | dystone) . 1 26 | Cartagena (Nen-Gra- nada) nach: Chagres . au a Chagres . : | — Crooked Island | 4|.26 Port Royal . | 8 6 Port Royal . Il Santa Marta |. 478 Thomas, St. | — Ceylon nach: Cartagena (?) 4. 4 England . ... 2106 Port Royal (?) . |-8 6 (S. auch Colombo, Galle | und Trincomalee.) Chagres (Panama) | nach: | St. Andrew Island. . | 1 8 Cartagena A 4 4 Port Royal . a 58h 6 Kürzeste Entfernung in Durchschnittl. Fahrt, Tage wo or] Tabelle zur Uebersicht der Entfernungen auf dem Seewege. 247 I ie a | | Ei | :sP88 255 BEIPE Pe FARBE Von Baia 8es SPIFEIFEIFER WEITE IER FE: Rear| 5 ı Pearl oa | Delagoa-Bay nach: 4 4,07 580] Bembatooka 194 — 970 i 2 91.94 8350| Simon-Bay. . 28 | 144|,1,050 ae ; 2 7| 9.600] Demerara nach: ocos-Inseln (Still. | Carlisle-Bay ernhadi) 2| 1 3411n1841.1:7390 ©. Ocean) nach: | | | Lizard 11 40.) — | 3,690 u } 1 60.) — | 1,207] London . 3.) 38 1.4,030 lipperton Rock . 1| 32 | — | 1,355 | Port Spain . A| ad 340 lombo nach: | :doal Mon Diego Ramirez nach: hatt | | i b 1 18. — , 1,817] Montevideo . 1,43 | —|.1,585 : 2 10. 15 890 | Disappointment, Cap, Heap der Gut. Hofinung 1 46 | — |4,316 | nach Bodega 1| 8.1 — 510 as... 2| 5 | 53'..580| Downs, The, nach: | _ Mauritius S# 2| 19,1281\,25090)] Adelaide. . . . 1.1100 | — 11,460 neomalee. . . 1,8 | — 310] Bahia ...1.83| 39 | 44 1,.4,476 Ooncoption. nach; Caleutta . 4) 87 | — 111,370 io de Janeiro. . 11 40 | — | 3,440 | Kitts, St. 15 28 | 39.|. 3,644 Valparaiso . . 3) 52.) 63) ',240)| Mauritius 1.23] 77.1096 | 8,240 Constantinopel nach: Melboume . 5| 72 | 87 111,545 Malta. . . 4 t2 +5. 16 835) Montevideo... 3) 71 | 79 6,145 Marseille .°. . „| +7) +7) +9 1,475] Neu-Seeland (Südcap) 5.105 |113 | 11,944 "Smyrna . AN: 280 | Rio de Janeiro. 9| 45 | 52 | „5,170 Trapezunt —| — | 13 510] Sydney . ./ 1 85 | — 111,964 Copiapoö nach: Dublin s. Cork ete. | "Arica . ; Ze #2 530 | East Cape (Madagas- | "Valparaiso . Il T2 360 kar) nach Bombay. | 1) 15 | — |. 2,430 Coquimbo nach: Easter Island nach: - Cobija 73 43a 455] Ducie Island 1 M | 850 "Montevideo . 1, 30 | — |.2,960| England nach: "Mas a Fuera 11 37 | — 545] Algoa-Bay. . . —| — | 65 |..6,100 Rio de Janeiro. 31.35 | 42 | 3,870] Calcutta . E 17| 96 |116 11,100 ' Valparaiso . 3 4. 54 .,210| Caleutta‘. +78 6 | — /11,100 ri nach: Caleutta . ”3\ 94 | 96 | 11,100 ‚Gibraltar. 2 6 | 19 | 1,300] Cap der Gut. Hoffnung — 27 |F40.|, 5,730 Malta. . 8 3| 6 335] Equator, The (Atlant.) Smyrna . 1 4\ — 550 nach: | bork nach ; Azoren . . 4 12. | 19 |. — Bermuda 11 28 | — | 2,700] Cap der Gut. Hofhung 21: 24 RI I — - Caleutta . | 2! — [123 ..)11,190| Liverpool 10) 25 | 33.1 — Gibraltar 3| 9 | 414 | 41,090] Lizard 7 17.1124 len Gibraltar. +1 +6 | — | 1,090] Plymouth . 16| 22 | 314|..— _Oporto .. 1 6 — |. 655| Faiklands-Inseln: ang nach Falkland - Sund nach "Batavia . . 1/ 10 | — | 1,040 Cap Homö. » .| 41 412.| — 330 © Kedgeree ; 1 30 | — | 2,920 | Port Egmont n. Bahia ı 111427 | — | 2,542 'wes (Isle of Wight) Königin Charlotte-Bay © nach: nach: Valparaiso 2| 29 | 30 ‚830 St. Vincent (C. Verde) | t1| +84) — | 2,356 | Falmouth nach: rooked Island n nach: Montevideo... 1) 58.| — |.,5,890 Bermuda . 11 7 | — | ‚2756| Felix, St., und Am- " Falmouth 25, 2i | 34. | 3,590 brosius- Inseln nach: Havana . . Tina] 2.4 480]! ,Caldera.: .v. »ı.| 1l.4|— 500 248 Anzahl der Fahrten Kürzeste Fahrt, Tage Durehschnittl. Fahrt, Tage Miscellen: Kürzeste Entfernung in Seemeilen Anzahl der Fahrten Kürzeste Fahrt, Tage Durchschnittl. Fahrt, Tage Kürzeste Entfernung in Seemeilen Fernando Po nach: Cap Horn .®. Plymouth (Laiidung zu zu Cameroons, Old Ca- labar, Bonny, Lagos, Accra, Cape Coast, Liberia, Sierra Le- one, Bathurst, Go- ree, Teneriffa und Madeira). . Foule Point (Mada- gascar) nach: Simon-Bay. .| Franeisco, San) nich: | Honoruru Bel San Blas Valparaiso . A Friar's Hood nach: Madras Pulo Way .. | Galle, Point n nich: | Aden. Bombay . Bombay . ar Oıleutaren ht Madras Mauritius Melbourne . Natal . Penang . Pulo Way Simon-Bay. Suez . Trincomalee Gambia, River, nach: Sierra Leone : Spithead . , | dastar Island nach: | Java Head . . sn Genua nach: \ Gibraltar. ih, Malta, . \ SR Gibraltar nach: | Algier A Lissabon. Malta. en Molta, VB .BU u .- Marseille. Neapel ER R Bismouth‘ ). .ı. 5% Plymouth - Portland; ..*. ıı Es elel Be a gt u num con wo or {0 ) 1139 5,096 > ”n 0 [9 Gibraltar nach: Portsmouth . Southampton Tunis. Goree nach: Porto Praya Sierra Leone Teneriffa Greenock nach: Batavia . Demerara Hobarton Valparaiso . Grenada nach: Port Royal (Aukes | Port Spain : Tobago . Greytown nach: Havana . . Guayaquil nach: Callao . Callao Panamä . . Hakodadi koch: Nangasaki Shanghai : Halifax nach: Barbados Bermuda Boston . . John, St. Sewfounat) | Liverpool Madeira . Portland . Quebeck. Spithead . Spithead . Spithead . £ Havana nach: Barbados Belize Bermuda Falmouth Honduras, Cap Kingston Madeira . Nassau Nassau New-Orleans New-York New-York Plymouth -| Fes.alR oow. Duo on or m o „tel —» nn Von vana nach: "Port Royal ar "Portsmouth . Tampico . "Thomas, St. Wera Cruz . u. a Hawai | (Sandwich. SR ) s. Owhyhee. Helena, St., nach: "Ascension 1 "Ascension Azoren (Flores) . "Cap der Gut. er Equator . . "Gravesend "Lizard . "Mauritius "Plymouth "Portsmouth . "Portsmouth . . "Vincent, St. (C. Verde) Hobarton nach: “Canal, engl. . . "do. um d. Capd G. H. "Manila e "Swan River . "Sydney . Honduras nich: Br. re Penang "und Galle) . . . p der Gut. Hoffnung önth" 0, jgapore noruru (oder Ho- olulu) nach: Anzahl der Fahrten Kürzeste Fahrt, Tage tr I 1 | Bela. ST & 2) Durchsechnitt!. Fahrt, Tage Kürzeste Entfernung in Seemeilen Tabelle zur Uebersicht der Entfernungen auf dem Seewege. Von Honoruru nach: Macao 3 Monterey 3 Otaheiti (Tahiti) . Valparaiso . - Horn, Cap, nach: Ascension Conception . Equator (Atlant.) . Guaymas - Liverpool Liverpool Pernambuco Plymouth Plymouth Rio de Janeiro Valparaiso . s Vancouver Island . Vincent, St. (C. Verde) Vincent, St. (C. Verde) Jamaica (Port Royal) | nach: Barbados Bermuda Campeachy . Cartagena Chagres . 5 Crooked Island Fayal . Greytown Halifax . Havana . Honduras Kinsale . Maracaybo . Portsmouth . Portsmouth . . Saint Jago (Cuba) Santa Marta 'Thomas, St. . Trinidad (Cuba) . Vera Cruz . Jaquemel (St. Dein. go) nach: Port Royal (Jamaica) Port Royal (Jamaica) San Juan (Portorico) Java Head nach: Caleutta . Cap der Gut. Hofnung Helena, St. - & Mate. 1... % Kürzeste Anzahl der Fahrten Tage Fahrt, hin rem — oOr-onw%m Durchschnittl. Fahrt, Tage Kürzeste Entfernung in Seemeilen 250 Miscellen: u el@o| 8 „2er 82 wB Von 195 else E% Von aarlsgsa55 "aHass Hin ee: Java Head nach: | | La Guayra nach: Singapore . . 11 BON 570 | Barbados Jervis Island mseh: a; | Cartagena Honoruru 1.411 2301 |.3,514 | Port Royal . Johanna nach: | | Port Spain . Bombay . 5,«19:| 29) 350%] St.Thomas. . . Madras . 11 23 — ) 2,860] Land’s End nach: Maldives. 1 26 | — | 1,900] Guaymas(Californien) | Seychelles 11 61 — 480] Horn, Cap . - John, St. (New-Bruns- | New-York wick) nach: | | “Palmas, Cap Halifax . 226 250] Vancouver Island Lissabon. 11 32 | — | 2,665 | Vandiemensland Johns, St. (Newfound- | Launceston nach: land) nach: Caleutta . 2 Fayal. 1 413 | — |.1,164 | Liberia nach: Balifax . LER) 8 |. 520] Cape Coast. Holyhead r1)| +8. — | 1,895 | Sierra Leone Liverpool +2) +8 | +9 | 1,952| Lissabon nach: Pernambuco 4 20 | 31 1, 3,482] Barbados ... Plymouth 411 16 | — 1,905] Falmouth Plymouth +1 it 12 | — 1 1,905| Gibraltar. Portsmouth . . 4| 19 — | 2,020 | Gibraltar. Kara-kakoa (Sand- Liverpool wich -Inseln) nach: | Madeira . Starbuck Island 1\ 23 | — | 4,490 | Malta. Kedgeree nach: Plymouth Madras . . 8) Hnlapa 680 | Portsmouth . Keelings- -Inseln Rio de Janeiro nach: Simon-Bay - Swan River . ‚4129 | — | 1,586) Southampton Trincomalee . ‚ 1) 418 | — |.1,550| St. Mary (Azoren) King Genese Sound | Liverpool nach: nach Aden. . Geylon- ı t2t15 |t15 | 3,295] Akyab Hobarton ı 1/12 | — | 1,505] Bombay . Port Jackson . . ‚ 116 | — | 1,770| Buenos-Ayres . Kingston (Jamaica) | Caleutta . h nach: Callao 3 Havana . —| — | +24) . 700] Colombo , Santa Marta —| — | t35) 430] Equator, The . Vera Cruz . . '—| — | +5 | 1,200) Equator, The . Kitts, St. (Christopher) | Gibraltar. nach: | Halifax . Downs, The . . 15) 31 | 43 | 3,644] Havana Kotzebue-Sund nach: Hongkong San Francisco . 1123| — |1.2,720| Huasco ı. Kurrachee nach: Lissabon. Gravesend . 21111 1111 10,652] Malta. Helena, St. . 31.64 | 72 | 6,320] Mauritius Lagos nach: | Mazatlan Fernando Po —| — | t2 | 360] Melboume . Kürzeste Fahrt, Tage der Fahrten w w > | =» — «Do — Se Durchschnittl. “I oeo 105 635 Ar Fahrt, Tage 115 /4 78 Kürzeste Entfernung in Seemeilen Tabelle zur Uebersicht der Entfernungen auf dem Seewege. 251 a ri) | In [= L EEE APPELPER E3 FERLIEIET aE am 36 3574 £ Von Sun INV.IS 32 Von San IN .|SH® e er Eau HE -IERS FIRE: ! “3383253 BPIEIFE TER # | SIE a” u Bas 4” ji 1} 1 1} Liverpool nach: | Loando nach: Dr eh boume . ö | *3*62 *67 11,555 | Lissabon. 11730.h25& I1n8;912 -York || — |t11$ 3.016 London nach: | | rtland (Ver. Staaten) Tata 1 2.770 Barbados 1) 34 | — 113,795 uebeck . .| 1143 \.— "2,634 Bombay. . 1 81 | — 10,595 Q | — +94/+114).2,634 | | Cap der Gut. Hoffnung 2 — | 62:)..6,065 1145 | — 5,130] Dublin —| — | 13311580 . | 41141,|,— 111,598 | . Gibraltar. . |r18| +43| 173|..13330 | 1 90 | — 111,974 | : Hobarton .ı 41101 | —.4113495 \ 6b 71 | 85. |) 8,796| Hongkong Fl 2.103 105 ‚12,904 | Madras . | 3 — 1125.) 10,830 1] 79: == 535] Pernambuco 6) 29 | 49.|.,4,170 111217 880] Rio de Janeiro 6 52 591) 55240 | 146 |. 825| Sydney . . 5 — | 86 , 96 | 12,040 | 1) 4 | — 11,500] Lucia, St, high: | | 1 7 |. 225| Plymouth il 26 | — 1.3508 Br | St. Jago de Cuba NS, 960 2 82. |.92 111,215] Macao nach: terdam Tetand) 2| 79 | 79 1,8,564| Anambas 6 5.1.83). 1,201 Änjer. . .... 283. .91.10,830| Batavia . 1 10 | —.r 14244 “Bahia. . | 1) 35 | — | 4,180 | | Caleutta . — 64 | 82,/ 3,100 Barbados 31) 23 | 381) .3,448] Gaspar Strait . 4 9, 931.4,550 "Batavia . 1 94 | — 10,905] Helena, St. . 1 9 Iı— | 8,548 ımbay . 3| 88 j122 |10,280| Java Head. : 9, 12 |.225 ‚41,816 Dadi 7 a 3 7 g 975| Manila 3 .d 6 660 Cap der Gut.Hoffnung , 1) 77 | — | 5,740| Natunas . 71 5.1.12 660 istmas- Insel \ 2] 84 | 95 10,638] Pulo Aor 96) rer "Crooked Island \..7134.| 36 | 3,570) Singapore . 6 11.|,22:|.4,430 Equator, The . '45 20 35) — | Madeira nach: 1 a ' 11) 46 | — 4,090] Antonio, St. | 31 6) .64,.1,042 45| 6,10. 1,005| Barbados „= r12 #134 2,605 ‚16 25 | 41 | 2,345| Bermuda. N | 2| 24 |.27 |1, 2,392 251 27 | 40 | 3,800| Cadıx . . 2 10 | 11.|..0526 12|.. Shut |& 226 Carlisle-Bay (Barba.) 7 18 | 25 |-2,605 135 5.143) 1,158| | Ferro. u... .| 1l 4 | |...300 8 82 106 10,502] Friar's Hood _. ' 1) 89 | — | 9,005 2| 76 |, 78 | 7,994] Galle, Point de 1131. | — | 8,885 1) 21 | — | 1,855] Johanna. 11 74 | — | 6,648 nu, St. Kan Ocean) 1) 77 | — | 8,570] Lissabon: 3. 535 21104 |111 11,020] Loando . +11127.| — 1a474 | 1| 42 | — | 3,826 | Madras .. 2 82 | 90. 9,375 .| 2) 25 | 254] 2,281 | Malta. 41 19 | — | 1,580 ! 3) 35 | 42 | 3,890] Pernambuco \ 2) 22 | 28 | 2,645 | 1.24 — 12,683] Plymouth +5 | +7.) 1,200 11109 | — 11,340] Porto Praya 3 5 9 |. 1,080 # 4103 109 11,716] Rio de Janeiro 3! 30 | 36): 3,720 { 1201 9 | 20 , 1,375] Santa Cruz... 2.2.00 260 midad. (Au. Ocean) | 1139 | — , 4,424] St. Domingo (Sarimas) ‚ 41, 22 | —.1..2,950 Vincent, St. =“ Verde) , 1/36 —.,.2,210| Sierra Leone t1,112 | =] 4,565 ando nach | Simon-Bay . ' 3 51 |1,73.] 4,602 i | 1| 14 | — | 1,641] Tenerife. . —| — [»414]..260 { ‚ 1142.) — | 1,188] Trinidad. 3, 23 | 28 | 3,263 Von Madeira nach: Tristan d’Acunha . Madras nach: Akyab Anjer. Beneoolen . Bombay . Caleutta . Caleutta . Cap der Gut. Hoffnung Coecos-Inseln Colombo. Galle, Point de Galle, Point de Gravesend Helena, St... Kedgeree Penang . ® Port Jackson . Port Louis . Pulo Way . Rangoon. Sand Heads Swan River. Trincomale . Malacca nach: _ Madras . A Pedra Branca . Penang . Singapore . . . Maldonado nach: Rio de Janeiro Valparaiso . Malta nach: Alexandria . Alexandria . Constantinopell. . . Corfu. Dardanellen. Egina. Gibraltar Gibraltar Hydra . Livorno . Marseille Marseille . . Neapell=."7.=@, Plymouth . . Plymouth Pöksmhonth . Portsmouth . Smyma . . . _ Anzahl der Fahrten Kürzeste | a u | on | % nu Sm.) I wm Dr ”n nv [>25 De Durchschnittl. Fahrt, Tage Fahrt, Tage 35 | 11 | 11% a8 | — 20, — ae 6 | 17 = +3 40 | 54 ur 10 me +23] +3 ®5 | #5 86 |100 | 5 | 10 8 | 20 52 | 61 23 | 29 hr; er 74 3 34 62 | be 219 23. u ER: 617 4 12 12 | 14 35 | 39 8 | 10 — +3 _ |47 4| 6 10 | 10 4| 6 9 | 16 —|$ 5/5 4 :? 9/1 — 142, 3.05 29 131 +10 +11 18 | 31 +8 | 108 6 8 Kürzeste Entfernung in Seemeilen Miscellen: Malta nach: Toulon Tripolis . Tunis. . Manila nach: Caleutta . Cap der Gut. Höffnäng Gaspar Island . : Helena, St. . Hongkong Macao Pulo Aor Singapore . Manzanilla-Bay nach: San Blas Valparaiso . Maranham nach: Trinidad . Marquesas nach: Woahu . s Marseille nach: Alexandria ame in Malta) . Algier Malta . Malta. . . Marta, Santa (West- Indien) nach: Port Royal (Jamaica) Mary, St., Insel, nach: Mauritius s Simon-Bay. . . . Mas & Fuera nach: Diego Ramirez Masulipatam nach: Madras . : Mauritius nach: Aden . a - Bembatooka . . . Bombay . Calecutta . Cap der Gut. Höffiung Cap der Gut. Hoffnung Cap der Gut. Hoffnung Ceylon (Galle) . Downs, The Helena, St. . Hobarton Liverpool Madras . . Mary, St., Insel Anzahl der Fahrten Kürzeste Fahrt, Tage [> 0 I | I: _ FAR. gri85: EM a8 55 FEEISE: Eu [=} [=} RA [elbourne "nach: yab - ; Ascension (um C.Horn) scension (um das Cap -d. Guten Hoffnung) Bombay. . Bristol’ (um C. | Horn) Bristol (um das Cap d. © Guten en Calcutta . 3 ‚Callao .. . Ceylon (Pointde Galle) Ceylon (Point.de Galle) Falklands-Inseln Falklands-Inseln - Gravesend (umC.Horn) " Gravesend (umdas Cap “Horn, Cap . "Hom, Cap... $ "King George Sound Eiverpool(um C. Horn) verpool(um C. Horn) N Liverpool (um dasCap im der Gut. Detiape) Madras . . . nila ritiun . Neu-Seeland (Südcap) Pernambuco (um Cap "Hom). . = (um. Horn) Plymouth (um €. Horn) mon (um das Cap der Gut. Hoffnung) | ' Rio de Janeiro _Verde- Inseln, ( Cap ! 1: sina nach: I Neapel z Pr cha nach: Bo mbay . a ha Anzahl der Fahrten Kürzeste Fahrt, Tage Durchschnittl. Fahrt, Tage Kürzeste Entfernung in Seemeilen der Gut. Hoffnung) | Tabelle zur Uebersicht der Entfernungen auf dem Seewege. Montevideo nach: Buenos-Ayres . Falmouth Rio de Janeiro Rio de Janeiro Valparaiso . a Monterey nach: Guadeloupe . Honoruru 5 Magdalenen - Bay. 8 Moreton-Bay nach: Calcutta . Moulmein nach: Helena, St... . Muscat nach: Bombay. . Nangasaki nacht Hongkong Nareondam nach: Macao . Benanplned Di drap) Singapore . . | Nassau (New- Por dence) nach: Bermudas . Bermudas . . Cay Sal . a a Hirbenr. Havana . . Port Royal a | Portsmouth . Thomas, St. Natal nach: Cap der Gut. ur Helena, St. b =” Natunas nach? Java Head . Macao Natalıatı:. \. Neapel nach: Genua Gibraltar. Livorno . Maltar > ix Negapatam nach: Kedgeree . Neu-Seeland " (Süa. | | Cap) nach: Liverpool . . » Plymouth . . Anzahl der Fahrten . Kürzeste Fahrt, Tage 253 Neu-Seeland (Wel- lington)' n. Shanghai eg g = =) 32: 8= ERS EEE: 23388 A8| 3° 1,3.) 110 61 | 5,888 13 |; 1,030 +42) 1,030 51 | 2,760 u dt — | 2,087 = 900 — |,,5,400 hai BO 9| 840 74| 1,080 — | 2,390 — ai: 1580 — |: 960 7 |..727 t44| 277 64 210 — |. 500 2.|..310 — |: 660 84 |, 3,255 +17 |. 860 10.) 740 34 | 2,447 8) 690 94) 660 — | 5,060 — 11330 12. |...990 5 |...:250 54... 330 16 |. 812 79..| 41,700 107 \41,510 254 | Miscellen: oldo| 8 o50| 58 SIT EIEr PEIFR EEE? Von EIKE Von EIER a E5 SBlSElSE 555 aBSELAESE 2383083 saS 2308, ala; ae: New Brunswick (St. | | Panamä nach: | John) nach: | | Neu-Seeland gu u lo Lissabon . . 4) 32.) 0085665 land) . . — 176,4 New Orleans nabk: | | | Realejo . . 4) 13: ah 80 Havana’. ... 2.1 — h}3 570| Sandwich - Inseln (Ho- | Vera Cruz . . 4 — | | HAmngIsl0 molulu) .Ur 1 —| “Im | 4 New Providene | von San Francisco. . . | tıtlaı)ı 18 nach Land’s End. . | 1) 27.9 — 13,575|| Tahaiti . .".. .1-| — | Zoe New York nach: | Vaneouver Island . . | t1 15, — 13 Cowes 420.) — 13,065 | Vancouver Island | | | | Cowes — t10 +13 | 3,065 (Nootka Sound) .ı — —.ı — 13 | Havre . 1, 22.| — 3,125| Para nach: | John, St. (Sewfoundt) 4176| — 1,080| Carlisle- Bay re Be Bikabon- | 4 20.| .—.)72,940 Mos}; te. ein . 1021 71074) 1,1208 Eiserpool..t. ;|. \ 4| 13147) 3,016 Payta nach: | & Liverpool 0-1: t125) 3,016| Callao . . 2| 10 | 123 Plymouth . . . „| 124 | —12,960| Pedra Branca nach: | | u; Portsmouth . | 4) 31.| ==0118,075 | Macao . . 1.49) 18 | 1,400 Rio de Janeiro . 1,48 | 4,725 | Penang nach: |» Ani Nootka (s. Vancouver | | Galeutta)i MER . —| 46-| 31 028 Island) nach: | | | Galle, Point de . .„ 7’ 146) 101,28 San Francisco . | 4 40.| —=“jn740 || Helena, St... . . . "295195 6,70 Nore, The, nach: ron Macao . ' 2] 26-1301. 1,840 Hammerfest. . 5 1) 24. — |1,380| Macao (Ost- Pasunge) 1731 — ua Nukahiva Island Madras 12) 9) 17 | 1,26% mach Bow Island. . | 11:6. — 550| Malacca . "Seh 9 Oporto nach: | | Port Jackson . 461 | | Plymouth . .. .. Hl r4 1 — 609| Rangoon. ... . .ı 4 11.4 — Southampton . . +3) 33.) +4 730| Sand Heads. | 3] 10 | 14 | 4; Otaheiti (Tahiti) riach: | Singapore 67 Mt Bay of Islands . ' 1) 23. — 2,200] Singapore 2. — |}? Honoruru 2 3) 18 | 23 12,378] Teincomalee . . . | 2| 16 12101145 Pelew Islands . E 1) 92 | — | 4,750| Pernambuco nach: Pitcaim, Insel. . . 2 15 | 1453! 1,170! Bahia. A 14 3 [6 Portsmouth . 4) 90.|.— 111,530 | "Bahia. . . | —| —-| #24 Tongatäbon. . . „| 1) 42) — 114,468 | John, St. (Newtound- | Owhyhee (Hawai) | | .\ land) . . ./ 4] 48.| 3% nach Otaheiti (Tahiti) | 41, 27. — |,2,224 Liverpool 1 Nen2riga MR Palermo nach: | | Liverpool . . . . *4#30 [14,056 Gibraltar. . . | +1] +4 !P7940 || "Madeira... . „4 r1lt24-| — 02,64 Palma (Canarische In- | Melboume . . . . 101] 601 — 8,8 seln) nach: | Plymouth . . 31 28 135 | 3,87 Tristan d’Acunha‘. ., 2| 34.) 36.) 3,935 | Vincent, St. (C. Verde) 1—[ +7 110 | 1,60 Panamä nach: | Petropaulowski | Acapulco -» .,: . | :2u20 NEzERU AA nach: | Cocos-Biselmil. ©. ..| 41.11.) = 540] Amur, Fuss . . . ED Freundschafts-Insen | | Mazatln' . .. .-ı 41133.| — (Tongatabou) . . | — — 1 15,950| Pisagua nach: 4 Serso tere | 0. | | | Cork). , 1) 89 | — 1198 Insel) . . 1 | 860 Pitcairn, Insel, nlche . 7 Mortgas Gambier- Toseln . 0b) ul 3,800 | Otaheite (Tahiti) . > 2) 12 34h Guayaquil .0b. 0. „ipreaude tb "780 Valparaiso .''. . „| 1124.) oil Tabelle zur Uebersicht der Entfernungen auf dem Seewege. 255 v | 3 =] | 3 o| ö SehEhsds BEIRS: IE , „agEsasz BPIFEIER ER * Hlarl a ” Marl a | I | ymouth nach: | Porto Praya nach: Cap der Gut.Hoffnung | 1) 43 | — | 5,780 | Gambia River . 3.3. 54 420 ‚Cap der Gut.Hoffnung | — — 138. 15,70 | Gore. ..... 1 60- 360 Eguator, The‘. . . | 6) 19 | 29.1. — Sierra Leone 6.51 64720 Fernando Po (Landung Teneriffe. . —| — | 411850 in Madeira, Teneriffe, Porto Rico (San J Ban) | Goree, Bathurst, Si- | nach: erra Leone, Liberia, | Bermuda . 11 .8. — 830 - Cape Coast, Accra u. | | Carlisle- Bay (Barba- | Lagos) . | — — it31 4,130 DR) San). 1412 — 460 Säbraltar 3 8/10 | 4,044 | Jamaica (Port Royal — | +3 620 Gibraltar | —) —|t4 | 1,044 | Jaquemel —| —.| }2 390 Jelena, St t1t24.| — | 4,210] Southampton . . .„. 117) — | 3,610 Tongkong *1#77. | — 12,620 | Portsmouth nach: | Lissabon (til pa] — 764 | Barbados 5 Ar Mdeirass „cu . - 11 10.) — |) 1,200 | Caleutta. . . . » 121107 109 | 11,280 Madeira . . . . .) — = #77151,200.|! (Calcutta - ; +21+68 +71) 14,280 Malta. : . 2. 2. Krlt8 |) 2,020 | "Cap.der Gut. Hofiuung ı 549. 53 | 5,898 Melboume . . . . 6) 69 | 88 11,336 | Gibraltar. ı 4) 13,| 4015160 Melboune . . . .ı *1*59 | — 111,336 | Madeira . . | 4) . 85] 0-tum145320 Moreton-Bay . . 11100 | — [12,175 | Neu-Seeland (Südcap) ı .2| 96 101 14,855 Neu-Seeland (Südeap) 1) 96 | — 11,735 | Rio de Janeiro ‚ 411 39.) — | 5,060 Singapore . . #1,*67 | — 11,380 | Sierra Leone‘, . t116 | ==] 2,840 ‚Sydney - ER: 6) 87 | 97 11,755 | Vincent, St. (C. Verde) 1.431149 19410 2,370 | Vandiemensland 12.6977 14,135] Prince Island nach: | Werde, Cap (St. Vin- | Accra. . 2.10. Bio 520 cent) . . 1 —| — .t111,2,250 | Annabona . 1216 8 210 (S. auch Lizard.) el | Ascension 5/17 [435 | 11,416 ort-au-Prince nach: , | ‚ Sierra Leone . 1 15 |— | 4,380 Bor Royall.-. . . ndinod ud 270| Pulo Aor nach: rk Island. . ı 4 dm) 265 | 'Achen Head «. . .. 1) 418. — 730 rt Hamilton (Co- li Java Head . . 2011 48 620 "rea) nach: | | Pulo Bouton nach: | Berner. 1.9 8107 Macao . 1151 | — | 1,820 ort Jackson >. Syd- | | Pulo Way (Sämatra) ne nach: | rtland (England ) | Macao . „Hr... 2] 26.| 36412,040 Mach Swan River. . 11.89. #->.10510| Penang . . ....| 51 Aulansehu 290 ortland (Maine, Ver. | Singapore . | 2] 14.| 16 640 "Staaten) nach: ‘ 1: Pulo Sapata nach: | L Erreol : t1lt12.| — | 2,770| Macao '. 1119.| — 780 ’orto ritg naeh: Punta Arenas nach: hag 8 4111 ,.6,h8& 800| Honoruru . Kt 4) 50.| — | 4,243 bit Royal (Famuica) a er 690 | Quebeck mache, | Marta . . 2) .3.|1.841 »440 || Bermuda .'.. . 41:22.) —oltıchh450 Thomas, St. a RE RL 500| Liverpool . . „ .| 3 13.| 26 | 2,634 °ort Phillip nach: Liverpool . . . . | t94/}41°| 2,634 Port Jackson . .1 2 4 53). 570] Rangoon nach: | ge» Melliotrie.) Cäleuttal! UL % .1—| .8.| 13 680 o Praya nach: Helena, St... '. 4) 82.) — | 1020 ‚© her ch Hoffnung 3) 41.) 46:1,3,803 | Madras . .'... 3) 18.123) 4,000 _ I üsle-Bay(Barbad.) | 11 20.| —,0M ll iPenang ii .!.. .| 142. —: 740 Tal a | 256 Miscellen : |5l,BE9 74 :|,88.7@ lsEitB ER es FERTAEASE Von san „eo „S28 Von ss|s 8 18538 ERICBAEBACHEE: ERIEBFEBIER 943 23482 sZ3 83483 Si saıam) #8 | 5 Bars ir Aa = A A Raratonga nach: Sand Heads nach: | M Vavao.. . . .| 4146| — | 812] Pulo Bouton 1) 30. — 1 3,800 Realejo nach: | Rangoon. . — . PasdaRl 64( Culebra . 9 | 4. SceTlandds Rodriguez-Inseln 1 AK Fe Manzanilla . 41 23) — | 1,110| Sandwich -Inseln s. | Nicoya + [us2a6i os 09264 Honoruru oder Hono- paun nach: lulu. | Smyrn 1 5:6,| — 220| Savanna (Ver. Staat.) Rio rd I aneiro nach: nach Liverpool . . | 411 30 | — | 3,548 Azoren (St. Auen en 11 36 | — | 3,820 | Seutari nach: | Bahia, 151: 6.145 740| Malta. . 1.1 764 5 Bahia. . . a 740 | Seychelles nach: - Berkeley- -Sund . 11 22. 1,— [4,650] Bombay. . . . .| 11 33 | — Ie446 Buenos Aires . 5/9 16 | 1,122] Majambo Bay . 1] 13 | — Buenos Aires . . —| — | 153|:1,122]| Mawitius .'. al. Cap der Gut. Hofung 10) 18 | 26 | 3,270] Zanzibar. . 7 — Conception . 11 36 | — | 3,440| Shanghai nach: Lissabon. 4,57 | — | 4,210| ‘Cap der Gut.Hoffnung | 2| 34 | 57 Maldonado . 6| 743 942] Downs, The. . .| 3| 99 ‚104 Montevideo. . .128| 8.13.) 4,080| Hongkong . . . .1 — — | t4 Montevideo . ou. . . J=l— Int431715030 | Lizard . .Wiiı . 5/ 88 ‚104 Plymouth .. . .| 4 35 1.53 | 4,945] Swatow . . 116 | 7 = Portsmouth . . 33) 31 | 50 |.5,060| Shields nach: St. Catherine (Brasil) 21/8). 400] Valparaiso . . 11151 | — 99,0 Sierra Leone 11 49 | — | 2,605 | Sierra Leone nn: | br Southampton (Land. in | Accra u DU a > Bahia, Pernambuco, Ascension . : : . 3 Cap Verde, Teneriffe, Bathurst. . . | —1lFeari2 Madeira u. Lissabon) | —ı — t32 | 5,060| Cape Coast. - . 17) 9:48 Valparaiso . .! 8) 33 1:50: | 3,670] Cap der Gut. Hofluung — — (a Zanzibar.. 2| 51 |:57 | 5,600] Dix Cove . \ 1| 19 | = Rio Grande do $ul Gambia River. . . 4:18] 9 nach Liverpool . 1140) — | 5.830] Gore . . 0) 4) 104Me= Rodriguez- -Inseln Lizard Mk. hl nach Bombay . . . [1142 | «= | 23,379| Plymouth . . . . ir +23: | | .2,724 Sacrificios nach: Portsmouth. . . . 42 | 45 | 2,840 Möottugas!. .0SS . Alan 820 | Teneriffe. . 4 u +12 | — 171,300 Salinas nach: Singapore nach: Port Royal... . „| 2|.3.) Azl0.380| Akyab . . 1). 26:1 104,36 San Blas nach: Anjer se | RAAB Meapulco-. 4Min. 4 2.7. 9 390] Batavia . . 1118| — Clarion Island . . 1 21 575] Cap der Gut. Hoffnung 1:2] 46 | 47 | 5,60 Mazatlan- „Us Lk „| 61,3.) 1420| Hongkong .ı 3] 13 .| 2101115430 Payta. 1) 305 1.— 1527180 | (Hongkong .'. . . 1 — | +71 1,430 Socorro . ih 1 .4| — 3600| Java Head . .ı 4 4b Valparaiso . . 5| 43.) 52 113,825] Macao . 5| 14 12041 1,430 Sand Heads nach: Macao (Palkwan- Pas- 709 Cap der Gut. Fan | 2| 55.|:570|,55340 sage) | 41 dl — Madras . . . .. 2] 16.| 1631690] Madras . .. | all Adnan 440 Natalı 76 24 4] 46. 4 Manilaı I.) 0.0, |: Reh ni 1,29 Nareondam ... . . 3| .3 630 | Moulmein 4) 49 her [ 3 ber 7; 69: Penang:. .Sı k 11.) 24 1 1,2401: Penang » . "x... Von Por® nach: Plymouth Phillip . ngoon urabaya . Trincomalee nach: Nootka-Sound . "Columbia River Smyrna nach: ‚le Pre £ N; ' heiti) nach: Portsmouth . _ (8. Otaheiti.) urabaya nach: Lands End. 5 Southampton nach: "Alexandria . Bermudas b Buenos Ayıes . Chagres . . Constantinopel® " Demerara b (Gibraltar. . . " Greytown (Landungin St. Thomas, Santa E Rio de Janeiro. ' Thomas, St. . } rin inidad GE ir Caleutta (Landung in Aden, Point de Galle e rg Madıras) . a ı Anzahl der Fahrten Kürzeste Fahrt, Tage ci sinds (Ota- | © Marta, ee: und e ’ Fahrt, Tage Durchschnittl. +24 it142 +29 +15) It22 | t3 | “ | "eh 25 | Kürzeste Entfernung in Seemeilen 11,380 \ 3,740 — 1,100 750 1,490 540 780 540 688 11,530 11,270 | 2,960 2,973 6,145 | 4,575 | 2,975 3,855 41,160 | 4,625 883 ' 1,320 2,140 | 1,860 11,455 3,755 3, 075 | 5,060 3,570 4. 230 665 1,308 4,581 Tabelle zur Uebersicht der Entfernungnn auf dem Seewege. Von Suez nach: Sydney (Landung in Aden, Point de Galle und Melbourne) . Surinam nach: Cayenne. y Swan River nach: Cap der Gut. Hoffnung Helena, St. (um d.Cap der Guten Hoffnung) Keelings - Inseln Swan River (um das Cap der G. Hoffnung) nach Plymouth Sydney nach: Batavia . . Bay of Zlands', Ohleuttar. Pr. | Callao Coupang: Downs, The a Downs, The (um das Cap der G. Hoffnung) Entry Island 8 eu-See- land) Hongkong Horn, Cap . 2 Liverpool . . Liverpool (um das Cap | der Guten re Manila “ Melbourne . . Penang . Plymouth Piymonth(Landungan | verschieden. Plätzen) Plymouth (um dasCap der Guten Hoffnung) Port Phillip . Shanghai $ Suez (Landung anver- | schiedenen une Valparaiso . . Tahiti oder Tahaiti s. Otaheiti. Tampico nach: Hatanavı,.l.ile.e . Anzahl der Fahrten 257 Kürzeste Fahrt, Tage Durchschnittl. Fahrt, Tage Kürzeste Entfernung in Seemeilen — — +43 | 8,200 161 —|.20 1146 — 4,666 16 | — | 6375 4 13 | — | 1,586 | | 11103 | — 10,445 | 37 | 38-| 2) 5 746 14,156 3 48 60 | 5,710 1150 || 6,93 2| 28 | 30 | 2,840 7 69 | 86 12,830 —'! —111,964 116.2 | Be nun 1} 1146 | — | 4,440 6| 30 | 35 | 5,470 11 64 — | 12,790 E75 1 54 | — | 3,940 - — 14 | 600 1 521 — | 4,560 12 75 100 | 12,586 icq +2+72 +82 12,586 1-5] 91414265 2 6| 23) 570 2147 0 2) +3 +39 143 | 8,200 1.38 | Bin 6,198 22) » 8 |12 | 880 1) 3812 Seemeilen um Cap Leeuwin, 3850 durch die Torres - Stralse. 2) 4640 Seemeilen durch die Dampiers- Strafse, 4715 durch die Torres - Strafse, Zeitschr. f. allg. Erdk. Neüe Folge. Bd. V. 17 258 Tampico nach: Vera Cruz . Verametuzes nn. . Tarragona nach: Gibraltar E Teneriffe nach: Basse Terre Bermuda Cap der Gut. Hoffnung Carlisle-Bay Ya dos) Fernando Noronks Gambia River . Goree La Guayra . Madeira . Pernambuco Plymouth Port Royal . Rio de Janeiro . Sierra Leone Vincent, St. Thomas, St. (West- Indien) nach: Bermuda. Fayal . Havana . La Guayra . Jaquemel Nassau Santa Marta Southampton Tobago nach: Demerara Trincomalee nach: Anjer ; Bombay . Calcutta . Cochin Madras Madras Mauritius Muscat Penang . : Port Jackson . Simon-Bay . Singapore Swan River. . Trinidad (Südatlant. Ocean) nach: Bombayısweilen „zur Bourbon . . Anzahl der Fahrten ie u ze 67 — — ww 00 Er Arossahkel Sal mm Kürzeste Fahrt, Tage ” om Durchschnittl. Fahrt, Tage Miscellen: E=, 208 : 8 Ei Von gun A Trinidad (Südatlant. 210 Ocean) nach: 210] Ceylon Ganjam . 490] Johanna. . Trinidad (Nordatlant. 2.590 Ocean) nach: 2,460 | Barbados 4,350] La Guayrıa . . Port Royal (Famaic) 2,537 | Portsmouth . r 2,130] Tunis nach: 910| Gibraltar 840 | Malta. 2,998] Tripoli 260| Tuticorin nach: 2,420 | Liverpool 1,415| Valparaiso dachs: 3,340] Arica. 3,490| Caldera . 1,300] Callao 850| Callao Conception . Copiapo . 833] Coquimbo 2,236] Diego Ramirez . 1,030| Easter Island 480| Falklands-Inseln 460 | Huasco . 5 860] Juan Fernandez 690 | Maldonado . 3,570] Marquesas . Otaheiti . 300| Panamä (Landung zu Callao u. PR) 1,720| Plymouth 1,136 | Rio m Janeiro. 900] Sydne 600 Vancouver Island 270 (Nootka) nach: 270| Canal, engl. 2,295] Horn, Cap . 1,5390] Panamä . 1,160| San Franeisco . 5,140) Vavau-Inseln ( Ma- 4,500 yorcas) nach: 1,490| Apia (Opolu) . 3,136 | Norfolk Island . Nukulau . Sydney . 7,155 | Vera Cruz nach: 4,760 Hayana.. a 2 „:e28® Ssas le ZPi3Else sMsS|2S3 ” BR | 2| 62 | 67 1 h.| 3) 39 | 43 2. Sul 2| 483 4 4 Dinlarez 2| 19 | 28 2| 18 | 184 Eier” 4 Bien 16 9, Honda 11 4| — 241 28,544 —l 4 5 " lei 51 3 | ‚34 3) 48). 4:49,13 *1|#28 | — 1A 1.2.55 41] 35.) — 2 31.) 38 ie | — t6/f20 r21 Vlrda2Ra— 7 32 | 39 2 62 | 64 1118 | — 11.65 | — +1 114 url | 1 4 |. — 1 9I| — 15|1— 1) 20 | — 32) 81145 Va > 2 Eu 6) g 8: 5 (5) Die diesjährigen Ueberschwemmungen in Schlesien und am Harz. 259 l : = Est: ®e%s 1.88 2|.%: 3E 3ER 58 382 EEIETSIET IE Von ISS|ISN le SH ®& Von gsIs „ee .S58 smsf22555 ERESSIERFIFE: ee 2 = VERLAG VON DIETRICH REIMER. | Re, Inhalt. Karte. Taf. V. Die britische Provinz Pegu und der südliche Theil von Barma, nach der neuen Karte von Capt. H. Yule reducirt. Seite X. Reise im Thal des Uruguay und auf dem Gebiet der Banda Oriental. Von dem Königl. General-Consul für die La Plata Staaten Herrn F. von Gülich . „. are Sr 281 XI. Amtlicher Bericht des Königl Deachafiähagern, Geh. Krane Dr. Hesse über die Zustände und Handelsverhältnisse der Britisch-West- indischen Insel Jamaica, vom 27. Februar 1858. (Schlußs.) . . . 805 XU. Reisen im nördlichen Theile der Insel Borneo. Von Lieut. Claude de Crespigny. mMitgetheilt von Prof. C. Ritter 325 4. Crespigny’s Fahrt auf dem Limbong 326 2. Reise Crespigny’s nach der, Maludu-Bay EN in "die benacael ten Gegenden . . . ae . 330 XII. Zwei Entdeckungsreisen in die Ostjordanische, Stödtewüste Bach Con: sul Wetzstein und Cyrill Graham. Von Prof. C. Ritter ...339 Miscellen. Die katholischen Missionen am weilsen Nil . . . . Bass ..:20,348 Nachrichten von der wissenschaftlichen Mission. nach Kborashır Von Chanykow.. .. Fe 352 Die Temperatur von TE on H. w. Ders - 355 Der Tawadii . . . EN 359 Ein wissenschaftliches aa in Dhanchai "u una 0% 365 :200..und -Umgepend 2 >27 207. Se er ne in ee Aue 366 Neuere Literatur. Die Expedition in die Seen von China, Japan und Ochotsk, unter Ring- gold und Rodgers. Von Wilhelm Heine. Bd. I. Leipzig 1858. 369 Populäre Schriften über die Nordpolarländer . . : ee Sitzung der geographischen Gesellschaft zu Berlin vom 4. October 1858 373 “= Jr ale a Fe fa X. Beeise & im Thal des apibee. und auf dem Gebiet der Banda Oriental. Von dem Königl. General- Consul für die La Plata- Staaten, Herrn von Gülich. Von San Jose in Entre Rios begaben wir uns zunächst nach dem Uruguay-Hafen und Handelsplatz Concepcion del Uruguay '), einem Punkte, welcher, obgleich commereiell nicht besonders günstig gelegen, dennoch in Folge der besonderen Regierungs-Protection, welche er durch General Urquiza Jahre hindurch genossen hat und noch fortwäh- rend genielst, schon jetzt eine gewisse commercielle Bedeutung erlangt hat und einer noch gröfseren entgegengeht. Der Handel von Concep- eion beruht wesentlich auf zwei Grundlagen, der Ausfuhr der Landes- Producte seiner heerdenreichen Umgegend und der Einfuhr europäischer Manufactur-Erzeugnisse. Diese Einfuhr wird nur im indireeten Ver- kehr über Buenos- Aires und Montevideo vermittelt, die Verschiffung der Landesproducte hat dagegen bereits seit längerer Zeit den Anfang eines direeten Schifffahrts-Verkehrs mit Europa und Nord-Amerika, - den Zielpunkten der Plata- Ausfuhren, hervorgerufen. So ist auch die - preufsische Flagge in dem Hafen von Concepeion in den letzten Jahren _ verschiedentlich gesehen worden, und diese Flagge wird bei der täglich _ sich steigernden Production der Plata-Länder fernerhin eine häufigere Erscheinung in diesem Hafen sein, um so mehr, da Concepeion derje- _ nige Punkt ist, in dessen Nähe der General Urquiza seine Saladeros N hat und in dem er die Erzeugnisse seiner Heerden Behufs ihrer Aus- ‚ fuhr zur Verwerthung bringt. Concepeion ist ferner der Mittelpunkt 2 iner zahlreichen fremden und namentlich auch deutschen Bevölkerung. !) Wir bitten den Leser, die dem zweiten Bande der Neuen Folge dieser Zeit- schrift beigegebene Karte von Uruguay und Entı= Rios zur Hand zu nehmen. TEN 18* 2382 von Gülich: Es hat dieser Platz endlich für deutsche Interessen dadurch noch eine besondere Wichtigkeit, dafs dieser Stadt die hauptsächlich aus schwei- zerischen und süddeutschen Elementen bestehende Einwohnerschaft der einige Meilen von ihr entfernten Colonie San Jose, von welcher weiter unten die Rede sein wird, als Dependenz angehört, dafs sie der Markt ist für die Erzeugnisse und für die Bedürfnisse der Colonisten, welche über diese Stadt ihren brieflichen und anderweiten Verkehr mit der europäischen Heimath unterhalten. Nach Erledigung unserer dienstlichen Geschäfte in Concepeion del Uruguay konnten wir von dort mit dem Dampfschiffe Corca den Uru- guay bis zur Einmündung des Gualeguaychu -Flusses hinabfahren, wo wir den kleinen Dampfer El General Urquiza bestiegen, der uns nach der an dem letztern Flusse gelegenen gleichnamigen Entrerianischen Hafen- und Handelsstadt hinauffuhr. Gualeguaychu ist der bedeutendste Handelsplatz unter allen dem Uruguay anliegenden entrerianischen, corrientinischen, brasilischen und orientalischen Flufshäfen, der bedeutendste Ein- und Ausfuhrplatz der argentinischen Provinz Entre Rios. Die Stadt liegt am rechten Ufer des gleichnamigen Flusses, einige Meilen oberhalb seiner Einmün- dung in den Uruguay-Strom. Neuerdings haben sich dort zwei Dampf- boot-Unternehmungen gebildet, welche mit kleinen, etwa 18 bis 24 Fuls langen und 8 bis 10 Fufs breiten Böten, dem General Urquiza und dem Montevideano, den Gualeguaychu-Strom befahren und den Perso- nen-Verkehr der Stadt Gualeguaychu mit den benachbarten Uruguay- Häfen und namentlich mit demjenigen Dampfer, welcher von Buenos Aires aus drei Mal im Monat den Uruguay-Strom bis zur Stadt Salto hinauffährt, vermitteln. Gualeguaychu nimmt in der Provinz Entre Rios dieselbe Stelle ein, welche in der argentinischen Provinz Santa F& der Parana-Hafen Rosario behauptet. Die Provinz Entre Rios, grölser als das Königreich Belgien, ragt unter den übrigen Plata-Ländern durch den Umfang ihrer Häute-Production hervor. Sie ist vorzugsweise ein Weideland und ihre fruchtbaren Triften ernähren vornehmlich Rind- vieh, dann auch Schafe und Pferde. Ackerbau und Gewerbefleils stehen hier noch auf einer sehr niedrigen Stufe mit Ausnahme derjenigen In- dustrien, welche durch die Verwerthung des Rindviehs hervorgerufen werden, nämlich Saladeros '), Seifenfabriken u. s. w. Die Häute-Aus- fuhr der Plata-Länder gründet sich wesentlich auf drei Gebiete: in erster Reihe steht die heerdenreiche Provinz Buenos Aires, in zweiter !) Ein Saladero ist eine Schlächterei, wo nicht für die Fleischeonsumtion der Umgegend, sondern Behufs Erlangung der Haut, des Fettes und des einzusalzenden und zu trocknenden Fleisches zur Verwerthung im Ausfuhrhandel geschlachtet wird. So giebt es Saladeros, wo vorzugsweise nur Stuten geschlachtet werden. Reise im Thal des Uruguay und auf dem Gebiet der Banda Oriental. 283 Entre Rios und endlich in dritter das orientalische Land. Gualeguay- chu war bis vor zwei Jahren in fortwährendem Aufblühen begriffen, wo die argentinische Differential - Zollgesetzgebung dem Handel unnatür- lichen Zwang anthat, indem sie ihn in künstliche Bahnen zu drängen suchte. Sie hat bisher ihre Zwecke nicht erreicht, sondern nur dem argentinischen Nationalwohlstande geschadet und namentlich die Häfen am Uruguay in dem erfreulichen Aufblühen, in welchem sie begriffen waren, gehindert. Gualeguaychu soll seit jener Zeit etwa ein Drittheil seiner Bevölkerung verloren haben. Trotzdem findet man auch heute noch in dieser Stadt eine grofse Anzahl von Europäern verschiedenster Nationalität und anderen Fremden, vorzugsweise freilich französische Basken, dann aber auch Spanier, Italiener, Orientalen, auch einige Deutsche und andere Nationale. Gualeguaychu, obwohl Flufshafen, kann dennoch als ein See-Handelsplatz angesehen werden, da auch gröfsere Seeschiffe den Uruguay bis zur Mündung des Gualeguaychu befahren können. Da der Gualeguaychu-Strom für solche aber nicht befahrbar ist, so gehen die nach der Stadt Gualeguaychu bestimmten Seeschiffe in Fray-Vento vor Anker, welches daher füglich als der Hafen der Stadt Gualeguaychu anzusehen ist. Fray-Vento ist derjenige an der orientalischen Küste gelegene Punkt, welcher der Einmündung des Gualeguaychu-Stromes in den Uruguay gerade gegenüberliegt. Die Ein- und Ausladung der in Fray-Vento ankernden Seeschiffe wird durch kleinere Schiffe vermittelt, die zwischen der Stadt Gualeguaychu und dem Hafen von Fray-Vento auf- und niederfahren. Der schöne, geräumige, tiefe und sichere Hafen, welchen der Uruguay-Strom bei Fray-Vento bildet, sichert diesem Platze eine bedeutende Handelszu- kunft, wozu noch der Umstand kommt, dafs diejenigen Theile des orien- talischen Freistaats, welche dem Hafen Fray-Vento anliegen, zu den fruchtbarsten Ländern des Platabeckens gehören. Auch deutsche und preufsische Schiffe sind in den letzten Jahren verschiedentlich in dem Hafen von Fray-Vento gesehen worden, und sie werden nur der Anfang einer immer stärker werdenden deutschen Sehifffahrts-Bewegung an diesem Punkte sein. Der Hauptzweck ihres _ Besuches dieses Uruguay-Hafens ist die Beschaffung einer in Monte- video und Buenos Aires häufig fehlenden Rückladung. Seltener kom- men sie mit Waaren nach diesem Platze, sie lassen vielmehr ihre euro- _ päische Import-Ladung in Montevideo oder Buenos Aires und fahren dann in Ballast nach Gualeguaychu, um hier Häute, gesalzenes und _ getrocknetes Fleisch, Wolle, Talg und andere Landesproducte zu laden. Von Gualeguaychu fuhren wir auf einem kleinen Dampfboote oder _ vielmehr Dampfkahne, der nur etwa 18 Fufs lang und 8 Fufs breit ist, den Gualeguay-Flufs hinab bis zu dessen Einmündung in den Uruguay. 284 von Gülich: Dieser Dampfer ist der erste, welcher im Gebiete der argentinischen Conföderation gebaut ist, ein sehr primitives Erzeugnifs einer keines- wegs naturwüchsigen National-Industrie. Die argentinische Regierung hat eben aus diesem Grunde das Fahrzeug dem Erbauer, einem Fran- zosen, abgekauft und hernach mit bedeutendem Verluste, da es sich für solide Zwecke durchaus unbrauchbar erwies, an den Handelsstand der Stadt Gualeguaychu wieder verkauft. Es dient jetzt dazu, den Passa- gier-Verkehr dieser Stadt bis zur Mündung des Gualeguaychu in den Uruguay-Strom zu vermitteln. Als wir auf ihm gleich Sklaven auf einem brasilischen Seeschiffe zusammengedrängt an der Mündung des Gualeguaychu-Stromes anlangten, war der Uruguay so bewegt, dafs es lebensgefährlich erschien, nach dem gegenüberliegenden orientalischen Ufer, wo die von Buenos Aires den Uruguay hinauffahrenden Dampf- schiffe anlegen, hinüber zu fahren. Wir mufsten die Nacht in Folge dessen auf dem Dampfer zubringen, welcher nur für Reisen bei Tage und keineswegs für eine nächtliche Beherbergung der Reisenden ein- gerichtet ist. Wir lagen dort, wie Häringe verpackt, theilweise auf der Erde, theilweise auf dem Tische, theilweise auf dem Verdeck, und als wir am anderen Morgen, da während der Nacht der Uruguay sich be- ruhigt hatte, an dem gegenüberliegenden orientalischen Ufer eintrafen, war der von Buenos Aires hinauffahrende Dampfer bereits vorbeige- fahren. So blieb uns, wenn wir nicht vierzehn Tage an diesem un- wirthlichen Ufer, das bis heute nur ein paar ärmliche Blockhäuser be- sitzt, nutzlos verbringen oder gar nach Gualeguaychu zurückkehren wollten, nichts Anderes übrig, als auf einem unbedachten Segelschiffe unsere Reise fortzusetzen. So unsicher und so wenig angenehm das Reisen auf diesen kleinen Flufs-Segelschiffen auch ist, welche einige Aehnlichkeit mit den sogenannten Böcken auf der Weser haben, aber Nachts kein Obdach, am Tage keinen Raum zum Gehen, wie jene, gewähren, wo man vielmehr während des Tages auf einem schmalen Bänkchen sitzt und die Nacht in einer Ecke hingekauert zubringt, ent- schlossen wir uns doch, um unsere Zeit nicht unnütz zu verlieren, zur Weiterreise auf einem solchen Segelschiffehen derjenigen kleinen Gat- tung, die man hier Guadanas nennt. Ein selten guter Wind blies in die Segel und obwohl wir erst Mittags von Fray-Vento abfuhren, so waren wir doch schon früh am anderen Morgen an derjenigen Stelle des Uruguay-Ufers, welche der orientalischen Stadt Paysandu gegen- überliest. Wir hatten in Folge des guten Windes auf dem Segelschiffe kaum mehr Zeit gebraucht, als im Allgemeinen ein gutes Dampfschifl zu dieser Wegestrecke erfordert. Es ist eine Eigenthümlichkeit der Plata-Länder, welche von so manchen Strömen und Flüssen durchschnitten werden, wie wenig andere Fe Reise im Thal des Uruguay und auf dem Gebiet der Banda Oriental. 285 Länder Amerika’s, dafs die meisten der den Strömen und Flüssen an- liegenden Städte nicht unmittelbar am Ufer, sondern etwa eine Stunde oder noch weiter von demselben entfernt liegen. Einen wirklich plau- siblen Grund dieser Eigenthümlichkeit habe ich nie erfahren können. Es wird angegeben, dafs die Spanier die Städte nicht unmittelbar an das Ufer gelegt hätten, um vor den die Flüsse auf- und niederfahren- den wilden Indianern sicher zu sein, ein Motiv, welches mir jedoch die gedachte Erscheinung nicht genügend zu erklären scheint. Jedenfalls ist diese Entfernung der Uferstädte von dem Flusse selbst ein grofses Hindernifs für den Waaren- und Personen-Verkehr und beraubt dazu auch diese Länder des eigenthümlichen Schmuckes, welchen dicht an einem Flufsufer gelegene Städte einer Flufslandschaft gewähren. Im hohen Grade hinderlich ist diese Entfernung namentlich für den Per- sonen-Verkehr, da insbesondere bei Regen und in nassen Zeiten, wo die Wege wegen mangelnder Kunststrafsen unpassirbar sind, es äufserst beschwerlich ist, vom Landungsplatze nach der Stadt zu gelangen. Wagen findet man höchst selten, und in Ermangelung jeder Verkehrs- Polizei werden dann für die etwa am Ufer vorhandenen Communica- tionsmittel, Reitpferde und mit Ochsen bespannte Karren, ganz will- kührliche und häufig sehr übertriebene Preise gefordert. Die argenti- nische Bundeshauptstadt Parana beispielsweise liegt über eine Meile vom Ufer des Paranä entfernt, und so sahen wir auch, im Hafen der Stadt Paysandu angekommen, die Stadt selber in einer erheblichen Entfernung auf einer Hügelkette freundlich daliegen. Paysandu ist eine der bedeutendsten Städte des orientalischen Frei- staats und auch, als Versorgungsplatz für die reiche umliegende Cam- pana (plattes Land), ein Haupteinfuhrplatz europäischer Manufactur- waaren, welche es mit den Erzeugnissen seiner blühenden Viehzucht bezahlt. Seeschiffe, die den Uruguay. hinauffahren, können nicht bis Pay- sandu gelangen, da von Fray-Vento ab der zwar oft noch meilenbreite Strom doch schon sehr flach geworden ist. Daher bleibt Paysandu für seine und seiner Umgegend Bedürfnisse, sowie zur Verwerthung seiner Erzeugnisse auf einen indirecten Handel beschränkt, welchen Flufs- schiffe zwischen hier und andererseits Montevideo und Buenos Aires vermitteln. Paysandu ist die Hauptstadt des gleichnamigen Departements und, ' was seinen Handel anlangt, Mittelpunkt derjenigen Gegenden des orien- . talischen Freistaats, die nordwestlich vom Rio Negro und um den Que- _ guay-Flufs herumliegen. Die Ländereien dieses Departements gehören zu den geschätztesten des Staates und ernähren eine grofse Zahl von Rindvieh-, Schaf- und Pferde-Heerden. Wie überhaupt bis heute in 286 von Gülich: dem gesammten Gebiete des Platabeckens der Ackerbau nur eine Aus- nahms-Erscheinung und die Schaf-, insbesondere aber die Rindvieh- Zucht die charakteristische Beschäftigung des Landes ist, so auch im Departement von Paysandu. Das Land des orientalischen Freistaates ist mit ganz wenig Ausnahmen nicht mehr im Besitz des Staates, son- dern Eigenthum von Privaten, und mit Ausnahme des Weichbildes der Städte in Parzellen vertheilt, die selten weniger als eine hiesige Qua- dratmeile, häufig aber deren mehrere umfassen. Unter den Landeigen- thümern findet man alle Nationen vertreten, hauptsächlich aber, nächst den Landeskindern, Briten, Argentiner, Brasilier und Deutsche. Sie leben im Allgemeinen zufrieden und glücklich inmitten ihrer Heerden auf ihrem Landbesitze, der in einzelnen Fällen wohl zwanzig bis fünf- zig Quadratmeilen umfalst, häufig nur in Ranchos, d. h. Strohhäusern mit Lehmwänden, Estaneia heifst ein solches Wesen, ein Complex von Land Behufs Viehzüchtung mit irgend welcher Baulichkeit darauf. Estancia poblada ist die mit Vieh bevölkerte Estaneia, und Estanciero nennt man den Eigenthümer. Sie nehmen hier zu Lande auch in so- cialer Beziehung die Stelle ein, welche bei uns die Grund- und Guts- besitzer einnehmen, nur darf man hier nie an Ackerbau denken, wenn man von einem orientalischen oder argentinischen Gutsbesitzer spricht. Denn ihre Beschäftigung ist nie der Ackerbau oder ein anderes land- wirthschaftliches Gewerbe, sondern fast nur Rindviehzucht, jetzt auch sehr häufig Schafzucht. Ihr Leben fliefst in grofser Eintönigkeit dahin. Die verschiedenen Sorgen, welche die Viehzucht erfordert, das Zusam- mentreiben der Heerden, das Zählen und Marken des Viehs, das Ka- striren der jungen Stiere, das Schlachten zum häuslichen Bedarf, bilden die Hauptbeschäftigung, die sie von ihren Knechten verrichten lassen und persönlich beaufsichtigen. Und zwar muls hierbei hervorgehoben werden, dafs der wesentliche Zweck der Viehzucht in der Verwerthung der Haut und des Fleisches besteht. Was man bei uns Milchwesen nennt, kennt man hier zu Lande kaum in den allerschwächsten An- fängen. Nur ein ganz unverhältnilsmäfsig kleiner Theil der Kühe sind Milchkühe (vacas lecheras) und unter Heerden von Tausenden findet man deren nur sehr wenige. Auf grolsen Estancias ist manchmal für schweres Geld kein Tropfen Milch zu bekommen, und Butter findet man nur in den gröfseren Städten des Platagebiets. Erst die Nach- frage der Fremden hat ihre Bereitung hie und da hervorgerufen. An den wenigen Orten, wo man sie findet, ziert sie im Allgemeinen nur die Tafeln der Reichen, und in den Küchen wird zur Zubereitung der Speisen gewöhnlich nur Grasa, das nach dem Schlachten des Rindviehs aus demselben fabrikmäfsig gewonnene Fett, verwendet, hie und da auch wohl noch nach altspanischer Tradition aus Europa importirtes Reise im Thal des Uruguay und auf dem Gebiet der Banda Oriental. 287 Oel. Der Ackerbau an den wenigen Punkten, wo er im La Plata- Gebiete auftritt, wird im Allgemeinen nie von den grolsen Grundbe- sitzern betrieben, sondern nur von kleinen ländlichen Besitzern, die in der hiesigen Gesellschaft kaum einmal die Stellung unserer angesehenen Bauern einnehmen. Diese bauen Weizen und Mais, das Haupt-Acker- bau-Erzeugnils dieser Länder, welches, am Feuer gedörrt und in man- nichfacher anderer Weise zubereitet, von der Bevölkerung des platten Landes vielfach genossen und in den Städten an Stelle unseres Hafers zum nährenden Futter derjenigen Pferde, die viel arbeiten müssen, ver- wendet wird. Aber auch der Weizenbau hat in dem letzten Jahrzehnt, was seine Ausdehnung anlangt, bedeutende Fortschritte gemacht. In- defs bleibt es bis jetzt immer nur ein kleiner Theil des am Plata con- sumirten Weizens, welcher im Lande selbst erzeugt wird. Das grofse Hauptquantum des in diesen Ländern consumirten Weizens kommt aus den Vereinigten Staaten. Es ist ein Traum und wird wohl immer ein Traum der orientalischen Staatsmänner und Patrioten bleiben, dafs der in diesem Lande erbaute Weizen nicht allein die Bedürfnisse des eige- nen Landes befriedigen, sondern auch später noch dem Bedürfnisse des benachbarten Kaiserreichs genügen soll. Es mufs jedoch, wenn von dem Weizen-Consum der Plata-Länder die Rede ist, der Umstand fest- gehalten werden, dafs hier der Brodgenuls viel weniger allgemein ist, als in anderen, namentlich europäischen Ländern. Gemeinhin nimmt in diesen Ländern das Rindfleisch diejenige Stelle ein, welche bei uns das Roggen- und Weizenbrod vertritt. Nur in den gröfseren Städten dieser Länder ist das Brod tägliches Nahrungsmittel, auf dem platten Lande ist es sehr selten zu finden, und auch dann nur meistens in der Form von ganz hartem Schifiszwieback (Galleta). Es giebt Estancias, deren Besitzer über grölsere Flächen als manche deutsche Fürsten ver- fügen und auf deren Tische doch nie Brod, sondern höchstens nur Galleta erscheint. Das Leben auf dem platten Lande und selbst in den kleineren Städten Süd-Amerika’s ist in allgemeinen Zügen etwa folgendes. Es wird mit Tagesanbruch aufgestanden und dann zunächst aus den be- kannten Mate-Büchsen, einer Art ausgehöhlter und ganz kleiner Kür- bisse, mit einer Saugröhre (Bombilla) eine Portion des Paraguay-Thee’s (yerba mate) eingeschlürft, welcher eine ähnlich anregende Wirkung _ hat, wie der chinesische Thee oder der Kaffee. Gegessen wird nicht dazu, wohl aber werden einige Papier-Cigarren dazu geraucht. Dann _ wird vorläufig ohne Verzehrung irgend welcher festen Speise zur Ar- beit des Tages in creolisch indolenter Weise geschritten, bis die Sonne den Mittag anzeigt, wo dann um 11 oder 12 Uhr ein sehr einfaches "Mahl verzehrt wird. Zunächst erscheint ein Puchero, das ist gekochtes 288 von Gülich: Rindfleisch, dessen Brühe (Caldo) als zweite Schüssel nach eingenom- menem Puchero in Tassen verabreicht wird, dann folgt ein am Spiels gebratenes Stück Rindfleisch, welches nur in seltenen Fällen von Zwie- beln und Liebesäpfeln (Tomate) begleitet wird. Abends wird ein ähn- liches Mahl, nur minder vollständig, verzehrt. Natürlich ist diese alt- landesübliche Sitte manchen Modificationen dort verfallen, wo nach der Emaneipation vom spanischen Mutterlande die europäische Einwande- rung der verschiedensten Nationalitäten ihre betreffenden Gebräuche mitgebracht hat. Am wirksamsten tritt in dieser Beziehung die engli- sche Einwanderung auf, welche auch im fernsten Auslande starr die altenglischen Sitten festhält, in der Familie auf Beibehaltung der engli- schen Sprache dringt und, wo Mischehe sich vorfindet, häufig das ka- tholisch-amerikanische Weib dem Glauben der Hochkirche zuzwingt, während umgekehrt die deutsche Einwanderung die fremden Sitten und Gebräuche rasch adoptirt, und die Erscheinung gar nicht selten ist, dals die Kinder von deutschen Eltern die Stammsprache ihrer Eltern nicht reden und auch nicht verstehen, sondern mit den eigenen Eltern in spanischer Zunge verkehren. In den gröfseren Städten des Plata- Gebiets sind durchweg durchaus europäische Sitten und Gebräuche hei- misch geworden und die zunehmende europäische Einwanderung trägt solche auch immer mehr auf das platte Land. Aus dem Vorigen ergiebt sich zur Genüge, wie das Leben der hiesigen Landbevölkerung, sowohl der vornehmeren, der Estaneieros, als auch der kleineren, gar kein oder nur sehr wenig eigenes Land besitzenden Gauchos, ein zwar in vieler Beziehung sehr freies und sor- genloses, aber auch in grofser Eintönigkeit dahinfliefsendes ist. Ein hier reisender Engländer machte die sehr richtige Bemerkung, dafs ein gebildeter, im Mittelpunkte des civilisirten Europa lebender Europäer in einem Tage mehr Eindrücke empfängt, mehr Emotionen durchlebt, als ein im Innern des Platagebiets lebender Gaucho in zehn Jahren. In friedlichen Zeiten ist in diesen Ländern, wo Revolution und Bürgerkrieg die Regel, der Friede die Ausnahme ist, die Beschäftigung der Estancieros eine überaus vortheilhafte; Rindvieh- und Schafheerden vermehren sich rasch in’s Unzählbare, und der Verkauf der Häute, der Wolle und des Fleisches macht dann den Estanciero rasch zum reichen Manne. Aber, wenn er hierländischen Ursprungs ist, versteht er durch- aus nicht, sein Gut zu verwalten und zusammenzuhalten; an Einem Abende verspielt er oft den Gewinn des ganzen Jahres. Das Spiel ist eine National-Leidenschaft in ganz Süd-Amerika, in den Salons der reichen Bewohner der alten südamerikanischen Metropole Peru’s, in den europäischen Soireen der reichen grundbesitzenden, mit ihren alten spanischen Titeln und Wappen noch heute gezierten chilenischen Aristo- Reise im Thal des Uruguay und auf dem Gebiet der Banda Oriental. 289 kratie in Santiago, und in den Lehmhütten der argentinischen Gauchos, ‚wo man nicht Bänke, nicht Stühle, sondern statt dessen oft nur Och- senköpfe findet, auf die sie sich setzen und in grofser Sorglosigkeit ihren oft sehr reichen Verdienst verspielen. Die schweren Sorgen der Estancieros sind die politischen Zustände dieser Länder und die nicht selten eintretende Dürre in dem langen, oft sechs bis sieben Monate andauernden Sommer. Wenn solche Dürre (Seca) eintritt, wird das Vieh kraft- und fleischlos, da die Kräuter feh- len und die Bäche austrocknen. Hält sie länger an, so fängt das Vieh an zu kränkeln und manches Haupt stirbt weg. Auch die kleineren Flüsse fangen an auszutrocknen, und wenn die Besitzung nicht an einem grölseren Flusse liegt, mufs das Vieh auf andere Ländereien getrieben werden, bis die eintretende kühlere Jahreszeit die alten Bäche wieder füllt. Inzwischen wird dann manches Stück gestohlen oder es geht auf _ andere Weise verloren. Aber die gröfseste Sorge der Estancieros ist der politische Zustand des Landes. In ganz Spanisch- Amerika, mit einziger Ausnahme Chile’s, ist ja seit der Emaneipation von Spanien Bürgerkrieg und Revolution die Regel, Friede und Ordnung die Aus- nahme gewesen. Spanien hat seine trostlosen politischen Zustände auch seinen Colonien tief eingeimpft, und die confessionellen Traditionen des Mutterlandes erschweren nur um so mehr noch die Emaneipaiion die- ser Länder von ihren politischen Zuständen. Manche denkende süd- amerikanische Patrioten sprechen es unverhohlen aus, dafs es die spa- nische Race und die katholische Religion sind, welche die schönen hispano -amerikanischen Länder an jedem zuverlässigen Fortschreiten hindern; dafs sie nur durch Beförderung der Einwanderung anderer Racen und durch allmähliche Veränderung der einheimischen zu bessern Zuständen gelangen können. — Wird in diesen Ländern der Frieden _ unterbrochen — und es ist beispielsweise in dem orientalischen Frei- staate seit seiner Constituirung bis heute noch kein einziger Präsident _ bis zur Endschaft seiner Wahlperiode gelangt — dann steht Eigenthum, ja selbst das Leben des Estaneiero in Gefahr. Sein Hauptbesitz, Rind- vieh und Pferde, sind Kriegsartikel, die ohne Weiteres fortgenommen werden und für welche im glücklichsten Falle ein vielleicht nie zu Geld zu machendes papiernes Document gewährt wird. Er wird dann oft _ Mit einem Schlage ein armer Mann, und wenn es die Gegenpartei ist, _ welche seine Länder überzieht, so ist häufig sein Leben in Gefahr, da _ wohl nur in wenig Ländern des Alterthums und der christlichen Ge- sehiehtsepochen ein so zäher und so blutiger Parteihals gefunden wer- _ den möchte, als gerade in diesen Ländern, und zwar vorzüglich wohl _ deshalb, weil die Parteien nicht durch Grundsätze, sondern durch rein persönliche Interessen geschieden werden. Die Wandelbarkeit in allen Zeitschr. f. allg. Erdk. Neue Folge. Bd. V. 19 290 von Gülich: Verhältnissen ist eine Erscheinung, welche diese Länder vorzugsweise charakterisirt: das Klima, der Sinn der Bewohner, Hab und Gut, und namentlich die politischen Zustände sind unaufbörlichen und oft sehr extremen Schwankungen unterworfen. Es fehlt durchaus der feste Faden einer organischen Entwickelung. Er fehlt in fast allen Richtungen, und die politischen Ereignisse lassen sich so wenig berechnen, wie die ohne Regel wiederkehrenden Eruptionen eines Vulkans. Es sind aber diese Länder, was ihre sociale und politische Existenz anlangt, noch in ihrer jüngsten Formation begriffen. Alles ist noch im Werden: es hat sich noch Nichts festgesetzt. Man kann daher auch noch nicht von einer Geschichte dieser Länder reden, sondern sie sind erst im Anfange ihrer Geschichte, und namentlich ist auch das Vermögen, bei dem Mangel an staatlichen Einrichtungen zu seiner Sicherung, stetem Wechsel unter- worfen. Es giebt noch keine Geburts- und Geld-Aristokratie. Fami- lien, die in der vorigen Generation durch ihren Reichthum berühmt waren, leben heute in bitterer Armuth, und andererseits wimmelt es von Parvenu’s, die im modernsten Pariser Luxus sich bewegen und mit denen der europäische Gentleman at heart sich höchst ungern in dem- selben Salon zusammengeworfen sieht. „Wir dürfen uns darüber keine Illusion machen,“ sagte mir ein sehr würdiger Europäer öfters, als ich vor vier Jahren mit ihm die Bälle in dem Plata-Hamburg, in Buenos Aires besuchte, „wir gelten hier weit weniger als der erste beste, pe- cuniär leidlich situirte shop keeper, bei welchem meine Frau sich des Morgens ihre Toilette assortirt.* So ist bis heute nur noch der Reich- thum das fast einzig unterscheidende Merkmal in der hiesigen Gesell- schaft, und der Rang wird im Allgemeinen nur durch das gröfsere oder kleinere Metallgewicht bestimmt. Es ist vielleicht hier am Platze, einen Blick auf die heutigen Preise der Ländereien im Mittelpunkte des civilisirten Platagebiets zu werfen. Es ist sehr interessant, zu verfolgen, in wie ganz aufserordentlicher Progression dieselben namentlich in denjenigen Gegenden, welche den Küsten des meerartigen Platastromes nahe liegen, und besonders seit dem Falle des argentinischen Dictators Rosas, gestiegen sind. Man geht nicht zu weit, wenn man behauptet, dafs sie häufig den vier- und achtfachen Werth dessen, was sie damals kosteten, erreicht haben. Mit dem heutigen Preise scheint man aber auch zu einem Höhepunkt ge- langt zu sein, auf dem man für einige Zeit verbleiben dürfte, wenn nicht die Preise gar wieder heruntergehen sollten. Auf dieser Steige- rung der Landpreise beruht auch die günstige Conjunetur der Feld- messer und Ingenieure in diesen Ländern. Der Durchschnittspreis des guten, nicht allzufern von der Hauptstadt gelegenen Landes im Staate Buenos Aires ist heute 200,000 Papier- Thaler für die hiesige Quadrat- Reise im Thal des Uruguay und auf dem ‚Gebiet der Banda Oriental, 291 Meile. Im orientalischen Freistaate gilt das Land in nicht zu grofser Ferne von der Hauptstadt, oder, was hier einen noch höheren Werth begründet, in der Nachbarschaft des Uruguay oder Plata, 4 bis 6000, und in minder günstig gelegener Localität 3 bis 4000 spanische Thaler, während, als ich vor vier Jahren in Montevideo landete, der Durch- schnittspreis des Landes im orientalischen Freistaate 1000 bis 1500 spanische Thaler betrug. Wenn nun, wie es in Europa in der letzten Zeit häufig geschehen ist, die aufserordentliche Productivität der Capitale gerühmt wird, wel- che in Ländereien am Rio de la Plata plaeirt würden, so sind dabei folgende Verhältnisse wohl im Auge zu behalten. Das in hiesige Län- dereien gelegte Capital ist im Allgemeinen sehr unproductiv. Das Land, da es nicht zum Ackerbau, sondern nur zur Viehzucht vermiethet wer- den kann, wirft nur einen sehr niedrigen Miethszins ab, den man im _ günstigen Durchschnittsfalle auf etwa 1 bis allerhöchstens 34 Procent für das Jahr veranschlagen kann, während im hiesigen kaufmännischen Verkehr der Discont pro Monat, je nach dem gröfseren oder geringe- ren Geldvorrathe, zwischen 2 und 14 Procent pro Monat schwankt. Freilich ist dann das in Land angelegte Capital auch sicher, während, wie die jüngste Handelskrise es sehr eindringlich bewiesen hat, auch das den bestberufensten kaufmännischen Firmen dargeliehene Geld durch- aus unsicher ist, wozu noch der Umstand tritt, dafs das Land, wenn _ auch nicht in der unverhältnifsmäfsigen Weise der letzten Jahre, doch _ immer noch etwas im Werthe steigen dürfte. Dagegen wirft das in _ die Viehzucht, dasjenige National- Gewerbe, für welches die Plataländer von der Natur prädestinirt zu sein scheinen, gesteckte Capital einen ' sehr hohen Zinsertrag ab. Man rechnet, dafs das in Rindviehzucht an- gelegte Capital sich in drei Jahren zurückzahlt, das in Schafen angelegte _ noch eher. Aber bei dieser Rechnung, die im Allgemeinen richtig ist, _ mufs wiederum das festgehalten werden, dafs Bürgerkriege und Revo- lutionen den Normal-Zustand dieser Länder bilden, und dafs in solchen _ Fällen sehr leicht das ganze Capital verloren gehen kann, wie denn diesen Ländern überhaupt eine sehr grofse Unsicherheit des Besitzes eigenthümlich ist. | Dem Städtchen Paysandu liegt nordwestlich in der Entfernung von _ einigen Meilen am andern Ufer des Uruguaystromes die neuerdings _ vom General Urquiza gegründete Ackerbau-Colonie San Jose gegen- über, welche aus deutsch redenden Elementen, hauptsächlich deutschen 'Schweizern und Süddeutschen besteht. Diese Colonie habe ich von _ Paysandu aus besucht und kann über sie wie über die andern deut- schen Colonien im Platagebiete im Allgemeinen nur bemerken, dals _ der hierher gerichteten deutschen Einwanderung, welche, sobald sie 19° 292 von Gülich: € nicht ganz mittellos ist oder auch nur irgend welehe tüchtige Arbeits- kraft und bestimmte technische Fertigkeiten mitbringt, ein sehr gutes Fortkommen findet, doch durchaus abzurathen ist, sich in der Hei- math schon durch Contracte an bestimmte Personen und bestimmte Loecalitäten im Voraus zu binden. Die deutschen Einwanderer, welche nach dem Plata blicken, müssen, wenn sie hier ein gutes Fortkommen finden wollen, frei hierherkommen, nicht gebunden an eine bestimmte Person oder an eine bestimmte Scholle. Sie müssen wo möglich auch frei von Schulden hierherkommen, da diese bei dem hiesigen hohen Zinsfufse später sehr schwer abzutragen sind. Sie müssen sich beson- ders hüten, in ihrer Heimath schon hiesigen Colonisations - Unterneh- mern oder Ein- und Auswanderungs-Agenten, oder wie sie sonst heifsen mögen, in die Hände zu fallen und mit ihnen dort schon, wo sie die hiesigen Verhältnisse noch gar nicht kennen, bestimmte Ver- pfliehtungen einzugehen. Alle diese Colonisations- und Auswanderungs- Unternehmer, unter denen ein philanthropischer südamerikanischer Pa- triot, welcher sich versucht fühlte, sein Vermögen einer Idee zu opfern, immer eine sehr seltene Ausnahme sein wird, werden im Allgemeinen, wie dies die Natur der Sache mit sich bringt, ganz ausschliefslich nur durch ihr eigenes Geldbedürfnifs und nur durch den Wunsch getrieben, Geld zu verdienen, und es würde thöricht sein, von ihnen Anderes zu erwarten. Die Ein- und Auswanderer sind ihnen im Allgemeinen eben nur Elemente, mit denen sie ihr Geschäft betreiben. Was nun speciell die in Frage stehende Colonie anlangt, welcher der General Urquiza den Namen „Colonia de San Jose“ gegeben hat, so ergiebt sich aus dem-Colonisations-Contract, dafs die Colonisten in San Jose im Ganzen recht gut gestellt sind. Ich bin es dem General Urquiza schuldig, hier ausdrücklich hervorzuheben, dafs er auch über seine contractlichen Verpflichtungen hinaus für das Gedeihen der Co- lonie Alles thut, was in seinen Kräften steht. Er ist aber Geschäfts- mann und wünscht natürlich bei diesem Geschäft kein Geld zuzusetzen. Die geographische Lage der Colonie ist vortrefflich, nahe dem Uruguay- Strome und nahe den Uruguay-Handelsplätzen Salto, Concordia und Paysandu. Das Klima ist gesund, wenn auch im Sommer etwas heils. Denjenigen deutschen Einwanderern, die ohne bestimmten Zielpunkt nach dem Plata kommen, kann daher wohl angerathen werden, an einen solchen Mittelpunkt, wo schon eine Anzahl deutscher Landsleute sich vorfindet, sich anzuschliefsen. Nach dem Besuche der Colonie San Jose waren wir genöthigt, da in der nächsten Zeit kein Dampfschiff von Paysandu den Flufs hinaufging, es auch an Segelschiffen für den Augenblick fehlte, unsere Reise zu Pferde fortzusetzen. Da nach den Mittheilungen der Behörde Reise im Thal des Uruguay und auf dem Gebiet der Banda Oriental. 293 in Paysandu das linke orientalische Ufer des Flusses von Wegelagerern nicht ganz frei war, so wählten wir den Weg auf dem rechten entre- rianischen Uruguay-Ufer, wo die administrative Tüchtigkeit und Ener- gie des Generals Urquiza eine Sicherheit hergestellt hat, wie man sie in der pyrenäischen Halbinsel nur an wenigen Stellen findet. So führte _ uns unser Weg von Paysandu zunächst über den Uruguay-Strom auf dessen entrerianische Seite. Von hier bis nach dem ebenfalls am Uru- guay gelegenen entrerianischen Hafen und Handelsplatze Concordia sind es noch 30 bis 35 Meilen Weges, die wir, alle 3 bis 5 Meilen mit Pferden wechselnd, in zwei Tagen zurücklegten. Das nördliche Entre Rios ist ein einsames, unbevölkertes Land, dem jedoch Naturschönheiten nicht mangeln. Das gesammte Platagebiet ist im Allgemeinen eine ununterbrochene Ebene und zu den wenigen Ausnahmen gehören diese Uferländer des oberen Uruguay, welche bergartig und bewaldet sind. Wir haben auf dieser Pferdereise von mehr als 40 Leguas im Gan- zen kaum zehn Menschen gesehen, aber zahllose Heerden von wilden Straufsen und südamerikanischen Rehen, die in dieser wilden Natur so wenig scheu waren, dafs sie uns oft auf Schufsweite nahe kommen liefsen. Diese Länder des oberen Uruguay charakterisiren sich auch durch häufige Palmenwälder vor anderen Theilen des Platagebietes. Wir sind meilenlange Strecken durch solche Palmenwälder geritten, welche der Landschaft einen anziehenden Charakter geben. Die Frucht _ dieser Dattelpalmen ist aber ärmlich und kaum geniefsbar. Es steht dieses südamerikanische Erzeugnifs hinter den entsprechenden Erzeug- nissen anderer Länder eben so sehr zurück, wie dies mit manchen an- deren Producten des südamerikanischen Thier- und Pflanzenreiches der Fall ist. Der südamerikanische Tiger, eigentlich Unze, der südameri- kanische Löwe, Puma, die südamerikanische Feige, die südamerikani- sche Traube, Citrone und Apfelsine, kommen auch nicht von fern den _ entsprechenden Erzeugnissen Asiens oder Afrika’s gleich. Die Stadt Concordia, heute mit Gualeguaychu, Concepeion del _ Uruguay und Paranä zu den bedeutendsten Städten der Provinz Entre Rios zählend, ist nach Gualeguaychu der wichtigste Handelsplatz die- ser Provinz. Sie ist etwa eine kleine Stunde von dem Ufer des Uru- ' guay, der hier einen schönen Hafen bildet, entfernt. Der Weg von der Stadt zum Hafen ist aber gut und es ist eine regelmäßige Com- munication für Passagiere und Wagen hergestellt. Da Seeschiffe nicht "bis Concordia hinauf kommen können, so vermitteln kleinere Flufs- schiffe, die zwischen Montevideo und Buenos Aires einerseits und Con- dia andererseits auf- und niederfahren, den keineswegs unbedeuten- ‘den Handelsverkehr dieser Stadt. Die Ausfuhrproducte sind die ge- _ wöhnlichen des Platagebiets: Häute, Fett, Wolle, Talg u. s. w. und die 294 von Gülich: Einfuhr besteht in europäischen Manufaetur- Waaren und Produeten aller Art, namentlich in nordamerikanischem Weizen und preufsischen Tuchen u. s. w. Schräg gegenüber der Stadt Concordia und ausnahmsweise hart am Uruguay-Strome liegt der orientalische Hafen- und Handelsplatz el Salto. Salto ist der bedeutendste Hafen- und Handelsplatz am Uruguay, nach Montevideo der erste Handelsplatz des orientalischen Freistaats, und einer bedeutenden Handels-Entwickelung fähig. Kein anderer Hafen- und Handelsplatz am Uruguay hat diejenige Handels- Zukunft, zu welcher Salto berufen ist. Es ist der Sammelpunkt der Ausfuhr -Producte der gesammten nordwestlichen Länder des orientali- schen Freistaats, und versorgt diese dagegen mit europäischen Waaren aller Art, welche es im indireeten Verkehr über Buenos Aires, haupt- sächlich aber über Montevideo bezieht. Sein schöner Flufshafen ist immer von einer grofsen Zahl von Schiffen belebt. Salto hat aber aufser diesem allgemein commerciellen Charakter der Uruguay-Hafen- und Handelsplätze noch eine besondere Bedeutung. Es ist der Stapel- platz sämmtlicher Erzeugnisse, welche das südwestliche Brasilien her- vorbringt, unter welchen durch seinen Umfang namentlich die aufser- ordentlichen Quantitäten in diesen Ländern consumirter Yerba Mate hervorragen. Es wird dieser südamerikanische Thee gleichzeitig in Paraguay und denjenigen südwestlichen Theilen Brasiliens erzeugt, wel- che unter dem Namen „Misiones“ geographisch bekannt sind. Die in Brasilien produeirte Gattung ist die minder geschätzte aber wohl- feilere, die in Paraguay produeirte die weit geschätztere aber theurere. Ferner hat Salto seit einigen Jahren eine besondere Bedeutung dadurch gewonnen, dafs das reiche südwestliche Brasilien, welches früher seinen sehr erheblichen Bedarf an europäischen Manufactur- und anderen Waa- ren über die südbrasilischen Häfen Rio Grande und Porto Alegre und dann weiter per Land-Transport bezog, neuerdings diesen Weg auf- gegeben und in einem zunehmenden Verhältnisse begonnen hat, seinen desfallsigen Bedarf, welcher einer grofsen Ausdehnung entgegengeht, immer mehr über Montevideo, Buenos Aires und Salto auf der schönen Wasserstrafse, welehe der Uruguay bildet, zu beziehen. So beruht die Handelsbedeutung der Stadt Salto auf einer doppelten Grundlage. Es ist zunächst der Aus- und Einfuhrplatz für die Erzeugnisse und Be- dürfnisse der umliegenden orientalischen Gegenden, während jedoch seine vorzugsweise Bedeutung durch die Vermittelung der Aus- und Einfuhr Südwest-Brasiliens begründet wird. Dieser südwestbrasilische, von den brasilischen Häfen Rio Grande und Porto Alegre neuerdings auf die Handelsplätze Montevideo und Buenos Aires übergegangene Handelsverkehr zu Wasser erleidet jedoch Reise im Thal des Uruguay und auf dem Gebiet der Banda Oriental. 295 von Salto ab eine Unterbrechung. Von der Stadt Salto bis zu dem nördlich am Uruguay gelegenen Städtchen Constitueion ist der Strom wegen vieler Felsen und Bänke selbst für kleinere Schiffe in Zeiten seiner normalen Wassermenge nicht schiffbar, und etwa auf der Hälfte des Weges von Salto nach Constitucion findet man jene bekannte, den Uruguay seiner ganzen Breite nach durchschneidende und einen ziem- lich hohen Wasserfall bildende Bank, welche dieser Naturbeschaffenheit ihren Namen „Salto grande“ verdankt. Diese Eigenthümlichkeit des Uruguay -Stromes gestaltet nun den oben geschilderten Handelsverkehr in folgender Weise. Die gedachten, über Buenos Aires und Montevideo auf Flufsschiffen bis nach Salto geführten Waaren werden in Salto auf Frachtwagen ge- laden, gehen dann auf dem Landwege bis nach Constitucion, werden in Constitucion wieder auf Flufsschiffe geladen und gehen dann den Uruguay wieder hinauf bis zur brasilischen Stadt Uruguayana, heute schon wegen der oben geschilderten Verhältnisse der blühendste Han- delsplatz des südwestlichen Brasiliens und zu einer grolsen Handels- Zukunft berufen. Und vice versa wird in derselben Weise die aus dem südwestlichen Brasilien kommende, in Uruguayana sich ansammelnde Ausfuhr auch nicht mehr wie früher auf dem Landwege über Porto Alegre und Rio Grande, sondern auf dem eben beschriebenen eombi- nirten Land- und Wasserwege verführt. Ein ähnliches Verhältnifs in dem Zuge des Aus- und Einfuhr- Verkehrs findet sich auf der anderen Seite des Uruguay-Stromes, nur in minder bedeutendem Mafsstabe, da die am rechten Ufer des oberen Uruguay belegenen Länder, die argentinische Provinz Corrientes und ein Theil der sogenannten Missionen, heute wenigstens in Production und Consumtion — und das ist in Süd-Amerika identisch mit Civili- sation — noch nicht auf derselben Stufe stehen, wie die am linken Ufer gelegenen Theile des Kaiserreichs Brasilien. Die Stadt Concordia nimmt in dem Zuge des Ein- und Ausfuhr- Verkehrs auf dem rechten Uruguay-Ufer, wenn auch in weit kleinerem Malsstabe, dieselbe Stellung ein, wie Salto auf der linken Seite. Von dem der Stadt Salto gegenüberliegenden Concordia nehmen die von Montevideo und Buenos Aires zu Schiffe heraufgekommenen Waaren bis nach dem entrerianischen Städtchen Federacion, von wo ab der Uruguay wieder schiffbar wird, den Landweg, und ebenso gehen die Ausfuhren der an der rechten Seite des oberen Uruguay gelegenen Län- der von Federaeion bis Concordia zu Lande auf einem neben dem Uruguay herlaufenden Wege und werden dann in Concordia auf Flufs- schiffe gebracht, welche sie nach den grofsen Stapelplätzen des La Plata-Gebietes, Montevideo und Buenos Aires, hinunterführen. 296 von Gülich: Die Stadt Salto bekommt durch die oben geschilderten, etwas com- plieirten Handelsverhältnisse einen so lebhaften Charakter, wie er bei den im Innern Süd-Amerika’s belegenen Handelsplätzen sehr selten ist. Es herrscht dort ein durch das Aus- und Einladen der zahlreichen Handelsschiffe, durch das Bepacken der zwischen Salto und Constitu- cion auf- und niederfahrenden Frachtwagen hervorgerufenes äufserst reges Leben. Diese Frachtwagen sind indefs von den unsrigen sehr verschieden. Sie bestehen aus einer Art kleiner Häuschen, die auf aulserordentlich hoher Axe ruhen, mit fast haushohen Rädern, um die im Winter und bei Regenwetter rasch anschwellenden, nicht überbrück- ten Flüsse passiren zu können. Sie sind auch nicht, wie bei uns, mit Pferden bespannt, sondern gewöhnlich mit grofsen Zugochsen, oft mit acht Stück. Neben ihnen her wandeln nicht, sondern reiten ein und auch wohl mehrere Fuhrleute, nicht mit Peitschen gerüstet, sondern mit einem Stab von der Dicke einer gewöhnlichen Lanze, aber doppelt so lang und an Einem Ende mit einer eisernen Spitze versehen. Mit diesem Stabe leiten die neben den Frachtwagen reitenden Fuhrleute sehr geschickt die Ochsenbespannung, indem sie, oft freilich in sehr unbarmherziger Weise, die armen Thiere mit der scharfen eisernen Spitze zu kräftigerem Ziehen antreiben. Diese zwischen Salto und Constitueion auf- und niederfahrenden Frachtwagen reisen nie allein, sie bilden vielmehr Karawanen von zwanzig und darüber, und es ist ein höchst malerischer Anblick, solche Karawanen von zwanzig und dreilsig, je mit acht Ochsen bespannten Frachtkarren in die Stadt Salto ein- oder aus derselben ausziehen zu sehen. Weit malerischer aber ist der Anblick, den sie Abends gewähren, wenn sie auf der Reise auf freiem Felde sich in eine Wagenburg zusammenschliefsen und die Fuhr- leute, in kleinen Gruppen versammelt, um das Feuer sich gelagert ha- ben, nach eigenthümlicher südamerikanischer Weise ihren Mate mit Saugröhren aus den kleinen Töpfehen schlürfen und auf hölzernen Stä- ben das Stück Fleisch am Feuer rösten, welches ohne irgend welche Zuthat, ohne Brod, häufig selbst ohne Salz ihre Mahlzeit bildet. Der Grofshandel der Stadt Salto befindet sich in orientalischen, argentinischen, französischen, italienischen, deutschen und englischen Händen, und es soll dort ein bei dem Umfange des Umsatzes erheb- lichen Gewinn abwerfendes Geschäft gemacht werden. Zu den ersten Firmen gehört das Haus Silvestre Lacaze, gleichzeitig in Salto und Uruguayana etablirt, an welchem letzteren Orte der eine Theilhaber des Geschäfts, ein Deutscher Namens Kasten, das Geschäft leitet. Herr Kasten, ein Freund Bonpland’s, welcher am corrientinischen Uruguay- Ufer, unweit des Uruguayana gegenüber gelegenen corrientinischen Städtchens Restauraeion als ein kleiner Estanciero lebt, ist trotz seiner Reise im Thal des Uruguay und auf dem Gebiet der Banda Oriental. 297 _ Ueberhäufung mit Handelsgeschäften ein eifriger und sehr uneigennützi- _ ger naturhistorischer Sammler. Ihm verdanke ich die schöne grofse lebende, kürzlich in Berlin verstorbene Schildkröte, über deren Ankunft mir seiner Zeit der verstorbene Geheimrath Lichtenstein seine beson- dere Freude ausdrückte. Jetzt hat mir Herr Kasten abermals als ein Geschenk für den zoologischen Garten in Berlin einen schönen jungen brasilianischen Tiger angekündigt. Ich hatte gehofft, von dieser Reise nach den Uruguay-Ländern auch einiges Lebende für den zoologischen Garten in Berlin mitbringen zu können, aber es hat mich bei diesem Plane ein eigenthümliches Mifsgeschick verfolgt. In Paysandu war ein schöner grofser Tiger, welcher in einem grofsen eisernen, für den Trans- port bestimmten Käfige vier Jahre hindurch zu dem billigen Preise von vier Goldunzen ausgeboten war, am Tage vor meiner Ankunft von dem Besitzer, der länger auf einen Käufer zu harren müde geworden war, getödtet worden, In Concordia war ebenfalls am Tage vor meiner Ankunft ein schönes Paar südamerikanischer Löwen, wie solche mei- nes Wissens im zoologischen Garten zu Berlin noch nicht gesehen sind, zu dem billigen Preise von 30 Pesos verkauft worden. Für ein Paar schöne und ganz zahme entrerianische Gürtelthiere, welche der General Urquiza für den zoologischen Garten in Berlin mir anbot, fehlte es an jeder Gelegenheit zu einem sichern Transport nach Buenos Aires oder Montevideo; ebenso für ein Paar südamerikanische Fischottern (nutrias), welche der argentinische Kriegsminister, auf dessen Estancia wir auf dem Wege von Paysandu nach Concordia übernachteten, zu gleichem Zwecke mir zur Verfügung stellte. Neben deutschen Kaufleuten ist Salto, in dessen Nordosten ein grolser Theil jener Halb-Edelsteine gefunden wird, welche bei uns in der Nähe von Kreuznach, ich meine in Oberstein, zu Armbändern, Halsketten, Ringen und ähnlichen Schmucksachen verarbeitet werden, ein Sammelpunkt kleiner deutscher Händler, welche sich mit dem Ein- sammeln und dem Aufkaufe jener Steine beschäftigen, die dann via Salto resp. Montevideo und Buenos Aires über Antwerpen nach den gedachten Rheingegenden versendet werden. Dieser Steinhandel be- schäftigt hier wie dort eine erhebliche Anzahl von Personen, ohne dafs sich jedoch mit Genauigkeit bestimmen liefse, welche Höhe in Werth und Quantum die Ausfuhr der gedachten Steine in den verschiedenen Jahren erreicht. Auch in anderweitigen Beschäftigungen der verschie- densten Art ist eine nicht unbeträchtliche Anzahl von Deutschen in der Umgegend von Salto angesiedelt. Einige haben Landbesitz, andere sind Handwerker, und fast Alle leben in guten sorgenfreien Verhältnissen, _ wie überhaupt diese Stadt und ihre Umgegend zu den nahrhaftesten Theilen der Plata-Länder gehören. 298 von Gülich: Um eine genauere Kenntnifs des orientalischen Uruguay-Ufers zu erlangen, zogen wir vor, von Salto die Reise zurück nach Montevideo zu Pferde zu machen, anstatt uns des flüchtig hinabeilenden Dampfers zu bedienen, welcher überdies, meist mit nichteinheimischen Passagie- ren angefüllt, wenig oder gar keine Gelegenheit giebt, einen tieferen Einblick in die Eigenthümlichkeit dieser Länder und ihrer Bewohner zu gewinnen. Am orientalischen Uferlande, wo der starke Arm der geordneten Regierung des Generals Urquiza fehlt, ist das Reisen zu Lande wegen der aus den verschiedenen Revolutionen zurückgebliebe- nen Wegelagerer keineswegs sehr sicher, und wir hätten eine solche Landreise wohl kaum unternehmen können, wenn uns nicht unser amt- licher Charakter bei den Ortsbehörden überall eine sehr zuvorkommende Aufnahme verschafft und sie vermocht hätte, uns von Ort zu Ort eine oft gröfsere Militair-Escorte, als nöthig war, zur Verfügung zu stellen, wodurch uns oft nicht unerhebliche Kosten verursacht wurden. Dieser Kostenpunkt war auch der Grund, weshalb wir von den uns zur Dis- position gestellten vier Soldaten in der Regel nur zwei mitnahmen. Wir wandten uns von Salto aus, nunmehr den Rückweg nach Montevideo antretend und meist dem Uruguay-Ufer entlang reitend, nach Paysandu, wo wir nach einem anstrengenden Ritte von zwei Ta- gen eintrafen. Der Weg von Salto nach Paysandu ist sehr unbelebt und einsam; wir passirten zwar zahllose Viehheerden, Heerden von Straulsen und von südamerikanischen Rehen, haben aber auf dieser gesammten Wegestrecke von etwa 30 Meilen Alles in Allem kaum zehn Menschen zu Gesicht bekommen. Es gehört diese Gegend, obwohl sie öde und unwirthlich ist, doch zu den schönsten und bergigsten des La Plata-Gebiets, und wie auf dem gegenüberliegenden entrerianischen Ufer, so sind auch auf dieser Seite meilenlange und gleich breite Pal- menwälder nichts Seltenes. Dort kamen wir auch an dem höchsten Berge vorbei, welchen ich während meines nun bald fünfjährigen Auf- enthalts in den Plata-Ländern gesehen habe, der sogenannten „Mesa de Artigas“ (Tisch des Artigas), einem Berge, dessen eine Seite einen steil in den Uruguay-Flufs hinablaufenden Uferabhang bildet. Der Name hat in geschichtlichen Vorgängen seinen Grund. Artigas war ein Guerilla-Häuptling, welcher zur Zeit des Unabhängigkeitskrieges dieser Länder mit dem spanischen Mutterlande in jenen Gegenden sein wildes Wesen trieb und welcher sein Standquartier mit Vorliebe auf der Kuppe jenes Berges aufzuschlagen pflegte. Man sagt, dafs er, wenn er von seinen Streifzügen gegen die altspanischen Truppen mit altspa- nischen Gefangenen nach seinem Lieblingssitze auf jenem Berge zurück- gekehrt war, sich ein besonderes Vergnügen daraus gemacht habe, — wie sich überhaupt die Geschichte dieser Länder, namentlich die Epoche Reise im Thal des Uruguay und auf dem Gebiet der Banda Oriental. 2399 des Dietators Rosas in Buenos Aires durch ganz tolle, an wirkliche Verrücktheit grenzende Grausamkeiten auszeichnet, — seine mitgebrach- ten altspanischen Gefangenen zunächst tüchtig füttern, sodann in Säcke nähen und diese Säcke den Berg hinunter in den Uruguay-Strom hin- abrollen zu lassen. In Paysandu fanden wir einen Dampfer vor, mit welchem wir auf dem Uruguay-Strome bis nach dem oben schon geschilderten Hafen Fray-Vento hinabfuhren, von wo wir einen Post-Omnibus benutzten, um nach der Stadt Mercedes am Rio Negro, einer der bedeutendsten Städte der Banda Oriental, zu gelangen. Von Mercedes, einer nahrhaften Stadt, Wohnort einer zahlreichen fremden Bevölkerung, wo auch manche Deutsche in erfreulichem Wohl- stande leben, machten wir, immer von einer amtlich uns mitgegebenen Militair-Escorte begleitet, fast die ganze Reise bis Montevideo nicht in direeter Route, sondern, um die verschiedenen Uruguay- und La Plata- Häfen und Handelsplätze kennen zu lernen, uns den beiden Flufsufern möglichst nahe haltend, eine Tour von ungefähr 150 hiesigen Meilen zu Pferde. Wir wandten uns zunächst nach der am Flusse San Sal- vador freundlich gelegenen Landstadt Dolores, wie der landesübliche Name ist, nicht San Salvador, ein Name, der im Allgemeinen nur auf den Karten vorkommt, und brachten die folgende Nacht auf der schö- nen, 7 Quadratmeilen grofsen und mit zahlreichen Rindvieh- und Schaf- heerden besetzten Estancia Cascaravilla zu, welche einem früheren bre- mischen Schiffscapitain, Herrn Prange, gehört. Es ist ein wahres Glück für dieses so reiche Land, dafs das Grundeigenthum immer mehr in die Hände von Europäern übergeht, welche mit europäischer Gesittung europäische Wirthschaftsmethoden und Viehracen hierherbringen. Unter den Europäern waren es in den letzten 20 Jahren vorzugsweise briti- sche Unterthanen, welche sich im Plata-Gebiet ländlich ankauften. In den letzten Jahren sind auch bedeutende Strecken von Grundeigenthum, namentlich im Staate Buenos Aires und im orientalischen Lande, in deutsche Hände eigenthümlich übergegangen. Ich glaube das Deutschen zugehörige Landeigenthum im orientalischen Staate nicht unter 50 orien- talische Quadrat-Leguas schätzen zu dürfen, und wenn ich einen Blick auf die vielen von Eingeborenen und Fremden bewirthschafteten Estan- eias werfe, die ich auf dieser Reise kennen gelernt habe, glaube ich versichern zu können, dafs unter den von Deutschen besessenen Estan- eias einige sind, die in der Vorzüglichkeit der Bewirthschaftung und ' in der Höhe des Ertrages alle anderen übertreffen. Die zunehmende Cultur des Innern dieser früherhin zum grofsen Theil brachliegenden Plata-Länder, d. h. die Bevölkerung des Landes mit Vieh, hat in den letzten Jahren auch eine verhältnifsmäfsig erhebliche Nachfrage nach 300 von Gülich: tüchtigen Civil-Ingenieuren, resp. nach tüchtigen Feldmessern zur Folge gehabt. Bei der gegen Fremde sehr liberalen Gesetzgebung dieser Länder sind fast alle Fächer auch den Fremden zugänglich, und so fehlt es denn auch nicht an deutschen Feldmessern im Plata-Gebiet, und es soll denen, die nur einigermafsen tüchtig sind, hier sehr gut gehen. So lebt unter Andern in Paysandu ein früherer preufsischer Offizier als Feldmesser, Herr Adolph v. Conring, in Salto ein früherer Hamburger Uhrmacher, in der orientalischen Landstadt San Jose ein angeblich früherer preufsischer Offizier, in Montevideo ein früherer würtembergischer Offizier, in Buenos Aires ein ehemaliger preufsischer Unterthan, Herr Kühr, ebendaselbst als einer der angesehensten Bau- meister der Stadt Herr v. Arnim, ein früherer preufsischer Offizier, und an manchen anderen Punkten des Plata-Gebietes noch manche Andere. Einigen dieser Herren geht es sehr gut und zwei derselben haben mir gesagt, dafs sich ihre. Jahres- Einnahme bei günstigen Con- juncturen wohl auf 5000 spanische Thaler (1 spanischer Thaler = 43 Sgr. 5 Pf.) belaufe "). Es ist dies nicht zu verwundern, wenn man die Preise in’s Auge falst, die hier für Messungen bezahlt werden. Hier führe ich beispielsweise nur an, dafs das preulsische Handelshaus J. u. F. Mallmann in Montevideo, das eine etwa 4 Quadratleguas haltende Estaneia besitzt, für Vermessung derselben und nachherige Zeichnung des Planes jüngst 36 Unzen (1 Unze = 16 spanische Thaler & 43 Sgr. 5 Pf.) zahlte. Weiter führte uns unser Weg nach dem am Flusse Las Vacas ge- legenen Hafen und Handelsplatze el Carmelo, welcher auf den Kar- ten gewöhnlich Las Vacas genannt wird. Auch hier fand ich Deutsche angesiedelt, unter Andern eine aus dem badischen Schwarzwalde stam- mende Familie, wo die bereits 40 Jahre in diesem Lande lebende und . von der südamerikanischen Sonne wie eine gelbbraune Indianerin ge- bräunte und gerunzelte Grofsmutter, des Spanischen noch immer nicht mächtig, ihren Schwarzwälder Dialekt noch so wenig verloren hatte und noch in so lebhafter Sehnsucht nach ihrer Heimath befangen war, dafs man glauben mochte, sie sei erst mit dem letzten Schiffe nach diesen zwar sorgenfreien, aber keine deutsche Gemüthlichkeit beherber- genden Küstengestaden gekommen. Da es in dem Carmelo an Postpferden mangelte und auch ander- weit Pferde nicht gemiethet werden konnten, so sahen wir uns in die unangenehme Nothwendigkeit versetzt, hier Pferde zu kaufen, die wir das Stück mit 8 orientalischen Pesos (& 1 Thlr. 5 Sgr. 4 Pf.) bezahlten. !) Dieselben günstigen Aussichten eröffnen sich in den Plata-Ländern auch tüchtigen Bergleuten. Reise im Thal des Uruguay und auf dem Gebiet der Banda Oriental. 301 Dieser Preis ist aber ein ausnahmsweise billiger und in Montevideo wird ein wirklich gutes Pferd schon mit 50 spanischen Thalern und darüber bezahlt. Dennoch hat der Pferdereichthum dieser Länder und ihre verhältnifsmälsige Wohlfeilheit die britische Regierung auf die Idee gebracht, sich für den Pferdebedarf ihrer Kavallerie in Indien am La Plata zu rekrutiren. Die Ausführung dieser Idee fand aber in dem pferdereichsten Theile des La Plata-Gebiets, dem Staate Buenos Aires, durch ein gleich am Anfange dieses Versuchs erlassenes Pferdeausfuhr- Verbot ein rasches Ende, und nun scheint man auch für die anderen minder wichtigen Theile des Plata-Gebietes von einer Verwirklichung dieses Planes abstehen zu wollen. So ging nun auf eigenen Pferden, immer von einer Militair-Es- corte begleitet, die Reise weiter nach der am Plata-Ufer schön gele- genen, einem Bremer, Herrn Prange, zugehörigen Estancia San Juan, auf welcher wir übernachteten, und anderen Tages in einem schweren Regenwetter, welches uns keinen Faden unseres Zeuges trocken liefs, nach der alten Stadt Colonia, einer der wenigen Städte des Plata-Ge- biets, welche historische Erinnerungen aufzuweisen hat und deren Bau- art auch an die Bauart europäischer Städte erinnert; denn im Allge- meinen gleichen, mit Ausnahme der grofsen Handelspunkte Buenos Aires und Montevideo, die Städte des süädamerikanischen Innern grolsen natür- lichen Gärten, zwar nicht von Bäumen, welche Schutz gegen die bren- nend stechende Sonne gewähren, wohl aber von Strauchwerk; jedes Haus liegt inmitten seines eigenen Gärtchens, ohne mit seiner Mauer die des Nachbarhauses zu berühren. Colonia, eine der ältesten Städte des Plata-Gebiets, war früher eine starke Festung mit mittelalterlichen Mauern und von hohen Wällen umgeben, die noch heute in halbverfallenem Zustande vorhanden sind und manche schwere Belagerung ausgehalten haben. Der Streit, den früher Spanien und Portugal um diesen schönsten Theil des Plata-Ge- bietes, um das orientalische Land, führten, ein Streit, der heute, wenn auch nicht in offener Fehde, dennoch mit gleicher Lebendigkeit zwi- schen den südamerikanischen Nachkommen Spaniens und Portugals fortgeführt wird, concentrirte sich häufig um diese Kernfestung der Plata-Länder. Jener tief eingewurzelte Kampf zwischen Spanien und Portugal in dem heutigen Süd-Amerika ist noch nicht entschieden und wird mit tiefster Erbitterung von beiden Seiten, wenn auch unter der Oberfläche, fortgesetzt. Brasilien kämpft — (für solche Thatsachen _ lassen sich schwierig Beweise beibringen, aber es ist hier die allge- meine Annahme) — mit Gold und Intriguen und nährt auf jede Weise die Nichtconsolidirung des orientalischen Landes. Montevideo und das orientalische Land sind, in ganz Süd-Amerika 302 von Gülich: wenigstens, eine Burg rein europäischer Civilisation mit Abwesenheit alles ultra-amerikanischen Elementes. Es würde ein grofses Unglück sein, wenn früher oder später das orientalische Land in die Hände Brasiliens fiele, nicht allein für die Einfuhr preufsischer Tuche und Manufactur-Waaren in diesem Theile Amerika’s, sondern auch für das Platzgreifen rein europäischer Civilisation. Der orientalische Freistaat, der jetzt eine grofse Bedeutung für Europa hat, würde, wenn von Bra- silien definitiv oceupirt, diese Bedeutung ganz verlieren, und ich glaube, es würde ein Glück für rein europäische Interessen sein, wenn an die- sem Gestade des Plata-Gebietes die grofsen Seemächte, namentlich Frankreich, weit entschiedener antibrasilisch auftreten möchten, als sie es bisher gethan haben, wo ihre Politik häufig eine verkehrte, schwache und unsichere gewesen ist. Kein anderer amerikanischer Staat ist in confessioneller und politischer Beziehung, in Theorie und Praxis so liberal gegen Fremde, als gerade der orientalische Freistaat, und in keinem anderen Staate Amerika’s sind wohl so wenig ultra-amerika- nische Tendenzen zu finden, als gerade in diesem südamerikanischen Ländchen. — Colonia war früher ein sehr bedeutender Handelsplatz, hat einen der sichersten und geräumigsten Häfen des Plata-Gebietes, ist aber heute in Folge verschiedener Umstände etwas zurückgekommen und steht namentlich in seiner commerciellen Bedeutung weit hinter Monte- video und Salto zurück. Dennoch ist es, zumal wegen seiner vorzüg- lich günstigen Lage, gerade gegenüber der Plata-Handelsmetropole Buenos Aires, immer noch wichtig für unsere Schifffahrt, unseren Han- del, als Ansiedelungspunkt deutscher Elemente und auch weil in seiner Nachbarschaft eine rein norddeutsche Colonie kürzlich gegründet wor- den ist. Von Colonia setzten wir unsere Reise, in Ermangelung anderer Communicationsmittel immer zu Pferde, und der nicht vollständigen Sicherheit des Weges wegen stets von Militair-Escorte begleitet, weiter gegen Montevideo fort und machten zunächst Halt in der 8 Meilen von dort entfernten deutschen, am gleichnamigen Flusse belegenen Colonie el Sauce. Ein deutsches Handlungshaus, Berend Roosen junior in Hamburg und Montevideo, beschäftigte sich seit einigen Jahren mit Gründung dieser Colonie und führte dazu ausschliefslich deutsche Elemente aus der nördlichen Elbufer-Gegend hierher. Die Sache hat aber durch das kürzlich erfolgte Fallissement dieses Handlungshauses ein rasches Ende genommen. Das Recht an der Colonie ist, wie die anderen Ac- tiva des Hauses, Theil der zur Befriedigung der Gläubiger dienenden Masse geworden und die Schulden der Colonie an das gedachte Hand- H _ Reise im Thal des Uruguay und auf dem Gebiet des Banda Oriental. 303 lungshaus, sowie die Colonie selbst, werden wahrscheinlich demnächst _ durch Verkauf in andere Hände übergehen. Die Colonie ist dadurch, zumal die Ansiedler nicht mehr wissen, wer Herr ist und wer Herr sein wird, in einen Zustand grolser Auflösung gerathen. Der in dieser Colonie geltende Colonisations-Contraet resp. der Contract zwischen den Colonen und dem Unternehmer scheint mir, so weit ich Gelegen- heit hatte, denselben einzusehen, nicht besonders vortheilhaft für die Colonisten zu sein. Die Gründung von Colonien stellt für den Unternehmer bei der theoretischen Caleulation eine sehr erhebliche Vervielfältigung des an- gelegten Capitals in Aussicht und verlockt dadurch Manche zu solchen Unternehmungen. Bei der Verwirklichung erweisen sich aber diesel- ben meist als ein, kaufmännisch betrachtet, sehr schlechtes Geschäft, und wegen des Druckes, welcher auf die Colonen ausgeübt werden muls, um zu den Zinsen des angelegten Capitals zu gelangen, häufig auch als _ ein sehr schmutziges Geschäft, das zu Zwietracht und zu Verhetzungen aller Art zwischen Colonisator und Colonisten führt. Was die Colo- nisten dagegen anlangt, so fühlen sie sich unter diesem contraetlichen Drucke, welcher bei der vollständigen Primitivität dieser regierungslosen Länder um so schroffer hervortritt, wohl eben so unbehaglich, als die früheren deutschen Frohnbauern und die russischen Leibeigenen. Es ist daher deutschen Auswanderern nicht zu rathen, wenn ihre Mittel es eben erlauben, schon ehe sie Deutschland verlassen, sich durch Con- tract an eine Person oder Scholle fest zu binden. — Was aber die Interessen endlich unserer deutschen Heimath an solehen Colonisatio- nen Süd-Amerika’s anlangt, so kann ich in unparteilicher Anschauung des Sachverhältnisses gar keine daran erkennen, da sie manche Lands- _ leute in nicht natürlicher Weise zur Auswanderung verlocken werden, während ich dagegen von solehen Einwanderern, welche frei und nicht an Person oder Scholle gebunden hierherkommen und sich frei über das Land verbreiten, eine erfreuliche Rückwirkung auf den Verkehr mit der deutschen Heimath täglich erfahre. Es haben solche Coloni- sationen im Allgemeinen ganz allein Interesse für das Land, welches colonisirt wird, für dieses sind sie ein grolser Segen, fast immer aber auf Kosten jener anderen drei Factoren: des Colonisators, des Coloni- _ sirten und des Landes, welches die Colonisten hergiebt. Von Salto bis zu diesem Punkte, wo die Colonie el Sauce liegt, d.h. in den den Uruguay- und Plata-Ufern anliegenden Landestheilen, ist die Gegend, ob auch nicht grofsartig, sondern nur wellenförmiges Hügelland, doch immer schön und freundlich. Von Sauce ab nach Montevideo zu wird sie öde und traurig, obgleich sie durch verhältnifs- mälsig gröfsere Bevölkerung belebter ist. Wir ritten weiter vom Sauce 304 von Gülich: nach dem orientalischen Handels- und Hafenstädtehen Rosario, was aber an Ort und Stelle bekannter ist unter dem Namen el Colla. Ro- sario Oriental wird es häufig genannt, um es von dem bedeutenden argentinischen Hafen - und Handelsplatz Rosario zu unterscheiden, wel- cher durch den Namen Rosario de Santa F& genauer bezeichnet wird, weil er in der argentinischen Provinz Santa F& liegt. Dies Rosario Oriental, an dem Flusse Rosario gelegen, der dann bald in den La Plata einmündet, ist ein die Producte des umliegenden Landes nach Montevideo exportirender und von dort seinen europäischen Bedarf im- portirender Handelsplatz von nicht sonderlicher Bedeutung, wo aber eine zahlreiche fremde, namentlich altspanische Bevölkerung angesessen ist, die dort besonders im Detailhandel gute Geschäfte macht, wie denn der Detailhandel am La Plata sich vorzugsweise in den Händen der Eingeborenen und Altspanier befindet. Auch in der Nähe von Rosario, resp. nahe der Einmündung des gleichnamigen Flusses in den Plata, wird die Anlage einer Ackerbau- Colonie beabsichtigt, wobei es jedoch auf Norweger abgesehen ist. Da für diese Colonie vorläufig noch nicht daran gedacht wird, in Deutsch- land zu werben, so kann ich vom preufsisch -deutschen Standpunkte mich nur darüber freuen, wenn sie in recht ausgedehnter Weise zu Stande kommt. Denn da die Schweden und Norweger in diesen Län- dern keine Comptoire von irgend welcher Bedeutung haben, so wird diese Colonie, künftig ein neuer Consumtionsplatz für mitteleuropäische Waaren, ihren desfallsigen Bedarf wahrscheinlich fast ausschliefslich durch die deutschen Comptoire in Montevideo aus Deutschland beziehen und so auf unseren Ausfuhrhandel nach hier fördernd einwirken. Und für die Norweger selbst dürfte eine Wanderung nach den Plata-Gesta- den zuträglicher sein, als die bisherige, in Norwegen nicht selten vor- gekommene zu den Mormonen an den Salzseen Nord - Amerika’s. Der Weg von Rosario nach Montevideo, oder, correeter gespro- chen, die Richtung nach Montevideo, denn eigentliche Wege giebt es nicht, — in diesen primitiven Ländern ist überall Weg und nirgends Weg, — führt über verschiedene, britischen Unterthanen gehörige Estan- cias nach der durch ihre heerdenreiche Umgegend in blühendem Wohl- stande befindlichen Landstadt San Jose. Auf diesem Wege, der von jeher nicht sehr sicher gewesen ist, beunruhigte uns doch etwas die Bemerkung eines englischen Estanciero, eines zuverlässigen Mannes, bei welchem wir übernachteten, dafs die in zwei Soldaten bestehende Militair-Ecorte, welche uns von einer Subaltern-Behörde des Städt- chen Rosario mitgegeben war, zu den famösesten Spitzbuben des Lan- des gehörte. Von der Stadt San Jose, wo verschiedene Deutsche, ein deutscher Reise im Thal des Uruguay und auf dem Gebiet der Banda Oriental. 305 Feldmesser, ein deutscher Arzt, der dort sehr gute Geschäfte macht, deutsche Handwerker-Familien u. s. w. wohnen, gelangten wir dann gerade um die Zeit in Montevideo an, welche wir zu unserer Rückkehr bei der Abreise vorherbestimmt hatten, nämlich zur Zeit der Ankunft der europäischen Monats-Post. Ich schliefse diesen Bericht mit der Bemerkung, dafs, soweit ich die La Plata-Länder durch mannichfache Bereisung und praktische Er- fahrung kennen gelernt, und soweit ich im Stande gewesen bin, durch die Erzählungen hiesiger Deutscher, die früher in Nord- Amerika gewe- sen sind, und durch Lecture mir ein Urtheil zu bilden, die deutschen Einwanderer am Plata Gelegenheit zu rascherem Fortkommen haben, als es jetzt in den Vereinigten Staaten der Fall ist; ferner, dafs die deutsche Einwanderung nach dem Plata für das deutsche Heimathsland von vor- theilhafterer Rückwirkung ist, als die deutsche Einwanderung nach den Vereinigten Staaten. Es würde daher im deutschen Interesse liegen und eine Billigkeit sein, auf welche diese Länder durch ihre Vorliebe für deutsche Elemente einen gerechten Anspruch zu haben scheinen, dafs, wenn vor der Auswanderung nach Brasilien gewarnt wird, die Plata-Staaten ausdrücklich von einer solchen Warnung ausgenommen, und süddeutschen Auswanderern fernerhin nicht, wie es neuerdings ge- schehen sein soll, Pässe nach den La Plata-Ländern vorenthalten wer- den, falls dazu nicht ganz besondere Gründe vorliegen. XI. Amtlicher Bericht des Königl. Geschäftsträgers, Geh. Finanzrath Dr. Hesse über die Zustände und Han- delsverhältnisse der Britisch- West-Indischen Insel Jamaica, vom 27. Februar 1858. (Schlufs.) Handels-Verhälnisse. — Es ist bereits bemerkt worden, dafs Kingston der commereielle Mittelpunkt der Insel und neben Old Har- bour, Morant Bay und Port Morant, Port Antonio, Port Maria und Anotto Bay, Falmouth, Rio Bueno und St. Ann’s Bay, Montego Bay und Lucea, Savannah-la-Mar und Black River den Handel der Co- lonie vermittelt. Früher war es Emporium für den gesammten west- indischen Handel in britischen Manufacturen. Nachdem aber St. Tho- mas, unterstützt durch die von dort ihren Ausgangspunkt nehmende Dampferlinie, diese Stellung gewonnen hat, soweit die neuere Ent- Zeitschr. f, allg. Erdk. Neue Folge. Bd. V. 20 306 Amtlicher Bericht des Königl. Geschäftsträgers Dr. Hesse wickelung des direeten Handels die Bildung eines derartigen Stapel- platzes überhaupt zuläfst, ist Kingston in der Gegenwart hauptsächlich auf den Handel der Insel selbst angewiesen. Dieser Umstand nicht weniger als die verminderte Production nach Aufhebung der Sclaverei, sowie das Sinken des zur Zeit der Sclaverei schwunghaften Handels in Provisionen haben den einstigen Glanz dieses Platzes wesentlich verdunkelt. Noch stehen die in der früheren Zeit in allen Stadttheilen errichteten Speicher und Magazine, welche namentlich längs des Stran- des in fortlaufender Reihe sich hinziehen und hier mit den trefflichsten Werft-Bequemlichkeiten und Lade-Vorrichtungen versehen sind. Im Mittelpunkt der Stadt haben sie noch immer Werth, aber in entfernten Vierteln, an den Enden der Hauptstrafsen ist es nichts Seltenes, dafs sie ohne Rente und nur gegen die Verpflichtung der Instandhaltung zur Benutzung überlassen werden. Dessen ungeachtet ist Kingston noch immer eine blühende City, gut bevölkert (60,000 Einwohner) und mit zahlreichen eleganten und gut ausgestatteten Läden und Magazinen ver- sehen. Die Strafsen sind grade, zum Theil breit und belebt, die Häu- ser meist im Verandah-Styl gebaut. Steinpflaster ist nicht vorhanden, weil die tropischen Regen im Frühjahr und Herbst dasselbe wegneh- men würden. Ein recht gutes Theater, jedoch ohne fest engagirtes Bühnen-Personal, ist vorhanden. Auch erscheinen täglich mehrere Journale, darunter die gelesensten der „Herald“ und das „Morning Journal“, deren politischer Theil gut redigirt ist und sich durch mafs- volle und gründliche Behandlung heimischer Nationalfragen auszeichnet. Auch diese ziehen wie die zahlreichen Localblätter der Insel ihre Haupt- Revenue aus der Masse von commerciellen und sonstigen Verkehrs- Anzeigen, mit denen sie bedeckt sind. Kirchliche Zeitungen erscheinen in Kingston wie auf anderen Punkten der Insel in verhältnilsmälsig nicht unbedeutender Zahl. Ein werthvolles Journal wird von der So- ciety of Arts veröffentlicht. An der Spitze der städtischen Verwaltung steht der wie überall unbesoldete Mayor mit dem Rathe der Aldermen (Stadtrath) und dem Bürger- Ausschufs (Stadtverordneten- Versammlung). Die städtischen Bedürfnisse werden aus dem Ertrage der „Kingston town dues* (Aceise- Abgaben) bestritten, welche im Allgemeinen 2 Sh. pro 100 Pfd. Sterl. vom Werthe betragen, für eine Reihe speciell bestimmter Artikel aber nach Mafs und Gewicht erhoben werden. Der Hafen selbst ist einer der besten in der Welt, wiewohl eine quer davorliegende Barre den Eingang erschwert und die Benutzung von Lootsen erforderlich macht. Die trefflichen Werfte, an welche die Schiffe unmittelbar vor den Speichern anlegen, erleichtern das Geschäft des Löschens und Ladens in aufserordentlicher Weise. Trinkwasser über die Zustände und Handelsverhältnisse der Insel Jamaica. 307 von vorzüglicher Beschaffenheit und Provisionen sind reichlich vorhan- den. An frischen Vorräthen liefert die Insel Fleisch, Yams und neben den aus Nord- Amerika und von den Bermudas (wo die besten in der Welt wachsen) eingeführten Kartoffeln die in den Berg-Distrieten ge- zogene „creole potatoe“ in Menge. Dennoch sind Uebelstände vorhan- den, welche den Schiffer von der Benutzung des Hafens zurückschrecken und dem Verkehr des letztern Eintrag thun: das constant in den Som- mer-Monaten an Bord der ankernden Schiffe auftretende gelbe Fieber (dem auch im vorigen Jahre die Mannschaften einiger deutschen Schiffe erlagen) und zweitens die übermäfsig hohen Hafengelder (Leuchtthurm- Abgaben), welche letztere speciell die Ursache sind, weshalb die nord- amerikanischen Dampfer, die nach Chagres gehen, Kingston meiden und lieber Habana anlaufen, wiewohl sie hier Kohlen und Provision theuer bezahlen müssen. Andere Schiffe, die nach Jamaica bestimmt sind, ziehen es vor, den nördlichen Hafen von St. Ann’s Bay anzu- laufen, und überhaupt nehmen Schiffe nach Europa ihre Ladung gern in kleinen Häfen der Insel an Bord, was für die Befrachter in Kingston oft eben so beschwerlich als kostspielig ist. Der Antrag auf gänzliche Abschaffung der Light- House Fees, wiewohl er bereits wiederholt ein- gebracht worden ist, hat bisher noch nicht die Beistimmung des Insel- Parlaments erlangen können. Ein dritter Umstand, welcher in neuerer Zeit den Hafen von Kingston nicht empfehlenswerth erscheinen läfst, ist die strengere Handhabung der Quarantaine- Vorschriften. Bis etwa vor einem Jahre verfuhr man in dieser Beziehung sehr milde. Dies ist anders geworden, seit das gelbe Fieber zuletzt auf St. Thomas wüthete und die Masern aus den Vereinigten Staaten eingeschleppt worden sind. Schiffs-Verkehr der Insel. Von der Einfuhr fallen etwa 90 Procent auf den Hafen von Kingston, nur 10 Procent auf die übrigen Häfen der Insel. Die Gesammt- Einfuhr belief sich auf Tonnen unter unter britischer | fremder Summa Flagge Flagge 185051 | 69,177 | 30,367 | 99,544 1851—52 | 96,652 56,980 | 153,632 1852—53 | 61,584 | 41,016 | 102,600 1853—54 | 46,889 21,737 68,626 185455 | 59,585 | 29,158 | 88,743 Zollvereinsländische Flaggen zeigen sich nur selten. Während des _ Jahres, als der Berichterstatter auf Jamaica lebte, liefen in Kingston kaum sechs bis acht deutsche Schiffe ein, davon waren drei mit Kohlen 20* 308 Amtlicher Bericht des Königl. Geschäftsträgers Dr. Hesse aus England befrachtet. Ein Danziger Schiff sowie zwei unter olden- burgischer Flagge segelten von Kingston nach Belize (Britisch- Hondu- ras), um dort Holz zu laden, die anderen erhielten auf Jamaica selbst Rückfracht. Wie im Hafenverkehr die britische Flagge, so dominiren im Ein- fuhrhandel britische Manufacturen. Allerdings werden neben einigen französischen Artikeln (Mode- und Galanterie-Waaren) auch deutsche Waaren (Eisen- und Glaswaaren, Quinquaillerie, auch Kattune, ferner Jaconets und Mousselines de laine) und zwar in nicht unbeträchtlicher Menge verbraucht. Indefs wird der überwiegende Theil derselben nicht direct, sondern über England und unter britischer Firma eingeführs, wiewohl es auf der Insel an deutschen Handlungshäusern nicht fehlt, deren mehrere in Kingston etablirt sind. Unter letzteren ist das Bre- mer Haus „Finke u. Co.“ das bedeutendste. Das Hamburger Haus „Ma- thias Levy u. Co.“ hat seinen Sitz nach Belize (Honduras) verlegt und das Haus „Goldschmidt“ hat den Handel mit deutschen Waaren ganz aufgegeben. Der für Manufacturen erhobene Zoll, im Betrage von 12 Procent des taxmälsigen Werthes, belief sich nach den amtlichen Angaben des Finanz-Departements im Geschäftsjahre 1854 — 55 auf 44,392. Pfd. Sterl. gegen 17,856 Pfd. Sterl. im Vorjahre. Danach berechnet sich der Werth der betreffenden Einfuhren selbst auf 370,000 Pfd. Sterl. für 1854—55 gegen 148,800 Pfd. Sterl. im Vorjahre. Vergleicht man mit diesen Zahlen diejenigen für die Geschäftsjahre 1839 — 40, 1840— 41, 1841— 42, beziehlich im Betrage von 1,256,839, 706,656 und 750,115 Pfd. Sterl., so überzeugt man sich von der Rich- tigkeit der obigen Bemerkungen über den geschwundenen Glanz des Import-Handels. In der That würden die obigen Beträge der Jahre 1854—55 und 1855 —56 kaum ausreichen, die Wieder- Ausfuhr jener früheren Jahre nach den verschiedenen Plätzen Westindiens und des spanischen Festlandes zu decken, welche beziehlich für 1839 — 40, 1840— 41 und 1841 —42 den Betrag von 392,694, 220,030 und 297,698 Pfd. Sterl. erreichte. Was die gegenwärtige Einfuhr der Insel an anderweitigen Arti- keln (hauptsächlich an Artikeln des Verzehrs) betrifft, welche nicht ad valorem, sondern nach Mafs und Gewicht versteuert werden, so giebt die folgende Tabelle der Einfuhr in den bis zum 10. October 1855 verflossenen vier Geschäftsjahren 1851—52, 1852 —53, 1853 —54 und 1854—55 darüber Auskunft. über die Zustände und Handelsverhältnisse der Insel Jamaica. 309 Einfuhr der vier Jahre bis zum 10. October 1855. Artikel 1851—52 | 1852 —53 | 1853 —54 | 1854 —55 Weizenmehl . . . . Fals 97,826 | 123,810 53,015 56,541 Roggenmehl . . . . - 17,368 25,418 8,914 9,366 Schiffsbrot . .. . . .| Centner 6,017 3,350 2,886 4,652 Reis . . 3L.7% Pfund |2,347,302 | 5,309,417 | 2,298,916 | 2,398,123 Korn (Roggen) ° ...} Bushel 76,566 61,679 40,957 38,059 Weizen. . re = 7,321 9,783 4,901 12,273 Salzfleisch (Rind- ) I: Fafs 2,745 4,113 1,487 2,881 Desgl., (Schweine-). . - 2,172. 17,989 7,660 10,257 Schinken . . . . „| Centner 2,639 2,290 1,656 | 2,376 Ber. 01. 0.09... 7,4 Rirkins 12,303 10,834 11,797 6,605 Be ech, BUS U END - 8,377 | 8,725 5,708 | 6,521 Makrelen. |. |... ni. Fafs 18,073 | 6,072 7,185 | 16,642 NISNIVESL I lm undute - 2,482 3,188 2,659 3,677 Barnzer E22: = 23,174 29,189 32,768 33,128 Stockfisch . . '. . . | Centner 104,393 87,479 89,512 85,863 Branntwein . . ...| Gallonen 34,430 81,255 14,233 11,898 Et A A ME = 4,804 41,904 3,271 3,228 Malz-Getränke . . .| Tonnen 757 612 641 536 Mein: 0 4 MILE, - 237 287 117 178 Käse. „2.20%... | Centner 1,670 1,291 804 1,032 Lohisdgg ee Pfund 15,864 28,540 5,897 12,591 Talg-Lihte . . . .| Kisten 11,381 11,226 7,096 10,258 Stearin-Lichte . . . - 3,670 2,428 2,371 3,500 A g 37,632| 30,436! 39,971| 50,534 lyerweig: . | Gallonen | 116,241! 101,940| 106,009) 107,126 Taback in Blättern ae Pfund 171,870 | 101,440) 127,465 181,770 Desgl., Fabrikat . . . - 192,651 | 421,158 | 143,768! 237,080 Vieh (Rind- re & Stück 2,655 734 | 942 151 Stabholz, Roth-Eichen . E 623,068 | 632,293 | 458,874 | 696,875 Desgl., Weils-Eichen . = 783,294 | 303,099) 400,531 485,534 Balken, Weilstannen . | lauf. Fufs | 2,261,466 | 2,948,455 | 2,690,482 | 3,507,454 Desgl., Pechtannen . . - 847,127 | 1,044,801 821,305] 740,657 Cypressen- -Schindeln . Stück 12,059,849 | 1,833,858 551,590] 1,060,696 Cedern-Schindeln . . - 3,905,853 | 3,607,800 | 2,498,300 | 3,904,605 Hiernach ist die Einfuhr speciell an Provisionen auch in der Gegen- wart keineswegs unbedeutend. Aber sie hält keinen Vergleich aus mit jener Epoche colonialen Glanzes, in welcher die Selaverei noch in. Flor war. Die Ausfuhr in demselben vierjährigen Zeitraume ist in folgender Tabelle zusammengestellt: Artikel | 1851-52 | 1852-3 1853-54 | 185455 Zucker . . 2» 2. .| Oxhoft 31,447, 25,752! 29,644| 25,725 Rum... ..... . |Puncheons| 15,436) 10,381) 18,397 | 19,421 Pfeffer. . © 2. .| Pfund 7,666,580 Kaffee ar a. 1 - Bleuhols Sr WEN Tons 7,127,680 4,103 5,037,602 | 5,990,672| 5,657,103 3,754| 6,719] 10,234 5,438,800 | 4,689,105 | 5,102,728 310 Amtlicher Bericht des Königl. Geschäftsträgers Dr. Hesse | ) Artikel 1851-52 1852—53 | 1853—54 | 1854 55 | Inpweriyn Bat Airınk Pfund 994,878| 574,415 | 710,086 | 579,796 \ Arrowrooie 1. 0.8 - 196,009 | 146,482 97,451 87,900 | Sucecade. . . . . . | Centner 672 715 276 303 Bienenwachs . . . . Pfund 27,423 33,954 64,688 81,536 Küupfererz . nn. Tons 2 87 37 — Cocosnüse . . . . Stück 458,662 | 304,235) 415,391 681,909 Baumwolle. . 2... Pfund 18,675 2,966 4,200 280 Gelbholz EM EN, Tons 852 365 898 1,310 In dem nächstfolgenden Jahre 1855 — 56 belief sich die Ausfuhr der fünf Hauptartikel auf 22,8 Rum, 348,668 Pfund Ingwer, 6,848,622 Pfund Pfeffer und 3,328,147 Pfund Kaffee. Die vorangegebenen Zahlen 46 Oxhoft Zucker, 14,431 Puncheons gewähren einen Malsstab für die Pro- duction der Insel in der Gegenwart. Die Verhältnisse der Vergangen- heit erhellen aus der folgenden Uebersicht der Ausfuhr Jamaica’s ifi den 74 Jahren nach dem Jahre 1772. Die nähere Betrachtung der hier gegebenen Zahlen, welche für den Stand der Production d. h. für | den Wohlstand der Insel mafsgebend sind, führt zu interessanten. Er- gebnissen. Uebersicht der Ausfuhren Jamaica’s in 74, mit dem i0. October 1855 abschliefsenden Geschäftsjahren '). Geschäfts--| Zucker | Rum Molasse Ingwer Pfeffer | Kaffee | | Jahr Oxhoft | Puncheons Fafs | Pfund Pfund | Pfund PER EEE BEE nn 1772 76,109 1773 80,738 1774 25,781 | — 1775 81,404 | 1788 89,340 | 1789 91,021 es 1790 Ar 1791 91,020 _ 1793 82,138 35,194 !) Bei Zusammenstellung dieser en Pr 841,558 ' “AT 779,303 1177 0 A — — ZT ee Bei. en 1,035,368 us = ei 1,492,282 . - 1,783,749 En en 2,299,874 — | 1,063,600 | 1,968,560 | 3,938,576 Uebersicht aus den Listen sind die verschie- denen Packungen folgendermafsen berechnet: 3 Terceios Zucker = 2 Oxhoft, 8 Barrels ol - 2 Oxhoft Rum = 1 Puncheon, 4 Casks oder Barrels (Fafs) Rum = 1 Puncheon, 1 Cask Ingwer = 500 Pfund, 1 Berg - =7120 > 4 Barrel - = 2350 - 1 Cask Pfeffer = 180 - 1 Berg - =’20 = über die Zustände und Handelsverhältnisse der Insel Jamaica. 311 Geschäfts-| Zucker Rum Molasse Ingwer Pfeffer Kaffee Jahr Oxhoft Puncheons Fafs Pfund Pfund Pfund 1794 97,124 | 40,628 au | 1,297,100 , 2,759,080 4,901,549 1795 95,362 38,421 | — | 1,996,320 | 2,626,380 6,318,812 1796 96,460 | 41,492 — 1 2,778,000 | 1,182,880 7,263,539 1797 85,109 28,746 — ..) 3,621,260 411,240 7,869,133 1798 95,858 | 41,940 | — ) 2,273,980 , 1,107,900 7,894,306 1799 110,646 38,013 = 1,353,460 | 2,570,640 | 11,745,425 1800 105,584 | 37,841 — 652,320 | 1,640,880 | 11,116,474 1801 136,056 | 49,363 | = 34,680 | 1,806,720 | 13,401,468 1802 140,113 46,837 366 | 260,980 | 1,041,540 | 17,961,923 1803 115,494 | 44,006 | 461 | 419,940 | 1,941,060 | 15,866,291 1804 112,163 42,663 429 | 769,480 | 2,603,700 | 22,063,980 1805 150,352 .\: 53,950 | 471: | ‚412,860 940,680 | 24,137,393 1806 146,601 | 58,780 499 460,660 , 2,541,000 | 29,298,036 1807 135,203 | 52,811 | 699 | 425,320 | 2,401,330 | 26,761,188 1808 132,333 53,507 | .379 - | .’394,400| 823,980. | 25,225,738 1809 114,630 | 44,850 230 | 1,229,140 , 4,465,200 | 25,258,668 1810 112,208 | 43,335 | 293 485,720 3,429,240 | 25,828,565 1811 138,292 | 55,098 446 | 803,640 2,763,720 | 17,460,068 1812 113,173 | 44,141 151 574,900 | 1,141,000 | 18,481,986 1813 104,558 | 45,604 208 | 579,360 | 1,925,640 | 24,623,572 1814 109,158 | 44,598 145 | 642,160 | 1,356,240 | 34,045,585 1815 127,269 | 54,321 242 946,540 | 3,438,240 | 27,362,742 1816 100,382 | 36,416 166 | 1,311,160 | 3,518,820 | 17,289,393 1817 123,766 | 48,776 354 1,824,020 |. 2,068,320 | 14,793,706 1818 121,758 | 50,827 407 1,391,040 | 2,697,900 | 25,329,456 1819 116,344 | 45,333 253 943,160 | 3,098,760 | 14,901,983 1820 122,922 | 46,933 252 617,420 | 1,666,740 | 22,127,444 1821 119,560 | 47,870 167 924,520 | 3,199,560 | 16,819,761 1822 94,515 29,403 144 454,140 | 2,366,460 | 19,773,912 1823 101,271 36,244 614 527,700 | 2,918,640 | 20,326,445 1824 | 106,009 | 38,760 910 | 1,121,240 | 4,104,540 | 27,677,239 1825 | 79,090 | 28,747 894 | 2,015,260 | 2,614,140 _21,254,656 1826 | 106,712 | 37,662 549 | 2,924,040 | 2,065,920 | 20,352,886 1827 | 87,399 | 33,570 204 | 2,464,300 | 3,785,400 | 25,741,520 1828 | 104,575 | 38,235 189 | 2,724,483 3,762,780 | 22,216,780 1829 | 97,893 | 37,430 66 | 2,070,660 , 6,543,900 | 22,234,640 1830 | 100,205 | 35,025 154 | 1,748,800 5,560,620 | 22,256,950 1831 94,881 | 36,411 230 | 1,614,640 | 3,172,320 | 14,055,350 1832 | 98,686 | 33,685 799 | 2,355,560 | 4,024,800 , 19,815,010 1833 | 85,401 | 34,976 755 | 2,811,760 8,423,100 | 9,866,060 1834 | 84,756 | 32,111 486 | 2,976,420 | 3,605,400 | 17,725,731 1835 | 77,970 | 27,530 300 | 2,050,840 | 7,284,660 | 10,593,018 1836 | 67,094 | 20,536 182 | 2,020,280 | 5,654,340 | 13,446,053 1837 | 61,505 | 21,976 173 | 2,759,840 5,744,220 | 8,955,178 1838 | 69,613 | 25,380 | 149 | 2,567,640 | 2,708,640 | 13,551,795 1839 | 49,213 | 16,072 18 | 1,669,200 | 3,812,760 | 8,897,421 1840 | 33,660 | 11,472 18 | 1,400,800 , 3,063,280 | 7,279,670 1841 34,491 | 11,769 51 | 1,834,120 | 3,595,380 | 6,433,370 1842 | 50,295 | 16,566 109 | 2,008,300 | 3,753,960 | 7,048,914 1843 | 44,169 | 15,046 177 |. 4,456,725 , 3,546,720 | 7,367,113 1844 | 34,444 | 11,631 92 | 1,993,600 1,462,440 | 7,148,775 1845 | 47,926 | 16,997 15 | 1,888,480 | 7,181,220 | 5,021,209 1846 | 36,223 | 14,395 76 | 1,462,000 , 2,997,060 | 6,047,150 312 Amtlicher Bericht des Königl. Geschäftsträgers Dr. Hesse Geschäfts-] Zucker Rum Molasse Ingwer Pfeffer | Kaffee Jahr Oxhoft Puncheons Fafs Pfund Pfund | Pfund | | 1847 | 48,554 18,077 | 22 1,324,480 , 2,800,140 | 6,421,122 1848 42,212 20,194 | Ay‘ 1,320,340 5,231,908 | 5,684,941 1849 41,656 | 16,367 | — 1,089,720 7,042,020 | 3,430,228 1850 36,030 | 15,591 ı b) | 799,276 4,059,825 127,255 1851 40,293 | 18,492 40 | 1,176,676 4,439,697 5,595,273 1852 34,414 15,660 11 | 994,878 | 5,438,803 | 7,127,680 1853 28,318 | 10,502 — |. 575,415 | 4,689,105 | 5,037,602 1854 32,730 | 18,596 2 | 710,086 | 5,102,728 | 5,990,672 1855 28,717 | 19,613 | _ | 579,796 | 7,662,580 | 5,657,103 Wahres Verhältnifs der Sclaven-Emancipation zum Ver- fall der Colonie. — Es ist richtig, dafs die Ausfuhren der Insel heut zu Tage bei Weitem nicht mehr so bedeutend sind, wie sie noch zu Anfang dieses Jahrhunderts waren. Im Durchschnitt der ersten zehn Jahre desselben betrug die Zuckerausfuhr 124,000 Oxhoft, die Kaffee- Ausfuhr 20,000,000 Pfund, während die Durchschnitts-Beträge der letzten fünf Jahre nur etwa 32,000 Oxhoft Zucker. und 5,000,000 Pfund Kaffee, d. h. den vierten Theil davon betragen. Seit die Sela- venfrage in den Vereinigten Staaten als Parteifrage in den Vorder- grund getreten ist, hat es der nordamerikanischen Presse der südlichen Staaten gefallen, im Hinblick auf dieses nicht wegzuleugnende Sinken des Exports auf die „trauervollen Zustände des einst so blühenden Westindiens* als die Folge der Sclaven-Emaneipation zu verweisen, um dadurch das Fortbestehen des Instituts der Scelaverei in den Ver- einigten Staaten zu coloriren. Allein die obigen Zahlen bieten für ein derartiges Raisonnement keinerlei Anhalt. Wenn die Aufhebung der Sclaverei der einzige oder vorwiegende Grund des Verfalls der Colonie gewesen wäre, so könnte derselbe erst von der Emaneipation ab sich gezeigt haben und die Zeit der Blüthe hätte in die unmittelbar vorher- gehende Periode fallen müssen. Keine Wahrnehmung der Art ergiebt sich aus der vorstehenden Liste. Vielmehr sehen wir die Zucker-Aus- fuhr in den Jahren 1805 bis 1811 ihr Maximum erreichen und von da ab langsam aber stetig sinken. Der mittlere Export der der Emanci- pation vorangehenden fünf Jahre (1829 bis 1833) war 95,000 Oxhoft, betrug also nur noch 76 Procent des mittleren Exports zu Anfang die- ses Jahrhunderts. Wenn wir die Ausfuhr in den der Emaneipation folgenden fünf Jahren (1834 bis 1838) weiter auf 72,000 Oxhoft, d. h. auf 58 Procent des einstigen Betrages, gesunken finden, so liegt auf der Hand, dafs zum grofsen Theil dieses fernere Sinken auf Rechnung derselben, zweifellos fortwirkenden Ursachen zu setzen ist, welche schon vorher die Production so bedeutend geschmälert hatten. Bemerkens- werth in dieser Beziehung ist eine bereits unter dem 10. December über die Zustände und Handelsverhältnisse der Insel Jamaica. 313 1811 von dem Colonial-Parlament an den Prinz -Regenten gerichtete Bittschrift, welche das Unwesen des Absentismus als eine der vorwie- genden Ursachen des Verfalls der Insel hervorhebt. „Alle ursprüng- lichen Plantagen - Besitzer“ — heifst es darin — „sind vollkommen zu Grunde gerichtet. Eine Plantage nach der andern ist in die Hände der aufserhalb des Landes wohnenden Hypothekenbesitzer und anderen Gläubiger übergegangen. Es giebt ganze Sprengel, wo kein einziger Besitzer der Zuckerplantagen auf der Insel lebt. Alle Nachtheile, die in Irland durch die Entfernung der Grundbesitzer bestehen, treffen uns in noch höherem Mafse.* Nach dem eigenen Zugeständnifs der Insel- Vertretung war also der Ruin der Insel schon damals, lange vor der Emaneipation, eine Thatsache. Kein Wunder, wenn wir die englischen Minister auf die bittern Klagen der Colonie in demselben Sinne ant- worten hören. „Eure Nothstände* — wurde der Insel auf die Ver- wünschungen entgegnet, welche nach Aufhebung der Differential-Zölle auf fremden Zucker durch die Parlaments- Acte vom 18. August 1846 laut wurden und bis zur Drohung mit dem Abfall vom Mutterlande und Anschlufs an die Vereinigten Staaten gingen — „Eure Nothstände sind keineswegs neu und beruhen auf ganz anderen Gründen, als ihr angebt. Die Erträge der westindischen Ländereien waren von jeher aus Sorglosigkeit und Indolenz der Eigenthümer grolsen Schwankungen unterworfen. Sie wurden nach dem Ausdrucke Eures besten Geschichts- schreibers, Bryan Edwards (History of the West- Indies), jederzeit als eine Lotterie aufgefalst, welche abenteuerliche Hoffnungen erregt, nicht selten aber in Täuschungen ausläuft. Handarbeit gereichte — eine Folge der Scelaverei — zur Schande. Die Weilsen und Farbigen ent- ziehen sich ihr und ergeben sich dem Müssiggange. Neun Zehntheile des angebauten Landes gehörten zu jeder Zeit in Europa lebenden Be- sitzern, welche jährlich zur Bezahlung der Anwälte, Agenten und Auf- seher im Durchschnitt für jede Pflanzung 3000 Dollars brauchen. Auch ist die Bewirthschaftung durch Fremde von Hause aus eine schlechte, und thatsächlich waren die meisten Pflanzungen über den wahren Werth hinaus verschuldet, ehe noch die Emancipation stattfand, so dafs die für die Freilassung bewilligten Summen in die Hände der Gläubiger gingen und den Grundbesitzer ohne Betriebscapital liefsen.“ Hiermit soll das tief Einschneidende jenes legislativen Actes nicht in Abrede gestellt werden, welches die für die Plantagenbesitzer aus- geworfenen 20 Millionen Pfund nicht beseitigen konnten, auch wenn sie vollständig gezahlt worden wären. Das Unzureichende dieser Ent- schädigungssumme leuchtet ein, wenn man die in dem Vertheilungs- Plane den einzelnen Colonien ausgesetzten Beträge mit der Anzahl der registrirten Selaven und den dadurch repräsentirten Capitalien vergleicht. 314 Amtlicher Bericht des Königl. Geschäftsträgers Dr. Hesse Es kamen nach jenem Plane 6,161,927 Pfd. Sterl. auf die Colonie Ja- maica mit 311,692 registrirten (Prädial-) Sclaven, deren Werth, nach dem dortigen mittleren Marktpreise von 44 Pfd. Sterl. 15 Shill. pro Kopf, sich auf 13,951,139 Pfd. Sterl., d.h. auf mehr als das Doppelte belief. Ebenso sollten auf Guyana kommen: 4,297,117 Pfd. Sterl. für 84,915 Selaven (zu 114 Pfd. Sterl.) im Werth von 9,729,047 Pfd. Sterl.; auf Mauritius 2,112,632 Pfd. Sterl. für 68,613 Selaven (zu 69 Pfd. Sterl.) im Werth von 4,783,183 Pfd. Sterl.; auf Barbadoes 1,721,345 Pfd. Sterl. für 82,807 Selaven (zu 47 Pfd. Sterl.) im Werth von 3,897,276 Pfd. Sterl.; auf Trinidad 1,089,119 Pfd. Sterl. für 22,359 Selaven (zu 58 Pfd. Sterl.) im Werth von 2,352,655 Pfd. Sterl.; auf das Capland 1,247,401 Pfd. Sterl. für 38,427 Sclaven (zu 73 Pfd. Sterl.) im Werth von 2,824,224 Pfd. Sterl.; auf Grenada 616,444 Pfd. Sterl. für 23,536 Selaven (zu 59 Pfd. Sterl.) im Werth von 1,395,684 Pfd. Sterl.; auf St. Vincent 592,508 Pfd. Sterl. für 22,997 Selaven (zu 58 Pfd. Sterl.) im Werth von 1,341,491 Pfd. Sterl.; auf Antigua 425,866 Pfd. Sterl. für 29,537 Selaven (zu 32 Pfd. Sterl.) im Werth von 964,198 Pfd. Sterl.; auf Santa Lucia 335,627 Pfd. Sterl. für 12,348 Selaven (zu 56 Pfd. Sterl.) im Werth von 759,890 Pfd. Sterl.; auf St. Christoph 331,630 Pfd. Sterl. für 20,660 Selaven (zu 36 Pfd. Sterl.) im Werth von 750,840 Pfd. Sterl.; auf Dominika 275,923 Pfd. Sterl. für 14,384 Selaven (zu 43 Pfd. Sterl.) im Werth von 624,715 Pfd. Sterl.; auf Tabago 234,064 Pfd. Sterl. für 11,621 Sclaven (zu 45 Pfd. Sterl.) im Werth von 629,149 Pfd. Sterl.; auf Newis 151,007 Pfd. Sterl. für 8,722 Selaven (zu 39 Pfd. Sterl.) im Werth von 341,893 Pfd. Sterl.; auf die Bahamas 128,340 Pfd. Sterl. für 9,705 Selaven (zu 29 Pfd. Sterl.) im Werth von 290,573 Pfd. Sterl.; auf Montserrate 103,558 Pfd. Sterl. für 6,355 Sclaven (zu 36 Pfd. Sterl.) im Werth von 234,466 Pfd. Sterl.; auf Honduras 101,958 Pfd. Sterl. für 1,920 Selaven (zu 120 Pfd. Sterl.) im Werth von 230,844 Pfd. Sterl.; auf die Virgini- schen Inseln 72,940 Pfd. Sterl. für 5,192 Selaven (zu 31 Pfd. Sterl.) im Werth von 165,143 Pfd. Sterl.; auf Bermuda 50,584 Pfd. Sterl. für 4,203 Selaven (zu 37 Pfd. Sterl.) im Werth von 114,527 Pfd. Sterl.; im Ganzen 20 Millionen Pfd. Sterl. für 780,993 Selaven im Werth von 45,387,738 Pfd. Sterl. Dennoch sind von diesen 20 Millionen bis jetzt überhaupt an die Colonisten nur 164 Millionen baar bezahlt worden. Dabei ist nicht zu übersehen, dafs der Werth der Plantagen ein- schliefslich der vorhandenen Werke und Maschinen mindestens den doppelten Betrag des Werthes der Sclaven erreichte. Den letzteren war vor der Emancipation ein Grundstück angewiesen, welches bei der Menge unbebauten Landes kaum einen Werth hatte, das sie in ihren freien Stunden bearbeiteten. Von diesem Lande ernährten sich die über die Zustände und Handelsverhältnisse der Insel Jamaica. 315 Selaven. Was sie von ihren Herren an Kleidung und Nahrung er- hielten, betrug kaum einige Shillinge für das Jahr. Nach der Frei- lassung konnten sich die Neger in drei bis vier Wochen so viel ver- dienen, als sie von ihren ehemaligen Herren während eines ganzen Jahres erhalten hatten. Vorkehrungen, dafs die Neger auch dann noch arbeiteten, wenn der Zwang aufhörte, waren bei der Emaneipation nicht getroffen. Kein Wunder also, wenn dieselben im Taumel der neuer- worbenen Freiheit zur Feldarbeit in den Plantagen sich vor der Hand nieht mehr verstanden. Mit dem Wegfall der Arbeitskraft sank der Werth des gröfsesten Theils der letzteren um die Hälfte; man kann hiernach die Gesammtverluste der Besitzer ermessen. Unter solchen Umständen mufste sich unvermeidlich eine vollkommene bürgerliche und commereielle Revolution entwickeln. Die britische Freihandels-Politik that das Ihrige, die hereinbre- ehende Krisis noch verwickelter zu machen. Was auch über die Frage, ob Selaven- oder freie Arbeit wohlfeiler sei, gesagt werden mag, so viel steht fest, dafs bei dem enorm gestiegenen Arbeitslohn und bei der vernachlässigten Sorge für die zeitige Einwanderung freier Arbeiter die Zucker-Production Jamaica’s in der auf die Emaneipation folgen- den Periode nicht im Stande sein konnte, die Coneurrenz mit den spa- nischen Scelaven-Colonien Cuba und Portorico siegreich zu bestehen. Sollte sie dieser Aufgabe gewachsen sein, so bedurfte es eines nam- haften Zollschutzes, welcher ihrem Erzeugnifs den Markt des Mutter- landes sicherte. In der That war es zur Zeit der Emaneipation aus- gesprochene Absicht der britischen Regierung, den Sclavenzucker auf englischen Märkten gar nicht zuzulassen, und es ist gewils, dafs nur eine solche entscheidende Mafsregel, welche zugleich dem ganzen Sela- ven-System einen schweren Schlag versetzt und vom Standpunkt der Emancipation aus das Verdienst der Consequenz für sich gehabt hätte, im Stande gewesen wäre, den Nahrungsstand der Pflanzer ungeschmä- lert zu erhalten. Allein der Preis aller Colonial- Producte, namentlich des Zuckers, stieg sehr bald in England im Verhältnifs des Arbeits- lohnes in den Colonien, während man gerade von der Malsregel auch erwartete, dals für das Mutterland ein wohlfeiler Zucker beschafft werde. Auch deshalb minderte die Parlaments-Acte vom 18. August 1846 die zum Vortheil der Colonie bestehenden Differential- Zölle auf fremden Zucker. Diese Mafsregel ging aber weit über ihr Ziel hinaus, denn in Folge derselben fiel der Marktpreis in England sofort in dem Malse, dafs die Productionskosten — wie sie sich nach der Emaneipation stellten — kaum noch gedeckt wurden. Allerdings sollte ein mäfsiger Zollschutz durch die Scala des bri- tischen Tarifs aufrecht erhalten werden, welcher bis zum Jahre 1851 Re 316 Amtlicher Bericht des Königl. Geschäftsträgers Dr. Hesse den fremden Zucker mit 19 Shilling 10 Pence per Centner (100 Pfad.) für „white clayed“, mit 18 Sh. 6 P. für „drown elayed“, mit 17 Sh. 6 P. für Muskowade, dagegen den Colonial-Zucker mit 14 Sh. für „white clayed“, 12 Sh. für Muskowade besteuerte. Das Illusorische dieser Protection Duty leuchtet aber ein, wenn man den Unterschied der Productionskosten berücksichtigt. Die letzteren betragen in Cuba 7 bis 8 Shilling per Centner, in Westindien 12 bis 14 Shilling. Dazu kommt noch die bessere Qualität des Cuba- und Portorico -Zuckers, welcher drei Scalen bei der Versteuerung zuläfst, während der Colo- nial-Zucker deren nur zwei erträgt. Dabei ist der fremde Zucker meist ein „brown clayed“ und zahlte folglich als soleber 18 Sh. 9 P., sonst als Muskowade sogar nur 17 Sh. Die Differential-Steuer betrug also nur 5 Sh. auf den Centner, was unter den obwaltenden Verhältnissen keineswegs genügte. Am 5. Juli 1851 wurde die Steuer auf Colonial- Zucker auf 10 Sh., die auf fremden Zucker auf 15 Sh. 6 P. ermäfsigt, und dieses Verhältnifs dauerte bis zum 3. Juli 1854, wo jeder Unter- schied aufgehoben und aller Zucker ohne Unterschied des Ursprungs mit 10 Sh. per Centner besteuert wurde. Ein weiterer unmittelbarer Erfolg der Sugar Duty Act vom Jahre 1846 zeigte sich in dem erneuten Impuls, welcher dem in den Jahren 1834 und 1835 in Folge des strengeren Schutzzoll- Systems fast er- loschenen Selavenhandel nach dem spanischen Westindien gegeben wurde. Trotzdem Spanien im Jahre 1817 vertragsmälsig und gegen Empfang von 400,000 Pfd. Sterl. dem Selavenhandel für immer ent- sagt hatte, wurden notorisch im Jahre 1846 an 50,000, im folgenden Jahre an 63,000 Neger in Cuba eingeführt, und der Werth der Plan- tagen daselbst hob sich binnen verhältnifsmälsig kurzer Frist um mehr als 30 Procent. Die Behauptung, dafs die Hälfte der auf Cuba vor- handenen Selaven dort im Widerspruch mit dem Vertrage zwischen Spanien und England wegen Nichtduldung des Selavenhandels sich be- findet, kann nicht überraschen, wenn man die Thatsachen berücksich- tigt. Das Leben eines Sclaven nach seiner Ankunft auf der Insel dauert in der Regel nur sieben bis acht Jahre. Dennoch ist der Preis, welcher zu der Zeit, als die britischen und französischen Kreuzer noch strenge Wachsamkeit übten, 500 Dollars betrug, auf 200 bis 300 Dol- lars gefallen, und es ist wohlfeiler geworden, Sclaven einzuführen, als dort zu züchten. Fortdauernd beträgt, auch heute noch, der Sclaven- Import Cuba’s an 30,000 Köpfe jährlich, und die öffentliche Meinung hat einige der dort reich gewordenen General-Capitains laut genug beschuldigt, den Haupttheil ihres Einkommens aus den Sclaven-Prä- mien gezogen zu haben. Wenn die Sugar Duty Act den Zweck gehabt hatte, eine billigere über die Zustände und Handelsverhältnisse der Insel Jamaica. 317 Production des Zuckers in Westindien zu erzwingen, so wurde dieser Zweck, wie gesagt, völlig verfehlt und nur das Resultat erzielt, die westindischen Pflanzer von der Concurrenz auf britischen Märkten aus- zuschliefsen. Noch im Jahre 1845 betrug der Import an westindischem Zucker 142,700 Tons, 1846 war derselbe bereits auf 107,368 Tons ge- sunken, der Import an fremdem Zucker, der 1846 nur 63,211 Tons betrug, 1847 bereits auf 123,762 Tons gestiegen. Mit diesen Verhältnissen des britischen Marktes stand die Abnahme der Zuckereultur im gesammten britischen Westindien, die Zunahme derselben auf Cuba und Portorico in folgerechtem Zusammenhange. Die beiden letztern Inseln exportirten noch 1823 nur 93,000 Tons, 1847 dagegen 305,000 Tons, — die Production seit 1844 hatte sich verdreifacht. Dagegen war die britisch-westindische Production von 190,000 Tons im Jahre 1834 schon 1841 auf 107,500 Tons gesunken, und die Zahl der Zuckerplantagen auf Jamaica, deren 1834 noch 653 in Betrieb waren, hatte sich im Jahre 1847 bis auf 503 vermindert. Politische Stimmung der Colonie. — Es ist begreiflich, dafs diesen Zuständen gegenüber die Stimmung auf der Insel eine sehr bit- tere wurde. Schon die Zucker-Acte vom Jahre 1846 hatte eine Denk- schrift des House of Assembly an die Königin hervorgerufen, worin den Mafsregeln des britischen Parlaments und namentlich der Emancipation die Schuld aller derjenigen Mifsstände, unter denen die Colonie leide, zur Last gelegt wurde. Während der Handelsstockungen im Jahre 1847 und auf die Beschlüsse des Parlaments im Jahre 1848, welche das Freihandels-System noch erweiterten, nahm die Erbitterung zu und artete in einen förmlichen Kampf der Regierung gegen die örtliche Legislatur aus. Ein Parlament der Colonie nach dem andern wurde aufgelöst, neue Wahlen wurden vorgenommen, aber der alte Kampf erneuerte sich mit den neugewählten Häusern. Oeffentliche Versamm- lungen wurden gehalten, wo heftige Worte fielen und über alle von der heimathlichen Regierung ausgegangene Mafsnahmen, die Emanci- pation an der Spitze, das Verdammungsurtheil gesprochen wurde. Ja, wiewohl auf Jamaica stets dieselbe Loyalität und monarchische Gesin- nung herrscht, welche ganz England auszeichnet, so wurden Angesichts des Verfalls der Zuckercultur doch Stimmen laut, welche die Frage aufwarfen, ob die Vereinigten Staaten Westindien nicht näher lägen, als England ? Man erzählt sich, dafs eine Deputation, welche vor eini- gen Jahren vom Parlament nach England geschickt wurde, um dort allerhöchsten Orts dessen Beschwerden vorzutragen, im Hinblick auf diese Vorgänge keine Audienz erhalten haben soll. Inzwischen haben die Verhältnisse angefangen, eine günstigere Wendung zu nehmen, und es scheint, als ob die mit der Emancipation 318 Amtlicher Bericht des Königl. Geschäftsträgers Dr. Hesse hereingebrochene Krisis überstanden ist. Schon das Jahr 1852 läfst eine wieder eingetretene Vermehrung der westindischen Zucker-Pro- duction im Ganzen gewahren. Die Einfuhr nach England betrug in jenem Jahre 3,638,000 Centner gegen 2,289,000 Centner des Jahres 1842. Freilich galt der Zucker in jener früheren Epoche 34 Shilling, 1851 nur noch 23 Shilling, Zahlen, welehe man sich vergegenwärfigen mufs, um nicht unmittelbar aus dem Export einen falschen Schlußs auf den Wohlstand der Colonien zu ziehen. Wenn aber der so ungünsti- gen Conjuneturen ungeachtet die Zucker-Production im Stande war, zu bestehen und sich zu halten, so deutet einmal schon diese That- sache auf einen entschiedenen Fortschritt in den inneren Zuständen der ehemaligen Selavenländer, und es liegt auf der Hand, dafs die gering- ste Steigerung der Zuckerpreise ausreichend sein wird, der inneren Ent- wickelung reges Leben und erneuten Aufschwung zu geben. Bereits haben die in der allerneuesten Zeit eingetretenen Conjuncturen, so weit die Wahrnehmungen des Berichterstatters über Jamaica reichen, ange- fangen, die Richtigkeit dieser Ansicht zu bewahrheiten. Das regel- mäfsige Mifsrathen der Zuckererndte in Louisiana, in Folge dessen die dortigen Pflanzer beginnen, sich vorwiegend der Baumwollen-Cultur zuzuwenden, hat in den Vereinigten Staaten einen nahen und lohnen- den Markt für Jamaica geöffnet. Schon sind die Preise gestiegen, und. die eingetretene Reduction der nordamerikanischen Steuer auf fremden Zucker, verbunden mit der Erwartung völliger Freigebung des Zuckers gleich Thee und Kaffee, hat mehr als eine neue Pflanzung auf Jamaica während der letzten beiden Jahre (1856 und 1857) in’s Leben gerufen. Die eine Erndte dieses letzteren Jahres hat ausgereicht, einen Theil der Schulden der vorangegangenen mageren Jahre zu decken und die auf- fallendste Veränderung in dem Nahrungsstande der Pflanzer hervorzu- rufen, welche den Muth gehabt haben, trotz der gesunkenen Preise fortzuarbeiten. Gegenwärtiger Zustand des platten Landes. — In der That sind die Zustände des platten Landes auf Jamaica zur Zeit kei- neswegs so verzweifelter Natur, als die Beschwerdeführer glauben machen möchten. Nach authentischen Angaben sind etwa 2,235,733 Acres in Cultur, d. h. mehr als die Hälfte des Areals der ganzen Insel, welches — wie schon oben bemerkt wurde — 6400 Quadratmeilen oder 4,080,000 Acres beträgt. Lebensmittel sind im Ueberflufs vorhan- den und zu verhältnifsmäfsig billigen Preisen zu haben. Der gesammte landwirthschaftliche Viehstand an Zugpferden, Maulthieren und Rind- vieh belief sich 1855 —56 auf 166,286 Stück, darunter an Zugpferden und Maulthieren allein (nach den Steuerlisten) 7,383 Stück. Reit- und über die Zustände und Handelsverhältnisse der Insel Jamaica. 319 Kutschpferde waren in demselben Jahre als steuerpflichtig eingetragen 32,087 Stück. Die ursprünglich eingeführten Pferde waren spanischer Abkunft (andalusischer Race). Durch Kreuzung mit englischen Pferden hat sich ein vorzüglicher Schlag gebildet, welcher der Insel eigenthümlich ist. Für die Veredelung ist der erforderliche Antrieb durch regelmäfsige Wett- rennen gegeben, und einzelne Luxuspferde sind im verflossenen Jahre zu Preisen über 200 Pfd. Sterl. bezahlt worden. Die gewöhnlichen Arbeitsthiere haben die Gröfse unserer Husarenpferde, werden aber dessen ungeachtet nach dem herrschenden Gebrauch nur „Ponies“ ge- nannt. Um die Qualification als „Pferd“ (horse) zu erlangen, muls das Thier die Gröfse eines Garde du Corps-Pferdes haben. Das ge- wöhnliche Arbeitspferd auf Jamaica zeichnet sich durch grofse Dauer- haftigkeit aus und bewährt eine vorzügliche Sicherheit im bergigen Ter- rain; doch bleibt es weit hinter der Zugstärke der Pferde aus dem gemälsigten Klima zurück. Der durchschnittliche Preis eines Reit- Pony’s beträgt 15 bis 25 Pfd. Sterl. Ein Paar eingefahrene Wagen- Ponies kauft man für 35 bis 50 Pfd. Sterl. Die Fütterung besteht in Maiskorn (statt Hafer) und Maisblättern, Guineagras und Zuckerrohr als Grünfutter. Nachts werden die Thiere in der Regel auf die Weide getrieben. Zu landwirthschaftlichen Zwecken, zum Pflügen und Einfahren der Erndte, bedient man sich vorzugsweise der Ochsen, zuweilen auch der Maulthiere. Die Zucht der letztern ist in neuerer Zeit wieder recht erheblich geworden und gewinnt täglich an Umfang, dergestalt, dafs im letzten Jahre mehrere Hundert nach Westindien und Süd- Amerika ausgeführt wurden. Der Preis steht auf 15 bis 50 Pfd. Sterl. Der Zug-Stier gilt eirca 13 Pfd. Sterl., der Mastochse 9 bis 10 Pfd. Sterl. Von eigentlicher Schafzucht ist keine Rede. Die vorhandenen Schafe haben ein verkommenes Ansehen und werden nur als Schlachtvieh be- nutzt. Die Wolle wird nur zum Polstern gebraucht; dazu aber dient auch vegetabilische Wolle, eine Art Moos, das an Waldbäumen hängt. Der ausgewachsene Widder gilt 30 Shilling. Ziegen werden allgemein von den kleinen Leuten der Milch wegen gehalten. Die Milch der weidenden Kühe — es ist dies charakteristisch für die landwirthschaft- lichen Zustände der Insel — wird so gut wie gar nicht benutzt, und kommt ein Europäer, der, wie die Leute wissen, gewohnt ist, Thee und Kaffee mit Milch zu geniefsen, auf eine Pflanzung zu mehrtägigem Besuch, so wird aus irgend einer Negerhütte eine milchende Ziege auf mehrere Tage geborgt. Vom Buttermachen ist unter solchen Umstän- den natürlich noch weniger die Rede. Verbraucht wird auf der Insel nur Fafsbutter, welche aus den Vereinigten Staaten eingeführt wird, er Vo 4 320 Amtlicher Bericht des Königl. Geschäftsträgers Dr. Hesse e Wie man im spanischen Amerika eine „Quinta“ (Landhaus mit Feld und Garten) von einer „Hacienda* (Landgut) unterscheidet, so bezeichnet man auf Jamaica mit dem Namen „Pen“ jede kleinere Be- sitzung, während „Estate“ der dem gröfseren Grundbesitz vorbehaltene Ausdruck ist. Zugleich ist mit der Bezeichnung „Pen“ der Begriff der Viehzucht und der entsprechenden Bewirthschaftung des Grundstücks, mit dem Ausdruck „Estate“ der Begriff der Plantagen - Wirthschaft ver- bunden. Seit der Selaven-Emaneipation haben sich in diesem Sinne viele frühere Estates in Pens verwandelt. Man findet dort das in der Regel elegant ausgestattete Wohnhaus umgeben von parkähnliehen Obst- pflanzungen. Daran schliefsen sich die ausgedehnten, mit Guineagras bestellten und zur grofsen Viehzucht dienenden Weideländereien, in welche sich die einstigen Mais- und Zuckerfelder verwandelt haben. Die Grundstücke der nicht mehr in Betrieb befindlichen Estates sind meist in Parcellen an kleine Leute verpachtet. Manche, ja viele vor- malige Zuckerplantagen sind auch inzwischen in gut rentirende Ginger- (Ingwer-) und Arrow-root-Plantagen verwandelt worden, und eine recht beträchtliche Erweiterung hat überall auf den verfallenen Pflan- , zungen die Cultur der Cocuspalme gewonnen, deren Früchte schon jetzt einen erheblichen Export- Artikel ausmachen und seit einem Jahre auch nach Deutschland versendet werden. Aber auch da, wo das Zucker- rohr die Grundlage der Bewirthschaftung bildet, besitzen die gröfseren Pflanzer in der Regel neben dem Hauptgute noch eine oder mehrere Pens, auf deren Weiden der Grundherr die von der Gutsarbeit er- schöpften Thiere sich wieder erholen läfst, wo er seine Zugochsen züch- tet und das für den Viehstand des Hauptgutes nöthige Guineagras ge- winnt. Die Zuckerplantagen liegen meist in fruchtbaren Thalgründen und in der Küstenebene, die Kaffeeplantagen in den Bergen. Der beste Boden für Kaffee ist dunkelbraun gefärbter Lehmboden. Die Bäume werden in schnurgeraden Alleen mit je 6 Fuls Zwischenraum gepflanzt, so dals 36 Quadratfufs auf jeden einzelnen kommen. Die Erndte dauert vom October bis Januar. Gewöhnlich sind mit den Kaffee-Estates Pimento-Pflanzungen verbunden. Die Frucht dieses Baumes, welche hauptsächlich vom August bis October, zuweilen aber auch wohl zwei Mal im Jahre geerndtet wird, ist fast der einzige Artikel, dessen Aus- fuhr ohne Rücksicht auf die sonstige innere Entwickelung der Insel eine stetige Zunahme erfahren hat. Auch in den Zeiten der höchsten Blüthe, als die Kaffee- Ausfuhr 25 bis 30 Millionen Pfund erreichte, betrug die Pimento- Ausfuhr nur ausnahmsweise (1808 und 1824) über 4 Millionen Pfund. Die Ausfuhr des Jahres 1855 belief sich auf 7,662,580 Pfund gegen einen Kaffee-Export von 5,657,103 Pfund. Eine Zucker-Plantage ersten Ranges besteht aus dem geräumigen über die Zustände und Handelsverhältnisse der Insel Jamaiea. 321 und comfortable eingerichteten Herrenhause, einem besonderen Hause für den „Overseer“, der Mühle, der Siederei, dem Trockenhause und der Brennerei. Daran schliefsen sich noch die Zimmerwerkstatt und (in früherer Zeit) das Hospital. In gröfserer oder geringerer Entfer- nung, aber nie in unmittelbarer Nähe der Wohn- und Wirthschafts- Gebäude, lagen die Negerhütten, deren frühere Insassen jetzt meist in kleinen Ansiedlungen fern vom Gute sich concentrirt haben. Meist sind die Zuckerfelder mit Einfriedigungen, theils Steinmauern, theils leben- den Hecken versehen. Die letzteren bestehen bald aus Blauholz (Log- wood), welches mit dem europäischen Weifsdorn oder Schlehdorn grofse Aehnlichkeit hat, bald aus Bambusrohr, Yucca- und Cactus-Arten, oder aus der wilden Ananas (wild pine-apple, pinuela der Spanier) und aus Agaven. In Zwischenräumen pflegt man Lima-, Citronen- oder - Orangenbäume ihre natürliche Höhe erreichen zu lassen, so dals sie nicht minder zum Nutzen des Eigenthümers als zur Zierde der Land- schaft beitragen. Die Einfriedigung nach der Strafsenfront besteht regelmäfsig aus pyramidalen Cactuspflanzen, die bis zu 16 Fufs Höhe erreichen. Der Ertrag eines Zuckerfeldes wird im Durchschnitt auf 3 Oxhoft Rohzucker (zu 16 Centnern) und 300 Gallonen Rum per Acre ange- geben. Ueber die Productionskosten zuverlässige Angaben zu erhalten, ist aufserordentlich schwierig. Ein Bericht, welchen die zur Unter- suchung der Zustände auf den westindischen Colonien niedergesetzte Commission des Unterhauses im Juli 1842 erstattete, geht davon aus, dafs der mittlere Betrag der Productionskosten sich damals auf 15 Sh. 8 P. stellte, Zinsen für das Anlage-Capital nicht mit eingerechnet. Fracht und Kosten bis an den britischen Markt werden auf 8Sh. 6 P. angegeben, so dals der Minimal-Preis, zu welchem der Zucker hier- nach geliefert werden konnte, auf 24 Sh. 2 P. zu stehen kam. Dieser Summe wird nun der durchschnittliche Marktpreis des Jahres 1831 (zu welcher Zeit noch die Sclaverei in voller Blüthe war) im Betrage von 23 Sh. 8 P. gegenübergestellt und hieraus gefolgert, dafs selbst da- mals, kurz nach der Emancipation, die freie Arbeit nur um 6 P. per Centner theurer zu stehen kam, als die Scelavenarbeit. Man kann die Richtigkeit dieser Schlufsfolgerung sowie die Ge- nauigkeit ihrer Zahlen-Prämissen auf sich beruhen lassen. Die heu- tigen Verhältnisse sind verschieden von denen zur Zeit und nach der Selaven-Emancipation. Den unablässigen, auf Hebung der niederen Klassen gerichteten Bestrebungen der Methodisten, Baptisten und an- derer achtbaren Kirchen-Gesellschaften ist es gelungen, mit dem Sinn für Religiosität und kirchliches Leben auch dem Sinn für eine arbeit- same und geregelte Existenz unter der schwarzen Bevölkerung Eingang Zeitschr. f. allg. Erdkunde. N. F. Ba. V, 21 322 Amtlicher Bericht des Königl. Geschäftsträgers Dr. Hesse zu verschaffen. Diesem Umstande wird zum Theil das Sinken des Tagelohnes vielseitig zugeschrieben, welches sich in den letzten Jahren bei gröfserer Theilnahme der schwarzen Bevölkerung an den Feldar- beiten bemerkbar gemacht hat. Früher stand der Tagelohn auf 2 bis 3 Shilling, gegenwärtig beträgt er nur noch 1 bis 14 Shilling für die gewöhnliche Feldarbeit. Die beste Bewirthschaftung findet sich in dem Thale von Bath, wo etwa acht grolse Zuckergüter von beträchtlichem Umfange den höchsten Reinertrag von 4000 bis 8000 Pfd. Sterl. lie- fern. Man hat dort vor etwa 20 Jahren freie Neger von Afrika im- portirt, die in kleinen Ansiedelungen sich den Gütern bleibend als Arbeiter attachirt haben. Diese Güter werden durch treffliche Canäle und Schienenwege zur Herbeischaffung des Zuckerröhrs und Abfuhr des Zuckers und Rums durchschnitten. Die Eigenthümer dieser Güter wohnen alle in England und haben zum grofsen Theil niemals in Ja- maica ihre Güter gesehen. — Die Arbeitszeit beträgt 10 Stunden. Sie- der, Handwerker, überhaupt solche Arbeiter, welche besondere tech- nische Uebung besitzen müssen, erhalten natürlich mehr als den Lohn des gewöhnlichen Arbeiters. Beköstigung wird dabei nicht einmal dem gewöhnlichen Hausgesinde geliefert. In Betreff des letzteren mag be- merkt werden, dafs ein Kutscher bei vier Pferden wöchentlich 10 Shil- ling, ein Reitknecht, der zugleich Bedienter ist, 8 Shilling, eine Köchin 6 Shilling, ein Küchenmädchen 5 Shilling erhält. Der Werth einer auf 200 Oxhoft jährlich berechneten Zuckerplan- tage wird von Stewart im Jahre 1823 folgendermafsen angegeben: 500 Acres Land zu 20 Pfd. Sterl., wovon 150 Acres mit Rohrnutzung für die Siederei ge- nügen, während der Rest als Weideland, Maisfeld u. s. w. benutzt wird, . . . . .. 10,000 Pfd. Sterl., 200 Selaven zu 100 Pfad. Sterl. . . . . ...20,000 - - 140 Stück Rindvieh und 50 Maulthiere . . . 5,000 - - Wirthschaftsgebäude und Einrichtung . . . . 8,000 - “ zusammen 43,000 Pfd. Sterl. Das Verschwenderische und Kostspielige des Sclaven-Systems in Bezug auf die Verwendung von Menschenkraft leuchtet aus diesem An- schlage genügend hervor. Das in dem Selavenbesitz steckende Capital beträgt fast die Hälfte des ganzen Anlage-Capitals und ergiebt, zu 5 Pro- cent gerechnet, 5 Shilling per Centner, um welche die Productionskosten gesteigert wurden. Der Werth einer solchen Pflanzung, von dem Sela- ven-Capital abgesehen, wird sich indefs gegenwärtig kaum erheblich verschieden stellen, insofern die Zuckerpreise auf ihrer letztjährigen Höhe verbleiben. Aber Niemand denkt mehr daran, für den Betrie eine gleiche Anzahl von Arbeitern zu verwenden. } $ \ über die Zustände und Handelsverhältnisse der Insel Jamaica. 323 Natürlich mufs mit der freien Arbeit ein rationeller Bewirthschaf- tungs-Modus Hand in Hand gehen, wenn sie es mit der Sclaven-Ar- beit aufnehmen soll. Diesen Grundsatz hatte man in der ersten Zeit nach der Emaneipation vollständig übersehen, „hoe* (Hacke) und „bell* (Faschinenmesser) waren noch fast 10 Jahre lang wie früher die ein- zigen Ackerbauwerkzeuge, welche man in den Zuckerplantagen zu Ge- sicht bekam. Heut zu Tage leisten vier Ochsen und ein Pflug bei der Bestellung des Zuckerlandes gerade so viel als 35 Mann mit Hacken, und die Ersparnifs, welche aus dem neuen System der Bestellung ent- springt, ist vom früheren Gouverneur Earl of Elgin auf 4 Pfd. Sterl. 8 Sh. 3 P. per Acre berechnet worden, indem die Unkosten danach auf 2 Pfd. Sterl. 3 Sh. 9 P. gegen früher 6 Pfd. Sterl. 12 Sh. zu stehen kommen. Noch immer fehlt es an zweckmälsiger Bewässerung der Felder, selbst da, wo es an gutem Wasser nicht mangelt. Dünger wird überall für die Felder verlangt, und die Zuckerfelder bedürfen in der Regel alle 9 Jahre einer ganz neuen Anpflanzung; bis dahin fin- den nur partielle Nachpflanzungen statt. Einzelne Güter erweitern jähr- lich ihr Terrain durch Ausrodung; auf diesem jungfräulichen Boden bedarf es keines Düngers. Die Zuckermühle wird meist durch Dampf- oder Wasserkraft, nicht selten aber auch durch Ochsen oder Maulthiere getrieben. Institute zur Hebung des Grundbesitzes. Banken. — Den im Jahre 1834 von C. N. Palmer Esq. unter dem Protectorat des Marquis von Sligo begründeten Agricultur-Gesellschaften gebührt das Verdienst, auf die Verbreitung des Pfluges, auf die Benutzung von Dampf- und thierischer Kraft an Stelle der Menschenkraft, auf die Ver- mehrung des Viehstandes und andere Verbesserungen mit aller Macht hingewirkt zu haben. Eine wesentliche Hülfe für die Grundbesitzer gewähren — nachdem die Planter Bank vor etwa acht Jahren fallirt hat — die beiden wohlorganisirten Banken zu Kingston, die „Bank of Jamaica“, gegründet 1836, und die „Colonial Bank“, gegründet 1837, nebst der zu letzterer gehörigen Zweigbank zu Montego-Bay. Diese Institute eröffnen dem Pflanzer einen Credit auf Höhe von zwei Dritt- theilen des Factura-Betrages, sobald die Connoissemente über die Ver- ladung von Rum, Zucker und anderen Colonial- Artikeln vorgelegt wer- den. Für den kleineren Grundbesitzer haben die vorhandenen Spar- kassen (Kingston-, St. James-, Trelawny-, St. Ann’s- und Hanover- Saving Bank) bedeutende Erfolge erzielt. Die drei erstgenannten — die Hanover Saving Bank ist erst im Jahre 1856 begründet — hatten bis zum 1. Januar 1857 zusammen bei der Treasury ein zu 4 Procent verzinsliches Capital von 35,972 Pfd. Sterl. belegt. (Die Papier-Cir- eulation der beiden Banken betrug 1854 zusammen 68,462 Pfd. Sterl., ae “. die Cireulation an Noten der Island Treasury 107,337 Pfd. Sterl., über- haupt also die Papier-Cireulation der Insel 175,799 Pfd. Sterl.) Rationelle Bewirthschaftung und Vervollkommung des technischen Betriebs müssen unter allen Umständen als wesentliche und vorzügliche Mittel zur Aufhülfe der Insel angesehen werden; auf diesem Wege er- hält der Pflanzer die Macht, sich selbst zu helfen. Jede Hülfe von aufsen und Seitens des Mutterlandes kommt erst in zweiter Linie. Die. Regierung wird vornehmlich auf drei Punkte im Interesse der Colonie ihr Augenmerk zu richten haben: 1) auf die Einführung einer spar- samen Colonial- Verwaltung und Verminderung der den Landwirth drückenden Taxen; 2) auf die systematische Beförderung der freien Einwanderung von Negern unter Verwendung des noch rückständigen Theils der den Colonien versprochenen 20 Millionen; 3) auf strenge Ueberwachung der Küsten von Cuba und Portorico statt der unfrucht- baren Blokade der afrikanischen Küste, welcher die Scelavenschiffe spotten. Nichts hat die Sclavenhändler auf Cuba und Portorieo mehr consternirt, als die Wegnahme mehrerer Ladungen, welche im letzten Jahre von den britischen Kreuzern Angesichts der dortigen Küsten auf- gebracht wurden. Es ist aber wesentlich, dafs für diesen Dienst kleine Fahrzeuge als Kreuzer verwendet werden, da tiefgehende Schiffe nicht im Stande sind, den leichten Sclavenfahrzeugen in ihre Verstecke und Schlupfwinkel an den Küsten jener beiden Inseln zu folgen. Auch dürfte eine Controlle des Hafens von New-York und anderer Häfen der Union durch die britischen Kreuzer nicht überflüssig sein. Es ist notorisch, dals ein grofser Theil der zur Sclavenfahrt benutzten Schiffe dort gebaut und ausgerüstet wird. Die Enthüllungen, welche vor eini- gen Jahren von dem des Sclavenhandels überführten Captain Smith aus den Tombs (dem Gefängnifs New-York’s) zum Besten gegeben wurden, waren ausreichend, um in dieser Beziehung aller Welt die Augen zu öffnen. Wenn die nach diesen drei Richtungen erforderlichen Mafsregeln mit Ernst zur Ausführung gebracht werden, so wird es — namentlich in Betracht der jetzt günstigen Conjuneturen — des von den Pflanzern auf 10 Jahre geforderten Schutzzolls von 12 Shilling per Centner kaum noch bedürfen. Der Aufschwung, der aus der vortheilhaften Gestal- tung des nordamerikanischen Marktes entsprungen, ist oben erwähnt worden. Aber ein zweites Moment von unzweifelhafter Wichtigkeit für die westindischen Colonien liegt in der von der deutschen Zollver- eins-Conferenz jetzt beschlossenen Erhöhung der Steuer auf Rüben- zucker. Es ist gewifs, dafs die durch diese Mafsregel erleichterte Con- currenz des Colonial-Zuckers den Sec- und Handelsverkehr des Zoll- 354 Amtlieher Bericht des Königl. Geschäftsträgers Dr. Hesse über die Zustände und Handelsverhältnisse der Insel Jamaica 325 vereins (und der Hansestädte) nach Westindien heben und auch auf die Zuckerproduction von Jamaica Einfluls äufsern wird. X. Reisen ım nördlichen Theile der Insel Borneo. Von Lieut, Claude de Crespigny. Nach dem in den Straits Times (Singapore) publieirten Journal desselben mitgetheilt von Prof. C. Ritter. Durch Crawfurd, Dalton und Andere sind von Singapore aus die benachbarten Inseln vielfach untersucht und bekannter geworden: aber seit einigen Jahren fehlte es an weiteren Forschungen. Erst neuer- dings entschlofs sich Lieut. de Crespigny R. N. neue Forschungsreisen anzutreten und zunächst die Hydrographie der Insel Borneo näher zu untersuchen. Sein Bericht vom Jahre 1857 giebt Folgendes: Am 29. Juli kam er in Labuan an im Black Diamond, wo er dem : Gouverneur den Zweck seiner Unternehmung darlegte, das Innere der h Insel Borneo zu erforschen, um einen Verkehr mit der Sooloo -See zu eröflnen, oder vielmehr das von den Bugis errungene Monopol des dortigen Handels in die Hände der Briten hinüberzuleiten. Die Ant- wort des Gouverneurs in Bezug auf den ersten Zweck war, dafs es } am Förderlichsten sein würde, den Flufs Limbong oder Bruni aufwärts | zu schiffen, der damals die grölseste Aufmerksamkeit auf sich zog, weil die Kyans vom Flusse Baram in das obere Thal des Limbong einen Einfall gemacht, viele Vasallen des Sultans gefangen und manche Dör- fer sogar ganz entvölkert hatten. Ferner erfuhr Crespigny, dafs die Flüsse Limbong und Baram sich im Innern der Insel einander sehr nähern, dafs die Anwohner des Limbong, zwar wilde Völker, doch die Autorität des Sultans anerkennen, während der Baram durch das Land der Kyan’s fliefse, von deren absurden Sitten man schon früher Man- ches durch Dalton’s und Burns’ Berichte erfahren hatte, unter Ande- rem, dals sie keine grofsen Ceremonien verrichten könnten, ohne ihre Feinde oder Männer einer anderen Tribus als Opfer zu verbrennen. Sie hatten kürzlich eine Embassade nach Bruni mit dem Verlangen ge- schickt, ihnen, da ihr König sich verheirathet habe, einige Dörfer ab- zutreten, damit sie die Köpfe der Bewohner derselben holen könnten. Crespigny erfuhr, dafs der Sultan diesem Begehr keine Folge geleistet habe, und dafs die Kyans deshalb ihre Boote (Gobongs) über den engen Raum zwischen beiden Flüssen hinübergezogen und die oberen Pro- 326 Claude de Crespigny: vinzen verwüstet hätten. Von anderen Seiten sagte man ihm indefs, dafs dies eine Lüge sei, dafs die Kyans vielmehr im besten Einver- nehmen mit dem Sultan ständen. Der erste Ausflug wurde daher auf dem Flusse Limbong gemacht. I. Crespigny’s Fahrt auf dem Limbong. Am 16. August lag meine Prahu vor Anker zwischen Labuan und Moarro zur Fahrt nach dem Limbong, einem der 60 Ströme, welche die Insel bewässern und sich in die Thunder und Lightning- (Donner und Blitz-) Bay ergiefsen, und fuhr am 18. August in den Strom auf einem seiner breiten Arme hinein. 19. August. 20 Miles aufwärts kam ich an dem Stromarm vor- bei, der nach Bruni führt, und 2 Miles weiter zum Dorfe Duramon. Der Flufs war bis auf 70 Yards schmäler geworden und der Limbong schien so unbedeutend zu sein, dafs ich fürchtete, die Malayen hätten mich betrogen und mich in einen kleinen Nebenflufs geführt, um bald wieder umkehren zu können. Duramon ist ein kleines Dorf der Ma- layen mit 150 Einwohnern, welche Yams und Sago bauen, die sie nach Bruni zu Markte bringen. Hier fällt der Membaora ein, ein Strom von 60 Yards Breite, der von Süden aus dem Kadyan-Lande kommt. In Duramon kaufte ich ein gutes bedecktes Canoe, in der Borneosprache Gobong genannt. Mit zwei Männern verliefs ich dann den Ort, um weiter aufwärts zu rudern; meine übrige Mannschaft blieb bei der Prahu, bis ich zurückkehren würde. Wir ruderten durch den engen Strom weiter in dessen Jungle, und erblickten nach einigen Miles eine offene Stelle im Jungle, ein breites Wasser, in das wir sogleich ein- liefen. Es war der Hauptstrom des Limbong, hier 1 Mile breit; er theilt sich hier in vier Arme, deren einen wir aufwärts geschifft waren, die sich aber vielfach spalten, ehe sie in das Meer münden. Die Ufer waren auf beiden Seiten niedrig und flach: bei hohem Wasserstande überschwemmt der Strom weit das Jungle, das er mit reichem Schlamm überfluthet, welcher sehr fruchtbares Land bildet. Vor uns lag eine schöne, 5 Miles lange Wasserstrafse, an deren Ende auf dem linken Ufer ein Hügel sich erhebt, auf welchem ein Murutdorf liegt, das, wie alle Dörfer der Eingeborenen von Borneo, die der Malayen ausgenommen, aus einem grolsen, langen Hause besteht. Es war ein kühler Abend; wir begegneten dort mehreren Muruts in ihren Gobongs, die nach einem paar Affen für ihr Abendessen ausgezogen waren. Es ist ein häfsli- ches Volk, dessen Bekleidung nur aus Birkenrinde besteht. 20. August. 35 Miles vom Meeresufer war der Flufs 150 Yards breit, sein Wasser seicht bei Ebbe; er flofs noch immer von Süden her. Hier mündet in ihn der Brunang, 40 Yards breit (2 Miles weiter Reisen im nördlichen Theile der Insel Borneo. 327 aufwärts bei Laban 30 Yards breit). Das Laud ist zu beiden Seiten flach, nur in der Ferne gegen Osten zeigt sich eine lange Bergkette, die mit dem Berge Mulu endet. Hier wächst die Sardangpalme am Flufsufer, auch die Gutabenghas. Dann kamen wir an dem Malayen- dorfe Sankarai mit 100 Einwohnern vorüber. Zwischen hie und da zer- streuten Hütten wächst viel Sago. Kleine Hügel steigen zu beiden Seiten 40 bis 100 Fufs hoch auf. Etwas weiter liegt das Malayendorf Manata; dann folgt, 3 Miles weiter am rechten Ufer, ein Murutdorf auf einer Anhöhe. Der Flufslauf führte uns nun gegen SW. zum Malayen- dorfe Ulak mit 80 Einwohnern, 51 Miles vom Meere. Das Land ist flach und voll Cocospflanzungen; das Wasser seicht, auch bei Fluth; das Steigen und Fallen derselben beträgt 4 Fufls; der Flufs ist 150 Yards breit; der Alluvialboden eisenhaltig. — Zur Nacht legten wir in dem Gebüsch nahe der Hütte eines Kadyan an, der gern an Bord kam und uns Neuigkeiten erzählte. Er sagte, dafs die Kyans mit ihren Go- bongs durch das Jungle gekommen seien, 200 Menschen geraubt hätten und dafs sie sich noch am Flusse befänden, wo Alles in Bestürzung wäre. 21. August. Der Flufs wurde sehr gewunden, das Land blieb flach und war mit Junglegras und Wald bedeckt. Am linken Ufer erhebt sich ein kleiner Hügel. Der Flufs ist 80 Yards breit. Einzelne Häuser zeigten sich von Zeit zu Zeit. Das Kadyandorf Gadong mit 150 Ein- wohnern bleibt zur Linken; dahinter befindet sich ein Berg von 170 Fufs Höhe. Drei Miles weiter liegt das Kadyandorf Maritam mit 50 Einwohnern. Ein einzelner Baum gvuchs mitten im Wasser. Hier. fällt von der rechten Seite der 20 Yards breite Maritam ein. Etwas weiter liegt das Kadyandorf Membawak mit 50 Einw. Am linken Ufer zeigt sich. eine Bergkette, Bukit Gadong genannt, 500 Fufs hoch und 4 Miles lang. Der Flufs ist 80 Yards breit. Das Jungle wird stärker, der Wald dichter und wilder, als bisher; in der Ferne bemerkten wir Sago- palmen. Links liefsen wir das Kadyandorf Tapakan liegen, dessen Ein- wohner aus Furcht. vor den benachbarten Muruts, mit denen sie.im Streit lagen, fortgezogen waren. Am linken Ufer kamen wir dann an einer Qualla (d. i. ein Wasser-Fufspfad) vorüber, die durch das Jungle zu einem grolsen Dorfe aus 10 langen Häusern mit 1000 aus Muruts, Kadyans und Bisayans bestehenden Einwohnern führt. Der Flufs ist hier 100 Schritt breit. Am Dorfe Maraman, mit 120 Einw. (Malayen und Bisayan), ist der Fluls 80 Yards breit; das Dorf der Bisayan, Ka- luei, zählt 200 Einwohner. Gegen Osten zeigt sich nun eine niedere Bergkette, die von NO. nach SW. streicht, in 5 Miles Entfernung vom Flusse, dessen Lauf den ganzen Tag nach SSW. zum Bisayandorfe Awang mit 500 Einw. führt. Zwei Miles weiter liegt das Bisayandorf 328 Claude de Crespigny: Ida mit 100 Einw., 79 Miles von der See, dann folgen die Murutdör- fer Bumbungan mit 150 und Lurut mit 140 Einw. Der Flufs ist 100 Yards breit; links erhebt sich ein zum Theil bebauter Berg von 200 Fufs Höhe. 22. August. Die Flulsufer werden etwas höher, der Boden trocken; Nipa-Palmen treten auf, Jungle-Gras, Wasser-Bambus, viele Arten von Feigenbäumen u. a. Bäumen, deren Früchte aus dem Stamme her- vorwachsen; auch viele schöne Dammarbäume, deren Stämme meist schon eine Höhe von 200 Fufs erreicht haben, ehe sie ihre Zweige treiben. Wir erreichten das Bisayandorf Bidong tinggi mit 300 Einw. und in kurzem Abstande die Ueberreste von Bidong randah, das vor einigen Jahren von dem gegenwärtigen Sultan von Bruni, der damals noch Premier -Minister war, als Strafe für seine Empörung ganz zer- stört worden ist. Der Flufs ist 80 Yards breit, und wir befinden uns 89 Miles vom Meere. Ein Bergzug im O. streicht von NO. nach SW.; dahinter erhebt sich eine höhere Kette. Aus dem Schlammufer sprudel- ten Stahlquellen hervor. Dann kamen wir zum Murutdorfe Limbuak mit 100 Einwohnern. Die Limbuak-Berge am linken Ufer sind 600 Fufs hoch und 4 Miles lang. Das folgende Bisayandorf Danau hat 140 Einwohner, die mir sagten, dafs die Kyans eingefallen wären und ihnen allen Reis gestohlen hätten. Am rechten Ufer erhoben sich die Malow-Berge in einer Entfernung von 15 Miles gegen 2000 Fufs hoch, auf denen die Quellen des Labai-Flusses liegen. Bei dem Bisayandorfe Kalantara zeigt sich links eine Bergkette. Wir sind 103 Miles vom Meere; der Flufs ist bis 120 Yands breit. Eine Bergkette, die von Norden nach Süden zieht, erhebt sich zu 1000 Fufs Höhe am linken Ufer, wo das Bisayandorf Bungkan Jawa liegt. 23. August. Die Berge von Bungkan Jawa zeigen sich noch immer zur Linken, 3 Miles vom Ufer; zwischen ihnen und dem Ufer wird viel Sago gebaut. Der Flufs führt uns fast genau nach SO. Wir ka- men an einem Murutdorfe, Namens Mulitikan, vorbei, mit 600 Einw. und Stockaden, wo viel Flintenschüsse abgefeuert wurden. Die Muruts sagten mir, dals sie, nachdem die Kyans sich zurückgezogen hätten, jetzt ein Fest feierten, weil sie bei der letzten Razzia keinen einzigen Mann verloren hätten. Sie konnten mir keinen Reis ablassen. Die Kyans wollten übrigens in drei Monaten wiederkehren und ihre Brüder von Bintulu mitbringen. Die Malow-Berge zogen noch immer in 15 Miles Entfernung am rechten Ufer entlang. — Der Flufs war 80 Yards breit. Das Murutdorf Indut war von den Kyans zerstört. In dem Bisayan- dorfe Balimbing, das ebenfalls mit Stockaden versehen war, besuchten wir den Häuptling, der mir erzählte, dafs die Kyans am Morgen sein Dorf zwei Mal angegriffen hätten, dafs er sie aber mit einem Verlust Ze Tr u te Reisen im nördlichen Theile der Insel Bormeo. 329 von 100 Mann zurückgeschlagen habe. Er selbst habe 10 Leute ver- loren. Er konnte mir keinen Reis ablassen, da seine eigenen Leute verhungerten und den ganzen Tag im Jungle umherzogen, um Schweine oder Affen zu jagen. In den Ruinen des nächsten Murutdorfes war das Einzige, was die Flammen verschont hatten, eine Holzstatue des Häuptlings Ulung, ein rohes Bild, das auf einem Pfeiler stehend den Strom abwärts blickte. Erst nachdem das Dorf verbrannt war, hatten sich die Muruts in ziemlicher Ordnung durch das Jungle stromabwärts zurückgezogen, und weiter abwärts das erste in diesem Journal er- wähnte Murutdorf erbaut. 24. August. Ein kleiner Strom ergiefst sich von Westen in den Lim- bong; das Land ist unbewohnt; auf dem rechten Ufer steigt Mount Lo- gan 2600 Fufs hoch empor. Er ist ein Ausläufer des Mulu, eines Kalk- steinberges von 8000 Fufs Höhe, der die Malow-Kette beendet, welche letztere wir zwei bis drei Tage im Angesicht hatten. Ich freute mich, zu finden, dafs der Limbong sich um die Basis des Mulu herumwand. Es war längst meine Ansicht, die ich auch schon in England der Geo- graphical Society mittheilte, dafs der Limbong, obwohl er südlich von Bruni herkommt, doch seinen Ursprung wahrscheinlich an der anderen Seite der Gebirge nördlich von Bruni habe. — Die Ajung-Berge ziehen auf dem linken Ufer von N. nach $., 114 Miles vom Meere, 10 Miles vom Flusse entfernt, und sind 800 Fufs hoch. Das Land ist ganz un- bewohnt und scheint immer unbewohnt gewesen zu sein. — Ich wollte noch drei Tagereisen weiter gehen, hatte aber nur noch für einen Tag Lebensmittel. Zufällig schofs ich einige Vögel. Ich kam an einigen zerstörten Dörfern vorüber. Der Flufs wand sich um den Fufs des Berges Logan und bildete dann, bei einer Breite von 80 Yards, die ersten Schnellen. Ein Berg von Sandstein liegt am linken Ufer, 500 Fufs hoch. Der Flufs hatte seinen Lauf geändert, er kam nicht mehr aus SO., sondern aus OSO.; seine Ufer bestanden aus Eisenthon und Uebergangsschiefer. Das hier gelegene Murutdorf Beluku war verlassen; der Flufs 60 Yards breit, seicht, die Ufer zu beiden Seiten 14 Fufs hoch. 25. August. Ich kam an die zweite Gruppe von Stromschnellen ; das Bett war sandig und voller Baumstämme; der Damit ergiefst sich hier in den Flufs, 133 Miles vom Meere. Dann traf ich das alte La- ger der Kyans, das auf beiden Stromufern erbaut war und 5000 Mann fassen konnte. Nachts stellte ich astronomische Beobachtungen an. Da ich keine Lebensmittel mehr hatte, mulste ich am 26. August die Rückfahrt antreten und erreichte am 29sten die Prahu bei Dura- mon, am 1. September Labuan. Die Ufer des Limbong, so weit ich ihn beschiffte, sind von vier Stämmen bewohnt: 330 Claude de Crespigny: 1) von den Malayen von Bruni, die vor 400 Jahren hier ein- wanderten und 100 Jahre später zum Islam übertraten; 2) von den Kadyans, einer Malayen-Race, die ein corruptes Ma- layisch spricht; ein friedliches und ruhiges Volk, aber weniger gut ge- baut als die Malayen. Ich halte die Kadyans für Nachkommen der im 14. Jahrhundert nach Bruni ausgewanderten Stämme, die aber, weil sie kein Meerufer bewohnen, viel friedfertiger leben als ihre Brüder, und einen milderen Charakter sich angeeignet haben; 3) von den Muruts, die wohl auch von malayischer Abkunft sind, aber von einer älteren Emigration abstammen; sie haben den Is- lam nicht angenommen, haben aber auch sonst keine andere Religion. Sie haben ein widriges Aussehen, kleiden sich in Baumrinde und putzen sich gern mit Muscheln und Federn; sie sind, so weit ich dies bemer- ken konnte, ohne Superstition, setzen die armen Kadyan fortwährend in Schrecken und erkennen den Sultan von Bruni als ihr Oberhaupt an; 4) von den Bisayans, einer eingeborenen Race, schöner und schlanker gebaut als die ersten drei Stämme; sie haben, wie die Muruts, keine Religion und essen Alles, was ihnen vorkommt. Sie sind frei- müthig, wohlwollend, gegen Fremde gastfrei, betteln aber diesen Alles ab bis auf den letzten Knopf am Kleide oder den letzten Tropfen in der Flasche. Sie sprechen ein corruptes Malayisch. Die Muruts und Bisayans leben in grolsen Häusern, die Malayen und Kadyans in kleinen Hütten. Das Land am Limbong liefert Reis und Sago, namentlich den letztern; Geflügel und Schweine werden in Menge für den Bruni-Markt gezüchtet. Sonst gewinnt man in den Wäldern verschiedene Arten von Harz, Dammar- (eine Pinusart), Gambong-, Guttapercha- und India- rubber-Bäume wachsen hier in Menge, auch Akarali-Bäume, die eben jetzt ihrer medieinischen Eigenschaften wegen die Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Unter den Einwohnern sind Hautkrankheiten sehr verbreitet, nur die Malayen sind davon freier; es finden sich Elephantiasis, Flechten, Aussatz, Krätze, und vorzüglich Ichthyosis (Hautverhärtung); ein davon befallener Mann verbreitet schon auf viele Schritt weit einen Gestank eigenthümlicher Art. Ich schreibe diese Hautkrankheiten den Nahrungs- mitteln zu, die, einige Schnecken und Flufsmuscheln abgerechnet, nur aus Reis und Sago bestehen. U. Reise Crespigny’s nach der Maludu-Bay und in die benachbarten Gegenden. Von Labuan erblickt man die Terra incognita der Gebirge Nord- Borneo’s, wo die Dusuns, das treuloseste und feindseligste Volk der Insel wohnt, das von den Malayen als Menschenfresser bezeichnet wird. { | j A ” Reisen im nördlichen Theile der Insel Borneo. 331 Lieut. Crespigny beschlofs, auf einige Monate das Land an der Maludu- Bay zu durchstreifen. Vor einer Reihe von Jahren hatte er auf der Flotte des Capt. Cochrane diese Bay kennen gelernt, als eine der wil- desten und romantischsten Landschaften Borneo’s. Er erfuhr von dem Gouverneur von Labuan, dafs ein Häuptling, Namens Pangeran Bedru- din, alljährlich seinen Weg nach Labuan und Singapore nehme, der in jener grofsen Bay wohnhaft sei und ihn am besten schützen könnte. Doch sei dort lange Zeit kein Kriegsschiff gesehen worden, dagegen höre man, dafs sich dann und wann Piratenschiffe blicken liefsen. Ein chinesischer Handelsmann, der in einem der benachbarten Flüsse ein- lief, sei ermordet worden, und noch habe man keine Satisfaetion er- halten können. Die Sooloo-See, sagten die Handelsleute, schwärme von Piraten. Ihre Chefs lachten die Engländer aus, die ganze Küste bedürfe einer strengen Aufsicht. Nichtsdestoweniger schiffte sich Lieut. Crespigny ein und fuhr in seiner alten Prahu, gegen den Wind, der Nordküste von Borneo entlang nach der Maludu-Bay. In seinem Jour- nal erzählt er: Am 15. September 1857 stand ich vor der Kalias-Bay mit gutem frischeın Winde, am Abend ankerten wir, nach einigen Unfällen, unter dem Schutze der Insel Pulo Gaya. 16. September. Nach einer ruhigen Küstenfahrt ankerten wir am Abend in dem reizenden Orte am Eingange der höchst pittoresken Amboong-Bay. Sie ist von Felsen und hohen Bergen umgeben, die sich hinter einander ansteigend bis in die Wolken erheben. Im Hinter- grunde thürmt sich die Masse des Kinibalu auf, an dessen Felsen sich zahllose Sagen und Mythen knüpfen. Am 19. Sept. landeten wir an den Batu mandi-Felsen bei Pan- dassan. Sie bestehen aus höhlenreichem Kalkstein; meine Leute sam- melten hier einige efsbare Schwalbennester, die aber nicht von der besten Art und ganz schwarz waren. Die vielen langen Bambusstäbe in den Höhlen zeigten, dafs wir nicht die ersten Besucher waren. Die Nester hatten die Form einer Auster, die im rechten Winkel geöffnet ist und von der die eine Schale am Felsen klebt, die andere das Nest bildet. Sie schienen aus gallertartigen Seemollusken zu bestehen, die Nachts prächtig phosphoreseiren, aus Körpern, die ich als Cyelo- stoma in anderen Seestrichen von der Form hohler Kegel, 4 Zoll lang und 4 Linie breit, oft gesehen hatte. Sie sollen sich deshalb so ge- sellig in Gruppen anhäufen, um sich gegen kleinere Fische und Vögel zu schirmen, nach Anderen um der Fortpflanzung willen. Die Kegel- form ist sehr geeignet, das Ende jedes Thieres mit Seewasser bespülen zu lassen; daraus schienen mir die Nester zusammengeklebt, obgleich ich vollkommene Gewilsheit darüber nicht erlangen konnte. Am 21. Sept. ging ich im Innern der Maludu-Bay vor Anker an 392 Claude de Crespigny: einer seichten Bank, die sich vom Innern der Bay 2} bis 3 Miles nord- wärts erstreckt. Wir liefen in einen falschen Flufs ein, den wieder zu verlassen uns viel Mühe kostete, bis eine kleine Prahu uns begegnete, von der an unser Schiff Sheriff Sihi kam, ein Schwiegersohn des Pangeran Bedrudin, der uns als Pilot wieder in das tiefe Wasser führte, wo wir die Nacht vor Anker gingen. Er versicherte mich der gütigen Auf- nahme seines Vaters, fügte aber hinzu, ich würde nicht sehr weit in das Innere hinein kommen, da das ganze Land um das Dorf seines Va- ters von Dusuns bewohnt werde, die alle Fremdlinge tödteten. Er wunderte sich, dafs ich in einer so kleinen Prahu, nur mit vier Mann und einer Muskete, so weit hergekommen sei, da die ganze Küste durch Piraten gefährdet sei. Er versicherte, dafs er sich vom Maluduflusse nicht einmal bis zu dem nahen Bonganflusse unbewaffnet zu entfernen wage. Der Sheriff nahm Abschied, ging in den Bonganflufs und liefs mir einen Lootsen zurück, der mich am folgenden Tage geleiten sollte. Ich hatte mir eingebildet, dafs Bedrudin, ein Neffe des Sultans von Bruni, durch seine Macht die Piraten der Bai unterworfen und die ehe- malige Wüste in schöne Gärten umgeschaffen, Bongan zu einem Em- porium gemacht hätte und überall der Gebieter im Lande sei. Aber jetzt hörte ich, dafs jeder Bach seinen eigenen unabhängigen Chef habe, hier herrsche Balanini, dort Suluk, dort Arab u. s. w. In der Nacht regnete es und ich fühlte mich am nächsten Tage in Folge des Mangels an Bewegung recht unwohl. Meine Nahrung be- stand aus Salzfischen und Reis; die Pickles waren in Folge der Hitze ganz ungenielsbar geworden. Am 22. Sept. fuhren wir mit grofser Beschwerde in den seichten Bon- ganflufs hinein, landeten bei einer Fischerhütte und schossen eine Anzahl von Wiesenläufern (Rallus) und Sandpfeifern, die ein treffliches Abend- essen gaben. Am Abend besuchte mich Pangeran Bedrudin, mit Omar von Pontianak, einem Nachkommen des Propheten, und Sheriff Sagop von Maludu, und mit seinem einzigen Sohne Datu Muhammed von Bon- gan. Pangeran fragte nach dem Zweck meiner Reise und war ver- wundert, dafs ich, ein Diener der grofsen Königin, statt wie ein Rajalı in einem Kriegsschiff, in einer so kleinen Prahu nur mit vier Mann gekommen war. Von meinen Gründen, dafs ich blofs das Innere des Landes kennen zu lernen und wo möglich aus dem Handel mit ihm Nutzen zu ziehen wünschte, schien ihm der letztere besonders einzu- leuchten. Der Mann war sehr bereitwillig, mir zu dienen, und ich verweilte zwei Monate lang bei ihm in lehrreichen Gesprächen über sein Land, das er sehr gut kannte. Auch über die Aufsenwelt hatte er manche Notizen aufgegriffen; er erzählte mir, dafs Alexander In- dien erobert habe, wie Napoleon Europa aufser England. Seine Fragen Reisen im nördlichen Theile der Insel Borneo. 333 waren oft sehr komisch. Was kostet ein Diner der Königin von Eng- land? fragte er. Wer hat die Pyramiden gebaut? Wie stark ist die Bevölkerung der Welttheile? welches sind ihre Historien und Producte? Ich zeigte ihm eine schöne Isisgemme, die von den Pyramiden in die Sammlungen von München gekommen war; er bewunderte sie und meinte, ihr Preis sei wohl nicht zu bestimmen. „Freilich“, antwortete ich, „eben so wenig wie der eines von den Vorvätern ererbten Kris (Speers).“ Aber der Hauptgegenstand der Unterhaltung war der rus- sische Krieg; er konnte nicht begreifen, dafs der türkische Sultan der Königin ihren Beistand nicht bezahle. Fast jeden Tag mufste ich ihm die Angaben über die Bevölkerung der Länder, sowie die Zahl der im Kriege mit Rufsland Gefallenen wiederholen. 23° Sept. Pangeran lud mich ein, in seinem Gobong den Flufs aufwärts zu schiffen und meine Prahu zurückzulassen. Der Flufs war sehr schmal und voll Krümmungen, nirgends über 30 Yards breit. Nach den ersten 6 Miles waren die umgefallenen Baumstämme sorgfältig quer über den Strom gelegt, so dafs sie allen von dem Strome mitgeführten Detritus auffingen. Pangeran behauptete, sie schützten ihn gegen die Ueberfälle der Piraten; doch können diese mit einem guten Führer diese Hindernisse auf den Seitenpfaden, die durch die Jungles führen, leicht umgehen. Nach 14 Miles weiterer Fahrt, während deren sich der Flufs durch ein ganz flaches Land voll dichtem Jungle und Wald _ hinwand, kamen wir nach Bongan, dem Dorfe des Pangeran, mit etwa sechs anständigen malayischen Häusern, die von seiner Familie bewohnt waren, und einem Dutzend anderer für seine Leute. Diese sind ganz frei, und müssen nur einmal im Jahre ihm seinen Padi aussäen oder mit ihm auf die Jagd oder auf das Meer gehen, wenn er sie dazu auf- fordert. Er entschuldigte sich wegen der geringen Bequemlichkeit, die er mir in dieser Wildnifs anbieten könne, da man hier nicht lebe wie in anderen Ländern, „wo man Bücher habe“. Die Sheriffs aus diesem Orte und aus dem nur drei Stunden entfernten Maludu machten: ihre Visite; das Gespräch kam auf die Attake von Maludu durch die Eng- länder im Jahre 1845, bei der ich auch auf der Flotille gedient hatte, ohne mitzufechten. Sie fragten, warum der Ueberfall auf ihr Dorf ge- schehen wäre. Ich gab ihre Seeräubereien als den Grund an, worauf sie erwiderten, sie seien keine Piraten, davon würden sie den Rajah Brooke wohl überzeugt haben, wenn er nur zuvor mit ihnen darüber ge- sprochen hätte. Sie erkundigten sich vorzüglich nach unserem Verlust bei dieser Affaire. Wir kamen dann auf den Tod des armen Burns, der drei Mal nach Maludu um des Handels willen gekommen war. .Er wohnte immer im Hause des Sheriff Jemul-ab-udin von Maludu und - ging frei umher im Lande, wie ich auch 'thun könne. Man warnte ihn, 334 Claude de Crespigny: keinem Boote zu gestatten, sich seinem Schooner zu nähern, aber er war zu sorglos. Einige Bajows, Kinder des Satans, tödteten ihn und seine Leute und plünderten sein Schiff. Aller Augen waren bei dieser Erzählung auf mich gerichtet, und ich merkte wohl, dafs man mich auf die Probe stellen wollte. Aber ich ging gleichgültig über das Thema hin und fragte ganz beiläufig: womit handelte Burns? „Mit Bienen- wachs und Rattans (indischem Rohr),* war die Antwort des Pangeran. „Sein Tod that uns sehr wehe und wir fürchteten, dafs er uns zur Last gelegt werden würde, da der Mann uns besucht hatte; aber wir hatten keine Macht, die Bajows und Balanini’s im Zaum zu halten.* Ich wulste zuverlässig, dafs alle Gegenwärtigen an seinem Tode un- schuldig waren, dals sie auch den Mörder, obgleich er zu ihrem Stamme gehörte, vertrieben hätten, aber sie hätten es offenbar ungern gesehen, dafs die Geschichte den Engländern genau bekannt gewesen wäre. Da der Abend heranrückte, erhoben sich die Maludu-Häuptlinge von ihren Sitzen und bestiegen ihre Büffel; sie forderten mich auf, sie als meine Brüder anzusehen, und sobald als möglich ihren ehrwürdigen Sheriff Jemul-ab-udin zu besuchen. Er würde heute mit ihnen gekommen sein, um zu meinen Fülsen zu sitzen, wenn er eine solche Tagereise hätte ertragen können. Während des Abends kamen noch einige Du- suns von den Bergen im Osten von Bongan; es war mir lieb, diese berüchtigten Wilden kennen zu lernen. Ohne Umstände lielsen sie sich nieder, aber nur an der ihnen angewiesenen Stelle, nahe der Thüre, aufserhalb des Raumes, der blofs für die Gläubigen bestimmt ist, oder für diejenigen, welche, wie man mir aus Höflichkeit sagte, ein Buch (Koran oder Bibel) hatten. Diese Dusuns waren stark gebaut, mus- culös, von hellerer Hautfarbe als die Malayen, aber mit ziemlich glei- cher Gesichtsbildung; nur der Mund war, ungeachtet des Kauens der Betelnufs, kleiner und besser geformt. Aus ihren Augen strahlte ein heller Verstand und stolzer Freiheitssinn; sie sind von den Malayen völlig unabhängig und unterscheiden sich dadurch von den Dayak- Stämmen weiter im Süden. Sie luden mich ein, ihr Dorf zu besuchen und dort so lange zu verweilen, wie ich wollte, versprachen mir voll- kommene Sicherheit, aber sie seien arm und könnten mich nicht be- sonders bewirthen. 26. Sept. Mit einem Führer und Dolmetscher des Pangeran und einigen meiner Leute wanderte ich am folgenden Morgen ostwärts von Bongan zu dem 10 Miles entfernten Dusundorfe Mansulug, an einem gleichnamigen Strome, am Fufse der Serinsimberge. Es war ein Fest- tag, zu dem einige Bewohner kleiner Dörfer sich versammelt hatten, um gemeinschaftlich Tuak oder gegohrenes Reiswasser zu trinken. Es geschah dies zu Ehren und zum Andenken eines ihrer Anführer, Kini- RE Reisen im nördlichen Theile der Insel Borneo. 335 haringan, der sie in dieses Land gebracht. Aber von woher und seit wann, das wulsten sie nicht. Als er sie alle gut angesiedelt gefunden hatte, war er den Berg Kinibalu emporgestiegen und hatte von dort immer als Patron für seine Kinder gesorgt. Daher war dieser Berg ihnen heilig. Der „Alte“ des Dorfes begrüfste mich freundlich. „Alter Mann“ ist der Titel des Dorfhäuptlings bei den Dusuns, da sie keine Rajahs, Sheriffs oder Datus anerkennen. „Orang Tuah“ ist der ein- zige und höchste Titel, den sie haben. Das Dorf Mansulug besteht aus einem langen Hause mit 150 Ein- wohnern, und zwei oder drei kleineren, worin eben so viel oder viel- leicht noch mehr Menschen wohnen. Das lange Haus ist wie die Häuser der Muruts und Bisayans am Limbong gebaut, mit dem ein- zigen Unterschiede, dafs sein Boden nicht so hoch über der Erde steht und die Front offen oder fast offen ist, während die Front der Murut- Häuser geschlossen ist und aufser dem Thore nur eine schmale Oeff- nung längs des ganzen Gebäudes hat, welche als Fenster dient und auch als Schiefsscharte gegen den Feind bei einer Attake benutzt wer- den kann. Auch bemerkte ich in Nord-Borneo bei keinem Dorfe der Dusuns eine Stockade. Das Haus ist ganz aus zierlichen Bambusstäben gebaut; der Haupteingang ist an einem Ende des Hauses. Zur Linken ist die offene Verandah, die zum Schutz gegen Sonne und Sturm mit einem Dach versehen ist; zur Rechten finden sich die langen Reihen der Kammern für Weiber und Verheirathete; die Unverheiratheten ha- ben keine Kammern. Ueber den Kammern ist das Eigenthum der darin Wohnenden aufgehäuft. Aufser Fischernetzen, Schwertern, Spies- sen, Reis und Taback von vorzüglicher Qualität besalsen Alle auch Baumwolle, aus der sie grobe Zeuge weben. Gunds, der „Alte Mann“ (Orang Tuah), und seine Leute hiefsen mich willkommen. Sie hielten es für ein sehr gutes Omen, dafs ein Weilser und Fremder sie bei dem ersten Feste, das sie in ihrem neuen Dorfe feierten, besuchte. Sie hofften, das werde ihnen auf Jahre hin- aus Glück bringen. An jedem Ende des Hauses ist eine erhöhte Estrade zur Aufnahme für Besucher errichtet. Wenn ermüdete Wanderer ein Dorf besuchen, besteigen sie sogleich dieselbe, legen den Rindenkorb, den sie auf dem Rücken tragen, neben sich ab, und schlafen sogleich ein. Niemand be- kümmert sich um sie. Wenn das Essen bereitet ist, bringt man ihnen stillschweigend die Ueberreste, läfst sich aber mit ihnen in kein Ge- spräch ein. So können sie dort mehrere Monate verweilen. Machen sie auch dann noch keine Anstalten zum Abmarsch, so sieht man sie als Mitbürger an und weist ihnen ihre Arbeit an, wie dem anderen Volk. 336 Claude de Crespigny: Ich wurde aber alsbald umringt; man staunte meine Gestalt an, meine Kleidung, Pistole, Dolch, Revolver; Alles wurde genau unter- sucht und bewundert, und eine Menge von Fragen an mich gerichtet: Von wie weit ich einen Büffel erschiefsen könnte? Ob mein Dolchgriff von Gold sei? Wie viel Mann ich mit meinem Revolver erlegen könnte? Ob ich Thee bei mir hätte? Ob ich einen Tanz der Dusuns sehen wollte? Ob ich den nahen Berg besteigen wollte? Ob ich einige Cat- ties Bienenwachs kaufen wollte? Ob ich Arzenei mitgebracht hätte? Als ich die letzte Frage bejahte, klagte sogleich ein junger sehr schö- ner Mensch über Magenweh; ich lachte ihn aus, und sagte: ein so kleines Uebel würde schon durch das Ansehen der Medieinflasche cu- rirt. Pangeran hatte mich nach fremden Ländern, ihrer Geschichte ete. gefragt, aber die Dusuns thaten keine einzige Frage der Art, sondern sie kümmerten sich nur um das Allernächste. Da nun die Gäste beisammen waren, wurde das Fest angefangen. Es war sehr einfach; die Speisen, über die man mit Heifshunger her- fiel, bestanden aus Reis, Fischen und gebratenem Geflügel. Die Du- suns freuten sich sehr darüber, dafs ich gleiche Speisen wie sie von demselben Tische mit ihnen genofs und dafs ich auch gegen ihren Tuak oder Reisbranntwein keine Abneigung zeigte; denn die Malayen wollen mit den Dusuns (als Ungläubigen) weder essen noch trinken, weil sie glauben, dafs sie durch die Kaffırs verunreinigt würden. Doch stört dies das gute Einvernehmen zwischen Dusuns und Malayen keineswegs; es ist diesen durch den Koran so geboten. Nach dem Feste tanzten ihre jungen Leute. Der Tanz besteht nur in einer Aufeinanderfolge von graciösen Bewegungen und Stellun- gen, während Bursche und Mädchen die Gongs schlagen und auf ihrer Bambus- und Pferdehaar-Guitarre spielen. Nach dem Tanze war das Fest zu Ende und Alles wieder ruhig und still. Gegen die Dämmerung sammelten sich die Dusuns um mich, ich versprach ihnen einen Ohrenschmaus, holte meine Flöte aus ihrem Etui, und blies ihnen etwas vor; dieses entzückte sie; Nichts weiter. war nöthig, um sie in die grölseste Bewunderung zu versetzen. Ich spielte ihnen die Ouverture aus Semiramis, den Krönungsmarsch aus dem Propheten und Anderes vor, und hatte dabei den gröfsesten Ge- nufs, von dem wildesten Volke Borneo’s angestaunt zu werden. Das Aufhören meiner Musik war meinen wilden Freunden ein Zeichen, sich zu zerstreuen und mich im ruhigen Besitz meiner Estrade zu lassen. Sie selbst gruppirten sich um ihre Dammar-Fackeln: die Männer, um ihre Flufsnetze auszubessern, oder Handgriffe für ihre Schwerter zu schnitzen, oder Scheiden für ihre Lanzenspitzen zu verfertigen; die Weiber, um Körbe zu fiechten oder auf der Bambus-Cither zu spielen, Reisen im nördlichen Theile der Insel Borneo. 337 die aus einer Hand in die andere ging. Gundus, der „Alte“, brachte mir eine Schale mit viel trefflicherem Reiswasser, als dasjenige, wel- ches ich Nachmittags getrunken hatte. Ich hüllte mich in meinen Reise- mantel ein, und öffnete meine Augen schlaftrunken nur dann und wann, wenn das laute Gelächter der geschäftigen Arbeiter mir in’s Ohr tönte. Wann dieses aufhörte, weils ich nicht; als ich am frühesten Morgen aufstand, fand ich Alles schon wieder in voller Geschäftigkeit. 27. Sept. Nach dem gewöhnlichen Frühstück von Reis und Salz- fisch wanderten wir 15 Miles weit durch ein Jungle zu einer Gegend, wo es viele wilde Büffel geben sollte. Wir überschritten den kleinen Flufs Tandik, der seinen Ursprung in den benachbarten Sarinsim-Ber- gen nimmt, und kamen auch an dem gleichnamigen See vorüber, der 3 Miles lang, aber nicht über 3 Faden tief ist. Wir trafen keine Büffel, doch hatten wir ihre Wasserstellen erreicht und konnten bei einer an- deren Excursion, bei Mondschein, sie dort anzutreffen hoffen. ‚Am Abend, :nach einem Marsch von weiteren 15 Miles, waren wir in Pan- geran’s Hause zu Bongan, wo ich gut geschlafen haben würde, wenn die Moskitos dies gestattet hätten. 28. Sept. Ich engagirte vier Dusuns, die mich in das Sarinsim- Gebirge führen sollten, und kaufte einen Büffel. Ich liefs diesen schlach- ten und sein Fleisch in Streifen schneiden, die, in Salzwasser getaucht, in die Sonne zum Trocknen gehängt werden und eine treffliche Pro- vision für die Reise bilden. Die Gerichte, welche die Köchin des Pan- geran (sein zweites Weib) uns zum Abendessen auftischte, waren sehr mannichfaltig: Kabobs von Eingeweiden und Zungen, ein geschmorter Kopf, gedämpftes Gehirn, gekochte Eier, gebratene Leber, ein auf dem Rost gebratenes Rückenstück folgten rasch auf einander. Ich hatte seit einem Monat kein Fleisch gegessen, und sowohl ich wie meine Leute und Pangeran selbst thaten sich recht gütlich. Es wird hier der Ort sein, einige Bemerkungen über das Land einzuschalten. Eine Karte desselben habe ich der Geographical Society zu London eingeschickt. Der Kinibalu ist eine der grolsartigsten Gebirgsgruppen. Er steigt Masse auf Masse an der Nordwest-Küste bis zu 9000 Fuls Höhe em- por, darüber erhebt sich steil ein Felsblock von reinem Granit als Kuppe, wie ein noch 5000 Fufs höheres Castell. Isolirt blickt er stolz auf die 4— 5000 Fufs hohen Pygmäen, die an seinem Fulse ganz regellos wie die Wellen eines Meeres liegen. Einer der Vorberge, der Kapoakan, etwas nördlicher als der Kinibalu, hat indefs auch eine Höhe von 8000 Fufs. So die Ansicht des Kinibalu von der Nordwestküste. Vom Norden z. B. von der Maludu-Bay gesehen, scheint der Granitgipfel allmählich nach Osten sich abzudachen, in der Richtung gegen Ung- Zeitschr. f. allg. Erdk. Neue Folge, Bad. V. 22 338 Claude de Crespigny: sang, und eine Querkette durch die Insel zu bilden, welche das Land im Norden und Süden der Kette von einander trennt. Kommt man dem Kinibalu näher, so findet man, dafs er aus drei Bergen besteht, die dicht beisammen stehen, mit einander zusammenhängen und unge- fähr dieselbe Höhe erreichen. In Folge dieser Construction gewährt der Kinibalu, wenn man ihn auf einer Küstenfahrt betrachtet, ein sehr verschiedenes Bild, so dafs es schwer ist, seine Umrisse sich fest ein- zuprägen. Fünf Flüsse haben ihre Quellen auf dem Berge: 1) der Tuwarren; 2) der Tampassuk, beide auf der Westküste; 3) der Bongan, der in die Maludu-Bay fällt; 4) der Labud, der in die Labuk-Bay, und 5) der Kinibatangan, der in die Sankakan-Bay mündet. Den berühmten Kinibalu-See konnte ich nicht erreichen; in Folge heftiger Regengüsse und wegen Mangel an zweckmälsiger Kleidung wurden meine Malayen so krank, dafs ich umkehren mufste. Die Du- suns behaupten, ein grofser See liege auf dem Gipfel, der von einem Naja oder Drachengott bewacht werde. In der Mitte des See’s auf einer Insel wohne eine schöne chinesische Prinzessin, die vom Naja in stren- ger Haft gehalten werde. Viele schöne Prinzen hätten die unglückliche Prinzessin zu befreien gesucht. Einige hätten sich zu diesem Behuf in Vögel, andere in Fische u. s. w. verwandelt, aber sie wären von dem Naja immer verschlungen worden. Nur einem sehr Mächtigen sei es bestimmt, die Prinzessin zu befreien. Aber dann drohe auch den Du- suns grolse Gefahr, denn dann werde der See überfliefsen und der Berg in Trümmer zerfallen. Die Bewohner des Dorfes Koom, das auf dem Berge liegt, geben sich für die Wächter des heiligen Berges aus und lassen Niemand auf denselben hinauf. Ich denke aber, sie werden gleich anderen Menschen sich bereden lassen. Mr. Low, den Colonial-Seeretair von Labuan, liefsen sie gegen Geschenke von Korallenschnüren seine botanischen Wanderungen bis zu 7000 Fufs Höhe zurücklegen. Ich glaube, dafs der See Kinibalu im Süden des Berges liegst. Um ihn herum sollen sehr treulose und blutgierige Stämme wohnen. Solche, die auf ihm ge- schifft waren, sagten, dals man einen ganzen Tag brauche, um über ihn hinüber zu fahren; er sei aber nicht tief. Vielleicht gelingt es mir noch, ihn selbst zu besuchen. Das Land im Norden des Kinibalu ist sehr gebirgig und gehört der weilsen und rothen Sandstein-Formation an; an den höheren Punk- ten ist diese von Serpentin, Grünstein und von Granit durchbrochen. Die Umrisse sind im Allgemeinen schroff, und die Berge auf eine son- derbare Weise gerippt, da von dem Centrum nach allen Seiten Aus- läufer ausgehen, deren Kamm oben nur drei Schritt breit ist und deren Reisen im nördlichen Theile der Insel Borneo. 339 Seiten fast perpendieulär sind. Der Anblick würde grofsartig sein, wenn nicht die Dichtigkeit der Baumwaldung die Aussicht verhinderte. Wäh- rend der Regenzeit (und wann regnet es in Borneo nicht?) werden die Klüfte zwischen jenen Bergrippen zu Betten mächtiger Giefsbäche. Diese Betten füllen sich mit losgerissenen Sandsteinfelsen, die unter der Ein- wirkung des strömenden Wassers die Form und das Aussehen von Roll- steinen annehmen. Die Maludu-Bay schneidet 30 Miles weit in das Land ein und ist am Nordende von zwei Vorgebirgen eingeschlossen; die sie umgebenden Berge sind Ausläufer des Hochgebirges und nehmen allmählich nach dem Ufer hin bis zu 50 Fufs Höhe ab. Diese Berge schliefsen auch das Thal des Bongan ein, eine Alluvial-Ebene von etwa 400 Quadratmeilen Gröfse, Fortwährend wird Land dem Meere abgewonnen. Von den Mangrove- Wäldern am Uferrande erstreckt sich 3 Miles weit in die Bucht eine Schlammbank mit nicht mehr als 4 Faden Wassertiefe zur Ebbezeit ’). XII. Zwei Entdeckungsreisen in die Ostjordanische Städtewüste durch Consul Wetzstein und Oyrill Graham. Von Prof. C. Ritter. Während in den letzten Jahrzehnten unseres Jahrhunderts oft die entferntesten Gegenden der Erde, die bis dahin für die Wissenschaft oder die Civilisation unentschleiert oder gänzlich unbekannt geblieben waren (wie die Polarwelt, das Innere Afrika’s und Australiens, das mittlere und östliche Chinesische wie das Japanische Asien und andere Räume des Erdballs) durch wiederholte Erforschungen von Reisenden und durch sonstige wissenschaftliche Untersuchungen uns schon ganz nahe gerückt und selbst in unsere europäischen Lebensverhältnisse ver- flocehten erscheinen, sind uns dagegen ganz nahe liegende Erdräume, die in früheren Jahrtausenden schon längst in das historische Leben der alten Culturwelt innig verflochten gewesen, wieder fast gänzlich aus dem lebendigen Gedächtnils des gegenwärtigen Zeitalters, wie aus dem historischen Bewulstsein ihrer ehemaligen Theilnahme an dem fort- schreitenden Entwickelungsgange des Menschengeschlechts geschwunden. !) Hiermit schliefst der Bericht Crespigny’s in den uns zugesandten Blättern; die Mittheilung der Fortsetzung des Joumals ist uns freundlichst in Aussicht ge- stellt. 2er 340 C. Ritter: Sie haben Jahrtausende brach gelegen; sie mufsten von neuem ent- deckt und die hinterlassenen Denkmale der Thätigkeit ihrer einstigen Bewohner erst wieder aus dem Staube und der Asche hervorgesucht und entziffert werden, um die grofse Bedeutung ihrer in Schutt und Einöde versunkenen Vergangenheit erst würdigen zu lernen, wie dies bei Niniveh, Chorsabad, Susa am Euphrat und Tigris, bei der Mero&, der Thebais und Memphis im Nilthale, bei Lyeciens Denkmalen in Vor- der-Asien und so manchen anderen Länderräumen und ihren ehemali- gen Völkerzuständen der Fall war. Zu diesen haben wir einen mit seiner Völkerschaft und Civilisa- tion gänzlich verschollen gewesenen Erdraum hinzuzufügen, der bisher von keinem Reisenden betreten und selbst den gelehrtesten Orientali- sten eine völlige Terra incognita geblieben war: es ist der ganze öst- liche Haurän in Mittel-Syrien und die weite el Härra, südwärts Pal- myra bis Kufa und Hit und bis zu den verschollenen altarabischen Grenzreichen Hira und Ghassan. Dieser grofse, jetzt sehr vereinsamte, für wüst gehaltene Erdraum mit den unzähligen Denkmalen seiner dereinst gewaltigen Bevölkerun- gen ragt erst in diesem Jahre wie eine mächtige Riesengestaltung aus den alttestamentlichen Zeiten der Rephaim plötzlich aus dem bisheri- gen Dunkel durch ein paar kühne und glückliche Reisende, etwas er- kennbarer als früherhin, hervor. Nur unsere kühnen Landsleute Seetzen im Jahre 1806 und Burckhardt, fünf Jahre später, hatten den Muth gehabt, als an- spruchslose, in Schaffelle gehüllte Wanderer mit dem Stabe in der Hand sich dem westlichen Saume dieses Gebiets zu nähern. Auf dem Wege von Damascus südwärts durch die Lavawüste der Ledscha und das ruinenreiche zertrümmerte Reich des alten Königs Og von Basan war es ihnen geglückt, einen flüchtigen Blick auf diese damals noch ganz unnahbare ostjordanische Gegend zu werfen, die wir mit ihnen die grofse syrische Städtewüste genannt haben. Von ihr liefen die wunderbarsten und wie es schien übertriebensten Aussagen von ihren Denkmalen, deren Menge und Zahl, im Munde der phantasiereichen Araber, Beduinen und Drusen umher, die aber doch schon durch einige von beiden Reisenden gegen Ost gewonnene Ueberblicke über die fern an den Grenzen der Städtewüste liegenden mächtigen Stadtruinen von Bostra, Salchat und anderen Bestätigung erhielten. Doch konnten sie nicht selbst wegen umherstreifender Raubstämme der Beduinen tiefer ostwärts zwischen dieselben eindringen '). Nur einem einzigen kühnen Wanderer, dem englischen Missionar !) Allg. Erdk. 1851, Th. XV: der Haurän $. 507 — 987. 2 “ Wetzstein’s und Graham’s Entdeckungsreisen in die Ostjordan. Städtewüste. 941 J. L. Porter, der von seiner Station in Damaskus die Gelegenheit fand, mit einigem Erfolge die Beobachtungen seiner beiden Vorgänger im: Haurän zu erweitern, ist es gelungen, mehrere der früheren Beob- achtungen zu bestätigen. M. Taylor, im Jahre 1831, ging zu weit nordwärts, Wallin 1850 zu weit südwärts der Städtewüste vorüber. Aber unser edler Freund, der Naturforscher Dr. J. B. Roth, der von dem König von Bayern mit einer wissenschaftlichen Expedition zur Erforschung der Ostjordan-Länder beauftragt war und Würdiges geleistet haben würde, erlag nach manchen getroffenen Vorbereitungen zu früh seinem Schicksale, da er am 25. Juni dieses Jahres im Liba- non zu Hasbeya seinen Tod fand. Nach solchen unvollkommenen, aber höchst verdienstlichen Bestre- bungen der Vorgänger, welche die ersten Zugänge an dem Rande der Terra incognita gebahnt hatten, mufste es nun freudig überraschen, zu gleicher. Zeit zwei durch ihre orientalischen Sprachstudien dazu geeig- nete Männer, die Herren Wetzstein und Graham, auf ganz ver- schiedenen Wegen zu gleicher Erforschung aus der Mitte jener, bis dahin gänzlich unbekannt gebliebenen grofsartigen Städtewüste Syrisch- Arabiens mit den reichsten wissenschaftlichen Ergebnissen, gesund und wohl, und mit grölsester Befriedigung des Beobachteten, auf einer un- ‚gemein beschwerlichen, mit nicht gewöhnlichen Hindernissen und Ge- fahren kämpfenden Wanderung, von ihrer Excursion in ihre Heimath zurückkehren zu sehen. Sie waren sogleich, in der Fülle ihrer An- schauungen und neu gewonnenen Erfahrungen und gemachten Samm- lungen, bereit, der fortschreitenden Wissenschaft ihre Ergebnisse vor- Jläufig mitzutheilen. Dem bekannten semitischen Sprachforscher Herrn Dr. Joh. Gottfr. Wetzstein, seit einem Jahrzehnt Königl. Preufsischer Consul in Da- maskus, gelang es in diesem Jahre 1858 vom 5. April an unter dem ‚Schutze mehrerer ihm befreundeter Häuptlinge von den Beduinen- Raubstämmen, der G£jat und Stäje, das durch Räubereien so ver- schriene und wildeste vuleanische Gebiet der Ledscha (das erst einmal durch Ibrahim Pascha’s verheerenden Feldzug 1838 gegen die Drusen durchzogen war), dann den südlichen und östlichen Theil der alten Batanaea und Auranitis, wie die noch östlichere grofse Steinwüste el ‚Härra zu durchwandern. Er konnte gegen 200 Ortschaften, darunter ‚viele grofse Städteruinen voll merkwürdiger Architecturen und zahl- ‚loser Inschriften, sowohl in ihren gesicherten wiesen- und weidereichen = _-Oasenstellen, er Ruhhe, wie in den abschreckendsten Wildnissen der Krater, Lavastreeken und furchtbar überstreuten Basaltblöcke, die el ‚Hermije es Säfa und die el Härra genannt, in der kurzen Zeit von ‚einigen 40 Tagen glücklich durchwandern. Aus diesen, für den Semi- 342 C. Ritter: tismus mit jedem Schritte neu gewonnenen höchst wichtigen That- sachen brachte er ein auf 800 kleinen Oectavseiten geschriebenes Tage- buch mit nahe an 600 copirten Inscriptionen in drei verschiedenen Sprachen und den verschiedensten noch unbekannten Schriftzügen mit nach Damaskus zurück. Einen vorläufigen Auszug in 57 Quartseiten aus seinem Tagebuche, das er demnächst vollständig auszuarbeiten ge- denkt, und eine Länderskizze, die er wegen des dortigen Mangels an Hülfsmitteln erst bei seiner Rückkehr nach Deutschland mit Berichti- gungen umzeichnen zu lassen sich vorbehält, hat Herr Wetzstein dem Königl. Ministerium eingesandt, mit dem Ersuchen, durch Excel- lenz v. Humboldt und C. Ritter davon der Königl. Academie der Wissenschaften Kenntnifs zu geben und der Geographischen Gesell- schaft daraus Mittheilungen zu machen. Von Herrn v. Humboldt damit beauftragt, habe ich die Ehre, diese Einsendung hiermit vorzu- legen und, wenn es die Zeit verstattet, aus derselben einige der darin enthaltenen scheinbar wichtigsten neuen Resultate mitzutheilen. Zuvor erlaube ich mir anzuzeigen, dafs in diesen Tagen der zweite jener beiden Reisenden, Herr Cyrill Graham, der sich kurze Zeit hier aufgehalten, Berlin wieder verlassen hat, um sich zum zweiten Male auf seine Transjordanische Reise durch den Haurän und die grofse Städtewüste el Härra, durch Nord- Arabien bis zum Euphrat hinüber nach dem Babylonischen Mesopotamien zu begeben, um seine daselbst sehon gemachten ergebnifsreichen archäologischen, geographischen und antiquarischen Forschungen durch die ganze noch, unbesuchte östliche Terra incognita jenseits der alten Tadmor zu vervollständigen, die einen gleichen Reichthum von zahlreichen, noch gänzlich unbekannten Denk- mälern, städtischen Architeeturen und Inscriptionen darzubieten scheint. Einige Resultate seiner ersten im Jahre 1857 zurückgelegten Reise sind aus seinen Briefen und Notizen in der deutschen morgenländischen Zeitschrift schon von Jerusalem aus, zuerst etwas vollständiger in der Londoner Geographischen Gesellschaft bekannt gemacht worden (s. Pro- ceedings of the Roy. Geogr. Soc., Juni 1858, S. 173—181) und auch uns handschriftlich mitgetheilt. Während seines hiesigen Aufenthalts konnten wir seine ganz verschiedene Wanderungslinie mit der des Hrn. Consul Wetzstein, sowie andere seiner Resultate mit denjenigen seines Nachfolgers vergleichen, woraus sich eine überraschende und sehr er- freuliche Bestätigung ihrer gegenseitigen Beobachtungen ergab, die auf verschiedenen sich durchkreuzenden Stationen gewonnen waren, ohne sich persönlich zu begegnen, sowie verschiedene der von Wetzstein be- zeichneten Architecturen und Inschriften mit den von Graham gemach- ten Beobachtungen und Copien sich gegenseitig so vervollständigten, dafs daraus ein verdoppelter Reichthum des beiderseitig Gewonnenen Wetzstein’s und Graham’s Entdeckungsreisen in die Ostjordan. Städtewüste. g ) bei genauer Vergleichung mancher der wichtigsten Thatsachen hervor- gehen wird. Auch gab die Kartenskizze Wetzstein’s hinreichend Ge- legenheit, die von beiden Reisenden verfolgten Routiers prüfend zu ver- gleichen, woraus sich ergab, dafs der frühere Reisende im Süden viel- leicht etwas weiter gegen Osten durch die Städtewüste gegen die antike Heerstrafse von Tadmor bis zum palmreichen Wadi Warrän (der wahr- scheinlich zum Euphrat geht) vorgedrungnn war, sein Nachfolger aber reichhaltigere Forschungen in den dem Haurän nahen Gebieten der Ledscha, der el Hermije und des grofsen Vulcangebietes in el Gele und es Safa wie der Nukra oder dem ebenen südlichen Haurän zu Stande gebracht hatte. C. Graham hatte an dem Nordostwinkel der el Härra, wo die berühmten Ruinen der Gebel Ses liegen sollen, wegen feindlicher De- monstration der Beduinen umkehren müssen; aber doch noch vom Hügel Umm el Gerid (d. i. Mutter der Palmbäume) den Fernblick auf die dort erst hervortretende Ostseite der mesopotamischen charakteristischen Palmwälder werfen können, welche der Westseite der Härra mehr zu fehlen scheinen. Beide Reisende aber trafen in dem interessanten Mittelpunkte der monumentenreichen und fruchtbarsten Oase, er Ruhbe, den paradiesi- schen Weideländern, die nur von dem einzigen Paare perennirender Flulswasser bewässert werden, und an ihrer Westgrenze mit der krater- reichen es Safa zusammen. Beide sprechen erstaunt von der dortigen zerrissenen vulcanischen Oberfläche des Bodens, die eher einer Gegend im Monde als einer auf der Erde gleich sehe, zugleich aber von den vielen Hunderten, ja Tausenden der dort eingeschnittenen Schriftzüge und Zeichen, die sie auf unzähligen umherliegenden schwarzen Basalt- blöcken hätten copiren können, von denen die übermälsige Hitze wie die Kürze der Zeit ihnen nur über ein halbes Tausend copirt mit in die Heimath zurückzubringen gestatteten, von denen bei Wetzstein 260 in gänzlich unbekannter Sprache, 280 in griechischen, 10 in entschie- den alten semitischen Charakteren und die übrigen in arabischen Schrift- zügen verfalst sind. Beide Reisende fanden das äufserste bisher unbekannt gebliebene Castell Nemära der Römer an der dort einzigen grolsen Quelle in der Mitte der Steinwüste auf, das einst zur Vertheidigung des römischen Reichs gegen die Sassanidenherrschaft errichtet worden sein mulste, wel- che vermittelst einer Römerstralse durch die Wüste, gegen Westen mit Bostra und Haurän, und gegen Nordost mit Tadmor in Verbindung stand. Wetzstein brachte von da die lateinischen Inseriptionen der Il. und III. Legion der einst dort stehenden Garnisonen mit. Beide Reisende lernten auf dem Grenzgebiete der weidereichen er 344 C. Ritter: Ruhbe und der kraterreichen es Safa, auf der dortigen Felswand ringsum von schwarzem düstern Felslande voll’Architecturresten und Grabstätten, ein grofsartiges Gebäude kennen, das Weifse Schlofs genannt, das im Munde aller Araber war, und wegen seines weifsen Bausteins mit allen Bauwerken umher contrastirte. Die Beduinen wulsten von ihm zu fabeln, dals es dereinst von einem reichen Machthaber im Lande er Ruhbe erbaut sei, von dem sie aber sonst nichts Gewisses zu sagen wulsten. Sie nannten es, nach Wetzstein, auch hirbet el beda (die weilsen Ruinen) oder hirbet es Safa (d. i. die Ruinen von $afa). Es erregte, als das einzige seiner Art von eigenthümlicher Bauart, die grölseste Aufmerksamkeit, aber seine Geschichte blieb den Ent- deckern unbekannt: desto erlaubter wird es sein, einige Thatsachen beizubringen, die auf seine einstige Bedeutung hinzuweisen scheinen. Der Consul Wetzstein hat den Bau näher beschrieben, Graham hat eine Skizze des Umrisses uns mitgetheilt. Es bildet genau ein grofses Quadrat von 95 Schritt Länge an jeder’ Seite; seine sehr schöne Um- mauerung ist von 3 Fufs (1 Metre) Mächtigkeit, in der ersten, dritten und fünften Steinlage der Mauer reichen die Steinquadern, aus denen es erbaut ist, immer durch die ganze Breite der Wand. Im Innern stofsen die Zimmer unmittelbar an die äufsere Mauer, aber so zerstört und später in roher Weise umgebaut erscheint ihre Construction, dafs nur Sachverständige den ganzen Plan werden ermitteln können. Der Architrav bestand ursprünglich aus einem einzigen Blocke, der aber jetzt in mehrere Stücke zerbrochen am Boden liegt. Er hatte eine Länge von 134 Fufs (44 Metres) und ist mit schönen Arabesken, Blu- men- und Traubengewinden in gutem alten Styl verziert. Die untere unmittelbar über dem Thore des Gebäudes stehende Partie enthält 12 Thiergestalten in Kreisen, die man wegen der darin vorkommenden Widder und anderer Gestalten für einen Zodiacus (wie etwa am Tem- pel zu Palmyra) halten könnte, wozu aber der Adler und andere Vögel, die darunter vorkommen, nicht zu passen scheinen. Ueber die Rücken der einzelnen Thore laufen die Kreise in 3 bis 4 Blättern aus; neben dem Bau liegen mehrere riesige Quader mit sehr gut erhaltenen Seulp- turen. Wetzstein wagte keine Zeichnungen von dem Ganzen zu ent- werfen, aber er bemerkt, obschon es mit Bastionen umgeben sei, so deute doch die reiche Bildhauerarbeit am grofsartigen, durch keine Bastion geschützten Portale darauf hin, dafs man die Castellform nur der Zierde halber gewählt habe. Er hielt die ungemein saubere Arbeit gern für römische, und möchte das Schlofs mit der Garnison in Ne- mära in Verbindung bringen, aber die vielen reinen byzantinischen Arabesken und die schraubenförmigen Pilaster zeugen für einen byzan- tinischen Ursprung, wenn auch die Abbildungen der vierfüfsigen Thiere Wetzstein’s und Graham’s Entdeckungsreisen in die Ostjordan. Städtewüste. 345 und Vögel, die man hier als wesentlichen Bestandtheil der Architektur- Ornamente antrifft, dagegen sind oder Zweifel erregen müssen. Auch C. Graham drückt seine Verwunderung über dieses grofs- artige weilse Gebäude in der Mitte von ganz schwarzer architektoni- scher Umgebung aus. Es liegt hart am Felsrande der Safü, sagt er, und umher liegen die Trümmer vieler Bauten, die alle nur aus schwar- zen Basaltsteinen errichtet waren; von weilsen giebt es gar kein an- deres Gebäude in dieser ganzen Umgebung bis gegen den Libanon hin. Dieses grofse Schlofs, das wohl zu einer Festung bestimmt sein mochte, sagt er, wurde, wie es scheint, wohl niemals vollendet. In der von Graham gegebenen flüchtigen Skizze der quadratischen. Ummauerung steht in der Ecke des Hofraums ein Thurm. Graham hielt den Bau für eine saracenische Arbeit, obgleich die daneben liegende Stadt viel älter ist und gleich den Städten des Haurän meist aus den antiken Zeiten der Rephaim herstammen mag (5. Buch Mos. 3, aus der Zeit König Ogs von Basan). Inschriften waren an diesem Orte keine zu bemerken, blos Sculpturen finden sich, die aus sehr alter Zeit zu sein scheinen. Ein Löwe und ein Windhund waren besonders schön aus- geführt. Als Graham von Westen her an einer Reihe von beschriebenen Steinen, die er für Meilensteine an einer antiken Landstrafse hielt, welche nach Tadmor führen könnte, vorübergekommen war, richtete sich dieselbe auch gegen das Weifse Schlofs hin, dessen er bald auf dem hohen Felsrande der es Safä gelegen ansichtig wurde. Wir haben darum aus den vielen neuen Ergebnissen beider Ent- deckungsreisen, auf die hier nur ganz im Allgemeinen die Aufmerk- samkeit hinzuleiten sein konnte, vorzugsweise nur die topographisch genau übereinstimmenden Angaben beider Wanderer über das ihnen so auffallende und merkwürdigste Gebäude der grofsen Städtewüste, auf das von den Arabern selbst so genannte Weilse Schlofs hervor- gehoben, weil es uns den Schlüssel zu einem historischen Fingerzeige der Ortsbestimmung in historischer und chronologischer Beziehung, dar- zubieten scheint, welcher auch Herr Graham, dem wir unsre Ansicht mittheilten, seine Zustimmung zu geben geneigt schien, und worüber zuvor gar nichts bekannt war. Schon früher, bei der Bearbeitung Nord-Arabiens (Allg. Erdk. XI, ‚1846, S. 100 u. f.), hatten wir in den wenigen Angaben vorislamiti- scher Zeit dortiger Geschichten der arabischen Vasallenreiche Hira und 'Ghassan, die eine so wichtige Rolle in den Grenzstreitigkeiten zwi- schen den Sassaniden am Euphrat und zwischen den Cäsaren in Sy- rien und Palästina, als Grenzmarken unter ihren Emirn, spielten, den Namen eines Weifsen Schlosses in der Nähe der Residenz Hira 346 GC. Ritter: gefunden, die wie des Schlosses Lage gänzlich selbst topographisch unbekannt geblieben war, und nun sammt der Lage dieses durch die Moslemitische Geschichte gänzlich verschollenen Reiches Hira hier wie- der zu tagen scheint. In Prof. Fleischer’s Ausgabe des Abulfeda hist. anteislamitica p- 129 ef., dann in den Regententafeln der Könige von Hira, bei Ibn Kotheiba bei Sylv. de Sacy und Eichhorn, in Frenel’s Kitab alickd Jour- nee d’Ayn Abagh Lettre III. V, und bei Quatremere u. A. wird unter König Noman’s von Hira Regierungszeit (im Jahre 588 nach Chr. Geb.) der Name des Weilsen Schlosses in der Nähe der Residenz Hira ge- funden, die beide bis dahin unbekannt geblieben (s. auch Masudi Mea- dows of Gold bei Al. Sprenger I, p. 248). Es heifst bei Abulfeda p. 127: Da Noman (en Noman Abu Ka- bus), der 22 Jahre regierte, sich um den Thron von Hira bewarb, aber arm war, führte ihn der Dichter Adi zu einem Reichen vom Stamme Duma, um eine Goldanleihe zu machen, der ihm diese aber abschlug. Darauf gingen sie in Hira zu Djaber, dem Sohne Simeons, dem Epis- copus, dem Bruder Beni Aus ben Kalam, welcher der Besitzer des Weifsen Schlosses in Hira war. Dieser streckte dem König Noman 80,000 Stück Goldes vor, denn in der Stadt Hira waren es die Araber als älteste aramäische Bevölkerung der Tribus Tanukh, die daselbst zum grofsen Theil die christliche Bevölkerung ausmachten. Nach den Berichten des Nestorianers Amru, sagt Quatremere (Journ. Asiat. 3. Ser. YvI, 505), soll jener Simeon, Bruder des Beni Aus ben Kalam, als er Episcopus in Hira war, den Noman, der bis dahin Idole angebetet hatte, nach Heilung von einer Krankheit durch sein Gebet zum Chri- stenthum bekehrt haben. Dafs er Christ geworden, sagt auch Abulfeda in Hist. anteisl. Il. c., und Masudi nennt ibn einen Ibaditer, d. i. einen Nestorianer. Dieses Schlofs, dessen charakteristischer Name „Weilses Schlofs* bei den Arabern (nur Masudi nennt eins auch in Kadesia) keinem an- dern bekannt gewordenen Gebäude beigelegt wird, bezeichnet demnach wohl die alte Hira als Residenz eines Emir, oder einstigen Episeopus Simeon vom Stamme der Ben Kalam von Hira, in der Mitte des 6sten Jahrhunderts, als der Islam daselbst noch nicht eingedrungen war, wohl aber christliche Diener, von wo einst Apostel Paulus aus Arabien nach Damaskus zurückgekehrt war (Galat. e. 17), dortige Idolanbeter schon bekehrten; benachbart dem Römercastell Nemära. Ueber dem Schlosse erhebt sich nun am Wege, der zu demselben führt, auf der Grenze der es Safä, ein mit Asche bedeckter Hügel, den die Araber dem Reisenden C. Graham, beim Uebersteigen desselben, Tell el Kalami, den Berg des Kalam, nannten, und dabei er- Wetzstein’s und Graham’s Entdeckungsreisen in die Ostjordan. Städtewüste. 347 zählten, dafs in alten Zeiten dort der Schreiber des Königreichs (Emi- rates) dieses Landes ihn bewohnt habe. Herr Graham erkannte sofort die Identität der Namen, die sich hier so seltsam begegneten. Hier treffen also, topographisch und genealogisch, dieselben ein- heimischen Namen in der ältesten vorislamischen wie in der heutigen noch lebendigen Sage dortiger Bevölkerungen, bei dem Weilsen Schlosse, mit dem Wohnsitze der Herrscher zu Hira zusammen. Auch hydrographisch bestätigt sich dieses Zusammentreffen mit der Lage von Hira in einem Lande der Wüste, wo das Wasser rund um- her die gröfseste Seltenheit und fliefsendes Wasser nur allein in der Umgebung des Weilsen Schlosses zu finden: ist. Die Regententafel, die den seit jener Zeit hochgefeierten arabischen Dichter Adi und Noman’s Residenz Hira nennt, wird durch die Tra- dition in des Dichters Adi Biographie, die Quatremere (Soc. Asiat. VI, p- 502) mittheilt, bestätigt. Einst machte Adi mit dem Emir Noman, seinem Beschützer, einen Spazierritt an den Grabstätten entlang, die aufserhalb des Weichbilds der Stadt Hira „an dem Flusse liegen, der sie bespülte*. Der Dichter wagte es, dem wüstlebenden Emir über die Vergänglichkeit aller Herrlichkeit der Welt durch einen seit- dem berühmt gewordenen Spruch eine belehrende Erinnerung zu geben, wodurch er aber dessen Zorn erregte, der ihn deshalb zur Strafe in das Gefängnifs warf, wo derselbe seinen Tod fand. Weifst Du auch, was diese Gräber sagen? sprach Adi zum Emir, und citirte den Vers: © ihr, die ihr noch auf der Wanderung springt und auf der Erde umherjagt, Wir waren was ihr seid, bald werdet ihr sein was wir sind! Nach Consul Wetzstein’s Karte liegt nun das Weifse Schlofs mit jenen Trümmerumgebungen von Grabstätten der Stadt Hira an dem Verein der beiden einzigen grölseren perennirenden Stromläufe, welche in diesem centralen Wüstenlande existiren, und eben dadurch die er Ruhbe zu der fruchtbarsten und weidereichsten Oase machen, welche die Araber das Paradies, neben der Hölle im schwarzen vulcanischen es Safä, zu nennen pflegen. Die Lage der alten Hira war bisher allen Autoren unbekannt ge- blieben, obgleich die hohe Blütheperiode des Hira-Reiches aus den frühesten vorislamitischen Zeiten in den verschiedensten Sagen erwähnt wird, und die Existenz der Stadt auch noch bis in das 8te und 9te christliche Jahrhundert fortdauerte. Gustav Weil, in seiner Geschichte der Chalifen '), führt an, dafs !) Weil, Geschichte der Chalifen I, p. 32—37 und p. 687; auch II, p. 221 a. O. 348 C. Ritter: die berühmte Stadt Kufa am Euphrat, die in vielfachem Verkehr mit Hira stand, im Jahre 121 der Hegira (745 n. Chr.) von dem Chalifen Merwan 1H., im Juni, und bald darauf auch die Stadt Hira von dem- selben erobert wurde; dals sie aber, da sie mit Kufa rebellirte, noch einmal von Abd allah Almamum im Jahre 202 der Heg. (817 n. Chr.) habe erobert werden müssen, was keine leichte Aufgabe gewesen sei, womit ihre Selbstständigkeit untergegangen zu sein scheint. Nur die Tradition von einem alten Christen (Abd Amasih, der Knecht des Christus) zu Hira blieb in dem Munde der Araber übrig, von dem sie Vieles zu erzählen wulsten. Er soll unter Anderem auch Chaled, dem ersten Feldherrn unter Abubekr, dem Besieger der Ara- ber, prophezeit haben, dafs einst die ganze Strecke zwischen Hira und Damaskus so gut angebaut und so stark bevölkert sein werde, dals ein Weib ganz allein, ohne Furcht, und mit einem einzigen Laib Brod als Reisevorrath versehen dieselbe werde durchwandern können (s. auch bei Masudi a. a. O. I], p. 250). In jener ersten Zeit, sagt Tabari, soll der Emir von Hira sich an Chaled zu einem Tribut von 290,000 Dirhem verstanden haben, eine Tradition, welcher der Historiker aber keinen Glauben schenkt, weil diese damals gar sehr blühende und reiche Stadt viel zu mächtig war, um sich so schnell zu ergeben, was erst nach vielen Schlachten geschehen konnte. Von Hira aus erhielt Chaled, nachdem er die Perser zu Kufa am Euphrat und die christlichen Araber besiegt hatte, und bei seiner Pil- gerfahrt aus Mekka nach Hira, in das Standquartier seiner moslemi- schen Truppen, zurückgekehrt war, von Abubekr den Befehl, sich zur syrischen Armee zu begeben. Der Verkehr dieser Hira, die bisher dem Euphrat viel näher ge- rückt war, mit Sabäern und Thanudern der arabischen Küste des rothen Meeres, wie mit Kufa und Babylon am Euphrat und den syrischen Herrschern in Haurän in Verbindung stand, wie mit den Byzantinern in Damaskus, belebte noch diese, jetzt ganz todte und menschenleere Wüste mit ihren Hunderten einst reichen Städten, die jetzt gänzlich verödet liegen und nur von räuberischen Beduinenstämmen durchstri- chen werden. Es führten damals noch die grolsen Handelsstralsen‘ von Kufa, Babylon und Palmyra nach Bostra und Arabia Petraea, Wadi Mojeb und Petra hindurch, welche einst die Bewohner der heutigen Städtewüste bereicherten und die moslemischen Vorkämpfer ‚zu den ersten Schlachten und Plünderungen verlockten. Die bestimmtere Lage der Capitale von Hira blieb aber jener wie unserer Zeit unsicher und unbekannt; der jüngste Geschichtsforscher vermuthete nur, nach den Angaben über die arabischen Grenzreiche TE MN _ Wetzstein’s und Graham’s Entdeckungsreisen in die Ostjordan. Städtewüste. 349 Hira und Ghassan (Allg. Erdk. Arabien Th. I, S. 87—113 und Weil a. a. O. I, p. 34, Note 1), dafs sie etwa, nach Isztachri, Edrisi und Masudi (Meadows of Gold bei Al. Sprenger TI, p. 243 u. f.) in der Mitte von Kerbela und Mesched Ali, westwärts vom Euphrat und dem alten Babylon gegenüber gelegen haben werde; aber die gröfsere westliche Entfernung einer Hira, deren wüste Thürme auch von Masudi näher bei Kadesia erwähnt werden, die nach Wetzstein’s und Graham’s Kar- tenskizzen einige Tagereisen zu Pferde tiefer landein betragen mag, kannte er nicht. Cyr. Graham’s wiederholte Wanderung bis zum Eu- phrat wird darüber wohl genauere Aufschlüsse geben können! 'Miscellen. Die katholischen Missionen am weilsen Nil. Die katholische Mission in Kharthum und in den Ländern am weifsen Nil hat im verflossenen Jahre ihr Haupt, den Dr. Ignaz Knoblecher, durch den Tod verloren; innerhalb der letzten sieben Jahre sind nun von 24 dorthin abge- gangenen Priestern nicht weniger als 16 dem mörderischen Klima jener Land- schaften zum Opfer gefallen. Dr. Knoblecher hat eilf Jahre in seinem Wirkungs- kreise zugebracht, die Länder zwischen Kharthum und der südlichsten Missions- station, Gondocoro im Lande der Bari am weifsen Nil, etwa unter 5° N. Br., vielfach bereist und dadurch mit diesen noch gar nicht, oder doch nur wenig erforschten Gegenden eine Bekanntschaft erworben, von der es schr zu wünschen ist, dafs sie für die Wissenschaft nicht verloren sein möge. Seine nachgelasse- nen Papiere sind der Congregation der Propaganda zu Rom übergeben worden. Es befinden sich darunter, sagt der siebente Jahresbericht des „Marien- Vereins zur Beförderung der katholischen Mission in Central- Afrika“, viele Aufzeichnun- gen, „die zur Berichtigung der Geographie, zur Bereicherung der Botanik und der Zoolögie von bleibendem Werth sein werden; denn bei Unkenntnifs der Neger- sprachen haben Rüppell und andere Reisende Personen- und Ortsnamen theils verwechselt, theils ganz falsch geschrieben, so dafs die bisherigen Landkarten zu vervollständigen und wesentlich zu beuichtigen sind. Das sorgfältig geführte Tage- buch des Verstorbenen enthält dazu. ein reiches Material. Es ist so bedeutend, dafs englische Reisende, welche Einsicht in dasselbe nehmen konnten, einige tau- send Pfund anboten, wenn Knoblecher es ihnen überlassen wolle, um es unter ihren Namen herausgeben zu können. Aber zu einem solchen Handel konnte der - Proyicar sich nicht verstehen, die Ehre einer solchen Bereicherung der Wissen- schaft sollte der Mission, sollte seinem Vaterlande gesichert bleiben.“ Auch der ebenfalls im verflossenen Jahre verstorbene-Missionar Gostner, der namentlich in Gondocoro gewirkt hat, soll werthvolle handschriftliche Arbeiten linguistischen Inhalts hinterlassen haben: sein Wörterbuch und seine Grammatik der Bari-, Sprache sollen bei seinem Tode der Vollendung nahe gewesen sein. Est ist sehr 350 Miscellen: zu wünschen, dafs diese Arbeiten, die namentlich der Ethnographie wesentliche Bereicherung versprechen, der wissenschaftlichen Welt durch ihre Veröffentlichung bald zugänglich gemacht werden. Das Klima in Gondocoro ist nicht so gefährlich als in Kharthum. Ob- gleich es über 12° südlicher liegt als das letztere, soll die Hitze doch nie so er- mattend sein; selbst in der heifsen Jahreszeit wehen Abends erfrischende Nord- winde. Der Boden ist aufserordentlich fruchtbar; die Feldarbeit der trägen Bari beschränkt sich darauf, dafs sie bei dem Beginn der Regenzeit, die in unser Früh- jahr fällt, mit einem an einen langen Stiel befestigten Eisen den Boden etwas auflockern und dann Getreide säen, welches bald so hoch wächst, dafs ein Reiter sich darin verstecken kann; im Juli oder August werden die Fruchtkolben ab- geschnitten, das Stroh bleibt stehen und wird allmählich als Brennmaterial ver- braucht. Besonders reich ist die Gegend an Obst; nach Dr. Knoblecher bietet sie nicht weniger als 38 Arten von Baumfrüchten dar, die meist saftig und schmack- haft, in Europa aber gröfsestentheils nicht einmal dem Namen nach bekannt sind. Aber für Bäumepflanzen u. dgl. hat der Bari keinen Sinn. „Nur wenn aus den nahen Bergen der Wind das Sämchen eines Baumes in sein-Feld trägt und das- selbe aufgeht, wird das junge Bäumchen zu seinem Schutz umzäunt; daher die majestätischen Bäume, welche in der Tageshitze den Rastenden durch ihren Schatten laben, von den Eingeborenen für unantastbar gehalten werden.“ Dr. Knoblecher hat bei der Mission eine Art botanischen Garten angelegt, der sich nicht blofs auf die Pflanzungen der aus Aegypten mitgebrachten Obstsorten be- schränkt. „Die Früchte, welche diese gewähren, mehren sich monatlich. Schon giebt es so viele Bananen, dafs sie täglich auf dem Tische erscheinen. Die Fei- gen, Granatäpfel, Citronen, Gischten, Weintrauben sind von vorzüglicher Güte.“ Die Thätigkeit der Missionare findet in dem Volk der Bari keinen dankbaren Boden. Habsucht und Rachgier charakterisiren das Volk. Jene tritt meist im Gewande ungestümer Bettelei auf, die, sobald sie nicht befriedigt wird, zu Raub und Gewaltthätigkeit greift; für die Duldung der Missionare auf ihrem Gebiet betrachten die Bari es als eine unerläfsliche Bedingung, dafs sie von jenen Glas- perlen und Lebensmittel erhalten. Die Rachsucht und die zahlreichen Einzel- fehden des Stammes scheinen hauptsächlich in der Vielweiberei ihre Nahrung zu finden; diese erzeugt Weiberraub und willkürliche Scheidungen, und Hand in Hand damit gehen blutige Rache und unaufhörliche Fehden. Die sogenannten Gungu-Festlichkeiten, die mit Tanz und Trommelschall von beiden Geschlechtern gefeiert werden, bieten bei den damit verbundenen Trinkgelagen mancherlei An- lafs zur Zwietracht; sie fallen in die Zeit, wann die Erndte beendet ist und die Bari ihre berauschende Gawa gebraut haben. In Folge dieses unruhigen, für Belehrung wenig zugänglichen Volkscharakters haben die Missionare hauptsächlich ihr Augenmerk auf die Erziehung der Kinder gerichtet, die einen aufgeweckten Geist verrathen sollen. Zwischen Gondocoro und Kharthum liegt am Ufer. des weifsen Nil die im Jahre 1855 gegründete Missionsstation Heiligen Kreuz im Lande der Kyk, die einen Dialect der Dinka-Sprache reden; sie hat 1858 eine Kirche erhalten; der zum Bau derselben erforderliche Kalk wurde aus Muscheln gebrannt, die dort in Menge gesammelt werden können. Die Kyk sind ein friedfertiger, aber armer Die katholischen Missionen am weifsen Nil. 351 Stamm; auch bei ihnen herrscht Vielweiberei; die Weiber eines Verstorbenen fallen dem Bruder oder dem nächsten Anverwandten als Erbe zu. Oestlich von den Kyk wohnen die Tuit, mit denen die ersteren oft der Weiden wegen in Streit gerathen; nach der Regenzeit wächst nämlich hier am Nilufer ein hohes, schilfartiges Gras, welches ein treffliches Viehfutter bildet, und hierher treiben sowol die Kyk wie die Tuit ihre Heerden. Westlich von den Kyk wohnen die Dshur, ein brauner Stamm von kleiner Statur, mit diekem rundem Kopf. Die Dshur stehen bereits auf einer höheren Stufe der Entwickelung; während die Männer der andern Stämme ganz nackt gehen, kleiden sich die Dshur in Thier- häute, und ihre Weiber, die leicht auffallend corpulent werden, in Baumblätter. ' Sie verstehen, aus Hörnern hübsche Löffel zu verfertigen; ihre kupfernen Ohr- ringe, ihre Armbänder sind nicht ohne Geschmack, ihre geschmiedeten Lanzen, - Pfeile u. dgl. zweckmälsig angefertigt. „Die Einzäunungen um ihre Hofräume gleichen Bollwerken. In einem Doppelkreise treiben sie starke Holzpflöcke in die _ Erde, deren Zwischenräume sie mit Reisig und Erde ausfüllen, und an deren Aufsenseite sie eine Thür so anbringen, dafs es in der Nacht fast unmöglich ist, dieselbe zu erspähen.“ Sie glauben an einen bösen Geist, Kerjot, der über der Erde umherirrt und Menschen und Thiere mordet. — Weit verbreitet ist der Stamm der Arol, der sich durch schlanken Körperbau und durch Neigung zur Feldwirthschaft auszeichnet. Aufser Durra pflanzen die Arol noch eine Art Hirse, zwei Gattungen Erdbohnen, mehrere Grasarten, von denen eine unserer Gerste ähnliche, Cob genannt, ein weiflses süfsliches Mehl liefert, und verschiedene Knollengewächse. Zu den letzteren gehören zwei Schlingpflanzen: die eine, Moto genannt, setzt viel Wurzelknollen an; die andere verästelt sich gleich der Wein- rebe und treibt längliche Knollen an den Zweigen; man pflanzt sie, indem man h zerschnittene Knollen an Bäumen oder Zäunen, an denen die Pflanzen sich empor- | ranken können, in die Erde steckt. Die Arol, die übrigens auch bedeutende | Heerden besitzen, sind sehr streng gegen Diebe. Wenn sie bei Nacht einen Dieb | ertappen, durchbohren sie ihn ohne Weiteres mit der Lanze; den bei Tage er- tappten Dieben wird eine Hand abgeschlagen, wenn sie nicht ein hohes Lüsegeld bezahlen können. — Die Atvot, die auch westlich von den Kyk wohnen, sind _ starken, untersetzten Körperbaues, raub- und kriegslustig; sie beschäftigen sich _ mehr mit der Viehzucht. Ueberhaupt hat der Getreidebau unter den östlichen _ Stämmen mehr Verbreitung gefunden als unter den westlichen; bei jenen herrscht ? deshalb im Allgemeinen auch gröfsere Wohlhabenheit. Ein empfindlicher Uebel- stand ist jedoch der Mangel an trinkbarem Quellwasser; Brunnen zu graben fällt j den Eingeborenen nicht ein, obgleich sie durch die Affen auf die dazu geeigneten Stellen aufmerksam gemacht werden. Es giebt dort, sagt der vorletzte Bericht des Marien-Vereins, eine Affenart Agod, von den Arabern Gerda genannt, welche - die wasserhaltigen Stellen sehr gut kennt. Sie graben an diesen so lange, bis sie auf Wasser stofsen, verschütten aber die Gruben wieder, sobald sie ihren _ Durst gelöscht haben. An Wild, namentlich Gazellen, Antilopen, Giraffen, Ele- _ Phanten und Büffeln, sind die östlichen Distriete sehr reich; in den westlichen findet sich eine eigenthümliche Hirschart, Tyan, mit zurückgebogenen, gefurchten Geweihen. Aber es fehlt auch an Raubthieren nicht; die dortigen Löwen und Leoparden zeichnen sich durch ungewöhnliche Gröfse aus, greifen aber den Men- 352 Miscellen: schen ungereizt nicht an. Die Neger haben namentlich vor den Tigern Furcht; sobald sie einen getödtet- haben, opfern sie ein Schaf, damit die lebendigen Tiger beschwichtigt werden und an Menschen und Heerden keine Rache üben. Hyänen dringen bei finsterer Nacht sogar in die Wohnungen ein. Bei allen diesen Negerstämmen ruht die häusliche Arbeit noch in höherem Maflse, als bei den Bari, auf den Schultern der Weiber. Der Mann bleibt bei den Heerden und sorgt höchstens für Bauholz; den Weibern liegt die Sorge für die Felder und selbst der Bau der Wohnungen ob. Die letztern sind klein, mit einem hohen, spitzen, sorgsam und fest gehefteten Strohdach versehen. Das be- rauschende Getränk der Bari ist den Dinka-Negern unbekannt. m: Nachrichten von der wissenschaftlichen Expedition nach Khorasan. Von Chanykow !). Ende Januar waren alle Mitglieder der wissenschaftlichen Expedition in Tiflis eingetroffen, mit Ausnahme des Capitain-Lieutenants Ristori, der sich schon in Baku befand. Da wir indefs noch keine Nachricht aus Teheran über die Zu- stimmung des Schachs zu unserer Reise in Persien erhalten hatten und darüber im Ungewissen waren, wann die Expedition von Baku nach Astrabad werde ab- gehen können, mufsten wir unsere Abreise von Tiflis einstweilen aufschieben. Anfangs Februar erhielt der Herr Statthalter von Kaukasien eine Nachricht von unserm diplomatischen Geschäftsträger in Teheran, dafs die Regierung des Schachs die Mittheilung über die projeetirte Absendung einer wissenschaftlichen Expedi- tion nach Khorasan günstig aufgenommen habe, und etwa am 20sten desselben Monats gelang es mir, durch die Vermittelung des Capitain-Lieut. Ristori, den Befehlshaber des in Baku überwinternden Handelsdampfers Rus Prawoslawnaja zu bestimmen, die Expedition unentgeltlich nach dem Meerbusen von Astrabad zu befördern, falls ihm aus den in Baku befindlichen Kronvorräthen Feuerungs- material geliefert würde; hierzu gab der Commandeur des Postens Baku, der Capitain ersten Ranges Freigang, gütigst seine Einwilligung und erleichterte uns dadurch wesentlich die Möglichkeit, uns frühzeitig an die Ausführung der uns übertragenen Aufgabe zu machen. Am 15. März waren alle Mitglieder der Expedition in Baku, aber ein hef- tiger Nordsturm, der in der Nacht vom 46ten zum 17ten über Baku hereinbrach und den ganzen folgenden Tag anhielt, gestattete uns nicht, uns vor dem 18ten auf dem Dampfer einzuschiffen; und in Folge eines heftigen Südwindes konnten wir erst-.am 19ten die Anker lichten. Ungeachtet des anhaltenden Gegenwindes war unsere Ueberfahrt über das Caspische Meer in 73 Stunden glücklich vollen- det: zur Zeit der Frühmesse am Osterfeste gingen wir auf der Rhede von Aschu- rade vor Anker. Am 23sten begaben wir uns an’s Land; unter Vermittelung des Commandeurs des Postens sandte ich einen Expressen nach Astrabad, sowol !) Aus dem Wjästnik der Kais. Russ. Geogr. Gesellschaft, Heft VII, 1858. — Ueber den Plan dieser wissenschaftlichen Expedition vergl. diese Zeitschrift, N. F., Ba. III, S. 360. 498. Nachrichten von der wissenschaftlichen Expedition nach Khorasan. 353 um unsern Consul von der Ankunft der Expedition in Kenntnifs zu setzen, als _ auch um zu erfahren, ob Befehle der persischen Regierung über unsere Aufnahme in den Provinzen Astrabad und Masanderan eingetroffen wären. ‘Die Zeit, welche uns bis zur Ankunft der Antwort aus Astrabad übrig blieb, benutzten wir, um Aschref zu besuchen, den prachtvollen Garten, den Schach Abbas der Grofse am Anfange des siebenzehnten Jahrhunderts angelegt hat und der noch immer eine Menge malerischer Ruinen enthält, welche von Epheu umrankt und von dreihun- - dertjährigen Pomeranzen-, Limonen-, Orangen- und Cypressenbäumen überwuchert sind. Abends am 27. März erhielt ich von unserem Consul die Nachricht, dafs der Gouverneur von Astrabad erst vor zwei Tagen Befehle des Sadıi-asam in Bezug auf unsere Aufnahme erhalten habe; in Folge dessen begaben wir uns am %8sten auf das Festland bei dem Dorfe Gjas, und langten am 30sten in Astra- bad an, bei der Stadt von unserem Consul und, wie gewöhnlich bei solchen Ge- _ legenheiten, von den persischen Beamten bewillkommnet. Ungeachtet der Un- sicherheit der Umgegend reisten wir glücklich auf dem unteren, der Turkmenen- Steppe benachbarten Wege, der die Allee des Schach Abbas genannt wird; die Bewohner der anliegenden Dörfer, die schon seit 6 bis 7 Monaten entwöhnt waren, den Zug von Karawanen bei sich zu sehen, hielten uns und unsern Train für eine Partie räuberischer Turkmenen und flüchteten mit Angstgeschrei von den - Feldern, um ihre Familien und Heerden zu retten. Die von der Expedition bis jetzt gewonnenen wissenschaftlichen Resultate sind natürlich noch unbedeutend. Was die physische und mathematische Geo- - graphie anlangt, so gelang es Herrn Lenz, in Jelisabetopol die Abweichung der * Magnetnadel zu bestimmen. In Schemacha bestimmte er alle drei magnetischen i Elemente; in Baku ebenso in Verbindung mit Beobachtungen zur Bestimmung - der Breite. Auf dem Caspischen Meere wurden am Tage stündliche Thermometer- Beobachtungen ausgeführt, und zur Nachtzeit bei dem niedrigen Stande der Luft- _ Temperatur auf dem offenen Meere der Thermometrograph zur Beobachtung des Temperatur-Minimums aufgestellt. Aufserdem wurden zweimal täglich Barometer- Beobachtungen, und häufig Versuche über die Verdunstung des Meerwassers in _ freier Luft angestellt. In Aschurade befahl der Commandeur des Postens, An- _ ordnungen zu regelmäfsigen Barometer-Beobachtungen für die ganze Zeit unserer ' Reise zu treffen, damit wir sie mit unsern eigenen vergleichen könnten; in Folge _ dessen liefs Herr Lenz dem Unterlieutenant im Steuermanns-Corps, Petrow, eines _ unserer Barometer zurück. Aufserdem wurden von der Insel einige Messungen $ der Höhe des Berges Demawend ausgeführt, der von dem Posten gut zu sehen % war, und die Abweichung der Magnetnadel, wie die Breite von Aschurade be- ' stimmt. Auf dem Wege nach Astrabad wurden mehrere Barometer-Beobach- t ‚tungen ausgeführt, die uns in den Stand setzten, die Lage der geodätischen Null in diesem Theile des Caspischen Beckens zu bestimmen. In Astrabad selbst wurden alle drei magnetischen Elemente bestimmt und zahlreiche Beobachtungen ‚zur Bestimmung der Breite und der Zeit angestellt. Aufserdem ordnete unser Consul meteorologische Beobachtungen für die Zeit unserer Reise an und wir _ liefsen ihm deshalb als Ergänzung zu seinen eigenen Instrumenten (Barometer Pr und Thermometer) noch einen Pluviometer und einen Flüger’schen Apparat zu- _ rück. 7 Zeitschr. f. allg. Erdk. Neue Folge. Ba. V. 23 354 Miscellen: Die in diesem Jahre sehr spät eingetretene Entwickelung der Vegetation in 'Transkaukasien hatte zur Folge, dafs Prof. Bunge auf dem Wege von Tiflis nach Baku nur sehr wenig Pflanzen einsammeln konnte. Bei der zuletzt genannten Stadt hatte der Erstling des Frühlings, die Bongardia, am Tage unserer Abreise noch nicht angefangen zu blühen, Die Flora der kleinen Insel Aschurade ist sehr dürftig und fing auch eben erst an, sich zu entwickeln; nichtsdestoweniger zeigte sie einige sehr interessante Repräsentanten, wenn die letztern auch der hiesigen Gegend nicht ausschliefslich eigenthümlich sind. Viel reichhaltiger waren die Materialien, die von dem Herrn Professor bei seinem Besuch in Aschref und später auf dem Wege durch die üppige Waldung gesammelt wurden, welche den Fufs und die Vorberge der Gebirgszüge von Masanderan und ihre nördlichen Ab- hänge nach Astrabad bedecken. Die Beobachtungen unserer Botaniker bestätigen jedoch die schon von Buhse aufgestellte Bemerkung über die auffallende Aechn- lichkeit der hiesigen Vegetation und derjenigen auf den Bergen von Talysch. So wurde auf dem ganzen Wege von Gjas nach Astrabad, auf einer Strecke von 52 Werst, nicht eine einzige Baumart bemerkt, die sich nicht auch in Talysch findet, und dasselbe gilt auch von den Sträuchern und Gräsern. Von den letz- tern hatten erst sehr wenige angefangen zu blühen, und die frühblühenden Zwiebel- gewächse waren schon lange verwelkt. Die grofse Mannichfaltigkeit der im Ge- biet von Masanderan und Astrabad cultivirten Bäume vom Geschlecht der Limo- nen und Orangen bestimmten Herrn Bunge, ihnen ein besonderes Studium zu widmen. Die zoologischen Sammlungen der Herren Graf Keyserling und Bienert zeich- nen sich durch Mamnichfaltigkeit noch nicht aus. Das Erste, was die Aufmerk- samkeit unserer Zoologen erregte, waren die ungeheuren Schwärme von Zugvö- geln, von denen sie jedoch nur eine geringe Anzahl von Exemplaren sammelten, da sie grofsentheils der Fauna unserer nördlichen Breiten angehörten, und hin- länglich bekannt sind. Eben so unbedeutend war die Ausbeute an Würmern, von denen ein grolser Theil sich noch im Winterschlafe befand. Auf der Insel Aschurade und am Gestade von Masanderan zeigte sich in der Thierwelt schon mehr Leben, so dafs unsere Zoologen in wenigen Tagen an tausend Insekten, Arachniden und Mollusken sammeln konnten, wie auch einige Exemplare von 'Thieren höherer Ordnungen. Ich übergehe die geologischen Untersuchungen, die von Herrn Göbel inner- halb der Grenzen Transkaukasiens angestellt wurden und die ihm als eine gute Vorbereitung für die bevorstehende Reise dienten, und bemerke nur, dafs unser Geolog auf der Ueberfahrt von Baku nach Aschurade eine beträchtliche Reihe ceorrespondirender Beobachtungen über die Temperatur des Wassers an der Ober- fläche des Meeres und über die Temperatur der Luft, wie auch über den Salz- gehalt des an der Oberfläche geschöpften Meerwassers, auf einer Strecke von etwa 300 Seemeilen, angestellt hat. Der sandige Boden von Aschurade und. der Aus- fiug nach Aschref boten in geologischer Hinsicht wenig Interessantes. Die kalk- | haltigen, von Geröll durchdrungenen Felsen, die sich bei Aschref finden und die | in der Richtung von SO. 15° NW. zerspalten sind, führen keine Versteinerun- gen. Auf dem Wege von dem Ufer bei Gjas nach Astrabad traf. Herr Göbel nirgends anstehendes Gestein, die Einschnitte der Erdoberfläche an den Flufsbetten Die Temperatur, von Jakuzk. 355 zeigten ein Diluvium von Sand, der mit Thon gemischt war, in einer Mächtigkeit von 20 Fufs. Die Steine, die in den Flufsbetten und in dem Thonboden des Weges gefunden wurden, wie auch die Grabsteine der Kirchhöfe bei zwei Imam- sade’s, an denen wir vorüberzogen, gestatteten uns auf die Gesteinsarten zu schlies- sen, welche die Gebirge bilden, aus denen diese Bäche herabkommen; auch in ihnen zeigte sich keine Spur von Versteinerungen. Die von mir selbst auf dem Wege nach Astrabad angestellten Nachforschun- gen ergaben das, wie mir scheint, ganz neue Factum für die Ethnographie des iranischen Stammes, dafs’die waldbedeckten Ebenen, die sich an den Fufs der Berge von Masanderan anlehnen, als das Centrum der den Tat-Dialeet der per- sischen Sprache redenden Bevölkerung betrachtet werden müssen, dessen nörd- lichste Repräsentanten wir in den südlichen Theilen des Kreises Kuba und im _ ganzen Kreise Baku treffen, wohin die Tat aller Wahrscheinlichkeit nach von den Sassaniden verpflanzt sind, als die Monarchen dieser Dynastie,die nördlichen Theile ihres ausgedehnten Reiches einnahmen. Der eigentliche Masanderan’sche Dialect - der persischen Sprache concentrirt sich in den entlegeneren Ansiedelungen auf dem Gebirge. Gleichzeitig wurden Mafsregeln getroffen, um in Uebereinstimmung mit dem Wunsche der Akademie der Wissenschaften durch die Vermittelung des Herrn Gusew, unseres Consuls in Astrabad, der mit den orientalischen Sprachen ’ - gut bekannt ist, vollständige Proben der persischen Dialecte zu sammeln, die in den Provinzen Masanderan und Astrabad' gesprochen werden. —n. Die Temperatur von Jakuzk. Von H. W. Dove. Die Nachricht von Gmelin, dafs man in Jakuzk noch in 100 Fufs Tiefe den Boden gefroren fände, machte zuerst auf‘ die Winterkälte dieser Gegend auf- merksam. Sie erschien so auffallend, dafs Leopold v. Buch im Jahre 1828 sich mifsbilligend darüber aussprach, dafs eine so wenig glaubliche physikalische That- - sache in Lehrbüchern noch wiederholt werde. Fast zu derselben Zeit wurde aber dieselbe: bereits an Ort und Stelle mit voller Evidenz bestätigt. Der Kaufmann Schergin in Jakuzk hatte nämlich ‘auf seinem Hofe einen Ziehbrunnen graben wollen, allein nach zweijähriger Arbeit den Boden noch immer gefroren gefunden, obgleich er: schon tiefer gedrungen war, als die Wasserfläche der Lena liegt. Er hatte bereits die Hoffnung aufgegeben, Wasser zu erhalten, als der durch Jakuzk reisende damalige Marine-Lieutenant Wrangel ihn aufforderte, weiter zu graben, um. die Mächtigkeit des Bodeneises kennen zu lernen. So wurde mehrere Jahre ' fortgegraben, bis man in 382 engl. Fufs Tiefe: bemerkte, dafs der immer noch unter den Frostpunkt erkältete Boden weich wurde. Die genauere Ermittelung der Mächtigkeit des Bodeneises im Scherginschachte war einer der Hauptheile der von der Petersburger Akademie Herrn v. Middendorff bei seiner sibirischen Reise ertheilten Instruction. Die dort gemessenen Temperaturen ergeben für die ü mittlere Wärme der durehgrabenen Schichten folgende Werthe Reaumur: 23* 356 Miscellen: Tiefe | Beobacht. | Berechnete]l Unter- Fufs Werthe Werthe schied 7.77 8317) 2287.95 1 20001 r 45 —8.13 — 8.26 —0.13 20 —8.12 — 1.94 0.18 50 —6.61 — 6.63 —0.02 100 —ny% — 5.36 —0.14 150 —4.64 —4.53 0.11 200 — 3.88 —3.92 —0.04 250 rer! 3.43 —0.09 300 — 3,11 —3.03 0.08 350 re) —2.68 0.05 382 —2.40 —2.48 —0.08 Die berechneten Werthe sind nach einer von Peters abgeleiteten Formel, nach welcher die Tiefe, in welcher der Thaupunkt erreicht wird, auf 1000 Fufs fallen würde, während v. Middendorff die Mächtigkeit auf 600 bis 700 Fufs an- schlägt, nahe übereinstimmend mit A. Erman, der sie auf 600 Fu[s angenommen hatte. Da in den niedrigen Ebenen des Jakuzker Distriets noch Sommerweizen und Roggen, Kartoffeln, Kohl und Rübenarten gebaut und vermöge des üppigen Gras- wuchses gro/se Rinderheerden genährt werden, während herrliche Lärchenwälder den Boden schmücken (Monatsberichte J, p. 25), so entstand natürlich die Frage, wie hoch die Luftwärme im Sommer sein müsse, um bei einem so niedrigen Jahresmittel solche Gegensätze der Oberfläche und Tiefe möglich zu machen. Schon die Veröffentlichung der Beobachtungsreihe August 1837 bis August 1838 von Schergin durch Herrn Kupffer im Annuaire magnetique et meteorologique du Corps des Ingenieurs des Mines de Russie, Annee 1839, p. 418 zeigt, dafs die im Januar — 33°.6 betragende Kälte einer so steilen Wärmecurve angehöre, dafs der Juli 415°.7 betrage, dafs also nirgends auf der Erde, so viel bekannt war, der Charakter eines excessiven Klima’s so scharf ausgeprägt sei, als hier. Das einen viel längeren Zeitraum, April 1829 bis September 1844, umfassende Jour- nal von Neveroff, welches Herr von Middendorff in Jakuzk erhielt und Herr Kupffer in den Annales de l’Observatoire Physique Central 1848, Supplement p. 249, veröffentlichte, bestätigte dies, denn es gab bei einer mittlern Wärme von —8.75 für den Januar — 33.4, für den Juli 13.6, also 47° Unterschied zwischen dem kältesten und wärmsten Monat. Eine Abschrift der Fortsetzung dieses wichtigen Journals bis zum Februar 1854 liefs Herr Maack, der im Auftrage der Kais. Russ. Geograph. Gesellschaft eine Reise nach Ostsibirien machte, nehmen. Sie wurde Herrn Wesselowski zur Berechnung übergeben, der die Monatsmittel des ganzen Journals, nach neuem Styl berechnet, mir brieflich mitzutheilen die Güte gehabt hat. Da wir von kei- ner Station eines so niedrigen Jahresmittels eine ein Vierteljahrhundert umfas- sende Beobachtungsreihe besitzen, die Bestimmungen der Wärme der meisten Polarstationen hingegen nur auf einjährigen Mitteln beruhen, so ist es äufserst erfreulich, hier nun näher bestimmen zu können, um wie viel die Monatsmittel eines bestimmten Jahres von den wahren eines längeren Zeitraums abweichen. Die extremen Abweichungen sind in der folgenden Tafel enthalten, wobei die Die Temperatur von Jakuzk. 357 - Zahl bezeichnet, um wie viel in dem bestimmten Jahre die Wärme zu hoch oder zu tief war. Kältester Monat| Wärmster Monat Januar 1842 —5.67 | 1852 —+4.99 Februar 1844 —4.25 | 1848 —+5.79 März 1840 —3.97 | 1846 —+3.14 April 1836 —3.39 | 1832 —+3.18 Mai 1837 —4.09 | 1852 —+2.34 Juni 1830 —3.10 | 1840 —+2.93 Juli 1832 —4.77 | 1846 —+1.85 August 1832 —3.64 | 1838 —+2.90 September] 1830 —2.98 | 1838 —+2.12 October | 1850 —4.42 | 1836 —+3.59 November | 1831 —4.43 | 1833 +4.91 December | 1844 —4.62 | 1851 —+3.94 Die bis 1844 aus 7. 1. 10, seitdem aus 6. 2. 10 bestimmten Mittel sind - -mometer bei 4°.7 entsprechend. Sollte für andere Theile der Scala dieselbe ' Differenz vorhanden sein, so würden sämmtliche Werthe um 0°.7 zu erhöhen sein. X Ueberhaupt aber wird eine absolute Bestimmung wohl nicht zu erreichen sein, da bei so hohen Kältegraden der Einflufs erwärmter Gebäude nie ganz be- i 'seitigt werden kann. Bei den Beobachtungen, welche Dawidoff auf Veranlassung E des Herrn v. Middendorff in Jakuzk vom October 1844 bis Mai 1846 anstellte, 8; sind im Winter die Ergebnisse von Dawidoff um 2° niedriger als die von Ne- veroff, in den 12 Monaten nämlich die Unterschiede: — 2.02, —2.06, —1.02, 0.25, 0.27, —0.08, —0.48, 0.76, 0.13, —1.40, —1,75, — 2.16, Jahr —0.79, ‚ also im Jahresmittel um eben so viel niedriger, als Neveroffs Thermometer zu hoch, so dals es für jetzt am zweckmälsigsten erscheint, die Beobachtungen von " Nererof unverändert aufzunehmen. Welchen Einflufs aber in solchen Klimaten die Localität hat, geht daraus hervor, dafs der Einfluls der direeten Sonne durch Rückstrahlung hier viel energischer heryortritt als in anderen Gegenden, da in _Nertschinsk es im Februar 1855 in der Sonne bei +2.5 thaute, während ein im = Schatten aufgehängtes Thermometer — 25.4 zeigte. Die folgende Tafel enthält das Journal von Neveroff, dem schliefslich im Jahre 1854 noch die Beobachtungen von Hollmann (St. 10. 10) mit einem von a Maack gegebenen Thermometer hinzugefügt sind. Ich habe dem Journal eine kleine Tafel hinzugefügt, welche die bisher thermometrisch bestimmten Punkte in Ostsibirien enthält. 358 Miscellen: Januar Februar! März | April | Mai | Juni | Juli Kenn; Sept. | Octbr. | Novbr. | - 1829 -4.14 | 1.70 | 9.95 | 15.58 11.51 | 2.75 | -7.70 |, -21.47) -2& 1830 | -32.15| -28.08 -18.51| -7.11 | 2.86 | 7.48 12.03 | 11.45 0.59 '-11.04 | -19.20) -31 1831 | -31.85| -26.75, -19.48| -8.31 | 0.86 | 988 1248| 9.08| 2.49 | -6.37 | -27.14 , 1832 | -31.18) -24.41 -16.75| -3,87 | 1.29 | 8.88 | 9.12| 7.51| 1.02| -6.67 | -23.50| -358 1833 | -32.92| -26.85) -i8.11) -8.24 | 2,89 | 8.78 10.72 | 10.68, 2.95 | -9.40 | -17.80| -26 1834 | -33.68| -27.61 -16.68| -5.31 | 4.53 | 11.75 12.88 | 11.45 | 4.92 | -7.84 | -20.74| -290° 1835 | -32.38) -27.65, -17.95, -6.94 | 1.26 | 9.51 12.62 | 9.85| 3.59 | -7.60 | -24.67| -34 1836 | -34.95) -28.01) -17.15/-10.44 | 1.23 | 10.08 | 14.12 | 8.11| 5.79) -3.60 | -22.57 -30 1837 | -32.42| -27.65| -19.95| -8.71 |-1.41 | 8.18 11.95 | 9.28| 2.62| -8.64 | -25.54 -28 1838 | -37.32) -29.48| -19.85| -6.17 | 1.49 | 11.18 15.62 | 14.05 | 5.69 | -4.64 | -19.57| -30 1839 | -31.38' -27.41| -20.28| -6.61 | 3.73 | 9.75 15.32 13.18 4.35 | -6.57 | -24.50| -32 1840 | -30.38| -27.68| -22.08| -5.54 | 4.69 | 13.51 1.14.62 | 9.18) 4.12 | -8.40 | -24.90 1841 | -37.58) -30.35| -21.71, -6.71| 2.43 | 11.98 | 15.48 | 13.15 | 2.65 |) -8.00 | -23.50| -29 1842 |-38.28) -30.15| -16.38, -8.31 | 2.23 | 10.18 | 12.45 |12.28| 2.95 | -7.84 | -21.04 1843 | -34.48, -25.81| -15.41| -8.17 | 1.26 | 11.28 | 14.82 | 11.88 | 149| -8.44 | -19.84 1844 | -33.02| -32.15| -17.71) -7.68 | 3.85 | 11.46 | 14.18) 12.81 | 4.40 | -6.35. | -23.92 1845 | -35.45 -3 1,55) -17.74, -5 75 | 2.88 | 10.16 | 14.58 , 11.35 | 4.76 | -8.81 | -22.79 1846 | -29.15 -29.38 -14.97, -5.11 | 3.48 | 11.96 | 15.74 | 12.48 | 4.16 | -6.15 | -22.89 1847 | -28.62| -28.21| -17.84| -7.95 | 2.78 | 11.16 | 13.88 | 10.25 | 4.10 | -8.21 |! -20.92 1848 | -31.95| -22.11| -16.17) -6.71 | 3.45 | 11.43 | 14.01 10.15 | 5.53 | -5.71 | -21.79 1849 | -31.08 -4.88 | -19.69 1850 | -32.48' -24.01| -11.91| -5.35 | 1.28 | 11.29 [14.18 11.35 | 3.46 -11.61 | -29.09 1851 | -32.48| -26.51| -20.71| -9.95 | 4.88 | 10 69 [15.68 12.45 | 3.86 | -4.58 | -23.42 1852 | -27.62| -27.98| -19.57| -7.18 | 5.02 | 11.56 | 14.68 | 9.75 | 4.40 | -7.38 | -22.09 1853 | -31.68) -31.95| -19.54| -8.91 | 4.48 | 11.86 | 13.61 | 11.65 | 3.36 | -6.61 | -25.22 1854 | -32.98 3.81 | 10.55 | 16.89 113.77 | 3,17 | -3.80 | -22.42 1855 | -30.39 Mittel | -32.61| -27.90| -18.11| -7.05 | 2.68 | 10,58 | 13.89 | 11.15 | 3.57 | -7.19 | -22.71| -31 Oseill.]| 10.66) 10.04| 10.17| 6.77 | 6.43 | 6.03 | 7.77 | 6.54) 5.20) 8.01 |. 11.95) 9 h .|N.Ko- | Ust- Ner- j Werchne- a be a a lymsk | jansk VEERBIS tschinsk ps Udinsk u 3 13 2 14 4 Breite 59° 21' 68° 32'| 70°55’| 62°2' | 51°i8| 71°5' | 51°49'| 529 Länge Gr. 160° 51’ 178° 36"156° 4’ 147° 25'1137°1' 1136° 125° 24’ |121° Höhe 12° 285’ | 2230’ 1970 125 Januar -19.44 |-16.73 | -22.13 | -29.08 | -31.45 | -32.61 | -23.67 -17.44 | -17 Februar -15.69 -12.64 -20.67 | -25.71 | -30.16 | -27.90 | -19.31 -13.17 | -13 März -9.72 | -8.30 | -8.98 | -22.23 | -22.03 | -18.11 | -10.58 -5.80 | -7 April -3.42 -3.62 -1.65,-8.46 1 -14,45 | -7.05 | -1:45 1.36 | 1 Mai 2.36.| 1.32 3.14) -0.65 | -6.99 2.68 6.86 | -7.1 7.29 T Juni 6.81 6.12 | 10.72 6.87 2.65 | 10.58| 12.19 1.4 13.29 12 Juli 10.05 | 10.07 | 12.88 9.18) 13.89 | 14.18 7.4 16.27 14! August 9.,89| 9.68| 12.22 7.77 | 41.15 | 11.89 8.6 14.51 September 5.47 | 6.41 8.47) -4.80| -2.00 3.97 6.45 | -1.3 7.81 October -3.47 | -1.75 | -1.24 | -12.50 | -15.21 |) -7.19| -2.24| -5.8 -0.18 November |-11.82 | -9.47 | -13.86 | -17.89 | -24.06 | -22.71 | -13.65 -9.30 December | -18.54 |-15.49 | -23.79 | -23.90 | -28.93 | -31.06 | -21.67 -15.10 Winter -17.89 |-14.95 | -22.25 | -26.23 | -30.18 | -30.19 | -21.55 -15.24 Frühling -3.59 | -3.53 | -2.50 | -10.45 | -14.49 | -7.49| -1.72 0.95 Sommer 8.92| 8.62| 11.95 | 06.53 | 11.87| 12,75 5.80 14.69 Herbst -3.27 | -1.60 | -2.21 | -11.73 \-20.63 | -8.78| -3.15 -0.56 Jahr | -3.96 | -2.87 | -3.66 | -12.97 | -8.71| -3.42] | -0.04 | . Der Irawadi. 359 Der Irawadi '). (Hierzu eine Karte, Taf. V.) Ungeachtet ihrer geringen: Wahrscheinlichkeit hat sich die Hypothese Dan- ville’s, dafs der Irawadi der untere Lauf des tibetanischen Tsanpu sei, auffallend _ lange behauptet. Noch vor dreilsig Jahren gewann sie wiederum neues Ansehen, als Klaproth aus seiner chinesischen Gelehrsamkeit neue Stützen für sie bei- }- brachte. Gegen die Autorität dieser Männer fielen die Nachrichten, welche Fran- cis Hamilton von dem Tsaubwa von Bamo erhalten hatte, nicht in die Wag- schaale; ihnen zufolge war es m Bamo, dem wichtigsten Mittelpunkte des Handels zwischen Barma und China, eine bekannte Thatsache, dafs der Irawadi, der bei - jenem Handelsplatz nur noch ein kleiner Strom ist, gar nicht bis Yünnan hinauf- führt. Erst die Angaben von. Wilcox und Bourlton, die im Jahre 1827 vom Brahmaputra über das hohe Scheidegebirge zwischen Assam und Barma- m das Thal des Irawadi vordrangen, erschütterten die lange geglaubte Hypothese. Die kühnen Reisenden erreichten den Flufs unter 27° 26' N. Br., fanden ihn hier 80 Yards breit, aber ungeachtet des Schneewassers, das ihn angeschwollen hatte, so seicht, dafs er überall durchwatet werden konnte. Im Norden: war das Flufs- thal durch eine ununterbrochene, schneebedeckte Gebirgskette eingeschlossen, in welcher aller Wahrscheinlichkeit nach die Quellen des Flusses lagen; sie bildete also die Wasserscheide zwischen dem Irawadi und dem Brahmaputra. Allerdings erfuhr Wileox von einheimischen Singphos, dafs der Irawadi aufser dem Quell- flufs, den er selbst kennen gelernt, noch einen östlichern habe, und es blicb die Annahme übrig, dafs dieser östlichere aus dem fernen Tibet herkomme. Aber 1 die Singphos versicherten, dafs der östliche Quellflufs nicht gröfser, oder doch nicht viel gröfser als der westliche sei und dals sein Ursprung in demselben ; Grenzgebirge, nur ein paar Tagereisen östlich von den Quellen des westlichen - Zuflusses liegen müsse. Aufserdem deutete der Sprachgebrauch der Shan, welche r den Namen des westlichen Zuflusses (Namkiu): dem ganzen Stromlaufe des Irawadi beilegen, sogar darauf hin, dafs sie diesen Zuflufs für den Hauptstrom hielten. 3 Aufser diesen Angaben kommen noch die Gründe in Betracht, die C. Ritter bei der Erörterung der Ansichten über den Ursprung des Irawadi hervorgehoben hat ?). Er wies darauf hin, dafs der Irawadi allen Nachrichten zufolge in sei- nem untern Laufe keineswegs eine so bedeutende Wasserfülle mit sich führe, wie man sie bei einem Strome, der bei einer Länge von 450 bis 500 geogr. Meilen ein ‚dieser Ausdehnung entsprechendes Ländergebiet entwässere, erwarten müsse; dafs er in seinem: mittleren Laufe aufserhalb der Regenzeit auf weiten Strecken sogar seicht, und dafs, er nach Crawfurd’s Versicherung oberhalb Awa bis Bamo nur für Canoes schiffbar sei. Er wies ferner auf die bemerkenswerthe Thatsache | hin, dafs der lebhafte Handel, der von den Chinesen nach Bamo betrieben wird, ") Hauptsächlich nach dem Prachtwerke Yule’'s: A Narrative of the Mission sent by the Governor General of India to the Court of Ava in 1855, with Notices of the Country, Government and People. London 1858. 4. ?) C. Ritter’s Erdkunde 'V,. 8. 162. 360 Miscellen: ausschliefslich ein Landhandel ist, dafs also aus Yünnan keine fahrbare Wasser- strafse nach Bamo hinführt. Die spärlichen Nachrichten, die man seitdem über den oberen Irawadi er- halten hat, sprechen ebenfalls für diese Auffassung. Capt. Hannay erfuhr im Winter 1835 — 36, dafs die Barmesen den westlichen Quellstrom Myit-gyi d. i. grofsen Flufs, den östlichen Myit-ngi d.i. kleinen Flufs nennen, und dafs beide in derselben Gebirgskette entspringen. Singphos bestätigten diese Angaben und fügten noch hinzu, dafs von jener Gebirgskette sich östlich vom Myit-ngi ein hoher Gebirgszug nach Süden abzweige, der in ihrer Sprache Gulansigong ge- nannt werde und die Grenze zwischen Barma und China bilde. Das obere Thal des Irawadi ist also, wie im Westen, so auch im Norden und Osten von hohen Gebirgen eingeschlossen, und der östliche, bisher noch von keinem Europäer be- suchte Quellstrom erscheint nach diesen Aussagen als der unbedeutendere: die Singphos versicherten sogar, dafs er gar nicht schiffbar sei, während der west- liche doch wenigstens von Flöfsen benutzt werden könne. Es wird demnach auch die Ansicht, welche dem östlichen Quellstrom des Irawadi einen Ursprung in weit entlegenen Ländern anweist, nicht länger haltbar sein. Die Gebirgskette, welche das Längenthal von Assam im Süden einfalst, nimmt nach Osten regelmäfsig an Höhe zu; sie ist bei den Garos 3— 4000 Fuls, bei den Kasias 6000 Fufs, im Norden von Manipur 8— 9000 Fufs, an den Quellen des Kyendwen, wo sie den Barmesen unter dem Namen Patkoi bekannt und im Jahre 1837 von Dr. Griffith auf seiner Reise von Suddiya in Ober- Assam nach Barma überschritten ist, 12 — 14,000 Fufs hoch, und erreicht weiter ostwärts unter dem Namen Langtang die Grenze des ewigen Schnee’s. Auch der nach Süden sich abzweigende Gulansigong, der weiterhin die Flufsgebiete des Irawadi und des Salwen von einander scheidet, ragt mit einigen Gipfeln in die Region des ewigen Schnee’s empor und erreicht noch in der Breite von Tungu (19° N. Br.) eine Höhe von 8000 Fufs. Die Quellen des Irawadi liegen also etwa unter 28° N. Br. in einem wilden Gebirgslande, welches von Khamti’s, einem Stamme der Shan’s, und von Singpho’s bewohnt wird. Die beiden oben erwähnten Quellströme, der Myit-gyi und der Myit-ngi, vereinigen sich etwa unter 26°, und nehmen unter 24° 56’ von der Rechten den Mogung auf, einen mäandrisch gewundenen Flufs, der indefs für Canoes zugänglich ist, wenn er auch hin und wieder Stromschnellen bildet. Der Ort Mogung, einst der Hauptsitz eines blühenden Shan-Fürstenthums, dessen schriftlich verzeichnete Geschichte mit dem Jahre 80 n. Chr. beginnen soll, ist jetzt ein elendes Dorf in einer ungesunden Einöde, von Shan’s bewohnt, und eine der nördlichsten barmesischen Distrietsstädte. Von Westen her empfängt der Mogung aus dem Gebirgsee Endaugyee, dem das Volk einen vulcanischen Ur- sprung zuschreibt, einen Zufluls Endau-Khyung. Nicht weit unterhalb der Einmündung des Mogung drängt sich der Irawadi durch das erste Kyuk dwen oder Defile, einen 30 Miles langen Engpals, in welchem der stattliche Strom sich plötzlich auf 100, an einigen Stellen sogar auf 30 Yards verengert. Zur Fluthzeit drängt sich die Wassermasse schäumend wie ein Katarakt durch die enge Passage; sie steigt dann zwischen den steilen Felsen- wänden an den schmalsten Stellen um 50 Fufs, und hat das Flufsbett dermafsen Der Irawadi. 561 vertieft, dafs man an einigen Punkten mit 25 Faden noch keinen Grund findet. Zexstreut in der romantischen Schlucht liegen kleine Dörfer der Shan’s und Pwons, die sich mit dem Anbau von Gemüse, Zuckerrohr und Taback beschäftigen; im Gebirge aber hausen wildere Singpho-Stämme und. halten die friedlichen Thal- bewohner in steter Furcht vor ihren räuberischen Einfällen. Jenseits des Engpasses wird der Strom wieder über 5 Mile breit; er bildet Sandbänke und umschliefst mit seinen Armen mehrere bewohnte Inseln. Von Osten ergielst sich in ihn der 150 Yards breite Taping, der eine Strecke weit für Canoes schiffbar ist. An seiner Einmündung, 24° 15’ N. Br., liegt der belebte Handelsplatz Bamo, in welchem alljährlich vom November bis Mai die mit Seide und Manufacturwaaren beladenen Karawanen chinesischer Handelsleute und die flachen Boote der Barmesen mit ihren Baumwollenballen zusammentreffen. Nach Capt. Yule beläuft sich der Export von Baumwolle jährlich auf 225,000 Pfd. St., der Import von Seide auf 120,000 Pfd. St. Die chinesische Grenze ist von hier noch fünf Tagereisen ostwärts entfernt; der Weg dorthin führt durch ein Gebirgs- land, neben Städten der Shan’s und Dörfern der Kakhyen’s und Palung’s vorbei. Die letztern Stämme bauen Thee, und machen die Blätter mit Oel, Salz, Assa- fötida u. s. w. zu einer Art von Pickles ein, die unter dem Namen Hlapet oder „feuchter Thee“ von den Barmesen als Delicatesse genossen werden. Unterhalb Bamo macht der Irawadi eine starke Wendung nach West und Nordwest, drängt sich hier durch ein zweites Kyuk dwen oder Felsenthor, und schlägt dann wieder die Hauptrichtung nach Süden ein. Nur auf dem rechten Ufer liegen hier Dörfer; das linke besteht aus ungesunden Sumpfländereien voller Jungles, bis zur Einmündung des Schu£-li, eines zwar breiten, aber ganz seich- ten Flusses, in dessen Gebiet sich nicht weit von Momeit, unter dem Wendekreise, berühmte Rubin-Minen befinden. Südlich von der Mündung des Schue-li, bei Myadung, unter 23° 40’, zeigen sich auf den Hügeln die ersten Teak-Bäume, freilich nicht in dem üppigen Wuchs, den sie vier Breitengrade südlicher errei- chen. Doch werden sie, wie Crawfurd erfuhr, auch 15 Tagereisen nördlich von . Awa gehauen und nach der Residenz verflöfst '). Der Irawadi betritt nun das auf unserer Karte dargestellte Gebiet, und flielst an den alten Mauern von Tagung vorbei, einem der ältesten barmesischen Königs- sitze, in dessen Nähe die Ruinen des oberen Pagan liegen, welches nach der ein- heimischen Geschichtstradition vom ersten bis zum neunten Jahrhundert die Haupt- stadt des Reiches war, bis das bekanntere Pagan unterhalb Awa zur Residenz erkoren wurde. Bei Tsanpenago beginnt mit dem 6000 Fufs hohen Pik Schue- u-dung ein Gebirgszug, der das Ostufer des Flusses bis Awa begleitend und dann nach Süden weiter ziehend das eigentliche Barma von den halb unabhängigen Shan-Staaten scheidet und das Thal des Irawadi auf einer Strecke von 20 Miles, bis Kyuk myung, abermals verengert, wenn auch nicht in so auffallender Weise, wie in dem ersten und zweiten Kyuk dwen. Jenseits dieses dritten und letzten Defile’s beginnt das grofse Thal von Awa, auf der Ostseite des Stromes; denn im Westen tritt der Gebirgszug, der bei !) Ueber die Verbreitung des Teak-Baumes im Irawadi-Thale s. C. Ritter's Erdkunde V, S. 199. 1 362 Miscellen: Tsagain, der Residenz Awa gegenüber endet, hart an das Stromufer hinan. Das Thal ist etwa 60 Miles lang, nicht über 16 Miles breit, sehr fruchtbar, aber mit Ausnahme des Rayons der Residenzen durchaus nicht so angebaut und bevölkert, wie man es bei der Ergiebigkeit des Bodens erwarten sollte. Bei Amarapura bildet der Irawadi mehrere Inseln. Die Hauptstadt selbst liegt an dem östlichsten, nur zur Fluthzeit mit Wasser versehenen Flufsarm, und wird auf der andern Seite von mehreren Seen umgeben, die mit dem Flufs in Verbindung stehen. Zwischen Amarapura und Awa verengt sich der Fluls auf 800 Yards; auf dem rechten Ufer tritt der Gebirgszug von Tsagain, auf dem linken eine isolirte Höhe an ihn hinan; zwischen beiden drängt sich der Flufs hindurch, nachdem er von Osten einen seiner bedeutendsten Zuflüsse, den Myit- ngi, aufgenommen hat, und fliefst mit westlichem Lauf an den Städten Tsagain und Awa vorbei in ein 40 Miles langes, aber nicht breites Thal, welches mit üppigem Waldwuchs (namentlich Palmyrabäumen) bedeckt, gut angebaut und von einem nicht sehr hohen, ziemlich öden Hügellande eingeschlossen ist. Der Strom fliefst hier in vielen Armen, zwischen Inseln, die bei Hochwasser überschwemmt werden und meistens mit Schilfwaldungen von Sacharum spontaneum, einer wilden Zuckerrohrart, bedeckt sind, und behält die westliche Richtung bis zur Einmün- dung des Kyendwen bei. Der Kyendwen ist der bedeutendste Nebenfluls des Irawadi. Seine nörd- lichsten Quellflüsse entspringen etwa einen Breitengrad südlicher als der Irawadi, unter 27°, auf demjenigen Theile des nördlichen Grenzgebirges, der unter dem Namen Patkoi bekannt ist. In seinem oberen Laufe durchflielst er von Osten nach Westen das Thal von Hukhong, das nördlichste Gebiet, in welchem die- Herrschaft der Barmesen anerkannt wird. In ihm wird Salz, Gold, Elfenbein, vorzüglich aber Amber gewonnen. Die Amber-Gruben liegen unter 26° 20', nicht weit von der Stadt Mainkhwon; das Mineral wird in einer dunkeln kohlen- haltigen Erdschicht, die von rothem Lehm überlagert ist, zugleich mit kleinen Stücken Lignit gefunden; die Schachte sind bis 40 Fufs tief und so schmal, dafs die hinabsteigenden Arbeiter ihre Füfse in kleine Höhlungen setzen, die in zwei einander gegenüberstehenden Seiten angebracht sind. Das Thal ist jetzt vorzugs- weise von Singphos bewohnt; sie leben in kleinen Dörfern von 10 bis 12 Ba- racken, die von einer Bambus-Stockade umgeben sind. Der Kyendwen verläfst das Thal als ein nicht unansehnlicher Strom, und wendet sich südwärts, um diese Richtung bis zu seiner Mündung in den Irawadi beizubehalten. Die Schifffahrt auf seinem oberen Laufe wird mehrmals von Stromschnellen unterbrochen; die erste Gruppe derselben befindet sich 16 Miles unterhalb seines Austritts aus dem Hukhong-Thale, die zweite unter 24° 47’. Unterhalb der letztern empfängt er von Osten einen grolsen Zuflufs, den Oru, an dessen Quellen in einem langen engen Thale die Serpentin- oder Yu-Minen liegen, deren Product von den Chi- nesen eifrig aufgekauft wird. Auch hier fehlt es nicht an Salzquellen. An die- sem Theile des Kyendwen wohnen im Flufsthale meistens Shan’s, in den benach- barten Bergen Kakhyens und andere wilde Stämme, Von Kendat ab (23° 45’) ist der Flufs für die gröfsesten Boote schiffbar. Im Westen, und durch ein un- bewohntes Waldgebirge von dem Flusse getrennt, liegt das lange, von Norden nach Süden sich hinziehende Thal Kubo, das seinen Ueberflufs an harzreichen nd ei u u re 2 Der Irawadi. 363 Bäumen und trefflicbem Bauholz nur zum Theil verwerthen kann, da nur die südliche Hälfte desselben, Kal€ genannt, in dem Flufs von Manipur eine Wasser- stralse besitzt, welche zum Kyendwen führt. Das Thal ist nur hin und wieder angebaut; Fremde entgehen in seiner Waldwüste selten dem Jungle-Fieber, aber die einheimischen Shan’s sind ein kräftiger Menschenschlag. Sie stehen im Nor- den und Süden des Thales unter eigenen Häuptlingen, die an Awa einen Tribut zahlen; nur das Centrum, Khumbat, befindet sich unter unmittelbarer Leitung eines barmesischen Gouverneurs. Aufser den Producten des Waldes liefert Kubo Wachs, Elfenbein, Reis und Baumwolle. — In seinem unteren Laufe flie[st der Kyendwen durch ein breites, fruchtbares und verhältnifsmäfsig gut bevölkertes Thal, in welchem Gruppen von Palmyrabäumen, die hier wie in ganz Barma zur Bereitung des Palmzuckers angepflanzt werden, die zerstreuten Ansiedelungen an- zeigen. Vor seiner Einmündung in den Irawadi theilt sich der Flufs in mehrere Arme, die ein an der Basis 22 Miles breites, niedriges Delta umfassen. Die Zu- flüsse, die er von Osten empfängt, sind meist goldhaltig. Das vom Kyendwen und Irawadi eingeschlossene Doab wird durch den Flufs Mu,. der sich unterhalb Kyuktalung in den Irawadi ergiefst, fast in zwei Hälften getheilt; das Thal des- selben ist, wenigstens im Süden, gut angebaut; die eigentlich barmesische Be- völkerung aber reicht schwerlich über Mjedu hinaus; nördlich von diesem Orte wohnen Kaschari’s, die ein Contingent zur barmesischen Cavallerie stellen. Unterhalb der Einmündung des Kyendwen erweitert sich das Bett des Ira- wadi zu einer Breite von 4 bis 5 Miles und der Strom durchfliefst dasselbe in zahlreichen Armen, die sich bald vereinigen, bald wieder trennen. Boote von 3 Fufs Tiefgang können den Strom auch bei dem niedrigsten Wasserstande bis Awa aufwärts befahren; und Capt. Yule ist der Ansicht, dafs sich bei einer ge- naueren Untersuchung der einzelnen Stromarme auch für Fahrzeuge von 55 Fufs Tiefgang durchweg ein ausreichendes Fahrwasser werde ermitteln lassen. Diese Verzweigung des Irawadi in einem breiten Bett setzt sich bis 20° N. Br. fort; dort, oberhalb des Orts Malun, treten Ausläufer der Aracan-Kette an den Strom hinan und engen sein Bett wieder ein. Auf der ersten kleineren Hälfte dieser Strecke liegen die bedeutenderen Ortschaften vorzugsweise auf dem linken Ufer, da sich hier zwischen dem Flufs und den dürren Plateau-Landschaften des Ostens eine fruchtbare, gut bewaldete, 4 bis 5 Miles breite Ebene ausdehnt, welche erst unterhalb Tsile mjo endet, wo das Sandstein-Plateau hart an den Strom tritt. Zu den bedeutenderen Ortschaften gehören Mjen-kjan, eine der gröfsesten Pro- vinzialstädte mit 8— 10,000 Einwohnern und lebhaftem Reishandel; Njungu und Pagan, auf den ausgedehnten Ruinenfeldern der alten barmesischen Capitale Pa- gan, der erstere Ort im Lande weit und breit bekannt durch die Fabrikation ’ge- flochtener Geräthschaften, die, mit dem aus den Wäldern am Kyendwen gewon- nenen Firnifs überzogen, als lackirte Waaren in den Handel kommen; ferner Tsile-mjo, wo ein lebhafter Handel mit Palmzucker, Catechu, Zwiebeln und Baumwolle betrieben wird. Das den zuletzt genanuten Handelsplätzen gegenüber- gelegene rechte Stromufer besteht aus einem kahlen, 8— 900 Fufs hohen Höhen- zuge, der als ein absolutes Hindernifs für die Bewässerung der Felder die Ein- wohner zur Ansiedelung auf dem linken: Ufer bestimmt hat. Zwischen jenen Höhen und der Aracan-Kette liegt der wenig bekannte District Jau, dessen Be- 364 Miscellen: völkerung in Folge ihrer abgeschlossenen Lage einen besondern Dialect des Bar- mesischen spricht. Viel angebauter und beyölkerter ist der südlich daran gren- zende Distriet von Tsalen; unter dieser Breite ist wieder das östliche, aus Sandsteinfelsen bestehende Stromufer für die Bewässerung zu hoch und deshalb fast ganz ohne Anbau; die kahlen, sich daran anschliefsenden Hügel sind nur durch die Naphtha-Brunnen von Bedeutung, die das ganze Reich mit dem statt des Brennöls überall verwendeten Petroleum versehen und den Handelsplatz Je- nang jung, den einzigen auf dieser Strecke des linken Stromufers, in’s Leben ge- rufen haben. Dagegen zeichnet sich der Distriet Tsalen, dessen gleichnamige Hauptstadt von schönen Obstgärten umgeben ist, durch seine Cultur, namentlich durch seinen Reisbau, vor allen anderen Theilen des Reiches vortheilhaft aus. Durch diese Provinz führen die Wege zu einigen wichtigen Pässen über die Ara- can-Kette; der nördlichste geht von Phing nach Talak, ist aber wenig besucht; ehr frequentirt ist die Aeng-Strafse, die von Maphe-mjo aus das Gebirge in einer Höhe von 4600 Fufs überschreitet; ein anderer Pafs führt noch südlicher von Padeng nach Aeng. Der Irawadi nimmt auf diesem Theile seines Laufes von Osten her mehrere nicht unbeträchtliche Nebenflüsse auf, die wie der Karen und der Jen nie ganz austrocknen und in diesem sonst ziemlich armen Landstriche wenigstens in den Thälern den Anban von Reis und Baumwolle ermöglichen; zwischen den schma- len Culturstreifen liegt freilich ein dürres Hügelland, welches nur mit Dornge- strüpp und Euphorbias bedeckt ist. Unter 20°. N. Br. zweigt sich von der Aracan-Kette ein Gebirgszug ab, der unter dem Namen Ashe Jo (östliche Kette) dem Hauptgebirgszuge fast parallel läuft und das durch seinen Anbau von Taback, Zwiebeln und Pfeffer wohlbe- kannte Längenthal des obern Matung im Osten einschliefst. Die Hügel, welche den District im Süden von Tsalen ausfüllen, treten schon oberhalb Malun dicht an den Strom hinan und gestatter ihm nicht mehr die vielfache Verzweigung, die seinen mittleren Lauf charakterisirt. Hier beginnt denn auch die eigentliche Be- gion der Teak- Wälder, in welcher die Bäume einen ungleich stattlicheren Wuchs als in den nördlichen Provinzen erreichen; sie dehnt sich südlich nur bis Shue- dung aus; weiterhin nehmen die Teak-Bäume wieder an Höhe ab und ver- schwinden gänzlich, wo der Strom in den Bereich der Meeresfluth tritt. Von Malun ab fliefst der Irawadi eine Strecke weit zwischen hohen bewal- deten Ufern, die zwischen Tung guen und Zungjandung etwas weiter auseinander- treten. Von dem letztgenannten Orte folgt dem rechten Ufer bis Prome ein Waldgebirge, Let mah tse dung genannt, das nur bei Thajetmjo eine kurze Unter- brechung erleidet. Im Osten liegt ein niedrigeres, wellenförmiges Hügelland, wel- ches nur in den Senkungen angebaut ist. Auf britischem Gebiet werden die Dörfer auf beiden Seiten des Flusses zahlreich; aber erst zwischen Prome und Schu& dung bilden sie eine ununterbrochene Reihe. Unterhalb Prome erweitert sich das Flufsthal zu einer Alluvial-Ebene, die von niedrigen Hügelreihen durch- schnitten ist; zur Regenzeit entwickelt sich hier die üppigste Vegetation, aber während der Dürre zerfällt das Gras in Staub, die Bäume verlieren — wie fast überall auf dem Ostabhange der Aracan-Kette, der sich hierdurch auffallend von dem Westabhange unterscheidet — ihr Laub, und die kahlen Stämme geben der Ein wissenschaftliches Journal in Shanghai. 365 _ Landschaft ein winterliches Aussehen, welches seltsam mit der glühenden Hitze eontrastirt. Die Thalebene wird 25 Miles unterhalb Prome noch einmal auf eine kurze Strecke durch die Felsen von Akuktung wnterbrochen, die in den Irawadi hineinspringen und in ihm Rapiden verursachen; im Osten aber schliefsen sich an das Thal die fruchtbaren Ebenen von Pungd& an, die sich ostwärts bis an den Fufs des Peguanischen Yoma, der Wasserscheide zwischen Irawadi und Si- tang, ausdehnen, im Süden aber mit den ausgedehnten Niederungen des Delta’s zusammenhängen. Als die Nordspitze des Delta’s betrachtet man gewöhnlich die Abzweigung _ des westlichsten, nach Bassein führenden Stromarmes, obgleich der Irawadi sich schon oberhalb dieses Punktes nach Osten hin mit mehreren Armen ausbreitet. Der Arm von Bassein ist von der See leicht zugänglich und besitzt bis zu der gleichnamigen Handelsstadt eine für Seeschiffe hinlängliche Tiefe; weiterhin ver- flacht er sich, und seine Verbindung mit dem Irawadi ist durch eine Sandbank, die sich bei der Bifurcation gebildet hat und während der trockenen Jahreszeit ein paar Fufs über den Wasserspiegel hervorragt, zeitweilig ganz unterbrochen; bei Hochwasser können Dampfer von 10 Fufs Tiefgang ohne Schwierigkeit durch den Bassein-Arm in den Irawadi gelangen. Eine andere wichtige Flufsmündung ist die, an welcher Rangun liegt; sie heifst Syrian und steht mit dem Irawadi durch den Panlang-Arm in Verbindung, der während der trockenen Jahreszeit für die Dampfflottille ebenfalls nicht tief genug ist. Zu dieser Zeit wählt sie die westlichere Mündung, Tschina Bakir; aber die Einfahrt in diese wie in die an- deren Mündungen ist oft sehr schwierig. Die Hauptarme des Flusses sind mit einander durch zahllose Rinnsale ver- bunden, welche von den Booten der einheimischen Fischerbevölkerung meisten- theils benutzt werden können. Das Delta wird dadurch in eine Menge niedriger Inseln zertheilt, die zum grofsen Theil Ueberschwemmungen ausgesetzt und mit einer dichten Vegetation von Mangroves bedeckt sind. Nur hin und wieder er- blickt man ein angebautes Stückchen Land, am häufigsten noch in der Nähe des Bassein- Armes und in der Umgegend von Henzada. Die einheimische Bevölke- rung, Talain, beschäftigt sich vorzugsweise damit, Salz zu gewinnen und den Er- trag der ziemlich ergiebigen Fischerei zu verwerthen; sie bereiten namentlich die in Barma sehr beliebte Ngapi, aus Fischfleisch, das zu Brei zermalmt, gesalzen und zu einer festen Masse eingemacht ist. Aber es unterliegt keinem Zweifel, dafs das ganze Delta zum Reisbau aufserordentlich geeignet ist; zur Zeit wird derselbe nur an wenigen Punkten und in beschränktem Umfange betrieben. —n. Ein wissenschaftliches Journal in Shanghai. Die seit einiger Zeit in Shanghai bestehende „Literary and Scientific So- eiety“ hat angefangen, eine Zeitschrift erscheinen zu lassen, welche den Titel führt: „Journal of the Shanghai Literary and Scientific Society“. Das Juniheft dieses Jahres, das erste, wird mit einer einleitenden Abhandlung von Rev. Dr. Bridgman eröffnet, in welcher derselbe einen allgemeinen Ueberbliek giebt über die gegenwärtige Kenntnifs von China und den Zustand des Landes. Daran reiht 366 Miscellen: sich eine Arbeit von F. W. E. Nicholson, Commandeur der britischen Fregatte „Pique“ über die Cyclonen und das Gesetz der Stürme. Dann folgen einige kurze ethnologische Bemerkungen aus der Feder des bekannten amerikanischen Missionars und Arztes Dr. Macgowan zu Ningpo. Der Verf. lenkt die Auf- merksamkeit auf die vor mehreren Jahrhunderten unter den Mandschuren und. Koreanern herrschende Sitte, den Kopf der Kinder platt zu drücken, wie dies die in Amerika an der Küste des Stillen Oceans wohnenden Völkerschaften thun. In einer anderen Bemerkung spricht Dr. Macgowan die Ueberzeugung aus, dafs die grausame Sitte, die Mütter in der Stunde des Gebärens ganz sich selbst zu über- lassen und ihnen alle Hilfe zu entziehen, nur noch in Siam vorkomme. Endlich macht Capt. A. S. Foote von dem Schiffe der Vereinigten Staaten „Portsmouth“ eine Mittheilung über seinen Besuch in den japanesischen Häfen Simoda und Hakodadi, der wir Folgendes entnehmen: Die Bai von Hakodadi ist geräumig und leicht zugänglich, besonders mit Hilfe der von Perry’s Expedition entworfe- nen Karte. Der Hafen ist völlig eingeschlossen und vermag auf einem 5 bis 12 Faden tiefen Ankergrunde 200 Schiffe aufzunehmen. Dazu kommt das gesunde Klima, der‘ Fischreichthum der Bucht, die Gutartigkeit der Bewohner, — alles dies macht den Platz zu einem, in Bezug auf Gesundheit und Erholung, für Kriegs- schiffe sehr angenehmen. Ueberdies erhält der Ort durch seine Lage für den Handel zwischen Californien und dem nordöstlichen Asien, namentlich nachdem der Verkehr nach dem Amurflusse belebter geworden ist, wie auch durch den Reichthum der nahe gelegenen (?) Kohlengruben eine besondere Bedeutung, da er sich sowol für unsere Kriegsschiffe wie auch für die Walfischfänger als Nie- derlage und Stapelplatz für Vorräthe empfiehlt. Simoda hat dagegen nur be- schränkte Hilfsquellen und sein kleiner Hafen ist von geringem oder gar keinem Werth für Handels- und andere Zwecke. Der wohlgeschützte und umfangreiche Hafen von Osako, der Eingangshafen für Miako, mülste, wenn irgend möglich, statt Simoda eröffnet werden. Könnte man Osako indessen dazu nicht bewilligt erhalten, weil Miako die Residenz des geistlichen Kaisers ist, so müfste dazu das weiter als Simoda an der Bai in der Richtung nach Yedo hinauf gelegene Uraga ausersehen werden. (Nach der Overland China Mail vom 5. Aug. 1858.) B. Yedo und Umgegend. Nachdem in den letzten Jahren ein lebhafterer Verkehr des Abendlandes mit Japan angebahnt worden und neuerdings die abendländischen Nationen (England, Frankreich, Nord- Amerika und Rufsland) durch vielversprechende Handelsverträge mit diesem, bis dahin fast hermetisch verschlossenen Reiche in Verbindung ge- treten sind, dürften folgende, dem „North China Herald“ vom. 18. Septbr. d. J. (erscheint zu Shanghai) entnommene Nachrichten von Augenzeugen über die kaiserliche Residenz Yedo, ihre Umgebung u. dgl. m. von Interesse sein, wenn die Zuverlässigkeit derselben hin und wieder auch zweifelhaft scheint. „Wir konnten nicht genug,“ sagt unser Berichterstatter, „die herrliche Lage von Yedo, die vortreffliche Polizei, die Reinlichkeit der zahlreichen Einwohner- schaft, die überall’ auf. den Strafsen in die Augen fallende Ordnung und Wohl- habenheit bewundern. Alles erschien auf’s Beste eingerichtet, nirgends auch nur ET BEE re Yedo und Umgegend. 367 eine Spur jenes verfallenen Glanzes und Schimmers an den öffentlichen Gebäuden und Tempeln, denen der Reisende in China begegnet. Die Bucht von Yedo ist wohl befestigt, ein mehrere Meilen langer Damm falst die ganze Bay ein, nir- gends aber ist ein. Stein verschoben. Die Batterien, an denen eben so wenig Mangel war wie an Geschützen, gewährten einen weit besseren Anblick und waren, die Wahrheit zu gestehen, viel besser unterhalten, als die von Malta und Ports- mouth vor wenig Jahren. Begegnete man einem vornehmen Japanesen mit sei- nem Gefolge, so zeigte der ganze Aufzug Ordnung, Sauberkeit und Nettigkeit, durchaus nichts Lächerliches oder Häfsliches. Die kaiserlichen Commissaire, wel- che mit Lord Elgin verhandelten, waren sammt'und sonders gewandte, wohl unter- richtete Männer; man sagte uns, dafs ihr Eifer, die Aufträge ihres Gebieters treu- lich auszuführen, unübertrefflich sei, auch benahmen sie sich höflich, gerecht und verständig. ... Im Bazar zu Nangasaki kauften wir’ ein Teleskop, vier Mikro- skope und einen sehr kunstvollen Koch-Apparat für den geringen Preis von einem Dollar. Wir erfuhren, dafs dies’ Alles, ebenso wie Glassachen, Geschütze und Dampfmaschinen, von dem Fürsten des benachbarten Distriets angefertigt worden (!). Es sind in der That treffliche Proben von dem, was die Japanesen. zu leisten vermögen. Ihre Uhren sind aufserordentlich sinnreich eingerichtet und ganz ge- eignet für die sehr complieirte Methode, die Stunden anzuzeigen, Barometer und Thermometer werden in Yedo angefertigt. Noch ehe (!) die Japanesen einen elek- trischen Telegraphen von den Nord-Amerikanern erhielten, versuchten sie derglei- chen herzustellen, und man sagte uns, dafs diese’ in mehreren fürstlichen Palästen in Gebrauch wären. Wir sahen in Yedo zwei Segelschiffe unter japanesischer Flagge; aufserdem ein Dampfschiff und einen Schooner. Sie hatten die beiden ersteren ohne Hilfe der Europäer gebaut. ... Die Wege in der Umgegend von Yedo, sowohl nach den Theegärten, die im Styl von Cremorne und Rosherville angelegt, aber viel zierlicher und ausgedehnter sind, als auch nach: den Baum- schulen, welche den besten in Europa nicht nachstehen, und nach den vielen Tem- peln, welche in einem Umkreise von 10 bis 12 englischen Meilen zerstreut lie- gen, dienten uns zu überzeugen, dafs die oft gerühmte Trefflichkeit derselben sich nicht blofs auf die Stadt und die Nachbarschaft des kaiserlichen Palastes be- schränkt. Sorgfältig angebaute Aecker, Gärten, so anmuthig wie nur denkbar, sauber geschnittene und zugestutzte Hecken, regelmäfsig angelegte Obstgärten, voll schöner Früchte, Lusthäuser, Steige, Canäle, Däimme — Alles in bester Ord- nung, dazu eine fröhliche, glückliche Bevölkerung: dies bildete ein Gemälde, wie man es wohl schon im Traum, gewifs aber in Wirklichkeit noch niemals gesehen bat. — In commereieller Hinsicht ist Japan ein vielversprechendes Land. Wir wissen, dafs vor drei Jahrhunderten japanesische Schiffe bis: nach Bengalen fuh- ren, und dafs allein das berüchtigte Verbot alles Verkehrs mit Fremden aus dem Jahre 1637 auch diesem Verkehr ein Ende machte. Wir wissen, dafs die Por- tugiesen jährlich von Nangasaki zur Zeit, als noch freier Verkehr herrschte, die enorme Summe von 300 Tonnen Goldes ausführten, und dafs im Jahre 1636 _ vier portugiesische Schiffe nicht weniger als 2,300,000 Taels nach Macao brach- ten. Wir wissen gegenwärtig, dafs ein Gold-Kobang der Japanesen, an Werth gleich einem britischen Sovereign, in Nangasaki für eine Unze Silber oder ein wenig mehr als ein mexicanischer Dollar gekauft: werden kann. Wir wissen, dafs 368 Miscellen: man ein Stück Seide oder Krepp, was man in Shanghai nicht für 20 Dollars kauft, in Nangasaki für eine viel geringere Summe haben kann. Wir wissen, dafs das Klima von Japan den Anbau tropischer Gewächse nicht zuläfst und dafs die strengen Winter Bedürfnisse verursachen, welche nur durch die Erzeugnisse anderer Länder befriedigt werden können. Das Alles sind Bürgschaften für einen Handel der Zukunft; die Intelligenz, die Ausdauer und der Reichthum der Herr- scher und des japanesischen Volkes werden sicherlich das Uebrige thun. Seide, Kupfer, Gold, Thee und Papier, aufserdem Manufacturen, wie Porzellan, Bronze, lackirte Waaren u. s. f., die in Japan vorzüglich, werden, wie wir meinen, die Hauptausfuhr bilden. Reis ist in Ueberflufs vorhanden und von ausgezeichneter Art; die geringe Entfernung von Shanghai nach Japan mufs ihn zur Zeit des Mangels in Nord-China zu einem werthvollen Handelsartikel machen. Holz, Kohlen und Eisen sind gleichfalls reichlich, die beiden letztern zu geringen Prei- sen zu haben. Ohne mit den Geheimnissen des Seidenhandels vertraut zu sein, glauben wir doch, dafs der Ueberflufs an Seide in Japan schon im nächsten Jahre einen Einflufs auf unsere europäischen Märkte ausüben wird. Der japanische Thee hat einen schönen, gesunden, kräftigen Geschmack; er wird besonders den ärmeren Klassen in England zusagen. Ihre eigenen guten Theesorten ziehen die Japanesen den chinesischen vor und wir stimmen ihnen darin bei. Kupfer mufs sehr reichlich sein; während die Holländer das Handelsmonopol besalsen, hat es ihnen grofsen Vortheil gebracht; auch sieht man es überall und an allen Ge- räthen. Die Brückenpfeiler sind mit Kupfer beschlagen, der Rumpf ihrer Schiffe, das Schanddeck und der Vordersteven ihrer Boote, die Steigbügel an ihren Sät- teln, die Dächer ihrer Tempel, das Heft an ihren Degen — kurz fast Alles, was man bei ihnen sieht oder berührt, ist in irgend einer Weise mit Messing oder Kupfer versehen und meistens nicht sehr sparsam. Gold bekommt man nie zu sehen; das Gerücht sagt, dafs die grofse Goldgier der Europäer die Beherrscher von Japan bewogen hat, die grofsen Vorräthe von Gold, die unzweifelhaft vor- handen sind, verborgen zu halten. Wenn der Holländer Kämpfer die Wahrheit sagt — und es ist kein Grund, das zu bezweifeln, — so ist die oben erwähnte Nachricht über die bedeutende Goldausfuhr im Jahre 1636 richtig; auch bestätigt die Wohlfeilheit des japanischen Kobang und die Reinheit des Goldes dieser Münze das reichliche Vorhandensein dieses Metalls. — Wir vermögen nicht zu sagen, welche Waaren zunächst vorzugsweise eingeführt werden könnten; die Holländer wollten uns glauben machen, dafs ein officinelles Kraut gegen Würmer besonders von ihnen importirt würde. Indessen ist doch auch grofse Nachfrage nach Zucker und nach allen Erzeugnissen der Tropenländer. Wollenstoffe werden in Nord- Japan, doch auch schon in Yedo, für die reicheren Klassen eine grofse Wohlthat sein, und nach den glänzenden Mustern der Gewänder der Vornehmen zu urtheilen, müssen wir glauben, dafs Manchester-Baumwollenzeuge in lebhaften Farben sehr bald bei den Frauen, wenn nicht bei den Männern, günstige Aufnahme finden werden. Auch Maschinen und Waffen werden begehrt werden. ... Die Küsten von Japan können, so weit unsere Erfahrung reicht, nicht eben als von der Wit- terung begünstigt angesehen werden, dagegen sind sie reich an sicheren Häfen und Ankerplätzen. Ein anderer Begleiter des Lord Elgin bei dessen in diesem Jahre (1858) Yedo und Umgegend. 369 wiederholten Besuchen in Japan erzählt in einem Bericht über den Besuch im August d. J., den die Overland China Mail vom 11. September 1858, Vol. XIV, No, 170 als Privatbrief mittheilt, u. A. Folgendes: „Am 12, August ankerten wir 5 engl. Meilen vor Yedo; so nahe hatte noch nie ein fremdes Schiff Anker ge- - worfen: Amerikaner und Russen waren 15 Meilen entfernt geblieben. Hier trafen ‘wir ein von den Holländern geschenktes Räderdampfschiff, welches die National- flagge — weils mit einer rothen Kugel in der Mitte — aufgehifst hatte und einen weilsen Wimpel führte. Aufserdem lagen dort zwei von den Japanesen selbst gebaute, häfslich aufgetakelte Schiffe (Wachtschiffe). Die Boote, welche uns ent- gegenfuhren, trugen die kaiserliche Flagge, weils mit Kleeblättern in der Mitte ’). Während unseres Aufenthalts zu Yedo machten wir wiederholt Ausflüge in die Umgegend. Die Landschaft ist reizend und das Land sehr angebaut. Das Volk war sehr neugierig, aber nicht unhöflich. In der Nähe eines schönen Wasserfalles und Baches waren Thee und Erfrischungen zu haben. Junge Mädchen, die nichts weniger als häfslich, mit weilsen Zähnen und schwarzen gewölbten Augenbrauen, bedienten uns. ... Bei einem Gastmahl wurde ein starker schäumender Thee herumgereicht. Ein Theelöffel voll pulverisirten Thee von einer feinen Sorte wurde in einen schäumenden Trank hineingethan; aber er war zu stark, um angenehm zu sein. Die Diener, welche auftrugen, führten jeder ein Schwert; sie verbeug- ten sich tief vor uns jedesmal, wenn sie uns etwas vorsetzten, und legten, wenn sie wieder fortgingen, ihre flache Hand auf den Oberschenkel. ... Unter den Geschenken, welche uns gemacht wurden, befanden sich auch einige Stück Seide, welche nur von den vornehmen Japanesen getragen wird und die von den in der Verbannung lebenden Angesehenen verfertigt werden soll. Der Stoff war jedoch nicht besser und schöner als chinesische Seide, Die gewandten und zierlichen Manieren der japanesischen Beamten sprachen, im Vergleich mit dem eingebilde- ten Benehmen der Chinesen, sehr zu ihren Gunsten. ... Die Bevölkerung von Yedo soll 2 Millionen betragen; die Strafsen der Stadt sind breit und das Volk wird durch zahlreiche Polizeimannschaften und Soldaten in Ordnung gehalten. Die holländische Sprache wird von manchen Japanesen fliefsend gesprochen. B, Neuere Literatur. Die Expedition in die Seen von China, Japan und Ochotsk unter Commando von Commodore C. Ringgold und Commodore J. Rodgers, im Auftrage der Regierung der Vereinigten Staaten unternommen in den Jahren 1853 bis 1856. Von Wilhelm Heine. Erster Band. Leipzig, bei H. Coste- noble, 1858. Einen kurzen Abrifs von deräffhätigkeit der Expedition, über welche das - vorliegende Werk handelt, haben wir den Lesern der Zeitschrift bei der Bespre- !) Auf unseren Flaggenkarten pflegt die Flagge von Japan scharlachroth abge- bildet zu sein, in der Mitte mit zwei gekreuzten weilsen Schwertern, zur Linken der- selben ein Halbmond. B. Zeitschr. f. allg. Erdk. Neue Folge. Bd. V. 24 370 Neuere Literatur: chung des Werkes von Lieut. Habersham gegeben '), welches die erste literari-" sche Frucht dieser Expedition war. Habersham war Offizier auf dem Schrauben- dampfer Hancock, einem Schiffe des zuerst von Ringgold, dann von Rodgers be- fehligten Geschwaders, und seine Schrift bezieht sich demgemäls fast ausschliefslich auf die von diesem Schiffe besuchten Küsten. ‘Eine vollständige Uebersicht der Thätigkeit des ganzen . Geschwaders verspricht das oben angeführte Werk W. Heine’s zu liefern, dessen Thätigkeit wir es zu danken haben, dafs die deutsche Literatur noch vor dem Erscheinen der Originalberiehte durch eine auf authenti- schem Material beruhende Sehilderung einer wichtigen wissenschaftlichen For- schungsreise bereichert wird. Heine selbst befand sich zwar nicht auf einem der von Rodgers befehligten Schiffe, sondern auf dem Geschwader Perry’s, dessen Unternehmungen in den östlichen Meeren zum Theil in dieselbe Zeit fallen wie Commodore Rodger’s Fahrten; aber mehrere auf dem Geschwader des letzteren geführte Tagebücher, von denen bisher nur das des Lieut. Habersham publieirt war, und zahlreiche amtliche Berichte sind ihm zur Benutzung mitgetheilt worden, und wir können uns für dieselben keinen geeigneteren Dolmetscher wünschen, als unsern mit Land und Leuten bekannten Landsmann. Da nun Heine auch eine Anzahl wissenschaftlicher Berichte, welche von Offizieren des Perry’schen Ge- schwaders eingereicht sind, theils in sein Werk verwoben, theils vollständig dem- selben beigegeben hat, so verspricht dieses eine Gesammtübersicht aller während der letzten Jahre in den östlichen Gewässern von den Amerikanern ausgeführten Forschungen zu werden ?), und dient dem früheren Werke desselben. Verfassers, seiner Reise nach Japan, theils als Ergänzung, theils als Fortsetzung, wie es denn 2. B. auch einen Bericht über die Verhandlungen enthält, die bei der Auswech- selung der Ratificationen des Vertrages von Kanagawa zwischen den Amerikanern und Japanesen stattfanden. Der vorliegende erste. Band beruht in seinem historischen Theile hauptsäch- lich auf dem Tagebuch des Lieut. Habersham, und sein Inhalt ist demnach den Lesern der von diesem Offizier verfafsten North Pacific Surveying and Exploring Expedition grofsentheils bekannt. Hierher gehören die Bemerkungen über Batavia und Singapoore, über die Strafsen von Gaspar, über Futschau-fu und Shanghai, über die Küsten des Golfs von Petschili und der Insel Formosa. Für diejenigen Reisen, bei welchen der Dampfer Hancock nicht betheiligt war, hat das Tagebuch des Naturforschers Stimpson, der sich namentlich mit Untersuchungen der Meeres- Fauna beschäftigt hat, die Grundlage der Darstellung gebildet; bei Schilderung der Fahrt vom Cap nach Sidney sind aus Briefen des Lieut. Brooke — dessel- ben, dem der Apparat zu Sondirungen in bedeutenden Meerestiefen wesentliche Verbesserungen ‘verdankt — interessante Auszüge mitgetheilt. Das Flaggenschiff Vineennes, auf welchem sich Stimpson befand, ging vom Cap nach Sidney, von hier nach den Bonin- und Liutschiu-Inseln, nach Kiusin und Oosima, und auf diese Punkte beziehen sich Stimpson’s Bemerkungen, die W. Heine hier zum erstenmal publicirt. I) N. F., Ba. III, S. 167 fi. 2) Auch über das furchtbare Erdbeben in Simoda, am 23. December 1854, durch welches die russische Fregatte Diana seeuntüchtig wurde, theilt Heine einen Bericht mit, den er von einem Offizier dieses Schiffes erhalten hat. Populäre Schriften über die Nordpolarländer. 371 Einen 'besonderen Werth erhält der erste Band durch die wissenschaftliehen Beilagen, ‚die etwa die Hälfte desselben bilden. Sie beziehen sich hauptsächlich auf die Verhältnisse des Ackerbaw’s auf Madeira, anı Cap, auf Mauritius und Ceylon, bei Singapore, in China, auf den Liutschiu-Inseln und in Japan, und sind theils von Heine selbst, theils in amtlichem Auftrage von Green und Morrow verfalst. Daran schliefsen sich andere amtliche Berichte aus der Zeit-der Expe- dition Perry’s, darunter namentlich Abbot’s Bericht über die Bonin-Inseln, Tay- lor’s und Fah’s Bericht über die Peel-Insel, von denen der erstere auch in dem Werke von Hawks über Commodore Perry’s Expedition verwerthet ist, und zwei Berichte Dr. Green’s über ‘die klimatische Beschaffenheit der Liutschiu-Inseln und Japan’s in medizinischer Hinsicht. Dem letztern. sind Thermometer- und Baro- meter-Beobachtungen, die vom Februar bis Juni 1854 in den Häfen Simoda und Hakodadi von Dr. Maxwell angestellt wurden, hinzugefügt. Was die Darstellung betrifft, so zeichnet sie sich durch dieselbe Lebendig- keit und kernige Kürze aus, welche dem letzten Werke des Verfassers, seiner „Reise um die Welt nach Japan“, so viel Freunde verschafft haben. Auch hin- sichtlich der eleganten Ausstattung reiht sich‘ das neue Werk dem alten auf eine würdige Weise an. Dem ersten Bande sind zahlreiche Abbildungen, namentlich von chinesischen Bewässerungsrädern und Ackergeräthschaften, und eine grofse „Karte der Küste von China und der japanischen Inseln, nebst den Marianen und einem Theile der Philippinen, auf Befehl des Commodore M. €. Perry nach den neuesten‘ Nachforschungen und Berichtigungen der U. S. Japan Expedition zu- sammengestellt von den Lients. W. L. Maury und 8, Bent U. S. N.“ in zwei Blättern beigegeben. _n Populäre Schriften über die Nordpolarländer. Arktische Fahrten und Entdeckungen der zweiten Grinnell-Expedition zur Aufsuchung Sir John Franklins in den Jahren 1853, 1854 und 1855 unter Dr. Elisha Kent Kane. Zweite vermehrte Auflage, mit 120 in den Text gedruckten Abbildungen, 8 Tondrucktafeln und einer Karte der. nordame- rikanischen Polarländer. Leipzig 1859, bei O. Spamer. Dieses Buch bildet den ersten Band einer „Neuen. illustrirten Bibliothek der Länder- und Völkerkunde“, welche es sich ‘zur Aufgabe. stellt, als Pendant zu dem in demselben Verlage erschienenen „Vaterlandsbuche“ die Kenntnifs des Aus- | landes durch populäre Bearbeitungen ausgezeichneter Reisebeschreibungen zu be- fördern. Um den Zweck der Expeditionen, denen wir unsere Kenntnifs des hohen Nordens verdanken, in’s Licht zu stellen, liefert der. Herausgeber zunächst einen historischen Abrifs der nordischen Entdeckungsreisen und in einem speciellen Abschnitt einen Bericht über die Fahrt Mae Clure’s, und schliefst daran, um den Leser vollständig auf den Schauplatz der Unternehmungen Kane’s- zu versetzen, ein umfassenderes Gemälde der Nordpolarländer, in welchem die klimatischen und _ optischen Erscheinungen, das Eis in seinen verschiedenen Gestaltungen; die dürf- tige Vegetation, das Thierleben, endlich der Mensch und seine ‚Lebensweise, in einer zuweilen nachlässigen Ausdrucksweise, aber im Allgemeinen praktisch und 372 Neuere Literatur: überall lebendig dargestellt werden. Die Biographie Kane’s, die bei den unge- wöhnlichen Schicksalen dieses Mannes bekanntlich wunderbarer als ein Roman ist, leitet unmittelbar zu der aus der Feder des Dr. Kiesewetter geflossenen Be- arbeitung der Reisebeschreibung hinüber, die ohne erhebliche Abkürzungen das Werk des Dr. Kane in lebendiger Sprache und mit anerkennenswerthem Geschick reprodueirt. Allen denen, welche der englischen Sprache nicht mächtig sind, kann diese Bearbeitung bestens empfohlen werden; durch die Beigabe der erläu- ternden allgemeinen Einleitung eignet sie sich auch namentlich für Schulbiblio- theken, da das mächtige Interesse, welches die Unternehmungen Kane’s erregen, vorzugsweise geeignet ist, die Neigung zu geographischer Lecture anzufachen, und die Schilderung so ganz fremdartiger Naturerscheinungen die Vorstellungs- fähigkeit und Auffassungsgabe am Wirksamsten übt. Unter den Illustrationen befinden sich viele, die ihrem Zweck, zu erläutern, wirklich entsprechen, wie na- mentlich die Abbildungen aus der nordischen Pflanzen- und Thierwelt; im All- gemeinen aber wäre eine sorgsamere Auswahl wünschenswerth; solchen Aufgaben wie „ein Wintertag“ oder „eine Sommernacht am Pol“ u. dgl. ist die Holzschneide- kunst nicht gewachsen, sie kann hier der Phantasie nicht einmal eine Nachhilfe gewähren. Die Polarwelt, ihre Erscheinungen und Wunder. Von Dr. Karl Müller. Sondershausen 1858, bei G. Neuse. Eine flüchtige, planlose und auch im Einzelnen confuse Arbeit, voll von Irr- thümern und Mifsverständnissen, von der wir nichts Günstigeres zu sagen wissen, als dafs der vierte Abschnitt über das Thier- und Pflanzenleben der Polarwelt relativ der erträglichste ist. Sie stützt sich vorzugsweise auf Scoresby und auf des alten Ellis’ Voyage to Hudson’s Bay. Schliefst man nach der Einleitung über „die Nordwest-Durchfahrt“, in welcher M‘Clure gar nicht erwähnt wird, so mufs man meinen, dafs der Verf. sich über die neueren Reisen erst dann unter- richtet hat, als er die letzten Capitel seines Buches schrieb, ohne dafs er sich dadurch veranlafst fühlte, das Vorhergegangene durchzucorrigiren. Selbst der Druck ist nachlässig; in den Häfen „Megen, Archangel, Onega, Rala“ auf S. 35 wird der Leserkreis, für den das Buch berechnet ist, schwerlich die Orte Mesen und Kola herauserkennen. In dem Abschnitt über die klimatischen und atmo- sphärischen Verhältnisse wird man oft daran erinnert, dafs der Verf. sich auf dem Titel als Redacteur der „Erheiterungen“ bezeichnet. Der hohe Norden im Natur- und Menschenleben, dargestellt von Dr. Georg Hartwig. Wiesbaden 1858, bei Kreidel und Niedner. Dieses Werk, von dem uns nur die erste Lieferung vorliegt, enthält eine Reihe gut geschriebener Skizzen, welche den Leser mit der Naturbeschaffenheit und den Bewohnern aller nordischen Circumpolarländer bekannt machen sollen. Ein einleitender Abschnitt über die Polarländer im Allgemeinen schildert die Na- tur der Tundra, zeichnet ihre Grenze gegen den Waldgürtel und verbreitet sich über die Baumarten des Nordens, die Grenze des Getreidebaues und die Fauna der Polarländer; der zweite Abschnitt beschäftigt sich, ebenfalls als Einleitung, mit den Erscheinungen im Polarmeer, wobei der Verf. unter Hinweisung auf seine Populäre Schriften über die Nordpolarländer. 373 frühere Schrift „Leben des Meeres“ über die Fauna schneller hinweggeht. Dar- auf wendet er sich zu den specielleren Schilderungen der einzelnen Polarländer, und beginnt mit Spitzbergen, um von hier ostwärts fortzuschreiten. Die vorlie- gende Lieferung enthält nun Skizzen von Spitzbergen (hauptsächlich nach Sco- resby und Beechey) mit einigen. Bemerkungen über die Bären-Insel und über Jan Mayen; von Nowaja-Semlja, wo über Paschtussow’s Küstenfahrten berichtet und aus v. Bär’s Untersuchungen manches Interessante mitgetheilt wird; von den Lappen, hauptsächlich nach den Berichten Hurton’s und Castren’s; endlich eine Skizze der Reisen dieses grofsen Sprachforschers nach Lappland (1838), zu den Samojeden der Mesen’schen Tundra und nach Obdorsk zu den Ostjaken (1842 und 1843), endlich seiner grofsen sibirischen Reise im Jahre 1845 und den fol- genden Jahren. Die folgenden Lieferungen sollen in derselben Weise die sibiri- sehen Völkerschaften, die nordamerikanischen Polarländer, einen Abrifs der Unter- nehmungen zur Entdeckung der nordwestlichen Durchfahrt, Island und seine Geschichte, die Faroer-Inseln und endlich den Norden Norwegens dem Leser vor- führen. Als eine der bessern populären Schriften verdient das von der Verlags- handlung gut ausgestattete Buch allen denen, die sich über die Reisen nach dem hohen Norden und über die Beschaffenheit der Circumpolarländer in Kürze und auf angenehme Weise unterrichten wollen, bestens empfohlen zu werden. —n. Sitzung der geographischen Gesellschaft zu Berlin vom 2. October 1858. Der Vorsitzende, Herr Prof. Ritter, eröffnete die Sitzung durch Ueberrei- chung der eingegangenen Geschenke: 1) Catälogo de las cartas, planos, vistas, estampas, instrucciones, derroteros y demas obras nauticas pertenecientes a la Direc- cion de Hidrografia. Madrid 1857. — 2) Alumbrado maritimo general, publicado por la Direccion de Hidrografia. Madrid 1856. — 3) Alumbrado maritimo de las costas de Espana en Europa y ultramar. Madrid 1858. — 4) Noticia de los fa- ros, fanales y luces de puerto de las costas de Espana en el Oceano y Mediterra- neo, islas adyacentes y posesiones en Africa y ultramar. Publicada por la Direc- cion de Hidrografia. Madrid 1856. — 5) Dasselbe. Madrid 1857. — 6) Cuaderno adicional de los faros y fanales establecidos y alterados durante el ano 1856, que publiea la Direecion de Hidrografia como apendice al Alumbrado maritimo general. Madrid 1857. — 7) Dasselbe. Madrid 1858. — 8) Nuevo tratado de la ley de las tormentas y vientos variables, escrito en ingles por W. Reid, y traducido por D. Juan Nepomuceno de Vizcarrondo. Cadiz 1853. — 9) Curso completo y tratado praetico de arquitectura naval, escrito en frances por M. M. Mazandier y Lombard, y vertido a castellano por D. Jose Barrera y Arino. Ferrol 1853. Zwei Exem- plare. — 10) Artilleria naval. Edicion publicada en 1855 por Sir Howard Dou- glas, traducida del ingle por D. Casto Mendez Nunez. Madrid 1857. — 11) Tratado de las maquinas de vapor, aplicadas a la propulsion de los buques. Por D. Jose de Carrauza y Echevarria. Madrid 1857. Dazu ein Atlas mit Abbil- dungen: — 12) The Northwest Passage, and the Plans for the Search of Sir John * 374 Sitzungsbericht Y Franklin. By John Brown. London 1858. — 13) Proceedings of the Royal: Geo- graphical Society of London. Vol. II, No. 3. 4. 5. — 14) Addrefs,of the Anni- versary Meeting of the Royal Geographical Society, 24th May 1858. By Sir BR. Murchisan. — 15) Bulletin de la societE de Geographie, redige par M. Alfred Maury et M. V. A. Malte- Brun. No.89—92. Paris 1858. — 16) Eight An- nual Report of the Board of Regent: of the Smithsonian Institution. : Washington 1854. — 17) Addrefs delivered before the N. Y. State Agricultural Society, by Edward Everett, at Buffalo, Oct. 9. 1757. Albany 1857. — 18) Transactions of the N. Y. State Agricultural Society, with an Abstract of the County Agricultural Societies. Vol. X VI. 1856. Albany 1856. — 19) Untersuchungen über das Erd- beben am 15. Januar 1858. Von J. F. Julius Schmidt. Mit 2 Karten. Wien 1858. — 20) Phipson, über die Phosphorescenz bei den Mineralien, Pflanzen und Thie- ren. Aus dem Französischen bearbeitet und mit den neuesten Erfahrungen be- reichert von Dr. Johannes Müller. Berlin 1858. — 21) Historisch- eomparative Geographie von Preufsen. Nach den Quellen, namentlich auch archivalischen, dar- gestellt von Dr. M. Toeppen. Mit einem Atlas in fünf Blättern. Gotha. 1858. — 22) Denkwürdigkeiten einer Reise nach dem Russischen Amerika, nach Mikrone- sien und durch Kamtschatka. Von F. H. v. Kittlitz. Zwei Bände. Gotha 1858. — 23) Reisen und Entdeckungen in. Nord- und Central- Afrika in den Jahren 1849 bis 1855, von Dr. Heinrich Barth. Vierter Band. Gotha 1858. — 24) Tage- ' buch einer Reise vom Mississippi nach den Küsten der Südsee. Von Balduin Möllhausen. Zweite Hälfte, mit 7 Illustrationen und einer Karte, Leipzig 1858. — 25) Tabellen und amtliche Nachrichten über den preufsischen Staat. Heraus- gegeben von dem statistischen Bureau zu Berlin. Ergebnisse der in den Jahren 1848 bis 1857 angestellten Beobächtungen des meteorologischen Instituts. Von H. W. Dove. Berlin 1858. — 26) Monatsschrift für deutsches Städte- und Ge- meindewesen. Herausgegeben von A. Piper. Jahrgang IV, Heft 9. Frankfurt a. d. 0. 1858. — 27) Notizblatt des Vereins für Erdkunde und verwandte Wissen- schaften zu Darmstadt und des mittelrheinischen geologischen Vereins. Heraus- gegeben von L. Ewald. Jahrgang I. No. 1—20. Darmstadt 1858. — 28) Mit- theilungen aus J. Perthes’ geographischer Anstalt. Heft 5—8. Gotha 1858. — 29) Zeitschrift für allgemeine Erdkunde. Neue Folge. Bd. V. Heft 2. Berlin 1858. — 30) Archiv für wissenschaftliche Kunde von Rufsland. Herausgegeben von A.Erman. Band XV. Heft 3 u.4. Berlin 1858. — 31) Preufsisches Handels- Archiv. Herausgegeben von v. Viebahn und Saint-Pierre. No. 23—39. Berlin 1858. — 32) Plan of the Town and Environs of Jerusalem, by ©. W. M. van de Velde. With Memoir by Dr. Titus. Tobler. Gotha 1858. — 33) Mapa topogra- ‚fico de la provincia de Oviedo, trazado por D. Guillermo Schulz. 1857. — 34) Mapa geologico de la provincia de Oviedo, trazado por D. Guillermo Schulz. 1857, — 35) Carta general del Oceano Atlantico setentrional, en cuatro hojas, consirwida y publicada por la Direceion dn Hidrografia. Madrid 1855. Blatt 1 u.4. — 36) Carta esferica del globo terraqueo, construida en la Direecion de Hidrografia. Ma- drid 1857. 4 Blätter. — 37) Carta esferica de una parte de la costa meridional- occidental de Inglaterra que comprende desde la punta de Otterton hasta la de Motte, inclusas las islas Seilly. Construida en la Dirececion de Hidrografia. Madrid 1856, _ — 38) Carta esferica de la costa oecidental de Imglaterra que comprende el canal der Berliner geographischen Gesellschaft. 375 de Bristol y embocadura del 8. Jorge. Construida en la Direceion de Hidrografia. Madrid 1856. — 39) Carta esferica de la parte meridional del mar del Norte, eonstruida en la Direccion de Hidrografia. Madrid 1856. — 40) Carta esferiea _ de una parte del canal de la Mancha. Madrid 1855. — 41) Carta esferica de una parte de la costa Norte de Francia, Madrid 1853. — 42) Carta esferica de una parte de canal de S. Jorge que comprende su embocadura del Norte. Madrid 1857. — 43) Plano de la desembocadura del rio Guadalquivir y del puerto de Sanlucar de Barrameda. Madrid 1853. — 44) Carta esferica de una parte de la eosta oecidental de Africa comprendida desde el cabo Espartel hasta Puerto Can- sado. Madrid 1857. — 45) Carta esferica de las islas Azores 6 Terceiras. Ma- drid 1853. — 46) Carta esferica de las islas Canarias y parte de la costa ocei- dental de Africa. Madrid 1853. — 47) Carta esferica de la isla de la Gran Ca- naria. Madrid 1853. — 48) Carta esferica de las islas de Palma, Gomera y Hierro en las Canarias. Madrid 1854. — 49) Carta esferica que comprende parte de las islas de S. Domingo, Jamaica, Cuba, Lucayas y Gran Banco de Bahama. Ma- _ drid 1856. — 50) Carta esferica de la isla de Jamaica y parte de la isla de Cuba. Madrid 1857. — 51) Carta esferica de la isla de 8. Domingo. Madrid 1856. — 52) Plano del puerto de la Habana. Madrid 1855. — 53) Carta esfe- _ riea de.los Archipielagos de Calamianes, Cuyo y Semerata y parte de las costas _ de Mindoro y Panay. Madrid 1856. Zwei Blätter. — 54) Carta esferica del estrecho Tloilo. Madrid 1858. — 55) Plano del puerto de Romblon. Madrid 1856. Die unter No. 28 aufgeführten „Mittheilungen aus J. Perthes’ geographischer Anstalt“ gaben Herm Prof. Wolfers Veranlassung, auf die in einem der Hefte enthaltene Karte'vom Mare erisium der Mondoberfläche aufmerksam zu machen, welche nach den Aufnahmen des Prof. Piazzi Smith diese Gegend bei Neumond, Vollmond und abnehmendem Mond darstellt und deutlich die Wirkungen der ver- e schiedenartigen Beleuchtung erkennen läfst. Herr Dr. Bruhns hielt einen Vortrag über Kometen und zeigte zunächst, wie das Gebiet, für welches das von Newton entdeckte Gesetz der: allgemeinen Schwere gilt, durch die Eutdeckung und Berechnung der periodischen Kometen erweitert worden ist. Zuerst fand Halley aus 20 Bahnen von Kometen, welche E er nach Newton’s Theorie berechnet hatte, den nach ihm benannten periodischen: Kometen von etwa 75 Jahren Umlaufszeit. Der Komet von 1770 hatte eine kurze Umlaufszeit nur vorübergehend durch Einwirkung des Jupiter erhalten. In die- ' sem: Jahrhundert. ist eine gröfsere Anzahl periodischer Kometen, und zwar von verhältnifsmäfsig kurzer Umlaufszeit, entdeckt und berechnet worden: der Encke- _ sche Komet von 1204 Tagen, der Biela’sche von 63 Jahren, welcher sich bei seiner Wiederkehr im Jahre 1845 in zwei getheilt zeigte; der von Faye mit 74 Jahren, der von Boorsen mit 53, der von D’arrest mit 64, der von Tuttle mit 13,6, der von Winnacke mit 5} Jahren Umlaufszeit. Ein von De Vico entdeck- ter Komet von kurzer Umlaufszeit nach der angestellten Berechnung ist bis jetzt noch nicht wieder gesehen worden. Unter den verschiedenen in der neuesten Zeit entdeckten Kometen erregt der gegenwärtig am Himmel glänzende besondere Aufmerksamkeit. Derselbe wurde am 2. Juni von Donati in Florenz entdeckt, _ und von diesem, von Villarceau und von Bruhns berechnet. Nach dem letztern _ wurde sogleich erwartet, dafs derselbe im September mit blofsem Auge sichtbar 73 376 Sitzungsbericht der Berliner geographischen Gesellschaft. sein werde. Aus den jetzt über drei Monate umfassenden Beobachtungen hat der Vortragende eine elliptische Bahn hergeleitet, deren wahrscheinlichste Umlaufszeit 2102 Jahre beträgt. Hiernach wird der Komet am 30. Sept. in seiner Sonnen- nähe gestanden haben, dagegen sich der Erde noch einige Zeit nähern. Theils aus diesem Grunde, theils weil nach früheren Erfahrungen die gröfseste Licht- entwickelung der Kometen, in Folge der Einwirkung der Sonne, erst nach dem Perihel eintritt, wird der Glanz noch einige Zeit zunehmen. Am 28. August hat der Vortragende den Kometen zuerst mit blofsem Auge als Stern sechster Gröfse gesehen, während er jetzt als ein Stern erster Gröfse erscheint. Sein Licht ist zurückgeworfen und polarisirt, letzteres nach angestellten Untersuchungen. Nach der Meinung des Vortragenden hat der Kern sich mehr und mehr mit der An- näherung zur Sonne verdichtet, der Schweif hingegen vergröfsert; letzterer war am 1. October 18° lang. Indem der Redner diejenigen Erscheinungen erwähnte, welche auch frühere Kometen bereits dargeboten haben, die vollständige Durch- sichtigkeit des Kernes und Schweifes, die fast gewisse Massenlosigkeit des letz- tern und die sehr geringe Masse des erstern, zeigte er an einem Modell den Lauf des Kometen, und gab an, wie lange derselbe für bewaffnete und unbewaff- nete Augen noch sichtbar sein werde. Herr Prof. Dove besprach mehrere zur Ansicht vorgelegte Werke, unter andern die Meteorological Papers der englischen Admiralität, deren letztes Heft die Entfernungen von Hafen zu Hafen, die kürzeste und die durchschnittliche Dauer der Fahrt tabellarisch zusammengestellt enthält, — den Report of the Bri- tish Association, in welchem sich meteorologische Beobachtungen vom Cap Bar- row befinden, — die Untersuchungen von Karl Fritsch über ‚den Einflufs der Temperatur auf die Entwickelung der Pflanzen, — die in Upsala angestellten meteorologischen Beobachtungen, aus denen hervorgeht, dafs wegen des benach- barten Meeres im Osten nicht der Nordost, sondern der Nordwestwind die nie- drigste Temperatur hervorbringt, — endlich die Untersuchungen, welche John Tyndall am mer de glace über das Fortrücken der Gletscher angestellt hat. Dann hielt der Redner einen Vortrag über die diesjährigen Ueberschwemmungen in Schlesien und am Harz, der im vorigen Hefte der Zeitschrift vollständig mitge- theilt ist. Herr Prof. Ritter machte Mittheilungen aus dem Bericht über eine Reise am Uruguay, welche der Königl. General-Consul für die La Plata- Staaten Herr v. Gülich, in Begleitung des Herzogs Wilhelm v. Mecklenburg, ausgeführt hat. Der Reisebericht ist in diesem Hefte der Zeitschrift abgedruckt. Ft . oNogqub Yen iirbno hat 71 e) N IE A Xadau yyfo i St Ser: 57ndnbuk 9... g f AMAR Pr Hedu h zU-dung c000 £ U N pen Sn BL: A / Yayo Man-tung 5 IE w "una de ZZ NE aapeyon Heleß 2 Ay: ofnd ; ad 5 x 7 ung) WARGRERF 3 Ss DIE BRITISCHE PEGU UXD DER SÜDLICHE THEIL VON BARMA der neuen Karte von Capt. H.YULE London 7857 Maysstah 7: 2.000,000 redurirt. PROVINZ nach In 1 [‘ Zum nach niirul Aufnahme von Lt Williams ı- Rennie u Heathcote 185. | a 97777720777 \ Zuneres vr. Barma Als Warte 1. Yayor Grant Alazı Beroland von Arakan, Aufnahme von Jule, NMafsstub 1: s000,000 22ER 3 RER, » : Pan. BEEREREEEIN" Höhen in Bartser Fuss Die Distrietshauptstudte sind unterstrichen ! N 4 | a un DEE Von dieser Zeitschrift erscheint jeden Monat ein Heft von 5—6 Bogen mit Karten und Abbildungen. Der Preis eines Bandes von 6 Heften, welche nicht getrennt abgegeben werden, ist 2 Thlr. 20 Sgr. We> Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Post- Anstalten. Durch alle Buchhandlungen ist zu erhalten: Tagebuch einer Reise vom Mississippi nach den Küsten der Südsee. Von Balduin Möllhausen. Eingeführt von Alexander von Humboldt. 2 Sr. Majeltät dem Könige von Preußen gewidmet. Mit 13 Illustrationen in Oelfarben- und Tondruck, 10 Holzschnitten und 1 Karte von Dr. Henry Lange. (65 Bogen in gr. 4. auf starkem Velinpapier. ) In engl. Einband mit Goldpressung Preis 18 Thlr. Nieht in trockener Tagebuchsform, sondern in frischer und anziehender Sprache schildert der Verf. in diesem splendid ausgestatteten Werke die grofs- artigen Erscheinungen in der Natur, die Sitten und Gebräuche noch wenig ge- kannter Indianerstämme des fernen Westens, unter denen er Monate lang gelebt; mit steigender Theilnahme folgt man den Erzählungen des Reisenden von den mancherlei Beschwerden und Abenteuern, von den wieder aufgefundenen Resten untergegangener Ortschaften und Völkerstämme, während auch die wissenschaft- liche Ausbeute dieses Werkes nach dem Urtheile der bedeutendsten Zeitschriften des In- und Auslandes gar viel des Neuen und Interessanten enthält. (Verlag von Hermann Mendelssohn in Leipzig.) Im Verlage von Georg Reimer in Berlin ift eben erfchienen und dur) alle Buchhandlungen zu beziehen: Statiftik des zollvereinten und nördlichen Deutfchlands. In Verbindung mit den Herren Berghauptmann von Dedhen, Prof. Dr. Dove, Afademifer Dr. Klosfeh und Prof. Dr. Nageburg, unter Benugung amtlicher Aufnahmen herausgegeben von - Dr. Georg von Biebahn, Geheimen Ober- Finanzrath. Erfter Theil: Landeskunde. ; T. Gebietöbeftand: Deutfhland im Allgemeinen; Entftehung, Berfaffung und Umfang des Zollvereins; Verbindungen der Stromufertanten; Drganifation der Einzelgebiere; Karten, Lage, Größen, Entfernungen, Grenzen. TI. Raturbefchaffenheit und Erzeugungstraft: DOberflähengeftalt, Stromfy: fieme; geognoftifche Befchaffenheit; nusbare Mineralien; Klima; Begeration; Thierwelt. Preis 4 Thle. 10 Sor. —— ——— Gedruckt bei A. W. Schade in Berlin, Grünstrafse 18. | SE f" Y TE r 2 ! 65. 66. & November u. December ZEITSCHRIFT FÜR B MIT UNTERSTÜTZUNG _ DER GESELLSCHAFT FÜR ERDKUNDE ZU BERLIN E UND UNTER BESONDERER MITWIRKUNG 3 N: von R IN BERLIN, x aDEBn IN DRESDEN UND J. E. WAPPÄUS IN GÖTTINGEN. HERAUSGEGEBEN voX Dr. K. NEUMANN. NEUE FOLGE, FÜNFTER BAND, FÜNFTES unp SECHSTES HEFT. | BERLIN. "VERLAG VON DIETRICH REIMER. 1858. ALLGEMEINE ERDKUNDE. I bw. DOVE, C. @. ‚EHRENBERG, H. KIEPERT uno C. RITTER Meer! Inhalt. k Seite XIV. Wanikoro und der Schiffbruch des La Perouse. Vom Director Mei- nicke in Prenzlau. . . . > ae { re 377 XV. Bericht über eine im Jahre 1857 ausgeführte Entdockungwidiee in die östlich vom Dshebel Haurän liegende Wüste, Von Cyril C. Grabam 7.7. HS ee lee in ne SEA LA XVIL A. C.Gregory’s Reise durch den Kae ubeien Cohenint im Jahre 1858. Nach Gregory’s amtlichem Bericht, vom Herausgeber . . 423 XVIL Der Rio Colorado des Westens. Von Balduin Möllhausen. . 438 XVII. Reise an die Quelle des Gilui und an den Flufs Seja im Sommer 1856. Von Ussolzew. Aus dem Russischen, vom Herausgeber . 444 Miscellen. Die Eisenbahnen Frankreichs . . . . ee Chör Barka und Chör el Gasch in Nubien EN alle AS 470 Nachrichten über die Resultate der Reise des Lieut. Uehee im BR Jahre 857 2a 0 eu une 2 ae Ueber tibetanische Gebetsteine. Von Robert Schlagintweit . . 472 Der Taihu oder grofse See. Von Dr. Biernatzki . . ee A Die central-australische Depression. Von Dr. Palacky in ng. 478. 4 Unterirdische Höhlen in Süd-Austraien . . 2 2... 2. Ba Ye he Neue südaustralische Entdeckungsreisen. . . en © Ueber die Temperatur von Point Barrow. Von H. w. Dora RT. cr) Zur Bevölkerungs-Statistik der Staaten Central- Amerikas . . . . 486 Die Häfen Rosario und Gualeguaycu . « » = x 2 2 2 20... 49 Neuere Literatur. Description du Departement du Bas-Rhin. Tom. I. Strasböurg 1858. 497 Der Suezkanal. Von Fr. Szarvady. Leipzig 1859... . . . - .. 500 5 Sitzung der a Gesellschaft zu Berlin vom 6. Novbr. 1858 . 902 - - = = =...» 4, Dechr. 1858 . 503 Uebersicht der vom Juli bis zum December 1858 auf dem Gebiete der 2 Geographie erschienenen Werke, Aufsätze, Karten und Pläne. Von Wi Koneor 5 un. a Dealer Ya ae Ba oe Ve Karte. Taf. VI. Der untere Stromlauf des Paranä ans; Uruguay im Gebiete der Argentinischen Republik, nach der Aufnahme des Lieut. Page, Commandeur des nordamericanischen Kriegsschiffes Waterwitch. E 4 x 2 % R) i k' E & * E XIV. "Wanikoro und der Schiffbruch des La Perouse. Vom Direetor Meinicke in Prenzlau. Die kleine im innersten Theile des Stillen Oceans gelegene Insel- gruppe, welche nicht blofs die Europäer, sondern auch die Bewohner der umliegenden Inseln mit dem Namen Wanikoro bezeichnen '), ist für uns bis jetzt nur dadurch interessant geworden, dafs sie der Schau- platz des Unterganges eines durch edlen Sinn und Liebenswürdigkeit, wie durch den auf seine nautischen und wissenschaftlichen Forschungen ‚gewandten Eifer bekannten Seemannes, des Franzosen la Perouse, geworden ist. = Sie besteht wesentlich aus zwei nahe bei einander liegenden In- seln, denn die übrigen kleinen in ihrer Nähe sind meist nichts als die ‚erhöhten, mit Korallensand oder Erde bedeckten Theile der Riffe. Das ‚ihr zunächst im Nordwesten gelegene Land ist die der Gruppe der Königin Charlotte-Inseln ?) angehörige Insel Tupua, deren Berg- S pitzen von den Küsten von Wanikoro aus sichtbar sind; daher wird von den Geographen auch Wanikoro gewöhnlich zu dieser Inselgruppe gezogen. Im Osten ist Tikopia die nächste Insel, von der Wanikoro 40 Seemeilen ?) entfernt liegt; nicht geringer wird die Entfernung Taumako’s sein, das gerade im Norden liegt *). Im Süden endlich ?) Die Schreibart schwankt nach dialektischen Verschiedenheiten der Aussprache. Taumako hörte Quiros Mannikollo, die Tikopier sprechen Malikolo, auf der Insel st lautet der erste Buchstabe häufiger w als m, die zweite Silbe bald kolo, bald koro. Wanikoro ist von d’Urville angenommen. 2) Burney’s Vermuthung, dafs diese Inselgruppe von Mendanha 1595 den Na- nen Santa Cruz erhalten hätte, ist unerweisbar und folgt aus Quiros’ Worten: „la sla grande de S. Cruz“ gar nicht. Er hat blofs die Insel, welche bei den Einge: renen wahrscheinlich Indengi heilst, S. Cruz benannt. 3) Zwanzig auf den Grad. 0%) Es ist kaum zu bezweifeln, dafs diese durch Quiros so bekannt gewordene l die Gruppe ist, welche Wilson 1797 und Simpson im Nautilus 1801 sahen, 2a* 378 Meinicke: ist die Gruppe, welche gewöhnlich mit dem Namen der Banks-In- seln bezeichnet und dem grolsen Archipel der neuen Hebriden zuge- rechnet wird, nicht viel weiter entfernt, so dafs also Wanikoro das natürliche Verbindungsglied zwischen den Charlotte-Inseln, den neuen Hebriden und den äulsersten, in diesem Theile des Oceans von hell- farbigen Stämmen bewohnten Inseln (Tikopia, Taumako u. s. w.) bildet. Sie erstreckt sich (nach Tromelin) zwischen 11° 39’ und 11° 44’ S. Br. und 166° 44’ und 166° 52’ O.L. von Greenwich, zu welcher Angabe die Beobachtung der Höhe von d’Urville’s Observatorium in der Bay- leybai, 11° 40’ 24” Breite und 166° 52’ Länge, sehr gut palst. Der Umfang der grofsen Insel beträgt 10 bis 12 Seemeilen, der der klei- neren höchstens drei. Der Name Wanikoro, mit dem diese Gruppe gewöhnlich be- zeichnet wird, scheint nicht unter den Einwohnern selbst gebraucht zu werden, sondern ihr erst von den benachbarten Stämmen gegeben zu sein, unter denen er allgemein bekannt ist; er kommt nach d’Urville eigentlich einem Dorfe auf der kleineren der beiden Inseln zu, von dem er auf das Ganze übertragen ist. Die Einwohner haben keinen allgemeinen Namen für ihre Heimath, sonders brauchen für die ein- zelnen Theile die Namen der Distriete, in welche sie zerfällt '). Da- her hat Dillon der gröfseren Insel den Namen la P&rouse, d’Urville den von d’Entrecasteaux dem Ganzen beigelegten Namen Isle de la recherche gegeben. Die kleinere, welche nahe bei der andern in einer grolsen Einbiegung der Nordostküste liegt, und von ihr an der Südspitze nur durch eine schmale Strafse getrennt ist, hat von Dillon den Namen Combermere erhalten ?), einen Namen, den d’Urville unnöthiger Weise in Tewai geändert hat °). und die auf den Karten gewöhnlich Duff heifst. Wie Dumont d’Urville ( Voyaye de decowvertes autour du monde et ü la recherche de la Perouse 5, 133) sie für die Insel Kennedy hat halten können, die 1° 30’ nördlicher liegt, ist unbegreiflich. !) Nach Dillon (Narrative and Succe/sfull Result of a Voyage in the Southseas 2, 267) soll Wanikoro bei ihnen blofs die Ostseite bezeichnen, die Westseite nennen sie Wanu. Dagegen hörte d’Urville Combermere Wanikoro nennen (nach dem darauf liegenden Dorfe gleichen Namens), von anderen Einwohnern aber Taneanu, womit aber wahrscheinlich nur ein Distriet bezeichnet wird (d’Urville 5, 156, 190; Gaimard ebend. 342). 2) Man sehe Dillon 2, 149. Aber auf der Karte, die seinem Buche beigegeben ist, wird durch eine Verwechselung die kleinere der beiden Inseln Lord Amherst, diejenige, der er diesen letzten Namen beigelegt hat (das Nanunga der Eingeborenen), dagegen Combermere genannt, ein Irrthum, der aus dieser Karte in Krusenstern’s Werk übergegangen ist. ; 3) Es zeigt sich bei d’Urville das sichtliche Bestreben, die von Dillon (auf den der französische Schriftsteller mit übel angebrachter Geringschätzung herabsieht) ge- gebenen Namen zu beseitigen, ein Bestreben, das nur kümmerlich dadurch verdeckt wird, dafs die neuen Namen allerdings von den Eingeborenen entlehnt sind, ohne Wanikoro und der Schiffbruch des la Perouse. 379 Die Küsten von Wanikoro sind überall von grofsen und gefähr- lichen Riffen eingefalst, das Land dadurch überaus schwer zugänglich und gegen das Meer abgeschlossen. Denn nicht blofs dafs der un- mittelbare Strand bis auf einige sehr seltene Stellen von Korallenriffen begrenzt ist, die sich einige hundert bis einige tausend Fuls tief in das Meer ausdehnen und, abwechselnd trocken und bedeckt, die- Landung in kleinen Booten fast durchweg beschwerlich und gefährlich machen, es liegt aufserdem in einer Entfernung von fast einer Seemeile vom Lande ein grofses Barrierriff (Dillon hat ihm den Namen nach la Pe- rouse gegeben), das die Insel ganz und gar vom Ocean scheidet und nur auf einer Seite im Osten 3 Seemeilen lang unterbrochen ist. Dies Riff, das aus compacten Korallenfelsen besteht, wird zwischen halber Ebbe und halber Fluth gröfsestentheils entblöfst und zeigt dann nackte schwärzliche Felsen von verschiedener Grölfse; bei der Fluth ist es gewöhnlich 4 Fufs, an einzelnen Stellen noch tiefer mit Wasser be- deckt, und nur einzelne kleine Flecke hier und da bleiben jederzeit trocken, kleine Riff-Inseln von dem bekannten Charakter bildend. Canäle durchschneiden das Riff nur an der südlichen und südwestlichen Seite, wie wir durch Dillon’s genauere Untersuchung desselben auf sei- nen in den Booten ausgeführten Expeditionen erfahren, durch sie füh- ren gefährliche, für Schiffe von mittler Gröfse fahrbare Pässe in den zwischen dem Riff und der Küste liegenden Meerestheil, der eine durch- schnittliche Tiefe von 30 bis 40 Faden hat, allein auch eine Menge von bedeckten Korallenblöcken enthält; die Insel mülste viel mehr An- ziehendes für den Seefahrer haben, um ihn zu bewegen, die schwer zu- gänglichen und gefährlichen Ankerplätze aufzusuchen, welche dieses Küstenmeer enthält. Wie es bei allen Barrierriffen der Fall ist, sticht das glatte stille Wasser, welches es umschliefst, auffallend gegen die stürmische, tobende Brandung des Oceans an der Aufsenseite des Riffs ab. Nur an der Ostküste der Insel vor dem Eingange in die Bayley- Bai in dem Raum zwischen dem Ostcap von Combermere, Cap Bright- man (Pointe de la Bayonnaise), bis zum ÖOstcap der grofsen Insel, Cap Wilson (Pointe de l’Astrolabe), fehlt das Barrierriff ganz; in dieser Strecke gehen die Wellen des offenen Meeres ohne Hindernifs bis an das Küstenriff. Gegenüber Cap Wilson beginnt die Riffkette mit einer breiten, mit einzelnen Korallenfelsen besetzten Spitze, die darum minder willkürlich von dem französischen Seefahrer den Oertlichkeiten beige- legt zu sein. So ist z. B. Tewai nur der Name eines Dorfes auf Combermere und von den Eingeborenen für die Insel nicht gebraucht. Im Folgenden sind die von d’Urville gegebenen Namen stets den Dillon’schen, denen ein Vorrecht gebührt, so ‚lange noch kein einheimischer bekannt ist, in Parenthese beigefügt. 380 Meinicke: Dillon Cap Milner nannte; zwischen ihm und Cap Wilson, an dem die Südostküste der Insel beginnt, führt ein breiter Canal, der Trou- wer-Pafs, in den Anfang des Küstenmeeres, das hier den schönen, leicht zugänglichen und verhältnifsmäfsig sicheren Hafen Kyd bildet, der wahrscheinlich von allen Häfen Wanikoro’s die besten und bequem- sten Ankerplätze darbietet, aber blofs bei Westwinden eine leichte Aus- fahrt gestattet. Er endet bei einer grolsen Zahl bedeutender Korallen- bänke, die vor der Bai Trotter (Nimbe) liegen und bis an das Bar- rierriff reichen, auf dem hier einige kleine sandige Inselchen zerstreut sind; die Eingeborenen nennen die östlichen derselben Nunga, die westlicheren Makalumu. Etwas westlicher ist der erste der fünf Riff- Canäle, der Deanes-Pafs, der grofsen Schiffen einen Zugang ge- währt, und durch den man das an der Küste ihm gegenüber am Fufse eines steil aufsteigenden Berges liegende Dorf Tanema erreicht. Das Küstenmeer an der Südküste enthält westlich von Tanema besonders viele Korallenflecke und ist daher gefährlicher zu befahren als an der Südostküste; dies ist um so mehr zu bedauern, da hier in nicht ganz einer Seemeile Entfernung von Tanema eine der schönsten Baien der Insel liegt, die Bai Swinton (Saboe), deren Eingang die beiden Spiz- zen, das Cap Carls des Zehnten im Osten und das Cap Sergeant (Baure) im Westen, bilden, und die eine Seemeile lang in das Land gegen Nordnordosten eindringt, 20 bis 30 Faden, schlammigen Grund, keine Riffe oder andere Gefahren hat und allenthalben von Land um- schlossen ist. Von Cap Sergeant geht die Küste nach Westen, sie wendet sich bald etwas mehr gegen Nord, zuletzt ganz gegen Nordwesten bis an das Cap Palmer (Neschu). An ihr liegt nicht fern von der Swinton- Bai eine offene Bai, eingeschlossen von Cap Payu im Osten und Cap Molony (Ischau) im Westen, in deren Grunde in einer weiten, dicht bewaldeten Ebene das Dorf Payu an einer Stelle liegt, wo ausnahms- weise einmal das Küstenriff fehlt und die Landung leicht und be- quem ist. Den ganzen Raum des Küstenmeeres zwischen dem Riff und der Swinton -Bai hat Dillon den Chabrol-Hafen genannt; in ihn führen vier Strafsen durch das hier mit einzelnen schwarzen Felsen besetzte Barrierriff. Die ersten derselben gerade südlich von der Payu-Bai sind zwei nahe bei einander liegende Pässe, der Savage- und der Adams- Pals, die keine Gefahr zu bieten und auch hinreichende Breite zu haben scheinen; westlich von dem letzten bezeichnen einige hohe Fel- sen an einer Einbiegung des Riffs den Platz, wo la Perouse’s eines Schiff den Untergang fand. Etwas westlicher ist der Muston-Pals, der eine geringere Breite als die früheren hat; noch westlicher liegt Wanikoro und der Schiffbruch des la Perouse. 381 der letzte, der Cunliffs-Pals '), der sehr schmal und dazu viel län- ger und gewundener als die übrigen ist. Von ihm aus wendet sich das Barrierriff, das bisher der Südwest- küste der Insel parallel nach Nordwesten ging, plötzlich auf eine kurze Strecke gegen Südwesten bis zu einer Art scharfen Spitze, die Dillon Point Dockings nannte, dann geht es, der West- und Nordküste der Insel folgend, erst nach Nord, später nach Nordost und Ost bis zum Eingang in die Lushington -Bai. Es ist in dieser ganzen Strecke un- unterbrochen und gewährt Schiffen keinen Eingang in das Küstenmeer, dem Dillon an der Westküste der Insel den Namen Bentincks-Hafen gab, und das hier eine geringere Breite hat, als an der Süd- und Süd- Westküste; dieser Theil des Riffs ist auch viel gefährlicher als im süd- lichen Theile, da es meist selbst bei der Ebbe noch 12 Fufs hoch mit Wasser bedeckt ist und, weil es durch das Land vor den Passatwinden geschützt ist, selten Brandungen zeigt. Gegen sein Ende liegt auf ihm im Norden des Cap Harrington die Insel Nanunga (Dillon’s Am- herst) ?), die gröfseste aller Riff-Inseln, ein flaches, mit Bäumen be- decktes Inselchen von 3000 bis 4000 Fufs im Umfange; an ihrer Ost- seite ist das Riff durch Strafsen unterbrochen, die aber nur Booten den Eingang in den dahinter liegenden östlichsten Theil des Küstenmeeres (Dillon’s Hafen Archer) gestatten, in welchem auf einer Bank eine kleine, Bunga benannte Insel liegt *). Oestlicher endet das Riff mit einer breiten Spitze (Dillon’s Point Colly) an den zur Lushington- Bai führenden Pässen, an deren anderer Seite es mit dem Point Sep- pings wieder beginnt und ganz in derselben Art, wie früher längs der Nord- und Ostküste von Combermere entlang zieht, bis es dem Cap Brightman gegenüber plötzlich dem Lande sich zuwendet und sich mit ‚dem Küstenriff verbindet. Von Cap Palmer, das die Eingeborenen Neschu nennen, und in dessen Nähe das Dorf Nama (oder Ngama) liegt, geht die Küste nach Nordosten bis zur Nordostspitze der Insel, Cap Wanu, das sei- nen Namen von dem nahe dabei liegenden Dorfe erhalten hat *). Hier beginnt die nördliche Küste, an der sich zuerst die Bai Raule und - weiterhin das Cap Harrington (Kayamu), das nördlichste der Insel, - findet; sie endet mit dem Cap Hayes (Mambili), an dem die Bai Lushington beginnt. Wie schon früher gesagt, liegt die kleinere Insel Combermere in 4 SS E EERBERE ") Auf Dillon’s Karte heifst er Guilliffe. 2) S. oben $. 378 Anm. 2. 3) Man vergleiche d’Urville 5, 220. *) Dillon nennt es auch Murdererspoint, nach der angeblich dort vorgefallenen Ermordung von Gefährten la Perouse’s, die sich aber in Wanu nicht zugetragen hat. 382 Meinicke: einer Einbiegung der Nordostküste der grofsen Insel und ist an ihrer Südspitze, Cap Bryant, von dem gegenüber auf Wanikoro liegenden Cap Chester nur durch eine schmale Strafse getrennt, welche Dillon- Pals (Passe de l’est) heifst. Dadurch entstehen zwischen beiden In- seln zwei Baien, welche die bis jetzt besuchtesten und die bekanntesten Theile von Wanikoro sind, die westliche die Lushington-Bai (Ma- newai) auf der Westseite von Combermere, die sich nach Norden wen- det, die östliche die gegen Osten offene Bayley-Bai (Tewai)_im Südosten von Combermere. Lushington-Bai ist eine etwa zwei Seemeilen gegen Süden sich ausdehnende Bucht, die an der Mündung fast eine Seemeile Breite hat. Im Grunde derselben liegt die kleine, mäfsig hohe Insel Manewai (Dillon’s Direction), und der Theil der Bai um dieselbe ist fast ganz ohne Korallenriffe, aulser an den damit eingefalsten Küsten, hinreichend tief, mit sicherem Grunde (weicher Schlamm) und ganz von Land um- geben und geschützt. Hier lag Dillon nordöstlich von der Insel vor Anker; noch geschützter ist der Ankerplatz zwischen ihr und der grolsen Insel (d’Urville’s Hafen Mangadai), an dem auf einer trocke- nen, mit Bäumen besetzten Stelle des Küstenriffs das von d’Urville zum Andenken an la Perouse errichtete Denkmal steht. So würde die Bai einen vorzüglichen Hafen bilden, wenn nicht, weil sie so sehr von Land umgeben ist, ihre Küsten noch ungesunder als das übrige Wani- koro wären, und wenn sie nicht durch so aufserordentlich gefährliche Canäle mit dem Ocean in Verbindung stände. Der Hauptpals, Hayes- Pafs (Passe du nord) führt von Norden her zwischen den Barrier- riffen, welehe die Noräküste der grofsen Insel und Combermere ein- schliefsen; er ist gegen das Meer hin breit und sicher, dann aber nähern sich die Riffe, und im engsten Theile liegen mehrere kleine bedeckte Bänke, welche die Fahrt sehr erschweren, obschon die Tiefe überall genügend ist. Der andere Pals, Dillon-Pafs, führt zwischen der grofsen Insel und der Südspitze von Combermere (Cap Bryant) aus dem Grunde der Lushington- in die Bayley-Bai und ist so gefährlich, dafs nur die Unmöglichkeit, gegen den Ostpassat aus der Bayley-Bai durch den Birch-Pafs auszulaufen, Dillon und d’Urville bewogen hat, ihn mit ihren Schiffen zu passiren. Er ist zwischen den Küstenriffen beider Inseln 600 Fufs breit und hat in der Mitte noch eine mit eini- gen Fufs Wasser bedeckte Korallenbank, welche zwei Canäle von drei bis vier Faden Tiefe bildet, von denen der südliche nur 60, der nörd- liche, einzig brauchbare, 90 Fufs breit ist. Die Bayley-Bai, in welche der Dillon-Pafs führt, steht der Lushington-Bai an Werth weit nach. Sie ist gegen Osten offen und von geringerer Gröfse, dabei in hohem Mafse angefüllt mit grofsen % Wanikoro und der Schiffbruch des la Perouse. 383 und kleinen Korallenbänken, die sich gewöhnlich senkrecht erheben, geschieden durch schmale, sehr tiefe Strafsen, in welche der Passat- wind die Wellen des Meeres hineintreibt. Schutz gegen diese (und bei heftigen Winden auch nicht vollkommen) gewährt nur ein Ankerplatz nahe an der Küste der grolsen Insel im südlichsten Theile der Bai, den d’Urville nach einem verlassenen Dorfe der Eingeborenen Osili genannt hat. Gegen Osten führt die breite Birch -Strafse in den Ocean, die zwar das Einlaufen gestattet, allein wegen der vielen darin liegenden Korallenriffe bei den hier überwiegenden Passatwinden das Auslaufen unmöglich macht. So zurückschreckend und abstofsend die ganze Umgebung der Insel dem Seefahrer erscheint, so wenig anziehend und einladend ist, wenn er durch alle Gefahren das Land erreicht hat, der Anblick der Küste. Man sieht Nichts als hohe dunkle Wälder, welche die Ebenen und die Berge bis auf die höchsten Spitzen bedecken; die Dörfer und Wohnungen der Einwohner sind selten, wenn je vom Meere aus er- kennbar, eben so selten sind angebaute Stellen und die schlanke Cocus- palme, im Stillen Ocean fast die stete Begleiterin des Menschen. Und betritt man das Land, so zeigt sich der dichte, von Schlingpflanzen aller Art durchwachsene Urwald fast undurchdringlich, wo nicht der Eingeborene einen Pfad gemacht hat; im kühlen Schatten der hohen Bäume gedeihen niedrige und parasitische Pflanzen in Menge, der Bo- den ist beständig feucht und sumpfig. Daher ist es begreiflich, dafs der Seefahrer, wenn er Anker geworfen hat, Nichts findet als Holz und Trinkwasser; Lebensmittel besitzen die Bewohner fast nur für ihren eigenen Bedarf. Dafs bei dieser Beschaffenheit des Landes und bei der Feuchtig- keit des Klima’s frisches Wasser in Fülle sich findet, ist leicht zu be- greifen. Es giebt Bäche und kleine Flüsse, welche die waldigen Sumpf- ebenen nach allen Richtungen durchschneiden, in Menge. So entdeckte Dillon deren zwei, die in den Grund der Swinton-Bai fallen, den Fra- ser und Greenlaw; der Russel mündet in die Bai Payu und halb- wegs zwischen dieser und dem Cap Palmer der Tawaima (Dillon’s Chaigueau). Der Flufs, welcher dem Dorfe Nama Wasser liefert, heifst Wagane, ein anderer nahe bei Wanu Amia (nach Gaimard). Endlich münden in die Luskington-Bai der Mangadai (Dillon’s Grif- fith) an der Westküste, der aus den nahen Bergen von Mongonifa kommt und beim Eintritt in die Küstenebene kleine Fälle bildet ’), und der Betham an der Südküste der Bai, wie die Bayley-Bai von Süden her den Ellis aufnimmt. Diese Flüsse geben alle, wenigstens ') d’Urville 5, 179. 384 Meinicke: eine Strecke oberhalb ihrer Mündungen, gutes Trinkwasser; für die Schifffahrt sind sie sämmtlich zu unbedeutend. Die Feuchtigkeit der Wälder hängt zuverlässig mit dem Klima Wanikoro’s zusammen. Dafs die unter dem Namen der Mussone be- kannte Modification der Passatwinde nicht auf den indischen Ocean beschränkt ist, sondern sich auch auf eine bedeutende Strecke über den Westtheil des Stillen Oceans ausdehnt, ist jetzt eine allgemein be- kannte Thatsache. So findet sich auch in Wanikoro der Wechsel der Mussone, freilich bereits, wie das östlicher immer mehr der Fall ist, mit dem Ueberwiegen des Ostmusson; wahrscheinlich tritt der West- musson erst im December ein und dauert bis zum April '). Bekannt- lich ist der Westmusson die feuchte Jahreszeit, und daher fand d’Ur- yille im Februar und März Westwind mit fortwährenden Stürmen und anhaltenden Regengüssen. Aber Dillon, der im September die Insel besuchte, traf bei Ostwinden nicht weniger ungestümes Wetter, Stürme, Regen und Gewitter in Ueberflufs; fast täglich sah er aus den Wäl- dern Dunstwolken aufsteigen, die oft die ganze Insel verhüllten, bis sie sich in heftigen Regenschauern entluden. Hieraus scheint man also schliefsen zu dürfen, dafs auch wenigstens während eines Theils der Zeit, in welcher Ostwinde herrschen, starke Niederschläge vorkommen, und das Klima daher eine gröfsere Feuchtigkeit haben wird, als es auf anderen Inselgruppen des Oceans der Fall ist. Ist dies begründet, so dürfte sich wohl aus der vereinten Wirkung von Hitze und Feuchtigkeit die Ungesundheit erklären, welche die Küstenebene Wanikoro’s so verrufen gemacht hat. Als Dillon nach fast vierwöchentlichem Aufenthalt absegelte, herrschten auf seinem Schiffe die gefährlichsten Krankheiten; sie nahmen so zu, dals sie ihn hinderten, seinen Plan, die Charlotte-Inseln zu erforschen, durchzu- führen. D’Urville’s Mannschaft blieb anfangs vollkommen gesund; zu- erst erkrankte der Naturforscher Gaimard, der einige Tage am Lande unter den Eingeborenen zugebracht hatte, ihm folgten bald Mehrere, zumal da das Schiff in einer rings von Land umgebenen Bucht lag, und Hitze und Feuchtigkeit vermehrten die Zahl der Erkrankten der- gestalt, dafs d’Urville sich genöthigt sah, ohne die beabsichtigten Unter- suchungen vollenden zu können, abzusegeln, und die furchtbaren Fie- ber, welche der Aufenthalt in den Wäldern der Insel hervorgerufen hatte, verfolgten seine Mannschaft fast bis nach Europa. Und keines- wegs darf man annehmen, dafs es sich hier um die Einwirkungen un- unterbrochener Hitze und Feuchtigkeit auf nordische, an einen Öfteren !) Im Salomons Archipel beginnt er im December oder Januar, der Ostmusson im Mai oder Juni (Nautical Magazine 1843 p. 4). ri 2 sa Wanikoro und der Schiffbruch des la Pe&rouse. 385 Temperaturwechsel gewöhnte Naturen handelt; auch die Einwohner des nur 40 Seemeilen von Wanikoro entfernten Tikopia sprechen mit Schrecken von den furchtbaren Fiebern der Insel, die ihnen nicht we- niger verderblich sind als den Europäern, und diejenigen, welche d’Ur- ville nach Wanikoro begleiteten, wollten deshalb durchaus nicht am Lande schlafen, sondern kehrten jeden Abend auf die Astrolabe zu- rück. Die Hitze und Feuchtigkeit, ohne Zweifel die Hauptursachen des mörderischen Klima’s der Küstenebenen Wanikoro’s, sind auch in Ver- bindung mit der Fruchtbarkeit des Bodens der Grund, dafs die Vege- tation, die fast das ganze Land bedeckt, so ausgezeichnet und üppig ist. Die Augenzeugen sprechen mit Entzücken von der wunderbaren Pracht der Urwälder, der Grölse und Stärke der Bäume, der Mannich- faltigkeit und Schönheit der Gewächse. Was aber den Charakter der Flora der Insel betrifft, so bemerkte d’Urville eine auffallende Ueber- _ einstimmung, der Pflanzen, namentlich der Waldbäume, mit denen, die er in Neu-Irland und Neu-Guinea gesehen hatte, und augenscheinlich gehört in pflanzen -geographischer Hinsicht Wanikoro noch ganz dem Vegetationsgebiet an, das man mit Fug das Neuguineische nennen kann. Allerdings giebt es einige Pflanzen, die in Neu-Guinea noch nicht ent- deckt sind, die auffallendste dürfte eine Art Mangifera sein, die der bekannten bengalischen ganz ähnlich ist '); allein man darf nicht über- sehen, wie wenig Neu-Guinea und die im Osten und Südosten daran stolsenden Länder noch untersucht sind. Der ganze Küstenrand ist mit einem, bis auf drei oder vier Stellen ununterbrochenen Gürtel der bekannten Mangroven (Rhizophora) besetzt; unter den Waldbäumen pe die hervorstechendsten Barringtonia, Calophyllum, Spondias, Ino- pus, Metroxylon, Areca, Calamus, Pandanus u. s. w. Die Eingebo- enen ae die gewöhnlichen Fruchtbäume und efsbaren Wurzeln, die im ganzen Stillen Ocean verbreitet sind, um ihre Häuser, allein in ge- ringem Mafse und nur höchstens zum eigenen Bedarf; selbst die auf anderen Inseln so häufigen Cocuspalmen sind nicht in Menge vorhan- den, nur klein und, da sie sich niemals im Urwalde zeigen, wahr- einlich ursprünglich angepflanzt. un ‘Wie die Flora der Insel, so hat auch ihre Fauna einen vollkom- en neuguineischen Charakter, trotzdem dafs die Naturforscher der französischen Expedition unter allen Thierklassen, namentlich unter den Fischen ?), manche neue Art entdeckt haben. Vom Mammalien adet sich in den Wäldern das gewöhnliche kleine Südseeschwein von !) Dillon 2, 262 f.; Quoy bei d’Urville 5, 358. ?) Gaimard bei d’Urville 5, 351 f. Zeitschr. f. allg. Erdk. Neue Folge. Bd. V. 25 386 Meinicke: schwärzlicher Farbe, welches die Eingeborenen, allein nicht häufig, auch um ihre Häuser aufziehen, sonst aulser Ratten noch eine neue Fledermaus-Art (Pteropus vanikorensis). Vögel sind nicht häufig und gewöhnlich sehr scheu; in den Wäldern sind Hühner, welche die Ein- geborenen nicht gezähmt haben, dann drei Arten Tauben, und die Eis- vögel und Baumläufer, die sich allenthalben im Ocean finden, endlich die gewöhnlichen Wasservögel auf den Bächen, Sümpfen und Riffen in grolsen Schaaren; ganz neu sind besonders drei Arten, ein Turdus, ein Platyrhynchus und eine Schwalbenart. Sehr auffallend ist, dafs kein Beobachter Papageien gesehen hat, die auch in den Charlotte- Inseln nicht erwähnt werden, während sie sich doch in den Salomons- Inseln und neuen Hebriden, wie in Viti, Samoa und Tonga, selbst in dem kleinen, so nahe bei Wanikoro liegenden Tikopia finden. Fische, Mollusken und Zoophyten sind begreiflich überaus zahlreich und durch Mannichfaltigkeit der Bildung und Schönheit sehr ausgezeichnet, doch trotz vieler früher nicht bekannt gewesener Arten ganz von neuguinei- schem Charakter. Von Amphibien finden sich viele Schildkröten, auch Eidechsen; die Eingeborenen erzählten von grofsen Schlangen im In- nern. Insekten sind, wie allenthalben auf den Inseln des Oceans, nicht sehr verschiedenartig, und den von Neu-Guinea und den Molukken sehr ähnlich; Fliegen, Moskiten und Ameisen sind überall verbreitete Plagen. Hinter den Küstenebenen erheben sich im Innern der beiden In- seln Berge, die nur in seltenen Fällen (wie an der Westseite der Lu- shington-Bai und besonders bei Tanema), der Küste näher treten. Die bedeutendste Gebirgsmasse liegt im Westen der Lushington-Bai, zu der sie steil abfällt, während sie sich nach Westen und Süden hin sanfter herabsenkt; sie scheint von den Eingeborenen mit dem Namen Mon- gonifa bezeichnet zu werden '). Den höchsten Punkt derselben, eine etwa 20 Seemeilen weit sichtbare Spitze, die gegen Osten hin einen weifslichen, nackten Felsabhang zeigt, über den sich nach Regengüssen Cascaden herabstürzen, nannte man d’Urville Kapogo, er mals ihre Höhe 2844 Fufs; andere Spitzen heilsen Mirua und Neri. In dem halbinselartigen Osttheile der Insel, den die Baien Lushington und Swinton von dem westlichen Theile trennen, erheben sich zwei Berge, der Kimeli mit einer scharfen Spitze über den Dörfern Tanema und Napi an der Südküste und der Meluka an der Südseite der Bayley- Bai, und im Osttheil von Combermere liegt noch eine Bergmasse mit zwei Gipfeln, von denen der südliche Tangaroa, der nördliche Le- linga heifst. Ueber das Gestein dieser Berge sind wir nur sehr un- !) Bei Dillon „Karls des Zehnten Berg“. R ‘ N B. R Wanikoro und der Schiffbruch des la Perouse. 387 vollkommen unterrichtet, da kein Beobachter bis zu ihnen vorgedrun- gen ist; doch ist es nicht zu bezweifeln, dals sie vulkanischen Ursprungs sind, die von d’Urville mitgebrachten Stücke sind Dolerit, Basalt und Peperin ?). Es ist gewils merkwürdig, dafs Wanikoro bereits im sechszehnten Jahrhundert von Europäern gesehen, und bald darauf sogar auch der Name des Landes ihnen bekannt geworden ist. Wahrscheinlich fällt nämlich die Entdeckung der Insel in das Jahr 1595. Als der spani- sche Admiral Alvaro de Mendana de Neyra in diesem Jahre die berühmte Reise unternahm, um auf den 27 Jahre früher von ihm ent- deckten Salomons-Inseln eine Niederlassung zu gründen, und, da er sie nicht erreichen konnte, auf dem Lande, welches er Santa Cruz nannte (Indengi der Eingeborenen), diese Colonie in der Bai Graciosa anzulegen versuchte, sandte er seinen Schwager Lorenzo Barretto ab, ein verschlagenes Schiff seiner Flotte aufzusuchen und zugleich die Südseite von Indengi zu erforschen. Auf dieser Fahrt sah Barretto südlich von Indengi zuerst zwei kleine Inseln, augenscheinlich das auch von Carteret und Entrecasteaux seiner isolirten, durch flaches Land verbundenen Berge halber für zwei Inseln gehaltene Tupua, und weiter im Südosten noch eine Insel, die ihm 8 spanische Meilen im Umfang zu haben schien, und die schwerlich eine andere als Wanikoro gewe- sen sein kann. Eilf Jahre später, als der spanische Capitain Pedro Fernandez de Quiros, der Entdecker Tahiti’s, 1606 auf der be- kannten Reise, auf welcher er die neuen Hebriden fand, die Insel- gruppe Taumako erreichte, mit deren Bewohnern er nach anfangs feindlichen Berührungen bald in ein sehr inniges freundschaftliches Ver- hältnifs trat, hörte er von ihnen als ein grofses und berühmtes Land Manikolo nennen, und kam auf den Gedanken, geführt von einem Eingeborenen diese Insel aufzusuchen; allein er gerieth zu weit nach Osten, entdeckte Tikopia und gelangte von da nach Espiritu santo. So kam der einheimische Name, unter dem die Inseln in der Umge- gend bekannt sind, schon früh zur Kunde der Europäer. Als Cook 1774 die grofse Insel im Süden von Espiritu santo aufnahm und sie von den Eingeborenen mit dem Namen Malikolo bezeichnen hörte, war es sehr begreiflich, dafs er und der bekannte Geograph Fleurieu auf den Gedanken kamen, sie für das von Quiros erwähnte Land zu hal- ten, eine Vermuthung, deren Grundlosigkeit schon eine genauere Prü- fung der Angaben von Quiros hätte zeigen können, wenngleich die : ') Der Naturforscher Quoy will sogar trotz der dichten Vegetation der Berge die von ihnen einst herabgeflossenen Lavaströme noch erkannt haben (bei d’Urville 5, 357). 25* 388 Meinicke: Gleichheit des Namens für die beiden Inseln immer sehr auffallend erscheinen mufs. Es vergingen fast zwei Jahrhunderte, ehe nach Mendana wieder Europäer Wanikoro erblickten. Der französische König Ludwig der Sechszehnte beschlols, durch die glänzenden Entdeckungen Cook’s im Stillen Ocean wie an der Nordwestküste Amerika’s angeregt, die Ab- sendung einer wissenschaftlichen Expedition, um die durch Cook noch lange nicht vollendete Untersuchung der Küstenländer und Inselgruppen des Oceans fortzuführen, und übertrug das Commando der dazu be- stimmten Schiffe, Boussole und Astrolabe, dem Capitain Jean Frangois Galaup de la Perouse. Im August 1785 verliefs dieser treffliche Seemann Brest, umfuhr das Cap Horn und erreichte, nachdem er Chili, die Osterinsel und die Hawaiigruppe berührt hatte, die Nordwestküste Amerika’s, von der er einen Theil aufnahm, besuchte dann Californien und durchfuhr den Ocean, bis er im Januar 1787 in Macao anlangte. Nach einigem Aufenthalt daselbst und in Manila begab er sich an die Küsten von Korea und Japan und begann damit die Erforschung des nordöstlichen Asiens, des Küstenlandes von 'Tungusien und der Inseln nördlich von Japan, welches der glänzendste Theil seiner Untersuchun- gen ist. Nach einem längeren Aufenthalt in Kamtschatka durchschnitt er den Stillen Ocean in seiner ganzen Ausdehnung, nahm die Naviga- tor-Inseln (die Samoa-Gruppe) auf, wo der Capitain des Astrolabe, de Langle, und der Naturforscher Lamanon in einem Kampf mit den Eingeborenen erschlagen wurden, und ging dann, indem er die Gruppe Tonga und die Insel Norfolk berührte, nach der Ostküste von Austra- lien, wo er (im Februar 1788) in der Botany-Bai die Flotte antraf, mit welcher der englische Capitain Phillip kurz zuvor angelangt war, um den Grund zu der in Neu-Südwales beabsichtigten Niederlassung zu legen. Durch diesen sind seine letzten Berichte nach Europa ge- kommen, aus denen Milet-Mureau die Darstellung der ganzen Unter- nehmung abgefafst hat. In einem aus der Botany-Bai geschriebenen Briefe ’) giebt la Perouse einen kurzen Bericht über die Aufgaben, die er zu lösen noch beabsichtigt hat; er wollte nach Osten bis zum Archipel Tonga vordringen, dann sich gegen Westen wenden, Neu- Caledonien, Santa Cruz und andere Inseln der Gegend erforschen und durch die Torres-Strafse in den indischen Ocean gehen, so dals er.im December des Jahres in Isle de France zu sein hoffte. Allein er kam daselbst nicht an, und als auch das ganze folgende Jahr vergangen war, ohne dafs Kunde von ihm eintraf, begriff man, dafs ihn ein schwe- res Unglück betroffen haben müsse. !) Milet-Mureau, Voyage de la Perouse autour du monde 4, 228. Wanikoro und der Schiffbruch des la Perouse. 389 ‚Obwohl nun die politischen Ereignisse dieser Zeit die Gemütler der Menschen in Frankreich ganz beschäftigten und mit sich fortrissen, vergals man dennoch des verunglückten Seemanns nicht. Im Februar 1791 beschlofs die National - Versammlung, den König zu bitten, eine Expedition zur Aufsuchung der Verunglückten auszurüsten. Dazu wur- den zwei Fregatten, die Recherche und die Esperance, bestimmt und das Commando dem General Bruny d’Entrecasteaux übergeben; auf die Ausrüstung wurde die möglichste Sorgfalt gewandt, die Unter- nehmung auch zu einer für die Wissenschaft erspriefslichen zu machen. Das ist sie denn auch wirklich geworden, und die Aufnahmen und Karten des Ingenieurs Beautems-Beaupre, der ein Mitglied der Expe- dition war, werden noch jetzt mit Recht bewundert; allein der Haupt- zweck, die schiffbrüchigen Landsleute oder Spuren von ihnen aufzu- finden, wurde ganz verfehlt, und konnte auch bei der Weise, wie d’Entrecasteaux verfuhr, gar nicht erreicht werden. Dieser Mann war ein sehr tüchtiger Seemann, allein ganz und gar ein Seemann der alten Schule und dadurch für eine Unternehmung wie die beabsichtigte nicht geeignet; dazu fehlte ihm ein kleines Schiff, mit dem er jede Insel im Einzelnen genau hätte erforschen können, denn nur auf diese Weise durfte man hoffen, das vorgesteckte Ziel zu erreichen. Statt dessen begnügte man sich, die Inseln aus der Ferne und in ihren allgemeinen Umrissen aufzunehmen; genauere Forschungen sind in den Gegenden, in denen man Spuren von la Perouse zu finden erwarten konnte, nur an zwei Punkten unternommen worden (in Neu-Caledonien und Neu- Ireland), und so erklärt es sich, dafs man keine Spur der Gescheiter- ten antraf, obschon die Insel, an der sie Schiffbruch gelitten, gesehen worden ist, und dafs allein die Wissenschaft von dieser Unternehmung Vortheil gezogen hat '). Im September 1791 verliefsen die beiden Schiffe Brest und er- reichten über Teneriffa das Cap der guten Hoffnung. Es war ursprüng- lich angeordnet, dafs sie auf dem von la Perouse in dem erwähnten Briefe angegebenen Wege den Ocean durchschneiden und alle von ihm genannten Inseln besuchen sollten; allein eine am Cap erhaltene Kunde, es seien französische Uniformen im Besitz von Bewohnern der Admi- ralitäts-Inseln gesehen, bewog Entrecasteaux, davon abzugehen. Er begab sich daher vom Cap zuerst nach Vandiemensland, dessen Südost- spitze er — (ohne Zweifel in Folge geheimer Aufträge der Regierung, die durch die kurz zuvor von den Engländern unternommene Ansiede- lung in Neusüdwales auf diese Gegenden aufmerksam geworden war) — 1) Voyage de d’Entrecasteaun envoye ü la recherche de la Perouse publie par de Rossel; Labillardiöre, Relation du voyage a la recherche de la Perouse. 390 Meinicke: genau untersuchen und aufnehmen liefs; von da ging er, Neu-Caledo- nien und die nördlichsten der Salomons-Inseln berührend, nach dem Carteret-Hafen in Neu-Ireland und darauf nach den Admiralitäts-In- seln, wo er nichts von dem fand, was das Gerücht verheifsen hatte. Von da besuchte er Amboina (im September 1792), um sich mit den nöthigen Vorräthen zu versehen, und brach dann zum zweiten Male nach dem Stillen Ocean auf, um den ursprünglichen Auftrag auszu- führen. Unterwegs berührte er die südwestliche Küste Australiens, an der er den Archipel Recherche entdeckte, und zum zweiten Mal die Süd- spitze von Vandiemensland, deren Aufnahme er vollenden liefs; dann ging er zum Archipel Tonga, wo er keine Spur von la Perouse fand. Von Tongatabu schiffte er nach Neu-Caledonien über und ankerte im Hafen Balade, wo die Nachforschungen ebenfalls fruchtlos blieben. Darauf begab er sich nach dem Archipel der Charlotte-Inseln (Santa Cruz), und bei dieser Gelegenheit sah er den 19. Mai 1793 eine Insel, die er Recherche nannte und die ihm 12 Seemeilen im Osten blieb; das war Wanikoro; er ahnte es nicht, dafs er damit den Ort von la Perouse’s Schiffbruch entdeckt hatte, und dafs damals noch Franzosen auf der Insel lebten '). Nach einer oberflächlichen Untersuchung der Charlotte-Inseln besuchte Entrecasteaux den südlichen Theil des Salo- mons-Archipels, nahm die nördlichen Inseln der Gruppe der Luisiaden und die Küsten des östlichen Neu-Guinea wie die West- und Nord- küste von Neu-Britannien auf, aber in grofser Ferne vom Lande und wenig genau im Einzelnen; die auf den Schiffen ausgebrochenen Krank- heiten, denen Entrecasteaux selbst erlag, nöthigten obendrein zu einer schleunigen Rückkehr, und so erreichten die Schiffe nach kurzem Auf- enthalt in Waigiu die Insel Java. Um dieselbe Zeit, als Entrecasteaux Wanikoro erblickte, ist die- selbe Insel von mehreren europäischen Seefahrern gesehen worden, ohne für dieselbe erkannt zu sein. Im J. 1791 fand der englische Capitain Edwards in der Pandora, der nach Verhaftung der Meuterer, welche den Capitain Bligh von der Bounty in ein Boot ausgesetzt hatten, von Tahiti nach der Torres-Strafse ging, im Westen von Tikopia die Insel Wanikoro, die er Pitt benannte ?). Aufserdem haben mehrere von den Handelsschiffen, welche damals Verbrecher nach Neusüdwales brach- !) Dillon konnte sich den Namen Recherche, den Wanikoro auf einigen Karten führte, nicht erklären; denn in dem Berichte von Labillardiere, den er allein kannte, ist der Entdeckung der Insel keine Erwähnung geschehen. 2) Die Identität Pitt's mit Wanikoro geht aus Edwards Höhe (11° 50’ 30” Br., 166° 45’ 45” Länge) hervor. Entrecasteaux hatte auch Kunde von Edward’s Ent- deckung, suchte sie aber im Westen der Salomons-Inseln. REDET IE ie. er Je | 3 nn. SL 0 nn nn ln ll a nl 2.022 Ir Wanikoro und der Schiffbruch des la Pe&rouse. 391 ten, auf dem Wege von da nach Indien und China, auf welchem sie, nachdem sie den über Tahiti als zu weit, den durch die Torres-Strafse als zu gefährlich erkannt hatten, gewöhnlich auf der Ostseite der He- briden und Salomons-Inseln und quer durch die Charlotte-Inseln fuh- ren, Wanikoro gesehen. So scheint sie 1796 von einem Capitain Hogan entdeckt und South benannt worden zu sein '), und in einem Reisetagebuch aus dieser Zeit, das uns in der bekannten Zeitschrift The Asiatic Journal ?) aufbewahrt ist, findet sich die Erwähnung, dafs um dieselbe Zeit der Capitain des Schiffes Marquis Cornwallis 1799 eine Insel in dieser Gegend gesehen habe, obne ihre Höhe bestimmen zu können; derselbe Capitain habe dann im Juni 1800, als er in dem Schiffe Friendship in die Nähe der Charlotte-Inseln gekommen, die- selbe Insel wieder aufgesucht und sei bei der Gelegenheit beinahe auf den sie umgebenden Riffen gescheitert. Dafs auch dies Wanikoro ge- wesen ist, geht daraus hervor, dafs die Friendship, die von Sidney kam, 12 Stunden später Tupua sah °). Wenn indessen an la Perouse in Europa nicht weiter gedacht wurde, so lag das viel weniger daran, dafs man mit den Resultaten der Unternehmung des Generals d’Entrecasteaux sich zufrieden gege- ben hätte (man erwäge nur, zu welchen Anstrengungen das Verschwin- den des beklagenswerthen Franklin in den letzten Jahren die englische und selbst andere Regierungen bewogen hat), als in dem Einflufs, den die Kriege der Revolution, das Auftreten und die glänzenden Thaten Napoleons auf die Gemüther der Menschen übten. Darüber wurde der verunglückte Seemann allmählich in Europa vergessen, und nicht syste- matische Nachforschungen, vielmehr ein eigenthümlicher Zufall führte zur Entdeckung des Ortes, wo la Perouse’s Schiffe gescheitert waren. Am Ende des vorigen Jahrhunderts hatte man zufällig entdeckt, dals auf den grölseren Inseln des Archipels Viti das Sandelholz, das von den Chinesen im Handel so gesucht wurde, sich fände, und dies hatte trotz der schrecklichen Wildheit und des argen Kannibalismus der Be- wohner dieser Inseln englische und amerikanische Schiffe nach den- selben geführt. So kam auch 1813 der Capitain Robson mit zwei Schiffen, Hunter und Elizabeth, nach der grofsen Insel Vanualevu, ") In dem Recueil de memoires hydrographiques des Admirals v. Krusenstern sind in dieser Gegend zwei Inseln angeführt aus einer Karte Purdy’s, welche die Na- men Hogan und South führen, die letzte etwa in 11° 30’ Br. (1, 188); an einer anderen Stelle sagt Krusenstern (1, 162), dafs 1796 Capitain Hogan Tupua gesehen habe. Da nun im Süden von Indengi gewils nur zwei Inseln liegen, so können jene beiden, die doch sehr wahrscheinlich Hogan’s Entdeckungen sind, nur Tupua und Wanikoro gewesen sein. 2) Asiatic Journal 9, 131. 3) Viel später hat Duperrey in der Coquille 1823 im August Wanikoro in der Ferne gesehen. 392 Meinicke: Sandelholz einzunehmen, und liefs sich dabei, um die Einwohner zur Lieferung des Holzes zu bewegen, sogar zur Theilnahme an ihren in- neren Kriegen verleiten. Bei dieser Gelegenheit fiel bei einem Angriffe auf einen befestigten Platz eine Schaar Engländer in einen Hinterhalt; einer der Begleiter Robson’s, Dillon, rettete sich mit einigen See- leuten auf einen Felsen und gerieth hier in die äulserste Noth, aus der er nur durch die Gefangennehmung eines Priesters der Eingeborenen, den er als Geifsel benutzte, entkam. Nun verliefs Robson mit seinen Schiffen die Insel, um sich nach Indien zu begeben. In diese Ereignisse waren zwei Matrosen verflochten, die damals mit mehreren anderen in der bekannten gesetzlosen und barbarischen Art unter den Eingeborenen lebten, ein Deutscher aus Stettin, Wilh. Bushart, und ein geborener Indier, einer der Seeleute, die von den Europäern Laskaren genannt werden, der bei den Engländern den Na- men Joe führte. Beide waren mit Dillon entkommen und folgten ihm, ohne die Absicht zu haben, die Inseln des Oceans zu verlassen. Auf der Fahrt stiefs Robson auf die kleine Insel Tikopia, und da die Ein- wohner derselben sich sehr freundlich und gutmüthig zeigten, erbaten und erhielten jene beiden Männer die Erlaubnils, bei ihnen zurückzu- bleiben. Dann setzten Robson und Dillon ihre Reise fort, auf der sie einen Tag später die Berge einer Insel in der Ferne erblickten, die unser Wanikoro gewesen sein muls. Nach einer Reihe von Jahren kam Dillon als Führer des Handels- schiffes Patrick auf einer Fahrt von Valparaiso nach Bengalen wieder in diese Gegend, und beschlofs, (im Mai 1826) Tikopia aufzusuchen, um über die Schicksale jener Zurückgelassenen Kunde einzuziehen. Er fand sie beide zufrieden und in guten Umständen. Bei dieser Gele- genheit erhielt er von ihnen Geräthschaften europäischen Ursprungs und erfuhr zugleich, dafs diese aus Wanikoro eingeführt seien, einer nahe liegenden Insel, welche die beiden Männer besucht hatten; es liefsen diese Spuren gleich anfangs keinen Zweifel übrig, dals hier der Ort von la Perouse’s Schiffbruch aufgefunden sei. Die unerwartete Kunde regte Dillon nicht wenig auf; er beredete Bushart, ihn zu be- gleiten, und begab sich mit ihm nach Wanikoro; allein die Windstillen hinderten die Annäherung, und der Zustand des Schiffes wie die un- zureichenden Lebensmittel bewogen ihn, seine Fahrt einstweilen fort- zusetzen. In Caleutta gelang es ihm, den General-Gouverneur zu ge- winnen, der das Schiff Research ausrüsten liefs und ihm übergab; mit diesem ging er 1827 über Vandiemensland und Neu-Seeland, wo Bus- hart, der ihn bis dahin begleitet hatte '), zurückblieb, nach Tonga und 1) Er kam erst im Anfang des Jahres 1828 auf dem Schiffe des Capitain Kent nach Tikopia zurück (Earle, Narrative of a Residence in Newzealand, 204). Wanikoro und der Schiffbruch des la Perouse. 393 von da nach Tikopia. Hier bewog er einen angesehenen Mann, Ra- sia '), ihn nach Wanikoro, wo er einige Jahre gelebt hatte und wohl bekannt war, zu begleiten, und so kam er endlich im September 1827 daselbst an und lief in die Bayley-Bai ein, aus der er sein Schiff durch den Dillon-Pafs in die Lushington-Bai brachte. Er blieb hier vier Wochen, eifrig und erfolgreich bemüht, Kunde über den Untergang der französischen Schiffe einzuziehen und Alles zu sammeln, was sich von ihnen im Besitz der Bewohner oder auf dem Riffe, auf dem die Schiffe gescheitert waren, befände; zu diesem Zwecke liels er die ganze Insel mehrere Male durch seine Boote umfahren und die Küsten und namentlich das vor ihnen liegende Barrierriff genau erforschen. Sein Bericht ist der eines einfachen, ununterrichteten Seemannes; er steht in Allem, was wissenschaftliche Kenntnisse betrifft, dem seines franzö- sischen Rivalen natürlich weit nach, allein er ist auch frei von der trotz aller afleetirten Einfachheit bei Dumont d’Urville öfter hervortretenden Geschraubtheit und liefert im Grunde doch ein klareres und anschau- licheres Bild von dem Zustande Wanikoro’s und seiner Bewohner, wie dieser. Während Dillon diese Untersuchungen anstellte, war der franzö- sische Capitain Dumont d’Urville beschäftigt, in der Astrolabe die Inseln des Oceans zu erforschen; er befand sich, als Dillon Wanikoro erreichte, am westlichen Ende von Neu-Guinea bei Waigiu. Von da ging er nach den Molukken, sich mit den nöthigen Vorräthen zu ver- sehen, und darauf zur Fortsetzung seiner Forschungen nach Vandie- mensland, wo er die erste Kunde von Dillon und seiner Unternehmung erhielt. Sie bewog ihn sogleich, alles Andere bei Seite zu setzen und dem Engländer zu folgen. Ueber Tikopia, wo er, da Bushart und der Laskar sich weigerten, ihn zu begleiten, zwei angeblich von ihrem Schiffe desertirte englische Matrosen, Hambilton und Williams, als Dolmetscher mit fortführte, erreichte er endlich im Februar 1828 Wa- nikoro und führte sein Schiff ganz wie Dillon in die beiden Häfen der Nordostküste, in denen er ebenfalls vier Wochen blieb, beschäftigt in gleicher Art wie Dillon, Nachrichten über den Schiffbruch einzuziehen und’ zu sammeln, was sich noch von den französischen Schiffen vor- fand; auch liefs er ein kleines Denkmal auf einem trockenen Theile des Riffs der Lushington-Bai der Insel Manewai gegenüber errichten. Während dessen war die Nachricht von Dillon’s unerwarteten Ent- deckungen auch nach Europa gelangt, und die französische Regierung hatte sogleich den Capitain der Korvette Bayonnaise, Legoarant de Tromelin, abgesandt, um die Wahrheit von Dillon’s Berichten zu !) So wird doch das Rathea Dillon’s lauten. 394 Meinicke: prüfen. Diese Reise hat zwar schätzbare Beiträge zur Kenntnifs man- cher bisher wenig bekannter Inseln des Oceans geliefert, allein unsere Kenntnifs von Wanikoro wenig erweitert. Ueber Tikopia, wo sich der Laskar Joe verleiten liefs, das französische Schiff zu begleiten, kam Tromelin mehrere Monate nach d’Urville in Wanikoro an; von den genauen Untersuchungen seiner Vorgänger unterrichtet, dazu der Ge- fahren, welche die schwer zugänglichen klippenreichen Küsten der Insel und ihr mörderisches Klima dem Seefahrer bereiten, nicht unkundig, hielt er eine weitere Erforschung für überflüssig, und begnügte sich, seine Boote in die Lushington-Bai zu senden, wo sie das von d’Ur- ville errichtete Denkmal unverletzt fanden. Nach Tromelin ist nur noch ein unbedeutender Versuch gemacht worden, unsere Kunde von Wanikoro auszudehnen. Erst aus Dillon’s Werk hatte d’Urville ersehen, dafs sein Rival den Platz entdeckt zu haben glaubte, auf dem die schiffbrüchigen Franzosen sich ein Schiff gebaut hätten. Bei der zweiten grolsen Reise, die er mit den Schiffen Astrolabe und Zel&e' unternahm, beschlofs er, diese Entdeckung zu prüfen '), und da er 1838 im November die Küste von Wanikoro er- reicht hatte, begab er sich mit den Booten an das Land, fand die bei- den Pässe des Barrierriffs, die Dillon Savage und Adams benannt hatte, und bestätigte die Vermuthung desselben über den Ort des Schiffbaues durchaus. Dals sonst nach Tromelin noch irgend ein anderer Seefah- rer (mit Ausnahme des Capitain Bond in der Anastatia, der hier 1835 Wasser und Holz einnahm und noch viele aus den Zeiten des Schiff- bruchs herrührende Geräthe einhandelte), Wanikoro besucht hätte, ist mindestens nicht bekannt geworden. Was nun aber den Untergang von la Perouse betrifft, so beruht unsere Kunde davon allein auf den Nachrichten, welche Dillon und d’Urville 40 Jahre nach diesem Ereignisse darüber von den Eingebo- renen einzuziehen vermochten. Es liegt in der Natur der Verhältnisse, dafs diese Nachrichten schwankend, oft widersprechend, unsicher und unvollständig sind, ganz besonders aber aus zwei Gründen. Einerseits erschwerte die Erkundigungen die Unkenntnifs der wanikoresischen Sprache. Allerdings haben deshalb beide Seeleute die Vermittelung der Tikopier gesucht, die sich mit den Wanikoresen zu verständigen ver- mögen; allein d’Urville’s Dolmetscher war ein Matrose, der kaum ein Jahr in Tikopia gewesen war und schwerlich sehr viel von der Spra- che dort gelernt hatte, und selbst Dillon’s Begleiter, ein geborener Ti- kopier, der schon früher in Wanikoro gelebt hatte, kannte doch die Sprache der Einwohner nur unvollkommen. Ein anderes Hindernifs ’) Dumont d’Urville, Voyage au pole sud et dans l’Oceanie, 5, T£. Wanikoro und der Schiffbruch des la Pe&rouse. 395 lag in dem Mifstrauen und Argwohn der Eingeborenen. Die dringen- den und sorgfältigen Nachforschungen der Europäer scheinen bei ihnen den Verdacht hervorgerufen zu haben, es handle sich um eine Bestra- fung für die Angriffe auf die Gescheiterten und die Beraubung der Schiffe, und dies erzeugte ihre Abneigung, Aufschlüsse zu geben, und das finstere Mifstrauen, das schon gegen Dillon in ihren Aussagen deut- lich hervortritt, noch viel mehr aber in d’Urville’s Berichten erkennbar ist, der freilich ächt französisch schon in Tikopia die Einwohner aus- drücklich damit bekannt gemacht hatte, dafs die Schiffbrüchigen seine Landsleute gewesen seien, und sich dadurch manche Quelle der Erfor- schung selbst verschlofs. Was sich nun aus der Vergleichung aller der Berichte ergiebt, welche von den Eingeborenen beiden Schriftstellern über das Ereignifs mitgetheilt sind, ist Folgendes: Welchen Weg la Perouse, nachdem er im Februar 1788 Botany- Bai verlassen hatte, einschlug, läfst sich natürlich nicht ermitteln; dafs er nach d’Urvilie Tonga und Neu-Caledonien erforscht habe, ist blofs aus dem bereits erwähnten Briefe geschlossen ') und nicht zu erweisen. Sicher ist, dafs seine beiden Schiffe an dem Barrierriff vor der Süd- westküste von Wanikoro scheiterten, und zwar nicht zu gleicher Zeit; das erste lief in der Nacht auf und versank sogleich in die Tiefe des Oceans, ohne dafs sich etwas davon erhalten hätte, das zweite schei- terte erst am Morgen darauf an einer andern Stelle des Riffs, auf dem es lange als Wrack gelegen hat. Wann dies sich zugetragen hat, läfst sich wenigstens annähernd bestimmen. D’Urville’s Meinung, die Schiffe seien bei Südostwind gescheitert, hat schon nach der Lage des Riffs geringe Wahrscheinlichkeit; die Einwohner erzählten Dillon, es sei bei Gelegenheit eines furchtbaren Orkans geschehen, der viele Fruchtbäume entwurzelt hätte; solche Orkane sind hauptsächlich der Zeit des West- musson eigenthümlich, und Rasia’s Nachricht, dafs zur Zeit des Schiff- bruchs Planken der Schiffe bis nach Tikopia getrieben wären, weiset auch darauf hin, dafs der Schiffbruch bei Westwind vorfiel. So wird er also spätestens in den März oder April 1788 fallen, da der West- wind hier nicht länger weht. Der Punkt des Riffs, auf dem das zweite Schiff scheiterte, ist etwas im Westen vom Adams-Pafs. Es wurde auf die Oberfläche des Riffs geworfen, wo es sich noch lange Zeit er- halten hat, da es den Schiffbrüchigen die Mittel zu ihrem Schiffsbau lieferte; noch jetzt liegen auf dem Boden des Riffs metallene Geräthe (Anker, Kugeln, Kanonen u. s. w.) zerstreut, und hier haben die Ein- wohner fast alle die eisernen Werkzeuge aufgefischt, die ihnen ein hal- ') d’Urville ö, 224. 396 Meinicke: bes Jahrhundert hindurch zum Verkehr gedient haben. Ueber den Punkt, an dem das erste Schiff scheiterte, weichen die Nachrichten sehr ab. Dillon erfuhr bald, es sei bei Wanu, bald bei Payu gesche- hen, einige nannten auch Tanema; gleich verschiedene Nachrichten be- richtete man d’Urville, doch waren die meisten und zuverlässigsten der von ihm gehörten Zeugen für Tanema. Dillon glaubte annehmen zu müssen, dafs dies Schiff etwas westlicher von dem anderen gestrandet sei, allein d’Urville's Annahme, dafs es auf dem Riff vor Tanema den Untergang gefunden habe, verdient augenscheinlich den Vorzug, und Dillon ist offenbar durch Rasia absichtlich irre geführt, der mit den Bewohnern von Tanema in sehr freundschaftlichen Verhältnissen stand!) und die Aufmerksamkeit der Europäer um so mehr von ihnen abzu- ziehen suchen mulfste, je mehr sie, wie sie une die Rache der- selben zu fürchten hatten. Denn von diesem ersten Schiffe hatte sich ein Boot mit Europäern an die Küste gerettet; diese haben die Einwohner von Tanema, die sie (wie die Bewohner der Insel die Weilsen überhaupt) für Geister hielten, angegriffen und fast alle getödtet; ihre Leichen, gräfslich von Haifischen verstümmelt, lagen am Strande umher. Nur vier Franzosen entkamen und vereinigten sich mit den Schiffbrüchigen des zweiten Schiffes. Von diesem nämlich scheint durch den Schiffbruch selbst keiner das Leben verloren zu haben, und wenn sie auch mit den Be- wohnern des nächsten Distriets Payu in Streit geriethen, so gelang es ihnen doch bald, diese zu gewinnen und durch Geschenke ihre Häupt- linge zu einem Frieden zu bewegen, in Folge dessen die Eingeborenen Lebensmittel an die Fremden vertauschten. Sie begaben sich darauf an die Küste der Payu-Bai und begannen hier aus den Resten ihres Schiffes den Bau eines neuen mit zwei Masten an einem Platze an der Mündung des Flüfschens Russel, der noch jetzt von hohen Waldbäumen frei ist und einzelne Stümpfe von Bäumen zeigt, die mit Beilen gefällt sind. Allein das Verhältnifs zwischen den Gescheiterten und den Ein- geborenen scheint nicht gerade das beste gewesen zu sein. Zwar er- zählen die Letzteren, sie hätten den Mara, wie sie die Franzosen nann- ten, als Geistern grolse Ehrfurcht erwiesen, und seien ihnen nie anders genaht, als mit einem Handkufs (womit sicher eine ihnen eigenthüm- liche Begrüfsungsform gemeint ist), allein die Europäer hätten doch um ihr Lager einen festen Zaun gebaut, es sei zwischen beiden Völ- kern öfter zu Kämpfen gekommen, in denen von beiden Seiten Männer erschlagen seien, die Schädel der Fremden seien noch bei Dillon’s Be- such in den Tempeln der Eingeborenen zu sehen gewesen, und wenn ') Dillon 2, 139. Wanikoro und der Schiffbruch des la Perouse. 397 Dillon und d’Urville sie darin vergeblich gesucht haben, so beweist das natürlich nichts gegen die Wahrheit dieser Behauptung. Einzelne Züge, welche die Berichterstatter Dillon mittheilten, sind in hohem Mafse eigenthümlich und interessant; die Geister seien ganz den Menschen ungleich gewesen, ihnen habe wenige Speise wie eines Mannes Finger grols genügt (ohne Zweifel sind die Schiffbrüchigen auf die in ihrem Schiffe erhaltenen Vorräthe angewiesen gewesen und haben bei dem Mangel an Lebensmitteln auf der Insel nur wenig von den Einwohnern erhalten können), gleich nach dem Essen hätten sie unaufhörlich an ihrem Schiffe gearbeitet, im Gesicht hätten sie fulslange, von der Nase ausgehende Vorsprünge gehabt, der Häuptling habe beständig zur Sonne und den Sternen gesehen und sie angebetet, ein anderer auf einem Bein mit einer langen Eisenstange Wache am Zaun gehalten. Man erkennt in diesen Erzählungen ohne Mühe alte Lieder, zu denen die Wirkung eines so aufserordentlichen Ereignisses, wie der Aufenthalt der Franzosen in Wanikoro, die Phantasie der Eingeborenen anregte; aus diesen Liedern ist es auch ohne Zweifel zu erklären, dafs noch vierzig Jahre später so viel Einzelnes über diese Ereignisse berichtet, dafs noch die Namen der Häuptlinge genannt werden konnten, welche in den Kämpfen mit den Franzosen umgekommen sind. Nachdem das Schiff vollendet war, segelte der gröfseste Theil der Schiffbrüchigen auf ihm ab, fünf bis sieben Monate nach dem Schiff- bruch, also im August oder September 1788 !). Dieses Schiff ist auch nicht nach Europa zurückgekehrt, vielmehr irgendwo im Ocean unter- gegangen; es ist schwerlich zu erwarten, dafs wir- noch über sein Schicksal etwas Zuverlässiges erfahren werden. Schon 1791 war eine Nachricht verbreitet, nach der man an der Westseite der Salomons- Inseln Spuren von einem gescheiterten Schiff entdeckt haben wollte, eine Nachricht, gegen deren Zuverlässigkeit erhebliche Bedenken gel- tend gemacht wurden; 1811 wurde in Sidney berichtet, dafs in dersel- ben Gegend Spuren gescheiterter Europäer bemerkt seien, eine Kunde, die nicht mehr Vertrauen verdiente, als jene, obschon d’Urville, darauf sich‘ stützend, die Meinung aussprach, das neugebaute Schiff werde in dieser Gegend gescheitert sein. Allein wahrscheinlicher ist, dafs es in der Torres-Strafse seinen Untergang fand. Diese hatte la Perouse durch- fahren wollen, und sie war auch der nächste Weg für ihn nach Isle de France. Im J. 1818 fand der Capitain Walsh in der Torres -Stralse auf der Insel Mer einen indischen Laskaren, der einige Jahre dort ge- lebt hatte und unter den Eingeborenen viele europäische Geräthe ver- breitet fand, die nach ihrer Angabe einem 30 Jahre früher dort ge- !) Dillon 2, 195; d’Urville 5, 189, 191. 398 Meinicke: scheiterten Schiffe entnommen waren, dessen Mannschaft sie gemordet hatten. Das ist leider nicht genauer erforscht worden ?). In keinem Punkte aber weichen Dillon und d’Urville mehr von einander ab, als in den Nachrichten über die in Wanikoro zurückge- bliebenen Franzosen. Das ist aufser Zweifel, dafs einige derselben ihren Landsleuten nicht gefolgt sind, obgleich man kaum begreifen kann, was sie bewogen hat, in einem Lande wie dies und unter einem so wilden Volksstamme zu bleiben. Wie grofs die Zahl der Zurückgebliebenen gewesen ist, läfst sich nicht bestimmen; wenn gewöhnlich nur von zwei die Rede ist, so scheint das so verstanden zu sein, dafs diese alle Uebri- gen überlebt haben. Nach d’Urville’s Erkundigungen wären sie alle schon bald nach der Abreise des Schiffes gestorben, und dies erschien ihm bei der grofsen Ungesundheit des Landes sehr wahrscheinlich. Da- gegen hörte Dillon von vielen Seiten übereinstimmend den Bericht, dals zwei — man wulste sogar, dafs es ein Häuptling und ein Ge- meiner gewesen — bis in die letzten Zeiten hier gelebt hätten; der Laskar Joe wollte sie selbst noch bei seinem Besuche in Wanikoro 1820 gesehen und gesprochen haben ?). Von ihnen sei der eine, der bei einem Stamme in der Nähe von Payu gelebt, drei Jahre vor Dil- lon’s Ankunft, also 1824, gestorben; der andere, der bei dem Häupt- ling von Pakori gewohnt, kurze Zeit darauf mit diesem in einen Kampf verwickelt worden und auf eine der benachbarten Inseln entflohen. An der Wahrheit dieser Berichte zu zweifeln, scheint kein Grund vorhan- den zu sein; sie waren so bestimmt und zuverlässig, dafs sie Dillon bewogen, von Wanikoro aus nach Tupua und Indengi zu gehen, um dort sich nach dem Geflüchteten zu erkundigen; allein die unter seinen Leuten ausgebrochenen Krankheiten hinderten ihn, diese Nachforschun- gen länger fortzusetzen. Es bleibt mir nun noch übrig, eine Schilderung des Volksstammes zu entwerfen, der Wanikoro bewohnt, so weit die freilich nur unge- nügenden Berichte der europäischen Reisenden dazu hinreichen. Die Wanikoresen gehören dem Volksstamme des Oceans an, den man seiner Hautfarbe und der Bildung seiner Haare halber mit dem Namen der Australneger oder der Negrito zu belegen pflegt ®). Die- ser Volksstamm, welcher, wenn man die Bewohner des australischen Continents und die bekannten Völkerreste von noch etwas zweifelhaftem 1) Asiatic Journal 8, 27. ?) Dillon 1, 33. Gegen d’Urville behauptete derselbe freilich (5, 116), er habe blofs von der Existenz von zwei bejahrten Europäern gehört. 3) Nach d’Urville (5, 113) bezeichnen die Tikopier sie mit dem Namen Fiji, eine auffallende Uebereinstimmung mit der in Tonga gebräuchlichen Aussprache des Namens Viti. > —— d 4 Wanikoro und der Schiffbruch des la Perouse. 399 Ursprunge auf einigen der indischen Inseln davon trennt, den Insel- gürtel von Neu-Guinea bis Neu-Caledonien bewohnt, zerfällt in eine Menge kleiner Völker, die bei gewissen allgemeinen, allen eigenthüm- lichen Zügen unter sich eine auffallende Mannichfaltigkeit und Ver- schiedenheit darbieten; sie sind uns jedoch im Einzelnen viel zu wenig bekannt, als dals wir schon zu bestimmen vermöchten, ob die Wani- koresen ein solches Volk bilden oder einem anderen angehören. Aller- dings scheinen sie jedoch den Bewohnern von Indengi im Aeufseren wie in Sitten, Gebräuchen und im Bildungszustande sehr nahe zu stehen. Sollten spätere Forschungen ergeben, dafs sie in einzelnen Punkten von den ihnen stammverwandten Völkern erheblich abweichen, so dürfte Manches davon auf den Einfluls des hellfarbigen Volksstammes des Oceans kommen, der mit ihnen schon seit Jahrhunderten in engem Verkehr steht, und das ist die Folge davon, dafs ihre Insel in diesem Theile des Oceans das östlichste von dem dunkelfarbigen Menschen- stamme bewohnte Land ist, das im Osten und Norden unmittelbar von Inseln (Tikopia, Taumako) begrenzt wird, deren Bewohner zu dem hellfarbigen gehören !). Was den Charakter der Wanikoresen im Allgemeinen betrifft, so weichen die Ansichten der Seefahrer, welche in Verbindung mit ihnen gerathen sind, darüber bedeutend ab. Bekanntlich ist Argwohn und Milstrauen eine der hervorstechendsten Eigenthümlichkeiten für alle Völker dieses Menschenstammes, und man darf sich daher nicht wun- dern, dafs es sich auch so bei den Bewohnern von Wanikoro findet, die sogar aus den schon früher erwähnten Gründen noch mehr Veran- lassung als andere hatten, dies gegen die Europäer zu zeigen. D’Ur- ville entwirft ein in hohem Grade ungünstiges Bild von ihnen: er schil- 1) Die Grenze zwischen beiden Volksstäimmen im Ocean bietet manches Auf- fallende dar. Sie beginnt südlich von Neu-Caledonien und umschliefst die neuen Hebriden im Osten; dann geht sie zwischen Tikopia und Wanikoro und südlich von Taumako und den Inseln, die auf den Karten Swallow oder Mendaüa zu heilsen pfle gen, hindurch; an diesem Punkte berühren sich die beiden Volksstämme am näch sten, denn die südlichste der Swallow-Inseln liegt nur 8 Seemeilen nördlich von In- dengi. Von da geht die Linie gegen Nordwesten und trennt Sikaiana (wie die Ste- wart-Gruppe der Karten heifst) von den Salomons-Inseln, und nördlicher Liuiniuha (Lordhowe oder Ontongjava) und die nahe dabei liegenden Inseln von den gleich flachen Gruppen von Korallen-Inseln, die auf den Karten die neun Inseln und Mar- queen benannt sind. Ob die kleinen Inseln im Ost und Nordost von Tombara und weiter im Westen die Admiralitäts-Inseln ganz von dem schwarzen Volksstamme be- wohnt sind, ist nicht zu entscheiden, und vielleicht wohnen auch hier beide Volks- stämme nahe bei einander; Pegan (David oder Freewil der Karten) hat hellfarbige Bewohner. So ist das gewils sehr auffallende Resultat, dafs nicht der breite Meeres- arm im Norden und Nordosten der Inseln des dunkelfarbigen Stammes die Grenze bildet, sondern der hellfarbige Stamm fast überall kleine Inseln ganz in der Nähe der gröfseren von schwarzen Menschen bewohnten besetzt hat. A400 Meinicke: dert sie abstofsend, träge, furchtsam, stupid, in hohem Mafse habgierig und doch den Europäern feindselig; nur von ihrer Furcht vor seinen Flinten habe seine Sicherheit hier abgehangen. Man darf jedoch dabei nicht übersehen, dafs sie, wie schon gesagt ist, Gründe hatten, ihr Mifstrauen gegen d’Urville vorzugsweise zu zeigen, und dafs er, wie er selbst oft klagt, nicht mit den Tauschwaaren versehen war, die ihnen zusagten; ob sie aber wirklich bei der Abreise der Franzosen, wie diese befürehteten, den Plan gehabt haben, das Schiff zu überfallen, erscheint doch noch nicht ganz ausgemacht und könnte leicht ohne Grund aus der Zudringlichkeit gefolgert sein, mit der sie die letzten Augenblicke des Aufenthalts der Fremden benutzen zu müssen glaub- ten, um die möglichsten Vortheile von ihnen zu ziehen. Denn nicht blofs haben einzelne der Gefährten la P&rouse’s viele Jahre lang ruhig und sicher unter ihnen gelebt, sondern der Naturforscher Gaimard, ein Gefährte d’Urville’s, hat es gewagt, nur von einem Matrosen begleitet, eine Woche lang in dem Dorfe Nama an der Westküste fern vom Schiffe zuzubringen und, obschon er eine Flinte besals, deren Besitz wohl die Einwohner reizen konnte, keinerlei üble Behandlung erfahren, vielmehr sie in hohem Mafse gastfrei, freundlich und gefällig gefunden und selbst bei Ausbrüchen des Zorns und der Leidenschaftlichkeit von Einzelnen nie etwas zu leiden gehabt. Auch Dillon machte ganz die- selben Erfahrungen; er fand sie, abgesehen von dem furchtsamen Mils- trauen, das sich in den Aussagen über la Perouse zeigte, freundlich und zutraulich, durchaus ehrlich und dankbar; das gute Vernehmen wurde während seines ganzen Aufenthalts nicht einmal gestört. Und wenn man auch vielleicht berechtigt ist, dies zum Theil daraus zu er- klären, dafs er bei ihnen dureh einen Einwohner von Tikopia einge- führt wurde, der Jahre lang in Wanikoro gelebt hatte und dort wohl- bekannt war, so fand doch auch später Capitain Bond die Einwohner friedlich und ruhig. Wanikoro ist nicht stark bevölkert; das Innere ist mit dichten Ur- wäldern bedeckt und wahrscheinlich ganz unbewohnt, alle Einwohner leben an der Küste in den feuchten sumpfigen Ebenen. Dillon schätzte ihre Zahl auf höchstens 1000, d’Urville auf 1200 bis 1500. In der körperlichen Bildung kommen die Wanikoresen zwar in den allgemeinsten Zügen mit den übrigen dunkelfarbigen Stämmen des Oceans überein, allein sie weichen von ihnen sonst auch und das vor Allem in der ihnen ganz eigenthümlichen Schädelbildung ab. Diese besteht darin, dafs das Gesicht auffallend länglich ist, indem der trans- versale Durchmesser desselben den des Schädels übertrifit, dafs die flache Stirn weit zurücktritt, die Nase tief eingedrückt ist; die fran- zösischen Naturforscher fanden hierin wie überhaupt im Körperbau Wanikoro und der Schiffbruch des la Perouse. 401 Analogieen mit der Bildung der Schädel einerseits der afrikanischen Neger, andererseits der Orangutang. Der untere vorspringende Theil des Gesichts ist regelmäfsig gebildet, die Lippen dick, das Kinn klein; die Augen sind ziemlich grols und liegen tief zurück '). Bei solcher Gesichtsbildung können sie den Europäern natürlich nicht schön und angenehm erscheinen; ihr Körperbau vermag den ungünstigen Ein- druck, den das Gesicht macht, nicht zu mildern. Sehr wenige sind gut gebaut, fast alle klein, mager, wenngleich thätig und nicht ohne Muskelkraft; sind die Männer noch erträglich, so doch die Frauen mit ihren trockenen herabhängenden Brüsten fast ohne Ausnahme in hohem Malse absehreckend und widerwärtig. Die Farbe der Haut erscheint schwarz, obschon sie, wie gewöhnlich bei diesem Menschenstamme, nur ein sehr dunkles Braun ist, das Haar kraus und wollig. Es lälst sich schwerlich läugnen, dafs das Leben dieser Menschen in einem so über- wiegend sumpfigen und ungesunden Lande viel zu einer solchen körper- lichen Entwickelung beiträgt. Damit hängt es auch ohne Zweifel zu- sammen, dafs sie, und das oft über den ganzen Körper, mit krebsartigen Geschwüren bedeckt sind, und Aussatz, Elephantiasis und ähnliche Lei- den, wie sie unter den Bewohnern des Oceans allenthalben so häufig vorkommen, sich bei ihnen in vorzugsweise reichlichem Mafse finden. Natürlich trägt das auch nicht dazu bei, sie dem Europäer anziehen- der zu machen. Die Wanikoresen leben von dem Ertrage ihrer Pflanzungen (die Knollen des Arum scheinen ihre hauptsächlichste Speise zu bilden), wie von den Früchten, welche der Urwald ihnen hier und da liefert (Mango, Inocarpus, Eugenia u. s. w.). Nächstdem sind Fische und Schaalthiere ein Hauptnahrungsmittel,: das Fleisch der Schildkröten schätzen sie sehr. Bei der geringen Ausdehnung ihrer Pflanzungen ist es begreiflich, dafs sie, wie auch andere Bewohner der Inseln des Oceans, darauf gekommen sind, die efsbaren Wurzeln so zu behandeln, dals sie für einen späteren Gebrauch aufbewahrt werden können; die Franzosen sahen sie zu dem Zweck die Knollen des Arum trocknen, Dillon die efsbaren Theile der Pfeilwurzel durch Auflösung in Wasser abscheiden und getrocknet zu kleinen Kugeln formen, die sie in Säcken aufheben. Auch verstehen sie es, Abwechselung in ihren Speisen her- vorzubringen durch Verbindung verschiedener Pflanzenstoffe zu Gerich- ten, bei denen die Milch der Cocusnuls eine vorzügliche Rolle spielt; so sind sie in ihrer Nahrung keineswegs in solchem Grade roh, wie der Eindruck, den ihre Erscheinung macht, es vermuthen liefse. Fort- !) So Quoy und Gaimard in der Partie zoologique in d’Urville's Reisewerk S. 35 f. Bei den Bewohnern der südlichen Salomons-Inseln scheint übrigens die gleiche Schädelbildung sich zu finden. Zeitschr. f. allg. Erdk. Neue Folge. Bd. V. 26 402 Meinicke: während kauen sie das Blatt der Betelpflanze ') mit der Nufs der Areca- palme und Kalk, was Mund und Zähne häfslich roth färbt; diese bei ihnen ganz allgemeine Sitte haben überhaupt wie die Bewohner des indischen Archipels so die nördlichen der dunkelfarbigen Stämme des Oceans, allein sie findet sich wahrscheinlich nicht weiter südöstlich ver- breitet als bis Wanikoro und ist, was merkwürdig genug ist, ohne Zweifel von den Bewohnern dieser Insel auf ihre Nachbarn in Tikopia übergegangen, welche (mit Ausnahme der Bewohner der Marianen und der westlichen Karolinen) der einzige hellfarbige 'Volksstamm des Oceans sind, die sie angenommen haben. Dagegen kennen sie den bei den dunkelfarbigen Bewohnern von Neu-Guinea sich findenden Ge- brauch des Tabacks nicht, und eben so wenig ist das bei den hellfar- bigen Stämmen des Oceans allgemein verbreitete, aus den Wurzeln des Piper methysticum bereitete Getränk, das bekannte Kawa, bei ihnen bekannt. Anthropophagie, der fast alle dunkelfarbigen Stämme des Oceans in so hohem Malse ergeben sind, ist bei ihnen nicht Sitte; das Zeugnils der Tikopier darüber scheint entscheidend zu sein ?). Die Zubereitung ihrer Nahrungsmittel geschieht, wie im ganzen Ocean, durch Vermittelung von erhitzten Steinen in Löchern im Erdboden, in welche man die Speise hineinlegt und die mit Blättern und Erde be- deckt werden. Was die Kleidung der Wanikoresen betrifft, so stimmen sie mit den übrigen dunkelfarbigen Stämmen darin überein: dafs sie bei den Männern sich hauptsächlich nur auf die Schamtheile beschränkt, bei den Frauen vollkommener ist. Jene tragen um den Unterleib einen Gürtel von 4 Zoll Breite, der aus kettenartig zusammengesetzten Stücken gespaltenen und schön polirten Rotangs besteht, welche zum Schutz der Haut auf ein Stück Rindenzeug genäht sind; daran hängt vorn ein 3 Fufs langer schmaler Streifen Rindenzeug, den sie (wie die hellfar- bigen Stämme die ähnliche Tracht, die sie Maro nennen) ?) zwischen den Beinen hindurchziehen und hinten befestigen, oft hängt noch ein Palmzweig hinten am Gürtel gleich einem Schwanze herab *). Die Frauen tragen ganz denselben Gürtel, allein statt des Zeugstreifens hängt bei ihnen eine Art Schürze oder Unterrock aus Matte oder Rin- !) Welche Art Piper zum Kauen dient, findet sich nirgends berichtet, wahr- scheinlich ist es wie in Tombara Piper scriboa. 2) d’Urville 5, 113. 3) Dafs überhaupt diese Tracht der Männer, die vollständiger ist, als sie bei den dunkelfarbigen Stämmen sonst zu sein pflegt, von den hellfarbigen entlehnt ist, dürfte daraus hervorgehen, dafs sie sie mit dem Namen derselben malo oder malu bezeichnen. *) Hätten sie Hörner, so glichen sie ganz dem Teufel, fügt der ehrliche Dillon hinzu (2, 154). Wanikoro und der Schiffbruch des la Perouse. 403 denzeug von ihm herab, der bis zum Knie geht; sie ziehen sich aufser- dem noch einen Gürtel über die Brust dicht unter den Warzen, was sie sehr entstell. Die Kinder gehen bis zum zehnten Jahre nackt, erst dann erhalten sie Kleider und beginnen zugleich, Betel zu kauen. Wie alle dunkelfarbigen Stämme wenden sie, und zwar hauptsäch- lich nur die Männer, auf die Verzierung ihres Haares grolse Sorgfalt. Sie lassen es möglichst lang wachsen und schneiden es nie ab; dann kämmen sie es nach hinten zurück, binden es zusammen und umwik- keln den so entstehenden länglichen Haarbusch mit Zeug, wozu sie mit entschiedener Vorliebe rothes wählen, wenn sie es sich verschaffen können; so hängt dieser eylinder- oder zuckerhutähnliche, noch mit Blättern verzierte Putz über den Rücken herab. Ja junge Leute ver- schaffen sich wohl, wie sich Aehnliches auch bei den Bewohnern der Inseln der Torres-Strafse findet, Haare von Todten und verstärken da- mit das natürliche Haar nach Art der Perrücken. Von Frauen tragen nur einige jüngere denselben Putz, die meisten das Haar ganz unge- schmückt und kurz abgeschnitten; auch die älteren Männer pflegen auf ihr Haar weiter keine Sorge zu wenden, als dafs es einige etwa mit Kalk pudern. Die übrigen Verzierungen, die sie um verschiedene Theile des Körpers tragen, sind beiden Geschlechtern gemein; jedoch häufiger und in gröfserer Fülle bei den Männern. Alle durchbohren die Nasenwand, einige selbst noch die beiden Nasenflügel; sie tragen darin Hahnfedern, die als Zierrath überhaupt sehr geschätzt sind, Stäbe von Holz und Bambus, Muschelstücke, seltener Schildpattringe wie in den Ohren. Diese durchbohren sie und erweitern durch die Schwere der Ohrge- hänge die Löcher selbst bis zu einer Länge von 6 Zoll; die Gehänge bestehen aus Ketten von zehn bis zwanzig und noch mehr grofsen Ringen aus Schildpatt, auch aus weifsen Muscheln, ein Putz, der ihnen ein sehr eigenthümliches Ansehen verleiht, und auf den sie einen noch höheren Werth setzen, als auf ihre Waffen, ohne Zweifel, weil sie das Material dazu nicht in grofser Menge sich verschaffen können. An anderen Theilen des Körpers, am Gürtel und um den Hals, die Arme, Beine und Knöchel befestigen sie ähnliche Ringe von Schildpatt, auch von Muscheln und aus Stücken Matte, mit kleinen Muscheln nicht ohne Geschmack durchflochten. Eine andere Art der Verzierung besteht da- rin, dafs sie den Körper mit Cocusöl salben und mit schwarzer Farbe bestreichen; sie haben auch in beschränktem Mafse den künstlichen Putz, der sonst blofs den hellfarbigen Stämmen eigenthümlich und unter ‚dem Namen Tättowirung allgemein bekannt ist '), angenommen und !) An ihrer Statt haben sonst alle dunkelfarbigen Stämme wie die Bewohner 26* 404 Meinicke: tragen daher phantastische Bilder von Fischen, Eidechsen u. s. w., allein blofs auf dem Rücken; bei der Dunkelheit ihrer Haut ist es jedoch meist nur wenig sichtbar. Wie schon erwähnt, ist das Innere von Wanikoro ganz unbewohnt; die Einwohner leben alle auf den flachen sumpfigen Küstenebenen. Ihre Häuser sind viel zierlicher, reinlicher und bequemer, als man bei einem Volke erwarten sollte, das in solchem Mafse den Eindruck der Rohheit macht. Sie treiben zuerst drei Reihen von starken Pfosten, von denen die mittlere 12 bis 15, die beiden anderen 4 bis 5 Fufs hoch über dem Boden hervorragen, 3 Fufs tief in denselben; über jede dieser Pfeiler- reihen legen sie einen horizontalen Balken und auf die beiden äufseren Querbalken von leichterem Holz, die bis an den Mittelbalken gehen und an beiden Enden durch Stricke von Coeusnufsfasern gut befestigt werden. Auf diese legen sie dicke Matten von Cocusblättern, die bis über die Seitenbalken hinaus bis in die Nähe des Erdbodens reichen. Die Wände der Häuser, welche gewöhnlich 10 bis 12 Fufs Länge und 6 bis 10 Fufs Breite haben, bestehen ringsum aus ähnlichen Matten; nur an einer oder an einigen Stellen bleiben Oeffnungen, welche die Stelle der Thüren und zugleich der Schornsteine vertreten. In der Mitte des festgestampften Fulsbodens des Hauses ist ein viereckiger Platz, der 2 Fuls tiefer liegt als der Boden und mit kleinen Steinen gut gepflastert ist; darauf brennt stets ein Feuer, theils um die Spei- sen zu bereiten, für welche die bereits geschilderte künstlichere Zube- reitung nicht nöthig ist, dann auch zur Vertreibung der Moskiten, und an den beiden Enden des Feuerplatzes stehen auf Pfosten Plateformen von Bambus, auf denen die Kochgeräthe und die auf Reisen gebrauch- ten Säcke liegen und die Netze getrocknet werden. In diesen Häusern sitzen und schlafen sie auf Matten; beim Schlafen liegen die männ- lichen und die weiblichen Mitglieder der Familie stets für sich zusam- men auf besonderen Plätzen, allein die jungen unverheiratheten Männer eines Dorfes schlafen immer alle zusammen in den Tempeln, die noch später geschildert werden sollen. Wenn sie des Landbaues oder Fisch- fangs halber diese festen Wohnplätze verlassen und andere Gegenden für eine Zeit'besuchen, errichten sie sich da ähnliche Häuser, nur leich- ter und von geringerer Dauer. Nur selten stehen die Häuser einzeln, sie sind gewöhnlich zu kleinen Dörfern verbunden, die grölsestentheils aus 10 bis 20 Häusern bestehen und meistens nicht mehr als höchstens 60 Bewohner haben; Tewai auf Combermere, das gröfseste Dorf von des australischen Continents nur die ähnliche Verzierung, welche darin besteht, dafs ; sie durch Einschnitte in der Haut gewisse Bilder darstellen und indem sie die Hei- lung hindern, das Hervorstehen der Narben bewirken. Wanikoro und der Schiffbruch des la Perouse. 405 allen, die erwähnt werden, hatte 20 bis 30 Häuser und gegen 200 Be- wohner. Die Wanikoresen treiben, in beschränktem Mafse wenigstens, wie alle dunkelfarbigen Stämme, Landbau. Sie pflanzen in besonders dazu angelegten Gärten die ihnen Nahrungsstoffe liefernden Pflanzen, haupt- sächlich Arum, Zuckerrohr, Bananen '); dazwischen stehen die Bäume, deren Früchte sie benutzen, ohne Ordnung zerstreut, und Fulsstege führen allenthalben zwischen den Feldern hindurch. Durchweg sind diese Pflanzungen aber schlecht unterhalten; von der Sorgfalt, welche die hellfarbigen Stämme auf sie verwenden, findet sich keine Spur; alles ist mit Unkraut bedeckt. In der Regel liegen sie in der Nähe der Häuser, allein zu grolsem Theil auch fern von diesen; es scheint fast, als sei es (in ähnlicher Art, wie in vielen Theilen der indischen Inseln) Sitte, nur auf gewisse Zeit lang einen Platz zu bebauen, dann ihn zu verlassen und einen anderen zu wählen. Um die Häuser ziehen sie auch einige, ohne Zweifel erst gezähmte Schweine auf; Hübner haben sie aber nicht gezähmt. Hieraus erklärt sich der übertriebene Preis, den sie namentlich für ihre Schweine von den Europäern for- derten; Lebensmittel sind überhaupt theuer und nur in geringer Menge von ihnen einzuhandeln; sie scheinen kaum für sich hinreichend an- zubauen. Eine andere Hauptbeschäftigung ist der Fischfang. Sie fangen Fische in Netzen und indem sie mit Pfeilen danach schiefsen; auch Schildkröten fangen sie in Netzen und achten Fleisch und Schale gleich hoch; Schalthiere sammeln die Frauen am Strande und auf den Riffen zur Nahrung. Zum Fischfang und zum Verkehr dienen ihnen Boote, deren sie grölsere, mit Masten und Segeln versehene, und kleinere, die nur mit Rudern fortbewegt werden, besitzen. Alle sind von gleicher Bauart, aus dem Stamme eines Baumes mit weichem Holz gehöhlt, 15 bis 20 Fufs lang; die innere Höhlung hat nicht mehr als 6 Zoll Breite, in diese stecken die auf dem Rande sitzenden Ruderer die Beine. Das Umschlagen zu verhüten, ist ein grofser Ausleger an der Wetterseite angebracht, der durch Planken mit dem Schiff in Verbindung steht; in den grölseren Booten liegt eine bis 6 Fufs breite, aus Flechtwerk gemachte Plateform darüber, auf der sie die Fracht und die Waffen liegen haben, und auf der, wenn Vertheidigung nöthig ist, die Kämpfer stehen. Die Segel sind von auffallender Gröfse. Obschon die Boote schnell sind, stehen sie doch in jeder Hinsicht den kunstvollen Fahr- zeugen der hellfarbigen Stämme sehr nach; zu gröfseren Seereisen !) Nach d’Urville auch Yams (Dioscorea); allein Dillon widerspricht dem (2, 273) bestimmt. 406 Meinicke: scheinen sie ganz unbrauchbar zu sein. Doch ist der Bau derselben eine ihrer vorzüglichsten Beschäftigungen; in Nama fand Gaimard einen ordentlichen Werft, auf dem sie zu gleicher Zeit sechs bauten, und der aufserdem der Sammelplatz der Neugierigen und Geschäftslosen war. Grofse Sorge wenden sie auch auf ihre Waffen. Sehr auffallend ist es, dafs weder Dillon noch d’Urville davon andere bei ihnen sahen, als Bogen und Pfeile, weder Lanzen noch Keulen, die doch sonst alle Stämme des Oceans brauchen. Die Bogen sind 5 bis 6 Fufs lang, schön gearbeitet, stark, biegsam, aus röthlichem Holz, die Pfeile ge- schiekt gemacht aus Bambus mit scharfen Spitzen aus Menschenknochen, die durch eine Art Harz befestigt sind. Diese Waffe ist durch ihre Stärke und Gröfse furchtbar, sie sollen auch im Gebrauch derselben sehr geschickt sein; allein noch mehr sind die Pfeile deshalb gefürchtet, weil sie sie zu vergiften verstehen. Es ist freilich auffallend, dafs Dillon’s und d’Urville’s Versuche, dies durch Verwundung von Schwei- nen zu prüfen, ohne Erfolg blieben und die Thiere nicht starben; die Behauptung der Einwohner aber, dafs das Gift blofs den Menschen, nicht den Thieren schade, ist unbedingt zu verwerfen. Indessen kann man doch d’Urville nicht beistimmen, der die Gefahr, welche die Waffe bringt, aus dem Abbrechen der scharfen Knochenspitzen und vielleicht auch aus dem Aberglauben erklärt, weil die Spitzen von Menschen- knochen sind; denn Dillon sah selbst, wie dies Gift aus einer grofsen, einer Mango ähnlichen Frucht zubereitet wurde '), auch verstehen sie, die damit beigebrachten Wunden durch Anwendung des Blattes einer kriechenden Pflanze zu heilen. Vermuthlich behält das Gift seine Kraft nicht lange. An Kriegslust und Streitbarkeit fehlt es den Wanikoresen durch- aus nicht. Niemand verläfst sein Haus, ohne bewaffnet zu sein; die Pfeile tragen sie dabei ohne Köcher in der Hand nach Art eines Fä- chers geordnet, um sie leichter und schneller gebrauchen zu können. Zwischen den kleinen Stämmen bestehen unaufhörlich Kriege und Zwi- stigkeiten, und die Einwohner von Tikopia rühmten die Sicherheit und den Friedenszustand, der auf ihrer anmuthigen Insel herrschte, im Ver- gleich mit der steten Gefahr und Ungastlichkeit namentlich im west- lichen Wanikoro. Wie d’Urville verstanden haben wollte, sollte da- mals grofse Zwietracht zwischen den Bewohnern des nördlichen Com- bermere, der Ufer der Lushington-Bai und Wanu’s einer und den von Tewai, Nama, Payu und Tanema anderer Seits herrschen; als d’Ur- ville sein Schiff durch den Ostpafs in die Lushington-Bai führte, war er Augenzeuge eines Seetreffens zwischen den Bewohnern von Manewai !) Dillon 2, 170, 226 f£. Wanikoro und der Schiffbruch des la Perouse. A407 und Tewai, und auch Gaimard hörte in Nama von den Einwohnern Berichte über ihre Kämpfe mit dem Stamme von Wanu, obschon er doch mit den Kriegern von Nama das letzte Dorf besuchte. Diese Kämpfe, die schon durch Ueberschreitung von Gebietsgrenzen hervor- gerufen werden sollen, scheinen nieht mit grolser Erbitterung geführt zu werden; doch finden sich Beispiele, dafs Dörfer erobert und zer- stört, ganze Stämme selbst aus der Insel vertrieben, die Männer ge- tödtet, die Frauen und Kinder als Gefangene fortgeführt wurden. Die Leichen der Erschlagenen bleiben im Seewasser am Strande liegen, bis alles Fleisch verfault ist; dann bringen sie die Schädel in die Tempel und brauchen die Knochen zu ihren Pfeilspitzen. Die Sorge für ihre Häuser und Boote, für den Landbau und den Fischfang ist ziemlich Alles, was die Wanikoresen beschäftigt; andere Seiten menschlicher Thätigkeit, woran es doch sonst selbst den dunkel- farbigen Stämmen des Oceans nicht ganz fehlt, kennen sie nicht. Wenn sie auch die groben Matten, die sie zur Kleidung, zum Hausbau und auch zu den Säcken brauchen, welche sie auf Reisen stets bei sich tragen, wenigstens zum Theil selbst anfertigen mögen, so ist das mit dem Rindenzeuge, wahrscheinlich auch mit den Stricken aus Cocus- fasern nicht der Fall; dies tauschen sie von ihren Nachbarn ein. Die Geräthe, die sie sonst brauchen, sind gering an Zahl und sehr einfach, Röhren aus Bambus zum Wassertragen, hölzerne, manchmal roh ge- schnitzte Schalen zum Kochen und Essen; noch die meiste Kunst wen- den sie auf die Gefälse aus Bambus oder Kalebassen, in denen sie den Kalk für den Betel haben, und die sie mit Figuren aufserhalb zieren und mit hölzernen Stöpseln verstopfen, und auf die kleinen, aus Blät- tern geschickt gewebten Beutel für die Betelblätter und die Areca- nüsse. Dafs es ihnen dabei an Fertigkeit und Nachdenken nicht fehlt, geht daraus hervor, dafs Dillon bei seiner Ankunft ganz allgemein eiserne Geräthe verbreitet fand, die sie sich selbst aus dem in la Pe- rouse’s Schiff gefundenen Eisen verfertigt hatten, ganz nach dem Muster der französischen, welche sie durch den Schiffbruch kennen gelernt hatten; dadurch sind ohne Zweifel die ursprünglich von ihnen ge- brauchten Beile verdrängt worden. Yon der Sprache der Wanikoresen wissen wir sehr wenig, denn aus den von Gaimard und d’Urville gesammelten kleinen Vocabularien von drei Dialekten der Insel läfst sich nicht viel entnehmen. Gaimard glaubte aus ihnen schliefsen zu müssen, dafs auf einer so kleinen Insel mindestens drei verschiedene Sprachen gesprochen würden; allein eine genaue Betrachtung des Mitgetheilten zeigt, dafs man es doch nur mit Dialekten einer und derselben Sprache zu thun hat, obschon allerdings diese Dialekte, wie das bei allen Negrito der Fall ist, und sich aus 408 Meinicke: der Getrenntheit und Isolirung, in der ihre alles religiösen und staat- lichen Verbandes entbehrenden Stämme leben, erklären läfst, in hohem Malse von einander abweichen. Dafs sich endlich unter den als Wa- nikoresisch angegebenen Wörtern eine nicht unbedeutende Zahl findet, die der Sprache der hellfarbigen Stämme angehört, kann bei der lan- gen Verbindung, die zwischen Tikopia und Wanikoro besteht, nicht auffallen. Von der Religion und der politischen Lage der Wanikoresen sich eine erschöpfende Vorstellung zu machen, ist nach den Erfahrungen und Beobachtungen der Europäer nicht möglich; doch ist es unver- kennbar, dafs in beiden Beziehungen in Wanikoro die Verhältnisse ganz denen der übrigen Negritostämme analog sind. Auch hier ist es die Vereinzelung und Absonderung, welche den Grundzug der religiö- sen und politischen Zustände bildet. Was zuerst die Religion betrifft, so scheint eine allgemein anerkannte Gottheit ganz zu fehlen; denn sonst liefse es sich nicht begreifen, warum das Wort zur Bezeichnung Gottes unverändert aus der ‘Sprache der hellfarbigen Stämme ange- nommen ist '). Dagesen haben einzelne Menschen ihre besonderen, zu ihnen in specieller Beziehung stehenden Gottheiten. D’Urville lernte in der Lushington-Bai zwei solche kennen, die von vornehmen Ein- wohnern besondere Verehrung erhielten; als ihre Wohnsitze bezeich- nete man in einer schlecht erhaltenen Hütte das Loch einer Landkrabbe und ein Bienen- oder Ameisennest; ein anderer Gott sollte auf dem weilsen Felsen am Gipfel des Kapogo leben und die den Berg ver- hüllenden Wolken seine Anwesenheit daselbst anzeigen. Allein der Umstand, dafs diese angeblichen Wohnsitze der Götter in die engste Beziehung zu den Gräbern verstorbener Verwandten der Häuptlinge gesetzt wurden, zeigt den Zusammenhang der Gottheiten mit den Gei- stern der Abgeschiedenen und eine nicht wenig auffallende Ueberein- stimmung der religiösen Anschauungen mit denjenigen, welche unter den hellfarbigen Stämmen so allgemein verbreitet und auf das religiöse und geistige Leben derselben von so aufserordentlichem Einflusse waren, eine Uebereinstimmung, die übrigens durchaus nicht durch eine Ueber- tragung religiöser Ansichten von diesen auf die Negritostämme erklärt werden kann. Ob dagegen die unter dem Namen des Tabu bekännte, ebenfalls den hellfarbigen Stämmen eigenthümliche religiöse Institution von diesen angenommen ist oder ebenfalls den Negritostämmen ur- sprünglich angehört hat, läfst sich nicht entscheiden; das Wort Tabu ") Nämlich Atua. Das ist nicht der einzige Fall der Art bei den Negritostäm- men; in dem von Forrest mitgetheilten Vocabular der Neuguineer von Dorei findet sich für Gott das Wort wat, was meiner Ansicht nach eigentlich "wat gelautet haben und aus dem molukkischen Worte diwata abgekürzt sein wird. Wanikoro und der Schiffbruch des la Perouse. 409 haben die Wanikoresen von den Tikopianer entlehnt; dafs sie auch die Sache kennen, ist nach Gaimards Erfahrungen nicht zu bezwei- feln ’). Mit dieser göttlichen Verehrung der Seelen Abgeschiedener hängt auch ohne Zweifel die Achtung, welche in vieler Beziehung den Schä- deln der Leichen erwiesen wird, zusammen. In jedem Dorfe, selbst bei den Wohnungen, die nur gelegentlich benutzt werden zur Bestellung der in grolser Ferne von den Dörfern liegenden Felder, ist ein Haus, das von den Einwohnern zwar Tempel ?) genannt wird, in den mei- sten Fällen freilich als solcher kaum erkannt werden kann. Es gleicht ganz den gewöhnlichen Wohnhäusern, pflegt jedoch grölser und besser gebaut zu sein, der innere Raum ist rings an den Wänden umher mit einer niedrigen Erhöhung von Bambus umgeben, die mit Matten be- deckt ist und zum Schlafen dient. Denn in diesen Tempeln beherbergt man die fremden Gäste, auch schlafen alle jungen unverheiratheten Männer des Dorfes jede Nacht darin; es dient aufserdem noch zur Aufbewahrung von Waffen, Geräthen, Stricken u. s. w., wie zu allge- meinen Berathüungen der Dorfbevölkerung. Endlich sind diese Häuser, wie schon der Name zeigt, für den religiösen Cultus bestimmt; in dem des Dorfes Manewai fand Gaimard drei Schädel, von denen zwei offen- bar Eingeborenen, der dritte dagegen einem Menschen des hellfarbigen Stammes angehört hatte; davor standen Muscheln und Steine, aufrecht in den Boden gesteckt, und.wenn die Franzosen wie Dillon sonst nie- mals Schädel in den Tempeln gefunden haben, so erklärt sich das aus der Furcht der Einwohner, weil die Europäer eifrig nach solchen Schä- deln forschten, in denen sie Ueberreste aus la Perouse’s Zeit zu finden hofften. Denn die Schädel im Tempel von Manewai hielten die Ein- geborenen sehr hoch, und Dillon erfuhr, dafs die Tempel Wohnsitze der Seelen der Todten seien, so dafs ohne Zweifel die darin befind- lichen Schädel mit der göttlichen Verehrung derselben in enger Ver- bindung stehen. Diesen localen oder persönlichen Gottheiten bringen sie Opfer, die hauptsächlich aus Lebensmitteln zu bestehen scheinen. D’Urville sah ein solches Opfer mit an; der Opfernde legte das Opfer auf das Grab des Angerufenen, wobei er eine lange Rede hielt, liefs es eine Zeit lang liegen und nahm es dann sorgfältig eingewickelt wieder mit sich fort. Auch die Schädel der im Kampf Getödteten opfert man in ähnlicher Art in den Tempeln. Bei der ersten Anwendung eines neuen Netzes !) Gaimard bei d’Urville 5, 323, 335. ?) Baito atua oder Baito tapu (Götterhaus oder heiliges Haus). Die Bezeich- nung ist aus einem Worte der Sprache von Wanikoro und einem der hellfarbigen Sprache angehörenden zusammengesetzt. 410 Meinicke: zum Fischfang opfert der Besitzer zum Dank dem Gotte und giebt zu- gleich ein Fest. Noch wird endlich eine religiöse Ansicht bei den Wanikoresen erwähnt, die deshalb interessant ist, weil sie unter allen dunkelfarbigen Stämmen, die wir genauer kennen, verbreitet zu sein scheint, die näm- lich, die Europäer für Geister zu halten. Vermuthlich hängt der Name mara, den sie den Gefährten von la Perouse gaben, damit zu- sammen '). Sie leben, wie es scheint, in der Monogamie. Die Mädchen wer- den schon in der Jugend verlobt, allein die Hochzeit erst beim Eintritt in die Mannbarkeit vollzogen; sie wird mit einem Fest gefeiert, an dem alle Dorfbewohner Theil nehmen. Die Frauen sind auffallend züchtig und mit ihren Gunstbezeugungen zurückhaltend, die Männer auf sie trotz ihrer Häfslichkeit sehr eifersüchtig; das sind Eigenthüm- lichkeiten aller Negritostämme, die sich erst durch langen Verkehr mit europäischen Seeleuten verlieren. Uebrigens ist das Loos der Frauen natürlich sehr hart; alle schweren Arbeiten fallen auf sie, Fischfang, Sammeln der Muscheln und Früchte, Herbeischaffung der Nahrungs- mittel aus den Gärten und Zubereitung derselben. Aus den grofsen Lasten, die sie zu schleppen haben, erklärt d’Urville ihre linkische Haltung. Ueber die Bestattung der Leichen weils man nur wenig; allein dafs sie mit Feierlichkeiten verbunden ist, läfst sich schon aus dem Ansehen schliefsen, welches den Seelen der Verstorbenen zu Theil wird. In Nama sah Gaimard nahe bei dem Tempel eine kleine Hütte, in der ein kürzlich Gestorbener begraben lag, sein Kopf hing dabei in einem Korbe. Auch Dillon beobachtete in unbewohnten Hütten Schädel, die in Säcken hingen; daher scheinen alle Vornehmeren wenigstens in Hütten beigesetzt zu werden. Bei Todesfällen erscheinen die Dorfbe- wohner geputzt, und die Frauen haben mehrere Tage lang Morgens und Abends zu klagen und zu schreien. Bei ihren Festen fehlt es nicht an Tänzen; sie führen sie Abends an bestimmten Plätzen in der Nähe der Tempel auf und haben grofses Vergnügen daran. Sie haben deshalb auch von den Tikopianern Tänze angenommen und bei sich eingeführt. Dafs ihnen der Sinn für Poesie nicht abgesprochen werden kann, geht aus dem hervor, was oben bei Gelegenheit von la Perouse’s Schiffbruch angeführt ist ?). Von musi- kalischen Instrumenten findet sich Nichts erwähnt, aufser der Gebrauch ') Denn in Gaimards Vocabularien findet sich ein Wort für Europäer, aus dem der gemeinsame Stamm mala hervorgeht (in Nama alamala); auf den Inseln der Torres-Strafse heifst Jammar Europäer und Geist. 2) 8. oben 8. 397. Wanikoro und der Schiffbruch des la Perouse. 411 der Muscheln bei Kämpfen. Sie haben auch eine Art Zeitbestimmung, indem sie sich nach dem jährlichen Wiedereintritt der Nordwestwinde richten, und unterscheiden die Trocken- und die Regenzeit. Von den politischen Zuständen, die unter den Wanikoresen be- stehen, kann man sich bei dem Mangel an Zusammenhang und der Dürftigkeit der uns überlieferten Nachrichten nur sehr schwer eine Vorstellung machen. Sie sind ihrer natürlichen Beschaffenheit, ihrer Sitten und Lebensart, wahrscheinlich auch ihrer Sprache nach ein Volk, politisch zerfallen sie zunächst in mehrere selbstständige Stämme. Ueber die Zahl derselben steht nichts fest; Dillon und d’Urville nennen zu- sammen 15 bis 16, und daher ist es begreiflich, dafs nach Quoy ') die einzelnen gewöhnlich nur aus 50 bis 100 Individuen bestehen. Da zu- gleich ihre Namen mit denen der Dörfer identisch sind, so scheint die Bevölkerung jedes kleines Dorfes einen solchen Stamm zu bilden oder vielleicht nur von den Europäern als ein solcher betrachtet zu werden. Denn vermuthlich ist die Zahl der Stämme in Wirklichkeit geringer, der Art, dafs mehrere Dörfer nach einer aus älterer Zeit herstammen- den Anordnung zusammen einen Stamm bilden; ob aber die Nachricht, welche sich bei Gaimard findet, dafs es eigentlich nur drei Stämme gäbe: Wanikoro, der die Dörfer von der Lushington-Bai bis Payu und die im Nordtheil von Combermere umfafst; Tanema, zu dem Tewai auf der kleinen Insel und die Dörfer der Ost- und Südküste der gröfseren gehören, und Taneanu um die Lushington- und Bayley- Bai, gegründet ist, mufs dahingestellt bleiben. Unbezweifelt besitzt jetzt jedes Dorf sein besonderes Gebiet, und die Grenzen dieser Ge- biete sollen die Einwohner nicht leicht verletzen lassen; wenn aber den Einwohnern von Tewai z. B. die Pflanzungen bei Osili, einem jetzt zerstörten Dorfe an der Bayley-Bai, gehörten, oder Dillon die Einwohner von Nama auf ihren Pflanzungen an der Payu-Bai fand, so lälst sich das nur als eine Folge von glücklichen Kriegen und Er- oberungen erklären. Eine politische Verbindung zwischen einzelnen dieser Stämme und Dörfer findet nicht Statt, jedes Dorf ist unab- hängig. Eben so wenig klar wird uns das Verhältnifs der einzelnen Be- wohner eines Dorfes zu einander. Einige derselben führen den Titel Ariki (oder Aligi), mit welchem Worte die hellfarbigen Stämme ihre aus dem Geburtsadel hervorgehenden Häuptlinge bezeichnen. Von die- sen Ariki machen solche, wie z. B. der von beiden Berichterstattern oft erwähnte Nero im Dorfe Tewai den Eindruck, als seien sie wirk- lich im Besitz der Würde eines Häuptlings gewesen; allein ohne Zweifel !) Bei d’Urville 5, 317. 412 Meinicke: ist dies nur ein Schein. Denn in jedem Dorfe werden stets mehrere solcher Ariki genannt und zwar merkwürdiger Weise im Einzelnen fast jedesmal mit ganz anderen Namen dafür; ja Gaimard, der die Dörfer Nama und Wanu genauer kennen lernte, führt in Nama 12, in Wanu sogar 15 solcher Häuptlinge an; es kann aber unmöglich in diesem Falle etwas anderes darunter verstanden sein, als die Vorsteher der einzelnen Familien eines Dorfes. So begreift man auch, dafs es nach Dillon Frauen giebt, welche mit dem Titel Ariki belegt sind. Ja es kommt sogar vor, dals ein und dasselbe Individuum Häuptling in mehreren Dörfern zugleich ist, wie der von Gaimard erwähnte Naru, der in Nama ein Haus und Eigenthum besafs und dort und zugleich in Tanema Häuptling war '), Wenn aber daneben noch andere Ein- wohner genannt werden, so dürften das wohl erwachsene Söhne der Familienvorsteher oder auch vielleicht unterworfene und geschonte Be- wohner eines eroberten Dorfes sein, die vielleicht in ihren Rechten als der ursprünglichen Bevölkerung nachstehend betrachtet werden. Denn dafs diese angeblichen Häuptlinge, die, wenn ich die Beobachtungen der europäischen Reisenden recht verstehe, nichts als Vorsteher der ursprünglich eine Dorfgemeinde bildenden Familien sind, besonderer Vorzüge und Vorrechte sich erfreuen, das zeigt sich auch wohl in der von d’Urville angeführten Einrichtung, dafs die Kriege der Dörfer unter einander diese Vornehmen nicht betreffen, sondern blofs von den Gemeinen geführt werden, während zwischen den Ariki beständige Ein- tracht und Freundschaft besteht, eine Nachricht, die so, wie sie über- liefert ist, freilich sehr mifsverstanden sein mufs, und deren wirkliche Bedeutung sich nicht errathen läfst, aus der jedoch eine Verschieden- heit der Rechte der Ariki und der übrigen Bewohner hervorgeht. Es ergiebt sich aber aus allen diesen Beobachtungen neben dunklen, kaum erkennbaren Spuren eines früheren strengeren politischen Zusammen- hangs die allen Negritostämmen eigenthümliche politische Zerrissenheit und Auflösung, in der kein anderes Band mehr hervortritt als das der Familie. So ist das Volk beschaffen, welches Wanikoro bewohnt. So roh und barbarisch es aber auch ist oder vielleicht richtiger dem Europäer erscheint, so hat es doch auch ihm nicht an einer Entwickelung ge- fehlt, von der wir mindestens Einiges noch zu erkennen vermögen. Es ist bereits gesagt, dals schon vor zwei und einem halben Jahrhun- dert in Taumako dem Spanier Quiros die Insel Wanikoro als das be- rühmteste Land in dieser Gegend des Oceans genannt wurde; ein Be- wohner von Taumako, der Quiros nach Amerika folgte, sprach von ’) Gaimard bei d’Urville 5, 332. Wanikoro und der Schiffbruch des la Perouse. 413 der Fruchtbarkeit, Gröfse und Einwohnerzahl dieses Landes in einer Art, dafs Quiros glauben konnte, fast einen neuen Continent darin zu sehen '). Daraus ergiebt sich, dafs enge Beziehungen und vielfacher Verkehr zwischen Wanikoro und den umherliegenden Inseln schon da- mals bestanden, dals der Zustand Wanikoro’s in jener Zeit ein von dem jetzigen durchaus verschiedener gewesen sein muls; denn wenn die Insel damals in solcher Art wie jetzt verwildert, die Bevölkerung eben so armselig und dürftig gewesen wäre, so lielse sich gar nicht begreifen, was denn eigentlich die hellfarbigen Bewohner Taumako’s, die an Bildung die ihnen nahe wohnenden Negritostämme weit über- treffen, dahin gezogen haben soll. Im J. 1788 scheiterten la P&rouse’s Schiffe an den Riffen Wanikoro’s, und in dem nicht sehr tiefen Wasser, welches das Riff bedeckt, blie- ben Ueberreste des einen in grolser Zahl zurück. Dieser Vorfall ver- schaffte den Eingeborenen eine übergrolse Masse von Eisen, dem Metall, das bei den Stämmen des Oceans damals ganz in der gleichen Achtung stand, wie Silber und Gold in Europa. Es war ganz begreiflich, dafs dies auf die Lage der Bevölkerung von bedeutendem Einfluls sein mufste, und leider: ist es kein günstiger gewesen; ihr ganzer jetziger Bildungszustand erscheint dadurch bedingt. Denn der schon früher mit den umliegenden Inseln bestehende Verkehr nahm seitdem an Aus- dehnung sehr zu; die Wanikoresen, durch die Menge des Eisens, das ihnen zu Gebote stand, verlockt, haben darüber allmählich die Gewerb- thätigkeit, welche sie früher besalsen, namentlich die Verfertigung der Zeuge aus den Rinden verschiedener Bäume, der Matten, Waffen, Schmucksachen u. s. w., verloren und es vorgezogen, alle diese Gegen- stände von den benachbarten Stämmen einzutauschen; so haben sich eiserne Geräthe von la Perouse’s Schiff durch sie auf alle umliegenden Inseln verbreitet und sind für die Europäer die Veranlassung gewor- den, den Ort des Schiffbruchs erst 40 Jahre später wieder aufzufinden. Dieser Verkehr ist natürlich nur zum Nachtheil der Wanikoresen, wie zum Vortheil ihrer Nachbarn. Es scheint auch, als seien diese es allein, die ihn trieben; man hat daher in Wanikoro einzelne Bewohner aus allen Inseln umher angetroffen, wie freilich einzelne Wanikoresen auch die letzten besucht haben. Ja sogar zu Kriegszügen hat der Be- sitz der eisernen Geräthe Veranlassung gegeben; ein ausgezeichneter Kriegsmann aus Tikopia, Samako, der kurz nach dem Schiffbruch hergekommen war, hat deshalb bis zu seinem um 1824 erfolgten Tode zehn Mal Reisen von Tikopia aus mit kleinen Flotten voll bewaffneter \) Er sei, sagte er, selbst an der Küste entlang gefahren, eine gröfsere Strecke, als von Acapulco bis Mexico ist, und habe das Ende nicht erreicht. 414 Cyril C. Graham: Krieger nach Wanikoro unternommen und sich durch seine Ueberfälle und Plünderungen dort sehr gefürchtet gemacht. In dieser Beziehung ist also der Schiffbruch von la Perouse für die Wanikoresen ein wich- tiges, auf lange Zeit hin ihre Entwickelung und Zustände bestimmen- des Ereignils geworden. XV. Bericht über eine im Jahre 1857 ausgeführte Ent- deckungsreise in die östlich vom Dshebel Haurän liegende Wüste. Von Cyril C. Graham. Nach einem mehrere Monate dauernden Aufenthalt in Syrien und Palästina, in welcher Zeit ich fast das ganze Land westlich vom Jor- dan bereist hatte, nahm ich mir vor, eine Reise durch die südlich von Damaskus liegende Provinz el Haurän (das alte Basan) anzutreten. Die Reisebeschreibungen Seetzen’s und Burkhardt’s waren mir be- kannt; leider aber von dem ersteren blofs die Berichte über seine Reise, die indem an den Baron Zach gerichteten Briefe zu finden sind. Auch hatte ich das Glück, den irländischen Missionar Herrn Porter kennen zu lernen. Er war der späteste der Reisenden im Haurän und in sei- nem Werke: „Five Years in Damascus* sind die ausführlichsten Be- richte über das Land und seine Geschichte zu finden. Oftmals sprachen wir von diesen Reisen im Haurän, und je mehr ich über das Land erfuhr, desto mehr wurde ich angezogen, nicht blofs die schon bekann- ten Gegenden zu bereisen, sondern auch die in der Wüste liegenden Ortschaften zu besuchen, die sowol von Burkhardt als von Porter von dem Schlosse zu Calkhad in weiter Entfernung beobachtet wurden und von denen die Araber so viele wunderliche Dinge erzählten. Im späten Sommer (1857), als ich eben von den Libanon-Gebir- gen nach Damaskus zurückgekehrt war und während ich mich mit den letzten Vorbereitungen zu meiner Haurän-Reise beschäftigte, kam zu- fälligerweise eines Tages ein Araber zu meinen Zelten. Er erklärte sich für einen der Welad Äli- Abtheilung des grofsen und mächtigen Stammes Anezi zugehörigen Sheikh. Sein Stamm war jetzt neben den drei Seen im Osten von Damaskus gelagert, und er lud mich ein, ihn sowol als seinen grofsen Häuptling Mohammed ed-Dühi zu be- suchen. Das war mir sehr lieb, denn aufser Porter hatte damals noch Niemand die Seen besucht. Ich begleitete also meinen neuen Freund, Entdeckungsreise in die östlich vom Dshebel Haurän liegende Wüste. A415 und in sechs Stunden war ich bei dem mittleren der drei Seen, dem Bah’ret el-@ibliyeh. Schon früher war ich mit dem Leben in der Wüste bekannt geworden; ich hatte schon eine Reise von 20 Tagen mit dem Sabä-Stamme der Anezi gemacht, aber niemals hatte ich so viele Kameele und Ziegen gesehen, wie hier bei den Welad Ali. Die ganze Ebene, so weit man nur sehen konnte, war mit den Heerden dieses Stammes bedeckt. Porter war nicht östlicher als der Bah’ret es - Shirgiyeh (Bahret Atebe bei Wetzstein) gekommen; mein Hauptzweck war also, die drei Ruinen, von denen er spricht, zu erreichen. Sie liegen drei bis vier Stunden von dem östlichsten der Seen entfernt und sind wahrschein- lich die Ueberreste von Festungen, die zwischen dem Haurän und Tad- mor erbaut waren. Bei den Arabern heifsen sie ed-Diüra „die Klö- ster“, unter diesen Leuten ein gemeinschaftlicher Name für alle Trümmer. Die südlichste von den drei Festungen mag wohl auch gleichzeitig zu einem Kloster gedient haben, denn ich fand nicht blofs ein Zimmer, das ohne Zweifel zu einer Kapelle bestimmt gewesen, sondern auch zwar ganz verdorbene, aber doch deutlich erkennbare Ueberreste von Wandgemälden. Die Wände waren mit Stuccatur be- deckt und auf dieser befanden sich alle möglichen Farben. Ich fand auch Säulen und die Trümmer alter Häuser. Auf der äufsern Seite der Mauer waren viele Kreuze eingeschnitten, aber keine Inschrift war zu entdecken. Die zwei nördlicheren Gebäude sind gut erhalten und in einem sehr grolsen Mafsstabe ausgeführt, aber diese wenigstens scheinen zu keinem anderen Zwecke gedient zu haben, als zu Grenzfestungen, um das bebaute Land gegen die Räubereien der Nomaden-Stämme zu schützen. Auf diesem kleinen Ausfluge hatte ich Gelegenheit, Erkundigungen über eine merkwürdige Gegend einzuziehen, von der uns bisher blofs der Name bekannt war, ich meine die Gegend ee-Cafäh '). Aus den Berichten der Araber konnte ich über dieselbe jedoch nicht recht klar werden. Sie sprachen von einer Gegend el-H’ärrah, wo ich auf den Steinen Inschriften finden würde, aber wo dieses H’ärrah gelegen sei, konnte ich nicht mit Bestimmtheit erfahren. Sie sagten mir, dafs ec-Cafäh insofern der Ledsha gleiche, dafs es in beiden Regionen gleichmäfsig unmöglich wäre, ohne Erlaubnifs der Bewohner einzu- !) So wurde es mir mehrmals aufgeschrieben. Ich war um so aufmerksamer darauf, da Porter den Namen Cafa schreibt, denn die ganze Bevölkerung spricht es Cafäh aus, sowol die Drusen als die Araber. Auch der Imäm der Drusen zu Qi- nawät, ein Gelehrter und der gebildetste von allen Haurän-Drusen, schrieb es, wie ich es oben angegeben habe. 416 Cyril C. Graham: dringen. „Wir können Dich nicht begleiten, o Bek, denn wir haben schon genug Menschen in dieser verwünschten Gegend verloren. Dort fielen beide Brüder unseres Häuptlings Mohammed ed Dühi und in demselben Kriege verlor der Sheikh seinen rechten Arm. Es ist ein verwünschter Ort, und die Araber des Cafäh sind Söhne des Teufels und ihr Sheikh Oheim aller Hunde.“ Ich entschlofs mich aber, keine Mühe zu sparen, um diese noch ganz unbekannte und von Europäern bisher noch nie besuchte Gegend zu erreichen. Ich kam wieder nach Damaskus zurück, und wenige Tage darauf trat ich meine lange und, wie es sich in der Folge zei- gen wird, höchst glückliche Reise an. Meine erste Tagereise führte mich blofs bis Deir Ali, eine vier Stunden von Damaskus entfernte Ortschaft. Von dort aus sollte die Reise eigentlich beginnen. Die Bewohner waren alle Drusen, und auf die Freundschaft dieses Volkes mufste ich für eine glückliche Ausfüh- rung meiner Reise hauptsächlich rechnen. Ich hatte einen Diener mit meinen Zelten schon vorausgeschickt, und als ich in das Dorf ritt, wurde ich mit allen Ehrenzeichen von dem Sheikh der Drusen em- pfangen. Ich speiste bei ihm, und alle älteren Bewohner von Deir Ali waren eingeladen oder vielmehr strömten herbei, um sowol den Frem- den zu sehen, als dem ungewöhnlich grofsartigen Feste beizuwohnen. Bei solchen Gelegenheiten wird viel Fleisch gekocht, gewöhnlich stellt man ein grolses Schaf in die Mitte der Speisen. Es ist eine ganz falsche Meinung, die in Europa herrscht, dals die Araber und über- haupt die Morgenländer kein Fleisch essen wollen, sie würden es viel- mehr, wenn sie es nur bekommen könnten, jeden Tag geniefsen. Nach dem Essen erst, als wir unsern Kaffee tranken und unsere Pfeifen rauchten, sprach ich von meinen Reiseplänen, und nach langem Ge- spräch war es verabredet, dafs eine Drusen-Escorte mich bis Shih'ba (la) begleiten sollte. Ich sprach von einem Ausfluge in die Le- dsha, aber von der Nordseite war die Reise jetzt unmöglich, weil die Drusen „Blut“ (d. h. eine Blutfeindschaft) mit den zur Ledsha gehöri- gen Arabern es-Solüt hatten. Wir gingen bis Micmih‘, das schon von Burckhardt beschrieben ist, dann ostwärts nach Buräq und von da aus dem ganzen östlichen Rande der Ledsha entlang bis Shih’ba. In dieser Stadt, der bedeutendsten fast von allen Städten des Haurän, die unter der römischen Herrschaft (obgleich wir Nichts von ihrer Ge- schichte wissen), den öffentlichen Gebäuden nach zu urtheilen, von grolser Bedeutung war, wohnt jetzt der reichste aller Drusen-Häupt- linge, Sheikh Färes Ämer. Dieser hatte sich einen der altrömischen Tempel der Stadt zugeeignet, dort hielt er seinen Diwän, denn jeder Drusen-Sheikh ist so zu sagen ein König. Die Regierung ist nicht Entdeckungsreise in die östlich vom Dshebel Haurän liegende Wüste. 417 so ganz patriarchalisch wie die der Araber, ein feudalistisches Element gehört auch dazu, so dals die Drusenherrschaft eher aus einer Aristo- kratie mit persönlichen Dienstverhältnissen besteht. Bei Sheikh Färes gab ich meine Absicht zu erkennen, ec-Cafäh zu besuchen; er bemühte sich ebenfalls, mich davon abzuhalten. „Kein Mensch hat noch die Reise versucht und gewils stöfst Dir irgend ein Unglück zu!“ Aber als er merkte, dafs ich ganz entschlossen war, schickte er nach dem Sheikh des Stammes Ghiäs, der zufälliger Weise gerade zu jener Zeit auf freundlichem Fufse mit Färes Ämer stand. Nach einem langen Handeln kamen wir wegen des Preises überein, und am folgenden Morgen sehr früh verliefs ich Shih’ba in Begleitung des Sheikh Mitlig. Seine Zelte waren unter dem Hügel Tell Um edh Dhibeib aufgeschlagen, der blos 34 Stunden von Shih'ba entfernt ist; dort mufsten wir den Abend abwarten, denn unser Weg führte mitten durch zwei Stämme, welche die ärgsten Feinde der Ghiäs wa- ren, die Welad Ali, die ich vor Kurzem besucht hatte, und die Rüala. Ich benutzte aber die Zeit, erkletterte den Gipfel des Hügels Um edh Dhibeib und konnte von diesem Punkte die Umgegend vortrefflich überblicken. Ich hatte die schönste Uebersicht über die Wüste; östlich war ec-Cafäh, nördlich konnte ich deutlich die grünen Rohrwälder be- merken, die in den Seen wachsen; dann in der weiteren Ferne die in der Mitte von Gärten liegende marmorweilse Stadt Damaskus, und Alles überragend im Hintergrunde den mit Schnee bedeckten Berg Her- mon. Unter mir, auf der Bergseite, lagen die bisher noch nicht be- kannten Städte Teimeh, Düma und Malkiyeh. Auf einer Mauer in dieser letzten Stadt fand ich eine griechische Inschrift, in welcher der Name MeAxaıos vorkommt '). Es war schon spät, als ich von Malkiyeh fortging. Nach einer Stunde waren wir am Fulse der grofsen Bergkette, die sich südwärts bis Qalkhad erstreckt, und nun lag dieses weite Plateau vor uns, das fast ohne Unterbrechung bis zum Euphrat reicht. Der Boden ist im Allgemeinen sehr reich, und überall wachsen schöne wohlriechende Sträucher, welche die einzige Nahrung der Kameele während ihrer langen Wüstenfahrten sind. Ebenfalls unmittelbar unter dem Dshebel Haurän ist der Boden so fruchtbar, dafs er die schönsten Erndten lie- fern würde, wenn man ihn nur wieder bebauen könnte. Aber auf ein- mal kamen wir auf einen Strich, wo die ganze Oberfläche mit Basalt- Steinen völlig besäet war. „Hier fängt el H’ärrah an“, bemerkten so- gleich meine Begleiter. Die ganze Nacht reiste ich fort, und erst um !) Diese Inschrift sowol wie alle übrigen, die noch nicht von Burckhardt oder Porter veröffentlicht worden sind, werden in dem Journal of the Royal Society of Literature erscheinen. Zeitschr. £. allg. Erdk. Neue Folge. Bd. V. a7 418 Cyril C. Graham: 5 Uhr des Morgens liefs mein Sheikh mir etwas Ruhe. Aber Ruhe war unmöglich, denn gerade wo wir uns aufhielten, war eine kleine Unterbrechung dieses Steinlandes, und daneben befanden sich die Trüm- mer einer Stadt. Ich suchte sorgfältig herum, fand aber keine In- schriften, blofs einige Stücke harten grünen Glases. Bald rief der Sheikh mir zu, dafs wir uns beeilen mülsten, um dis Felsen des Ga- fäh zu erreichen und uns dort während des Tages zu verstecken. Ich sah Nichts von besonderem Interesse, bis ich ganz hart an dem süd- lichsten Punkte dieser Region ankam, und da lag eine halbe Stunde von ec-Gafäh entfernt ein mit Asche bedeckter Hügel, der dem Tell Sheih’än zu Shih’ba gleicht. Meine Begleiter hiefsen ihn Tell el Qalemi und erzählten mir, dafs in früheren Zeiten der Secretair des Königs dieser Länder dort seinen Aufenthalt hatte. Bald kamen wir zum südlichsten Punkte von ec-Gafäh, wo wir ein wenig ausruhten und ein Paar Araber vorausschickten, um zu sehen, ob der Weg frei wäre. Ich hatte meinen ägyptischen Diener Hadsh Ali und neun Araber vom Stamme der Ghiäs bei mir. Nun sah ich aber, warum diese ganze Gegend der Welad Ali-Araber für so schrecklich gehalten wurde. & Ee-Gafäh ist eine wahre Insel, die aus der Ebene der Wüste sich erhebt; sie mag etwa 4 deutsche Meilen breit sein, ihre Länge ist aber viel beträchtlicher. Im Innern ist sie so zerrissen, dafs sie eher einer vulkanischen Gegend auf dem Monde, als irgend einer geologischen Formation auf der Erde gleicht. Aus der Mitte dieser Gegend erhebt sich eine Bergkette, welche die Richtung NNO. hat; ich zählte 19 Gipfel. An der östlichen Seite von ee-Cafäh liegt wieder eine Fortsetzung von el-H’ärrah, aber wie weit diese vulkanische Gegend sich gegen Osten erstreckt, habe ich nicht mit Sicherheit erfahren können. Die Araber sagten mir zuweilen, sie reiche drei, zuweilen sogar, sie reiche fünf Tagereisen weit östlicher. Ich war gerade in meine Gedanken über die merkwürdige Gegend vertieft und untersuchte sorgfältig die Geo- logie der H’ärrah, als ich einen Stein bemerkte, auf dem sich Schrift- Charaktere zu befinden schienen. Er fiel mir sehr auf, aber da er ganz allein zwischen den Basaltsteinen eine Inschrift trug, so dachte ich, dafs es vielleicht blofs einige von den Arabern hinaufgekritzelte Zeichen wären; später aber fand ich einen zweiten Stein und diesmal war nicht nur eine Inschrift darauf, sondern auch die wohlausgeführte Zeichnung einer Dattelpalme. Ich mufste wieder eine Strecke gehen, bis ich einen dritten gleichen Stein fand und dann wieder einen vier- ten, eben so vereinsamten, so dafs ich auf den Gedanken kam, dals dies Meilensteine wären. Wo sollte denn die Stadt liegen, auf welche diese Messungen hindeuteten? Ich dachte sogleich an Tadmor, aber ar Entdeckungsreise in die östlich vom Dshebel Haurän liegende Wüste. 419 während ich mich noch besann, erklimmten wir eine Spitze des Cafäh und — ein weilses Gebäude stand vor mir! Es liegt hart am Rande des Cafäh und ringsum befinden sich Trümmer von Häusern, die aus Basaltsteinen erbaut waren. Von weilsem Steine giebt es, so viel ich weils, kein anderes Bauwerk in dieser ganzen Umgebung bis zum Anti-Libanon. Das grolse Gebäude, das gewils zu einer Festung be- stimmt war, wurde, wie es scheint, niemals vollendet. Eine Mauer geht rings herum, und in einer Ecke des Hofes steht ein Thurm, wel- cher den aufserhalb der Stadt Palmyra liegenden Grabmälern so ziem- lich gleicht. Das weilse Gebäude ist vermuthlich von saracenischer Arbeit, obgleich die daneben liegende Stadt viel älter ist und wie die Städte des Haurän aus der Zeit der Rephaim herrühren mag. In- schriften waren wieder nicht zu bemerken, nur einige Sceulpturen fand ich, die aus einer sehr alten Zeit zu stammen scheinen. Ein Löwe und ein Windhund waren besonders schön ausgeführt. Ich besuchte noch vier andere Städte an der östlichen Seite des Cafäh, und dann war ich genöthigt, die weitere Ausführung meiner Reise gegen Norden aufzugeben. In der Entfernung entdeckten wir einige Reiter, die unseren Feinden, den Anezi, zugehörten, und meine Begleiter schlossen daraus, dafs ein Theil dieses Stammes sich des Wassers wegen zu S£is aufhalten müfste. Wir hatten auch stark auf den Brunnen zu Seis gerechnet. Indefs hatten wir noch Wasser genug auf 8 oder 9 Tage, und es war sehr gegen meinen Willen, sobald zurückzukehren. Ich wünschte um so mehr, Seis zu sehen, weil die dortigen Ruinen alle von einem rothen Steine sein sollen. Auch der Name ist auffallend und klingt halb ägyptisch. Jene Inschriften waren mir immer frisch vor den Augen: konnten sie wol auch von ägypti- schen Siegern herstammen? Manche Zeichen schienen doch nicht den ägyptischen Zahlzeichen so unähnlich zu sein, — und dann dachte ich wieder an die Meilensteine! Jetzt aber mulsten wir S&is aufgeben, weil es ganz wahnsinnig gewesen wäre, so gerade in die Mitte der Blutfeinde zu gehen. Wir richteten deshalb unsere Bahn östlich, bis wir den in der Wüste ein- sam stehenden Hügel Um el Dsherid (Mutter der Palmbäume) er- reichten. Ich bestieg ihn und von seinem Gipfel konnte ich weit in die Ferne sehen, aber keinen anderen Hügel und keine schwarzen Städte erblicken. Er erhob sich aus der Fläche der grofsen Wüste! Es war ein ganz eigenthümliches Gefühl, sich so als der Erste zu den- ken, der seit Jahrhunderten diese Aussichten genofs: denn seit Jahr- hunderten ist aufser den Nomaden kein Mensch in diese Gegend ein- gedrungen. Und nun fand ich tausende von Inschriften. An manchen Stellen war jeder Stein mit einer Inschrift oder einem Bilde versehen; 2 Re 420 Cyril C. Graham: Kameele, Affen, Reiter, Windhunde, Gazellen, Panther und manche unerkennbare Gegenstände erschienen nun schaarenweise. Eine ganze Nacht, während der meine Araber alle tief in Schlaf versenkt waren, brachte ich mit Copiren zu. Eine Todesstille herrschte, kein Laut war zu hören, und der Vollmond, der sein blasses Licht auf diese Werke eines uralten Volkes warf, gab der Scene eine fast feenartige Beleuch- tung. Ich fühlte mich in die ältesten Zeiten versetzt und war fast ge- neigt, mir die Rephaim als die Erfinder dieser Schrift vorzustellen. Folgenden Tages in der Frühe setzte ich meine Reise fort, und kam endlich zu einem Wädi Warrän, der, wie alle Flufsbetten in die- ser Wüste, zu jener Zeit ganz trocken war. Zwar erzählte mir Sheikh Mitlig, dafs sein Grofsvater auch Palmen in diesem Wädi gekannt hatte. Ich fand merkwürdige rothe Trümmer und unter Anderem einen eylinderförmigen rothen Stein, den ich dem Museum zu London ge- schenkt habe und der von den dortigen Archäologen für ein Götzen- bild gehalten wird. Es wäre merkwürdig, wenn diese Ansicht richtig wäre, denn unter den Arabern führt dieser Wädi aufser dem Namen Wädi Warrän auch noch den Namen Wädi es-Senäm d. h. „Wädi der Idole*. Nun mangelte es uns sehr an Wasser (ein Kameel starb vor Mattig- keit) und es blieb uns Nichts mehr übrig, als gleich nach den Bergen zurückzukehren. Auf dem Wege streifte ich die Hügel Tell Um el Midhn und Tell Ozda und erreichte dann einen Wädi en-Nemäreh; dieser Wädi hat seinen Ursprung bei dem Dorfe Torba in dem nörd- lichen Theile des Dshebel Haurän; er fliefst bei der Stadt Bshennef vor- bei und erreicht dann die Ebene. Er fliefst weit in die Wüste hinein und mag sogar bis zum Euphrat gehen. Woher der Wädi Wärran ent- springt, konnte ich nicht erfahren; aber dieser Wädi nimmt die Rich- tung nach dem Dshebel Aradsha von Chesney und mag vielleicht das- selbe Flufsbett sein, das er als Wädi Haurän in seiner Karte verzeich- nete. In einer viel älteren Route, in der des englischen Generals Sir Eyre Coote, finde ich denselben Namen Haurän mit der Bemerkung, die Araber hätten ihm gesagt, der Wädi habe seinen Ursprung in dem Dshebel Haurän. Die Ermittelung dieser hydrographischen Verhältnisse wäre von Interesse. In der Mitte des breiten Flulsbettes zu en-Ne- märeh befindet sich eine Anhöhe, auf welcher ein seltsames Haus er- baut ist. Wie die Häuser in Basan ist es aus ungeheuren Steinblöcken errichtet und eine steinerne Thüre hängt in ihrer Achse. Ueber der Thüre war eine Inschrift, die nun aber ganz unleserlich ist. Das Haus soll einst von einer Dame bewohnt gewesen sein, die den Namen führte: „Nimreh bint en Nimür“ d. i. Pantherin, Tochter des Panthers. Uebrigens fand ich zu Nemäreh unzählbare Inschriften. Entdeckungsreise in die östlich vom Dshebel Haurän liegende Wüste. 421 Wir nahmen alsdann den geradesten Weg zum Dshebel Haurän und erreichten ihn wieder nach einer 17tägigen Abwesenheit. Recht matt kam ich zu meinem Drusen-Sheikh zurück. Während der gan- zen Zeit hatte ich nie länger als 3 Stunden in 24 geschlafen. Aufser einem Stück Gazellenfleisch und einer Gerboa hatte ich mich blofs mit Datteln zufrieden geben müssen; wir hatten zwar Reis und Kaffee bei uns, aber wir mufsten mit dem Wasser oft zu sparsam umgehen, als dafs wir es zum Kaffee hätten verwenden können; auch war die grös- seste Vorsicht vonnöthen, dafs wir nicht von anderen Arabern entdeckt wurden, und deshalb durfte in der Nacht durchaus kein Feuer ange- zündet werden. Von Shih’'ba machte ich einen zweitägigen Ausflug nach Dshen£neh, Taala, Taalla, Tell el Khalediyeh und Hit. Und von dieser Stadt wieder trat ich meine fernere Reise an. Ich ging von Shih’ba den Wädi Nimreh entlang bis nach Nimreh, dann südwärts über die Berge zu der noch unbekannten Stadt Bshennef, wo noch ein sehr schöner Tempel aus der römischen Zeit steht. Wir kennen den alten Namen dieser Stadt zwar nicht, aber sie mufs zu den bedeutendsten des Hau- rän gehört haben. Ich habe in Bshennef viele griechische Inschriften eopirt. Von hier aus besuchte ich Busän und dann die von Burck- hardt schon entdeckte Stadt Sali. Später besuchte ich Karis, Kuwei- ris, Ayün, Ain Abu H’amäka, wo ein schöner Tempel steht, Seh'wet el Khidr, H’ebrän und Afineh. Von Sali gegen Westen ist die Land- schaft reizend, man geht durch schöne von Brunnen bewässerte Thäler, und die Berge dieser Gegend sind bis zum Gipfel mit Eichbäumen be- deckt. Wie oft werden im alten Testament die Eichen Basan’s er- wähnt, und reizend sind auch diese Bäume! Es giebt hier zwei Arten davon, die eine heilst Sindshän, die andere Mellül. Ich habe mehrere Proben dieses Holzes mitgebracht und ein Stück befindet sich im Mu- seum zu Kew. Von den südlich, südöstlich und östlich von Calkhad liegenden Städten habe ich Ormän, Malah‘, Deir en Nacräni, Khidr, Abu el H’ocein, H’üt, Anz, Mashqug, Um er Rumän, Um el Dshemäl el Kibir, Um el Dshemäl ez Zighir, Sibh’ah, Sibhiyeh, Um es Serab, Um es Semäk, Qireim, ed Deir, Um es Seneneh und eine Menge andere besucht, die ich aufgeschrieben habe und deren Lage ich ungefähr be- stimmen konnte. Von allen diesen Städten ist Um el Dshemäl bei Weitem die wichtigste. Sie mufs, Bozrah vielleicht ausgenommen, die bedeutendste Stadt dieser ganzen Gegend gewesen sein. Sie ist noch völlig erhalten, ihre Mauer steht noch, die Strafsen und Gassen sind vollkommen erhalten, und sogar die Häuser, die Zimmer und die Haus- thüren. Inschriften fand ich blofs drei, aber auf der Wand eines Hau- ses den allein stehenden Namen OA4JINA®OC. Aufser der Stadt 422 Cyril C. Graham: waren mehrere in Quadratform gebaute Thürme gleich den palmyre- nischen. Wenn man nur nachgraben könnte, so würden sich gewils interessante Reliquien finden. Um el Dshemäl ist ohne Zweifel das Beth Gamul der heiligen Schrift. Dieses ganze Land wurde in spä- teren Zeiten unter dem Namen Moab gekannt, das südliche Gebiet jenseits der Berge Gilead hiefs das Bergland Moab oder das Hochland Moab und der nördliche Theil die Ebene Moab. Jeremias ') spricht einen Fluch über das ganze Land Moab. Zuerst nennt er die Städte bei dem Todten Meere, und dann sich weiter hinaufziehend kommt er zu dem ebenen Lande, und unter den Städten werden Bozrah, Kirioth und Beth Gamul genannt. Bozrah und Kirioth kennen wir schon und Beth Gamul müssen wir doch in dieser Gegend suchen. Die gröfseste aller Städte in der ganzen Umgebung ist Um el Dshemäl, und der Wurzelname ist auch derselbe wie im Hebräischen, denn solche kleine Aenderungen wie von Beth zu Um kommen sehr häufig vor ?). Man braucht nur das 48ste Capitel von Jeremias zu lesen, um eines der auffallendsten Beispiele von der Erfüllung der Drohungen und Versprechungen Gottes zu bemerken. In diesem Capitel kommen solche Stellen vor, wie diese: „Die Städte werden verwüstet und Kei- ner soll mehr darin wohnen.“ Und seit Jahrhunderten ist kein Mensch in diesen Städten ansässig gewesen, kein Mensch aufser den Nomaden hat sie sogar besucht; ganz unbekannt und unbemerkt sind sie geblie- ben, verwüstet und ohne Bewohner. „Moab soll als ein Volk vertilgt sein, denn es hat sich gegen den Herrn erhöht“ ®). Dieses ganze Ca- pitel ist so lehrreich, dafs es Jedermann durchlesen und mit dem jetzi- gen Zustande dieses Landes vergleichen sollte. Und doch sind die Städte so vollkommen erhalten, dafs sie wieder bewohnt sein könnten. Einige Tagereisen südlich von Calkhad entfernt sind mehrere be- wohnte Städte; die erste soll Käf sein, aber näher ist ein Schlofs, Azeraq, wo viele Palmen sind und Inschriften. Ich habe die Absicht, bei einer künftigen Reise diesen Weg von Calkhad über Azerag nach Käf weiter zu verfolgen und so südwärts gegen Dshöf, wo ich auf Wal- lin’s Route stofsen würde, ferner nach dem Dshebel Shammar, wenn es möglich ist, vorzudringen und dann nördlich nach Bierah und bis zum Tigris. Ich hätte drei bedeutende Handelswege erwähnen sollen. Der erste und bedeutendste ist eine römische Strafse, die von Bierah im Haurän über Calkhad nach Bicerah in Iräk führt; der zweite, den ich auf der Reise entdeckte, geht von Calkhad über Ormän Malah‘, Deir !) Jeremias XLVIN. 2) Z. B. das alte Beth Schemesch heilst jetzt Ain esh Shems. 3) Jeremias XLVII, 42. Entdeckungsreise in die östlich vom Dshebel Haurän liegende Wüste. 423 en Nacräni nach en Nemäreh und weiter vermuthlich nach Tadmor; der dritte Weg führt von Bigrah nach Ammän, der alten Hauptstadt des Volkes Ammon. Es wäre sehr wichtig, diesen Stralsen zu folgen, die durch die Wüste zum Tigris führen sollen; ganz gewils sind meh- rere Städte oder jedenfalls Stationen zu finden, wo auch gewils In- schriften vorhanden sind. Wenn auch nur die merkwürdigen Inschriften, die ich zurückge- bracht habe, entziffert werden, dürfen wir auf viel Aufklärung über diese Länder hoffen. Bis jetzt ist die Geschichte dieser östlich vom Haurän liegenden Reiche fast unbekannt, aber es wird sich doch mit der Zeit bestätigen, dafs Ein Volksstamm das ganze Land überzog vom Euphrat bis nach Süd- Arabien. Ein Heft über meine Reise erscheint in den Memoiren der Königl. Geographischen Gesellschaft zu London, mit einer nach rohen Beob- achtungen entworfenen Karte. Einige Abbildungen meiner Inschriften bringt ein Heft der Proceedings of the R. Asiatie Society, die griechi- schen Inschriften werden von der R. Society of Literature herausgege- ben. Ich habe zwar bis jetzt wenig veröffentlicht von Allem, was ich auf dieser Reise gesammelt habe, nur die Hauptzüge der Reise wur- den erwähnt; aber da ich hoffe, das Land wieder zu bereisen, so ziehe ich es vor, von weiteren Publicationen vorläufig abzusehen, bis ich ein vollständiges Werk über das Land Basan herausgeben kann. XVI. A. €. Gregory’s Reise durch den australischen Continent im Jahre 1858. Nach Gregory’s amtlichem Bericht, vom Herausgeber. Durch die Güte unseres verehrten Correspondenten in Adelaide waren wir in den Stand gesetzt, im Septemberheft der Zeitschrift (S. 268 ff.) unsern Lesern eine vorläufige Nachricht über die grofse Reise zu geben, welche A. C. Gregory, zur Zeit der rüstigste austra- lische Forscher, in diesem Jahre zur Aufsuchung der Spuren Leichardts unternommen hat. Derselben Hand verdanken wir jetzt den ausführ- liehen amtlichen Bericht, den der unermüdliche Reisende dem sSecre- tary for Lands and Public Works erstattet hat, und wir beeilen uns, den Lesern darnach detaillirtere Angaben über diese sehr interessante Expedition vorzulegen, bei denen wir uns so viel als möglich den Worten des Originals anschliefsen werden. Die Reise verfolgte be- 424 A. ©. Gregory’s Reise kanntlich im Allgemeinen die Linie tiefster Depression, welche unter 25° 8. Br. am Westabhange des Küstengebirges beginnend, zuerst in westlicher, dann in südlicher Richtung den australischen Continent durchsetzt und durch Lake Torrens zu Spencers Golf führt. Der ursprüngliche Plan der Expedition war, von der Moreton-Bai aus quer durch das Festland nach West- Australien vorzudringen. Sie bestand, aufser dem Befehlshaber A. ©. Gregory, aus dessen Bruder C. F. Gregory als Stellvertreter im Commando, dem Assistenten Bur- goyne, dem Aufseher G. Phibbs und fünf Leuten, unter denen sich auch ein Deutscher, W.v. Wedell, befand, und hatte 9 Reit- und 31 Pack- pferde, für die noch eine Garnitur neuer Hufeisen mitgenommen wurde. Zum Lebensunterhalt versah man sich mit dem Fleisch von zwei Och- sen und vier Schafen, das im frischen Zustande 16 Centner, im ge- trockneten nach Entfernung der Knochen nur 300 Pfund wog, mit 500 Pfd. Speck, 1600 Pfd. Mehl, 100 Pfd. Reis, 350 Pfd. Zucker und 60 Pfd. Thee. Dazu kamen noch 40 Pfd. Taback, 25 Pfd. Schiefs- pulver, 150 Pfd. Schrot und Kugeln und andere kleinere Artikel. Von Waffen führte man eine Minie-Büchse, acht doppelläufige Flinten und neun Revolver. Zur Aufbewahrung des Wassers dienten zwei lederne Schläuche, von denen jeder fünf Gallonen hielt; aufserdem war jedes Mitglied der Expedition noch mit einer besonderen Wasserflasche von Kautschuk versehen, die drei Pinten fafste. Von wissenschaftlichen Instrumenten nahm man zwei Sextanten, prismatische und Taschen- Compasse, Aneroid-Barometer, Thermometer, einen künstlichen Hori- zont und andere mit. Mit Einschlufs der Schmiede- und Zimmergeräth- schaften, des Calico’s zu den Zelten und der übrigen Reise- Utensilien wog die ganze Bagage, Sättel und Pferdegeschirr nicht mitgerechnet, etwa 4600 Pfund, so dafs jedes: Packpferd durchschnittlich 150 Pfund zu tragen hatte. Die Expedition versammelte sich in Mr. Royds Station am Daw- son River, der sich nicht weit vom Wendekreise in’s Meer ergielst, und begab sich am 24. März 1858 von Juanda nach Mr. Cardew’s Station zu Euroomba, von bier unter Leitung des Mr. Bolton, dessen Localkenntnisse wesentliche Dienste leisteten, am 27. März durch dich- ten Scerub und über ein sehr coupirtes Terrain 30 Miles westwärts an die Quelle des Scotts Creek, der sich in den Dawson River ergielst. Dann ging man in der Hauptrichtung nach WNW., durch ein Land mit grasreichen Thälern und einer dichten Vegetation von Brigalow- Aka- zien auf den Höhen. Diese Akazien erreichten hier eine. Höhe von 30 Fufs; sonst traf man von Bäumen noch Ironbark, Buchsbaum und ein paar andere Eucalyptus- Arten; das vorherrschende Gestein war ein weicher brauner Sandstein, der zur Kohlenformation gehört und durch den australischen Continent im Jahre 1858. 425 Höhen mit tafelförmigen Gipfeln bildete. Die Wasserstellen scheinen nicht permanent zu sein; Ende März jedoch war der Graswuchs recht üppig. Der Uebergang über die Basaltkette, welche das Flufsgebiet des Dawson River von den Gewässern scheidet, die westwärts in das Becken des Maranoa River fliesen, war in Folge der dichten Serub- Vegetation nieht ohne Schwierigkeit. Man erreichte einen Zuflufs des Maranoa, wahrscheinlich den Merivale, und folgte ihm westlich. Der Boden wurde hier sandiger, war aber noch gut begrast und für Vieh- zucht in beschränktem Umfange wohl geeignet. Am 5. April erreichte man den Maranoa unter 25° 45’ N. Br., mufste aber in seinem sau- digen Bett Brunnen graben, um auf Wasser zu stolsen. Da man wulste, dafs westlich von diesem Punkte selbst in der günstigeren Jahreszeit vor drei Monaten kein Wasser gefunden war, folgte man dem Maranoa aufwärts bis zum Mount Owen, wo man an einer mit Wasser und Gras hinlänglich versehenen Stelle für ein paar Tage Halt machte, um eine Recognoseirung nach Westen auszuführen. Es gelang Gregory, eine brauchbare Route nach den Zuflüssen des Warrego River aufzufinden, wohin die Expedition auch alsbald aufbrach. Ein heftiger Regenguls hatte hier die Schluchten mit, Wasser gefüllt und den Graswuchs so erfrischt, dafs diese Gegenden sehr vortheilhaft von dem trockenen und wasserarmen Thal des Maranoa abstachen. Schöne, zur Viehzucht ge- eignete Thäler mit lichter Waldung wechselten mit Hügelrücken ab, die mit Brigalow - Akazien bedeckt waren, bis man am 15. April Mount Playfair erreichte, einen Basaltberg in der Sandsteinkette, welche das Warrego-Thal von dem des Nive trennt. Einem kleinen Zuflufs des letzteren folgte man bis zu seiner Mündung in den Hauptstrom unter 25° 6’ S. Br. Im Thal des Nive ist der Boden sandig, nur dürftig begrast und spärlich mit Ironbark- und Gummi-Bäumen besetzt; die niedrigen Sandsteinrücken, die sich im Hintergrunde erheben, tragen dagegen eine dichte Scrub-Vegetation von Brigalow-Akazien. Man kam an einigen permanenten Wasserlachen vorüber, in denen kleine Fische lebten; an ihren Ufern zeigten sich die Spuren von mehreren Lagerplätzen der Eingeborenen. Vom Nive River zog man am 17. April nordnordwestlich durch ein fast ebenes sandiges Terrain, auf welchem das Fortkommen durch die Scrub- Vegetation von Akazien, Eucalyptus- Arten, Flaschenbäumen u. a. aufserordentlich erschwert wurde. Erst 6 Miles diesseits des Vic- toria River tritt man plötzlich aus der Scrub-Region auf die offenen Ebenen, die aus einem fruchtbaren Lehmboden bestehen. Aber eine lange anhaltende Dürre hatte hier alle Vegetation zerstört und das Land in eine vollständige Wüste verwandelt. Auch das Bett des Vic- toria, hier kaum 30 Fufs breit, war ganz trocken, und man mufste 426 A. C. Gregory’s Reise lange suchen, bis man in einer muldenförmigen Senkung des Lehm- bodens etwas Wasser und Gras fand, das hier in magern und verein- zelten Büscheln wuchs. | Hiermit hatte man die Route erreicht, welche Leichardt zu ver- folgen beabsichtigt hatte. Gregory theilte deshalb seine Mannschaft, um beide Ufer des Flusses nach Spuren von Leichardt’s Lagerplätzen untersuchen zu lassen. Aber da im letzten Jahre eine Ueberschwem- mung beide Ufer eine englische Meile weit unter Wasser gesetzt und alle älteren Reisespuren von dem Boden verwischt hatte, konnte man nur in gezeichneten Bäumen oder durch Knochen des geschlachteten Viehs einen Fingerzeig darüber erwarten, ob man sich wirklich auf der Route des unglücklichen Forschers befinde. Während der beiden ersten Tagereisen längs des Victoria fand man nur ein paar kleine Wasserlachen, und auch die reiche Vegeta- tion der serublosen Ebenen, die in einer günstigeren Jahreszeit Mit- chell’s Bewunderung erregt hatte, war ganz verschwunden; es zeigte sich nur ein nackter Lehmboden, der in Folge der anhaltenden Dürre von tiefen Spalten zerrissen war. Unter 24° 37’ S. Br., 143° 13' O. L. v. Gr., vereinigt sich mit dem Vietoria von Osten her das eben so grolse, sandige Bett eines Creeks und unterhalb dieser Confluenz fand man die erste permanente Wasserstelle. Hier wurde auch der Gras- wuchs etwas frischer; aber im Hintergrunde war Alles mit Scrub be- deckt, der sich hin und wieder sogar bis dicht an den Flufs erstreckte. Hier traf Gregory auch die ersten Eingeborenen auf dieser Reise. Etwa acht bewaffnete Personen hatten sich im Serub versteckt und beobach- teten einen seiner Leute, offenbar in feindlicher Absicht. Als sie sich entdeckt sahen, verriethen sie in Folge ihres bösen Gewissens so viel Mifstrauen, dafs es nicht möglich war, mit ihnen eine Unterredung an- zuknüpfen. Auf der Weiterreise längs des Flusses entdeckte man unter 24° 35’ S. Br., 146° 6’ O. L. eine Moreton-Bay-Esche (eine Eucalyptus- Art) von 2 Fufs im Durchmesser, die auf der Ostseite, etwa 4 Fuls vom Boden entfernt, ein durch die Rinde geschnittenes L zeigte; dabei befanden sich einige Stümpfe von kleinen Bäumen, die mit einer schar- fen Axt gefällt waren, und in einem schräge gewachsenen Baume ein tiefer Einschnitt, in den vielleicht eine Zeltstange eingefügt werden sollte. Alles sprach dafür, dafs hier Leichardt’s Expedition gerastet hatte. Der Baum stand nicht weit von dem Ufer eines kleinen, auf Mitchell’s Karte verzeichneten Wasserlaufs. Dafs die Spuren weder von Mitchell’s noch von Kennedy’s Expedition herrührten, erhellt dar- aus, dafs keiner von beiden an dieser Stelle, in einem Umkreise von mehreren Miles, gelagert hat; keiner von beiden konnte auch den Buch- durch den australischen Continent im Jahre 1858. A2T staben L etwa als Bezeichnung der Nummer des Lagerplatzes einge- schnitten haben, da Mitchell seinen fünfzigsten Lagerplatz hier längst hinter sich, Kennedy aber bei seiner Reise in’s Innere diese Zahl nicht erreicht hatte und bei seiner Rückreise die Lagerplätze von dem ent- ferntesten Punkte zählte, bis zu welchem er vorgedrungen war. Von Vieh konnte ungeachtet alles Nachsuchens keine Spur entdeckt werden und dies war auch in Anbetracht der vorjährigen Ueberschwemmung leicht erklärlich; indefs war die Fluth doch nicht stark genug gewe- sen, um einige Emu-Knochen fortzuführen, die ein paar Yards weiter an einem Lagerplatze der Eingeborenen sich vorfanden. Auch auf der Weiterreise untersuchte man jede Stelle, die zu einem Lagerplatz ge- eignet schien, konnte aber Nichts entdecken. Das Land war hier aufserordentlich eben; die paar entfernten Hügelreihen, die man sehen konnte, erhoben sich im Maximum kaum 200 oder 300 Fufs über die Ebene. Baumwuchs zeigte sich nur am Flufsufer; und obwol man hin und wieder auch auf offene Fluren stiels, war die Scrub- Vegetation von Akazien doch entschieden überwiegend. Im Flufsbett zeigte sich nur sehr selten Wasser; die Expedition sah sich meistens auf kleine Lachen von Regenwasser verwiesen, die ein vor Kurzem eingetretener Gewitterregen gebildet hatte. Erst als man sich der nördlichen Biegung des Flusses näherte, kam man an einigen schönen Wasserstrecken vorüber. Unter 26° 2’ N. Br. vereinigt sich mit dem Vietoria von NO. ein kleines trockenes Flufsbett. dem Gregory ein paar Miles weit aufwärts folgte. Da aber weder die geographische Breite, noch seine relative Lage im Vergleich mit der benachbarten Gegend dafür sprach, dafs es der Alice River der Karten sei, kehrte er um und setzte seine Reise längs des Victoria fort. Dieser veränderte indels bald seine Haupt- richtung in eine südwestliche; Gregory liefs also seine Expedition an einer kleinen Lagune Halt machen, ritt wieder stromaufwärts zu der erwähnten Confluenz und überzeugte sich, dafs das Flufsbett wirklich nur das des Alice sei, der aber mehr als 5 Miles südlicher mündet, als die Karten es angeben. Zu dieser Zeit (26. April) hatte eine lange anhaltende Dürre alle Wasserlachen aufgetrocknet, ausgenommen an den tiefsten Stellen in dem Bett des Hauptflusses; auch die kleinere Vegetation, ja sogar die Bäume waren verdorrt, und der mit zahllosen vertrockneten Aesten be- deckte Boden schwer zu passiren; selbst im Flufsbett, wo doch die während des letzten Jahres im Quellgebiet gefallenen Regen die Ve- getation einigermafsen erfrischt hatten, konnte man kaum hinreichende Weide für die Pferde finden. Unter diesen Umständen wäre es ent- schieden gefährlich gewesen, weiter nach NW. vorzudringen; es blieb 428 A. C. Gregory’s Reise nur übrig, dem Hauptstrom bis zu seiner Vereinigung mit Thompson’s River zu folgen, dann längs des letzteren aufwärts zu gehen, um Lei- chardt’s wahrscheinliche Route — falls er nämlich überhaupt von die- sem Punkte direct nach NW. vorgedrungen — an derjenigen Stelle wieder zu erreichen, wo sie über den Thompson führte. Wahrschein- licher blieb es indefs, dafs er sich ebenso wie Gregory genöthigt ge- sehen, dem Laufe des Victoria noch weiter zu folgen, um erst von einem weiter abwärts gelegenen Punkte wieder die nordwestliche Rich- tung einzuschlagen und so die nördlich von dem Flusse gelegene Wüste- nei zu umgehen. Gregory setzte also am 29. April seine Reise stromabwärts fort. Das Land war auf beiden Ufern niedrig und eben und voller Spuren ungeheurer Ueberschwemmungen, der Boden in Folge der Hitze zer- spalten, Wasser überaus sparsam und auch das Gras selten. Das an das Flufsbett sich anlehnende Terrain, ein rother Sand oder Kies, war mit Gestrüpp von abgestorbenen Akazien bedeckt. Schon fürchtete man, dafs die Pferde dem Mangel an Wasser und Futter erliegen wür- den, als am 2. Mai ein starker Regen eintrat und, obwol der ausge- trocknete Boden mit Begier das Wasser einsog, einige Flufsarme doch zu fliefsen anfingen. Dies befreite die Expedition von dem bedrohlich- sten Uebel und setzte sie in den Stand, nach Gras an solchen Stellen zu suchen, an die sie sich unter anderen Umständen nicht hätte hin- wagen dürfen. Am folgenden Tage stellte sich auch eine Abtheilung von sieben Eingeborenen an dem Lagerplatze ein; aber obgleich sie sehr gesprächig waren, konnte man von ihnen doch nichts Erhebliches erfahren. Bei dem Aufbruch machte Einer von ihnen Miene, auf ein Mitglied der Expedition einen Speer zu schleudern; aber als H. Gre- gory, der es bemerkte, einen Revolver auf ihn richtete, ergriff die ganze Gesellschaft schleunigst die Flucht. Der Reichthum an Wasser hatte indefs auch seine üble Seite, und anhaltende Regengüsse hätten die Expedition leicht in eine gefährliche Lage bringen können. Das Lager befand sich nämlich auf einer von tiefen Flufsarmen umgebenen Insel, und als man das den Ueberschwem- mungen ausgesetzte Terrain verlassen wollte, verirrte man sich in dem Netz tiefer Canäle und sumpfiger Rinnsale, in deren weichen Schlamm die Pferde zuweilen so tief einsanken, dafs sie fast erstickten. Einen Flufsarm mufste man durchwaten und das ganze Gepäck auf dem Rücken hinübertragen, über einen andern schlug man eine Brücke zum Transport der Bagage und zog die Pferde, so gut es ging, an Stricken durch den Flufs; nach drei Tagen voller Anstrengungen war man nur 5 Miles weiter gekommen. Das darauf eintretende trockene Wetter gab den Lehmebenen in- durch den australischen Continent im Jahre 1858. 429 defs bald ihre Festigkeit wieder und Gregory versuchte, direet nach Westen zum Thompson vorzudringen, fand aber das Land so arm an Gras und mit so dichtem Akazien-Gestrüpp bedeckt, dafs er sich ge- nöthigt sah, wieder zum Flufs zurückzukehren. Das Thal desselben, das hier nach Westen gerichtet war, verengerte sich hier zu einer Breite von nicht mehr als 5 oder 6 Miles; der Boden wurde fester, Salzgebüsche und Gras reichlicher, so dafs sich die Pferde etwas von den Folgen ihrer früheren Entbehrungen in der Wüste erholten. Gre- gory hielt sich in einiger Entfernung vom rechten Ufer des Stromes, kam hier über einige Reihen von Sanddünen und traf auf eine Lagune, die fast eine englische Meile lang war. Auch an diesem Wasserplatz stiefs man am 8. Mai auf Eingeborene, die sich aber bei Annäherung der Expedition schleunigst entfernten und ihre Netze, Fische u. dgl. im Stich liefsen. Gregory tastete ihr Eigenthum nicht an und lagerte etwas weiter abwärts an der Lagune. Am folgenden Tage näherten sich die Eingeborenen, sieben oder acht Männer und drei oder vier Weiber, sie wollten sogar in das Lager kommen, was ihnen jedoch nicht gestattet wurde. Sie gaben durch Zeichen zu verstehen, sie hät- ten daraus, dafs ihr Eigenthum unberührt geblieben, die friedliche Ge- sinnung der Reisenden erkannt; aber eine Mittheilung, die für den Zweck der Expedition von Werth gewesen wäre, konnte man von ihnen nicht erlangen. Nachmittags entfernten sie sich, um, wie sie sagten, an dem entlegensten Theile der Lagune Nachtquartier zu halten und am nächsten Morgen wieder zu kommen. Nach Einbruch der Dunkel- heit bemerkte man indels, dafs sie sich durch die Gebüsche in’s Lager zu schleichen suchten, und sie zogen sich auch auf ernsten Zuruf nicht zurück. Da sie von ihrer Stellung aus das Lager beherrschten, muls- ten sie um jeden Preis entfernt werden. Gregory feuerte ein Pistol über ihre Köpfe ab, — aber ein Hohngelächter antwortete ihm, und er mulste besorgen, dafs sofort ein Angriff folgen würde. Er liefs also die mit feinem Schrot geladenen Flinten in die Büsche abfeuern und diese Salve hatte das Resultat, dafs man fernerhin unbelästigt blieb. Bei der Annäherung an den Thompson verschlechterte sich das Land wieder und auf den letzten 5 Miles war es ganz vegetationslos. Indefs war es ein hoffnungsvolles Zeichen, dafs der Thompson in Folge der letzten Regen flielsendes Wasser hatte; freilich mufste man an die- sem Flusse noch 12 Miles aufwärts reisen, ehe man wieder Weide für die Pferde fand. Nur unmittelbar am Flusse wuchsen ein paar Bäume; in einiger Entfernung waren sie sämmtlich abgestorben und die Ebe- nen selbst bildeten eine trostlose Wüste, mit Ausnahme einiger Salz- büsche ohne alle Vegetation. Fünf Miles vom Flusse entfernt zogen sich niedrige Reihen rother Sanddünen hin, die auf den Charakter des 430 A. C. Gregory’s Reise hinter ihnen liegenden Landes einen Schlufs erlaubten. Vom Wieder- schein der rothen Sandwüste hatten sogar die Wolken eine schmuzig gelbe Färbung angenommen. Unter 24° 40' S. Br. traten niedrige Sandsteinberge oder vielmehr ein Plateau auf beiden Seiten an den Flufs hinan; sie waren von tiefen Schluchten zerrissen, aus denen das Wasser zusammengeströmt war, das man im untern Flufslauf gefunden hatte; denn weiter oberhalb war das Flufsbett ganz trocken. Nichts- destoweniger drang die Expedition bis 23° 47’ S. Br. vor. Hier fehlte es ganz an Wasser und Gras, da die Regen nicht so weit nach Nor- den gereicht hatten; der Fluls selbst vertheilte sich in zahllosen, ganz seichten Armen über die weite Ebene, so dafs man die Hoffnung auf- geben mulste, eine Wasseransammlung zu finden. Um der Pferde willen blieb Nichts übrig, als ein weiteres Vordringen nach Norden oder We- sten aufzugeben und so schnell als möglich wieder nach dem Süden zurückzukehren. Dies war um so verdriefslicher, als die Expedition jetzt ungefähr den Punkt erreicht haben mochte, an welchem Leichardt, vielleicht unter günstigeren Witterungsverhältnissen, über den Thomp- son gegangen sein konnte. So sah man sich genöthigt, auf die Verfolgung des eigentlichen Zweckes der Expedition zu verzichten. Man konnte nun entweder zur Quelle des Vietoria zurückkehren und von dort nordwärts in dem Thale des Belyando vordringen; oder dem Victoria abwärts folgen und sich darüber vergewissern, ob er sich in Cooper’s Creek oder in den Dar- ling ergiefse. Gregory entschied sich für das Letztere, da es doch innmer möglich erschien, dafs auch Leichardt gezwungen worden, eine südwestliche Richtung einzuschlagen. Bei der Rückkehr längs des Thompson hielt er sich auf dem rech- ten Ufer desselben, um sich zu überzeugen, ob er von Westen Zuflüsse empfange. Es vereinigten sich hier aber nur ein kleiner Bach und ein paar unbedeutende Regenschluchten mit ihm, und das Land war eben so armselig wie auf dem linken Ufer. Kahle, den Ueberschwemmun- gen ausgesetzte Ebenen wechselten ab mit niederen Felsenrücken, die mit dichtem Scerub bedeckt waren, und mit Sanddünen, auf denen nur triodia wuchs. Die Hauptarme des Victoria waren weiter abwärts noch mit Wasser gefüllt, aber die lehmigen Ebenen zwischen ihnen ganz trocken, da es so weit nach Süden ebenfalls nicht geregnet hatte. „Nichts konnte trostloser sein, als die unabsehbare Fläche dieser un- geheuren Ebenen, die sich ohne alle Vegetation bis an den Horizont ausdehnten.*“ Die Pferde mulsten sich von vertrocknetem Röhricht nähren und fanden auch dieses so selten, dafs sie mit Begier die Be- dachung von ein paar alten Hütten der Eingeborenen auffralsen. Am 27. Mai, als man fast die Stelle erreicht hatte, bis zu welcher Mr. Kennedy vorgedrungen war, gingen den Pferden entschieden die Kräfte aus; der trockene Lehmboden war dermalsen zerspalten, dals sie fort- während stolperten und fielen; eines der Thiere war so erschöpft, dafs man es nothgedrungen zurücklassen mufste. Am folgenden Tage er- reichte man nach einem zuerst westwärts, dann nordwärts gerichteten Marsch den kleinen Wasserplatz bei Mr. Kennedy’s zweitem Lager auf seiner Rückreise, und fand hier noch Wasser genug für eine Nacht, aber nur ein paar zerstreute Grasbüschel, die für eine solche Anzahl von Pferden nicht ausreichten. Nicht weit davon stand auch ein grolser Buchsbaum, der von Kennedy mit einem K, darunter mit einer UI in einem Viereck gezeichnet war. Obgleich seitdem 12 Jahre verflossen waren, konnte man die Axthiebe und die Stöfse des Stemmeisens noch deutlich erkennen; es wird der Trockenheit des Klima’s zugeschrieben werden müssen, dafs die Bäume hier so langsam wachsen und, abge- storben, sich so lange unverändert erhalten. Nach einem anstrengenden Marsch von 30 Miles in nordwestlicher Richtung über diese entsetzliche Wüste mit ausgetrocknetem Lehm- boden erreichte die Expedition endlich einen kleinen Grasfleck auf einem Sandhügel, noch zur rechten Zeit, um die Pferde am Leben zu erhal- ten. Manche konnten kaum mehr stehen und man hatte ihnen ihr Ge- päck bereits abnehmen und es auf die weniger erschöpften Thiere hin- aufladen müssen. Am nächsten Morgen war auch jeder Halm abge- fressen und die kleine Oase sah eben so kahl und öde aus wie das Land weit und breit umher. Glücklicherweise fand man 3 Miles süd- licher einen zweiten Grasfleck, an dem die Expedition voll Dank ge- gen die Vorsehung Halt machte. Der Wassermangel machte sich bei Weitem nicht so fühlbar als der Mangel an Weide; denn die sehr un- regelmäfsigen Flulsarme auf der Westseite der Ebene, die sich auf der horizontalen Fläche oft ganz verliefen, vereinigten sich doch an andern Punkten in grofsen Senkungen wieder, und bildeten hier hübsche, von Buchsbäumen umgebene Wasserflächen, von denen einige an 300 Fuls breit und über eine englische Meile lang waren. Unter 27° S. Br. nähert sich ein Sandstein-Plateau dem Westufer des Flusses. Gregory versuchte die Reise an dem Abhange desselben fortzusetzen, da die Schlammebenen sehr unbequem zu passiren waren; aber der Abhang war so steinig, dafs die Pferde, denen für den Ritt über die Schlamm- ebene die Eisen abgenommen waren, ihre Hufe bald bis auf das leben- dige Fleisch abgelaufen hatten. Abgesehen von dem grünen Busch- werk von Salsolaceen und ähnlichen Pflanzen, die seit dem letzten Regen aufgeschossen waren, glich das Land vollkommen der 200 Miles weiter westlich gelegenen Steinwüste, welche Capt. Sturt beschrieben hat. Diese Sandsteinformation schränkt zur Regenzeit das Wasser auf durch den australischen Continent im Jahre 1858. 431 432 A. C. Gregory’s Reise einen engern Raum ein und trägt dadurch dazu bei, die schönen tiefen Wasseradern zu bilden, die das Plateau charakterisiren. Die Expedition folgte dem Westrande der Ebene bis 27° 30' 8. Br., wo das Sandstein-Plateau zurücktrat und eine endlose Schlamm- ebene vor den Augen der Reisenden sich ausdehnte. Die Reihen von Buchsbäumen, die bisher den Lauf der Stromarme bezeichnet hatten, hörten fast ganz auf, und polygonum und atriplex bildeten die charak- teristischen Bestandtheile der Vegetation. Nach anderthalb sehr be- schwerlichen Tagemärschen in südwestlicher Richtung über diese hori- zontale Fläche erreichte man am 9. Juni unter 27° 50’ S. Br. einige niedrige Hügelrücken, an deren Fufs eine etwa 100 Yards breite La- gune lag; es waren Anzeichen vorhanden, dafs sie bei hohem Wasser- stande nach Nordwesten flofs, und da auch die verschiedenen Creeks, die man vorher überschritten hatte, offenbar einen westlichen Lauf hat- ten, schlofs man, dafs sie sich bald mit Cooper’s Creek vereinigen mülsten. Etwas weiter westnordwestlich vereinigten sich die verschie- denen Flufsarme und bildeten ein tiefes Bett mit weiten Wasserstrecken. Hier erhob sich das Sandstein - Plateau auf beiden Flufsufern, der Bo- den der zwischen seinen Rändern liegenden Ebene wurde fester, war aber, nach der Vegetation zu schliefsen, offenbar salzhaltig, — eine Erscheinung, die so oft die Entwickelung der obern Sandsteinforma- tion in Australien begleitet. Gras war reichlich vorhanden und die Pferde erholten sich mit wunderbarer Schnelligkeit. In der Nähe des 141° O.L., welcher die Grenze von Südaustra- lien bildet, schlossen steinige Bergrücken beide Ufer des Cooper’s Creek ein. Die Expedition verfolgte in dieser Grenzschlucht einen gut gebahnten Eingeborenen-Pfad, und Gregory fand hier die einzige Passage in Australien, für deren Verbesserung die Eingeborenen durch Wegräumung der losen Steine Sorge getragen haben. Jenseits der Bergkette wurde das Thal breiter, unter 140° 30’ O. L. traten die Berge im Norden und im Süden plötzlich zurück und das ganze Land im Westen schien abwechselnd aus niedrigen Hügelrücken und hori- zontalen, der Ueberschwemmung ausgesetzten Ebenen von trockenem Schlamm zu bestehen. Kurz ehe man den Arm von Cooper’s Creek erreichte, den Capt. Sturt „Strelezki Creek“ genannt hat, bemerkte man die Spuren von zwei Pferden, eines Wagen- und eines zugerittenen Reitpferdes; sie waren aber älter als einen Monat und durch den Regen so undeutlich geworden, dafs man sie nicht verfolgen konnte. Ohne Zweifel hatten die Thiere, wie sie es bei freiem Umherschwärmen zu thun pflegen, bei dem Eintritt des Regens das Flufsufer verlassen. Sie gehörten SERIFTER ee Br = durch den australischen Continent im Jahre 1858. 433 sicher zur Expedition Sturt’s, der in dieser Gegend ein ganz erschöpftes Pferd zurücklassen mufste, während ein zweites sich verlaufen hatte. Strelezki Creek trennt sich von dem Hauptarm fast unter einem rechten Winkel. Er scheint fast ein Drittel der Wassermasse von Cooper’s Creek nach Süden zu führen, und ergiefst sich, wie Gregory später entdeckte, in den Lake Torrens. Gregory setzte indefs die Reise längs derjenigen Flufsarme fort, die nach Westen gingen; von ihnen zweigten sich fortwährend breite Adern nach Süden und Südwesten ab, so dafs sich der Flufs zuletzt auf den trockenen Schlammebenen zwi- schen den sandigen Hügelreihen ganz verlor. Da man nicht erwarten durfte, weiter im Westen Gras und Wasser zu finden, wandte sich Gregory nach Süden und Südost, zog 50 Miles weit über mehrere Dü- nen von rothem Flugsand, die 10 bis 50 Fufs hoch waren und von Norden nach Süden einander parallel liefen, und fand nur hin und wieder zwischen ihnen seichte Lachen von Regen- und Schlammwasser. Glücklicher Weise war hier nach dem Regen viel Schilf aufgeschossen, so dafs die Pferde sich erholten und des Wassers weniger bedürftig waren. Am 21. Juni erreichte Gregory unter 38° 24’ wieder den Strelezki Creek und folgte ihm in südsüdwestlicher Richtung zwischen Sanddü- nen bis 29° 25’, wo der Creek sich nach Westen wendet und sich in den Lake Torrens ergielst. In seinem Bett war kein permanentes Wasser, wohl aber eine Anzahl tiefer Löcher, die, wenn sie sich ein- mal mit Wasser gefüllt haben, dasselbe ein paar Monate aufbewahren. Deshalb bildet dieser Creek noch immer die beste Route in das Innere Australiens, zumal da sich oberhalb seiner Abzweigung von Cooper’s Creek in dem letztern eine vortreffliche Wasserstelle befindet. Die Expedition schlug den Weg ein zwischen dem Ostende des Lake Torrens und demjenigen Bassin, welches bisher als der östliche Flügel des Torrens betrachtet wurde, in der That aber, wie sich jetzt herausstellte, eine gesonderte Wasseransammlung ist. Der Isthmus zwischen beiden Becken ist eine halbe englische Meile breit und be- steht aus einem ebenen, mit Salicornien bedeckten Sandboden; ein die beiden Becken verbindendes Rinnsal war nicht zu entdecken. Die Reise ging nach SSW. nach Mount Hopelefs, dem Nordende der hohen südaustralischen Bergketten; er war schon in einer Entfernung von 60 Miles sichtbar gewesen. Hier zeigten sich nun schon die Spuren von Rinder- und Pferde- Heerden und 8 Miles jenseits des Mount Hopelefs erreichte man am 26. Juli das erste Viehzucht-Etablissement; es war erst kürzlich von Mr. Baker begründet worden. Gregory beschlofs, sich direet nach Zeitschr. f. allg. Erdk. Neue Folge. Bd. V. 28 Adelaide und von dort zur See nach Sidney zu begeben; in kleinen Tagemärschen durchzog er Süd-Australien auf einer Route, die den Lesern der Zeitschrift bereits aus Goyder’s und Freeling’s Berichten bekannt ist. „In Beziehung auf das wahrscheinliche Schicksal Leichardt’s*, be- merkt Gregory am Schlufs seines Reports, „erhellt aus der Existenz des oben erwähnten Lagers mit dem gezeichneten Baumstamm, fast 80 Miles jenseits der von Mr. Hely aufgefundenen Lagerplätze, dafs der diesem Herrn von den Eingeborenen mitgetheilte Bericht über die Ermordung der Reisenden nicht in der Wahrheit begründet, vielmehr wahrscheinlich nur eine Aufwärmung des während Leichardt’s erster Reise nach Port Essington verbreiteten Gerüchts ist. Es ist auch nicht wahrscheinlich, dafs die Expedition zu Grunde ging, ehe sie den Vie- toria verliels; wären ihre Mitglieder von den Eingeborenen erschlagen worden, so würden die zerstreuten Knochen von Pferden und Ochsen unseren Nachforschungen nicht entgangen sein. Ich glaube deshalb, dafs sie den Flufs bei der Einmündung des Alice verliefsen und von Gewitterregen begünstigt durch die ebene Wüstenei nach Nordwesten vordrangen. In diesem Falle mulste sich die Expedition nach dem Auf- hören des Regens in Folge des Wassermangels nicht nur aufser Stande sehen, ihre Reise fortzusetzen, sondern auch die Rückkehr mulste ihr unmöglich geworden sein, da die seichten Lachen von Regenwasser in ein paar Tagen verdunstet sein mulsten; und es ist nicht anzunehmen, dafs sie sich zur Rückkehr eher entschlofs, als bis diese durch die voll- ständige Erschöpfung der ganzen Gesellschaft absolut nothwendig ge- macht war.“ „Der Charakter des Landes zwischen den letzten Stationen am Dawson River und der Quelle des Warrego River ist eine grasreiche Waldung, die von Rücken mit dichtem Brigalow- Serub durchschnitten wird. Es ist zum grolsen Theil als Weideland zu benutzen, aber doch nur spärlich mit Wasser versehen; und da der Graswuchs auf dem sandigen Boden nur mager ist, würden die Heerden auch nur weit- läuftig über das Terrain vertheilt werden können. Weiter nach dem Innern wird die Gegend dürrer und baumlos, ausgenommen an den Ufern der gröfseren Wasseradern; die Beschaffenheit der Vegetation verrieth, dafs hier anhaltende Dürre nicht selten ist. Nördlich vom 26° S. Br. ist aufserhalb des den Ueberschwemmungen ausgesetzten Terrains dichtes Akazien-Gestrüpp vorherrschend; im Süden sind san- dige und steinige Wüsten mit niedrigem Scrub die vorwiegende Er- scheinung. Westlich von 147° O. L. bis nahe an die Grenze Süd- Australiens ist das Land zur Ansiedelung ungeeignet; in günstigen 434 A. C. Gregory’s Reise durch den australischen Continent im Jahre 1858. 435 Jahren mag man hier allerdings hin und wieder reichliche Weide fin- den, aber die Unsicherheit des Regens und die häufige Wiederkehr an- haltender Dürre machen einen dauernden Aufenthalt unmöglich; an perennirenden Pflanzen fehlt es, die Gräser und Kräuter vertrocknen nicht nur, sondern sie werden von den heilsen Sommerwinden voll- ständig weggefegt, so dafs der Boden ganz nackt und kahl wird. Am Cooper’s Creek, nicht weit von der südaustralischen Grenze, liegt ein kleiner Landstrich zweiter Qualität, der hinlänglich mit Wasser ver- sehen ist und allenfalls benutzt werden könnte. Der beste Theil ge- hört indefs zur Provinz Süd- Australien. Zwischen Cooper’s Creek und dem Lake Torrens liegt ein sandiger Landstrich, in einer Breite von 120 Miles, der an der Oberfläche kein Wasser zeigt; aber da man wahrscheinlich beim Nachgraben in mäfsiger Tiefe Wasser finden wird, könnte er während der kühlen Jahreszeit mit Vortheil als Weideland benutzt werden, damit sich inzwischen die Weiden der in der Nähe des Lake Torrens etablirten Stationen erholen könnten; einer dauern- den Ansiedelung dürfte die aufserordentliche Hitze des Sommers ent- gegen sein.“ „Der geologische Charakter des Landes ist auffallend einförmig. Koblensandstein und Kohlenschiefer, die hin und wieder Kohlenlager enthalten, überdeckt von Basaltbergen und Basaltrücken, erstrecken sich von den Darling-Ebenen bis 146° ©. L., wo diese Gesteine von horizontalen Sandsteinschichten, mit Lagern von Quarz und abgeriebe- nen Quarzkieseln, überlagert werden. Diese letztere Formation erstreckt sich bis zum Mount Hopelefs, wo die Schiefergebirge Süd - Australiens steil aus der Ebene emporsteigen. Der Wüstensand und der Schlamm der Ebenen sind nur die äulsersten Schichten der Oberfläche; der dar- unter liegende Sandstein tritt oft zu Tage, wo die oberste Schicht von Schluchten zerrissen ist. Die Richtung der parallelen Rücken von Flugsand scheint das Resultat der vorherrschenden Winde, nicht aber der Einwirkung des Wassers zu sein; man darf sie nur an einem windigen Tage beobachten, um sich zu überzeugen, dafs die zur Zeit noch fortwirkende Ursache zur Erklärung genügt, und dafs es nicht nöthig ist, nach einem entlegeneren und zweifelhafteren Erklärungs- grunde zu suchen.“ „Die Resultate der Expedition für die physische Geographie sind vielleicht die erheblichsten. Dadurch, dafs die Forschungen Mitchell’s, Kennedy’s, Sturt's und Eyre’s der Reihe nach mit einander. verknüpft wurden, ist der Beweis geführt, dafs die Gewässer des tropischen In- nern in dem östlichen Theile des Continents, wenn nicht factisch in Spencer’s Golf, so doch nach der Richtung von Spencer’s Golf 28* 436 A. C. Gregory’s Reise fliefsen, während die Barometer-Beobachtungen zeigen, dals Lake Torrens — die tiefste Depression des Innern — entschie- den über dem Meeresspiegel liegt.“ „Dieses eigenthümliche Relief des Innern macht es unwahrschein- lich, dafs Binnenseen von einigem Umfang in Verbindung mit dem be- kannten Wassernetze existiren sollten. Da Lake Torrens entschieden nur eine erweiterte Fortsetzung von Cooper’s Creek und gewissermalsen der Culminationspunkt dieses ungeheuren Flufsgebiets ist, so würde er, wenn die durchschnittliche Regenmenge im Innern grols genug wäre, die Wirkung der Verdunstung von der Oberfläche eines ausgedehnten Wasserbeckens wieder zu ersetzen, einen permanenten See bilden, nicht aber, wie jetzt, einen salzigen Sumpf, in dem mit Sicherheit nur die Existenz einiger seichten Salzwasser-Lagunen nachgewiesen ist. Sind aber die von einem so ungeheuern Areal zusammenströmenden Ge- wässer nicht ausreichend, die Verdunstung von der Oberfläche des Lake Torrens zu ersetzen, so ist noch geringere Wahrscheinlichkeit vorhan- den, dafs die Gewässer in dem westlichen Theile des innern Continents einen See von einigem Umfang bilden, selbst wenn sich hier die ganz anomale Erscheinung einer Bodendepression zeigen sollte, in welcher das Wasser sich ansammeln könnte, zumal da wir nach unserer Kennt- nifs von dem Rande dieses Innern auf ein noch trockneres Klima und ein noch ungünstigeres Bodenrelief schliefsen müssen, als der östliche Theil unseres Continents es besitzt.“ „Die Undulationen der Oberfläche sind dem Meridian fast parallel. Sie nehmen von dem Scheidegebirge zwischen den ostwärts und den westwärts flie[senden Gewässern nach Westen hin an Höhe allmählich ab, bis das Wasser der Flüsse endlich, statt in Thälern zusammenge- halten zu werden, sich über Ebenen ausbreitet, die durch eine leichte Abplattung der Krümmung des Erdballs gebildet werden. So liegen die Ränder der Ebene, durch welche der Victoria fliefst, ehe er sich nach Westen zum Cooper’s Creek wendet, 150 Fufs unter der Tan- gential-Ebene der Central- Arme, und selbst der Gipfel des Sandstein- Plateau’s war unter dem sichtbaren Horizont. Diese Boden -Configu- ration ist der Grund, dafs die Flüsse, wenn sie der Richtung der Thäler von Norden nach Süden folgen, ihre Betten so aufserordentlich aus- breiten, und dafs nur da, wo sie die ihnen in den Weg tretenden Berg- rücken durchbrechen, das Wasser hinlänglich zusammengehalten wird, um ein scharf begrenztes Strombett zu bilden.“ „Die Existenz dieser grolsen Thäler, die sich über ein so weites Gebiet von Norden nach Süden hinziehen, macht es nicht unwahr- scheinlich, dafs sie sich noch weit jenseits des bisher erforschten Ge- bietes ausdehnen. Nicht ohne Grund kann man die Vermuthung aus- durch den australischen Continent im Jahre 1858, 437 sprechen, dafs die grofse Depression, die man jetzt von Spencer’s Golf durch Lake Torrens 500 Miles weit bis zu Sturt’s Steinwüste oder vielmehr bis zu den am westlichen Rande derselben liegenden Schlamm- ebenen verfolgt hat, sich ununterbrochen noch eine gleiche Strecke weiter bis zu den Niederungen am innersten Recefs des Golfs von Car- pentaria ausdehnt. Diese Vermuthung wird auch durch die Thatsache unterstützt, dafs die in den zuletzt genannten Golf mündenden Flüsse entweder von Osten oder von Westen kommen, natürlich von höherem Lande, das sich nach diesen Richtungen hin vorfindet, während kein einziger Flufs von Süden kommt und sich auch sonst gar kein Anzei- chen bemerken läfst, dafs nach dieser Richtung hin eine Bodenerhebung existirt.“ Gregory schlägt nun noch vor, diesen Victoria River des Innern künftighin Cooper’s Creek zu nennen, nicht blofs in seinem unteren Laufe, sondern für seine ganze Entwickelung von den durch Mitchell bekannt gewordenen Quellen bis zu seiner Mündung in den Lake Tor- rens, — um diesen für die Geographie Inner- Australiens so wichtigen Flufs von dem bekannten Victoria River der Nordwestküste zu unter- scheiden, der in den Cambridge-Golf mündet. Zum Schlufs fügt er noch folgende Bemerkungen über die Eingeborenen hinzu: „Ueber die Zabl und die Sitten der Eingeborenen konnte ich nur wenig erkunden, da im Ganzen nur etwa hundert Männer, ein paar Weiber und Kinder in kleinen zerstreuten Abtheilungen uns zu Ge- sicht kamen. Nach der Zahl der Lagerplätze zu schlielsen, müssen aber wenigstens Tausend die Ufer des Flusses zu besuchen pflegen; wahrscheinlich sind alle Bewohner des ganzen Gebietes, welches sich 100 Miles weit auf beiden Ufern des Flusses ausdehnt, ihres Wasser- bedarfs wegen während der trockenen Jahreszeit vom Flusse abhängig. Beide Geschlechter gehen ganz nackt. Ihre Waffen und Hausgeräth- schaften gleichen denen, die an der Ostküste gebräuchlich sind; über- haupt zeigten die Eingeborenen keine Eigenthümlichkeit, durch die sie sich von den Urbewohnern anderer Theile Australiens unterschieden hätten. Fische, Ratten, Grassamen und ein paar Wurzeln bilden ihre hauptsächlichsten Lebensmittel. Am oberen Laufe des Flusses beerdi- gen sie die Todten und häufen Holz auf dem Grabe auf; an der Mün- dung des Thompson hängen sie die Leichen in Netzen auf und nehmen erst später die Gebeine fort; während am Cooper’s Creek die Gräber aus 3 bis 4 Fufs hohen Erdhügeln, wie es scheint ohne alle Excava- tion, bestehen und mit einem Haufen trockenen Holzes bedeckt sind. In der zuletzt genannten Gegend überstieg die Zahl der Grabhügel, die nicht älter als zwei Jahre waren, bei Weitem die Zahl der Todes- fälle, die unter gewöhnlichen Verhältnissen hier erwartet werden dürfen, Be va A 438 Balduin Möllhausen: selbst wenn man den Mafsstab der dichtesten Population, die in Au- stralien bekannt ist, zu Grunde legt; wahrscheinlich hat die lange Dürre, die sich der Baumvegetation am obern Theile des Stromlaufs so verderblich erwiesen hat, auch auf die Ureinwohner in diesen Ge- bieten Inner- Australiens eine gleich unheilvolle Wirkung geäufsert.“ xXVvI. Der Rio Colorado des Westens '): Von Balduin Möllhausen. Unter den vielen Expeditionen, welche die Regierung der Ver- einigten Staaten von Nord-Amerika in der neueren Zeit mit aner- kennenswerthem Eifer ausrüstete, um die unermelfslichen Territorien zwischen dem Missouri und der Südsee erforschen zu lassen, verdient gewils besonderes Interesse die im Spätsommer 1857 ausgesendete, deren Aufgabe es war, genauere Nachrichten und ein genaueres Bild über den Rio Colorado des Westens, der in den Golf von Californien mündet, zu verschaffen. Schon in den ältesten Zeiten der europäischen Colonisirung in Amerika widmeten die frommen und energischen Missionäre ihre Auf- merksamkeit dem, unbekannten Regionen entströmenden Flusse, der lange für ein die Insel Californien vom Festlande trennender Meeres- arm gehalten wurde, eine Meinung, die der Pater Kino erst im Jahre 1700 vollkommen widerlegte. Den aus jener Zeit herrührenden Be- schreibungen über diesen Flufs, die manchmal an’s Märchenhafte grenz- ten, begann man dort mehr Glauben beizumessen, als die den Gila und den unteren Colorado später bereisenden Forscher dieselben theil- weise bestätigten, und ferner als die von den Pelzjägern über den obe- ren Colorado eingegangenen Nachrichten sich als übereinstimmend mit denen der Missionäre auswiesen. Die Trapper ergingen sich nämlich in wunderbaren aber lebhaften Beschreibungen schrecklicher Canons ") Vor einigen Wochen zurückgekehrt von meiner dritten Reise durch die wenig bekannten Regionen des westlichen Nord-Amerika, beehre ich mich, Einiges über den Rio Colorado des Westens mitzutheilen, zu dessen Erforschung ich als Mitglied einer vom Vereinigten Staaten- Gouvernemnt ausgesendeten Expedition ausgezogen war. Es ist dieses eine kurze Uebersicht über den Flufs selbst, die zugleich als Einleitung zu meinem zweiten Reisewerke dienen soll, mit dessen Ausarbeitung ich bereits beschäftigt bin. Der Rio Colorado des Westens. 439 und meilentiefer unpassirbarer Schluchten, während die Spanier von einem Flusse erzählten, dessen Bett so tief liege, dafs man von seinen steilen Ufern das Wasser nicht zu unterscheiden vermöge, und solche Stellen cajones profundisimos oder sehr tiefe Kasten genannt hatten. Man kannte freilich die geographische Lage der Mündung des Co- lorado sowie einiger Punkte, wo Expeditionen denselben überschritten hatten; ebenso waren die Quellen des Grand River und des Green River, welche, auf dem 38° N. Br. sich vereinigend, den Colorado bil- den, astronomisch bestimmt worden; man wulste auch, dafs der Colo- rado das Hochland zwischen den Wasatch-Gebirgen und den Rocky Mountains durchläuft und die Wasser dieses ungeheuren Landstrichs in sich aufnimmt, doch war. man über den Flufs selbst von .der Ver- einigung des Grand River und des Green River bis hinunter zum 35°, der Stelle, wo Capt. Whipple im Jahre 1854 denselben überschritt, im Unklaren, also eine Strecke (die Biegung gegen Osten mit eingerech- net) von nahe an 100 deutschen Meilen. Im Vergleich nun mit den Anstrengungen, welche es der Colo- rado-Expedition kostete, im Vergleich mit den Entbehrungen und Ge- fahren, welchen sie viele Monate hindurch unterworfen war, sind die gewonnenen Resultate nur sehr gering zu nennen; doch liegt dafür auch wieder die sichere Bestätigung der oben erwähnten Nachrichten vor, und man weils, dafs von der Vereinigung seiner beiden Haupt- arme bis über die Mündung des Rio Virgin hinaus, oder vom 38° bis hinunter zum 36° N. Br., der Colorado eine undurchdringliche Felsen- wüste durchschneidet. Nicht unmöglich ist es, dals auf der Westseite des Flusses erfolgreichere Forschungen hätten angestellt werden kön- nen; doch die offenen Feindseligkeiten der Mormonen und der ihnen verbündeten Indianer verhinderten die Expedition, nachdem das Ende der Schiffbarkeit des Flusses in einem kleinen eisernen Dampfboote erreicht war, das östliche Ufer anders als wie auf die Gefahr eines gänzlichen Unterganges hin zu verlassen; und doch waren es gerade die Mormonen, die vor dem Ausbruch des schnell beendigten Krieges am meisten auf die Erforschung des Colorado als einer Emigranten- Strafse nach dem grolsen Salzsee oder zurück nach Sonora bestanden hatten. Die Schiffbarkeit des Colorado reicht selbst bei den günstigsten Wasserstande nicht über die Mündung des Rio Virgin hinaus, eine Strecke, die von dem Golf von Californien bis zu diesem Punkte un- gefähr 500 engl. Meilen beträgt. Die zur dortigen Schifffahrt bestimm- ten Dampfboote müssen indessen von einer ganz besonderen Construc- tion sein, um überhaupt verwendet werden zu können, indem bei nie- drigem Wasserstande zahlreiche Sandbänke das Fahrwasser bis auf . 440 Balduin Möllhausen: wenige Zoll verstopfen, bei hohem Wasserstande dagegen solch un- glaublich grofse Wassermassen durch die engen Felsenthore schäumen, dafs es unmöglich erscheint, sogar mittelst Dampfkraft ein Fahrzeug stromaufwärts zu schaffen. Auf der ganzen als schiffbar bezeichneten Strecke erleidet der eigentliche Charakter des Stromes und seines Ge- bietes zwar keine wesentliche Veränderungen, doch bietet sich dem Reisenden fortwährend eine Abwechselung der Scenerie. Bald sind es dürre Wüsten und Kiesebenen, die bis an die Ufer reichen, bald schmale, wenig fruchtbare Thäler, die sich zu beiden Seiten hinziehen, und über diese hinweg erblickt man phantastisch ausgezackte Gebirgs- züge, die sich vielfach dem Flusse nähern, denselben in enge Schluch- ten einzwängen und an ihren steilen Porphyr- oder Sandsteinwänden abprallen lassen, während in den schäumenden Wellen die wunder- lichen Gestalten von Obelisken und Schlössern sich spiegeln, welche die Natur aus festem sowie aus nachgiebigem Gestein auf den Höhen ausmeifselte. Ueberall vermifst man indessen die Baumvegetation. Hin und wieder ragen zwar einzelne Cottonwood-Bäume, an ihren maleri- schen Formen in weiter Ferne erkennbar, über die schmalen Streifen der Weidengebüsche empor; dornige Mezquit-Bäume drängen sich zu grünschimmernden niedrigen, aber undurchdringlichen Gruppen zusam- men, sowie riesenhafte Cacteen auf dürrem Kies und in nahrungslosen Felsritzen ihre Wurzeln schlagen, doch fehlt dem Colorado das, was den Menschen anlockt und freundlich zum Niederlassen einladet, es fehlt ihm die in üppiger Vegetation sich verrathende Schönheit einer lebenden Natur, welche durch die grotesken Formationen der mäch- tigen aber starren Gebirgsmassen nicht ersetzt werden kann. Die Thäler, von denen selbst die gröfsesten nur einen geringen Umfang haben, bieten, abgesehen von dem Holzmangel, weder den Flächenraum noch die Fruchtbarkeit, welche die weilse Race bei der Gründung von Niederlassungen verlangt. Allerdings entnehmen zahl- reiche, durch den Verkehr mit den Weilsen noch nicht verdorbene oder geschwächte Stämme der Eingeborenen der Zeugungskraft des Bodens ihren Unterhalt, doch reichen auch anerkannt die Wünsche eines gan- zen dortigen Indianerstammes lange nicht so weit, als die Habgier eines einzigen, der Colonisation voraneilenden Speculanten. So könnte vielleicht die nächste Zukunft der Eingeborenen am Colorado durch die Verhältnisse des Bodens vor den gewissenlosen Eingriffen der ame- rikanischen weifsen Bevölkerung gesichert bleiben, und die gewagte Behauptung des Vereinigten Staaten-Majors Emory ') in seinem neuer- !) Report on the United States and Mexican Boundary by W. H. Emory, Maj. Ist cavlr. Vol. I, p. 64. After studying the character and habits of that class Der Rio Colorado des Westens. A41 ‘ dings erschienenen Report, „dafs die Civilisation entweder vor den wilden Indianern still stehen oder dieselben ausrotten müsse“, an die- sen Stämmen noch lange nicht versucht werden. Der Rio Virgin, der von Norden kommend da in den Colorado mündet, wo die Schiffbarkeit des letzteren beginnt, hat seine Quellen in den Wasatch-Gebirgen an der Stelle, wo eine alte spanische Strafse durch einen Pals in das Great Basin oder das Utah-Territorium führt; es würde sich also eine vergleichsweise bequeme Communication zwi- schen dem grofsen Salzsee und dem Staate Sonora, auf welchen die Mormonen ein besonderes Augenmerk zu haben scheinen, herstellen lassen, indem Karawanen,: welche den Mormonenstaat verlassen, der Richtung des Rio Virgin folgend den Colorado erreichen würden, wo ihnen für die weitere Reise der Flufs selbst die kürzeste und beste Strafse böte. Weit entfernt davon, meine Ansicht denen meiner Reisegefährten voranstellen zu wollen, glaube ich doch behaupten zu dürfen, dafs diese Benutzung als Heerstrafse der einzige Vortheil ist, der dem Colorado und seiner Lage abgewonnen werden kann. Wenn man nun kurz vor der Mündung des Rio Virgin den Colo- rado auf der Ostseite verläfst, um die verworrenen vulcanischen Ge- birgsmassen, welche die Landreise am Flusse hinauf abschneiden, zu umgehen, so gelangt man, stark ansteigend, bald zu einer Höhe von 5000 Fufs über dem Meeresspiegel. In dieser Höhe gelingt es noch zuweilen, Schluchten zu entdecken, die, dem Reisenden zugänglich, hinab an den Strom führen, dessen Höhe über dem Niveau des Meeres in jener Breite nicht über 800 Fufs beträgt. Es ist dies immer ein langer beschwerlicher Weg, doch findet man dafür am Ende desselben Gelegenheit, die abschüssigen Felswände zu bewundern, die sich bis zu 3000 Fufs Höhe senkrecht erheben und den Strom einengen, der wild tobend über losgerissene Felsblöcke dahinstürzt. Zurück auf die Hochebene führt anfangs die Hauptschlucht, und später jede der wie Geäder einmündenden Nebenschluchten, die nicht durch herabgerollte Felsblöcke verstopft ist. Bei fortgesetzter Reise gegen Nordosten gelangt man endlich in den Winkel, der von dem südwestlich fliefsenden Colorado und seinem aus Südost kommenden Nebenflusse Colorado Chiquito gebildet wird, und zugleich auf eine Höhe nach barometrischen Messungen von 9000 of Indians called wild Indians and bearing in mind the mild and humane Govern- ment extended over them by the Missionaries of the Church of Rome, without pro- ducing any results, I have come to the deliberate conclusion, that civilization must consent to halt when in view of the Indian Camp, or the wild Indians must be ex- terminated! 442 Balduin Möllhausen: Fufs über der Meeresfläche und wenigstens 7500 Fufs über dem Spiegel des Colorado. Dort nun beginnt das Hochland, welches sich scheinbar wie eine weite Ebene nach allen Richtungen hin ausdehnt, deren Ho- rizont selten von nebligen Bergkuppen, häufiger aber von spaltenähn- lichen Einschnitten in der Ebene selbst unterbrochen wird. Eine un- beschreibliche, beängstigende Einsamkeit herrscht dort oben; verkrüp- pelte Cedern wechseln durch die Luftspiegelung scheinbar in der Ferne ihre Gestalt, oder ragen, abgestorben und ihres dunkelgrünen Schmuckes beraubt, wie verwitterte riesenhafte Geweihe vorweltlicher Hirsche em- por. Sengende Hitze erwärmt dort oben die felsige wasserlose Fläche, dörrt die im verstohlenen Winkel keimenden Gräser und reift die stach- lichten Früchte der Cacteen; eisiger Sturm von heftigem Donner be- gleitet wirbelt zu anderen Zeiten dichte Schneemassen über die Hoch- ebene, Untergang drohend den dorthin verirrten Menschen und Thieren, Ehrfurcht gebietend vor der gewaltigen, Alles umfassenden Naturkraft. Lenkt man, in der Absicht, den grofsen oder den kleinen Colo- rado zu erreichen, seine Schritte gegen Norden, dahin, wo Spalten im Boden mächtige, gegen den Horizont scharf abstechende Thürme und Mauern bilden, zugleich aber auch den Lauf grofser Gewässer ver- rathen, so gelangt man bald in ein Labyrinth von Schluchten, die durch ihre Tiefe um so mehr überraschen, als sie aus der Ferne kaum an der geringen Senkung des Bodens erkennbar sind. Nur theilweise ge- lingt es, einer solchen Schlucht nachzufolgen, indem sehr bald Abgründe von 50 bis 500 Fufs Tiefe dieselbe unterbrechen. Auf einer vorstehen- den horizontalen Felsenlage wie auf dem äufsersten Rande eines Da- ches an grauenvollen Abgründen hinreitend, erreicht man nun auch Stellen, wo selbst der sichere Huf der Maulthiere keinen Halt mehr findet und der Weg zurück nur noch offen bleibt, ein Weg, der über furchtbaren Tiefen frei in der Luft zu schweben scheint, wo man gern die Augen beschattet, um die Felsmassen nicht zu erblicken, die sich scheinbar träge an einander vorbei schieben, wo die sich unter den Fülsen lösenden Steine nicht geräuschvoll hinabrollen, sondern unhör- bar weite Räume durchfliegen, tief unten schwer auf felsigen Boden fallen, und der auf diese Weise hervorgerufene, durch die Entfernung aber gedämpfte Schlag unheimlich in den Spalten und Klüften verhallt. Was mit Hilfe von Thieren nicht gelingt, das versucht der Mensch noch mit eigenen Kräften. Lange Stricke auf dem gefährlichen Pfade \benutzend, gelangten wir allerdings weiter, doch nur so tief, um die Unmöglichkeit einzusehen, den Höhenunterschied zwischen der Hoch- ebene und dem Colorado, der dort über 7000 Fufs beträgt, gänzlich zu überwinden. Es blieb uns also nur noch übrig, an jener Stelle die Höhe wieder zu gewinnen und einen Blick in diese eigenthümliche, gleichsam abgeschlossene Welt zu werfen. Der Rio Colorado des Westens. 443 er . Was nun von der schwindelnden Höhe gesehen vor dem bewun- dernden Auge liegt. das vermögen Worte nicht genügend zu schildern; wie ein Chaos verschwimmen in einander tiefe Schluchten und abge- sondert stehende, kastenförmige Ueberreste des Hochlandes; über dem trockenen ziegelrothen Sandsteinbett in der Tiefe thürmen sich Tau- sende von Fufsen hoch über einander die Formationen verschiedener Epochen, deutlich erkennbar an den grellen Farbencontrasten; senk- recht stehen die Wände, als ob die geringste Erschütterung sie hinab- zustürzen vermöchte; man bebt bei solchem Anblick und tritt unwill- kührlich zurück von dem Abgrunde; wohin man auch das Auge wen- den mag, überall trifft es auf nacktes todtes Gestein, überall scheinen die Uferränder von entfernteren tieferen Schluchten aufzutauchen, dem forschenden Reisenden ein gebieterisches Halt zurufend, zugleich aber auch eine schwache Ahnung von der Unendlichkeit erweckend bei dem Gedanken: dafs der fallende Tropfen die Schlünde bildete, die ihn von allen Seiten angähnen. Wir gelangten bis zu den 3000 Fufs tiefen Canons; wenige Mei- len weiter, aber noch 4000 Fufs tiefer, flofs der Colorado, doch mehr als menschliche Kräfte wären erforderlich gewesen, um dahin zu ge- langen, von wo aus wir den geheimnifsvollen Strom mit unseren Blicken hätten erreichen können; wir schieden, ohne ihn wiedergesehen zu ha- ben. So steht der Mensch oft nahe seinem Ziele, aber gegenüber einer furchtbar erhabenen Natur fühlt er seine eigene Ohnmacht; er beneidet die Weihe, die auf sicheren Schwingen über die Abgründe hinschwebt, er folgt ihr im Geiste und schafft sich mit ahnungsvollem Grauen ein Bild von dem Felsenthal des Colorado des Westens, welches gewils noch lange für den Menschen in geheimnifsvolles Dunkel gehüllt blei- ben wird. Mehrfach versuchten wir noch weiter nordöstlich hinab an den Colorado zu gelangen, dessen Uferränder wir vom Fufse der San Fran- eisco Mountains glaubten unterscheiden zu können, doch undurchdring- lich fanden wir überall die Felsenwüste; selbst die freundlichen Moqui- Indianer schienen durch besonderen Widerwillen abgehalten zu werden, einen Pfad hinunter nach dem Colorado zu suchen oder zu zeigen. Wir sahen Nichts von den hohen Wasserfällen, die ein Flufs aufweisen muls, der auf einer Strecke von ungefähr 80 deutschen Meilen nahe an 3000 Fufs Höhenunterschied zu überwinden hat. Wir gaben unsere Arbeit erst auf, als der gänzliche Mangel an Lebensmitteln und die vollstän- dige Entkräftung der uns gebliebenen Maultbiere uns gewaltsam dazu zwangen. Wir retteten uns nach Neu-Mexico und waren so glück- ‚lieh, alle unsere Notizen, Zeichnungen und Sammlungen mit durchzu- bringen. A4A XVIH. Reise an die Quelle des Gilui und an den Flufs Seja im Sommer 1856. Von Ussolzew. Aus dem Russischen !), vom Herausgeber. Ausgangspunkt meiner Reise war Ust Strjälotschnoi Karaul, und die Vorbereitungen dazu waren in der Stadt Nertschinsk getroffen worden. Der dort besorgte Proviant kam zugleich mit mehrern andern Dingen und den Instrumenten, wie mit den von verschiedenen Personen ge- kauften Pferden, auf Flöfsen am 10. Juni in Ust Strjälotschnoi Ka- raul an. Herr Lieut. Orlow, der drei Tage vor meiner Abreise aus Gorbiza ausgesandt war, hatte es auf sich genommen, unter den am Amur, 60 Werst von dem Karaul, nomadisirenden Orontschenen für mich einen Wegweiser zu finden. Dieser stellte sich am dritten Tage ein: es war der Aelteste des Ninaganskischen Stammes, Grigorii Nikolajew, der als ein besonders zuverlässiger Führer erprobt war und das Land bis zum Chrebet Atytschan kannte; für die weitere Reise hatten wir nur die unsichere Hoffnung, mit Orontschenen zusammen zu treffen. Während ich auf einen Wegweiser wartete, kam in Ust Strjälotschnoi Karaul der General-Gouverneur der Provinz Transbaikalien und amts- führende Hetman, General-Major Korsakow, an. Ich halte es für meine Pflicht, zu bemerken, dafs ich es besonders seiner zuvorkommenden Theilnahme zu danken habe, dafs der Wegweiser Grigorii mich bis an’s Ende meiner Reise begleitete und dafs er uns auch auf der Weiter- reise von Nutzen war, als wir uns ohne Führer befanden. Am 14. Juni’ verliefs ich Ust Strjälotschnoi Karaul und fuhr auf dem Amur 12 Werst abwärts bis zur Mündung des Mongalei. Von hier trat ich die Reise auf Pferden an. Mein Gefolge bestand aus dem Wegweiser, einem Soldaten, der schon auf der ersten Reise bei mir gewesen war, zwei Kosaken, einem Unteroffizier und einem ge- mietheten Reitknecht, der uns auch als Dolmetscher für die Tungusi- sche Sprache diente. Damals hatten wir 16 Pack- und 7 Reitpferde. Zunächst ging unsere Reise nach dem Flufs Oldoi, und zwar nach der Stelle, wo er aus zwei Quellflüssen entsteht, von denen der eine aus NW., der andere aus NO. kommt. Hier hatte ich verabredet mit !) Das Original ist publieirt im vierten Hefte des diesjährigen Wjästnik der Kais. Russ. Geographischen Gesellschaft. Reise an die Quelle des Gilui und an den Flufs Seja im Sommer 1856. A445 Orlow zusammen zu treffen; er sollte dann die Reise an dem west- lichen Quellflusse fortsetzen, während ich dem anderen nach NO. fol- gen sollte. Nach der Marschroute betrug die Entfernung bis zu dieser Bifurcation 175 Werst; sie konnte also in 9 Tagen zurückgelegt wer- den, besonders da zum Oldoi ein von den Pelzhändlern gebahnter Weg führt. Aber Umstände vereitelten diesen Plan: schon bei unserer Ab- reise aus Gorbiza trat Regenwetter ein, und in Folge dessen bot uns, ganz abgesehen von den sumpfigen Stellen, jedes Flüfschen ein Hin- dernils dar, so dals wir für diese kurze Strecke einen ganzen Monat brauchten. Auf dieser Reise überschritten wir folgende grölsere Flüsse: den Amasar, Urkan, Urusi und drei Zuflüsse der Omutnaja '); über alle gelangten wir auf Flöfsen. Während unseres unfreiwilligen Aufenthalts, namentlich da, wo er durch Ueberschwemmungen der Flüsse hervor- gerufen wurde, gelang es mir mit dem grolsen Pistor’schen Kreise den Stand des Chronometers durch correspondirende Sonnenhöhen, die Breite und die Abweichung der Magnetnadel an folgenden Punkten zu bestimmen: 1) am 15. (27.) Juni am Mongalei, 3 Werst vom Amur; 2) am 20. Juni (2. Juli) am Amasar; 3) am 24. Juni (6. Juli) am Ur- kan; 4) am 2. (14.) und 4. (16.) Juli am Chalam. Bei der Ankunft in Oldoi fand ich den Lieut. Orlow nicht mehr. Da ich ‚die Breite und Länge dieses Ortes zu bestimmen wünschte, hielt ich mich daselbst drei Tage auf, konnte aber zu meinem Be- dauern nur am 8. (20.) Juli eine Breite durch Sonnenhöhen, den Stand des Chronometers durch correspondirende Sonnenhöhen und die Ab- weichung der Magnetnadel bestimmen. Zu einer Längenbestimmung gaben die nebeligen und regnichten Nächte kaum Hoffnung. So brach ich am 10. Juli aus dem Bivouac auf, ging über den Oldoi und zog an dem östlichen Quellflusse desselben aufwärts. Nach einer Reise von 15 Werst wurde das Wetter wider alles Erwarten besser; die Nacht war klar, und es gelang mir diesmal mit dem Universal -In- strument den Stand des Chronometers nach den Höhen der Sterne « im Bootes in der westlichen Verticale und & Andromedae in der öst- lichen zu bestimmen, und für die Breite « Aquilae im Meridian und den Polarstern zu beobachten. Am folgenden Tage, dem 11. (23.) Juli, mafs ich mit dem grofsen Pistor'schen Kreise die Entfernung des Mon- des von der Sonne, zur Bestimmung des Standes des Chronometers correspondirende Sonnenhöhen, für die Breite Sonnenhöhen im Meri- dian, und bestimmte die Abweichung der Magnetnadel. !) Es sind die ersten bedeutenden Flüsse, die sieh nach der Vereinigung der Schilka und des Argun in das linke Ufer des Amur ergiefsen. A446 Ussolzew: Nach Beendigung der Beobachtungen brachen wir aus dem Lager auf und setzten unsere Reise nach der Quelle des Oldoi fort. Der Charakter der Gegend veränderte sich merklich: die üppige Wiesen- Vegetation der Landschaften am Amur verschwand vollständig. Dicht aufgewachsene, niedrige Lärchen wurden vorherrschend. . Unter ihnen zeigten sich in gesonderten Gruppen oder mit ihnen vermischt Birken, Rothtannen und Buschwerk, und seltener, an trocknen Stellen, Fichten; der Boden bestand gemeinhin aus moosbedeckten Moorländereien.. Aber sowol hier wie auf den festen Stellen im Walde trat hin und wieder die Gesteinsart als feiner Schutt oder grobes Geröll zu Tage. Mit einem Wort: das Land verwandelte sich in eine rauhe, unfruchtbare Einöde. Nur der Ueberfluls an Eichhörnchen lockt in diese Gegenden die wilden Orontschenen, die einzig und allein durch ihre Gegenwart die einsame Wüstenei beleben; und auch sie fürchten sich, wie sie selbst gestehen, vor dieser Gegend und verlassen sie schnell, wenn sie nicht mehr mit dem Eichhornfang beschäftigt sind. Bei der Annäherung an die Quelle des Oldoi wird die Erhebung des Landes sehr merklich: die Gebirgskämme werden höher und steiler, und an vielen Stellen zei- gen sich an den Seiten bald hohe, nackte Gletscherspitzen. Futter für die Pferde konnten wir nur in den tiefen Thälern der Seitenbäche und hin und wieder in schmalen Streifen an den Ufern des Oldoi finden, und deshalb hingen unsere Tagemärsche auch nicht von unserm freien Willen ab: wir hielten da an, wo es gute Weide für die Pferde gab. Am 21. Juli erreichten wir die Quellen des Oldoi und stiegen, nachdem wir einen nicht hohen Gebirgskamm überschritten hatten, zu den Quellen der Tanda hinab. Auf der Reise von dem Punkte, wo die Breite und Länge bestimmt wurde, gelang es mir noch an zwei Orten Beobachtungen anzustellen: am 15. (27.) Juli an einem. unbe- nannten Flusse, nicht weit von der Mündung desselben iu den Oldoi, und am 20. Juli (1. August) an der Quelle des Oldoi. An beiden Punkten wurde der Stand des Chronometers durch correspondirende, die Breite durch Sonnenhöhen im Meridian und die Abweichung der Magnetnadel bestimmt. Nachdem wir 120 Werst weit dem Thale der Tanda gefolgt waren und die Mündung derselben 10 Werst hinter uns gelassen hatten, zogen wir zum Gilui und folgten 47 Werst weit dem Laufe desselben auf- wärts, liefsen ihn dann zur Seite liegen, und überschritten drei grolse Flüsse, die sich in ihn 'ergiefsen, den Anamungan, Dshubkochin und einen unbenannten Flufs. Darauf näherten wir uns wieder der west- lichen Quelle des Gilui, welche bei den Eingeborenen unter dem Namen Olgongro bekannt ist. Dem Laufe derselben folgten wir aufwärts, an- | | | | » Reise an die Quelle des Gilui und an den Flufs Seja im Sommer 1856. 447 fangs auf dem rechten Ufer, dann auf dem linken, und machten end- lich am 17. August 1Ü Werst vom Atytschan Halt. Der Olgongro entfernt sich nach links, wo er um die westlichen Vorberge des Chre- bet sich herumbiegt. Ich halte es nicht für überflüssig, einige Worte über die Beschaffen- heit der von uns durchzogenen Gegend zu sagen, da dieselbe auf un- sere schwierige Lage von Einflufs ist, in die wir bei unserer Ankunft am Atytschan versetzt waren. Gleich nach dem Uebergange über den Gebirgsrücken betraten wir das sumpfige Thal der Tanda. Hier fing der Mangel an allem Graswuchs an; eine ununterbrochene Gebirgskette und Hohlwege, die durch dichte Wälder und waldähnliche Buschvegetation unwegsam ge- macht waren. Zuweilen war dieses Dickicht so undurchdringlich, dafs es nicht möglich war, in ihm anders vorwärts zu kommen, als wenn man sich mit der Axt einen Pfad bahnte. Kleine Bäche wurden be- sonders am Gilui in ganz geringen Entfernungen von einander ange- troffen. Näherte man sich ihnen, so konnte man schon eine Werst vorher ihr Dasein merken; denn sobald nur das Hinabsteigen von der Höhe anfing, zeigten sich sumpfige, anfangs mit Moos bewachsene Stellen; näher nach dem Bache hin machten die Moosfelder einem höckerigen Moorland Platz, in welchem überall, wenn auch nicht tief, Wasser stand; diese Lachen bildeten die Quellen des Baches, der sich endlich selbst zeigte, in einer Breite von nicht mehr als zwei Sashen, aber zwischen steil abgerissenen Moorhügeln und umwuchert von einem Strauchdickicht. Einen geeigneten Uebergangspunkt zu suchen ist hier unnütz: überall derselbe Sumpf und jenseits desselben derselbe Cha- rakter, — ein Hinaufsteigen auf die Höhe, ein Hinabsteigen und wie- der ein Bach. Der Wald wird auch nicht durch eine einzige Wiese unterbrochen, und nur selten etwas lichter; selbst an den Stellen, wo Feuer durch ihn .hindurchgezogen ist und ihn etwas gelichtet hat, sprofst auf dem verbrannten Boden nur ein kurzes und spärliches Gras; über- all, nicht blofs an den Abhängen, sondern auch auf der Höhe der Wasserscheiden, liegen Felder von rothem und gelbem Moos. Auch das Thal des Gilui, das sich zwischen den Gehängen der abschüssigen Seiten-Gebirgszüge ausbreitet, besteht ganz aus reinen Moosfeldern, auf denen nur hin und wieder ein lichtes Lärchengehölz steht. Solche Gegenden nennen die Eingeborenen Uwal. Die Reise auf solchem Terrain hatte zur Folge, dals wir 7 Pferde verloren und der Rest voll- kommen erschöpft war. Bei dem Uebergang über die Bäche war es nicht möglich, irgend eine Mafsregel zu treffen, um denselben zu er- leichtern; die Pferde sanken in den Sumpf ein und geriethen so tief in’s Wasser, dafs auch das Gepäck durchnäfst wurde. In Folge dessen 448 Ussolzew: verdarb der Zwieback von Tag zu Tag mehr und gerieth in Fäulnils; und überdies traten klare Tage, an denen er hätte getrocknet werden können, sehr selten ein. So hatten wir bei unserer Ankunft am Atyt- schan im Ganzen nur noch 7 Pud Zwieback, von denen die Hälfte verdorben war, und etwas Ziegelthee. Nach den astronomischen Beobachtungen an der Quelle des Oldoi gelang es mir noch an folgenden Punkten Bestimmungen zu treffen: 1) am 24. Juli (4. August) bei der Mündung des Uslan, der in die Tanda fällt, die Abweichung der Magnetnadel, den Stand des Chrono- meters durch correspondirende Sonnenhöhen, die Breite nach Sonnen- höhen im Meridian zu bestimmen und die Entfernung des Mondes von der Sonne zu messen; in der Nacht den Stand des Chronometers durch Höhen der Sterne & im Bootes in der westlichen Verticale und @ Aqui- lae in der östlichen, und die Breite durch Beobachtungen von @ Aquilae im Meridian und dem Polarstern zu bestimmen; 2) am 29. Juli (10. August) an einem unbenannten Flusse den Stand des Chronometers durch correspondirende, die Breite durch Sonnenhöhen im Meridian und die Abweichung der Magnetnadel; 3) am 12. (24.) August, nicht weit von der Mündung des Dshubkochin den Stand des Chronometers durch absolute Höhen, die Breite durch Sonnenhöhen im Meridian und die Abweichung der Magnetnadel; 4) am 17. (29.) August, 10 Werst vom Atytschan, den Stand des Chronometers durch correspondirende, die Breite durch Sonnenhöhen im Meridian, und die Abweichung der Magnet- nadel zu bestimmen. Eine Längenbestimmung war nicht möglich, da es Neumond war. Bei unserer schwierigen Lage wäre es gefährlich gewesen, hier zu bleiben und auf besseres Wetter zu warten. Wie lebhaft auch mein Wunsch war, den Chrebet Atytschan zu ersteigen und seine Höhe barometrisch zu bestimmen, so gestatteten uns doch die in den Thälern über ihre Ufer getretenen Bäche, welche uns von dem Chrebet trennten, nicht, zu Pferde oder zu Fufs bis an seine Basis vorzudringen. Ich mufste mich damit begnügen, ihn von Ferne zu betrachten. Seine Richtung ist von NW. nach SO. Zwei an den äufsersten Enden befindliche Piks begrenzen den Chrebet scharf; die Gehänge von ihnen vereinigen sich mit den nicht hohen Bergen des Jablonnoi Chrebet; die Entfernung der beiden Spitzen von einander beträgt 5 Werst. In dem Zwischenraume zwischen beiden giebt es noch einige andere Piks von verschiedener Höhe, die durch enge und tiefe Schluchten von einander getrennt sind. Die Form der Bergspitzen ist gröfsestentheils die pyramidale; von dem Fufse beginnt der steile Abhang, der hin und wieder durch kleine Terrassen unterbrochen wird; je näher dem Gipfel, desto steiler wird er, und unter dem Gipfel selbst abschüssig. Dort zeigen sich auch Granitmassen, entweder als senk- | Ph A > u Reise an die Quelle des Gilui und an den Flufs Seja im Sommer 1856. A449 rechte oder überhangende Felswand; hin und wieder erscheinen auch tiefe Spalten und Aushöhlungen. Am Fulse des Chrebet giebt es in den Schluchten und auf den Terrassen noch einen Wald von zerstreu- ten Bäumen und Buschwerk, aber nach dem Gipfel hin verschwindet dieses. Die Entfernung des Atytschan von der Mündung des Mongalei beträgt 550 Werst Weges. Am 18. August verliefsen wir den Atytschan und zogen an die östliche Quelle des Gilui, die wir am 20sten erreichten. Ihre Entfer- nung von der westlichen beträgt 40 Werst. An diesem Tage bestimmte ich hier die Zeit durch correspondirende, die Breite durch Sonnenhöhen im Meridian und die Abweichung der Magnetnadel. Zur Fortsetzung der Reise theilte mir der Wegweiser einen Plan mit, der darin bestand, dafs er vorschlug, an die Quellen des in den Gilui sich ergiefsenden Flusses Dshaltula, der Brjanda und des Ilikan zu gehen, dann der Dshaltula zu folgen bis zum Gilui, und weiter- hin, wenn es möglich schiene, zu Wasser auf dem Gilui bis zur Seja vorzudringen. Aber da die Gegend ihm persönlich nicht bekannt war, war es möglich, dafs wir irrthümlich der Brjanda, die sich in die Seja ergielst, oder dem Ilikan, der in die Brjanda mündet, folgten. Deshalb verliefsen wir den Gilui, zogen an dem Flusse Kudula auf- wärts und drangen bis zur Wasserscheide vor. Hier überzeugte ich mich, dafs die Bedenken unseres Wegweisers begründet waren; ein Irrthum bei dem Aufsuchen der Dshaltula war möglich, weil aus den Moosfel- dern, aus welchen der die Wasserscheide bildende, abschüssige, auch mit kleinen Lärchen- und Birkenwäldern bedeckte Gebirgszug bestand, nach allen Richtungen hin Bachquellen abflossen. In der Ferne, nament- lich im SW., war das Land verdeckt; nur im ©. zeigte sich ein kahler Gebirgskamm, der, wie wir später bemerkten, am oberen Laufe der Brjanda anfing; die Quellen der Flüsse Dshaltula und Ilikan hatten dieselbe Richtung nach SO. Wir wählten die Quellen zur Rechten, folgten ihnen und stiefsen endlich auf Orontschenen. Dieses Zusam- mentreffen war ganz zufällig. Als wir über einen sumpfigen Bach setz- ten, bemerkte unser Führer Rennthierspuren; er betrachtete sie auf- merksam und überzeugte sich, dafs Orontschenen in der Nähe sein mülsten, die vor drei Tagen hier gejagt und Fleisch in ihre Jurten ge- tragen hatten. Dies erfüllte uns mit der höchsten Freude: ich hoffte von ihnen einen Wegweiser zu erhalten und überdies hatten wir schon an diesem Abend beschlossen, ein Pferd zu schlachten, weil der Zwie- back verdorben war und wir nur noch einige Pfund Mehl und Butter hatten. Wir folgten der Spur und erreichten Abends die Jurten. Un- sere Ankunft überraschte die Orontschenen sehr. Ich bedauerte nur, dafs sie nicht zu demselben Stamme gehörten wie unser Wegweiser; Zeitschr, f. allg. Erdkunde, N. F. Bd. V. 29 450 Ussolzew: es waren Orontschenen, die in der Provinz Jakutsk nomadisiren und nur zum Tauschhandel mit den hiesigen Orontschenen an den Gilui ge- kommen waren und wieder nach Jakutsk zurückkehrten. Ich konnte bei ihnen nur zwei kleine Rennthiere kaufen; aber durch kein Mittel waren sie zu bewegen, uns .bis zur Seja zu begleiten; sie sagten uns nur, welchen Weg wir einschlagen mülsten. Der Ort, wo wir sie tra- fen, lag wirklich an der Quelle der Dshaltula, aber die Orontschenen riethen uns ab, ihr zu folgen, weil der untere Lauf des Gilui reich an Wasserfällen und die Ufer steil und zu Pferde schwer zu bereisen seien. Ich verweilte hier zwei Tage und konnte astronomische Beobachtungen anstellen: am 25. August (6. September) mit dem grolsen Pistor’schen Kreise die Bestimmung der Zeit und der Breite nach Höhen der Sonne und der Sterne « im Bootes in der westlichen Vertieale und & Andro- medae in der östlichen und « Aquilae im Meridian und des Polar- sterns. Während dieser beiden Tage war ich fast ununterbrochen in den Jurten der Orontschenen, und Nichts, was in Bezug auf ihre Lebens- weise zu bemerken oder zu erkunden war, verlor ich aus dem Auge. Am 27. August trennten wir uns von den Örontschenen und zogen über die Quellen der Flüsse Gajumkon und Duljasama und gingen über die Dshaltula zu der Quelle des Iki. Diesem folgten. wir 20 Werst, gingen dann an den obern Lauf des Ilikan und am 2. (14.) September verweilte ich hier, um das zu Beobachtungen günstige Wetter zu be- nutzen. In dieser Nacht erhielt ich eine Bestimmung des Standes des Chronometers durch Höhen der Sterne &« Bootes und « Aquilae im Me- ridian und des Polarsterns, und zur Bestimmung der Länge mals ich die Distanz des Mondes von & Aquilae und «& Arietis. Hier hatten wir das letzte Abendessen aus Rennthierfleisch. Es war schwer, am folgenden Morgen aus dem Lager aufzubrechen: Jeden drückte der Gedanke, dafs nun Pferdefleisch unser einziges Lebens- mittel blieb. Frühmorgens vor dem Aufbruch musterte ich die Pferde und konnte in mir ernste Besorgnisse in Bezug auf die Zukunft kaum zurückdrän- gen: so abgemagert und entkräftet waren sie und gewährten kaum eine Hoffnung, dafs wir bis zur Seja gelangen würden. Es war viel Zu- reden nöthig, um die Niedergeschlagenheit meiner Reisegefährten zu beseitigen; überdies hielten sie das Essen von Pferdefleisch für die grölseste Sünde. Glücklicherweise bemerkte ich bei keinem von ihnen eine absolute Verzweiflung; aber das Ungewohnte einer solchen ihnen zum ersten Mal zustolsenden Prüfung hatte sie betroffen gemacht. Ich war im Stillen auf Alles gefalst und überschlug, dafs die Pferde auf lange ausreichen und dafs wir auch aufserdem, da wir Pulver und Blei Reise an die Quelle des Gilui und an den Flufs Seja im Sommer 1856. 451 hatten, im Walde dem Hungertode nicht leicht ausgesetzt sein würden, obgleich bisher allerdings alle unsere Jagden erfolglos gewesen waren. Meine Versicherungen, dafs bis zur Seja nicht mehr als 50 Werst wä- ren, dafs wir dort Manegren treffen würden und dafs bei der Rückkehr in. die Heimath der Priester durch Gebet und Fasten solche Sünden von uns nehmen würde, beschwichtigten für's Erste meine Reisegefähr- ten. Darauf zogen wir, zwar mit nur erzwungener und verstellter Munterkeit, aber doch ohne Niedergeschlagenheit, am Laufe des Ilikan vorwärts. Den Bericht über alle persönlichen Prüfungen und Empfindungen theile ich aus meinem Tagebuch nicht mit und halte es für überflüssig, mir ein Wort über dieselben zu erlauben. Aber für diejenigen, die das Leben in einer Waldwüste schon kennen und Gelegenheit gehabt ha- ben, Aehnliches zu erfahren, und für die mein Bericht nichts Neues enthalten wird, füge ich nur hinzu, dafs der Gedanke an die Unge- wilsheit der Rettung, der sich wider unsern Willen von selbst uns auf- drängte, merkwürdiger Weise die niedergeschlagene Stimmung ver- scheuchte und uns mit Geduld und Kaltblütigkeit erfüllte. Das eine, was mich beunrubigte, war die unerfreuliche Ueberzeugung, dafs es nieht möglich sein würde, von der Seja auf gradem Wege zur Selind- sha zu gelangen und dafs ich meinen Reiseplan würde ändern müssen ; schwer war es auch, die physischen Leiden meiner Reisegefährten zu sehen, sie waren in der That Dulder im wahren Sinne des Worts; ich für meine Person hatte in dieser Lage viel innern Trost, der ihnen unbegreiflich war; ihnen fehlte jede Anregung, jeder Impuls, der ihren Muth heben konnte. Doch ich kehre zu meiner Reise zurück. Mein Weg führte am Ilikan hin. Das Thal dieses Flusses schlängelt sich an abschüssigen Gebirgszügen hin, die dasselbe einschlielsen, und besteht ganz aus Tun- dren von rothem Moos. Hin und wieder verengt es sich auf kurze Strecken und die Berge treten so nahe an den Flufs heran, dafs die- ser zwischen felsigen Ufern fliefst. Hohe Berge finden sich hier nicht; nur einmal auf der ganzen Tour überschritten wir einen, den Chrebet Dombuko. Im Allgemeinen scheint das ganze Land bei einem flüchtigen Blick einen einzigen ununterbrochenen Kamm eines hohen Chrebet zu bilden (!?); nur im Südwesten zeigten sich in der Ferne die kahlen, mit Schnee bedeckten Bergspitzen am Gilui. Nachdem wir 117 Werst fortgezogen waren, bemerkten wir, dafs die Richtung des Ilikan sich stark nach Osten entfernte, und da wir wulsten, dafs er sich in die Brjanda ergielst, verliefsen wir sein Thal und wandten unsere Reise nach Südwesten, wobei wir den Gletscher Tukorindo im Auge hatten, der nicht weit von der Mündung des Gilui 29* 452 Ussolzew: liegt. Als wir weiter fortzogen, machte sich die Nähe der Seja be- merklicher, da die Gebirgszüge vollständig verschwanden und das Land sich nach Süden stärker abdachte; auf grofsen Flächen zeigten sich Wiesen, ausgedehnte Seen, Buschwerk von Weiden, Sandweiden und Birken. Endlich am 12. September kamen wir unerwartet zum Ufer der Seja. Wir hatten sie schon eine Werst weit bemerkt, aber da wir bis hierher an Seen vorbeigekommen waren, hielten wir auch sie für einen langen See, und der sich ganz gleichbleibende Charakter des Landes jenseits des Flusses bestärkte uns noch mehr darin. Unsere Freude bei dem Anblick des Flusses war vollständig, weil auf ihm so viele von unseren Hoffnungen beruhten. Die Entfernung vom Atyt- schan bis zur Seja beträgt 313 Werst. Wenn ich nun einen allgemeinen Ueberblick auf meine Reise werfe, so kann ich nicht sagen, dafs das ganze von uns durchzogene Land ungeeignet ist, bereist zu werden. Hätte nicht so anhaltendes Regen- wetter stattgefunden, so wären die sumpfigen Stellen nicht so tief ge- wesen und auch die Flüsse hätten einen Uebergang verstattet, mit Aus- nahme der grofsen, des Amasar, Urusi, Oldoi und Gilui, welche man nur an den Quellen in Furten überschreiten kann. Die Reise auf Pfer- den würde nur auf die Schwierigkeit stofsen, dafs man nicht überall gute Weide findet; eine Reise auf Rennthieren würde nur selten be- schwerlich sein; aber für unsere umfangreichere Reise- Expedition konn- ten die beiden Orontschenen-Stämme, welche an der Schilka und am Amur nomadisiren, nicht die erforderliche Anzahl von Rennthieren lie- fern, da die reichsten von ihnen nicht mehr als 10 Häupter besalsen. Wir verloren nun keine Zeit und machten uns am folgenden Tage daran, ein Flofs zu bauen. Zu unserm Glück waren wir an eine Stelle gekommen, wo, ganz isolirt auf einer weiten Strecke der Seja ober- und unterhalb, eine kleine Ebene mit Fichten bestanden war, die zum Bau eines Flosses geeignet waren. Zu dieser Zeit hatten wir noch 12 Pferde und ich gab noch nicht ganz die Hoffnung auf, zur Selindsha vordringen zu können, da die Pferde während der Zeit, dafs wir mit dem Flofsbau beschäftigt waren, sich erholen konnten. Aber es trat das Gegentheil ein: sie wurden mit jedem Tage sichtlich elender, und der anhaltende Regen, zuweilen auch Schnee, machte sie bei dem schlechten Futter schliefslich zur Fort- setzung der Reise ganz ungeeignet. Das ist der einzige Grund, wes- halb ich meinen lebhaften Wunsch, die Untersuchungen jenseits des Flusses fortzusetzen, aufgeben mulste. Die Schwierigkeit des Reisens und der Mangel an Lebensmitteln waren keineswegs im Stande gewe- sen, meiner Reise ein Ziel zu stecken und sie da zu beendigen, wo der Wunsch, sich aufzuopfern, im Wachsen war, und ich fühlte, dals Reise an die Quelle des Gilui und an den Flufs Seja im Sommer 1856. 453 es noch in unserer Kraft lag, viel zu überwinden. Ich hielt noch an der wenn auch ungewissen Hoffnung fest, auf Manegren zu treffen, mit deren Hilfe ich mein Vorhaben ausführen konnte. Um unsere Fahrt sicherer zu machen, erbauten wir zwei Flößse; auf dem einen konnten wir die Pferde, auf dem andern die Sachen unterbringen, und beide zusammen bildeten einen Prahm. Dieser Bau dauerte bis zum 21. September. In dieser Zeit gelang es mir, folgende astronomische Beobachtungen auszuführen: am 18. (30.) September mit dem grolsen Pistor’schen Kreise die Bestimmung des Standes des Chro- nometers und der Breite durch Sonnenhöhen, und die Abweichung der Magnetnadel; dieses Mal auch mit dem Universal-Instrument die Be- stimmung des Standes des Chronometers durch Höhen der Sterne « Aquilae in der westlichen Verticale und « Andromedae in der östlichen, und die Breite durch Beobachtungen von « Aquilae im Meridian und dem Polarstern; am 20. Sept. (2. Oct.) die Bestimmung des Standes des Chronometers und der Breite durch Sonnenhöhen und die Abwei- chung der Magnetnadel, und dann auch mit dem Pistor’schen Kreise die Bestimmung des Standes des Chronometers durch die Höhen von @ Aquilae und « Andromedae, und die Bestimmung der Breite durch Höhen von « Aquilae und dem Polarstern. Am 21. September belu- den wir das Flofs. Pferde waren nur noch zehn übrig. Nachmittags stielsen wir vom Ufer ab. Die Breite der Seja beträgt hier 300 Sa- shen, die Schnelligkeit des Laufs 44 Werst in der Stunde. Indem wir den Krümmungen des Flusses 32 Werst weit folgten, erblickten wir auf beiden Ufern unübersehbare Wiesen; dann aber tra- ten auf beiden Seiten die Berge heran, zuerst auf dem rechten, dann auch bald auf dem linken Ufer, und verstatteten dem Flusse nur in einer engen Schlucht einen Durchweg. Die Strömung wurde reifsender; auf den Ufern und mitten im Strome erschienen Felsblöcke; sie mach- ten sich bemerklich durch das periodische Aufschäumen des Wassers; je weiter wir fuhren, desto mehr traten sie hervor; endlich wogte der Flufs in seiner ganzen Breite, die Felsen ragten an vielen Stellen über den Wasserspiegel hervor und das Wasser schäumte, indem es sich tosend an ihnen brach. Das Flofs trieb mit aufserordentlicher Schnellig- keit hin. Wir erwarteten einen Wasserfall. Wir wandten unser Auge nicht von dem Wasser und hatten Mühe, die Felsblöcke zu vermeiden, die in jedem Moment das Flofs in Stücke zu zertrimmern drohten. Dann schossen wir an einer ähnlichen Felsschlucht vorbei, durch welche der Gilui strömte; ich konnte an dem rechten Ufer der Seja und am linken des Gilui auf einem steilen und hohen Berge kaum den kleinen Steinhügel bemerken, der die chinesische Grenzmarke bildet. Wir fuh- ren noch 22 Werst durch eine solche Gegend, und trafen bei dieser an 454 Ussolzew: Fahrt auf der linken Seite die Mündung des Flusses Algai, auf der rechten die des Baramakan und der Ilatschumra. Weiterhin, jenseits derselben, traten die Berge auf der Rechten und Linken zurück, und zwischen ihnen öffnete sich ein breites Thal, das mit hohem, üppigem Grase bedeckt war; der Flufs erweiterte sich und die Strömung wurde ruhig, so ruhig, dafs es längere Zeit schien, als wenn das Flofs auf derselben Stelle bliebe. Weiterhin trafen wir noch sehr oft eine eben so langsame Strömung. Am folgenden Tage, dem 24. September, trafen wir auf dem rechten Ufer bei der Mündung des Baches Moktscha zum ersten Mal mit den tungusischen Manegren zusammen. Ihre aus Bir- kenrinde bestehende Jurte stand dicht am Ufer und wir sahen die Leute von Weitem; sie aber ergriffen die Flucht, sobald sie uns be- merkt hatten, und erst dann, als wir schon über eine Stunde in der Jurte gesessen und ihnen unaufhörlich zugerufen hatten, um ihnen Muth einzuflöfsen, entschlossen sie sich, näher zu kommen. Wie mich auch dieses Zusammentreffen erfreute, gelang doch der früher von mir ausgesonnene Plan nicht. Obgleich der Manegre Pferde hatte, konnte er sich doch um keinen Preis entschliefsen, an die Selindsha zu gehen, indem er versicherte, dafs, wenn sein Oberhaupt dieses er- führe, er selbst und seine Familie dafür mit dem Leben würden büfsen müssen. Aber er weigerte sich nicht, mit uns so weit zu fahren, bis wir andere Manegren träfen. Nach zwei Stunden verliefsen wir das Ufer. In dem vollständigen Tagebuche meiner Reise werde ich umständ- licher sowol über alle Zusammenkünfte mit den Eingeborenen, wie überhaupt über meine Fahrt auf der Seja sprechen. Hier vermeide ich diese Ausführlichkeit und halte für meine Pflicht, nur solche Ereignisse zu erwähnen, die besonders wichtig sind und die auf unsere Reise einen Einfluls äufserten. Der Manegre begleitete uns bis zum Flusse Umlekan, der sich in das linke Ufer der Seja ergielst. Hier trafen uns andere Manegren und nahmen uns freundlich auf. Sie waren nicht so scheu, wie ihre zuerst von uns angetroffenen Landsleute, — wahrscheinlich deshalb, weil der uns begleitende Manegre, als wir uns den Jurten nahten, auf einem hölzernen Horn blies. Bis zu dieser Stelle waren wir an folgenden Flüssen auf dem rechten Ufer vorbeigekommen: am Ur und am Schingal, die, wie auch der Umlekan, historisch bekannt sind durch die ersten Reisen des kühnen Gefolges Pojarkow’s. Diese Manegren waren in Bezug auf meinen Vorschlag eben so unerbittlich; aber sie willigten gern ein, auf dem Flusse mit uns weiter zu reisen, und auf solche Weise fuhren wir bis zur Selindsha abwärts, gewissermalsen unter Aufsicht, indem wir an jedem Tage auf einige Familien stiefsen. Reise an die Quelle des Gilui und an den Flufs Seja im Sommer 1856. 455 Sie nomadisirten an den Ufern und lauerten hier dem Austreten der wilden Ziegen auf; dies ist die einzige Beschäftigung, mit der sie sich zu dieser Zeit abgaben. An der Mündung des Umlekan waren wir am 28. September. Von hier wurde unsere Fahrt immer schwieriger: es fingen heftige Stürme an, und das Eis, das sich schon am 2östen gebildet hatte, wurde jetzt immer stärker. Es zeigte sich nur dann dünner und verschwand, wenn die Winde sich beruhigten, und da dies meist in der Nacht der Fall war, sahen wir uns genöthigt, weite Strecken nur im Laufe der Nacht zurückzulegen, während ‘wir am Tage fortwährend mit Wind und Eis zu kämpfen hatten. Das Licht des Mondes gestattete uns, den Lauf des Flusses und die Beschaffenheit des Uferlandes zu ver- folgen. So fuhren wir bis zum 1. October in Begleitung von Mane- gren. Als die letztern in dieser Nacht an die nahe gelegenen Seen gegangen waren, um Rehe zu jagen, gelang es mir, das klare Wetter zu benutzen und astronomische Beobachtungen anzustellen. Der Be- obachtungsort lag 4 Werst von einer Felseninsel, welche die Seja in zwei schmale Arme theilt, von denen der linke von den Manegren und den bis hierher fahrenden Mantschuren als für die Schifffahrt gefähr- lich angesehen wird. Der Stand des Chronometers wurde durch Höhen der Sterne & Andromedae und & Aquilae, die-Breite durch Beobach- tungen von & Aquilae im Meridian und dem Polarstern bestimmt. Aufserdem wurde zur Bestimmung der Länge die Entfernung des Mon- des von « Aquilae und Aldebaran gemessen. Von der Mündung des Umlekan bis zu dieser Stelle waren wir 247 Werst gefahren und auf dieser Strecke an folgenden Flüssen vor- beigekommen: auf der rechten Seite an der Ulanga und sieben anderen, deren Namen die Manegren uns nicht nannten; und auf der linken an dem breiten Flusse Dep. Am’ 2. October verliefsen wir den Beobach- tungsort und fuhren unter denselben Schwierigkeiten, wie vorher, an folgenden Flüssen vorbei: auf der Rechten am Iwur, Lomogdo, Cha- baikan und zwei unbenannten; auf der Linken am Dabkur, Gromka und Oiö. Endlich, am 3. October, erreichten wir die Mündung der Selindsha, des östlichen Quellstromes der Seja. Sie ergielst sich in die Seja mit mehreren Armen, welche ein grofses Delta bilden, das aus mehreren niedrigen, mit dichten Sandweiden bewachsenen Inseln be- steht. Sie verdecken die Mündung dieses sehr bedeutenden Stromes, und wir hätten ibn nicht bemerkt, wenn die Manegren uns nicht dar- auf aufmerksam gemacht hätten. So mag auch Pojarkow ihn nicht be- merkt haben, als er auf der Seja fuhr; denn in seinem Bericht wird über die Selindsha Nichts erwähnt. Die Wasserfläche der Seja ist mit den Inseln an der Mündung der Selindsha 5 Werst breit; sie hat eine 456 Ussolzew: sehr ruhige Strömung. Wahrscheinlich ist auch die Selindsha in ihrem untern Laufe ruhig. Ich war hier von einer ganzen Schaar Manegren umgeben; es war schwer, sie zu zählen; dies ist der Sammelplatz des ganzen Stammes unter der Leitung eines Dsangin (Aeltesten) und zweier Kowanen (Beigeordneten). Von hier zogen sie bis an den obern Lauf der Selindsha zum Fang von Eichhörnchen und Zobeln. Ich benutzte den freundlichen und gastfreien Empfang, den wir fanden, und lenkte das Gespräch auf die Selindsha und ihre Umgebung. Aber es war schwer, ihre Aussagen in Einklang zu bringen; manche stimmten über- ein, aber viele waren widersprechend, und wie es schien hüteten sie sich, richtige Nachrichten zu geben; denn sie nannten nicht einen ein- zigen Flufs mit Namen. Der Kern ihrer Angaben besteht in Folgen- dem: die Selindsha ist ein eben so grolser Strom wie die Seja und auch so tief; ihre Strömung ist in dem untern Laufe ruhig und nur im mittlern reilsender. Sie flielst in gerader Richtung, nicht mit sol- chen Windungen wie die Seja und der Schilkar (Amur). Von gros- sen Nebenflüssen erwähnten die Manegren besonders einen, der von der Mündung einen Ritt von 25 Tagen entfernt ist und sich in das rechte Ufer der Selindsha ergiefst. Aufser ihm giebt es noch viel an- dere kleine Flüsse; aber an der Quelle ist der Strom nicht so ver- zweigt wie die Seja. Er fliefst sehr weit, so weit wie die Seja von der Mündung des Gilui bis zur Quelle. Bis zu dem grofsen Neben- flusse und noch eine kleine Strecke weiter aufwärts liegen an ihm und an der Selindsha ausgedehnte Wiesen, auf welche die Manegren im Frühling und Sommer ihre Pferde treiben. Gebirgszüge sind allerdings auch vorhanden, aber sie sind nicht hoch; bei der Annäherung an die Quelle zeigen sich indefs Gletscher, die jedoch auch am mittleren Laufe angetroffen werden können. Bis an die Quelle des Flusses gehen die Manegren selten; sie halten sich meisfens am unteren und mittleren Laufe auf, und auch in dem Raume zwischen der Seja, dem untern Laufe des Flusses Dep und dem oben erwähnten grofsen Flusse. — Man kann hieraus schliefsen, dafs sich nur innerhalb dieses Gebietes Graswuchs findet, der als Weide für die Pferde benutzt werden kann; weiter aufwärts an diesen Flüssen sind die Gebirgszüge, Wälder und Sümpfe wahrscheinlich ohne nutzbare Vegetation. Von der Mündung der Selindsha verändert sich der Charakter des Uferlandes schnell; bisher flofs der Strom nur an kleinen, gemeinhin offenen Ebenen vorbei; er war entweder von Felsen eingeengt oder die Berge erschienen abwechselnd auf dem einen oder auf dem andern Ufer. Aber wenn man sich der Selindsha nähert, entfernen sich die Berge zur Seite; sie ziehen sich zuerst auf dem rechten Ufer in der Richtung nach dem Flusse Chabaikan zurück, bald darauf entfernen Reise an die Quelle des Gilui und an den Flufs Seja im Sommer 1856. 457 sie sich auch von dem linken Ufer nach Osten und verlieren sich in dem Thale der Selindsha. Auf den Gipfeln der Berge und hin und wieder auf kleinen Gehängen erscheint ein lichter Wald, Kiefern, Roth- tannen, Lärchen und Birken. Hier aber öffnet sich auf beiden Ufern ein Thal ohne Felsen und ohne Wald. Ein dichtes und hohes Gras, vermischt mit Gesträuch von wilden Rosen, bedeekt eine unübersehliche Fläche; an den niedrigen Stellen haben sich Sümpfe gebildet, in denen Seen liegen. so fliefst die Seja 107 Werst weit. Von da ab nähert sich eine Bergkette von der rechten Seite allmählich dem Flusse und bildet schliefslich felsige Ufer. Dieses ist die erste Gebirgsgruppe, die sich der Seja entgegenstellt und die in dem interessanten Bericht Milo- wanow’s ') „die weilsen Berge“ &enannt wird. Sie besteht aus Mergel, der auf Thonschiefer ruht. Diese Berge begleiten 9 Werst weit das Ufer des Flusses, dann treten sie etwas zur Seite, indem sie nach dem Flusse hin ein schmales Thal bilden, nähern sich dann von Neuem dem Flusse und bilden end- lich, nach einer abermaligen Unterbrechung auf eine Strecke von drei ° Werst, einen dritten derartigen Vorsprung, der sich 2 Werst weit hin- zieht. Gegenüber dem Ende der zweiten Annäherung haben sich einige niedrige Inseln gebildet, zwischen denen die Mündung des Flusses Tomi verborgen ist. Weiterhin entfernt sich der Gebirgszug vom Ufer, folgt aber dem Flufslauf und bildet ein üppiges wiesenreiches Thal. Etwa 60 Werst von der Mündung des Tomi zeigt sich auf den Gipfeln der Berge am rechten Ufer und hin und wieder auf den Abhängen Wald- wuchs, weiterhin aber verschwindet er allmählich. Die Berge treten bald dem Flusse etwas näher, bald entfernen sie sich mehr von ihm; sie sowohl wie das Thal sind mit einem zu Weiden geeigneten Gras- wuchs bedeckt. Die entlegeneren Ketten verschwinden in der Ferne und sind auch ohne Waldwuchs, nur auf den Abhängen sieht man hin und wieder einzelne Bäume. Vielleicht liegen hinter diesen’ Bergen grolse Thäler, die zum Ackerbau und zu Ansiedelungen geeignet sind. Das Thal des linken Ufers wird nicht unterbrochen; hier und dort er- heben sich jedoch am Ufer Hügel und in der Ferne niedrige abschüs- sige Berge. Die Ufer sind überall niedrig und bilden einen nicht hohen Rand. Das Erdreich besteht aus Lehm, einem mit Schlamm gebundenen Sande, an einzelnen Stellen aus Tschernosem, der zuwei- len eine Schicht von einer halben Arschin Dicke bildet. Es scheint mir, dafs auf diesen fruchtbaren Ebenen Ackerbau und Viehzucht auf ausgedehnten Strecken eingeführt und grofse Colonien begründet werden ") Der Bojarensohn Milowanow wurde von dem Wojewoden Wojeikow im Jahre 1681 zur genaueren Erforschung des Thales der Seja abgesandt. 458 Ussolzew: können. Aber bis jetzt bat noch Niemand von ihnen Nutzen gezogen; sie sind zur Zeit noch unberührt von der Thätigheit des Menschen; nur ein Milowanow war hingerissen von dem Reichthum der mannichfalti- gen Vegetation dieser Gegenden. Die Breite der Seja bei der Einmün- dung des Tomi ist vielleicht noch gröfser als bei der Mündung der Se- lindsha. Die Zahl der Inseln kann ich nicht angeben; sie lagern sich auch der Mündung der Seja vor, so dafs wir lange Zeit zwischen ihnen umherirrten. Die Strömung ist, besonders bei den weilsen Bergen, so langsam, dafs es uns schien, als ob das Flofs stromaufwärts triebe. Wir kamen an dieser Stelle am 6. October vorüber. In dieser Nacht verloren wir das letzte Pferd. Die Kosaken, die mich beglei- teten und die von Jugend auf mit Pferden zu thun gehabt haben, ver- sicherten, dals die Pferde deshalb umgekommen wären, weil sie wäh- rend der Stromfahrt solches Gras gefressen, das an den niedrigen Flufs- ufern unter Wasser gestanden hätte. Am folgenden Tage fuhren wir nun mit einem Flofs weiter; aber auch da war es nicht leicht, gegen das Eis anzukämpfen; ungeheure Massen drängten gegen das Flofs und wir mufsten uns mit grolser Anstrengung zwischen den Schollen durcharbeiten, und wurden zuweilen von den aufgehäuften Eismassen fortgerissen. So' fuhren wir weiter bis zum 8. October und hielten uns vorzugs- weise am rechten Ufer. Dieser Tag war der letzte unserer Stromfahrt. Schon am Morgen wehte ein sehr heftiger Wind, der sich gegen Abend in einen Sturm verwandelte. Wir fuhren damals gerade nicht weit vom linken Ufer hin, konnten aber nur mit äufserster Anstrengung an das- selbe herankommen. Während der ganzen Nacht hörte der heftige Sturm nicht auf zu wüthen; die Eisschollen nahmen immer mehr und mehr zu. Gegen Morgen war das Flofs schon von Eis eingeschlossen; in der ganzen Breite des Stromes trieben Eisschollen hin, an manchen Stellen hatten sie sich schon verstopft. Ich verweilte den ganzen Tag am Ufer, in der Hoffnung, dafs der Strom, sobald der Wind sich legte, sich etwas vom Eise befreien würde. Aber diese Hoffnung ging nicht in Erfüllung, — die Weiterfahrt war entschieden unmöglich geworden, und es zeigte sich auch kein Mittel, an das rechte Ufer zu gelangen. Von der Mündung des Gilui bis hierher waren wir 808 Werst gefah- ren. Wir hatten noch die Hälfte eines Pferdes; drei Leute konnten damit acht Tage ausreichen. Deshalb theilte ich die Mannschaft in zwei Abtheilungen. Die Sachen wurden an’s Ufer getragen und in einer Schlucht versteckt. Drei von meinen Leuten blieben hier; ich brach mit den drei andern auf, um ein Mantschuren-Dorf zu suchen. Den Zurückbleibenden befahl ich, innerhalb 10 Tagen mich zu erwar- ten, und wenn ich dann nicht zu ihnen zurückkehrte oder wenn ich keine Reise an die Quelle des Gilui und an den Flufs Seja im Sommer 1856. 459 Hilfe finden könne, die Spuren ihres Lagers zu vernichten und mir nachzufolgen. - Am dritten Tage erreichten wir das erste Mantschurendorf, 60 Werst von jenem Lagerplatze entfernt. Hier begegneten uns zwei Mantschu- ren und führten uns in das Versammlungshaus, wo bald das ganze Dorf zusammenkam. Mein erstes Geschäft war, für die Leute zu sorgen, die in dem Lager zurückgeblieben waren, und ich redete den Mantschuren zu, mir Lebensmittel und Pferde zu geben, wofür ich ihnen eine Vergütigung anbot. Die Reden und Verhandlungen darüber, was sie mit uns an- fangen sollten, dauerten bis tief in die Nacht. Meine Bitte, die Leute herbeizuholen, blieb ohne Antwort. Die Mantschuren verfuhren nach ihrem eigenen Ermessen; am folgenden Tage brachten drei von ihnen, in Begleitung eines meiner Kosaken, 30 Pfund Buda (Hirse) und be- schlossen, uns unter Aufsicht nach der Stadt Sachaljan-ula-Choton zu schicken und uns dort zur Verfügung der Behörde zu stellen. In das letzte Dorf, welches der Stadt gegenüberliegt, brachten sie uns am 15. October; sie reisten immer des Nachts und fanden stets einen Vor- wand, während des Tages in einem Dorfe zu bleiben. Erst in diesem letzten Dorfe konnte ich genaue Erkundigungen über unsern Posten Ust Seisk einziehen. Auf meine Bitten, mich zu den Kosaken hinüber zu schicken, die in diesem Posten überwinterten, nahmen die Mant- schuren keine Rücksicht; am 16ten Abends, als das Eis auf dem Amur noch nicht ganz fest war, brachten sie uns über den Flufs und führten uns in die Stadt. Hier lieferten sie uns in dem Regierungsgebäude ab, und nach einer halben Stunde kamen wir zum Verhör. Als wir in das Gerichtszimmer gelangten, salsen hier schon drei Beamte und einige Schreiber; einer von jenen, der Gusaida (Beigeordnete des Amban), schritt zum Verhör, das mit den Fragen anfıng, wer wir wären und weshalb wir in Gegenden gekommen wären, die zu ihrem Gebiete ge- hörten. Die darauf folgenden Fragen bezogen sich auf meine Beschäf- tigungen, Reisen u. s. w., wobei sie uns auch ganz confuse Fragen vorlegten und manche nochmals oder auch mehrmals wiederholten. Ich bemühte mich nach Kräften, ihnen kürzer zu antworten und lange Er- örterungen zu vermeiden, indem ich hinzufügte, dafs, wenn ich nicht von einem solchen Mifsgeschick befallen wäre, ich sie nicht beunruhigt haben würde, aber da ich nun einmal in eine so schlimme Situation gerathen wäre, so verliefse ich mich auf ihre freundschaftlichen Ge- sinnungen gegen die Russen. Nach dem Ende des Verhörs stellten sie mich dem Amban vor, der sich sehr freundlich zeigte und ohne auf weitläuftige Erörterungen einzugehen, nur den Bericht des Gusaida an- hörte und anordnete, dafs man uns nach dem Posten Ust Seisk schicken f rn und den bei dem Flofs zurückgebliebenen Leuten Lebensmittel geben solle. .Nach einer halben Stunde führte man uns aus der Stadt, und am folgenden Tage, am 17. October, befand ich mich bereits im Kreise unserer Kosaken. Der Commandant des Postens detachirte am folgen- den Tage 15 Mann, um den zurückgebliebenen Leuten meiner Abthei- lung Hilfe zu leisten. Da aber auch damals das Eis noch nicht ganz fest war, konnten die Kosaken nicht auf die andere Seite des Flusses gelangen. Am 20. October brachten die Mantschuren wider alles Erwarten meine Sachen, Instrumente und Leute zu uns. Während meines Aufenthalts im Posten Ust Seisk konnte ich fol- gende astronomische Beobachtungen ausführen: am 30. October (11. No- vember) mals ich mit dem Pistor’schen Kreise die Entfernung des Mondes vom Jupiter, « Aquilae und dem Saturn durch Höhen der Sterne « Lyrae und « Aurigae; am 31. October (12. November) be- stimmte ich die Abweichung der Magnetnadel, mit dem Universal-In- strument den Stand des Chronometers durch Höhen der Sterne @ Aqui- lae und «& Andromedae, und die Breite durch Beobachtungen von « Pe- gasi und dem Polarstern. Da um diese Zeit aus dem Karaul eine Post nach der transbai- kalischen Provinz abgefertigt wurde, gewährte mir dies Gelegenheit; ohne alle Hindernisse den Amur aufwärts zu reisen. Am 4. Novem- ber verliefs ich den Posten und erreichte am 8. December Ust Strjä- lotschnoi Karaul. Bei der Ankunft in der Provinz hinderte mich eine Krankheit, schnell weiter zu reisen, und aus diesem Grunde traf ich erst am 12. Januar in Irkutsk ein. 460 Miscellen: Miscellen. Die Eisenbahnen Frankreichs. Nach dem so eben erschienenen „Atlas historique et statistique des chemins de fer francais, par Adolphe Joanne. Paris 1859. 4.“ geben wir im Folgen- den eine Uebersicht über die bis zum Sommer 1858 dem Betrieb übergebenen und über die zunächst projectirten Eisenbahnlinien in Frankreich, und fügen zu- gleich Angaben bei, aus welchen der allmähliche Fortschritt der Eisenbahnbauten in diesem Lande ersichtlich wird. I. Nord-Bahnen. Unter der Compagnie der Nordbahnen stehen zur Zeit folgende Linien: 1) Die Bahn von Paris nach der belgischen Grenze mit ihren Abzweigungen nach Calais und Dünkirchen, im Ganzen 482 Kilometer. Von dieser Bahn wurden Die Eisenbahnen Frankreichs. 461 zuerst, im November 1842, die beiden Strecken von Lille und von Valenciennes nach der belgischen Grenze, 27 Kilom., eröffnet; die Hauptwege von Paris nach jenen beiden Städten, 310 Kilom. lang, kamen am 20. Juni 1846 in Betrieb. Am 1. September 1848 wurden die Strecken von Lille über Hazebrouck nach Dünkirchen einerseits und nach St. Pierre andererseits, im Ganzen 142 Kilom., eröffnet, worauf dann am 20. August 1849 die Eröffnung der Schlufsstrecke von St. Pierre nach Calais, 3 Kilom., folgte. 2) Die von der vorigen sich abzweigende Bahn von Amiens nach Boulogne, mit einem Arm von Noyelles nach St. Valery, im Ganzen 130 Kilometer. Sie ist ebenfalls vollständig in Betrieb, und zwar die Strecken von Amiens nach Abbeville (44 Kilom.) seit dem 15. März 1847, von Abbeville nach Neufchatel (65 Kil.) seit dem 21. December 1847, von Neufehatel nach Boulogne (14 Kil.) seit dem 17. April 1848 Die Zweigbahn von Noyelles nach St. Valery (6 Kil.) über die breite Mündung der Somme im Bereich der Meeresfluth wurde im Som- mer 1858 dem Verkehr übergeben. 3) Die Bahn von Creil nach Beauvais, ebenfalls Abzweigung von No. 1, 37 Kilom. lang, wurde am 1. September 1857 eröffnet. 4) Die Bahn von Creil über St. Quentin nach Erquelines, mit einer Ab- zweigung von Tergnier nach Laon, im Ganzen 217 Kilometer. Sie wurde strecken- weise eröffnet, und zwar: von Creil nach Compiegne (33 Kil.) am 21. October 1847, von hier nach Noyon (23 Kil.) am 26. Februar 1849, von hier nach Chauny (17 Kil.) am 21. October 1855, von hier nach Tergier (7 Kil) am 1. Januar 1850, von hier nach St. Quentin (22 Kil.) am 23. Mai 1850, von hier nach Hau- mont (70 Kil.) am 21. October 1855. Der Bau der Schlufsstrecke von Haumont nach der belgischen Grenze (16 Kil.) wurde einer belgischen Compagnie über- geben; sie ist seit 11. August 1855 fertig. Die Zweigbahn von Tergnier nach Laon (29 Kil.) kam am 1. September 1857 in Betrieb. 5) Die Bahn von Somain über Cambray nach Busigny, 49 Kil., verbindet die beiden grofsen belgischen Bahnen No. 1 und 4. Die Strecke von Somain nach Lourches (8 Kil) wurde im October 1856, die von Lourches nach Busigny (41 Kil.) am 15. Juli 1858 eröffnet. 6) Die Bahn von Villers- Cotterets nach Port-aux-Perches, 9 Kilom., am 21. Juni 1857 von der Compagnie der Nordbahn angekauft. Da die Nordbahn-Compagnie die Bahn von Laon nach Rheims (Fortsetzung der unter No. 4 erwähnten Bahn von Tergnier nach Laon) der Compagnie der Ardennenbahn abgetreten, hatte sie im Sommer 1858 im Ganzen 924 Kilometer Bahnlinien in Betrieb, wenn wir die Strecke von Haumont nach der belgischen Grenze mitrechnen. Dieses Netz soll nun demnächst durch folgende Linien ver- vollständigt werden: 1) Ein neuer Weg von Paris (St. Denys) nach Creil, 51 Kilom., soll im Frühjahr 1859 beendet sein. 2) Eine Bahn von Paris nach Soissons, 102 Kil., soll eine kürzere Strafse von Paris nach Rheims (die jetzige geht über Epernay) eröffnen. Der Plan für die Strecke von Paris nach Dammartin ist fertig. 3) Bahn von Boulogne nach Calais zur Verkürzung des Postverkehrs zwi- schen Paris und London, mit einer Zweigbahn nach Marquise, um die Verwerthung 462 Miscellen : der Producte des Hüttenbetriebs von Marquise und der Marmorbrüche von Lan- drethun zu erleichtern; im Ganzen 43 Kilometer. 4) Bahn von Rouen über Amiens nach einem Punkt der Bahn von Creil nach St. Quentin, 191 Kilom., um den französischen Steinkohlen die Concurrenz mit den englischen in der Normandie zu erleichtern und den Handel von Hayvre zu ‚befördern. Die Linie ist noch nicht festgestellt. 5) Verschiedene Linien von den Steinkohlengruben im Pas de Calais, in einer Gesammtlänge von 84 Kilometern. 6) Bahn von Chantilly nach Senlis, 11 Kilom., eine Zweigbahn von der im Bau begriffenen Strafse von St. Denys nach Creil. Der Plan ist fertig. 7) und 8) Zwei kleine Strecken von Pontoise nach der belgischen Bahn (3 Kilom.) und von Ermont nach Argenteuil (5 Kilom.). I. Ost-Bahnen. Zu dieser Verwaltung gehören: 4) Die grofse Bahn von Paris nach Strafsburg, 502 Kilometer. Von ihr wurden eröffnet die Strecken: von Paris nach Meaux (45 Kil.) am 10. Juli 1849, von hier nach Epernay (97 Kil.) am 241. August 1849, von hier nach Chalons (31 Kil.) am 10. November 1849, von hier nach Vitry (33 Kil.) am 5. September 1850, von hier nach Bar le Duc (49 Kil.) am 29. Mai 1851. Inzwischen hatte man sowol die Bahn von Nancy über Frouard (9 Kil.) nach Metz,‘ wie die von Strafsburg nach Saarburg (71 Kil.) gebaut; jene war am 10. Juli 1850, diese am 29. Mai 1851 eröffnet worden. Die Fortsetzung der Hauptbahn von Bar le Due nach Commerey (40 Kil.) wurde am 18. November 1851, der Anschlufs von Commerey an die Bahn von Nancy nach Metz bei Frouard (50 Kil.) am 19. Juni 1852, endlich die Schlufsstrecke zwischen Nancy und Saarburg (77 Kil.) am 12. August 1852 eröffnet. — Eine Zweigbahn führt von Epernay nach Rheims (30 Kil.), eröffnet am 5. Juni 1854. 2) Bahn von Frouard über Metz nach der preufsischen Grenze, 122 Kilo- meter. Die Strecke von Frouard nach Metz (48 Kil.) war, wie bemerkt, schon am 10. Juli 1850 eröffnet worden; dann wurde die Fortsetzung von Metz nach St. Avold (50 Kil.) am 24. Juli 1851, von hier bis Forbach (20 Kil.) am 16. November 1851, und von hier bis zur Grenze (4 Kil.) am 16. November 1852 dem Verkehr übergeben. 3) Eine Zweigbahn der letztern, von Metz nach der luxemburgischen Grenze, 46 Kilom., ist von Metz bis Thionville (30 Kilom.) seit 16. September 1854 im Betrieb. Die Schlufsstrecke war im Sommer 1858 noch nicht beendet. 4) Von der Paris-Strafsburger Bahn zweigt sich bei Blainville (zwischen Nancy und Lüneville) die Bahn nach Epinal ab, 51 Kilometer, die am 24. Juni 1857 eröffnet wurde. 5) Die grofse Bahn von Paris nach Mühlhausen, 438 Kilometer, Sie lehnte sich an die bereits seit dem 10. April 1848 in Betrieb befindliche Bahn yon Montereau über Nogent nach Troyes an und wurde durch eine Verbindungsbahn bei Noisy mit der Bahn Paris-Meaux verknüpft. Die Fortsetzung von Troyes nach Chau- mont (96 Kil.) kam am 25. April 1857, die von Chaumont nach Langres (35 Kil.) Be am 14. October 1857 in Betrieb. Schon am folgenden Tage wurde auch von der entgegengesetzten Seite, von Mühlhausen, die Strecke nach Dannemarie (25 Kil.) eröffnet, die am 15. Februar 1858 von Dannemarie bis Belfort fortgeführt war. Acht Tage später, am 22. Februar 1858, kam die Strecke von Langres nach Vesoul, und am 26. April 1858 die Schlufsstrecke von Vesoul nach Belfort in Betrieb. 6) Die Bahn von Blesmes (zwischen Vitry und Bar le Duc) nach Gray an der Saone, welche unter Benutzung der vorigen Bahn auf der Strecke von Chau- mont bis diesseits Langres die Strafsburger Bahn mit den Saone- und Rhone- Bahnen verknüpfen soll, im Ganzen 180 Kilometer, von denen 54 auf die Bahn Paris — Mühlhausen fallen. Sie wurde eröffnet von Blesmes nach St. Dizier (17 Kil,) am 15. Februar 1854, von dort nach Donjeux (38 Kil.) am 17. Juli 1855, von dort nach Chaumont (31 Kil.) am 25. Juli 1855 '), wo sie sich an die Bahn Paris — Mühlhausen anschlofs. Nach der Eröffnung der letztern auf der bezeichneten Strecke kam auch die weitere Fortsetzung von Chalindrey nach Gray (40 Kil.) am 12. Juli 1858 in Verkehr. 7) Die Bahn von Montereau nach Troyes, die zum Theil mit der Bahn Paris — Mühlhausen zusammenfällt, 100 Kilom., ist, wie bemerkt, schon seit dem 10. April 1848 in Betrieb. 8) Die Bahn von Strafsburg nach Basel, 139 Kilom., wurde stückweise er- öffnet, und zwar die Strecken von Benfeld nach Colmar (39 Kil.) am 18. Oct. 1840, von Mühlhausen nach St. Louis (28 Kil.) am 25. Oct. 1840, von Königs- hofen nach Benfeld (27 Kil.) am 1. Mai 1841, von Colmar nach Mühlhausen (42 Kil.) am 5. August 1841, von Königshofen nach Strafsburg (1 Kil.) am 26. März 1844, endlich von St. Louis nach der Schweizergrenze (1 Kil.) am 13. Juni 1844. 9) Eine Zweigbahn der vorigen, von Mühlhausen nach Thann, 14 Kilom. ?), ist schon seit 12. September 1839 in Betrieb. 10) Die Fortsetzung der Elsasser Bahn, von Strafsburg nach Weifsenburg, 58 Kilom,, kam am 18. Juli 1855 für die Strecke von Hagenau nach Wen- denheim (23 Kil.), für die von Hagenau nach Weifsenburg (35 Kil.) am 23. October 1855 in Verkehr, 11) Zweigbahn von Chalons nach dem Lager, 25 Kil., seit dem 12. Sept. 1857 in Betrieb ?). Die Direetion der Ostbahnen hatte aufserdem im Bau: von der Bahn Paris — Mühlhausen eine Abzweigung nach Coulommiers (32 Kil.) und nach Provins (8 Kil.), und beabsichtigt die Fortsetzung der Bahn von Nancy über Epinal nach Vesoul und Gray, für die man mit den Vorarbeiten beschäftigt ist. Im Bau begriffen ist eine kurze Bahn von Paris über Vincennes nach St. Maur (17 Die Eisenbahnen Frankreichs. 463 !) Nach p. 31; nach p. 20 dagegen am 25. April 1857. 2) Nach p. 31; nach p. 18 dagegen 21 Kilom., was offenbar falsch ist. 3) In der allgemeinen Uebersicht p. 20 wird noch eine Bahn von Nogent sur Marne (an der Strafsburger Bahn) nach Nangis (an der Mühlhausener Bahn), 53 Ki- lom., und ihre Fortsetzung von Nangis nach Flamboin, 25 Kilom., als am 9. Febr. und 25. April 1857 eröffnet aufgeführt. Weiterhin wird ihrer gar nicht gedacht und auch auf den beigegebenen Karten ist sie nicht verzeichnet. A6A Miscellen: Kil.), die später mit der Mühlhausen - Bahn verbunden und dadurch der letztern einen zweiten Eingang nach Paris eröffnen soll, — und die Vereinigungsbahn Strafsburgs mit der Rheinbrücke, 95 Kilometer lang. ; II. Ardennen-Bahnen. Von diesem Bahnnetz ist nur die Strecke von Laon nach Rheims, 52 Kilo- meter, seit dem 1. September 1857, und von Rheims nach Rethel, 40 Kilom., seit dem Juni 1858 in Betrieb. Das System soll durch folgende Linien ver- vollständigt werden: 1) durch eine Fortsetzung der Bahn Rheims-Rethel über Charleville und Givet nach der belgischen Grenze, noch 143 Kilom.; 2) dureh eine Bahn von Charleville über Sedan nach Thionville, 135 Kilum.; die Strecke von Charleville nach Sedan (20 Kilom.) sollte im September dieses Jahres. fertig sein; 3) durch eine Abzweigung der vorigen von Longuyon nach Longwy (20 Kilom.), zum Anschlufs an die Luxemburger Bahnen; 4) durch eine Bahn von Rheims nach Soissons, als Fortsetzung der oben erwähnten Bahn von Paris nach Soissons. IV. West-Bahnen. Zu dieser Direction gehören zunächst folgende kürzere Bahnen in unmittel- barer Nähe von Paris: 1) von Paris nach Asnieres, 6 Kilom.; von Asnieres zwei- gen sich ab 2) über Viroflay nach Versailles, 19 Kilom., seit 2. August 1839; 3) über Colombes nach St. Germain, 15 Kilom., seit 14. April 1847; 4) nach Argenteuil, 4 Kilom., seit 28. April 1851 eröffnet. Ferner gehören hierher: 5) eine zweite Bahn von Paris nach Versailles auf dem linken Ufer der Seine, 17 Kilometer, seit 10. September 1840; und 6) die Bahn von Batignolles nach Au- teuil, 7 Kilom., seit 2. Mai 1854 in Betrieb, Die gröfsern Bahnlinien sind folgende: 7) Die Bahn von Asnieres über Mantes nach Rouen, 133 Kilometer, eröff- net am 9. Mai 1843. Sie wurde fortgeführt von Rouen über Malaunay nach Havre, 92 Kilometer, am 22. März 1847, und diese Strecke erhielt eine Abzwei- gung von Malaunay nach Dieppe, öl-Kilom., die am 1. Aug. 1848 eröffnet wurde, und eine zweite von Beuzeville nach Fecamp, 18 Kilom., die seit dem 25. Febr. 1856 in Betrieb ist. Das ganze Netz hat also eine Entwickelung von 294 Kilo- meter. 8) Die Bahn nach Cherbourg. Sie zweigt sich von der Bahn Paris-Rouen bei Mantes (53 Kil. von Paris) ab und wurde von Mantes üher Serquigny bis Lisieux (i33 Kilom.) am 1. Juli 1855, von Lisieux über Mezidon nach Caen (49 Kilom.) am 29. Decbr. 1855, von Caen nach Cherbourg (130 Kilom.) am 4. Aug. 1858 eröffnet. Sie hat zur Zeit eine Zweigbahn von Lisieux nach Pont l’Eveque, die im Juli 1858 eröffnet ist und demnächst bis Honfleur fortgeführt werden soll. Rechnen wir die eröffnete Strecke dieser Zweigbahn zu 25 Kilo- meter, so beträgt die Gesammtentwickelung der Cherbourger Bahn mit Einschlufs der Zweigbahn 337 Kilometer, 9) Die Bahn von Paris nach Rennes. Sie zweigt sich zu Viroflay bei Ver- sailles von den Versailler Bahnen ab, und wurde von Viroflay bis Chartres (73 Kilom.) am 12. Juli 1849, von Chartres nach La Loupe (Dep. Eure et Loir) (36 Kil.) am 7. September 1852, von La Loupe bis Nogent le Rotrou (24 Kil.) am 16. Februar 1854, von Nogent bis Le Mans (63 Kil.) am 1. Juni 1854 eröffnet. Von Le Mans kam sie weiter bis Laval (89 Kil.) am 14. Aug. 1855, von Laval bis Rennes (73 Kil.) am 1. Mai 1857 in Betrieb. Die ganze Bahn von Viroflay bis Rennes ist also’ 358 Kilometer lang. 10) Die Querbahn von Mezidon (an der Cherbourger Bahn, zwischen Caen und Lisieux) über Le Mans nach Angers. Von dieser Bahn sind erst zwei Strecken in Betrieb, von Le Mans nach Alencon (52 Kil.) seit 15. März 1856, und von Alengon nach Argentan seit 1. Februar 1858, zusammen vielleicht 100 Kilometer. Die Strecke von Argentan bis Mezidon ist im Bau, die Bahn von Le Mans nach Angers soll über Sable gehen. Von den Westbahnen sind also im Ganzen etwa 1157 Kilometer in Betrieb. Zur Vervollständigung dieses Netzes sollen noch, aufser der Vollendung der be- reits erwähnten Bahnen von Angers nach Mezidon und von Lisieux nach Hon- fleur, noch folgende Strecken in Angriff genommen werden: 1) von Serquigny nach Trouville, 57 Kilom., Zweigbahn der Cherbourger; 2) von Fromont nach St. Lö, 18 Kilom., ebenfalls Zweigbahn der Cherbourger; 3) von Rennes nach Brest, 250 Kilom.; die Arbeiten auf der Strecke von Rennes bis Moncontour (84 Kil.) sind begonnen; weiterhin wird die Bahn wahrscheinlich über St. Brieue, Guingamp und Morlaix geführt werden; 4) von Rennes nach Redon, längs der Vilaine; 5) von Rennes nach St. Malo; der Plan ist fertig; 6) von Serquigny nach Rouen; 7) von St. Cyr nach einem Punkt an der Bahn von Mezidon nach Le Mans, etwa in der Mitte zwischen den Bahnen nach Cherbourg und nach Rennes, — vielleicht mit einer Zweigbahn von L’Aigles nach Conches (an der Cherbourger Bahn); und 8) von Argentan nach Granville. Die Eisenbahnen Frankreichs. 465 V. Orleans-Bahn. Unter dieser Compagnie, die aus der Verschmelzung von vier Compagnien entstanden, befinden sich folgende Bahnen in Betrieb: 1) Von Paris über Juvisy nach Orleans, 121 Kilometer; die Bahn von Paris über Juvisy nach Corbeil (31 Kil.) wurde am 20. September 1840, die von Juvisy nach Orleans (102 Kil.) am 5. Mai 1843 eröffnet. 2) Von Paris nach Sceaux (11 Kil.), am 23. Juli 1846 eröffnet, mit der Zweigbahn von Bourg -la Reine nach Orsay (14 Kil.), die am 29. Juli 1854 er- öffnet wurde, zusammen 25 Kilometer. 3) Von Orleans längs der Loire über Nantes nach St. Nazaire, 370 Kilo- meter. Sie wurde eröffnet von Orleans bis Tours (113 Kil.) am 2. April 1846, von da bis Saumur (64 Kil.) am 20. Decbr. 1848, von da bis Angers (44 Kil.) am 1. August 1849, von da bis Nantes (87 Kil.) am 21. August 1851, von da bis St. Nazaire (62 Kil.) am 20. Juli 1857. 4) Von Tours nach Le Mans, 94 Kil., eröffnet am 19. Juli 1858, verbindet die vorige Bahn mit der von Paris nach Rennes. 5) Von Tours nach Bordeaux, 344 Kilometer '), wurde eröffnet von Tours ’) Nach p. 48; bei den folgenden Einzelangaben ist hier, wie auch später, mehr- mals der Bruchtheil eines Kilometers für ein volles Kilometer gerechnet. Zeitschr. f. allg. Erdk. Neue Folge. Bd.V. 30 466 Miscellen: nach Poitiers (101 Kil.) am 15. Juli 1851, von Bordeaux nach Angoul&me (132 Kil.) am 20. Sept. 1852, von Poitiers nach Angoulöme (113 Kil.) am 28. Juli 1853. Dadurch war Bordeaux mit Paris verbunden. 6) Von Poitiers nach La Rochelle (141 Kil.) mit Zweigbahn nach Rochefort (15 Kil.), wurde eröffnet von Poitiers nach Niort am 7. Juli 1856, von Niort nach La Rochelle und Rochefort am 7. Sept. 1857. 7) Von Orleans über Vierzon und Bourges nach Nevers, 181 Kilom., wurde eröffnet von Orleans bis Bourges (113 Kil.) am 20. Juli 1847, von Bourges nach Nerondes (36 Kil.) am 20. Mai 1849, von Nerondes nach Nevers (33 Kil.) am 5. October 1850. Von dieser Bahn zweigt sich ab: 8) die Bahn von Vierzon nach Limoges, 200 Kilom.; sie wurde eröffnet von Vierzon bis Chateauroux (60 Kil.) am 15. Novbr. 1847, von Chateauroux nach Argenton (31 Kil.) am 2. Mai 1854, von Argenton nach Limoges (106 Kil.) am 2. Juni 1856. 9) Von Coutras (an der Bordeaux-Bahn) nach Perigueux, 76 Kilom., am 20. Juli 1857 eröffnet. 10) Von Montauban zum Lot bei Penchot und von hier über Aubin und St. Christophe nach Rodez, wurde im Juli 1858 für die Strecke von Montauban bis St. Christophe, 171 Kilometer, eröffnet. Von St. Christophe bis Rodez sind noch 22 Kilometer. Die Compagnie projectirt auflserdem noch zahlreiche Schienenwege, von denen wir nur diejenigen hervorheben, welche im Bau begriffen sind: 1) Von Limoges über Perigueux nach Agen, 236 Kilom., ist auf der Strecke von Thiviers bis Pe- rigueux (30 Kil.) im Bau, während auf der Tour von Perigueux nach Agen an den beiden Tunnels gebaut wird, durch welche die Bahn über die Wasserschei- den zwischen Dordogne und Lot, und zwischen Lot und Garonne geführt wird. 2) Von Perigueux über Brives nach La Chapelle (147 Kil.) zum Anschlufs an die Bahn No. 9; an der Strecke von Perigueux nach Brives (74 Kil.) wird ge- baut. 3) Von Montlucon nach Moulins, 85 Kilom., ist zum Theil schon fertig. VI. Bahnen von Paris nach Lyon und dem Mittelländischen Meere. Hierzu gehören die Bahnen: 1) Von Paris nach Lyon, 512 Kilometer. Es wurden eröffnet: die Strecken von Paris nach Tonnerre (197 Kil.) am 12. August 1849, von Dijon nach Cha- lons (68 Kil.) am 2. Sept. 1849, von Tonnerre nach Dijon (118 Kil.) am 22. Juni 1851, von Chalons nach Vaise (125 Kil.) am 10. Juli 1854, von Vaise nach dem Bahnhof Perrache bei Lyon (5 Kil.) am 10. Novbr. 1856. Hiervon zweigen sich ab: 2) von La Roche nach Auxerre, 19 Kilometer, seit dem 4. October 1855 in Betrieb; und 3) von Dijon nach Döle, mit einer Zweigbahn von Auxonne nach Gray, und dann von Döle einerseits über Besangon nach Belfort, andererseits nach Salins, im Ganzen 257 Kilometer. Die Strecke von Dijon nach Döle (47 Kil.) wurde am 25. Juni 1855, die von Auxonne nach Gray (34 Kil.) am 10. Novbr. 1856, die von Döle nach Salins (38 Kil.) am 16. Mai 1857 eröffnet. Die Strecke von Die Eisenbahnen Frankreichs. 467 Döle nach Besancon (45 Kil.) war schon Anfangs dieses Jahres in Betrieb; die Fortsetzung über Montbeliard nach Belfort bis zum Anschlufs an die Elsasser Bahn (95 Kil.) wurde am 1. Juni 1858 eröffnet. 4) Von einer zweiten Verbindungsbahn zwischen Paris und Lyon durch Bourbonnais sind aufser der schon oben erwähnten Bahn von Paris über Juvisy nach Corbeil die südlichen Sectionen fertig, nämlich: von Le Guetin (am Zu- sammenflufs des Allier und der Loire, an der Bahn von Bourges nach Nevers) nach Moulins (51 Kil.) seit 15. Mai 1853, von Moulins nach Varennes (27 Kil.) seit 22, Aug. 1853, von Varennes nach St. Germain des Fosses (13 Kil.) seit 19. Juni 1854, von St. Germain des Fosses nach La Palisse (17 Kil.) seit 13. Juni 1857. Die Strecke von La Palisse nach Roanne (60 Kil.) ist erst in die- sem Jahre beendet worden. In Roanne schliefst sich die Bahn an die schon längst in Betrieb befindliche über St. Etienne nach Lyon, deren Länge überall auf 136 Kilometer angegeben wird; von ihr wurden die Strecken von St. Etienne nach Andrezieux (18 Kil.) am 10. October 1828, von Rive de Giers nach Givors an der Rhone (15 Kil.) am 1. October 1830, von Givors nach Lyon (21 Kil.) am 1. April 1832, von Rive de Giers nach St. Etienne (21 Kil.) am 4. April 1833, endlich von Andrezieux nach Roanne (67 Kil.) im Februar 1834 eröffnet. Die Gesammtlänge dieser Bahn von Guetin nach Lyon beläuft sich auf 304 Ki- lometer. Von ihr zweigt sich ab eine Bahn 5) von St. Germain des Fosses iiber Clermont-Ferrand nach Brioude, mit einem Zweige von St. Germain nach Vichy, im Ganzen 135 Kilometer. Sie wurde eröffnet von St. Germain des Fosses nach Clermont-Ferrand (65 Kil.) am 7. Mai 1855, von hier nach Issoire (35 Kil.) am 2. Juli 1855, von Issoire nach Brassac (19 Kil.) am 3. Sept. 1855, von hier nach Lempdes bei Arvant (6 Kil.) am 8. Mai 1856, von Arvant nach Brioude (10 Kil.) am 1. Mai 1857. Sie soll von hier nach Le Puy weitergeführt werden, während die Compagnie der Orleans- Bahnen von Arvant südsüdwestlich eine Bahn über Massiac zum Lot bauen soll. 6) Die Bahn von Lyon nach Genf, mit Zweigbahn von Amberieux nach Bourg, wurde eröffnet von Lyon nach Bourg (75 Kil.) am 23. Juni 1856, von Amberieux nach Seyssel (65 Kil.) am 5. Mai 1857, von Seyssel nach Genf (52 Kil.) am 26. März 1858. Bourg wurde überdies am 20. Juli 1858 mit Macon (36 Kil.) verknüpft. Die Gesammtentwickelung dieses Netzes beträgt 227 Kilo- meter. 7) Die Bahn von Lyon nach Avignon, 230 Kilometer, wurde eröffnet von Avignon bis Valence (126 Kil.) am 29. Juni 1854, von Valence bis Lyon (108 Kil.) ’) am 16. April 1855. Bei Givors wurde sie durch einen Schienenweg von 4 Kilometer mit der Bahn von St. Etienne nach Lyon verknüpft. 8) Die Bahn von Avignon nach Marseille, mit Zweigbahnen nach La Joliette und Aix, 153 Kilometer; wurde eröffnet von Rognonas (bei Avignon, südlich von der Durance) bis St. Chamas (67 Kil.) am 18. Oct. 1847, von hier bis Pas de Lanciers (30 -Kil.) am 1. Novbr. 1847, von hier bis Maıseille (18 Kil.) am 15. Januar 1848, endlich von Rognonas nach Avignon (5 Kil.) am 5. März 1849 1) Wahrscheinlich mit Einschlufs der erst später eröffneten Verbindungsbahn nach Givors. 30* WEN, 468 Miscellen: Die Zweigbahn nach La Joliette (7 Kil.) soll in diesem Jahre fertig werden, die von Rognae nach Aix (25 Kil.) ist seit dem 11. Oct. 1856 im Betrieb. 9) Die Bahn von Tarascon (Beaucaire) über Nimes und Montpellier nach Cette, mit Zweigbahn über Alais. Von ihr wurden eröffnet die Strecken von Cette nach Montpellier (27 Kil.) im März 1839, von Beaucaire über Nimes nach Alais (72 Kil.) am 19. August 1840, von Nimes nach Montpellier (52 Kil.) am 9, Januar 1845. Die Bahn von Nimes nach Alais wurde 1841 17 Kilometer weit von Alais nach Grand’ Combe fortgesetzt. Die Gesammt-Entwickelung die- ses Systems beträgt 170 Kilometer. Von den zu dieser Compagnie gehörigen und im Bau begriffenen Bahnen erwähnen wir nur: 1) die von Marseille nach Toulon, 62 Kilom., die im Früh- jahr 1859 fertig werden soll; 2) die von Nevers nach Moret an der Paris-Lyoner Bahn (oberhalb Fontainebleau) und eine Abzweigung nach Corbeil, 225 Kilom., wodurch die unter No. 4 erwähnte Bahn von Paris nach Lyon durch Bourbon- nais vervollständigt würde; sie soll 1860 fertig sein. VI. Bahnen des Südens, Zu diesen gehören: 1) Die Bahn von Bordeaux nach Cette, 477.Kilometer; wurde eröffnet von Bordeaux nach Langon (43 Kil.) am 31. Mai 1855, von Langon nach Tonneins (54 Kil.) am 4. Dec. 1855, von Tonneins nach Valence (65 Kil.) am 20. Mai 1856, von Valence nach Toulouse (96 Kil.) am 29. August 1856, von Toulouse nach Cette (219 Kil’) am 2. April 1857. 2) Von Narbonne nach Perpignan, 63 Kilom. Von dieser Bahn sind erst 144 Kilom., von Narbonne bis Vernet, am 20. Februar 1858 eröffnet. 3) Von Bordeaux über Lamothe nach Arcachon, 58 Kilom., eröffnet von Bordeaux nach La Teste (55 Kil.) am 7. Juli 1841, von La Teste nach Arca- chon (3 Kil.) am 26. Juli 1857. 4) Von Lamothe nach Bayonne, 155 Kilom., wurde eröffnet von Lamothe nach Dax (105 Kil.) am 12. Nov. 1854, von Dax nach Bayonne (50 Kil.) am 25. März 1855. Hiervon zweigt sich ab die Bahn 5) von Morcens über Mont de Marsan nach Tarbes. Von ihr wurden er- öffnet die Strecken von Morcens nach St. Martin d’Oney (26 Kil.) am 25. Jan. 1857, von St. Martin d’Oney nach Mont de Marsan (13 Kil.) am 6. Sept. 1857. An dieser Bahn wird eifrig gebaut, so dals sie im Frühjahr 1857 bis Tarbes in Betrieb sein soll. Projeetirt werden unter andern noch Bahnen von Toulouse nach Bayonne (280 Kil.) und von Agen nach Tarbes (166 Kil.). > VII. Bahnen im Dauphine. Sie bestehen aus der Bahn: 1) Von Grenoble nach St. Rambert (an der Bahn von Lyon nach Avignon, gegenüber Serrieres), 92 Kilom., von welcher die Strecke von St. Rambert nach Rives (56 Kil.) am 5. Novbr. 1856, die von Rives nach Pique-Pierre (34 Kil.) am 12. Juli 1857, die von Pique-Pierre nach Grenoble (2 Kil.) am 1. Juli 1858 eröffnet wurde. Von ihr zweigt sich ab die Bahn: FT Die Eisenbahnen Frankreichs. 469 2) von Beaucroissant nach Lyon, 91 Kilom., von welcher die Strecke von Lyon bis Bourgoin (38 Kil.) seit dem 1. Juli 1858 in Betrieb ist. Die Compagnie ist aufserdem verpflichtet, noch eine andere Zweigbahn zu bauen, welche von Moirans durch das Thal der Isere direct nach Valence (71 Kilom.) führt. XI Vereinzelte Bahnen. 1) Die Pariser Verbindungsbahn zur Verknüpfung der Pariser Bahnhöfe, 16,8 Kil., seit dem 24. März 1854 vollständig im Betrieb. 2) Die Bahn von Alais nach Besseges (nördlich von Alais, noch im Dep. du Gard), 30 Kil., um die Steinkohlengruben von Besseges mit dem Mittelländi-, schen Meere zu verbinden, seit 1. December 1857 in Betrieb. Die Compagnie hat auch noch eine kleine Zweigbahn von Robiac nach den Steinkohlengruben von Trelys gebaut, die am 15. März 1858 eröffnet wurde. 3) Die kleinen Bahnen der Kohlengruben von Anzin, nämlich von Abscon nach Denain und St. Vaast, mit Fortsetzung nach Anzin, und eine Verbindungs- bahn nach Somain an der Bahn von Douay nach Valenciennes, im Ganzen 21 Kilometer, sämmtlich im Betrieb. 4) Bahn von Albi nach den nördlich gelegenen Gruben von Carmaux, Dep. Tarn, 18 Kil., in Betrieb. 5) Bahn von Chauny nach dem östlich davon gelegenen St. Gobain, 18 Kil., in Betrieb. 6) Eine nur 3 Kilom. lange Bahn von den Steinbrüchen bei Long-Rocher im Walde von Fontainebleau nach dem Canal du Loing, in Betrieb. 7) Die Bahn von den Steinkohlengruben bei Epinac (Dep. Saöne et Loire) nach dem Canal von Burgund, 20 Kilometer, in Betrieb. 8) Bahn von Le Creuzot (Dep. Saöne et Loire) zum Canal du Centre, 10 Kilometer, in Betrieb. 9) Bahn von Decize (Dep. Nievre) zum Canal von Nivernois, 7 Kilom., in Betrieb. 10) Bahn von den Minen von Sorbier an die Bahn von St. Etienne, 3 Kil., in Betrieb. 11) Bahn von den Minen zu Roche-la-Moliere und Firminy an die Bahn von St, Etienne, 7 Kil., in Betrieb. 12) Bahn von den Gruben von Montieux an die Loire, 1 Kil., in Betrieb. 13) Bahn von Commentry (Dep. Allier) zum Canal von Berry, 18 Kil., in Betrieb. : 14) Bahn von den Minen zu Bourdon (Dep. Puy de Döme) an die Bahn von Clermont-Ferrand nach Arvant, 4 Kil., in Betrieb. 15) Bahn von den Minen bei Fins (Dep. Allier) zum Alliers bei Moulins, 25 Kil., in Betrieb. 16) Bahn von den Minen bei Montrambert (Dep. Loire) bis zur Bahn von St. Etienne, 8 Kil., in Betrieb. Im Sommer 1858 waren in Frankreich also 8446 Kilometer oder 1138 deut- sche Meilen Eisenbahnen in Betrieb, so dafs etwa auf 8,3 geogr. Quadratmeilen 470 Miscellen: eine Meile Eisenbahn kommt, — ein Verhältnifs, das dem in Belgien und Eng- land erreichten zwar bedeutend nachsteht, das aber doch im Vergleich mit allen andern grölsern Ländern als ein recht günstiges bezeichnet zu werden verdient. Von Interesse ist es noch, den jährlichen Zuwachs an Schienenwegen zu- sammen zu stellen. Die erste französische Bahn war die von St. Etienne nach Andrezieux, 18 Kilometer, eröffnet 1828, ein Theil der Bahn von Roanne über St. Etienne nach Lyon, die, 136 Kilometer lang, im Jahre 1834 beendet wurde und bis 1837 die einzige Bahn Frankreichs blieb. Dann kamen, nach Joanne’s Zusammenstellung, hinzu: im Jahre 1837 19 Kilometer, im Jahre 1848 392 Kilometer, 1838 145 a 1849 639 = 1839 67 - 1850 152 - 1840 187 3 | 1851 545 - 1841 139 e 1852 314 = 1842 28 - 1853 194 - 1843 230 - 1854 599 - 1844 2 - 1855 894 - 1845 04,52 - 1856 676 - 1846 439 - 1857 1253 - 1847 510 - 1 Chör Barka und Chör el Gasch in Nubien. Bekanntlich hat man angenommen, dafs die von dem Plateau der Schangallas herabkommenden Flüsse Chör Barka und Chör el Gasch durch ihre Vereinigung den Mogren bilden, welcher sich in den Atbara ergiefst, eine Tagereise oberhalb der Einmündung des letztern in den Nil. Von anderer Seite sind gegen diese Annahme Zweifel erhoben worden. Werne erfuhr (Expedition zur Entdeckung der Quellen des Weifsen Nil, $. 11. 12), dafs der Chör Barka sich nach einem westlichen Laufe in zwei Arme theile, von denen sich der eine in den Gohr el Gasch ergielse, während der andere bei Suakyn in’s Rothe Meer falle. Zur Unter- stützung der letztern Nachricht dient, was Werner Munzinger bei seinem Aufent- halt in Suakyn erfuhr. Er hörte nämlich, dafs nicht weit von der Stadt ein ziem- lich grofser, von SW. kommender Fluls im Sande versiege, und bemerkt, dafs seinen Erkundigungen zufolge dieser Flufs der Mareb (Chör el Gasch) zu sein schiene (s. diese Zeitschrift N. F. I, S. 304). In dem neuesten (November-) Heft des Bulletin de la societe de Geographie findet sich nun ein kurzer Bericht über eine Reise von Massua über Cassela nach Berber am Nil, aus der Feder A. de Courval’s, der sowol den Chör Barka wie den Chör el Gasch in ihrem oberen Laufe überschritten und auch dort erfahren hat, dafs der erstere nicht nach dem Nil, sondern nach dem Rothen Meere sich wende. Der Chör Barka, sagt er, dessen Bett im Sommer bis auf einige Lachen ganz trocken liegt, entspringt süd- lich von Keren, dem Hauptort der Bogo’s, flielst zuerst nach WSW., dann nach SSW., endlich auf eine längere Strecke nach W.; auf diesem Theile seines Laufes ist Courval dem Bett des Flusses gefolgt. Darauf wendet er sich, nicht weit von dem Punkte, wo der von Massua nach Cassela führende Karawanenweg das Thal Nachricht über die Resultate der Reise des Lieut. Ussolzew. 471 des Flusses verläfst, nach NW., dann nach N., endlich nach NO. in der Richtung nach Suakyn, und verliert sich im Sande zu Karkabat. Der Mareb (Chör el Gasch) verliert sich dagegen nach Courval’s Karte anderthalb Breitengrade nörd- lich von Cassela in Sümpfen, welche nur zur Regenzeit einen Abflufs nach dem Atbara besitzen. Nach der Zeichnung Courvyal’s liegt das Rinnsal, welches das Hochwasser aus den Sümpfen des Gasch fortführt, etwa auf dem halben Wege zwischen Göz Redshäb und der Mündung des Atbara in den Nil, —n. Nachricht über die Resultate der Reise des Lieut. Ussolzew ım Jahre 1857. Wir haben oben Ussolzew’s eigenen Bericht über seine grofse Reise im Jahre 1856 mitgetheilt. Seine im folgenden Jahre ausgeführten Unternehmungen be- ziehen sich auf einen nicht minder ausgedehnten Raum, und werden wesentlich dazu beitragen, die Resultate der ostsibirischen Expedition zu vervollständigen. Der Chef der letztern, Astronom Schwartz, hat darüber einen vorläufigen, im Wjästnik der Kais. Russ. Geogr. Gesellschaft publieirten Bericht erstattet, in wel- chem er die Hauptergebnisse der letzten Reise Ussolzew’s zusammenstellt. Dar- nach bestehen diese vornehmlich in Folgendem: 1) In einer Kartenskizze über einen Weg von etwa 1600 Werst, — vom Po- sten Gorbiza nach Norden zur Quelle der Tschara (Nebenfluls der Olekma), von dort zur Quelle der Muja (Nebenflufs des Witim), wo Ussolzew auf den Weg kam, den Lieut. Orlow im Jahre 1855 zurückgelegt hatte. Diesen Weg bis zur Ansiedelung Duschkatschan am Nordende des Baikal-See’s nahm Ussolzew nicht wieder auf, dann aber führte er die Reiseskizze fort über Goremyki am Baikal bis zu der Ortschaft Katschuga an der Lena. Die Kartenskizze ist auf 28 hal- ben Bogen, im Malsstabe von 5 Werst auf den Zoll, verzeichnet und wurde Abends nach jeder Tagereise vervollständigt. Zu einer Reinzeichnung ist Ussolzew noch nicht gekommen, da die Berechnung der auf der Reise ausgeführten astronomi- schen Beobachtungen und die Ordnung der übrigen Sammlungen ihm hierzu noch keine Mu/se gelassen. Gleichzeitig hat er auch nach Aussagen der Inorodzen Karten einiger Thäler gezeichnet, die den von ihm besuchten Gegenden nahe sind, namentlich Karten von den Thälern der Olekma, des Kalor und der oberen Tschara. 2) In einer Beschreibung der Reise auf 30 Seiten. Ussolzew erzählt darin unter Anderm, dafs er an der Quelle der Tschara, am Ufer des Luksiwun, einen Jakuten traf, der sich hier mit seiner Familie angesiedelt hatte. Er war im Jahre 1854 hierher gezogen und beschäftigte sich damit, das Land urbar zu machen; im Jahre 1857 hatte er zwei Defsjatinen umgepflügt und mit Sommerroggen, mit Weizen und Gerste bestellt. Der See Luksiwun liegt unter 56° 28’ N. Br., sein Thal mehr als 2200 Fufs über dem Meeresspiegel, und ist im NW. und SW. von hohen Gletschern eingeschlossen, auf denen schon am 11. August a. St. Schnee fiel. Diese Umstände können keine grofse Hoffnung auf eine gute Erndte er- wecken, aber der Jakut war im Allgemeinen zufrieden und klagte nur über Nacht- fröste, die zuweilen dem Getreide verderblich werden, Bi 3) In astronomischen Beobachtungen. Es wurde die Lage von 20 Punkten bestimmt, darunter die von 9 nach beiden Coordinaten, die von 11 nur nach der Breite. Die Breite ist von allen diesen Punkten, die Länge nur von folgenden fünf berechnet: von einem Punkte am Bach Dshiktenda (Zuflufs des Tungir), an der Quelle der Tschara, an der Mündung des Paktyraun, an der Mündung der Parama und an der Quelle der Muja. 4) In einem Journal meteorologischer Beobachtungen vom 7. Juni bis 27. October. Darin ist der Stand des Barometers und 'Thermometers, die Richtung des Windes und die Beschaffenheit des Himmels 3, 4, 5 und 6 Mal täglich ver- zeichnet, und die Temperatur des Wassers in einigen Flüssen und Quellen ange- geben. Es enthält aufserdem auch Bemerkungen von Eingeborenen über die Witterung. Lieut. Ussolzew sollte im Jahre 1858 das Land zwischen der Silindsha und Bureja erforschen und verliefs Irkutsk am 1. April, um sich nach dem Amur zu begeben. —ın. 472 Miscellen: Ueber tibetanische Gebetsteine. Vortrag in der Geographischen Gesellschaft zu Berlin von Robert Schlagintweit. Die fünf Zinktafeln mit tibetanischen Abbildungen und Inschriften, welche - ich der Geographischen Gesellschaft vorzulegen mir erlaube, sind nach den Ori- ginalen unserer Sammlung gefertigt und stellen solche Gebetsteine dar, wie sie in Tibet, religiösen Denkmälern ähnlich, in der unmittelbaren Nähe von Dörfern, theils auf langen aber schmalen Mauern, theils an der Aufsenseite von Tempeln aufgestellt werden. Während die Inschriften dieser Gebetsteine mit wenigen Ausnahmen fast stets dieselben sind, nämlich eine öftere Wiederholung der mystischen tibetani- schen Gebetformel „Om ma gne pad me ho“, sind die gravirten Bilder sehr ver- schieden, da sie den Zweck haben, Buddha in jenen mannichfachen Formen dar- zustellen, in denen er von den Buddhisten wirkend gedacht und verehrt wird. Wenn auch die buddhistische Religion Buddha oder Gott in ihrer ursprüng- lichen Lehre nur in drei Formen, also als dreigestalteten Gott verehrte, nämlich als Buddha, Dharma und Sängha, oder als den Gott der höchsten Weisheit, des höchsten Gesetzes und der höchsten Einheit, so wurde doch später jede dieser drei Gottheiten wieder in verschiedenen Functionen gedacht, die sich aber zunächst wieder auf Buddha den höchsten Gott beziehen. Die tibetanische Lehre der dreigestalteten Gottheit geht deutlich aus der vorerwähnten, immer wiederholten Gebetformel „om ma gne pad me hö“ hervor, welche bedeutet: die dreigestaltete Gottheit ist in ihm, dem Gotte des Lotus und des Juwels. Die Umwandlung Buddha’s in irgend eine andere Form heifst bei den Buddhisten Dhyäni; es giebt deren eine grofse Anzahl; als die gewöhnlich- sten Dhyäni’s oder Metamorphosen Buddha’s nenne ich: Buddha als Scepterträger, als Schwertträger, mit dem Donnerkeile und Buddha auf einer Lotusblume, Alle diese verschiedenen Formen und Darstellungen Buddha’s werden gegenwärtig mit der zweiten und dritten Gestalt der Gottheit als gleich geachtet und auf dieselbe Pr sa 2 Ds Weise verehrt. Ich bemerke jedoch, dafs im centralen Tibet, in Ladak, beson- ders die Dhyäni Buddha’s als Padma Pani und als Vajripäni im Gebrauch ist. Von den der Gesellschaft vorgelegten Gebetsteinen enthalten zwei Inschriften, die eine: „Om ma gne pad me ho“; Anrufung Buddha’s, die andere: „Om pad me päni ho“, Anrufung Padmapani’s; eine dritte, eben so gebräuchliche Gebet- formel ist: „Om Vajripani ho“. Die drei übrigen mit Bildern repräsentiren ver- schiedene Dhyäni’s Buddha’s, die eine Buddha auf der Lotusblume sitzend, die andere stellt Padmapani mit der Opferschale der Fruchtbarkeit, die dritte Buddha als Schwertträger dar. Die Gebetmauern, auf denen, wie ich bereits andeutete, die Steine mit den Inschriften und Abbildungen aufgestellt werden, heifsen Mani’s; sie haben eine Höhe von 4 bis 5 Fuls, eine Breite von 8 bis !0 Fufs; in der Nähe von grolsen Ortschaften haben sie eine bedeutende Länge. Der Mani oder die Gebetmauer bei Leh in Ladak, die gröfseste, die wir sahen, hatte eine Länge von nahe einer halben englischen Meile und war mit mehr als tausend Gebetsteinen bedeckt. Die Mani’s sind stets dicht am Wege erbaut und laufen mit ihm parallel; es ist eine von den Tibetanern regelmälsig beobachtete Sitte, wenn sie an den Mani’s vorübergehen, sie auf der linken Seite zu lassen. Es gelang uns mit Hilfe von Lama’s, denen wir Geschenke machten, von verschiedenen Mani’s aus Bhutan, Sikkim, Ladak und Gnari Khörsum Gebetsteine ° zu erhalten, obwohl sie als heilige Gegenstände betrachtet werden; wir haben in unserer Sammlung gegen 30 verschiedene, welche ziemlich erschöpfend die ge- gewöhnlichen Gebete und die mythischen Formen Buddha’s darstellen und die wir in ähnlicher Weise, wie in Tibet selbst, in Form eines kleinen Mani aufge- stellt haben. Der Taihu oder grofse See. 473 Der Taihu oder grofse See. Bekanntlich besitzt China, das an natürlichen und künstlichen Wasserverbin- dungen so aulserordentlich reich ist, eine grolse Anzahl von Landseen. Der gröfste ist der Tungtingsee in der Provinz Hunan, der ein Gebiet von 300 eng- lischen Geviertmeilen einnimmt und mehr denn 250 englische Meilen im Umfange hat. Am bekanntesten ist der Poyangsee in der Provinz Kiangsi, den schon 1816 die Embassade Lord Amherst’s auf ihrem Rückwege von Peking nach Can- ton passirte; sein Umfang beträgt 140 englische Meilen, seine Länge von Süden nach Norden 90, seine gröfste Breite von Ost nach West 12 englische Meilen. Beide liegen im Süden des Yangtsekiang, den sie mit ihren Gewässern speisen; dem letztgenannten würde etwa der Bodensee, dessen Ufersaum 26 deut- sche Meilen beträgt, an Gröfse gleichkommen. Aber auch die Küstenprovinzen China’s, welche im Stromgebiet des Yangtsekiang und Hoangho liegen, haben zahlreiche und zum Theil recht grofse Landseen. Unter diesen ist einer der wichtigsten der Taihu d. h. Grofser See, ebenfalls südlich vom Yangtsekiang gelegen, über den wir einige genauere Angaben zu machen im Stande sind. Er liegt zwischen der Mündung des Yangtsekiang und dem Ausfluls des bei Hangt- schau in den Ocean mündenden Tsientang oder Hwuy Tschau, d. h. Grüner Flufs, wie Fortune auf seiner Karte von den Theedistrieten diesen Flufs nennt. Eine ATA Miscellen: gerade Linie von Shanghai, über die berühmte gewerbthätige Stadt Sutschau hin- aus in westlicher Richtung verlängert, würde ungefähr die Mitte des Taihu durch- schneiden. Seine nordöstliche Hälfte gehört der Provinz Kiangsu, seine südwest- liche der Provinz Tschekiang an. Er ist nach Williams (Middle Kingdom I ‚pg. 19) durch mehr als einen Kanal mit dem Ocean verbunden; zuerst kommunieirt er mit dem Kaiserkanal. Die bedeutendsten Städte, welche in der nächsten Umge- bung des Taihu liegen, sind Hutscheu im Süden desselben, Kiahing im Südosten und Sutschau im Osten. Von einem Hügel nahe bei Hutscheu sah Edkins den See im Norden; er nahm 90 Grade am Horizont ein und war einige Meilen ent- fernt. Fortune fuhr auf einem Kanal von Kiahing westwärts und gelangte in ein Wasserbassin von beträchtlicher Grölse, von dem er sagt, es sei wahrscheinlich ein Theil des berühmten Taihu gewesen oder ‚stehe wenigstens mit demselben in Verbindung (Visit to the Tea Districts. London 1852, p. 27). Am nächsten dem See liegt Sutschau (Singui bei Marco Polo), von wo unzählige Lustfahrten nach dem Taihu gemacht werden, an denen hier auch das weibliche Geschlecht An- theil nehmen darf (Ritter, Asien Bd. IV. S. 696). Nördlich vom Taihu in ziem- licher Entfernung liegt am Kaiserkanal die Stadt Tschangtschau, ein grofser Han- delsort. Die Bezirke dieser vier Städte, die sämmtlich Fu, d. h. Hauptstädte eines Bezirks (Distriets) sind, begrenzen den Taihu; Tschangtschau und Sutschau gehören zur Provinz Kiangsu, Hutscheu und Kiahing zur Provinz 'Tschekiang. Edkins, der uns den Taihu am genauesten beschreibt (im Shanghai Almanae for 1853: Letters on the Interior of China No. 8), verliefs Sutschau bei Tagesan- bruch — es war im März 1852 — in südwestlicher Richtung. Der Kanal, den er hinabsteuerte, und der an vielen Dörfern vorüberströmte, führte durch den Schihhu oder Steinsee, der 3 englische Meilen lang und 7 Meilen im Umkreis ist. Aus diesem See kam man wieder in einen sehr engen Kanal und erreichte, im- mer in südwestlicher Richtung steuernd, um 4 Uhr Nachmittags ein Dorf, an dessen Eingang auf einer Marmortafel geschrieben stand: das Verbrennen mensch- licher Gebeine ist verboten. Dann fuhr das Boot unter eine Brücke, die Brücke der Ruhe genannt, hindurch an den Ruinen eines Götzentempels vorüber, und nach Verlauf einer halben Stunde befand man sich in einer Niederung (Hang tang d. h. weite Marsch), welche an dieser Seite den Taihu begrenzte. Diese Niederung war 4 bis 5 englische Meilen breit und 6 bis 7 Meilen lang. Ein Damm zu beiden Seiten des Kanals trennte diesen von dem niedrig gelegenen Lande, welches der See bei stürmischen Wetter überschwemmt. Im Norden und Osten erhob sich in einer Entfernung von 5 bis 10 Meilen eine Hügelkette, Die Niederungen waren mit Schilfrohr bewachsen, welches bereits abgeschnitten war, da es als Brennmaterial verwandt wird. Hin und wieder bemerkte Herr Edkins auf dieser weiten schlammigen Ebene eine armselig aussehende Frau, die Nach- lese nach den liegengebliebenen Schilfstücken hielt, oder einen Mann, der nach Fischen suchte, die, nachdem die Gewässer des Sees wieder in ihre Ufer zurück- getreten, im Schlamme steckengeblieben, und sie in einen Korb sammelte. Wo die Niederung aufhört erhebt sich der Boden etwa 1 oder 2 Fufs, an einigen Stellen noch mehr. Hier weiden Schafheerden, und zahllose Entenschaaren su- chen in den Pfützen nach Fischen und anderer Nahrung. Auf dem See selbst schwamm eine seltsame Flotille von Fischerfahrzeugen. Es waren länglich runde Der Taihu oder grolse See. 475 etwa 4 Fuls lange Kübel, Waschfässern ähnlich, deren jeder von einem Manne gelenkt wurde. Derselbe lag quer über dem Fahrzeuge ausgestreckt, so dafs an der einen Seite seine Füfse, an der andern seine Hände über den Rand des Kü- bels hinaushingen. Mit den Händen ruderte er durch das Wasser und die Schilf- pflanzen in demselben, griff aber auch nach Fischen. War von diesen der Kü- bel voll, so brachte er sie in Sicherheit, um dann aufs Neue seinen seltsamen Fang zu beginnen. Diese merkwürdige Fischerei wurde offenbar nur in kurzer Entfernung vom Gestade des Sees betrieben, der hiernach ungemein fischreich sein mufs. Ein ähnliches Verfahren, um die bei den Chinesen „Zing“ genannte Pflanze, Trapa bicornis, zu suchen, beschreibt Herr Fortune, als er sich, wie schon oben erwähnt, auf einem grofsen mit dem Taihu wenigstens in Verbindung stehenden Bassin westwärts von der Stadt Kiahing befand. „Auf dem See fuh- ren,“ sagt er am angeführten Orte, „in Wannen von derselben Gröfse und Gestalt wie unsere gewöhnlichen Waschfässer Frauen und Knaben umher, um die Frucht des Ling einzusammeln. Ich kenne keine Vorrichtung, welche diesem Zwecke besser entsprochen hätte, als diese plumpen Fässer; denn sie trugen sowohl die gesammelte Frucht, als die Sammler und konnten zugleich durch.die Massen von Ling fortbewegt werden, ohne die Pflanzen auf irgend eine Weise zu beschädi- gen.“ Diese Frucht ist von eigenthümlicher Gestalt, sie hat Aehnlichkeit mit dem Kopf und den Hörnern eines Stiers und wird überall in China als Nahrungs- mittel sehr geschätzt '). Die Uferlandschaft des Taihu ist zum Theil mit Anpflanzungen von Maul- beerbäumen bedeckt; auch wird hier das bei den Chinesen genannte Ma ange- baut, eine Pflanze, aus welcher man das beliebte Gewebe „Grass cloth“ verfer- tigt. In der in der Nähe des Taihu gelegenen Stadt Wongkin, wo ein sehr ge- suchter Arrac aus Reis oder Weizen destillirt wird, sah Herr Edkins viele hun- dert Stücke dieser chinesischen Manufactur zum Bleichen und Trocknen ausge- hängt: Auf den weniger sumpfigen Plätzen der Uferlandschaft gab es viele Krick- enten, wilde Gänse, Fasane und Rebhühner. In einer von der Natur so mannigfaltig ausgestatteten Gegend, die noch über- dies mit einer grofsen Anzahl von Städten und Dörfern geschmückt ist, bildet aber der See selbst den schönsten Anblick. Schon bei Ritter (a. a. 1. S. 696) finden wir seines „prachtvollen Spiegels“ erwähnt und Edkins ruft aus: „Ist es nicht ein erfrischender Anblick? Vor Dir breitet sich der grofse Wasserspiegel aus, der von Gestadelinien eingefalst ist, die in ihren mannigfaltigen Windungen zwölfhundert Li oder ungefähr 400 englische Meilen messen. Dort von Süd nach Ost hat Du eine nur vom Horizont begrenzte See- Aussicht, ausgenommen wo einige Inseln dazwischen sie unterbrechen. Hunderte von grofsen Dschunken kreu- zen hinüber und herüber nach allen Richtungen und mehr als tausend derselben ’) Vergl. auch Fortune, Three Years’ Wanderings in the Northern Provinces of China. London 1847. pag. 304. — Die Ling-Pflanze gehört zur Ordnung der Cal- eiforen. (Jussieu), und zwar zur Familie der Lythrariäen (Weideriche) und scheint neben dem Nelumbium speciosum, welches hauptsächlich seiner sehr geschätzten Wur- zeln wegen gezogen wird (Fortune 1. e.), dem Seirpus tuberosus und anderen Was- serpflanzen, die alle als Gemüse gern genossen werden, cultivirt zu werden. (Vergl. Ritter, Asien IV, S. 687 nach Clarke Abel, Narrative pag. 154.) VIRHR A76 Miscellen: haben für 5 Dollars jährlich die Erlaubnifs erkauft auf dem Grofsen See fischen zu dürfen. Jede hat 6 Masten und eben so viele Segel, und die kleineren Fahr- zeuge, welche ebenfalls hier dem Fischfang nachgehen, sind nicht zu zählen. Ringsum liegen die Ortschaften mit ihrer zahlreichen Bevölkerung, während im Westen das herrliche Gestirn des Tages in vollem Glanze zur Ruhe geht und die langen Schatten der Berge sich auf den Wasserspiegel lagern.“ Die grölste Zierde des Sees bilden, aufser vielen kleinen, zwei grofse In- seln, die eine die „westliche Insel der Grotten und Höhlen,“ Si tung ting schan, die andere die „östliche,“ Tung tung ting schan genannt. Beide liegen ungefähr 6 englische Meilen auseinander, und die östliche, eirca 112 Li oder 37 englische Meilen (nach der chinesischen Topographie) von Sutschau entfernt, hat nach der- selben Quelle einen Umfang von etwa 50 Li oder 17 engl. Meilen. Die west- liche Insel ist ebenso grols und ebenso anmuthig; es wird uns von Edkins, der auf seiner Fahrt um 5 Uhr Nachmittags, also eine halbe Stunde, nachdem er in den See eingefahren, dort anlangte folgende der chinesischen Topographie ent- lehnte Beschreibung derselben, die wir durch Uebergehung der chinesischen Na- men möglichst abkürzen, mitgetheilt. Vor Alters hiefs sie nach einem zur Zeit der Suy-Dynastie zwischen 589 und 628 nach Christi lebenden General Muhli, der dort seinen Wohnsitz genommen, die Muhli-Insel. Auch soll man sie nach der Mutter des Generals Wu tsz Seu, die dort gewohnt, die Seu muh-Insel ge- nannt haben. Der höchste Berg auf derselben ist der Muhli-Berg; östlich von diesem dehnt sich von Norden nach Süden der Fu yung ') Berg d.h Eibisch- Berg. Eine andere Anhöhe, der grüne Berg, hat zwei Quellen, die des weifsen und die des herabsteigenden Drachen. Von diesem in südlicher Richtung liegt eine Schlucht, der Rhinoceros-Pals, und drei Dörfer, deren Grund und Boden den Familien Ma, Schih und Tsing angehört. Noch weiter südlich erhebt sich der Berg der neun Felsen und der Berg des Bambusblätter-Hutes. An diese schlies- sen sich der Hummerscheeren- und der Elephantenrüssel-Pafs an; daran die Hü- gelreihe der Mondsruhe, der Grashügel und der grofse Schildkrötenberg. Nahe bei dem Dorfe der Familie Yü liegen der Tausendhügel-Pafs und der hohe Berg. In südwestlicher Richtung trifft man auf eine Schlucht, welche Sitz des Ueber- flusses heifst; an dem einen Ende derselben steht ein Stein, der einer Wand ähnlich sieht und Steinwall genannt wird. Von hier zweigen sich nach Süden vier Hohlwege ab, der des Tschau, des Wu, des weilsen Sandes und des wie- hernden Pferdes. Noch weiter nach Süden erhebt sich der Han’s-Berg, an des- sen westlicher Seite der Geister- oder Genius-Felsen, in dessen Nähe drei An- höhen sich befinden: der hohe Berg, der Berg der grünen Schnecke und der Marmor-Berg (auf chinesisch: Berg von Reisstein). Fünf berühmte Quellen lie- gen am Gestade der Insel zerstreut. Die eine, die aus der Schlucht „Sitz des Ueberflusses“ strömt, ist die Quelle des Auges der See. Unterhalb des Ortes, wo den Göttern des Landes und des Korns geopfert wird, sprudelt die zweite Quelle, Lieu i-Quelle genannt °),. Am Berg der grünen Schnecke entspringt die lebendige Quelle. An „ler Vorderseite des Tempels des grolses Gesetzes rinnt !) Fu yung —= Hibiscus mutabilis. ?) Herr Edkins nennt hier nur die chinesche Benennung, ohne sie zu übertragen. ars Der Taihu oder grofse See, 477 die durchsichtige weilse Quelle; endlich vom grünen Berge herab die Quelle der Beurtheilungskraft. Neben der letzgenannten steht der Tempel untadeligen Nach- denkens. An diese Schilderung der chinesischen Topographie schliefst Herr Edkins seine eigene mit folgenden Worten: „Eine Kette von Dörfern und Städten um- giebt gegenwärtig die Insel und nach der glaubwürdigsten Nachricht, die zu er- langen war, beträgt die Bevölkerung mehr als eine halbe Million. Der Boden bringt mannigfaltige Früchte hervor, von welchen viele nach Shanghai auf den Markt gebracht werden. Reis wird an den niedrig gelegenen Gestaden des Taihu angepflanzt, während Weizen und Gerste, Mais und anderes Getreide, auch man- nigfache Gemüse, auf den höher gelegenen Aeckern angebaut wurden. Auch wird der Theestrauch und der Maulbeerbaum, letzterer zur Fütterung der Seidenraupe, kultivirt. Grofse Heerden von Schaafen werden aufgezogen, während der Schuy nyeu, der Büffel — (der bei den Chinesen als Hausthier mannigfaltig gebraucht wird) — seine plumpen Seiten in den Gewässern des Sees abspült und die Zie- gen auf den Hügeln weiden. Das Schwein erfreut sich eines ebenso guten Stal- les wie in Irland, während das Hausgeflügel und die Enten in fast jedem Hause ein Unterkommen haben. Auch trifft man auf dieser Insel viele monumentale Bogen (Grabdenkmäler) von der einfachsten Art senkrechter Pfeiler, über die ein dritter horizontal liegt, an bis zu den sorgsamst gearbeiteten und verzierten Bauwerken. Wir wollen jenen Berg hinansteigen, um von dort eine bessere Aus- sicht auf das Land umher zu genielsen! Sobald man die Stadt hinter sich hat, gelangt man in eine herrliche Waldung von Fichten, Cypressen und anderen im- mergrünen Bäumen, welche sich eine halbe engliche Meile den Berg hinauf er- streckt. Hat man diese Waldung durchschritten, so kommt man zu unzähligen Grabstätten, die sich von einer Schlucht zur andern um den ganzen Hügel herum ausdehnen, und stellenweise eine englische Meile den Berg hinauf reichen..... Von der Spitze des Berges aus gesehen dehnt sich zur Rechten der Spiegel des Taihu.“ Der Taihu ist ursprünglich nicht ein Landsee, sondern nur eine Niederung gewesen, von der die oben erwähnte noch den Rest bildet. Im Schuking (nach Medhurst’s Uebersetzung S. 98 oder im Original Vol. I. Blatt 12) heifst das Ge- biet, welches jetzt der See erfüllt, die verwüstete Niederung. Ein anderer Name ist noch: die fünf Seen, ein dritter: der Ort der gesammelten Wasser. Drei Ströme, der Sung, der Leu und der Tung haben ihre Quellen im Taihu. Nach dem Schuking (Medhurst’s Uebers. S. 97) theilt sich der Sung-kiang, nach einem Lauf von 70 Li (etwa 23 englische Meilen) in zwei Flüsse, von welchen der nord- östliche der Leu-kiang, der südöstliche der Tung-kiang ist; die umliegende Ge- gend heifst die Mündung der drei Ströme. Die chinesische Topographie schätzt die Ausdehnung des Taihu von Ost nach West auf 100 Li und von Norden nach Süden auf 120 Li, die Zahl der in dem See gelegenen Inseln auf 70 und die der in ihn mündenden Kanäle und Flüsse auf mehrere hundert. So erscheint dieser See als ein grofses Reservoir, welches nach allen Seiten hin eine Menge belebter Wasserstrafsen mit seinen Fluthen speist, namentlich aber auch dem berühmten Kaiserkanal seine Gewässer zuführt und durch diesen wieder mit dem Ocean in Verbindung steht. Es ist für den Norden der Provinz ATS Miscellen: Tschekiang und für den Süden der Provinz Kiangsü das belebte Binnenmeer, welches den Verkehr aus einer Provinz in die andere vermittelt und so als der Mittelpunkt des Handels anzusehen, den die hier zahlreich ansälsige Bevölkerung als Erwerbszweig betreibt. Wegen seiner ungemein reich bewohnten Inseln, deren Bewohner aber gröfstentheils sich von dem Fischfange auf dem See und von den Erzeugnissen des fruchtbaren Insel-Bodens ernähren, erscheint der See mit die- sen seinen Inseln und seinen mannigfachen angebauten Gestaden als eine kleine Welt für sich, in der sich die unter den Bewohnern der Provinzen Tschekiang und Kiangsü herrschenden Gegensätze durch Gemeinsamkeit der Beschäftigung und einer daraus hervorgehenden gemeinsamen Lebensweise ausgleichen. Biernatzki. Die centralaustralische Depression. Von Dr. Palacky in Prag. Bekanntlich senkt sich der australische Continent von den Randgebirgen ge- gen das Innere zu in flache sandige und steinige Wüsten hinab. Diese Wahrnehmung ist nach allen Seiten geschehen, im Westen (Austin, Roe), im Norden (Gregory), wie im Süden und Osten. Ueberall hat man stehende Seen gefunden, die Spuren eines wechselnden Wasserstandes zeigten und deren Salzgehalt zugleich ihre Abflufslosigkeit bewies. Der östliche Theil dieser Niederung, soweit er bekannt ist, d. h, südlich von Mitchells Victoriaflufs, liegt, wie eben auch bekannt ist, sehr wenig über dem Meere. Um nur einige Zahlen anzuführen, so hat Mitchell das Fort O’Hare 72, die Vereinigung des Darling mit- dem Murray 83, Laidleyponds 107, die Ver- einigung des Murray und Murrumbidgee 114, Weyeba (nahe am Zusammenflufs des Lachlan mit dem Murrumbidgee) 121, den Wimmeraflufs (wo er ihn mafs) 253, den Zusammenflufs des Bogan und Darling 244 Fufs über dem Meere gemessen. Der Torrens-See liegt nach Sturt fast meeresgleich, seine östliche Umgebung nach Frome (auf der Karte zu Eyre) 50 bis 300 Fufs über dem Meere. Höher im Norden hat Clarke am .Vietoriaflusse Mitchells (der mit 653 Fufs zu beobachten aufhörte) eine Kennedy’sche Beobachtung nach allen Correc- tionen und nach Revision der Instrumente auf 300 Fuls über dem Meere be- stimmt (‚Journal of the R. Geogr. Soc.). Mitchell selbst ist auf einige 4 — 600 Fufs herabgegangen. (Georgebridge am Balonne 623 Fufs etec.). Leider hört hier unsere orographische Kenntnis gegen das Innere zu, so weit mir bekannt, auf. Sturt hatte auf seiner denkwürdigen Reise kein Baro- meter mit. Da aber der Fall nach Westen zu, gegen den Cooperscreek, die Sturt’sche Steinwüste zu höchst wahrscheinlich ist, so vermuthe ich, dafs ein Theil der nörd- lich und östlich vom Torrens gelegenen Landstriche vielleicht selbst unter dem Meere liegt. Auf diese Vermuthung brachten mich aufser den bekannten Grün- den für die centrale (Sturt’sche) Wüste zwei barometrische Kochtemperaturangaben bei Kennedy an (Mitchells) Victoriaflusse von 214° und 212;° F., also offenbar unter der Meeresgleiche, die leider uncorrigirt sind '). Auf meine Bitte unterzog 1) Nach dem oben mitgetheilten Bericht Gregory’s ergiefst sich der Vietoria in den Lake Torrens und dieser liegt über dem Meeresspiegel. K.N. Unterirdische Höhlen in Süd - Australien. 479 sich Prof. Koristka der Berechnung der ersten, die 300 Meter unter dem Meere ergab. Ich theilte dies Prof. Ritter mit der Bitte mit, ob irgend Jemand bei meiner Abgeschlossenheit von allen wissenschaftlichen Hilfsmitteln in Prag sich der Sache annehmen wollte. Eine Erwähnung geschah hiervon wohl in den Sitzungsberichten, aber mehr habe ich nicht gehört. Ich sehe mich daher ge- drungen, vorzüglich die Herren in England, denen die Survey der Provinz Vic- toria zugänglich ist, um die Veröffentlichung der Höhenangaben in jener Gegend, soweit sie bekannt oder z. B. von Goyder erforscht sind, zu ersuchen, und spe- ciell die Londoner Geographische Gesellschaft auf den Umstand aufmerksam zu machen, dafs diese Frage auch für die Dana’sche Korallentheorie entscheidend werden könnte. Ist diese richtig, so mufs Nord-Australien sinken. Seit Duboeq uns mit den Algier’schen Depressionen bekannt machte, dürfte eine solche Er- scheinung nicht mehr so räthselhaft sein, wie in Asien. Unterirdische Höhlen in Süd- Australien. (Nach einem Bericht von Rev. Julian E. Woods, im South Australian Register.) Auf den Weideländereien des Mr. Robertson, 25 Miles nördlich von Penola, mitten in einer theils sumpfigen, theils sandigen Gegend, existirt eine Reihe von Grotten, deren innere Pracht einen’ seltsamen Contrast zu dem öden Charakter der Umgegend bildet. Der Eingang zu ihnen besteht aus einer runden Höhlung auf dem Gipfel eines sandigen Hügels; er würde keine besondere Aufmerksam- keit erregen, wenn nicht die Existenz mehrerer Hütten früherer Besucher in un- mittelbarer Nähe dafür spräche, dafs hier etwas Sehenswerthes vorhanden sein müsse. Vom Rande der Höhlung führt ein Pfad 25 Fufs abwärts unter eine Felsplatte und hier befindet man sich am Eingange zu einer grofsen, länglich- viereckigen, niedrigen Felsenkammer, die durch eine Oeffnung an der gegenüber- liegenden Seite vollkommen erhellt und überall mit den reichsten und wunder- barsten natürlichen Ornamenten geziert ist. Man glaubt sich plötzlich in eine gothische Kathedrale versetzt: zahlreiche, halb vollendete Stalaktiten, die sich wie kniende Gestalten vom Boden erheben, gleichen einer andächtigen Gemeinde, die sich an diesem stillen und feierlichen Orte versammelt hat. Die Wände sind von recht regelmälsiger Form, aber gegen den Fufsboden treten sie meistens so weit man sehen kann zurück und lassen dadurch einen keilförmigen Raum frei, der sich fast um das ganze Gemach herumzieht. In diesem Raume befinden sich die wunderlichsten Tropfsteinbildungen, Pfeiler, die sich bald wie Blumenguirlanden zu kleinen Gruppen verschlingen, bald einzeln stehend den Säulenhallen eines griechi- schen Tempels gleichen. Am andern Ende der Grotte erhebt sich ein ungeheurer Stalaktit, welcher das ganze Dach zu tragen scheint; er hat etwa 10 Fuls im Durchmesser, gleicht ganz einer künstlich gearbeiteten Säule, und da er das Licht bricht, welches durch die hinter ihm befindliche und von ihm verdeckte Oeffnung im Dache einströmt, strahlt er selbst in dem prachtvollsten Farbenspiel, im herr- lichsten Blau, Grün, Violet, Schneeweils und Goldgelb. Er erhebt sich am Ende einer 3 Fu/s hohen Platform, die sich eine Strecke weit in das Gemach hinein- zieht und ursprünglich auch aus kleinen Stalaktiten bestand, welche jetzt aber durch das ununterbrochene Tröpfeln zu einer Masse vereinigt oder gleichsam unter einer Decke verhüllt sind. Am Südende der Grotte, wo der Eingang liegt, scheint 480 Miscellen: sich zu beiden Seiten des letztern das Gemach zu verengern; aber es zeigt sich auch hier nur eine Fortsetzung der sonst überall befindlichen Säulen, die sich oben zu Bogen vereinigen. Die Länge der Grotte mag etwa 190 Fufs, ihre Breite 45 Fufs, ihre Höhe 16 Fufs betragen; aber der Fufsboden vertieft sich etwas nach der Mitte hin. Geht man um den oben beschriebenen Stützpfeiler am Ende der Grotte herum, so bekommt man die Oeffnung im Dache zu Gesicht, durch welche das Licht strömt. Sie ist durch den schon vor langer Zeit erfolgten Einsturz eines Kalk- steinpfeilers entstanden, dessen Trümmerhaufen bereits mit Schlingpflanzen bedeckt ist. Hier öffnet sich nun auch die zweite Grotte, die in mancher Hinsicht von der ersten abweicht; sie ist kleiner und so dicht mit Stalaktiten besetzt, dals man sie nicht vollständig überschauen kann. Diese Säulen sind sehr weils, oben meist breiter als unten, so dafs sie bogenartig verknüpft sind; manche sind wie mit Guirlanden umgeben, andere ganz glatt, und zwischen ihnen stehen einige halb- vollendete, wie geheimnifsvoll verschleierte Statuen. Am Ende der Grotte — sie ist nicht halb so lang als die erste — existirt eine andere Lichtöffnung, die eben- falls durch den Einsturz des Steindachs entstanden ist. An derselben Seite, an welcher der Eingang zu dieser Grotte liegt, führt eine Oeffnung zu einer dritten, die in einem magischen Zwielicht eine dichtge- drängte Schaar von Stalaktiten zeigt. Diese sind an ihrer Basis sehr breit, und wenn man tiefer in die Grotte hineingeht, wird der Boden sehr uneben: man mufs über Blöcke klettern, die sich zuweilen bis nahe an die Decke erheben, oder in — fast brunnenartige — Vertiefungen hinabsteigen, deren natürliche Haut- reliefs das Fortkommen sehr beschwerlich machen. Bald wird es auch ganz finster, und selbst bei dem Licht von Fackeln mufs man mit grofser Vorsicht vorschreiten, da der Raum voll von Löchern, Höhlungen und Schachten ist, von denen manche in andere unterirdische Gänge führen. Namentlich zieht sich eine grolse und tiefe Spalte quer durch die Höhle hindurch; ihre Seiten sind glatt und schlüpfrig und hin und wieder in Säulen und Pfeiler gegliedert, die sich dem überraschten Blick zeigen, wenn diese düstre Tiefe durch Fackeln beleuchtet wird. Weiterhin wird die Grotte immer niedriger, so dals man nur tief gebückt vor- schreiten kann, aber die Passage erweitert sich wieder, sobald man sich der letz- ten Grotte nähert. In dieser vierten Grotte befinden sich nicht so viele Stalaktiten, aber desto mehr Steinblöcke, über die man mit Mühe hinüberklettern mufs; eine colossale Steinmasse hildet das Ende derselben. Eine unheimliche Stille herrscht in diesen Tiefen; die Luft ist heifs und drückend, so dafs man sich recht beklemmt fühlt und sich bald wieder nach dem Tageslicht sehnt. Neben einer der Steinmassen, rechts vom Eingang, liegt in der Vertiefung zwischen dem Block und der Wand, wie auf einem natürlichen Ruhebett, in der Lage eines Schlafenden, den Kopf auf die Hand gestützt, der vertrocknete und ganz zusammengeschrumpfte Leichnam eines Eingeborenen, fast unverwest und durch die herabfallenden Tropfen beinahe versteinert. Ein trauriges Ereignifs hat ihn hierhergeführt. Einige Eingeborene hatten einst aus Rache 300 Schafe auf diesen Hügel getrieben und sie in die Höhlung, welche die zweite Grotte erhellt, hinabgestürzt; gleichzeitig verübten sie andere Rachethaten, unter denen die Er- Unterirdische Höhlen in Süd - Australien. 481 mordung des Mr. Brown die beklagenswertheste ist, so dafs die Ansiedler einen erbitterten Kampf gegen sie anfıngen. Einer der Schwarzen wurde nicht weit von diesen Grotten durch eine Kugel schwer verwundet; es gelang ihm, den Eingang derselben zu erreichen, er kroch, um nicht gefunden zu werden, in den finstersten Winkel, legte sich nieder und starb. Von der Decke tropfte es auf ihn nieder, und als der Leichnam, lange Zeit nachher, entdeckt wurde, hatte der Kalkstein ihn in ein steinernes Leichengewand gehüllt und vor der Verwesung bewahrt. Vielleicht trägt auch eine Eigenthümlichkeit der Atmosphäre dazu bei, die Verwesung in diesen Räumen zu verhindern. Rev. J. Woods fand nicht weit vom Eingange zur letzten Grotte den Körper eines Schafes, welches vor einiger Zeit durch die Oeffnung in der Decke hinabgefallen war; aber sein Fleisch war noch so frisch, als ob das Thier erst vor Kurzem getödtet worden. Wenn man aus der letzten Grotte zurückkehren will, so zeigt sich zur Rech- ten eine kleine, ebenfalls mit Tropfsteinbildungen versehene Oeffnung. Sie führt zu einem grofsen, gewölbten Gemach, das selbst durch Fackeln nur unvoll- kommen erleuchtet werden kann. Es ist reicher als alle anderen Grotten mit phantastischen Ornamenten ausgestattet, und gleicht einem Eispalast mit gefrore- nen Cascaden und Springbrunnen; neben colossalen Stalaktiten von den wunder- barsten Formen hängen hier an der Decke oder stehen auf dem Boden kleinere Tropfsteinbildungen wie Eiszapfen und spielen bei dem Licht der Fackeln in den mannichfaltigsten Farben. Wie die meisten unterirdischen Höhlen, die bisher entdeckt sind, enthalten auch diese australischen eine Menge von Thierknochen, zum Theil von ausgestor- benen Arten. In einer Höhle bei Plymouth fand man neben den Knochen von Wölfen, Füchsen, Pferden, Ochsen und Rehen auch die von Hyänen und Tigern, und sogar die Knochen und Zähne eines Rhinoceros. Bei Kirkdale in Yorkshire entdeckte man in einer Höhle Knochen einer jetzt nicht mehr vorkommenden Hyänen-Art. Höhlen im Wellington - Thale in Neu-Südwales und andere in Tas- mania enthielten die Knochen von Känguru’s und andern Beutelthieren, in Höhlen auf Neu-Seeland fand, man vorzugsweise Gerippe eines grofsen Vogels von einer Art, die jetzt nur in viel geringerer Gröfse vorkommt. Auch in Europa hat man an verschiedenen Orten Knochen noch jetzt lebender Thierarten, aber von viel beträchtlicherer Gröfse aufgefunden. Das letztere ist auch in den oben beschrie- benen südaustralischen Grotten der Fall. Schon früher war hier ein Knochen- haufen durch das Zusammenbrechen eines Stalaktits, von dem er eingeschlossen war, zum‘ Vorschein gekommen, und Rev. J. Woods entdeckte, dafs die oben er- wähnte Platform, an deren Ende sich der grolse Stalaktit der ersten Grotte er- hebt, mit Ausnahme der dünnen äufserlichen Kalksteinschicht ganz aus Thier- knochen besteht; die Platform ist etwa 14 Fufs lang und 8 Fufs breit. Auch sonst überall in den Grotten, wo die Kalksteinschicht, die den Fufsboden bedeckt, durchbrochen ist, zeigen sich Knochenreste. Wie dick die Knochenschicht ist, konnte er nicht ermitteln; in der Platform ist sie jedenfalls über 2 Fuls stark. Diese Knochen befinden sich durchaus nicht in einer regelmäfsigen Lage, aus welcher man folgern könnte, dafs die Thiere an der Stelle, wo sich jetzt ihre Knochen befinden, gelebt hätten und gestorben wären. Alles liegt vielmehr bunt Zeitschr. f, allg. Erdk. Neue Folge. Bd. V. 31 482 Miscellen: durch einander, Schädel, Kinnbacken, Zähne, Rippen, Schenkelknochen, Alles über einander und durch den Kalkstein zusammengebacken. Etwa drei Viertheile dieser Knochen gehören einem Thiere aus der Klasse der Nager an, wie Rev. J. Woods vermuthet, einer Mäuseart, die dreimal gröfser als die jetzt vorkommenden ist; die andern waren verschiedener Art und ähnelten denen des perameles naserta, des Ameisenfressers, ferner eines Thieres, das zugleich Fleisch- und Insektenfresser war, endlich der einheimischen Katzenart, ohne je- doch mit diesen identisch zu sein. Auch sehr wohlerhaltene Knochen einer co- lossalen Fledermaus-Art zeigten sich. Die Frage, wie diese Gebeine hierhergerathen sind, ist schwer zu beantworten. Der Ansicht, dafs sie eine unterirdische Strömung zusammengeführt habe, wider- spricht der Umstand, dafs sich in dem vorliegenden Falle weder ein Ein- noch ein Ausgang für einen solchen Strom ermitteln läfst; aufserdem liegen die Grotten in einem Hügel, nicht tief genug für einen unterirdischen Strom. Mit der An- nahme, dafs die Thiere durch die oben erwähnten Oeffnungen in der Decke nach und nach hinabgestürzt sind, ist die Thatsache unvereinbar, dafs sich die Knochen nicht blofs unter jenen Oeffnungen, sondern in einer mächtigen Schicht über den ganzen Boden der Höhlen ausgebreitet finden. Rev. J. Woods ist der Ansicht, dafs eine allgemeine Sündfluth die Thiere der benachbarten Ebenen in dichten Schaaren auf diesen Hügel getrieben, dafs die steigende Fluth sie in die Oeffnungen auf seinem Gipfel gedrängt, und nachstürzend sie auf dem Boden der Grotten aus- einandergeschwemmt hat; er glaubt, dafs die von ihm beobachteten Thatsachen sich durch diese Hypothese am Leichtesten erklären lassen. Der ganze District, in welchem diese unterirdischen Höhlen liegen, vom Mount Gambier bis zum Tatiara, besteht aus versteinerungführendem Kalkstein. Als die Schichten von Korallenkalk allmählich über den Meeresspiegel emporgehoben wur- den, blieb jeder Theil derselben eine Zeit lang der Wirkung der Meeresbrandung ausgesetzt, welche die lockere Masse der Korallen und Muscheln zertrümmerte und zu einem feinen Brei zerrieb, der, sobald er trocknen konnte, sich bald zu einem festen, von den darunter liegenden lockeren Muschelschichten wesentlich verschiedenen Gestein verhärten mu/ste. Im Laufe der Zeit und bei fortdauern- der Hebung dieser Meeresbildungen mufsten die losen Schichten im Innern mehr und mehr in sich zusammensinken und so zwischen sich und der festen Kruste der Oberfläche leere Räume, Grotten und Höhlen entstehen lassen. Sicherlich darf man annehmen, dafs bei vielen solcher Höhlen in dem Distriet das feste Dach noch nirgends eingestürzt ist, so dafs ihre Existenz sich nur durch den dumpfen Ton verräth, den ein Stampfen auf die Erdoberfläche erzeugt; bei Brunnenbohrungen ist man oft auf solche leere Räume gestolsen. Durch diese Kalksteindecke sickert das Wasser der atmosphärischen Niederschläge hindurch und bildet die wunder- baren Stalaktiten, an denen diese Grotten so reich sind. Mit Ausnahme des Höhenrückens, in welchem sich die Grotten befinden, zeigt sich in der ganzen Umgegend keine Spur von einer Bodenhebung, auch kein höher gelegenes Ter- rain, von dem ein Flufs herkommen könnte. Das Land ist sonst ganz horizontal, ohne Bett irgend eines Creeks, und in der trocknen Jahreszeit überhaupt ohne alles Wasser an der Oberfläche, Sen; Neue südaustralische Entdeckungsreisen. 483 Neue südaustralische Entdeckungsreisen. Tanunda, den 9. October 1858. Indem ich Ihnen anbei den officiellen Bericht des Herrn Gregory über seine Expedition durch das Innere, und eine Notiz des Herrn Stuart über seine Ent- deckungsreise in den Nordwesten unserer Colonie übersende, bemerke ich in Bezug auf die letztere Notiz, dafs Herr Stuart seine Reise in Begleitung eines gewissen Forster und eines Eingeborenen ausgeführt hat, und zwar auf Kosten einiger grofsen Heerdenbesitzer, zu dem Zweck, Weideländereien im Innern auf- zusuchen, welche die Regierung dem ersten Entdecker auf eine Reihe von Jahren gegen eine sehr geringe Rente überläfst. Die Details dieser Reise sind bisher noch geheim geblieben '), doch hat Stuart der Regierung mitgetheilt, dafs er an- geblich unter 29° 30' S. Br. und 137° O.L. einen bedeutenden Flufs gefunden hat. Herr Babbage, über dessen Expedition ich mehrmals berichtet habe, ist nur wenig über die bewohnten Distriete nach Norden vorgedrungen. Es scheint, dals seine Ausrüstung viel zu schwerfällig und er selbst nicht zum Entdecker geeignet ist. Die Kosten dieser Expedition betragen schon gegen 5000 Pfd. Sterl. ohne das geringste Resultat. Die Regierung hat am 25. September den Major War- burton abgesandt, um mit einem Theil von Babbage’s Begleitern (zu denen jetzt auch der Bruder des Herrn Gregory gehört, welcher dessen Reise mitgemacht) so schnell als möglich bis an den von Stuart entdeckten Flufs vorzudringen. Dort soll ein stehendes Depot angelegt werden, um von hier aus den Norden weiter zu erforschen. Nachdem Major Warburton die nöthigen Anordnungen getroffen, will er auf dem Rückwege versuchen, einen Durchgang durch das Bett des Lake Torrens zu finden, um von dem Flufs Stuarts zu dem bleibenden Wasser, welches der Landvermesser Parry westlich vom Mount Serle (ungefähr unter 30° 30’ S. Br., 139° O. L.) entdeckt hat, zu gelangen, weil der Weg von Port Augusta durch die Wüste westlich vom Lake Torrens sehr beschwerlich ist. Ueber die Temperatur von Point Barrow. Von H. W. Dove. Zwischen den Winterstationen der Polar-Expeditionen, welche von der Baf- fins-Bay aus zur Aufsuchung Franklin’s unternommen wurden, und denen, welche von der Behrings-Stralse aus erfolgten, war eine weite Lücke zwischen der Mel- ville-Insel, Mercy-Bay und Prince Wales-Strafse östlich und Choris Peninsula im Kotzebue-Sunde, Point Clarence und Port Providence westlich, für welche drei Punkte ich die Temperaturen aus den handschriftlichen,' aus England erhal- tenen Beobachtungsjournalen des Plover bestimmt habe (Zeitschr. N. F., I, p.440). Diese Lücke auszufüllen ist besonders wichtig, um mit gröfserer Sicherheit den Theil der Jahres-Isotherme von — 12° R., welcher in Nord-Amerika auf eine !) Es ist uns seitdem bereits der offieielle Report Stuarts von unserm geehrten Herrn Correspondenten zugegangen, so dafs wir im nächsten Hefte der Zeitschrift über die Reise ausführlicher berichten können. sr A484 Miscellen: längere Strecke hin ermittelt ist, an den einzigen bisher bekannten Punkt auf dem asiatischen Continent Ustjansk zu knüpfen, welcher auf die Polarseite dieser Linie fällt. Dies ist aber jetzt möglich durch Veröffentlichung der Ergebnisse der Fortsetzung des Journals des Plover von dem Schiffsarzt desselben, John Simpson, unter dem Titel: Results of Thhermometrical Observations made at the Plovers Wintering Place, Point Barrow, lat. 71° 21' N., long. 156° 17’ W., in 1852 — 54 in dem Report of the Twenty-Seventh Meeting of the British Associa- tion for the Advancement of Science held at Dublin in Sept. 1857, p. 159 — 184. In Reaumur’schen Graden geben die Mittel der stündlichen Beobachtungen fol- gende Werthe: | 1852 | 1853 | 1854 | Mittel f Fillihr 24.80 |, —20.30 | —22.55 Februar | —21.95 | — 26.52 | — 24.24 März | 19.73), —21.77 | —20.75 April 1. —12.15.,1.— 13.148 | —12.67 Mai | —-9.64 —4.91 | —5.28 Juni | —0.03 0.26 | 0.12 Juli 1.44 2a] 1.88 August | 2.86 2.84 | 2.85 September —1.42 | —3.95 (177268 October —11.87 | —14.63 \ —13.25 November | —18.32 | —17.67 — 18.00 December | —16.64 -—-23.56 —20.10 Winter —21.00 | —23.46 | —22.30 Frühling | — 12.5, — 42.62.) 1290 Sommer | 1.42 1.80 1.62 Herbst — 10.54 | —12.08 | —11.31 Jahr | | — 11.05 Auf der von mir in demselben Bande veröffentlichten Karte der Jahres-, Januar- und Juli-Isothermen in der Polarprojeetion fällt Point Barrow nahe in die Mitte des Raumes zwischen den Jahres-Isothermen von —8° und — 12°R. Die wirklichen Beobachtungen ergeben — 11°. Dies ist ein neuer und sehr ent- scheidender Beleg dafür, dafs die Isotherme von —12° nicht in gesonderten Thei- len zwei getrennte Kältepole umschliefst, sondern einen zusammenhängenden Raum begrenzt, wie ich gegen die bisherige allgemein gültige Annahme zuerst behauptet habe; und da die Isotherme von —14° ihre concave Seite von der Melville-Insel an bis zum Smithsunde dem Pole zukehrt, im Renselaer-Hafen die Jahreswärme sogar noch tiefer bis auf — 15.7 herabsinkt, also fast — 16° erreicht, so ist die mit so vieler Sicherheit behauptete Zunahme der Wärme nach Norden hin in diesen Gegenden, so weit sie erfahrungsmäfsig hat geprüft werden können, stets widerlegt worden. In der von Simpson veröffentlichten Arbeit sind die Wärmemittel der ein- zelnen Tagesstunden angegeben, aus denen ich in der folgenden Tafel die Ab- weichungen jeder einzelnen Stunde vom Tagesmittel in Reaumur-Graden bestimmt habe, Ueber die Temperatur von Point Barrow. A485 I f I j Jan. | Febr. | März | April Mai | Juni | Juli | Aug. Sept. Ost. Nov.| Dec. } 1 1-0.17 -0.41 -1. 50 -2.46 -2 ‚20 - 1.28 -1. 47 -0.85 -0.01.-0.26 0.03/-0.11 2 1-0.12 -0.48-1.59 -2.56 -2.22 -1.30 -1.24 -0.82 -0.06 -0.17 0.20 -0.21 3. 5-0.01 -0.43)-1.61.-2.57 -2.12)-1.22,-1.17,-0.42|-0.12 -0.31| 0.28-0.27 4 | 0.08) -0.39)-1.54 -2.56 -1.84 -1.12 -1.04-0.95/-0.16 -0.36 0.29/-0.20 5 | 0.12 -0.25/-1.65 -2.27,-1.44.-0.72 -0. 85 -0.82|-0.20 -0.33| 0.28| 0.01 6; 0.16 -0.13|-1.44 -1.52)-0.72|-0.44 -0.31|-0. 64 -0.14.-0.26. 0.22) 0.01 7 | 0.25 -0.09|-0.98 0. 77.-0.07.-0.14 0.02 -0.37 -0- 03,-0.20| 0.17 0. 8 | 0.27| -0.04|-0.23' 0.13 0.48 0.28 0.39 -0.15 0. -0.10 0.04) 0.03 9 | 0.17: 0.11) 0.52) 0.88 0.93! 0.56 0.56 0.29) 0.05 0.15 0.08 0.05 0 10. | 0.13) 0.27) 1.27 1.62 1.33) 0.78, 0.90 034, 0.17 0.37 0.09 0.09 11 | 0.19) 0.44) 1.82) 2.27) 1.68 1.07 0.98 0.69 0.23) 0.59 0.08 0.11 Mittag | 0.19 0.54 2.14 2.59 1.83 1.16 0.91, 1.23) 0.28 0.74.-0.05, 0.02 0.18 0.58) 2.31 2.74 1.96 1.30 0.99 1.18 0.14 0.75 0.09 0. 0.06 0.56) 2.38) 2.65 1.83) 1.46 1.01 1.32) 0.23) 0.61) 0.04 0. 0.01. 0.46) 2.22) 2.42) 1.79 1.21 0.92 1.40 0.21) 0.35 0.04 0.06 -0.03 0.34| 1.78 2.20 1.51, 1.07 0.74 1.32 0.24 0.13.-0.18 0.08 -0.08| -0.09) 0.49) 1.53 0.98 0.36 0.52 1.00-0.02) 0.01 -0.30 0.02 -0.23| -0.14 -0.26) 0.31) 0.40 0.01 0.35. 0.43 -0.12/-0.08.-0.29| 0.06 -0.21| -0.17.-0.65 -0.44 -0.10 -0.24 -0.04, 0.12 -0.13 -0.15 - -0.15, 0.11 -0.22) -0 15. -0.85 -1.08 -0.69 -0.53 -0. 38,-0.10 -0.15/-0.37 -0.11| 0.06 10 }-0.20 -0.11 -1.13.-1.38.-1.22 -0.84 -0. 68 -0.33 -0. 16 -0.35.-0.50 0.09 11 1-0.19 -0.19 -1.25 -1.74 -1.55 -1.03 -0.92 -0.51 -0.14 -0.38 -0.20| 0.05 Mittern. | -0.20 -0.16.-1 43 -1. au -1.82 -1.21'-0.99 -0. 60 -0.24 -0.50 -0. aaa 05 Mittel | | | | tägl. Ver.| 0.50) 1.06. 3.99) 5.1) 4.18) ueri 2.48| 2.35) 0.52) 1.25) Es 0.38 Bei der Bearbeitung der in dieser Beziehung noch nicht berechneten Beob- achtungs-Journale der Polar-Expeditionen wäre es wünschenswerth, wenn die Zeit, wo die Sonne über dem Horizont dauernd sich befindet, und die, wo sie nicht über denselben sich erhebt, geschieden würde von der Zeit, wo sie inner- halb 24 Stunden auf- und untergeht. Es wäre ferner zweckmäfsig, den zweiten Abschnitt wieder in drei Theile zu theilen, nämlich die beiden Zeiträume, wo die Dämmerung eintritt, zu scheiden von dem, wo sie nicht mehr wahrgenommen wird. Es würde dadurch die Frage sich beantworten lassen, ob wir eben so von einer Wärmedämmerung sprechen dürfen, wie wir diesen Ausdruck auf die leuch- tende Eigenschaft der Sonne anwenden, ob also die von den oberen Schichten der Atmosphäre reflectirten Sonnenstrahlen noch an der Grundfläche einen merk- baren wärmenden Einflufs äufsern. Aus der oben mitgetheilten Tafel geht wie aus den älteren Beobachtungs- Journalen hervor, dafs bei Abwesenheit der Sonne die tägliche Veränderung fast verschwindet und sich daher in zufälligen Störungen mehr oder minder verbirgt. Dafs sie, wenn die Sonne innerhalb 24 Stunden nicht untergeht, ebenfalls kleiner sein wird, als wo dies stattfindet, ist einleuchtend, aber woher dann der Unter- schied zwischen Frühling und Herbst? Bekanntlich verwandelt sich unter dem Einflusse der furchtbaren Winterkälte der Polargegenden das Meer in eine voll- ständig mit Eis bedeckte Masse; diese Eisdecke bricht erst zu Anfang des Som- mers. Bis‘ dahin spielt die Eisdecke die Rolle einer festen Grundfläche mit den 1 2 3 4 : 5 1 -0.11/ 0.07| 1.19) 2.02) 1.28) 1.21 0.60 0.92 0.05 0.07 -0.24 0.07 6 7 8 g 486 Miscellen : bezeichnenden Erscheinungen eines continentalen Klima’s. Erst wenn bei dem Aufgehen des Eises die tropfbare Oberfläche mit der Luft in Berührung kommt, giebt dies zu einer Nebelbildung Veranlassung, die dann das Bezeichnende des Witterungscharakters wird und sowohl der Insolation als der nächtlichen Aus- strahlung hemmend entgegentritt. Im Herbst sinkt die Temperatur der Luft viel schneller als die des Meeres, und diese Nebelbildung setzt sich daher viel später in den Herbst hinein fort, als sie im Frühling begann. Daher die Unsymmetrie der Erscheinungen in Beziehung auf ihren Verlauf in der jährlichen Periode. Zur Bevölkerungs-Statistik der Staaten Öentral-Amerika’s. Unter den neuesten Erscheinungen der Literatur über die Staaten von Central- Amerika dürfte es wohl kaum ein Werk geben, welchem ein gröfserer Werth bei- gelegt werden könnte, als dem jüngst von Squier herausgegebenen Buche: The States of Central America; their Geography, Topography, Climate, Population, Re- sources, Productions, Commerce, Political. Organization, Aborigines ete. Comprising Chapters on Honduras, San Salvador, Nicaragua, Costa Rica, Guatemala, Belize, the Bay Islands, the Mosquito Shore, and the Honduras Inter- Oceanie Railway. With numerous Original Maps and Illustrations. London (S. Low, Son & Co.) 1858. XVI, 782 S. gr. 8. Spräche nicht schon der Name des Verfassers allein für die Tüchtigkeit dieses Werkes, so dürfte ein Blick in das Buch selbst wohl genügen, um zu. zeigen, dafs hier für die nähere Kenntnifs der geographischen, ethnographischen und statistischen Verhältnisse Central- Amerika’s fast Alles ge- leistet worden ist, was bei der verhältnifsmäfsig unvollkommenen Durchforschung namentlich der inneren Landestheile, sowie bei der Mangelhaftigkeit der staat- lichen Einrichtungen in der Möglichkeit lag. Squier’s gröfsere und kleinere Vor- arbeiten, welche schon in früheren Jahren veröffentlicht wurden, namentlich sein Werk über Nicaragua, seine kleineren Schriften über den Honduras- Canal, sowie seine im Jahre 1856 zu New-York erschienenen „Notes on Central America, par- tieularly the States of Honduras and San Salvador“ sind bekannt. In diesem neuesten Werke nun hat der Verf. die Resultate seiner früheren Untersuchungen zum grofsen Theile wieder aufgenommen und dieselben durch möglichst vollstän- dige Angaben über diejenigen Staaten, welche in dem letztgenannten Buche über- gangen waren, bereichert. Der Verfasser beginnt mit einer Betrachtung über die geographische und topographische Physiognomie Central- Amerika’s und deren Einflufs auf die Bevölkerung. Darauf läfst derselbe eine Uebersicht der klima- tischen Verhältnisse im Allgemeinen folgen und schliefst den ersten Theil seines Werkes mit einer allgemeinen Statistik der Bevölkerung sämmtlicher centro-ame- rikanischen Republiken. Hierauf geht er zu der speciellen Beschreibung der ein- zelnen Staaten in der Reihenfolge über, wie dieselben oben im Titel des Werkes angegeben sind. Mit gleicher Genauigkeit werden hier die geographischen, staat- lichen und Handels- Verhältnisse beschrieben, desgleichen auch über die Fauna, Flora und geognostischen Verhältnisse mancherlei interessante Notizen beigebracht, vorzugsweise aber wird unser Interesse durch die Nachrichten erregt, welche der Verfasser über die indianische Bevölkerung in den einzelnen Staaten gesammelt Zur Bevölkerungs -Statistik der Staaten Central- Amerika’s. 487 hat. Den Schlufs des Werkes bilden die Untersuchungen über die Honduras- Eisenbahn. Bei dem bisherigen Mangel aller genügenden Nachrichten über die allgemeine Bevölkerungs- Statistik dieser Staaten, welche selbst in den besseren neueren geographischen Lehrbüchern nur zu deutlich hervortritt, scheint es uns passend, einen Auszug aus dem Theile des Buches hier zu geben, welcher auf diese Verhältnisse näher eingeht. Die Bevölkerung der Staaten Central- Amerika’s kann nur annäherungsweise angegeben werden. Zwar waren Versuche zu einem Census zur Zeit der spani- schen Herrschaft und später zur Zeit der Republik gemacht worden, doch waren die Resultate durchaus ungenügend, weil die unteren Volksklassen, namentlich die Indianer, aus Furcht vor dem Militairdienst und der Besteuerung alle Mittel anwandten, um sich dem Census zu entziehen. Während die Hauptmasse der spanischen Bevölkerung nach der Seite des Stillen Meeres zu ihren Wohnsitz hat, sind die Gegenden am Atlantischen Ocean entweder unbewohnt, oder nur mit einer spärlichen indianischen Bevölkerung besetzt, deren Volksmenge gänzlich unbekannt ist. Von der Urbevölkerung, welche in zahlreichen Massen den Distriet von Peten, den Norden von Guatemala, oder wie z. B. die Xicaques, Poyas, Ton- glas, Woolwas, Towkas, Ramas, Guatusos ete., die am Atlantischen Ocean ge- legenen Theile von Honduras, Nicaragua und Costa Rica bewohnen, ist die Seelen- zahl durchaus nicht bestimmbar. Nach dem Census von 1778, welcher nicht nur die fünf Staaten von Central- Amerika, sondern auch den heutigen Staat Chiapa und den Distriet Soconuseo in Mexico umfafste, betrug die Gesammtbevölkerung 805,339 Einwohner. Auf Guatemala, mit Ausnahme von Chiapa und Soconusco, kamen nach dieser Zählung 430,859 Seelen, nehmlich 15,232 Weilse (Spanier), 27,676 Ladinos und 387,951 Indianer und Neger. San Salvador hatte, mit Ein- schlufs von Sonsonate, welches heute einen Distriet dieses Staates bildet, 161,954 Einwohner, und die Diöcese Comayagua, welche damals die Provinz Honduras umfafste, zählte 88,143 Seelen. Eine vierzehn Jahre später, im Jahre 1791 von dem Bischof dieser Diöcese angestellte Zählung ergab einen Zuwachs bis auf 93,500 Seelen, doch besitzen diese Angaben nur eine geringe Glaubwürdigkeit und können keinesweges als eine genügende Grundlage für den gegenwärtigen Stand der Bevölkerung angesehen werden. Eine im Jahre 1825 von den Be- hörden von Guatemala unternommene Zählung ergab eine Bevölkerung von 507,126 Seelen, mithin eine Vermehrung von nur 76,267 Seelen innerhalb 47 Jahren. Eine neue zwölf Jahre später, im Jahre 1837 von denselben Behörden veranstaltete Zählung ergab sogar eine Abnahme der Bevölkerung um 16,339 Ein- wohner. Die Richtigkeit dieses letzten Census wurde jedoch sehr in Frage ge- stellt, und Don Jose de la Valle, ein Statistiker von einiger Bedeutung, gab da- mals die Gesammtbevölkerung von Guatemala auf 600,000 Einwohner an. Die Resultate eines von’ dem General- Gouvernement der mittelamerikanischen Repu- bliken im Jahre 1834 angeordneten Census, welche jedoch niemals veröffentlicht worden sind, waren gleichfalls ungenügend. In Ermangelung richtiger Augaben über die Bevölkerungsverhältnisse hat Squier es nun versucht aus einer Zusam- menstellung der Geburts- und Todeslisten einen richtigen Bliek in den gegen- wärtigen Stand der Bezölkerung zu gewinnen. Nach A. v. Humboldt’s Unter- suchungen über die Gesetze für die Bewegung in den Bevölkerungsverhältnissen 48s Miscellen: Mexico’s betrug das Verhältnifs- der Geburten zur ganzen Bevölkerung 1:17, das der Todesfälle 1:30 und das der Geburten zu den Todeställen etwa 17:10. Bei der Aehnlichkeit der Configuration des Landes und des Clima’s der Staaten von Central- Amerika mit dem von Mexico dürfte man zu der Annahme berechtigt sein, dafs die Bewegung in den Bevölkerungsverhältnissen in beiden Staaten ähn- lichen Gesetzen unterworfen sei. Das Verhältnifs der Geburten zu den Todes- fällen ist jedoch für Central- Amerika bei Weitem gröfser, als für Mexico. So betrug in Costa Rica im Jahre 1780 die Zahl der Geburten 4766, die der Todes- fälle 1768, also ein Verhältnils von 47:17. In Guatemala, mit Ausschlufs des Distriets von Peten, stellte sich im Jahre 1852 die Zahl der Geburten auf 38,858, die der Todesfälle auf 21,298, was ein Verhältnils von etwa 10 Todesfällen zu 19 Geburten geben würde. Achnlich sind die Ergebnisse für San Salvador. In dem Departement von Sonsonate betrug die Zahl der Geburten in der letzten Hälfte des Jahres 1853 1731|, die der Sterbefälle 879, also etwa 10 Todesfälle zu 21 Geburten, in dem Departement von Cuscatlan für neun Monate desselben Jahres 2405 Geburten und 1099 Todesfälle ete, Sqnier giebt hierauf eine aus- führliche Liste der Heirathen, Geburts- und Todesfälle nach den officiellen Be- richten für die 16 Departements des Staates Guatemala auf das Jahr 1852, des- gleichen eine ebensolche Liste für die 5 Departements des Staates von Costa Rica für das Jahr 1850, sowie eine nicht ganz vollständige Uebersicht für die 6 Departements des Staates San Salvador für das Jahr 1855. Aus diesen Listen ergiebt sich für Gmatemala auf das Jahr 1852 die Zahl von 38,858 Geburten und 21,298 Todesfällen, mithin eine Vermehrung von 17,560 Seelen; für Costa Rica im Jahre 1850 die Zahl von 4769 Geburten, 1768 Todesfällen, also eine Ver- mehrung von 3001 Seelen; für San Salvador die freilich nicht ganz vollständige Zahl von 9555 Geburten, 4447 Todesfällen, mithin eine Vermehrung von 5108 Seelen, oder die Totalsumme der Geburten für diese drei Staaten Central- Ame- rika’s von 53,182, die der Sterbefälle 27,513, die Vermehrung mithin auf 25,669 Seelen. Es ergiebt sich hieraus, dafs in Central- Amerika das Verhältnifs der Geburten zu den Todesfällen sich wie etwa 265 ::137 oder wie 2:1 stellt. Für Honduras, welches ein sehr gesundes Clima hat, würden sich dieselben Propor- tionen wie in Costa Rica ergeben, während Nicaragua’s Verhältnisse sich denen von Guatemala nähern. Nach Squier’s Schätzung würde die Bevölkerung Gua- temala’s im Jahre 1852 787,000 Seelen betragen haben, und sich diese bei den Geburtsfällen von 1:21 und den Todesfällen von 1:38 bis zum 1. Januar 1858 bis auf 890,000 vermehrt haben. Costa Rica zählte nach dem letzten Census eine Bevölkerung von 100,174 Seelen, nehmlich San Jose 31,749, Cartago 23,209, Heredia 17,289, Guanacaste 9112, Alajuela 12,575, Punta Arenas 1240, wozu noch 5000 Indianer kamen. Nach der oben angegebenen Berechnung der Ge- burts- und Sterbefälle in diesem ‚Staate würde die Bevölkerung bis zum Anfang des Jahres 1858 auf etwa 135,000 Seelen gestiegen sein. — Was Nicaragua be- trifft, so betrug die Gesammtbevölkerung nach dem Census von 1813, welcher von dem letzten spanischen Gouverneur Miguel Gonzalez Sarabia in seinem Werke: Bosquejo politico estadistico de Nicaragua, formado en el ano de 1523, Guatemala 1824, veröffentlicht worden ist, 149,751 Einwohner. Der Census von 1846 ergab für diesen Staat, mit Ausnahme des Departements von Guanacaste, über dessen Zur. Bevölkerungs - Statistik der Staaten Central- Amerika’s. A489 Besitz damals Streitigkeiten mit Costa Riea obwalteten, eine Volksmenge von 257,000 Seelen, nehmlich 20,000 für das südliche, 95,000 für das östliche, 90,000 für das westliche und 52,000 für das nördliche Departement. Nimmt man diesen Census für richtig an, so würde sich daraus der Stand der Bevölkerung auf 300,000 Seelen ergeben. — Im Staat San Salvador, welcher im Verhältnifs zu seiner Ausdehnung der. bevölkertste von sämmtlichen Staaten Central- Amerika’s ist, besitzen wir nur für den Bezirk von Cuscatlan einen vollständigen Census aus dem Jahre 1849, wonach die Bevölkerung in diesem Departement 62,361 Seelen beitrug. Nach der oben angegebenen Berechnung der Geburts- und Todes- listen, welche wenigstens theilweise einen Anhalt ‚bieten, würde ‚sich ‚die Ge- sammtbevölkerung von San Salvador auf 433,000 herausstellen, nehmlich für Cuseatlan 75,000, für Sonsonate 75,000, für San Salvador 80,000, für San Miguel 80,000, für La Paz 28,000, für San Vicente 50,000, für Santa Ana 45,000 Seelen. — Ueber die Bevölkerungsverhältnisse von Honduras sind unsere Nach- richten höchst mangelhaft. Aufser der im Jahre :791 veranstalteten Zählung, welche die Einwohnerzahl auf 93,500 angab, besitzen wir nur einen Census vom Jahre 1834 für die Provinz Gracias, nach welchem dieselbe 30,017 Einwohner enthielt. Nimmt man an, dafs die Volksvermehrung in Honduras unter denselben Verhältnissen stattgefunden habe, wie für Costa Riea, so würde sich für das Jahr 1855 für diesen Staat, mit Ausnahme jedoch der wilden Indianerstämme in. dem östlichen Theile des Landes, eine Gesammtbevölkerung von 350,000 Seelen er- geben, von denen auf Sta. Barbara 45,000, auf Gracias 55,000, auf Comayagua 65,000, auf Tegucigalpa 65,000, auf Choluteca 50,000, auf Olancho 50,000, auf Yoro 20,000 kämen. In allen diesen Angaben sind jedoch die Indianer, welche nicht den verschiedenen Staaten incorporirt sind und fälschlich mit dem Namen der Tribus Errantes bezeichnet werden, da sämmtlichen Indianerstämmen, von Central- Amerika bestimmte Wohnsitze. angewiesen sind, nicht mit einbegriffen. Ein am meisten den Nomaden ähnliches Leben führte der etwa 6000 Köpfe starke Stamm des Mosquos oder Mosquitos, eine Mischrace von Negern und Indianern. Die Kopfzahl der Xicaques, Poyas, Towkas, Woolwas und Ramas, welche zwi- schen der Küste und den spanischen Niederlassungen wohnen, kann nicht bestimmt angegeben werden. Desgleichen fehlen in der Zählung die Guatusos, Talamancas und andere Stämme in Nicaragua und Costa Rica, sowie die Itzaes und die ihnen affilirten Stämme, die Lacandones, Manches ete., welche den nördlichen Theil des Bezirks Vera Paz in Guatemala bewohnen nnd sehr zahlreich sein sollen. Die Bevölkerung der fünf Staaten in Central- Amerika würde sich demnach folgendermalsen für das Jahr 1855 herausstellen: Quadrat- | Beyölke- Zahl der Bewohner miles | rung | auf Quadratmile Guatemala 43,380. 890,000 20 Honduras 39,600 ' 350,000 g Ba“ San Salvador | 9,594 | 433,000 | 45 Nicaragua 49,500 | 300,000 , 6 Costa Rica 23,000 | 135,000 beinahe 6 Summe | 165,054 12,108,000 12} 1) 490 Miscellen : So sparsam auch die Bevölkerung in Central- Amerika ist, so stellt sich die- selbe nichtsdestoweniger in Beziehung auf die durchschnittliche Bevölkernng einer Quadratmeile günstiger, als in den anderen Staaten des spanischen Amerika, wie aus folgender Tabelle hervorgeht: Quadratmiles | Bevölkerung Zu len zur Central-Amerika| 165,054 | 2,108,000 | 12} Mexico 762,000 | 7,853,000 10 Neu-Granada 380,000 | 1,360,000 32 Venezuela 410,000 887,000 2! Ecuador 320,000 | 550,000 3 Peru 405,000 1,500,000 . Bolivia 380,000 | 1,200,000 31 Chile 170,000 | 1,300,000 8 Brasilien 2,720,000 4,450,000 2 beinahe Von ganz besonderem Interesse sind die Untersuchungen über die Bevölke- rungsverhältnisse der Weifsen, der Mischracen und der Indianer in den Ländern des spanischen Amerika’s. Es ist eine durch das Zeugnils aller einsichtsvollen Männer Central- Amerika’s bestätigte Thatsache, dafs die rein weifse Race nicht nur relativ, sondern absolut im Abnehmen, die rein indianische Race dagegen im raschen Wachsthum begriffen ist, während die Mischrace, die Ladinos, sich mehr und mehr dem ursprünglichen Typus nähern. Don Garcia Pelaez, der gegenwärtige Bischof von Guatemala, gab im Jahre 1841 die Zahl der Spanier und weilsen Creolen in Central- Amerika auf 87,979, die der Ladinos auf 619,167, die der Indianer auf 681,367 an. Nach dieser Berechnung käme ein weifser Einwohner auf 16 Mischlinge und Indianer, ein Verhältnis, welches sich gegen- wärtig jedoch wie 1:20 gestaltet hat. Colonel Galindo dagegen giebt in dem Journal of ihe Roy. Geog. Soc. VI. p. 126 folgende Zusammenstellung über die Bevölkerung von Central- Amerika, in welcher er jedoch die indianische Bevöl- kerung von Honduras übergeht: Indianer Ladinos Weilse Summe Guatemala 450,000 150,000 100,000 | 700,000 Honduras ‚240,000 60,000 300,000 San Salvador 90,000 | 230,000 80,000 400,000 Nicaragua 120,000 | 120,000 110,000 350,000 Costa Rica 25,000 | | 125,000 | 150,000 Summe 685,000 740,030 | 475,000 | 1,900,000 | ! Mr. Thompson schätzte im Jahre 1823 die Zahl der Weifsen und Creolen auf $, die der Mischlinge auf ?, die der Indianer auf 2 der Bevölkerung. Squier endlich giebt in runden Zahlen folgendes Verhältnifs an: 100,000 Weifse, 800,000 Mischlinge, 19,000 Neger und 1,189,000 Indianer. —r. Die Häfen Rosario und Gualeguaychu. 491 Die Häfen Rosario und Gualeguaychu. (Hierzu eine Karte, Taf. VI.) Nachdem wir auf Taf. IV dieses Bandes eine Karte des Rio Paraguay nach den neuen Aufnahmen des Lieut. Th. J. Page mitgetheilt haben, fügen wir dem gegenwärtigen Heft eine in demselben Mafsstabe entworfene Karte des unteren Parana und Uruguay nach den. Aufnahmen desselben Offiziers bei, um den Le- sern dadurch die chartographischen Resultate der Expedition des Dampfers Water- witch vollständig vorzulegen. Das neue Blatt umfaflst den ganzen Lauf des Pa- ranä von seiner Vereinigung mit dem Paraguay bis zu seiner Mündung, ferner den Lauf des Uruguay von seiner Mündung aufwärts bis zum Salto Grande, also so weit er für die Schifffahrt von der See aus von Wichtigkeit ist, endlich den Lauf des Rio Salado, so weit er von Page aufgenommen ist. Ein flüchtiger Blick auf das Blatt lehrt, ‘dafs dasselbe viel Neues enthält. Für den unteren Lauf des Uruguay waren wir bisher auf Capt. Sulivan’s aus dem Jahre 1847 herrührende Aufnahmen verwiesen, die Herr A. Petermann auf Tafel XIX seiner „Mittheilungen“ 1857 nur für die kurze Strecke von Punta Gorda (c. 33° 54') bis Martin Gareia nach den im Jahre 1856 erfolgten Aufnahmen des Lieut. Sidney verbessern konnte. Vergleicht man z. B. die Stromstrecke unterhalb Paysandu auf der letztern Karte mit Page’s Aufnahme, so wird man bald erkennen, dafs sich der Stromlauf und das von ihm umschlossene Insel-Labyrinth seit Sulivan’s Aufnahmen, wenn wir dieselben als durchaus zuverlässig betrachten, nicht uner- heblich verändert hat und dafs die neue Aufnahme auch ein viel reichhaltigeres topographisches Detail für die Ufergegenden darbietet. Von besonderem Interesse ist noch ein Blick auf den Rio Salado: die überaus launenhaften Krümmungen dieses Flusses stellen seinen Nutzen als Verkehrsstrafse in ein viel weniger vor- theilhaftes Licht, als man es nach den ersten schriftlichen Mittheilungen über die Erforschung desselben voraussetzen durfte, — und die Zeit, in welcher die Be- wohner der Conföderation an eine Rectification des Stromlaufes denken werden, ist wohl noch sehr fern. Für den auswärtigen Handelsverkehr haben die auf unserer Karte verzeich- neten Strecken des Stromgebiets seit dem Jahre 1853, in welchem die Fahrt auf ihnen den Flaggen aller Nationen freigegeben wurde, eine besondere Bedeutung erlangt, zumal da Page’s Untersuchungen erwiesen haben, dafs der Paranä und Paraguay bis Asuncion für Seeschiffe von 15 Fuls Tiefgang, der Uruguay bis zur Mündung des Gualeguaychu für Seeschiffe von 18 Fuls Tiefgang zu allen Jahres- zeiten schiffbar sind. Diese Bedeutung für den auswärtigen Verkehr ist durch die Zollgesetzgebung der Conföderation noch gesteigert worden. Bisher waren Buenos Aires und Montevideo die einzigen Stapelplätze des auswärtigen Handels gewesen; von hier wurden die europäischen Waaren auf Flufsschiffen unter ar- gentinischer Flagge, die sich übrigens meist im Besitze dort ansälsiger Italiäner befanden, auf den grofsen Strömen weiter nach dem Innern verführt. Seitdem sich nun der Staat Buenos Aires und die Banda Oriental von der Argentinischen Conföderation getrennt haben, lag es im Interesse der letztern, den Seehandel von den Hauptstädten jener beiden Länder möglichst ab- und direct nach den eigenen Häfen hinzulenken. Die Staatsmänner der Conföderation entschieden sich 2,‘ 492 Miscellen: zur Erreichung dieses Zwecks für das bedenkliche Mittel der Differential - Zölle, Schon im Jahre 1856 belegten sie durch das Gesetz vom 19. Juli alle Waaren, die von den Küsten im Norden der Vorgebirge Santa Maria und San Antonio, also auch diejenigen, die aus Montevideo und Buenos Aires kamen, falls sie spe- eiell tarifirt waren, mit dem Doppelten des gewöhnlichen Zolles, und im andern Fall mit einer Abgabe von 30 Procent des Werths. Einige Bestimmungen dieses Gesetzes erfuhren zwar im folgenden Jahre eine Milderung; das System, das ihm zu Grunde liegt, wurde aber nicht nur beibehalten, sondern durch ein Gesetz vom 23. Juli 1858 noch dadurch vervollständigt, dafs es auch auf die Ausfuhr ausgedehnt wurde. Darnach wurde von solchen Export-Artikeln, die nach dem Werth versteuert werden, der Ausgangszoll für Kupfer in Barren auf 6 Procent, für Kupfer- und Silbererz, für Chinchilla- und Fischotterfelle, für Straufsenfe- dern, Lama-, Vicula- und Hammelfelle, für Knochen und Hömer auf 12 Pro- cent, d.h. um das Dreifache erhöht; und von tarifirten Waaren tritt für Rinds- häute, Haare, Wolle, Klauenfett und Oel, geräuchertes und gesalzenes Fleisch ebenfalls eine Zollerhöhung um das Dreifache ein, — falls alle diese Waaren nicht direct nach Häfen jenseits der Vorgebirge Santa Maria und San Antonio verschifft werden '). Durch diese Bestimmungen hat die commereielle Bedeutung von Montevideo und Buenos Aires als Stapelplätzen für ein ausgedehntes Hinter- land einen erheblichen Stofs erlitten, und auch der auswärtige Verkehr wird dar- unter leiden, da von den anderen Stromhäfen zur Zeit noch kein einziger einen so bequemen Absatz der importirten Waaren verspricht, wie jene beiden Handels- plätze, und es nicht möglich sein wird, den Handel nach dem La Plata nur in solehen Schiffen zu betreiben, welche auch für die Stromfahrt geeignet sind. Soll nun der auswärtige Handel nach jenem Gebiet in Folge dieser Mafsre- geln nicht einen noch erheblicheren Rückgang erleiden, als es schon durch die Anwendung des Differentialzollsystems auf die Einfuhr der Fall gewesen ist, so wird er die eigenen Flufshäfen der Conföderation aufsuchen müssen. Unter die- sen befinden sich vier, welche für den auswärtigen Handel und für die Niederlage befugt sind, — die Häfen Rosario, Santa Fe, Paranä und Corrientes, sämmtlich am Paranä gelegen; sieben, denen zwar das Recht des auswärtigen Handels, nicht aber das der Niederlage zusteht: die Häfen Victoria an einem Zuflufs des Paranacito, Gualeguay am gleichnamigen Flusse und Goya am Paranä, und Gua- leguaychu, Concepeion, Concordia und Restauraeion am Uruguay °); und endlich sieben Häfen, welchen von dem Zollamt, zu dem sie gehören, die Befugnils zum auswärtigen Handel beigelegt werden kann, — nämlich die Häfen Diamante, La Paz, Bella Vista, Itati, Capilla del Setior und Esquina am Paranä, und Federa- racion am Uruguay. Die beiden ersten dieser Häfen stehen unter dem Zollamt von Parana, die fünf folgenden unter dem von Corrientes, Federacion unter dem von Concordia. Den Häfen Concordia und Restauracion liefs übrigens die Ver- ordnung vom 22. Juni 1854, welche diese Bestimmungen traf, das Recht der Lagerung bis auf Weiteres ungeschmälert *). !) S. Preufs. Handels-Archiv 1858, No. 45. ?) Da Restauraeion oberhalb der Uruguay-Fälle liegt, hat es für den auswär- tigen Schiffsverkehr keine Bedeutung. ?) Die Verordnung ist vollständig mitgetheilt im Preufs. Handels-Archiv 1858, N.3. Die Häfen Rosario und Gualeguaychu. 493 Von den Häfen am Paranä ist Rosario, von denen am Uruguay Gualeguay- chu bei Weitem der wichtigste. Ueber die Lage und commercielle Bedeutung ‘des letztern können wir einfach auf dasjenige verweisen, was Herr Dr. Karl An- dree und neuerdings Herr v. Gülich in dieser Zeitschrift darüber mitgetheilt ha- ben '). Die commercielle Wichtigkeit Rosario’s, dessen Lage wir bei dem Bericht über das Projeet einer Eisenbahn von Rosario nach Cördova besprochen haben, erhellt daraus, dafs hier die grofsen Verkehrswege aus dem Westen (aus den Provinzen San Luis, Mendoza, San Juan, Cördova und Rioja) und aus dem Nor- den (aus den Provinzen Santiago, Tucuman, Catamarca, Jujuy und Salta und aus Bolivia) den Paranä erreichen, und dafs die Stadt, da sie für Seeschiffe zu- gänglich ist, auch für den ganzen Verkehr auf dem obern Paranä und auf dem Paraguay ein Stapelort werden kann. Es wird in der That wenig Handelsplätze geben, welche ein so ausgedehntes, entwiekelungsfähiges und leicht zugängliches Hinterland besitzen. Um den Handel beider Häfen genauer zu charakterisiren, fehlen uns leider Nachrichten, die bis in die neueste Zeit herabreichen und die Wirkung der Frei- gebung der Stromschifffahrt hervortreten lassen. Wir müssen uns auf Angaben aus den Jahren 1854 und 1855, also aus der ersten Zeit nach diesem wichtigen Ereignils, beschränken, und entlehnen diese zwei kleinen amtlichen Schriften, deren Kenntnils wir der Güte des Herrn v. Gülich verdanken ?). Darnach be- trug der Handel von Einfuhr Ausfuhr Zahl der | Tonnen- | Zahl der | Tonnen- un Schiffe gehalt Er Schiffe gehalt BIPEN in Pesos in Pesos Rosario ... . 1854 274 11031 |3,913534 165 | 5364 | 2,428618 1855 370 16297 | 4,280349 241. | 7826 | 2,898719 Gualeguaychu 1854 230 5701 | 356966 304 | 12973 | _ 998836 1855 293 8437 | 523547 351 18831 | 1,213748 Auch das Jahr 1855 zeigt also gegen das vorangegangene einen erheblichen Fortschritt. Den Grad der Entwickelung können wir wenigstens für den Ausfuhr- handel von Gmaleguaychu näher in’s Licht stellen, wenn wir die Angaben M. de Moussy’s über den Export der früheren Jahre zu Hilfe nehmen. Darnach hatte die Ausfuhr dieses Hafens im Jahre 1852 einen Werth von 230,000 Dollars, - - 1853 - - - 610,000 Dollars, - re - - 998,836 Pesos °), - steh Ku - - . 1,213,747 Pesos. Seitdem hat das Differentialzoll-System für Gualeguaychu allerdings einen bedeutenden Rückschritt zur Folge gehabt. !) N.F. Ba. II, S. 318 ff. Bd. V, 8. 282 f. ?) Registro estadistico del movimiento mercantil del puerto del Rosario en la Confederacion Argentina en todo el ano de 1855. Rosario 1856. 4. — Apuntes esta- disticos sobre la importacion y exportacion de mercaderias por las aduanas del Ro- sario y Gualeguaychu en los anos de 1854 y 1855. Parana 1856. 8. %) Ein Dollar ist 1 Thlr. 13 Sgr. 22 Pf., ein Peso 1 Thlr. 13 Sgr. 8 Pf. werth. 494 Miscellen: Aus der obigen Tabelle erhellt, dafs in Gualeguaychu die Ausfuhr, in Ro- sario die Einfuhr in erheblichem Mafse überwiegt. Der Grund davon liegt darin, dafs die zuerst genannte Stadt nicht über ein so ausgedehntes Absatzgebiet ver- fügt; denn obwol die Flufsschifffahrt, um die es sich hier allein handelt ’), weder bei Gualeguaychu noch bei Rosario ihre Endschaft erreicht, machen doch die oberhalb Rosario’s gelegenen Paranä-Häfen dieser Stadt eine viel geringere Con- eurrenz, als es bei den oberen Uruguay-Häfen (Concepeion, Paysandu, Coneor- dia und Salto) in Bezug auf Gualeguaychu der Fall ist, weil Rosario seit langer Zeit den entschiedenen Concentrationspunkt der Wege für den Landhandel nach und von dem Innern und also den natürlichen Stapelplatz für alle nach dem In- nern bestimmte Waaren bildet. Rosario bietet also ungleich mehr Gelegenheit zum Absatz dar, während nach Gualeguaychu viele Schiffe in Ballast gehen müssen, wenn sie von dort die Producte der Viehzucht aus der heerdenreichen Provinz Entre Rios abholen wollen. Dafs nun in Rosario selbst die Aus- und Einfuhr nicht gröfsere Uebereinstimmung zeigen, hat hauptsächlich darin seinen Grund, dafs die aus dem Innern, namentlich aus Rioja und Catamarca, kommen- den Metalle oft undeclarirt ausgeführt werden. Nach einem ungefähren Ueber- schlage beläuft sich der Werth des nach Rosario gebrachten Silbers und Goldes in gemünztem und ungemünztem Zustande jährlich auf etwa 2,400,000 Pesos ?), Gemünztes Geld wird bei der Ausfuhr natürlich nicht deelarirt; und Silberbarren oder Goldstaub verbergen die Besitzer bei der Ausfuhr der gröfseren Sicherheit wegen auch meistens unter andern Waaren: Silber- und Goldmünzen oder Gold- staub sind in den Ausfuhr- Registern gar nicht verzeichnet. Auf die Productionsfähigkeit des Handelsgebietes, welches jeder der beiden Häfen beherrscht, wirft die Classification und Betrachtung der Export- Artikel ein schlagendes Licht. Wir legen dabei die Ausfuhr des Jahres 1855 zum Grunde. Von Producten des Thierreichs und Fabrieaten aus demselben wurden ausgeführt aus Rosario: aus Gualeguaychu: Eines LO us et ar dene er Fer _ 20 Maulthieren Stack? 1. Pa, TR —_ 433 Schweine, - BR EN 92 1451 Kalbfelle, - RE ER A TEEN 670 nu Häute von Rindern, Stück . . » . . . 122303 105771 - - Füllen, - N A MRSH 25048 - - Schafen, Dutzend . . . 2.6515 500 !) In Gualeguaychu liefen im Jahre 1854 nur 13 Seeschiffe ein und 39 aus, jene meist in Ballast; nach Rosario kamen 1855 nur zwei fremde Schiffe. Da aus den oben entwickelten Gründen die erste Stadt nicht so entschieden wie die letzte ein Stapelplatz für ein ausgedehntes Hinterland ist, haben die Differentialzölle der ersteren eben so geschadet als der letzteren genützt, und das Verhältnifs des frem- den Schiffsverkehrs wird jetzt ein ganz anderes sein. 2) Die argentinischen Posten allein brachten in den letzten 9 Monaten des Jahres 1855 nach Rosario: geprägtes Silber... . 372,361 Pesos, - Gold.u. Hl 206,014 - Silber in Barren für... 70,827 - Summa 649,202 Pesos. Die Häfen Rosario und Gualeguaychu. 495 aus Rosario: aus Gualeguaychu: Häute von Ziegen, - u se over 2a = - - .Gemsen, Dutzend . . . .» 128 — - - Chinchillas, - E POS? 502 — - - Hirschen und Rehen, Stück . 7 164 — - am Meom Blicken 2 0a ae 3 un - - Vieunas und Guanacos, Stück . 74 _ - - „Schweinen, Stück . » » .. =. 80 86 - - Fischottern, Dutzend . . ..... 2063 28 Felle von jungen Ziegen, Dutzend . . » 420 — Gesalzenes und geräuchertes Fleisch, Centn. 73531 Mondongo und Würste, Arrobas ') . . » — 138 Eingesalzene Zungen, Dutzend. . . . .» = 450 Schweinepökelfleisch, Arrobas . . .» .» . 8 50 Hömer, Stück . . .. a 39792873 174835 Knochen (canillas y en Stück DEE — 639186 - (Auesos), Gpntnen,, Aysike + :: 540 — Pferdehaare, Arrobas . . . 2 2.2.2... .20036 11717 Klauen, Centner . . bie Kipfanr ir 231 Fett von Rindern, Oiehe s Kafka 54089 - - Schweinen, - ice ie 156 526 - - Pferden, - en er Are 14759 Wolle;)‘Arrobası.; @guar«. . Ur. Kader 28131 3201 Küse; Artobasıu. ie sfarantar, rnit 34 Tale Aygobası sl. ggg nos laser‘ — Talglichte, Pesos- sasnenyelicier. ingare,, 1608 40 Ordinäre Seife, Arrobas . . 2 2220. E= 64 Gordusn.;, Dützend ersuchen rt‘ e Taßiletleder, Dutzend . . . 212.00 0. 950 _ Sohlenleder, Stück . 2 2 2 2.2 22..2...97630 = Schuhwerk, Dutzend . . 2 2 2 2000. 575 = Reitpeitschen, Stück » . » 2» 02.0.0... 9720 = Zaumzeuge, Dutzend . . . . To in» 160 —_ Vollständige Pferdegeschirre, Stück lnsalen 126200 = Pelzröcke, Stück . . rise aan — Wollene Ponchos und ir ae Dutzend 7935 en Straufsfedern, Pfund . . . . ch ie 120 53 Hieraus ergiebt sich, in welchem Malse die Ausfuhr an Hörnern, Knochen, Fett, Pferdehäuten, gesalzenem und geräuchertem Fleisch in Gualeguaychu über- wiegt, während die Schafzucht hinter der des Handelsgebietes von Rosario sehr zurücksteht. Sehr auffallend ist ferner, dafs in einem so heerdenreichen Lande wie Entre Rios selbst solche Industriezweige, welche sich unmittelbar auf die Viehzucht stützen, wie die Käse- und Lederbereitung, die Lichtzieherei, noch gar nicht für den Export arbeiten, während Rosario an Käse, Talg, Leder und Leder- waaren bereits für 874,236 Pesos exportirt hat. !) Eine Arroba — 25 Pfund. Mondongo ist eine beliebte Speise, die aus dem Bauchfell der Thiere bereitet wird. A496 Miscellen: Dafs die Cultur in Entre Rios noch auf der ersten Stufe der Entwickelung steht, tritt noch schlagender hervor. wenn wir die Ausfuhrgegenstände betrachten, welche der Acker- und Gartenbau und die Obstbaumzucht liefern. Von diesen wurden exportirt: aus Rosario: aus Gualeguaychu: Reis Atrobası Re => Mask Banegası"t- MAMA os ENEN REENERSI RAD = Gerste, - a Bat a a Te ie Mar 320 Weizen, - NE DT RE 903 1670 Weizenmehl, Arroii RN TER — Stärke aus Weizen, Arrobas . 2.2... 1240 eu Euzernesaat, Arrobas . . 2.0.0.0 3049 us Wen; "Barmiles?) mt u, ae nnd 11 us Zwiebeln, Stück "4, Yin, 0, WERP0Z000 — Böhnen, Arrobas WIR. u, m. 0, »R21035 BD Kürbisse, Stück mn 300 un Taback)' Arrobas "WR RR Rt 3 Cipahren, Stück! MUB va) 2 7 285000 je Ohren» ATobAs "RR RE 720 — Piment, - ERDE AIEITE RRNTE te Mandeln, - RER PIERETIRE SEEN Di 36 — Rosinen, - : ee a ET EA it Getrocknete Peiken PTR : = 77045302 wi PR Andere getrocknete Früchte, OR a ira) ne Eingemachte Früchte, Arrobas . . . . . 225 weh Nüsse, Arrobas . . . . 13852 _ Abgesehen von einem Meiheh Posten Wesen hat also die Landwirthschaft dem Hafen Gualeguaychu Nichts zur Ausfuhr dargeboten, während Rosario land- wirthschaftliche Producte im Werth von 420,179 Pesos exportiren konnte, dar- unter 57,644 Arrobas Weizenmehl im Werth von 100,877 Pesos, während nur 5237 Arrobas Mehl eingeführt wurden. Bedenkt man, dafs noch vor wenigen Jahren an einen Mehlexport in Rosario nicht zu denken war, dafs die Stadt im Gegentheil bedeutende Quantitäten nordamerikanischen Mehles importirte, so wird man in dieser Thatsache einen erfreulichen Beweis für den Aufschwung des Acker- baues erblicken. Die grolse Menge getrockneter Früchte (Rosinen allein im Werth von 130,750 Pesos) kommt meistens aus den Provinzen Mendoza und San Juan. Von Waldproducten, rohen und verarbeiteten, wurden ausgeführt: aus Rosario: aus Gualeguaychu: Bauholz, ’!Stück4 Um3)3 MIETE ER, — 1226 Brennholz, Fuhren. . . _ 7178 Nandubay-Holz in Pfählen u. ;-Blokteny Stück — 36187 Algarrobo®'Planken . 0.3 SORTE, _ 249 Palmbesen, "Dützenda) MUB Ss 289 _ Holzkohle, Fanegass . . „vn nn. 494 1037 !) Die Einfuhr war gröfser. ?2) Ein Barril hält etwa 4% Gallonen oder 17 Quart. Die Häfen Rosario und Gualeguaychu. 497 aus Rosario: aus Gualegnaychu: Aerhe,lFanspası. (ao). : zuuun sold sr 8170 Hölzerne Wamnen, Stück, . . 2 2.2.2. 9646 — Wagengestelle, Stück -. . 2.2.2... _ 80 Dieiehseln,„Stückiiia ootks une.» sudd wih % 782 _ Thüren von Cedernholz, Stück . . . . 100 — Dhisabmen,n Stüucklow ..o\srk.un usa ara _ 600 Fensterrahmen von Cedernholz, Stück . . 16 at Obgleich Entre Rios für diesen Handelszweig durch seine Nandubay -Wälder ein entschiedenes Uebergewicht besitzt, steht es doch an industrieller Thätigkeit in Verarbeitung der Waldproducte wieder zurück. Die letzte Klasse von Ausfuhr- Artikeln bilden die Producte des Mine- ralreichs, die nur von Rosario exportirt werden. Im Jahre 1855 gingen aus diesem Hafen aus: Silber in Barren 9710 Mark im Werth von 97100 Pesos, Kupfer in Barren 2778 Centner - - - 61136. - Alaun . „.......99 Arrobas - - - 118er Kalk . ...'. 240 Fanegas - - - 1440 - Die Gegenstände, aus welchen die Einfuhr besteht, sind in den uns vor- liegenden Materialien nur für den Hafen Rosario speciell angegeben, so dafs ein Vergleich zwischen dem Import der beiden Handelsplätze nicht möglich ist. Es gehören dazu aufser den Erzeugnissen der Tropen (darunter 234,494 Arrobas Zucker, 2977 Arrobas Kaffee, 1974 Arrobas Chocolade, 96,762 Arrobas Para- guaythee) und Metallen (darunter 7990 Centner Eisen, 176 Centner Blei, 308 Centner Zink) hauptsächlich noch Farbestoffe (darunter 1345 Arrobas Berliner Blau) und alle Erzeugnisse europäischer Industrie, namentlich Eisenwaaren, me- tallene und hölzerne Geräthschaften aller Art. Als ein charakteristisches Curio- sum, das sich schwerlich in jedem Jahre wiederholen wird, wollen wir noch an- führen, dafs im Jahre 1855 in Rosario nicht weniger als 8630 Dutzend Harmo- nica’s, 3540 Dutzend Flöten, 49 Kisten mit Guitarren und 43 Pianoforte’s eingeführt wurden, — für Personen, welche sich nicht gern gestört sehen, ent- schieden zu viel des musikalischen Segens, für den Spanier aber ein höchst er- freulicher Zuschufs, an dem, wie wir glauben, besonders Deutschland nicht un- schuldig ist. —n. Neuere Literatur. Deseription du Departement du Bas-Rhin, publiee avee le concours du Conseil General sous les auspices de M. Migneret, Prefet. Tome premier. Stra/s- bourg 1858. Veuve Berger-Levrault et fils. Als Lucian Bonaparte im Jahre VIII Minister des Innern wurde, legte er die Ausführung des Planes, geographisch-statistische Beschreibungen aller franzö- sischen Departements als Grundlage einer allgemeinen Landesbeschreibung zu Stande zu bringen, den Präfeeten in die Hand, deren Würde in demselben Jahre geschaffen war. Seine Instruction hatte zur Folge, dafs 31 Departementsbeschrei- Zeitschr. f. alle. Erdk. Neue Folge. Bd.V. 32 498 Neuere Literatur: bungen eingingen, die in den Jahren VII und IX gedruckt wurden, — Arbeiten, die natürlich von sehr ungleichem Werthe waren; doch werden die Memoiren über die Departements de la Sarthe, de l’Oise, de I’Indre und de la Correze noch Jetzt als verdienstliche Werke betrachtet. Auch Chaptal, Bonaparte’s Nachfolger, wirkte in demselben Sinne. Auf die ihm eingesandten Abhandlungen stützen sich die zehn Bände der Statistique de la France publiee par ordre du Gouvernement et redigee sur les Memoires transmis par les Prefets, welche die Beschreibung von acht Departements in je fünf Abschnitten: Topographie, Bevölkerung, Geschichte und Verwaltung, Ackerbau, Industrie und Handel — enthalten. Auch Peuchet’s „Essai de statistique generale“, den ebenfalls Chaptal angeregt hatte, blieb un- vollendet; die in den Jahren 1809 bis 1812 erschienenen Hefte enthalten die Beschreibung von 41 Departements. Seitdem ist der allgemeine Plan nicht mehr in’s Auge gefalst: gleichwohl sind, meistens unter Anregung der Präfeeten, zahl- reiche Monographien über einzelne Departements veröffentlicht worden. So haben die Departements Aisne (1824. 25; 2 vols.), Ardennes (1842), Aude (1818. 19; 2 vols.), Bouches-du-Rhöne (1823—34; 4 vols.), Charente (1818), Charente-In- ferieure (1839), Cher (1829), Corse (1835), Cötes-du-Nord (1834—36; 2 vols.), Dröme (1835), Eure (1840), Finistere (1835), Gard (1842), Gironde (1839 —41; 2 vols.), Herault (1814), Isere (1844; 3 vols.), Lot (1831; 2 vols.), Maine et Loire (1835, 3 vols.; und 1850, 1 vol.), Marne (1844; 3 vols.), Meurthe (1843; 2 vols.), Moselle (1844, mit Supplement 1851; und eine zweite Beschreibung von M. de Chastellux 1854), Meuse (1842), Nord (1804; 3 vol.), Haut-Rhin (1831), Saöne-et-Loire (1838; 2 vols.), Sarthe (1842), Seine-et-Marne (1834—41; 6 vols.), Seine (1821 —44; 5 vols.), Var (1838—44), Vendee (1844), Vosges (2 vols.) mehr oder minder vollständige Beschreibungen gefunden. Aufserdem brachten die Annuaires, die in einigen Departements, z. B. Nord, Oise, Bas- Rhin, Yonne, erschienen, theils fortlaufende statistische Nachrichten, theils Speeial- Beschreibungen einzelner Cantone oder ganzer Arrondissements. Diesen Arbeiten schliefst sich das oben angeführte Werk an, welches eines der interessantesten Departements, das des Nieder-Rheins, in seinen wichtigsten Beziehungen zu schildern unternimmt. Es ist auf vier Bände berechnet, und soll aufser einer historischen Einleitung in drei Abschnitte zerfallen. Der erste „der Boden“ enthält die Topographie, Geologie, Mineralogie, und Capitel über Wege und Eisenbahnen, Canäle und Wasserbauten, Entwässerungen und Urbarmachung und über militärische Bauten. Der zweite Abschnitt „Bevölkerung“ wird die Be- wohner vom ethnologischen, physiologischen, medizinischen und statistischen Ge- sichtspunkte in’s Auge fassen und sich demnächst über Kirche und Schule, Wohl- thätigkeits- Anstalten, Statistik der Verbrechen, und über die politische und admi- nistrative Organisation verbreiten. Der dritte Abschnitt „Producte“ wird über die Mineralien, die Erzeugnisse des Pflanzen- und Thierreichs, speciell über Cultur- pflanzen, über die Lage des Grundbesitzes, den Stand der Landwirthschaft, ins- besondere des Wein- und Gartenbau’s und der Baumzucht, dann über die Zucht der Hausthiere handeln und eine Statistik der Nahrungsproducte und der gewon- nenen Mineralien liefern; zum Schlufs sollen Industrie, Handel, Wissenschaft und Künste zur Sprache kommen. Es versteht sich von selbst, dafs bei einem so umfassenden Plane etwas Description du Departement du Bas-Rhin etc. 499 Tüchtiges nur dann geleistet werden kann, wenn die Bearbeitung der einzelnen Zweige Männern anvertraut wird, die darin specielle Kenntnisse besitzen. Dieses ist bei dem uns vorliegenden ersten Bande geschehen und es wird auch bei den folgenden der Fall sein. Der erste, 720 Seiten starke Band enthält zunächst auf 406 Seiten die historische Einleitung von dem Archivar L. Spach, der sich durch zahlreiche Monographien um die Geschichte des Elsals verdient gemacht hat; dann auf 97 Seiten eine überaus reichhaltige Uebersicht aller Werke und Auf- sätze, welche die Geschichte, die physische Beschaffenheit, die Statistik, Antiqui- täten, Wege- und Wasserbauten des Departements oder einzelner Theile dessel- ben behandeln, und ein Verzeichnils der Karten des Elsals. Als eine interessante Beilage zu dem historischen Abschnitt folgen dann ausführliche Mittheilungen aus einem Memoire des Marquis de la Grange über den Zustand des Elsafs in der ersten Zeit der französischen Herrschaft. Erst auf S. 561 beginnen die Ab- handlungen, welche für den Geographen von Interesse sind, mit der geologischen Beschreibung aus der Feder Daubree’s, der bereits im Jahre 1852 eine Descrip- tion geologique et mineraloegique du Departement du Bas- Rhin mit einer geologi- schen Karte des Departements im Mafsstabe von 1:80,000 veröffentlicht hat. Nach einer kurzen und anschaulichen Schilderung des Bodenreliefs bespricht Dau- bree der Reihe nach die Verbreitung der krystallinischen Gesteine, der geschichte- ten Gesteine, das Diluvium, das Alluvium, die Erzadern, die Quellen, überall mit Rücksicht darauf, ob und inwiefern sie für das praktische Leben von Bedeutung werden, und deutet sodann in Kürze den Einflufs an, welchen der geologische Bau durch seine natürlichen Folgen, das Bodenrelief, den Quellenreichthum und die Zusammensetzung der Ackerkrume auf die Dichtigkeit der Bevölkerung aus- übt. Das Departement des Niederrhein nimmt hinsichtlich der Dichtigkeit seiner Bevölkerung unter den französischen Departements die fünfte Stelle ein, da es 121 Menschen auf dem Quadrat-Kilometer zählt, während die durchschnittliche Bevölkerung in Frankreich nur 63 Menschen auf dem Quadrat-Kilometer ergiebt; aber die Vertheilung dieser Bewohner über den Flächenraum des Departements je nach der geologischen Formation zeigt eine sehr beträchtliche Verschiedenheit, die aus der folgenden Tabelle übersichtlich hervortritt: sie) 4 Dichtigkeit d. Formationen alt = wand Bevölker. auf A| 8 |1 Quad.-Kil. Alluvium . AT ı 235,997 166 Diluvium (Löks, Vogesensand, gelber Leim) . 1488 ' 223,562 150 Tertiärgebilde . . E 36 |:..9,386 260,72 Untere formation RE OREEREETWE 29,34 12,953 441,49 RR EDEGOTOT 4, HiYiig iu] w9 Nenn, 47,60 5,450 112 BRRBHEEN hen Trace yascnı vetaadzormina ot 85,45 12,577 147 ER RER TE st ul SR A ne a 305 36,100 118 anlatern .cius ? 001-5 Le en baren, 194 18,611 95 BRRERENBAHGSIEIR.. . a, . moor07 ehe waia she Dim 617 \ 10,664 17 Sand abe... SHIT DEE. 43 \ 3,610 84 Steinkohlenformation . . 7 | 580 82 Thonschiefer und metamorphosische. Gesteine 9480] '. 9,039 92 EGneils .. . .. 14 | 923 66 _ Granit, Syenit u. andere krystallinische Gesteine 4174,15 | 921 5,4 Summa | 4550,34 | 580,373 | Eu 500 Neuere Literatur: Die durchschnittliche Bevölkerung wird also auf dem Alluvium, dem Dilu- viam, den Tertiärgebilden, der untern Oolithenformation und dem Keuper über- schritten, und unter diesen ragt wieder die — räumlich allerdings sehr beschränkte Oolithenformation, die einen Theil des Hügellandes im Osten der Vogesenkette einnimmt, auffallend hervor, hauptsächlich wohl, weil der Oolithenkalk, der übri- gens theils als Bruchstein, theils zum Kalkbrennen eine ausgedehnte Verwerthung findet, von zahlreichen und trefflichen Mergelschichten durchschnitten wird, die zur Verbesserung der Ackerfelder eifrig ausgebeutet werden. Unter den Tertiär- gebilden, die hier, wo die Kreidegruppe fehlt, unmittelbar auf der Juraformation ruhen, spielen ebenfalls Mergel eine bedeutende Rolle; sie enthalten überdies mächtige Gänge asphalthaltigen Sandes und Kalksteins, Braunkohlenlager und bei Niederbetschdorf einen vorzüglichen Töpferthon, der einen bedeutenden Fabrica- tionszweig in’s Leben gerufen hat. Die Erdölquelle bei Bechelbronn (eigentlich Pechelbronn, Pechquelle) wurde schon im 15. Jahrhundert benutzt, um Brenn- material und Wagenschmiere zu gewinnen. Das in der Nähe befindliche Lager bituminösen Sandes wird seit 1742 ausgebeutet, ohne dafs man bis jetzt, in einer Tiefe von 110 Meter, seine untere Grenze erreicht hat. Von bituminösem Kalk- stein waren bis 1851 Lager im Gesammtbetrage von 9000 Kubikmeter erschlos- sen; man beutet sie aus, theils um Asphalt zu Trottoirs, theils um durch De- stillation Brennöl oder Fett zum Einschmieren der Maschinen zu gewinnen. An den geologischen Abschnitt reiht sich ein mineralogischer an, und der Band schliefst mit Bemerkungen über das Klima von Prof. Bertin. Es ist hier eine Tabelle mitgetheilt, welche für die Jahre von 1801 bis 1841 die Durch- schnittstemperatur, das Maximum, das Minimum, die Variation, die Zahl der Tage, an welchen es fror, die atmosphärischen Niederschläge, endlich eine Classification der Tage nach den Witterungsverhältnissen für jedes einzelne Jahr nach den Be- obachtungen Herrenschneider’s in Strafsburg angiebt, die für die Temperatur und die atmosphärischen Niederschläge von M. Boeckel bis zum Jahre 1857 fortge- führt ist. Andere Tabellen gewähren einen Ueberblick über die Temperatur der einzelnen Monate und über die Vertheilung der Regenmenge nach Monaten und Jahreszeiten. Auch die Feuchtigkeit der Luft, die Beschaffenheit des Himmels, die Richtung des Windes in den verschiedenen Monaten sind nach längeren Jah- resreihen berechnet und tabellarisch zusammengestellt. —ı. Der Suezkanal. Von Friedrich Szarvady. Mit zwei Karten. Leipzig 1859. F. A. Brockhaus. Eine eifervolle Parteischrift zu Gunsten des Lesseps’schen Projectes, die in vielfacher Beziehung lehrreich ist. Der aufmerksame Leser wird daraus entneh- men, dafs die Anhänger der Idee des Herrn v. Lesseps noch immer nicht glau- ben, zur Anpreisung derselben einer schwungvollen Deklamation entrathen zu können; er wird daraus zu seiner Ueberraschung erkennen, worauf die so sehr ausposaunten Zustimmungserklärungen mancher bedeutenden Körperschaften, die bei dem Unternehmen ein erhebliches Interesse haben, in Wahrheit hinauslaufen. Mit Recht war man in Norddeutschland über die Versicherung befremdet, dafs der Direetorenhof der Ostindischen Compagnie sich zu Gunsten einer Durch- stechung des Isthmus von Suez erklärt habe; aus dem von Herrn Szaryady mit- Friedrich Szarvady: Der Suezkanal. 501 getheilten Dankschreiben des Secretairs des Directorenhofs für Ueberreichung der Schriften des Herrn v. Lesseps ersieht man indes, wie der Direetorenhof jede Zustimmung zu dem Project durch die allgemeine Bemerkung, dafs derselbe „stets jedem Unternehmen lebhaften Antheil weihe, welches die Verkehrsmittel zwischen diesem Lande und Indien erleichtere“, kühl umgangen hat. Noch ausweichender lautet die Antwort der Peninsular and Oriental Steamship Company, von der man doch eine lebhaftere Theilnahme erwarten durfte. Sie lehnt es ausdrücklich ab, über den wahrscheinlichen Erfolg des Projects eine Ansicht auszusprechen, und begnügt sich mit der vagen und -— richtig aufgefafst — unanfechtbaren Bemer- kung, dafs die Wichtigkeit der Ergebnisse eines Suezkanals evident sei und dafs die Compagnie, wenn derselbe ausgeführt sei, nothwendig an den Wirkungen des- selben Theil nehmen würde. Ob diese Wirkungen in ihrer Gesammtheit der Compagnie angenehm wären oder nicht, darüber findet sich in dem Schreiben des Secretairs kein Wort. Dafs es mit der vielgerühmten allgemeinen Zustim- mung der deutschen Presse ebenfalls eine besondere Bewandtnifs hat, ist bekannt. Oesterreichische Blätter haben für das Project lebhaft agitirt, — und das ist ganz in der Ordnung: Oesterreich hat ein entschiedenes — ja, unserer Ansicht nach, das allerklarste Interesse an der Ausführung desselben, und es ist vollkommen gerechtfertigt, wenn der Kaiserstaat seine Kraft darauf verwendet. Norddeutsche Interessen gewinnen dabei nicht; und wenn der Verf. die Berliner Publieisten darauf aufmerksam macht, dafs es für Preufsen vortheilhaft ist, wenn Oesterreich durch den Suezkanal entschiedener auf seinen Beruf im Orient hingewiesen wird, so wird er in den hier herrschenden Ueberzeugungen wenig ändern, selbst wenn sich jene Aussicht vom praktisch-politischen Standpunkt nicht als eine Illusion erwiese. Mit feiner Ironie kritisirt Herr v. Lesseps selbst die Theilnahme, die sein Project in Deutschland gefunden, wenn er bemerkt, dafs er dieses erwartet habe, „car cette nation, plus cosmopolite pue toute autre, se preoccupe moins des ses interets particuliers et personnels que de linteret general de humanite“. Nach einer vor wenigen Tagen publieirten Uebersicht sind in ganz Preufsen 15 Actien gezeichnet worden: diese Thatsache wird Herın v. Lesseps sagen, ob er zu sei- ner Anspielung auf. die deutsche Ideologie, die sich mit den eigenen Interessen weniger beschäftigt, wirklich Grund gehabt hat. Das geographische Element spielt in der Schrift nur eine untergeordnete Rolle; verhältnifsmäfsig am Vollständigsten sind noch die Angaben über die Mee- resküste bei Pelusium, obgleich auch hier exactes Detail vermifst wird. Den grös- sesten Theil der Schrift füllt eine Geschichte des Lesseps’schen Projects und eine Schilderung der Wirkungen, welche dasselbe auf Handel und Politik äufsern mülste. Bei seiner Berechnung des Ertrages geht der Verf. von der Annahme aus, dafs alljährlich Schiffe mit einem Gesammtgehalt von 3 Mill. Tonnen den Kanal pas- siren würden, d. h. (da nach S$. 92 im Jahre 1853 4564 Schiffe von 2,280,924 Tonnen um das Cap gingen, mit Einschluls der amerikanischen) dafs nahezu der ganze Handel, der jetzt den Weg um das Cap nimmt, sich dem Suezkanal zu- wenden werde. Ueberraschend ist uns auch die Annahme (S. 104) gewesen, dafs die Fahrt durch den Kanal nur 2 Monate in Anspruch nehmen soll, während die um das Cap 4 Monate dauert. Ist hier die Strecke von einem englischen Hafen nach Ceylon gemeint, — und selbst für diese ist die zuletzt genannte Zahl zu hoch, denn nach den in diesem Bande mitgetheilten Entfernungstabellen für den 502 Sitzungsbericht Seeweg dauert durchschnittlich die Fahrt von Liverpool selbst nach Caleutta nur 115 Tage, und die Rückfahrt 114 Tage — so ist jene Annahme mit den Anga- ben des Board of Trade schwer in Einklang zu bringen. Wir finden in diesen für die Fahrt vom C. Lizard nach Gibraltar 10, von Gibraltar nach Malta 14, von Malta nach Alexandrien 10 Tage als durchschnittliche Dauer verzeichnet, ferner für eine Fahrt von Aden nach Bombay 35 Tage angegeben, im Ganzen bereits 69 Tage, — und hier fehlt noch, abgesehen davon, dafs der Weg von Aden nach Point de Galle weiter ist als der nach Bombay, die ganze Strecke des für die Segelschifffahrt so sehr precären Rothen Meeres, — von Suez nach Aden eine Entfernung von 1300 Seemeilen. Es dürfte sehr gewagt sein, über die durchschnittliche Zeit, welche Segelschiffe zur Zurücklegung dieses Weges brauchen, eine Vermuthung aufzustellen: wenn man dabei zahlreiche Fahrten in- nerhalb der verschiedenen Jahreszeiten zu Grunde lesen könnte, so würde sich aller Wahrscheinlichkeit nach eine ganz abnorme Ziffer herausstellen. —.n. Sitzung der geographischen Gesellschaft zu Berlin vom 6. November 1858. Die Gesellschaft beschäftigte sich in dieser Sitzung zunächst mit ihren inneren Angelegenheiten: es wurde der Rechnungsbericht für das letzte Semester vorge- legt, über die in Vorschlag gebrachten Abänderungen der Statuten entschieden und über die Aufnahme neuer Mitglieder abgestimmt. Demnächst überreichte der Vorsitzende, Herr Prof. Ritter, die eingegangenen Geschenke: 1) Wjästnik der Kais. Russ. Geogr. Gesellschaft. 1858. Heft 6—8. St. Petersburg 1858. — 2) Diccionario da lingua Tupy, por A. Goncalves Dias. Lipsia 1858. — 3) Zeit- schrift für Allgemeine Erdkunde. N.F. V, 3. — 4) Ninth Annual Report of the Board of the Regents of the Smithsonian Institution. Washington 1855. — 5) Beiträge zur Geologie des Grofsherzogthums Hessen. Heft I. Darmstadt 1858. — 6) Meilenzeiger für die Werra-Eisenbahn. — 7) Preufsisches Handels- archiv No. 40— 45. — 8) Cantos. Colleccao de poezias de Ad. Goncalvez Dias. Leipzig 1857. — 9) Zeitschrift für Berg- und Hüttenkunde in dem preufsischen Staate. Band VI. Lieferung 1—3. Berlin 1858. — 10) Jahrbuch der K.K. Geologischen Reichsanstalt. 1858. Jahrgang XI. No. 1. 2. Jänner bis Juni. Wien 1858. — 11) Mittheilungen der K. K. geographischen Gesellschaft. Jahr- gang II. Heft 2. Wien 1858. — 12) Os Tymbiras. Poema Americans por A. Goncalvez Dias. Leipzig 1857. — 13) Parallelo-chromatische Tafeln zum Stu- dium der Geologie, von Dr. J. R. Lorenz. Gotha. — 14) Acht Karten, den Lauf des Parana darstellend. — 15) Copia de carta topographica do estado do Uruguay, por Jose Maria Reyes. — 16) Specialkarte des Regierungsbezirks Gumbinnen, von F. Böhm. Berlin 1858. — 17) Karte des Regierungsbezirks Bromberg, von Nowack. Berlin 1857. Machdem Herr Prof. Ritter mit einigen Worten des verstorbenen Mitgliedes der Gesellschaft, Frau Ida Pfeifer, gedacht hatte, legte Herr H. Schlagintweit mehrere Silberbarren, theils in Originalen, theils in Copien vor, welche in Asien als Münzen gelten und besprach ihren Werth und ihre Form. Zugleich zeigte derselbe an, dafs die Sammlung der von ihm und seinem Bruder aus Ostindien mitgebrachten Gegenstände jetzt vollständig aufgestellt sei. der Berliner geographischen Gesellschaft. 503 Herr Prof. Ritter hielt darauf einen Vortrag über die Entdeckungen des preufs. Consuls in Damascus, Herrn Dr. Wetzstein, in den ostjordanischen Län- dem. Er ist im vorigen Hefte, wie der darauf folgende Vortrag des Herrn B. Möllhausen über den westlichen R. Colorado in diesem Hefte der, Zeitschrift vollständig abgedruckt. Zum Schlufs sprach Herr Dr. Heising über die diesjährige Expedition Gregory’s in Australien zur Aufsuchung Leichardts, durch welche die Annahme bestätigt ist, dafs der Victoria River in den Lake Torrens mündet. Sitzung vom 4. December 1858. Der Vorsitzende, Herr Prof. Ritter, eröffnete die Sitzung durch Ueberrei- chung der eingegangenen Geschenke: 1) Reports of Explorations and Surveys, to ascertain the most practicable and economical route for a railroad from the Mis- sissippi River to the Pacific Ocean made in 1853 —1854. Vol. I—VI. Was- hington 1855 — 1857. — 2) Report of the Superintendent of the Coast Survey, showing the Progre/s of the Survey during the year 1856. Washington 1856. — 3) Gillifs, The U. S. Naval Astronomical Expedition to the Southern Hemisphere during the years 1849 —1852. Vol. III. Washington 1856. — 4) Astronomical Observations made under the Direction of M. F. Maury during the year 1848 at the U. S. N. Observatory. Vol. IV. Washington 1856. —- 5) Graham, Report on the Harbours in Wisconsin, Illinois, Indiana and Michigan. Washington 1857. — 6) Graham, Report on the Harbours of Lake Michigan. Washington 1858. — 7) Maury, Wind and Current Charts. Gales in the Atlantie. Washington 1857. — 8) Report of the Commissioner of Patents for the year 1856. Agriculture. Washington 1857. — 9) The Transactions of the Academy of Science of St. Louis. Vol. IL: No.2. St. Louis 1858. — 10) Bulletin de la societe de Geographie. 4” serie. T. XVI. Sept. Oct. Paris 1858. — 11) v. Viebahn, Statistik des zollver- einten und nördlichen Deutschlands. Thl. I. Berlin 1858. — 12) Schacht, Madeira und Tenerifa. Berlin 1838. Mit Atlas. — 13) Cortambert, Esquisse de la geo- graphie d’une partie de l’Afrique australe interieure. Paris 1858. — 14) Lionnat, Bibel-Atlas nach den neuesten und besten Hilfsquellen. — 15) v. Dechen, Geo- logische Karte der Rheinprovinz und der Provinz Westphalen. 7. Sect. Münster. 9. Seet. Höxter. 16. Seet. Düsseldorf. Berlin. — 16) Mittheilungen aus J. Per- thes’ geographischer Anstalt über wichtige neue Erforschungen auf dem Gesammt- gebiete der Geographie, von A. Petermann. Heft 9 und 10. Gotha 1858. — 17) Preufsisches Handelsarchiv. 1858. No. 46—49. — 18) W. Rose, Wanderungen durch Graubündten. Berlin 1857, Herr Prof. Dove machte darauf aufmerksam, dafs in dem unter No. 2 auf- geführten Werke neue Karten über die magnetische Declination und Inclination, sowie Karten gleicher Fluthzeiten enthalten sind, welche letztere die Erscheinung der stehenden Fluthwelle bestätigen. Herr W. Rose hielt einen Vortrag über seine Streifereien durch Graubünd- ten und am Südabhange der Alpen im Sommer 1858. Herr Prof. Ritter theilte mit, dafs der Dr. Albert Roscher, welcher auf Kosten der bayerischen und hamburgischen Regierung eine Forschungsreise nach Afrika unternommen hat, glücklich in Zanzibar angekommen ist. Herr v. Viebahn legte das unter No. 11 angeführte Werk vor, welches er im Verein mit den Herren v. Dechen, Dove, Klotsch und Ratzeburg herausgege- ben hat. Indem er den Plan dieses Werkes und Einiges von seinem Inhalt mit- theilte, hob er gelegentlich hervor, dafs im J. 1792 das deutsche Reich 11,250 Quadratmeilen, im J. 1858 die deutschen Bundesstaaten 11,443 Quadratmeilen umfalsten. Die deutschen Länder Preufsens betrugen im J. 1792 nur 1600, im J. 1858 dagegen 3390 (Juadratmeilen. Der Zollverein hat einen Flächeninhalt von 9445 Quadratmeilen. Das Werk enthält ferner folgende Abschnitte: Ge- schichte und Gebietsbestand des Zollvereins; völkerrechtliche Verbindung der Ufer- staaten; innere Organisation der einzelnen Staaten; geodätische Uebersicht; Natur- beschaffenheit und Erzeugungsfähigkeit der einzelnen Länder. Herr Prof. Dove legte vor und besprach das Werk: Uitkomsten van weten- schap en ervaring, aangaande winden en zeestromingen in sommige gedeelten van den Ocean. Dieses Werk kommt nicht in den Buchhandel, sondern wird den Seeleuten unentgeltlich übergeben, gegen die Verpflichtung, Beiträge zu liefern. In demselben findet man die herrschenden Windrichtungen auf den Meeren, die zweckmäfsigsten Fahrten von den Niederlanden nach Ostindien, Karten, auf denen alle vorgekommenen Eisberge verzeichnet sind, sowie eine Karte der Tempera- turen, insbesondere derjenigen des Meeres. Herr Dr. v. Liebig, welcher als Arzt auf den Andamanen thätig gewesen ist, hielt einen Vortrag über diese Inseln und ihre Bewohner, unter Vorzeigung von Karten und Photographien. Die Andamanen sind früher nicht benutzt wor- den, im vorigen Jahre wurden gefangene Rebellen aus Indien dorthin gebracht. Die östliche Küste ist hoch, die westliche flach, Urwald bedeckt die Inseln. Die Eingeborenen gehen nackt, sie sind den Europäern und andern Fremden feindlich gesinnt, tödten sie, aber fressen sie nicht. Besonders gierig sind sie nach Eisen. Ihre Sprache ist unbekannt, und alle Versuche, mit einem Gefangenen eine Unter- haltung anzuknüpfen, blieben fruchtlos. Herr Otto Neuhaus, welcher aus Australien zurückgekehrt ist, sprach über die Ausbreitung der Fundstätten von Gold und die verschiedene Gewinnungsart desselben. Der Redner war im J. 1850 von Hamburg nach Australien abgereist und im Februar 1851 dort angekommen, in der Absicht, einen Handel in Wolle und Kupfer dort anzuknüpfen, kam aber zu spät, da die Engländer hierin zuvor- gekommen waren. Er erzählte, wie im April 1851 das erste Gold, 40 M. nörd- lich von Sydney, gefunden wurde, und zwar nicht zufällig, sondern in Folge der Aehnlichkeit der dortigen. Erdoberfläche mit der goldführenden in Californien. Es folgte die Auffindung von Gold bei Melbourne im Bellarat-Distriet, im Octo- ber 1851, später auch in Neu-Süd-Wales. Alle gesellschaftlichen Verhältnisse er- litten eine plötzliche gro/se Veränderung, Herr und Diener, Mann und Weib wan- derten nach den Goldgegenden, der Einzelne mufste folgen. Der Vortragende zeigte zur Erläuterung eine Karte und eine Anzahl Goldproben vor, und bemerkte am Schluls, dafs die Einwanderung der Chinesen, namentlich der unverheirathe- ten, vorsätzlich erschwert worden ist. Herr Prof. Braun berichtete nach Druckschriften, welche ihm von Ferd. Müller aus Melbourne zugegangen waren, über die dortige Zunahme wissenschaft- licher Bestrebungen. Es bestehen dort bereits drei gelehrte Gesellschaften, wel- che ihre Arbeiten herausgeben, zur Belehrung und Erholung ist ein botanischer Garten angelegt; bei allen diesen Unternehmungen ist besonders Dr. Müller sehr thätig. Herr R. Schlagintweit hielt einen Vortrag über tibetanische Gebetsteine, der unter den Miscellen dieses Heftes abgedruckt ist. Herr Straufs zeigte und besprach zum Schlufs ein Modell von Jerusalem, welches hier in Berlin, unter Benutzung der neueren Untersuchungen, angefertigt ist und für den Preis von 2 Thlr. 10 Sgr. verkauft wird. 504 Sitzungsbericht der Berliner geographischen Gesellschaft. Uebersicht der vom Juli bis zum December 1858 auf dem Gebiete der Geographie erschienenen Werke, Aufsätze, Karten und Pläne. Von W. Koner. Geographische, statistische und nautische Zeitschriften. Zeitschrift für allgemeine Erdkunde etc. Herausgegeben von Dr. K. Neumann. Neue Folge. Bd. V. Berlin (D. Reimer) 1858. gr. 8. Mittheilungen der Kais. Kön. Geographi- | schen Gesellschaft. Redig. von Franz | Foetterle. Jahrg. II. 1858. Heft 2. | Wien. gr. 8. | Mittheilungen aus J. Perthes’ geographi- | scher Anstalt über wichtige neue Er- | forschungen auf dem Gesammtgebiete der Geographie, von Dr. A. Peter- mann. Bd. IV. 1858. Heft 5 — 10. Gotha (J. Perthes). gr. 4. Bote (Wjästnik) der Kaiserl. Russ. Geo- graphischen Gesellschaft. Herausgege- ben unter Redaction des Secretairs der Gesellschaft E. J. Lamansky. Jahrg. 1858. Heft 1—7. St. Petersburg 1858. gr. 8. Bulletin de la Societe de Geographie etc. Ive Ser. 1858. T. XV. Mai. Juin. T. XVI. Juillet — Novembre. Paris (Ar- thus - Bertrand). gr. 8. Proceedings of the Royal Geographical Society of London. Published under the Authority of the Council, and edited by | the Secretary. Vol.II. N.3—-5. London (Stanford) 1858. 8. Archiv für wissenschaftliche Kunde von Rufsland. Herausgegeben von A. Er- ‚man. Bd. XVII. 1858. Heft 3. 4. Berlin (G. Reimer). 8. Das Ausland. Eine Wochenschrift. Jahrgang. 1858. N. 24 —50. gart (Cotta). gr. 4. 31. Stutt- Preufsisches Handels - Archiv. Wochen- schrift für Handel, Gewerbe und Ver- kehrs-Anstalten. Herausgeg. vonv. Vie- bahn u. Saint-Pierre. Jahrg. 1858. N. 26-52. Berlin (Decker). gr. 4. Nouvelles Annales des Voyages etc. VIme Ser. 1858. Mai — Octobre. Paris (Ar- thus -Bertrand). 8. Revue de l’Orient, de l’Algerie et des Co- lonies. Nouv. Ser. 1858. Juin — Sep- tembre. Paris (Rouvier). gr. 8. The Nautical Magazine and Naval Chro- nicle. Vol. XXVII. 1858. Mai Octo- ber. London (Simpkin). 8. Tijdschrift voor Nederlandsch Indie. Uit- geg. door W. R. van Ho&vell. 1858. Juni — Nov. Zalt-Bommel. gr. 8. Mittheilungen des statistischen Bureau’s in Berlin. Herausgeg. von Dieterici. 11. Jahrg. N. 9—20. Berlin (Mittler u. Sohn) 1858. 8. Journal of the Statistical Society of Lon- don. Vol. XXI. P. III. 1858. London (Parker & Son). gr. 8. Annali universali di Statistica, Economia pubblica, Legislazione, Storia, Viaggi e Commereio. Compil. da G. Sacchi. Vol. CXXXIV delle serie prima. Vol. XVIII delle serie terza. Fasc. Marzo — Maggio. Milano 1858. 8. Verhandelingen en berigten betrekkelijk het zeewezen, de zeevaartkunde en de daarmedein verband staande wetenscha- pen. Redactie: Jac. Swert. Nieuwe volgorde. 1858. Amsterdam (Hulsten van Keulen). gr. 8. 506 Geographische Bibliographie. Schmidt (G.), Bibliotheca historico - geo- graphica oder systematisch geordnete Uebersicht der in Deutschland und im Auslande auf dem Gebiete der gesamm- ten Geschichte und Geographie neu er- schienenen Bücher. 6. Jahrg. Heft1.Ja- nuar — Juni 1858. Göttingen (Vanden- hoek u. Ruprecht) 1858. 8. (! Thlr.) Ziegenbalg (H.), Bibliographische Ue- | bersicht der im 1. Quartal 1858 auf dem Gebiete der Geographie erschiene- | nen Werke, Aufsätze und Karten. — Koner (W.), Uebersicht der Gebiete der Geographie erschienenen Werke, Aufsätze, Karten und Pläne. | Am Ende jedes Bandes der Zeitschrift für allgemeine Erdkunde. de Castro (Vinc.), Gran dizionario geo- grafico, politico, statistieo, storico, mi- litare e commerciale dell’ Europa etc. Disp. 43—-56. Milano (Pagnoni) 1858. gr. 8. Hoffmann (W.), Eneyelopädie der Erd-, Völker- und Staatenkunde. Lief. 27 — 30. Leipzig (Arnold) 1858. hoch 4. (a 4 Sgr.) Grube (A. W.), Geographische Charakter- bilder in abgerundeten Gemälden aus der Länder- und Völkerkunde. 7. Auflage. Ba. III. A. u. d. Tit.: Charakterbilder deutschen Landes und Lebens für Schule und Haus bearbeitet und gruppirt. Leip- zig (Brandstetter) 1858. XVI, 398 S. gr. 8. (1 Thlr. 5 Sgr.) Kutzner (J. G.), Geographische Bilder, enthaltend das Interessanteste und Wis- senswürdigste aus der Länder- und Völ- kerkunde und der Physik der Erde. 2. W. Koner: Lexica. Sammlungen. Theil. 1. u. 2. Abtheil. Glogau (Flem- ming) 1858. gr. 8. (3 Thlr.) Lansing (F.), Bilder aus der Länder- und Völkerkunde, wie auch aus der Phy- sik der Erde. Osnabrück (Rackhorst) 1858. gr. 8. (1 Thlr. 6 Sgr.) Die aufser-europäische Welt, oder Jahr- buch des Wissenswürdigsten aus der Kunde fremder Länder und Völker. 1. Bd. Heft 1. 2. Carlsruhe 1858. Lex. 8. (a 7 Sgr. Ausg. in 4° 4 Thlr.) Landen, steden, volken en menschen. Een Petermann’s Mittheil. IV. 1858. p. 257. auf dem | panorama in negentien groepen, naar (het Hoogd. van) A. W. Grube en vele anderen. Door J. J. A. Goeverneur. 2 deelen. Groningen (Wolters) 1858. XVTI, 424 en 420 8. gr. 8. (f. 3,90). Vreemde Landen en volken. Hun toestand en ontwikkeling, godsdienst en staats- wezen, behoeften en hulpbronnen, ge- woonten en zeden, beschouwd naar de nieuwste bronnen. I. Britisch-Indie. 1° en 2° afl. Amsterdam (Gebr. Kraay) 1858. Bl. 1 — 64, met 2 staalpl. gr. 8. (f. 0,50). Longley (E.), Pronouneing Vocabulary of Geographical and Personal Names. The Geographical List embraces all the Names worthy of Note in the known World, accompanied with such Deserip- tive and Statistical Facts as are usual in Gazetteers ete. Cincinnati 1858. 210 8. 12. (6 s.) Murchison (Rod. I.), Address at the An- niversary Meeting of the Royal Geo- graphical Society, 24th May 1858. — Proceedings of the Roy. Geograph. Boc. IH. 1853. N.V. Geographische Lehr- und Handbücher. Berghaus (H.), Was man von der Erde weils. berg) 1858. gr. 8. (& 4 Thlr.) Berghaus (H.), Wat men van de aarde wet, en hoe men tot de kennis daar- van is gekomen. Door den schrijver voor Nederland nader bewerkt en ver- meerded, en uit het Hoogd. vertaald door P. van Os. 2e deel. Sneek (van Druten & Bleeker) 1858. 8. (f. 1,20). Cassian (H.), Lehrbuch der allgemeinen Geographie. 1. Hälfte. Chur (Hitz) 1858. gr. 8. (pro cpl. 26 Sgr.) Lief. 24 — 26. Berlin (Hassel- | Gribel, Leitfaden zur Geographie von Europa, mit besonderer Berücksichti- gung von Deutschland. 4. Aufl. Stettin (Grafsmann) 1858. 32 8. gr. 8. (3 Sgr.) Heinisch (G. F.), Kurzer Abrifs der Erd- beschreibung, für die Hand der Schüler bearbeitet. 2. verm. u. verb. Aufl. Bam- berg (Buchner) 1858. gr. 3. (4 Sgr.) Hildebrand (F. A.), Leitfaden für den ersten Unterricht in der Geographie. 2 Curse. Zielenzig (Range) 1858. 8. (& 4 Thlr.) Horrmann (C. A. J.), Kleine Geographie Neu erschienene geographische Werke, Aufsätze, Karten und Pläne. oder das Wichtigste aus schreibung. Ein Leitfaden ete. 4. Aufl. Durchges. u. berichtigt u. verm. von R. Leuschner. Magdeburg (Berger) 1858. IV, 90 S. 8. (5 Sgr.) Hoyermann (F.), Geographisch-histori- scher Wegweiser. Mittelalter und Neu- zeit. Altona (Mentzell) 1858. 2 Bl., 143 S. gr. 8. (18 Sgr.) v. Kempen (C.), Geographie für Elemen- | tarschulen. Gladbach (Riffarth) 1858. 8. (6 Sgr.) Kleinstäuber (C.), Leitfaden zu dem Unterrichte in der Geographie für la- teinische Schulen bearb. 6. Aufl. Re- gensburg (Manz) 1859. 8. (195 Sgr.) v. Klöden (G. A.), Handbuch der Erd- kunde. 8.—12.Lief. Schlufs des 1sten Bandes. Berlin (Weidmann) 1858. gr. 8. (a4 Thlr.) Locher (F.), Allgemeine Erdkunde oder neuestes Handbuch zur Beförderung und Belebung des geographischen Sinnes und Wissens. Lief.8. 9. Regensburg (Manz) 1858. 6. (& 6 Sgr.) Meineke (L. W.), Militärisch -historisch- geographische Uebersicht ‚von Europa. 2. von L. Thomas umgearb. u. verb. Aufl. Leipzig u. Magdeburg (Baensch) 1858. IV, 226 8. gr. 8. (224 Sgr.) Nieberding(C.), Leitfaden bei dem Un- terrichte in der Erdkunde für Gymnasien. 6. Aufl. Recklinghausen (Mescher) 1858. 94 S. gr. 8. (8 Sgr.) Pütz (W.), Lehrbuch der vergleichenden Erdbeschreibung. 3. Aufl. 1. Lief. Frei- burg i. Breisgau (Herder’scher Verl.) 1859. 8. (18 Sgr.) Reuschle (K. G.), Handbuch der Geo- graphie oder Neueste Erdbeschreibung mit besonderer Rücksicht auf Statistik und Topographie. Lief. 7. 8. Stuttgart (Schweizerbart) 1858. Lex. 8. (& 18 Sgr.) v.Schleinitz (H.O.), Leitfaden der Geo- graphie. 7. Aufl. Leipzig (Gebr. Baensch) 1859. gr. 8. (4 Thlr.) Schubert (F. W.), Grundzüge der all- gemeinen Erdkunde, für die unteren Klassen der Gymnasien und Realschu- len. 2.Auf. Wien (Gerold’s Sohn) 1858. 8. (14 Thlr.) Städler (G. L.), Lehr- und Handbuch der allgemeinen Geographie. Lief. 3 — 7. Leipzig (Brockhaus) 1858. gr. 8. (a 10 Sgr.) Stahlberg (W.), Leitfaden für den geo- der Erdbe- | 907 graphischen Unterricht. In drei Kursen bearb. 4. verb. Aufl. 2. Bdchn. Leipzig (Holtze) 1858. gr. 8. (12} Sgr.) Stein (C. G. D.) und Hörschelmann (F.), Handbuch der Geographie und Sta- tistik. 7. Aufl. 3. Bd. 2. Lief.: Das os- manische Reich in Europa, Montenegro, Griechenland und die Republik der ioni- schen Inseln. Von H. F. Brachelli. Leipzig (Hinrichs) 1858. gr.8. (22 Sgr.) Ungewitter (F.H.), Neueste Erdbeschrei- bung u. Staatenkunde, odergeographisch- statistisch-historisches Handbuch. 4te verm. Aufl. Lief. 18— 23. Dresden (Ad- ler u. Dietze) 1858. Lex. 8. (a 5 Sgr.) Volger (G. H. O.), Das Buch der Erde. Naturgeschichte des Erdballs und seiner Bewohner. (Bildet den 5. Bd. von den malerischen Feierstunden.) Leipzig (Spa- mer) 1858. gr. 8. Voigt (F.), Leitfaden beim geographischen Unterricht. 16. Aufl. Berlin (Logier) 1858. 8. (4 Thlr,) Warhanek (W. F.), Lehrbuch der Erd- beschreibung für Mittelschulen. 3. Thl. Besondere Erdbeschreibung, 2. Abtheil. Wien (Sallmayer & Co.) 1858. 8. (18 Sgr.) Woblers (Ch. F.), Grundrifs eines stu- fenweise zu erweiternden Unterrichts in der Erdbeschreibung, vorzüglich für die Elementarklassen in den Kgl. Preufs. Cadetten-Instituten. 7. Aufl. Neu bear- beitet von F. G. C. Walter. Mit 8 illum. Karten. Berlin (Nauck) 1858. XII, 918. 8. (13 Sgr.) Guy (J.), School Geography in a New and Easy Plan; comprising not only a complete General Description, but much Topographical Information, in a well digested Order. 25th’edit. revised etc. London (Cradock & Co.) 1858. 18. (3 =.) Rhind (W.), Class-Book of Elementary Geography. Edinburgh (Simpkin) 1858. 112 S. 8. (1=.6.d.) Steven (W.), Basis of Geography. 4th edit. London (Bedford’s Elementary School Series) 1858. 74 8. 8. (6. d.) Tegg’s First Book of Geography for Children. Disigned for the Use of Fa- milies and Schools ete. London (Tegg) 1858. 72 8. 18. (6.d.) Modern Illustrated School Geography. Lon- don (Johnson) 1858. 12. (6.d.) 508 Frijlink (H.), Nieuw handboek der aard- rijkskunde met geschiedkundige aante- keningen zoo naar de vornaamste ge- schiedschrijvers en aardrijkskundigen, | als naar andere bronnen bewerkt. Am- sterdam (Frijlink) 1858. XV en 431 bl. gr. 8. (f. 3,90). Houwen (F. J.), De aardbol. 3e verbet. en verm. druk. Groningen (Folkers) 1858. 98 en 6bl. kl. 8. (f. 0,25). de Bassanville (Mme), Geographie amu- sante, ou plaisirs des vacances. Paris 1858. 208 S. 8. Boreau (Vict.), Geographie. Cours com- plet et methodique comprenant, avec les nouvelles mesures, plusieurs tableaux synoptiques des mers, des fleuves, des montagnes etc. 3° edit. revue et corrigee. Paris 1858. 276 S. 12. Geographie universelle de Crozat, refaite sur un nouveau plan, d’apres les nou- | velles divisions territoriales et mise & la hauteur des connaissances actuelles etc. par L. Leblanc. Besancon 1858. | 248 8. 12. Joly (Th.), Abrege de geographie me- thodique et raisonnee. Paris et Bruxel- les 1858. 8. Rigolot (C. F. A.), Les cing parties du monde. Dialogue nouveau sur la geo- | graphie generale. 2° edit. revue et cor- | rigee. Saint Denis 1858. 47 8. 18. Ankjaer (S8.), Geographisk - statistisk | W. Koner: Haandbog. 24 Hefte. Kjebenhavn (Phi- lippsen) 1858. 8. \ Christensen (R.), Kortfattet Geographie for Almuesskoeler i Faedrelandet. Tre- ' die omarbeid Oplag. Viborg (Kabell) 1858. 8. (24 [s.) Calzada (Aug.), Geografia elemental uni- versal, fisica, politica y astronömica, para el estudio de esta asignatura en las escuelas superiores de primera en- senanza. Gerona 1858. 176 8. 8. (8 rs.) Geografia storica moderne universale, co- rografica, politica, statistica, industriale e commerciale sceritta per cura di una societa di dotti letterati. Puntata 1 — 24. Milano (Pagnoni) 1857. 58. gr. 8. Lezioni di geografia sulla traceia di Gual- tier aggiuntevi la geografia fisiea e la cosmografia. Terza ediz. Milano 1858. 292 8. 8. (21.) Tratado de geographia universal, physica, historica et politica, redigido segundo un novo plano, & conforme aos ulti- mos tratadoz de paz etc. colligido prin- eipalmente do tratado de geographia, por A. Balbi, com additamentos colhi- dos nas obras dos melhores geographos, em particular de Malte-Brun et Brue etc. por una sociedade Je litteratos por- tuguezes. Nova edicäo, revista e inte- ramente refundida, pelo Dr. Caetano Lopez de Moura. 2 vol. Paris 1858. 1064 S. 8. Mathematische und physikalische Geographie. Nicolay (C. G.), The Principles of Phy- | sical Geography: being an Inquiry into Natural Phenomena, and their Causes. Prepared for the use of Eton College. With Maps and Diagrams. London (Stanford) 1858. 330 8. 8. (9 s.) . Fenneberg (Ludw. Ferd. Fenner), Ueber die Verschiedenheit der griechi- schen Stadien und Fufsmaase. Inaugu- ral-Abhandl. d. Univ. Marburg. Berlin 1858. 136 8. 8. de la Force, Memoire et documents sur la determination de la mesure longi- metrique du mille romain et de la leuca des anciens Gaulois; suivi de documents relatifs & un donjon du XIIe siecle et | & quelques immeubles qui Yavoisinent. Tours 1858. 20 8. 8. Bruhns (C.), Das Resultat der geogra- phischen Längenbestimmungen zwischen Berlin und Königsberg, und Berlin und Brüssel, nebst einer historischen Notiz über geographische Längenbestimmun- gen im Allgemeinen. — Zeitschr. f. allgem. Erdk. N. F. V. 1858. p. 1. Daussy, Table des positions geographi- ques des prineipaux lieux du globe. — Connaissance des temps, pour 1860. Kämtz (L, F.), Bemerkungen über die Ursachen der früheren gröfseren Aus- dehnung der Gletscher in den Alpen und in Skandinavien. Mittheil. d. K. K. Geogr. Ges. zu Wien. II. 1858. p- 241. Kluge (E.), Die Reaktionen des Erdin- nern gegen die Erdoberfläche in den J. 1855 u. 1856. — Petermann’s Mit- theilungen. IV. 1858. p. 236. Dove (H. W.), Ueber die Wärme des Meerwassers im Finnischen Meerbusen. — Zeitschr. f. allg. Erdkunde. N. F. IV. 1858. p. 503. | | Neu erschienene geographische Werke, Aufsätze, Karten und Pläne. Hydrographie der Meere. Maury (M. F.), Physical Geography of the Sea; or, the Economy of the Sea and its Adaptions, its Salts, its Waters, its Climates, its Inhabitants, and what- ever there may be of general interest in its Commercial Uses or Industrial Pursuits. An entirely New and Enlarged | Edition, with illustr. Charts and Dia- grams. New York 1858. 8. Dana (J. D.), Note on the Currents of the Ocean. — American Journ. of Science. Sec. Ser. XXVI. 1858. p.231. Böttger (C.), Das Mittelmeer. Eine Dar- stellung seiner physischen Geographie | ete. Lief. 1— 5. Leipzig (G. Mayer) 1858. gr. 8. (a 12 Sgr.) Das Sargasso-Meer im Atlantischen Ocean. — Petermann's Mittheilungen. 1858. p- 428. Graff (H.), Die Leuchtthürme, Leucht- baaken und Feuerschiffe der ganzen 909 Nautik. Erde. Stettin (Müller) 1859. gr. 8. (14 Thlr.) Le Gras (A.), Instructions nautiques sur le detroit des Dardanelles, la mer de Marmora et le Bosphore, suivies de con- siderations generales sur l’archipel gree. 2° edit. Paris 1858. 8. Vincendon-Dumoulin (C. A.) et de Kerhallet (C,P.), Manuel de la na- vigation dans le detroit de Gibraltar. Paris 1857. 8. Bäche (A. D.), On the Heights of the Tides of the Atlantic Coast of the Uni- ted States, from Obseryations in the Coast Survey. — American Journ. of Science. Sec. Ser. XXV. 1858. p.47. Bache (A. D.), Notes on the Measure- ment of a Base for the primary Trian- gulation of the Eastern Section of the Coast of the United States, on Epping Plains, Maine. — ibid. Sec. Ser. XXYV. 1858. p. 58. Allgemeine Statistik. Hübner (0.), Statistische Tafel aller Länder der Erde. Enthält: Gröfse, Re- gierungsform, Staatsoberhaupt, Bevöl- kerung ete. 8. Aufl. der deutsch. Ausg. | 2. Aufl. in österreich. Valuten. Leipzig | (Hübner) 1858. 1 Bog. gr. Fol. (4 Sgr.) De la population de la terre. — Now. Annal. d. Voyages. 1858. III. p. 241. Tabelle zur Uebersicht der Entfernungen auf dem Seewege. — Zeitschr. f. allg. Erdkunde. N. F. V. 1858. p. 243. Rathlef (C.), Die welthistorische Bedeu- tung der Meere, insbesondere des Mittel- meers. Historisch - geographische Ab- handlung. Dorpat (Gläser) 1858. V, 181 8. gr. 8. (1 Thlr.) Scherer (H.), Algemeene geschiedenis van den wereldhandel. Uit het Hoogd. vertaald, met bijvoeging der aanteeke- ningen van Richelot en Vogel, door N. S. Calisch. 1° — 4° afl. Haarlem (Kru- seman) 1858. gr. 8. (af. 0,75). Allgemeine Ethnographie. Ueber historische Ethnographie. — @renz- | boten. 1858. N. 45. v. Baer, Nachrichten über die ethnogra- phisch - eraniologische Sammlung der Kaiserl. Akademie der Wissenschaften zu St. Petersburg. — Bull. de la classe | physico-mathem. de l’Acad. Imper. des Sciences de St. Petersbourg. T. XVII. NW12. Pouchet (Georges), De la pluralite des races humaines, essai anthropologique. Paris 1858. 212 S. 8. Faure, Des pretendues varietes de ’espece humaine et de l!’Albinos. — Gazette me- dicale de l’Algerie. 1858. p. 192. Hegewald (L.), Diseours sur !’unite de V’espece humaine. Dijon 1858. 8. Sammlungen von Reisen. Reisen durch mehrere Welttheile und Länder. Heinzelmann (F.), Die Weltkunde, in einer planmäfsig geordneten Rundschau der wichtigsten neueren Land- und See- reisen, auf Grund des Reisewerkes von Wilh. Hamisch dargestellt und heraus- gegeben. Supplemente. 1. u. 2. Band. Leipzig (Fleischer) 1858. gr. 8. (all Thlr.) Inhalt: Das deutsche Vaterland 510 in Reisebildern und Skizzen für das Jünglingsalter und die Gebildeten aller Stände dargestellt. 1. Bd.: Das Tief- land des Ostsee-Randes. (XI, 400 $.) 2. Bd.: Das Tiefland des Nordsee-Ran- des, der Harz und die sächsische Schweiz. (XIV, 449 S.) Eyries (G. B.), Viaggio pittorico in Asia ed in Africa. Riascunto gener. dei viaggi antichi e moderni secundo Erman, Les- seps etc. accompagn. da carte geografi- che et da numere incisioni secondo i disegni di G. Boilly. Prima traduz. ital. di Silv. Bandarini. Puntata 100 — 24. Venezia (Antonelli) 1857. 58. Charton (E.), Reiser i aeldre og nyere Tid. Paa Dansk ved H. Sodring. 1.— 23. Hft. Kjebenhavn (Eihe) 1857. 1858. 8. Grube (A. W.), Taschenbuch der Reisen für Freunde der Geographie, insbeson- dere für die Jugend und ihre Lehrer bearbeitet. 2. Jahrg. Leipzig (Brand- stetter) 1859. 8. (14 Thlr.) Goodrich (F. B.), Man upon the Sea; or, a History of Maritime Adventure, Exploration, and Discovery, from the earliest Ages to the present Time, com- prising a detailed Account of the Re- markables Voyages, ancient as well as modern. Philadelphia 1858. 560 8. 8. Kohl (D. J. G.), Old Ocean Routes be- tween England and North America. — American Journ. of Science. Sec. Ser. XXVLI. 1858. p. 86, Andree (K.), Geographische Wanderun- gen. Bd. 1. 2. Dresden (Kuntze) 1859. gr. 8. (34 Thlr.) Colton’s Traveller’s and Tourist’s Guide- Book through the Western States and Territories: containing brief Descrip- tions of each, with the Routes and Di- stances on the Great Lines of Travel. Compiled by Rich. $S. Fisher. Accom- panied by a Map etc. New York. 150 S. 18. Murray ’s Hand-Book for Travellers on the Continent: being a Guide to Hol- land, Belgium, Prussia, Northern Ger- many, and the Rhine etc. 1ith edit. correct. London (Murray) 1858. 588 S. 12. (10 s.) Virag (Lajos), Külföldi kalauz. Neme- torszäg, Belgium, Nemetalföld, Anglia ete. (Führer in’s Ausland). Fest (Pteif- fer) 1858. 220 8. 8. (2 fl.) Grieben (Th.), Ilustrirtes Handbuch für W. Koner: Reisende in Mittel-Europa. Nach eige- ner Anschauung und den besten Hilfs- quellen bearbeitet. 7. umgearb. Aufl. Berlin (Grieben’s Reise-Biblioth.) 1858. VI, 350 8. 16. (14 Thlr.) Theil IIT. 7. Aufl. Ebds. VII, 440 8. 16. (1} Thlr.) Guide illustre du voyageur dans l’Europe centrale. Redige sur les lieux et d’apres les documents les plus authentiques. Vol. I. 7e edit. revue et corrigee. Ber- lin (Grieben’s Reise-Bibliothek) 1858. VIII, 354 8. 16. (1 Thlr. 22 Sgr.) Prins (A. Winkler), Natuurtafereelen uit den Harz, Noordelijk Itali& en Zwitser- land, vlugtig geschetst. Met platen. Sneek (van Druten & Bleeker) 1858. VIII en 280 bl. gr. 8. (f. 2,80). Practical Rhine Guide: the Leading Rou- tes through France, Belgium, Holland, North and South Germany, the Rhine, Rhenish Prussia, the German Spas etc. New edit. London (Longman) 1858. 12. (2 =. 6d.) Grieben (Th.), Die Rheinlande und Hol- land. Ilustrirtes Handbuch für Reisende. 7. verb. Aufl. Berlin (Grieben’s Reise- Biblioth.) 1858. 16. (4 Thlr.) Grieben (Th.), Les Bords du Rhin et la Hollande. Guide illustre du voyageur. 7e edit. revue et corrigee. Berlin (Grie- ben’s Reise-Biblioth. N. 34) 1858. IV, 148 S. 16. (4 Thlr.) Moulin (Henri), Impressions de voyage d’un etranger en Belgique et sur les bords duRhin. Mortain 1858. 1888. 12. Practical Swiss Guide: a Complete Itine- rary of Switzerland, Savoy, Piedmont, North Italy; the Introduetory Routes from London by France, Belgium, Hol- land, and the Rhine etc. 3d issue, 1858. London (Longman). 200 8. 12. (2 =. 6.d.) Messmer (A.), Reiseblätter, gesammelt zwischen Venedig und Amsterdam. 3. Bdehn. Innsbruck (Wagner) 1858. gr. 8. (27 Sgr.) Practical through Routes from London to Germany, Tyrol, Switzerland, the Me- diterranean, and Italy. By an English- man Abroad. London (Longman) 1858. 12. (1 ss.) Lombroso (Giae.), Itinerario universale delle ferrovie dell’ alta, bassa e media Italia, coineidenti con quelle dell’ Ale- magna, della Svizzera, della Francia, e colle corse dei piroscafi che solcano i laghi, i fiumi ed i mari della nostra peninsola. Milano 1858. 98 S. 16. vanLier (J. C.), Reistogt van Zijne Ko- ninklijke Hoogheid den Prins van Ora- nje, met Zijner Majesteits schroefstoom- boot Groningen, naar Spanje, Portugal en Napels. le en 2e afl. Anısterdam (Gebr. van Es) 1858. Roy. 8. (f. 6). Pulling (John), A Tour in Southern Europe and the Crimea. London (Nis- bet) 1858. 140 S. 12. (3 s.) Dumas (A.), De Paris & Astrakan. Nou- velles impressions de voyage. Vol. I. Leipzig (Dürr) 1858. 16. (4 Thlr.) de Chaumont (C.), Alpes et Pyrendes. Descriptions et euriosites de la Suisse, de la Savoie, de la Navarre, du Bearn, du Bigorre et du Comminges, ascen- sions de montagnes, pics et glaciers etc. Limoges 1858. 319 S. 8. Walsh, Souvenirs et impressions de Voyage. 5e edit. Paris 1858. 384 8. 8. Armand, Bis in die Wildnifs. 4 Bde. Breslau (Trewendt) 1858. 4 Bl., 312; 3 Bl., 343; 3 Bl., 266; 3 Bl., 264 S. 8. (5 Thir.) Seemann (B.), Reise um die Welt und drei Fahrten der Königl. Britischen Fre- gatte Herald zur Aufsuchung Sir John Franklin’s in den Jahren 1845 — 51. 2 Bde. 2. Auf. Hannover (Rümpler) 1858. gr. 8. (34 Thlr.) Pfeiffer (Ida), Voyages d’une femme au- tour du monde. Trad. de l’allemand par W. de Suckau. 8. Analysirt von A. Montemont in dem Bullet. de la Soc. de Geogr. IVe Ser. XV. 1858. p. 399. Minturn (R. B.), From New York to Delhi by way of Rio de Janeiro, Au- stralia, and China. New York 1858. 488 S. 8. (8. 6d.) Kletke (H.), Alexander von Humboldt’s reizen in Amerika en Azie. 7e — 12eafl. Amsterdam (Gebr. van Es) 1858. gr. 8. (per afl. f. 0,25). Hauser (M.), Aus dem Wanderbuche eines Österreichischen Virtuosen. Briefe aus Californien, Südamerika und Au- Neu erschienene geographische Werke, Aufsätze, Karten und Pläne. 2 vol. Paris 1857. 58. | 511 stralien. 1. Bd. Leipzig (Herbig) 1859. 8. (pro 2 Bde. 2} Thir.) Auszug aus einem Tagebuche, geführt auf einer Reise von Bremen nach Honolulu 1857. — Ausland. 1858. N. 28 ff. Schiferle (J.), Zweite Pilgerreise nach Jerusalem und Rom in den J. 1856 u. 1857 unternommen und beschrieben. Lief. 1—7. Augsburg (Kollmann) 1858. 12. (a! Thl.) Frankl (L. A.), Nach Jerusalem! 2 Thle. Leipzig (Baumgärtner) 1858. IX, 441; VII, 516 S. 8. (2 Thlr. 18 Sgr.) Havsmans (J. B.), Voyage en Italie et en Orient, 1856 — 57. Notes et im- pressions. 1" partie: Italie. 2° partie: Orient. 2 vol. Anvers 1858. 334 u. 332 S. 8. Conrad (F. W.), Reizen naar de Land- engte van Suez, Egypte, het Heilige Land. 2e — 4® afl. ’s Gravenhage (Mart. Nijhoff) 1858. bl. 193 — 255, met ge- lith. plaat 7 en 8 en 7 gelith. platen grondoringen. (& f. 1,20). Hackmann, Reise-Erinnerungen aus Grie- chenland und Palästina. - Mittheil.f. die evangel. Geistlichkeit Ru/slands.N. Folge. V. 1858. Heft 2. | Podr6z Juliana Ursyna Niemcewicza z Petersburga do Szwecyi w Drodze do Ameryki w roku 1796, z francuzkiego oryginalu na jezyk polski przelozona. Posen 1858. 26 8. Lex. 8. (15 Sgr.) Petano y Mazariego (G.), Viajes por Europa y America, precedidos de un prölogo por el seüor D. Patricio de la Escosura. Paris (de Truchy) 1858. 264 S. 18. Cook (J.), Drei Reisen um die Welt. Neu herausgeg. von F. Steger. Leipzig (Lorck’s Hausbibliothek. N. 65) 1859. gr. 8. v. Kittlitz (F. H.), Denkwürdigkeiten einer Reise nach dem russischen Ame- rika, nach Mikronesien und durch Kamt- schatka. 2 Bde. Gotha (Perthes) 1858. XVI, 3883; 2 Bla 463 S. Mit Holz- schn. im Text u. 4 Radirungen. (4 Thlr.) Vergl. Ausland. 1858. N. 50. Europa. Deutschland. Rieger (M.), Ingävonen Istävonen Her- minonen. — Zeitschr. f. Deutsches Al- terth. XI. 1858. p. 177. v. Viebahn (Georg), Statistik des zoll- vereinten und nördlichen Deutschlands. In Verbindung mit den Herren Berg- hauptmann v.Dechen, Prof.Dr.Dove, Akademiker Dr. Klotzsch und Prof. Dr. 512 Ratzeburg unter Benutzung amtlicher Aufnahmen: 1. Thl. Landeskunde. Ber- lin (G. Reimer) 1858. XVI, 1120 S. gr. 8. Berghaus (H.), Deutschland und seine Bewohner. Schilderungen aus der Ge- genwart mit Blicken in die Vergangen- heit. 1. Lief. Berlin (Hasselberg) 1858. gr. 8. (4 Thlr.) Biffart (M.), Deutschland, sein Volk und seine Sitten. In geographisch -ethnogra- phischen Charakterbildern. 1. Liefer. Stuttgart (Nitschke) 1858. gr. 8. (12 Sgr.) Grieben (Th.), Ilustrirtes Handbuch für Reisende in Deutschland, 7. umgearb. Aufl. Berlin (Grieben’s Reise- Biblioth. N. 26) 1858. XI, 719 8. 16..(24 Thlr.) Baedeker (K.), Deutschland und das Oesterreichische Ober-Italien. Handbuch für Reisende. 2. Thl. 8. Aufl. Coblenz (Baedeker) 1858. 8. (3 Thlr. 10 Sgr.; Lwdbd. in 1 Bde. 3 Thl.) Der Zollverein und der norddeutsche Han- del. — Berliner Revue. XIII. 1858. Fröbel (Jul.), Die deutsche Auswande- rung und ihre eulturhistorische Bedeu- tung. 15 Briefe an den Herausgeber der Allgem. Auswanderungs-Zeitung, Leipzig (Wagner) 1858. 3 Bl., 103 S. gr. 8: (#4 Thlr.) Vergl. Zeitschr. f. allg. Erdkunde. N. F. V. 1858. p. 83. Die deutsche Auswanderung. — Preu/si- sche Jahrbücher. II. 1858. October. Murray’s Hand-Book for Travellers in Southern Germany: being a Guide to Würtemberg, Bavaria, Austria, Tyrol, Salzburg, Styria ete. 7th edit. correeted and enlarged. London (Murray) 1858. 566 $. 12. (10 s.) Deutschland. Gallerie pittoresker Ansich- ten des deutschen Vaterlandes und Be- schreibung derselben. Lief. 42 — 51. Leipzig (Händel) 1858. hoch 4. (a 6 Ser.) Der Schwarzwald, der Odenwald, Boden- see, und die Rheinebene. Handbuch für Reisende. Heidelberg (Emmerling) 1858. 8. (1 Thlr.) (v. Stramberg), Denkwürdiger und nütz- licher rheinischer Ahtiquarius. Mittel- rhein. II. Abtheil 7. Bd. 4. u. 5. Lief. 8. Bd. 1. u. 2. Lief. III. Abthl. 6. Bd. 1. Lief. Coblenz (Hergt) 1858. gr. 8. (& 2 Thlr.) Der Rhein und die Rheinlande, dargestellt W. Koner: in malerischen Original-Ansichten. 3. Abtheil. Niederrhein. Heft 42 — 49. Darmstadt (Lange) 1858. gr. 8. (d + Thlr.) — — — 2, Abtheil.: Von Mainz bis Köln. (2. Aufl.) N.1 24. Ebds, (a4 Thlr.) Rhenus. Jahrbuch für Handel, Schifffahrt und Industrie der Rheinländer. 2. Jahr- gang. 1859. Herausgeg. von G. Schir- ges. Mainz (Kupferberg) 1859. gr. 8. (1 Thlr.) Die Rheinschifffahrt vom 13. — 16. Jahr- hundert. — Zeitschr. für die Gesch. des Oberrheins. IX. Heft 4. 1858. Rasch (G.), Das Thüringerland und der Thüringerwald. Ein Reisebuch durch Thüringen in Skizzen und Bildern. Leip- zig (Händel) 1858. gr. 8. (27 Sgr.) Vocke (K.), Neuer Führer durch Thü- ringen. Mit 1 illum. Karte und 18 An- sichten. 2. verm. u. verb. Aufl. Eisleben (Kuhnt) 1858. 1 Bl., 130 S. 16. (124 Sgr.) Illustrirtes Handbuch für Reisende in dem Thüringer Walde. 2. verb. Aufl. Neue Bearbeitung von W. Gröning. Berlin (Grieben’s Reise-Biblioth. N. 3) 1858. 16. (4 Thlr.) Schlude (Ant.), Das Donau-Thal von Tuttlingen bis Sigmaringen mit seinen Städten, Dörfern, Ritterburgen u. s. w. historisch-topographisch geschildert. Mit 1 lith. Karte. Tuttlingen (Kling) 1858. Vu, 119 S. 12..(12 Sgr.) Münnich (K.H. W.), Das Fichtelgebirge und das Egerthal, in der Gegenwart und Vergangenheit, vom Ursprunge der Eger bis zu ihrer Mündung. Mit 1 lith. Kärt- chen des Egerlaufes. Dresden (am Ende) 1859. IV, 156 S. 16. (10 Sgr.) Müller (K.), Ansichten aus den deutschen Alpen. Ein Lehrbuch für Alpenreisende, ein Naturgemälde für alle Freunde der Natur. Mit Holzschn. u. 1 Karte. Halle (Schwetschke) 1858. XVI, 452 8. 8. (2 Thlr. 20 Sgr.) Preuf[sen. Ungewitter (F. H.), Die preufsische Monarchie, geographisch, statistisch, to- pographisch und historisch ausführlich dargestellt. Lief. 4—10. Berlin (Nico- lai) 1858. gr. 8. (& 8 Sgr.) Bock (E.) und Schürig (G.), Geogra- phie und Geschichte sämmtlicher Pro- vinzen des preufsischen Staats. Breslau (Hirt) 1858. 8. (12 Sgr.) Neu erschienene geographische Werke, Aufsätze, Karten und Pläne. Dieteriei (0. F. W.), Handbuch der Sta- tistik des preulsischen Staats. Heft 1. 2. I Berlin (Mittler & Sohn) 1858. gr. 8. (a | 7 Thlr.) Tabellen und amtliche Nachrichten über den Preufsischen Staat für das J. 1855. Herausgeg. von dem statistischen Bu- reau zu Berlin. Berlin (Hayn) 1858. Fol. (3 Thlr.) Vergl. die Abtheil: Phy- | sik der Erde. Dieterici, Ueber die Zunahme der Be- völkerung im preufsischen Staate in Be- zug auf Vertheilung derselben nach Stadt und Land. — Abhandl. der Berlin. Akad. d. Wiss. 1857 (1858). Statistische Nachrichten über die Zahl der | im Lauf des Jahres 1857 auf gesetz- | lichem Wege in den Preufsischen Staat | eingewanderten und aus demselben aus- gewanderten Personen. — Mittheil. des | Berlin. statist. Bureau's. 1858. N. 16.17. | Nachweisung der im Preufsischen Staate in der Zeit vom 31. December 1856 bis 31. December 1857 nen Auswanderungen. — Preu/s. Han- dels- Archiv. 1858. N. 47. Statistische Nachrichten über die Verthei- lung der ländliehen Besitzungen in den verschiedenen Provinzen des Preufsi- schen Staats in verschiedenen Zeitpe- rioden 1837 bis 1851, und 1849 bis 1855. — Mittheil. des statist. Bureau's in Berlin. 1858, N. 11—15. Production der Bergwerke, Hütten und Salinen in dem Preulsischen Staate im J. 1857. — Zeitschr. für Berg-, Hütten- u. Salinenwesen. VI. 1858. Der Bergwerksbetrieb in dem Preufsischen Staate. — ibid. IV. 1858. Statistische Nachrichten von den Preulsi- schen Eisenbahnen. Bearbeitet von dem technischen Eisenbahn-Bureau des Mini- steriums. 4. Bd., enthält die Ergeb- nisse des J. 1856. Berlin (Ernst & Korn) 1858. 4 Bl., 243 S. Imp. 4. (3 Thlr.) Ueberseeische Reisen der zu den Preufsi- schen Rhedereien gehörigen Seeschifte in den J. 1851 bis 1857. — Preu/s. Handels- Archiv. 1858. N. 38. Die ländlichen Wohnsitze, Schlösser und Residenzen der ritterschaftlichen Grund- besitzer in der preufsischen Monarchie. In naturgetreuen farbigen Darstellungen nebst Text. Herausgeg. von A. Duncker. Lief. $—11. Berlin (A. Duncker) 1858. qu. Fol. (& 14 Thlr.) Zeitschr, f. allg. Erdk. Neue Folge. Bd, V. | Boll (E.), Die Insel Rügen. vorgekomme- | 513 Töppen (M.), Historisch-comparative Geographie von Preufsen. Mit Atlas in qu. Fol. Gotha (Perthes) 1858. gr. 8. (34 Thlr.) Rosenheyn (M.), Reise-Skizzen aus Ost- und West-Preufsen. 2 Bde. Danzig (Ka- femann) 1858. 8. (24 Sgr.) Urwälder in Ostpreufsen. — Bonplandia. 1858. N. 10. Saage, Die Grenzen des ermländischen Bisthumssprengels seit dem XIII. Jahr- hundert. — Zeitschr. für d. Gesch. u. Alterthumskunde Ermlands. Heft 1. 1858. p. 40. Greth (J.), Die malerischen Umgebungen von Danzig. 1.u. 2.Lief. Danzig (Bert- ling) 1858. qu. gr. 4. (& 8 Sgr,) Statistik des Bütower Kreises. Bütow 1858. 2 Bl., 122 S., 31 S. 4. und 12 Tab. in Fol. (25 Sgr.) Der Handel Stettins im Jahre 1857. — Berliner Revue. XIV. 1858. Heft 10. Reise-Er- innerungen. Schwerin (Bärensprung) 1858. IV, 200 S. 8. u. 1 lith. Karte. (224 Sgr.) Geographie der Provinz Brandenburg. Ein Leitfaden für den Unterricht in der Hei- mathskunde. Sorau (Bath, in Comm.) 1858. IV, 448. 8. (33 Sgr.) Grieben (Th.), Ilustrirter Wegweiser in Berlin, Potsdam und deren Umgebun- gen. 17. verb. Aufl. Berlin (Grieben’s Reise-Biblioth. N. 6) 1858. 262 S. 16. (15 Sgr.) Teichert (O.), Der herzogliche Park in Sagan. Ein Wegweiser für Fremde etc. Sagan (Julien) 1858. gr. 8. (1% Thlr.) Mosch (K. F.), Das Riesengebirge, seine Thäler und Vorberge, und das Iserge- birge. Reise-Führer. Mit 36 Abbildg. Leipzig (Weber’s illustr. Reise-Biblioth. N. 15) 1858. VIII, 3718. 8. (1 Thlr.) Mosch (K.F.), Wanderungen durch das Riesen und Iser-Gebirge und durch die ihnen benachbarten Thäler. 2. Ausg. (Warmbrunn) Leipzig (Hinrichs) 1858. 8. (4 Thlr.) Kutzner (J. G.), Wegweiser durch das Riesen- u. Eulengebirge. Glogau (Flem- ming) 1858. 16 S. 16. u. 1 Karte. (3 Thlr.) Sadebeck (M.), Das Erdbeben vom 15. Januar 1858, mit besonderer Berück- sichtigung seiner Ausbreitung in der Pro- vinz Preufsisch Schlesien. Breslau (Go- sohorsky in Comm.) 1858. 4. (4 Thlr.) 33 514 Dove (H. W.), Die diesjährigen Ueber- schwemmungen in Schlesien und am Harz und ihre Ursachen. — Zeitschr. f. all- gem. Erdkunde. N. F. V. 1858. p. 259. Schadeberg (J.), Skizzen über den Kul- turzustand des Regierungsbezirks Merse- burg. 4. Abthl. (Abdr. aus der Halli- schen Ztg.) Halle (Schwetschke) 1858. 3 Bl., 108 S. gr. 8. (10 Sgr.) Hagendorff (H.), Wegweiser durch die preufsische Rheinprovinz, Westphalen u. das Herzogthum Nassau. Berlin (Meyer) 1858. gr. 8. (4 Thlr.) Bad Kreuznach und seine Umgebungen. Handbuch und Führer für die Besucher des Nahethales. 3. Auflage. Kreuznach (Voigtländer) 1858. 8. (4 Thlr.) Hannover. Braunschweig. Meck- lenburg. Die Hansestädte. Das Königreich Hannover und das Herzog- thum Braunschweig, dargestellt in ma- lerischen Original-Ansichten. Bis jetzt 58 Lief. Darmstadt (Lange). Lex. 8. Allmers (Hm.), Marschenbuch. Land- und Volksbilder aus den Marschen der Weser und Elbe. Gotha (Scheube) 1858. 2NBL, 1356481 Er!'810 (2 "Phlr.y Stüve, Topographische Bemerkungen über die Feldmark der Stadt Osnabrück und die Entwickelung der Laischaftsverfas- sung. — Mittheil. d. hist. Ver. zu Osna- brück. V. 1858. p. 1. Manecke (U.F.C.), Topographisch -hi- storische Beschreibung der Städte, Aem- ter und adelichen Gerichte im Fürsten- thum Lüneburg. 2 Bde. Celle (Capaun- Karlowa) 1858. gr. 8. (25 Thlr.) v. Hodenberg (W.), Die Diöcese Bre- men und deren Gaue in Sachsen und Friesland, nebst einer Diöcesan- und einer Gaukarte. Celle (Capaun- Kar- lowa) 1858. 4. (42 Thlr.) Meier (H.), Der Dollart. — Die Natur. 1858. N. 41. 44, Helmbrecht (F. J. E.), Der Führer in und um Harburg. Mit 1 lith. u. col. Karte. Braunschweig (Meyer) 1858. IV, 848. 16. (8 Sgr.) Führer durch die Stadt Braunschweig. Braunschweig (Ramdohr) 1858. 16. (8 Ser.) Beiträge zur Statistik Mecklenburgs. Vom grofsherzogl. statistischen Bureau zu Schwerin. 1. Bd. 1. Heft. Tabellarische Uebersicht vom Hr ndel des Grofsherzog- A u W. Koner: thums Mecklenburg-Schwerin im Jahre 1856. Schwerin (Bärensprung) 1858. VI, 199 8. 4. (20 Sgr.) | Tabellarische Uebersicht des Hamburgi- schen Handels im J. 1857. —- Preujs. Handels- Archiv. 1858. N. 35. Vergl. N. 26. Tabellarische Uebersichten des Lübecki- schen Handels im J. 1857. Zusammen- gestellt vom Bureau der Handelskammer. Lübeck (v. Rhoden) 1858. IV, 106 S. Imp. 4. (15 Sgr.) Das Königreich Sachsen. Die Thüringischen Länder. Album der Schlösser und Rittergüter im Königreich Sachsen. Herausgegeben von G. A. Poenicke, 103. — 114. Lief. Leipzig (Exped. des Albums) 1858. qu. gr. Fol. (& 1 Thlr.) Das Königreich Sachsen, Thüringen und Anhalt, dargestellt in malerischen Ori- ginal-Ansichten. 1. Abthl. Das König- reich Sachsen. N. 28 — 31. Darmstadt (Lange) 1858. Lex. 8. (& 8 Sgr.; chi- nes. Pap. 16 Sgr.) Gottschalck(F.), Die sächsische Schweiz, Ein Taschenbuch für Reisende. 7. Aufl. Mit einer Karte in Fol. Dresden (Gott- schalck) 1858. 1 Bl., 63 S. 16. (6 Sgr.) Bünger (W.), 200 Lustpartien und Reise- touren in und durch die sächsisch-böh- mische Schweiz von Dresden und Schan- dau aus, zur Erleichterung der Auswahl einzelner Zielpunkteete. Dresden (Ernst) 1858. XIV, LXII, 93 S. 8. (15 Sgr.) Schauer (J. K.), Ueber die richtige Ab- leitung und Erklärung des Ortsnamens Jena und der damit veswandten. Sprach- wissenschaftlich entwickelt und darge- stellt. Weimar (Böhlen) 1858. 2 Bl., 798. 12. (10 Sgr.) Jena und Umgegend in 28 in Kupfer ge- stochenen Ansichten. Festgabe. Jena (Doebereiner) 1858. (3 Thlr.) Album enthaltend 18 der schönsten An- sichten der Stadt und Umgegend: Jena, Fürstengraben, Löbdergraben, der Jen- zig, Camsdorf, Wöllnitz, Lichtenhain, Ziegenhain. Jena (Deistung) 1858. qu. gr. Fol. (5 Thlr.) Album der Werra-Eisenbahn von Eisenach bis Coburg und Lichtenfels und der Zweigbahn nach Sonneberg. 26 Ansich- ten. 1. Hälfte. Meiningen (Brückner u. Renner) 1858. qu. 4. (14 Thlr.) Neu erschienene geographische Werke, Aufsätze, Karten und Pläne. Schleicher (A.), Volksthümliches aus Sonneberg im Meininger Oberlande. Wei- mar (Böhlen, in Comm.) 1858. gr. 8. (14 Thlr.) Hessen-Cassel. Nassau. Frankfurt a.M. Birkenteld. Fremdenführer durch Cassel und seine Um- gebungen. Cassel (Scheel) 1858. 32. + Thlr.) Fabricius, Der überseeische Handel des Grofsherzogthums Hessen iiber Bremen. — Notizblatt des Ver. f. Erdkunde zu Darmstadt. 1858. N. 17. Henninger (A.), Bad Ems und seine Umgebungen. Darmstadt (Lange) 1858. Lex. 8 (14 Thlr.) Vogler (H.), Ems, seine Heilquellen und Umgebungen in medicinischer, topogra- phisch -klimatischer und socialer Bezie- hung. Ems (Kirchberger) 1858. 8. (3 Thlr.) Baldemarv. Peterweil, Beschreibung der kaiserl. Stadt Frankfurt am Main, aus dem 14. Jahrhundert. Urschrift mit Uebersetzung u. Erläuterungen heraus- geg. von L. H. Euler. Frankfurt a. M. (Sauerländer, in Comm.) 1858. gr. 8. (1314 Sgr.) Beiträge zur Statistik der freien Stadt Frankfurt, herausgegeben von der sta- tistischen Abtheilung des. Frankfurter Vereins für Geographie und Statistik. 1. Bd. 1. Heft. Frankfurt a. M. (Sauer- länder’s Verl.) 1858. gr. 4. (28 Sgr.) Höhenbestimmungen im Fürstenthum Bir- kenfeld und der nächsten Umgebung, in Pariser Fufs. (Auf Veranlassung des Baues der Rhein - Nahe - Eisenbahn amt- lich ermittelt. — Petermann’s Mitthei- lungen. IV. 1858. p. 314. Baden. Badenia oder das badische Land und Volk. Eine Zeitschrift zur Verbreitung der historisch - topographisch - statistischen Kenntnifs des Grofsherzogthums. Her- ausgegeb. von J. Bader. Jahrg. 1858. Heft 2—4. Heidelberg (Emmerling). 8. Fecht (C. G.), Der südwestliche Schwarz- wald und das ansto/sende Rheingebiet. 2. Abthl. Lief. 2—5. Lörrach (Gutsch) 1858. gr. 8. (& 4 Thlr.) Besteigung des Belchens im Schwarzwalde. — Morgenblatt. 1858. N. 39 f. 515 Beiträge zur Statistik der inneren Ver- waltung des Grofsherzogthums Baden. Herausgegeb. von dem Ministerium des Innern. 7. Heft. Geologische Beschrei- bung der Umgebungen von Badenwei- ler. Carlsruhe (Müller) 1858. gr. 4. (24 Sgr.) Württemberg. Uebersicht über die Zahl der politischen Gemeinden, sowie die Zahl der Ort- schaften und Wohnhäuser nach dem Stand vom März 1858. — K. Würt- temberg. Hof-u. Staats-Handbuch. 1858. p- 724. Uebersicht der ortsangehörigen Bevölke- rung nach Confessionen, nach dem Stand vom 3. Dec. 1856. — ibid. p. 727. Uebersicht”über die ortsanwesende Bevöl- kerung nach Familien, Geschlecht und Alter, nach dem Stand vom $. Deecbr. 1855. — ibid. p. 729. Uebersicht über den Flächengehalt und die Dichtigkeit der Bevölkerung nach den Ergebnissen vom 3. Dec. 1855. — ibid. p- 730. Bevölkerung des Königreichs Württemberg im J. 1855 bis 1856. — Württemberg. Jahrbücher. 1857. Heft 1. (1858). p- 51. Schiek (M.), Reutlingen und seine Um- gebung. Reutlingen (Rupp & Baur) 1858. 24. (24 Sgr.) Bayern. Kropf (F. @.), Studien zu einer mediei- nischen Topographie des Königreichs Bayern und zur Anwendung der Mor- talitäts- Tabellen auf Pathogenese. Mit 6 Tab. u. 5 lith. Taf. in qu. Fol. Mün- chen (Literar.-artist. Anstalt) 1858. 2 Bl., 42 8. gr. 8. (28 Sgr.) Gröning (W.), Das Fichtelgebirge und die Fränkische Schweiz nebst Ausflügen nach Nürnberg und Bamberg. Handbuch für Reisende. Mit einer lith. Doppel- Reisekarte. Berlin (Grieben’s Reise-Bi- blioth. N. 35) 1858. IV, 119 8. 16. 4 Thlr.) Körber (Ph.), Illustrirter Fremdenführer durch die fränkische Schweiz und das Fichtelgebirge, Bamberg, Bayreuth, Er- langen und Coburg. Mit 1 Stahlst. u. 21 Ansichten. Bamberg (Buchner) 1858. IV, 192 S. 8. (27 Sgr.) Separatausga- 33* 516 ben daraus: Illustrirter Fremdenführer durch Bamberg, mit Ausflügen nach Pommersfelden, Banz, Vierzehnheiligen u. Coburg. 62 $S. (15 Sgr.) — Illustrir- ter Fremdenführer durch Bayreuth und das Fichtelgebirge. 1 Bl. 60 S. (15 Sgr.) - Illustrirter Fremdenführer durch die fränkische Schweiz. 1 Bl. 70 8. (15 Sgr.) Körber (Ph.), Nürnberg. Ein Führer durch die Stadt und ihre Umgebungen. Mit 42 Abbild. Leipzig (Weber's illustr. Reisebiblioth. N. 14) 1858. X, 179 8. 8. (20 Sgr.) v. Hefner (Jos.), Ueber den zwischen Nassenfels und Wolkertshofen gefunde- nen und im Kgl. Antiquarium in Mün- chen aufbewahrten römischen Meilen- stein. — Oberbayer. Archiv f. vaterl. Gesch. XVII. 1857. p. 115. Acht Tage in München. Für Reisende je- des Standes. 8. Aufl. München (Franz) 1858. 8. (2 Thlr.) Das Haspelmoor zwischen München und Augsburg. — Allgem. Zeitung. 1858. Beilage. N. 304 — 10. Mair (W.), Tegernsee. — Deutsches Mu- seum. 1858. N. 34. Mair (W.), Am Starnbergersee. — ibid. 1858 N. 45. Gistel (J.), Münchshofen in Niederbayern als Mineralbadekurort in erdkundlich- naturwissenschaftlicher, historisch - sta- tistischer und medizinisch-pharmakody- namischer Beziehung geschildert. Lands- hut (Krüll) 1858. VII, 185 S. gr. 8. (16 Sgr.) Wiesend(A.), Topographische Geschichte | der Kreishauptstadt Landshut in Nieder- bayern. Landshut (Thomann) 1858. 8. (18 Sgr.) Marggraff (H.), Ethnographische Stu- dien über die Pfalz. — Blätter f. lit- terar. Unterhaltung. 1858. N. 33. Oesterreich. Jarosch (J. A.), Topographisches Uni- versal-Lexicon des österreichischen Rai- serstaats. In alphabet. Ordnung. Heft 1 —4. Olmütz (Neugebauer, in Comm.) | 1858. Lex. 8. (a 50 kr.) Baedeker (H.), Oesterreich. Handbuch für Reisende. 8. Aufl. Coblenz (Baede- ker) .1858. VIII, 294 S. 8. Illustrirtes Handbuch für Reisende in Oester- reich. Nach eigener Anschauung und den W. Koner: besten Hilfsquellen bearbeitet. 7. umge- arb. Aufl. Berlin (Grieben’s Reisebiblio- thek) 1858. VIII, 283 S. 16. (1 Thlr.) Die Tiefländer und Ebenen der österrei- chischen Monarchie. — Europa. 1858. N. 30. 32. 39. Uebersicht der Waaren -Ein- und Ausfuhr des allgemeinen österreichischen Zoll- verbandes im Verkehr mit dem Auslande etc. im J. 1857. Wien (Braumüller, in Comm.) 1858. 4. (3 Thlr.) Industrie-Statistik der österreichischen Mon- archie für das J. 1856 ; herausgeg. von der k. k. Direction der administrativen Statistik. Heft 1. — Oesterreich. Mit- theil. aus d. Gebiete der Statistik. Jahrg. IV. Heft 2.1857. Tafeln zur Statistik der österreichischen Monarchie. Neue Folge. 1. Bd. Heft 3 u. 4. Wien (Braumüller, in Comm.) 1857. Fol. Malerisches Album vom Königreich Böh- men. Herausgeg. von E. Hölzel. 10. Lief. Olmütz (Hölzel) 1858. qu. gr. Fol. (1} Thlr., color. 24 Thlr.) Wegweiser in Prag und dessen Umgebun- gen. Nach eigener Anschauung und den besten Hilfsquellen bearb. Berlin (Grie- ben’s Reisebiblioth. N. 26). 1858. 264 S. 16. (20 Sgr.) Meyer (K. G.), Das St. Wenzelsbad in Tschachwitz im Kaadner k. k. Amts- bezirke. — Der Bote von der Eger u. Biela. 1858. N. 35 f. Mefsner (J.), Vom Dreisesselberge. Eine ethnographische Skizze. — Bohemia. 1858. N. 133. 157. Wolny (G.), Kirchliche Topographie von Mähren, meist nach Urkunden und Hand- schriften, 2. Abtheil. Brünner Diöcese. 2. Bd. Brünn (Nitsch u. Grofse, in Comm.) 1858. 8. (2 Thlr. 12 Sgr.) , Malerisch-historisches Album von Mähren und Schlesien. Herausgeg. von E. Höl- zel. 2. Ser. 1. Lief. Olmütz (Hölzel) 1858. qu. gr. Fol. (1 Thlr. 6 Sgr.) Soukop (J. Nep.), Macocha a jeji okoli. (Die Mazocha und ihre Umgebung, Reise- skizze für Mähren.) Brünn 1858. 72 8. 8. (20 kr.) Das Adamsthal nächst Brünn. — Brünner Zeitung. 1858. N. 103. Schmidl (Adolf), Wien und seine näch- sten Umgebungen, mit besonderer Be- rücksichtigung wissenschaftlicher Anstal- ten und Sammlungen. 7. Auflage. Wien (Gerold’s Sohn) 1858. XI, 285 8. 8. Die österreichische Kaiserstadt. Ilustrirter Führer durch Wien und seine Umgebun- gen. Leipzig (Weber's illustr, Reisebi- blioth. N. 18). 8. (1 Thlr.) Rossi (Carl Maria), Skizzen aus dem viel- bewegten Reiseleben des .... Heft 7 — 10. (Steyeregg, Oetzthal, Hoch-Eppau, Wasserfälle in den k. k. Alpenländern.) Wien 1858. 8. Von Wien nach Triest. Reisehandbuch für alle Stationen der k. k. Südbahn. Her- ausgeg. vom österreich. Lloyd in Triest. Mit 13 Stahlst., 22 Holzschn. u. einer Karte. Triest 1858. XVII, 214 S. kl. 8. (2 Tbir.) Weidmann (F. O.), Der Tourist auf der Südbahn von Wien bis Triest. 2. verm. Auf. Wien (Tendler) 1858. VI, 386 S. 16. Julius (W. A.), Semmering u. Reichenau. Führer für 1 oder 2 Tage. Mit einem Panorama der Semmeringbahn u. 5 Illu- strationen. Wien (Wallishausser) 1858. Bl 8. 16. (12 Spr.) Hrdina (E.), Gmunden und seine Umge- bungen. Ein Wegweiser für Fremde beim Besuche dieser herrlichen Gegend. Wels (Haas) 1858. VII, 798. 8. (10 Sgr.) Reisepartienvon Gmunden durch dasschöne | KremsthalgegenWien. Miteiner Gebirgs- ansicht vom Gustermairberge aus. Wien 1858. IV, 288. 8. (24 kr.) Königsgruber (Fr.), Topographie des Traunviertels. — Der Alpen-Bote. 1858. N.3 fl. Lechner (J.), Volkssagen und Schilde- rungen prachtvoller Gebirgsausflüge aus dem k. k. Salzkammergute. Wien (Ro- spini) 1859. gr. 8. (3 Thlr.) Strals (K.F.H.), Salzburg, Ischl und Gastein nebst den Umgebungen. Hand- buch für Reisende und Kurgäste. 3. Aufl. Berlin (Allg. Deutsche Verl. Anst.) 1858. 8. (2 Thlr.) Lorenz (J. R.), Ueber die Salzburger Torfmoore. — Mittheil. d. k. k. geogr. Ges. in Wien. II. 1858. Sitzungsber. p- 115. v. Köchel, Die Torfmoore (Möser) im nördlichen Flachlande von Salzburg. — Wochenbl. der k. k. Landwirthschafts- Gesellsch. 1858. N. 1—4. Ein Ausflug in die Salzburger und Tiroler Alpen. — Allgem. Zeitung. 1858. Bei- lage. N. 297 — 303. v. Schallhammer, Die Salzachbrücken. Neu erschienene geographische Werke, Aufsätze, Karten und Pläne. 917 — Neue SalzburgengZeitung. 1858. N. 105,7... 109, v. Alpenburg (J. N.), Eine Wanderung durch das Oetzthal nach Fend und Gurgl nebst Umgebung. Innsbruck (Rauch) 1858. 98 S. 8. Müller (K.), Ein Tag in Meran. — Die Natur. 1858. N. 36. 38. Keil (Fr.), Die Gebirgsgruppe des Kreuz- köfls. — Bote für Tirol u. Vorarlberg. 1858. N. 66. Lampert (Fr.), Aus Südtirol zum Boden- see. — Deutsches Museum. 1858. N. so f. Reiseskizzen vom Bodensee. — Bozner Zeitung. 1858. N. 33. Mannheimer (Th.), Ersteigung des Grofs- glocknersim J.1857. — Carinthia.1858. N. 11. 16, Von Kötschach in die Pleckner- Alpen. Eine Reisebeschreibung. - ibid. 1858. N.17: Raisp (Ferd.), Fettau, Steiermark’s älte- ste Stadt und ihre Umgebung, topo- graphisch-historisch geschildert. Graz 1858. 308 S. 8. (1A. 30 kr.) Steirisches Almleben. — Grenzboten. 1858. N. 40. Der Kurort Sauerbrunn in Steiermark. — Össervatore Triestino. 1858. N. 150. Bad Gleichenberg in Steiermark. — Oester- reich. Zeitung. 1858. N. 133. | Wanderungen durch Oberkrain. Die Alpe Zelenica. N. 13 f. Ein Ausflug nach dem Römerbad (Tüffer). -— Laibacher Zeitung. 1858. N. 131. Das Gailthal in Kärnthen. — Klagenfurter Zeitung. 1858. N. 142. Das Maltathal in Kämthen. — Der Auf- merksame. 1858. N. 39 ft. Reisebilder. Krain. Die Adelsberger Grotte. — Grazer Zeitung. 1858. N. 105 f. Schmidl (Ad.), Wegweiser in die Adels- berger Grotte und die benachbarten Höhlen des Karstes. 2. Aufl. Mit 3 lith. Plänen. Wien (Gerold, in Comm.) 1858. XVI, 93 8. 16. (14 Sgr.) Costa (E. H.), Die Adelsberger Grotte. Mit einem Plane. Laibach 1858. 54 S. 8. (30 kr.) Eine Besteigung des Monte-Maggiore in Istrien, des „istrischen Montblanes“. — (Wiener) Presse. 1858. N. 141. Handel und Schifffahrt von Triest im J. 1857. — Preu/s. Handelsarchiv. 1858. N. 40. — Blätter aus Krain. 1858. 518 Triester Touristenschilderungen. — Trriester Zeitung. 1858. N.105. 131. Das Schlofs Miramare und Triester Ein- drücke im Jahre 1858. — (Wiener) Presse. 1858. N. 150. Galizien. Ungarn und die unga- rischen Nebenländer. Das Kaiserthum Oesterreich in seinen merk- | würdigen Städten, Badeorten, seinen Do- gen. 1. Abtheil. Ungam. N. 1 —A. | Darmstadt (Lange) 1858. Lex. 8. * Thlr.) Eine Fahrt nach Krakau und nach dem Salinenbergwerk Wielicka. — Wanderer. 1858. N. 156 f£. Janota (Eug.), Historyezno - topogra- fiezna wiedomose o wodach lekarskich Bardyowskich. (Hist.-topogr. Notiz über die Bäder in Bartfeld.) Krakau 1858. 38 8. 8. Kuropatniski, Geografia albo dokladne ospisanie krölewstw Galieyi i Lodome- | ryi. (Geographie oder genaue Beschrei- bung der Königreiche Galizien und Lo- domerien.) 2. Aufl. Lemberg (Maniecki) 1858. 102 8. 8. Ein Ausflug in die Bukovina zu den dor- tigen Ungarn. — Magyar Neplap. 1858. N. 60 f. Sadebeck (M.), Reisebericht über Silein in Ungarn und das Erdbeben vom 15. Januar 1858. — Zeitschr. f.allgem. Erd- kunde. N. F. V. 1858. p. 122. Schmidt (J. F. Jul.), Untersuchungen über das Erdbeben vom 15. Jänner 1858. —- Mittheil. der k. k. geogr. Ges. in Wien. I. 1858. p. 131. Ungam im Jahre 1857. Ein Beitrag zur Landeskunde. — Pest-Ofner Zeitung. 1858. N. 37—65. Reisebriefe aus Oberungam. — Zeitung. 1858. N. 160. Bilder aus Ungarn. Der magyarische Bauer. — Klagefurter Zeitung. 1858. N. 122. Die Zigeuner in Ungarn. — Prefsburger Zeitung. 1858. N. 153. Feldmann’s Wegweiser durch Pest und Ofen und deren Umgebungen für Fremde und Einheimische. 3. Aufl. von J. Chr. Seiz. Pest (Heckenast) 1859. VII, 205 8. 8. Wiener (& W. Koner: Skizzen aus Pest. N. 148 f. Die Ueberschwemmungen von Pest-Ofen und die Donausperre bei Saroksär. — Politikai ujdonsägok (d. i. politische Neuigkeiten). 1858. N. 21. Aus einer alten Krönungsstadt. Topogra- phische Skizze aus Prefsburg. — Klaye- furter Zeitung. 1858. N. 67. 74. 85. Die Stadt Güns in Ungarn, — Pester Sonn- tagszeitung. 1858. N. 23. Wanderer. 1858. , Ruine Theben bei Prefsburg in Ungarn. men etc. 3. Bd. Ungarn und Siebenbür- — Prefsburger Zeitung. 1858. N. 138 f. \ Balassa- Gyarmat. Eine topo- und ethno- graphische Skizze. — Szepirodalmi Köz- löni (d. i. öffentliches Organ für Belle- tristik) 1858. N. 55. 56. Der St. Annensee in Ungarn. — Delibäb (d.i. Fata morgana). 1858. N. 30. Ueber das Bad von Elöpatak. — ibid. 1858. N. 31. ‚ Die Höhle Baradlö im Gömörer Komitat in Ungarn. — Arader Zeitung. 1858. N. 48. Kerner (A.), Zwei Tage auf der Puszta Hortobagy in Ungarn. — Wiener Zei- tung. 1858. N. 163. Das Schwinden der serbischen Bevölke- rung in Oesterreich. — Pest-Ofner Zei- tung. 1858. N. 74 ft. Banater Reiseskizzen. — Der Aufmerk- same. 1858. N. 77—80, Die slavonischen Hochgebirge. — Narodne Novine. 1858. N. 53 f. Der Sauerbrunnen Jammnica und die Herr- schaft Pisanovina. — Luna (Belletrist. Beiblatt zur Agramer Zeitung). 1858. N. 19. 20. ' Die heifse Schwefeltherme von Warasdin- Töplitz in Kroatien. — Wiener Zeitung. 1858. N. 155. Zeithammer, Die Wasserleitungen in Agram. — Agramer Zeitung. 1858. N.»124: Handel und Schifffahrt von Ragusa und Gravosa in 1857. — Preufs. Handels- Archiv. 1858. N. 39. Siebenbürgen. Reiseskizzen aus dem Südosten Siebenbür- gens. — Transsilvania.1858.N.24—27. Bad Elöpatak in Siebenbürgen. — Satellit. Conversationsbl. zur Kronstädter Zeitg. 1858. N. 74. Die Repser-Heilquelle in Siebenbürgen. — ibid. 1858. N. 47. Illustrirter Wegweiser für Reisende in die | de Tschudi (F.), Les Alpes. Description St. Gallen und seine Umgebungen. Joanne (Ad.), De Faris aA Geneve et & Theobald (G.), Selvrettra. Ein Bild aus Lechner (E.), Piz Languard und die Ber- Der siebenbürgische Badeort Borszek und | Transsilvania. dessen Umgebung. 1858. N. 17.— 24. Schweiz. Volger (G. H. O.), Untersuchungen über | das Phänomen der Erdbeben in der Schweiz. 3 Bde. Gotha (Perthes) 1858. gr. 8. (6 Thlr.) Murray’s Hand-Book for Travellers in | Switzerland and the Alps of Savoy and Piedmont. -7th edit. corrected etc. Lon- don (Murray) 1858. 470 8. 12. (9 =.) Berlepsch (H.A.), Schweizerischer Frem- den-Führer. Leipzig (Weber) 1858. 16. | (10 Sgr.) I. Der Boden-See und das Ap- penzeller Land. 3 Bl., 96 S. II. Grau- bünden. 3. Bl., 1208. III. Das Berner Oberland. 3 Bl., 126 S. IV. Der Genfer See und das Chamouny-Thal. VII, 1248. V. Der Rigi, der Vierwaldstätter See und die Urkantone. 3 Bl., 108 S. VI. Der Rheinfall, der Zürich-See u. der Wallen- See. 3 Bl., 89 8. Schweiz. 7. Auflage. Berlin (Grieben’s Reisebibliothek N. 5) 1858. gr. 16. 4 Thlr.) pittoresque de la nature et de la faune alpestres. Trad. par Vouga. Live. 1-5. Bern (Dalp) 1858. Lex. 8. (pro compl. | 4 Thlr. 8 Sgr.) Für St, Gallen 16. Einheimische und Fremde. (Scheitlin und Zollikofer) 1859. (2 Thlr.) Chamounix, par Mäcon et par Lyon. Itineraire deseriptif et historique. Con- tenant un panorama de la,chaine dumont Blanc, 4 cartes et 3 plans de ville. Paris 1858. VII, 356 8. 18. den Rhätischen Alpen. — Die Natur. 1858. N. 33 £. nina-Gruppe bei Pontresina, Oberenga- din. Skizzen aus der Natur und Bevöl- kerung. Zugleich als Wegweiser für Wan- derungen entworfen. Mit 2 Ansichten von W. Gregory u. 1 lith. Karte des Bernina: Leipzig (Engelmann) 1858. X, 124 S. Neu erschienene geographische Werke, Aufsätze, Karten und Pläne. 8. (24 Sgr.) Weilenmann (J. J.), Eine Ersteigung des Piz Linard im Unter-Engadin. St. 519 Gallen (Scheitlin u. Zollikofer) 1859. 16. (6 Sgr.) Theobald (G.), Tarasp und seine Um- gebung. Jahresber. der naturforsch. Ges. Graubündens. N. F. III.. 1858. Frankreich. Murray’s Hand-Book for Travellers in France, being a Guide to Normandy, Brittany, the Rivers Seine, Loire, Rhine, and Garonne etc. 6th edit. London (Murray) 1858. 640 $. 12. (10 s.) Tourists in Frauce: Vade Mecum for Tou- ists in-Prance and Belgium. New edit. London (Lay) 1858. 32. (1 s.) Meason(G.), The OfücialIllustrated Guide to the Northern Railway of France. Lon- don (Hall). 1858. 8. (1s.) de Belloquet (R.), Ethnogenie Gauloise ; ou Memoires critiques sur l’origine et la parente des Cimmeriens, des Cimbres, des Ombres, des Belges, des Ligures et des anciens Celtes. Introduction. 1° partie. Glossaire Gaulois; avec deux tableaux generaux de la langue gau- loise. Paris 1858. ' Baillet (A.), Etude sur la, division des Gaules en dix-sept provinces. — Biblio- . theque de l’Ecole des Chartes. IV*® Ser. IV. 1858. p. 505. | Sardow (A. L.), Memoire sur quelques points de geographie ancienne. (Ueber einige Orte von Gallia Narbonensis). — Bullet. de la Soc. de Geogr. IVe Ser. XVl:.1858. p. 73: Jacobs (Alfr.), Gallia ab anonymo Ra- vennate descripta e codd. mss. recogno- vit commentariisque et tabula illustra- vit. Parisiis 1858. 8. Jacobs (Alfr.), Geographie de Gregoire de Tours: le pagus et l’administration en Gaule. Paris 1858. 8. Besprochen im Bullet. de la Soc. de Geogr. IVe Ser. XVlI. 1858. p..333. i de Certain, Gordonis castrum, Sancerre au onzieme sieele. — Bibliotheque de l’Ecole des Chartes. IV® Ser. IV. 1858. P:,529. Champion (Maur.), Les inondations en France depuis le sixieme siecle jusqu’&a nos jours. NRecherches et documents contenant les r@lations contemporaines, les actes administratifs. etc. de toutes les epoques, avec details historiques sur les: quais, ponts, digues, chaussees, le- vees ete.; suivis de tableaux synopti- 920 ques par bassin, de l’'hydrographie ge- | nerale de la France etc. T. Ire. Paris 1858. XX, 244 p. et pieces justificati- ves 246 p. 8. Lombardini, Sulle inondazioni avve- nute nella Francia in questi ultimi tempi, e sui provedimento proposti per apportarvi rimedio. — Memorie dell’ 1. R. Istituto Lombardo di Scienze. VII. 1858. p. 141. Frankreichs Handelsbewegung im Jahre | 1857. — Preu/s. Handels-Arch. 1858. N. 46. Schifffahrtsbewegung und Rhederei Frank- reichs in 1857. — ibid. 1858. N. 48. Statistische Nachrichten über das Eisen- | bahnwesen in Frankreich und im Preus- sischen Staate im Allgemeinen und be- sonders am Ende des Jahres 1856. — Mittheil. des Berlin. statist. Bureau's. 1858. N. 17 — 19. Galignani’s New Paris Guide (1858); | Revised and Verified by Personal In- spection, and Arranged on an entirely New Plan. London (Simpkin) 1858. 12. (10. 6.d.) Stanford’s Paris Guide; with three Maps and a View of the Champs Elysees. New edition. London (Stanford) 1858. 200 8. 12. (3 s. 6.d.) Bradshaw’s Illustrated Guide through Paris and its Environs ete. With En- gravings. London (Adams) 1858. 120 S. 16. (1=.6d.) Ich mufs Paris sehen oder acht Tage in dieser Weltstadt. Praktischer, auf eigene Anschauung und Erfahrung gegründeter Fremdenführer. Wien (Manz & Co.) 1858. 16. (6 Sgr.) d’Arbois de Jubainville, Note sur les deux Barrois, sur le pays de La- gois et sur Yancien Bassigny. Paris ‘Didot) 1858. 12 8. 8. Quantin (M.), Recherches sur la geo- graphie et la topographie de la eite d’Auxerre et du Pagus de Sens. Au- xerre 1858. 80 S. 4. ö Chevalier (C.) et Charlot (G.), Etu- des sur la Touraine. Hydrographie, geologie, agronomie, statistique. Avec quatre cartes geologiques etc. Tours 1858. VII, 391 8. 8. Carnandet (J.), Geographie historique, industrielle et statistique de la Haute- Marne a usage des &coles primaires, precedee de notions de geographie ge- nerale. Chaumont 1858. 216 S. 18. | W. Koner: Dey, Geographie ancienne du departe- ment de l’Yonne. Sens 1858. 8. Darsy (F. J.), Deseription archeologique et historique du canton de Gamaches. Amiens (Herment) 1858. 260 8. 8. Vichy et ses environs. Album livre pit- toresque; par Jules Simon. Dessins de J. Simon et Hub. Clerget. Paris (Ha- chette & Co.) 1858. 40 8. gr. 8. Plombieres pittoresque, historique, poe- tique, medicale et topographique; par une societe d’artistes, ne medeecins et touristes. Paris (Chaix & Co.) 1858. 291 8. 18. Forester (Thom.), Rambles in the Is- lands of Corsica and Sardinia; with Notices of their History, Antiquities, and Present Condition. London (Long- man) 1858. 460 S. 8. (28 s.) Gaszynski (K.), Zwei Erinnerungen mei- ner Reise nach Korsika. — (zas. 1858. Heft 32. Pumpelly (R.), Gletscherüberreste der Insel Corsika. — Neues Jahrb. f. Mi- neralogie. 1858. Heft 3. Belgien. de Chaumont, Voyage en Hollande et en Belgique. Correspondances pari- siennes. Descriptions, points historiques, scenes de moeurs ete. Limoges 1858. 166 S. 8. Baedeker (K.), Holland und Belgien. Handbuch für Reisende. 6. umgearb. Aufl. Coblenz ( Baedeker) 1858. VI, 298 S. 8. (14 Thlr.) Tarlier (H.), Dietionnaire des communes, des hameaux, chäteaux, fermes, hauts fourneaux, charbonages etc. du royaume de Belgique; redige sur les doeuments offieiels du recensement opere par le gouvernement le 31 Decembre 1856. Bruxelles 1858. VIII, 332 8. 8. Barlet (C. H.), Geographie industrielle et commerciale de la Belgique, indi- qnant les produetions minerales, agri- coles et industrielles de chaque localite; les voies de transport, les produits qui font l’objet du commerce avec l’etran- ger ete. Malines 1858. 225 8. 8. Haupt-Ergebnisse des Belgischen Handels- und Schifffahrtsverkehrs vom J. 1856 —57. — Preufs. Handelsarchiv. 1858. N. 51. vergl. N. 49. S Handel und Schifffahrt von Ostende im Jahre 1857. — Preu/s. Handelsarchiv. | 1858. N. 31. Die Niederlande. Terwen (J. L.), Het Koningrijk der Ne- derlanden, voorgesteld in eene reeks van schilderachtige gezigten zijner be- langriikste plaatsen, merkwaardigste ste- den, kerken, kastelen en andere aan- zienlijke gebouwen van vroegeren en lateren tijd. Naar de natuur geteekend en in staal gegravereerd door onder- scheidene kunstenaars. Gouda (van Goor) gr. 8. (& f. 0,50.) Pracht-uitgave in roy. 4. f. 1,20.) Statistieck van den handel en de scheep- vaart van het Koningrijk der Nederlau- den, over het jaar 1857. door het Departement van Finantien. ’s Gravenhage. (Gebr. Giunta d’Albani) | 1858. 4, IV, 2 en 473 bl. Fol. (f. 6,50.) de Jonge (Ihr. Mr. J. C.), Geschiedenis van het Nederlandsche zeewezen. Ver- meerderd met de naagelaten aanteeke- ningen van den overleden schrijver, en uitgegeven onder toezigt van Ihr. Mr. J. K. J. de Jonge. 2edruk. minkost- bare uitgave. 1° deel 1e—5e afl. Haar- lem (Kruseman). 1858. (& f. 0,90.) Insinger (H. A.), Holland op zijn smalst en de verbetering van het Noord-Hol- landsche kanaal, onderling vergeleken. | Naar anleiding der korte beoordeeling Neu erschienene geographische Werke, Aufsätze, Karten und Pläne. 26e — 30° afl. | Uitgegeven | der ontworpene doorgraving van Hol- | land op zijn smalst, door I. H. Cordes. | Amsterdam (van Kampen.) 1858. 32 bl. gr. 8. (f. 0,40.) Kloppenburg (J.), De indijking van het Y en het kanaal naar de Noorlzee, vededigd tegenover de korte bevoordee- ling deswege van J.H. Cordes. Amsterdam (Weytingh) 1858. 32 bl. gr. 8. (f.060.) Sloos (A. R.), Geschiedenis der inpolde- | ring en bebouwing van Waard en Groet, | in Noord-Holland, voorzien van eene kaart van dien polder. Amsterdam (Leen- dertz) 1858. 10 en 95 bl., met gelith. kaart. gr. 8. (f. 3.) Buitenplaatsen. hoofdgebouwen en vor- naamste gezigten tusschen Utrecht en de Grebbe. 1eafl. (4 gelith. platen). Rijsenburg (Petit & Comp.) 1858. 4. (f. 1,80.) Bijdragen tot de kennis van den tegen- wordigen staat der provinceie Groningen. Uitgegeven door de commissie voor de statistieke beschrijving der provineie | 521 Groningen 1° stuk. Groningen (de Er- ven C. M. v. Bolhuis Hoitsema.) 1858. 2, XVI en 107 bl. gr. 8. (f. 1,25.) Merkwaardige Kasteelen in Nederland, door Mr. J. van Lennep en W. J. Hof- dijk. 3€ serie. Met plaaten en kaarten. 3° afl. Amsterdam (Tielkemeijer) 1858. gr. 8. (f. 0,60.) Aurelius (Joannes), Amsterdam. Oor- sprong en afleiding van de namen der grachten, eilanden, pleinen, straten, ste- gen, bruggen, sluizen en torens dezer stad. Amsterdam (Gebr. Kraay) 1858. 147 en 8bl. 8. (f. 0,90.) De Residentie in afbeeldingen. Album van schoone gezigten, voorname ge- bouwen in en om’s Gravenhage, met bijschriften, door T. van Westrheene. le — 4e afl. ’s Gravenhage (de Geus) 1858. met gelith. pl. (f. 0,40. Compl. in 20 afl.) Allan (F.), De stad ’s Gravenhage en hare geschiedenis; voorafgegaan door eene algemeene geschied- en aardrijks- kundige beschouwing derprovineie Zuid- Holland. Met eene kaart van Zuid-Hol- land, platte grond der stad 's Graven- hage. 1° — 7° afl. Amsterdam (Bor- leffs en ten Have). 1857. 1858. gr. 8. (a f. 0,60.) De stad Leiden. Album bevattende eenige afbeeldingen der vornaamste hoofdge- bouwen en fraaiste gezigten in en nabij de stad Leiden. Naar de natuur ge- teekend en op steen gebragt door G. J. Bos en met tinten gedrukt door P. W.M.Trap. Met bijschriften 1° - 6eafl. Leiden (Couvee) 1858. bl 1—16, met 4 pl. (per afl. f. 0,30.) Handel Rotterdams im J. 1857. — Preu/s. Handelsarchiv. 1858. N. 32. Grün (K.), Der Petersberg bei Mastricht. — Deutsches Museum. 1858. N. 43. Verslag van het beheer en den staat der Nederlandsche bezittingen en koloniön in Oost- en West-Indi@ en ter kust van Guinea over 1850 en 1851, ingediend door den Minister van Kolonien. 2 dIn. Utrecht (Kemink & Zoon) 1858. XII en 246; XlIen 304 bl.) roy. 8. (f.4,50.) Verslag van het beheer en den staat der Nederlandsche bezittingen en kolonien in Oost- en West-Indie en ter kust van Guinea. Over 1853, ingediend door den Minister van Kolonien. Utrecht (Kemink & Zoon) 1858. XV en 360 bl. Roy. 8. (f. 5.) 922 Das britische Reich. The Physical and Historical Geography of the British Empire. cated Teacher. London (Burns) 1858. 12. (2 s. 6.d.) Zur Bevölkerungsstatistik von Grofsbri- tanien. Z. f. allgem. Erdkunde. N. F. V. 1858. 8.55. By a Certifi- Willich (Ch. M.), Tables relating to the | State of the Population of Great Bri- | tain at the Census of 1851, with aCom- parative View, at the different Ages, of the Population of France; also a Comparative Return of Births and Deaths, 1838 —1854. With some Re- marks, by way of Preface by E.T.Scar- gill. — Journ. of the Statist. Soc. of London. XXI. 1858. p. 297. Hübner (O.), Berichte des statistischen Central-Archives zu Berlin. Nr. 2. Die öffentlichen Abgaben in Grofsbritannien und Irland. Leipzig (Hübner) 1858. 43 8. fol. (1 Thlr.) Stand der Britischen Eisenbahnen im J. 1857. — Preu/s. Handelsarchiv. 1858. N.43. 52. Meason (G.), Tke Official Illustrated Guide to the South Eastern Railway and its Branches, including the North Kent and Greenwich Lines: also Guide to the Northern Railway of France, with Six Days in Paris. London (W. H. Smith) 1858. 8. (2s. 6.d.) Bradshaw’s Shilling Hand-Book Great-Britain and Ireland. (Adams) 1858. 8. (1s.) Cruchley’s Picture of London: compri- sing the History, Rise, and Progress of the Metropolis to the present Time; with numerous Engravings of Public Buildings, and descriptions of Windsor Castle, Hampton Court, Kew Gardens, Greenwich, etc. With Coloured Map. London (Cruchley) 1858. 340 8. 18. (2 s. 6. d.) Philip (J. M.), Places Worth Seeing in of London. London; a Hand-Book to the Parks, Palaces, Churches, Chapels, Cemeteries, Government Offices, Bazaars ete. and other Notabilities of the Great Metro- polis. London (Ward & L.) 1858. 808.8. (1s.) Lumley (W. G.), On the Present State of the Administration of the Relief to the Poor in the Metropolis, and Charge of the Poor Rate thereon. — Journ. W. Koner: of the Statist. Soc. of London. XXI. 1858. p. 308. Nelson’s Guide to the Environs of Lon- don. London (Nelson) 1858. 18. (1s.) The Illustrated Hand-Book for Harrogate ; with Exeursions in the Neighbourhood. Compiled by tbe Editors ofthe „Har- rogate Advertiser“. By George Kennion. Harrogate (Whittaker) 1858. 160 8. 12..,.(5»8.) Tours through Sutherlandshire; with a Map of the County and Universities. London (Longman) 1858. 18. (1 s.) Bournemouth Guide. New edit. London (Longman) 1858. 12. (1s. 6d., with map, 2 s.) Brannon (P.), The Illustrated Historical and Picturesque Guide to Poole and Bournemouth, and the surrounding Country. Part. 3, Swanage and the Isle of Purbeck. London (Longman) 1858. 8. (1s. 6d.) A Hand-Book for Visitors to Oxford. Il- lustrated by 128 woodeuts, by Jewett, and 28 steel plates by Le Heux. New edit. London (Parker) 1858. 2508. 8. (12:8.) Murray’s Handbook for Travellers in Surrey, Hampshire, and the Isle of Wight; with map.‘ London (Murray) 1858..360;8....12:.,(7.8..26,d.) The Land of Scott; or, Tourist’s Guide to Abbotsford, the Country of the Tweed and its Tributaries, and St. Mary’s Loch. London (Nelson) 1858. 648. 18. (1s.) Black’s Picturesque Guides to Warwick- shire, Hampshire, Derbyshire, andDevon and Cornwall. London (Longman) 1858. 8. (2 s.) Exeursions in North Wales: a complete Guide to the Tourist through that Ro- mantic Country ; containing Deseriptions of its Pieturesque Beauties, Historical Antiquities, and ModernWonders. Edited by J. Hicklin. 6th Thousand, London (Whittaker) 1858. 18. (2s. 6.d.) Hicklin (J.), The Illustrated Handbook of North Wales: a Guide for the Tou- rist, the Antiquarian, and the Angler. Chester (Whittaker) 1858. 319 8. 12. (4 s.) Murray’s Handbook for Travellers in Kent and Sussex; with Map. London (Murray) 1858. 410 S. 12. (10 =.) Keighley, Past and Present; or, an Hi- storieal, Topographical and Statistical Sketeh of the Town, Parish, and En- virons ofKeighley. London (Hall)1858. | 12. (2. 6d.) Martineau (H.), Guide to Windermere; with Tours to the Neighbouring Lakes and other Interesting Places. With a Map and Illustrations. 4th edit. Lon- don (Whittaker) 1858. 104 8. 12. (1.) Taylor (W.), The Pietorial Guide to Castle Rising, Norfolk. Illustrated with Five Engravings. London (Masters ) 1858. 48 S. 8. (1s.) de Circourt (A.), Une visite au champ de bataille de Hastings. — Nouv. Annal. d. Voy. 1858. IV. p. 65. White (Walter), A Month in Yorkshire. | London (Chapman & H.) 1858. 402 8. 8. (9 s.) — — — 2d edit. Ebs. (9 s.) Black’s Picturesque Guide to Yorkshire; with Map of the County, and Ilustra- tions. Edinburgh (Black) 1858. 2768. 18. (2 8. 6.d.) Webster (J.), Malvern and its Environs; or, a Handbook to Malvern. London (Hamilton) 1858. 12. (1 s.) Lavars (J.), Pocket Guide to Bristol. Bristol (Houlston) 1858. (1 s.) Hall (S. C. and Mrs), A Week at Kil- | larney. Newedit. London (Virtue) 1858. | 180 8. 4. (8 s.) Guide to Kenilworth and its Neighbourood. London (Nelson) 1858. 18. (6 .d.) Macphun’s Tourist Guide to the Tro- sachs, Loch Katrine, and Fall of Clyde. London 1858. 32. (1 s.) | Skizzenbuch aus Schottland. — Das Jahr- hundert. 1858. N. 24. Philip’s Tourist’s Companion to theCoun- | ties of Scotland, and Pocket Atlas for the Angler, Sportman, and Traveller ; with 27 Maps. London (Philip) 1858. 80 8. 18. (5 3.) Martineau (H.), The English Lakes. Illustrated with Steel Engravings, Wood- euts by W.J. Linton, Outlines of the Mountains, and a Map coloured geo- graphically by John Ruthven ete. Win- dermere (Whittaker) 1858. 1608. 4. (21 =.) — A Complete Guide to the English Lakes. Illustrated from drawings by T. I. Aspland and W. Banks, and a Map, coloured geologically by John Ruthven etc. 2d. edit. London (Whit- taker) 1858. 230 S. 12. (5 s.) Black’s Picturesque Guide to the Eng- lish Lakes. Illustrated by Birket Foster. Neu erschienene geographische Werke, Aufsätze, Karten und Pläne. Skizzen aus Irland. — 923 Edinburgh (Longman) 1858. 230 8. 8. (7 s. 6.d.) English Lakes. How to See the English Lakes. With a Map and Engravings. London (Rel. Traet. Soc.) 1858. 12. (1s. 6d.) Nelson’s Guide to Lake George and Lake Champlain. London (Nelson) 1858. 18. (1s.) Foster (B.), Views of the English Lakes. 25 plates. London (Longman) 1858. (2 s. 6d.) Asplen (G. W.), A Lively Sketch of a Trip to Killarney and the South of Ireland. London (Bennett) 1858. 46 S. 16. (1 s.) Berliner Revue. XIV. 1858. Heft 11. 12. | Miller (Hugh), Der tönende Sand auf der Insel Eigg, ein! Gegenstück zum Gebel Nakus und Reg-Rawan. — Petermann’s Mittheilungen. 1858. 8. 405. Dally (F.F.), The Channel Islands: a Guide to Jersey, Guernsey, Sark, Hern, Jethon, Aldernay ete. with Notes on their History, Geology, Climate, Health, and Disease, Farming ete. With a Map. London (Stanford) 1858. 272 8. 12. (38. 6.d.). | Rooke (O.), The Channel Islands, Pi- etorial, Legendary, and Descriptive. 3d. edit. London (Booth) 1858. 12. (3 =.) — Guernsey and Sark, Pictorial, Legen- dary and Descriptive: with a Glance at Alderney. 3d. edit. London (Booth) 1858. 12. (1s. 6d.) — Jersey, Pictorial, Legendary and De- scriptive. 3d. edit. London (Booth) 1858. 12. (1s. 6.d.) Ein Brief aus Guernsey. — 1858. N. 33. Ausland. Dänemark. Trap (J. P.), Statistisk-topographisk Beskrivelse af Kongerigt Danmark. 4—7de Hefte. Kjebenhavn. 1857.58. 8. — Statistisch-topographische Beschrei- bung des Königreichs Dänemark. Aus dem Dän. von Ch. Sarauw. 3. Heft. Kiel (Schröder & Co.) 1858. gr. 8. (2 Thlr.) Prospecter af Danske Herregaarde udgivne af F. Richard og C. E. Secher. 10e Binds 1steHfte. Med 12 Sider Text 524 i Tverfolio. Kjebenhavn (Reitzel) 1858. 1858. (1 Rd. 24 fs.) Handels- und Schifffahrtsverkehr und Rhe- derei des Königreichs Dänemark, so wie der Herzogthümer Schleswig und Hol- stein im. J. 1857. — Preufs. Handels- archiv. 1858. N. 51. Holsteen og Lauenborg, fremstillet i Bil- leder. Sammling af Prospeeter af maer- kelige Byer og Egne. Bis jetzt 6 Hfte. mitText. Kjobenhavn (Baerentzer &Co.) qu. fol. (a 1 Rd.) Stednavne i Sonderjylland eller Slesvig. Efter Generalstabernes Kort over Sles- vigs Festland og Als. Kjebenhavn (Gandrup) 1858. 82 S. 8. (32 fs.) Hansen (A. U.), Characterbilder aus den Herzogthümern Schleswig, Holstein und | Lauenburg, der Hansestädte Hamburg und Lübeck, wie dem Fürstenthum Lü- beck betreffend das Land und seine | Gestaltungen, das Volk ete. Hamburg (Würger) 1858. gr. 8. (1 Thlr. 6 Sgr.) Eine Reise auf den Faröern. — Ausland. 1858. N. 29. Schweden und Norwegen. Berghaus (H.), und Dänemark, schen Reiche. zur Kenntnifs Europa’s. Berlin (Has- selberg) 1858. XIX, 894 S. Lex. 8. (34 Thlr.) Schweden, Norwegen die drei skandinavi- | Murray’s Hand-Book for Travellers in | Denmark, Norway, Sweden, and lIce- land. 3d. edit. and correet., with Maps and Plans. London (Murray) 1858. 400 8. 12. (15 s.) Taylor (Bayard), Eine Winterreise durch Lappland. Deutsch bearb. von F. Coss- mann. Leipzig (Lorck’s Eisenbahnbü- cher N. 29) 1858. VII, 1588. 8. Taylor (B.), Nordische Reise. Sommer- und Winterbilder in Schweden, Lapp- land und Norwegen. Leipzig (Voigt u. Günther) 1858. gr. 8. (11 Thlr.) Newland (Henry), Forest Life in Nor- way and Sweden; being Extracts from the Journal of a Fisherman. New edit. London (Routledge) 1858. 418 8. 12. (2 s.) Siljeström (P. A.), Reise von Dront- heim über Dovre- und File-Fjeld nach | dem Sogn-Fjord und dem Justedal-Glet- scher bearb. von Sebald. — Zeitschr. | Nebst einer Einleitung | W. Koner: f- allgem. Erdk. N. F. IV. 1858. p.458. Mehwald (Fr.), Nach Norwegen. Leipzig (Lorck’s Eisenbahnbücher N. 28) 1858. VII, 184 8. 8. Riukand-Fos in Norwegen, der schönste Katarakt der Welt, und. Vörings-Fos, ein anderer Norwegischer Wasserfall. — Petermann’s Mittheilungen. IV. 1858. p- 319. Die Rennthierzucht in Lappland. — Arch. f. wissensch. Kunde v. Rufsland. XV. 1858. p. 558. Das Europäische Rufsland. Die wichtigsten geographischen und hy- drographischen Arbeiten in Rufsland im J. 1857. — Petermann’s Mittheilungen. IV. 1858. p. 320. Die hauptsächlichsten Städte der Russi- schen Monarchie, von 10,000 Einwoh- ner und darüber, alphabetisch geordnet. (Nach dem St. Petersburger Kalender für 1858.) — ibid. IV. 1858. p. 323. v. Buschen, Uebersicht der geographi- schen Arbeiten in Rufsland. — Bote (Wjästnik) der Kais. Ru/s. geogr. Ges. 1858. Heft I. v. Blaramberg, Die grofsen topogra- phischen Arbeiten des Europäischen Rufslands. — Petermann’s Mittheilun- gen. IV. 1858. p. 251. v. Köppen (P.), Städte und Dörfer in Rufsland. (In russischer Sprache). (St. Petersburg) Leipzig (Voss) 1858. Lex. 8. (4 Thlr.) Die Bevölkerung des Russischen Reiches nach Peter v. Köppen’s neuesten Arbei- ten. — Petermann’s Mittheilupgen. 1858. p- 406. Schedo-Ferroti (D. K.), Die Eisen- bahnen in Rufsland. Riga (v. Bötticher) 1858. gr. 8. (4 Thlr.) Altmann (J.), Zur Statistik des Grols- fürstenthums Finnland. — Zeitschr. f. allgem. Erdkunde. N. F. IV. 1858. p- 506. Illustrirter Wegweiser in St. Petersburg und dessen Umgebungen. 7. verb. Aufl. Berlin (Grieben’s Reise-Biblioth. N. 27). 1858. 24 S. 16. (20 Sgr.) Guide illustre de Saint-Petersbourg. Trad. de la 7e edit. allemande par D. E. Si- mon. Berlin (Grieben’s Reise-Biblioth. N. 33.) 1858. 24 8. 16. (20 Ser.) Riga’s Handel im J. 1857. — Preufs. Handelsarch. 1858. N. 30. EEE Neu erschienene geographische Werke, Aufsätze, Karten und Pläne. Die Steppen des Europäischen Rufsland. — Petermann’s Mittheilungen. IV. 1858. p- 324. Beketow, Ueber den Weinbau im süd- lichen Rufsland. — Bote ( Wjästnik) der K. Ru/s. geogr. Ges. 1858, Heft I. Der Weinbau in Rulsland. — Petermann's Mittheilungen. IV. 1856. p. 324. Radde, Ueber die Krym’schen Tataren. (Schlufs). Nach d. Russ. — Archiv f. wissensch. Kunde von Rufsland. XVII. 1858. p. 595. Der Eisgang der Oka im Kreise Kasi- mow. — Zeitschr. f. allgem. Erdkunde. N.F. V. p. 264. Vergl, Bote (Wjästnik) d. Kais. Russ. geogr. Ges. 1858. H.IV. Eichwald, Bemerkungen über eine Reise auf dem Ilmen-See und die Stadt Sta- raja-Russa. Nach d. Russ. — Archiv f. wiss. Kunde von Rufsland. XVII. 1858. p- 488. 499. Geognostischer Bau des Kreises Petschora. — Bote (Wjästnik) d. Kais. Russ. geogr. Ges. 1858. Heft VI. Spanien und Portugal. Tamarit de Plaza (R.), Diccionario hi- störieo-geogräfico de todos los pueblos de Espaüa y sus islas adyacentes. Segunda edicion, corregida, aumentada etc. Madrid 1858. (1—3Lief.) (& 2 rs.) Lorinser (Fr.), Reiseskizzen aus Spanien. Schilderungen und Eindrücke von Land und Leuten. 3. 4. Theil. A.u.d.Tit.: Neue Reiseskizzen aus Spanien. Regens- burg (Manz) 1858. 388, 3528. 8. (2 Thlr. 6 Sgr.) Aus Dr. Lamont’s Reisebriefen über Spa- nien und Portugal. — Ausland. 1858. N. 26. Brehm (A. E.), Ein Beitrag zur zoolo- gischen Geographie Spaniens. — Zeit- schr. f. allgem. Erdk. N. F. V. 1858. p. 89. 224. The Basques and their Country. — North American Review. 1858. July. Brehm (R.B.), Die Vega von Murcia und ihr Seidenbau. Petermann's Mittheilungen. IV. 1858. p. 317. Statistische Nachrichten über die Sterb- lichkeit in Lissabon im J. 1857, in welchem Jahre daselbst das gelbe Fie- ber grassirte, verglichen mit der Sterb- lichkeit in Berlin im J. 1849, in wel- chem Jahre die Cholera die meisten Menschen seit dem J. 1831 tödtete. 525 — Mittheil. d. Berlin. sta- 1858. N. 9. (Sehlufs.) tistischen Bureau. Italien. Dizionario eorografico universale dell’ Italia sistematicamente suddiviso secondo l’at- tuale partizione politica d’ogni singolo stato italiano compilata da parecchi dotti italiani. Vol. IV. Parte seconda Disp. 157 — 60. Isola di Sardegna. Parte terza. Disp. 161—-63. Isola di Malta. Regione litorale austro-illirica. Milano e Verona (Civelli) 1857. 58. 8. Fabi (Max.), Nouveau guide du voya- geur en Italie, ou description detaillee de toutes les villes, bourgs, villages et endroits remarquables de la peninsule. 4e edit. revue. Milan (Ronchi) 1858. LXXIX, 480 8. 8. Handel des Königreiches Sardinien im J. 1856. N. 26. Despine, Indicateur medical et topo- graphique d’Aix-les-Bains (Savoie) pour 1858. 8e edit. Paris (Masson) 1858. 72 S. 16. (1 fr.) Gallenga (A.), Country Life in Pied- mont. London (Chapman & H.) 1858, 290 8. 8. (88. 6.d.) Wylie (J. A.), Wanderings and Musings in the Valleys of the Waldenses, Tra- vels etc. London (Nisbet) 1858. 400 S. 12. (5 8.) Henderson (E.), The Vaudois: com- prising Observations made during a Tour to the Valleys of Piedmont in the Summer of 1844; together with Remarks, Introductory and Interspersed, respecting the Origin, History and Pre- sent Condition of that interesting People. New edit. London (Snow) 1858. 266 S. 8. (4 s.) Pillito (J.), Sardegna sacra, e la antiche diocesi. — Bullettino archeol. sardo. IV. 1858. N. 1 ft. Tempio und seine Umgebungen. Nach Fo- rester, Rambles on the Islands of Corsika and Sardinia. — Ausland. 1858. N. 35. Studj sui torrenti delle Alpi. — Giom. dell’ igegnere-architetto ed agronomo. VI. 1858. p. 126. 193. 262. Sava (Rob.), Corografia ipsometrica dell’ Eridano. Torino 1857. 8. Cantü (Ign.), Viaggio ai laghi maggiore, di Lugano, di Como, al Varesotto, alla Brianza e ai luoghi eirconvieini. No- viss. ediz. emendata. Milano (Vallardi) 1858. 1208. 8. M. 3 Karten. (3 1.) 526 Venediger Eindrücke. — Triester Zeitung. 1858. N. 141 f. Handel und Schifffahrt Venedigs im J. | 1857. — Preufs. Handelsarch. 1858. N. 34. Statistica della popolazione de ducato di Parma e Piacenza per l’anno 1856. — Annali univ. di statistica. 1858. XVII. p- 293. Latisana e il suo distretto. Notizie sto- riche, statistiche ed industriale. Venezia 1858. 828. 8. de Mercey (F.B.), La Toscane et le midi de l’Italie. Notes de voyage, etudes et recits. 2 vol. Paris (Arthus Ber- trand) 1858. 8. — Angezeigt in den Nouv. Annales d. Voyages. 1858. 1II. p. 227. Murray’s Hand-Book of Rome and its Environs; forming Part 2 of the Hand- Book for Travellers in Central Italy. 5th edition carefully revised etc. Lon- don (Murray) 1858. 470 S. 12. (9 s.) Brandes (H.K.), Ausflug nach Rom im Sommer 1857. Detmold (Meyer) 1858. gr. 8. (4 Thlr.) Löhn (Anna), Römische Sitten und Zu- stände. — Ausland. 1858. N. 37 f. Gregorovius (Ferd.), Aus derCampagna | von Rom. Subiaco, das älteste Benedic- tinerkloster des Abendlandes. — Deut- sches Museum. 1858. N. 27 ft. Desjardins (E.), Veleia. Rome. I. Ta- ble alimentaire. Exeursion & Veleia. II. Voie appienne. Catacombes. Adquae “apollinares. Paris 1858. 8. Kavanagh (Julia), A Summer and Win- ter in the Two Sicilies. 2 vols. Lon- don (Hurst & B.) 1858. 650 8. 8. (21 s.) Aufenthalt in Neapel und Rückreise nach Rom durch die pontinischen Sümpfe. — Ausland. 1858. N. 31. 33 £. Schnars (C. W.), Eine Reise durch die neapolitanische Provinz Basilicata und die angrenzenden Gegenden. St. Gallen (Scheitlin u. Zollikofer) 1859. 16. (3 Thlr.) Battista (Raffaele), Il terremoto di Ba- silicata. Potenza 1858. 8. Vergl. Zeit- schr. f. allgem. Erdkunde. N. F. V. 1858. p. 85. Eine Vesuvpartie am 15. Sept. 1857. — Ausland. 1858. N. 24. Der neue Ausbruch des Vesuvs. — Grenz- boten. 1858. N. 27. en ' Giseke Karl Witte’s Wanderungen am Küsten- W. Koner: saume des neapolitanischen Prineipato eiteriore. — Ausland. 1858. N. 28. Die Europäische Türkei. (B.), Thrakisch - pelasgische Stämme der Balkan-Halbinsel und ihre Wanderungen in mythischer Zeit. Leip- zig (Teubner) 1858. gr. 8. (1 Thlr.) Schiller (L.), Stämme und Staaten Grie- chenlands nach ihren Territorialverhält- nissen bis auf Alexander. 2. Abschn. (Ansbach) Erlangen (Bläsing) 1858. gr. 4. (4 Thlr.) Le Balkan centrale. — Bullet. de la Soc. de Geogr. 4e Ser. XV. 1858. p.413. Bericht des Preufs. Consulats zu Galatz über den Handel der Donauhäfen Ga- latz und Braila während des J. 1857. — Preufs. Handelsarchiv. 1858. N. 47. Ueberreste des Alterthums auf der Schlan- geninsel. — Zeitschr. f. allgem. Erd- kunde. N. F. V. 1858. p. 59. Kriegk (G.L.), Die Stadt Constantino- pel und die zu ihr führenden Meeres- stralsen. Schlufs. — Westermann’sillustr. deutsche Monats-Hefte. 1858. N. 22. Koner (W.), Nachtrag zu Hern Prof. Kriegk’s Abhandlung über die Metoren. — Zeitschr. f. allgem. Erdkunde. N. F. vV. 1858. p. 56. Die Meteora und das Thal Tempe. — Ausland. 1858. N. 27. Farkas (Alex.), Montenegro. — Kolozs- vari közlöny (Öffentliches Organ für Klausenburg) 1858. N. 28—32. Ueber Serbien. — Ausland. 1858. N. 47. Hilferding, Bosnien im Anfang des Jah- res 1858. — Bote (Wjästnik) d. Kais. Russ. Geograph. Ges. 1858. Heft VII. Erinnerungen aus einer Reise in Bosnien. — Narodne Novine. 1858. N. 64—81. Das Königreich Griechenland. Fallmerayer (J. P.), Das albanesische Element in Griechenland. 1. Abtheil. Ueber Ursprung und Alterthum der Al- banesen. München (Franz, in Comm.) 1858. gr. 4. (264 Sgr.) Fraas, Neugriechische Skizzen. — We- stermann’s illustr. deutsche Monats-Hefte. 1858. N. 23. Bilder aus Griechenland. — Grenzboten. 1858. N. 31. 33. 35 ff. Waldmüller (A.), Griechische Nächte. — Ausland. 1858. N. 48 f. Neu erschienene geographische Werke, Aufsätze, Karten und Pläne. 527 Semper, Reiseerinnerungen ausGriechen- | Handel von Morea im Jahre 1857. — land. — Frankfurter Museum. 1858. , Preu/s. Hundelsarchiv. 1858. N. 30. N. 35. | Beschreibung einer sehrmerkwürdigen Heil- Schillbach, Die Ruinen von Oeniadae | queHe in Hermione. — Ausland. 1858. und Pleuron. — Denkmäler, Forschun- ' N. 37. gen u. Berichte von E. Gerhard. 1858. Bericht des Kgl. Preufsischen Consulats Lief. 38, zu Syra über den Handel Syra’s und Clark (William G.), Peloponnesus: Notes der Cycladen für das Jahr 1857. — of Study and Travel. London (Parker) Preu/s. Handelsarchiv. 1858. N. 50. 1858. 8. (10 s. 6.d.) | Asien. — Bote (Wjästnik) der Kais. Russ. | G@eogr. Ges. 1858. Heft III. VI. Peschurof (M. A.), Description of the Sibirien. Die Wolga- und Kauka- sus-Länder. Bericht der sibirischen Abtheilung für das Amür River in Eastern Asia. — Pro- Jahr 1856. — Bote (Wjästnik) d. Kais. | ceedings of the Roy. Geogr. Soc. II. Russ. Geograph. Ges. 1858. Heft II. 1858. p. 153. Schreiben des Hauptastronomen der Sibi- | Beschreibung der grofsen Flüsse, welche rischen Expedition, Sch warz. — ibid. in den Amur fallen. — Bote ( Wjäst- 1858. Heft V. VII. nik) der K. Russ. Geogr. Ges. 1858. Ueber die letzten von der Kaiserl. Russi- | Heft V. schen Akademie der Wissenschaften ver- | Nasimow (N.), Ueber die Schifffahrt auf anstalteten Forschungsreisen. — Zeit- dem Amur. — Archiv f. wissensch. Kunde schr. f. allgem. Erdkunde. N. F. V. Rufslands. XVII. 1858, p. 484. Vgl. 1858. p. 263. \ Ausland. 1858. N. 37. Die Wälder Sibiriens. — Kritische Blätter | Gerstfeld, Ueber die Bewohner des Ff: Forst- u. Jagdwissenschaft. Bd. XLI. Amurlandes. — Arch. f. wissensch. Kunde 1858. p. 237. Ru/slands. XVII. 1858. p. 581. Statistik der sibirischen Goldwäschereien. | Orlow, Die Orontschenen am Amur, — — Ausland. 1858. N. 43. Zeitschr. f. allgem. Erdkunde. N. F. Les exploitations auriferes de la Siberie. IV. 1858. p. 508. — Nowv. Annal. d. Voy. VIe Ser. 1858. | Der Flufs Ili als künftige Wasserstrafse II. p. 361. nach dem westlichen China. — Peter- Die Forschungen der ostsibirischen Expe- mann’s Mittheil. IV. 1858. p. 407. dition im Gebiet des Witim. — Zeitschr. | v. Semenow (P.), Erforschungsreisen in f. allgem. Erdkunde. N. F. V. 1858. Inner-Asien im Jahre 1857, seine Auf- p- 61. nahme des Alpensee’s Issyk-Kul und Heine (W.), Die Expedition in die Seen anderer Theile der nordwestlichen Rus- von China, Japan und Ochotsk unter | sisch-Chinesischen Grenzländer bis zu dem Commando von C. Ringgold und | den Gletschern des Thianschan-Gebirges. J. Rodgers. Bd. 1.2. Leipzig (Coste- 1. Allgemeine geographische Uebersicht noble) 1858. Lex. 8. (3! Thlr.) der bereisten Länder. 2. Erforschung Bericht über die Fahrt des Dampfers Ame- | des Thianschan-Gebirges bis zum Gipfel rica im östlichen Ocean vom 13. Juli | des Zauku-Passes und den Taraghai- bis 14. November 1857. — Archiv f. Quellen des Naryn (Syr Daria). — Peter- wissensch. Kunde Ru/slands. XVII. 1858. | mann’s Mittheilungen. IV. 1858. p. 351. p- 541. |. 8359. Fr. Aug. Lühdorf’s Schilderung der | Semenow’s Reise nach dem Thian-Schan. Wichtigkeit des Russischen Besitzes vom — Arch. f. wissensch. Kunde Ru/slands. Mündung bis Moskau. 7. October 1857 nik) der K. Russ. Geogr. Ges. 1858. bis 17. Januar 1858. — Petermann’s Heft V. Mittheil. IV. 1858. p. 334. ' Abramow, Ueber die Mineralquellen in Radde, Bericht von den Ufern des Amur. | der Provinz Semipalatinsk. — Bote Amur-Strom, und seine Reise von dessen | XVII. 1858. p. 377. Vgl. Bote ( Wjäst- 528 (Wjästnik) der K. Russ. Geograph. Ges. 1858. Heft VI. Abramow, Ueber das Erdbeben von Se- | mipalatinsk. — Zeitschr. f. allgem. Erd- | kunde. N. F. V. 1858. p. 168. Orlow, Die nomadischen Tungusen von Bauntowsk und der Angara. A. d. Russ. von K. Neumann. ibid. 1858. p. 43. Le lae Baikal. — Nouwr. Annal. d. Voy. | VIe Ser. 1858. III. p. 111. Radde, Die Dauro-mongolische Grenze in Transbaikalien. — Bote ( Wjästnik) der K. Russ. Geogr. Ges. 1858. Heft IV. Hofmann (E.), Ein Profil des Uralge- birges. — Zeitschr. f. allg. Erdkunde. N. F.. V. 1858. p. 8. Hofmann (E.), Ueber die hypsometri- schen Verhältnisse des Uralgebirges. — ibid. N. F. IV. 1858. p. 433. Danilewski, Kurzer Abrifs der Fische- rei im Flusse Ural. — Bote ( Wjäst- nik) der Kais. Russ. Geogr. Ges. 1858. Heft II. v. Blaramberg, Bemerkungen über die topographische Aufnahme des Orenbur- gischen Ländergebiets. — Petermann's Mittheil. IV. 1858. p. 331. Meyerson (H.), Zur physikalischen Geo- graphie Astrachans und Umgegend. — ibid. IV. 1858. p. 327. Kolenati (F. A.), Reise-Erinnerungen. Thl. I. Die Bereisung Hocharmeniens und Elisabethopols, der Schekinschen Provinz und des Kasbek im Central- Kaukasus. Dresden (Kuntze) 1858. 8. (13 Thlr.) Abich (H.), Vergleichende geologische Grundzüge der kaukasischen, armeni- schen und nordpersischen Gebirge. Pro- dromus einer Geologie der Kaukasischen Länder. St. Petersburg 1858. gr. 4. (2 Thlr. 6 Sgr.) Chiwa. Blankennagel, Reisebemerkungen über Chiwa, in den Jahren 1793 und 1794. Mit Anmerkungen von Grigorjew. — Bote (Wjästnik) d. Kais. Russ. Geogr. Ges. 1858. Heft III. Das chinesische Reich. Kaeuffer (J. E.R.), Geschichte von Ost- Asien. Für Freunde der Geschichte der Menschheit dargestellt. 1. Thl. Leipzig (Brockhaus) 1858. gr. 8. (23 Thlr.) N. EV. | W. Koner: | v. Rhodes (A.), Missionsreisen in China, Tonkin, Cochinchina und anderen asia- tischen Reichen. A. d. Franz. Freiburg im Br. (Herder) 1858. gr. 8. (21 Sgr.) ' Huc en Gabet, Het hemelsche rijk. Om- zwervingen in China. Naar de Hoog- | duitsche bewerking van Dr. K. Andree, door J. J. A. Goeverneur. 2e deel. Gro- | ningen (Wolters) 1858. VIII en 200 bl. gr. 8. (f. 2.) ‚ı Alexander (G. G.), Reminiscences of a Visit to the Celestical Empire, and rough Notes on China and the Chinese. — Uni- ted Service Magaz. 1858. Januar — March. Milne (W. C.), La vie reelle en Chine. Trad. par Andre Tasset, avec une in- troduction et de notes par M. G. Pau- thier. Paris (Hachette) 1858. 5488. 18. | China. Land und Volk. Geschildert nach den besten neuen Arbeiten. 2. Aufl. Lief.1—10. Stuttgart (Gebr. Scheitlin) 1858. Lex. 8. (a 4 Thlr.) China. — Ausland. 1858. N. 37 ff. Gesandtschaftsreise des Admirals Grafen Putiatin nach China und Japan. —- ibid. 1858. N. 43. Biernatzki, Eine Reise über Land von Ningpo nach Canton. — Zeitschr. f. all- gem. Erdkunde. N. F. V. 1858. p. 10. Lockhart, On the Yang-t3e-Kiang. — Proceedings of the Roy. Geograph. Soc. I. 1858. p. 201. Die Stadt Namtow an der Tyshan-Bai: — Zeitschr. f. allgem. Erdkunde. N. F. V. 1858. p. 265. 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Murray’s Handbook for Travellers in Syria and Palestine; including an Ac- count of the Geography, History, and Antiquities and Inhabitants of these Countries, the Peninsula of Sinai, Edom, and the Syrian Desert, with detailed Descriptions of Jerusalem, Petra, Da- mascus, and Palmyra: with Maps and Plans. 2 vols. London (Murray) 1858. 650 8. 12. (24=.) Fearley (J.L.), Two Years in Syria: Travels. London (Saunders & O.) 1858. 450 8. 8. (12s.) Kitto (J.), Palestine: an Account of its Geography and Natural History, and of the Customs and Institutions of the Hebrews. New edit. Edinburgh (Long- man) 1858. 130 S. 8. (2s. 3. d.) ı Russell (M.), Palestine: or the Holy Land. New edit. London (Nelson ) 1858. 8. (3=. 6d.) Straufs (F.A.), Sinai und Golgatha: Reise in das Morgenland. 7. Aufl. Ber- lin (Jonas’ Verlagsbuchhandl.) 1859. 8. (1 Thlr. 2 Sgr.) Johnson (Mrs Sarah Barclay), Hadji in Syria, or, Three Years in Jerusalem. Philadelphia. 1858. 304 8. 12. (4. 6d.) 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Zeitschr. f. allgem. Erdkunde. N. F. V. 1858. p..352. .Vgl.; Archiv f. wissensch. Kunde von Rufsland. XVII. 1858. p. 479. Blau (0.), Commercielle Zustände Per- siens. Aus den Erfahrungen einer Reise im Sommer 1857 dargestellt. Berlin (K. Geh. Ober-Hofbuchdr.) 1858. gr. 8. (14 Thlr.) W. Koner: | | | | Vorder- und Hinter-Indien. Lassen (Ch.), Indische Alterthumskunde. 3. Bd. Geschichte des Handels und des griechisch-römischen Wissens von In- dien und Geschichte des nördlichen Indiens von 310 n. Chr. Geb. bis auf die Muhammedaner. 2. Hälfte. 2. Abth. Leipzig (Kittler) 1858. 2Bl. S.IX bis XII, 785— 1199. gr. 8. (2 Thlr. 20 Sgr. ) de Saint Martin (Vivien), Etude sur la geographie greeque et latine de l’Inde. lermemoire. Considerations pre- liminaires, Bassin du Koph&s. IIe me- moire: Le Bassin de I’Indus. — Mem. presentes a l’ Acad. des Inscript. IreSer. V. 1858. Die Reisen des Chinesen Hiuen -thsang in die Westgegenden, namentlich nach In- dien, im 7. Jahrhundert. — Ausland. 1858. No. 24. v. Orlich (Leop.), Reisen in Ostindien in Briefen an Alex. v. Humboldt und Carl Ritter. 3. Aufl. Leipzig (G. Mayer) 1858. 8. (22 Thlr.) Der Handel des Indus. — Preufs. Han- delsarch. 1858. N. 38. Dar Himalaya als Colonisations-Territo- rium. — Bote (Wjästnik) der Kais. Russ. geogr. Ges. 1858. Heft]. Scenen in den Wildnissen des Terai und am Himalaya. -— Ausland. 1858. N. 29. v. Liebig (Georg), Der Sambersalz-See. — Ibid. 1858. N. 49. v. Liebig (Georg), Das Dorf Makrana. — Ibid. 1858. N.48. Die von Deutschen bearbeiteten Kupfer- minen von Singbhoom in Südwest- Bengalen. — Petermann’s Mittheil. IV. 1858. p. 336. Die Nikobaren und Singapur. — Allgem. Zeitung. 1858. Beilage. N.213 — 219. Zhishman (A. E.), Die Nikobareninseln. — Mittheil. d. K. K. geogr. Ges. in Wien. Il. 1858. p. 202. Winter (C. T.), Six Months in British Burmah; or India beyond the Ganges in 1857. London (Bentley) 1858. 3028. 8. (108. 6d.) Skizzen aus dem britischen Birma. — Ausland. 1858. N. 40. Mission de la Cochinchine et du Tonkin, avec gravure et carte geographique. Paris 1858. LXV. 4128. 8. Auszug aus einem Privatbrief Sir Robert Neu erschienene geographische Werke, Aufsätze, Karten und Pläne. H. Schomburgk’s über seinen Empfang in Bangkok. — Ausland. 1858. N. 24. Der Irawadi. — Zeitschr. f. allgem. Erd- kunde. N.F. V. 1858. p. 359. Drei Briefe von der Expedition der K.K. Fregatte „Novara“ von Singapore, mit- | getheilt durch Haidinger. — Sitzungs- ber. der Wiener Akad. d. Wiss. math. naturwiss, Cl. 1858. XXX. p. 175. Die Inseln des Indischen Archipelagus. de Bruin (D.C.), Eerste beginselen der aardrijkskunde, bevattende eene korte beschrijving van den Oost-Indischen Archipel, bijzonder der daarin liggende Nederlandsche bezittingen. 7° druk. Samarang (Oliphant & Co.) 1857. 40 bl, kl.8. (f. 0,40) Hydrographische, geologische und meteo- | rologische Untersuchungen in Nieder- | | ländisch - Indien. Petermann's Mit- theil. IV. 1858. 8. 337. 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Met platen. ’s Hertogenbosch (Gebr. Muller) 1858. gr. 8. (per afl. f. 1,20.) Barth (H.), Reisen und Entdeckungen in Nord- und Central-Afrika in den Jahren 1849_— 55. Bd. IV. V. Mit Karten, Holzschn. und Bildern in Far- ben gedr. Gotha (Perthes) 1858. gr. 8. (& 6 Thlr.) Barth (H.), General Historical View of the State of Human Society in Nor- thern Central Afrika. — Proceedings of the Roy. Geogr. Soc, II. 1858. p. 217. W. Koner: Precis des resultats et informations obte- nus par le Dr. Barth pendant le cours de ses voyages dans l’interieur de lAfri- que septentrionale, depuis 1849 jus- quW’en 1855. — Nouwv. Annal. d. Voy. VIe Ser. 1858. III. p. 137. Malte-Brun (V. A.), Notice sur Edon- ard Vogel et sur son exploration dans l’Afrique centrale. — Bullet. de la Soc. de Geogr. 4e Ser. XV. 1858. p. 321. Malte-Brun (V.A.), Resume historique de l’exploration faite dans l’Afrique cen- trale, de 1853 a 1856, par le docteur Edouard Vogel. — Nowv. Annal. d. Voy. VIe Ser. 1858. IV. p.5. 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Desgl. bildet das Buch das 7. Heft des Buches der Reisen. Leipzig (Spamer). Livingstone’s Reise i Syd - Afrika. Overs. efter den engelske Original ved M. Th. Woldike. 1. — 12. Heft. Kje- benhavn (Woeldike) 1858. 8. Livingstone’s astronomische Positionen in Süd-Afrika. — Petermann’s Mittheil. IV. 1858. p. 255. Nouvelles du docteur Livingstone. — Nouv. Annal. d. Voyages. VIeSer. 1858. II. p- 366. Neu erschienene geographische Werke, Aufsätze, Karten und Pläne. seine Erforschung des unteren Laufes des Cunene. — Petermann’s Mittheil. IV. 1858. p. 412. Cortambert (E.), Esquisse de la geo- graphie, de l’ethnographie et de l’hi- stoire naturelle d’une partie de l’Afri- que centrale interieure (du cours supe- rieur du fleuve Orange au cours du -Zambeze). Paris 1858. 8. Moffat (Rob.), Journey from Little Na- | maqualand Eastward along the Orange River, the Northern Frontier of the Co- lony etc. — Proceedings of the Roy. Geogr. Soc. II. 1858. p. 158. Dr. W. 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General Description of the Country of Venezuela, with an Enumeration of its Produetions, Statisties and its Com- merce, and a Statement of the Indu- cements for Immigration. -—— Hunt’s Merchant’s Mag. 1858. Jan. Caracas. — Ausland. 1858. N. 38 f. Verkehr der Häfen Cartagena und Saba- nilla. — Preufs. Handelsarchiv. 1858. 1858. N. 29. Neu Granada. Peru. Zur Geographie von Peru. — Petermann’s Mittheilungen. 1858. p. 426. Chile. Hesse, Die Minen und die darauf be- zügliche Gesetzgebung des Freistaates Chile. — Zeitschr. f. d. Berg-, Hütten- und Salinenwesen. VI. 1858. Abhandl. p- 20. Deutsches Farmerleben in Chile. — Aus- land. 1858. N. 45. Valparaiso. — Zeitschr. f. allg. Erdk. N. F. IV. 1858. p. 515. Ein deutsches Farmerleben in Valdivia. — Ausland. 1858. N. 50. Patagonien und die Inseln des antarktischen Oceans. Die neuesten Civilisationsversuche unter den Patagoniern. — Ausland. 1858. N. 26. W. Koner: Enderby (Ch.), Note on Sabrina Land (im antarctischen Ocean). — Procee- dings of the Roy. Geogr. Soc. II. 1858. p. 171. Die La-FPlata Staaten. du Graty (A.), La Confederation Argen- tine. Paris (Guillaumin et Cie). 1858. 3728. 8. Manual de la navegacion del rio de la Plata, traducido del franees y copio- samente adicionado con noticias de sumo interes etc. por Mignel Lobo y Pedro Rindavets. Madrid 1858. XVI, 2868. 8. (12, r8.) Die Auswanderung nach’ den La-Plata Ländern. — Petermann’s Mittheilungen. 1858. p. 423. v. Gülich (F.), Reise im Thal des Uru guay und auf dem Gebiet der Banda- Oriental. — Zeitschr. f. allgem. Erd- kunde. N. F. V. 1858. p. 281. L. Pückler’s Forschungen in den Andes von Süd-Amerika. — Petermann’s Mit- theilungen. IV. 1858. p. 350. deMoussy, Die Bergwerksreviere der Pro- vinz la Rioja, des Gebirges Famatina etc. — Zeitschr. f. d. Berg-, Hütten- und Salinenwesen. VI. 1858. Abhdl. p.12. Der Paraguay. — Zeitschr. f. allg. Erd- kunde. N. F. V. 1858. p. 273. Demersay (A.), Considerations histo- riques et Geographiques sur les limites et la eirconseription du Paraguay. Bull. de la Soc. de Geogr. 4° Ser. - XVI. 1858. p. 56. Burmeister, Schreiben an Herrn Alex. v. Humboldt. — Zeitschr. f. allgem. Erdk. N. F. V. 1858. p. 74. Bemerkungen A. Bonpland’s über die Verbreitung des Paraguay-Thee. — ibid. V.1858. p 76. vergl. Petermann’s Mit- theilungen. 1858. p. 422. Brasilien. Novo orbe serafico brasilico, ou chronica dos frades menores da provincia do Brasil, por Fr. Antonio de Santa-Maria Jaboatam, impressa em Lisboa em 1761, e reimpressa per ordem do Instituto hi- storico e geografico brasileiro, Vol. I. Rio de Janeiro 1858. J. J. von Tschudi’s Reisen in Brasilien. — Petermann’s Mittheil. 1858. p. 383. Reisebriefe von J. J. v. Tschudi. — Allg, Neu erschienene geographische Werke, Aufsätze, Karten und Pläne. Zeitg. 1858. Beil. 206—12. 213—19. 220— 26. 1227— 88. 23440. .304 tale t: | Brasilianische Wanderungen. — Europa. : 1858. N.'31- Actenstücke Brasilischer Seite, betreffend die Kolonisation des Kaiserreichs. 1. Hft. Vorwort u. Uebersetzung von Hörmeyer. Leipzig (Wagner) 1858. 8. (4 Thlr.) Die deutschen Auswanderer in Brasilien. — Ausland. 1858. N. 44. Strauch (J. €.) Südbrasilien und seine deutschen Kolonien. Frankf. a.M. (Auf- fahrt in Comm.) 1858. gr. 8. (124 Sgr.) Prestien (J. A.), Das Ansiedlerleben in der Kolonie Blumenau. Leipzig (Wag- ner) 1859. gr. 8. (! Thlr.) Davatz (Th.), Die Behandlung der Ko- lonisten in der Provinz St. Paulo in Bra- silien und deren Erhebung gegen ihre Bedrücker. Chur\(Hitz) 1858. gr. 8. (4 Thlr.) Kultur des Chinesischen Thee’s in Brasi- lien. — Petermann’s Mittheil. 1858. p- 422. Guyana. Rassard (L.), Decouverte de mines d’or dans la Guyane venezulienne. — Bull. de la Soc. de Geogr. 4° Ser. XVI. 1858. p- 109. | Note sur la geographie physique de la | 541 Guyane, extraite d’une lettre. — Nour. Annal. d. voy. 1858. II. p. 277. de Saint-Quantin, Guayane frangaise, ses limites vers l’Amazone, Avec 8 cartes explicatives. Paris 1858. 8. Bespro- chen im Bull. de la Soc. de Geogr. Ve Ser. XVI. 1858. p. 351. Resume des voyages et explorations dans les rivieres de la Guyane, par le lieu- tenant de vaisseau Carpentier, ca- pitaine de l’Oyapock. Paris 1857. 8. Der Essequibo und seine Nachbarschaft. — Ausland. 1858. N. 41 ff. Holmes(W.H.)and Campbell (W.H.), Report of an Expedition to explore a Route by the rivers Waini, Barama and Cuyuni, to the Goldfields of Cavatal, and thence by Upata to the Orinoco. — Proceedings of the Roy. Geograph. Society. U. 1858. p. 154. Almanak voor de Nederlandsche West-In- dische bezittingen, an de kust van Gui- nea voor het jaar 1859. Uitgegeven met toestemming van Z. Exc. den Minister van Staat, Minister van Kolonien. ’s Gra- venhage. (Gebr. van Cleef) Paramaribo (Winkels) 1858. XCIL en 231 bl. 8. 3.) Wolbers (J.), Geschiedenis van Suriname, van de ontdekking van Amerika tot op den gegenwoordigen tijd. 1° en 2° afl. Amsterdam (de Hoogh) 1858. gr. 8. (f 1,20). Australien. Neu-Holland. Puseley (D.), The Rise, Progress and Present Condition of Australia, Tasma- | nia, and New Zealand; with the neces- sary Information for all Classes of Emi- grants, from Authentic Sources and Per- | sonal Observation. Ö5th edit. London (Wilson) 1858. 4208. 8. (5. 64.) | Daraus besonders erschienen: Puseley (D.), The Rise, Progress and Present Condition of Australia and Tas- | mania ete. 5th edit. with Map. London. | (Wilson) 1858. 222 8. 8. (22. 6d.) | Fokkens (F.), Reis van Sidney naar Java. — Verhandl. en berigten betrek- kelijk het zeewezen. 1858. N. 2. Fowler (F.), Southern Lights and Sha- dows: being brief Notes of Three Years’ | Experience of Social, Literary, and Po- | litical Life in Australia. London (Low) 1859. 1328. 12. (18.6d.) Handel en scheepvaart van Sydney. 1857. — De Economist. 1858. Junijj. Becker (L.), Das allmählige Aufsteigen der Südküste Neuhollands. Neues Jahrb. f. Mineralogie. 1858. Heft 3. Statistisches aus Süd-Australien. — Preu/s. Handelsarchiv. 1858. N. 47. | Neumann (K.), Die letzten Entdeckungs- reisen in Südaustralien. 1. Die Expedi- tion Goyder’sim Mai und Juni 1857. 2. Die Expedition A. H. Freeling’s im September 1857. 3. Die Expedi- tionen von Stephen Hack. 4. Swin- den’s Entdeckungsreisen westlich vom Lake Torrens. 5. Die Aufgabe der dies- jährigen Erforschungs-Expedition unter B.HerrschellBabbage.— Zeitschr. f. allg. Erdkunde. N.F. V. 1858. p.134. 542 Gregory’s diesjährige Expedition durch den australischen Continent. — Zeitschr. f. allg. Erdkunde. N.F. V. 1858. p. 268. Latest Communications on Australian Ex- | plorations. -— Proceedings of the Roy. Geograph. Soc. II. 1858. p. 185. Die neuesten Entdeckungen in Australien. — Petermann’s Mittheil. IV. 1858. p- 373. Nachrichten von G. Ulrich über die geo- gnostischen Aufnahmen in Australien. — ibid. IV. 1858. p. 380. Ueber die handelspolitische Entwickelung der Colonie Süd-Australia. — Preu/s. Handelsarchiv. 1858. N. 28. Jahresbericht des Königl. Preufs. Konsu- lats zu Melbourne für 1857. — ibid. 1858. N. 43. Wilson (James), Notes on the Physical Geography of North-West Australia. — Proceedings of the Roy. Geogr. Soc. II. 1858. p. 210. Die Australischen Inselgruppen. Puseley (D.), The Rise, Progress, and Present Condition of New Zealand; with the necessary Information for all Classes of Emigrants, from Authentic Sources and Personal Observation. ö5th edit. London (Wilson) 1858. 190 8. 8. (2s. 6.d.) Die Maori und Neu-Seeland. — Ausland. 1858. N. 50. Swart (Jac.), Vervolg van het Journaal van de reis van Abel Janz Tasman. — Verhandelingen en Berigten betrekkelijk het zeewezen. N. volg. 1858. N.1. 2. Müller (Salomon), Contributions to the Knowledge of New Guinea. — Procee- | W. Koner: dings of the Roy. Geogr. Soc. 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London (Heylin) 1858. 700 8. 8. (12 5.) Eine Forschungsreise in das Innere von Witi Lewu (Fidschi-Inseln). — Ausland. 1858. N. 25. Christmas-Island im Grofsen Ocean. — — Petermann’s Mittheilungen. IV. 1858. p. 427. Paris Atlanten, Karten und Pläne. Adam (V.), Das Entwerfen geographi- scher Karten-Netze in Verbindung mit dem mathematischen Unterrichte am Ober-Gymnasium. Brünn (Nitsch u. Grofse) 1858. gr. 4. (8 Sgr.) Atlanten zur alten Geographie. Kiepert (H.). Flufsnetze zu den Karten zur alten Gechichte. 6 Bl. Lith. Berlin (D. Reimer’s Verlagsh.) 1858. gr. Fol. (z Thlr.; einzelne Bl. 3 Sgr.) Kiepert (H.), Acht Karten zur alten Geschichte. Lith. u. color. Berlin (D. Reimer's Verlagsh.) 1858. gr. Fol. (geh. 15 Thlr.; geb. 15 Thlr.; einzelne Bl. 6 Sgr.) Johnston (A. K.), A School Atlas of Classical Geography; comprising in Twenty Plates, Maps and Plans of all the important Countries and Localities referred to by Classical Authors. Con- structed from the best Materials, and embodying the Results of the most re- cent Investigations. With an Index etc. Neu erschienene geographische Werke, Aufsätze, Karten und Pläne. 543 New edit. London (Blackwood) 1858. | Kiepert (H.), Neuer Handatlas über alle roy. 8. (12. 6d.) Long (@.) and Hughes (W.), An At- las of Classical Geography; containing Twenty-four Maps. New edit. With eoloured Outlines, and an Index of Places. London (Whittaker) 1858. roy. 8. (12s. 6.d.) Findlay (A. G.), A Classical Atlas to illustrate Ancient Geography, compri- sed in 25 Maps, showing the various Divisions of the World as known to the Ancients. Composed from the most authentie Sources, with an Index of An- eient and Modern Names. New edit. London (Tegg) 1858. roy. 8. (9 s.) Findlay (A. G.), A Junior Classical At- las of Ancient Geography; containing Thirteen coloured Maps, with a copious Index. New edit. London (Tegg) 1858. roy. 8. (5 s.) Atlanten zur alten und neueren Geographie. Arendts (C.), Vollständiger Hand-Atlas der neueren Erdkunde für die gebilde- ten Stände und für höhere Unterrichts- Anstalten. Lief. 2—9. Schlufs. Regens- Thlr. 64 Ser.) Berthelt (A.), Jäkel (J.) und Peter- mann (K.), Handatlas für Schulen beim Unterricht in der Geographie und Geschichte. hardt) 1859. gr. 4. (+ Thlr.) Bromme (T.), Illustrirter Hand-Atlas der | Geographie und Statistik in 48 colorir- ten Karten etc. Lief. 2. 3. Stuttgart (Krais u. Hoffmann) 1858. Fol. (a 1 Thlr.) Buchenau (F.), Atlas zum Gebrauche beim ersten geographischen Unterricht sowie zur Ergänzung der gewöhnlichen Schulatlanten für die Schulen Bremens und der Umgegend. Bremen (Kühtmann u. Co., in Comm.) 1858. gr. 4. (3 Thlr.) Engel (K. G. J.), Neuester Hand-Atlas zur Anschauung beim Unterrichte in der Geographie. Entworfen ü. gez. von H. Kunsch. 3. Aufl. Leipzig (Hentze) 1858. gr. 4. (1 Thlr. 4 Sgr.) Glaser’s (C.) Schul-Atlas der neuesten Erdbeschreibung. In 30 Karten. Lith. u. illum. 8. Aufl. Stuttgart (Krais u. Hoffmann) 1858. gr. 4. (In 8. geb. 1 Thlr.) 7. Aufl. Leipzig (Klink- | | | | | | | | | | Theile der Erde. 8. Lief. N. 8. Nord- westliche Hälfte Deutschlands. N. 11. Preufsen und Pommern. N. 13. Ungarn. N. 40. Südamerika. Berlin (D. Reimer) 1858. Imp. Fol. (1 Thlr. 18 Sgr.) Pütz (W.), Historisch - geographischer Schulatlas. 2. Abthl. Die mittlere und neuere Zeit. Regensburg (Manz) 1858. qu. Fol. (24 Sgr.) Handatlas der Erde und des Himmels in 70 Lieferungen, Neu redig. Ausgabe, Lief. 27—30. Weimar ( Landes-Indu- strie-Compt.) 1858. qu. Imp. Fol. (A 4 Thlr.) Supplement to Black’s General Atlas of the World: a Series of Six New Maps, suitable for being incorporated with re- cent editions. By John Bartholomew, Jun. Edinburgh (Longman) 1858. Fol. (78. 6d.) Collins’ Junior Classical Atlasfor Schools: with an Alphabetical Index of the Lati- tudes and Longitudes of 4000 Places. New edition. London (Simpkin) 1858. Roy. 8. (5 s. 6. d.) ı Dower (John), New General Atlas of Mo- burg (Manz) 1858. qu. Fol. (compl. 2 dern Geography: comprised in Fifty- three Maps, compiled from the latest and best Authorities. New edit., with copious Consulting Index. London (Ward &L.) 1858. 4. (15 s.) Dower (J.), Minor School Atlas: con- taining Twenty-six Maps, compiled from the best Authorities. New edit. London (Ward & L.) 1858. roy. 8. (7 s. 6. d.) Dower (J.), Short Atlas of Modern Geo- graphy, for the Use of Schools and Self -Instruction. New edition. London (Ward &L.) 1858. roy. 8. (5 s.) Findlay (A. G.), A Comparative Atlas of Ancient and Modern Geography, com- prised in Fifty-four Maps, showing the Various Divisions of the World as known to the Ancients, and their correspon- ding Sites and Boundaries in Modern Countries, derived from the most Au- thentie Sources: with an Introduction to Ancient Geography, and an Index: in two Parts. New edit. London (Tegg) 1858. 4. (20 s.) Findlay (A. G.), A Modern Atlas, for- ming a complete Compendium of Geo- graphy, exhibiting Thirty-two Maps the 44 Extent, Divisions, and Political Arran- gement of Every Country in the known World. 6th edit. London (Tegg) 1858. roy. 8. (9 s.) Findlay (A. G.), A Junior Atlas of Mo- dern Geography ; containing Seventeen Maps, finely eoloured: with a Copious Index. 10th edit. London (Tegg) 1858. roy. 8. (5 s.) Johnston (A.K.), Elementary School Atlas of General and Descriptive Geo- graphy. London (Blackwood) 1858. 8. (5 s.) Johnston (A. K.), A School Atlas of Physical Geography, illustrating a Se- ries of Original Designs, the Elementary | Facts of Geology, Hydrology, Meteo- rology and Natural History. New edit. London (Blackwood) 1858. 8. (12. 6.d.) Milner (T.) and Petermann (A.), A Descriptive Atlas of Astronomy, and of Physical and Political Geography; with Descriptive Letterpress. The Maps of Physical and Political Geography con- structed, or carefull revised and cor- rected by A. Petermann. New edition. | London (Ward & Co.) 1858. 4. (30 =.) Nicolay (C. G.), Eton College Atlas. Pt. I. Ten Maps illustrative of Physi- cal Geography, engraved by Edw. Whee- ler. With Descriptive and Explanatory Introduction to each Map. London (Wil- liams) 1858. roy. 8. (7 =. 6.d.) Philip’s Comprehensive School Atlas of Ancient and Modern Geography, con- structed from the latest and best Au- | thorities ete. By J. H. Johnston. New edit. London (Philip) 1858. roy. 8. (108. 6d.) Philip’s Family Atlas of Physical, Ge- neral, and Classical Geography: a series of Maps, constructed from the latest and best Authorities, Letter- press. Climate, Soil, Resources, and Chief Natural Productions of each. Country. Edited by Wm. Hughes. New edit. London (Philip) 1858. fol. (31. 6d.) Philip’s Introductory School Atlas: com- prising eighteen Maps of the prineipal Countries of the World, accompanied | by a copious Consulting Index. By J. H. Johnston. New edit. London (Philip) 1858. roy. 8. (5 s,) The Harrow Atlas of Modern Geography, expressely for | this Work, accompanied by Illustrative | W. Koner: with Index, selected from the Maps published under the Superintendence of the Society for the Diffusion of Useful Knowledge. New edit. London ( Stan- ford) 1858. fol. (12 s. 6.d.) Jaeger (J.), Goedkoope school-atlas. In 10 kaarten. Assen (van Houten) 1858. 4; (d-,1.,) Oomkens’ Atlas der aarde. In 9 kaarten voorgesteld als teekeningen op de lei. Groningen (Oomkens) 1858. 4. (£.1,50.) School-Atlas van alle deelen der aarde in 42 kaarten. Opgedragen van Z.Exc. den heere Graaf J. van der Bosch. 5* druk. 24 gelith. u. gekl. kaarten. Rotterdam (Petri) 1858. 4. (f. 3,75.) Ratzeburg (J. A. H. C.), en J. M. Heybrock, Zeevaartkundige atlas in XXI platen met beschrijving. 41 gelith. kaarten en 46 bl. tekst. Amsterdam ( Stemler , 1858. breed 4. (f. 4,25.) Karten von Europa, namentlich Mittel-Europa. (Post-, Eisenbahn- und Reisekarten. ) Dewald (G. A. H.), Wandkarte von Europa. Entworfen und gezeichnet für den Schulgebrauch. 4 Bl. lith. u. col. Erlangen (Palm) 1858. Imp. Fol. (1 Thlr.) Flufsnetz von Central-Europa. Lith. Ber- lin (Meyer) Fol. (2} Sgr.) Flufsnetz von Europa. Lith. ibid. (2! Sgr.). Kliewer (F. W.), Eisenbahnkarte von Deutschland und Theilen der angren- zenden Länder. 6. Aufl. Kupferst. Ber- lin (D.Reimer) 1853. Fol. In 16-Car- ton. (6 Sgr.) Bühler (J. A.), Neueste Post-, Reise- und Eisenbahnkarte von Deutschland und den angrenzendenLändern. 12. Aufl. Kupferst. u. illum. Nürnberg (Lotz- beck) gr. Fol. In 16-Carton. (! Thlr.) Haymann (B.), Post- und Eisenbahn- karte von Deutschland und den angren- zenden Ländern. Ausg. für 1858. Lith. u. illum. Dresden (Gottschalck) 1853. Imp. Fol. (In 8-Carton. 12 Sgr.) Hendschel (U.), Neueste Eisenbahn- karte von ÜCentral-Europa. (Neue Ausg.) Frankf. a. M. (Jügel) 1858. Imp. Fol. (In 8-Carton 1 Thlr.; auf Leinwand. u. in 8-Carton 14 Thlr. ) Hendschel (U.), Post- und Eisenbahn- Neu erschienene geographische Werke, Aufsätze, Karten und Pläne. karte von Deutschland und den Nach- barstaaten. (Neue Ausg.) ibid. Imp. Fol. (Auf Leinw. u. in Etui. 3 Thlr.) Lauer (H.), Eisenbahnkarte von Mittel- Europa mit Angabe sämmtlicher Bahn- stationen und Postverbindungen. 8. Auf. Lith. Berlin (Schotte & C.) 1859. Imp. | Fol. (! Thlr.) Jernbanekort over Mellen-Europa. Odense (Petersen) 1858. 24 Is. Neue Karte des Rheinlaufs von Basel bis Rotterdam. Lith. Berlin ( Grieben ) 1858. Qu. Fol. (14 Thlr. ) Karten von Deutschland. Mayr (J. G.), Atlas der Alpenländer. Schweiz, Savoyen, Piemont, Süd- Bayern etc. 1. Lief. Gotha (J. Per- thes) 1858. Imp. Fol. (4 Thlr., ein- zelne Blätter aufgezogen 2 Thlr. ) Karten von Preufsen. Der preufsische Staat. 11 colorirte Karten in Kupferstich. 2. Aufl. Gotha (Per- thes) 1858. Fol. (3 Thlr.) Special-Atlas des preufsischen Staates in | 20 color. Regierungs- Bezirks - Karten. 1.— 3. Lief. Lith. Erfurt ( Bartholo- maeus) 1858. gr. Fol. (12 Sgr. ) Bull (A.), Kort over Kongeriget Preu- fsen. Gjennemseet og revideret af P. C. Friedenreich. Kjebenhavn. 1858. (40 fs.) Geyer (V.), Neuester Plan und Um- gegend der K. Residenzstadt Potsdam. Lith. Berlin (Meyer) 1858. Fol. ( Dhlr.) Studt (C.), Plan von Breslau In neuer Bearbeitung von C. Diebisch. Lith. Breslau (Kern) 1858. gr. Fol. (12 Sgr.) Karte der Post- und Eisenbahn - Course im Bezirk der Ober-Post-Direcetion zu Liegnitz. Lith. Glogau (Flemming) 1858. Imp. Fol. (6 Sgr.) Lange (H.), Magdeburg. Plan der Stadt nebst einem Führer für Fremde. Leip- zig (Brockhaus’ Reise-Atlas). 1858. qu. 4. (In 8-Carton. 4 Thlr. ) Lautensach, Karte der Saarbrücker und der Rhein-Nahe-Eisenbahn. M. 1:180,000. Kreuznach (Voigtländer) 1858. qu. Imp. Fol. (Im engl. br. 8-Carton. 1; Thlr.) Zeitschr, f, allg. Erdk. Neue Folge. Bd.V. | 945 Büchel (J.), Karte des Kreises Bern- eastel. Lith. u. illum. Trier (Gall) 1858. Imp. Fol. (In 8-Cart. 124 Sgr.) — , Karte des Kreises Merzig. Lith. u. illum. ibid. (In 8-Carton. 125 Sgr.) ‚ Karte des Kreises Saarbrücken. Lith. u. illum. ibid. (In 8-Carton. 12} Sgr.) — , Karte des Kreises Bitburg. Lith. u. illum. ibid. Imp. Fol. (4 Thlr., cart. 124 Sgr.) — , Karte des Kreises Daun. illum. ibid. 12! Sgr.) Lith. u. Imp. Fol. (4 Thlr., cart. ' — , Karte des Kreises Oltweiler. Lith. u. illum. ibid. Imp. Fol. (4 Thlr., cart. 12! Sgr.) — , Karte des Kreises Prüm. Lith. u. illum. ibid. Imp. Fol. (4 Tbhlr., cart. 12, Sgr.) — , Karte des Kreises Saarburg. Lith. u. illum. ibid. Imp. Fol. (4 Thlr., cart. 124 Sgr.) — , Karte des Kreises Trier. 1. Bl. Frie- densgerichtsbezirk Trier und Schweich. Lith. u. illum. ibid. Img. Fol. (4 Thlr., cart. 124 Sgr.) »— — — 2. Bl. Friedensgerichts- bezirk Hermeskeil. Lith. u. illum. (+ Thlr., cart. 123 Sgr.) ‚ Karte des Kreises St. Wendel. ibid. Imp. Fol. (3 Thlr., cart. 12} Sgr.) — , Karte des Kreises Wittlich. Lith. u. illum. Imp. Fol. (} Thlr., cart. 124 Sgr.) Plan von Trier. ibid. Lith. Futteral 4 Thlr.) (In —, Karten der übrigen Theile Deutschlands. Neuester Plan von Göttingen. Lith. Göt- tingen (Vandenhoeck u. Ruprecht) 1858. In 16-Carton. (8 Sgr.) Plan von Hamburg und Altona. Litb. Hamburg (Niemeyer) 1858. qu. Imp. Fol. (In engl. 16-Carton. 5 Thlr.) v. Restorff (C.), Charte der Grofsher- zogthümer Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz. Neue Aufl. Lith. u. illum. Schwerin (Hildebrand) 1858. Imp. Fol. 14 Thlr. v. Süfsmileh-Hörnig (M.), Special- karte vom Königreich Sachsen. 4 Bl. Dresden (Burdach) 1858. Imp. Fol. (Cart. I Thlr., auf Leinw. 14 Thlr.) 3 546 Werl’s General-Situations-Plan von Leip- zig und angrenzenden Ortschaften. Lith. Leipz. (Werl) 1858. Imp.Fol. (4 Thlr.) Vocke (K.), Ilustrirte Reisekarte vom Thüringerwald-Gebirge. Lith. u. illum. Eisleben (Kuhn) 1858. gr.Fol. (6 Sgr.) Lange (H.). Werra-Bahn von Eisenach nach Coburg und Anschlüsse nach Son- neburg und Lichtenfels. Chromolith. Coburg (Riemann jun.) 1858. Fol. In Carton. (8 Ser.) Bach (H.). Flufs- und Gebirgskarte von Württemberg, Baden und Hohenzollern mit Angabe der wichtigsten Höhen- punkte. Chromolith. Stuttgart (Metz- ler) 1858. Imp. Fol. (1 Thlr. 4 Sgr.) Winckelmann (E.), Wandkarte von Württemberg, Baden und Hohenzollern. Rev. Ausg. 4 Bl. Lith. u. illum. Efs- lingen (Weychardt) 1858. Imp. Fol. (2 Thlr. 4 Sgr.) Neue Reisekarten vom Fichtelgebirge und von der Fränkischen Schweiz. Lith. Berlin (Grieben) 1858. Fol. u. qu. 4. (4 Thir.) Mablmann (H.), Politisch-statistische Karte vom österreichischen Staate. Lith. u. illum. Berlin (D. Reimer) 1857. Imp. Fol. (1 Thlr.) Becker (M. A.), Administrationskarte des österreichischen Kaiserstaates. Nach Angabe des Herausgebers gezeichn. u. lith. von Franz Simic. Wien. 1 Bl. Eisenbahnkarte von Oesterreich. Aufl. f. 1858. Wien (Artaria & C.) 1Bl. Uebersichtskarte der Umgebungen von Prag. Lith. Prag ( Bellmann ) 1858. 4. (In 16-Carton. 4 Sgr.) Plan der K. K. Haupt- und Residenz- | stadt Wien. von E. Sieger. Druck von C. Ge- rold’s S. M. 1:14,400. Profile von der inneren Stadt nach den | Vorstädten Wiens. Aus d. K. K. Hof- u. Staatsdruckerei. 4 Bl. Profile von der inneren Stadt Wien. 1 Bl. Plan der Stadt Baden mit den nächst an- grenzenden Ortschaften. Wien (Sieger) ı Bl. Plan der Stadt Pettau und ihrer Umge- bung. Graz 1858. Lith. Anst. von A. Lezkam’s Erben. Gez. von Raisp. Karten der Schweiz. Zur neuesten Kartographie der Alpenlän- der. — Petermann’s Mittheil. IV. 1858. p- 307; Wien 1858. Lith. Anst. | W. Koner: Kort over Schweiz. Udgivet af J. Hof- fensberg. Kjebenhavn 1858. (8 fs.) Tschudi’s Schweizer- Karte für Rei- sende entworfen und gezeichnet von C. B. Baur. Chromolith. St. Gallen (Seheitlin u. Zollikofer) 1858. qu. Fol. (Auf Leinw. in 16-Carton. 21 Sgr.) Kiepert (H.), Reisekarte der Schweiz. Kupferst. u. illum. Berlin (D. Reimer) 1858. gr. Fol. (In 16-Carton. 16 Sgr.) Neue Reise-Karte der Schweiz. Lith. u. illum. Efslingen (Weychardt) 1858. gr. Fol. (In 8-Carton. 12 Sgr. ) Ohmann (C. L.), Das Alpen-Gebiet. Lith. u. illum. Berlin (D. Reimer) 1858. qu. Imp. Fol. (6 Sgr.) Delkeskamp (F. W.}, Relief der Schweizer und angränzenden Alpen. 1. Ausg. 1.—6. Lief. Frankf. a. M. (Delkeskamp) qu. Fol. (& 1 Thlr. 2 Sgr.) Karten von Frankreich. Carte de France au 1:80,000°, publiee au Depöt de la Guerre: N. 177, Saint- Etienne; N. 193, Villereal; N. 250, Urdos; N. 255, Perpignan; N. 258. Ceret. Karten der Niederlande. Topographische Kaart van het Koning- rijk der Nederlanden, vervaardigd door de Offcieren van den Generalen Staf en gegraveerd op het Topographisch Bureau van het Ministerie van Oorlog, op de schaal van 1:50,000. Blad 27 (’Hattem) en 38 ( Gorinchem ). s’ Gra- venhage, Depart. van Oorlog. (Per blad. f. 2,80.) Mees (Azn.Mr.G.), Historische atlas van Noord- Nederland, van de XVlIe eeuw tot op heden. 9° afl. Ye kaart. Ne- derland. Rotterdam (van der Meer & Verbruggen) 1858. Fol. (f. 2.) Landkaartjes voor schoolgebruik. Uit- gegeven door de gewestelijke Vereeni- ging Noord-Holland van het Nederl. ondervijzers-genootschap. N. 63. De geunieerde provineien in 1610. N. 64. Het kanton Hoom en het vasteland der kantons Enkhuizen en Medemblik (Arrondissement Hoom.) N. 65. De Vereenigde Staten van Nord-Amerika. N. 66. Zuid-Amerika.. Amsterdam (Brinkman) 1858. kl. 4. (f. 0,05 per kaardje). de Geus (C.K.), Atlas & l’usage des voyageurs, contenant les plans des villes le long des chemins de fer Neerlandais, avec la description locale, indication des euriosites, statistique ete. 10 lith. und illum. Tafeln mit Text. Gro- ningen (G. de Geus) 1858. kl. 4. (f. 3.) — Daraus besonders: Plan von Amsterdam. (f. 0,50.) Karten von Grofsbritannien. Collins’ Railway and Pedestrian Atlas of England: Containing Forty-three Maps, with all Railways and Roads accurately laid down. London 1858. 8..(2s.6d.) Collins’ Railway Map of England. Co- loured and mounted on linen. Lendon (Darton) 1858. 12. (23. 6d.) Stanford's Road and Railway Map of England. London (Stanford) 1858. (83. 6d.) Stanford’s Road and Railway Map of Ireland. ibid. (3s. 6d.) Stanford’s Road and Railway Map of Scotland. ibid. (3 =. 6d.) Tourist's Map of North and South Wales. London (Whittaker) 1858. (6d.) Stanford’s Map of Channel Islands. London (Stanford) 1858. 12. (1s.) Stanford’s Map of the Isle of Wight. | London ( Stanford) 1858. 12. (1s.) | Philip's Atlas of the Counties of Scot- land. London (Philip) 1858. 18. (?2s. 6d.) Edinburgh: a Complete View of the City and Evirons, as seen in a Walk round the Calton Hill. London (Houlston ) 16. (38. 6.d.). Karten von Dänemark. Plan af Kjebenhavn, revideret i Marken i Juni 1856. Kjebenhavn (teen ) 1858. (32 is.) Both (A.), Kaart over Kjebenhavns Amt. Kjebenhavn (Stinck) 1858. (32 (s.) Kort over Kjebenhavn Omegn. Optaget i Marken og tegnet i Authographi af L. Both. Kjebenhavn. 1858. (40 fs.) Kaart over Kjebenhavn og Omegn i 6 Blade. 1854. Rettet til 1858 af Senne. Ferste Blad. Kjebenhavn (Bielefeldt) 1858. (64 Is.) Tegnet af Th. Branth. | Neu erschienene geographische Werke, Aufsätze, Karten und Pläne. 547 Both (A.), Kaart over Frederiksborg Amt. Kjebenhavn (Stinck) 1858. (32 fs.) Kaart over Vesterbro med sit hele om- liggende Terrain. Optaget i Marken og tegnet i Authographi af L. Both. Kjobenhavn (Stinck) 1858. (40 fs.) Bull (A.), Kort over Sjaelland med Moen og Samse samt omliggende Smaaeer. Paa Grundlag af Matri- klens minorerede Opmaalinger, optaget i Marken af Topograph L. Both i Aarene 1855 og 1856. Plan 3 og 4 (sydostl. og sydvestl. Deel) Plan V og VI af Atlas von Danmark. Kjebenhavn (Steen og Bull) 1858. (2 R:d. 48 [s.) Mansa (J.H.), Kort over Laaland og Falster. Anden omarbeidede of forbe- drede Udgave. Kjebenhavn (Gad) 1858. (1R:d.) Kort over Sore Omegn. Optaget og teg- net i Authographi af L. Both. Kje- benhavn 1858. (16 fs.) Kaart i 1:120,000sand Sterrelse over Slesvigs Fastland og Als. Efter Krigs- ministerens Befaling recognosceret i Aarene 1851 til 1854 of Officeren i Armeen paa Grundlag af Videnskaber- nes Selskabs Opmaalinger. Bearbeidet og udgivet ved Generalstaben. Ostre Blad Bl. II. Nordvestre Blad I. Vestre Blad III. Kjobenhavn 1858. (a 1 R:d.) Karten von Spanien. Hijon (Max), Toledo, levantado y pu- blicado & coste y bajo la direceion de D. France. Coello. Madrid 1858. 1 Bl. fol. maj. (12 rs.) Karten von Italien. Italien nach seinen historischen Bestand- theilen und das römische Italien nach seiner natürlichen Beschaffenheit. Prag. Lith. Anst. von Bellmann. 1 Bl. ' Bull (A ), Kort over Italien. Gjennem- seet og revideret af P. C. Friedenreich. Kjebenhavn 1858. (40 ß.) Nuova Carta postale dell’ Italia. (Vallardi). 1 B]. Carta topografica ed idografica dell’ pro- getto d’un canale per irrigazione ed usi domestici dei comuni dell’ alto Mila- nese a per navigazione fra Milano ed il lago maggiore. Milano. 1 Bl. M. 1:250,000. Milano 548 Karten von der Türkei und Griechenland. Bull (A.), Kort over det europaeiske og Kongeriget Graekenland. | Tyrkie Gjennemseet og revideret af P. C. Frie- denreich. Kjebenhavn 1858. (40 fs.) Chaix, Notice sur les eartes de l!’Archi- pel grece, levees par la marine anglaise. — Bull. de la Soc. de Geogr. 4e Ser. XVI. 1858. p. 90. Karten von Asien. Kort over det egentlige China. Udar- beidet og tegnet af L. Both. Kjobenhavn 1858. (48 Is.) Jung (G.), Atlas zur Geschichte des Alten Bundes von Joh. Heinr. Kurtz. Entworfen und mit begleitendem Texte versehen. Berlin (Wohlgemuth) 1859. gr. 4. (1 Thlr.) Lionnet (A.), Bibel-Atlas, nach den neue- sten und besten Hülfsquellen. 2. Ausg. Berlin (G. W. F. Müller’s Verl.) 1859. | Imp. 4. (2 Thlr.) van Senden (G.H.), Bijbel-atlas, Nieuwe verbeterde uitgave. Bevattende tevens de voltovijing van het daarbij behoo- rende, maar nog onafgewerkt registre, door R. J. Veth. 4eafl. Kaarten. Amsterdam (Brinkman) 1858. gr.4. (f. 1,80.) van de Velde (C. W. M.), Map of the Holy Land. 8 Bl. in Kupferst. Gotha (J. Perthes) 1858. gr. Fol. In engl. | Mappe. 7 Thlr. van de Velde (C. W.M.), Memoir to | accompany the Map of the Holy Land. ibid. gr. 8. (24 Thlr.) Van de Velde (C. W.M.), Plan of the Town and Environs of Jerusalem, from the English Ordnance Survey and Mea- surements of Dr. T. Tobler. With Memoir by T. Yobler. Gotha (Perthes). | White (A. T.), Tabular Views of the | Geography and Sacred History of Pa- lestine, and of the Travels of St. Paul: intended for Pupil Teachers ete. Lon- don (Simpkin) 1858. (1s.) Malte-Brun (V.A.), Carte de liile de Perim et detroit de Bab-el-Mandeb, d’apres la carte de Moresby. 1858. Lith. | Paris | W. Koner: | Carte de l’empire d’Annam, Tonkin et ‘ Cochinchine, pour servir a l’histoire | des missions de la Compagnie du Jesus. 1858. Allgemeene Atlas van Nederlandsch Indie. Uit offieiele bronnen zamengesteld door P. Baron Melvillvan Carnbe&e. Bl. 25, 26, 27 en 28; de afdeeling Billi- ton, of (Blitong), de residentie Che- ribon, Banjoemas en Tagal. 4 gelith. en gekl. bladen. Batavia (van Haren Noman & Kolff. Voor Nederland: Zalt- Bommel, Joh. Noman & Zoon.) 1858. fol. “(per kaart f. 2,25.) | Koot (A.), Kaart der Nederlandsche Overzeesche bezittingen. 4 gelith. en | gekl. bl. Haarlem (de Erven Loosjes) 1858. (f. 1,50.) Verslag der commissie tot verbetering der Indische zeekarten, over 1857. — Ver- handel. en berigten betrekkelijk het zee- wezen. Nieuwe volgorde, 1858. N. 3. Karten von Amerika. Karte von Canada mit besonderer Rück- sicht auf die angesiedelten und der An- siedelung erschlossenen Theile. Chro- molith. Berlin (Nicolai’sche Verlags- buchh.) 1858. qu. Fol. (} Thlr.) Malte-Brun (V. A.), Carte des Etats du Mexique au temps de la conquete en 1521, dressee sous la direetion de M. Yabbe Brasseur de Bourbourg, d’a- pres les anciens documents de la vice- | royaute, les cartes de la Societe de geographie et de statistique du Mexi- que. Paris 1858. ‚ Mapa de la Republica de la Nueva-Gra- nada, dedicado al baron de Humboldt a quien deben los primeros conoeimien- tos geograficos y geolojicos positivos de este vasto territorio por el eoronel de artilleria Joaquin Acosta. 1847. Arreglada al sistema federal de 1858, por J. M. Samper. M. 1:2,700,000. | Die Kartographie von Chile. — Peter- mann’s Mittheil. IV. 1858. p. 423. Hühn (W.), Süd-Brasilien. Entworfen mit Benutzung der zuverlässigsten Karten und Quellen. Lith. u. illum. Hamburg (Würger) 1858. Imp. Fol. (1 Thlr.) I Neu erschienene geographische Werke, Aufsätze, Karten und Pläne. 549 Physik der Erde, Ganot’s (A.) Lehrbuch der Physik und | Prestel, Die geographische Verbreitung Meteorologie. Weiske. 2 Bde. 8. (34 Thlr.) Henry (Jos.), Meteorology in its Con- nection with Agrieulture. (From tlıe Agricultural Report of the U. St. Pa- Frei bearbeitet von A. | Leipzig (Vols) 1858. tent Oftice, 1856.) Washington 1858. 8. | Helmes (Jos.), Das Wetter und die Wet- | terprophezeiung. Ein Cyklus meteoro- logischer Vorträge für Gebildete, Han- nover (Hahn) 1858. XII, 252 8. gr. 8. (1 Thlr. 5 Sgr.) Meteorological and Physical Tables, pre- pared for the Smithsonian Institution by Amold Guyot. Second edition. Washington 1858. 8. Harrison (J. P.), Ueber den Einflufs des Mondes auf die Temperatur. — Ausland. 1858. N. 43. Klör, Wind und Wetter. — Die Natur. 1858. N. 27. 31.34. 39. Lose (L.), Ueber die täglichen Schwan- kungen des Windes. — Poggendorfs Annalen. CIV. 1858. p. 449. Baeyer (J. J.), Ueber die Bahnlinie der Winde auf der sphäroidischen Erde. — ibid. CIV. 1858. p. 377. Röder, Nähere Bestimmung des Begrifts „Föhnwind“ und der richtigen Schreib- weise seines Namens. — Jahresber. d. naturforsch. Ges. Graubündens. N. F. III. 1858. v. Wüllerstorf- Urbair (B.), Beitrag zur Theorie der Luftströmungen und der Vertheilung der Winde auf der Ober- fläche der Erde. — Mittheil. der k. k. Geogr. Ges. in Wien. II. 1858. p. 230. Ein Instrament zur Bestimmung relativer N Reinheit der Luft in Städten und auf dem Lande. — Ausland. 1858. N. 34. Ergebnisse der Beobachtungen auf den magnetischen Stationen des Erdkreises. — ibid. 1858. N. 42. Krause (K. E. H.), Noch Einiges über den Moorrauch. (Als Nachtrag zu Dr. Prestel’s Aufsatz.) — Petermann’s Mit- theil. IV. 1858. p. 315. Eine Naturerscheinung im Baltischen Meere. Zeitschr. f. allgem. Erdkunde. N. F. V. 1858. p. 163. Beiträge zur Gewitterkunde. — Archiv d. | Vereins für Freunde der Naturgesch. in Mecklenburg. XI. 1857. der Gewitter in Mittel- Europa im Jahre 1856, sowie über die gegenseitige Be- ziehung zwischen dem Auftreten der Gewitter, der Temperatur, der Wind- richtung und dem Barometerstande. — Sitzungsber. der Wiener Akad. d. Wiss. Mathem.-naturwiss. Cl. 1858. XXIX. p- 533. Auch besonders erschienen. Wien (Gerold’s Sohn) 1858. Mit 3 lith. Taf. gr. 8. (27 Sgr.) Uitkomsten van Wetenschap en Ervaring aangaende winden en zeeproomingen in sommige gedeelte van den Ocean, uitgegeven door het koninklijk Neder- landsch Meteorologisch Instituut. T. 1856. 160 8. II. Ebds. 1857. 74 8. III. Ebds. 1858. 1228. gr. 4. (Nicht im Buchhandel.) Ueber das Klima Deutschlands. — Kriti- sche Blätter f. Forst- u. Jagdwissensch. Bd. XLI. 1858. p. 109. Dove (H. W.), Ergebnisse der in den Jahren 1856 — 57 angestellten Beob- achtungen des meteorologischen Insti- tuts. (Bildet den neuesten Band der Tabellen u. amtlichen Nachrichten über den Preufs. Staat.) Berlin 1858. Fol. (3 Thlr.) Dove (H. W.), Meteorologische Beobach- tungen in den Monaten März bis Juli 1858. — Mittheil. des Berlin. statist. Bureau's. 1858. N. 9. 12. 13. 15. 16. .20. v. Rath (G.), Ueber die Wettersäule, wel- che am 10. Juni 1858 oberhalb Königs- winter zwei Mal über den Rhein zog. — Poggendorffs Annalen. CIV.1858.p.631. Flesch, Witterungsbeobachtungen, ange- stellt während des Jahres 1857 auf der Station Trier. — Jahresber. d. Ges. für nützl. Forsch. zu Trier. (1857) 1858. Boll (E.), Beiträge zur Gewitterkunde, mit besonderer Berücksichtigung Mek- lenburgs. — Archiv d. Ver. für Freumde der Naturgesch. in Meklendurg. XI. 1858. Prozell, Meteorologische Beobachtungen zu Hinrichshagen. — ibid. XI. 1857. XII. 1858. Prozell, Meteorologische Beobachtnngen, angestellt im Jahre 1856 auf der Navi- gationsschule zu Lübeck, — ibid. XI, 1857. 550 W. Koner: Neu erschienene geographische Werke, Aufsätze ete. Uebersicht der Beobachtungen des Grofs- herzogl. Katasteramtes im Jahre 1857. — Notizbl. d. Vereins für Erdkunde zu Darmstadt. 1858. N. 20. Meister, Beobachtungen der Bodentem- peratur zu Freising, — Poggendorffs Annalen. CIV. 1858. p. 355. Plieninger, Die Witterung im Jahre 1857. — Württemberg. Jahrb. 1857. Heft 1. (1858). p. 77. Observations meteorologiques faites a l’ob- servatoire de Geneve sous la direetion de M. le Prof. E. Plantamour. — | Biblioth. univ. de Geneve. des Heftes. Zu Ende je- Meteorologische waarnemingen in Neder- land en zijne bezittingen, en afwijkin- gen van temperatuur en barometerstand op vele plaatsen in Europa. ven door het Kon. Nederl. Meteorolo- gische Instituut. 1857. Utrecht (Ke- Vitgege- mink & Zoon). VIII en 350 bl. 4. | Engelmann and Wislizenus, Meteo- (Nicht im Buchhandel.) Weerkundige waarnemingen op de huize Zwanenburg. — Allgemeene Konst- en Letterbode. 1858. Zu Ende jeder Num- mer. Osservazioni meteorologiche di marzo e aprile 1858. — Atti dell’ I. R. Istituto Lombardo di scienze. I. 1858. p. 173. Das Klima von Nizza in Bezug auf die Gesundheit. — Allgem. Zeitung. 1858. Beil. N. 185—91. Neue meteorologische Beobachtungen in Sibirien. — Petermann’s Mittheil. IV. 1858. p. 333. Dove (H. W.), Die Temperatur von Ja- | kuzk. — Zeitschr. f. allgem. Erdkunde. N.F. V. 1858. p. 355. Physikalisch-geographische Beobachtungen in Jerusalem. —- Petermann's Mittheil. IV. 1858. p. 296. Burton, Tages- und Nachtzeit auf dem Rothen Meere. — Zeitschr. für d. ge- sammte Naturwissensch. 1856. p. 543. Kreil (K.), Resultate aus fünfmonatlichen Beobachtungen aus Chartum und aus dreizehnmonatlichen Beobachtungen in Ulibary und Gondokoro. Wien (Ge- rold’s Sohn, in Comm.) 1858. gr. 4. (6 Sgr.) Observations meteorologiques faites & l’Ar- senal de l’Artillerie d’Alger pendant l’an- nee 1858. — Gazette medicale de l’Al- gerie. 1858. Zu Ende jeder Nummer. Bache (A. D.), On the Winds of the Western Coast of the United States, from Observations in Connection with the U. S. Coast Survey. — American Journ. of Science. Sec. Ser. XXV. 1858. p- 52. Ueber das Klima im Innern und Westen der Vereinigten Staaten von Nord-Ame- rika. — Ausland. 1858. N. 32. rological Obseryations for 1856, made in St. Louis. — Transact. of the Acad. of Science of St. Louis. 1858. p. 301. Regenmenge auf der Insel Trinidad. — Petermann’s Mittheilungen. IV. 1858. .p. 423. Temperatur der Insel Trinidad. — ibid. IV. 1858. p. 424. Beobachtungen über die Regenmenge zu Rio de Janeiro in den Jahren 1851 — 1854. — ibid. IV. 1858. p. 421. Neumayer, Das Südlicht in Australien. — ibid. IV. 1858. p. 424. Gulick (L. H.), The Climate and Pro- ductions of Ponape or Ascension Is- lands, one of the Carolines. — Ameri- can Journ. of Science. Sec. Ser. XXVI. 1858. p. 34. ns Gedruckt bei A. W. Schade in Berlin, Grünstrafse 19. Erdkunde Neue Folge Bil.V- DER UNTERE STROMLAUF des PARANA wm» URUCGUAY im Gebiete der Argentinischen Republik nach der Aufnahme des LT! TH. PAGE Commandeur des nordamericanischen Rriegsschiffes Waterwilch, 1855. L Werl Aus dem Original in 100,000 "10 redueire C- ") ( TLmPARANA & on | nn IR ii er E)N miese tree l nosano N £ T Gualeguayehng SHIAN NS Gualesuay,, SEES Sander Pe Gulahe Vogre Urugmay Berlin, bei D. Reimer. 1859 2 ‘ 4 Be a ni Ir - NEUER HANDATLAS In unserem Verlage erschien und ist durch alle Buchhandlungen zu beziehen : Description s du departement du Bas-Rhin publiee avec le concours du conseil general sous les auspices de M. Migneret, prefet. Tome premier. gr. in-8°. br. 2 Thlr. 20 Sgr. Das vollständige Werk wird 4 Bände umfassen, die in kurzen Zwischen- räumen auf einander folgen werden. Paris et Strasbourg. Vr: Berger-Levrault & fils. Derfag von 5. 4. Brokhans in Leipzig.. Illustrirter Handatlas. Unter diesem Titel ist soeben die erste Lieferung eines neuen Kunst- und Prachtwerks erschienen, im Verein mit E. Leeder und H. Leutemann von Th. Schade herausgegeben und für Freunde der Erdkunde wie zum Ge- brauch beim Unterricht bestimmt. Das Werk wird 25 Blätter in Stahl- stich (in Grofs-Folio) nebst erläuterndem Texte enthalten und in 6 Liefe- rungen zu 4— 5 Blatt erscheinen. Subseriptionspreis 12 Sgr. für jedes Blatt nebst Text. . $ “ Die erste Lieferung (1 Thlr. 18 Sgr.) ist nebst einem Prospect in allen Buch-, Kunst- und Landkartenhandlungen vorräthig. Im Verlage von DIETRICH REIMER in Berlin ist so eben erschienen: ÜBER ALLE THEILE DER ERDE. IN VIERZIG BLÄTTERN. . BEARBEITET voN Dr. HEINRICH KIEPERT. Achte Lieferung. Inhalt: No. 8. Nordwestliches Deutschland. 11. Pommern und Preufsen 13. Galizien, Ungarn und Nebenländer. 40. Süd- America. PS EEEEEEELEEEETELLLEPLELTELLETTETETLERE 5 in naturwissenschaftliches & 2) Aus der Heimat D) Volksblatt , von Professor & 5 Rossmässler. Wöchentlich I Bogen mit Illustrationen, Preis & & pro Quartal 7. Thlr., durch alle Buchhandlungen. und Postanstalten zu & u. ® beziehen. Probenummern sind in allen Buchhandlungen zu haben. 2 SR C. Flemming. ” Ieipziger Hlluftrirte Zeitung. Wöchentliche Nachrichten tiber alle Ereigniffe, Perfönlichfeiten und Zu> fände der Gegenwart, Über Tagesgefchichte, öffentliches und gejelliipaft- liches Leben, Wiffenfchaft und Kunft, Mufik, Theater und Moden. BVierteljährlicher Abonnementspreis 3 Thlr. IF? Mit dem 1. Januar Hat ein neues Abonnement auf unfere Zeitung begonnen. — Beftellungen auf viefelbe werden in allen Buch= und Kunfthandlungen, forwie von allen Poftanftalten angenommen, wofelbft -aud) Brobe-Nummern gratis abgegeben werden. 8 #, ; Expedition der Iunfieirten Beitung in Leipzig. Verlag von F. A. Brockhaus in Leipzig: Lehr- und Handbuch der allgemeinen Geographie. Bon Dr. Gnftap Leopold Staedler. Mit zahlreichen Holzfhnitten. 8 Geh. 2 Thlr. 20 Sar. (Auch in 8 Lieferungen zu I0 Sgr. au beziehen.) Diefes jest vollftändig vorliegende Werk zeichnet fi) namentlich burd) große Bollftändigkeit und Umfafjung des gefammten Gebietes. der ‚geographifchen MWiffen- fchaften fowie durch befonders überfichtliche Behandlung des reihen Materials vor allen ähnlichen Werken aus, wie dies auch bereits vielfach öffentlich anerkannt wor- den ift. 3 Von dieser Zeitschrift erscheint jeden Monat ein Heft von 5— 6 Bogen mit Karten und Abbildungen. Der Preis eines Bandes von 6 Heften, welche nicht getrennt abgegeben werden, ist 2 Thlr. 20 Sgr. R=> Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Post- Anstalten. Gedruckt bei A. W. Schade in Berlin. Grünstrafse 18, nn er Br art RR FREE $ j ö 4 Ein = a7 # DR N N HER » ö re En he een Se Ze EI ra