art " Be 2 SI ze . 1 M 7 we 5 Ki A r Er en „u % “ ZEITSCHRIFT FÜR ALLGEMEINE ERDKUNDE. MIT UNTERSTÜTZUNG DER GESELLSCHAFT FÜR ERDKUNDE ZU BERLIN UND UNTER BESONDERER MITWIRKUNG VON H. W. DOVE, C. G. EHRENBERG, H. KIEPERT vs C. RITTER IN BERLIN, K. ANDREE ıs orespen uno J. E. WAPPÄUS m sörrınsen HERAUSGEGEBEN VON Dr. K. NEUMANN. NEUE FOLGE. SECHSTER BAND. MIT VII KARTEN. BERLIN. VERLAG VON DIETRICH REIMER. 1859. I Rn Er ‘ea 7 er n B% er, Be bi Di | | = ; Ki; 5 TIIIHDeTEE + fi > Ts, au et. adv INAAT VIE DUUSTÜTZAAFYU TI | via US Uardaana ad TIANDa EEE OAHUHRWTIM AAATAHO2LATE ATTAU And ch ON SATTE I am TATLNIN ‚U DICHTERS 0.08 ‚Hilsaa Rı KAORIEIOD I SUATTAW Ri u uwg Taasasa ur I HAaA9ADRUAgan KoW, MUAMUAWE «U ‚AuLA HITEHIE OT TUE ‚MERTSLAI II TR Le) VD. Inhalt des sechsten Bandes. . Ueber die Veränderungen der Temperatur des Meerwassers in der jährlichen Periode. Von H. W. Dove. . Verkehrs- und Handelsverhältnisse des an ce Neu-Granada. Mitgetheilt von dem Königl. Geschäftsträger bei den Regierungen von Central- Amerika und Neu-Granada, Geh. Finanz- Rath Dr. Hesse . John M‘Douall Stuart’s Een in ee Ta Süd- Re liens, im Jahre 1858. Vom Herausgeber . . Die Schoho’s und die Beduan bei Massua. Von Werner Mun- zinger . Verkehrs- und Blallreriifaike 2 lanenzeshnäen RER Neu-Granada. Mitgetheilt von dem Königl. Geschäftsträger bei den Regierungen von Central- Amerika und Neu-Granada, Geh. Finanz- Rath Dr. Hesse (Schlufs) . . Beiträge zur Kenntnis der Republik Chile. ons Herausgeber 1. Die Provinz Concepcion 5 . : e Ueber die Entwickelung der RR NEE PER im Preufsi- schen Staate und ihren Einflufs auf den Volkswohlstand und Han- delsverkehr. Vom Geh. Reg. Rath Prof. Dr. Schubert in Königs- berg . Die dauro- RER Grenz in Tosibaikaltän., Von Radde. Aus dem Russischen, vom Herausgeber . . Barometer-Beobachtungen in Mendoza. Von H. Burmeister . Uebersicht der astronomischen und er Arbeiten in Ruls- a z ar . Itinerar der Den Reise P. v. Buchirhitschnki s im Jahre 1858. Vom Herrn Verf. durch C. Ritter mitgetheilt. Mit Anmerkungen und zwei Karten von H. Kiepert . Beiträge zur Kenntnils der Republik Chile. Vom Herausgeber. 2. Der araucanische Grenzdistriet. 3. Rio Maullin . . . . do: . Micronesien. Eine geographische Skizze von Dr. Bier atzki Zur Erinnerung an Alexander von Humbolät .. . Ueber die Vertheilung des atmosphärischen Druckes auf der Ober- fläche der Erde. Von H. W. Dove Seite 124 IV Inhalt. Seite XVI. Physikalische Beschreibung der Gegend von Paranä. Von H. Bur- Meister N - Mir Yetsige 5 SS „429 XVII Statistisch - ieeaäche Mittheilungen über die britiechen Bere gen in Europa und Amerika. Von E. G. Ravenstein . . . . 445 Miscellen und Literatur. Europa. Ueber die ältesten Ansiedelungen der Pfahlbauten an den verschiede- nen Schweizer Seen. Nach Frederie Troyon u. A. Mitge- theilt von C. Ritter . . . 3 + 14% Jarosch „Topographisches Vairehsall EN es detärräächischän Kai- serstaats. Olmütz 1858%. . . . b ni, rei! Die Inselgruppe Petaliae bei Euboea. vn Sail kehen Ale dem Russischen u 1°, m". Bat rl) B. Cotta’s „Deutschlands Boden sein Deciefreihd Bau ai adlıch Ein- wirkung auf den Menschen. Zweiter Theil. Leipzig 18558* . . 242 Bemerkungen über den Ladoga-See. Von Lieut. Lund. Aus dem Russischn . . . N ind ra B door ai „IR A. Joanne’s „Atlas an et REN de Alena e: ‚Fer frangais. ParisM839H aA mi, hat „eilt 7A0B Abnahme des Schifffahrts- Viorkehre auf nid Oder A . A Mosch „Das Riesengebirge. Leipzig 1858* . . . . - . 489 Schnars „Reise durch die neapolitanische Provinz Basilicata, St. Gal. len141859 40H inoY, „ls Aldagnf ab Auen rs aaa AV 490 Afrika. Die Untersuchungen der Holländer über die Temperatur der Meeres- strömungen am Cap der Guten Hoffnung. Von H. W. Dove . 67 Baumwollen- Ausfuhr aus Afrika . . . .» E 2 - 152 Livingstone’s Missionsreisen und ehe in Süd-Afrika, deiich von ;Lotze. Leipzig. 18584 Weusult ng uaoeke. mab ee. 102 Herausgabe’ der!'Papierei(Dr. EsoWogelis myrelannon Solana „AA2A2 Bleek, The Library of H. E. Sir George Grey. Cape Town 1858 . 245 Forschungsreisen von Zanzibar nach Central-Afrika . . . 2.2....386 Notizen über die französischen Colonien am Senegal . » 2 .2......468 Asien. Lokao, ein grüner Färbestoff in China . . » 2 an nn. 268 O0. Blau’s „Commercielle Zustände Persiens. Berlin 1859* . . .„ 84, Lord Elgin’s Fahrt auf dem Yangtsekiang . . . . . 2 20202...452 Die.Wogulen. Nach Ahlguistur 190731 un, wem u 222 Nikolajewsk und die Castries-Bai oo... 2 nn en 226 Das Tien Tung-Kloster unweit Ningpo . - 2 2 2 2. 0 n...229 0 Inhalt. Chinesische Colonisten in Calecutta i Von den Ufern des Amur. Ein Schreiben Radde': s über seinen Auf- enthalt im Chinggan. Aus dem Russischen . Kolenati’s „Reiseerinnerungen. 2 Theile. Dresden 1858. 59« Onomander „Altes und Neues aus den Ländern des Ostens. 2 Bde. Hamburg 1859* . : k Yule, A Narrative of the Mission sent re he RT ERS of India to the Court of Ava in 1855. London 1858. 4. . Schtschukin’s Reise von Irkutsk nach den heifsen Quellen von Tu- ransk. Nach dem Russischen W. Heine’s „Expedition in die Seen von China, anal ind Bahr. Bd. I. II. Leipzig 1859“ Australien und Polynesien. Die Chinesen in den niederländisch-ostindischen Besitzungen Die Sangir’schen Inseln und ihre Vulcane . Nachtrag zu Lieut. Crespigny’s Forschungen im nöeaichen Boa Bergbau in Süd-Australien und Entdeckung von Gold am Murray Zucker-Plantagen auf den Sandwich -Inseln Gold-Ausfuhr aus der Colonie Victoria 3 hr Dampfschifffahrt auf dem Darling . . . 2.2... Amerika. Notizen über Sonora . . . Ein. UNE, Dr. Moritz Wagner’s Bericht über die Coräillere am Golf von San Blas Der Handel von San Franeisco im Jahre 1858 . Fortschritte der Landwirthschaft in Californien Zur Statistik von Surinam - RS BR E Die Emporhebung der chilenischen Küste ALS 1% Ludewig’s „Literature of American Aboriginal Languages“ Atlas zur Entdeckungsgeschichte Amerikas . . » 2 2 2 2... Die Häfen des Staates Wisconsin Neu entdeckte Quecksilberminen in Californien Mr. Belly’s centralamerikanisches Canalprojeet Die neueste Angabe über die Bevölkerung der Republik Nön-Gomkäk Karten von Brasilien . SEN - EN e Miscellen allgemeineren Inhalts. G. A. v. Klöden’s Handbuch der Erdkunde. Bd. I. Zur Statistik der französischen Colonien R Graff’s „Leuchtthürme, Leuchtbaaken und Feuerschiffe Be ganzen Erde“ 411 412 476 491 70 1 158 161 234 486 487 74 80 162 235 237 238 245 379 394 400 402 404 487 84 167 173 VI Inhalt. Seite Der älteste Versuch zur Entdeckung des Seeweges nach Ostindien. Mit- getheilt von C. Ritter . - A ade tr eh or 2 H. A. Daniel’s Handbuch der Base, Ba. In. ieslaleanmner, 208 Th. Schade’s illustrirter Hand-Atlas. Lief. I. . . . 2.20.20. 494 Uebersicht der vom December 1858 bis zum Juni 1859 auf dem Gebiete der Geographie erschienenen Werke, Aufsätze, Karten und Pläne. Von W. Koner & Bi2: vohreae: „SORT cr mule Ne ve Sc Sr Sitzung der geographischen Gesellschaft zu Berlin vom 8. Januar 1859 . 86 - - - - - - - 5. Februar - 2.178 - - - - - - - 5. März - .. 254 = - _ - - - - 2. April - 0.443 Dr - - - - - 7. Mai - AI = - - - - - - 11. Juni - ... 495 Karten. Taf. I. Strömungen, Wassertemperaturen und Eisberge im Südlichen Indischen Ocean. Taf. I. Drift-Eis im Nordatlantischen Ocean nach Beobachtungen britischer und amerikanischer Schiffe in den Jahren 1832 —44 zusammengestellt von W. €. Redfield. Taf. II. Karte der Republik Chile, nach den Karten von Claude Gay, Pissis und Gillifs zusammengestellt von H. Kiepert. Taf. IV. Karte der Castries-Bai. Taf. V. P. v. Tschichatschef’s Route im Nordöstlichen Kleinasien und Arme- nien, im Sommer 1858. Entworfen von H. Kiepert. Taf. VI. Ch. Texier’s Route im Oestlichen Kleinasien. Nach der Original-Zeich- nung auf 4 redueirt von H. Kiepert. Taf. VI. Karte eines Theiles von Britisch- Columbia, nach den neuesten offi- ciellen Quellen gezeichnet von E. G. Ravenstein. No. 67. | Januar 1859. „MIT UNTERSTÜTZUNG DER GESELLSCHAFT FÜR ERDKUNDE ZU BERLIN UND. UNTER BESONDERER MITWIRKUNG voN = W. he -C, 6. BE, H. KIEPERT uno €. RITTER 'IN BERLIN, R. ANDREE IN DRESDEN ’UND J, E WAPPÄUS ın GÖTTINGEN. | . HERAUSGEGEBEN " VON Dr. K. NEUMANN. . NEUE FOLGE, | SECHSTER BAND, ERSTES HEFT. BERLIN. VERLAG VON DIETRICH REIMER. 1859. Inhalt. Seite I. Ueber die Veränderungen der Temperatur des Meerwassers in der jähr- lichen; Periode, Von H. W.. Dove . 2.4. „er. ie u ren var I. Verkehrs- und Handelsverhältnisse des südamerikanischen Freistaats Neu-Granada, Mitgetheilt von dem Königl. Geschäftsträger bei den Regierungen von Central-Amerika und By Sarg Geh. Finanzrath Dr. Hesse ‘..-. . e bs 5 12 II. John M’Douall Stuart’ S PRESS AN in a Sure Süd- Australiens, im Jahre 1858. Vom Herausgeber . - » «u... 4 Miscellen. Die Untersuchungen der Holländer über die Temperatur der Meeresströ- mungen am Cap der Guten Hoffnung. Von H. W. Dove . . . . 67 Lokao,»ein grüner Färbestof . . . - ie RO Die Chinesen in den niederländisch - nie ae PE :) Die Sangirschen Inseln und ihre Vulene . ». » 2 2 2 2 20.0. 74 Notizen über Sonora '. » u u a nn. Be Nil: Dr. Moritz Wagner’s Bericht über die Coräillere a am Golf von San Blas 80 Neuere Literatur. . Handbuch der Erdkunde. Von G. A.v. Klöden. Bd. I. Berlin 1858 .* 84 Commereielle Zustände Persiens.. Von Dr. O. Blau. Berlin 1858 . . 84 Sitzung der geographischen Gesellschaft zu Berlin vom 8. Januar 1859 . 86 Karten. Taf. I. Strömungen, Wassertemperaturen und Eisberge im Südlichen Indischen Ocean. Taf. II. Drift Eis im Nordatlantischen Ocean nach Beobachtungen britischer und amerikanischer Schiffe in den Jahren 1832 — 1844, zusammengestellt von W. C, Redfield. 3. Ueber die Veränderungen der Temperatur des Meerwassers in der jährlichen Periode. Von H. W. Dove. 4 vierten Bande der neuen Folge dieser Zeitschrift S. 60 und $. 503 habe ich einige Untersuchungen der Meereswärme der Ostsee und des Atlantischen Oceans an den Küsten von Irland und Island mitgetheilt. Bezeichnen die folgenden Zahlen den Ueberschuls der Meereswärme über die gleichzeitige Luftwärme, so ergiebt sich in Reaumur’schen Graden: Winter | Frühling | Sommer | Herbst Jahr Bewal Aus . 4.58 0.23 —1.28 112 1.16 Dobberan .. 2.11 —0.68 —0.23 2.81 0.33 Kopenhagen . 118 — 0.90 —0.05 1.40 0.49 EEE T | 0.55 0.32 1.64 0.93 Island „u... 0.26 1.68 wo die Werthe für Dobberan hier aus der vom Juni 1853 bis Novem- ber 1858 fortgesetzten Reihe berechnet sind. Die monatlichen Mittel der so vervollständigten Reihe sind folgende: Dobberan. Luft | Meer | Unterschied Januar —0,83 1.87 2.70 Februar ll 0.72 0.83 März 2.10 1.84 —.0.26 April 5.49 4.80 —0.69 Mai 9.20 8.11 —1.09 Juni 13.33 14.75 — 1.58 Juli 14.27 14.53 0.26 August 14.25 14.88 0.63 September | 11.54 13.05 1.51 October 8.02 10.48 2.46 November 2.10 6.56 4.46 December 0.84 3.64 2.80 Zeitschr.f. allg. Erdk. Neue Folge, Bd-VYE-—__ 1 I! Ä 2 H. W. Dove: Eine Vergleichung sämmtlicher Beobachtungsreihen zeigt eine auf- fallende Uebereinstimmung in der Verspätung der Extreme bei der Temperatur des Meeres. In Irland, Kopenhagen und Dobberan ist das Wasser am kältesten im Februar, während die Luft im Januar ihren niedrigsten Wärmegrad erreicht. Ebenso fällt für das Wasser der grölseste Werth erst in den August, für die Luft in den Juli. Indem die Wärme des Meeres von diesem verspäteten Maximum langsam her- absinkt, werden die Unterschiede zwischen ihm und der schneller sich abkühlenden Luft immer grölser, im Frühling hingegen eilt die Erwär- mung der Luft der des Meeres so weit voraus, dals nun die Differen- zen negative werden. Dafs an den Südküsten der Ostsee dieses lang- same Ansteigen der Wärme vorzugsweise dadurch bedingt wird, dafs die nördlichen Theile des Meeres längere Zeit hindurch einer strenge- ren Winterkälte ausgesetzt sind, der Procefs des Eisschmelzens also dort noch fortdauert, wenn er weiter südlich seit lange beendigt ist, geht deutlich daraus hervor, dafs im April bei Rewal die Meerestemperatur noch unter den Frostpunkt fällt, während sie in Dobberan ihn bereits fast 5 Grade übersteigt. Aber abgesehen davon ist es von vorn herein wahrscheinlich, dafs das Meer den in der jährlichen Periode veränder- lichen Bedingungen der Insolation langsamer folge, als die Luft. Dies läfst sich aber entscheiden, dadurch nämlich, dafs man untersucht, ob in der heifsen Zone die Temperaturcurve des Meerwassers eine ana- loge Verspätung gegen die der Luft zeigt, als in höheren Breiten. Bei der unter dem Commando der Capitäne Cecile und Roy in den Jahren 1841 bis 1844 ausgeführten Campagne dans les Mers de Ulnde et de la Chine au bord de la Fregatte l'Erigone ist die Tempe- ratur des Meeres stündlich mit der der Luft verglichen. Bei dem lan- gen Aufenthalt des Schiffes im Hafen von Manilla und dann in Ma- cao und im Archipel von Chusan liegt für den ersten Ort ein ganzer Jahrgang vor, für einzelne Monate sogar mehrjährige Mittel, für die zweite Gruppe ebenfalls. Ich habe aus den in drei Bänden veröffent- lichten einzelnen Tagesmitteln diese Werthe berechnet, und zwar für Manilla in Monatsmitteln, für die nördlichere Gruppe Macao, Tinghae und Woosung in zehntägigen Mitteln. Die folgenden Tafeln enthalten diese Bestimmungen in Centesimal-Graden. >: Pr Ka Be: - Ueber die Veränderungen der Temperatur des Meerwassers. } | Manilla., We TEE SSESESIEESEEE HERNE SHE | Luft | Meer Unterschied U.) tur 12105 Januar 25.05 26.83 1.78 Februar 25.28 26.52 1.24 März 26.40 27.18 0.78 April 27.51 28.97 1.46 Mai Juni 27.44 28.49 1.05 Juli 26.83 28.63 1.80 August 26.08 27.70 1.62 September 25.98 21.32 1.34 October 26.48 29.00 2.52 November 26 28 28.69 2.41 December 25.74 27.01 1.27 Macao. a TE Luft Meer ee re Unterschied ee 1—10 13.50 45:17 1.67 44 — 20 14.34 15.08 0.74 ar 31 14.39 14.59 0.20 Februar 1—-10 13.99 14.96 0.97 4520 14.62 14.72 0.10 Fe) 15.93 14.98 —0.95 März 1 — 10 11.90 14.32 2.42 11 —20 15.26 "414.13 —1.13 21 —ı31 16.44 15.82 —0.62 April N) 20.20 18.36 —1.84 11 — 20 21.35 20.57 —0.78 21 — 30 23.74 23.34 —0.40 s Tinghae. Mai 14,2=.20 17.45 15.14 —2:31 ee ei 16.50 —1.27 Juni 1 — 10 20.01 18.23 —1.78 11 — 20 21.50 ı 19.24 —2.26 Woosung. Juni 21 — 30 19.69 22.65 2.96 Juli 1 — 10 23.59 24.46 0.87 11 — 20 26.36 26.81 0.45 21 — 31 26.93 28.53 1.60 August 1—10 26.43 28.49 2.06 11 — 20 26.52 28.66 2.14 21 — 31 25.43 27.61 2.18 Septbr. 1— 10 25.71 27.55 1.84 Macao. Octobr. 21 — 31 22.15 23.31 1.16 | Novbr. 1-10 23.09 23.38 0.29 11 — 20 20.87 22.39 1.52 | ar 307 48,72 20.96 2.24 Dechr. 1-40 15.78 17.90 2.12 3 11 — 20 15.14 16.89 1.75 21—31| 14.9 15.79 0.84 4 H. W. Dove: Man sieht, dafs auch in Manilla wie in Irland das ganze Jahr die Temperatur des Meeres höher als die Luftwärme, dafs der Ueberschufs auch hier im Herbst am grölsesten, im Frühjahr am kleinsten ist, wäh- rend in Macao und Tinghae im Frühling die Meereswärme wie in der Ostsee unter die Luftwärme herabsinkt und im Spätsommer und Herbst sich am stärksten darüber erhebt. Wenn wir in dem früheren Aufsatz den Grund, warum das Meer eine Wärmequelle ist, darin suchten, dafs die erkälteten herabsinken- den Tropfen dem Boden die Wärme entziehen, die ihm seiner tiefen Lage nach zukommt und die er haben würde, wenn er so tief unter der festen Erdoberfläche sich befände als er unter der flüssigen ist, wenn wir aufserdem mit Lloyd in der Bewegung des Wassers eine mögliche Erklärung der Erscheinung andeuteten, so mufs dabei aber doch bemerkt werden, dafs das Meer der directen freien Insolation unterworfen ist, während unsere Thermometer die Schattenwärme an- zeigen. In einer ausführlichen Arbeit über den Einflufs der Wärme auf die Entwickelung der Pflanzen habe ich aber gezeigt, dafs die Wärme der freien Luft in unserm Sommer entschieden höher ist als die im Schatten beobachtete, indem nämlich die Einwirkung der diree- ten Insolation den Einflufs freier Ausstrahlung überwiegt, und was für unsern Sommer gültig ist, mag im Mittel für das ganze Jahr der 'Tro- pen seine Geltung haben. Bei der Beweglichkeit des Wassers wird es aber nicht möglich sein, hier Beobachtungen des beschatteten Wassers von denen des der Insolation unterworfenen zu trennen, was in festen Erdschichten möglich ist, wo man die Thermometer an beschatteten Stellen eingraben kann und an andern von der Sonne beschienenen, ohne einen schnellen Austausch durch Leitung befürchten zu dürfen. Aus dem eben Erläuterten würde folgen, dafs, abgesehen von Meeresströmungen, welche kältere Wasser höherer Breiten nach nie- deren führen, in der heilsen Zone die Oberfläche des Meeres überall eine höhere Temperatur haben wird als die darauf ruhende Luftschicht, wenn man die Wärme derselben im Schatten bestimmt, d. h. das In- strument dem Einflufs der direeten Insolation entzieht, dem die Ober- fläche des Wassers unterworfen ist. Zu diesem Ergebnils war schon Humboldt gelangt, denn er sagt (Voyages II, p. 86): „Das Maximum der Temperatur der Meere beweist mehr als jede andere Betrachtung, dafs der Ocean im Allgemeinen etwas wärmer ist, als die Atmosphäre, mit welcher er unmittelbar in Berührung steht und deren mittlere Tem- peratur am Aequator etwa 26° bis 27° C. erreicht.“ Aber es würde ganz verfehlt sein, wenn man deswegen das Meer in Beziehung auf die darauf ruhende Luft für eine Wärmequelle ansähe, denn unter glei- chen Bedingungen der Insolation wird ein fester Boden an seiner Ober- ü. = hi a Lu Ueber die Veränderungen der Temperatur des Meerwassers. 5 fläche noch wärmer. Aus diesem Grunde treten in der heifsen Zone auf den Continenten Temperaturen von einer Höhe hervor, wie wir sie auf dem Ocean vergeblich suchen würden, wo durch die Verdunstung eine grofse Menge der auffallenden Wärme beansprucht wird. Da aber die Oberfläche der See der directen Insolation unterwor- fen, das die Temperatur der Luft bestimmende Thermometer dagegen geschützt ist, so ist nicht nothwendig, dafs in Gegenden, wo die Ver- änderungen der Luftwärme in der jährlichen Periode sehr unbedeutend sind, wie es an manchen Stellen der Tropen der Fall ist, die Verän- derungen der Temperatur des Meerwassers nothwendig eben so unbe- deutend sind. Das Verhältnifs beider Temperaturen zu einander lälst sich also nur dann durch vereinzelte Beobachtungen, wie sie in der Regel die Schiffsjournale geben, ermitteln, wenn für gewisse Punkte länger andauernde Beobachtungsreihen vorhanden sind, welche über die Veränderlichkeit entscheiden und die Gestalt der jährlichen Temperatur- Curve bestimmen. In dieser Beziehung sind daher die Stationspunkte der Schiffe auf gröfseren Seereisen und Weltumsegelungen von beson- derer Bedeutung. Dies ist aber bei neueren Untersuchungen über die Meereswärme verhältnifsmäfsig wenig berücksichtigt, weil man bei die- sen fast immer nur die Strömungen in’s Auge, gefalst hat, d. h. die Veränderungen des neben einander Liegenden beachtet, nicht aber die periodischen Oscillationen der Temperatur an derselben Stelle. Kämtz hat in seiner Meteorologie II, p. 115 aus den Aufzeichnungen verschie- dener Seefahrer nahe in derselben Breite — es ist aber nicht ange- geben, in welcher — für die zwölf Monate des Jahres die Correctionen gegeben, welche an sie anzubringen sind, um daraus die Jahreswärme zu erhalten, nämlich in Centesimal-Graden: Januar 1.9, Februar 2.2, März 2.4, April 1.9, Mai 0.7, Juni —0.8, Juli — 2.2, August —3.1, September — 2.9, October —1.6, November 0.3, December 1.3, und bestimmt die Temperatur des Meerwassers am Aequator im atlanti- schen Ocean zu 26°.64, im indischen 27°.10, im grofsen 28°.46 C., im Mittel also zu 27°.40. Diese Untersuchungen müssen bei dem durch neuere Reisen so sehr bereicherten Beobachtungsmaterial wieder aufgenommen und zugleich durch Vergleichung der Luft- und Meeres- wärme die Unterschiede beider ermittelt werden, um bei der Fortsetzung der auf dem Lande bestimmten Isothermen über das Meer die Correc- tionselemente zu erhalten, und wo nur Beobachtungen des Meerwassers vorhanden sind, aus diesen die Luftwärme zu bestimmen. Hierbei aber ist vorzugsweise erforderlich, dafs nicht, wie es so häufig geschieht, aus unverglichenen Instrumenten verschiedener Schiffe ohne Kritik die Mittel gezogen werden. Einen Anhaltspunkt für diese Untersuchungen geben für den indi- Wa Ib. 4 6 H. W. Dove: schen Ocean die Beobachtungen von Elliot, stündlich von 3 Uhr Mor- gens bis 9 Uhr Abends, für die Aequatorialgegend die von Dupetit Thouars, St. 4. 8. 12. 4. 8. 12., für das südliche Polarmeer James Ross, für das nördliche Polarmeer Sutherland, Belcher, Kane und Armstrong. Wegen der geringen Verbreitung gröfserer Reise- werke theile ich diese Daten hier mit. Bei sämmtlichen Polar-Expe- ditionen tritt der abkühlende Einflufs des Eises im Sommer eben so deutlich hervor, als der Schutz der mächtigen Eisdecke für das darunter befindliche Wasser gegen die furchtbare Kälte der auf der Eisfläche ruhenden Luft. N. Br. L. Gr. | Zeit Luft F. | Moor p|: Ünter- schied Moulmein ...| 16° 27’ | 97° 45 April 86.0 | 88.4 2.4 Nicobar, . ., . 97.10 92 48 Februar 9.9 | 80.9 1.0 Sambooanga.. 6 54 | 122 13 Mai 80.7 82.5 1.8 Pulo Penang. . 5 26 | 100 24 Januar 81.3 | 81.7 0.4 Pulo Dinding .| 4 143 | 100 33 Januar 82.4 | 82.6 0.2 Keemah (Celeb.)) 1 22 | 125 8 Juni 80.9 | 81.5 0.6 Pulo Pesang. . 1 28 | 103 19 Januar 81.3 | 81.5 0.2 Carimon ....| 0 59 | 103 27 Januar 84.8 Bencoolen ...| -3 54 | 102 29 September 78.4 | 79.3 0.9 Cocos-Inseln .|-12 6 96 50 September 79.2 | 79.2 0. Elliot, Magnetic Sürvey of the Indian Archipelago. Ph. Tr. 1851, p. 311. Unter- | Breite | Länge Par. | Zeit [mu C. u Meer c.| Rio Janeiro . . |-22° 54'8.| 45° 30'w.| 4.-15. Febr. | 25.3 | 23.5 | -1.8 Valparaiso....[-33 2-|)74 4 - |27.Apr.-12.Mail 16.0 | 15.2 | -0.8 19.Mz.-27.Apr.| 15.8 | 14.1 | -1.7 Callao .....-12 3-79 33 - |25.Mai-1.Junij 19.1 | 17.4 | -1.7 41.-31. Mai | 19.1 | 16.7 | -2.4 Honolulu... .| 21 18-1160 12 - | 11.-23. Juli | 26.6 | 25.2 | -0.4 Petropaulowsk .| 53 1 - 1156 23 O.131.Aug.-15.Spt.]| 11.4 11.5 0.1 Monterey. .....| 36 36 - 1124 13 W.119.O0ct.-13.Nov.| 12.7 | 13.2 0.5 Magdalenen-Bai (N. Cal.) ...| 24 36 - 114 25 - ]26.Nov.-5.Deec.| 18.8 | 21.4 2.3 Mazatlan. ...} 23 14 - |108 49 - | 13.-17.Dec. | 19.0 | 20.4 1.4 San Blas. ... .| 21 32 - 1107 36 - | 22.-26.Dec. | 21.4 | 22.5 44 Acapulco. .. .| 16 50 - 102 9 - 8.-22. Jan. 25.8 | 27.4 1.6 Payta.. 2...]-5 :7-|83 32. - 6.-16. Juni | 21.4 17.7 | -3.4 Galapagos (Charles-Ins.).| -1 14 -| 93 53 - |24.Juni-3.Julil 23.6 | 22.8 | -0.8 Marquesas . . .| -9 56 - 1141 32 - 7. Aug. 26.9 26.38 | -0.1 Fehitinssydl. & -17 32 - 151 54 - 130.Aug.-16.Spt.]| 26.0 | 26.6 0.6 Kororareka (B. des Isles) . . .|-35 15 - 171 50 O. j13.0ct.-11.Nov.| 17.2 | 17.3 0.4 Sydney... -33 51 - 148 53 - 125.Nov.-17.Dec.| 19.8 | 20.0 0.2 Isle de Bourbon |-20 52 - | 53 10 - 6.-8. März 26.7. .|:26.7 0... CapSimonstown|-34 11 - 16 6 - 130.Mz.-10.Apr.| 19.2 | 16.7 | -1.5 St. Helena... .!-15 53 -| 8 3 W.| 9.-10. Mai 24.0 | 23.7 | -0.3 Ascension ...| -7 54 -|16 45 - 16. Mai 271.2 | 26.8 | -0.4 Ueber die Veränderungen der Temperatur des Meerwassers. Breite Atlant. Ocean |$ 10°13'’N. Aequator -10 56 8. 10 16 N. N -9 498. Stiller Ocean 9 56N. Aequator -10 27 S. I 10 29 N. } 10 48. j u 115N. 1408. ! | 3278. (-10 4S. Dupetit Thouars, Breite St. Catharina. . | 27° 25’ S. St.Louis(Malw.)] 51 32 - Talcahuana (Chile) -... sc 42 - Callao (Peru) . 3 - Payta - 3 6 - Tahiti (Ges. Ei) 17229 = Borabora - 16 30 - P.Praslin(N.Dl.)| 4 50 - Offak(Waigiamme)]) 0 2 - Caieli (Bourou)| 2 23 - Amboina. ...| 3 41 - P. Jackson. . .|33 51 - Manawa (N.Sce- land 1.00%... 35 15 - Oualan (Carol.)]| 2 21 N. Doreri(N.Guin.)| 0 52 S. Surabaya (Java)| 7 13 - Isle de France .|20 9 - Isle de Bourbon I20 51 - St. Helena ....|15 55 - Ascension ...| 7 55 - Länge Par. | Zeit [ur C. | Meer C.| 25°53’ W. -36 15 - | 18.-29. Jan. ! 26.22 | 26.18 14 26 - -33 22 - | 14.- 27. Jan. | 26.32 | 26.56 98 47 - -101 52 - |24.Jan.-16.Fbr.| 26.23 | 26.31 97 20 - -141 19 - ]9.Jwni - 2. Juli} 25.99 | 26.25 91 50 - -97 39 - | 3.-17, Juli | 23.21 | 23.47 100 56 - -129 51 - | 18.-28. Juli | 24.37 | 24.95 Yoyage de la Venus. Physique. Stündlich. Länge Par. Zeit Luft C. | Meer c.| 51° 1’ W.116.-29.0ct.1822] 20.60 | 21.05 60 35 - j18.Nov.-18.Dec.| 9.07 | 8.97 75 31 - 120.J.-20.Fb.23] 16.15 | 13.10 79 33 - 126. Fbr. - 4. Mz.| 20.42 | 19.20 83 32 - | 10.-22. März | 25.15 | 20.27 151 49 - | 3.-22. Mai | 27.07 | 27.07 154 6 - |25. Mai - 9. Juni] 27.48 | 27.23 150 28.0.| 12.- 21. Aug. | 27.82 | 28.05 128 23 - | 6.-16. Sept. | 27.95 | 28.75 124 46 - |23.Sept.-2.Oct.} 26.92 | 28.02 125 50 - | 4.-28. Oct. | 28.42 | 28.02 148 50 - |19.Jan.-20.Mz.| 22.05 | 22.05 171 51 - | 4-17. April | 19.08 | 19.32 160 41 - | 5.-45. Juni | 29.13 | 29.33 131 45 - 126. Juli- 9. Aug.| 28.62 | 29.30 110 23 - 129. Aug. - 9.Spt.| 27.80 | 27.80 55 10 - [4.Oct.- 16.Nov.| 25.65 | 25.58 53 10 - | 18.-23. Nov. | 25.67 | 25.58 8 3 W. 3.-12. Jan. | 23.90 | 22.72 16 44 - | 18.-28.. Jan. | 24.70 | 24.83 7 Unter- schied -0.04 0.24 0.08 0.26 0.26 0.58 Unter- schied 0.45 -0.10 -3.05 -1.22 -4.88 0. -0.25 0.23 -0.20 1.10 -0.40 0. 0.24 0.20 0.68 0. -0.07 -0.09 -1.18 0.13 St. 4. 8.12.4.8.12. Duperrey, Voyage autour du monde. 'Physique, p. 260. | Breite Hobarttown bis ash. 52" Aucklands-Ins. }t-50 32 Campbells-Ins. | 66 } £ 66 32 Südl. Eismeer 77 47 69 24 £ -77 45 Länge Gr. | Zeit -166°13 O.] Nov. 1840 -171 50 - Dec. 1840 169 45 - -189 6 - Jan. 1841 166 11 - -192 48 - | Febr. 1841 | Luft F. 49.23 41.83 29.02 24.24 Meer r.| 49.38 40.45 29.18 29.18 Unter- schied 0.15 -1.68 0.16 4.94 Südl. Eismeer Unter schied 3.43 -0.85 -2.16 0.38 0.32 H. W. Dove: Breite Länge Gr. | Zeit Luft F. | Meer. TE TEE 54° 4'| 127°46' 0. 69 4 |-167 45 - März 1841 28.69 | 31.12 45 40 | 146 3W 66 29 |-176 41 - Dee. 1841 38.48 | 37.63 55 58 | 155 42 - 67 39 |-159 39 - Jan. 1842 30.46 | 28.30 63 58 54 35 - 64 44 |-57 56 - Jan. 1843 30.93 | 31.31 61 37 653 - 65 6|-55 40 - Febr. 1843 30.56 | 30.88 37 40 17: 21: = 1 9|-16 40 - März 1843 35.57 | 36.65 James Ross, 4A 1.08 Voyage of Discovery and Research in the Southern and | Antarctie Regions 1839 — 43. | | Breite | Länge Gr.| Luft | Wasser bi ——]— 1819 Juli... . . | Davisstrafse,Ostseite] 70° 0'| 59° 0’ 33.5 | 32.6 | -0.9 1824, Julna 2.23 - 70 0| 58 34.8 | 33.0 | -1.8 1850 Mai..... - 71 50| 54 54 30.6 | 30.7 1 0.1 B.cJungt 48:2 5 - 73 1156 56 36.6 | 30.8 | -4.8 TE - 75 51,59 4 34.9 | 31.7 | -3.2 1851 Aug. 20. „23. - 68 30 | 57 8 38.1 | 38.7 | 0.6 Mittel | 71 26 | 57 20 34.7 | 32.9 | -1.8 1850 Aug. 11.-19. Baffıns-Bay 76 7] 67 57 34.6 | 33.2 | -1.4 1820 September . | Davisstr., Westseite |69 0| 62 0 31.3 | 31.9] 0.6 1824 August... - Mitte 72 17 | 62 17 30.3 | 29.0 | -1.3 1825 September . - Westseite |68 38| 65 17 34.3 | 34.0 | -0.3 1851 Aug.16.-19. - Westseite | 71 52 | 70 41 34.8 | 34.5 | 0. Mittel |70 27| 64 56 32.6 | 32.3 | -0.3 1819 August . . , | Lancaster-Sund und | 74 20 | 90b.118°| 33.6 | 31.9 | -1.7 1824 September . Barrow-Strafse |73 54 | 79 24’ 26.5 1,28: 11-6 1825 August ... . | Prince Regent Inlet | 72 50 | 91 56 36.9 | 31.6 | -5.3 1850 Aug.20.-31. | Lancaster-Sund und | 74 32 | 90 0 31.7 | 31.0 | -0.7 14850 September . Barrow-Stralse 74 39| 93 52 21.3.1. 29.0 7.7 1851 Aug.12.-15. .- 74 12| 87 27 134.2 | 3451 0.3 Mittel |74 4| 91 16 16 120.7 | 31.0] 03 4821 Juni 12.-30. | Eing. d.Hudsonsstr.;62 0, 63 0 34.4 | 33.1 | -1.3 all,» te je Mitte - - 63,0... 7000 35.3 | 31.8 | -3.5 - August Vansittart-Insel |66 0| 8 0 36.6 | 32.2 | -4.4 Mittel [63 40 | 77 40 35.4 | 32.7 |] -2.7 1827 Mai . |Meer von Grönland [77 45| 11 50 O.} 26.1 | 30.1 | 4.0 - Jwi. — Sr - 79 44 | 15 53 35.8 | 31.5 | -4.7 a er Hecla Cove 79 55 | 16 48 40.1 | 35.4 | -4.7 - August - 79 46| 13 30 38.3 | 36.8 | -1.5 - Sept.1.- 10. Mehr x von Grönland 6814| 1 3 45.6 | 46.6 1.0 - Juni25.-10.A.| - - - 62 3] 20 30 33. | 32.6 | -0.4 er Mittel [77 54] 13 25 | 36.5 | 35.5 | -1.0 | ” Ueber die Veränderungen der Temperatur des Meerwassers. 9 | Breite | Länge er.| Luft [Wasser] Unter- schied 1826 Juli 20.-31. \ Kotzebue-Sund |} 67°30'1165°30'W.; 53.5 | 50.2 | -3.3 - August... - 45.6 | 45.5 | -1.1 - September . - 46.6 | 46.9 0.3 -- Octbr.1.-14. - 37.2 | 40.5 | 3.3 1827 August ... Port Clarence 65 30 1168 42.9 | 44.3 1.4 - Sept.1.-5. . Kotzebue-Sund 167 30 165 30 27.3 | 38.9} 11.6 - Sept. 6.-30. - 39.3 | 40.6 1.3 - Detbr.1.-11. - 30.8 | 36.0. | 5.2 Mittel [67 15|165 47 [404 |428] 24 Sutherland, Journal of a Voyage in Baffins Bay and Barrow Straits in the years 1850, 1851. Vol. II. App. p. 176. | Luft | Wasser | Unter schied 1852 Juni Melville- Bay 33.24 34.40 1.16 Juli - 35.23 34.84 -0.39 August Northumberland- 26.83 30.11 3.28 Septemb. Sund 18.46 29.89 11.43 October - -20.21 29.21 49.42 Novemb. - -4.50 29.53 35.03 Decemb. - -30.11 29.00 59.141 1853 Januar - -38.16 29.01 67.17 Februar - -28.05 29.00 97.06 März - -16.94 29.18 46.12 April - -8.66 29.50 38.16 Mai - 15.51 29.50 14.99 Juni - 32.32 31.65 -0.67 Juli - 35.69 32.04 -3.65 August } Wellington-Canal 33.80 30.44 -3.36 Septemb.| Disaster-Bay 17.00 28.94 11.94 October - 9.51 28.50 18.99 Belcher, The Last of the Arctic Voyages being a Narrative of the Expedi- tion in H. M. S. Assistance. Vol. II, p. 307. Halbmonatliche Mittel. Breite Luft | Wasser | Unterschied 1850 Juni 904 | a1 40.6 -0.5 65.8 39.2 36.9 -2.3 Juli 73.1 36.2 31-7 -4.5 74.4 35.7 30.1 -4.6 August 75.4 35.8 32.4 -3.4 75.2 34.2 31.6 -2.6 September | 74.8 27.1 30.2 3.1 4851 Juni 66.8 32.8 32.0 -0.8 70.2 36.7 32.7 -4.0 Juli 73.3 38.3 32.6 -5.7 73.8 36.4 31.5 -4.9 August 74.7 34.4 —_ _ 71.8 37.3 36.7 -0.6 September | 64.4 40.3 40.5 0.2 Kane, The U. 8. Grinnell Expedition in search of Sir John Franklin p. 541. 10 H. W. Dove: Journal am Bord des Investigator. Unter- er Ei schied 1850 Januar 53.2 53.9 0.3 Februar 67.6 67.8 0.2 März 77.6 78.7 ala! April 50.4 49.6 -0.8 Mai 64.2 63.6 -0.6 Juni 79.2 77.7 -1.5 Juli 58.4 56.6 -1.8 Küste von Pt. Barrow bis Baring-I. August 36.5 33.6 -2.9 Prince of Wales Street. Septemberi 20.2 _ 29.9 9.7 1851 Juli 37.54 32.3 -4.24 August 37.56 32.5 -5.06 Mercy Bay. 1852 August 33.25 30.7 -2 55 Septemberi 20.08 29.7 9.62 Armstrong, A Personal Narrative of the Discovery of the North West Pas- sage p. 601. Ueber die Gröfse der Veränderung in der jährlichen Periode hat Dana die vollständigsten Daten geliefert in seiner Abhandlung „on the Geographical Distribution of Crustaces*“ p. 1483. Daselbst findet sich eine Tafel, in welcher die mittlere Temperatur der wärmsten und kältesten auf einander folgenden 30 Tage gegeben wird. Die folgende Tafel enthält diese Extreme in Reaumur’scher Skala mit Hinzufügung der Gröfse des Spielraums. Süd- Amerika. Kältester | Wärmster Unter- Monat Monat schied Venezuelau. Surinam 18.7 | 21.3 2.6 Pernambuco .... 18.7 22.7 4.0 Bahia. sauren sek 18.7 22.7 4.0 Rio Janeiro .... 16.2 20.4 4.2 Buenos Ayres .. 8.0 14.4 6.4 EIORNEePToN. N... 6.2 12.4 6.2 Rıremaer streets 1.8 10.7 8.9 Falklands....... 2 8.0 5.8 Chiloer she... tere TA 10.9 3.8 Valdıyras As 7 .L... 8.0 13.8 5.8 Coneepeion .... 8.9 12.4 3.9 Valparaiso ..... 8.9 13.3 4.4 Copiapot..: „|. . 10.9 16.0 5.1 Iguime el... 04 11.6 16.4 9.2 CalBo F.3% .'J.r 11.3 18.7 7.4 Page. 0. fee 12.4 18.7 6.3 Guayaquil ..... 16.4 21.8 9.4 Gallapagos. ...... 13.3 21.3 8.0 Nord-Amerika. Panamä ...... | 18.7 | 23.6 4.9 San Franeisco ... . 8.4 16.0 7.6 | | | | Ueber die Veränderungen der Temperatur des Meerwassers. 11 Kältester | Wärmster | Unter- | Monat Monat „ul 1 u | F,Mowat | Monat, |. schied, a IInn no. Tee 2 ER N ERREN 9.8 16.9 7.41 Columbia River . . 6.2 12,4 6.2 Puget’s Sound . 4.4 11.4 6.7 Süd. vonNew fonnal, 483 13.8 12.5 Massachusetts-Bay . 2.8 14.2 11.4 GapHemy 2... 6.2 21.3 15.1 Charleston... .. 14.2 21.8 7.6 KeyöWekt JS „I. 17.8 23.6 3.8 Vuratangı. 2 22.3 22.7 5.4 A 18.7 23.41 4.4 Ostatlantischer Ocean. Shetlands. ..... 1.8 10.7 8.9 West- und Nord- Schottland . 3.1 11.6 8.5 Irisches Meer . SEE 1% 13.8 6.6 Englischer Canal . 6.2 13.3 7.1 Cap Finisterra . 8.0 15.1 7.1 Gibraltar L.. 175 7. 11.6 20.0 8.4 AZUTENTe eek 12.4 18.2 5.8 Madera. ..... e 13.3 19.1 5.8 Canaren ... 14.2 19.1 4.9 Cap Verdische Inseln 16.9 RR.2" 9.3 Afrika. Sierra Leone... . 20.4 23.6 3.2 Ascension ..... 17.8 20.4 2.6 DE cBelena . 0 16.0 18.7 Den Tatrel-BayraapiN, 9.8 16.0 5.2 Indischer Ocean. Südende von Mada- BOSCH a Sup 2. 16.4 21.3 4.9 Mauritius. 02°». 17.8 22.7 4.9 Einfahrt in dasrothe Meer. .... dt; 19.6 24.9 5.3 Singapore ..... 13.7 23.1 4.4 Balabae, .... 2. 20.0 23.6 3.6 Manilla....... 20.9 23.6 2.7 Nord-Luzon.... 18.7 23.1 4.4 Stiller Ocean. Ladronen...... 20.9 24.0 | Salomons-Inseln. . 20.0 23.6 3.6 Neue Hebriden .. 18.7 RR. 4.0 Neu-Caledonien . . 18.2 22.2 4.0 Kingsmills ..... 21.3 24.9 3.6 IDeejoeum RNIT „IM 18.7 23.6 ° 4.9 : Tongatabu ..... 18.7 222 3.5 Samoan-Insen .. 18.7 23.6 4.9 Talrıe, AumBum., 18.7 PET 4.0 Harvey-Inseln.... 16.0 19.6 3.6 12 Verkehrs- und Handelsverhältnisse Kältester | Wärmster | Unter- e Monat Monat schied Hawai-Inseln ... 160 22.7 6.7 Hawai..t. #8, 17.8 22.7 4.9 Neu-Holland. Port Jackson ... 10.2 17.3 6.9 Hobatten? S.,=- 4 8.0 12.4 4.4 Bay of Islands (Neu- Seeland) ....... . 9.8 15.6 5.8 King George Sound 11.6 16.0 4,4 #; Verkehrs- und Handelsverhältnisse des südameri- kanischen Freistaates Neu-Granada. Mitgetheilt von dem Königlichen Geschäftsträger bei den Regierungen von Central- Amerika und Neu-Granada, Geh. Finanzrath Dr. Hesse. Der nachstehende Ueberblick der neugranadinischen Verkehrs- und Handelsverhältnisse, dessen Veröffentlichung die Herren Minister des Auswärtigen und ‘des Handels gestattet haben, ist von einem intelli- genten, dem neugranadinischen Handelsstande angehörigen Eingebore- nen, Dr. Miguel Samper in Bogota, entworfen, und bildete die Anlage eines umfassenden Berichts über die politischen und merkantilen Zu- stände des Landes, welchen der genannte Königl. Geschäftsträger im Jahre 1854 von dort aus hierher erstattete. Seit jener Zeit haben die politischen Verhältnisse dieses südamerikanischen Freistaates eine durch- greifende Umgestaltung durch das neue Staats-Grundgesetz vom 15. Juni 1858 erfahren, welches dem nordamerikanischen Föderativ-System auf neugranadinischem Boden Eingang verschafft hat. Auf die that- sächlichen Zustände des Landes und seine Handelsverhältnisse hat die Neugestaltung der einstigen Provinzen zu unabhängigen Einzelstaaten begreiflicherweise keinen Einflu[s üben können, daher die hier gegebene Darstellung, an deren ursprünglicher Form absichtlich wenig ‚geändert ist, auch heute noch in demselben Umfange Gültigkeit besitzt als zur Zeit, wo sie von dem Verfasser entworfen wurde. Doch mag der neuen politischen Eintheilung im Zusammenhange mit der früheren, welche im Laufe der Darstellung selbst festgehalten ist, hier einleitungsweise in aller Kürze gedacht werden. des südamerikanischen Freistaates Neu- Granada. 13 Der Freistaat Columbien, gegründet am 17. December 1819 und befestigt durch das Fundamental-Gesetz vom 22. Juli 1821, vereinigte das spanische Vice-Königreich Neu-Granada, wozu damals die Pro- vinz Quito gehörte, mit der General-Capitanerie Neu-Granada. Vene- zuela trennte sich im November 1829, Quito oder Ecuador im Mai 1830, und auch das nunmehr sich selbst überlassene Neu-Granada sicherte seine Unabhängigkeit durch eine selbstständige Verfassung vom 21. November 1831. Der Flächen-Inhalt dieses Landes wird von Humboldt, einschliefslich von Quito, auf 38,300 spanische Quadrat- Leguas (16,64 Leguas —= 1 Grad des Aequators), von Mosquera in dessen neuester Schrift über die physische und politische Geographie Neu-Granada’s auf 394,664 Quadratmeilen (60 auf 1 Grad) angegeben. Berghaus endlich veranschlagt den Flächenraum von ganz Columbien auf 51,740 deutsche Quadratmeilen, wovon 15,385 auf Equador, 18,960 auf Venezuela, 17,395 auf Neu-Granada kommen. Dieses Gebiet zer- fiel nun bis zum Jahre 1857 in 36 Provinzen, welche sich in folgende Gruppen ordnen: es kommen auf den Isthmus von Panamä und Da- rien die Provinzen Azuero, Chiriqui, Panamä, Veraguas; auf den Sü- den, zwischen der Central-Cordillere und dem Stillen Meere, die Pro- vinzen Barbacoas, Buenaventura, Cauca, Pasto, Popayan, Tuquerres; auf den Westen, zwischen dem Magdalenenstrom, dem Stillen Meer und dem Golf von Darien, die Provinzen Antiöquia, Chocö, Cördoba, Medellin; auf das Innere, östlich an Venezuela grenzend, die Provin- zen Bogotä, Cundinamarca, Mariquita, Neiva, Tequendama, Zipaquirä; auf den Nordosten, an Venezuela grenzend, die Provinzen Casanare, Tundama, Tunja, Velez; auf den Norden, gleichfalls an Venezuela grenzend, die Provinzen Ocana, Pamplona, Santander, Socorro, Soto; auf die atlantische Küste die Provinzen Cartagena, Mompox, Rio Ha- cha, Sabanilla, Santa Marta, Valle Dupar; endlich das Territorio Mo- - eoa. Durch das Eingangs erwähnte neue Staats- Grundgesetz sind diese 36 Provinzen zu 8 grölseren Staatsgebieten vereinigt worden '!), welche nahezu mit den vorstehend unterschiedenen Gruppen übereinstimmen und als unabhängige, nur durch das lose Band der Central-Regierung in Bogotä zusammengehaltene, souveraine Einzelstaaten in ihrer Ge- sammtheit das neugranadinische Bundesgebiet ausmachen. Diese neuen Bundesstaaten heilsen beziehungsweise: Antioquia (nach dem Census von 1851 mit 244,442 Einwohnern), Bolivar (182,157 Einw.), Boyaca (379,682 E.), Cauca (330,331 E.), Cundimarca (517,648 E.), Magdalena (73,093 E.), Panama (138,108 E.), Santander (378,376 E.). !) Vergl. diese Zeitschrift N. F. Bd. IV, S. 70 ff. und die jenem Hefte beigs- gebene Karte von Neu-Granada. bi 14 Handels- und Verkehrsverhältnisse Für die Betrachtung der Handelsverhältnisse unterscheidet man am Besten den Süden des Landes, die atlantische Küste mit dem Innern, den Norden und das Gebiet der Isthmen. Von den oben genannten Provinzen des Südens bildeten Tuquerres, Pasto und Barbacoas früher eine einzige unter dem Namen Pasto, deren Bevölkerung als die am meisten kriegerisch gesinnte, fanatische und in der Cultur zurückge- bliebene des Freistaates angesehen werden kann. Sie besteht aus In- dianern, die von Mönchen beherrscht werden, und beschäftigt sich mit Ackerbau und der Fabrication grober, aber im Lande sehr geschätzter Baumwollenstoffe. Auch unterhält die Provinz einigen Handel mit den Grenzorten von Ecuador. Es ist dies der Verkehrsweg, auf welchem Neu-Granada alles seit Gründung der Republik Columbia bis zum Jahre 1847 vollwichtig geprägte Geld ausführt. In dem gedachten Jahre hat ein Gesetz die Cireulation fremden Geldes gestattet und den Gehalt des neugranadinischen Peso auf 0,099 einer feinen Mark festgestellt. Eine charakteristische Erscheinung für jene Ortschaften ist, dafs da- selbst die Piaster, welche Chinos genannt werden und wovon viele zum dritten Theile Kupfer enthalten, mit einer Prämie von 8 Procent eireuliren, während sie den spanischen harten Thalern keine Prämie zugestehen '). Die Provinz Barbacoas hat einen Ueberflufs an Goldminen und exportirt beträchtliche Summen dieses Metalls nach Guayaquil und an- deren Häfen von Ecuador. Die Provinz ist berufen zu einer glänzen- den Zukunft durch ihre vortheilhafte Lage am Stillen Meer, durch ihre guten Häfen und ihre Landesproducte, unter denen, wenn auch in klei- ner Quantität, der ausgezeichnete Taback von Esmeraldas sich be- findet. Die Provinzen Popayan, Cauca und Buenaventura bilden eine der schönsten und fruchtbarsten Gegenden; durchströmt vom Cauca, haben sie einen Ueberflufs an ausgezeichneten Pferden und Rindvieh; sie be- sitzen sehr reiche Goldminen, wovon indefs einige aus Mangel an Ar- beitern aufgegeben sind, seit im Jahre 1851 ein Gesetz die Sclaverei !) Durch ein Gesetz vom 30. Mai 1853 ist der Peso dem nordamerikanischen Dollar gleichgestellt worden. Er besteht aus 10 Realen oder Decimos, welche gleich sind 100 nordamerikanischen Cents. Solche Pesos sollen neu geschlagen werden. Die eireulirenden einheimischen enthalten nur 8 Decimos oder 8 Realen; ein solcher Peso wird Piaster genannt. Als Goldmünze hat das Gesetz den Condor gleich 10 Dollars in ganzen, halben und Fünftel-Stücken ereirt. In der Wirklichkeit gesteht man hier allen ausländi- schen Geldmünzen den Cours nach ihrem Gehalte zu. Jeder Frank gilt 2 Realen, wird also über den Werth bezahlt. Diese Münze eirculirt am häufigsten und an Gold- münzen sind die spanischen und mexicanischen Onzen am geschätztesten. Für nord- amerikanisches Gold erhält man an der Küste eine Prämie von 3 Procent. u des südamerikanischen Freistaates Neu- Granada. 15 in der Republik aufgehoben hat. Von den reichen Naturproducten, welche ihr fruchtbarer Boden gewährt, nenne ich vor allen den Cacao und den Taback. Der Cacao wird in grofsen Quantitäten in die reiche Provinz Antioquia gesendet, und der Taback, den man hauptsächlich in dem Distriet von Palmyra (ce. 3° 35’ N. Br.) produeirt, ist so schön und von so guter Farbe wie der beste im Flufsthale des Lagunilla bei Ambalema. Der Taback von Palmyra wird in kleinen Quantitäten nach Deutschland gesendet, der gröfseren Menge nach geht derselbe nach Peru. Die grofsen Schwierigkeiten, welche die Central- und die östlichen Cordilleren dem Verkehr entgegenstellen, Gebirge, die jenes fruchtbare Gebiet gleichsam einschliefsen, haben die Entwiekelung des Anbaues und des Handels in diesem Erzeugnifs von Palmyra verhindert, aber der Tagelohn ist so wohlfeil, dafs der Preis des Palmyra-Tabacks, wenn derselbe in Zurronen bis zu 1 Centner die Central- Cordillere passirt hat, in Ambalema den Preis des dort selbst produeirten Tabacks nicht übersteigt. Der gesellschaftliche Zustand jener Provinzen, wo zu aristokrati- schen Gewohnheiten sich die Fehler gesellen, welche von der Haus- Sclaverei unzertrennlich sind, bedroht ihre Bewohner noch einige Zeit mit mehr oder weniger gewaltsamen politischen Convulsionen; andern- theils hat die Scheidewand, welche die Andes der Verbindung mit La Buenaventura, dem Freihafen am Stillen Meere, entgegenstellen, dem Handel eine Richtung angewiesen, welche seiner Entwickelung schäd- lich ist. Die Kosten, die Verzögerung und die Risico’s sind so grofs, dafs die Geschäfte in der Hand von zwei oder drei starken Häusern sich befinden, die sich darauf beschränken, jährlich ein oder zwei Schiffe zu befrachten, welche von Europa mit Waaren kommen. Dieser in der Oertlichkeit liegende Mangel an Concurrenz wird dort die Preise immer sehr hoch halten und den Consum beschränken müssen. Zu verschiedenen Malen sind Privilegien bewilligt zum Ausbau einer Fahr- | stralse zwischen der schönen und wichtigen Stadt Cali, südwestlich von Palmyra, dem Emporium des südlichen Handels, und dem Hafen von Buenaventura. Die Projecte sind immer gescheitert an dem Man- gel von Kapitalien und Ausdauer; aber es ist nicht zweifelhaft, dafs der Bau den Unternehmern viel Vortheil bringen würde, zumal die Verbindung grofsentheils ein Gebiet fruchtbarer Staatsländereien durch- schneiden würde, welche die Regierung zu überweisen geneigt ist. Cali würde einer der vortheilhaftesten Punkte für die Filiale einer Bank sein, welche in Bogotä gegründet werden soll. Hier mag beiläufig bemerkt werden, dafs über den Hafen von Buenaventura jetzt die berühmte Chinarinde von Pitajo (nordnordöst- 16 Verkehrs- und Handelsverhältnisse lich von Popayan) exportirt wird, deren Handel seit zwei Jahren eine bemerkenswerthe Zunahme gewonnen hat. Die Provinzen der Atlantischen Küste verbrauchen, obgleich ihre Bevölkerung geringer ist als die der inneren Provinzen, dennoch verhältnifsmäfsig mehr auswärtige Waaren. Diese Thatsache beruht darauf: 1) dafs in den Provinzen des Innern (Antioquia, Mariquita, Neiva, Bogotä, Zipaquir& und Tequendama) die ärmeren Klassen eine beson- dere Vorliebe für einige ordinäre baumwollene und wollene Gewebe haben, welche im Lande selbst, nämlich in Socorro, Tunja und Tun- dama, verfertigt werden; 2) dafs man in den Küstenprovinzen viele sogenannte Provisions- Artikel consumirt, wie Mehl, Kartoffeln, Käse, welche in den Verei- nigten Staaten gekauft werden. Allerdings werden diese Artikel auch in den kalten Landstrichen des Innern in guter Qualität producirt, ge- langen indefs wegen der grofsen Transportkosten von dort nicht an die Küste. Von den hierher gehörigen Provinzen ist Rio Hacha mit kaum 20,000 Einwohnern verhältnilsmäfsig die am meisten merkantile der Republik. Die Ausfuhr- Artikel sind hauptsächlich Brasilholz von aus- gezeichneter Qualität, Thierhäute und Dividiviholz. Die Indianer von Goajirä, etwa 30,000 Seelen, welche sich den Gesetzen der Republik nicht unterworfen haben, tragen zum Handel in Rio Hacha mit Brasil- holz und Thierhäuten einen grofsen Theil bei, treiben aber auch direc- ten Handel mit den Engländern, besonders seit die Regierung von Neu-Granada den Küstenhandel ganz freigegeben hat. Diese Indianer besitzen grofse Heerden von Rindvieh und Pferden, letztere von einer sehr geschätzten Race. Man schätzt die Ausfuhr von Rio Hacha auf 500,000 Piaster; die Einfuhren bestehen in fremden Waaren und wer- den fast ganz in der Provinz Rio Hacha, im Thal von Dupar und im Indianer-Bezirk von Goajira consumirt. Die Provinz des Thales Dupar besitzt ungeheure Wälder, in denen sich viel Brasilholz findet. Das Holz wird auf Maulthieren und Eseln bis zum Hafen von Rio Hacha gebracht und man zahlt dafür sehr hohe Frachten und sehr theuren Tagelohn; aber fast das ganze Ter- rain ist sehr eben und es würde nicht schwer sein, einen Fahrweg zu _ bauen bis zu den Ufern des Flusses Cesar, welcher selbst im Sommer fast ganz schiffbar ist. Man hat deshalb auch die Idee gefafst, eine Verbindung anzulegen zwischen der Hauptstadt Hacha und dem Mag- dalenen-Strom, in welchen der Cesar einmündet. Diese Provinz ist sehr reich an Rindviehheerden und zu einer grofsen Zukunft berufen. Schon jetzt nimmt der Verkehr des Hafens Hacha einen bemerkens- werthen Aufschwung; auch sind die Einwohner dieses Distriets dieje- nigen, welche im Lande am wenigsten zu Revolutionen und politischen Störungen incliniren. Santa Marta ist eine an Producten arme Provinz, deren Bedeutung allein von dem Transit der Waaren abhängt, welche man dort für das Innere des Landes einführt. In Santa Marta sind die wichtigsten Com- missionshäuser des Landes, auch residirt dort eine respectable Com- pagnie, welche die bis jetzt solideste Dampfbootlinie auf dem Magda- lenen-Strome geschaffen hat. Ein sehr wichtiger Umstand für den Handelsweg über Santa Marta ist, dafs die Stadt durch Seen mit dem Magdalena in Verbindung steht, so dafs die Frachten hier wohlfeiler als auf andern Wegen zu stehen kommen. Sabanilla ist eine sehr handelsfleifsige Provinz, ihr Centrum ist die Stadt Barranquilla, die bevölkertste und lebhafteste der Küste, am Ufer des Magdalena, etwa 5 spanische Meilen vom Hafen von Saba- nilla entfernt belegen. Barranquilla ist der Haupt- Ausfuhr-Hafen; dorthin gelangt der gröfseste Theil der Taback- und China-Ladungen, welche in kleinen Bongos oder Piraguas auf dem Canal von Pina aus dem Magdalena nach dem Verschiffungsplatz Sabanilla gebracht werden. Der genannte Canal enthält viel Baumwurzeln und andere Hindernisse, deren Besei- tigung man mit einem, die Summe von 200,000 Pesos nicht überstei- genden Kostenaufwand bewirken könnte. Sobald dies Unternehmen verwirklicht ist, können die Flulfs-Dampfboote in Sabanilla laden und löschen und von dort unmittelbar die Reise nach Honda antreten. Da- mit würden sich die Transport-, Lager- und anderen, jetzt unvermeid- lichen Kosten ermälsigen. Es ist sehr wahrscheinlich, dafs eine Ge- sellschaft, welche den Canal öffnete und eine Dampfbootlinie anlegte, Gewinne von grolser Erheblichkeit machen und dazu beitragen würde, dafs sich der Handel und die Production im Innern des Landes und an der Küste ungemein erweiterten. Barranquilla ist der einzige Schiffs- werft am Magdalenen-Strom; dort reparirt man die Dampfboote, und erbaut Boote und Champanen von 25 bis zu 80 Toneladas '). Die Handarbeit, das Holz ?) und die übrigen Erfordernisse sind so theuer, dafs ein solches Boot bis zu 3000 Piaster zu stehen kommt. Der Platz des südamerikanischen Freistaates Neu-Granada. 17 ') Eine Tonelada ist eine Schiffslast von 20 Centnern. 2) Es wird befremden, dafs das Bauholz in Barranquilla sehr theuer sei. Die Ursache liegt in dem Mangel an Sägemaschinen, welche durch Wasser bewegt wer- den, so dals man sich der rohesten Instrumente dazu bedient. Die Bretter kommen gröfsesten Theils von Nare (c. 6° 15’), wo in den unermefslichen Urwäldern an den Ufern des Magdalenen-Stromes ausgezeichnetes Cederholz wächst, Holz so fein und schön wie das beste Mahagonyholz von Honduras. Zeitschr. f. allg. Erdk. Neue Folge. Bd. VI. 2 18 Verkehrs- und Handelsverhältnisse Barranquilla spedirt auch Ladungen von Gelbholz, Brasil- und Divi- divi-Holz, Thierhäute, Kaffee, vegetabiles Elfenbein (Tagua) und andere Exporte nach Europa, ferner etwas Reis, Mais und Geflügel nach dem Isthmus von Panama, Rio Hacha und den Antillen. Fast alle Schiffe, welche von Europa nach Santa Marta und Cartagena kommen, legen auch in Sabanilla an, um ihre Rückfracht zu vervollständigen. Diese und die Schiffe, welche ihren Ballast im Hafen nehmen, haben zum Theil aus mangelnder Fürsorge der Behörden zuweilen Schaden ge- litten, wenn sie eine grofse Strecke vom Lande ankern und sich klei- ner Boote zum Laden und Löschen bedienen müssen, was Kosten und Risico verursacht. Jüngsthin hat man in dieser Provinz und in Car- tagena einige Tabackspflanzungen angelegt; aber der Tagelohn ist so hoch und die Arbeiter sind so selten, dafs ein guter Erfolg für die nächsten Jahre unwahrscheinlich ist. Die Eisenbahn von Panama ist es, die den Tagelohn und die Lebensmittel aufserordentlich vertheuert hat, indem das Unternehmen unzählige Arbeiter und grofse Quantitäten Lebensmittel jener Provinzen absorbirt ’). 1) Ein Deutscher, der seit Jahren in Barranquilla wohnt, hat mir über die commereiellen Verhältnisse dieses Platzes eine Schilderung zugehen lassen, die hier wörtlich aufgeführt ist, weil sie zur Ergänzung des oben Gesagten dienen kann: „Barranquilla, Hauptstadt der Provinz Sabanilla, liegt am linken Ufer des Mag- dalenen-Stromes, ist jedoch durch eine, in der Richtung des Flusses sich ausdeh- nende, verhältnifsmälsig schmale Strecke angeschwemmten Landes vom wirklichen Strome getrennt. Mit diesem steht die Stadt aber durch zwei natürliche Canäle (Caüo de arriba und Cano de abajo; nur der letztere ist für Dampfschiffe passirbar) in Verbindung, welche mit dem vor ihr sich erstreckenden Gewässer (Cienega ge- nannt) ein Nebenärmchen des Magdalenenflusses bilden. Während einer gewissen Zeit des Jahres wird die erwähnte Landstrecke überschwemmt; die beim Fallen des Was- sers zurückbleibenden Sümpfe und Pfützen sind der Heerd der epidemischen Krank- heiten: die bei ihrer Verdunstung sich bildenden Miasmen beschenken uns jedes Jahr mit Ruhr und Wechselfieber; letztere sind indefs nicht besonders bösartig. Die Con- stıtution der Atmosphäre bessert sich vom December bis März inclusive; ein wohl- thätiger Nordostwind von der Sierra Nevada reinigt die mit schädlichen Dünsten ge- schwängerte Luft. Die hiesige Durchschnitts- Temperatur ist 86° Fahrenheit. Die verschiedenen Mündungen unseres grolsen Flusses liegen ungefähr 4 Leguas von hier. Der sichere, aber etwas flache Hafen Sabanilla liegt circa 5 Leguas von hier. Kleine Fahrzeuge wie die Champanen und Boote gelangen aus ihm ebenfalls durch einen natürlichen Canal (Caio de la Pina) in den Flufs. Das hiesige Gouvernement oder vielmehr der Congrefs decretirte vor ein Paar Jahren 110,000 Pesos, um diesen Caüo für Dampfschiffe befahrbar zu machen. Es haben sich aber bisher noch keine Unter- nehmer dafür gefunden, obgleich allgemein von Sachverständigen behauptet wird, dafs obige Summe hinreichend ist. Der hiesige Einfuhrhandel ist sehr beschränkt, denn Barrangquilla ist kein Stapelplatz. Der hiesige Import bezweckt nur, unsern Platz und wenig umliegende, zu unserer Provinz und der von Santa Marta gehörende Flecken zu versorgen. Nur für die drei Mefs-Epochen wird die Einfuhr etwas bedeutender. Hauptsächlich wer- den bezogen: von England ordinaires und mittelfeines Steingut, ord. baumwollene Manufacturwaaren, ord. und mittelfeine leinene Manufacturwaaren, ord. wollene Waa- ren, Eisen- und Stahlwaaren, Quincailleriewaaren ete., die vier letzten meist deutschen des südamerikanischen Freistaates Neu-Granada. 19 Die Stadt Cartagena war, wie allgemein bekannt, während der spanischen Herrschaft das Emporium des granadinischen Handels und sein Haupt-Waffenplatz. Sie ist bedeutend gefallen, seit ihre Privile- gien aufgehört haben und seit man dem Wege über Santa Marta für die Geschäfte des Inlandes den Vorzug giebt. Das hauptsächliche Hindernifs für die Wohlfahrt Cartagena’s ist seine Entfernung vom Magdalenen-Strom und der Mangel einer leich- ten Communication mit demselben. Die Stadt hat auf den Bau eines Canals, genannt el Dique, von Calamar, einem Hafenorte des Magda- lenen-Stromes, nach der schönen Bai von Cartagena jüngsthin grofse Summen verschwendet. Augenblicklich sind die Inconvenienzen sehr grofs, denen man begegnet, um Ladungen von Cartagena nach dem Magdalenen-Strom oder umgekehrt zu bringen. Abgesehen von den Ursprungs; von Frankreich ordinaire Weine und andere Spirituosen, als Cognac, Brandy, trois six, Liqueure, aufserdem eingemachte und getrocknete Früchte, Oli- venöl, Sardines & l’huile, feinere und leichte Baumwollenzeuge, als Mousselins ete., Seiden- und Modewaaren, leichte Kasimirs, Arzneien und Parfümerien, Papier und Quineaillerie ete.; von Nord-Amerika Weizenmehl in Fässern von 200 und 100 Pfund, mailänd. Stahl, ord. Steingut, Tauwerk, ord. ungebleichte baumwollene Zeuge (domestic genannt), ord. spanische Weine und ostindische Gewürze, als Zimmet ete., chinesische Crape -Shawls, Schinken, Käse und andere Provisions-Artikel, Talg- und Stearin-Lichte, Glaswaaren, Nürnberger Tand (deutsche Artikel), Arzneien ete. — Der hiesige Ausfuhrhandel steht mit dem Importationsgeschäft im Verhältnifs. Haupt- sächlich werden ausgeführt: Gelbholz oder Santa Marta-Farbeholz (morus tinctorea), Häute, Dividivi-Holz, Balsam Tolu, Corozos de Tagua (Ivory nuts). Als Transitplatz ist Barranquilla bedeutender. Sehr viele inländische Impor- teure introduciren ihre Güter durch das Zollhaus von Sabanilla. Aller aus dem In- nern kommende Taback und Chinarinde wird durch diesen Hafen ausgeführt. Aus Provinzial-Eifersucht war die Haupt-Agentur der Santa Marta-Dampfschift- Compagnie in Remolino etablirt. Durch das Zollhaus von Santa Marta wurden die Importationen für das Innere gemacht, die Güter von jenem Platze in kleinen Fahr- zeugen nach Remolino transportirt und von da in den Dampfbooten nach dem Innern befördert. Santa Marta glaubte dieses durchsetzen zu können mit Benachtheiligung des durch seine Lage begünstigten Barranquilla, hat sich aber überzeugt, dafs es schwer ist, gegen den gewaltigen Strom der Naturgesetze anzuschwimmen, und ihre Steamboat Agency nach hier verlegt. Die vorzüglichsten Commissionshäuser von Santa Marta haben hier aus demselben Grunde Commanditen etablirt. Sechs Dampfboote | haben hier jetzt ihren Lagerplatz, aber ihre Abfahrt ist bisher noch nicht geregelt | gewesen. Pflest man den Magdalenen-Strom die Hauptarterie von Neu-Granada zu nennen, so gebührt Barranquilla sicher, das Herz (im physiologischen Sinne des Worts) ge- nannt zu werden. Das einzige, was dieser Stadt fehlt, die bedeutenden Functionen eines so wichtigen Organs zu bewerkstelligen, ist ihre Verbindung mit ihrem Hafen durch einen für Dampfboote fahrbaren Canal! Dann könnte Barranquilla ja ein Stapelplatz für den gröfsesten Theil von Neu-Granada werden, wenn zu gleicher Zeit durch Concurrenz die so hohen Frachten und vorzüglich die Passagen erniedrigt wür- den, um die Reisen zu erleichtern. — Was sich aber durch die oben erwähnte Ver- bindung des Hafens mit dem Flusse wohl ereignen könnte, wäre, dafs die hiesigen Handlungshäuser sich nach Sabanilla zu verlegen genöthigt sehen würden. Dieses würde nur ein Vortheil sein, denn die Hitze ist dort erträglicher als hier.“ = ‚jährlich ausführt. Ze 20 Verkehrs- und Handelsverhältnisse Beschädigungen, welchen die Waaren ausgesetzt sind, bleiben die Ko- sten nicht unter 6 bis 8 Franken für jeden Bulto von 50 Kilogramm. Der Canal ist nämlich so schlecht erbaut, dafs der Strom seine Wände zerstört und das Canalbett mit Sand angefüllt hat; daher kommt es, dafs auf dem Raume von einigen Meilen alle Waaren auf Esel gela- den und selbst im Winter durch ein sumpfiges Terrain getragen wer- den müssen, bis sie zu den Booten gelangen, welche sie nach dem Meerbusen von Cartagena überführen. Cartagena producirt gegenwärtig Lebensmittel, welche nach Colon oder Aspinwall gesendet werden, fer- ner den berühmten Balsam von Tolu, einige Baumwollen -Manufacte, welche im Innern verbraucht werden, und andere Producte von gerin- ger Erheblichkeit. Einige Nord-Amerikaner haben jüngsthin das Unternehmen ge- gründet, Kautschuk zu sammeln, wovon die Wälder in dieser Provinz Ueberfluls haben. Das Territorium leidet übrigens sehr an Wasser- mangel. Die westlich angrenzende Provinz Chocö ist wenig bevölkert und in der Bevölkerung herrscht die schwarze Race vor. Im Allgemeinen sind es die Küsten, wo viele Schwarze wohnen, die sich indefs mit der weilsen Race mannichfach gekreuzt haben. Chocö ist ein überwiegend goldhaltiges Land und auf den Gewinn und den Export dieses Minerals beschränkt sich fast der ganze Handel. Der Atrato, welcher diesen Handel vermittelt, ist schiffbar, aber wenn man auch daran gedacht hat, auf ihm eine Dampfboot-Linie zu er- richten, so ist es doch unwahrscheinlich, dafs dieses Project schon in den nächsten Jahren verwirklicht wird. Mit der Zeit wird der Handel der reichen Provinz Antioquia sich dem Atrato zuwenden, vorausgesetzt nämlich, dafs eine Strafse nach dem Strom hin geöffnet wird, ein Werk, was begonnen worden ist, aber jetzt aufgegeben zu sein scheint '). Neu-Granada setzt seine gröfsesten Hoffnungen auf das Gebiet von Chocö und Darien. Eines Tages werden die Staatsgüter, welche sich dort befinden, das Mittel werden, die ungeheure auswärtige Staats- schuld zu bezahlen. Es liegt deshalb im Interesse der Staatsgläubiger, die nothwendigen Terrain-Untersuchungen zu ermuntern und die An- lage eines interoceanischen Canals durch jene Territorien zu unter- stützen, um ihr Kapital wieder zu erlangen. Die Provinz Mompox war ehemals ein Theil von Cartagena. Die Stadt Mompox hat keine andere Bedeutung als die eines Waaren- Depots für einige Ortschaften des Innern, und als ein Punkt, an wel- !) Choc6 ist es, wo man die grolse Menge Platina findet, die Neu-Granada des südamerikanischen Freistaates Neu-Granada. 21 chem Ruderer zu haben sind, schwarze, halbwilde Gesellen, welche die Champanes mittelst grofser Ruderstangen den Strom heraufbringen. Zu der Provinz Mompox gehört das Dorf Magangue an den Ufern des Cauca, einige Meilen von seiner Mündung in den Magdalena. In Magangue& sind jährlich zwei Messen, eine, die besuchteste, am 2. Fe- bruar, die andere am 13. Juni. Beide dauern etwa eine Woche und sind die berühmtesten und besuchtesten der Republik. Kaufleute von Neyva, Bogotä, Mariquita, Antioquia, Ocana, Pamplona, Socorro, Ve- lez treffen dort mit denen der Küstenprovinzen zusammen. Der Taback von Ambalema, Giron und Socorro, der Kaffee von Ocana, welcher von der besten Qualität ist, der Zucker von Guaduas und Ocana, ge- gerbte Häute und Strohhüte aus den nördlichen Provinzen, und viele andere Producte concurriren im Ueberflufs und werden vertauscht ge- gen fremde Waaren aus den Vereinigten Staaten, England und dem dänischen St. Thomas '). Die Provinz Antioquia pflegt in der Regel !) Von einem Augenzeugen, der die letzte Messe in Magangu@ besucht, habe ich eine Darstellung der Frequenz erhalten, die ich hier wörtlich folgen lasse. In Magangue, am Cauca-Flufs gelegen, 5 Leguas oberhalb der Confluenz dieses Flusses mit dem Magdalena-Strom, werden jährlich zwei Messen (am 2. Februar de la Can- delaria und am 13. Juni de St.’ Antonio) und in Tacasuan (San Benito Abad, Pro- vinz Cartagena) eine dritte (am 14. September, del Cristo) gehalten, welche gewöhn- lich acht Tage dauern. Der Ursprung dieser Messen ist in den an besagten Tagen gehaltenen Kirchenfesten zu suchen. Der gröfseste Zusammenflufs von Menschen findet vorzüglich am 2. Februar statt, weil man die Virgin de la Candelaria für eine wunder- same, gütige und einflufsreiche Vermittlerin bei dem katholischen Gotte hielt und theilweise noch hält. Gebrauch, Gewohnheit und ich glaube auch die gesunde Jahres- zeit, in welche sie fällt, haben dieser Messe die Priorität über die beiden anderen erhalten. Magangue ist sehr vortheilhaft für diese Messen plaeirt. Durch seine Lage am linken Cauca-Ufer mit der grofsen und industriellen Provinz Cartagena in Ver- bindung, ist dieser Ort auch von der Flufsseite für fast alle übrigen Provinzen zu- gänglich. Die 4 bis 6000 Menschen, die sich hier vereinigen, bringen fast alle Etwas zum Verkauf. Von den Sabanas de Corozal kommen: Weber-Arbeiten (vorzüg- lich baumwollene Hängematten), Strohmatten und Thiere; von Cartagena, Bar- ranquilla, Santa Marta und Mompox: ausländische Waaren, aus dem oben in der Anmerkung über Barranquilla S. 18, 19 aufgezeichneten Sortiment bestehend; von Honda und Ambalema: Taback, Zucker, Häute und wollene inländ. Decken (Mantas, Cabos genannt), Sohlleder; von Jiron, Velez und anderen Nord-Provin- zen: etwas Goldstaub, Kaffee, Zucker, Taback, Jipijapa, Strohhüte und baumwollene Zeuge; von Ocana: Zucker, Kaffee, geflochtene Stricke und Fufsbedeckungen. Der Artikel, der in diesen Messen die Hauptrolle spielt, ist aber der von allen Theilen Antioquia’s kommende Goldstaub, Ich rechne, dafs ungefähr 8 bis 12 Cent- ner davon nach jeder Messe kommen. Der Durchschnittsgehalt des aus den Flüssen gewonnenen Waschgoldes ist 21 Karat. Das in Goldgruben aus dem quarzigen Ge- stein ausgestampfte hält nur von 13 bis 17 Karat. Der gewöhnliche Preis des Flufs- goldes ist 300 Pesos (A 8 Realen) pro Pfund. Seit September 1853 ist ein neuer Artikel auf den Mefsschauplatz getreten: das Federharz (Gummi elasticum). Früher wurde dieser interessante Artikel in diesem _ Lande nicht gewonnen. In Cartagena und Magangue etablirten sich zu diesem Zweck Nord-Amerikaner, welche 6 bis 800 Pesos für 2000 Pfund bezahlten. Vor 10 Jahren wurden noch alle Geschäfte in den Messen p. eomptant abge- schlossen, doch seit einigen Jahren wird auf 6, 8, 10 bis 12 Monat Credit gegeben. 22 Verkehrs- und Handelsverhältnisse mehrere Centner Gold dorthin zu senden. Der Gesammtumsatz an Waaren auf der Februar-Messe, welche die wichtigere ist, übersteigt eine Million spanischer Thaler. Die Provinz Ocana ist wesentlich ackerbautreibend. Sie produ- eirt etwas mehr als 2500 Centner Kaffee, viel Zucker, Anis, Sohlleder, vegetabiles Elfenbein und andere weniger bedeutende Artikel; ihr frucht- bares Gebiet hat ein angenehmes Klima, ganz geeignet für europäische Colonisten. Es ist sehr leicht, mit dem See von Maracaibo durch den Catatumbo-Flufs, welcher grölsestentheils schiffbar ist, eine Verbindung herzustellen. Eine Gesellschaft hat dieses Unternehmen in Angriff ge- nommen. Die Bewohner dieses Theils der atlantischen Küste und des un- tern Magdalena verbrauchen wenig Wollenzeuge, aber ordinäre Baum- wollen, viel Leinen und Hanf. Der Handel an der Küste wird haupt- sächlich von den Vereinigten Staaten und St. Thomas aus betrieben. Da die in St. Thomas gekauften Waaren zum Theil deutsche sind, so ist klar, dafs ein unmittelbarer Handel mit Deutschland die Beziehun- gen in wenigen Jahren sehr beleben mülste. Einmal würden dann die Waaren viel wohlfeiler zu liefern sein, und aufserdem würde der Uebel- stand wegfallen, dafs (wie die Kaufleute in St. Thomas jetzt beanspru- chen) nur in Gold oder in Wechseln auf die Vereinigten Staaten und England bezahlt werden muls. Es liegt auf der Hand, dafs unter den jetzigen Verhältnissen die Kaufleute der Küste viele Schwierigkeiten finden, ihre Zahlungen zu machen; für beide Theile würde es daher vortheilhafter sein, wenn die Zahlungen in Landesproducten geleistet werden. Aber die directen Beziehungen zu Deutschland sind sehr sel- ten in Neu-Granada, und die wenigen Häuser, welche dergleichen ha- ben, suchen sich dieselben um jeden Preis ausschliefslich zu bewahren. Die Plätze Santa Marta und Barranquilla haben für das Innere ein Depot von Waaren, womit sie den Taback und andere Landeser- zeugnisse zu bezahlen pflegen. Die hauptsächlichsten jener Waaren sind: Eisen, Stahl, Steingut, Blei, Munition, ord. französische und spa- nische Weine, Pulver, Ackergeräthschaften, Spaten, Hacken, Macheten, ord. Feuergewehre, Hanfgewebe, Nudeln und andere gesuchte Artikel. Honda (äufserste Dampfschiffs-Station am obern Magdalena) hat auch ein solches Waarendepot und verkauft jährlich für 200,000 Piaster. Nach der neugranadinischen Gesetzgebung sind alle fremden Flag- gen den nationalen gleichgestellt und diese Gleichstellung gilt auch für die Waaren, welche die Schiffe bringen. Eben so frei ist der Küsten- handel, und ein Gesetz von 1852 erlaubt allen fremden Dampfbooten, auf gleichem Fufse wie die nationalen Schiffe alle Flüsse der Republik zu befahren. Der Zolltarif ist vielleicht der gemäfsigtste und freieste m des südamerikanischen Freistaates Neu-Granada. 23 in Süd-Amerika; er erklärt viele Artikel für steuerfrei und unter ihnen alle Ackerbau- und Bergwerks-Maschinen und Instrumente und ge- druckte Bücher. Droguen zahlen 25 Procent ad valorem. Mit Aus- nahme derjenigen Zölle, welche zum Vortheil der inländischen Schuh- macher, Schneider, Tischler und Sattler einige Manufacte belasten, ist keine Spur eines schutzzöllnerischen Geistes im neugranadinischen Tarif zu entdecken. Ungeachtet jener ausnahmsweisen Schutzzölle sind die betreffenden ausländischen Manufaete doch noch wohlfeiler als die in- ländischen, und es ist sehr wahrscheinlich, dafs in einigen Jahren auch diese Bedingungen wegfallen werden, schon weil dies die öffentliche‘ Meinung fordert uud man die Handwerker von Bogotä züchtigen will, die den Melo’schen Aufstand wider die legitime Regierung am meisten begünstigt haben ’). Wenn die zu zahlenden Steuern mehr als 50 Pia- ster betragen, so verwilligt die Douane auf Grund einer Bürgschaft zwei Zahlungstermine, den einen von 6, den andern von 12 Monat, in denen jedesmal die Hälfte bezahlt wird. Die Douane nimmt auch zum Nominalwerth Staatspapiere an, welche mit einem starken Dis- eonto eirculiren, wodurch die Kaufleute bei der Steuerzahlung mehr als 10 Procent ersparen. Die Commissionshäuser der Küste leihen ihre Garantie den Importhäusern gegen eine Vergütigung von 1 Frank für jeden Waarenballen und zuweilen erlangen sie auch 2 Procent. Da der Staat kein Schiff unterhält, um über die Contrebande zu wachen, auch seine Beamten schlecht bezahlt, so kommt bei der Waa- reneinführung und Zollabfertigung viel Betrug vor. Daher wirft die Douane jährlich nur eine Rente von 1 Million Piaster ab, während sie das Doppelte einbringen mülste. Die Douane öffnet von 10 Ballen immer nur einen, um ihren Gehalt zu untersuchen, und läfst die übri- gen ohne Prüfung passiren, es sei denn, dafs sich in dem geöffneten Ballen einige Widersprüche mit der Factura vorfinden, welches die Oefinung der übrigen zur Folge hat. Der Grund, weshalb nicht alle - Ballen geöffnet werden, ist, um Zeit zu ersparen und weil die geöfine- | ten Ballen hier nicht mit derselben Sorgfalt wie in Europa wieder ver- packt werden können und die zerbrechlichen Waaren sehr viel leiden. Die Packkosten an der Küste sind aufserordentlich hoch. Der Com- missionair erhält einen Peso für jeden Ballen, und hat dafür die Waa- ren zu empfangen, sie in der Douane anerkennen zu lassen und ihrer weiteren Bestimmung zuzuführen. Da das Personal der Steuerbeamten - sehr redueirt ist und nicht viele Häfen sind, so verbleiben die Ladun- !) Die Tarifbestimmungen, welche zur Protection der inländischen Handwerker dienten, sind so eben durch ein Gesetz vom 18. October c., welches der in Hague vollzählig versammelte Congrefs decretirt hat, aufgehoben und durch bedeutende Zoll- ‚Ermäfsigungen und Befreiungen ersetzt worden. in: , A 5 2A Verkehrs- und Handelsverhältnisse gen viele Tage in der Douane, bevor sie ihre Abfertigung erhalten. Dieser Verzug pflegt oft mehr als einen Monat zu betragen, wenn viele Waaren auf einmal zusammentreffien. Von den Entscheidungen der Douanenbeamten, welche der Kaufmann für ungerecht hält, findet Be- rufung an den Provinzial-Gouverneur oder an den Präsidenten der Republik statt. Die Zollerträge könnten genügen, die gesammten Ko- sten der Verwaltung zu decken, aber man hat es unglücklicher Weise noch nicht erlangt, darin dieselbe Ordnung herzustellen, wie in der Salz- Administration, welche jetzt täglich mehr als 1000 spanische Thaler einbringt. Die Provinz Antioquia, jetzt in drei, Cördoba, Medellin und Antioquia, getheilt, ist eine der wichtigsten der Republik. Ihre Bevöl- kerung übersteigt 200,000 Seelen und wächst jährlich in einem grölseren Verhältnifs als die aller übrigen Landestheile; sie gehört fast ganz zur weisen Race und die Männer sind in der Regel grols, stark, robust, unermüdlich in der Arbeit, mäfsig, sparsam und ehrenhaft. Die haupt- sächliche Beschäftigung besteht in der Ausbeutung der ungemein reichen Goldminen, wovon der gröfseste Theil in Erzgängen liegt. Fast das ganze Gebiet ist goldhaltig, und es ist sehr wahrscheinlich, dafs seine Berge und Wälder, welche fast noch nicht untersucht sind, Mineral- Reichthümer enthalten von nicht geringerer Bedeutung als die von Au- stralien und Californien. Medellin, eine sehr schöne Stadt mit einem äufserst angenehmen Klima, ist der mercantile Mittelpunkt von Antioquia und Sitz zahlreicher Handlungshäuser. Unternehmungs- und Associationsgeist ist in Antio- quia sehr entwickelt. Die Einwohner dieser Provinz wandern vielfach nach anderen Provinzen, vorzüglich nach der von Bogotä, wo die grös- sesten inländischen Häuser Antioquener sind. Wie fast die ganze Be- völkerung von Antioquia dem Bergbau zugethan ist, so ist es auch Gold, womit sie ihre Bedürfnisse zu kaufen pflegt und schon deshalb ist der Handel so wichtig, sowohl für das Innere wie für das Ausland. Antioquia empfängt von Neyva starke Ladungen Cacao und von Mariquita den Taback, den man de primera nennt, welcher der dickste und saftigste, aber auch der ordinairste ist. Die Zahl der Centner von Ambalema-Taback, welche Antioquia jährlich empfängt, beträgt nicht unter 12,000; den Betrag des Kaufpreises, den man dafür in Medellin empfängt, darf man im Durchschnitt auf 150,000 Piaster anschlagen. Die ordinairen Baumwollenzeuge, welche man in Socorro webt, sind von den Bergleuten sehr gesucht und werden in erheblichen Quanti- täten auch von Bogotä expedirt, ungeachtet des hohen Preises, der aus den aufserordentlich gesteigerten Transportkosten entspringt. Der Be- trag des Goldes, welches jährlich in Antioquia gesammelt wird, ist nicht j des südamerikanischen Freistaates Neu- Granada. 25 genau bekannt, läfst sich aber mindestens auf 3 Millionen Piaster schätzen. Es ist anzunehmen, dafs er diese Summe noch übersteigt, seit ein Gesetz von 1850 für die Ausfuhr des Goldes in Barren und in Goldstaub die Häfen geöffnet hat. Früher war vorgeschrieben, das Gold, um es ausführen zu dürfen, in Bogotä ausmünzen zu lassen, was so erhebliche Kosten, Risico’s und Verzögerungen veranlafst hat, dafs der Strafe der Confiscation ungeachtet der gröfseste Theil des Goldes im Wege der Contrebande ausgeführt wurde '). Englische Compagnien haben jüngsthin neue Minen in Antioquia erworben und legen darin starke Kapitalien an. Wenn man sieht, wie der Reichthum dieser Provinz sich reilsend vermehrt und den unab- lässigen Ausbau neuer Minen gestattet, so kann man nicht zweifeln, dafs die Ausfuhr des Goldes von Antioquia in wenigen Jahren bedeu- tend zunehmen mufs. Der Verbrauch fremder Waaren ist in dieser Provinz von viel gröfserer Bedeutung als in der Provinz Bogota. Die Ladungen, welche zur Hauptstadt der Republik gelangen, werden nach- her in andere Provinzen geschickt, die aber, welche nach Antioquia gehen, bleiben dort für den ausschliefslichen Verbrauch der Provinz. Ein ungeheures Material für die Minen- Arbeiten, viele baumwollene und wollene Waaren, verschiedene Luxusgegenstände sind unter An- derem die hauptsächlichsten Einfuhrartikel. Medellin ist das Handels- Emporium und die Kaufleute verkaufen ihre Waaren zu sehr langen Zahlungsfristen; eine dreijährige Zahlungsfrist gehört nicht zu den Sel- tenheiten, es wird alljährlich ein Drittel gezahlt, in der Factura aber sogleich der laufende Zinssatz in Anrechnung gebracht. Obschon die Kapitalien von Antioquia sehr erheblich und die Unternehmungen sehr zahlreich sind, und obschon man annehmen kann, dafs der Anbau des Landes kaum angefangen hat, so beträgt dennoch der Zinsfuls 15 Pro- cent jährlich, selbst für die respectabelsten Firmen. Man kann mit aller Gewilsheit versichern, dafs eine Bank in Medellin mit der gröfse- sten Sicherheit Millionen mit 15 Procent jährlich unterbringen und da- durch neue Unternehmungen hervorrufen könnte, deren Zahl und Um- fang unberechenbar ist. Verschiedene Umstände machen indefs das Leben in Antioquia sehr theuer; das Land, umgeben und durchkreuzt von Bergen, kann nur mit grolsen Kosten Wege bauen. Ein Ballen baumwollener Waare z. B. verursacht von Santa Marta bis Nare 3 Pia- ster Fracht; von Nare nach Remolino, dem Hafen am Flusse Nare und von dem Orte selbst nur 40 engl. Meilen entfernt, % Frances Fracht, und von Remolino nach Medellin, wo der Transport, wenn auch nur 1) Der französische Akademiker Boussingault hat das in diesen Goldminen gefun- dene Gold analysirt und an Ort und Stelle dessen Gehalt wissenschaftlich bestimmt. Dee 26 Verkehrs- und Handelsverhältnisse wenige Leguas, über Berge geht, 8 Piaster. Die Zahl der Maulthier- lasten, welche Antioquia jährlich empfängt, kann man etwa auf 15,000 anschlagen (eine Last oder Carga zum Gewicht von 100 bis 125 Ki- logr.). Ein practicabler Fahrweg würde diese Ziffer in wenigen Jahren um das Vierfache erhöhen. Es scheint nöthig, zu erwähnen, dafs die für Antioquia bestimmten Waaren in Bultos verpackt werden müssen, welche das Gewicht von 55 Kilogr. nicht überschreiten, und die Verpackung mufs in einer Art geschehen, dafs weder der Regen noch die Feuchtigkeit des Bodens auf den bergigen Wegen eindringen, sowie dafs die Ladung bei dem Transport durch Maulthiere nicht beschädigt werden kann. Die Provinz Mariquita beginnt, kaufmännisch zu reden, in Nare, welches eine an dem linken Ufer des Magdalenen-Stromes und am. Einflufs des Nare liegende Ortschaft ist. Es giebt in Nare zwei Com- missionshäuser mit Lagerhäusern, welche die Waaren für Antioquia empfangen und weiterbefördern. Das Leben ist dort so schwer, das Klima so heifs, dafs die Ortschaft selbst nicht fortgeschritten ist im Verhältnifs zu ihrer Lage und zu dem Werthe, den dort die Arbeit hat. Eine beladene Piragua macht in einem Tage die Reise von Nare nach Remolino und zurück und jeder Ruderer verdient für diese Reise 3 Piaster und volle Beköstigung. In Nare und in seiner Umgebung begegnet man vielen reichen Waldproducten, z. B. dem vegetabilen El- fenbein, dem Ipecacuanha, und dem Cedron; man erndtet ausgezeich- neten Cacao und kauft dort jährlich einige Pfund Goldstaub. Abgesehen von den Mineralschätzen (das Gold hat einen Gehalt nicht unter 22 Karat), welche jene ausgedehnten Landstriche enthalten, sind dieselben an den Ufern des Magdalenen-Stromes mit Urwäldern bedeckt und von einem für sehr kleine Piraguas schiffbaren Flüfschen durchschnitten. Dort begegnet man ausgezeichneten Bauhölzern, z. B. zahlreichen Cedern, welche an Schönheit und Bauwürdigkeit dem Ma- hagony von Honduras nicht nachstehen. Dort sind Lager von gelbem Bernstein, oft in Stücken von 6 Kilogr. Gewicht und von grofser Schön- heit !), ‘aber alle diese Reichthümer sind unbenutzt aus Mangel an Arbeitskraft und wegen der kostspieligen Verbindung mit der Stadt Honda, wohin allein jeder Ruderer 7 Piaster verdient. Einige Maschinen zum Verkleinern und Sägen des Bauholzes, wenn sie in dieser Gegend aufgestellt wären, würden von unermelslichem Nutzen sein für ein 1) So eben hat sich eine Gesellschaft von Deutschen, Engländern und Einge- borenen constituirt, um diese mächtigen Bernsteinlager auszubeuten. Es finden sich darin alle bekannten Arten des preulsischen Bernsteins, auch die sogenannte Kums- Gattung, welche man in Deutschland für die beste hält. Ich besitze aus diesem Lager Piecen von jeder Gattung und darunter einige Exemplare mit grolsen einge- sprengten antediluvianischen Insecten. er an des südamerikanischen Freistaates Neu-Granada. 27 Land wie Mariquita, welches im Aufschwung begriffen ist, wo viele Häuser gebaut werden, wo sich täglich die Lage aller Bevölkerungs- klassen verbessert und wo deshalb der Bedarf guter Möbel und guter Bauhölzer täglich zunimmt. Die Ausfuhr von Bauholz wäre ein ein- träglicher Industriezweig; schon der Bedarf des unteren Magdalena- Gebiets für Häuser, Möbel und Schiffe wäre wichtig, weil die Bauhölzer von Nare und seiner Umgebung von besserer Qualität zu sein schei- nen, als die am unteren Magdalenen-Strome selbst. Da man auch in dem oberen Theile des Magdalena-Gebiets eine so gute Ceder nicht findet wie die von Nare, eben so wenig andere Nutzhölzer von guter Qualität, die zugleich von geringem Gewicht sind, so würden mit der Zeit diese Hölzer nach Ambalema gehen, um dort zu Kisten für den Taback zu dienen, während jetzt die seltenen und theuern Thierhäute dazu verbraucht werden. In dem Grade, wie sich die Tabackseultur vermehrt und ausdehnt, ist es sicher, dafs die Kaufleute das Verpacken in Kisten vorziehen werden, einmal weil dies günstiger für den Taback ist, dann auch weil es dem nach Deutschland expedirenden Kaufmann den Vortheil gewährt, diese Kisten von schönem Holz für das Tischler- gewerbe zu verwerthen. Zwischen Honda und Nare sind unermelsliche Wälder; sie ver- bergen, wie gesagt, Reichthümer jeder Art, Mineralschätze und Vege- tabilien, unter denen die verschiedenen jüngsthin entdeckten sehr reichen Steinkohlen-Lager erwähnt werden müssen. Eine dieser Steinkohlen- Minen, nur einige hundert Meter vom Ufer des Magdalenen- Stromes entfernt, ist jetzt offen gelegt worden und wird durch ein Handlungs- Haus in Honda ausgebeutet. Die Vortheile dieser Ausbeutung für die Befahrung des Stromes durch Dampfschiffe und die Entwickelung der Künste werden grols sein. Vor Betrachtung des Handels und der Produete von Mariquita scheint es mir an der Zeit, einige Worte über die Schifffahrt auf dem Magdalenen-Strome zu sagen. Bis zum Jahre 1826— 27 wurde der Magdalenen-Strom mit Schiffen von derselben Klasse befahren, auf welchen wahrscheinlich im 16. Jahr- hundert der Eroberer Gonzalo Jimenez de Guesado hier angelangt ist. Die Spanier interessirten sich nicht für die Verbesserung der Schiff- fahrt, wozu man sich der Champanes bediente, d. h, grofser Piraguas mit einem Zelt von Palmenblättern über Holzreifen gedeckt, die ge- wöhnlich eine Ladungsfähigkeit von 20 Tonnen enthalten; 20 bis 24 Ruderer sind nöthig, um eine solche Champane mit grofsen Stangen _ gegen den Strom zu bewegen. Die Champan-Reise von Barranquilla nach Honda in einer Zeit, wo der Strom nicht gewachsen ist, dauert in der Regel nicht weniger als 60 Tage. 23 Verkehrs- und Handelsverhältnisse Ein preufsischer Unterthan, Herr Joh. Bernh. Elbers, war der erste Unternehmer, welcher die Idee falste und auch ausführte, den Magda- lenen-Strom mit Dampfschiffen zu befahren. Durch ungemein grofse Geldopfer gelangte er dazu, zwei grolse Dampfboote auf den Strom zu setzen, doch sehr bald schon waren dieselben durch Unfälle dienst- unfähig. Dreizehn Jahre später (1839) gründete Herr Franz Montoya eine Compagnie, welche in London ein schönes Dampfboot bauen liefs, das erfreuliche Hoffnungen zu eröffnen anfing, als im Verlauf einer Revo- lution die Regierung sich des Dampfbootes bemächtigte, es armirte und in einem Gefecht gegen eine Flottille von Kanonenbooten verlor. Ein ähnlicher Fall ist in der Folge nicht wieder vorgekommen, namentlich seit der Congrefs von 1852 durch ein Gesetz die Dampfboote aller fremden Nationen unter ihrer eigenen Landesflagge zur Flufsschifffahrt in Neu-Granada zugelassen hat. Die Entmuthigung war grofs nach jener Katastrophe, bis im Jahre 1847 die Bildung zweier Compagnien zur Begründung zweier Linien, jede mit drei Dampfbooten, zu Stande kam, die eine in Cartagena, die andere in Santa Marta. Namentlich war es der General T. C. Mos- guera, Präsident der Republik in jener Zeit, dessen Einflufs es gelang, die Unternehmungen zu realisiren; die Regierung betheiligte sich bei einer jeden dieser Gesellschaften mit Actien im Werthe von 100,000 Piastern. Die Linie von Cartagena war dazu bestimmt, den Dique- Canal, dessen Bau man damals der Vollendung nahe glaubte, mit dem Flusse in Verbindung zu bringen. Zwei Dampfboote von 50 bis 60 Toneladas sollten den Strom befahren, und ein sehr kleines war für den Canal bestimmt. Aber unglücklicher Weise kam der Canalbau nicht zu Stande und damit zerfiel das Dampfboot-Unternehmen, so dafs nur das für den Canal bestimmte kleine Dampfboot Calamar das einzige blieb, welches auf dem Strome ging. Das Unternehmen wird indefs wieder angeregt werden, sobald der Canal oder statt seiner eine Landstrafse dort hergestellt sein wird. Dasselbe wird lucrativer und bedeutender sein als das von Santa Marta; denn für den europäischen Handel würde man dann den Weg über Cartagena vorziehen und der innere Handel der Provinzen des untern Magdalena mit dem Isthmus von Panamä würde einen bedeutenden Zuwachs erhalten. Die Compagnie von Santa Marta mit einem Capital von 200,000 Piastern hat zwei gute Dampfboote in den Vereinigten Staaten erwor- ben, ferner 30 Boote und Champanen als Hilfsschiffe bauen lassen, und grolse Magazine zum Waaren-Depot in Remolino (Hafen des Magda- lena in der Nähe von Barranquilla), sowie in Mompox und Conejo (ein Hafen etwa 20 Meilen unterhalb Honda) errichtet. In den Booten des südamerikanischen Freistaates Neu-Granada, 29 bringt man die Waaren von Santa Marta nach Remolino, in den Dampf- booten bis Conejo und in Champanen von dort bis Honda. Dieser Weg hat viel Inconvenienzen; die Waaren erleiden lange Verzögerun- gen in den Depots von Remolino und Conejo, und manchen Schaden beim Laden, Ausladen und Transport. Auch hat die Compagnie grofse Kosten bei diesen Operationen, so dafs jede Carga von Conejo bis Honda i Piaster an Nebenkosten zu stehen kommt, ohne die tausend Widerwärtigkeiten, die die Gesellschaft bei den Ladungen selbst zu vertreten hat. Die Dampfkraft scheint jetzt die Hindernisse zu überwinden, wel- che die starke Strömung des Flusses der Schifffahrt mit grofsen Dampf- booten von Conejo bis Honda entgegensetzte; die Gesellschaft hat des- halb das Depot in Conejo beschränkt und bringt die Ladungen bis nach La Vuelta de la madre de Dios, einem Hafen, welcher von Honda etwa 3 Meilen entfernt ist. Der Weg von hier nach Honda ist eben und eignet sich zum Bau einer Fahrstrafse. Aber auch in La Vuelta begegnet man grolsen Inconvenienzen; der Platz ist nicht bevölkert und bietet gar keine Ressourcen. Die Landfracht ist theurer als die Flufsfracht; die Kaufleute ziehen deshalb die letztere vor. Letzthin hat der Dampfer Manzanares, ein schönes und elegantes Boot von 100 Toneladas, es ermöglicht, zu einer Zeit, wo die Gewässer des Stromes wachsen und gewisse Felsen bedecken, welche die Schifffahrt in der trockenen Jahreszeit behindern, bis nach Honda zu gelangen. Es ist dadurch ein Problem gelöst worden, welches man bisher für fast un- lösbar hielt, und bewiesen, dafs dieser Theil des Stromes nicht die Schwieriskeiten darbietet, welche man ihm zuschreibt. Dies wird sehr folgenreich sein; von jetzt an erspart die Compagnie und der Handel mehr als 30,000 Piaster jährlich an Kosten und Zögerungen. Die Com- pagnie hat einen sehr hohen Tarif für Personen- und Waarenfracht. Jede Carga zahlt von Santa Marta nach Vuelta eine Fracht von 64 Piaster und für die Thalfahrt von Vuelta nach Santa Marta 4 Piaster. Die Kosten von La Vuelta bis Honda und umgekehrt sind 1 Piaster. Die Passage von Santa Marta bis Vuelta kostet 100 Piaster (25 Pia- ster für Bediente und andere arme Personen, welche an Bord eine sehr üble Verpflegung empfangen); für die Thalfahrt wird der dritte Theil der Passage der Bergfahrt bezahlt. Die Kinder von weniger als 12 Jahren zahlen Nichts. Die Passagiere begegnen bei ihrer Landung in La Vuelta vielen Schwierigkeiten, um nach Honda zu gelangen, sei es zu Wasser oder zu Lande. Die Landreise macht man in drei Stunden, _ aber sie verursacht sehr hohe Kosten, weil es schwierig ist, Maulthiere zu finden und der Miethspreis für jedes in der Regel 2 Piaster kostet. In La Vuelta fehlt es an einem bequemen Gasthause und zuweilen er- AK 30 Verkehrs- und Handelsverhältnisse langt man dort nicht einmal ein Frühstück. Es beweist das, wie aus Mangel an Bevölkerung auch die sichersten Unternehmungen nicht be- nutzt werden und wie leicht es für thätige und intelligente Menschen wäre, hier viel Geld zu verdienen. Das Brennmaterial, welches die Dampfboote gebrauchen, ist das Holz, welches an verschiedenen Orten der Wälder am Ufer aufgespei- chert wird. Man könnte glauben, dafs bei dem Ueberflufs ausgedehnter Wälder am ganzen Ufer das Brennholz wohlfeil sein müsse; dessen ungeachtet ist aber sein Preis sehr hoch, weil es in jenen ungeheuren Einöden an Arbeitskräften fehlt. Es wäre gewifs sehr vortheilhaft, wenn man sich der Steinkohle bediente; geschieht dies, und gehen künftig die Dampfboote bis Honda, so ist die unmittelbare Folge, age die Passage und die Fracht sich um die Hälfte ermäfsigen. Man kann sagen, dafs die Schifffahrt durch die Compagnie zu Santa Marta monopolisirt ist. Wenn eine wirksame Concurrenz durch gute Dampfschiffe hergestellt würde, so würden die hohen Passage- und Frachtgelder sich bedeutend ermälsigen und den Unternehmern würden dennoch erhebliche Gewinne erwachsen. Nach den Berechnungen eines nordamerikanischen Ingenieurs bringt der Compagnie von Santa Marta jede Reise einen Reingewinn von 3000 Piastern ein; gegenwärtig hat die Compagnie ihre Dampfboote der Regierung vermiethet für dem mo- natlichen Preis von 3000 Piaster für jedes. Die beiden Dampfboote, welche die Compagnie besitzt, machen jedes nur eine Reise monatlich zwischen Remolino und La Vuelta, und zwar deshalb, weil es an Ma- schinen fehlt zum Laden und Ausladen der Schiffe, weil das Einneh- men des Brennholzes in den verschiedenen Depots Zeit erfordert, und weil die Schiffe bei ihrer Ankunft in La Vuelta, wohin die Waaren von Honda auf Champanen gebracht werden, ihre Ladungen nicht immer bereit finden. Die Dampfboote bedürfen in der Regel, um 200 Meilen auf dem Magdalenen-Strome zu fahren, dieselbe Zeit oder noch mehr, binnen welcher die nordamerikanischen Dampfboote den atlantischen Ocean zwischen New-York und Liverpool durchschneiden. Dampf- boote von angemessener Pferdekraft, wenn sie durch geeignete Mals- regeln die Ladung ihres Brennmaterials zu beschleunigen wissen, wer- den mit Leichtigkeit wenigstens drei Reisen in zwei Monaten zurück- legen können. Es ist dafür gesorgt, dals die Abfahrt der Dampfboote von Remolino mit der Ankunft der englischen Packetboote in Santa Marta und Cartagena (am 8. und 23. jedes Monats) zusammentrifit, und auch dies trägt dazu bei, dafs die Compagnie nicht besorgt ist, die Beweglichkeit ihrer Dampfboote zu vermehren. In Barranquilla besteht eine Compagnie, welche mit einem Dampfboot gleichen Namens unter der Flagge der Vereinigten Staa- des südamerikanischen Freistaates Neu-Granada. 31 ten den Strom befährt und in vier Jahren seine Eigenthümer reich gemacht hat. : Jüngsthin hat sich in England eine Compagnie gebildet zu einer Dampfbootlinie zwischen Barranquilla und Honda, welche zwei Dampf- boote auf den Strom gebracht hat: ein grofses, welches nicht bis Honda gelangen kann, und ein anderes kleines mit vieler Pferdekraft, welches seine erste Reise gemacht hat. Indessen kann das Unternehmen nicht prosperiren, weil die Dampfer nicht in einer dem Strom entsprechen- den Art gebaut sind, tiefer gehen, als an vielen Stellen die Oertlichkeit gestattet, und deshalb oft festfahren. Es ist gewils, dafs die in den Vereinigten Staaten erbauten Dampfboote die besten sind, weil dort die Ströme ähnliche Hindernisse darbieten, wie die von Neu-Granada, und weil man dort die Mittel, sie zu überwinden und zu vermeiden, am besten studirt hat. Die sechs Dampfboote, welche den Magdalena befahren, sind völlig unzureichend für den Verkehr. In Honda und Remolino liegen immer mehr als 1000 Cargas, welche oft viele Monate lagern müssen, obschon mehr als 50 Boote und Champanen auf dem Strome gehen. Die La- dungen von Chinarinde, Taback, vegetabilem Elfenbein und anderen Produeten vermehren sich unaufhörlich und verlangen dringend neue Beförderungsmittel. Wenn deren Vervielfältigung die Frachten nieder- drückt, so werden grolse Ladungen von Lebensmitteln und anderen Früchten des Innern nach der Küste gelangen, und dann werden auch grölsere Quantitäten von fremden Kaufmannswaaren befördert werden. Um eine Idee von der Natur der Geschäfte in Bezug auf die - Schifffahrt zu geben, mag hier eine Operation mitgetheilt werden, wel- che ein Handlungshaus im Januar 1854 gemacht hat. Zur Ladung aller Waaren, welche das Haus für die Messe in Magangue im Hafen hatte, kaufte es für 1500 Piaster eine Champane und belud sie zu- gleich mit Chinarinde und Taback für Barranquilla zu 6 Piaster 50 Centavos Fracht für jede Carga; die Frachten betrugen zusammen 41950 Piaster; nach Abzug aller Kosten der Mannschaft ete. war am Ende der Reise das Schiff bezahlt und es blieb sogar noch ein Ueber- schufs an Geld. Als im Jahre 1851 und 1852 der Taback anfıng in ‚grolsen Quantitäten expedirt zu werden und die Chinaladungen von gröfserer Erheblichkeit waren, belud dasselbe Haus Champanen nach Barranquilla und bezahlte für jede Carga eine Fracht von 8 Piaster! Die Dampfboot-Compagnie von Santa Marta hat seit ihrer Ent- stehung einen Vertrag mit dem Hause Montoya Saenz u. Co. geschlos- ‚en und sich verpflichtet, die Tabacksladungen dieses Hauses von Am- alema vorzugsweise vor allen andern zu befördern. Lange Zeit konnte lie Compagnie nicht alle Ladungen dieses Hauses befördern, obschon sie alle ihre Schiffe in Bewegung hatte; man kann daraus ersehen, wie schädlich dieser Vertrag für die Entwickelung aller anderen Ta- backs-Unternehmungen in Ambalema und wie unzureichend die Zahl der Transportmittel auf dem Magdalenen-Strome ist. Es ist deshalb für den Theil des Handels von Neu-Granada, welcher auf dem Mag- dalenen-Strome verkehrt, die Errichtung einer oder mehrerer Linien sehr guter und der Natur des Stromes angepafster Dampfboote eine Lebensfrage. Dieses Mittel könnte angesehen werden als die Grund- lage für ein System, welches die Entwickelung des Ackerbaues, die Ausdehnung des Handels, die Ermuthigung der fremden Einwanderung 32 Verkehrs- und Handelsverhältnisse .in das Innere der Republik zum Ziele hätte, und ich werde nicht er- müden, dasselbe allen denen zu empfehlen, welche irgend ein Interesse haben, dafs dieses Land fortschreite und seine Einkünfte so weit ver- mehre, um die Zinsen seiner auswärtigen Schuld zu bezahlen. Die Gläubiger von Neu-Granada müssen sich überzeugen, dafs selbst der geschickteste Staatsmann, wenn er auch den besten Willen hat, die Ausgaben mit den Einkünften der Nation, selbst bei vorausgesetztem tiefen Frieden, nieht in’s Gleichgewicht bringen kann mit den Mitteln, welche das Land gegenwärtig besitzt und auf die es noch eine lange Reihe von Jahren beschränkt sein wird. Aber wenn die Kapitalisten, die Handeltreibenden, die Ingenieure, die Handwerker und die Acker- bauer von Europa uns einige Stütze leihen, um die Reichthümer un- seres Bodens auszubeuten, so werden sie sehr rasch wachsen und dem Nationalschatze überflüssige Mittel gewähren, den Credit des Staates zu heben. Vielleicht einer der wichtigsten Gründe, weshalb in Neu- Granada das endemische Fieber politischer Bewegungen noch nicht ge- heilt, ist der Mangel eines Geld-Instituts für den gesellschaftlichen Ausbau; ein solches Institut, welches nur inmitten des Friedens und unter einer gesetzlichen und freien Regierung bestehen kann, würde sich als das einflufsreichste und wichtigste Mittel zur Hebung aller Klassen der Gesellschaft bewähren. Die Gründung einer grofsem gut im Lande verzweigten Bank, die dadurch vermittelte Eröffnung von Verkehrswegen, Verbesserung der schon bestehenden, die Entwickelung der Schifffahrt und des Handels, die Berührung mit Bürgern anderer Staaten, deren gute Gewohnheiten sehr rasch durch die Eingeborenen nachgeahmt würden, scheinen mir viel wirksamere Mittel zur Deckung der Interessen der Staatsschuld, als die Proteste, die Drohungen und . selbst die Zwangsmafsregeln auswärtiger Regierungen '). | ’) In den letzten Tagen hat sich der Stand der Dinge einigermafsen verändert. Die Santa Marta-Compagnie hat eins ihrer Dampfboote verloren; die „Neu-Granada® ist nämlich mit ihrer ganzen, angeblich zn hoch versicherten Ladung gescheitert. Am 23. November ce. hat auch der Kessel des mit Munition, Artillerie und Mannschaft Beer des südamerikanischen Freistaates Neu-Granada. 33 Das Land! bietet der Speculation Vieles; nicht weniger ist Manches darin anzutreffen, was zu einem angenehmen Leben gehört. Die aller- vollständigste Glaubensfreiheit ist den Fremden durch das Gesetz ge- währleistet, und obgleich ich nicht an die Ausführbarkeit und die Wohl- thaten eines solchen Gesetzes glaube, wenn es nicht mit den Gewohn- heiten und Meinungen des Volkes übereinstimmt, so darf ich doch zur Ehre meiner Landsleute sagen, dafs die überwiegende Mehrzahl in religiösen Dingen tolerant ist, zumal wenn man die Ideen und Gewohn- heiten bedenkt, welche uns die ehemaligen Unterthanen Philipps des Zweiten und die heiligen Glaubensgerichte hinterlassen haben. Der vereinzelte Fanatismus, den man dessen ungeachtet noch in diesem Lande hier und da antrifit, ist in die Schluchten von Pasto zurückge- drängt. Der Magdalenen-Strom hat Honda gegenüber einen so beträcht- lichen Fall, dafs man diesen Punkt den Salto oder Katarakt von Honda nennt. Wahrscheinlich hat gerade dieser Punkt, an dem man mit Leich- tigkeit die verschiedenen wohlschmeckenden Fische fangen kann, wel- che den Strom bevölkern, die Guali-Indianer bestimmt, dort einen Wohnplatz zu gründen, den die Spanier bei der Eroberung des Landes vorfanden. Später erlangte der Ort eine grofse Bedeutung, welche daraus entsprang, dafs dort die Schifffahrt des Magdalenen -Stromes total unterbrochen wird, woraus die Nothwendigkeit entsteht, die Waa- ren zu Lande weiter zu befördern und erst 2 engl. Meilen von der Stadt wieder einzuschiffen. Es gab eine Zeit, in welcher das Cap Horn und die Meerenge des Magellan noch nicht entdeckt waren, die Ver- bindung über den Isthmus von Panamä auch noch nicht in Uebung war; damals nahm der Handel des Stillen Meeres den Weg über den überladenen Schiffes „Manzanares“ in der Nähe von Honda explodirt, und die Santa Marta-Compagnie ist mithin zur Zeit ohne alle Dampfschiffe. Die englische Com- pagnie hat ein drittes Schiff, „Isabella“, auf den Strom gesetzt, welches seine erste Reise bis nach Honda gemacht hat. Auch der bereits abgetakelt gewesene „Calamar* ist auf dem Schauplatz wieder erschienen und hat es mit Erfolg gewagt, bis nach Honda zu fahren. Alle Dampfschiff- Gesellschaften haben jetzt ihre Agenturen nach Barranquilla verlegt und alle Schiffe fahren von dort ab. In Deutschland herrscht das Vorurtheil, dafs man Flufsboote von so geringem Tiefgang wie diese (5 bis 7 Fufs Wassertiefe) nicht über das Meer transportiren könne, und so kommt es, dafs nach meiner Erinnerung manche elegante deutsche Dampfboote in Deutschland keinen Käufer finden, während sie auf diesem Strome sehr gewinnbringend sein würden. Es ist Thatsache, dafs alle auf dem Magdalenen- Strom gehenden Dampfschiffe in Europa oder Nord-Amerika gebaut und selbstständig hierher über das Meer geführt worden sind. Der „Manzanares“ ist ohne alle beson- dere Vomichtung von New-York hierher transportirt worden und dabei mit Passagie- ren und Gütern befrachtet gewesen, wie mir Capt. Pierce, der ihn herübergebracht, selbst erzählt hat. Die Engländer bedienen sich indefs eines doppelten falschen Kiels, um die Dampfboote über See zu bringen und gewils ist es, dafs dies ohne Haverei geschehen ist. Zeitschr. f. allg. Erdk. Neue Folge. Bd. VI. 3 34 Verkehrs- und Handelsverhältnisse Magdalenen-Strom, passirte Honda und ging von da nach dem Süden des Vice-Königreichs. Als der Handel anfing, seinen natürlichen Weg zu finden, fing auch Honda an zu fallen, bis im Jahre 1805 ein furcht- bares Erdbeben, das alle seine Gebäude zerstörte, seinen Verfall be- siegelte. Dasselbe ist jetzt wieder einigermalsen aufgelebt und hofft aus mannichfachen Ursachen auf eine neue Zukunft. Wie bemerkt ist Honda der äufserste Punkt der Schifffahrtslinie des untern Magdalenen-Stromes und der Hafen der Hauptstadt Bo- gotä. Alle zum Verbrauch der Provinzen Mariquita und Neyva be- stimmten Waarenladungen werden in Honda, welches auf dem linken Ufer liegt, deponirt. Die Ladungen von Taback und Chinarinde, wel- che den Magdalenen - Strom herunterkommen, müssen auch Honda be- rühren. Alle Waaren, welche nach Bogota bestimmt sind, oder von jener Provinz herunterkommen, werden daselbst in einem Magazin auf dem rechten Ufer aufbewahrt, welches die Bodega (Lagerhaus) von Bogota genannt wird. Auf dieselbe Weise löschen und laden alle Fahr- zeuge dort, welche nicht Dampfboote sind, und nehmen ihre Mann- schaft ein, und fast alle Reisenden müssen diese Stadt berühren. Dies giebt Gelegenheit zu einer gewissen Bewegung an diesem Orte, an welchem einige Commissionshäuser etablirt sind, welche die Ladungen expediren und alle Collis (Bultos) und Kisten, welche von den Rude- rern beschädigt werden, wieder herstellen lassen. Es darf angenommen werden, dafs von jedem Dutzend zwei Bultos beschädigt werden. Die Reisenden sind im Orte gewöhnlich auf die Gastfreundschaft der Com- missionshäuser, an welche sie immer recommandirt gelangen, angewie- sen, da es zur Zeit in Honda nicht einmal ein schlechtes Hötel und viel weniger eins giebt, welches dem Bedarf und der Zahl der Reisen- den entspräche. Die Oertlichkeit scheint darauf berechnet zu sein, den Verkehr zu erschweren, obschon es sehr leicht ist, mit Kapitalien diese Schwierigkeit zu überwinden. In dem Hafen, welcher dem oberen Magdalena zuliegt, bildet der Strom grofse Sandbänke, welche bei je- dem grofsen Wasser ihren Ort ändern, zumal in der Mündung eines kleinen Flüfschens, welches in der Regenzeit oft starke Ueberschwem- mungen verursacht, die jede Verbindung stundenlang hemmen. Das Ankern in dem Strome ist gefährlich wegen der Nähe des Salto’s und es kommen oft genug Schiffbrüche vor. Die Stralsen, wie die aller spanischen Städte, sind krumm, eng und schlecht gepflastert, und eig- nen sich sehr wenig zum Transport auf Räderwerken, woher es kommt, dafs die Bultos auf den Schultern der Lastträger eine Entfernung von 600 Varas getragen werden müssen. Jede Carga (Maulthierladung) kostet von dem Schiff bis zum Magazin 1 Franc, und es ist deshalb sehr gewöhnlich, dafs ein Lastträger pro Tag 10 Francs verdient. En in ne des südamerikanischen Freistaates Neu-Granada. 35 Von dem Magazin gelangen die Cargas nach dem Hafen, welcher nach dem untern Magdalena zuliegt und passiren eine verfallene Holzbrücke über den goldreichen Strom Guali. Für jede Carga wird 1 Franc Brückengeld gezahlt und ein anderer France für das Ankarren zum Hafen. Commission und Magazingeld beträgt 24 Francs für die Carga. So verursacht der Salto von Honda allen Waarenladungen auf einem Transport von weniger als 3 engl. Meilen einen Kostenaufwand von 54 Franes für jede Carga. Honda ist der Schauplatz kaufmännischer Geschäfte von einiger Erheblichkeit; denn der Ort ist der Hauptmarkt der Provinz Mariquita und vieler Ortschaften der Provinzen Bogotä und Neyva für gewisse zerbrechliche Waaren, wie Steingut, Glas, für Weine und Liqueure (ord. Klasse), in grofsen Korbflaschen verpackt, und für andere von grofsem Gewicht und Volumen und wenig Werth, wie Stahl, Eisen (das schwe- dische ist das geschätzteste), Blei, Munition und andere Artikel. Dies kommt daher, dafs Bogotä der Hauptmittelpunkt des innern Handels ist und dafs diese Waaren eine unvermeidliche Umladung und grofsen Aufschlag erleiden müssen, wenn sie zuerst nach dem 10,000 Fuls über dem Meeresspiegel liegenden Bogota gelangten und von dort nach ver- schiedenen niedrig gelegenen Punkten versendet werden sollten. Der Handel von Honda hat lange Zeit sich darauf beschränkt, in Santa Marta und Barranquilla seine Einkäufe zu machen, was zur Folge hatte, dafs die Waaren einen starken Aufschlag erlitten. Es ist erst kurze Zeit her, dafs einige Häuser von Honda directe Verbindungen mit den Vereinigten Staaten, St. Thomas und England angeknüpft ha- ben, wodurch denn nach einiger Zeit die Provinzen Mariquita und Neyva sich von der Küste und von Bogot4 emancipiren und Honda zu einem grofsen Handelsmittelpunkt erheben können; dessen ungeachtet ist an- zunehmen, dafs die Zukunft von Honda weniger in seinem Handel als in seinem Ackerbau gegründet ist. Das umliegende sehr fruchtbare Land, die Ebene der Flüsse Guali und Guarino, bringt einen Taback hervor, so ausgezeichnet wie der beste von Ambalema. Mein Hand- lungshaus cultivirte in Honda einen Taback, wovon es probeweise im Jahre 1851 einige Zurronen an ein deutsches Haus verkaufte (Paven- städt u. Schuhmacher); ich habe gehört, dafs die Qualität dieses Ta- backs in Bremen sehr gut aufgenommen worden ist. In einigen Jahren werden, wenn die Arbeitskraft nicht fehlt, die Saaten bei Honda sehr wichtig sein. Die Stadt Mariquita, welche ehemals durch die Mine von Lojas eine grofse Bedeutung hatte, ist heute ein verlassener Ort; allein seine Temperatur ist um einige Grade niedriger als die von Honda. Mari- quita ist umgeben von goldhaltigem Terrain, welches zugleich sehr = TED 36 Verkehrs- und Handelsverhältnisse fruchtbar ist und sich für die Cultur des Zuckerrohrs, des Cacao’s, des Kaffee’s und ebenso für alle Früchte und Cerealien der kalten Klimate eignet. In Mariquita begegnet man auch dem Zimmtbaum, dessen Cul- tur einen neuen wichtigen Zweig des Handels und der Industrie bilden könnte. Etwa 14 oder 16 Meilen oberhalb Honda liest Ambalema, am linken Ufer des Magdalena, in einer romantischen Gegend. Es ist der Mittelpunkt einer lebhaften Cultur des Tabacks. Dieser Artikel war monopolisirt für die Regierung bis zum Jahre 1849, zu welcher Zeit ein Gesetz die Tabackeultur und den Tabackhandel für frei erklärte, Dieses Gesetz, welches in der Geschichte Neu-Granada’s Epoche macht, gereicht den Präsidenten Mosquera und Lopez zu grofsem Verdienst. Zur Zeit des Monopols hatte man Factoreien errichtet, sogenannte Culturdistricte: in Ambalema, Columbaima und Penaliza, in den Pro- vinzen Mariquita und Neyva, in Socorro und Jiron (Prov. Pamplona), in Ocana und Palmyra (Cauca). Die hauptsächlichsten und ältesten Factoreien waren Ambalema und Jiron, Ortschaften, welche natürlich später unter der Herrschaft des Freihandels die wichtigsten Mittelpunkte der Production werden mufsten. Die Factorei von Ambalema war die bedeutendste durch den Umfang ihrer Saaten und durch die Qualität ihres Tabacks; sie umfalste einen District von mehreren Quadratmei- len; aber ihre Begrenzung entsprach nicht der Entwiekelung des Ta- backbaues und folgte mehr den politischen Eintheilungen als dem Laufe der Gewässer. Es bezeichnet das Absurde jener Verfassung, dafs der Tabacksbau auf dem einen Ufer eines Flusses erlaubt, auf dem andern verboten war. Da das Monopol sich wenig günstig für den Export erwies, so blieb der Regierung fast nur der innere Consum, um ihn den Berechnungen zum Grunde zu legen, welche alljährlich die Basis ihres Budgets in Bezug auf den Ertrag des Tabacksmonopols waren. Der Geschmack der inneren Consumenten, sehr verschieden von dem Geschmack der Europäer und gewils nicht sehr ausgewählt, gab wenig Anregung zu einer entwickelteren Cultur, und da die Preise durch die Regierung festgestellt wurden, so entbehrten die Landbauer des An- triebes zu Meliorationen; der schlechteste Speeulant ist in der Regel die Regierung; auch hier erwies sich dies, da sie keine Neigung hatte, die Cultur des Tabacks dem Geschmack der Consumenten, die, weil meist im Inlande, von ihr abhängig schienen, irgendwie anzupassen. Diese beiden Ursachen gesellten sich zu vielen anderen, welche den Fortschritten des neugranadinischen Ackerbaues überhaupt entgegen- stehen; dazu kam der Mangel der Berührung mit mehr darin vorge- schrittenen Völkern, und so erklärt es sich hinreichend, warum der granadinische Taback nicht schon in den ersten Jahren seiner Frei- ii R: des südamerikanischen Freistaates Neu- Granada. 37 gebung in erheblicherer Quantität und Qualität auf den Märkten von Europa erschienen ist. Die Umstände, welche ihn nachher sehr ge- sucht gemacht haben, traten erst ein durch die verallgemeinerte Kennt- nils seiner Cultur und in Folge des Eifers, welchen die Ackerbauer und die Handelswelt ihm zugewendet haben. In den letzten Jahren des Monopols hatten einige wenige Häuser das Privilegium, Taback zu exportiren, auf Grund der Verträge, die sie mit der Regierung ge- schlossen hatten. Diese, in der Voraussicht der Ordnung der Dinge, die der Freihandel oder die Aufhebung des Monopols herbeiführen mufste, nahmen im Voraus Mafsregeln, um sich für einige Zeit den ausschlie(slichen Ankauf des Tabacks zu sichern. Sie schlossen nament- lich Contracte auf lange Zeit mit den Eigenthümern der Ländereien, auf welchen zur Zeit des Monopols die Tabackseultur erlaubt war. Dieser Umstand, verbunden mit dem Mangel an Arbeitskraft, sowie die Seltenheit der mit der Cultur des Tabacks vertrauten Personen, trugen dazu bei, die Production in gewisser Art stationair zu erhalten. Die Freunde der Freiheit und des Fortschritts in Neu-Granada werden immer erfreut sein über die Aufhebung des Tabacksmonopols; denn wenn dieselbe auch dem öffentlichen Schatze eine Jahresrente von mehr als 400,000 Piaster kostet und die Dividenden-Zahlung der auswärti- gen Schuld erschwert hat, so hat sie doch sicherlich eine neue Zeit des Fortschritts und der industriellen Entwickelung herbeigeführt. Im August 1852, als das Land sich kaum erholte von den frischen Wun- den, welche ihm die politischen Unruhen von 1851 geschlagen, hatte der Canton von Ambalema nach verschiedenen Punkten des In- und Auslandes in den sieben Monaten vom Januar bis Juli 118,865 Arro- bas oder 6,485,8124 Kilogr. versendet. Von 1852 wuchs die Tabacks- Cultur in ununterbrochenem Fortschritt und zwar, weil in den alten Culturdistrieten eine Menge junger Pflanzen gesteckt, sowie zahlreiche neue Landgüter in dem Magdalenen-Thal von Honda bis zu der Pro- vinz Neyva und an den Ufern der erheblichsten Nebenflüsse gegründet wurden. Ohne die traurigen Ereignisse in Bogota vom April 1854 würde die Taback-Production von Ambalema und dem obern Magda- lenen-Thal auf 100,000 Centner im Jahre 1855 gestiegen sein '). Von 1) Am 17. April d. J. stürzte der General Melo durch eine Militair-Revolution die constitutionelle Regierung, jagte den Congre/s auseinander, verhaftete den Präsi- denten und die Minister und setzte die demokratische Verfassungs-Urkunde vom 20. Mai 1853 aufser Kraft. Das ganze Land hat sich gegen diese Dictatur allmählig erhoben und alle Provinzen dieses grofsen Reiches stehen jetzt unter Waffen. Der Congrefs hat sich in einer Landstadt, Hague, vollzählig versammelt; dort hat sich auch die Fortsetzung der gestürzten Regierung constituirt, und indem ich dieses schreibe, lausche ich auf den Kanonendonner der entscheidenden Schlacht, die auf der Hochebene dieser östlichen Cordillere dem Dictator in diesen Tagen geboten wer- den soll. 38 Verkehrs- und Handelsverhältnisse allem Taback von Ambalema ist wegen seiner Feinheit und Dauer der- jenige am gesuchtesten, welcher in den Thälern des Lagunilla wächst, eines Flufses, von welchem man glaubt, dafs er durch den Schnee der Central-Cordillere gebildet werde und welcher von da, wo er im grolsen Thale des Magdalena erscheint, bis zu seiner Einmündung in diesen Strom etwa 8 Meilen läuft. An den Ufern dieses Flülschens begegnet man den durch die Quantität ihrer Aussaat erheblichsten Landgütern, und man kann die Production des gröfsesten dieser Landgüter jährlich auf 70,000 Arrobas oder 17,500 Centner anschlagen. Dessen unge- achtet hat man jüngsthin einen eben so guten Taback, wie den von Lagunilla, in den Thälern des Rio Seco, in der Nähe seiner Einmün- dung in den Magdalena, 2 Meilen oberhalb Honda, geerndtet. Das Handlungshaus der Herren Montoya Saenz u. Co. ist dasjenige,' wel- ches die gröfseste Quantität von Ambalema-Taback sammelt und kauft, so dafs man in der ersten Zeit nach Aufhebung des Monopols glauben konnte, dasselbe sei nur in andere Hände übergegangen; aber die Frei- heit des Verkehrs, untrüglich in ihren Erfolgen, fing an, viele andere Häuser an den Vortheilen dieses Handels zu betheiligen, und es wird nicht lange dauern, so ist Ambalema ein Platz, den fremde Käufer wählen können, um ihre Kapitalien mit Sicherheit anzulegen. In den ersten Tagen nach Aufhebung des Monopols erhielten die Cosecheros 5 Piaster für jeden Centner Taback, welchen sie ihren Pa- tronen übergaben. Diese Cosecheros nämlich sind meistens Pächter, welche den Taback für ihre eigene Rechnung bauen, mit der bestimm- ten Verpflichtung, ihn dem Eigenthümer ihres Pachtgutes zu einem fixirten Preise zu verkaufen. Sehr bald begründete sich eine starke Concurrenz von Käufern, welche den Preis aufserordentlich, bis zu 14 Piastern, in die Höhe trieb, eine Summe, die jetzt als der geringste Preis des Rohtabacks angesehen werden kann. Man kauft den Taback von den Cosecheros in Bündeln von 124 Pfund und rechnet 28 Pfund auf die Arroba '). Die Käufer machen alsdann eine Auswahl nach drei Klassen. Diese sind: 1) die Ausfuhr-Plancha, aus feinen, elastischen Blättern bestehend, wovon wenigstens eine Seite gesund genug ist, um eine grolse Cigarre zu bedecken; 2) der Primera- Taback, bestimmt zum Verbrauch von Antioquia, ist der dickste und !) Nach der neuesten Gesetzgebung ist das französische Decimal-Mafs und Ge- wichts-System eingeführt worden, ohne dafs es sich bis jetzt in der Praxis die er- forderliche Geltung verschafft hat. Man rechnet auf die Arroba 25 Pfund, und wenn im Ambalema-Thal die Pächter den Eigenthümern 28 Pfund auf die Arroba ablie- fern müssen, so zeugt dies nicht für das Princip republikanischer Gleichheit, die überhaupt in diesem aristokratisch gesinnten Lande nur auf dem Papiere steht. Fa ER des südamerikanischen Freistaates Neu- Granada. 39 sülslichste Taback, den man in der Regel dem Wipfel des Strauchs ent- nimmt; und 3) der Segunda-Taback, welchen man im Innern des Landes und an der Küste consumirt. Der Plancha-Taback wird so eingepackt, wie er nach seiner Trocknung verbleibt, in runzlichten Blättern und mit sehr weniger oder gar keiner Feuchtigkeit. Die ersten Exporteure erlitten grofse Verluste, weil der Taback in Europa ge- gohren oder verdorben ankam, in Folge seiner Verpackung im feuch- ten Zustande. Die Plancha wird eingetheilt in zwei Sorten: Primera und Segunda. Die Primera besteht aus grofsen, feinen, durchaus ge- sunden und gleichfarbigen Blättern; bei der Segunda läfst man auf einer Seite gebrochene, kleine und etwas gesprenkelte Blätter zu. Die Plancha de primera ist um keinen Preis zu haben; denn Jeder, wel- cher sie vom Taback trennt, wählt sie zur Ausfuhr für seine eigene Rechnung. Die Plancha de segunda kauft man in der Regel mit 25 bis 28 Piaster den Centner. Der Primera-Taback, welcher nach An- tioquia, und der Segunda, welcher nach der Küste geschickt wird, er- leiden vor ihrer Einpackung verschiedene Manipulationen, welche man Zubereitung nennt. Zunächst werden die Blätter mit Wasser be- gossen, und später, wenn die Feuchtigkeit ganz eingedrungen ist, glättet man Blatt für Blatt, eine Operation, welche darin besteht, dafs man den Taback über die convexe Fläche einer Totuma (die holzreiche Schale einer Totuma-Frucht) mit der Hand ausbreitet und ausglättet. Hierauf werden die Blätter gehäuft, eins über das andere, bis sie das bilden, was man eine Presse nennt, bestehend aus einer grofsen Masse von Blättern, die durch ein erhebliches Gewicht niedergedrückt sind. In dieser Presse gährt der Taback, und bleibt darin zwei Wochen. Am Ende derselben nimmt man ihn heraus und legt ihn in kleine Häufchen zusammen, jedes zu 4 Pfund, die mit einem Bande von Ma- jagua umgeben werden. In dieser Form verlangen ihn die inländischen Consumenten. Den Taback der Prima kauft man in Ambalema mit 18 bis 24 Piaster und verkauft ihn in Antioquia für 28 bis 40 Piaster den Centner. Die Segunda, wenn sie etwas gesunde Blätter enthält, verkauft man an der Küste mit 20 bis 25 Piaster und in Ambalema mit 12 bis 18 Piaster. Der Wunsch, Plancha zu exportiren, hat es verursacht, dafs für die Klasse des Rolltabacks man nur schlechten Taback bestimmte, bis die Consumenten anfingen, ihn zurückzuweisen und bessere Qualität zu verlangen, indem sie einen höheren Preis zahlten. Wenn man den Taback, welchen man in diesem Lande rollt, auf den deutschen Märkten zur Einlage der Cigarren oder zum Rau- chen in Pfeifen anbringen könnte, so ist es unzweifelhaft, dafs die Cultur und der Handel des granadinischen Tabacks sich plötzlich in 40 Verkehrs- und Handelsverhältnisse grolser Progression erweitern würde ’). Gegenwärtig haben die Ne- goeianten grofse Schwierigkeiten mit dem Taback de segunda, weil die Production dieser Gattung im Vergleich mit der Plancha sich in um- gekehrtem Verhältnis zum Consum im In- und Auslande befindet. Diese, die Plancha, kann man unendlich vermehren, während jene Gattung, die Segunda, den Bedarf unserer kleinen Bevölkerung nicht übersteigen kann. Es giebt nur sehr wenige Häuser, welche ein Schiff von mittlerer Gröfse allein mit Plancha-Taback beladen, während, wenn beide Gattungen ausführbar wären, die Schifffahrt sich erweitern und die Ladungen weniger Zögerung in den granadinischen Häfen er- leiden würden. Alle diese Manipulationen des Tabacks werden von Frauen ge- macht und ihre Arbeit ist gut bezahlt, denn in der Regel verdient eine Frau 2 bis 3 Francs täglich. In Ambalema befinden sich mehr als 4000 Frauen, die sich durch diesen Arbeitszweig eine bequeme und sichere Existenz erworben haben. Eine Versicherungs -Gesellschaft, welche in Ambalema eine Agen- tur etablirte, würde für den Tabackshandel grofse Vortheile bringen, wenn sie auch den Taback versicherte, welcher nach der Küste zum innern Consum geschickt wird. Die Versicherungs-Prämie, welche man in England bezahlt, pflegt 5 Procent zu betragen, und es ist nicht gerecht, dafs die deutschen Consumenten an England einen so hohen Tribut bezahlen. Nicht eine einzige Compagnie dieser Art ist im Lande vertreten, wiewohl eine derartige Agentur, wenn sie aufser Taback auch Chinarinde, Gold und alle übrigen Producte, welche auf dem Magda- lena verschifft werden, in ihren Geschäftskreis zöge, grofsen Gewinn bringen müfste. Nicht minder günstig würde die Errichtung einiger I) Der neueste Tarif des Zollvereins belastet den Eingang unbearbeiteter Ta- backsblätter und Stengel mit 4 Thalern pro Centner, während der Rauchtaback in Rollen mit 11 Thalern belastet ist und diesem auch die Abfälle gleichgestellt wer- den. Es fragt sich, ob die Blätter, welche in Ambalems beim Verpacken des Ta- backs oder bei ihrer Verarbeitung zu Cigarren als ungeeignet zum Cigarren-Verbrauch ausgeschlossen werden, zum Abfall zu rechnen und als solcher mit 11 Thalern zu besteuern, oder ob sie als unbearbeitete Tabacksblätter für den Satz von 4 Thalern im Zollverein zuzulassen sind. Im Bejahungsfalle dieser letztern Frage würden diese Blätter, die nieht wegen ihrer Qualität, sondern wegen ihrer unbrauchbaren Form ausgeschlossen werden, sich als vortrefflicher Rauchtaback verwerthen und im Zoll- verein einführen lassen. 250 Pfund solchen Ambalema-Tabacks lassen sich in Sa- banilla oder Santa Marta für 16 Dollars einschliefslich aller Kosten, Emballage und Commissions-Gebühren, den deutschen Abnehmern zur Verfügung stellen. Bei dieser Berechnung ist der Preis des Tabacks mit 7} Piaster in Ansatz gebracht worden. Zur Zeit findet dieser Taback keine Anwendung, da in diesem Lande das Rauchen aus Pfeifen gänzlich unbekannt ist, und so werden Tausende von Centnern dieses herrlichen Tabacks jährlich in den Magdalena versenkt. nn u EN r des südamerikanischen Freistaates Neu- Granada. 41 deutschen Handels- Agenturen wirken, durch welche die Verbindungen mit Deutschland unterhalten würden. (Schlufs folgt.) II. John M’Douall Stuart’s Entdeckungsreise in das Innere Süd-Australiens, im Jahre 1858. Die grofse Entdeckungsreise, welche J. M’Douall Stuart, Begleiter Sturt’s auf seiner zweiten Expedition, in der Mitte des verflossenen Jahres tief in das Innere Süd- Australiens ausgeführt hat, gehört zu den kühnsten und erfolgreichsten Unternehmungen, über welche die Geschichte jenes auf dem Felde geographischer Entdeckungen jetzt so thätigen Landes zu berichten hat. Es ist den Lesern bekannt, dafs das Gouvernement von Süd-Australien im vorigen Jahre eine grolse Expedition ausgerüstet hat, welche unter Leitung des Mr. Babbage das unbekannte Land zwischen dem Lake Torrens und dem von Stephen Hack entdeckten Lake Gairdner erforschen sollte. Viel mehr als Mr. Babbage mit allen ihm von der Regierung so bereitwillig gewährten Mitteln leisten sollte, hat Mr. Stuart auf eigene Faust mit einer höchst einfachen Ausrüstung wirklich geleistet. Abweichend von seinen Vor- gängern, die mit stattlichen Cavalcaden zum Transport des Wassers und der Provisionen für einen monatelangen Aufenthalt in dürren Wüsteneien auszogen, brach Stuart auf, nur begleitet von Forster und einem Eingeborenen, der übrigens mit den Gegenden im Innern gänz- lich unbekannt war, mit drei Reit- und zwei Packpferden, und dem geringen Vorrath von Provisionen, den man auf diesen Lastthieren be- fördern konnte, — Provisionen, die für die drei Leute eben nur auf einen Monat ausreichten. Stuart beabsichtigte, nicht mehr als sechs Wochen auf seine Reise zu verwenden; er ist aber länger als drei Monate im Innern umhergezogen, und hat im Zickzack einen Weg von etwa 1100 engl. Meilen zurückgelegt, bei Weitem zum grölsesten Theil durch ein ganz unbekanntes Land, ohne dafs ein Führer ihn zu den sparsam vertheilten Wasserstellen hinwies. Der glückliche Erfolg dieser kühnen Unternehmung wird voraussichtlich in dem Charakter der australischen Entdeckungsreisen für die Zukunft einen wesentlichen Umschwung hervorrufen; denn der Vergleich der Reise Stuart’s mit den langsamen, unbedeutenden Fortschritten der — noch etwas früher 42 John M’Douall Stuart’s Entdeckungsreise ausgezogenen Regierungs-Expedition unter Mr. Babbage liegt zu nahe und liefert, wie sehr man auch die überlegene Energie und Unerschrok- kenheit Stuart’s anerkennen mag, doch immerhin einen, schlagenden Beleg für die Ansicht, dafs grofsen Expeditionen, mit zahlreichem Per- sonal und zahlreichen Lastthieren, durch die Natur des australischen Continents kaum zu überwältigende Hindernisse in den Weg gestellt werden. Wahrhaft elektrisirend hat die Nachricht von dem Succels Stuart’s auf Mr. Babbage selbst gewirkt. Während der Zeit, in wel- cher Stuart seine ganze Reise vollendete, verweilte Babbage noch im- mer abwartend und mit Vorbereitungen beschäftigt in der Gegend um Bottle Hill, Pernatty- und Elizabeth Creek, d.h. noch immer bei den Ausgangsstationen für seine Entdeckungsreise, so dafs sein Zögern in der Colonie den lebhaftesten Unwillen hervorrief und die Regierung zu dem Beschlufs bewog, ihn durch Major Warburton ablösen zu lassen. Kaum hatte Mr. Babbage indefs die Details über Stuart’s Entdeckungs- reise erfahren und ein Verzeichnils der von diesem entdeckten Wasser- stellen erhalten, als er Ende September plötzlich nach dem Innern auf- brach und so schnell vordrang, dafs Mr. Gregory, der ihm die Nachricht von seiner Rückberufung überbringen sollte, ihn nicht mehr einholen konnte, obgleich Babbage sein Lager am Elizabeth Creek erst acht Tage vor Gregory’s Ankunft daselbst verlassen hatte. Er wird nun wahrscheinlich Stuart’s Spuren folgen und uns hoffentlich eine genauere Kunde der ausgedehnten Ländereien verschaffen, welche sein kühner Vorgänger nur im Fluge durcheilt hat. Den Schauplatz von Stuart’s Unternehmungen bildet das gänzlich unbekannte Land im Nordwesten von Spencer’s Golf, das selbst auf der dem vorigen Bande mitgegebenen Karte, welche das bis zum Jahre 1857 gewonnene Material benutzt hat, nur durch einen leeren Raum repräsentirt werden konnte, aus welchem einzig und allein Bottle Hill in trauriger Einsamkeit hervorragt. Bei dem Mangel an festen und bekannten Punkten ist es nicht leicht, Stuart’s Reise zu verfolgen, zu- mal sein offizieller Bericht keine einzige astronomische Ortsbestimmung enthält. Von unserm geehrten Correspondenten in Adelaide ist uns indefs ein Brief Stuart’s an Capt. Freeling mitgetheilt worden, in wel- chem der erstere die Lage der Endpunkte seiner Kreuz- und Querzüge berechnet hat, und darnach können wir uns die Reise nicht nur nach ihren Hauptabschnitten, sondern auch nach den topographischen Ein- zelnheiten genauer vergegenwärtigen. Im Anschlufs an diese Angaben zerlegen wir die Expedition Stuart’s in folgende Abschnitte: 1) Reise von Bottle Hill nordwärts bis 29° 37’ 20” S. Br., 136° 58’ 30” ©. L., d. h. durch das Land, welches an das Westufer des Lake Torrens stöfst, bis in die Breite des St. Mary’s Pool und nee et in das Innere Süd- Australiens, im Jahre 1858. A3 der nördlichsten Ansiedelungen im Osten dieses Beckens, etwa 160 Miles. 2) Reise von dort in der Hauptrichtung nach Nordwesten über 28° 34' 20” S. Br., 135° 10’ O. L. nach 28° 20’ S. Br. und 134° 18 O.L., etwa 180 Miles, d.h. etwa bis zu dem Meridian, der den inner- sten Recels der Streaky-Bai berührt. Dieses ist der entlegenste Punkt, zu welchem Stuart vorgedrungen ist; er liegt etwa 260 Miles im Nor- den der Streaky-Bai. 3) Reise von dort in der Hauptrichtung nach Südwest, mit einer starken Ausbiegung nach Osten, bis 28° 45’ S. Br., 133° 40’ O. L., etwa 60 Miles, d.h. etwa bis zum Meridian der Smoky-Bai. 4) Reise von dort in der Hauptrichtung nach Südosten, bis 30° 78. Br. und 136° 4’, über 180 Miles; diese Reise ging also der unter No. 2 angeführten ungefähr parallel, im Durchschnitt etwa einen Brei- tengrad südlicher, bis zum Meridian des Thistle Island am Eingange zu Spencer’s Golf. Von diesem Punkte hatte Stuart nur einen Längen- grad weiter nach Osten zu reisen, um seine unter No. 1 erwähnte Route zu erreichen. Er wandte sich aber nach SSW. 5) Reise von dort nach Südsüdwest, bis 30° 46’ S. Br., 135° 56’ 30” O.L., etwa 48 Miles. An diesem Punkte war Stuart dem Lake Gairdner am nächsten, der etwa einen Breitengrad südlich da- von liegt und dessen nördlichen Ausläufer er wirklich erreicht zu ha- ben glaubt. 6) Reise von dort nach Nordwest, bis 30° 12’ S. Br., 135° 4’ O. L., etwa 75 Miles, parallel mit No. 2 und No. 4. 7) Reise von dort nach Südwest, bis 30° 54’ S. Br., 133° 24’ O.L., etwa 140 Miles. 8) Reise von dort südwärts nach der Küste bei Beelemah Gaip, westlich von der Denial Bay, c. 95 Miles. 9) Rückkehr zu Lande ostwärts durch das von Stephen Hack be- reiste Land im Süden des Lake Gairdner, nach dem Mount Arden, 320 Miles. Das von Mr. Stuart durchzogene Land umfafst also vier Breiten- und über fünf Längengrade. Aus der eben mitgetheilten Uebersicht - erhellt, dafs er dieses Land auf vier verschiedenen Touren in verschie- - denen Breiten durchstrichen hat, — zweimal (No. 2 und 4) in der - Hauptrichtung SO. — NW., das dritte Mal zwischen 30° und 31° S$. Br. zuerst nach NW., dann nach SW. (No. 6 und 7), endlich zum _ vierten Mal im Süden des Lake Gairdner von West nach Ost (No. 9). - Von diesen vier Routen sind die erste und zweite im Nordwesten, die zweite und dritte im Südwesten durch kürzere Touren in der Richtung von Nordost nach Südwest mit einander verknüpft, während ein Weg AA John M’Douall Stuart’s Entdeckungsreise von Nord nach Süd die dritte Route mit der vierten vereinigt. Dar- nach ist es keine so ganz hohle Hyperbel, wenn australische Blätter versichern, dafs Stuart ein Areal von 40,000 engl. Quadratmeilen er- schlossen hat; denn seine parallelen Wege liegen in der That nahe genug bei einander, dafs er Höhenpunkte, die er zuerst von Norden her bemerkt, im Verfolg seiner Reise wieder von Süden her zu Ge- sicht bekam, und man kann sagen, dafs er wirklich einen Ueberblick über das colossale Areal gewonnen hat, welches zwischen den äufser- sten Endpunkten seiner Reisen eingeschlossen liegt. Nach diesen Vorbemerkungen, welche zur Orientirung des Lesers unerläfslich waren, heben wir nach dem officiellen Bericht Stuarts die hauptsächlichsten Einzelnheiten seiner Reise hervor. 1) Aufbruch. Reise im Westen des Lake Torrens nord- wärts bis 29° 37' 20” S. Br., 136° 58’ 30" ©. L. — Am 14. Mai 1858 hatte sich Mr. Stuart von Oratunga, welches auf der dem vori- gen Bande beigegebenen Karte als Mr. Chambers Station etwas süd- lich von 31° S. Br. verzeichnet ist, mit fünf Pferden nach dem nicht weit vom Mount Eyre gelegenen Ookena (Hookinna der Karte) bege- ben, um hier einen tüchtigen Regenfall abzuwarten, der die Reise durch die grofse wasserlose Wüste unmittelbar im Norden von Spencer’s Golf erleichtern konnte. Erst am 10. Juni brach er in Begleitung Forster’s und eines Eingeborenen von hier auf und langte am folgen- den Tage zu Mudleealpo (Mudlalpa in Swinden’s Bericht) an. Dieser Punkt liegt in gerader Richtung 45 Meilen von Port Augusta N. zu O., etwa unter 31° 52’30” S. Br. '), an einem Creek, in dessen Bett man erst weiter aufwärts Wasser fand, das die Pferde trinken wollten. Am 43ten ging die Reise westwärts über sehr trockenes Land zum Beda Hill, dessen Lage Mr. Babbage auf 31° 52’ S. Br., 137° 34’ O.L. angiebt. Da man sich auch hier vergebens nach Wasser umsah, brach Stuart am folgenden Tage nach NNW. auf, nächtigte inmitten von Sandhügeln, und erreichte am 15ten den Pernatty Creek, der ebenfalls ganz wasserleer war. Hier setzte sich Stuart mit Babbage in Verbindung, der ihm durch Forster das Versprechen geben liefs, ihn bis zum Elizabeth Creek, jenseits Bottle Hill, begleiten zu wollen. Aber da Babbage am folgenden Tage bis 1 Uhr sich noch nicht ein- gefunden hatte, konnte Stuart seiner Pferde wegen, die in Folge des Wassermangels sehr litten, nicht länger zögern. Er machte sich schleu- nigst auf den Weg und erreichte nach einem beschwerlichen Ritt zuerst über ein sehr steiniges Terrain, dann über Hügel von tiefem Sand noch !) Von hier liegen nach Stuart: Mount Arden 154° 30’, Mount Eyre 77° 30’, Beda Hill 272°. in das Innere Süd - Australiens, im Jahre 1858. 45 vor Einbruch der Dunkelheit Bottle Hill, in dessen Nähe er glück- licher Weise einiges Wasser und reichliche Weide fand. Er bestieg den Hügel und sah im Nordosten einen Berg, den er mit Gewilsheit weder für Mount Deception noch für Mount North West erkennen konnte '); im NW. dagegen winkten ihm die Gummibäume des nur 7 Miles entfernten Elizabeth Creek. Der Weg zu diesem Creek führt über einen elenden Landstrich voller Sandhügel und Salzgebüsch. Das Wasser des Creeks scheint nicht permanent, sondern nur eine veränderliche Ansammlung von Regenwasser zu sein; es schwand während des Tages, an welchem Stuart hier rastete, sichtlich zusammen und gewährte keine tröstliche Aussicht für den Fall, dafs man sich durch Wassermangel im Norden genöthigt sehen sollte, zu ihm wieder seine Zuflucht zu nehmen. Da Mr. Babbage auch hier Nichts von sich hören liefs, brach Stuart am 19ten nach NW. auf. Die Beschaffenheit des Landes, durch das er kam, war ziemlich entmuthigend, ein Terrain, entweder mit harten Feuersteinen bestreut, oder mit kleinen Sandhügeln voller Salzgebüschen besetzt, und ganz wasserleer. Nach einem Ritt von 25 Miles lagerte er an einem dieser Sandhügel (31° S. Br.), und schlug am folgenden Tage die Riehtung nach NNO. ein. Auch hier mulste er zwei steinige Ebenen durchziehen, die mit Trümmern von weilsem Quarz bedeckt, und namentlich im Westen und Nordwesten von sehr hohen Sandber- gen: eingeschlossen, von einander aber durch einen 2 Miles breiten Gürtel von Sandhügeln getrennt waren. Hier schien es seit einem Jahre nicht geregnet zu haben: so ausgetrocknet und kahl war der ganze Strich. Endlich erreichte man nach einem Ritt von 16 Miles einen Creek, in dessen Bett man an zwei Stellen Wasser fand. Weiter aufwärts entdeckte man noch eine dritte, von Binsen umgebene Wasser- fläche, die 120 Fufs lang, 30 Fufs breit und 34 Fufs tief war, und die Stuart in Anbetracht des anhaltenden Regenmangels, an dem die ganze Gegend offenbar gelitten hatte, als eine permanente bezeichnen zu müssen glaubt. Schon hier zeigte der Eingeborene, den man mitge- nommen hatte, seinen Mangel an Ortskenntnifs; denn dieser wasser- und grasreiche Punkt war ihm völlig unbekannt. Dieser „Water Creek* mag etwa 30° 47’ S. Br., in gerader Richtung etwa 35 Miles Nord zu West von Bottle Hill liegen. Von hier ab wurde das Land etwas besser. Am folgenden Tage (21. Juni) hielt Stuart dieselbe Richtung (NNO.) ein und überschritt !) ‘Dieser Berg lag von Bottle Hill 51° 30’; darnach zu schliefsen war es we- - der Mount North West noch Mount Deception, sondern der zwischen beiden gelegene - Termination Hill in Flinders Range. 46 John M’Douall Stuart’s Entdeckungsreise nach 34 Miles den Water Creek. Zur Rechten erhob sich über einem sandigen, recht grasreichen Boden mit niedrigen Undulationen, der erst vor Kurzem durch Regen getränkt zu sein schien, ein Höhenzug, wel- cher dem eingeschlagenen Wege parallel zog und aus einem Quarz- Conglomerat mit etwas Eisenstein bestand. Nach einem Ritt von 11 Miles kam man zu einer trocknen Salzlagune, Wilaroo, die 2 Miles lang und 1 Mile breit ist, und bald darauf, 15 Miles vom Water Creek entfernt, zu einer grofsen schönen permanenten Wasserfläche, Namens Andamoka. Sie liegt leider in keiner vorzüglichen Gegend; steinige Hügel, Sandebenen, Salzgebüsch wechseln mit Grasflächen ab; auch im Bett des Creeks wächst nur Myall- und Mulga-Gebüsch. Aber da sowol oberhalb wie unterhalb das Wasser des Creeks salzig war — an einer Stelle war das Bett mit Salzkuchen von 14 Zoll Dicke bedeckt — mulste man schliefsen, dafs Andamoka von Quellen ge- speist wird. Da nun Stuart zwei, nur eine kleine Tagereise von einander ent- fernte permanente Wasserstellen entdeckt hatte, zu denen er im Falle der Noth seinen Rückzug nehmen konnte, entschlofs er sich, kühn wieder in seine Hauptrichtung, nach Nordwest, einzulenken. Er mufste am 22. Juni, nachdem er über zwei mit einer Salzkruste bedeckte Creeks gekommen war, die anscheinend nach SW. ihr Gefälle hatten, in einer Entfernung von 74 Miles einen Höhenzug überschreiten, auf dessen Kamm sich Sandhügel erhoben und der sich von NNO. nach SSW. zog, während im Osten eine hohe Gebirgskette und in einer Entfernung von etwa 3 Miles ein langer Salzsee sich zeigte. Auch jenseits des Höhenzuges setzten die Sandhügel noch 10 Miles fort; von einem derselben, 94 Miles nordwestlich von Andamoka, erblickte Stuart die im Osten des Lake Torrens gelegene Flinders Range; Mount North West lag von hier aus 60° 30’, Mount Deception 95°. Neun Miles weiter mufste man über eine zweite Reihe von Sandhügeln, zu denen im Süden wie im Norden ein sehr steiniges Terrain hinanführt. Hier wuchs aber eine Kriechpflanze, die von den Pferden mit Begier ge- fressen wurde, und auf dem nördlichen Abhange entsprang ein nach Norden fliefsender Creek, an dem man 3 Miles weiter abwärts bei einer schönen permanenten Wasserstelle lagerte. Das Land senkte sich hier entschieden nach Osten, und machte den Eindruck, als ob es einst das Ufer eines Gewässers gebildet habe. Am 23. Juni ging es wieder weiter nach NW., nach 2 Miles über einen Creek mit Teatrees und Wasser, dann über eine mit Quarz, Kalk- und Eisenstein bedeckte Ebene, die indefs nach Regengüssen gut begrast sein mus, da auch jetzt noch zwischen den Salzbüschen das alte Gras dicht verfilzt den Boden bedeckte, wieder in eine Region in das Innere Süd-Australiens, im Jahre 1858. AT von Sandhügeln, von deren einem sich abermals eine Aussicht auf _ Flinders Range eröffnete: Mount North West lag von hier 78° 35), Mount Deception 107°; auch ein Theil des Lake Torrens zeigte sich im NO., etwa 15 bis 20 Miles entfernt. Nach einem Ritt von 144 Miles, zuletzt über Hügel von tiefem Sande, lagerte man neben einer Wasserlache, in deren Nähe sich treffliche Weide fand. Hier schien es sehr wenig geregnet zu haben. Am folgenden Tage führte der Weg in nordnordwestlicher Richtung 8 Miles weit über _ wasserlose Sandhügel, die namentlich anfangs ziemlich tief waren, dann aber fester wurden, mehr auseinandertraten und zwischen sich - weite, mit Gras und Salzgebüsch wohlbestandene Senkungen liefsen; _ darauf 4 Miles weit über ein mit Steinen bedecktes undulirtes Terrain, das im Westen von einem Plateau mit Sandhügeln begrenzt wurde. - Glücklicherweise bemerkte man im ONO. einen nur 2 Miles entfernten Gummi-Creek, an dessen Wasser man sich erfrischte, um dann wieder die vorige Richtung einzuschlagen. Nach einem Ritt von 7 Miles über eine mit glatten und abgerundeten Steinen bedeckte Ebene, die wie ein kiesiger Seestrand aussah und vielleicht zum Bassin des Torrens oder zu Sturt’s Binnensee gehört, erreichte man jenes Plateau mit den _ Sandhügeln, und bemerkte von ihm, abseits von der eingeschlagenen Richtung, in ONO., 4 Miles entfernt, ebenfalls einen Gummi-Creek, - dem man sich sofort zuwandte, um ein geeignetes Nachtlager zu finden. - Aber man mufste den Creek 4 Miles abwärts verfolgen, ehe man eine kleine Lache mit Regenwasser entdeckte. Gleichwohl lag hier eine grofse Anzahl von Sommer-Wurleys der Eingeborenen, die hier ihr Jagdrevier zu haben schienen; sie waren erst an demselben Tage ab- ‚gezogen, da einige Feuerstellen noch rauchten; wahrscheinlich hatten sie die Ankunft der Fremden bemerkt und schleunigst die Flucht er- griffen. Auf beiden Seiten des Creeks, dessen einheimischer Name Yarra-out ist, liegen treffliche Weiden. Am 2östen zog Stuart zunächst nach ONO., über Sandhügel und steinige Gehänge, um den Wasserplatz Wingilpin aufzufinden. Der Eingeborene, der ihn begleitete, konnte sich in der Gegend gar nicht ‚mehr orientiren und drückte die widerspruchsvollsten Vermuthungen aus. Stuart änderte deshalb bald seine Richtung und wandte sich wie- der zuerst nach WNW., dann nach NW., über Sandhügel. Steinfelder, ‚an ausgetrockneten Sümpfen vorbei, zu einem Tafelberge, den man nach einem Tagemarsche von 24 Miles erreichte. Das Land war zur eit ganz wasserarm, aber wohl begrast; und da man hier auch Ein- geborenen begegnete, wird der Wassermangel wohl nur vorübergehend sein. Die erste Schaar von Eingeborenen hielt sich in ziemlicher Ent- fernung; Stuart schiekte Forster und seinen Schwarzen zu ihnen, um a 48 John M’Douall Stuart’s Entdeckungsreise Erkundigungen über die Lage von Wingilpin einzuziehen; die Einge- borenen wiesen nach der Richtung, die Stuart gerade verfolgte, und nannten fünf Tagereisen als die Entfernung; aber da „fünf“ ihre höch- ste Zahl ist, war darauf kein Verlafs; Wingilpin war möglicherweise viel weiter entfernt. Etwas später traf man einen einzelnen Eingebo- renen, der auf den Sandhügeln mit der Jagd beschäftigt war. Stuart rief ihm zu; „er wandte sich um und sah mich; wofür er mich hielt, weils ich nicht, aber ein lebhafteres Bild von Furcht und Schrecken habe ich nie gesehen; er stand da wie angenagelt, mit offenem Munde, konnte kein Glied rühren, und starrte mich entsetzt an“. Stuart winkte seinem Schwarzen, näher zu kommen und mit dem Fremden zu spre- chen; dieser aber kletterte vor Angst eiligst in ein Mulga-Gebüsch so hoch als möglich hinauf, und winkte den Reisenden fortwährend mit der Hand, dafs sie nur nicht näher kommen möchten. Der Fremde war ein schönes, musculöses Speeimen seiner Race und wohl 6 Fufs grols. Man fragte ihn, ob er ein Wingilpin wäre, aber er konnte kein Wort hervorbringen und zitterte vom Kopf bis zu den Fülsen. Erst als man ihn nach der Richtung fragte, in welcher Wingilpin liege, er- muthigte er sich einigermafsen und schnippte mit seinem Finger und. Daumen nach NW. Stuart glaubte aus dieser Zeichensprache entneh- men zu müssen, dafs Wingilpin noch sehr fern sei. Das steinige Ter- rain hatte die Hufeisen der Pferde stark mitgenommen; manche waren verloren gegangen, andere schienen nicht mehr lange halten zu wollen. Eine Stunde vor Sonnenuntergang kam im NW. eine Anzahl von zelt- und tafelförmigen Bergen in Sicht. Man lagerte an einem Tafelberge, ohne Wasser. Die Reise des folgenden Tages führte zuerst in nordwestlicher Richtung über ein undulirtes Terrain, mit Sandhügeln, die zwischen sich weite, grasreiche und mit Salzbüschen bestandene Thäler liefsen. Nach 134 Miles verschlechterte sich das Land entschieden, man kam über eine steinige Ebene mit nur spärlicher Vegetation, die im Westen von einem steinigen Plateau, im Osten von sieben oder acht zeltför- migen Hügeln eingefafst war. Der erste von diesen hat eine sehr son- derbare Gestalt; es sieht so aus, als ob auf dem Gipfel eines koni- schen Hügels ein weilser Thurm erbaut wäre, der von einem schwar- zen Ringe umgeben ist; der obere Theil ist weils und läuft so spitz - zu, wie ein chinesischer Hut. Nach einem Ritt von 13 Miles erreichte man den Rand des steinigen Plateau’s, das sich bisher zur Linken hin- gezogen hatte, und veränderte auf demselben die Richtung der Reise in eine westnordwestliche. Von der Höhe bemerkte man im NNW., etwa 10 Miles entfernt, einen Gummi-Creek, der von SW. nach NO. zu fliefsen schien. Man verfolgte aber die eingeschlagene Richtung und su Fe A 4 in das Innere Süd-Australiens, im Jahre 1858. 49 | erreichte nach 7 Miles denselben Creek. „Dieser Creek steht an Schön- - heit keinem andern nach, den ich in der Colonie gesehen habe. Er hat weite Strecken permanenten Wassers und ist von Rohr und Schilf eingefalst, das, soweit das Auge ihn abwärts verfolgen konnte, nur auf ein paar Yards von Felsen unterbrochen wird. Wir bemerkten kleine, etwa 2 Zoll lange Fischehen in ihm; aber ohne Frage hat er auch gröfsere. Von einem höher gelegenen Punkte konnte ich ihn 10 Miles abwärts übersehen; das Land scheint hier offener, die Gummibäume kräftiger; in jener Entfernung machte der Creek eine Biegung und bildete ein grolses Wasserbassin. An der Stelle, wo wir ihn erreich- - ten, ist das Land sehr felsig und steinig. Zuweilen müssen hier un- geheure Wassermassen zusammenströmen; die Anschwemmungen zeig- ten, dafs das Bett sich dann zu einer Breite von 300 Fufs erweitere, _ Jetzt war der Wasserstreifen an der Stelle, an welcher wir lagerten, 40 bis 50 Fuls breit und eine halbe englische Meile lang; das Wasser selbst von der besten Beschaffenheit. Die Strömung ging hier nach ONO. Hätte man diesen Creek bei Adelaide, so würde er zu den südaustralischen Flüssen, und zwar durchaus nicht zu den unbedeu- tendsten gezählt werden.“ Dieses ist der Fluls, von dessen Entdeckung in der Colonie so viel gesprochen wurde und der auch in dem Briefe unseres Correspon- denten (Bd. V, S. 483) erwähnt ist. Man kann ihn füglich als den Endpunkt des ersten Abschnitts dieser Reise betrachten, da von hier ab die Richtung derselben entschieden westlicher wird. Seine Lage wird demnach unter 29° 37’ S. Br. und 136° 58’ O. L. zu suchen sein. Auf der ganzen Strecke vom Beda Hill bis zu diesem Large Wa- ter Creek senkt sich das Land fast ausnahmsweise nach Osten zum Bassin des Lake Torrens, und theilt deshalb an den meisten Stellen den sterilen Charakter, der dieser grofsen Senkung eigen ist. Am trostlosesten ist freilich die südlichste Strecke zwischen Beda und Bottle Hill, eine wasserlose Wüste, die bisher eine unübersteigliche Schranke für die Erforschung der nordwestlichen Theile Süd- Australiens gebil- det hat; weiter nordwärts wechseln dürre Steinwüsten mit Sandhügeln ab, in deren Senkungen ein mehr oder minder kräftiger Graswuchs, aber nur an drei Stellen, welche durch je einen Tagemarsch von ein- ander getrennt sind (zwischen 30° 25’ und 30° 45’ S. Br.), permanentes Wasser zu finden ist. Den Lake Torrens bekam Stuart nur einmal zu Gesicht, denn seine Kreuz- und Querzüge entfernten sich nördlich vom Bottle Hill nie um mehr als 15’ östlich vom 137sten Längengrade, blieben also dem Torrens noch ziemlich fern. Gleichwohl durchzog er einige Steinfelder, auf denen die Kiesel durch die Action des Wassers Zeitschr. f. allg. Erdk. Neue Folge. Ba. VI. 4 50 John M’Douall Stuart's Entdeckungsreise geglättet und abgerundet waren, und die demnach zu Zeiten vielleicht von dem Hochwasser des Torrens erreicht werden. 2) Reise nach Nordwesten, von 29° 37' 20” S. Br., 136° 58’ 30" ©. L., über 28° 34' 20" S.'Br., 135° 10’ O. L., nach 28° 208. Br., 134° 18' O.L. Am 27. Juni schlug Stuart eine westliche Richtung ein, zuerst über trockene Steinebenen, dann über ein Land mit etwas besserem Gras- wuchs. Zur Linken zeigte sich in einer Entfernung von 10 Miles das steinige Plateau mit den Sandhügeln, das man am Tage vorher über- schritten hatte; zur Rechten erhoben sich in einer Entfernung von 5 Mi- les Höhen mit tafelförmigen Rücken, die nach NO. hinzogen, und deren südwestliche Ecke man nach einem Ritt von 8 Miles erreichte. Von hier zog Stuart nach SW. zu einem Gummi-Creek, in welchem sich Regenwasser angesammelt hatte. Er fliefst den nördlichen Höhen pa- rallel und ist von dem südlichen Plateau durch eine baumlose Stein- wüste getrennt, empfängt aber von ihm ein mit Gummibäumen bestan- denes Rinnsal. Stuart bedauerte sehr, dafs er nicht weiter nach Nor- den vordringen konnte, da die Pferde durch den Ritt über die stets wiederkehrenden Steinwüsten entweder lahm geworden oder doch in einen solchen Zustand gerathen waren, dafs er sich auf sie nicht mehr verlassen konnte. Er ist der Ansicht, dafs sich das Becken des Tor- rens hier nach Westen herumzieht; denn er sah zwei Arten von Enten und einen Schwan, die sämmtlich in derselben Richtung nach NW. flogen. Ueberhaupt schien ihm die Umgegend an Wasser nicht Man- gel zu leiden. In der Nacht und am folgenden Tage regnete es, zwar nicht stark, aber ziemlich anhaltend. Stuart beabsichtigte, dem Creek aufwärts zu folgen, um, falls er von W. oder SW. käme, das Land jenseits der Wasserscheide aufzusuchen und zu sehen, ob dort vielleicht die für die Hufe der Pferde so verderblichen Steinwüsten seltener wären. Aber der Creek bog so stark nach Norden um, dafs Stuart ihn schon nach 14 Miles verlassen mulste, um von seiner westnordwestlichen Richtung nicht zu stark abgelenkt zu werden. Die flachgipfeligen Bergrücken im Norden nahmen an Höhe zu; das Land war im Allgemeinen wie- der sehr steinig und unfruchtbar, Gras und Salzgebüsch überaus spar- sam. Auch hier glaubte Stuart Spuren von Ueberfluthungen zu be- merken; jetzt aber war Alles so ausgetrocknet, dafs man trotz des Regens kaum Wasser zum Kochen erhalten konnte. Man lagerte nach einer Tagereise von 285 Miles am Südabhange eines Berges, den man Tent Hill nannte. Der leichte Regen hielt auch während der folgenden Nacht an. Die Reise ging in nordwestlicher Richtung wieder über steinige Ge- in das Innere Süd- Australiens, im Jahre 1858. 51 hänge, die sich von dem Plateau zur Linken nach Norden abdachten; der Rand dieses Plateau’s war im Süden immer sichtbar gewesen, jetzt entfernte er sich aber mehr nach Südwesten. Nach 8 Miles kam man über einen Gummi-Creek, der nach Norden flofs, und 4 Miles weiter über einen zweiten; beide waren sehr breit und in mehrere Arme ge- theilt; die Gummibäume in ihrem Bett hatten einen zwerghaften Wuchs. Nach einem Ritt von 10 Miles erreichte man ein offeneres, mit Gras und Salzgebüsch besser ausgestattetes Land; es erschien aus der Ferne wie eine ausgedehnte Ebene, auf welcher sich hin und wieder flach- gipfelige isolirte Hügel erhoben. Nach einem Tagemarsch von 18 Miles machte man an einem kleinen Creek Halt; denn man konnte den Pfer- den, die ihre Eisen verloren hatten, auf solchem Terrain keine gröfse- ren Touren zumuthen. Am 30. Juni frühmorgens fiel ein starker Regengufs. Man setzte die Reise in derselben Richtung nach NW. fort, kam nach 5 Miles über den oberen Lauf eines Gummi-Creeks, nach 12 Miles zu einem hohen flachgipfeligen Berge, von dem man aber, da die Luft nicht klar war, nur eine beschränkte Aussicht gewann. Im Norden schien in einer Entfernung von 8 Miles ein Creek von O. nach W. zu fliefsen. Im Westen zeigte sich ein Höhenzug, Stuart schlug die Richtung nach einem Sattel in demselben ein, mufste aber schon 4 Miles weiter an einem Gummi-Creek, an dem sich reichliche Weide fand, Halt machen; denn die Pferde waren nun ganz lahm, und aufserdem hatte sich ein steifer zäher Lehm an ihren Hufen festgebacken. Da der Regen die ganze Nacht hindurch und auch während des folgenden Tages anhielt, gönnte er den Thieren einen Rasttag. Nicht weit vom Lager fand er eine grolse, etwa 1200 Fufls lange Wasserstelle, vielleicht nur Regen- wasser; sie war von zahlreichen schwarzen Enten besucht, doch konnte man ihnen nicht auf Schufsweite nahe kommen. Auch in dem Creek, den man zuletzt passirte, vermuthet Stuart weiter unterhalb Wasser, da er von starken Trupps Eingeborener besucht wird, so dafs sich dieser Punkt wol zu einem Depot für weitere Forschungsreisen eignen dürfte. In Folge des Regens schwoll der Creek so an, dafs er am Morgen des 2. Juli eine Wasserfläche von 600 Fufs Breite bildete. Stuart setzte die Reise in nordwestlicher Richtung fort nach der Einsattelung in der oben erwähnten Bergkette, die er nach einem Ritt von 10 Miles über eine Steinwüste erreichte. Der Theil des Höhenzuges links von _ der Einsattelung strich nach WSW., der andere nach NNO. Stuart bestieg eine der höchsten Spitzen, um sich nach einem Creek umzu- ‚sehen, der nach SW. fliefse; aber die Luft war so trübe, dafs eine _ weite Umschau nicht möglich war; in der Ferne schien sich ein Wald- A* u 52 John M’Douall Stuart’s Entdeckungsreise gürtel von SW. nach NO. hinzuziehen, — „ein entzückender Anblick nach einer Reise durch so abscheuliches Land“. Im Westen breitete sich eine, wie es schien, viel tiefer gelegene Ebene aus; Stuart schlug aber, um die Steinfelder zu vermeiden, die Richtung N. zu W. ein, und kam hier über eine mit Quarzkieseln und Eisenstein dünn bedeckte Ebene, die auf weiten Strecken einen gypshaltigen Boden von hell- brauner Farbe, mit reichlichem Graswuchs und Salzgebüschen zeigte, nach einem Ritt von 8 Miles an einen Gummi-Creck, der von SW. kam und dann eine fast nördliche Richtung einschlug. Hier rastete man die Nacht und die beiden folgenden Tage, da anhaltende starke Regengüsse den Boden ganz aufweichten. Die Wolken zogen von NO, herauf. Der Creek schwoll so plötzlich an, dafs die Reisenden sich unerwartet auf einer Insel von Wasser umgeben sahen. Am 5. Juli klärte sich das Wetter auf, so dafs man Mittags nach NW. aufbrechen konnte. Man kam nach 8 Miles über einen mit Rohr bewachsenen, 2 Miles breiten Sumpf, in welchem jetzt: das Wasser so hoch stand, dafs es den Pferden bis an .den Bauch reichte. ‚Sonst führte der Weg über Hügel von tiefem Sand, so dafs er. die Pferde sehr anstrengte und 3 Miles weiter mitten in den Sandhügeln Halt ge- macht werden mufste. Hier rastete man auch während des folgenden Tages, da das Gepäck von den Regengüssen ganz durchnälst war und getrocknet werden mufste. Leider erwies sich nun auch die schöne Waldlandschaft, die man von den Bergen zu erkennen geglaubt. hatte, als ein mit Scrub bestandenes Hügelland; aber zahlreiche Pfade der Eingeborenen und der Reichthum an Gras sprachen doch dafür, dafs diese Gegend im Allgemeinen zu den besseren und besuchteren ge- hört. Durch diese Sandhügel hatte man am 7. Juli noch einen Weg von 11 Miles in derselben nordwestlichen Richtung zurückzulegen, dann betrat man eine Steinwüste und kam erst gegen Abend wieder in eine Region von Sandhügeln, die indefs viel niedriger waren. Der an die- sem Tage zurückgelegte Weg betrug 25 Miles. Man war dabei über zwei breite, aber flache Creeks gekommen, die weiter abwärts, nach NO., nach dem Aussehen der Gummibäume zu schliefsen, tiefere Ca- näle bilden. Das Land dacht sich auf dieser ganzen Tour immer noch nach NO. ab. In den Nächten fiel starker Thau. Nachdem Stuart am folgenden Tage noch eine engl. Meile in der- selben Richtung weitergeritten war, hatte er den Punkt erreicht, dessen Lage er in dem Briefe an Freeling auf 28° 34' 20” S. Br. und 135° 10'0.L. angiebt. Von hier ab schlug er eine westliche Richtung ein, mit geringer Neigung nach Norden. Nach 7 Miles kam er über einen Creek, dessen Wasser bis an die Satteltaschen reichte; nach 12 Miles Per: ra) in das Innere Süd-Australiens, im Jahre 1858. 53 trat man aus der Region der Sandhügel wieder auf eine steinige, holz- lose Ebene, auf welcher man nach einer Tagereise von 25 Miles la- gerte. Diese Ebene ist ziemlich hoch, sie dacht sich nach Norden ab; ihr Boden ist von hellbrauner Farbe, mit Steintrümmern, Salzbüschen - und reichlichem Graswuchs bedeckt. Im Westen, 25 Miles entfernt, erblickte man einen Höhenzug, dem man am folgenden Tage (9. Juli) entgegenritt. Auf dem Wege dorthin kam man schon nach 13 Miles _ an einen Creek mit anscheinend permanentem Wasser; die Ebene muls, nach der Menge des dichten und welken Grases zu schliefsen, welches den Boden bedeckte, nach einer Regenzeit eine sehr üppige Grasvege- tation entwickeln; hin und wieder zeigten sich Gruppen von Salzge- büschen; Steine wurden erst häufiger, als man sich dem Höhenzuge näherte. Man lagerte 3 Miles östlich ') von diesem an einem Gummi- Creek. Die Pferde waren sehr erschöpft, da der Weg zum Theil über aufgeweichten Boden geführt hatte; man hielt deshalb am 10ten Rast- tag. Abends hörte man zur grofsen Verwunderung einen australischen Hund die Pferde anbellen; er war schwarz und braun; .sein Bellen glich dem eines Schäferhundes. Der erwähnte Gebirgszug ist der nordwestlichste Punkt, bis zu welchem Stuart vorgedrungen ist; er wird also nach dem Briefe an Freeling unter 28° 20'S. Br. und 134° 18'O.L. zu suchen sein. Lei- der ist das in den kecksten, oft nichts weniger als präeisen Aphorismen abgefafste Journal an dieser Stelle so unklar, dafs es uns unmöglich _ gewesen ist, uns aus seinen Worten über die Richtung des Gebirges an dieser Stelle eine deutliche Vorstellung zu bilden. Wir müssen uns damit begnügen, den Wortlaut des Journals unten mitzutheilen ?), und hervorzuheben, dafs es Stuart darauf ankam, den südlichen Abhang des Gebirges zu gewinnen, um dann seine Reise nach SW. fortzusetzen. Pr 1) Im Original steht „westlich“, was ich mit dem Folgenden nicht vereinigen kann. 2) Nachdem das Journal am 8. Juli bemerkt: We have sight of a range west of us about 25 miles, — und am 9. Juli: We have camped this night in a gum creek, about 3 miles west of the range, fährt es am 11. Juli fort: Bearing to-day 272°, to round the point of the range, which seems to have some mallee in the gully on this side and trees ‘on the west. Started at 8. 30 a. m. At 4 miles ascended the highest point of therange. Ihe view to the north-east is over an immense stony plain with broken hills in the distance. To the north is also the plain, with table hills in the far distance; to the northwest is the termination of the range, running north-east and south-west, distant about 10 miles. About half way between is a gum creek running to the north-east. To the-west is the same range, and a num- ber of conical hills between. Changed our bearing to 220° to break through the range; distance to ditto 20 miles. On the last bearing at 5 miles, top of the range. At 7 miles came upon along and deep waterhole near the top of creek, course south. The range is very stony, composed of hard milky-white flint stone, with white and yellow chalky substance etc. 54 John M’Douall Stuart’s Entdeckungsreise Was nun den Landgürtel betrifft, der sich zwischen 284 und 294° S. Br. hinzieht und den Stuart auf diesem Theile seiner Reise in der Diagonale von SO. nach NW. durchstreift hat, so wird man in Anbe- tracht der Regengüsse, die während der Reise eintraten, sich hüten müssen, seine Beschaffenheit zu günstig zu beurtheilen; es ist vielleicht nur diesem Umstande beizumessen, dafs Stuart auf der ganzen Tour nicht über Wassermangel zu klagen hatte. Die östliche Hälfte, die im Süden von einem Plateau, im Norden von Höhenzügen eingeschlossen ist, gehört jedenfalls zu den traurigsten Gegenden Australiens; hier sind kahle Steinfelder bei weitem überwiegend; erst westlich von 136° O. L. wechseln sie häufiger mit Sandhügeln ab, in deren Senkungen Salzgebüsch und Graswuchs zu finden ist. Die Abdachung des Landes ist im Allgemeinen eine nördliche; nach Norden oder Nordosten fliesen die verschiedenen Creeks, die man auf diesem Wege überschreitet. 3) Reise nach Südwest, von 28° 20’ S. Br., 134° 18’ 0. L. nach 28° 46’ S. Br., 133° 40’ O.L. Am 11. Juli zog Stuart in südwestlicher Richtung über das Ge- birge, das nach Süden hin allmählich und stufenweise zu der Ebene sich senkte. Er fand das Land hier weniger steinig als in den eben durchzogenen nördlichen Distrieten; und obgleich auch hier kein Baum wuchs, zeichnete sich der Boden doch, vielleicht neuerdings durch Re- gen getränkt, durch üppiges Salzgebüsch und eine sehr reiche Gras- vegetation vortheilhaft aus. Aber die Luftspiegelung war hier so mäch- tig, dafs niedrige Gebüsche wie stattliche Gummibäume erschienen; sie hielt den ganzen Tag über an, und machte es absolut unmöglich, über die Beschaffenheit des Landes, das sich vor den Reisenden ausbreitete, mit Sicherheit zu urtheilen; zuweilen schien es, als ob eine ununter- brochene Wasserfläche vor ihnen läge. Gleichwohl mufste man ohne Wasser campiren. In der Nacht zum 12ten reifte es stark. Der Wassermangel wäh- rend des vorigen Tages nöthigte am 12ten, von der südwestlichen Rich- tung nach SO. abzubiegen, da man hier Gummibäume erblickte. Sie standen an einem Creek, der nach Süden flofs. Hier fand man Wasser und Weide. Da der kurze Tagemarsch wieder über Steinwüsten ge- führt hatte, die sich weit nach Südwesten hinzuziehen schienen, waren die Pferde so angegriffen, dafs man hier Halt machte und am folgen- den Tage rastete. Im Osten erhob sich ein niedriger, sehr steiniger Höhenzug, von dessen östlichem Abhange zahlreiche Creeks herab- flossen. Am 14. Juli zog Stuart nach Süden, erreichte nach 8 Miles einen grolsen Mulga-Creek und fand auf beiden Ufern desselben gutes Land, mit Salzgebüsch und reichlichem Graswuchs, aber ziemlich steinig. Der in das Innere Süd- Australiens, im Jahre 1855. 55 Creek theilt sich in mehrere Arme, die zur‘ Zeit wasserreich waren; auch die Gummibäume zeigten ein kräftigeres Wachsthum. Man folgte diesem Creek auch am nächsten Tage. Er wandte sich schon nach 2 Miles mehr nach SW., dann nach W., endlich nach NW., und ver- breitete sich an der Stelle, wo man wieder lagerte (17 Miles von dem vorigen Nachtlager entfernt "), in zahllosen Armen über die 15 Miles breite Ebene. Auch hier war das Land zu beiden Seiten desselben gut, aber Ueberschwemmungen ausgesetzt. Auch am nächsten Tage (16. Juli) konnte man dem Creek noch 6 Miles weiter folgen, da sein Lauf hier wieder nach Westen gerichtet war; dann wandte er sich aber nach NW., so dafs Stuart ihn ver- lassen und zu den Sandhügeln ziehen mulste, die im Westen vor ihm lagen. Nach 3 Miles erreichte er einen derselben und hatte von ihm eine weite Rundsicht. Der Gebirgszug, den man am 41ten überschrit- ten hatte, begrenzte in der Ferne von O. bis NW. den Horizont, und zog sich nach NW. so weit hin als das Auge reichen konnte, in eine sandige, mit Scrub bedeckte Region, in welcher nur kleine offene Stellen ‚bemerkbar waren. Da Stuart nun auch nach Westen hin selbst in weiter Ferne Nichts entdecken konnte, was ein besseres Land ver- sprach, zog er, vornehmlich um die Hufe der Pferde zu schonen, noch 5 Miles durch die Sandhügel nach Süden, einer steinigen Höhe ent- gegen, und erreichte damit den äufsersten Punkt dieses dritten Ab- schnitts seiner Reise, unter 28° 46’ S. Br. und 133° 40’ O.L. Denn das sandige Land zog sich um die steinige Höhe herum, so dafs er von hier ab seinen Cours nach SO. lenkte und diese Richtung längere Zeit innehielt. Auf dieser kurzen Strecke hat Stuart also zu beiden Seiten des Mulga-Creeks, dessen Lauf er 27 Miles weit verfolgt hat, eine ziemlich umfangreiche, zur Viehzucht wohlgeeignete, wasser- und weidenreiche Oase entdeckt, welche der Gegend um den grolsen Creek unter 295° S. Br. und 137° O.L. an praktischer Wichtigkeit nicht nachzustehen scheint. ‘Diese Oase liegt etwa unter 28° 35 — 40’ 8. Br. und 133° 45’ O.L. 4) Reise nach Südosten, von 28° 46’ S. Br., 133° 40’ O.L. nach 30° 7’ S. Br., 136° 4’ O,.L. Der Landstrich, den Stuart auf dieser Route durchzog, liegt dem vom 26. Juni bis 11. Juli durchreisten ungefähr parallel, auf seiner ersten Hälfte um mehr als einen Breitengrad, auf der zweiten um etwa 40 Minuten südlicher. Dennoch unterscheiden sich beide Gebiete we- !) So ist die Gesammtlänge des Tagemarsches angegeben, die einzelnen Tou- ren ergeben nur L1 Miles. i 56 John M’Douall Stuart’s Entdeckungsreise sentlich von einander. Die nackten Steinwüsten, welche das nördliche auf eine unvortheilhafte Weise charakterisirten, verschwinden hier fast ganz; ein leichter, sandiger, grasreicher Boden wird vorherrschend, durchschnitten von mehr oder minder breiten Serub-Gürteln. Von allen Landestheilen, die Stuart auf seiner letzten Reise: besucht hat, bietet dieser vielleicht die meisten Aussichten für Viehzucht-Etablisse- ments, die nordwestwärts bis zu der Oase am Mulga-Creek vorge- schoben werden könnten. Noch am 16. Juli durchzog Stuart 14 Miles dieses Gürtels, zuerst eine Serub-Region, dann über einen sehr reich begrasten (most abun- dantly grafsed) Sandboden. Aber das Gras war verwelkt und die jun- gen Pflanzen noch nicht aufgeschossen. Das Buschwerk bestand aus Mulga, Hackia und einigen Akazien; Salzgebüsch war selten. Auf der ganzen Strecke fehlte es an Wasser; erst am folgenden Tage traf man nach einem Ritt von 7 Miles auf eine Lache mit Regenwasser, und bald darauf auf einen Creek mit fliefsendem Wasser, das an anderen Stellen seines Laufes vielleicht permanent ist; die Gummibäume an seinem Ufer hatten ein dürfiges Aussehen. Man durchzog an diesem . Tage eine Strecke von 25 Miles bis zu einer Regenwasserlache. Das Land bestand aus einer Ebene, die periodisch von niedrigen Bodenan- schwellungen durchschnitten war. Der Scrub war viel dichter und meist abgestorben, so dafs es schwer war, durch ihn durchzukommen; der Boden sandiger und das Gras an den offenen Stellen in Folge dessen auch magerer. Am nächsten Tage (18. Juli) kam man über mehrere Pfade der Eingeborenen, die nach Südwest führten und Spuren zeigten, dafs sie vor ein paar Tagen besucht waren, und an ihren Wurleys vorüber. Die Serubgürtel waren auf der ersten Hälfte der Tagereise etwas lichter und mit gutem Graswuchs untermischt; später aber wurden sie furcht- bar dicht; sie bestanden aus Mulga, Hackia, Salzgebüsch und waren mit Gräsern verschiedener Arten untermischt. Man lagerte nach einem Ritt von 20 Miles. In einer Entfernung von 15 bis 20 Miles zog sich von Norden nach Osten ein Höhenzug herum, den Stuart am folgen- den Tage zu erreichen beschlofs. Er schlug deshalb einen etwas öst- licheren Cours ein, konnte an diesem Tage aber nur 10 Miles weiter kommen, da eines seiner Pferde, das schon in den letzten Tagen krank gewesen war, den Dienst versagte. Diese 10 Miles bestanden aus einem prächtigen Grasland mit leichtem sandigem Boden; die Mulga- Gebüsche wuchsen hier sehr üppig. Forster fing an diesem Tage ein Opossum, das erste, das man gesehen hatte und das einen trefflichen Braten lieferte. Hier begann ein Landstrich, in welchem Kängeru’s sehr häufig waren. Nicht weit vom Lagerplatz fand man auch Wasser, in das Innere Süd-Australiens, im Jahre 1858. 57 - welches weiter südwestlich wahrscheinlich einen grofsen Creek bildet. - Am 20. Juli erreichte Stuart nach einem Ritt von 4 Miles die Berg- kette und bestieg eine Spitze derselben, um einen Rundblick zu ge- winnen. Im N. und NO. breitete sich ein dichtes Serubland aus, unter- mischt mit einigen offenen Stellen; jenseits des Scrubgürtels, etwa 2 Miles von ihm entfernt, schien ein Creek zu fliefsen, und in einer Entfernung von etwa 20 Miles zog sich ein niedriger Höhenzug von - „NW. nach SO. Im Osten sah man zunächst einen 4 Miles breiten Gürtel von niedrigem Scrub; dann, nach jenem Höhenzuge hin, ein offenes Land mit vereinzelten Flecken von Scrub. Nach Süden hin stieg das Land zu einer, 10 bis 15 Miles entfernten Höhe an, zum Theil auch mit niedrigem Scerub bedeckt; im SW. wird das ansteigende Land von Mulga-Gürteln durchschnitten. Stuart hielt den Gebirgs- - rücken, auf dem er sich jetzt befand, für denselben, den er am 11. Juli unter 28° 20’ S. Br. und 134° 18’ 0. L. überschritten hatte; sein jetzi- ger Uebergangspunkt mufs ungefähr unter 29° 33’ S. Br., 134° 31’ O.L. fallen; das Gebirge würde sich also hier durch mehr als einen Breiten- grad in der Richtung von SSO. nach NNW. hinziehen, und wir wissen aus der Rundsicht vom 16. Juli, dafs es auch über 28° 20’ S. Br. hin- aus, so weit das Auge nur reichen konnte, nach NW. fortsetzt. Jenseits dieses Gebirgszuges fand Stuart gutes Land mit Salzge- büsch, Gras und Mulgabüschen; er sah mehrere Kängeru’s von der grolsen rothen Art und lagerte nach einem Ritt von 4 Miles an einer Wasserstelle. Am 21. Juli durchzog er in östlicher Richtung, mit geringer Neigung nach Süden, zwei Ebenen, die durch eine niedrige, von NW. nach SO. streichende Bodenanschwellung von einander ge- trennt waren und sich nach Süden abdachten. Ihr Boden war vortreff- lich, mit dem schönsten Grase überzogen; Salzgebüsche waren licht darüber verstreut, hin und wieder zeigte sich ein Buschland von Mulga. „Dies“, sagt Stuart, „ist das schönste Gras- und Salzgebüschland, ' durch das ich gekommen bin, aber ich fand kein permanentes Wasser.“ - Er mufste nach einem Ritt von 20 Miles an einer Regenwasserlache lagern. Auch der nächste Tag führte ihn in derselben Richtung eine eben so weite Strecke durch treffliches Weideland; nach 14 Miles kam er dabei über ein kleines Rinnsal, das nach SSW. flofs, nach 16 Miles über eine Einsenkung in einem niedrigen Höhenzuge von Kalkstein, der sich von NW. nach 'SO. zieht und auf einer Seite, von NW. bis - ONO., die Grenze einer ausgedehnten, zur Viehzucht sehr geeigneten Ebene bildet. Die Ausdehnung derselben nach NW. scheint 25, die nach NO. 20: Miles zu betragen, der Boden ist gut, Gebüsch von Mulga und anderem niedrigen Scrub zeigt sich nur vereinzelt, hin und wieder ist der Boden mit kleinen Kieseln von Eisen- und Kalk- u A ae ; | | 58 John M’Douall Stuart’s Entdeckungsreise stein dünn bedeckt. Aber auch hier stiefs Stuart nicht auf permanen- tes Wasser. Ein isolirter Hügel, der sich in geringer Entfernung O. zu N. zeigte, zog Stuart’s Aufmerksamkeit auf sich. Er erreichte ihn am folgenden Tage (23. Juli) nach einem Ritt von 4 Miles; da er aber von ihm keinen Creek erblicken konnte, wandte er sich wieder nach SO. und war hier so glücklich, nach 4 Miles einen Mulga-Creek an- zutreffen, der nach Osten flofs. Auch jenseits des Creeks setzte er die Reise in derselben südöstlichen Richtung 16 Miles weit zu einem flachgipfeligen Berge fort, und erblickte von dem Gipfel desselben im NO. einen Höhenzug, der sich nach Osten hin zu demselben Plateau zu verflachen schien, welches er auf seiner Reise am 27. und 28. Juni zur Linken gehabt hatte. Der Berg, auf dem er sich befand, gehörte zu den höchsten, die er auf seiner Reise gesehen. Auch im SW. zeigte sich ein Höhenzug mit einem hohen konischen Berge. Am 24. Juli legte man 24 Miles in derselben Richtung zurück, über eine wellenförmige steinige Ebene, auf welcher sich in Intervallen schmale Sandrücken erhoben. Aber hier fanden sich mehrere Lagu- nen, die noch Wasser aufbewahrten. Der Höhenzug im NO. schwand bald aus dem Gesicht; dagegen eröffnete sich hin und wieder eine Aussicht auf den südwestlichen. Man lagerte an einer Anzahl grolser Lagunen, die mit Regenwasser gefüllt waren. Am ?öten ritt man 14 Miles weit in derselben Richtung weiter und wandte sich dann etwas südlicher nach dem Rande eines grofsen Sumpfes, den man nach 2 Miles erreichte. Es war eine muldenförmige Senkung von 3 Miles im Um- fang, aber ganz trocken. Dieser Landstrich besteht aus Mulga-Scrub und Sandhügeln, und scheint, trotz des Wassermangels, nicht so schlecht zu sein; Stuart schofs einen Wallaby, sah fünf Turkey’s und zahlreiche Pfade der Eingeborenen. Es schien, dafs alles Wasser aus einer wei- ten Umgegend in diese Lagunen, Sümpfe und muldenförmigen Sen- kungen zusammenströmen müsse; um so unangenehmer war Stuart überrascht durch den Wassermangel, an dem er hier zu leiden hatte. Aber da die Pferde erschöpft waren und sich hier wenigstens gute Weide fand, machte er an dem trockenen Sumpfe Halt, mit dem Ent- schlufs, am folgenden Tage sich nach Süden zu wenden. Dieser Punkt, der den vierten Abschnitt der Reise schliefst, liegt 30° 7' 8. Br., 136° 4’ O. L. Nordöstlich von ihm liegt in einer Ent- fernung von etwa 65 Miles der grofse Creek, den Stuart am 26. Juni entdeckt hat, südöstlich in einer Entfernung von etwas mehr als 80 Miles das permanente Wasser Andamoka, bei welchem er am 21. Juni verweilt hatte. in das Innere Süd-Australiens, im Jahre 1858. 59 5) Reise nach Südsüdwest, von 30° 7’ 8. Br., 136° 4’ O.L. bis 30° 46’ S. Br., 135° 56’ 30” O.L. Am 26. Juli brach Stuart nach Süden auf und durchzog ein mit dichtem Mulga-Serub bedecktes Terrain, das von einigen Sandhügeln und niedrigen Höhenzügen von Kalk- und Eisenstein durchschnitten war, Hier bekam man die ersten Kiefern und einige Schwarzeichen zu Gesicht; im Uebrigen zeigte das Land keinen besseren Charakter, auch nach NO. schien sich eine unübersehbare Scrub-Region auszu- dehnen. Man lagerte nach einem Ritt von 13 Miles an einer Regen- lache. Am folgenden Tage, an welchem man dieselbe südliche Rich- tung 21 Miles weit verfolgte, wurde der Scrub niedriger und das Land etwas freier; es zeigten sich Stellen mit reichlichem Graswuchs, hin _ und wieder Höhenzüge von Sand oder von Kalkstein. Da man im SW. Gummibäume erblickte, wandte man sich ihnen zu und erreichte nach 14 Miles eine lange, mit Wasser gefüllte Lagune, in deren Nähe sich noch eine kleinere befand, umgeben von kleinen Gummibäumen, Schwarzeichen und Mallee-Gebüsch. Im Westen sah man eine dritte grofse Lagune, die man am folgenden Tage (28. Juli) besuchte; sie _ enthielt aber Salzwasser. In Folge dessen schlug man wieder die süd- - liche Richtung ein und stiefs hier nach 10 Miles auf einen grofsen See, der Stuart nöthigte, zuerst nach WSW., dann nach W. abzubiegen. Dieser See liegt 30° 46’ S. Br., 135° 56’ 30” O.L., er wird also von dem Meridian des Lake Gairdner durchschnitten, und Stuart zwei- felt nicht daran, dafs er die nördliche Spitze dieses Sees bildet. Ist - diese Ansicht richtig, so würde sich der Lake Gairdner durch 13 Breiten- grade erstrecken. Die Ufer des Sees, den Stuart erreichte, waren mit - dichtem Scerub bedeckt, der sich auf nacktem, losen Sande erhob; aber in einiger Entfernung vom Ufer zeigte sich reichlicher Graswuchs. 6) Reise nach Nordwesten, von 30° 46’ S. Br., 135° 56’ 30” O.L. bis: 30° 12’ S. Br., 135° 4’ O.L. Die westliche Richtung, die Stuart noch am 28. Juli einschlug und 17 Miles weit verfolgte, führte zunächst über Hügel von losem - Sande, die mit Scrub bedeckt waren, dann über eine undulirte Ebene, welche nur das fortwährend wiederkehrende Mulgagebüsch und ein paar Schwarzeichen, aber keine Spur von Wasser zeigte. Stuart beschlofs also, sich nach NW. zu wenden, in der Hoffnung, dafs er auf einige von den Creeks stofsen würde, die er während des letzten Theils sei- ner nach SO. gerichteten Reise überschritten und von denen er vor- ausgesetzt hatte, dafs sie weiter abwärts in ihrem südlichen Laufe an Wasserreichthum zunehmen würden. Aber auch in dieser Richtung fand er während der ersten Tagereise von 20 Miles nur dieselbe leicht MT WM 60 John M’Douall Stuart’s Entdeckungsreise gewellte Serub-Ebene, mit reichem Graswuchs, jedoch ohne Wasser. Am 30. Juli wurde der Mulga-Serub noch dichter, Graswuchs und Salzgebüsch blieben üppig; endlich nach einem Ritt von 10 Miles er- reichte man eine Regenlache, und lagerte hier, damit die Pferde sich etwas erholen möchten. An diesem Tage backte Forster das letzte Brod; bei den sehr spärlichen Fleischrationen sah man sich nun, in einer ganz unbekannten Gegend, wesentlich auch auf den Ertrag der Jagd verwiesen. Einige Schwäne und Enten, die nach dem Lake Gairdner zogen, gaben Hoffnung, dafs sie nicht erfolglos sein würde. Am 31. Juli kam man, immer in derselben nordwestlichen Rich- tung, bald in ein offeneres Land, in welchem der Scrub fast gänzlich verschwand. Man befand sich auf einer mit Quarz, Eisen- und Feuer- steinen bedeckten Ebene, die zu einem im NW. sichtbaren Höhenzuge allmählich :anstieg, aber an Gras und Salzgebüsch nicht arm war. Nach 10 Miles erstieg man jene Höhe, die von N. nach S. strich, und lagerte 5 Miles jenseits derselben, an einer Stelle, die jetzt ganz wasser- arm war, aber Spuren zeigte, dafs eine Strömung nach SSW. darüber hingegangen war. Ueberhaupt war-die Abdachung des Bodens im All- gemeinen eine südliche. Während des Rittes hatte man einige Kän- geru’s bemerkt und hörte in der Nacht wieder das Bellen eines austra- lischen Hundes. Da der Charakter des Landes auch auf den 10 Miles, die man am 1. August zurücklegte, sich nicht änderte, entschlofs sich Stuart am nächsten Tage nach einem Ritt von 3 Miles, sich wieder nach SW. zu wenden. Er war durch diese Mulga-Ebenen und Steinwüsten, in denen sich nirgends permanentes Wasser zeigte, bis 30° 12’ S. Br. und 135° 4' O.L. vorgedrungen. 7) Reise nach Südwesten, von 30° 12’ S. Br., 135° 4’ O.L. bis 30° 54’ 8. Br., 133° 24’ O.L. Auch während der 17 Miles, die man noch am 2. August in süd- westlicher Richtung zurücklegte, zeigte sich kein Wasser; indefs war das Land im Allgemeinen gut begrast, es hatte einige Salzbüsche, und Scerub war seltener. Es zeigten sich auch einige Kängeru’s, aber sie waren zu vorsichtig, als dafs man ihnen beikommen konnte. In der Nacht regnete es unaufhörlich, und am folgenden Tage kam man in ein Land von einer in Süd- Australien überraschenden Vortrefflichkeit. Die ersten 6 Miles führten über einen prächtigen Alluvialboden, der mit Gras, einigen Salzbüschen und etwas Mulgagestrüpp bedeckt war. „Dieser Strich“, sagt Stuart, „ist ein Boden erster Klasse, er sieht viel besser aus, als die Ebenen bei Adelaide.“ Auf den nächsten 4 Miles wurde der Boden etwas leichter, das Salzgebüsch 'häufiger, auch etwas Serub stellte sich ein. Auch auf den folgenden 11 Miles blieb der in das Innere Süd-Australiens, im Jahre 1858. 61 Boden gut, Gras und Salzgebüsch üppig, aber der Serub wurde auch dichter. Hier waren auch Kängeru’s und Emu’s häufig, ebenso die Spuren von Lagerplätzen der Eingeborenen, die, nach der Menge der Feuerstellen zu schliefsen, sich hier in grofser Anzahl aufhalten müs- sen. Der Eingeborene, den Stuart mitgenommen hatte, entwischte hier | während der Nacht; man konnte ihn leicht entbehren, da er das Land gar nicht kannte und keine andern Dienste geleistet hatte, als dafs er - Morgens beim Einfangen der Pferde behilflich gewesen war. Leider | fand man kein Wasser; das Land dacht sich nach Süden ab, und da nirgends anstehendes Gestein sich zeigte, ist Stuart der Ansicht, dafs das Wasser unter dem ‚Alluvium abfliefst und zur Bildung der zahl- reichen Quellen beiträgt, die nicht weit von der Seeküste hervorspru- deln. Am 4. August ritt man in derselben südwestlichen Richtung über ein Land von ähnlicher Beschaffenheit 13 Miles weiter zu einer niedri- gen Kette von rothem Granit. Hier fand man Wasser auf Felsengrund und gewahrte von dem Kamme eine zweite höhere Gebirgskette im Süden. "Stuart veränderte die Richtung in eine südsüdwestliche, und fand hier vortreffliche und so üppige Weiden, dafs: das Gras den Pfer- | den. bis an die Knie reichte. Sechs Kakadu’s flogen über das Thal nach der südlichen Gebirgskette. Man lagerte nach einem Ritt von 7 Miles an einer fliefsenden Wasserader, und sah sich’ genöthigt, hier eins der. Pferde zurückzulassen, da es schon seit längerer Zeit so schwach war, dafs es ein schnelles Fortkommen behinderte. In derselben südsüdwestlichen Richtung ritt man am äten weiter, der südlichen Gebirgskette entgegen. Nach 5 Miles überschritt man einen zweiten niedrigen Granitrücken, auf welchem man ebenfalls "Wasser fand. Das Gestein war auf beiden ein rother Granit mit fast durchsichtigen Quarzkrystallen; in den Depressionen des Felsbodens hatte sich Regenwasser gesammelt. Weiter südlich kam man an einer - Reihe von zum Theil ausgetrockneten Salzwasserlagunen vorüber; sie waren von niedrigen und schmalen Sandrücken eingefalst, die mit hohem Mallee-Serub, mit Teatrees, Schwarzeichen und einigen Casuarinen be- kleidet waren. Zwölf Miles südlich von dem zweiten Granitrücken er- reichte man die oben erwähnte hohe Bergkette, die von NW. nach SO. streicht und mit den vorigen Granitketten offenbar in Zusammenhang steht. Ein harter Quarz in grofsen Massen bildet das vorwiegende Gestein. Stuart bestieg den höchsten Gipfel dieser Kette, — den höch- sten Berg, den er überhaupt auf seiner Reise gesehen, und geno[s von ihm eine umfassende Fernsicht. Im SO. zeigte sich in einer Entfer- nung von 10 Miles eine Anzahl von Salzseen und jenseits derselben ‚in weiter Ferne hohe Berge, die er für Gawler Range hielt. Im Osten 62 John M’Douall Stuart’s Entdeckungsreise waren die Salzseen noch zahlreicher und verbreiteten sich vom Fulse der Gebirgskette 8 Miles weit ostwärts; in einer Entfernung von 30 Miles sah man einen hohen Berg. Im NO. sah man zunächst auch über Salzseen, dann stieg das Land an. Im Norden erblickte man die Salzlagunen, an denen man vorübergekommen war, dann die Granit- rücken, und hinter ihnen eine Region mit dichtem Serub, die sich nach NW. herumzog. Im Westen dehnte sich ein Gebiet mit niedrigem Scrub aus, der mit Mulga abwechselte. Westsüdwestlich erblickte man in einer Entfernung von 40 Miles einen sehr hohen Berg, den Stuart zum Zielpunkt seiner weiteren Reise machte. Er schlug noch an demselben Tage die zuletzt genannte Richtung ein, durchschnitt am Fufse der Quarzkette eine Ebene mit rothem leichtem Boden, reichlichem Gras- wuchs und etwas Salzgebüsch, kam dann, als er sich einem niedrigen Höhenzuge näherte, durch einen Gürtel niedrigen Scrubs, und lagerte nach einem Ritt von 9 Miles in dieser Richtung an einer Stelle, an welcher sich gute Weide fand. Ein geschossener Wallaby verschaffte ihm ein gutes Abendessen. Um die Steinfelder in der Nähe des zuletzt erwähnten Höhenzuges, in welchem ebenfalls Quarz das vorherrschende Gestein bildete, zu ver- meiden, hielt sich Stuart am folgenden Tage (6. Aug.) etwas südlicher. Sein Weg führte ihn über guten, reichbegrasten, nur zum Theil mit niedrigem Scrub bestandenen Boden, an einer Regenlache vorbei, in eine weniger günstige Region von Sandhügeln, zwischen denen Salz- wasserlagunen lagen. Nach einem Ritt von 9 Miles wandte er sich wieder nach WSW. zu einer offenen, 5 Miles breiten Ebene, in wel- cher die Schwarzeichen besonders kräftig gewachsen waren; aufserdem fehlte es auch hier an Mulga und Salzgebüsch nicht; auch ein paar Gruppen von Shea-Eichen zeigten sich. Im Uebrigen war die Ebene gut begrast. Weiterhin wurde das Salzgebüsch sehr dicht, und darüber erhoben sich vorzugsweise sehr hochgewachsene Schwarzeichen. Diese Ebene war etwa 8 Miles lang; dann fing wieder ein tiefsandiges Hü- gelland an mit Salzwasser-Lachen und Seen in den Senkungen. Hier zeigten sich aufser hochwüchsigen Schwarzeichen, Mallee- und Mulga- Gebüsch auch australische Pfirsichbäume. An einzelnen Stellen befand sich gute Weide. Stuart überzeugte sich hier, dafs der hohe Berg, den er erreichen wollte, weiter entfernt war, als er es gedacht hatte; aber er gab seinen Plan nicht auf. Nach einer Tagereise von 26 Miles nächtigte er in der Sandhügel-Region, und setzte am folgenden Tage die Reise durch das tiefsandige Hügelland und durch dichten Serub in derselben Richtung fort, bis er nach einem Ritt von 15 Miles auf dem Berge sein Lager aufschlug. Dieser Berg, den Stuart Mount Finke nannte, ist so hoch wie Mount Arden; er liegt unter 30° 54' 8. Br., ö in das Innere Süd-Australiens, im Jahre 1858. 63 133° 24’ O0. L. '); das vorherrschende Gestein ist Quarz. Da Stuart zwei Tage lang ohne Wasser gewesen war, wünschte er lebhaft, eine möglichst weite Rundsicht zu gewinnen. Es war aber schon so spät, dafs er nur eine der niedrigeren Spitzen besteigen konnte, und von dieser entrollte sich vor seinen Augen ein wenig erfreuliches Bild: wohin er das Auge auch richtete, überall zeigte sich dichter, schwarzer, abscheu- licher Serub. Inzwischen hatte Forster beim Nachgraben im Bett eines Creeks Wasser gefunden, und so war vorläufig dem dringendsten Be- dürfnifs abgeholfen. Am folgenden Tage früh Morgens bestieg Stuart den Mount Finke, aber ein dichter Nebel verschleierte die Aussicht, und was er wahrnehmen konnte, war eben so unerquicklich, wie die am Tage vorher gewonnene Aussicht, — nach allen Richtungen hin zeigten sich Scrub und Sandhügel, nach einigen stieg das Land an, aber ein Gebirgszug war nirgends zu erblicken. Nachdem Stuart noch an demselben Tage 10 Miles weiter westlich durch dichtes Mallee- und Mulga-Gestrüpp vorgedrungen war, entschlofs er sich, die Richtung zu ändern und sich südwärts nach der Küste zu wenden. Der Landstrich, den Stuart auf dieser südwestlichen Route durch- zogen hat, gehört in praktischer Beziehung ohne Frage zu seinen werth- vollsten Entdeckungen. Nirgends hat er so guten Boden, so reichlichen Graswuchs gefunden, und selbst an Holz fehlt es hier nicht. Dazu kommt, dafs dieser Landstrich der Küste näher liegt, als alle andern, die bisher beschrieben sind. Aber in der Colonie knüpft man an die- ses Gebiet noch ganz andere Erwartungen von gröfserer Tragweite. Man erzählt sich in Adelaide, dafs Forster von seiner Reise ein Stück- chen Gold mitgebracht und dafs Stuart bei der südaustralischen Re- gierung seinen Antrag auf Bewilligung der Prämie, die dem Entdecker - eines Goldlagers innerhalb der Grenzen Süd- Australiens ausgesetzt ist, bereits eingereicht hat. Sind diese Versicherungen begründet, so kann es sich hier kaum um ein anderes Terrain handeln, als um die Quarz- kette, die Stuart am 5. August überschritten hat. 8) Reise nach Süden, vom Mount Finke (30° 54’ S. Br., 133° 2%4' O.L.) nach der Küste bei Beelemah. Auf dem Wege nach der Küste brachte Stuart über neun Tage zu, obgleich er im Ganzen nur 95 Miles lang ist; denn die Pferde waren dermalsen erschöpft und das Land, das man durchziehen mulste, !) So giebt Stuart in dem Briefe an Freeling die Lage des äufsersten Punktes bei diesem Abschnitt seiner Reise an. Von Mount Finke zog er zwar noch 10 Miles westlich, aber ein Versuch, die folgende Route -zu construiren, führt zu der Ver- muthung, dafs jene Strecke schon zu ihr gerechnet ist und die im Text mitgetheilte Ortsbestimmung sich auf Mount Finke als einen der bemerkenswerthesten Punkte der Reise bezieht. 64 John M’Douall Stuart’s Entdeckungsreise bestand grolsentheils aus so tiefem Sandboden, dafs man den Thieren nur ganz kurze Tagemärsche zumuthen konnte. Der ganze Landstrich ist so einförmig, dafs es überflüssig ist, die Reise im Einzelnen zu ver- folgen. Er besteht fast überall aus den sterilsten Sandhügeln, die meist von O. nach W. streichen, und oft mit Spinifex und fast undurchdring- lichem Scrub bedeckt sind; an manchen Stellen fand man nicht einen Grashalm für die Pferde, und selbst die Salzgebüsche, die sonst eine Aushilfe gewährten, verschwanden zuweilen ganz. Fünfzehn Miles süd- lich von dem Ausgangspunkte dieser Tour fand man in einer Senkung zwischen den Sanddünen etwas Gras und reichliches Salzgebüsch, aber unmittelbar darauf wurde das Land noch abscheulicher, die Sandhügel höher und steiler, und Spinifex so dicht und hoch, dafs man die Pferde kaum durchbringen konnte. Durch den Mangel an Lebensmitteln schon ganz erschöpft, und auf Pferden, die in jedem Moment erliegen zu müssen schienen, zogen die beiden Reisenden vier Tage lang (vom 10. bis 13. August) durch eine der trostlosesten Sand- und Scrubwü- sten, die Süd- Australien aufzuweisen hat; schliefslich wurde auch der Wassermangel in hohem Mafse bedrohlich. Am 14ten kam man end- lich aus den Sandhügeln heraus in ein mit dichtem Mallee-Gebüsch bedecktes Gebiet: hier fand man wenigstens Salzgebüsch und hin und wieder etwas Gras, aber der Wassermangel blieb derselbe, und nöthigte Stuart am 16ten, in südwestlicher Richtung Millers Water aufsuchen, das er auch nach manchen Kreuz- und Querzügen auffand. ‘Er ge- dachte hier den Pferden eine zweitägige Erholung zu gönnen; aber das Wasser war so sparsam vorhanden, dafs es von den Pferden sofort ausgetrunken wurde und dafs man es ihnen am folgenden Morgen mit einem Quartgefäls zumessen mulste. Die Umgegend besteht hier aus hohem Mallee-Scrub, der ziemlich häufig von Grasgürteln durchschnit- ten wird. Auch der: Weg von hier nach dem nur 6 Miles in südöst- licher Richtung entfernten Beelemah führte anfänglich über recht gute Grasebenen, die sich zwischen mehr oder minder breiten Gürteln von hohem Mallee weit hinziehen und durch Oefinungen in dem Serub mit einander in Verbindung stehen; aber auf den letzten 3 Miles ging es wieder durch eine zusammenhängende Region von dichtem niedrigem Mallee. In völliger Erschöpfung langte man am 17. August in Beelemah Gaip an der Küste an. Seit länger als einem Monat hatte die wöchent- liche Ration für jeden der beiden Reisenden aus 24 Pfund Mehl und sehr wenig Fleisch bestanden. „Vor einigen Tagen hatten wir ein paar Kängeru-Mäuse bekommen, waren sehr erfreut darüber und be- mühten uns eifrig, mehr zu fangen; aber wir kamen bald aus dem Landstrich hinaus, in welchem diese Thiere sich fanden. Seit fünf in das Innere Süd-Australiens, im Jahre 1858. 65 _ Wochen hatten wir täglich nur eine Mahlzeit gehalten, und zwar eine _ sehr kärgliche; da ist es nicht zu verwundern, dafs unsere Kraft er- schöpft und dafs wir keiner Anstrengung mehr fähig waren. Jetzt bleiben uns nur noch zwei Mahlzeiten übrig; damit müssen wir bis zur Streaky-Bay auskommen, noch 100 Miles weit.“ Oft hatte man während der Reise die Spitzen einer Pflanze gegessen, die bei den Co- lonisten den unappetitlichen Namen pigsface führt und die in den au- stralischen Sandwüsten den dürstenden Pferden eine Linderung ge- währt; „für hungrige Leute“, sagt Stuart, „sind sie recht schmackhaft und können, in sülsem Wasser gekocht, für ein recht gutes Gemüse gelten. Gestern kochten wir junge Saudisteln, von denen wir noch _ mehr hätten haben können.“ Am Strande griff man zu Schalthieren, konnte aber nicht genug finden, um den hungrigen Magen zu be- schwichtigen. | 9) Rückkehr von Beelemah Gaip über Land zum Mount Arden. Unsere Reisenden hielten in Beelemah Gaip einen Rasttag, und | brachen am 19. August auf, um längs der Küste auf dem von Mr. Eyre eingeschlagenen Wege Gibson’s Ansiedelung zu erreichen, den ersten Punkt, wo sie Lebensmittel zu finden hoffen durften. In ange- strengten Tagemärschen — man legte in vier Tagen trotz des oft sehr beschwerlichen Weges’ 127 Miles zurück — durchflog man den trau- rigen Küstenstrich, auf welchem das dichte Mallee-Gestrüpp nur sel- ten durch kleine Grasebenen unterbrochen wird. Am 22. August Mor- gens schofs Stuart eine Krähe zum Frühstück, — „eine willkommene Speise, wenn man drei Tage Nichts gegessen hat“, und erreichte Abends Mr. Gibson’s Station, wo er auf das Herzlichste empfangen wurde. „Man kann sich denken“, setzt das Tagebuch vergnügt hinzu, „dafs wir dem trefflichen Abendessen tapfer zusprachen.*“ Aber unter dem 24. August — vom 23sten wird Nichts bemerkt — folgt die Lamen- tation: „Wir sind ganz niedergebrochen; der plötzliche Wechsel von einem Zustande, der von dem Verhungern nicht weit entfernt war, zu einem guten und reichlichen Leben war zu stark für unsere angegrif- fene Constitution; wir sind beide recht krank, besonders Forster.“ Erst am 1. September glaubten beide Reisende so weit zu Kräften gekommen zu sein, dafs sie sich auf die Weiterreise machen konn- ten. Sie begaben sich nach einem 25 Miles entfernten Vorwerk Mr. Sibson’s, fühlten sich hier aber wieder so unwohl, dafs sie noch einen sttag zu halten beschlossen. Die Weiterreise ging über Parla, südlich an Mount Sturt vorbei, ber den südlichen Theil der Freeling-Kette, in der Richtung auf Se- aration Camp, das man indefs verfehlte, dann ostsüdöstlich nach Co- Zeitschr. f. allg. Erdk. Neue Folge. Bd. VI. 5 Zr I u. | 66 John M’Douall Stuart’s Entdeckungsreise roona, von hier nach Mr. Thompson’s Station am Mount Arden, die man am 44. September erreichte. Die Reise führte vorwiegend durch armes Land, durch Mallee-Gestrüpp, das hin und wieder mit kleinen Grasebenen abwechselte; aber man fand ziemlich häufig Wasseransamm- lungen in den Senkungen des felsigen Bodens. Von dem Punkte ge- sehen, an dem man Freeling Range überschritt, lag Mount Sturt West zu Süd; westsüdwestlich von dieser Kette liegen Salzseen, die mit einer Salzkruste bedeckt waren. Wenn nun auch nach dieser Entdeckungsreise Süd- Australien sei- nen Platz unter den am allerkärglichsten ausgestatteten Theilen des Erdballs nicht verlieren wird, so hat sie doch wenigstens die zu neuen Hoffnungen ermuthigende Gewilsheit gebracht, dafs die im nordwest- lichen Theile des Colonialgebietes gelegenen Ländereien im Grofsen und Ganzen nicht den abschreckenden Charakter besitzen, der den Sandwüsten im Norden des Spencer-Golfs und den trostlosen Serub- Regionen der Küste eigen ist. Trotz des im Allgemeinen vorherr- schenden Mangels an permanenten Wasseradern hat man dort viel- mehr beträchtliche, allerdings oasenartig zerstreute Ländereien entdeckt, die, falls Brunnengrabungen von Erfolg begleitet sein sollten, für dau- ernde Viehzucht - Etablissements, sonst aber mindestens für gewisse Jahreszeiten als Viehweiden benutzt werden können. Folgenreicher als in dieser Beziehung wird Stuart’s Entdeckungsreise indels für die geo- graphische Erforschung des australischen Continents überhaupt werden: sie hat gezeigt, wie in diesem Erdtheil Entdeekungsreisen mit der meisten Aussicht auf Erfolg ausgeführt werden können, — und sie hat gleichzeitig eine Anzahl tief in das Innere vorgeschobener Wasser- stellen bekannt gemacht, die auf jetzt bekannten Wegen leichter und sicherer erreicht und fortan als Ausgangspunkte für neue Entdeckungs- reisen benutzt werden können. Dafs Stuart’s kühne Reise in der Colonie die lebhafteste Aner- kennung gefunden hat, versteht sich von selbst; dort wird jeder Zu- wachs an Weideländereien als die dankenswertheste Errungenschaft betrachtet. Das südaustralische Parlament hat den General-Gouver- neur ersucht, die „Waste Lands Regulations“ dergestalt abzuändern, um Mr. Stuart von den durch ihn entdeckten Gebieten ein Areal von 1500 engl. Quadratmeilen auf 14 Jahre zur Nutzniefsung, und zwar auf die ersten 7 Jahre abgabenfrei, überlassen zu können. Mr. Stuart soll — nach der Resolution des Hauses — bis zum 1. Januar 1859 auf seiner Karte die Distriete bezeichnen, die er sich unter jenen Be- dingungen reservirt zu sehen wünscht; sie sollen in Oblongen von nicht weniger als 200 Quadrat-Miles Flächeninhalt bestehen und mindestens ] | in das Innere Süd-Australiens, im Jahre 1858. 67 halb so breit wie lang sein. Dafs die gesetzgebende Versammlung sich _ veranlafst gefühlt hat, zu Gunsten Stuarts von den bestehenden Ge- setzen abzuweichen und ihm z. B. den abgabenfreien Besitz der ihm concedirten Ländereien auf sieben, statt auf vier Jahre zu bewilligen, ist der beste Beweis dafür, wie wichtig es der Colonie scheint, solche verdienstliche Unternehmungen durch alle Mittel zu ermuthigen. Miscellen. _ Die Untersuchungen der Holländer über die Temperatur der Meeresströmungen am Cap der Guten Hoffnung. (Hierzu eine Karte, Taf. I und II.) Während durch die amerikanische Küstenaufnahme unter der Leitung von Bache und durch die Arbeiten von Deville und Maury die Temperatur-Ver- hältnisse des Golfstroms im nordatlantischen Ocean genauer festgestellt worden sind, gründete sich die Kenntnifs der Meeresströmungen der südlichen Erdhälfte hauptsächlich auf die Beobachtungen der französischen Erdumseglungen und preus- sischen Seehandlungsschiffe. Die Kenntnifs dieser Strömungen ist aber deswegen besonders wichtig, weil die Vertheilung der Luftwärme über der südlichen Erd- hälfte vorzugsweise durch sie bedingt wird und dadurch die auffallende Thatsache ihre Erläuterung findet, dafs im Gegensatz zur nördlichen Erdhälfte hier die Iso- thermen mit Annäherung an die heilse Zone stärker gekrümmt sind als in höhe- ren Breiten, dafs ferner die Ostküsten Süd-Afrika’s und Süd-Amerika’s eine höhere Temperatur zeigen als die Westküsten dieser Continente. Obgleich schon lange bekannt war, dafs die Capströmung aus dem Zusammenflufs zweier Strö- mungen entsteht, von denen die eine zwischen Madagascar und der afrikanischen Küste herabkommt, die andere unmittelbar aus dem südindischen Ocean bei der Südspitze von Bourbon, Mauritius und Madagascar vorbei der Südostspitze Afvi- ka’s zuflielst, und auch das Umbiegen dieses warmen Stromes an der Nadelbank bereits früher ermittelt, so war doch der weitere Verlauf dieses in der mittleren Breite von 40 Grad nun von West nach Ost gerichteten Stromes nach Australien hin, sowie die Gabelung des östlichen Theiles des Zuflufsstromes aus dem süd- indischen Ocean nur wenig bekannt. Diese Lücke ist ergänzt worden durch eine - umfassende Arbeit des Lieut. Andrau in dem zweiten Theile der „Uitkomsten van Wetenschap en Ervaring aangaande Winden en Zeestroomingen in sommige Gedeelten van den Ocean, uitgegeven door het Kon. Nederl. Meteorol. Institut. Utrecht 1857“. Die numerischen Werthe der durch die Beobachtungen der nie- derländischen Schiffe gewonnenen Temperaturbestimmungen der Oberfläche des Meeres sind in einer Tafel mit doppeltem Eingang (nach der Länge und Breite) übersichtlich zusammengestellt und jede horizontale Columne in zwölf Abtheilun- ‚en getheilt für die einzelnen Monate. Diese Art der Darstellung erscheint uns 5* er 68 Miscellen: viel zwecekmäfsiger als die von Maury in seinem grofsen Atlas gewählte, in wel- chem die Zahlen nach vier Richtungen mit drei verschiedenen Farben unmittel- bar den Karten eingedruckt werden, wodurch ein solches Gewirre von Zahlen entsteht, dafs an manchen Stellen eine Uebersicht der Ergebnisse zu gewinnen vollkommen unmöglich wird. Auf eine Karte gehören nach unserer Ansicht nur mittlere numerische Werthe, nicht das unberechnete Beobachtungsdetail. Diese Ergebnisse hat Andrau in zwei Karten für die extremen Winter- und Sommer- Monate gegeben, die in der diesem Hefte beigegebenen Karte in eine vereinigt sind, auf welcher auch aus einer dritten Karte die Stellen verzeichnet wurden, an welchen die Schiffe Eisbergen begegnet sind, soweit bisher darüber Beobachtun- gen vorliegen. Für den nördlichen atlantischen Ocean besitzen wir eine ähnliche, ebenfalls diesem Hefte beigegebene Karte von Redfield in der bereits im J. 1845 in New-Haven erschienenen Abhandlung: „On the Drift Ice and Currents of the North Atlantic with a Chart showing the observed Positions of the Ice at various times“. Bei dieser Gelegenheit mag bemerkt werden, dafs die eben erschienene achte Auflage von Maury’s Sailing Directions auf Tafel 13 eine Karte des grofsen Aequatorialstromes des nordatlantischen Oceans, des Golfstromes und des Sar- gasso-Meeres enthält, Tafel 14 eine allgemeine Karte der Meeresströmungen, der dritte Theil der Uitkomsten hingegen die Windverhältnisse und Seerouten bei der Fahrt nach dem niederländischen Indien. Dove. Lokao, ein grüner Färbestoff. Im Herbst 1851 wurde dem Chemiker Herrn J. Persoz in Paris ein grün gefärbtes Stück Zeug aus China übersandt, mit der Bitte, den Stoff, womit es gefärbt worden, chemisch zu untersuchen. Es stellte sich heraus, dafs die grüne Farbe nicht eine Composition von Blau und Gelb sei, sondern ein einfaches ur- sprüngliches Grün. Dies erregte grofse Aufmerksamkeit. Herr Persoz erstattete über die von ihm angestellte Untersuchung in der Sitzung der Academie der Wissenschaften zu Paris am 18. October 1852 Bericht, ohne doch Genaueres über den nur noch wenig bekannten Färbestoff angeben zu können, von welchem im November 1851 der amerikanische Consul in Canton, Herr Forbes, einige Gran Herrn Persoz übersandt hatte. Erst dem französischen Consul, Herm Mon- tigny in Shanghai, gelang es, nachdem er sich einige .Unzen dieser Farbe ver- schafft hatte, im Jahre 1854 Samen von dem Strauche, welcher diese bei den Chinesen Lo-kao genannte Farbe liefert, nebst zwei- bis dreihundert kleinen Bäumen zu erhalten. Der Präsident der Handelskammer zu Lyon, wo diese An- gelegenheit unter den Färbereibesitzern grofses Aufsehen erregte, nahm die Ver- mittelung des Centralraths daselbst in Anspruch, um durch die französischen Missionare Näheres über diesen Gegenstand zu erfahren. Der Pater Helot in Shanghai erhielt den Auftrag, weitere Erkundigungen einzuziehen und derselbe erstattete 1856 einen ausführlichen Bericht über die Farbe Lokao, welcher in den „Jahrbüchern der Verbreitung des Glaubens“ Köln 1857, Heft I, S. 51—57 abgedruckt ist. Seitdem hat auch der bekannte Reisende Robert Fortune, dem des Pater Helot’s Bericht unbekannt geblieben zu sein scheint, diesem Gegen- Ze Lokao, ein grüner Fürbestoff. 69 stande weiter nachgeforscht und durch Vermittelung von Dr. Lockhardt von dem protestantischen Missionar Rev. Edkins in Shanghai nähere Aufschlüsse erhalten, welche er in seinem neuesten Werke: A Residence among the Chinese. London 1857, p. 160 und 161 veröffentlicht. Auf Grund dieser beiden Berichte sind wir jetzt im Stande, folgendes Genauere über diesen Färbestoff, seine Gewinnung und Verwendung mitzutheilen. Der Stoff ist vegetabilischer Natur und wird aus der Rinde einer Rhamnus-Art, Soloh oder Lohzah genannt, gewonnen. Man kennt zwei Arten dieses Strauches, dessen Zweige zur Zeit des Abfallens der Blätter in Bündeln gesammelt werden; die eine, wild wachsend in den Gebirgen im Süden der Provinzen Tschekiang und Shantung, hat eine weilse Rinde, die andere, wel- che in der erstgenannten Provinz angebaut wird, hat nach Edkins eine gelbe, nach Helot eine rothe Rinde. Der Erstere nennt Tsahkoupang, einen südlich von Kiahing und 2 oder 3 engl. Meilen westlich von Wangtsin gelegenen Marktflecken als den Fabrikort dieser Farbe; Pater Helot dagegen den Flecken Aze, 6 bis 8 Stunden südlich von Kiahing. Ersterer berichtet auch, dafs der Lukchae, d.h. grüne Strauch, mit weilser Rinde in der Umgegend von Kiahing und Ningpo in grofser Menge wild wachse. Letzterer giebt über die Benennung des Strauches noch folgende nähere Auskunft. In Shangtung nennt man ihn Lien loschu, d.h. _ Art grüner Baum. Lohzah heifst grünes Reisig oder grünes Kleinholzbündel. | Das Holz mit weifser Rinde heifst Pabi Lohzah, das mit röthlicher Hombi Loh- zah. Unter der Benennung Lienlotsche wird der Strauch zu Anfang des Winters in kleinen Reisigbündeln (Tsche = Kleinholz, Zweig) in Shantung zum Verkauf gebracht. Beide Arten werden auf gleiche Weise bearbeitet und beim Färben zusammen benutzt. Die Reisigbündel werden, wie Pater Helot berichtet, an die Fabriken abgeliefert. Hier wird, so lange das Holz noch frisch ist, die Rinde - mit einem Messer abgeschält, die kleinsten Zweige mit einem Hammer zerquetscht. _ Hundert Pfund Bündel liefern fünfzig Pfund Rinde, eingerechnet die Holztheile, ‘ die an der Rinde sitzen bleiben. Zwölf Pfund Rinde werden dann in einem mit 150 Pfund Wasser angefüllten Kessel gesiedet. Anfänglich bildet sich auf der Oberfläche, bei der Bereitung des Hombi Lohzah, ein weifser Schaum, der all- mählich in’s Rosenfarbene übergeht. Ist dies geschehen, so nimmt man den Kessel vom Feuer und schüttet seinen Inhalt in ein grofses Gefäls. Nach Ver- lauf von zwei Tagen und zwei Nächten ist die Farbe fertig. Bei der Rinde des Pabi Lohzah, welche ebenso behandelt wird, bleibt der Schaum weils und die Auflösung mufs 10 Tage stehen, ehe sie gebraucht werden kann. Beide Auf- lösungen erhalten einen Zusatz von Kalkwasser, 30 Unzen Kalk auf 600 Pfund Wasser. Das Färben kann nur bei heiterem Wetter vorgenommen werden, denn die Mitwirkung der Sonne ist dazu durchaus nothwendig. Man nimmt nämlich die Rinde aus dem Gefäfs heraus, schüttet drei bis vier Trinkgläser Kalkwasser in die Auflösung und taucht den zu färbenden Stoff (Baumwolle oder Grastuch (nach Edkins), welche eine rauhe Oberfläche haben) kalt in dieselbe ein. Dann wird der Stoff ausgerungen und ohne weiteres Spülen im Wasser zum Trocknen auf den Boden ausgebreitet. Da das Trocknen nicht zu rasch geschehen darf, beginnt man das Färben erst gegen Abend. Mit Anbruch der Nacht werden die Stoffe zum Trocknen hingelegt und erst am folgenden Morgen, nachdem sie eine Zeit lang von der Sonne beschienen sind, wieder aufgenommen. Ist dies Ver- | | h | | | | To Miscellen: fahren mit beiden Auflösungen neun oder zehn Mal mit der Hombi-Farbe und drei Mal mit der Pabi-Farbe wiederholt worden, so hat der Stoff auf der den Sonnenstrahlen ausgesetzt gewesenen Seite eine grüne Farbe angenommen. Die Stoffe, welche so in den Handel kommen, heifsen Selopu d.h. gefärbtes grünes Zeug. Die Auflösung des Hombi Lohzah giebt eine stärkere, aber glanzlose, die des Pabi Lohzah eine schwächere, aber herrlich glänzende grüne Farbe. Man grundirt daher die Zeuge mit ersterer und vervollständigt die Färbung mit der letzteren. Die so gefärbten Zeuge werden von den Chinesen am meisten ge- schätzt. Nach Edkins wird auch in der Provinz Hunan und in Ningpo auf diese Weise gefärbt, aber die Farbe soll hier weniger gut sein. Derselbe beschreibt das Verfahren des Färbens selbst ein wenig anders, in der Hauptsache jedoch übereinstimmend mit Pater Helot. Er sagt: „Beide Arten (der Rinde) werden zusammen in eiserne Gefälse gelegt und völlig durchgekocht. Den Bodensatz läfst man drei Tage lang unberührt stehen, darnach wird er in grofse irdene Ge- fälse gethan und mit Kalk zubereitetes Baumwollenzeug wird mehrere Male da- mit gefärbt. Nachdem man das Zeug fünf oder sechs Male eingetaucht hat, wird die Farbe mit Wasser von dem Zeug abgewaschen und dann abermals dasselbe in eiserne Gefälse gelegt, um noch einmal gekocht zu werden. Darnach wird es mehrere Male nach einander auf Baumwollengarn aufgehängt und nachdem so die Farbe eingezogen, wieder gewaschen und auf dünnes Papier ausgebreitet. Nachdem es zur Hälfte getrocknet, wird das Papier auf leichte Gestelle befestigt und den Sonnenstrahlen ausgesetzt. Der Färbestoff heifst Lukkaou. Wird Baum- wollenzeug damit gefärbt, so werden zehn Theile mit drei Theilen Pottasche in kochendem Wasser vermischt. Die gefärbten Zeuge verbleichen nicht durch öfte- res Waschen, weshalb sie anderen grünen Zeugen vorzuziehen sind. Maler haben sich dieses Färbestoffes bei Wasserfarben schon lange bedient, Zeug ist dagegen erst seit 20 Jahren damit gefärbt worden. Zum Färben von Seidenzeugen, wel- che zu glatt sind, wird der Stoff nicht gebraucht.“ Weil, diesem Bericht zufolge, die Erfindung bei den Chinesen selbst noch neu ist, so möchten wir es für wahr- scheinlich halten, dafs in den Fabriken von Aze und Tsahkoupang ein verschie- denes Verfahren zur Anwendung kommt und daraus die Abweichungen in den beiden vorstehenden Berichten zu erklären sind. B. Die Chinesen in den niederländisch-ostindischen Besitzungen. J. B. J. van Doren giebt in seinen „Zerinneringen en schetsen van Neder- lands Oost-Indie. Deel I. Amsterdam 1857°* die Zahl der im Jahre 1854 in den niederländisch- ostindischen Besitzungen lebenden Chinesen nach officiellen Quellen auf 197,605 an. Unter diesen kamen auf Java und Madura 129,262, von denen mehr als 31,000 sich allein in der Residentie von Batavia niedergelassen hatten; auf die holländische Westküste von Sumatra 2426; auf Lampongs 51; auf Pa- lembang 2504; auf Banka 14,434; auf Biliton 725; auf Riouw 16,034; auf die westlichen Besitzungen in Borneo 26,702; auf die südlichen und östlichen Be- sitzungen in Borneo 1502; auf Celebes und die dazu gehörigen Inseln 1899; Die Sangirschen Inseln und ihre Vulkane. 71 auf Amboina 233; auf Banda 145; auf Ternate 386; auf Minahassa 669; auf Timor 633. Das schöne und fruchtbare Java lockte besonders in neuerer Zeit eine ungemein grofse Zahl von Chinesen an, so dafs das Gouvernement sich zu strengen Mafsregeln gegen die fernere Einwanderung veranlafst sah. Van Doren läfst ihrer Thätigkeit ein gerechtes Lob wiederfahren, denn an allen Orten, wo sich Chinesen unter die Bevölkerung gemischt haben, herrscht, mag ihre Zahl auch noch so gering sein, ein betriebsames, werkthätiges Leben, und selbst der reichste Chinese verabscheut die Unthätigkeit. Auf Java namentlich haben viele der eingewanderten Chinesen, welche als arme Arbeiter dorthin kamen, durch ihre ungemeine Betriebsamkeit grofse Reichthümer gesammelt. So hinterliefsen Lim-Goanek und Oei-Fahilo, zwei Chinesen, welche in tiefster Armuth von China nach Java eingewandert waren, der eine 8, der andere 10 Tonnen Goldes (8 und 10 Millionen Thaler). In den holländischen Besitzungen leben die Chinesen als | freie Männer. Auf Banka und der Halbinsel Malakka betreiben sie ausschliefs- lich die Gewinnung des Zinn’s in den Zinnminen, auf der Südwestküste von Borneo | die des Goldes in den Goldminen, während die Chinesen, welche in den engli- schen Zinngruben auf Malakka beschäftigt sind, von den Engländern als Sclaven gehalten werden. —ı. Die Sangirschen Inseln und ihre Vulkane. Zu den weniger bekannten Inseln des indischen Archipelagus, welche unter niederländischer Oberhoheit stehen, gehört die in der See von Celebes gelegene Sangirsche Inselgruppe. Ueber sie liefert van Doren in dem ersten Theile sei- ner „Herinneringen en Schetsen van Nederlands Oostindie“ eine sehr ausführliche Beschreibung auf 72 Seiten, der wir hier einige interessante Punkte entlehnen. — Die Sangirsche Inselgruppe, welche sich von der Nordküste von Celebes aus nord- wärts erstreckt, besteht aus einer Anzahl kleinerer und drei grölseren Inseln, deren südlichste und Manado am nächsten gelegene Tagoelanda oder Pangasare, die darauf folgende Siäoe oder Siäuw und die nördlichste Grols-Sangir heifst. Die kleineren Inseln führen die Namen Roang oder Doewang, ein aus dem Meere aufsteigender Vulkan, Makelehe, wahrscheinlich der Rand eines Kraters, welcher gegenwärtig von einem sülses Wasser enthaltenden See angefüllt und rings von Waldungen von Cocospalmen und anderen Fruchtbäumen umgeben ist, ferner Ba- bondeke mit einer gegen Osten hoch emporragenden Felsenkuppe, Mamalokko genannt, Sangaloeang, Nitoe, Parra, Sarankere, Siha, Mahangekang oder Massape, Karakitang, Kalama, Boegiassoe, Pondang, Mohono, Laweang und Massare. Alle Inseln mit Ausnahme von Babondeke, Sangaloeang, Mohono, Mahangekang und Massare sind stark bevölkert und tragen herrliche Waldungen von Cocospalmen, welche gerade auf dem vulkanischen Boden gut gedeihen. Die Inseln Karakitang, Kalama und Mohono aber sind besonders reich an Vogelnesterklippen, welche den Radja’s von Siäoe als erbliches Eigenthum gehören. Die Inseln sind im Allge- meinen bergigt. Der Boden von Tagoelanda und Siäoe besteht aus schwarzer, mit Steinen und vulkanischem Sande vermischter Erde, und nur Grofs-Sangir hat ein fettes fruchtbares Erdreich. Die Abhänge der Berge sind vorzugsweise mit 72 Miscellen: Cocospalmen besetzt, während jede baumlose Fläche von den Eingeborenen mit einer bewundernswerthen Sorgfalt mit Pisang, Pädie und anderen Nutzpflanzen bestellt wird. Der bedeutendste Berg der ganzen Inselgruppe ist der Doewang, auf der Insel gleichen Namens gelegen. So viel bekannt ist, fand der letzte Aus- bruch dieses Kraters im Jahre 1808 statt, durch welchen alle Gebäude und An- pfanzungen in weitem Umkreise zerstört wurden. Seit dieser Zeit scheint der Vulkan zu ruhen und nur die aus seinem kahlen und schroffen Kegel dann und wann emporsteigenden Rauchwolken erinnern an seine noch fortdauernde Thätig- keit im Innern. Seit dem letzten Ausbruche haben sich die Bergabhänge mit einer neuen Vegetation bedeckt und neue Anpflanzungen und Ansiedelungen der Eingeborenen sind daselbst entstanden. Der zweite Vulkan dieser Inselgruppe ist der Api, der brennende Berg, auf der Nordseite der Insel Siäoe gelegen und zu- gleich der höchste von ihren Bergen. Ein Ausbruch ist seit Menschengedenken bei ihm nicht erfolgt, obgleich aus seinem spitzen, gleichförmig auslaufenden Ke- gel dann und wann dicke Rauch- und Aschenwolken emporsteigen, welche beim Nordwinde sich als Aschenregen auf die Factoreien von Oending und Oelo her- absenken und die Luft mit ihrem Schwefelgeruch verpesten. Vier andere Berge, welche von diesem Vulkan aus nach dem Südende der Insel zu sich erheben, nämlich der Tamanta, Begang-Baro, Totonboero und Lahaniman, sind stark be- waldet, scheinen jedoch nicht vulkanischen Ursprungs zu sein. Ein dritter Vul- kan, der Aboe, der Aschberg, in der Sangirschen Sprache Baloedoe- Awoe ge- nannt, liegt auf der Nordseite von Grofs-Sangir und nimmt mit seinen Abhängen den ganzen nördlichen Theil der Insel ein. Der Berg hat mehrere Gipfel, deren höchster etwa 4000 Fufs hoch ist. Seit dem furchtbaren Ausbruch von 1812, bei welchem sich Lavaströme nach allen Seiten hin ergossen und hunderte von Bewohnern, sowie die herrlichsten Cocoswaldungen und Anpflanzungen, welche den ganzen Norden der Insel bedeckten, untergingen, hatte dieser Berg bis auf die neuere Zeit kein Zeichen vulkanischer Thätigkeit von sich gegeben. Erst im Jahre 1856 am 2. März fand wiederum eine Eruption statt. Der Bericht über dieselbe stammt aus der Feder des Residenten von Manado. Der Ausbruch er- folgte plötzlich, ohne dafs besondere Erscheinungen vorher auf denselben hinge- deutet hätten. Nur ein furchtbarer Donnerschlag kündete den Ausbruch an und gleichzeitig ergossen sich Lavaströme über die auf der einen Seite steil zur See herabfallenden Bergwände in das Meer, welches mit seinen hoch aufkochenden Wogen in das Land hineinfluthete, während andere Lavaströme auf den anderen Seiten des Berges über die bevölkerten und fruchtbaren Bergabhänge nach dem Innern der Insel flossen. Der Ausbruch, welcher am Abend zwischen 7 und 8 Uhr erfolgte, hörte zwar gegen Mitternacht auf, doch am anderen Tage erneuerte sich in der Mittagszeit das furchtbare Schauspiel mit vermehrter Kraft. Der Aschen- regen, welcher während der ganzen Zeit herabfiel, war von solcher Dichtigkeit, dafs die Sonnenstrahlen dieselbe nicht zu durchdringen vermochten und eine voll- kommene Finsternifs herrschte. Der Wind, welcher beim Beginn des Ausbruches aus Südosten kam, trug Asche und selbst Steine bis auf die Insel Magindano. Ein erneuter Ausbruch fand fünfzehn Tage später, am 17. März, statt. Sieben breite Lavaströme hatten sich allein nach der Landseite hin über die Abhänge des Berges zwischen Taroena und Kandhar ergossen und das ganze Erdreich mit Die Sangirschen Inseln und ihre Vulkane, 73 Lava, Asche und Steinen bedeckt. Ein gleiches Schicksal traf die Faktorei Ko- langan. Zwischen Kolangan und Kandhar, wo früher der Berg sanft sich zur See herabsenkte, war ein grolser Theil der Küste in das Meer gestürzt und eine meh- rere hundert Fu/s hohe Felswand war an deren Stelle getreten. 2806 Menschen kamen durch diesen Ausbruch des Aboe um’s Leben. Der gröfseste Theil der Einwohner befand sich zur Zeit des Ausbruches in den Anpflanzungen, wurde aber auf der Flucht von den Lavaströmen ereilt. Andere versuchten sich in die Gipfel der Bäume zu retten, doch auch dort erreichte sie das Verderben, indem sie entweder mit den entwurzelten Bäumen fortgerissen oder mit den Bäumen zugleich durch die ‚Hitze versengt wurden. Auch das Meer verschlang viele der Unglücklichen, da diejenigen, welche sich an die Küste zu retten versuchten, von den kochenden Wellen hinweggespült wurden. Nächst dem Verlust an Menschen- leben war aber am meisten die Zerstörung an Eigenthum zu beklagen, indem fast der ganze nördliche Theil der Insel, vielleicht für immer, verwüstet wurde, Eine genauere Kunde über die anderen Berge der Sangirschen Inseln war van | Doren nicht im Stande einzuziehen, da die Bewohner der einen Seite einer Insel nicht selten gänzlich unbekannt sind mit den Bergen, welche auf einer anderen | Seite derselben Insel liegen. Dazu kommt, dafs sie die Berge nur da und so weit ersteigen, als ihre Anpflanzungen reichen. Abergläubisch, wie sie sind, hal- ten sie denjenigen, welcher es wagt, seine Neugierde bis auf die Untersuchung der Feuerberge auszudehnen, als dem Tode verfallen. Nur ein Geschlecht unter ihnen steht in dem Rufe, ungefährdet sich diesem Wagnisse unterziehen zu dür- fen. Die Mitglieder dieses Geschlechts unternehmen alle drei oder vier Monate eine Reise auf den Berg Aboe, lassen sich dort in den Krater hinab und stecken in den Rand des denselben ausfüllenden Wasserspiegels ein Stöckchen, um zu sehen, ob derselbe steigt oder fällt, welche letztere Erscheinung sie als ein Merk- mal eines baldigen Ausbruchs des Kraters betrachten. — Aufser den mit Nutz- pflanzen bepflanzten Bergabhängen und Hügeln gleichen die übrigen Theile einer vollkommenen dichten Wildnifs, welche jedoch eine nicht unbeträchtliche Menge nutzbarer Hölzer hervorbringt. Van Doren giebt ein kleines Verzeichnils einer Anzahl von hier wildwachsenden Holzarten, mit Hinzufügung der einheimischen Benennungen. So z. B. werden die Stämme, welche Apie-Apie, Bonaro, Betahe- Miton, Denkalen, Kamaloeang etc. heiflsen, zu Balken, Planken, Ankern und Masten theils für gröfsere Fahrzeuge, theils für die von den Eingeborenen be- nutzten Prauwen verwendet. Dort kommt auch der Batoerini vor, eine Art Eben- holz mit dunkelrothen und grünen Streifen, welches sowie das Holz des Tetelo, einer sehr feinfaserigen, dem Ebenholz ähnlichen Holzart, hauptsächlich zu Mö- beln verwendet wird. So besafs der frühere Resident von Manado, Herr v. Wenzel, ein vollständiges Meublement aus dieser letzteren Holzart, unter welchem beson- ders eine sechs Fu[s im Durchmesser grofse Tischplatte die Aufmerksamkeit er- regte. — Die Gesammtbevölkerung betrug nach einer freilich etwas veralteten Zählung vom Jahre 1836 21,995 Seelen, mit Ausnahme jedoch der sehr zahl- reichen Sklaven; darunter befanden sich 5515 wehrbare Männer und 16,480 Frauen und Kinder. Als Hauptursachen, dafs die Bevölkerung der Inseln, statt sich zu vermehren, zurückgeschritten ist, sind zuerst die Pocken-Epidemien an- zusehen, welche daselbst in den Jahren 1792 und 1823 wütheten, ferner die ) ) 7A Miscellen: beiden Ausbrüche des Vulkans Aboe in den Jahren 1812 und 1856, endlich das kalte Fieber, welches besonders auf der Insel Sangir im Jahre 1817 eine grofse Menge Menschen dahinrafite. Was die Pocken betrifft, welchen in den gedachten Jahren eine grofse Anzahl der Einwohner unterlagen, so hat die holländische Regierung wie in den übrigen Colonien auch hier die Impfung eingeführt und seitdem scheint die Sterblichkeit im Abnehmen begriffen zu sein. — Für den häuslichen Gebrauch sowie für den Handel werden Pädie, Pisangbäume, Sago- bäume, letztere besonders auf Grofs-Sangir, wo der Sago das Hauptnahrungs- mittel für die Einwohner bildet, und vor allem Cocosbäume gezogen, deren Oel einen Haupthandelsartikel bildet und hauptsächlich auf den Markt von Ternate und Manado gebracht wird. Hier werden die Producte der Sangirschen Inseln gegen Eisen und Leinwand umgetauscht. Zehn Koela’s oder dreifsig Flaschen Cocosnuls-Oel gelten so viel als eine Spanne Stabeisen oder ein Kopftuch von blauer Leinwand, fünfzig Koela’s so viel als eine Klafter schwarzer oder weilser Leinwand. Auch die Vogelnester (Zirundo esculenta), welche hauptsächlich an den Klippen der Inseln Karakitang und Kalama einen jährlichen Ertrag von 622 alten Amsterdamer Pfunden liefern, während die Insel Mahona fast eben so er- giebig ist, wie jene beiden Inseln zusammengenommen, bilden einen nicht unbe- deutenden und einträglichen Handelsartikel. —r. Notizen über Sonora. Wäre das Project der Mormonen, nach Sonora überzusiedeln, zur Ausfüh- rung gekommen, so würden die politischen Zustände Mexico’s aller Wahrschein- lichkeit nach einer solchen Entwickelung ihres Wohlstandes, wie sie im Utah- Territorium stattgefunden hat, ein unübersteigliches Hindernifs in den Weg gelegt haben. Sonora gehört zu denjenigen mexicanischen Provinzen, welche durch un- aufhörliche Bürgerkriege am allermeisten gelitten haben, und die Verwüstungen im Gefolge derselben waren um so furchtbarer, da die sich bekämpfenden Par- teien nie Anstand genommen haben, wilde und ungebändigte Indianerstämme zu Hilfe zu rufen. Auch neuerdings, und noch vor dem Sturze Commonfort’s, ist hier wieder der Bürgerkrieg mit allen seinen Greueln ausgebrochen, da Gandara, ein Anhänger Commonfort’s, und Pesqueira sich die Gouverneur-Stelle streitig machten; und die bald darauf in Bezug auf die Central- Regierung eingetretenen Umwälzungen werden ohne Frage auch in Sonora der Kriegsflamme neue Nah- rung zugeführt haben. Hier sich aufserhalb des Streites der Parteien zu stellen, scheint unmöglich; den Unbetheiligten trifft die Raublust undiseiplinirter Banden nicht minder schwer, wie den offenen Gegner; von einer allmählichen Entwicke- lung, von einem Gedeihen des Wohlstandes ist hier keine Rede. Schon seit De- cennien liegen die einst ergiebigen Silberminen unbenutzt: die Gruben sind ein- gestürzt, nachdem Habgier die stützenden Erzpfeiler entfernt hat, oder sie sind voll von unterirdischen Wassern; zur Reinigung einer einzigen würden Capitalien von 20 bis 30,000 Thalern* erforderlich sein, und kein Fremder — im Lande selbst würde man sich vergeblich nach solehen Summen umsehen — kann es wagen, ein so beträchtliches Capital auf ein Unternehmen zu verwenden, welches nur unter vollkommen gesicherten und dauerhaften Verhältnissen auf Gedeihen u a ee ee ui Me Me ur | ic Notizen über Sonora. 75 hoffen darf. Noch mehr zu beklagen ist es, dafs auch die Viehzucht — der ein- zige Betriebszweig, für den die bei Weitem gröfsere Hälfte des Areals benutzt werden kann, — theils durch die Bürgerkriege, theils durch die Raubzüge wilder Indianerhorden vollkommen zu Grunde gerichtet ist. Die Bevölkerung spanischen Blutes nährt sich vom Ackerbau, der nur auf einem verhältnifsmäfsig sehr ge- ringen Theile des Terrains möglich ist. Die Mormonen hätten hier ihre in Utah mit grolsem Erfolge erprobte Cultur-Methode in Anwendung bringen können, denn auch in Sonora hängt der Ackerbau ausschliefslich von der Möglichkeit künstlicher Bewässerung ab. Zwischen dürren Steppen, auf welchen nur Alo&’s und stachelige Mesquite-Bäume gedeihen, die ein dem gummi arabicum sehr ähn- liches Harz ausschwitzen und nahrhafte, von den Indianern gern gegessene Schoten tragen, dehnen sich hier längs der Flüsse Mayo, Yaqui, Sonora und des S. Ig- nacio, der sich in den Rio Sonora ergiefst, verhältnifsmäfsig schmale Streifen eines anbaufähigen und allerdings überaus fruchtbaren Landes aus; aber von die- sen Flufsthälern ist eigentlich nur das des Sonora im Besitze der Weilsen; das viel reichere Gebiet des Yaqui und Mayo ist ein bis jetzt unangefochtenes Eigen- thum der nach diesen Flüssen benannten Indianerstämme, Das Areal von Sonora beträgt nach Don Lucas Alaman 16,427 Quadrat- Leguas (Wappäus, Handbuch der Geographie, Bd. I, Abth. 3, 8. 5); 1849 zählte man nur 139,374 Einwohner, und die Correspondenten der californischen Blätter, denen wir die folgenden Nachrichten entlehnen, versichern, dafs sich diese dünne Bevölkerung seit jener Zeit eher vermindert als vermehrt hat. Davon kommen etwa vier Fünftheile auf Weiber, Kinder und Indianer. Der für den auswärtigen Handel wichtigste Platz ist Guaymas. Sein Ha- fen ist geräumig, ohne Strömungen, und gegen alle Winde geschützt; Ebbe und Fluth sind unbedeutend, die letztere steigt höchstens 3 Fuls; im Golf von Cali- fornien findet man übrigens überall guten Ankergrund. Die Stadt liegt in einem kahlen, von nackten Bergen eingeschlossenen Felsenkessel, in welchem sich eine für nordische Naturen unerträgliche Hitze entwickelt, die nur Nachmittags durch eine leichte Seebrise etwas gemildert wird. Das erste Gebäude, welches sich vom Hafen aus präsentirt, ist das Zollhaus, ein niedriges, einstückiges Haus, das regelmäfsig von einem Schwarm von Müssiggängern umlagert ist. Von hier aus erstreckt sich die Hauptstrafse in gerader Richtung nach dem Innern; die Neben- stralsen sind nur unbedeutend, doch befinden sich die meisten Läden und in Folge dessen der regste Verkehr an einer kleinen, rechts von der Hauptstralse gelege- nen Plaza. Die Häuser sind meistens aus Luftziegeln erbaut, so dafs sie bei einem starken Regengu/s zuweilen buchstäblich zusammengeregnet werden, und ohne Fenster; das Licht strömt nur durch die Thüren hinein. Es giebt in der Stadt nur ein paar aus Backsteinen errichtete Gebäude, deren Fenster statt der Scheiben durch Eisengitter geschlossen sind; das ansehnlichste ist die sociedad (das Wirthshaus) mit zwei Billards. Die Umgegend ist auf mehrere Leguas weit ein kahler Felsboden, auf dem jeder Anbau unmöglich und Wasser überaus sel- ten ist; die Bewohner erhalten ihr Trinkwasser, das übrigens auch nicht frei von einem salzigen Beigeschmack ist, aus einem 50 Fufs tiefen Brunnen. Mit grolsen Kosten hat ein reicher Einwohner im Jahre 1854 bei der Stadt einen Garten an- gelegt, indem er die Erde 3 Fuls hoch mühsam zusammentragen lie[s; zur Be- 76 Miscellen: wässerung desselben wird aus einem Brunnen das Wasser durch Maulthiere empor- gewunden; Orangen, Feigen, Wein, ja selbst Kaffee-, Zimmet- und Pfefferbäume sollen hier vortrefflich gedeihen. Erst 6 Miles von der Stadt trifft man ein Thal mit natürlichen Gärten, da man in ihm überall in einer Tiefe von 6 Fufs auf Wasser stölst; es führt den Namen Bacochiwampa, welches indianische Wort so viel bedeuten soll als „Wasser, wo die Schlange schläft“. In Folge dieser trau- rigen Bodenbeschaffenheit der nächsten Umgebung sehen sich die Bewohner von Guaymas, deren Zahl sich auf 2500 beläuft, ausschlie(slich auf den Handel ver- wiesen; die meisten besitzen eine tienda, deren ganzer Vorrath freilich zuweilen nicht mehr als ein paar Dollars werth ist. Den Import haben wenige Häuser in Händen; sein Werth beläuft sich jährlich im Durchschnitt auf 13 Mill. Dollars, da nicht nur ganz Sonora, sondern auch das Arizona-Gebiet seinen Bedarf an auswärtigen Waaren über Guaymas bezieht. Der Export ist unbedeutend; er be- steht hauptsächlich aus Mehl, welches aus dem fruchtbaren Thale von Hermosillo hierherkommt und von dem im Durchschnitt jährlich 20,000 Carga’s (a 300 Pfd.) nach anderen mexicanischen Häfen verführt werden; Weizen geht auch nach Ca- lifornien, da der Hermosillo-Weizen schwerer und besser als der californische ist. Aufserdem laden die fremden Schiffe auf einigen Inseln des californischen Golfs Guano, namentlich auf Patos (Duck Island). Der Handel mit Häuten ist sehr unbedeutend geworden, da die Viehzucht im ganzen Lande durch die Raub- züge der Indianer fast zu Grunde gerichtet ist. Zum Lebensunterhalt dient vor- nehmlich die Fischerei, die fast ausschliefslich von Indianern betrieben wird; der Golf ist reich an schmackhaften Fischen und ganz vorzüglichen Austern, die namentlich von der Mündung des Yaqui-Flusses herkommen. Von Guaymas führt der Weg nach dem etwa 100 Miles entfernten Hermo- sillo über eine trockene, nur zu Weideländereien geeignete Ebene, die auf beiden Seiten von niedrigen, mit Mesquite-Bäumen und Cactus bestandenen Bergzügen eingeschlossen ist. Die Verbindung zwischen beiden Orten wird zwei oder drei Mal wöchentlich durch Postwagen vermittelt, die, mit acht Maulthieren bespannt, bald nach Mitternacht von Guaymas abgehen, unterwegs drei oder vier Mal um- spannen, und, wenn die Reise ganz glücklich von Statten geht, am folgenden Tage zwischen 5 und 6 Uhr in Hermosillo eintreffen. Längs der Strafse liegen fünf oder sechs gröfsere und mehrere kleinere Rancho’s, 40 Miles vor Hermo- sillo das Silberbergwerk Santakita. Wasserplätze sind sehr selten; das erste fliefsende Wasser trifft man 56 Miles hinter Guaymas; eine reiche Vegetation darf man in Folge dessen nur zur Regenzeit erwarten. Hermosillo liegt am Flusse Sonora, nicht wei von der Stelle, wo er im Sande versiegt. Der Ort war im vorigen Jahrhundert nur ein einfacher Militär- posten, fing aber mit dem Jahre 1800 an sich zu heben, besonders als 1807 auf dem Wege zwischen Hermosillo und dem im Norden gelegenen Altar reiche Gold- minen entdeckt wurden und zahlreiche Grubenarbeiter herbeiströmten, die ihre Bedürfnisse aus Hermosillo bezogen. Ihre höchste Blüthe erreichte die Stadt in der Zeit unmittelbar vor Abschüttelung der spanischen Herrschaft; seitdem ist sie fast ununterbrochen gesunken, obgleich sie noch immer die bedeutendste Stadt Sonora’s ist und an 14,000 Einwohner zählt. Von öffentlichen Gebäuden sind nur zwei Kirchen, das assay-office und die Münze zu erwähnen, welche letztere Notizen über Sonora. 77 1834 eingerichtet, inzwischen aber, da es hier Nichts mehr zu prägen giebt, in eine Kaserne verwandelt ist. Oestlich von der Plaza liegt ein von einer Mauer aus Luftziegeln eingefafster schöner Park, in dem sich die elegante Welt des Morgens zu versammeln pflegt. Ueberhaupt ist die Stadt an Gärten reich, die von dem Flusse aus durch Canäle bewässert werden. Was der Stadt ihre Be- deutung verleiht, ist der Umstand, dafs sie an dem Anfange eines überaus frucht- baren Thales liegt, welches sich längs des Sonora-Flusses 5 bis 6 Leguas weit nach Osten erstreckt und aus einer ununterbrochenen Reihe von Hainen, Gärten, Ackerfeldern, Rancho’s und Dörfern besteht. Dieses ist der Hauptackerbaubezirk, der jährlich im Durchschnitt 40,000 Fanega’s Weizen produeirt. Diejenigen Fel- der, welche nicht bewässert werden können, sind nur von geringer Ausdehnung und liefern auch nur einen unsichern Ertrag; man baut auf ihnen nur Mais, Bohnen u. s. w. Zur Bestellung mit Weizen wählt man ausschliefslich solche Felder, welche bewässert werden können, und der Ertrag ist so aufserordentlich, dafs man gewöhnlich das 100ste Korn erndtet; ja es wird sogar ein Fall er- wähnt, wo man von 50 Scheffel Aussaat 7000 Scheffel gewonnen hat. Es exi- stiren in Hermosillo fünf oder sechs Mahlmühlen, von denen eine auch mit Walz- werken zum Zerquetschen des Zuckerrohrs versehen ist. Der Weg von Hermosillo nach dem 18 Leguas entfernten Ures, der Haupt- stadt von Sonora, führt zunächst durch das erwähnte Thal, das sich bei dem Rancho Toyaqui zu verengern anfängt. Hier wird der Weg schlecht, die Post muls mehrmals durch den Flufs fahren, was bei Hochwasser nicht inımer mög- lich ist, Nachdem man die Sierren, welche das Flufsthal hier verengern, hinter sich gelassen hat, befindet man sich in dem schönen Thal von Ures, das zwar kleiner als das von Hermosillo, aber ungleich romantischer ist, da es von hohen Gebirgsketten eingeschlossen wird. Längs des Flusses zieht sich eine Reihe der üppigsten Gärten hin, die von Canälen bewässert werden; Pfirsiche, Granaten, Quitten und Orangen sind hier im Ueberflufs vorhanden; hinter den Gärten er- heben sich niedrige Hügel, und der ganze Thalgrund wird von zackigen Sierren eingefalst. Ures ist nicht so bevölkert wie Hermosillo, aber der Sitz des Gou- verneurs und der Versammlungsort des legislativen Körpers, zu dem jeder der 11 Distriete des Landes einen Abgeordneten entsendet. Hier erscheint auch, zweimal wöchentlich, die einzige Zeitung Sonora’s, ein kleines Amtsblättchen, das 150 bis 200 Abonnenten zählt, da es von jedem Beamten gehalten werden mufs. Jenseits Ures setzt die fruchtbare Ebene noch 3 Leguas weit fort, dann steigt der Weg, dem Flufslaufe folgend, immer höher an in das Gebirge, wo das kräf- tigere Aussehen der Bewohner den stärkenden Einfluls der Gebirgsluft verräth. Die Post mufs zunächst in einer 10 Miles langen @ahada, durch welche der Flufs sich seinen Weg gesucht hat, mehr als dreifsig Mal den Sonora überschreiten, ehe sie zu dem Rancho Cahue (d.h. Pforte) gelangt. Von hier beginnt ein fruchtbares Hochthal mit einer Reihe von Dörfern und Städtchen, die wie Babia- cora, Aconcha, Huepaca, Banamichi, Arispe in kurzen Zwischenräumen von ein- ander meist auf Anhöhen erbaut sind; von den genannten Ortschaften zählt jede zwischen 1000 und 2000 Einwohner. In dem Thale erzielt man mit Hilfe künst- licher Bewässerung — die Canäle sind hier sehr alt, wie aus den sie einfassen- den Bäumen hervorgeht — noch zwei Erndten: der Weizen wird schon im Mai 75 Miscellen geschnitten, und als Nachfrucht baut man Mais und Bohnen. Arispe liegt schon so hoch, dafs Aepfel und Birnen vortrefflich gedeihen. Die Viehzucht ist in diesen weidenreichen Thälern sehr zurückgegangen, da dieses Gebiet von den Apaches sehr gefährdet wird; der Preis eines Maulesels, der noch vor wenigen Jahren 20 Dollars betrug, ist auf 35 bis 40 Dollars gestiegen. Aufser dem Thale des Rio Sonora ist noch das seines bedeutendsten Neben- flusses, des Rio San Ignacio, für die Cultur von Belang; die Erwerbung des Arizona-Gebietes durch die Vereinigten Staaten scheint seine Bedeutung noch gesteigert zu haben, da von hier aus ein lebhafter Handel nach den Militärposten und Ansiedelungen des neuen Unionsgebietes betrieben wird. Der San Ignacio hat das ganze Jahr hindurch Wasser, und macht dadurch einen erfolgreichen Anbau des schönen Thales möglich, das in seinem nördlichen Theile auch sehr ausgedehnte und üppige Weidestrecken darbietet. Mais, Weizen, Bohnen gedeihen | vortrefflich und werden nach Arizona ausgeführt; ebenso kommen alle Arten von Gemüse fort, der Taback liefert ein gutes Blatt, Reis und Baumwolle, von denen die letztere nur in kleinen Quantitäten für den eigenen Bedarf produeirt wird, würden mit Nutzen in ausgedehnterem Mafsstabe angebaut werden können. Auch der Obstbau liefert Exportartikel: eingemachte Pfirsiche und Quitten werden nach Arizona geführt; ebenso eine aus dem dortigen Zuckerrohr bereitete Melasse. Bei dem Uebergange über die Grenze müssen die Kaufleute in Calabazas, dem ersten Ort in Arizona, 20 Procent des Werthes ihrer Waaren als Zoll entrichten, wodurch die Lebensmittel in diesem Theile des Unionsgebiets ziemlich vertheuert werden. Hauptort des San Ignaeio-Thales ist Santa Magdalena, ein Städt- chen mit etwa 1000 Einwohnern, am meisten bekannt durch die hier alljährlich am 2. October beginnende Messe, zu welcher 3 bis 4000 Menschen, Männer und Weiber, aus allen Ortschaften Sonora’s und Arizona’s zusammenströmen. Hier werden Pferde, Maulthiere und Esel, alle Arten Gewehre, Mantilla’s und Shawls, Schleier und Spitzen, Schuhe und Stiefeln feilgeboten; es herrscht das regste Treiben und es fehlt an keiner der Lustbarkeiten, an welchen die Spanier Ver- gnügen finden: Hahnenkämpfe, Stiergefechte, Pferderennen werden am Tage ar- rangirt, in der Nacht folgt Musik und Tanz, und das Spiel wird Tag und Nacht mit solcher Leidenschaftlichkeit betrieben, dafs sich Spieler von Profession sogar aus dem Unionsgebiet hier einfinden. Wie Magdalena seine Messe, hat jede der andern kleinen Städte ihre ‚Zesta, in welcher sich die Lustbarkeiten an einander drängen; sie fängt gewöhnlich Sonntags mit einer Messe an; Abends ist Ilumi- nation und das unvermeidliche Feuerwerk; dann folgen eine ganze Woche hin- durch Tanz und Spiel auf der Plaza, auf welcher Boutiquen und Schilfhütten zum Verkauf von Efswaaren ®richtet werden, Nachmittags Stiergefechte, Abends Bälle in den Häusern der wohlhabenden Personen. Was den Aufschwung dieser gesegneten Culturstriche niederdrückt, ist aufser der Unsicherheit der politischen Zustände hauptsächlich die von den Indianern drohende Gefahr. Das Thal des R. Sonora liest noch im Rayon der Apaches, welche durch ihre Raubzüge das Land so unsicher machen, dafs Niemand sein Städtehen unbewaffnet zu verlassen wagt; selbst der Feldarbeiter führt seine Lanze mit sich, und Damen wagen es nur, wie im Mittelalter, unter einer star- ken bewaffneten Begleitung eine Reise anzutreten. „Der Regierungs - Exprefs- | Notizen über Sonora. 79 Reiter“, heifst es in einem Briefe, „sah aus wie ein ambulantes Arsenal: er hatte unter dem Sattel an der linken Seite einen Säbel, auf der rechten Seite einen Carabiner, am Gürtel Colt’s Revolver und in der Hand eine Lanze mit Fahne.“ In der That findet man überall am Wege Steinhaufen, manche mit einem ein- _ fachen Kreuz versehen, welche die Stätte bezeichnen, wo man den Leichnam _ eines von Apaches ermordeten Reisenden gefunden hat. Die Apaches durchstrei- fen das Gebirge ohne feste Wohnsitze und sind deshalb sehr schwer zu bekäm- pfen; sie tragen hohe Stiefeln von roher Haut, eine mit Federn geschmückte Fellmütze, und ein Fell um die Hüften. Bei ihnen herrscht Polygamie; alle häus- liehen Arbeiten ruhen auf den Schultern der Weiber; der Mann klmmert sich nur um Jagd- und Raubzüge. An Unreinlichkeit suchen diese Indianer ihres | Gleichen, so dafs die meisten Maulthiere sie schon von Ferne wittern und durch Ihre Unruhe den Reisenden warnen; auch manche Pferde sollen diese schätzens- | werthe Eigenschaft besitzen, die den Preis derselben natürlich um ein Beträcht- liches steigert. | Ebenso wie die Apaches leben auch die Ceris noch in vollkommener Un- abhängigkeit. Dieser wilde und unbändige Stamm zählte im vorigen Jahrhundert noch 2000 Seelen und führte einen erbitterten Krieg gegen die Weifsen, durch _ den er allmählich so deeimirt wurde, dafs sich der Rest desselben, 4— 500 Mann, | im Jahre 1789 den Spaniern ergab. Dieses Völkchen wurde auf gutem Lande - bei Hermosillo angesiedelt, in einem Orte, der noch heute den Namen Pueblo | de Ceris führt; aber die Neigung zu einem ungebundenen Leben überwog bei | ihnen dermafsen, dafs Einer nach dem Andern entwischte und die Colonie sich - in Kurzem ganz aufgelöst hatte. Die Meisten wandten sich nach Tepoca am Californischen Golf und nach der Insel Tiburon, wo sie, durch ein undurchdring- liches Buschland und die insulare Lage geschützt, den Spaniern Trotz bieten und sich durch Räubereien sehr lästig machen. Namentlich haben sich die Schiffe über sie zu beschweren, die auf der Insel Patos Guano laden und auf Tiburon sich mit Trinkwasser versehen müssen; es wird sogar behauptet, dafs die Ceris einmal die Quellen vergiftet hätten. Endlich, im Jahre 1844, umzingelten die Spanier Tiburon und hoben das Piratennest auf; 384 Ceris wurden gefangen, wieder bei Hermosillo angesiedelt und wieder mit demselben Erfolge: in Kurzem waren Alle entlaufen. Jetzt leben auf Tiburon wieder an 100 Familien in völli- ger Unabhängigkeit, ein unbändiges und rohes Fischervolk. Ihre Kleidung besteht aus der Haut der Pelicane und reicht vom Gürtel bis zum Knie; das Gesicht bemalen und tätowiren sie; Manche tragen grüne Steine im Nasenknorpel. Ihre Sprache unterscheidet sich von der der andern Indianer; sie ist reich an rauhen Kehllauten. Ihr religiöser Glaube scheint sich auf eine Verehrung des Mondes zu beschränken; bei Neumond verbeugen sie sich und verrichten mancherlei wun- derliche Ceremonien. Sonst verehren sie nur noch den Aguardiente: die Männer sind dem Trunk übermäfsig ergeben. Im Kampfe bedienen sie sich vergifteter Pfeile. Auch die Yaqui’s im Thale des gleichnamigen Flusses sind noch fast ganz unabhängig und machen den Spaniern viel zu schaffen, obgleich sie vor den bei- den genannten Stämmen viele Vorzüge besitzen. Es ist ein grofser, schöner, - musculöser Menschenschlag, und der ‘einzige Indianerstamm, der sich zuweilen s0 Miscellen: dazu bequemt, Dienste zu nehmen und Arbeit zu suchen. In Guaymas verrich- ten sie die eigentlich schwere Arbeit; man sieht sie hier, nur mit einer Blouse bekleidet, Lasten von 150 bis 300 Pfund mit Leichtigkeit forttragend, im Gänse- marsch hinter einander hertraben und die Schiffe befrachten. Uebrigens sind sie sehr geschickt in der Anfertigung kunstvollen Flechtwerks aus Weiden, das auf der Messe von Magdalena feilgeboten wird. Als der beste Indianerstamm werden die Opatas geschildert, die in allen Städten und Dörfern nördlich von Ures angesiedelt sind und hier die Hauptmasse der Bevölkerung bilden. Sie sind offen, gelehrig, loyal, und haben als Kern des spanischen Fufsvolks in den Kriegen gegen Apaches und Yaqui’s hinlängliche Proben ihrer Tapferkeit gegeben. Sie können in einem Tage Märsche von 50 bis 60 Miles zurücklegen und sind dabei so mälsig, dafs sie zu ihrer Nahrung nur etwas geröstetes Mehl bedürfen. Uebrigens sind sie mit Weifsen sehr ver- mischt, und scheinen an Intelligenz den Mexicanern überlegen zu sein. Von Ju- gend auf gewöhnen sie sich an Schnelllaufen. „Ihr Lieblingsvergnügen“, berichtet ein Correspondent, „sind die sogenannten Bolas. Zwei Parteien von je drei Per- sonen halten einen Wettlauf von 4 bis 5 Leguas. Sie laufen mit blofsen Fülsen und jede Partei wirft eine Kugel mit dem Fufse vor sich her, und diejenige ge- winnt, deren Kugel zuerst das Ziel erreicht. Die Kunst besteht darin, nicht stille zu halten, sondern im Laufen die Kugel mit den Zehen aufzuheben und sie so weit wie möglich weiter zu werfen. Ein anderes Spiel ist der Bolazon. Es wird ein starker Pfahl in die Erde gegraben, von dessen oberer Spitze „verschiedene Stricke herunterhängen. Jedes Tau wird von einem Indianer ergriffen, welcher dann sich im Kreise durch die Luft schwingt und versucht, so hoch wie möglich zu fliegen. Hierbei sind häufig Menschenleben verloren gegangen und die Re- gierung hat das Spiel verboten.“ Fız Dr. Moritz Wagner’s Bericht über die Cordillere am Golf von San Blas. In unserer Uebersicht über die Projeete einer Canalverbindung zwischen dem Atlantischen und dem Stillen Ocean haben wir (Zeitschr. für allgem. Erdkunde, N. F., Bd. I, S. 532) bemerkt, dafs es bisher noch nicht gelungen ist, die oro- graphischen Verhältnisse des Isthmus von Panamä an seiner schmalsten Stelle, zwischen dem Golf von San Blas und der Mündung des Rio Bayano oder Chepo, zu erforschen. Wir mufsten uns damit begnügen, aus den Höhen- angaben Codazzi’s auf seiner grolsen Karte, wie aus den Berichten Dampier’s und Wafer’s über einen etwas weiter östlich gelegenen Landstrich, die Vermuthung zu entnehmen, dafs die Cordillere hier sowol durch ihre Höhe wie durch ihre Breite der Ausführung eines interoceanischen Canals ein schwer überwindliches Hindernifs entgegenstelle. Diese Vermuthung ist durch eine Excursion M. Wag- ner’s in das Quellgebiet des Rio Chepo vorläufig bestätigt worden. Der unter- nehmende Reisende hat zwar den eigentlichen Zweck seiner Expedition nicht er- reicht; aber sein Bericht ist doch dadurch von Interesse, dafs er auf einen wich- tigen und bisher noch ganz unbekannten Theil der Cordillere das erste Licht en Dr. M. Wagner’s Bericht über die Cordillere am Golf von San Blas. 81 wirft. Wir entlehnen ihn einer Nummer des Panama Star and Herald (vom 8, Juni 1858), deren Kenntnifs wir der gütigen Mittheilung des Königl. Preufsi- - schen Geschäftsträgers, Herrn Geh. Finanzrath Dr. Hesse, verdanken. | Als den Zweck seiner Expedition giebt M. Wagner die Feststellung folgen- der Punkte an: 1) Besteht die Cordillere zwischen dem Golf von San Blas und dem Thal des Rio Chepo aus einer oder aus mehreren Bergketten? 2) Existirt zwischen 9° 11’ und 9° 20' N. Br. und zwischen 80° 50’ und 81° 30' W. L. in den Bergketten eine Depression, welche der dereinstigen Anlage eines interocea- nischen Canals günstig ist? 3) Befindet sich zwischen den Quellen des Chepo und denen der Flüsse, welche in den atlantischen Ocean fallen, wirklich, wie man behauptet, ein Plateau, und wie hoch ist dasselbe? 4) Wie ist dieser Theil des Isthmus in geologischer Hinsicht beschaffen ? Von Dr. Kratoschwil und drei Eingeborenen begleitet, stieg Dr. Wagner im | Thale des Rio Chepo aufwärts bis zu den Quellen des Rio Canito '), der ge- _ wissermafsen die Grenze zwischen der spanischen Bevölkerung und einem wilden Indianerstamme, den Bayanos, bildet. Der Rio Chepo oder Bayano erscheint an seiner Mündung und zwei bis drei Leguas aufwärts als ein majestätischer Strom ; seine Breite wechselt zwischen 2700 und 3000 Fufs, und seine Tiefe scheint selbst für grofse Fahrzeuge ausreichend. Die Fluth macht sich in ihm bis zur Mündung des Rio Terrable bemerkbar; oberhalb derselben wird die Strömung sehr reifsend. Die Ufer sind namentlich auf der linken Seite sehr malerisch; sie nehmen an Höhe zu, je weiter man thalaufwärts gelangt. Ein paar Fufs unter der Humusdecke zeigt sich zuweilen eine Art Lehm, der mit Muscheln vermischt ist; festes Gestein tritt auf dieser Strecke des Flusses noch nicht zu Tage; die Schichten sind horizontal und streichen von SO. nach NW. Das Geröll im Flufs- bett besteht aus Porphyr und Granit; Kalkstein zeigte sich nicht. Im Sande findet sich etwas Gold: man traf eine Indianerin beim Goldwaschen beschäftigt; nach achtstündiger Arbeit hatte sie nur 30 Cents gewonnen, und auch ein kräf- tiger Mann dürfte selbst mit Hilfe eines Waschapparates auf keinen gröfseren Ertrag als etwa 2 Dollars täglich rechnen können. Auch in einem rothen Por- phyr zeigten sich Spuren von Gold; aber dieses Gestein ist hier selten und er- scheint nie in grofsen Massen. Weiter aufwärts wird die Vegetation immer üppiger und dichter. Die Land- schaft erscheint wie ein grofses Amphitheater, mit dem Himmel als Dach und dem Urwalde als Fufsboden, und ihr Aussehen wechselt je nach der vorwiegen- den Pflanzenart. Hier zeigen sich Cyperaceen, vermischt mit breitblätterigen Mu- saceen und Seitamineen, und überragt von den schwankenden Wipfeln der Pal- men; dort überwiegen die mannichfaltigen Farben und Formen der Myrtaceen, Anacardium’s, Rubiaceen, Stereuliaceen und Euphorbias; angenehm stechen die Blüthen der Leguminosen aus dem grünen Laubdickicht hervor. Oberhalb des Rio Cahito, wohin der Fufs des Jägers nie. gedrungen ist, fand man Schaaren lärmender Affen in den Bäumen, grofse Katzen und wilde Schweine, wilde Hüh- ner u. a.; sie alle schienen von den Ansiedelungen der Menschen sich in dieses 1) Wir bitten den Leser, die im zweiten Bande (N. F.) dieser Zeitschrift ver- fentlichte Karte Codazzi’s zu Rath zu ziehen. Zeitschr. f. alig. Erdk. Neue Folge. Bd. VI. 6 82 Miscellen: Waldesdunkel zurückgezogen zu haben. Alligatoren steigen nur selten über die Mündung des Rio Terrable hinauf, sie sind meistens nur klein, aber bei Jesus Maria sollen sich doch einige von 14 bis 15 Fufs Länge gezeigt haben. Der Besitzer des letzten Rancho, Don Jose Reynoso, führte die Reisenden zu dem Gipfel eines Berges von eirca 280 Fufs Höhe, von dem sie nach Norden hin den Zug der Cordillere auf eine Strecke von 18 Miles mit dem Auge ver- folgen konnten. Sie bildet hier eine ununterbrochene Kette von 1000 bis 2000 Fufs Höhe und streieht von Ost nach West, mit geringer Neigung nach Süden. Da Wagner auch mit Hilfe eines Telescops nirgends eine Depression entdecken konnte, gab er die weitere Erforschung dieser Stelle auf und begab sich nach Chepo zurück, wo er in der Richtung nach den Quellen des Rio Mamoni eine Depression bemerkt hatte. Von den hier hausenden Indianern hatte er vier Män- ner angetroffen; einer war mit einer Flinte, die andern mit Bogen und Pfeilen bewaffnet. Er hatte den Wunsch ausgedrückt, den Häuptling nach seiner Woh- nung zu begleiten; dieser aber lehnte die Ehre ab und schien schon über den blofsen Vorschlag unwillig zu sein. Die Kleidung dieser Indianer war sehr dürf- tig, ihre Stimme rauh, ihr Blick thierisch, dumm und argwöhnisch. Als Wagner nach Chepo zurückgekehrt war, verwendete er zunächst vier Tage auf eine Untersuchung der Berge im Süden des Hauptzuges der Cordillere, und beschlofs dann eine Reise in das Gebirge nordöstlich von Chepo. Er nahm acht Eingeborene mit, um sich einen Pfad durch das Walddickicht durchhauen zu lassen, und war überdiefs von den Herren Dr. Kratoschwil, Curry und Fer- guson aus Panamä, von dem Alcalden von Chepo und Sehor Losada begleitet. Ein renommirter Jäger, Juan Pio, war Wegweiser. Wagner beabsichtigte, den höchsten Punkt der Cordillere im NO. zu erreichen, um von dort eine möglichst ausgedehnte Fernsicht zu gewinnen. Dieser Theil des Gebirges, von den Einge- borenen EI Generale genannt, streicht von SSO. nach NNW.; von ihm kann man wahrscheinlich beide Oceane erblieken. Mit dem Compafs in der Hand brach Wagner nach dem Fufse dieses Ge- birgszuges auf; aber Juan Pio weigerte sich, in dieser Richtung vorzugehen, da das Gebirge zu steil und die Vegetation zu dicht sei, und drohte sogar damit, sich von der Expedition zu trennen. Er versprach, dieselbe auf einem anderen Wege, längs des Kammes der Cordillere, zu dem gewünschten Ziele zu führen, und Wagner sah sich genöthigt, ihm nachzugeben. Man stieg nun in dem Bett eines kleinen Baches, Namens Boneti, aufwärts; da es aber mit grofsen Blöcken von Granit, Porphyr und anderen krystallinischen Gesteinen angefüllt war und Wagner fürchtete, sein Barometer zu zerbrechen, liefs er die Expedition zum grofsen Mifsyergnügen der Leute ihren Weg durch den Wald nehmen. Nach zweistündigem Marsche erreichte man den Kamm, dessen Höhe zwischen 1200 und 1500 Fufs, manchmal auch mehr betrug. Die Vegetation war hier nicht so kräftig wie auf Bergen von gleicher Höhe in Guatemala und Costa Rica. Hier wanderte man zwei Tage weiter, in nördlicher Richtung zum Generale. Aber die Leute und der Wegweiser wurden immer widerwilliger und ängstlicher; in jedem Geräusch, das ein wildes Thier in dem Dickicht verursachte, wollten sie ein Zei- chen für die Anwesenheit von wilden Indianern erkennen. Die Unzufriedenheit stieg zuletzt so, dafs Juan Pio sich weigerte, weiter zu gehen; er erklärte, man Dr. M. Wagner’s Bericht über die Cordillere am Golf von San Blas.. 83 _ müsse die Richtung ändern und sich an die Quellen des Rio Madrono begeben, der nach Norden flie[se. Inzwischen hatte man schon eine so bedeutende Höhe erreicht, dafs Wagner hoffte, den Golf von San Blas erblicken zu können; aber seine Leute weigerten sich, ein paar Bäume niederzuschlagen, welche die Aussicht hemmten, und nöthigten ihn, zum Rio Mamoni zurückzukehren. Wo man diesen Flufs erreichte, war seine Strömung schnell, sein Wasser klar, vortrefflich und fischreich; es hatte eine Temperatur von 20° R., während die Lufttemperatur einen Grad niedriger war. Verstimmt über die Nichtsnutzigkeit seiner Leute kam Wagner in Chepo an, ohne auch nur einen einzigen Indianer oder Tiger gesehen zu haben, vor denen seine Begleiter in beständiger Furcht geschwebt hatten. Die Resultate seiner Beobachtungen fafst Wagner in folgenden Worten zu- sammen: 1) Die Cordilleren zwischen dem Golf von San Blas und der Mündung des Rio Bayano (Chepo) bilden eine Centralkette, die von Ost nach West mitten durch den Isthmus streicht. 2) Die durchschnittliche Höhe dieser Kette beträgt 920 bis 1000 Par. Fufs über dem Stillen Ocean zur Fluthzeit. Der höchste Punkt, den Wagner erreichte, erhob sich 1141 Fufs. Im Norden steigen die Gipfel höher an, 1800 bis 2000 Fufs. El Generale hat nach einer Schätzung eine Höhe von nicht mehr als 2800 Fufs. 3) Eine andere, niedrigere Bergkette zieht sich längs der atlantischen Küste hin; hinter ihr liegt der Golf von San Blas. Ein Thal von 3 bis 4 Leguas - Breite liegt zwischen beiden Gebirgsketten, die hin und wieder durch Querjöcher _ vereinigt sind; El Generale ist ein solches Querjoch, es streicht von Süden nach - Norden und gabelt sich im Norden. Der nördliche Abfall der Cordilleren ist _ überall steiler als der südliche. In dem Thal finden sich manche schöne Prai- - rien, die durch niedrige Hügel von einander getrennt sind. 4) Das Thal des Mamoni bildet eine beträchtliche Depression in der Cordillere, und durchschneidet sie gewissermalsen. Unser Lager mitten in diesem Pafs lag nur 293 Fuls über Chepo, und 374 Fufs über dem Niveau des Stillen Oceans. Bis zu dieser Stelle des Passes hat der Flufs von seiner Quelle einen Fall von etwa 120 Fufs. Aus den Berichten der Eingeborenen über den Madrono liefs sich mit Sicherheit Nichts entnehmen; aber es ist sehr möglich, dafs darunter der Fluls gemeint ist, den Codazzi’s Karte den Rio Mandingo nennt und der sich in den Golf von San Blas ergiefst. 5) Fast alle Gebirgszüge und der Nordabhang der Cordilleren bestehen aus Granit; auch in den Flufsbetten liegt Granit. Ein grofser Theil des Kammes ist "auch mit einer Art Conglomerat von gelber oder rother Farbe bedeckt, je nach- ' dem das Eisenoxyd in ihm überwiegt. Aehnliches zeigt sich auf dem Gipfel des Cerro del Ancon bei Panamä. An den Quellen des Rio Chagres ist es sehr merkwürdig zu sehen, wie die Cordillere plötzlich aufhört eine ununterbrochene Kette zu bilden und sich, so zu sagen, in kleine runde Berge zersplittert, namentlich zwischen Panamä und Gatun. Hier verschwindet auch der Granit, und wird durch Porphyr, Dolerit oder ‘Trapp ersetzt. Kein Theil der Cordillere zwischen dem Golf von San Blas und dem Rio 84 Neuere Literatur: Chepo gewährt eine Aussicht, dafs es möglich sei, hier einen interoceanischen Canal anzulegen. Die günstigste Stelle zu diesem Zweck bleibt nach Wagner’s Ansicht noch immer das Thal der Flüsse Obispo und Rio Grande, d.h. die ge- genwärtige Eisenbahnroute. Tr. Neuere Literatur. Handbuch der Erdkunde. Erster Band: Handbuch der physischen Geographie. Von G. A. von Klöden. Berlin 1859. Weidmann’sche Buchhandlung. In einem Handbuche der Erdkunde „das Hauptmateriel des jetzigen geogra- phischen Wissens zu reflectiren“, hatte sich der Verfasser vorgesetzt. Die Be- wältigung und kritische Sichtung des ungeheuren Materials, so weit sie überhaupt für den Einzelnen möglich ist, erfordert eine gro/se geduldige Arbeit, welche durch die Verschiedenartigkeit der zu betrachtenden Objecte wesentlich erschwert wird. Mit der Kunde der neuesten besten Quellen mufs sich aufserdem noch das Ta- lent verbinden, in rechter Mitte zwischen zu knapper und zu weitschichtiger Dar- stellung, in einer nicht auf Kosten der Schärfe und Klarheit erreichten Kürze das Wesentliche hervorzuheben. Von dem auf drei Bände berechneten Werke liegt der erste Band, die phy- sische Geographie enthaltend, vollständig vor. Er erfüllt die Ansprüche, die man zu machen berechtigt ist. Vollständigkeit, Klarheit, Betonung des Wesentlichen sind fast überall erreicht und wenn sich auch über Einzelnes mit dem Verfasser rechten liefse, so mufs doch das Buch als ein seinem Zwecke sehr entsprechen- des bezeichnet werden. Durch das „Handbuch“ war die Anordnung gegeben. Die zehn Abschnitte: astronomische Geographie, Erdoberfläche, Vulkane und Erdbeben, die Erdrinde, das Wasser, die Luft, Verbreitung der Wärme nebst Vertheilung des Erdmagnetismus, Verbreitung der Pflanzen, Verbreitung der Thiere, Verbreitung des Menschen nach Rassen und Sprachen boten sich von selbst dar. Die einzelnen Abschnitte sind nicht ganz gleichmäfsig behandelt. Während z.B, der erste Abschnitt, die Erde als Weltkörper, in so zusammengedrängter Dar- stellung erscheint, dafs das Verständnifs beinahe darunter zu leiden beginnt, ent- hält der Abschnitt „die Erdrinde“ eine Betrachtung des Vorkommens der 61 Ele- mente und der Abschnitt „das Wasser“ ein Verzeichnils der europäischen See- bäder und Mineralquellen, zwar sehr dankenswerthe Zugaben, die man jedoch in dem auf Raumersparnifs so sehr angewiesenen Buche kaum gesucht hätte. Es ist sehr zu beklagen, dafs die Quellen nur in wenigen Fällen angeführt sind, die weitere Literatur gar nicht. Der Leser wäre für weitere Belehrung sogleich orien- tirt gewesen. Die zahlreichen, durchgängig vortrefflichen Holzschnitte verdienen noch eine besondere Erwähnung. «so Commercielle Zustände Persiens. Aus den Erfahrungen einer Reise im Som- mer 1857 dargestellt von Dr. Otto Blau, Berlin 1858, bei Decker, Dieses Buch leistet viel mehr als sein einfacher Titel erwarten läfst. Der Bericht über die Handelsverhältnisse Persiens gestaltet sich unter den Händen des umsichtigen Verfassers, der seinen Gegenstand nach den verschiedensten Rich- u ä Otto Blau: Commercielle Zustände Persiens. 85 tungen hin vertieft und erschöpft, zu einem lebendigen und höchst anziehenden Bilde des Landes und seiner materiellen Hilfsquellen, wie der socialen und poli- tischen Zustände des Volkes. Wir finden hier nicht blofs das, was den Kauf- mann und Fabrikanten interessirt, erschöpfenden Aufschlufs über Inhalt, Umfang und Art des gegenwärtigen Handelsverkehrs, sondern auch eine Fülle lehrreicher Angaben, welche der Geograph mit Dank entgegennehmen wird. Unter den Ab- schnitten, welche in geographischer Beziehung von besonderem Interesse sind, heben wir, zugleich zum Hinweise auf die Reichhaltigkeit des Buches, nur fol- gende hervor: Persiens innere und äufsere Lage, mit lehrreichen Notizen über die Verhältnisse des Grundbesitzes; die bedeutendsten Handels- und Fabrikplätze; Culturzustände von Land und Volk; ferner drei vortreffliche Abschnitte über däs Thierreich, das Pflanzenreich und den Bergbau in Persien, und die Produkte, welche für den Handel von Belang sind; die Abhandlung über die verschiedenen Zweige persischer Industrie; endlich den Abschnitt über die Communicationsmittel in Persien, in welchem sich unter Anderem auch eine ausführliche Schilderung der grofsen Handelsstrafse von Täbris über Erzerum nach Trapezunt befindet. Alle diese Capitel sind durch Inhalt und Form gleich anziehend. Wir beschränken uns darauf aus der reichhaltigen Schrift einige Notizen über die verschiedenen Handelsgebiete hervorzuheben, in welche Persien zerfällt. Als Vorort für den ganzen auswärtigen Handelsverkehr und deshalb als ein Platz von hervorragender allgemeiner Bedeutung für das ganze Land verdient Täbris, eine Stadt mit 160,000 Einwohnern, in erster Linie genannt zu werden. Seitdem der auswärtige Handel Persiens sich dem schwarzen Meere zugewendet hat, gewann Täbris durch seine Lage in commereieller Beziehung ein entschie- denes Uebergewicht; alle Waaren, die vom schwarzen Meere und aus dem russi- schen Transkaukasien kommen, oder die dorthin abgehen, müssen Täbris passiren, und der Import wird hier in den 20 grofsen und gegen 30 kleineren Karawan- serais meistentheils aufgestapelt, und den Händlern, die aus allen Theilen des Reiches hierher zusammenströmen, zur Schau gestellt. Aufser dieser allgemeinen Bedeutung kommt es diesem Handelsplatze noch zu Statten, dafs er das Centrum eines der reichsten Handelsgebiete Persiens, der Provinz Adherbeidschan, bildet. Durch die Viehzucht in den kurdischen Bergdistrieten, den Ackerbau in den Nie- derungen, die Garten- und Obstcultur namentlich in den Umgebungen des Urmia- Sees, endlich durch den Gewerbefleifs der Provinz — Täbris selbst ist Sitz bedeutender Industriezweige, der Baumwollenweberei, Seidenwirkerei, Färberei und Druckerei, der Stärkefabrication und Töpferei — durch alle diese Cultur- zweige vermag Täbris selbst dem Handelsverkehr werthvolle Erzeugnisse zuzu- führen. Demnächst sind die Provinzen Ghilan und Masenderan durch ihre Lage am Caspischen Meere, durch ihren Holzreichthum, der sie vor ganz Persien aus- zeichnet, durch ihre Mineralschätze, vor Allem aher durch ihre Seidenzucht von Wichtigkeit, welche letztere in den Städten Rescht, Balfrusch und Asterabad blü- hende Fabricationszweige nährt, namentlich Spinnereien, Seidenwirkereien und Färbereien. Auch der Wildstand der Waldungen liefert dem Fell- und Pelzhandel einen nicht unwesentlichen Beitrag. — In Irak sind die beiden Hauptstädte von Wichtigkeit; Tehran (mit 120,000 Einw.), die Residenz, Hauptsitz der Behörden und -Vereinigungspunkt des Luxus, durch seinen Bedarf an europäischen Manufacturen; Ispahan mit 180,000 Einw. als der einst sehr blühende und noch immer wichtige 86 Sitzungsbericht Centralpunkt der persischen Industrie, namentlich in Webereien aller Art und in Waffen, dann als Stapelort für die Produete der Umgegend, Baumwolle, Droguen, 'Taback, Reis und Häute. Das zwischen den beiden Hauptstädten gelegene Kaschan zeichnet sich aus durch seine Seiden- und Baumwollenstoffe, sein Porzellan, seine kupfernen und eisernen Geräthe, seine Gold- und Silberarbeiten, wie durch sei- nen Productenhandel, in welchem auch Arzneigewächse, gedörrte Früchte und Trauben eine Rolle spielen; Kaswin ist durch seine Gerbereien und Webereien, wie als Speditionsplatz von Belang. In den westlichen Provinzen eoncentrirt sich der Verkehr in Hamadan und Kermanschah, beide durch ihre Teppichwebereien berühmt, und durch ihren Reichthum an Lastthieren für den Binnenverkehr in ganz Persien von Wichtigkeit. — Die Provinzen am persischen Golf bilden ein besonderes Handelsgebiet. Die fruchtbare Umgegend von Schiras liefert verzüg- lichen Taback, Weine, Hennah und die im Orient sehr gesuchten Pfeifenrohre, die von Kerman viel Schaf- und Ziegenwolle, die zu sehr geschätzten Geweben, namentlich Shawls und Teppichen, verarbeitet wird. Abuschehr und Bender Abassi sind die Hafenplätze für den Verkehr mit Indien und der arabischen Küste, von welcher letztern Persien Caffee, Datteln und verschiedene Droguen bezieht. Zum Seehandel besitzen die Perser selbst weder Neigung noch Talent; er ist meist in den Händen von Arabern; und der Verkehr mit Indien ist seit alter Zeit über- wiegend ein Landhandel. Der wichtigste Stapelplatz für den letztern ist Jesd, während Meshhed vorzugsweise die Producte Turan’s an sich zieht und verarbeitet, und dem Handelsverkehr Wollen- und Metallwaaren (besonders die berühmten Klingen), Gold- und Edelsteinarbeiten liefert. Meshhed hat für den Nordosten in commereieller Beziehung dieselbe Bedeutung, wie Täbris für den Nordwesten; selbst ein berühmter Wallfahrtsort für die Moslemim, ist es auch der einzige Durchgangspunkt für die Muhamedaner in Turan, die nach den heiligen Stätten wandern. Seine Bevölkerung beläuft sich auf ce. 100,000 Seelen. tt Sitzung der geographischen Gesellschaft zu Berlin vom 8. Januar 1859. Der Vorsitzende, Herr Prof. Ritter, eröffnete die Sitzung durch Ueberrei- chung der eingegangenen Geschenke: 1) Kongliga Svenska Fregatten Eugenias Resa omkring Jorden. Zoologi H.1.2, Botanik H.1, Fysik H.1. Stockholm. — 2) Censo de la Poblacion de Espana de 1857. Madrid 1858. — 3) Barth, Rei- sen und Entdeckungen in Nord- und Central- Afrika. Bd. V. Gotha 1858. — 4) Schauenburg, Reisen in Central- Afrika von Mungo Park bis auf H. Barth und Ed. Vogel. Bd.I. Lahr 1859. — 5) Annual Report of the Board of Re- gents of the Smithsonian Institution for 1856. Washington 1857. — 6) Message of the President of the U. S. to the two Houses of Congre/s. Vol. I—II, with Maps. Washington 1858. — 7) Guyot, Tables Meteorologieal and Physical, pre- pared for the Smithsonian Institution. 2d Edition. Washington 1858. — 8) Astro- nomieal Observations made under the Direction of M. F. Maury, during the year 1848 at the U. S. Naval Observatory. Washington. Vol. IV. 1856. — 9) Sta- tistische Nachrichten von den Preufsischen Eisenbahnen, bearbeitet von dem tech- 2 der geographischen Gesellschaft zu Berlin. 87 nischen Fisenbahn-Bureau des Ministeriums. Bd. V. Berlin 1858. — 10) Preu- fsisches Handelsarchiv. 1858. No. 50 —52. 1859. No.1. — 11) Zeitschrift für Berg-, Hütten- und Salinenwesen in dem Preufs. Staate. Bd. VI. Lief. 4. Berlin 4858. — 12) Mittheilungen aus J. Perthes geographischer Anstalt. 1858. Heft XI. XI. — 13) Proceedings of the Royal Geographical Society of London. Vol. II. Nro.6. London. — 14) Maltebrun, Itineraire historique archeologique de Philippe- ville & Constantine. Paris 1858. — 15) Maltebrun, Resume historigue de Vexplo- ration faite dans l’Afrique centrale de 1853 & 1856 par M. E. Vogel. Paris 4858. — 16) Bulletin de la societe de geographie, 4” serie, tom, XVI, Novembre. Paris 1858. — 17) v. Fligely, Organisation und Fortschritt der militärisch- char- tographischen Arbeiten in Oesterreich. Wien 1859. — 18) Radloff, einige Nach- tiehten üher die Sprache der Kaiganen. St. Petersburg 1858. — 19) Henry, _ Meteorology in the Connection with the Agriculture. Washington 1858. — 20) Baeyer, _ über die Beziehungen der Strahlenbrechung in der Atmosphäre zu der Witte- rung ete. Berlin 1858. — 21) Baeyer, über die Bahnlinien der Winde auf der - sphäroidischen Erdoberfläche. Berlin 1858. — 22) Warren, Letter relative to his Exploration of Nebraska Territory. Washington 1858. — 23) Siebenter Jah- resbericht des Marien-Vereins zur Beförderung der katholischen Mission in Central- Afrika. Wien 1858. Aus dem unter No. 2 angeführten Werk machte Herr Prof. Ritter über- sichtliche Mittheilungen, nach welchen die Gesammtbevölkerung von Spanien im Jahre 1857 an 15,464,300 und die der Stadt Madrid 242,147 Seelen betrug. Herr Dr. Barth, welcher nach der Rückkehr aus Klein- Asien in der Ge- sellschaft anwesend war, berichtete in freier Rede über diese seine jüngste Reise. Er hat diese theils in der Absicht unternommen, seine noch immer leidende Ge- sundheit zu verbessern, theils um die Lücke auszufüllen, welche bei seinen frü- heren Rundreisen um das Mittelmeer übrig geblieben war. Er war die Donau abwärts nach Konstantinopel, von da nach Trapezunt gereist, um von hier aus seine Reise durch den Norden Klein-Asiens zu beginnen. Er erklärte dieses Land für besonders würdig, von Fremden besucht zu werden, wegen der mannig- fachen Bildung des Landes, der verschiedenen dort wohnenden Völker und der vielen Ruinen, welche aus den ältesten Zeiten noch von den Griechen sich dort vorfinden. Von Trapezunt, dessen Gegend er besonders rühmte, begab er sich binnen 6 Tagen nach Kara-Hissar, einem Alaunwerke, er fand die Wege schlecht und diese, wie auch die Flüsse, auf den Karten falsch augegeben. Das grolse Werk Carl Ritter’s hatte er als Wegweiser bei sich und Gelegenheit, dasselbe vielfältig mit den durchwanderten Gegenden zu vergleichen. Von Kara-Hissar ging er längs des Lykos nach Tokat, einer gewerbreichen Stadt, welcher eine noch gröfsere Zukunft bevorzustehen scheint. Hierauf besuchte er das roman- tisch gelegene Amasia, wo es reiche Seiden-Anlagen und Fabriken giebt. Der Vortragende bemerkte, dafs im Innern von Klein- Asien deutsche Kolonien erfreu- liche Aussichten haben und bei der wenig zahlreichen Bevölkerung eine gute Auf- nahme finden würden, jedoch müfste vorher von der Regierung der freie Grund- besitz gesetzlich zugesichert werden, was bis jetzt durchaus fehlt. Von Amasia begab sich der Reisende nach den Ruinen von Pteria, welche aus der Zeit vor Krösus stammen und wo man zahlreiche Bildwerke an den Felsen findet. Die weitere Reise erfolgte über Jyzgat nach dem Argäos, dem höchsten Berge Klein- Asiens, in dessen Nähe das alte Kaisarea liegt; dann gegen Westen durch ganz - eigenthümliche Thäler mit Ruinen verschiedener alter Denkmäler und an 20,000 Felsenwohnungen, die 1001 Kirchen genannt, für Lebende und Todte. Ferner kam der Vortragende nach Kirschehr, einem zwischen Obstgärten liegenden Dorfe, Angora, einem der interessantesten Orte Klein-Asiens, und zu den phrygischen Gräbern, welche wahrscheinlich 600—700 Jahre v. Chr. errichtet sind und zu den interessantesten Denkmälern gehören. Von hier kehrte der Reisende wegen des schlechten Wetters nach Skutari zurück. Er schlofs seinen Vortrag mit der Bemerkung, dafs Ende September und im Oktober die günstigste Jahreszeit zum Besuche Klein - Asiens ist. 88 Sitzungsbericht der Berliner geographischen Gesellschaft. Zur Ansicht legte Herr Ritter vor: Atlas de Tarcheologie du Nord represen- tant des echantillons de l’äge de bronze et l’äge de fer. Copenhague 1857. Der Königl. Konsul in Damaskus, Dr. Wetzstein, welcher seit einigen Tagen mit Urlaub in die Heimath zurückgekehrt ist, sprach von seiner Reise in das Safa, über deren Ergebnisse bereits Herr Prof. Carl Ritter in einer früheren Sitzung der geographischen Gesellschaft berichtet hatte. Herr Wetzstein legte einen jener vulkanischen Steine aus der Harra vor, in welchem zwei der merk- würdigsten Inschriften eingegraben waren, die neuerdings in der Harra entdeckt worden sind. Obgleich diese Inschriften noch unentziffert, so glaubte sich der Redner doch aus dem Umstande, dafs vielen dieser Inschriften Kreuze vorange- stellt sind, zu der Annahme berechtigt, dals ihre Entstehung in die Zeit vom 4. bis 8. Jahrhundert zu setzen sei. Sämmtliche Bauwerke im Safa führte er auf dieses Volk zurück, mit Ausnahme der Tausende von rohen Wohnungen, welche sich in einer Strecke von 5 Stunden auf dem Lavaplateau der Vulkane Turs, Umm, Gemberis und Göle finden und „die Wohnungen der Kinder Israel* (Dür beni Israel) heilsen, über deren in graues Alterthum fallende Entstehung er sich kein Urtheil erlaubte. Schlie(slich sprach er über die gegenwärtigen Bewohner der neuentdeckten Vulkan-Region des Safa, die Stämme der Gejät und Stäje und die Eigenthümlichkeit ihrer Gebräuche. Der Redner versprach die unver- weilte Herausgabe seines Reisejournals, welches nach seinem, dem Königlichen Ministerium eingesendeten und der geographischen Gesellschaft vorgelegten Be- richte in archäologischer, geographischer und ethnographischer Hinsicht viel zur Kenntnifs des Ostjordanlandes beitragen dürfte. Herr H. Schlagintweit zeigte einige grofse Ansichten des Himalaya vor, und sprach kurz über die Art, wie dieselben nach ursprünglichen Photographien erhalten worden sind. Derselbe legte eine von Buddhadienern eigenthümlich ge- zeichnete Karte des Weges von Assam nach Lassa zur Ansicht vor. Herr Kiepert las einen Aufsatz des nicht anwesenden Herrn Sturz über die Einwanderung ostasiatischer, namentlich chinesischer Arbeiter in die Tropen- länder des indischen Archipels und vorzugsweise Amerikas, eine jetzt erst begin- nende Massenbewegung, durch deren zu erwartendes Anwachsen der Negerskla- verei eine wesentliche Veränderung bevorsteht. In Siam und Java, Kalifornien und andern Orten bilden die Chinesen bereits einen namhaften Theil der Bevöl- kerung, der neuesten Zeit gehört ihre Verpflanzung nach Westindien an, sowie die Ausführung indischer Culis zu denselben Kolonien, von denen namentlich die britischen und neuerdings die holländischen bereits genügende gesetzliche und finanzielle Vorkehrungen zur Sicherung der freien Niederlassung und Bodenerwer- bung, wie für gründliche Ausführung der mit jenen asiatischen Einwanderern ge- schlossenen Kontrakte gegeben haben, während in den französischen Kolonien, welche das Bedürfnifs derselben Vermehrung ihrer Arbeitskräfte empfinden (so- wohl Mauritius als die westindischen Inseln), der Mangel solcher Garantie, das willkührliche Verwaltungssystem und die unnatürlich hohen für Lebensmittel sehr drückenden Zölle, hindernd entgegen stehen. Der Verfasser erwartet daher von der nächsten Zeit in Folge jenes immer dringender werdenden Bedürfnisses eine liberale Gestaltung des französischen Handels und Kolonialsystems, dann aber auch von der zunehmenden Einwanderung der Asiaten in Südamerika und West- indien, eine Ueberproduktion der Kolonialwaaren, besonders des Zuckers, der ein namhaftes Sinken der Preise derselben und einen gänzlichen Ruin der Rüben- zuckerfabrikation zur Folge haben dürfte. Herr General Baeyer übergab die zwei von ihm verfafsten Geschenke, deren Inhalt er in früheren Sitzungen ausführlich vorgetragen hat, und legte ein Dreiecksnetz der unter seiner Mitwirkung zu Stande gebrachten Mecklenburgischen Landesvermessung zur Ansicht-vöR, 7 —. mh en nn “ya x RT N ne N Frl han 4 0.L.x Ferm N = —pR Routen Sud Sus ach zalren N Kanlayaası nach Beobachtungen niederländischer Seoleule im KUN. Meteorolos. 5 ro 7 nr rbrnur und Uurz Atchtung, une Aesıtehgenng der Stvomungen uni Itapertur der Merssoberflüche um: Febrnur 1 Plsizer brute 1 N rein Richtung und tuscehning der Strömungen und Temperatur der Meeresoberflüche im «Jule wu Ahakeng STRÖMUNGEN WASSERTEMPERATUREN uno EISBERGE ım SÜDLICHEN INDISCHEN OCEAN. | Heard Wo, , m hung: are | Macdonald | (Kar ll "Institut zu Utrecht 1857 in 5 Blatt zusammengestellt dureh LERFR Andrau.( Auszug) un %4 des Malsatadıs der Onginulkaren] uk Datum den Brobmohtuni (Bee Amikle 2 2 ll wel Ar a er von H.Ihepext Lim. Anı.w. Leopold Mrasta in Berlın Taf. BE EEE DRIFT EIS im Nordatlantischen Ocean . Peer |; Ausummengestellt von | W.C.REDFIELD. | s 5 H Die un ? 7 Sohiflsnamen u. Da: 5 DR Sr um er 7 Zu in Zatdrel f} 26 Juli 92 40 WLx Greenwich — en] DRIFT EIS im Nordatlantischen Ocean N BRSESNNE, Ss" Bette Isle — | nach Deobmchtungen britischer u. amerikanischer Sehrfle in den Jahren 1352 #9 zusammengestellt von W €. REDFIELD. Die untastrichenen. Sohffsnamen u. Daten, örseichnen Schiföruche im Bise Fosaus Angdaten I Rn , I0HmE #9 Ä ' y 2 P er: . jes 2 we Zunret Ä 2 E 5 L 2 N e R : 26.Juli 92 v NT S hr B Aurech‘ Aaı #9. Inkis/ns Gumbhige 2 2 A Plug ss ; Aue) ware 26Fän bo ct ze an? JS barge Besbgrge | ER: rede 14 | 2938 | Frans im. 1Jult 39, Farguna “are “ Gpt War u E AUGE Oncidn 2 : N Yaı % SJamos, #8 Jule #4 Een Queen SuBlOT. Vohr = : n . AA | | z SR, - rufe RER masse Aisinseln /0Jult 3% 2 zer [rfnt 2 Ian % EN en „ Oberlın 2Naı U Bi |» .. a en 2 ar ## (fuihine { Zunny fochasten 19-4 9% re tr a N B'zeang | anal S Mr) a Ayiliutor y | |” Zoe Zisinseln, 7Juli 56 a * ZT ZI rn. { | ortıca Ste 38 Tri Fi Egprass == A = | Drit Puchei Exp) ET = DMaı 05 | Shlore de Grasse | Apr % se =. Juness ** li DR ET, Voller Dialer 1a L. Re es Bisinseln bis 5 engläiilen lang Ha: 2A I \ y {nÄemnsllF Aal v0\ : ee) ! 24 und05 | N Poar ’ WWontezamer = Gmosure Holoka „y " 2 Hai #9. 18 Mal 91 Jude 73 27/uBar\, ‘ * 2Nar 3 Ye v2 PJunı 5 Zrabella. 23 Aor.#% | 2 ; Zrabelta | D 2727, Zleza IMar 10 RE RER If 5 Anglund Kiuashlai "um 92 SIEH ° Ehylandı *s - x . Huedson. 20 dur #0 5 2, 80H 9 VZemneungham PT 2wIacs2 isberg = engl K last, 8 R : Ar June 39 Zisberge bis Song Hlg 9° Byran fer #2 Ztwernool 2777, | Zesderg, 190 hoch Ma lang |. Zörmosa 18 Juni 92 50 ; | WL.x Parıs Berlin.bei D Reimer E ath Anst v Leopold Kraatz in Berlin _ Aeitschmift Dallgem Krdkande N Bd.Nl u nicht ale a ga ine 2 Thir. 20 NER: und en Der Preis eines Bandes von 6 Heften, Fan ne ur | 3 ! | | | 1 ) en a Fe u © eben ift erfchienen: u der Phnfifchen Geographie von ®. A. von Klöden Dr. phil, Prof. an ver fläbt. Gemerbefchule ML: Berlin. 63 Bogen in gr.8. Mit 274 Holzfhnitten. 1859. Glegant geheftet 4 Thlr. Inhalt: I. Aftronomifche Geographie. II. Erdoberfläche. IT. Bulfane und Ed beben. IV. Erörinde. V. Das Waffer. VI. Die Luft. VII. Verbreitung | der Märme. VII. Berbreitung der Pflanzen. IX. Verbreitung ber Thiere. X. Berbreitung des Menfchen nad) Raten und Spraien. > Eine eingehende Befprehung der erfien 7 Lief. diefes Buches befindet fich in: dem Literaturberichte zu „Petermann’s Geograph. Mittheilungen 1858. X.”; e8 wird mit Recht darin hervorgehoben, dab Klöden’ Hand- bud; alle neuerdings erfchienenen an Gediegenheit, Keichhaltigkeit und Brauchbarkeit übertreffe. Weidmannfhe Buchhandlung in Berlin. Verlag von GEORG REIMER in Berlin. Zu beziehen durch alle Buch- j handlungen und Post-Anstalten: a | Archiv N | | | für ; | wissenschaftliche ol | Russland. Herausgegeben von A. Erman. 18r. Band 1s. Heft. Mit 1 Karte. Inhalt: Expedition nach dem Thian-Schan oder Himmelsgebirge. Von P. Semenow. — Ueber die Fischzüchtungs-Anstalt des Herrn Wrasskji. Nach dem rus- sischen Berichte von K. Rouiller, J. Borsenkow und 8. Usow. — Die russische Expedition nach Chorasan. — Reise zu den Quellen des Flusses Giljui und dem Flusse Seja. Nach dem Russischen von Usolzow. — Die Uferbewohner des Amur. — Nachrichten über Tschuwaschen und Tschere- missen. Von Aug. Ahlgvist. — Der Nor-Saisan und seine Umgegend. Nach dem Russischen des Hm. N. Abramow. — Zur Statistik der Leib- eigenschaft in Rufsland.. — Die Genuesischen Colonien am schwarzen Meere. Nach unedirten ‚Handschriften der Genueser Bibliotheken. Von _ Eduard Muralt. Preis des Bandes von 4 Heften 54 Thlr. Alle Bände sind noch vollständig zu haben. Gedruckt bei A. W. Schade in Berlin, Grünstrafse 18. T 2r 4 . & f 4 f f. ı ZEITSCHRIFT FÜR LGEMEINE ERDKUNDE. B: MIT UNTERSTÜTZUNG _ DER GESELLSCHAFT FÜR ERDKUNDE ZU BERLIN UND UNTER BESONDERER MITWIRKUNG voN w. DOVE, C. 6. EHRENBERG, H. KIEPERT vuxo (. RITTER IN BERLIN, ANDREE IN DRESDEN unD J, E. WAPPÄUS IN GÖTTINGEN. HERAUSGEGEBEN voN Dr. K. NEUMANN. NEUE FOLGE, SECHSTER BAND, ZWEITES HEFT.. NT Februar 1859. Inhalt. IV. Die Schoho’s und die Beduan bei Massua Von Werner Munzinger V. Verkehrs- und Handelsverhältnisse des südamerikanischen Freistaats Neu-Granada. Mitgetheilt von dem Königl. Geschäftsträger bei den Regierungen von Central-Amerika und Neu-Granada, Geh. Finanzrath Dr. Hesse (Schlufs) . . x Se en N VI. Beiträge zur Kenntnifs der Republik Chile. Vom Herausgeber. 1. Die Provinz Concepeion . . .» » en = Miscellen. Ueber die ältesten Ansiedelungen der Pfahlbauten an den verschiedenen Schweizer Seen. Nach Frederic Troyon u. A. Ta; von Prof. C. Ritter . . . ae a We ee TE N : Baumwollen- Ausfuhr aus Afrika . a en Lord Elgin’s Fahrt auf dem Yangtsekiang . - » - . 2... Nachtrag zu Lieut. Crespigny’s Forschungen im nördlichen Bomeo . Bergbau in Süd- Australien und Entdeckungen von Gold am Murray Der Handel von San Franeisco im Jahre 1858. . » » 2. 2.0. Zur Statistik der französischen Colonien -. . » 2» » 2 2 2.0. Neuere Literatur. Jarosch, Topographisches Universal-Lexiecon des Oesterreich. Kaiser- staats. Olmütz 1858 .... EEE A Missionsreisen und Forschungen in Südafrika. Von D. nee Deutsch von Dr. H. Lotze. Leipzig 1858 . ». . »- - er Graff, Die Leuchtthürme, Leuchtbaaken und Feuerschiffe ber ganzen Erde. Stettin 1859 . . . . = Er : Sitzung der geographischen Gesellschaft zu Berlin vom 15. Hair 1859. Karten. Taf. II. Karte der Republik Chile. Seito 89 110 124 147 152 152 158 161 162 167 171 172 175 175 5 are EEE > ZIREN ! . nn IN: Die Schoho’s und die Beduan bei Massua. Von Werner Munzinger, ') Das Land der Schoho’s und der Beduan bietet in einer Ausdehnung von kaum drei Tagereisen den Contrast des Südens und Nordens, der ropischen Hitze und des kühlen Bergklima’s, der todten flachen Wüste und des lebensvollen Hochgebirgs, das auf der andern Seite sich zur Ebene des Gasch und Sennaar niedersenkt. Diese Contraste sind durch die Vorgebirge vermittelt, die aber nicht ununterbrochen aufsteigende ] Terassen bilden, sondern sich ihrerseits in die Ebene von Kedked und Schäb verlaufen, so dafs das Hochgebirge von Menza wie plötzlich und unvermittelt aus dem Flachland emporzutauchen scheint. Dadurch er- "halten wir in engbegrenztem Raum die mannichfaltigsten Bodenformen: 'üsten, mit spärlicher Vegetation, seltenem Wasser und vielem Salz; "Haiden, meist mit Dornen-Bäumen bestanden, im Winter von üppiger "Vegetation bedeckt; Thäler mit fruchtbarem Boden; Schluchten ler Braaströne, die in ui Regenzeit vom Hochgebirge hinunterbrausen, p und europäisch-kaltem, durch die Tropenzone gemildertem Klima, vigem Grün und ohne Schnee. Die Thäler und Haiden haben alle guten Boden, und da das Wasser icht fehlt und im Winter viel Regen fällt, sind sie durchgängig der Zultur fähig. Bis jetzt freilich hat der Mensch die Productionsfähig- eit der Natur nicht im Mindesten unterstützt; der Boden ist meist 2) Vergl. die früher in dieser Zeitschrift mitgetheilten Arbeiten des Herrn Ver- sers über die Länder im Nordosten von Habesch: ‚Briefe vom Rothen Meere,“ x. F. Bd. I, S. 289 _ 305, und „die nordöstlichen Grenzländer von Habesch,‘‘ N. F. Bd. II, S. 177— 205. 6* ANNE ® 7 Ir, 90 Werner Munzinger: mit einem hohen dicken Gras bedeckt, das zur Bewandung der Häu- ser dient und von den Thieren nicht berührt wird, ihm zur Seite in Thälern und Waldstrombetten ist ein ähnliches aber viel feineres Gras (Egerab), welches ein geeignetes Viehfutter darbietet. Dornenbäume sind überall verbreitet, unter ihnen auch der im Jemen häufige Sidr, dessen Frucht arabisch Nebek, im Yemen Kyn und hier Kussra heifst; sie hat das Aussehen einer kleinen grünen Bergkirsche mit grofsem Stein; dann der Gersa und Malhetta mit grolsen fetten säuerlichen Steinfrüchten. Der Baum des Arengalla ist sehr häufig, mit grofsen Blättern, vom Aussehen der Linde, doch nicht beträchtlicher Höhe. Die Schaura mit langem dünnen Schaft wächst im Meere und wird, wie der rothhölzige Gandalla, der südlich von Massua vorkommt, zu Stangen beim Bau der Strohhäuser gebraucht. Mit viel stattlicherem Wuchs, in gewaltigen üppigen Formen, kommt dieser Baum im Hoch- gebirge vor. Bei der schwachen Bevölkerung haben die wilden Thiere freien Spielraum. Der Löwe zeigt sich schon eine Tagereise von Massua _ und wird von den Eingebornen mehr geachtet als gefürchtet, da er nicht oft Menschen angreift: er heilst der grofse Mann (näs abi). Der Leopard (nemr, nebri) ist ebenso häufig und viel gefährlicher, da er dem achtlosen Beduy von hinten auflauert. Im Lande der Schohos wird er täglich erlegt. Die gewöhnliche Hyäne (Karai) findet sich bis an die Küste zu Tausenden; bei ihrer grofsen Kraft und schrecklichem Ge- bifs ist es ein Glück, dafs sie so feig ist und Menschen nur im Schlafe — überfällt. Doch habe ich bemerkt, dafs sie in der eigentlichen Wüste und Wildnifs sehr verwegen ist; ich war eine Nacht auf einer Excur- sion im Gebiete der Habab im Freien an einem Feuer gelagert und sogleich von wohl zwanzig dieser Bestien umgeben. Während die tapfern Hunde sie von einer Seite abwehrten, schlich eine Hyäne von hinten herbei und hatte ihre Vordertatzen schon auf das kleine Feld- bett, wo ich halb schlafend lag, gesetzt, als ein Diener aufsprang und sie verscheuchte. — Es giebt auch eine Art Panther, die sehr klein, aber selbst dem Löwen furchtbar ist. Das wilde Schwein (arawia) findet sich zahlreich in der Ebene von Ailat; es wird als unrein be- trachtet; seine Eckzähne hängt man Pferden als Talisman an. Es stirbt nicht schnell und ist für einen schlechten Jäger sehr gefährlich. Die Schakale sind unzählbar, wie die Sterne, doch nicht gefährlich, aufser für die Heerden; sie heilsen Abul Hüssein und sind dem Beduy, was uns der Fuchs, das Sinnbild der Klugheit. Der Affe (Kird) hat in den abgelegenen Klüften neben Massua förmliche organisirte Ansied- lungen. Der Straufs findet sich im Norden und Süden von Arkiko längs des Meeres; durch die unaufhörlichen Jagden hat er sich sehr vermindert Die Schoho’s und die Beduan bei Massua. 9 ınd besonders die weilsen Straufse fangen an selten zu werden. Der Elephant ist häufig im Mittelgebirge der Habab. Die Giraffe findet sich nur weiter im N. oberhalb Suakyn. Die gewöhnliche Gazelle ist grols, häufig, doch sehr schlau; sie hat eine niedliche Spielart in lem Atro (Beni Israel) und eine grofse Abart, von der Gröfse eines ‚albes, mit gewundenen Hörnern (Besa). Der Hase findet sich über- . Auch an Vögeln sind diese Gegenden sehr reich, und wenn die bunten Farben der abessinischen Vögel fehlen, so verliert doch der d ee: zer dabei. Die Wachteln fliegen in dichten Schaaren zu { lorado für den Jäger sind, wenn er Sonne, Durst und Dornen nicht scheut. Unter den Schlangen finden sich auch mehrere giftige Arten, selbst in den Häusern, wo auch grofse Skorpione mit ein und zwei Rüsseln vorkommen. Die Bergströme bringen oft grofse Boas von dem ebirge. herab. Auf Quellen stölst man meistens in nicht beträchtlicher Tiefe, en darf man über 4 Ellen graben und in den Gebirgen treten sie überall zu Tage. In Ailat existiren zwei heilse Mineralquellen, u denen von allen Seiten gewallfahrtet wird, ebenso eine am Golf von ] Eine intermittirende Quelle findet sich bei Tadali, die jetzt zum zweitenmal trocken steht, während sie vor wenigen Jahren einen kleinen Teich bildete. Die gegenwärtigen Bewohner dieses Landes sind die Schohos idlich und die Beduan nördlich, Trümmer zweier alten Reiche, des äthiopisch-christlichen der Königin von Saba, und des mohamedanischen der Völker von Adel, das dem ersten folgte. Diese Ursprünge sind wenig, erforscht, mehr geahnt als gekannt. Von den Urzeiten ist gar ht zu reden, nur Ruinen griechischer Städte, die überall zerstreut ‚ sprechen von ihnen; die lebenden Ruinen des Mittelalters sind lie übriggebliebenen Volksreste der Schohos und Beduan. Die Schohos. — Wenn man eine gerade Linie von Massua nach Halay zieht und eine ihr parallele vom Golf von Buri gegen das Hoch- gebirg und beide unten vom Meere und oben von der natürlichen Grenze, der abessinischen Bergkette schneiden läfst, so umschliefsen diese Linien las Gebiet der Schoho, die in mehrere Stämme getheilt sind, deren grölsten die an der nördlichen Grenzlinie, nicht weit von Arkiko woh- enden Hasauerta’s bilden. Ihre Sprache beweist, dals sie Brüder der nali und Galla’s sind, ein Keil von diesem Völkerstamme, zwischen ‚Meer und die äthiopischen Völker eingeschoben. Sie bilden mit en genannten zwei Nationen eine Sprachfamilie, die wahrscheinlich üdlich vom rothen Meere noch andere Glieder hat, bis jetzt aber noch x | kaum gekannt und beachtet, ist. Dem Laut der Schohosprache nach sollte man kaum glauben, dafs sie die Schwester des Galla ist, so fein und weich klingt das letztere, so rauh und wild der erstere Dialekt. Doch ist längst beobachtet, dafs Bergvölker stets ihre Sprache ver- härten und den Zisch- und Gurgellauten den Vorzug geben. So ist das Tigrina viel rauher, als die heitere Sprache des Amhara, so das Schweizerdeutsch dem Hochdeutschen gegenüber so markirt. — Ich hoffe in Kurzem diese eigenthümliche Sprache an einem andern Ort näher erläutern zu können; hier begnüge ich mich mit Mittheilung der Zahlwörter: 1 enik. 2 lämma. 3 edöch. A afar. 5 kon. 6 lech. 7 melchen. 8 bahar. 9 segel. 10 temen. 11 enik en ke-temen etc. 20 lammatanna. 30 sessemm. 40 morotom. 50 kontom. 60 lechtem. 70 melchetemen. 80 bahartomen. 90 bolsagla. 100 bol. 1000 schech. 15 enikke abra. 4 enik’ abra. Die Schohos sind ein armes Hirtenvolk ohne Ackerbau, haben aber die Pässe nach Abessinien in Besitz und benutzen dies, alle Durch- reisenden tributär zu machen. Alle Versuche, sie aus jener Position zu verdrängen, sind fruchtlos geblieben. So wild und unzugänglich ist ihr Land, dafs die Besitzer desselben keinen Angriff zu fürchten brau- chen. Jeder Durchreisende muls in Arkiko vom Naib oder in Halay einen Schoho als Führer (Delil) nehmen, der gegen eine Abgabe von einem halben Thaler für seine Sicherheit gut steht. Wenn man das Thal, das gegen Halay führt, hinaufgeht, glaubt man sich in eine Einöde versetzt, so schroff und steil thürmen sich die Feldwände zu beiden Seiten empor. Doch wehe dem leichtsinni- gen Reisenden, der auf diese Einsamkeit bauend sich lediglich auf sein Gewehr verläfst. Ist er erst tief in die Engpässe vorgedrungen, so hört er bald von der Spitze der Felsen ein gebieterisches Halt; küm- mert er sich darum nicht, so stöfst die Wache oben einen hellen Schrei aus, der durch alle Berge wiederhallt, und in einem Nu ist die Ein- öde von ‘hunderten von Speerträgern erfüllt und der Reisende sieht sich von allen Seiten bedroht. Da hilft nur eine theuere Capitulation. Da die Belau von Arkiko meist mit den Schohos verschwägert sind, hat der Naib immer eine gewisse Gewalt über sie und weils sie im Noth- fall bis in ihre Schlupfwinkel zu verfolgen; während Fremde viel Blut aufopfern mülsten, um dieser furchtbaren Positionen und ihrer Inhaber Meister zu werden. Der Pascha wenigstens hat mit Gewalt nichts ge- gen sie vermocht. — Die Schohos sind ihrem Gewerbe nach Hirten; sie haben grofse Heerden von schönen Kühen und besonders von an- sehnlichen unter dem Volksnamen Sihaui bekannten Ziegen, womit sie die Fleischer von Massua versorgen. Sie haben keine bleibenden Dörfer, 92 Werner Munzinger: er ur ie a Die Schoho’s und die Beduan bei Massua. 93 sondern ziehen den Weideplätzen nach, indem sie ihr Haus, ein Paar Stangen, die mit Häuten überdacht werden, auf einen Ochsen laden und mit sich führen. Auf ihren Halteplätzen bilden sie mit den Dorn- sträuchern der Wüste eine grofse Umzäunung gegen wilde Thiere, ber- gen darein ihre Heerden des Nachts und schlagen ihre Häuser auf, was keine grofse Arbeit kostet. Dals sie in Felsen wohnen, habe ich nur aus Bruce erfahren; allerdings hat man mir auch von einem Stamm erzählt, der Troglodyt sein soll, dieser aber gehört nicht zu den _ Schohos. werden nicht geschoren, sondern stehen, kraus wie sie sind, auf dem Kopf empor, in der Mitte gescheitelt, wie es früher bei uns Mode war, _ Die Frauen bedecken sich den Oberleib mit einem Zeug, das auch _ unter den Beduan-Weibern gebräuchlich ist; um die Lenden binden sie das Futtah oder eine weilsgegerbte ganz biegsame Haut. Die Nah- _ rung ist die aller Hirten; das Brod kaufen sie gewöhnlich in Abessinien. Die Farbe der Schoho ist dunkelbraun bis schwarz; die Physiogno- _ mie ist viel wilder, charakteristischer, als die der Beduan, doch wenig ‚negerartig; nur die Haare gleichen grober Schaafwolle. Die einfache - Lebensweise und die Sittenreinheit macht dieses Volk kräftig und giebt ihm ein jugendliches Aussehen. Schönheit findet man nur unter den ‚Frauen. Der Volkscharakter ist schwer zu beschreiben, da man den Schoho selten im Innern seiner Familie sieht. Zu einer freien Wildheit ist er schon durch die Natur seines Landes getrieben, und sie drückt sich besonders in dem unbändigen Auge, der schreienden Stimme, der leb- haften Gestikulation aus. Wo er sich physisch überlegen fühlt, wird r übermüthig; wo er zu gewinnen hofft, falsch. Er braust leicht auf and erträgt kein böses Wort. Er ist ein freier Mann in seinen Ber- gen und verachtet den unterdrückten Beduy. Muth, glaub’ ich, hat er nur daheim. Treulosigkeit übt er täglich, doch nur an Fremden, die er als natürliche Feinde ansieht. Aber der Reisende, der seinen Sicher- heitsführer genommen hat, wird nie angetastet. Einen einzigen Fall habe ich in dem letzten Jahre erlebt, wo diese Sicherheit verletzt wurde. Es kam ein Abessinier mit einem Führer und einem andern Schoho von Halay und wurde auf halbem Wege von den Landsleuten dieser eiden geplündert. Der Führer, durch diesen Treubruch empört, er- Jlärte, nie mehr in sein Dorf zurückkehren zu wollen, bis all’ das Ge- 94 Werner Munzinger: ähnlichen Falle erschlug der gekränkte Führer die Räuber und konnte nie mehr in sein Land zurückkehren. Wir finden also auch hier in gewissen Verhältnissen Treue und Ehrgefühl, das bei allen Völkern vorhanden ist, aber stets anders aufgefafst wird. — Gastfreundschaft gegen Eingeborne versteht sich stets von selbst und auch der Fremde, der in ein Dorf tritt, wird stets mit reichlicher Milch bewirthet und bekommt eine Haut zum Lager angewiesen. Ist er so empfangen, so kann er sich an seinem Feuer ruhig niederlegen. Die Schohos sind vollständige Republikaner; jeder macht was er will, wenn auch jedes Dorf seinen Richter hat. Uebrigens sind die Lebensverhältnisse so einfach, dafs der gröfste Tyrann hier nichts zu thun hätte. Der Schoho ist in seinem Privatleben sehr mälsig, er verabscheut geistige Getränke, und labt sich an der herrlichen Milch, die er im Ueberflusse besitzt. Vor Allem zu rühmen sind die frischen, guten Sitten. Die Ehre der Jungfrau, die schon durch die auch hier gebräuchliche Beschneidung einen Trutz hat, wird eifersüchtig bewacht und ihre Verletzung oft mit dem Tode bestraft. Die Frauenehre wird, obgleich der Schleier kaum gebräuchlich ist, nie angetastet. Freilich ist die Sittenreinheit nicht bei allen Stämmen so gut bewahrt und auch hier soll es in den „guten alten Zeiten“ besser gewesen sein. Der Durch- zug der Civilisation bringt auch in diese abgelegenen Thäler nicht ihre Segnungen, sondern ihren Pesthauch. Die Sittenreinheit hat dieses Volk viel jünger, frischer bewahrt, als ihre Nachbarn die Beduan. Der Strom europäischer Einwanderung wird die abgelebten Beduan schnell vernichten, während die jugendlichen Schohos nur widerstrebend ihm weichen werden. Die Schohos sind geistig gut ausgestattet, schlau, vorsichtig, be- rechnend, geborene Diebe. Der Begriff „Eigenthum“ wird nicht über- all so genau definirt, wie in Europa. Stehlen ist überall eine Schande, Rauben wird aber bei allen Barbaren als Ehrensache angesehen. Wer ohne Bürgen für seine Sicherheit ins Gebiet der Schoho tritt, ist recht- los und seiner Habe beraubt. Kriegszeiten in den umliegenden Län- dern berechtigen natürlich die armen Hirten, ihre Heerden von aufsen zu vermehren. Und auch in Friedenszeiten geht hierzu keine Gelegen- heit verloren; der Raub wird schnell vertheilt und aufgezehrt, um Rückgabe unmöglich zu machen. Besonders in den letzten Zeiten haben wir gesehen, was ein solches unbotmäfsiges Räubervolk an den Thoren von Massua vermag: es erkennt kein Völkerrecht an; jeder Fremde ist ihm rechtlos; Raub aufserhalb der Grenzen gerecht. Innerhalb ihrer Grenzen, unter ihren Landsleuten sind sie indefs weder diebisch noch treulos; nur gegen den Fremden glauben sie ganz andere Maximen be- folgen zu dürfen. Dies gilt auch von ihren Brüdern, den Somalis, einem ee Die Schoho’s und die Beduan bei Massua. 95 Volk ohne Recht und Gesetz, bei welchem aber dem Fremden, der sich durch den Abbän unter den Schutz des Landes stellt, nie ein Haar gekrümmt wird. Man könnte die Schoho’s ihrer jugendlichen Unverderbtheit nach ein hoffnungsvolles Volk nennen; doch ermangeln sie jeder gefälligen Aufsenseite, sie haben keine Spur von Gutmüthig- keit, sind rachgierig, eigennützig, ohne alles ideale Gefühl. Die Streitigkeiten der Schohos mit Massua verhinderten mich wäh- rend meines Aufenthalts ihr Land zu durchwandern, wie ich wohl ge- wünscht hätte. Doch hätte ich auf meiner Excursion nach Zula bald elegenheit gehabt, mit ihren liebenswürdigen Qualitäten näher bekannt werden. Der gewöhnliche Weg nach Zula führt von Arkiko durch hi ker. Doch giebt es noch einen andern Weg, der dem Meer entlang am Fufs des Berges dahin führt. Auf dem Hinwege nach Zula begegnete ich mehreren Schohos, die sich verwunderten, dafs ich auf ihrem Gebiete ohne Führer reise. Doch wagten sie nichts zu thun, da ich bewaffnet und von mehreren Dienern begleitet war. Als ich auf dem Rückwege des Abends das obere Zula passirte, luden mich die Bewohner ein, hier zu übernachten und da ich dies ablehnte, riethen sie mir, den Weg längs des Meeres zu gehen, da sie wülsten, dafs ‚mehrere hundert Schohos im Bergpasse dem durchreisenden Franken auflauern wollten. Da ich wulste, dafs die Leute von Zula die besten Preunde der Schohos sind, verheimlichte ich, welchen Weg ich wählen vürde und zog vorbei. Gleich hinter dem Dorfe scheidet sich die Stralse. Da es stockfinstere Nacht war, führte mein Beduine mein Dro- medar, und da er durch die Reden der Leute gehörig in Angst gesetzt war, hatte er vor, mich ohne mein Wissen auf den untern Weg zu lenken. In demselben Augenblick erhellte ein Blitz den vor uns be- indlichen Berg Gedem und ich sah mich unwillig zur Rechten geführt. Ich rifs mein Dromedar zur Linken und rief: hier ist der Weg! Wir passirten den Pafs und befanden uns am nächsten Morgen wohlbehalten vo: Arkiko. Ich erfuhr nachher, dafs die Schohos auf meine Fureht rech- ü he, die dort weidete, weggetrieben hatten. Hätte ich der Furcht laum' gegeben, wäre es mir theuer zu stehen gekommen, um so mehr, ja ich nur meine Jagdflinte mit mir führte. ' Die Beduan. Der Beduy ist durch seine Farbe Afrikaner, durch eine Physiognomie Kaukasier, durch seine Sprache Semite. Er ist im janzen schwarz, doch giebt es viele Nüancen ‘und die entschiedene Jarbe des Negers erreicht er nie. Im Lande selbst unterscheidet man 'h (käich), womit Türken und Europäer bezeichnet werden, dunkel- ; 96 Werner Munzinger: roth (hamelmil) und schwarz (dselim). Die Bewohner von Massua sind viel heller, als die Hirten. Das Gesicht ist wohlgestaltet, die Nase lang und gerade, die Stirne hoch, das Auge grols; der Ge- sammtausdruck ruhig und nobel; der Körper eher lang, doch nicht selten fett und nicht besonders stark gebaut; die Frau meist delikat, klein, wohlgeformt und besonders durch regelmäfsige Gesichtszüge und die ganz griechische Nase ausgezeichnet. Sie ist im Ganzen schön, obgleich ohne den sanften Ausdruck und die Lebendigkeit der Abessinierin. Man mufs den wahren Beduy in Menza und bei den Habab suchen, die mit dem reinen Blut auch den ursprünglichen Charakter und Ge- sichtsausdruck bewahrt haben, während die Beduan des Samhar sich oft mit Arabern und Schoho vermischten. Die ganze Physiognomie hat etwas Edles. Der würdevolle Ausdruck ist gehoben durch die noble Haltung, den langsamen fast affectirten Gang, die fast römische Tracht, das unbedeckte Haupt mit seinem reichen Haarwuchs und die Ruhe _ im Vortrag. Die Stimme hat etwas Gutmüthiges, aber Gemeines, was den Eindruck stört, und das Auge, das beim Kinde Muth und Feuer ist, verliert beim Mann den Ausdruck und erinnert daran, dafs diese Nation ihre Blüthe und Kraft hinter sich hat. Die Physiognomie bleibt, doch Auge und Stimme verändern ihren Ausdruck mit dem Sinken des Menschen oder des Volkes. — Es ist kein Zweifel, dafs aulser den Semiten andere rein kaukasische Völker zur Bildung dieser Hirten- völker mitgewirkt haben. Die Physiognomie läfst nur an Griechen denken, die einst an diesen Küsten blühende Handelscolonien unter- hielten und wirklich rühmen sich die Bewohner von Obermenza, die den alten Gesichtsausdruck in seinen edelsten Formen bewahrt haben, Kinder der Franken zu sein. f Die Sprache des Beduy aber ist ganz semitisch. Sie ist das fast rein erhaltene Geez. Während es im christlichen Abessinien, wie das lateinische, nur in den Kirchenbüchern erhalten ist, sonst aber manche Veränderung erlitten hat, lebt es aufser seinem Vaterlande unter den Hirten so unverfälscht fort, dafs die abessinischen Theologen oft ' bei den Habab die Volkssprache befragen, um den verlorenen Sinn eines alten Wortes wieder ausfindig zu machen. Das Geez ist durch den verdienstvollen Ludolf in die europäische Wissenschaft eingeführt worden; doch fehlte diesem Gelehrten vor allem die Kenntnifs des Tigre (so heilst das Geez unter den Beduan), womit er die Bücher- sprache vielfach hätte bereichern, berichtigen und erklären können. Jeder Gebildete weils, dafs das Geez eine semitische Sprache ist, Schwester des Arabischen und Hebräischen. Die Schrift ist fast ganz die verunstaltete koptische, was sich aus den kirchlichen Verhältnissen Die Schoho’s und die Beduan bei Massua. 97 klärt, und geht wie dieses von der Linken aus. Der Sinn des Arabers für mathematisch regelmäfsige Formen hat sich auf das Aethiopische nicht erstreckt, das getreuer als seine gelehrten Schwestern die rohen Urformen des Semitischen bewahrt hat. Die Bildung der Conjugation aus‘ der Verbindung des Verbums mit dem persönlichen Fürwort ist frisch erhalten; die Endlauter werden auch in der Aussprache nicht vernachlässigt. Ueberhaupt hat der Vocal seine Bedeutung nicht ver- oren und wird schon in der Schrift charakteristisch hervorgehoben; die einzelnen Selbstlauter werden nicht wie im Arabischen vermischt and Diphtonge sind nicht selten, die Consonanten sind fast die glei- chen, obgleich die Gutturalen und Dentalen weniger charakteristisch sind. Das radikale Elif, Wau und Ye haben dieselbe Kraftlosigkeit, doch ist ihre Umwandlung im Geez nicht so regelmässig. Der Dualis fehlt. Die Wurzeln sind, wie im Arabischen, Verben von 3 Consonanten. Doch giebt es viele unvollständige wurzellose Wörter, die auf das Ur- semitische hindeuten. Das arabische Passiv durch Umlaut fehlt. Die Zeiten sind die gleichen; doch ist die lebende Sprache einfacher, in- dem sie das Futurum durch Hülfszeitworte ersetzt. Die Conjugationen les Arabischen finden sich auch im Geez unvollständig und verändert wieder; doch sind sie im Tigre, wie im Neuarabischen, sehr beschränkt and haben ihre produetive Kraft verloren. Die Negation y theilt unsere Sr ache mit der hebräischen. Das lebende Geez oder Tigre ist in einer Construction sehr einfach, leicht und für's Gehör angenehm. Im Hamazen ist es schon sehr verderbt, im eigentlichen Tigre bildet es fast einen neuen Dialekt, das Tigrina, während das Amharina eher ifrika anzugehören scheint, als der semitischen Sprachfamilie. Das einste Geez findet man aber ohne Zweifel in Menza und bei den abab. een wir jetzt das Leben des Beduy von der Wiege bis zum a 48 x k Das neu geborne Kind wird zunächst benannt. Die Leute in der ähe von Massua nehmen ihre Namen fast immer aus den Erinnerun- a des Islam, während die neu bekehrten Habab die alten ihrem de eigenthümlichen Namen noch immer ‘nicht aufgegeben haben, ® entweder ganz heidnisch klingen oder an das Christenthum mahnen. e Beschneidung ist hier wie in Abessinien allgemein, hat aber in dem ztern nicht mehr eine religiöse Bedeutung. Den heidnischen Gallas gegen ist sie unbekannt. Die Ineisio der Frauen, über die man sich den Reisebeschreibungen nach Darfur belehren mag, ist unter den hoho, Beduan, Bogos und über’s Gasch hinaus bis nach Darfur hin gemein gebräuchlich, um die Jungfräulichkeit zu bewahren. Doch tschr. £. allg. Erdk. Neue Folge. Bd. VI. I erstreckt sich diese barbarische Sitte, die schwere Kindesnöthen und oft Fehlgeburten nach sich zieht, nieht nach Abessinien. Die Knaben und Mädchen wachsen zusammen bei den Heerden auf, die fast ebenso gelehrt sind, wie ihre Hüter. Das Mädchen bleibt bis zur Heirath bei der Mutter, während der Knabe meistens den Vater auf den Markt von Massua begleitet und früh mit dem Reiten der Dro- medare vertraut wird. Man denkt nie daran, diesen ein Handwerk oder das Mädchen weibliche Arbeiten lernen zu lassen, da die einzige Bestimmung des Mädchens darin besteht zu heirathen und nichts zu thun und die des Knaben, ein ebensoguter Butterfabrikant zu werden, wie sein Vater. In Massua werden die Knaben früh in die Handels- geschäfte eingeweiht und lernen meist lesen und schreiben, was bei den Beduan selten der Fall ist. Die Hirtenmädchen in der Umgegend von Massua verdienen immer etwas Geld, indem sie in die Stadt Wasser und andere Provisionen tragen. Die kleinsten Mädchen werden sorg- los dahin geschickt und oft um mehr als ihr Geld betrogen, deswegen werden sie gewöhnlich nicht die besten Frauen, sie werden coquett und sehr auf’s Geld erpicht. Die Delicatesse der Unschuld darf man in diesem Lande nicht suchen, sie ist auch bei der einfachen Einrich- tung der Häuser und der Ungenirtheit der Unterhaltung nicht möglich. Aergernils nimmt man an der letztern nicht; auch besteht die einzige ; i 98 Werner Munzinger: Sorge der Familie darin, dafs das Mädchen den äufsern Schein der Jungfräulichkeit nicht verliere. Ein solcher Fall ist das höchste Un- glück für eine Familie. Bemerkt man, dafs ein Mädchen verführt wor- den ist, so wendet man alle Mittel an, den Verführer kennen zu lernen, e der oft durch eine Heirath sein Verbrechen sühnen mufßs. Hat ein Mädchen geboren, so wird das Kind von seiner Grofsmutter unbarm- herzig getödtet. Ich habe oft von solchen Verbrechen gehört, ohne dafs die Justiz sich darum bekümmerte; die Eltern werden in diesen Ländern als Herren der Kinder betrachtet; der Staat hat hier nicht mitzusprechen. Zuweilen gelingt es, den ganzen Vorfall so geheim zu halten, dafs das Mädchen später heirathet; im andern Falle sucht man dasselbe nach Dahalak zu verheirathen, da die Bewohner dieser In- seln stets Mangel an Frauen haben und deshalb nicht sehr wähle- risch sind. Der Schleier wird vor der Heirath nie getragen und auch nach-_ her ist er nur vor Fremden und bei Reisen gebräuchlich und bedeckt das ganze Gesicht. Doch richten sich die Bewohner Massua’s viel mehr nach der arabischen Sitte. Die Mädchen haben auch, wenn sie erwachsen sind, alle mögliche Freiheit; sie gehen aus und ein, wie es ihnen beliebt. Ich kann hier eine eigenthümliche Sitte nicht unerwähnt lassen. Am 8ten des Monats Die Schoho’s und die Beduan bei Massua. 99 Aschur ist es nämlich den Knaben erlaubt, jedes Mädchen, ‘das sie antreffen, unbarmherzig durchzupeitschen, was gar nicht sentimen- ‚tal ausgeführt wird. ‘Da sich die Mädchen natürlich an diesem Tage "in den Häusern verborgen halten, verstellen sich die Knaben als Bett- ler oder wenden irgend eine andere List an, um sie herauszulocken. ‚Da i in dieses an sich unschuldige Spiel nicht selten sehr grofse Kinder ‚sich mischen, entsteht oft böser Streit und Familienhafs daraus. Das freie Verhältnils der beiden Geschlechter verändert sich gänz- lich durch die Heirath. Die Verlobung wird meistens sehr früh zwi- ‚schen den Eltern oder Vormündern abgemacht, die es dabei auf Fa- ilien- Allianzen absehen. Doch geschieht es oft, dafs der Jüngling, der immer den ersten Schritt zu einer solchen Verbindung zu thun _ hat, bis in das männliche Alter wartet und dann seiner Neigung fol- Be wählt. Bei der Verlobung wird die Summe abgemacht, die der Knabe dem Vater des Mädchens zu geben hat, und der auch Ge- henke in Kleidungsstücken für die Mutter und die Verlobte beige- ‚fügt werden. Doch wird dies dem Knaben gut geschrieben und der Werth dieser Geschenke ihm bei der Heirath vom Schwiegervater in Kühen zurückerstattet. Die Summe ist natürlich je nach den Ver- -hältnissen der Leute. Vom Tage der Verlobung an ist der Jüngling verpflichtet, seiner Braut und deren Mutter sorgfältig auszuweichen. Sie nach der Verlobung sehen zu wollen, wird für sehr unanständig gehalten und führt oft die Auflösung des Verhältnisses herbei. Begegnet der Jüngling der Braut unerwartet, so verhüllt diese ihr Gesicht und Ihre Freundinnen umringen sie, um sie dem Blicke des Bräutigams zu entziehen. Man geht nie eine eheliche Verbindung ein, ohne die Wahr- igerin des Dorfes über sein künftiges Schicksal befragt zu haben, und ei einem schlechtem Omen 'wird das Verhältnifs aufgelöst. Kommt ie Heirath durch irgend einen Zufall nicht zu Stande, so wird natür- ch Alles zurückerstattet, was der Vater von dem Knaben ee en hat. 3 Die Heirath erfolgt gewöhnlich ein Jahr nach der Verlobung, ob- leich dies kein Gesetz ist. In Massua, das die alten Gebräuche nicht iehr so rein bewahrt hat, kann man in jeder Jahreszeit heirathen, äh end die Beduan nur im Winter diesen Act begehen, und, ® Kalender ihres katholischen Alterthums eingedenk, nie in der istenzeit. Der Sonntag wird als ganz besonders günstig dazu ange- hen. In Massua macht der Bräutigam dem Mufti einen Besuch, der m die Ermahnungen eines Pfarrers zu Theil werden läfst. Die Hei- h selber verlangt aber nur die Zeugen, wie sie der Islam aufzählt. an verheirathet sich, der Jüngling von 17 Jahren an, das Mädchen n 12, doch oft viel später, besonders in der Stadt. 7 100 Werner Munzinger: Am Tage der Heirath versammeln sich die Knaben bei dem Bräu- tigam und die Mädchen bei der Braut und verbringen mit Spielen und Unterhaltung den Tag. Gegen Abend setzen sich die Freunde in Be- wegung, um die Braut abzuholen, die nach einigen Unterhandlungen vermummt von den Freundinnen ins Haus des Bräutigams gebracht und diesem übergeben wird. Die Festlichkeit dauert drei Tage, die der Neuverheirathete gewöhnlich bei seiner Frau zubringt, während die Anwesenden mit Honigwasser, Kaffee, Reis in Butter, Süssigkeiten und Fleisch traetirt werden. Da der Wein fehlt, bleibt aber alles ziemlich nüchtern. Tag und Nacht werden zwei verschieden gestimmte Pauken geschlagen, gesungen und von den Knaben Waffentänze improvisirt. Eigenthümlich ist die Sitte, dafs jeder Eingeladene dem Bräutigam vor Zuführung der Braut einen oder mehrere Thaler zuwirft, was bei einer spätern Verheirathung des Gastes auf gleiche Weise zurückerstattet wird. Zu gleicher Zeit führt der Schwiegervater die stipulirten Kühe herbei, was dem Ehepaar einen gewissen Fonds sichert. — Das Hoch- zeitsgeschenk des Bräutigam’s an die Braut sind silberne Ringe um die Knöchel, die Arme, in die Nase, die Ohren, und ein Kamm für die Haare. In der Stadt wird alles dieses sehr massiv gearbeitet, und eine Frau trägt oft für 200 Thaler Schmuck. Bei den Be- duan ist man aber viel bescheidener, meistens genügen zehn Thaler. Dessenungeachtet leben viele Leute im Concubinat, bis sie im Stande sind, ihrer Frau einen anständigen Schmuck zu geben. Dieser allein und die Kleidung, die den ganzen Leib bedeckt, unterscheidet die Frau von der Jungfrau. Die jungen Eheleute bleiben vierzig Tage im Hause, wo sie von den intimen Freunden besucht werden. Bei einigen Stämmen mufs die Frau volle 3 Jahre im Hause aushalten, ohne auszugehen oder eine Arbeit anzurühren. — Da die Heirath in der Stadt grofse Ausgaben mit sich führt, ist Polygamie und Scheidung sehr selten, während der Beduy mit der Heirath seinen Viehstand vermehren will und daher oft drei Frauen nimmt. Dies ist besonders häufig bei den christlichen Bo- gos, die aber den Katechismus etwas vergessen zu haben scheinen. Heirathet jemand ein zweites Mal, so wird wenig Gepräng gemacht und der Mann bleibt nur etwa 14 Tage im Hause. ; In jedem Hause ist in der Erde ein Gefäfs mit enger Oeffnung: angebracht, das jeder Zeit, besonders in den Flitterwochen mit duften- dem Rauchwerk angefüllt wird. Die junge Frau setzt sich, von Kopf bis zu Fülsen wohl verhüllt darauf und bleibt mehrere Stunden diesem Qualm, womit man den ganzen Körper wohlriechend machen will, aus- gesetzt. Aufserdem werden Hände und Fülse stark mit Henna gefärbt, die Haare, nach der Art unserer Damen aufgescheitelt, mit Pomaden Die Schoho’s und die Beduan bei Massua. 101 erfüllt und mit Blumen besteckt und endlich der ganze Körper mit wohlriechendem Oele gesalbt, so dafs eine Dame von Weitem die At- mosphäre auf eine Weise afficirt, die einem Fremden Schwindel ver- ursachen mufs, von den Eingebornen aber als Vorgeschmack des Pa- radieses betrachtet wird. Da die Frau Nichts zu thun und kein anderes Bestreben hat, als dem Mann zu gefallen, so bringt sie die ganze Zeit, die nicht mit Schlafen oder Schwatzen hingeht, mit ihrer Toilette zu. y Die Frau des Beduy betet selten, worin ihr übrigens ihr Mann _ das Beispiel giebt. In Massua dagegen sind die Frauen sehr auf’s _ Beten versessen und etwas fanatisch. Wir können den Contrast nicht unbemerkt lassen, der sich in dieser Hinsicht zwischen dem Christen- thum und dem Islam zeigt. Unsere Religion scheint eine Religion der Frauen zu sein und der Islam eine Religion der Männer. Im Beten giebt die christliche Frau ohne Zweifel das Exempel, während es bei den Muslimin gerade der Mann ist, dem das Bethaus ausschliefslich geöffnet ist, die Frau hingegen kaum an Religion und Gebet gemahnt wird. - Auch würde sie bei den häufigen Niederwerfungen und Kopfdrehungen, die das Gebet fordert, eine sehr komische Rolle spielen. Die Frau schuldet dem Manne Gehorsam und Unterwürfigkeit, die sich in der Fufswaschung am Besten ausdrückt. Sie geht nicht aus ohne des Mannes Wissen. Dagegen wird die verheirathete Frau als ein Wesen angesehen, das über der Arbeit steht. Der Mann selbst würde ent- rüstet sein, wenn man seiner Ehehälfte irgend einen häuslichen Dienst - zumuthen wollte. Uebrigens sind die wenigsten reich genug, sich eine Sklavin oder Dienerin zu halten. Da mufs die Frau gezwungen aus “ihrer Sphäre hinabsteigen. Doch ist die Küche und das Hauswesen 'so einfach, dafs nicht viel Mühe erfordert wird. Mit Nähen, Stricken und Weben sind die Beduan-Frauen gänzlich unbekannt und würden solche Beschäftigung als Entehrung ansehen. In diesem Punkte sind sie noch viel schlimmer, als die Araberinnen, die doch aus der Faul- ‚heit keinen Grundsatz machen, während die abessinischen Frauen, vor- nehm und gering, nie müssig gehen und ihren Stolz darein setzen, dafs alle Kleider aus ihren fleifsigen Händen hervorgehen und dafs dem ‚Mann bei der Heimkehr von seinen Geschäften die Lieblingsgerichte vorgesetzt werden, die ihm die erfahrene Hand der Hausfrau selbst zubereitet hat. Dieser Contrast in der Stellung der Frau führt mit sich, dafs der Abessinier mit selbstgewobenen Zeugen gekleidet geht und der ausländischen Fabricate nicht bedarf, während der Beduy ohne e Einfuhr vom Ausland nackt gehen mülste. — Scheidung kommt nicht sehr häufig vor, da der Mann Gelegen- 1eit hat, das Mädchen, das er heirathen will, kennen zu lernen. Die Kinder bleiben bei der Mutter, die dafür alle Hochzeitsgeschenke behält. 102 Werner Munzinger: Ehebruch von Seite der Frau: wird selten ruchbar und meistens durch Scheidung im Stillen gesühnt. Der Mann dagegen hat alle Frei- heit, besonders bei den Habab, und benutzt sie ohne Scheu. Deswegen sind in jedem Dorfe öffentliche Mädchen, meistens von dem genannten Volke, und sie wohnen ungescheut mit den andern Leuten zusammen. Bei Todesfällen dienen sie als Klageweiber, bei Festlichkeiten werden sie angestellt, unter Begleitung der Pauken und Harfen zu singen. Aufserdem geben sie sich mit Bereitung des Honigweins und des Bie- res ab. Ihre Stellung ist zwar im Koran scharf genug bezeichnet, doch liegt darin in diesen Ländern, wo die Moral viel laxer aufge- fafst wird, nicht das Schreckliche, wie z. B. in Europa. Und eben- deswegen, weil sie sich nicht so degradirt fühlen, wie ihres Gleichen in christlichen Ländern, verlieren sie nie einen gewissen Anstand, der sie von der ärgsten Versunkenheit zurückhält. Bei den Habab und zu Menza wird die Einweihung eines öffentlichen Mädchens zu einem Volks- fest gemacht, wo immer mehrere Kühe geschlachtet und eine Nacht unter Gesang und Waffentanz zugebracht wird. Der Leser wird sich eines Entsetzens über diese Sitte nicht erwehren können; aber wir dürfen nicht vergessen, dafs diese Barbaren kaum besser unterwiesen werden — und das Bewulstsein erst macht die Sünde zum Verbrechen, — während der stolze Europäer von Kindheit auf wohl weils, was gut und schlecht ist und deshalb eine viel schwerere Verantwortlichkeit trägt. Die Eheleute bauen sich mit Beistand von Freunden und Ver- wandten ihr eigenes Haus. Zu diesem Behuf werden die Kameele ausgeschickt, um eine genügende Menge von Stangen und Rohrgras heimzubringen. In der Nachbarschaft von Massua werden die Häuser gewöhnlich in der Form eines länglichen Vierecks aufgeriehtet, die vier Hauptbalken mit vertikalen Stangen verbunden und das Ganze mit einer aufgebundenen Schicht Gras bedeckt, ohne anderes Licht, als das durch die Thüre einströmt. Das Dach wird gewöhnlich mit einem Meergras bedeckt, das von Dahalak kömmt und ganz wasserdicht ist. Das Haus ist in zwei Zimmer getheilt, wovon das eine. der Familie vor- behalten ist und nach hinten einen ganz besondern niedern Ausgang hat. Diese Art Häuser ist aber unter den Habab und bei den übrigen Stämmen des Innern ungebräuchlich. Das eigenthümlich beduinische Haus hat die Form einer Kuppel, die durch gebogene Aeste und Stan- gen gebildet wird; die Wände sind von Natten, die Decke von Häu- ten gebildet, die den Regen abhalten und dazu beitragen, die Wohnung kühl zu halten, da die Natten die freie Luft passiren lassen. In dieses runde Haus ist ein gleichgeformtes Häuschen hineingestellt, das von der Frau bewohnt wird und das Privatzimmer bildet. Diese Häuser können in zwei Tagen bequem aufgerichtet und sehr leicht abgebrochen Die Schoho’s und die Beduan bei Massua. 103 und forttransportirt werden. Sie sind selten sehr geräumig; wer einen grolsen Haushalt hat, bringt ihn in 2 oder 3 solcher Hütten unter, be- sonders wenn mehrere Frauen vorhanden sind. Diese Architektur verlangt keine Maurer noch Zimmerleute. Es giebt unter den Beduan keine Handwerker. Die Schuhe verfertigt sich jeder selbst; sie bestehen aus einer Sohle, die mit Riemen am Fufse befestigt wird und die Oberfläche desselben sichtbar läfst. Viele Leute gehen barfuls, was aber in diesem Dornenlande nicht angenehm ist. Die Leute von Massua verwenden viel mehr Kunst auf die Ver- fertigung dieser Sandalen, die in der Stadt zu einem sehr geachteten Handwerk geworden ist. Das Leder dazu wird sehr solid bearbeitet, die Riemen bunt gefärbt, die Sohle sehr dicht gemacht. Das Ganze erinnert an die Sandalen der alten Griechen, denen diese Tracht wohl entlehnt sein mag, während die leichten Schuhe der Beduan- sehr ein- fach, aber auf Reisen viel bequemer sind. Die Kleidung besteht nur aus einem Stück Zeug, dafs um die Lenden gewickelt wird und einem grolsen breiten viereckigen Stück, Arida, darüber, dessen zwei Enden kreuzweise über die beiden Schul- tern geschlagen werden. Die unverheiratheten Mädchen tragen im Innern selten mehr, als einen mit Franzen versehenen Gürtel um den Leib. Die Frauen tragen das Futtah und das Schadir, das den ganzen Leib bedeckt. Das Futtah, das man in Massua von den Banianen kauft, wird oft (wie bei den Schohos) durch ein ganz weich und weils gegerbtes Stück Kuhhaut ersetzt. Die Männer verachten Tarbusch und Turban, die nur in der Nachbarschaft von Massua gebräuchlich sind; abweichend von den Arabern lassen sie den Haaren ihr volles Wachs- thum und frisiren sie auf sehr mannichfaltige Weise, meistens in der Art, wie es am Hofe Ludwig’s XIV. gebräuchlich war; als Pomade dient wohlriechendes Oel und Schmalz, das den Haaren einen weils- lichen Glanz giebt und ihren Wuchs befördern soll. Da die Beduan meist sehr reichliche, lange schwarze Haare haben, kann man einer solchen Frisur eine gewisse wilde Schönheit nicht absprechen. Die Beduan sind ihrer Beschäftigung und ihrer natürlichen Anlage nach Hirten, treiben aber auch unter Benutzung der Winterregen Ackerbau. Um Massua wird wenig gepflanzt, während die Habab und Menza ganz von selbst gebauter Durra leben. Der Ackerbau ist in seiner Kindheit, doch haben die Leute Neigung dazu und aufgemun- ‚tert würden sie sich ganz darauf legen. Jetzt aber bleibt die Vieh- zucht noch immer die Hauptsache. Man kann nicht sagen, dafs es _ in der Umgegend von Massua reiche Viehzüchter giebt, die Tausende _ von Kühen besitzen. Die Kuh des Samhar ist klein und giebt bei ' dem magern Futter wenig Milch; die der Berge ist viel beträchtlicher. 104 Werner Munzinger: Ziegen werden besonders in der Nähe der Stadt in grolsen Heerden unterhalten, um diese mit Milch und Fleisch zu versorgen. Um die Milch in der Hitze zu conserviren, wird sie stark geräuchert, was ihr einen unangenehmen Geschmack verleiht. Das Kameel des Samhar ist sehr grols und fett, trägt viel, ist aber schwerfällig und ermüdet den Reiter. Seine fette Weide ist das Thal von Ailat. Das der Ha- bab ist ebenso grols, aber im Bergsteigen sehr gewandt und dient, zum Reiten und Tragen. Als Reitthier ist besonders das zarte feine Ka- meel der Arendoa berühmt, das von Jugend auf zur Jagd abgerichtet wird. Die Qualität des Kameels verbessert sich, jemehr man sich dem Gasch und Sennaar nähert. Die schlechteste Art ist das Dankali, das sehr klein und scheu ist. Die männlichen (gem!) dienen zum Reiten und Lasttragen; die weiblichen (ensa) geben eine Milch, die sich lang trinkbar erhält und der Gesundheit äufserst zuträglich ist. Die Beduan lieben das Kameelreiten sehr und thun es mit vieler Grazie. Den Sattel verfertigen sie selber aus einem sehr starken gelben Holz, auf die Weise, dafs über den zwei Jochen ein Sitz angebracht ist, worauf man so bequem wie auf einem Stuhle sitzt, die Beine herabhängend oder gekreuzt. Ein gutes Dromedar scheut Wettrennen mit dem Pferde nicht, das auf lange Distancen nicht mit ihm rivalisiren kann. Für heifse Länder ist das Kameel das beste Reitthier; man kann Tage lang damit reisen, ohne sich ermüdet zu fühlen. Pferde sind unter den Beduan selten und werden erst gegen Barka zu häufiger, wo man ‚die Dongola findet. Von dort kommen auch die Esel, die in allen diesen Gegenden als Lastthiere dienen; Maulthiere bringt der Verkehr‘ mit Abessinien hieher. Die Beduan haben zwar feste Dörfer, doch zieht ein Theil: der Bewohner stets mit den Heerden umher, wie die Schohos, baut sich an den zeitweiligen Weideplätzen improvisirte Lager und beschreibt im Laufe des Jahres einen grofsen Wanderkreis, der im nächsten Jahre von Neuem zurückgelegt wird. Es ist natürlich, dafs über die nie fest begrenzten Weideplätze oft Streit entsteht. — Das einzige Fabrikat der Beduan ist die Butter, die bei der grolsen Hitze ganz flülsig in Bockshäuten auf den Markt gebracht wird. Die Beduan sind grofse Liebhaber davon und trinken bedeutende Quantitäten ohne Widerwillen. Käse wird nicht fabrizirt. Die gewöhnliche Nahrung des Beduy ist Milch und Durra mit Butter. Brod ist im Innern selten; die Durra wird gemahlen und mit Wasser zu einem Brei angemacht, der ‚unter den Namen Acid, Keled sehr beliebt ist. Fleisch wird selten und eigent- lich nur bei Festlichkeiten genossen. Reis, Datteln und Kaffee wer- den als Luxus betrachtet. Als Getränk hat man eine Art Bier, das aus Durra oder Hafer bereitet ist und sehr sauer und bitter schmeckt; Die Schoho’s und die Beduan bei Massua 105 die Habab und Bogos bereiten aufserdem den Honigwein der Abessinier (Mes, Tetsch). Leute, die sich streng an den Koran halten, trinken Honigwasser ohne Gährung, dessen sich auch die abessinischen Mus- limin bedienen. Einen wichtigen Theil der Bevölkerung bilden die Sklaven. Reine Gallas bleiben selten im Lande und dies nur in Massua, während die Schangallas von den reichen Beduan für den Hausdienst angekauft werden und durch ihr gebundenes Verhältnifs meist mehr Vertrauen sich erwerben, als gewöhnliche Diener. Es giebt keine Nation, die unter so rohen Gesichtsformen so gute liebenswärdige Eigenschaften ver- birgt, wie die Schangallas. Sie sind treu, friedlich, demüthig und äufserst thätig. Man kann alles aus ihnen machen, wenn schon die Gallas in- telligenter sind. Das tiefe Gemüthsleben spiegelt sich in den fröhlichen Liedern ab, die bei keiner Arbeit fehlen, während der stolze melan- eholische Galla nie seine Heimath vergifst und seinem Schmerz in me- lodisch klagenden, aber eintönigen Gesängen Luft macht. Die Sklaven sind ihrer Mehrzahl nach weiblich. Der Sklave wird von den Musli- min nicht wie in Nordamerika für industrielle Zwecke gekauft, ist nicht Arbeiter, sondern wird ein Familienglied, das im Lauf der Jahre darin grolsen Einflufs erlangt und selten schlecht behandelt wird. Wird eine ‘Sklavin im Hause schwanger, so wird sie nie von ihrem Kinde, das natürlich auch Sklave wird, getrennt und nur bei höchster :Nothwen- digkeit mit ihm zusammen verkauft. | Eine eigenthümliche Sklaverei existirt bei den Habab und Bogos, wo es sehr viele einheimische Familien giebt, die Leibeigene sind. Diese Hörigkeit ist jedoch keineswegs streng, da der Leibeigene bei schlechter Behandlung sich einen andern Herrn suchen kann, von dem man ihn nicht mehr zurücknehmen kann. Ich glaube diese Sklaverei aus den häufigen Kriegen erklären zu müssen, wo man die Gefangenen wegführt. Aufserdem verkaufen arme Leute, von Elend getrieben, ihre ‚Kinder, die aber in ihrer Leibeigenschaft viel besser daran sind, als in der Freiheit. »Oft werden bei dem ungeordneter Zustand des Landes Beduinen- - kinder geraubt und in Massua im Geheimen verkauft; so machen es viele Beduan zu ihrem Geschäft, von dem wehrlosen Menza Mädchen zu stehlen. 'Solehe Raubzüge werden selten bestraft und «es giebt viele _ Leute in der Umgegend von Massua, die dadurch reich geworden sind. 0, In staatlicher Beziehung ist bei den Beduan die Eintreibung der "Abgaben die Hauptsache, Verbrechen kommen selten vor. Zu Dieb- stahl fehlt die Anreizung, da alles Eigenthum in Heerden besteht und leren Raub eher als Krieg qualifieirt und demnach gerächt wird. Ich habe von einem einzigen Beispiel gehört, dafs ein Beduy, der in Ge- 106 Werner Munzinger: schäften in’s Innere ging, in der Wildnifs beraubt und ermordet wurde. Der Naib wollte sich der Sache nicht annehmen, doch der damalige Gouverneur Ismael Aga lies den Mörder, der gestand, dafs er schon mehr als 20 Leute ermordet habe, am Gerar vis-ä-vis Massua auf- knüpfen. — Eigentliche Criminalproceduren kommen nie vor, sie wer- den in patriarchalischer Weise erledigt: so wurde dann und wann auf der Insel gestohlen und selbst Leute vergiftet — man exilirt die Thäter. Im letzten Jahre wurde ein angesehener Bürger von Ailat vergiftet; die Volksstimme und gewichtige Indizien warfen die Schuld seines Todes auf Soldaten, die der Frau desselben nachgegangen waren. Doch wagte Niemand zu klagen und der Pascha hätte es auch nicht gewagt, eine Untersuchung einzuleiten. Das höchste Verbrechen in diesem Land ist Freimüthigkeit gegenüber, dem Pascha, welches erimen laesae ma- jestatis ohne Anstand mit Bastonade und Fulseisen bestraft wird. Seit- dem der Naib heruntergekommen ist, hat der Pascha auch die Rechts- pflege auf sich genommen; doch ist die Justiz ziemlich blind, wenn sie auch nicht gleiche Waage hat, und wird stets mehr durch Laune, als durch ein Prineip bestimmt. Mord scheint hier als ein Civilver- brechen betrachtet zu werden, das erst auf Klage hin untersucht wird. Im Ganzen mufs man gestehen, dafs unter den Beduan schwere Verbrechen selten sind. Räuber und Mörder von Profession, wie man sie in Europa vor den Assisen erscheinen sieht, findet man hier nicht. Es ist klar, dafs in diesen Ländern viel zu wenig regiert wird, dals der Staat kaum mehr, als eine finanzielle Einrichtung ist; die Türken sind die schlechtesten Regenten von der Welt, und doch geht in diesen barbarischen Ländern alles seinen ziemlich ordentlichen Gang und bei aller Ohnmacht des Staates ist es erstaunlich, wie wenig die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet wird. Der Beduy ist zwar kleinen Diebereien und Betrügereien gar nicht abhold, doch fällt er nie in’s Extrem. Den Beduan eigenthümlich sind die Wetten (rähn), die wegen un- bedeutender Streitpunkte oft sehr hoch gehen. Der Naib hat die Entscheidung und den Nutzen, da der Theil, der Unrecht hat, das ge- wettete Gut, seien es Kühe, Sklaven oder Geld, ihm übergeben muls. Die Waffen des Beduy bestehen in einer kurzen Lanze, einem schwarzen, runden kleinen Schild meist aus Elephantenhaut und einem langen, geraden, breiten, zweischneidigen Schwert, das er über die linke Schulter hängt. Die gewöhnlichen Klingen sind deutsches Fabricat, doch giebt es eine Art, die den Namen Frengi hat und sehr geschätzt wird. Sie ist damaseirt und hat eine aufserordentliche Schärfe. Sie stammt wahrscheinlich von den Sarazenen ab, ist ziemlich selten und besonders bei den Habab sehr gesucht. Die Beduan sind sehr gewandt Die Schoho’s und die Beduan bei Massua. 107 in der Führung des Schwertes, mit dem bewaffnet sie selbst den Löwen nicht fürchten. Panzer sind selten geworden und nur noch gegen das Sennaar hin gebräuchlich. Kriege entstehen oft aus Räubereien oder Differenzen wegen der Weideplätze und werden gewöhnlich durch den Naib beigelegt. Die Habab sind als sehr hitzig bekannt und Händel bei ihnen fallen meist sehr blutig aus; der Sieger führt die Heerden des Besiegten fort, macht die Gefangenen zu Sklaven und verbrennt die Dörfer. Die stete Uneinigkeit zwischen den einzelnen Stämmeu allein hat es dem Naib möglich gemacht, alle zu unterjochen. Die Beduan haben theils aus Gewohnheit, theils zur Sicherheit die Sitte, bewaffnet auszugehen. Vor einem Treffen ermuthigen sich die Jünglinge mit Gesang und Waffentanz unter Begleitung der Pau- ken. Es giebt im Lande eigentliche Sänger oder Declamatoren, die in halb melodischen Anreden das Lob eines Mannes improvisiren. Die Beduan lieben Tanz und Gesang unter Begleitung der Harfe. Der Tanz besteht mehr in wunderlichen Verbeugungen und Verdrehungen, als in einer leichten runden Bewegung, nie zu Paaren, wie bei uns, doch oft durch mehrere Personen zusammen ausgeführt und von Ge- sang und Deeclamation begleitet. Die Lieder der Beduan sind sehr ein- förmig, nach europäischem Ohr ohne Takt und ohne Melodie, doch er- mangeln sie eines eigenthümlichen Reizes nicht. Sie fehlen bei keiner Gelegenheit, am allerwenigsten auf der Wanderschaft in der Wüste, wo das Lob des Propheten in Wechselreimen gesungen das Auge mun- ter, die Nacht kurz und das Herz furchtlos macht. Die Religion der Beduan ist mit Ausnahme der Bewohner Menza’s der Islam. Doch ist er bei den meisten Stämmen noch so jungen Da- tums, ds[s er auf die Gesellschaft wenig eingewirkt hat.’ Von der alt- ehristlichen Zeit sind noch immer Ueberbleibsel da. Der Samstag heifst Sembet nusch (kleiner Sabbath), der Sonntag Sembet abei (grolser Sabbath). Weihnachten und Ostern kennen die Beduan so gut wie wir, - obgleich sie doch kaum den Kalender lesen. Doch ist die Erinnerung ' an die alten Zustände ganz verloren, und obgleich man sieh wenig um 'dogmatische Lehrsätze kümmert, hängt man doch fest an dem Glau- ben im Allgemeinen. Der Islam greift sehr schnell um sich, da er _ praktisch einfach und leicht verständlich ist und dem Hang der Men- schen nach Formen schmeichelt. Die Beduan beten selten und fasten _ noch weniger; den geistigen Getränken haben sie noch nicht abgesagt. _ Doch wissen sie und sind stolz darauf, dafs sie Moslemin sind und Mo- hammed hat in ihre Lieder d. h. in das Volksgefühl Eingang gefunden. Die Feste des Islam haben die altnationalen verdrängt. Wo der Glaube nicht klar ist, da wuchert der Aberglaube. Es _ giebt viele wunderthätige Scheichs, die mit ein Paar Koranversen WE Ds En 108 Werner Munzinger: Kranke heilen, Teufel bannen und sogar ein kaltes Mädchenherz in Gluth bringen können. Sie lassen sich natürlich dafür gut bezahlen. Von einigen Frauen glaubt man sogar, dals sie dann und wann im Himmel Visiten abstatten. An bösen Geistern fehlt es besonders in alten Steinhäusern nicht, und wo einmal vor vielen hundert Jahren eine Unthat geschehen, da hat der Mussubian, der seinen Frieden nicht gefunden, noch immer seinen Sitz und verscheucht die ängstlichen Menschenkinder. Alte Frauen (Gatata) prophezeien, und niemand thut einen wichtigen Schritt, ohne ihr Orakel zu befragen. Auch an Wehr- wölfe glaubt man; die Hyänen sind böse Geister, deren Heulen den Tod verkündet. Schwarze Vögel zur Rechten und ein altes Weib zur Linken rathen von einer Reise ab, die nur an glücklichen Tagen un- ternommen wird. Wer am Freitag oder Sonntag in’s Meer geht, mag Meerwasser zu schmecken bekommen. Und der böse Blick oder ein haderndes Wort bringt den Menschen auf’s Sterbelager. Bei Krankheiten wird gewöhnlich sehr unvernünftig verfahren. In der Stadt giebt es einige einheimische Doctoren, die für Geld prak- tisiren und in Bezug auf die Landeskrankheiten ziemlich gute Erfah- rungen besitzen. Doch helfen sich die meisten Leute ohne sie. Fieber sollen mit eiskaltem Wasser gekühlt werden, bei Diarrhoe wird eine Masse saurer Milch getrunken. Hauptmedizin ist aber das Waraka (Koranverse) die das böse Auge kraftlos machen. Kömmt endlich der Tod, so werden die Gebräuche des Islam beobachtet. Die Klageweiber überschreien den Schmerz. Der Mann trauert nur wenige Wochen um die Frau, während diese ein ganzes Jahr lang jede Nacht mit ihren melodischen Klagen in Wechselgesängen mit ihren Freundinnen aus- füllt. Die Gräber sind grofse runde Hügel, die von caleinirten Stein- chen bedeckt und nie angetastet werden. Auf den Gräbern der Grofsen bei den Habab werden Hunderte von Kühen geschlachtet und zu ihrem Andenken Steinhäuser (Maraba) errichtet. Der Beduy ist ruhig, bedacht, intelligent, wenn auch ohne die geistige Regsamkeit des Arabers. Es ist nicht schwunghaft und idealistisch, besitzt aber viel praktischen Verstand. Er liebt das Geld, wird aber nie sehr reich, da er es durch kleine Kniffe zu erwerben sucht und nie in kaufmännischen Speculationen. Er liebt zu leben und ist gast- freundlich gegen Landsleute, bettlerisch bei dem Europäer, an dem er nur eine Eigenschaft schätzt: sein Geld. Er ist sinnlich und kennt kein ideales Glück. Doch fehlt die Excentrieität, die Leidenschaft. Des- wegen wird er nie sehr unglücklich, und von Wahnsinn habe ich nur ein Beispiel gesehen, einen Menschen, dem der Umgang mit freiden- kenden Europäern seinen Glauben und damit den Verstand genom- men hatte. Die Schoho’s und die Beduan bei Massua. 109 Der Beduy ist nicht verschlossen und mürrisch, wie der Schoho; er ist heiter und artig; gesprächig und sogar zuvorkommend; er weils seine schlechten Eigenschaften unter schmeichelnden Worten zu ver- bergen; doch macht er unwillkürlich den Eindruck eines verblühten abgelebten Volkes und dies besonders aus drei Ursachen. Die erste ist der Mangel an moralischer Energie, die nur aus der Selbstachtung entspringt. Ich habe oft Gelegenheit gehabt, mich zu überzeugen, dafs der Beduy nicht feig ist. Im Kampf mit wilden Thie- ren zeigt er oft eine bewundernswürdige Kaltblütigkeit. Ein Mann von Ailat wurde von einem Löwen angegriffen. Als man ihm nach- her sagte, wie lang er damit zu ringen gehabt, sagte er, er hätte ihn schnell tödten können, das köstliche Fell habe ihn aber gereut. Einem andern wurde in der Nacht sein Kameel von einem Löwen angegriffen. Der Beduy stellt sich zwischen beide und furchtlos, aber respektvoll redet er den sitzenden Gegner an, wie er nur über seine Leiche weg könne. Der Löwe wartet ruhig bis er ausgeredet und als er sich zu- letzt auf seine Beute stürzt, trifft ihn das schneidende Schwert. — In Kriegen haben sie oft Proben von Muth gegeben. Dessenungeachtet ist es ein paar hundert gar nicht gut bewaffneten Türken möglich, das ganze Land unterwürfig zu halten; sie haben den Beduan gegenüber einen Ton der Ueberlegenheit, dem diese sich fügen; sie verüben alle Unthaten ungestraft, drängen sich in das Haus und die Familie des Beduy frevlerisch ein und finden nie Wiederstand. Der Pascha regiert wie der leibhafte Satan und wird doch von den Beduan nur ein ge- strenger Herr genannt. Revolution ist nie zu fürchten. Die Beduan haben sich selber aufgegeben, die guten Männer ohne Eigennutz und Ehrliebe fehlen. Jeder denkt nur für sich und steht daher allein, d. h. hülflos da. Der Name Bedau ist ein Schimpfwort geworden. — Die Folge davon ist schmeichlerische Falschheit, die Intriguen spinnt und Treue unmöglich macht. Es fehlt nicht an guten Herzen, wohl aber an einem lebendigen Gefühl für nationale Ehre, Das zweite Zeichen des Niedergangs ist der Hang zum Trunk, der im Stillen überhand nimmt. Der Trunk findet sich bei jungen _ Nationen wie bei abgelebten. So bei den Germanen und den Altvor- dern der Beduan. Seitdem aber der Islam gekommen ist, wurde aus dem leichten Uebel ein verderbliches Laster. Das Verbot giebt erst ‚den Reiz der Sünde und unglücklicherweise üben die geistigen Getränke _ überall denselben ertödtenden Einfluls auf alle uncivilisirten Völker, und den Beduan sind sie ein Gift, wie den Indianern. Das dritte bedenkliche Zeichen ist nicht die Unsittlichkeit, aber er Mangel an sittlichem Bewulstsein. Man ist hier nicht lasterhafter, als anderswo; aber man fühlt sich durch das Laster nicht gedrückt, 110 Verkehrs- und Handelsverhältnisse Man sieht das Sittengesetz nur mit dem Verstande, nicht mit dem Her- zen an. Man weils es, dafs man den Koran verletzt, empfindet aber doch keine Reue, denn diese ist die Reaction eines reinen Herzens und Reinheit des Herzens kennt der Koran nicht. V. Verkehrs- und Handelsverhältnisse des südameri- kanischen Freistaates Neu-Granada. Mitgetheilt von dem Königlichen Geschäftsträger bei den Regierungen von Central- Amerika und Neu- Granada, Geh. Finanzrath Dr. Hesse. (Schlufs.) Die Provinz Neyva umfafst im Magdalenen -Thale viele Quadrat- meilen zwischen dem östlichen und dem Centralzuge der granadinischen Andes. Sie ist ebenfalls zu einer grofsen Ackerbau-Entwickelung be- rufen. Der Cacao, die Hüte von Jipijapa, die Rindviehheerden, China- rinde und Taback sind ihre hauptsächlichsten Producte. Es finden sich dort auch einige goldhaltige Ländereien und man sammelt z. B. in dem Dorfe Cayaima einige Quantitäten von diesem Metall, die indefs nicht von grolser Erheblichkeit sind. Der Cacao war bisher der einträglichste Zweig des Ackerbaues; aber die gewonnene Menge genügte nicht immer für den Bedarf in Bo- gotä, Antioquia und Mariquita. Bis zum Jahre 1852 wurde Cacao zu- weilen von dort ausgeführt, aber seit jener Zeit hat der innere Ver- brauch durch die allmähliche Verbesserung der Lage der arbeitenden Klasse so zugenommen, dals von Export keine Rede mehr ist. In Suaza und anderen umliegenden Ortschaften im Quellgebiet des Magdalenenstroms beschäftigen sich Männer und Weiber mit der An- fertigung von Strohhüten aus dem Palmstroh, welches Jipijapa oder Nacuma genannt wird. Diese Industrie ist so entwickelt, dafs einzelne Hüte im Orte der Fabrication bis zu 32 Piaster bezahlt werden. Das Stroh ist besser als das Palmstroh von Jiron und Pi& de euesta und nicht schlechter als das berühmte von Guayaquil. Der Hut bleibt sehr consistent und dauert mehr als zwei Jahre, kann auch verschiedene Male gewaschen werden. Einige machen so feine Hüte, dafs sie, dop- pelt gelegt, kein gröfseres Volumen als ein Taschentuch haben. Die Händler, welche Hüte kaufen und nach Habana und den anderen An- tillen-Inseln exportiren, verdienen sehr viel Geld, und 8 bis 10 Kisten des südamerikanischen Freistaates Neu-Granada. 111 von solchen feinen Hüten enthalten einen Werth von mehr als 10,000 Piastern. Es kann dieses granadinische Kunstproduct sich kühn in jeder europäischen Kunstausstellung sehen lassen. Die Viehzucht bildet gleichfalls einen bedeutenden Industriezweig in Neyva und deckt nicht blofs den eigenen Bedarf, sondern liefert auch jährlich einige Tausend Häupter in die Provinzen von Bogotä und Ma- riquita. Vor einigen Jahren noch kostete ein Ochse in Neyva 10 Pe- sos und eine Haut 2 Franken, aber seit der Entwickelung der Tabacks- und Chinarinde-Cultur ist der Tagelohn gestiegen und erlaubt den Ar- - beitern, sich besser zu beköstigen; der Preis des Fleisches ist deshalb um 100 Procent gestiegen. Nur mit Schwierigkeiten erlangt man jetzt einen Ochsen für 20 und eine Haut für 2 Pesos, und das Pfund Fleisch wird bereits bis zu einem halben Frane und darüber bezahlt. Die Häute von Neyva, welche man früher exportirte, genügen jetzt nicht mehr zum Verpacken des Tabacks von Ambalema. Die Provinz entnahm bis vor kurzer Zeit alle ihre auswärtigen Waaren von Bogotä und aus diesem Grunde war ihr Consum unbe- deutend. Die Waaren machten von Honda über Bogotä nach Neyva einen kostspieligen Umweg; die Ausdehnung dieses Umweges beträgt mindestens 70 Meilen und dies auf sehr schlechten Wegen, was die Fracht auf 13 bis 15 Pesos für jede 100 bis 125 Kilogr. Waaren er- höht, zumal für Verluste und Beschädigungen auf diesem Wege noch 5 Procent hinzu zu rechnen sind. Neyva fängt jetzt an, seinen Waa- ren-Bedarf auf dem natürlichsten und wohlfeilsten Wege durch den Magdalena zu beziehen, und da die Provinz eine civilisirte und wohl- habende Bevölkerung von mehr als 100,000 Seelen und aufserdem viele - zwar halb wilde, aber producirende und consumirende Indianerstämme besitzt, so ist es klar, dafs ihr Verbrauch an auswärtigen Waaren in bedeutender Zunahme sich befinden mulfs. Es ist nothwendig, die Dampfschifffahrt auf dem oberen Magda- lenen-Strom auszudehnen. Von Honda bis Ambalema begegnet die- ' selbe keiner Schwierigkeit, und von Ambalema bis Neyva ist es wahr- scheinlich, dafs es nicht unmöglich, ja nicht einmal sehr schwierig ist, an solchen Punkten wie Columbaima, wo der Strom sehr reifsend ist und Klippen hat, einige Stromverbesserungen zu machen. Die Com- munication zwischen Honda und Ambalema wird durch Champanes und ‚kleine Piraguas unterhalten und die Fahrt dauert in der Regel strom- "abwärts 7 Stunden und stromauf 2 Tage. Die Reisenden, welche abwärts zu Schiffe von Ambalema kommen, bedienen sich der Pferde, um den Rückweg zu Lande zu machen, was 12 Stunden geschieht und einen Kostenaufwand von 4 Pesos für in Reitpferd und einen Diener erfordert. Ohne zur Herabsetzung der a4? 112 Verkehrs- und Handelsverhältnisse Frachten genöthigt zu sein, könnten zwei Dampfboote von kleinen Di- mensionen die Ladungen zwischen Honda und -Ambalema befördern und wenigstens drei Reisen in jeder Woche machen. Die meisten Händler von Honda und Ambalema würden wenigstens einmal in der Woche die Reise machen und die Grundlage einer regelmäfsigen Pas- sagier-Beförderung bilden, welche aufserdem auf die Reisenden aus der Provinz Neyva und von Tequendama her zu rechnen hätte; 4 Pe- sos würden als mälsiges Passagiergeld erscheinen, wenn man bedenkt, dafs die Entfernung 14 bis 16 Leguas beträgt. Zwischen Ambalema und Neyva sieht man nur kleine Piraguas und sehr selten eine Cham- pane. Diese brauchen 30 Tage aufwärts von Ambalema bis Neyva und 6 oder weniger abwärts. Die Fracht beträgt 4 bis 5 Pesos für die Carga von 24 Centner. Aber das Haupttransportmittel für Ta- back, Cacao und Chinarinde bilden die Flöfse, in welchen man abwärts durch 4 Ruderer 20 Cargas bringt. Sie sind es gewohnt, über den Salto von Honda bis nach Nare zu fahren, ohne dafs Schiffbrüche häufig wären oder dafs die Flöfse beträchtlichen Schaden erlitten. Im Allgemeinen können die Provinzen Mariquita und Neyva sich als eine einzige ansehen. Die natürliche Einheit dieser schönen Ge- genden macht, dafs ihre Bewohner in Sitten und Bedürfnissen ebenso übereinstimmen wie die Erzeugnisse des Bodens und der Industrie. Beide Provinzen werden mit Recht zu den reichsten und wichtigsten der Republik gerechnet. 7 Die Provinz Bogotä behauptet den ersten Rang durch ihre zahl- reiche Bevölkerung und ihre verschiedenen Erzeugnisse, ihren Vieh- reichthum, ihre Salinen, ihre Chinabäume, und als Wohnsitz der ersten Capitalisten des Landes. Dasselbe gilt auch von Tequendama und Zi- paquira, welche Provinzen vor etwa zwei Jahren noch Theile ‘jener ersten waren. Es ist ein seltsames Phänomen, welches Beachtung ver- dient, dals eine zahlreiche und reiche Bevölkerung auf der Hochebene einer hohen Cordillere, mehr als 200 Meilen vom Meere und 18 vom Magdalenen-Strom entfernt, entstehen konnte, während die unermels- lichen Landstriche an den Ufern dieses grolsen Stromes und seiner zahlreichen Nebenflüsse ohae Bevölkerung geblieben sind. Diese That- sache hat Einflufs gehabt und wird noch lange Zeit verschiedenen Ein- flufs üben auf die gewerbliche und merkantile Entwickelung dieser Ge- genden und auf den Geist unserer Gesetze. Die hauptsächlichsten Producte dieser Gegend sind: China, Zucker, Weizen, Kartoffeln und die übrigen Früchte, die sonst noch den hoch- gelegenen Ländern eigen sind. Die Hochebene von Bogotä ist reich‘ an Rindviehherden und an Pferden; Zipaquirä besitzt unerschöpfliche des südamerikanischen Freistaates Neu- Granada. 113 Salinen '), aus denen der Staat eine seiner ergiebigsten Renten bezieht, und in Pacho werden durch eine Compagnie Eisenminen ausgebeutet, welche schon jetzt den Ackerbau mit inländischen Werkzeugen ver- sehen. Man findet die China in einer bestimmten Zone der Cordillere. Nachdem dieses granadinische Product auf den Märkten von Europa völlig discreditirt worden war, hatten die inländischen Speculanten das- selbe ganz aus dem Auge verloren, bis vor wenigen Jahren die Be- harrlichkeit einiger derselben, in Verbindung mit der fühlbaren Ver- minderung der China-Ausfuhr aus Peru und Bolivia, diesem Artikel die Thore der europäischen Märkte wieder geöffnet und ihn fast plötz- lich zum Gegenstande eines der wichtigsten und vielleicht vortheilhaf- testen Zweige des Handels erhoben hat ?). In Facatativa, Fusagusuga und anderen Punkten sind unermels- liche Wälder, in welchen der China-Baum vorwaltet und alljährlich Tausende von Centnern dem Handel liefert. Der Staat besitzt dort ausgedehnte Gebiete von Chinabäumen, welche theils zu einem niedri- gen Preise verpachtet sind, theils beliebig von allerlei Personen aus- gebeutet werden, die dafür wenig oder gar keine Entschädigung zahlen. Die Regierung könnte in ihren Chinawäldern eine der nachhaltigsten Hilfsquellen finden, um mit ihren auswärtigen Gläubigern sich zu ver- ständigen; allein bisher hat sie diese Wälder nur mit Geringschätzung betrachtet. Nach den Nachrichten, welche vorliegen, kosten 2 Centner Chinarinde, wovon jeder in eine Zurrone von Thierhaut verpackt ist, am Orte des Holzschlages 16 Pesos, und mit den Transportkosten nach _ Havre und London wird unseren Exporteurs das Kilogramm etwa 1 France 60 Cent. kosten. Gegenwärtig fangen die Preise an zu stei- gen, einmal weil der Arbeitslohn zunimmt, und zweitens weil die Preise _ von Europa im Lande jetzt bekannter sind als Anfangs. » Den Zucker produeirt man in einem viel tiefer gelegenen Theile der Cordillere, in den Cantons von Guaduas und La Mesa; Guaduas, dessen Erzeugnils eine bessere Qualität hat, verführte im Jahre 1848 an 5000 Centner nach England. Dessen ungeachtet ist die Coneurrenz mit andern Ländern, die, wie Cuba, leichte Verbindungsmittel besitzen "und grofse Zuckerplantagen durch Maschinenkraft bewirthschaften, un- FI 2) In dem ersten Bande der kleineren Schriften von Alexander von Hum- boldt (Stuttgart, Cotta, 1853) enthält der Aufsatz über die Hochebene von Bogot& eine geognostische Darstellung der Steinsalz-Flötze von Zipaquira und aufserdem eine ‚anziehende Schilderung des Wasserfalls von Tequendama, sowie der Fruchtbarkeit der "ganzen Hochebene. 2) Durch ein Deeret vom 27. October.1850 wurde im Staate Bolivia, wo be- kanntlich die ‚beste Chinarinde wächst, auf drei Jahre, vom 1. Januar 1851 bis da- hin 1854, das; Schlagen der Chinabäume untersagt. _Dieses Verbot ist es besonders, velches die hiesige Chinarinde in rapiden Aufschwung gebracht hat. Zeitschr. f. allg. Erdk. Neue Folge. Bd. VI. 8 114 Verkehrs- und Handelsverhältnisse möglich. In Guaduas mahlt man die Cana und gewinnt den Zucker noch ganz in der Weise, wie dies in den ersten Jahren nach der Er- oberung geschah, und nur in der Nähe von Villeta besteht eine durch Wasser bewegte Zuckermühle, welche ein Engländer etablirte und da- bei sein Vermögen zusetzte, ohne die gewünschten Erfolge zu erzielen). Der Canton Guaduas ist aber nicht minder geeignet zur Cultur des Kaf- fee’s und sollte derselben den Vorzug geben, weil sie weniger grolse Capitalien erfordert und auch in kleinen Etablissements betrieben wer- den kann. Die Kaffeeproben von Guaduas sind auf dem Markte von New-York sehr gelobt worden. Den Weizen erndtet man auf der Hochebene von Bogotä; seine Qualität scheint sich sehr verschlechtert zu haben und vor einigen Jah- ren hat eine Krankheit desselben, welche hier Polvillo ?) genannt wird und wogegen man kein Mittel kennt, sehr nachtheilige Wirkungen ge- habt. Da die Ländereien der Sabana in grofse Landgüter eingetheilt sind, so war zu hoffen, dafs ihre reichen Eigenthümer für die Weizen- Cultur und die Mehlbereitung schon die Methoden, Maschinen und In- strumente eingeführt haben würden, deren man sich in anderen Län- dern bedient, um so mehr, da viele dieser Eigenthümer oft nach Eu- ropa und den Vereinigten Staaten zu reisen pflegen. Aber auch dieser Zweig des Ackerbaues steht noch auf ganz primitiver Stufe. Man drischt mit den Hufen der Pferde und lälst das Getreide durch den Wind rei- nigen. Nicht einer Maschine, nicht einem Instrument begegnet man auf der ganzen Ausdehnung der Sabana, und doch könnte man fette Renten aus diesen fruchtbaren Ländereien ziehen, worin der Same sich verschwenderisch vervielfältigt. Da die Sabana von Bogota das Innere und die Küste mit Mehl versehen mülste, so wird sie durch die Conceurrenz von nordamerika- nischem Mehl bedroht, welches man jetzt ausschliefslich an der ganzen Küste verbraucht und schon anfängt bis nach Honda und Ambalema zu verkaufen. Intelligente deutsche Ackerwirthe würden in der Sabana von Bogotä ein fast noch unbenutztes Feld der Speculation in dem Bau des Weizens, der Kartoffeln und des Leinsamens finden. Zahlreiche Heerden von Rindvieh und Schafen giebt es in der Sa- bana. Das Rindvieh findet hier kräftige Weiden, welche dem Fleische ee ') Die Zuckerplantage des Herm William Wills ist ohne alle Kenntnifs des Ackerbaues auf einem zur Zuckercultur nicht geeigneten, sehr hoch liegenden Terrain etablirt worden, wo überdies sich ein Inseet fand, welches die jungen Pflanzen zer- störte. Dieser Engländer hat auch nicht an dieser Zuckermühle, sondern im Handel mit Staatspapieren sein Vermögen verloren. 2) Polvillo scheint identisch mit dem in Deutschland bekannten Weizenbrande, der durch sorgfältige Bearbeitung des Bodens zu verbannen ist, ein Mittel, welches sich aber hier in Ermangelung aller Ackerbau-Instrumente schwer anwenden läfst. ne A des südamerikanischen Freistaates Neu-Granada. 115 zugleich einen angenehmeren Geschmack geben als die in den Ebenen von Casanare und Neyva. Die Race ist nicht schlecht, aber man hat Nichts gethan, um sie zu verbessern, und denkt auch nicht daran. Die Pferde sind auch nur von mittlerer Güte, einige sehr gut, die Mehrzahl aber klein und von schlechter Figur. Die Schafzucht ist unbedeutend; die Wolle ist nieht gut und man hat nicht die ausgezeichneten Racen anderer Länder acelimatisirt, eine Sache, die sehr zu beklagen ist, weil sie für lange Zeit die Errichtung eigener Fabriken für ordinaire Wollen- zeuge verhindern wird, welche die ärmere Klasse bedarf und welche der Handel nur zu sehr hohen Preisen vermittelt. Die Salinen von Zipaquirä, Nemocon und Fausa werden durch eine Gesellschaft ausgebeutet, welche verpflichtet ist, das Salz der Re- gierung zum Preise von 5 Realen pro Centner zu verkaufen. Letztere verkauft es an die Consumenten zum Preise von 20 Realen pro Cent- ner. Im verflossenen Jahre hat man 194,6631 Centner ausgebeutet, welche dem öffentlichen Schatze einen Vortheil von 364,993 Pesos ein- brachten. Fast alle nördlichen Provinzen, wie Mariquita, Neyva, und zuweilen auch Popayan und Cauca consumiren das Salz von Zipa- quira. Seit 1835 hat man mit vielen Kosten und wenigem Erfolge Ver- suche gemacht, Fabriken in Bogotä zu etabliren. Man unternahm es, eine Fabrik zur Anfertigung baumwollener Zeuge zu errichten, ferner eine Papierfabrik, eine Glasfabrik, eine Steingutfabrik, und jüngsthin eine Chininfabrik und eine Wollenzeugfabrik. Es ist auffallend, dafs man diese Unternehmungen in einem Lande gewagt hat, das keine Ver- kehrswege hat, weder Baumwolle ') noch Wolle besitzt, und das aller _ übrigen, zum Fabrikbetrieb unerläfslichen Elemente entbehrt. Wie ver- schieden würde heute der Zustand dieser schönen Hochebene sein, wenn die in diesen Illusionen verlorenen Capitalien zum Ankauf und zur Aufstellung von Maschinen und Instrumenten zur Bearbeitung des Bo- dens, zum Dreschen, zum Reinigen und Mahlen des Weizens verwen- det worden wären. Unter allen diesen Versuchen kenne ich nur einen werthvollen und dies ist das Unternehmen des Herrn Heinrich Paris, welcher jüngsthin von England Pferde und Schafe eingeführt hat und gewils damit gute Erfolge erzielen wird. Von allen erwähnten Fabri- ken hat nur die Steingutfabrik rentirt, deren Manufacte indels von so _ schlechter Qualität sind, dafs man sie in den höheren und mittleren Volksklassen nicht benutzt. Die Chininfabrik hat einiges von guter EN !) Das Land bringt vortreffliche Baumwolle hervor und führt sie sogar in klei- 2 nen Quantitäten aus; aber dieser Culturzweig, der der gröfsesten Entwickelung fühig ist, liegt so darnieder, dafs die Production lange nicht den Consum erreicht. 8* 116 Verkehrs- und Handelsverhältnisse Qualität produeirt, aber es ist gewils, dafs die Unternehmer Nichts dabei gewinnen werden, als eine theuer erkaufte Erfahrung. Es giebt in Bogotä Schuhmacher, Schneider, Sattler, Tischler, wel- che mit grofser Anstrengung und vielem Nachtheil gegen die fremde Coneurrenz kämpfen, und es wäre zu wünschen, dafs ihre Anzahl sich beträchtlich vermindere, weil, abgesehen davon, dafs die Gesetze immer Sorge tragen werden, sie in dem Tarif zu begünstigen und dadurch den Preis der Kunstproduete zu steigern, durch sie dem Ackerbau die Kräfte entzogen werden. Diese Handwerker, in falschen ökonomischen Doctrinen beharrend und ihre Kraft mifsbrauchend, waren die Haupt- stütze der Rebellion, welche im April 1854 die constitutionelle Regie- rung gestürzt hat und fortfährt, die öffentliche Ordnung und das Eigen- thum zu bedrohen. Die Sabana besitzt den einzigen Fahrweg im Lande: es ist der, welcher die Hauptstadt mit dem Punkte vereinigt, wo der Abhang der Cordillere beginnt. Im Allgemeinen ist es eine Zufälligkeit, einem Fuhrwerke zu begegnen, welches anders gebaut ist als jene rohen und schweren zweiräderigen Ochsenkarren, die dazu dienen, Waaren und Früchte zu transportiren. Jüngsthin hat man einige Kutschen aus den Vereinigten Staaten eingeführt, aber die Erfolge können nicht grofs sein, so lange der Weg nicht bis nach dem Magdalena verlängert wird. Der Präsident Mosquera hat grofse Anstrengungen gemacht, um dieses bedeutende Werk zu unternehmen, dessen Kosten man auf etwas mehr als 2 Millionen Pesos berechnet. Ein französischer Ingenieur hatte den Plan gemacht und die Linie gezogen, und man liels durch ein Paar Compagnien Sappeurs einige Wege in den Wäldern des Magdalena eröffnen, aber dabei hatte es aus Mangel an Fonds sein Bewenden. Es ist zu wünschen, dafs fremde Capitalisten das Unternehmen wieder aufnehmen und der Industrie der Sabana einen weniger senkrechten Weg öffnen, als denjenigen, welchen der Tequendama seinen Gewäs- sern angewiesen hat. Der Weg, welcher in der Sabana existirt, ist nach dem System Mae Adams gebaut und man sagt, dafs er gut sei; aber ich kann nicht sehr ein Werk loben, wovon die Vara (3 Fufs) dem öffentlichen Schatze 5 Pesos kostet. Der öffentliche Schatz von Neu-Granada ist die Beute zahlreicher Agiotisten, und ohne die Rechtschaffenheit seiner Beamten bezweifeln zu wollen, bewundere ich dennoch den exorbitanten Gewinn, den sie in den von ihnen geschlossenen Contracten den Unternehmern und Lie- feranten zugestehen. Die Geschäfte in Bogotä führen meiner Ansicht nach ein Dasein, welches im Verhältnifs zur Localität nicht natürlich lage "wer ı des südamerikanischen Freistaates Neu-Granada. 117 zu sein scheint, da diese Oertlichkeit niemals ein Handelsmittelpunkt von Bedeutung werden kann. Bogota war viele Jahre hindurch das Emporium des innern Han- dels der Republik. Seine Magazine versahen nicht blofs die Provinz Bogotä, sondern auch die benachbarten, Tunja, Mariquita und Neyva mit Waaren, ja selbst aus Cauca und Popayan, aus Socorro und Velez kamen die Käufer dorthin; aber es ist ein trauriger Anblick, zu sehen, wie die Waaren, welche 200 Meilen den Magdalenen-Strom herauf- fahren, nachher 20 deutsche Meilen über die Cordillere der Andes klettern müssen, um auf einer Hochebene anzukommen, von der sie in der Folge nach allen Richtungen wieder abwärts geschickt werden, und zwar mit denselben hohen Kosten, Risiko’s und Zögerungen, wo- mit sie heraufgebracht worden sind. Zahlreiche Ursachen trafen zu- sammen, dieses Phänomen hervorzurufen. Die Communication zwischen Honda, dem Hafen des Magdalena, und Bogota, obschon schlecht, ist wenigstens passirbar. Die Provinzen Cauca, Tunja, Socorro und Velez sind gewissermalsen ohne Verbindung mit dem grolsen Schiffscanal; die Industrie war überall gelähmt durch Monopole, Abgaben wie Zehn- ten und Erstlinge, Steuern und Verbotsgesetze hinsichtlich des Ver- kehrs der edlen Metalle. Sie lieferten fast keine anderen Producte für den auswärtigen Handel als gemünztes Gold, welches zunächst nach Bogota wandern mulste, um die Form der Onzas zu erhalten; die An- wesenheit der Staatsbehörden mit ihrem zahlreichen Personal, sowie die Gegenwart einer starken Garnison veranlafsten einen mannichfal- tigen Consum in dieser durch ein köstliches Klima gesegneten Stadt. Durch das Zuströmen der reichen Eigenthümer der Sabana und der Capitalisten, die aus allen Theilen des Landes durch das Agio bei den Geschäften mit dem ewig im Banquerott sich befindenden Staatsschatze angelockt wurden, fand dort der Handel ein weites Feld zum Absatz vieler Luxus- und Bedarfsgegenstände. Heute beginnt die Scene sich zu verändern; freisinnige Gesetze haben den durch Monopole und Beschränkungen belasteten :Boden der Industrie und dem Handel zurückgegeben; der vormundschaftlichen Verwaltung, welche auf den Provinzen und Gemeinden Jlastete, sind freie Bezirks- und Muniecipal- Verfassungen gefolgt, welche den Insassen erlauben, sich dem Wege- und Brückenbau ohne Störungen zuzuwen- den. Wenn die Männer, welche diese grofsen Reformen begannen und so glücklich vollendeten, sich eine Zeit lang auf dem Wege der Landes- verbesserung zu erhalten wissen, ohne von dem Felde der Wirklichkeit auf den Weg der Chimären und Irrthümer sich zu verlieren, so wird _ das Land seine grofsen Hilfsquellen entwickeln und neuen Erwerb auf _ dem Felde des sittlichen und geistigen Fortschritts vorbereiten können. 118 Verkehrs- und Handelsverhältnisse Aber die Discussionen des Congresses und der Presse im Anfang des Jahres 1854, die Revolution vom 17. April, der blutige Kampf, der ihr gefolgt, und, was vielleicht noch schlimmer ist, die Erbitterung, womit sich die Parteien behandeln, lassen eine traurige Reaction gegen die Freiheit und eine Ordnung der Dinge fürchten, die mehr auf die Leiden- schaften und die Interessen einiger Männer, als auf die Bedürfnisse und den wahren Zustand des Landes gegründet wird. Wahrscheinlich werden die politischen Krämpfe noch nicht sobald ihr Ziel erreichen und schwerlich wird die siegende Partei einsehen, dafs in dem mälsi- gen Gebrauch des Sieges, in der Gerechtigkeit und in der rücksichts- vollen Behandlung des Besiegten ihre Hauptstärke ruht. Die Provinzen des Südens bewirken ihre Einfuhr über den Hafen von Buenaventura. Mariquita und Neyva fangen an, direete Verbin- dungen mit Europa zu suchen. Socorro, Velez und Tunja hoffen, dafs ihre im Bau begriffenen Wege von Chucuri und Carare sie mit dem Magdalena in Verbindung setzen, wodurch sie die mercantile Unab- hängigkeit erweitern würden, die sie schon jetzt anfangen zu genielsen. Die Kaufleute von Bogotä bedauern sehr diese Zersplitterung ihrer alten Käufer; schon jetzt klagen sie über ihren geringen Verkauf und werden inne, dafs ihre Anzahl mit dem Consum im Mifsverhältnifs steht. Dessen ungeachtet darf man nicht den Untergang oder den schnellen Verfall dieser angenehmen Stadt fürchten, die eine Menge natürlicher Lebenselemente hat, viel fruchtbarer und dauerhafter, als ein wechsel- voller erzwungener Handel ihr geben kann. Die China, die Heerden, die Wolle, der Leinsamen, der Weizen, das Salz, das Eisen und viele andere Producte erhalten in der Pro- vinz einen umfassenden und natürlichen Handel, während das köstliche Klima der Hauptstadt immer eine Menge Menschen anziehen wird, welche, indem sie von dort aus ihre Landgüter leiten oder ihre Unter- nehmungen in dem Thal des obern Magdalena beaufsichtigen, die Vor- theile der Tropenregion genielsen, ohne die Inconvenienzen des heilsen Klima’s zu theilen. Weit entfernt, Bogotä mit einer traurigen Zukunft zu bedrohen, kann Jeder, mit der Karte von Neu-Granada in der Hand, die dereinstige Rolle dieser Stadt erkennen, die fast eben so weit entfernt ist von dem Magdalena nach Westen als von den Haupt- gewässern des Meta und Guaviare nach Ost und Südosten, — Gewäs- ser, durch welche man zu dem ungeheuren Gebiet des Orinoco und Amazonenstromes herabsteigt. Die Fortschritte der Civilisation lassen hoffen, dafs diese grolsen Wasserstrafsen nicht mehr unbenutzt bleiben werden. Die Kaufleute in Bogotä bedürfen, um mit einer gewissen Quan- tität Waaren zu handeln, ein vier bis sechs Mal gröfseres Capital als des siidamerikanischen Freistaates Neir- Granada. 119 die in besser gelegenen Plätzen. Von der Zeit, wo man die Gold- Onzen und die Wechsel nach England sendet, bis dahin, wo der Kauf- mann die in Manchester damit gekauften Waaren in seine Hand be- kommt, verfliefsen gewöhnlich 8 Monate und nicht selten ein Jahr. Die Kosten und Commissionsgebühren an der Küste und andern Zwischen- punkten und die Frachten betragen in der Regel 16 Pesos für die Carga, d.h. für zwei Ballen von je 100 bis 125 Pfund. Diese Summe, wenn sie auf sehr voluminöse Gegenstände, die wenig Werth haben, repar- tirt wird, beträgt oft den doppelten Preis der Factura. Zerbrechliche Gegenstände, wie Glas, Porzellan, erleiden oft einen Aufschlag, weil niemals Beschädigungen fehlen und weil sie eine kostbarere und sorg- fältigere Verpackung erfordern, so dafs man ein Dutzend Teller von englischem Steingut, welches in Manchester 2 Schilling kostet, in Bo- gota mit 4 Pesos verkauft. Grofse Gegenstände, wie Piano’s, Wagen, verursachen fabelhafte Kosten. Ich empfing in Honda einen nach Bo- gota bestimmten Wagen für vier Personen. Von Mompox hatte man eine besondere Champane mit ihm beladen, wofür 276 Pesos Fracht bezahlt wurden. Es mu/sten einige Bretter von dem Schiff und ein Theil des Zeltes abgebrochen werden, um den Wagen auszuladen, und da in den Häfen des Magdalena keine Apparate sich befinden, welche das Entladen der Schiffe erleichtern, man vielmehr in den meisten Hä- fen der Gefahr ausgesetzt ist, dafs die Ballen, während man sie löscht, in den Flufs rollen, so war es nothwendig, die ganze Mannschaft zum Ausladen dieses Wagens zu verwenden und 10 Pesos allein für die Ausladung zu bezahlen. Die grofsen Ballen und viele andere, die ihrer Zerbrechlichkeit und ihres Gewichts halber nicht durch Maulthiere trans- portirt werden können, werden durch die Indianer der Sabana von Bo- gota (Nachkommen der Urbewohner) auf den Schultern oder auf dem Rücken fortgetragen. Man berechnet, dafs jeder beladene Indianer 6 bis 10 Pesos auf der Reise von Honda bis Bogota verdient, nach dem Gewicht, welches er trägt, und im Verhältnifs von 5 bis 6 Frances für jede Arroba. Es giebt Indianer, welche die Cordillere überschreiten mit einem Gewicht von 3 Centnern; aber sie bedürfen in der Regel 15 Tage und noch mehr, um die 20 bis 22 Meilen von Honda bis Bo- gotä zurückzulegen. Ueberhaupt, wenn man in Honda einen Ballen übergiebt, weils man nicht, wann er in Bogotä empfangen werden wird. Oft nach drei oder vier Monaten vergebener Hoffnung begeben sich die Kaufleute selbst auf den Weg, um ihre Waaren zu suchen, und finden sie dann fast immer in einer Chicha-Taberne, während die Träger ent- flohen sind. Ein andermal lassen sich die Indianer die Ladungen in dem Magazin der Bodega, dem Hafen des Magdalena, überliefern, em- pfangen A Person 2 Pesos für Reisekösten, tragen die Ladung einige 120 Verkehrs- und Handelsverhältnisse Meilen vorwärts, lassen sie dann liegen und kehren nach einigen Ta- gen wieder zurück nach der Bodega, um neue Ladungen und neues Reisegeld zu empfangen, und so wiederholen sie diese Operation; kurz es fehlt ein Reglement, welches diesen Dienst regelt, und derselbe Man- gel macht sich fühlbar bei dem Dienst der Transport-Maulthiere, deren Führer zu denselben Streichen geneigt sind wie die Indios Cargueros. So kommen nun nach tausend Schwierigkeiten und nach grofsem Aufwand von Geld und Zeit die Ladungen endlich in Bogotä an, wo immer ein Ueberfluls an Waaren vorhanden ist. Das Gegentheil ist der Fall in gewissen nicht ganz seltenen Fällen, wenn man die Ein- fuhr plötzlich suspendirt in Folge einer Veränderung im Tarif oder der Unzugänglichkeit, oder in Folge der Besorgnisse, welche die politischen Convulsionen hervorbringen. Dann werden die Waaren selten und die Preise gehen in die Höhe, um jedoch schnell wieder auf ihr Niveau zurückzugehen, wenn der Friede hergestellt ist und mit ihm der Gang der Handelsgeschäfte. Die Steigerung der Preise einiger Artikel geht manchmal bis in’s Unglaubliche. Den Kümmel verkaufte man einige Mal bis 7 Frances das Pfund und medicinische Droguen waren während einer Convulsion fast erschöpft, oder man konnte sie nur zu Goldprei- sen erlangen; ein Gran Chinin kostete einen halben Franc, so die übri- gen Artikel. Die dem unverhältnifsmäfsigen Steigen und Fallen ausgesetzten Artikel sind in der Regel Producte der Länder, mit welchen dieses Land nicht in lebhafter und directer Verbindung steht, weil die Be- sitzer dieser Artikel im Bewulfstsein, dafs wir im Herzen der Andes wohnen, sehr wohl wissen, dafs eine die Preise herabdrückende Con- eurrenz erst eintreten kann, wenn sie längst ihre Operationen beendigt haben; deshalb leiden in seltenen Fällen die englischen Waaren sol- chen Preiswechsel, denn darin fehlt niemals ein vollständiges Sorti- ment. Es hat indefs seine Schwierigkeiten, periodische Uebersichten der laufenden Preise aufzustellen, und selbst wenn man es thäte, so würden sie hier nicht den Nutzen gewähren, den sie in andern Plätzen haben, weil die Schwierigkeiten der Verbindungen ohne Furcht vor der Coneurrenz willkührliche Preisveränderungen gestatten.‘ Die Ge- schäfte sind mithin unsicher, verwickelt und nicht gefahrlos. Eine andere Klippe für den Handel sind die Zahlungsfristen; nach- dem man 8 Monate auf die Waaren gewartet hat, verkauft man sie mit Zahlungsfristen von 4 bis 18 Monaten, und zwar bilden die läng- sten die Regel. Es ist wenig Pünktlichkeit in der Zahlung, so dafs selbst wenn ein bestimmter Zahlungstermin stipulirt ist, erst ein, zwei oder drei Monate später gezahlt wird und dann auch nicht auf einmal; sondern in kleinen Abschlagszahlungen. des siidamerikanischen Freistaates Neu-Granada. 121 In Bogota hat man keine Millionäre, aber viele Häuser von 100,000 Pesos Capital. Diese Capitalien sind nicht alle im Handelsbetriebe; Jedermann wünscht in eigenen geräumigen Häusern zu wohnen und Ländereien zu besitzen, obschon diese oft nur 5 Procent Rente bringen, während jedes Handels-Capital mit 25 bis 30 Procent benutzt werden kann. Das Land entbehrt einer Bank und damit des grölsesten Hebels für Credit und Verkehr. Es entbehrt der Handels-Effecten und der Papiere, welche in Umlauf gesetzt werden können. Statt einer Bank giebt es viele Capitalisten, welche sich nur mit dem Kauf und Verkauf discreditirter Staatspapiere beschäftigen, deren Kenntnils und Classifi- eation sehr verwickelt sind und besondere praktische Studien voraus- setzen, die nicht Jeder machen kann. Darin liegt es, dafs diese Ge- schäfte so lucrativ für den Unternehmer sind und dafs die Agiotisten um den öffentlichen Schatz einen eisernen Kreis bilden, der ihn in der Unfähigkeit erhält, seine Beamten zu bezahlen und seinen übrigen Ver- pflichtungen nachzukommen. Diese Speceulanten kaufen von den Beamten ihre Gehalts- Anwei- sungen, discontiren sie mit 12 bis 30 Procent, präsentiren sie dem- nächst dem Staatsschatze und tauschen dafür neue Anweisungen auf die Salz- und Zoll- Administration ein, welche sie al pari eflectuiren, und die dann an Stelle baarer Zahlungsmittel dem Staatsschatze re- mittirt werden. So erhalten diese Häuser diese Papiere in fortwähren- der Cireulation, weil der Staatsschatz immer von Neuem Geld braucht und immer von Neuem dadurch belastet wird. Jene starken Discon- tos vermindern nicht blos zum vierten Theil die Einnahme der Beam- ten und führen sie auf den Weg der Corruption, sondern steigern auch die Preise aller Effeeten, welche die Regierung bedarf. Welche wirk- same Hilfe könnten die Inhaber der auswärtigen Schuld nicht blos der Regierung, sondern auch dem Lande im Allgemeinen leisten, wenn sie mit 2 oder 3 Millionen Pesos eine Bank gründeten, welche alle Ope- rationen des Staatsschatzes vermittelte und dem Gewerbfleilse eine Quelle des Credits öffnete. Wenn die Gläubiger nicht in Bogotä eine Commis- sion gründen, welche unsere Finanzquellen, unsere Industrie und un- sern Handel studirt, so können sie für ihre gesetzlichen Dividenden nicht sobald einen Regen von Manna erwarten; aber ‚diese Commission darf nicht zusammengesetzt werden aus Personen, welche in die Agio- tage verwickelt sind, sonst wird sie niemals ihre Zwecke erreichen. Es ist Pflicht, nicht zu verschweigen, dafs in Bogotä ein grofses Heer soleher Personen existirt. Unter dem Norden der Republik wird das Gebiet verstanden, wel- ches die Provinzen Tunja, Tundama, Velez, Socorrö, Soto, Pamplona 122 Handels- und Verkehrsverhältnisse und Santander umfalst. Seine Producte und Bevölkerung sind so man- nichfaltig wie sein Klima. Tunja und Tundama bildeten bis vor Kurzem nur eine Pro- vinz; ihre Producte und ihre Einwohner gleichen sich so, dafs zu einer Theilung jeder wirkliche Anlafs fehlt. Die Masse der Bevölkerung besteht aus Abkömmlingen der Urbe- wohner, welche man durchgängig in Unwissenheit und Armuth versun- ken findet, obwohl sie arbeitsam, kräftig und im Allgemeinen gesund und gut gebaut sind. Weder die Gesetze noch die Verwaltungsmals- regeln haben bis jetzt es vermocht, die Lage dieser Indianer zu ver- bessern, und ihre Race scheint mehr zum Untergange als zum Fort- schritt bestimmt zu sein. Sie bilden indefs in Tunja einen kräftigen Arbeiterstand und arbeiten zu einem sehr niedrigen Preise. Diesem Umstande verdankt man es wahrscheinlich, dafs dort die Fabrication ordinairer baumwollener und wollener Zeuge nicht gänzlich eingegan- gen ist, seit die Unabhängigkeit dieser Länder von Spanien dem eng- lischen Handel unsere Häfen geöffnet hat. Tunja produeirt eine grofse Menge eines wollenen Zeuges von sehr gewöhnlicher Qualität, welches Frisa genannt und von den Indianern zur Kleidung benutzt wird; fer- ner baumwollenes Zeug, Mantas, Ruanas von Wolle und Baumwolle, Artikel von Fique, wie Sandalen, Stricke, Säcke; hiervon wird viel in Bogotäa verbraucht und selbst für die Bergleute in Antioquia werden solche Fabricate versendet. Der Ackerbau bringt sehr viel Weizen, Kartoffeln und andere Le- bensmittel hervor, deren Preis bis jetzt sehr niedrig stand. Es besteht dort auch einige Schafzucht; die Wolle ist indefs nicht sehr fein und reicht kaum zum innern Verbrauch der erwähnten Fabricate hin. Man findet dort auch Oliven von sehr guter Gattung, aber schlecht behandelt; die Früchte sind ausgezeichnet und viele von vortrefflichem Geschmack. In Moniquirä bearbeitet man eine reiche Kupfermine, und diese fängt schon an, eine der vortheilhaftesten Unternehmungen zu werden. Tunja kauft seine auswärtigen Waaren in den Provinzen Ocanba, San- tander und Bogotä. Sein Handel wird einen rapiden Aufschwung neh- men, sobald die Wege von Carare und von Chucuri, welche die Com- munication nach Velez, Socorro und dem Magdalenen-Strom öffnen, eine leichte und wohlfeile Ausfuhr vermitteln werden. Die Provinz Velez ist eine von denen, welche eine glänzende Zukunft zu erwarten haben. Umgeben von bevölkerten Ortschaften wird sie sehr bald auf dem Wege von Carare ihren vortrefflichen Zucker, Cacao, Kaffee, Baumwolle und andere tropische Früchte, wel- che sie jetzt nur in kleinem Malstabe erndtet, ausführen können. ze des südamerikanischen Freistaates Neu- Granada. 123 Velez hat viele Kohlenminen, einige Bleiminen, Kupfer, Salpeter, Schwefel, Eisen und die berühmten Smaragde in Muso. Die Smaragd- Minen werden durch eine Gesellschaft ausgebeutet, welche sie von der Regierung für die kleine Summe von 14,400 Pesos pro Jahr gepachtet hat. Der frühere Pächter, Herr Joseph Paris, hat nach Europa eine grolse Sammlung dieser Edelsteine gesendet und ein bedeutendes Ver- mögen dabei gewonnen. Die Provinz Socorro hat eine Bevölkerung, die durch ihre Arbeit- samkeit berühmt ist; sie produeirt zum Ueberflufs baumwollene und andere rohe Zeuge, Zucker, Indigo und Taback; aber alles nur zum eigenen Consum, da der Provinz ein Abfubrweg nach dem Magdale- nen-Strom bisher gefehlt hat, ein Mangel, wodurch die Entwickelung gehemmt wurde. Dieser Weg ist jetzt in Arbeit. Socorro hat auch Eisenminen, Salz, Schwefel, Kupfer, Blei und Kohlen; aber diese Mi- neralschätze werden nicht ausgebeutet. Soto, Pamplona und Santander sind drei kleine aber reiche Provinzen, deren Handelsmittelpunkt die Stadt San Jose de Cucutä an der Grenze von Venezuela ist. Diese produciren und führen aus: Gold von Jiron, Taback, Cigarren, Zucker, Kaffee, Cacao, Thierhäute, Palm- Strobhüte, und bedienen sich des schiffbaren Flusses Zulia, um ihre Ladungen nach dem See von Maracaibo zu bringen. In Maracaibo werden die Waaren nach den Vereinigten Staaten und Europa ver- schifit und von dort gelangt auch die Einfuhr fremder Waaren zu ihnen, so dafs Cucutä ein wichtiger Marktplatz ist, wo viele fremde Kaufleute sich etablirt haben. Herr Ancizar, Mitglied der chorographischen Commission und mit der Aufnahme der Karte von Neu-Granada beauftragt, schätzte die Ausfuhr aus Soto im Jahre 1850 an Gold, Taback, Cacao und Strohhüten auf 365,000 Piaster. In dem Rechnungsjahre, welches mit - dem 31. August 1851 abschliefst, wurden über Cucutä nach dem Ma- racaibo ausgeführt: an Kaffee . . . 4,302,750 Pfund, - Qacaoı 2... 551,416 = - Zucker raffl. . 48,605 - | - = ..2.......407,204 Panelas, Bi: - China... 281,500 Pfund, - Taback '. . 318,300. - _ duete dieser drei Provinzen seinen Weg von Ocana nach dem Magda- _ lenen-Strome nimmt. Nach den amtlichen Nachrichten der Zollbehör- den betrug die Einfuhr 450,000 Pesos, und es ist sehr wahrscheinlich, g: dafs diese Summe kaum die Hälfte der wirklichen Einfuhr erreicht, und hierbei ist zu bemerken, dafs aufserdem ein grofser Theil der Pro- 124 Beiträge zur Kenntnifs der Republik Chile: Der Fortschritt in jenen Provinzen ist wenigstens eben so rapid, wie der in Mariquita und Antioquia, und es ist noch ein Aufschwung in einem grölseren Mafsstabe zu erwarten, wenn auf dem Zulia-Strom und Maracaibo-See erst Dampfboote gehen und sobald die Wege nach dem Zulia und Magdalena vollendet sein werden. Guaduas im October 1854. VL Beiträge zur Kenntnifs der Republik Chile. (Hierzu eine Karte, Taf. III.) 1. Die Provinz Concepeion. Im zweiten Bande der Neuen Folge dieser Zeitschrift haben wir auf Grund amtlicher Berichte eine Skizze der Provinz Coquimbo ge- liefert, die durch ihre mineralischen Schätze zu den wichtigsten Gebieten der Republik Chile gehört. Ein ganz anderes Bild bietet diejenige Provinz dar, auf die wir jetzt die Aufmerksamkeit des Lesers zu lenken wünschen, — die Provinz Concepeion, die für den wichtig- sten landwirthschaftlichen Distriet der Republik gilt und durch ihre Weizenproduction nicht blofs für die nördlichen regen- und wasser- armen Provinzen Chile’s, sondern sogar für Californien während der ersten Zeit seines Aufblühens von Bedeutung gewesen ist. Der Berg- bau, der in der Provinz Coquimbo alle Interessen absorbirt und die einzige Triebkraft des Fortschritts bildet, ist in Concepeion noch zu jungen Ursprungs, als dafs er auf die Verkehrs- und Lebensverhält- nisse schon jetzt einen wesentlichen Einflufs hätte äufsern können; er bezieht sich aber gerade auf denjenigen Zweig, welcher der Industrie und auch dem Handelsverkehr am allermeisten förderlich zu sein pflegt, — auf die Ausbeutung der Steinkohlenlager, die an verschiedenen Punkten der Küste entdeckt sind, so dafs die Provinz sich ohne Frage auch durch diesen Theil ihrer Thätigkeit eine höchst ergiebige Quelle des Wohlstandes erschlossen hat. Grenzen und Gröfse. — Im Norden und Nordosten bildet der Rio Itata, und von seinen Quellflüssen der Rio Cholguan die Grenze ge- gen die Provinzen Nuble und Maule. Die südliche Grenze, die vorher ziemlich unbestimmt war und hinsichtlich der Jurisdietion zu manchen Competenzstreitigkeiten Veranlassung gab, ist durch ein Deeret vom 19. März 1855 festgestellt worden. Sie beginnt im Osten am Rio Laja, der in dem gleichnamigen See am Vulcan Antuco, nur 12 Leguas süd- 4. Die Provinz Concepeion. 125 lich vom Rio Cholguan seinen Ursprung nimmt, folgt diesem: Flusse bis zu seiner Einmündung in den Rio Biobio, steigt dann längs des Biobio bis zur Mündung des Taboleo aufwärts und wird weiterhin in ihrem zuerst südwestlichen, dann nordwestlichen Laufe durch den Rio Taboleo, die Bäche Los Rios, Cifuente, den Rio Carampangue, Codigue und endlich durch den Rio Araquete bestimmt. Im Osten bilden die Anden, im W. das Meer die Grenze. Die Form der Provinz ist also eine ziemlich unregelmäfsige; ihre gröfseste Breite von W. nach O, beträgt 40, ihre Küste nimmt etwa 30 Leguas ein; aber nach Osten spitzt sich das Gebiet zu und drängt sich schliefslich als ein langer schmaler Zipfel — der Rio Cholguan ist an einer Stelle vom Rio Laja nur 3 bis 4 Leguas entfernt — zwischen die Provinzen Nuble und Arauco hinein, so dafs hier eine praktische Departements-Abgrenzung unmöglich wird. Von Inseln gehört noch Quiriquina in der Bucht von Talcahuano zu dieser Provinz'). Das Gesammt-Areal schätzt der In- tendente der Provinz auf etwa 1000 Quadrat-Leguas (c. 320 Quad. Meil.) oder 1,296000 Quadrat -Cuadras ?). Bodenrelief. — Concepeion .gehört zu denjenigen Provinzen Chile’s, in welchen sich eine den Anden fast parallele Centralkette mehr oder minder deutlich entwickelt hat und dem Lande sein charakteristi- sches Gepräge giebt. Diese Centralkette, die in den nördlichen Pro- vinzen der Republik nicht mit Bestimmtheit verfolgt werden kann und die im Süden ganz fehlt, theilt das mittlere Chile in zwei grofse, durch Querjoche vielfach in sich gegliederte Längenthäler. Das öst- liche, Valle de la Cordillera oder Valle Andino, das von den Anden und der Centralkette eingeschlossen wird, nimmt die gröfsere Hälfte des Landes ein; das westliche, Valle de la Costa, liegt zwischen der Centralkette und dem Höhenzuge, welcher die Küste begleitet. Die Centralkette, im Allgemeinen Cordillera del Medio, an den einzelnen Localitäten aber mit speciellen Namen benannt, gestattet den auf den Anden entspringenden Flüssen nur ausnahmsweise, in direet westlichem Laufe zum Meere sich zu wenden; sie zwingt sie entweder, wie es 2) Auf der Karte, welche der Schrift von Vicente Perez-Rosales „‚Essai sur le Chili. Hambourg 1857“ beigegeben ist, wird auch die Insel Santa Maria durch die Illumination als zur Provinz Concepcion gehörig bezeichnet. In dem amtlichen Be- richt des Intendenten der Provinz vom Jahre 1856 wird das Gebiet genau angege- ben und nur die Insel Quiriquina als Bestandtheil desselben erwähnt. 2) Diese Reduction auf Quadrat-Cuadras ist der Denkschrift des Intendenten entlehnt, sie kann also für zuverlässig gelten. Darnach umfafst die Quadrat-Legua 1296 Quadrat-Cuadras. Die chilenische Legua ist also 36 Cuadras oder 5400 Varas oder 12900 Par. Fuls lang (die Vara zu 344'" Par. gerechnet), und'es gehen 26,56 Leg. auf einen Grad. Eine Cuadra ist hiernach nur 3583 Par. F. lang und die Angabe bei Perez-Rosales S. 164, der sie 450 F. gleichsetzt, ist selbst dann irrig, wenn der - Verf. hier spanische Fuls gemeint hat. I. x 126 Beiträge zur Kenntnifs der Republik Chile: bei dem Rio Itata und Rio Biobio der Fall ist, anfangs auf weite Strecken zu einem nordwestlichen Lauf, oder giebt doch in dem An- denthal der Entwickelung gröfserer Zuflüsse Raum, die von Norden nach Süden oder umgekehrt ihren Lauf nehmen und den Wasserreich- thum der Hauptader wesentlich vermehren. Diese durch die Central- Cordillere bewirkte Verlängerung des Flufslaufes ist in praktischer Hinsicht nicht ohne Bedeutung. Sie vermindert das Gefälle der Flüsse, die, vom Schnee des Hochgebirges genährt, sonst nur als zerstörende Giefsbäche auftreten und im Sommer trocken liegen würden, während sie jetzt die Lebensadern für den Ackerbau bilden; sie erweitert das Areal des Flufsgebietes und sichert dadurch mindestens dem Haupt- rinnsal auch während der trockenen Monate einen für die Landwirth- schaft ausreichenden Wasservorrath, wie er in Gegenden mit knappen atmosphärischen Niederschlägen nicht entbehrt werden kann. Auch die Provinz Concepcion nimmt an jener orographischen Gliederung Theil. Sie besitzt eine Küstenkette, in welcher der Cerro Neuque als ein be- sonders hoher Punkt angeführt wird. Die Centralkette besteht nörd- lich vom Biobio aus den Bergen von Florida, die selten höher als 1000 F. ansteigen, und zeigt sich südlich von diesem Flusse besonders deutlich als zusammenhängender Gebirgszug unter den Namen Cordillera de Nahuelgatu und Pinales. Aber von dem grofsen Andenthal des Biobio, welches wie alle Valles Andinos ungleich fruchtbarer ist als das Valle de la Costa, gehört seit der Vereinigung des Departamento Los An- geles mit der Provinz Arauco nur ein sehr kleiner Theil zur Provinz Concepeion, und die Entwickelung der Cultur auf diesem beschränkten Gebiete leidet noch immer unter der Besorgnils vor den Einfällen der Araucaner. Allerdings liegt auch nördlich vom Rio Laja, an welchem Flusse sich die Provinz weit nach Osten hinzieht, zwischen Yumbel und Tucapel eine ausgedehnte Ebene von etwa 100 Quadrat-Leguas; aber sie hat einen sterilen Sandboden, ist zur Zeit für die Landwirth- schaft ohne allen Belang und verspricht überhaupt der menschlichen Thätigkeit nur geringen Erfolg. Zieht man nur in Betracht, dafs — abgesehen von dieser Wüstenei — nur der zehnte Theil des Areals der Provinz aus ebenem Lande besteht und dafs die Fruchtbarkeit dieses letztern durchaus nicht als eine aufserordentliche bezeichnet werden kann: so wird man finden, dafs die landwirthschaftliche Bedeutung der Provinz nicht in der Bodenbeschaffenheit, sondern in anderen Verhält- nissen ihren Grund haben mufs. Flüsse. Wir haben schon in dem Bericht über die Provinz Co- quimbo (Bd. II, S. 58.) darauf aufmerksam gemacht, in wie auffallen- der Weise die chilenischen Flüsse nach Süden hin an Wasserfülle zu- nehmen. In Atacama und dem nördlichen Theile der Provinz Copiap6 4. Die Provinz Concepeion. 127 liegen die Flufsbetten fast das ganze Jahr trocken; selbst der Rio Co- piapo ist so wasserarm, dafs er nie in ununterbrochenem Laufe das Meer erreicht. Dem Rio Huasco gelingt das Letztere wenigstens im Frühling; im Sommer liegt: er trocken. Der Rio de Coquimbo ist schon als eine permanente Wasserader für die Landwirthschaft von der höchsten Bedeutung; aber sein Vorrath ist während des Sommers doch so spärlich, dals über die Benutzung desselben zur Bewässerung der Felder unter den Auwohnern fortdauernd der erbittertste Streit herrscht. Von dem Rio Baraza oder Limari gilt dies nur in besonders trocknen Jahren, während der noch südlichere Rio Chuapa den gegenwärtigen Bedürfnissen der Landwirtbschaft fast immer entspricht und der Rio de Aconcagua selbst zur Speisung des ausgedehnten Berieselungsystems, welches den blühenden Ackerbau der Distriete von San Felipe und Quillota nährt, eine hinlängliche Wasserfülle besitzt. Der Maypu ver- trägt es bereits, dals man von seinem obern Lauf, bei seinem Austritt aus den Anden, einen grolsen Canal nordwärts zur Bewässerung der Ebene von Santiago und zur Vermehrung der Wasserfülle des Mapocho abgeleitet hat, ohne dafs der Ackerbau an seinem mittlern und untern Laufe darunter leidet; da der Flufs eine auffallende Menge höchst frucht- barer erdiger Theile mit sich führt, hat man ihn seit 1820 so stark zur Ueberrieselung verwendet, dafs sich die dürren, mit Kies und Stei- nen bedeckten Ebenen der Provinz Santiago seit jener Zeit in die frucht- barsten Ackerfelder verwandelt haben '). Vom Rio Rapel in der Pro- vinz Colchagua wird schon bemerkt, dafs seine wichtigsten Quellflüsse, der Rio Claro und Rio Tinguiririca mehrmals durch grofse Ueber- schwemmungen die Felder von Rengo und San Fernando verwüstet haben. Aber unter allen diesen Flüssen befindet sich noch kein einzi- ger, der auch nur für Boote schiffbar wäre; dazu sind sie entweder zu wasserarm, oder zur Zeit ihrer Wasserfülle zu reifsend. Erst am Ma- taquito finden sich bei den Uebergangsstellen Fähren stationirt, und der Maule ist bereits von dem guten Hafen Constitucion, den er bei h seiner Mündung bildet, aufwärts bis zum Einflufs des Longomilla (bei - Bobadilla) für Schiffe von 300 Tonnen Gehalt fahrbar. In einer solchen regelmälsigen Progression gelangen wir zu den Flüssen der Provinz Concepcion, von denen der Biobio bereits Dampfer trägt. Von den Gründen, welche die eben skizzirte auffallende Erschei- ‚nung veranlassen, haben wir einen schon oben erwähnt, — die Erwei- _ terung der Flulsgebiete, die durch das bestimmtere Auftreten der Cor- !) Perez-Rosales hat das Maypu-Wasser in den Schluchten der Cordillere unter- ‚sucht und gefunden, dafs dasselbe etwa ein Drittel erdige Stoffe enthält. A. a. O, Ss. 77. 128 Beiträge zur Kenntnifs der Republik Chile: dillera del Medio bewirkt wird. Aber dieser Umstand wird erst da- durch folgenreich, dafs in Chile die Menge der atmosphärischen Nieder- schläge nach Süden hin in auffallendem Maafse zunimmt. . Die Republik besitzt im Norden eine fast regenlose Provinz, — Atacama; und im Süden, auf Chiloe und den andern Inseln der patagonischen Küste Gebiete, die, wenn wir nicht die Regenmenge, sondern die Dauer regnichter Witterung in’s Auge fassen, zu den regenreichsten des Erd- balls gehören; und von dem einen Extrem zum andern findet ein all- mählicher Uebergang statt. Während man in Copiapö, sagt Philippi '), höchstens auf drei Regengüsse im Jahre rechnen kann, zählt man in Santiago nach den Beobachtungen Domeyko’s im Jahre durchschnitt- lich 57, in Valdivia nach den Beobachtungen Anwandter’s 130 bis 160 Regentage, und auf Chiloe gehört nach dem Ausdruck Darwin’s eine Woche heitern Wetter’s zu den Wundern. In Santiago beträgt die jährliche Regenmege 547, in Valdivia 2777 Millimeter. Es würde demnach schon dort der Ackerbau ohne künstliche Be- wässerung möglich sein, wenn die atmosphärischen Niederschläge in Santiago nicht so entschieden den Charakter der subtropischen Regen trügen und demgemäls fast ausschliefslich den Wintermonaten ange- hörten. Nach Beobachtungen in den Jahren 1824 bis 1850 regnete es in Santiago durchschnittlich im Jahre 2154 Stunden; davon fielen auf die fünf Monate vom November bis März nur 7 Stunden 38 Minu- ten Regenzeit, während auf die drei Wintermonate (Juni bis August) 134 Stunden 42 Minuten kommen ?). Der Sommer ist dort also anhal- tend dürr, und vor der Zeit, in welcher die Provinz durch künstliche Bewässerung zu ihrem gegenwärtigen Kulturzustande emporgehoben wurde, soll es dort im Sommer nie geregnet haben. Auch in Valdi- via fällt das Maximum der Niederschläge noch in den Juni; aber die drei Frühlingsmonate, die wichtigsten für die Landwirthschaft, besitzen in einem durchschnittlichen Niederschlage von 474,1 Millimetern bereits eine überreiche Feuchtigkeit und auch der Sommer ist nichts weniger als regenlos. Zwischen den beiden genannten Punkten liegt die Pro- vinz Concepeion genau in der Mitte, etwa am Rande der Zone, in welcher den von Norden kommenden Ansiedlern zuerst der Ackerbau ohne künstliche Bewässerung nicht aussichtslos schien. Erwägt man nun, dafs das südlich an diese Provinz angrenzende Gebiet, das noch mehr zum Ackerbau geeignet war, sich im Besitz der so lange gefürch- !) In der anziehenden Abhandlung „Estadistica de la Flora Chilena,‘“ abge- druckt in der Revista de ciencias y letras, T.I, nro. 1. Santiago 1857. 2) The U. 8. Naval Astronomical Expedition to the Southern Hemisphere Vol. I, 2. 79. Er 41. Die Provinz Concepeion 129 teten Araucaner befand, so wird man erkennen, dafs die Provinz Con- cepeion sich der spanischen Bevölkerung des chilenischen Küstenstrichs in landwirthschaftlicher Beziehung als die erste und natürlichste Hilfs- quelle daxbot und dadurch eine Bedeutung erlangte, welche bis in die gegenwärtige Zeit fortdauert und vielleicht erst in Zukunft durch die Production der Provinz. Valdivia und des Colonisations-Territoriums Llanquihue Abbruch erleiden wird. Aufser dieser nach Süden hin rasch zunehmenden Regenmenge und ihrer allmählichen Vertheilung über das ganze Jahr trägt noch ein an- derer Umstand dazu bei, den Flüssen südlich von der Breite Santi- ago’s eine dauernde Wasserfülle zu verleihen. Es ist bekannt, dafs die Schneelinie in den Anden auf der südlichen Hemisphäre innerhalb der Tropen höher liegt als auf der nördlichen; dasselbe gilt auch von den Anden der südlichen subtropischen Zone. Nach Gillifs liegt die Schneelinie am Come Caballo-Pals in 13,872F. Par. Höhe, — viel höher, als man nach der Breite (27° 35’) erwarten sollte; und wenn es wahr ist, was derselbe Schriftsteller berichtet, dafs sie sich selbst am Tu- pungato noch in einer Höhe von 10,771 F. befindet, so sieht man, wie wenig sie sich in diesen sechs Breitengraden gesenkt hat. Selbst bei reichhaltigeren Niederschlägen wäre also nicht daran zu denken, dafs sich auf den Anden Nord-Chile’s bedeutende Schneemassen bis tief in den Sommer hinein halten könnten. Aber südlich vom Tupungato senkt sich die Schneelinie um so rascher. Nach Perez-Rosales ist sie schon in der Provinz Talca, nur anderthalb Breitengrade südlicher, auf 6711 F., und in der Provinz Concepeion auf 5319 F. herabgestiegen.') - In dieser Breite, in welcher der Winter an atmosphärischen Niederschlä- gen überreich ist, werden sich also im Hochgebirge bedeutende Schnee- _ massen aufhäufen können, welche während des trocknen Sommers zur Speisung der Flüsse ausreichen. Am Ostabhange der Anden südlich vom Wendekreise, wo die tropischen Regen aufhören, ein trocknes Klima während des ganzen Jahres vorherrscht und der Schnee des Hochgebirges die einzige Nahrung der Flüsse bildet, documentirt sich die Wirkung des letztern noch auffallender. Hier hört unter dem Wendekreise, mit den tropischen Regen, auch die Bildung bedeutender Flüsse auf; der Rio Vermejo und Rio Salado sind die letzten Ströme, welche das Thal des Paraguay und Parana erreichen; dem etwas süd- licher entspringenden Rio Dulce gelingt dieses nicht mehr; und in den Provinzen Catamarca und Rioja, welche in gleicher Breite mit den ‚chilenischen Copiapo und Coquimbo liegen, ist von der Bildung eigent- hr 2) 2180 und 1728 Meter. Essai sur le Chili p. 59. Zeitschr.f. allg. Erdk. Neue Folge. Bd, VI. 9 en 130 Beiträge zur Kenntnifs der Republik Chile: licher Flüsse gar keine Rede. Weiter südwärts, in den Provinzen San- Juan und Mendoza entsteht bereits eine Anzahl von Flüssen, aber sie sind noch so wasserarm, dals sie, obgleich sie sich zu einem einzigen System vereinigen, doch selbst in der günstigsten Jahreszeit schon nach dem ersten Drittel ihres Laufes zur See versiegen. Erst die Anden der Provinzen Talca, Maule und Concepeion geben Flüssen ihren Ur- sprung, die, wie der Colorado und Rio Negro, eine so reichliche und regelmäfsige Nahrung finden, dafs sie den weiten Weg durch die Pam- pas bis zum Meer zurücklegen können. Der Westabhang der Anden ist nicht ganz so ungünstig situirt, da er verhältnifsmäfsig regenreicher ist; aber auch hier macht sich das plötzliche Herabsteigen der Schnee- linie durch den permanenten Wasservorrath der Flüsse in auffallender Weise bemerklich. Von den beiden Flüssen der Provinz Concepeion entspringt der Rio Itata aus dem in der Cordillera de Piedra Lisa gelegenen Anden- see Huaquete, fliefst nach NW. und empfängt nur von der Provinz Maule bedeutende Zuflüsse. Eine Barre versperrt seine Mündung, so dafs sich an ihr ein Hafenplatz nicht gebildet hat und der Flufßs in Folge dessen auch zur Schifffahrt nicht benutzt wird. Der Biobio ist der gröfseste Flufs Chile’s, da der Westabhang der Anden ihm alle Quellen innerhalb einer Strecke von mehr als anderthalb Breitengraden zusendet. Der Hauptstrom entspringt unter 38° 18’ S. Br. in dem Andensee Gualletue am westlichen Abhange der Kette von Cholhue- cura, und fliefst erst nordwestlich bis Santa Barbara, dann westlich mit geringer Neigung nach Norden, bis zur Einmündnng des Duqueco, der in westlichem Lauf von den Anden herabströmt. Bald darauf empfängt der Biobio auch von Süden zwei bedeutende Nebenflüsse, den Bergara und den Taboleo, und fliefst dann nach NNW. bis zur Einmündung des Rio Laja. Dieser letztere, der grölseste Zufluls des Biobio, entspringt aus dem gleichnamigen, nicht über 1200 F. breiten See, der sich halbmondförmig um den Fufs des Vulcans von Antuco herumzieht, nach Gillifs 4600 F. über dem Spiegel des Oceans. Nach- dem er sich durch zahlreiche Zuflüsse verstärkt hat, bildet er südöst- lich von Yumbel, nicht weit von der Stelle, wo der Weg von Los An- geles über ihn hinführt, mit seinen zwei Armen zwei prachtvolle Wasser- fälle von 36 F. Höhe,!) und vereinigt sich unten wieder in ein Bett. Er ist ein wasserreicher Strom und seine Ufer sind der Art, dafs er sehr leicht zur Bewässerung der grofsen Ebene östlich von Yumbel 2 a !) Der Intendente der Provinz sagt 15 Varas, Gillifs 60 Fufs hoch. Bei Perez Rosales heifst es (p. 84) auffallender Weise: vers les deux tiers de sa route, elle se precipite en masse et avec fracas sur um lit de rochers, d’ume elevation de plus de 200 pieds, tout a cöte de son passage, qu'on traverse ü que et sans peril. | 1. Die Provinz Concepeion. 131 verwendet werden könnte: aber die Bevölkerung der Provinz ist noch so dünn, dafs vorläufig an die Urbarmachung dieser Wüstenei nicht zu denken ist. Nachdem der R. Laja noch den Rio Claro aufgenommen hat, der aus den Seen von Avendano kommt, ergielst er sich oberhalb Rere in den Biobio, der von hier ab die Richtung nach WNW. ein- schlägt. Der Biobio erweitert sein Flufsbett mehr und mehr und über- schwemmt zur Zeit des Hochwassers die Umgegend weit und breit; durch eine Regulirung des Strombettes könnte ein viel tieferes Fahr- wasser hergestellt werden. Veränderliche Sandbänke vor der Mündung und die an ihnen stattfindende Brandung erschweren die Einfahrt; im Strome selbst gehen Schiffe von nicht bedeutendem Tiefgang bis Santa Juana, Boote bis Nacimiento, und seit einiger Zeit vermitteln auch Dampfschiffe den Verkehr zwischen den ackerbautreibenden Distric- ten des Innern und den Hafenplätzen, — eine grofse Wohlthat für ein Land, in welchem die Schwierigkeiten, die das gebirgige Terrain dem Wegebau darbietet, einer energielosen Bevölkerung so leicht als un- überwindlich erscheinen. Politische Eintheilung, Ortschaften und Bevölkerung. — Die Provinz zerfällt in 6 Departamentos, die in 34 Subdelegaciones und 199 Distritos zerlegt sind. ') Die Departementsabgrenzung ist äulserst wunderlich; während das Departement Concepeion so klein ist, dafs ein Theil der Vorstädte, das Pulverhaus, der Kirchhof der Hauptstadt aufserhalb der Grenzen desselben liegen, umfalst das Departement Rere 280 Quadratleguas. Gröfse und Bevölkerung ersieht man aus folgender Tabelle: Bean ee re BEER Br 1. Concepeion ... 6 14,186 2. Talcahuano ...,. ; 8 4,951 3. Coelemu .....240 23,685 | A; Pnchacai ......2A0 25,667 | BuoBere 26 0053 280 26,452 | 6. Lautaro...... 227 15,350 pi 1001 110,291 | 1. Das Departement Concepeion umfalst nach NW., N. und NO. hin nicht einmal die ganze Hauptstadt; einige Bewohner der Vor- städte haben das Vergnügen, in dem 3} Leguas entfernten Talcahuano ihr zuständiges Gericht zu besitzen, und die Bewohner von einigen - Ortschaften, die nur ein paar hundert Schritt im NO. der Stadt liegen, { I) Die Angabe bei Gillifs Vol. I, p. 60 (43 Subdelegationen und 212 Distriete) _ bezieht sich auf eine frühere Zeit. g* ee 132 Beiträge zur Kenntnils der Republik Chile: müssen sich zu demselben Zweck auf abscheulichen Gebirgswegen nach dem 12 Leguas entfernten Florida, der Hauptstadt des Departements Puchacai begeben. Gegen Talcahuano bildet der Cerro de Chepe, die Laguna de las Tres Pascuales und ihr Abflufs nach dem Rio Andalien die Grenze; der letztere mündet zwischen Penco nnd Concepeion in die Bucht von Talcahuano, und auch der zuerst genannte Ort, der eigentliche Hafen von Concepeion, gehört nicht mehr zum Departement dieser Stadt. Im Süden bildet der Biobio die Grenze; nur nach SO. erstreckt sich das Departement 3 Leguas weit, so dafs auch hier die Ortschaft Hualqui, die auf dem Biobio eine regelmäfsige und lebhafte Verbindung mit der Hauptstadt unterhält, von dem Departement Con- cepeion ausgeschlossen und dem Departement Puchacai zugeschlagen ist, dessen Hauptstadt Florida 14 Leguas von Hualqui entfernt liegt. Von den sechs Subdelegationen des Departements sind vier städtische und zwei ländliche. Die Hauptstadt Concepeion war von Valdivia im J. 1550 an dem Hafen von Penco gegründet. Da die Stadt aber hier zweimal durch Erdbeben zerstört wurde, siedelten die Bewohner im J. 1764 an das reizende Ufer des Biobio über. Indefs entging auch hier die Stadt dem alten Verhängnifs nicht. Das furchtbare Erdbeben, welches im J. 1835 Penco und Talcahuano zerstörte, richtete auch in Concepcion grolse Verwüstungen an, deren Spuren auch jetzt noch nicht vollständig ge- tilgt sind. Die Stadt ist regelmälsig und hübsch gebaut, aber die Strafsen sind meistens ungepflastert. Von öffentlichen Gebäuden werden die Kathedrale, das Stadthaus, das Hospital, das Theater, mehrere Kirchen und Klöster als bemerkenswerth angeführt. Die Stadt ist Sitz eines Bischofs und des Appellationsgerichts für Süd-Chile; die Zahl ihrer Be- wohner beläuft sich auf 10500. 2. Das Departement Talcahuano ist nicht viel grölser als das vorige; es umfalst die Halbinsel Tumbel, die an der Stelle, wo sie sich der Bai von San Vicente nähert, nur ein paar hundert Schritt breit ist, und die Insel Quiriquina, die auch nur # deutsche Meilen lang und 4 Meile breit ist. Aber es besitzt in dem Hafen von Taleahuano den besten an der ganzen chilenischen Küste; er ist geräumiger und geschützter, als der von Valparaiso, und der Ausfuhrplatz für ein pro- duetenreicheres Hinterland. Die ganze Concepeion - Bai ist 6 See- meilen lang und 4 Seemeilen breit; erwägt man, dafs an dieser Küste die Südwestwinde die vorherrschenden und gefährlichsten sind, so ge- nügt ein Blick auf die Karte, um sich zu überzeugen, dafs die Bucht gegen diese Gefahr durch die Halbinsel Tumbel vollkommen gedeckt ist. Die Einfahrt in die Bucht liegt östlich von der Insel Quiriquina und ist zwei Seemeilen breit, der Ankergrund überall gut. 1. Die Provinz Concepeion. 133 Dafs die Stadt Talcahuano, deren lebhaftes Exportgeschäft in Mehl, Wein und Früchten nicht blofs durch die Produetion der Provinz Con- cepcion, sondern auch durch die der Provinzen Maule und Nuble und der Araucanischen Militärgrenze genährt wird, im J. 1835 durch ein furcht- bares Erdbeben zerstört wurde, haben wir bereits bemerkt. Schrecken- erregend waren die Phänomene, deren Zeugen die an jenem Unglücks- tage in der Bucht ankernden Schiffe waren. „Eine halbe Stunde nach dem grofsen Erdbeben,“ sagt Domeyko,') „zog sich das Meer in der Bucht so weit zurück, dafs alle dort befindlichen Schiffe, selbst wenn sie in 7 Faden Tiefe geankert hatten, auf dem Trocknen lagen. Dann brach eine ungeheure Woge durch den westlichen Canal hervor, der die Insel Quiriquina von dem Continent trennt, stürzte sich mit grolser Schnelligkeit über den ganzen westlichen Theil der Bucht, an ihren hohen Küsten vorbei, rifs Alles mit sich, was sie auf ihrem Wege fand, und erhob sich zu einer Höhe von 25 Fufs über dem Niveau der höch- sten Fluth. Als sie sich am Festlande brach, überschwemmte sie einen grolsen Theil der Stadt, und zog sich dann sofort wieder zurück, in- dem sie eine Menge von Bauholz, Möbeln und andern Gegenständen, die das Erdbeben auseinandergeschleudert hatte, mit sich fortrils. Nach ein paar Minuten safsen die Schiffe wieder auf dem Trocknen, aber eine zweite Woge wälzte sich mit noch furchtbarerem Brausen und Ungestüm heran; das Meer erhob sich an derselben Stelle wieder zu derselben Höhe wie bei der ersten Woge, und zog sich mit der- selben Schnelligkeit wieder zurück, so dafs die Schiffe zum dritten Mal trocken gelegt wurden. Darauf erschien zwischen Quiriquina und dem Continent eine dritte, die letzte Woge, die noch gröfser als die beiden vorigen war, und deren ebenso gewaltiger Ansturz die Trüm- mer der durch das Erdbeben zerstörten Gebäude weit über die Bucht hinführte. In den folgenden Tagen erreichte das Meer nicht die Höhe, zu der es hier bei Fluthzeit gewöhnlich anzusteigen pflegt. An- fangs fehlten daran 4 bis 5 Fufs: aber diese Differenz veränderte sich bis in die Mitte des April allmählich, wo nur noch 2 Fuls an dem gewöhnlichen Niveau fehlten, und im Juli desselben Jahres fand Fitzroy das Meeresniveau an dem Landungsplatz wieder in der alten Höhe.“ Da wir die Handelsverhältnisse der Provinz weiter unten berüh- ren, fügen wir hier noch die Bemerkung hinzu, dafs die Stadt etwa 4500 Einw. zählt. 3. Das re = Coelemu umfalst die 16 Leguas lange ö 2 4 3 !) In der Abhandlung: Sodre el solevantamiento de la costa de Chile, abge- druckt in dem ersten Heft der oben angeführten chilenischen Revista. en 134 Beiträge zur Kenntnifs der Republik Chile: Küstenstrecke vom Rio Andalien, der zwischen Concepeion und Penco sich ins Meer ergiefst, bis zur Mündung des Itata. Die Nordgrenze bildet der zuletzt genannte Flufs bis zu einem Punkt etwa 3 Leguas oberhalb der Einmündung des Nuble. Dann geht die Grenze gegen das Departement Puchacai zuerst längs des Estero Quitrico, dann über den Cerro Cayumangu& nach Südwesten zum Rio Andalien, der die Grenze gegen die Departements Concepeion und Talcahuano bildet. Das Departement hat also fast die Gestalt eines gleichschenkligen Drei- ecks. Die älteste Hauptstadt war Coelemu; dann wurden die Behör- den nach dem mehr im Mittelpunkte gelegenen Rafael übergesiedelt. Aber da Rafael ein stationärer Ort ist und nicht eine solche Wichtig- keit besitzt, dafs es nothwendig wäre in ihm die Verwaltung zu con- centriren, wurde im J. 1850 der schnell emporgekommene Hafenplatz Tom& zur Departementshauptstadt erhoben,') und im Laufe der näch- sten Jahre schlugen hier auch die Behörden nacheinander ihren Sitz auf. Aufser den eben genannten Ortschaften verdient nur noch der Hafen Penco erwähnt zu werden, der durch eine gute Strafse mit der Hauptstadt Concepeion verbunden ist. Gillifs fand den Ort in Folge des Erdbebens von 1835 noch immer als einen Ruinenhaufen, auf dem sich nur ein paar elende Fischerhütten erhoben; aber der Intendente der Provinz giebt ihm schon im J. 1856 eine sehr thätige Bevölkerung von 800 Seelen, so dafs der commereielle Aufschwung der Provinz innerhalb der letzten Jahre sich auch hier fühlbar gemacht zu haben scheint. 4. Das Departement Puchacai, welches von einem betrieb- samen und mit der Provinzialhauptstadt in der engsten Verbindung stehenden Oertchen nicht weit von der Grenze des Departements Concepeion seinen Namen hat, liegt südöstlich von dem vorigen. Die Ostgrenze gegen die Provinz Nuble bildet der Rio Itata von dem Punkte, bis zu welchem das Departement Coelemu reicht, aufwärts bis Penuelas; die Südostgrenze gegen das Departement Rere geht über die Hacienda Maquegua an den Bächen Peral, Lircai, Lucai und dem Flusse Quilacoya vorbei bis zur Einmündung des letztern in den Biobio, der nun in seinem Laufe abwärts bis zur Grenze von Con- cepceion die Departements Puchacai und Lautaro von einander schei- det. Dann zieht sich die Grenze etwa 4 Leguas nach Norden zum Rio Andalien und schliefst sich hier an die Grenze des Departements Coelemu an. Die Hauptstadt ist Florida, ein ärmliches Städtchen in der Cordillera del Medio, das sowohl von Concepeion wie von Hualqui | 1) Dies Deceret (vom 13. Juni 1850) scheint Herm Perez Rosales unbekannt zu sein, da er in seinem Werke p. 296 noch Rafael als die Hauptstadt angiebt. 1. Die Provinz Concepeion. 135 aus nur auf den elendesten und beschwerlichsten Gebirgswegen zu er- reichen ist. Ueberhaupt ist das ganze ausgedehnte Departement ziem- lich arm und sehr schwach bevölkert, mit Ausnahme der Subdelegation Hualqui, die sowohl in Folge ihres guten Bodens wie ihrer durch die Dampfschifffahrt vermittelten bequemen Verbindung mit der Provinzial- hauptstadt zu den am günstigsten situirten Distrieten der Provinz ge- hört. Da Hualqui durch seine Lage wie durch seine Verkehrsverhält- nisse ausschliefslich auf Concepeion hingewiesen wird, hat man daran gedacht, sein Gebiet mit dem Departement Concepeion zu vereinigen; aber die spärlichen Einkünfte des Departements Puchacai würden ganz zusammenschrumpfen, wenn man den fruchtbarsten und einträglichsten Theil seines Gebietes von ihm loslösen wollte. 3. Das Departement Rere, östlich von dem vorigen, ist das grölseste von allen. Der Rio Itata von Penuelas aufwärts, und sein Quellstrom der Rio Cholguan scheiden es von der Provinz Nuble; im Osten reicht es bis an die Cordillere; im Süden bildet der Rio Laja gegen die Provinz Arauco, dann der Biobio bis zur Einmündung des Quilacoya gegen das Departement Lautaro die Grenze; im Westen und Norden stölst es an Puchacai. Die Bevölkerung ist über das weite Gebiet sehr ungleich vertheilt; sie ist verhältnifsmäfsig am dichtesten in dem Distriet von Rere; dagegen sind in der grofsen Sandwüste zwischen Yumbel und Tucapel die Ansiedelungen überaus spärlich. Bei dem Umfange und der unregelmäflsigen Form des Departements ist mehrmals der Plan in Anregung gekommen, die Subdelegation Tu- capel und den langen schmalen Landstreifen, der sich ostwärts längs des Rio Laja bis zur Kette der Anden hinzieht, entweder mit der Provinz Nuble, oder mit dem zur Provinz Arauco gehörigen Departe- ment Los Angeles zu vereinigen; aber finanzielle Rücksichten sind der Ausführung dieses Planes hinderlich gewesen. Bis zum J. 1836 war Rere der Hauptort des Departements; dann wurden die Behörden nach Yumbel verlegt, da dieser Ort nicht so dicht am Rande des Departe- ments liegt und die Verwaltung von hier etwas bequemer geführt wer- den kann; aber seit jener Zeit herrscht zwischen den Bewohnern von Rere und Yumbel, wie zwischen Athenern und Spartanern, eine er- bitterte Nebenbuhlerschaft um die Hegemonie, — Stürme in einem Wasserglas, die bei den Stadtrathswahlen regelmäfsig zum Ausbruch kamen und zu den leidenschaftlichsten Scenen Veranlassung gaben. Stammten die erwählten Herrn Schöffen aus Rere, so wurde der Sitz der Behörden, die Registratur u. dgl. sofort hierher verlegt; zuweilen trug es sich zu, dafs die Verwaltungsbehörden nach Rere gingen, die Richter in Yumbel blieben. Die Regierung hat in Anbetracht der grofsen Erbitterung zwischen den beiden Städten lange Anstand genommen, A 136 Beiträge zur Kenntnifs der Republik Chile: diesem Unfug ein Ende zu machen; erst im Jahre 1853 erfolgte eine höchste Entscheidung zu Gunsten Yumbels, aber es scheint fast, dafs zum definitiven Frieden kein anderer Ausweg führen wird, als eine Zerlegung des Departements in zwei Theile, damit jede der beiden Städte Departementshauptstadt wird. Von andern Ortschaften sind nur noch Tucapel, Talcamavida und Tomeco zu erwähnen. 6. Das Departement Lautaro liegt ganz auf dem linken Ufer des Biobio, von der Mündung des Taboleo bis zum Meer. Von der Küstenstrecke gehören ihm 12 Leguas zwischen den Mündungen des Rio Biobio und Rio Araquete. Die Grenze gegen die Provinz Arauco wurde durch ein Decret vom 19. März 1855 in der oben bei den Pro- vinzialgrenzen angegebenen Weise festgestellt. Das ganze Gebiet ist erst im J. 1853 mit der Provinz Concepeion vereinigt, vorher gehörte es zu Arauco. Es ist ziemlich schwach bevölkert, namentlich im Sü- den, wo es an das Land der Araucaner stölst; aber die reichen Kohlen- lager, die an der Küste entdeckt sind, sichern ihm eine schnelle Ent- wickelung. Hauptort ist Santa Juana am Biobio. Die kirchliche Eintheilung der Provinz ist der politischen nicht angepalst, da die Grenzen der Parochien nicht blofs in verschie- dene Subdelegationen, sondern sogar in verschiedene Departements und verschiedene Provinzen hinübergreifen, — ein Uebelstand, der sich nicht nur bei der Umwandlung des Zehnten in eine Grundsteuer sehr fühl- bar gemacht hat, sondern auch jetzt noch für eine genaue Bevölkerungs- statistik und die darauf begründeten Verwaltungszweige ein wesentliches Hindernifs bildet. Von den Departements Concepeion und Talcahuano bil- det jedes eine Parochie; Coelemu hat vier Parochialsitze, zu Tome, Rafael, Penco und Ranquil, die mehrfach in das Departement Puchacai hinüber- greifen, ferner eine Viceparochie zu Coelemu und die Kirche de la Vega de Itata, beide ohne eigene Geistliche und von der Parochie Rafael ab- hängig; in Puchacai liegen die drei Parochien Florida, Hualqui und Quillon, sämmtlich so ausgedehnt, dafs die Geistlichen, namentlich bei den schlechten Wegen dieser Gebirgslandschaft, ihren Pflichten unmög- lich genügen können; dasselbe gilt von dem Departement Rere, wel- ches vier Parochien zu Yumbel, Rere, Taleamavida und Tucapel, und eine von Rere abhängige Vizeparochie zu Tomeco ohne eignen Geist- lichen besitzt; das Departement Lautaro endlich hat nur drei Parochien, Santa Juana, San Pedro und Coleura, von denen die beiden letztern durch einen Geistlichen versehen werden; ein nicht unbeträchtlicher Theil des Departements ist der Parochie Nacimiento in der Provinz Arauco eingepfarrt. Die ganze Provinz steht unter dem Bischof von Concepeion. Ist es schon mit der Seelsorge mangelhaft bestellt, so sieht es mit u 1. Die Provinz Concepeion. 137 dem Volksunterricht noch trauriger aus, — abgesehen von der Hauptstadt Concepeion, die 4 Collegien, eine Speeial-, 10 Volks- und 2 Privatschulen hat, und dem Hafen Talcahuano, dessen 2 Schulen dem Bedürfnifs genügen mögen. Wenn aber die Departements Coe- lemu, Puchacai, Rere und Lautaro nur beziehungsweise 10, 4, 7 und 6 Schulen besitzen, so ist es eine unvermeidliche Folge des grofsen Umfangs dieser Departements, dafs ein erheblicher Theil der Bevölke- rung jedes Unterrichts entbehren mufls. In Puchacai kommt durch- schnittlich auf ein Areal von 19 deutschen Quadratmeilen eine Schule. Der Regierung erwächst hieraus natürlich kein Vorwurf; denn bei einer so dünn ausgesäeten Bevölkerung ist es unmöglich, für den Volksunterricht praktische Fürsorge zu treffen. In der Provinz Con- cepcion leben im Durchschnitt nur 110 Seelen auf der Quadratlegua, in den Departements Coelemu und Rere nur 94, in Lautaro nur 67, also beziehungsweise 344, 294 und 209 auf der Quadratmeile. Und diese sparsame Bevölkerung ist nicht einmal in Dörfern und Flecken vereinigt, sondern in der bei Weitem überwiegenden Mehrzahl auf iso- lirten Ansiedelungen über das ganze Land zerstreut, so dafs nicht nur die Seelsorge und der Schulunterricht gelähmt sind, sondern den Mei- sten auch der wirksame Antrieb zu materiellem Fortschritt fehlt, den das Beispiel thätiger Nachbarn äufsert. Erst in neuester Zeit hat sich das Streben zur Vereinigung des Zerstreuten in lebendigerer Weise kundgegeben; so sind seit 1853 die Pueblos Vega de Itata, Tucapel, Tomeco, und bei den Steinkohlengruben die Orte Lota und Coronel ‘entstanden. Im Uebrigen ist hier, wie überall in Chile, die Bevölke- rung in schneller Zunahme begriffen: das gesunde Klima begünstigt eine lange Lebensdauer, wie man daraus ersieht, dafs sich nach dem Census von 1854 unter einer Bevölkerung von 1,419,451 Seelen nicht weniger als 5641 Personen befanden, die über 80 Jahre alt waren. Auch in Concepeion hat sich die Bevölkerung in den zwölf Jahren von 1844 bis 1855 von 91,850 auf 110,291 Seelen, d. h. um 20 Procent, gehoben, so dafs Concepeion an Volkszahl unter den chilenischen Pro- vinzen jetzt die achte Stelle einnimmt '), wenn es nicht etwa schon die Provinzen Aconcagua und Nuble überflügelt hat. !) Wir benutzen diese Gelegenheit, nach Perez Rosales die Bevölkerung der chilenischen Provinzen zusammenzustellen. Es lebten im Jahre 1856 in der Pro- vinz Santiago . - . . . 272,499 Einw. | Coquimbo. . . . . 110,718 Einw. olchapua. .. 1... 2.192,704"- Nüble#rHı9E (gem Ib BIOS“ BER... 8.0.3806 945 = Cöncepeion” „* .°.* .„‘ 110,291 = paraiso. N TAT ICH" SED N SURETE, AIR ir = Aconeagu . . . . 111504 - Ehiloerndu Kr ng KL = 138 Beiträge zur Kenntnils der Republik Chile: Unter den materiellen Hilfsquellen der Provinz steht, wie wir be- reits oben bemerkten, der Ackerbau in erster Linie. Er hat erst seit einem Decennium einen besonders lebhaften Aufschwung genommen, d. h. seit der Zeit, in welcher an verschiedenen Punkten der Küsten des Stillen Oceans ein neues Leben sich zu regen begann und nament- lich die ungewöhnlichen Verhältnisse des californischen Marktes eine dringliche Nachfrage und exorbitante Getreidepreise erzeugten. Bei dem Mangel an Arbeitskraft war die Production in Concepeion bisher unverhältnifsmäfsig theuer und im Wesentlichen auf den Bedarf des eigenen Landes beschräukt; erst die ungewöhnliche Steigerung der Preise zu jener Zeit liefs es vortheilhaft erscheinen, auch für den Ex- port nach dem Auslande in gröfserem Malsstabe zu produeiren; die Viehzucht wurde also eingeschränkt und trotz der kostspieligen Bear- beitung bedeutende Ländereien unter den Pflug genommen. Jetzt ist zwar der californische Getreidemarkt unwichtig geworden, da der Acker- bau in Californien selbst so mächtige Wurzeln geschlagen hat; aber der Impuls, den das Entstehen dieses Staates gegeben hat, wird nach- wirken, und die veränderten Verhältnisse werden nur dazu beitragen, in Concepeion auf eine Verminderung der Productionskosten durch Einführung von Maschinen und Anwendung rationellerer Wirthschafts- methoden hinzuarbeiten; denn an Gelegenheit zu vortheilhaftem Absatz wird es bei dem rasch aufblühenden Verkehr auf dem Stillen Ocean fortan nicht fehlen, selbst wenn sich hier Ereignisse wie die Goldent- deckung am Frazer River nicht mehr wiederholen sollten. Das Hauptproduct ist natürlich Weizen. Im Jahre 1854 baute die Provinz 267,290 Fanegas, gegen 220,900 Fanegas im Vorjahr und 148,200 Fanegas im Jahre 1850 '). Sie vertheilten sich folgender- malsen auf die Departements: Bestellt Ertrag in Fanegas Quadrat- F z von einer | von einer FR mit Aussaat in Summa en Eana In Concepeion . 250 500 Fanegas 3,000 12 6 - Talcahuano . . 225 337 - 2,690 104 7 - Coelemu . 12,200 | 24,800 - 112,600 9 4 -. Puchacai . 3,925 7,500 - 60,000 16 8 - Rere 6,300 9,500 - 76,000 12 8 - Lautaro 1,400 1,857 - 13,000 8 7 | 23,900 |44,494 Fanegas | 267,290 114 | 6 Atacama . 2. 50,690 Einw. | Colonisations- Territorium Arauco (ohne EN Indianer) 43,466 - Llanquihuve . . -» .. 3,826 Einw. Valdivia. . - a 2 Die Angabe für Coanimbo bernht auf dem Bericht des Intendente. !) Eine Fanega = 1 Scheffel 124 Metzen preufs. 1. Die Provinz Concepcion 139 In welchem Mafse die Production durch die Urbarmachung von Neuland zunimmt, erkennt man namentlich aus den Angaben für das Departement Coelemu, welches, obwol es nicht einmal das fünfte Korn gebaut, also eine schlechte Ernte gehabt hat, doch 112,600 Fanegas gegen 74,000 Fanegas im Vorjahr producirt hat. Puchacai baute im Jahre 1842 nur 49,900, im Jahre 1853 52,000, im Jahre 1854 60,000 Fanegas Weizen; aber der Gewinn der dortigen Landwirthe ist in ganz anderer Progression gestiegen, denn im Jahre 1342 wurde die Fanega für 1 Peso 50 Cent., 1854 für 4 Pesos verkauft, so dafs damals ein Werth von 74,850 Pesos, jetzt ein Werth von 165,150 Pesos erzielt wurde. Obgleich die Ernte des Jahres 1854 nur eine mittelmälsige war, kann man doch aus der obigen Tabelle schliefsen, dafs der Boden von Concepeion sich keineswegs durch eine aufserordentliche Fruchtbarkeit auszeichnet. Selbst wenn der Durchschnitts-Ertrag einer guten Ernte auf das achte Korn angenommen werden könnte, so bleibt immer zu erwägen, dafs dabei der unverhältnilsmäfsig höhere Ertrag von jung- fräulichem Boden, von dem alljährlich ein beträchtliches Areal unter den Pflug genommen wird, mit in Anschlag gebracht ist, dafs also den alten Culturfeldern nur eine geringe Ergiebigkeit eigen ist, welche auf eine schnelle Erschöpfung des Bodens schliefsen läfst. Wenn man z.B. auf den Bergen von Tucapel durchschnittlich das Fünfzehnfache erntet, so müssen im Departement Rere andere Strecken sehr mageren Bodens bebaut werden, um den Durchschnitts-Ertrag des ganzen Departements auf das Achtfache herabzudrücken. Der Grund liegt ohne Frage in der nachlässigen Bestellung der Felder, in dem Mangel einer geeigne- ten Fruchtfolge und darin, dafs von einer Düngung noch keine Rede ist. Allen diesen Uebelständen kann abgeholfen werden. Die Erfah- rung lehrt, dafs eine regelmälsige Bewässerung des Bodens in Chile zur Befruchtung desselben wesentlich beiträgt, und an Düngungsmitteln kann es hier bei der ausgedehnten Viehzucht und bei der Nähe der Guanostätten unmöglich fehlen. Erst neuerdings hat man bei Tome und bei Coleura angefangen, den Boden zu düngen, an dem letzteren _ Ort mit peruanischem Guano, und der günstige Erfolg dieser Malsregel wird ihr vielleicht in gröfseren Kreisen Beachtung sichern. Auch mit der Anwendung fremden Saatkorns hat man einen Anfang gemacht. Am gewöhnlichsten wird ein weilser Weizen aus Neuholland angewen- det, der früh reift und dem Brande (polvillo) weniger ausgesetzt ist. _ Aulserdem sind neuerdings ein ägyptischer Weizen mit sehr grofsem an und nordamerikanischer Weizen eingeführt, welcher letztere auf ‚einem Boden, auf dem man sonst das zehnte Korn zu ernten pflegte, _ einen fünfzigfachen Ertrag geliefert hat. . L 140 Beiträge zur Kenntnils der Republik Chile: Von anderen Producten des Ackerbaues wurden im Jahre 1854 gebaut: Mais Erbsen Bohnen In Concepeion . . 80 Fanegas 300 Fanegas 200 Fanegas - Taleahuano . . 50 - 800 - 250 - - Coelemu .... 350 - 3,500 - 3,353 - - "Buchacat 250 - 3,500 - 2,000 - uRere ih „BIREN 300 - 5,600 - 5,500 - - Lautaro . ... 460 - 1,000 - 650 - 1,490 Fanegas 14,700 Fanegas | 11,953 Fanegas In diesen Feldfrüchten produeirt die Provinz also kaum so viel als sie selbst braucht, obgleich sie gut gedeihen. Bohnen und Erbsen liefern den acht- bis neunfachen Ertrag. Auch die Gerste giebt das zehn- bis zwölffache Korn; ebenso die Kartoffeln, die von guter Qua- lität sind. Flachs und Hanf werden nur in sehr beschränktem Um- fange angebaut, aber der letztere kommt gut fort und seine Cultur wird allmählich mehr in Aufnahme kommen. Kichererbsen und Linsen wer- den ebenfalls nur spärlich producirt, und der Hafer war bis vor we- nigen Jahren ganz unbekannt, obgleich er auch auf magerem und er- schöpftem Boden noch mit Vortheil angebaut werden kann. Die landwirthschaftliche Thätigkeit concentrirt sich also vorzugs- weise im Weizenbau, und die Speeulation hat sich demselben mit sol- chem Eifer zugewandt, dafs der Preis der Aecker in wenigen Jahren auf das Dreifache, und wo es an Communicationsmitteln nicht fehlt, in noch höherem Grade gestiegen ist. Aber diese günstigen Verhältnisse haben auch zur Folge gehabt, dafs das Tagelohn in den letzten fünf Jahren auf das Doppelte gestiegen ist, und dieser Uebelstand lastet um so schwerer auf dem Ackerbau, als an eine Anwendung praktischer Maschinen noch nicht zu denken ist. Erst im Jahre 1854 wurde die erste Dresch- und Reinigungsmaschine in Colcura eingeführt, — zum grofsen Verdrufs des Landvolks, das hier wie überall solchen Neue- rungen entschieden abhold ist. Dagegen ist man mit der Anlage von Mühlen rasch fortgeschritten. Vor dem Jahre 1849 existirten nur in den Häfen Tome, Lirquen (an der Bucht von Concepeion), Peneo und Coelemu Mehlmühlen; fünf Jahre später zählte die Provinz 53 Mühlen, darunter 21 Dampfmühlen, die über das ganze Gebiet verbreitet sind: das Departement Rere allein besafs 25 Mühlen. Nächst dem Weizen ist der Wein das wichtigste Bodenproduct. Sein Anbau hat namentlich auf den Bergen des Departements Pucha- cai grofsen Aufschwung genommen, und obgleich von einer sachkun- digen Behandlung des Mostes noch nicht die Rede ist und bei dem 1. Die Provinz Concepeion. 141 Mangel an Kellern dem Wein so wenig Ruhe gegönnt wird, dafs die Lagerstätten bei dem Beginn der neuen Ernte geräumt sein müssen, erfreut sich das Gewächs, das meistens gleich nach einer ziemlich un- ordentlichen Gährung unter dem Namen mosto verkauft wird, doch in Chile eines guten Rufes, und Gillifs nimmt sogar keinen Anstand, es mit dem Burgunder zu vergleichen. In der letzten Zeit hat man we- nigstens für die Anschaffung hölzerner Keltern und Pipen Sorge ge- tragen. Die Production ist bereits so beträchtlich, dafs nur ein Drittel des Ertrages in der Provinz selbst verbraucht wird. Hand in Hand mit dem Weinbau geht die Bereitung von Liqueurs, worin Concep- cion allen anderen chilenischen Provinzen voransteht; etwa drei Fünftel des hier gewonnenen Aguardiente werden ausgeführt. Das National- Getränk ist bekanntlich die Chicha, zu deren Bereitung die grofsen Wälder von wilden Apfelbäumen ihren Fruchtreichthum liefern; die Chicha wird indefs nur für den eigenen Verbrauch bereitet. Die Bedeutung der Waldproducte ist für die Provinz Concep- eion von Jahr zu Jahr im Abnehmen begriffen. Wie die andern süd- lichen Provinzen der Republik war auch Concepeion reich an vortreff- lichen Bau- und Tischlerhölzern und betrieb damit einen nicht unbe- trächtlichen Handel, da die Stämme auf dem Biobio abwärts geflöfst werden konnten. Aber die Wälder sind in unerfreulicher Weise zu- sammengeschwunden; um einen Pfahl zu gewinnen, werden leichtsinnig die schönsten Bäume niedergeschlagen, und die beliebte Sitte, Wälder niederzubrennen, um das Neuland zum Getreidebau zu benutzen, hat unter den Waldbeständen die furchtbarsten Verheerungen angerichtet. Die Hügel sind jetzt zum grofsen Theil schon kahl, und das Bauholz hat einen Preis erreicht, dafs der Intendente bereits allen Ernstes an künstliche Anpflanzugen denkt. Es ist erfreulich, dafs ein Deutscher, Albert Weilse, sich dieser Angelegenheit angenommen und den vom Intendenten gebilligten Vorschlag gemacht hat, di zum Waldwuchs | geeigneten Staatsländereien zu künstlichen Anpflanzungen zu verwen- Eden. Die verhältnifsmälsig waldreichsten Departements sind die von _ Lautaro und Coelemu. In der ganzen Provinz existirt nur eine ein- zige Schneidemühle, 3} Leguas von der Hauptstadt. Auch die nn jan al leidet unter der Sorglosigkeit des spanischen _ National-Charakters. Es fehlt an allen Vorrichtungen zum Schutz der Thiere gegen die winterliche Witterung, und so oft die schlechte Jah- reszeit unerwartet früh eintritt, werden die Heerden deeimirt. Doch _ hat die Rindviehzucht im Allgemeinen zugenommen, wenn sie sich auch nicht verbessert hat; in der Nähe der Städte, weil hier Fleisch, Milch, Käse auf das Vortheilhafteste verwerthet werden können; und auf dem platten Lande, um den so rasch gesteigerten Bedürfnissen des Acker- 142 Beiträge zur Kenntnifs der Republik Chile: baues zur Felderbestellung zu genügen. Zur Verbesserung der Race ist erst ein vereinzelter Versuch gemacht durch Einführung englischen Viehes. Mehr als die Rindviehzucht scheint die Schafzucht durch die Einschränkung der Weideländereien, die durch den Aufschwung des Ackerbaues bedingt war, gelitten zu haben; im Departement Puchacai z.B. zählte man im Jahre 1842 60,000 gemeine Schafe und 4600 Me- rinos, im Jahre 1854 dagegen nur 26,000 ordinäre Schafe und 2800 Merinos. Die Wolle- Production in der ganzen Provinz wird für das Jahr 1854 nur auf 2624 Centner angegeben, und wenn die Exportlisten einen gröfseren Betrag nachweisen, so ist dieses dadurch zu erklären, dafs die Häfen von Concepeion auch die Ausfuhr der Provinz Nuble, wie einiger Theile der Provinzen Maule und Arauco besorgen. Die Vieh- preise sind in dem Zeitraum von 1842 bis 1855 um mehr als das Dop- pelte, fast um das Dreifache gestiegen; im Jahre 1842 kostete ein fetter Ochse durchschnittlich 17 Pesos 25 Cents, im Jahre 1855 dagegen 40 Pesos, und alle anderen Thiergattungen haben eine ähnliche Preis- steigerung erfahren. Daraus wird man mindestens schliefsen dürfen, dafs die Viehzucht stationär geblieben ist. Die Stärke des Viehstandes ersieht man aus folgender Tabelle für 1850: Rindvieh | Ordin. Schafe Merinos ee In Concepeion . 5,000 3,000 1,500 4,000 - Talcahuano . 3,500 2,500 1,500 3,000 - Coelemu . . 28,500 29,000 | 2,700 12,000 - Puchacai . . 25,000 26,000 2,800 6,000 - Rere . .. 20,000 24,000 1,500 5,000 - Lautaro . . 10,000 | 14,000 250 2,500 92,000 | 98,500 | 10,250 32,500 Der Bergbau beschränkt sich auf die Ausbeutung der Kohlen- lager und ist noch sehr jungen Ursprungs. Allerdings hatten schon im Jahre 1840 Beamte der englischen Dampfschifffahrts-Gesellschaft, als diese ihre Fahrten bis Taleahuano ausdehnte, in der Nähe dieses Ha- fens ein Kohlenlager abzubauen begonnen; aber die Arbeit wurde bald eingestellt, wahrscheinlich weil die von der Oberfläche gewonnene Kohle für den Gebrauch auf Dampfschiffen wenig geeignet war. Darauf suchte eine Kupferschmelzhütte in Lirquen, an der Concepcion-Bai, die in der Nähe entdeckten Kohlen zu benutzen; aber das Etablissement ging bald ein, und seitdem ruhte der Bergbau vollständig, bis im Jahre 1852 die reichen Lager von Lota und Coronel an der Küste des Departe- ments Lautaro entdeckt wurden und die Speculanten zu lebhafter Thä- tigkeit anregten. Durch den Erfolg der dortigen Unternehmungen er- 1. Die Provinz Concepeion. 143 _ muthigt, hat man auch an anderen Orten Untersuchungen angestellt und fast längs der ganzen Küste der Provinz Kohlenschichten entdeckt; doch gilt das Product der südlich vom Biobio gelegenen für das beste. Bei Lota hat man an verschiedenen Stellen durch Bohrungen den Umfang und die Mächtigkeit der Kohlenlager zu ermitteln gesucht, und ist auf drei oder noch mehr Schichten gestofsen, von denen die tief- sten unter dem Meeresspiegel liegen. Die Schichten sind im Allge- meinen den Undulationen des Bodens parallel, und neigen sich nach Norden und nach dem Meere. Man hat sie bei Lota auf einem 'l'er- rain von 200 Quadrat-Cuadras verfolgt; ihre wirkliche Ausdehnung ist aber noch unbekannt. Bei Coronel ziehen sie sich 14 Leguas weit längs der Küste bin. Sie sind durchschnittlich 20 Varas von einander entfernt, und die stärksten über 70 Zoll mächtig. Oft sind sie ver- worfen und setzen ein paar Zoll ober- oder unterhalb ihrer bisherigen Richtung weiter fort. Man findet zuweilen Baumstämme, deren Textur und Verästelung noch ganz deutlich erkennbar ist. Die Kohle selbst wird immer besser, je tiefer man hinabsteigt. Gleich im Jahre 1852 ging man rüstig an die Ausbeutung dieser Lager. Die Besitzer sandten Proben ihres Products in die Hafenplätze und verkauften die Kohle zu dem Kostenpreise, um ihr bei den Con- sumenten Eingang zu verschaffen. Das Publicum fand, dafs sie der _ englischen Kohle nicht nachstehe, und bald zeigte sich eine stets wach- sende Nachfrage. Ende März 1853 waren in Lota und Coronel 422, Ende 1854 schon über 900 Personen bei dem Bergbau beschäftigt; zu ' dieser Zeit waren 38, im November 1855 bereits über 100 Schachte in die Erde getrieben. Die Kohlen wurden durch Winden, die von Ochsen in Bewegung gesetzt wurden, zu Tage gefördert; aber 1854 führte man zu diesem Zweck in Lota vier Dampfmaschinen ein, und legte von den Gruben nach der Mole des Hafens auf einer geneigten Ebene eine 1440 Fuls lange Eisenbahn an, auf welcher die hinab- 'rollenden beladenen Wagen die leeren wieder hinaufziehen. Von einer ‚andern Grube schliefst sich an diese Bahn eine zweite an, zu deren - Bau die Anlage eines Tunnels von 90 Varas Länge nothwendig gewe- ‚sen ist. In demselben Jahre engagirte man für Lota 56 erfahrene schottische Bergleute mit ihren Familien, welche den Bergbau sofort ‚ökonomischer eingerichtet und in höheren Schwung gebracht haben. Da auf den Kohlenschichten eine treffliche Ziegelerde liegt, sind hier auch bedeutende Etablissements zum Brennen von Bau- und Dachzie- geln, thönernen Röhren u. dergl. entstanden. - In Coronel ist die Production viel beträchtlicher als in Lota, weil die Lager ausgedehnter und unter eine grofse Anzahl von Besitzern vertheilt sind. Sie werden meistens in horizontalen Gängen abgear- 144 Beiträge zur Kenntnifs der Republik Chile: beitet. Auch hier hat man Dampfmaschinen eingeführt und den Bau einer Mole und einer kleinen Eisenbahn unternommen. Im November des Jahres 1855 konnten in Lota täglich 80 Tonnen, in Coronel täg- lich 300 Tonnen zu Tage gefördert werden. Die Regierung hat beiden Orten dadurch einen wesentlichen Dienst geleistet, dafs sie ihnen die Privilegien der kleineren Häfen verlieh, so dafs also die Schiffe, die dort befrachtet werden, nicht mehr Talca- huano anlaufen müssen, sondern direct in’s Ausland gehen können. Der Kohlenabsatz ist von 1852 bis 1855 in bedeutender Progression ge- stiegen, wie aus folgenden Angaben erhellt. Es wurden aus beiden Plätzen ausgeführt: 1852 nach chilenischen Häfen für 15,640 Pesos, nach fremden für 11,700 Pesos, 1853 - A he 108,851 +- a s ni% bean 1854 - - ren 5 ee 1855 - ! AT Er AOZBAH, ui = za Ze Die Ausfuhr des Jahres 1855 ist nur bis zum October berechnet. In wenigen Jahren hat sich also der Ruf dieses Products so weit ver- breitet, dafs schon jetzt eine beträchtliche Menge nach dem Auslande exportirt wird. Namentlich scheint die Kohle in Californien Beifall gefunden zu haben. In den uns eben zugehenden Tabellen über die Handelsbewegung von San Francisco im Jahre 1858 finden wir die Einfuhr aus Süd- Amerika für 1856 auf 6913 Tons, für 1857 auf 3197 Tons, für 1858 aber auf 10,566 Tons angegeben, und diese hohe Ziffer wird in dem Bericht ausschliefslich durch die schnell angewachsene Einfuhr chilenischer Kohlen erklärt. Aus Chile waren in San Fran- cisco 23 Schiffe eingelaufen; es wird bemerkt, dafs die von Valparaiso durchschnittlich 61 Tage, die von Coronel durchschnittlich 59 Tage zu ihrer Reise gebraucht hatten: ein Schiff von Coronel hatte die Fahrt in 46 Tagen zurückgelegt. Darnach scheint es fast, als ob für San Franeisco jetzt Coronel, ein vor wenigen Jahren ganz unbekannter Ort, nächst Valparaiso der wichtigste chilenische Hafen wäre. Südlich von diesen Kohlenfeldern, nicht weit von dem Grenzflufs Araquete, hat man auch Eisenerze entdeckt, welche in dieser Nachbar- schaft sehr. wertbvoll werden könnten. Es ist uns jedoch nicht be- kannt, ob man mit ihrer Benutzung einen Anfang gemacht hat. Mit der industriellen Thätigkeit geht es natürlich viel lang- samer vorwärts. Ihr Aufschwung ist an Bedingungen geknüpft, die in diesen primitiven Ländern erst in der Bildung begriffen sind. Von einer gewerblichen Thätigkeit ist eigentlich nur in der Hauptstadt die Rede, und hier liegt sie vorwiegend in den Händen von Fremden, na- mentlich von Deutschen. Die wichtigsten Industrie-Zweige sind die bereits erwähnten: die Bereitung von Liqueurs, der Betrieb der Müllerei F und die Ziegelbrennerei. Eine Schmelzhütte ist vor wenigen Jahren in Concepcion begründet worden. Als Baumeister sind einige Franzo- sen thätig. Ein Deutscher hat eine Bierbrauerei angelegt, ein anderer mit der Verfertigung kupferner Geräthschaften den Anfang gemacht. Von einer einheimischen, naturwüchsigen Gewerbthätigkeit ist kaum die Rede. Die Weberei grober wollener Stoffe, die früher die weibliche Bevölkerung beschäftigte und auch für den Export durch die Küsten- schifffahrt arbeitete ), hat die Concurrenz mit den aus der Fremde ein- geführten Wollenwaaren nicht bestehen können; und seitdem verbrin- gen die Weiber, trotz des überall fühlbaren Mangels an Arbeitskräften und trotz der hohen Tagelöhne, ihr Leben in völliger Unthätigkeit. Auf dem platten Lande drechselt man Geräthschaften aus Horn, oder beschäftigt sich mit Korbflechterei und der Verfertigung irdener Ge- schirre; aber es sind verhältnilsmälsig nur wenige Personen, die hierin ihren Erwerb suchen. Mehr entspricht es den Neigungen des Spaniers, bei der Beförderung der Landesproducte nach den Mühlen, den Hafen- plätzen, beim Befrachten der Schiffe als Fuhrmann, Kahnschiffer und dgl. thätig zu sein; bei den mangelhaften Communicationsmitteln nimmt dieser Gewerbebetrieb im Umherziehen eine beträchtliche Anzahl von Personen in Anspruch. ' Der Seehandel wird hauptsächlich von den Häfen Taleahuano und Tome vermittelt, wenn wir von dem rasch emporgekommenen Co- - ronel absehen, dessen Kohlenexport wir bereits erwähnt haben. Tom& dient auch für die landwirthschaftlichen Produete der Provinz Nuble ' und eines Theiles von Maule als Ausfuhrhafen. Es sind hier eine Anzahl von Niederlagen errichtet, in denen die Landwirthe gegen Bons, welche wie Papiergeld in Circulation gekommen sind, ihr Getreide auf- bewahren können, um für den Verkauf desselben günstige Conjuncturen abzuwarten. In dem älteren Talecahuano herrscht ein regeres Leben, da dieser Hafen auch von zahlreichen Walfischfahrern besucht wird, die hier Provisionen einnehmen und oft auch den Ertrag ihrer Jagd -einstweilen deponiren, um den Fang fortsetzen zu können. Der Zu- _ sammenfluls so vieler Seeleute hat namentlich dem Kleinhandel in der ‚Stadt eine besondere Lebendigkeit verliehen. 3 Den Umfang der Handelsbewegung ersieht man aus der folgen- en Tabelle, in welcher der Import aber nur die aus nichtchileni- schen Häfen direct (nicht über Valparaiso) eingeführten Waaren 1. Die Provinz Concepcion. 145 _ Zeitschr. f. allg. Erdk. Neue Folge. Bd. VI. 10 146 Beiträge zur Kenntnifs der Republik Chile. Ausfuhr Einfuhr nach chilenischen | nach fremden Summe Häfen Häfen 1852 205,721 Pesos 641,402 Pesos 420,186 Pesos | 1,061,588 Pesos 1853 80,258 - |1,090,471 - 610,905 - |1,701,376 - 1854 74,795 - 443,786 - |1,004,946 - |1,448,732 - 4855 62,257 - 720,069 - 12,144,596 - 12,864,665 - wobei namentlich die regelmäfsige und starke Zunahme der Ausfuhr nach dem Auslande auffällt. Für das Jahr 1850 giebt Gillifs den Werth der Einfuhr von einheimischen und auswärtigen Producten und Waaren insgesammt auf 857,603 Dollars an, ein Verhältnifs, welches für die Provinz eine überaus günstige Handelsbilanz documentirt. Der Export besteht vorzüglich in Weizen, Mehl, Kohlen, Wein und Wolle. In welchem Grade die einzelnen Artikel betheiligt sind, sieht man aus folgender Tabelle, in welcher die Ausfuhr des Jahres 1855 nur bis zum October berechnet ist. Weizen Mehl Wein Wolle Ko Pesos |Centner) Pesos | Fanegas Pesos Centner | Pesos 1852 | 51,719')| 155,157 |219,963 | 656,769 | 5,909 |18,326 | 214?)) 2,796 4853 | 34,498 ')| 103,440 [338,318 |1,214,743 | 5,487 18,670 [3,465 | 31,369 1854 | 87,047 | 261,171 [195,909 | 825,024 | 6,284 119,452 [3,995 | 39,826 1855 | 131,064 | 638,775 |385,052 |1,721,387 | 7,044 |21,810 |7,567 | 75,355 Dazu kommt nun noch die Kohlenausfuhr für diese vier Jahre in einem Werthe von beziehungsweise 27,340, 132,263, 137,350 und 276,117 Pesos. Eine Vergleichung mit den obigen Angaben über die Gesammtausfuhr ergiebt, dafs diese fünf Artikel fast ausschliefslich den Export zusammensetzen. Von der Weizenausfuhr gehen nur etwa 5 Procent nach chileni- schen Häfen. In Bezug auf die Mehlausfuhr ist ein grofser Wechsel eingetreten: in den Jahren 1852 und 1853 absorbirte Chile selbst mehr als beziehungsweise 2 und 3; im Jahre 1855 gingen schon 3, im Jahre 1855 über % in’s Ausland. Der Wein ist fast ausschliefslich für Chile bestimmt, während die ausgeführte Wolle mit ganz geringer Ausnahme in’s Ausland geht. !) In diesen beiden Jahren sind die Angaben über die Weizenausfuhr nach chi- lenischen Häfen, die sonst einen Werth von c. 30,000 Pesos zu erreichen pflegt, un- vollständig. ?) Die Ausfuhr nach dem Auslande fehlt. 147 | Miscellen. Ueber die ältesten Ansiedelungen der Pfahlbauten an den verschiedenen Schweizer Seen. Nach Frederic Troyon u. A. Mitgetheilt von Prof. C. Ritter. Bei einer Ueberfahrt über den Zürcher See von seinem Südufer bei Rich- terswyl zu dem reizenden Gelände am Nordufer bei Stäfa, und von da Stunden weit über Meilen gegen die Stadt Zürich hin, hat man in der letzten Reihe von Jahren den seichteren Ufern entlang, unter der Wasserfläche oder von Schlamm- und Torfboden bedeckt, viele Reste von alten Holzpfählen aufgefunden, die auf eine früheste Ansiedelung von Völkerschaften zurückschliefsen lassen, welche ganz verschiedener Art von den jetzigen oder auch den früheren helvetischen Bewoh- nern gewesen sein müssen. Man glaubte sie anfänglich zu den Vorfahren der helvetischen Bevölkerung des Landes, zu den celtischen Alpenbewohnern rechnen zu müssen, die von den Helvetiern schon in frühester Zeit aus ihren Wohnsitzen verdrängt wurden. Aber auch diesen mufs ein älteres, noch unbekannteres Ge- schlecht vorangegangen sein, das sich an den Ufern der Seen und selbst auf ihren Wassern durch Pfahlbauten in bedeutenden Ausdehnungen ansiedelte.e. Denn man bemerkte in diesen Pfahlbau-Colonien bald zwei ganz verschiedene Perioden der - Ansiedelungen, die sich, etagenweise über einander gelagert, oft sehr charakteri- stisch durch die sie begleitenden Gegenstände von einander unterscheiden, indem man in der untersten Schicht noch keine Spur von dem Vorkommen irgend eines Metalls gefunden hat, sondern nur Steingeräth, in der darüber liegenden auch noch keine Spur von Eisenwaffen oder Eisengeräth, aber doch den Gebrauch von Erzen und anderen schon mehr ausgearbeiteten Kunstproducten. Die ältere Schicht dieser Pfahlbauten, welche sehr häufig der zweiten jün- geren Schicht zur Unterlage dient, zeigt sich meist nur mit einem Schlamm- oder Torfboden bedeckt, dessen Dicke die Zahl der Jahrhunderte bezeichnet, die zu seiner Bildung nothwendig waren: man hat sie die Pfahlbauten der Stein- - periode genannt. Die zweite, oft darüber erbaute Schicht, die sich meist zu 5 - bis 6 Fufs Höhe über den Schlammboden des Sees erhebt und die ersten Metall- geräthe und Metallwaffen unter vielen anderen Ueberresten enthält, nennt man _ die Pfahlbauten der Bronzeperiode. R Die antiquarischen Vereine der Schweiz haben sich viel mit Erforschung die- "ser Pfahlbauten beschäftigt, die auch an den Ufern vieler anderen Seen beob- achtet sind. Herr Frederie Troyon theilte uns darüber im Jahre 1858 einiges Nähere mit, und die Herren Jahn und Uhlmann haben im Canton Bern über die- sen Gegenstand sehr befriedigende Entdeckungen veröffentlicht. Troyon, der vor- züglich in der westlichen Schweiz seine Erfahrungen gesammelt hat, sagt: Neben den Holzpfählen dieser Bauten zeigen sich in der Regel andere, die durch das Wasser, in dem und unter dem sie stehen, so angegriffen sind, dafs sie be- weisen, wie viele Jahrhunderte sie einst bewohnt waren, und dafs die Ueberreste der ersten Periode von denen der zweiten eine längere Zeit hindurch bedeckt ge- 10* 148 Miscellen: wesen. Diese Pfähle, von verschiedenen Hölzern, jedoch meist von Eichenholz, haben 3 bis 8 Zoll im Durchmesser; die untere Spitze derselben im Schlamm zeigt meist noch die Hiebe einer stumpfen Axt, doch keiner eisernen. Man sieht sie 8 bis 20 Fufs unter dem Seewasser neben einander zu vielen Tausenden eingerammt. Zuweilen stehen sie kaum 1 bis 2 Fufs auseinander, öfters aber viel weitläuftiger, zwar nie in graden Linien, aber in ihrem Zusammenhange stets parallel mit den Uferlinien, längs der Bodenabhänge der seichten Stellen ange- bracht. Die Pfahlbauten aus der Steinzeit zeigen sich öfters einige hundert Fufs von den jetzigen Ufern der Seen entfernt und finden sich sehr häufig in der östlichen Schweiz, wo sich im Dunkel der Vorzeit die Urbewohner auf diese seltsame Weise, wohl zur Sicherung vor der Landseite, zwischen Land und Wasser ansiedelten, um daselbst von Fischfang und Jagd ihr Leben zu erhalten. Mit grofser Aus- dauer und Geschicklichkeit wulsten sie sich, ohne die Kenntnifs des Metalls, aus Stein, Knochen und Holz die Geräthschaften und Waffen zu verfertigen, die ihnen dazu unentbehrlich waren, sowie durch die einfachste Töpferkunst zum Hausge- brauch das Nothwendigste sich zu verschaffen. Auch von Hausthieren waren sie bereits umgeben und von reifsenden Thieren verfolgt, deren Knochen, Hörner und Zähne sie zu Waffen, Jagd- und Fischereigeräth verwendeten; es scheinen sogar hier und da Brandstätten von Korn anzuzeigen, dafs sie auch schon den Boden zu bestellen begannen Nur diese Gegenstände finden sich unter dem Torf- und Schlammgrunde, der die Pfahlbauten der Steinzeit bedeckt hat. Es würde schwer sein, sich von der Lebensweise einer solchen Urbevölke- rung eine Vorstellung zu machen, wenn uns nicht Herodot, der Vater der Ge- schichte, ein Beispiel derselben aus der Zeit der Perserkriege unter Darius, ein halbes Jahrtausend vor unserer Zeitrechnung, unter den thraeischen Päoniern (im Norden der Macedonier), bei den dortigen Bewohnern der Alpen des Haemus aufbewahrt hätte. Es dient vortrefflich zur Erläuterung der Pfahlperiode der Steinzeit: Herodot V, 16. „In des Darius berühmtem Feldzuge an der untern Donau, in Thracien, ist Megabazus als sein Feldherr bekannt. Als dieser gegen die Päo- nier zu Felde zog, gelang: es ihm leicht, diese in ihren Wohnsitzen zu besiegen. Als er aber an den Pangaeos-Berg kam, wo die Doberer, Agrianer und Odo- manten an dem See Prasias (der im Osten von Amphipolis jetzt zum Sumpf ge- worden) wohnen, wurden diese von dem Megabazus gar nicht bezwungen, obwohl er es versuchte, auch sie zu unterwerfen. Aber sie wohnten in dem See selber auf folgende Art: Mitten im See stehen zusammengefügte Gerüste auf hohen Pfählen, und dahin führt vom Lande aus eine einzige Brücke. Die Pfähle, auf denen die Gerüste ruhen, haben die Bürger in alter Zeit selbst aufgerichtet; nach- her aber machten sie ein Gesetz und darnach machten sie es also: für jede Frau, die Einer heirathet, holt er drei Pfähle aus dem Gebirge, das der Orbelos heist, und rammt sie ein; es nimmt sich aber Jeder viele Weiber. Sie wohnen da- selbst auf folgende Art: es hat ein Jeder auf dem Gerüst eine Hütte, darin er lebt, und eine Fallthüre durch das Gerüst, die hinuntergeht in den See. Die kleinen Kinder bindet man bei einem Fufse mit einem Seile an, aus Furcht, dafs sie hinunterrollen möchten. Ihren Pferden und ihrem Lastvieh reichen sie Fische Ueber die ältesten Pfahlbau-Ansiedelungen an den Schweizer Seen. 149 zum Futter. Der Fische ist eine so grofse Menge, dafs, wenn man die Fallthüre aufmacht und einen leeren Korb hinabläfst in den See und zieht ihn nach kurzer Zeit wieder hinauf, so ist er ganz voll von Fischen.“ Die Pfahlbauer der zweiten Periode, die wohl Jahrhunderte nach jenen un- | bekannten Vorgängern sich in denselben ertragreichen Gegenden ansiedelten, müs- sen die letztern verdrängt haben, indem sie mit der Uebermacht des Bronzemetalls diesen, die ihnen nur mit Stein- und Holzwaffen (ähnlich wie die Südsee - Insu- laner oder die Eskimos und andere, denen auch Metallwaffen fehlten, den Euro- päern) entgegentraten, leichter die Wage halten konnten. Sie scheinen die Herr- schaft der Celten zu bezeichnen, mit welcher die Bronzeperiode ihren Anfang nahm; ihre Pfahlbauten sind über denen der ersten Periode errichtet, welche oft eine gewaltsame Zerstörung durch Wasser und Feuer in Brand- und Aschenstellen zeigen. So begründeten sie sich eine ähnliche Lebensweise in den Seebetten wie ihre Vorgänger; aber in der Nähe dieser Ansiedelungen finden sich zahlreiche Ueberreste der fortgeschrittenen Gewerbthätigkeit und gröfseren Kunstfertigkeit ihrer Bewohner. Die vielen dort aufgefundenen Schneidewerkzeuge haben ihren Ursprung in der Bronzezeit. Hier kommen die sogenannten celtischen Beile, Hacken, Messer, Bronzesicheln vor, die weniger selten sind als selbst die Schwer- ter, Dolche, Lanzenspitzen, Nähnadeln, Stifte, Spitzen in verschiedenster Form, wie auch Ringe, Fischangeln von Metall und andere minder bekannte Gegenstände. Es ist die Bronzezeit, in welcher auch des Achilles Lanzenspitze geschmie- det war, die Pausanias noch als Weihegeschenk im Tempel der Athene zu Pha- selis gesehen zu haben versichert, und deren unterer Stachel auch nicht von Eisen, sondern blofs von Erz war, — es ist die Bronzezeit, in welcher die Amerikaner vor der Entdeckung ihres Erdtheils nur Kupferwaffen führten. Die Ueberreste der Steinperiode sind nur Hämmer von Stein, kleine Steinbeile, Wetz- und Schleifsteine, Rollen wie Mühlsteine u. s. w., oder Knochenarbeiten, zumeist von Hirschhorn oder verschiedenen Hausthieren, auch wohl Holzkähne gleich den Piroguen und Canots der Wilden, ebenso Angeln und Spitzwaffen mit Zähnen von Ebern, Bibern, Bären und anderen Raubthieren. Dieselben Gegen- stände, aber schon künstlicher ausgearbeitet, finden sich auch in grofser Menge auf den Trümmern der Pfahlbauten der Bronzeperiode. e Besonders interessant sind die aus den Geweihen der Edelhirsche gebildeten Geräthschaften, die hier in sehr grofser Menge vorkommen; sie beweisen, dafs ‚diese Thiere damals in zahlreichen Heerden auch in diesen ebenen Gegenden _ lebten, wo sie jetzt gänzlich fehlen. Die Ueberreste von Ebern, Bären, Auer- ochsen, Elennthieren und Bibern deuten auf die gewaltige Gröfse des Wuchses dieser Thiergattungen. Merkwürdig ist es, dafs bisher nur erst ein einziges klei- nes Stück eines Menschenschädels unter allen diesen Ueberbleibseln der mannich- faltigsten Art vorgefunden ist. Als Ausnahme sind an einer Stelle des Bieler Sees bei den Pfahlbauten auch Goldbleche, Glaskorallen zu Halsbändern und Aehnliches gefunden worden, was sich wohl auf den Handel der Phönizier mit ihren Glasperlen beziehen läfst, die den frühesten Zeiten der Gründung ihrer Colonien, ein halbes Jahrtausend vor rer Zeitrechnung, von den Rhonemündungen bei Massilia bis in das innere tenland vordrangen, um Absatz für ihre Waaren zu suchen. 150 Miscellen Auch die Erzeugnisse gröfserer Schmelzungen von Bronze sind entdeckt worden, wie Bronzehacken u. s. w., und zu Echallens ein Schmelzofen mit noch ungeschmolzenen Kupferstücken, was an das kupferne Haus, die Schmiedestätte, bei Odysseus Heimkehr erinnert, welches die Selavin der Penelope dem Bettler zur Wohnung anweist. Auch in der Töpferei hatten die Seebewohner dieser Periode nicht un- bedeutende Fortschritte gemacht; dies beweisen die aufserordentlich zahlreichen Bruchstücke von Thongefälsen, auch ganz erhaltene Thongefäfse, die man bei ihren ehemaligen Wohnsitzen fortwährend auffindet. Viele Haufen unförmlicher, zum Theil unvollendet und als zum Gebrauch nicht geeignet in das Wasser ge- worfener Gefälse lassen auf eine grofse Menge von Töpfereien zurückschliefsen, die hier einst im Betriebe waren. Der Thon ist meist mit kleinen Kieseln ver- mischt verarbeitet worden und man bemerkt mitunter eine grofse Feinheit der Arbeit auf der Drehscheibe. Die Gefäfse sind von verschiedenem Umfang, meist von 2 bis 3 Fufs, viele jedoch nur klein, wie zum Spiele bestimmt; sie sind gröfsestentheils nach unten zugespitzt, und die vielen aufgefundenen Ringe schei- nen als Untersatz für sie gedient zu haben, unter welchen dann Feuer zum Ko- chen angebracht werden konnte. Viele kleine Thonstücke von runder Gestalt oder mit Löchern durchbohrt dienten als Gewichte an Spindeln u. dgl. Die Urnen und an- dere Töpferwaaren sind öfters mit Strichen, Punktirungen und Windungen verziert. Auch Thontafeln finden sich häufig vor, die zur innern Bekleidung der Gitter und Holzwände der Hütten dienten und in denen sich noch die Eindrücke der Holzconstruction erhalten haben; sie sind meist rund gebogen und gebrannt, ein Zeichen, dafs die Hütten selbst von runder Form waren. Nach der Krümmung | der Tafeln zu schliefsen, hatten die Hütten einen Durchmesser von 10 bis 15 Fufs, ein Umfang, dem auch die Hütten anderer wilder Völker entsprechen. Nach den bereits gemachten Beobachtungen verbreiten sich diese Denkmäler über ein grofses und weites Gebiet der Alpenlandschaften; sie spielen eine höchst merkwürdige Rolle in der Ethnographie von Mittel-Europa und seiner Urbevöl- kerung. Der Bieler See am Nordende des Neufchateler Sees hat die gröfseste Menge solcher Alterthümer in den dortigen sehr zahlreichen Pfahlbauten dargeboten, die von Müller und Schwab untersucht worden sind. Am See von Neufchatel und Yverdon hat man an 12 verschiedenen Stellen solche Pfahlbauten entdeckt, am Genfer See an 20 verschiedenen Stellen, wo sie auch quer durch die seichten Stellen des Sees verfolgt werden konnten. Auch an kleineren Seen im Canton Bern, zu Inkwyl, Moosseedorf, Luissel hat man sie aufgefunden und die sehr schönen Bronzeschwerter, welche sie enthielten, in den Museen zu Lausanne und Bern aufbewahrt. Eine Menge Getreide fand man dabei in dem Torfboden. Auch bei vielen Durchschnitten der neueren Eisenbahnen der Schweiz ist man auf solche Pfahlbauten gestolsen, die selbst im benachbarten Savoyen (am Lac d’Annecy) wie auch in der östlichen Schweiz, am Zürcher und anderen Seen vorkommen. Bis jetzt sind sie sämmtlich ohne Spuren von Eisen geblieben; als einzige Ausnahme hat man in einem Pfahlbau am Bieler See ein eisernes Schwert ge- funden, das aber seiner Form nach ein gallisches Schwert von der Art ist, wie Ueber die ältesten Piahlvau- Ansiedelungen an den Schweizer Seen. 151 sie Livius in der Schilderung der Schlacht bei Cannae beschreibt, und offenbar von einem späteren Gallier herrührt. Alle anderen Pfahlwerke (Pilotis genannt) sind vor der Eisenzeit errichtet, wie die zu Rolle, die am Fulse des Mont Chamblon und andere, die von Troyon genauer untersucht sind. Die Pfähle befinden sich allerdings in einem ungleich- artigen Zustande, weil sie nicht alle gleichzeitig errichtet wurden. Die in den Schlamm eingerammten haben fast gar keine Veränderung erlitten, während an- dere allmählich durch die Einwirkung des Wassers zerstört wurden und oft nur noch dünne Stäbe bilden, denen andere jüngere zur Seite als Stütze dienen mu/s- ten. So sind diese oft viele Jahrhunderte auseinander liegenden Anbauten doch fortwährend bewohnt worden. Aber alle Pfähle, die zu Tausenden untersucht wurden, zeigten, dafs sie nur durch Hiebe von kleinen und sehr stumpfen Aexten zugespitzt sein konnten, dafs also ihren Bearbeitern nur scharfe Steine und Bronze- Instrumente dazu dienten, kein eisernes Beil. Selbst Jahrtausende vorhistorischer Zeiten können nach dem Umfang und Alter der Pfahlbauten-Ansiedelungen vergangen sein, in denen das Eisen dem Urvolke noch unbekannt blieb. Die Epoche dieser Population scheint aber mit dem Schlufs der Bronzezeit ihr Ende erreicht zu haben. Alle Ueberreste der Pfahlbauten geben in unzähligen Brandstätten das Zeugnifs, dafs sie noch inner- halb der Bronzezeit durch Feuer untergegangen sein müssen, und unter dem Schutt haben sich die Alterthümer der durch die Eisenzeit verdrängten Urvölkerschaften erhalten. Ein drittes Geschlecht, das der Celto-Helvetier, mit Eisen bewaffnet, konnte den beiden vorangehenden nachfolgen, die auf jeden Fall schon eine nicht geringe Bevölkerung in den alpinen Thälern ausmachten; mochten sie nun celtische oder thraeische Völkerzweige oder andere gewesen sein: die Geschichte kennt sie nicht! Polybius hatte schon gesagt, dafs man sich in Rom keine Vorstellung von der starken Bevölkerung der Alpen machen könne, und aufmerksame neuere Beob- achter haben auf die früher viel zahlreichere Bevölkerung vor der Periode der Helvetier hingewiesen. Frederic Troyon giebt dafür ein Beispiel vom Ufer des Genfer Sees bei Morges an. Auf einer Strecke von 1200 Fufs Länge und 150 Fufs mittlerer Breite, wo das Pfahlwerk mit seinen Holzbrücken einen Raum von 180,000 Quadratfuls einnimmt, konnten wenigstens 316 Hütten stehen; rechnet man für jede derselben eine Bewohnerzahl von 4 bis 5 Personen, so befand sich an dieser einzigen Stelle eine Colonie von anderthalbtausend Seelen. Die Grabhügel der Bronzeperiode mit denselben antiquarischen Gegenständen, _ wie an den Ufern der Seen, verbreiten sich auch tief in das Innere der anliegen- den Landschaften; demnach bestand jene Urbevölkerung nicht blos aus Seean- _ wohnern; doch waren es auch keine Gebirgsbewohner, da diese Grabhügel auf | den höheren Gebirgen nicht gefunden werden. Ihre Zahl war also unstreitig ge- _ zinger als die der heutigen Helvetier, aber doch keineswegs unbedeutend. N Das Vorkommen von Kornvorräthen an den Brandstätten und in den Torf- En lagern, nebst der Bronzesichel, beweist, dafs sie nicht ohne die Anfänge des Acker- baues waren, obwohl die grofse Menge der von ihnen bearbeiteten Knochen von Hausthieren und Hirschgeweihen sie mehr als Hirten und Jagdvölker erkennen 152 Miscellen: läfst. Hörner von Gemsen und Steinböcken, von ihnen bearbeitet, scheinen bis jetzt nicht aufgefunden zu sein. — Ob die Steinzeit des australischen Südens, wie die des skandinavischen Nor- dens, sowie die Bronzezeit des amerikanischen Nordwestens schon auf Gleich- zeitigkeit und Gleichartigkeit der Urbevölkerungen so weit auseinander liegender Landstriche vor der Eisenzeit zurückgeführt werden dürfen, überlassen wir anderen Untersuchungen. Baumwollen- Ausfuhr aus Afrika. Von Abbeocuta, der Hauptstadt des Reiches Joruba, wurden nach dem An- tislavery Reporter nach England ausgeführt: im Jahre 1852 1,810 Pfund Baumwolle, - - 41853 4,617 - - - = ...1854 1,588 - - - 0... .1855 1,651 - - - - 1856 111,492 - - - - 1857. 35,419 - - - = ..4858 220,099 - - Ist auch die absolute Menge der Ausfuhr höchst geringfügig, da England allein jährlich 900 Millionen Pfund verbraucht, so ist doch die staunenswerthe rasche Zunahme des afrikanischen Baumwollenbaues an einem einzigen Küsten- platze innerhalb der letzten Jahre voll hoher Verheilsung. Das Pfund afrikani- scher Baumwolle, welches im Stapellande 43 Pence kostet, wird in Liverpool mit 7 bis 9 Pence bezahlt. (Ausland.) Lord Elgin’s Fahrt auf dem Yangtsekiang. Nachdem in dem im Juni vorigen Jahres abgeschlossenen Vertrage zu Tien- tsin zwischen Grofsbritannien und China auch die Eröffnung einiger noch näher zu bestimmender Häfen am Yangtsekiang versprochen worden war, unternahm der grolsbritannische aufserordentliche Commissair Lord Elgin am 8. November 1858 von Shanghai aus eine Fahrt den genannten Strom aufwärts, um selbst die etwa in Aussicht zu nehmenden Häfen kennen zu lernen. Von diesem Ausfluge auf dem Ta Kiang ') kehrte der Lord am ersten Tage dieses Jahres zurück. Einem über die Reise veröffentlichten Berichte in der Overland China Mail vom 15. Ja- nuar d. J. und einer gedrängteren Ueberschau in der gleichfalls zu Hongkong er- scheinenden Daily Press vom 10. Januar d. J. entnehmen wir nachstehende An- gaben, denen wir noch hie und da einige anderwärts beglaubigte Notizen anfügen werden. ") Ta Kiang heifst „Grofser Flufs*. So nennen ihn die Chinesen. Yangtsz heifst er nur in der Nähe von Yangtschau fu. Wir bedienen uns daher in dem Nach- folgenden auch des Namens Ta Kiang. Lord Elgin’s Fahrt auf dem Yangtsekiang. 153 Das britische Geschwader bestand aus den Dampffregatten „Furious“ und „Retribution“, der Dampfschaluppe „Cruizer“ und den Kanonenbooten „Lee“ und _ „Dove“, nebst dem Sondirungsschiffe „Actäon“, dessen Capitain, Herr Ward, die Gelegenheit benutzte, um das Strombett des „Grofsen Flusses“ zu untersuchen. Die Fahrzeuge „Cruizer“ und „Dove“ waren bereits abgegangen, als die übrigen Schiffe die Rhede von Wusung bei Shanghai verliefsen. Der „Cruizer“ kam sehr bald auf den Grund, auf einer bis dahin noch unbekannten Klippe, und am 9. November gerieth auch der „Furious“ fest. Dennoch erreichte man am 41ten _ Langschan. Hier, wo sonst das Wasser tief genug zu sein pflegt, war es jetzt seicht und es kostete Mühe, die Fahrzeuge im Verlauf der nächsten beiden Tage bis Kianggin zu bringen. Die vorhandenen Stromkarten erwiesen sich theils als falsch, theils als unzureichend. Die am rechten Ufer im Strombette liegenden Klippenreihen sind nicht verzeichnet, und das linke Ufer zeigte sich meistentheils als eine breite Fläche alluvialen Niederschlags. Das Wasser fällt im Winter 20, - 30, möglicherweise sogar 40 Fufs; im Sommer aber trocknet der Boden am Ufer, _ und im Winter lösen sich ganze Massen. Wenn darnach im Frühjahr und Som- | mer der Flufs wieder seine gewöhnliche Höhe gewinnt, so werden ganze Stücke | Landes und Felsen von einer Stelle zur andern fortgeschwemmt, so dafs selbst Schiffe mit geringem Tiefgang Gefahr laufen, fest zu gerathen. Am 16. Novem- ber befand sich der „Furious“ an einer Stelle, wo die Stromkarten 16 Faden | Tiefe nachwiesen. Hier aber gerieth das Schiff, als es an der Silber-Insel vor- über fuhr, auf einen Felsen, 200 Ellen vom Gestade der Insel entfernt. Es mulste soweit erleichtert werden, dafs es einen Fu/s weniger tief ging, nämlich um 250 Tons; erst dann ward es am Abend des 18ten wieder flott, die ausgeladene Last _ wurde wieder eingenommen und am 20sten die Reise fortgesetzt. An diesem Tage passirte die Flotte die den Ta Kiang beherrschende Festung Tschinkiangfu. Das Wetter war prächtig, aber die Stadt, nachdem sie 4 Jahre lang im Besitz der Rebellen gewesen, dann von den Mandschutruppen wieder erobert worden war, - sah öde aus. Man kann kaum sagen, dafs sie gegenwärtig eine Bevölkerung be- sitze; von den Hügeln, welche sie beherrschen, sieht man nichts als Ruinen, mit - Gras überwachsen; eine einzige Hauptstrafse scheint noch vorhanden. Fünf eng- ‚lische Meilen östlich liegt die Stadt Tantu, welche nicht mit Mauern umgeben ist. Hier war ein ziemlich lebhafter Markt und was man sah zeugte eben nicht von besonderer Verheerung. Westwärts zeigte sich Kinschan, die goldene Insel, mit ihrer Pagode; die Wohnungen der Buddhisten waren zerstört. Nanking pas- sirte man noch am Nachmittage. Es'ward beschlossen, das Kanonenboot „Lee“ mit einem Dolmetscher voraus zu schicken, um den Rebellen die Absichten des Geschwaders mitzutheilen, sollten sie Verlangen tragen, darüber aufgeklärt zu wer- den. Kaiserliche Dschunken lagen in langer Reihe bis nach Theodolite Point, em westlichen Ende einer grofsen, mit Schilf bewachsenen Insel gerade unter- b Nanking. Der erwähnte Pr "ywar mit Befestigungswerken bedeckt, welche, man aus der Lage der genannten kaiserlichen Dschunken vermuthete, den iz von demselben, bis das Schiff der niedrigsten der vier Schanzen gegenüber kam, wo diese mit dem Theodolite Point eine Bucht bildet. Plötzlich ward auf 154 Miscellen: allen Forts die rothe Flagge aufgehifst und von dem am niedrigsten gelegenen ein Schufs abgefeuert, worauf der „Lee“ eine weilse Flagge aufzog. Das nützte jedoch nichts und acht Schüsse wurden auf das kleine Fahrzeug gerichtet, ehe es das Signal der ihm folgenden „Retribution“, die Schüsse zu erwidern, bemerken konnte. Das Geschwader befand sich in diesem Augenblicke zwischen den vier Schanzen am rechten und einem verlassenen Fort am linken Ufer. Die Schiffe erwiderten den Angriff lebhaft, die Kanonade dauerte 35 Minuten, wobei die „Re- tribution“ einen Mann verlor und am Mast des „Furious“ Lord Elgin’s Flagge (nach Daily Press sein Officiersboot) durchschossen wurde; aufserdem erhielt das letztgenannte Fahrzeug noch Schüsse in die Vorder-Cajüte, die Quarter- Gallerie und die Hängematten-Netze. Danach gingen die Fahrzeuge ein wenig oberhalb des Platzes, wo das Gefecht stattgefunden, vor Anker, und es ward beschlossen, die Besatzung nicht in Zweifel zu lassen über die Macht, die sie anzugreifen ge- wagt hatten. Demgemäfs fuhren am Morgen des folgenden Tages die Schiffe wie- der langsam abwärts, um die Verschanzungen wo möglich zu zerstören. Indessen schien doch die diesen am Abend vorher gegebene Lection hingereicht zu haben, denn die Forts feuerten so schwach, dafs nach einem kurzen aber unentschiede- nen Bombardement die britischen Schiffe wendeten und ihre Fahrt stromaufwärts fortsetzten. Ein kleines kaiserliches Geschwader, unter welchem der Dampfer „Pluto“, benutzte die Gelegenheit, um die Schanzen anzugreifen, hielt sich aber in so grofser Entfernung (3 engl. Meilen), dafs sein Angriff ohne Erfolg blieb. Nicht weit oberhalb Nanking bildete eine eckige Befestigung die Grenze der Herr- schaft des Gegenkaisers; unmittelbar über dieser und weiter über den Hügeln wehte die vielfarbige Flagge der Aufständischen. Das Geschwader trat jetzt aus dem Bereich der Provinz Kiangsu in den von Nganhwui. Der Strom war hier breit und tief und man schöpfte wieder Hoffnung, dafs sich die Nachrichten von der aufserordentlichen Tragkraft des Flusses nicht gänzlich als Fabeln erweisen _ würden. Es schien, als sollte es noch einmal zum Kampfe kommen. Gerade unterhalb Taipingfu eröffneten zwei oder drei klägliche Schanzen, in welchen ein Mandarin in gelbem Rock commandirte, ihr erbärmliches Feuer. Die Antwort, die sie erhielten, trieb aber die Vertheidiger der Schanzen eiligst auseinander. Der Erfolg dieses Verfahrens gegen die Taipings (die Rebellen, d. h. Anhänger des Taipingwang, des grofsen Friedensfürsten, wie sich der Gegenkaiser nennt) war augenscheinlich: am Abend übergab ein Offizier ein Schreiben, in welchem den Engländern, wenn sie zur Vertilgung der Mandschu’s behilflich sein wollten, allerlei Belohnungen verheifsen wurden. Als Erwiderung ward dem Offizier das für die Besatzung von Nanking bestimmt gewesene Schreiben übergeben, worin des Unrechts gedacht wurde, dafs die Taipings Feindseligkeiten provoeirt hätten, sowie der besonderen Mafsregeln, dergleichen vorzubeugen. Es lag im Interesse der Engländer, jetzt, wo sie den zwischen dem Tung Liang- und dem Si Liang- Schan, d. h. dem östlichen und dem westlichen Säulengebirge hindurehströmenden Flufs passiren sollten, mit den Anwohnern in freundlichem Vernehmen zu blei- ben. — Wo der Ta Kiang zwischen den eben genannten Bergen hervorbricht, fliefst er über eine, 4 engl. Meilen breite Bank. Hier fuhr die „Retribution“ abermals auf den Grund, wodurch ein Aufenthalt bis zum folgenden Vormittag, den 23. November, entstand. Endlich war man an dem Säulengebirge vorüber, Lord Elgin’s Fahrt auf dem Yangtsekiang. 155 dessen Anhöhen mit langhaarigen Leuten in bunten, rothen, blauen und gelben: Trachten und mit gleichfarbigen Fahnen besetzt waren. Gegen Sonnenuntergang gingen die Schiffe unweit Wuhu vor Anker, wo die „Retribution“ ihres Tiefganges wegen und um sie auszubessern zum ersten Mal zurückblieb. An dieser Stelle ergiefst sich ein kleiner Strom von Süden her in den Ta Kiang. Etwa 3 Meilen aufwärts am Ufer dieses Nebenflusses liegt die Stadt Wuhu, welche zu besuchen keine Zeit war. Indessen begaben sich einige Engländer in die an dem Eintritt des Nebenflusses in den Ta Kiang liegende viereckige Schanze, die einen beträcht- lichen Raum einnimmt. Die Besatzung beflifs sich der grölsesten Höflichkeit und war bereit, Alles, was verlangt werde, anzuschaffen, wenn man ihr nur Zeit dazu lasse. Die Leute schienen nicht gerade Mangel zu leiden, aber auch nichts in Ueberflufs zu haben; sie sahen sehr unordentlich und schmutzig aus. Ihr Befehlshaber, ein wohlbeleibter Mann, war ein Cantonese und wohnte in einem Gebäude, das zum Theil ein Yamun (ein öffentliches Gebäude), zum Theil ein Tempel zu sein schien. An den Wänden des Hauptgemaches hingen Tafeln, auf denen Sätze aus der alten Philosophie der Chinesen neben andern der neuen Re- ligion standen; eine bunte Menge von Eingeborenen aus verschiedenen Provinzen lief aus und ein, aber die Cantonesen behaupteten die Sitze und zeigten sich in Allem als die leitenden Persönlichkeiten. Die augenblickliche Besatzung wurde von den Chinesen auf 8000 Mann angegeben. Unfern auf dem Strome lag eine kaiserliche Flotte, von welcher man erfuhr, dafs die „Retribution“ ohne Gefahr bis zur Stadt Kiuhieu oder Kienhien mitgehen könne. Am 24sten erlebte man das seltsame Schauspiel einer Schlacht zwischen den Mandschu und den gegen- kaiserlichen Truppen, die unter lautem Geräusch und in grol/ser Entfernung mit langen Musketen auf einander schossen. Die Landschaft wurde wieder anmuthi- ger, steile Hügel lagen nahe am südlichen Gestade des Stromes. Kiuhieu war von kaiserlichen Truppen besetzt und die „Retribution“, welche inzwischen nach- . gekommen war, wurde hier zum zweiten Male zurückgelassen, als die übrigen Fahrzeuge am 25. November nach Tsungyang weiter fuhren, wo eine beträcht- liche Flotte von kleinen Kriegsdschunken aus der Provinz Hunan vor Anker lag, welche die bei Tschitschaufu und Ngankingfu (in der Provinz Nganhwui) enga- girten Geschwader unterstützen sollte. Am nächsten Morgen näherte sich die . britische Escadre der letztgenannten, von einem Rebellenheer dicht besetzten Stadt. - Sie hat eine schöne Lage und beherrscht vollständig das Fahrwasser. Eine kai- serliche Armee, die sich wohlverschanzt hatte, belagerte sie. Eine aufserhalb der ‚Stadt im Südosten gelegene Pagode stand mitten innerhalb eines Forts, von wel- chem auf den „Furious“ gefeuert wurde. Anfangs glaubten die Engländer, das euer gelte einer kaiserlichen Dschunke, welche die Gelegenheit benutzte, sich zu zeigen. Als es aber fortgesetzt wurde, erwiderten es die britischen Schiffe im Vorübersegeln. Im Mittelpunkte des Forts, von wo aus am vortheilhaftesten das Feuer gewirkt haben würde, blieb Alles ruhig. Aber in dem Augenblick, als das tische Geschwader an der Spitze des Forts vorüberdampfte, fiel von diesem ein aliger Schufs, der nun alles Ernstes mit allerhand Wurfgeschossen erwidert 1 upteten Gebiets. An demselben Abend (am 26. November) kamen die Fahr- e nach der am südlichen Ufer liegenden Bezirksstadt Tungliu, von der gleich- 156 Miscellen: falls wenig mehr übrig geblieben zu sein schien, als die nackten Mauern. Nahe gelegene Seen und Hügel würden sonst den Ort sehr anmuthig haben erscheinen lassen. Am 27sten hoffte die Expedition in den Bereich der Provinz Kiangsi zu gelangen, kam aber in einen bis dahin noch nicht bekannt gewesenen Canal. Am folgenden Tage überschritt sie die Grenzen der Provinz Nganhwui, und nachdem sie den malerischen Siauku-Berg passirt hatte, ging sie einige englische Meilen oberhalb der Stadt Pangtsih, innerhalb einer der schönsten Berglandschaften des Stromes, vor Anker. Damit war die Einfahrt zum Poyang-See erreicht, dem west- lichsten Punkt, welcher bisher von Fremden besucht worden. Hier ist ohne Frage die grofsartigste Landschaft zwischen Hankau und Shanghai. Der Lü schan im Westen des Sees mag etwa 5000 Fufs hoch sein. Der Ta Kiang theilt sich hier in drei Arme und nur mit Mühe fand man eine Passage in dem mittleren, wäh- rend der von Kiuhieu mitgenommene Lootse sich für den linken oder nördlichen Arm, den die Chinesen „den alten Strom“ nennen, entschieden hatte. Mit einem Blick auf Hukau fuhr die Flotille nach der Stadt Kiukiangfu wei- ter, wo sie in dem tiefen Wasser am 30. November Anker warf. Die Rebellen waren seit dem letztverflossenen Frühling von hier gezogen und hatten leere Wände und verwüstete Wohnungen zurückgelassen. Jetzt schien das Vertrauen auf Sicherheit etwas wiederhergestellt, einige Läden waren geöffnet. Ein alter Kaufmann aus Peking, der seit zwanzig Jahren in Kiukiang lebte, sagte, die Stadt sei immer nur ein untergeordneter Handelsplatz gewesen. Als der nächste Markt- platz von Bedeutung ward Tautschaufu am östlichen Gestade des Poyang-Sees genannt. Es ist schwierig für einen Fremden, das eigenthümliche Aussehen einer chinesischen Stadt zu schildern. Kiukiang umfafst viele niedrige Hügel inner- halb einer gut aufgeführten Umfangsmauer von fünf bis sechs (engl.) Meilen im Umkreis. Der nördliche Theil nähert sich dem Ta-Kiang, dessen Ufer hier hoch und steil sind. Ringsumher liegen Wasserbassins, dazwischen wellenförmiges Land. Früh am 1. December fuhr das Geschwader weiter und kam nach einer Fahrt von 32 Meilen in eine aufserordentlich anmuthige Gegend, wo es bei der blühen- den Handelsstadt Wuhiueh oder Wusüch Anker warf. Am Vormittag des 2. De- cember erreichten die Schiffe die am nördlichen oder linken Stromufer gelegene Unterbezirksstadt Kintschau in der Provinz Hupe. Vom Deck aus nahm man den jammervollen Zustand dieser vor einem Jahr von den Rebellen besetzten Stadt wahr, die einem ansehnlichen Truppencorps als Hauptquartier diente. Abends gelangte man nach dem Handelsplatze Hwangtschaufu im Hingkwoh-Distriet am rechten Flufsufer; hier schien der Verkehr recht lebhaft, fremde Waaren lagen zum Verkauf aus und der Handel mit inländischen Erzeugnissen schien nicht un- bedeutend. Ein wie ein lateinisches S gestalteter Canal ward eingeschlagen, auf welchem die grofsen Dampfer die Fahrt fortsetzten, wobei sie noch 40 englische Meilen zurücklegten bis zu der am linken Ufer liegenden Stadt Yanglo, wo sie den Anker fallen liefsen. Die „Dove“ ging am 6. December voran, um die Tiefe zu sondiren, die übrigen Schiffe folgten. Nachmittags kam ein auf einer Anhöhe innerhalb der Mauern von Hanyang stehender Thurm in Sicht und die Hanyang gegenüberliegende Stadt Wutschangfu am südlichen Gestade. Hier mündet, fast eine englische Meile breit, der Flufs Han in den Ta Kiang. Weiter hinab liegt Hankau d. h. Mündung des Han, das berühmte Emporium des Reiches. Diese Lord Elgin’s Fahrt auf dem Yangtsekiang. 157 ’ drei Städte, die ihrer Lage nach, so zu sagen nur eine einzige bilden, dürften _ eirea 3 Millionen Einwohner haben.!) Als Bezirksstadt erschien Hanyang auf- fallend unbedeutend. Die Umfassungsmauer von Wutschang ward auf sechs Mei- len (engl.) geschätzt; die südliche Hälfte schien nicht in neuerer Zeit erbaut zu sein. Hankau hat zwei Fronten; die eine erstreckt sich ungefähr eine bis an- derthalb (engl.) Meilen den Ta Kiang entlang und die andere zwei bis drei (engl.) Meilen längs des Flusses Han, der von NW. kommt. Es liegt 30° 30° Nördl. Breite und 114° 10° Oestl. Länge, am linken Ufer des Han, hat keine Mauern und ist seiner äufsern Gestalt nach ein Dreieck. Der Han hat 10 Faden Tiefe an seiner Mündung und soll auf einer Strecke von mehr als 300 engl. Meilen schiffbar sein. In Hankau werden die Erzeugnisse der Provinzen Hupe, Hunan, Kweitschau und Setschuen gegen die des nördlichen und östlichen Reiches um- gesetzt. Im Jahre 1856 ward die Stadt sammt den Vorstädten von den Rebellen _ niedergebrannt, aber gegenwärtig ist sie zum Theil ganz wieder aufgebaut, dazu ' mit breiten, reinlichen, wohlgepflasterten Strafsen — eine Seltenheit in China — _ und vielen geräumigen, gut gebauten Häusern. Auch die zahlreichen Verkaufs- läden sind ansprechend eingerichtet und eine zahllose Menge drängt sich in den Strafsen. Reichthum, Einsicht und Unternehmungsgeist sind die charakteristischen Merkmale der Bevölkerung. Daily Prefs erzählt: „Viele der gut gekleideten Leute trugen englische Wollenstoffe und Uhren von ausländischer Arbeit, diese _ als unerläfsliches Erfordernifs aller, die auf Achtung Anspruch machen. Die vor- - nehmsten Erzeugnisse waren Eisen; Kohlen, Reis, Zinn und Thee.*“ Die Eng- länder wurden, als sie sich auf den Strafsen blicken liefsen, von Gruppen Neu- gieriger umringt. Lord Eigin machte am 10. December dem General-Gouverneur von Hupe und Hunan, Namens Kwan wan, in Wutschang einen Besuch, den derselbe mit einem überaus zahlreichen Gefolge von Civilbeamten und Militairs an Bord des „Furious“ erwiederte. Man that Alles, um ihm den Aufenthalt an Bord des britischen Flaggenschiffs so angenehm als möglich zu machen, wogegen _ der General-Gouverneur den fremden Gästen das Schauspiel einer militairischen Revue über 3000 Mann Infanterie und 700 Mann Cavallerie vorführte. Die Sol- _ daten hatten scharlachrothe Uniform, und die Manöver der Artillerie waren sehr eeräuschvoll. — Am 12. December trat das Geschwader seine Rückfahrt an. Von der Rhede von Wusung an gerechnet hatte es bis Hankau 420 engl. Mei- en zurückgelegt. Am 13. passirte es den wie ein lateinisches S gestalteten Ka- nal, oberhalb Hwangtschau und kam glücklich 5 engl. Meilen weiter über eine Klippe hinweg, obwohl das Wasser 5 Fufs gefallen war. Am 15. ward eine ähn- liche Schwierigkeit glücklich überwunden, man fuhr an Hwangschikiang vorüber, als das Kanonenboot „Lee,“ welches vorausging, auf einen Felsen fest gerieth. 2) Hue, das Chines. Reich, Leipzig 1856, Bd. II, S. 93 nennt gegen 8 Million. nwohner. Williams, The Middle Kingdom, London u. New-York 1848, Vol. I. 121 sagt: hier sei einer der gröfsten Sammelplätze der Welt von Häusern und en, Einwohnern und Seeleuten; nur London und Yeddo könnten damit verglichen 1. Daily Pre/s a. a. O. behauptet, ehe die Rebellen ihre gegenwärtige be- eutsame Stellung erlangt, habe die Bewohnerzahl jener 3 Städte sich auf 5 Millionen belaufen, jetzt betrage sie nicht mehr als die Hälfte. 158 Miscellen: hier zwei Klippen einander gegenüber, die eine mit 5 Fufs Wasser bedeckt. Die tiefe Fahrt ist links von den Klippen. Inzwischen war das Wasser immer mehr gefallen. Unterhalb Kintschau ward vom 17. bis 19. December die Fahrt sehr gefährlich. Der „Cruizer“ kam glücklich vorwärts. Der „Furious“ fuhr auf, kam aber wieder los und arbeitete sich in vier Faden Wasser. So ging es bis Kiukiang am 20. December. Hier mufsten beide Fahrzeuge liegen bleiben, man fand nur 11 Fufs Tiefe und der „Furious * bedurfte 15. Lord Elgin schiffte sich an Bord des „Lee“ ein, der im Ganzen 10 Personen beherbergte, während das Kanonenboot „Dove“ 12’ führte. Am 25. ankerten die beiden letzgenannten Fahrzeuge vor Nganking. Hier benahm sich diesmal die Besatzung freundlich und höflich. Am 27. kam man nach Kiuhieu, von wo die dort zurückgelassene „Retribution “ bereits nach Wuhu abgegangen war. Nachdem sich die beiden Kanonenboote dort mit ihr vereinigt hatten, ging es weiter nach Nanking. Da es für die Folge nothwendig erschien, dafs Kanonenboote mit dem „Furious“ und „Cruizer“ während des Winters in Communication blieben, also bei Nanking vorüberfahren mufsten, hielt Lord Elgin es für zweckmäfsig, die Besatzung der Capitale davon zu unterrichten. Vier Personen gingen daher an’s Land und be- traten die Hauptstadt durch eins der westlichen Thore. Das Innere der Stadt bot einen betrübenden Anblick. Zwar waren die Strafsen breit und ansehnlich, auch nur verhältnifsmälsig wenige Häuser zerstört, aber eine Bevölkerung nirgends zu sehen. Ein hoher Beamter des Gegenkaisers, Namens Li, empfing die Eng- länder. Von diesem erfuhren sie, dafs Hung Siutsien noch als Taiping Wang d.h. grofser Friedensfürst regiere, dafs der König des Ostens „im Himmel“ sei; dafs Li’s Truppen etliche Millionen stark, aller Handel in Nanking untersagt, keine neuen Bücher, aufser dem Kalender zu haben seien; dafs die Brüder je- den Tag in ihren Häusern Gottesdienst hielten und einmal in der Capelle am Hofe Taiping’s. Die Kanonade, versicherte Li, beruhe auf einem Irrthum und werde nicht wiederholt werden. — Ohne weitere Unfälle kam der „Lee“ endlich am 1. Januar d. J. Nachmittags 3 Uhr auf der Rhede von Shanghai an. B. Nachtrag zu Lieut. Crespigny’s Forschungen im nörd- lichen Borneo. Im vorigen Bande der Zeitschrift hat Herr Prof. ©. Ritter eine ausführliche Analyse des Journals mitgetheilt, das Lieut. Claude de Crespigny über seine Fahrt auf dem Limbong und seinen Aufenthalt an der Maludu-Bay geführt hat, so weit dasselbe damals hier zugänglich war. Ein kürzeres Referat darüber bringt das Octoberheft der Proceedings of the R. Geogr. Society, aus dem wir ersehen, dafs auch dort ein Bericht über Crespigny’s weitere Unternehmungen, welche die Er- forschung einiger Flüsse an der Ostküste Borneo’s zum Zweck haben sollten, noch nicht eingegangen ist. Dagegen theilt die Londoner Geogr. Gesellschaft den uns nicht zugegangenen Schlu[s des Berichts über den Aufenthalt an der Ma- ludu-Bai mit, in welchem die Bemerkungen des Journals theils zusammengefafst, theils vervollständigt sind, so dafs es angemessen erscheint, das Wesentliche dar- aus zur Ergänzung des früheren Aufsatzes hervorzuheben. | Nachtrag zu Lieut. Crespigny’s Forschungen im nördlichen Borneo. 159 Die beiden Bergketten im Osten und Westen der Maludu-Bay umschliefsen im Süden derselben ein etwa 450 Quadrat-Miles grofses Längenthal mit einem für das Wachsthum der Palmen sehr günstigen Boden von rother Erde, die aus Detritus von Sandstein und Humus besteht. Die Dusuns haben eine Tradition, dafs die See einst. den Fufs der Berge bei Limbong Batu bespülte, wo die Spitze des Bongan-Delta’s liegt. In die Maludu-Bay selbst fliefsen nicht weniger als 15 Flüsse, von denen die wichtigsten folgende sind: der Binkoka im Osten, im Gebiet der Bajaus, wo sich auch Kohlen befinden; der Sugud im Gebiet der Sulus; der Bongan, der gröfseste Flufs, und der Maludu, beide von Malayen um- wohnt; und der Tamiaru, an dem nur Dusuns wohnen. Von den Vorgebirgen ab, welche den Eingang zur Bay einschlie[fsen, nehmen die Berge südwärts all- mählich an Höhe zu, und erheben sich an der Spitze des Delta’s 2500 Fufs hoch. Sie bestehen aus Sandstein und Schiefer, haben schmale Kämme und unter einem Winkel von 45°. geneigte Abhänge; nach allen Richtungen hin erstrecken sich Ausläufer, die manchmal sehr abschüssig sind. Im Delta liegen zwei kleine Seen; der eine, nicht weit von Bongan, ist 2 Faden tief, 2 Miles lang, und nach hef- _ tigen Regen zuweilen 100 Yards breit; der ardere, nicht weit vom Flusse Lan- dik, ist oval, seine gröfseste Breite beträgt 2 Miles, seine gröfseste Tiefe 3 Fa- den; beides sind Süfswasserseen. Der Flufs Bongan, der in den Bergen des Kinibalu entspringt, ist bei seiner Mündung nicht über 300 Fufs breit, und zur _ Fluthzeit 14 Faden tief; erst eine englische Meile weiter in der See wird das Wasser tiefer, so dafs nur kleine Fahrzeuge in den Flufs gelangen können; übri- gens ist er 8 Miles weit aufwärts schiffbar; die Fluth macht sich in ihm 2 Miles weit bemerklich, zur Zeit der Ebbe ist das Wasser schon 3 Mile von der Mün- dung süfs. Die Berge im Westen der Maludu-Bay und die oberhalb Limbong Batu am linken Flufsufer bestehen aus Sandstein. Oestlich von ihnen stürzt sich der Bongan, hier ein Gebirgsbach, über die Felsmassen, die von den Berggehän- gen in das Flufsbett hinabgerollt sind; sein Thal ist 2 bis 5 Miles breit. Jen- seits dieses Flusses liegen die Natu-Berge, hinter denen der Natu fliefst, der etwas oberhalb Limbong Batu in den Bongan mündet. Im Westen fliefst der Buam, ein Nebenflufs des Maludu, und hinter ihm erheben sich die Buam-Berge zu einer Höhe von 2500 Fufs. Bei Marak Parak, dem südlichsten Punkte, bis zu welchem Crespigny bei ‚seinem Versuch, den Kinibalu-See zu erreichen, vorgedrungen ist, zeigen sich im Flufsbett zum ersten Mal Granitblöcke, vermischt mit Syenit, Serpentin und Sand- stein. Die Flufsufer, die manchmal 20 Fufs hoch sind, bestehen aus einem Con- glomerat von grofsen runden Sandsteinkieseln und den anderen oben genannten Gesteinen, die in einem verhärteten Thon eingebettet sind, — einem Conglome- rat, das vor Zeiten offenbar von dem Flusse abgelagert ist, welcher sich seitdem ein tieferes Bett gegraben hat. Marak Parak liegt an dem 8000 Fufs hohen Kapokan, dessen Basis eben- falls noch aus Sandstein besteht; aber nach dem äufseren Ansehen der Berge zu schliefsen, tritt hier wol auch zum ersten Mal die Granitformation auf. Die Berg- masse des Kinibalu lag von bier im WSW.; ihr Kamm dacht sich allmählich nach Osten ab. Zwischen ihr und dem Kapokan fliefst der Sabuk. Die Bewohner dieser Gegend, die Dusuns oder, wie sie von den Malayen 160 Miscellen: zuweilen genannt werden, Idäan, sind meistentheils wohlgebaute und nicht häfs- liche Menschen, die Männer musculös und kräftig, die Weiber in ihrer Jugend recht hübsch — abgesehen von ihren schwarzen Zähnen, — aber nach dem zwan- zigsten Jahre sind sie in Folge der ihnen obliegenden schweren Arbeit, Padi zu mahlen, Holz und Wasser herbeizuschleppen, bereits verblüht. Die Dusuns ha- ben weder Schrift noch Zeitrechnung; sie kennen zwar den Wechsel der Jahres- zeiten, wissen aber oft nicht einmal ihr eigenes Alter anzugeben. Von ihren Wohnungen, ihrer Verehrung des auf dem Kinibalu wohnenden Berggeistes Kina ist im Journal die Rede gewesen. In ihren Gesichtszügen konnte Crespigny keine Aehnlichkeit mit den chinesischen erkennen, ausgenommen, dafs bei den Kindern das obere Augenlied einwärts gekehrt war, so dafs die Wimpern aus dem Auge selbst hervorzukommen schienen. Das hervorragende Schienbein, das bei Kindern etwas nach aufsen gewölbt ist, haben sie mit den afrikanischen Negern gemein. Beide Eigenthümlichkeiten verschwinden aber mit den Jahren. Die Sitte, die Köpfe der erschlagenen Feinde aufzubewahren, herrscht hier nicht; aber wer einen Feind getödtet hat, tättowirt sich, indem er vom Nabel zwei breite Streifen nach den beiden Schultern und einen schmalern Streifen längs jedes Armes führt; die letztern Streifen bekommen für jeden erschlagenen Feind einen Querstreifen. Crespigny sah nur wenig auf diese Weise tättowirte Personen, aber-ein junger Bursche hatte nicht weniger als 37 Querstreifen. Besondere Krankheiten scheinen hier nicht vorzuherrschen; auch Hautkrankheiten waren sehr selten; und während die Malayen am Bongan fast durchgängig an Augenentzündungen litten, war die- ses Leiden unter den Dusuns unbekannt. Bei beiden Völkern bemerkte Crespigny ein paar Fälle von Abzehrung. Wenn alle Theile des Landes so dünn bevölkert sind wie derjenige, den Crespigny besucht hat, so mag der ganze Stamm nur 12,000 Seelen stark sein, was bei dem trefflichen Boden, dem gesunden Klima, der friedlichen Lebensweise und der vollkommenen Unabhängigkeit des Volkes auffallend erscheint. Die Sprache der Malayen an der Maludu-Bay weicht etwas von derjenigen ab, die in Brunei gesprochen wird. Sie hat manche Worte aus dem Sulu ent- lehnt, und auch die Aussprache einiger Consonanten ist verschieden. Der hier sehr häufige Orang-utang ist hier unter dem bei uns gebräuchlichen Namen be- kannt; den Namen meias, mit dem nach Sir J. Brooke die Durgahis an der Nordwestküste Borneo’s diesen Affen bezeichnen, kennen die Dusuns nicht. Die Sprache der Dusuns scheint anfangs rauh; ihre Worte haben meist den Accent auf der letzten, nicht wie die malayischen auf der vorletzten Silbe; aber allmäh- lich findet man, dafs sie nicht übel lautet. Manche Worte stimmen mit dem Sulu, andere mit dem Malayischen überein, oder sind dem letztern wenigstens ähnlich. Crespigny hatte Gelegenheit, die Ceremonien bei einem Todesfall zu beob- achten: man brachte eine Frau, die im Sterben lag, in die Verandah, wo das versammelte Volk ein Geheul anstimmte, bis der Tod eingetreten war. Eine Hochzeit wurde bei Fackellicht vollzogen: man schlachtete ein Schwein und hielt einen Festschmaus, worauf von allen Weibern und Kindern ein mehrere Stunden ö dauernder Chorgesang angestimmt wurde; schlie/slich entliefs man das junge Ehepaar unter lautem Zuruf. Bergbau in Süd-Australien und Entdeckung von Gold am Murray. 161 In Bezug auf die Producete ist zu bemerken, dafs das Land auf den Abhän- gen der Berge einen guten Reis und sonst einen vortrefflichen Taback hervor- bringt. Der Anbau des letztern, der von den Malayen sehr geschätzt wird, ist umfangreicher als in der Gegend von Brunei. Der Gemüsebau beschränkt sich auf kleine süfse Kartoffeln und Zwiebeln. Die Wälder liefern etwas Kampher und Bienenwachs, sie enthalten viel Damar — und zwei oder noch mehr Arten Gutta-Bäume, Cautschuk und Rohr von grofser Länge. —ın. Bergbau in Süd- Australien und Entdeckung von Gold am Murray. Süd- Australien ist bekanntlich reich an Kupfererzen. Die ergiebigsten Lager befinden sich zwischen 33° und 34° S. Br. in dem Gebirgszuge, der östlich vom Spencer Golf, etwa 20 Meilen von der Ostküste desselben und dieser parallel hin- streicht. Hier liegen etwa unter 33° 40’ S. Br. und 138° 56’ O. L. die reichen Minen von Burra Burra, die zugleich mit einigen Gruben zu Karkulto bei den Black Springs und der Pompurne Mine bei Clare von der South Australian Mi- _ ning Assoeiation bearbeitet werden. Die Compagnie beschäftigt bei Burra Burra 1026 Personen; bei den Karkulto- und Pompurne-Gruben, die erst neuerdings in Arbeit genommen sind, beziehungsweise nur 26 und 12 Personen. An dem zuerst genannten Orte sind im Laufe des letzten Jahres neue Gruben eröffnet worden und man ist dabei auf einen 8 Fufs mächtigen, sehr reichen Malachit- _ Gang gestolsen. Vom 30. September 1857 bis 30. September 1858 hatte die Compagnie 12,487 Tonnen Erz gefördert, von denen man während des letzten Semesters durchschnittlich 23 Procent Kupfer gewann. In der Colonie selbst ver- kaufte man das Kupfer durchschnittlich zu 98 L. 12 s. 3 d. die Tonne, während in London die Tonne 107 L. 10 s. galt. Es scheint fast, dafs Süd-Australien auch ein Antheil an dem Goldgewinn beschieden ist, der für seine östlichen Nachbarstaaten eine so grofse Bedeutung erlangt hat. Wir müssen freilich noch abwarten, ob es sich bestätigen wird, dafs ‘Mr. Stuart auf seiner letzten Entdeckungsreise, über die wir im vorigen Hefte berichteten, in einigen Quarzgebirgen Goldadern entdeckt hat; sicher aber ist es, dafs am Murray, nicht weit von der Stelle, wo er Süd- Australien betritt, im vori- gen Jahre Goldlager aufgefunden sind, an denen wahrscheinlich alle drei Colo- uen, Neu-Süd-Wales, Victoria und Süd- Australien, einen Antheil besitzen wer- den. Die Entdeckung ging von einem gewissen Morgan aus; man hielt ihn aber für einen Narren und achtete nicht auf ihn, weshalb Morgan das Terrain, auf welchem jetzt seine reichen Goldwäschen liegen, mit gutem Humor „Madman’s Flat“ nannte. Die ganze Localität führt den Namen Indigo, und da das Land mehrere Meilen ober- und unterhalb ganz denselben geologischen Charakter trägt und auch im District Adelong am Murrumbidgee Gold gefunden ist, so vermuthet En; dafs das edle Metall in dem ganzen Thal des Murray und Murrumbidgee vorkommen werde. Zu Indigo ist das Gold sowol im Sande wie in den Quarz- felsen enthalten, die hier und dort anstehen; von’den letztern hat man einige 50 Tons abgesprengt, aber es fehlt noch an Stampfern, und so lange die Wäschen Zeitschr.f, allg. Erdk. Neue Folge. Bd. VI. 11 . d n 162 Miscellen: einen reichen Ertrag geben, wird die Ausbeutung des Quarzes wol keinen beson- deren Aufschwung nehmen. Aus dem Eimer Sand soll man 1 Unze 65 dwts. Gold gewinnen. Es sind jetzt schon Tausende nach diesem neuen Goldfelde zu- sammengeströmt; Läden und Gasthäuser erheben sich an dem Ort, und näch- stens wird dort auch eine grofse Zeitung erscheinen. Da Indigo seine bequemste Verbindung mit der See auf dem Murray besitzt, wird der Bergbau in diesem Distriet hauptsächlich dem Verkehr Süd-Australiens zu Statten kommen und die Colonisation längs des Murray wesentlich befördern. Neuerdings ist ein Dampfer dorthin abgegangen. In der ersten Zeit hatten die Goldgräber natürlich mit dem bittersten Mangel an Lebensmitteln zu kämpfen; namentlich fehlte es an Brod; endlich wurden zwei Oefen erbaut, aber der eine stürzte nach ein paar Tagen ein, — ein Ereignifs, welches dort grölsere Aufregung verursachte, als an an- dern Orten ein Erdbeben. —n. Der Handel von San Francisco ım Jahre 1858. In den letzten vier Jahren hat der Ackerbau in Californien eine solche Aus- dehnung gewonnen, dals er die Bedürfnisse der einheimischen Bevölkerung zu befriedigen vermag. Die beträchtliche Anzahl von Schiffen, die vor jener Zeit, mit Mehl und. Cerealien befrachtet, in San Franeisco einlief, fällt also für die jüngste Zeit fort, und die Zahl der angekommenen Schiffe ist nicht mehr so grofs, wie in der vorhergegangenen Periode. Auch der Aufschwung der Industrie wird die Einfuhr fremder Manufaeturwaaren allmählich einschränken; aber das Wachs- thum der Bevölkerung und die mit dem: Wohlstande sich steigernden Ansprüche an' den Comfort des Lebens werden voraussichtlich die Einwirkung des industriellen Aufschwungs auf den Einfuhrhandel zum grofsen Theil paralysiren, so dafs der letztere sich wahrscheinlich noch für eine längere Reihe von Jahren auf dem gegenwärtigen Standpunkt erhalten wird. -Die Einfuhr der letzten vier Jahre ist demnach sich ungefähr gleich ge- blieben. Es liefen nämlich in San Franeisco ein; im Jahre 1855 1520 Schiffe mit 517,919 Tonnen Gehalt, ie RB an s “ RER 7 DIR 1-7: © VRRHORHETEIEN. U, 1:11: HONERER = ink soil. AA ae ur. % Die im Jahre 1858 angekommenen Schiffe ordnen wir nach ihren Ausgangs- punkten und ihrem Tonnengehalt in der folgenden Tabelle, der wir zugleich An- gaben über die durchschnittliche Dauer der Fahrt und die kürzeste Fahrt bei- fügen: 2 Dauer der Fahrt in Tagen 31 Tonnen ür- 3 kür durchsehnittliche zeste Von den Ver. Staaten am Stillen Ocean | 988 } 158,336 - - ‚Atlant, - Sara 144924 $ Eure a nn 65 ns 100 | 134 von 64 Fahrten IBristane en e > 34 ee 1071130 - 931 5 IEBITROTER ee ee ER 3 un 2 1005: 2 3 Philadelphia. we res 2 Eu Az DEE EEE} Der Handel von San Franeiseo im Jahre 1858. 163 8 E B ‚Baner, dh: Fahrt in Tagen == onne ü c 2 R ‚paht- durchschnittliche SS zeste Von Panamä b len Eier 281 54,565 - Vancouvers Tsland'; ins hu 103: 65,095 BEchinR Et netienariiger am meh il: 620,379 HOnOKEGnE. nen ee age 24 x 40 | 53 von 22 Fahrten SWALON 2 nc Fiss: alte: Ware e 2 GE 208° 1" „3077 SV uRAENENEE rofsputanıgen 2. ea 09, UP 314737 Zaverpool“, rm 198 „ins 8 e% 121| 1462-7 8 - - London b aa re 4 125 | 165. - 4 - MCardafh. ae aan had 3 Glasgow z 2 119| 146, - 2 - Sunderland a et 1 En OHHeamtıU „iu pn OP 8,164 N alparaido.ngY „»uagowoglux 13 iR 40 641 - 19 - SÜNKOnEl in ee 2 4 : 461 59 -. 4 - ZleabuAnOr ie 2.24 sm .5, m 1 ES VEIT ee 48 6,835 Australien . . 1 SOMRBI! 15 6,362 | 63| 79 (von Sidney) den Sandwich - Inseln sd. .uey 22 5,585 | 14| 20 von 20 Fahrten Krankzeichnge:s ‚unmil5 ame sis 4,468 Bondennsı en 7 set 4191 440 - . 3 - Havıe . 2 cc I - den russ, Besitzungen in "Akten und Amerika . pen 9; 4,402 | Manilare, arauswlainolo). 10V. - 4 2,605 | 58) 68 .- 4A - BEE L eilt. mild are’) 8 Corso SS | Zillahuenkuapi Alle 2 ya E } | I Tayahus 2 Die! ‚Yantolgs ano I} = | Andere Ablairzungen | &lerro (Berg) auch Cabo! Cap} I Punta | Zandsmtze) Pl Puerto (Hafen RRro (Fluss Ou.Qucbrada (Schlucht) I.haguna (See) VVil fun _ AR Minen Daytercdl Buena Eisenbahnen Bieten VDusakkiipN . Teapyel/ Murau E fu N | ' Ib £ F Wlan |3 lern Druck.v. C.Grack Berlin, D. Reimer. mit Karten und Abbildungen. Der Preis eines Bandes von 6 Heften, welche nicht getrennt abgegeben werden, ist 2 Thlr. 20 Sgr. W> Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Post- Anstalten. N MR Fe BR ler: ea h Bn Kenn y A | Er Er & . * nr DAN. 20% So eben erschien die seit mehreren Jahren vorbereitete nebst den angrenzenden Ländern. Nach den neuesten Quellen bearbeitet und gezeichnet von Dr. Henry Lange. Im Maafsstab von 1:2956000. 3edes Blatt mipt 144 Boll in der Höhe, 163 Zoll in der Kreite, in Richten, 10 Blatt. Br. Folio. In Stahlstich. Preis 8 Thlr. Verlag des Oesterreichischen Lloyd. Trief. Im Verlage von DIETRICH REIMER iu Berlin ist erschienen: KIEPERT, H., Acht Karten zur Alten Geschichte. Inhalt: I. Imperia Persarum et Macedonum. 2. Asia Citerior. (Klein-Asien, Syrien, Assyrien, Armenien ) 3. Graecia cum insulis et oris maris Aegaei. 4. Graecia. (In gröfserem Maafsstahe. ) 5. Italia. 6. Italiae pars media. (Mit der Umgegend und einem Plan von Rom.) 7. Gallia, Britannia, Germania. $. Imperium Romanum. Preis der 8 Karten, geheftet mit Titel und Umschlag, 1 Thlr. 15 Sgr. Preis jeder einzelnen Karte 6 Sgr. Gedruckt bei A. W. Schade in Berlin, Grünstrafse 18. Bl EZ Peg, di PR e 7 ze { r IC Pr; Fa v Al 7 März 1859. MIT UNTERSTÜTZUNG DER. GESELLSCHAFT FÜR. ERDKUNDE ZU BERLIN UND UNTER BESONDERER MITWIRKUNG ef ae voN | | AR, DOVE, ©. 6 EHRENBERG, H. . KIEPERT un C, RITTER | IN BERLIN, K ANDREE IN DRESDEN unD J. E. WAPPÄUS IN ‘ GÖTTINGEN; sen voN 5 Dr. K. NEUMANN. "NEUE FOLGE, SECHSTER BAND, DRITTES HEFT. % BERLIN. Re VERLAG FOR DIETRICH REIMER. 1859. Inhalt. Seito - VII. Ueber die Entwickelung der Baumwollen-Manufactur im Preufsischen Staate und ihren Einflufs auf den Volkswohlstand und Handelsverkehr, Vom Geh. Reg.-Rath Prof. Dr. Schubert in Königsberg . . . . 177 VIN. Die dauro-mongolische Grenze in Transbaikalien. Von Radde. Aus dem Russischen, vom Herausgeber. 1. Skizze der daurischen Hochsteppen in geographischer und phy- sischer Beziehung . . . en RAN ET 191 -2. Bemerkungen über den Grenzäistrict Transbaikaliens in er: wirthschaftlicher Beziehung - . . 2 2 2 22 000 r , 1% IX. Barometer-Beobachtungen in Mendoza. Von H. Burmeister . . 207 Miscellen. Der älteste Versuch zur Entdeckung des Seeweges nach Ostindien. Mit- Betheilt von. Prof O.Ritter 1. 7,0, 2. 2.2 lu a en Die Inselgruppe Petaliae bei Euboea.. Von Juschkow. Aus dem BROSBISCHEN Aue ee ee ee BE ee 2 re ee Die Wogulen. Nach A. Ahlquist: . . » 2 2. ne ne me 222 Nikolajewsk und die Castries-Bai. - «© » 2: er ne nn. 0a 226 Das T’een T’ung-Kloster unweit Ningpo . . » 2 2 22 0 nn. 229 Zucker-Plantagen auf den Sandwich-Insen . . . 2 2 2 2 en. 234 Fortschritte der Landwirthschaft in Califomien . : » 2 2 2 2.2. 235 y Zur) Statistik: von Surinam. 0°... 00 Te RE Die Emporhebung der chilenischen Küste. » « : 2 2 2 22... 238 Herausgabe der Papiere Dr. E. Vogel’s. . 2». 2. 2000 00u. 242 Neuere Literatur. B. Cotta, Deutschlands Boden, sein geologischer Bau und dessen Ein- wirkung auf die Menschen. Zweiter Theil. Leipzig 1858. Brockhaus 242 Herm. E. Ludewig, The Literature of American Aboriginal Languages. Edited by Nicol. Trübner. London 1858 . . - 245 Wm. H. J. Bleek, The Library of His Re Sir Ga Gran | Cape Town 1858...» EEE 245 Sitzung der N, Gesellschaft zu Berlin vom ee März 1859 . 254 Karten. Taf. IV. Karte der Castries-Bai. Ba NE er a Zn m di an u nn vn. Ueber die Entwickelung der Baumwollen-Manufactur im Preufsischen Staate und ihren Einfluls auf den Volkswohlstand und Handelsverkehr. Vom Geh. Regierungsrath Prof. Dr. Schubert in Königsberg. In der Abhandlung: „die Baumwolle in ihrem grofsartigen Ver- _ hältnifs zur Belebung des Weltverkehrs und der Völker-Industrie“, welche im vierten Bande dieser Zeitschrift veröffentlicht ist, gelangte ich zu dem Schlufsresultat, dafs kein anderer Industriezweig gegen- wärtig so kräftig und so weitumfassend die fünf Erdtheile mit einander verbände; dafs die volle Hälfte der nordamerikanischen Ausfuhr, auch wenn die Gesammt - Ausfuhr jetzt bis auf die Höhe von 300 Millionen Thalern gestiegen ist, der Baumwolle angehört; dafs vermit- telst derselben die nordamerikanischen Freistaaten mit den wichtigsten Handelsländern der Erde zum gegenseitigen Austausch ihrer Bedürf- nisse gekommen, dafs endlich selbst jetzt noch die Ausfuhr aus den _ britischen Häfen in Baumwollen -Stoffen einen gröfseren Werth für sich _ allein besitze, als alle übrigen Manufactur-Waaren in Wolle, Leinen, _ Leder, Metallen, Seide, mit Einschlufs der Steinkohlen zusammenge- _ nommen, und dafs gerade durch die Baumwollen-Stoffe und Garne _ Grofsbritannien die in Europa verloren gegangenen Marktplätze in den übrigen Erdtheilen bis nach Australien reichlich, selbst mehr als im - doppelten Malsstabe ersetzt habe. Solche grolsartige Ergebnisse dürfen r für den preufsischen Staat von der Baumwolle nicht erwarten, aber dennoch bleibt es eine überraschende Thatsache, dafs ein fremder, aus der Entfernung von 600 bis 2000 Meilen uns zugeführter Rohstoff, in Verbindung mit den aus Grofsbritannien eingeführten Baumwollgarnen P einen so höchst bedeutsamen Gewinn an Arbeitslohn und Unterhalts- mitteln dem preufsischen Volke gegenwärtig darbietet. Zeitschr, f. allg. Erdk. Neue Folge. Ba. VI. 12 178 Schubert: Den langsamen Gang der Verbreitung der Baumwollenwaaren aus Süd-Asien, Persien, Aegypten,‘ den Küstenländern des Mittelmeeres, namentlich aus Spanien unter der Herrschaft der Araber, nach Frank- reich, Flandern, Brabant und einigen Städten am Rhein habe ich in der oben angeführten Abhandlung geschildert. In derselben stellte ich zugleich dar, wie diese Industrie nach der Eroberung von Antwerpen (1585) zuerst durch belgische vertriebene Arbeiter in der englischen Grafschaft Lancaster eingebürgert sei, wie aber dennoch selbst im Laufe des siebenzehnten Jahrhunderts der Bedarf an baumwollenen Stoffen noch immer ein sehr untergeordneter war und diese gröfsestentheils nur als eine sehr kostbare Waare des Orients im Handel vorkamen. In dem preufsisch-brandenburgischen Staate finden wir sie zuerst in der zweiten Hälfte der Regierung des grolsen Kurfürsten vor, und die ersten Stühle für Verfertigung baumwollener Zeuge aus bereits gespon- nenem Baumwollen-Garn wurden 1686 in der Mark Brandenburg durch reformirte Franzosen eingerichtet, also auch hier durch Flüchtlinge, die wegen ihrer religiösen Ueberzeugung aus ihrem Vaterlande vertrieben waren, und die nach der Aufhebung des Edicts von Nantes von Frie- drich Wilhelm dem Grofsen aufgenommen und in ihren gewerblichen Unternehmungen reichlich unterstützt wurden. Doch blieb diese Industrie nur sehr beschränkt auf wenige Fabrikanten in der Mark Brandenburg, und erhielt sich dürftig unter der folgenden Regierung Friedrichs I. Gar keine Aufmunterung fand sie bei der eingeengten Sparsamkeit des Königs Friedrich Wilhelms I., der geradezu den unteren Klassen des Volks das Tragen bunter Baumwollenzeuge verbot, um dadurch den inländischen Leinen- und Wollen-Manufacturen einen verstärkteren Absatz zu verschaffen. Die Einfuhr der ausländischen ganzen und hal- ben baumwollenen Zeuge war unbedingt bei schwerer Geld- oder Leibes- strafe jedem preufsischen Unterthan durch das Rescript vom 13. März 1722 untersagt, und dieses Rescript wurde streng in seinem ganzen Umfange durch das Ediet vom 24. Juni 1734 erneuert '). So ist auch in dem ausführlichen administrativen Meisterstücke dieses Königs, wel- ches er als Instruction für das neu eingerichtete Central-Ministerium der inneren, Finanz- und Handels- Angelegenheiten (General-Ober- Finanz-, Kriegs- und Domainen-Directorium) selbst in 35 Artikeln aus- gearbeitet und unter dem 20. December 1722 als geheim zu haltenden königlichen Erlafs festgesetzt hatte ?), in dem betreffenden 12ten Ar- tikel (in 15 Paragraphen) über die Manufactursachen mit keiner Silbe !) Mylius, Corp. Constitut. Brandenbrg. Thl. IV. Abth. 3. S. 440. ?) Vollständig abgedruckt und zuerst aus dem Geheimen Staats- Archiv in Berlin veröffentlicht bei Fr. Förster, Friedrich Wilhelm I. Bd.I. S. 173 — 255. x Ueber die Entwickelung der Baumwollen-Manufactur im Preufs. Staate. 179 der Baumwollen-Manufaeturen gedacht. Und doch war König Frie- drich Wilhelm I. von der gewichtvollen Bedeutsamkeit der Manufac- _ turen für den Wohlstand des Landes vollständig durchdrungen, wie er denn gleich im $ 1 dieses Artikels als sein Prineip ausspricht: „von _ was grolser Importanz vor Uns und Unsere Lande die Etablirung guter _ und wohl eingerichteter Manufaeturen sei, solches ist dem General- _ Ober -Finanz-, Kriegs- und Domainen-Directorium vorhin zur Genüge bekannt, und wird also dasselbe sich alles äulsersten Fleifses angelegen sein lassen müssen, damit, so viel nur immer möglich, alle Gattungen - von Wolle-, Eisen-, Holz- und Leder-Manufacturen, die noch nicht in _ Unseren Landen etablirt sind, daselbst eingeführt werden mögen.“ Und im $ 14 dieses Artikels heifst es über die Leinen-Manufacturen: „die _ Leinen-Manufaeturen muls das G. O. F. K. u. D. Directorium eben- mälsig auf alle Weise zu poussiren und dergestalt zu vermehren ge- flissen sein, dafs man binnen Zeit von vier Jahren der Schlesischen ‚und Wahrendorfer Leinwand in Unseren Landen sich gänzlich passiren _ könne.“ So wurde von den preufsischen Märkten das musterhafte schle- _ sische und westphälische Linnen entfernt, das noch vor Ablauf eines _ Jahrhunderts als eine Hauptzierde des preufsischen Gewerbfleilses in _ dem allgemeinen europäischen und amerikanischen Handelsverkehr er- scheinen sollte. B; Erst unter der Regierung Friedrichs des Grofsen, mit welcher eine _ neue Epoche für die technische Cultur im preufsischen Staate beginnt, "wird auch den Baumwollen-Manufacturen eine regere Sorgfalt gewid- met. Die erste Kattundruckerei wurde zu Berlin im Jahre 1741 durch ‚den Genfer du Plantier unter der unmittelbaren Theilnahme des Königs _ angelegt, drei Jahre später die Baumwollen-Spinnerei und Weberei in _ dam erhielten ein besonderes Privilegium, mit den von ihnen gewebten _ baumwollenen Zeugen zu handeln, dem Handelsstande wurde angele- Lande versponnen wurde, und dafs förmliche Spinnschulen angelegt ‚werden sollten. Durch das. Ediet vom 22. Mai 1753 wurde auf die feinsten Baumwollen-Gespinnste, eine Prämie von 1 —5 Thalern für jeden Arbeiter jährlich. ausgesetzt ?). Späterhin nahm die vom König zu, solchen Zwecken (1772) errichtete Seehandlungs - Gesellschaft *% )) Preufs, Friedrich der Grofse. Bd. III. S. 56. 2?) Mylius.a. a. O. Contin. I, II u. II aus den Jahren 1741, 1749, 1746. 3) Nov. corp. const. Brandenb. J. 1753. S. 455. 12» 180 Schubert: sich der weiteren Vervollkommnung dieses Gewerbezweiges an, wie mit ihren Mitteln und einem besonderen Schutzprivilegium (es dauerte bis zum Jahre 1792) Thomas Hotho die erste Fabrik für baumwollene Sammetwaaren (Manchester nach dem ursprünglichen Fabrikorte be- nannt) in Berlin in Betrieb setzte. Zur Aufmunterung der inländischen Fabriken wurde indefs das Verbot des Verbrauchs aller ausländischen Kattune (gedruckte oder weilse), Halstücher und Schnupftücher nicht nur unter Androhung der früheren Strafen am 12. Juli 1747 wieder- holt, sondern durch ein neues Ediet vom 13. October 1752 noch ver- schärft ’), für jede Elle 200 Thaler oder verhältnifsmälsige Gefängnifs- strafe und Confiscation der Waare, sowohl für den Einführer, wie für den Käufer oder Consumenten, indem gleichzeitig zur Controlle die in- ländischen Fabricate aus Baumwolle mit dem Accise-Stempel auf den Accise- Aemtern gestempelt werden mufsten. In dieser Zeit war auch dem erleuchtetsten Geiste in der Verwaltungspolitik die Einsicht noch nicht eröffnet, dafs durch solche Beschränkungen in der Concurrenz die inländische Industrie nicht gefördert, sondern in ihrem Aufschwunge nur gehemmt würde. Noch in den letzten Jahren seiner Regierung spendete Friedrich der Grofse nicht unbedeutende Summen für Fabrik- Anlagen in diesem Industriezweige in Berlin und anderen Städten der Mark Brandenburg, in Schlesien, Pommern, selbst in Lithauen (zu Gumbinnen), und sein Minister v. Herzberg benachrichtigt uns in sei- nem akademischen Vortrage am letzten Geburtstage des grofsen Kö- nigs ?), dafs nach der genau aufgenommenen Fabriken -Tabelle im Jahre 1785 im ganzen preufsischen Staate auf 2600 Stühlen baum- wollene Zeuge gewebt wurden. Die Zahl der überhaupt beim Spinnen und Weben beschäftigten Arbeiter betrug erst 7000, der Werth ihrer noch wenig verfeinerten Fabricate 1,200,000 Thaler, wovon der Roh- stoff etwa 500,000 Thaler kostete, also ein Arbeitsgewinn von 700,000 Thalern übrig blieb. Aber bis dahin war Alles noch Handgespinnst und die englischen Maschinen -Erleichterungen waren bis Preulsen noch nicht vorgedrungen. König Friedrich Wilhelm II. fuhr fort, jährlich eine Summe von 100,000 bis 150,000 Thalern zur Verbesserung der Fabriken, vornehm- lich in Seide, Wolle und Baumwolle zu verwenden ®), indem er den Fabrikanten, wie Graf Herzberg nachweist, theils unmittelbare Unter- stützungen zuwies, oder zinsfreie Vorschüsse gewährte, oder aulser- ordentliche Bonificationen als Prämien aussetzte. Aber auch das Ver- ") Nov. Corp. Constit. Brandenb. J. 1752. 8. 387 — 90. 2) Er wurde erst am 26. Januar 1786 gelesen; deutsche Uebersetzung $. 30. 3) Herzberg’s akadem. Vorträge vom 23. Aug. 1787 S. 29 u. 32, vom 21. Aug. 1788 8. 31 u. 35. Ueber die Entwickelung der Baumwollen-Manufactur im Preufs. Staate. 181 "bot der Einfuhr ausländischer Fabricate wurde nicht mehr mit der _ früheren Strenge aufrecht erhalten, in einzelnen Jahren sogar den Pro- _ vinzen Preufsen und Schlesien verstattet '), ein beschränktes Quantum _ fremder Fabricate einzuführen und innerhalb des Landes zu verkaufen. - In den eilf Jahren der Regierung dieses Königs hatte sich der Umfang dieses Zweiges der inländischen Industrie in der Zahl der Stühle und Arbeiter fast um das Doppelte vermehrt, wiewohl die neuen polnischen - Provinzen und auch die erworbenen fränkischen Fürstenthümer Anspach und Baireuth dazu wenig beitragen konnten. Die Messen in Frankfurt an der Oder dienten vorzugsweise zur Vermittelung des Absatzes der _ preufsischen Fabricate. Unter der folgenden Regierung des Königs Friedrich Wilhelm III. wurden zwar bereits in den ersten Jahren durch den Regensburger - Reichstags - Deputations-Recels, in Folge der Friedensschlüsse von Lüne- ville und Amiens, einige neue, durch Fabrikthätigkeit achtbare Städte in Thüringen und Westphalen dem preulsischen Staate einverleibt (1803), aber der Hauptsitz für die Baumwollen-Fabricate blieb doch in Ber- lin, Potsdam, Magdeburg, Schlesien und der westphälischen Grafschaft "Mark, die schon fast zwei Jahrhunderte dem Staate angehörte. In dem "Jahre vor dem unglücklichen Kriege (1805) war die Gesammtzahl der - Stühle für Baumwollen -Fabriecate auf 12,850, die der dabei beschäf- tigten Arbeiter auf 25,160 gestiegen °). Der Gesammtwerth der Waa- ren wurde officiell auf 5,055,000 Thaler angegeben, wovon der Roh- stoff etwas über 1,600,000 Thaler gekostet, also als Arbeitsverdienst dem preufsischen Gewerbfleifs bereits einen jährlichen Gewinn von etwa 3,400,000 Thalern gewährt hatte. Der Tilsiter Friede entfernt einen nicht unbeträchtlichen Theil der für technische Cultur mehr bestrebten Ortschaften von dem preufsischen Staatsgebiete, die Zeit der Continentalsperre wurde mindestens nicht für den so geschwächten preufsischen Staat eine Periode aufblühender Entwickelung der Fabriken -Industrie. Die Licenzen der französischen Consulate und ein ansehnlicher Schmuggelhandel statteten, trotz der von den französischen Auctoritäten erzwungenen öffentlichen Schau- spiele des Verbrennens englischer Waaren, die östlichen Provinzen mit En; R '!) Graf Herzberg, Vortrag vom Jahre 1788 $. 31 und vom 25. September a 88 S. 46. { 2) In Berlin allein wurden im Jahre 1797 für 1,053,562 Thaler Baumwollen- Vaaren verfertigt, im J. 1802 auf 1826 Stühlen mit 2097 Arbeitern für 1,446,798 haler, im J. 1806 wurde bereits auf 4711 Stühlen mit 8755 Arbeitern gearbeitet. In Schlesien brachten im Jahre 1802 3334 Stühle mit 5632 Arbeitern für 740,117 Thaler Waaren, im J. 1805 3490 Stühle mit 6212 Arbeitern für 976,000 Thaler \ Es Vergl. L. Krug, Nationalreichthum des preufs. Staates. 1805. Bd. II. 5. 808 — 313. -ATHE 182 Schubert: einer für den Bedarf ausreichenden Menge englischer Fabrieate aller Art aus, namentlich aber auch in Waaren aus Baumwolle. Der glor- reiche Freiheitskrieg und die darauf folgenden beiden Pariser Friedens- schlüsse, nebst dem dazwischen liegenden Wiener Congrels, führten demnächst nicht nur die meisten verloren gegangenen Industrie-Städte zur preulsischen Herrschaft zurück, sondern sie vereinigten auch mit derselben neue Besitzungen, die bereits seit längerer Zeit einen bedeu- tenden Ruf höherer Industrie ehrenvoll sich erworben hatten, wie in dem Herzogthum Sachsen, der Rheinprovinz und einzelnen Theilen Westphalens, und die auch bereits in den Baumwollen - Manufaeturen mit dem Maschinenbetrieb in umfangreicher Weise vertraut waren. Aber es begann nun zuvörderst ein Kampf zwischen der britischen und inländischen Industrie. Mit dem geöffneten allgemeinen Handels- verkehr wurde seit dem Jahre 1814 eine solche Masse von baumwolle- nen Zeugen aus den englischen Waaren-Magazinen nach dem deutschen Continente übergeführt und zu den wohlfeilsten Preisen so arg ver- schleudert, um den Manufacturen-Markt in diesem Zweige an sich zu fesseln, dafs ein Theil der Fabriken in Sachsen, Schlesien und Berlin bei diesen Preisen sich nicht behaupten konnte und seine Arbeit ein- stellen mufste. Es blieben zu Anfang des Jahres 1817 nur 14,775 ge- werbsweise eingerichtete Stühle in fortdauernder Arbeitsbeschäftigung, davon 12,690 für Zeuge und 2085 für Strümpfe aus Baumwolle, und aulserdem standen nur 116,000 Maschinen-Spindeln für Garn in Bewe- gung, und nur wenige gröfsere Fabriken konnten in den Regierungsbe- zirken Düsseldorf, Erfurt, Magdeburg, Breslau und Berlin ihre 'Thätig- keit unausgesetzt erhalten. Der Geschäftsdruck dauerte noch drei Jahre fort bis zum Schlufs des Jahres 1819, wo die englischen Magazine ihre alten aufgehäuften Waaren geleert hatten, die dortigen Fabrikanten wie- der zu entsprechenden Preisen hinaufgingen, und der durch den Ein- gangszoll jetzt genügend geschützte inländische Fabrikant den Wett- kampf auf dem Felde des Geschmacks und der tüchtigen Arbeit in der Weberei zu bestehen hatte, in diesem bald nicht selten den Sieg er- rang und nur in der Garnspinnerei, zum Theil aus Mangel an den dazu erforderlichen grofsen Anlage-Capitalien für Spinn-Maschinen- Fabriken, entschieden hinter der britischen zurückblieb und diese auch bis jetzt für den Bedarf des Landes noch lange nicht erreicht hat. Aber als der mächtigste Hebel begann jetzt die gröfsere Handelsfreiheit auf den Aufschwung der inländischen Baumwollen-Fabriken zu wirken, indem die früheren totalen Einfuhrverbote mälsigen Eingangszöllen Platz machen mufsten, rohe Baumwolle frei einging, Baumwollengarn für 2 Thlr. pro Centner, Baumwollen-Waaren für 55 Thlr., darauf für 50 Thlr. pro Centner eingeführt werden durften. Der Eingangszoll auf Ueber die Entwickelung der Baumwollen-Manufactur im Preufs. Staate. 183 Garn ist später auf 3 Thaler für ein- und zweidräthiges, auf 8 Thaler für drei- und mehrdräthiges pro Centner erhöht worden. Sehen wir nun auf die dafür sprechenden numerischen Beweise, so finden wir, nachdem die Fabriken während der zunächst folgenden Jahre eine selbstständige und nachhaltig gesicherte Stellung gewonnen hatten, dafs an roher Baumwolle | eingeführt ') | wieder ausgeführt br Sn ig verblieben 1823 68,827 Centner 29,219 Centner 39,608 Centner 1824 61,177 215 28,546 - 32,631 - 1825 64,706 - 33:134 = 31,572 _.- 1826 88,046 - | 38.060 - 49,986 - 1827 94,508 - 44,731 - 49,777 - 1828 44,203 - 5,637 - 38,566 - zusammen. . . | 421,467 Centner 179,327 Centner 242,140 Centner jährlich im Durchschnitt . 70,244 - 29,8873 - 40,356? - Dazu wurden an Baumwollen-Garn } 4 a : zum höheren Fabricat eingeführt | wieder ausgeführt ed 1823 61,202 Centner 10,115 Centner 51,087 Centner 1824 67,245 - 12,603 - 54,642 - 1825 68,996 - 3,201 - 65,795 - 1826 86,818 - 3,041 - 83,777 - 1827 90,524 - 5,011 - 85,513 - 1828 98,111 - 4,600 - 93,511 - zusammen. . » 434,325 Centner jährlich im Durchschnitt . 472,896 Centner 38,571 Centner 78,816 - 6,428, - 12,3871 - Es war eine natürliche Folge, dafs in ebenmäfsigem Verhältnifs - zu der verstärkten Einfuhr des Rohstoffs und Halb-Fabricats die Zahl der arbeitenden Webstühle sich vermehren mulste. Sie betrug 1819: 14,276, 1822: 19,124, 1825: 22,139, 1828: 25,675, die Zahl der grös- _ seren Fabriken hatte sich bis auf 315 vermehrt. Das gute Fabricat fand bald seine Anerkennung durch Haltbarkeit der Farben, Ge- ‚schmack in den Mustern und Billigkeit der Preise, und die englischen Waarenhändler verschmähten nicht, preulsische Baumwollen- Zeuge mit englischen zu vermischen und sie als die preiswürdigsten ‚auf die britischen Handelsmärkte zu führen. Der Umfang des Ge- ‚schäftsbetriebs in den einzelnen Fabriken wuchs ansehnlich, Tamnau ‚in Berlin verfertigte schon 1829 jährlich über 50,000 Stück Kattune. T Ee 4) €. W. Ferber’s Beiträge zur Kenntnils des gewerblichen Zustandes der ‚ Preufsischen Monarchie. Berlin 1829. 8. 8. 7 —9. 184 Schubert: Die Rothfärbereien des Baumwollengarnes in Elberfeld überflügelten die altberühmten in der Levante: asiatische und amerikanische Baum- wolle, die zum grofsen Theil in der Grafschaft Lancaster erst zu Garn versponnen wurde, kam dann nach Elberfeld, um rothgefärbt zu wer- den und darauf wieder auf englischen Schiffen nach der Levante, Ost- Indien und amerikanischen Handelsplätzen zurück als eine begehrte Waare mit Bezahlung des preufsischen Arbeitsgewinnes Tausende von Meilen weit verführt zu werden. Im Jahre 1825 wurden bereits an rothgefärbtem Garn 400,090 Pfd., 1826: 562,430 Pfd., 1827: 1,668,150 Pfd. und 1828: 2,317,390 Pfd. in’s Ausland verkauft. Ebenso ver- grölserte sich in erfreulichem Mafsstabe die Ausfuhr von inländischen baumwollenen Stuhl- und gestrickten Waaren, nach angemessener Be- friedigung des inneren Bedarfs; sie betrug 1826: 15,371 Centner, 1827: 19,983 Ctnr., 1828: 17,753 Ctnr., während gleichzeitig die Einfuhr von ausländischen Fabricaten in Baumwolle sich verminderte: sie stand 1826 noch auf 13,281 Ctnr., 1827 auf 13,937 Ctnr. und sank 1828 auf 11,126 Ctor. Es blieb also in dem letztgenannten Jahre bereits eine Mehrausfuhr von 6,626 Centnern Fabricaten in dem so weit herge- holten Rohstoff für die preufsische Industrie, und nur der Mangel an Spinnereien erschien in der nothwendigen durchsehnittlichen Einfuhr von 72,387 Centnern Garn (gegen 8,000,000 Pfd. Gewicht) als eine ernste Mahnung zur Verstärkung des inländischen Gewerbfleifses. Der Gesammtwerth des Arbeitsgewinnes für die preufsischen Capitalien und Arbeitskräfte wurde von dem Geh. Ober-Finanzrath Ferber für das Jahr 1827 auf 25,561,380 Thaler in ganz sachgemälsen Annahmen be- rechnet '), wovon + auf die Verarbeitung aus roher Baumwolle, 3 auf die weitere Förderung des eingeführten Baumwollen-Garns zu werth- volleren Fabricaten fielen. Die Gesammt-Consumtion von Baumwolle (bei 1 Pfd. Garn mit 12 Procent Abgang von roher Baumwolle) giebt 9,000,000 Pfd. und mit der Einfuhr an roher Baumwolle (4,439,200 Pfd.) zusammen 13,439,200 Pfd. Verfolgen wir jetzt in gleicher Weise die Fortschritte der Baum- wollen-Fabriken im preufsischen Staate nach mehrjährigen Zeiträumen ?), um in den Durchschnittszahlen einen zuverlässigen Anhaltspunkt für den Ueberblick über unsere vaterländische Industrie zu erlangen, wie er durch vereinzelte Zahlenangaben nicht erreicht werden kann, so finden wir bei der Einfuhr roher Baumwolle: ') Dessen oben angeführte Beiträge, 8. 18— 19. ?) Für die Jahre 1829 — 31 vergl. Ferber’s neue Beiträge, Berlin 1832, S. 6— 9, und für die Jahre 1832 — 34 Dieterici’s statistische ‚Uebersicht des Verkehrs und Verbrauchs im preufs. Staate, Berlin 1838, S. 309.— 18. Ueber die Entwickelung der Baumwollen-Manufactur im Preufs. Staate. 185 eingeführt | wieder ausgeführt > FaHpeENein 1829 52,452 Centner 3,543 Centner 48,909 Centner 1830 48,505 - 3,038 - 45,467 - 1831 41,068 - 1,831 - 39,231 1832 117,914 - 69,466 - 48,445 - 1833 92,212. - 95,924 - 36,288 - 1834 125,317 > 24,593 - 100,724 - ‚zusammen . Jährlich im Durchschnitt 477,465 Centner 158,395 Centner 319,070 Centner 79,5778 - 26,399: - 531781 - Dazu wurden an Baumwollen-Garn eingeführt | wieder ausgeführt ER —.— 1829 116,278 Centner 5,156 Centner 111,122 Centner 1830 118,359 , - 9,303 - 113,006 - 1831 110,685 - 11,963 - gET22 _- 1832 177,865 - 60,727 - 117,138: 77 - 1833 150,280 - 39,70225 = 110,578 - 1834 170,291 - 53,672 - 116,619 - zusammen . 843,758 Centner - jährlich im Durchschnitt 176,573 Centner 667,185 Centner 140,626 - 29,4285 - 1111971 - Es war mithin innerhalb dieses sechsjährigen Zeitraums der durch- schnittliche Bedarf an roher Baumwolle um etwas mehr als 25 Proc., dagegen der an bereits gesponnenem Garn noch weit beträchtlicher, bis auf 52 Proe., für die inländische Industrie gestiegen, also unver- _ kennbar ein um 77 Procent gesteigertes Quantum von Fabricaten im _preufsischen Staate gegen die Jahre 1823—28 gearbeitet. Dieses Fort- schreiten bewährt sich in allen oben bereits für die vorangegangene _ Zeit vorgelegten Beweismitteln: die Zahl der gewerbsweise gehen- den Webestühle in Baumwolle und Halbbaumwolle ist im December 1834 auf 31,759 gestiegen !), davon in Preufsen, Pommern und Posen _ zusammen nur 32, in der Mark Brandenburg 5199, in Schlesien 12,425, ‚in Sachsen 2893, in Westphalen 2118 und in der Rheinprovinz 9092. Aufserdem wurden jetzt die gröfseren Fabriken, namentlich in Berlin, den Regierungsbezirken Breslau, Erfurt, Münster, und vor allen im Re- bei Düsseldorf (Barmen, Elberfeld) erweitert, verbessert und ‚vermehrt, welche mit entsprechenden Capitalien die mechanische Thätig- keit in Anwendung setzten und bald auch in der Zahl der Webstühle zu jenen SR im industriellen Erfolg jedoch dieselben äh ») Dieterici a. a. 0: 8. 398— 99. -—— 186 Schubert: 2,313,410 Pfd., 1830: 1,732,050 Pfd., 1831: 1,861,860 Pfd. Die Aus- fuhr an baumwollenen Waaren betrug in den drei Jahren 1829—31 überhaupt 55,268 Centner, mithin im jährlichen Durchschnitt 18,423 Centner; im Jahre 1832: 25,884 Centner, 1833: 23,324 Oentner, 1834: 30,600 Centner, also im jährlichen Durchschnitt dieser 3 Jahre: 26,603 Centner. Dagegen war die Einfuhr an fremden Stuhl- und gestrickten Waaren aus Baumwolle im jährlichen Durchschnitt der 3 Jahre 1829 — 31: 12,150 Centner, im J. 1832: 14,159 Centner, 1833: 12,953 Cent- ner, 1834: 13,540 Centner, mithin im jährlichen Durchschnitt der 3 letz- ten Jahre 1832 — 34: 13,551 Centner '). Es überragte demnach die durchschnittliche Mehrausfuhr an baumwollenen Waaren die Einfuhr der 3 Jahre 1832— 34 jährlich um 13,048 Centner, d. h. das Doppelte des Betrages des unmittelbar vorangegangenen Zeitraums von 1823 — 28. Die Gesammt-Consumtion an Baumwolle für die preulsischen Fabriken würde bei der gleichmäfsigen Reduction des eingeführten Garnes auf rohe Baumwolle, wie oben geschehen, 19,527,572 Pfund Gewicht im jährlichen Durchschnitt der sechsjährigen Periode geben, und der Ge- sammtwerth des Arbeitsgewinns dürfte für die preufsischen Capitalien und Arbeitskräfte in dieser Industrie im jährlichen Durchschnitt in die- ser Periode auf etwa 35,000,000 Thaler gestiegen sein. Bei der weiteren Durchführung dieser historischen Uebersicht wer- den wir in Bezug auf die offieiellen Nachrichten durch die weitere Aus- dehnung des deutschen Zollvereins auf die Königreiche Sachsen, Baiern, Würtemberg und das Grolsherzogthum Baden, die zwar schon mit dem Jahre 1834 beginnt, aber für dieses Jahr noch die abgesonderten com- merciellen Beziehungen wahrnehmen läfst, verhindert, ganz genaue An- gaben über die Einfuhr und Ausfuhr für die einzelnen Staaten des Zollvereins zu liefern, weil nicht alle direct aus dem Auslande beziehen und nach demselben hin wieder ihre Fabricate versenden, mithin unter der Einfuhr und Ausfuhr der preufsischen Zollstätten manche Quanta begriffen sind, die anderen Ländern des Zollvereins angehören, als für welche sie verzeichnet sind. So viel es angänglich war, habe ich die folgenden Angaben gesondert, und sie werden unzweifelhaft das noch . entschiedenere Fortschreiten dieser Industrie in den mittleren und west- lichen Provinzen unseres Staates seit dieser Zeit bekunden, wie denn dasselbe Resultat auch eben so zuverlässig theils aus der vermehrten Zahl der Fabriken, theils aus der Erweiterung vieler älteren, bereits tüchtig bewährten hervorgeht, obschon die Befriedigung des Garn- Bedarfs bei dem verstärkten Fabrikbetrieb in der Weberei und Druckerei noch immer nicht durch die einheimische Thätigkeit bewirkt wird. 2) Dieterici a. a. O. 8. 395—96 und Ferber, Neue Beiträge $. 9—10. Ueber die Entwickelung der Baumwollen-Manufactur im Preufs. Staate. 187 Im preufsischen Staate sind an roher Baumwolle an Baumwollengarn wieder |f. die Fabr.| wieder |f. die Fabr. ausgeführt | verblieben ausgeführt | verblieben Gentner Gentner Gentiner | Geniner Centner 170,291 | 40,372 | 129,919 233,635 | 22,444 | 211,191 256,052 | 26,721 | 229,331 258,363 | 31,685 | 226,678 312,551 | 47,848 | 264,703 315,707 , 48,381 | 267,326 345,849 | 53,773 | 292,076 eingeführt eingeführt Centner 110,996 | 25,500 | 85,496 1837 229,745 | 34,552 | 195,193 1838 183,310 | 45,379 | 137,931 1839 142,018 | 43,230 | 98,788 1840 253,162 | 71,413 | 181,749 1841 200,507 | 49,527 | 150,980 1842 168,759 | 74,482 | 94,277 1835 jährlich im Durchschnitt | 184,071 Nach dieser tabellarischen Uebersicht für acht Jahre ') (1835 bis 1842 inel.) hat der durchschnittliche Bedarf sowohl an roher Baum- "wolle wie an Garn wieder um mehr als das Doppelte des Betrags (120 Proc. für rohe Baumwolle, 108 Proc. an Garn) gegen 1829 — 34 - zugenommen. Aber auch die Zahl der gewerbsweise auf Baum- wollen-Gewebe arbeitenden Stühle ist in ähnlichem Verhältnifs ge- stiegen. 49,1543| 134,9162] 270,3493| 38,7462| 231,6033 zusammen . . |1,288,497 | 344,083 | 944,414 |1,892,448 | 271,224 |1,621,224 | | Zahl der Webestühle Spinne-, Zahl der en reien | Spindeln ?) Preufsen | Pommern Branden- burg Schlesien Sachsen Westpha- len Rhein- provinz Posen 1837| 101 | 4,898 | 17,739) 3,7751 2,847) 9,964] 39,324 | 152 | 125,972 1840 | 250 | 5,540 | 21,901) 4,938] 4,667) 11,244] 48,540 | 160 | 153,497 1843 136 | 150,436 1846 153. | 170,433 1849 | 499 | 4,541 | 26,593) 10,817) 13,267| 14,976] 70,693 | 132 | 194,290 | Die Zahl der im letztgenannten Jahre bei diesen Webstühlen be- schäftigten Arbeiter war 76,679, bei den Spinnereien 5,201, also zu- sammen 81,880 für diese Industrie ausgebildete Arbeiter; in 30 Jahren 2» ") Für das Jahr 1836 stehen mir die genaueren Nachrichten nicht zur Hand. - Die Nachrichten für die Jahre 1837 — 42 sind aus Dieterici’s fortgesetzten Nach- - fiehten Bd. II, $. 228— 38, 320—25 und Bd. Il, 8.337 45, 487 97. 2) Die gröfsesten Maschinerien umfalsten damals in den Regierungsbezirken Düs- ‚seldorf, Coblenz, Breslau, Liegnitz und Magdeburg 1500 bis 5000 Spindeln; (im Königreich Sachsen jetzt bis 50,000 Spindeln). Ueberhaupt sind 2 dieser Spinnereien in der Rheinprovinz, 4 in Schlesien, 4 in Westphalen, nur 2 im Regierungsbezirk 188 Schubert: (seit 1819) hatte sich demnach, ganz abgesehen von den Verbesserun- gen und Erleichterungen im Maschinenbetrieb, die Zahl der Webestühle und der dabei unterhaltenen Arbeitskräfte gerade auf das Fünffache gehoben. Dazu kommt noch 1849 die Anzahl von 608 gröfseren Fa- briken mit 41,277 Hand-Webestühlen und 2583 mechanischen Webe- stühlen, welche noch 57,059 Menschen (darunter auch 14 Proc. Kinder und 24 Proc. Weiber) Beschäftigung gaben. Die Einfuhr an auslän- dischen Fabricaten aus Baumwolle verminderte sich bis auf den dritten Theil der durchschnittlichen Einfuhr in den Jahren 1829 — 34, und lie- ferte dadurch den sichersten Beweis, wie der innere Bedarf auch durch die inländische Industrie ausreichend gedeckt würde. Einfuhr an ausländischen Baumwollen- Waaren. 1837: 5568 Centner | 1839: 4147 Centner | 1841: 4406 Centner 1838: 5312 - 1840: 5142 - 1842: 2966 = In ganz entgegengesetzter Weise stieg die Ausfuhr an inlän- dischen Fabricaten nach dem Auslande weit über das Doppelte, fast auf das Dreifache des Quantums gegen die Jahre 1829 —34, ein offenbarer Beweis, auf welche Preiswürdigkeit die preufsischen Baum- wollen-Fabriken bereits Anspruch erlangt hatten. 1837: 58,354 Centner | 1839: 68,457 Centner | 1841: 65,856 Centner 1838: 61,648 - | 1840: 65,973 - 1842: 37,193 - Es war demnach der Mehrbetrag der Ausfuhr an Fabricaten über die gleichartige Einfuhr auf 60,000 Centner gestiegen, d. h. im damaligen Durchschnittswerth den Centner zu 250 Thalern gerechnet, auf einen jährlichen Gesammtbetrag von 15,000,000 Thaler. Die Ge- sammt-Consumtion an Baumwolle würde für die preufsischen Fabriken in dieser Zeit bereits einen Betrag von 40,317,200 Pfund Gewicht er- reichen, wenn wir die oben angeführte Reduction des Garnes auf rohe Baumwolle beibehalten, und der Gesammtwerth des Arbeitsgewinnes für die in dieser Industrie verwendeten Capitalien und Arbeitskräfte auf ein Quantum von 72,000,000 Thaler jährlich sich erheben. Werfen wir endlich noch einen Blick auf die Resultate dieses Zweiges der technischen Cultur aus den letzten Jahren, soweit sie sich aus den bereits bekannt gemachten Nachrichten entnehmen lassen, so erhalten wir für die Einfuhr '): !) Dieterici, Fortgesetzte statistische Nachrichten Bd. IV, 8. 375 — 91. — Allgemeine statistische Tabellen des preufs. Staates. Berlin 1855. Fol. Bd. VI. b. Ueber die Entwickelung der Baumwollen-Manufactur im Preufs. Staate. 189 an roher Baumwolle an Baumwollen-Garn wieder f. die Fabr. | . E wieder f. die Fabr. ausgeführt | verblieben ie gl ausgeführt | verblieben Centner Gentner Centner Centner Centner Centner 1843 | 226,652 | 87,626 | 139,026 | 329,756 .| 51,342 | 278,414 1844 | 176,079 | 91,297 | 84,782 | 303,950 | 39,966 | 263,984 1845 | 233,308 | 104,616 | 128,692 | 386,579 | 36,357 | 350,222 1846 | 165,510 |: 29,181 | 136,329 | 479,498 | 49,172. | 430,326 1847 | 205,558 | 112,127 | 93,432 | 259,265 | 39,438. | 219,827 1848 | 225,959 | 87,618 | 138,341 | 309,613 | 19,904 | 289,709 1849 | 306,145 | 44,386 | 261,739 | 378,083 | 14,140 | 363,943 1850 | 282,514 | 35,225. | 247,289 | 378,735 | 20,320 | 358,415 1851 | 327,776 | 51,495 | 276,281 | 358,136 | 19,554 | 338,582 1852)| 373,829 | 45,440 | 328,389 | 349,422 | 22,755 | 326,667 1853 | 371,573 | 52,845 | 318,728 | 355,018 | 27,070 | 327,948 1854 | 371,390 | 86,472 | 284,918 | 378,143 | 16,227 | 361,916 1855 | 388,117 | 187,662 | 200,455 | 365,447 | 10,447 | 355,000 1856 | 276,314 | 81,467 | 194,847 | 360,533 | 12,063 | 348,470 eingeführt Es ist wiederum der Fabrikenbedarf an roher Baumwolle wie an Garn in diesem eilfjährigen Zeitraum gestiegen, jedoch nicht mehr in so bedeutsamer Progression, bei jener nur um 30 Procent, bei die- sem noch um 35 Procent. Die Zahl der in Baumwollstoffen arbeiten- den Anstalten erscheint verhältnifsmäfsig nicht vergröfsert, aber ihre Kraftentwickelung ist wesentlich erhöht, namentlich in den neu errich- teten und bei den gröfseren Fabriken, welche die durch mechanische Kraft geleiteten Powerlooms angewendet haben. Was die gewerbs- weise beschäftigten kleineren Anstalten anbelangt, so gab es Webestühle in alt [=] 3) 4 5 {= 4 3 5 ® i l- a.:0e 5 |8 |33 |ES5| 3 |: rin ia ea | Kaumıa a a Aura auuın 1852 464 14017126,195|8700/13,804| 18,087]71,267 142227 951 1855 73,501|144 288,907 Dazu 1852 noch 679 grolse Fabriken . 8| 62) 150 63] 102 294 1855 mit 2150 Po- _ werloom . . . en 7| 740, 186 531 1164 _ und 15,367 Hand- Webestühlen . . 144 | 786) 2903/1631) 5373) 4530 | Die grofsen Fabriken erhielten mit den Spinnereien 97 Dampf- _ Maschinen von mehr als 1500 Pferdekraft in ununterbrochener Thätig- keit. Im J. 1852 bestanden ferner 35 Fabriken zum Türkisch-Roth- 1) Die officiellen statistischen Uebersichten über Waaren-Verkehr und Zoll-Ertrag für die Jahre 1849 — 56. In jedem Jahre erscheint im zweiten Jahre nach dem 4 blauf des Zolljahres zu Berlin bei Reimer ein Band in 4to; der letzte für 1856 erschien im Jahre 1858. 190 Schubert: färben mit 1225 Arbeitern (20 mit 1117 Arbeitern allein im Regbz. Düsseldorf), seit 1849 besonders wieder gehoben und durch 13 neue vermehrt. Rechnen wir dazu noch die Nebengewerbe in den Band- und Strumpf-Webereien und ähnlichen verwandten Manufacturen, so finden gegenwärtig bereits über 160,000 Arbeiter, wovon nur etwa 15,000 als Kinder und Weiber mit einem geringeren- Arbeitslohne in Anschlag gebracht werden dürfen, in diesem jährlich mehr aufblühen- den Gewerbzweige ihren Unterhalt. Die Einfuhr an ausländischen Fabricaten in Baumwolle ist auf einen sehr unbedeutenden Betrag gesunken; sie betrug: 1843: 2508 Centner | 1848: 1985 Centner 1853: 3122 Centner 1844: 2458 - I 1849: 2076 - 1854: 2838 - 1845: 2513 - 1850: 2500 - 1855: 3026 - 1846: 2547 - 1851: 3064 - 1856: 3452 - 1847: 2434 - 1852: 2923 - dagegen steigt die Ausfuhr preufsischer Fabricate in viel höherem Malfse: 1843: 47,482 Centner | 1848: 52,947 Centner | 1853: 118,537 Centner 1844: 55,876 - ‚ 1849: 62,106 - 1854: 143,737 - 1845: 55,423 - ı 1850: 71,422 - 1855: 124,380. - 1846: 47,674 - 1851: 84,724 - 1856: 96,614 - 1847: 62,353 - 1852: 86,384 - Wir sehen demgemäls in den letzten Jahren seit 1852 den Mehr- betrag der Ausfuhr der Fabricate über die gleichartige Einfuhr, wenn auch diese noch feinere und werthvollere Waaren im Allgemeinen uns zuführen mag, bereits zwischen 83,000 und 120,000 Centnern schwan- ken, wodurch selbst bei dem gegenwärtigen geringsten Durchschnitts- preise von 200 Thalern pro Centner ein Gewinn von 20 bis 24 Mill. Thalern dem Vaterlande zugeführt und dadurch vollständig der Kauf- preis für die rohe Baumwolle und das Baumwoilen - Garn bezahlt wird, auch so weit sie zur Deckung des umfangreichen inländischen Bedarfs an betreffenden Fabricaten gebraucht werden. Die Gesammt-Con- sumtion an Baumwolle ergiebt sich, nach dem obigen Reductions- Verhältnifs des eingeführten Garnes auf rohe Baumwolle, für die letzten Jahre im jährlichen Durchschnitt auf ein Quantum von 58,747,700 Pfd., allerdings schon eine ansehnliche Menge, doch immer erst ein Vier- zehntheil von der Masse Baumwolle, welche jährlich in den briti- schen Fabriken verarbeitet oder mindestens zu Garn versponnen wird. Den Gesammtwerth des jährlichen Arbeitsgewinns für die hierfür an- gelegten Capitalien und verwendeten Arbeitskräfte schlage ich in dem Ueber die Entwickelung der Baumwollen-Manufactur im Preufs. Staate. 191 gegenwärtigen Umfange der Industrie für die letzten Jahre nach den _ jetzigen Preisen und den oben bezeichneten näheren Normen auf nicht weniger als 92 bis 95 Millionen Thaler an. Der Hauptübelstand, der noch jetzt bei dem sonstigen Entwicke- _ lungs-Zustande der technischen Cultur im preulsischen Staate bei die- _ ser Industrie hervortritt und der auch in dieser Abhandlung öfters berührt ist, bezieht sich auf den Abflufs des Geldes in das Ausland für das dort gesponnene Garn. Und abgeleugnet kann es nicht wer- _ den, dafs das kleine Königreich Sachsen im Jahre 1857 gerade dop- pelt so viel Spindeln in seinen Spinnereien in Bewegung hielt (554,646 in 133 grolsen Spinnereien) !) als Preufsen (288,907 in 144 Spinne- reien), und dafs auch Baiern, welches vor 10 Jahren kaum 50,000 - Spindeln zählte, im Jahre 1857 mit 316,700 Spindeln in 10 grofsen 1 Spinnereien und mit einem Verbrauch von 36,000 Ballen Baumwolle uns vorgekommen ist. Um so erfreulicher ist es, dafs ich zum Schlufs von sechs neuen sehr grolsen Spinnereien sprechen kann, die inner- halb des preufsischen Staatsgebiets im Bau begriffen sind, und die mit 135,000 Spindeln jährlich 15,000 Ballen Baumwolle in Garn verwan- deln werden. Am Ende dieses Jahres werden sie bereits in Thätig- keit stehen und Preufsen dann in 150 Spinnereien 424,000 Spindeln besitzen, welche auf 46,000 Ballen Baumwolle zum jährlichen Arbeits- quantum berechnet sind. vl. Die dauro-mongolische Grenze in Transbaikalien. Von Radde. Aus dem Russischen. Ins 1. Skizze der daurischen Hochsteppen in geographischer und physischer Beziehung. Wenn man unter dem Wort „Steppe“ eine ausgedehnte, baumlose, _ wasserarme Ebene ohne irgend welche bedeutendere natürliche Erhe- bungen versteht, dann kann diese Bezeichnung, wenigstens in ihrer vollen Bedeutung, nicht auf die Gegenden angewendet werden, deren Seschreibung die folgenden Blätter gewidmet sind. Bei einer wissen- tlichen Darstellung dieses Gebiets muls man dasselbe in Bezug Ar 1) Berliner Bank- und Handelszeitung, Januar 1858, No. 9. 192 Radde: auf die Form seiner Oberfläche als ein Hochland bezeichnen, welches von zahlreichen Ketten nackter Berge durchschnitten ist, in denen die Thäler und ebenen Niederungen bald ihres starken Salzgehalts wegen ausschliefslich eine Flora von Chenopodeen erzeugen, bald dadurch, dafs sie in sich das zusammenfliefsende Wasser der kleinen Quellen und der atmosphärischen Niederschläge in Gestalt von Schnee und Regen auf- nehmen, zahllose kleine, trübe, schlammige Seen bilden, welche nur selten ein zum Gebrauch taugliches Wasser enthalten, häufiger mit einem von Salz gesättigten und alkalischen Wasser angefüllt sind. Aber der ge- wöhnliche Beobachter, der weder in den äufseren Bau der Erdoberfläche, noch in die für ihn viel wichtigeren Eigenthümlichkeiten des ihn ernäh- renden Erdbodens eindringt, sieht einzig und allein den Contrast der Verhältnisse, der ihn bestimmt, ein gewisses Land „Steppe“ zu nennen, nämlich den Contrast der bewaldeten und der kahlen, waldlosen Ober- fläche. Mag die letztere eben oder mit wellenförmigen Erhöhungen ausgestattet sein, so nennt er das Land in beiden Fällen ohne Unter- schied Steppe, und nur zur Unterscheidung zweier benachbarten Ge- genden bezeichnet er den bergigen, öden Strich mit einem Beiwort als die „hohe“ Steppe. Der Theil Dauriens an der mongolischen Grenze kann sowol hin- sichtlich seiner absoluten Höhe wie hinsichtlich seines topographischen Charakters auch nicht einmal annähernd mit einer wahren Steppe ver- glichen werden; eben so unmöglich ist es, die chemische Beschaffen- heit seiner Ackerkrume mit der des Steppenbodens in Vergleich zu stellen. Während in vielen Gegenden, z. B. auf den ausgedehnten Orenburg’schen, Taurischen und selbst auf den Bessarabischen Steppen die für den Ackerbau so günstige Tschernosem-Schicht den Boden in einer Mächtigkeit von 2 bis 3 Fuls bedeckt — kann in den baumlosen Thälern der flachen Höhen des daurischen Grenzlandes durchaus Nichts verwesen, und der Erdboden selbst konnte auf der ganzen Oberfläche dieser Gebiete auch im Laufe vieler Jahrhunderte schon deshalb sich nicht in einer bemerkenswerthen Weise verändern, weil hier überall die Höhen und oft auch die Thäler mit schwer oder gar nicht ver- witternden Kiesel- oder Jaspis- Arten besäet sind und weil aufserdem die Trockenheit der Luft, der Mangel an Schnee und Regen für eine schnelle Verwitterung der harten Gesteinsmassen ein wesentliches Hin- 7 nifs bilden. Die weitere Darstellung zeigt, dafs abgesehen von dem besonde- ren Typus, den die ganze organische Natur dieses Gebietes trägt, selbst die materielle und sittliche Existenz der sehr spärlichen Ansiedelungen sich dem Einflufs der erwähnten physischen Bedingungen anbequemt _ hat. Ein grofser Theil dieser öden Gegenden, die zum Getreidebau Die dauro-mongolische Grenze in Transbaikalien. 193 vollkommen ungeeignet sind, scheint ebenso wie der bewohnte Theil der südlicher gelegenen Gobi von der Natur selbst für das Wander- leben des wilden abergläubischen Mongolen prädestinirt zu sein, der, ohne sich jemals in eine feste Wohnung einzuschliefsen, auf seinem schnellen Pferde über die unübersehliche Ebene dahinfliegt. Was die geographische Lage betrifft, so umfassen die Steppen des daurischen Grenzlandes einen schmalen Streifen zwischen 130° 30’ und 137° ©.L. von Ferro; ihre Hauptausdehnung ist von West nach Ost; nur an einigen Punkten werden sie vom Ö0sten Breitengrade durch- schnitten. Versteht man unter Steppen hauptsächlich nur waldlose Plateau’s, so mufs man die Grenze der russisch -daurischen Steppen im Süden von dem Grenzposten Nishnij Ulchun ziehen, weil, wenn man weiter westwärts geht, die Uferberge am Onon überall mit dichtem Walde bedeckt sind; östlich von dem genannten Posten dehnt sich zwischen Akschinsk und Mogoitui am rechten Ufer des Onon ein hoch- stämmiger Wald aus, dessen vorwiegende Baumart, die Fichte, einige Werst weiter östlich von Mogoitui verschwindet und bis dicht an Ku- buchai durch kleine Birken ersetzt wird. So überschreitet das Steppen- gebiet den Onon nur bei Nishnij Ulchun, und nimmt auf dem lin- ken Ufer desselben nur einen kleinen, aber durch zahllose Bäche gut bewässerten Landstrich ein. In ihrer Ausdehnung nach Osten, parallel dem Laufe des Onon, wird die Steppe im Norden nicht durch diesen Flufs, sondern durch einen aulserordentlich dichten Wald begrenzt, der sich zwischen dem Flusse und der Wüste zuweilen in einer Breite von 15 Werst hinzieht. Dieser Wald ist sowol in der historischen Tradition als Aufenthaltsort Tschingis-Khan’s, wie auch in botanisch - geographischer Beziehung merkwürdig, da er zwischen dem Flufs und der Steppe die natürliche Grenze bildet, die sowol durch ihre geringe Ausdehnung in die Breite, wie durch ihre schroffe Abgrenzung nach Süden auffallend ist. Je weiter man längs des Onon nach Osten geht, desto sparsamer wird die Waldung, und verschwindet endlich ganz an der Stelle, wo der Flufs auf die westlichen Ausläufer der Adontscholonischen Berge stölst und eine scharfe Biegung nach Norden macht; weiterhin strömt der _ Flufs in dieser Richtung mit einem geringeren Gefälle, oft von Granit- wänden eingefalst, in bewaldetes oder noch häufiger mit Buschwerk be- _ standenes Land bis zu seiner Vereinigung mit der Schilka. Am Rande des erwähnten Fichtenwaldes dehnt sich nach Süden hin die Grenzsteppe aus, die schon hier (d. h. von dem alten Fort _ Tschindansk bis zum Flusse Uldsa) etwa 80 Werst breit ist und sich _ weiterhin noch mehr ausbreitet. Auch der von NO. herabstürzende Zeitschr. f. allg. Erdk. Neue Folge. Bd. VI. 13 194 Radde: Bach, die Oronische Borsa '), die sich unter 134° O. L. den ausein- andertretenden südlichen Höhen der Adontscholonischen Berge nähert und weiterhin nach Norden sich wendend nach einem Laufe von 30 Werst bei Ust Borsinskoi in den Onon mündet, gehört mit ihrem mittleren westlichen Laufe zum Steppengebiet. Ebenso gehören hierher die abschüssigen südlichen Gehänge der Adontscholonischen Berge, von denen nur die Gipfel mit niedriger Birkenholzung bedeckt sind; auf dem ganzen nördlichen Abhange der Berge findet man die letztere meist sehr zusammenhängend ?). Weiter östlich, fast unter dem Me- ridian von Zagan olui (134° 53’), ziehen sich von Osten und Norden zwei Rücken bewaldeter Höhen hin, die sich im westlichsten Vorberge von Buko Chada schneiden, wo auch der östliche Arm aufhört. Geht man von diesem Knoten nach Süden, so breiten sich die kahlen Höhen, je weiter man kommt, mehr und mehr aus und bilden nahe an der Grenze die waldige flache Höhe Altangana, die so nach einem ihrer Hauptthäler benannt wird. Die oben erwähnten Berge, die bei Buko Chada endigen, bilden mit ihrer anfangs östlichen, dann nordöstlichen Richtung die Wasser- scheide zwischen den Zuflüssen des Onon und Argun; auf ihrem Nord- abhange entspringt der Flufs Gasimur. Auch die flache Höhe Altan- gana liegt zwischen zwei Systemen von Salzseen; die westlichen Becken haben ihren gröfsesten Repräsentanten in dem See Tarei Nor, und zu den östlichen gehört der Ubuduk, der Zagan Nor, der Chara Nor und viele andere. In dem Steppengebiet, das sich hier mehr und mehr ausgebreitet hat (von Zagan olui bis Abagaitui sind über 100 Werst), liegen die höchsten Punkte dieser Gegend. Nimmt man nach meiner barometrischen Bestimmung die Höhe von Zagan olui zu 2711 engl. Fufs an, so mufs man für den Gebirgsübergang bei Soktui noch 500 Fufs zugeben. Nur ein Thal, das gröfseste und breiteste von allen, die sich in den Grenzsteppen auf russischer Seite befinden, durch- 1) Zum Unterschiede von den drei Bächen Borsa, die sich in den Argun er- gielsen, wird diese Borsa die Oronische genannt. 2) Wald- oder Gesträuch- Vegetation findet sich in Daurien beständig nur auf dem nördlichen Abhange der Berge, und zwar aus zwei Ursachen. Erstens, weil die südlichen Abhänge viel trockener sind als die nördlichen, welche die Bodenfeuchtig- keit länger bewahren und dadurch der Vegetation zu Hilfe kommen, während auf der Südseite die Pflanzen im Sommer gröfsestentheils vertrocknen. Zweitens, weil auf dem Nordabhange die Frühlings-Steppenbrände eher erlöschen, als auf dem süd- lichen; denn auf dem erstern beseitigt die Sonne den Schnee viel allmählicher und später, während der letztere schon am Ende des Februar von Schnee frei ist und dann, schnell ausgetrocknet, den verheerenden Flammen der Steppenbrände bequemen Spielraum gewährt. In diesem Grenzgebiet ist nicht die Unfreundlichkeit des Win- ters, sondern einzig und allein die Trockenheit des Bodens und die Sommerhitze für die Wald- und Strauchvegetation von mafsgebendem Einflufs. Die dauro-mongolische Grenze in Transbaikalien. 195 schneidet das Plateau Altangana von Osten nach Westen und setzt auch noch. auf der westlichen Seite desselben weiter fort '). Dieses Thal des Baches Urulungui erstreckt sich 150 bis 170 Werst weit in der Richtung zum Argun und endigt dort bei dem Posten Nowo Zu- _ ruchaitui. Der Bach Urulungui fliefst in seinem untern Laufe langsam in einem gewundenen Bett, an dessen Rändern zum ersten Mal hin und wieder Gebüsche von Bachweiden getroffen werden, die Anzeichen einer üppigeren Vegetation, als sie sich in der Steppe findet. Das Land zwischen dem Urulungui, dem Argun und dem Plateau Altangana ver- liert weiter nach Süden mehr und mehr alle Vegetation; auf der Grenze bei Abagaitui, unter 49° 35’ N. Br., ist es so elend und wüst, dafs man es schon deshalb, abgesehen von den topographischen Verhält- nissen, als das äufserste nordöstliche Ende der Gobi betrachten kann, die bekanntlich bis zu den Seen Buir- und Dalai-Nor reicht. Längs des Ufers des Argun erstrecken sich inmitten von kahlen felsigen Wüsten breite, lichtgrüne, mit Schilf bestandene Niederungen, deren einförmige Gestalt und Vegetation endlich durch den Bach Uru- lungui bei Nowo Zuruchaitui unterbrochen werden. Weiter unterhalb der Mündung dieses Baches gewinnt das Thal des Argun schon einen andern Anblick; -der Flufs, der sich nach NO. wendet, verengert sich bedeutend und fliefst schneller. Hier zeigt sich auch der Tschernosem- Boden der Thäler mit seiner mannichfaltigen Flora, so dafs man den Urulungui nicht nur als die Grenzlinie der hohen daurischen Steppen, sondern auch als die scharf abgeschnittene natürliche Grenze der Ve- getation betrachten kann. ‚Nördlich vom Urulungui fängt das Gebiet der Erzlager des Ner- tschinsker Bergreviers an, das sich auch durch seine Vegetation voll- ständig unterscheidet; diese ist unterhalb, im Thale des Argun an den mannichfaltigsten Formen reich, vorzüglich üppig aber bei dem Orte Tschalbutschi. Hier zeigen sich auch zum ersten Mal die sonst in ganz - Sibirien nicht vorkommenden mongolischen Eichen, Corylus heterophylla und Betula dahurica. Endlich ist dieses Land auch bei einer ziemlich diehten Bevölkerung an vielen Stellen zum Getreidebau geeignet, aber — in Folge der zahlreichen, dasselbe durchschneidenden Gebirgszüge _ weniger zur Viehzucht qualificirt, als die offenen Steppen. - Wollen wir nun mit ein paar Worten die oben beschriebenen Gren- _ zen der hohen daurischen Steppe zeichnen, so sagen wir, dafs im Nor- den der an dem rechten Ufer des Onon sich hinziehende Fiehtenwald, ‚die in den Onon sich ergielsende Borsa und die Adontscholonischen Be !) Das Thal Urulungui fängt wahrscheinlich an der chinesischen Grenze an, E "westlich von dem Plateau Altangana. 13* 196 Radde: Berge, weiterhin die Höhen an den Quellen des Gasimur und Urulun- gui die Grenze bilden; im Südosten der Argun; im Süden endlich die im Jahre 1727 festgestellte chinesische Grenze. Der westliche Winkel der Steppe wird durch die Wälder eingeschlossen, die sich am rechten Ufer des Onon befinden. Dieser ganze Landstrich, der ein Areal von 380 Quadratmeilen umfafst, erreicht in seinen niedrigsten Punkten (Posten Kulussutajewsk am See Baryn Tarei) eine absolute Höhe von 2200 Fuls engl., und in seinen höchsten fast von 3000 Fufs. Zahlreiche Bergrücken, die übri- gens selten in gesondert stehende Berge gegliedert sind, durchschneiden ihn nach verschiedenen Richtungen und schliefsen zwischen sich breite Thalsenkungen mit salzhaltigem Boden ein, in denen oft Niederschläge von verdunstetem Glaubersalz und Soda, sehr selten dagegen Wasser- becken vorkommen. Wo die letztern vorhanden sind, erreichen sie niemals eine beträchtliche Tiefe, sie sind gröfsestentheils so klein und flach, dafs sie nach einem schneearmen Winter und in einem warmen Sommer ganz austrocknen und oft mehrere Jahre hindurch in diesem Zustande verbleiben. Das auffallendste Beispiel dafür bildet der grofse See Baryn Tarei, im Süden des Grenzpostens Kulussutajewsk, den Pal- las im Jahre 1772 ausgetrocknet fand; seit jener Zeit hatte er sich von Neuem mit Wasser gefüllt, das aber schon vor 5 Jahren wieder ganz verdunstet war, so dals jetzt nur noch der trockene salzgeschwän- gerte Schlammboden zu sehen ist, den die sengenden Strahlen der Sommersonne in breiten Rissen zerspalten haben. Mit Ausnahme eini- ger Bäche, die gewöhnlich nur im Frühling mit Schneewasser gefüllt sind und während der gröfseren Hälfte des Jahres ganz trocken lie- gen, findet man hier nur noch ein paar von Quellen genährte Sümpfe. Solche Sümpfe liegen oft in der Nähe von Salzseen, aber manchmal vertrocknen sie auch von selbst, ohne dafs sie einen Abflufs haben, während zur Winterzeit ihre sumpfigen Umgebungen in Folge des Drucks des von unten andrängenden Wassers mitsammt ihrer Eisdecke sich um einige Sashen heben. An solchen Stellen hält sich das Eis bis tief in den Sommer, und noch Ende Juni hatte ich Gelegenheit, auf dem Sülswassersumpf bei dem Posten Kulussutajewsk am Rande des Sees Tarei Eisschollen von 1 Fufs Dicke zu sehen, die wie mit einer Kappe mit einer Erdschicht bedeckt waren, welche üppiges Schilf trug. Bei solchem Wassermangel und bei der hohen Lage dieser Gegen- den ist es begreiflich, dafs auch die Atmosphäre hier aufserordentlich trocken sein mufs. Aufserdem liegt im Süden dieses Grenzstrichs eine ungeheure Wüste, und die von Norden kommenden Regenwolken wer- den von dem dichten Wald angezogen, folgen den Höhenzügen und Die dauro-mongolische Grenze in Transbaikalien. 197 entladen sich mit reichlichen Niederschlägen in den waldigen Revieren des Kreises Nertschinsk, während 10 bis 20 Werst südlicher in ganzen Monaten nicht ein Tropfen Regen oder Thau fällt. Beispiele dieser Ungleichmälsigkeit in der Vertheilung der atmosphärischen Nieder- schläge hatte ich Gelegenheit am Anfang und Ende des Monats Juni im Dorfe Zagan olui zu bemerken; damals traten in den Wäldern, die nur 7 Werst nördlich davon lagen, täglich um die Mittagszeit die stärk- sten Gewitter und Regengüsse ein, die meinen Excursionen fortwährend hinderlich waren; aber 5 Werst südlich von jenem Dorfe vertrocknete der Buchweizen, und in dem Grenz -Karaul Soktui (60 Werst südlicher), wie auch in Kljutschewsk und Tschindansk (50 Werst westlich ) war schon seit Mitte Mai gar kein Regen vorgekommen. Leider hat man bis jetzt noch keine Beobachtungen über den Feuchtigkeitsgrad der At- mosphäre und die Menge der Niederschläge auf dieser Hochebene, — Beobachtungen, die um so wichtiger sein würden, weil man aus ihnen und aus einer genauen Kenntnifs der chemischen Beschaffenheit des Bodens sichere Schlüsse auf die gröfsere oder geringere Qualification dieses Landstrichs zum Ackerbau ziehen könnte. Indefs wissen wir, dafs hier schon von alten Zeiten und auch jetzt noch fast ganz frucht- lose Versuche im Anbau von Üerealien gemacht werden. Aber aller Wahrscheinlichkeit nach zeigt sich nirgends auf den ausgedehnten und so weit sich hinziehenden Gebieten Rufslands unter dieser Breite eine solche Vereinigung ungünstiger Bedingungen für den Ackerbau, wie in den Grenzsteppen Dauriens, und es ist sehr zweifelhaft, dafs hier selbst bei gröfserer Anstrengung und der Anwendung der besten Wirthschafts- Methoden sichere, wenn auch nur mittelmäfsige Ernten erzielt werden können. Wenn schon auf der einen Seite der Mangel an Regen, die schneelosen Winter, die hohe Lage und die durch sie bedingten frühen 'Herbstfröste für den Ackerbau ein Hindernifs bilden, so bietet noch ‚auf der andern Seite die Beschaffenheit des Bodens selbst grofse Schwierigkeiten dar, die nur eine dichte chinesische Bevölkerung und chinesischer Fleifs überwinden könnten. Der Boden selbst ist in diesen Gegenden doppelter Art: ein grofser "Theil der Steppen und besonders alle Gebirgsketten sind mit Jaspis- _ und Chalcedon-Kieseln besäet, die tief in den festen thonigen Sand ‚eingebettet sind und auch die oberste Erdschicht bilden, welche auch _ nicht eine Spur von Ackererde zeigt, sondern im Gegentheil in allen Vertiefungen sogar mit Salz geschwängert und kaum für das Gedeihen “von Chenopodeen und einigen andern Salzpflanzen geeignet ist. Gleich- _ zeitig begünstigt aber auch das Klima nicht das Fortkommen irgend M welcher Gewächse. Die unfreundlichen, schneearmen Winter hindern _ den Anbau von Wintergetreide, und die frühen Herbstfröste schaden 198 Radde: gewöhnlich den Früchten und vereiteln die Bearbeitung der Bräache Deshalb säet man hier überall nur Roggen und Buchweizen; aber auch diese gehen bei dem Regenmangel im Mai und Juni grofsentheils zu Grunde, wie sie denn auch bei ihrem weitläuftigen Aufgehen und ihrem schwachen Wachsthum — nicht höher als 1 Fuls — der Wurzel im. Sommer keinen Schatten gewähren können. Als seltene Ausnahme folgt auf eine Reihe trockener Jahre zuweilen ein schneereicher Win- ter, der, obwol er dem Feldbau günstig ist, doch durch seine lange Dauer sehr den Heerden schadet, die in diesem Falle aus Mangel an Futter oft ganz zu Grunde gehen. Unter gewöhnlichen klimatischen Verhältnissen ist der Mangel an Schnee das Haupthindernifs für ihre glückliche Ueberwinterung, weil die Thiere bei dem Zufrieren der we- nigen Sülswasserquellen weit mehr von Durst als von Kälte leiden und zum Theil schon in der ersten Hälfte des December so abmagern, dafs sie selbst bei reichlichem Futter die zweite Hälfte des Monats nicht mehr überleben. 2. Bemerkungen über den Grenzdistriet Transbaikaliens in landwirthschaftlicher Beziehung '). Die Eröffnung der Schifffahrt und des Handelsverkehrs auf dem Amur hat den angrenzenden Landschaften und namentlich auch dem Gebiete, von welchem hier die Rede ist, eine Bedeutung verliehen, dafs es nicht unangemessen erscheint, diejenigen Verhältnisse, welche für die materiellen Interessen Ostsibiriens in Zukunft von einiger Bedeu- tung. werden können, und die Mafsregeln, welche zur Entwickelung der physischen Hilfsquellen beitragen könnten, in Kürze zu besprechen. Obgleich sich die folgenden Bemerkungen eigentlich nur auf diejenigen Theile Dauriens beziehen, die ich im Jahre 1856 besucht habe, sind sie doch auch auf viele andere Gegenden, namentlich auf den Süden Ostsibiriens anwendbar. Ich behandle hier zunächst nur die beiden untersten Vegetationszonen Dauriens ?). Beide sind in Bezug auf Boden- !) Dieser von Radde sehr ausführlich behandelte Abschnitt ist im Folgenden nicht vollständig übersetzt, sondern nur im Auszuge mitgetheilt. 2) Radde bezieht sich hier auf eine Stelle seines noch nicht publicirten Berichts über die Besteigung des Ssochondo — so schreibt er nach tungusischer Aussprache; russisch Tschokondo, — .in welcher er sechs Vegetationszonen unterscheidet: 1) die Region des humuslosen Thalbodens, die nach Bodenbeschaffenheit und Flora die meiste Aehnlichkeit mit den daurischen Hochsteppen zeigt und sich nicht höher als 3500 Fufs engl. erhebt; 2) die subalpine Region, die bis 4500 Fufs ansteigt; 3) die Re- gion der Moossümpfe und. Vaceinien, deren Grenze in 5217 Fufs. Höhe liegt; 4) die Region der baumartigen Zirbelfichte, die bis 6700 Fufs reicht; 5) die Region der strauchartigen Zirbelfichte, am Fufse des Ssochondo selbst; und 6) die alpine Re- gion bis 8259 Fuls Höhe. Die dauro-mongolische Grenze in Transbaikalien. 199 beschaffenheit und Flora, und demgemäfs auch in landwirthschaftlicher Hinsicht wesentlich von einander verschieden. Die unterste Region und alle Steppengegenden sind nur zur Viehzucht geeignet, die subalpine Region hingegen scheint ausschliefslich zum Ackerbau bestimmt. Was noch höher liegt, kann jetzt und auch in der nächsten Zukunft noch unbebaut bleiben; es kann Bauholz darbieten und den: Tungusen als Jagdrevier dienen. An die Austrocknung und Urbarmachung der Moos- sümpfe werden auch kommende Generationen schwerlich denken, bei dem gegenwärtigen Verhältnifs der Population zum Areal können diese Sümpfe ganz aufser Betracht bleiben. 1. Viehzucht. Die daurischen Hochsteppen, wie die nicht von Tschernosem bedeckten Gebirgsthäler (von 2000 Fufs bis höchstens 3500 Fufs) sind in vielen Beziehungen zur Viehzucht geeignet, in an- deren bieten sie wieder Schwierigkeiten dar, die indefs durch ein ratio- nelles Verfahren und durch Sorgfalt beseitigt werden können. Diese Schwierigkeiten liegen vorzugsweise im Wassermangel während des Sommers und im Mangel an Schnee und in den Stürmen des Winters. ‘Was den Futtervorrath betrifft, so ist er in feuchten Jahren überreich- lich vorhanden, nicht etwa deshalb, weil die Vegetation der Steppen sehr üppig ist, sondern weil die Gröfse der Heerden, wenn sie auch an und für sich beträchtlich ist, doch im Verhältnifs zu dem colossalen Areal der daurischen Steppen (18,600 Quadrat-Werst oder 380 Qua- drat-Meilen) nur als unbedeutend erscheint. Die wohlhabendsten Ein- wohner in den Grenzkaraulen besitzen selten mehr als 1000 Pferde, 6—800 Stück Rindvieh und 3000 Schafe; in den zur Viehzucht am wenigsten geeigneten Posten hat der Reichste sogar nur 50 Pferde, ‚eben so viel Stück Rindvieh und etwa 500 Schafe. Im Ganzen kann man den Viehbestand auf dem Gesammt- Areal (1,940,000 Dessjatinen) ‚mit Einschlufs der Heerden der freien Burjaten am untern Laufe des ‚Flusses Onon Borsa, auf etwa 24,000 Pferde, 15,000 Stück Rindvieh ‚und 75,000 Schafe veranschlagen.' . Betrachten wir diese Ziffern einzeln, so erscheint zunächst die Zahl ‚der Schafe auffallend gering, sowol im Verhältnifs zur Bodenfläche, wie im Verhältnifs zur Zahl der Rinder und Pferde. Dieser Umstand hat darin seinen Grund, dafs der Verbrauch der Rohproduete, welche ‚die Schafzucht gewährt, hier sehr unbeträchtlich ist und dafs auch kleine Heerden dem Bedürfnis genügen. Der Handel mit Wolle ist ganz unerheblich; Fett und Fleisch werden nur im Hause verbraucht, und gegerbte Felle von alten Thieren sind selbst für diese sehr dünne Be- ra in so wenig ausreichender Menge vorhanden, dafs man sie im Tauschhandel mit den Mongolen zu suchen genöthigt ist. Das ein- zige Product der hiesigen Schafzucht, das in den chinesischen Handel 200 Radde: kommt, sind Lämmerfelle, und auch diese sind während der letzten Jahre sehr im Preise gefallen. Den Fabriken, die nur grobes Soldaten- tuch verfertigen, genügt das Wollquantum, das am Baikal und im Kreise Selenginsk erzeugt wird. In den Grenzsteppen selbst ist die Bearbei- tung der Wolle aufserordentlich roh. Man verfertigt aus ihr in jedem Haushalt und in jeder Jurte hauptsächlich die Filzdecken, deren man benöthigt ist, und eine ganz unbeträchtliche Menge wird zu Garn ver- sponnen, aus dem man ein schlechtes, loses Tuch webt. Eine regel- mäfsige jährliche Einnahme hat die Wolle also bisher hier nicht ge- währt, und Ausnahmen davon sind so selten, dafs sie bei einem all- gemeinen Urtheil nicht in Betracht kommen. Noch weniger Rühnli- ches läfst sich über die Art und Weise sagen, wie man das Fett benutzt; man fabrieirt keine Seife, die Kaufleute bringen vielmehr eine ganz schlechte Waare hierher und verkaufen sie für schweres Geld; und die Lichte werden so jämmerlich bereitet, dafs es unmöglich ist bei ihnen zu arbeiten. An einen Verkauf des Fettes ist nicht zu denken. Alles dieses mufs ganz anders werden, sobald mit der Eröffnung des Handels auf dem Amur Nachfrage nach Ausfuhrgegenständen ent- steht. Jetzt kümmert sich der gröfseste Theil der hiesigen Bevölkerung um die Schafschur gar nicht; gewöhnlich läfst man die Wolle so lange auf den Schafen, bis sie von selbst auszufallen anfängt und das Fell schon mit dem jungen Flaum bedeckt ist; dann wird — Ende Juni — der Rest des Vliefses mit den Händen ausgerupft. Kaum die reich- sten Kosaken veranstalten einmal im Jahre eine Schafschur mit Scheeren. Die Zahl der Schafe kann sich auf den russisch-daurischen Hoch- steppen unter günstigen Verhältnissen um das 25fache des gegenwär- tigen vermehren; sicher würde es auch dann an Futter nicht fehlen, denn nach den Erfahrungen am Schwarzen und Asowschen Meer zu schliefsen, wo in den besten Wirthschaften ein Schaf auf die Defsja- tine kommt, können auf der Grenze Dauriens und der Mongolei 2 Mil- lionen Schafe ernährt werden. Ist auf dem Amur erst ein Handels- verkehr begründet, so wird auch der Absatz der Rohproducte auf keine Schwierigkeit stolsen; wenn die französischen und englischen Fabriken ihre Wolle aus Neu-Holland und vom Cap der Guten Hoffnung be- ziehen, so wird dieses Product, bei den geringen Kosten des Wassertrans- ports, von Daurien auch den nordamerikanischen Werkstätten zugeführt werden können. Die Natur der hohen Grenzsteppen bietet der Schaf- zucht in mancher Hinsicht sogar günstigere Bedingungen, als die Ebenen Süd-Rufslands. Ein rauhes Klima wirkt allerdings als ein Hauptübel- stand, namentlich zur Zeit des Lammens, aber man darf annehmen, dafs der Mensch durch Anstrengungen und Fürsorge den Wirkungen Die dauro-mongolische Grenze in Transbaikalien. 201 desselben vorbeugen kann. Zu den günstigen Naturbedingungen des hier geschilderten Gebiets gehört der Reichthum des Bodens an Sal- zen, die den Schafen bekanntlich sehr zuträglich sind, und zweitens die Abwesenheit solcher Pflanzen, die entweder den Thieren selbst oder der Wolle schaden. Von der in den pontischen Steppen so sehr gefürchteten Stipa kommen hier nur St. sibirica und St. capillata Linn. vor, das eigentliche Pfriemkraut aber, die $t. pennata findet sich gar nicht, und — was noch wichtiger ist — ebensowenig Medicago minima, deren Schoten der Wolle der Schafe im südlichen Rufsland so nach- theilig sind. Zu den ungünstigen Bedingungen gehören die Schnee- treiben, der Wassermangel, und zu Zeiten schneereiche Winter; aber man mufs sich daran erinnern, dafs diese Uebelstande allen Steppen- gegenden gemeinsam sind und dafs nichts destoweniger die Schafzucht auf den Ebenen am Schwarzen Meer überall von grofsem Erfolge be- gleitet gewesen ist, wo sich aufmerksame Landwirthe bemüht haben, den schädlichen Einwirkungen der Natur vorzubeugen. Folgt man dem löblichen Beispiel der pontischen Schafzüchter, so wird man unzweifel- haft in den daurischen Steppen wenn nicht bessere, so doch gleiche Resultate erzielen. Allerdings darf man die Heerden nicht aufsichts- los dem sorglosen Mongolen anvertrauen, der sich damit begnügt, sie durch einen Zaun gegen Schneetreiben zu schützen. Auch in Süd- rufsland verdankt die Viehzucht ihr Gedeihen hauptsächlich der Errich- tung guter Ställe, und an Bauholz fehlt es in Daurien nicht. Die Men- _ noniten an der Molotschna sind weiter von Wäldern entfernt, als die Bewohner der dauriscken Hochsteppen, in deren Gesichtskreis die schö- nen Wälder im Norden liegen, wenn man etwa von dem südlichen "Winkel Dauriens bei Abagaitu absieht, wo das Holz aus gröfserer Ferne herbeigeschafft werden müfste; dennoch haben jene deutschen Colonisten durch beharrliche Anstrengung, Sparsamkeit und conse- quente Verfolgung des vorgesteckten Zieles in einem Zeitraum von ‘60 Jahren Resultate erzielt, die jeden Beobachter in Erstaunen setzen. Die gemeinen daurischen Schafe sind gröfser als die russischen ‚und gehören zur kurdischen Race. Sie sind entweder bunt, oder schwarz, sehr selten rein weils. Bei den Mongolen sind dagegen schwarze Schaafe sehr selten und deshalb findet man auch auf der chinesischen Seite _ nur weilse Filzjurten. Die Wolle ist grob und nicht sehr gekräuselt. Vor einigen Jahren machte eine Petersburger Compagnie einen Ver- ‚such mit der Zucht von Merinos, stand aber bald davon ab, da die Zucht feinwolliger Schaafe den localen Verhältnissen nicht angemessen ‚ und die theuern Schaafe gingen in Privathände über. Dieses Schei- tern des ersten Versuchs hat die Lust zu ähnlichen Unternehmungen natürlich unterdrückt, obgleich die Heerde des Kaufmanns Istomin, der 202 Radde: ein paar hundert von jenen edeln Schafen gekauft und für sie einen deutschen Schäfer verschrieben hat, den Beweis liefert, dafs die phy- sischen Verhältnisse für die Zucht spanischer Schaafe kein Hindernifs bilden. Allerdings erhielt er von der Wolle für jedes Schaf nur einen Ertrag von 50 Kop. Silber; dieses liegt aber lediglich daran, dafs er sie an Fabriken verkaufen mufs, die zur Fabrikation feiner Tuche nicht eingerichtet sind und deshalb für feine Wolle keinen angemessenen Preis zahlen können. Doch ist auch ein so geringer Ertrag nicht zu verachten, wenn man bedenkt, dafs jetzt von der Wolle der daurischen Schafe kein anderer Nutzen als der für den nothdürftigsten häuslichen Verbrauch erzielt wird. Die Rindvieh- und Pferdezucht können vorläufig auf ihrer gegen- wärtigen Stufe verbleiben. Allerdings wird mit der Zeit auch vermehrte Nachfrage namentlich nach starkem Rindvieh eintreten, aber bei der jetzigen dünnen Bevölkerung dürfte es unmöglich sein, für gröflsere Heerden die erforderlichen Wintervorräthe an Heu bereit zu halten, und überdiefs hat die Erfahrung gelehrt, dafs, sobald nach einer Reihe von milden Wintern ein strenger eintritt, der grölseste Theil der Heer- den zu Grunde geht. Nichtsdestoweniger ist schon seit langer Zeit ein Handel mit trockenen Häuten eröffnet, die nach Kjachta und nach der Grenze gehen und das Stück mit einem Silberrubel bezahlt wer- den. Fleisch wird von den Kosaken-Karaulen nicht verkauft; Irkutsk versorgt sich mit diesem Artikel aus den Distrieten südlich vom Bai- kal und namentlich aus der Nähe von Selenginsk, und die Kosaken selbst leben hauptsächlich von Fleisch, so dafs sie ihre Vorräthe selbst verbrauchen. Die Milch wird nur in ganz geringem Umfange zu Butter und Käse verwendet. Selbst die reichsten Heerdenbesitzer schieben nur selten einen elenden Quark zum Trocknen in den Ofen, und frische, reinlich zubereitete Butter trifft man bei den Kosaken fast nie. Gleich- wohl wird in Irkutsk schlechte russische Butter mit 5# bis 6 Silber- rubel das Pud bezahlt; ein Pfund frische Sahnenbutter kostet 30 bis 35 Kopeken, und ein bei Petrowskoi Sawod im J. 1856 bereiteter vor- trefflicher Käse, der nur den Fehler hatte, dafs er zu weich war und deshalb schnell verdarb, wurde aus erster Hand zu 50 Kopeken das Pfund verkauft. An Gelegenheit zu vortheilhaftem Absatz fehlt es also nicht. Besonders wünschenswerth wäre die Käse-Fabrikation in den Bergdistrieten, in welchen die hohe Lage und die durch sie bedingte subalpine Vegetation der Milch eine vorzügliche Beschaffenheit ver- leiht. Aber auch in dieser Beziehung steht der altgewohnte Schlen- drian jeder Verbesserung entgegen; stets hört man auf praktische Rath- schläge den indolenten Einwand: „Das verstehen wir nicht!“ oder: Die dauro-mongolische Grenze in Transbaikalien. 203 „Das ist Nichts für uns; so haben unsere Väter gelebt und so wollen wir auch leben!“ Das Kameel ist in den Grenzsteppen ziemlich häufig, aber nur bei den Burjaten. Es ist schwächlicher wie in Südrufsland. Auf die- sem hochgelegenem Gebiet lebt es ebenso wie auf den pontischen Step- pen im Winter und Sommer unter freiem Himmel; dafs es hier schwäch- licher ist, hat hauptsächlich seinen Grund in der Rauhigkeit des Klimas. Den Mongolen und Burjaten dient es als Lasttbier, auf dem sie bei ihren Wanderungen ihre Jurten transportiren. Da ich von der Viehzucht spreche, mufs ich noch einen Punkt berühren, der zwar jetzt noch ohne Bedeutung ist, in Zukunft aber von Wichtigkeit werden könnte; ich meine das Vorkommen von Futter- kräutern. Von einem Anbau derselben in gröfserem Umfange kann natürlich bei der Trockenheit der Atmosphäre, dem Mangel an Regen, ‚dem steinigen humuslosen Boden dieser Grenzsteppen nicht die Rede sein. Aber die Natur giebt hier dem Menschen grofse Wiesen von Elymus; das Emporwachsen junger Schöfslinge aus den Kriechwurzeln des E. pseudo-agropyrum weist auf die natürliche Art der den Steppen des unfruchtbaren Grenzdistriets eigenen Vermehrung der Vegetation hin. Die Elymus-Arten der hohen Steppen könnten nach den Uferdünen der europäischen Meere verpflanzt werden, wo sich schon ein Reprä- sentant derselben, E. arenarius, vorfindet, und dazu dienen, den Flug- sand zu binden. Bei der Armuth Transbaikaliens an Kleearten kann die überall, wo es an Feuchtigkeit und an Tschernosem nicht fehlt, ‚kräftig wachsende sibirische Esparsette, Hedysarum sibiricum, ein vor- zügliches Futter darbieten, namentlich so lange sie jung ist. Pferde "und Rinder lieben diese Pflanze sehr, da sie, bis sie Schoten ansetzt, zart bleibt; deshalb ist sie auch als Weidefutter eben so gut wie zum Heu. Zum Heu kann man sie jedoch nicht öfter als zweimal im Sommer schneiden, da die frühen kalten Nächte, die schon Ende August _ eintreten, dem zweiten Grummet schaden mülsten. Trifolium lupiniaster L., von 1 Fufs Höhe, ist viel holziger, hauptsächlich in den untern _ "Theilen, und taugt deshalb zum Gebrauch nicht. Auch die in der sub- ‚alpinen Zone oft vorkommenden Arten Phaca können künftig als Futter- "Kraut benutzt werden, und es wäre zu wünschen, dafs man diese Pflanze in den niedrigen Ebenen Südrufslands zu acelimatisiren und in den dortigen Feldbau einzuführen suchte. %. Ackerbau. In Folge der Bodenbeschaffenheit Dauriens be- schränkt sich ein vortheilhafter Ackerbau, wie schon oben bemerkt, auf _ das Gebiet der subalpinen Zone. Oberhalb und unterhalb dieses Gür- tels 'werden alle Versuche mit Getreidebau resultatlos sein. Wenig- _ 'stens werden auf dem Gebiet zwischen dem an der Grenze gelegenen 204 Radde: Kulussutajewsk und Nowo Zuruchaitui, wie am Onon zwischen Aginsk und den Grenzsteppen nur die dürftigsten Ernten erzielt werden können. Als zum Ackerbau geeignet kann man nur das Gebiet von Mogoitui ab längs des Onon aufwärts und von dem alten Fort Tschindansk stromabwärts betrachten; ferner können hierzu auch alle Landstriche gerechnet werden, die am Argun unterhalb Nowo Zuruchaitui liegen. Die Kosaken der Grenzkaraule auf den waldleeren und wasser- armen Hochsteppen müssen auf Befehl der Regierung alljährlich den Acker bestellen, aber alle ihre Bemühungen haben so wenig Er- folg, dafs sie doch genöthigt sind, das zu ihrem Lebensunterhalt noth- wendige Getreide in Kuralginsk, Mogoitui und Akschinsk einzu- tauschen, wo sie in guten Jahren für ein Pud Salz 2 bis 24 Pud Korn erhalten. Im Herbst 1856 kostete das Pud Roggen 10 Kopeken S.; aber es sind auch Nothjahre eingetreten, in welchen das Ge- treide den unerhörten Preis von 5 Rub. Assignaten erreichte. Bei solchem unvorhergesehenen Ereignissen gerathen die ärmsten Ansied- ler, die selbst in guten Jahren kaum ihren dringendsten Bedürf- nissen genügen können, in die äufserste Noth; und jetzt hat man, um solchen Unglück abzuhelfen, öffentliche Getreidemagazine angelegt. Die Regierung hat allen Bewohnern der Grenz-Karaule vorgeschrieben, sich mit dem Ackerbau zu beschäftigen, aber es würde billig sein, zu Gunsten der Bewohner der ärmeren Steppengegenden einige Nachsicht zu zeigen; hier begünstigen Boden und Klima den Ackerbau durch- aus nicht. Ueber die Ursachen dieser Unfruchtbarkeit habe ich schon oben gesprochen, hier bleiben mir nur noch ein paar Worte über diejenigen Gegenden übrig, in denen eine erfolgreiche Arbeit des Landwirths möglich ist. Bodenbeschaffenheit und Regenmenge begünstigen in der subalpinen Zone das Gedeihen wildwachsender Pflanzen wie der Küchen- gewächse und Cerealien; aber auch hier zeigen sich manche Uebel- stände, deren Beseitigung nicht in der Macht des Menschen liegt. Dem Reifen des Obstes und Getreides schaden nicht selten die frühen Nacht- fröste, von denen selbst in den wärmern Gegenden an der Selenga die Erndten oft leiden. Ferner werden die Saaten zuweilen von Hagel und heftigen Regengüssen vernichtet. Das traurigste Beispiel sah ich am 26. Juli 1856 (a. St.) in dem Grenzkaraul Altansk. Der Hagel, der nicht länger als 9 bis 10 Minuten anhielt, verwandelte in dieser kurzen Zeit die Sommerlandschaft in eine ganz kahle winterliche Ge- gend. Der Hagelstrich, der direct von W. nach O. ging, war 70 bis 80 Sashen breit; nur 30 Defsjatinen bestellte Felder, die aufserhalb der Linie des Hagels lagen, blieben unversehrt; 120 bis 130 wurden vollständig verwüstet. Die Spuren dieses Hagelsturms, der sich im Die dauro-mongolische Grenze in Transbaikalien. 205 Westen des Tschokondo erhob, liefsen sich bis in weite Ferne verfol- gen; die russischen Grenzen verliefs der Hagelstrich westlich von Al- tansk. Die Wälder, durch die er gegangen war, waren vollständig ihrer Blätter beraubt, selbst die harten Nadeln der Coniferen hatten den Hagelschlag nicht aushalten können, die Gipfel der Balsampappeln waren ihrer Rinde beraubt; sogar die biegsamen Weidenzweige lagen zerknickt am Boden. Die Hagelkörner waren von der Gröfse einer Haselnufs, zuweilen von der eines Taubenei’s. Auch der Taback und der Kohl ging zu Grunde; in dem breiten Thal von Altansk wa- ren die Kartoffeln und selbst das Gras niedergeschlagen. Ein zweiter Uebelstand, dem übrigens abgeholfen werden kann, liegt darin, dafs die Kosaken durch ihre Dienstpflichten behindert wer- den, im Frühjahr die Felder rechtzeitig zu bestellen. Ihre Jahres-Ma- neouvres, die bei Zuruchaitui abgehalten werden, dauern gewöhnlich vom 15 Mai bis 15 Juni, so dafs die Hirse-Aussaat in Zagan olui und Abagaitui erst nach dem 15. Juni stattfindet. Dann folgt die wichtige Zeit der Heuerndte, die bei dem Mangel an Arbeitskräften nicht selten bis zum 10. Sept. dauert, und dann erst können sie an die Bestellung der Brache gehen, deren Beendigung gewöhnlich durch den eintreten- den Frost verhindert wird. Durchschnittlich liefert die Getreideernte auf besserem Boden das siebente bis achte Korn. Buchweizen, die ergiebigste von den hier an- gebauten Feldfrüchten, giebt einen fünfzehn- bis zwanzigfachen, und an geschützten Stellen auf lockerem Boden (z. B. bei Kuralginsk) in guten Jahren sogar einen fünfundzwanzigfachen Ertrag. Im Jahre 1856 verdorrte der Buchweizen im Kreise Tarei vollständig; dasselbe war auch mit dem Getreide der Fall; nur ein Landwirth erndtete in Ku- lussutajewsk etwas Sommerweizen. Dem Obstbau sind die der Regel nach schneelosen und rauhen Winter schädlich, und der Fruchtertrag fällt je nach den Localitäten sehr verschieden aus. Arbusen und Me- lonen reifen z. B. in Tarei nicht, ungeachtet der drückenden Sommer- hitze, während beide im Thale des Onon und namentlich bei dem alten Fort Tschindansk eine vorzügliche Beschaffenheit erreichen. Ebenso gedeihen die Gurken im Thale des Argun und Onon bei Weitem am _ Besten; weiterhin, bei Nertschinskoi Sawod, das nur 12 Werst vom ‚Ufer des Argun entfernt ist, sind sie schon von geringer Qualität. Auch _ die wildwachsenden Pflanzen liefern mehrere Beweise dafür, dafs die "Beschaffenheit der Atmosphäre in den Thälern des Argun und Onon _ dem Reifen der Früchte günstiger ist; so kommen Iris ruthenica und diehotoma, wie auch mehrere Lilienarten, auf den trockenen Hoch- _ steppen gewöhnlich nicht zur Reife, während sie am Argun reichlichen KR "Samen geben. Der Hauptgrund dieser Erscheinung liegt wahrschein- 206 Radde: lich darin, dafs die Luft in den Flufsthälern feuchter ist als auf den wasserarmen Steppen. An andern Punkten wird die hohe Lage dem Anbau von Küchengewächsen und Feldfrüchten hinderlich. So liegen die Sommerfelder des Grenzkarauls Bukunun erst da, wo das gleich- namige Thal sich auf der russischen Grenze merklich erweitert und die subalpine Zone allmählich in die des humuslosen Steppenbodens übergeht. Um zu zeigen, in welchem Grade sich in dieser Höhe (3600 Fufs) das Blühen und Reifen der Früchte verspätet, will ich nur fol- gende Angaben anführen. Am 5. Juli (alt. Styls) hatte die Erdbeere (Fragaria vesca) erst wenig Früchte; am 10ten fingen die Kartofieln an zu blühen; am 18ten hatte die schwarze Johannisbeere (Ribes ni- grum) einige reife Früchte; am 20sten fing erst die Heuernte an, es zeigten sich an den Brombeeren (Rubus areticus) und an den Gurken die ersten Blüthen, und die Kartoffeln hatten erst die Grölse einer Hasel- nufs erreicht. Im letzten Drittel des August fängt hier gewöhnlich die Getreideernte an; Buchweizen säet man hier gar nicht. Eben so kläglich, wie mit der Bearbeitung der Wolle, ist es mit der Behandlung des Getreides bestellt. Von Nertschinskoi Sawod bis Bukunun, d. h. auf einer Strecke von 780 Werst, giebt es nicht eine ordentliche Mühle. Windmühlen trifft man in Sibirien schon jenseits der Barabinzensteppe nicht mehr, wo sie nach tatarischer Weise auf hohen Balkengerüsten erbaut sind. Nur in Akschinsk hat vor drei Jahren der oben erwähnte Kaufmann Istomin eine Mühle mit zwei Gängen errichtet, um die Amur-Expedition mit Grütze und Mehl zu versehen. Bei den Kleinrussen, die an der obern Ingoda angesiedelt sind, hat man die in den Grenzorten allgemein gebräuchlichen Hand- mühlen mit ziemlich guten Wassermühlen vertauscht; aber ein grofser Theil der Kosaken mahlt das Getreide noch auf eine zwar sehr ein- fache, aber auch sehr zeitraubende Weise. Der ganze Apparat besteht nur aus zwei Steinen, von denen der untere festliegt, der obere von Menschenhand um eine perpendiculäre Achse gedreht wird. Auf solche Weise wird für das Mahlen natürlich eine Zeit verschwendet, die vor- theilhafter anderen Beschäftigungen gewidmet werden könnte. In vielen Häusern sind die Morgen- und Abendstunden ausschliefslich zum Mah- len bestimmt; erst spät Nachts, wenn Alles schon schläft, öffnet sich die Luke des Souterrains und die mit Mehlstaub bedeckte Wirthin steigt mit einem Korbe voll Mehl herauf, aber schon am frühen Morgen wird man wieder durch das Knarren der Handmühle gestört. Doch zeigen sich in dieser Hinsicht schon jetzt einige Fortschritte. An manchen wasserreichen Bächen hat man eine sogenannte Mutowka errichtet, eine einfache Mühle, die durch ein horizontales, vom Bach in Bewegung ge- setztes Schaufelrad getrieben wird. Man kann sie in ein paar Stunden Die dauro-mongolische Grenze in Transbaikalien. 207 aufstellen und braucht zu der höchst einfachen Einrichtung nicht ein einziges Stückchen Eisen. Eisen und eiserne Geräthschaften sind hier überhaupt so selten, dafs man kaum begreift, wie die Bewohner bei _ solchem Mangel auch nur ihre gegenwärtigen Bauten ausführen können. Es kommt vor, dafs man bei reichen Kosaken in einem einzigen Zim- mer vier grolse Spiegel, jeder an 600 Rub. Assign. werth, erblickt; dennoch findet man in einer solchen Wirthschaft oft nicht einen Na- gel, und wenn der Herr seine Leute in den Wald nach Holz schickt, muls er erst seinen Nachbar um eine Axt bitten. In Kulussutajewsk werden jährlich höchstens 3 bis 4 Pud Eisen verschmiedet. Nament- lich herrscht an Schneide-Instrumenten ein solcher Mangel, dafs man oft die allernothwendigsten Geräthschaften nicht findet. Die Axt mufs Alles ersetzen. Es ist begreiflich, in welchem Grade dieser Uebelstand jedem materiellen Fortschritt hinderlich ist: die Gröfse des Eisenver- brauchs kann gegenwärtig als ein ziemlich zuverlässiger Mafsstab für den Culturgrad betrachtet werden. IX. Barometer-Beobachtungen in Mendoza. Von H. Burmeister. Durch einen unglücklichen Zufall bin ich des Barometers nunmehr _ gänzlich beraubt worden, welches ich behufs täglich anzustellender Be- obachtungen mit mir auf die Reise genommen hatte, aber schon bald _ nach meiner Ankunft in Montevideo schadhaft werden sah. Am ge- _ nannten Orte beobachtete ich nur 5 Tage, vom 10. bis 14. December 1857, und fand während derselben ein fortdauerndes Fallen des Queck- ‚silbers von 338,0 Par. Linien, dem höchsten Stande am Morgen des 410. December, bis auf 334,1 Par. Linien, welcher Stand während der _ Nacht des 13. December 12 Uhr eintrat und bis Mittag des folgenden Tages, wo ich das Instrument wieder einpacken mufste, anhielt. Nur ‚einmal stieg dasselbe während dieser fünf Tage von 336,3 auf 336,5, n der Nacht vom 11. bis zum 12., fiel dann bis zum folgenden Abend uf 335,0 und stand am andern Morgen 334,9. Im Laufe desselben Tages hob es sich wieder etwas, stand um 2 Uhr Nachmittags aber- mals 335,0 P. L. und fiel dann wieder bis zur Nacht auf 334,1, wel- chen Stand das Instrument bis Mittags 12 Uhr am 14. December bei- Das Thermometer stand während dieser fünf Tage weder sehr 208 H. Burmeister: hoch, noch besonders tief; es hatte bei Sonnenaufgang 16° Reaumur, hob sich dann bis Mittag auf 23° bis 24" R., fiel bis zum Abend um 7 Uhr nur sehr wenig, kaum 1°, dann aber merklicher, und stand mit- unter noch um 10 Uhr auf 20°. Heftige Winde hatten während die- ser fünf Tage nicht Statt, wohl aber starker Regenfall und mehrmals Gewitter. Folgende Zusammenstellung bestätigt diese Angaben ge- nauer und übersichtlicher: Tag Stunde en Barometer| Wind und Wetter meter 40. December] 6 Uhr Morg. 16° 338,0 | Trübe, regnicht bis zumMittag; 10 - - 20 338,0 Wind NO. 12 - Mittags] 22 338,0 3 - Nachm.] 23 337,0 6 - Abends|l 22,7 336,1 Himmel wolkenfrei, Wind SW. 10 20 336,3 411. December] 6 Uhr Morg, 20,4 336,7 Trüber bedeckter Himmel, Wind NW. 10 - - _ 336,6 2 - Mittags] 24 336,5 | Heller Sonnenschein. 7 - Abendsj 20 336,3 Dicht bewölkt, ruhig. 10 - - 19 — 12. December| 6 Uhr Morg. 19,2 336,5 | Heller Sonnenschein, flauer 10 - - 21 336,3 Nordwind. 12 - Mittags] 22,5 336,0 7 - Abends] 23,8 335,0 Dicke, trübe Luft; windstill. 10 - - 20,2 335,0 13. December] 6 Uhr Morg. 18,2 334,9 Viel Gewölk, starker Wind aus NNW. Tata - 18,5 _— Es steigen im O. Gewitterwol- ken auf. 2 - Mittags] 24,1 335,0 | Ruhige Luft. 7 - Abends] 22 334,0 | Gewittersturm mit Regen, 4 Stunde. 12 - Nachts] 17 334,1 Bewölkt, mäfsiger Wind. 14. December] 6 Uhr Morg. 19 334,1 Trüber Himmel, kein Wind. 10 - - 20 — 42 - Mittagsl 21 334,1 Matter Sonnenschein. Bei dem Transport des Instruments, der während meiner Reise durch die Pampas in einem zweiräderigen Karren ohne Federn ge- schah, drang Luft in die Glasröhre durch den schadhaft gewordenen elastischen Verschlufs, und als ich dasselbe in Mendoza aufstellen wollte, fand ich zu meinem nicht geringen Verdruls grolse Luftmassen zwi- schen dem Quecksilber. Die nähere Untersuchung ergab, dafs der in- nere, wie es mir schien aus Aalbaut bestehende Beutel zerrissen war und die Luft dadurch einen Eingang in das Instrument gefunden hatte; meinen Beobachtungen schien damit ein Ziel gesteckt, ich konnte vor der Hand nicht daran denken, sie wieder aufzunehmen, weil es in Men- doza nicht möglich war, eine Wiederherstellung des Schadens zu be- Barometer-Beobachtungen in Mendoza, 209 wirken. So blieb das Instrument 6 Monate stehen, als ich zufällig unter meinen Vorräthen mehrere der kleinen, aus Kautschuck bestehen- den elastischen Deckel fand, welche die Fabrik von Mackintosh zum Verschlufs der Spirituosengläser anfertigt; einer derselben palste genau in mein Barometer, und jetzt machte ich mich daran, das Instrument herzustellen, was mir auch gelang; selbst das Auskochen des gefüllten Quecksilber-Rohres habe ich mit gutem Erfolge bewerkstelligt. Mit diesem freilich unverglichenem Instrument beobachtete ich nun vom Anfang des Jahres 1858 an, um einen bestimmten Zeitabschluls zu ha- ben, täglich, und sah zu meiner Freude einen völlig regelrechten Gang desselben, bis ich (Mitte März) eine Excursion in die Umgegend unternahm und während derselben das Instrument, wie gewöhnlich, aufgestellt im Zimmer stehen lies. Ein daselbst angebundener Pampas- Hase (Dolichotis patagonica), ein ruhiges, sanftes Thier, das ich schon lange besessen hatte, ohne dafs es ihm eingefallen wäre, sich loszu- reilsen, zersprengte, wohl weil es den ganzen Tag allein war, seinen ledernen Riemen, lief jetzt im Zimmer ungeduldig umher und stiels an das Barometer, dafs es umfiel und zerbrach. Bei meiner Heimkehr sah ich das unschätzbare Instrument zertrümmert am Boden liegen, die Glasröhre war total zerschmettert worden. Durch dieses Mifsgeschick in die traurige Lage versetzt, meine Barometer-Beobachtungen auf lange Zeit ausfallen lassen zu müssen, halte ich es für passend, die bisherigen schon jetzt, so lückenhaft sie auch sein mögen, bekannt zu machen und die Resultate daraus abzuleiten, deren sie, wenn auch nur in beschränktem Grade, fähig sind. In den nachfolgenden drei Ta- bellen habe ich einen Auszug aus den täglich von zwei zu zwei Stun- den angestellten Beobachtungen gegeben. Ein Blick auf diese zeigt zuvörderst einen zwar nicht ganz regel- mäfsigen, aber doch nach einem Gesetz erfolgenden, täglich wieder- kehrenden Gang des Instruments. Der höchste Stand ist unabänder- lich am Morgen des Tages, aber nicht genau um dieselbe Stunde, ge- 'wöhnlich zwischen 7 und 8 Uhr. In der Regel tritt während der ersten drei Morgenstunden, von 6 Uhr an gerechnet, kein entschiedenes Fallen ein, erst nach 9 Uhr senkt sich die Quecksilbersäule und fällt von da unausgesetzt bis 5 oder gar 6 Uhr Abends, in welche Zeit der tägliche tiefste Stand fällt. Die Differenz dieses tiefsten Standes und des höch- "sten am Morgen ist verschieden, doch nicht über 24 Par. Linien. Nach 6 Uhr fängt das Quecksilber wieder an zu steigen, doch nicht so sicher, t man darauf rechnen könnte; es kommen viele Tage vor, wo der Fall des Quecksilbers bis zur Nacht fortdauert und erst nach Mitter- nacht das Steigen eintritt. ‘Während der Nacht scheint überhaupt die gröfseste Differenz erst gegen Morgen einzutreten, die Stunden vor Zeitschr. f. allg. Erdk. Neue Folge. Bd. VI. 14 210 H. Burmeister: Mitternacht behalten mehr den abendlichen Stand bei. Indessen kom- men auch viele Fälle vor, wo während der ganzen Nacht das Baro- meter seinen Stand nicht ändert, wie z. B. vom 10ten auf den 41ten Februar oder vom 17ten auf den 18ten. Auch im Januar und März habe ich solehen nächtlichen Stillstand wahrgenommen. Steigen wäh- rend der Nacht mit eintretendem Fallen gegen Morgen habe ich mit Bestimmtheit nur einmal beobachtet und zwar den 13. März. Das Ba- rometer stand um 6 Uhr Abends auf 308,0 und hob sich bis 11 Uhr auf 308,7, dann fiel es bis 2 Uhr Nachts auf 308,1 und stand doch am andern Morgen 8 Uhr 308,4 P. L. — Es ist mir wahrscheinlich, dafs ein soleher doppelter Wechsel öfters stattfindet, aber nicht, dafs er Regel ist; für den letztern Fall hätte ich ihn bei mehrmals ange- stellten Nachtbeobachtungen öfter wahrnehmen müssen. In der Tropen- zone, wo die täglichen Schwankungen im Luftmeer eben so regelmäfsig erfolgen, wie die übrigen physikalischen Erscheinungen des Erdkörpers, findet bekanntlich ein doppelter täglicher Turnus statt. Das Barometer fällt von Morgens 9 Uhr, wo es seinen höchsten Stand erreicht hat, bis Nachmittags 4 Uhr, doch so, dafs es bis 12 Uhr Mittags nur sehr wenig sinkt; dann steigt es wieder bis 11 Uhr Abends, wo es fast eben so hoch steht wie um 9 Uhr Morgens. Dann sinkt es wieder die ganze Nacht hindurch bis 44 Uhr und steigt dann auf’s Neue bis 9 Uhr. Ein so regelmäfsiger Gang findet hier bei Mendoza, unter 32° 52’ 8. Br. entschieden nicht statt; die Schwankungen des Barometers sind zwar analog in den meisten Fällen, aber es giebt so viele und so verschiedene Ausnahmen von der Regel, dafs es nicht möglich ist, ein Gesetz für den Wechsel mit Sicherheit aufzustellen. Bisweilen findet mehrere Tage und Nächte hinter einander eine gleichmäfsige Abnahme des Luftdruckes statt, wie z. B. vom 22. bis 24. Januar oder vom 17. bis 18. Februar; aber niemals eine ähnliche Zunahme meh- rere Tage hinter einander. Die Steigerung ist stets eine einmalige, und zwar stets eine nächtliche oder vielmehr morgenliche; ich habe nie- mals um Mittag, zur Zeit der grölsesten Tageswärme, eine Steigung der Quecksilber -Säule beobachtet. Bei Vergleichung des Thermometerganges mit dem des Barometers findet auch in Mendoza die schon anderweitig bekannte Thatsache ihre Bestätigung, dafs beide mit einander im Gegensatz stehen; das Baro- meter fällt, wenn das Thermometer steigt, und umgekehrt. Aber nicht blofs diese harmonische Opposition ist beachtenswerth, es ist noch mehr die entschiedene Thatsache, dafs, je höher das Thermometer überhaupt steht, um so tiefer das Barometer; oder mit anderen Worten: je wär- ner der Tag, desto tiefer im Allgemeinen der Barometerstand. In der Regel zeigt der heifseste Tag des Monats den niedrigsten Baro- Barometer- Beobachtungen in Mendoza. 211 meterstand, der kälteste den höchsten; letzteres aber nur dann, wenn nicht heftige Orkane eintreten, die stets ein sehr schnelles Sinken des Quecksilbers bewirken. Der tiefste Barometerstand, den ich bei Men- doza wahrgenommen habe, 303,5 Par. Linien, trat ein, als ein seit zwei Tagen anhaltend wehender heifser, sturmartiger Nordwind, welcher bei allmählicher Abnahme nach West und Süd sich drehte, ganz wie es die allgemeine Regel des Drehungsgesetzes vorschreibt, mit zunehmen- der Gewalt nach Nordwest zurückkehrte und in dieser Richtung vom Mittag bis zum Abend forttobte, dann eine ruhige Nacht liefs, aber am andern Morgen sich nochmals in viel schwächerem Grade bemerklich machte. Das Barometer, welches schon am Abend vor dem Sturm wegen grolser Tageshitze sehr tief stand (305,5 P. L.), blieb bis Mit- tag, so lange der heilse Nordwind wehte, ‘noch über 1 Linie tiefer stehen; dann hob es sich, als der Wind nach Westen umging, bis zum Abend auf 306,55, hatte aber am andern Morgen, wo Südwind wehte, wieder einen tieferen Stand (305,0). Wie der Nordweststurm eintrat, fiel es auf 303,5, aber während derselbe noch heftig wehte, fing es schon an zu steigen und das ging fort bis zum andern Morgen. Wie augenfällig diese entschiedene Opposition beider Instrumente auch sein mag, es leidet doch keinen Zweifel, dafs nicht die Wärme es ist, welche das Fallen des Quecksilbers im Barometerrohr bewirkt; weit eher scheint die mit dem senkrechteren Einfall harmonisch ver- stärkte Intensität des Sonnenlichts auf den Druck der Atmosphäre för- dernde Einflüsse auszuüben. Orte, die gleich Mendoza eine sehr klare, reine, wenig mit Dünsten geschwängerte Atmosphäre besitzen, werden darum an heifsen Tagen sehr tiefe Barometerstände, an kalten trüben Regentagen sehr hohe haben, und das scheint in der That bei Betrach- tung meiner Beobachtungen sich zu ergeben. Der tiefste Barometer- stand von 303,5 Par. Linien giebt neben dem höchsten von mir beob- achteten Stande zu 311,5 eine Differenz von 8 Par. Linien. Ich habe aber Ursache, anzunehmen, dafs in der kalten Jahreszeit das Barometer in Mendoza ungleich höher stehen werde, denn ich selbst machte eine solche Beobachtung im Juni mit einem anderen Instrument, welche 314,0 Par. Linien ergab. Darnach wäre die jährliche Differenz auf 10,5 P. L. zu setzen. Das ist für einen Ort, der nur 10 Grade aufser- halb des Wendekreises liegt, ziemlich viel; denn je weiter die Orte der 'gemälsigten Zone vom Aequator sich entfernen, um so grölser pflegt die Differenz des jährlichen höchsten und tiefsten Barometerstandes zu werden. In Deutschland kommen unter 50° N. Br. Unterschiede bis zu 20 Par. Linien vor. B Das Barometer, welches der gemeine Mann das Wetterglas zu ‚nennen pflegt, zeigt durchaus keine besondere Empfindlichkeit für die 14* 212 H. Burmeister: Veränderungen in der Atmosphäre, welche mit Gewittern und Regen- güssen verbunden sind. Während das Herannahen des Sturmes durch das Barometer mit plötzlichem Fallen schon mehrere Stunden vor dem- selben angezeigt zu werden pflegt, verhält sich das Instrument gegen Gewitter und Regen, die beide auf den Gang des Thermometers so entschieden einwirken, ziemlich gleichgültig; es steht beim Verlaufe der elecetrischen Entladungen unverändert und geht seinen regelrechten Gang weiter, vor wie nach. Auch der Regen äufsert keinen directen’Ein- flufs auf das Instrument; beide affieiren dasselbe nur, wenn sie mit heftigen Luftströmungen, mit orkanartigen Winden, die freilich Gewitter häufig zu begleiten pflegen, verbunden sind. Dann sinkt das Baro- meter wie vor einem Sturm, bleibt aber still stehen, wenn die Gewitter und Regenergüsse allein erfolgen. Dies sind die wichtigsten Resultate, welche meine Beobachtungen ergeben; ich lasse nunmehr dieselben im vergleichenden Auszuge fol- gen, damit Jeder selbst urtheilen könne, wie sie gewonnen wurden. Vergleichende Uebersicht des Barometer- und Thermometer-Ganges in den Monaten Januar bis März 1858 zu Mendoza. Januar. Tag Stunde er Barometer] Wind und Wetter 1. Januar 7 Uhr Morg, 217 309,4 | Wolkig; starker SO. 10 - - 23 309,3 2 - Mittags| 26 309,0 6 - Abends 24 308,8 Gewittersturm aus N. 10 - - 21 308,9 2. Januar 7 - Morg. 21 308,9 | Heiterer Himmel. 10 «= - 24 308,5 2 - Mittags 27 307,8 6 - Abends 24 308,0 Gewitter in W. 10 ’% - 20 306,5 3. Januar 7 -. Morg. 17 309,6 In der Nacht starker Regen. 10, — _ 21 308,9 Trüber Himmel S. 2 - Mittags 24 307,9 6 - Abends 21 307,4 KO: ge 18 307,1 4. Januar 7 - Morng. 20 308,0 Gewitter im S. mit Regen eine 1 gg - 18 308,1 Stunde. 2 - Mittags 22,5 308,3 6 - Abends 20 308,4 Bedeckter Himmel, I - 18 308,8 Sternenklar. 5. Januar 7 - Morg. 18 308,8 107€ = 24 308,5 Wind aus NO.; Luft dick. 2 - Mittags 27,2 307,4 6 - Abends r4 307,0 PORN 20 307,1 Barometer-Beobachtungen in Mendoza. 213 Den 6. bis 16. Januar befand ich mich auf der Reise durch die Sierra de Uspallata, während welcher die Beobachtungen ausfielen. Th - Tag Stunde Ei | Barometer] Wind und Wetter 16. Januar 7 Uhr Morg. 199 Trübe, wolkig. 10 - - 23 2 - Mittags 26 6 - Abends 24 10 - - 22 17. Januar | 7 - Morg. 18 Wie gestern. 10 - 22 2 - Mittags 26 6 - Abends 22 10 - - 18 18. Januar | 7 - More. 19 Noch bewölkt. 10 - - 25 2 - Mittags| 27 6 - Abends 26 10 - - 21 49. Januar | 7 - Morg. 17,5 In der Nacht starker Regen; 10 - - 20 am Morgen heit. Himmel. 2 - Mittags 23 6 - Abends 20 Bedeckter Himmel seit Mittag. 10 - - 18 20. Januar | 7 - Morg. 19 309,2 | Heiterer Himmel. 10 - - 23 308,6 2 - Mittags 27 307,1 6 - Abends 24 307,4 10 .= A 20 307,6 21. Januar | 7 - Morg. 21 309,3 | Bewölkt. 10 =. Mir 25 309,4 | Schwüle Gewitterluft. 2 - Mittags 26,5 307,9 | Heller Sonnenschein. 6 - Abends 24 307,8 10... Ab 19 307,8 22. Januar | 7 - Morg. 20 308,7 | Trüber Himmel. 10 - - 23 308,7 2 - Mittags 26 308,5 6 - Abends 24 308,3 10 - - 19 308,05 23. Januar | 7 - Morg. 19 307,9 | Heitere Luft. 10 - - 23 307,9 2 - Mittags 28,0 306,75 6 - Abends 22 307,5 10 1.- - 19 307,25 24. Januar | 7 - Morg. 19 307,15 | Wie gestern. 10 - - 25 307,05 2 - Mittags 26,5 306,9 6 - Abends 24 307,0 10 - - 21 307,55 25. Januar | 7 - Morg. 16,2 310,8 | Wind aus SW. während der E 10.8 u. 19 310,6 Nacht; früh ruhige klare 2 - Mittags 22 310,0 Luft. 6 - Abends 18 309,6 10 - v 13 309,45 214 H. Burmeister: Tag Stunde ee. |Barometer| Wind und Wetter meter 26. Januar 7 Uhr Morg. IND 309,4 Heiterer Himmel. 10 - - 20 309,4 2 - Mittags 24,8 309,0 6 - Abends 22 308,75 10 - - 16 309,1 27. Januar | 7 - Morg. 18 309,8 | Etwas dieke Luft, aber sonnig. 10 - - 24 309,5 2 - Mittags 27 308,4 | Wind aus NO. 6 - Abends 24 308,2 | Wieder ruhig. 10 - - 20 308,0 28. Januar 7 - Morg. 19,5 307,9 Ruhige Luft. 10 - - 24 307,6 2 - Mittags 27,9 307,15 6 - Abends 24 306,7 | Seit 4 Uhr Gewitterschwüle, bald heftiger Ausbruch mit Regen bis 9 Uhr Abends, 10 - - 18,5 308,5 von S. kommend. 29. Januar | 7 - Morg. 16,5 309,5 10 - - 19 310,0 Mäfsiger SO. 2 - Mittags 22,9 308,7 6 - Abends 21 308,1 10 - - 17,5 308,65 30. Januar | 7 - Morg. 19 308,2 Bedeckter Himmel. 10. - - 23 308,0 2 - Mittags 26,2 307,3 6 - Abends 22 306,9 Um 4 Uhr Gewitter in NW., 10 - - 19 307,8 | um 8 Uhr in SW., jetzt still. 31. Januar | 7 - More. 18,6 308,9 | Leicht bewölkt. 10 - - 22 308,7 2 - Mittags 25,3 307,9 6 - Abends 21 307,8 10 - - 18,5 308,8 Februar. 1. Februar | 7 Uhr Morg. 20° 309,5 | Stille. 10. - - 24 309,2 - - 2 - Mittags 26,9 308,3 Gewitter im Anzuge aus NO. 6 - Abends 22 308,3 mit Regen. 10 - - 20 308,3 | Ruhige Luft. 2. Februar | 7 - Morg. 18 308,0 - - 10 - - 23 307,8 - - 2 - Mittags 25 307,0 - - 6 - Abends 22 306,7 Gewitter; SO. 10 - - 17 308,05 3. Februar | 7 - Morg. 18 307,6 Ruhig. 10 - - 23 307,4 - 2 - Mittags 27 306,6 - 6 - Abends 23 306,7 10 - - 20 308,0 Gewitter; Wind SO., heftig. 4. Februar | 7 - Morg. 20 307,1 Heiterer Himmel. 10 - - 23 306,4 Starkes Gewitter, SO., mit 2 - Mittags 22 _ Regen. 6 - Abends 18 307,5 10 - - 16 308,6 Barometer-Beobachtungen in Mendoza. 215 Tag Stunde | Ken akt | Barometer | Wind und Wetter 5. Februar | 7 Uhr Morg. 159 310,5 Südwind. 10 - - 19 310,0 2 - Mittags 22 309,5 | Windstille, heiterer Himmel. 6 - Abends 21 308,65 10 - - 15,5 308,9 6. Februar | 7 - Morg. 16 308,7 10. - - 21 308,2 2 - Mittags 26 307,25 6 - Abends 24 307,0 10 - - 18 307,85 7. Februar | 7 - Morg. 18 308,9 10 - - 22 308,8 2 - Mittags 25,3 307,6 6 - Abends 23 307,5 10 - - 20 308,0 . Februar | 7 - Morg. 19,5 307,9 10 - - 24 307,8 2 - Mittags 27,8 307,0 | Gewitter zieht im W. auf. 6 - Abends 23 306,8 Gewitter ringsum mit Regen. 10 - - 21 307,4 . Februar | 7 - Morg. 18 310,4 Orkan aus S. den ganzen Vor- 10 - - 20,5 310,6 mittag. 2 - Mittags 22 310,2 6 - Abends 20 310,0 10 - - 16 310,15 Februar | 7 - Morg. 17 309,8 | Trüber Himmel, ruhige Luft. 10 - - 20 309,7 2 - Mittags 23 308,2 6 - Abends 20 308,65 10 - - 17 308,5 Februar | 7 - Morg. 18 308,5 10 - - 23 308,25 2 -. Mittags 26 307,5 6 - Abends 22 307,0 Gewitter in W. 10 - - 20 308,2 . Februar | 7 - Morg. 19 309,1 | Trüber Himmel. 10 -- - 22 309,1 2 - Mittags 24 308,3 6 -. Abends 22 308,6 10 - - 18 309,15 . Februar | 7 - Morg. 17,5 310,2 | Regen den ganzen Tag in Pau- 10 .- - 20 310,4 sen, aber mälsig. 2 - Mittags 22 310,0 6 - Abends 19 309,5 10 - - 18 309,4 . Februar | 7 - Morg. 18 308,9 | Klarer Himmel. 10 - - 22 308,55 2 - Mittags 23 307,8 Gewitter und Regen. 6 - Abends 20 307,9 j 10 - - 17 308,7 . Februar | 7 - Morg. 16 308,4 | Klarer Himmel. 10 - - 19 308,0 2 - Mittags 24 307,0 6 - Abends 20 306,5 10 - - 16 306,4 ? 2 216 H. Burmeister: Tag Stunde es |Bxrometer| Wind und Wetter meter 16. Februar | 7 Uhr Morg. 17° 307,4 | Dicht bewölkt, 10° - - 20 307,2 2 - Mittags 19 307,05 | Heftiger Regen. 6 - Abends 19 307,5 Gewitter. 10 - - 15 309,0 | Ruhige Luft. 17. Februar | 7 - Morg. 14 310,8 | Bedeckter Himmel. 10 - - 16 310,8 | Leichter Südwind. 2 - Mittags 19 310,2 | Sonnenschein. 6 - Abends 15 310,1 10 - - 12 310,1 18. Februar | 7 - Morg. 13 310,1 Heiterer Himmel. 10 - - 18 310,0 2 - Mittags 23 309,1 6 - Abends 19 309,1 10 - - 13,4 308,9 49. Februar | 7 - Morg. 15 309,4 | Ebenso. 10 - - 20 309,2 2 - Mittags 24 308,3 6 - Abends 20 308,2 10 - - 15 308,0 20. Februar | 7 - Morg. 16 307,6 Ebenso. 10 - - 20 307,5 2 - Mittags 25 306,0 6 - Abends 24 305,6 | Heftiger NW. 10 - - 20 305,5 | Ruhige Luft. 21. Februar | 7 - Morg. 22 304,4 | Heifser Sturmwind aus N. 10 - = 25 304,3 - - ..- 2 - Mittags 27 304,0 - - - 6 - Abends 19 305,9 | Ruhiger, W. 10 - - 13 306,55 | Windstille. 22. Februar | 7 - Morg. 14 305,0 ! Wind aus 8. 10 - - 20 304,6 | Windstille. 2 - Mittags 18 303,5 Orkan aus NW. 6 - Abends 17 304,6 - -.- 10 - - 11,2 305,0 | Ruhige Luft. 23. Februar | 7 - Morg. 11 308,8 | Trüb, ruhig. 10 - - 15 308,5 Wind aus NW. 2 - Mittags 18 308,2 |} Sehr windig. 6 - Abends 17 307,7 Ganz ruhig. 10 - - 9,6 308,3 24. Februar | 7 - Morg. 12 308,5 Trübe, ruhig. 10 - - 18 308,3 Sonnenschein. 2 - Mittags 22 308,0 6 - Abends 20 308,1 10 - - 12,8 309,1 25. Februar | 7 - Morg. 16 310,4 Heiter, ruhig. 10 - - 22 310,3 2 - Mittags 24 309,8 6 - Abends 20 309,5 10 - - 16,5 309,6 26. Februar | 7 - Morg. 18 309,1 Ebenso. 10 - - 23 308,9 2 - Mittags 27 307,6 | Heftiger Sturm aus NO. 6 - Abends 22 308,0 | Gewittersturm, 10 - - 19 307,9 I Ruhige Luft. Barometer-Beobachtungen in Mendoza. 217 Tag Stunde Ansmu: |Barometer| Wind und Wetter meter 27. Februar | 7 Uhr Morg. 18° 307,9 Heiter, ruhig. 10 -- - 23 307,5 2 - Mittags 26,3 306,4 6 - Abends 23 306,7 10:28 - 20 306,9 28. Februar | 7 - Morg. 19 307,6 Bedeckter Himmel. 10° - - 22 307,7 2 - Mittags 22 307,4 6 - Abends 20 308,0 10 - - 16 309,2 | Heftiger Regen. März. 1. März 7 Uhr Morg. 12° 310,5 | Dicht bewölkt den ganzen Tag. 10 - - 14 310,2 2 - Mittags 17 309,55 6 - Abends 15 309,6 10 - - 14 310,3 2. März 7 - Morg. 14 310,4 Noch dicht bewölkt, feucht. 10 - - 17 310,4 2 - Mittags 19 310,1 6 - Abends 15 310,0 10 - - 14 310,0 3. März 7 - Morg. 14 310,0 | Bewölkt. 10 - - 18 309,9 2 - Mittags 20 309,1 Sonnenschein. 6 - Abends 18 309,0 Wieder bewölkt. 10 - - 16 309,0 4. März 7° - Morg. 15 308,9 | Heiterer Himmel. 10. 7- - 18 308,8 2 - Mittags 22 307,7 6 - Abends 19 307,5 419 }= - 16 308,0 5. März 7 - Morg. 13 309,25 | Trübe, regnicht, Südwind. 10 - - 15 309,6 2 - Mittags 20 309,75 } Sonnenschein. 6 - Abends 15 310,3 | Wieder bewölkt. 10 - - 13 311,5 | Ruhige Luft. 6. März 7 - Morg. 11,5 311,4 | Ruhige, klare Luft. 10 - - 15 311,2 2 - Mittags 19 310,9 6 - Abends 16 310,6 10 - - 13 309,8 7. März 7 - Morg. 12 309,5 | Klare, heitere Luft. 10. - - 19 309,1 2 - Mittags 24 307,5 6 - Abends 20 307,45 10 - - 13 307,8 8. März 7 - Morg. 13,5 307,1 Heiterer Himmel. 10 - - 19 307,0 2 - Mittags 22,5 306,6 6 - Abends 20 306,4 | Seit 7 U. Gewölk am Himmel; : ( 18 308,6 I! gegen 8 U. heft. Südw,-Wind. 218 Miscellen: Tag Stunde ee: |Barometer| Wind und Wetter meter 9. März 7 Uhr Morg. 14° 310,4 | Inder Nacht ein Regenschauer, 10 - - 17 _ am Morgen trübe. 2 - Mittags 19 310,0 6 - Abends 15 309,75 10 - - 11,5 309,8 | Sternenklar. 10. März 7 - Morg. 13 309,8 | Klare Luft. 10 - - 17 309,6 Sonnenschein. 2 - Mittags 22 309,4 6 - Abends 18 307,6 10 - - 15 308,9 41. März 7 - Morg. 14 310,5 Klare Luft, mit Wind aus S. 10 - - 18 310,6 2 - Mittags 20,5 310,2 6 - Abends 16 310,3 10 - - 12 310,6 12. März 7» Morg. 12 309,6 | Heiterer Himmel. 10 - - 18 309,5 2 - Mittags 23 308,25 6 - Abends 18 308,1 Um 4 Uhr stand das Barome- 10 - - 15 308,8 ter 308,0. 13. März 7 - Morg. 13,5 309,0 | Heiterer Himmel. 10 - - 20 308,8 2 - Mittags 23 308,4 6 - Abends 19 308,0 10 - - 16 308,5 14. März 7 - Mong. 16 308,8 | In der Nacht 2 Uhr stand das 10 - - 19 308,6 Barometer 308,1 bei 14°. 2 - Mittags 22 6 - Abends 19 Das Barometer ist zertrümmert. 10 - - 17 Miscellen. Der älteste Versuch zur Entdeckung des Seeweges nach Ostindien. Nach einem Vortrage des Königl, Ober-Bibliothekars, Geh. Reg. Rath Pertz, mitgetheilt von Prof. C. Ritter. Früher hielt man die Portugiesen, in Folge ihrer grofsen Verdienste um die Erweiterung der oceanischen Seefahrten des 15. Jahrhunderts, auch für die ersten Umschiffer des Südendes der alten Welt, des Caps der Guten Hoffnung, und schrieb bekanntlich Vasco de Gamo und seinen Gefährten (1497) die erste Um- segelung desselben zu. Schon unser entschlafener Freund Lichtenstein hatte während seines Aufenthalts am Cap Documente aufgefunden, welche bewiesen, dafs nicht Vasco de Gamo, sondern Bartholomeo Diaz (1487), ein Jahrzehnt früher, der eigentliche Entdecker des „Cabo tormentoso“ und der erste Umsegler des Südendes von Afrika gewesen war, Der älteste Versuch zur Entdeckung des Seeweges nach Ostindien. 219 Wir haben von einer neuesten Entdeckung zu berichten, die auf der Königl. Bibliothek in Berlin von dem berühmten historischen Forscher Ober-Bibliothekar Pertz (Herausgeber der Monumenta Germaniae) ganz kürzlich gemacht ist, und die den Beweis liefert, dafs schon fast 200 Jahre früher die Genuesen, das da- mals thätigste Handels- und Schiffervolk, durch ein unternehmendes Paar seiner Bürger dieselbe Umschiffung zu Stande gebracht und in den indischen Ocean gelangt waren. — „Schon im Jahre 1291 hatte Theodisius Doria, Ugolinus von Vivaldo und dessen Bruder mit einigen anderen Bürgern Genua’s diese Reise unternom- men, die bis dahin kein Mensch zu machen versucht hatte.“ — Zwar war diese Thatsache ihren Zeitgenossen nicht gänzlich unbekannt ge- blieben, aber die nachfolgenden Annalisten Genua’s spielen nur in ungenauen und fabelhaften Sagen, die überdies sehr von einander abweichen, darauf an, so dafs die Begebenheit selbst bei den Geschichtsschreibern der Genuesen bald ganz in Vergessenheit gerieth. In den frühesten Erwähnungen wurde von zwei Galeeren gesprochen, welche von Genua an Marma (wohl die Küste von Guinea) vorüber geschifft, das öst- liche Meer und das Land des Priesters Johannes (Abessinien) erreicht hätten, aber über die Zeit enthielten sie keine genaue Angabe. Der älteste Annalist und. Seefahrer, Antonio Usidomare, erzählte (150 Jahre später, als-er im Jahre 1455 eine Reise. nach der Küste von Guinea gemacht hatte), dafs eine der Galeeren der genannten zwei Brüder auf der Fahrt nach Indien auf den Grund gerathen sei und verlassen werden mulste; die andere habe bis zum Lande des christlichen Priesters Johannes ihre Fahrt fortgesetzt, wo aber die Mannschaft festgehalten und ihr die Rückkehr versagt worden. Von ihren Nachkommen habe Antonio Usidomare den einzig übrig gebliebenen Genuesen gesprochen, der ihm diese Nachrichten mitgetheilt. Aber Antonio Usidomare’s Angabe scheint nicht weiter beachtet, vielleicht nicht geglaubt und gänzlich ver- gessen worden zu sein, da keiner der nachfolgenden berühmten Annalisten und Geschichtschreiber Genua’s, wie Giustiniano (1535), Uberto Folieta in seiner Historia Genensis (1585) darüber genaueren Bericht giebt; höchstens wiederholen sie noch sagenhafter dieselbe Angabe mit verschiedenen Veränderungen. Mura- tori Bd. VI schweigt ganz. darüber. Aber es existiren amtliche Annalen der Stadt Genua, die handschriftlich von Zeitgenossen bis in die letzten Jahre des 13ten. Jahrhunderts fortgesetzt sind, auch aus den Jahren 1270 bis: 1294, insbesondere von der Handschrift des -Jaco- bus Doria, eines nahen Verwandten der ersten beiden Seefahrer Theodisius Doria und Ugolino, dem die Begebenheit aus den Familien- Archiven nicht unbekannt geblieben sein konnte. In dieser Handschrift hat Herr Pertz eine vollständige Nachricht über diese Fahrt entdeckt. Die vollständige Mittheilung des Textes wird im XVII. Bande der Monumenta Germaniae historica veröffentlicht werden, hier beziehen wir uns einstweilen auf einen Vortrag, den Geh. R. Pertz am 28. März 1859 in der Akademie der Wissenschaften über diese interessante Entdeckung gehalten hat. Der Text sagt: „Die genannten Genueser, Theodisius Doria, Ugo- lino Vivaldus und dessen Bruder mit einigen anderen Bürgern Genua’s rüsteten im Jahre 1291 zwei Galeeren auf das Beste aus, versahen sie mit Lebensmitteln, 220 Miscellen: Wasser und anderem Bedarf, und sandten sie im Monat Mai nach der Meerenge Ceuta, auf dafs sie über den Ocean nach den Gegenden Indiens schifften und nützliche Waaren von dort zurückbrächten. In diesen Schiffen gingen Vivaldo in Person und zwei Brüder Mironta, und dieses war wunderbar, nicht nur denen, die es sahen, sondern auch denen, die es vernahmen.“ Dies war also der erste Versuch von Privaten, eine Handelsverbindung auf dem Seewege mit Indien durch die Meerenge von Gibraltar anzuknüpfen und zu- gleich die Inder zum Christenthum zu bekehren, wie dies zu gleicher Zeit die Ordensbrüder Plan Carpin und Wilhelm von Ruysbrock auf dem Landwege durch die Tatarei versucht hatten. Es war seit Pharao Necho’s Zeit wieder der erste Versuch zur Umschiffung Afrika’s, zu derselben Zeit, als Marco Polo (1293) aus China durch den indischen Ocean mit seiner Flotte von 14 Schiffen nach dem arabischen Meere zurückkehrte und die Möglichkeit der Umschiffung der Länder der Schwarzen um Süd - Afrika zuerst angegeben hatte. Die Inselgruppe Petaliae bei Euboea. Von Juschkow. Aus dem Russischen. Die im Südwesten Euboea’s, nicht weit von Karystos gelegenen petalischen Inseln bilden durch ihre Gruppirung eine sichere Rhede und haben die Aufmerk- samkeit der Russen auf sich gelenkt, die sich jetzt bekanntlich überall im Mittel- meere nach geeigneten Kohlendepots umsehen; Capitain-Lieut. Juschkow, Com- mandeur der russischen Fregatte Palkan, stattet im Morskoi Sbornik (1858 No. 2) über diese Inseln folgenden, durch eine Karte erläuterten Bericht ab: „Die petalische Gruppe besteht aus 10 Inseln: Megalo, Xero, Prago, Lam- berusa, Makro, Awgo, Fundo, Praso, Pontiki und Luludi '). Die beiden ersten sind durch ihre Gröfse die wichtigsten; sie sind mit Wald bedeckt und zum Theil angebaut; die übrigen acht sind gröfsestentheils kahl, aber sie schützen durch ihre Lage die Rhede vor den in der Meerenge von Negroponte vorherrschenden Nord- und Südost- Winden, und sind deshalb in nautischer Beziehung von Wichtig- keit.“ „Die ganze Insel Megalo ist, namentlich auf der Süd- und Westseite, mit Gebüsch und lichtem Walde bedeckt, meistentheils mit wilden Oelbäumen; Eichen finden sich nur auf dem Gipfel der Berge in gröfserer Menge. Nach der grofsen Anzahl von Baumstümpfen zu schliefsen, mufs hier vor einigen Jahren ein recht dichter Wald gestanden haben; auch jetzt ist von ihm noch ziemlich viel übrig ») Die gewöhnliche Angabe, dafs die Gruppe aus vier Inseln besteht, erklärt sich dadurch, dafs man die sechs im Text zuletzt genannten Inseln als Klippen be- trachtet. Vergl. "Payxaßr, Ehlmvıxa II, p- 47. Allerdings ist Fundo, die gröfse- ste von diesen sechs, nach Juschkow’s Karte nur 1750 Fufs lang, und wenn man Awgo und Pontiki — das letztere ist nur 656 Fufs lang — als Inseln betrachtet, so wird man auch das unbenannte, ungefähr eben so grofse Eiland an der Südküste von Megalo hinzuzählen müssen, so dafs die Gruppe dann aus 11 Inseln bestände. — Den Namen der Insel Prago entlehne ich der Karte Juschkow’s. Im russischen Text steht Tropo. Die Inselgruppe Petaliae bei Euboea. 221 geblieben, obgleich alle ankommenden Kriegs- und Kauffahrtei-Schiffe sich hier mit Holz versehen. Griechische Schaluppen holen von Megalo Holz zum Ver- kauf, auch nach Attika: der hier befindliche alte Aufseher ist nicht im Stande, dies zu verhindern. Der Boden der Insel ist sehr fruchtbar; aufser Gerste, Mais und Weizen bringt er einen ausgezeichneten Wein, Baumwolle, Feigen, Mandeln und Oliven hervor. Auf diesen Inseln leben 11 Arbeiter-Familien, darunter der alte Aufseher; aufserdem noch ein Priester und zwei griechische Beamte, im Ganzen 52 Personen.“ „Am meisten angebaut ist die Insel Xero. Auf ihr liegt eine Kirche in gutem baulichen Zustande, die Wohnung des Aufsehers mit den Vorrathsgebäu- den, und eine Mühle, die durch Pferde in Bewegung gesetzt wird; diese könnte allerdings durch eine Windmühle ersetzt werden, was ökonomisch vortheilhafter wäre.“ „Auf Grund meiner Erkundigungen bei dem Aufseher und den ÖOrtseinwoh- nern kann ich über den jährlichen Betrag der auf den Inseln erzeugten Producte folgende Tabelle zusammenstellen, in Bezug auf welche ich nur bemerke, dafs die Mandelbäume noch nicht trugen. Getreide Oliven | Oel Wein Baumwolle | Feigen Kilo’s !) Ocka’s!) | Ocka’s Ocka’s Ocka’s Ocka’s 1850 1724 | 28 nn | ai 0 |. 1851 491 —_ _ — — — 1852 1752 — —_ —_ 208 | 148 1853 1666 151 Pa er Fr 1854 1212 28 | = | = 27 u 1855 . 1351 536 115 —_ 13 — 1856 1279 936 — | —_ 360 — Es gab hier 6402 edle und 5369 wilde Oelbäume, 1420 Mandel- und 211 Feigenbäume. Der Viehstand zählte nur 14 Stück Rindvieh, 5 Esel und ein Pferd.“ „Die Arbeiter sind contractlich nur verpflichtet, 12 Procent von dem ge- sammten Ertrage abzuliefern; der Rest verbleibt ihnen. Von diesen 12 Procent wird das Gehalt für den Aufseher und den Geistlichen bestritten. Gegenwärtig sind auf vier Inseln nicht mehr als 200 Stremma oder 78 Morgen Land in Cultur. Im Hinblick auf die grofse Ausdehnung des unbebauten, aber vortrefflichen Bo- dens — fast die ganze Insel Megalo liegt wüst — kann man versichern, dafs die Eilande einen viel gröfsern Ertrag zu liefern im Stande sind. Dazu bedarf es nur eines erfahrenen und redlichen Verwalters und strenger Aufsicht, dafs das Holz, welches nützlich verwendet oder verkauft werden könnte, nicht von Unbe- rechtigten gefällt wird.“ „Die Rhede ist eine der besten im ganzen Archipel. Sie ist nach allen Rich- tungen durch hohe Felseninseln gedeckt, so dafs hier die See nie hochgehen kann; _ der Grund besteht aus gutem zähen Schlamm, die Tiefe ist gleichmäfsig zwischen 6 und 7 Sashen. Während meiner Anwesenheit wehte an zwei Tagen ein hef- n tiger Nordost; alle Kauffahrtei-Schiffe auf hoher See waren genöthigt, Schutz zu j !) Ein Kilo = 93 Metzen oder 2 Scheffel Pr., eine Ocka etwa 23 Pfund, 222 Miscellen : suchen; unsere Fregatte aber lag auf der Rhede ganz ruhig und selbst unsere kleinen Ruderboote gingen ohne Schwierigkeit an’s Ufer und wieder zurück. Im verflossenen Jahre wurden Arbeiten zur Vertiefung des Fahrwassers bei Chaleis ausgeführt, so dafs es jetzt 18 Fufs beträgt und alle Kauffahrtei- und Kriegs- schiffe, welche nach Volo oder Saloniki gehen, ihren Weg durch die Meerenge von Negroponte nehmer können. Die petalischen Inseln könnten nun als ein sehr geeignetes Depot für die Steinkohlen dienen, die auf Negroponte und in Attika entdeckt sind. Die russische Dampfschiff- und Handels - Compagnie könnte aufser Kohlenyorräthen hier auch Werkstätten zur Ausbesserung der Dampfschiffe an- legen.“ „Zur Zeit besteht das Haupthindernils für eine Ansiedelung auf den Inseln darin, dafs sie nicht genug süfses Wasser haben; aber diesen Uebelstand kann man leicht beseitigen. Aufser den Brunnen, die ein etwas salziges Wasser ge- ben, existirt auf der Insel Megalo eine Quelle, welche bis zum August wasser- reich ist. Im Winter fliefsen in zwei Schluchten grofse Gie/sbäche, die zwar im August ebenfalls vertrocknen; aber man könnte ihr Wasser in Cisternen für län- gere Zeit ansammeln und aufbewahren.“ Nach der Karte fügen wir diesem Bericht noch folgende Einzelnheiten hinzu. Die Insel Megalo ist über 3 deutsche Meilen von Norden nach Süden lang und über eine halbe Meile breit; ihr höchster Punkt, fast in der Mitte gelegen, ist auf 1300 Fufs angegeben. Zwischen ihr und Euboea liegt die Insel Xero, 2 Mei- len von Norden nach Süden lang und nicht ganz eine Viertelmeile breit. Die Meerenge, welche Xero und Megalo trennt, ist an der schmalsten Stelle (am Südende von Xero) wenig über tausend Fufs breit, sie erweitert sich aber nach Norden hin um das Drei- und Vierfache. Hier, in ihrem nördlichen Theile, liegt die Insel Prago in ihr. Zwischen der Westküste dieser Insel und der Nordspitze von Megalo liegt ein an der schmalsten Stelle noch über 2000 Fufs breiter Ca- nal, dessen Fahrwasser von Norden nach Süden allmählich von 11 auf 7 Faden abnimmt. Zwischen den drei genannten Inseln mufs man bei allen Windrichtun- gen vollkommen geschützte Stellen finden. Auch die auf den beiden gröfseren Eilanden in Cultur genommenen Felder liegen an der Meerenge, welche die In- seln von einander trennt. Die oben erwähnte Quelle befindet sich aber auf der Südküste von Megalo, in gerader Richtung eine halbe deutsche Meile von den Ackerfeldern entfernt. —nD. Die Wogulen. Ueber diesen interessanten Volksstamm giebt Herr A. Ahlquist, welcher längere Zeit unter demselben gelebt hat, in dem Bullet. de la Olasse des sciences de l’Acad. Imper. de St. Petersbourg. XVI. 1859. No. 4 u. 5. eine ‚Skizze, wel- cher wir Nachstehendes entlehnen. Die Wogulen, welche nebst ihren nahen Verwandten, den Ostjaken, schon in alten Zeiten unter dem Namen Jugrier oder Ugrier bekannt waren, sich selbst aber Mansi nennen, bewohnen in den Gegenden östlich vom mittleren Ural zwi- schen dem 59. und 69, Breitengrade einen von drei. oder vier niedrigen und Die Wogulen. 223 schmalen Landrücken, ‚welche mit dem Ural jedoch in keiner Verbindung stehen, durchzogenen Landstrich,. Auf und zwischen diesen Höhenzügen, welche dort Uwal heifsen, entspringen eine Anzahl zum Theil nicht unbedeutender Flüfse, welche zum Flufsgebiet des Irtysch und des Ob gehören. Die bedeutendsten derselben sind die Tura, ein Nebenfluls des in den Irtysch mündenden Tobol, die Tawda, welche aus den beiden parallel nach Südosten laufenden Flüfsen, der südlichen Soswa und Loswa entsteht und nachdem sie von Norden her den Pe- lym aufgenommen hat, gleichfalls in den Tobol sich ergielst, die Konda, ein Nebenflu/s des Irtysch, von vielen kleinern Gewässern gespeist und endlich die nördliche Soswa, welche vom Ural kommend unweit der Stadt Beresow in den Ob gehi. Die Nebenflüsse der letzteren sind die von Westen kommende Sigwa oder Ljapina (Wogulisch: Sakujä) und von Süden her die Tapsjä, welche auf Reguly’s Ethnographischer Karte des nördlichen Uralgebietes als Taplia aufge- führt ist. Als Grenzen der Wogulen können südlich die Flüsse Loswa und Tawda, im Westen der Ural und das Gebiet der Syrjänen, im Norden die in das linke Ufer der nördlichen Soswa mündenden Nebenflüsse bezeichnet werden. Gegen Osten hin dehnen sie sich bis zur Vereinigung des Irtysch und des Ob in der Gegend von Beresow aus, da südlicher die Ufer dieser beiden Flüfse von den Ostjaken besetzt sind. In administrativer Hinsicht gehören sie zu den beiden Gouvernements Perm (Kreise Werchoturie und Tscherdyn) und Tobolsk (Kreise Turinsk und Beresow). Ihre Zahl beläuft sich im Gouvernement Tobolsk auf etwa 5400 Seelen, während im Gouvernement Perm nur etwa 300 wohnen. Die Ursachen dieser Verminderung des früher viel zahlreicheren Volksstamms sind einerseits das strenge Klima, die rauhe Lebensweise, die durch die Abnahme der Pelzthiere gesteigerte Armuth, sowie die hohen, von der Regierung auf die Trauungen gesetzten Abgaben, welche das Eingehen der Ehen wesentlich erschwe- ren, andererseits die Blattern und die Syphilis, welche grofse Verheerungen unter den Wogulen anrichten. Eine gleiche Abnahme der Bevölkerung zeigt sich übri- gens auch unter den Ostjaken und es scheint sich mithin auch hier die Erfah- rung zu bestätigen, dafs die Berührung mit der Civilisation der Existenz der Si- birischen Völker nach und nach ebenso gefährlich wird, wie wir es bei den In- dianerstämmen Nord-Amerika’s wahrnehmen. Das ganze Land besteht mit Aus- nahme der Ufer der Tura und der südlichen Soswa aus Wäldern und Morästen. Die Fichte, Birke, Tanne, Silbertanne, Ceder, Lärche und Eberesche bilden diese Wälder, welche von Zobeln, Hermelinen und Eichhörnchen in grofser Zahl be- lebt sind, während der Biber und Fuchs hier schon seltener werden. Neben die- sen Thieren, welche wegen ihrer Felle weggefangen werden, kommen noch das Elennthier, sowie Hasel- und Birkhühner und Auerhähne vor, und. die Flülse, namentlich die nördliehe Soswa und der Ob, sind überaus reich an Fischen, — Die Wogulen können als ein herzhaftes Jägervolk angesehen werden; nur in den - südlichen 'Theilen des Gebiets, an den Ufern der Loswa und des wird _ von ihnen neben der Jagd auch Ackerbau und Viehzucht betrieben. Die Jagd auf das. Elennthier beginnt im August und September, in welcher Zeit Jiese | _ Thiere am fettesten sind. Diese Thiere lieben die Inseln, die sich aus den Mo- rästen jener Gegend erheben; hier finden sie in dem üppigen Graswuchs reich- k liche Nahrung und es geschieht nicht selten, dafs die Wogulen, um solchen \_ 224 Miscellen: Graswuchs zu befördern, diese Plätze anzünden, woher auch theilweise sich die vielen Waldbrände in Sibirien erklären lafsen. Die Elennthierjagd ist aber eine sehr mühselige, da es dem Jäger oft erst nach vier bis acht Tagen gelingt, das flüchtige Thier einzuholen. Ist dasselbe getödtet, so trocknet der Wogule an derselben Stelle das in dünne Streifen geschnittene Fleisch und birgt es auf einem Baume oder in einer auf hohen Pfosten errichteten improvisirten Vorraths- kammer. Zum Schutz gegen die Angriffe der Raubthiere werden vor diesen Vor- rathskammern grolse Bogen, von den Russen Selbstschiefser genannt, ausgespannt. Im Spätherbst, wenn das Zufrieren der Moräste das Eindringen in die bewalde- ten Inseln wesentlich erleichtert, beginnt die Jagd auf die Pelzthiere, namentlich die Zobel- und Eichhornjagd. Tüchtige Hunde sind das Haupterfordernils für beide Jagden und der Wogule ist von seinem Jagdhunde ebenso unzertrennlich, wie der Steppenbewohner von seinem Pferde. Seltener ist die Jagd auf Füchse oder Bären. Waldvögel werden durch Fallen erlegt, welche nicht fern von den heimathlichen Jurten aufgestellt werden, damit die Weiber und schwächliche Per- sonen dieselben leicht beaufsichtigen können. Im Frühjahre werden auch zahl- reiche Seevögel in Reusen gefangen oder mit dem Bogen erlegt. Was den Fisch- fang betrifft, so ist derselbe an der Tawda und deren Nebenflüssen nicht beson- ders einträglich, wogegen die Fischerei an der nördlichen Soswa von beiweitem gröfserer Bedeutung ist. Sobald im Frühjahr die Flüsse frei vom Eise sind, vereinigen sich die Wogulen in grofsen Schaaren an den Flufsmündungen der Soswa und des Ob, woselbst sie in Jurten von Baumrinde den ganzen Sommer über bis zum Ende des September behufs des Fischfanges wohnen. Unglaublich ist die Menge der Fische, die jährlich hier mit den Zugnetzen gefangen werden. Die Wogulen salzen jedoch die gefangenen Fische nicht ein, da der Ankauf grösserer Salzmassen ihre Mittel beiweitem übersteigen würde. Was der Wogule mit seiner Familie und seinen Hunden nicht an Ort und Stelle verzehren kann, wird zum Winterbedarf an der Sonne getrocknet oder auf Gerüsten um die Feuerstelle geräuchert. Ein anderer nicht unwichtiger Erwerbszweig für die Wo- gulen ist das Einsammeln der Zirbelnüsse (‚Pinus cembra L.), welche in Rufsland allgemein als Leckerbissen von den unteren Volksklassen an Sonn- und Festtagen gekaut werden. Ein Pfund dieser Nüsse kostet in Kasan 7—8 Kopeken Silber, an Ort und Stelle aber wird das Pud mit 90 Kopeken bis 1 Rbl. 50 Kopeken Silber bezahlt. In einem ergiebigen Jahre kann jede Familie leicht mehrere Dutzend Pud solcher Nüsse einsammeln. Bei den Beresowschen Wogulen ver- treten Rennthiere die Pferde, doch ist der Reichthum an diesen nützlichen 'Thie- ren bei weitem nicht so bedeutend wie bei den Samojeden, wo Reichere nicht selten im Besitz von mehreren Tausenden von Rennthieren sind, während die Zahl derselben, welche einzelne begüterte Wogulen besitzen etwa 100 —200 Stück beträgt. Auch ist der Vortheil, welchen die Nomaden des Sibirischen Nordens von diesen Thieren ziehen, bei weitem nicht so bedeutend wie derjenige, welchen den Lappen im finnischen und skandinavischen Norden die Rennthierzucht ge- wahrt, da das Melken der Rennthiere in Sibirien nicht üblich ist. Die Jagdgerecht- samkeit ist bei den Wogulen unbeschränkt. Der Wald und sein Gethier ist Aller Gemeingut und nur bei der Benutzung der Gewässer zum Fischfang existirt eine ge- naue Abgrenzung für die einzelnen Familien. Die Dörfer der Wogulen, Paule genannt Die Wogulen. 225 bestehen aus zwei oder drei Jurten. Fünf solcher Jurten bilden schon ein an- sehnliches Dorf und liegen auf hohen Stellen meist an der Vereinigung zweier Flüfse, aber oft ein bis zwei Tagereisen von einander entfernt, damit ein jedes Dorf ein hinlängliches Terrain für seine Jagd und Fischerei habe. Die für den Winteraufenthalt bestimmten Jurten sind aus Balken, deren Fugen mit Moos ver- klebt sind, zusammengefügt, über welche sich ein Dach von Baumrinde ausbrei- tet, und schliefsen einen Raum von etwa drei Klafter im Quadrat ein. Der Ein- gang liegt gewöhnlich nach Süden, wahrscheinlich weil von dieser Seite der Wind weniger scharf weht. Die Sommer-Jurten hingegen sind von Birkenrinde ver- fertigt, an der Soswa meist von konischer Form und in ihrer innern Einrichtung meist noch einfacher als die Winterwohnungen. Diese Sommerwohnungen wer- den jedoch nur von den beresowschen Wogulen benutzt, während die südlicheren an der Loswa und dem Pelym wohnenden das ganze Jahr über in den festeren Winter-Jurten leben. Die häusliche Einrichtung ist den bescheidenen Wohnun- gen angemessen. Das Gewehr, meistens von sehr schlechter Arbeit, der Bären- spiels, eine Axt, ein grofses Messer bilden den Waffenschmuck der Hütte und Kochgeschirre und Gefälse aus Birkenrinde, Löffel und Kinderwiegen von dem- selben Material, ein kleiner niedriger Tisch, der Kochheerd und rings an den Wänden Schlafbänke mit weichem, aber von Ungeziefer belebtem Pelzwerk be- deckt, vollenden die innere Ausstattung der Wohnung. Ihre Boote sind aus einem einzigen ausgehöhlten Baumstamme so geformt, dafs sie mit Leichtigkeit einherschwimmen, aber so niedrig, dafs man sie nur mit dem Steuerruder vor- wärts bewegen kann. Auf der Soswa und dem Ob giebt es freilich auch gröfsere, mit einem Maste versehene Boote, deren zwei zu einem Fahrzeuge vereinigt so grols sind, um den Wogulen mit seinem ganzen Hausstande aufzunehmen. Die Haupt- nahrung besteht, wie oben angedeutet ist, in Waldvögeln und Fischen, welche im Sommer frisch, im Winter getrocknet genossen werden. Im Allgemeinen ver- mag der Wogule lange zu hungern und es geschieht nicht selten, dafs derselbe auf seinen Jagdzügen in Ermangelung eines Kochgeschirres wochenlang von rohen Fischen und Birkhühnern leben muls. Kommt er aber zum Essen, so holt er seinen Schaden wieder ein und es ist durchaus kein Wunder, dafs ein Wogule bei einem einzigen solchen Mahle 4 bis 5 Birkhühner verschlingt, die Brühe, in der sie gekocht sind, herunterschlürft und als Brodt eine Anzahl getrockneter Fische dazu ifst. Taback wird von Männern und Weibern der pelymschen Wo- gulen geraucht, während die Soswa-Wogulen nicht rauchen, dagegen aber sehr starke Schnupfer sind. Der Wogule ist von mittlerer Körpergröfse, meistens von gedrungener, kräftiger Gestalt, mit ein wenig hervorstehenden Backenknochen, breiter aber nicht abgeplatteter Nase und dunkelbraunen, nicht selten ganz hellen Haaren. Der Wogule hat, soweit er mit den Russen nicht in Berührung kommt, einen stillen, harmlosen Charakter, nur der Trunk versetzt ihn leicht in Wuth, doch kommt dieses Laster glücklicherweise nicht allzuhäufig vor, da der Brannt- “ weinhandel in den Wogulen-Dörfern streng verboten ist. Ein Hauptfehler der _ Bewohner ist Trägheit. Nicht einmal die nothwendigen Geräthschaften verferti- gen sich die Männer, und da es unter ihnen keine Schmiede giebt, müssen sie die Reparatur ihrer Gewehre, sowie anderer Schmiedesachen in weiter Entfernung bei den russischen Schmieden vornehmen lassen. Obgleich das Christenthum seit Zeitschr. f, allg, Erdk. Neue Folge, Bd, VI. 15 226 Miscellen: einem Jahrhundert bei ihnen Eingang gefunden hat und sie. auch äusserlich die Ceremonien der Kirche befolgen, so sind sie innerlich doch dem Glauben ihrer Väter, dem Schamanismus, zugethan. An gewissen verborgenen Stellen in den Wäldern haben sie noch Opferplätze, wo Rennthiere, Pelzwerk und Silbergeld den Göttern geopfert wird, um von ihnen Glück für die Jagd zu erlangen, und selbst Russen, welche die Jagdzüge der Wogulen mitmachen, nehmen an diesen Opfern Theil. Die Mitglieder solcher Jagdgesellschaften schwören dabei unter- einander einen Eid der Treue bei der Bärenschnauze, d. h. sie schneiden mit einem Messer in eine Bärenschnauze oder beilsen in dieselbe zum Zeichen, dafs derjenige, der in der gemeinsamen Jagd unehrlich ist, von den Bären aufgefressen werden möge, was nach der Ueberzeugung der Russen wie der Wogulen sicher eintreffen soll. Von der Verehrung oder Furcht, welche die Wogulen, gleichwie die Finnen den Bären zollen, mag hier als Beispiel dienen, dafs, ebenso wie der Finne sich scheut, dieses Thier mit seinem wahren Namen zu nennen und dafür den Ausdruck Honigtatze oder ähnliche schmeichelhafte Ausdrücke gebraucht, so auch der Wogule denselben nur den Alten nennt, und wie in der Kalewala die alten Finnen dem Bären ein Todtenmahl halten, wird auch noch heute bei den Wogulen der getödtete Bär unter Musik und Schüssen in das Dorf geschleppt, wo ein Schmaus und Trinkgelage die Feier beschliefst. Im Handel ist das Eichhorn das allgemeine Maals für den Werth der Waare. Sowie bei den Tscheremissen das Wort ur (finnisch orava) sowohl Eichhorn als Kopeke bedeutet, so auch bei den Wogulen das Wort Zin (lan), so dafs z. B. eine russische Griwna (10 Kopeken), wogulisch lou Z7n (10 Eichhörnchen), ein Rubel s2t Irn oder sat ln (100 Eich- hörnchen) bezeichnet wird. Da aber der Preis des Eichhörnchens jetzt weit gröfser ist, als in den Zeiten, da dieser Sprachgebrauch aufkam, so fügen die Wogulen, wenn sie vom Gelde sprechen, das dem Tatarischen entlehnten Wort oksa an die Summe, um es von dem wirklichen Eichhörnchen zu unterscheiden und sagen z.B. 10 Rubel: Zou Sat Iin oksa (zehnhundert Eichhörnchen Geld), wogegen lou set Irn allein 1000 wirklichen Eichhörnchen entsprechen würden, deren Werth jetzt weit gröfser als 10 Rubel ist. Die Wogulen zerfallen nicht, wie die Samojeden und manche andere sibirische Völker in Geschlechter, sondern sind auf russische Art in Woloste eingetheilt, in welchen sie ihre eigenen Golowa’s (Häupter) und Starschina’s (Aelteste) haben. Schliefslich bemerken wir noch, dafs der Verf. auf p. 25ff. desselben Bandes einige grammatikalische Bemerkun- gen über die Sprache der Wogulen mitgetheilt hat. —T. Nikolajewsk und die Castries-Bai. (Hierzu eine Karte, Taf. IV.) Seitdem hinsichtlich der russischen Besitzungen in Ost-Sibirien und der be- nachbarten Küsten die Bestimmung getroffen wurde (im Jahre 1856), die Re- gierung derselben von Petropaulowsk nach Nikolajewsk zu verlegen, und das Ganze unter dem Namen „Ost-Sibirischer Küsten -Distriet“ in vier Bezirke, Ni- kolajewsk, Petropaulowsk, Gishiga und Udsk, getheilt worden, hat Nikolajewsk, Sitz des Gouverneurs, Admiral Kasakewitsch, sehr an Bedeutung gewonnen. Hier Nikolajewsk und die Castries - Bai. 227 sind ansehnliche Festungswerke und Maschinenwerkstätten errichtet, der Handel am Amur, soweit derselbe bis jetzt besteht '), wird von hier aus betrieben, und die kleineren russischen Kriegsfahrzeuge sowie Kauffahrteischiffe, die nicht über 12 Fufs Tiefgang haben, kommen hierher und legen sich der Festung gegenüber im Strome vor Anker. Dennoch fehlen Nikolajewsk durchaus die Bedingungen, die bei der voraus- zusehenden schnellen Entwickelung des Handels und Verkehrs im reichen Amur- Thale und Sibirien für ein Emporium unerläfslich sind. Zuvörderst mufs man es von Süden, durch den tatarischen Golf und Liman, mit engem Fahrwasser von 12 bis 14 Fuls Tiefe, zu erreichen suchen, die Auffahrt ist also, wenngleich nicht in dem Grade gefährlich, wie bei der nördlichen Durchfahrt, doch schwierig und zeitraubend, und tiefer gehende Schiffe müssen erst in Castries-Bai leichtern. Es hat ferner keinen Hafen, die Schiffe liegen 13 Werst vom Ufer, mitten im Strome, in schlech- tem Ankergrund und ohne allen Schutz. Endlich ist das Klima hier unverhältnifs- !) Nach eigner Beobachtung am gedachten Platze kann Schreiber dieses nicht umhin, hier beiläufig die Fr. Aug. Lühdorf’sche Schilderung in Petermann’s Mitthei- lungen 1858, VII. auf etwas wahrheitsgetreuere Zahlen zurückzuführen. Der Lüh- dorf’sche Bericht scheint nur bis zum 7. October 1857 zu reichen, während der Verf. die dortigen Verhältnisse bis zum August 1858 kennen gelernt hat. Herr Lüh- dorf sagt z. B.: „Welche überraschende Proportionen der Handel dort angenommen hat, geht aus der einfachen Thatsache hervor, dafs in diesem Jahre schon 29 Dampf- schiffe den Amur befahren werden, von denen 14 russische Kriegs-Seedampfer sind, die übrigen Flufsdampfer, theils der russischen Regierung, theils russischen und aus- ländischen. Compagnien gehörend.“* Die 29 Dampfschiffe, die den Amur schon in diesem Jahre (also 1858) befah- ren sollten, bestehen bis jetzt nur in der Einbildungskraft des Berichterstatters. In Wirklichkeit sind 1858 auf dem Amur vorhanden: ein tauglicher Regierungsdampfer, er „Amur“ (in den Vereinigten Staaten von Amerika von Eisen gebaut), und vier unbrauchbare Regierungsdampfer, der Argun, die Lena, Schilka und die kleine Na- djeshda von 8 Pferdekraft; russischen oder ausländischen Compagnien gehörende Dampfer, die den Amur befahren, giebt es aber noch gar nicht, nur einen höl- zernen, von Herrn Burling aus San Francisco herübergebrachten, der bis zum 5. Au- gust 1858 noch nicht zusammengesetzt war. " Der Handel, der nach Herrn Lühdorf „überraschende Proportionen angenommen hat“, wird durch ein deutsches Geschäftshaus (nämlich das des Herrn Lühdorf, dem wir den besten Erfolg wünschen), vier amerikanische und vier russische vertreten und ist erst im Entstehen begriffen, dürfte bis jetzt jährlich bei Weitem nicht eine Mil- lion Rubel umsetzen, wie auch der Export russischer Producte, mit Ausnahme von Zobelfellen, ‘erst dann in’s Leben treten kann, wenn am oberen Amur und in Trans- baikalien zu diesem Behufe grofse Quantitäten dieser Producte erzeugt, gesammelt und den Fluls abwärts geschafft werden. Vom Amur-Flufs, den er freilich nicht selbst befahren hat, sagt Herr Lühdorf: „Der Amur ist auf einer Strecke von beinahe 2000 Werst schiffbar, doch dürfen die - die letzte Hälfte befahrenden Dampfschiffe nur 14 bis 2 Fufs Wasser ziehen.“ Auch hier mufs ich, da ich ein Jahr später als der Berichterstatter den Amur von seiner Mündung bis zum Strjälotschnoi Karaul befuhr, Herrn L. dahin berich- ‚tigen, dafs dieser Strom von der Mündung, bis zu dem genannten Karaul ca. 3000 erst schiffbar ist (wovon 2000 Werst bis zum Flufs Seja bei 44 bis 5 Fufs Tief- g, dann weitere 1000 Werst bei 2% bis 3 Fufs bis Ust Strjälotschnei Karaul), $ aber flache Dampfer, die nur 14 bis 2 Fuls Tiefgang haben, noch 500 bis 700 erst weiter aufwärts die Schilka und Ingodä bis Tschitä, der Hauptstadt von Trans- baikalien, und dem eigentlichen headwater of navigation befahren können. 15* 228 Miscellen:: mäfsig strenger als westlich und südlich von der Küste, nach Schrenk offenbar in Folge der Nähe des Ochozkischen Meeres, der in demselben wie im Liman bis in den Juni liegen bleibenden Eismassen und der Ostwinde, welche im untern Amur-Thale im Frühjahr fast ausschliefslich vorherrschen. Die Schifffahrt ist daher im Jahre nur für vier Monate möglich, in den andern acht wird jeder Verkehr seewärts durch einen starren Eisgürtel und Treibeis gehemmt. Dagegen ist die in 51° N. Breite befindliche Castries-Bai von unendlich günstigerer Lage, da die Schifffahrt hier 7 Monate im Jahre offen und eine Ver- bindung mit dem Amur entweder durch den Kisi-See oder direct per Eisenbahn (wie solche durch den russischen Ingenieur Romanoff schon vermessen) leicht ausführbar ist. Der Terminus derselben am Amur soll Djai, 28 Werst oberhalb Mariinsky, also circa 320 Werst oberhalb Nikolajewsk, werden, und das General- Gouvernement in Irkuzk hat mit Genehmigung der Regierung in St. Petersburg, diesen Hafen „Djai* oder „Sophia“ allen fremden Schiffen und Ladungen unter denselben Bedingungen, die für Nikolajewsk gelten, für offen erklärt. Auch sind schon in Sophia und in Castries-Bai die nöthigen Vermessungen und Karten be- endet und der russisch-amerikanischen Compagnie und einigen Kaufleuten von Nikolajewsk sehr bereitwillig und unentgeltlich Grundstücke an diesen beiden Punkten überwiesen worden. Auf einer im grofsen Malsstabe gezeichneten Karte der Castries-Bai, die sich im Hause des Gouverneurs in Nikolajewsk befindet, sahen wir den Plan der dort beabsichtigten Verbesserungen; dieselben bestehen in einem grofsartigen breakwater, Docks, Werften und Magazinen für die Regierung, — Bauten, welche sämmtlich schon in diesem Jahre (1859) in Angriff genommen werden sollen. In Djai dagegen sind schon eine Anzahl Häuser neu erbaut, die Ansiedelungen von Kisi und Mariinsky sollen zum grofsen Theil dorthin verlegt werden, und eine Kirche von stattlichen Dimensionen sahen wir bei unserer Auffahrt auf dem Amur schon beinahe vollendet. Die seit dem Jahre 1855 in Castries-Bai bestehende Colonie und militairi- sche Besatzung führt den Namen „Alexandrowsky Post“, zwei Werst von dieser entfernt landeinwärts liegt die Militär- Colonie „Castries“, aus eirca 60 Häusern, Hospital und Kirche bestehend. Hier wohnen eirca 150 Soldaten, grofsentheils mit ihren Familien, und beschäftigen sich mit etwas Gärtnerei und Viehzucht. Die Zahl der Häuser und Besatzung von Alexandrowsky Post ist in neuester Zeit stätig vermehrt, auch ein Hafen-Capitain, dem ein der deutschen, englischen und französischen Sprache kundiger Uebersetzer beigegeben, ernannt worden. Südöstlich und in der Castries-Bai liegt die Lachs- oder Salmon-Bucht, die einen aufserordentlich grolsen Ertrag an diesen Fischen liefert. Soldaten und einige Tungusen sind mit dem Fang und Einsalzen des Ueberschusses beschäftigt, auch Austern sind in der Bai vorhanden, und Fisch- und Austersuppen werden den Truppen aufser ihren Rationen verabfolgt. Auf der beifolgenden, nach den Peilungen des Capt. Horner von der ame- rikanischen Brig „Sophia“ entworfenen Karte ist die Einfahrt zum äufseren und inneren Hafen der Castries-Bai klar ersichtlich und mit Hilfe derselben mag jeder Seefahrer auch ohne Lootsen unbesorgt einsegeln. Schon Capt. Bernard Whittingham von der alliirten Flotte, die im Jahre 1855 Das T’een T’ung-Kloster bei Ningpo. 229 den Hafen zweimal besuchte, beschreibt die Einfahrt im Wesentlichen richtig mit folgenden Worten: „Die Castries-Bai, der beste Hafen der russischen Besitzun- gen in der Nähe der Amur-Mündung, wird vom Meer durch drei Inseln getrennt, die sich von Norden nach Süden erstrecken, steil, leicht wellenförmig und gut bewaldet sind und zwischen sich drei Eingänge in den innern Hafen bilden. Die Strafse zwischen der mittleren und nördlichen Insel ist seicht und nicht passirbar; die zwischen der mittleren und südlichen Insel ist nur für kleinere Schiffe tief genug, während der eigentliche Canal für Kriegsschiffe und andere grofse Schiffe die südliche Passage ist.“ In Bezug auf diesen Bericht Capt. Whittingham’s ha- ben wir nur zu bemerken, dafs die Strafse zwischen der mittleren und süd- lichen Insel gut und für Kauffahrtei- und jede andere Art von Schiffen voll- kommen passirbar ist, wie die auf der Karte bezeichnete Fahrt der Brig „Sophia“ dargethan hat. Besonders mülste die Aufmerksamkeit des Seefahrers auf die von Capt. Horner mit grofser Sorgfalt gepeilte Bank im Centrum der äufseren Einfahrt gerichtet sein. Quer über die Bank und vom westlichen Rande nach Süden hin gesehen, erscheint über dem Low Isthmus hinweg ein steiler Fel- sen, wie auf der Zeichnung angedeutet; noch zwei andere Peilungen bestimmen die Lage der Bank genau; von einer Schwierigkeit bei der Einfahrt kann also auf keinen Fall, trotz einer in Hamburg publieirten Aussage eines Capt. Krell von der Bark „George Krell“, die Rede sein. Der südlich angemerkte Cours war der der Bark „Oskar“, Capt. Matthieu, der im Jahre 1857 in Ermangelung irgend einer Karte auf das Riff des Oyster Islands gerieth, von dort aber ohne Beschädigung mit Hilfe der Mannschaft der russischen Sloop „Baikal“, Capt. Popoff, binnen 12 Stunden mit Hochwasser abkam. Im Schutze der mittleren Insel ist in 3 bis 4 Faden Tiefe guter Ankergrund, in dessen Nähe man vorzügliches Trinkwasser findet; übrigens wird den einsegeln- den Fahrzeugen von dem hier stets stationirten Regierungsschiff ein Ankerplatz angewiesen. Das letztere würde sogar einem überaus ängstlichen Capitain, der es vorzöge, bei Klosterkamp zu kreuzen, einen Lootsen heraussenden, da durch den am North Head des Caps aufgestellten Wachtposten von seewärts kommende Schiffe signalisirt werden. J. Das T’een T’ung-Kloster unweit Ningpo. Dieses Buddhisten-Kloster ist bis jetzt wiederholt von Fremden besucht wor- den, dreimal von Robert Fortune!), einmal von dem Missionar William ©. Milne ?), aufserdem von einem Ungenannten, dessen Bericht, mit H. unterzeich- net in der China Mail?) veröffentlicht und vom 22. Septbr. 1858 aus Ningpo n !) Im Mai 1844: Vgl. Wanderungen in China. Leipzig 1854. Seite 79 u. ff.; und später: Vgl. ebendaselbst S. 287 u. ff.; endlich: Fortune, A Residence among the Chinese. London 1857. pag. 97 qq. 2) Vgl. Milne, Real Life in China S. 250 u. ff. ?) China Mail, Hongkong vom 4. Noybr. 1858, = 230 Miscellen:: datirt ist. Aus diesen Mittheilungen läfst sich genau die Lage und Umgebung dieses in vieler Beziehung merkwürdigen Gebäudes erkennen, wie wir sie im Fol- genden darzustellen versuchen werden, wobei wir den neuesten letzgenannten Bericht zu Grunde legen. Herr H. schreibt: „An einem regnichten Nachmittage in Ningpo, wo ich zur Stärkung meiner Gesundheit, die während meines Aufent- halts auf der Insel der „duftenden Ströme“ (Hongkong) gelitten hatte, verweilte, entschlofs ich mich, um die Langeweile zu vertreiben, das Kloster ') T’een T’ung zu besuchen. Um 53 Uhr befand ich mich bereits an Bord eines be- quemen chinesischen Bootes. Von der Fluth begünstigt fuhren wir rasch durch die Dschunken-Brücke, wobei wir der auf einem nicht weit vom rechten Ufer des Flusses gelegenen Schiffe geschriebenen höflichen Einladung Tuy wo lai d.h. „komm zu mir“ folgten, weil dort der Raum zur Durchfahrt am weitesten ist. Kurz darauf, während ich unter dem Schutz des Bambusdaches meines Fahrzeugs eine Cigarre rauchend in einem Buche las, ward ich durch einen plötzlichen Stofs unangenehm aufgeschreckt. Ein Gewitter war ausgebrochen und ich ver- liefs meinen bequemen Platz, um nachzusehen, wodurch die Erschütterung ver- anlafst worden. Es zeigte sich, dafs wir bei einem Pa angelangt waren, einer chinesischen Schleuse, bei der die Boote vermittelst einer Art von Gangspill auf eine ansteigende Ebene im Canal heraufgewunden werden, um auf der andern Seite derselben wieder in’s Wasser hinabzugleiten. Diesmal geschah dies ohne Schwierigkeit, weil die Fluth hoch war. Die folgende Nacht war keinesweges behaglich, häufige Zusammenstöfse in der Dunkelheit mit den uns begegnenden Booten führten zu sehr nachdrücklichen Complimenten zwischen den Bootleuten, doch begab ich mich endlich, ohne darauf weiter zu achten, zur Ruhe. Am nächsten Morgen waren wir bei Siaopa, einem am Fufse eines hohen Berges ge- legenen Dorfe angekommen, wo der Canal von Ningpo sich nach Süden oder Südosten wendet. Da T’een T’ung fünf oder sechs engl. Meilen in entgegenge- setzter Richtung liegt, machte ich meine weitere Reise über Land.“ Dieselbe Fahrt scheint Hr. Fortune zurückgelegt zu haben, indem er erzählt (Wanderung S. 79.): „zwölf bis vierzehn Meilen ging unsere Reise ganz zu Wasser, am Fulse der Hügel aber endigte der Canal und wir mufsten dann zu Fufs weiter gehen oder uns auf Sesseln tragen lassen.“ Die Entfernung des Klosters von der Stadt Ningpo schätzt derselbe auf etwa 20 engl. Meilen (a. a. O. S. 287). In Residence among the Chinese p. 97 sagt derselbe: es liege zwischen den Bergen einige 20 (engl.) Meilen südöstlich von Ningpo. Hr. Milne bemerkt ganz kurz: „meine Reiseroute nach den Priesterhallen von T’een T’ung war theils zu Lande, theils zu Wasser;“ er besuchte das Kloster nicht direct von Ningpo, sondern von einem kleinen Dorfe Pihpoo-shan aus, von wo er den Pihpoo oder hundertfülsigen Fel- sen bestiegen hatte. Hr. H. setzte, nachdem er bei Siaopa ein Bad und Früh- stück genommen, seine Reise, obwohl es regnete, auf einem unbedeckten „Berg- sessel“ fort, da ein bedeckter nicht zu haben war, und sagt: „Die Strafse nach T’een T’ung war eine der besten, die ich je in China gesehen. Sie be- !) Fortune und Milne nennen es durchgehends Tempel. Es wird sich zeigen, dafs es sowohl ein Kloster als auch ein Ort der Anbetung Buddha’s, ein Wallfahrts- ort ist. Wir gebrauchen daher beide Benennungen ohne Unterschied. Das T’een T’ung-Kloster bei Ningpo. 231 stand nicht blofs aus einer drei Fufs breiten Steinpflasterung, sondern hatte auch noch einen breiten Rand von grünen Rasen und war überdies den gröfsten Theil des Weges mit Hecken bepflanzt, welche gerade in dieser Jahreszeit mit Blüthen reichlich bedeckt waren.“ Sie erinnerte ihn an eine der altmodischen Landstrafsen seiner Heimath (England), woran gleichfalls die Schönheit der Gegend und die Grofsartigkeit der Landschaft denken liefsen. Hr. Milne schreibt: „Während meines Marsches über Land bemerkte ich, dafs die Gegend einen ganz andern Character an sich trug, als ich bisher zu sehen gewohnt war. Der Boden erhob sich wellenförmig und der Weg zeichnete sich durch seine steilen Erhöhungen aus, von denen es wieder jäh hinab in die Tiefe ging. Ich kam durch mehrere Dörfer, deren Bewohner noch nie einen weilsen Fremden gesehen hatten.“ (a. a. O. S. 250 und 251.) „Geschützte Ruheplätze,“ berichtet H., „welche in einigen Zwischenräumen durch das überragende Dach eines an der Seite der Strafse ge- gelegenen Tempels bildet wurden, waren in kleinen Entfernungen zur Bequem- lichkeit der Reisenden angelegt.“ „Als ich mich dem T’een T’ung-Tempel nä- herte,“ schreibt Hr. Milne, ward die Landschaft so grolsartig, dafs ich sie nicht zu schildern wage. Die Gegend schien wie eigens bestimmt für ein Heiligthum. Soweit das Auge reichte, erhob sich ein Hügel hinter dem andern, jeder mit den mannichfaltigsten Bäumen bewaldet und der Tempel selbst lag rings von ho- hen Hügeln umgeben.“ Auch Hr. Fortune beschreibt diese Gebirgslandschaft ähnlich; ebenso Hr. H. Bei dem ersteren heifst es: „Hinten zu beiden Seiten (des Tempels) erhoben sich die Berge in unregelmälsigen Gipfeln, bis zweitausend Fufs über der Meeresfläche. Diese Berge sind nicht so kahl, wie die Gebirge im Süden (— welche wahrscheinlich auch Hrn. Milne vorschwebten —) sondern bis nahe an den Gipfel mit einer dichten, der Vegetation der Tropenländer ähn- lichen Masse von Buschwerk, Gesträuchen und Bäumen bekleidet. Manche der schönsten chinesischen Bambusarten wachsen hier in den Schluchten und das dunkle Nadelholz erreicht an den Seiten der Hügel eine bedeutende Höhe.“ Bei der Beschreibung seines zweiten Besuches sagt er (a. a. O. S. 289): „Die Berge in der Nähe des Tempels sind reich bewaldet. In der That scheinen die Priester die Bäume, welche in der Nähe ihrer Tempel wachsen, sehr gewissenhaft zu schonen und tragen dadurch viel dazu bei, die Schönheit der Landschaft zu er- halten.“ Hr. Fortune fand hier die gröfsten Exemplare von Pinus sinensis und mehrere schöne der neuen Tanne Cryptomeria japonica, Der Berichterstatter in der China Mail sagt: „Das umliegende Land gehört im Umfange von mehreren Meilen dem Kloster. ) Es ist vortrefflich angebaut und mufs reichen Ertrag gewähren. Die Hügel sind mit Bäumen bedeckt, welche Eigenthum der Mönche sind, und nur zu ihrem eigenen Gebrauche geschlagen werden.“ Er sah Fichten- _ bäume von 130 Fufs Höhe, aufserdem Eichen-, Wallnufs-, Kampferbäume, die _ Hanfpalme und den Talgbaum, alles im Ueberflufs. Unmittelbar nach dem T’een "T’ung-Kloster führt eine lange Allee von chinesischen Fichtenbäumen; nach Milne -_ _*) Vgl. auch Fortune Wanderungen $. 82. In A Residence sagt er: „es liege mitten in einem ausgedehnten Theelande.“ Vgl. das. S. 97. Auch Hr. H. sagt: „Der Theestrauch wächst hier reichlich, obwohl das Product in diesem Distriet nicht für die Ausfuhr zubereitet wird.“ x 4 232 Miscellen: ist sie eine engl. Meile lang. Anfangs läuft sie gerade aus, an einer Wendung zeigt sich plötzlich das Kloster, „ein unverhoffter, herrlicher Anblick.“ In der Nähe des Klosters „windet sich die Allee höchst malerisch am Rande zweier künstlicher Seen hin, an deren Gestade, dem Haupteingange gegenüber, sich eine kleine Pagode erhebt, zu deren beiden Seiten drei mächtige Urnen von rother Farbe stehen, welche zur Aufnahme der Asche der vor den Götzenbildern ver- brannten Räucherstäbe dienen. Das Kloster selbst liegt am Fulse eines der höchsten Berge, der wahrscheinlich sich 3000 Fufs erhebt. Beim Anblick desselben von der Fichten-Allee aus, von welcher eine steinerne "Treppe nach dem Hauptein- gange führt, zeigt sich Zimmer hinter Zimmer, eine Halle hinter der anderen, ein Corridor neben dem andern (Milne a. a. O. S. 251); sonst aber ist das Aeufsere, die malerische Lage abgerechnet, vielleicht nicht imponirender, als bei den mei- sten grofsen Tempeln in China; doch ist das Kloster sehr weitläufig und die vornehmsten Tempel erheben sich parallel mit dem Eingang und durch Höfe ge- trennt einer über dem andern. Ueber die Entstehung des Heiligthums erzählte der Oberpriester Hrn. Fortune (Wanderungen $. 81) Folgendes: „Vor vielen hun- dert Jahren zog sich ein Greis von der Welt zurück, kam in diese Gebirge, um hier zu wohnen und lebte ganz der Ausübung religiöser Pflichten. So streng waren seine Andachtsübungen, dafs er alles vernachlässigte, was zu seinen zeit- lichen Bedürfnissen gehörte, selbst seine tägliche Nahrung. Die Vorsehung je- doch wollte einen so frommen Mann nicht Hungers sterben lassen. Einige Kna- ben wurden auf eine wunderbare Weise geschickt, die ihn täglich mit Nahrung versorgten. Mit der Zeit verbreitete sieh der Ruf des Weisen über die ganze Umgegend und von allen Seiten strömten ihm Schüler zu. Es wurde eine kleine Reihe von Tempeln gebaut und.so entstanden die weit ausgedehnten Gebäude, welche jetzt den Namen T’een T’ung oder „Tempel der himmlischen Knaben“ führen; T’een bedeutet Himmel und T’ung ein Knabe. Endlich starb der alte Mann, aber seine Schüler traten an seine Stelle. Der Ruf des Tempels verbreitete sich weit und breit, aus den entferntesten Theilen des Reichs kamen Jünger — unter diesen ein chinesicher König — um an seinen Altären zu beten und ihre Opfer darzubringen. Vor den ursprünglichen Tempeln wurden gröfsere neue ge- baut und diese machten wieder den geräumigen Gebäuden Platz, welche jetzt den Haupttheil des Baues bilden.“ Fast sämmtliche Tempel sind mit Götzenbildern angefüllt. Hr. H. fand in dem einen der beiden ersten, mit dem Haupteingange parallel liegenden, der Thür gegenüber, das Bild des „lachenden Gottes,“ wie die Fremden es zu nennen pflegen. Es ist seiner Meinung nach eins der drei Buddhas. Ein Mönch, bei dem er sich erkundigte, nannte diesen Götzen den Schöpfer des Himmels und der Erde. Andere Chinesen, die von dem Buddhismus nicht viel halten, betrachten ihn als einen vergötterten Demokritus, als einen, der im Le- ben beständig über die Thorheiten der Menschen lachte und nun in seiner ge- genwärtigen Erhabenheit noch seine Vorliebe für ein grinsendes Antlitz beibe- halten hat. „Der dritte, mit dem Haupteingang parallele Tempel,“ sagt Hr. H. „ist die „„Buls- oder Strafhalle.““ Sie hat keine Götzenbilder, ist dagegen mit einigen Tafeln und Inschriften geziert, die den Mönchen von ihren Freunden ge- schenkt worden. Der Name dieses Tempels bezieht sich auf den Umstand, dafs der Abt des Klosters in demselben die Vergehungen der Mönche untersucht und Das T’een T’ung-Kloster bei Ningpo. 233 die Strafen verhängt. Die Mönche stellen sich entweder freiwillig oder werden zwangsweise vorgeführt. Im ersteren Falle sagt man, sie kommen, um ihre In- struction zu holen, im letzteren, sie empfangen sie. Es gilt nämlich als Verdienst, freiwillig in Gegenwart der Brüder seine Fehler einzugestehen und gestraft zu werden; aber ohne Zweifel findet der Abt oft Gelegenheit Zwangsmaafsregeln an- zuwenden. Haben sich bei einem solchen Acte die Mönche in dem Tempel ver- sammelt, so liest der Abt die Ordensregeln vor, wobei er auf einer erhöhten Plattform sitzt, während die Mönche mit kreuzweis übereinandergeschlagenen Beinen am Boden lagern. Dann werden die Verklagten nach den Ordensregeln verurtheilt: entweder eine gewisse Zeit lang vor den Götzenbilderın zu knieen und zu beten, oder mit einem Bambusrohr auf den Händen geschlagen oder aus der Brüderschaft völlig ausgestofsen zu werden. In sehr gravirenden Fällen wird der Delinguent der bürgerlichen Obrigkeit zur Bestrafung übergeben. Diese gerichtlichen Verhandlungen werden je nach Bedürfnifs von Zeit zu Zeit in dem Tempel gehalten.“ Hr. H. erfuhr, dafs die Zahl der Mönche zweihundert be- trage; Hr. Milne sagt, sie übersteige nicht 60 (a. a. ©. S. 252); Hr. Fortune hörte aus dem Munde des Oberpriesters, dafs ungefähr 100 Priester zum Kloster gehörten, aber viele beständig auf Missionen in verschiedenen Gegenden des Lan- des abwesend seien (Wanderungen $. 82). Sie waren nicht gerade alle beson- ders kenntnilsreich und gebildet, der Berichterstatter fand nur einen, einen lie- benswürdigen jungen Mann, der kürzlich aus einem Kooschan-Kloster in der Nähe von Futschau hergekommen war, um hier seine theologischen Studien fort- zusetzen, welcher bereit und im Stande war, ihm nähere Auskunft zu ertheilen. Die einsichtsvollsten befanden sich übrigens damals gerade sammt dem Abte in Ningpo. Hr. Fortune (Wanderungen S. 80 u. 84) rühmt die Freundlichkeit und Gast- freiheit, mit welcher er im Kloster empfangen und beherbergt wurde. Auch Hr. Milne wunderte sich darüber, dafs ihm die Mönche ohne alles Bedenken und in ‚höflichster Weise über alles, was sie wulsten, Mittheilung machten. „Die Gebäude an jeder Seite der vorhin beschriebenen drei vornehmsten Tempel,“ fährt Hr. H. fort, „dienen vorzugsweise als Speisesäle, Schlafgemächer, Vorraths- häuser, Mühlen und kleinere Heiligthümer. Von: den letzteren bieten viele einen ganz erträglichen Aufenthalt für Gäste. Eins der Seitengebäude ist der Glocken- thurm, in welchem sich eine grolse sehr schön tönende Glocke befindet. Ueber- all umgeben Verandahs das Kloster, welche den Besuchern bei jedem Wetter einen weiten Spatziergang zu machen gestatten.“ Auch Hr. F. nahm die ver- schiedenen Tempel und den Glockenthurm mit „der schönen metallenen Glocke von grolsen Dimensionen“ in Augenschein. Im ersteren fand er die Bilder „der drei kostbaren Buddha’s,“ „der Königin des Himmels,“ welche auf dem berühm- ten Lotus oder Nelumbium sitzend dargestellt wird, „des Gottes des Krieges“ und vieler andrer vergötterter Könige und grofser Männer früherer Tage. Manche dieser Bilder waren dreifsig bis vierzig Fufs hoch und gewährten, wenn man sie in diesen geräumigen hohen Hallen nebeneinander gereiht sah, einen höchst eigen- _ thümlichen Anblick. Die Priester wohnten in einer Reihe niedriger Gebäude, die mit den verschiedenen dazwischen liegenden Tempeln und Höfen rechte Winkel _ bildeten. Jeder Priester hatte einen kleinen Tempel in seinem Hause, — einen Hausaltar, auf dem sich kleine Götzenbilder befinden, vor denen er oft seine 234 Miscellen: Privatandacht verrichtet. Das Kloster zieht seine Einnahmen aus den Ländereien, namentlich aus dem Verkauf von Bambus’), der hier vortrefflich gedeiht, sowie von Baumästen und Sträuchern, die als Feuerungsmaterial in Bündeln verkauft werden. Aufserdem opfern die Andächtigen, welche das Kloster besuchen, er- hebliche Summen und die Erträgnisse der bettelnd im Lande umherziehenden Mönche pflegen auch nicht unbedeutend zu sein. Milne und Fortune über- nachteten im Kloster. Der erstere fand seine Zimmer bequem eingerichtet und liefs sich Morgens um 3 Uhr wecken, um der Frühandacht der Mönche beizu- wohnen. „Die Donnertrommel,“ erzählt er, „und die Glocke, riefen zum Gebet, Der Haupttempel war der grölste und glänzendste, den ich je gesehen. In der Mitte standen die drei Buddha’s, umgeben von den gewöhnlichen Trabanten, einer Anzahl von Halbgöttern und Genien. Vor dem Hauptaltar hatten sich die Prie- ster in Reihen von acht bis zehn Personen aufgestellt, in grauen Gewändern. Eine lange Zeit blieben sie unbeweglich, indem sie vorübergebeugt dastanden und mit zusammengelegten Händen und niedergeschlagenen Augen eine langsame Melodie mit tiefer gedämpfter Stimme sangen. Den Tact schlugen drei Priester, der eine auf einer plampen Trommel, der andere auf einem metallenen Gefäfs, der dritte auf einer grofsen hölzernen Kugel. Jeder kniete auf einer Matte und verneigte sein Haupt gegen das grolse Buddhabild. Sie wiederholten dies Knien, Aufstehen, Singen u. s. w.; die Andacht währte eine volle Stunde. Das Tönen der Glocken, das häufige Verbeugen, der langsame Gesang, der Dampf des Weih- rauchs, der Gebrauch des Rosenkranzes, die geschorenen Häupter und die ein- fache Tracht der gesammten Priesterschaft am frühen Morgen, alles erinnerte mich mit unleugbarer Aehnlichkeit an die Ceremonien bei einem römisch katho- lischen Gottesdienst“ (a. a. O. 8. 254). Hr. Fortune fand sein Schlafzimmer in einem oberen Stockwerk. Unter sich und in einem anstofsenden Hause konnte er das eigenthümliche Singen der Priester vernehmen, die mit ihren Andachts- übungen beschäftigt waren. Die Töne des Gong trafen sein Ohr und von Zeit zu Zeit ertönte feierlich die grofse metallene Glocke auf dem Thurme, Alles dies machte auf ihn einen eigenthümlich wehmüthigen Eindruck, den er niemals vergessen konnte (Wanderungen 8.83 u. 84). Herr H. schliefst seinen Bericht mit den Worten: „Die Beachtung verdienenden Gegenstände in der Nachbarschaft (des Klosters) sind zahlreich, die Landschaft ist von überraschender Schönheit und im Ganzen genommen giebt es wenige Gegenden in China, die so sehr eines Besuches werth sind als das Kloster T’een T’ung.“ B. Zucker-Plantagen auf den Sandwich - Inseln. In den letzten Jahren ist auf den Sandwich-Inseln der Anbau des Zucker- rohrs mehr in Aufnahme gekommen, besonders seitdem sich amerikanische Capi- talien diesem Culturzweige zugewandt haben. Man besafs im Sommer des vorigen Jahres auf den Inseln sieben Plantagen: zwei, die Koloa- und Lihue-Plantage, !) Hr. H. bemerkt: „Der Bambus, den die Mönche in Ueberflufs besitzen, wird von ihnen vorzugsweise zu Wasserröhren angewendet. Auf diese Weise ist jeder Theil des Klosters mit reinem Bergwasser reichlich versehen. * Fortschritte der Landwirthschaft in Californien. 235 die beiden gröfsesten, auf Kauai; zwei, die Ost-Maui- und die Brewer-Plantage, auf Maui; und drei, die Papaiko-, Pue- und Poka-Plantage auf Hawaii bei Hilo. Diese Plantagen produeirten 1420 Tons Zucker. Aufserdem waren noch auf Maui zwei und auf Hawaii eine Plantage in der Entwickelung begriffen, so dafs man für das Jahr 1860 einen Ertrag von 2000 Tonnen erwartet. Davon wird etwa der vierte Theil auf den Inseln selbst verbraucht; der Rest wird ausgeführt, haupt- sächlich nach San Francisco und Oregon. Man glaubt, dafs die Inseln im Stande sind, jährlich 12,500 Tonnen Zucker zu produciren; aber zur Anlage der hierzu erforderlichen Pflanzungen würden 8000 Arbeiter und ein Capital von 3 Millionen Dollars erforderlich sein, — ein Capital, dem der Honolulu Advertiser nach voll- ständiger Entwickelung der Pflanzungen einen jährlichen Brutto-Ertrag von 17 Millionen Dollars in Aussicht stellt. L. Fortschritte der Landwirthschaft in Californien. Im vorigen Heft der Zeitschrift haben wir bei der Uebersicht des Handels von San Francisco hervorgehoben, dafs der Ackerbau in Californien dem einhei- mischen Bedarf bereits genügt und einige Getreidearten, namentlich Gerste und Hafer, sogar für den Export producirt. Es ist von Interesse, zu verfolgen, in welchem Grade sich dieses Fundament des National- Wohlstandes in einem Lande eonsolidirt, das mit Mangel an Arbeitskräften zu kämpfen hat und dessen Land- wirthschaft durch die Anziehungskraft eines reichen Gewinn versprechenden Berg- baues nicht unerheblich leiden mufs. Ein solider Fortschritt des Ackerbaues ist hier sicherlich der zuverlässigste Beweis, dals sich das Land auf die Basis einer gesunden und dauernden Entwickelung gestellt hat. Man schätzt den Umfang des in Californien. zum Ackerbau geeigneten Lan- des auf 41,622,400 Acres; dazu kommen etwa 5 Millionen Acres Ländereien, die Ueberschwemmungen ausgesetzt sind, grofsentheils aber durch Entwässerung nutzbar gemacht werden könnten, und etwa 30 Mill. Acres Weideländereien. Das Gesammt - Areal des für die Landwirthschaft nutzbaren Landes würde sich also auf 76,622,000 Acres belaufen. Wirklich unter dem Pfluge waren dayon: im J. 1856 1857 1858 512,000 Acres, 684,000 Acres, 757,000 Aeres, so dafs also jährlich etwa 100,000 Acres Neuland in ‘Cultur genommen werden, — ein bei der geringen Bevölkerung bedeutender Zuwachs, der im Laufe der Jahre mit der Ausbreitung der ackerbautreibenden Bevölkerung natürlich eine stark ansteigende Progression annehmen muls, falls nicht so unerwartete Ereig- nisse, wie im vorigen Jahre die Entdeckung von Gold am Frazer River, wieder en bedeutenden Abflufs von Arbeitskräften verursachen. Von den Weidelän- dereien waren im Jahre 1858 1,159,813 Acres eingehegt, so dafs im Ganzen 1,916,813 Acres Land — oder nur 24 Procent des nutzbaren Landes — factisch benutzt wurden. Von den Cerealien verdienen Weizen, Gerste und Hafer eine besondere Be- 236 Miscellen: achtung. In welchem Verhältnifs diese Getreidearten angebaut wurden, ersieht man aus folgenden Zahlen: Weizen. Bestellt Gesammt-Ertrag Ertrag vom Acre Acres Bushel Bushel im Jahre 1856 171,869 3,879,032 225 - - 1857 164,642 3,205,484 19% - - 1858 186,464 3,563,669 195 Gerste. im Jahre 1856 150,674 4,519,678 30 - - 1857 216,991 9,088,330 233 - - 1858 237,692 5,382,718 224 Hafer. im Jahre 1856 32,402 1,107,359 344 - - 4857 44,966 1,201,405 27 - - 1858 44,616 1,322,231 293 Obgleich nun der Weizen im verflossenen Jahre durch die Dürre und an einigen Orten auch durch Brand gelitten hat, wird man doch nicht sagen können, dafs sein Anbau in entsprechender Weise sich ausbreitet. Die Weizenfelder ha- ben sich in zwei Jahren nur um 14,595, die Gerstenfelder dagegen um 77,018 Acres vermehrt. Mit Gerste, die allerdings in Californien besonders vortrefflich gedeiht, ist jetzt mehr Land bestellt, als mit Weizen; und dafs sich der rapide Fortschritt jener Cultur auch im Ausfuhrhandel bemerklich macht, haben wir im vorigen Heft hervorgehoben. Ein anderer Punkt, der ernste Aufmerksamkeit verdient, ist die Abnahme der Bodenergiebigkeit, die wir in Anbetracht des Umstandes, dafs im Jahre 1857 172,000 Acres und im folgenden Jahre 73,000 Acres Neuland, also sehr ergie- bigen Bodens in Cultur kamen, als eine auffallend schnelle bezeichnen müssen. Um die grofse Differenz im Bodenertrage zu veranschaulichen, wollen wir einige reiche Ernten zum Vergleich mit obigen Durchschnittszahlen anführen. Während im Jahre 1858 der Acre Weizen durchschnittlich 19,5 Bushel trug, erzielte man in Napa County bei einer Gesammtproduction von 500,000 Bushel Weizen durch- schnittlich vom Acre 314 Bushel. Dieses County, keineswegs eine Thallandschaft, sondern gröfsestentheils auf den Gehängen der Küstenkette gelegen, ist allerdings ein vorzügliches Getreideland; es produeirte im Jahre 1858 aufser Weizen noch 150,000 Bushel Gerste (30 vom Acre), 50,000 Bushel Hafer (25 vom Acre), 15,000 Bushel Kartoffeln (50 vom Acre), 2500 Bushel Erbsen (25 vom Acre), 1000 Bushel Bohnen (20 vom Acre), und 4000 Bushel Zwiebeln (200 vom Acre). Von Gerste, deren Durchschnittsertrag sich im letzten Jahre auf 224 Bushel be- lief, erzielt man in günstigen Fällen 50 bis 75 Bushel vom Acre. Ein mit Hafer bestelltes Feld von 32 Acres hatte im Jahre 1856 durchschnittlich 134 Bushel vom Acre ergeben, und im folgenden Jahre wurden zwei Haferernten notirt, von denen die eine durchschnittlich 125, die andere sogar 157 Bushel vom Acre geliefert hat. Diese Maxima weichen von der durchschnittlichen Ergiebigkeit des Zur Statistik von Surinam. 237 gesammten Ackerlandes so beträchtlich ab, dafs sie auf eine erhebliche Anzahl recht erschöpfter Felder zurückschliefsen lassen, und beweisen, wie wenig man noch in Californien bei der Fülle des Neulandes daran denkt, die unter dem Pfluge befindlichen Aecker bei Kräften zu erhalten. Den Ertrag an anderen Feldfrüchten im Jahre 1858 stellen wir in der fol- genden Tabelle zusammen: editor Aarın ol ER ii Acre Mais 4 an.» 12,978 620,323 48 Roggen. . . 1,641 41,235 25 Buchweizen . 862 22,360 26 Bohnen. . . 6,335 158,571 25 Erbsen . . . 1,387 41,929 30 Die Kartoffelernte ist nur für 33 Counties angegeben und beläuft sich in diesen auf 1,465,239 Bushels, durchschnittlich 92 Bushel vom Acre. Aufserdem waren noch 489 Acres mit sülsen Kartoffeln bestellt, die einen Ertrag von 78,630 Busheln lieferten; in Sacramento County gewann man sogar 224 Bushel vom Acre. Der Maisbau genügt dem einheimischen Bedarf noch bei Weitem nicht, und es scheint fast, dafs es in Californien an hierzu geeigneten Ländereien fehlt. Zuckerrohr, Baumwolle, Reis und Taback gedeihen nach den angestellten Ver- suchen vortrefflich; aber es ist zweifelhaft, ob sie bei dem hohen Arbeitslohn mit Vortheil angebaut werden können. Auch Runkelrüben, Hanf und Flachs hat man mit gutem Erfolge angebaut, und die Hanf-Cultur wird vielleicht in Zukunft von Bedeutung werden. Ein charakteristischer Zug in der landwirthschaftlichen Thätigkeit Califor- niens ist der ungemeine Eifer, mit dem man sich dort auf Obstbaumzucht und Weinbau gelegt hat. Im vierten Bande der Zeitschrift S. 247 ff. haben wir die- jenigen Counties, die sich in dieser Beziehung am meisten auszeichnen, namhaft gemacht und die Anzahl der im Jahre 1857 in ihnen befindlichen Obstbäume und Weinstöcke angegeben. Die Ziffern für das Jahr 1858 zeigen, dafs die ersten glücklichen Erfolge des Weinbaues diesem Culturzweige einen wunderba- ren Impuls gegeben haben; die Zahl der Weinstöcke hat sich von 2,265,062 im Jahre 1857 auf 3,954,548 vermehrt, — also in einem einzigen Jahre um 75 Pro- cent, eben so stark, wie in dem Jahre 1856 —57. Bei der Gleichmälsigkeit des Klima’s, dem warmen und trocknen Sommer geht man jetzt in Californien so weit, den Weinbau — dieses in allen anderen Ländern so precäre Geschäft — als die sicherste Bodenrente zu betrachten. Die Zahl der Pfirsich-, Apfel- und Birnbäume wurde beziehungsweise auf circa 2 Millionen, 800,000 und 100,000 Stämme geschätzt; die genauen Angaben waren noch nicht eingelaufen. L, Zur Statistik von Surinam. Folgende Notizen entnehmen wir aus dem „Jaarboekje voor het Jaar 1857* über die Zahl der Plantagen und ihrer Bevölkerung in Surinam, 238 Miscellen: yes [ts Ball Süled oe] ara a 58 Esledı 5 38 95 5,=8|885 23/1383| 8.138 3alsns22,.2 a LED 1 1 n Boven-Surinam und Thorarica | 21 fi 7 | 6 204, 4262 | 522 VA EEE DENN oc g 3 | 10 | 22 |.267|, 3325, | „440 Boven-Commewijne . . .1 16 ı — 2 ı 1 | ,84| 2449 | 218 Boven-Cottiea und Perica . | 15 ı 17 | — | ..1.\.471| 4191 | 506 Beneden-Commewijne. . . 6 12 | — 4 ı 96) 2665 | 841 Beneden-Cottica . » “x. 1.13 19 —_ 2 199| 6590 | 464 Saramacca. . - een 3 wi 20000 94| 1492 141 Distriet Coronie. . . .n. 1 _ — 20, 672 1820 215 uhmNsckerie | 4 . Kalk 5 4 4, 101592 60 1120 519 89 | 57 | 23 | 39 |1182 27914 | 3866 Saramacca hat aufserdem noch 10 Kaffee- und Cacao-Plantagen, Pära deren zwei und drei Wiesengründe. Die Gesammtzahl der Plantagen beträgt 265 mit einer Bevölkerung von 1182 Weilsen und 31,780 Negern. —r. Die Emporhebung der chilenischen Küste. In der von uns bereits erwähnten Abhandlung „sobre el solevantamiento de la Costa de Chile,“ welche die chilenische Revista de ciencias y letras eröffnet, stellt Prof. J. Domeyko die Beobachtungen Darwin’s, welche eine in geologisch neuer Zeit erfolgte allmähliche Hebung der Südspitze des amerikanischen Conti- nents beweisen, übersichtlich zusammen, und fügt ihnen einige eigne Beobach- tungen von Interesse hinzu. Was die von Darwin entdeckten Thatsachen betrifft, so genügt es, in Kürze an sie zu erinnern. Südwärts vom La Plata und in ganz Patagonien erhebt sich die dem atlantischen Ocean zugewandte Küste stufenweise; an vielen Stellen hat man fünf bis sieben solcher Streifen von Tafelländern be- obachtet, die durch mehr oder minder steile Abstürze stufenweise von einander getrennt sind. Auf den untersten dieser Stufen, bis zu derjenigen, deren durch- schnittliche Höhe 350 Fuls über dem Meeresspiegel beträgt, entdeckte Darwin in grofser Menge Seemuscheln von solchen Arten, wie sie noch jetzt in den be- nachbarten Meerestheilen vorkommen, und schlo[s aus dieser Thatsache, wie aus dem Zustande der Muscheln selbst und der Art ihrer Ablagerung, dafs die ganze Küste in verhältnifsmäfsig neuer Zeit über den Meeresspiegel emporgehoben wor- den, und zwar allmählich und mit längern Intervallen der Ruhe, in welchen das Meer Zeit hatte, an dem jeweiligen Strande die hohen Ufer auszuwaschen, die nach der nächstfolgenden Hebungsperiode als die erste Stufe des terrassenförmig ansteigenden Küstenlandes erschienen. Auf der Westküste Südamerika’s ist diese Stufenform bei dem gebirgigen Charakter des Landes begreiflicherweise nur an einigen besonders günstigen Oertlichkeiten zu beobachten, am deutlichsten bei der Mündung des Coquimbo, wo wie in Patagonien sieben Stufen deutlich unter- schieden werden können, und an der Mündung des Huasco. Aber auch hier lie- fern die zum Theil in bedeutenden Höhen abgelagerten Seemuscheln von noch Die Emporhebung der chilenischen Küste. 239 lebenden Arten einen unwiderleglichen Beweis, dafs auch die Westküste Süd- amerika’s in junger Zeit, und zum Theil noch viel höher als die Ostküste empor- gehoben ist. Die bestätigenden Beobachtungen Domeyko’s beziehen sich hauptsächlich auf zwei Localitäten. Die südlichere ist die Nordwestspitze der Provinz Arauco, zwischen den Mündungen des Rio Curampangue und des Rio Araquete, des Grenzflusses gegen die Provinz Concepeion. „Hier liegt,“ sagt Domeyko,“ eine ausgedehnte sandige Ebene, die nur sehr schwach nach dem Meer hin geneigt ist und bis an den Strand fortsetzt, in den sie auf kaum bemerkbare Weise über- geht. Da diese Ebene eine der bedeutendsten an der chilenischen Küste und ganz den vorherrschenden Südwestwinden ausgesetzt ist, so mufste die Einwir- kung dieses Windes auf den Sand in Verbindung mit der Wirkung der Meeres- wogen und der langsamen Emporhebung der Küste hier Dünenreihen bilden, die sich dem Strande parallel hinziehen. Wenn die Erhebung der Küste nicht durch Perioden der Ruhe unterbrochen gewesen wäre, oder wenn der Continent ununter- brochen in derselben Lage geblieben wäre, so würden diese Dünen denselben Gang und dieselbe Entwicklung genommen haben, wie die der französischen Küste am Atlantischen Ocean: in einer und derselben Richtung hätte sich Hügel an Hügel aufgehäuft. Da aber während der aufsteigenden Bewegung auch Epochen relativer Ruhe eintraten, und sogar Perioden der Senkung mit denen der Hebung abwechselten, so haben diese Dünen die Gestalt von Rücken angenommen, die sich der Küste parallel hintereinander erheben und zwischen sich Senkungen oder kleine Seen von geringer Tiefe bilden, die sich den Dünenreihen und dem Strande parallel in die Länge ausdehnen. Diese kleinen Seen haben zum Theil stagniren- des Wasser, zum Theil sind sie nur sumpfige Gründe, wie sie sich hinter den Küstendünen an vielen andern Stellen der chilenischen Küste täglich bilden; meistens sind aber die erwähnten Vertiefungen zwischen den Dünenreihen mit einer kräf- tigen Vegetation und mit Bäumen besetzt, die, als ob sie künstlich angepflanzt wären, gewissermalsen Alleen bilden, indem sie zwischen sich offne Wege frei lassen, die nichts anderes sind als die Rücken der alten Dünen. Die Zahl die- ser Dünenreihen entspricht wahrscheinlich die Zahl der Ebenen, welche in Ge- stalt von Stufen oder Terrassen hintereinander an andern Stellen der Küste er- scheinen.“ Die zweite Stelle, auf welche Domeyko die Aufmerksamkeit lenkt, befindet sich etwa 6 Leguas von der Küste entfernt an der Hauptstrafse der Provinz Col- chagua nach dem an der Mündung des Rio Rapel gelegenen Hafenplatz Puerte- cillo de Tuman. „Der Granitboden der Küste bildet hier eine Art von Tafelland, auf dessen etwas undulirter und mit kleinen, sehr sanft abgedachten und abge- rundeten Hügeln besetzter Oberfläche gro/se verwitterte Granitblöcke und Quarz- kiesel von allen Farben, geglätteter Oberfläche und abgerundeter oder ellipsoidi- _ scher Form zerstreut umherliegen. Kommt man von der Küste, so scheint sich auf diesem Tafellande, von fern gesehen, eine Art von Schanzen oder Befestigungs- _ werken zu erheben, die oben mit einem horizontalen, wie nach dem Lineal ab- ‚geschnittenen Rande endigen. Sie gehören einem Terrain an, das aus horizon- talen Schichten neuen Sandsteins bestand und sich über mehr als 3 bis 4 Leguas von $. nach N. und ein paar Leguas von O. nach W. ausdehnte. Von dieser 240 Miscellen : Formation ist jetzt nichts weiter übrig geblieben, als jene Wälle, die im Innern ein elliptisches Thal von ebener Oberfläche und gutem Acker- und Weideland, — den Boden eines alten Sees — einschliefsen. Jeder dieser Wälle zeigt im Querschnitt einen sanftern Abhang nach der Aufsenseite, einen steilen und in zwei Stufen gegliederten nach der innern Seite. In verschiedenen Abständen sind diese Wälle oder Schanzen von Schluchten durchbrochen; die breitesten Einrisse — die Stellen, an welchen früher das Wasser abflofs, — finden sich am Nord- und Südende. Der Boden des innern 'Thales liegt 190 Meter über dem Meeresspiegel; die erste Stufe des Abhangs, unmittelbar an den Gebäuden der Hacienda, erhebt sich 17,5 Meter, die zweite 63,7 Meter über den Fufs des Ab- hangs, also beziehungsweise 207 und 270 Meter über den Meeresspiegel. Das Gestein dieses hervorragenden Terrains ist geschichtet; aber die Schichten, wenn sie auch von fern als horizontal erscheinen, sind in Wirklichkeit doch zum Theil nach Osten, zum Theil nach Westen geneigt. Einige dieser Schichten bestehen aus einem etwas erdigen, feinkörnigen, weichen und leicht zerstörbaren Sand- stein, andere aus einem grobkörnigen und härteren mit thonigem Bindemittel; ich habe auch einige Schichten von Sandstein mit feldspathischem Korn und Spuren von krystallinischem Gefüge entdeckt. Quellen von klarem Wasser, die ohne Zweifel während der Regenzeit ihre Speisung erhalten, entstehen an ver- schiedenen Punkten und sickern zwischen den Sandsteinschichten hervor. Da dieses Quellwasser die Schichten des weichern, durchlassenden und leicht ver- witternden Sandsteins aufsucht, bildet es, wo die Quellen an dem Abhange hervor- brechen, Löcher und Nischen, die sich in der Richtung der Schichtung des Ge- steins ausdehnen. Dadurch ist unter Andern eine recht geräumige Grotte ent- standen, welche der Hacienda ihren Namen (La Cueya?) gegeben hat und durch die Zerstörung eines grolsen Theils von einer Schicht erdigen weichen Sandsteins entstanden ist, der unter einer andern härtern und widerstandsfähigeren Sandstein- schicht lag und von dem Wasser fortgeführt ist. Jene härtere Schicht, die sich nach dem Innern des Thalgrundes senkt, bildet die Wölbung der Grotte, und aus einer Spalte in dem höher gelegenen Theil dieser Wölbung bricht eine Quelle hervor, die ununterbrochen herabtröpfelt und über den Boden der Grotte abflielst. Das Innere der Grotte, deren Eingang durch eine grofse Mannigfaltigkeit von Blumen und Gebüschen geschmückt ist, ist geräumig genug, um während des Winters Heerden und Hirten einen Zufluchtsort zu gewähren. In geringer Ent- fernung von den Gebäuden der Hacienda, am äufsern Rande des Thalgrundes, gegenüber einer Ansiedelung Namens Pasaje, fand ich die Spuren eines alten Meeresstrandes, der sehr reich an wohlerhaltenen und so weifsen Muscheln war, wie man sie an dem nahen Seestrande findet. Diese Muscheln, die zum Theil in den härteren Sandstein eingebettet waren und fest mit ihm zusamenhingen, zum Theil in den erdigen, sehr weichen nur oberflächlich eingefügt waren, gehören nach Dr. Philippi, der sie untersucht hat, der Tertiär-Epoche oder jüngern Gebilden an, und nur drei sind identisch mit noch jetztim Meere lebenden Arten. Ich habe diese Muscheln 6 Leguas von der Küste und in einer Höhe von 220 Meter über dem Meeres- spiegel gefunden. An keinem andern Punkte Chile’s habe ich Muscheln der Jetztzeit in solcher Entfernung vom Meere und in solcherHöhe bemerkt. Nach der Beschaffen- heit der Versteinerungen entspricht dieser Sandstein dem der Tertiärformation bei Die Emporhebung der chilenischen Küste. 241 Coquimbo, Tongoy und andern Orten im Norden, und dem Kohlensandstein von Bucalemu, Talcahuano u. a. Punkten im Süden.“ Das Resultat der bisherigen Beobachtungen falst Prof. Domeyko in folgen- den Worten zusammen: „Meeresmuscheln auf emporgehobenem Terrain finden sich auf der Westküste Südamerika’s von 45° 35’ bis 12° S. Br. in einer Längen- ausdehnung von 2075 geographischen Meilen vön N. nach $., und wahrscheinlich auch noch weiter nach Norden hin. Schliefst man von den Höhen, in welchen Darwin Muscheln gefunden hat, die mit den jetzt noeh im Meer lebenden iden- tisch sind, auf die Erhebung der Küste zu ihrer gegenwärtigen Höhe, so hat die- selbe betragen 10 Ch1loez. „05 euer eti,890, Kuls „ Concepeion . 625— 1000 „ bauV.EIDANAISOL ie. 1300 „ „. CogumbOr ss. wer: Ro „ Copiapo .... 200— 250 „ N DE Me ET Ba 4 Sind diese Angaben auch noch nicht ganz zweifellos und zur Beurtheilung der Erhebung jedes einzelnen Küstenpunktes noch nicht ausreichend, so erhellt doch aus ihnen, dafs die bedeutendste Erhebung der Küste unter der Breite des- jenigen Theiles der Anden stattgefunden hat, welcher die höchsten Berge dieser Kette und des ganzen südamerikanischen Continents besitzt, — den Aconcagua und Tupungato. Die Zeit, auf welche sich die angeführten Beweise für die jüngste Erhebung der Küste beziehen, ist im Allgemeinen diejenige, seit welcher die jetzt in den benachbarten Meerestheilen lebenden Molluscen existiren. Diese Erhebung betrug: seit der Zeit, dafs der Mensch die peruanische Küste bewohnte, auf der Insel San Lorenzo nicht mehr als 85 Fufs; aber in Valparaiso hat sich die Er- hebung seit 220 Jahren auf 19 Fufs belaufen, in Chiloe ist sie noch schneller ge- wesen, in Coquimbo hat sie seit 150 Jahren nur einige Fufs betragen. Nir- gends ist die aufsteigende Bewegung eine ununterbrochene gewesen, und wenn man von den localen Erschütterungen absieht, die durch grofse Erdbeben her- vorgerufen werden und in plötzlichen Schwankungen an vereinzelten Punkten be- stehen, muls die Erhebung auch eine langsame, allmähliche gewesen sein, welche durch längere Perioden relativer Ruhe unterbrochen wurde, während deren das Meer das Ufer unterwaschen, steile Ufergehänge und mit den abgeschwemmten Bestandtheilen wieder einen sanft geneigten Meeresgrund bilden konnte. Daher stammt die Uferbildung der alten Meeresbuchten und Thalmündungen, von denen der Continent sich jetzt stufenweise erhebt, indem er in verschiedenen Höhen Ebenen bildet, die nach dem Meer hin sanft geneigt und von einander durch fast steil abgeschnittene Abstürze getrennt sind. In Coquimbo zählt man sieben sol- cher Stufen, weiter im Norden vier bis fünf, drei auf San Lorenzo und auf Chiloe: darnach möchte man annehmen, dafs seit der oben bezeichneten jetzigen geolo- “gischen Epoche an einigen Theilen der chilenischen Küste sechs bis sieben Pe- _ rioden langsamer Emporhebung stattgefunden haben, während an andern nur fünf, und an den äufsersten Enden nur drei solcher Perioden bemerkt werden können; aber überall waren sie von Perioden der Ruhe unterbrochen.“ —n bu eat rt Zeitschr.f. allg. Erdk. Neue Folge. Bd. VI. 16 242 Neuere Literatur: Publieation der Papiere E. Vogel’s. Dem „Central- Anzeiger für Freunde der Literatur “ entnehmen wir die den Lesern der Zeitschrift gewils sehr erfreuliche Nachricht, dafs das im Verlage von OÖ. Spamer in Leipzig erscheinende „Buch der Reisen und Entdeckungen“ in sei- nem dritten Bande Dr. Eduard Vogel’s „Entdeckungsreisen in Central- Afrika, nebst einer Lebensskizze des vermiflsten Reisenden, nach authentischen Quellen herausgegeben von H. Wagner“ liefern wird. „Da dem Herausgeber,“ heifst es in der betreffenden Anzeige, „die Briefe und handschriftlichen Aufzeichnungen Vogel’s, sowie eine Menge von Originaldocumenten vorliegen, wird das Buch zur willkommenen Berichtigung der mancherlei Irrthümer dienen, welche durch die heimische und auswärtige Presse, z. B. durch die kürzlich in Paris erschienene Schrift von Malte-Brun, über die Lebensverhältnisse unseres berühmten Lands- manns verbreitet worden sind.“ Neuere Literatur. Deutschlands Boden, sein geologischer Bau und dessen Einwirkung auf das Leben der Menschen. Von Bernhard Cotta. Zweite vermehrte Auf- lage. Zweiter Theil: Einflufs des Bodenbaus auf das Leben der Menschen. Leipzig (Brockhaus) 1858. Während der erste Theil dieses anziehenden Werkes, den wir im vorigen Bande der Zeitschrift den Lesern auf's Angelegentlichste empfohlen haben, ein geologisches Gemälde Deutschlands entrollte und dabei oft die Gelegenheit ergrifl, den Einflufs des Bodenbau’s auf das Leben der Menschen an den einzelnen Lo- calitäten hervorzuheben, verfolgt der zweite den Zweck, aus den dort angeführten Thatsachen wo möglich allgemeine Regeln über die Wirkungen des Bodenbau’s herzuleiten, oder mit anderen Worten, den Grundrifs einer Lehre zu entwerfen, welche die Aufgabe hat darzustellen, in welchen Beziehungen und in wie weit der Mensch und die Gestaltung seines Lebens von der Bodenbeschaffenheit ab- hängig ist. Auch hier hat sich der Verf. mit echt wissenschaftlichem Sinn von einem voreiligen Generalisiren ferngehalten; oft beschränkt er sich darauf, die Thatsachen zusammenzustellen, und überläfst es weiterer Prüfung und der An- sammlung eines reichhaltigeren Materials, zu entscheiden, ob sich aus ihnen eine allgemeine Regel ableiten lasse. Schon deshalb, weil es sich hier mehr um die Herbeischaffung von Bausteinen für das Fundament einer neuen Lehre, nicht um einen in sich abgeschlossenen Bau handelt, erscheint die Lehre, wie sie uns Cotta bietet, auch nicht in der Form eines streng gegliederten Systems. Für eine Sy- stematisirung hatte schon die Wahl eines Eintheilungsgrundes ihre Schwierigkeit. Die Wirkungen des Bodenbau’s nach dem Alter der einzelnen Formationen, nach ihrer Entstehungsweise oder nach den gegenwärtigen Benennungen der Gesteine in’s Auge zu fassen, war unzulässig, da jede dieser Kategorien weder ein in sich conformes Bodenrelief bildet, noch aus gleichartigen Gesteinsbildungen besteht, welche eine und dieselbe Wirkung hervorbringen könnten. Der Verf. entschlols sich also, die Wirkungen selbst als Eintheilungsgrund Bernhard Cotta: Deutschland’s Boden etc. Zweiter Theil. 243 zu betrachten und nach ihnen seine Lehre zu gliedern. Er theilt sie in mittel- bare und unmittelbare, und versteht unter den ersten diejenigen Wirkungen des geologischen Bau’s, die sich durch die von ihm bedingte Oberflächengestaltung äufsern, während er unter den unmittelbaren Bodenwirkungen die auf Menge, Vertheilung und Art der Quellen, auf die Vegetation und die Fruchtbarkeit des Bodens, auf menschliche Ansiedelungen, Verkehr, Industrie u. s. f. begreift. Er erörtert also in dem ersten Abschnitt zunächst den Einfluls der verschiedenen Gesteine auf die Oberflächengestaltung und giebt hier als Belege zahlreiche Hin- weisungen auf die detaillirtere geologische Darstellung des ersten Theiles. Dafs das Bodenrelief den Verkehr bald erleichtert, bald erschwert oder ihm bestimmte Richtungen anweist, dals es auf die Art menschlicher Ansiedelung Einflu(s äufsert, dafs es das Vorhandensein nutzbarer Wasserkraft zum Theil bedingt und dadurch das Entstehen gewisser Gewerbszweige begünstigt, wollen wir hier nur kurz an- deuten. Im zweiten Abschnitt kommen die unmittelbaren Bodenwirkungen zur Sprache. Es wird zunächst der Einflufs der Gesteine und ihrer Schichtung auf Zahl und Beschaffenheit der Quellen, auch auf die Möglichkeit artesische Brunnen zu gra- ben, erörtert, — wobei der Verf. die Ueberzeugung ausspricht, dafs das Letztere auch im ungarischen Becken mit Erfolg geschehen könnte, — sodann der über- aus wichtige Einflufs auf die Vegetation, der sich nicht blofs dadurch documen- tirt, dals gewisse Pflanzenarten vorwiegend auf gewisse Bodenarten verwiesen sind (Salz-, Moor-, Sand-, Kalk-Flora u. s. w.), sondern in noch gewichtigerer Weise durch die Bestandtheile der Ackerkrume, die aus Verwitterung der verschiedenen Gesteinsarten entsteht. In einer sehr interessanten Uebersicht geht der Verf. die einzelnen Gesteinsarten durch und bespricht die Beschaffenheit, welche die Ver- witterung derselben der Ackerkrume zu verleihen pflegt, woran sich denn natürlich ein Blick auf die verschiedenen Versuche des Menschen schlielst, das so entstan- dene Werk der Natur durch Hinzufügung neuer Stoffe (Mergel, Kalk, Gyps, Schlamm u. s. £.) für Culturzwecke zu verbessern, durch künstliche, aber wieder auf den Bodeneinflufs zurückweisende Mittel die natürliche Bodenbeschaffenheit, die unter einfachen Verhältnissen sich selbst in den Wirthschaftsmethoden geltend macht, auf vortheilhafte Weise zu modifieiren. Mit besonderer Ausführlichkeit behandelt der Verf. den Einflufs des Bodens auf die menschlichen Ansiedelungen. Die Dichtigkeit der Bevölkerung wird nicht _ überwiegend durch grofse Fruchtbarkeit des Bodens bedingt, wenigstens nicht mehr _ bei vorgeschrittener Culturentwiekelung; in Deutschland finden wir die dichteste Bevölkerung eben so wenig in den fruchtbarsten Niederungen wie auf den Hoch- Alpen, sondern in den mittleren Gebirgen, in den Hügellandschaften, — zum Theil, weil sich hier Anregung zu mannichfaltigeren Betriebszweigen (Wald-, Wiesen-, Feld-, Wein-, Bergbau) vorfindet, hauptsächlich aber, weil der verhält- nilsmälsig geringere Umfang des Acker- und Gartenlandes bald zu anderweitigen Handarbeiten, zum Spinnen und Weben, zum Flechten, Drechseln u. dgl. nöthigt und so eine industrielle Bevölkerung in’s Leben ruft, die sich erfahrungsmälsig stärker als eine ackerbautreibende vermehrt. Sehr indekiehh ist auch der Boden- einflufs auf die Vertheilung der menschlichen Ansiedelungen. Hier kommen guter zu. Quellen und fliefsendes Wasser, Nähe von Bau- und Brenn- in 16* 244 Neuere Literatur: Materialien überall in Betracht; natürliche Verkehrsmittel, das Vorkommen nutz- barer Naturproducte, die Lage an wichtigen Terrainabschnitten, die zuweilen die Grenzen verschiedener und auf einander angewiesener Productionszonen bilden, oder die centrale Lage in grölseren Becken, — sind wesentliche Anziehungskräfte und Förderungsmittel für menschliche Ansiedelungen. Doch nicht blofs diese Formen der Oberfläche, auch die Gesteinsarten lassen einen Einflufs auf die Ver- breitung menschlicher Ansiedelungen erkennen. Der Verf. hat in dieser Beziehung für Sachsen und Thüringen eine interessante Zusammenstellung gemacht und be- ruft sich aufserdem auf sehr einleuchtende Beispiele aus den Vereinigten Staaten. Ferner verdient die Form der Ortschaften Beachtung; auf Ebenen fügen sich die Wohnungen gern zu geschlossenen Gruppen zusammen; in Gebirgsgegenden bilden sie in den Thälern lang hingestreckte Reihen, wofür das Erz- und Riesen- gebirge auffallende Beispiele liefern; auf sehr unebenem Terrain, wie in den Alpen, oder im flachen Hügellande, wie in Westphalen, neigen sich die Wohnun- gen zur Isolirung; und jede dieser Arten zu wohnen hat ihre wirthschaftlichen Vortheile und Nachtheile, ja sie äulsert sogar auf den Charakter der Bewohner einen unverkennbaren Einflufs. Die Bauart der Häuser hängt wesentlich von dem vorhandenen Baumaterial ab. Dafs von menschlichen Beschäftigungen Feld- und Bergbau durch die Bodenbeschaffenheit bedingt werden, springt in die Au- gen; höchst interessant ist, was der Verf. über bodenständige Industrien bemerkt, wozu z. B. alle diejenigen gehören, die viel Kohlen und Eisen, Töpfer- thon u. dgl. bedürfen. Die Einwirkungen der Oberflächengestalt auf den Ver- kehr und die durch ihn bedingten Lebensverhältnisse sind augenfällig; bestritte- ner ist der Bodeneinfluls auf die. Gesundheit des Menschen, wo es sich nicht etwa um Sümpfe u. dgl. handelt. Aber auch in dieser Beziehung wird man die Einwirkung geschlossener Thäler mit geringer Luftventilation, der starken Licht- refraction und der leichten Zerreiblichkeit einiger Gesteinsarten, z. B. des Kalks, (Wirkung auf Augen und Lungen), der Beschaffenheit des Quellwassers, selbst der vorhandenen Baumaterialien (je nachdem sie z. B. Feuchtigkeit einsaugen) unmöglich in Abrede stellen können. Am schwierigsten lassen sich natürlich die Einflüsse des Bodens auf Geist, Gemüth und Charakter des Menschen feststellen; hier wirken so viele Momente zusammen, dafs es unmöglich ist, auszuscheiden, was jeder einzelnen der verschiedenen Quellen entstammt. Erwägt man aber die höchst mannichfachen Beziehungen, mit welchen die Bodenbeschaffenheit in die Gestaltung der menschlichen Lebensverhältnisse eingreift, so wird man zugeben müssen, dafs sich schon hieraus eine nicht unerhebliche mittelbare Rückwirkung auf den menschlichen Charakter voraussetzen läfst. Deutlicher wird die Wirkung bei primitiven Völkern, die in gröfserer Abhängigkeit von der Natur leben; die sonnigen Wüsten Arabiens, welche der Beduine durchschweift, die finstern und feuchten Wälder, in denen der mifstrauische Wogule seinem Jagdhandwerk nach- geht, die grolsartige Gebirgsnatur Skandinaviens erzeugen Volkscharaktere, deren Verschiedenartigkeit in’s Auge springt. Wir haben nur Einiges von dem reichhaltigen Material angedeutet, welches der Verf. der Aufmerksamkeit des Lesers unterbreitet. Es wird genügen, um das Anregende und Lehrreiche seiner dankenswerthen Arbeit in’s Licht zu stellen. In einer Reihe von Beilagen wird der Gegenstand theils in Bezug auf specielle Localitäten, theils in Bezug auf specielle Fragen noch genauer erörtert. Darunter Ludewig’s und Bleek’s neueste linguistische Schriften. 245 befindet sich namentlich eine sehr beachtenswerthe Zusammenstellung über das Vorkommen von Kropf und Cretinismus, wobei auf sehr auffallende Erscheinun- gen, z. B. im Arve-Thal, aufmerksam gemacht wird. Es ist uns deshalb eine angenehme Pflicht, das verdienstvolle Werk der Theilnahme des gebildeten Pu- blieums auf das Wärmste zu empfehlen, und es bleibt uns nur der Wunsch übrig, dafs der Verf. diese Arbeit auch fernerhin in thätiger Hand behalten möge. —n. Herm. E. Ludewig, The Literature of American Aboriginal Languages. With Additions and Corrections by Prof. Wm. W. Turner. Edited by Nicol. Trübner. London (Trübner & Co.) 1858. XXIV, 258 S. gr. 8. Wm. H. J. Bleek, The Library of His Excelleney Sir George Grey. Philo- logy. Vol. I. P. I. South Africa. Cape Town 1858. 186 8. 8. Vol.1. P.II. Africa, North of the Tropic of Capricorn. Ibid. eod. S. 191 —261. Vol. II. P. I. Australia. Ibid. eod. 44 8. 8. Papuan Languages. Ibid. eod. 12 S. 8. Vol. II. P. IV. New Zealand. Ibid. eod. 76 8. 8. Fünf und vierzig Jahre sind verflossen, seitdem Joh. Sev. Vater es zuerst unternahm, einen Linguarum totius orbis index alphabeticus ete. herauszugeben. Für den damaligen Standpunkt der Ethnographie und Linguistik mochte dieser Ver- such als genügend erkannt werden, denn das Material, aus welchem der Verfasser seine Notizen zu schöpfen vermochte, war im Verhältnifs zu den ethnographischen Untersuchungen der Gegenwart ein so geringes, dafs die Ausbeute für die aufser- europäischen Länder sich hauptsächlich auf die Untersuchungen Herva’s, Clavi- gero’s, Relandus, Marsden’s, Tychsen’s, de Guignes, Klaproth’s und weniger An- deren beschränken mufste, welche in dem von Adelung begonnenen und von Vater fortgesetzten „Mithridates“ zum grofsen Theil wieder aufgenommen waren. Die auf das Jahr 1815, dem Erscheinungsjahre der ersten Ausgabe dieses Wer- kes, folgende 4öjährige Zeit des Friedens kann als eine zweite Periode der grofsen Entdeckungen bezeichnet werden. Missionäre aller eivilisirten Nationen und aller Sekten der christlichen Kirche dehnten ihre erfolgreiche Thätigkeit über die bis dahin noch unbekannten inneren Theile der fremden Erdtheile aus, Handelsver- bindungen wurden mit Völkern angeknüpft, deren Existenz im vorigen Jahrhun- dert kaum dem Namen nach bekannt war, und kühne Reisende bahnten durch ihre wissenschaftlichen Durchforschungen jener unbekannten Gegenden den Weg für die Ausbreitung der weilsen Race in den aufsereuropäischen Erdtheilen. In Afrika hatte Waffengewalt von Norden her die unbekannten Thäler des Atlas dem Verkehr der Europäer geöffnet, während von Süden her die englische Colonisa- tion ein immer gröfseres Terrain gewann. Der Küstensaum dieses Erdtheiles, _ die Nilländer, das Innere im Norden und Süden wurde in allen Richtungen von Männern der Wissenschaft durchforscht, auf welche Deutschland, England und Frankreich mit Stolz blicken. In Asien brachten die politischen Verhältnisse der _ Engländer im Süden, im Norden und Westen die der Russen die Völker des Himalaya, Hinter-Indiens, des Kaukasus, des Altai und der Amurländer in Be- rührung mit der Civilisation; in Australien begann die anglo-germanische Race Ku ihre Staatenbildung und in Nord-Amerika endlich droht die rapide Ausbreitung _ eben dieser Race den gänzlichen Untergang der Urbevölkerung, während in Mittel- $ und Süd- Amerika, dem Sitze der romanischen Race, diese Auflösung der Urbe- 246 Neuere Literatur: völkerung zwar. einem langsameren, aber nichtsdestoweniger sicheren Ende ent- gegengeht. Alle diese Entdeckungen, so weit sich dieselben auf dem Gebiete der Linguistik und der damit eng verbundenen Ethnographie bewegen, auszu- beuten, war die Aufgabe für die zweite, von mehreren Gelehrten 'besorgte und zuletzt von Jülg redigirte Ausgabe der Vater’schen Literatur der Grammatiken etc., welche im Jahre 1847 erschien. Leider kann man dieser zweiten Ausgabe den Vorwurf machen, dafs dieselbe ungleichmälsig gearbeitet ist und zur Bewäl- tigung des reichhaltigen Materials während des Druckes schon ein bedeutender Nachtrag erforderlich wurde. Seit den letzten zwölf Jahren haben sich aber wie- derum die ethnographischen Untersuchungen so massenhaft gehäuft, dafs die Her- ausgabe einer dritten, in ihrem Nachtrage gänzlich umgearbeiteten Auflage dieses Werkes demnächst in Aussicht steht. Inzwischen hat jedoch das Erscheinen jener beiden bibliographischen Werke, deren Titel wir an die Spitze dieser Anzeige ge- stellt haben, die Ausarbeitung eines solchen Nachtrages, wenigstens für die ame- rikanischen, sowie für einen Theil der afrikanischen und polynesischen Sprachen wesentlich erleichtert. H, E. Ludewig’s Literature of American Aboriginal Lan- guages, ein Werk ächt deutschen Fleifses und deutscher Genauigkeit, verdient nicht allein wegen des Fleifses, mit welchem die reichhaltigen Quellen über die amerikanische Ethnographie benutzt sind, sondern auch wegen der bibliographi- schen Genauigkeit, mit welcher die Citate angeführt werden, hier zuerst der Er- wähnung. Ludewig, ein Dresdner von Geburt, siedelte im Jahre 1844 nach New- York über und machte sich dort namentlich durch die Herausgabe seiner im Jahre 1846 erschienenen Literature of American Local-History, welche sich rühmlich seinen früheren Leistungen für Naumann’s Serapeum anschlofs, bekannt. Die letzten zehn Jahre seines Lebens hatte er für die Sammlungen zu seinem vor- liegenden Werke benutzt, dessen Vollendung im Druck er jedoch nicht mehr er- leben sollte. Den durch seinen Verlag rühmlich bekannten Londoner Buchhändler Nie. Trübner brachten ähnliche Studien, welche ihn im Jahre 1855 nach New- York führten, mit Ludewig in nähere Beziehung, und gern erklärte sich Letzterer bereit, sein in der Bibliothek der ethnographischen Gesellschaft za New-York deponirtes Manuscript dem Ersteren zum Druck zu übergeben, jedoch unter der Bedingung, dafs dasselbe unter Herrn Trübner’s specieller Leitung in England gedruckt würde. 172 Seiten waren bereits gedruckt, als Ludewig in seinem 47. Lebensjahre im Jahre 1856 zu New-York starb und Trübner sich genöthigt sah, mit Beihilfe der Herren Wm. W. Turner und Squier die Herausgabe des Werkes allein zu besorgen. Das in der zweiten Ausgabe von Vater’s Literatur der Gram- matiken zusammengestellte Material bildet im Wesentlichen die Grundlage und das Muster, nach welchem Ludewigs Literatur der Sprachen der amerikanischen Ur- bevölkerung angeordnet ist, nur dafs hier die Vater’schen Vorarbeiten bedeutend vermehrt und verbessert werden konnten. Eine Reihe der werthvollsten Unter- suchungen über die ethnographischen Verhältnisse Nord-Amerika’s waren durch Catlin, Schooleraft, Whipple, Hale, Buschmann und Andere, sowie in den Pa- eific Railroad Reports, der United States Exploring Expedition, in den Drans- actions of the American Ethnological Society und in den Publicationen der histo- rischen Vereine in den einzelnen Staaten der nordamerikanischen Union veröffent- licht worden. D’Orbigny, Schomburgk, Castelnau, Squier und viele Andere hatten die sprachlichen Verhältnisse der Indianer in Centro- und Süd- Amerika gründlich Ludewig’s und Bleek’s neueste linguistische Schriften. 247 durchforscht, und so bot sich aus dieser grofsen Kette von Untersuchungen der neuesten Zeit ein überaus reiches Material für den Verfasser dar, bei welchem das fleifsige Sammeln, das Sichten des Wesentlichen von dem Unwesentlichen, sowie das Verbessern der Fehler und Ungenauigkeiten in den Citaten früherer Sammler die Hauptaufgabe war. Aufser den gedruckten Quellen benuzte der Verf. aber auch eine grofse Anzahl handschriftlicher Aufzeichnungen, wie sich solche in öffentlichen amerikanischen Bibliotheken oder in Privatbesitz vorfinden und namentlich aus lexikalischen und grammatikalischen Notizen von Sprachen derjenigen Indianerstämme bestehen, unter denen Missionäre ihre Wirksamkeit begonnen haben. Etwa 360 Sprachen des amerikanischen Festlandes und der Inseln. Amerikas sind im Buche berücksichtigt. Die Namen der einzelnen Stämme sind nicht gruppenweis, sondern in alphabetischer Reihenfolge geordnet, kurze geographische Notizen über die Wohnsitze derselben, sowie über die Sprachver- hältnisse hinzugefügt, hinter welchen mit gröfster bibliographischer Gewissenhaf- tigkeit in chronologischer Anordnung diejenigen Werke folgen, welche gramma- tikalische Bemerkungen, Wörtersammlungen, selbstständig erschienene Grammatiken und Wörterbücher dieser Sprachen enthalten. Das Buch erfüllt somit den dop- pelten Zweck, indem es einerseits dem Sprachforscher amerikanischer Sprachen einen vollständigen bibliographischen Apparat für die Sprachverhältnisse der Neuen Welt liefert, anderseits dem Geographen ein willkommenes Hülfsmittel für seine ethnographischen Untersuchungen darbietet. Ein gleiches Lob in Bezug auf gründliche Kenntnisse sprachlicher Verhält- nisse, sowie auf bibliographische Genauigkeit verdient der Catalog der Bibliothek Sir George Grey’s, welchen unser Landsmann H. J. Bleek in Gemeinschaft mit Sir G. Grey herausgegeben hat. Sir George Grey, früher Gouverneur in Sidney, gegenwärtig in gleicher Stellung im Caplande, ist in Besitz einer in Beziehung auf die geographischen und ethnographischen Verhältnisse beider Welttheile sehr reichen Bibliothek an Druckwerken und handschriftlichen Aufzeichnungen. Von dieser sind gegenwärtig durch Dr. Bleek die auf die sprachlichen Verhältnisse Afrika’s und Polynesiens bezüglichen Werke catalogisirt worden. Während Lu- dewig bei seiner Sammlung in der Benutzung des ihm zu Gebote stehenden Ma- terials unbeschränkt war, war Bleek, da ihm nur oblag, den philologischen Be- stand der Bibliothek Sir G. Grey’s zu verzeichnen, auf gewisse Grenzen angewie- sen und dürfte sich vielleicht aus diesem Grunde, trotz der Reichhaltigkeit der Sammlung, hier und da eine Lücke in der Literatur vorfinden, welche auszufüllen aufserhalb der Aufgabe Bleeks lag. Der Hauptunterschied zwischen der Anord- nungsweise Ludewig’s und Bleek’s besteht aber darin, dafs ersterer wegen der grofsen Masse des vorhandenen Materials zur bequemeren Uebersicht desselben die alphabetische Anordnung der Völkerstämme in seinem Werke durchführte, letzterer hingegen durch die auf einen kleineren Umkreis beschränkten Samm- lungen im Stande war, die in dem Cataloge vertretenen Sprachen nach Familien und Abstammung zu gruppiren. Der erste Theil des ersten Bandes dieses Ca- talogs umfalst zunächst die südafrikanischen Sprachen innerhalb des Länderge- bietes, welches unter englischer Oberhoheit steht. Die Anordnung der Sprach- familien ist hier durch die beiden Hauptabtheilungen „Suffix Pronominal Lan- guages“ und „Prefix Pronominal Languages“ bezeichnet. Zu den südafrikanischen _ Species der ersteren dieser beiden Familien gehört 1) die Hottentoten-Sprache, 248 Neuere Literatur: welche wiederum in die vier Dialecte, den Nama-, Kora-, den östlichen und den Cap-Dialect zerfällt. 2) Die Sprache der Buschmänner. Der Nama-Dialect, vom Volke der Namaqua’s oder Namana’s in Grofs- und und Klein-Namaqualand früher gesprochen, ist in Klein-Namaqualand gegenwär- tig nur noch in der Rheinischen Missions-Station Richtersveldt in Gebrauch. Die Bevölkerung dieses Gebietes wird nach der Schätzung des Rev. W. Tindall auf 3,000 Seelen angegeben, von denen auf die Stationen der Rheinischen Mission 1,700, auf die der Wesleyan Mission etwa 1300 kommen. Die Bevölkerung von Grofs- Namaqualand, auf 20,000 Seelen geschätzt, zerfällt in 14 Stämme, von denen die bedeutendsten sind: die Qgami-nukasoder Bundel Zwarts, zwischen dem Lion Ri- ver und den Xgharas Bergen im Norden, dem Fish River im Westen, dem Oranje River im Süden und dem Keigaap im Osten wohnend, mit etwa 2000 Seelen. Die Xhabobikas oder Veldschoen Dragers, an Zahl etwa 1800 Seelen, der Cupido Witbooi’s Stamm mit etwa 1800 Seelen, an der Nordgrenze des Gebietes der Bundel Zwarts se[shaft, die Kei-xkhous oder Roode Volk, 2000 Seelen stark und von reinem Namaqua Blut; von diesen westlich der Stamm Willem Zwaartbooi mit 1500 Seelen. Zu den kleinen Stämmen gehören die Willem Fransman, Amraal Lambert, Orlams oder Jonker Afrikaner ete. Der Kora-Dialect wird von den Koras gesprochen, welche von den Namaquas Corannas, von den neueren Reisenden Korana’s, von den Basutos Bakhotus und von den Buschmännern Teri genannt werden. Zerstreute Reste dieses einst bedeutenden Stammes finden sich noch. am Orange-Flufs. Vor 50 Jahren bewohnte derselbe die Ufer des Hartriver und Vaalriver und zerfiel in mehrere Abtheilungen, deren vornehmste, nach Lichtensteins Angaben, die Kharemankeis und Khuremankeis waren. Von dem Cap-Dialect, welcher vor 200 Jahren in der Umgegend des Caps gesprochen wurde, findet sich nur eine Anzahl Wörter in Reisewerken des 17ten Jahrhunderts, ohne dafs es gegenwärtig möglich wäre, anzugeben, welchem der sechs Stämme, die in den ältesten Records erwähnt wer- den, dieselben angehörten. Die Sprache der Buschmänner oder Bosjesmans, Soaqua’s oder Soanqua’s von den Cap-Hottentoten, Saab oder Saan im Nama- und Kora-Dialect, von den Kaffern aBa-tua, von den Basutos Ba-roa genannt, ist nur in den Dialecten bekannt, welche von den Stämmen von Winterveldt, in der Nähe von Colesberg und Burghersdorp, gesprochen werden. Wahrscheinlich nähert sich der Dialect derjenigen Stämme der Buschmänner, welche im Damara- lande wohnen, mehr der Sprache der Hottentoten, als dies bei denjenigen der Fall ist, von denen sich einige wenige Vocabularien in der Bibliothek Sir G. Grey’s vor- finden. Die zweite Hauptabtheilung der südafrikanischen Sprachen, welche der Bäntu-Familie angehören, umfalst in ihrem südöstlichen Zweige zuerst 1) die Kaffern-Sprache. Dieselbe zerfällt a) in den eigentlichen Kaffern -Dia- lect, welcher vom Kaiskamma bis zu den Südgrenzen von Natal und vom Indi- schen Ocean bis zu den Storm- und Wittebergen von den Ma-mpönda’s, Ba- tembus und Ma-xösas gesprochen wird. b) Die Zulu-Sprache, gegenwärtig in Natal und im Zulu-Gebiet gesprochen, hat den früher hier einheimischen Te- geza-Dialect fast gänzlich verdrängt. Von einer etwa 3 Million starken Beyöl- kerung gesprochen, ist dieser Dialeet im Südwesten von dem Kaffern-Dialeet aMa-mponda, im Nordwesten von den Se-suto- und anderen östlichen Se-tschu- ana-Dialecten, im Norden von dem Dialect der aMa-swazi’s und im Nordosten von der Sprache der aMa-tonga’s und aMa-hloenga’s, Abarten der Tegeza- Bi aa Aa Ze Ludewig’s und Bleek’s neueste linguistische Schriften. 249 _ Sprache, begrenzt. Neben der eigentlichen Zulu-Sprache existiren noch zwei Dia- _ leete derselben, nämlich der Tefula- und der aMa-swazi-Dialect. 2) Die Se-tschuana-Sprache, wird von den Ba-tschuäna’s oder Be-tschuäna’s, die in der Zulu-Sprache aBesütu oder aBa-sütu, von den angrenzenden Kaffernstämmen - jedoch aMahädis und von den Hottentoten Pirikwas genannt werden, gesprochen. Sie sind die westlichen Nachbarn der Kaffernstämme, von welchen sie durch die Draken- _ berge oder Wittenberge getrennt sind; südlich ist der Orangeflufs ihre Grenze, westlich erstrecken sie sich bis zur Wüste Kalagari und nordwärts bis zur Breite des Lake Ngami. Die Se-tschuana-Sprache zerfällt in einen östlichen und west- lichen Zweig. Zu ersterem gehören die Ba-sutos, etwa 70,000 Seelen stark, zwi- schen dem Caledon River, den Drakenbergen, dem Orange River und den Quellen der Lekue, eines Nebenflusses des Vaal River; ferner die Ba-tau (Lions people), Ba-puti, Ma-kolokue, Ba-phiring (Wolf people), Li-khoya, Ba-hlokwa oder Ba-matantisi, Ba-mapela, Ba-tloung (Elephant’s people), Ba-peri, Ba-tsetse, Ba-fukeng. Der westliche Zweig dieser Sprache zählt folgende Stämme: die Ba-rolong, 20,000 Seelen stark, die Ba-hlapi, von derselben Stärke, ferner die Ba-meri, Ba-matlaru, Ba-khatla, Ba-kwena (Crocodile people), Ba-wanketsi, Ba- hurutse, Ba-kaa, Ba-mangwato und Ba-lala (auch Betschuana- Buschmänner ge- nannt), zusammen etwa 100,000 Seelen. Von allen diesen der Se-tschuana-Spra- che angehörenden Stämmen existiren bis jetzt nur in dem Se-suto-Dialect, gesprochen von den Basutos, und in den Se-rolong- und Se-hlapi-Dia- leceten, gesprochen von den Ba-rolongs und Ba-hlapi’s, Publicationen. 3) Die Tegeza-Sprache, welche früher das ganze Küstengebiet des heutigen Zulu- Landes einnahm, ist von der Zulu-Sprache bis in die nordöstlichen Theile des Zulu-Landes zurückgedrängt und wird noch in einigen Landestheilen nordwärts von der Delagoa-Bai gesprochen. Die südlichen Tegeza-Dialecte haben, als dem } Zulu-Lande am nächsten gelegen, natürlich viele Elemente der Zulu-Sprache in sich aufgenommen. Von einem dieser Stämme, den Ma-ncolosi’s, findet sich in der Bibliothek Sir G. Grey’s ein handschriftliches Verzeichnifs von etwa 130 Wör- tern vor. Etwas reicher sind die Proben der beiden nördlichen Tegeza-Dialecte, welche von den Ma-tonga’s und Ma-hloenga’s gesprochen werden. — Von dem nordöstlichen Zweige der südafrikanischen Sprachen der Bäntu-Familie, wel- - ehe von den Völkern an der Ostküste Afrika’s nordwärts von der Delagoa-Bai bis zu den Gallas-Stämmen hin gesprochen werden, liefert Anderson in seinem _ Reisewerke ein Verzeichnifs von 145 Wörtern aus der Sprache der Ba- yeye’s, welche nach Bleeks Angabe dem Zambeze-Zweig angehören. Dem südwestlichen Theile eben dieser Bantu-Familie, welcher alle Sprachen längs der Westküste südlich vom Luffüni oder Lifume River in sich begreift, gehören die Sprachen oTyi-herero, die von Benguela und Bunda oder Angola an, von welcher erste- ren in Berlin vor zwei Jahren eine Grammatik (Hahn, Grundzüge einer Gram- matik des Hererö) erschienen ist. ‚In der zweiten Abtheilung des ersten Bandes werden die Sprachen Afrika’s dlich vom Wendekreise des Steinbocks behandelt. Von der Bäntu-Familie Prefix pronominal Languages, südafrikanische Abtheilung, nordöstlicher Zweig, werden zunächst die Sprachen der südlichen Abtheilung, nämlich die der Küste von Mosambique und des Flufsgebietes des Zambeze erwähnt, nämlich die alecte von Sena, Tette, Muiza, Mashona, Ba-rotse und der mehr im Innern 250 Neuere Literatur: liegenden Völkerschaften. Die nördliche Abtheilung eben dieses nordöstlichen Zweiges der Bäntu-Familie schliefst die Sprachen der Küste Zanzibar und des Flufsgebietes des Uniamesi ein. Hierher gehört a) die Ki-suaheli-Spra- che, gesprochen von 350,000 bis 400,000 We-suaheli's auf den Inseln Kiama, Tula, Patta, Lamu, Kau, Mombas, Tanga, Pemba, Sansibar, Kiloa, sowie auf allen Plätzen des Festlandes, welche von Muhammedanern bewohnt werden, von Barawa an (1° 50’ N. Br.) bis südlich zum Cap Delgado. b) Die Ki-nika- Sprache, gesprochen von 50 — 60,000 A-nika’s, einem Volke, welches zwi- schen dem 3° und 4° südl. Breite, etwa 15 bis 20 Miles landeinwärts auf dem bis zu 2000 Fufs sich erhebenden Plateau wohnt. ce) Die Ki-kamba-Spra- che, von 70— 90,000 A-kamba’s etwa 400 Miles nach dem Innern Süd-Afrika’s zu gesprochen. d) Die Hinzuan-Sprache, bei den Einwohnern der Insel Joana oder Hinzuan, einer Insel der Comoren-Gruppe, gebräuchlich. e) Die Sidi-Sprache, in Sindh von den Sidis oder Negersclaven gesprochen, welche von Zanzibar und anderen Theilen der Ostküste Süd-Afrika’s nach Indien ein- geführt sind. — Auf die Westküste des südlichen Afrika’s übergehend bietet sich in der südlichen Abtheilung des südwestlichen Zweiges der Bäntu-Familie nördlich vom Wendekreise des Steinbocks als Fortsetzung der oben erwähnten Herero-Sprache die Bunda-Sprache, welche in Angola gesprochen wird, dar. Sodann die Londa-Sprache, gesprochen von den A-londa’s im Osten des Flusses Kasye und nördlich und östlich vom Liba, zwischen dem 8° und 13° südl. Breite. Es folgt hierauf die nördliche Abtheilung ebendieses südwestlichen Zweiges, zu welcher die Völker zwischen dem Lifume-Flufs im Süden und der Corisco-Bai im Norden (1° nördl. L.) gehören. Hier begegnen wir zuerst der Kongo-Sprache, zwischen dem Lifumi und Zaire, sodann der Sprache von Kakongo, zwischen dem Zaire und dem Cap St. Catherina in Loango, Ka- kongo, Ngoyo, Jomba und einigen anderen kleineren Landestheilen gebräuchlich; endlich der Mpongwe-Sprache, auf beiden Seiten des Gabun, am Cap Lopez, Cap St. Catherina und im Innern in einer Entfernung von 200 bis 300 Miles von einer Bevölkerung von etwa 200,000 Seelen gesprochen. Der nordwestliche Zweig dieser Sprachfamilie auf der Westküste umschliefst die Völker zwischen der Corisco-Bai im Süden bis zu dem Rombi-Gebirge, gegenüber der Insel Fer- nando Po. Hierher gehört 1) die Di-kele-Sprache, gesprochen von den Ba- keles, an Zahl etwa 100,000, von der Mündung des Gabun an nordwärts auf bei- den Seiten des Aequators. 2) Die Benga-Sprache, gesprochen von etwa 4000 Benga’s auf den in der Corisco-Bai liegenden Inseln, von den Bewohnern der beiden im Norden und Süden der Bai liegenden Vorgebirge und einigen anderen Stämmen mehr nach Norden zu in einer Entfernung von etwa 100 Miles. 3) Die Dualla-Sprache, von den Bewohnern des Cameroons River, sowie wahrschein- lich von den Stämmen bis zum 3. Grade nördl. Br. gesprochen. 4) Die Isubu- Sprache, nördlich von den Dualla’s und östlich von dem obengedachten Rombi- Gebirge. 5) Die Sprache der Bewohner der Insel Fernando Po, welche wie- derum mehrere Dialecte enthält. Der Verf. geht hierauf zu der Westafrikanischen Abtheilung der Bäntu- Fa- milie über, welche über die Ländermasse von dem Rombi- Gebirge bis zum 10° N. Br., also über die Sierra Leona-Küste hinaus sich ausdehnt, deren nörd- liche Abgrenzung jedoch nicht bestimmt zu werden vermag. Diese Sprachen Ludewig’s nnd Bleek’s neueste linguistische Schriften. 251 haben mit den südwestlichen und nordwestlichen Zweigen der südafrikanischen Abtheilung der Bäntu-Familie manche Eigenthümlichkeiten gemein, namentlich in Bezug auf die euphonische und harmonische Bildung der Vocale. In drei grolse Zweige theilt sich diese westafrikanische Bäntu-Familie. 1. Die Niger- Sprachen, verbreitet über das Flulssystem des Calabar und unteren Niger. Sie zerfallen wiederum in die Efik-Sprache, von ungefähr 60,000 Negern an der Mündung des Old-Calabar gesprochen. Die Bonny-Sprache, in Bonny ge- bräuchlich, welches von den Eingeborenen Okuloma, von den Kerekas Obane und von den Ibos Okoloba genannt wird. Die Yoruba-Sprache, mit einzelnen dialek- tischen Verschiedenheiten von vielleicht drei Millionen Menschen im Königreich Yoruba gesprochen. Diese Sprache heifst bei den Bewohnern selbst Zyo, in Sierra Leona Aku, bei den Nupe’s Ayaji, in der Haussa-Sprache Yariba, bei den Popo’s Anagonu oder Inago und in Dahomey Ayonu. 2. Die Sprachen der Goldküste. -Der gemeinsame Name für dieselben ist die Odshi-Sprache. Die O-tyi-kassa-Sprache wird von den A-tyi-fo’s, in den Gebirgsgegenden östlich vom Rio Volta, nördlich vom Meere und südlich von den Muhammedanischen Stämmen gesprochen, welche die südlichen Plateaus des Kong-Gebirges bewohnen. Als Dialecte werden aufgeführt: der Fanti-Dialeet, gesprochen längs der Gold- küste südlich der Reiche Ashanti und Akim; der Ashanti-Dialect, in Ashanti oder dem eigentlichen Asante, mit der Hauptstadt Kumasi, und in den inneren und südlichen Distrieten dieses Reiches; der Akwapim-Dialect, gesprochen von etwa 10,000 Einwohnern, welche 10 Negerdörfer südwestlich von Akwan-bu und dem Gebiete des Kyerepöng-Sprache, westlich vom Rio Volta, nördlich von Akra oder Eiıkräl und östlich von Akim bewohnen. 3. Die Sprachen der Sierra Leona theilen sich in die Bullom-Sprache, gesprochen an der Küste zwischen dem Sierra Leone- und dem Scareies-Flufs, sowie zwischen dem Ribby und Karamanka Flufs von etwa hundert Stämmen, den Ueberresten der grolsen Bullom - Nation, welche durch die Timnehs zerstreut worden ist. Die zweite Sprache auf dieser Küste ist die Sherbro-Sprache, gesprochen längs der Küste auf einer Strecke von etwa 5000 Quadrat-Miles von den Ufern des Camaranca (7° 45' N. Br.) bis zum Distriet der Galinas (7° N. Br.), sowie auf den Banana Inseln, dem Cap Shilling gegenüber. Endlich die Timneh-Sprache im Nor- den und Osten der Sierra Leona an den Ufern des Scarcies und dem unterem Fluslauf des Rokelle gesprochen. — Auf S. 227 geht Bleek zu den nicht classi- fieirten Sprachen über, welche innerhalb der Grenzen der westafrikanischen Bäntu-Familie sich vorfinden. Hierher gehört zunächst die Familie der Mena- Sprachen, welche von St. Andrews auf der Elfenbeinküste längs der Malagetta- oder Körner-Küste bis zum Cap Monte oder zwischen dem 6° und 11° W.L. gesprochen werden. Sie zerfällt 1) in die Basa-Sprache, welche sich in einem Theile’ der Republik Liberia, südlich von De@voi-Dialect, nördlich von der Kru- Sprache und westlich vom Böyo und Gbere vorfindet. 2. Die Kru-Sprache in fünf Städten auf der Kru-Küste, südlich von Basa, nördlich von Täro und westlich von Wo. 3. Die Grebo-Sprache, gesprochen in der Nähe des Cap Palmas. — Die Gör-Familie. Das Gebiet dieser Sprachen -Familie scheint zwischen dem 10° und 17° N. L. zu liegen, indem sie im Westen das Grüne Vorgebirge berührt, nach Osten hin bis jetzt noch unbekannte Grenzen hat, (die _ wir wahrscheinlich durch die nächtsdem zu erwartenden linguistischen Publicationen 252 Neuere Literatur: Barth’s näher kennen lernen werden), mit einem Seitenarm, der Gä-Sprache, welcher von dem über die Goldküste verbreiteten Zweige der Bäntu-Familie ein- geschlossen ist. Der südliche Zweig dieser Gör-Familie theilt sich in die Wegbe- (Crepe-) Sprache, längs der Sklavenküste vom Rio Volta bis Ba- dagry, mit Einschlufs des Königreichs Dahomey, mithin zwischen den Grenzen der Odshi- und Yoruba-Sprachen, gesprochen. Diese Wegbe - Sprache zerfällt wiederum in zwei Dialecete, den östlichen von Whidah, östlich von Popo, west- lich und südlich von Ardrah, von den Franzosen Quida oder Juda genannt, und in den westlichen Dialect von Quita. Sodann umschliefst der südliche Zweig der Gör-Familie die Gä-Sprache, von den Europäern gewöhnlich Accra, in der Odshi-Sprache Eikräli genannt, welche von 30—40000 Individuen in einem schlangenartig längs der Küste sich hinziehenden Länderstrich von etwa 100 Quadr. Miles, östlich vom Rio Volta, südlich von Akwapim und westlich von Fante ge- sprochen wird. Zu dem mittelafrikanischen Zweige der Gör-Familie gehört zu- nächst die Wolof-Sprache, welche fast in ganz Senegambien, besonders aber in den Königreichen Walo, Dyolof, Kayor, Dakar, Baol, Sin, Salum und in den europäischen Niederlassungen St. Louis, Gor&e, Bathurst oder St. Mary gespro- chen wird. Sodann die Fulah-Sprache, welche von den Ful-be’s gesprochen wird und von den Haussa- und Yoruba-Negern Filani oder Fulani, in Bornu Fe- lata, in Igbira Angoyi genannt wird. Die Fulah-Sprache erstreckt sich vom Cap Verde an bis zum Süden des Tsäd-Sees und von hier noch südlicher über das Land Adamaua. Der dritte Zweig der Gör-Familie wird von Bleek als der Ni- lotic Branch bezeichnet. Derselbe wird von den Y-umale’s oder S-umale’s (Plur. von Umale) in Tumale-Tokeken und Tumala-Debili, in dem Nuba-Gebirge südlich und westlich von Kordofan, südlich von Tokole, östlich von Kolfun oder Koldagi, nördlich von Shabun, westlich vom Deir-Gebirge, etwa zwischen dem 26° und 27° O.L. und dem 115° und 124° N.L. gesprochen. — Die Mande- Teda-Sprachen dehnen sich von den Grenzen der Libyschen Wüste und Aegyp- tens über die Östliche Sahara bis zur Südwestseite des Tsäd-Sees und in einem Aus- läufer, welcher vielleicht mit dem Hauptstamm in Verbindung steht, über den ganzen westlichen Theil Hoch-Sudans aus. Die Mande-Sprachen zerfallen in ihren west- afrikanischen Zweigen in die Vei-Sprache, die Susu-Sprache, zwischen dem Rio Pongas und dem Scarcies gesprochen und in die Mandinga-Sprache, zu beiden Seiten des Gambia und des unteren Laufs des Dsholiba. Der nordafrika- nische Zweig der Mande-Sprachen umfafst das Reich Bornu, und nordwärts das Gebiet der Tibbus bis zum 27° N. L. Derselbe enthält die Bornu-Sprache, welche im Südwesten des Tsäd-Sees von den Bewohnern von Bornu oder Ka- ruri gesprochen wird, die in der Haussa-Sprache Balebali, in der Nufe-Sprache Bino, in der Yoruba - Sprache Känike, und von den Bodes Kägaisan genannt wird. — Den Schlufs des ersten Bandes bilden die Suffix-Pronominal Languages in ihrer nordafrikanischen Abtheilung. Der semitische Zweig enthält in seiner westlichen Abtheilung zuerst die Haussa- Sprache, bei den Bornesen Afuno, bei den Fulahs Aabedsho, in Nupe Kendshi und Abakpa in Igbira, Doma, Koro- rofa etc. genannt, welche weit über Central- Afrika, westlich von der Bornu- und nordöstlich von der Yoruba-Sprache sich ausdehnt. Sodann die Tema-shirh-t- Sprache, von den Imo-sharh (plur. von Amo-sharh) oder Tuarek’s (plur. von Tarki), d. i. Renegaten im Arabischen oder Berbern bei den Europäischen Reisenden Ludewig’s und Bleek’s neueste linguistische Schriften. 253 gesprochen. Sie umfalst den westlichen Theil der Sahara zwischen Ghadames, Bornu, Murzuk und Timbuktu, mit noch unbekannter Abgrenzung gegen Westen. Die ostafrikanische Abtheilung des semitischen Zweiges obiger Sprachfamilie um- schliefst die Völker zwischen dem Aequator, dem Rothen Meere, dem Nil und dem Indischen Ocean. Hier begegnen wir 1. der Galla-Sprache, gesprochen von den zahlreichen Galla- oder Oromo-Völkern nördlich vom Aequator, östlich vom Nil, südlich von Habesch und westlich von den Somali’s. 2. Die Dankali- Sprache an der Küste des Rothen Meeres in Habesch von Tadjurra bis Ar- keeko von zahlreichen Stämmen, nämlich den Shoho, Hazaorta und Teltal im Norden, im Süden von den Ad Alli, Burhanto, Dinsarra, Debeni, Weema, Ga- leile, Tak’eel, Meshaich, Gidoso und Mudaito gesprochen. 3. Die Somali- Sprache über das Küstengebiet vom Cap Gardafui an bis zur Strafse von Babel- mandeb verbreitet. 4. Die Harari-Sprache, in der Stadt Harar gesprochen, welche rings umher von Gallasstämmen umgeben ist. Schliefslich wird als süd- licher Zweig des semitischen Stammes die Amharische Sprache erwähnt, welche im gröfsten Theil des Habesch, besonders aber in den Ländern zwischen dem Taccaze, dem Abay und in dem Königreiche Schoa verbreitet ist. Im Ganzen enthält die Bibliothek Sir George Grey’s 705 Druckwerke mit Einschlufs der von Missionsgesellschaften herausgegebenen Schriften religiösen Inhalts, über 78 afri- kanische Sprachen, sowie 110 ungedruckte Arbeiten, welche namentlich für die- jenigen Sprachen, von welchen Wörtersammlungen und grammatikalische Bemer- kungen noch nicht gedruckt sind, als höchst wichtig erscheinen, Nicht minder reichhaltig ist der zweite Theil der Bibliothek in den Polyne- sischen Sprachen vertreten. Zuerst werden die Sprachen Neu-Hollands behandelt. In eine süd- undin eine nord-australische Gruppe werden die Sprachen getheilt. Die süd-australische Gruppe theilt sich 1. in die west-australischen Sprachen, welche zwischen dem 115° und 125° O.L. gesprochen werden und in den Dialect vom Swan River, den Vasse-Dialect und den King George’s Sound Dialect zerfallen. 2. Die mittel-australischen Sprachen, von den Eingebore- nen zwischen dem 125°und 136° O.L. gesprochen. Wir kennen dieselben nur aus dem von den Bewohnern der Halbinsel von Port Lincoln gesprochenen Dialecte. Die Einwohner dieser Halbinsel heifsen Parnkalla’s, auf der Ostseite derselben von Port Lincoln und nordwärts wahrscheinlich bis zur Spitze des Spencer’s Golf wohnend, die Nauo’s in der Nähe der Coffin’s Bay, die Nukunnu’s an der oberen Seite des Spencer’s Golfs, die Kukata’s im Nordwesten und die Ngannityiddi’s im Nor- den zwischen den beiden zuletztgenannten Stämmen. Eine Grammatik mit einem Vocabular besitzen wir nur über den Parnkalla-Dialect. 3. Die Adelaide- Sprache in der Umgegend von Adelaide und im Norden dieser Stadt gesprochen. 4. Die Murray River-Sprache, von den Eingeborenen am Murray-River - südwärts bis etwa 30 Miles nördlich von der Verbindung dieses Flulses mit dem E Lake Alexandrinal), und nordwärts über die Vereinigung mit dem Darling-River _ hinaus gesprochen. 5. Die Encouter-Bay-Sprache, an den Ufern des Lake Alexandrina und von dort nordwärts etwa 30 Miles längs der Ufer des Murray und südlich und östlich längs der Küste Australiens in der Richtung von Port Philip. 6. Die Vietoria-Sprache in Victorialand in der Nähe von Melbourne gesprochen, jedoch nur im Melbourne-Dialect näher bekannt, während von dem Omio-Dialect (dem Dialect der Bewohner der Snowy-Mountains) nur ein Voca- 254 Sitzungsbericht bular von 13 Wörtern bis jetzt existirt. 7. Die ost-australischen Sprachen von den Urbewohnern von New South Wales gesprochen. Sie enthalten die Dia- leete von Monero Downs, Muruya, Liverpool, Sydney, Hunter’s River, Lake Mac- quarie, Moreton Bay und Wide Bay Distriet, welche der Küste zunächst liegen und sodann die mehr dem Inneren zu westlich von den Blue Mountains gespro- chenen Dialecte, welche nach den verschiedenen Lokalitäten folgende Namen führen: Bathurst, Mudgee, Wellington Valley, Castelreagh und Macquarie River District, Peel River, New-England, Darling Downs, Condamine River, Bockarra- boy oder Charlies Creek und Grafton Range oder Fitzroy Downs. Von der nord- australischen Gruppe ist bis jetzt nur ein kleines Vocabular der Bewohner von Port Essington bekannt. An diese Sprachen des australischen Festlandes schliefsen sich die auf Van Diemens Land gesprochenen Tasmanischen Spra- chen. — In der zweiten Hälfte des zweiten Bandes werden diejenigen Werke an- geführt, welche über die Papuanische Sprache geschrieben sind, wie solche auf den Loyalty Inseln und den Neu-Hebıiden gesprochen wird. Zu ersterer Inselgruppe gehören die Inseln Nengone, mit etwa 7000 Bewohnern Papuanischer Race, Lifu mit etwa 15,000 Bewohnern von demselben Stamme, deren Sprache jedoch ein von der auf Nengone gesprochenen abweichender Dialect ist, Doka mit etwa 150 Einwohnern und Uea mit etwa 1800 Bewohnern von Polynesischer Race. Die Neu-Hebriden, bestehend aus den Inseln Tana, Aneiteum, Erumango Fate oder Sandwich Island, Malicola, L’Espiritu Santo, Futuna und Niua, haben eine etwa 40,000 Seelen starke Bevölkerung Papuanischer Race. Die vierte Ab- theilung des zweiten Bandes endlich (die dritte Abtheilung ist noch nicht erschie- nen) umfalst eine zahlreiche Literatur über die m Neu-Seeland, den Cha- tham und Auckland-Inseln, gebräuchliche Maori-Sprache. 524 Werke besitzt die Bibliothek über und in Neuseeländischen Sprachen, unter denen 301 Druckwerke und 223 Manuseripte sich befinden. Sog; ; 3 j Sitzung der geographischen Gesellschaft zu Berlin vom 5. März 1859. Der Vorsitzende, Herr Prof. Ritter, eröffnete die Sitzung durch Ueberreichung der eingegangenen Geschenke: 1) Mittheilungen aus J. Perthes geographischem Institut. 1859. Hft. 2. — 2) Map of the Holy Land, constructed by Wan de Velde. Gotha 1858. — 3) Memoir to aceompany the Map of the Holy Land, constr. by Van de Welde.. Gotha 1858. — 4) Bulletin de la societe de Geographie, par Alfr. Maury. 4° Serie; tom. XVI, Nr. 96. Decbr. Paris 1858. — 5) Katalog von Büchern aus dem antiquarischen Lager von Asher u. Comp. Berlin 1859. — 6) The Journal of the Royal Dublin Society. Vol. IX. X. XI. Dublin 1858. — 7) Zeitschrift für allgem. Erdkunde. N. F. Bd. VI, Hft. 1. — 8) Maury’s Sailing Directions. Vol. I. Washington 1858. — 9) Reisen des Johannes Schilt- berger aus München in Europa, Asien und Afrika, von 1394 —1427, von K. Fr. Neumann. München 1859. — 10) Die Ereignisse in Ostindien und die Nothwen- digkeit deutscher Handelsverträge mit Siam, China und Japan. Von K. Fr. Neu- mann. München 1859. — 11) Stimmen der Zeit. Von A. Kolatschek. Jan, u. Febr. 1859. Gotha. — 12) Das Erdbeben v. 15. Jan. 1858 mit besonderer Berücksichtigung seiner Ausbreitung in der Provinz Preufs. Schlesien, von Dr. der Berliner geographischen Gesellschaft. 255 M. Sadebeck. Mit 2 Karten. Breslau 1858. — 13) Faits et considerations re- latives aux droits de Portugal sur les territoires de Malembo, de Cabinde et d’Am- briz et autres lieux de la cöte occidentale d’Afrique, par le Vicomte de Sa da Bandeira. Lisbonne 1855. — 13) K. K. Geographische Gesellschaft, Versamm- lung v. 7. u. 21. Decbr. 1858, 4. Jan. 1859. — 15) Mittheilungen der K. K. Geographischen Gesellschaft. Jahrg. I, Heft. 3. Wien 1858. — 16) Boletin e Annaes de Conselho Ultramarino. Abril— Julho 1857. Janeiro 1858. 5 Hefte. Lisboa. — 17) Preufs. Handelsarchiv, No. 7—9. 1859. — 18) Societe Imperiale Geographique de Russie. Proces verbal de l’Assemblee generale du 16. Avril, 8. Oet. 1858. — 19) Notizblatt des Vereins der Erdkunde zu Darmstadt Nr. 21. 22. Januar 1859. — 20) Proceedings of the Royal Geogr. Society of London. Vol. II, Nr.1 4. 5. 1858. Herr Prof. Ritter machte auf den in Petermann’s Mittheilungen enthaltenen Bericht über die Besteigung des Demavend durch Th. Kotschy aufmerksam, wo- bei er hinzufügte, dafs nach einer Mittheilung der London Society dieser Berg neuerdings auch von andern erstiegen und etwa 19000 Fufs hoch gemessen wor- den ist, so wie dafs Kotschy sich anschicke, den östlichen Theil von Kleinasien und die Gegenden jenseits des Euphrat bis zum Wan-See hin zu bereisen. So- dann legte er mehrere Druckschriften und mehr als 50 Karten über Brasilien vor, die nebst eigenen handschriftlichen Aufnahmen von Herrn Lieut. Schulz ein- gesendet worden sind und die für die Sammlung der Gesellschaft eine sehr we- sentliche Bereicherung gewähren. Herr Karsten theilte Einzelnes aus seinem Tagebuche einer Reise mit, die er im Jahre 1850 nach Caracas und Cumana unternommen hat. Er beschrieb die geognostische und vegetative Beschaffenheit von Barcelona näher, wo an der Küste Fieber und Insekten den Aufenthalt unbequem und selbst gefährlich ma- chen. Die Umgegend von Cumana zeigt keine Spur von vulkanischen Erschei- _ nungen, dennoch ist sie häufig Erderschütterungen ausgesetzt, welche sie seit 1530 schon bald nach ihrer Gründung, zu wiederholten Malen furchtbar verheert - haben, so dafs die Stadt endlich vor wenigen Jahren ganz verlassen werden _ mulste, Diese Erderschütterungen leitete der Reisende nicht sowohl von vulka- nischen Einflüssen ab, als vielmehr von den lokalen Verrückungen der Schichten, _ aus welchen der Boden aufgebaut‘ ist, und welche durch die Einwirkung der Luft - ebensowohl wie durch Unterwaschung des Meeres zu Zeiten in Bewegung gesetzt werden, so dals diese Erschütterungen auch nur auf kleine Räume beschränkt sind. Von den etwa 1500 Quadrat Meilen, welche die Provinz Cumana umfafst, kommt etwa | auf das Gehirn das gegen 6000 Fufs aufsteigt, und von den 50,000 Einwohnern etwa 3, die am dichtesten an der Küste wohnen. Die Ab- hänge des Gebirges nach dem Innern, die Mesas, sind von tiefen Flufsthälern durchfurcht und zeigen eine eigenthümliche Vegetation. Das Flachland bis zum Orinoco hin, die Hälfte des ganzen Gebiets, ist ein reiches Weideland; endlich vierte kleinste Abtheilung des Landes ist mit dichten Wäldern bedeckt und stärksten Ueberschwemmungen ausgesetzt. Herr Ehrenberg sprach von den Untersuchungen, welche in Aegypten na- lich 1855 angestellt worden sind, um die Zeitdauer zu bestimmen, innerhalb lcher die jetzige Oberfläche des Nilthales und Deltas sich gebildet hat. Auf Veranlassung von Horner, dem Vizepräsidenten der geologischen Gesellschaft in 256 Sitzungsbericht der Berliner geographischen Gesellschaft. London, wurden namentlich in Unter-Aegypten zu dem Zwecke Bohrungen durch einen in Europa gebildeten Aegypter auf Kosten des Paschas vorgenommen. Diese Bohrungen gingen etwa 30 Fuls tief und wurden nach bestimmten Grund- sätzen quer durch das Nilthal gemacht. Um über das Alter der abgelagerten Erdschichten von einer sicheren Basis auszugehen, wurde ein noch bei Heliopo- lis befindlicher Obelisk gewählt, der etwa im Jahre 2300 v. Chr. errichtet wor- den ist, so wie eine kolossale Statue bei Memphis, welche schon Herodot er- wähnt, und die vom Könige Ramses II. (1394—-1328 v. Chr.) aufgestellt wor- den ist. Nach den gemachten Berechnungen würde die unterste hervorgeholte Sandschicht vor etwa 13,400 Jahren abgelagert worden sein, also etwa 11,500 Jahre v. Chr. Zugleich bemerkte der Vortragende, dafs nach andern Untersu- chungen bei New-Oırleans am Mississippi zehn Lagen von Waldungen übereinan- der aufgefunden worden seien, welche zum Theil Stämme enthalten, deren Durch- messer 10 Fufs betragen. Bei der Voraussetzung, dafs diese Baumschichten nach einander versenkt seien, habe man das Alter der dortigen Bodenbildung auf 57 bis 58,000 Jahre berechnet. Unter der vierten Waldschicht von oben will man Menschenreste und namentlich neben alten Thierformen Streitäxte von Feuerstein gefunden haben. Sicherer ist es, dafs bei den Bohrversuchen in Aegypten, 30 Fuls unter der heutigen Oberfläche, ein Stück von einem irdenen Topf „ufgefunden worden ist. Herr Ehrenberg hat in den von ihm untersuchten Proben der un- tersten Sandschicht 62 Species organischer Körper herausgezählt, während bei Untersuchungen eben dieses Sandes, die in England vorgenommen worden sind, man gar nichts von Thieren gesehen hat. Herr General v. Olberg sprach über den Inhalt der für das Jahr 1856 in russischer Sprache erschienenen Statistik des russischen Reiches. Der Eingang des Vortrages berührte die ersten Versuche, welche, wenn auch in engeren Gren- zen, 1830 in Beziehung auf statistische Uebersichten in Rufsland gemacht wor- den sind und die nun in erweitertem Umfange regelmäfsig fortgesetzt und künftig von Karten begleitet werden sollen. Darauf theilte er aus den zahlreichen Ta- bellen dieser Schrift die Gröfsenangaben der einzelnen Abtheilungen des russischen “ Reiches mit, das zusammen auf 353,468 Quadrat Meilen berechnet ist. Zu der Bevölkerung übergehend, welche zusammen auf 714 Mill. angegeben wird, hob er besonders die Data über die Volksdichtigkeit hervor, die durchschnittlich in den europäischen Gouvernements 650 auf 1 Quadratmeile beträgt, in den sibiri- schen etwa 16 oder auch nur 8, in Kamtschatka sogar von 2 Quadratmeilen nur 1 Mensch. Bei der Uebersicht der Städte und Ortschaften machte er darauf auf- merksam, dafs nur 3 Städte über 100,000 Einwohner zählen. Der mittlere Theil des europäischen Rufslands, 6 Gouvernements umfassend, welche der Kern des Reiches geworden sind, hat die dichteste Bevölkerung auf 2—3000 Einwohner auf 1 Quadratmeile. In concentrischen Kreisen legen sich um diesen Kern fünf Gruppen mit immer dünner werdender Bevölkerung, der sechste und am schwäch- sten bevölkerte Landstrich ist das Gouvernement Archangel. Auf gleiche Weise führte dann der Vortragende die Resultate jener Schrift äbersichtlich vor, welche die Bewegung der Bevölkerung, die Schulen, den Handel etc., so wie den Vieh- stand betreffen, wenn auch bei mehreren dieser Angaben die Unzuverlässigkeit zugegeben worden ist. jem. Erdkunde R.F. Ba.V. PLAN ver CASTRIES BAY nahe der Amur Mündung nach der Aufnahme des Capt.Horner. Tiefen in Faden bei Ebbezeit. Flutkhöhe um If UhrSFuss. 4 2 Pi 1: 200,000 _ Berlin.D.Reimer, art Dis Anl \ \ Arne 1 lnuunllent Teahliz f iu ne a - 11 Te TAH. ZIHTEAD. aac 2 f N . i 2 ruhe 7A Hund 131 ins (ec ee } re | /; . L j tun Hay ol4 .3 So eben erschien die seit mehreren Jahren vorbereitete Land- und Seekarte. des Mittelländischen Meeres, nebst den angrenzenden Ländern. Nach den neuesten Quellen bearbeitet und gezeichnet i von Dr. Henry Lange. Im Maafsstab von 1: 2956000. Sedes Blatt mißt 144 Boll in der Höhe, 163 Zoll in der Kreite, im Fichten. 10 Blatt. Gr. Folio. In Stahlstich. Preis 8 Thlr. Verlag des Oesterreichischen Lloyd. Trief. Von dieser Zeitschrift erscheint jeden Monat ein Heft von5—6Bogen mit Karten und Abbildungen. Der Preis eines Bandes von 6 Heften, welche nicht getrennt abgegeben werden, ist 2 Thlr. 20 Sgr. F- ı= Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Post- Anstalten, Im Verlage von DIETRICH REIMER in Berlin ist so eben erschienen : ERDGLOBUS (127 Zoll rheinl. im Durchmesser) entworfen und gezeiehnet von c. ADAMI. Neue Auflage. | .1859. Von den bekannten Adamischen Globen, welche in 3 verschiedenen Gröfsen (4”, 8" und 122” im. Durchmesser) angefertigt werden, hat namentlich die letztere Sorte eine so allgemeine Verbreitung gefünden, dafs abermals eine neue Ausgabe nöthig wurde. Dieselbe ist gänzlich umgearbeitet und gegen die frühere sowohl durch die Aufnahme der neuesten geographischen Ent- deckungen als auch überhaupt durch eine correctere Zeichnung wesentlich verbessert worden. Die Preise des Globus sind folgende: 1) Auf einfachem schwarz polirten Holzfuß (Litt. c.) 5 Thlr. 20 Sgr. 2) Auf broncirten metallenem Fufs (Litt. eı.) 8 - — 3) Auf schwarz polirtem Holzfufs, mit beweglichem graduirten messingenen Halbmeridian ( Liit. d.) 9: eV. ee 4) Auf schwarz polirtem Holzgestell, mit Horizont, messingenem Meridian, Stundenring, Höhenqua- drant, Compafs etc. (Litt. e.) - — - 5) Ebenso auf elegantem Mahagonigestell mit mes- singener Boussole (Litt. f.) 2 - 2 - Ein Verzeichnifs der verschiedenen Sorten der Adamischen Globen ist durch alle Buchhandlungen gratis zu erhalten, — In Kurzem wird erscheinen: NEUER ERDGLOBUS von 30 Zoll rheinl. Durchmesser nach dem Entwurf von ’ C. ADAMI im Verhältnifs von 1: 16,500000 der natürlichen Gröfßse bearbeitet und gezeichnet von . HEINRICH KIEPERT. Mit Ka 2 mathematischen Netz, Horizont, Meridian, Stundennigs i Höhenqguadrant und Compalßs. Preis: Auf elegantem schwarz. polirten Holzgestell 80. Thlr, Auf reich verziertem broneirten Gestell 95 Thlr. Dieser Globus ist in so grofsem Maafsstabe entworfen, dafs die aufser- europäischen Erdtheile daranf spezieller dargestellt sind ‚als dies selbst in den gröfseren Atlanten der Fall ist. — Wie bei den kleineren Sorten der Adamischen Globen ist auch hier mehrfarbiger Druck: ‚schwarz für das Grad- und Flufsnetz und die Schrift, blau für die Küstenränder und braun für die Gebirge angewendet worden. — — nn Gedruckt bei A. W. Schade in Berlin, Grünstrafse 18. ZEITSCHRIFT FÜR ge Fr MT UNTERSTÜTZUNG DIR BE SOHaL) FÜR ERDEUDDE ZU BERLIN f De UND Usrun, nesonpenen MITWIRKUNG 3 voN $; # Bi \ Von Dr. Bi NEUMANN. u% x NEUE FOLGE, \ . L x : SECHSTER BAND, ‚VIERTES ı UND >. HÜNKTER HEFT. Inhalt. X. Uebersicht der astronomischen u. geodätischen Arbeiten in Rufsland XI. Itinerar der kleinasiatischen. Reise P. v. Tschichatschef’s i. J. 1858. Vom Hr. Verf. durch C. Ritter mitgetheilt. Mit Anmerkun- gen und 2 Karten (Taf. V u. VD) von H. Kiepert. ...., XI. Beiträge zur Kenntnifs der Republik Chile. Vom Herausgeber. 2. Der araucanische Grenzdistric.. . . » 2. 00 00. 85,810 Maullın.o ee se er OlleHf ee XIH. Micronesien. Eine geographische Skizze von SE Bomaki ERS XIV. Zur Erinnerung an Alexander von Humboldt . . » 2. 2 2.2. Miscellen. Atlas zur Entdeckungsgeschichte Amerikas . . . . Bemerkungen über den Ladoga-See. Von Lieut. Lat. Nach ac Russischen . . . N er Forschungsreisen von Zansibar ash Ventral=Atrica\ ar.) 7.2905 . Chinesische Colonisten in Caleutta . . . ER Von den Ufern des Amur. Ein Schreiben Radde’ s über seinen Au halt im Chinggan. Aus dem Russischen . . . 2... 2... Die Häfen des Staates Wisconsin . . . > Neu entdeckte Quecksilberminen in Californien Mr. Belly’s centralamerikanisches Canal-Project . Die neueste Angabe über die Bevölkerung der Republik Neu Gran R Neuere Literatur. Handbuch der Geographie von Dr. H. A. Daniel. Erster Theil. Frank- fart'a.M. 1859.97... 2. %% AN R a riet Atlas historique et statistique des Öhemins de Fer Fronpiliet "Bar AdoIphe Joanne. Paris 1859. 4& . . . . . .. Reise-Erinnerungen von FE. A. Pr 2 Theile, Dresden, 1858. 1859. Altes und Neues aus den Ländern des Ostens. Von Onomander. 2 Bde. Kambure „180927722. 17.208 a De Se, or wa A Narrative of the Mission sent by the en of India to the ‚Court of Ava in 1855. By Capt. H. Yule. London 1858. 4. . . Sitzung der geogr. Gesellschaft zu Berlin v. 2. April 1859 , . . ., - - - - - - - 7%. Mai ER N Karten. Taf. V. P. v. Tschichatschef’s Route im Nordöstlichen Kleinasien und Armenien, im Sommer 1858. Entworfen von H. Kiepert. Taf, VL Ch. Texier’s Route im Oestlichen Kleinasien. Nach der Originalzeichnung auf 4 redueirt von H. Kiepert. Seite 257 275 343 350 355 374 379 382 386 388 390 394 400 402 404 405 408 409 411 412 413 414 X. Uebersicht der astronomischen und geodätischen ‚Arbeiten in Rulsland bis zum Jahre 1855. Der russische General der Infanterie von Schubert, welcher seit zwanzig Jahren mit der Oberleitung der geodätischen Arbeiten in Rufsland betraut war und selbst einen grofsen Theil der dortigen Triangulirun- gen ausführte, hat es unternommen, das, was bis jetzt in der genann- ten Richtung in Rufsland geschehen, in einem nach Inhalt und Form gleich ausgezeichneten Werke dem Publicum vorzulegen '). Zu dem Ende mulste er die Materialien aus den Acten der Academie der Wis- senschaften zu St. Petersburg, den Schriften der topographischen und hydrographischen Depots, sowie aus anderen zerstreuten Werken sam- meln, welche bedeutende Arbeit er in nicht ganz zwei Jahren vollen- dete. Der Glanzpunkt derselben ist die angefügte grofse Tabelle mit den Ortsbestimmungen von nicht weniger als 14,531 Punkten in allen Theilen des grofsen Reiches. Diese Tabelle ist durch die Auseinander- _ setzung der bei den Triangulirungen angenommenen Verfahrungsweisen, _ ünd der Resultate der astronomischen Reisen eingeleitet. Was aber ‚das Publicum noch mehr interessiren muls, ist die an der Spitze des Werkes stehende historische Entwickelung aller dieser Arbeiten in Ruls- land, aus der wir nun im Nachstehenden einen Auszug geben, aus _ welchem erhellen dürfte, in welch’ grofsartigem, dem Umfange des Reiches entsprechenden Mafsstabe Rufsland re diesem Gebiete gear- _ beitet hat. Während des ganzen 18ten Jahrhunderts war die Academie der Wissenschaften allein mit der Feststellung der Geographie in Ruls- land betraut. Damals war weder eine astronomische Position bestimmt, noch gab es eine einigermalsen brauchbare Karte. Die Astronomen der Academie mufsten erst die Pläne zu den astronomischen Arbeiten entwerfen, die Reisen selbst unternehmen, die Beobachtungen anstellen >) Expose des travauz astronomiques et geodesiques ewecutes en Russie dans un R N geographique, jusquäa Vannee 1855. Avec un atlas et un supplement. St. Peters- bourg 1858. Zeitschr. f. allg. Erdk. Neue Folge. Bd. VI. 17 Ki . ” Ar D 258 Uebersicht der astronomischen und geodätischen Arbeiten und sie nachher berechnen. Selbst die untergeordneten Geschäfte, wie die Vermessung des Landes und die Fertigung der Karten, lagen der Academie ob. Wenn man namentlich die hinsichtlich des Personals geringen Mittel bedenkt, welche der Academie zu Gebote standen, indem die Zeichner, Stecher ete. alle erst angeleitet werden mulsten, und zugleich die grolse Zahl der durch sie veröffentlichten Karten überschaut, so muls man zu- gestehen, dafs sie ihre Aufgabe rühmlich löste, wie wir dies aus dem Folgenden deutlicher ersehen werden. Joseph de l’Isle, der erste Petersburger Astronom, beschäftigte sich gleich bei seinem Eintritt in die Academie mit Arbeiten im In- teresse der mathematischen Geographie in Rufsland. Von ihm ging der erste Vorschlag zu astronomischen Reisen zum Behufe von Orts- bestimmungen aus. Sein Bruder Louis, genannt la Croyere, wurde demzufolge (1727) nach Archangelsk geschickt, um Länge und Breite dieses wichtigen Punktes zu bestimmen. Derselbe bestimmte aufserdem noch 13 Punkte von der Insel Kildin (69° 20’) bis Wologda (59° 14'). Indessen zeigte sich später, dafs er keineswegs mit gewissenhafter Genauigkeit zu Werke gegangen war. Wichtiger für den astronomischen Theil der Geographie war die (1733) auf Befehl der Kaiserin Anna nach Sibirien und Kam- tschatka unternommene Expedition, deren astronomische Mitglieder la Croyere und Krasilnikoff waren. Auch Joseph de l’Isle ging (1740) dahin ab und bestimmte einige Punkte. Das Hauptverdienst dieser Reise in astronomischer Beziehung gebührt Krasilnikoff, dessen Be- obachtungen von 1736 — 1745 die ersten ziemlich genauen Positionen von Sibirien und Kamtschatka gaben, wobei die Längen durch Beob- achtung der Trabanten des Jupiter bestimmt wurden. Krasilnikoff wurde nach seiner Rückkehr der Academie beigegeben und setzte seine Beobachtungen zu Moskau und in den Häfen der Ostsee- Provinzen fort. Aus den 1750 und 1760 veröffentlichten Denkschriften der Aca- demie ergiebt sich, dafs Krasilnikoff 11, Joseph de l’Isle 3 und la Croyere eine Position in Sibirien und Kamtschatka bestimmten. Aufser- dem wurden 23 Breiten (ohne Längen) gefunden. Hierzu kommt noch die Bestimmung des Petersburger Observatoriums durch verschiedene Astronomen und die von Arensburg durch Grischoff. Der erste Durchgang der Venus (1760) gab die Positionen Selenginsk und Tobolsk, sowie die Breite von Irkutsk, der zweite gab die Punkte Orenburg, Orsk, Gurieff, Jakutsk, Umba, Ponoi und Kola. Dabei dauerten die Reisen fort, der Academiker Krafft bestimmte (1769 — 1770) die Positionen von Ufa, Syschran, Tscherkask, Kieff und Ka- in Rufsland bis zum Jahre 1855. 259 menez-Podolsk; Lowitz beobachtete verschiedene Punkte der 'kaukasi- schen Linie, wurde aber während seiner Nivellirungen zwischen Don und Wolga auf Pugatscheff’s Veranlassung ermordet. Sein Begleiter Inochodtsoff rettete mit Mühe sein Leben und einige Papiere, so dafs von einer sechsjährigen Arbeit (bis 1776) nur die Ortsbestimmungen von Saratoff, Tsarizyn und Dmitrefsk übrig blieben. Islenieff und Chr. Euler waren glücklicher; der erstere beobachtete zu Jakutsk nicht nur den Durchgang der Venus, sondern auch 8 Sternbedeckun- gen (durch den Mond), 2% Sonnenfinsternisse und 14 Finsternisse von Trabanten. Er verglich ferner mittelst des Fernrohrs seines Quadran- ten den Durchgang des Mondes mit den Durchgängen der Sterne auf der Mond-Parallele, um durch die geraden Mond- Aufsteigungen die Erdlängen zu finden. Im Jahre 1770 bestimmte er die Positionen von Barnaul, Smeinogorsk, Ust-Kamenogorsk und Astrachan, sowie die Breiten von 7 anderen Positionen. In den Jahren 1771 und 1772 wurde er in die Moldau und Walachei, und 1773 in die westlichen Provinzen geschickt, wobei er 9 Punkte und 6 Breiten bestimmte. Zu letzteren Operationen bediente er sich eines beweglichen Quadranten von Sisson mit einem Halbmesser von ?2+’, den er mit äufserster Ge- nauigkeit handhabte. Chr. Euler, der die Venus zu Orsk beobachtet hatte, bestimmte auf seinen späteren Reisen noch 10 Punkte in dem südlichen Theile des Reiches, worunter 8 Längen. Im Jahre 1779 befahl die Kaiserin Katharina eine neue astrono- misch-geographische Reise, welche bis 1785 dauerte und von Ino- chodtsoff geleitet war, dem Tschernoi als Adjunct beigegeben wurde. Die Instrumente wurden der Sammlung für die Beobachtung der Venus entnommen, und trotz der schwierigen Transport- Verhältnisse ihrer nicht wenige aufgepackt. Die Frucht dieser Reise war die vollstän- dige Beobachtung von 14 Punkten. Im Jahre 1785 erhielt Tschernoi die Weisung, sich nach der Krim zu begeben und die wichtigsten Positionen derselben zu bestimmen. Nachdem er Eupatoria, Sebastopol und Jenikale ganz, und von Perekop und Feodosia die Breite bestimmt hatte, wendete er sich mit seinem Gehilfen Arnoldi nach der kauka- sischen Linie, um die durch Lowitz’ Ermordung verlorenen Positionen wieder zu gewinnen. Allein nachdem er die Position von Mosdok be- stimmt hatte, wurde er zwischen bier und Stawropol von den Lesghiern überfallen, welche seine Instrumente und Papiere vernichteten und den jungen Arnoldi für immer in die Sclaverei fübrten. — Der Krieg mit Schweden hemmte eine (1790) von Chr. Euler zu Ortsbestimmungen in Finnland unternommene Reise. Während der ganzen Periode seit dem ersten Durchgang der Ve- nus hatten sich die Astronomen der Academie, Rumofski, Lexell und 17% 260 Uebersicht der astronomischen und geodätischen Arbeiten Inochodtsoff, sowie der Physiker Krafft mit der Berechnung der Po- sitionen beschäftigt, wobei sie in Betreff der Längen die Reisebeob- achtungen mit den am Observatorium der Academie und an anderen Orten angestellten verglichen und hierüber zahlreiche Denkschriften veröffentlichten. In den Berliner Ephemeriden für 1789 veröffentlichte Rumofski eine Tabelle der geographischen Positionen Ruflslands; die- selbe fand in Mechain’s Connaissance des temps gleichfalls eine Auf- nahme. Diese Tabelle, welche als das Resultat der astronomisch- geo- graphischen Arbeiten Rufslands im vergangenen Jahrhundert zu be- trachten ist, enthält 57 vollständige Positionen in Rufsland, und 5 in der Moldau und Walachei. Rechnet man hierzu 5 von Rumofski ver- gessene Positionen, so erhält man im Ganzen 67, welche Struve zum grölseren Theil mit neueren und genaueren Bestimmungen verglichen hat. Die Unterschiede in Betreff der Breiten rühren hauptsächlich da- von her, dafs bei den alten Positionen der Beobachtungsort innerhalb einer Stadt nicht angegeben ist. Was die Längen anbelangt, so fand Struve einen durchschnittlichen Fehler von 8’ im Bogen oder 32” in der Zeit, ein in Anbetracht der Unvollkommenheit der früheren Instrumente sehr befriedigendes Resultat. Die meisten Längen waren auf die Fin- sternisse der Jupiters- Trabanten basirt; doch fanden nicht immer cor- respondirende Beobachtungen Statt, so dafs man sie mit den Tabellen vergleichen mulste. Die Summe von 67 Positionen erscheint sehr ge- ring; wenn man aber bedenkt, dafs um diese Zeit in den andern Län- dern Europa’s noch nicht einmal so viel bestimmt waren, so muls jenes Resultat ein rühmliches genannt werden. Ein topographisches Depot, unter dem Namen Karten- Depot, war schon unter Kaiser Paul gegründet worden. Es sollte die Oberleitung über die Aufnahmen des Generalstabs führen. Allein erst unter Kaiser Alexander I. bekam dieses Institut den rechten Schwung, und nach 1820 wurde der Umfang seiner Arbeiten ein co- lossaler. Der General-Quartiermeister General Suchtelen und der Di- rector des Karten-Depots Oppermann empfanden das Bedürfnifs einer guten Karte von Rulsland für militärische Zwecke. Sie setzten daher auf den Grund der in vielen Gouvernements gemachten Aufnahmen der Feldmesser und einiger durch Offiziere des Generalstabs vorgenomme- nen Messungen eine hundertblätterige Karte des Landes zusam- men, welche viel treffliches Detail enthielt. Allein man empfand den Mangel einer gehörigen Anzahl astronomisch bestimmter Positionen, als Grundlagen der Totalgenauigkeit, hierbei so sehr, dafs General Suchtelen den Academiker Schubert anging, eine Anzahl Offiziere des Generalstabs für astronomische Beobachtungen auszubilden. in Rufsland bis zum Jahre 1855. 261 Schubert widmete sich von 1802 an zwanzig Jahre lang der In- struction dieser Offiziere und schrieb zu diesem Behufe einen treff- lichen Leitfaden über die astronomische Ortsbestimmung. Dabei wählte er einen ungleich einfacheren Apparat als ehedem, der aus einem Re- flexions-Sextanten, einem Taschen-Chronometer, einem künstlichen Horizont und einem achromatischen Fernrohr von 3!’ bestand und des- halb sehr leicht zu transportiren war. An die Stelle der Beobachtung der Jupiters- Trabanten setzte er die Messung der Lunar-Distan- zen. Unter jenen Offizieren haben sich folgende seitdem einen Namen gemacht: der jüngere Schubert, Thesleff I., Thesleff II., Kotzebue und Tenner. Im Jahre 1804 fand die erste Expedition in dieser neuen Weise statt. Der jüngere Schubert und Thesleff II. gingen auf Befehl des Kaisers Alexander I. nach Polozk und bestimmten diese Stadt. Im März desselben Jahres begaben sie sich nach dem Norden und .be- stimmten 7 wichtige Punkte. Hierbei wurde namentlich die Länge von Archangelsk rectifieirt. Im Jahre 1805 machte der Academiker Schubert eine Reise nach Irkuzk, in Begleitung derselben Offiziere, und bestimmte von Rufs- land nach Sibirien 10 Punkte, wozu noch 10 Positionen jenseits des Baikal-Sees kamen, welche Thesleff II. in den Jahren 1805 und 1806 bestimmte. Die Berechnung sämmtlicher geschah durch den Acade- miker Schubert nach dessen Rückkehr und wurde in den Memoiren der Academie 1811 veröffentlicht. Im Jahre 1806 bestimmten Thesleff I. und Schubert d.j. die Po- sitionen Narwa und Rewal, und Thesleff I. allein später noch die vier Punkte: Wiburg, Rosensalm, Salmis und Serdobol. „Nachdem so für die nördlichen Theile des Reichs Vieles geschehen war, beschlols die Academie, in ähnlicher Weise für den Süden zu sor- gen. Sie sandte eins ihrer Mitglieder, Wischniefsky, dahin, der von 1806 an bis 1815 in dieser Richtung thätig war, dabei aber von dem bisher befolgten Systeme abwich. Die Lunardistanzen geben nämlich genügend genaue Positionen für eine erste Approximation, es ist jedoch nicht möglich, auf einige Secunden die Länge darnach zu bestimmen. Man mulfste daher bei einer Reise, auf welcher alle wichtigen Punkte des europäischen Rufs- _ lands mit äufserster Genauigkeit bestimmt werden sollten, eine voll- _ kommenere und zugleich schnelle Methode anwenden. Wischniefsky _ bediente sich daher für die Breiten- und für die Zeitbestimmung eines _ Reflexions-Sextanten von Troughton, von 10” Halbmesser, und zweier Taschen-Chronometer; die Längen von 17 Hauptpunkten dagegen be- ‚stimmte er lediglich mittelst der Sternbedeckungen durch den Mond und einiger Sonnenfinsternisse. Der Uebertrag der Zeit mittelst der Chrono- meter bestimmte die Längen der Zwischenpunkte zwischen den Haupt- punkten, nach einer Art chronometrischer Interpolation. Der Berg Elborus im Kaukasus endlich wurde durch Messung der Azimuths der Gipfel, die von zwei in Breite und Länge astronomisch bestimmten Punkten aus vorgenommen wurde, den Positionen angereiht, und bei dieser Operation zugleich mittelst der Verticalwinkel die genaue Höhe dieses hervorragenden Berges gemessen. Die von Wischniefsky be- stimmten Punkte gehen von Libau (38° 40' L.) bis Jekaterinburg (78° 14'L.) und umfassen somit 40 Längengrade, und von Mesen (65° 50’ Br.) bis zum Elborus (43° 21’ Br.), oder 224 Breitengrade, mit 250 bestimmten Punkten, nämlich allen Gouvernements- und den meisten Bezirksstädten des europäischen Rulslands, und zwar sind diese Be- stimmungen, wie Proben mit noch genaueren Methoden dargethan ha- ben, mit der äufsersten Genauigkeit gegeben, so dafs man Wisch- niefsky’s Arbeit als die umfassendste und bedeutendste des Jahrhunderts in dieser Richtung bezeichnen kann. Leider starb er, ehe er sein Werk veröffentlichen konnte, so dafs man nur die Resul- | tate, nicht aber das System und die Operationen 'kennt. Während der Kriege 1805 bis 1815 erlitten die geodätischen Ar- beiten eine Unterbrechung, doch wurde damals der erste Versuch einer Triangulirung nach einer indessen sehr kleinen Scala ge- macht und zwar mit der Stadt Petersburg, welche Dr. Pansner mittelst der Winkelmefsscheibe ausführte. Es war dies eine noch sehr unvollkommene Arbeit. Als aber nach dem Frieden der Chef des Ge- neralstabs, Fürst Wolchonsky, das Karten-Depot unter sich bekam, ordnete er an, dafs die Aufnahmen, welche bisher nur nach dem Be- dürfnisse des Augenblicks und ohne System geschehen waren, nunmehr in regelmälsiger Weise, nach einem bestimmten System und nach ge- nauen Methoden beginnen sollten. Leider galt damals die Trianguli- rung Frankreichs für die vollkommenste, weshalb man als Instrument die dort gebrauchte Winkelmefsscheibe und als System die Wieder- holung der Winkelmessungen, zur Berechnung aber das Werk Puis- sant’s als Grundlage annahm, und hiernach die erste Trianguli- rung (1816) im Gouvernement Wilna vornahm. In diesen Methoden — astronomischen und geodätischen — brach- ten jedoch die Gründung von Reichenbach’s Atelier in München mit seinen nach einem neuen System construirten Instrumenten und der Vollkommenheit ihrer Eintheilung, sowie die trefflichen Fernröhre von Frauenhofer eine vollständige Aenderung hervor. Man verliefs alle Winkelmessungen in geneigten Ebenen und beschränkte sich auf die Messung von Vertikal- und Horizontalwinkeln. Zugleich ver- 262 Uebersicht der astronomischen und geodätischen Arbeiten in Rufsland bis zum Jahre 1855. 263 vollkommneten die Untersuchungen von Gauls, Bessel und Struve die Beobachtungsmethode, das Berechnungssystem und führten die Anwen- dung der jetzt fast übertriebenen Methode der kleineren Quadrate zur Feststellung des wahrscheinlichen Irrthums in den Beobachtungen ein. Zugleich wurde das Geschäft der geographischen Ortsbestimmungen durch die Einführung des Passagen - Instruments, mit welchem zu Be- stimmung der Breite der Durchgang der Sterne durch die erste Verti- cale, und in Beziehung auf die Länge die Culminationen des Mondes beobachtet werden, wesentlich erleichtert. Um diese neuen Instrumente im Interesse der Topographie Rufs- lands verwenden zu können, brauchte man Individuen, welche sich der- selben zu bedienen verstanden, weshalb General von Schubert im Jahre 1821 den Plan zur Bildung eines Topographen - Corps vorlegte, welcher sofort in Ausführung kam. Schubert selbst wurde zum Chef desselben ernannt und mit dessen Organisation betraut. Das- selbe bestand aus einer Topographen-Compagnie in St. Petersburg (Compagnie des topographischen Depots) mit einer Schule, in welcher die Topographen Unterricht in der Mathematik, im Zeichnen, in der Topographie, deutschen Sprache, im Kupferstechen etc. erhielten; und aus 8 Topographen-Compagnien, welche den verschiedenen Aufnahmen im Lande und den Armeen zugetheilt wurden. Nachdem die Topo- - graphen einen Cursus an der Petersburger Schule durchgemacht und ein sehr strenges Examen bestanden hatten, wurden sie zu Offizieren des Topographen-Corps ernannt und nur zu geodätischen Arbeiten ver- wendet. Um diesen Offizieren auch die nöthige praktische Gewandt- heit in astronomischen Beobachtungen zu verschaffen, veranlafste Ge- neral v. Schubert, dals Struve in Dorpat für die vorzüglichsten Ofhi- ziere des Generalstabs, des Topographen-Corps und des Piloten-Corps einen Cursus in der praktischen Astronomie und höheren Geodäsie gab. Die Schule lieferte die ausgezeichneten Männer, wel- che sich in der Folge durch ihre astronomischen und geodätischen Ar- beiten Ruf erwarben: Wrontschenko, Rosenius, Oberg, Melan, Maxi- moff, Woinoff, Wasilieff, Goriunoff, Slobin, Schwareff. Aus jenem Topographen -Corps, aber ging die grofse Menge Topographen, welche die Aufnahmen in den Gouvernements ausführten, sowie die zahlreichen Graveurs hervor, welche die vielen schönen Karten stachen, die das - topographische Depot veröffentlichte; endlich auch die Topographen- Compagnie des Domaine-Ministeriums, von deren Mitgliedern in der ‚Folge die Kataster- Aufnahmen besorgt wurden. Noch ehe diese Vorstudien im Interesse der Topographie stattfan- 4 den, hatte die landwirthschaftliche Gesellschaft von Livland (1816) beschlossen, auf den Grund der durch die Landes-Geometer „ 264 Uebersicht der astronomischen und geodätischen Arbeiten gemachten Special- Aufnahmen eine Detail-Karte der Provinz heraus- zugeben. Da sich jedoch auch hier wieder der Mangel an bestimmten Punkten zu Feststellung des Netzes zeigte, so übernahm Struve auf die Bitte der Gesellschaft die Triangulirung der ganzen Provinz, die er während der Jahre 1816 und 1819 nur mittelst eines Reflexions- Sextanten ausführte. Diese Triangulirung brachte den berühmten Astro- nomen auf den Gedanken, einen Meridianbogen zu messen. Vor- läufige Terrainstudien überzeugten ihn, dafs es möglich sein werde, den Meridian von Dorpat von Hochland (60° 5’ Br.) bis Jakobsstadt (56° 30’ Br.) zu messen, welche Arbeit dann auch nach den nöthigen Vor- arbeiten im Jahre 1822 ausgeführt wurde, und von Struve in einem besonderen Werke ausführlich beschrieben ist. Da nun aber die Drei- ecke des Gouvernements Wilna bis ganz nahe an Jakobsstadt gehen, so kam der Chef dieser Triangulirung, General Tenner, auf die Idee, sie mit der Struve’s zu verbinden und zu einer Verlängerung der Mes- sung eines Meridianbogens zu verwenden. Da Tenner in der Folge auch die Triangulirung der Gouvernements Grodno, Wolhynien, Podo- lien und Bessarabien zu besorgen hatte, deren Dreiecke sich in ihrer Hauptmasse von Norden nach Süden erstrecken, so verlängerte er den Bogen bis Staro-Nekrasowka an der Donau (45° 20’ Br.). Im Jahre 1830 legte Struve einen Plan zur Verlängernng desselben nach Norden vor, woran von den Generalstabs- Offizieren Rosenius, Melan und Oberg bis 1835 gearbeitet wurde. Diese Arbeiten wurden später durch den Astronomen Woldstedt bis Torneä (65° 51’ Br.) fortgesetzt; schwedi- sche und norwegische Astronomen verlängerten ihn endlich noch bis Fuglenäs (70° 40’ Br.), was im Ganzen einen Bogen von 25° 20' giebt. Ueber diese ungeheure Arbeit steht ein grofses Werk von Struve in Aussicht. Wir gehen nun auf die grofsen trigonometrischen Arbeiten über, welche seit 1816 in Rufsland stattfanden. In diesem Jahre be- gann General Tenner die Triangulirung des Gouvernements Wilna, welche mit Winkelmefsscheiben begonnen und nach dem fran- zösischen System durchgeführt wurde. Nachdem jedoch (1821) General v. Schubert die Münchener Instrumente eingeführt hatte, wurde jene Messungsweise verlassen. Im Jahre 1822 bekam Tenner die Trian- gulirung Kurlands, 1825 die von Grodno, 1830 die von Minsk, 1836 die von Wolhynien und Podolien und 1843 von Bialystok und Kieff. Alle diese Triangulirungen bildeten eine ununterbrochene Reihe und waren von denselben Offizieren, mit denselben Instrumenten und nach derselben Methode ausgeführt worden. Der Ausgangspunkt war Niemez. Diese Triangulirung schliefst sich im Norden an die Messung des Struve’schen Meridianbogens, im Osten an die Arbeiten in Rufsland bis zum Jahre 1855. 265 Schubert’s, im Westen an Bessel’s preufsische Triangulirung bei Memel. Im Jahre 1820 bekam General v. Schubert die Triangulirung des Gouvernements St. Petersburg, an welche sich bald die von Pskoff und Witebsk sowie eines Theils von Nowgorod anschlofs. Diese Arbeit wurde mit einem grofsen Theodoliten aus den Ateliers des topographischen Depots begonnen, der aber schon im folgenden Jahre durch einen Münchener Theodoliten ersetzt wurde. Als Centralpunkt der Coordinaten wählte Schubert den Thurm des Observatoriums der Aca- demie der Wissenschaften, dessen Breite vorher mit äufserster Sorgfalt und mittelst Münchener Verticalzirkel bestimmt worden war. Nachdem diese Triangulirung (1832) vollendet war, begann er 1833 die von Moskau, Smolensk und Mohileff, wobei er seine Arbeit von den zwei Centralpunkten Moskau und Smolensk aus zu gleicher Zeit be- gann. Nach Beendigung dieser Triangulirung ging General v. Schu- bert (1840) an die des Gouvernements Twer und des südlichen Theils von Nowgorod zur Verbindung mit Moskau und arbeitete bis 1844 daran, worauf General Tutschkoff sie (1847) vollendete. Inzwischen hatte Schubert die Triangulirung der Krim (1836— 38) zu besorgen. Schon früher war General v. Schubert auch zum Director des hydrographischen Depots der Marine ernannt worden, und schlug als solcher alsbald eine trigonometrische Aufnahme des Golfs von Finnland vor, welche 1828 begonnen und 1838 beendigt wurde. Zu dem Ende war bei Rewal ein kleines Observatorium erbaut worden, welches alle seine Instrumente von München erhielt. Bei dieser Arbeit wurde Schubert durch den Baron Wrangel unterstützt, der auch Stru- _ ve’s Mitarbeiter bei Messung des Meridianbogens gewesen war. Diese Triangulirung geht von Petersburg bis an die schwedische Küste, wo ' sie sich an die dortige Triangulirung anschliefst, bis an die südliche - Spitze der Insel Oesel, wo sie mit der Tenner’schen Triangulirung von Curland zusammentrifit, während sie sich bei Hochland mit den Drei- ecken des Struve’schen Meridianbogens verbindet. Im Jahre 1840 wurde gleichfalls auf Schubert’s Veranlassung die Triangulirung der Gouvernements Kaluga und Tula durch Oberst Oberg, nach der gleichen Methode, begonnen. 0. Wir kommen nun an die chronometrischen Expeditionen, _ zu denen gleichfalls General v. Schubert den ersten Anstofs gab. _ Die Ungenauigkeit der Ostsee-Karten bestimmte ihn nämlich, als Chef ‚des hydrographischen Depots der Marine, eine astronomische Verbin- ng der Hauptpunkte dieses Meeres herbeizuführen. Zu dem Ende de die Mitwirkung der übrigen Uferstaaten der Ostsee in Anspruch 1 rn Br! 4 Pa 266 Uebersicht der astronomischen und geodätischen Arbeiten stians-ö, Öland, Arkona, Gothland, Swatferort, Dagerort, Hochland und Kronstadt eingerichtet. Dazu kamen die permanenten Observato- rien zu Kopenhagen, Altona, Danzig, Königsberg, Stockholm, Rewal, Helsingfors und St. Petersburg. Es handelte sich darum, die Längen- Differenzen zwischen diesen Punkten zu bestimmen, zu welchem Ende die Regierung dem General v. Schubert den Kriegsdampfer Herkules, 56 Chronometer und alle nöthigen Instrumente zur Verfügung stellte. Baron Wrangel und der Piloten-Capitain Kosmin begleiteten den Ge- neral auf dieser Expedition, die am 26. Mai 1833 von Kronstadt ab- ging und am 18. September nach viermonatlichen beständigen Fahrten dahin zurückkehrte. Die Ergebnisse dieser Expedition legte Schubert in einer besonderen Schrift nieder. Ungeachtet man hierbei noch ziem- lich mittelmäfsige Chronometer verwenden mufste, wurden doch bei der grolsen Anzahl derselben sehr befriedigende Resultate gewonnen; es weicht z. B. die hierdurch festgestellte Länge des Observatoriums der Academie der Wissenschaften zu St. Petersburg nur um 1,6” im Bo- gen von der nachher durch Struve mittelst ungleich besserer Chrono- meter gefundenen ab. Während dieser Arbeiten in Rufsland selbst veranlafsten militäri- sche Rücksichten auch solche in mehreren angrenzenden Ländern. So nahm im Jahre 1828 Oberst Dittmar während des türkischen Feld- zuges die Moldau und Walachei, Serbien und einen grofsen Theil von Bulgarien und Rumelien auf. Es war dies das erste Beispiel einer grofsen Aufnahme, wobei die trigonometrischen Punkte durch astronomische ersetzt wurden. Später hat man auch, jedoch mit Unrecht, mehrere Gouvernements im Innern von Rufsland auf diese Weise aufgenommen, denn wenn dieselbe für militärische Zwecke voll- kommen ausreicht, so ist es etwas Anderes, wenn sie die Grundlage für eine genaue Detailaufnahme bilden soll, welche letztere dann durch die nicht zu vermeidenden Fehler der astronomischen Bestimmungen mehr oder weniger gestört wird. Diese Irrthümer können bis zu # 3" in der Breite und =6” in der Länge geben, was eine Ungenauigkeit von = 45 Sashen (Klafter) giebt. Es könnte sich somit die Entfernung zwischen zwei astronomischen Punkten um 90 Sashen verlängern oder verkürzen, was bei militärischen Aufnahmen Nichts zu sagen hat, bei solchen mittelst Instramenten geschehenen dagegen alle auf das Detail verwendete Sorgfalt zerstören mülste. Im Jahre 1834 erhielt Wrontschenko eine Sendung nach Klein- Asien, wo er mittelst eines Steinheil’schen Prismen-Zirkels und dreier Chronometer innerhalb zweier Jahre die Position von fast hundert Punkten bestimmte. Bei der Bestimmung der Längen hielt er sich an die von Beaufort und Gauthier bestimmten vier Punkte Smyrna, Atalia, in Rufsland bis zum Jahre 1855. 267 Pera und Sinope, und führte durch zahlreiche und geschickt combinirte Reisen eine wiederholte Controle der chronometrischen Längendifferen- zen herbei. Als 1838 eine Karawane nach Teheran abging, um dem Schah _ von Persien Geschenke zu bringen, ging Lemm mit, um unterwegs möglichst viele Punkte zu bestimmen. Er war mit einem Steinheil- schen Prismen-Zirkel, einem kleinen Passagen-Instrument von Ertel und 4 Chronometern ausgerüstet. Er bestimmte die Hauptpunkte durch die Beobachtung der Mond-Culminationen, die Zwischenpunkte aber durch den Gang der Chronometer. In dem gleichen Jahre ging Wasilieff nach Orenburg und in die Steppe der Kirghisen, und begleitete 1839 — 1840 die Expe- dition nach Chiwa, wobei er zahlreiche Ortsbestimmungen vornahm, deren Längen sich gröfsestentheils auf Mond-Culminationen basiren. Die geographische Thätigkeit der Academie der Wissenschaften stieg mit der Gründung des Observatoriums zu Pulkowa. Schon 1830 durfte eins ihrer Mitglieder, Fufs, die Expedition nach China begleiten und wurde mit einem Reflexions-Sextanten, einem tragbaren Passagen-Instrument und 3 Chronometern ausgerüstet, um möglichst viele Punkte in China und jenseits des Baikal-See’s zu be- stimmen, was er innerhalb zweier Jahre ausführte. Im Jahre 1832 ward Fedoroff nach Sibirien geschickt, um hier eine gröfsere Anzahl Punkte zu bestimmen, und hierzu mit einem astro- nomischen Theodoliten, einem Ertel’schen tragbaren Passagen - Instru- ment und drei Chronometern ausgerüstet. Vier und ein halbes Jahr verwendete er auf die Bestimmung von 79 Punkten, deren Längen über die Hälfte durch Beobachtung von Mond-Culminationen gefunden wurden. { Im Jahre 1836 schickte die Academie Fufs, Sabler und Sa- witsch ab, um eine genaue Nivellirung zwischen dem schwar- _ zen und kaspischen Meere vorzunehmen, und die Frage über das Niveau dieser Meere endgültig zu entscheiden. Diese Nivellirung, wel- che zwischen Nowo- Tscherkask und Kisliar vor sich ging und durch Struve im Detail beschrieben wurde, geschah mittelst Beobachtung der Zenith-Distanzen. Die verschiedenen Stationen wurden durch eine tri- - gonometrische Operation mit einander verbunden. Man erhielt so zahl- reiche geographische Positionen, worunter den Elborus und Kasbek, welche später durch die Triangulirung Transkaukasiens mit dem Ob- _ servatorium von Tiflis verbunden wurden, wodurch die Länge dieses _ Ortes und in Folge davon die aller andern Punkte der transkaukasi- sr sehen Triangulirung gefunden wurde. Nachdem 1839 das Observatorium von Pulkowa gegründet war, 268 Uebersicht der astronomischen und geodätischen Arbeiten wurde 1842 O. Struve von der Academie beauftragt, dort die totale Sonnenfinsternils zu beobachten und zugleich die Lage der verschiede- nen Punkte auf dem Wege dorthin zu bestimmen. Er bekam hierzu einen astronomischen Theodoliten, ein Passage-Instrument von Ertel und 12 Chronometer, womit er Nowgorod, Moskau, Lipezk, Woro- nesh und Tula sehr genau bestimmte. Vor Allem aber war es jetzt die Sorge der Academie, Pulkowa selbst ganz genau zu bestimmen, was in Betreff der Breite keine Schwie- rigkeit hatte. Den Längenunterschied zwischen Greenwich und Pul- kowa gedachte Struve am leichtesten und sichersten durch eine chrono- metrische Verbindung mittelst einer grofsen Anzahl von Chronometern zu ermitteln, diese Operation aber, um eines regelmäfsigen Ganges der Chronometer sicherer zu sein, in zwei Theile zu theilen, und zwar zu- erst den Längenunterschied zwischen Pulkowa und Altona, sodann den zwischen hier und Greenwich zu suchen. Die erste Hälfte wurde 1843 durch Struve, die zweite 1844 durch dessen Sohn verarbeitet. Beide verwendeten auf ihren beständigen, je einen Sommer über währenden Dampffahrten zwischen diesen Punkten 45 Chronometer erster Qualität. Zwischen Pulkowa und Altona konnte der Transport nicht ganz zu Wasser geschehen, sondern die Chronometer mulfsten in Kronstadt und Lübeck auf Wagen mit Federn gebracht werden. Im Jahre 1845 bestimmte O. Struve nach derselben Methode die Längenunterschiede zwischen Pulkowa und Moskau und Pulkowa und Warschau. Bei diesen Reisen zeigte sich, dafs die Chronometer bei vorsichtigen Landtransporten ihren regelmälsigen Gang noch besser beibehalten als bei Seefahrten, wobei sie sich beständig in geneigten Ebenen befinden und hierdurch eine Seitenfrietion der Zapfen zulassen. Im Jahre 1846 erhielt O. Struve den Auftrag, die Längen von Charkoff, Nikolajeff, Kieff, Schitomir, Odessa, Krementschug, Pultawa und Orel zu bestimmen, wobei er Moskau als Basis nahm und mit 40 Chronometern arbeitete. Die Astronomen der Observatorien zu Kieff, Charkoff und Nikolajeff unterstützten ihn hierbei, wie auch der Topo- graphen -Offizier Schwareff. Eine ähnliche chronometrische Expedition bestimmte 1850 den Längenunterschied zwischen Moskau und Kasan, 1853 zwischen Pul- kowa und Dorpat und 1855 zwischen Moskau und Astrachan. Die Resultate derselben sind noch nicht veröffentlicht, wie dies bei allen früheren der Fall ist. Im Jahre 1843 endlich machte der Graf Keyserling eine wis- senschaftliche Reise in das Gebiet der Petschora, wobei ihn der jüngere Krusenstern begleitete und ungeachtet derselbe nur einen in Rufsland bis zum Jahre 1855. 269 Reflexions-Sextanten und drei Chronometer bei sich hatte, etliche und vierzig Positionen, und wie sich durch Nachmessungen zeigte, mit be- _ friedigender Genauigkeit bestimmt wurden. Unterdessen nahmen die grofsen Triangulirungen des topographi- schen Depots einen immer umfassenderen Charakter an. Die Trian- gulirung der Gouvernements Kaluga und Tula wurde nach Oberg’s Tode durch dessen Bruder fortgesetzt, und die der Gouverne- ments Orel, Tschernigoff, Pultawa und Kursk hier angeschlos- _ sen. Diese noch nicht beendigte Arbeit schliefst sich im Norden an die Triangulirung von Moskau, im Westen an die von Smolensk und Mohileff, im Süden an die von Klein-Rufsland und bei Kieff an die des Generals Tenner an. Ferner wurde die vom General v. Schubert begonnene Triangulirung von Twer und Nowgorod durch Ge- neral Tutschkoff fortgesetzt und 1847 beendigt, und hierdurch die di- recte Verbindung zwischen Moskau und Petersburg gewonnen. Das noch fehlende Stück zur Triangulirung des von Schubert bearbeiteten Gouvernements Mohileff wurde gleichfalls 1847 durch Tutschkoff aufgenommen und dadurch eine Verbindung mit der Triangulirung des Obersten Oberg hergestellt. Im Jahre darauf mafs derselbe Tutschkoff ein Netz von Dreiecken von den Nordgrenzen des Gouvernements Mos- kau bis zu den Städten Kostroma und Jaroslaff. Bei allen diesen Ar- beiten wurden keine neuen Basen gemessen, sondern die Seiten der - Schubert’schen Dreiecke als Ausgangspunkte genommen. Wir kommen nun an die durch Umfang und Ausführung gleich ausgezeichnete Triangulirung des Generals Wrontschenko im Jahre 1848. Sie umfalst die Gouvernements Cherson, Jekaterinoslaff, Charkoff, den nördlichen Theil der Krim und einen Theil vom Lande der Donischen Kosaken, erstreckt sich von den Grenzen Bessara- _ biens bis Nowo-Tscherkask und stellt eine Verbindung zwischen den - Triangulirungen von Kieff, Podolien, Bessarabien, Kursk, Pultawa und der Krim her. Schon 1844 hatte General v. Schubert vorläufige Recognosei- rungen zu einer Triangulirung Polens machen lassen. Dieselbe wurde 1845 von General Tenner begonnen und 1853 beendigt. Sie ‚schliefst sich im Osten an die Triangulirung des Gouvernements Grodno, im Süden bei Krakau und Tarnogrod an die österreichischen und im Norden bei Thorn und Beiten an die preufsischen Triangulirungen an. Im Jahre 1847 wurde General Tenner auch mit der Triangulirung Bessarabiens betraut, welche die Fortsetzung derjenigen von Podo- bildete und die Dreiecke zur Messung eines Meridianbogens bis gen Ismail an der Donau fortführen sollte. x ii 270 Uebersicht der astronomischen und geodätischen Arbeiten nothwendig erkannte Triangulirung Transkaukasiens in Angriff zu nehmen. Die Ausführung wurde dem General Chodsko anvertraut, der nach Ueberwindung zahlloser Schwierigkeiten und Gefahren das grolse Werk 1853 beendigte und das ganze Land im Süden des Kau- kasus bis an die Grenzen Persiens und der Türkei mit einem Netze von Dreiecken bedeckte. Ein kleines, zu Tiflis errichtetes Observato- rium diente als Centralpunkt dieser Triangulirung, dessen Breite noch zu verifiziren ist, während seine Länge durch eine Verbindung mit dem Kasbek und Elborus (s. oben) gewonnen wurde. Diese Triangulirung unterscheidet sich von allen andern durch die Gröfse der Dreiecke, deren Seiten bis 219 Werst Länge zeigen. Noch wurde die Triangulirung Neu-Rufslands seit 1853 durch den Offizier des Topographen-Corps Wasilieff gegen Osten bis an die Wolga und dann diesen Flufs aufwärts weiter geführt, und gehen die Dreiecke bereits von Nowo-Tscherkask bis Astrachan und von da bis Kisljar. Seit 1845 unternahm das topographische Depot zahlreiche astro- nomische Reisen, welche anfangs mit einem Steinheil’schen Pris- men-Zirkel und einigen Chronometern, später mit einem astronomischen Theodoliten von Ertel, einem Passagen-Instrument von demselben und 6 bis 8 Chronometern erster Qualität ausgeführt wurden. Bei diesen letzteren Reisen wurden keine astronomischen Beobachtungen zur Län- genbestimmung mehr vorgenommen, sondern man ging von einem oder mehreren Punkten, deren Länge bereits gut bestimmt war, aus, und gewann die Länge der andern Orte nur durch den Uebertrag der Zeit mittelst der Chronometer. Durch wiederholte Reisen wurde die nöthige Controle hergestellt. Der Offizier des Topographen - Corps Lemm wurde am häufigsten zu diesen Arbeiten verwendet: er ging 1846 in die Steppe der Kirghisen sowie nach der Orenburger Linie, um eine Anzahl Punkte zu bestimmen; im Jahre 1847 in das Land der Doni- schen Kosaken, wo es sich darum handelte, feste Punkte für die topo- graphischen Aufnahmen zu gewinnen; 1848 in den nördlichen Theil des Gouvernements Nowgorod, der des schwierigen Terrains wegen nicht in die Triangulirung aufgenommen worden war; im Jahre. 1849 in das Gouvernement Olonez, 1850 in das von Wladimir, 1851 in das von Jaroslaff, 1852 nach Archangelsk, 1853 mit Nekrasoff nach Oren- burg und Samara, und 1854 und 1855 in die Gouvernements Kasan und Simbirsk, immer mit demselben Zweck, mit dem auch Schwareff 1853 in das Gouvernement Nishnij-Nowgorod geschickt worden war. Auch die geographische Gesellschaft von St. Petersburg blieb ihrerseits nicht mülsig. Ihre erste Expedition geschah 1847 durch Wrontschenko in die Gouvernements Riäsan, Tamboff, Wladimir und in Rufsland' bis zum Jahre 1855. 2711 'Orel, mit einem astronomischen Theodoliten von Ertel und 8 Chrono- _ metern. Siebenzig vollständige Positionen wurden hierbei im Laufe ‚eines Jahres bestimmt. In dem gleichen Jahre liefs diese Gesellschaft den nördlichen Theil der Uralkette untersuchen. Kowalsky begleitete diese Expedition, die bis 1850 dauerte, als Astronom und machte seine zahlreichen Beobachtungen mit einem Pistor’schen Reflexions- Zirkel, einem Ertel’schen Passagen-Instrument und 5 Chronometern. Diese Expedition erstreckte sich bis an das Eismeer und bot die Mittel zur Vergleichung mit den Arbeiten Krusenstern’s an der Petschora und ähnlichen der Marine. Den astronomischen Theil der von 1849 bis 1852 in das Land jenseits des Baikalsees abgesandten Expedition besorgte Schwartz, der 70 wohlbestimmte Positionen aus diesem fast unbekannten Lande mit- brachte. In den Jahren 1855 und 1856 hatten Döllen und Hübner Posi- tionen in dem südlichen Theile der Uralkette zu bestimmen, sowie eine Anzahl fester Punkte zur Vermessung des dortigen Minengebiets zu gewinnen, wozu eine grölsere Genauigkeit erfordert wurde, als bei rein geographischen Zwecken. Döllen bediente sich dabei eines Vertical- Zirkels von Repsold und 12 Chronometer erster Qualität. Kasan war sein Ausgangspunkt und alle seine Bestimmungen auf dessen Länge basirt. Endlich wurden noch (1847 und 1848) einige Punkte in den “ Gouvernements Charkoff, Woronesh, Pultawa und Kursk durch Schid- lofski und einige im Gouvernement Wladimir durch Draschusoff be- stimmt. | " Was die astronomischen Arbeiten der Marine im {ß8ten Jahrhundert betrifft, so wurde zwar die Hydrographie der Küsten des Eismeeres durch die Murawieff, Pawloff, Skuratoff, Suchotin, Selifon- toff, Golowin, Juschkoff, Loschkin und Rosmysloff bedeutend bereichert, _ aber in astronomischer Beziehung entbehrten ihre Arbeiten aus Mangel an guten Instrumenten und Methoden jeden Werthes. Das Gleiche gilt von den andern Meeren. Für ihre Beobachtungen tritt erst mit Kru- senstern’s Weltumsegelung (1803) eine neue Aera ein, während zugleich die besseren Instrumente in Wirkung traten. , Die eigentlichen Arbeiten begannen mit dem Weifsen Meere _ als dem unbekanntesten. Von 1822 bis 1824 bereiste Lütke dieses _ Meer und die Küsten von Nowaja Semlia, worauf Reinecke von 1826 bis 1832 alle Küsten aufnahm und einen trefflichen Atlas darüber lie- _ferte. — Von 1821 bis 1828 nahmen Iwanoff und Beresnych die Kü- ‚sten zwischen der Petschora und den Ob-Mündungen auf. Weiter öst- ‚lich reisten Wrangel und Anjou von 1821 bis 1823. Kosmin machte (1829 bis 1830) eine Reise von Jakuzk bis zu den Schantar- Inseln, Fr 272 Uebersicht der astronomischen und geodätischen Arbeiten und Iliine untersuchte 1830 die Ostküste von Nowaja Semlia. Bei allen diesen Reisen wurden Reflexions-Sextanten zur Bestimmung der Breiten und der Zeit, gewöhnlich nach den Sonnenhöhen, verwendet, während die Längen durch die Mondabstände oder den Gang der Chronometer bestimmt wurden. Die zahlreichen, hierdurch gewonne- nen Positionen sind jedenfalls für geographische Zwecke genau genug bestimmt. In der Ostsee machten die vorhandenen schwedischen Karten hydrographische Arbeiten weniger nöthig. Die wenigen durch Nagaieff und Admiral Sarytscheff unternommenen sind von geringem Werthe. Erst die Triangulirung des Meerbusens von Finnland durch General v. Schubert und die der Küsten Kurlands durch General Tenner haben eine feste Basis für die Sondirungen und Küstenaufnahmen geliefert, die dort jetzt mit grolsem Erfolg unter Baron Wrangel geschehen. Im Kaspischen Meere sind bis jetzt nur einige Beobachtungen von geringem Werthe gemacht worden; genaue Aufnahmen nach den Regeln der Wissenschaft stehen dort in naher Aussicht. Arbeiten im Schwarzen Meere wurden erst durch Admiral Greigh in’s Leben gerufen. Er begann mit der Errichtung des Obser- vatoriums zu Nikolajeff, das er mit den besten Münchener Instrumen- ten ausrüstete. Die dortigen Astronomen Knorre und Manganari be- stimmten sofort eine grolse Anzahl Positionen an den Küsten des schwarzen Meeres, die durch die Triangulirungen des topographischen Depots in Neu-Rufsland, Bessarabien, der Krim und Transkaukasien verifizirt wurden und die Basis für den Atlas des schwarzen Meeres bildeten. Dieser wurde durch die Aufnahme des Bosporus, des Marmora-Meeres und der Dardanellen durch Capitain Manga- nari (1845 bis 1848) vervollständigt, welch letzterer das Marmora- Meer bis Tenedos mit Dreiecken bedeckte, die Position von 9 Orten astronomisch bestimmte, topographische Aufnahmen machte und Son- dirungen vornahm. So wurden in 35 Jahren 33 Gouvernements, Polen, das Land der Donischen Kosaken, die Küsten von Esthland und Finnland mit einem ununterbrochenen Netze von Dreiecken bedeckt; die Messung des bis jetzt gröfsesten Meridianbogens ausgeführt und 12 Gouvernements, ein Theil von Sibirien, die Uralkette und die Steppe der Kirghisen mit einem Netze trefflich bestimmter astronomischer Positionen bedeckt. Diese ungeheure Leistung spricht für sich selbst. Nichtsdestoweniger bleibt dem topographischen Depot noch genug zu thun übrig. Abge- sehen davon, dafs bei der rasch vorwärtsschreitenden Cultivirung Rufs- lands die topographischen Aufnahmen schnell veralten und neue Ar- beiten nöthig machen, so bleiben auch noch genug astronomische und u an Te in Rufsland bis zum Jahre 1855. 273 geodätische Arbeiten übrig. In dieser Beziehung theilt General von Schubert Rufsland in zwei Theile: in einen, wo die geringe Bevölke- zung und die grofsen leeren Räume nur geographische Bestimmungen erfordern; und in einen zweiten, der aus national-ökonomischen, mili- tärischen und administrativen Rücksichten eine ganz genaue Aufnahme nöthig macht. Zum ersten zählt er Sibirien, die Gouvernements Wiätka, Wologda, Perm, Saratoff und Astrachan. Hier schlägt General von Schubert die Errichtung zweier kleinen Observatorien zu Tobolsk und „Irkuzk vor, zur Gewinnung ihrer genauen Länge und als Ausgangs- punkte für kleine chronometrische Expeditionen. Was die zweite Hälfte betrifft, so sollten hier nach Schubert’s Ansicht die grofsen chronometrischen Expeditionen nicht weiter aus- gedehnt werden, da die Resultate derselben wegen des nicht absolut richtigen Ganges der Chronometer immer einen kleinen Irrthum haben müssen, der sich bei jedem neuen Ausgangspunkte vermehrt. Dagegen sollten die bereits gefundenen chronometrischen Bestimmungen noch durch einige grölsere Expeditionen verifizirt werden, etwa auf den Li- nien Moskau Warschau, Warschau Nicolaieff oder Odessa, und Astra- chan Nicolaieff oder Odessa. Noch zwei chronometrische Expeditionen empfiehlt General v. Schubert, die eine nach Archangelsk, die andere nach Redut-Kale oder Poti; die erstere, um die Ortsbestimmungen der Gouvernements Olonez und Archangelsk sowie des weilsen Meeres bis Nowaia Semlia festzustellen, da diese sämmtlich auf die noch un- gewisse Länge von Archangelsk basirt sind. Hier wären die Linien Pulkowa Ladeinoie-Polie Wytegra Kargopol Archangelsk und Archan- gelsk Schenkursk Wologda Jaroslaff Moskau, und von hier zurück nach Archangelsk und Pulkowa zu empfehlen. Die zweite Expedition mülste ‚in einem Dampfboot von Nikolaieff nach Redut-Kale oder Poti und _ zurück gehen, und diese Tour so oft als möglich wiederholen. Hier- , durch würde, da diese Punkte im Netze der transkaukasischen Trian- _ gulirung liegen, die Länge sowohl für Tiflis als diese ganze Triangu- _ lirung bestimmt. In Betreff der Triangulirungen bezeichnet General v. Schubert die folgenden Lücken der bisherigen Arbeiten, welche in erster Linie aus- _ zufüllen wären: ; 1) Bei der Triangulirung Transkaukasiens: Genaue Bestimmung _ der Breite von Tiflis; Ausführung eines Netzes von Dreiecken von _ Wladikawkas bis Nowo-Tscherkask; Versuch einer Triangulirung von Kislär nach Derbent, der Küste entlang. 2) Bei der Triangulirung Polens: Verbindung der Dreiecke bei _ Mariampol mit den lithauischen bei Wilna. ; 3) Bei der Triangulirung von Twer: Versuch einer Verbindung Zeitschr. f. allg. Erdk. Neue Folge. Bd, VI. 18 974 Uebersicht der astronomischen und geodätischen Arbeiten in Rufsland. der Dreiecke bei Ostaschkoff mit denen bei Cholm und denen südlich von Staraia Russa. 4) Wiedermessung der Dreiecke von St. Petersburg bis Nowaia Ladoga zur Rectificirung der letzteren Position. 5) Bedeckung des Innern von Esthland, von Hapsal bis Pernau, mit einem Dreiecknetz, das sich südlich an die Triangulirung von Liv- land, nördlich an die des Meerbusens von Finnland anschlösse. 6) Triangulirung von Finnland auf den Grund des dort gemesse- nen Meridianbogens; besonders von Wasa bis Kuopio, von da bis Ser- dopol oder Kexholm; von Wasa der Küste entlang bis Äbo, und von Äbo nach Wiburg; endlich von Wiburg nach Kexholm oder Serdopol, von Wasa bis Uleäborg zur Verbindung mit den Dreiecken des Meridian- bogens, und von Wasa nach Umeä zur Verbindung mit Schweden. Die neuen grolsen Triangulirungen aber mülsten nach General v. Schubert’s Ansicht bestehen in der Triangulirung des 7) Gouvernements Jaroslaff; Verbindung westlich mit Twer, süd- lich mit Wladimir, östlich mit Kostroma. 8) Gouvern. Kostroma; Verbindung westlich mit Jaroslaff, südlich mit Wladimir und Nishni-Nowgorod. 9) Gouvern. Wladimir; Verbindung nördlich mit Jaroslaff und Ko- stroma, östlich mit Nishni- Nowgorod, südlich mit Moskau und Riäsan. 10) Gouvern. Nishni-Nowgorod, Verbindung östlich mit Kasan und Simbirsk, westlich mit Wladimir und südlich mit Tamboff und Pensa. 11) Gouvern. Kasan, Verbindung westlich mit Nishni-Nowgorod und südlich mit Simbirsk. 12) Gouvern. Riäsan, Verbindung nördlich mit Wladimir, östlich mit Tamboff, und westlich mit Moskau und Tula. 13) Gouvern. Tamboff, Verbindung nördlich mit Nishni-Nowgo- . rod, östlich mit Pensa, westlich mit Riäsan, südlich mit Woronesh. 14) Gouvern. Pensa, östlich mit Simbirsk, nördlich mit Nishni- Nowgorod und westlich mit Tamboff. 15) Gouvern. Simbirsk, Verbindung nördlich mit Kasan, und west- lich mit Nishni-Nowgorod und Pensa. 16) Gouvern. Woronesh, Verbindung nördlich mit Tamboff und Orel, westlich mit Kursk und südlich mit Charkoff. 17) Ausführung eines Netzes von Dreiecken längs der Wolga, von Sysran über Saratoff nach Tsaritsyn, zur Verbindung mit der Tri- angulirung Wasilieffs längs der Wolga. z 18) Ausführung eines Netzes von Dreiecken von Tsaritsyn bis Bogutschar, zur Verbindung der Wolga-Triangulirung mit der von Woronesh. 275 XI. Itinerar der kleinasiatischen Reise P. v. Tschichat- schef’s im Jahre 1858. Vom Hrn. Verf. durch Hm. C. Ritter mitgetheilt. Mit Anmerkungen und Karte (Taf. V) von H. Kiepert *). Den 10. Mai schiffte ich mich in Constantinopel nach Samsun ein, wo das für die Jahreszeit ganz ungewöhnlich schlechte Wetter mich bis zum 30. Mai aufhielt. ‚831. Mai. Von Samsun nach Tekeköi. 5 Stunden. Wir _ überschritten das Flüfschen Merd-Irmak, 4 Stunde von Samsun, und betraten eine hügelige, sich mehr und mehr erhöhende Gegend. Zwei Stunden (von Samsun) erblickten wir rechts in dem Gebirge die Dörfer Editepe '), Karagöl, Peridjä und Bereköi, und 1 Stunde weiter zu unserer Linken das Dorf Alabey ?). .3 Stunden (von Samsun) fand ich die Höhe der Gegend 835 Meter, 4 Stunden (v. 5.) 1800 Meter ?). Wir fingen sogleich an hinunterzusteigen. 5 Stunden (v. S.) ritten wir _ durch das Dorf Kandilek-boghaz und erstiegen die Anhöhe, auf wel- cher das Dorf Tekeköi 761 Meter hoch liegt. Die ganze Gegend die wir heute durchritten ist gebirgig; die Gebirgsketten haben eine vor- herrschende Richtung nach SSO. Der sehr vernachlässigte Ackerbau ln *) Die französische Schreibart des Originals ist für die Karte beibehalten bei s, 2, dj, die also deutschem f, j, djch entsprechen; in die uns geläufige deutsche Schreibart dagegen sind umgeändert: u in ü, ch und tch in sch und isch, sowie y in j (da eine Beibehaltung jener Bezeichnung bei dem häufigen Vorkommen des vo- ealischen y, d. i. des dumpfen oder harten ü der türkischen Aussprache Verwirrung veranlafst haben würde); für den. gutturalen Hauchlaut endlich, den der Verf. nur durch h bezeichnet, ist der Deutlichkeit halber die von Engländern und Franzosen dafür angewendete Bezeichnung &h gebraucht worden. 0 W) Richtiger Jeditepe, d. i. Siebenhügel; der Reisende braucht mitunter nach russischer Weise das einfache e zu Bezeichnung des Lautes je. — Ob die bezeich- neten Dörfer diesseit oder jenseit des Merd-Irmak, sowie in welcher ungefähren Ent- fernung und Reihenfolge sie liegen, wird nicht angegeben, daher sie auf der Karte nicht eingetragen werden konnten. 2) Alabej? Das würde heifsen „bunter Fürst“, ein wunderlicher Name, — vielleicht verhört statt Ali-Be;j. 3) Die hier angegebenen Ziffern können nicht richtig sein. Die Zunahme der 'Meereshöhe um fast volle 1000 Meter (3000 Fufs) innerhalb einer Wegstunde geradezu unmöglich und auch abgesehen von den Wegedistanzen wäre das Vor- densein einer Erhebung von zwischen 5 und 6000 Fufs in dieser Küstenregion vereinbar nicht nur mit anderen, von der Küste aus durch Seefahrer und Land- ide gemachten Beobachtungen, sondern auch mit der eigenen Angabe des Rei- den über den allgemeinen Terraincharakter dieser Gegend. 18* beschränkt sich auf Roggen; Gerste wird fast gar nicht gebaut, weil die Bewohner sehr selten Pferde halten. 1. Juni. Von Tekeköi nach Sernitsch. 5 Stunden. Eine Viertelstunde von Tekeköi durchwateten wir das Flüfschen Kaleral-De- ressi *), nach NNW. fliefsend; wir folgten demselben; 1 Stunde (v. T.) liefsen wir auf unserer Rechten das Dörfchen Tahtaoglu °); 14 Stun- den (v. T.) durchritten wir das kleine Dorf Kodarowa und eine Stunde weiter das am Bache Hadjaköi- °) Irmak (er fliefst nach $.) liegende Dorf Azadjik; die Höhe des ersten fand ich 1053 Meter. Wir über- setzten den Bach und ritten 4 Stunden von T. an dem Dorfe Kara- jynköi vorüber. Die Gegend wurde waldig; die Höhe des letztgenann- ten Dorfes fand ich 851 Metres. 44 Stunden (v. T.) stiegen wir all- mählich immer tiefer hinunter und gelangten (5 Stunden v. T.) in ein Thal, vom Flüfschen Tschubu-Deressi bewässert, der nach W. flielst. Dieses Thal gehört schon zu der Tasch-ova genannten Region, welche trotz ihres Namens (tasch Stein, ova Ebene) weder steinigt noch eben ist ”). Wir gelangten endlich zum grasigen schönen, 1090 Meter hoch gelegenen Plateau, welches das Dorf Sernitsch trägt, und schlugen dort unsere Zelte auf. Die ganze Nacht strömte der Regen und des Mor- gens war das Gras bereift. 2. Juni. Von Sernitsch nach Tehelü °). 3 Stunden. Wir durchritten eine ziemlich aceidentirte, mit prachtvollen Wäldern be- deckte Gegend; * Stunden von Sernitsch erreichten wir eine Höhe von 1255 Meter. # Stunde (v. S.) sahen wir in dem Gebirge rechts die Dörfer Katyroglu und Bakyrfanar und links Hadji Georgi. 1 Stunde (v. S.) hat die Gegend eine Höhe von 1274 Meter. 2 Stunden (v. $.) sahen wir rechts das Dorf Sapatly °). Die Waldungen fingen an sich 276 Itinerar der kleinasiatischen Reise 4) Kaleral ist nicht türkisch, vielleicht richtiger Katran-deressi? d.i. Pech-Thal. Da Dere eigentlich nur Thal bedeutet, so ist die Uebertragung auf den durchfliefsenden Bach eine uneigentliche Anwendung des Namens. 5) Würde heifsen: Brettersohn! Ortsnamen mit oghlu (Sohn) haben sonst im ersten Theil der Zusammensetzung stets einen Personennamen, so kommt öfters als Ortsname Tatar-oghlu vor; vielleicht ist dies auch hier die richtige Schreib- art und nur mit dem Gehör unrichtig aufgefafst. 6) Wohl Hadjikjöi, d. i. Pilgerdorf. i ?) Der Name Tasch-owa bezeichnet hier natürlich nur den administrativen Bezirk (Kaza oder Kadylyk), zu dem das Dorf Sernitsch mit Umgegend gehört; die Ebene selbst, von der der Bezirk seinen Namen hat, berührt die Route des Reisen- den, ohne dafs er etwas davon sagt, weiterhin am 4. Juni zwischen Sunniza und Niksar. Vergl. Hamilton’s und Bore’s Bericht bei Ritter Erdkunde XVII, S. 224 N Palig ®») Wohl Tekelü oder Tekielü, d.i. Ort, der zu einem Derwischkloster ge- hört (ein solches im benachbarten Sunniza erwähnt Ewlija vgl. Ritter S. 190). °) Derselbe Name wird in der folgenden Tagereise sowie von Hamilton (Ritter l. c, 8. 189) richtiger Sepetli geschrieben. P. v. Tschichatschef’s im Jahre 1858. 377 zu lichten, und wir stiegen hinunter zum kleinen Dorf Tehelü, wo ich die Zelte aufschlagen liefs. Die Höhe des Dorfes beträgt 790 Meter. | 3. Juni. Von Tehelü nach Sunniza. 2 Stunden. Ein kalter Regen, von heftigem Nordwestwinde begleitet, zwang uns, den ganzen Morgen bis 2 Uhr Nachm. in Tehelü zu verharren, und wir brachen erst spät nach dem 2 Stunden entfernten Sunniza auf. Bis zum Flüfs- chen Sepetli-tschai ist die Gegend gebirgig, dann verflacht sie sich in eine Ebene, in der sich das Dorf Sunniza befindet, dessen Höhe ich 450 Meter fand. 4. Juni. Von Sunniza nach Ferenge. 7 Stunden. Wir ritten eine Stunde in der Ebene, welche 14 Stunde von Sunniza eine Höhe von 436 Meter hat, und gingen auf einer hölzernen Brücke über den Jeschil-Irmak, der hier eine bedeutende Breite besitzt. 2 Stunden (v. 8.) ist die Höhe der Ebene 357 Meter (?). 24 Stunden (v. S.) er- blickten wir links das Dorf Zindü und rechts das Städtchen Hörek '°), . welches etwa eine gute halbe Stunde von uns entfernt sein konnte. 34 Stunden (v. S.) ist die Höhe der Gegend 376 Meter; wir erblickten rechts das Dörfchen Zylkhar. Ich übernachtete im Dorfe Ferenge, des- sen Höhe 502 Meter beträgt. 5. Juni. Von Ferenge nach Niksar. 5 Stunden. Trotz des strömenden Regens brachen wir nach Niksar auf. Wir liefsen zu un- serer Linken das Dorf Ajaki-kujun am Fufse der die Ebene westlich begrenzenden Bergkette; 24 Stunden von F. wird die Gegend gebirgig, immer mit herrlichen Waldungen bedeckt; 34 Stunden (v. F.) fand ich die Höhe der Gegend 685 Meter; 44 Stunden (v. F.) fängt dieselbe an sich zu verflachen und neigt sich unmerklich zu der schönen Ebene von Niksar, die 5 Stunden (v. F.) eine Höhe von 397 Meter hat. Sie ist an vielen Orten ziemlich morastig. Der Reisbau ist hier ungemein _ ergiebig und die Güte des Reises giebt der des berühmten ägyptischen ' nicht nach. Die Stadt Niksar, von der Ebene gesehen (vor 5 Jahren besuchte ich Niksar von einer entgegengesetzten Richtung kommend), nimmt sich sehr malerisch aus. Die Stadt besteht aus etwa 600 Häu- sern. Ein Drittel der Einwohner wird von Christen, hauptsächlich Ar- meniern, gebildet, die eine hübsche Kirche besitzen. Das Mittel von drei in drei verschiedenen Jahren gemachten Höhenmessungen ergab für den oberen Theil der Stadt eine Höhe von 499 Meter. 6. Juni. Von Niksar nach Baschtschiftlik. 5 Stunden. _ Abermals durch regnerisches kaltes Wetter aufgehalten, brachen wir F erst am Paten von Niksar auf. Schon eine Stunde von Niksar > ee die Identität der Schreibart mit der von Hamilton gebrauchten (vergl. Be 278 Itinerar der kleinasiatischen Reise fingen wir an uns zu erheben und stiegen dann ununterbrochen wäh- rend 34 Stunden inmitten einer prachtvollen, mit schönen Wäldern dicht besetzten Gebirgsgegend. Der höchste Punkt, den wir erreichten, be- trug 1889 Meter; auf dieser Höhe lagen noch mehrere Schneeflecken und alle Baumvegetation war vollkommen verschwunden, mit Ausnahme einiger verkrüppelten Lärchen (Pinus laricio). Das Hinuntersteigen war ziemlich leicht, indem der südliche Abhang des Gebirges gröfsestentheils sanft ist; bald erschien die üppige Vegetation wieder und mein Herbarium füllte sich mehr und mehr mit schönen, seltenen und mehreren ganz neuen Pflanzen. Nach einem 14stündigen Hinuntersteigen. erreichten wir ein schönes Plateau, wo zerstreut etwa zehn hölzerne Hütten lagen, die das Dorf Baschtschiftlik bilden, dessen Höhe ich 1516 Meter fand. 7. Juni. Von Baschtschiftlik nach Kasuba ''). 84 Stun- den. Wir ritten durch eine ziemlich gebirgige Gegend, hauptsächlich aus terrassenförmigen, von mehreren Thälern durchschnittenen, schö- nen und grasigen Plateau’s bestehend. Eine halbe Stunde von Basch- tschiftlik erreichten wir die Höhe von 1530 Meter. Nach einer Stunde sahen wir links das Dorf Adeplü. Zwei Stunden weiter durchritten wir das Dorf Elmenek, dessen Höhe 1447 Meter beträgt (es ist wahr- scheinlich das auf der Kiepert’schen Karte falsch liegende Ermeni- köi) 2). Nach 44 Stunden erreichten wir das Dorf Kotanis, 1509 Me- ter hoch gelegen. Statt uns von Kotanis nach Osten zu wenden, wie es der gerade Weg nach Schabkhana-Karahissar erforderte, bogen wir etwas südlich ein, um uns nach Kasuba zu begeben, wo wir den Vor- gesetzten des Distriets anzutreffen glaubten, dessen Verordnungen wir zur Erlangung tüchtiger Wegweiser bedurften. Die Gegend bildete fast einen ununterbrochenen Park und bot das bezauberndste Panorama auf die umliegenden Gebirge und Thäler dar. Wir stiegen auf abschüssi- gen Wegen in ein tiefes Thal, in dessen Mitte der Strom Delidje-su sich tobend und brausend schlängelte, und an dessen steinigtem Ufer das Dorf Kasuba liegt; die Höhe desselben beträgt 1080 Meter. ‚Der Delidje-su soll 2 Stunden nordwestlich von Kasuba in den Gemischil- tschai "?) münden. '1) So wiederholt im Original geschrieben, doch ohne Zweifel nur Schreibfehler statt Kassaba, welches im allgemeinen einen Marktflecken bezeichnende türkische Wort auch häufig als Eigenname dient. !2) Ermenlü bei Ely Smith und in. anderen Berichten (vergl. Ritter $. 220), danach in meiner Karte in derselben Entfernung von Niksar, wie sie aus Tsch.'s Bericht hervorgeht, niedergelegt; dafs auf derselben die topographischen Details mit _ der Wirklichkeit nicht übereinstimmen können, ergiebt sich natürlich aus der höchst ungenügenden und unvollständigen Gestalt aller bisherigen Reiseberichte über diese Gegend. 13) Es kann wohl kein‘ anderer als der‘ Hauptflufs dieses Gebirgslandes, der Lycus der Alten, Germilü-tschai der Türken hier gemeint sein. P. v. Tschichatschef’s im Jahre 1858. 279 8. Juni. Von Kasuba nach Jaghsian. 5 Stunden. Gleich hinter Kasuba fingen wir an, das Gebirge zu erklimmen, worauf Ki- zildjören liegt; wir stiegen fast ununterbrochen während 3 Stunden, und nachdem wir eine Höhe von 1417 Meter erreicht hatten, gelangten wir auf das schöne Plateau, welches auf seinem Abhange Kizildjören trägt und welches zu den anmuthigsten Jaila’s (Sommeraufenthalten) Klein- Asien’s gehört. Die Aussicht, die man dort geniefst, besonders die in das Thal von Kasuba, ist prachtvoll. Obwohl im Juni, war die Luft doch noch kühl; auch ist der Sommer in diesem Alpenlande kurz, und der Winter fängt schon mit dem September an; die Höhe von Kizildjören habe ich auf 636 Meter berechnet '*). Von Kizil- ‘ djören ritten wir während 14 Stunden durch eine hügelige, bewal- dete Gegend, sahen links in den Gebirgen die Dörfer Suleimanly, Jeni- köi und Talyschmanly !°) und gelangten zum Dorfe Jaghsian; dieses ist höchst wahrscheinlich das auf der Kiepert’schen Karte angegebene Hassanköi, ein in der ganzen Gegend vollkommen unbekannter Name. Ich fand die Höhe dieses Dorfes 1633 Meter. 9. Juni. Von Jaghsian nach Tschardak. 4+ Stunden. Gleich aus Jaghsian hinaustretend bogen wir östlich ein durch eine waldige Gegend. 14 Stunden von Jaghsian erblickten wir rechts Ki- zildjören-Jaila (nicht mit dem Winterdorfe Kizildjören zu verwech- seln), auf dem Abhange einer Gebirgskette gelegen, die noch ziemlich viel Schnee trug; eine Viertelstunde weiter waren wir 1656 Meter und nach 2 Stunden 1798 Meter hoch. Wir erblickten zugleich links am fernen Horizont zwei hohe, mehr oder weniger mit Schnee bedeckte Ge- birgsrücken; der eine, welehen man mir als Karagöl-dagh bezeichnete, soll sich bis nahe an die Küste des Schwarzen Meeres erstrecken, etwa in der Gegend von Ordu, der andere, minder hoch und weniger be- schneit, schien in der Richtung von Schabkhana-Karahissar zu laufen. Nach 2: Stunden stiegen wir hinab in eine schöne Ebene, in welcher das Dorf Afan '°) liegt, dessen Höhe ich 1705 Meter fand. Wir setzten unsern Weg immer nach Osten fort durch eine ziemlich flache Gegend, 14) Diese Differenz von nicht weniger als 800 Meter (2500 Fufs) gegen die vorangehende, 1000 Meter (3100 Fufs) gegen die folgende barometrische Station, ohne dafs ein bedeutendes Auf- und Absteigen in der Wegebeschreibung erwähnt wird, ist nur aus einer irrigen Aufzeichnung oder Berechnung zu erklären. Im Uebri- gen bestätigt die Höhenangabe für Jaghsian völlig meine bei Ritter $. 221 ausge- sprochene Vermuthung über die allgemeine Terraingestaltung dieser Gegend. (Der _ Abschnitt bei Ritter $. 196— 221 ist, wie einige andere, von dem Herrn Verf. aus _ meiner handschriftlichen Bearbeitung aufgenommen.) 0.15) Offenbar Schreibfehler für Danischmendlü d. i. Gelehrtendorf. N; 1%) Dasselbe, welches von den meisten Reisenden übergangen und nur aus den _ Itinerarien von Alexander und Aucher Eloy, die es Afun und Ofan schreiben, be- kannt ist (Ritter $. 220). 280 Itinerar. der kleinasiatischen Reise bis wir endlich das Dorf Tschardak erreichten, 1526 Meter hoch ge- legen. Was den auf der Kiepert’schen Karte angegebenen Ort Melem’ betrifft, so beruht derselbe auf einer ziemlich ‚oft auf dieser Karte vor- kommenden Verwechselung zwischen Namen von Dörfern und Namen des Distriets, in welchem die Dörfer liegen. So gehört z. B. das Dorf Tschardak und mehrere andere der Umgegend zum District (Kaza) Melem, aber jedes derselben hat natürlicher Weise seinen individuellen Namen. Solche Verwechselungen können sehr leicht in der Unkunde der Sprache bei den Reisenden entstehen '?). 10. Juni. Von Tschardak nach Kule-hissar. 54 Stunden. Eine halbe Stunde von Tschardak sahen wir links das Dorf Daily '°) und erreichten ein Plateau, wo mehrere Entblöfsungen sowie Verstei- nerungen reicher Kalkflötze mir die Gelegenheit darboten, sehr interes- sante Beobachtungen anzustellen, die über das geologische Alter der ganzen Gegend Aufschlufs geben. Die Höhe des Plateau’s fand ich zu 1853 Meter; 2 Stunden von Tschardak war die Höhe 1814 und 3 Stunden 1858 Meter. Wir stiegen in das schöne Thal Bogosluk- Deressi !°) hinab und erreichten das Städtehen Kule-hissar, das kaum den Namen eines Dorfes verdient und aus etwa 150 in allen möglichen Richtungen zerstreuten Hütten besteht. Die Gegend ist hügelich, ziem- lich kahl und wenig fruchtbar. Die Höhe Kule-hissar’s fand ich 1059 Meter ?°). 17) Das Dorf Melem ist aus dem Routier des französischen Generals Gar- danne, der 1807 in demselben übernachtet hat, in meine Karte aufgenommen; es sind also drei Fälle möglich: entweder hat Gardanne fälschlich den Namen des Ka- za's für das Dorf gebraucht, oder das Dorf Melem ist seit dem halben Jahrhundert, wie so viele andere, durch Krieg oder Pest oder andere Umstände untergegangen, oder aber es existirt noch und wird nur gegenwärtig nicht mehr von der Poststralse berührt. Dieser Fall kommt häufig genug vor, wenn aus irgend einer Ursache der Konak des Agha’s des Distrietes in ein benachbartes, bequemer gelegenes Dorf ver- legt wird, in welchem Falle jedoch dem Kaza (Bezirk) gewöhnlich der ältere Name verbleibt; der Bezirksname selbst aber ist fast durchaus von einem Dorfe hergenom- men, welches zur Zeit der Feststellung der jetzigen administrativen Eintheilung die Residenz des Bezirksbeamten (Agha) bildete; es läfst sich also, selbst wenn es fest- stände, dafs heutzutage ein Dorf Melem nicht mehr existirt, damit noch keineswegs beweisen, dafs es nicht noch vor 50 Jahren existirt haben könne. Durch den Nach- weis der Existenz des Namens Melem für den Bezirk wird übrigens meine bei Ritter S. 220 ausgesprochene Vermuthung eines Schreibfehlers statt Melet widerlegt. !8) Wohl Daghly (d.i. bergig). 1°) Vielleicht Boghazlyk, d. i. schluchtartiges, engspaltartiges Thal, — dieser Name erscheint wenigstens natürlicher als die von Eli Smith (bei Ritter a. a. ©.) angegebene Form Baghursak Deressi (d. i. Eingeweide-Thal). ?0) Ist der Name, wie es nach der Uebereinstimmung mit den meisten ande- - ren Reiseberichten scheint, richtig aufgefafst, so müssen wenigstens die jetzigen Be- wohner ihn als „Thurm-Schlofs“, also von der alten ‚Burgruine hergenommen, ver- stehen, und die immerhin etwas künstlichen Etymologien der beiden sprachkundigen Berichterstatter Indjidjean und Eli Smith, die ich bei Ritter $. 217 angeführt habe, würden demnach auf sich beruhen müssen. P. v. Tschichatschef’s im Jahre 1858. 281 411. Juni. Von Kule-hissar nach Agdja. 54 Stunden. Wäh- rend 2 Stunden folgten wir dem rechten Ufer des Germeli-tschai, des- sen Bett von beiden Seiten hohe, wenig bewaldete, oft ganz kahle Ge- birge umgeben, deren abschüssige Vorsprünge oft zu sehr beschwer- lichem Klettern und Hinuntersteigen Veranlassung gaben; 2 Stunden von Kule-hissar setzten wir über den Flufs auf einer hölzernen, unter den Füfsen der Pferde schwankenden Brücke; die Höhe des Flusses fand ich hier 785 Meter. Nicht weit von der Brücke erblickt man am linken Ufer auf dem Gipfel des Gebirges die Ruinen eines alten Schlos- ses, mit dem Namen Kule-hissar bezeichnet, ein Name, von dem wahr- scheinlich das Städtchen Kule-hissar den seinigen erhalten hat. Der Flufs, obwohl ziemlich breit, ist fast allenthalben zu Pferde zu durch- waten. Nachdem wir denselben überschritten hatten, verliefsen wir oft seine Ufer, indem das Gebirge sich stellenweise zurückzieht und man also nicht mehr den Windungen des Flusses zu folgen braucht, son- dern in gerader Linie durch eine ziemlich kahle, steinigte und wasser- arme Gegend das Dorf Agdja erreichen kann, dessen Höhe ich 977 Meter fand. 12.Juni. Von Agdja nach Schabkhana-Karahissar. 6 Stun- den. Eine Stunde von Agdja durchritten wir das armselige Dörfchen Gölkoi, 1095 Meter hoch gelegen, und erblickten rechts in einer Ent- fernung von etwa einer guten halben Stunde das ziemlich beträchtliche Städtchen Endres, und etwas weiter das Dorf Awdjely. Wir bogen links ein und überschritten die sehr gebirgige Gegend, die sich zwi- schen der Gebirgskette, an deren Fufs Endres liegt, und dem Germeli- tschai erstreckt. Nach einem viertelstündigen starken Steigen erreichten wir ein kahles Plateau, dessen Höhe ich 980 Meter ?!) fand und wo wir rechts das Dörfchen Göschkoi erblickten. 24 Stunden von Agdja sahen wir das Dorf Tatarlar auf dem Abhange des Gebirges gelegen, welches das rechte Ufer des Flusses begrenzt. Die Gegend, immer kahl und unfreundlich, verflacht sich allmählich. Drei Stunden von Agdja setzten wir über den Flufs (der sich hier sehr verengt und fast wasserlos wird) auf einer schwankenden hölzernen Brücke; der Flufs verliert auch zugleich seinen alten Namen und wird von hier aus als Kirkit-tschai (nicht Kalkit, wie es auf der Kiepert’schen Karte Balst) 22) bezeichnet. Etwas unterhalb der Brücke wird der Flufs Se 3 21) Nachdem von der vorigen Station aus nur ein Ansteigen erwähnt ist, ist man überrascht, die absolute Höhe hier 85 Meter (260 Fufs) niedriger angege- - ben zu finden: eine von beiden Höhenzahlen mufs also irrig sein. 0022) Die sehr gewichtigen, zum Theil dem Orient selbst angehörigen Autoritäten - für die Schreibart Kalkyt habe ich bei Ritter $. 201 (vergl. 8.207) angeführt; E a schreibt auch Herr v. Tschichatschef selbst denselben Namen weiter unten EEE 5] r ER; 282 Itinerar der kleinasiatischen Reise abermals sehr breit und nimmt den Ova-tschai auf, der ebenfalls fast trocken war und nach Westen fliefst; wir liefsen denselben rechts ?3) und folgten eine kurze Strecke dem rechten Ufer des Kirkit-tschai, der sich durch eine weite Ebene schlängelt; nach 4 Stunden über- schritten wir das fast ganz trockene Bett des Karkit-tschai (so!) und erklommen eine bedeutende Anhöhe, die sich von SW. nach NO. er- streckt; das etwa eine Stunde dauernde Steigen ist vollkommen be- quem wegen der geringen Neigung des Abhangs; wir erreichten ein Plateau von 1587 Meter Höhe und stiegen in eine schöne, wellenför- mig gefurchte Ebene hinab, in deren Mitte sich die ganz isolirte unge- heure Felsenmasse erhebt, deren Abhänge das Städtchen Schabkhana- Karahissar ?*) höchst malerisch bekleidet. Die Aussicht von der Stadt aus ist entzückend und bietet ein bezauberndes Panorama dar, welches südlich durch einen hohen, ganz von Schnee strotzenden, zackigen, im Mittel von SSO. nach NNW. streichenden Gebirgskamm begrenzt ist. Man bezeichnete mir denselben unter dem Namen Penil dagh ?°); sehr wahrscheinlich gehört er zu der grofsen Kette des Kepan dagh. Die Höhe des oberen Theils der Stadt fand ich 1613 Meter. Wir blieben den 13. und 14. Juni in Schabkhana-Karahissar. Die Stadt hat 1500 Häuser, von denen 500 armenisch sind. Die Häuser sind fast alle aus graulichem, an der Sonne getrocknetem, sehr rohem Backstein, theils auch aus Lehm gebaut; die obere horizontale flache Decke bildet das Dach. Reste alter Mauern und Thürme, die wahrscheinlich aus dem Mittelalter stammen, umringen sehr malerisch den Gipfel des unge- heuren trachytischen Felsen und dominiren vollkommen die Stadt. 15. Juni. Von Schabkhana-Karahissar nach Lisdja. Drei Stunden. Ich verliefs Schabkhana -Karahissar, um in grader nördlicher Richtung von dieser Stadt mich den Küsten des schwarzen Meeres zu- zuwenden und auf diese Art die terra incognita zu durchschneiden, die sich zwischen Schabkhana-Karahissar und dem Pontus Euxinus ausbrei- tet und von dem bis jetzt noch ganz unbekannten ?°) Paryadres der 23) Diese Ortsangaben blieben mir völlig unverständlich. Owa-tschai (d. i. Flufs der Ebene) scheint derselbe, den Ker Porter Owadmish nennt (vergl. Ritter 8. 207). 24) Diese Schreibart („Alaunhaus-Schwarzburg“ vergl. Ritter S. 208) ist mir neuerdings auch durch Dr. Barth bestätigt und dadurch die Angabe des Dr. Blau, wonach die eigentlich richtige Form Schebin Karahissar sein soll, welche ich zu Ritter $S. 1018 angeführt und auch bereits in meine neueste Karte von Armenien auf- genommen habe, wieder als unsicher verdächtigt worden. 2°) Pejnir-dagh (Käseberg)? 26) Dals die Existenz eines Hochgebirges von alpinem Charakter längs der Süd- küste des östlichen Pontus, zwischen derselben und dem Lycusthale nicht für bisher ganz unbekannt gelten durfte, ergiebt sich schon hinreichend aus den in Ritter’s Werke zusammengestellten Berichten über diese Gegend, wie denn auch ein solches in den P. v. Tschichatschef’s im Jahre 1858. 283 Alten durchsetzt ist. Nach allen über diese Gegenden sorgfältig ein- gezogenen Nachrichten erfuhr ich endlich, dafs ich zwischen zwei Rou- ten zu wählen hätte, um von Schabkhana nach Kerasun zu gelangen; die eine geht über Kümbet-khan und wird wegen der Oede der Ge- gend und der unwirthbaren felsigen Gebirge wenig benutzt, die andere zieht sich mehr westlich und lälst Kümbet-khan rechts; sie ist kürzer, viel bequemer, führt durch ein minder entvölkertes Land und gilt des- halb als die gewöhnlichste Verbindungslinie zwischen den beiden Städ- ten Schabkhana und Kerasun. Ich entschlofs mich um so mehr zu Gunsten der schwierigeren Route, da sie gerade über die Alaunberg- werke geht, die an dem drei Stunden von Schabkhana-Karahissar ge- legenen Dorfe Lisdja sich befinden. Wir richteten also unsern Weg nach diesem Dorfe, um den Rest des Tages der Besichtigung der Berg- werke zu widmen. Von Schabkhana-Karahissar hinuntersteigend folgten wir dem tiefen, vom Temsere- ??) Irmak durchströmten Thale bis zum Dorfe Temsera ?”’), dessen Höhe ich 1629 Meter fand. Wir setzten dann über den Strom und stiegen ununterbrochen bis zum Dorfe Lis- dja, 1735 Meter hoch gelegen. Die Besichtigung der Bergwerke und der Zubereitung des Alauns, beide auf eine höchst rohe Weise betrie- ben, boten mir eine reiche Fülle von interessanten geologischen Beob- achtungen. 16. Juni. Von Lisdja nach Kümbet-khan. 7 Stunden. Obwohl wir gleich bei unserem Hinaustreten aus Schabkhana-Kara- hissar angefangen hatten, uns zu erheben und während vier ?®) Stunden bis Lisdja es fast immerwährend fortsetzten, so war doch das Steigen nicht beschwerlich; von Lisdja aber nach Kümbet-khan wurde das Terrain immer abschüssiger und schroffer. Schon 24 Stunden von in kleinerem, die Generalisirung der Terrainverhältnisse gestattendem Mafsstabe ent- worfenen Karten Klein- Asiens in der betreffenden Lage hinreichend, wenn auch natür- lich nur in den allgemeinsten Zügen, angedeutet ist. Dafs bei dem bisherigen Mangel aller Berichte über Querrouten durch dieses Gebirge für kritische Kartenzeichnung in gröfserem Mafsstabe nichts übrig blieb, als den betreffenden Raum offen zu lassen, wird jeder kundige nur natürlich finden; solche Lücken der Kartenzeichnung aber für „weite Ebenen“ mifsverstanden zu sehen seitens eines doch auf Specialkarten be- wanderten Forschers (wie in einem Bericht unsers Herrn Autors über dieselbe Reise an die geographische Gesellschaft in Wien geschieht, den Herr Petermann Mit- _ theilungen 1858, S. 474 ohne weitere Bemerkung abgedruckt hat) darf billig Wun- der nehmen. 27) So steht im Manuscript beide Mal verschieden; derselbe Name wird von Ker Porter Tamzor, von der besten Autorität, dem Armenier Indjidjean, Tomzara - geschrieben (vergl. meine Notizen bei Ritter $S. 207); Temzere wird die türkische Aussprache sein, welche der armenischen gegenüber ziemlich regelmäfsig die Vocale erweicht. 28) So im Original; nach der Angabe der vorangehenden Tagereise wären es Lisdja hatten wir eine Höhe von 2464 Meter erreicht, grolse Haufen Schnee durchschreitend. Wir erreichten bald ein Thal, dessen Höhe ich 2487 Meter fand; Teppiche von seltenen alpinen Pflanzen schmück- ten diese baumlosen Flächen. 12 Stunden weiter erstiegen wir ein von einem nach SW. rasch strömenden Bache bewässertes Plateau. Alle die Bergmassen, die wir von Lisdja aus bis zu diesem Plateau (3 Stunden von Lisdja) ?°) erstiegen hatten und die fast sämmtlich von SO. nach NW. streichen, werden unter den allgemeinen Namen Kazankaja-dagh zusammengefalst; weiterhin bis zum Kümbet-khan heifst die Gebirgsgegend im allgemeinen Kümbet-dagh. Das erwähnte Plateau ist 2710 Meter hoch. Indem wir dasselbe von Süden nach Norden durchsehritten und sanft in dieser Richtung hinabzusteigen be- gannen, erblickten wir ein prachtvolles, ganz unerwartetes Schauspiel: während über uns ein heller blauer Himmel sich wölbte mit strahlen- der Sonne und das Gebirge nördlich und östlich sich in scharfen Um- rissen entfaltete, erschien die ganze Gegend links von uns (westlich), so weit nur das Auge reichen konnte, mit einer ungeheuren Schicht von grauen Wolken bedeckt, die so auffallend täuschend die wogende Oberfläche des Meeres darstellte, dafs ich mich erst ordentlich orienti- ren und auch zugleich meinen Führer befragen mufste, ehe ich mich überzeugte, dafs wir unmöglich das Schwarze Meer vor uns hätten. Auf jeden Fall ist aus dieser merkwürdigen Verhüllung der ganzen Gegend links von uns der Schlufs zu ziehen, dals die Bergmassen, die wir von Schabkhana-Karahissar von Süden nach Norden überstiegen, westwärts sich sehr rasch verflächen müssen. Vom Plateau aus stiegen wir sanft erst westlich, dann nördlich während 1% Stunden und er- blickten dann vor uns ein sehr tiefes Thal, mit schöner Baumvegeta- tion geschmückt, die unseren durch wüste, kahle und theilweise mit Schnee bedeckte Flächen ermüdeten Augen recht wohl that. Das Hin- untersteigen nach dem Thale ist ziemlich schroff; das Thal streicht im Mittel von Ost nach West und ist von dem Flüfschen Kümbet-deressi bewässert. Auf einer Anhöhe am östlichen Rande des Thales erblick- ten wir ein paar armselige Hütten, die man mit dem Namen Kümbet- khan bezeichnet, weil eine derselben wirklich als Khan für die seltenen Reisenden dient, das heilst die Reisenden können unter einem nichts weniger als wasserdichten Dache die Nacht zubringen, sich am rau- chenden Kaminfeuer erwärmen und trocknen, und auch wohl etwas Stroh für ihr Nachtlager und ein Stück Maisbrot und Wasser zur Stillung ihres Hungers oder Durstes erhalten, sonst aber gar Nichts, aulser vielleicht, wenn die Reisenden Griechen oder Armenier sind, 284 Itinerar der kleinasiatischen Reise 29) So im Text; nach den eben vorangegangenen Angaben mülsten es vier sein. P. v. Tschichatschef’s im Jahre 1858. 2835 ein paar tüchtige Rippenstöfse von einkehrenden Türken. Ich liefs meine Zelte etwas oberhalb des höchst originellen Wirthshauses auf- schlagen und fand die Höhe unseres Bivouaks 1830 Meter. 17. Juni. Von Kümbet-khan nach Kabardjakos. 5 Stun- den. Von Kümbet-khan ging der Weg im Mittel immer bergab, je- doch mit Abwechselung von localen Anschwellungen und hohen, schroffen Felsen; die in tiefen Schluchten brausenden Ströme und ab- schüssigen, schmalen, sich zwischen Wald und Felsen windenden Stege machten unsern Weg sehr schwierig und oft gefährlich. Gleich hinter Kümbet-khan war die Höhe 1834 Meter, eine halbe Stunde weiter 1671 Meter, eine Stunde von Kümbet-khan 1569 Meter, zwei Stunden von dort 1316 Meter. Nach drei Stunden (v. K.) erblickten wir links das Dörfchen Samail (den auf der Kiepert'schen Karte ?°) angegebe- nen Ort Gewesid habe ich nirgends erfragen können) und rechts Gu- dul. Vier Stunden (v. K.) sahen wir links Kurtulmusch, und stiegen in ein Thal hinunter, wo abermals eine kleine armselige Hütte stand, wel- che mit. dem Namen Kabardjakos bezeichnet wird; sie wurde von zwei zerlumpten, von Elend und Krankheit abgemagerten Griechen bewohnt, bei denen wir aulser etwas Stroh und Mais gar Nichts fanden. Die Höhe von Kabardjakos fand ich 736 Meter. 18. Juni. Von Kabardjakos nach Javschanköi ?'). 6 Stun- den. Wir folgten dem Strome Ak-su (Weilswasser), der das schmale, mit schönem Gesträuch und Bäumen beschattete Thal von Kabardja- kos durchfliefst und durch eine ungeheure, sein Bett bedeckende Masse von Geröll und Blöcken schäumend sich den Weg bahnt. Eine halbe Stunde von Kabardjakos überschritten wir den Strom, dessen Höhe ich hier 562 Meter fand; 1+ Stunden weiter durchritten wir das Dorf Küsch- lek-khan, dessen hölzerne Hütten, wie es fast bei allen Dörfern dieser Gegend der Fall ist, auf einem ungeheuren Raume einzeln zerstreut stehen. Der Theil des Dorfes, durch welchen der Weg geht, hat eine Höhe von 517 Meter. Wir stiegen mühsam hinunter bis zum Bett des Ak-su, dessen Höhe ich hier 362 Meter fand. 2+ Stunden von Ka- bardjakos setzten wir über den Strom auf einer morschen hölzernen Brücke und folgten beschwerlich, bald hinauf bald hinunter steigend, dem engen Stege, der sich längs der Abhänge der Berge hinwindet, von welchen das tiefe (manchmal wie in einem Abgrunde erscheinende) 30) Richtiger gesagt: der Lapie’schen, denn aus dieser, die aus unedirten Ma- terialien französischer Reisenden manche selbstständige, sonst nirgend erwähnte Data enthält, ist die betreffende Route Kerasun-Karahissar entlehnt worden. 5 31) Kein türkisches Wort, etwa Schreibfehler für Tawschan (d. i. Hase)? auch bildet der Ort nach dem folgenden kein Dorf (Kjöi), sondern ist nur eine _ einzelne Herberge (Khan). RE 286 Itinerar der kleinasiatischen Reise Thal von Ak-su eingefafst ist. 44 Stunden von Kabardjakos stiegen wir abermals zum Strome hinunter und passirten denselben auf einer hölzernen Brücke, um den entgegengesetzten Gebirgsrand des Thales zu ersteigen und längs seinen Abhängen diesem letzteren zu folgen. 54 Stunden von Kabardjakos erreichten wir eine Höhe von 396 Meter. 6 Stunden von K. führte uns eine schlechte Brücke wieder über den Strom; wir erstiegen den fast senkrechten Abhang des rechten Berg- randes des Thales und glitten dann noch einmal in das Thal hinunter, welches hier eine bedeutende Breite hat; allein der Strom läfst einen grofsen Theil seines Bettes trocken und flielst blos in einer engen je- doch ziemlich tiefen Rinne nach Norden; er nimmt hier einen Zufluls auf, Javschan-Irmak genannt. An der Mündung dieses letztern stehen ein paar armselige Hütten, die den Namen Javschan-khan führen, in deren Nähe ich meine Zelte aufschlagen liefs. Ich fand die Höhe des Ortes 236 Meter. Die ganze Nacht über hatten wir einen strömenden Regen. 19. Juni. Von Javschankhan nach Kerasun. 4 Stunden. Vollkommen durchnäfst durch den während der Nacht durch das Zelt hineingedrungenen Regen brachen wir trotz des anhaltenden schlechten Wetters früh auf, um so schnell als möglich Kerasun zu erreichen. Wie gestern und vorgestern fuhren wir fort, fast senkrechte, von Blöcken und Baumstämmen strotzende Flächen zu erklettern und hin- abzurutschen, wobei ich drei meiner besten Pferde, die aus Müdigkeit nicht weiter konnten und ihrem Schicksal überlassen werden mulsten, einbüfste. Zwei Stunden von Javschankhan hatten wir eine Höhe von 473 Meter erreicht und stiegen dann auf einem höchst abschüssigen Steige in das Thal hinunter, welches immer breiter wurde und sich zuletzt in eine schöne Ebene verwandelte, deren Höhe ich 149 Meter fand. Wir waren endlich des schon so viele Tage dauernden hals- brechenden Kletterns entledigt und die keuchenden erschöpften Pferde schienen wie neu belebt sich auf der flachen Ebene zu bewegen. Wir ritten an zwei hölzernen ganz verfallenen Hütten vorüber, die man mit dem Namen Tschauschlu-khan bezeichnet, in denen aber in Europa kein Hirte sich getrauen würde, sein Vieh unterzubringen. Drei (so!) Stunden von Javschankhan verliefsen wir endlich den Flufs Aksu und lenkten links ein, dem mit Freude erblickten Meere zu. Eine Zeit lang ritten wir längs der sandigen Küste und drei Stunden von Javschan- khan (so!) erstiegen wir die Höhen, die sich längs der Küste erheben und bis Kerasun ununterbrochen fortsetzen. Schöne Gärten und frische blühende Haine geben ein anmuthiges Ansehen diesen an prachtvolle Felsen und imposante Trachytgebirge sich lehnenden Höhen. 3% Stun- den von Javschankhan erreichten wir das sehr malerisch auf Trachyt- Fz P. v. Tschichatschef’s im Jahre 1858. 287 felsen sich erhebende Städtchen Kerasun, wo ich mir sieben Tage einer besonders für meine Pferde und Leute ganz unentbehrlichen Rast gönnte; diese Erholung war um so dringender, da ich darauf gefalst sein mulste, ganz dieselben Strapazen noch einmal auszuhalten, weil ich nämlich beabsichtigte, nach Gümüschkhane nicht den gewöhnlichen Weg über Tireboli, der gar nicht schlecht sein soll, einzuschlagen, sondern durch die vom Flusse Khorschat-su durchbrochenen Gebirge zu dringen, ein Weg, den man mir in Kerasun für Packpferde als ganz unpracticabel schilderte und mir sehr davon abrieth; allein aufser meinem stets befolgten Princip, den am wenigsten frequentirten und unbekanntesten Wegen den Vorzug zu geben, hatte ich noch. einen anderen wichtigen Grund, gerade diese Richtung zu wählen, indem es mir von Wichtigkeit war, zu erforschen, ob die Kette des Paryadres, dessen Lage und Bedeutung ich so glücklich war entdeckt zu haben, wirklich noch östlicher fortsetzt, und ob die undurchdringlichen schroffen Gebirge, von denen man mir berichtete und durch die der Khorschat- tschai von Gümüschkhane aus dem Schwarzen Meere zufliefst, dieselbe geologische Zusammensetzung wie der Paryadres bieten oder eine ganz andere Kette (sowohl im geologischen als topographischen Sinne) bil- den. Ich entschlofs mich deshalb trotz aller Gegenvorstellungen, der Küste entlang bis zum Dorfe Espia zu gehen und dann längs des Khorschat-tschai bis Gümüschkhane vorzudringen. 28. Juni. Von Kerasun bis Jolagassi ??). 44 Stunden. Wir folgten der Meeresküste, deren sandiges Gestade dann und wann durch Basalt- oder Kalksteinfelsen unterbrochen ist, die oft hohe, ziem- lich schroffe Vorgebirge bilden. Drei Stunden von Kerasun, durchritten wir das Dörfchen Urdja, ganz nahe am Meere auf einer Anhöhe ge- _ legen, und erreichten bald das Dorf Jolagassi, ebenfalls an der Küste _ liegend, wo wir unsere Zelte aufschlugen. Der Ort Hissab, den die Kiepert'sche Karte ?®) auf dem Wege zwischen Kerasun und Tireboli 32) Richtiger Jol-aghyzy oder aghzy d. i. Mündung des Weges, wie der _ Armenier Bsheschkian in seiner Küstenbeschreibung des Pontus angiebt; Jol- _ aghassy würde, für einen Ortsnamen kaum verständlich, „Herr des Weges“ heilsen. 33) Nämlich die alte Ausgabe von 1844, die bei dem absoluten Mangel jedes Berichts über Küstenbereisung auf dieser Strecke (vergl. Ritter S. 833) hier natürlich darauf angewiesen war, die Angaben früherer Seekarten (Beauchamps, Norie u. a.) - einfach wiederzugeben; auf meiner im Frühling v. J. ausgegebenen neuen Karte von Armenien (deren beide westliche Blätter den beiden östlichsten der älteren Karte von Kleinasien entsprechen) findet sich dagegen bereits auf Autorität der zuverlässi- 288 Itinerar der kleinasiatischen Reise angiebt, ist wieder nichts anderes als die Verwechselung eines (und zwar verstümmelten) Distrietsnamens mit einem Dorfnamen, indem die Dörfer Urdja, Jolagassi ete. wirklich zu dem Distriete (Kaza) Kescheb (nicht Hissab) gehören, ohne dafs Kescheb der individuelle Name ir- gend eines Dorfes wäre. 29. Juni. Von Jolagassi bis Espia. 4 Stunden. Etwa eine halbe Stunde von Jolagassi erstiegen wir mehrere Anhöhen, deren Erhebung 14 Stunden von Jolagassi 403 Meter betrug; wir erblickten zugleich links auf dem südlichen Abhange des Gebirges, welches uns von der Küste schied, das Dorf Gudtchukgedich ?*); das Dorf Zefre liegt auf dem entgegengesetzten, dem Meere zugekehrten Abhange und wir konnten es deshalb nicht sehen, auch geht der Weg von Kerasun nach Espia nicht über Zefre, wie es die Kiepert’sche Karte angiebt. Auf unserer Rechten sahen wir das Dorf Saraidjik, im Gebirge gele- gen. Zwei Stunden von Jolagassi stiegen wir während einer halben Stunde stark abwärts und erreichten ein von einem breiten Flufsbette durchsetztes Thal, in welchem nur ein schmaler Streifen Wassers nach NNW. fliefst; der Flufs heifst Gelevara-Irmak und das ziemlich be- waldete Thal Jalydere. Nach 24 Stunden (von Jol.) sahen wir rechts das Dörfchen Demirdjiköi. Nach 34 Stunden liefsen wir links den Gelevara-Irmak und bogen rechts ein, der Küste uns nähernd, die wir seit Jolagassi nur dann und wann in der Ferne erblickten, indem ziem- lich hohe, schön bewaldete Anhöhen uns stets vom Meere schieden. Nachdem wir eine halbe Stunde an der sandigen Meeresküste geritten waren, erreichten wir das Dörfchen Espia; es besteht aus ein paar Hütten, theils am Strande, theils in der Ebene zerstreut; aufser eini- gen Fischern und zehn abenteuerlichen Kerlen, die man uns als grie- chische, ziemlich auf jede Schandthat gefalste Schmuggler oder Piraten angab, war Niemand im Dorfe, und wir wie unsere Pferde mulsten uns mit den aus Kerasun mitgebrachten Provisionen begnügen. 30. Juni. Von Espia bis zum Alpenland Hassanly. 6 Stunden. Wir ritten etwa während einer halben Stunde OSO. von Espia in der Richtung der Meeresküste ?°) und überschritten das breite, aber zum gröfsesten Theil trockene Bett des Stromes Orta- tschai, dann lenkten wir etwas südlich ein und fingen an zu steigen; wir gingen nahe bei dem etwa eine Viertelstunde von der Küste ent- fernten Dorfe Adabu vorüber und wandten alsdann den Rücken dem 34) So im Manuscript; soll offenbar heilsen Kütschük (d. i. klein) Ge- disch. 35) Nach den Angaben der zuverlässigsten Küstenkarten von dem russischen Capitain Manganari sollte man für die Richtuug der Küstenlinie an dieser Stelle vielmehr ONO. erwarten. P. v. Tschichatschef’s im Jahre 1858. 289 Meere zu, indem wir uns in eine immer aceidentirter werdende Ge- gend vertieften. Zwei Stunden von Espia erblickten wir von den be- waldeten Höhen zum letzten Male das Meer; eine halbe Stunde weiter erreichten wir die Höhe von 375 Meter und erblickten zu unserer Rechten das Dorf Alahalytsch und kurz nachher ritten wir neben dem Dorfe Avraköi vorüber. Nach 3 Stunden (von Espia) hatten wir eine Höhe von 471 Meter erreicht. Das hohe Gebirgsland, in welchem wir uns befanden, wird mit dem Namen Hassanly bezeichnet; es ist mit prachtvollen Wäldern bedeckt, in deren Mitte das Rhododendron pon- ticum und die Azalea pontica dichte Haine bilden. Vier Stunden von Espia hatten wir die Höhe von 682 Meter erreicht, und indem wir dem linken Rande eines tiefen, von SSO. nach NNW. streichenden Thales folgten, konnten wir hinter demselben in der Ferne das noch tiefere Thal des Khorschat-tschai sehen (es ist der auf der Kiepert’schen Karte unter dem verstümmelten Namen Charschut-tschai ?°) angegebene Flufs; er entspringt in den Gebirgen von Gümüschkhane und mündet etwa 14 Stunden östlich von Tireboli in das Schwarze Meer). Fünf Stun- den von Espia hatten wir die Höhe von 816 Meter erreicht und eine Stunde weiter erblickten wir abermals links das in der Ferne wie in einem Abgrunde liegende Thal des Flusses Khorschat. Wir erstiegen die gegliederte, immer schön bewaldete Gebirgsmasse, die sich bis zum Khorschat-Thale erstreckt und dessen westlichen Rand bildet; auf dem Abhange dieses vollkommen öden Gebirges schlugen wir unser Zelt auf in eimer Höhe von 966 Meter. Wir hatten die ganze Nacht ein schreckliches, von strömendem Regen begleitetes Gewitter auszustehen ; _ meine armen Leute mulsten dessen ungeachtet stets bewaffnet neben den Pferden liegen bleiben, sowohl der wilden Thiere wegen als aus * Furcht vor den hier sehr bekannten Pferdedieben. 1. Juli. Vom Gebirge Hassanly bis Aghatschbaschi. 5 Stunden. Wir kletterten hinauf und hinab während fünf Stunden, bald schroffe Bergrücken übersteigend, bald uns in tiefe abschüssige Thäler hinunterstürzend und alle Augenblicke erwartend, unsere er- schöpften Pferde einzubülsen, die mit unbegreiflicher Kraft und Behen- digkeit unter einem schweren Gepäck auf fast senkrechten Flächen sich bewegten. Eine halbe Stunde von unserm Nachtlager hatten wir eine 36) So fand ich den Namen geschrieben bei den einzigen bis jetzt bekannten Zeugen, dem in der Orthographie sehr zuverlässigen Bsheschkian und dem englischen Reisenden Macdonald Kinneir (Journey in Asia Minor, p. 348: Karshoot); auf deren Rech- nung also die „Verstümmelung“* kommt, wenn nicht vielmehr anzunehmen ist, dafs viele solche nichttürkische, also den türkisch sprechenden Führern unseres Reisenden unverständliche Namen nach den in diesen pontischen Gebirgen wechselnden Dialek- ten sehr verschiedenartig ausgesprochen werden. Zeitschr. f. allg. Erdk. Neue Folge. Bd. VI. 19 hi... 290 Itinerar der kleinasiatischen Reise Höhe von 1070 Meter erreicht, nach 1! Stunden 1800 Meter, nach 12 Stunden 2000 Meter; nach 2% Stunden waren wir blos 1413 Meter 3”) hoch, nach 24 Stunden 1464 Meter und nach 23 Stunden 1498 Meter. Nach fünfstündigem halsbrechenden Klettern sahen wir endlich das Gebirge sich wenigstens etwas verflächen und terrassenförmig gestalten; der schöne Baumwuchs wurde weniger üppig; wir erreichten ein aus- gedehntes Plateau, auf welchem sechs bis acht armselige Hütten in- mitten schöner Abies pectinatae zerstreut lagen; es war das Dörfchen Aghatschbaschi-jailassy, so ganz von der Welt abgeschieden, dafs unsere Erscheinung in dieser Wüstenei das grölseste Entsetzen erregte, um so mehr, da nur Weiber allein diese Hütten bewohnten, indem die Männer zur Fristung ihres jämmerlichen Daseins sich während des Sommers in den Städten der Küste aufhalten, um dort als Arbeiter etwas zu verdienen. Wir wurden von dem doppelten Geheul der Weiber und der Hunde empfangen und mufsten mit Gewalt in eine dieser Hütten eindringen, um wenigstens für die Nacht uns vor dem strömenden Re- gen zu schützen, dem wir ununterbrochen während sechs Stunden aus- gesetzt gewesen waren. Die Höhe des Dorfes fand ich 1963 Meter. 2. Juli. Von Aghatschbaschi-jailassy bis Sarybaba. Vier Stunden. Von Aghatschbaschi-jailassy setzten wir unser Steigen fort. Eine Viertelstunde von A. waren wir schon in einer Höhe von 2083 Meter, 2 Stunden von A. 2244 Meter hoch, wo der Schnee in ziemlich dicken Lagen sich ausbreitete; 1 Stunde von A. 2218 Meter hoch, wo aller Baumwuchs verschwand; 14 Stunden von A. 2374 Meter, 3 Stun- den von A. 2530 Meter. Das Ersteigen aller dieser sehr beträchtlichen Höhen war nicht beschwerlich, indem dieselben abgerundete Plateau’s bilden, die durch ziemlich sanft geneigte Flächen verbunden sind. Drei Stunden von A. stiegen wir in ein enges Thal, vom Bache Ayras-Ir- mak bewässert, welcher in nordöstlicher Richtung fliefst und in den Khorschat-tschai mündet; er empfängt an seinem rechten Ufer das nord- wärts strömende Bächlein Balykly-su; wir folgten diesem letzten, das sich in der Mitte eines engen flachen Thales hinschlängelt, setzten dann über dasselbe und liefsen es zu unserer rechten, indem wir links ein- bogen und bald wieder das Steigen begannen; sogleich erreichten wir die Höhe von 2369 Meter. Vier Stunden von A. stiegen wir längs einer ziemlich abschüssigen Fläche hinunter zum kleinen Dorfe Sary- baba; es liegt auf dem nördlichen Rande eines sehr tiefen Thales, wel- ches von NO. nach SW. streicht und südlich von einem hohen abge- rundeten Gebirge begrenzt ist, dessen südwestliches Ende noch viele 37) Fast 630 Meter oder 1800 Fufs abwärts gestiegen in einer Viertelstunde? und vorher 730 Meter (über 2200 Fufs) aufwärts in einer Stunde? Vollkommen undenkbar! P. v. Tschichatschef’s im Jahre 1858. 291 Schneeflecken trug. Dieses steile Gebirge machte auf uns einen un- freundlichen Eindruck, als wir erfuhren, dals unser Weg über dasselbe führe; wir konnten von Sarybaba aus recht gut den Steg erblicken, der unsere morgende Wanderung bezeichnete und sich wie eine Schlange längs den abschüssigen Wänden hinschlängelte. Die Höhe von Sary- baba ist 1827 Meter. 3: Juli. Von Sarybaba bis Embrek. 5 Stunden. Wir stiegen ziemlich schroff während 2 Stunden von Sarybaba in das Thal hinunter, welches ziemlich eng ist und von dem nach NNO. strömen- den und in den Khorschat-tschai mündenden Flüfschen Kartan Dere ?°) bewässert wird. Wir setzten über dasselbe (dessen Höhe ich hier 1647 Meter fand) und begannen den vor uns sich erhebenden Bergrücken zu erklimmen; nach i#stündigem ?°) Steigen kamen wir durch das kleine griechische Dorf Karkajassy (1921 Meter hoch). 2} Stunden von Sarybaba hatten wir endlich den breiten Scheitel des Gebirges erreicht (2278 Meter hoch); er bildet ein ziemlich ebenes Plateau, das wir durchritten; 24 Stunden ?°) von Sarybaba stiegen wir auf einem höchst beschwerlichen abschüssigen Abhange in ein schr enges Thal, welches von W. nach O. und dann von NO. nach SW. *’) streicht und vom Flülschen Embrek-su bewässert ist; wir setzten über dasselbe und er- stiegen den andern Rand des Thales, auf welchem das Dörfchen Erekli liegt (1699 Meter hoch), das wir in 3+ Stunden von S. erreichten. 38) Wohl Katran, s. Note 4. °°2) Kann nicht richtig sein. 3 —+ 12 giebt 2\, weiterhin aber folgt erst 24 vom Anfangspunkt. Zudem mufste, wenn das Steigen von 1647 zu 1921 Meter, also um 274 Meter — 830 Fufs 1} Stunden gedauert hatte, auf die folgende be- trächtlichere Erhebung von 1921 zu 2278, also um 357 Meter = 1100 Fufs, we- nigstens eben so viel Zeit kommen; 5 oder } Stunde reicht hier kaum aus, so dafs selbst die Vermuthung, die Zahl 15 beziehe sich auf die Gesammtdistanz vom An- fangspunkt, nicht genügt. Es herrscht in dieser ganzen Tagereise eine schwer ent- wirrbare Verwechselung. ’ 40) Jin Manuscript 3}, während weiterhin, nach bedeutendem Auf- und Abstei- gen, wieder 3; folgt, also hier offenbar so, wie ich corrigirt habe, zu lesen, zumal die Distanz von 4 Stunde (2; bis 2} Stunden von Sar.) für die Breite eines Berg- rückens in einer so wilden Alpengegend, wie sie der Verf. beschreibt, vollkommen ausreichend erscheint. 41) Sind diese Angaben über die Thalrichtung richtig (was bei den im Manu- seript häufig vorkommenden Correeturen und auf anderem Wege sich ergebenden Ver- wechselungen zwischen O. und W., rechts und links u. dgl. immerhin bezweifelt wer- den darf), so setzen sie, was in der Wegebeschreibung wenigstens nicht angedeutet ist, eine scharfe Umbiegung des Thales in einem halben rechten Winkel voraus. Je- denfalls ungenau ist aber die Bezeichnung des Streichens des Thales (worunter man doch gewöhnlich zugleich die Direetion des Thalfalls oder des Wasserlaufes versteht) von NO. nach SW., statt der umgekehrten Bezeichnung, denn in der That mufs das Thal nach Süden hin oder in der Richtung des Weges sich senken, wie die Ab- nahme der Höhe (immer unter Voraussetzung der Zuverlässigkeit der Höhenzahlen) beweist. 39" 292 Itinerar der kleinasiatischen Reise Wir stiegen abermals in das Thal hinunter; gegenüber Erekli, auf dem entgegengesetzten Rande des Thales, sahen wir das Dorf Madjara und südsüdöstlich von Erekli auf demselben Rande das Dorf Eletschük. Das Hinuntersteigen von Erekli in das Thal bis zum Embrek-su (1654 Meter hoch) '?) dauerte eine halbe Stunde und war um so be- schwerlicher, als ein schreckliches Ungewitter mit Schnee und Hagel losbrach; die Hagelkörner hatten oft die Grölse einer Nufs. Wir ver- liefsen hierauf nicht mehr das Flüfschen Embrek-su und sahen links mehrere Dörfchen, die alle Embrek heifsen (es giebt deren 9); wir schlugen unsere Zelte neben einem dieser Dörfer auf, welches das gröfseste unter seinen Homonymen ist und 1390 Meter hoch legt *?). 4. Juli. Von Embrek nach Andessi '*). 5 Stunden. Wäh- rend einer Viertelstunde gingen wir östlich, indem wir dem mit Blöcken und Geröll angefüllten Bette eines kleinen Zuflusses des Embrek -su folg- ten, dann verliefsen wir ihn und erstiegen das Gebirge, welches den rech- ten *°) Rand des Zuflusses bildet; eine Stunde von Embrek erreichten wir die Höhe von 1804 Meter und die Gebirge wurden ganz kahl und bekamen ein trauriges einförmiges Ansehen; unter uns sahen wir den oben erwähnten Zufluls des Embrek-su in einem Abgrunde schäumend strömen; 12 Stunden von Embrek erblickten wir zu unserer Rechten das jämmerliche Dorf Hedereless *°) jailassy; wir hatten eine Höhe von 1825 Meter erreicht. Ein schreckliches Ungewitter brach abermals los und die Gebirge erzitterten von Donnerschlägen. Nachdem wir mehrere Höhen erstiegen hatten, stiegen wir 3 Stunden von Embrek zum Dorfe Herek hinunter, liefsen dieses zur linken und kletterten abermals während einer Stunde, wonach wir eine Höhe von 1703 M. 42) Die Zahl kaum richtig, nur 45 Meter —= 140 Fufs Höhendifferenz reimt sich nicht mit halbstündigem beschwerlichen Hinabsteigen. Erekli ist übrigens hier kein altes Heraklea, sondern sicher nachlässige Schreibart für Eriklü, d.i. pflau- menreich. 4‘) Wohin sich schliefslich der Flufs von Embrek wendet, ob gegen SW., ob gegen NO. zum Kharschut, erfahren wir nicht, — solche Auslassungen wichtiger Tbat- sachen bringen niemand mehr in Verlegenheit als den, welcher die Mühe übernimmt, nach so unvollständigen, zum Theil einander widersprechenden Angaben eine Karte zu zeichnen. Künftige Reisende auf denselben Weger werden also Ursache haben, über meinen beiliegenden Versuch eben so strenge Urtheile zu fällen, wie der Autor über die bisherigen Versuche fortwährend aussprechen mufs. *4) So consequent im Original, es muls aber Ardessi heifsen, wie die Europäer, die den Ort berührt haben, oder Ardasa, wie die armenischen Autoren schreiben. *3) Hier wieder in dem Sinne: zur rechten des vom Reisenden verfolgten We- ges liegend, nicht mit Rücksicht auf den Abflufs, wie man gewöhnlich rechts und links in Bezug auf Flüsse und Thäler zu unterscheiden pflegt. *6) Offenbar nachlässige Aussprache oder, wenn man will, Verstümmelung des bekannten türkischen und arabischen Heiligen-Namens Khidhr-illis, der in der Mythologie des modernen Orients zugleich dem aus der A. T. Tradition herüberge- nommenen Propheten Elias und dem H. Georg der Christen entspricht. j erreichten; 44 Stunden von Embrek *”) stiegen wir steil hinunter wäh- rend einer halben Stunde bis zum Flüfschen Herek-su und ritten dann eine andere halbe Stunde in seinem fast trockenen Bette, wo nur eine schmale Rinne Wassers ziemlich rasch fliefst und in den Khorschat- tschai mündet. An der Vereinigung dieser beiden Flüsse liegt das Dorf Andessi, ziemlich armselig und aus etwa zwanzig, auf einem weiten Raume einsam zerstreuten, aus Lehm gebauten Hütten beste- hend. Die Höhe von Andessi fand ich 1131 Meter. 5. Juli. Von Andessi bis Gümüschkhane. 4 Stunden. Wir setzten über den Khorschat-tschai auf einer steinernen Brücke. Eine Viertelstunde von A. empfängt der Flufs rechts den T'schitderessi-su und eine Stunde weiter links den Demirdji-su. Zwei Stunden von A. überschritten wir abermals den Flufs, ebenfalls auf einer steinernen Brücke; der Khorschat-tschai empfängt hier links den Kharava-su, auf dessen rechten Ufer sich das Dorf Kharava befindet (1240 Meter hoch). Das vom Khorschat-tschai oft ganz erfüllte und zwischen schroffen, fast ganz nackten Gebirgen eingeschlossene Thal bietet ein ziemlich ein- förmiges trauriges Aussehen, welches nur allmählich in der Nähe von Gümüschkhane sich verändert, denn 3 Stunden von Andessi verzweigt sich der Flufs und die zahlreichen Inseln bedecken sich mit dem schö- nen Grün der Gärten, die zu den Sommeraufenthaltsorten der Bewoh- ner Gümüschkhane’s gehören. In einem solchen Garten schlugen wir unsere Zelte auf, ganz nahe am rechten Ufer des Khorschat-tschai und etwa eine halbe Stunde nördlich von Gümüschkhane, denn da die Stadt _ auf einem steinigen Berge liegt, konnte ich in der unmittelbaren Nähe derselben keinen günstigen Platz für mein Zelt und meine Pferde fin- den. Die Höhe des Flusses am Orte unseres Bivouaks fand ich 1310 Meter, die Höhe der Stadt mufs wenigstens 1500 Meter sein. Ich blieb in meiner schönen ländlichen Wohnung den 6., 7. und 8. Jnli. 9. Juli. Von Gümüschkhane bis Kerekliköi. 64 Stunden. Wir setzen über den Horschot-tschai auf einer wankenden hölzernen Brücke, liefsen Gümüschkhane zur rechten und folgten dem linken Ufer des Flusses; nach 2 Stunden durchritten wir das Dorf Emunlar *°). 14 Stunden von G. stiegen wir in’s Bett des Flusses (1353 M. hoch) und ritten in der Richtung des linken Randes des Thales; zu unserer Rechten sahen wir das Dorf Aadja *°) auf dem Abhange eines Ge- P. v. Tschichatschef’s im Jahre 1858. 293 47) Die im Manuseript stehende Zahl 14 ist im Widerspruch mit den voran gehenden Zahlen; auch meine obige Correctur, fast die einzig mögliche, bleibt, da noch zwei halbe Stunden folgen, immer mit der oben angegebenen (im Manuscript aus 6 zuerst in 4, dann in 5 corrigirten) Summe des Tagemarsches in Widerspruch. 48) Emirler? so heifst ein Dorf des Bezirks von Gümüschkhane bei Indjidjean (Beschreibung des heutigen Armeniens, in armenischer Sprache, Venedig 1811, S. 400). 49) Wohl Agdja? (Aktscha, wei/slich im türkischen.) 294 Itinerar der kleinasiatischen Reise birges liegend, dessen Gipfel von den Ruinen eines unter dem Namen Aadja-kale bekannten Schlosses gekrönt ist; wir folgten dem Flusse, denselben oft übersetzend; 3+ Stunden von G. fand ich die Höhe des- selben 1421 Meter. Vier Stunden von G. setzten wir über den Khor- schat-tschai und hefsen ihn zu unserer linken, indem wir südöstlich einbogen; auf den Gebirgen, die den westlichen Rand des Thales bil- den, sahen wir das Dorf Mehrasar (das Mechasar der Kiepert’schen Karte); wir folgten dem rechten Ufer des Baches Küssedagh-su, eines Zuflusses des Khorschat-tschai, setzten über denselben und liefsen zur rechten das Dörfehen Pyrogmet(?); 4% Stunden von G. erbliekten wir in einer ziemlichen Entfernung das Dorf Köi °°) im Gebirge. End- lich erreichten wir das armselige Dörfchen Kerekli, auf beiden Ufern des Küssedagh-su liegend, der inmitten eines schmalen, sehr hügeligen, von abgerundeten, nicht sehr hohen Bergen umgebenen Thales fliefst. Ich fand die Höhe des Dorfes 1537 Meter. Kerekli liegt 2 Stunden südlich von Tanis und 4 Stunden nordwestlich von Possus (Possur der Kiepert’schen Karte) entfernt. 10. Juli. Von Kerekli-köi bis Küsse 5’). 54 Stunden. Wir stiegen bergauf und bergab in ostsüdöstlicker Richtung und hatten den Küssedagh-su bald zu unserer rechten, bald zur linken; das Flüfschen empfängt (14 Stunden von Kerekli-köi) einen Bach, Akhyr-su genannt vom Dorfe Akhyr-köi, in dessen Nähe er entspringt. Zwei Stunden von K. erstiegen wir das schön bewaldete Gebirge Küssedagh, dessen Nordabhange der Küssedagh-su entquillt; wir erreichten (24 Stunden von K.) die Höhe von 2142 Meter und fingen an hinabzusteigen. Der Küssedagh scheint ein nördlicher (?) Zweig des Gümüschdagh zu sein, der nach der Aussage meiner Führer noch höher sein soll und sich etwa in zwei Stunden Entfernung von Gümüschkhane befindet; auch soll der Weg, welcher von Gümüschkhane nach Kelkit-köi geht, über das Gebirge führen. Das Hinabsteigen vom Küssedagh ist nicht beschwer- lich; man folgt einem engen wenig geneigten Thale während etwa zwei Stunden und steigt dann in eine weite hügelige Ebene, die westlich, östlich und südlich von abgerundeten unbeträchtlichen Höhen begrenzt ist; in der südlichen Richtung sind die Höhen von den aus grofser Ferne emporsteigenden Gebirgen von Erzindjan überragt, die in ihrem silbernen Gewande an dem Horizont glänzten. Nach einem halbstün- digen Ritte durch die Ebene erreichten wir das Dorf Küsse auf dem nördlichen Abhange der den östlichen Rand der Ebene bildenden Hügel. 0) Da Kjöi blofs Dorf bedeutet, so fehlt hier wohl der Name. Der erste Name vielleicht verhört statt Pir (d. i. Alter) Ahmed. >!) So corrigirt statt des ursprünglich geschriebenen Kösseh (d. i. im türki- schen Ecke), wie ich nach Fontanier und den russischen Karten in ıneinen Karten geschrieben hatte. (Vergl. den Anhang.) ne P. v. Tschichatschef’s im Jahre 1858. 295 67 Die Höhe des Dorfes (nämlich des unteren Theils desselben, welcher schon in der Ebene liegt) ist 1712 Meter. Küsse ist 3 Stunden SSW. von Possus und 10 Stunden von Baiburt entfernt. 11. Juli. Von Küsse bis Sepigar. 8 Stunden. Wir über- stiegen die unbeträchtlichen Höhen, welche die Ebenen begrenzen und hinter welchen Possus liegt. Zu unserer Rechten sah man hinter den Hügeln das Gebirge Irkaköidagh bervorragen, an dessen Fulse sich das Dorf Irkaköi befindet. Eine halbe Stunde von Küsse sahen wir rechts in der Ebene das Dorf Argy. Die ziemlich flache und nur sanft an- geschwellte, mit einem schönen Pflanzenteppich bedeckte Gegend bot uns einen sehr bequemen und angenehmen Ritt; wir setzten über das westlich strömende Flüfschen Kirkit-su °?), welches neben dem Dorfe Kirkit-köi vorüberfliefst; das Dorf befand sich auf unserer Rechten, wir konnten es aber nicht sehen. Die Höhe des Kirkit-su ist hier 1664 Meter. Eine Stunde von Küsse durchritten wir das Dörfchen Khavajys (1734 Meter hoch), bogen rechts ein und fingen an, die in westlicher Richtung die Ebene begrenzenden Hügel sanft zu ersteigen. Anderthalb Stunden von Küsse erblickten wir rechts das Dorf Salyor- dak und eine Viertelstunde weiter das Dorf Persar; wir richteten uns alsbald östlich, indem wir in ein tiefes enges Thal hinunterstiegen, wel- ches sich allmählich erbebt und zu einem steinigen Plateau entwickelt; die Höhe desselben ist 24 Stunden von K. 1974 Meter. 34 Stunden von K. sahen wir rechts das Dorf Kelektschiköi (1751 Meter hoch) und etwas weiter Jeniköi; 34 Stunden von K. stiegen wir ein schma- les, vom Sadak-su bewässertes Thal hinunter; das Flüfschen strömt nordwärts und mündet in den Kirkit-su; auf dem östlichen Abhange der Gebirgskette, die westlich das Thal begrenzt, sahen wir das Dorf Sadak °°). Die Höhe des Sadak-su ist hier 1753 Meter. Wir liefsen das Dorf Sadak zu unserer rechten und setzten (4 Stunden von K.) über das Flüfschen, unsern Weg immer in einer sanft gewölbten, von abgerundeten Bergen umgebenen Gegend sehr bequem verfolgend; sechs Stunden von Küsse theilt sich das Flüfschen in mehrere Arme, die alle, vom Regen angeschwollen, eine ungeheure Masse von Lehm, Sand und Geschiebe führten; auch war die Gegend mit einer dicken Schicht von Hagel bedeckt, der noch unversehrt in groben Körnern lag, wäh- rend der frisch gefallene Schnee in ein glänzendes Gewand die ganze Kette einhüllte, die sich vor uns von SW. nach NO. erstreckte. °2) Im Manuscript hier wie im folgenden immer zuerst (wie S. 294) Kelkit geschrieben, dann Kirkit corrigirt, vgl. oben Note 22. °°) Vergl. über die Bedeutung dieses Ortsnamens (wahrscheinlich die alte Rö- merstadt Satala) meine Bemerkung zu Ritter S. 200; die dort ausgesprochene Hoffnung näherer Untersuchung dieser historisch wichtigen Localität hat unser Verf. leider späteren Reisenden zu erfüllen überlassen, 296 Itinerar der kleinasiatischen Reise 63 Stunden von Küsse erhebt sich das Thal in nordwestlicher Rich- tung, ohne jedoch irgend ein beschwerliches Steigen zu veranlassen; wir setzten über den die Gegend überschwemmenden Sadak-su und schlugen, obwohl auf nassem Boden, unsere Zelte neben dem Dorfe Sepigar auf, denn aufser einer höchst dunkeln, mit sehr verdächtigen Teppichen versehenen Moschee sind die Hütten so armselig, eng und schmutzig, dafs ich in keiner derselben zu übernachten mich getraute; auch mulste man das Gras für meine Pferde von weit her holen, denn die ganze Gegend sammt den Gebirgen ist vollkommen nackt. Die Höhe des Dorfes Sepigar fand ich 1979 Meter. 12. Juli. Von Sepigar bis Erzindjan. 10 Stunden °*). Wir folgten dem Sadak-su, der immer mehr zu einem kleinen Bache zu- sammenschmolz, und eine Viertelstunde von Sepigar betraten wir das Gebirge, jedoch uns sehr sanft erhebend. Eine Stunde von $. war die Höhe 2277 Meter; den Sadak-su sahen wir bald zu unserer rechten, bald zur linken; die Berge, immer abgerundet, terrassenförmig und mit schmalen Thälern abwechselnd, fingen an etwas Baumwuchs zu zei- gen, jedoch verschwand derselbe in der Höhe von 2534 Meter, die wir 42 Stunden von Sep. erreichten. Unser Weg ging SSO.; 2 Stunden von Sep. erreichten wir 2255 Meter °°) und genossen von dieser be- trächtlichen Höhe eine schöne, obwohl nicht ausgebreitete Aussicht: südöstlich erhob sich eine abgerundete, vollkommen nackte, von SSO. nach NNW. streichende Gebirgsmasse, die man mir als Akdagh be- zeichnete; mehr östlich erblickte man den von O. nach W. gerichteten Kurddagh; endlich südlich war der Horizont durch eine ungeheure» von Schnee blendend glänzende Masse (von O. nach W. streichend) begrenzt, die man mir als den Dudjukdagh °°) angab, was auch ganz mit der Topographie dieses Theils von Armenien übereinstimmt. Wir richteten uns östlich dem Akdagh zu und erstiegen denselben auf einem schmalen, höchst steinigten Stege, dessen grölseste Höhe 2500 Meter erreicht; 34 Stunden von Sep. fingen wir an, bergab zu gehen, obwohl mit abwechselndem Steigen verbunden; zur linken sahen wir wie in einem Schlunde ein von Norden nach Süden streichendes Thal, worin sich das Dorf Urumserai ’) befand; 34 Stunden von Sep. waren wir 2310 Meter hoch und 44 Stunden von S. 2247 Meter, wo sich dann endlich das schöne Panorama des Euphrat-Thales unsern Augen dar- bot, und indem das prachtvolle Bild wie in einem Abgrunde mit zarten 54) So im Manuscript corrigirt aus 7, die Summe der Einzelangaben giebt 9. 5) So im Manuscript, wohl unrichtig, — man erwartet natürlich hier eine höhere Zahl als die vorangehende. »6) Scheint ungenaue Aussprache von Dushik zu sein, wie ein kurdischer Gebirgsgau auf der Ostseite des Euphrat, Erzindjan gegenüber, bheilst. 57) „Römer- (d.i. Griechen-) Palast“, scheinbar ein bedeutsamer Name. r. P. v. Tschichatschef’s im Jahre 1858. 297 Umrissen sich entfaltete und wir es vom Rande der Gebirgsmasse, welche uns von demselben schied, betrachteten, konnte ich mich zum ersten Male überzeugen, auf welcher beträchtlichen Höhe wir uns den ganzen Tag befunden hatten, ein Umstand, dessen ich ohne Hilfe des Barometers gar nicht gewahr geworden sein würde, denn wir hatten fast immer sanft gewölbte Flächen und Anschwellungen zu überschrei- ten gehabt, so dafs bis zu diesem Punkte von Sepigar aus man grölse- stentheils mit Wagen fahren könnte; aber hier veränderte sich plötz- lich die ganze Physiognomie der Gegend, denn wir mufsten einen schroffen Steig betreten, um in das Euphrat-Thal hinunterzusteigen; wir gebrauchten dazu nicht weniger als 14 Stunden; beim Hinabstei- gen (nach einer Stunde) sahen wir rechts auf den geneigten Flächen das Dorf Jalynyz-bagh °°), und erreichten endlich die ersten Gärten der Stadt Erzindjan in einer Höhe von 1493 Meter; doch hatten wir noch etwa zwei Stunden in südlicher Richtung das schöne mit frischem Grün geschmückte Thal zu durchreiten, ehe wir Erzindjan (auch Er- zingan genannt) erreichten, wo wir den 13. Juni zubrachten °°). 14. Juli. Von Erzindjan bis Kalaratsch. 5 Stunden. Beim Hinausreiten aus der Stadt sahen wir zu unserer rechten die Ruinen einer Mauer, die vielleicht einst die Stadt umgab und deren Bau wahrscheinlich in’s Mittelalter fällt, indem auf mehreren Steinen Gestalten von Kıiegern mit breitrandigen Hüten ausgehauen sind. Wir ritten auf fast wagerechten Flächen, die ein sehr bequemer, an euro- päische Poststrafsen erinnernder Weg durchschneidet; aufser einigen Gärten um die Dörfer ist die ganze Gegend vollkommen baumlos, da- gegen sind die Dörfer sowohl in der Ebene als besonders auf den Ab- hängen der Gebirgsketten, die wie zwei ungeheure Mauern das Thal begrenzen, sehr zahlreich und gewöhnlich mit schönem frischen Laub dicht umgeben. Nach einer Stunde näherten wir uns der linken Ge- birgskette, wo wir die Dörfer Böjük (grofs) und Kütschük (klein) Kur- schunkjar sahen, denen gegenüber (aber in der Mitte des Thals) Pez- van und auf der entgegengesetzten (südlichen) Bergkette die Dörfer Ky °°) und Rumerkek liegen; die Höhe des Thales ist hier 1366 Meter. Zwei Stunden von Erzindjan näherten wir uns noch mehr der linken . Bergkette und folgten hart dem Saume ihres Abhanges; nach 34 Stunden sahen wir auf demselben das Dorf Gemi; nach 42 Stunden überschritten wir mehrere Anhöhen, wo wir uns bis 1563 Meter er- 5%) Heifst im türkischen: „ein einzelner Weinberg“, wird also wohl nur mifs- verständlich hier als Dorfname angeführt. %9) Eine Höhenbestimmung der Stadt Erzindjan (oder, wie die Armenier sprechen, Erzingan) wird hier vermilst. 6%) Etwa Mifsverständnils von Kjöi d. i. Dorf? 298 Itinerar der kleinasiatischen Reise hoben und erreichten das Dorf Kalaratsch, dessen Höhe ich 1557 Meter fand. 15. Juli. Von Kalaratsch bis Almaly. 7 Stunden. Wir stiegen während einer halben Stunde von Kalaratsch wieder in das Thal hinunter, wo wir zu unserer Rechten (auf der linken Seite des Euphrat) die Dörfer Schekhlü und Narteklü °') sahen; wir folgten dann dem Fufse der linken (nördlichen) Bergkette; 1 Stunde von Kalaratsch war die Höhe 1349 Meter. Eine Viertelstunde weiter setzten wir über den Bach Serperen-su und liefsen links das Dorf Serperen-köi, an den Quellen des Baches gelegen. Das weite ebene Thal des Euphrat wird immer enger, so dafs wir den Flufs, den wir bis jetzt noch gar nicht gesehen hatten, endlich in unserer Nähe erblickten und seinem rechten Ufer folgten, indem (2 Stunden von Erzindjan) das Bett des Flusses nun fast das ganze Thal erfüllt; die dasselbe einfassenden Ge- birge beginnen sich mit einigen Bäumen und Sträuchern zu schmücken. 22 Stunden von Kalaratsch wird das Thal durch eine Reihe von An- höhen der Länge nach in zwei Theile getheilt, so dafs wir den Flufs nicht mehr sehen konnten; zugleich wird auch die ganze Gegend un- ebener und schwillt merklich an, so dafs 24 Stunden von Kalaratsch die Höhe des Thales 1603 Meter beträgt; wir erblickten rechts das Dorf Göl; 3 Stunden von Kal. ist die Höhe 1632 Meter; wir stiegen in einen tiefen Schlund hinab, Mutav-Deressi genannt, der von einem südwärts dem Euphrat zuströmenden Bache bewässert wird; wir stie- gen mehrmals hinauf und hinab. Vier Stunden von Kal. sahen wir rechts das Dorf Derebei-köi; eine halbe Stunde weiter ritten wir durch ein ziemlich flaches Thal, von SSW. nach NNO. (so) streichend und von einem rasch nach SSO. (so) fliefsenden Bache bewässert; die Höhe des Thales ist 1758 Meter. Wir folgten dem Bache stromaufwärts. Die Gegend erhob sich immer mehr und mehr, jedoch ohne schroffe Flä- chen und stark geneigte Abhänge darzubieten, so dafs der Weg nicht beschwerlich ist; 5 Stunden von Kal. war die Höhe 1939 Meter (die Gegend wurde vollkommen nackt und vegetationslos) und 6 Stunden von Kal. 2139 Meter; eine Stunde weiter stiegen wir zu dem kleinen, ausschliefslich von Kurden bewohnten Dorfe Almaly hinauf; es liegt in einem von SSW. nach NNO. streichenden und von hohen abgerundeten vollkommen nackten Gebirgen umgebenen Thale. Oestlich von Almaly liegt ein anderes Kurdendorf, Turkatscha genannt. Die Höhe von Almaly ist 2010 Meter. 16. Juli. Von Almaly bis Mamakhatun. 54 Stunden. Das 61) Unten, am 11. August (und ebenso in den russischen Karten von 1829, also wohl richtiger) Merteklü geschrieben, Bu. P. v. Tschichatschef’s im Jahre 1858. 299 Dorf Almaly liegt ein wenig seitwärts von der grolsen Strafse, die von Erzindjan nach Erzerum führt; wir stiegen also zu dieser Strafse, die breit und eben ist, hinunter und verliefsen dieselbe nicht mehr. Wir fingen an uns dem Euphrat zu nähern, der uns noch sehr undeut- lich in den Zwischenräumen der abgerundeten Höhen erschien, die mehrere kleine, nach SO. streichende und in die Euphrat-Ebene mün- dende Thäler einfassen; wir folgten eine kurze Zeit lang einem dieser Thäler, welches ein nach SSO. dem Euphrat zuströmender Bach be- wässert und dessen Höhe 1629 Meter ist; dann liefsen wir das Thal zur rechten, wo wir das Dorf Atschak sahen, und betraten eine gra- sige Ebene, wo wir links die Dörfer Bularysch und Bohatschinköi er- blickten; die Ebene führte uns in ein zweites, parallel dem ersten lau- fendes Thal, welches zwei Stunden von Almaly zu einem abgerunde- ten und sich bald mit der Euphrat-Ebene, die zu unserer Rechten sich entfaltete, verschmelzenden Plateau emporführt; südlich (hinter uns) sahen wir das Dorf Dagde °?) auf dem Abhange der Berge liegend, die das linke Ufer des Euphrats einfassen und hinter welchen hohe, ganz mit Schnee bedeckte, zackige Gebirgsmassen hervorragten und den entfernten Horizont begrenzten; 24 Stunden von Almaly ritten wir durch das neben dem Euphrat liegende Dorf Karghyn, 1559 M. hoch, und setzten während einer Stunde unsern Weg durch die grofse, von beiden Seiten durch nackte Berge umgebene Euphrat-Ebene fort, die 34 Stunden von Almaly sich mehr und mehr verengt, indem links von uns eine Reihe flacher Hügel sich bis zum Flusse erstreckt und sich -bald zu hohen Felsen erhebt, die das rechte Ufer des Flusses umge- ben; eine lange, auf sechs Bogen (von denen die zwei mittleren voll- kommen zerbrochen sind) ruhende Brücke führt hier (3# Stunden von Almaly) über den Flufs, der obwohl ziemlich breit doch so seicht ist, dafs wir vorzogen, denselben zu durchwater, als uns der verfallenen und nur durch Balken und Bretter zusammenhängenden Brücke anzuver- trauen; der Flufs hat an dieser Stelle eine Höhe von 1634 Meter. Nachdem wir denselben durchritten hatten, setzten wir unseren Weg durch die Ebene fort; 5 Stunden von Almaly sahen wir rechts auf dem Abhange des Gebirges das Dorf Kumlar und erreichten bald nach- her Mamakhatun, am Fufse der östlichen Berge liegend, die ein ziem- lich aceidentirtes Thal umgeben. 17. Juli. Von Mamakhatun bis Jeniköi. 6 Stunden. Wäh- rend mehr als drei Stunden hatten wir eine ziemlich gebirgige Gegend zu passiren, wo wir bedeutend anstiegen, denn 14 Stunden von Mama- 62) Daghda (so richtiger als mit e nach türkischer Euphonie) heifst „auf dem Berge“, ist also wohl kein Name, sondern ein Mifsverständnifs, 300 Itinerar der kleinasiatischen Reise khatun war die Höhe 1999 Meter, 34 Stunden 2107 Meter und eine halbe Stunde weiter 2160 Meter, wo wir ein sehr accidentirtes Plateau erreichten, auf welchem aller Baumwuchs verschwand; wir stiegen ziemlich schroff in ein kleines enges Thal, welches ein von SW. nach NO. fliefsender Bach bewässert; die Höhe des Thales (4+ Stunden von Mamakhatun) fand ich 2100 Meter. Vom Thale aus hatten wir abermals mehrere Mal bergauf und bergab zu steigen und erreichten eine Höhe von 2284 Meter (5 Stunden von Mam.), bis wir endlich in die Ebene gelangten, wo sich das Dorf Jeniköi befindet; es liegt auf dem nordöstlichen °?) Abhange des Gebirges, welches die Ebene nord- wärts begrenzt; die Höhe der Ebene fand ich 2147 Meter. 18. Juli. Von Jeniköi nach Ilidja. 7 Stunden. Wir gin- gen NNO. und nach einer halben Stunde stiegen wir ziemlich sanft inmitten abgerundeter, baumloser, jedoch ziemlich grasreicher Höhen hinunter; durch die Zwischenräume dieser Höhen konnten wir dann und wann den Euphrat als eine bläuliche Linie in der Entfernung er- kennen; 14 Stunden von Jeniköi sahen wir rechts in dem Gebirge das Dorf Pertün °*); wir ritten sehr bequem durch eine schöne, grasreiche Ebene, begrenzt rechts durch eine in sanften Umrissen sich erhebende Kette und links durch abgerundete, viel niedrigere, blendend weilse Kalkhügel; wir sahen auf der Bergkette zur rechten die Dörfer Ner- dova °°) und Djinis; diese Bergkette rückte uns näher (24 Stunden von J.) und die Ebene schwoll zu einem Plateau an; wir erblickten links das ebene, aber tiefe Thal, inmitten dessen der hier schon ziem- lich unbeträchtliche Flufs sich schlängelt; nordwärts ist das Thal durch eine Reihe von schnurgraden flachen weifsen Kalkhöhen begrenzt; hinter diesen Höhen (also mehr nordwärts) sieht man ein ziemlich zackiges, jedoch in nichts weniger als grandiosen Umrissen sich erhebendes Ge- birge, von dem mehrere Gipfel noch Schneeflecken trugen (wahrschein- lich die Kette des Kopdagh); rechts von uns erhob sich, den entgegen- gesetzten Rand des Thales bildend, ein ebenfalls auf seinen Gipfeln beschneites Gebirge, an dessem Fufse die oben erwähnten Dörfer Ner- dova und Djinis liegen. Da die Hitze auf diesen baumlosen nackten Flächen sehr drückend war (seit Erzindjan konnten wir nirgends Schatten finden), suchten wir unsere Zuflucht in dem Schatten der Ruinen eines alten Khans, der auf dem linken, ziemlich hohen Ufer 63) Soll offenbar heifsen auf dem nach NO. hin ansteigenden (also nach unsrer Art zu reden, dem südwestlichen, nach SW. sich abdachenden) Abhange, wie sowohl aus dem Zusammenhange dieser Stelle, als aus der Terrainbeschreibung des 18. Juli (erst 4 Stunde vom Dorfe folgt der Abstieg nach NO.) hervorgeht. 6%) Prtonkh nach armenischer Aussprache bei Indjidjean. 6°) Nerdiwen bei Indjidjean. P. v. Tschichatschef’s im Jahre 1858. 301 des Euphrat sich erhob und unter dessen hervorragendem Gemäuer wir ein paar Stunden rasteten; uns gegenüber (etwas östlich) sahen wir das Dorf Karabujuk (wahrscheinlich das Karabeg °°) der Kiepert- schen Karte), auf dem südlichen Abhange der weilsen flachen Höhen liegend, die das nördliche Ufer des Flusses umgeben. Die Höhe des linken Ufers (3 Stunden von Jeniköi) und folglich die der Ebene, wel- che mit demselben nur eine Fläche bildet und viel höher ist als das eigentliche schmale Thal des Euphrat, beträgt 2009 Meter; etwa eine Viertelstunde von unserem Rastplatz sank die Höhe der Ebene be- trächtlich und vereinigte sich endlich mit dem Thale des Flusses, der immer unbedeutender wird; bald aber erhob sich die linke (südliche) Seite des Thales und wir überschritten mehrere Anhöhen, die dasselbe von dieser Seite begrenzen und sich ziemlich dem Bett des Flusses nähern; diese Anhöhen bilden mehrere parallele Reihen, die bis zu dem Gebirge reichen, welches zu unserer Rechten den Horizont begrenzte. 4 Stunden von Jeniköi sahen wir rechts das Dorf Ören °”) und etwas weiter auf dem rechten Ufer des Euphrat das Dorf Aladja; etwa an diesem Punkte verschwanden am rechten Ufer die Kalkhöhen, die das- selbe bis dahin begleiteten, so dafs eine weite hügelige Ebene sich vom rechten Ufer bis zu der Bergkette erstreckt, die den Horizont in die- ser Richtung begrenzt und welche diese Anhöhen unsern Blicken früher entzogen hatten; 54 Stunden von Jeniköi sahen wir in dieser Ebene nicht weit vom rechten Ufer des Flusses das Dorf Kirkir °®); wir be- fanden uns in einer ziemlichen Höhe (1986 Meter) über dem linken Ufer des Flusses und erblickten rechts in dem Gebirge das Dorf Ew- djik; 6 Stunden von Jeniköi sahen wir auf dem rechten Ufer des Flusses Ajaver und etwas weiter Kajaapa °°); wir hatten noch wäh- rend einer Stunde einige Anhöhen zu überschreiten (jedoch mit sehr sanften und auch wohl für Wagen nicht beschwerlichen Abhängen), ehe wir Ilidja erreichten, wo wir unser Zelt am sandigen Gestade des Euphrat aufschlugen, der hier nur einen ganz schmalen seichten Bach 66) So in den im Kriege von 1829 aufgenommenen russischen Karten und bei Indjidjean, der aufserdem noch ein anderes Dorf der Ebene von Erzerum, Karaköpek (d. i. schwarzer Hund, Karabeg heifst schwarzer Fürst) kennt; — welches der- selben an die hier bezeichnete Stelle gehöre, oder ob der vom Hm. Verf. hier an- gegebene Name Karaböjük (d.i. der schwarze grofse, wenn es nicht Karabijik d.i. Schwarzschnurrbart sein soll) richtiger sei, ist natürlich nicht zu entscheiden. 67) Ewrenlü bei Indjidjean und in den russischen Karten. 68) Vielleicht Indjidjean's Kewgiri. Die Zahl ist nur Conjectur, im MS. steht 6 Stunden, und zwar corrigirt statt des ursprünglich geschriebenen 24 (dieses wohl . von dem Rastorte bei dem Khan an gerechnet), da aber die nächste Ziffer gleichfalls 6 (eorrigirt aus zuerst geschriebener 3) lautet, so mufs es an ersterer Stelle offen- bar 5! heifsen. 692) Aghawer, Khajapa bei Indjidjean. 302 Itinerar der kleinasiatischen Reise bildet (etwa 2 Meter breit und 6—8 Centimeter tief) ”°) und sich lang- sam durch die Ebene schlängelt, hier und dort Moräste erzeugend. Die weite horizontale Fläche ist von hohen baumlosen, fast ganz nack- ten Gebirgen umgeben, von denen diejenigen, die den Horizont in nörd- licher Richtung begrenzen und mehrere Schneeflecken trugen, die grös- seste Höhe erreichen; am Fufse dieser letzteren erhebt sich die Stadt Erzerum, von der wir nur 3 Stunden entfernt waren und wo wir den 19. Juli früh eintrafen. 19. bis 29. Juli in Erzerum zugebracht ??). 30. Juli. Von Erzerum bis Eiritschai. 6} Stunden. Wir ritten etwa eine Stunde durch die weite horizontale Ebene von Erze- rum und betraten das Gebiet des Gebirges, indem wir sanft das sehr enge Thal anstiegen, welches die Bergmasse, an derem Fulse Erzerum liegt, von dem südwestlich davon sich erhebenden Tekdagh scheidet; wir vertieften uns mehr und mehr in die mannichfaltigen Gliederungen dieses letztern Gebirges, welches aus mehreren Gruppen bald scharfer spitziger Höhen, bald abgerundeter terrassenförmig sich erhebender und durch tiefe schmale Thäler durchschnittener Plateau’s besteht, vollkom- men baumlos, aber hier und da mit einem schönen Pflanzenteppich be- deckt und reich an eiskalten Quellen ist. Nachdem wir während drei Stunden ?”?) abwechselnd bergauf und bergab gegangen, stiegen wir in ein enges, von flachen theilweise lange Schneestreifen tragenden An- höben umgebenes Thal, in dessen Mitte eine Quelle eiskalten Wassers sprudelte, kleine Bäche erzeugend und einen morastigen Grund bildend mit den schönsten Gentianen geschmückt. Die Höhe des Thales ist etwa 2100 Meter ?°). Nachdem wir dasselbe durchritten hatten, wur- den die Gebirge (bauptsächlich von NW. nach SO. oder von WNW. nach OSO. streichend) flacher. 4 Stunden von Erzerum wendeten wir 70) D. i. 6 Fufs breit und nur 24 bis 3 Zoll tief! Der Verf. hat offenbar ein kleines südliches Zuflüfschen mit dem Euphrat verwechselt, der nach anderen glaubwürdigen Nachrichten (vgl. Ritter, Erdkunde X, 736 ff.) bei der sechsbogigen Brücke von Ilidja eine beträchtliche Breite und in der Mitte selbst im Sommer 5 — 6 Fufs Tiefe hat. ”!) Eine neue Höhenbestimmung von Erzerum, so wünschenswerth wegen der grolsen Differenzen zwischen den bisherigen Beobachtungen, ist leider in dem uns vorliegenden Manuscript nicht mitgetheilt. ?2) Lies: 2 Stunden (oder von Erzerum im ganzen 3 Stunden), wie sich aus dem folgenden ergiebt. ’3) Aus dem Zusammenhang ergiebt sich leider gar nicht, nach welcher Him- melsgegend gerichtet, ob überhaupt nur dem Euphrat-, oder (wie die folgenden Thäler) dem Araxes-Gebiet angehörig man sich dieses Thal zu denken habe, wie denn auch über die Richtung des Weges selbst gar nichts gesagt ist, doch läfst sich aus der sonst bekannten südlichen Lage des Zieles, des Bingjöl Dagh, im ganzen, sowie aus der bald folgenden Angabe einer östlichen Wendung des Weges im einzelnen ver- muthen, dafs südlich auch hier die vorherrschende Richtung gewesen ‚sein müsse. P. v. Tschichatschef’s im Jahre 1858. 303 uns südöstlich; 1+ Stunden weiter stiegen wir bedeutend jedoch sanft hinunter in ein flaches etwas morastiges Thal, vom Bache Kartran-su ?*), welcher in östlicher Richtung sich schlängelte, bewässert (wahrschein- lich der Ketiven-su der Kiepert’schen Karte); wir ritten das Thal quer durch und überschritten die unbeträchtlichen Höhen, welche dasselbe von einem südlicher gelegenen und dem ersten parallel laufenden Thale trennten; das letztere wird von dem Flüfschen Eiritschai bewässert, das man hier als die Hauptquelle des mächtigen Araxes betrachtet 7°). Das Thal ist ziemlich eng und wird südlich und nördlich durch abge- rundete Höhen begrenzt, die uns die Ansicht des Bingöl-Dagh entzo- gen, welchen wir schon vor drei Stunden als eine langgestreckte, ziem- lich flach erscheinende Masse am fernen Horizont gesehen hatten. Wir schlugen unser Zelt neben dem Flüfschen Eiritschai auf, dessen Höhe ich 2245 Meter fand. 31. Juli. Von Eiritschai bis zum Fu/se des Bingöl-Dagh. 7 Stunden. Wir überschritten sehr bequem die südlich das Thal des Eiritschai begrenzenden Anhöhen; nach # Stunden stiegen wir in ein tiefes, sehr enges, von N. nach S. streichendes und mit Basaltsäulen umgebenes Thal, welches endlich zu einem grasigen Plateau anschwillt, das wir durchritten, und fingen alsdann an in die schöne weite Ebene hinabzusteigen, welche uns von der, von mannichfaltigen und zahlrei- chen Ausläufern umgürteten Central-Masse des Bingöl-Dagh schied und sammt der ganzen umliegenden Gegend mit dem Namen Tschu- schara 7°) bezeichnet wird. Zwei Stunden von Eiritschai betraten wir diese Ebene, wo der Bingöl-su (Araxes) in mannichfaltigen Schlingun- gen (im Mittel von SW. nach NO.) sich windet. Wir erblickten in der Ebene zu unserer Linken das armselige Dörfchen Altyn (die erste Menschenwohnung seit Erzerum) und rechts auf dem Gebirge das eben- falls aus aufgehäuften losen Geschieben und Steinen bestehende Dörf- chen Gogo; dann wieder links (3 Stunden von Eiritschai) Kataschköi und rechts Kargala ??), lauter jämmerliche kurdische Dörfer. Mehrere ?4) Wohl Katran (vgl. Note 4). Aber die vom Autor vermuthete Identität mit dem Ketiwen Dere ist stark zu bezweifeln, da dieser Bach, den uns einzig und allein Consul Brants Routier von 1835 nennt (vgl. Ritter Erdkunde X, 387), von demselben sehr viel weiter nordöstlich, wo er auch ein gleichnamiges Dorf angiebt, angetroffen wurde, und schwerlich so weit südwestlich heraufreicht, um von der Route unsers Reisenden berührt zu werden. ?3) Dieser Name — offenbar erweichte Vulgäraussprache von Egri-tschai d. i. krummer Flufs — kann sich doch nur auf einen nordwestlichen Zuflufs des Haupt- stroms des Araxes beziehen, da dieser selbst unter seinem längstbekannten Namen des obern Quelllaufes, Bingjöl-su d.i. Tausendseenwasser, weiterhin vom Verf. selbst anerkannt wird. 75) Correcter bei Indjidjean Schuschar. 77) Karghaly (Krähendorf)? 304 Itinerar der kleinasiatischen Reise Reihen von Anhöhen, die zu den Vorbergen des Bingöl-Dagh gehören und von SSO. nach NNW. 7®) streichen, durchziehen bier und dort die Ebene und theilen dieselbe in mehrere Thäler; eins von diesen Nebenthälern durchritten wir (4 Stunden von Eiritschai), es wird von dem südwestlich strömenden Bingöl-su bewässert und streicht von SW, nach NO.; das kurdische Dörfchen Schaka sieht man am nördlichen Abhange desselben; die Höhe des Thales ist 1712 Meter. Wir ver- liefsen den Bingöl-su und folgten einem seiner Zuflüsse, welcher nord- wärts strömt; 44 Stunden von Eiritschai kamen wir zu dem aus vier bis fünf Haufen von Geröllen bestehenden Dörfchen Postok; # Stun- den weiter erstiegen wir ein rundes nacktes Gebirge; 6 Stunden von Eiritschai stiegen wir in ein enges hohes Thal hinunter und erreichten ein Plateau, auf welchem die Einwohner von Chnus, einem 10 Stun- den entfernten kurdischen Städtchen, ihre Zelte für den Sommer- Aufenthalt aufgeschlagen hatten. Wir begannen alsbald in der Rich- tung des Bingöl-dagh anzusteigen, dessen Gipfel schon sehr deutlich in allen ihren Umrissen sich entfalteten; wir stiegen abermals auf ein in seiner Mitte etwas deprimirtes, am Fufse des Bingöl-dagh liegen- des und mehrere Schneeflecken tragendes Plateau. Wir schlugen un- sere Zelte an diesem Orte auf, dessen Höhe ich 2000 Meter fand. 1. August. Besteigung des Bingöl-dagh und von die- sem Berge bis Mergatsch-tschouk. 5 Stunden. Vom Plateau, wo wir die Nacht zugebracht hatten, gingen wir in südlicher Rich- tung gerade auf den Bingöl-dagh zu und erreichten nach einer Stunde ohne bedeutendes Steigen 7°) die Höhe von 2897 Meter. Hier liefs ich mein schweres Gepäck zurück und nahm blos ein paar Führer mit mir; wir stiegen sehr sanft während anderthalb Stunden bis zum Fufse einer von aufgethürmten Trachytblöcken starrenden Spitze, die den Namen Kale-dagh (Schlofsberg) ®°) führt und den höchsten Punkt des Berges bildet; hier mufsten wir unsere Pferde verlassen und mit grofser jedoch 78) Ursprünglich im Manuscript SSO. nach NNO., letzteres corrigirt in NNW., während offenbar das erste in SSW. hätte berichtigt werden sollen, denn die unmittel- bar folgende Beschreibung bezeichnet diese kleineren Thäler nicht als Querthäler son- dern als Spalten in der Richtung des Hauptthales, und diese ist im allgemeinen be- kannt, da die Quellen im Bingjöl Dagh in SW., der von andern Reisenden bereits erforschte Theil des obern Araxes-Laufes aber in NO. der hier angegebenen Stelle liegen; dies bestätigt auch die sogleich folgende Angabe, in der freilich der Ausdruck „aus Südwesten kommend“ genauer den wahren Sachverhalt bezeichnen würde. 792) Und doch fast 900 Meter (2760 Fufs) Höhenunterschied? Eine der beiden Höhenangaben mufs nothwendig falsch sein. 80) Aus dieser Bezeichnung (deren Veranlassung weiter unten vom Autor an- gedeutet wird) erklärt sich der aus anderen Berichten (s. Ritter X, 673) bekannte Name Kale-su (Schlofswasser), den das Flüfschen von Khynys oder Khnus (jenes türkische, diefs armenische Aussprache) führt. P. v. Tschichatschef’s im Jahre 1858. 305 nur kurze Zeit dauernde Anstrengung die sich unter den Füfsen be- wegenden scharfen Blöcke erklimmen; den Gipfel des Kale-dagh fand ich 3750 Meter, also alle bis jetzt (aufser dem Argäus) in Klein-Asien und Türkisch-Armenien bekannten Höhen übertreffend. Der Kale- dagh bildet das östliche Ende einer blofs in südlicher Richtung unter- brochenen Mauer, die von Westen nach Osten die Form eines Halb- mondes hat und die Reste alter Kraterwände darstellt, wo hingegen der Schlund des Kraters vollkommen verstopft und jetzt mit einer ge- senkten, mannichfaltig gefurchten Ebene verdeckt ist. Dicke Schichten von Schnee lagerten an den Wänden des alten Kraters, jedoch ohne irgend eine Spur von Gletschern. Vom Kale-dagh hat man eine wegen der grofsen Menge hoher Gebirge nicht sehr ausgebreitete Aussicht. Die Tschuschara- Ebene erscheint wie ein flaches Thal, im Norden be- grenzt von mehreren langgestreckten Bergketten, nämlich der von Bagh- turme und der des Tek-dagh oder Palantüken ®'), die wir beide von Erzerum kommend überstiegen hatten; Chnus erscheint als ein weilser Punkt und weiter südsüdöstlich begrenzen den Horizont hohe, ganz mit Schnee bedeckte Bergmassen ??). Nachdem wir 24 Stunden dem Besuche des eigentlichen höchsten Punktes des Bingöl-dagh gewidmet hatten, stiegen wir hinab (meine Leute zu Pferde und ich zu Fufs, letzteres nicht der Sicherheit wegen, da aufser der Spitze des Kale-dagh alles sehr bequem zu durchreiten ist, sondern meiner geologischen und botanischen Beobachtungen wegen), um an den Ort, wo ich meine Ka- rawane gelassen hatte, zurückzukehren. Obwohl, wie schon angegeben, die Höhe desselben blos 2897 Meter ist, befanden sich an den Wänden der Felsen lange Schneestreifen, die wahrscheinlich niemals ganz schmel- zen. Von diesem Orte aufbrechend. ritten wir in westlicher Richtung durch eine mit von S. nach N. streicheäden Trachythöhen regelmäfsig durchsetzte Gegend. Diese Höhen, die gewöhnlich mauerartig sich aus- dehnen, bis zu der grofsen Ebene, welche zwischen dem eigentlichen Bingöl-dagh und den Ketten des Tek-dagh liegt, scheinen eben so viele erstarrte teigartige Lavamassen vorzustellen, der westlichen Fort- setzung der Bingöl-dagh-Kette entquollen; nach einem Ritte von 2! "Stunden stiegen wir in ein schönes Thal, von allen Seiten durch ab- gerundete Berge umgeben, die es fast kreisartig begrenzen. Das Thal heilst Mergatsch-tschouk, seine Höhe ist 2655 Meter °?). 2. August. Von Mergatsch-tschouk bis Kale. 5+ Stun- den. Während zwei Stunden hatten wir eine grofse Anzahl nicht be- 81) Palandöken d.i. der sattelerschütternde (türkisch) nach Indjidjean. 52) Wohl Nimrud- und Sipan Dagh am See von Wan. 1 83) Nicht unwahrscheinlich das oberste Quellthal des Bingjöl-su, den der vom „Reisenden befolgte Weg beim Hinaufsteigen rechts d.i. westlich gelassen hatte. Zeitschr. f. allg. Erdk. Neue Folge. Bd. VI. b 20 306 Itinerar der kleinasiatischen Reise trächtlicher, im Mittel von S. nach N. streichender, langgezogener Höhen zu überschreiten; es waren ganz dieselben strahlenartig von der Kette des Bingöl-dagh entspringenden und bis zu der Ebene von Tschu- schara reichenden trachytischen Bollwerke, die wir gestern sahen und die ich als erstarrte teigartige (nicht flüssige) Trachytlava qualif- eirte, nur dafs diese langgezogenen Hügel weniger hoch erschienen als gestern, so dals die Gegend oft den Charakter einer undulirenden Steppe hatte; wohingegen die Gebirge, die nordwärts die Ebene begrenzen, höher und mannichfaltiger in ihren Umrissen erschienen als gestern; auch streichen mehrere derselben von O. nach W. Nach 2 Stunden stiegen wir in ein tiefes enges Thal, im Mittel von NNW. nach SSO. streichend ®*), welches uns in eine gebirgige, von rundlichen nach SSW. streichenden Höhen durchzogene Gegend führte; jedoch war das Ueber- steigen der Höhen ganz und gar nicht beschwerlich; ein schöner Pflan- zenteppich umhüllte die Höhen und die dieselben scheidenden Thäler. 3! Stunden von Mergatsch-tschouk stiegen wir abermals hinunter längs den sanft geneigten Abhängen eines ebenfalls abgerundeten, in sanften Umrissen geformten Gebirges, welches den südlichen Abhang der Kette des Bingöl-dagh bildete; der Weg führte uns in eine schöne Ebene, von dem nach Westen strömenden Flüfschen Günek -su bewässert. Hier endet die Kette, die man mit dem Namen Bingöl-dagh bezeichnet, denn obwohl in topographischem wie auch geologischem Sinne die ganze Gebirgsmasse, die weiter westlich in derselben Richtung fortsetzt, eine und dieselbe Masse mit dem Bingöl-dagh bildet und nur eine locale Depression darbietet, durch die wir in die Ebene von Günek hinunter- gestiegen waren, so führt doch die Kette westlich von dieser Depres- sion einen besonderen Namen, nämlich Tschewrisch-dagh. Die eigent- lich mit dem Namen Bingöl-dagh bezeichnete Kette ist durch mehrere Zweige mit dem Gebirge vereinigt, welches den südlichen Rand der Ebene des Günek-su bildet und im Mittel von NNO. nach SSW. streicht; dieses dem Bingöl-dagh und Tschewrisch-dagh fast parallel laufende Gebirge heilst Tschapany-dagh. Am Fufse des eigentlichen Bingöl- dagh liegt das armselige Kurdendörfchen Kharkabazar, Hauptort des Distriets (Kaza) Günek (unter dem verstümmelten Namen Khoinuk auf der Kiepert’schen Karte eingetragen) °°). Kharkabazar liegt 4 Stunden 84) D. h. wenn man die Richtung des Wasserlaufes berücksichtigt, vielmehr von SSO. nach NNW., denn in SO. liegt der hohe Gehirgskamm. #5) Khoinuk auf meiner früheren Karte, Gjöinüg in den neueren Ausgaben sind die Formen dieses Namens, welche Brant 1835 zu Pakengog im SW., K. Koch 1843 in den südöstlich vom Bingjöl Dagh gelegenen Thälern gehört haben (denn selbst besucht hat jenes Hochthal vor Herrn v. Tschichatschef kein europäischer Reisender), auf jene Berichterstatter würde also der vom Herrn Verf. ausgesprochene Vorwurf der „Namenverstümmelung“ fallen, wenn nicht vielmehr anzunehmen wäre, was ich schon ‚von Mergatsch-tschouk; ich fand die Höhe der Ebene von Günek hier 1983 Meter. Wir setzten unsern Weg fort durch die schöne, mit hohem Grase bedeckte Ebene und eine halbe Stunde von Kharkabazar er- blickten wir links auf dem Gebirge das Dörfchen Süpürge; kurz nach- her wird die Ebene rauher und enger, indem die dieselbe im Süden begrenzende Gebirgskette einen hervorragenden Zweig ausstreckt; 4 Stunden weiter sahen wir rechts auf dem Tschewrisch-dagh das Dörfchen Karabab; das letztere Gebirge fängt an, mannichfaltigere For- men zu entfalten und sich in mehrere Massen zu theilen. Wir näher- ten uns dem Günek-su, der uns zur linken flofs und dessen Wasser immer träger, ja manchmal fast stehend wird; nicht weit oberhalb des Dorfes Kale wendet er sich etwas westwärts und wird durch zwei Trachytmauern eingeengt, doch kommt er bald wieder zum Vorschein, worauf er sich nach S. und SW. wendet. Die Kette des Tschewrisch- dagh, die die Ebene im W. und SW. begrenzt und in deren Nähe das armenische Dorf Kale liegt, spaltet sich hier in mehrere Berggruppen, die von NNW. nach SSO. streichen; die entgegengesetzte Bergkette (Tschapany-dagh) theilt sich ebenfalls in mehrere abgerundete Grup- pen. Die Höhe des Dorfes Kale ist wie die von Kharkabazar 1983 Meter. 3. August. Von Kale bis Sughys. 5} Stunden. Von Kale aus wird die Ebene wieder breiter und die Gebirge vereinzeln sich; nach einem Ritte von einer Stunde, während welcher wir links am Fufse des hier sehr niedrigen Gebirges Alipere und rechts am Fufse der bier ebenfalls unbedeutend erscheinenden Gebirgskette des Tschew- risch-dagh Djera und Toklan, alles kurdische Dörfer, sahen, wurde die Gegend sehr uneben und der bis jetzt durch die localen Anschwel- lungen des Terrains unsichtbar gewesene Günek-su kam zum Vor- schein, immer in ungeheuren Windungen sich schlingend, so dafs er oft die ganze Ebene quer durchsetzt und sich bald der einen bald der andern Höhenreihe nähert, welche die Ebene begrenzen; 14 Stunden ‚von Kale stiegen wir zu dem Flüfschen hinunter, auf dessen rechtem _ Ufer das armselige Dörfchen Duran liegt; eine Viertelstunde weiter tritt der Günek-su in ein tiefes enges, von Basaltfelsen umgebenes ‚Thal; das Flüfschen füllte bald den ganzen Raum; 24 Stunden von Kale überschritten wir den nach Süden dem Günek-su zuströmenden Kütschlü-tschai und durchritten ein schönes, mit herrlichen Weiden und P. v. Tschichatschef’s im Jahre 1858. 307 „wiederholt bemerkt habe, dafs solche Namen, und zumal die fast nie geschriebenen, „nur mündlich überlieferten kurdischen, oft in einander benachbarten Thälern sehr ver- „schieden ausgesprochen werden und besonders wegen der Unbestimmtheit der Vocal- "Aussprache in unserem Alphabet kaum mit völliger Genauigkeit wiedergegeben werden können; bei Indjidjean kommt der Name gar nicht vor. 20* 308 Itinerar der kleinasiatischen Reise Eschen (Frazinus ornus) geschmücktes Thal, welches eine Viertelstunde weiter sich eben so sehr verflacht, wie die dasselbe begrenzenden Gebirge; der Günek-su theilt sich in mehrere Arme und nimmt den ganzen Raum des Thales ein; wir setzten über das Flüfschen und gingen neben dem an einem seiner Arme liegenden Dorfe Karapaltschyk vorüber. Die Thalhöhe 3 Stunden von Kale ist 2113 Meter °°). Wir überschritten die verschiedenen Arme des Günek-su und fingen an, das zu unserer rechten liegende Gebirge Tschewrisch-dagh zu ersteigen; nach einem ziemlich starken Steigen erreichten wir ein uncbenes Plateau, durch- ritten dasselbe von O. nach W., etwa in der Richtung des Thales des Günek-su, welches wir noch dann und wann sehen konnten. Vier Stunden von Kale stiegen wir abermals ziemlich steil, aber diesmal nur kurze Zeit, und erreichten ein zweites, sehr unebenes und steiniges Plateau; zur linken sahen wir die Dörfer Kürek und Ognut in dem Thal des Günek-su liegen, am Fufse der Bergkette, die dasselbe von Süden begrenzt; eine Stunde weiter fingen wir an, sanft herunterzu- steigen und durchritten mehrere sehr enge, von N. nach S. streichende Thäler oder Schlünde, meist von Bächen bewässert, die dem Gü- nek-su zuströmen; eine halbe Stunde weiter erreichten wir das Dorf Sughys, 1687 Meter hoch gelegen. Die Ebene, worin das Dorf sich be- findet, ist eine Depression in dem südlichen Abhange der grofsen Berg- kette des Tschewrisch-dagh, welche den nördlichen Rand des Thales von Günek bildet; diese Ebene wird westlich begrenzt durch ein un- beträchtliches, abgerundetes, von ONO. nach SSW. streichendes Ge- birge, das weiter sich nach SW. wendet und den südlichen Rand des ebenfalls sich nach SW. wendenden Thales von Günek bildet. Nörd- lich schwillt die Ebene von Sughys zu beträchtlichen Anhöhen an, an deren Fulse sich das Dorf befindet. Auf einer dieser Anhöhen sollten nach der Aussage meiner Führer sich prächtige Ruinen finden; obwohl sehr ermüdet, machte ich mich augenblicklich auf, um dieselben zu be- suchen; wir ritten eine halbe Stunde durch eine gebirgige, aber ziem- lich bewaldete Gegend und erreichten endlich eine Anhöhe, deren Ab- hänge und Gipfel wirklich imposante Mauerwerke zu tragen schienen, jedoch näher betrachtet überzeugte ich mich, dafs es Ruinen aus dem Mittelalter (vielleicht armenischen oder sogar türkischen Ursprungs) und zwar in einem sehr rohen Style seien; blofse übereinander aufge- 86) Die Zahl kann nicht richtig sein, da oben die Thalhöhe 3 und 5 Stunden weiter aufwärts nur zu 1983 Meter angegeben war; eben so wenig stimmt damit die Differenz von über 400 Meter in der Höhe der folgenden Station Sughys bei nur zweistündiger Entfernung, innerhalb deren, wie es scheint, der Weg eben so stark auf- wie absteigt. P. v. Tschichatschef’s im Jahre 1858. 309 tbürmte unbehauene Steinplatten, ganz wie man sie auf dem Kale- dagh, dem Gipfel des Bingöl-dagb, sieht. 4. August. Von Sughys nach Avzapert. 7 Stunden. Wir setzten unsern Weg durch die vom Tschewrisch-dagh gebildete wellige Gegend fort; nach einem halbstündigen Ritt überschritten wir einen südwärts dem Günek-su zuströmenden Bach; wir gingen erst in nord- westlicher und dann in westlicher Richtung und folgten stromaufwärts dem in einem schönen ebenen Thale fliefsenden Bache, dann erstiegen wir eine von O. nach W. streichende Anhöhe, die nordwärts das Thal ' begrenzt und an deren Fulse sich das Dorf Gevek befindet, die An- höhe führte uns auf ein steiniges, fast nacktes Plateau; 14 Stunden von Sughys sahen wir rechts das Dorf Karomtzik und eine Stunde weiter ebenfalls rechts das Dorf Karbasch, welches auf der Grenze zwischen den Districten Günek und Khigi (unter dem verstümmelten Namen Chidschi ®”) auf der Kiepert’schen Karte angedeutet) liegt. Wir überstiegen die von N. nach $. streichende Anhöhe, auf deren Abhange sich das Dorf Karbasch befindet. Drei Stunden von Sughys sahen wir rechts auf dem Abhagge einer Anhöhe das Dorf Inverdjan und wir stiegen in ein grasreiches, von NNO. nach SSW. sich windendes Thal, das von einem südwärts dem Günek-su zuströmenden Bache bewässert wird. Die Höhe des Thales unweit des Dorfes Djambak (34 Stunden von Sughys) fand ich 1858 Meter. Eine halbe Stunde weiter wurde die Gegend sanft hügelig und ziemlich malerisch, um so mehr, da an dem fernen Horizont der schneebedeckte Durdjuk-dagh °®) sich zeigte; wir sahen rechts das Dorf Tschatma; 54 Stunden von Sughys durch- 87) Der „Namensverstümmler“ ist abermals Consul Brant, der als erster euro- päischer Forscher in dieser Gegend den Namen allerdings incorreet Khiji schreibt (vgl. Ritter Erdk. X, 707), was ich nicht anders als oben angegeben in deutsche Schreibart übersetzen konnte. Die richtige Namensform, Gjeghi oder Kighi, fand ich erst später in dem armenischen Werk Indjidjean's, — (Prof. Koch, der 1843 die Nachbarschaft dieser Gegend bereiste, schreibt dafür nach kurdischer Aussprache Körrhi (das gutturale gh dem r ähnlich geschnarrt) und diesen berichtigten Namen habe ich auf meinen Karten seit 1853 (im Atlas zu Ritter’s Erdkunde) an die Stelle jener irrigen Form gesetzt; auch die Berichtigung in einer ausführlichen Note in dem zu meiner älteren Karte in 6 Blättern gehörigen Memoir p. 100 auseinandergesetzt (welche Schrift, von mir selbst in Anshängebogen mitgetheilt, bereits seit 3 Jahren in Hrn. v. Tsch.’s Händen ist) — bequemer ist es aber freilich, sich des Nachschla- gens in Büchern und Quellenwerken — sei es auch nur in Ritter's umfassendem Werke — ganz zn überheben, ausschliefslich die Angaben der Karte — sei auch ihre vor 20 Jahren mit damals noch sehr unzureichendem Material erfolgte Bearbei- tung bereits längst durch eine berichtigte und vollständigere ersetzt, — in’s Auge zu fassen und wegen der darin leicht in noch weit gröfserer Zahl sich findenden Unrichtigkeiten allein den Autor der Karte verantwortlich zu machen. 38) Scheint nach der Lage im Westen zu schliefsen kein anderer, als der Du- shik Dagh bei Erzindjan (vergl. oben Note 56), zumal weiterhin auch Dudjuk geschrieben wird, aD & 310 Itinerar der kleinasiatischeu Reise ritten wir eine Ebene; eine halbe Stunde weiter stiegen wir ziemlich schroff hinunter zu dem gebirgigen Thale, worin das Dorf Avzapert sich befindet. Während des langen und beschwerlichen Hinunterstei- gens genossen wir westwärts eine sehr schöne Aussicht auf das fast kreisförmig von Bergen umgebene Thal; wir setzten auf einer Brücke über den breiten und tiefen Jerini-su, der in einem Schlunde in süd- licher Richtung ganz nahe dem Städtchen Temran vorüberflielst und endlich nach vielen Windungen den Günek-su erreicht #°); wir brauch- ten etwa eine volle Stunde, um nach abwechselndem Bergauf- und Bergabsteigen zum Dorfe Avzapert zu gelangen, wo wir in einem schö- nen Haine unsere Zelte aufschlugen. Avzapert ist ein ziemlich be- trächtliches Dorf mit etwa 300 Einwohnern, die zum gröfsesten Theil Armenier sind °°), sich jedoch mit den Kurden ganz identifieirt haben und sich oft mit ihnen vereinigen, um die raubsüchtigen Landsleute der 59) Diese wohl von den Bewohnern eingezogene Nachricht von der Vereinigung des Jerini- und Günek-su darf noch bezweifelt werden. Denn den Gunluk-su (so geschrieben statt Günik, vgl. Ritter Erdk. X, 706) nahe seiner Mündung zum Euphrat fand Brant, nach der Kartenconstruction seiner Route zu schliefsen, etwa unter dem- selben Meridian, den Avzapjert nach Construction der Route unseres Verfs. erhält, eher noch etwas östlicher, und da seine Route um mehrere Meilen südlicher längs des Euphratthales sich hinzog, und die Zuflüsse des letztern im Allgemeinen eine Richtung nach Südwest zu haben scheinen, wie denn auch nach der Angabe unse- res Verfs. selbst am Jerini-su unterhalb Avzapjert noch Temran südwestlich von ersterem Orte liegt, so würde von dem dieser Flufs sich stark nach Osten oder Süd- osten zurückbiegen müssen, um den Günek-su noch oberhalb des Durchschnittspunktes von Brant's Route zu erreichen. Ist eine solche Thalwendung auch keineswegs un- möglich, so hat es doch viel mehr Wahrscheinlichkeit, dafs der Jerini-su den obern Lauf des weiter westlich dem Murad (Euphrat) unter dem Namen Perez-su zu- Biefsenden beträchtlichen Flusses bildet, von dem Brant hörte, dafs er im Distriet Khiji (Khighi) entspringe (Ritter X, 707), desselben, den Koch unter dem irrig auf ihn übergetragenen Namen Letschig-su nach den Angaben der Kurden in seine Reisekarte eingetragen hat und den Paul Lucas bei der ersten Durchwanderung die- ser wilden Gebirgsgegend (auf dem Wege von Palu nach Erzerum) eben so irrig für den westlichen Euphratarm selbst hielt (daher die Verwechselung bei Ritter X, S. 717). 90) Auf diese Thatsache weist schon der Name des Ortes, dessen zweiter Theil . pjert, das armenische Wort für Burg, Schlofs, ist; der erste Theil der Composition hat freilich in der vorliegenden Schreibart nicht, wie man erwarten sollte, eine arme- nische Bedeutung, dieselbe könnte aber leicht aus Avazapjert, d. i. Sandschlofs, oder Odzapjert d. i. Schlangenschlofs (wenn nicht gar aus Avazakapjert Räu- berschlofs) durch nachlässige Aussprache entstanden sein. Ja sogar der Verdacht einer noch gröfseren Entstellung liegt nahe, im Hinblick auf die Notiz bei Indjidjean (Aschkharhakruthiun tschoritz masantz aschkharhi, d. i. Erdbeschreibung der vier Erd- theile, Venedig 1811, Bd. I], p. 108), Asdeghpjert (d. i. Sternenschlofs) sei ein an der Grenze des Paschalyks Musch (also im östlichen Theile) gelegenes Dorf des Thal- gaues oder Kaza’s Gjeghi von etwa 200 Häusern, zur Hälfte von Armeniern be- wohnt; da nämlich armenische Dörfer in diesen Kurdengebieten selten sind und vom armenischen Autor meist sorgfältig verzeichnet werden, so kann kaum ein anderes, als das auch von unserem Reisenden berührte gemeint sein, wenn die Differenz in den Namen nicht zu stark erscheinen sollte, um sie unserem Autor zuzumuthen. Feier: j P. v. Tschichatschef’s im Jahre 1858. 311 letztern (aus dem nahen Gebirge) zu bekämpfen. Das Dorf liegt auf dem westlichen Rande eines sehr hügeligen Plateau’s, welches eine be- deutende Anschwellung in dem Thale bildet und durch den Jerini-su von der von O. nach W. streichenden Gebirgskette getrennt wird, die das Thal in dieser Richtung begrenzt; der Jerini-su beschreibt hier fast einen Halbkreis von SSO. nach N. Das Städtchen Temran liegt zwei Stunden südwestlich von Avzapert, dessen Höhe ich 1685 Meter fand. Während der sechs Tage, die ich von Erzerum bis Avzapert zurückgelegt hatte, konnte ich meine Pferde blofs mit der von Erze- rum mitgenommenen Gerste füttern‘ und konnte erst in diesem Dorfe meine Provision erneuern, deren wir abermals für die Fortsetzung der Reise bedurften, indem wir, um nach Erzindjan von Süden aus zu ge- langen, einen grofsen Umweg durch ein höchst armes und menschen- leeres Land machen mufsten, weil nach der Aussage des Mudir (Vor- gesetzten des Distriets) von Avzapert der gerade Weg von diesem Dorfe nach Erzindjan für diesen Augenblick durch die immer zunehmende Frechheit der dortigen Kurden aufserordentlich gefahrvoll war. Ich liefs mich also bewegen, nach Erzindjan durch den schon zum Theil (während meiner Reise von Erzindjan nach Erzerum) besuchten District Terdjan zu gehen, ein Umweg, der mir um so unangenehmer war, da der gerade Weg zugleich auch der interessanteste ist, indem derselbe durch die terra incognita des Dudjuk-dagh ?') führt; dieser gerade Weg geht nämlich von Avzapert nach Temran, Kighi -kassaba °?), Ajaschanlyk, Dessima und Kizildjan (auch Polar-melik genannt). Das Dorf Dessima °?®) liegt im Gebirge gleichen Namens, welches zur Gruppe des Dudjuk-dagh gehört und durch Irrthum auf der Kiepert- schen Karte auf die entgegengesetzte Gebirgskette übertragen ist. 5. August. Von Avzapert nach Uzunbazar. 4 Stunden, Wir brachen erst sehr spät auf, indem wir auf die bewaffnete Kurden- Escorte zu warten gezwungen waren, die der Mudir von Avzapert aus einem entlegenen Orte kommen lassen mulste, denn die Bewohner des Dorfes getrauten sich nicht, uns in die gefährlichen Gegenden zu begleiten, die wir zu passiren hatten. Aus dem Dorfe heraustretend, 91) Hier so geschrieben, oben $S. 309 Durdjuk, richtiger Dushik. 92) So im Manuscript, abweichend von der oben als richtig angegebenen Schreib- art Khigi. Der Name besagt nämlich nichts anderes als: „der Marktfiecken von Kighi (Gjeghi)“. 93) Nach Indjidjean Dersim, doch auch bei Bor€ Dassim; das r scheint also in der Vulgäraussprache nicht accentuirt zu werden. Vergl. mein Memoir p. 98 Note ff, wo der angegebene Irrthum meiner Karte (es sollte heifsen E. Bore&’s) be- reits 1853 berichtigt und demnach auf allen meinen seitdem erschienenen Karten das Dersim-Gebirge richtig auf der Nordseite des Euphrat eingetragen ist, was zu ignoriren beim ausschliefslichen Gebrauch meiner Karte von 1843 allerdings zu fal- schen Urtheilen führen mufste, Dal | Be; E: Br 312 Itinerar der kleinasiatischen Reise gingen wir sogleich NO. und liefsen die Brücke, die uns gestern über den Jereni-su geführt hatte rechts; wir folgten diesem Strome aufwärts, indem wir das Gebirge erstiegen, welches den rechten Rand des Schlun- des bildet, in welchem der Strom fliefst. Folgendes sind die Richtungen dieses letzten (was auch zugleich die Richtungen unsers Weges giebt): 3 Stunden von Avzapert NO., gleich nachher NNO.; 14 Stunden NNW. und dann NNO.; 12 Stunden N., NNO., NO. und N.; gleich darauf (da wo auf dem rechten Flufsufer das Dörfchen Tschatma liegt) NNO.; 24 Stunden N., NNW., NNO., NO. Nach 27 Stunden sahen wir ganz nahe von uns das Dörfchen Alatka; das Thal des Jereni-su verengt und erweitert sich abwechselnd, so dafs wir bald im Thale selbst ritten, bald an dem schroffen Abhange der dasselbe umragenden Berge fortkletterten. 3 Stunden von Avzapert entfaltet sich das Thal zu einer schönen Ebene und wir sahen das Dorf Tschairlar auf dem Abhange des den linken Rand des Thales bildenden Gebirges; 4 Stunde weiter überschritten wir den schon ziemlich klein gewordenen Bach, liefsen denselben zu unserer linken (er kommt von NNO.°*) und das Thal wird abermals sehr eng) und folgten einem demselben zuströmen- ' den Bache, der ebenfalls ein aus N. kommendes Thal bewässert; die- ses erhebt sich immer mehr und mehr und endet in ein schönes Pla- teau, wo ein paar jämmerliche Hütten stehen, die man mit dem Na- men Uzunbazar bezeichnet; der Bach führt denselben Namen °°); wir schlugen unsere Zelte in seiner Nähe auf. Das 2126 Meter hohe Pla- teau zieht sich von $. nach N., hat eine ovale Form und ist von allen Seiten mit Gebirgen umgeben; die westlichen sind von unbeträchtlicher Höhe und bilden wahrscheinlich den östlichen Rand des Thales des Jereni-su; die in östlicher Richtung das Plateau umgebenden Gebirge sind viel höher und mit schönen Waldungen geschmückt. 6. August. Von Uzunbazar bis Litschka. 5 Stunden. Wir folgten ein paar Minuten dem Bache Uzunbzzar-su und liefsen densel- ben rechts, indem wir uns NNO. wandten; allein bald kam der Bach wieder zum Vorschein und wir sahen ihn in dem Thale fliefsen, wel- “ ches das Nordende des Plateau’s von Uzunbazar bildet. Wir liefsen den erwähnten Bach abermals rechts und stiegen (eine halbe Stunde von Uzunbazar) in eine gebirgige Gegend, deren durch Schlünde oder tiefe Thäler durchzogene Anhöhen im Mittel von O. nach W. streichen. 94) Mufs wohl NNW. heifsen, denn wenn der Weg, wie es im folgenden heifst, gerade nach N. führt, würde ein aus NNO. kommendes Thal zur Rechten, nicht zur Linken liegen; dafs aber letztere Angabe, die eine von der Wegelinie west- liche Lage des Hauptthales bedingt, richtig ist, lehrt die Vergleichung des Schlufs- satzes dieser Tagereise. i 95) D.h. er heifst Uzunbazar-suju, da jener Name allein seiner Bedeutung nach (langer Markt) nur einen Wohnort bezeichnen kann. äü Zu P. v. Tschichatschef’s im Jahre 1858. 313 Eine Stunde von Uzunbazar sahen wir links das Dörfchen Peschau und rechts Postery und 4 Stunde weiter überstiegen wir (in NNO.- Richtung reitend) mehrere von NNW. nach SSO. streichende beträcht- liche Anhöhen; 12 Stunden von Uzunbazar durchschritten wir einen nach Süden strömenden Bach, welcher 4 Stunde weiter, in einem von SSW. nach NNO. streichenden Thale fliefsend, wieder zum Vor- schein kam; man bezeichnete dieses in den Jereni-su mündende Flüfschen mit dem Namen Ak-Mezary°°) Tschai; das enge Thal erhebt sich merklich in NNO.-Richtung. Wir liefsen den Ak-Mezary zur Rech- ten und stiegen in nördlicher Richtung; 24 Stunden von Uzunbazar hatten wir ein langes Hinuntersteigen. Vor uns erhoben sich mehrere unter einander parallellaufende Bergketten, im Mittel von O. nach W. streichend; am: westlichen Ende derselben erhob sich der Durdjukdagh (so) mit nicht sehr zahlreichen Schneeflächen; etwas tiefer hinunter- steigend, erblickten wir rechts in einem tiefen Thal das Dorf Kavak; nach einem halbstündigen Hinuntersteigen erreichten wir ein sehr hü- gelichtes Thal, und 4 Stunde weiter (34 Stunden von Uzunbazar) stie- gen wir in ein anderes enges, von einem nach N. fliefsenden Strome bewässertes Thal; dann ging es bergauf und abwechselnd bergab, in- dem wir auf sich windenden Stegen den südlichen hohen, abschüssigen Rand eines sehr tiefen Thales verfolgten, in welches wir endlich hin- unterstiegen, und wo wir in der Nähe des Dorfes Litschka unsere Zelte aufschlugen. Das Dorf liegt am linken Ufer des Baches Litschka-su, welches in den Bingöl-su ?”) mündet und den Gebirgen entquillt, die den südlichen Rand des Thales bilden und von NNW. nach SSO. streichen. Das mit einer ungeheuren Masse von Steinen und Geschieben erfüllte Bett des Baches ist breit und im Sommer fast ganz trocken; im Win- ter soll er aber einen mächtigen Strom bilden. Die Höhe des Litsch- 96) Wohl richtiger Mezarly; mezar heilst Grab, y wäre im türkischen das Possessivsuffix, das nach dem vorangehenden Adjectiv (ak, weils) keine Stelle findet, einen Sinn giebt nur die adjeetivbildende Endung, welche -li, -ly, -lu (je nach weichem oder hartem Endvocal des Stammwortes) lautet. °7) Dieser Bingjöl-su hat, was aus dem Berichte des Reisenden allerdings nieht direet (da er die Richtung des Thalfalles unbezeichnet läfst), wohl aber aus der Construction seiner Routen hervorgeht, mit dem unter gleichem Namen in der Route des 31. Juli erwähnten nichts als den Ursprung aus demselben Gebirge und daher auch den Namen (Tausendseenwasser) gemein; seine Richtung ist aber die ent- gegengesetzte, dem oberen Euphrat zu, den er nach Angabe der mehrmals angeführ- ten russischen Karten in der Nähe von Erzindjan erreicht, nachdem er vorher einen südlichen Nebenflufs, den Altschak -su, aufgenommen. Diesen schreibt Professor Koch Letschig, läfst ihn aber wohl irrthümlich, nach: den in der Nachbarschaft darüber eingezogenen Nachrichten, nicht dem westlichen, sondern dem südlichen, weit aus Osten kommenden grofsen Euphratarme (dem Murad) zufliefsen. Der Litschka-su unseres Reisenden ist offenbar derselbe Name, 314 Itinerar der kleinasiatischen Reise ka-su (10 Minuten oberhalb seiner Mündung in den Bingöl-su) ist 1951 Meter. Das Dorf Litschka liegt ganz nahe an dem Bingöl-su. 7. August. VonLitschka bis Bardajak. 74 Stunden. Wir erreichten in etwa 10 Minuten den ziemlich breiten und schnellen Strom Birgöl-su und nachdem wir denselben auf einer steinernen schönen (neugebauten) Brücke passirt hatten, fingen wir an den südlichen sehr steilen Abhang des Gebirges zu ersteigen, an dessen Fulse der Strom fliefst. Das Steigen dauerte über i Stunde und auf der Höhe der Bergwand angelangt, stiegen wir in der Richtung eines hügelichten Thales hinunter, das nördlich von einem kahlen Gebirge begrenzt ist. Anfangs war das Hinuntersteigen sanft, aber später (24 Stunden von Litschka) ging es über ziemlich abschüssige, mit scharfen Steinen bedeckte Flächen; vor uns erhob sich eine von NNW. nach SSO. streichende nackte Gebirgskette, die einen Zweig des Durdjukdagh (so) zu bilden scheint. Erst 2% Stunden von Litschka stiegen wir in das Thal; es ist von dem nach NNW. fliefsenden Bache Jauly tehai be- wässert, der seinen Namen vom Dorfe Jauly °°) hat, welches wir (3 Stunden von Litschka) am Fufse des nordöstlich das Thal begren- den Bergrückens sahen; wir überschritten den Jauly-tschai und bogen rechts ein, denn das Flüfschen, wie das von demselben ‘bewässerte Thal, wendet sich links, von beiden Seiten mit nackten Gebirgen um- geben; von der rechten Seite empfängt der Jauly-tschai den ein grö- "fseres und ebeneres Thal als das erste bewässernden Basch-su; wir folgten diesem zweiten Thal in nordöstlicher Richtung. 4# Stunden von Litschka durchritten wir das am Basch-su liegende Dorf Basch- köi?°), dessen Höhe 2289 Meter ist. Wir liefsen das Flüfschen rechts und wandten uns NNW., um die Anhöhen zu übersteigen, die westlich das Thal des Basch-su begrenzen; sie bestehen aus mehreren Reihen von beträchtlichen durch Schlünde von einander geschiedenen Anschwel- lungen, die der Gegend ein gebirgiges Ansehen verleihen, welches et- was weiter (52 Stunden von Litschka) abermals verschwindet. Vor uns sahen wir eine lang gestreckte, in linearen Umrissen gebildete Bergkette, welche hügelichte Thäler und Vertiefungen von uns trenn- ten; eine ziemliche Anzahl von Dörfern war in der Ferne auf den Abhängen dieser Bergkette zu sehen, unter anderen Kholang, Aga- 98) Awlo in der angeführten russischen Karte. ?2) Als erwünschtes Hülfsmittel zur Orientirung der obigen Angaben findet sich Baschkjöi auch auf der angeführten Karte in einer von den russischen Officieren entweder flüchtig und theilweise recognoscirten, oder wahrscheinlicher nur nach Er- kundigungen niedergelegten Route von Erzerum nach Erzindjan (ziemlich halbwegs zwischen beiden Städten), welche der grofsen Hauptstrafse in einigem südöstlichen Abstande parallel läuft; auf derselben auch die weiterhin genannten Dörfer Go- lankh und Parmaksyz. ‚ köi, Schehasse, Oiogloi (?so), Karatschoban, Parmaksyz und Sovakh; 6+ Stunden von Litschka fingen wir an hinunterzusteigen und gelang- ten in ein tiefes Thal, wo wir unsere Zelte neben dem kurdischen Dorfe Bardajak aufschlugen, dessen Höhe ich 2072 Meter fand. Dies durch den östlich fliefsenden Bach Bardajak-su bewässerte Thal ist blofs ein Zweig des gröfseren Thales des nach NW. strömenden und in den Euphrat mündenden Flüfschens Muschlu-su '°°). 8. August. Von Bardajak bis Kemlar. 5 Stunden. Wir folgten dem Abhang der Anhöhen, die nördlich das Thal des Muschlu-su begrenzen (südlich wird das Thal von einer trachytischen Bergkette begrenzt), und nach einem halbstündigen Ritte stiegen wir zu dem hier sehr breiten, schnellflielsenden, aber seichten Flüfschen Muschlu-su; wir setzten über denselben und folgten seinem rechten Ufer; $ Stun- den von Bardajak sahen wir dicht an unserem Wege mehrere viereckige Aushöhlungen, in welche man das Wasser eines etwa + Stunde von hier entquellenden Baches leitet, um das mit Salz geschwängerte Was- ser verdampfen zu lassen; die Salzsoole selbst wird mit Eimern ge- schöpft und in die terrassenförmig übereinander gereihten Aushöhlun- gen gegossen; sobald diese letzteren damit erfüllt sind, läfst man das Salz sich niederschlagen, was schon in vier Tagen so vollkommen ge- schieht, dafs alle Bassins mit einer dicken Schicht schneeweilsen, sehr reinen Salzes bedeckt sind; 1! Stunde von diesen natürlichen Salinen sahen wir (ebenfalls auf dem rechten Ufer des Flülschens) andere; der Muschlu-su wird immer wasserärmer. 4 Stunden von Bardajak erblick- ten wir rechts das Dörfchen Gevrendji, in dessen Nähe die noch ziem- lich gut erhaltenen Ruinen eines aus behauenen Steinen gebauten Ge- bäudes sich erheben, welches eine christliche Kirche gewesen zu sein schien; links (auf dem linken Ufer des Muschlu-su) stand das Dorf Tscherme. 4% Stunden von Bardajak wurde die Gegend sehr hügelig; eine halbe Stunde weiter stiegen wir sanft in ein kleines unebenes Thal, worin sich das Dorf Kemlar befand. Das enge Thal ist von dem breiten Bette eines trockenen Stromes vollkommen eingenommen, in dessen Mitte ein schmaler Streifen Wassers von SO. nach NW.!°') dem Muschlu-su zuströmt. Der nördliche ziemlich stark anschwellende Rand-des Thales vereinigt sich mit den von SSW. nach NNO. streichen- den Trachythöhen; die paar armseligen Hütten, die das Dorf Kemlar P. v. Tschichatschef’s im Jahre 1858. 315 100) Vielleicht Gimüschlü-su, Silberwasser? wenigstens ist Musch kein tür- kisches Wort. 101) So im Manuscript, soll aber offenbar heifsen „NO. nach SW.“, wie nicht nur aus der für das Muschlu-su-Thal angegebenen Richtung (die sonst mit der des Nebenthales völlig identisch sein würde), sondern auch noch deutlicher aus der un- mittelbar folgenden Angabe über die Richtung der Randberge des Thales sich er- giebt. Fe > 316 Itinerar der kleinasiatischen Reise bilden, liegen an dem steil anschwellenden Rande des Thales, dessen Höhe ich 1893 Meter fand. Kemlar ist 4 Stunden von Mamakhatun entfernt. 9. August. Von Kemlarbis Sarykaja. 4 Stunden. 4 Stunde von Kemlar, wo rechts auf den Anhöhen das Dörfchen Tschatak, links das Dorf Schirin lag, stiegen wir westlich hinunter zum Flüfschen Muschlu-su; es theilt sich hier in mehrere Arme, die eine ziemlich gras- und buschreiche Ebene durchfliefsen. 1 Stunde von Kemlar über- schritten wir das Flüfschen und verliefsen es, indem wir die Höhen erstiegen, welche das rechte'°?) Ufer desselben bilden. 2 Stunden von Kemlar gingen wir bergab, immer in nordwestlicher Richtung; wir stiegen in eine wellige Gegend hinunter; links erblickte man in der Ferne ziemlich hohe Bergketten; 3 Stunden von Kemlar sahen wir links das Dorf Göntasch; zugleich erhoben sich beträchtliche Gyps- massen, welche grofse abgerundete, von W. nach O. streichende, die Ebene, in welcher sich das kleine Dorf Tschykhnis befindet, umringende Gebirge bildeten. Wir setzten ungern Weg durch die immer von allen Seiten von Gebirgen eingeschlossene schöne Ebene fort; hinter den Gebirgen ragte die ungeheure, nackte und auf seinem südlichen Abhange mehrere Schneeflecken tragende Masse des Durdjukdagh empor. 1 Stunde von Tschykhnis erreichten wir das Dorf Sarykaja; die Höhe der grofsen Ebene in welcher es liegt ist 1885 Meter. 10. August. Von Sarykaja bis Karghyn. 34 Stunden. Wir setzten unsern Weg in der schönen breiten Ebene fort; $ Stunden: von Sarykaja durchritten wir das Dorf Kuttur und wandten uns in südsüd- westlicher Richtung. Vor uns entfaltete sich das Euphrat-Thal; rechts liefsen wir die Brücke'°®), auf welcher wir den Flufs übersetzt hatten, als wir von Erzindjan nach Erzerum gingen; wir ritten über die Hü- gel, die das linke Ufer des Euphrat bilden, und stiegen dann in das von diesem Flusse bewässerte Thal. 24 Stunden von Sarykaja durch- ritten wir das armenische Dorf Ardebi'°*), und eine Stunde weiter, nachdem wir den hier sehr seichten Euphrat, den man im Sommer zu Fufs durchwaten kann, mit der grölsten Gemächlichkeit durchritten hatten, schlugen wir unser Zelt bei dem neben dem Euphrat gelegenen Dorfe Karghyn auf. Dieser letzte ist hier von beiden Seiten von Hügeln umgeben; die des linken Ufers berühren unmittelbar den Flufs, die des rechten Ufers sind von dem Flusse durch eine schöne Ebene getrennt, 102) Offenbar verschrieben statt linke d.i. westliche, denn der Reisende ist, wie er oben selbst gesagt, westlich über den Flufs gegangen und das Thal geht nach NW. 103) Bei Brant nach dem eben genannten Dorfe Kuttur-Kjöprü genannt. '03) Adabik der russischen Karte (daraus auf meiner Karte von Armenien). TRY IE Pr in deren westlichen Ende das Dorf sich befindet. Durch die Zwischen- räume der das linke Ufer umgebenden Anhöhen erscheint der 8 Stun- den entfernte Durdjukdagh fast als wäre er hart an dem Euphrat. 11. August. Von Karghyn bis Mertekli. 8 StunJen. 1+ Stunde von Karghyn wurde die Aussicht des Euphrat-Thales durch Anhöhen verdeckt, und wir betraten hier den Weg, den wir, von Erzindjan nach Erzerum gehend, schon einmal zurückgelegt hatten; 2+ Stunden von Karghyn sahen wir rechts das Dorf Almaly, wo wir fast vor einem Monat (den 15. Juli) von Erzindjan kommend eine Nacht zugebracht hatten. Wir überstiegen die Gebirge, die das Thal des Euphrat verengen, und traten in die weite Stromebene. Statt uns der nördlichen Bergkette zu nähern, wie wir es, von Erzindjan kommend, gethan hatten, wandten wir uns der entgegengesetzten Kette zu, quer durch .die Ebene reitend, und schlugen unsere Zelte beim Dorfe Mertekli auf, neben der grofsen Stralse gelegen, die von Erzindjan nach Erzerum führt. Mertekli ist etwa 4 Stunde südlich von Kalaratsch (wo wir den 14. Juli die Nacht zugebracht hatten) entfernt. Links oder südlich ist die Ebene durch die westliche Fortsetzung des Durdjukdagh begrenzt, dessen Hauptmasse sich etwa in einer Entfernung von 4 Stun- den südöstlich von Erzindjan erhebt. 12. August. Wir kamen nach 4 Stunden in Erzindjan an. Die Hitze war aufserordentlich drückend auf der trocknen von Staubwol- ken eingehüllten breiten Poststrafse, der wir von Erzindjan nach Er- zerum gehend nicht gefolgt waren. Ich gönnte meinen erschöpften Leuten und Pferden drei Rasttage in Erzindjan. 16. August. Von Erzindjan bis Mikar Jailassynda'®®°), 6 Stunden. Wir ritten in der Mitte der Ebene, von wo aus man eine ziemliche Anzahl von Dörfern auf den zwei von beiden Seiten die Ebene umgebenden Gebirgsketten sehen konnte, allein da wir von diesen Gebirgen ziemlich entfernt waren, so war die Aussicht nicht sehr klar; nach einem Ritte von einer halben Stunde sahen wir deut- lich auf dem Abhange der rechten Gebirgskette einen schmalen, weils- lichen, sich wendenden Streifen, der den Weg andeutete, auf welchem wir, von Gümüschkhana (am 12. Juli) kommend, in die Ebene des Eu- phrat hinuntergestiegen waren. Wir haben eine Menge dem Euphrat mehr oder weniger rasch zuströmende Bäche zu überschreiten; 1$ Stun- den von Erzindjan durchritten wir das breite, mit Geschieben bedeckte und nur einen engen Streifen südöstlich strömenden Wassers enthal- P. v. Tschichatschef’s im Jahre 1858. 317 105) So beständig im Manuscript mit einer aus mangelhafter Kenntnifs der "Sprache hervorgegangenen Verlängerung des Namens durch die Postposition oder "Casusendung da mit localer Bedeutung: der Ort kann nur Mikar-jailassy d.i. Alpe (Sommerfrische) von Mikar heifsen; M. jailassyndä heifst: auf der Alpe von M. 318 Itinerar der kleinasiatischen Reise tende Bett des Tschardakly-su '°®), eines im Frühling und Winter ge- wils sehr bedeutenden Stromes. Je mehr wir westlich vordrangen, je mehr erhob und verengte sich die Ebene, auch wird dieselbe zu- gleich mehr und mehr traurig, öde und kahl; 24 Stunden von Erzindjan überschritten wir abermals den bier nach Südost fliefsenden Tschar- dakly-su. Wir wandten uns nördlich und näherten uns der Bergkette zu unserer rechten; diese letzte richtet sich etwas NNO.!°?), während die entgegengesetzte Bergkette NNW.'°?) einbiegt, so dafs nordwest- lich die Ebene als geschlossen erscheint und mit der weiter westlich gelegenen gebirgigen Gegend blofs durch das Thal zusammenhängt, welches durch das grölstentheils trockne Bett des Tschardakly-su voll- kommen eingenommen wird; 3 Stunden von Erzindjan stiegen wir in dasselbe hinunter und folgten dem linken Ufer, oft in dem Bette selbst reitend, welches breiter ist als das des Euphrat in der Gegend von Erzindjan; seine Hauptrichtung ist im Mittel von NNW. nach SSO., obwohl die zahlreichen Windungen oft diese Richtung verändern; nur einen sehr unbeträchtlichen Theil desselben nahm ein seichter Streifen Wassers ein, der übrige Theil ist mit einer ungeheuren Masse von Ge- schieben und grofsen Blöcken angefüllt; von beiden Seiten ist der Flufs von hohen, fast nackten, gezackten Serpentin- und Trachyt-Gebirgen umgeben. 3+ Stunden von Erzindjan empfängt der Tschardakly-su von seiner linken Seite einen nach S. sich wendenden Zufluls. Während einer Stunde gingen wir NNW., immer dem Tschardakly-su folgend; dann lenkten wir westlich ein; 54 Stunden von Erzindjan verliefsen wir den nach Melikscherif führenden Weg, um ein seitwärts liegendes Dörfchen zu erreichen; wir liefsen deshalb den Tschardakly-su zur linken und wandten uns nordwärts, überschritten einen beträchtlichen Zuflufs desselben und folgten ihm stromauf, sanft zu einem Plateau hinaufsteigend, auf welchem sich das armselige Kurdendorf Mikarjai- lassanda befindet, in einer Höhe von 2310 Meter '°®). Wir litten die ganze Nacht unter unseren Zelten von Kälte. Das an Gras und sel- | tenen Alpenpflanzen reiche Plateau ist hügelig und von einer Menge Bäche bewässert, die alle dem oben erwähnten Zuflusse des Tschar- dakly-su zuströmen; die Richtung des ziemlich morastigen Plateau’s } ist von SSW. nach NNO., sich stark nach SSW. neigend ; die dasselbe | \ »06) Incorrect Chatakli bei Jaubert (Ritter X, 772). 107) So im Manuscript corrigirt, während das ursprünglich geschriebene: „zuerst | nach Ost, links nach West einböge, so könnte das Thal nicht nach NW. ge- schlossen, sondern müfste vielmehr dahin geöffnet erscheinen. l 108) Also 1000 Meter höher als das Euphratthal bei Erzindjan nach der An-} gabe vom 12. Juli, was zu den Angaben über das verhältnifsmäfsig kurze und leichte? Ansteigen kaum zu stimmen scheint. Pr P. v. Tschichatschef’s im Jahre 1858. 319 in NNO. umgebenden Anhöhen sind unbeträchtlich und bieten einen be- quemen Pafs nach Osten. Die ganze Gegend, die wir heute durch- reist haben, ist vollkommen öde; es reitet sich aber sehr bequem, und das Tschardakly-Thal selbst könnte leicht auch für Wagen fahrbar ge- macht werden. 17. August. Von Mikarjailassanda bis Melikscherif. 6 Stunden. Wir brauchten eine halbe Stunde, um von dem Plateau wieder in das Thal des Tschardakly-su hinunterzusteigen, da wo wir es gestern verlassen hatten, um den gezwungenen Umweg nach dem einzigen in dieser öden Gegend vorhandenen Dorfe zu machen. Wir setzten unsern Weg längs dem Tschardakly-su fort, zuerst nach NNW., dann NW.; das Tlıal wird immer enger, schwillt stark an, und 2 Stun- den von M. J. schmilzt es mit einem hohen Plateau zusammen‘, wo der Tschardakly-su seine Quellen hat; die ganze Gegend wird mit dem Namen Tschardakdagh bezeichnet. Das Plateau ist sehr un- eben und steinig und wird von zahlreichen, meist von N. nach 8. streichenden tiefen Spalten durchfurcht, die von südwärts fliefsengen Bächen bewässert werden; rechts und links wird es am fernen Hori- zont durch abgerundete Gebirge begrenzt, dabei ist aber das Hinauf- und Heruntersteigen so sanft, dafs man fast allerwärts mit Wagen durchkommen könnte. Die Gegend zu unserer linken gehört zum Di- striet (Kaza) Kurutschai, aber ein Dorf dieses Namens, wie es auf ‘der Kiepert’schen Karte angegeben ist, giebt es nicht!°®). 24 Stun- den von Mikarjailassanda fingen wir an herunterzusteigen, erst sanft, dann aber ziemlich schroff; wir stiegen in ein sehr schmales Thal, von einem nach W. fliefsenden Bache bewässert, liefsen das sich nach SW. “wendende Thal links'!°) und erreichten in nördlicher Richtung ein unebenes grasreiches Plateau (3 Stunden von Mikarjailassanda), stie- “gen dann mehrmals auf und ab, aber immer sehr sanft und be- "quem, indem die Gegend aus rundlichen Hügeln besteht; 4 Stunden "von Mikarjailassanda stiegen wir in eine kleine Ebene nieder und “gingen erst NW., dann NNW.; die Ebene verengte sich zu einem tie- | fen, sehr engen Thale, von beiden Seiten fingen die Waldberge an sich "zu verflachen: 42 Stunden von Mikarjailassanda wurde die Gegend zu ’ 109) Diese Angabe der türkischen oder kurdischen Begleiter des Reisenden kann "möglicherweise richtig sein, gleichwohl ist ein Zweifel daran gestattet bei dem gegen- berstehenden Zeugnils europäischer Reisender, diean Ort und Stelle gewesen d: des Botanikers Aucher Eloy, der nach seinem Tagebuch 1834, und des be- il kannten Archäologen Ch. Texier, der mehrere Jahre später im Dorfe Kurutschai „| übernachtet hat; über das von letzterem mitgetheilte Routier vergl. die Schlufsbe- merkungen. 110) Wenn der Weg nach NW, führt, kann ein nach SO, sich wendendes Thal M =. links liegen, entweder also ist rechts oder wahrscheinlicher NW. statt SO. zu lesen, 320 Itinerar der kleinasiatischen Reise einer fast ebenen schönen Jaila (Sommeraufenthalt), wo wir zahlreiche Kurden mit ihren Heerden fanden; die Ebene wird durch einen nach N. fliefsenden Bach bewässert. Wir wandten uns NNW. und stiegen wieder in ein kleines Thal, von einem erst SW. und dann SO.'!*) rasch fliefsenden Bache durchströmt, indem er durch einen. tiefen Schlund fortfliefst, in den wir binabstiegen; dieser Schlund erweitert sich mehr und mehr zu einem in eine schöne Ebene mündenden Thale, durch welches der Bach schlangenartig sich windet; wir hatten denselben zu unserer linken, als wir die Ebene betraten (5 Stunden von Mikarjai- lassanda); wir erstiegen sogleich (54 Stunden von Mikarjailassanda) den rechten Rand der Ebene und stiegen dann in das enge von $. nach N. streichende Thal, wo sich Melikscherif befindet; es ist östlich und west- lich-von nackten Anhöhen umringt, dahingegen nördlich ein waldiger von NNW. nach NNO. streichender Bergrücken dasselbe begrenzt; das Thal ist blofs ein Seitenthal oder eine locale Depression des rechten Randes der oben erwähnten Ebene, welche im Mittel von SSO. nach NNW. streicht und nordnordwestlich von einem schön bewaldeten Berg- rücken begrenzt ist. Die Höhe des ziemlich beträchtlichen Dorfes Melikscherif fand ich 1895 Meter. Die Nacht war ungemein kalt, so dafs wir des Morgens unter unsern Zelten uns durchgefroren fühlten. 18. August. Von Melikscherif nach Avanis. 8Stunden. Wir stiegen in die Ebene hinunter, demselben Wege folgend, auf dem wir die Ebene verlassend den kleinen Umweg gemacht batten um Melikscherif zu erreichen, ein Umweg der etwa 1 Stunde beträgt (näm- lich 4 Stunde von der Ebene nach dem Dorfe und 4 Stunde vom Dorfe in die Ebene zurück). In der Ebene angelangt, durchritten wir dieselbe in westlicher Richtung, längs der abgerundeten Anhöhen, die den nördlichen Rand derselben bilden und viel niedriger als die der Südseite sind. Den gestern erwähnten Bach sahen wir in der nun immer mehr sich verengenden Ebene fortfliefsen. % Stunden von Me- likscherif era wir am Fulse der linken Bergkette das Dorf Aladja, und 4 Stunde weiter rechts Khandzar !!?); die Ebene geht in ein ziemlich Holle Thal über, und der im Mittel nach W. fliefsende Bach theilt sich in mehrere Arme; 14 Stunde von Melikscherif liefsen wir rechts die Dörfer Ekrek und Khorsu und links Siptie; 24 Stunden den von Melikscherif rechts Pasur und Kirtülü und links Adjiköi!!?); hier wird das Thal durch eine Reihe von NNO. nachSSW. streichender An- 111) Wenn man nach NW. bergabsteigt, würde ein nach SO. sich wendender Bach bergan fliesen, also ist wohl mit dem Ausdruck SO. vielmehr der entgegenge- setzte Compafspunkt NW. gemeint. 112) Wohl Khanzyr d.i. Eber. )13) Würde heifsen „bittres Dorf“, also wohl eher der häufig vorkommende Name Hadji Kjöi „Filgerdorf“. P. v. Tschichatschef’s im Jahre 1858. 321 höhen fast geschlossen, indem dieselben nur Raum für ein sehr enges Thal lassen, in welchem der oben erwähnte Bach fortfliefst und nunmehr unsern Blicken sich entzieht; wir fingen an diese Anhöhen zu übersteigen, aber immer sehr bequem, indem dieselben aus sanft geneigten Flächen beste- hen; wir durchritten die hügelige Gegend in nördlicher Richtung und stie- gen sanft hinunter; vor uns (nordwärts) war der ferne Horizont durch zwei parallel, einer hinter dem andern, sich erhebende beträchtliche Bergrücken begrenzt; sie schienen im Mittel von SSW. nach NNO. zu streichen. Die zahlreichen durch von NW. nach S. streichende Thäler getrennten Anhöhen, welche die Gegend durchsetzen, hatten im Mittel dieselbe Richtung, wie die nordwestlich den Horizont be- grenzende Bergkettengruppe, hinter welcher sich Schabkhana-Karahissar befindet. Wir liefsen das Dorf Aladjakhan rechts und (3% Stunden von Melikscherif) das Dörfchen Altköi''*) links. Der auf der Kie- pert'schen Karte angegebene Ort Seni Beli ist meinen Erkundigungen zufolge wirklich vorhanden; seine Entfernung von den Dörfern Aladja- khan und Altköi !'*) ist 3 Stunden östlich ''5) und 4 bis 5 Stunden von Avanis, aber auf jeden Fall liegt Seni-Beli nicht auf dem Wege, wel- cher von Melikscherif nach Avanis führt, sondern rechts davon. Wir gingen immer durch eine höchst unebene, aber sehr bequem zu durch- reitende Gegend, stiegen (42 Stunden von Melikscherif) stark hinab und durchritten das Dörfchen Jeniköi; + Stunde weiter stiegen wir zum rasch fliefsenden und beträchtlichen Flusse Kaimat-su ''°) hinab, welcher nach Osten geht und in den Kirkit-su mündet; wir überschrit- ten ihn auf einer steinernen Brücke und näherten uns den oben er- wähnten Bergketten, hinter welchen Schabkhana - Karahissar liegt, und an deren Fulse der Kaimat-su immer in östlicher Richtung fort- flielst; wir setzten abermals über denselben ''7) (auf einer Brücke, denn 114) So im Manuscript, aber Alt ist kein türkisches oder dem türkischen Laut- system entsprechendes Wort, also wird es entweder Alty (sechs) oder At (Pferd) heifsen sollen. 115) Nach der Kartenconstruction eher nördlich. In meiner Karte von 1843, die das damals noch völlig unbekannte Melikscherif gar nicht enthält, ist Senibeli übri- gens in einer nur sehr unbestimmt erkundeten, aus Lapie’s französischem Karten- material entnommenen nord-südlichen Route zwischen Kurutschai und Ulu Schiran eingetragen. (Name und Lage scheint dem antiken Sinerva zu entsprechen.) 116) Wohl Kaimak-su d.i. Sahnenwasser, etwa von einer weilslichen Fär- bung des Wassers benannt? 117) Ist diefs keine Dittologie, so kann man nur die Möglichkeit einer Insel- bildung durch mehrere besonders zu überschreitende Flufsarme, die in solchem Ge- birgslande nicht gerade wahrscheinlich ist und doch wohl bestimmter ausgedrückt sein würde, zugeben: von einem zweiten Uebergang über dasselbe Flufsbett kann nach dem ganzen Zusammenhang keine Rede sein. Zeitschr. f. allg. Erdk. Neue Folge. Bd. VI. 21 322 Itinerar der kleinasiatischen Reise er ist von bedeutender Breite) und ritten NW. in der Richtung der zu unserer rechten sich erhebenden und immer mehr und mehr sich verflächenden Bergkette, auf welcher wir (6 Stunden von Melikscherif) das Dorf Karakaja sahen. 64 Stunden von Melikscherif fällt die uns zur Rechten sich erhebende Bergketten zu kleinen Hügeln herab und die Gegend gestaltet sich fast zu einer ziemlich einförmigen Ebene, von Anschwellungen durchzogen, die bis zu der Bergkette reichen, welche (ebenfalls in linearen oder welligen Umrissen) links oder südwestlich den Horizont begrenzt; 6% Stunden von Melikscherif durchritten wir das Dorf Pardis''®) und 4 Stunde weiter das Dorf Tozat; 7+ Stunden von Melikscherif sahen wir links (etwa in einer Entfernung von + Stunde) das Dorf Kanlytasch und + Stunde weiter erreichten wir das sehr be- deutende, aus hölzernen Hütten erbaute, gröfstentheils von Türken und wenigen Armeniern und Kurden bewohnte Dorf Avanis, neben welchem wir unsere Zelte aufschlugen, in einer Höhe von 1494 Meter. Die Nacht war sehr kalt, und selbst die Temperatur des Tages erinnerte wenig an den August. 19. August. Von Avanis bis Kirtanos. 8 Stunden. Wir setzten unsern Weg durch das Thal in nordnordwestlicher Richtung fort; die Gegend ist immer nicht blofs für’s Reiten sehr bequem, son- dern würde auch für Wagen nicht sehr beschwerlich sein; das Thal ist durch einen nach NNW,. fliefsenden Bach bewässert; 14 Stunden von Avanis sahen wir rechts das Dorf Tschurut, eine halbe Stunde weiter links in dem Gebirge Abana, und 3 Stunden von Avanis links Devinlik; das Thal verengt sich und biegt etwas nördlich ein; 34 Stun- den von Avanis sahen wir links Ortaköi und NNO. oberhalb dieses Dorfes Kaja und Asunda, dann etwas mehr NW. und schon in der Ebene gelegen das Dorf Tambusch; das Thal, indem es in nördlicher Richtung umbiegt, senkt sich bedeutend und breitet sich dann in eine schöne Ebene aus, die Akschehr-Owassy heifst; als wir in dieselbe sehr sanft hinunterstiegen, sahen wir links gleich hinter Ortaköi die Dörfer Schahnuar und Bahadin und rechts (auf den unbeträchtlichen Hügeln, die die Ebene südlich ''°) begrenzen) Kurdjuvul; wir durchritten die Ebene quer und näherten uns der die Ebene im N. begrenzenden, ziemlich bedeutenden Bergkette (hinter welcher eine mehr nördlich gelegene viel höhere Kette dann und wann hervorragte '?°); 54 Stun- den von Avanis durchritten wir die blühenden schönen Gärten der ’13) Bardez d.i. Garten im armenischen, auch als Ortsname nicht selten. 119) So im Manuscript, soll natürlich nördlich heifsen. '20) Wahrscheinlich der von Schabkhana-Karahissar aus im Süden erblickte Penil Dagh (s. oben S. 282). an P. v. Tschichatschef’s im Jahre 1858. 323 Dörfer Jokara (Ober-) Eskidar und Ascharda (Unter-) !?') Eskidar. Diese zwei auf dem südlichen Abhange der nördlichen Kette an ein- ander gereihten Dörfer bestehen zusammen aus etwa 500 Häusern, deren Gärten längs dem Gebirgsabhange tief in die Ebene reichen und in einer gewissen Entfernung als Umgebungen einer bedeutenden Stadt erscheinen; wir ritten während einer halben Stunde längs den Hecken dieser ausgedehnten, mit dichtem Laub gefüllten Anpflanzungen und erblickten links auf demselben (? so) Gebirgsabhange (6 Stunden von Ava- nis) die sich folgenden, eins an das andere anstolsenden Dörfer Mana- stir, Deredjik, Djevizlüköi und Kurduk und rechts in der Ebene selbst Tsehiftlik; etwas weiter sahen wir links an derselben Bergkette Baharle, 7 Stunden von Avanis links Karadja und rechts Kurd; 7# Stunden von Avanis zu unserer Linken Argus'?’) und zur Rechten Güzeller; endlich erreichten wir das nicht weit von der linken Bergkette gelegene türkisch-armenische Dorf Kirtanos !??), wo wir unsere Zelte auf- schlugen. Die Höhe des Dorfes ist 1002 Meter. 20. August. Von Kirtanos bis Endres 3Stunden. Gleich beim Austritt aus Kirtanos sahen wir rechts Deikur und links erst Eschar, dann Purk und endlich Mischagnotz; 1 Stunde weiter sahen wir rechts Jeniköi und oberhalb desselben auf dem Gebirge Guslu, (Gözlü?) links Sakydja und oberhalb desselben auf dem Gebirge Gemi; etwas weiter links Grakias (in dem Gebirge) und noch etwas weiter rechts Avdeli? :) auf dem Gebirge, Solak und Güllüköi in der Ebene; 14 Stunden von Kirtanos überschritten wir mehrere Anhöhen, die die rechte Bergkette umgeben; 2+ Stunden von Kirtanos bogen wir NW. ein, indem wir in ein Seitenthal der rechten oder nördlichen Bergkette hinunterstiegen, wo das Städtchen Endres '?>) 1000 Meter hoch sich befindet. Wir mulsten den ganzen Tag in Endres liegen bleiben und den Boten abwarten, den ich an den in einem benachbarten Dorfe anwesenden Mudir sandte, um eine Escorte zu fordern, indem nach der Aussage der Einwohner be- 12)) So im Manuscript, aber unter heifst im türkischen nicht ascharda, son- dern aschagha. Eskidar ist wohl einerlei Name mit den schon von T'avernier (bei Ritter XVlli, 193) östlich von Adras (Enderes) erreichten beiden Dörfern Aspidar und Izbeder, bei Ewlija Ezbeder, correcter nach der armenischen Aussprache bei Indjidjean Adzbder geschrieben, und als doppeltes, oberes und unteres, Dorf der Ebene Akscharowa (Vulgäraussprache für Akschehr -owa d. i. Weilsstadt- Ebene) mit einem Kloster der h. 12 Apostel bezeichnet. '22) Arghavis bei Indjidjean. 123) Krtanotz bei Indjidjean (kurzes i oder u wird in armenischer Schrift oft ausgelassen; Curtanos schon bei Tournefort, vergl. Ritter X, 195). 124) Der J.age nach offenbar dasselbe, welches am 12. Juni von der nördliche- ren Querroute aus erblickt, Avdjyly (oben 8. 231 und wohl richtiger, da es so im türkischen eine Bedeutung hat: „Jägerort“) geschrieben wird. 125) Ebenso von Suter 1836 geschrieben, Andras bei Fontanier 1826 (vgl. Ritter S. 211), Andresse bei E. Bore (ibid. 213), Andrias bei Indjidjean. 2Ir 324 Itinerar der kleinasiatischen Reise trächtliche kurdische Räuberbanden das ganze obere Thal des Iris (hier Tuzla '?°) oder Derekojun-su genannt), wohin ich zu gehen beab- sichtigte, durchschwärmten, was auch eine Menge aus dieser Gegend nach Endres mit ihrem Hab und Gut geflüchteter Armenier bezeugten. Abends sandte mir der Mudir sechs bewaffnete Reiter, die mit be- denklicher Miene mir abriethen diesen Weg einzuschlagen, aber natür- licher Weise bei mir kein Gehör fanden. x 21. August. VonEndres nach Kizybeli 6 Stunden. Nach- dem wir längs der ausgedehnten Gärten von Endres geritten waren, betraten wir eine hügelige fast nackte Gegend, die den südlichen Rand des Thales von Endres bildet; wir sahen dann und wann dieses letzte zu unserer rechten am Fufse einer hohen Bergkette sich schlin- gend, welche wir auf dem Wege nach Schabkhana-Karahissar (den 12. Juni) überstiegen hatten. Das Thal des Kirkitschai scheint hier mit der Ebene Akschehrova in unmittelbarem Zusammenhange zu stehen, ohne durch die auf der Kiepert’schen Karte angegebenen Gebirgsket- ten !'?”) davon getrennt zu sein; auf jeden Fall sahen wir rechts in der Ferne das tiefe Thal, worin jener Flufs sich schlängelt, was bei dem Vorhandensein solcher Bergketten unmöglich wäre. + Stunde von Endres sahen wir rechts auf dem Abhange der welligen Anhöhen das Dorf Agdja, wo wir den 12. Juni übernachtet hatten; $ Stunden von Endres sahen wir links das Dorf Valkhala, und 4 Stunde weiter eben- falls links das Dorf Derof; 25 Stunden rechts Aklar auf dem Abhange der Bergkette, welche die Ebene nordwärts begrenzt; 3 Stunden rechts auf dem Gebirge Dermantasch !'?°); + Stunde weiter wendet sich die Bergkette, die wir zu unserer Rechten hatten, mehr gegen SSW., und wir verloren jede Aussicht in das Thal des Kirkit, der hier auch Niksar-su genannt wird, rechts blieb Ortaköi, links Kizilkale; 4 Stun- den von Endres links Tschiftlik; wir überstiegen mehrere Trachyt- Anhöhen und 41 Stunden von Endres stiegen wir in ein schönes, ma- lerisch gelegenes Thal, in dessen Mitte das Derman Deressi nach NNO. fliefst'?°); auf dem Abhange der den linken Rand des Thales bildenden Gebirge erblickten wir das Dörfchen Kurdköi; wir setzten 126) Tuzla heifst im türkischen Saline, kann also nicht wohl Name des Iris sein, von dessen Salzgehalt kein alter oder neuer Berichterstatter etwas weils; der wirkliche Name des Flusses ist Tozanly-su (d. i. staubig machendes Wasser; vgl. meine Note bei Ritter XVII, 972 zu 8. 122). !27) Diesen bei der Beschaffenheit der früheren Quellen über diese Gegend fast unvermeidlichen Fehler habe ich auf Bore@’s und Indjidjean’s allerdings nur sehr fragmentarische Andeutungen hin bereits berichtigt bei Ritter XVIII, 213. 128) Correeter Degirmen, vulgär ausgesprochen Deirmen, d. i. Mühle (Degir- men-tasch, Mühlenstein), ebenso im folgenden. ’29) Degirmen Deressi heilst Mühlenthal, der Name ist also nur uneigent- lich (wie oben, Note 4) auf den Flufs übertragen. P. v. Tschichatschef’s im Jahre 1858. 325 über den Strom und ritten NW., indem wir 3 Stunden inmitten schö- ner Waldungen stark anstiegen, nachdem wir ein ziemlich ödes Pla- teau erreicht hatten, stiegen wir sanft in ein hügeliges Thal hinunter, wo wir neben dem griechischen Dorfe Kizy - beli unsere Zelte auf- schlugen. Das Dorf liegt auf dem Abhange der Höhen, welche das Thal im N. begrenzen. Kizy-beli ist 18 Stunden von Sivas entfernt !3°), 22. August. Von Kizy-beli bis Hipsala. 84 Stunden. 4 Stunde von Kizy-beli verengt sich das Thal in eine nicht sehr tiefe Schlucht, in welcher ein Bach NW. fliefst; wir folgten diesem Schlunde; nach } Stunde sahen wir links das Dorf Meriman; 1 Stunde von Kizy- beli liefsen wir den Bach zu unserer linken, indem er in einen von waldigen Gebirgen umragten Schlund einbiegt; wir gingen NW. und erreichten eine hügelige Gegend, wo zu unserer rechten das Dorf Ketschüssü und oberhalb auf dem Gebirge Kajabaschi sich befand; zu unserer linken sahen wir Dereköi; 1! Stunde von Kizy-beli er- blickten wir zur Rechten das Dorf Tschelebi; 2 Stunden von Kizy-beli "stiegen wir ziemlich schroff in der Richtung eines Thales hinunter, Ä welches das erst NNO., dann NNW. fliefsende Flüfschen Derekojun-su (höchst wahrscheinlich der Tuslan-su '?') oder obere Iris) durchströmt. Wir mufsten mehrere Umwege machen, um dem von Felsen starren- den Thale zu folgen. 21 Stunden von Kizy-beli sahen wir links das Dorf Ischtauschun und durchritten das am Ufer eines kleinen ovalen und nach Angabe der Einwohner sehr tiefen See’s liegende Dorf Gösten; 21 Stunden von Kizy-beli sahen wir rechts das Dorf Kizilvan und nach vielem Bergauf- und Bergabklettern stiegen wir endlich bis zum Bette des Derekojun-su hinunter; das Thal wurde bedeutend breiter; 3 Stun- den von Kizy-beli sahen wir zur Rechten Medere und + Stunde weiter setzten wir über das Flüfschen und stiegen während 3 Stunden längs der Abhänge der das Thal südlich begrenzenden Berge; 4 Stunden von Kizy-beli ritten wir an dem kleinen Dorfe Murassi vorüber; eine hohe Kette, die das Thal Derekojun-su in SSO. begrenzt, entzog uns die Aus- sicht auf dasselbe; statt dem Thale zu folgen, wie es der gerade Weg nach Tokat erforderte, und also in nordwestlicher Richtung zu gehen, schlugen die mir in Endres gegebenen Zabtie (unregelmälsigen Kaval- leristen) einen grofsen Umweg in südwestlicher Richtung ein, sich der 130) Die Existenz von Griechen hier und in dem folgenden Nachtquartier, so- wie gewifs auch noch in anderen benachbarten Dörfern bestätigt die früher von mir (Note bei Ritter S. 980 zu $. 193) bezweifelte Angabe des alten Reisenden Laboul- laye-le-Gouz aus der Mitte des 17. Jahrhunderts von der Existenz zahlreicher grie- chischer Gemeinden in dieser Gegend, die damals mit Gewalt gröfstentheils zum Is- lam bekekrt wurden. 13%) Vergl. Note 126, 326 Itinerar der kleinasiatischen Reise Kette des Kösseh-dagh''°?) nähernd und so weit als möglich sich von dem Thale des Derekojun-su entfernt haltend, wo sie den kurdischen Räuberbanden zu begegnen fürchteten. Nach vielem Bergauf- und Bergabsteigen stiegen wir in westlicher Richtung zu einem bedeutenden nach N. strömenden Zuflusse des Derekojun-su hinab; er flielst in einem tiefen, von Serpentinfelsen (deren Besteigen ihrer Glätte wegen für die Pferde ungemein schwer und gefährlich war) umgebenen, sehr engen Thale und theilt sich in zwei Arme; nachdem wir diesen Strom auf einer morschen hölzernen Brücke passirt hatten, folgten wir eine Zeit lang dem östlichen Arme und gingen demzufolge südsüdöstlich, bald aber bogen wir nordwestlich ein und folgten in einer gewissen Ent- fernung dem oben erwähnten Hauptzuflusse des Derekojun-su und er- blickten rechts, ebenfalls in ziemlicher Entfernung, das Thal des Dere- kojun-su selbst, von dem wir noch immer durch die schroffen hohen Vorberge der Kette Kösseh-dagh getrennt waren; 53 Stunden von Kizy-beli durchritten wir das Dorf Khumary; 63 Stunden von Kizy-beli stiegen wir in eine sehr hügelige Gegend steil hinunter, die uns (immer hinuntersteigend) in ein breites Thal führte, wo sich mehrere Dörfer befinden, unter welchen wir Aksiköi durchritten und dann rechts ein- lenkten; das Thal wurde immer enger und tiefer von ungeheuren Ser- pentinfelsen umringt, ein nach NW. fliefsender Strom bewässert es; wir folgten dem Schlunde, überschritten den Strom und ritten abwech- selnd längs dem linken und rechten Ufer desselben; 7 Stunden von Kizy-beli erstiegen wir den linken hohen steilen Rand des Schlundes und erreichten nach einem halbstündigen Steigen ein fast ebenes Pla- teau und stiegen von demselben während einer Stunde hinunter in ein sehr hügeliges Thal, in welchem das bedeutende griechische Dorf Hipsala '°®) liegt, wo wir unsere Zelte aufschlugen. Die Furcht mei- ner Leute vor den Kurden hatte uns von dem graden Wege durch das Iris-Thal so weit nach Süden !?°) verschlagen, dafs wir uns heute nur noch 12 Stunden von Sivas befanden. Dagegen hatte ich freilich den 132) Im Manuscript beständig Kösch-dagh, was ich ohne weiteres geändert habe, da der Name nur aus meiner Karte von 1843 entlehnt ist, welche hier einen (in den späteren Publicationen berichtigten) Stichfehler enthält; vergl. Ritter p. 250. 133) Offenbar, wie auch die hohe Lage bestätigt, das griechische Wort vunka, in welchem, wenn die Transscription unseres Verfassers richtig aufgefafst ist, die dor- tigen Griechen also die anlautenden Aspirate (den sonst von den Neugriechen unter- drückten Spiritus asper) noch deutlich auszusprechen scheinen, welches nicht befrem- den darf, da sich selbst an den Küstenorten dieser pontischen Gebirgsgegend im griechischen Dialekte manche der Vulgärsprache fremde Archaismen (z. B. die geson- derte Aussprache der diphthongischen Vokale nach Art der Italiener: a-u, e-u, a-i, e-i statt des vulgären aw, ew, ä, i) noch erhalten haben, wie mir aus diesen Ge- genden gebürtige Griechen versichern. 133) Eine auffallend weit südlich abgelenkte Wegerichtung dieser Tagereise - ist mit der Kartenconstruction nicht wohl vereinbar; die Annäherung an Siwas, wel- 3. P. v. Tschichatschef’s im Jahre 1858. 327 unerwarteten Vortheil gehabt, einen Theil der ganz unbekannten Ge- birgskette Kösseh-dagh zu besuchen, ein prachtvolles, schön bewalde- tes Alpenland. Die Höhe des Gartens, wo mein Zelt stand, südlich vom Dorfe Hipsala fand ich 1900 Meter. 23. August. Von Hipsala bis Juumpelet'>). 52 Stunden. Wir stiegen ziemlich steil nordwärts hinunter und sahen (1 Stunde von Hipsala) rechts das Dorf Derimhalle ' 3°) und etwas weiter Koslu, beide in einem tiefen, engen, von einem nordwärts fliefsenden Strome be- wässerten Thale gelegen. Nach einem anderthalbstündigen Hinabstei- gen gelangten wir endlich in das von dem nach NNW. fliefsenden Derekojun-su durchströmte Thal; das Bett dieses Flusses ist sehr breit, enthielt aber zu dieser Jahreszeit nur einen schmalen Streifen Wasser; im Winter soll er sehr tief sein, und sogar bis nach Tokat zuweilen eine dicke Eisdecke tragen. Das ziemlich nackte Thal ist zu beiden Seiten von hohen nach NW. streichenden Gebirgsketten umgeben; 24 Stunden von Hipsala sahen wir auf der rechten Bergkette das Dorf Bulgurma und auf der linken erst Gusugutschu und dann Ejük. Gleich nach unserm Hinuntersteigen zum Flusse durchwateten wir denselben und ritten NNO.'??) längs den Abhängen der rechten (nördlichen) Bergkette, auf welcher wir 3 Stunden von Hipsala die Dörfchen Ju- kuslu und Sarsy sahen. Der Flufs strömt bald N., bald NNW.; das Thal verengt und die Ufer des Flusses erhöhen sich; 34 Stunden von Hipsala sahen wir auf der rechten Bergkette Fidjak und auf der linken Dalva; 32 Stunden von Hipsala wendet sich der Flufs N., dann W., NW. und NNW.; die Gegend wird sehr malerisch und bedeckt sich mit präghtvollen, mitunter zu ganz neuen Arten gehörigen Eichenwäl- dern; 5 Stunden von Hipsala wendet sich der Flufs NO., dann N. und NNW.; # Stunde weiter durchwateten wir ihn und schlugen unsere Zelte am Abhange der linken Bergkette auf, welche von dem Flusse durch eine schöne grasreiche Ebene getrennt wird, wo das Dörfchen Juum- pelet liegt. 24. August. Von Juumpelet bis Tersi. 54 Stunden. Wir stiegen in die Ebene hinunter und durchwateten den Derekojun-su, um längs dieses Flusses unsern Weg fortzusetzen; die Richtung des- che Stadt (was der Verf. hier nicht beachtet hat) im SW. der hier durchreisten Ge- gend liegt, kommt vielmehr auf Rechnung des Vorrückens nach Westen. 1:5) Jümbelet? Die Schreibart mit uu verstehe ich nicht; ou (für deutsches u) kann nicht wohl gemeint sein, bei den folgenden beiden e verlangt das türkische Lautgesetz einen weichen Vokal (ö oder ü) in der ersten Silbe, ebenso nach dem m jedenfalls den weichen Consonanten b. (Auch 8. 325 unten steht im Manuscript Zaptie statt Zabtie.) 136) Gewils Dere-mahalle d. i. Thalquartier. 137) Wohl NNW.? 328 Itinerar der kleinasiatischen Reise selben (2 Stunden von Juumpelet) ist zuerst nach N., dann nach SO.'?®), abermals N. und endlich NW.; indem er diese letzte Richtung nimmt, verengt sich das Thal mehr und mehr zu einem so engen Schlunde, dafs man oft die denselben einfassenden Gebirge übersteigen mufs; nach 14 Stunde sahen wir auf der rechten Bergkette das DorfSamail, die Rich- tungen des Flusses sind erst NNW. und dann NW.; 13 Stunden fliefst derselbe nach N., NNW. und dann NO., nach 2 Stunden verflacht sich der rechte Rand des Flusses zu einer Ebene, aber kurz nachher tritt der Flufs wieder in einen Schlund; nach 3 Stunden wird das Thal wieder breiter und entfaltet sich zu einer schönen Ebene, in deren Mitte der Flufs NNW. fliefst. Die Gebirge zu beiden Seiten fingen an sich zu verflachen, die zur rechten Reihen reihen sich in mehrere parallele Linien, im Mittel von SSO. nach NNW. streichend. 37 Stun- den von Juumpelet fliefst der Flufs nach W. und dann nach SW., bei ı Stunden verengt sich das Thal und die Richtung des Flusses ist WNW.; bei 33 Stunden sahen wir auf der linken Bergkette das Dorf Ascheikh; der rechte Rand des Thales breitet sich abermals in eine schöne Ebene aus; 44 Stunden von Juumpelet fliefst der Derekojun-su erst SW., dann NW.; 5 Stunden von Juumpelet verengt sich das Thal zu einem Schlunde, der ganz von dem Strome eingenommen ist, s0- bald dieser letzte aus der engen tiefen Spalte heraustritt, nähert er sich der linken Bergkette, während der rechte Rand des Thales sich za einer ebenen Fläche entfaltet; 54 Stunden von Juumpelet bogen wir rechts in ein nördlich streichendes Seitenthal, in dessen Hinter- grunde das kleine Dorf Tersi!?°) liegt, bei dem wir unser Zelt auf- schlugen. 25. August. Von Tersi bis Maimy. 43 Stunden. Wir rit- ten NW.in dem hügeligen Thale von Tersi und sahen nach 1 Stunde rechts das Dorf Mehalle':°); der Derekojun-su war nur dann und wann in den Zwischenräumen der das Thal wellenförmig anschwel- lenden Hügel sichtbar; 14 Stunde von Tersi breitet sich das Thal in eine schöne Ebene aus; wir durchwateten den Derekojun-su (denn der bier vorhandenen hölzernen Brücke war nicht zu trauen), folgten eine Zeit lang dem linken Ufer des Stromes, entfernten uns aber dann mehr und mehr von demselben, indem er rechts nördlich umbiegt und in einem von niedrigen Bergen umringten Thale in dieser Richtung fortfliefst; 22 Stunden von Tersi setzten wir über den Almus Irmak, 138) Kaum denkbar, wohl NO.? oder NW.? 139) Terzi-kjöi d. i. Schneiderdorf? 120) Eigentlich kein Name, das Wort bezeichnet einen zu einem andern Dorfe gehörigen Abbau, der freilich neben gröfseren Orten mitunter die Gröfse eines selb- ständigen Dorfes haben kann, P. v. Tschichatschef’s im Jahre 1858. 329 einen breiten Zuflufs des Derekojun-su, und durchritten das nicht weit von demselben in der Ebene liegende Dorf Almus '?*'). Wir setzten unsern Weg in westlicher Richtung durch die sehr hügelige, von bei- den Seiten durch niedrige abgerundete schön bewaldete Berge be- grenzte Ebene fort, die etwa + Stunde von Almus sich zu einem Schlunde verengt, dessen rechtem Rande wir folgten, immer sanft ge- neigte Flächen überschreitend, welche nicht blos für den Ritt, sondern auch für Wagen nicht unbequem wären; 14 Stunde von Almus schwillt die Gegend zu einem Plateau an, welches sich allmälig abermals zu einem Thale verengt; } Stunde weiter verliefsen wir den nach Tokat führenden Weg und bogen rechts in die Hügel ein, um das auf einer der dies Thal nördlich begrenzenden Anhöhen, in etwa 900 Meter Höhe gelegene türkische Dörfchen Maimy zu erreichen; wir litten des Abends und die ganze Nacht hindurch an Kälte. 26. August. Von Maimy bis Tokat. 6; Stunden. Wir stiegen von dem Dörfchen wieder ins Thal hinunter, verfolgten dieses eine Stunde lang und stiegen dann während einer Stunde in der Rich- tung des Iris hinunter; wir durchritten die schöne, aber,im Vergleich mit der eben zurückgelegten Gegend ziemlich nackte Ebene des Flufs- thals. 24 Stunden von Maimy sahen wir rechts das in einem Seiten- thale liegende Dorf Zodu und erreichten (3 Stunden von Maimy) den mit frischen Hainen umgebenen Iris; wir überschritten den hier ziem- lich seichten Flufs auf einer steinernen Brücke und ich liefs meine Pferde von ihrem Gepäck befreien und ein paar Stunden rasten, um unterdessen den klassischen Ort, wo ehemals die berühmte Comana . Pontiea lag, näher zu untersuchen. Die hier vom Iris bewässerte Ge- gend bildet eine hügelige von SSW. nach NNO. streichende Ebene, die durch den mehrere Windungen beschreibenden Flufs ungleich getheilt wird, indem er sich der südlichen Bergkette mehr als der nördlichen nähert. Hart am rechten Ufer des Flusses, der hier über denselben führenden Brücke gegenüber, erhebt sich eine ziemlich sanft der Ebene zu abfallende, von NNO. nach SSW. streichende Anschwellung, auf der, wie es scheint, der bedeutendste Theil der alten Comana gelegen haben mag; jetzt bietet die Oberfläche dieses Hügels nichts als eine Anzahl bald kreisrunder, bald ovaler, gewifs künstlich gebildeter, ziem- lich flacher Vertiefungen, meistens mit Trümmern von schön behauenen Steinplatten umragt, deren Flächen keine Spur von Kitt zeigen; eine der beträchtlichsten dieser Vertiefungen befindet sich am südlichen 121) Mein bei Ritter S. 971 (Note zu S. 109) geäufserter Zweifel gegen die Richtigkeit dieses schon vor zwei Jahrhunderten bei Tavernier vorkommenden Sta- tionsnamens ist somit beseitigt, 330 Itinerar der kleinasiatischen Reise Rande des Hügels etwas oberhalb der mittleren Anschwellung desselben, und hat die Form eines Halbmondes, dessen Concavität dem Flusse zugekehrt ist; es ist nicht unwahrscheinlich, dafs diese Vertiefung die Stelle eines Amphitheaters gewesen sei; allein das Baumaterial selbst ist nicht mehr vorhanden und überhaupt ist auf der ganzen Ober- fläche des Hügels kein Zusammenhang unter den in Menge aufgehäuf- ten Steinen und Fragmente sichtbar; steigt man aber von dem Hügel selbst herab, so sieht man längs seinem südlichen Abhange, d. h. längs dem rechten Ufer des Iris Spuren einer alten Mauer; ebenso sind am Fufse des nördlichen Abhanges des Hügels noch ein paar Wände von Mauerwerk, welche indessen auch recht wohl cher aus dem Mittelalter als aus dem klassischen Alterthume stammen mögen; ferner erheben sich an dem westlichen Ende des Hügels mehrere fragmen- tarische Massen aus zusammengekitteten unbehauenen kleinen Stei- nen bestehend, die wohl den Kern einer Mauer bildeten, deren äus- sere wahrscheinlich aus behauenen Steinen gebildete Bekleidung nicht mehr vorhanden ist; diese jetzt nur aus unzusammenhängendem rohem Mauerwerk bestehenden, aber doch streng in derselben Linie laufenden Massen sind wahrscheinlich Reste einer vielleicht aus dem klassischen Alterthume stammenden Mauer, die den südlichen dem Flusse zuge- kehrten Abhang des Hügels umgab, denn auch weiter und tiefer auf dem linken Ufer des Iris sieht man solche Massen. Endlich liegen meh- rere Reste des Alterthums zerstreut auf der Oberfläche der Ebene zwischen dem Hügel selbst und dem etwa 4 Stunde davon in NNW.- Richtung entfernten Dörfehen Gümenek, wo ungeheure von Nischen durchhöhlte Felsen sich erheben. Spuren von Inschriften habe ich gar nicht entdeckt, aufser den folgenden halbverwischten Worten auf einem der die Oberfläche des Hügels bedeckenden Steine: . NKAIZAPA.... ..AKAIZAPEOA.... . ANEONHOAIZ.... u A IS) Das ist Alles, was ich nach zweistündigen Nachsuchungen von der be- rühmten Comana Pontica auffinden konnte, jedoch wäre es möglich, dals ein geübterer Antiquar, besonders wenn er auf die Untersuchung mehr Zeit verwenden könnte, als ich neben meiner Thätigkeit als Na- turforscher, mehr Erfolg hätte. Wir setzten unsern Weg längs des linken Ufers des Iris fort, indem wir das Dörfchen Gümenek rechts liefsen. Das Thal wurde immer mehr von den dem Flusse ganz nahe tretenden Bergen eingeengt, aber schon ? Stunden von Gümenek wurde P. v. Tschichatschef’s im Jahre 1858. 331 das Bett des Flusses sehr breit und theilte sich in mehrere Arme; schöne Gärten bedecken die Ufer desselben mit frischem Grün und verkünden die Annäherung an Tokat, welches wir 35 Stunden von Gümenek erreichten und unsere Zelte in einem anmuthigen türkischen Garten aufschlugen. 28. August. Von Tokat bis Jumurtaköi. 64 Stunden. Nachdem wir die zahlreichen und gröfstentheils in dem Thale des Iris gelegenen Gärten der Stadt durchritten hatten, folgten wir dem linken Ufer des Flusses; das Thal breitete sich bald in eine schöne Ebene aus, die mit dem Namen Kaz-Ova bezeichnet und von beiden Seiten durch abgerundete nicht beträchtliche Anhöhen begrenzt ist, an deren Abhängen eine grolse Zahl Dörfer liegen; so sahen wir 2 Stunden von Tokat rechts Poras und Tscherkhe, etwas weiter rechts Sungur, links Gibibsa; 3 Stunden von Tokat links Endis; 4+ Stunden von Tokat führt über den hier ziemlich seichten Flufs eine schöne steinerne Brücke; 5 Stunden von Tokat sahen wir links in dem Gebirge das Dorf Erkebli und durchritten das ansehnliche, von grofsen Gärten umringte Dorf Bazarköi; ! Stunde weiter sahen wir rechts am Fufse ‚des Gebirges das Dorf Bej-Obassy und links Farna, dann rechts Bej-Oghlu Tschiftlik und Kurdköi. Auf der weiten schönen Ebene trifft man oft Bruch- stücke von Säulen, Cornischen, Cisternen u. dgl. Wir lenkten links ein und erreichten das ansehnliche, am Fufse der links die Ebene be- grenzenden Gebirgskette liegende Dorf Jumurtaköi, in dessen Nähe wir unsere Zelte aufschlugen. 29. August. Von Jumurtaköi bis Zila. 5 Stunden. Wir ritten am Fufse der die Ebene Kaz-Oya südlich begrenzenden Berg- kette; 14 Stunde von Jumurtaköi stiegen wir wieder in die Ebene hin- unter; 24 Stunden von Jumurtaköi sahen wir links das Dorf Jeniköi am Fufse des Gebirges; 4 Stunden von Jumurtaköi neigt sich die Ebene gegen Westen und wir stiegen sanft in das schöne flache Thal hinunter, worin die etwa aus 3000 Häusern bestehende Stadt Zile recht ma- lerisch gelegen ist. 30. August. Von Zile bis Missak. 74 Stunden. Eine halbe Stunde von Zile überschritten wir das breite, aber vollkommen trockene Bett des Zile-su und folgten denselben, indem wir länges des Schlun- des ritten, durch welchen dieser kleine Strom fliefst (in seinem obern Laufe fanden wir etwas Wasser) und welcher 2 Stunden von Zile zu einem Plateau anschwillt; auf diesem letztern angelangt sahen wir auf den Anhöhen rechts das Dörfchen Gunnu; von diesem Plateau stiegen wir ziemlich lange zu einem andern, dem ersten terrassenförmig auf- gesetzten Plateau (24 Stunden von Zile) hinauf und stiegen dann, ab- wechselnd bergauf und bergab, längs einem engen sehr unebenen Thale 332 Itinerar der kleinasiatischen Reise in eine hügelige Gegend (3 Stunden von Zile) hinunter, welche wir während zwei Stunden inmitten schöner dichter hauptsächlich aus Ei- chen von sehr interessanten Arten bestehender Haine durchritten; 7 Stunden von Zile stiegen wir auf ziemlich abschüssigen Flächen in ein Thal hinunter, wo wir neben dem Dörfchen Missak unsere Zelte aufschlugen. Das sehr hügelige und von W. nach O. streichende Thal ist nördlich durch unbeträchtliche aber in östlicher Richtung sich immer mehr erhebende Berge begrenzt. Die gebirgige Gegend, die wir heute überstiegen hatten, gehört zu der mit dem Namen Alty-aghatsch-dagh (Berg der sechs Bäume) bezeichneten Berggruppe, deren Gipfel mit ein paar hervorragenden Bäumen gekrönt ist; ob es wirklich sechs | an der Zahl sind, lasse ich dahingestellt sein. 31. August. Von Missak bis Amasia. 54 Stunden. Wir ritten östlich durch das Thal; nach einer halben Stunde verengt es sich zu einem zwischen prachtvollen bewaldeten Felsenpartien einge- schlossenen Schlunde, welcher sich in zwei Arme theilt; der eine streicht NNO. der andere NNW. beide münden in das schöne Thal des Iris; wir folgten dem Rande des nordnordwestlichen Armes auf einem schma- len Steige, welcher längs der Abhänge der mit dem Namen Schahan- Kajassi bezeichneten, höchst malerischen Gebirgsgruppe läuft; zu un- serer Rechten sahen wir in dem tiefen Thale den Iris zwischen an- muthigen Hainen sich winden; wir stiegen endlich (1 Stunde von Missak) zu dem Flusse hinunter und folgten seinem linken Ufer. 14 Stunde von Missak sahen wir rechts das Dörfchen Aksalyk (wahr- scheinlich Aksalar der Kiepert’schen Karte), auf dem rechten Ufer des Flusses gelegen, und eine Viertelstunde später zur linken das Dörf- chen Kizildja. Wir überschritten den Iris auf einer hölzernen Brücke; man kann hier den Flufs auch durchwaten, jedoch reicht an mehreren Stellen das Wasser bis zum Bauche der Pferde, ein Umstand, der des Gepäcks wegen diesen Uebergang unbequem macht. Das Thal des Iris breitete sich in eine schöne Ebene aus, die wir links liefsen, und NNO. einlenkten über die östlich beginnenden Anhöhen; 2 Stunden von Missak stiegen wir in ein sehr enges tiefes Thal hinab, welches uns abermals in eine schöne Ebene führte; wir durchritten dieselbe inmitten prachtvoller Maulbeerbaum-Pflanzungen und erreichten (drei Stunden von Missak) die Bergkette, welche den rechten Rand der Ebene bildet; links erblickten wir den Flufs nur zuweilen durch die dichten Haine von Maulbeerbäumen. 4 Stunden von Missak verengt sich die Ebene zu einem schönen malerischen, vom Iris bewässerten Thale, welches wir 14 Stunden durchritten, um nach Amasia zu ge- langen. 1, bis 5, September in Amasia zugebracht, P. v. Tschichatschef’s im Jahre 1858. 333 6. September. Von Amasia bis Jalynyz-köi. 6 Stunden. Wir durchritten quer das Thal des Iris und folgten der den linken Rand desselben bildenden Gebirgskette, welche etwa eine Stunde von Amasia sich mehr links wendet, so dafs das Thal sich in die schöne, vom Flüfschen Tersakhan-su bewässerte und unter dem Namen Sulu- Ova bekannte Ebene ausbreitet; die Gebirge, welche in einiger Ent- fernung dieselbe begrenzen, sind meistentheils wenig bewaldet, tragen aber eine ziemliche Anzahl von Dörfern, unter welchen das beträcht- lichste, Kavala genannt, auf der rechten Bergkette sichtbar war; drei Stunden von Amasia sahen wir folgende Dörfer: am Fufse der rechten Bergkette Saladji, Kalai und Perez; in der Ebene selbst (zu unserer rechten) Kurlaz, Alevi, Demirköi, Kane und Kuluköi; am Fufse der linken Bergkette Anidjak, Bodeles, Saltanar und Eleslan; in der Ebene selbst zu unserer linken (5 Stunden von Amasia) Devedji und Düreni, und auf dem Gebirge (immer zu unserer linken) Alyschar und Gel- guros. Wir schlugen unsere Zelte neben dem Dörfchen Jalynyz-köi auf. Der ganze heute durchrittene Theil der Ebene Sulu-Ova ist fast wagerecht mit Ausnahme localer Anschwellungen, welche ziemlich lange Reihen längs dem Fufse der die Ebene nördlich begrenzenden Berg- kette bilden und zuweilen sogar diese letzte den Blicken entziehen. Die auf der Kiepert’schen Karte etwas zu stark accentuirten Anhöhen nordöstlich von Kutlar gehören zu diesen localen sehr unbeträchtlichen Anschwellungen, bilden aber keineswegs eine Bergkette, wie es auf der Karte '??) angegeben ist, denn das von Jalynyz nur eine Stunde entfernte Kutlar liegt auf derselben ununterbrochenen Ebene, welche noch mehr südwestlich durch die den südlichen Rand der Ebene bil- dende, sich dann nach Norden (südwestlich von Hadji-köi) wendende und mit der Kette des Kartschak-dagh sich verbindende Bergkette be- grenzt wird. Der Begräbnifsplatz des türkischen Dörfchens Jalynyz enthält eine Menge Bruchstücke alter Architektur, die überhaupt auf der ganzen Ebene Sulu-Ova ziemlich zahlreich vorhanden sind. 7. September. Von Jalynyz-köi bis Kausa. 6 Stunden. Wir durchritten die Ebene in nordnordöstlicher Richtung, indem wir uns der sie nördlich begrenzenden Kette näherten; eine halbe Stunde von Jalynyz-köi durchritten wir das Dorf Alala; eine Stunde weiter folgten wir einer Reihe von Anschwellungen, die wie ein langgezogenes Vorgebirge von der rechten (?) Kette '*°) in die Ebene hinein sich er- '42) Nach den Croquis der Herren v. Vincke und y. Moltke, die allerdings auf ihrem Wege von Ladik nach Amasia diesen westlicheren Theil der Ebene nur von fern erblickt haben. f "43) Zweimal ist hier im Manuscript zuerst linken geschrieben, dann rech- ten corrigirt; gleichwohl scheint dies irrig, das erste richtig zu sein; denn berührte 334 Itinerar der kleinasiatischen Reise streckt und dieselbe von NNO. nach SSW. quer durchsetzt und in zwei ungleiche Theile theilt, ohne jedoch die entgegengesetzte Bergkette zu erreichen; 24 Stunden von Jalynyz erreichten wir den rechten (?) !??) Rand der Ebene in der Gegend, wo die langgestreckte Hervorragung von der Bergkette ausläuft, auf deren Abhange sich das Dörfchen Bel- var befindet; wir sahen das östlich '?°) von Belvar am Fufse der Berg- kette liegende und von Belvar zwei Stunden entfernte Städtchen Mer- sivan. Wir betraten diese Bergkette und ritten während einer halben Stunde durch die dieselbe bildenden, ziemlich bewaldeten Anhöhen. ' Zu unserer rechten entfaltete sich die vom Tersakhan -su bewässerte schöne Ebene Sulu-Ova, deren entgegengesetztem (südlichen) Rande wir von Amasia aus bis Jalynyz gefolgt waren; wir verliefsen sie end- lich, bogen links in das Gebirge ein und stiegen in ein sehr hügeliges, in die Ebene mündendes und von einem dem Tersakhan zuströmenden Flüfschen bewässertes Seitenthal hinab; der Strom fliefst inmitten hoch- aufragender schöner Felsenpartien. Fünf Stunden von J. breitet sich das Thal immer mehr und mehr aus; wir überschritten dreimal den Zuflufs des Tersakhan-su, durchritten das armselige Dörfchen Bua- ludja '*°) und folgten dem linken Rande des Thales bis zum Dorfe Kausa (der Name des Dorfes wird ganz wie das lateinische Wort causa ausgesprochen), wo der strömende Regen, der uns schon seit zwei Ta- gen verfolgte, mir nicht erlaubte, mein Zelt aufzuschlagen, sondern mich in eine schmutzige dunkle kleine Hütte (die beste des Dorfes) trieb. Es war mir unmöglich, die ganz nahe auf dem Berge liegenden Mine- ralquellen zu besuchen; das für mich geschöpfte und in einem festver- schlossenen Gefälse gebrachte Wasser hatte eine Temperatur von 45° C., der Weg einen von rechts her sich in die Ebene erstreckenden Höhenzug, so mulste er nothwendig den die tiefste Senkung der Ebene bezeichnenden, dem Iris nach S. zuströmenden Tersakhan-su schneiden, wovon wenigstens nichts gesagt ist. Daher ist wohl die erste Lesart herzustellen, dann aber auch consequent die Rich- tung des llöhenzuges in „NNW. nach SSO.“ zu corrigiren. In der zweiten Stelle kann jedenfalls nur vom linken d. i. westlichen Rande der Ebene die Rede sein, wie ein Blick auf die Karte lehrt: der rechte (östliche) Rand derselben liegt nach den Aufnahmen der genannten preufsischen Officiere und den damit übereinstimmen- den Berichten zahlreicher Reisenden ziemlich in der geraden Linie zwischen Ladik und Amasia, also 2} bis 3 Meilen östlich von der hier bezeichneten Wegelinie. 144) Soll heilsen westlich. Oestlich des Weges ist keine Bergkette, son- dern die Ebene, wie auch gleich im folgenden wieder gesagt wird; westlicher als die bisher erwähnten Dörfer mufs Marsiwan schon deshalb liegen, weil es nach allen Reiseberichten (Otter, Jackson, Rottiers, Ouseley, Eli Smith, Ainsworth u. a.) nicht weniger als acht Stunden von Amasia entfernt ist; auch ist es in Herrn v. Tschi- chatschef’s eigener Karte beim ersten Bande seiner Asie Mineure und zwar auf Au- torität der Karte von Wrontschenko westlich von dem oben erwähnten Dorfe Alala eingetragen. 145) Etwa Bogha-Iydja? (gh zwischen Vokalen wird in der gewöhnlichen türkischen Aussprache kaum gehört) dies würde bedeuten „Ochsen-Warmbad“, viel- leicht im Gegensatz zu der zum Baden benutzten Therme von Kausa so benamnt. P. v. Tschichatschef’s im Jahre 1858, 335 (36° R.) '*°) und war ganz wie das Gasteiner Wasser vollkommen geschmacklos, soll aber wie dieses sehr heilbringend sein und jährlich finden hier zahlreiche, besonders an gastrischen Uebeln leidende Kranke Linderung, trotz des Mangels an aller ärztlichen Hilfe und der Un- möglichkeit, in diesem Orte die Befriedigung auch nur der allernoth- wendigsten Bedürfnisse zu finden. 8. August. Von Kausa bis Kavak. 8 Stunden. Wir folg- ten dem linken Rande des Thales, in dessen Mitte der Zufluls des Tersakhan-su sich schlängelt; eine Stunde von Kausa sahen wir links im Gebirge das Dorf Mismilagatsch '?”); das Thal wurde sehr uneben und die zahlreichen Anschwellungen entzogen uns die Ansicht des Ter- sakhan-su; 34 Stunden von Kausa überschritten wir ein Plateau, wel- ches sich an die abgerundeten Anhöhen schliefst, die die ganze Gegend durchziehen -und durch kleine Thäler von einander geschieden sind; auf einer dieser Anhöhen sahen wir (34 Stunden von Kausa) Tschukurköi und eine Viertelstunde später links auf einem ziemlich fern von uns liegenden Gebirge das Dorf Belbeslü und rechts das Dorf Djevizlü; wir stiegen (44 Stunden von K.) in ein enges, von einem nach NNO,. strömenden Flüfschen (wahrscheinlich dem Quellbache des Merd-Irmak) bewässertes Thal, welches sich in eine wellige Ebene ausbreitet und _ durch ein langes, von NNW. nach SSO. streichendes Querthal begrenzt wird, auf dessem nördlichem Rande das grofse Dorf Kavak liegt, wo wir des strömenden Regens wegen abermals uns in ein schmutziges und dunkles Haus flüchten mulsten. 9. September. Von Kavak bis Samsun. 74 Stunden. Sie- ben Stunden lang durchritten wir eine gebirgige, schön bewaldete Ge- gend und stiegen endlich in das Thal des Merd-Irmak hinunter; es ist nördlich durch eine langgestreckte, von NNW. nach SSO. strei- chende Anhöhe begrenzt, deren NNW.-Ende ein tief in das Meer hin- einlaufendes Vorgebirge bildet; wir überschritten die Anhöhe und durch- ritten das auf dem nördlichen Abhange derselben liegende, eine halbe Stunde von Samsun entfernte Dorf Kadiköi. Ich verweilte in Samsun zwanzig Tage, mit dem Einpacken und der Versendung meiner zahlreichen Sammlungen nach Marseille be- schäftigt, die ich während meiner Reise aus allen beträchtlichen Städten hierher hatte befördern lassen. Den 1. October schiffte ich mich nach Constantinopel ein und zehn Tage später reiste ich auf dem schönen österreichischen Dampfer Jupiter nach Triest ab. 146) An der Quelle selbst beobachtete Hamilton 41° R., Suter 525 (wenn nicht etwa ein Druckfehler aus 130° F. (= 43, R.) 150° F. gemacht hat); vergl. bei Ritter S. 980 meine Note zu S. 184. 147) Wohl Mischmisch- aghatsch d. i. Aprikosenbaum. - 336 Beilagen zum Itinerar der kleinasiatischen Reise Mit Hülfe der vorstehenden Bemerkungen zu dem immer inhaltreichen und mannichfache neue Thatsachen darbietenden Berichte des in Klein- Asien so viel bewanderten Reisenden wird der Leser bereits den Standpunkt gewonnen haben, Verdienste und Mängel dieser Berichterstattung und der ihr zu Grunde liegenden Beobachtungen richtig zu würdigen. Auch wird man ohne Zweifel billigen, dafs ich die Bekanntmachung desselben nicht, wie es zunächst zweckmälsig und bei der häufigen und etwas weitläuftigen Wiederholung analogen Inhalts sehr wohl ausführbar erschien, mit wesentlicher Verkürzung des Ausdrucks auf einen tabella- rischen Auszug der Thatsachen beschränkt, sondern das uns anvertraute Original- Manuscript bis auf einige unwesentliche stylistische Ausgleichungen unverän- dert und vollständig habe abdrucken lassen: nöthig war dies besonders we- gen so mancher von dem wörtlichen Ausdruck des Verfassers abhängigen Zweifel und Unsicherheiten in wesentlichen Thatsachen, dann aber besonders we- gen der vom Herrn Verfasser an früheren geographischen Arbeiten, namentlich an meiner in den Jahren 1843 —44 publicirten grofsen Karte von Klein- Asien, allerdings zum Besten der Wissenschaft, aber ohne Eingehen auf die Gründe und Quellen früherer Annahmen geübten Kritik: die Anführung dieser, die relative Begründung meiner Kartenzeichnung und Nomenclatur nachweisenden Belege (welche übrigens zum weitgröfsten Theile in Ritter’s Erdkunde Bd. X und XVII, letzterer zum Theil durch meine Beihülfe vervollständigt, sowie in dem meine Karte begleitenden Memoir leicht zugänglich sind), wodurch jene kritischen Aus- stellungen auf ihr berechtigtes Mafs zurückgeführt werden, erschien hier ebenso der Billigkeit angemessen, wie die unverkürzte Wiedergabe der Worte des Autors. Die Schwierigkeit, ja Unmöglichkeit, aus wenigen fragmentarischen ungenauen zahlreiche Mifsverständnisse und zahllose Corruptionen von Namen enthaltenden Berichten Nüchtig durchreisender, wie es die bisherigen auf dem in Frage kom- menden Gebiete fast sämmtlich waren, durch Combination eine nur einiger- malsen erträgliche, nicht völlig wahrheitswidrige Kartenzeichnung zu gewin- nen, scheint selbst bei dem für geographische Untersuchungen sich interessirenden Publicum viel zu wenig gewürdigt, und die darüber im Detail sich verbreitenden Schriften *) werden meist so wenig berücksichtigt, dafs man nur zu oft, selbst von sonst wohlunterrichteten Leuten, den bisherigen unsicheren Versuchen der Karto- graphie auf solchen fast noch unerforschten Gebieten, bei erwiesener Nichtüber- einstimmung mit neu bekannt gewordenen Thatsachen, Vorwürfe machen hört, welche von rechtswegen der elenden Beschaffenheit oder dem gänzlichen Mangel der Quellen zukommen. Diesem Mangel nun möglichst abzuhelfen, die unvoll- kommenen und ungenauen Angaben früherer Reisenden durch sorgfältigere und vollständigere zu ersetzen und dadurch zugleich allmählich einer genaueren Karten- Construction die Wege zu bahnen, ist die natürliche Verpflichtung derjenigen Reisenden, welche in unseren Tagen zu dem Zwecke und mit dem bewulsten Anspruche wissenschaftlicher Entdeckung oder Förderung jene theilweise noch so unbekannten Regionen zu durchforschen unternehmen; ihnen bleibt bei dem ge- waltigen Umfange des unerforschten Terrains selbst in solchen Europa nahelie- *) Vergl. besonders Ritter’s Erdkunde XVII, S. 197. ns P. v. Tschichatschef’s im Jahre 1858. 337 genden Ländern wie Klein-Asien immer noch eine für manches Jahrzehnt an- gestrengte Thätigkeit erfordernde Aufgabe gesteckt; nur aus der jetzt leichter ermöglichten Betheiligung vieler nach demselben Ziele strebender läfst sich eine schnellere Erledigung der wichtigsten wissenschaftlichen Desiderata in näherer Zukunft — so lange noch friedliche Zustände überhaupt eine solche Thätigkeit gestatten — erhoffen. So werden uns gerade auf dem in Rede stehenden Ge- biete zwei fast gleichzeitig von Deutschen ausgeführte und zum Theil dieselben Wege, deren erste Kenntnils wir Herm v. Tschichatscheff verdanken, ver- folgende Erforschungsreisen als höchst erwünschtes Hülfsmittel zu sichrerer Orien- tirung- binnen kurzem zu gute kommen und manches von unserem Autor unbe- stimmt gelassene ergänzen und vervollständigen: der Ausflug unseres allbekannten Freundes Dr. H. Barth im Herbst des vorigen Jahres, worüber sein Bericht nebst Karte demnächst in Gotha erscheinen wird, und die zu derselben Zeit im Auftrage der türkischen Regierung von einer Commission meist europäischer Of- fiziere zur Orientirung für die projectirten Befestigungsbauten in Armenien aus- geführte militärische Recognoscirung, über die einer der Theilnehmer, der Obrist -in türkischen (früher in preufsischen) Diensten Herr Julius Bluhm die Güte gehabt hat, uns eine vorläufige briefliche Notiz zukommen zu lassen und weitere ausführlichere Berichte und Wegecroquis für unsere Zeitschrift zuzusagen. Die Routiers dieser beiden Reisenden, das letzte gleich an Ort und Stelle mit allen _ Mitteln praktischer Terrainaufnahme verzeichnet, das erste auf zahlreiche und sorgfältige Compafsbeobachtungen, die eine genaue Construction ermöglichen, ba- sirt — jenes von Gümüschkhana bis Erzingjan mit Herrn v. Tschichatscheff’s Weg zusammenfallend, dieses denselben von Trapezunt aus zuerst in Ardessi am Kharschut durchschneidend, dann von Schabkhana-Karahissar über Enderes bis Tokat demselben fast gleichlaufend — werden hoffentlich bald in Verein mit den Routiers des russischen Reisenden die Grundlage für eine gesichertere Zeichnung des Hauptwegenetzes dieser Region abgeben, als diese ausschliefslich mit dem - hier vorliegenden Material zu erreichen war: denn, wie der aufmerksame Leser bereits hinreichend bemerkt haben wird, sind die für eine haltbare Construction _ unentbehrlichen Compafsbeobachtungen über die Richtung des Weges und der _ von demselben aus sichtbaren geographischen Punkte die schwächere Seite in dem Berichte unseres Autors; selbst wo sie stellenweise in scheinbar grofsem Detail gegeben sind, ist diels (auch abgesehen von den so häufig aus dem Zusammen- hang nachweisbaren, vielleicht noch öfter unbemerkt gebliebenen Verwechselungen und Schreibfehlern) nicht mit der für die Construction nöthigen Schärfe und _ Bestimmtheit des Ausdrucks geschehen; für den weitgröfsten Theil der Routen fehlt diese Seite der Beobachtung ganz und kann die ungefähre Wegerichtung r aus der schon aus andern noch viel unvollkommeneren Quellen nur ganz im einen bekannten Lage, also immer nur mit starker Gefahr des Irrthums ossen werden *). Bei solcher Gestalt des Materials konnte erst nach vielen ER *) Nachträglich bemerke ich folgende, in den obigen Noten unberücksichtigt ge- bliebene Anstände, die mir noch bei der Construction der Karte aufgestofsen sind: 8.277, am 5. Juni (Z. 3) westlich im MS$., offenbar soll es östlich heifsen. » S. 280 unten, 281 oben ist (übereinstimmend mit den Berichten anderer Rei- ‚senden, vergl. Ritter XVIII, 217) von Kule-hissar aus die Verfolgung des Lycus- Zeitschr. f. allg. Erdk. Neue Folge. Bd. VI. 22 338 Beilagen zum Itinerar der kleinasiatischen Reise vergeblichen Versuchen und zum Theil nur mit rein willkürlicher Ergänzung der im obigen Bericht nur zu häufig erkennbaren Lücken, sowie mit Zuratheziehung anderweitiger älterer Daten eine ungefähre, keineswegs völlig gesicherte Zusammen- passung der einzelnen Wegestücke in der Kartenzeichnung ermöglicht werden: nur dem Umstande, dafs das betreffende Gebiet zum allergröfsten Theile bisher von wissenschaftlicher Erforschung fast unberührt und seine Kartendarstellung daher eine ungemein unzuverlässige geblieben war, mag der beiliegende Versuch einer kartographische Verwerthung der Tschichatschef’schen Daten den Vorzug einer relativ grölseren Zuverlässigkeit verdanken *). Thales aufwärts ausdrücklich erwähnt, und doch soll das Strombett 2 Stunden weiter aufwärts nur 785 Meter hoch, also 274 Meter (fast 850 Fufs) niedriger als jener Ort liegen; wäre dies richtig, so mü/ste nothwendig, wovon nichts gesagt ist, Kule- hissar in einem Seitenthale in ziemlicher Höhe über dem Hauptthal liegen, wie ich es bei Zeichnung der Karte angenommen habe, wenn nicht wahrscheinlicher eine der beiden Messungen als irrig anzunehmen ist. S. 281 letzte Zeile wird wohl statt unterhalb vielmehr oberhalb zu lesen sein (sonst mülste der Owa-tschai, wovon nichts gesagt ist, noch auf dem ferneren Wege passirt werden) und die S. 232 Note 23 berührte Verwirrung löst sich dann nur durch die Annahme der Identität des Kalkyt- (Kerkid-) Irmak (der vor Kara- hissar von Süden her zweimal passirt ist, also nothwendig im Norden dieser Stadt fliefsen mufs, womit auch die andern Berichte übereinstimmen) mit dem S. 283 er- wähnten Temsere-Irmak, welches nur ein lokaler Name desselben Flusses in der betreffenden Thalstufe (eine bei diesem Strome namentlich so häufige Vielnamigkeit) sein kann: denn weiterhin wird vor der Ersteigung der pontischen Gebirgsketten, die das Flufsthal im Norden begrenzen, kein gröfseres Flufsthal von Tsch. erwähnt. Da der Ort Temsere (Tamzor) eigentlich nur eine Vorstadt von Karahissar, nach Ker Porter (dem einzigen Reisenden, der ihn sonst nennt, Tsch. giebt keine Entfernung an) höchstens eine Stunde von der Stadt entfernt ist, so beträgt die Entfernung von demselben nach Lisdja noch 2 Stunden „ununterbrochenes Steigen“ (15. Juni, Ende), während von diesem Dorfe die folgenden 24 Wegstunden „immerwährend, aber nicht beschwerlich“ (S. 283 unten) gestiegen wird. Man vermuthet also auf diese vier Wegstunden eine ungefähr gleichartige Erhebung des Terrains, und gleichwohl werden für die beiden Weghälften die Höhenunterschiede aufserordentlich verschieden ange- geben: 1629 bis 1735, also nur 106 Meter, und wieder 1735 bis 2464, also volle 729 Meter! Die erste Zahlendifferenz ist ganz unwahrscheinlich, da 106 Meter = 325 Fufs Erhebung bei zweistündigem Steigen kaum in’s Auge fallen würden, wäh- rend andererseits 730 Meter = 2250 Fufs Erhebung für 24 Stunden offenbar viel zu viel sind; aller Wahrscheinlichkeit nach ist also, die ungefähre Richtigkeit der Zahlen für Karahissar, Temsere und den Hauptgebirgsrücken vorausgesetzt, die Ziffer für Lisdja erheblich (um mehrere hundert Fuls) zu niedrig. Als stehen gebliebenen Druckfehler bemerke ich nur 8. 298 Z. 13: 2 Stunden von Erzindjan statt „von Kalaratsch“. *) Da ein Theil der Höhenbeobachtungen, nach den oben darüber mitgetheilten Bemerkungen, sich auch nicht als völlig sicher herausstellt, dieselben überdie/s den Localitäten nach etwas ungleich vertheilt und für den kleinen Mafsstab meiner Karte stellenweise zu eng gehäuft sind, so erschien es ausreichend, nur für die wichtigeren Punkte die Höhenangaben auch auf der Karte einzutragen, diese aber in das dem deutschen Leser geläufigere Fufsmafs zu übertragen, natürlich, da auch der Aus- druck der Zahlen in Metern keinen Anspruch auf absolute Genauigkeit macht, mit Abrundung der Zahl auf Zehner; dafs die jedesmal schliefsende Null im Stich weg- gelassen wurde, ist aus Rücksicht auf den kleinen Mafsstab der Karte geschehen, der längere Ziffern einzutragen schwer gestattet hätte. — Die Schreibart der Namen habe ich in der Karte wie in den Noten der wirklichen Aussprache, soweit dieselbe mit Sicherheit zu ermitteln war, mehr zu accommodiren kein Bedenken getragen. P. v. Tschichatschef’s im Jahre 1858. 339 Da nun auf einem so unvollkommen erkundeten Gebiete jeder auch nur ge- ringe Zuwachs an guter Beobachtung durch zuverlässige Gewährsmänner Beach- tung verdient, so kann ich nicht unterlassen, bei dieser Gelegenheit alles das wenige mitzutheilen, was über den östlichen, dem Uebergange zum Euphrat- Gebiet angehörigen Theil der von Tschichatschef’s Routen berührten Gegend (über den westlichen Theil findet sich das Material in Ritter’s 18tem Bande vollständig), seit dem Erscheinen des diese Region behandelnden 10ten Bandes der Ritter’schen Erdkunde (1843) zu meiner Kenntnils gekommen ist. 1) Charles Texier’s Route von Egin am Euphrat nördlich nach Gü- müschkhana, im Jahre 1836 gemacht und vom Reisenden selbst nebst den südlicheren Wegestücken von Marasch über Malatia bis Egin in sehr grofsem sich aber nicht gleichbleibenden Mafsstabe topographisch verzeichnet. Das Origi- nal dieser Zeichnung besitzt als Geschenk des Autors Herr Prof. C. Ritter, der sie uns zur Veröffentlichung an dieser Stelle gütigst überlassen hat; ich habe, wenngleich nur die erstgenannte Wegestrecke für unsern Zweck in Betracht kommt, doch wegen der allgemeinen Nützlichkeit jedes auch nur annähernd ge- nau verzeichneten Routiers in so wenig bekannten Gegenden, das Ganze mitzu- theilen vorgezogen; der Malsstab der Reduction auf meiner Kartenskizze (j des Originals) erlaubte vollkommen alle Details der übermälsig weitläufig entworfenen Zeichnung wiederzugeben *). Dieses Routier mufs nach seinem Zusammenhange mit dem im Norden gesicherten Punkte Gümischkhana zu schliefsen etwa bei dem von OÖ. nach W. strömenden Flusse, den es mitten zwischen Gerdjanis und Kurutschai (vergl. oben S. 320) zeigt und der dem Flüfschen der Ebene südlich von Melikscherif bei Tschichatschef zu entsprechen scheint, die Route dieses Rei- senden schneiden; zwar läfst sich die bestimmte Stelle bei der aufserordentlichen Sparsamkeit an localen Namen auf Texier’s Skizze nicht ermitteln, doch scheint seine Notiz bei dem südlich von jenem Flüfschen sich erhebenden Bergzuge: „partage des eaux de la mer noire et du golfe persique“ (d. i. zwischen den Strom- *) Der vom Autor selbst der Zeichnung beigefügte Mafsstab im Verhältnifs von ungefähr 1:367,000 der Natur erweist sich, wie es bei der Schwierigkeit, die wirk- liche Wegelänge in sehr gebirgigen Gegenden nach dem Zeitmafse sicher zu schätzen, nicht zu verwundern ist, als unvereinbur mit der auf anderem Wege (astronomisch und durch Combination vielfacher Routiers) ermittelten Lage einzelner darin berühr- ter fester Punkte (Marasch nach Chesney, Malatiah nach Ainsworth und v. Multke, Egin nach v. Moltke und H. de Hell); in der That würde nach diesen Fixpunkten das Reductionsverhältnifs der Zeichnung im Durchschnitt für das südlichste Stück 'Marasch — Sürghi etwa 1:300,000, für Sürghi — Malatiah — Arabkir 1:240,000, für Arabkir — Egin 1:200,000, für Egin — Gerdjanis endlich sogar 1:170,000 be- tragen (für die hier veröffentlichte Reduction natürlich immer im vierfachen Verhält- nils); wie man leicht sieht, mit im Verhältnifs der Terrainschwierigkeit zunehmendem Gröfsenmafse, doch mögen allerdings einige dieser Werthe, besonders der erste, bei ‚der nicht vollständigen Sicherheit der anderen zu Grunde liegenden Beobachtungen ‚och einer Berichtigung bedürftig sein. Leider fehlt das nördlichste Stück in der eichnung, die, wie unsere Reduction zeigt, bei Gerdjanis abbricht; dafs dieser ‚Ort etwas südlich von Schiran, etwa halbwegs auf der geraden Linie zwischen Egin und Gümüschkhane liegt, zeigt indefs eine andere gleichfalls in Prof. Ritter’s Besitz ndliche handschriftliche Skizze Texier’s, die den Zusammenhang seiner sämmt- en Routen in West-Asien darstellt (auch in Lapie’s Uebersichtskarte zu Texier’s Reisen benutzt). Bar 340 Beilagen zum Itinerar der kleinasiatischen Reise gebieten des Lycus und des Euphrat) die Angaben des russischen Reisenden über die Lage der Hauptwasserscheide im Plateau des Tschardak Dagh zu bestätigen. 2) Hommaire de Hell’s Route von Trapezunt über Gümüsch-khaneh nach Egin, im September 1846 gemacht, wie es scheint ebenfalls ausführlich verzeich- net, in welcher Form jedoch bisher nichts publieirt worden ist, so dafs wir uns zur Kenntnilsnahme seines Weges auf die dürftigen Notizen aus seinem Tagebuche beschränkt sehen, die nach seinem Tode im ersten Bande seiner Voyages en Tur- quie et en Perse, Paris 1855, p. 386 — 400 bekannt gemacht worden sind. (Bei Ritter XVII, 216 nur ganz kurz erwähnt.) Das Stück dieses Weges zwischen Gümüschkhana und Schiran hat 10 Jahre früher auch Consul Brant gemacht, dessen auf meiner Karte eingetragene Route keine anderen topographischen Daten enthält, als inmitten zwischen jenen beiden Orten den Uebergang über den hier von O. nach W. strömenden Kalkyt Tschai und südlich davon das Dorf Scheikh-Oghlu. H. de Hell, der densel- ben Weg in zwei Tagereisen (19. und 20. Septbr. p. 395, 396) zurücklegte, er- wähnt in der ersten zwischen den bewaldeten Hochgebirgsthälern südlich von Gümüschkhana die aus baumstammbedeckten Erdhütten bestehenden Dörfer Adile, Edret, Halazou, und am Ende des Tagemarsches das griechische Dorf Dorena, in einem Thale gelegen, das sich von hier südlich erweitert (es muls also ein Nebenthal des Lycus oder Kalkyt-Tschai sein, dessen Passage auffallender Weise gar nicht bemerkt wird) und endlich in eine breite Ebene übergeht, gegen deren Siidende hin das zweite Nachtquartier, Karatschai-Köi (vielleicht richtiger bei Morier — vgl. Ritter p. 204 — Karadja-Köi genannt), der Wohnsitz des Di- strietsvorstehers (Mudir) von Scheilan (d. i. Schirän) erreicht wurde: — dieser Ort mufs, wo nicht identisch mit dem Dorfe Ulu (d.i. grofs) Schiran der an- deren Berichterstatter, wenigstens ganz in dessen Nähe gelegen sein *). Am fol- genden Tage über Zadik-Köi, von wo eine Eskorte gegen die angeblichen kurdischen Räuber in den Bergen mitgenommen wurde (woraus zu schliefsen sein wird, dafs es am südlichen Ende der Ebene liegt), wiederum durch wildes Ge- birge, über einen zwischen steilen Felsenwänden strömenden Flu[s (den Kaimak-Su bei Tschichatschef oder den Flufs nördlich von Gerdjanis bei Texier?) bis zu dem in einem Wiesenthale gelegenen Dorfe Jenidjeh *). Am 23. September durch v *) Diefs bestätigt auch die öfters angeführte russische Karte, welche aus den im Jahre 1829 bis in diese Gegend vorgeschobenen Recognoseirungen der russischen Invasions- Armee hervorgegangen und zu Tiflis 1834 in 4 Blättern ausgearbeitet wor- den ist; die darin enthaltenen Ortsnamen (darunter mehrere zwischen Schiran und Gümüschkhana) sind sämmtlich in meine neuere Karte aufgenommen. #»*) Wohl einerlei mit Kyzyl-Jenidje, 4 Stunden (doch wohl östlich, d. i. thalauf) von Melikscherif, wo der französische Pilger E. Bore auf seiner Durch- wanderung derselben Gegend im Jahre 1838 den Hauptquellarm des Lycus gefunden zu haben glaubte, — die einzige geographische Thatsache, die dieser armselige Frömmling von einem 6 Tagemärsche langen, vorher (aufser dem in seinem Berichte eben so inhaltleeren Grafen Jaubert) von keinem Europäer betretenen Gebirgswege zu berichten weils (vergl. Ritter XVIII, 215), so dafs dem zwei Jahrzehnte später ohne Kunde seiner Vorgänger genau denselben Weg verfolgenden Russen dennoch der Ruhm der ersten geographischen Entdeckung gesichert bleibt. Kyzyl-Jenidje ist nach obiger Angabe hypothetisch auf der Karte eingetragen. P. v. Tschichatschef’s im Jahre 1858. 341 mächtige Tannenwälder aufwärts über das breite aber flache mit Geröll erfüllte Bett des Tehak-suju (Tschak-sourou durch Druckfehler p. 398), der noch zum schwarzen Meere — also nördlich oder westlich — fliefst *), dann wieder auf- wärts nach Kard (Kurd?) -Köi, und wieder hinab in ein Flufsthal mit Brücke, nahe welcher das Nachtquartier Kadi-Köi liegt; dann eine volle Tagereise durch Bergwüste ohne alle Dörfer, bis zu einem Meierhof (Tschiftlik) und endlich noch, wie es scheint, einige Stunden zum Euphrat hinab, dessen Thal zunächst bis zum Dorfe Pahar-tasch verfolgt wird. — Diefs ist ohne Zweifel Paschtasch oberhalb Egin in Consul Brant’s Route, das er von Erzingjan mit einigen Umwegen durch die Berge an der Nordseite des Stromes über die Dörfer Her- hemeh (10 Stunden von Kemakh) und Hassanowa erreichte (4 Stunden wei- ter, Ritter X, 783); letzteren Ort nennt auch Indjidjean als grofses Dorf im Di- striete Kurutschai; den angegebenen Entfernungen nach würde ihm in Texier’s Routier das Dorf Karabunar entsprechen, am gleichnamigen Flufse gelegen, von dem vielleicht eben so gut wie bei Kurutschai, falls Tschichatschef (S. 319) Recht hat, der Name nur irrig auf das Dorf übertragen ist. Ob aber H. de Hell’s Route, die auffallender Weise keinen dieser Namen erwähnt (falls nicht etwa Kurdköi aus Kurutschai entstellt, oder Kadiköi nur ein Mifsverständnifs für den Sitz des Kadi von Kurutschai sein sollte), östlich oder westlich der von Te- xier verfolgten gewöhnlichen Strafse anzunehmen sei, wage ich nicht zu entschei- den, enthalte mich daher auch der Belastung der Karte mit so völlig unbestimm- ten Angaben. 3) Des Botanikers Aucher Eloy Wanderung im Jahre 1834 von Diwirigi östlich nach Erzingjan, die andern Routiers durchschneidend, giebt bei dem frag- mentarischen Zustande seiner Tagebücher (Relations des Voyages, publ. par Jau- bert, Paris 1842, p. 95), worin nur ganze Tagereisen ohne Angabe ihrer Länge aufgezeichnet sind, keinen näheren Aufschlufs. Die Stationen sind (nach seiner Schreibart): Divriki, Daluklu Dagh (d. i. Deliklü, d. i. der löcherige, gespaltene Berg), Kurutschai (als Dorf, wie bei Texier), Hassan-Owa (auch in Brant’s Rou- tier); Duzla Dagh (1. Tuzla d.i. Salzgrube) und nur einige Stunden weiter Städt- chen und Burg Ziamakh am Euphrat (Kemakh nach Brant und den Armeniern), von da längs des Euphrat nach Erzingjan. Nach der Entfernung von nur zwei (wie man aus den folgenden Stationen ersieht, kleinen) Tagemärschen von Ku- rutschai mülste demnach — falls das Tagebuch keine Lücke enthält — die Stadt Diwirigi jenem Orte beträchtlich näher, d. i. nordöstlicher liegen, als sie auf den Karten nach dem (hier nicht sonderlich zuverlässigen) Routier von Ains- worth, dem einzigen sonst bekannten europäischen Gewährsmann, niedergelegt ist **). 4) Oberst Bluhm’s Route von Trapezunt nach Erzingjan, im Auszug aus einem an mich gerichteten Briefe, d. d. Erzerum, 7. November 1858. *) Also wohl der südliche Zufluls des von Tschichatschef namenlos gelassenen Flüfschens bei Melikscherif. . *") Von den Beobachtungen eines anderen französischen Botanikers, Emile de Chancourtois, der im Jahre 1844 dieselbe Landschaft durchforscht hat und in Erzerum mit unserm Landsmanne, dem Botaniker Prof. K. Koch zusammentraf, ist bisher nichts zu unserer Kenntnifs gekommen, 342 Beilagen zum Itinerar der kleinasiatischen Reise Am 12. October von Trapezunt aufgebrochen, wird im oberen westlichen Seitenthal des Deirmen-dere die merkwürdige natürliche Tropfsteinbrücke von Jerköprü ganz ebenso beschrieben, wie ich sie nach Eli Smith’s Schilderung (1830) bei Ritter p. 910 bezeichnet habe. Von hier an verliert sich die Vege- tation, die Berge werden kahl, doch zeigte der Pafs des Zigana Dagh am 14. October noch keine Spur von Schnee. Ueber Ardessi, von den Armeniern Ar- dost genannt (vgl. oben $. 292), wurde Gümüschkhana erreicht; die fol- genden Stationen der Strafse sind Kirkli (Kerekli bei Tsch. S. 293), Kösseh (so geschrieben, vgl. oben S. 294 Note 51), Hautschusch (so geschrieben — kann kein anderes sein als das S. 295 von Tsch. Havajyz geschriebene, welches vielleicht ein Schreibfehler statt Havdjyz ist, wonach die Form der von dem deutschen Autor angegebenen ähnlich genug würde), Sipikor (Sepigar bei Tsch.); am 19. October wird Erzingjan (so geschiieben) erreicht. Das letzte Wege- stück wurde mehrmals reeognoscirt und dabei ermittelt, dafs eine fahrbare, das Dorf Rum-Seraj (Urum-Seraj S. 296, unten, also ganz wie Tsch.’s Weg) rechts d.i. östlich lassende Fahrstrafse von nur 5 Stunden Länge Erzingjan mit Sipikor verbindet *). Der Pafs des höchsten Gebirgskammes südlich von Sipikor auf dieser Strafse wird Dewe Bojun (d. i. Kameelhals) genannt, ist aber im Winter des hohen Schnees wegen unfahrbar, wo dann ein etwas weiterer Weg, von Sipikor über den Jarpragly Dagh **), Bardus, den Kyzyl Dagh und die Dörfer Türink im Thale Essenin-Dere und Pöske ***), eingeschlagen zu werden pflegt. Die Längen- axe des ringsum völlig geschlossenen Thales von Erzingjan erstreckt sich auf 9 Stunden Länge ****) bei einer Breite von 3 bis 4 Stunden in der Richtung *) Hierzu scheint allerdings Tschichatschef’s obige Angabe eines Rittes von 10 Stunden, auch mit den Varianten 9 und 7 schlecht zu stimmen; ich habe für nöthig gehalten, gegen diese Schätzung nach den so bestimmten Angaben des Herm Bluhm die Wegedistanz beträchtlich zu redueiren; wozu mich auch die von demselben ge- äufserte Ansicht bewegte, dafs nach seiner vorläufigen Schätzung die aus meiner letzten Karte sich ergebende Entfernung zwischen Gimüschkhana und Er- zingjan zu gro(s herauszukommen scheine; da nun zwar erstgenannter Ort seiner astronomischen Breite nach durch Hamilton 1836 zu 40° 25 30', durch Hom- maire de Hell 1846 zu 40° 24' 29" bestimmt ist, für Erzingjan aber keinerlei Beobachtung, vielmehr überhaupt nur eine sehr vage Heiner Angabe aus Brant’s Routier bekannt ist, andererseits durch die Construction der Tschichatschef’schen Rou- tiers die Entfernung Erzingjans von Erzerum grölser, von Karahissar und Tokat aber kleiner, als nach den bisherigen Annahmen sich ergiebt, so mufste, um alles füglich zusammenzupassen, Erzingjan nicht allein weiter westlich, sondern auch mit Rücksicht auf die itinerarische Anknüpfung an den zunächst weiter südwestlich ge- sicherten Punkt, Egin am Euphrat, dem es sonst zu nahe gerückt sein würde, nicht unbeträchtlich weiter nördlich, als ich es bisher angesetzt hatte, angenommen wer- den, wodurch obige Bemerkung unseres trefflichen militärischen Landsmannes ihre völlige Bestätigung findet. **) Wohl Japrakly Dagh d. i. belaubter Berg. *==#+) Poska in Eli Smith’s Route von Kalkyt nach Erzingjan, wonach also. dieser Weg weiter westlich als der erstgenannte gehen mufs. »#) Also wenn die Ausmündung des Tschardakly-Su in die Ebene (S. 318 oben) als westlichster Punkt angenommen wird, östlich bis zu den Höhen östlich von Ka laratsch beim Dorfe Göl (oben $. 298) zu rechnen. P. v. Tschichatschef’s im Jahre 1858. 343 WNW.—OSO.; rechtwinklich darauf (also SSW.—NNO.) streicht das zum Passe Dewe Bojun führende Seitenthal, sowie der dasselbe auf der Ostseite einschlies- sende Dadian. Dagh und der noch östlicher liegende Keschisch Dagh (Mönchsberg, auch von Aucher Eloy in der Fortsetzung seines oben angeführ- ten Routiers von Erzingjan nach Lori zu erwähnt). Am 30. October wurde der Weg von Erzingjan nach Erzerum fortgesetzt in der auch von Tschichatschef begangenen grolsen Strafse über Karakilissa, Kar- ghön (so geschrieben, ist nach B. ein veraltetes türkisches Wort mit der Be- deutung „überschwemmtes Land“), Mamakhatun, Jeniköi und Ilidje. In Mama- khatun, dem Mittelpunkte des turkmenischen Sagenkreises der Fürsten vom weifsen Hammel (Akkojunlu, für Reste ihrer Residenz gelten im Volksmunde phantastisch geformte Felsen am linken Ufer des Terdjan Su, deren Hühlungen der Volksglaube als die Pferdeställe des nationalen Räuberhelden Kjür-oghlu ansieht), werden als interessante alte Bauwerke saracenischen Styls cin grofser Khan und eine Grabkapelle mit kufischer Inschrift über dem Hauptportal ange- führt. Der bei diesem Orte dem Euphrat zufliefsende Bach Terdjan Su (der- selbe, den Tschichatschef oben S. 315 Muschlu-su nennt) war zu dieser Jahres- zeit sehr wasserarm, leicht zu durchschreiten; seine Mündung liegt nicht, wie die bisherigen Angaben Jlauteten, nördlich, sondern ganz nahe südlich der grofsen Brücke (daher in Tsch.’s Routier $S. 299 unten nicht bemerkt), wo an seiner Nordseite drei Hügel mit Steintrümmern liegen, welche Manastyr d.i. Kloster genannt werden (auf meinen Karten irrig als Ort bezeichnet). Soweit diese auch in ihrer vorläufigen Kürze immer schon dankenswerthen Beiträge unseres geehrten Landmannes, denen wir bald ausführlichere folgen zu lassen hoffen. HB. Kiepert. XI. Beiträge zur Kenntnifs der Republik Chile. 2. Der araucanische Grenzdistrict. Mit dem Erlöschen des kriegerischen Geistes, der die Araucaner zu einem fast zweihundertjährigen Widerstande gegen die spanischen Eroberer entflammt hatte, ist das Gebiet des einst so gefürchteten Volks- stammes einer allmählichen Einschränkung durch den Fortschritt der Colonisation ausgesetzt gewesen. Im Frieden von Negrete (1726) war den Indianern der Biobio als Nordgrenze gesetzt worden; im Süden sollten die spanischen Ansiedelungen auf dem Boden der jetzigen Pro- vinz Valdivia, d.h. die Stadt Valdivia selbst und ihre nächste Umge- gend, denn das 1603 zerstörte Osorno lag noch in Trümmern — ihre Grenze bilden. Hier im entlegenen Süden breitete sich die Cultur von der Küste verhältnifsmäfsig schnell nach Osten aus, da die benachbar- ten Indianerstämme, die Guiliches und Muluches, von jeher einen we- 344 "Beiträge zur Kenntnifs der Republik Chile: niger hartnäckigen und kriegerischen Sinn an den Tag gelegt hatten als die unruhigen Anwohner des Biobio; schon im Jahre 1758 wurde Osorno wieder auferbaut, die Ansiedelungen schritten in den Flufsthä- lern allmählich bis zum Fufse der Anden vor, und wirklich unabhän- gige Indianer lebten nur noch im Norden des Calle Calle. Die süd- lichen Stämme nahmen sogar das Christenthum an, sie erlernten die spanische Sprache und konnten bald als willige Unterthanen betrachtet werden. Die Colonisation breitete sich in den Thälern des Cruces und des Calle Calle aus, und seit dem Unabhängigkeitskriege, aus welchem die Araucaner, die auf beiden Seiten gefochten hatten, den Keim zu innerer Zwietracht und brudermörderischen Fehden mitnahmen, ist die Macht und der kriegerische Geist des Volkes dergestalt hingeschwun- den, dafs die Provinz Valdivia nördlich bis an den Rio Tolten ausge- dehnt und die Landeommunication zwischen Valdivia und Concepeion durch das Valle de la Costa als ziemlich sicher betrachtet werden konnte. Viel schwieriger zeigte sich der Fortschritt von: Norden her. Zwar war auch hier bei den Indianern von dem ritterlich -kriegerischen Sinne, der sie früher ausgezeichnet hatte, keine Rede mehr; aber die Lust an Raub und Diebstahl, Grausamkeit und Treulosigkeit machten sie für friedliche Colonisten zu höchst unerwünschten Nachbarn, und die Pro- vinz Concepeion hatte von ihren Raubzügen, wie von den feindseligen Unternehmungen der Pehuenches, die aus den Cordilleren- Pässen her- vorbrachen, viel zu leiden. Indefs stand die Colonisation auch auf die- sem gefährdeten Terrain nicht still; sie folgte südlich von der Biöbio- Mündung der Küste, wo sie von dem spanischen Fort Arauco einigen Schutz erwarten durfte, vor Allem aber dem Biobio selbst aufwärts, dessen fruchtbares Thal bei Weitem den besten Theil der Provinz Con- cepcion bildete. Es kam nun darauf an, die Ansiedler auf ihren vor- geschobenen Posten möglichst zu schützen, durch eine kräftige Hand- habung der Polizei und Justiz die Araucaner von Raub und anderen Verbrechen möglichst abzuschrecken. Zu diesem Behuf entschlofs sich das Gouvernement im Jahre 1852, aus dem Gebiet der unabhängigen Indianer und den südlichen Theilen der Provinz Concepeion eine eigne Provinz, die Provinz Arauco zu bilden, und durch eine Art von Mili- tärposten der Colonisation wirksameren Schutz und Ermuthigung zu weiterer Ausbreitung zu gewähren. Leider sind die militärischen Kräfte, welche die Republik dieser wichtigen Aufgabe widmen konnte, so ge- ring, dafs jene sonst zweckmäfsige Mafsregel sich nicht in dem Um- fange wirksam erwies, als man erwarten mochte. Die Colonisten dräng- ten sich in der Nähe der Militärposten zu stets anwachsenden Gemein- den zusammen; aber die Posten sind von einander so weit entfernt, dals sie sich weder gegenseitig prompte Hilfe leisten noch das dazwi- 2. Der araucanische Grenzdistrict. 345 sehen liegende Gebiet hinlänglich schützen können, und ihre Garniso- nen sind so schwach, dafs sie beträchtlichere Detachements nicht aus- senden können, ohne die in ihrem unmittelbaren Rayon gelegenen An- siedelungen der unumgänglichen Vertheidigungsmittel zu berauben. So hängt der Fortschritt der Colonisation im Wesentlichen noch immer von dem Muth der Ansiedler ab und — was viel bedenklicher ist, von ihren Privat- Arrangements mit ihren unmittelbaren indianischen Nach- barn, die, um Mittel zur Befriedigung ihrer Trunksucht zu erhalten, ihnen gern Land verkaufen, aber meistens unter Bedingungen, durch welche die Ansiedler in einer gewissen Abhängigkeit von ihnen er- halten werden. Sie müssen sich z. B. verpflichten, keine festen Ge- bäude auf ihren Aeckern zu errichten, ihre Besitzungen nicht durch Gräben u. dgl. zu sichern, so dafs sie, im Gefühl ihrer unsichern Lage, immer zur Connivenz gegen die Indianer gezwungen sind und oft so- gar mit diesen gegen Behörde und Gesetz gemeinsame Sache machen müssen. Solche Verhältnisse äufsern dann natürlich wieder eine nach- theilige Rückwirkung auf den Charakter der Indianer: die an der Grenze lebenden sind ein zuchtloseres Gesindel, als die im Innern des Landes, die mit der weilsen Bevölkerung weniger in Berührung ge- kommen sind. Zur Charakteristik des von der Regierung eingeschlagenen Systems erlauben wir uns im Folgenden einige Bemerkungen über die einzel- nen Posten der gegenwärtigen Grenze, die als Centralisationspunkte der Ansiedelung ein eulturhistorisches Interesse besitzen, und stützen uns dabei hauptsächlich auf einige der neueren Zeit angehörige amt- liche Denkschriften über diesen Grenzdistriet '). Schon oben deuteten wir an, dafs das Colonisationsgebiet nicht blofs gegen die Araucaner im Süden, sondern auch gegen die Pehuen- ches zu schützen ist, die in den Thälern der Cordilleren und jenseits derselben ihre Wohnsitze haben. Diesen letztern gegenüber ist An- tuco der wichtigste Posten, da ein bequemer. Cordilleren-Pafs hier mündet. Antuco liegt 7 Leguas von dem gleichnamigen Vulcan, 20 Le- guas von der Departementshauptstadt Los Angeles entfernt, in einer Gebirgsschlucht, aus welcher der Rio Laja bald darauf in die Ebene tritt. Als die Pehuenches noch kriegslustiger waren, hatte der Pals von Antuco eine grofse militärische Wichtigkeit. Damals lag in ihm weiter aufwärts am Fufse des Vulkans und am Zusammenflufs des Estero Tombuleo mit dem Rio Laja ein starkes Fort; hier verengerte sich der auf dem rechten Flufsufer hinführende Pafs auf 40 Meter Breite, ") Besonders: Memoria de las obras militares de la provincia de Arauco pre- sentada por el Sarjento Major de Artilleria Don Jose Miguel Faez (vom 10. Fe- bruar 1856), — und Informe sobre las obras militares de la provincia de Arauco en 1856, von dem Intendente der Provinz, Francisco Bascuüan Guerero. 346 Beiträge zur Kenntnifs der Republik Chile: so dafs er von einer kleinen Truppenabtheilung gegen starke Indianer- schaaren leicht vertheidigt werden konnte. Jetzt, wo die Beziehungen der Pehuenches zu den Ansiedlern einen friedfertigeren Charakter an- genommen haben und es sich mehr darum handelt, die polizeiliche Ordnung aufrecht zu erhalten, wenn die diebischen und turbulenten Gäste im Sommer des Handels wegen von den Gebirgen herabkom- men, — jetzt hat man das alte Fort um so lieber verlassen, als es in einer sehr rauhen Gegend gelegen und überdies durch die Eruptionen des Vulkan’s gefährdet war. Aber auch Antuco hat keine feste mili- tärische Garnison. Es existirt hier zwar eine Compagnie der National- Miliz, die 100 Mann stark sein soll; aber die Milizen bestehen aus Landwirthen oder Kaufleuten, die ihren Geschäften nachgehen und zum Theil nicht einmal im Orte selbst ansälsig sind. Man hat deshalb zu der Aushilfe gegriffen, im Monat December, zu welcher Zeit die Ge- birgspässe wegsam werden und der Besuch der Bergbewohner zu er- warten ist, von San Carlos ein Truppendetachement von 25 Mann nach Antuco abzusenden, welches hier bis zum April, also bis zum Ende der Verkehrs-Saison verbleibt und den Sicherheitsdienst versieht. Da aber in San Carlos selbst nur eine Compagnie stationirt, die nie voll- zählig ist, so ist es vorgekommen, dafs man es nicht gewagt hat, diese kleine Truppenzahl zu zersplittern und dafs Antuco ohne militärischen Schutz geblieben ist; dann hat es an Acten der Zügellosigkeit von Sei- ten der Indianer, und an Klagen von Seiten der Ansiedler nicht ge- fehlt, und das Thal des Rio Laja, ein sehr werthvoller Culturstreifen, verdient in der That etwas gröfsere Fürsorge. Um schnellere Hilf- leistung zu ermöglichen, schlägt Mayor Faez vor, sowohl in Antuco, wie in der Hacienda de Canteras, etwa auf halbem Wege von Antuco nach Los Angeles, eine Kanone aufzustellen, — nicht etwa, um die Reihen der Indianer niederzuschmettern, sondern zu Signalschüssen, die bei gutem Winde in Los Angeles gehört werden könnten; Signal- schüsse scheinen überhaupt das Einzige zu sein, wozu die in dem Grenzdistriet befindliche Artillerie zu brauchen ist. Ein zweiter Gebirgspals mündet etwas südlicher in das Thal des Rio Duqueco. Er ist zwar nicht so besucht,-verdient aber deshalb Be- achtung, weil man von ihm sowol nordwärts nach den Ansiedelungen am Rio Laja, wie südwärts in die eultivirten Landstriche am mittlern Lauf des Biobio hervorbrechen kann. In der That lag hier, 13 Leguas von Los Angeles, früher ein kleines Fort Villucura, welches den Ausgang der Pässe Pitrunquines und Quencos beherrschte, jetzt aber ebenfalls verlassen ist. Da alle Vorsichtsmafregeln in Antuco dazu beitragen müssen, bei den auf Raub ausgehenden Indianern diese zu- letzt genannten Pässe in Aufnahme zu bringen, ist es unerläfslich, die Defileen von Villucura unzugänglich zu machen und die Pehuenches 2. Der araucanische Grenzdistriet. 347 ausschliefslich auf die Benutzung des Passes von Antuco zu verweisen. Aber selbst die Ausführung solcher Arbeiten liegt hier im weiten Felde: sie würde voraussichtlich auf den lebhaften Widerstand der Indianer stofsen und deshalb nur unter militärischem Schutz bewerkstelligt wer- den können. Der östlichste eigentliche Militärposten gegen die Araucaner ist Santa Barbara am rechten Ufer des Biobio, wo derselbe aus dem Gebirge tritt, auf der Südseite durch den Flufs, auf den anderu durch einen ganz in Verfall gerathenen Graben gedeckt. Hier stehen eine Compagnie und zwei Kanonen, die jedoch nur mit gröfserer Gefahr für den Schützen, als für den Feind abgefeuert werden können. Der Biobio kann hier, wie an mehreren Stellen weiter unterhalb zwischen Santa Barbara und San Carlos noch durchwatet werden, aber für flache Boote wird er doch schon schiffbar. Weiter abwärts liegt der Posten San Carlos auf einer Ebene am Nordufer des Biobio, militärisch ein wichtiger Punkt, da eine Legua oberhalb und nicht ganz so weit unterhalb desselben Furthen über den Biobio führen, die im Hochsommer von den Indianern mit Bequemlich- keit benutzt werden können. Gleichwohl sind die Gräben dieses Po- stens verfallen, die hölzerne Brücke, die über den Flufs führt, ist ver- fault, so dafs hier wie in Santa Barbara zwei Boote den Verkehr mit dem jenseitigen Ufer vermitteln, und die Geschütze sind unbrauchbar: es fehlt der Garnison — einer Compagnie Linientruppen — an Werk- zeugen, um die einfachen Befestigungswerke in Stand zu halten! Die Garnisonen in Santa Barbara und San Carlos sind überdies so schwach, dafs sie ganz aulser Stande sind, die zwischen beiden Punkten gele- genen Furthen des Flusses zu überwachen; sie können nicht einmal nach den gerade gefährdeten Hacienda’s Detachements abschicken, da die in ihrem eignen Schutz gelegenen Ansiedelungen — und die von San Carlos soll recht blühend sein — sonst blofsgestellt werden wür- den; und diese Unzulänglichkeit der Vertheidigungsmittel wissen sich . die Indianer bei ihren Raubzügen zu Statten zu machen. Noch übler ist es mit den Posten Negrete und Nacimiento be- stellt, da beide am südlichen Ufer des Biobio gelegen, von dem Haupt- Waffenplatz Los Angeles also durch einen Flufs getrennt sind, der bei Hochwasser ganz unpassirbar ist. Negrete liegt am Zusammenflufs des Duqueco und Biobio auf einer sandigen und ziemlich unfruchtbaren Ebene, so dafs man daran gedacht hat, sowol den Militärposten, wie die Colonie, die sich hier gebildet hat, an eine geeignetere Localität über- zusiedeln. Höhere Bedeutung hat Naeimiento. Es liegt an der Con- fluenz zweier schiffbaren Flüsse, des Biobio und Vergara. von denen der letztere weit in das Innere des fruchtbaren Valle Andino hinauf- führt und auch seinerseits mehrere schiffbare Zuflüsse, namentlich den 348 Beiträge zur Kenntnifs der Republik Chile: Renaico und Malleco aufnimmt. Von hier aus könnten also die Flufs- thäler, denen sich die Ansiedler vorzugsweise zugewandt haben, den wirksamsten Schutz erhalten. Aber die Besatzung besteht auch hier nur aus einer Compagnie, und bei dem Mangel einer festen Brücke ist überdies die Communication mit Los Angeles zu gewissen Jahreszeiten unterbrochen. Das alte Fort Arauco an der Küste, der fünfte und letzte Militär- posten, ist ganz verfallen und würde auch in besserem Zustande un- brauchbar sein, da es von anderweitigen Baulichkeiten dicht umgeben ist. Auch seine Lage hat ihre militärische Wichtigkeit längst verloren, da die Colonisation weit nach Süden vorgeschritten ist und von diesem an der Grenze gelegenen Posten keine wirksame Hilfe mehr empfan- gen kann. Von Arauco abgesehen, liegen also die vier anderen Garnisons- punkte am Ufer des Biobio, d.h. an der Südgrenze des von der Pro- vinz Concepcion losgelösten Departements Los Angeles. Diese Ver- theidigungslinie entspricht indefs nicht mehr den gegenwärtigen Ver- hältnissen; denn man würde irren, wenn man annehmen wollte, dafs sie in Wahrheit die Südgrenze der Colonisation im Araucaner- Gebiet bezeichnet. In dem Landstrich, der im Norden durch den Biobio, im Osten durch die Anden, im Süden durch den Malleco, im Westen durch den Taboleo und die Cordillera von Nahuelbuta begrenzt wird, — in einem Gebiet, welches sich von Westen nach Osten 18 Leguas, und von Norden nach Süden i? Leguas weit ausdehnt, leben zur Zeit be- reits 13,000 weilse Colonisten, von denen sich 3500 um die Posten Negrete und Nacimiento zusammengedrängt haben, während der Rest sich auf 130 den Indianern abgekauften Besitzungen über dieses weite Gebiet zerstreut hat. Innerhalb der bezeichneten Grenzen beläuft sich die Zahl der waffenfähigen Indianer nur auf 700 Köpfe, so dafs die gesammte indianische Bevölkerung hier etwa 2800 Seelen betragen mag. Eben so bedeutend ist die Ansiedelung im Valle de la Costa vorge- schritten. Sie hat sich hier von dem Grenzfluls, dem Rio Araquete, allmählich nach Süden ausgebreitet bis zu dem 30 Leguas entfernten Rio Leiva, so dafs bereits die Hälfte dieses Thales von den Weilsen oceupirt ist. In diesem Gebiet leben etwa 14,000 Spanier, von denen nur 2800 auf den Flecken Arauco kommen, während der Rest sich auf etwa 400 ländliche Besitzungen zersplittert hat. Die Zahl der Indianer auf diesem Gebiet wird nur auf 1600 Seelen veranschlagt. Solehe Fortschritte haben die Colonisten auf eigene Gefahr ge- macht, ohne eines kräftigen Schutzes von Seiten ihrer Regierung ge- wils zu sein. Das ist eine Thatsache, welche das Gouvernement ernst- lich an seine Pflichten erinnern sollte; denn man kann denken, dafs f 2. Der araucanische Grenzdistrict. 349 diese energischen Culturversuche mit manchen bittern Fehlschlägen, mit manchen herben Verlusten verknüpft gewesen sein müssen. Das Be- dürfnifs des Schutzes mögen die Ansiedler im Valle de la Costa, des- sen indianische Bevölkerung einen friedfertigeren Charakter zeigt, we- niger empfinden; im Valle Andino — und dieses ist der fruchtbarste Theil der Provinz — ist es sehr lebhaft, und die Bevölkerung hält es für unerläfslich, die Linie der Militärposten weiter nach Süden zu ver- legen. Auch der Intendente der Provinz ist von der Nothwendigkeit dieser Mafsregel überzeugt; er schlägt vor, Nacimiento zum Haupt- Waffenplatz zu machen, wozu es durch seine Lage am Zusammenflufßs schiffbarer Flüsse besonders geeignet erscheint, und dann am Vergara aufwärts bis zur Mündung des Malleco und längs dieses zuletzt ge- nannten Flusses eine Reihe von Posten anzulegen, die in Nacimiento ihren sichern Stützpunkt finden könnten. Damit wäre das gegenwär- tige Colonisationsgebiet umschlossen und gesichert und die Möglichkeit eines ferneren Fortschritts eröffnet. Er hat auch den Gedanken an Militär-Colonien in Anregung gebracht, die aus entlassenen, zum regel- mälsigen Dienst nicht mehr tauglichen Soldaten gebildet werden sollen, — einer Menschenklasse, die jetzt meist ohne nützliche Beschäftigung ihr Leben zubringt oder gar vagabondirend das Land durchstreift. Ob so nützliche Pläne zur Ausführung kommen werden, steht dahin, selbst wenn die Republik die revolutionäre Krisis, von der sie jetzt heimge- sucht ist, überwindet; sicher ist, dafs die Provinz nur durch solche heilsame Mafsregeln zu der Stufe emporgehoben werden kann, zu der sie von der Natur bestimmt ist, — eine der wichtigsten ackerbautrei- benden Provinzen des jungen Staates zu werden. Werfen wir noch einen flüchtigen Blick auf die Küste. Vom Rio Araquete im Norden bis zum Rio Tolten im Süden fehlt es an einem eigentlichen Hafen. An der Mündung des Rio Curampangue, eine Le- gua von Arauco entfernt, befindet sich eine — gegen Nordwinde nicht gesicherte Rhede mit gutem Ankergrunde in drei Faden Tiefe; aber die Einfahrt in den Flufs ist durch eine Barre mit nur 1# Fufs Wasser versperrt. Schiffe haben diese Rhede bisher selten besucht, aber die Anwohner bringen auf Booten Bauholz und Feldfrüchte nach den Kohlen- distrieten von Lota und Coronel. Wichtiger verspricht ein südlicherer Punkt zu werden, — die Mündung des Flüfschens Levu, unter 37° 35’ 45” S. Br. Diese Bucht hat sandigen Ankergrund in 5 bis 27 Faden Tiefe, ist aber leider gegen die vorherrschenden Westwinde geöffnet. Ihre Zukunft liegt in den neuerdings hier entdeckten Kohlenlagern, deren Product das von Lota und Coronel an Güte übertreffen soll. Aufserdem ist die Umgegend überaus fruchtbar, und das vom Levu durehströmte Gebiet reich an trefflichem Bauholz. Unter solchen Um- 350 Beiträge zur Kenntnifs der Republik Chile: ständen wird hier ohne Zweifel bald ein Ort entstehen, der mit dem so rasch aufblühenden Coronel wetteifern wird. Was die Gesammtbevölkerung der Provinz betrifft, so liegt uns für das Departement Laja (Los Angeles) keine neuere Angabe vor, als die in dem bereits angeführten Werke von Perez-Rosales, — 24,407 Seelen im Jahre 1854. Rechnet man dazu die oben mitgetheilten An- gaben für das Valle Andino südlich vom Biobio mit 13,000 Seelen, für das Valle de la Costa mit 14,000 Seelen, so wird man die spani- sche Bevölkerung der Provinz zur Zeit auf mindestens 52,000 Seelen veranschlagen müssen. Ueber die Zahl der Indianer variiren die An- gaben sehr; Perez-Rosales ist der Ansicht, dafs sie sich höchstens noch auf 10,000 beläuft, und die oben angeführten Data über die Zahl der Indianer in den cultivirten Distrieten lassen schliefsen, dafs diese Schätzung schwerlich zu niedrig ist. Demnach würde die Gesammtbe- völkerung der Provinz 62,000 Seelen betragen, — doppelt so viel wie die der Provinz Valdivia, und ungefähr eben so viel wie die der Pro- vinz Chiloe. 3. Rio Maullin. Im Jahre 1856 beauftragte die chilenische Regierung den Marine- Lieutenant Hudson. Befehlshaber der Goelette Janequeo, den Rio Maullin in hydrographischer Hinsicht zu untersuchen. Man wulste zwar, dals dieser Fluls nach seinem Austritt aus dem See Llangui- hue einen starken Wasserfall bildet; gleichwohl blieb es immerhin möglich, dafs der wasserreiche Strom wenigstens bis zu diesem Punkte für die Schifffahrt benutzt und dadurch dem Verkehr mit dem Coloni- sations-Territorium Llanquihue der Weg durch die sehr gefahrvolle Stralfse von Chacao erspart werden könnte. Lieut. Hudson hat im October jenes Jahres den Strom von seiner Mündung bis zu den Wasserfällen untersucht und aufgenommen, und später sich auch be- müht, vom See Llanquihue aus zu Lande bis zu den Wasserfällen vor- zudringen. Das letztere Unternehmen hat er freilich bei diesem ersten Versuch in Folge ganz unerwarteter Schwierigkeiten nicht vollständig ausführen können; die Erforschung des untern Flufslaufes hat dagegen ein befriedigendes Resultat geliefert. Sie hat nicht blols gezeigt, dals der Maullin 45 Seemeilen weit für kleine Dampier bis zu 300 Tonnen Gehalt fahrbar ist, sobald man ihn von dem dort aufgehäuften Treib- holz befreit hat, sondern auch durch die Entdeckung von Kohlen an der Mündung des Flusses es wahrscheinlich gemacht, dafs die Kohlen- formation, die, wie wir bereits hervorgehoben haben, an verschiedenen Küstenpunkten der Provinzen Concepeion und Arauco zu Tage tritt, sich durch die Provinz Valdivia bis zur Stralse von Chacao ausdehnt. FE 3. Rio Maullin. 351 Hudson hat über seine Unternehmungen zwei ausführliche Berichte er- stattet, einen an den Intendente der Provinz Chiloe, den andern an den Marine-Minister; wir stellen im Folgenden das Wesentlichste aus beiden zusammen. „Am 6ten October segelte ich von Ancud ab, und da wir bestän- digen Südwestwind hatten, erreichte ich schon nach fünf Stunden die Mündung des Maullin, die schon von ferne leicht zu erkennen ist, da der westliche Theil des unter dem Namen El Amortajado bekannten Hügels einen steilen Uferabhang von gelblicher Farbe bildet, welcher sich nach Süden hinzieht. Am 7. October begann ich mit der Auf- nahme des linken Stromufers, die ich 10 Miles weit fortführte, und ging am folgenden Tage zur Aufnahme des rechten Ufers über, die ungeachtet des sumpfigen Terrains noch etwas weiter gefördert wurde. Für die Weiterfahrt nahm ich bier aufser meiner Schaluppe ein Flufs- boot mit, bemannt mit fünf Personen, welche die Hindernisse der Strom- Schifffahrt auf dem Maullin kannten, konnte am folgenden Tage aber nur zwei Leguas weiter kommen, da ein heftiger Regen uns nöthigte, an der Punta Misquihue zu landen und im Walde Schutz zu suchen. Auf dieser Strecke finden sich mitten im Flusse einige Untiefen; das Fahrwasser auf beiden Seiten bleibt aber noch eine Seemeile breit. Am i0ten erreichten wir Vormittags um 10 Uhr den Punkt Meli, nach- dem wir zwei Stunden gegen eine Strömung gekämpft hatten, die zwei bis vier Miles in der Stunde betrug. Da meine Leute auf der Scha- luppe, unbekannt mit der Flufsschifffahrt, nur schwer gegen den Strom vorwärts kamen, liefs ich das Fahrzeug hier zurück, um in dem Boot weiter aufwärts zu fahren. Der erste Roble (Fagus obliqua), den ich hier sah, hatte in 2 Meter Höhe noch 7 Meter Umfang und eine Höhe von 30 Metern, und in der Folge bemerkten wir noch mehr eben so mächtige Stämme. Am folgenden Tage fuhren wir aufwärts bis zur Cordillera Vieja, am 12ten bis zur Cordillera Nueva, — kurze Strecken, da die Ruderer bei der starken Strömung bald ermüdeten. In Folge eines dichten Nebels, bei dem man Gefahr gelaufen wäre, auf einen der zahlreichen Baumstümpfe zu gerathen, die hier das Flufsbett an- füllen, brachen wir am nächsten Tage später auf, kamen aber schon nach drei bis vier Seemeilen an eine Flufsbiegung, in welcher sich die Baumstämme dermafsen aufgehäuft hatten, dafs der Flufs durch die wenigen offenen Stellen mit unüberwindlicher Gewalt hindurchschofs. Ich wollte am Ufer eine Passage durchhauen lassen, um die Gegen- strömung, die sich unmittelbar an den Ufern bemerklich macht, zu be- nutzen, aber nach fast dreistündlicher Arbeit sahen wir uns doch ge- nöthigt, das Boot in’s Schlepptau zu nehmen. Indefs erwies sich auch dieser Versuch, nachdem wir ihn eine Seemeile weit fortgesetzt hatten, 352 Beiträge zur Kenntnifs der Republik Chile: als unpraktisch, da sich längs des Ufers ein dichter und sumpfiger Wald hinzog; wir ruderten also mühsam fort bis zu einer Flufskrüm- mung, die bei den Einheimischen unter dem Namen Derrumbe bekannt ist. Hier betrug die Strömung schon 6 bis 7 Miles, und die Masse von Baumstämmen, die von beiden Ufern in das Wasser gefallen war, ver- engerte die Passagen und steigerte dadurch die Gewalt der Strömung. Wir landeten also am linken Ufer und traten Nachmittags unsern Weg zu Lande nach der Cascade an. Unter grofsen Schwierigkeiten, in Folge der Sümpfe und Nebenflüsse, die wir zu überschreiten hatten, marschirten wir an diesem Tage 8 Leguas weit, und nächtigten an der Mündung eines Nebenflusses, wo uns, freilich aus weiter Ferne, das Brausen des Wasserfalles entgegentönte. Auch am nächsten Tage muls- ten wir noch mehrere Nebenflüsse überschreiten, ehe wir unser Ziel erreichten. Der Maullin bildet hier drei Wasserfälle, der stärkste ist 6 Fufs, die beiden andern 3 und 4 Fuls hoch, und dies erklärt das laute, so weit hin vernehmliche Brausen.* „Nach meinen Beobachtungen kann ein kleiner Dampfer den Maul- lin ohne Schwierigkeit aufwärts fahren, sobald der Flufs von den Baum- stämmen gereinigt ist, die wesentlich dazu beitragen, die Gewalt der Strömung zu steigern; — eine Arbeit, die bei günstiger Witterung in einem Monat beendigt werden könnte. Nach der Reinigung des Flufs- bettes würden auch Segel- und Ruderboote, die jetzt durch die Auf- häufung des Treibholzes genöthigt sind, gegen die starke Strömung in der Mitte des Flusses anzukämpfen, die ruhigeren Stellen und Gegen- strömungen in unmittelbarer Nähe der Ufer bei der Bergfahrt zu be- nutzen im Stande sein.“ „Die Fluth macht sich 30 Miles weit bis zur Insel Ortuzar be- merklich; weiter aufwärts wird die Strömung des Flusses stärker und steigt bis auf 7 Miles in der Stunde. Im Winter mufs sie noch be- deutender sein, denn ich habe hier Spuren eines um 6 Fuls höheren Wasserstandes bemerkt. Im Uebrigen ist der Flufs ziemlich breit, und seine Tiefe schwankt zwischen 14 und 8 Faden, so dafs Dampfer von 300 Tonnen Gehalt kein Hindernifs finden.“ „Die Einfahrt in den Maullin schien mir Anfangs mit Schwierig- keiten verknüpft zu sein. Beiden Ufern sind Untiefen vorgelagert und fast in der Mitte der Mündung liegt eine Klippe, die bei Springfluth von Wasser bedeckt ist. Aber nach genauerer Untersuchung fand ich, dafs das Fahrwasser zwischen der Klippe und der, Pangal ge- nannten Untiefe etwa eine Seemeile breit und für Schiffe jeder Art hinlänglich tief ist. Aufserdem liegt an der Mündung am Fufse des Amortajado ein schöner und sicherer Hafen, welcher wohl zehn Schiffen 3. Rio Maullin. 353 Schutz gewähren kann und fast überall 2 bis 8 Faden tief ist; ich habe diese Bai Bahia Puelma ') genannt.“ „Es kann kaum einen schöneren und malerischeren Flufs geben als den Maullin. Das linke Ufer von der Ortschaft Maullin aufwärts und das ganze rechte Ufer ist mit hochstämmiger Waldung bedeckt, in welcher Robles (Fagus obligua), Pellines, Maniu’s, Muermos (Ul- men) und Tiques, aufserdem der Meli, der Pelu und andere weniger hochwüchsige, aber nicht minder geschätzte Bäume in Menge vor- kommen ?). Dicht am Ufer findet man das trefflichste Bauholz; ich bin ziemlich weit in die Wälder vorgedrungen und habe mich über- zeugt, dafs ihr Reichthum an Bauholz auch in einer langen Reihe von Jahren nicht erschöpft werden kann und dafs namentlich der Schiffs- bau hier das vorzüglichste Material findet. Nur die Cypresse kommt hier nicht vor, und der Alerce findet sich erst in beträchtlicherer Ent- fernung vom Ufer. Aufserdem hat der Maullin mehrere schiffbare Zu- flüsse, deren Ufer ebenfalls mit dichten Wäldern bedeckt sind, welche dem Unternehmungsgeist ein ergiebiges Feld der Thätigkeit verspre- chen. Von der Insel Ortüzar aufwärts gehört das Land zu beiden Sei- ten des Flusses dem Fiseus, und könnte zur Anlage von Colonien be- nutzt werden, die in Anbetracht der Fruchtbarkeit des Bodens sowol bei Ackerbau wie bei Viehzucht Gedeihen finden würden.“ „An verschiedenen Punkten des Flusses liegen grofse Rohrfelder, zuweilen von nıehr als zwei Leguas Ausdehnung. Das Rohr wird ge- wöhnlich 20 bis 30 Fufs hoch.* h „Der Amortajado mufs Steinkohlenlager enthalten, da ich an der i Bahia Puelma grofse Stücke von Steinkohlen in beträchtlicher Menge _ gefunden habe. Die Regierung sollte einen tüchtigen Mineralogen hier- hersenden, der die Küste vom Amortajado nordwärts bis Quillagua, wo auch gute Kohlen gefunden sind und ein trefflicher, sehr sicherer Hafen liegt, genau untersuchte. Nach der Bodenbeschafienheit zu schliefsen, muls dieses Mineral auch an verschiedenen anderen Stellen ’) Nach dem Namen des damaligen Intendente der Provinz Chiloe. ?) Pellin ist nach Perez Rosales (Essai sur le Chili p. 146) keine besondere Baumart; man theilt vielmehr die Robles nach ihrem Alter in Hualles und Pellines. _ Die letztero haben ein sehr hartes und dauerbares Holz, das man gern zum Häuser- und Schiffsbau benutzt; es widersteht der Feuchtigkeit sehr gut. Nach Gay verdirbt das Holz von jungen Stämmen der Fagus obliqua, wenn es der Witterung ausgesetzt "ist, sehr leicht; erst bei alten Bäumen erhält es seinen unverwüstlichen Charakter. Man scheint indefs nicht blofs von dieser Buchenart, sondern auch von andern, z. B. vom Reuli oder Rauli (Fagus procera) das Kernholz Pellin zu benennen; es werden selbst pellines de muermo erwähnt. — Maüiu ist Podocarpus chilena, ein geschätztes Tischlerholz. — Das Holz des Pelu zeichnet sich nach Philippi durch aufserordent- liche Härte aus. Der Tique und Meli sind mir unbekannt. Zeitschr. f. allg. Erdk. Neue Folge. Bd. VI. 23 354 Beiträge zur Kenntnifs der Republik Chile: des Flusses vorkommen, besonders reichlich aber in der Nähe der Hä- fen Puelma und Quillagua. Beide Punkte können übrigens Schiffen bei widrigem Winde erwünschte Zufluchtsorte gewähren.“ „Ich kehre nun zu meinem Reisebericht zurück. Von einem hohen Baum in der Nähe der Wasserfälle konnte ich im NO. den Vulcan von Osorno erblicken, in einer Entfernung von etwa 25 Miles; den See von Llanquihue bekam ich aber nicht zu Gesicht. Auf meinen Wunsch, bis zu dem letztern vorzudringen, mulste ich jetzt verzichten; denn der Wald ist in dieser Jahreszeit aulserordentlich sumpfig, und da ich über- dies noch zwei Nebentlüsse des Maullin hätte überschreiten müssen, würde die Excursion mindestens drei Tage gekostet haben, so dafs mein Proviant nicht ausgereicht hätte. Ich kehrte also auf demselben Wege zu unserm Boote zurück, und fuhr dann sondirend und die Auf- nahme des Flusses beendend stromabwärts.. Am ?20sten war die Ar- beit vollendet und am 22sten kehrte ich nach Ancud zurück.“ „Hier entschlofs ich mich, nach dem See von Llanquihue zu gehen, um den Maullin auf der Strecke von seinem Austritt aus dem See bis zu den Wasserfällen zu untersuchen. Am 28. October brach ich in Begleitung des Herrn Intendenten der Provinz auf, aber in Folge der schlechten Witterung kamen wir erst am 2. November in Puerto Montt an. Am 4ten begaben wir uns von hier nach dem See, und am näch- sten Tage brachte uns eine Bootfahrt von fünfviertel Stunden an den Ausflufs des Maullin, wo wir von Herrn Geilse, dem Ingenieur der Colonie Llanquihue, mit grolser Zuvorkommenheit aufgenommen wur- den. Für meine Expedition wurde voın andern Ufer ein Canoe oder Bongo herbeigeschafit, und am folgenden Tage trat ich in Begleitung von vier Personen die Fahrt an. Aber schon nach einer halben Stunde überzeugte ich mich, dafs die zahllosen Bäume, die im Bett des Flusses wurzelten und wuchsen, die Fahrt unmöglich machten. Wir traten also, mit Lebensmitteln auf drei Tage versehen, den Weg zu Lande an, und suchten den Fluls so gut als möglich im Auge zu behalten und seinen Lauf zu verfolgen. Am nächsten Tage trat uns ein Hin- dernifs nach dem andern entgegen und wir konnten an ihm nur drei Leguas durch die fast undurchdringliche Waldung zurücklegen. Meine Leute, die einen Weg durch das Gehölz bahnten, waren ganz erschöpft; | unglücklicher Weise regnete es die Nacht hindurch, und wir drängten | uns dicht an’s Lagerfeuer, da wir uns mit Decken leider nicht hin- länglich versehen hatten. Am $ten ging es weiter, bergauf und bergab | und über Schluchten, auf so beschwerlichen Wegen, dals wir oft in | einer Stunde nicht 200 Schritt vorwärts kamen. Mit Vertheilung der | Lebensmittel hatte ich mich schon sparsam eingerichtet; aber am 9ten I waren sie erschöpft, und da wir noch immer nicht das Brausen der 3. Rio Maullin. 355 Wasserfälle hörten, mufste ich mich zur Rückkehr entschliefsen; meine Leute waren so erschöpft, dafs noch ein Tag so anstrengender Arbeit, wie sie dieselbe bisher gehabt, sie niedergebrochen haben würde, zumal es jetzt an Lebensmitteln fehlte. Bei der Rückkehr konnten wir den von uns gebahnten Weg wieder einschlagen, und als Speise blieben uns für den Nothfall noch ein paar Lederriemen übrig.“ Durch Hunger und Strapazen geschwächt, brauchten die Reisen- den für den Rückweg 24 Tage und trafen am See gerade in dem Mo- ment ein, als eine Anzahl Personen auf Anordnung Geisse’s sich eben auf den Weg machen wollte, um die Vermilsten aufzusuchen und ihnen mit Lebensmitteln zu Hilfe zu kommen. Hudson bemerkt, dafs Phi- lippi auf seiner Karte die grofse und auffallende Biegung des Maullin gleich nach seinem Austritt aus dem See ganz richtig gezeichnet hat; er hatte diese Darstellung für übertrieben gehalten und wahrscheinlich deshalb die Entfernung der Wasserfälle vom See längs des Flufsufers viel zu gering veranschlagt. Man sieht aus dem Bericht, welche Hin- dernisse die feuchten Urwälder Süd-Chile’s einer Erforschung des In- nern entgegenstellen; sie wuchern selbst in die Flufsbetten hinein und machen breite Stromadern für den Verkehr ganz nutzlos, so lange die in ihnen wurzelnden Baumstämme nicht ausgerodet sind. Das Letztere ist eine so beschwerliche Arbeit, dals es uns, falls man den Maullin für den Verkehr mit der Colonie Llanquihue benutzen will, weniger mühevoll erscheint, von den Wasserfällen in gerader Richtung zum See eine Picade durchzuhauen. In seinem untern Stromlauf ist der Maullin dem Verkehr, der namentlich den Holzreichthum ausbeuten könnte, zugänglich, für Dampfer bis zu den Wasserfällen, für Segelschiffe aber, der starken Strömung wegen, höchstens 18 Miles weit; weiterhin müls- ten sie sich in’s Schlepptau nehmen lassen. XII. Micronesien. Eine geographische Skizze von Dr. Biernatzki. Die Inselgruppen im Stillen Ocean, welche die neuere Geographie mit dem Gesammtnamen Micronesien, d. h. Gebiet der kleinen Inseln, benannt hat, erstrecken sich von Westen nach Osten über 50 Längengrade (von 130° bis 180° östl. Länge von Greenwich) und von Süden nach Norden über 24 Grade der Breite (vom 3° bis 27° nördl. 23” 356 Biernatzki: Breite). Die nördlichste Gruppe, die der Ladronen, welche zu den isolirten Inselreihen Oceaniens gehören, ausgenommen, bildet Microne- sien einen Theil des Aulsengürtels vom insularen Australien, und zwar denjenigen, der von Neu-Guinea und den ihm vorliegenden Inseln aus in nördlicher und nordöstlicher Richtung liegt. Von der Gesammt- Oberfläche der Erde nimmt es, das die Inseln umrauschende Meerge- biet eingerechnet, einen Flächenraum von reichlich 225,000 Quadrat- meilen ein, wovon freilich nicht einmal der tausendste Theil das insu- lare Festland ausmacht. Eine Anzahl dieser oceanischen Inseln gehört zu den sogenannten „hohen“, die meistens eine runde oder elliptische Gestalt haben, bergig und vielfach vulkanischen Ursprungs sind; die übrigen sind „niedrige“ Korallen -Eilande, unter denen manche Atolls (Ring- oder Lagunen-Inseln). Nach mäfsiger Schätzung wird diese Inselwelt gegenwärtig von etwa 200,000 Menschen bevölkert, die auf circa 130 Inseln vertheilt wohnen, welche vier grölseren Inselgruppen, den Ladronen, den Carolinen, den Marschalls-Inseln und den Kings- mills-Inseln angehören. Ihrer Lage nach umfassen diese vier Insel- gebiete Nord-, West-, Ost- und Süd-Micronesien. Das erstge- nannte dehnt sich in der Richtung von Süden nach Norden, West- Micronesien West nach Ost, Ost- und Süd-Mieronesien erstrecken sich von Nordwesten nach Südosten. Die nachfolgende, meistentheils den für die geographische Kunde Mieronesiens noch unbenutzten Berichten von Missionaren entlehnte Darstellung, die uns ein übersichtliches Ge- sammtbild dieser ausgedehnten insularen Welt vor Augen führen soll, wird am längsten bei mehreren noch sehr wenig bekannten Gruppen und Eilanden verweilen, dagegen Bekannteres nur andeuten. Nord-Micronesien oder die Ladronen, am 6. März 1521 von Magelhaens entdeckt, anfangs Islas de Velas latinas, darnach Islas de ladrones (Diebs-Inseln) genanzt, dehnt sich von 13° 22’ bis 20° 25’ N. Br. aus. Das ihnen angehörende Meergebiet nimmt 25 Längengrade (vom 130° bis 155°) ein. Man zählt, je nachdem man mehrere unbe- wohnte Felseninseln mitrechnet oder übergeht, 14 oder 20 Inseln, mit einem Flächeninhalt von eirca 57 Quadratmeilen, von denen die nörd- lichen sämmtlich hoch und von basaltischer Structur, theils ausgebrannte, theils noch thätige Vulkane sind. Ein spanischer Priester Sanvitores, der zuerst auf den Ladronen das Christenthum einzuführen versuchte, nannte die Inseln, zu Ehren der Gemahlin Philipps IV., Marianen. Bei ihrer Entdeckung waren sie mit circa 150,000 Seelen bevölkert, die auf den gröfseren Inseln lebten. Von diesen Ur-Einwohnern gab es 1816 nur noch eine Familie auf dem südlichsten, zuerst entdeckten Eilande Guam oder Guajan. Gegenwärtig zählt die Bevölkerung nur 10,000 Seelen, welche vorzugsweise aus einer von spanischen Ansied- lern in Mexico und auf den Philippinen und von den eingeborenen Micronesien. 357 Insulanern herstammenden Nachkommenschaft besteht. Die römisch- katholische Kirche besafs 1816 auf den Ladronen 5,386 Convertiten; die Mission ist seitdem weniger gepflegt worden. Die Inseln, welche. so lange Spanien noch blühende Niederlassungen in Amerika besals, eine sehr gelegene Zwischenstation bildeten, stehen noch jetzt unter einem spanischen Gouverneur. Der Boden derselben ist meist frucht- bar und die Vegetation üppig. Weit zahlreicher, anbaufähiger und darum wichtiger ist die Insel- kette der Carolinen oder West-Micronesien, deren östlichste Ua- lan oder Strong’s Insel, die westlichste Tobi oder Lord North’s Insel heilst. Sie umfafst einen Flächenraum von 22 Längen- und 8 Breiten- graden und zählt fast 500 Inseln in etwa 48 Gruppen. Bereits ehe die Carolinen diesen gemeinsamen Namen erhielten, den ihnen 1686 der spanische Admiral Francesco Lazeano beilegte, waren einige von ihnen entdeckt worden. Schon 160 Jahre früher, 1525, fand der Por- tugiese Diego da Rocha eine dieser Inseln, yon der sich nur nicht mit Sicherheit angeben läfst, ob es die Pelew-Gruppe oder die von dieser westwärts gelegenen Sequiras-Inseln oder die östlicher liegende Insel Lamoliaur gewesen. Im Jahre 1528 sah der Spanier Alvaro de Saa- vedra die Ouluthy-Gruppe auf dem 10ten Grade nördl. Breite; Francis Drake fand im September 1579 die Pelew-Inseln. Später sind meh- rere der Carolinen häufiger besucht und erforscht worden. Fünf Grup- pen: Ualan, Ponape, Hogoleu, Yap und Pelew gehören zu den vul- kanischen, hoch gelegenen Inseln, auf denen wir uns an der Hand unserer Gewährsmänner, die ihre Beobachtungen an Ort und Stelle ge- macht haben, ein wenig genauer umschauen wollen. Ualan oder Strong’s Insel — Capitain Crozier, ein amerika- nischer Whaler, der die Insel 1804 entdeckte, benannte sie zu Ehren des Gouverneurs Strong von Massachusetts — ist der Name einer von den Eingeborenen Kusaia genannten Gruppe, deren gröfseste Insel Ualan heifst. Sie liegt 600 engl. Meilen westnordwestlich von Makin, einer zur Kingsmill-Gruppe gehörenden Insel, unter 5° 19’ nördl. Br. und 163° 6’ östl. Länge. hat etwa 30 engl. Meilen im Umkreise und ist nach Lütke 1914 Fuls hoch. Im Jahre 1852 am 21. August lan- dete Dr. Gulick und seine Begleiter Clark und Snow an Bord der „Ca- roline“ auf Ualan, wo sie von einem der dort ansäfsigen Fremden, Herrn Kirkland, empfangen wurden. Nach wenig Tagen hatten sie eine Audienz bei dem in Lela residirenden König Georg, dem sie von Capt. Holdsworth, der schon vorher dem König aufgewartet hatte, vor- gestellt wurden. „Wir waren alle,* schreibt Mr. Snow '), der dort ") Vergl. Missionary Herald, herausgegeben von dem American Board of Com- missioners for Foreign Missions 1853 p. 84 fl. 358 Biernatzki: als Missionar zurückblieb, „durch das durchaus asiatische Aussehen der Eingeborenen überrascht und diejenigen unter uns, die darüber am besten urtheilen konnten, meinten auch in der Sprache asiatische Ei- genthümlichkeiten wiederzufinden. Herr Kirkland, der seit zwanzig Monaten sich hier angesiedelt, sagte uns, dafs die meisten Eingebore- nen recht gut englisch sprechen könnten, was wir jedoch nur zum Theil bestätigt fanden. Dennoch mufsten wir uns wundern, dafs ein so wenig mit Amerikanern und Engländern verkehrendes Volk so viel Englisch gelernt hatte. Allein unsere Verwunderung nahm ab, als wir uns von der Beobachtungsgabe und aufserordentlichen Wifsbegierde der Eingeborenen überzeugten. Polygamie kennen sie nicht. Arbeit wird unter allen Ständen hochgeachtet. Sie treiben vorzugsweise Fischerei und sind im Schiffs- und Häuserbau nicht unerfahren. Der Sohn wählt des Vaters Beschäftigung. Der gegenwärtige König war ein Fischer, auch fischt er noch jetzt gern. Soviel wir sehen konnten, waren die Angesehenen eben so arbeitsam, wenn nicht noch arbeitsamer als das gemeine Volk. Der König wurde, weil er das Volk von einem despo- tischen Herrscher, seinem Vorgänger, befreite, von den Angeseheneren auf den Thron gehoben. Anfangs war er zu seinem früheren Gewerbe zurückgekehrt, erst wiederholten Aufforderungen gab er nach und nahm die Königswürde an. So hoch steht er in der allgemeinen Achtung, dals man sich ihm nur auf Händen und Füfsen kriechend nähert. Wenn er sich öffentlich zeigt, verneigen die Leute ihr Haupt; redet er sie an, so antworten sie leise und ehrerbietig; sind sie bei der Arbeit und er geht vorüber, so legen sie Alles bei Seite, Niemand schlägt die Augen zu ihm auf. Und sie thun dies Alles aus wirklicher Ehrfurcht; sie nennen ihn stets den „guten König Georg“. Die Eingeborenen sind von sanfter Gemüthsart und gelehrig, wie ich es selten gefunden. Auch die Frauen sind sehr arbeitsam, doch beschäftigen sie sich nur im Hause. Die Häfen der Insel sind eben so geschützt als bequem ge- legen. Der Boden ist aufserordentlich fruchtbar. Die Berge sind etwa 2000 Fufs hoch und auf ihren Gipfeln bewaldet.* Die Zahl der Be- wohner betrug etwa 1500. Das Klima schien für die Gesundheit der Fremden zuträglich, obwohl sehr heftige Regengüsse stattfanden. Vier Jahre später im October 1856 starb der König, er hatte sich leider dem Trunk ergeben, obwohl er die Bereitung und den Ankauf von Branntwein seinen Unterthanen verbot. Die Bevölkerung der Insel hatte seit 1852 sehr abgenommen, Mr. Snow zählte 1856 nur noch 975 Eingeborene '). Dr. Pierson, der 1856 Ualan besuchte, fand die Bevölkerung ebenfalls sehr verkommen, denn der von Jahr zu Jahr 1) Vergl. Miss. Herald 1857, p. 253. Micronesien. 359 zunehmende Verkehr mit fremden Seefahrern wirkt sehr entsittlichend, und die Arbeit der Missionare unter den Erwachsenen und der Jugend wird durch den Einflufs der heidnischen Priesterschaft vielfach paraly- sirt, wie Mr. Snow oft wahrzunehmen Gelegenheit hatte '). Am 28. August 1852 verliefs die „Caroline“ Strong’s Insel und nahm einen westlichen Cours nach der Insel Ponape (Bonabe, Pui- nipet) oder Ascension ?), welche 300 Meilen entfernt liegt. Am 6. September kamen die höchsten Spitzen des Eilands unter 7° N. Br. in Sicht. Die wahrscheinlich schon 1595 von Quiros auf seiner Fahrt von Santa Cruz nach den Philippinen entdeckte Inselgruppe, welche aber erst, nachdem der russische Admiral, damals Corvetten-Capitain Lütke sie am 2. Januar 1828 sah, allgemeiner bekannt geworden, liegt unter 6° 55’ N. Br. und 158° 25’ ©. L. Die „Caroline“ wurde bei ihrer Annäherung von mehreren Kanoes empfangen. Von einem bereits 17 Jahre auf Ascension ansälsigen Portugiesen wurde sie in den nord- östlichen oder Matalanim-Hafen gelootset. Der Ankerplatz war ganz vom Lande eingeschlossen und von einer malerischen Landschaft um- geben. Zwei und dreifsig Kanoes, jedes im Durchschnitt mit sechs Eingeborenen besetzt, umschwärmten das Schiff. Viele Eingeborene kamen an Bord, mit ihnen auch zwölf weilse Fremde. Die Missionare besuchten in den folgenden Tagen noch einen andern Hafen, der dem Kitti-Stamme, dessen Häuptling Nanakin hiefs, gehörte. Ueber die Eingeborenen berichtete damals Dr. Gulick: „Sie sind geistig wie kör- perlich regsame Leute, lebhafter, selbstständiger, aber auch verschla- gener als die Bewohner von Strong’s Insel. Man merkt es, sie stehen unter einer weniger strengen Obrigkeit. Auch von Hautfarbe sind sie heller. Ihre Häuptlinge, namentlich die jüngern, sind besonders schöne Gestalten, viel heller gefärbt als die Leute von untergeordnetem Stande. Im Handelsverkehr zeigen sie viel Klugheit, ihre gewandte Art, über ihre angesammelten Schätze zu verfügen, erinnert oft an das, was man in civilisirten Ländern wahrnimmt. Schlau und listig machen sie sich Nichts aus kleinen Diebereien; kleinere Gegenstände, die sich auf dem Verdeck unseres Schiffes befanden, wurden uns oft entwendet. Unter dem Stamm der Kitti wohnen mehrere Fremde in sehr guten Wohnun- gen und scheinen vermögend zu sein; sie erklären die Matalanim für streitsüchtige und unruhige Leute.“ Die Missionare fanden auf Ascension eine so zuvorkommende Auf- nahme, dafs Dr. Gulick dort sofort zu bleiben beschlofs. Nach Ver- lauf von vier Jahren (1856) konnte er daher folgendes Genauere über !) Vergl. Miss. Herald 1857, p. 359 ff. 2) Vergl. Miss. Herald 1853, p. 87 u. fi. 360 Biernatzki: die Insel und ihre Bewohner mittheilen !'). „Unter den Eingeborenen hat sich eine Tradition erhalten, derzufolge einst im Süden der Insel ein Fahrzeug mit Männern landete, die in so auffallende Häute ge- kleidet waren, dafs man sie nur tödten konnte, indem man ihre Au- gen durchbohrte. Wahrscheinlich waren dies Spanier, welche Panzer- hemden trugen. Andere Nachrichten erzählen von Inseln, die sich aus dem Meere erhoben und wieder verschwanden — Erscheinungen, wel- che das Volk mit Furcht erfüllten und seine Priester bewogen, die Be- ruhigung der vom Volk verehrten Geister zu bewirken. Vor zwanzig Jahren befand sich im Besitz der Matalanim eine Schiffsfigur, welche einer chinesischen Dschunke angehört zu haben schien; die Eingebo- renen erzählten den Weisen, denen sie die Figur zeigten, diese sei von einem hier gescheiterten Schiffe, welches zuerst Hühner nach der Insel gebracht habe, und noch jetzt nennen sie die Namen der Frem- den, welche von diesen Schiffe an’s Land kamen. Ein sehr bejahrter Häuptling des Kiti-Stammes, der vor einiger Zeit starb, hatte sich als junger Mann mit mehr als gewöhnlicher Kühnheit an Bord eines vor- übersegelnden Schiffes begeben und dort eine Theetasse von chinesi- schem Porcellan und einen kupfernen Theetopf erhalten, die er einem hier ansäfsigen Engländer zeigte. Einige spanische Silbermünzen und ein silbernes Crucifix wurden vor wenig Jahren in den Gewölben der berühmten Ruinen zu Matalanim aufgefunden. Ein silberner Zirkel fand sich in den Ruinen eines alten Hauses zu Kiti, und weiter land- einwärts entdeckte man vor Kurzem eine eiserne Kanone. Dennoch ist die Insel erst seit dem Besuch des Commandeurs der russischen Corvette „La Seniavine* Lütke (den 2. Januar 1828) recht bekannt geworden. Seitdem wurde sie viermal von Engländern und Franzosen besucht: 1838 von dem britischen Schiffe „Larne*, Capitain Blake; 1839 von dem französischen Schiff „Danaide*, Commandeur Du Ro- samel; 1845 von dem britischen Kriegsschiff „Hazard“ und 1851 von der französischen Corvette „Capricieuse“. Früher schon, im November 1832, ankerten zwei Walfischfänger von Sidney, der „Albion*, Capi- tain John Evans, und der „Nimrod“ Capitain White, im Hafen Ron Kiti; es sollen die ersten Whaler gewesen sein, welche Ponape anlie- fen. Seitdem mehrte sich die Zahl der jährlich ankommenden Fahr- zeuge, besonders seit September 1852. Während der für die Schifffahrt geeigneten Jahreszeit 1852 bis 53 kamen 21 Schiffe an; von 1853 bis 54 schon 32; 1854 bis 55 42, von denen 39 amerikanische Walfisch- fänger, zwei englische Kauffahrer, und ein britischer Dampfer, der die Fahrt von Sidney nach China machte. Commandeur Lütke gab den !) Vergl. Miss. Herald 1857, p. 45, u. ff. SE Micronesien. 361 Inseln Ponape, Pakin, Ant und Natik den Namen der Seniavine-In- seln; doch würde dies besser für die drei ersten allein gepafst haben. Denn Pakin und Ant sind zwei kleine Korallen-Eilande, welche zu der Ponape-Gruppe gehören, das eine 20 Meilen nordwestlich, das andere 10 Meilen südwestlich von Ponape entfernt. Pakin wird be- ständig von einigen dem Stamme der Jekoits (auf Ponape) angehören- den Leuten bewohnt und Ant häufig von den Kiti’s besucht, die das Eiland als ihr Eigenthum betrachten. „Die Ponape-Gruppe besteht aus mehreren Inseln, welche inner- halb eines Korallenriffs liegen, dessen Umfang 70 bis 80 Meilen be- trägt. Die Insel Ponape selbst ist eirca 60 Meilen im Umkreise grofs und erreicht eine Höhe von 2858 Fufs; sie füllt fast die ganze Peri- pherie des Riffs aus. Zwölf zerstreut umherliegende Basaltfelsen (oder noch einige mehr) bilden eben so viele kleine Inseln und auf dem Ko- rallenriff selbst giebt es mehr als 15 niedrige Korallen-Eilande, die in jeder Beziehung den eigentlichen Korallen-Inseln gleichen. Seinem geologischen Charakter nach ist Ponape ein Basaltfelsen, obwohl sich auch dort eine jüngere Korallenformation findet. Einen Vulkan hat die Insel aber nicht. Ehemals mufs sie ein öder wüster Fels gewesen sein; ihre Oberfläche hat jedoch durch den Verwitterungsprocels an Frucht- barkeit und Schönheit gewonnen. Kurze reifsende Ströme finden sich in grolser Anzahl, diese setzen noch fortwährend einen Alluvial-Nieder- schlag rings an den Gestaden der Insel ab, wo das gleich einer mit Smaragden gezierten Silberplatte schimmernde Korallenriff dieses kost- bare Alluvium conservirt, aus dem eine reiche Vegetation hervorsprielst. Das Riff ist an mehreren Stellen durchbrochen, wodurch vortreffliche Häfen gebildet werden. „Die Insel ist ein wahres Paradies. Ausgenommen den nördlichen Theil, wo die zerstreut umherliegenden Eilande und die kühn aufstei- genden Hügel einen wilden, malerischen Anblick gewähren, ist überall die Landschaft anmuthig, schön und heiter. Es giebt nicht leicht eine mehr romantische Aussicht, als der Blick von einer Anhöhe der Insel auf die Küste. Das Ufer senkt sich frei und anmuthig nach dem Meer hinab, das dort rauscht und brauset. Zwischen dem immergrünen Ge- stade und dem äufsern Riff erheben sich hie und da die Spitzen glän- zender Korallenfelsen aus dem Meere und zeigen dem Auge die zahl- reichen Canäle und Buchten in diesen Gewässern. An der Aufsenseite des Riffs steigen die mit weilsem Schaum besäumten Wogen auf und ab, ihr Brausen tönt wie ein Jubellied des Oceans Dem, der Alles ge- schaffen. Ualan mit seinen tief eingezackten kaum erst entstandenen Hügeln ist eine einsame romantische Schönheit — ganz einzig in ihrer "Art. Die Hogoleu-Inseln gleichen einer anmuthigen, jugendlich schö- 362 Biernatzki: nen Gruppe von Geschwistern, ohne Vater und Mutter. Ponape da- gegen ist einer ehrwürdigen Königin ähnlich, die im vollen Schmuck auf ihrem erhabenen Korallenthrone Platz genommen, um dessen Stu- fen die bescheidenen Dienerinnen, die jungfräulichen Eilande lagern. „Das zwar feuchte Klima ist doch eins der angenehmsten inner- halb der heifsen Zone. Um 7 Uhr Morgens zeigt das Thermometer gewöhnlich 77°, Mittags 84° und um 9 Uhr Abends 78° F. Die den nördlichen Sommern entsprechenden Monate sind einen oder zwei Grade kühler, als die Wintermonate, weil während des Sommers die Regen- zeit herrscht. Während des Winters und im Frühling sind die Passat- winde vorherrschend. „Die Vegetation der Insel ist aufserordentlich üppig, nicht weniger als auf der Küste von West- Afrika und den westindischen Inseln. So dicht ist die Vegetation und so dünn die Bevölkerung, dafs man vom Bord eines vorübersegelnden Schiffes aus, auch wenn man eines gele- gentlich vorbeischwimmenden Kanoes oder einer aufsteigenden Rauch- wolke ansichtig würde, doch kaum mit Gewifsheit sagen könnte, ob die Insel bewohnt sei oder nicht. Die Bevölkerung verbirgt sich 'in den üppig wuchernden Waldungen und Gebüschen. Die wichtigsten einheimischen Nutzpflanzen sind Brodfrucht, Banane, Yams, Kokosnufs, Zuckerrohr, Ava (Piper methysticum, hier Joko genannt), Arrowroot, Sassafras, wilde Orangen und Mangofrüchte. Von der Sagopalme braucht man nur die Blätter zur Bedachung der Häuser, nicht das Mark zur Nahrung. Aufserdem ist Ueberfluls an Bauholz sehr verschiedener Art. Die wichtigsten aus der Fremde eingeführten, aber acclimatisir- ten Gewächse sind Ananas, Taback, Citronen, süfse Erdäpfel, Wasser- melonen, Kürbisse, Orangen, Kaffee, Tamarinden und Guajava. Von Thieren finden sich Hunde, Hühner (angeblich, wie oben erwähnt, zu 1 Anfang dieses Jahrhunderts von einem gescheiterten Schiffe gebracht), | Tauben und einige zwanzig verschiedene Arten von Vögeln, von denen | mehrere in grofser Menge vorkommen; ferner Fledermäuse, Eidechsen, | Tausendfülse, Scorpione, Ameisen und zahllose Schaaren von Ratten. Auch Schweine und Rindvieh sind eingeführt. „Die Bevölkerung beträgt seit der verheerenden Blattern-Epidemie | im Jahre 1854 etwa 5000 und theilt sich in fünf Stämme. Der Kiti- | und der Matalanim- Stamm besitzen jeder etwa zwei Siebentel der Insel, | während die drei übrigen Stämme, der Wanega-, der Nut- und der | Jekoit-Stamm, jeder ein Siebentel innehaben. Kiti am südlichen Ge- | stade zählt eirca 1000 Einwohner, eben so viele Matalanim am öst- | lichen Ufer; diese beiden Stämme besitzen fast alles schöne Land der" Insel. Die Wanega’s im Nordosten und die Jekoit’s im Nordwesten) zählen jeder etwa 1000, während das zwischen ihnen liegende Nut nur | Micronesien. 363 200 bis 300 Einwohner hat. Die Inseln Takaiu, Tabak und die bei- den Mants gehören den Wanega’s; Param, Lungur und Portik zu Nut; jedoch gilt von diesen Allen, dafs die Bande, welche ihre Häuptlinge mit dem Häuptling des Stammes auf der Hauptinsel verbinden, sehr locker sind. „Nahe der Mündung des Ron Kiti-Flusses, der für Boote nur etwa eine Viertelmeile hinauf schiffbar ist, liegt die eine Missionsstation, die Wohnung von Mr. Sturges. Ein nahegelegener Tempel der Eingebo- renen ist seit einigen Monaten in ein christliches Gotteshaus umge- wandelt worden. Der zweite Missionar Dr. Gulick wohnt und arbeitet unter den Matalanim. Eine Meile von seinem: auf einer kleinen Insel im Matalanim-Hafen gelegenen Hause liegen die berühmten, mehrere Morgen Landes bedeckenden Ruinen, welche aus prismatisch gestalte- ten Stücken von Basalt, den man im nördlichen Theile der Insel findet, bestehen. Diese Ruinen sind die Ueberreste von Bauten eines zwar rohen, aber kraftvollen und zahlreichen Volkes, ohne Zweifel der fer- nen Vorfahren der gegenwärtigen Bewohner. Viele Ueberlieferungen und Sagen von den „Geistern“ sind noch heutzutage lebendig; sie be- ziehen sich meistentheils auf die abgeschiedenen Vorfahren. An be- stimmten Tagen feiern die Eingeborenen heute noch ihre heidnischen Feste in diesen Ruinen und bis vor 20 oder 30 Jahren wurden dort die Leichen ihrer Häuptlinge bestattet. Ueberall auf der Insel findet man Bauwerke ähnlicher Art, nirgends aber so viele und in so hohem Ansehen stehende. Viele dieser Trümmer sind ohne Zweifel Grab- stätten.“ Die Sprache der Eingeborenen ist von den Missionaren gegenwärtig zu einer Schriftsprache entwickelt worden, so dafs man daran hat den- ken können, sie zu drucken '). Im Jahre 1857 hatte man bis zum 1. Juli bereits 7000 Seiten gedruckt. Nach dem Urtheil Dr. Gulick’s hat. die Ponape-Sprache entschiedene Verwandtschaft mit den Sprachen der westlich gelegenen Inseln (dem Tagala auf den Philippinen, wie schon Wilhelm v. Humboldt und der französische Missionar Le Gobien behauptet haben). Ueberhaupt hat sie viele grammatische Eigenthüm- lichkeiten und viele Wörter mit den polynesischen Dialekten gemein. Dennoch ist diese Verwandtschaft nicht der Art, dals die Polynesier im Stande wären, ohne Schwierigkeit die Aussprache und die Gram- matik der Ponape-Sprache zu lernen. Die Eingeborenen der meisten andern Inseln Micronesiens werden auf Ponape zuerst nicht verstanden. Aus mehreren Ueberlieferungen geht hervor, dafs man hier einige Kenntnils der westlichen Eilande besitzt. !) Vergl. Miss. Herald 1857, p. 243. 364 Biernatzki: Von Ascension aus lernten die Missionare die kleine aber reiche, etwa einen Grad südlich gelegene Korallen-Gruppe Natik oder Raben- Insel kennen '). Natik hatte, als es entdeckt wurde, mehr als 100 Bewohner. Aber 1836 erfuhren die Fremden auf Ascension, es wären dort grofse Vorräthe von Schildkrötenschalen aufgespeichert. Deshalb begaben sich mehrere dorthin und tödteten alle Männer bis auf zwei; Schildpatt fanden sie aber nur wenig. Seitdem leben nur noch 38 Per- sonen auf der Insel. Von diesen sind zwei Weilse, sieben Frauen stammen von den Kingsmill’s-Inseln, ein Mann und eine Frau von Ascension und vier Männer und fünfzehn Frauen sind Eingeborene. Die übrigen acht sind Kinder, darunter ein Knabe und ein Mädchen von halbweilser Farbe. Der weilse Häuptling ist ein Schotte Namens Frazier. Er hatte seit einigen Jahren die Kinder unterrichtet und sandte Proben ihrer Schreibekunst, die sehr empfehlenswerth waren, nach Ascension; auch macht er seine Schüler mit der Bibel und dem Katechismus bekannt. Aehnliche Zustände herrschen auf der Wel- lington-Insel, die auf demselben Breitengrade mit Ascension etwa einen Grad gegen Osten liegt. Auch dort führt ein Fremder das Re- giment über die Einwohner, deren Zahl sich auf etwa achtzig beläuft. Ueber die drei letzten zu West-Micronesien gehörenden Insel- gruppen: Hogoleu, Yap und Pelew enthalten die uns vorliegenden Quellen sparsamere Nachrichten, weil hier noch keine Missionare sich niedergelassen haben. Die Hogoleu-Inseln (unter 7° 30’ N. Br. und 151° 45’ O. L.) wurden am 24. Juni 1824 von dem Franzosen Du- perrey entdeckt, obwohl vielleicht schon die älteren spanischen See- fahrer sie gesehen haben mögen. Der sie umgebende Korallengürtel beträgt 100 Meilen im Umkreis. Innerhalb desselben liegt eine Menge Eilande von basaltischer Structur zerstreut, deren gröfsestes 10 Meilen Umfang hat. Ein an dem äufseren Riff gelegenes Eiland nannte der Entdecker Torres-Insel, ein Name, der auf vielen Karten auf die ganze Gruppe übertragen worden. Die auf 35,000 Seelen angegebene Bevölkerung beträgt sicher nicht mehr als 10 bis 15,000. Kauffahrtei- schiffe haben die Gruppe nicht besucht aus Furcht vor den Eingebo- renen; übrigens hat dieselbe in der gesammten Inselkette der Caroli- nen eine nicht unwichtige Lage, da sie ungefähr die Mitte derselben einnimmt. Auch die Insel Yap, deren Bewohner gelegentlich Schiffsmann- schaften heftig angegriffen haben, ist wenig besucht worden. Sie ist lang und schmal, hat einen Umfang von 25 bis 30 Meilen und viel- leicht 3— 4000 Bewohner. Sie liegt unter 9° 3’ N. Br. und 138° ® !) Vergl. Miss. Herald 1856, p. 227. Micronesien. 365 O.L. Seit 1856 haben sich spanische Missionare dort angesiedelt. Die Eingeborenen sind gutmüthig, arbeitsam und lernbegierig. Manche Ortschaften sind noch niemals besucht worden. Die Pelew-Gruppe, unter 7° 40’ N. Br. und 134° 40’ O.L., ist die grölseste und schönste unter den Carolinen. Das etwa 20 Inseln umschliefsende Korallenriff mifst 200 Meilen im Umfange; eine der innerhalb desselben liegenden Inseln 60 Meilen. In Folge des Schiff- bruchs von Capitain Wilson 1783 brachten die Engländer Rinder, Zie- gen und Schweine dorthin. Es befindet sich daselbst nur ein einziger Hafen, der gelegentlich besucht worden. Doch weils man sehr wenig von dieser Gruppe; die Anzahl der Bewohner darf man keinenfalls höher als 15,000 annehmen, was vielleicht noch zu hoch ist '). Die Bevölkerung der Carolinen schätzt Dr. Gulick wol zu hoch auf 100,000; er meint, 40,000 könnten die sogenannten hohen Inseln bewohnen, und die bei Weitem grölsere Zahl der niedrigen Eilande etwa 60,000 Menschen ?). Sie alle haben eine gemeinsame Abstam- mung, was ihre Physiognomie, ihre Religion und ihre Sitten bezeugen. Auch ist dafür die Wurzelbildung ihrer Sprache ein Beweis; dennoch sind die einzelnen Dialecte so sehr verschieden, dafs es nicht möglich ist, für sie alle eine gemeinschaftliche Literatur zu bilden. Noch über eine zu West-Micronesien gehörende Inselgruppe ent- halten unsere Quellen einige detaillirtere Mittheilungen. Zwei der auf Ascension 1855 stationirten Missionare Herr Sturges und Herr Doane, die zu einer Conferenz der Missionare nach Ualan gereist waren, be- suchten auf ihrer Rückkehr nach Ascension die 140 Meilen östlich von dieser gelegenen M‘Askill-Inseln, über welche sie das Nachstehende berichten ?). „Es sind drei Inseln und zwar Korallen -Eilande, doch höher als diese gewöhnlich sind, nämlich 60 bis 100 Fufs. Sie haben einen sehr culturfähigen Boden, zahlreiche Kokospalmen und Brodfrucht- bäume, auch Bananen. Ursprünglich, wie es heilst, von Ascension aus bevölkert, sollen sie gegenwärtig eirca 1000 Bewohner zählen, welche die auf Ascension übliche Sprache sprechen. Vor einigen Jahren wurde Capitain Luce von den Bewohnern erschlagen; er soll mancherlei von ihnen gekauft haben, aber ohne Bezahlung des Preises davongesegelt sein; als er nach einem Jahre wiederkehrte, wurde er getödtet. Seitdem haben diese Insulaner bei den Seefahrern in üblem Ruf gestanden. Wir hör- 7) Vergl. Miss. Herald 1857, p. 44. 2) Vergl. ebend. 1857, p. 44. 3) Vergl. Miss. Herald 1856, p. 163 u. 193 ff. Beiläufig sei hier bemerkt, dafs der im Text genannte Herr Sturges ein Alphabet erfunden, was seiner Meinung nach für alle Sprachen Micronesiens dienen kann. Das Vocalsystem ist das der poly- nesischen Sprache, die Consonanten sind durch einzelne Charaktere ausgedrückt. Vgl. Miss. Herald 1856, p. 163. 366 Biernatzki: ten jedoch von ihrer Freundlichkeit und fanden dies Gerücht bestätigt. Wir verkehrten unter ihnen völlig ungehindert. Sie sind eine ansehn- liche, arbeitsame Race. Als wir uns der Insel näherten, kam uns ein grolses Kanoe entgegen gefahren, worin man uns Lebensmittel brachte. Nachdem wir an’s Land gegangen, statteten wir dem König einen Be- such ab, der uns aufforderte, bei ihm zu bleiben. Ihre Frauen verbar- gen sich bei unserem Anblick.“ Ost-Micronesien umfalst die Zwillingsreihe der Marschalls- Inseln: die Ralick- und die Radack-Kette. Alvaro de Saavedra, der Entdecker von Neu-Guinea, fand im Jahre 1528 auch die nördlichsten dieser Inseln; der Erdumsegler Otto v. Kotzebue (1816 und 1817) und Duperrey (1824) haben sich um die Erforschung der Gruppe am mei- sten verdient gemacht. Dennoch hat man bisher von ihnen nur geringe Kunde besessen. Jetzt haben sich die Augen christlicher Sendboten auch hierher gerichtet und wir erfahren von ihnen einiges Nähere. Im Jahre 1855 besuchte Dr. Pierson von Honolulu aus an Bord des Barkschiffs „Belle“, Capitain Handy, diese Eilande und seinem Tage- buch entlehnen wir das Nachfolgende !). Die „Belle* ging am 17. August bei der Insel Mille oder Mul- grave, der südlichsten in der Radack-Kette (6° 05’ N. Br. und 172° O.L.) vor Anker. Die südlichste in der Ralick-Kette ist Ebon oder Covel’s Insel. Beide parallel laufende Ketten füllen den Raum zwi- schen 172° und 166°.O.L. und zwischen 4° 35’ bis 12° N. Br. Mei- stens liegen die einzelnen Inseln, sämmtlich Korallen-Eilande, deren jede Kette 15 bis 16 zählt, 50 bis 60 Meilen von einander entfernt, was jedoch einen häufigen Verkehr der Bewohner unter einander nicht hindert. Oft fahren 10 bis 20, mitunter sogar 100 Kanoes von einer Insel zur andern. Auf keiner hielten bisher Europäer oder Amerikaner sich auf, denn die Eingeborenen benahmen sich feindselig gegen Fremde. ' Zu verschiedenen Malen haben sie Schiffe beraubt und die Besatzung | getödtet. Das Klima ist im Allgemeinen sehr gesund; die Bevölkerung ! beträgt wahrscheinlich 30 bis 40,000 Seelen. Mille oder Mulgrave’s Insel besteht aus 25 bis 30 kleineren Ei- landen, die um eine Lagune herumliegen, welche 12 bis 15 Meilen im Durchmesser hat. Sie sind durch ein Korallenriff verbunden. Die ein- zelnen Eilande haben eine Länge von einer halben Meile bis 6 Meilen ! und eine Breite von ungefähr einer Viertelmeile.. Eine ähnliche For- | mation besitzen fast alle übrigen Gruppen. Eine Anzahl Kanoes, dar- | unter eins mit 19 Personen, fuhr der „Belle“ entgegen. Die Männer, mit scharf ausgeprägten Gesichtszügen und von athletischem Körper- 7 !) Vergl. Miss. Herald 1858, p. 89 #. Pre Micronesien. 367 bau, trugen das Haar lang und mitten auf dem Kopfe zu einem Kno- ten verschlungen. Einige hatten sich mit Federn wie die Indianer, andere mit einer schönen weilsen Lilie geschmückt. Ihr Gewand be- stand aus einem Schurz, welcher dem der Frauen auf den Kingsmill’s- Inseln gleicht. Die Frauen hatten das Haar an der Stirn gescheitelt und im Nacken zierlich zusammengebunden; sie verwenden grofse Sorg- falt auf ihren Haarputz und schmücken sich bisweilen mit Blumen. Sie trugen schöngeflochtene Matten, die vom Gürtel bis zu den Füfsen reichten und hübsch eingefalst waren. Ihre Kanoes waren aus grolsen Bohlen vom Brodfruchtbaum verfertigt und hatten querüber eine Plat- form, auf welcher 20 und mehr Menschen Platz finden konnten. Sie schienen viel Geschicklichkeit zu besitzen und sich gern zu schmücken. Aus kleinen Muscheln verfertigen sie ein geschmackvolles schimmerndes Halsband, welches sie auch als Stirnband tragen. Ihre Ohren hatten ungeheure Löcher; wurden diese durch ein zusammengerolltes Blatt, welches hindurchgesteckt wurde, aufgeweitet, so konnte ein Mann sei- nen Arm hindurchstecken. Zum Verkauf boten sie aus den Blättern des schwarzen und weilsen Pandanus nett und zierlich geflochtene Seile an. Am 23. August ging die „Belle“ bei Ailingablub oder Elmore- Insel vor Anker. Dies Eiland gehört zur Ralick-Kette und ist, nach Aussage der Eingebornen, das grölste unter allen. Um die Lagune herum liegen 32 kleinere Inseln. Hier kam der König Kaipuka an Bord der „Belle“; er benahm sich sehr freundlich, ebenso sein Sohn und seine bescheidene und sanftmüthige Schwester Nemaira.. Am 7. September lief die „Belle* Namarik oder Barings-Insel an, welche etwa 7 bis 8 Meilen lang ist. Dr. Pierson durchwanderte diese Insel von, einem Ende zum andern. Er fand den Boden fruchtbar und mit reicher Vegetation bedeckt. Untergebüsch, Gras und Unkraut fand sich überall. Der Brodfruchtbaum und die Kokospalme war in Menge vor- handen, dagegen gab es nur wenige Bananen, und wahrscheinlich würde das Erdreich die meisten Fruchtgewächse dieser Zone hervorbringen, wäre es nicht von dem nahen Meerwasser durchsalzen. Ueber Ebon oder Covel’s Insel berichten uns Mr. Bingham und Dr. Pierson, die an Bord des „Morning Star“ 1857 die Insel besuchten '),. Am Morgen des 3. November verliefs das Schiff Strong’s !) Vergl. Miss. Herald 1858, p. 179 ff., 184 ff. So glücklich war die Fahrt des „Morning Star“, der am 7. August Honolulu verliefs und am 28. Januar 1858 zurückkehrte, dafs Capitain Moore sagen konnte: „Wir sind an 15 Plätzen vor Anker gegangen, haben eine neue Insel entdeckt, waren die Ersten, welche in die Lagune von Covel’s Insel einfuhren, und bei alledem hatten wir nur geringe Unfälle; ein - Senkblei ging verloren und zwei Ruder zerbrachen.“ Verxgl. ibid. p. 177. 368 Biernatzki: Insel, der Wind trieb es so weit nach Osten, dafs am 8. November Morgens Namarik oder Baring’s Insel in Sicht kam. Am folgenden Tage näherte man sich Ebon. Siebzehn Kanoes, jedes durchschnittlich mit 6 Personen besetzt, kamen dem „Morning Star“ entgegen. Ein Mann erkannte Dr. Pierson, den er auf Strong’s Insel kennen ge- lernt, sogleich wieder. Nach Verlauf weniger Stunden steuerte das Schiff nach den Kingsmill’s Inseln weiter, kehrte aber am 5. December nach Ebon (A-bone) zurück. Der Empfang war abermals ein freund- licher, auch von Seiten des Häuptlings Kaipuka, was um so mehr her- vorzuheben ist, da bis dahin die Bewohner von Ebon im Rufe herz- loser Wilden standen. Mr. Doane und Dr. Pierson haben sich auf dieser Insel niedergelassen und arbeiten unter den Bewohnern mit Er- folg. Der Boden ist recht gut, oder vielmehr vortrefflich, wenn man bedenkt, dafs dieses Eiland zu den sogenannten „niedrigen“ (den Ko- rallen-Inseln) gehört. Nicht nur gedeiht bier die Kokospalme in Menge, sondern auch der werthvolle Brodbaum. Auch sieht man Bananen, und Hühner sind häufig. Jährlich fällt eine bedeutende Regenmenge, wo- durch die Fruchtbarkeit des Landes erhalten wird. Die Bewohner ba- ben ein einnehmendes Aeulsere; sie sind reinlich und sauber, tragen einen die Lenden bedeckenden Schurz und verwenden viel Sorgfalt auf ihr Haar. Sie knüpfen es auf dem Kopfe zusammen und schmücken es mit Blumen, namentlich mit stark duftenden Lilien. Sie lieben die Arbeit und halfen bereitwillig den Missionaren beim Bau ihrer Woh- nung. Aus einer den Berichten beigefügten Zeichnung der Insel ersieht man, dafs die Einfahrt in das die Insel umgebende, fast völlig runde Korallen-Riff auf der Westseite liegt, der bewohnte Theil dagegen ein schmaler Landstreifen ist, der sich an der Süd- und Südostseite un- mittelbar an das Riff anschliefst. Ueber die Anzahl der Bewohner feh- len noch Nachrichten. Die ausführlichsten Berichte besitzen wir über Süd-Mikronesien oder die Kingsmill-Inseln aus den Jahren 1852, 1855 und 1857 '). Als die Missionare an Bord der „Caroline“, die Honolulu den 15. Juli 1852 verlassen hatte, am 5. August auf der ca. 2000 Meilen von den Sandwich-Inseln entlegenen Insel Taritari eintrafen, fanden sie hier einen Engländer Randall, der seit mehreren Jahren die Fabrikation von Kokusnulsöl betreibt. Derselbe gab über die gesammte Gruppe folgende Aufschlüsse. Sie liegt auf beiden Seiten des Aequators. Der nördlichste Punkt ist das Eiland Mak-in oder Muggin, welches, zu- |’ sammen mit dem südlich davon gelegenen Taritari, Pitt’s Insel ge- | nannt wird. Mak-in liegt 3° 26’ 43” Nördl. Breite und 172° 57’ Oestl. !) Vergl. Miss. Herald 1853, p. 81 fi.; 1858, p. 81 ff. und p. 177 £. Micronesien. 369 Länge. Im Ganzen zählt die Kingsmill-Kette 16 Inseln mit zusammen 47,000 Bewohnern, nämlich: Mak-in und Taritari oder Pitt’s Insel 2000 Bewohner; Maraki oder Matthew’s Insel 3500; Apia (Apiau) oder Charlotten’s Insel 3500; Tarawa oder Knox-Insel 3000; Maiana oder Hall’s Insel 4000; Kuria oder Noodle’s Insel 3000; Ananouki oder Henderville’s Insel 3000; Apamama oder Simpson’s Insel 4500; Ononouge oder Sydenham’s Insel 3500; Tubatuea oder Drummond’s Insel 4500; Onwotou oder Clark’s Insel 3500; Tamana oder Rotcher’s Insel 2000; Perut oder Peru-Insel 1500; Nukunanu oder Byron’s Insel 3000; Ararari oder Hope-Insel 2500. Hr. Randall glaubte, es seien diese Angaben der Volkszahl noch eher zu niedrig als zu hoch. Sämmtliche Inseln sind Korallengebilde und dicht mit Kokospalmen bedeckt. Ihre Bewohner haben gemeinsamen Ursprung, dieselbe Sprache, dieselbe Religion. Sie sind von mittlerer Gröfse, dunkler Hautfarbe, wilsbegierig und zeigen mehr als gewöhnliches Ge- schick und Ausdauer bei dem Bau ihrer Häuser, Böte u. dgl. Ihrem Charakter nach sind sie sanftmüthig und friedliebend. Sie werden von selbstständigen Königen regiert, verkehren unter einander ziemlich leb- haft und werden, wo Engländer oder andere Fremde unter ihnen leben, von diesen zur Bereitung von Kokosnufsöl angeleitet, wovon Pitt’s Insel allein jährlich mehr als 1200 Fässer produeirt. Ueberhaupt gewährt ihnen die Kokospalme Alles, was sie zur Leibes Nahrung und Noth- durft gebrauchen. Es giebt unter ihnen drei verschiedene Stände: Häuptlinge, Landbesitzer und Sklaven. Sie leben in kleinen Gemein- den, in denen der Aelteste das Ansehen eines Patriarchen genielst. . Vielweiberei ist bei ihnen Sitte. Sie sind sehr gastfrei, auch gegen Fremde; sie theilen den letzten Bissen, und in jeder Ortschaft ist ein Fremdenhaus, wo Reisende, auch Arme, ein Unterkommen finden. Einige dieser Häuser sind sehr grofs, ansprechend und fest gebaut. Sie dienen auch zu Rathsversammlungen, zu Festlichkeiten, Tänzen und Spielen. Feste lieben die Eingebornen sehr, oft kommen sie dazu von verschiedenen Inseln zusammen. Eine eigentliche Religion besitzen sie nicht, ebensowenig Tempel und Götzenbilder; wenigstens ist dies auf den nördlichen Inseln der Fall, wahrscheinlich aber auf allen. Dagegen beten sie „Geister“ an, zu denen sie aber, seitdem eine ver- heerende Seuche neuerdings unter ihnen geherrscht hat, fast alles Zu- trauen verloren haben. Ihre Verehrung beschränkt sich daher nur auf die Anrufung der Seelen der Abgeschiedenen, deren Gunst sie sich durch wenige einfache Ceremonien zu sichern bemüht sind. Hr. Randall begleitete die Missionare zu einer Audienz bei dem Könige nach der 3 Meilen vom Ankerplatz der „Caroline“ entfernten Residenz desselben, Taritari. Die Lage dieser Stadt war aufserordentlich Zeitschr.f. allg. Erdk. Neue Folge. Bd. VI, 24 370 Biernatzki: schön. Anmuthige Rasenplätze lagen zwischen den Häusern, welche nur aus einem von 3 bis 4 Fuls hohen Pfeilern gestützten steilen Dache be- standen. Ein solches für Rathsversammlungen bestimmtes Gebäude war 66 Fufs lang und 17 Fuls breit, vielleicht 50 bis 60 Fufs hoch. Der König war ein junger Mann von 14 Jahren; vier Oheime bildeten seine nächste Umgebung. Er schüttelte den Fremden beim Eintritt die Hände und erwies sich überhaupt, ebenso wie seine Umgebung und seine Unterthanen, aufrichtig und wohlwollend. Seit 1788 ist diese Insel - Gruppe häufiger gesehen und besucht worden. Duperrey und Capitain Hudson, ein Amerikaner, haben Manches über sie mitgetheilt; aufser ihnen noch Andere, wie Capitain Wilke u. s. w. Die uns vorliegenden Berichte enthalten über ein- zelne Inseln noch genauere Nachrichten. Die „Belle“, Capitain Handy, erreichte am 25. Juni 1855 Byron’s Insel (Nukunau), auf 1° 25’ Südl. Breite und 176° 35’ Oestl. Länge. Sie ist 12 Meilen lang, an der Südseite etwa 1 Meile breit, allein an anderen Stellen sehr schmal. so dafs man im Durchschnitt ihre Breite auf weniger als eine halbe Meile schätzen kann. Sechszig Kanoes, je 7 Personen in zwei dieser Fahrzeuge vertheilt, fahren dem Schiff entgegen. Die Männer gingen völlig nackt, nur wenige trugen einen Schurz von Mattengeflecht, Hüte oder Kappen aus den Blättern der Kokospalme. Die Frauen waren mit einem gleichfalls aus Kokos- Palmblättern verfertigten Schurz bekleidet, welcher mit einem Strick über den Hüften um den Leib befestigt war. Er ist sehr dick und schwer und reicht gewöhnlich bis an die Knie. Ihr Haar ist schwarz und struppig, mitunter zeigt es jedoch Neigung sich zu ringeln, so dafs einige von ihnen hübsche Locken haben könnten. Die Männer haben das Haar auf dem ganzen Kopf kurz geschoren, die Frauen nur am Vorderkopf, gerade über den Augenbrauen, alles übrige fällt bis auf die Schultern herab und ist dann abgeschnitten. Der Bart der Männer ist sehr dünn, es hiefs, dafs sie ihn ausrissen; zum Rasiren bedienen sie sich grofser Fleischermesser. Eine eigenthümliche Hautkrankheit ist unter ihnen, ebenso wie unter den Eingebornen auf Peru-, Drum- mond’s und Sydenham’s Insel, sehr verbreitet; unter Fünfen ist meistens je Einer damit behaftet. Dieselbe soll auch auf Clark’s und Rotch- Insel heimisch sein. Die Gesichtszüge der Insulaner waren anspre- | ehend, sie zeigten Verstand und Lebhaftigkeit. Viele sahen recht gut aus, doch haben sie im Allgemeinen hervorstehende Backenknochen und | eine breite beinahe flache Nase. Ihre Hautfarbe ist dunkelbraun, sie | sind gut gewachsen und haben beständig eine gute Haltung. Ihre Wangen sind voll, ihre Lippen dick, ihre Zähne gesund, rein und weils gehalten. Viele unter ihnen haben sich tättowirt, entweder auf ihren Mieronesien. 37 Armen und Beinen oder auf ihrem Rücken und an den Seiten. Dies verstehen sie sehr gut, und wenn man jede einzelne Linie für sich be- trachtet, so muls man gestehen, dafs sie in ihrer Art ein Kunstwerk ist.. Die Zeichnungen sind so einfach und zierlich, dafs man nicht sagen kann, dafs der Körper dadurch entstellt würde, eher wird der Anblick ihrer Nacktheit dadurch gemildert. Nacken und Gesicht tät- towiren sie nicht. Dagegen tragen sie gerne Halsbänder von Perlen, Muscheln und Kokosnulsschalen; auch pflegen sie ihren Hals mit Blu- menkränzen oder Kränzen von Blättern zu schmücken. Nach ihrem Benehmen zu urtheilen, hielten die Missionare diese Insulaner für sehr bildungsfähig, ihr Auge verrieth Charakter und Auffassungsgabe, mehr als man bei einem völlig uneivilisirten Volke zu erwarten berechtigt war. Von Byron’s Insel begab sich Dr. Pierson nach Peru - Insel, einem dreieckigen Eiland, welches aus einer Lagune mit enger Einfahrt besteht. Die längste Seite der Insel beträgt 8 Meilen, die kürzeste anderthalb; ihre Breite durchschnittlich eine halbe Meile. Es lebten hier vier Fremde, von denen die Missionare zwei sahen und sprachen. Achtzig bis hundert Kanoes ruderten im Verlauf des Tages an die „Caroline* heran, um Matten, Hüte, Kokosnüsse, Hühner, Fische, Schildkröten und Muscheln feil zu bieten. Eine eigenthümliche kurze Grasart, die in kleinen Haufen wächst, dient wahrscheinlich Ziegen und Rindern zur Nahrung. Die Peru-Insulaner haben keinen König, ihre Häuptlinge berathen die allgemeinen Angelegenheiten und Jeder kann an diesen Berathungen Theil nehmen. Nachdem man Alles gründlich debattirt, entscheidet die Mehrheit der Stimmen. An der Hand eines Führers besuchte Dr. Pierson eine Ortschaft mit etwa 75 Häusern, welche nahe neben einander unter den Kokospalmen gebaut waren. Hier begab er sich auch nach dem Rathhause, wo bereits eine Anzahl Männer versammelt waren. Das Gebäude war 40 Fufs lang und 20 Fuls breit und bestand nur aus einem von Pfeilern gestützten Dache, von welchem auf allen Seiten die Dachrinnen bis auf 3! Fufs Höhe auf den Boden hinabreichten. Der First des Daches ist sehr hoch und dieses sehr steil gelegt, um dem Durchträufeln des Regens bei den hef- tigen Güssen, die hier häufig stattfinden, vorzubeugen. Es war mit Pandanus-Blättern gedeckt, der Boden mit fest gestampften: Kies und Sand belegt. Aehnlich sind alle Häuser gebaut, nur dafs einige noch Seitenwände besitzen. Zwischen den Pfosten sind nämlich Matten be- festigt und an einer Seite hängt eine Matte lose herab, die als Thür dient. Gewöhnlich aber zieht man es vor, die Seiten offen zu lassen, um dem Winde und frischen Luftzuge in diesem heifsen Klima freien Durchgang zu verstatten. Einige Häuser sind mit Kokos-Palmblättern ' gedeckt, die aber weniger dauerhaft sind als Pandanusblätter. Jeder 24* 372 Biernatzki: Mann hat gewöhnlich zwei Häuser, eins für sich, das andere für seine Frau oder Frauen, das nur er und die nächsten Verwandten betreten dürfen. Auf der Strafse darf kein Mann zu einer Frau sprechen. So ist es nicht allein auf dieser, sondern auf allen Inseln dieser Gruppen. Am nächsten Morgen fuhr die „Caroline“ nach Drummond’s Insel, eine Entfernung von etwa 50 Meilen. Diese Insel ist lang, schmal und vielfach durchbrochen; vom Schiff aus gesehen, glich sie einer am Horizont auftauchenden Inselkette. Das bewohnte und an- gebaute Land liegt im Nordwesten und Südosten, von dem die Lagune auf der Westseite einschliefsenden Riff eine halbe bis zu sechs Meilen entfernt; es ist 40 Meilen lang und etwa eine Viertelmeile breit. Auf ihrer weiteren Fahrt näherte sich am 28. Juni Morgens die „Caroline“ der 25 Meilen langen und weniger als eine halbe Meile breiten Sydenham’s Insel. Auch hier ist die Lagune auf der West- seite von einem Korallenriff umschlossen. Nur wenige der Eingebor- nen fuhren in ihren Kanoes dem Schiff entgegen; sie waren tättowirt — ihre Häuptlinge, so verstand man von ihnen, seien es noch mehr. Mehrere dieser Insulaner waren mit einem Mattengeflecht bekleidet. Sie erzählten, es befänden sich unter ihnen zwei Fremde, ein Weifser und ein Neger; Matten, Hühner und Netze boten sie zum Verkauf an und baten, wie gewöhnlich, nur um Tabak. Vor einigen Jahren hatten sie die Mannschaft von drei mit dem Wallfischfang beschäftigten Böten der „Caroline“, welche von der Nacht überrascht worden, gastfreund- lich aufgenommen und eine Woche lang beherbergt und gespeist. Am nächsten Morgen befand sich das Schiff vor Simpson’s Insel (Apamama). Dies Eiland hat die Gestalt eines Halbkreises, ist etwa 25 Meilen lang und eine halbe Meile breit. Hier trafen die Missionare zuerst einen König; derselbe beherrscht zugleich die kleineren Hender- ville's und Noodle-Insel, deren jede ca. 1000 Bewohner hat ’); erstere liegt 15, letztere 30 Meilen entfernt. Die Ungunst des Wetters hin- derte ans Land zu gehen; dagegen kam ein hoher Beamter des Königs an Bord. Capitain Handy, der hier schon von früher her bekannt war, behauptete, dals der König ein strenges Regiment führe und die Be- reitung von Spirituosen verboten habe; auch durften seine Unterthanen sich nicht an Bord der fremden Schiffe begeben. Einige Tage später, am 2. Juli, gelangte man nach Ap-i-a oder Charlottens Insel, 1° 50’ Nördl. Breite und 173° 4’ Oestl. Länge. Sie ist etwa 25 Meilen lang und durchschnittlich ! Meile breit; sechs bis acht Meilen von ihrer Südspitze entfernt liegt Ta-ra-wa oder Knox- Insel, die etwas gröfser ist. Die Bewohner von beiden verkehren viel mit einander. Nur wenige Kanoes besuchten die „Caroline“, weil die ') Nach der oben ($. 369) mitgetheilten Schätzung hat jede 3000 Einwohner. Mieronesien. 373 Eingebornen nichts als Kokosnufsöl bereiten und verkaufen; im Jahre 1854 produeirten sie im Ganzen 300 Fässer. Die Bevölkerung stand gerade in zwei Parteien, unter Anführung von zwei Brüdern, wider einander in Waffen. Dennoch wagte Dr. Pierson mit seiner Frau, einem bekehrten Sandwich -Insulaner, Kanoa, und dessen Kind an’s Land zu gehen. Die Bewohner benahmen sich nicht feindselig, nur etwas schüchtern und zurückhaltend. Männer und Frauen waren wie auf Byron’s Insel bekleidet, die Kinder unter 12 Jahren gingen völlig nackt. Alle schienen sich sehr über den Anblick einer weifsen Frau zu freuen, es war das erste Mal, dafs eine solche auf ihre Insel kam. Auch das Kind des Kanoa zog ihre Aufmerksamkeit auf sich; sie nah- men es auf den Arm und trugen es mit augenscheinlicher Lust. In einer kleinen Ortschaft, welche die Missionare besuchten, stand ein Rathhaus, von den Eingebornen Muniup genannt; es war 66 Fuls lang, 36 Fufs breit und 25 Fufs hoch. Hier setzten sich die Fremden, um auszuruhen, nieder und wurden von den Eingebornen umringt, welche ihnen Kokosnüsse brachten. Einige Frauen hatten recht verständige Mienen; eine von ihnen schien besonders gern wissen zu wollen, wor- aus Mad. Pierson’s Kleider gemacht seien. Auf dem Wege nach dem Rathhause kam man an mehreren rohen, einen bis drei Fuls ho- hen Steinen vorüber, welche den von den Bewohnern verehrten „Geistern“ geweiht sind. Um diese gröfseren, aufrecht gestellten Steine sind in etwa 2 Fufs Entfernung kleinere herumgelegt, und der Zwischenraum ist mit weilsen Kieseln ausgefüllt. Es sind dies Opferstätten, auf wel- chen den Geistern der Abgeschiedenen Kokosnüsse u. dgl. als Opfer- gaben dargebracht werden. Die Vegetation der Insel war dieselbe wie auf der bereits beschriebenen; nur Gras schien hier äufserst spar- sam; an der entgegengesetzten Seite fand es sich reichlicher, auch schien der Boden dort fruchtbarer. Am folgenden Tage besuchten die Frem- den eine Stadt Quinans (?), die an der anderen Seite der Lagune lag, in Begleitung von zwei angesehenen Beamten. Die Bewohner sahen gut aus, hatten eine hohe Stirn und angenehme verständige Gesichtszüge; ihre Kinder benahmen sich still und liebenswürdig. Uebrigens schie- nen die Insulaner träge und zu Lug und Trug geneigt. Bei einem zweiten Besuch am 20. Juli wurden die Missionare ebenso freundlich aufgenommen als das erste Mal, und die Eingebornen betrugen sich wie Kinder, welche sich freuen, alte Freunde wieder zu sehen. Zwei Jahre später besuchte der „Morning Star“ auch diese Insel. Das Schiff fuhr auf der Westseite in die Lagune ein — es war Mitte November — und steuerte quer hinüber 5 bis 6 Meilen nach dem Hauptort der Insel Kuinana. Die Lagune war von 5 zu 15 Faden tief, ihre Ausdehnung in der Länge betrug 16, ihre Breite ca. 5 Meilen; 374 Zur Erinnerung der Anblick der Landschaft war prächtig. Der König Tamana kam am folgenden Tage an Bord. Nach Capitain Moore’s Aufnahme liegt Apia 1° 52’ 30” Nördl. Breite und 173° 4’ 40” Oestl. Länge. Eine den Berichten beigegebene Zeichnung von Capitain Moore’s Hand zeigt das Bild zunächst dieser Insel, was aber zugleich ein Bild’ aller übrigen ist. Auf der Leeseite der die ganze Inselgruppe umgebenden Lagune hat diese eine oder mehrere Einfahrten — bei Apia auf der Westseite drei, die südlichst gelegene nur für Böte — auf der Ost- und Südseite schlielst sich dem die Lagune umschliefsenden Korallen-Riff ein Strei- fen Landes unmittelbar an, welcher der eigentliche Wohnsitz der Ein- gebornen ist, die hier mehrere Häusergruppen erbaut haben. Aufser dem genannten Hauptorte zählt die Zeichnung noch fünf andere Ort- schaften; die Wohnung der Missionare liegt gerade der gröfsten west- lichen Einfahrt gegenüber. Innerhalb der Lagune liegen am Nordwest- und Nordostrande noch einige kleinere Inseln und in der Mitte dersel- ben einige mehr oder weniger hervorragende Riffe. Ihrer Grundform nach ist Apia ein sich von Norden nach Süden erstreckendes Rechteck. Micronesien ist in vieler Beziehung noch ein Land voll Räthsel; aber je mehr die Zahl der Ansiedlungen christlicher Sendboten auf diesen Eilanden zunimmt, desto mehr gehen diese Räthsel ihrer Lösung entgegen. Mitten in der endlosen Weite des stillen Oceans bieten diese Inseln den Seefahrern bequeme Stationen, ihre Wasserfässer zu füllen, ihre Schiffe auszubessern, werthvolle Ladungen einzunehmen; und nach und nach werden auch sie ein Glied in der grofsen Kette der Civili- sation bilden, welche von Europa und Amerika aus um den ganzen Erdball geschlungen wird. XIV. Zur Erinnerung an Alexander von Humboldt. Am 4. August 1844 hatte die Königl. Akademie der Wissenschaften, in Erinnerung an die vor vierzig Jahren erfolgte glückliche Heimkehr Alexander v. Humboldt’s von seiner grofsen, für die Wissenschaft so überaus erfolgreichen Reise in Amerika, den unsterblichen Forscher durch eine Deputation beglückwünscht und am folgenden Tage ihm zu Ehren ein Festmahl veranstaltet, bei welchem Carl Ritter die grofsen Verdienste des Gefeierten um die verschiedensten Zweige der Wissen- schaft mit lebenswarmen, markigen Zügen hervorhob. Wie lebhaft die Nation auch das Bedürfnis empfinden mag, dals ihr die Gröfse des an Alexander v. Humboldt. 375 Verewigten in umfassender Weise vergegenwärtigt werde: die Zahl derer, welche innern Beruf zu solchem Werk besitzen, ist so gering, dafs wir unsere Hoffnung darauf einstweilen werden vertagen müssen. Um so erwünschter ist es uns, die gewichtigen Worte, welche Carl Ritter bei jener Gelegenheit sprach, und Humboldt’s nicht minder cha- rakteristische Erwiederung hier mittheilen zu können: einer Würdigung von solcher Seite wohnt ein Werth bei, den nur eigne Gröfse zu ge- währen vermag. Ansprache Carl Ritter’s bei dem Fest zu Ehren Alexander v. Humboldt’s am 5. August 1844. M. H. Wir feiern heute einen Festtag, den mit uns alle Acade- mien in Europa, wie alle wissenschaftlichen Vereine der andern Erd- theile, in Nord- und Süd- Amerika, wie in Bombay und Calcutta, am Cap der Guten Hoffnung und in Australien mitfeiern werden. Wie erfreulich für jeden einzelnen Reisenden der Austritt aus dem Segelschiff vom schaukelnden Atlantischen Ocean auf den festen Bo- den der alten Welt in der Regel sein mag, so bedeutungsvoll für das begonnene Jahrhundert war er es, als am 3. August 1804 Alexander von Humboldt an der Garonne nach fünfjähriger Abwesenheit die Westküste Europa’s wieder betrat. Der edelste Schatz für die nach- folgenden Geschlechter, gröfser als alle früher übergeschifften Schätze der neuen Welt, war zur Ausprägung für den neuen Verkehr der Ideen sicher an das Land gebracht! Es war die wissenschaftliche Wieder- entdeckung der neuen Welt, die mit ihm für die europäische Cultur- welt das Festland betrat, die drei Jahrhunderte nach seinem grofsen Vorgänger, mit dem eine neue Weltgeschichte für die ganze Mensch- heit begann, nun auch aufserhalb der Sphäre der bewegtesten Politik als eine neue Geschichte für die Wissenschaft der Natur und der Völ- ker ihren friedlichen, ihren segensreichen Einflufs verbreitete. Es war — und wer sich noch jener Zeit zu erinnern im Stande ist, stimmt gewils mit ein — es war, als wäre eine neue Sonne voll Licht und Wärme im Westen über der neuen Welt emporgestiegen, um auf die alte Welt wohlthätig zurückzustrahlen. Alles Schöne und Herrliche, was in beiden, auf und in ihnen, in Gottes Schöpfung prangte, oder vor dem Menschen noch geheimnifsvoll in dunklen Schachten ver- borgen lag, erhob sich in neuem Lichte, in entschleierter Klarheit. Die Natur in beiden Erdhälften trat nun erst in ihrem Gegensatz, in ihrer Individualität, in ihrer harmonischen Gesetzmälsigkeit, in ihrer wahren Gröfse und Erhabenheit hervor. Die verwirrende Zufälligkeit des Daseins der Dinge und ihrer unseligen Vereinzelungen verschwand und es trat ein vorher kaum geahnter Causal-Zusammenhang der 376 Zur Erinnerung Erscheinungen in allen Anfängen und Enden des grofsen Erdorganis- mus hervor, der alle Zweige der Wissenschaft und der Speculation zu einem höheren Selbstbewufstsein erhob, der alle Culturvölker des Pla- neten über die Mitgift ihrer Heimath belehrte und durch sie an Gütern und an Ideen vielfach bereicherte. “ Weder Lobpreisung noch Denkmal ist solchem Wendepunkte in der Geschichte der Wissenschaften, in der Culturgeschichte der Völker, bei dem so viele befreundete Geister dem Einen sich mitwirkend zu- gesellten, von Nöthen. Er preiset sich selbst durch organisches Fort- wirken aus der Wurzel bis zum Laube, zur Blüthe und zur Frucht, die jeder Nachfolgende pflücken kann. Diese Thaten des Einen, in der Mitte von Vielen, sind schon auf- gezeichnet in den Memoiren aller wissenschaftlichen Institute, aller Academien der alten und neuen Welt, in denen man seitdem stets demselben Namen, denselben Anregungen der fruchtbarsten geistigen Thätigkeit in den weitesten Kreisen begegnet. Die Denkmale einer solchen Wirksamkeit haben sich längst vor den Augen der gebildeten Welt an allen Enden der Erde aufgebaut. Am Himmel selbst sind die Sternbilder der Südhemisphäre in ihren Erscheinungen seitdem erst bestimmter hervorgetreten und das südliche Kreuz hat seinen Einfluls geübt auf das Verständnils des Weltsystems im grölsesten Epos eines Dante und des Mittelalters. Die richtige Karte Amerika’s, nach tausenden astronomischer, geodätischer, hypso- metrischer mühevoller Messungen, bleibt wohl das grolsartigste, unver- gängliche Denkmal aus dieser Zeit für alle Zukunft. Die Cordilleren selbst haben dadurch. erst ihre Classieität gewonnen. Die von Trachyt- massen auf die Rücken der Anden gehobenen Muschel- und Steinsalz- lager, die Nivellements des Amazonenstromes in den Ebenen, die durch die jüngsten Wiederholungen bestätigten genauesten astronomi- schen Orientirungen in den Urwäldern Guiana’s, auf den Vulcanhöhen von Santa F& geben nur Zeugnils von der bewunderten Schärfe jener Auffassungen eines Erdcolosses. Aber dessen Gestaltung sollte auch rückwirkend werden und nur einer Revision aller Plastik der Erde überhaupt vorangehen, die seit- dem auch für Central- Asien und Europa durch die eigene Anschauung und für die mittlere Höhe der Continente überhaupt durch Ermittelung gewonnen ist. Die Erforschung der Eutdeckungsgeschichte der neuen Welt hat eben so rückwirkend alle früheren Entdeckungen in der alten Welt, bis in die ältesten Perioden der Menschengeschlechter, mit einem neuen Lichte durchstrahlt. Die zahllosen neuen Entdeckungen in der Gäa, Flora und Fauna der neuen Welt haben seitdem die Wissenschaft mit ganz neuen, vor- an Alexander v. Humboldt. 377 her nicht vorhandenen Zweigen bereichert, die als dauerndes Denkmal ihres Begründers sich immer vergröfsern und erweitern. Es ist die geognostische Vergleichung beider Erdhälften, es ist die Geographie der Pflanzen, es ist die Lehre von den Isothermen, den Schneeregionen, den Luftschichten, von den Einflüssen der Plastik auf die Meteorologie und beider auf die Organismen der Pflanzen-, Thier- und Menschen- welt. Die Plateausysteme wurden damals zuerst auf den Höhen Casti- liens und Amerika’s entdeckt und dann erst in den drei Erdtheilen der alten Welt aufgefunden; sie, wie die Bildungsgesetze der Cordille- _ ren, des Himalaya und des Altai, gaben den grofsartigen Malsstab für alle anderen Erhebungen der Erdoberfläche. Die vergleichende Geo- graphie wurde hierdurch erst geschaffen, die: vergleichende Statistik folgte und die Monumentenkunde der Aboriginer schlofs sich an. Die Nautik aller Nationen hat in der Südsee die Humboldtströmung als ein Denkmal ihres Entdeckers festgestellt; sie, wie die allgemeine Physik haben durch die Serien der magnetischen Stationen von Peking durch die ganze alte und neue Welt bis zu ihren Südenden dem Be- gründer des ersten magnetischen Häuschens in seiner Heimath bereits durch alle Zonen die Denkmale seiner weitgreifenden Wirksamkeit er- baut; der magnetische Verein ist durch ihn am äufsersten Nord- wie am Südpol wirksam gewesen. Auch nur die Hauptmonumente der verflossenen vier Jahrzehnte zu nennen, die in dieser Weise sich erhoben haben, zu deren Entstehung schon überall der Grundstein gelegt war in dem köstlichen kleinen Büchlein: „Ansichten der Natur“, das dem Theuersten, was er besals, dem Bruder, 1808 gewidmet erschien, würde unmöglich sein. Eben so wenig würde es sich hier geziemen, von der lebensfrischen Wirksamkeit der Gegenwart in die Ferne und in unserer nächsten Nähe zu reden, am wenigsten von dem Standpunkte eines nur untergeordneten Laien in dem Tempel der Wissenschaft, dem doch nur ein beschränkter ein- seitiger Blick in das weitumfassende Gebiet dieser geistigen Welt ver- gönnt war. Die Kühnheit, an dieser Stelle das Wort gewagt zu haben, möge nur insofern Nachsicht verdienen, als die eigene, wenn auch noch so schwache Bemühung auf dem, einem kleinen Theile nach verwand- ten, tellurischen Gebiete nur in jener Zeit des allgemeinen Durstes aus dieser genannten Quelle ihre Hauptnahrung erhielt und dafür den Dank für die labende Gabe und die Erstarkung aus solcher Quelle des Heils, für sich und im Namen Vieler, auszusprechen versuchte. So reihet sich der Festtag, den wir heute feiern, wenn auch nur von der einen Seite betrachtet, den grofsen Tagen der Geschichte der ‚Wissenschaft überhaupt an, an welchen ein Aristoteles, R. Bacon, Leibnitz, Newton und andere Heroen die Welt erleuchteten, ein Co- 378 Zur Erinnerung an Alexander v. Humboldt. lumbus und Cook neue Welten entdeckten. Möge die baldige Gabe des zu erwartenden allumfassenden Kosmos noch lange nicht den Schlufs- stein im reichen Kranze der Gaben bilden, die wir seit einem halben Jahrhundert aus derselben Hand zu empfangen gewöhnt sind. Möge dem Geber noch langes Leben in gleicher rüstiger Frische und wohlthätiger Wirksamkeit für Wissenschaft, Vaterland und — für so viele Hilfsbedürftige, die Rath und That bei ihm suchen und finden, vergönnt sein. Es lebe der wissenschaftliche Wiederentdecker der neuen Welt, der an diesem Tage seinem Heimathlande Europa zum gröfsesten Se- gen und Ruhme vor vierzig Jahren wiedergegeben wurde, es lebe Alexander von Humboldt hoch! Erwiederung Alexander von Humboldt’s. Die Freundschaft hat ein Gedächtnifs für Zeitepochen, die uns selbst am späten Lebensabend wie in fernen Nebel gehüllt erscheinen. Die Freundschaft hat auch ihre Mythen, die sie sinnig zu deuten versteht, denen sie unvorsichtig und liebevoll ihren Glauben schenkt. Sie nimmt Bestrebungen für Thaten, rohe Entwürfe für Vollendung: sie schreibt dem Einzelnen zu, was dem Ganzen gehört und der mäch- tigen Zeit, die den Einzelnen getragen; was den begabteren Mitkämpfern gehört, die, wie Sie, meine theuren Collegen und Freunde, nach so vielen Richtungen hin die Bahn dem Forschenden bezeichnet haben. Das Gefühl eines solchen Gemeinguts der Intelligenz durchdringt mit belebender Kraft. Es knüpft fester und fester die Bande, welche im hoffenden Alter dem Universitäts-Leben, später den Akademien, jenen ernsten, freien Institutionen, die dem wissenschaftlichen Stre- ben ausschliefslich gewidmet sind, einen so eigenthümlichen Reiz ge- währen. Der Tag, an dem ich ein unerwartetes Zeichen der Erinnerung und eines liebevollen Sinnes von Ihnen empfange, erneuert in mir ein frohes Bewulfstsein, eine alte Ueberzeugung. Da, wo ungetrübt die Quelle der Erkenntnifs fliefst, werden auch die Regungen des Gefühls!] ein Bedürfnifs geistiger Existenz. Durch die stille Macht dieser Ueber- zeugung angetrieben, biete ich Ihnen dar, was auf allen Stufen des Lebens und seiner vielfachen Enttäuschungen im Menschen das Mensch- lichste ist, den Ausdruck tiefempfundenen Dankes. Den 5. August 1844. A. v. Humboldt. 379 Miscellen. Atlas zur Entdeckungsgeschichte Amerika’s. Von den werthvollen chartographischen Documenten der Königl. Hof- und Staats-Bibliothek, der Universitäts-Bibliothek und des Haupt- Conservatoriums der Armee in München haben Fr. Kunstmann, K. v. Spruner und G. M. Thomas dreizehn der interessantesten Blätter in getreuen Nachbildungen als „Atlas zur Entdeckungsgeschichte Amerika’s“ publieirt. „Die Karten“, sagt Fr. Kunstmann in der gelehrten Abhandlung „die Entdeckung Amerika’s“, welche dem erläutern- den Text vorangestellt ist, — „die Karten sind vom 14ten Jahrhundert an, in welchem sie sich zuerst als das Erzeugnifs selbstständiger Forschung darstellen, dem Fortschritte der Entdeckungsreisen gefolgt, deren Resultate grofsentheils in ihnen niedergelegt sind. Die Gewifsheit über die Entdeckung der Azoren im vierzehnten Jahrhundert verdanken wir bisher nur den Karten, da wir keine an- deren geschichtlichen Nachrichten über sie besitzen. Die Geschichte der canari- schen Inseln, die uns anfänglich nur in Bruchstücken vorliegt, wird durch sie er- gänzt, das Verständnils der Entdeckungen in Amerika vielfach durch sie erleich- tert und gehoben. In den Karten haben wir daher auch ein Urkundenbuch für die Geschichte der Seereisen der einzelnen Völker. Sie beginnen mit den Fahr- ten der Italiener, welche zuerst selbstständig, dann im Dienste Portugals, Spa- niens nnd Englands auftraten, und uns jene grolsartigen Zeichnungen des Erd- balls hinterlassen haben, die von andern Völkern fortgesetzt und vollendet wurden. Sie sind daher auch der systematischen Beschreibung des Erdballs vorausgegan- gen, welche sich über die Entdeckung Amerika’s noch lange mit dürftigen und spärlichen Nachrichten begnügte, während die Karten schon ein fast fertiges Bild der vorhandenen Kenntnisse in sich trugen.“ Von den dreizehn Blättern des Atlas beziehen sich die ersten fünf auf die Zeit bis zur Vollendung der Ent- deckungsreise des Magalhaens, die folgenden acht erläutern die Entdeckungsge- schichte bis zum Schlufs des 16ten Jahrhunderts. Um die hohe Bedeutung die- ser Publication in’s Licht zu stellen und den Lesern zugleich eine kurze Notiz über ihren Inhalt zu geben, heben wir aus Fr. Kunstmann’s Erläuterungen der einzelnen Blätter einige Angaben hervor. Das erste Blatt, dessen Inhalt Schmeller in seiner akademischen Abhand- lung über einige der älteren handschriftlichen Seekarten (v. 2 Decbr. 1843) zu- erst bekannt gemacht hat, ist in portugiesischer Sprache abgefalst und trägt den Namen seines Autors an der Spitze: Pedro Reinel a fez. Barros (Dee. I, lib. 3, e. 12) kennt einen Pedro und einen Rodrigo Reinel; der erstere wurde 1487 zu dem Negerhäuptling Mandimansa am Gambia geschickt; Rodrigo wird in dem- selben Jahre als Handelsfactor in der Oase Ouadan auf dem Wege von Arguim nach Timbuctu erwähnt. Im folgenden Jahrhundert nennt der portugiesische Factor in Sevilla, Sebastian Alvarez, in seinem an König Emanuel von Portugal unter dem 18. Juli 1519 erstatteten Bericht über die Unternehmung des Magal- haens zwei Reinel, Vater und Sohn, ohne Taufnamen. „Ich sah,“ sagt er, „die Molucken auf dem Globus und der Karte (en l« poma y carta), welche Reinel 380 Miscellen: der Sohn hier verfertigt hat; beide waren noch nicht vollendet, als sein Vater hierher zu ihm kam, der sie fertig gemacht und die Molucken hineingesetzt hat.“ Für diesen Meister wurden auch alle Karten gemacht, welche Diego Ribero ver- fertigte, der Gehilfe und vielleicht auch der Schüler des ältern Reinel; daher die Uebereinstimmung in dem auf der Karte Pedro Reinel’s dargestellten Theile von Nord-Amerika mit dem Norden Amerika’s bei Diego Ribero. Die erstere ent- hält von der neuen Welt nur die Ostküste von Neufundland und das heutige La- brador bis zur Hudsonsbay in zusammenhängender Zeichnung, entsprechend dem Bericht des venetianischen Gesandten Pasqualigo (vom 19. Oct. 1501) über die zweite Fahrt des Kaspar Cortereal im Jahre 1501, von der nur zwei Caravelen mit 60 Eingeborenen, aber ohne K. Cortereal zurückkehrten, und ist wahrschein- lich in Portugal bald nach dieser Fahrt gearbeitet. Die zweite Karte repräsentirt die Vorstellungen der Zeit, in welcher man sich Nord- Amerika als aus einer Anzahl Inseln bestehend dachte, zwischen de- nen man eine Durchfahrt nach den-Molucken zu finden hoffen dürfe. Wir finden hier vollständig gesondert die „Terra de Corte Reall“ und als geschlossene Insel die Terra de lauorador (Labrador). Nördlich von Grofsbritannien liegt die Terra de uresland (Vresland, Frisland), ein Name, der nach Zahrtmann aus Ferris Land entstanden ist, wie englische Seefahrer die Faröer nannten. Aufserdem enthält das Blatt Westindien (le Antilie), die Nordküste und einen Theil der Ostküste von Süd- Amerika, die letztere bis zum Rio de Cananor, wie nach Peschel seit dem Jahre 1507 auf den italienischen Karten, die nach Ruysch copirt sind, häufig statt Rio de Cananea geschrieben ist. Auch auf der dritten Karte, welche nur die Entdeckungen der Portugie- sen verzeichnet, von denen der Spanier keine Notiz nimmt, erscheinen Labrador (oder Grönland) und die „Terra de Corte Reall“ als gesonderte Continente, nach den Entdeckungen K. Cortereal’s auf seinen beiden Reisen in den Jahren 1500 und 1501. Als dritten Continent sieht man die Ostküste von Süd- Amerika vom Cap Roque bis zum R. Cananea, nach den Resultaten der Küstenfahrt im Jahre 1501, an welcher Amerigo Vespucei Theil nahm. Die vierte Karte giebt von Nord- Amerika Labrador, New-Foundland unter dem Namen Bacalnaos statt Bacalhaos, und das Land Corte Real’s, alle drei von einander durch Meeresstrafsen geschieden. Von Central-Amerika erscheint be- reits die Halbinsel Yucatan — woraus erhellt, dafs die Karte nach dem Jahre 1517 verfertigt ist, Honduras mit den vorliegenden Inseln, der Isthmus, auch mit der pacifischen Küste, die letztere jedoch ohne Nomenclatur, endlich die westindi- schen Inseln. Die südamerikanische Küste, reich mit Namen ausgestattet, geht süd- wärts über den R. Cananea hinaus bis zum C. Santa Maria, und umfalst somit eine auf dem vorigen Blatt noch nicht verzeichnete Strecke, die nach Kunst- mann’s Ansicht ebenfalls schon 1501, nach Andern dagegen erst durch Juan de Solis entdeckt ist. Das Original dieser Karte, im Hauptconservatorium der Ar- mee, enthält auch die östliche Halbkugel, die in dem Atlas nicht mitgetheilt ist, da das Blatt sonst zu umfangreich gewesen wäre. Hier sind die Molucken ver- zeichnet, mit dem Zusatz: ilhas de malugua donde vem ho cravo (Gewürznelken). Das Geschwader, welches Albuquerque ausgesandt hatte, den Handel mit den Molucken zu eröffnen, erreichte dieselben erst 1512. Atlas zur Entdeckungsgeschichte Amerika’s. 381 Das fünfte Blatt ist einem aus sieben Karten bestehenden Atlas entlehnt, der früher dem Kloster Metten angehörte und jetzt auf der Königl. Bibliothek zu München aufbewahrt wird. Eine Karte dieses Atlas trägt die Inschrift: Ves- "“conte de Maiollo civis ‚Janua conposuy hanc cartan in Janua, mit der Jahreszahl 1519, die auch wol die Entstehungszeit der übrigen Blätter dieses Atlas anzeigen dürfte. Majolo liegt im Kirchenstaat, und ein Jacobus de Maiolo condam Ves- conti, wahrscheinlich ein Sohn des obigen, bezeichnet sich als Verfertiger einer Karte Janua anno Domini 1551 die 19 marsi. Die von Kunstmann diesem Atlas entlehnte Karte beginnt auf dem amerikanischen Continent mit der Küste von Honduras, auf welcher der Rio de Cama Roma (Cap Cameron) und die Xagoa-Bai benannt sind, beide 1508 entdeckt. Ferner sind auf ihr die vier grofsen Antillen und eine beträchtliche Anzahl der kleinern verzeichnet; die südamerikanische Küste ist ebenfalls bereits bis zum Cap Sta. Maria fortgeführt, mit reicher Nomenclatur., Die folgenden Karten gehören der Zeit nach der Fahrt des Magalhaens an. Blatt VI und VII sind einem Atlas von 13 Karten entlehnt, der sich auf der Universitäts-Bibliothek befindet und erst nach 1534 gezeichnet sein kann, da er Cuzco erwähnt. Das sechste Blatt beginnt an der Ostküste Amerika’s mit der „terra che descobrio steuen comes“, d.h. dem Lande, welches Estevan Gomez im Jahre 1525 entdeckt hatte, enthält die terra de lecendiados, d.h. die Küsten von Pennsylvanien, Virginien und Carolina, welche die Licentiaten Lucas Vasquez de Aillon und Matienzo bereits im Jahre 1520 aufgefunden zu haben behaupteten, — ferner Mexico unter dem Namen Temistitan vel Mesicho, die centralamerikani- sche Küste, bei welcher Yucatan als Insel dargestellt ist, die Antillen und die Nordküste Süd-Amerika’s. Im Süden erblickt man die Magalhaensstralse, Stric- tum de Magellano, mit dem Hafen S. Julian und Feuerland, und von der ameri- kanischen Westküste einen zusammenhängenden Strich von Colao Provintia und Peru Provintia im Süden bis zur Halbinsel Californien im Norden, welche letztere als Halbinsel dargestellt ist. Jenseits des Stillen Oceans sehen wir mehrere von den ostasiatischen Inseln, Dshilolo, Timor, Sumatra und von Ostasien Bengala Civitas und China Civitas. Das siebente, demselben Atlas entlehnte Blatt stellt die Länder zu beiden Seiten des atlantischen Oceans dar, die amerikanische Ostküste von Neu-Fund- land (terra de bacalaos) im Norden bis zur Magalhaens-Strafse, mit Einschlufs des auf dem vorigen Blatt fehlenden Theiles der brasilianischen Küste und der Küste vom La Plata südlich bis zum Strietum de Magellano und der Nordküste des Feuerlandes mit der Campana de Roldan, die nach einem deutschen Begleiter des Magalhaens benannt ist. Von der amerikanischen Westküste fehlen noch, wie auf dem vorigen Blatt, die Küsten Patagoniens und Chile’s; nach Norden hin ist sie nicht bis zur Halbinsel Californien verzeichnet. Die Blätter VII bis XII sind dem Atlas des Vaz Dourado entnommen, - dessen Original mit der Jahreszahl 1571 sich im Archive zu Lissabon befindet, während die Königl. Bibliothek in München eine mit grölserer Pracht gearbeitete Copie desselben vom Jahre 1580 besitzt, die in manchen Beziehungen von dem “ Original abweicht. Das achte Blatt liefert nun bereits eine vollständige Küsten- zeichnung Süd-Amerika’s südlich von der La Plata-Mündung, mit der Magal- haens-Strafse, an welcher das Cap dellas virgines benannt ist, und dem in meh- 382 Miscellen: rere Inseln geschiedenen Feuerlande; die Westküste Süd-Amerika’s ist mit einer reichen Nomenclatur ausgestattet. Daran schliefsen sich das eben so reich aus- gestattete Blatt IX mit der Nordhälfte Süd- Amerika’s, Blatt X mit Mittel- und einem Theile von Nord- Amerika, Blatt XI mit dem Mündungsgebiet des S. Lo- renz, Neu-Fundland als Insel (wobei ein Theil der Ostküste als gesonderte Insel erscheint) und der terra de Lavrador nördlich vom Lorenzstrome, endlich Blatt XII mit der Westküste Nord- Amerika’s, der Halbinsel und dem Golf von Califor- nien. Das letzte Blatt des Atlas reproducirt eine alte englische Karte mit der In- schrift: Thomas Hood made this platte 1592. Das Original gehört der werthvollen Sammlung des im Jahre 1639 zu Florenz verstorbenen Herzogs von Northumber- land Robert Dudley an, und der hier dargestellte Theil derselben umfafst die grolsen Antillen, die Bahama-Inseln, die Küsten von Yucatan, Mexico, Florida und Norumbega, welcher letztere Name noch für einen bedeutenden Theil der amerikanischen Küste südlich vom Lorenz-Strome beibehalten ist. Der Atlas umschliefst also höchst reichhaltige Documente für die Geschichte der Entdeckung des neuen Continents. Die Ausführung der Blätter ist so vor- züglich, dafs sie ein Prachtwerk im wahren Sinne des Wortes bilden. Der be- gleitende Text enthält aufser den schon erwähnten Untersuchungen Kunstmann’s und den erläuternden Bemerkungen zu den einzelnen Karten das von G. M. Tho- mas hier zuerst edirte Logbook eines Schiffes von der dritten Expedition Drake’s vom 28. August 1595 bis 10. Mai 1596, nach der englischen Urschrift, die auf der Münchener Hof- und Staats-Bibliothek aufbewahrt wird. Bemerkungen über den Ladoga - See. Von Lieut. Lund. Nach dem Russischen. Im Auftrage des General-Gouverneurs von Finnland untersuchte Lieut. Lund im Sommer 1857 die Westküste des Ladoga-See’s von Sserdobol his Schlüssel- burg und stattete über seine Beobachtungen einen ausführlichen Bericht ab, dem wir nach den Mittheilungen des Morskoi Sbornik (April 1858) Folgendes ent- nehmen. Der Ladoga-See ist 200 Werst lang, seine gröfseste Breite beträgt 140 Werst. Die nördlichen Ufer sind hoch, von hohen Granitscheren eingefalst, der See hier sehr tief; im Parallel der Insel Walaam beträgt die Tiefe an vielen Stellen bis 120 Sashen (140 Faden) und mehr. Die südlichen und östlichen Küsten dagegen sind flach, das Wasser seicht, voller Untiefen und Klippen, die vom Wasser be- deckt sind Obgleich der Ladoga ein unruhiges Gewässer ist, sind vorherrschende Winde doch nicht bemerklich; die stärksten Winde pflegen der NO., SW. und der W. zu sein, besonders der erstere, der stolsweise weht. Das Jahr 1857 bil- dete eine Ausnahme: fast während des ganzen Juli und August wehte beständig Nordwind, bald stärker, bald schwächer. Der Wellenschlag auf dem Ladoga ist unregelmäfsig, kurz und hoch; man kann ihn mit dem Wellenschlage vergleichen, der durch das Zusammentreffen starker Meereswogen mit einer Flufsströmung her- vorgerufen wird. Als Grund der Unregelmälsigkeit darf man das Relief des See- F) Bemerkungen über den Ladoga -See. 383 bodens betrachten; der letztere bildet von dem Parallel des Klosters Walaam bis zum Ufer bei Schlüsselburg die Hypotenuse eines rechtwinkligen Dreiecks, dessen eine Kathete — die Entfernung von Walaam bis Schlüsselburg — 130 Werst be- trägt, während die andere — die Seetiefe — 120 Sashen grols ist. Die Veränderung des Wasserstandes ist eine periodische und eine örtliche. Nach den Berichten der Anwohner steigt der See innerhalb einer siebenjährigen Periode zu seinem höchsten und fällt dann wieder zu seinem niedrigsten Wasser- stande; in diesem Jahrhundert war er in den Jahren 1819 und 1826 besonders tief gesunken. Aufserdem macht sich eine Veränderung nach den Jahreszeiten bemerklich; im Frühjahr ist das Wasser höher als der Durchschnitt der sieben- jährigen Periode; mit dem 29. Juni fängt es an zu fallen, aber schon im Herbst beginnt das Steigen wieder. Die örtliche Veränderung hängt von den Winden ab; bei Nord- und Ostwinden sinkt, bei West- und Südwinden steigt das Wasser am nördlichen Gestade, während am südlichen das Entgegengesetzte stattfindet. Beständige Strömungen existiren auf dem Ladoga nicht, wenn man von den localen Uferströmungen in der Nähe der einmündenden Flüsse und zwischen den Inseln der finnländischen Scheren absieht. Die bedeutendste dieser localen Strö- mungen war bisher die bei Kexholm, wo der Flufs Wokscha (Wuoxen) mündet. Dieser führt nach seinem Austritt aus dem Seensystem des Saima, das eine Längenausdehnung von 500 Werst besitzt, durch den Imatra-Fall eine ungeheure Wassermasse mit sich, fliefst dann durch viele Seen in der Richtung nach SW., wendet sich nach einem Laufe von 75 Werst plötzlich bei der Poststation Ki- winiemi nach NO. und mündet, nachdem er in dieser Richtung 50 Werst weiter geströmt ist, mit zwei Armen bei Kexholm in den Ladoga. Da wo der Flufs die grofse Biegung bildet, bei Kiwiniemi, ist er nur durch eine schmale Land- zunge von dem tiefen See Ssubando getrennt, der sich von NO. nach SW. 35 Werst weit hinzieht. Noch vor 40 Jahren ergo[s dieser See sein Wasser über die Landzunge von Kiwiniemi in den Wuoxen, da er vom Ladoga durch hohe Sandhügel getrennt war; aber im Jahre 1818 hatte er diese Sanddünen unter- waschen und sich einen Ausfluls (Namens Taipalewirta) nach dem Ladoga eröff- net, wodurch das Niveau des Ssubando um 26’ fiel und um 21’ tiefer als das des Wuoxen stand. Auf Anordnung der finnländischen Regierung durchstach man im Jahre 1857 die Landzunge bei Kiwiniemi, um den Wasserstand des Wuoxen zu erniedrigen und einige grolse Sümpfe und Seen trocken zu legen, die auf weiten Strecken des Flufslaufes dem Ackerbau hinderlich waren. Als _ man Anfangs September die Schutzwälle bei Kiwiniemi beseitigte, stürzte sich der Wuoxen in den durch die Landzunge gegrabenen Kanal und vertiefte und erwei- terte sein neues Bett mit jeder Stunde. Als Resultate dieser Ableitung des Wuoxen erwartete man 1) eine Erniedrigung seines Wasserspiegels um 10, unter günsti- _ gen Umständen um 15’, und dadurch die Trockenlegung eines Landstrichs, der eine jährliche Revenue von 80000 Rub. Silber verspricht; und 2) dafs die Haupt- wassermasse des Wuoxen, statt wie bisher bei Kexholm, jetzt durch den Taipa- lewirta bei dem Dorf Taipale sich in den Ladoga ergiefsen wird; schon jetzt hat der Flufs bei seiner reifsenden Strömung sein Bett auf 18’ vertieft, und bei Kex- holm wird vermuthlich nur ein unbedeutender Bach übrig bleiben, der aus eini- gen kleineren Seen des Gouvernements Wiborg das Wasser in den Ladoga führen 384 Miscellen: wird. Ja man hegt auch einige Hoffnung, dafs der neue Arm bei Kiwiniemi für Barken schiffbar werden wird; dann würde eine Wasserstrafse vom Ladoga-See durch den Ssubando und dann den Wuoxen 45 bis 50 Werst aufwärts bis zur Kirche Jesskis im Kirchspiel St. Andreas eröffnet sein. Die Schiffahrt beginnt auf dem Ladoga in der Mitte des Mai und endet An- fangs November. Der nördliche Theil des Sees ist allerdings bis zum Januar, zuweilen bis zum Februar vom festen Eise frei; aber die Schiffahrt ist in so später Jahreszeit doch mit Gefahren verknüpft, in Folge des Treibeises, das von dem seichten südlichen Ufer losgerissen und von den Winden fortgeführt wird. Ungeachtet ihrer mangelhaften Bauart müssen die hiesigen Fahrzeuge aber doch zuweilen noch in später Herbstzeit Fahrten unternehmen, besonders wenn die Getreideschiffe aus den südlicheren Gouvernements sich verspätet haben. Die wichtigsten Häfen des See’s sind folgende: 1) die Rhede Koschkin, die, obwohl sie ganz offen ist, doch selbst gegen die stärksten Nordwinde Schutz ge- währt; denn die Wellen, die sich an dem flachen Südufer gebrochen haben, haben hier ihre Gewalt verloren, und die Schiffer sind um ihre Fahrzeuge unbesorgt, selbst wenn sie vor dem Winde treiben, indem sie sich auf den weichen Boden verlassen. Auf dieser Rhede liegen immer viel Schiffe, weil diejenigen, die über 6’ tief gehen, das Schlüsselburger Fahrwasser nicht immer passiren können; tie- fer gehende Fahrzeuge laden immer hier aus. — 2) Tschertowa Lachta ist einer der besten Häfen des See’s und hat einen sehr bequemen Zugang; Schiffe in Seegefahr suchen vorzugsweise in diesem Hafen Zuflucht, der seinen Namen dem alten Volksglauben verdankt, dafs der Teufel (tschort), der sich auf der Insel Konewez aufhielt, nach Erbauung des dortigen Klosters an diese Bucht übersie- delte. — 3) Die Stadt Kexholm, Auf beiden Seiten der Bucht, welche dieser Stadt als Hafen dient, haben sich aus Sand und Steinen Untiefen gebildet, welche zwischen sich nur ein schmales Fahrwasser von 300 Sashen Länge und 30 Sashen Breite freilassen; die geringste Tiefe desselben beträgt 8'. Der Hafen selbst ist tief, aber voll von Sandbänken und Klippen, und deshalb suchen die Schiffe hier nur selten Zuflucht. Aus Kexholm werden jährlich an 150,000 Pud Weidenrinde, und als Ertrag der dortigen Fischerei an 60,000 See- und 6000 Lachs-Forellen ausgeführt; eingeführt werden aus dem Hafen Ssermax am Flusse Swir gegen 10,000 Säcke Roggenmehl, 1000 Säcke Weizen und eine geringe Quantität Hafer und Grütze. — 4) Die Bucht Kiwissalmi liegt 9 Werst nördlich von Kexholm; sie ist tief und gegen alle Winde geschützt; Schiffe in Seegefahr oder solche, die nach Kexholm bestimmt sind, laufen hier oft ein. — 5) Kronohorg und Jakim- wari sind gute Häfen mit ziemlich sichern Eingängen, — 6) Sserdobol. Die Einfahrt liegt zwischen den Scheren und führt 15 Werst weit zwischen Inseln hin; die geringste Tiefe des Fahrwassers beträgt 13 Fufs. Die Ausfuhr besteht aus folgenden Producten: 10,000 Pud Rindfleisch, gegen 5000 Pud Knochen und für 20,000 Rub. Silber Pelzwerk, besonders Fuchspelze; die Einfuhr in 15,000 Pud Mehl, einer geringen Quantität Weizen, Graupe etc., meistentheils aus dem Hafen Ssermax. — 7) Der kleine Ort Leskilja. Zu ihm führen drei Wege: von Sser- dobol zwischen dem Festland und der Insel Rekal, zwischen den Inseln Rekal und Tulol, und zwischen dem Festland und der Mjakissala. Der zweite ist in Folge zahlreicher Untiefen und Felsen der schwierigste. Von der dortigen Schneide- Bemerkungen über den Ladoga-See. 385 mühle werden viel Bretter ausgeführt, und auch aus dem Hüttenwerk des Herrn Arppe kommt viel Gufs- und Schmiedeeisen zur weiteren Ausfuhr hierher. — 8) Pitkeranda, wo eine Compagnie eine Kupferschmelzhütte in Betrieb hat. — 9) Ssalmiss, eine vortreffliche Rhede mit gefahrlosem Eingang. Früher, als hier eine Schneidemühle existirte, waren daselbst gegen 300 Schiffe mit dem Holztransport beschäftigt. Jetzt ist die Besitzung in die Hand der Regierung übergegangen, die darauf eine Eisengiefserei — hauptsächlich für Flottenbedürfnisse — anlegen läfst. — 10) Auf der Westküste der Insel Walaam liegt ein schöner und tiefer Hafen, Nikinow, mit zwei gefahrlosen und geradeaus führenden Zugängen, einem von N. und einem von W. Vor schlechtem Wetter findet man auch hinter den zahlreichen hier gelegenen Inseln Schutz. Zur Sicherung der Schiffahrt sind auf dem südlichen Ufer des See’s und auf den dort gelegenen Inseln vier Leuchtthürme errichtet, zu Koschkin, Karedshi, Ssucho und Storoshno, die mit Ausnahme des ersten nur ein schwaches Licht verbreiten. Am nördlichen Ufer stand auf der langen Sandbank, die sich von der Insel Mantschin-ssari (auch Mazenskij Ostrow genannt) nach S. erstreckt, der hölzerne Leuchtthurm Chainjaluoto, dessen Feuer aber, seitdem Ssalmiss Staats- eigenthum geworden, nicht mehr angezündet wird. Ein anderer hölzerner Leucht- thurm, den eine Gesellschaft von Kaufleuten auf der Insel Chatschi bei der Ein- fahrt in den Flufs Olonka erbaut hatte, brannte vor 15 Jahren ab und ist nicht wieder hergestellt worden, obgleich er an diesem flachen und steinigen Ufer sehr wichtig ist, zumal da von den Flüssen Olonka, Tuloksa und Swidliza jährlich 150 grofse Schiffe, mit Holz befrachtet, nach der Hauptstadt gehen. Lieut. Lund hält namentlich noch an zwei Stellen die Einrichtung von Leuchtthürmen für unerläfslich; zunächst auf der Insel Gangopass, die von dem Westende der Insel Walaam 7 Werst in südwestlicher Richtung entfernt ist; dann auf der gro- [sen mit Steinen bedeckten Untiefe, die 25 Werst südlich von der Insel Konewez liegt, auf dem Course der Schiffe, die von der finnländischen Küste nach Schlüs- selburg, und umgekehrt, gehen. Sie ist 5 Werst lang und 4 Werst breit, und bei niedrigem Wasserstande ragen einige Steinblöcke über den Wasserspiegel her- vor; ihr nördlicher und ihr östlicher Rand fällt steil ab, aber nach $. und W. senkt sie sich allmählich. Auch die vorhandenen Karten des See’s sind unzulänglich und ungenan. Lieut. Lund benutzte drei; die erste derselben ist in dem chartographischen Bureau der Admiralität im J. 1812 nach einer ältern im J. 1765 ausgeführten Zeichnung zusammengestellt; die zweite ist nach Zeichnungen im militairisch- topographischen Depot entworfen und von dem hydrographischen Departement des Marine-Ministeriums 1845 herausgegeben; die, dritte ist von der General- Direetion der Wegebauten im J. 1854 publicirt. Alle drei sind ungenau; es fehlen auf ihnen viele Untiefen und Inseln, Breiten und Längen auf den Karten von 1812 und 1845 stimmen nicht, und die Differenz wird für die nördlichen "Theile des See’s immer beträchtlicher, so dals eine neue Aufnahme des See’s und die Anfertigung genauer Hafenpläne ein dringendes Bedürfnifs ist. —n. u: Zeitschr. f. allg. Erdk. Neue Folge. Bd. VI. 25 386 Miscellen: Forschungsreisen von Zanzibar nach Üentral- Afrika. Die nächste beträchtliche Erweiterung unserer Kenntnils von Central- Afrika wird uns durch die Reisen zu Theil werden, die in den letzten Jahren von Zan- zibar aus unternommen wurden. Dieser Küstenstrich empfahl sich als Ausgangs- punkt für Entdeckungsreisen nach dem Innern nicht blofs dadurch, dafs er un- sern gegenwärtigen Kenntnissen zufolge höchst wahrscheinlich durch den relativ geringsten Zwischenraum von denjenigen Gebieten getrennt ist, deren Besuch zur endlichen Lösung wichtiger geographischer Probleme (Nilquellen, Existenz des grolsen Binnensee’s, der angeblichen Schneeberge Kilimandscharo, Kenia u. a.) führen mülste; sondern vornehmlich auch dadurch, dafs auf der Insel Zanzibar zahlreiche einheimische Händler, die auf ihren Reisen weit in das Innere vordrin- gen, zusammenströmen und durch ihre Ortskenntnils dem wissenschaftlichen Rei- senden die Wahl einer zweckmälsigen Route und eine geeignete Reise- Ausrüstung erleichtern können. Zanzibar selbst, wo englische, französische und hamburger Handelshäuser etablirt sind, steht in regelmäfsiger Verbindung mit Bombay, Lon- don und Hamburg, ist also nichts weniger als ein von Ressourcen entblöfster Ort. Unter den Reisen, die in den letzten Jahren von hier aus unternommen wur- den, haben diejenigen Burton’s, des kühnen Erforschers der heiligen Stätten Arabiens und der Küste Harar, und seines Begleiters Speke das lebhafteste In- teresse erregt Nachdem diese Forscher im Anfang des Jahres 1857 einen Aus- Hug längs des Flusses Pangani, welcher der Insel Zanzibar gegenüber mündet, durch das Gebiet der Wasegua in das 4000 Fufls hohe Gebirgsland am linken Ufer des Flusses und nach der hier gelegenen Ortschaft Fuga, der Hauptstadt der Usambara, glücklich ausgeführt hatten, traten sie im Juni desselben Jahres ihre wichtige Entdeckungsreise nach dem gro/sen Binnensee an, über den der Missio- nar Ehrhardt die erste wunderbare Nachricht nach Europa verbreitet hatte, Erst Anfangs Mai 1858 traf in Zanzibar die Nachricht ein, dafs die beiden Reisenden nach unendlichen Mühseligkeiten, nach dem Verlust ihrer Lastthiere und nachdem sie von ihren Leuten grolsentheils verlassen worden, ihr Ziel erreicht hatten. Sie waren von der Küste etwa 500 Miles weit in das Innere vorgedrungen, ohne da- bei ein Gebirge von bedeutenderer Höhe als 5000 Fufs überschreiten zu müssen, und hatten dann endlich die grofse Senkung erreicht, in welcher, wie sie berich- teten, nicht ein grolser See, sondern vier Seen existirten, Namens Ugidschi, Tschiwa, Nyassa und Ukerewe. Sie waren damit beschäftigt, den ersten dieser Seen, den Ugidschi, aufzunehmen; er liegt in einer Höhe von 1800 Fufs, soll 200 Miles lang, 27 Miles breit sein, und zwei Inseln umschliefsen. Der eigent- liche „grofse Binnensee“ ist aber der Ukerewe, der 16 Tagereisen nördlich vom Ugidschi liegen soll. Speke hatte sich auf den Weg gemacht, auch dieses Wasser- becken zu erforschen; Burton war durch schwere Krankheit so sehr geschwächt, dals er die Weiterreise aufgeben mufste, Den Ugidschi sollen die Reisenden unter 5° 15° S. Br. und 31° 22’ O.L. v. Gr. erreicht haben. Auf den ausführlichen Bericht über die zur Zeit noch nicht beendigten Unter- nehmungen dieser kühnen Reisenden werden wir natürlich noch längere Zeit war- ten müssen. Früher wird, wie es scheint, die Publication eines Werkes erfolgen, welches der katholische Missionar L&on des Avanchers über das Gebiet ver- Forschungsreisen von Zanzibar nach Central- Afrika. 387 fafst hat, das sich nördlich von den durch die beiden Engländer erforschten Ge- genden zwischen der Küste der Suahelis und Somalis und dem abessinischen Alpen- lande zu beiden Seiten des Aequators ausbreitet. Das Werk soll in Turin erschei- nen und aus zwei Theilen bestehen, von denen der erste die Geschichte der Mis- sionen und der Religion in Abessinien behandeln, der zweite rein geographischen Inhalts sein wird. Durch die geographische, von einer Karte begleitete Skizze, die Leon des Avanchers an M. Antoine d’Abbadie eingesandt hat und die im Bulletin der Pariser Geogr. Gesellschaft (Märzheft 1859) veröffentlicht ist, wird der lebhafte Wunsch angeregt, dafs der Verf. dasjenige, was er selbst auf seinen Reisen gesehen hat, und dasjenige, was er nur von Andern erfahren hat, in seinem ausführlichen Werk scharf gesondert haben möge. Denn jene Skizze und Karte enthalten gar wundersames Material, namentlich in hydro- und orographi- scher Beziehung. Ein See Elboo, unter 1° N. Br. und zwischen 34° und 35° ©. L. von Paris auf einem Plateau gelegen, sendet einen Flufs nach NW. zum Nil, so dafs man von ihm auf diesem Flusse nach Masr fahren kann. Das Pla- teau ist von hohen Kegelbergen umgeben, von denen einige, im Süden des Sees gerade unter dem Aequator gelegen, schneebedeckte Gipfel haben. Südlich, von ihnen zieht sich die Gebirgskette Obada hin, ebenfalls mit einigen Schneegipfeln; zu ihr gehört unter 1° S. Br. und etwa 32% O.L. von Paris ein thätiger Vulkan, und an ihrem Ostende sprudelt eine heise Quelle. Ein zweiter, noch merkwür- digerer See liegt etwa unter 1° 30' S. Br. und 31° O. L. von Paris; er sendet einen Ausfluls nach Westen in den grolsen centralafrikanischen Binnensee, einen andern nach Osten, und dieser letztere theilt sich bald in drei Arme, die unter den Namen Ozi, Sabaki und Pangani in das Meer sich ergiefsen. Auf dem von dem Sabaki und Pangani umflossenen Delta erhebt sich der Kilimandsharo! Das scheint Alles nach Hörensagen berichtet zu sein. Mehr Vertrauen erwecken die ethnographisehen Notizen über die Stämme der Somali’s, die westlich etwa bis zum Meridian des untern (südlichen) Laufes des Dshub, an der Küste also bis zum Aequator wohnen, und ihrer westlichen Nachbarn, der Gallas, welche das ganze Quellgebiet des Dshub und die Plateau’s und Ebenen südlich bis über den Aequator, an der Küste bis 4° $. Br. einnehmen, und nur hier am Meere eini- gen zum Tribut gezwungenen Stämmen der Eingeborenen, wie den Dahalo und Wanika am 'Ozi und Sabaki, den fernern Aufenthalt gestattet haben. ‘Die Sua- helis haben nach Leon des Avanchers auf dieser Strecke nur eine Reihe kleiner Inseln in Besitz, welche den Küstenstrich begleitet. "Wenn nun, nach der mitgetheilten Probe zu schliefsen, der Umstand, dafs das Sichere von dem Hypothetischen nicht klar geschieden ist, auf sämmtliche Mittheilungen des Missionars einen mehr oder minder bedenklichen Schatten wer- fen wird, so dürfen wir von Albert Roscher sicher nur Nachrichten erwarten, welche für die sichtende Kritik eines für sein Reise- Unternehmen tüchtig vorge- bildeten und mit echt wissenschaftlichem Geiste ausgestatteten Mannes Zeugnils ablegen. Albert Roscher, ein junger Hamburger, der sich durch sein Werk: „Ptolemäus und die Handelsstrafsen in Central- Afrika. Gotha 1857“ rühmlichst bekannt gemacht hat, ist im vorigen Jahre mit der Absicht, in das innere Afrika und wo möglich zu den Nilquellen vorzudringen, ebenfalls nach Zanzibar gegan- gen und im September dort eingetroffen. Er ist weit davon entfernt, sofort blind- 23* 388 Miscellen: lings sein grofses Reise- Unternehmen antreten zu wollen, beabsichtigt vielmehr dort an Ort und Stelle einen auf die Mittheilungen zuverlässiger und ortskundiger Eingeborener begründeten und somit Aussicht auf Erfolg versprechenden Reiseplan zu entwerfen, dabei Flora und Fauna der Umgegend zu untersuchen, sich die Sprachen der Nachbarstämme anzueignen und die sich hier oft darbietende Ge- legenheit, Handelsreisende auf ihren Zügen nach dem Innern zu begleiten, mög- lichst zu benutzen. Dadurch geübt und vorbereitet hofft er seinen grofsen Plan ausführen zu können; er gedenkt drei Jahre in Afrika zu verbleiben, die für die Wissenschaft sicher nicht erfolglos sein werden. Endlich müssen wir noch des Venetianers Miani gedenken, der in diesem Jahre an der Spitze einer gröfsern, von der französischen Regierung unterstützten Expedition nach demselben Gebiet aufgebrochen ist. Miani will sich während seines zehnjährigen Aufenthalts in Aegypten durch Erkundigungen bei den Ein- geborenen davon überzeugt haben, dafs der Nil und die Flüsse Zanzibar’s aus einem und demselben, unter dem Aequator gelegenen See herflielsen, der von der Küste Zanzibar’s nur 200 Lieues entfernt sei. Die Expedition hat sich nach Aegypten begeben; ein Theil derselben wird unter Leitung eines Ungarn, Baron Aspold, den Nil aufwärts verfolgen, während Miani sich mit der andern Hälfte der Expedition in Suakyn einschiffen und von Zanzibar seine Entdeckungsreise antreten wird. —ın. Chinesische Colonisten in Caleutta. Bekanntlich besitzen die Chinesen, namentlich die Eingeborenen aus der Pro- vinz Fukiän, einen regen Colonisationstrieb, der sie schon seit lange nach dem angrenzenden hinterindischen Festlande, den hinterindischen Inseln und Borneo, nach Australien und Californien geführt hat. Aber auch in Vorderindien und namentlich in Caleutta haben sie sich schon seit mehreren Jahrzehnten ange- siedelte. „Man ahnte bis jetzt nicht“, schreibt der Friend of India, „dals 500 Familien dieser langgeschwänzten Race in der Stadt der Paläste wirklich ansälsig sind, und der Exgouverneur der Provinz Kwantung Yih wäre, wenn man ihm ge- stattete, hier mit seinen Landsleuten zu verkehren, wohl im Stande, ihnen manche gute Lection zu geben. Seit etwa siebenzig Jahren hat sich in Caleutta eine kleine chinesische Colonie niedergelassen. Obschon den Europäern nur als die besten und ehrbarsten unter den billigen Schuh- und Stiefelmachern bekannt, bilden sie doch in Wahrheit eine Colonie, eine Republik unter britischem Schutze, in welcher stillschweigend eigene Gesetze Gültigkeit haben. Ihre Anzahl wech- selt, indessen mögen es doch durchschnittlich 500 Familien sein, die sich in zwei Gemeinden theilen, in die der Schuhmacher und der Tischler. Die ersteren bil- den einen politischen Verein, welcher die Gesellschaft der himmlischen Tugend genannt wird, und stammen zum gröfsesten Theil aus der Provinz Kwantung; die letzteren, welche einem angeseheneren Stande angehören, sind ein Zweig der in China weit verbreiteten politischen Oppositionspartei, der Trias - Gesellschaft. Seit lange standen beide Gemeinden in Caleutta einander feindselig gegenüber, gegen- wärtig aber haben sie sich eng an einander geschlossen und verhalten sich den Eingeborenen und Fremden gegenüber ganz exclusiv. In ihrer Mitte besteht ein id > LEDER Marzer, u Pe 7 2555 Chinesische Colonisten in Caleutta. 389 Handels-Comite oder eine geheime Association, welche die Preise der Arbeit und der Waareu bestimmt, den gesammten Handel der chinesischen Colonisten über- wacht und namentlich verhütet, dafs nicht Einer, der bereits Credit zu geben ab- gelehnt hat, noch einmal wieder belästigt werde. Ihren Verfügungen verleiht sie durch Execommunication vom Handel und durch das Bambusrohr Nachdruck. Aufser- dem hat dieses Comite die Befugnifs Verbrechen zu strafen und schwere Vergehun- gen gegen die gesellschaftliche Ordnung zu richten. Zur Gründung einer solchen Vereinigung wurden die Chinesen in Caleutta ebensowohl, wie die in Californien und Australien, erst durch die Opposition der Eingeborenen genöthigt. Die an- geborene Antipathie der helleren Racen gegen die dunkleren macht sich beson- ders auch in Bengalen geltend. Aber meistens gewinnen hier die Chinesen das Spiel und halten den Feind in Respect, so dafs dieser bei tumultuarischen Be- wegungen gern der mit Bambusspielsen bewaffneten Nationalgarde aus dem Wege zu gehen pflegt. Alle Chinesen sind reich und verwenden ihr Geld auf dieselbe Weise. Sobald ein Chinese gelandet ist und Arbeit gefunden hat, nimmt er etli- che Portugiesinnen zu Weibern, mit denen er in der Regel bis zu seinem Tode oder bis er in seine Heimath zurückkehrt, zusammenlebt. Er versteht seinen Unterhalt fast eben so billig einzurichten als die Eingeborenen, und das Handels- Monopol — denn von einem solchen kann man hier füglich reden — für die zwei Artikel, Schuhmacher- und Tischler- Arbeiten, verschafft sehr bald dem an Fleifs Gewöhnten eine reichliche Einnahme. Sobald er sich ein Vermögen erworben, baut oder kauft er sich in der Nähe eines der drei chinesischen Kirchhöfe einen Bungalow, ein einstöckiges Haus. Hierher zieht er sich, wenn er sein Tagewerk vollendet hat, zurück und lebt hier mit seiner Pfeife und seiner Bedienung voll- ständig zufrieden. Selten schläft er die ganze Nacht hindurch, denn alle den Handel betreffenden Versammlungen, viele Festlichkeiten und Vergnügungen finden bis nach Mitternacht statt. Neben ihren Bungalows haben die Chinesen ihre Schweineställe, welche mit demselben Aufwand wie in England die Pferdeställe rein gehalten werden und in denen die Schweinezucht in einem Umfange und mit einer Sorgfalt betrieben wird, die den Chinesen Ruf erworben hat. Das Schwein wird billig eingekauft, sorgfältig verpflegt und gemästet, das Fleisch ver- zehrt oder verkauft, das Fett aber eingekocht und als Schmalz in grofser Menge nach Mauritius ausgeführt. Die meiste Arbeit bei diesen Einrichtungen verrich- ten die Eingeborenen (?), welche aber nicht im Stande sind, gegen den Chinesen aufzukommen, der da weils, dafs in dem festen Zusammenhalten mit seinen Lands- leuten seine Stärke besteht. Aufser der Pfeife rauchen die Chinesen Opium und sollen leidenschaftliche Spieler sein; sie wissen beides vor den Augen der Polizei zu verbergen, namentlich sollen ihre Tempel dazu dienen, sich diesen Ge- wohnheiten hinzugeben. Wie in ihrer Heimath, so sind sie auch in Calcutta Buddhisten, aber sie achten die Religion überhaupt nur als ein erspriefsliches Mittel zur Aufrechthaltung der gesellschaftlichen Ordnung. Daher verstatten sie auch ihren Kindern, in der katholischen Kirche oder im Buddhismus aufzuwach- sen, wie es gerade die Umstände zuträglich erscheinen lassen, und betrachten ihre Tempel mehr als passende Erholungsstätten, denn als Stätten der Anbetung. Zwar nehmen sich auch die Missionare ihrer an, machen aber, wie es scheint, wenig Eindruck auf sie. Der gänzliche Mangel an chinesischen Frauen (denen 390 Miscellen: bekanntlich gesetzlich untersagt ist auszuwandern und die auch noch mehr als die Männer an der Heimath hängen) und die Gewohnheit, dafs sie ihren Kindern gestatten, den chinesischen Hong (das chinesische Stadtviertel) zu verlassen, ver- hütet eine schnelle Vergröfserung der Colorie. Auch das die Colonie verwaltende Comite, dem eine allzugro/se Ausbreitung derselben nicht erwünscht sein kann, sucht eine rasche Vermehrung zu hindern; dennoch nimmt die Zahl der Colo- nisten, wenn auch nur langsam, zu. Das Klima ist ihnen entschieden günstig. Sie erreichen, gleich den Negern unter ähnlichen Verhältnissen, ein hohes Alter; es giebt über 100 Jahre alte Chinesen in Caleutta, welche 50 Jahre lang Ar- beiter gewesen sind. Ihre durchgängig gute Gesundheit und ihr unermüdlicher Fleifs scheinen starke Beweise gegen die sonst allgemein verbreitete Ansicht von den nachtheiligen Folgen des Opiumrauchens zu sein. Die kleine Colonie ist ein merkwürdiger Beweis für die Wirkungen der Vereinigung. Ungleich dem Euro- päer, der den Eingeborenen beschäftigt, aber nie mit ihm concurrirt, sind diesem die Chinesen auf seinem eigenen Boden begegnet und haben ihn in zwei Arbeits- zweigen durch Concurrenz herabgedrückt'). Mitten unter einer ihnen fremden Be- völkerung haben ihre einfache Lebensweise, ihre grolse Rührigkeit und ihr festes Zusammenhalten dazu mitgewirkt, sie reich und angesehen zu machen. Ihre Ge- wohnheit, geheime Gesetze und Anordnungen zur Ausführung zu bringen, könnte sie unter anderen Verkältnissen zu schlechten Unterthanen machen. Allein wie sie jetzt durch ihr gesellschaftliches System vor allen Conflieten mit den Behör- den bewahrt geblieben sind und ein Reich für sich im Reiche ausmachen, tragen sie viel zum allgemeinen Wohlstande bei und schmälern nicht die allgemeine Sicherheit.“ B. Von den Ufern des Amur. Ein Schreiben Radde’s über seinen Aufenthalt im Ching-gan vom 1. Aug. 1857 bis 1. Febr. 1858. Aus dem Russischen. Meine Rückreise von der Mündung des Ussuri nach meinem Aufenthaltsorte am Ching-gan nahm 21 Tage in Anspruch, vom 21. Juli bis 9. August a. St. Als ich hier anlangte, fand ich glücklicherweise meine beiden Leute am Leben. Ich sage „glücklicherweise“, weil ich gehört hatte, dafs beide beinahe ertrunken wären. Gleich nach meiner Abreise hatten sie versucht, in einem Selbstfang (samolow) ?) einen gewaltigen Stör (acipenser orientalis) zu fangen, dieser aber rifs den Anker fort und zog mit dem gesammten Fischereigeräth langsam strom- aufwärts. Da meine Leute in Folge einer Unachtsamkeit zur Zeit des Hochwassers ihr grofses Boot verloren hatten, verfolgten sie den Fisch in einem Kahn von Birkenrinde (in einem Omarotsche oder Omurotsch). Bei dem ersten Versuch, das Fischernetz anzuziehen, machte der Stör eine geschickte Bewegung, der Kahn schlug auf die Seite, und meine Leute mufsten ihr Heil im Schwimmen suchen. Des Schwimmens unkundig wären sie ohne die Hilfe eines tungusischen Steppen- Kosaken in dem reilsenden Amur verloren gewesen. Ich führe diesen Umstand ’) Als Schuhmacher concurriren Hindus nicht: diese dürfen bekanntlich kein Leder berühren. 2) Vgl. über diese Selbstfänge diese Zeitschrift N. F. Bd. IV, S. 509. 510. Von den Ufern des Amur. 391 nur deswegen an, um es zu erklären, weshalb wir in der Folge selbst dann, wenn wir alle Mittel dazu besafsen, gro/se Expeditionen nicht zu unternehmen beschlos- sen. Was wäre geschehen, wenn meine Leute wirklich umgekommen und unsere Sachen einen ganzen Monat lang im Walde ohne Schutz geblieben wären? Am 11. (23.) August fingen wir an unser Winterquartier zu bauen. Da die Balken unserer beiden Flölse zum Bau eines gröfseren Hauses nicht ausreichten, hatte ich angeordnet, dafs meine Leute während meiner Abwesenheit an einer geeigneten Stelle die Erde eine Arschin tief wegräumten, so dafs jetzt nur noch übrig blieb, die Wände zu verbinden und aus den zersägten Balken ein Dach zu bauen. Diese Arbeit beschleunigten sie nach Kräften, und sie nahm unsere ganze Zeit in Anspruch, so dals wir kaum in die nächste Umgegend Ausflüge unter- nehmen konnten und es mir nicht mehr möglich war, während des Sommers in das Innere der Uferwälder vorzudringen. Unser Haus, das 4 Sashen lang und 3 Sashen breit war, wurde erst am 1. September fertig, so dafs ich es beziehen konnte. Ein Raum von etwa 8 Quadrat-Sashen bildete mein Zimmer, das durch eine Scheidewand von der Küche getrennt war. Später bauten wir aus Lehm einen grolsen russischen Ofen, während mein Zimmer durch einen chinesischen Ofen geheizt wurde, der die ganze Nordseite einnahm. In der Folge zeigte es sich, dafs der Bau bei den Mitteln, über die wir verfügten, auf’s Beste ausge- führt war. Die beiden Fenster meines Zimmers gingen nach Süden, so dafs bei mir fast den ganzen Tag die Sonne schien. Auch die Construction des asiati- schen Ofens erwies sich als sehr praktisch. Während ich nun im Herbst beständig meiner Neigung folgte und bald Aus- flüge auf einige Tage in das Innere der Wälder, bald mit Lebensmitteln für eine ganze Woche versehen stromabwärts unternahm, um die entlegenen Thäler zu untersuchen, blieben unsere beiden Kosaken zu Hause, mit dem Bau einer Bade- stube und eines Stalles für unsere Pferde beschäftigt. Die täglichen Exeursionen, an denen ich fast immer: Theil nahm, dauerten ununterbrochen bis Mitte November. Ich beabsichtigte dabei, abgesehen von der Jagd, Beobachtungen über die Ausdehnung der Lärchenwälder am Ching-gan. Hoch erfreut war ich, die am Ussuri gefundene Aralia mandschurica hier wieder- zutreffen, wie auch Juglans mandschurica, deren Vegetationsgrenze also mindestens 450 Werst westlich vom Ussuri anfängt. Was die mandschurische Walnu/s be- trifft, so halte ich es für wahrscheinlich, dafs sie oberhalb des Ching-gan gar nicht mehr vorkommt, wie sich denn auch hier nur ein Exemplar fand, das überdiefs mehr einem Strauch als einem Baum glich, aber doch Früchte trug. Die Aralia mandschurica dagegen, die auch hier gewöhnlich in kleinen Gruppen _ «(bis zu 15 Stämmen) wächst und sich manchmal auch auf den Höhen des Chre- bet findet, selbst da, wo vorzüglich Pinus Cembra vorherrscht, kommt wahrschein- lich auch weiter nach Westen, wie auch tiefer im Gebirge vor. Ich lenkte die 5 Aufmerksamkeit meiner Jagdgenossen auch auf den Korkbaum, indem ich dem- 3 jenigen eine besondere Belohnung versprach, der mir die dickste Baumrinde brächte und mir den Baum zeigte, von dem er sie genommen. Aus der beige- % legten Probe erkennt man die vorzügliche Qualität der Rinde des Korkbaums (Phellodendron); ihre feste und vorzüglich gesunde Beschaffenheit giebt ihr einen wesentlichen Vorzug vor der Eichenrinde, Der Banm selbst scheint keinen be- sonderen Umfang zu erreichen, denn die erwähnte Rinde ist von einem Stamme 392 Miscellen: genommen, der am Boden 15 Zoll diek und doch schon abgestorben war. -Uebri- gens gehört der Korkbaum zu den Arten, die nicht ausschlie(sliich am Amur ge- funden werden; er wächst auch abseits, auf dem linken Ufer bis zu einer Ent- fernung von 15 Werst, selbst da, wo überwiegend Nadelhölzer vorherrschen. Unsere Herbstjagden verschafften uns viel Wild, so dafs wir bis zum neuen Jahre vollständig, ja im Ueberflufs mit Fleisch von wilden Schweinen und Renn- thieren versehen waren. Was den Ertrag für unsere zoologischen Sammlungen betrifft, so erwähne ich hier nur eine grofse Art Wiesel (Mustela), die ich aber bei dem Mangel an naturhistorischen Werken nicht mit Sicherheit genauer be- stimmen kann. Diese Art ist im Ching-gan höchst selten. Wir bemerkten schon im December zwei Spuren, konnten die Thiere selbst aber nicht finden. Die Tungusen '), von denen ich viel Nachrichten über Pflanzen und Thiere erhielt, zeigten nach Südosten, als ich sie fragte, wo dieses schöne Thier sich aufhielte, Die von den erwähnten, nicht eben zahlreichen Tungusen erhaltenen Angaben über drei Katzenarten bestätigen es, dafs der Tiger im ganzen Ching-gan vor- kommt, besonders in seinen mittleren und tieferen Regionen. Von den Einwoh- nern wird bisweilen Jagd auf ihn gemacht, weil er ihnen, namentlich im Winter, die Pferde raubt. Es sind nur ein paar Wochen her, dafs sie, 10 Werst unter- halb meines Aufenthaltsorts, eine Jagd veranstaltet hatten, weil der Tiger in der vergangenen Nacht eines ihrer Pferde erwürgt hatte. Den wilden Schweinen folgt der Tiger stets auf der frischen Spur; sie bilden seine Hauptnahrung. Aufser- dem kommt im Ching-gan der Luchs vor; er hält sich aber wie Canis alpinus nur im unzugänglichen Waldesdickicht auf; auf den höheren Theilen des Chre- bet, wo die Nadelhölzer lichter stehen, zeigt er sich fast gar nicht. Die dritte Katzenart, welche die Tungusen nur dem Namen nach kennen (sie nennen sie mygda), kommt im Ching-gan selbst nicht vor, wohl aber, wie sie versichern, ziemlich oft auf den Ebenen der Dschungarei; wahrscheinlich ist es der Panther (Felis pardus P., F. irbis Mull.). Ich erhielt auch noch vier Exemplare einer Dachs- Art, von der ich nur weils, dafs sie keinen Winterschlaf hält, obgleich die hiesigen Tungusen versichern, dafs nur die abgemagerten und ausgehungerten Dachse den ganzen Winter hindurch auf Futter ausgingen, während die fetten gleich bei dem ersten Schnee in Schlafsucht verfielen. Bis zum 22. Oct. (a. St.) war die Kälte bei uns nie stärker als 8° R. ge- wesen. Der Himmel war fast beständig klar; der Wind wehte vorzugsweise aus NW., selten aus W. Bei Ostwind war der Himmel ganz mit Wolken bedeckt. In der Nacht vom 12. zum 13. October (a. St.) fiel Schnee, etwa 4 Zoll hoch, aber schon am 15ten war er auf der Südseite, und am 21sten überall fortgethaut. Noch am 21. October war es so warm, dafs in der Nacht ein schwacher Regen fiel, bis der mäfsige Ostwind in einen Nordwest umschlug, und am Morgen hatten wir einen Frost von 13°. An diesem Tage trieben auch die ersten, aber schon recht bedeutenden Eisschollen (sibir. schuge). Am 31. Oct. (a. St.) um 11 Uhr !) Die Bewohner der einzigen Ansiedelung im Ching-gan auf dem rechten Ufer des Amur (nicht weit von der Mündung des Flusses Bira) sind nicht Solonen, son- dern Tungusen. Dauren und Solonen kommen nur im Winter hierber, jene meist als Kaufleute, diese als Beamte. | Von den Ufern des Amur. 393 Mittags war der Amur mit einer festen Eisdecke belegt, obgleich das Thermo- meter in der folgenden Zeit nicht mehr als 10° Frost zeigte. Nur am 1. Novbr. fing ein starker Frost an; aber obgleich wir am 4ten noch um 7 Uhr Morgens —19°,15 hatten, war das Quecksilber noch an demselben Tage um 2 Uhr Nach- mittags auf den Frostpunkt gestiegen. Bis zum 10. (22.) November fiel kein Schnee; dann trat bis zum 13ten Abends ein dreitägiges Schneegestöber ein und gab uns eine Schneedecke von 1 Fufls Dicke. Leider konnte ich meinen Plan, mich an einer tungusischen Jagdgesellschaft zu betheiligen und tiefer in das Gebirge vorzudringen, nicht zur Ausführung brin- gen. Die Tungusen, die im Sommer auf meinen Vorschlag eingegangen waren und mir versprochen hatten, sich sobald der erste Schnee fiele einzustellen, um mit mir einen ganzen Monat zu jagen, kamen nicht an und haben sich auch bis jetzt nicht blicken lassen. Allerdings traf ich inzwischen auch mit anderen Tun- gusen im Walde zusammen, aber sie waren um keinen Preis zu bestimmen, mir als Führer zu dienen. Sie sagten, dafs ihre Vorgesetzten ihnen bei Todesstrafe verboten hätten, sich in irgend eine Verbindung mit den Russen einzulassen, füg- ten jedoch hinzu, dafs sie mir sonst gern dienen würden, wenn ihnen nicht dieses strenge Verbot im Wege stände. Ohne Führer aber, die mit den Oertlichkeiten genau bekannt sind, ist es unmöglich im Ching-gan vorzudringen. Schon im Herbst, zur Zeit unserer Excursionen, kamen wir oft in Thäler, die so dicht mit Gestrüpp bewachsen waren, dafs man auch nicht einmal daran denken durfte in ihnen vorwärts zu kommen; mit dem Messer in der Hand mufsten wir uns an einigen Stellen einen Weg bahnen. Besonders schwer war es, an den Gehängen feuchter, schattenreicher Thäler vorzudringen, wo die langen ruthenartigen Zweige des Trohostigma sich ausbreiteten, welche die jungen Baumstämme umschlingen und sich an ihnen mit ihren biegsamen Spitzen befestigen. Nachdem ich den Kosaken Nikolai Borodin, den besten meiner Leute, einer Krankheit wegen dem nächsten Militärposten hatte übergeben und den Tungusen Iwan, der sich nur verpflichtet hatte, bis Neujahr mir zu dienen, hatte entlassen müssen, blieben mir nur zwei Leute übrig, und gerade diejenigen, die mir bei ‚der Lebensweise, wie wir sie hier führten, am wenigsten helfen konnten. Am 1. (13.) December trat beständiger und starker Frost ein, der sich nach Neujahr noch steigerte. Die folgenden Thermometer-Beobachtungen geben einen Begriff von dem hiesigen Winter. Wir hatten Morgens um 7 Uhr am 41. Januar —24° R. | am 13. Januar —33°,25 R. Bea: - 29 - - 14. - 30,5 - sim - 30 - - 415. - 31,5 - Pe BB, »= | OR Mir 30,5 mi BT & 135 - BEILT WERE 30 E 3 65 - 20 - - 18. - Excursion. ran? - 28 - age [: WERT Y 26° R. BnflBa2:iwe 20i1 = 20. = 28 - er oe 17,5. | 3. 0Rlkatine- 30,25 - =:»10: - 295 - - 22, - Excursion. Bu Aland 35H | 5 #28.0r39= 28° R. nd; -— 34,25 - - 24. - 25 - 394 Miscellen : Nichtsdestoweniger überwintert hier der Weinstock, und dieselben Gegenden, in denen jetzt bei einer arktischen Kälte kaum die Vögel verweilen, welche dem äufsersten Norden angehören, Garrulus glandarius und Spechte erfrieren, — die- selben Gegenden sind im Sommer mit Insecten von tropischen Formen belebt. Während einer von meinen Dienern regelmäfsig auf die Jagd in den 15 Werst entfernten Wald zog, war ich und der andere Diener mit häuslichen Arbeiten be- schäftigt. Alle drei Tage brachte ich dem Jäger Brod und übernachtete bei ihm; aber da er zuweilen fast Nichts geschossen hatte, wurde unser Vorrath spärlich, und ich setzte meine Hoffnung auf mein eigenes Jagdglück, das ich im Februar auf die Probe stellen werde. Ich bleibe hier bis Ende März; dann begebe ich mich nach dem 35 bis 40 Werst oberhalb meines Aufenthaltsortes gelegenen Militärposten Ching-gan, wo ich bis zum 1. Mai die Zugvögel beobachten und mich mit dem Fischfang be- schäftigen will. Im Laufe des Sommers stehen mir Excursionen in den Ching- gan bevor, doch nur in der Nähe meiner Wohnung, die sowol für meine Insecten-, wie für meine botanischen Sammlungen vortrefflich gelegen ist. Jedenfalls muls ich mich Ende Juni an das Ende des Chrebet Ching-gan (70 Werst von hier, stromabwärts) begeben und dort eine Woche zum Vortheil meiner Sammlungen zubringen. Ehe der Amur mit Eis belegt ist, trete ich meine Rückreise nicht an. Ich hoffe am 1. (13.) November von hier mit drei leichtbefrachteten Schlitten aufbrechen zu können und Ust Seisk auf dem Winterwege zu erreichen. Weiter- hin finde ich wohl Fahrwege, da die Ansiedelungen dort häufiger sind, schon drei Jahre existiren und deshalb mit einander in Verkehr stehen müssen. Stölst mir und meinen Sachen kein Unglück zu, so kann ich um Weihnachten in Ust Strjälka, Mitte Januar 1859 in Irkutsk sein. Im April werde ich aller Wahrscheinlichkeit nach mit meinen Sammlungen in Petersburg eintreffen können. —n. Die Häfen des Staates Wisconsin. Kein Staat der Union hat in commercieller Beziehung eine so merkwürdige und unter gewissen Voraussetzungen so günstige Lage als Wisconsin. Da der Handelsverkehr so weit als möglich den Wassertransport sucht, pflegen bedeu- tende Handelsemporien meistens an den innersten Recessen grölserer Meeresbuch- ten, d. h. an den äufsersten Punkten, bis zu welchen die Schifffahrt vordringen kann, zu entstehen; liegt hinter solchen Punkten ein ausgedehntes consumtions- und productionsfähiges Hinterland, so bleibt an ihnen die Entstehung eines be- deutenden Stapelortes nie aus. Einer solchen Lage verdankten für die verschie- denen Becken des mittelländischen Meeres Genua, Venedig und Triest, Alexan- drien; für die Nordsee Hamburg; für den nordisch-russischen Handel im Mittel- alter Lübeck ihre ausgezeichnete Blüthe. Dafs dasselbe auch für Wisconsin, einen Staat, der fast in der Mitte eines grolsen Continents liegt, in gewisser Beziehung zutrifft, ist sicher eine seltsame Erscheinung, die nur durch einen Strom von der Bedeutung des Mississippi und durch eine so tief in’s Land schneidende und zu- sammenhängende Seenkette wie die Canadische vermittelt werden kann. An den fernsten Küsten der beiden innersten von diesen Seebecken — des Oberen und Die Häfen des Staates Wisconsin. 395 des Michigan-Sees — und am oberen Laufe des Mississippi gelegen, wo die Schiffbarkeit dieser gewaltigen Stromader beginnt, geniefst Wisconsin gleichzeitig die Vortheile einer ununterbrochenen Wasserverbindung mit dem atlantischen Ocean und dem mexicanischen Meerbusen, mit dem Osten und Süden, und mit den zahlreichen und blühenden Handelsplätzen, welche die Existenz dieser Wasser- wege in’s Leben gerufen hat. Die Benutzung dieser bevorzugten Lage ist vollständig erst dadurch möglich geworden, dals man eine schiffbare Verbindung zwischen dem Obern und dem Huronen-See hergestellt hat. Beide Seebecken hängen durch den St. Mary’s Ri- ver zusammen, einen Flufs, der sich hier zu kleinen Seen erweitert, dort mit sei- nen Armen malerische Inseln umschliefst, an einigen Stellen aber auch zwischen Felsen eingeengt in gefährlichen Stromschnellen dahinbraust. Ein absolutes Hinder- nifs für die Schifffahrt bildeten die Rapiden, die unter dem Namen Sault St. Mary bekannt sind: hier hat der Flufs auf einer Strecke von { engl. Meilen ein Gefälle von nicht weniger als 22 Fufs. Alle Waaren, die unter Benutzung der bereits bestehenden Schifffahrtsverbindungen die Canadische Seenterrasse hinauf- geführt waren, mulsten, um an die Küsten des Oberen See’s zu gelangen, hier ausgeladen und eine Strecke weit zu Lande transportirt werden. Selbst die Fahr- zeuge, welche den Obern See beschifften, — und im Jahre 1851 gingen hier schon zwei Steamer und vier Propeller — waren meistentheils stückweise auf Karren und Lastthieren über jenen sehr frequentirten Trageplatz befördert wor- den. Um solchem Zeitverlust und Kostenzuwachs vorzubeugen, schenkte der Con- grels im Jahre 1852 dem Staate Michigan 750,000 Acres Land unter der Be- dingung, dafs er einen Canal zur Umgehung der St. Mary-Stromschnellen aus- führen lasse. Die Legislatur von Michigan schlofs sofort mit Bauunternehmern einen Contract, und zur festgesetzten Zeit, im Mai 1855, war das Werk vollendet. Der Canal überwindet die Niveau-Differenz durch zwei Schleusen, die in solidem Mauerwerk ausgeführt und deren Thore 40 Fu/s breit sind; die Länge des Canals beträgt 4 engl. Meile, er ist oben 115 Fufs, im Wasserspiegel 100 Fufs breit, 12 Fufs tief und meistentheils durch Felsen gesprengt. So ist ein Schiffsverkehr zwischen den Küsten des Lake Superior und den atlantischen Hafenplätzen er- möglicht und der letzte Riegel gesprengt, der die Verbindung der grofsartigen Seenreihe hemmte. Die Schifffahrt auf dem Obern See beginnt durchschnittlich in der Mitte des April und schliefst am 1. December. Wenn nun Milwaukee an der Westküste des Michigan-See’s, und Superior City am westlichsten Recefs des Oberen See’s, an der Fond du Lac Bay, durch ihre Lage zu einer hohen commerciellen Bedeutung prädestinirt sind, so hängt ihr ferneres Aufblühen lediglich von der Schnelligkeit ab, mit der ihr Hinterland, namentlich Wiseonsin selbst und Iowa, dann aber auch die weiten Gebiete Minne- sota’s und des Nebraska-Territoriums durch Colonisation in ein productives und consumtionsfähiges Verkehrsgebiet umgeschaffen werden. Wisconsin selbst bietet dazu die günstigsten Bedingungen dar. Es ist von der Natur mit einem vorzüg- lich ergiebigen Ackerboden gesegnet; im Osten und Süden ist das Land mit einer tiefschwarzen, 2 bis 8 Fufs mächtigen Humusschicht bedeckt, die nach dem Ur- theil des Geologen Owens auch dem Runkelrüben-Bau besonders günstige Aus- sichten eröffnet; im Westen scheint ein röthlicher Lehm vorzuherrschen, ein vor- 396 Miscellen: trefflicher Weizenboden. Aufserdem besitzt der Staat eine sehr glückliche Mi- schung von wohlbewässerten Prairien, ausgedehnten Nadelholzwäldern, lichten Eichenkampen und sehr reichen Mineraldistrieten. Von der merkwürdigen Blei- Region, welche die Nordwest-Ecke von Illinois und den Osten Iowa’s bildet, ge- hört der bei Weitem gröfseste Theil dem Südwesten Wisconsin’s an. Aufser Blei findet sich in demselben Distriet auch Zink. Im Norden partieipirt der Staat an der ausgedehnten Kupferregion am Südrande des Obern See’s, die jetzt vorzüglich auf der Michigan-Halbinsel ausgebeutet wird und in der man ganz colossale Massen gediegenen Kupfers zu Tage fördert '). Reiche Eisenerze scheinen über das ganze Staatsgebiet zerstreut zu sein. Dazu kommt nun noch ein durchaus gesundes Klima; Wisconsin ist ganz frei von der Fieberluft, die weiter im Süden die Plage des Mississippi-’Thales bildet, sein Winter ist frisch und nicht mit den Temperaturwechseln heimgesucht, die in andern Theilen der gemäfsigten Zone diese Jahreszeit zu einer eben so unangenehmen wie ungesunden machen. Der Staat besitzt also Vorzüge, welche ihm Colonisten aus allen Berufszweigen zu- führen können und ihm eine schnelle und glückliche Entwickelung sichern. Die bisherigen Erfahrungen stehen mit dieser Erwartung nicht im Wider- spruch. Die Bevölkerung von Wisconsin belief sich 1840 nur auf 30,945 Seelen; sie war 1850 auf 305,538 Seelen, 1855 auf 552,109 Seelen gestiegen. Das auf- fallendste Beispiel einer schnellen Entwickelung bietet aber der Haupthandelsplatz des Staates dar, — das am Michigan-See gelegene Milwaukee. An der Stelle, wo jetzt Milwaukee liegt, das im Jahre 1857 bereits 45,000 Einwohner zählte, standen im Jahre 1834 nur zwei rohe Blockhäuser. Der erste Ansiedler, Salomon Juneau, hatte sich schon im Jahre 1817 in diese Wildnifs begeben und als der einzige Europäer auf diesem entlegenen Gebiet eine lange Reihe von Jahren hindurch mit den benachbarten Indianerstämmen einen kleinen Handel getrieben; es ist ihm beschieden gewesen, die grofsartige Entwickelung der Stadt von ihren ersten Anfängen an bis in die neueste Zeit, von den ersten Rodungen an bis zu dem Moment, wo der blühende Handelsplatz eine directe Handelsverbindung mit Liverpool anknüpfte, mit eigenen Augen zu schauen: denn im Jahre 1857 lebte Salomon Juneau noch. Der Ursprung der Stadt datirt erst aus dem Jahre 1835, wo an der Green-Bay ein Land-Office eröffnet wurde und eine grolse Zahl von Speculanten an das Westufer des Michigan -See’s zusammen- strömte. Der Speculation folgte wie gewöhnlich eine Zeit der Krisis; aber mit dem Jahre 1839 beginnt der regelmäfsige und auffallend rasche Aufschwung der Stadt. Sie zählte: im Jahre 1838 700 Einw. | im Jahre 1847 14,061 Einw. - 74840 1,751 - - - 4850 20,000 - - - 41842 2,700 - - - 1853 25,000 - - 00-1846 9655 - 124855 132,000 ") In der Minnesota Mine am Ontonagon hat man im Jahre 1857, nach vielen vergeblichen Versuchen, endlich mit 750 Pfund Pulver eine Masse fast reinen Kupfers losgesprengt, deren Gewicht man auf 300 Tons schätzt. Im April hatte man davon 29 Tons, im Mai weitere 41 Tons losgelöst. Die ganze Mine producirte im April 1857 nicht weniger als 370,540 Pfund Kupfer. Ritchie, Wisconsin and its Re- sources, Philadelphia 1857, p. 203 ff. Bine. Die Häfen des Staates Wisconsin. 397 Für das Jahr 1857 wird die Einwohnerzahl auf 45,000 angegeben, und es erschienen hier nicht weniger als sechs Zeitungen. Die Stadt liegt auf beiden Seiten des Milwaukee-Flusses, der vor seiner Ein- mündung in den Michigan-See eine Strecke weit von Norden nach Süden, der Seeküste parallel fiefst und für solche Schiffe, wie sie auf den Canadischen Seen fahren, zwei Miles weit aufwärts zugänglich ist. Er erweitert sich bei seiner Mün- dung zu einer halbkreisförmigen Bucht, die einen ziemlich sichern Hafen bildet. Ein künstlicher Canal von 250 Fufs Breite soll inde/s einen bequemeren Zugang zur Stadt eröffnen. Die Häuser liegen theils auf dem flachen Flufsufer, theils malerisch zerstreut auf dem hohen Seegestade. Das Klima ist vortrefflich und durch die Nähe des See’s im Winter wie im Sommer temperirt. Da die Stadt ihre schnelle Entwickelung hauptsächlich dem Handelsverkehr verdankt, mufs man in Anbetracht des Umstandes, dafs das Eisenbahnnetz des Staates Wisconsin, wel- ches sie zum Haupt-Stapelplatz der Landesproducte machen muls, noch nicht voll- endet ist, den bisherigen Aufschwung nur als einen schwachen Anfang der Ent- wickelung betrachten, welche diesem Punkte in Zukunft bestimmt ist. Von den Hauptlinien, welche die am besten angebauten Agricultur-Distriete des Staates durchschneiden und Milwaukee mit dem Mississippi verbinden, sind die Bahnen nach Galena und Dubuque einerseits und nach Prairie du Chien andererseits erst im Jahre 1857 eröffnet worden, während die Bahn, welche den Mississippi bei La Crosse erreichen soll, erst 1858 bis zu ihrem Endpunkte fertig werden sollte, und die grofse Bahn, welche von Südost nach Nordwest den ganzen Staat durch- schneiden und die kürzeste Verbindung zwischen Milwaukee und Superior City am westlichsten Busen des Oberen See’s herstellen soll, 1857 erst zu einem Drittel vollendet war. Gleichwohl hat der Handel Milwaukee’s schon vor Vollendung dieses Bahnnetzes einen bedeutenden Umfang erlangt. Die Zahl der angekomme- nen Schiffe belief sich: 1848 auf 1176, im Jahre 1853 auf 1483, im Jahre 1856 auf 2243. Mindestens 150 Kaufleute sind mit dem Grofshandel beschäftigt, dar- unter 31, deren Absatz sich jährlich auf mehr als 200,000 Dollars beläuft. Den wichtigsten Zweig bildet der Getreidehandel, in welchem Milwaukee bereits das so schnell zu hoher Bedeutung gelangte Chicago überflügelt hat: es stellt sich heraus, dafs Wisconsin- Weizen zu New-York durchschnittlich um 7 bis 12 Cents pro Bushel besser bezahlt wird, als Chicago-Weizen. Die Folge davon ist, dafs sich in Wisconsin der Weizenanbau seit 1850 jährlich um 50 Procent vermehrt hat, während der Anbau von Roggen, Hafer, Gerste und Mais fast stationär ge- blieben ist; im Jahre 1856, welches dem Feldbau allerdings sehr günstig war, belief sich die Weizenernte auf 12 Mill. Bushel, und in demselben Jahre, am 21. Juli, lief von Milwaukee zum ersten Mal ein Schiff, der Schooner Dean Rich- mond, mit 14,000 Bushel Weizen beladen, direct nach Liverpool aus und erreichte seinen Bestimmungsort glücklich am 29. September. Der Werth der Gesammt- Ausfuhr, der im Jahre 1851 nur 2,607,824 Dollars betrug, belief sich 1856 auf 20,274,300 Dollars. Auch das gewerbliche Leben zeigt eine wachsende Regsam- keit. Einen besonders blühenden Industriezweig bildet die Ziegelbrennerei: bei der Stadt findet sich eine eigenthümliche Ziegelerde, aus welcher sehr gesuchte, der Witterung gut widerstehende Ziegel von strohgelber Farbe fabrieirt werden; die acht Brennereien der Stadt lieferten im Jahre 1856 35 Mill. Stück Ziegel, 398 Miscellen: aber es wurde in der Stadt so viel gebaut, dafs davon nur eine Million exportirt werden konnte, während die Ziegelausfuhr früherer Jahre sich auf 12 Mill. Stück belief. In demselben Jahre waren 26 Brauereien in Thätigkeit und producirten 75,000 Barrels Ale und Bier, meistens „lager beer“ — die Zahl der Deutschen in Milwaukee ist sehr beträchtlich, — von dem fast die Hälfte exportirt wurde. Fünf Mehlmühlen lieferten 116,000 Barrels Mehl. Seit 1856 wird in Milwaukee jährlich ein grofser Viehmarkt abgehalten, und man darf annehmen, dafs nun auch der Export an Peoducten der Viehzucht sich bedeutend steigern wird; bis- her versandte man jährlich 10,000 Barrels Rindfleisch. Ueber diesen materiellen Bestrebungen wird die Sorge für die geistigen Interessen nicht vernachlässigt, da im ganzen Staate die sechszehnte Section jedes Township’s zum Unterhalt der Volksschulen bestimmt ist. Milwaukee besitzt eine Universität, eine höhere Töchter- schule, eine Handelsschule, und sieben Volksschulen, jede von drei Klassen. Von den andern Hafenplätzen am Michigan -See ist Racine der bedeutendste. Diese Stadt liegt 23 Miles südlich von Milwaukee, am Root River, der an seiner Mündung einen ziemlich guten, künstlich verbesserten Hafen bildet. Die Eisen- bahn von Chicago nach Milwaukee, die bis zur Green Bay verlängert werden soll, führt an der Stadt vorbei; aufserdem ist Raeine durch eine Eisenbahn mit dem Mississippi verbunden, und drei Plank-roads führen nach andern Richtungen in’s Innere. Im Jahre 1840 betrug die Bevölkerung erst 337 Seelen; sie war 1850 auf 5117, 1853 auf 7500, 1857 auf 12,000 gestiegen Der Handelsstand be- schäftigt sich vorzugsweise mit dem Export von Getreide und Holz; die Geweıb- thätigkeit ist bedeutend: der Werth der Manufacturen wurde im Jahre 1855 von dem Board of Trade auf mehr als 1 Million Dollars geschätzt. Seit 1856 hat Racine Gas- Beleuchtung. — Südlich von Racine liegt am See Kenosha, früher Southport, in einem der cultivirtesten Counties, ein aufblühender Handelsplatz, in dessen Hafen im Jahre 1851 730 Schiffe einliefen. — 31 Miles nördlich von Milwaukee liegt Ozaukee, eine Stadt, die jetzt an 5000 Einwohner zählen mag, mit wachsendem Handel, mehreren Eisengiefsereien, Brauereien u. s.w. Wich- tiger und namentlich durch seinen Holzhandel von Bedeutung ist Sheboygan am gleichnamigen Flusse, mit Milwaukee durch eine Eisenbahn, mit Fond du Lac am Winnebago-See durch eine Plauk-road verbunden. Sieben verschiedene kirch- liche Denominationen haben hier eigene Kirchen. Unter den vier Zeitungen der Stadt sind zwei deutsche. Noch nördlicher liegt das erst vor wenigen Jahren entstandene, aber durch den Handel rasch emporkommende Manitoowoc, eben- falls an der Mündung eines gleichnamigen Flusses; auch hier ist die deutsche Bevölkerung so zahlreich, dafs neben zwei englischen zwei deutsche Zeitungen erscheinen. Das County hat bereits 20.000 Einwohner. Besonders günstig ist Green Bay in commercieller Hinsicht gelegen, am innersten Recefs der gleich- namigen Bucht und an der Mündung des Fox River, der durch Canalbauten — Fox River Improvement — mit dem Wisconsin verbunden ist und so eine direete Schifffahrtsverbindung mit dem Mississippi ermöglicht. Der Handel exportirt vorzugsweise Fische und Holz; in der Stadt selbst sind 6, in der Umgegend 24 Sägemühlen, meist durch Dampf getrieben, in Thätigkeit.. Die Einwohnerzahl belief sich 1855 auf 1644 Seelen; jetzt wird sie auf mehr als 4000 geschätzt. Am Gestade des Oberen See’s zieht zunächst Superior City unsere Auf- Die Häfen des Staates Wisconsin. 399 merksamkeit auf sich. An der westlichsten Bucht des Oberen See’s, an dem äufsersten Punkte gelegen, bis zu welchem die Schifffahrt auf der Canadischen Seenreihe in das Innere des Continents vordringen kann, ist diese Stadt bestimmt, der Stapelort für die Producte Minnesota’s und eines Theiles von Wisconsin zu werden und dieses ausgedehnte Ländergebiet mit denjenigen Waaren zu versehen, die ihm der weiter vorgeschrittene Osten und die Küsten des Oceans zuführen können. Freilich wird noch eine längere Reihe von Jahren vergehen, ehe diese commereielle Vermittlerrolle zu einiger Bedeutung gelangt: denn jenes grofse Hinterland befindet sich noch in der allerersten Entwickelung, es produeirt und braucht noch so wenig, dafs es zur Zeit Nichts dazu beiträgt, den Ein- und Aus- fuhrhandel von Superior City zu heben; aber die fortschreitende und schnelle Entwickelung dieser Ländergebiete unterliegt keinem Zweifel, und mit ihr ist auch der jungen Superior City eine glänzende Zukunft verbürgt. Man muls es offen- bar als eine Antieipation dieser Zukunft betrachten, dafs schon jetzt mehrere Eisenbahnen nach dieser erst vor 5 Jahren gegründeten und von den cultivirten Theilen Wisconsin’s durch ausgedehnte, menschenleere Waldgebiete getrennten Stadt theils projeetirt, theils im Bau begriffen sind. Die Bahn von Hudson am St. Croix nach Superior City, welche die Verbindung mit dem Mississippi und mit der Bahn von Milwaukee nach St. Croix herstellen soll, wird in diesem Jahre (1859) beendet sein. An der sogenannten Milwaukee - und Horicon-Bahn, welche von der zuerst genannten Stadt über Berlin (Marquette County, — bis hierher war sie 1856 fertig) und Plover quer durch den Staat nach Superior City führen soll, wird rüstig fortgearbeitet. Endlich hat die Compagnie, welche damit be- schäftigt ist, die Bahn von Fond du Lac am Winnebago-See weiter nordwärts nach den Kupferdistricten am Oberen See zu führen, auch den Bau einer Zweig- bahn nach Superior City in Aussicht genommen. Zu solcher Berücksichtigung regt natürlich nicht der gegenwärtige Zustand, sondern die Zukunft der Stadt an. Die Gründung derselben fällt in das Jahr 1854. Zwölf Männer traten damals unter dem Namen „Proprietors of Superior“ zu einer Compagnie zusammen, liefsen das Mündungsgebiet des Nemadji River aufnehmen und erfüllten die vorschrifts- mälsigen Bedingungen zur Anlage einer Stadt. Der Nemadji River bildet bei seiner Mündung in den Obern See eine geschützte Bucht von 6 Miles Länge und 1 Mile Breite, mit einem % Mile breiten Eingang und hinlänglicher Wassertiefe für die auf den Seen fahrenden Schiffe. Am westlichen Ufer der Bucht sollte die Stadt begründet werden, dem Plane nach aus 33 der Bay parallelen Strafsen von 80 Fufs Breite bestehend, die rechtwinklig von 24 Querstrafsen (avenues) von je 100 Fufs Breite durchschnitten werden sollen. Im Herbst 1855 wurde auch ein Theil des jenseitigen Nemadji- Ufers als East Superior in den Stadtplan hineingezogen. Das Ganze bestand aus 2500 Loosen, von denen im Jahre 1856 bereits 1848 zu 141,786 Dollars mit baaren Anzahlungen von 113,200 Dollars verkauft waren. In West-Superior sollten 20 Loose für Kirchen, 32 für Schu- len, ein halber Block für öffentliche Bauten, 2 Blocks für einen Kirchhof reser- virt werden; in ähnlicher Weise wurden von East-Superior Grundstücke für die- selben Zwecke, und aufserdem noch 30 Acres für Bahnhöfe bestimmt. Häuser- bauten fingen eigentlich erst im Jahre 1855 an; im Juni 1855 zählte die Stadt 500 Einw. in 35 Häusern, im Juni 1856 hatte sich die Häuserzahl auf 196 ver- 400 Miscellen: mehrt; am 1. Januar 1857 besafs Superior City über 1500 Einw. in 340 Häu- sern; zwei Docks, eine Freimaurer-Loge, ein Leuchtthurm auf Minnesota-Point, eine Presbyterianer-Kirche, eine neue Landungsbrücke, und zahlreiche Wohn- häuser und Speicher waren im Bau begriffen. Die Stadt besafs schon damals zwei Volks- und eine Mädehenschule, zwei Sonntagsschulen, eine Episcopal-, eine Presbyterianer-, eine römisch-katholische Kirche, während eine zweite Presbyte- rianer- Kirche gebaut wurde. Das Leben in der Stadt ist nicht mit den Entbeh- rungen verknüpft gewesen, die den Begründern neuer Ortschaften mitten im Con- tinent auferlegt sind: die Ansiedler konnten aus dem Osten durch eine ununter- brochene Schifffahrt bis an den Ort ihrer Bestimmung gelangen und in Folge dessen mancherlei Bequemlichkeiten mitbringen, auf welche der auf den Landweg durch uncultivirte Gegenden verwiesene Colonist für eine längere Reihe von Jahren verzichten mufs. Im Jahre 1854 liefen 7, im nächstfolgenden 33, im Jahre 1856 bereits 56 Schiffe in den Hafen der Stadt ein. Auf dem Gebiete Wisconsin’s liegen am Obern See noch zwei eben ange- legte und eine alte Stadt. Die letztere ist La Pointe, von französischen Jesui- ten und Kaufleuten im Jahre 1680 auf Madeline-Island, der gröfsesten von den Apostel-Inseln, angelegt und lange Zeit Mittelpunkt der Operationen der nord- westlichen Pelz- Compagnie. Obgleich die Stadt einen sehr schönen Hafen be- sitzt und namentlich für den Betrieb einer ausgedehnten Fischerei günstig ge- legen ist, befindet sie sich doch in einem kläglichen Verfall: es fehlt der fran- zösischen und der Mischlingsbevölkerung an jeder Regsamkeit. Desto mehr Leben herrscht jetzt auf der gegenüber gelegenen Küste des Festlandes. Hier hat sich, der Südwestspitze von Madeline-Island gegenüber, an einem guten Hafen im Jahre 1857 die Stadt Bayfield erhoben und sich durch einen Fahrweg mit St. Paul - am Mississippi in Verbindung gesetzt; eine Landungsbrücke, eine grofse Dampf- Sägemühle — die Umgegend ist sehr waldreich, — ein Hotel wurden schon im ersten Jahre erbaut, und ein Wochenblatt begründet; von der St. Croix und Su- perior-Eisenbahn soll eine Abzweigung nach Bayfield gehen und die Linie ist bereits festgestellt. Südlich von Bayfield, an der südlichsten Spitze der Chegwo- migon-Bay, war im Jahre 1856 die Gründung einer neuen Stadt, Bay City oder Ashland in Aussicht genommen; auch dieser Plan ist kräftig in Ausfüh- rung gebracht und die junge Stadt prosperirt. Die mineralischen Schätze der Umgegend, die noch gar nicht erforscht sind, können beiden Orten leicht einen unerwarteten Aufschwung geben: denn allem Anschein nach erstreckt sich die Kupfer-Region der Keweenaw-Halbinsel westlich bis zur Chegwomigon -Bay. a Neu entdeckte Quecksilber-Minen in Californien. In unsern letzten Mittheilungen über Californien haben wir bereits erwähnt, dafs die Bearbeitung der berühmten Quecksilber-Minen von New-Almaden in Santa Clara County, welche nicht nur den starken einheimischen Bedarf befrie- digten, sondern in der letzten Zeit noch jährlich ca. 25,000 Flaschen zur Ausfuhr nach Mexico, China, Chile, Peru und anderen Ländern produeirten, in Folge ‚ge- richtlichen Einschreitens einstweilen sistirt ist. Denn die Compagnie, welche Neu entdeckte Quecksilber-Minen in Californien. 401 diese überaus ergiebigen Gruben seit 10 Jahren ausgebeutet hat, ist angeklagt, den Besitztitel, kraft dessen sie die Gruben als ihr Eigenthum betrachtete, ge- fälscht zu haben: einer ihrer vertrauten Agenten, der sich vergebens bemüht hatte, von der Compagnie eine bedeutende Geldsumme zu erpressen, hat die auf die Fälschung bezügliche Correspondenz um schweres Geld an eine bei dieser Frage interessirte Person verkauft, und auf Grund dieser Documente ist gegen die zeit- herigen Besitzer die Anklage erhoben. In Californien selbst scheint allgemein die Ueberzeugung verbreitet zu sein, dal die Compagnie sich in der That eines Betruges schuldig gemacht hat. Die Einstellung der Arbeiten zu New-Almaden und die dadurch bewirkte Steigerung des Quecksilber-Preises mufste natürlich in einem Goldlande wie Ca- lifornien auf’s Bitterste empfunden werden. Aber bei der erstaunlichen Rührig- keit des Volks, das sofort auf neue Zinnober-Minen zu „prospecten“ anfing, ist die nächste Folge dieses Ereignisses die gewesen, dafs die schon früher bemerkten Spuren des Vorkommens von Quecksilber an andern Localitäten zu praktischen Versuchen geführt, und dafs einige andere bisher unter der Concurrenz der vor- trefflich (mit 16 Schmelzöfen) eingerichteten New-Almaden-Mine nur in geringem Umfange benutzte Gruben einen bedeutenden Aufschwung gewonnen haben. Zu den letzteren gehören namentlich die Guadelupe und die New-Idria-Minen. Die ersteren liegen in derselben niedrigen Hügelkette, wie New-Almaden, 4 Miles von diesem Ort, 9 Miles südlich von San Jose. Sie wurden erst 1850 von Mexica- nern entdeckt, die hier nach Wurzeln gruben und 2 Fufs unter der Erde auf eine Zinnober-Ader stiefsen. Die Ader liegt auf einer Ebene, etwa 100 Fufs höher als Santa Clara Valley, und steigt allmählich an. Sie ist von sehr un- gleicher Mächtigkeit, an manchen Stellen nur 5 Zoll, an andern 33 Fufs, und nicht so reichhaltig als die Almaden-Mine, obgleich sie, in Folge besserer Bear- beitung, denselben Ertrag (15 Procent des Erzes) liefert. Seit 1855 ist sie in regelmälsigem Betrieb; den Haupteingang bildet ein sanft aufsteigender Schacht, der 5 Fufs hoch, 103 Fufs breit ist. Die New-Idria-Minen liegen in einem andern Höhenzuge, an der Grenze von Monterey County, 60 Miles südöstlich von der Mission San Juan, im Quell- gebiet des San Benito Creek, in einer hoch gelegenen, öden Gegend. Sie wur- den erst 1854 von Nolin, Pitts, Smiteh u. A. entdeckt, und sind so reichhaltig, dals sie, wie man glaubt, den einheimischen Bedaıf an Quecksilber werden decken können. Am Anfang dieses Jahres waren 150 Arbeiter in diesen Gruben be- schäftigt und in dem Flecken S. Juan ist in Folge dessen ein ganz neues Leben entstanden. Nachdem es so bekannt geworden ist, welche mineralische Schätze die cali- fornische Küstenkette in sich schliefst, dürfen wir in der nächsten Zeit wohl neuen Entdeckungen entgegen sehen. Erinnert man sich daran, dafs man im Estrella- Pafs, zu dem man von der Mission San Miguel (im County San Louis Obispo) ansteigt, einen Felsen entdeckt hat, auf dem die Indianer mit Zinnober Figuren gemalt hatten; dafs ähnliche Zinnober- Malereien auch in Unter-Californien vor- kommen, so scheint die Hoffnung nicht unbegründet, dafs die Küstenkette nicht blofs im Norden, in den Counties Santa Clara und Monterey, sondern bis tief Zeitschr. f. allg. Erdk. Neue Folge. Bd. VI. 26 402 Miscellen: in den Süden des Staats hinein dieses werthvolle Mineral in sich schliefst und dafs es dem durch die Noth angeregten Unternehmungsgeist gelingen wird, binnen Kurzem neue bauwürdige Adern ausfindig zu machen. —n. Mr. Belly’s central-amerikanisches Canal-Project. In der letzten Zeit ist von dengVerhandlungen eines Mr. Belly mit den Regierungen von Nicaragua und Costa Rica über die Ausführung eines inter- oceanischen Canals viel die Rede gewesen, und vor Kurzem wulsten einige Blätter sogar zu berichten, dafs die Ausführung des Projeetes bereits begonnen sei. Ob- gleich die Untersuchungen, welche diesem Unternehmen vorausgingen und ihm zur Grundlage dienen sollen, nicht der Art sind, dafs sie uns ein besonderes Vertrauen auf die Realisirung dieses Projects einflölfsen können; und obgleich die gegenwärtige politische Weltlage der Bildung einer Compagnie zu solchem Zweck ungewöhnliche Schwierigkeiten in den Weg stellt: halten wir uns doch für ver- pflichtet, unsern Lesern als Nachtrag zu den früheren Erörterungen der central- amerikanischen Canalfrage auch über Mr. Belly’s Projeet das Wesentlichste mit- zutheilen. Am 1. Mai 1858 hat dieser Herr — er selbst nennt sich „publieiste, cheva- lier des ordres de Saint-Maurice et Lazare et du Medjidie“ — mit Sr. Thomas Martinez, Präsidenten der Republik Nicaragua, und Juan Rafael Mora, Präsiden- ten der Republik Costa Rica, einen Vertrag abgeschlossen, in welchem ihm und einer von ihm zu bildenden Compagnie das Privilegium zum Bau eines Canals ertheilt wird, der vermittelst des R. San Juan und des Nicaragua-See’s die beiden Oceane verbinden und am Stillen Meer auf der Küstenstrecke zwischen der $a- linas-Bai und dem Hafen Realejo münden soll; die Route nach der Salinas-Bai soll den Vorzug erhalten, wenn sie von den Ingenieurs überhaupt für brauchbar erklärt wird, und in diesem Falle soll der neue Canal die Grenze zwischen Ni- caragua und Costa Rica bilden und den alten Grenzstreitigkeiten zwischen den beiden Republiken ein Ende machen. Auf die weiteren Bedingungen des Ver- trags gehen wir hier nicht ein: praktische Bedeutung wird voraussichtlich nur die Bestimmung erhalten, dafs der Bau binnen 2 Jahren begonnen und binnen 6 Jah- ren beendigt sein soll, wenn nicht unerwartete und unübersteigliche Hindernisse eintreten, d. h. dafs andernfalls das Privilegium nach sechs Jahren erlischt. Was den Plan selbst betrifft, so hat Mr. Belly denselben in einer Schrift: „Percement de listhme de Panama par le canal de Nicaragua. Expose de la question. Par M. Felix Belly. Paris 1858“ durch den Ingenieur Thome& de Gamond, der indels nicht selbst an Ort und Stelle war, sondern lediglich nach den bereits bekannten Thatsachen und nach den ihm von Mr. Belly unterbreite- ten Angaben gearbeitet hat, auseinandersetzen lassen. ‘Es ergiebt sich daraus, dafs Mr. Belly sich für die Salinas-Route entschieden hat, — was er mehrmals als einen ganz neuen Gedanken hinstellt. Wir haben diese Canal-Route in die- ser Zeitschrift (N. F. Bd. II S. 446 ff.) auf Grund der Beobachtungen Oerstedt’s einer genauern Betrachtung unterzogen, und mufsten ihr nach den damals vor- liegenden, allerdings zur Bildung eines definitiven Urtheils noch nicht genügenden “ 5 REFERENT Mr. Belly’s central-amerikanisches Canal - Project. 403 Angaben ‚vor allen andern Routen durch Nicaragua hauptsächlich deshalb den Vorzug einräumen, weil sie am Stillen Meer zu einem für den Welthandel wirk- lich genügenden Hafen führt, während sie in allen andern Beziehungen mindestens keiner andern von diesen Routen nachsteht. Sehen wir nun, wie Mr. Belly die Schwierigkeiten, mit denen alle Nicaragua - Projecte zu kämpfen haben, zu über- winden gedenkt. Hinsichtlich des R. San Juan haben wir am angeführten Orte (S. 438 ff.) auseinandergesetzt, dafs derselbe nicht blofs der Stromschnellen wegen, sondern auch in Folge seiner sehr ungleichmälsigen und fast überall ungenügenden Tiefe in seinem gegenwärtigen Zustande nur auf ganz kurzen, kaum der Erwähnung werthen Strecken für die interoceanische Schiffahrt brauchbar ist, und dafs man wahrscheinlich die Anlage eines Seitencanals längs des ganzen Flufslaufes nicht werde umgehen können. Eine einfache Regulirung des Strombettes durch Spren- gung der Felsbarren und Ausbaggerung verwirft Mr. de Gamond, weil der Strom dann durchweg ein für die Bergfahrt zu starkes Gefälle erhalten würde; eine Zerlegung des Flufslaufes in Schleusenstrecken ohne Strömung scheint ihm des- wegen unrathsam, weil der Flufs sofort verschlämmen mülste, wenn nicht eine starke Strömung die ihm von den Nebenflüssen zugeführten Erdtheile fortspült. Er schlägt deshalb die Anwendung eines gemischten Systems vor, — Schleusen, als künstliche Ersatzmittel für die gegenwärtigen Stromschnellen zur Erhaltung des regulären Stromlaufes, und zwischen ihnen strömende Flufsstrecken mit einer durch Ausbaggerungen und Eindämmungen erzielten genügenden Wassertiefe. Er hält sieben Schleusen für genügend, drei in der Region der Stromschnellen, die vierte oberhalb der Mündung des San Carlos, die fünfte oberhalb der Mündung des ‚Serapiqui, die sechste oberhalb der Abzweigung des R. Colorado, die letzte vor der Einmündung in’s Meer. Die Schleusenbecken sollen 80 Meter lang, 30 Meter breit, die Oeffnung der Schleusenthore 15 Meter breit sein. Die Kosten dieser Arbeiten am San Juan veranschlagt er auf ec. 24 Millionen Francs, von denen über ein Drittel auf die Baggerarbeiten fällt. Im Nicaragua-See, der bei sonst sehr beträchtlicher Wassertiefe doch an den Küsten fast überall seicht ist, hält Mr. de Gamond die Herstellung eines künst- lichen Fahrwassers sowohl bei dem Austritt des R. San Juan wie bei der Mün- dung des R. Sapoa mit Recht für unerlälslich. Er versichert, dafs der Boden hier aus einem weichen Schlamme bestehe, dafs die Vertiefung also einfach durch Baggerarbeiten bewerkstelligt werden könne. Die Kosten derselben und der An- lage der Bohlenwerke, welche das neue Fahrwasser vor Verschlämmung schützen _ sollen, veranschlagt er auf c. 2,700,000. Fres. In Bezug auf den Isthmus zwischen dem Nicaragua-See und der Salinas-Bay - ‚stimmt Mr. Belly’s Plan im; Wesentlichen mit dem von uns befürworteten über- ein. Die Idee Oerstedt’s, auf dem höchsten Punkte des Isthmus ein Scheitel- becken anzulegen, aus welchem Schleusencanäle einerseits nach dem See, ande- rerseits nach dem Meere hinabführen sollen, ist mit Recht als unpraktisch zu- ‚rückgewiesen: die auf dem Isthmus befindlichen Bäche sind zur Speisung eines grofsen Canals absolut unzulänglich. Mr. Belly beabsichtigt also, wie es in der _ Natur der Verhältnisse liegt, den Canal aus dem Nicaragua-See zu speisen, ihn 6 Kilometer weit im Thale des Rio Sapoa und weitere 6 Kilometer in einem 26* A404 Miscellen : Durchstich mit gleichem Niveau fortzuführen, dann auf den letzten 10 Kilometern die Niveau-Differenz zwischen dem Canal und dem Meer (38 Meter) durch sechs Schleusen, jede von 6,4 Meter Fall, zu überwinden. Der Ingenieur hält es für wünschenswerth, diese Schleusen nicht zu einer Neptunstreppe aneinander zu reihen; aber wir glauben, dafs diese Bauart nicht wird vermieden werden können. Die Kosten des Canalbaues auf dieser Strecke veranschlagt er auf e. 55 Mill. Fres., die des ganzen Baues mit Einschlufs der Administrationskosten für die ersten vier Jahre und eines Zuschlags von 334 Proc. für unvorhergesehene Aus- gaben auf 120 Mill. Fres. Die Dimensionen des Canals, welche der Entwurf bei diesen Kostenanschlä- gen im Auge hat, sind dem Zweck des Unternehmens entsprechend: der Canal soll durchweg 8 Meter tief, im Wasserspiegel 44, am Boden 40 Meter breit sein, —n. Die neueste Angabe über die Bevölkerung der Republik Neu-Granada. Zu unserer angenehmen Ueberraschung fanden wir im Märzheft des Bulletin der Pariser geographischen Gesellschaft ganz neue Angaben über die Bevölkerung von Neu-Granada für das Jahr 1858, die uns um so werthvoller schienen, da sie von einem Herrn Jose Maria Samper herrührten, vermuthlich einem Verwandten des Dr. Miguel Samper in Bogotä, dessen treffliche Abhandlung über die commereiellen Verhältnisse Neu-Granada’s wir in diesem Bande der Zeitschrift publieirt haben. Zur bequemeren Vergleichung mit den im vierten Bande der Zeitschrift (S. 73) veröffentlichten Resultaten des Census von 1851 stellen wir beide Zahlenreihen neben einander: 1851 1858 Antioquia . . 244,442 ') 293,340 Bolivar . .. .. 182,157 218,588 Boyaca .._ . . 379,682 455,618 Cauca, geriet; 396,400 Cundinamarea . 517,648 621,177 Magdalena . . 73,093 87,711 Panamä . . . 138,108 165,729 Santander . . 378,376 454,051 2,243,837 2,692,614 Eine Prüfung dieser Zahlen giebt nun das Resultat, dafs die Angaben für 1858 nichts weniger als Ergebnisse einer neuen Zählung, dafs sie vielmehr aus denen für 1851 einfach durch Hinzufügung eines Zuschlags von 20 Procent ge- wonnen sind. Wenn es erlaubt wäre, solche neueste statistische Nachrichten ohne ihren richtigen Fabrikstempel in die Welt zu schicken, so könnten wir nicht blofs versichern, dals im Jahre 1858 die Bevölkerung von Antioquia 293,330 (nicht ') Die Zahl 224,442 (Bd. IV, S. 72) beruht auf einem Druckfehler, den wir Bd. VI, S. 13 berichtigt haben. En 2 m j Die neueste Angabe über die Bevölkerung Neu-Granada’s. 405 293,340), die von Cauca 396,397 (nicht 396,400) Seelen betrug — bei beiden Zahlen hat sich Herr Samper verrechnet, — wir könnten sogar bis zu dem in der Bevölkerungsstatistik unerhörten Grade von Genauigkeit vorschreiten und die _ Einwohnerzahl bis auf Fünftel-Menschen angeben. Man wird sich also zu hüten haben, die Zahlen des Herrn Samper als ein neueres Resultat zu betrachten. Sie sind eine blofse Schätzung, die wir übrigens _ nicht einmal als wahrscheinlich richtig bezeichnen können. Denn eine Vermeh- rung der Einwohnerzahl um 20 Procent in 6 bis 7 Jahren ist in einem Lande j ohne Einwanderung und mit starker Mischlingsbevölkerung ohne Weiteres nicht als wahrscheinlich anzunehmen. a 5 ’ Neuere Literatur. ‘ Handbuch der Geographie von Dr. H. A. Daniel, Prof. am Königl. Päda- ” gogium zu Halle. Erster Theil: Allgemeine Geographie. Die aufsereuro- ö päischen Erdtheile. Frankfurt a. M., Verlag für Kunst und Wissenschaft. ! 1859. N Ein Handbuch der Geographie, dessen ersten, 862 Seiten starken Band man \ von Anfang bis zum Ende mit Vergnügen durchliest, obgleich er nicht weniger _ als die mathematische und die physische Geographie und sämmtliche aufsereuro- päische Erdtheile abhandelt, ist eine so merkwürdige Erscheinung in der Litera- tur, dafs man sich durch sie auf das Lebhafteste überrascht fühlt. Die geogra- _ phische Wissenschaft bietet der Verarbeitung ein so überwältigendes Material dar, dafs die Neigung erklärlich ist, von diesem überreichen Vorrath so viel als mög- lich in geographische Hand- und Lehrbücher zusammen zu pressen und sie ge- wissermalsen zu wohlassortirten Waarenlagern zu machen, auf deren vollstän- dige Durchmusterung man gern verzichtet, — froh, wenn man in ihnen eine solche Ordnung wahrnimmt, dafs man stets finden kann, was man eben braucht. Natürlich haben derartige reichhaltige Nachschlage- Werke ihre volle Berechtigung und unleugbaren Werth; aber ist es deshalb nothwendig, auf eine in einen über- sehbaren Rahmen gefalste Erdbeschreibung zu verzichten, die man im Zusam- menhange lesen und geniefsen kann? ist es absolut nothwendig, um der Kürze willen in eine Formlosigkeit zu verfallen, die den ästhetischen Sinn beleidigt und abschreckt? Das Streben nach Kürze hat der Präeision des Ausdrucks in vielen _ mathematischen Handbüchern, der Lebendigkeit in vielen historischen Handbüchern _ keinen Abbruch gethan; nur der Geographie, — derjenigen Wissenschaft, welche a einer anschaulichen Darstellung vielleicht am Wenigsten entrathen kann, schienen die Grazien durchaus nicht mehr als ein flüchtiges Lächeln schenken zu können. in Herr Prof. Daniel ist anderer Meinung. „Bücher“, sagt er im Vorwort, „welche die Wissenschaft mit dem allgemeinen Bewufstsein in Beziehung setzen - sollen, müssen meines Erachtens so gestaltet und geartet sein, dafs sie der Laie nicht blofs zur Belehrung, sondern auch zur Unterhaltung (das Wort im höheren _ und feineren Sinne gefalst) zur Hand nimmt. ‘Die Geographie fügt sich einer _ solchen Behandlung um so lieber, als sie gerade einer gewissen Fülle im Detail, see A ee we Bar I Kr 406 Neuere Literatur: oder richtiger des Elements der Beschreibung und Schilderung auch sonst nicht entbehren kann.“ Dafs eine solche Bemerkung nothwendig war — und wer möchte es bestreiten? — weist auf einen entschiedenen Mangel in unserer Literatur hin; sie bezeichnet am besten die Stellung, welche das neue Handbuch neben den älteren einnimmt. Der Verf. hat nicht beabsichtigt, die Zahl der letztern einfach durch ein analoges mit etwas anders vertheilter Ausführlichkeit zu vermehren, er hat vielmehr mit Bewufstsein von einem wesentlich verschiedenen Gesichtspunkte aus nach einem wesentlich verschiedenen Ziele hingearbeitet. Ihm ist es nicht um eine möglichst compresse Condensation einer möglichst grofsen Stoffmasse zu thun gewesen: er hat vielmehr, auch in beschränktem Rahmen, ein Bild der Erde liefern wollen, welches den Laien nicht blofs belehrt, sondern auch anspricht. Wie sehr ein solches Werk vom Publicum vermifst wurde, wird Jeder schon viel- fach zu beobachten Gelegenheit gehabt, haben: darin liegt die grofse Bedeutung der Arbeit Daniel’s, die nicht etwa blofs für den Lehrer der Geographie oder für eine bestimmte Kategorie von Lernenden, sondern für den gesammten Kreis der gebildeten Laienwelt bestimmt ist, welche ein Handbuch der Geographie zur Lectüre, nicht blofs zu lexicalischem Gebrauch verlangt. Es freut uns, hinzufügen zu können, dafs der Verf. diesen Theil seiner Auf- gabe auf eine bewunderungswürdige Weise gelöst hat. Sein grolses Geschick für klare und ansprechende Darstellung tritt schon in der mathematischen Geographie deutlich hervor, — in demjenigen Theile, der für eine solche Behandlung viel- leicht den sprödesten Stoff darbietet. Wer die hierin liegende Schwierigkeit nicht genügend zu veranschlagen im Stande ist, wird sich von dem Talent des Verf. leicht überzeugen können, wenn er irgend einen andern Abschnitt, z. B. den über das Capland oder über die Vereinigten Staaten, zur Lectüre herausgreift. Der Verf. hat den Umfang seines Handbuchs auf drei Bände festgesetzt. Der erste enthält als Einleitung eine gedrängte Uebersicht der Geschichte der Geo- graphie, die mathematische und physische Geographie, und die Geographie der aufsereuropäischen Erdtheile; der zweite soll Europa aufser Deutschland, der dritte speciell Deutschland behandeln. Durch diese Vertheilung des Stoffes soll dem Interesse und der Pflicht des deutschen Publicum’s besondere Rechnung getragen werden, und es versteht sich von selbst, dafs wir diesem Gesichtspunkt unsere Anerkennung nicht versagen können. Dagegen haben wir lebhaft bedauert, dafs der Abschnitt über die physische Geographie so überaus stiefmütterlich be- handelt ist; ihm wohnt ein unverwüstliches Interesse bei, und manche der wich- tigsten Zweige desselben, z. B. Klimatologie, Pflanzengeographie u. a. lassen sich nur hier im Zusammenhange auf eine belehrende Weise abhandeln; es ist un- möglich, ihrer Bedeutung bei den Specialbeschreibungen der einzelnen Länder durch zersplitterte Nachträge gerecht zu werden. Wir bedauern diesen Mangel um so mehr, da wir glauben, dafs der Verf. gerade hier ein besonders dankbares Feld für sein glückliches Talent klarer und anziehender Darstellung gefunden ha- ben würde. Im Uebrigen haben wir die geschickte Vertheilung des Stoffes mit besonderer Anerkennung hervorzuheben. Die Ausscheidung dessen, was in den allgemei- nen Abschnitten über die Erdtheile, über gröfsere Länder zu besprechen ist, von demjenigen, was in die Specialbeschreibung gehört, bildet für die Verfasser geo- Br a, Es A. H. Daniel’s Handbuch der Geographie. 407 graphischer Handbücher bekanntlich eine sehr gefährliche Klippe. Sie widerstehen selten der Versuchung, in die allgemeinen Abschnitte ungehöriges Detail hinein- zuziehen, und die Folge davon ist eine höchst lästige Wiederholung schon ge- sagter Dinge. Daniel hebt mit grofsem Glück dasjenige heraus, was für gröfsere Ländercomplexe charakteristisch ist, und stellt Alles, was nur einem beschränk- teren Gebiet ein bestimmtes Gepräge giebt, für die Specialbesebreibung zurück. In den allgemeinen Abschnitten über die einzelnen Erdtheile zeichnet er mit eini- gen markigen Strichen die räumliche Ausdehnung, die Hauptzüge des Gebirgs- gerippes, die Küstengliederung und — für unsere Wünsche, bei dem oben ange- deuteten Mangel, zu kurz — das Klima, das Charakteristische in Fauna, Flora und Bevölkerung, so dafs er weder hier durch Detail verwirrt, noch bei der Specialbeschreibung vor der Alternative steht, entweder sich einfach wiederholen, oder durch beständige Verweisung auf Vorhergesagtes das Verständnifs erschwe- ren zu müssen. Diese geschickte Vertheilung des Stoffs und. die durchweg ansprechende Be- handlung sind so hervorragende Vorzüge, dafs ihmen gegenüber die Mängel, von denen eine umfassende Arbeit dieser Art nie frei sein wird, nicht in die Wag- schaale fallen. Was will es bedeuten, wenn in den statistischen Angaben nicht überall die neuesten Zahlen mitgetheilt sind, oder wenn sich hin und wieder, wie es namentlich in dem Abschnitt über die physische Geographie der Fall ist, ein Irrthum eingeschlichen hat? Solche Mängel sind leicht auszumerzen; zu ihrer Beseitigung darf man nicht einmal auf eine neue Auflage warten: sie können in einem der nächsten Bände auf einem Blättehen berichtigt werden, während ein durchweg correetes, aber plan- und formloses Buch, wenn es geniefsbar gemacht werden soll, eine durchweg neue Arbeit erheischt. Mit besonderem. Interesse werden die Leser auch von den Aussprüchen der alten deutschen Kosmographen Notiz nehmen, die der Verf. in seine Darstellung verflochten. hat; nicht blofs ihrer oft derben Naivetät wegen, sondern weil sie meistens als bedeutungsvolle Marksteine in der Geschichte der geographischen Erkenntnis erscheinen und uns den schweren Kampf der Wahrheit gegen alte Irrthümer auf schlagende Weise veranschaulichen. Wir hegen nicht den geringsten Zweifel, dafs Daniel's Werk um dieser grolsen Vorzüge willen allen denen höchst erwünscht sein wird, welche nicht blofs von Zeit zu Zeit über eine vereinzelte geographische Notiz sich vergewissern wollen, sondern an der Eıdkunde als solcher ein Interesse nehmen und sie in vollständiger Uebersicht oder mindestens in gröfseren zusammenhängenden Ab- schnitten sich zu vergegenwärtigen wünschen. Der gro/sen Zahl derer, welche es mit Verdruls empfunden haben, dafs sie durch geographische Handbücher stets mehr abgestofsen als angezogen werden und das das Studium derselben eigent- lich eine recht saure Arbeit ist, — allen diesen können wir das vorliegende Hand- buch auf das Wärmste empfehlen. Wir thun es mit um so grölserer Sicherheit, weil wir aus dem ersten Bande schliefsen mu/sten, dafs das schöne Talent des Verfassers in den beiden folgenden Bänden, in denen er sich eine ausführlichere Behandlung des Stoffes gestatten darf, noch mehr zur Geltung kommen, dafs also dem Guten das Bessere folgen wird. —ı. 408 Neuere Literatur: Atlas historique et statistique des Chemins de Fer frangais. Par Adolphe Joanne. ontenant 8 cartes gravees sur acier. Paris, Hachette & Co., 1859. 4. Nach diesem sehr elegant ausgestatteten Werke haben wir bereits im vorigen Bande der Zeitschrift (S. 460 ff.) eine Uebersicht des gegenwärtigen französischen Eisenbahn-Netzes mit Angabe der Länge der einzelnen Strecken und der Zeit der Eröffnung der Bahnen mitgetheilt. Um denjenigen, welche das Eisenbahn- wesen mit besonderem Interesse verfolgen, die praktische Arbeit Joanne’s noch mehr zu empfehlen, bleibt uns noch übrig, auf den in der oben erwähnten Ueber- sicht nicht berührten, sehr mannichfaltigen Inhalt der Schrift aufmerksam zu machen. Sie skizzirt in der Einleitung die verschiedenen Phasen, welche die Ent- wicekelung des Eisenbahnwesens in Frankreich durchlaufen hat, und giebt die auf den Bau der Bahnen vom Staat und von den Compagnien verwendeten Summen, wie den Ertrag und die Frequenz der Bahnen an. Von den interessanten An- gaben dieses allgemeinen Abschnitts heben wir nur hervor, dafs von den Bahnen mit einem Geleise die nach Dieppe (51 Kil.) die theuerste (276,671 Fres. pro Kilom.), und (abgesehen von der kurzen Bahn nach Asnieres und Argenteuil) die von Bordeaux nach Teste (53 Kil.) die billigste gewesen ist, da das Kilo- meter hier nur 112,989 Fres. gekostet hat; im Durchschnitt kam das Kilometer bei diesen Bahnen auf 196,927 Fres. zu stehen. Von den Bahnen mit doppel- tem Geleise war die von Tours nach Nantes (195 Kil.) die theuerste (418,557 Fres. pro Kil.), die von Creil nach St. Quentin (102 Kil.) die billigste (240,779 Fres. pro Kil.); im Durchschnitt kostete bei diesen Bahnen das Kilometer 319,679 Franes. Was die Benutzung der verschiedenen Fahrklassen betrifft, so wurden bei den Bahnen mit drei Klassen 10 Procent Billets erster Klasse, 24 Procent Billets zweiter Klasse, 66 Proc. Billets dritter Klasse gelöst. Auf den Bahnhöfen von Paris allein betrug im Jahre 1854 die Anzahl der gelösten Billets 24 Proc. der auf dem gesammten Bahnnetz gekauften; drei Viertheile derselben gingen frei- lich nur nach Stationen innerhalb der Banlieue. Der Personenverkehr lieferte im Jahre 1854 41 Procent der Gesammteinnahme; zu dem Ertrage der Fahrbillets steuerten bei die erste Wagenklasse 29 Proc., die zweite 28 Proc., die dritte 43 Procent. — Nach dieser allgemeinen Einleitung behandelt der Verf. der Reihe nach die Gruppen von Schienenwegen, die den verschiedenen grofsen Eisenbahn- Compagnien anvertraut sind. Er führt die ihnen ertheilten Concessionen an, die Länge der in Betrieb befindlichen und der zur Vervollständigung des Netzes im Bau begriffenen oder projectirten Strecken, bespricht die financielle Lage, die Kosten des Baues und des Betriebes, den Ertrag nach seinen verschiedenen Quellen, die Frequenz der Bahnen, und giebt dann einen Ueberblick über den gegenwär- tigen Stand der von jeder Compagnie unternommenen Bauten und über die Auf- gaben, deren Lösung ihnen noch obliegt. Am Schlusse jedes Abschnitts ist das Personal der betreffenden Compagnie angegeben. Acht sauber in Stahl gestochene Eisenbahnkärtchen dienen zur Illustration des Werkes, das allen denen, welche dem Eisenbahnwesen ihre Aufmerksamkeit schenken, eine angenehme Gabe sein wird. in! De I a a $ i ä $ & a » e Reiseerinnerungen von F. A. Kolenati. 409 Reisen in Central- Afrika von Mungo Park bis auf Dr. H. Barth und Dr. E. Vogel. Bearbeitet von Dr. E. Schauenburg. Lahr (bei M. Schauen- burg u. C.) 1859. Lieferung 5—8. Von diesem Werk, dessen vier erste Lieferungen wir schon früher (Bd. V. S. 87) unsern Lesern empfohlen haben, liegen uns jetzt auch die vier nächsten Hefte und damit der erste Band vollständig war. Nach der Lectüre derselben können wir das günstige Urtheil, das wir über den Anfang des Werkes gefällt haben, nicht blofs wiederholen: es ist uns vielmehr eine angenehme Pflicht, es noch zu verstärken. In dem Plane des Werks ist insofern eine Aenderung ein- getreten, dals der erste Band, der nach dem ursprünglichen Entwurfe noch die Reisen Richardson’s, Overweg’s und einen Theil der Reisen Barth’s enthalten sollte, schon mit den eine zusammenhängende Gruppe bildenden Reise -Unter- nehmungen Denham’s, Clapperton’s und der Gebrüder Lander abschliefst. Wahr- scheinlich hat die Darstellung dieser Reisen einen gröfseren Raum beansprucht, als der Verf. es ursprünglich vorausgesetzt hat, und wir bedauern diese gröfsere Ausführlichkeit keineswegs: denn das, was wir nach der Prüfung der ersten Hefte als einen Wunsch und eine {loffnung aussprachen, dafs der Verf. neben der Er- zählung der Reiseerlehnisse der Schilderung von Land und Leuten eine gröfsere Ausführlichkeit widmen möge, ist in diesen letzten Heften bereits verwirklicht worden, und wir sind davon überzeugt, dafs der Werth des Buches hierdurch nicht unerheblich gesteigert ist So tritt nun aus dem Bericht über die Unter- nehmungen Denham’s und Clapperton’s die Beschaffenheit der Landstriche am obern Yeou und am untern Schary deutlicher hervor; Clapperton’s Reise nach Saccatu zum Sultan Bello macht den Leser mit dem Gebiet am obern Yeou, mit einem grolsen Theile des Haoussa-Landes, mit dem eigenthümlichen Leben in den Hauptstädten Kano und Saccatu bekannt; der Bericht über seine zweite afri- kanische Reise wirft Licht auf die Reiche am Niger, auf Jarriba, auf Borgu und Niffe.. In R. Lander’s lebhaften Erzählungen sowohl über seine Rückkehr von Saccatu nach der Küste, wie über seine zweite Nigerreise wird das geographische Interesse durch das ethnographische iiberwogen: so interessirt auch Dr. Schauen- burg’s Bearbeitung dieser Forschungsreisen hauptsächlich durch solche Mitthei- lungen, welche auf den Charakter der Eingebornen Licht werfen. Da nun über- diefs in den letzten Lieferungen die Vorzüge, die wir an den ersten rühmten — eine fliefsende, klare, anziehende Darstellung, der es Niemand anmerken wird, dafs sie wesentlich ein Excerpt ist — eben so deutlich hervortreten, so können wir diese sehr zweck- und zeitgemäfse Arbeit der Theilnahme des Publicums nur wiederholt und angelegentlichst empfehlen. —n. Reiseerinnerungen von FE. A. Kolenati. Erster Theil: Die Bereisung Hoch- armeniens und Elisabethopols, der Schekin’schen Provinz und des Kasbek im Central-Kaukasus. Zweiter Theil: Die Bereisung Circassiens. Dresden. (bei R. Kuntze) 1858. 59. Die naturwissenschaftlichen Resultate seiner in den Jahren 1843 und 1844 ausgeführten Reisen in den Kaukasusländern hat Prof. Kolenati theils in seinen „Meletemata Entomologica“, theils im Bulletin der K. Akademie der Wissen- 410 Neuere Literatur: schaften zu St. Petersburg und in den Journalen anderer gelehrter Gesellschaften verarbeitet und veröffentlicht. Erst jetzt hat er Mufse gefunden, das gröfsere Publicum durch einen allgemeiner gehaltenen Abrifs seiner Reisen zu begünstigen. Die Mittheilungen des ersten Bandes beziehen sich auf Kolenati’s Reise von der Colonie Elisabeththal, südwestlich von Tiflis, über Mughanly und durch das Thal des Akstafa auf dem gewöhnlichen Wege nach Gumri, die Rückkehr auf dersel- ben Strafse bis Pipis, von hier nach Akstafınsk an dem Wege von Tiflis nach Jelisabethopol, und dann auf dieser Strafse bis zu der zuletzt genannten Festung. Den Winter über hielt sich K. in der 8 Werst südwestlich von Jelisabethopol gelegenen deutschen Colonie Helenendorf auf, und unternahm von hier verschie- dene Ausflüge in weniger bekannte Gegenden, so z. B. nach dem von armeni- schen Bergleuten bewohnten Dorfe Bojan und das Thal der Kuschkara aufwärts zu den dortigen ziemlich ausgedehnten Magneteisenerz-Lagern, dann zu den Blut- egelseen nördlich vom Murow Dagh. Auch die älteste deutsche Colonie Trans- kaukasiens, Annenfeld, 20 Werst nordwestlich von Jelisabethopol gelegen, wurde besucht. Von Helenendorf verlegte K. seinen Aufenthalt wieder nach Elisabeth- thal und besuchte von hier aus die südwestlich davon gelegene Colonie Kathe- rinenfeld, wo er die damals schon im Absterben begriffene separatistische Secti- rerei kennen lernte. Sodann enthält der Band die Reise von Tiflis durch Kachetien nach Nucha, von wo Kolenati den Salwat (Sawalat Dagh) im lesghischen Kau- kasus bestieg, und die Reise von Tiflis zum Kasbek. Der Verf. giebt nicht eine zusammenhängende Erzählung, sondern eine Anzahl locker aneinander gereihter Skizzen, die viel Lehrreiches enthalten und immer originell, zuweilen bis zur Bi- zarrerie originell sind, wie denn auch manches ganz Fremdartige, z. B. ein Ver- such, den Leser mit dem Tartarischen bekannt zu machen, eine allgemeine Ab- handlung über Seidenproduction und ihre Kosten u. dgl. ungenirt in die Darstel- lung hineinwächst. Aber der Verf. ist ein lebhafter Beobachter, geologische, zoologische und botanische Notizen sind reichlich in seinen Bericht eingestreut, die Bevölkerung und ihre Sitten, die deutschen Colonieen und das Sectenwesen erregen gleichmälsig seine Aufmerksamkeit, so dafs man seiner lebhaften und oft drastischen Erzählung gern folgt. Auch viel statistisches Material, das jetzt freilich nur einen historischen Werth besitzt, und reichhaltige Angaben über wich- tige Culturzweige (Weinbau, Bienenzucht, Fischerei, Seidenbau) und über com- mercielle Verhältnisse sind in dem ersten Bande enthalten, wie auch eine Ueber- sicht der Bevölkerung des östlichen Kaukasus und des russischen Armenien nach der Stammverschiedenheit. Ein ähnliches Colorit tragen die Mittheilungen des zweiten Bandes über Cir- cassien. Sie beruhen in geringerem Maalse auf eigner Anschauung, sind aber vielleicht gerade deshalb zu einem mehr zusammenhängenden Ganzen verarbeitet. Kolenati reiste von Stawropol nach Protschnoi Okop, von hier den Kuban auf- wärts nach Newinnomiiskaja, wo er an einer Militär-Expedition im Thale des Selerdshuk gegen die Abadsechen Theil nahm, und begab sich dann nach Pjäti- gorsk, von wo er seine Reise über Wladikawkas nach Tiflis antrat. Das Bänd- chen enthält aufser der Schilderung dieser Reisen eine ausführliche Uebersicht der tscherkessischen und der ihnen benächbarten Stämme, und eine Schilderung ihrer Sitten, wobei namentlich der Abschnitt über das Gerichtsverfahren manches Neue und die Mittheilungen über tscherkessische Barden viel Interessantes ent- Onomander: Altes und Neues aus den Ländern des Ostens. 411 halten. Der Aufenthalt in Pjätigorsk giebt dem Verf. Veranlassung, einen Blick auf die Nogaier zu werfen und über seine Besteigung des Beschtau zu berichten. Auch diese in guter Laune geschriebenen Skizzen wird man mit Vergnügen lesen, —n. Altes und Neues aus den Ländern des Ostens. Von Onomander. Bd. I. Indien. Bd. II. Aegypten und Kleinasien. Hamburg ( Perthes-Besser und Mauke) 1859. Nach dem Vorgange des Bulletins der Pariser geographischen Gesellschaft wird es wohl nicht als Indiseretion aufgefalst werden, wenn wir bemerken, dafs hinter der Pseudonymität, mit welcher das oben angeführte Werk vor das Publi- cum tritt, keine geringere Persönlichkeit steht, als Prinz Friedrich von Schleswig- Holstein - Augustenburg. Die Erinnerungen an seine Reisen im Orient, die der hochgestellte Verfasser hier aufgezeichnet hat, concentriren sich in der Schilderung von vier der interessantesten Städte des Ostens — Madras, Caleutta, Cairo und Smyrna —; ihr reihen sich die Berichte über einige von diesen Städten aus unternommene Ausflüge, von denen der Besuch Barrackpore’s und Chanderna- gore’s und von Smyrna aus der Besuch Nymphi’s mit dem sogenannten Sesostris- Denkmal die meiste Aufmerksamkeit erregen werden, und kürzere Angaben über die Reisen an, welche den Verf. zu diesen Brennpunkten des orientalischen Le- bens geführt haben. Ein frischer Sinn, ein lebendiges Streben, das eigenthümlich geartete Leben des Orients an seinen Quellen kennen zu lernen, aufmerksame Beobachtung, und ein natürliches Talent, das Gesehene und Erkannte ohne viel Kunst in seiner bunten Mannichfaltigkeit schildernd wiederzugeben, verleihen dem Werke Leben und Anziehungskraft; namentlich müssen wir die Schilderung von Calcutta und Cairo als besonders gelungen hervorheben, sie führt den Charakter dieser Städte, das Treiben und die Sitten ihrer Bevölkerung, das Gedränge der Bazars in so anschaulichen Bildern dem Leser vor Augen, dafs man den Strei- fereien des Verf. mit lebhafter Theilnahme folgt. An die Panoramen dieser vier Städte schliefsen sich einige historisch -politische Excurse, — eine Uebersicht der Schicksale Hyder Ali’s und Tippo Saib’s, eine Erörterung der britischen Politik in Bezug auf Indien nebst einer Auseinandersetzung der Ursachen des letzten indischen Aufstandes, endlich eine Darstellung der türkisch-ägyptischen Wirren, die durch den Ehrgeiz Mehemed Ali’s hervorgerufen wurden. Auch von diesen Erörterungen wird man mit Beifall Kenntnifs nehmen, da ein streng gewissen- hafter Sinn und ein unbeirrtes Streben nach Unparteilichkeit die unverrückbare Grundlage der von dem Verf. geübten Kritik bilden. Für den Zweck dieser Blätter bilden die geographischen Abschnitte natürlich den wichtigeren Theil; wir können sie allen denen, welche das Treiben in den grofsen Capitalen des Orients sich einmal lebhaft zu vergegenwärtigen wünschen, bestens empfehlen, und wür- den uns freuen, wenn der Verf., wie er uns einige Aussicht macht, auch von seinen weitern Reisen Skizzen von ähnlicher Lebendigkeit dem Publicum vorzu- legen sich entschliefsen möchte. Schon jetzt gebührt ihm die Anerkennung, durch seine Arbeit das Verständnifs des Ostens gerade in den Punkten, welche das täg- liche Leben betreffen, wesentlich erleichtert und unseren Vorstellungen über das- selbe mehr Saft ind Blut zugeführt zu haben. —n, 412 Neuere Literatur: A Narrative of the Mission sent by the Governor-General of India to the Court of Ava in 1855, with Notices of the Country, Government and People. By _ Capt. Henry Yule. With Numerous Illustrations. London 1858. 4. Dieses überaus prachtvoll ausgestattete Werk giebt einen Bericht über die politisch erfolglos gebliebene Mission des Maj. Phayre an den Kaiser von Barma; es ist mit einer werthvollen Karte von Pegu und dem südlichen Barma versehen, die wir in einer Reduction dem vorigen Bande der Zeitschrift beigegeben haben. Die Gesandschaft fuhr den Irawadi aufwärts. Yule’s geographische Bemerkungen über den Flufs und die Uferlandschaften beginnen am Irawadi bei der britischen Grenze und dienen für die Strecke bis zur Residenz zur Ergänzung der Angaben Crawfurd’s. Wir finden hier unter andern sorgfältige Mittheilungen über die Petroleum -Brunnen und ihren Ertrag, namentlich aber eine reichhaltigere Schil- derung der monumentalen Ueberreste auf den Ruinenfeldern von Pagän, die durch schöne Abbildungen erläutert ist. In dem Capitel, welches der Beschreibung der Stadt Amarapura gewidmet ist, findet sich ein interessanter Excurs über den Caravanenhandel zwischen Barma und China, dessen Centrum die barmesische Stadt Bamo ist. Die Chinesen bringen vornehmlich Seide, die zu Amarapura in grolser Menge verarbeitet wird, Goldblättchen, kupferne Geschirre, Zink, Queck- silber, Honig und Wachs, eingemachte Früchte, künstliche Blumen, Teppiche und warme Kleidungsstücke für die Bergvölker dorthin, und tauschen dafür vornehm- lich Baumwolle, deren Verkauf seit 1854 kaiserliches Monopol ist, dann auch Areca-Nüsse, efsbare Vogelnester, weiche Rehhörner, den Yade-Stein, der bei Mongung in Ober-Barma gegraben und von den Chinesen sehr eifrig gekauft wird, und andere Gegenstände von geringerem Belang ein. Die Caravanen von Yünnan treffen vom October bis zum Mai in Bamo ein; dann unterbricht die Regenzeit den Verkehr. Auffallend ist die Notiz, dafs russische Tuche durch China nach Amarapura kommen und dafs aus den Shan-Staaten Thee nach Yiünnan exportirt wird. Die Baumwollen- Ausfuhr nach China wurde für das Jahr 1854 auf 225000 Pfd. Sterling geschätzt, die Seiden -Einfuhr auf 120,000 Pfd. Sterling. Auch über die Industrie in Amarapura giebt Capt. Yule ausführ- lichere Nachrichten. Von Amarapura aus unternahm Mr. Oldham, ein Mitglied der Embassade, eine Fahrt stromaufwärts, die ihn bis Male (c. 23° N. Br.) führte, und die uns mit einem bisher noch nicht beschriebenen Theile des Irawadi - Laufes bekannt macht. Dieses ist die einzige gröfsere Excursion, die von Mitgliedern der Gesandtschaft auf ein von Europäern bisher noch nicht besuchtes Terrain ausgeführt wurde, aber aus dem Reise - Journal Oldham’s sind leider nur Excerpte mitgetheilt. Was Capt. Yule sonst noch berichtet, stützt sich — wenn wir von gelegentlichen Bemerkungen über Ackerbau, Sitten, namentlich über die theatra- lischen Aufführungen in Barma absehen — vorzugsweise auf die an Ort und Stelle eingezogenen Erkundigungen, die in der zweiten Hälfte des Werkes über- sichtlich verarbeitet sind. Hier finden wir mehrere Abschnitte über die Geschichte des Reichs, die Religion des Volks, die Staatsverwaltung mit statistischen Anga- ben über das Heerwesen und die Finanzen, endlich eine sorgfältige Analyse der Materialien, anf welche sich die dem Werke beigegebene Karte stützt, uud eine ansprechende geographische Uebersicht über Land und Volk, wie über die tribu- tären Staaten der Bergvölker, die grofsentheils in das Journal der Londoner H. Yule: A Narrative of the Mission to the Court of Ava ete. 413 geogr. Gesellschaft übergegangen ist und gewissermafsen die Quintessenz des ganzen Werkes enthält. Die Beilagen verbreiten sich über den geologischen Bau der Ufer des Irawadi und des Landes nördlich von Amarapura, über Metalle und Minerale in Barma, über die dortigen Erdbeben, über die Quellen des Irawadi, über den Baustyl und die Sprache des Volks, und geben einige Proben von bar- mesischen Hymnen und Dramen. Die Darstellung ist im Allgemeinen trocken, zuweilen schwerfällig. —ın. Sitzung der geographischen Gesellschaft zu Berlin vom 2. April 1859. Der Vorsitzende, Herr Prof. Ritter, eröffnete nach Erledigung der geschäft- lichen Angelegenheiten die Sitzung durch Ueberreichung der eingegangenen Ge- schenke: 1) Transactions of the U. S. Agricultural Society. Vol. XVII. Albany 1852. — 2) Wappäus, Allgemeine Bevölkerungsstatistik. Thl. I. Leipzig 1859. — 3) Keller, Notice sur la navigation transatlantique des paquebots interoc&aniques. Paris 1859. — 4) Reinaud, Question scientifique sur la geographie et l’histoire de UInde. Paris 1859. — 5) Kohl, Maritime Discovery and Exploration of the We- stern Coast of the United States. — 6) Zeitschrift für allgemeine Erdkunde. Neue Folge. Bd. VI, 2. 1859. — 7) Petermann’s Mittheilungen. 1858. Heft XIII. 1859. Heft III. — 8) Archiv für wissenschaftliche Kunde Rufslands. XVII. 1.2. 1859. — 9) Preufsisches Handelsarchiv. 1859. No. 10—14. — 10) Proceedings of the R. Geogr. Society. II. No.7. 8. — 11) Bulletin de la societe de geogra- phie. XVII. Janv. et Fevr. — 12) Dreiecksnetz für die Grofsherzogthümer Meck- lenburg, aufgetragen nach den trigonometrischen Messungen bis zum Ende des Jahres 1858, von Allmer. Mafsstab 1:400,000. Herr Prof. Dove hielt einen längeren Vortrag über verschiedene Werke, welche er zugleich vorzeigte. Zuerst legte er das Journal vor, welches Herr Jagor bei seiner Fahrt von Hamburg nach Singapore vom 10. Juni bis 27. Sep- tember 1857 geführt und mit graphischen Darstellungen bereichert hat. Hierauf besprach er die von Herrn Lieut. Schulz eingesandten, in Rio Janeiro angestellten meteorologischen Beobachtungen. Diese bestätigen die schon früher wahrgenom- mene Erscheinung, dafs während des Sommers auf der südlichen Erdhälfte eine Auflockerung der Luft ringsum der ganzen Zone wahrgenommen wird, wogegen in unserem Sommer eine ähnliche Auflockerung gerade über Asien allein wahr- genommen wird. Der Vortragende bemerkte hierbei, dafs jede der beiden Erd- hälften wahrscheinlich ihre besondere Luftbewegung habe, welche durch die Zone der Windstillen mehr oder weniger getrennt würden. Derselbe legte das Werk von Lamont vor: Richtung und Stärke des Magnetismus an verschiedenen Punkten des südwestlichen Europa, und besprach die hierdurch gewonnenen Resultate. Bei der Vorlegung des Werkes: Archivo meteorologico centrale Italiano nell’ I. Er. museo di fisica e storia naturale, Firenze 1858, bemerkte Herr Dove, dafs die Tem- peratur der Quellen seit der Entdeckung der Thermometer im Jahre 1654 unver- ändert geblieben sei. Ferner sprach derselbe über ein auf dem Observatorium des Vesuys angewandtes Verfahren, mittelst des Electromagnetismus die Richtung 414 Sitzungsbericht der Stölse bei Erdbeben zu bestimmen; über die photographische Darstellung der Veränderungen im Stande der meteorologischen Instrumente, mit Bezug auf die jüngsten Radcliff Observations des vor Kurzem verstorbenen Johnson, wie auch über die Klimatologie von Breton nach Jonathan P. Hall. Herr Prof. Ritter las einen Brief von Dr. Semper in Manila vor, welcher dort ein Journal herausgeben wird. Herr v. Siebold, der Verfasser der Flora Japonica und des Nipon, ist vor Kurzem durch Berlin gekommen und geht zu literarischen und pädagogischen Zwecken wieder nach Japan. Er hat Beiträge für die Gesellschaft versprochen. Herr Prof. Ritter besprach sodann die Werke von Kohl und Wappäus, und theilte noch mit, dafs nicht Vasco de Gama oder zehn Jahre früher Bartolomeo Diaz zuerst das Vorgebirge der guten Hoffnung umschifft habe, sondern dafs diese Umschiffung, nach einer Entdeckung des Herrn Pertz, bereits 200 Jahre früher um 1291 durch die Genuesen erfolgt sei. Herr v. Olberg las zum Schlufs einen Brief des Herrn v. Brandt aus Ae- gypten vor, worin dieser einen Ausflug von Cairo nach der Wüste beschreibt und worin manche Schilderungen der Gegend, der Bevölkerung und der Verhältnisse derselben enthalten sind. Eine selbstentworfene Kartenskizze hatte der Vortra- gende zur Verdeutlichung aufgehängt. Sitzung vom 7. Mai 1859. Der Vorsitzende, Herr Prof. Ritter, eröffnete die Sitzung durch Worte der Erinnerung an Alexander v. Humboldt, einen Mitstifter und ein stets eifri- ges Mitglied der Gesellschaft. Diese ist durch den Verlust verwaist in Betreff der Verbindung mit fremden Erdtheilen, welche der Verstorbene zu vermitteln in hohem Grade verstand. Der Redner gedachte des bis in das höchste Alter stets eifrigen Fleifses, des unausgesetzten Wohlwollens, wodurch der Verstorbene die Bestrebungen unzähliger Personen wesentlich gefördert hat. Seine Leistungen in den verschiedenen Wissenschaften sind allgemein bekannt, und werden speecieller durch einzelne Männer bekannt werden. Er pries den Geschiedenen als Menschen, Gelehrten, Staatsmann und offenherzigen Freund zweier Könige. Beim Schlusse seines Vortrags übergab Herr Ritter das letzte, vor vierzehn Tagen eingegangene Geschenk des Verewigten: Carte de la partie inferieure du Syr Dariah (Jaxar- tes) par Alexis Boutakoff. Herr Prof. Dove schlofs sich diesem Vortrage an und berichtete über die bevorstehende Beerdigung des Geschiedenen, so weit darüber bereits bestimmt ist. Da derselbe während seines langen Lebens vorzugsweise die geographischen Wis- senschaften wesentlich gefördert und bereichert hat, erklärte er es für angemessen, dafs eine Deputaticn der Gesellschaft sich der Universität bei der bevorstehenden Feierlichkeit anschlösse. Herr Ober-Bürgermeister Krausniek nahm das Wort, um den Verstorbe- nen zu preisen, welchen die Stadt Berlin als ihren Ehrenbürger verehrt hat. Zuletzt erhob sich der Gesandte der Vereinigten Staaten, Herr Wright, und gab den Empfindungen, mit welchen die Nachricht von dem Tode Humboldts auf der andern Hemisphäre aufgenommen werden wird, in folgenden Worten Ausdruck: der Berliner geographischen Gesellschaft. 415 „We ask to mingle our tears with yours in the luss of this greatest of earths sons. The great, good and beloved Humboldt's memory we love to cherish, and the news of his death will be received throughout every portion of North America, and with all classes of our people, with the deepest emotions of sympathy. He belonged to no country, and his age is not counted by years. Truly he has lived many cen- turies, long centuries in thought and knowledge. From his uniform kindness to all Americans, his association with our Institutions in their infancy, and the deep in- terest he ever manifested in our success, we almost feel he was one of us. Two months ago, mingling with seventy of our countrymen on the anniversary of the Father of our common country, with the folds of our lovely flag of our united Re- public, the stars and stripes eneircling his manly brow, he said: „I am half an American“. More than fifty years ago, he was the companion and associate of Jefferson, Hamilton, Madison and those who laid the foundation of our great na- tion, and well understood the principles of our government, from that day until his death he watched with the deepest interest every step in our subsequent progress. Humboldt believed in progress, in the elevation of humanity and in the bettering of the condition of man. He had faith that a brighter day of knowledge, of liberty and virtue was yet in store for the human race. The intellectual sun of two cen- turies has gone down, and we weep for the loss of the King of the realm of know- ledge.“ Herr Prof. Ritter übergab hierauf die eingegangenen Geschenke: 1) v. Richt- hofen, Die äufsern und innern Zustände der Republik Mexico. Berlin 1859. — 2) Blau, Commercielle Zustände Persiens. Berlin 1858. — 3) Kiepert, Die geogra- phische Stellung der nördlichen Länder in der phönikisch-hebräischen Erdkunde. — 4) Mafsmann, Die Völker des Mittelmeers und der Ostsee, als Träger der menschlichen Bildung. — 5) The Library of H. Exe. Sir George Grey. Philology. Vol. II, 3. Cape Town 1859. — 6) Fürst von Salm-Reifferscheid - Krautheim, Ansprache gehalten in der K. K. Geographischen Gesellschaft in Wien. Wien 1859. — 7) Zeitschrift für allgemeine Erdkunde. N.F. Bad. VI, 3. 1859. — 8) Notizblatt des Vereins für Erdkunde zu Darmstadt. 1859. No. 21 — 26. — 9) Boletino e Annaes do Conselho Ultramarino. No. 43. 49. 50. Lisboa 1857. 58. — 10) Bulletin de la societe de geographie. XVII. Mars. Paris 1859. — 12) Petermann’s Mittheilungen. Heft IV. 1859. — 13) Preufsisches Handelsarchivy. 1859. No. 15 —19. Herr Prof. Ritter las sodann die Einleitung zu dem Bericht vor, welchen die Herren Hermann und Robert Schlagintweit über den Tod ihres Bruders Adolph herausgeben werden. Als Ursache seines Todes hat man den Umstand anzu- sehen, dafs er als Europäer erkannt wurde, indem er sich gefangener Engländer anzunehmen suchte. Beide hegen noch die Hoffnung, in den Besitz der hinter- lassenen Papiere ihres verstorbenen Bruders zu gelangen. — Darauf legte Herr Prof. Ritter das bei Gelegenheit des Jubelfestes der Königl. Bayerischen Akade- mie der Wissenschaften erschienene Werk: Die Entdeckung Amerika’s, von Friedr. Kunstmann. Mit einem Atlas. München 1859, zur Ansicht vor und äulserte sich in anerkennender Weise über dieses Prachtwerk. Herr General Baeyer hielt einen Vortrag über die Cyclonen, welche man — seit dem Anfang dieses Jahrhunderts vielfach untersucht und zu erklären sich 416 Sitzungsbericht der Berliner geographischen Gesellschaft. bemüht hat. Er sprach über die verschiedenen Vorläufer der Stürme, die man wahrzunehmen pflegt und von denen einige leicht zu erklären sind, wie z.B. die vergröfserten Bilder der Sterne, welche eine Folge grofser Temperatur- Unter- schiede sind. Der Vortragende besprach ferner die Richtung der Drehung, wel- che auf beiden Erdhälften entgegengesetzt ist, die verschiedene Geschwindigkeit dieser kreisförmigen Bewegung und das windstille Centrum. Aus dem grolsen Unterschiede des Barometerstandes in diesem und aufserhalb desselben geht her- vor, dafs man diese Bewegung mit derjenigen einer Tourbine bei einer bestimm- ten Druckhöhe des Wassers füglich vergleichen kann. Herr Dr. Barth sprach über seine bereits im Jahre 1846 ausgeführte Reise von Assuan nach den Ruinen von Berenice. Die Gegend zwischen dem Nil und dem Rothen Meer nimmt fortwährend an Wichtigkeit zu, und es ist bereits davon die Rede gewesen, dort eine Eisenbahn anzulegen, deren Ausführung aber der Vortragende für sehr schwierig und fast unmöglich hält, da Terrainverhältnisse und die sehr schwache Bevölkerung wesentliche Schwierigkeiten darbieten. Die Thäler an der Küste sind eigentlich erst durch den Vortragenden entdeckt wor- den, da sie so eng sind, dafs sie vom Meere aus nicht wahrgenommen werden können, vielmehr das Gebirge wie ein undurchbrochenes erscheint, Uebrigens herrscht grofser Wassermangel, ein wesentliches Hindernifs für die Förderung der Cultur. Das Tagebuch des Reisenden, woraus derselbe Auszüge vorlas, wird in der Zeitschrift für Erdkunde erscheinen. Herr W. Heine, welcher die Expedition der Vereinigten Staaten nach Ja- pan mitgemacht hat, hielt einen Vortrag über das östliche Asien, namentlich über China, Japan id die Länder am Amur. Der letztere, welcher 2000 Seemeilen weit schiffbar ist, bildet eine Hauptstrafse für den Verkehr, an welche sich jetzt der Transport durch Kameele anschliefst, während später vielleicht eine Eisenbahn die Strafse verlängern wird. Japan mit seinen 30 Mill. Einwohnern und China mit seinen 400 Mill. Einwohnern bieten Märkte dar, welche erst in der neuesten Zeit von den handeltreibenden Völkern benutzt zu werden begonnen haben, wäh- rend sie ohne zu grofse Kosten bereits früher hätten eröffnet werden können. Dafs auch der Handel Deutschlands mit China zugenommen hat, geht daraus hervor, dafs die Summe des Werthes der nach Hamburg und Bremen ausgeführ- ten Waaren von 94,000 Thalern im Jahre 1848 auf 2,205,000 Thaler im Jahre 1856 gestiegen ist. Der Redner theilte noch mehrere Resultate mit, welche er auch in seinen zwei erschienenen Werken niedergelegt hat, und schlofs seinen Vortrag mit der Hinweisung auf die Aufgabe Deutschlands, einerseits directe Ver- bindungen mit diesen Ländern durch Absendung einiger Kriegsschiffe anzuknüpfen, andererseits wissenschaftliche Expeditionen dahin auszurüsten. Zeitschrin für allgem. Erdkunde Nenc Folöe BaVl 2 nn —— — —— — he —— ——— _—m — nn NS.- Profil durch das Armenische Hochland. R DerHolenmaalsstab 10mal so grols als der.Langenmaalistab Trmeh PR... TSCHICHATSCHIEFF’s Routen im nordöstlichen Kleinasien und Armenien ım Sommer 1858 gezeichnet von H.KIEPERT. nlEazus An 50 ; Nenn KH edeuwe Hot, Dorf. Su Wasser. Pschar, Irmak Fluss. Owa Ebene. D. Dere, That. D. Dash,dery. 5 a: eo Adıpli n S " Die Liffern bedeuten Bariser Russ ın Zehnern (Die Ozu.Ends rooggelasım, men hands NCh . 3 . BE 3: men 3-1 Aa am, 5 an Iffem ın\ \Möhenangaben aus Tichichatscheff$ fhiheren Rasen yzylafjüren Jailosey m ‚ldjören —s. „lfün SS Tagfzian ne ei Westliches N$. Profil vom Schwarzen sooo. ri : d \ cher Ne ala pe + \ 7 If rs Vs | a El ehzar Oms_ | Perwan Trumerkek Deraim Ungoführe Prıkion ver Dimriei Re 4 (fPögehtarch Maalsstäbe ın 1: 1,000,000 Hochebene van Kalkyt Jaiger ÄÜ N j Deutsche geographische Mexlen De! 5 x 7 | a re er x mn Englische Meilen Ayriameter 4 4 Ei Ö.L.v. Paris Berlin, bei D. Reimer. u Jız ’. BR 5 Rx Ei ED Ih . Zeitschrift f. allgem Erdkunde N.P Bd W Buze = _ = BEE Bi ARE CH® TEXIERS Route im östlichen Kleinasien 1856 nach der Priginalzeichnung auf’ % veduairt ‚on H. KIEPERT. ee & 1 ae $ Julesman # if rer es = = a TTS A Tea Bern a a az a ae En ”; R v #7 x vs j 4 A; Sy Y i* 24 f us ö } ar vo 2% Kr An ur { + . Be ı dieser Zeitschrift erscheint jeden! Monat einHeftvon5—6Bogen “ t Karten und Abbildungen. Der Preis eines Bandes von 6 Heften, 2 welche nicht Urn BuESuehen werden, ist 2 Thlr. 20 Sgr.. x YarE r 37 u 5 N A . f x e- ar er, t k 3 rn ; - ; r s re A \ L >, Das * 1% » a r ‘ “2 5 » x hr er ” P . y Bin w ni de s R H £ E v h je ? r s - x " ar . 2 r r ß - N Bei DIETRICH REIMER in BERLIN wird demnächst erscheinen: $: SEE-ATLAS Jade-, Weser- und EIh- Mündung. Herausgegeben BANN 5 ü, 7 Er Y von der Königl. Preufsischen Admiralität. 6 Bl. Maasstab 1: 50,000. Preis jedes Blattes 1 Thlr. 10 Sgr. Ferner erschienän in. demselben Verlage folgende Karten des Kriegsschauplatzes: > KIEPERT, H., Karte von Italien. (Aus dem Handatlas No. 17) u Maasstab 1:2,500000. Geh. 12 Sgr. -Karte des Kriegsschauplatzes in Ober-Italien. Er No. 1. Von Grenoble bis Verona.: Maasst. 1: ie Preis 74 Sgr. Karte des Kriegsschauplatzes in Ober-Italien. No. 2. Nordöstliches Italien. Von Piacenza ” 4 Laibach. Maasstab 1:1000000. Preis 7! Ser. MICHAELIS, E. H., der Canton Tessin in seinen ee 2 zum ae Piemontesischen Krieg sthaäiera : Maasstab 1:400000. Preis 15 ‚Ber = Gedruckt bei A. W. Schade in 5%“ 18. eg Be 5 h $7 ZEITSCHRIFT | ALLGEMEINE ERDKUNDE. MIT UNTERSTÜTZUNG DER GESELLSCHAFT FÜR ERDKUNDE ZU BERLIN UND UNTER BESONDERER MITWIRKUNG VON | H. W. DOVE, C. G. EHRENBERG, H. KIEPERT uno C. RITTER nr K. ANDREE IN DRESDEN UND J. E.W. ÄUS IN GÖTTINGEN. HERAUSGEGEBEN VON Dr. K. NEUMANN. © 0... NEUE FOLGE, SECHSTER BAND, SECHSTES HEFT. 00 BERLIN. } VERLAG VON DIETRICH REIMER. f 1859. Inhalt. XV. Ueber die Vertheilung des atmosphärischen Druckes auf der Oberflä- che der Erde. Von H. W.Dove . ....» Rah XVI. Physikalische Beschreibung der Gegend von Paranä. Yon n. Bur- meister. . . . Be Ile „ie . XVL. Statistisch - oa Mittheilungen über die Hrn Besitzune gen in Europa und Amerika. Von E. G. Ravenstein. Mit einer Körte; TaR VIE We SEN HE I EHEN Pen Miscellen. Abnahme des Schifffahrts-Verkehrs auf der Oder . Notizen über die französischen Colonien am Senegal . Schtschukin’s Reise von Irkutsk nach den heifsen Quellen von Tu- ransk. Nach dem Russischen . . . . 2.2.2. Goldausfuhr aus der Colonie Victoria » » 2 2 2 2 2 nn nn. Dampfschifffahrt auf dem Darling . . : 2 2 2 2 m 2 0 nen Karten von Brasilien BE Neuere Literatur. K Fr. Mosch, das Riesengebirge, seine Thäler u. Vorberge, u. das Iser- gebirge. Leipzig 1858. . . . .. Er he C. W. Schnars, Reise durch die RT Provinz Basilicata u. die angrenzenden Gegenden. St. Gallen 1859. . », 2» 2: 2... W. Heine, die Expedition in die Seen von IE Japan und Ochozk. Bd. II. II. Leipzig 1859 . ... 5 DEN a Fe Th. Schade, illustrirter Handatlas. Lief. L ande 1859. £ Sitzung der geographischen Gesellschaft zu Berlin vom 11. Juni 1859 . Uebersicht der vom Januar bis Juni 1859 auf dem Gebiete der Geogra- phie erschienenen Werke, Aufsätze, Karten u. Pläne. Von W. Koner, "Karte. Taf. VII. Karte eines Theiles von Britisch Columbia. Nach offiziellen Quellen gezeichnet von E. G. Ravenstein. Seite XV. Ueber die Vertheilung des atmophärischen Druckes | auf der Oberfläche der Erde. | Von H. W. Dove. In einer in den Berichten der Berliner Academie 1842 p. 303 er- - schienenen Abhandlung „über die Vertheilung des atmosphärischen Druckes in der jährlichen Periode“ habe ich nachgewiesen. dafs nicht nur im Gebiete des ostindischen Mousson, sondern über dem ganzen - Continent von Asien bis in die höchsten Breiten hinauf der atmosphä- _ rische am Barometer gemessene Gesammtdruck der Atmosphäre von den kälteren nach den wärmeren Monaten hin abnimmt. In späteren _ Abhandlungen „über den Wassergehalt der Atmosphäre“ (Bericht 1849 “ p- 145) und „über die Rückwirkung der im Gebiet der Moussons und in ganz Asien stattfindenden jährlichen Veränderung des Luftdruckes auf "die Passatzone des atlantischen Oceans und über die wahrscheinliche " Entstehungsursache der westindischen Stürme“ (Bericht 1852 p. 285) "habe ich die Grenzen dieses grofsen Auflockerungsgebiets dann näher zu bestimmen gesucht und alle seit jener Zeit mir zugegangenen Be- - obachtungsjournale zur genaueren Bestimmung der numerischen Werthe _ verwendet, deren chartographische Darstellung ich nächstens veröffent- lichen werde. Der wesentliche Unterschied, der sich in dieser Er- scheinung zwischen der nördlichen und südlichen Erdhälfte herausstellte, konnte aus Mangel ausführlicher Journale von der südlichen Erdhälfte nur angedeutet werden. Ich bin jetzt im Stande, diese Lücke zu er- gänzen. 7 Die in Archangel, Helsingfors und Petersburg bereits angedeutete Einbiegung der barometrischen Jahrescurve zur Zeit der heilsesten Mo- nate tritt in Moscau und Kasan entschiedener hervor, wird am Ural in Nishne-Tagilsk, Catherinenburg, Slatoust, Bogoslowsk immer be- “deutender, erreicht in der Barabinskischen Steppe, wenn man über Zeitschr. r. allg. Erdk. Neue Folge. Bd. VI. 27 Pro v 418 H. W. Dove: Tobolsk, Tomsk nach Barnaul geht, eine noch erheblichere Gröfse und schliefslich in Peking und Chusan ihren grölsesten Werth. Nach Nor- den hin hat sich die Grenze nicht bestimmen lassen, da die Erschei- nung in Tscherdyn, Beresow und an der Baganida noch sehr deutlich sich zeigt, ja in Jakuzk bedeutender ist als in Nertschinsk, Ajansk und Udskoi. In entsprechender Weise nimmt die Erscheinung zu, wenn man von den Küsten des Schwarzen Meeres nach den Küsten des Kaspischen Meeres und Kaukasien vorschreitet, wie eine Vergleichung der barometrischen Curven von Kursk, Odessa, Nikolajew mit Oren- burg, Redutkale, Alexandropol, Kutais, Tiflis, Baku, Derbent, Lenko- ran, Raimsk und Nowo Petrowsk zeigt. Die westliche Grenze geht an den westlichen Ufern des Schwarzen Meeres so nach Süden, dals Syrien, Aegypten und Abessinien bereits in das Gebiet hineinfallen. Wie weit sie nach Afrika hinein sich erstreckt, hat sich nicht bestim- men lassen, eine Andeutung zeigt sich in Algerien, aber auf den Azo- ren keine Spur. Im ganzen Gebiet des indischen Südwest -Mousson ist sie überall bedeutend, scheint aber, wenn man Benares mit Cal- eutta, Canton und Macao vergleicht, in Central-Indien am erheblich- sten zu sein. Vergleicht man Nangasaki mit Peking und Hongkong, so zeigt sich eine Abnahme, welche auf die zunächst noch unbekannte Lage der Grenze im Stillen Ocean deutet. Kamtschatka scheint dem Auflockerungsgebiet nicht mehr anzugehören, aber die Philippinen lie- gen noch in ihm, wie die Curve von Manilla beweist. Nach dem Ae- quator zu wird die Auflockerung immer unbedeutender und verschwin- det in der Nähe desselben, um dann auf der südlichen Erdhälfte in die entgegengesetzte Krümmung überzugehen, da hier ein höherer Baro- meterstand sich zeigt, wenn auf der nördlichen Erdhälfte die Vermin- derung hervortritt. Diese Abnahme folgt sehr deutlich aus der Ver- gleichung Calcutta’s und Bombay’s mit Madras und Trevandrum in Travancore und Trinconomalee auf Ceylon, der Uebergang zu der süd- lichen Hemisphäre erfolgt durch Singapore und Buitenzorg auf Java verglichen mit Mauritius, Bourbon, Cap und Sydney. Aber schon in Vandiemensland ist die Grenze nach Süden überschritten, denn Ho- barton zeigt keine Spur der die südliche tropische Erdhälfte bezeich- nenden Krümmung, welche in gleicher geographischer Breite auf der nördlichen Erdhälfte, in Peking nämlich nahe ihr Maximum erreicht. Das mit dem Minimum des atmosphärischen Druckes der nörd- lichen Erdhälfte in unserm Sommer der Zeit nach correspondirende Maximum der südlichen eompensirt jenes nicht, über Asien fehlt daher mehr als südlich ersetzt wird, es kann also nicht blos von einem Aus- tausch der Luft zwischen beiden Erdhälften die Rede sein, es muls auch ein seitlicher Abflufs stattfinden. Wohin erfolgt dieser? Ku ee Vertheilung des atmosphärischen Druckes auf der Oberfläche der Erde. 419 Der Gesammtdruck der Atmosphäre ist ein aus dem Druck der trockenen Luft und der Spannkraft der in ihr enthaltenen Wasserdämpfe resultirender. Wenn von seitlichem Austausch der Luftmassen die Rede sein soll, mufs der Antheil eliminirt werden, der zu einer bestimmten Zeit als elastischer Begleiter die Quecksilbersäule des Barometers mit tragen hilft, zu einer andern in tropfbar flüssiger Form unter dem Ge- - fäls des Barometers fortfliefst. Betrachtet man nun die jährliche Ver- - änderung der Elastieität des Wasserdampfes unter den verschiedenen Breitenkreisen, so ist klar, dals für jeden die Menge des Dampfes zu- nimmt von den kälteren nach den wärmeren Monaten hin. Er würde - für die ganze Erde demnach stets derselbe sein, wenn die Verhältnisse des Festen und Flüssigen unter den verschiedenen Breitenkreisen die- - selben wären. Dies sind sie aber nicht, besonders wenn man die süd- _ liche Erdhälfte mit der nördlichen vergleicht. Die Gesammtmasse des _ Dampfes auf der ganzen Erde hat daher eine jährliche periodische Ver- änderung, wie ich sie durch die Monatsisothermen für die Gesammt- Temperatur der Erde erwiesen habe, aber die trockene Luft nicht, diese bleibt dem Quantum nach dieselbe und verändert nur ihre Stelle auf der Erde. Darin liegt die innere Nothwendigkeit, dafs die Verände- rungen des Druckes der trockenen Luft gesondert betrachtet werden müssen von denen des Wasserdampfes, und dafs erst aus der Zusam- mensetzung beider die jährlichen Veränderungen des Barometers erklärt werden können, denn eine unveränderliche Gröfse darf nicht in der- | ‚selben Weise behandelt werden als eine veränderliche. Führen wir diese Sonderung aus, so entsteht die Frage, was kann nöglicher Weise dann, nachdem wir die periodische Veränderung der Luft und Dampfatmosphäre ermittelt, aus dem gleichzeitigen Zusammen- wirken beider für die barometrische Jahrescurve folgen. Da mit zunehmender Wärme die Luft sich auflockert und aufstei- gend in der Höhe seitlich abflielst, die Spannkraft der Dämpfe durch die bei gesteigerter Wärme zunehmende Verdunstung zunimmt, so sieht man zunächst, dals die Curve des Druckes der Luft die entgegenge- setzte Krümmung haben wird als die der Elastieität der Dämpfe. Nun sind folgende Fälle möglich: 1) Die Luft lockert sich mit zunehmender Wärme mehr auf als die Spannkraft der Dämpfe zunimmt, dann wird das Barometer vom inter zum Sommer hin fallen. Dieser Fall tritt in dem eben be- frachteten Auflockerungsgebiet ein. 2) Die Zunahme der Spannkraft der Dämpfe überwiegt stets vom Winter zum Sommer hin die durch Zunahme der Wärme hervorgeru- fene Auflockerung. In diesem Falle wird die barometrische Jahres- Bin 27* 420 H. W. Dove: curve eine einfach convexe sein. Dieser Fall tritt, so viel mir bekannt ist, unter diesen Bedingungen nirgends ein. 3) In gewissen Theilen des Jahres überwiegt die Auflockerung der Luft über die durch zunehmende Verdunstung gesteigerte Spannung der Dämpfe, während in andern Theilen des Jahres das entgegenge- setzte stattfindet. In diesem Falle wird die barometrische Jahreseurve nicht blos ein Maximum und ein Minimum haben, sondern mehrere. Dieser Fall tritt besonders deutlich in Europa hervor, überhaupt in der ganzen gemälsigten und kalten nördlichen Zone, das Auflockerungs- Gebiet ausgenommen. Die Form der Curve ist aber in verschiedenen Gegenden verschieden, z. B. in der Polarzone eine andere als in der gemälsigten. 4) Durch Zuflufs kann die Menge der Luft so vermehrt werden, dafs die barometrische Curve das ganze Jahr hindurch eine stetig ge- krümmte convexe Gestalt mit einem Maximum und einem Minimum erhält. Dieser Fall kann auf doppelte Weise eintreten: a) entweder dadurch, dafs an einem höher gelegenen Punkte durch Auflockerung besonders der untern Schichten mehr Luft über die höher gelegne Station gelangt. Ein sehr schönes Beispiel ist der St. Bernhard mit Genf verglichen ; b) oder dadurch, dals dieses Zuströmen der Luft aus einem daneben liegenden Auflockerungsgebiet seitlich erfolgt. Das einzige be- kannte sehr schöne Beispiel ist Sitcha im russischen Nordamerika. Nicht bis zu diesem Extreme erfolgende Modificationen sind die Verminderung der concaven Krümmung der barometrischen Curve auf den Höhen der Ghates und des Himalaya in Hindostan (der Doda- betta mit Madras und Poona mit Bombay verglichen), dann die den Temperaturunterschieden zwischen Winter und Sommer kaum entspre- chende Verminderung des Druckes der trockenen Luft in Europa, doch läfst sich dies nicht streng erweisen. In Berlin beträgt die Zunahme der Spannkraft der Dämpfe vom Winter zum Sommer 3 Linien, die Verminderung des Druckes der trockenen Luft noch nicht 4, in Peking ist jene Zunahme 7 Linien, diese Verminderung hingegen 154, also mehr als das Doppelte. Auf diese Weise lassen sich die verwickelten barometrischen Ver- hältnisse der nördlichen Erdhälfte zunächst in ihren Grundbedingungen übersehen, welche dann durch secundäre Wirkungen modifieirt werden. Hier wie überall ist die Configuration der Grundfläche der Atmosphäre die bedingende Ursache der Erscheinung. So wie die Sonne in den ersten Monaten des Jahres von ihrem tiefsten Stande sich allmählich zu erheben beginnt, steigert sich die Wärme des Luftkreises durch die nun senkrechter erfolgende Insolation Vertheilung des atmosphärischen Druckes auf der Oberfläche der Erde. 421 überall in dem nördlichen Theile der heifsen und in der gemäfsigten Zone, am spätesten in der kalten. Diese Temperaturerhöhung ist am bedeutendsten über den continentalen Massen der alten Welt, weil hier die ganze Wärmesumme direet auf die Erwärmung der Luft verwendet und bei dem Mangel erheblicher Wasserspiegel nur ein geringer Theil derselben für die Verdunstung in Anspruch genommen wird. Dieser Antheil ist gröfser in dem mannichfach gegliederten Europa, aber am bedeutendsten in Nordamerika, wo während des vorhergehenden stren- gen Winters sich die grolsen Sülswasserspiegel und die tief eingrei- fende Hudsonsbay mit Eisdecken belegen, deren Schmelzung ein be- deutendes Wärmequantum erheischt. (Ganz dem entsprechend ist der Gang des Barometers. In Asien fällt dasselbe von seinem hohen Stande im Winter schnell herab, weniger in Europa vom Januar bis zum April. am unbedeutendsten in Nordamerika, wo aus dem angege- benen Grunde der Stand desselben in den erwähnten Monaten, so weit es sich aus den sehr unvollständigen Daten beurtheilen läfst, fast un- verändert bleibt, während es in den arktischen Gegenden daselbst so- gar im Frühling seinen höchsten Stand erreicht, weil in diesen Ländern des kältesten Frühlings die Temperatur unverhältnifsmäfsig niedrig bleibt und die Luft sich an den relativ kältesten Stellen nothwendig anhäuft. Ueberall in der nördlichen heifsen Zone hat der Nordost-Passat seine Kraft vermindert, endlich ist über Asien die Auflockerung so stark geworden, dafs der Nordost - Passat, im indischen Ocean Nordost - Mous- son genannt, nun dem Andrange des Südost-Passats nicht mehr zu widerstehen vermag, der nun, den Aequator überschreitend und durch die abnehmende Rotationsgeschwindigkeit der Erde aus Süd in Südwest verwandelt, als regenbringender Südwest-Mousson einbricht, um die in Asien durch den mächtigen Cowrant ascendant sich bildende Lücke zu ergänzen. Aber am Südabhange des asiatischen Hochlandes verliert er in mächtigen Niederschlägen einen wesentlichen Antheil seines baro- metrischen Druckes durch Condensation der Wasserdämpfe, er vermag daher das Fallen des Barometers im Innern des Continents nur zu mälsigen, nicht zu verhindern, weil das, was er herbeiführt, nicht aus- reicht, das zu ersetzen, was in der Höhe seitlich abfliefst. Dieser seit- liche Abflufs findet in den oberen Regionen der Atmosphäre nach Ame- rika hin statt und daher steigt in Sitcha der Druck der trocknen Luft eontinuirlich nach dem Sommer hin, obgleich die zunehmende Tempe- ratur das Entgegengesetzte erwarten lielse. Ueber Central- Asien nimmt nun die Luft, an ihrem Abflufs nach dem wärmeren Süden durch den entgegenwehenden Südwest-Mousson gehindert, vollkommen den Cha- rakter der Gegend der Windstillen an, während die Luft über dem _ nördlichen Theile des atlantischen Oceans durch das im Frühjahr dort 422 H. W. Dove: energisch eingeleitete Eistreiben aus den arktischen Gegenden, ihre niedrige Temperatur behaltend, unwiderstehlich nach jener Auflocke- rungsstelle hingezogen wird und nun in ununterbrochenem Kampfe mit dem als Südwest aus der tropischen Zone des atlantischen Oceans her- abgesunkenen Passat sich den Weg nach Asien zu bahnen sucht. Eu- ropa im Conflict dieser Ströme leidet dadurch im Frühjahr an ununter- brochenen Rückfällen der Kälte, an Temperatursprüngen, die man da- durch bezeichnet hat, dafs es das Aprilwetter der ganzen Welt darstelle. Die kalten Nordwestwinde seines Sommers sind der Beweis, dafs in dem lange zweifelhaften Kampfe endlich der amerikanische Strom in dem unteren Theile der Atmosphäre das Uebergewicht über den rück- kehrenden Passat erhalten, der nun in Nordamerika vorherrscht, so dafs die im Frühjahr in Europa stets zusammentreffenden Ströme nun seitlich ungestörter neben einander lagern. Erst im Herbst gewinnt in Europa der südwestliche Strom die Oberhand, so dafs das durch den Nordwest im Sommer erhobene Barometer von Neuem sich erniedrigt, während nun in Amerika die nördlicher werdende Windesrichtung den sogenannten Indianersommer hervorruft mit verhältnifsmäfsig höherem Barometerstande. Jetzt erst im Herbst gleichen sich die vorher in Ost und West vorhanden gewesenen Gegensätze aus. Die nördliche Erd- hälfte zeigt, indem der Nordost-Passat als Nordost-Mousson im indi- schen Meere wieder herrschend wird, nun ein im Allgemeinen nor- males Verhalten, welches aber in Indien oft durch furchtbare Stürme, das Ausbrechen des Moussons, eingeleitet wird. In der heifsen Zone treten die Wirkungen in einer andern Form hervor. An der über dem indischen Ocean erheblichen, nach Afrika hineingreifenden Auflockerung nimmt der atlantische Ocean nicht Theil. Da aber die Bedingungen für eine jährliche periodische Veränderung des atmosphärischen Druckes in der heifsen Zone gleichmälsig vorhan- den sind, so kann ihr Fehlen nur durch eine Compensation erläutert werden. Diese Compensation wird entsprechend dem früher erläuter- ten in einem in den höheren Regionen der Atmosphäre stattfindenden seitlichen Einströmen aus dem Auflockerungsgebiete, also von Osten her, zu suchen sein. In den höheren Regionen der heifsen Zone herrscht aber der rückkehrende obere von SW. nach NO. gerichtete Passat. Ein von der Seite von Osten her erfolgendes Einströmen wird den rück- laufenden Passat stauen und ihn schon in der heifsen Zone ausnahms- weise zum Herabkommen zwingen. Aus einem von Ost nach West gerichteten, in einen von Südwest nach Nordost fliefsenden Strom einfallenden Winde mufs aber noth- wendig eine wirbelnde Bewegung, entgegengesetzt der Bewegung eines Uhrzeigers, entstehen. Dies sind die Westindia Hurricanes, welche jetzt Vertheilung des atmosphärischen Druckes auf der Oberfläche der Erde. 493 häufig Cyelone genannt werden. Der im untern Passat von Südost nach Nordwest fortschreitende Wirbel ist demnach das nach einander an verschiedenen Stellen erfolgende Zusammentreffen zweier rechtwink- lig auf einander fortgetriebener Luftmassen und dies die primäre Ur- sache der Drehung, deren weitern Verlauf ich im „Gesetz der Stürme* (Poggendorff’s Annalen 52, p. 1) im Jahre 1841 aus den einfachen, der Hadley’schen Passattheorie zum Grunde liegenden mechanischen Principien abgeleitet habe, deren nothwendige Folge das rechtwinklige Umbiegen in der Bahnlinie dieser Stürme ist, so wie sie aus der Zone des Passats in die gemälsigte Zone eintreten, eine Thatsache. die zu- erst von Redfield festgestellt und von Colonel Reid mannichfach be- stätigt worden ist. Dafs diese Wirbelstürme local sind, d. h. an einer bestimmten Stelle, nämlich in der Nähe der westindischen Inseln, ent- stehen, erläutert sich auf diese Weise einfach, weil eben die Bedin- gungen zu ihrer Bildung nur in dem Grenzgebiet zweier entgegenge- setzten Witterungssysteme vorhanden sind. Die andere Grenze ist in gleicher Weise durch die Stürme des indischen und chinesischen Meeres, die Tyfoons, charakteristisch bezeichnet, die aber wegen der periodisch veränderlichen Richtung der untern Luftströme natürlich in ihrer Rich- tung weniger bestimmt sind. In Beziehung auf die nähere Erörterung derselben mufs ich auf das Gesetz der Stürme in meinen klimatologi- schen Beiträgen verweisen. Durch die Erforschung der periodischen Aenderungen des atmo- sphärischen Druckes ist also eine feste Basis für das Verständnifs der grofsen Bewegungen der Atmosphäre oder eine allgemeine Windtheorie gegeben, sowie ja auch das Barometer für die unregelmäfsigen Verän- derungen in der Richtung der Luftströme einen sicherern Anhaltspunkt gewährt als die Windfahne. Denn an ihm ist das Drehungsgesetz der Winde erwiesen worden, ebenso wie die Phänomene des Stauens, wenn der Aequatorial- und Polarstrom einander zeitweise gerade entgegen- wehen, statt seitlich in einander zu fallen und nach dem Verdrängen dann neben einander zu fliefsen. Es ist klar, dafs die hier im Allgemeinen nur angedeuteten Ver- hältnisse sich besonders in Beziehung auf die mittlere Windesrichtung in der gemälsigten Zone mannigfach modifieiren, und es mufs daher in dieser Rücksicht für Nordamerika und den atlantischen Ocean auf die neuere Arbeit von Coffin: Winds of the Northern Hemisphere, für Eu- ropa und Asien auf die einzelnen sich darauf beziehenden Berechnungen von Kaemtz, Hällström, Wesselowski und mir verwiesen werden, während für die Passatzone die einzige Vervollständigung unserer Kenntnisse die von Maury gegebene nähere Bestimmung der innern _ und äufsern Grenzen des Passats im atlantischen Ocean in den ein- A2A H. W. Dove: zelnen Monaten ist, da hier die wesentlichen Thatsachen von Dampier, Halley und Hadley vor mehr als einem Jahrhundert ein für alle mal so bestimmt festgestellt worden sind, dafs die jährlich erscheinenden Veröffentlichungen darüber eben nichts anderes als unnöthige Wieder- holungen des längst Bekannten sind, welche sich unter einander nur durch die neuen Namen unterscheiden, die man den alten Sachen beilegt. Aus den vorher mitgetheilten Untersuchungen geht hervor, dafs auf der rördlichen Erdhälfte die entschiedensten Gegensätze in Ost und West seitlich neben einander liegen, wir mögen nun in der heifsen Zone die Gegend des Moussons mit der des Passats oder in der gemälsigten das asiatische Auflockerungsgebiet mit Europa und Amerika vergleichen. Darstellungen, wie das von Maury veröffent- lichte Diagram of the winds, in welchem sämmtliche Erscheinungen in regelmäfsigen dem Aequator parallelen bandartigen Streifen die Erde umfassen, und in welchem die obern und untern Luftströme sich in Form einer 8 durchkreuzen, haben daher wohl nur den Zweck ein Bild zu liefern, welches der Wirklichkeit eben nicht entspricht. Sie sind einer Isothermencharte zu vergleichen, in welcher sämmtliche iso- thermen Linien mit den Breitenkreisen genau zusammenfallen. Solche einfache Verhältnisse würden sich, wenn die zu Grunde liegende Vor- stellung richtig wäre, nur unter der Voraussetzung einer vollkommen gleichartigen Grundfläche der Atmosphäre realisiren. Eine solche stellt wegen der überwiegenden Wasserbedeckung im grofsen Ganzen die südliche Erdhälfte dar. Welchen Einflufs die Configuration der Grund- fläche äufsern kann, wird daher annähernd ermittelt werden, wenn wir die nördliche Erdhälfte mit der südlichen vergleichen, und es ist daher interessant, diese von mir für die Wärmevertheilung und für die Regen- verhältnisse früher durchgeführte Vergleichung nun auch für den Druck der Atmosphäre zu gewinnen. Für die Lösung dieser Frage lieferten die im dritten Bande der neuen Folge unserer Zeitschrift p. 510 näher besprochenen Beobach- tungen des Caps ein sehr werthvolles Material, aber es fehlten zu weiterer Verfolgung der Erscheinung nach West die Beobachtungen aus Südamerika. Diese sind jetzt veröffentlicht worden, eine sechs- jährige Reihe stündlich von’ Morgens 6 bis Abends 6 auf dem Obser- vatorium in Rio angestellter Beobachtungen, deren einzelne Jahrgänge in den Annaes Meteorologicos do Rio de Janeiro nos annos de 1851 a 1856 publicados pelo Dr. A. M. de Mello. Rio de Janeiro 1558. Quer Folio, erschienen sind und die in St. Jago in Chile angestellten dreijäh- rigen Beobachtungen von Gilliss in The U. $. Naval Astronomical Expedition to the Southern Hemisphere during the years 1849 — 1852. rn u u e L . Vertheilung des atmosphärischen Druckes auf der Oberfläche der Erde. A425 vol. VI. Die Mittheilung der ersten verdanke ich der Güte des brasiliani- schen Reisenden Lieut. Waldemar Schultz, die letzteren Hrn. Gilliss. Auch für Australien sind mir neue Data zugegangen, ein 13 Jahre umfassendes Journal in Melbourne und ein einjähriges von Geelong im Second Meteorological Report with diagrams of barometric pressure von Hrn. Brough Smyth in Melbourne und die Mittel eines dreijährigen von Sydney in der interessanten von Hrn. Jevons veröffentlichten Schrift Some data concerning the climate of Australia and New Zealand aus Sydney. Dies sind aber auch die einzigen sichern neuerdings gewon- nenen Anhaltspunkte für die klimatischen Verhältnisse der südlichen Erdhälfte, denn die in den Abstracts from the Meteorological Observa- tions taken at the Stations of Ihe Royal Engineers in the year 1853 —54 und in der First Number of Meteorological Papers published by Autho- rity of the Board of Trade enthaltenen Beobachtungen von Mauritius, Freemantle in Westaustralien, Cookland in Neu-Seeland, Ascension und Valparaiso, Beobachtungen, deren Mittheilung ich der Güte des Obrist James und Admiral Fitzroy verdanke, sind noch zu lückenhaft, und dasselbe gilt von den in dem Aufsatze des Capitain Byron Drury A.N. on the Meteorology of New Zealand auf der Pandora angestellten Be- obachtungen. Ich habe aus den einzelnen Jahrgängen von Rio Janeiro die Mittel bestimmt. Die folgende Tafel enthält die so erhaltenen Bestimmungen verglichen mit dem Cap und St. Jago. Die Barometerstände bei 0° sind so wie die Spannkraft der Dämpfe in pariser Linien wie in meinen frühern Tafeln ausgedrückt, aus welchen ich Port Jackson freilich nur aus 2 Jahren bestimmt hinzufüge. Die positiven Zahlen bezeichnen, um wie viel die einzelnen Monatsmittel sich über das Jahresmittel er- heben, die negativen um wie viel sie darunter herabsinken. Trockene Luft. Bo Cap Rio | St. Jago | Januar —3.82 |; —1.94 | —2.16 — 1.13 Februar ER au2itenc 2,44 |; März Bi 1279, April —0.35 —0.72 Rene Mai 1.55 0.68 1.3277 0.29 Juni 3.02 1.60 258 | 1.08 Juli 4.21 2.17 2.84 |: 0.94 August 2.91 2.00 1.95 | 1.26 September | 0.59 1.26 148 | 0.64 October | —0.87 0.38 026 | 0.48 November | —1.48 —0.70 | —1.07 | —0.42 December | —2.38 —1.47 | -1.74 | —0.89 Oscillation | 8.03 4.14 5.28 2.63 426 H. W. Dove: Spannkraft der Dämpfe. San ale Cap | Rio | St. Jago Januar 2.19 | 0.76 1.05 0.54 Februar AU | 0.96 | 1.55 0.77 März 0.96 | 0.53 1.26 | 0.40 April 0.07 | 0.35 0.95 0.10 Mai 1 | — 081 0.55, 70.22 Juni re 05 10.02 Juli 222 rt et erh August —R.08 | —9.75 —1.12 —0.42 September | —0.73 —0.56 —0.80 —0.19 Oetober 0.85 | 0.21 | -058 0.12 November 0.83 0.13 0.0.6 0.07 December 1.35 0.54 0.62 0.52 Oscillation 4.48 1.73 2.87 | 1.51 Januar 1.63 | —1418 ! —1.11 | —0,59 Februar —0.74 5 4.1844] /—0:89 —0.60 März Al) 0.76, 0.59 ,.| —Q38 April az 0.2 ey Mai 0.40 0.37 077218007 Juni 0.89 1.05 |.143 | 041 Juli RETTET ET RR RE RT, August 0.83 1.25 | 0.83 | 0.84 September | —0.14 0.70 0.68 | 0.45 October —0.02 Oli 053244140836 November | —0.655 —0.57 | —1.01 | —0.35 December —1.03 —0.93 er Oseillation 3.55 2.58 264 | 1.44 Mittlere Werthe, Brook, Tale 333.54 | 328.12 | 319.90 Dampf 5 | 700 | 30 Barometer | 338.19 | 336.02 | 316.13 Der Parallelismus der Erscheinungen tritt auf eine sehr überra- schende Weise hervor. Der auf den Spiegel des Meeres reducirte Barometerstand ist am Cap 338.61, in Rio 338.44, in Sydney nach Jevons 338.24, die Zu- nahme des atmosphärischen Druckes vom Aequator'nach dem Wende- kreise hin also gültig für die Zone des Moussons wie die des Passats. Zur Bezeichnung des Klimas von Rio Janeiro füge ich noch die folgenden beiden Tafeln hinzu, deren erste die aus den 13stündigen Beobachtungen bestimmten Mittel enthält, die zweite die tägliche Oseil- lation als Correctionselement der ersteren. (Temp. Reaum.) Vertheilung des atmosphärischen Druckes auf der Oberfläche der Erde. 427 . Rio Janeiro. Kamel | | Regen- | | P | Barometer, menge Regentage | Gewitter ratur T* | , Millimeter | | Januar 21.18 | 334.91 | 105.8 10.371] 512 Februar 21.57 | 335.15 | 1193 | 92 | 48 März 20.77 335.49 | 109.3 9.0, |. 2.8 April 20.61 335.78 69.5 24 | 0.8 Mai 18.39 336.79 | 153.5 ESHIRANOLD Juni 17:33 411 332:451 1|1.17. 34.2 INCTen NEE Juli {oda 1193754 | 004 3.8 0.5 August | 1744 | 336.85 | 97.6 62 | 02 September | 17.75 | 336.70 | 48.5 6.0 08 October 18.50 | 335.70 |. 68.8 rer 0.7 November 19.55 335.01 88.3 | 83 23 December | 20.28 ‚ 334.90 1049 103 | 25 I Jahr | 19.25 336.02 10294 | 90 | 21.2 Tempe- | Barometer Spannkrafi| Trockene ratur Gr pi | Luft Millinm. ° Millim. 6 Uhr 18.12 | 758.78 17.25 | 740.54 ı- 18.06 757.91 | 17.32 | 740.60 8 -- 18.37 758.12 17.43 740.70 RE 18.82 758.35 17.67 740.69 10 - 19.47 758.48 | 17.81 740.68 1 - 19.65 758.47 | 17.88 | 740.60 12 - 19.84 758.35 17.86 740.50 j.g)- 19.94 758.09 | 17.75 | 740.35 BT 19.86 757.86 17.76 , 740.10 pin 19.83 757.69 | 417.85 | 739.84 4 - 19.63 757:22 -\u2.772 739.45 Bu 19.45 757.59 | ‚12.67 | 739.88 ge 19.23 | 757.52 17.58 739.94 Tägl. Ver- änderung 1.88 ae ud 1.25 Sehr merkwürdig ist die geringe tägliche Oseillation des Wasser- dampfes, und die daraus resultirende Gleichheit der täglichen Verän- derung des Druckes der trocknen Luft und des ganzen am Barometer gemessenen atmosphärischen Druckes. Ich kenne keinen Ort, an wel- chem das in so auffallender Weise stattfände. Auf eine höchst merkwürdige Art unterscheiden sich daher die Witterungsverhältnisse der südlichen Erdhälfte von denen der nördli- chen. Dort nimmt die Krümmung der Isothermen mit der Annäherung an den Aeduator zu, hier nimmt sie ab, dort sind die Ostküsten der Continente wärmer als die Westküsten, hier umgekehrt jene kälter als diese. So wie die Linien gleicher Wärme dort im Allgemeinen inner- 428 H. W. Dove: Vertheilung des atmosphärischen Druckes. halb des Jahres ihre Krümmung nur vermindern und steigern, ohne aus concaven Biegungen in convexe überzugehen, während auf der nörd- lichen Erdhälfte dies an bestimmten Stellen im höchsten Grade statt- findet, eine Erscheinung, die in der Gestalt der Isanomalen der ein- zelnen Monate ihren bestimmteren Ausdruck findet, tritt, wie die hier mitgetheilten Untersuchungen zeigen, die periodische barometrische Jah- resoseillation auf der südlichen Erdhälfte an der ganzen Grenze der heilsen und gemälsigten Zone am stärksten, aber im Ganzen unbedeu- tend hervor, entsprechend der verhältnifsmäfsig geringen Aenderung der Wärme in der jährlichen Periode und der deswegen auch gleichblei- benden Spannkraft der mit der Luft gemischten Dämpfe. Auf der nördlichen Erdhälfte hingegen fehlt sie unter gewissen Längen fast ganz, während sie an andern Stellen eine ungewöhnliche Gröfse er- reicht und bis in die arktische Zone zurückgreift. Die Beständigkeit der Aequatorialgrenze des Südost-Passat verglichen mit der Veränder- lichkeit der innern Grenze des Nordost-Passats, die Unerheblichkeit des Nordwest-Mousson im südlichen indischen Oceane, verglichen mit dem weiten Heraufrücken des Südwest-Mousson in Asien, das über- wiegende Vorwalten heftiger Wirbelstürme in den tropischen Gewäs- sern der nördlichen Erdhälfte als Westindia hurricans und Tyfoons sind Seiten einer und derselben Erscheinung, die in den barometrischen Oseillationen ihren bestimmten Ausdruck und in den durch die Gestalt der Continente hervorgerufenen Gestaltveränderungen der Monatsiso- thermen ihre nächste Begründung finden. Die Aufnahme dieser Schlufsbemerkungen aus einer im Jahre 1851 erschienenen Abhandlung (Berichte 1851 p. 157) mag dadurch gerecht- fertigt erscheinen, dafs immer noch Untersuchungen über die Bewe- gungen der Atmosphäre erscheinen, die deswegen jedes Anhaltspunktes entbehren, weil sie auf die barometrischen Verhältnisse keine Rücksicht nehmen. Für keinen Ort in den Vereinigten Staaten, eine auf einjäh- rige Beobachtungen in Ogdensburgh von Coffin gegründete Berechnung ausgenommen, kennt man eine barometrische, thermische und atmische Windrose, noch weniger die vom Drehungsgesetz abhängigen Verän- derungen, ja die barometrische Jahreseurve ist so wenig untersucht, dafs man immer noch nicht mit Bestimmtheit weils, ob eine geringe Auflockerung der Atmosphäre im Sommer im untern Lauf des Missisippi hervortritt, worauf ältere Beobachtungen von Natchez zu deuten schei- nen. Möchte das unter der umsichtigen Leitung von Henry und Guyot errichtete meteorologische Beobachtungssystem der Smithsonian Institu- tion doch endlich auf die Ausfüllung dieser die Wissenschaft schon so lange hemmenden Lücken bedacht sein. JFENCHIREE x | | | | h ö 4 t 429 XVi. Physikalische Beschreibung der Gegend von Paranä. Von H. Burmeister., Die Stadt Paranä, früher als Bajada del Parana auf den Karten angegeben, liegt nach hier angestellten Beobachtungen unter 62° 11’ 30” westlich von Paris und 31° 43’ 10” südl. Breite '). Gegenwärtig zum Sitz der Central-Regierung der argentinischen Conföderation gewählt, macht sie gleichsam den Mittelpunkt der Bildung und Gesetzgebung des genannten, weit ausgedehnten Theiles von Süd-Amerika und ver- dient schon darum mehr als jeder andere Ort des La Plata-Gebietes die Aufmerksamkeit wissenschaftlicher Reisenden. Zwar ist sie im Vergleich mit Buenos Ayres nur ein Dorf und gegen Cordova oder Mendoza gehalten ebenfalls weder so reich, noch so wohl ge- baut, noch so grofs wie diese volkreicheren Städte des Binnenlandes; aber sie hat Umgebungen, welche durch ihre wissenschaftlich werth- vollen Aufschlüsse über die Beschaffenheit des ganzen argentinischen Tieflandes von hoher Bedeutung werden, und eben so sehr zur nähe- ren Untersuchung einladen, wie die Vorberge der Cordilleren neben Mendoza, oder das isolirte granitische Gebirge neben Cordova, mitten in der Ebene zwischen dem Parana Strom und den Anden. Ich habe mich über die geognostische Beschaffenheit des Bodens, worauf Parana ruht, schon gleich nach meiner ersten Anwesenheit da- selbst im Februar 1857 in einem eigenen kleinen Aufsatze ausgespro- chen, den ich von Mendoza her nach Berlin sandte, allein derselbe ist meines Wissens nicht zum Druck gelangt und, wie es scheint, verloren gegangen; deshalb wiederhole ich hier in kurzem Auszuge die dort gegebene Schilderung. Parana liegt auf dem Rücken einer buckelförmigen Erhebung, die mit einem scharfen Winkel in den Strom einspringt und denselben nöthigt, daselbst einen starken obgleich nur kurzen Bogen zu beschrei- ben. Nördlich und südlich ist dieser Buckel durch eine schmale Mulde von den benachbarten, ähnlichen Hügelungen abgesetzt. Gegen den Flufs hat der ganze Rand des Buckels, so weit er als Winkel vortritt, ein steiles, jäh abschüssiges, S0—90 oder gar 190 Fufs hohes Ufer, dessen Gehänge die Beschaffenheit des Erdreichs in der Tiefe deutlich zeigen und überall an leicht zugänglichen Stellen sich ohne Schwierig- keit genau untersuchen lassen; — aber eben so deutlich zeigen den Bau des Bodens zwei kleine Bäche, welche in einem Bogen von Osten ) Nach Lieut. Page, auf Grund einer Reihe von Beobachtungen, 31° 42’ 54’ 8. Br., 60° 32’ 39’ W.L. von Greenw. au» 430 H. Burmeister: nach Westen um die Stadt im Süden herumlaufen und an ihren tief eingeschnittenen Ufergehängen die ganze Schichtenfolge der constitui- renden Massen des Bodens klar vor Augen legen. Der eine Bach, Arroyo de Salto, durchschneidet den Buckel, auf dem die Stadt liegt, fast in der Mitte und tritt stellenweis ganz nahe an sie heran; der andere, dessen Namen ich nicht erfahren habe, bleibt ferner und mün- det unterhalb des Buckels in den Flufs. Das Centrum der Stadt, die Plaza, mit der Kirche, dem Regie- rungsgebäude und den besten Strafsen, liegt unmittelbar auf der höch- sten Stelle des Buckels, etwa eine halbe Stunde vom Ufer des Flusses, und kann daher schon aus weiter Ferne gesehen werden; die sich rechtwinklig schneidenden Stralsen gehen davon fast genau nach den vier Himmelsgegenden aus und münden nach Norden gegen den Pa- rana-Flufs, nach Süden gegen den Arroyo de Salto, nach Westen ebenfalls zum gröfseren Theile auf ihn, nach Osten gegen das Binnen- land. An der Ostseite der Plaza, mit der Fronte nach Westen liegen die Kirche und die Camera de los Senadores, an der Nordseite, mit der Fronte nach Süden, das Regierungsgebäude. Der Hafen von Parana war ursprünglich an der Mündung der nördlichen Mulde angelegt, welche den Buckel von der umgebenden Hochfläche absondert, und hiefs Santiaguena; gegenwärtig hat man ihn weiter nach Süden an die Mündung des Arroyo de Salto versetzt, ziemlich dahin, wo die abschüssigen Ufer des Buckels ihre gröfste Höhe haben. Steil und fast senkrecht hängen die hohen Abstürze über der hier mit vielen Kosten an höchst ungünstiger Stelle angelegten Mole, auf der Eisenschienen für die Güterkarren sich befinden, welche die Waaren nach der Duana schaffen, wobei sie den Arroyo de Salto auf einer eleganten und kostspieligen, aber meines Erachtens höchst über- flüfsigen Drahthängebrücke überschreiten; ein hölzernes Werk, für den dritten Theil des Aufwandes hergestellt, hätte dieselben Dienste gethan. Parana hat nach der kürzlich angestellten Volkszählung des gan- zen Landes 5000 Einwohner, welche grölstentheils aus farbigen Misch- lingen aller Abstufungen bestehen; die Zahl der rein weilsen, wohl- habenden oder vornehmen Familien ist gering und würde noch kleiner sein, wenn nicht die Central-Regierung viele Beamte aus allen Pro- vinzen herbeigezogen hätte. Daneben machen die Fremden europäischer Abkunft einen nicht unbeträchtlichen Theil der Bevölkerung aus, indem fast alle Handwerker ihnen angehören. Franzosen und Italiener herr- schen darunter vor, besonders die letzteren; doch fehlt es auch nicht an deutschen Familien; sehr sparsam sind Engländer vertreten, dage- gen habe ich auch von ein paar Dänen reden hören. Die Gegend zunächst an der Stadt, und nicht blofs der ganze Physikalische Beschreibung der Gegend von Paranä. 431 Buckel, auf dem sie liegt, sondern auch die Ufer des Parana weit darüber hinaus, sind bis eine Stunde landeinwärts mit dichtem Gebüsch bekleidet, das gröfstentheils aus 8— 10 Fufs hohen, also niedrigen Sträuchern besteht, mit holzigem Gezweig, woran starke Stacheln nach allen Seiten drohend hervorstehen. Feinblättrige Leguminosen und kleinblättrige Myrtaceen bilden die Hauptmasse; Sträucher mit grolsen . vollen Blättern und prächtigen Blumen fehlen ganz; der Blumenschmuck dieser Buschwaldung gehört fast ausschliefslich den Gattungen Passi- flora, Bignonia und Cactus im weitesten Sinne genommen an; eine kleine Zwergpalme mit fächerförmigen Blättern erinnert daneben den Wanderer an das wärmere Gebiet der temperirten Zone. Passifloren, völlig von dem Ansehn der bei uns in Zimmern gezogenen Art, um- ranken besonders die höheren Büsche und glänzen darin noch mehr durch ihre schönen orangefarbenen Früchte, als durch die von keinem strahlenden Colorit gehobenen Blumen. Bignoniaceen sind höchst ge- 2 mein, wenigstens zwei Arten, eine mit weilser, die andere mit karmin- } rother Blume; sie breiten sich über die Büsche mittlerer Höhe aus und fallen schon aus weiter Ferne durch die Menge ihrer Blumen dem Beobachter in die Augen. Alle haben dünne, feine Zweige, die sich an den Aesten der Gebüsche durch Ranken halten und stets bis auf f die obersten Spitzen hinaufklettern, hier ihre Blumen entfaltend. Aehn- lich treiben es die Asklepiadeen, deren es ebenfalls eine Anzahl hier giebt; aber ihre Blumen sind klein, treten nirgends als Staffage der Landschaft hervor und werden nur von Kennern erkannt. Dagegen drängen sich die dicken, steifen, schlanken und zum Theil hohen Cac- tus-Formen überall in die Augen; man findet alle Hauptarten darunter, Cereus wie Mamillaria, Melocactus und Opuntia. Letztere haben stets gelbe Blumen von mälsigem Umfange, die feinstacheligen Cereus kleine karminrothe; prachtyoll dagegen decoriren durch Gestalt wie Geruch die grofsen weilsen Blumen der hohen, scharfkantigen Säulencactus- Arten die Landschaft; sie glänzen von Weitem zwischen dem dichten Gebüsch hervor und umduften besonders am Morgen, wenn der Luft- _ strom von ihnen herüberweht, höchst angenehm den Reiter auf den sonst einsam und traurig erscheinenden Wegen durch die Gebüsche. Schade, dafs ihre Dauer so kurz ist, schon am Mittag schliefsen sie sich und am Abend hängen sie verwelkt an den Stämmen herunter, eben so sehr ihn an das Vergängliche der organischen Schönheit er- innernd, wie am Morgen durch sie sein Auge entzückend. Unter den niederen Kräutern sind vor allen anderen die Solaneen häufig, ächte Solanum-Arten mit harten Stacheln an den Zweigen wie Blättern und schönen lackrothen oder wachsgelben Früchten. Eine Art mit grolser schwarzer Beere fiel mir besonders auf, aber nicht im Gebüsch, son- 432 H. Burmeister: dern in den Lagunen am Ufer des Flusses; sie ist holzig, hat das An- sehn wie ein Weidenast, eben solche lange schmale Blätter und steht mitten im Wasser an Orten von mälsiger (2—3 Fufs) Tiefe, mit ihrer schönen hellvioletten Blumentraube diesen fast nur von Binsen und einer hübschen Sagittaria-Art belebten, weit ausgedehnten Wasserflächen zur angenehmen Zierde dienend. Der Boden zunächst unter der eben geschilderten Pflanzendecke ist eine kaum 1 Fufs mächtige Schicht schwarzgrauer Dammerde, die nach unten allmälig in rostrothen, ziemlich hell gefärbten Lehm über- geht. An den Gehängen des Arroyo de Salto sieht man die Tiefe derselben auf 10—12 Fufs hinabgehen; dann folgt eine hellgraue, fein- erdige Thonschicht, welche rein weilse, zweigförmig verbreitete, feinere, von unten heraufsteigende Thonadern durchsetzen. Auch diese Schicht hat eine durchschnittliche Mächtigkeit von 10—12 Fufs. Beide sind, so weit ich sie untersucht habe, an allen Stellen, wo sie bei Parana entblöfst liegen, völlig versteinerungslos; man weils aber aus anderswo angestellten Untersuchungen, dafs nur in der unteren grauen Thonschicht die Gebeine der riesenmälsigen Gravigraden, des Megatherium, Mylo- don, des Toxodon, des Glyptodon und des Mastodon Antium gefunden werden, die obere röthliche Schicht dagegen fast ganz leer ist. Letz- tere entspricht unserem Diluvium; ob auch die andere graue Thonschicht noch dahin gehöre, ist fraglich. Darwin will sie dahin ziehen, D’Orbigny davon trennen und als Formation pampeenne unter- scheiden. Unter dem Thonlager folgt die Tertiärformation, zu oberst mit einer harten, obgleich nicht ganz homogenen, sondern von vielen Lücken durchsetzten, stratifieirten, durchschnittlich 12— 20 Fufs an ver- schiedenen Stellen mächtigen Kalkbank, in welcher viele Reste von Meerconchylien eingebettet sind, unter denen Austern vorwiegen, aber Polypen ganz fehlen. Diese Kalkbank ist höchst variabel, an einzel- nen Orten fehlt sie ganz, an anderen ist sie nur 10 Fufs, an Stellen, wo sie ihre grölste Stärke erreicht, 21 Fufs mächtig und dann meist buckelartig abgesetzt, weshalb man allen Grund hat, das Hügelige des ganzen Terrains hauptsächlich ihren Verschiedenheiten zuzuschreiben. An Orten, wo sie besonders mächtig ist, tritt sie bis unter die Damm- erde, das Thonlager und den Lehm völlig verdrängend; an anderen, wo sie fehlt, bilden sich im Gegensatz Lücken im Boden, worin sich Thon und Lehm mächtiger abgesetzt haben. Das läfst sich an den Gehängen des Arroyo de Salto deutlich sehen. Der Bach hat nämlich eine halbe Stunde von der Mündung einen jähen Absturz, einen 30— 40 Fufs hohen Wasserfall, dessen oberer Rand das oberste Niveau der Kalkbank ist; unterhalb des Falles konnte der Bach die ganze Physikalische Beschreibung der Gegend von Paranä. 433 Schichtenfolge durchschneiden, oberhalb desselben nur die Lehm- und Thonlage; der Weg, welcher hier im Bette des Baches aufsteigt, ruht auf der mit kleinen Flufsgeröllen überschütteten Kalkbank. Die er- wähnten Meeresconchylien, besonders den Gattungen Ostrea, Pecten, Mytilus, Arca, Cardium, Venus und Cytherea angehörend, beweisen übrigens deutlich, dafs dieser Kalk eine Meeresbildung, aber kein Co- rallenrifl' ist, weil Polypengehäuse ihm ganz abgehen; er kann, schon wegen seines Reichthums an Schaalthierresten, seiner porösen Beschaf- fenheit und Stratificirung nur als ein Detritus zerstörter Conchylien an- gesehen werden. Gewöhnlich trennt ihn eine grobe Sandschicht vom Thonlager und ebenso folgt unter ihm ein Q—3 Fuls mächtiges Sand- lager, worin Kalkknollen mit denselben Schaalthiergehäusen als ein- faches Lager nach unten auftreten. Dann hört der Kalk auf, und sandige, stark thonige Massen, mit reinen aber sehr dünnen Thonlagen abwechselnd, folgen abwärts bis zu 40 und mehr Fufs Mächtigkeit; sie gehen bis auf den Spiegel des Parana-Flusses hinab und verlieren sich unter dessen Wellen, die beständig an ihnen nagen und stets neue Straten in der Tiefe entblöfsen, gleichwie der stark fallende Regen die Oberfläche der Gehänge abwäscht und ihr Inneres frisch zur Schau stellt. Es ist nicht gut möglich, diese mächtigen Sandlager weiter im Allgemeinen zu beschreiben, weil die untergeordneten Verschiedenhei- ten unendlich grofs sind, und oft in kurzen Abständen von einander Ansehn, Farbe, Gefüge und Material sich ändern. Bald sind sie vor- herrschend sandig und dann sehr hell gefärbt, sehr lose und zerfallend; bald sehr thonhaltig, gelber, fester, consistenter weil feuchter; mitunter reine braune Thone von bandförmiger Dicke, in denen deutliche Reste von Sülswassermuscheln (Unio und Cytherina) sich erkennen lassen; endlich auch grüngraue feine Mergel. Letztere bilden überall das tiefste Niveau; auch die reinen Thonlagen sind in den unteren Teufen abge- setzt; in der Mitte ist alles thonreicher Sand und darin stecken zer- streut, doch nesterweis, Meeresmuschel-Schaalen, Peeten, Arca, Cardium, Venus, Cytherea in ungeheurer Menge; die Arten zum Theil specifisch verschieden von denen in der Kalkbank. Das ist also entschieden eine Meeresbildung. Austernschaalen kommen darin ebenfalls vor, aber weder so häufig, noch so deutlich als Austernbank abgesetzt, wie in der Kalkschicht; man findet in der Regel nur einzelne Individuen und meistens nur eine Schaale, während in der grolsen Austernbank dicht unter dem Kalk beide Schaalen stets _ vereint und geschlossen angetroffen werden. Nicht so die Pecten, Area, Cardium und Venus-Arten; deren Schaalen sind fast immer ge- ‘öffnet und in der Regel getrennt. Sonderbar, dafs die Dimyarier un- h gemein leicht zerbrechen bei der Berührung, während die Monomyarier Zeitschr. f,allg. Erdk. Neue Folge. Bd. VI. 28 A34 H. Burmeister: eine grölsere Festigkeit besitzen. Das kanı nur in einem abweichen- den Gefüge ihrer Schaalensubstanz seinen Grund haben; jene zersetz- ten sich schneller und leichter als diese, ihre organischen Bestandtheile, das Bindemittel der Kalksubstanz, verlierend. Die bereits erwähnten Thonlagen mit Sülswassermuscheln bewei- sen übrigens, dafs auch Süfswasserströme, Bäche, welche vom Lande herabkamen, an der ganzen Bildung Antheil nahmen. Ebendasselbe erkennt man aus zahllosen Fischresten, welche meist Sülswasserfischen, ‚zumal Silurinen, angehörten, in dem meist lockern Sande der unter- sten Teeufe dicht über der tiefsten Mergelschicht. Unterkiefer, Kiemen- deckelplatten, Hautschilder liegen darin, neben Haifischzähnen und My- liobates-Stacheln; selbst ein Paar Heuschrecken-Oberkiefer hat ein un- ermüdlicher Sammler dieser Trümmer, Herr Deluchi, Königl. Sardi- nischer Gesandtschafts-Secretär, darin gefunden; aber wahrscheinlich sind sie nicht lange darin gewesen, sondern vom Regen der Gegenwart hineingewaschen worden. Eine Aufzählung aller bisher beobachteten Versteinerungen der ganzen Formation, welche Herr A. Bravard hier in einigen März-Nummern des Nacional Argentino veröffentlicht hat, giebt aulser Spuren von Toxodon, einer Balaena- und einer Delphinus- Art 36 verschiedene Spezies von Mollusken, einen Krebs, 2 Cirripedien, einen Asteroiden als unzweifelhafte Reste der Tertiärformation an und führt daneben jene zuletzt erwähnten Fischreste, nebst einzelnen Kno- chen von Palaeotherium, Anoplotherium, Emys und Crocodilus als fremde Deposita auf, welche, so meint Herr Bravard, aus einer älte- ren Formation durch Strömungen ausgewaschen und mit in diese jüngere Formation eingebettet wurden. Er gründet diese Ansicht theils auf das stets zerstreute, über einzelne Stellen verbreitete Vorkommen der Reste, theils auf ihre höchst abgeriebene, wie polirt aussehende Oberfläche und wird darin wohl Recht haben, denn das Vorkommen von Meer- thieren (Squalus) neben Sülswasserbewohnern (Crocodilus, Emys) be- weist zur Genüge, dals diese Reste nicht an den ursprünglichen Wohn- stätten ihrer früheren Inhaber sich befinden. Soviel von dem Boden, worauf Parana ruht; wir gehen nunmehr zu den klimatischen Verhältnissen, den Eigenschaften der Atmosphäre, die es umgiebt, über. Seit meiner Ankunft im Orte (den 18. Mai 1858) habe ich Ther- ‚mometerbeobachtungen von zwei zu zwei Stunden angestellt, die Rich- tung des Windes, den Regenfall nebst den Gewittern genau aufgezeichnet und seit Ende Juli auch den Luftdruck mit meinem hergestellten Baro- meter untersucht. Es gelang mir nämlich noch in Mendoza eine neue Glasröhre für das Instrument aufzufinden, allein die Füllung derselben nahm ich dort nicht mehr vor, weil meine Abreise nahe bevorstand. Physikalische Beschreibung der Gegend von Paranä. 435 Erst hier in Parana konnte ich das Instrument brauchbar herstellen, freilich nach siebenwöchentlichem Zeitverlust, weil mir die nöthigen Hülfs- mittel bis dahin abgingen. Seitdem beobachtete ich mit diesem Instru- ment täglich, einzelne Unterbrechungen abgerechnet, wo ich von Pa- rana abwesend war. Meine Beobachtungen stellte ich anfangs in der Stadt an, nicht weit von der Plaza, im ersten Stock eines Hauses, das wenig tiefer liegt als die Plaza selbst, so dafs ich die Höhe meines Standortes als einige Fuls über dem Niveau der Plaza befindlich an- sehen muls. Später, seit dem 1. September, bezog ich einen Landsitz, 2 Stunden von der Stadt nach Westen unmittelbar am Ufer des Parana, und stellte meine Instrumente hier in dem Wohnhause auf, dessen Boden gegen 20 Fuls über dem Spiegel des Flusses sich befindet. Da beobachte ich noch jetzt, den 26. December 1858. Indem ich zuvörderst vom Klima handeln will, kann ich dasselbe im Allgemeinen nur als angenehm bezeichnen, obgleich das gegenwär- tige Jahr mir von vielen Einwohnern als ein abweichendes, durch Trocknifs und starke Winde sich auszeichnendes beschrieben wird. Es trifft diese Abweichung aber weniger den Herbst (Mai, Juni) und den Winter (Juli, August, September), als vielmehr den Frühling (October, November, December), der gewöhnlich mehr Regen zu bringen pflegt, als dies Jahr gefallen ist. So darf ich denn die diesjährige Herbst- und Winter-Constitution als eine mehr normale ansehen. Während der vierzehn Tage des Monats Mai (18.—31.), die ich mich in Parana aufhielt, war der zweite Tag (19.) der wärmste, der vorletzte (30.) der kälteste; jener hatte 15°,76 Mitteltemperatur, dieser nur 7°,6. Folgende Gradationen fanden an beiden wie überhaupt statt: 19. | 30. Mitteltemperatur der 14 Tage 7 Uhr Morgens 14° 6°,8 90,55 2: -. Mittags 18,3 10 13,45 \1023 9 - Abends 15 6 10,7 Es regnete während der vierzehn Tage nur einmal den 22., als ein starkes Gewitter losbrach; die drei ersten Tage waren trübe, viel Gewölk am Himmel und etwas schwül; Wind O. Seit jenem Gewitter Westwind, der den folgenden Tag sturmartig tobte; dann heiterer Himmel bis zum Ende des Monats. Den 25. und 26. Südwind, den 27. Westwind, den 28. Nordwind, der den folgenden Tag durch W., SW., 8. SO. in heftigen Ostwind überging. Vom Monat Juni war ich nur die ersten 3 Tage in Parana; Ge- schäfte, welche ich in acht Tagen beenden zu können glaubte, führten _ mich nach Rosario, wo ich volle fünf Wochen aufgehalten wurde. So - ging der ganze Monat und noch ein Theil des folgenden für Beobach- 28* 436 H. Burmeister: tungen verloren. Ich bedauere das um so mehr, als in den Juni die kälteste Jahreszeit fällt. Der kälteste Tag des ganzen Monats wie Jahres war ohne Zweifel der 21.; ich sah am Morgen desselben 8 Uhr Eis auf den Wassertonnen im Hofe meines Wohnortes in Rosario von ı Zoll Stärke, das bis 11 Uhr sich hielt, und fand jeden Morgen die Dächer und das Holzwerk im Hofe mit starkem Reif bedeckt. Auch in Parana war es um dieselbe Zeit, nach mündlichen Versicherungen, sehr kalt gewesen. Die 24 Tage des Monats Juli (8—31.), welche ich in Parana wieder zubrachte, boten mir keine so auffallenden Erscheinungen dar; der kälteste Tag fiel auf den 9., mit 4°,1 Mitteltemperatur, der wärmste auf den 19., mit 12°,7 Mitteltemperatur. Die Mitteltemperatur aller 25 Tage ist: 7 Uhr Morgens 5°,37 | 2? „ Mittags 11°,54 9 „ Abends 76% \ Der kälteste und der wärmste Tag geben: ST 7 Uhr Morgens 1° 9° 2 „ Mittags WEB IEE 9 „ Abends 4° 120,5 Es regnete im Monat zweimal, den 19., von starkem Gewitter in der Nacht begleitet, und den 28. — Den 8. stand Südwind, welcher am folgenden Tage in Westwind überging; den 10. und 11. stand Ost- wind an, der am 13. auf SO. sich wendete und am 15. in NO. über- sprang, dazwischen Windstille. Den 16. und 17. starker Nordwind, die folgenden Tage ruhig; den 20. zeigt sich Südwestwind, die folgen- den Tage waren windstill. Den 25. wieder Nordostwind, darauf wenig Wind bis zum 29., wo starker SO. weht, der den 30. anhält und den 31. in O. umgeht. Der Monat August, obgleich der Zeit nach in die Mitte des Winters fallend, ist seiner wahren Natur nach schon ein Frühlings- monat, denn in ihm fangen die Bäume an zu grünen und nach dem um die Mitte fallenden ersten Regen entfalten Mandeln wie Pfirsiche ihre Blüthen. Ich beobachtete während 26 Tagen (die 5 letzten war ich von Parana abwesend) folgende Temperaturen: Kältester Tag Wärmster Tag Monats-Mittel- 11. 8. Temperatur ? 7 Uhr Morgens 8 19° 8°,95 2? - Mittags 8 21,5 16,54 12°,26 9. - Abends 6,5 16,5 11,29 Der kälteste Tag hatte also 7°,17, der wärmste 17°, der ganze Monat 12°,26 Mitteltemperatur. Es regnete im Monat zweimal, den Physikalische Beschreibung der Gegend von Paranä. 437 10. und 20., beide Male mit heftigen Gewittern verbunden, die von Süden her gen Norden heraufzogen; die Ergüsse waren stark. dauerten aber nicht lange, kaum 3 Stunden. Die Windrichtung war am ersten Tage des Monats NO., am zweiten N., dann SO., den 5. stand Ostwind, die 4 folgenden Tage N. Während des Gewitters am 10. ging der Wind von N. nach $. und wehte später eine Zeitlang aus SW., dann aus SO. Den 11. blies Südwind, den 12. WSW., den 13. NNW., den 14. N., den 15. SO.., den 16. O., den 17. N.; dann trat Windstille ein bis zum zweiten Ge- witter den 20., wo der Wind anfangs O., dann SO. war; den folgen- den Tag S., den 22. NO., den 23. ging er von NO. nach SW., den 24. von SW. durch S. nach O, blies den 25. bald aus SO., bald aus O., bald aus NO. und drehte sich den 26. von NO. nach SW. Am folgenden Tage reiste ich nach Santa Fe, wodurch meine Beobachtungen bis zum 5. September unterbrochen wurden. Orkanartig stark bliesen von diesen Winden die am 4., 10., 20. und 23. Der Monat September ist zwar der Zeit nach noch Wintermonat, aber seinen Eigenschaften nach ein schwankender Frühlingsmonat und unserem April vergleichbar. Kalte wie heilse Tage wechseln in ihm oft plötzlich, je nachdem Süd- oder Nordwind bläst; jener pflegt Regen und Gewitter vor sich her zu treiben, dieser ist empfindlich schwül und wenn er heftig weht. höchst ermattend; alle Welt klagt dann über Kopfschmerzen und die Weiber kleben sich Bohnen oder kleine Pflaster zu deren Abwehr an die Schläfen. Die extremsten Temperaturen und Mittelzahlen, welche ich beobachtete, sind: Kältester Tag Wärmster Tag | Monats-Mittel- 23. 15. Zahlen 7 Uhr Morgens zu 179,8 11°,54 2 - Mittags 14 27 18,98 10 - Abends 7 | 14 12,16 Mittelzahl .. . 9,33 19,6 | 14,23 Es regnete im Monat fünfmal, den 21., den 25. zweimal, den 26. und 29.; davon zweimal am Tage, dreimal bei Nacht, aber nur ein- mal, den 29., mit Gewitter verbunden. Ein zweites Gewitter ohne Regen hatte den 15. statt, dieses stand in S., jenes in O. Die ersten Tage des Monats waren kühl gewesen, den 6. und 7. wurde es wärmer, weil NO. wehte, der den 8. und 9. in N. umging; den 10. still, den 11. und 12. heftiger NW., den 13. N., den 14. star- ker O., den 15. wieder N., der gegen Abend durch SW. in einen Or- kan aus S. übergeht. Während der Nacht Gewitter und starker S. am folgenden Morgen; den 17. schwacher ONO., den 18. starker NO., den 438 H. Burmeister: 19. leichter O., den 20. und 21. starker N., in der Nacht Regen, den 22. Südwind, den 23. und 24. SW., den 25. Regen seit Mitte der Nacht, am Morgen schwacher NO., später nochmals Regen; den 26. sturm- artiger NO., am Abend Regen; den 27. starker O., den 28. NO., den 29. Nordsturm, Gewitter in O. mit Regen; den 30. starker S., am Abend Stille. Im October steht die Natur hier in Blüthe, alles prangt und duftet was Leben hat, wie bei uns im Mai; aber der diesjährige Früh- ling war nicht so schön, wie man ihn erwarten konnte, weil es an Regen fehlte und austrocknende Winde vorherrschten. Die Tempera- turgrenzen liegen in ihm wie folgt: Monats-Mittel- en a | is a . Zahlen 7 Uhr Morgens | 19° 10°55 2. Mittags 25 I 482 9 - Abends h mi2AR © 12,47 Mittelzahl ... . 10,23 | BER en er Indessen stand das Thermometer mehrmals sowohl Morgens als Abends tiefer, dort bis auf 7°, hier bis auf 8° fallend, während gleich- zeitig die Mittagstemperatur sich auf 15° oder 16° hob; 12° Mittags- temperatur ist im ganzen Monat nicht weiter vorgekommen. Die beiden ersten Tage des Monats waren windstill, den 2. Abends etwas NO., den 4. Regen, darauf orkanartiger SW. seit Mitte der Nacht; dann wieder ruhig bis zum 6., wo mäfsiger NO. weht, welcher die drei folgenden Tage mit wechselnder Intensität anhält. Seit Mittag des 19. Gewitter in $. ohne Regen, darauf Stille. Den 10. SW., ge- gen Abend heftiger $., den 41. SO., in der Nacht darauf starker Süd- wind mit etwas Regen und Gewitter in der Ferne. Den 12. starker Regen, den 13. SW., den 14. NO. mit leichten Regenschauern; den 15. O., den 16. NO., den 17.—20. SO., den 21. Stille, den 22. wieder SO., in der Nacht starker Sturm mit Gewitter, aber wenig Regen; den 23. Morgens Ostwind, den 24. O. mit Regen, den 25. W., den 26. ruhig, den 27. starker S., den 28. und 29. SSO., den 30. und = so. Von den 6 Regentagen des Monats (4., 11., 12., 14., 22., 24.) war nur einer (12.) anhaltend und heftig; die übrigen von kurzer Dauer weniger Minuten, bis auf den vom 24., der } Stunde anhielt. In die Monate November, December, Januar und Februar fällt die heifse Jahreszeit, doch so, dafs namentlich im November noch immer einige ziemlich kalte Abende und Nächte vorkommen, wenn anhalten- der Südwind weht, und die Temperatur im Ganzen bis Mitte Januar zunimmt, dann stehen bleibt oder sinkt. Die Zunahme ist indessen Physikalische Beschreibung der Gegend von Paranä. 439 nicht beträchtlich; es giebt schon im November Mittagstemperatur von 27°, worüber hinaus ich das Thermometer aber selten habe steigen sehen, aber auch im Januar sind diese Tage nicht häufig, das gewöhn- liche Maximum der Mittagstemperatur fällt unter 27° und tritt erst später, als hier angenommen worden, nämlich gegen 4 Uhr ein; doch ist der Unterschied gegen 2 Uhr gering und beträgt nie einen vollen Grad. Ich habe hier die gröfste Hitze jedes Tages stets auf 2 Uhr gesetzt, der Gleichförmigkeit halber, weil auch darin viele Schwankun- gen vorkommen und oft schon um 2 Uhr es eben so heifs ist, wie um 3 oder 34 Uhr. Die Natur verhält sich bei dieser Hitze ruhig; Blu- men sieht man, aufser Cactus, Bignonia und den beständig blühenden Verbena-Arten, wenig und daher ist auch das Heer der Insecten hier lange nicht so thätig im Sommer, wie in Brasilien, wo die vielen schat- tenreichen Waldungen duftende Blumen den ganzen Sommer hindurch offen erhalten und die mit ihnen kösenden Schmetterlinge stets hin- reichenden Nectar für ihre zarten, der Nahrung wenig bedürftigen Kör- per finden. Ein paar Polistes-Arten, eine grofse Xylocopa, das Männ- chen gelb, das Weibchen schwarz mit rostroth gesäumtem Hinterleibe; der nahe Verwandte unseres Distelfalters, die Vanessa Huntera, um- schwirren den Sammler überall; aber vergeblich späht sein Auge nach einem anderen, ihn mehr anziehenden Inseet, wenn nicht gerade der schöne Papilio Ascanius an ihm vorüber fliegt, so eilig, dafs er ihm kaum mit dem Blicke folgen, aber an Fangen nicht einmal denken kann. Dieser, ein zweiter schöner Segler, der überall gemeine Papilio Archip- pus, eine Pontia, ein paar kleine Bläulinge und eine kleine, höchst ge- meine Nymphalis-Art, bilden die wenigen Tagfalter, denen man hier, aber auch freilich überall, im Gebüsch begegnet. Noch gemeiner als alle anderen ist eine bunte Tinea, mit T. Euonymella verwandt, aber gelb mit rothen und schwarzen Punkten, die sehr zierlich vertheilt und begrenzt sind, Ich glaube sie in Guerin’s Jcon. d. Regn. Anim. abge- bildet gesehen zu haben. Die im November beobachteten Minima, Maxima und Media sind folgende: Kältester Tag |] Wärmster Tag |Monats-Mittel- 3. 26. Zahlen 7 Uhr Morgens 10° 20° 15°,19 2 - Mittags 16 27 21,34 9 - Abends 8,8 23 15,69 Mittelzahl .. . | 11,6 23,3 17,41 Auch in diesem Monat gab es eine niedrigere Morgentemperatur als die des kühlsten Tages, nämlich am folgenden 4ten stand das AAO H. Burmeister: Thermometer um 7 Uhr noch auf 8°, aber bis Mittag hob es sich auf 47° und Abends 9 Uhr stand es noch 10°. Diese beiden Tage sind die kühlsten und ausnehmend kalt für einen im Ganzen heilsen Monat. 27° Mittagstemperatur kommt nur einmal am 26sten vor, die übrigen heilsen Tage haben 24°, 25° und 26° bis 26°,7; die Abende sind ge- wöhnlich an heifsen Tagen noch sehr warm, ja selbst bis zur Mitte der Nacht sinkt das Quecksilber sehr wenig, höchstens von 9 bis 12 Uhr 1°; in der Regel steht es um 9 Uhr schon so tief wie um 10 Uhr; gegen 11 Uhr fängt es an zu sinken, aber bis 12, 1 Uhr sehr lang- sam, dann merklicher. ‘Zur kühlsten Stunde, um Sonnenaufgang (ge- gen 5 Uhr), finden sich 2°,5 bis 4° Temperaturabnahme, welche bis gegen 7 Uhr schon wieder ausgeglichen zu sein pflegen; doch ist es in der Regel um 7 Uhr Morgens etwas kühler als es um 9 Uhr Abends am vorigen Tage gewesen. Bisweilen steigt das Thermometer während der Nacht und steht dann um 12 Uhr höher als um 9 Uhr, allein nur wenn der Wind sich dreht und aus Süden nach Norden geht. Das auffallendste Beispiel der Art ist mir am 23sten vorgekommen. An diesem Tage blies Süd- wind den ganzen Tag, daher das Quecksilber bis 9 Uhr Abends auf 12°,5 fiel; jetzt drehte sich bis 10 Uhr der Wind nach Norden und gleichzeitig hob sich das Quecksilber auf 14°. So stand es noch um 42 Uhr; später habe ich es nicht verfolgt, doch wird es nicht viel ge- fallen sein, weil es um 7 Uhr wieder 15° zeigte. Ein anderer Fall der Art kam den ?ten vor. Das Thermometer stand um 8 Uhr Abends auf 13°, um 9 Uhr auf 12°,5, um 10 Uhr wieder auf 13°,8 und stieg während der Nacht bis auf 14°. Diesen Stand hatte es noch um 2 Uhr Morgens, war aber bis 4 Uhr auf 10° gefallen und ebenso fand ich es um 7 Uhr. Der Wind war den 2. November NO.; er wehete wäh- rend der Nacht sturmartig aus N., blies von Stunde zu Stunde hefti- ger bis gegen Morgen, dann wendete er sich nach W. und ging bis 7 Uhr in SW. über. So blieb er bis Mittag, dann wurde er rein S. Die Folge der Windrichtung während des ganzen Monats ist diese: Den 1. und 2. November NO., den 3. Süd-Sturm, dann SW.; den 4. ruhig; den 5. N., den 6. NW., den 7. heftiger SW., den 8. Stille, den 9. NO., gegen Abend Gewitter aus SW. mit etwas Regen; den 10. N.; den 11. wieder S. mit Gewitter und Regen in der Nacht, dann SW. bis zum 12. Abends, wo SO. folgt; den 13. starker O., Abends Gewitter mit Regen; den 14. Stille, den 15. S., den 16. Stille, den 17. N., Abends O., dann Stille bis zum 18. Abends, wo der O. hef- tiger wird; den 19. starker SO., des Abends wieder Stille, die den 20. fortdauert; den 21. starker S., den 22. W., gegen Abend Gewitter mit Physikalische Beschreibung der Gegend von Paranä. 441 Regen im S., dann Südwind, während der Nacht sich nach N. drehend, am 24. Morgens NO. mit etwas Regen, den 25. Sturm aus NO., den 26. N., den 27. NW. mit Regen am Mittage, dann SO.; den 28. und 29. mälsiger O., Abends NO.; den 30. N. Es regnete also im Monat zwar sechs Mal, aber die Regen wa- ren alle sehr mälsig und wurden von den heftigen austrocknenden Winden bald wieder fortgeführt. Der Monat December weicht vom November nicht wesentlich ab, er ist nur im Ganzen etwas wärmer; ich beobachtete folgende Ex- treme und Mittel: RT Tag | Wärmster Tag | Monats-Mittel- 6 31. Zahlen 7 Uhr Morgens 420 23° 18,54 2 -. Mittags 17 28,3 23,63 9. -. Abends 11 22 17,46 Mittelzahl ... . | 13,33 24,5 19,88 Die Windrichtung im Laufe des Monats war diese: Den 1. De- cember Morgens Stille, um 9 Uhr Gewitter in W., dann NW., später SW. mit heftigem Regen, Abends klar und still; den 2. Stille, den 3. schwüle Gewitterluft, um 9 Uhr heftiger Regen und Südwind, Abends O.; den 4. O.; den 5. S., Abends SO.; den 6. SO., Abends Stille; den 7., 8. und 9. Stille, den 10. leichter NO., welcher den 11. fort- dauert; den 12. N., den 13. wieder NO., um Mittag Gewitter aus $., der Wind bald sturmartig heftig, in der Nacht darauf Regen; den 14. S., Abends SO.; den 15., 16. und 17. zunehmender NO., Abends Stille; den 18. Abends Gewitter in W., den 19. Regen mit Gewitter aus W. den halben Tag, der anhaltendste Regen, den ich bisher (seit Septem- ber) beobachtete; den 20. Stille, Mittags SW., Abends SO.; den 21. SSO., den 22. bis Mittag Stille, dann NO.; den 23. N.; den 24. Stille, darauf heftiger NW., dann SW.; den 25. SO., den 26. S., den 27. Stille, den 28. NO., den 29. N., den 30. NNO., den 31. ONO., Abends SO., fernes Gewitter in W. Es ist von Interesse, die Temperaturen und übrige atmosphärische Constitution mit der in Mendoza beobachteten zu vergleichen; ich stelle darum die gefundenen Media für die Monate Mai bis December neben einander. 442 H. Burmeister: Monat Tageszeit | Mendoza | Parana a Mai 7 Uhr Morgens Ci 92,55 2 - Mittags 12,25 13,45 9 - Abends 8,71 10,45 Monats-Mittelzahl 9,32 11,23 Juli 7 Uhr Morgens 2,24 9,37 2 - Mittags 10,43 11,54 9 - Abends 4,85 7,62 Monats-Mittelzahl 5,84 8,17 August 7 Uhr Morgens 3,8 8,95 2 - Mittags 13,61 16,54 9 - Abends 9,99 11,29 Monats-Mittelzahl 7,83 12,26 September 7 Uhr Morgens 6,38 11,54 2 - Mittags 16,73 18,98 9 - Abends 8,43 12,16 Monats-Mittelzahl 10,51 14,23 October ') 7 Uhr Morgens 9,88 10,5 2 - Mittags 18,82 18,2 9 - Abends 10,88 12,47 Monats-Mittelzahl 13,02 13,72 November 7 Uhr Morgens 12,66 15,19 2 - Mittags 19,83 21,34 9 - Abends 14,33 15,69 Monats-Mittelzahl 15,60 | 17,41 December 7 Uhr Morgens 15,66 18,54 2 - Mittags 23,10 23,63 9 - Abends 16,08 17,46 Monats-Mittelzahl 18,28 19,88 Diese Parallele lehrt, dafs Paranä, obgleich nur wenig über einen Grad nördlicher gelegen als Mendoza, doch ein ungleich wärmeres Klima besitzt, und besonders in den Morgen- und Abend-Tempera- turen weit über das Mittel des letzteren Ortes sich erhebt. Nur ein Monat, der October, hat eine ziemlich nahe Mitteltemperatur, aber es ist zu beachten, dafs der diesjährige October von Paranä allgemein als ein abnormer bezeichnet wird, mithin fortgesetzte Beobachtungen den Unterschied wahrscheinlich vergröfsern würden. Mendoza hat ferner einen nach Verhältnils kälteren Winter, die Sommer-Temperaturen stehen denen von Paranä näher. Alle diese Unterschiede sind haupt- sächlich in der Nähe der Cordilleren für Mendoza zu suchen und wenn es in Mendoza jährlich wenigstens einmal zu schneien pflegt, so ist dagegen in Parana Schnee gänzlich unbekannt; man sieht ihn nie, weil ') Für Mendoza hat der Herr Verf. sonst das Mittel aus seinen Beobachtungen und denen des Herrn Trofs angenommen (vgl. Zeitschr. IV, 10 fi.); aus dem Octo- ber sind a. a, ©. p. 17 nur Beobachtungen von Trofs angegeben, welche mit den obigen Zahlen nicht stimmen. Physikalische Beschreibung der Gegend von Paranä. AAZ es an benachbarten hohen Gebirgen fehlt, auf denen er sich wahrneh- men liefse. Demungeachtet wird das Klima von Paranä nicht so an- genehm, wie das von Mendoza; die vielen heftigen Winde im Sommer und die starken Regen im Winter machen den Ort weniger anlockend als Mendoza, wo im Winter der Regen fast ganz fehlt und im Sommer sein Eintreffen nicht so nothwendig ist für den Ackerbau wie bei Pa- rana, weil künstliche Bewässerungen den Boden hinreichend feucht er- halten. Der Landbau in Parana ist darum viel unsicherer und wird es noch mehr durch die in kurzen Pausen von 2 bis 3 Jahren sich wiederholenden grofsen, Alles vertilgenden Heuschreckenschwärme. Dieselben sind in Mendoza selten, obgleich nicht unbekannt, und thun nicht viel Schaden; aber hier in Paranä vernichten sie jedesmal die ganze Ernte der Feldfrüchte und somit den Hauptertrag des Bodens, weil Obstbau kein rechtes Gedeihen hat. In Mendoza ist er gerade umgekehrt Hauptsache und deshalb der Einfall eines Heuschrecken- schwarmes nicht so vernichtend für den Landmann, wie hier bei Pa- ranä. Es ist merkwürdig, dals der Weinstock, der bei Mendoza üppig gedeiht, bei Parana kümmerlich wächst und schlechte Trauben giebt; dafs das europäische Kern- wie Steinobst, mit Ausnahme der Pfirsiche, ganz schlecht bleibt und darum nicht eultivirt wird; und dafs die Oran- gen zwar besser fortkommen, als bei Mendoza, der milderen Winter- nächte wegen, dafs aber doch ihre Frucht klein bleibt und der Baum nur da gut wächst, wo er durch hohe Mauern hinreichend gegen die heftigen Winde geschützt ist. So ist denn in Paranä das Obst kein grolser Leckerbissen; die im Ganzen guten Früchte der Cucurbitaceen liefern den Haupt-Obstgenufs der hiesigen Bevölkerung. Was schliefslich den Barometerstand betrifft, so war während der 23 Tage, die ich in der Stadt das Instrument aufgestellt hatte, der tiefste Stand 324,23 Par. Linien den 26. August Nachmittags 6 Uhr bei 17° Luftwärme, und der höchste 331,5 Par. Linien den 29. Juli Morgens 9 Uhr bei 7°,5 Luftwärme. Als Mittel aller Beobachtungen hat sich 327,96 Par. Lin. Barometerstand für die Stadt selbst ergeben. Dies giebt nach der von Alexander v. Humboldt in seinem „Naturge- mälde der 'Tropenzone*“ S. 100 aufgestellten Scala 261 Meter oder 801 Fufs Höhe über dem Meeresspiegel. Gleichzeitig zu zwei ver- schiedenen Malen angestellte Beobachtungen in der Stadt wie am Ha- fen lassen annehmen, dafs der Unterschied zwischen der höchsten Stelle des Marktplatzes und der Mündung des Arroyo de Salto in den Pa- ranä-Flufs 1,35 Par. Linien betrage. Danach würde der mittlere Baro- meterstand am Hafen im Niveau des Flusses 329,31 Par. Linien sein, der Flufs also etwa 140 Fuls tiefer liegen als die Plaza der Stadt. Der allgemeine Gang des Barometers war übrigens in Paranä ebenso wie in Mendoza; das Instrument macht eine bestimmte Periode AuA H. Burmeister: alle Tage durch, welche von den grofsen und schwankenden Verände- rungen in der Atmosphäre unabhängig ist, und steigt oder sinkt aufser- dem ohne bestimmtes Gesetz, je nachdem die allgemeinen Verände- rungen des Luftkreises es dazu veranlassen. Ich habe wie in Mendoza gefunden, dafs das Quecksilber Morgens zwischen 7 und 9 Uhr am höchsten steht, in der Regel aber erst um 9 Uhr seinen höchsten Stand erreicht; dann sinkt es, anfangs wenig bis Mittag, darauf schneller; von 4 bis 6 Uhr Nachmittags steht es am tiefsten, und fängt nun an wieder langsam zu steigen bis zum andern Morgen, doch meistens in der Art, dafs die Hauptsteigung schon am Abend bis 10 Uhr erfolgt ist, dann bis gegen 4 Uhr die Quecksilbersäule fast still steht und von 4 bis 9 Uhr Morgens wieder etwas steigt. Der tägliche Unterschied dieser Schwankungen beträgt selten mehr als 2 Par. Linien, in der Regel weniger. So fiel z. B. das Quecksilber am Tage seines höch- sten Standes von 331,5 Par. Linien nur bis auf 330,5, und stand am andern Morgen wieder 331,0. Am Tage des tiefsten Standes von 324,23 Par. Linien (6 Uhr) war es am Morgen 326,0 und stieg bis Abend auf 325,1, aber bis zum andern Morgen auf 328,9. Von grofsem Einflufs auf die absolute Höhe des Standes sind Winde und Wärme; immer erreicht das Quecksilber an kalten Tagen mit heftigen Südwinden seine grölseste Höhe und steht tief an heifsen Tagen, wo starke Nordwinde wehen. Am Tage des tiefsten Standes hatte Nordwind drei Tage zuvor gestanden, welcher bis Mittag dessel- ben Tages anhielt; da brach ein Gewitter aus SO. mit heftigem Winde los, und alsbald begann die Säule zu steigen. Ebenso blies am Tage des höchsten Standes SSO. Während des Gewitters und Regens, wo das Thermometer von 5 zu 5 Minuten seinen Stand ändert, steht das Barometer still; es ist durchaus unabhängig von den heftigsten Wetter- schlägen und verräth die in der Atmosphäre stattfindenden Verände- rungen nicht unmittelbar, sondern vorher wie nachher durch seinen Stand; so habe ich es steigen sehen nach den Gewittern, die aus Süden kamen und die Atmosphäre abkühlten, oder auch schon vor ihrem Ein- treffen sich merklich heben, aber ich habe nie bemerkt, dafs während des Gewitters und Regens das Niveau des Quecksilbers auch nur um eine Linie sich geändert hätte. Steigung deutet also auf nachlas- sende Wärme und eine plötzliche Veränderung der electrischen Span- nung im Luftkreise eben so sehr hin, wie Fallen auf Zunahme der Wärme und eine gewisse Beständigkeit in der atmosphärischen Con- stitution. An heifsen Tagen ändert sich der Stand stets weniger und der Unterschied ist geringer als an kalten. Die Beobachtungen während der Monate September bis December auf meinem Landsitz gaben ganz dieselben allgemeinen Resultate, aber Physikalische Beschreibung der Gegend von Parans. 445 der jedesmalige Stand des Quecksilbers ist ein anderer, weil der Ort tiefer, fast unmittelbar am Ufer des Paranä-Flusses liegt; mein Wohn- haus befindet sich etwa 20 Fufs über dessen Wasserspiegel. Ich habe hier bis jetzt nur die Minima und Maxima ausgezogen, die vielen täg- lichen Beobachtungen zu summiren fehlte es an Zeit und Mufse; der höchste Barometerstand in dem angegebenen Zeitraum war 333,0 Par- Linien den 29. October 7 Uhr Morgens bei 8° Lufttemperatur und SSO.- Wind, der tiefste Stand den 15. September 2 Uhr Nachmittags 324,3 Par. Linien bei 27° Lufttemperatur und Nordwind. Darnach wäre das Mittel meines Standortes 328,66 Par. Linien; aber ich sehe darin nicht das wirkliche Mittel aller Beobachtungen, sondern vermuthe aus anderen Ergebnissen, dafs diese Zahl, wie gewöhnlich das Mittel aus Maximum und Minimum, etwas zu klein ist, und wahrscheinlich auf 329,4 angesetzt werden muls, was mit dem für den Hafen gefun- denen Resultate gut stimmen würde. Es liegt nämlich mein Standort, abgesehen von den 20 Fuls, die er sich über den Flufs erhebt, gewils etwas tiefer als der Hafen, weil er sich eine beträchtliche Strecke vom Hafen entfernt, flufsabwärts, an dem südlichen Schenkel des Winkels, mit dem das Ufer bei Paranä in den Flufs einspringt, befindet, wäh- rend der Hafenplatz am nördlichen Schenkel desselben angelegt wor- den ist. Darnach kann das Niveau des Flusses an dieser Stelle nur etwa 660 Fufs Meereshöhe haben, und dies gäbe nahe an 330,0 Par. Linien Barometerstand. Hier schliefse ich die diesmaligen Mittheilungen; im Begriff, Pa- rana mit einem andern Aufenthaltsorte zu vertauschen, werde ich meine Beobachtungen nicht weiter fortführen können, weshalb ich es für pas- send hielt, die Resultate schon jetzt zu veröffentlichen. XV1. Statistisch-geographische Mittheilungen über die britischen Besitzungen in Europa und Amerika. Von E. G. Ravenstein. (Hierzu eine Karte, Taf. VII.) Da Ihre Zeitschrift regelmäfsig statistische Nachrichten über die französischen Colonien enthält, glaube ich dafs eine ähnliche Darstellung der englischen Besitzungen nach den im vergangenen und in diesem Jahre veröffentlichten „Blue Books“ Ihren Lesern nicht unerwünscht sein wird. ® AA6 E. G. Ravenstein: Ich stütze mich bei dieser Darstellung hauptsächlich auf die „Sta- tistical Tables relating to the Colonial and other Possessions of the United Kingdom, Part 1JI (1856), London 1858“ und „The Reports made for the year 1856 to the Secretary of State having the Department of the Colonies;: with a view to exhibit generally the past and present State of Her Majesty's Colonial Possessions, London 1858*. Die im letzten „Blue Book“ enthaltenen Berichte reichen bis Ende 1857; bei manchen Colonien fehlen sie jedoch ganz, oder sind nur in Briefform eine Wiederholung der statistischen Tabellen. Andere von mir benutzte Publicationen sind im Texte an den betreffenden Stellen bemerkt. Ich habe mich beflissen, Gleichförmigkeit in die Darstellung zu bringen. Bei einer solchen Arbeit lernt man recht den Werth von Münz-, Mals- und Gewichts-Einheit und systematischer Zusammenstellung von sta- tistischen Erhebungen kennen. Leider lassen in beiden Hinsichten obige Tabellen viel zu wünschen übrig. Man kann z. B. meistens nicht aus den Tabellen ersehen, wie viel von der Einfuhr im Lande verbraucht wurde, oder wie viel von der Ausfuhr aus heimischen Erzeugnissen bestand. Diesem Mangel einigermafsen abzuhelfen, habe ich den Haupt- artikeln der Einfuhr die Ausfuhr desselben Gegenstandes in Klammern beigefügt und umgekehrt. Was Handels-Statistik anbelangt, so möchte die von Canada mit Vortheil als Muster betrachtet werden; hier wer- den die Ausfuhr- Artikel heimischer Producte in Erzeugnisse des Wal- des, der Viehzucht, des Ackerbaues, des Bergbaues und der Industrie eingetheilt. Es wäre wünschenswerth, diesen Plan auf alle britischen Colonien auszudehnen. Münzen, Mafse und Gewichte sind englisch. Wo nicht anders an- gegeben, beziehen sich die Zahlen auf das Jahr 1856. Man hat zwar für einzelne Colonien die Handels-Statistik für 1857 und selbst 1858 bereits publieirt, es scheint jedoch angemessener, der Gleichförmigkeit wegen sich in der folgenden Uebersicht durchaus an das Jahr 1856 zu halten. Ich beginne mit der Statistik der britischen Besitzungen in Europa und Amerika, und behalte mir vor, analoge Mittheilungen über die Besitzungen in den andern Erdtheilen demnächst folgen zu lassen. In Europa. Gibraltar. 1) 552 Geburten, 397 Todesfälle, 173 Heirathen. 2) Einnahmen 35,631 L. St., Ausgaben 33,175 L. St. 3) Schifffahrt. 4661 Schiffe von #73,082 Tonnen kamen an (darunter 618 Sch. von 132,900 T. in Ballast); 4574 Sch. von 862,856 T. gingen ab (darunter 1864 Sch. von, 238,591 T. in Ballast). Statistisch - geographische Mittheilungen über die britischen Besitzungen. 447 Der Flagge nach befanden sich unter den eingelaufenen Schiffen 2097 britische von 589,901 T., 138 amerikanische von 97;539,T.,.253 französische von 53,827 T., 156 schwedische und norwegische von 37,160 T., 1376 spanische von 32,557 T. etc. Da kein Zollhaus in Gibraltar besteht, können Ein- und Ausfuhr nicht angegeben werden. Malta. 1) Flächeninhalt 115 Quadratmeilen (einschliefslich Gozo). — Civil-Bevölkerung 132,114 Seelen (129,928 Malteser, 1112 Engländer, 1074 Fremde). Militär-Bevölkerung 10,423 (darunter 8730 Offiziere und Soldaten). Geburten 4,441, Todesfälle 3,236, Heirathen 916. — Es gab 37 öffentliche Schulen mit 5073 Schülern und 130 Privat- schulen. 2) Einnahmen 144,795 L. St. (Zölle 100,305 L. St.); Ausgaben 129,776 L. St. 3) Schifffahrt. 3483 Schiffe von 648,811 Tonnen kamen an (darunter 399 Sch. von 124,963 T. in Ballast); 3500 Sch. von 645,792 T. gingen ab (darunter 1946 Sch. von 367,202 T. in Ballast). Der Flagge nach waren unter den eingelaufenen Schiffen 1332 britische von 309,666 Tonnen, 185 schwedische und norwegische von 59,045 T., 81 amerikanische von 47,281 T., 145 österreichische von 42,157 T., 210 französische von 40,051 T., 814 sieilische von 39,968 Tonnen ete. Die Insel Malta besafs am 31. December 1856 192 Segelschiffe von 31,822 Tonnen ete, 4) Handel. Einfuhr zollpflichtiger Gegenstände 2,724,999 L. St., Ausfuhr von desgl. 1,838,448 L. St. 5) Ackerbau. Acres bestellt >; Malta | Gozo | Comino ‚Weizen: 1.0.0. 7,363 862 | 17 Meschiato...... 9,240 2,523 | 4 Gexstäl.. „u... 3,129 131 26 Hülsenfrüchte. . . 2,462 695 | 1 Futterkräuter . . . 4,707 1,050 | _ Baumwolle .... 4,348 2,003 | — Gärten nu: ... 4,079 640 6 Sesam ri. | 395 | — _ Weideland ....'] 2,664] 1,728 | Im Ganzen bebaut | 34,387 9,632 54 Uneultivirt . .. . | 13,923 538 454 AAS E. G. Ravenstein: 6) Viehstand. 4290 Pferde, Maulthiere und Esel, 4679 Stück Hornvieh, 7765 Schafe, 2935 Ziegen. Jonische Inseln. 1) Bevölkerung: Flächen- Einheimische Bevölkerung Inseln inhalt . m ; I Fremde |Zusammen Quadratm. Männl. | Weibl. | Zusammen German. „re 227 32,019 | 29,253 | 61,772 6,158 67,930 Cephalonia . 311 38,660 ' 31,266 69,926 2,010 71,936 Zante..... 161 20,136 | 17,017 37,153 348 37,501 Santa Maura 156 10,569 | 9,314 19,883 100 19,983 Ithaca. - . 44 6,010 | 5,464 11,474 14 11,488 Cerigo ... 116 7,119 | 6,091 | 13,210 46 13,256 Pazo ulm - 26 2,642 | 2,342 | 4,984 28 5,013 | 1,041 | 113,655 | 100,747 218,102 | 8,704 | 227,106 Beschäftigung Inseln NET BI ra IE RE Geburten | Todesfälle, Heirathen Ackerbau | Industrie | Handel Workun ee 15,500 2,000 1,500 1,620 1,350 593 Cephalonia . 17,055 3,278 1,453 1,624 1,482 448 Zante .... 7,636 1,497 926 1,076 991 358 Santa Maura 3,140 260 385 382 438 123 Ithaca ... 3,000 300 1,900 221 205 68 Cerigo ... 2,360 430 650 270 225 40 Paxo, =: +2; 500 —— 60 86 142 43 49,191 7,760 | 6,474 5,279 4,833 1,673 Es gab 150 öffentliche Schulen mit 6526 Schülern, und 32 Privat- schulen. 2) Einnahmen 184,646 L. St. (Zölle 154,387 L. St.); Ausga- ben 137,643 L. St. 3) Schifffahrt. 2735 Schiffe von 325,219 Tonnen kamen an, 2735 Schiffe von 325,219 Tonnen gingen ab. Die Einfuhr betrug 1,187,123 L. St., die Ausfuhr 1,118,747 L. St, ey | | Statistisch -geographische Mittheilungen über die britischen Besitzungen. 449 4) Ackerbau: Corfu Cephalonia Acres | : | Acres bestellt | ZENIEAN bestellt | an ih Weizen . ‚ 7,069 16,712 Bush. 23,600 8,500 Bush. Ind. Korn, Gerste etc. 25,698 60,916 - 28,400 75,000 - Hafer 4,879 14,067 - 1,500 | 8,800 - Korinthen . _ -- 107,200 | 7,951,207 Pfa. Oliven . 307,691 | 86,302 Fals 91,200 , 22,100 Fafs Wein 86,740 | 21,467 - 104,800 | 136,500 - Baumwolle 600 2,438 Pfd. 500 | 5,200 Pfd. Flachs . 1,344 | 52,943 - 1,500 | 23,400 Hülsenfrüchte . 2,974 1.293 - 3,300 | 12,400 - Zusammen. 436,995 362,000 Weideland . 34,417 == Uneultivirt. 61,840 | 1,200,000 Salzgewinn 12,000 Pfd. Zante Santa Maura Acres Acres bestellt De bestellt Erizag Weizen. F 7,379 30,440 Bush. | 5,040 16,060 Bush. Ind. Korn, Gerste ete. 134 1,480 - 18,300 58,778 - Hafer . a 1,025 1,908 _ - 200 5,250 - Korinthen . E 7,756 | 10,500,000 Pfa. (?) 55 28,000 Pfd. Oliven . 18,972 6,616 Fals 9,000 300 Fals Wein . 1 13,467 14,420 . - 8,012 15,000 - Baumwolle & 195 10,360 Pfd. 80 650 Pfd. Flachs . i x 84 4,745 - 130 15,500 - . Hülsenfrüchte. : 132 3,696 - 106 3,215 '- Zusammen. - | 46,145 40,923 Weideland. - 1,348 30,180 Uneultivirt. . 1 62,794 17,310 Salzgewinn - | 65,000 Pfd. 150,000 Pfd. Ithaka Cerigo Paxo Acres | Acres Acres bestellt u bestellt Kaas bestellt Weizen. N 82 820 Bush. 700 2,100 Bush. — Ind. Korn, Gerste etc. 383 | 19,005 - . [12,000 | 48,000 - — Hafer £ 17 600 - 15 2,200 - _ Korinthen . R 207 181 Pfd. 2 100 Pfd. — Oliven . . 212 1,128 Fals 2,120 700 Fafs 2,500 Wein : 786 3,120 - 1,500 200 - _ Baumwolle ; — — 185 8,000 Pfd. 2 Flachs . 3 . 98 5,935 Pfd. 80° 5,000 - _ Hülsenfrüchte . . 37 1,260 - 1,000 3,200 - _ Zusammen. . . . 1,822 17,602 | 2,500 Weideland .. 1,626 21,975 | _ Uneultivirt. . . . 3,056 4,408 — Salzgewinn | 2,000 Pfd. 29 450 E. G. Ravenstein: 5) Viehstand: - | | | = Corfu ni Zante 8. a) Ithaca | Cerigo | Paxo | Zusammen | | \ Pferde. 3, 018 | 1,200, 3,084 1,130 933 | 950 20 10,835 Hornyieh.|. 3.468 ..4,200 | 1,222. 4,016 135, 1,600 200 | 8,851 Schafe 24,968 .48,000 | 13,430 3,000, 11,034 |.4,900 25 | 107,557 Ziegen .|.13,805 |.27,200 | 16,708 11,600. 8,834 5,100 900 | 84,147 In Amerika. Canada. 1) Einnahmen. Reinertrag 1,497,385 L. St., darunter 1,127,532 L. St. von Zöllen; Ausgaben 1,050,714 L. St. 2) Seeschifffahrt. 1494 Seeschiffe von 550,573 Tonnen kamen an, 1532 Sch. von 573,648 T. gingen ab. . Im Hafen von Quebec liefen 990 Sch. von 462,083 T. ein (dar- unter 518 Sch. von ‚260,460 T. in Ballast); 1068 Sch. von 495,867 T. liefen aus (darunter 2 Sch. von 233 T. in Ballast). Im Hafen von Montreal liefen 217 Sch. von 65,491 T. ein (dar- unter 3 Sch. von 472 T. in Ballast); 187 Sch. von 56,648 = liefen aus (alle mit Ladung). 3) Binnenschifffahrt. Es kamen an in canadischen Häfen Dampfschiffe von einer Tragfähigkeit von 5,577,436 Tonnen (darunter 2,380,774 T. den Vereinigten Staaten gehörig) und 'Segelschiffe im Be- trage von 621,893 T. (wovon 191,552 T. den Ver. Staaten gehörig). 6,046,336 T. gingen ab. 6766 Fahrzeuge von 1,179,246 T. gingen durch den Welland Ca- nal; 8306 Fahrzeuge von 715,041 T. durch den St. Lawrence Canal; 2617 Fahrzeuge von 151,070 T. durch den Chambly Canal (einschl. St. Ours Lock), 885 Fahrzeuge von 450,043 T. durch den Burlington Bay Canal; und 2874 Fahrzeuge von 177,686 T. durch den $. Ann’s Lock Canal. Die Roh-Einnahme der Canäle betrug 95,395 L. St. 4) Schiffsbau. 126 Segelschiffe von 41,584 T. und 22 Dampf- schiffe von 3,755 T. wurden gebaut. Registrirt wurden 137 Segel- schiffe von 42,568 T. und 34 Dampfschiffe von 5,392 T. 5) Handel. Einfuhr zum Verbrauch 10,896,096 L. St. (4,553,233 L. St. vom vereinigten Königreich, 5,676,127 von den Ver. Staaten). Ausfuhr canadischer Erzeugnisse 7,148,760 L. St. (2,313,667 L. St. nach dem vereinigten Königreich, 4,494,938 L. St... Der Ausfuhr müssen 303,269 L. St. als Betrag der Schiffe, die zum Verkauf nach dem Aus- lande, meist England, gebaut wurden, und 20 Procent in Folge man- gelhafter Erhebung für die Binnenhäfen zugezählt werden. Statistisch - geographische Mittheilungen über die britischen Besitzungen. 451 Folgendes sind die Häfen Canada’s, deren Gesammtverkehr die Summe von 300,000 L. St. überstieg: Montreal 4,066,352 L. St. Einfuhr, 956,392 L. St. Ausfuhr, Quebec 871,598 - - 2,048,299 - - Toronto 1,738,657 - - pay Dr De - Hamilton 1,350,006 - - 446,376 - - Kingston 572,146 - - 121,387 - - Stamford 178,712 - - 250,419 - - Coaticook 42,834 - - 334,635 - - London 292,250 - - Rad el- - Der Binnen- Ausfuhr müssen 20 Procent zugezählt werden wegen mangelhafter Erhebung. Die Hauptartikel der Einfuhr (zum Gebrauch) waren: Baumwollen- waaren für 1,257,234 L. St., Wollenwaaren für 1,044,837 L. St., Eisen- und Stahlwaaren für 645,854 L. St., 321,370 Ctr. Zucker für 567,374 L. St., 6,714,367 Pfd. Thee für 524,574 L. St., 1,409,634 Bush. Wei- zen für 423,523 L. St. Unter der Ausfuhr stehen die Erzeugnisse des Ackerbaues mit 3,743,069 L. St. obenan (878,775 Fässer Mehl für 1,502,452 L. St.; 4,997,656 Bush. Weizen für 1,744,460 L. St.). Die Wälder lieferten für 2,504,970 L. St. Bau- und Nutzholz ete. Die Ausfuhr der Erzeug- nisse der Viehzucht (Rinder, Pferde, Butter ete.) betrug 641,015 L. St.; die Erzeugnisse des Fischfangs folgen mit 114,087 L. St.; sogenannte Fabrikwaaren (Gummi elasticum, Holzwaaren) mit 93,407 L. St.; Berg- bau-Erzeugnisse mit 41,411 L. St. und Verschiedenes mit 10,800 L. St. Neu-Braunschweig. 1) Erziehung. 2 Collegial-Schulen mit 121 Schülern, 13 Gram- mar-Schulen mit 670 Schülern und 14 (sie) niedere Schulen mit 29,227 Schülern. 2) Einnahmen 119,305 L. St. (77,581 L. St. von Eingangszöllen), Ausgaben 141,709 L. St. 3) Schiffahrt. 3,225 Schiffe von 645,753 Tonnen kamen an (1359 Sch. von 385,771 T. in Ballast); 3,375 Sch. von 704,149 T. gingen ab (924 Sch. von 90,033 T. in Ballast). Der Nationalität nach waren unter den angekommenen Schiffen 2416 britische von 348,335 T., 780 amerikanische von 286,204 T., 14 norwegische von 5,234 T., 8 deutsche von 3,373 T. Im Hafen von St. John allein liefen 1776 Schiffe von 402,891 T. _ ein, und unter den 19 übrigen Häfen sind St. Andrews (338 Sch. von . 292 452 E. G. Ravenstein: 52,756 T.), St. Stephens (86 Sch. von 36,637 T.) und Newcastle (98 Sch. von 30,372 T.) die bedeutendsten. 4) Handel. Einfuhr 1,521,178 L. St. (714,515 L. St. von den Vereinigten Staaten, 538,501 L. St. vom vereinigten Königreich, 223,495 L. St. von britischen Besitzungen). Ausfuhr 1,073,351 L. St. (747,790 L. St. nach dem vereinigten Königreich, 173,485 L. St. nach den Ver- einigten Staaten, 125,100 L. St. nach britischen Besitzungen). Unter der Einfuhr befanden sich Kurzwaaren im Betrage von 264,518 L. St. (für 26,174 L. St. wurden ausgeführt); 175,246 Fässer Mehl für 249,119 L. St. (11,492 Fässer für 22.736 L. St. wurden aus- geführt); 10,314 Tonnen Gufs-, Schmiede- und Roheisen für 98,845 L. St.; 377,442 Bushels Getreide für 72,328 L. St. Unter der Ausfuhr befanden sich Bau- und Nutzholz im Werthe von 873,414 L. St. (Einfuhr 20,514 L. St.), Fische für 64,311 L. St. (Einfuhr 29,225 L. St.). Neu-Schottland. 1) Sehifffahrt. 5451 Schiffe von 605,301 Tonnen kamen an (460 Sch. von 63,145 T. in Ballast); 5613 Sch. von 564,005 T. gin- gen ab (1411 Sch. von 159,980 T. in Ballast). 2) Schiffbau. Gebaut wurden 208 Schiffe von 39,582 Tonnen im Werthe von 370,508 L. St.; registrirt wurden 1,789 Schiffe von 142,945 Tonnen im Werthe von 1,148,652 L. St. 3) Handel. Einfuhr 1,869,832 L. St. (678,590 L. St. von den Ver. Staaten, 432,897 L. St. von britischen Besitzungen, 545,424 L. St. vom vereinigten Königreich). Ausfuhr 1,372,958 L. St. (711,665 L. St. nach britischen Besitzungen, 413,716 nach den Ver. Staaten, 88,887 L. St. nach dem vereinigten Königreich). Aus- und Einfuhr der Haupthäfen: Halifax 1,427,201 L. St. Einfuhr, 905,434 L. St. Ausfuhr, Yarmouth 67,616 - - 21,031 - - Pieton 58,662 - - 71,499. «= - Hauptartikel der Einfuhr: 224,685 Fässer Weizenmehl für 372,087 L. St. (Ausfuhr 16,266 Fässer für 25,001 L. St.), wollene und baum- wollene Waaren für 316,720 L. St. (Ausfuhr 25,439 L. St.), Eisen- und Stahlwaaren für 156,014 L. St. (Ausfuhr 14,702 L. St.), 1,495,799 Gal- lons Molasse für 128,191 L. St. (Ausfuhr 69,587 L. St.), Zucker für 115,419 L. St. (Ausfuhr 81,151 L. St.). Hauptartikel der Ausfuhr: Fische für 564,342 L. St. (Einfuhr 121,801 L. St.), Bau- und Nutzholz für 145,592 L. St. (Einfuhr 15,061 L. St.), 120,668 Chauldrons Steinkohlen für 86,027 L. St. Statistisch-geographische Mittheilungen über die britischen Besitzungen. 453 Prince Edward -Insel. 1) Flächeninhalt 2173 Quadratmeilen. Bevölkerung 71,496 (36,131 männl., 35,365 weibl.). 279 Schulen mit 13,785 Schülern. 2) Einnahmen 27,108 L. St. (Zölle und Aceise 20,061 L. St.); Ausgaben 33,576 L. St. 3) Schifffahrt. 616 Schiffe von 35,931 Tonnen kamen an (113 Sch. von 8084 T. in Ballast); 603 Sch. von 42,365 T. gingen ab (330 Sch. von 19,077 T. in Ballast). Der Flagge nach waren mit Ausnahme von 7 amerikanischen Schiffen (1156 T.) alle eingelaufenen Schiffe britisch. 4) Handel. Einfuhr 237,126 L. St. (119,225 L. St. von briti- schen Besitzungen, 86,584 L. St. vom vereinigten Königreich); Ausfuhr 258,860 L. St. (151,539 L. St. nach dem vereinigten Königreich, 88,090 L. St. nach britischen Besitzungen). Charlotte Town allein führte für 182,499 L. St. ein, und für 54,090 L. St. aus. Hauptartikel der Ausfuhr: Getreide und Mehl für 58,740 L. St. (Einfuhr 17,509 L. St.), Kartoffeln und weilse Rüben für 14,675 L. St., Holz und Holzwaaren für 16,499 L. St. (Einfuhr 12,622 L. St.), Fische für 9,028 L. St. (Einfuhr 4539 L. St.). 5) Ackerbau, Gewerbe etc. 941,905 Acres sind angebaut, 346,880 Acres unangebaut. Es gab 14,513 Pferde, 55,159 Stück Horn- vieh, 98,049 Schafe, 32,207 Schweine. Man zählte 127 Kirchen, 279 Schulhäuser, 17 Brauereien und Brennereien, 3 Gefängnisse, 39 Ger- bereien, 8 Walkmühlen, 44 Krempelmühlen, 131 Getreidemühlen, 144 Sägemühlen, 37 Fischereien und 670 Dreschmaschinen. Neufoundland. 1) Einnahmen 118,832 L. St. (Zölle 91,024 L. St.); Ausgaben 105,846 L. St. 2) Schifffahrt. 1327 Schiffe von 161,640 Tonnen kamen an, 1140 Sch. von 145,849 T. liefen aus. 39 Schiffe von 2099 Tonnen wurden im Laufe des Jahres gebaut. 3) Handel. Einfuhr 1,271,604 L. St. (398,392 L. St. vom ver- einigten Königreich, 388,608 L. St. von den Ver. Staaten, 272,344 L. St. von britischen Besitzungen). Ausfuhr 1,338,797 L. St. (462,136 L. St. nach dem vereinigten Königreich, 215,601 nach britischen Be- sitzungen, 109,748 L. St. nach den Ver. Staaten). Hauptartikel der Einfuhr: 166,274 Fässer Mehl für 267,932 L. St., 88,053 Ctr. Brod für 101,772 L. St., wollene Kleidungsstücke für 98,179 L. St., 27,164 Fässer Schweinefleisch für 95,949 L. St. 454 E. G. Ravenstein: Hauptartikel der Ausfuhr: Fische (Stockfische, Heringe und Lachs) für 818,145 L. St., 5009 Tuns Robbenöl für 216,006 L. St., 3998 Tuns Stockfischöl für 162,313 L. St., 207 Tuns Leberthran für 15,908 L. St., 361,317 Robbenhäute für 71,386 L. St. Bermuda. 1) Es wurden geboren 330, es starben 323; Zahl der Heirathen 70. Es gab 16 Freischulen mit 460 Schülern, und 23 Privatschulen. 2) Einnabmen 16,168 L. St.; Ausgaben 16,053’ L. St. 3) 225 Schiffe von 41,892 Tonnen kamen an (5 Sch. von 1160 T. in Ballast); 221 Sch. von 39,982 T. (87 Sch. von 19,141 T. in Ballast) gingen ab. Unter den eingelaufenen Schiffen waren 79 von 18,519 T. ame- rikanisch, alle übrigen britisch. 4) Einfuhr 137,802 L. St. (84,255 L. St. von den Ver. Staaten, 33,834 L. St. von Grofsbritannien); Ausfuhr 25,722 L. St. (12,511 L. St. nach den Ver. Staaten, der Rest meist nach britischen Besitzungen). Unter der Einfuhr befanden sich 1281 Stück Hornvieh, Werth 20,642 L. St., Kleidungsstoffe für 21,348 L. St., 9757 Fässer Mehl für 15,340 L. St. Unter der Ausfuhr waren für 12,357 L. St. Kartoffeln, für 3786 L. St. Pfeilwurzel, für 2050 Zwieseln. Britisch- Columbia. Britisch-Columbia ist erst im Jahre 1858 zum Range einer Co- lonie erhoben worden, und Folgendes ist den „Copies or Extracts of Correspondence relating to the Discovery of Gold in the Fraser’s River District etc. 1858, und Papers relating to the affairs of British Co- lumbia. Part I. 1859, entnommen. Die Kartenskizze beruht auf zwei, den „Blue Books“ beigegebenen Karten. Das erste Gold bei Fort Colville wurde im Anfang des Jahres 1856 von Beamten der Hudsonsbay-Compagnie entdeckt. Dem folgte bald die Entdeckung von Gold am Thompson -Flufs, aber hier vertrieben die Indianer Mitte 1857 die Goldsucher, meist eingedrungene Ameri- kaner, erstens weil sie gern selbst die Schätze ihres Landes auszu- beuten wünschten, und zweitens weil sie befürchteten, dafs die Züge von Lachsen, die jährlich den Flufs hinaufgehen und die ihre einzige Nahrung bilden, vertrieben werden möchten. Die Indianer konnten jedoch die Eindringlinge nicht abhalten, die sich nach und nach ein- 1 Statistisch- geographische Mittheilungen über die britischen Besitzungen. 455 fanden. Der Gouverneur von Vancouvers-Island veröffentlichte am 28. December 1857 eine Proclamation, der zufolge die Goldsucher monat- lich 10 Sh. für einen Erlaubnifsschein zu zahlen hatten, und am 22. Januar 1858 wurde der Preis auf 21 Sh. erhöht. Bis Ende April waren erst 800 Unzen Gold exportirt worden, und die Indianer monopolisir- ten das Geschäft. Im April und Mai jedoch fing die Einwanderung ernstlich an. Auf Booten gingen die Einwanderer den Fraser-Flufs hinauf; viele verunglückten an den gefährlichen Stromschnellen; andere kamen über Land. Am 25. April kam ein amerikanisches Dampfboot mit 450 Passagieren in Victoria. der Hauptstadt von Vancouvers-I- land, an, und am 17. Mai brachte es 400 mehr. Vom 19. Mai bis 1. Juli kamen 19 Dampfer, 9 Segelschiffe und 14 gedeckte Boote mit 6133 Passagieren in Vietoria an, und bis zum 15. Juni begaben sich 10,573 Personen von Californien direet nach den Goldfeldern. Unter diesen Umständen mufs man sich nicht wundern, dafs die Amerikaner hier ein neues Handelsgebiet suchten, und dies veranlafste den Gouverneur, durch Proclamation vom 8. Mai 1858 alle nicht von der Hudsonsbai-Compagnie mit Erlaubnifsschein versehenen Schiffe als eonfiseirt zu erklären. In Begleitung von Capt. Prevost vom britischen Kriegsschiffe „Satellite“ und einer Anzahl Matrosen ging er den Fraser- Flufls hinauf, um dieser Malsregel Kraft zu geben und um unter den Goldsuchern die nöthigen Regierungsbeamten zu ernennen, Sir B. Lyt- ton, der Colonial-Secretair, billigte jedoch diese Mafsregel nicht, da die Hudsonsbai-Compagnie nur das Recht hat, mit den Indianern Han- del zu treiben, genehmigte jedoch einen Zoll von 10 Procent ad va- lorem. Durch eine Parlaments- Acte (Capt. XCIX, Victoria, 2%. Aug. 1858) wärd Britisch-Columbia zur Colonie erhoben. Im Süden wird es be- grenzt von den Vereinigten Staaten, im Osten vom Hauptkamme der Rocky Mountains, im Norden durch den Simpson-Flufs und Finley Branch des Peace River und im Westen durch das Stille Meer. Kö- nigin Charlotte-Insel ist eingeschlossen, aber Vancouvers-Insel vor- läufig noch nicht. Am 2. September 1858 wurden die der Hudsons- Bai-Compagnie am 30. Mai 1838 bewilligten Privilegien zum Handel mit den Indianern, soweit solche auf die neue Colonie Bezug haben, widerrufen. . Dem „Blue Book“ ist ein „Handbuch nach den Goldregionen des Fraser- und Thompson-Flusses von Alex. C. Anderson, früher Haupt- händler der Hudsonsbai- Compagnie“ beigefügt. Auf 5 Seiten giebt es eine Beschreibung der auf der Karte angegebenen Routen. Die dort angegebenen Entfernungen sind: 456 E. G. Ravenstein: 1) Mündung des Fraser-Flusses nach Fort Langley. 25 Meilen, Bis zum Que-que-alla-Fluls. . . 2. .2.2.2..69 - Bis zu den „Fällen“ (Stromschnellen) . . . . 12 - Bis nach Spuzzum, einem Indianerdorf . . .. 9 - aora- Kergyueilugen. pbrow. Iran hloy) gusag - - - Tqua-yaum . . . ET RR - - zur Gabelung des Pholipson: Flusses en. ER Im Ganzen 1604 Meilen. 2) Fort Hope zum Gipfel der Masons- Bere seinen er ale, Campement du Cheyreuil . . . . BER N) - Kleiner See, Blackeye’s Portage . . » ......% z Tseistn, oder Campement des femmes . . . . 20 - Rocher de la Biche . . . rk itckHe Aare re - Gabelung des ER u ae Se - Im Ganzen 172 Meilen. 3) Von Okanagan nach der Gabelung des Similk-a-min 60 Meilen, KedsBantht Perkins MER ITEN AATEEEERUN) - NICchBBE- BEE HAAR BEER GT Ä Nica-o-min . . En un 15,7) - Gabelung des rn "üodes ac a; - Im Ganzen 270 Meilen. Wir müssen aufserdem noch die Fahrstralse von Harrison Lake nach dem oberen Fraser-Flufs erwähnen, an der im August 1858 500 Mann arbeiteten. Die Arbeiter gehören allen Nationen an; jeder zahlt bei der Aufnahme in’s Corps 25 Dollars als Garantie für gutes Betra- gen. Löhnung erhalten sie nicht, sondern nur ihren Unterhalt während der Arbeit, und nach vollendetem Werke Provisionen zu Victoria- Preisen für die von ihnen deponirte Summe. Dampfschiffe gehen bis nach Port Douglas. Britisch Honduras. 1) Die Bevölkerung wird annähernd zu 25,500 Seelen geschätzt, nämlich in der Stadt Belize 7000, im nördlichen Bezirk 5500, im süd- lichen 4000, im westlichen Bezirk 3000; vorübergehende Stadtbevölke- rung 2000, desgl. Landbevölkerung 4000. Der Religion nach vertheilt sich die Bevölkerung von Belize etwa wie folgt: 2500 bekennen sich zur Engl. Staatskirche, 1000 sind Katholiken, 500 Wesleyaner, 500 Baptisten, 240 Presbyterianer, und 2000 bekennen sich zu keiner Kirche, obgleich in der Engl. Kirche getauft. 376 Taufen, 69 Heirathen und 139 Begräbnisse fanden statt. ee ee m. | | | Statistisch - geographische Mittheilungen über die britischen Besitzungen. 457 Für Erziehung geschah bisher nur wenig, doch ist das Schulwesen in Organisation begriffen, Schulhäuser werden gebaut und unterrichtete Lehrer angestellt. 2) Einnahmen 22,623 L. St. (Zölle 17,862 L. St.); Ausgaben 26,236 L. St. 3) Schifffahrt. 214 Schiffe von 33,204 Tonnen kamen an (dar- unter 41 Sch. von 16,783 in Ballast). 208 Sch. von 31,165 T. liefen aus (darunter 25 Sch. von 1159 in Ballast). Der Flagge nach befanden sich unter den eingelaufenen Schiffen 71 britische von 20,311 T., 29 amerikanische von 6,836 T., 87 cen- tral-amerikanische von 3,271 T., 2 schwedische von 838 T. und 2 deutsche von 514 T. 4) Handel. Einfuhr 254,994 L. St. (161,847 L. St. vom ver- einigten Königreich, 81,449 L. St. von den Vereinigten Staaten). Aus- fuhr 446,649 L. St. (359,523 L. St. nach dem vereinigten Königreich, 67,968 L. St. nach den Vereinigten Staaten). Die Einfuhren bestanden in Lebensmitteln, Branntwein, Taback und Wein. Die Ausfuhren in Cedarholz, Blauholz, Mahagoni, Rosen- holz, Sarsaparilla (90,447 Ctr.), Cochenille (6872 Seruns), Indigo (305 Seruns), 57,490 L. St. Speeie, Cocoanüssen und Thierhäuten. 5) Ackerbau wird nicht getrieben und nur etwas Gemüse ge- baut. Doch haben sich im nördlichen Bezirk indische und spanische Einwanderer niedergelassen, die etwa 800 Acres mit Zuckerrohr bestellt haben und Rum destilliren, der jedoch bis jetzt noch zu schlecht zur Ausfuhr ist. Jamaica. 1) Die Schulen wurden von 16,638 Schülern besucht, der Religion nach vertheilt wie folgt: 6991 Englische Staatskirche, 3589 Baptisten, 2695 Wesleyaner, 1899 Mährische Brüder, 286 Schottische Kirche, 213 Katholiken, 36 Juden, 931 nicht angegeben. 2) Einnahmen 221,768 L. St. (127,887 L. St. von Eingangs- zöllen, 30,934 L. St. Rumsteuer, Land- ie Viehsteuer 29,954 L. St). Ausgaben 213,612 L. St. 3) Schifffahrt. 493 Schiffe von 80,689 Tonnen kamen an (dar- unter 21 Sch. von 3246 T. in Ballast); 483 Sch. von 73,886 T. gin- gen ab (darunter 123 Sch. von 18,140 T. in Ballast). Der Flagge nach befanden sich unter den angekommenen Schiffen 112 britische von 34,165 Tonnen, 151 amerikanische von 23,480 T., 168 britische Colonialschiffe von 15,223 T., 13 deutsche von 4059 T., 22 holländische von 1926 T. 458 E. G. Ravenstein: Im Hafen von Kingston allein kamen 336 Schiffe von 54,456 Ton- nen an, 223 von 29,275 T. gingen ab. 4) Handel. Einfuhr 61,886 L. St. (wovon 521,148 L. St. Er- zeugnisse des vereinigten Königreichs); Ausfuhr 935,068 L. St. (wovon 881,075 L. St. Erzeugnisse von Jamaica). Unter der Gesammt-Einfuhr befanden sich für 111,063 L. St. ge- trocknete, gesalzene und geräucherte Fische, 65,190 Fässer Weizenmehl für 97,747 L. St.; 11,772 Ctr. Schweinefleisch für 27,187 L. St. Unter der Ausfuhr von Erzeugnissen von Jamaica befanden sich 457,958 tr. Zucker, 425,675 L. St.; 130,390 Gallons Rum, 224,332 L. St.; 37,217 Ctr. Kaffee, 83,026 L. St.; 64,673 Otr. Pimento, 82,036 L. St.; 18,303 Tons Blauholz, 34,111 L. St.; 420,770 Ctr. Ingwer, 5556 L. St.; Pfeilwurz, Wachs, Kupfer-Erz ete. Turk’s Inseln. 1) Die 7 öffentlichen Schulen wurden von 271 Schülern besucht; in den Schulbüchern waren jedoch 449 eingeschrieben. 2) Einnahmen 5306 L. St. Ausgaben 6024 L. St. 3) Schiffe zu einer Tragfähigkeit von 28,006 Tonnen liefen ein, 26,603 T. liefen aus. Die Einfuhr betrug 33,523 L. St., wovon für 4174 L. St. wieder ausgeführt wurden; die Ausfuhr 27,064 L. St. (dar- unter 674,940 Bushels Salz im Werthe von 22,890 L. St.). Bahamas. 1) 1276 Geburten, 480 Todesfälle. 26 Freischulen von 1195 Kna- ben und 897 Mädchen besucht, und 11 Schulen der Englischen Hoch- kirche mit 1165 Schülern. 2) Einnahmen 25,121 L. St. (Eingangszölle 18,451 L. St.) Aus- gaben 27,469 L. St. 3) 297 Schiffe von 23,321 Tonnen kamen an (darunter 56 Sch. von 6140 T. in Ballast). 310 Sch. von 24,684 T. gingen ab (darunter 53 Sch. von 1745 T. in Ballast). Der Flagge nach befanden sich unter den eingelaufenen Schiffen 218 britische Colonialschiffe von 12,494 T., 45 amerikanische Schiffe von 7206 T., 18 britische von 3066 T., 1 holländisches (264 T.), 12 haitische (205 T.) und 1 spanisches (86 T.). - Mehr als die Hälfte der Schiffe lief in Nassau ein. 4) Handel. Einfuhr 189,398 L. St. Ausfuhr 125,748 L. St. Haupt-Artikel der Einfuhr: 14,085 Ctr. Mehl, 23,747 L. St.; 1182 Ctr. Kaffee, 16,356 L. St. (?); 2679 Ballen Baumwolle, 16,400 L. St.; 4992 Otr. Zucker, 9811 L. St. Desgl. der Ausfuhr: Kaffee für 18,554 L. St.; Baumwolle für Statistisch - geographische Mittheilungen über die britischen Besitzungen. 459 16,638 L. St.; Früchte für 15,788 L. St.; 210,944 Bushels Salz, 9515 L. St.; Holz für 8833 L. St. (Einfuhr 2387 L. St.); Kupfer und Kupfer- Erz 437 Tons, 8725 L. St. (Einfuhr 32 Bag 1805 L. St.), 1800 Otr. Schwämme, 6723 L, St. Barbadoes. 1) 132 Schulen wurden von 10,672 Schülern besucht. 11 Kir- chen und 20 Chapels mit im Ganzen 33 Geistlichen wurden vom Staate erhalten; aufserdem hatten die Methodisten und Mährischen Brüder Missionsanstalten. 2) Einnahmen 85,062 L. St. Ausgaben 70,575 L. St. 3) 966 Schiffe von 114,408 Tonnen kamen an, 967 Sch. von 114,669 T. liefen aus. 4) Handel. Einfuhr 841,254 L. St. (351,998 L. St. vom ver- einigten Königreich, 274,031 von den Vereinigten Staaten, 161,684 L.St. von britischen Besitzungen). Ausfuhr 971,028 L. St. (660,960 L. St. nach dem vereinigten Königreich, 217,131 L. St. nach britischen Be- sitzungen, 74,511 L. St. nach den Vereinigten Staaten). Haupt-Artikel der Einfuhr: Leinwand und Baumwollenwaaren 117,359 L. St. (Ausfuhr 22,136 L. St.); 49,606 Fässer Mehl, 78,955 L. St. (Ausfuhr 29,558 L. St.); 6337 Tons Guano, 63,513 L. St.; 97,510 Quin- tals getrocknete Fische, 58,132 L. St. (Ausfuhr 29,309 L. St.); 24,122 Ctr. gesalzenes Fleisch, 45,350 L. St. (Ausfuhr 19,638 L. St.); 46,154 Säcke Reis, 37,017 L. St. (Ausfuhr 9983 L. St.); 175,871 Bushels Ge- treide, 32,601 L. St. (Ausfuhr 5461 L. St.) Haupt- Artikel der Ausfuhr: Zucker 629,877 L. St. (Einfuhr 3123 L. St.); Molassen 73,508 L. St.; Rum 14,750 L. St. Die Grundbesitzer sind im Ganzen wohlhabend und bauen ihre Ländereien wie Gärten an; mit der arbeitenden Klasse ist dies jedoch nicht der Fall, und es wäre zu wünschen, dafs die reichen Grundbe- sitzer auf ihren Gütern und nicht in England wohnten. Es besteht eine Ackerbau-Gesellschaft, die eine Zeitschrift herausgiebt. Grenada. 1) Bevölkerung 32,705. — 1258 Taufen, 483 Begräbnisse und 226 Heirathen fanden statt. Im Cholera-Jahr 1854 starben 2396 Per- ‚sonen, und Gottesfurcht trieb 966 Paare, sich ehelich zu verbinden, die grolsentheils sonst in wilder Ehe gelebt haben würden. Dieser Unter- schied in der Zahl der Heirathen wurde auch auf andern Westindischen Inseln bemerkt. 29 Schulen wurden von 939 Knaben und 566 Mäd- chen besucht. 2) Einnahmen 16,890 L. St. Ausgaben 15,453 L. St. 460 E. G. Ravenstein: 3) Schifffahrt. 306 Schiffe von 11,550 Tonnen kamen an (40 Sch. von 1137 T. in Ballast). 349 Sch. von 13,003 T. gingen ab (67 Sch. von 2511 T. in Ballast). Der Flagge nach befanden sich unter den eingelaufenen Schiffen 290 britische von 9757 Tonnen, 10 amerikanische von 1489 T.: 5 ve- nezuelanische von 250 T. und 1 französisches von 54 T. 4) Handel. Einfuhr 78,813 L. St. (vereinigtes Königreich 30,403 L. St.; britische Besitzungen 30,531 L. St.; Vereinigte Staaten 17,063 L. St.). Ausfuhr 105,458 L. St. (vereinigtes Königreich 94,952 L. $t.; britische Besitzungen 8377; Vereinigte Staaten 574 L. $t.). Unter der Ausfuhr befanden sich 81,120 Ctr. Muscovado -Zucker, 67,096 L. St.; Rum 16,913 L. St.; Cocoa 8616 Ctr., 12,693 L. St. ; 570 Otr. Baumwolle, 1341 L. St. 5) Ackerbau etc. 14,317 Acres waren angebaut, 5870 mit Zuckerrohr, 5779 mit „Provisions“, 1538 mit Cocoa, 296 mit Baumwolle, 89 mit Kaffee und 745 anderweitig. Dazu kommen noch 5466 Acres Weideland. — Es wurden erzeugt: 6,651,729 Pfd. Muscovado-Zucker, 209,007 Gallons Rum, 23,253 Gallons Molasse, 400 Gallons Syrup, 470,252 Pfd. Cocoa, 48,203 Pfd. Baumwolle, 14,266 Pfd. Kaffee. Viehstand: 1426 Pferde und Maulesel, 5087 Stück Hornvieh, 64 Esel. Tobago. 1) Flächeninhalt 97 QMiles. — Bevölkerung 15,393 (7456 männ- liche, 7937 weibliche), worunter nur 140 Weifse. — 480 Taufen, 247 Be- gräbnisse und 80 Heirathen fanden statt. — 17 Schulen mit 1635 Schü- lern (3 Schulen der Englischen Kirche mit 344 Schülern, 6 der Wes- leyaner mit 437 Schülern, 3 der Mährischen Brüder mit 854 Schülern). Aufserdem (im Jahre 1854) 5 Privatschulen mit 63 Schülern. Es giebt 17 Gotteshäuser (7 der Englischen Kirche, 7 der Wes- leyaner, 3 der Mährischen Brüder), worin 7600 Personen Platz finden. 2) Einnahmen 13,597 L. St. Ausgaben 12,571 L. St. 3) Schifffahrt. 99 Schiffe von 7093 Tonnen kamen an und 95 Sch. von 6641 T. liefen aus. Der Flagge nach befanden sich unter den eingelaufenen Schiffen 18 britische von 3814 Tonnen, 79 britische Colonialschiffe von 3069, 1 amerikanisches von 114 und 1 holländisches von 96 T. 4) Handel. Einfuhr 59,994 L. St. (20,92 L. St. vom vereinig- ten Königreich, 38,392 L. St. von britischen Colonieen). Ausfuhr 79,789 L. St. (70,226 nach dem vereinigten Königreich, 9553 nach britischen Colonieen). Statistisch- geographische Mittheilungen über die britischen Besitzungen. A461 Unter der Ausfuhr befanden sich 67,147 Ctr. Zucker, 59,615 L. St.; 176,116 Gallons Rum, 17,622 L. St. (?) 5) Es gab 59 Plantagen und 59 Mühlen, worunter 23 ganz oder theilweise durch Dampfkraft getrieben. Saint Vincent. 1) 1253 Geburten, 190 Heirathen und 398 Todesfälle fanden statt. In den 22 Schulen befanden sich 1960 Schüler. 2) Einnahmen 21,258 L. St. Ausgaben 17,037 L. St. 3) Schifffahrt. 344 Schiffe von 19,784 Tonnen kamen an (dar- unter 61 Sch. von 1369 T. Ballast). 334 Sch. von 18,112 T. gingen ab (darunter 102 Sch. von 5162 T. Ballast). Der Flagge nach kamen an 302 britische Colonialschiffe von 10,867 T., 27 britische von 7239 T., 10 amerikanische von 1560 T. 4) Handel. Einfuhr 126,105 L. St. (vereinigtes Königreich 42,024 L. St., britische Colonieen 52,775 L. St., Vereinigte Staaten 30,065LL. St.) Ausfuhr 123,422 L. St. (vereinigtes Königreich 105,715 L. St., britische Colonieen 16,084 L. St., Vereinigte Staaten 1025 L. St.) Unter der Ausfuhr befand sich Zucker für 74,134 L. St., Rum 15,956 L. St., Pfeilwurz 15,598 L. St. St. Lueia. 1) Bevölkerung 25,717 (12,136 männliche, 13,581 weibliche). Darunter waren 937 Weifse (419 männliche) und 24,780 Farbige (11,717 männliche). — 955 Geburten, 373 Todesfälle und 184 Heirathen. 17 Schulen wurden von 1072 Schülern (681 Knaben, 391 Mädchen) besucht. 2) Einnahmen 13,663 L. St. Ausgaben 12,734 L. St. 3) Schifffahrt. 163 Schiffe von 8979 Tonnen kamen an (dar- unter 18 von 1162 T. in Ballast). 176 Sch. von 9382 T. gingen ab (darunter 63 von 2987 T. in Ballast). Der Flagge nach waren unter den angekommenen Schiffen 153 britische von 7544 Tonnen, 8 amerikanische von 1324 T., 1 spanisches von 67 T. und I französisches von 44 T. 4) Handel. Einfuhr 91,901 L. St. (vereinigtes Königreich 23,312 L. St., britische Besitzungen 38,324 L. St., Vereinigte Staaten 16,014 L. St., französische Besitzungen 12,072 L. St.) Ausfuhr 70,484 L. St. (vereinigtes Königreich 61,283 L. St., britische Besitzungen 4571 L. St., Vereinigte Staaten 717 L. St., französische Besitzungen 3913 L. St.) Unter der Ausfuhr befanden sich Zucker für 54,675 L. St. (Ein- fuhr 751 L. St.), Molasse für 4157 L. St., Färbeholz (1520 Tons) 462 E. G. Ravenstein: für 3697 L. St., Rum (270 Puncheons) für 2259 L. St., Cocoa (2097 Ctr.) für 2600 L. St. 5) Ackerbau und Viehzucht. 3600 Acres waren mit Zuckerrohr bestellt, 1530 mit Lebensmitteln, 714 mit Kaffee, 594 mit Cocoa; 4001 waren Weideland. Viehstand: 800 Pferde, 1498 Stück Hornvieh, 1221 Schafe, 334 Ziegen. Antigua. 1) Bevölkerung. a) nach Altersklassen: Unter 10 Jahren 4200 männliche 4111 weibliche 10 bis 20 - 3155 - 3266 - 20 - 30 - 3004 - 3924 - 30 - 40 - 2636 - 2938 - 40 - 50 - 1829 - 2083 - 50 - 60 - 1140 - 1381 - über 60 - 660 - 1081 - 16,624 männliche 18,784 weibliche; b) nach dem Geburtsort: 33,073 waren auf Antigua geboren, 821 auf andern westindischen Besitzungen, 322 in Grolsbritanien und Irland, 183 auf den Kap Verd Inseln, 847 auf Madeira, 162 anderswo. c) nach der Farbe: 26,522 sind schwarz, 6714 farbig, 2172 weils. d) nach der Religion: 15,589 gehören zur Englischen Hochkirche, 246 zur Kirche von Schottland, 11,534 Mährische Brüder, 7214 Wes- leyaner, 725 Römisch Katholiken, 100 nicht angegeben. Vom 1. August bis 31. December 1856 wurden 413 Kinder ge- boren (220! uneheliche), worunter 216 Schwarze, 91 Farbige, 106 Weilse; 689 Todesfälle kamen vor, wovon 486 Schwarze, 158 Farbige, 45 Weilse. In andern Worten, es kam eine Geburt auf je 21 Weilse, 74 Farbige oder 123 Schwarze Einwohner, oder 1 Todesfall auf je 55 Schwarze, 43 Farbige und 48 Weilse. — 188 Kinder starben unter 1 Jahr alt und 80 bis zum 14. Jahre. Die Gesammtbevölkerung hat gegen das Jahr 1851 eine Abnahme erlitten, wie man aus folgender Tabelle ersieht. Gemeinde 1851 | 1856 St. John 16,845 | 15,297 St. Mary 4,234 | 4,137 - St. Philip 3,885 | 3,959 St. George 2,934 3,808 St. Paul 5,154 4,390 St. Peter | 4,083 , 3,817 ns - — Im Ganzen 37,136 | 35,408 D ; u 2 Ju Statistisch -geographische Mittheilungen über die britischen Besitzungen. 463 Unter den Ortschaften ist nur die Stadt St. John mit 8515 Ein- wohnern, darunter 5041 Weilsen, von Bedeutung. Das bestbevölkerte Dorf, Sea View Farm, hat nur 1119 Einwohner. Die 37 Tagschulen wurden von 3545 Schülern besucht, die 33 Sonntagsschulen von 5369. 2) Einnahmen 36,693 L. St. Ausgaben 30,044 L. St. 3) Schifffahrt. 770 Schiffe von 39,174 Tonnen kamen an (76 Sch. von 3890 T. in Ballast). 775 Sch. von 38,902 T. gingen ab (235 Sch. von 9812 T. in Ballast). Der Flagge nach waren unter den angekommenen Schiffen 649 bri- tische von 25,893 Tonnen, 74 amerikanische von 12,033 T., 33 fran- zösische von 810 T., 12 holländische von 358 T., 1 portugiesisches und 1 schwedisches. 4) Handel. Einfuhr 270,157 L. St. (vereinigtes Königreich 95,575 L. St., Vereinigte Staaten 97,994 L. St., britische Besitzungen 64,054 L. St.) Ausfuhr 401,938 L. St. (vereinigtes Königreich 312,388 L. St., Vereinigte Staaten 31,298 L. St., britische Besitzungen 39,053 L. St.) Unter der Ausfuhr befand sich Zucker für 301,740 L. St. (Einfuhr 12,653 L. St.), Molasse für 33,856 L. St., Rum für 30,632 L. St,, Wei- zenmehl für 11,388 L. St. (Einfuhr 28,060 L. St.) Montserrat. 1) Bevölkerung 7043 (3149 männliche, 3894 weibliche). 224 Geburten, 76 Todesfälle, 15 Heirathen. 14 Schulen mit 927 Schülern. 2) Einnahmen 2438 L. St. Ausgaben 2770 L. St. 3) Schifffahrt. 157 Schiffe von 4418 Tonnen kamen an (12 von 287 T. in Ballast). 155 Sch. von 4535 T. gingen ab (58 von 1527 T. in Ballast), alle unter britischer Flagge. 4) Handel. Einfuhr 13,985 L. St. (mit Ausnahme von 323 L. St. alles vom britischen Westindien). Ausfuhr 17,613 L. St. (nach britisch- westindischen Inseln ausschliefslich). Unter der Ausfuhr war Zucker für 14,935 L. St., 305 Stück Rind- vieh, 915 L. St. St. Kitt’s (St. Cristopher). 1) Bevölkerung 20,741 (9525 männliche, 11,216 weibliche). 881 Taufen, 175 Heirathen, 519 Begräbnisse. 2) Einnahmen 16,194 L. St. Ausgaben 16,033 L. St. 3) Schifffahrt. 557 Schiffe von 21,882 Tonnen kamen an. 566 Sch. von 21,055 T. gingen ab. Der Flagge nach waren unter den angekommenen Schiffen 22 bri- tische von 6438 T., 343 britische Colonialschiffe von 8160 T., 34 ame- A464 E. G. Ravenstein: rikanische von 6221 T., 126 holländische von 662 T., 9 schwedische von 233 T. und 23 französische von 172 T. 4) Handel. Einfuhr 109,005 L. St. (vereinigtes Königreich 57,651 L. St., britische Besitzungen 15,102 L. St., Vereinigte Staaten 29,122 L. St.) Ausfuhr 137,558 L. St. (vereinigtes Königreich 118,197 L. St., britische Besitzungen 7362 L. St., Vereinigte Staaten 4264 L. St.) Unter der Ausfuhr befanden sich für 102,591 L. St. Zucker; 128,992 Gallons Rum; 143,556 Gallons Molasse, 8545 L. St. Nevis. 1) Bevölkerung etwa 8200 Seelen. 251 Taufen, 60 Heirathen. 13 Schulen werden von 1749 Schülern besucht (der wirkliche durchschnitt- liche Besuch ist jedoch nur 770). 2) Einnahmen 3110 L. St. Ausgaben 3265 L. St. 3) Schifffahrt. 250 Schiffe von 10,488 Tonnen kamen an (50 von 1716 T. in Ballast). 246 Sch. von 10,151 T. gingen ab (73 von 1703 T. in Ballast). Der Flagge nach befanden sich unter den angekommenen Schiffen 240 britische von 5798 T., 20 amerikanische von 4365 T., 2 franzö- sische von 251 T., 11 schwedische von 43 T. und 7 holländische von 31 T. 4) Handel. Einfuhr 34,449 L. St. (vereinigtes Königreich 10,141 L. St., britische Besitzungen 9957 L. St., Vereinigte Staaten 11,415 L. St.) Ausfuhr 27,194 L. St. (vereinigtes Königreich 11,386 L. St., britische Besitzungen 11,531, Vereinigte Staaten 2623 L. St. Unter der Ausfuhr war Zucker für 20,699 L. St., Molasse für 1471 L. St., und Rum für 1234 L. St. 5) In physischer Hinsicht steht das Landvolk von Nevis dem vieler andern westindischen Inseln voraus, aber aufser dem Ankauf von Vieh hat der Arbeiter kaum Gelegenheit sein erspartes Geld nützlich anzu- legen, und es wird daher in Putz und Ausschweifungen vergeudet oder nutzlos gesammelt, denn mit wenigen Ausnahmen thut der Neger nichts, seine Wohnung zu verbessern, seine Kinder zu kleiden, zu erziehen oder ihnen selbst ärztliche Hülfe angedeihen zu lassen. — Die von den Religionsgemeinden unterstützten Schulen eignen sich nicht für West- indien; neben Lesen, Schreiben und Rechnen sollten Feld- und Garten- bau und mechanische Arbeiten gelehrt werden. Der Dienst in den fünf Gemeindekirchen wird von 3 Geistlichen versehen, die zugleich Zucker- bauer sind. Aufserdem giebt es 3 Wesleyanische Gotteshäuser mit 1 Missionär und 3 Lokal-Predigern. Man hat hier auch eine beson- dere christliche Sekte, die „Noahiten“, die kürzlich ein Stück Land gekauft, um ein Gotteshaus zu bauen. Sie wollen prophetische Inspi- P 5 ; 2 { Statistisch - geographische Mittheilungen über die britischen Besitzungen. 465 rationen und Umgang mit den Geistern haben. Ihre Kinder lassen sie in den Kirchen taufen, ihre gottesdienstlichen Zusammenkünfte aber wurden bis jetzt im Freien gehalten, und Tanzen und Hüpfen spielt dabei eine bedeutende Rolle. In praktischer Hinsicht werden häufiges Waschen, Enthalten von berauschenden Getränken und Taback und von der Kebsehe geboten. — Das einzige Gefängnils ist niedergebrannt, und ein neues wurde bis jetzt noch nicht gebaut. Das Armenhaus ist ganz unzureichend. Die Gesetze sind auch im Argen und bedürfen durchgehender Revision. Die Vereinigung von Nevis mit St. Cristopher, von dem es nur durch einen schmalen Meeresarm getrennt ist, wird anempfohlen. Virgin Isles. 1) 5 Tagschulen (3 in Tortola, 1 auf Virgin Gorda, 1 zu Jost van Dykes). 2) Einnahmen 1559 L. St. Ausgaben 1559 L. St. 3) 648 Schiffe von 2320 Tonnen kamen an, 1201 Sch. von 3670 T. gingen ab. Darunter waren keine von Grofsbritanien oder den Ver- einigten Staaten, und nur 7 von 163 T. nach oder von britischen Be- sitzungen. Einfuhr 5714 L. St. (4382 L. St. von St. Thomas, 1178 L. St. von St. Eustatius, 154 L. St. von britischen Besitzungen). Ausfuhr 10,563 L. St. (9959 L. St. nach St. Thomas, 604 L. St. nach briti- ‚schen Besitzungen ). Unter der Ausfuhr waren 1210 Ctr. Muscovado-Zucker, 1830 L. St.; 1599 Stück Hornvieh, 5262 L. St. Dominica. 1) 20 Schulen vou 1446 Schülern besucht. 2) Einnahmen 12,919 L. St. Ausgaben 10,497 L. St. 3) 312 Schiffe von 8145 Tonnen kamen an (106 Sch. von 1419 T. in Ballast). 316 Sch. von 8470 T. liefen aus (110 Sch. von 122 T. in Ballast). Der Flagge nach waren unter den angekommenen Schiffen 7 bri- tische von 1901 T.; 200 britisch-westindische von 4134 T.; 4 britisch- amerikanische von 426 T.; 6 amerikanische von 1056 T.; 91 franzö- sisch-westindische von 468 T.; 4 venezuelanische von 160 T. 4) Einfuhr 64,124 L. St. (vereinigtes Königreich 25,496 L. St.). Ausfuhr 79,755 L. St. (verein. Königreich 68,167 L. 'St.). Unter der Ausführ war Zucker für 63,461 L. St.; Rum 8,820 L. St.; Kaffee 1562 L. St. Zeitschr. f. allg. Erdk. Neue Folge. Bd, VI. 30 A466 E. G. Ravenstein: Trinidad. 1) 30 Schulen mit 2175 Schulen. 2) Einnahmen 93,213 L. Lt. Ausgaben 80,304 L. St. 3) Schifffahrt. 614 Schiffe von 62,082 Tonnen kamen an (dar- unter 26 Sch. von 4639 T. in Ballast). 652 Sch. von 65,872 T. liefen aus (darunter 238 Sch. von 11,612 T. in Ballast). Der Flagge nach waren unter den angekommenen Schiffen 508 bri- tische von 44,242 T., 77 amerikanische von 14,356 T. Spanisch Port ist der Haupthafen; in San Fernando kamen nur 21 Schiffe an. 4) Handel. Einfuhr 666,474 L. St. (vereinigtes Königreich 305,688 L. St., britische Besitzungen 122,074 L. St., Vereinigte Staaten 158,038 L. St.). Ausfuhr 574,767 L. St. (vereinigtes Königreich 430,702 L. St., britische Besitzungen 27,190 L. St., Vereinigte Staaten 92,191 L. St.). Unter der Ausfuhr waren Zucker für. 450,440 L. St. (Einfuhr 7099 L. St.); Cocoa für 54,778 L. St.; Rum für 19,611 L. St.; Molasse für 19,477 L. St.; Häute (4994 Stück) für 4525 L. St.; Baumwolle 560 L. St. Unter der Einfuhr: Kleidungsstoffe für 111,020 L. St.; 59,445 Ctr. Reis, 42,784 L. St.; Eisenwaaren und Maschinen für 38,326 L. St.; getrocknete und gesalzene Fische für 33,822 L. St.; 1347 Maulesel, 31.230 L. St.; 41,371 Ctr. gesalzenes und gepökeltes Fleisch, 22,820 L. St.; Leder 22,788 L. St. Britisch Guiana. 1) 71 Schulen wurden im Durchschnitt von 3030 Schülern besucht. 2) Einnahmen 232,241 L. St. (Eingangszölle 99,298 L. St.). Ausgaben 239,235 L. St. 3) Schifffahrt. 839 Schiffe von 146,005 Tonnen kamen an, 691 Sch. von 112,973 T. liefen aus. 4) Handel. Angaben für 1856 erhielt man nicht. Im Jahre 1855 betrug die Einfuhr 886,016 L. St., die Ausfuhr 1,331,371 L. St. Falkland Inseln. 1) 410 Einwohner, worunter 170 Weiber. Die Schule wird von 40 Schülern besucht. 2) Einnahmen 6180 L. St. Ausgaben 5845 L. St. 3) 33 Schiffe von 10,501 Tonnen kamen an und eben so viele gingen ab. Darunter waren 22 britische von 6433 T., 7 amerikanische von 2771 T., 2 hamburger von 676 T., und je 1 französisches und dänisches. Statistisch - geographische Mittheilungen über die britischen Besitzungen. 467 4) Einfuhr 11,300 L. St. (6500 L. St. von England, 2300 L. St. von Brasilien, 1500 L. St. vom La Plata, 1000 L. St. von den Ver- einigten Staaten). Ausfuhr 11,800 L. St. (11,000 L. St. nach England, 800 L. St. nach Chile). Die Ausfuhr nach England bestand in Häuten, Robbenöl, Guano (für 4000 L. St.), ausgebesserten Schiffen ete. 5) Es gab auf den Inseln 1000 zahme und ?2- bis 3000 wilde Pferde, 2500 Stück zahmes Rindvieh, 3000 Schafe, 250 Schweine. Miscellen. Abnahme des Schifffahrts- Verkehrs auf der Oder. In allen Berichten über die Verkehrsverhältnisse der Provinz Schlesien er- scheint die Verbesserung der Communicationsmittel als das Haupt-Desideratum, und unter diesen steht wieder die Regulirung des Öder-Strombettes in erster Linie. Ungeachtet der theilweisen Verbesserungen, welche von der Staatsregie- rung hier und dort ausgeführt werden, ist die Versandung des Flusses in so ra- pider Zunahme begriffen, dafs diese Lebensader der reichen Provinz schon jetzt in dürren Jahren fast ganz nutzlos daliegt und die Ausfuhr der Landesproducte sich fast ausschliefslich auf den kostspieligen Eisenbahn- Transport verwiesen sieht. Der eben erschienene Jahresbericht der Breslauer Handelskammer für das Jahr 1858 bringt wiederum eine Reihe von Thatsachen zur Sprache, aus denen erhellt, wie lähmend die successive Verschlechterung der Wasserstralse auf alle Zweige des Verkehrs und der Production einwirkt. Ein auffallend niedriger Wasserstand in den beiden letzten Jahren hat dieses Uebel recht in’s Licht gestellt; wenn es im Laufe des ganzen Jahres 1858 nur eilf Tage gab, an welchen die Beschiffung des Stromes mit voller Fracht möglich war, und wenn selbst Fahrten mit halber Ladung auf vielen Strecken, namentlich im Regierungs- Bezirk Frankfurt, unaus- führbar waren, so mu/s man dem Bericht unbedingt beipflichten, wenn er es für zweifelhaft erklärt, ob man die Oder noch zu den schiffbaren Strömen zählen dürfe. Um die Abnahme des Verkehrs auf dem Strome anschaulich zu machen, entlehnen wir dem Bericht einige sprechende Zahlenangaben. Es passirten die Breslauer Unterschleuse Kähne | leer oder unter der ganz beladen ‚ halben Tragfähigkeit im Ganzen \ | befrachtet im Jahre 1853 1957 1164 | 3121 - 1854 1941 1190 3131 1855 1971 1501 3472 1856 1454 - 896 2350 1857 982 645 1627 1858 815 | 521 1336 30* 468 Miscellen: im Durchschnitt der drei ersten Jahre also jährlich 3241, im Durchschnitt der drei letzten 1754, — wenig mehr als die Hälfte. Noch schlagender sind natürlich .die Zahlen, welche den Güterverkehr dar- stellen. Es gingen auf der Oder in Breslau stromabwärts stromaufwärts im Ganzen im Jahre 1853 1,205,200 Cntr. | 244,410 Cntr. 1,449,610 Cntr. 1854 1.108529 2, | 21T 4- 1,431,00% _- 1855 865,775 - | 441,964 - 1,307,739 - 1856 205.088 - | 158722 - | 863,830 - 1857 512,570 - 100,286 - 618,856 - 1868 468,550 - | 98,167 - 566,717 - in der ersten dreijährigen Periode also im Durchschnitt jährlich 1,396,116 Cntr., in der letztern nur 683,134 Cntr., — nicht einmal die Hälfte. Als diejenigen Theile des Flusses, welche zur Stockung des Verkehrs am Häufigsten beitragen, bezeichnet der Bericht die noch nicht regulirten Strecken im Regierungsbezirk Frankfurt, die durch die Beseitigung des Beuthener Wehrs im Liegnitzer Bezirk, z. B. bei Fröbel und Brieg verursachten Versandungen, ferner auf der Strecke von Breslau bis Maltsch die Partie zwischen Pöpelwitz, Oswitz und Masselwitz, endlich unterhalb Dyhrenfurth die Stelle beim sogenann- ten tiefen Wasser und bei Pogul. Es scheint, dafs partielle Ausbesserungen nicht zu Resultaten führen, welche den darauf verwandten Kosten entsprechen, dafs die Wasserbauten vielmehr überall gleichzeitig ausgeführt werden müssen. Die Kosten derselben würden die Summe von 3 Mill. Thalern nicht erreichen. —n. Notizen über die französischen Colonien am Senegal. Schon seit mehreren Jahren haben wir in dieser Zeitschrift aus den von der französischen Regierung jährlich ausgegebenen amtlichen Berichten über die Po- pulations- und Handelsverhältnisse der französischen Colonien einzelne Notizen über die französischen Colonien am Senegal gebracht. Da Frankreich diesen Be- sitzungen in neuester Zeit eine besondere Aufmerksamkeit zugewandt hat, so dürfte es auch für uns von Interesse sein, einige nähere Nachrichten über den Zustand derselben, sowie hauptsächlich über diejenigen Negerstämme, in deren Gebieten die Colonien liegen oder mit denen sie in unmittelbare Berührung kom- men, aus dem von Faidherbe, dem Gouverneur am Senegal, herausgegebenen „Annuaire du Senegal et dependance pour l’annee 1858“ zu entnehmen, aus wel- chem ein Auszug in den Nouvelles Annales des Voyages (1859, I, p. 1) mitge- theilt ist. Schon im 16. Jahrhundert hatten die Franzosen Niederlassungen am Senegal gegründet, welche bis zum Jahre 1758 sich in den Händen von Handelsgesell- schaften befanden, deren Hauptzweck der Sclavenhandel war. In den Jahren 1758 bis 1779 und später in den Jahren 1809 bis 1817 wurden die Colonien Besitz- thum der Engländer, von denen sie in letzterem Jahre wieder in die Hände der Franzosen übergingen. Die Fregatte Medusa, deren schrecklicher Untergang an Notizen über die französischen Colonien am Senegal. 469 der afrikanischen Küste so vielfach geschildert ist, trug damals die Beamten und Truppen, welche zur Zurückgabe der Colonien an Frankreich dorthin gesandt worden waren. Die Senegal-Besitzungen zerfallen in zwei Arrondissements, in das von St. Louis und das von Bakel, ersteres am unteren Senegal gelegen, von seiner Mün- dung an stromaufwärts in einer Ausdehnung von etwa 100 Lieues, letzteres am oberen Flufslauf und nur während der Monate December bis Juli, so lange der Wasserstand es zuläfst, zu Wasser erreichbar. Der Senegal ist überhaupt zu jeder Jahreszeit für Schiffe von 12 Fufs Tiefgang bis Richard -Toll, 30 Lieues von der Mündung entfernt, befahrbar, für Schiffe von 8 Fufs Tiefgang aber bis Mafou oder 90 Lieues von der Mündung stromaufwärts; in den Monaten August bis November ist derselbe sogar bis Medine, bei den Cataracten von Felon, 250 Lieues von der Mündung entfernt, für gröfsere Schiffe befahrbar, sowie auch sein Neben- flufs, der FalEme, während der Monate August bis October in einer Strecke von 40 Lieues von Schiffen mit 6 Fuls Tiefgang passirt werden kann. In dem erstern Arrondissement liegt die Stadt St. Louis auf einer vom Senegal gebildeten Insel, etwa 4 Lieues von seiner jetzigen Mündung entfernt und vom Meere durch eine 150 Meter breite Sandbank getrennt. Die Stadt, unter allen Niederlassungen an der Westküste Afrika’s die schönste, besteht aus mehr als 400 massiven Häusern und 4000 von Schwarzen bewohnten Strohhütten. Vermöge seiner Lage bietet der Ort, welcher nur durch eine Batterie nach der Meeresseite hin befestigt ist, eine schwer anzugreifende Position. Rings um St. Louis herum liegt in einem Umkreise von 5 Lieues eine Anzahl Dörfer, welche seit zwei Jahren unter fran- zösischer Administration stehen. Südlich davon erstreckt sich auf dem linken Flufsufer das Gebiet Oualo über eine Fläche von 400 Quadrat-Lieues, welches seit dem Jahre 1855 der französischen Verwaltung einverleibt ist und die Militär- posten Dagana, Richard-Toll, Merinaghen, Lampsar, sowie eine Anzahl kleiner befestigter Blockhäuser enthält. Von der Flufsmündung stromaufwärts gehend trifft man zuerst in einer Entfernung von 65 Lieues den für den Handel höchst wichtigen Militärposten Podor. Noch weiter hinauf, 210 Lieues von der Mün- dung, liegt die stark befestigte Niederlassung Bakel, welcher die kleineren Posten von Matam, 45 Lieues näher der Mündung zu, Medine, 40 Lieues weiter strom- aufwärts, und Senoudebou, am Falem® 15 Lieues von seiner Mündung in den Senegal gelegen, untergeordnet sind. Die Besitzergreifung von Kenieba im Lande Bambouk, zur Ausbeutung der reichen Goldminen, fand im Jahre 1858 statt und die Anlage eines neuen Militärpostens zwischen Matam und Podor scheint zur Sicherung der Herrschaft über den Senegal für die nächste Zukunft dringend er- forderlich. Das Arrondissement von St. Louis hatte am 1. Januar 1858 im Ganzen 28,554 Einwohner, von denen auf die Hauptstadt selbst 12,081, auf die Vorstädte Guet-Ndar 1336, Ndar-Toute 300 und Bouöätville 351 Einwohner kamen. Von den in der Banlieue von St. Louis liegenden Dörfern zählten Leybar und Sor 418, Gandon 600, Ndieben 300, Ngalel 300, die drei Dörfer Dialakar 1000, Men- guey und Guemoy 300, Maka-Diama 96, Tiong 20, Mboio 15 und Ndiago 50 Seelen. Aufserdem gehören zu diesem Arrondissement ein Poul- Stamm mit 1022, der maurische Tribus der Ouled-Bou- Ali mit 1322, das Gebiet der Oualo mit ATO Miscellen: 6100, die Militairposten Dagana mit 1538, Merinaghen mit 291, Richard-Toll mit 362, Lampsar mit 136, Podor mit 916 Einwohnern. Das Arrondissement Bakel ent- hält 3738 Bewohner, von denen auf Bakel 2495, auf Arondou 600 (im Jahre 1858 wurde nehmlich die Bevölkerung der Dörfer Makhana nach Arondou, am Zusammenflufs des Fal&m& und Senegal, versetzt), auf Medine 89, auf Senoude- bou 534, auf Matam 20 Einwohner kommen, wozu noch eine Bevölkerung von 2442 Seelen, bestehend aus Soldaten und europäischen Beamten mit ihren Fa- milien zu rechnen ist. Die Gesammtbevölkerung der Senegal-Colonien beträgt mithin 34,734 Seelen. Die Militärmacht der Colonien besteht gegenwärtig aus fünf Compagnien Seesoldaten, zwei Compagnien eingeborner Tirailleurs, einer Compagnie Marine- Artillerie mit einer Abtheilung Negersoldaten für den Trans- port der Geschütze, einem Detachement Sappeurs, einer Escadron französischer und einheimischer Spahis, 200 Laptots oder schwarzer Militär- Agenten für die verschiedenen Stationen, zwei Miliz-Compagnien zu St. Louis und 12 bewaffneten Schiffen, unter denen sechs Aviso-Dampfer und drei Schrauben - Kanonier- Boote mit einer zahlreichen schwarzen Bemannung. Aufserdem können mit Leichtigkeit 3000 wohlbewaffnete Freiwillige in den Colonien aufgebracht werden. Zu den Stämmen übergehend, in deren Gebiet die französischen Colonien liegen, oder denen sie benachbart sind, giebt Faidherbe eine sehr ausführliche Charakteristik derselben, welche namentlich durch die grofse Menge historischer Notizen über die Geschichte der einzelnen Völkerschaften von Interesse ist. Wäh- rend das nördlich vom Senegal gelegene Land von einer der Berber- und Ara- bischen Race angehörenden Bevölkerung eingenommen ist, haben drei grolse Negerstämme, nämlich die der Poul, der Malinke mit den Sonink@ und die der Ouolof mit den Serer das eigentliche Flufsgebiet des Senegal und obern Niger besetzt. ’ Die Poul-Race, auch unter den Namen Peul, Poular, Foul, Foulah, Foulan, Fellah, Fellatah, Fellan, Fellatin bekannt, von rothbrauner Hautfarbe, mit nur wenig gekräuseltem Haar, einer Gesichtsbildung, welche der europäischen nahe verwandt ist, und durch Intelligenz ausgezeichnet, bildet heutzutage die her- vorragendste Bevölkerung des Senegal-, Gambia- und Niger-Gebietes. Zum Islam bekehrt, verbreiteten sie ihren Glauben mit Waffengewalt und wurden die Gründer der bedeutendsten Reiche in West-Afrika. So gründete der kriegerische Marabout Othman mit dem Beinamen Fou Dir d. h. der Weise im Anfange des 19. Jahr- hunderts das Reich Haoussa; Abd’oul-Kader wurde am Ende des vorigen Jahr- hunderts der Stifter des Reiches der Senegal-Fouta; das heutige Reich der Fouta- Dialon wurde zu derselben Zeit nach Unterwerfung der Dialonke, der Urbevöl- kerung jenes Landes, von dem Haoussa Marabout Alfa-Sidi gestiftet; Sheikh Amadou gründete das Reich Macina am rechten Ufer des Senegal zu Anfang dieses Jahrhunderts und in unseren Tagen begann der kriegerische und fanatische Marabout Al-Hadji-Oumar, von dessen kühnen Eroberungszügen noch mehrfach _ die Rede sein wird, das Reich der Senegal-Fouta über alle Völker des oberen Senegal auszudehnen. Natürlich hat sich im Lauf der Zeit die erobernde Bevöl- kerung mit der Urbevölkerung ‘vermischt und diese Mischrace wird in denjenigen Reichen, wo dieselbe der Zahl nach ven einiger Bedeutung ist, wie z. B. bei den Senegal-Fouta, bei den Fouta-Dialon und im Reiche Bondou, mit dem Namen der Toucouleur bezeichnet, eine Benennung, deren Ursprung nicht angegeben werden Do" ad Due Zn 2 een re Notizen über die französischen Colonien am Senegal. 47 kann. Die zweite Race ist die der Mandingo oder, wie sie sich selbst nennen, der Malinke. Sie bildet den Hauptstamm der Bevölkerung in den Gebirgsgegen- den an den Quellen des Dhioli-Ba, des Bafing oder oberen Senegal und des Gambia. In etwa fünfzehn Reiche zerfallend, sprechen die Bewohner dieser Gegenden doch nur verschiedene Dialecte ein und derselben Sprache. Auch die Bevölkerung der beiden Reiche Kaarta und Segou gehört, da dieselbe einen Dialect der Malinke- Sprache redet, zu dieser Race, sowie auch eine Anzahl kleinerer am Senegal zer- streut wohnender Völkerschaften, welche den Namen Serakholl&e führen, deren eigentlicher Name jedoch Sonink€ ist. Die Malinke, sowie die Sonink@ sind von hohem Wuchse, sehr musculös, haben krauses, wolliges Haar, sowie denn ihre Physiognomie überhaupt den Neger-Typus an sich trägt, obgleich bei weitem nicht so ausgeprägt, wie bei den Negerstämmen des Aequator oder den Congo-Negern. Die dritte Race bilden die Ouolof (Djiolof). Sie bewohnt die Gegenden zwischen dem Senegal, Faleme und Gambia und unterscheidet sich wesentlich durch ihre Sprache, sowie durch ihren Habitus von den anwohnenden Stämmen. Die Ouolof, zu welchen auch die Serer zu rechnen sind, sind die schönsten und schwärzesten aller Negerstimme Afrika’s. Ihr Haar ist kraus, ihre Gesichtsbildung oft ange- nehm. Mit ihnen stehen die Franzosen im allernächsten Verkehr, da sich ihre Hauptniederlassungen im Gebiete der Ouolof befinden. Zu den einzelnen Reichen übergehend, begegnen wir zunächst dem Staate Oualo. ‚ Dieser Staat gehörte früher zu dem grofsen Ouolof- (Djolof-) Reiche, welches von einem Könige, der den Titel Bour-ba-Djiolof führte, regiert war. Das heutige Gebiet des Oualo umfalst einen Flächeninhalt von 400 QJLieues auf dem linken Ufer des Senegal, südlich von seiner Mündung, während dasselbe vor hundert Jahren sich über einen ebenso grofsen Flächenraum auf dem rechten Ufer dieses Flusses ausdehnte. Von dem kriegerischen Stamme der Trarza’s vom rechten Ufer verdrängt, lielsen sich die Oualo in Ndiambour, einer Provinz des Reiches Cayor, nieder. Ihr Oberhaupt, Brak genannt, wurde aus den drei bedeu- tendsten Familien, den Tediek, Djieus und Logre in der Art erwählt, dafs nach dem Tode desselben die Regierung, mit Uebergehung der leiblichen Nachkommen, auf den Schwestersohn überging. Gegen die Landessitte, welche die Frauen von der Regierung ausschlie[st, bemächtigte sich aber im zweiten Jahrzehent dieses Jahrhunderts die Königin Guimbotte der Regierung. Die Trarza’s benutzten diese Gelegenheit zu neuen Angriffen auf die Oualo und nur dadurch, dafs die Köni- gin im Jahre 1833 sich entschlofs, den König der Trarza’s, Mohammed-el-Habib, zu heirathen, wurde wenigstens zeitweise der Frieden zwischen beiden Nationen hergestellt. Die Franzosen, welche jedoch durch die Vereinigung dieser beiden mächtigen Nachbarstämme ihre Colonien gefährdet sahen und sich von dem lästi- gen Tribut, welchen sie den Senegal-Völkern zu zahlen hatten, befreien wollten, standen seit dem Jahre 1850 in fast ununterbrochenen Kämpfen mit den Oualo und Trarza’s, bis es ihnen endlich in der neuesten Zeit gelang, den grölseren Theil des Gebiets der Oualo mit ihren Colonien zu vereinigen. Die Dörfer Ndiago, Mboio, Djiaos, Thiong, Maka-Diama, Menguey, Guemoy und Sor gehö- ren jetzt zum Weichbilde von St. Louis. Der übrige Theil des Gebietes ist in vier Kreise getheilt, nämlich der Kreis von Dagana, der Kreis von Richard-Toll, der Kreis von Merinaghen und der Kreis von Lampsar oder die alte Provinz 472 Miscellen: Bequio, über welche vier einheimische Häuptlinge als Commandanten gestellt sind, die jedoch unter einem von dem Gouverneur ernannten und zu Richard-Toll re- sidirenden europäischen Officier stehen. Die Bevölkerung bestand vor dem Be- ginn des Krieges von 1854 aus etwa 16,000 Seelen, von denen auf jeden der vier Kreise 3009, die übrigen aber auf Dagana und auf die innerhalb der Ban- lieue von St. Louis liegenden Dorfschaften kommen. Die Erzeugnisse von Oualo sind unbedeutend und bestehen hauptsächlich aus getrockneten Fischen, Hirse, Bohnen, Melonenkörnern und etwas Baumwolle und Indigo. — Den mächtigsten der drei Staaten, welche einst zu dem Djolof-Reiche gehörten, bildet das Reich Cayor. Einen Flächeninhalt von 800 OLieues einnehmend, erstreckt sich das- selbe längs der Küste von St. Louis südlich bis nach Gore in einer Länge von 40 Lieues und einer Breite von 20 bis 30 Lieues. Flach und sandig, hat es in der heifsen Jahreszeit nur in bedeutender Tiefe Wasser. Cayor steht unter einem Könige, welcher den Titel Damel führt. Die Krone erhält nach der jedesmaligen Bestimmung der Diaoudin-Bouls, d. h. der erblichen Oberhäupter der Diambours oder freien Bewohner des Landes, ein Mitglied aus der Königlichen Familie. Das Reich zerfällt in das eigentliche Cayor und Ndiambour, einen ganz von der mu- selmännischen Bevölkerung bewohnten Landstrich, während in dem eigentlichen Cayor die Bekenner des Islam nur in einigen Dörfern zerstreut leben. Diese muselmännische Bevölkerung schüttelte während der Religionskriege, welche der Fouta-Häuptling Abd-oul-Kader am Ende des vorigen Jahrhunderts führte, das Joch der Könige von Cayor ab, wurde jedoch nach Beendigung des Kampfes auf’s Neue von den Cayors unterjocht. Mit den benachbarten Baols, einem halb zum Djiolof-, halb zum Serer-Stamm gehörenden Volke, leben die Cayors fast in beständiger Fehde, und nicht selten geschieht es, dafs beide Stämme zeitweise dem Damel von Cayor unterworfen sind, da die Baols geringer an Zahl sind. Das Entgegenkommen der muselmännischen Bevölkerung erleichterte natürlich den obenerwähnten Trarza’s, als ihren Glaubensgenossen, die Angriffe, welche sie auf Cayor machten, so da/s es ihnen vor 30 Jahren gelang, in Ndiambour das Dorf Ouadan bei Nguik zu gründen. Die Franzosen haben in neuerer Zeit von den Cayors das Gebiet von Dialakhar, sowie den eine Lieue von St. Louis entfernten Landstrich Toub&e, welcher früher zu Oualo, darauf zu Cayor und zuletzt den Trarza’s gehörte, erworben und zum Weichbilde von St. Louis geschlagen. Au (serdem üben die Franzosen ihren Einflufs auf den zu Cayor gehörenden Küsten- strich Giandole, an der Mündung des Senegal gelegen, aus, dessen Einwohner in drei Dörfer vertheilt leben. Die im Gebiet Giandole befindlichen natürlichen Sa- linen werfen einen jährlichen Ertrag von 20,000 Fr. ab, welcher zur einen Hälfte den Einwohnern gehört, zur anderen dem Damel von Cayor abgeliefert wird. Vergeblich haben die Franzosen bis jetzt danach getrachtet, Giandole dem Damel gegen ein Jahrgehalt von 10,000 Fr. abzukaufen. Das Reich Cayor erzeugt vor- zugsweise Hirse und Arachiden, deren Betrag auf 8 Millionen Kilogramm ange- geben werden kann. Vielleicht gelingt es den Franzosen, ihre Macht auch über dieses Gebiet auszudehnen, wozu ihnen wohl die Despotie des Damel, sowie die steten Religionskämpfe im Innern des Landes den Weg bahnen werden. — Der dritte Nachbar der französischen Colonien am untern Senegal ist der Stamm der eigentlichen Djiolof’s. Derselbe bewohnt die Binnen-Gegenden, welche im Norden e7 Notizen über die französischen Colonien am Senegal. 473 vom Senegal, im Süden vom Gambia, im Westen vom Reiche Cayor und im Osten von den am Fal&m& wohnenden Stämmen eingeschlossen werden. Die Bevölkerung, einst mächtig, geht seit der Absonderung der oben gedachten beiden Djolof-Reiche, sowie durch die fortdauernden Einfälle der maurischen Stämme und der Fouta’s ihrem schnellen Untergange entgegen. Vor 200 Jahren war der Fürst der Djiolof’s, der Bour-ba-Djiolof, der unumschränkte Herrscher über Cayor und Oualo, während heutzutage die Macht dieses Königs gänzlich herabgesunken ist, und nur in einigen Höflichkeitsbezeigungen, welche bei persönlichen Zusam- menkünften die umwohnenden Könige an ihr ehemaliges Oberhaupt richten, soll sich das Andenken an die eigentliche Macht des Königs der Djiolof erhalten ha- ben. Die inneren Zustände des Landes sind von der traurigsten Art. Ein Mann mit Namen Tanor machte sich vor einigen Jahren zum Könige, dankte darauf nach kurzer Zeit ab, wurde Marabout und setzte in kurzer Zeit drei Könige nach- einander ein, welche, sobald sie sich seinem Einflufs zu entziehen strebten, ge- tödtet wurden. Die Franzosen glaubten durch Anlage des Forts Merinaghen eine Verbindung mit den Djiolofs erzielen zu können, doch hält die Furcht vor den räube- rischen Einfällen maurischer Stämme einerseits, anderseits die durch Tanor gegen die Europäer aufgewiegelte Partei die Einwohner von jeder Handelsverbindung fern. Nördlich von den Djiolofs am linken Ufer des Senegal, von dem französi- schen Posten Dagana an bis nach Dembakane& in einer Ausdehnung von 150 Lieues wohnen die Senegal-Fouta in einer Anzahl von vielleicht 300,000 Seelen. Ihren Hauptsitz bildet die von den beiden Armen des Senegal gebildete Insel Morfil und nur einige Dörfer derselben liegen auf der rechten Seite des Flusses zwischen Kaeaeli und Goumel. Das Gebiet theilt sich von Dagana stromauf- wärts gehend in folgende Theile: Dimar von Gae bis Doue; Provinz Toro, zwi- schen Doue und Boki; das Land Lao (das Land der Lao-nko-be) von Boki bis Abdallah-Mokhtar; das Land der Irlab€ von Abdallah Mokhtar bis Salde; das Land der Besseiabe, von Sald& bis Tiaski; das Land der Ebiabe, von Tiaki bis Doualel; das Land der Kouliabe, von Djiooul bis Bapalel; die Provinz Damgo, das Land der Delianke, der Nguenar und der Aeranke, von Guiray bis Dembakane. Die westlichste dieser Provinzen, Dimar, steht unter franzö- sischem Einflufs, sowie unter dem der Trarza’s, denen sie sogar tributpflichtig ist. Die Regierungsform der Senegal -Fouta’s ist eine republikanische. Zum Häuptling, Almany genannt, wird ein gelehrter Marabout, der jedoch dem Stamme der Toro’s angehören mufs, erwählt. Seine Stellung ist jedoch eine wenig sichere, da er ein Spielball der zahlreichen Parteien im Innern des Landes ist. Nur bei Religionskämpfen findet eine feste Einigung der Stämme statt, wie der gegenwär- tig unter dem fanatischen Almany Al-Hdjii-Omar geführte Krieg beweist. Früher von der Ouolof-Serer-Race im Westen und von den Soce, einem zur Malinke-Race gehörigen Volke, im Osten bewohnt, soll das Land vor 400 Jahren von den De- lianke, einem Poul-Negerstamme, erobert worden sein, ungefähr zu derselben Zeit, als die Araber vom Stamme Beni-Hassan die Berber-Bevölkerung am Senegal unterjochten. Diese aus der Urbevölkerung und Poul-Race entstandene Mischbe- völkerung, Torodo genannt (den Namen Toro trägt noch heute eine Provinz des Landes), bekehrte sich zum Islamismus, stürzte unter dem kriegerischen Marabout Abd-oul-Kader vor 150 Jahren die alte erbliche Dynastie der Deliank€ und führte Ara Miscellen : die obengedachte republikanische Verfassung ein. Abd-oul-Kader wurde durch die Unterwerfung sämmtlicher Staaten des Senegal-Gebietes, mit Ausschlufs jedoch von Cayor, das mächtigste Oberhaupt des westlichen Afrika’s, jedoch zerfiel nach seinem Tode die Macht der Fouta’s und erst in neuester Zeit droht der gegen- wärtige Almany Al-Hadji-Omar den Nachbarstaaten ein gleiches Schicksal zu be- reiten wie zur Zeit des Abd-oul-Kader. Nur die vorgeschobenen Posten der Franzosen hemmen in Etwas die Ausbreitung seiner Macht. Die Franzosen ha- ben gegenwärtig die beiden Militärposten Podor und Matam, ersteren im Gebiet Toro, letzteren im Gebiet Damga, jedoch scheint es rathsam, zwischen beiden Stationen, welche 100 Lieues von einander entfernt liegen, eine neue befestigte Niederlassung zum Schutz des Handels und der Schifffahrt auf dem Senegal zu gründen. Vor dem letzten Kriege mufsten die Europäer einen jährlichen Tribut von 2000 Fr. an die Fouta’s entrichten, und aufserdem hatte jedes Handelsschiff, je’nach dem Tonnengehalt, beim Passiren des Ortes Salde 500 bis 1500 Fr., für das Passiren des Ortes Guede 100 bis 300 Fr., sowie auch an den Häuptling jedes Dorfes, in welchem die Franzosen Handel trieben, eine Abgabe- zu entrich- ten war. Seit vier Jahren hat dieser Tribut aufgehört. Die Haupterzeugnisse des Landes sind verschiedene Arten Hirse, Arachiden, treffliche Rinderheerden und eine Art kleiner, sehr geschätzter Pferde. Zwischen Dembakane und Boungourou, in einer Länge von 30 Lieues, liegt am linken Ufer des Senegal das durch den Faleme getheilte Land Gadiaga, von Sonink&-Negern bewohnt. Vor mehreren hundert Jahren wanderte dieser Stamm aus Kaarta hier ein. Er stand damals und steht gegenwärtig noch unter Häupt- lingen, welche aus der Familie der Bakiri gewählt werden. Im Jahre 1819 ver- kaufte diese den Franzosen das Gebiet von Bakel, auf welchem ein Militärposten gegründet wurde. Die Theilung des von den Franzosen für diese Erwerbung zu entrichtenden jährlichen Tributs, sowie für die Erlaubnils, quer durch das Land hindurch mit Tuabo Handel treiben zu dürfen, führte im Jahre 1844 zu Zwistig- keiten in der Familie Bakiri. Es kam zwischen dem Häuptling von Tuabo und dem damals zu Kotere residirenden Fürsten von Gadiaga zum offenen Kampfe, in Folge dessen eine Trennung des Reiches in die beiden Landstriche Guoy mit der Residenz Tuabo auf dem linken Ufer des Faleme, und Kamera auf dem rech- ten Flufsufer stattfand. Nach seiner geographischen Lage stützte sich seitdem das Land Guoy auf den benachbarten Fouta-Staat, während Kamera sich an die Bambaras in Kaarta anschlols. Die Bevölkerung, etwa 15- bis 20,000 Seelen stark, ist von allen den Senegal bewohnenden Stämmen die am meisten handel- treibende. Ihre Karavanen ziehen bis tief in das Innere Afrika’s. Indigo, Ara- chiden, Hirse, Sesam und Hülsenfrüchte bilden die Hauptproducte des Landes. Die Bondows bewohnen den Landstrich zwischen dem Senegal und dem Westufer des Faleme. Das Land soll an Auswanderer der Poul-Race aus dem Gebiete der Fouta-Toro und aus anderen Gegenden von dem Könige von Gadiaga abgetreten worden sein. In die Eroberungskriege Al-Hadji’s wurde auch Bon- dou verwickelt und nur durch die Franzosen, an welche im Jahre 1848 der Ort Senoudebon als Militärposten dafür überlassen wurde, dals dieselben den Boukabar- Saadu als rechtmäfsigen Herrscher wieder einsetzten, wurde den ferneren Angrif- fen Al-Hadji’s auf das Land Bondou ein Ziel gesetzt. Im Jahre 1858 wurde ein Notizen über die französischen Colonien am Senegal. 475 zweiter Militärposten von den Franzosen zu Kenieba auf dem rechten Ufer des Falem& im Lande der Bambouk angelegt, um die reichen Goldminen daselbst auszubeuten. Bondou ist übrigens reich an Heerden, Hirse, Arachiden, Reis, Sesam, Indigo, Baumwolle, Honig und Wachs. — Das zwischen dem rechten Ufer des Faleme und dem linken Ufer des Senegal liegende Gebiet wird von den Bambouk’s, einer nicht muselmännischen Bevölkerung von der Race der Malinke- Neger, bewohnt. Land und Volk sind bis jetzt noch wenig bekannt und nur zwei Stämme der Bambouk’s, die Farabana, gegenüber von Senoudebou, und die Sirmanna in der Nähe von Medine stehen bis jetzt mit den Franzosen in freund- schaftlichem Verhältnisse. Merkwürdig ist es, dafs inmitten eines Landes, in welchem der Sklavenhandel so allgemein ist, Farabana eine Zufluchtsstätte für alle flüchtigen Sklaven bildet. Von dem Augenblick an, wo der flüchtige Sklave das Gebiet von Farabana betritt, ist derselbe frei und Mitbürger der kleinen Re- publik. Gold und Eisen kommen in grofser Menge in Bambouk vor. Die Ver- suche, welche schon im vorigen Jahrhundert während der Jahre 1736 — 1756 zur Ausbeutung dieser Goldminen von Franzosen gemacht wurden, scheiterten an der schlechten Verwaltung der Compagnie und äufseren kriegerischen Verhält- nissen und erst in neuester Zeit sind durch die vorhingedachte Erwerbung von Kenieba die Versuche zur Ausbeutung dieser reichen Hülfsquellen des Landes wieder aufgenommen worden. Uebrigens haben schon vor der Occupation der Senegalländer durch die Franzosen die Portugiesen von diesen Goldminen Kennt- nifs gehabt, wie unzweifelhaft aus den älteren Portugiesischen Karten hervorgeht, Das Gebiet Khasso, am Senegal von Diakhalel an bis zum Einflufs des Baoul@ in den Bafing (oberen Senegal) sich erstreckend, wird von einer zur Poul- Race gehörenden Bevölkerung bewohnt. Das Land, ebenso fruchtbar wie Bondou, übertrifft dieses an Naturschönheiten. Die Einwohner, welche anfangs als Hir- ten aus Bakhounou zu den hier ansälsigen Negern von der Malink&e-Race ein- wanderten, verdrängten bald diese und machten sich zu Herren des Landes. Bis vor 15 Jahren stand das Land unter einem einzigen Häuptling, Aoua-Demla ge- nannt. Nach seinem Tode jedoch störte das benachbarte mächtige Volk von Kaarta die Ruhe von Khasso, so dafs, da ein thatkräftiger Mann fehlte, welcher im Stande gewesen wäre das Reich zusammenzuhalten, eine Theilung des Landes unter die Söhne Aoua-Demla’s in ebenso viele von einander unabhängige Pro- vinzen stattgefunden hat, nämlich: Medine, Logo, Natiaga auf dem linken Ufer des Senegal, Khoulou, Konbiega mit Einschlufs von Diombokho, Magui, Fansane, Tomora, Sangakenie, Sanga, Dinguira und Makha-Dengue auf dem rechten Flufs- ufer. Die Franzosen legten im Jahre 1858, zu der Zeit, als der schon mehrfach erwähnte Fouta-Häuptling Al-Hadji sich zum Herrn von Khasso machte und ge- gen Kaarta vordrang, einen Militärposten zu Medine an. Während der zweijäh- rigen Dauer der Eroberung von Kaarta hielt Khasso sich ruhig; als aber Al-Hadji von seinem Eroberungszuge nach Khasso zurückkehrte, unterwarfen sich die Be- wohner des linken Ufers den Fouta’s, während die Bewohner des rechten Flufs- ufers nach Bambouk flüchteten. Al-Hadji wandte sich darauf gegen die franzö- sische Besatzung von Medine, welche, verstärkt durch Flüchtlinge aus den um- liegenden Dörfern, während drei Monate den Sturm der Belagerer zurückschlug, bis es am 18. Juli 1857 den Franzosen gelang, die Festung zu entsetzen und 476 Miscellen: dem Fouta-Häuptling gleichzeitig eine so empfindliche Niederlage beizubringen, dafs derselbe zum Rückzug genöthigt wurde. Die Gesammtbevölkerung wird auf etwa 150,000 Seelen geschätzt, jedoch ist die Schätzung eine ebenso unsichere, wie die der übrigen Negerstämme. Durch das Etablissement zu Medine sind die Franzosen Nachbarn des mächtigen Reiches Kaarta geworden, welches auf der rechten Seite des Senegal gelegen, von dessen Ufer es durch einige Provinzen des Reiches Khasso getrennt ist, und einen Flächeninhalt von 2500 — 3000 QLieues einnimmt. Dieses Land, dessen Hauptstadt zu Mungo Park’s Zeit Kemnou, später Elimand war und jetzt Nioro ist, wird hauptsächlich von Bamana’s bewohnt, welche auch Bambara’s heifsen. Sie sprechen, wie oben bemerkt, einen Melinke-Dialect. In früherer Zeit gab es in Kaarta ein stehendes Heer. Durch die Macht war es den Herrschern der Bambara möglich, sich in die Streitigkeiten der umwoh- nenden Stämme zu mischen und eine einflufsreiche und gefürchtete Stellung bei den Nachbarvölkern einzunehmen. In neuester Zeit brach jedoch im Innern des Landes eine sehr gefährliche Revolution eines im Lande wohnenden Sonink£- Stammes, der Djiavara’s, gegen die Bambara’s aus, welche Gelegenheit denn auch der oft erwähnte Al-Hadji zur Unterwerfung des Landes unter die Herrschaft der Senegal-Fouta’s benutzte. Die Einwohnerzahl von Kaarta wird auf 300,000 ge- schätzt. Wir schliefsen hier unsere Notizen über die Senegalstämme, da die an- deren von Faidherbe geschilderten Völkerschaften und Reiche, nämlich Segou, Macina, Guidimakha, Trarza, Brakha und Douaich gegenwärtig noch nicht in un- mittelbare Berührung mit den Franzosen gekommen sind. —r. Schtschukin’s Reise von Irkutsk nach den heifsen Quellen von Turansk. Aus dem Russischen !). Nicht weit von der chinesischen Grenze und 180 Werst von Irkutsk entfernt liegt am Irkut das alte hölzerne Fort Tunka; noch 60 Werst weiter stromauf- wärts sprudeln am Ufer des Baches Ike-uguk, oder richtiger Jeke-ussu, heifse Quellen hervor. Wir hatten schon viel gehört über die romantische Umgebung dieser Thermen und über die verschiedenen Merkwürdigkeiten, die man auf dem Wege zu ihnen antrifft. Wir hörten, dafs wir auf der Reise den Baikal und Burjaten sehen würden, dafs wir das Gebirge Chamar-Daban und den durch sein Marienglas und den Lasur‘ berühmten Bach Sludjanka besuchen könnten, dafs wir eine Menge ıeilsender Gebirgsbäche durchfahren, das seltene Rhododendron Chry- santhum finden würden u. s. f£ Wir versahen uns also mit Reisevorräthen und brachen an einem schönen Augusttage nach den Thermen von Turansk auf. Zur Ueberfahrt über die Angara bestiegen wir einen Prahm oder, wie man hier sagt, ") Das Original, dessen weitläuftige Auslassungen wir in der Uebersetzung öf- ters zusammengezogen haben, ist veröffentlicht im Morskoi Sbornik. 1858. I. Schtschukin’s Reise von Irkutsk nach den heifsen Quellen von Turansk. 477 ein Karbas. Man fährt aber nicht sofort quer über den Flufs, sondern der Prahm wird zuerst mit Stangen und Rudern längs des Ufers eine Strecke weit strom- aufwärts fortgestofsen, dann von der Strömung und mit Hülfe der Ruder an das entgegengesetzte Ufer geführt. Das Wasser des Angara war so klar, dafs wir die Kiesel auf dem ‘Boden deutlich erkennen konnten, aufser im eigentlichen Fahrwasser, wo der Flufs zu tief ist. Nach der Aussage des Steuermannes war jetzt niedriger Wasserstand und der Flufs nicht tiefer als 4 Sashen (28 Fufs); aber bei Hochwasser soll er auf 5 Sashen steigen. An dem Ufer, wo wir lan- deten, steht an den Berg gelehnt eine Reihe von Häusern, mit der Front nach dem Flusse. Der Ort heifst Glaskowa; ob er nur eine Vorstadt oder ein eignes Dorf bildet, vergafs ich zu fragen. Wir‘nahmen nun in einem Tarantafs Platz und fuhren im Schritt bergaufwärts. Dieser Berg ist mit kleinen Birken besetzt, aber zu beiden Seiten des Weges ist er kahl, und hier weidete im dichten Grase das Vieh. Von der Höhe eröffnete sich vor und hinter uns eine prächtige Aus- sicht. Vor uns breitete sich zu unsern Fü/sen das Thal aus, durch das sich die Kaja hindurchschlängelt, rechts fliefst der Irkut mit einem Landgut an seinem Ufer, gerade vor uns lag auf einem Hügel eine Odnadworka oder eine Ansiede- lung, die aus einem einzelnen Hause besteht. Hinter uns breitete sich auf der ebenen, in den Flufs vorspringenden Hochfläche Irkutsk mit seinen Glockenthür- men und hölzernen Häusern aus. Jenseits desselben erblickte man das Gebirge, vor uns und zur Linken die Windungen der bläulichen Angara. Die mit Wald bedeckten Berge ziehen sich nach Süden hin, so weit das Auge reicht. Der Jamschtschik hemmte hier den Wagen und unser Tarantals fuhr steil abwärts, wäh- rend wir ihm folgten und die Blüthen der weilsen Anemone und rothen Lilien pflückten, die hier sarany heilsen. Am Fulse des Berges hielt unser Fuhrwerk bei der Brücke, die über die Kaja führt. Der Bach flie/st trübe und ruhig zwi- schen Ufern hin, die mit Gesträuch von Weiden und Elsebeeren bedeckt sind. An einigen Stellen schlängelt er sich unter dem Laubdach von Bäumen hin, an andern durch Wiesen, auf denen Heerden von Kühen und Schaafen weideten. Es war gerade ein Feiertag und viele Leute aus Irkutsk hatten sich, mit ihrem Ssamowar, mit Geigen, Clarineten nnd Flöten ausgerüstet, hierher begeben, um sich im Schatten der Gebüsche an Spiel und Scherz zu erfreuen. In Sibirien reist man im Allgemeinen schnell, und der Jamschtschik benutzt jede geeignete Ge- legenheit, so zu jagen, dafs man sich kaum auf dem Tarantafs erhalten kann. So flogen wir nun 2 Werst weit über die Ebene, und die Pferde mäfsigten ihren Lauf erst neben einem Höhenzuge, auf den wir jetzt hinauffahren sollten. Vier Werst weit ging es nun bald auf- bald abwärts, endlich einen steilen Abhang hinab an den Irkut bei dem Dorfe Smolenschtschina. Von hier führte der Weg wieder über eine Ebene an den Dörfern Okininaja und Baklascha vorbei,‘ die von sibirischen Kosaken bewohnt werden, Diese waren noch vor Kurzem Bauern; jetzt zahlen sie keine Abgaben und stellen keine Reeruten, dienen dafür ein Jahr und sind zwei Jahre frei. Es ist eine Art von Militär- Colonie, aber mit andern Rechten. Jenseits des Kirchdorfs Wedenschina oder Monastyrschina fangen wie- der die Berge an und ziehen sich bis an den Baikal hin. Sie sind mit dichten Wäldern bedeckt. Wir dachten an Wölfe und Bären; aber der Jamschtschik' be- ruhigte uns. „Der Bär“, sagte er, „fürchtet das Glöckchen; wenn er auch dicht 478 Miscellen: am Wege liegt und er hört den Ton des Glöckchens und das Stampfen der Pferde, so steht er unfehlbar auf und sucht das Weite.“ Es ging nun 19 Werst weit durch das Gebirge, bald aufwärts, bald abwärts, und wir konnten lernen, dafs eine Gebirgsreise recht langweilig ist: man fährt im Schritt bergauf und im Schritt bergab. Endlich hörten die Berge auf und wir fuhren auf einer Ebene an den Irkut, wo das Dorf Moty liegt. Hier herrschte vor Zeiten ein grolses Sprachgemenge; aber jetzt ist schon eine andere Genera- tion herangewachsen. Als nämlich der Weg um den Baikal nach Kjachta an- gelegt wurde, war das Land zwischen dem See und Monastyrschina ganz unbe- wohnt. Im Gebirge konnte man kaum eine Stelle finden, wo es möglich war ein Dorf zu gründen. Da wurden hier auf Kosten des Fiscus einige Häuser ge- baut und Verbannte aus verschiedenen Theilen Rufslands hineingesetzt; ihr Leben ist auch jetzt nicht beneidenswerth, sie klagen über die Nachtfröste, die ihr Ge- treide zerstören, aber es scheint mehr an einem angeerbten Fehler zu liegen — an Faulheit. Von Moty führt der Weg wieder ins Gebirge, und wir kamen, an einem gewaltigen Felsen vorbei, der sich wie eine Säule fünf bis sechs Sashen hoch aus der Erde erhebt, nach 25 Werst zu der einzigen Station im Gebirge, wo ei- nige Fuhrleute mit Postpferden leben. Die von uns durchreiste Gegend heifst Gari; sie bestand früher aus verbrannten Baumstümpfen, ist aber jetzt wieder mit Wald bedeckt. Es ist schon lange her, als der Wald durch einen Blitz ange- zündet und das ganze Gebiet zwischen dem Irkut und dem Baikal auf eine Länge von 50 und eine Breite von etwa 25 Werst verwüstet wurde. Waldbrände finden hier übrigens in jedem Frühjahr statt; denn die Bauern haben die Gewohnheit, auf Aeckern und Wiesen die alte Stoppel anzuzünden; von den Aeckern dringt das Feuer in den Wald, wo immer eine Menge Reisig liegt, und vom Winde an- gefacht, greifen die Flammen um sich, bis ein starker Regen ihnen Einhalt thut. Von der Station Globokaja bis zum Baikal sind noch 25 Werst; aber man darf sich nicht schmeicheln sie in 2 Stunden zurückzulegen, denn nur selten kann man traben, meistens geht es im Schritt bergauf und bergab, letzteres oft mit gehemmten Rädern an so steilen Gehängen, dafs wir nur, indem wir die Hacken fest in die Erde stemmten, hinabgehen konnten. Die Pferde sind wunderbar ge- übt in solchen Passagen: sie gehen nach der Seite, zuerst nach rechts, dann nach links, im Zickzack, und verringern so die Abschüssigkeit des Weges. Von dem Berge Ongossolok, dessen Namen — er bedeutet Boot — uns der Jamschtschik nicht erklären konnte, sahen wir zum ersten Mal den Baikal. Uns zur Linken brauste der Bach Lidwjanka von Fels zu Fels oder stürzte in Stromschnellen über stark geneigte Flächen. Vom Berge Kultuschna ging es endlich 7 Werst weit allmählich abwärts auf die Ebene, wo wir in den Wagen stiegen und an den Baikal fuhren. Am Ufer desselben liegt das Dorf Kultuk, früher nur eine einzelne Winterhütte, aber zur Zeit des Baues der um den Baikal nach Kjachta führenden Strafse hat es sich zum Range eines Dorfes emporgeschwungen. Hier rasten die Waaren- Transportzüge, die von Kjachta über gefährliche Berge kom- men; hier gönnen sie den Pferden einige Erholung, und rüsten sich zu neuen, wenn auch minder gefährlichen Strapazen. Unser erstes Geschäft war, den Baikal in Augenschein zu nehmen, Auf Schtschukin’s Reise von Irkutsk nach den heifsen Quellen von Turansk. 479 einer breiten Strafse schritten wir vorwärts und befanden uns bald an dem er- sehnten Ufer. Der Baikal ist von hohen Bergen eingefafst; er windet sich hier nach links herum und entzieht sich bald hinter Bergen dem Blick. Er präsentirt sich hier wie ein Flufs und hat nicht die geringste Aehnlichkeit mit einem Meer; nirgends verschwimmen Himmel und Wasser in einander. Sein Wasser ist klar und rein wie Kıystall. Weiter rechts fliefst aus den Bergen die Sludjanka her- vor; links stürzt sich die uns schon bekannte Lidwjanka mit Ungestüm in den See; am Ufer dieses Giefsbaches steht eine Kirche. Im Baikal giebt es keine Muscheln; statt ihrer ist das Gestade hin und wieder mit trocknen, porösen Flulsschwämmen bedeckt, die wie Korallen aussehen. Den Ausflug nach dem Bache Sludjanka und nach dem Chamar Daban mulsten wir auf die Rückreise verschieben. Wir fuhren von Kultuk direct nach Norden, bald in der Schlucht, durch welche der Bach Kultuschnaja fliefst, bald auf dem Pergabhange zur Rechten desselben. Bei der Hinauffahrt auf den Berg sahen wir einen Hügel von Reisig, wie einen colossalen Ameisenhaufen: es war ein burjatischer Obo. Die Burjaten bevölkern alle irgendwie auffallende Oertlichkeiten mit Geistern. Auf dem Gipfel eines Berges, auf einem hohen Baume, in einem reilsenden Bach, einem Wasserfall, einer Felsmasse, die aus dem Boden hervorragt, vermuthen sie jedenfalls einen Geist; und da die Geister sehr launenhaft sind, mufs jeder, der an ihrem Aufenthaltsort vorüberzieht, ihnen ein Opfer bringen. Glücklicherweise sind die Geister nicht sehr habgierig: es genügt, wenn man ihnen einen Zweig vom Baume darbringt oder aus dem Pferde- schweif ein paar Haare ausrauft und sie an den nächsten Baum hängt. Wer reicher ist, opfert einen Chadak oder ein Taschentuch aus grobem chinesischen Nesseltuch, das durch das Gebet eines Lama geweiht ist. Mit den Jahren wächst der Obo zu ansehnlicher Höhe heran. Muthwillige Russen werfen dann wohl aus ihren Pfeifen glimmenden Taback auf das Heiligthum und veranstalten so ein Brandopfer. Die Burjaten glauben, dafs der Geist das Feuer angezündet hat, und fangen gleich wieder an, einen neuen Obo zu errichten. Als wir den Opfer- hügel hinter uns gelassen, wandten wir uns nach links, fuhren auf einer Brücke über die Kultuschnaja und gelangten über ein ebenes Waldterrain zur grofsen Bystraja. Der Irkut blieb uns zur Rechten; der Waldung wegen bekamen wir ihn nicht zu Gesicht. Die Burjaten erzählen, dafs der Irkut ursprünglich beab- sichtigte sich in den Baikal zu ergielsen; als er sich dem Thale näherte, das wir eben durchreisten, schickte er einen Bach als Boten zum Baikal, um sich die Erlaubnifs dazu zu erbitten. Der Baikal antwortete: „Du, Irkut, bist ein schmu- ziges Wasser, ich erlaube dir nicht, mich zu trüben und zu verunreinigen; aber in Anbetracht der Mühe, die du dir gemacht hast, will ich dir gestatten, dich mit meiner Tochter, der Angara, zu vereinigen.“ Tief gekränkt wandte sich der Irkut nach links uud flofs wieder zurück, bald besann er sich aber anders, lenkte in seine frühere Richtung wieder ein, durchbrach in Wasserfällen die Berge und vereinigte sich endlich ruhig mit der Angara, der Stadt Irkutsk ge- genüber. Es giebt zwei Bäche Namens Bystraja, die grofse und die kleine. Bei ge- wöhnlichem Wasserstande kann man durch sie ohne Gefahr hindurchfahren, bei Hochwasser müssen die Reisenden an ihrem Ufer zuweilen tagelang warten, 480 Miscellen: Beide entspringen auf dem Chamar Daban; dort liegt ein See, aus welchem alle diese Bäche, zuerst in Wasserfällen, dann über eine sich senkende Ebene abfliefsen. Nach Regen schwellen sie ar, und kein Pferd kann sich dann in ihrer reifsenden Strömung aufrecht erhalten; aber wie bei allen Gebirgsbächen verläuft sich das Wasser eben so schnell als es gestiegen ist. Die abgerundeten Steinblöcke am Ufer und im Bett der Bäche bezeugen die Gewalt der Strömung. Die Brücken, die man über die Bäche zu schlagen versucht hat, wurden vom ersten Hochwas- ser fortgerissen; aber wahrscheinlich haben die Erbauer ihre Sache nicht gut ver- standen; denn es ist gelungen über den Jeke Ussu eine Brücke zu bauen, der nicht minder reilsend ist als die Bystraja’s. Als wir an dem Dörfchen Tabiltjai vorbeigekommen waren, öffnete sich vor uns ein breites Thal oder, wie man hier sagt, eine Steppe. Hier sahen wir die zerstreuten Jurten der Burjaten und ihre Viehheerden. Die Steppe heifst Tora; zu beiden Seiten derselben erstrecken sich waldbedeckte Bergketten, und mitten durch sie fliefst der schnelle Irkut, der die- ses Thal ausgewaschen hat, indem er bei seinem veränderlichen Lauf die leicht zerstörbaren Gesteinsarten fortführte. i Die Berge, die sich rechts vom Wege am linken Ufer des Irkut hinziehen, sind mit Wald bedeckt und enden an einer tiefen Schlucht; jenseits derselben erheben sie sich aber wieder in hohen Eisbergen (golez, Gletschern) von rothem Granit und ziehen so, an Höhe zunehmend, unter dem Namen Ssardyk, der so viel als Gletscher (?) bedeutet, nach Westen bis zu den Quellen des Irkut, wo sie sich nach den Aussagen Einiger in zwei Aeste theilen. Der nach rechts sich abzweigende zieht durch die südlichen Theile des Gouvernements Jenisseisk, wo er den Namen der „weilsen Berge“ führt und unsern Geographen als Sajanisches Gebirge bekannt ist; er vereinigt sich vielleicht mit dem Alatau in der Kirgisen- steppe. Die Abzweigung nach links zieht sich in die Mongolei hinein, biegt um den See Kossogol herum und hängt mit dem Thian Schan zusammen. Nach der Aussage eines Burjaten kann man den Ssardyk nur an einer Stelle überschreiten, in der erwähnten Schlucht, durch welche ein reifsender Gebirgsbach schäumend von Fels zu Fels stürzt. Die Gipfel sind nicht zu ersteigen; ein überaus be- schwerlicher Weg über lockeres Steingeröll, das unter jedem Schritt weicht, hat selbst die beherztesten Jäger abgeschreckt. Die Burjaten meinen, hinaufkommen könnte man schon, aber wie solle man wieder herabkommen! Bis zur Hälfte seiner Höhe ist der Ssardyk mit dichter Waldung bedeckt, dann werden die Bäume spärlicher, endlich tritt der kahle röthliche Granit zu Tage. An einer Stelle bemerkten wir eine runde Fläche mit weifsen Flecken, vielleicht Spath oder Kalkstein, etwa auf der halben Höhe des Gebirges. Die Berge zur Linken des Weges sind zwar auch hoch, aber ganz bewaldet. Weiter aufwärts am Irkut gehen sie ebenfalls in Gletscherberge über, die nach den Bächen, welche sie durchschneiden oder auf ihnen entspringen, verschiedene Namen tragen, z. B. Tugurik, Shimschik, Sangissan, Charijat u. s. w. Wir fuhren durch den Irkut, kamen durch das Dorf Gudshir und dann auf den Berg Bytschi. Hier lagen zu beiden Seiten des Weges Quarzklumpen mit gelbem Ocker, woraus wir schlossen, dafs hier Gold vorkommen könne. Später erfuhren wir, dafs hier in der That schon Goldsucher geschürft hatten; sie hatten aber nichts gefunden. Bis Tunka führt der Weg über ein unebenes, bald be-. Schtschukin’s Reise von Irkutsk nach den heifsen Quellen von Turansk. 481 waldetes, bald kahles Terrain; hin und wieder zeigten sich Ackerfelder. Da es zu regnen anfing, beeilten wir uns möglichst und erreichten noch vor Tagesschluls Tunka, wo wir im Hause eines Kaufmanns ein treffliches Quartier fanden. Tunka liegt an der Mündung des gleichnamigen Baches in den Irkut. Es dehnt sich 5 Werst weit aus, hat aber nicht 300 Häuser. Der Name Tunka kommt eigentlich nur dem nördlichen Ende der Colonie zu; das südliche heilst das Kosakendorf. Dort ist eine steinerne, hier eine alte hölzerne Kirche. Die letztere stand früher in einem Fort, jetzt auf einem freien Platz. Das frühere Fort bildete ein Quadrat, das von ‚hohen festen Palisaden aus Lärchenholz um- geben war; an den Ecken befanden sich Schielsscharten für Kanonen, in der Mitte ein Thor mit einem hölzernen Adler, innerhalb der Palisaden die erwähnte Kirche, die Wohnungen der Kosaken, die Vorrathsgebäude mit Waffen, Proviant u. s. w. Es hatte schon über hundert Jahre existirt und hätte noch heute un- versehrt sein können, wenn nicht einer der Grenzaufseher, ein neuerungssüchtiger Kopf, gefunden hätte, dafs Alles dem Einsturz nahe sei. Es wurde also befoh- len, die Kirche, die Kosakenhäuser und Palisaden abzubrechen. An die Kirche freilich mochte Niemand Hand anlegen und sie steht noch heute; aber die Pali- saden wurden zerstört, und jetzt sieht man nur noch Reste von ihnen: es wird nicht lange dauern und wir werden uns vergebens durch den Augenschein zu unterrichten suchen, wie die Eroberer Sibiriens gebaut haben. Das Fort war nach dem Jahre 1726 errichtet worden, als Graf Ragusinski den Grenzvertrag mit China abgeschlossen und den grofsen See Kossogol abgetreten hatte, wo das Fort Kossogolski stand. Dieses wurde an den Irkut verlegt und erhielt den Na- men Tunka. Hier war seit lange eine Sotnie Kosaken aus Irkutsk angesiedelt und hatte sich sehr vermehrt. Sie standen unter einem Fähnrich, der den Titel Grenzaufseher führte. Die Grenzkosaken leben übrigens in gro[ser Unthätigkeit: zur festgesetzten Stunde die Runde um den Karaul zu machen, auf die Jagd zu gehen, zu essen und zu schlafen — das sind ihre Beschäftigungen. Früher gab es auch burjatische Kosaken, aber man hat sie entlassen, da selbst die eigentlichen Kosaken nichts zu thun haben. Alle Kosaken in Tnunka haben einen eigenen Haushalt, die Unteroffiziere besitzen sogar eine Art kleinrussische Meiereien. Ihr Hauptreichthum besteht in Vieh. Das Getreide wird nicht immer reif, Unter den Bewohnern von Tunka herrscht das mongolische Element vor. Bauern und Kosaken sprechen mongolisch, kleiden sich in mongolische Pelze und ahmen den Mongolen auch in ihrer Lebensweise nach. Die Zahl der Mongolen ist in der That gröfser als die der Russen. Die ersten russischen Ansiedler sa- _ hen sich ausschliefslich auf die Mongolen verwiesen; von ihnen nahmen sie Wei- ber und Mädchen und mancherlei Vieh, halb mit Gewalt; für eine Kleinigkeit kauften sie ihnen die Pelze von Zobeln, Eichhörnchen und Füchsen ab; und da der Russe von Natur eben so gelehrig und zur Nachahmung geneigt, wie der Burjate starr und unbeweglich ist, wurde es dem Russen leicht das Mongolische zu erlernen, während der Burjate das Russische nicht bedurfte, da die Sieger sich in seiner Sprache ausdrückten. So kam es, dafs es hier nur wenig Russen giebt, die nicht mongolisch verstehen, aber sehr selten einen Burjaten, der russisch spricht. In Tunka hielten wir uns zwei Tage auf und versahen uns mit Lebens- Zeitschr. f. allg. Erdk. Neue Folge. Bd. VI. 31 482 Miscellen: mitteln, da man bei den Thermen nichts erhält. Auf der Weiterreise begleitete uns der Grenzaufseher, der froh war, dafs sein einförmiges Leben durch diesen Be- such unterbrochen wurde. Der Weg, den wir nun einschlugen, führte über eine Ebene; aus der Ferne, zur Rechten und Linken, schimmerten die Gletscher her- über und wurden immer deutlicher, — ein Beweis, dafs das Thal sich verengerte. Bald fuhren wir wieder über den Irkut, von dem linken auf das rechte Ufer, wechselten auf einer Station die Pferde und fuhren auf einem guten Wege nach dem Dorfe Schimka, der letzten russischen Ansiedelung am Irkut. Auf der Sta- tion sahen wir eine grolse Schaale, die mit Wurzeln angefüllt war. Arme Bur- jaten pflegen nämlich auf die Felder zu gehen und dort unschädliche Pflanzen- wurzeln, z. B. vom Gänsefuls, auszugraben oder die Wurzelvorräthe fortzunehmen, welche die Feldmäuse in ihren Löchern angesammelt haben. Sie kochen diese, thun etwas Mehl und Milch hinzu und essen sie als Brodsuppe. Wir stiegen in Schimka in dem Hause eines Kaufmanns ab. Im Zimmer stand eine Spieluhr, welche Ecossaisen und russische Lieder spielte; also auch hier Civilisation! Unerwarteter Weise stellte sich uns hier ein Lama vor, der kein Wort russisch verstand. Er verbeugte sich und sprach etwas, wir sahen ihn an und verstanden nicht, was seine Ankunft bedeuten solle und was er sagte. Endlich schickten wir nach unserm Wirth und da klärte sich die Sache auf. Der Lama war der erste Geistliche eines in der Nähe gelegenen Götzentempels; er hatte Schimka zufällig besucht und erfahren, dafs aus der Stadt Beamte ange- kommen wären, und wünschte nun sich uns in seiner Eigenschaft als erster Geist- licher vorzustellen. Wir dankten ihm und baten um die Erlaubni/s, seinen Tem- pel besuchen zu dürfen, der an dem Wege lag, welchen wir jetzt einschlagen mufsten. Der Lama war sehr erfreut über unsern Wunsch, erkundigte sich, wann wir weiter fahren würden, und verabschiedete sich dann von uns. Nach dem Mittagsessen setzten wir die Reise fort und erblickten bald rechts vom Wege den Tempel und neben ihm etwas Rothes. Als wir dem Tempel gegenüber ange- kommen waren, stiegen wir aus und gingen zu Fufs nach dem tibetanischen Heiligthum; der rothe Fleck erwies sich nun als eine Versammlung von Lamen. Sie kamen uns in Procession entgegen und spielten auf Blasinstrumenten. Nichts geht über eine solche Musik! Der eine blies auf einer langen Trompete, welche herzzerreilsende Töne von sich gab; der andere entlockte einer schneckenförmig gewundenen Muschel Töne wie Rindergebrüll; der dritte blies auf einem Dinge, das einer Hoboe glich; der vierte schlug eine Trommel, der fünfte Klangteller- chen, der sechste läutete mit einer Glocke, — da war weder Harmonie, noch Tact, sondern lediglich der Wunsch, Spectakel zu machen. Wir traten in den Tempel und besichtigten die Bilder der Burchane an den Wänden, die kupfernen Götzenbilder, die auf Gestellen standen, und die uns ganz neue Architektur des Tempels. Während dessen hatten sich die Priester auf niedrige Bänke gesetzt, Bücher in die Hand genommen und angefangen, im schleppenden Gesangston zu lesen. Der lamaische Gottesdienst wird in tibetischer Sprache abgehalten, die von den Lamen nicht verstanden wird; sie wissen, welches das Gebet um Regen ist, was man beim Viehsterben lesen muls, aber den Inhalt der Gebete verstehen sie nicht. Ich bemerkte in dem Vorgelesenen einen Rythmus: es waren Jamben, dann Choreen, dann Anapäste. In den Pausen während des Lesens liefs sich rt. i Schtschukin’s Reise von Irkutsk nach den heifsen Quellen von Turansk. 483 wieder Musik vernehmen. Der Ober-Lama safs den Burchanen näher, zeigte von Zeit zu Zeit mit der rechten Hand auf sie, schnippte dann mit zwei Fingern und blickte auf die Burchane hin. Nach Beendigung des Gottesdienstes, in welchem, wie wir jetzt erfuhren, ein Gebet um glückliche Beendigung unserer Reise gele- sen war, stiegen wir in das obere Stockwerk, wo sich ebenfalls ein Altar und Burchane befanden. Hier wird im Sommer Gottesdienst gehalten. Von aufsen gleicht der Tempel einem Lusthause in asiatischem Geschmack; die Arbeit ist sauber, gewandt, hübsch und eigenthümlich; Plan und Ausführung rührten vom Ober-Lama her. Ueberhaupt besitzen die Burjaten grofses Geschick zu Hand- | arbeiten und verfertigen Alles gut und sorgfältig. Wir folgten der Einladung des Lama’s in seine Jurte, die nicht weit von dem Tempel entfernt war und sich von den andern nur dadurch unterschied, dafs | kein Weib in ihr war; denn die Lamen thun das Gelübde der Ehelosigkeit. In seinem Benehmen zeigte der Lama viel Milde, Demuth und Frömmigkeit. Er enthielt sich aller berauschenden Getränke und fastete oft, wobei er sich frommen Betrachtungen hingab. Uebrigens ist der Buddhismus erst seit Kurzem von der Dshida her hier eingedrungen. Zu unserm Bedauern mufste die Unterredung durch einen Dolmetscher ge- führt werden, der unsere Fragen zuweilen nicht gut verstand. Wir wünschten zu erfahren, wie der Gebirgszug am linken Ufer des Irkut heilse, da kein Russe uns darüber hatte Bescheid geben können. Der Lama antwortete und wieder- holte auf nochmalige Frage seine Antwort, dafs dieser Zug Ssardyk heifst, dafs aber der Parallelzug auf dem rechten Ufer des Irkut keinen gemeinsamen Namen habe, sondern nach den Bächen, die ihn durchschneiden, Tugurak (sie!), Urgubei, Sangossan (sic!) u. s. f. genannt werde. Ssardyk ist ein mongolisches Wort und be- deutet einen waldlosen, felsigen Berg. Die neuesten Geographen nennen das Hochgebirge (golez) auf dem linken Ufer des Irkut den Chrebet Tunkanski, den Zug auf dem rechten Ufer tauften sie das Sajanische Gebirge. Den letzteren Namen haben, wie es scheint, die deutschen Naturforscher aufgebracht, die unter der Regierung Katharina’s reisten: die Einheimischen kennen ihn nicht und haben ihn nur von Reisenden vernommen. Auf unserer Weiterfahrt kamen wir durch den Bach Shingissan, .d. i. der brausende oder donnernde, der seinen Namen nicht mit Unrecht führt. Obgleich er nur mittleren Wasserstand hatte, war die Strömung doch reifsend; das Bett war mit ganz glatten Rollsteinen besät, auf denen die Pferde ausglitten. Bei Hochwasser bringt der Bach ein donnerähnliches Getöse hervor, da er viel Stein- blöcke mit sich reilst und sie fortwährend gegeneinander schleudert. Auch nach einem Regen schwillt er stark an; die Fuhrleute wissen recht gut, ob sie sich der Furth anvertrauen können, und es ist allen Reisenden zu rathen, ihnen zu folgen. Bald waren wir wieder am Irkut, der hier ein zwar breiter, aber seichter Bach war. Wir konnten durch ihn hindurchfahren. Am Ufer erblickten wir zum ersten Mal den sogenannten Kameelschweif, der strauchartig wächst. Aus der Wurzel kommen mehrere Spröfslinge hervor; sie werden bis 7 Fufs hoch, sind wie mit Moos bekleidet, die Blätter lang und zart wie die der gewöhnlichen Akazie, die Blüthen weils; die Schoten mit den Samen bleiben am Strauch nur 31* A8A Miscellen:: bis zur Reife, dann platzen sie und verstreuen den Samen. Wir baten den Grenz- aufscher aus Tunka, uns durch die Kosaken Samen sammeln zu lassen; aber er versicherte, dafs ihm dieses ungeachtet aller Befehle bisher nicht möglich gewe- sen sei. Bei Tunka wächst auf den Inseln auch die Oblepicha, ein Strauch mit orangefarbenen Beeren, die von säuerlichem Geschmack sind und an Geruch der Ananas gleichen. Man sammelt die Beeren im Winter, wenn sie gefroren sind, und zwar auf eine nicht gewöhnliche Weise: man haut die Aeste mit Beeren ab und bringt sie auf eine Tenne, die ‘auf dem Eise bereitet ist; hier werden sie ausgedroschen und die Beeren in Säckchen nach der Stadt zum Verkauf gebracht. Sie geben einen vortrefflichen Liqueur und sind auch gekocht sehr gut als Com- pot und als Gelee. “ Wir hatten uns vom Irkut kaum 200 Sashen weit entfernt, als wir ein dum- pfes Getöse vernahmen, das immer stärker wurde, je weiter wir fuhren. Plötz- lich zeigte sich uns der Bach Jeke Ussu, der wogend und schäumend über Stein- blöcke hinstürzte. Als wir zu ihm hinabfuhren, bekreuzten wir uns und empfah- len uns dem Schutze Gottes. Selbst der Jamschtschik antwortete auf unsere Frage, ob die Pferde der Strömung widerstehen und den Wagen nicht umreifsen würden, ein zweifelhaftes: „Ich weils nicht; das Wasser ist nicht tief; wenn die Pferde nur nicht auf den Steinen ausgleiten!“ Für alle Fälle setzten wir uns in Bereitschaft, uns zu retten. So ging es in den Bach; die Pferde stemmten sich kräftig gegen die Strömung, wurden aber doch auf die Seite getrieben, noch stärker schwankte das leichte Fuhrwerk. Das Wasser ging den Pferden bis an den Bauch und drang durch den Boden des Wagens, aber noch ein paar Schritt weiter und die Pferde traten fester auf, die Tiefe wurde geringer und nach zwei oder drei Minuten zogen sie uns ans andere Ufer. Triumphirend sahen wir auf den Bach zurück, wie der Sieger auf den Besiegten. Wir fuhren nun neben dem Jeke Ussu in einer tiefen, von kahlen oder moosbedeckten Felsen eingeschlos- senen Schlucht; vor uns war der dichte schwarze Wald, aus dem, wie aus einem Krater, der schäumende Bach hervorstürzte, und über dem Walde schimmerten die bläulichen Schneeberge herüber. Der Bach, vielfach in seinem Laufe durch die hineingestürzten Felsblöcke gehemmt, schäumt mit wildem, durch das Echo verstärktem Brausen, wirbelnd und kochend von Fels zu Fels. Plötzlich zeigte sich zur Rechten jenseits des Baches eine Kirche und gerade vor uns ein grolses Gebäude im Schweizerstyl: aus der furchtbaren Wildnifs waren wir wieder zu Menschen gekommen. Wir hielten vor dem Hause an, und der Aufseher führte uns in das obere Stockwerk, wo wir gut eingerichtete Zimmer fanden. Da waren wir nun bei den Thermen von Turansk. Die heifsen Quellen befinden sich im untern Stockwerk des Hauses. Die Bäder sind so schön eingerichtet, dafs in jedes aus der Erde eine besondere Quelle sprudelt; das heilse Wasser füllt sie an und fliefst von selbst durch eine Oeffnung ab, so dafs sich der Kranke fortwährend in frischem Wasser befindet. Wir nahmen sogleich ein Bad; ich fürchtete, dafs ich mich verbrühen würde wie in den Bädern von Turkinsk, aber das Wasser war nur lauwarm, und erregte ein solches Wohlbehagen, wie ich es nie empfunden. Obgleich man nicht länger als acht Minuten in einem Bade bleiben soll, verweilte ich doch volle 20 Minu- ten, ohne Anwandlung von Ohnmacht oder Uebelkeit. Auch als wir uns nach Schtschukin’s Reise von Irkutsk nach den heifsen Quellen von Turansk. 485 dem Bade in unsern Zimmern auf die Divans niedergelassen, stellte sich nicht die sonst gewöhnliche Ermattung ein, — im Gegentheil, wir bekamen Lust zu einem neuen Bade. So ging es uns auch am zweiten, am dritten Tage. Ich habe die Bäder von Turkinsk und Achensk! benutzt; dort bekommt man nach zwei oder drei Bädern Widerwillen gegen das Wasser, hier findet das Gegentheil statt; dort hat das Wasser einen starken Schwefelgeruch, hier ist dieser Geruch kaum merklich. Hier erst begriff ich, weshalb die Alten warme Bäder so liebten und so eifrig aufsuchten. Neben dem Hause sieht man am Ufer des Baches auf den Steinen einen weilslichen Niederschlag, der die Anwesenheit von heifsen Quellen, die ihre Dünste durch die Erdschicht emporsenden, anzeigt. Die Temperatur des Wassers beträgt an der Oberfläche + 314° R.; wenn man zur Anlage von Bädern tiefer bohren wollte, würde man unzweifelhaft höhere Wärmegrade erhalten. Die hie- sigen Quellen sind schon lange bekannt. Russen und Burjaten benutzten sie bei Rheumatismen und Hautausschlägen. Man hatte ein Loch in die Erde gegraben und darüber eine Hütte von Aesten erbaut; die Badegäste lebten in einer bur- jatischen Jurte; das war die ganze Einrichtung. Da besuchte einmal der frühere General-Gouverneur von ÖOst-Sibirien, Rupert, die Quellen von Turansk, und ihre treffliche Lage entging ihm nicht; 257 Werst von Irkutsk entfernt, waren sie den Bewohnern der Stadt leichter zugänglich als die Bäder von Turkinsk jenseits des Baikal. Er beschlofs also, hier Bäder und ein Haus für Badegäste zu er- richten, und übertrug die Ausführung des Plans dem Aufseher des Postens Tunka, Tscherepanow. Dieser wurde fast in einem einzigen Sommer mit dem Hause, den Bädern und den übrigen Einrichtungen fertig. Nach drei oder vier Jahren verliefs der General-Gouverneur Sibirien, und da er den Bau an den Quellen als sein Eigenthum betrachtete, schenkte er denselben dem verstorbenen Erzbischof Nil von Irkutsk. Dieser war über die Lage des Orts eben so entzückt, wie jeder andere, und fafste den Gedanken, mitten in dieser wilden Natur, am Ufer des schäumenden Baches, zwischen überhangenden Felsen eine Kirche zu bauen, und erwirkte dazu die Allerhöchste Erlaubnifs. So wurde am andern Ufer des Baches, dem Badehause gegenüber, die hölzerne Kirche erbaut, von der sich das Christen- thum weiter unter den Burjaten verbreiten sollte. Der kleine Bach Chancholdoi fliefst an ihr vorbei; jenseits desselben erheben sich die felsigen Berge, in deren Schluchten Cedern und Lärchen wachsen; auf der andern Seite liegt der dichte Wald, über den das schneebedeckte Hochgebirge hervorragt. Von einem Felsen jenseits des Chancholdoi geniefst man die wundervollste Aussicht. Im Süden zeigen sich die Kasernen des Grenz-Karaul’s Turansk, ne- ben ihnen blitzt aus den Büschen der Irkut hervor. Im Westen breitet sich ein Thal aus mit den Jurten und Heerden der Burjaten. Im Norden erhebt sich das bis zur Hälfte seiner Höhe mit Schnee bedeckte Hochgebirge, mit seinen pyra- midalischen über die Wolken hinausragenden Spitzen, in unnachahmlichem, man- nichfaltigstem Farbenspiel. In der Umgegend finden sich viele Schlangen, wahrscheinlich durch die Wärme des Bodens angezogen. Bei dem Bau der Bäder schlug man ein paar Dutzend todt. Wir fanden zwei; es sind kleine Thiere, die den Menschen flie- hen, aber unter den vier Eckzähnen Giftbläschen besitzen. Sie beifsen nur dann, 486 Miscellen: wenn sie getreten werden. Wir bedrückten eine mit dem Stock, und einer von uns, der durch Handschuhe geschirmt war, ergriff sie unter dem Kopf mit der Hand. Die Schlange sperrte das Maul auf und zeigte ihre haarförmige Zunge. Auf ihren Zähnen bemerkten wir eıne klebrige, speichelartige Feuchtigkeit. Wir legten sie in ein Glas mit Spiritus, wo sie sogleich starb. —n. Goldausfuhr aus der Colonie Victoria. Der „Argus“, ein in Melbourne erscheinendes Blatt, giebt in der Beilage zu seiner Nummer vom 14. Febr. 1859 eine Uebersicht der Quantitäten des aus der Colonie Victoria ausgeführten Goldes, von der Zeit der Entdeckung der Goldfel- der im Jahre 1851 bis zum Jahre 1858. Derartige Angaben pflegen in den ver- schiedenen Quellen gewöhnlich um eine Kleinigkeit zu differiren, je nachdem nämlich alles am Schlusse des Jahres eingeschiffte, oder nur das bereits factisch ausgeführte Gold in Rechnung gezogen ist. Nach dem Argus betrug die Gold- ausfuhr: im Jahre 1851 145,146 Unzen im Jahre 1855 2,576,745 Unzen = Air a 85 NIIT Wie - = 1856 3,003,811 2 seen En 2,723 e on - mi N RT72I 2 ABI = une 4858 ı 2,561,961 E d. h. jährlich im Durchschnitt — wenn wir das Jahr der Entdeckung aufser Acht lassen — 2,498,509 Unzen, oder in runder Summe 25 Millionen Unzen. Und zwar ist diese Summe in den letzten vier Jahren um ein gröfseres oder geringeres Quantum überschritten worden, theils weil die Erschöpfung der älteren Minen durch die Entdeekung von neuen Lagern reichlich ersetzt wurde, hauptsächlich aber, weil die Einführung von Quarzstampfern an Stelle der Roller eine vollstän- digere Ausbeutung des Minerals möglich machte. Als vergleichende Uebersicht für den Ertrag, den die einzelnen Goldwäschen und Goldbergwerke gegenwärtig liefern, stellen wir die Quantitäten Gold zusam- men, die von den verschiedenen Orten in dem Quartal von Mitte November bis 41. Februar geliefert wurden: Von Ballaarat 443,839 Unzen, Von Maldon 17,631 Unzen, - Sandhurst 107,222 - - Heatheote 10,780 - - Castlemaine 73,156 - - Amherst 7307 - - Beechworth 60,347 - - Woolshed 6176 - - Ararat 40,333 - - Avoca 6098 - - Dunolly 29,987 - - Fiery Creek 5896 - - Creswicks Creek 26,317 - - Buckland River 3792 - - Maryborough 20,834 - - Blackwood 3016 - Von Rushworth 2112 Unzen. Beiläufig bemerken wir, dafs während der letzten Jahre auch der Ackerbau in Victoria sich rasch gehoben hat, da theils die Nähe der Goldfelder theils die fortschreitende Ausführung des grofsen Eisenbahnnetzes den Producenten be- quemen Absatz zu lohnenden Preisen in Aussicht stellt. Im Jahre 1854 waren 4 Dampfschifffahrt auf dem Darling. — Karten von Brasilien. 487 in Vietoria nur 54000 Acres unter Cultur, und Südaustralien konnte nach Victoria bedeutende Quantitäten Weizen und Mehl exportiren. Aber im Jahre 1856 wa- ren bereits über 179,000 Acres unter dem Pfluge und es scheint, dals die Co- lonie sich auch in dieser wichtigen Beziehung bald auf eigne Fülse stellen wird. —ın. Dampfschifffahrt auf dem Darling. Dafs die Dampfschifffahrt auf dem gröfsten australischen Flusse, dem Murray, im Jahre 1857 eröffnet ist, haben wir unsern Lesern bereits früher (N. F. Bd. III, S. 274) mitgetheilt; ebenso, dafs noch vor Ablauf desselben Jahres Herr Spence nach seiner Reise von Sydney zum Darling auch den zuletzt genannten Flufs als einen für Dampfschiffe zugänglichen bezeichnet habe (Bd. IV, S. 425). Das Letztere ist nun im Anfange des laufenden Jahres (1859) praktisch erwiesen worden. In Begleitung des Gouverneurs von Süd-Australien hat Capt. Cadell, der sich bereits um die Schifffahrt auf dem Murray grofse und anerkannte Ver- dienste erworben hat, auf dem Dampfer Albury, Capt. Johnson, den Darling bis jenseits Mt. Murchison, über 600 Miles von seiner Einmündung in den Murray, ohne bedeutende Hindernisse glücklich befahren. Aber auch hier war dem Capt. Cadell bereits ein kühner Pionier zuvorgekommen. Denn wie der Gouverneur in einer Rede vor der Ackerbaugesellschaft zu Mintaro mittheilte, fand man auf dem Darling bereits ein Dampfschiff im Gange, die „Gemini“, dem Herm Ran- dall gehörig, — demselben Manne, der auch den Murray zuerst mit einem Dampf- schiffe befahren hat. Für die Colonie Süd- Australien ist die Schiffbarkeit des Darling von grofser Wichtigkeit. An den Ufern des Stromes haben sich zahlreiche Heerdenbesitzer niedergelassen, die jetzt voraussichtlich ihren gesammten Ertrag an Wolle und andern Producten der Viehzucht stromabwärts durch Süd-Australien zum weitern Export senden und von dort ihre Bedürfnisse an Getreide und Manufacturen be- ziehen werden. Vermittelst des Murray und Darling greift das Handelsgebiet dieser Colonie weit über ihre politischen Grenzen hinaus: sie hat von den Gold- feldern Viectoria’s den meisten Nutzen gezogen, und so muls ihr fortan auch je- der Fortschritt der Cultur in dem weiten Stromgebiet des Murray zu Statten kommen, —n. Karten von Brasilien. An die geographische Gesellschaft in Berlin ist in neuester Zeit durch den früheren Königl. Sächsischen Lieutenant Herın Schulz, welcher sich gegenwär- tig behufs geographischer Forschungen in Brasilien aufhält, eine Anzahl brasiliani- scher Karten eingesandt worden, durch welche die Kartensammluug dieser Ge- sellschaft nicht unwesentlich bereichert worden ist. Genügen dieselben, bis auf wenige Ausnahmen, keineswegs dem Standpunkte der jetzigen Kartographie, so bieten sie doch jedenfalls ein reiches Material zur genauen Kenntnils dieses 488 Miscellen : im Ganzen noch so wenig bekannten Landes. Aufser einer Anzahl Küstenkarten | Brasiliens, welche in den Jahren 1843 und 1844 durch die französischen Officiere Tardy de Montravel, Dujardin, Le Serres, Fleuriot de Langle und Desmoulins angefertigt und im Jahre 1846 im Auftrage des französischen Marine-Ministeriums in der Reihe der französischen Seekarten publieirt worden sind, befinden sich in dieser Sammlung eine Anzahl älterer und neuerer Karten von Brasilien, sowie mehrere sorgfältige Copien von Karten nach Handzeichnungen in der Kaiserl. Marine-Bibliothek zu Rio de Janeiro, welche von Herrn Schulz angefertigt wor- den sind. Da wir annehmen dürfen, dafs die gröfsere Zahl dieser Karten in Deutschland weniger bekannt sind, lassen wir hier ein Verzeichnifs der wich- tigeren derselben folgen: Nova carta corographica do Imperio do Brazil.... pelo Coronel Engenheiro Conr. Jacob de Niemeyer. (Gravada por Guilh. Kramer. Rio de Janeiro 1857. 4 Bl. fol. Carton: Planta de Cidade do Rio de Janeiro. — Mappa geral do Imperio do Brazil erigido sobre os trabalhos dos engenheiros e geographos La Condamine, Santa Thereza, Arrowsmith ete. ete. redigido pelo Vede J. de Villiers de ’Ile Adam, publicado pelo B. L. Garnier. Rio de Ja- neiro 1859. fol. — M. A. de Macedo, Mappa topographico da comarca do Crato, Provincia do Ceaca. Rio de Janeiro s. a. (1855) fol. — Henr. Ant. Baptista, Planta da Enseada das Palmas. Rio de Janeiro. 1856. Kl. fol. — Pedro Torcato de Moraes Brito, Carta da provincia do Espirito Santo orga- nisada segundo os trabalhos de Freycinet, Spix e Martius, Silva Pontes. ibd. 1854. Kl. fol. — Garnier, Entre de Bahia, passe de lest, sondee en Decembre. 1854. ibd. fol. — F. J. Ferreira, Plano topo-hydrographico do Rio Grande do Norte desd’a barra te o porto da Cidade. ibd. 1847. fol. — Mappa hydrographico da bahia de Todos os Santos levantado por Dom. Mig. Marques de Souza. ibd. 1846. 2 Bll. Gr. fol. — Plano da bahia de Sam Marcos na entrada do porto de Sam Louis do Maranham. ibd. 1832. fol. — Planta do Rio Paranahyba desde sua foz ate a Cidade Theresina, organisada segundo os trabalhos idrographicos de... Ign. Ag. Jauffret e P. Fr. Pereira em 1853 et dos de Engenheiro eivil J. N. de Campos por Jose Pereira de Sa. ibd. 1854. fol. Cartons: Plano do Rio Para- nahyba desde a Cidade de S. Joao ate o Rio do Longd. Plano do Rio Yguarugü desde a Cidade de S. Joao ate o Paranahyba. Plano do Rie Yguarugü da Cidade de S. Joao ao Oceano. Planta das principaes barras do Rio Paranahyba. — Carta geral da provincia do Maranhao correcta, augmentada etc. por J. Joag. Rodrigues Lopes. ibd. 1841. Kl. fol. — Planta hidrographica da bahia do Rio de Janeiro levantada em 1810 por huma Commissao de Officaes da Armada e novamente cor- recta e augmentada por Joq. Raimundo de Lamare em 1847. ibd. Gr. fol. — Planta da Angra dos Reis levantada pelo Henr. Ant. Baptista. ibd. 1856. fol. max. — Mappa geographico de Capitania de Matto Grosso formado no anno de 1802 por ordem do Caetano Pinto de Miranda Monte Negro. ibd. 1853. fol. — Reconhecimento do Rio Uruguay corrigido de Buenos Ayres ale o salto levan- tado pelo Cap. Fr. Luiz da Gama Roza. ibd. 1847. qu. hoch fol. — Carta de uma parte da Lagoa Mirim desde a barra do arroyo 8. Miguel ate a Ponta do Jungal pelo occidente, e at€ a Ponta dos Latinos pelo oriente. Para servir a de- margao da linha divisoria dos limites entre o Imperio do Brasil eo estado oriental do Uruguay. ibd. 1853. qu. Gr. fol. M. 1120,000. — Pedro Sarcia da Cunha, En ER & Karten von Brasilien. 489 Planta do Rio de Sao Gongazo, na provincia do Rio Grande do Sul. ibd. 1838. fol. Cartons: Barra de Sao Gongalo. Cidade de Pelotas. Lat. S. 31° 35’. — Reconhecimento do Rio Uruguay desde o Guarahim ate S. Borja e do Rio Jbicuhy desde a’ foz ate ao arroyo Piraju jü pelo Capt. Fr. Luizda Gama Roza. ibd. 1850. qu. fol. — Elstoco do Ancoradoura do Sacco do Jurujuba com especiahldado do que fica adjacente dä peninsula denominada Tlha do Cajuw. Copie. — Copie eines Planes der Stadt Porto-Alegre. — Planta hidrografiea do Porto do Tamandare. Copie. — Mappa da Lagoa dos Patos. M. 1/440,000. Copie. — Planta do porto e barre de Guarapiri (1856). (Prov. Espiritu Santo.) Copie. — Carta geo- hydrographica da Cidade de Paranagud € Comarca de Curitiba. 1810. Copie. — Planta do Porto de Paranagua. Copie. — H. A. Baptista, Reconhecimento da parte do Rio Paraguay comprehendida entre os Dourados e Villa Maria. Rio de Janeiro 1857. fol. — Joao de Souza Mello e Alvim, Carta corograghica da provincia de Sta. Catharina. ibd. 1847. fol. — H.L. de Niemeyer Belle- garde, Carta geo-hydrographica'datilha e cunal de Sta. Catharina. ibd. 1830. fol. — Mappa de la provincia de 5. Pedro do Sul, e terrenos adjacentes das provin- cias limitrofes. ibd. 1843. fol. — Planta geral do Rio de Sao Franeisco explorado por Ordem do Governo de S. M. I. o Senhor Don Pedro II. pelo Henr. Guilh. Fern. Halfeld 1852 —54. M. 1|712,500.: Copie. fol. max. — Karte des Littorale der Provinz S. Paulo vom Rio de San Franeisco und der gleichnamigen Insel an bis zum Cap S. Trinidade. Copie einer Handzeichnung in einem auflserordentlich grolsem Maalsstabe. —r. Neuere Literatur. Das Riesengebirge, seine Thäler und Vorberge, und das Isergebirge. Reise- führer von Karl Friedr. Mosch. Mit 40 Abbildungen und einer Karte Leipzig 1858. (J. J. Weber.) Dieses Reisehandbuch ist keine Sammlung der trocknen oder abgeschmackten Bemerkungen, die von den Local-Cicerone’s zu Tage gefördert werden, auch nicht in dem überschwänglichen Begeisterungsstyl abgefalst, ‚dessen Posaunenton den Strom der Reisenden herbeirufen soll. Ein gründlicher Kenner des Riesengebir- ges, der dasselbe nach allen Richtungen hin durchwandert hat, und der auch mit der Geschichte dieses Gebietes wohl vertraut ist, hat es unternommen, durch eine substantielle Beschreibung, welche durchdrungen ist von der wohlthuenden Wärme, die ein empfänglicher Sinn für Naturschönheit eingiebt, den Leser von Thal zu Thal durch das sagenreiche Gebirge zu führen und so ein detaillirtes Gesammt- bild des Riesen- und des Iser-Gebirges zu liefern. Er hat seine Aufgabe in so anspruchsloser und eben deshalb so ansprechender Weise gelöst, dals seine Arbeit viel mehr leistet als der Titel verspricht: sie erhebt sich weit über die Kategorie der gewöhnlichen Reisehandbücher und bildet vielmehr eine treffliche Mo- nographie über eines der schönsten Stücke deutscher Erde, und wir bedauern nur, dafs der Verf. sich auf die Darstellung des Riesengebirges im engern Sinne be- Schränkt und seiner Beschreibung demgemäfs im SO. schon bei Schmiedeberg und 490 Neuere Literatur: Arnsberg Grenzen gesteckt hat. Mosch beginnt mit einer „Allgemeinen Ueber- sicht“ des Riesengebirges. Er schildert den äufsern Anblick, den dasselbe zu den verschiedenen Tages- und Jahreszeiten von der Nord- und Südseite gewährt, die atmosphärischen Erscheinungen, macht der Reihe nach die Hauptthäler nam- haft, die in das Hochgebirge einschneiden, giebt dann einen Abrifs der Vegeta- tion und Fauna und wendet sich schliefslich zu einer Charakteristik der Bewoh- ner, ihrer Sitten und Beschäftigungen, wobei auch die wichtigsten historischen Momente des Landes, auf die bei der Einzelbeschreibung oft zurückgewiesen werden mus, namentlich die Reformationszeit, hervorgehoben werden. Dann folgt die detaillirte Beschreibung, Wir durchwandern im Riesengebirge zuerst vom Zacken an die Thäler des Nordabhanges mit ihren Seitenschluchten der Reihe nach von NW. nach SO., dann die des Südabhanges in umgekehrter Richtung. Der zweite Abschnitt ist der Darstellung der Vorberge gewidmet, der Gegenden, die sich um Hirschberg lagern, namentlich der Thäler von Warmbrunn und Erd- mannsdorf. Der dritte Abschnitt behandelt in derselben Weise wie der erste, von Thal zu Thal fortschreitend das Isergebirge. Ueberall werden wir nicht blols auf dasjenige hingewiesen, was Auge und Herz erfreut; es wird auch durch Her- vorhebung der naturhistorischen Merkwürdigkeiten, der geschichtlichen Erinnerun- gen, durch Mittheilung detaillirter statistischer Angaben , durch Aufschlüsse über die landwirthschaftliche und industrielle Thätigkeit der Bewohner den Wünschen wils- begieriger Leser und Reisenden Genüge geleistet. Besondere Aufmerksamkeit hat der Verf. den Ueberresten des Alterthums gewidmet, den zahlreichen Felsen- kesseln und Steinsitzen, die überall im Riesengebirge zerstreut sind und wahr- scheinlich aus heidnischer Zeit herrühren. Bei dieser umsichtigen und reichhal- tigen Behandlung verdient das Buch nicht blofs den Reisenden als lehrreicher Wegweiser empfohlen zu werden; es wird auch allen denen, welche das Gebirge früher besucht haben, liebe Erinnerungen auffrischen, und denen, die es noch nicht kennen, ein ansprechendes Bild seiner eigenthümlichen Schönheiten gewäh- ren. Die Holzschnitte sind sauber gefertigt, das Kärtchen ist im Maalsstabe 1: 400,000 ausgeführt. nn, Eine Reise durch die neapolitanische Provinz Basilicata und die angrenzenden Gegenden. Von Dr. C. W. Schnars. St. Gallen. 1859. (Scheitlin u. Zollikofer.) Recht anziehende, leider oft zu kurze Reiseskizzen aus einem der wildesten und malerischesten, von Reisenden nur selten besuchten Theile der italiänischen Halbinsel, an den sich grofse historische Erinnerungen knüpfen, aus den Zeiten Grofs-Griechenlands und der Römer, der Normannen und der Hohenstaufen, und eine der traurigsten aus der neueren Zeit, — die Erinnerung an das furchtbare Erdbeben im December 1857, welches eine grofse Anzahl von Städten und Ort- schaften der Provinz dem Erdboden gleich gemacht hat (vergl. diese Zeitschr. N. F. Bd. V, S. 85). Die Reise des Verf. fällt in die Zeit vor dem Erdbeben, und seine Berichte sind ursprünglich im „Ausland“ publieirt; er hat sie jetzt gesam- melt, umgearbeitet und die Angaben über die Verwüstungen, welche jene Kata- strophe anrichtete, hineingeflochten. Aufser der Reisebeschreibung giebt die kleine C. W. Schnars: Eine Reise durch die neapolitan. Provinz Basilicata ete. 491 Schrift auf p. 76—90 noch einen allgemeinen geographischen Abschnitt über die Provinz Basilicata. Die Reiseroute selbst beginnt mit dem lieblichen Andria in Apulien — dem Fidelis Andria Kaiser Friedrich’s II., — und dem Castello del Monte, dem Lieblingsjagdschlo(s des grofsen Hohenstaufen, und führt über Canosa und das Schlachtfeld von Cannae längs des Aufidus nach Lavello im Ba- silicat. Sie macht uns dann mit dem nördlichen Theile der Provinz, mit Venosa, Melfi, Rapolla, dem L. di Pesole und seinen schwimmenden Inseln bekannt, und führt von dem letzteren über Avigliano durch prächtigen Tannenwald nach Po- tenza. Von hier unternahm Schnars einen Ausflug nach Acerenza, Oppido und To!ve, und setzte dann seine Reise von Potenza westwärts nach Picerno, dann in das Thal des Tanagro und in das Valle di Diano fort, über Pertosa, Polla, La Sala und Padula, von wo er nach Saponara, den Ruinen von Grumentum und dem Thal des Aciris (Acri) hinüberging. Hier trat er den Rückweg nach Sa- lerno an. Der Bericht umfalst also einen Theil von Apulien und die Nordhälfte von Lucanien. Er giebt lebhafte Landschaftsbilder und charakterisirt die Bevöl- kerung, deren Gastlichkeit kein besonderes Lob zu verdienen scheint‘, verweilt aber mit besonderer Vorliebe bei den historischen Erinnerungen. Die Angaben des Verf. über die durch das Erdbeben angerichteten Verwüstungen, namentlich aber über die Zahl der Umgekommenen, überschreiten um ein Bedeutendes die Ziffern, die wir an der oben angeführten Stelle der italiänischen Schrift Battista’s entlehnt haben. Nach Schnars (p. 67) kamen durch das Erdbeben im Basilikat 32,475 Personen, und an den Folgen (Tetanus, Hunger, Kälte) 53,227 Personen ums Leben, im Ganzen 85,702 Personen, — bei einer Gesammtbevölkerung von 412,400 Seelen! Dazu treten noch die Opfer aus dem Bezirk Sala und dem Valle di Diano, wo 13,230 Personen durch das Erdbeben, 27,150 durch die Folgen desselben ihren Tod fanden. —n. Die Expedition in die Seen von China, Japan und Ochozk unter Commando von Commodore C. Ringgold und Commodore J. Rodgers, im Auftrage der Regierung der Vereinigten Staaten unternommen in den Jahren 1853 bis 1856. Von Wilhelm Heine. Bd. II. II. Leipzig 1859 (bei Costenoble ), Da wir den ersten Band dieses verdienstvollen Unternehmens unsern Lesern bereits angezeigt haben (Bd. V, S. 369), können wir uns hier auf das früher zum Lobe desselben Gesagte in Kürze beziehen. Auch für den zweiten und dritten Band bildet die Grundlage Lieut. Habersham’s „North Pacific Surveying and Exploring Expedition“ (vergl. diese Zeitschrift, N. F. Bd. IH, $. 167), und die Berichte beziehen sich deshalb hauptsächlich auf diejenigen Meere und Küsten, welche von dem Schraubendampfer Hancock besucht sind. Aber der Verf. hat “das Material für die beiden letzten Bände dadurch erweitert, dals er auch Capt. Whittingham’s „Notes of the Late Expedition against the Russian Settlements in Eastern Siberia“, aus denen wir Bd I, $S. 279 ausführlichere Mittheilungen ge- macht haben, verarbeitet und so in seinem Werke das Wesentlichste von allen Expeditionen vereinigt hat, die während der letzten Jahre in jenen östlichen Ge- wässern ausgeführt sind. An die Berichte, welche den beiden genannten Werken 492 Neuere Literatur: entlehnt sind, schliefsen sich nun noch Mittheilungen aus den Tagebüchern des bekannten Lieut. Brooke und des Naturforschers Stimpson, welche beide die Ex- pedition unter Commodore Rodgers auf andern Schiffen als Lieut. Habersham mitgemacht haben und deshalb die in dem letztern befindlichen Lücken zu er- gänzen im Stande sind. Dem ersten verdankt Heine namentlich den Bericht über die unter seiner Leitung ausgeführte Bootfahrt längs der Ostküste Nipons zur genauen Aufnahme derselben, — eine Fahrt, die für Geographie und Nautik viel- leicht die wichtigste Leistung der Expedition des Comm. Rodgers bildet, und wir bedauern deshalb sehr, dafs Hr. Heine mit den Mittheilungen aus diesem Bericht, der vollständig in dem hier schwer zugänglichen U. S. Nautical Magazine abge- druckt sein soll, nicht etwas freigebiger gewesen ist. In dem Auszuge findet man über die Configuration der Küste, über ihre Häfen u. dgl. nur spärliche Notizen; reichhaltiger sind die Mittheilungen über den Verkehr mit den Eingebornen, die überall, mit Ausnahme der mifstrauischen Beamten, denselben zugänglichen und gutmüthigen Charakter an den Tag legten, den man an der Bevölkerung der er- öffneten Hafenplätze kennen gelernt hatte. Das Werthvollste im zweiten Bande sind ohne Frage die im Anhange mit- getheilten amtlichen Berichte, welche sich auf den nördlichen Theil von Formosa und die dort befindlichen Kohlenlager beziehen, insonderheit die ausführliche, durch eine Kartenskizze erläuterte Abhandlung des Kaplan Jones, dessen An- strengungen es gelang, dem Widerstreben der Behörden zum Trotz eine grofse Anzahl der bei Kelung gelegenen Kohlengruben ausfindig zu machen und zu untersuchen. Die Stadt Kelung liegt am Ende einer zwei Miles weit ins Land einschneidenden Bucht, und ist selbst für Boote nur bei Fluthzeit zugänglich; die Einfahrt in den Hafen wird durch ein 3 Miles nördlich davon gelegenes kleines Felseneiland bezeichnet, das man bei der Fahrt nach Süden links liegen lassen muls. Die Stadt hat etwa 3000 Einwohner; die Häuser sind mit vorspringenden Dächern versehen, welche zu beiden Seiten der Strafse bedeckte Gänge bilden, bei engen Gassen aber auch oben in der Mitte zusammenzustolsen. Die Kohlen- gruben liegen zum Theil in dem Thale eines kleinen, östlich von Kelung in die Bay mündenden Flüfschens, zum Theil an der Küste. Dort fand man ein 3 Fufs mächtiges Lager mit einer auffallend reinen Kohle, die in grofsen Stücken her- ausgehauen werden kann; das Flötz ist von weichem Schieferthon überlagert, der gestützt werden mufs; die Strecken waren etwa 120 Fufs weit hineingetrieben, aber die Mächtigkeit des Lagers blieb dieselbe. Nicht weit davon befindet sich ein zweites Lager von gleicher Stärke und Güte. An der Küste entdeckte man schon 3 Miles östlich vom Hafen Kelung in dem hohen Felsenufer ein bedeuten- des Lager, in das vier Strecken hineingetrieben waren; es ist 28—32 Zoll mäch- tig, erstreckt sich wahrscheinlich sehr weit in die Hügel hinein und liefert eben- falls eine reine Kohle; die Lage ist insofern überaus günstig, als sich ganz in der Nähe für ein paar Schiffe ein geschützter Ankerplatz befindet. In nicht grofser Entfernung von der unmittelbar darauf im Osten folgenden Bucht zeigte sich ein zweites Lager, anfangs 20 Zoll, am Ende der 250 Yards langen Strecke 3 Fufs mächtig; hier ist die Kohle minder gut, ziemlich matt, etwas erdig und mit Schwefelkies gemischt; eine Viertelmeile davon lag eine andere Grube, viel- W. Heine: Die Expedition in die Seen von China etc. 493 leicht zu demselben Lager gehörig, aber mit ungleich besserem Product. Die Entfernung dieses letzten Grubendistriets von Kelung beträgt nur 7 Miles. Der zweite Band enthält noch zwei beachtenswerthe Abhandlungen Perry’s „über die Nothwendigkeit, dem amerikanischen Handel im Osten weitere Ermu- thigung zu Theil werden zu lassen“, und „über die wahrscheinlichen künftigen Handelsverbindungen mit Japan und Lew Chew“, ferner das Tagebuch eines chi- nesischen Literaten während eines Aufenthaltes in Japan, das, wie es bei allen derartigen schriftstellerischen Productionen der Himmlischen der Fall zu sein scheint, mit komischer Gravität und in höchst blumenreicher Sprache bei allen für uns sehr unwichtigen Gegenständen verweilt, und über Alles, worüber wir ausführlicher unterrichtet sein möchten, kurz hinweg geht. Im dritten Bande findet sich aufser den fortgesetzten Auszügen aus Haber- sham’s und Whittingham’s Werken noch ein kurzer Bericht über die Fahrt der Vincennes durch die Behringsstrafse in das Eismeer, in welchem sie bis 72° 5’ N. Br. vordrang, ohne in dieser Breite eine andere Insel als Herald Island zu entdecken, und ausführlichere Mittheilungen Stimpson’s und Brooke’s, die während der Fahrt der Vincennes nach Norden am Glasenapp-Hafen zum Zweck astro- nomischer Beobachtungen zurückgeblieben waren, über ihren Aufenthalt unter den Tschuktschen. Mit diesem Völkchen hatten die Amerikaner bald einen Tausch- handel angeknüpft; für Taback, auf den die Eingebornen besonders begierig wa- ren, erhielten sie von ihnen Beeren, Gemüse, Lachs, Bären- und Rennthıerfleisch ; Lachse und Forellen fanden sich in einigen benachbarten Sülswasserteichen, die Forellen werden in Schlingen gefangen, in welche die Fische dadurch hineinge- lockt werden, dafs man im Wasser hinter den Schlingen mit Steinen ein Geräusch wie das Plätschern eines Baches hervorbringt. Die Tschuktschen schildert Brooke als grols gewachsene Leute mit flachen Gesichtern, hervorstehenden Backenkno- chen, kleinem Kinn, vollen Lippen und schwarzem Haar, von dem sie über der Stirn nur eine breite Locke stehen lassen. Einige Frauen waren mit blauen Linien, welche von der Unterlippe nach dem Kinn liefen, andere mit ähnlichen Zeichnungen auf den Wangen tätowirt; alle starrten von Schmuz und konnten ihre Abneigung gegen das Waschen nur schwer überwinden. Gleichwohl schmücken sie ihr in zwei lange Zöpfe geflochtenes Haar mit Schnüren rother und weilser Glasperlen, und auch die Männer tragen Glasperlen in den Ohren und Haaren. Ihre Kleidung — Jacken mit Kapuzen, Beinkleider, Stiefel und Handschuhe — besteht aus Pelz, dessen rauhe Seite bisweilen nach innen gekehrt ist; darüber tragen sie weite Ueberkleider aus den Eingeweiden von Walfischen und andern Seethieren. Sie wohnen in Wigwam’s aus Häuten, die über ein Gestell von Holz und Fischbein gespannt sind und in deren Mitte über einem von Steinen einge- schlossenen Feuer ein eiserner Kessel hängt; man brennt eine Art von Zwerg- birke, die selbst in frischem Zustande eine helle Flamme giebt. Das Hausgeräth ist sehr dürftig; gewühnlich findet man nur den erwähnten Kessel, einen Wal- rolszahn oder ein Stück Fischbein zum Anschüren der Gluth, einige Trinkgeschirre aus Fischbein, Horn oder Birkenrinde und ein paar Kästchen zum Aufbewahren des Tabacks. Aber sie hatten eiserne Lanzen, die zuweilen geschmackvoll ver- ziert waren. Von Charakter sind sie im Allgemeinen gutmüthig. Ihre Spiele und Tänze werden von Lieut. Brooke in anziehender Weise beschrieben, 494 Neuere Literatur: Unter den Beilagen nimmt der Bericht über eine Reise durch Rufsland und Sibi- rien an den Amur von einem Amerikaner Collins — einem Enthusiasten, der sich über das von ihm zu erforschende Land vorher nicht im Mindesten unterrichtet zu haben scheint — den grölsten Raum ein. Ungleich werthvoller ist die Ab- handlung des Lieut. Silas Bent über den Kuro Siwo, die Meeresströmung an der Ostküste von Japan, der sich eine Auseinandersetzung Redfield’s über die Cyklone anschliefst. Mit diesen beiden Bänden ist das Werk beendet, das uns das Wesentlichste über die letzten Entdeckungsreisen in Meeren, welche durch die neuesten Handels- verträge für die Schifffahrt aller Nationen grofse Bedeutung gewonnen haben, in der lebhaften und anziehenden Darstellungsweise mittheilt, die wir an dem Verf. der „Reise nach Japan“ kennen zu lernen die Freude hatten. Wie das zuletzt genannte Werk wird auch das neue, das in ganz analoger Weise höchst elegant ausgestattet ist, von dem Publicum mit Beifall aufgenommen werden. Auch diesen beiden Bän- der sind zahlreiche Illustrationen beigegeben, welche theils Japanesen und Aino’s, theils Architektonisches und Landschaftliches darstellen; unter den letztern zeich- net sich besonders ein schönes Bild des Fusiyama aus. Von den Karten heben wir aulser der schon erwähnten Skizze der Kohlengruben bei Kelung noch die grolse Uebersichtskarte hervor, auf welcher die Touren der einzelnen zu dem Geschwader des Commodore Rodgers gehörigen Schiffe verzeichnet sind. —n Illustrirter Handatlas für Freunde der Erdkunde und zum Gebrauch beim Un- terricht. Im Verein mit E, Leeder und H. Leutemann herausgegeben von Th. Schade. Grofs Folio. 25 Blätter in Stahlstich mit erläuterndem Text. Leipzig. 1859, (Brockhaus.) Erste Lieferung. Ein Bilderatlas und sehr prächtiges Weihnachts- und Geburtstagsgeschenk für die Jugend der glücklicher situirten Minderheit — nicht etwa seines enormen Preises wegen, dieser (1 Thlr. 18 Sgr. für jede der 6 Lieferungen) darf vielmehr an sich wie in Rücksicht auf die Schönheit der dargebotenen Blätter als ein bil- liger betrachtet werden — als deshalb, weil dieser Atlas einen andern mit reich- haltigerem topographischen Material- nicht entbehrlich macht. Der Zweck des Unternehmens ist, durch das Zusammenwirken von Abbildung und Karte das geo- graphische Wissen zu beleben, der geographischen Anschauung förderlich zu werden. Nach diesem sehr berechtigten Gesichtspunkte sind schon die zierlichen Kärtchen gearbeitet. Indem sie die Niederungen und Flachländer durch einen grünen, die Wüsten durch einen bräunlichen Ton, Meere und Seen durch blauen Farbendruck auszeichnen, lassen sie die Küstengliederung und das Bodenrelief sofort für den ersten Blick hervortreten und gewähren ein allgemeines, übersicht- iches Bild der dargestellten Ländermassen, das natürlich nicht durch eine mas- senhafte Nomenelatur getrübt werden durfte. Um die letztere möglichst unschäd- lich zu machen, sind Berge und Ortschaften oft nur mit Zahlen oder den An- fangsbuchstaben der Namen bezeichnet und diese Abbreviaturen am Rande erläu- tert worden. Jedes Kärtchen ist nun von einer Reihe sauberer Stahlstiche ein- gefalst, welche besonders charakteristische Erscheinungen des betreffenden Landes darstellen, — entweder bestimmte Gegenden, welche ein hervorragendes Interesse er- regen, oder Compositionen zur Verdeutlichung der vorwiegenden Formen der Br 2x Th. Schade: Illustrirter Handatlas für Freunde der Erdkunde etc. 495 Pflanzen- und Thierwelt, oder ausgezeichnete Baudenkmäler und Menscheugruppen zur Erläuterung ihrer Lebensweise, Wohnart, Kleidung u. s. f. Bei der doch immer nur sehr geringen Anzahl von Illustrationen, die dem einzelnen Kartenblatt mitgegeben werden können, beruht der Werth eines Bilderatlas hauptsächlich auf einer zweckmälsigen Auswahl derselben, auf ein Herausheben des wirklich Be- deutungsvollen, und hierüber werden die Ansichten sehr auseinandergehen. Im Allgemeinen können wir uns mit dem, was die erste Lieferung in dieser Beziehung bietet, einverstanden erklären: nur Weniges scheint uns hier entbehrlich. So könnte man auf Abbildungen von Vögeln in diesem kleinen Mafsstabe und ohne Colorit, auf Bilderchen wie die englischen Pferde u. a. füglich verzichten; wich- tiger würde es sein, Köpfe zur Hervorhebung der Stammverschiedenheit, so weit sie sich durch Gesichtszüge zu erkenneu giebt, und die wichtigsten Cultur- und Nahrungspflanzen in grölseren und deutlicheren Abbildungen darzustel- len, wozu in der vorliegenden Lieferung z. B. dle Blätter für Rulsland und Süd- amerika Gelegenheit gaben. Den illustrirten Karten, die durchweg einen sehr ge- fälligen Eindruck machen, schliefst sich ein Text an, — der schwächste Theil dieses Unternehmens. Er giebt einen kurzgefafsten Ueberblick über die dargestell- ten Länder in oro- und hydrographischer Hinsicht, nach ihrer klimatischen Be- schaffenheit, ihren Erzeugnissen, Bewohnern u. s. w. Gedrängte Kürze war aller- dings geboten; aber wie sehr wir dies auch berücksichtigen, müssen wir doch sagen, dals dieser Text von dem „anziehend geschriebenen Commentar in der beliebten Form von geographischen Charakterbildern“, wie ihn der Herr Verleger beabsichtigt hat, sehr weit entfernt ist. Auch möchten wir zu bedenken geben, ob es nicht rathsamer wäre, den Text dem Verständnils und den Interessen der Jugend näher zu rücken. —n. Sitzung der geographischen Gesellschaft zu Berlin vom 41. Juni 1859. Der Vorsitzende, Herr Prof. Ritter, eröffnete die Sitzung durch Ueberrei- chung der eingegangenen Geschenke: 1) Officielle Berichte über die letzten Rei- sen und den Tod von Adolf Schlagintweit in Turkestan. Von Hermann und Robert Schlagintweit. Berlin 1859. — 2) Statistische Tabellen des russischen Reiches für das Jahr 1856. Aus dem Russischen übersetzt und bearbeitet von E. von Olberg. Berlin 1859. — 3) Bulletin de la socidte de geographie, 4” serie. Tome XVII. No. 100. Avril. Paris 1859. — 4) Statistical Abstract for the United Kingdom from 1844— 1858. London 1859. — 5) Madagascar, possession ‚Frangaise depuis 1642, par V. A. Barbier du Bocage. Paris 1859. — 6) Notiz- blatt des Vereins für Erdkunde zu Darmstadt. No. 27. April 1859. — 7) Mit- theilungen der K. K. Geologischen Reichsanstalt. 1858. IX. Jahrgang. No. 4. Wien 1859. — 9) Preufsisches Handelsarchiv. No. 20 — 24. 1859. — 10) Mag- netische und meteorologische Beobachtungen zu Prag. 19. Jahrgang. Prag 1859. — 11) 4 Statistical View of the Population, the Religions and Languages of Europe, by E. Ravenstein. London. -—- 12) Archiv für wissenschaftliche Kunde von Rulsland. Herausgegeben von A. Erman. XVII. Heft 3. Berlin 1859. — 13) Siebenter Bericht der Oberhessischen Gesellschaft für Natur- und Heilkunde. Giefsen 1859. — 14) Bildnifs von Alexander von Humboldt. — 15) Carte du 496 Sitzungsbericht der geographischen Gesellschaft zu Berlin. Canton du Tessin et des environs de Milan, par E. H. Michaelis. — 16) Keith Johnston’s Royal Atlas of Modern Geography. Part I. London 1859. In Bezug auf das unter No. 14 erwähnte Bildnifs von Alexander von Hum- boldt, eine Copie der Handzeichnung, welche der Verstorbene 1814 selber ent- worfen, wurde bestimmt, dals dasselbe für die jedesmalige Sitzung im Saale auf- gestellt werde. Ein anderweitiger Antrag, mit der Mai-Sitzung jedes Jahres eine Denkfeier Humboldt’s zu verbinden, wurde für spätere Besprechung aufgespart. Bei der Ueberreichung der Karte vom Canton Tessin fügte der Verfasser, der Ingenieur-Hauptmann a. D., Herr Michaelis, selber einige Bemerkungen hinzu. Darauf machte der Vortragende Mittheilung von einigen eingelaufenen Schreiben, darunter eine Recension Bou@s in Wien zu Hecquard’s Schrift über Albanien und ein Manuscript von Wetzstein’s Reise nach dem Hauran, das in den Monats- heften der Gesellschaft abgedruckt werden soll. Herr Ehrenberg theilte Einiges aus dem in Melbourne erscheinenden „Argus“ mit, von dem ihm namentlich die Nummer zugegangen ist, welche über den Goldreichthum des südlichen Australiens einige wichtige Daten liefert. In den dortigen 17 Goldwäschen wurde in dem Quartal von Mitte November 1857 bis Mitte Februar 1858 eine Masse von etwa 578,000 Unzen Goldes gewonnen, in den 3 entsprechenden Monaten von 1858 — 1859 nicht viel weniger, nämlich 535,000 Unzen. Der Ertrag einzelner Fundorte belief sich oft in einer Woche auf 11,000 Unzen. Herr Ritter las den Eingang des Manuscripts vor, das Hr. Professor Schir- ren aus Dorpat über die neueste russische Expedition nach Khorassan für die Monatsschrift der Gesellschaft bestimmt hat. Die Anregung zur Untersuchung jener Gegenden hat der russische Consul in Tabris gegeben, die Reisegesellschaft wurde sorgfältig gewählt, mit Allem wohl ausgestattet und mit einer besonderen Anleitung versehen, welche Abich mit vieler Umsicht und er entwor- fen hatte. Der Aufbruch der Expedition von Petersburg gesChah im September 1856, im Februar und März 1858 untersuchte man die Gegend von Baku und namentlich die dortigen Naplıthaquellen, fuhr dann in einem Dampfer nach der Südküste des kaspischen Meeres hinüber, auf der Fahrt Untersuchungen über die Temperatur der Luft, des Wassers und die Beschaffenheit des letzteren anstellend und landete, nachdem man seitwärts einen Abstecher gemacht hatte, bei Asterabad, von wo man in das Innere des Landes eindrang. Herr Dr. Barth fügte zu dem in der vorigen Sitzung gelesenen Vortrage noch einige mündliche Bemerkungen hinzu. Die alte Strafse von Koptos nach Berenice ist noch nicht nachgewiesen; wahrscheinlich machte sie nach der Küste hin einen weiten Bogen nach Süden zu dem reichen Brunnen, den der Vortra- gende 7 deutsche Meilen südwestlich von Berenice nahe dem Meere auffand, bei einem grolsen Dorfe mit 400 Steinhäusern. Es ist unzweifelhaft der im Alter- thum als „neuer Brunnen“ bezeichnete, auf der Küstenstrafse gelegen, welche noch im Mittelalter von Suakim bis nach Unter-Aegypten führte. Auch die Füh- rer des Herrn Barth nahmen ihren Weg an diesem Brunnen vorüber, als sie ihn nach dem 12 Tagereisen nördlich entfernten Kolseir geleiteten. Die östlich die- ser Stralse gelegenen Smaragd-Berge sind nicht astronomisch bestimmt und auf den Karten falsch angegeben. Von Kofseir schiffte sich dann Herr Barth nach Myos Hormos ein, längs der Küste fahrend, wo sich die Gebirge 7000 Fufs erheben. Herr Ritter machte Mittheilungen aus einem Briefe, den Th. Kotschy aus Mopsuestia, dem heutigen Missis in Cilieien, geschrieben hat. Er war von Con- stantinopel über Cypern gegangen, hatte dort den Olympus besucht, auf dem er (im April d. J.) noch tiefen Schnee fand, und war über Tarsus, Adana nach Missis gelangt, überall wohl aufgenommen. Von letzterem Orte aus machte er Streifzüge auf die benachbarten Gebirge und schickte sich an, den Pyramus Flufs aufwärts nach Ssis und von dort nach Persien zu gehen. Uebersicht der vom December 1858 bis Juni 1859 auf dem Gebiete der Geographie erschienenen Werke, Aufsätze, Karten und Pläne. Von W. Koner. Geographische und statistische Zeitschriften. Zeitschrift für allgemeine Erdkunde etc. Herausgegeben von Dr. K. Neumann. Neue Folge. Bd. VI. Berlin (D. Reimer) 1859. gr. 8. Mittheilungen der Kais. Kön. Geographi- | Redig. von Franz | schen Gesellschaft. Foetterle. Jahrg. II. 1858. Heft 3. | Jahrgang III. 1859. Heft 1. Wien. gr. 8. Mittheilungen aus J. Perthes’ geographi- scher Anstalt über wichtige neue Er- forschungen auf dem Gesammtgebiete der Geographie, von Dr. A. Peter- mann. Bd.IV. 1858. Heft 11—13. Bd. V. 1859. Heft 1-5. Gotha (J. Perthes). gr. 4. Notizblatt des Vereins für Erdkunde und verwandte Wissenschaften zu Darmstadt und. des Mittelrheinischen Geologischen ‚ Vereins. N. 21 — 31. Januar — Mai 1859. Darmstadt (Jonghaus). 8. Bulletin de la SocietE de Geographie etc. Ive Ser. 1858. T. XVI, Decembre. 1859. T. XVII. Janvier — Avril. Paris (Arthus - Bertrand). ‚gr. 8. Proceedings of the Royal Geographical | Society of London. Published under the | Authority of the Couneil, and edited by the Secretary. Vol.II. N.6. III. N.1.2. London (Stanford) 1858. 1859. 8. Archiv für wissenschaftliehe Kunds von Rufsland. Herausgegeben von A. Er- man. Bd. XVII. 1859. Heft 1—3. Berlin (G. Reimer). 8. Das Ausland. Eine Wochenschrift. Red. Zeitschr. f. allg. Erdk. Neue Folge. Bd. VI, O. F. Peschel. 31. Jahrgang. 1858. N. 51. 52. 32. Jahrg. 1859. N. 1— 23. Stuttgart (Cotta). gr. 4. Preufsisches Handels - Archiv. Wochen- schrift für Handel, Gewerbe und Ver- kehrs- Anstalten. Herausgegeben von Saint-Pierre und Moser. Jahrg. 1859. N. 1— 25. Berlin (Decker). gr. 4. Nouvelles Annales des Voyages ete. VIrs Ser. 1858. Novembre et Decembre. 1859. Janvier— Avril. Paris (Arthus- Bertrand). 8. Reyue de l’Orient, de l’Algerie et des Co- lonies. Nouv. Ser. 1858. Octobre — Decembre. 1859. Janvier— Avril. Paris (Rouvier). gr. 8. Tijdschrift voor Nederlandsch Indie. Uit- geg. door W.R. van Ho&vell. 1858. December. 1859. Januar — Mei. Zalt- Bommel. gr. 8. Mittheilungen des statistischen Bureau’s in Berlin. Herausgeg. von Dieterici. 11. Jahrg. 1858. N. 20— 24. 12. Jahrg. 1859. N. 1 — 8. Berlin (Mittler u. Sohn). 8. Journal of the Statistical Society of Lon- don. Vol. XXII. P.I. 1859. London (Parker & Son). gr. 8. Annali universali di Statistica, Economia pubblica, Legislazione, Storia, Viaggi e Commereio. Compil. da G. Sacchi. Vol. CXXXV — CXXXVI delle Serie I. Vol. XIX, XX delle Serie II.. Giugno — Ottobre. 1858. Milano. 8. 32 498 W. Koner: Geographische Bibliographie und Sammlungen. Bibliotheca historieo-geographica oder sy- stematisch geordnete Uebersicht der in Deutschland und dem Auslande auf dem | Gebiete der gesammten Geschichte und | Geographie neu erschienenen Bücher. Herausgeg. von G. Schmidt. 6. Jahrg. 2. Heft. Juli — Dec. 1858. Göttingen (Vandenhoeck u. Ruprecht) 1859. 8. (9 Sgr.) Ziegenbalg (H.), Bibliographische Ue- bersicht der auf dem Gebiete der Geo- grapbie erschienenen Werke, Aufsätze, Karten und Pläne. — Petermann’s Mit- theil. IV. 1858. Heft 13 und zu Ende der einzelnen Hefte des V. Bds. 1859. Koner (W.), Bibliographische Uebersicht | etc. schr. f. allgem. Erdkunde. Helwig (E.), Uebersicht über die kame- ralistische, insbesondere die statistische, Literatur des Jahres 1858. — Mittheil. d. statist. Bureau’s in Berlin. 1859. N.1f. Bleek (Wm.H.J.), The Library of His Excellency Sir George Grey. Philology. Vol. I. P. I. South Africa. Cape Town 1858. 186 S. 8. Vol.I. P. II. Africa, North of the Tropie of Capricorn. ibid. Am Ende jedes Bandes der Zeit- | eod. S. 191 — 261. Vol. II. P.I. Au- stralia. ibid. eod. 448. 8. Vol. II. P.II. Papuan Languages of the Loyalty Is- lands and New Hebrides, comprising those of the Islands of Nengone, Lifu, Amiteum, Tana, and others. ibid. eod. 12 S. 8. Vol. II. P.IV. New Zealand, the Chatam Islands and Auckland Is- lands. ibid. eod. 76 8. 8. Ange- zeigt von Koner in der Zeitschr. f. allgem. Erdkunde. N. F. VI. 1859. p. 245. Hoffmann (W.), Encyklopädie der Erd-, Völker- und Staatenkunde. 31. u. 32. Lief. Leipzig (Arnold) 1859. hoch 4. (a 4 Sgr.) ögce (J.), The Library Gazetteer; or, Dictionary of Descriptive and Physical Geography, compiled from the most recent Authorities; with an Introduc- tory Treatise on Physical Geography. London (Grifin) 1859. 880 8. 8. (21 s.) | Maury (A.), Rapport sur les travaux de la Societe de geographie et sur les progres des sciences geographiques pen- dant l’annde 1858. — Bull. de la Soc. de Geogr. IVe Ser. XVII. 1859. p.5. 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Britisch-Indie. 1e — 8e all. Amsterdam (Gebr. Kraay) 1858-59. gr. 8. (af. 0,50.) Bilder aus der Länder- und Völkerkunde. 1. Bdchn. Zwickau (Verlagsbuchh. des Volksschr. Ver.) 1859. 8. (6 Sgr.) Dumas (A.), De Paris a Astrakan. Nou- velles impressions de voyage. Vol. IT __V. Leipzig (Dürr) 1858. 16. (A 4 Thlr.) Reise-Fragmente aus Nord und Süd, ge- sammelt in Spanien, Portugal u. Schwe- den durch L. v. H. Breslau (Goso- horsky, in Comm.) 1859. gr. 8. (14 Thlr.) Boucher de Perthes, Voyage en Espagne et en Algerie, en 1855. 616 S. 12. (14 Thlr.) Onomander (Prinz Friedrich v. Schles- wig- Holstein- Augustenburg), Altes und Neues aus den Ländern des Ostens. Ba. I. Indien. Kleinasien. Hamburg ( Perthes- Besser u. Mauke) 1859. 8. Du Couret (L.), Les mysteres du desert, souvenirs de voyages en Asie et en Afrique; par Hadji-Abd’-el-Hamid-Bey (Colonel L. Du Couret). 2 vols. Paris (Dentu) 1859. XXXV, 9808. 18. (7 fr.) Schiltberger (Joh.), Reisen in Europa, Asia und Afrika von 1394 bis 1427. Herausgeg. von K. F. Neumann. Mün- | chen (Kaiser, in Comm.) 1859. gr. 8. | (1 Thlr. 12 Sgr.) Fliedner (Th.), Reisen in das heilige | Paris 1859. | Bd. II. Aegypten und | W. Koner: Land, nach Smyrma, Beirut, Constan- tinopel, Alexandrien und Cairo in den Jahren 1851, 1856 u. 1857. 1. Thl. (Kaiserswerth) Berlin (Evang. Buchhdl.) 1859. gr. 8. (11 Thlr.) ' Schiferle (J.), Zweite Pilgerreise nach Jerusalem und Rom in den Jahren 1856 und 1857 unternommen und beschrie- \ ben. 8. Lief. Augsburg (Kollmann) 1859. | gr.12. (a! Thlr.) Conrad (F. W.), Reizen naar de Land- engte van Suez, Egypte, het Heilige Land. 5° — 8° afl. ’s Gravenhage (Mart. Nijhoff) 1859. (A £. 1,20.) ‚ van Lier (J. C.), Reistogt van Zijne Koninklijke Hoogheid den Prins van Oranje, met Zijner Majesteits schroef- stoomboot Groningen, naar Spanje, Por- tugal en Napels. 3° en 4° afl. compl. Amsterdam (Gebr. van Es) 1858. roy. 8. (eompl. f. 7,50.) Dufferin (Lord), Letters from High La- titudes: being some Account of a Voyage \ in 1826 in the schooner yacht „Foam“, to Iceland, Jan Mayen, and Spitzber- gen. 4th edit. London (Murray) 1858. 282 8. 8. (9 s.) Der schwedischen und finnischen Natur- forscher Torell, Quennerstedt und Nor- ‚ denskiöld’s Reise nach Spitzbergen im Sommer 1858. — Petermann’s Mittheil. V. 1859. p. 125. Expedition au Spitzberg par le docteur danois Nordenskiöld. — Nouv. Annal. d. Voy. 1859. I. p. 234. Europa. Kiepert (H.), Ueber die geographische Stellung der nördlichen Länder in der phönikisch-hebräischen Erdkunde. — Monatsber. d. Berlin. Akad. d. Wiss. 1859. Ruelle (Ch. Em.), Les Cimmeriens d’Ho- mere. — Revue de l’Orient. Nouv. Ser. VIII. 1858. p. 201. 313. IX. 1859. p- 26. 95. Muralt (Ed.), Die genuesischen Colonien am schwarzen Meere. Handschriften der Genueser Bibliothe- ken. — Arch. f. wissenschaftl. Kunde v. Rufsland. XVII. 1859. p. 158. 332. 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Stuttgart (Nitschke) 1859. gr. 8. (12 Sgr.) Deutschland. Gallerie pittoresker Ansich- ten des deutschen Vaterlandes und Be- schreibung derselben. Lief. 52 — 66. Leipzig (Händel) 1859. gr. 4. (& 6 Sgr.) Bädeker (K.), Deutschland u. das öster- reichische Ober-Italien. 2. Thl. Mittel- und Nord-Deutschland, 9. Aufl. Coblenz (Büdeker) 1859. 8. (14 Thlr.) Der Rhein und die Rheinlande dargestellt | in malerischen Original-Ansichten von L. Lange. 2. Abtheil.: Von Mainz bis Köln. (2. Aufl.) N. 25 —30. 3. Ab- theil.: Niederrhein. N. 50-55. Darm- stadt (Lange) 1859. Lex. 8. Baedeker (K.), Les bords du Rhin de Bäle & la frontiere de Hollande, Foret- Noire, Vosges, Haardt ete. 4° edit. Coblenz (Baedeker) 1859. 8. (1! Thlr.) Gaspey, The Upper Rhine; illustrating its finest Cities, Castles, Ruins, and Landscapes, from Drawings by Roh- bock ete. With a Historical and Topo- graphical Text. London (Trübner) 1859. 490 S. 8. (42 s.) (v. Stramberg), Denkwürdiger u. nütz- licher rheinischer Antiquarius. rhein. II. Abthl. 8. Bd. 3. u. 4. Lief. Mittel- | I III. Abthl. 6. Bd. 2.—4. Lief. Coblenz | (Hergt) 1859. gr. 8. (2 Thlr.) Schifffahrt und Handel auf dem Rhein im Jahre 1857. — Preu/s. Handelsurchiv. | 1859. N. 3. 4. Müller (E.), Der Harz in der Brusttasche. 4. Aufl. Berlin (Bergemann) 1859. 16. | (3 Thlr.) Die Weltxunde in einer planmälsig geord- | neten Rundschau der wichtigsten neue- ren Land- und Seereisen, herausg. von | F.Heinzelmann. Supplemente. 3. Bd. Das deutsche Vaterland in Reisebildern und Skizzen. 3.Bd. Schlesien, das Erz- gebirge und der Thüringer Wald. Leip- zig (Fleischer) 1859. gr. 8. (14 Thlr.) Statistische Uebersichten über Waaren-Ver- kehr und Zoll-Ertrag im deutschen Zoll- Verein für das Jahr 1857. Berlin (G. Reimer) 1859. gr. 4. (14 Thlr.) Ule (O.), Die Ursachen der vorjährigen Ueberschwemmungen in den norddeut- schen Gebirgen.— Die Natur. 1859.N.5. 503 Schiffsverkehr auf der Ober-Weser in 1858. — Preu/s. Handelsarchiv. 1859. N. 13. Statistische Uebersicht des Holzverkehrs im deutschen Zollverein im Allgemei- nen und im Preufsischen Staat insbe- sondere, in den Jahren 1847 — 57. —_ Mittheil. d. statist. Bureau's in Berlin. 1859. N. 4__6. Preufsen. Ungewitter (F. H.), Die preufsische Monarchie, geographisch, statistisch, to- pographisch und historisch dargestellt. 11. — 13. Lief. Berlin ( Nicolai’sche Verl. Buchh.) 1859. gr. 8. (& 8 Sgr.) Dieteriei (C.F. W.), Handbuch der Sta- tistik des preufsischen Staates. 3. u. 4. Heft. Berlin (Mittler & S.) 1859. 8. (& 4 Thlr.) Die Wasserfläche des preufsischen Staates. — Notizbl. d. Ver. f. Erdkunde zu Darm- stadt. 1859. p. 63. Statistische Nachrichten von den preufsi- schen Eisenbahnen. Bearbeitet von dem technischen Eisenbahn-Bureau des Mi- nisteriums für Handel. 5. Bd. Berlin (Ernst u. Korn) 1859. Fol. (3 Tblr.) Schubert, Ueber die Entwickelung der Baumvwollen-Manufactur im preufsischen Staate und ihren Einflufs auf den Volks- wohlstand und Handelsverkehr. — Zeit- schr. f. allg. Erdkunde. N. F. VI. 1859. p- 177. Uebersicht der Zahl der in den J. 1855 — 57 zur Einholung der Allerhöchsten Bestätigung bei dem K. Justizminister vorgelegenen rechtskräftigen Todesur- theile. — Mittheil. d. statist. Bureau’s zu Berlin. 1859. N. 6. 7. Uebersicht der im preufsischen Staate in den J. 1854—-57 vom Blitz getödte- ten und verletzten Personen. — ibid. 1858. N. 21 f. Die ländlichen Wohnsitze, Schlösser und Residenzen der ritterschaftlichen Grund- besitzer in der preufsischen Monarchie. In naturgetreuen farbigen Darstellungen nebst Text. Herausg. von A. Duncker. Lief. 12—20. Provinz Brandenburg. 6. Lief. Prov. Fommern. 3. Lief. Prov. Sachsen. 4. Lief. Prov. Schlesien. 3. Lief. Prov. Westphalen. 1. Lief. Berlin (A. Duncker) 1858— 59. qu. Fol. (a1 Thlr. 12, Sgr.) 504 Meerkatz, Darstellung der Melioration des Obrabruches im Regierungsbezirk Posen. — Archiv f. Landeskunde der Preufs. Monarchie. VI. 1859. p. 285. Frömbling (F. W.), Die naturhistori- schen u. forstwirthschaftlichen Zustände der Dünen an der pommerschen, dann west- und ostpreufsischen Küste des baltischen Meeres. Stettin (Cartellieri) 1858. gr. 8. (1 Thlr.) Müller (E.), Rügen in der Brusttasche. 2. Aufl. Berlin (Bergemann) 1859. 16. (4 Thlr.) Handels- und Schifffahrts- Verkehr von Stettin und Danzig im Jahre 1858. — Preu/s. Handels- Archiv. 1859. N. 7. Heinelt (E.), Die Provinz Brandenburg in geographischer und geschichtlicher Beziehung. Ein Leitfaden für Schüler ete. Schwiebus (Wagner) 1859. 8. (3 Sgr.) Zuverlässiger Wegweiser in Potsdam und dessen Umgebungen. 10. Aufl. Berlin (Grieben’s Reise-Biblioth. N. 10). 8. Schück, Die Entwässerungs - Societät bei Rahden im nördlichen Theile des Kreises Lübbecke. — Arch. f. Landes- kunde der Preu/s. Monarchie. 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Das Königreich Sachsen, Thüringen und Anhalt, dargestellt in malerischen Ori- ginal-Ansichten. 1. Abthl. Das König- reich Sachsen. N. 32 — 35. Darmstadt (Lange) 1858—59. Lex. 8. (d& 8 Sgr.; chines. Pap. & 16 Sgr.) Müller (E.), Die Sächsische Schweiz und der Oybin in der Brusttasche. 3. Aufl. Berlin (Bergemann) 1859. 16. (5 Thlr.) Volkszählung in der Stadt Weimar. — Monatsschr. f. deutsch. Städte- u. Ge- meindewesen. V. 1859. p. 416. Hirsch, Zusammenstellung barometri- scher Höhenmessungen aus den Provin- zen Oberhessen und Starkenburg und dem Taunus. — 7. Bericht d. Oberhess. Gesellsch. f. Natur- u. Heilkunde. 1859. p- 59. Baden. Beiträge zur Statistik der inneren Verwal- tung des Grofsherzogthums Baden. 9. Heft. Die Gemeinden des Grofsherzog- thums Baden, deren Vermögensverhält- nisse, Einnahmen und Ausgaben. 1 Thl. Carlsruhe (Müller) 1858. 8. (2 Thlr. 9 Sgr.) Fecht (C. G.), Der südwestliche Schwarz- wald und das anstofsende Rheingebiet. 2. Abthl. 6.—7.Lief. Lörrach (Gutsch) 1859. gr. 8. (& 4 Thlr.) Schnars (C. W.), Der Bodensee und seine Umgebungen. 3 Abthlgn. 2. Ausg. Stuttgart_(Cotta) 1859. 8. (2 Thlr. 4 Sgr.) Die Residenzstadt Karlsruhe, ihre Ge- * schichte und Beschreibung. Festgabe der Stadt zur 24. Versammlung deut- scher Naturforscher und Aerzte. Karls- ruhe (Müller) 1858. 8. (14 Thlr.) Coignet (J.), Bade et ses environs, des- sines d’apres nature; avec des notices par A. Achard. Paris (Hachette & Co.) 1858. 66 S. Fol. Württemberg. Beschreibung des Königreichs Württem- berg. 39. Heft. (Beschreibung des Ober- amts Ludwigsburg.) Stuttgart (Aue) 1859. gr. 8. (14 Thlr.) Kuttler (G.), Heilbronn, seine Umge- bungen und seine Geschichte für Fremde 505 und Einheimische in kurzen Umrissen geschildert. Heilbronn (Clafs) 1859. 8. (12 Sgr.) Kuttler (G.), Die schwäbische Eisen- bahn. Topographisch, historisch und ästhetisch geschildert. Heilbronn (Clafs) 1859. 8. (4 Thlr,) Bayern. Heinisch (G. F.), Das Wissenswürdigste aus der Geographie und Geschichte Bayerns. 8. Aufl. Bamberg (Buchner) 1858. 8. (2 Sgr.) v. Hermann (F. B. W.), Beiträge zur Statistik des Königr. Bayern. 8. Bd. München (Lit. art. Anstalt, in Comm.) 1859. Fol. (24 Thlr.) Drei Tage in Augsburg, ein kleiner Weg- weiser für die Stadt und ihre Umge- bungen. Augsburg (Schmid) 1859. 32. (4 Sgr.) Sighart (J.), Von München nach Lands- hut. Ein Eisenbahnbüchlein. Landshut (Krüll) 1859. 12. (12 Sgr.) Oesterreich. Jarosch (J. A.), Topographisches Uni- versal-Lexieon des österreichischen Kai- serstaats. In alphabet. Ordnung. Heft 5. 6. Olmütz (Neugebauer, in Comm.) Lex. 8. (& 30 kr.) Statistisches aus Oesterreich. — Notizblatt des Ver. f. Erdkunde zu Darmstadt. 1859. p. 45. Neue Berechnung des Flächeninhalts der österreichischen Monarchie. — Peter- mann’s Mittheil. 1858. p. 469. Charakteristik der verschiedenen Völker- schaften des österreichischen Kaiser- staats. — ibid. V. 1859. p. 112. Geographisch - statistische Tabellen des österreichischen Kaiserstaats. No. 16. Die Königreiche Croatien und Slavo- nien. 18. Temeser Banat und Wojwod- schaft Serbien. 22. Das lombardisch- venetianische Königreich. Prag (Bell- mann) 1859. Imp. Fol. (a 8 Sgr.) Waaren-Ein- und Ausfuhr Oesterreichs im Jahre 1858, summarisch verglichen mit den Ergebnissen des Jahres 1857. — Preufs. Handels-Archiv. 1859. N. 11. Vergl. Oesterreichs Waarenverkehr mit dem Auslande und Zolleinnahmen im 3. 1808. -— ibid. N. 12: Ausweise über den auswärtigen Handel 506 Oesterreichs und der mit Oesterreich zollvereinten Staaten im Sonnen-Jahre 1856. Zusammengestellt von der Di- rection der administrativen Statistik. Wien 1858. XXXVI, 367 S. gr. Fol. Callon (J.), Note sur la statistique mi- neraire de l’empire d’Autriche. — An- nales des Mines. V® Ser. XIV. 1858. p. 323. Tomek (V. V.), Ueber die frühere Ein- theilung Böhmens in Gerichtsbezirke und später in Kreise. (In böhmischer Sprache.) — Casopis. 1858. Heft 2. 3. Malerisch-historisches Album vom König- reich Böhmen. Herausgeg. von E. Höl- zel. 11. u. 12. Lief. Olmütz (Hölzel). qu. ger. Fol. (a 1! Thlr.; col. 2! Thlr.; Prachtausg. 34 Thlr.) Stur (D.), Die Umgebungen von Tabor (Wotitz, Tabor, Jungwoschitz, Patzau, Pilgram und Cechtitz). — Jahrb. d. k. k. Geolog. Reichsanstalt. 1X. 1858. p- 661. Jokely (J.), Das Erzgebirge im Leitme- ritzer Kreise in Böhmen. — ibid. IX. 1858. p. 549. Jokely (J.), Das Leitmeritzer 'vulcani- sche Mittelgebirge in Böhmen. — ibid. IX. 1858. p. 398. Gröning (W.), Franzensbad, Eger und | Elster. Berlin (Grieben’s Reise-Biblioth. N. 41). 8. —, Carlsbad. Berlin (Grieben’s Reise-Bi- blioth. N. 45). 8. — , Marienbad. Berlin ( Grieben’s Reise- Biblioth. N. 42). 8. Hübner (A.), Die Ueberschwemmungen vom 1. und 2. August 1858 im nord- östlichen Böhmen in ihrer Entstehung und ihren verheerenden Folgen etc. Rei- chenberg (Stiepel) 1858. 45.8. 8. (6 kr.) Statistischer Bericht der Handels- und Ge- werbekammer in Prag an das hohe k, k. Ministerium für Handel, Gewerbe u. öffentliche Bauten. 2.Heft. Prag (Calve, in Comm.) 1859. Lex. 8. (2 Thlr.) Madle (A.), Das Herzogthum Schlesien, unser Heimathland. Mittheilungen aus | der Heimathskunde. Troppau (Schüler) 1858. 12. (16 Sgr.) Malerisch-historisches Album von Mähren und Schlesien. Herausgeg. vonE.Höl- zel. 2. Ser. 2. Lief, Olmütz (Hölzel). qu. gr. Fol. (1 Thlr. 6 Sgr.; col. 2 Thlr.; | Prachtausg. 23 Thlr.) Schmidt (J. F. Jul.), Ueber den Reiche- nauer Berg in Mähren. — Mittheil. d. | W. Koner: k. k. Geogr. Ges. zu Wien. II. 1859. p- 38. Weidmann (F. C.), Neuester illustrirter Fremdenführer in Wien. 7. Auf. Wien (Tendler u. Co.) 1859. 16-Carton. (1 Thlr.) Reinhard, Une excursion au sommet du Semmering en 1857. Paris 1858. 16. (Abdr. aus dem „Investigateur“.) Meifsner (E.), Der Führer auf der Kai- serin Elisabeth-Bahn von Wien bis Linz. Wien (Wendelin, inComm.) 1859. 36 8. 16. (8 Sgr.) 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Merkwaardige kasteelen in Nederland, door Mr. J. van Lennep en W.J. Hof- dijk. 3eserie. 4e_—7eafl. Met plaaten en kaarten. Amsterdam ( Tielkemeijer ) 1858 —.59. gr. 8. (per afl. f. 0,60.) Baedeker (K.), La Hollande et la Bel- gique. Trad. de l’allemand. (Baedeker) 1859. 8. (14 Thlr.) Colet (MmeL.), Promenade en Hollande. Paris (Hachette & Co.) 1859. 279 8. 18. (2 fr.) Holländische Skizzen. 1859. N. 4 f. — Morgenblatt. Esquiros (A.), La Neerlande et la vie | hollandaise. 2 vols. Paris (Michel Levy | Freres) 1859. 727 8. 18. (6 fr.) de Jonge (Ihr. Mr. J. C.), Geschiedenis | van het Nederlandsche zeewezen. Ver- meerderd met de nagelaten aanteeke- ningen van den overleden schrijver, en | uitgegeven onder toezigt van I. M. J. K. J. de Jonge; minkostbare uitgave, 2e druk. 6e— 15e afl. Haarlem (Kruse- man). 1859. roy. 8. (A £. 0,90.) Sieburgh (N. C.), De doorgraving van Holland op zijn smalst. Eene voorle- zing etc. 1859. 19 bl. gr. 8. (f. 0,25.) Diets (J. 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Leiden (Cou- vee) 1858 — 59. roy. 8. (& £. 0,30.) De stad Utrecht. Album bevattende af- beeldingen harer voornaamste gebouwen en gezigtspunten. Naar de natuur ge- teekend en op steen gebragt in het lithogr. etablissement van P. W. van de Weijer, te Utrecht, met histor. bij- schriften door Dr. Wap. le — 4e afl. Utrecht (Broese) 1859. roy. 8. (if. 0,30.) Jahresberichte der preufsischen Consulate zu Amsterdam und Harlingen für 1858. — Preufs. Handels- Archiv. 1859. N. 12 £. Das britische Reich. Massy (R. T.), Analytical Ethnology: the Mixed Tribes in Great Britain and Ire- land examined, and the Political, Phy- sical, and Metaphysical Blunderings of the Celt and the Saxon exposed. New edit. London (Sanderson) 1859. 250 S. 12. 5 s.) Lawson (W.), The Geography of Coast Lines. 3d edit. Durham (Piper) 1859. 808 12. (1s.) Statistical Abstract for the United King- dom in each of the last Fifteen Years (ended 31st December) from 1844 to 1848. 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Syt- tende Bind, inholdende Tabeller over Vielser, Fodsler, Dodsfald ete. Udgivet af det statistiske Bureau. Ebds. 1859. 44 S. 4. Statistisches Tabellenwerk, enthaltend Ta- bellen über die Waaren-Einfuhr und Ausfuhr, Schifffahrt und Branntweins- Production etc. des Königr. Dänemark, des Herzogth. Schleswig und des Her- zogth. Holstein für das J. 1857. Her- ausgeg. von dem statist. Bureau. Deut- sche Ausgabe des 16. Bds., neuer Reihe. Kopenhagen (Gyldendal) 1858. 234 S$. 4. (1. Rd.) Statistisk Tabelvaerk. Ny Raekke. Sex- tende Bind, indeholdende Tabeller over Kongeriget Danmark etc. Ebds. 1858. 2328. 4. (1 Rd.) Bentsen (J.), Dodeligheden i den dansk Stat i Aarraekken 1845—54. Kjoben- havn (Reitzel) 1859. 62 S, 4. (1 Rd.) Jahresbericht des preufsischen Consulats zu Kopenhagen. — Preufs. Handels- Archiv. 1859. N. 18. Kritische Beleuchtung von: Allen, Die dänische Sprache und die Nationalität in dem Herzogthum Schleswig und Süd- Jütland. 1. 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Ahlquist (A.), Nachrichten über Tschu- waschen und Tscheremissen. — Archiv Ff. wissensch. Kunde v. Ru/sland XVIU. 1859. p. 39. Radde, Die dauro-mongolische Grenze in Transbaikalien. 1. Skizze der dau- rischen Hochsteppen in geographischer und physischer Beziehung. 2. Bemer- kungen über den Grenzdistriet Trans- baikaliens in landwirthschaftlicher Be- ziehung. Aus dem Russ. von K. Neu- N. F. VI 1859. p. 191. Der Alpensee Issykkul und Geschichte seiner Besitznahme durch Rufsland. — * Petermann’s Mittheilungen. V. 1859. p- 119. Landschaftsbilder vom Issykkul und aus den centralasiatischen Alpen ( Thian- Schan). — Ausland. 1859. N. 8. Archiv f. wissensch. Kunde von Ruj/s- land. XVIII. 1859. p. 1. Permikin und Selskji, Der See Ko- sogol und das dazu gehörige Gebirgs- thal. Nach dem Russ. — ibid. XVIIL 1859. p. 260. der; weitere Errungenschaften der Rus- sen. — Petermann’s Mittheilungen. IV. 1858. p. 474. mann. — Zeitschr. f. allgem. Erdkunde. Semenow (P.), Expedition nach dem | Thian-Schan oder Himmelsgebirge. — Neueste Nachrichten über die Amur-Län- | ie Wahrheit über den Amur, — Archiv | f. wissensch. Kunde v. Ru/sland. XVII. 1859. p. 486. Perry MeD. Collins’ Bericht über seine Reise durch dasasiatische Rufsland, 1856 und 1857, und über die Handels - Ver- hältnisse am Amur. — Petermann's Mit- theilungen. V. 1859. p. 19. P. Collins’ Bericht über die russischen Besitzungen im Amurgebiet. — Aus- land. 1859. N. 22. Die Uferbewohner des Amur. 2. Artikel. — Archiv f. wissensch. Kunde v. Ru/s- land. XVII. 1859. p. 29. Ussolzow, Reise an die Quelle des Gi- lui und zur Seja, im Sommer 1856. — Bote (Wjästnik) der K. Russ. geogr. Gesellsch. 1858, Heft IV. — Aus dem Russischen übersetzt von K. Neumann. — Zeitschr. f. allgem. Erdkunde. N.F. V. 1858. p. 444. Vergl. Archiv f. wissensch. Kunde von Ru/sland. XVLI. 1859. p. 135. Nachrichten über die Resultate der Reise des Lieut. Ussolzow im Jahre 1857. — Zeitschr. f. allgem. Erdkunde. 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Petermann’s Mittheil. 1858. p. 472. 33* 516 Die Astrachan’schen Salzsee'n. — Peter- mann’s Mittheil. 1858. p. 471. Der Häringsfang in der unteren Wolga. — ibid. 1858. p. 471. Kaukasischer Wegweiser, mit allerhöchster Bewilligung im J. 1847 zusammenge- stellt und nach den neuesten, bis 1. Januar 1858 gesammelten Nachrichten verbessert von der kriegs-topographi- schen Abtheilung des Generalstabs der kaukasischen Armee. Tiflis 1858. (In russ. Sprache.) Wlastoff (@.), Essai historique sur la parente des tribus caucasiennes. — Nowv. Annal. d. Voy. 1859. I. p. 58. Circulation des Wassers des Goktscha- See’s in Trans-Kaukasien. — Peter- mann’s Mittheilungen. 1858. p 471. Der Handel von Trans-Kaukasien in den J. 1854 — 56. — ibid. 1858. p. 472. Kolenati (F. A.), Reiseerinnerungen. 2. Theil: Die Bereisung Circassiens. Dres- den (Kuntze) 1859. gr. 8. (3 Thlr.) Brosset, Rapport sur la 2de partie du voyage du P. 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Dinome, Preeis. des resultats et des in- formations par le Dr. Barth pendant le cours de ses voyages dans l’interieur de l’Afrique septentrionale. IVe Vol. Voyage du Koukaoua &A Temboctou. — Nouv. Annal. d. Voy. 1858. IV. p2127...1859,,1:.92257.. IT2 n: 225 EN Neu erschienene geographische Werke, Aufsätze, Karten und Pläne. Dr. Heinrich Barth’s Reisen in Inner- Afrika. Von Kukaua bis Timbuktu und Rückkehr nach Europa. — Ausland. 1859. N. 9 f. 17. Moyen employ@ par les Negres du Sou- dan central pour se procurer des cauris. — Nouv. Annal. d. Voyages. 1859. 1. p. 370. Leopold Panet’s Reise durch die grofse Wüste von Afrika im Jahre 1850. Petermann’s Mittheil. V. 1859. p. 101. Forgach (Graf Carl), Reiseskizzen aus \ | } | | | der Saharrah. — Der Naturfreund Un- | garns. 1858. II. Heft 1—3. Le commerce dans le Soudan. — Nour. 523 geführt in den Jahren 1837 —55. Zwei Theile. Frankfurt a. M. (Völcker, in Comm.) 1858. gr. 8. (23 Thlr.) 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Mit einem Atlas alter, bisher un- gedruckter Karten. ( Monumenta saecu- laria, herausg. von der K. bayer. Aka- | demie d. Wiss. zur Feier ihres 100jähri- | gen Bestehens.) Imp. Fol. (32 Thlr.) Peschel (O F.), Neue Beiträge zur Ge- schichte der Entdeckung Amerika’s. — Ausland. 1859. N. 17 £. Why Watling Island was the Landfall of Columbus on his First Voyage to Ame- | rica in 1492. — Nautical Magaz. 1858. | März. Brasseur de Bourbourg, Quelques traces d’une &migration de l’Europe | septentrionale en Amerique dans les traditions et les langues de l’Amerique | Centrale. — Now. Annal. d. Voyages. VIe Ser. 1858. IV. p. 261. Brückner (G.), Amerika’s wichtigste Cha- rakteristik nach Land und Leuten. Heft | 7-12. st. Louis (Wotter). lex. 8. (& 4 Thlr.) Die Nordpolarländer. On Dr. Rink’s Remarks respecting the supposed Discovery by Dr. Kane of the North Coast of Greenland and an Open Polar Sea. — Proceedings of the Roy. Geogr. Soc. II. 1858. p. 359. Ule (O.), Schlufs. — Die Natur. 1858. N. 49. Die neue amerikanische Nordpol-Expedi- tion. — Petermann’s Mittheilungen. V. 1859. p. 126. Geschichte der Polarreisen. | | M‘Clintock (F. L.), Reminiscences of Arctie Ice-Travel in Search of Sir John Franklin and his Companions. With Geologieal Notes and Illustrations by | Sam. Haughton. — The Journal of the Roy. Dublin Society. Vol. I. 1858. p- 183. Das Schicksal der Hudsonsbay- Gesell- schaft. — Ausland. 1859. N. 18. Das Britische Nordamerika. Bermuden. Kane (P.), Wanderings of an Artist among the Indians of North America, from Ca- nada to Vancouver’s Island and Oregon, through the Hudson’s Bay Company’s Territory, and back again. With illu- strations. London (Longman) 1859. 460 8. 8. (21 s.) Canada and the Western States of Ame- | riea. London (Bailliere) 1859. 8. (4 s.) | United States and Canada. The New World in 1859: being the United States and Canada illustrated and described. In 5 Parts, illustr. with 135 engravings ete. London (Bailliere) 1859. 8. (8 s.) Ho, for the West! Hand-book for Canada and the United States: containing every Information for Travellers and Emigrants. London (Algar & $.) 1859. (6 d.) Britisch-Columbia und Vancouver-Insel. Gegenwärtige Zustände und Entwicke- | lungsfähigkeit der neuen englischen Ko- lonie am Grofsen Ocean. — Petermann's Mittheil. 1858. p- 502. Copies or Extracts of correspondence re- lating to the Discovery of Gold in the Fraser River District, in British North- America. Presented to both Houses of | Parliament by Command of H. M., July 2, 1858. London 1858. 18 8. fol. | With Map. Die neueren Aufnahmen und Forschungen in dem nordwestlichsten Theile von Nord-Amerika. Zum Theil nach dem Neu erschienene geographische Werke, Aufsätze, Karten und Pläne. Eskimo-Geographen Erk-sin-ra. — Pe- termann’s Mittheil. V. 1859. p. 41. Kohl (J. G.), Bemerkungen über die Be- kehrung canadischer Indianer zum Chri- stenthum und einige Bekehrungsgeschich- ten. — Ausland. 1859. N. 2 f. Jones (J. 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Lon- don (Hope) 1859. 396 S. 18. (10 s. 6.d.) Osborn (Sh.), Notes, Geographical and and Commercial, made during the Pas- sage of H. M. S. Furious, in 1858, from Shanghai to the Gulf of Pecheli and back. With Sailing Directions by S. Court. — Proceedings of the Roy. Geogr. Soc. III. 1859. p. 55. Korzelinski ($.), Opis podrözy do Au- stralii ete. (Beschreibung der Reise nach Australien und des dortigen Aufenthalts vom Jahre 1852 bis 1856.) 2 Bde. Krakau 1858. 382 u. 420 S. 8. | Fowler (F.), Southern Lights and Sha- dows: being Brief Notes of Three Years’ | Experience of Social, Literary, and Po- litical Life in Australia. New. edition. | London (Low) 1859. 132 8. 12. (1s. 6.d.) | Mereweather (J. D.), Diary of a Wor- king Clergyman in Australia and Tas- mania, kept during the Years 1850— 53: including his Return to England by way of Java, Singapore, Ceylon, and Egypt. London (Hatchard) 1859. 370 S.-12. 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Erd- kunde zu Darmstadt. 1859. p. 15. 19. 25332159: Zuid-Australi&. Eenige mededeelingen aan- gaande die Engelsche kolonie, door een oud kolonist. (Uit het Engelsch ver- taald door K.) Amsterdam (Klijn) 1859. 8. (f. 0,15.) Neumann (K.), John M‘Douall Stuart's Entdeckungsreise in das Innere, Süd- Australiens, im Jahre 1858. — Zeitschr. Ff. allgem. Erdkunde. N.F. VI. 1859. p- 41. Unterirdische Höhlen in Süd- Australien. — ibid. N. F. V. 1858. p. 479. , Bergbau in Süd-Australien und Entdeckung von Gold am Murray. — ibid. N. F. VI. 1859. p. 161. Clarke (W.B.), On the Search for Leich- hardt, and the Australian Desert. — Proceedings of the Roy. Geogr. Soc. II. 1859. p. 87. \ Gregory (A. C.), Expedition from Mo- reton Bay in Search for Leichhardt and Party. — ibid. III. 1859. p. 18. A. C..Gregory’s Reise durch den au- stralischen Continent: im Jahre 1858. Nach Gregory’s amtlichem Bericht von K. Neumann. — Zeitschr. f. allgem. Erd- kunde. N. F. V. 1858. p. 423. 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Bouquet de la Grye (A.), Traditions sur la presence de Cook, de La Pey- rouse, et de d’Entrecasteaux, sur les cötes de la Nouvelle Caledonie. — Bull. de la Soc. de Geogr. IVe Ser. XV]. 1858. p. 444. Meinicke, Wanikoro und der Schiff- bruch des La Perouse. — Zeitschr. f. allgem. Erdkunde. N. F. V. 1858. p- 377. Vgl. Ausland. 1859. N. 11. Kubalski, Voyages et decouvertes en Oceanie, depuis 1791 jusqu’ä nos jours. Paris 1858. 143 8. 12. Vinson (E.), Elements d’une topographie medicale de la Nouvelle-Caledonie et de lile des Pins. Paris 1858. 4. W. Koner: New Caledonia, — Colhurn’s United Ser- vice Magaz. 1858. August. Pancher et Vieillard, Nouvelle Cale- donie. Aspect general et histoire natu- relle. — Revue coloniale. 1858. Juin. Thomson (J. Turnbull), Journal kept during the performance of a Reconnois- sance Survey of the South Distriet of the Province of Otago, New Zealand. — Proceedings of the Roy. Geogr. Soc. I. 1858. p. 354. Swainson (W.), New Zealand and its Colonisation. 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IX. 1858. p. 234. van Galen (P.), Zeil-, wind en stroom- kaarten en routetabellen toegelicht. - 2° uitgave. Rotterdam (Bazendijk) 1859. 31 bl. met kaarten en tabellen. er. 8. (f. 1.) Carte generale des meridiens et des pa- ralleles magnetiques du globe terrestre, tels qu’ils resultent des observations de la deelinaison de l’aiguille aimantee ra- menees & l’annde 1825. (Publ. du Depöt general de la marine en 1857-58.) N. 1729. 1730.) Atlanten zur alten und neueren Geographie. Bromme (T.), Illustrirter Hand-Atlas der Geographie und Statistik. 4. u. 5: Lief. Stuttgart (Krais u. Hoffmann) 1858. Fol. (& 1 Thlr.) Flemming’s Elementar-Schul-Atlas in 10 Blättern. 3. Aufl. Glogau (Flemming) 1859. qu. 4. (6 Sgr.) —, — — — Für die Schulen des österrei- chischen Kaiserstaates in 11 Bl. 3. Aufl. Ebds. (6 Sgr.) —, — — — Für die Schulen des preufsi- schen Staates in 11 Bl. 3. Aufl. Ebds. (6 Sgr.) Handtke’s (F.) Schul-Atlas der neueren Erdbeschreibung in 25 Blättern. 16, Aufl. 1.Lief. Glogau (Flemming) 1859. qu. 4. (2 Sgr.) Neu erschienene geographische Werke, Aufsätze, Karten und Pläne. Kiepert (H.), Atlas Antiquus: Eight Maps to illustrate Ancient History. London (Williams u. N.) 1859. (6 s.) Ulustrirter Hand-Atlas für Freunde der Erdkunde und zum Gebrauch beim Un- terricht. Im Verein mit E. Leeder und H. Leutemann herausg. vonTTh. Schade. 1.Lief. Leipzig (Brockhaus) 1859. Imp. Fol. (1 Thlr. 18 Sgr.) Stieler’s Schul-Atlas über alle Theile der Erde nach dem neuesten Zustande, und über das Weltgebäude. Gotha (Perthes) 1859. qu. 4. (14 Thlr.) v. Sydow’s (E.) Wand-Atlas.. N. VII. Planigloben. (In russ. Sprache.) Lith. u. illum. Gotha (Perthes) 1859. Imp. Fol. (Auf Leinw. u. in e. Mappe 4! Thlr.) v. Sydow’s (E.) Skol-Atlas i fyrtiofem kartor. 2. Afdelningen. Gotha (Perthes) 1859. qu. 4. (? Thlr.) Hand-Atlas der Erde und des Himmels. Neu red. Ausg. 31—35. Lief., Weimar (Landes-Industrie-Compt.) Imp. Fol. (@ 4 Thlr.) Bean’s Comprehensive School Atlas: An- cientand Modern Geography;; with Index. By J.H. Johnson. New edit. London (Bean) 1859. roy. 8. (12 s.) Bean’s School Atlas, comprising Eigtheen Maps; with Index. By J. H. Johnson. New edit. London (Bean) 1859. roy. 8. (5 s.) Black’s.General Atlas ofthe World. New edit. containing all the Latest Discoveries and Introductory Chapters on the Geo- graphy and Statistics of the various Countries of the World ete. London (Longman) 1859. Fol. (3 L.) Collin’s College Classic Atlas for Schools and Families; with an Alphabetical In- dex of the Latitudes and Longitudes of 20,000 places. London (Simpkin) 1859. roy. 8. (12 s.) Petermann (A.), The Atlas of Physical Geography. With Descriptive Letter- press, embracing a General View of the Physical Phenomena of the Globe, by the Rev. Th. Milner. New edit. London (Ward & L.) 1859..Fol. (15 s.) White, Constructive Geography: being a Series of Exereices by which a Child may effectually learn Geography, and to draw Maps of all Countries. London (Houlston) 1859. a EEE 39. Aufl. 591 Lange (H.), Land- und Seekarte des Mittelländischen Meeres nebst den an- grenzenden Ländern. 9 Bl. InStahl gest. u. illum. Triest (Direct. d. österr. Lloyd) 1859. Imp. Fol. (8 Thlr.) Handtke (F.), Karte des Mittelländischen Meeres nebst 12 Specialkarten der wich- tigsten Häfen. Glogau (Flemming) 1859. | Lith. u. col. Imp. Fol. (4 Thlr.) Karten von Europa, namentlich ı Mittel-Europa. (Post-, Eisenbahn- und Reisekarten. ) Handtke (F.), Wandkarte von Europa. (4. Aufl.) 9 Bl. Lith. u. illum. Glogau (Flemming) 1859. Imp. Fol. (2 Thlr., auf Leinw. 2 Thlr.) Pfeiffer (B.), Europa in 4 Blättern. Kupferst. u. illum. Nürnberg (Beyerlein) 1859. Imp. Fol. (12 Thlr.) Ewald (L.), Wandkarte der europäischen Staaten mit Bezeichnung der Eisenbah- nen und Telegraphenlinien. 9 Bl. Chro- molith. Darmstadt (Jonghaus) 1858. Imp. Fol. (25 Thlr.) M. 1: 3,600,000. Black’s New Map of Europe. London (Longman) 1859. 4. (14 s.) Bradshaw’s Map of Europe. London (Adams) 1859. (1s.) Johnstone (A. K.), Map of Europe. London (Blackwood) 1859. (21 =.) Handtke (F.), Post-, Reise- und Eisen- bahn-Karte von Deutschland. Neue Ausg. Lith. u. illum. Glogau (Flemming) 1859. Fol. (15 Thlr., auf Leinw. u. in engl. Carton 2! Thlr.) —, Specialkarte der Eisenbahnen Mittel- Europa’s. (Neue Ausg.) 4 Bl. Lith. u, illum. Dresden (Kuntze) 1859. Imp. Fol. (2 Thlr.) —, Wandkarte von Deutschland. 4. Aufl. $ Bl. Lith. u. illum. Glogau (Flemming) Imp. Fol. (3 Thlr., auf Leinw. 2 Thlr.) Hanser (G.), Post- und Eisenbahn-Reise- karte von Deutschland, Holland, Bel- gien, der Schweiz etc. Neue Ausg. Kupferst. u. illum. Nürnberg (Serz & C.) 1859. Imp. Fol. in 8-Carton. (Auf Leinw. 1 Thlr. 6 Sgr.) —, Neueste Eisenbahn- und Post-Reise- karte von Mittel-Europa. Neueste Ausg. Kupferst. u. illum. Ebds. Imp. Fol. in 8-Carton. (4 Thlr.) Hendschel (U.), Neueste Eisenbahnkarte von Central-Europa. (Neue Ausg.) Frank- furt a. M. (Jügel’s Verl.) Imp. Fol. (In 34* 532 W. Koner: 8-Carton 1 Thlr.; auf Leinw. u. in 8-Carton 14 Thlr.) Hendschel (U.), Post- und Eisenbahn- Karte von Deutschland und den Nach- barstaaten. Neue Ausg. Ebds. (Auf Leinw. u. in Etui 3 Thlr.) König (Th.), Allgemeine Comptoir-, Post- und Eisenbahn-Karte von Mittel-Europa. Lith. color. Berlin (Schindler) 1859. Imp. Fol. (3 Thlr.) Kunsch (H.), Eisenbahrkarte von Mittel- Europa mit Angabe der Dampfschiff- fahrts-Verbindungen. Neue Ausg. Lith. u. illum. Glogau (Flemming) 1859. Imp. Fol. (In 16-Carton 4 Thlr.) —, Post-, Reise- und Eisenbahn-Karte von Deutschland, der Schweiz, den Nie- derlanden und Belgien. Neue Ausg. Lith. u. illum. Ebds. Imp. Fol. (In 8-Carton 3 Thlr., auf Leinw. 1 Thlr. 2, Ser.) — , Eisenbahn-, Post- und Strafsen-Karte von Deutschland und den Nachbar- | Lith. Berlin (Schotte & C.) 1359. Imp. Fol. (+ Thlr.) Uebersichts-Karte sämmtlicher Eisenbah- nen, Dampfschifffahrten, Kunststrafsen und Hauptpostanstalten in Mittel-Europa. Lith. u. col. Magdeburg (Kaegelmann) 1859. gr. Fol. (4 Thlr. ) Eisenbahn-Karte von Mittel-Europa. Lith. Dresden (Klemm) 1859. Fol. (In 16- Carton 4 Thlr.) Neuester Eisenbahn-Atlas von Deutschland, Belgien, den Niederlanden ete, 3. Aufl. Nürnberg (Serz & C.) 1859. gr. 8. (18 Sgr.) Kutscheit (J. V.), Karte der deutsch- französischen Grenzländer mit Angabe der seitdem 17. Jahrh. von Deutsch- land abgerissenen Landtheile. Berlin {Nieolaische Verl.-Buchhdl.) 1859. Lith. u. col. Fol. (+ Thlr.) Brockhaus’ Reise- Atlas. Entw. u. gez. von Henry Lange. Lith., in Farbendr. und theilweise mit Randansichten in staaten. 2 Bl. Lith. u. color. Leipzig Stahlst. Lief. 13—16. Leipzig (Brock- (Hinrichs, in Comm.) 1859. (In 8-- haus) 1859. qu. 4. (& 10.Sgr.) 13. 14. Carton 5 Thlr. ) Lief.: Leipzig — Dresden. Ulm — Leuthold’s Post-, Eisenbahn- und Friedrichshafen — Bodensee. Braun- Dampfschiff-Karte der Schweiz und der schweig. Stuttgart. Rügen.: — Ham- Nachbarstaaten bisLondon, Paris, Nizza, burg — Kiel — Helgoland. Lief. 15. Neapel und Königsberg. Neue Ausg. Zürich (Hinrichs) 1859. Imp. Fol. (Auf | Leinw. u. in Etui 23 Thlr.) Mayr (J. G.), Reise- und Uebersichts- Karte von Deutschland nebst den an- gränzenden Ländern. Neue Ausg. Kpfrst. u. illum. München (Rieger) 1859. (In 8-Carton 1 Thlr., auf Leinwand 14 Thlr.) Müller (H.), Karte der Eisenbahnen Mittel-Europa’s mit Angabe sämmtlicher | Bahnstationen etc. 3. Aufl. Lith. u. illum. Glogau (Flemming) 1859. Imp. Fol. (In 16-Carton 18 Sgr., auf Leinw. | 1} Thlr.) | Raab (C. J. C.), Special-Karte der Eisen- 16.: Frankfurt a. M. Augsburg — Lin- dau. Frankfurt a. ©. — Breslau — Posen. Hof — Nürnberg. Hannover. München — Kufstein — Salzburg. Karten von Preufsen. Handtke (F.), Wandkarte vom preufsi- schen Staat. (Neue Ausg.) 8 Bl. Lith. u.illum. Glogau (Flemming) 1859. Imp. Fol. (2 Thlr., auf Leinw. 2 Thlr.) Special-Atlas des Preufsischen Staates in 20 color. Regierungs- Bezirks - Karten. Mit Randbemerkungen über Geognosie, Schmidt (I. M. F.), bahn-, Post- und Dampfschiff-Verbin- dungen Mittel-Europa’s ete. Vollständig | neu gez. u. umgearb. von H. Müller. 4 Bl. Lith. u. illum. 4. Aufl. Glogau (Flemming) 1859. Imp. Fol. (1 Thlr. 12 Sgr., auf Leinw. 2 Thlr. 12 Sgr.) Post-Karte von Deutschland und den angrenzenden Staa- ten in 4 Bl. Neue Auf. Berlin (Schropp & Co.) 1859. roy. Fol. (2 Thlr.) Sehotte’s Eisenbahn-Karte von Mittel- Europa mit Angabe sämmtlicher Bahn- stationen und Post-Verbindungen. 9. Aufl. Bodencultur und industrielle Erzeugnisse versehen ete. Lief. 4—-6. Lith. u. col. Erfurt (Bartholomäus) 1859. gr. Fol. (& Lief. von 3 Bl. 12 Sgr.) Topographische Karte vom Preufsischen Staate mit Einschlufs der Anhaltischen und Thüringischen Länder. Bearb. in der topograph. Abtheilung des K. Preu- (sischen Generalstabes. M. 1 :100,000. Oestlicher Theil. Sect. 242, Heiligen- stadt. Sect. 243, Bleicherode. Sect. 244, Sondershausen. Sect.259, Treffurt, Sect. 277, Jena. Sect. 290, Ilmenau. Berlin Bere Neu erschienene geographische Werke, Aufsätze, Karten und Pläne. (Schropp, in Comm.) 1859. gr. Fol. (& 12} Sgr.) Brathuhn, General-Karte von den ge- sammten Mansfeldschen Kupferschiefer- Revieren. Lith. u. illum. Eisleben (Reichardt, in Comm.) 1858. Imp. Fol. (1 Thlr. 24 Sgr.) M. 1:1,32,000. Delkeskamp (F. W.), Panorama des Ahrthales von Sinzig (Remagen) bis oberhalb Altenahr. (Delkeskamp) 1859. Imp. Fol. (3 Thlr.) Karten der übrigen Theile Deutsch- lands und Oesterreichs. Hacke (K.), Uebersichts-Karte der Chem- nitz-Würschnitzer Eisenbahn mit ihren Zweigen und den unterirdischen Be- sitzungen der ihr nahe liegenden Ver- eine. Lith. u. illum. Leipzig (Hinrichs, in Comm.) 1859. Fol. (+ Thlr.) Grundrifs der innern Stadt Harburg. Lith. Harburg (Elkan) 1859. gr. 16. (4 Sgr.) Allmer, Dreiecks-Netz für die Grofs- herzogthümer Mecklenburg, aufgetragen nach den trigonometrischen Messungen bis Ende des J. 1858. M. 1:400,000. Fol. Topographische Karte vom Kurfürstenthum | Hessen. Sect. 6, Cassel. (2 Thlr.) Sect. 20. 21, Schmalkalden. (2 Thlr.) Sect. 38, Nenndorf. (13 Thlr.) Sect. 39, Rin- | teln. (1! Thlr.) Sect. 40, Oldendorf | (13 Thlr.) Cassel (Bohne, in Comm.) 1858. Imp. Fol. Braun (W.), Eisenbahn- und Strafsen- Atlas von Kurhessen. Nach den neuesten Quellen bearb. M. 1:150,000. 9 Bl. Cassel (Fischer) 1858. gr. Fol. (22 Thlr.) Handtke (F.), Wandkarte des österrei- chischen Kaiserstaates. 4. Aufl. 10 Bl. Lith. u. illum. Glogau (Flemming) 1859. Imp. Fol. ($ Thlr.; auf Leinw. 2 Thlr.) v. Fligely (A.), Organisation und Fort- schritt der militairisch-kartographischen Arbeiten in Oesterreich. — Mittheil. der K.K. Wiener geogr. Ges. III. 1859. S.1. Kastner (L.), Oesterreichischer Eisen- bahn-Atlas. 16 (lith.) Bl. Wien (Mechi- | tharisten Congr.-Buchhdl.) 4. (8 Sgr.) Neuester Plan von Wien und seinen Vor- städten. Lith. Nebst einem Wegweiser. 6. Aufl. Wien (Tendler & C.) 1859. In 16-Carton. (2 Thlr.) Pfeiffer (B.), Karte zur Reise durch Salzburg, das Salzkammergut und Berch- Lith. Frankf. a.M. | 933 tesgaden nebst einem Theile von Tyrol bis Brixen und des Bayerischen Hoch- gebirges bis München. Kupferst. Salz- burg (Baldi). In 8-Carton. (27 Sgr., | eolor. u. auf Leinw. 14 Thlr.) Simony (F.), Panorama des nordkraini- schen Beckens nach der Natur gezeich- net und mit Erläuterungen versehen. Mit Text. Kupferst. Wien (Wallishausser) 1859. Fol. (4 Thlr.) ı Matkovich (P.), Topographische Karte des Gebietes St. Michel di Lemmo in Istrien. — Mittheil. der K. K. Wiener geogr. Ges. II. 1859. p. 32. ' Kummer v. Kummersberg (K.), Ad- ı ministrativkarte der Königreiche Gali- | zien und Lodomerien. M. 1:115,200. Bl.43. Umgebungen von Koziowa, Wo- tosianka und Dolina; nebst Blatt mit Plan von Krakau. M. 1: 10,800. Karten der Schweiz. Die Rheinthal-Linie der vereinigten Schwei- zerbahnen. Lith. Chur (Grubenmann) 1859. Fol. (2 Sgr.) , Ziegler (J. M.\, Karte des Kantons Zü- rich. Chromolith. Winterthur (Wurster & C.) 1858. Imp. Fol. (14 Thlr., auf Leinw. 1 Thlr. 14 Ser.) | Ladner (J. B.), Languard-Rundschau. \ Ein hypsometrisches Verzeichnifs von 1000 über 8000 Fufs hohen Gipfeln und Gräten der Alpenkette zwischen | Montblane und Grofsglockner, welche vom 10,887 Fufs hohen Piz-Languard aus gesehen werden. Chur (Grubenmann, in Comm.) 1858. 8. (4 Thlr.) I Karten von Frankreich. Nicolet (H.), Atlas de geographie phy- sique et agricole de la France, conte- nant la climatation, la zoologie, la bo- tanique, l’hydrographie, la geologie, l’orographie et la met&orologie dans leurs rapports avec l’agrieulture, suivi de dix cartes et de documents generaux sur la physique et la meteorologie agricole de l’Europe et du globe. Versailles et Paris. 1858. 9 pages et 17 cartes et tableaux. Fol. (40 fr.) Cartes archeologiques des Gaules, entre- prises par l’ordre du gouvernement. — Nowv. Annal. d. Voy. 1859. I. p. 354. | Le Roux de Lincy, Notice sur le plan de Paris de Gomboust. (Mitte des 17. 534 Jahrh.) — Bull. du Bibliophile. Janvier 1859. p. 3. Karten der Niederlande. Koot (A.), Kaart van het Koningrijk der | Nederlanden. 4 bl. lith. met geschiedk. aanteekeningen. Haarlem (de Erven Loosjes) 1859. (f. 2.) De Nederlandsche Spoorwegen, met aan- wijzing der lijnen waarvoor concessie is aangevraagd of waarop van wegen verschillende autoriteiten wordt aange- drongen. Ontworpen en geteek. door P.H. Witkamp. 1bl. lithogr. sterdam (Buffa& Zonen) 1859. (f.1,25.) Mees (Azn. Mr. S.), Historische atlas van Noord-Nederland, van de XVIe eeuw bot op heden. 10® afl. 10€ kaart. Rotterdam (van der Meer & Verbruggen) 1858. 26 bl. met gelith. en gekl. kaart. Fol. (f. 2.) Kaart ven der provincie Overissel, uitge- geven onder toezigt van D. Bierens de Haan. 4 bl. lith. en gerel. Deventer (de Lange) 1859. (f. 2,50; gekleurd f. 3; op katoen met rollen en vernist. f. 5,75.) Kaart van het eiland Zuid-Beveland met Wolphaarsdijk, door J. F. W. Conrad. 1 bl. lith. v. h. Topogr. Bureau, 1858. Fol. (f. 6.) Kaart van Leydens omstreken. Leyden (de Breuk & Smits) 1859. 1 bl. lith. f. 0,60. Register der peilingen, behoorende tot de | kaart der rivier de Boven-Maas, van beneden Vise tot Woudrichem. 3® ge- deelte. Van Grave to Woudrichem. 1857. 'sGravenhage (van Weelden & Mingelen). Fol. (f. 1,75.) Karten von England. James (H.), Neueste Ergebnisse der Ge- neralstabs-Aufnahme von Grofs-Britan- | nien. Die drei Coordinaten (Breite, Länge, Höhe) der hauptsächlichsten Dreieckspunkte in England, Schottland, Irland. — Petermann’s Mittheil. V.1859. p- 94. Stanford’s New Map of the Parliamen- | tary Divisions and Boroughs of England and Wales; showing the Actual Boun- daries of the Boroughs; the Unrepre- sented Towns having above 8000 In- habitants, and the Proposed Alterations. London (Stanford). 8. (8 s.) Am- \ | | | W. Koner: Karten von Dänemark. Generalstabens topographiske Atlas over Danmark. 20 Maribo, sort 64 fs.; illum. efter Sognegraendseme 80 [s.; med phy- sisk-geographisk Illumination. 2 Rd. 24 [s. Kjebenhavn. Bevölkerungskarten über die dänische Mo- narchie. 2Bl. Kpfrst. u. illum. Mit Text. Copenhagen (Gyldendal) 1859. Fol. (% Thlr.) Kort over Kjobenhavn og Omegn i 6 Blade. Tegnet af Th. Branth. 1854. Rettet til 1858 af Senne. 2-4de Blad. Kjeben- havn (Bielefeldt). (64 (s.) Mansa (J. H.), Kort over Norrejylland. Pl.2. Anden omarbeidede og forbedrede Udgave. M. 1: 160,000 af den virkelige Sterrels. Kjobenhavn (Gad) 1 Rd. | Both (L.), Kaart over Sorge Amt. Kjeben- havn- (Stinck) 1858. (32 (s.) Plan de Faskrud-Fiord (cöte orientale d’Is- lande). Publ. du Depöt general de la Marine en 1857 —58. Nr. 1756. — Plan du havre de Grone-Fiord (cöte oceiden- tale d’Islande). Nr. 1762. — Plan des passes de Rode Fiord (cöte orientale d’Islande). Nr. 1763. Karten von Italien (Kriegsschauplatz). Johnston’s Travelling Map of Italy. London (Blackwood) 1859. (8 s.) Berra (Fd.), Carta postale dell’ Italia dissignata secondo le piü moderne opere geografiche. Stahlst. u. col. Norimberga (Beyerlein). Roy. Fol. (4 Thlr.) Handtke (F.), Specialkarte von Italien. 1. Lief.: Ober-Italien. 2 Bl. 2. Lief.: Mittel-Italien. 2 Bl. Lith. u. col. Glo- gau (Flemming) 1859. gr. Fol. (12 Thlr.) | Baur (C.), Karte der Kriegsoperationen in Sardinien. Mitte Mai 1859. Stutt- gart (Krais & Hoffmann). qu. gr. Fol. (3 Sgr.) v. Dedenroth (H.), Militairische Ueber- sichtskarte von Ober-Italien. 2 Bl. Lith. u. col. Berlin (Schulze) 1859. gr. Fol. (4 Thlr. ) Gräf (A.), Ober- und Mittel-Italien. Wei- mar (Landes-Industrie-Comptoir) 1859. Lith. u. col. gr. Fol. (# Thlr. ) Kiepert (H.), Italien. (Aus des Verf. neuem Handatlas). Lith. u. illam. Ber- lin (D. Reimer) 1859. Imp. Fol. (12 Sgr.) Kiepert (H.), Karte des Kriegsschau- platzes in Ober-Italien (aus Kiepert's Neu erschienene geographische Werke, Aufsätze, Karten und Pläne. Karte der Schweiz). 2. Aufl. Lith. u. col. Berlin (D. Reimer) 1859. qu. Imp. | Fol. (4 Thlr.) König (T.), Neueste Karte des Kriegs- schauplatzes in Ober-Italien. N. 1. Lith. u.col. Berlin (Abelsdorff) 1859. qu.Fol. (4 Thlr.) Pfeiffer (J. B.), Karte von Italien. Mün- chen (Ravizza) 1859. Lith. u. col. gr. Fol. (3 Sgr., col. 4 Thlr.) Schuberth’s Kriegs - Atlas, betreffend den Oesterreichisch-Sardinischen Feld- zug. Kpfrst. u. illum. Hamburg (Schu- berth & Co.) 1859. Fol. (1 Thlr.) Uebersichtskarte des Kriegsschauplatzes in Ober-Italien. Mit einer Ansicht von Alessandria u, einem Ortslexikon von Sardinien. Leipzig (Weber) 1859. Holz- schn. Imp. Fol. (4 Thlr.) Special-Karte des Kriegsschauplatzes in Sardinien. Nebst Plänen der Umgebun- gen von Alessandria und Casale. Lith. u. col. Glogau (Flemming) 1859. Imp. Fol. (2 Thlr.) Karte von Ober-Italien. Lith. Cassel (Fischer) 1859. qu. Fol. (14 Sgr.) Karte von Ober-Italien. Chromolith. Cassel (Fischer) 1859. qu. Fol. (23 Sgr.) Karte des Kriegsschauplatzes in Ober- Italien im J. 1859. Chromolith. Stutt- gart (Maltes’ artist. Anst.) 1859. qu. Fol. (9 Sgr.) Karte vom Kriegsschauplatz in Ober- Italien, farbig begrenzt und mit stati- stischen Angaben. Lith. u. col. (Bartholomäus) 1859. qu. Fol. (3 Sgr.) Karte vom Kriegsschauplatz in Ober-Ita- lien. Chromolith. Berlin (Nicolai’s Verl.) 1859. gr. 4. (} Thlr.) Ziegler (J. M.), Carta dell’ Italia Su- periore coi passagi delle Alpi. Lith. u. col. Winterthur (Wurster & Co.) 1859. Imp. Fol. (12 Thlr.) Wohlfeile Ausg. Ebds. Imp. Fol. (24 Sgr.) Carta nuova della Sardegna. Nouvelle carte routiere et administrative de la Sardaigne etc. Zürich (Locher) 1859. Lith. u. col. Imp. Fol. (21 Sgr.) Black’s Military Map of Upper Italy. London (Longman) 1859. 8. (1s. 6. d.) Bradshaw’s Map of Italy. London (Adams) 1859. (1 s.) Collin’s New Map of the Seat of War. London (Darton) 1859. (1 s.) Dower’s Shilling War Maps: comprising Europe, Austria and Northern Italy. London (Ward &L.) 1859. roy.8. (1s.) Erfurt | 539 Smith’s Map of the Seat of War in Italy. London (Smith & $S.) 1859. (1 s.) Stanford’s Map of North Italy. London (Stanford) 1859. (1s.6.d.) Stanford’s Map of Italy. London (Stan- ford) 1859. (5 s.) \ Kaart van Sardinie. 1 bl. lith. Amsterdam (Seyffardt). (f. 0,25.) Kaart van Sardini& en een gedeelte der aan- grenzende rijken. 1 bl. lith. Zwolle (van Hoogstraten & Gorter) 1859. (f. 0,50.) Kaart van Sardinie, volgens de Kaart in Mei 1849 uitgeg. door Justus Perthes in Gotha. 1 bl. lith,. Rotterdam (Petri) 1859. (f. 0,20.) Tooneel van den oorlog in Nord-Italie, met aanduiding van alle vestingen, ver- sterkte plaatsen, militaire heerbanen en spoorwegen. Amsterdam (Gebr. Binger) 1859. 1 bl. lith. (f. 0,30.) Sartorius yv. Waltershausen, Atlas des Aetna. Mit Beihülfe von S. Caval- lari, ©. F. Peters, ©. Roos und J. Hey. 7. Lief. Weimar (Landes - Industrie- Compt.) 1859. qu. Imp. Fol. (10 Thlr.) Karten von Spanien. Publications du Depöt general de la Marine en 1857 — 58: Cadix et ses atterrages. N. 1742. — Baie d’Algesiras. N. 1743. — Conil et ses atterages, partie comprise entre le fort Sancti - Pietri et la riviere Barbate. N. 1761. Karten von Asien. Ohmann (C.), Karte von Asien mit be- gleitendem Text. Kpfrst. u. illum. (Ber- lin) Leipzig (Rein) 1859. Imp. Fol. (4 Thlr.) M. 1:22 Millionen. Karte von Asien. Kpfrst. u. illum. Nürn- berg (Serz u. Co.) 1858. Fol. (4 Sgr.) Vivien de Saint-Martin, Memoire analytique sur la carte de l’Asie cen- trale et de l’Inde, construite d’apres le Si-Yu-Ki, et les autres relations chinoi- ses des premiers siecles de notre ere pour les voyages de Hiouen Thsang dans l’Inde, depuis l’annee 629 jusqu’en 645. Paris 1858. de Bruyn (M. D.), Ueber Cartographie von Palästina. A. d. Holländ. bearb. von J. Müller. Berlin (Huber, in Comm. ) 1859. gr. 8. (3 Thlr.) 536 Leonhard (P. H.), Skolekort over Palae- stina, til Brugi Borgerog Almueskoler. Ny revideret Udgave. 4 Bl. Odense, (64 fs.) Van de Velde (C. W. M.), Plan of Je- rusalem, the Town and Environs; from the Ordnance Survey and Dr. Tobler’s Measurements (1:4850): with a me- moir by Dr. Tobler. London (Williams & N.) 1859. 26 S. 4 and 3 old plans, mounted on linen in portfolio. (10 s. 6 d.) —, Memoir to accompany the Map of the Holy Land. Ebds. 356 S. 8. (8. 6.d.) Rey (G.), Examen de quelques parties de la carte de la Palestine de M. Van de Velde. — Bull. de la Soc. de Geogr. IV® Ser. XVII. 1859. p. 198. Altmüller (H. W.), Reliefplan von Je- rusalem. Thonrelief. Cassel (Fischer) 1859. gr. 4. (1 Thlr.) China. Macao, surveyed byPt. Heywood, 1804. Corrections to 1858. Hydrograph: Office. Fol. (2 s.) China Sea. Golf of Siam, surveyed by J. Richards, assisted by G. H. Jaskip and J. W. Reed. Corrections to 1858. London. Hydrograph. Office. Fol. (2 s.) Carte de la cöte sud de Mindanao et des iles environnantes. (Publ. du Depöt ge- neral de la marine en 1857 — 58. N. 1720.) Cartes des cötes occidentales de Panay, | Tablas et iles voisines. (Publ. du Depöt general de la marine en 1857 —58. N. 1725.) Karten von Afrika. Publications du Depöt general de la ma- rine en 1857 — 58: Carte oceidentale d’Afrique, comprise entre la fleuve Niger et le cap Saint-Cathe- rine. N. 1721. Mouillages de Ceuta (cöte d’Afrique ). N. 1723. — Carte particuliere des at- terages des Tenes (cöte d’Algerie ), N. 1744. — Mouillages de la cöte d’Afrique (Cala-Grande, Alcazar, R’mel, Almanza et Benzus). N. 1748. — Cro- quis de Massouah (cöte d’Abyssinie). N.1 7593. Randon (le marechal comte), Carte spe- ciale de la Kabylie, comprenant le ter- ritoire soumis & la France. 6 feuilles au 1:50,000. Paris (Dumaine). (5 fr.) Prochaine publication d’une carte manu- scrite de la province de Fayoum par London. | ' America, NW.-Coast. W. Koner: M. Prisse d’Avennes. — Nowv. Annal. d. Voy. 1859. I. p. 117. Backer (W. T.), Notes to accompany the Plan of Queenstown, South Africa. — Proceedings of the Roy. Geogr. Soc. 1. 1858. p. 371. Croquis de la passe sud du mouillage de Zanzibar. N. 1745. — Carte de la cöte orientale d’Afrique de la baie de Kwyhoo au port de Quiloa. N. 1749. — Carte de la cöte orientale d’Afrique du port de Quiloa & la pointe Caldeira. N. 1750. — Carte de la cöte orientale d’Afrique de la pointe Caldeira au cap Corrien- tes. N. 1751. (Publ. du Depöt general de la marine en 1857 — 58,) ı Ziegler (J. M.), Explanations of the Physical Map of the Island of Madeira. — Proceedings of the Roy. Geogr. Soc. II. 1858. p. 366. Karten von Amerika. Strait of Juan di Fuca, surveyed by H. Kellett 1847. Admiralty Inlet and Puget Sound by the U. St. Exploring Expedition. 1841. Correetions to 1858. London, Hydro- graph. Office. Fol. (2 s.) Poor (H. V.), Notes on a Map of the United States and the adjacent Coun- tries. — Proceedings of the Roy. Geogr. Soc. II. 1858. p. 336. Johnson’s New Illustrated and Embel- lished County Map of the Republies of North America, with the adjacent Is- lands and Countries; compiled, drawn, and engraved from United States’ Land and Coast Surveys, British Admiralty and other reliable Sources. Published by Johnson and Browing. New York and Washington 1858. (48 s.) The Coast of Texas corrected from. the Reconnaissance of the U. St. Coast Sur- vey in 1855. Additions to 1858. Lon- don, Hydrogr. Office. Fol. (3 s.) Malte-Brun, Rapport sur la carte de l’Amerique centrale au nord de l’equa- teur, par M. H. Kiepert. — Bull. de la Soc. de Geogr. IV® Ser. XVII. 1859. p: 192. Publications du Depöt general de la ma- rine en 1857—58: Plan du havre de la Töte-de-Mort (Maidon-Arm) situe dans la baie aux Lievres (cöte nord-est de Terre-Neuve). N. 1752. — Plan du havre de Fichot et de ses environs Neu erschienene geographische Werke, Aufsätze, Karten und Pläne. (cöte nord-est de Terre-Neuve). N. 1753. — Plan des havres du Four et des petites ilettes avec le canal Fichot (cöte nord-est de Terre-Neuve). N, 1754. — Plans des iles et havres situes a la partie sud de l’entree de la baie aux Lievres (eöte nord-est de Terre-Neuve). N.1755. Publications du Depöt general de la ma- | rine en 1857— 58: Port de Santiago de Cuba. N. 1737. — Port de Guan- tanama (ile de Cuba). N. 1738. Mouillage de la caye Confites (ile de Cuba). N.1739. — Ile de Pinos (Cuba). | N. 1740. — Carte partieuliere de Vile | de Saint-Domingue. N. 1728. — Baie Nonsuch (ile Antigoa). N. 1731. — Baie Cade ou de Carlisle (ile Antigoa). N. 1732. — Port de Parham (ile An- tigoa). N. 1733. — Port de einq iles (ile Antigoa). N. 1734. — Port Saint- | Jean (ile Antigoa). N. 1735. — Canal de la Providencee (banc de Bahama); mouillage de la Pointe du trou dans le mur (ile Abaco); Caye Guk (grand | banc de Bahama). N. 1741. Publications du Depöt general de la ma- rine en 1857—58: Plan des iles Chin- cha (Perou). N. 1722. — Plan de la baie de Pisco (Perou). N. 1724. — Plan du passage du Boqueron entre la pointe de Callao et l’ile Saint Lorenzo. N. 1764. — Plan de la baie de Co- 997 quimbo (Chili). N. 1746. — Plan de la baie de Conception (Chili). N. 1757. Plan de la baie de Sainte-Marthe (eöte ferme d’Amerique). N. 1747. — Plan du port de la Bajada de Parana (Rio de la Plata). N. 1726. Hühn (W.), Süd-Brasilien. Entworfen mit Benutzung der zuverlässigsten Kar- ten und Quellen. Lith. Hamburg (Wür- ger) 1859. gr. Fol. (1 Thlr.) | Mapa geral do Imperio do Brazil erigido sobre os trabalhos dos engenheiros e geographos La Condamine, Sta. The- reza, Arrowsmith ete. redigido pelo Vede J. de Villiers de l1’Ile Adam, pu- blicado pelo B. L. Garnier. Rio de Janeiro 1859. 2 Bl. fol. Karten von Australien. Plan du mouillage d’Honolulu (ile Woa- hou). Publ. du Depöt general de la marine en 1857 —58. N. 1758. Plan du mouillage de l’ile Toubouai (Iles de Societe). Publ. du Depöt general | de la marine en 1857 — 58. N. 1727. | Pacific Ocean. New Zealand from Sur- veys in H. M. Ships Acheron and Pan- dora, Capt. J. L. Stokes, Comm. B. Drury and G. H. Richards. 1848 — 1855. Additions to 1858. London, Hy- drograph. Office, Fol. (4s. 6.d.) Physik der Erde. Schmid (E. E.). Meteorologie. — Allge- meine Encyklopädie der Physik, heraus- geg. von G. Karsten. 4.u.5.Lief. Bog.4 — 25. Leipzig 1859. 8. Barth (W.), Versuch einer Erklärung der verhältnifsmäfsig höheren Temperatur an den Polen der Erde aus dem Verhält- nisse zwischen Sonne und Erde. Mittheil. d. k. k. Wiener geogr. Ges. II. 1859. p. 44. Witte (L.), Ueber die Verbreitung der Wärme auf der Erdoberfläche. — Zeit- schr. f. d. gesammten Naturwissensch. 1859. Januar. Meister, Ueber Boden-Temperatur. — Landwirthschaftl. Centralbl. f. Deutsch- land. 1859. p. 271. Pourian (A.), Vergleichung der Tempe- ratur-Veränderungen in freier Luft und in zwei Meter Bodentiefe. — ibid. 1859. p- 89. Lachmann (W.), Ueber die regelmäfsige Zunahme der atmosphärischen Nieder- schläge im Gebirge nach aufwärts. — Abhandl. der naturforsch. Ges. zu Nürn- berg. 1858. Heft 2. v. Sonklar (K.), Ueber den Zusammen- hang der Gletscherschwankungen mit den meteorologischen Verhältnissen. — Sitzumgsber. d. Wiener Akad. d. Wiss. Math.-naturw. Cl. XXXL. 1858. p.169. Auch besonders abgedruckt. Wien (Ge- rold’s Sohn, in Comm.). (12 Sgr.) Intensität der Sonnenwärme vor 10,000 Jahren. — Petermann’s Mittheilungen. VEE18D9. pn: 100: Baeyer, Ueber die Beziehungen der Strahlenbrechung in der Atmosphäre zu der Witterung und über den Zusammen- hang einer Landesvermessung mit der Meteorologie. — Arch. f. Landeskunde d. Preufs. Monarchie. V. 1858. p. 1. 538 Hopkins (Th.), On the Fine Regions of the Trade Winds. — Proceedings of the Roy. Geogr. Soc. II. 1858. p. 357. Mühry (A.), Ein Blick auf das geogra- phische System der Winde mit seinen Problemen, in klimatologischer Hinsicht. — Petermann’s Mittheilungen. V. 1859. p. 146. Zollinger (H.), Ueber die Gewitter und andere damit verwandte meteorologische Erscheinungen im indischen Archipel. Zürich (Schulthess, in Comm.) 1858. gr. 8. (16 Sgr.) Reslhuber (A.), Ueber das Wetterleuch- ten. — Grunert, Arch. f. Mathem. u. Physik. XXXI. 1858. p. 258. v. Braun (C. J. H. E.), Ueber das Nord- licht. — Abhandl. d. naturforsch. Ges. zu Nürnberg. 1858. Heft 2. Dove (H. W.), Meteorologische Beobach- tungen im Septemberbis December 1858. — Mittheil..d. statist. Bureau’s in Berlin. 1858. N. 21. 1859. N. 4.5. -—, Fünftägige Wärmemittel in den Mo- naten Juli bis December 1858. — ibid. 1858. N. 20. 1859. N. 3. 4. —, Ueber die ungewöhnliche Kälte im verfossenen November im nordöstlichen Deutschland. — Monatsber. der Berlin. Akad. d. Wiss. 1858. p. 675. Burmeister (H.), Barometer-Beobach- tungen in Mendoza. — Zeitschr. f. allg. Erdkunde. N. F. VI. 1859. p. 207. Wolfers (J. Ph.), Vergleichung der drei Sommer 1842, 1846 und 1847 in Berlin. — Grunert, Arch. f. Mathem. u. Physik. XXX. 1858. p. 73. Loof, Uebersicht über die meteorologi- schen Verhältnisse des Jahres 1858 zu Gotha. — Zeitschr. f. die gesammte Naturwissensch. 1859. Januar. Uebersicht der meteorologischen Beobach- tungen im botanischen Garten zu Gies- sen. — 7. Bericht der Oberhess. Ges. f. Natur- u. Heilkunde. 1859. p. 41. Susewind, Uebersicht der höchsten und niedrigsten Temperaturen in Braunfels. -— ibid. 1859. p. 42. Tasche, Meteorologische Beobachtungen zu Salzhausen im J. 1856. — ibid. 1859. p. 44. Beobachtungen über den Niederschlag zu . Giefsen, Römerhof und Ortenberg. — ibid. 1859. p. 90. Kuhn, Ueber die Eigenthümlichkeit des Witterungsganges im J. 1857 zu Mün- chen und auf dem Hohenpeifsen-Berg. W. Koner: —- Münchener Gelehrt. 1858. N. 39 — 43. Böhm (J. @.) und Karlinski (Franz), Magnetische und meteorologische Beob- achtungen in Prag. XIX. Jahrg. Vom 1. Jan. bis 31. Dec. 1858. Prag 1859. VII, 152 8. gr. 4. Resultate von den im Jahre 1857 auf der Sternwarte zu Kremsmünster angestell- ten meteorologischen Beobachtungen. — Linzer Zeitg. 1858. N. 105—113. Meteorologischer Bericht des k. k. Physi- kats der Stadt Pest für die Monate April und Mai 1858. — Pest-Ofener Zeitung. 1858. N. 121. 144. Meteorologische Beobachtungen. — (a- rinthia. 1858. N. 29. Meteorologische Beobachtungen in Kärn- then im März — Juli 1858. — Kärnth- mer Mittheil. 1858. N. 5. Vgl. Klagen- ‚furter Mittheil. 1858. N. 6—9. Hofmeister, Chronik der in der Schweiz beobachteten Naturerscheinungen vom April bis December 1858. -— Viertel- Jahrsschr. d. naturforsch. Ges. in Zü- rich. 1858. Heft 4. 1859. Heft 2. Weerkundige waarnemingen op de huize Zwanenburg. — Allgemeene Konst- en Letterbode. Zu Ende jeder Nummer. Observations meteorologiques faites & l’ob- servatoire de Geneve sous la direetion de M. le Prof. E. Plantamour. — Biblioth. univ. de Geneve. Zu Ende je- des Heftes. Glaisher (J.), On the Determination of the mean pressure of the Atmosphere for every day in the year, from all the Barometrical Observations at the Royal Observatory, Greenwich, in the years 1841 — 1858. — Athenueum. 1858. N. 1622. Campbell (A.), A Register of the Tem- perature of the Surface of the Ocean from the Hooghly to the Tames. — Journ. of the Asiat. Soc. of Bengal. 1858. p. 170. Meteorological Journal for the Months of January — September 1358. — The Journ. of the Roy. Dublin Soc. Vol. I. 1858. Appendix. Meteorological Journal, kept at the Royal Dublin Society’s Botanic Garden, Glas- neyin from 1856 and 1857. — ibid. Vol. I. 1858. Appendix. Tripe, On the Meteorology and Morta- lity of London during the present year. — Athenaeum. 1858. N. 1622. Anz. XLVlI. Bine / BE ENTE BED Archivio meteorologico centrale italiano nell’ I. E. R. Museo di fisica e storia naturale. Prima publicatione. Firenze 1858. 505 S. 4. Ueber den Hagelschlag in Mailand am 30. | Juli 1858. — Gazetta ufficiale di Mi- lano. 1858. N. 227. Wutzer (C. W.), Ueber die Salubritäts- Verhältnisse der Stadt Rom. — Ver- handl. d. naturhist. Rheinlande u. Westphalens. XV. 1858. p- 211. Piddington (H.), A Twenty-fifth Me- moir on the Law of Storms in India, being the H. Company’s Steamer Plu- to’s Cycelone in the Gulf of Martaban, 23th and 24th April, 1854. — Journ. of the Asiat. Soc. of Bengal. 1858. 5177. Abstract of the Results of the Hourly Meteorological Observations taken at the Surveyor General’s Office, Calcutta, for the months of July — December 1857, January — May, 1858. — ibid. 1858. v. Liebig (G.), Discussion of some Me- teorological Observations made on Pa- rasnath Hill. — ibid. 1858. p. 1. Die meteorologischen Beobachtungen in den niederländischen überseeischen Be- sitzungen. — Petermann’s Mittheil. IV. 1858. p. 469. Zollinger, Ueber die Gewitter und an- dere damit verwandte meteorologische Erscheinungen im indischen Archipel. — Vierteljahrsschr. d. naturf. Ges. in Zürich. 1858. Heft 4. Verslag eener Cyelone; 19. April 1858. — Verhandel. en berigten betrekkelijk het zeewezen. 1858. N. 4. v. Liebig (G.), Account of a Cyelone Neu erschienene geographische Werke, Aufsätze, Karten und Pläne. Ver. der preu/s. | 539 in the Andaman Sea, on the 9th and 10th April, 1858. — Journ. of the Asiat. Soc. of Bengal. 1858. p. 323. Ueber den Windwechsel im rothen Meere und die Nerus-Zeitrechnung. — Aus- land. 1859. N. 3. | Observations meteorologiques faites A l’Ar- senal de l’Artillerie d’Alger pendant les mois decembre 1858, Januar — Avril 1859. — Gazette medicale de l’Algerie. 1859. Zu Ende jeder Nummer. Hildreth (P.), Abstract of a Meteoro- logical Journal, kept at Marietta, Ohio. — American Journ. of Science and Arts. LXXVII. 1859. p. 214. Im American Almanac and Repository of Useful Knowledge for the year 1859 finden sich folgende Meteorological In- formations: Meteorological Tables for Portland, for the year ending December 1857, by H. Willis. — dito for Cam- bridge for 1857, by W. C. Bond. — dito for Providence by A. Caswell. — dito for Worcester. — dito for Lambertville, by L. H. Parsons. — dito for Savannah, by J. E. Posey. — dito for Muscatine for 1857, by T. S. Parvin. — dito for Lowell, Dodge County, Wisconsin, for 1857, by N. C. Daniels. — dito for Sa- cramento for the year ending March 3lst, 1858, by Th. M. Logan. — Table of Rain in the Valley of San Joaquin from 1851— 57, by M. Walt- hall. Dove (H. W.), Ueber die Temperatur von Point Barrow. — Zeitschr. f. allgem. Erdkunde. N. F. V. 1858. p. 483. Burmeister (H.), Barometer-Beobach- tungen in Mendoza. — ibid. VI. 1859. p- 207. Gedruckt bei A. W. Schade in Berlin, Grünstrafse 18. AR adding. aachen As rail. Bis rg da0 1 ‚Br ‚rast ont ans, Anh Bu x tı9a Mi, anıltar sinkenden il ah: vera ll Sg RER PL En GERT 3 2 mer) re Asia erlernte N - ic Ph sand AS { ; make Ba EI LET UNEFEZI ERST ma " del Juabursq soul rrellirAl ab lamon‘ Zohttch „- anal BE. 0m ala aa ad sionikhin Aa eu Te my BT El oa a tar Aa dran iii il ren 30 a Laumual, Ürsigol In: Pas ban yaasin ao mung Lenbissinbch- re A ANTAT H33L ‚way aA wei sohn, Ye ah IantaolurusteM abunalor dain-nebe je) asldet InsisoinraateN : erailamen 10deopost] Balken sd1. 0) bannen art, ai UL ara u re) ARE ae lan ee Dr dh uhren! va ori Vor il ru ei ine iv! and Gıydn,dammyak. or atih vd RBB ot, Aalenedirsotcohb. zen Awod.. ot yorihe er a era Aare lanaani eu? Bu ad Wie alslanck .D vd drmM anihrs chem „Al, a0t. ohne u aaa Tr äh, et j sch tw vahlı “ sn Eu [1 Yr side! ' ve sta M ud, ‚00 tank mayı aisonoh sdoaleolorusien. B r - sind h.Jsgien A Ku YA 1usans ak ah andolh „(N Wikaws(T | ak Ak.) yuwiie a EN . .edsmafl taio‘l BAR A, ar BT BB TERT een. 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Munde 7 uldel, De Ber F M v Ga I Camp du Poulain Grande Prairie Bin ed Earth, Fork "hr Be Harsruis Roches Priest» Encampt L 7 Whole IE rn Ser wi Ss Dogh. aumde S) | | \ en orEneaufoe) BIA z - = AeFon Forks des Sumnilkamin « Okanaganl T NL Zritische Meilen. F77 i? leutsche Meılen. 123° 120° ERBE, DEE NO ER BE a I. „dert Fort Ost Port, : fe 0 tups £ (Thompson, | | an du Pbulain | pP A Grande Prairie 2 | | | en \ erst oder Kurnperhend des Fernmned\ = ER Tr. —=- En - Are z Waßserfäil S, € 5 lagen } Z e |®\ 1 Nncobs Grab ed. Barth Kork \ Serschn uryenthh Stramschn Stromschn% (nDeisy 2 | Bine MaseruisRoches) Pe | N JB Fl Mässerfall zes Bar Y Stramschn b2 e } a @ lu Nuc ANZ “ U N > Plamgadıu Cherreuil } Anderson ’s Baum ı UP Hr je es Bene on \riests eg u: | RZ ZER, | 2 5 ee) DE gen " Karte eines Theils ! von N ae et nneEneanfpt| 7 BRITISCH COLUMBIA — on) D% i nach offiziellen Quellen. 3 Forks des ZER / 5 Similkamin « Ükanagı = i Ih Ges von B.G. Ravenstein Q 2 aaa: ) | > Wlateom LONDONt, 1859, YERH 51 T| 0, RY | i EN BR Pe 4 1: 1,500,000 a, Britische Helen —— Deutsche Meilen Tihlnstw. TMone Berlin,bei D.Reimier. er ‚Ve on | dieser Zeitschrift cher jeden Monat ein Heft von 5— 6 Bogen ; mit Karten und. Abbildungen. Der Preis eines Bandes von 6 Heften, ab nicht getrennt abgegeben werden, ist 2 Thlr. 20 Ser, ai Zu Beziehen ‚durch alle ‚Buchhandlungen und Post- Anstalten. h x» 2 % K FR ö de, ' an In hs Im Verlage von DIETRICH REIMER in BERLIN ist so eben erschienen: Kiepert, H., Uebersichtskarte von Mittel-Europa. Maasstab 1:3,000000. Gr. Imp. Fol. Cart. 1 Thlr. % ———— Uebersichtskarte der Länder vom Rhein bis Paris. Mit Bezeichnung des französischen Sprach- gebiet. Maasstab 1:1,000000. 15 Sgr. Karte des Kriegstheaters am Mincio. Maas- stab 1:360,000. 5 Sgr. In demselben Verlage erschien früher: Kiepert, H., Karte von Italien. (Aus dem Handatlas No. 17.) Maasstab 1:2,500000. Geh. 12 Sgr. ——— Karte des Kriegsschauplatzesin Ober-Italien. No. 1. Von Grenoble bis Verona. Maasstab 1: RE Preis 71 Sgr. Karte desKriegsschauplatzesin Ober-Italien. No. 2. Nordöstliches Italien. Von Piacenza bis Laibach. Maasstab 1:1,000000. Preis 7} Sgr. Michaelis, E. H., der Canton Tessin in seinen Be zum Lombardisch-Piemontesischen Kriegstheater. Maas- stab 1:400,000. Preis 15 Sgr. So eben ist in Ferd. Dümmler’s Verlagsbuchhandlung in Berlin erschienen: Zeitschrift für Völkerpsychologie und Sprachwissenschaft. Herausgegeben von Dr. M. Lazarus und Dr. H, Steinthal. Band I. Heft 3. 15 Sgr. Inhalt: Paul Heyse, Ueber italiänische Volkspoesie. — Lazarus, Geographie und Psychologie. — Steinthal, Wilhelm v. Humboldt's Briefe an F. G. Welcker. — Lazarus, Anzeige von Bogumil Goltz: Der Mensch und die Leute, — Pott, Ueber Mannigfaltigkeit des sprachlichen Ausdrucks nach Laut und Begrift. Die Zeitschrift erscheint in zwanglosen Heften (von 5 bis 6 Bogen) Re: Preise von 15 Sgr., deren 6 einen Band bilden. Jährlich erscheinen 4 bis 6 Hefte. Gedruckt bei A. W. Schade in Berlin, Grünstrafse 18.