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Hana noise wo EIE av: Inhalt des siebenten Bandes. I. Reise von Assuän über Berenike nach Kosser im October und No- vember 1846. Von Dr. H. Barth . . . . 2.02. I. Statistisch -geographische Mittheilungen über die er Dean gen in Afrika, Australien und Asien. Von E. G. Ravenstein III. Die russische Expedition nach Khorassan. Vom Prof. Dr. Schir- ven in Dorpat anal TER IV. Reise in den beiden Aihekionen, ih um er Habann Bebires, Vom Kgl. Preufs. Consul in Damaskus, Herrn Dr. Wetzstein Note über die Construction der Karte zu Consul Wetzstein’s [Besen # Von EL Riopent 00. area hie BEN V. Zur Erinnerung an Carl Ritter. Von Herrn Director Kramer in Haller". ii, aa re VI Ueber die Gestalt dei riet Von Prof. Wolfers . EI VI. Mittheilungen über Haurän und die Trachonen. Von Dr. J. G. Wetzstein . 2 ie VII. Capt. John Palliser’s Expedition ich den Rocky Mocnellik: Von E. G. Ravenstein B di DAR IX. Ueber das Klima des wösclieiien oe Von H. W. Dark X. Die Insel Formosa. Von Dr. Biernatzki ER, She XI. Niederländisch Indien im Jahre 1856. Nach amtlichen Quellen zu- sammengestellt von Dr. Friedmann XD. Corrientes. Vom Herausgeber . . . . 2... Miscellen und Literatur. Europa. Ueber die bessarabischen Salzseen a RR a Die Steinbrüche der Krim . . . . abe. Ai Viebahn’s Statistik des zollvereinten na nördlichen ea h Statistisches aus Grolsbritannien - 2 2.2.00 00 ana. Seite 61 65 84 224 iv Inhalt. 5 Die Bevölkerungsverhältnisse Spaniens . . » 200. AB Menschliche Weberreste aus einer Felsengrotte die Düsselthals nl Afrika. Dr. Livingstone’s neueste Untenehmungen . 2 nn 20. 22T | Munzinger’s „Sitten und Recht der Bogos“ . .» » 2... 249 Leben und Sitten der Bogos » °. 0 “u 0 vu 0 ee Bastian’s „Afrikanische Reisen . . » ne ee ne. 286 Asien, Mittheilung aus Erzerum über das Erdbeben vom 2. Juni . . . . 6% Nangasaki. . - - . ee re re Schwefelquellen im Aönvernenent Öbenirare alas Re 232 Nachrichten über die Expedition der Herren Sjägeizon a Bock tschow in die Kirgisensteppe . . - En MN RE Zt Eine Reise nach dem Tschung-Distriet im Sinn“ Kreises em ) Struve’s barometrisches Nivellement der Kirgisensteppe zwischen Gin: büre mnddem''Aral-/See. 10,"44. 12° 001 TRIERER EREERNE EEE Eee Von Pehtang nach Peking . . . - 9 | Weitere Mittheilungen über die RS Expedition hal hier 493 Atis'dem-Japanischen‘ Meere it. Tut TEE N RE EEE EL Australien. Statistiechös über Neu-Seeländ. "2.00 u ee Amerika. Zur Charakteristik der chilenischen Flora . . . 2 2 2.2.20. ..2720 Die deutschen Colonien im südlichen Brasilien . . . hie Zur Bevölkerungsstatistik der Argentinischen Conföderation u ei Das Schicksal der Expedition Franklins . . . . 289 Lieut. Blakiston’s Expedition durch den Kootanie- a den re Pals in den Rocky.;Monntaina s. Sep 20 . nei et Bevölkerung von San Franeisco . . - fe e 2.346 v. Richthofen’s „Aeufsere und innere Zustände der Republik Me- 260. N... 00 2 y len of 2er are ale Tec Tı RD ae 1EL 3 Ueber die Grenzen der nördlichen Provinzen der Argentinischen Con- foderation 1.- 00 200. Kor anell wur el nee Miscellen allgemeineren Inhalts. K. Andree’s „Geographische Wanderungen“ . x. x 2 2... 252 Uebersicht der vom Juli bis zum December 1859 auf dem Gebiete der Geographie erschienenen Werke, Aufsätze, Karten und Pläne. Von W. Komer nos... 92 0a reed MORHMEIERLOE. Artur AR 53 Inhalt. V 1 Seite } Sitzung der geographischen Gesellschaft zu Berlin vom 2. Juli 1859 .. 87 3 - - - - - 5 - 6. August - u2Dd = - - - - - - 3. Septbr. - . 255 J E = 5 - - - - 3. Octbr. - “8301 i er). - - A ea eb Novbr... 97% 11608 = e - - - - - 8, Decbr. - . 510 Karten und Tabellen. Taf. I. Karte der Colonie Queensland. Nach officiellen Quellen gezeichnet von E. G. Ravenstein. Taf, I. Die Landschaften im Osten von Damaskus (Haurän und die Trachonen), nach den von Dr. Wetzstein gemachten Winkelmessungen construirt von H. Kiepert. Taf. II. Inschriften, copirt von Dr. Wetzstein auf seiner Reise um das Haurän- Gebirge. Taf, IV. Karte zu Capt. M‘Clintock’s Entdeckung der Ueberreste von Sir John Franklin’s Nordpolar- Expedition. Taf. V. Karte eines Theiles von Britisch Amerika zur Uebersicht der Resultate der Forschungs-Expedition unter Befehl von Capt. John Palliser, 1857, 1858. g Zusammengestellt von E. G. Ravenstein. Taf. VI. Uebersichtskarte der Russischen wissenschaftlichen Expedition in Cho- # rassan im Jahre 1858. Taf. VII. Paraguay und der nördliche Theil der Argentinischen Republik; vor- züglich nach den Aufnahmen der Nordamerikanischen Expedition unter Th. J. Page, 1853— 56. Entworfen von H. Kiepert. mn E | Juli 1859. 3 er | ° ZeImsoHRIFT 1 4 FÜR f | Se | B | Pa MIT UNTERSTÜTZUNG | | | ©° DER GESELLSCHAFT FÜR ERDKUNDE ZU BERLIN - UND UNTER BESONDERER MITWIRKUNG Bee. HERSEH von 148 a W. DOVE, C. G, EHRENBERG, H. KIEPERT uno C. RITTER Et; IN BERLIN, E. Ns W E. ANDREE. IN. DRESDEN UND J.'E. WAPPÄUS IN GÖTTINGEN. HERAUSGEGEBEN VON Dr. K. NEUMANN. "NEUE FOLGE, SIEBENTER BAND, ERSTES HEFT. B:- ” | | i £ wen % BERLIN. 00. VERLAG VON DIETRICH REIMER. | Inhalt. I. Reise von Assuan über Berenike nach Kosser im October und Novem- ber 1846. Von Dr. H.Barth. . . 1 re I. Statistisch -geographische Mittheilungen über äie ae Besitzungen in Afrika, Australien, und Asien. Von E. G. Ravenstein. Mit einer Karben N ee 10 BE Tea Her FOL FL EEE Eu Miscellen. Ueber die bessarabischen Salzseen . . » 2 2 2 2 2 2 2 ee. Die Steinbrüche der Kim . . . a A Mittheilung aus Erzerum über das Kırabeben vom 2. Jwmi. . 2... Nangasaki . ». . . .» : ehe ie” 10 Lane te Aege Mage Zur Charakteristik der Skileechen "Flora RENNER he DDr EEE Die deutschen Colonien im südlichen Brasilien . ». ». 2 2. 2.2. Zur Bevölkerungsstatistik der Argentinischen Conföderation . . . » Neuere Literatur. Statistik des zollvereinten und nördlichen Deutschlands. Herausgegeben von Dr. G. v. Viebahn. BandI. Berlin 185865 ... Aa Sitzung der geographischen Gesellschaft zu Berlin vom 2. Juli 1859 £ Karte. Taf.I. Karte der Colonie Queensland. Nach offiziellen Quellen gezeich- net von E. G. Ravenstein. Seite 4 32 61 65 67 68 70 73 82 84 87 L Reise von Assuän über Berenike nach Kosser im October und November 1846. Von Dr. H. Barth. Fın am Morgen des öten October passirte ich auf meiner Thal- fahrt von Uadi Halfa die erste Stromschnelle des Nils. Der noch an- dauernde hohe Wasserstand liefs mich mit solcher Schnelligkeit durch die den Fluls hier einengenden Felsen, die ich bei der langsamen Auf- fahrt von den verschiedensten Seiten angeschaut hatte, hindurchgleiten, dals ich sie kaum wieder zu erkennen Gelegenheit hatte. So erreichte ich Assuän wieder. Dies war diesmal eine bedeutendere Station für mich, als bei der Bergfahrt, da ich mein Nilboot auf der Rückreise nur bis zu diesem Punkte gemiethet hatte. Ich hatte nämlich gleich vom Anfang an den Plan gefalst, von hier aus nach der alten Hafen- stätte von Berenike zu reisen und dann von Kosser aus ınich nach Tör einzuschiffen, um die Sinaitische Halbinsel zu besuchen. Sobald ich dalier meine Bootsleute entlassen hatte, begab ich mich _ sogleich zum Efiendi, wie man hier den Beamten nennt, um durch % seine Vermittelung die Vorbereitungen zu meiner Wüstenreise zu treflen, da es nicht so leicht war, ohne Zeitverlust die nöthige Schutzmannschaft _ und eine hinlängliche Menge von Kameelen zu finden. Mit Schläuchen hatte ich mich schon in Cairo versehen. Aber obgleich ich einen Fer- man besals, wollte der Effendi sich nicht auf eine directe Vermittelung einlassen, sondern wies mich an "Abd-Allah, den in El Belıera resi- direnden Scheich der "Abäbde. Da ich nun aber keinen Brief an diesen Häuptling besals, schien die Sache äufserst umständlich und langweilig. Da fiel Einem der Leute des Efiendi ein, dafs der Onkel "Abd-Allah’s sich in der Nähe befinde, und er schrieb ihm und forderte ihn auf, herbeizukommen, um eine Uebereinkunft mit mir über die Reise abzu- chliefsen. Ich hatte gleich von vorn herein wohl gewulst, dafs ich ia Zeitschr. 1, allg. Erdk. Neue Folge. Bd, VAL, _ 1 h d tel hupry: r 2 H. Barth: Assuän keinen "Abäabde-Häuptling finden würde, aber hätte ich gleich in Daräu mein Boot verlassen, so wäre ich ganz und gar in den Händen der dort residirenden Häuptlinge gewesen. Immerhin hatte ich mich in Geduld einige Tage zu fassen und schlug daher mein Zelt unter den Palmen auf, machte kleine Ausflüge und eröffnete einen freundlichen Verkehr mit einigen Türken in der Stadt. Auch liefs ich mir einen grofsen Vorrath Zwieback für die Reise bereiten und kaufte andere Vorräthe ein. Da kehrte am 8. October ein englischer Inge- nieur und Kohlensucher, Mr. Petherik, von einer kurzen, nicht sehr er- folgreichen Excursion nach dem Djebel Ahmar zurück und ich setzte sogleich Alles in Bewegung, um des ihn begleitenden Häuptlings und der von ihm gemietheten Kameele habhaft zu werden. Der Häuptling biefs "Ali, ein Verwandter des Scheich “Abd-Allah, ein Mann von etwas zurückhaltendem Wesen und ziemlich hartnäckig und eigenwillig. So wies er denn auch meinen Antrag, ihm für die ganze Reise über Be- renike und die Smaragdgruben nach Kosser in Anschlag seiner vier Leute und eilf Kameele (mit Einschlufls dessen, was er selbst ritt) eine runde Summe zu geben, zurück, und verlangte tagweise Bezahlung für die Kameele und eine entsprechende Entschädigung für sich selbst; dabei machte er sich auf der andern Seite jedoch schriftlich verbindlich, dafs die Reise höchstens einen oder zwei Tage länger als 30 Tage dauern solle. Bei dieser Verhandlung hatte ich grofse Schwierigkeit, ihm die unge- fähre Lage der Stätte von Berenike begreiflich zu machen, da er nie dort gewesen, auch nie von der Ssikket Bender el Kebir gehört hatte. Dies ist der Name dieser Ruinen und nicht des südlicheren Bergwerks- dorfes im Innern. Später, während der Reise, hatte seine Unkenntnils der Thäler nach dem Rothen Meere zu entschieden auch manchen Ver- zug zur Folge. Der Aufbruch wurde gleich auf den folgenden Tag festgesetzt, aber wir hatten erst höher am Nil aufwärts zu marschiren. 9. October. Während ‘Ali, der nach längerer Abwesenheit an den Rif zurückgekehrt war, natürlicher Weise gar Manches zu besorgen hatte, machte ich noch schliefslich dem Herrn Petherik einen Besuch am Bord seiner gröfseren Nilbarke, um mir von ihm noch einige Aus- kunft über die zu durchwandernde eigenthümliche Gegend geben zu lassen. Er klagte besonders und wohl mit Recht, dafs diese Führer nie die rechte Auskunft gäben; wenigstens ist so viel sicher, dals auch wenn diese Leute die genaueste Kenntnils vom Vorhandensein von Kohlen in irgend einem Distriet ihrer Landschaft hätten, sie dieselbe vorent- halten würden, da sie gewils wissen, dafs nur Plackerei und Noth und nicht Gewinn die Folge von Minenbau für die nächsten Umwohner Sein würde. Da kam denn auch mein Führer mit seinen Kameelen herbei und Reise von Assuän über Berenike nach Kosser. 3 um 9 Uhr Morgens brach ich mein Zelt ab und nach einem weiteren Aufenthalte in der Stadt traten wir unsern Marsch an und zogen lang- sam am Rande der Wüste entlang. Viel bebaubares Land lag augen- blicklich noch brach, da es wohl erst bei dem weiteren Fallen des Flusses in Angriff genommen werden sollte. Das Bett des Flusses war augenblicklich noch so hoch, dafs wir an einigen Stellen nur eben Platz hatten, zwischen seinem Rande und dem aufsteigenden Boden der Wüstenzone uns entlang zu winden. So erreichten wir denn ge- gen 4 Uhr Nachm. bei einer Gruppe weit vom Flusse zurückgelegener künstlich bewässerter Aecker den Ausgang des Thales, der mich in diese Gebirgsknoten und an das Rothe Meer bringen sollte. Die Aecker gehören zum Dorfe El Chattära, das identisch ist mit dem auf Leake’s grolser Karte erscheinenden Bü-Ssebera, dem Namen des dort einmündenden Thales. Schon hier wog der Charakter der Wü- stenei und Unfruchtbarkeit vor und nur ein schmaler Streifen Palm- bäume setzte eben hier auf und zog sich eine Strecke weit am Fulse des von den Berghöhen herabgetriebenen Sandes hin. Indem ich mich in der Umgegend umsah, fand ich eine kleine Felsgrotte ohne Seulptur- schmuck in den Abhang des Höhenzuges ausgearbeitet. Den i0. October 7 Uhr Morgens brachen wir auf. Unser Trupp bestand aus Ali mit seinen vier 'Abäbde’s, abgesehen von einem kna- benbaften Burschen, und mir mit meinem Diener. Die “Abäbde’s waren gleichmälsig zusammengesetzt, zwei ganz fellatisirte Männer vom Rif und zwei vollkommen unabhängige Bergbewohner, die letzteren kurze stämmige Männer mit freier Brust, stark pronuncirten Gesichtszügen, Haarringeln, karger Bekleidung und einem mächtigen Schwert. Mit geringer Abweichung nach N. zogen wir im Thale aufwärts. Es ist im Anfang weit, verengt sich jedoch bald, ist aber bis auf ansehnliche Entfernung vom Flusse der Bebauung fähig. Wir waren hier an der südlichen Grenze der Sandsteinzone und in überaus verwittertem Ge- stein zeigte sich allmählich der Uebergang zum Granit und Porphyr. - An vielen Stellen hatten die Thalwände den äufserlichen Charakter von blofsen Schutthaufen. Wie wir so das Thal in Windungen aufwärts zogen, begegneten wir einer kleinen Kafleh "Abäbde’s, die Holzkohlen aus dem Gebirge brachte, der Haupterwerbzweig der in den Gebirgsthälern lebenden Abtheilung dieses Stammes. Von ihnen erfuhren wir unter Anderem, dals der Vater des jungen, meine Leute begleitenden Burschen, der etwas über 13 Jahre alt war, so eben im Gebirge gestorben sei. Da brach er denn in klägliches Jammergeschrei aus, warf sich auf den _ Boden und seine Genossen mulsten ihn mit Gewalt fortschleppen. Unsere nördliche Abweichung von ©. wurde allmählich stärker und 48 A H. Barth: es war deutlich, dafs wir in eine gröfsere, von Daräu herkommende Strafse einfallen wollten. Nach 4 Stunden Marsch machten wir Halt, um die Mittagshitze abzuwarten und zu frühstücken. Gleich von vorn herein hatte der mich geleitende Häuptling sich gegen starke Märsche verwahrt und so waren diese Mittagsrasten unsere Regel während Jder ganzen Reise, aufser wo eine besondere Rücksicht, wie z. B. wegen eines Brunnens, uns zwang, davon abzuweichen. Erst um 4 Uhr Nachmittags setzten wir ‘unsern Marsch fort im U. Bü-Ssebera, indem wir jetzt unsere nördliche Abweichung ver- liefsen und nach einer Stunde sogar um 30 Grad $. uns abwand- ten, mehr auf den erzreichen Djebel Baram zu. Bei Sonnenuntergang schlugen wir unser Zelt auf. Das war im Ganzen die einförmige Weise unseres Tagemarsches. Leider war keiner meiner neuen Begleiter sehr mittheilend. Ich war kein Geologe und nahm nur allgemeines Interesse an den Erscheinungen der Mineralwelt. 11. October. NO. Mit Sonnenaufgang setzten wir unsern Marsch fort. Hier zeigte sich recht die noch unausgebildete Formation dieser Thäler nach dem Nil zu. Plötzlich betraten wir eine grofse unregel- mälsige Thalöffnung und es war unmöglich, zu entscheiden, ob die Thalengung, die von hier in grofser Biegung sich weiter zog, eine Verlängerung des früheren Thales oder ein anderes Thal sei. Auch bekleidete sich hier der Boden mit einer reichlichen Fülle von dürrem Kraut, von Bäumen aber war noch keine Spur. Wir wichen die ersten drei Stunden sehr bedeutend nach N. ab, kehrten dann aber mehr in unsere östliche Hauptrichtung zurück; aber es war klar, dafs wir noch immer nicht die eigentliche Richtung nach Berenike eingeschlagen hat- ten. Wir waren hier noch ganz in der Sandsteinformation. Nach etwas mehr als vierstündigem Marsch lagerten wir an einer Stelle, wo der Kräuterwuchs besonders reich war, und die Kameele stürzten sich mit Begierde hinein. Allerdings hatte es einigen Nachtheil für mich, dafs die Thiere, die eben von einer andern Reise kamen, nicht ganz frisch waren. . Um 3 Uhr Nachmittags brachen wir wieder auf und traten nun sogleich bei einer grofsen unregelmäfsigen Kesselöffnung des Thales in unsere normale östliche Richtung ein. Auch war das Thal hier we- niger gewunden, als sonst gewöhnlich der Fall ist; dafür waren die umschliefsenden Wände auch einförniger gestaltet. Es heifst Uadi Lau. Nach etwa sieben Viertelmeilen wurde es schmäler und verengte sich, aber der reiche Kräuterwuchs dauerte fort. Allerdings war Alles dürres Kraut, aber doch gewährte es gute kräftige Nahrung für die Kameele. So war es in dieser Jahreszeit; zur Zeit der Regen aber, die doch ge- ? Reise von Assuän über Berenike nach Kosser. 5 Br - wöhnlich auch diese Berglandschaft nicht ganz im Stiche lassen, soll es schön und frisch sein und dann treiben die 'Abäbde einen Theil ibres Viehstandes hierher. Wir zogen diesmal etwas länger in den Abend hinein und lager- ten uns eine halbe Stunde nach Sonnenuntergang. Meine Begleiter waren heute aufgeweckter und lebensvoller als sonst und führten aus eigenem Antrieb ein Waffenspiel aus, wobei die beiden Rifbewohner mit ihren Lanzen gegen die schwertführenden freien Bewohner der Wüstenthäler kämpften. Unsere Feuer beleuchteten höchst lustig und malerisch die grotesk sich umherlagernden zackigen Felsmassen. 12. October. Nun endlich, nach halbstündigem Marsche, erreich- ten wir die nördliche Gipfelung unseres Seitenweges, wo von NW, ein Thal einzweigt, das nach Daräu hinabsteigen soll. Wir zogen dann einen kleinen Pafs aufwärts und da schien es einen Augenblick, als hätten wir alle Uadibildung hinter uns. Es war aber offenbar nur die Uebergangslinie aus der Sandsteinformation in die Granit- und Diorit- Region. Schon nach weniger als einer halben Meile aber traten wir aus ganz unregelmäfsigen Bildungen wieder in ein breites Uadi und hier bewies sich die gröfsere Tragfähigkeit des neuen Gesteins, in dessen Region wir eingetreten waren, sogleich durch das Auftreten einiger Gebüschknoten. Vier Stunden zogen wir in diesem Thale entlang, mit nur wenig südlicher Abweichung von Ost, ehe wir Halt machten, und fügten am Nachmittag noch beinahe vier weitere Marschstunden hinzu, ehe wir zur Nacht lagerten. Hier war die Thalbildung aber wieder sehr gewunden, und die Diagonalrichtung zeigte wieder eine nördliche Abweichung von Ost, so dafs es schien, als wollten wir die alte, von Koptos kommende Strafse erreichen. Es drängte uns hier des Wasser- bedarfs halber, obgleich ich zwanzig Schläuche bei mir führte, zur Eile und wir brachen den 13. October bald nach Mitternacht wieder auf mit dem auf- gehenden Mond und durchzogen sehr unregelmäfsiges Terrain wieder auf der Grenzlinie der beiden mineralischen Gebiete bergauf, bergab, bis wir gegen 8 Uhr Morgens ein regelmäfsiges Uadi, das U. Natasch, betraten, durch schönen Reichthum von Baumwuchs und Gebüsch aus- gezeichnet und voll von trockenem Kraut für die Kameele. Es ist ein breites langes Thal, das nach der Regenzeit besonders einen ganz an- muthigen Aufenthalt gewährt. Das U. Natasch nun ist zur Feststellung der Topographie dieser Gebirgslandschaft höchst wichtig, da es ent- schieden identisch ist mit dem nach Linant’s Angabe viele Meilen süd- licher, SO. von Assuän angesetzten gleichnamigen Uadi, woraus man ersieht, wie die ganze Kette der von ihm besuchten Thäler-von As- _ suän durch das lange, bei ihm wurmartig ohne Gliederung in Einer 6 H. Barth: Richtung hingezogene Ghadarit bis zu dem von ihm Raschab genann- ten Thale viel zu weit südlich gelegt ist. Etwas vor 9 Uhr Morgens machten wir Halt bei einem vorsprin- enden Felsblock, der uns vor der Sonne Schutz gewährte, und ent- sandten die Kameele mit den Leuten, um Wasser vom entfernten Brun- nen zu holen. Unser Wasservorrath war völlig erschöpft gewesen und ich war daher sehr erfreut, als ich im Verlauf der folgenden Nacht vom Schrei eines Kameeles erweckt wurde und fand, dafs es einen kleinen Vorrath Wasser von einem näheren Brunnen herbeigeholt hatte, der zu arm war, um unsern ganzen Bedarf zu liefern; auch war das Wasser obenein schlechter Qualität. Der Brunnen heifst Lagisch. 14. October. Da wir auch noch den ganzen Vormittag hier auf die Rückkehr der Kameele vom Brunnen warten mulsten, machte ich einen Spaziergang das Thal aufwärts, in der Richtung von woher wir gekommen waren. Es war schön bebuscht und überall zeigten sich die Spuren von Ghazellen, die hier wahrscheinlich während der Nacht ge- grast hatten, aber keine einzige liefs sich jetzt sehen. Erst um 4 Uhr Nachm. brachen wir wieder auf und bogen bald von der Richtung des Thales, das mehr NO. zog, ostwärts mit kleiner süd- licher Abweichung ab. So zogen wir zwei Stunden fort und machten dann Halt auf einer ziemlich weiten Oefinung, wo eine neue Biegung abgeht. 15. October. Dafür machten wir am folgenden Tage einen besseren Tagesmarsch, während unsere Richtung unsicher war. Hauptrichtung die erste Stunde SSO., dann 3 Stunden O. und zuletzt 14 Stunde S. Beson- ders grols war die Biegung des Thales drei Viertelstunden nach unserem Aufbruch, als wir plötzlich von SO. nach N. übergingen. Da betraten wir ein recht anmuthiges, ziemlich enges Thal mit interessanten Felsformen und stellenweise ganz reichem Baumwuchs. Dann hielten wir bei vielen Biegungen im Einzelnen im Allgemeinen eine östliche Richtung ein, immer dem Thale folgend, bis es sich nach zwei Stunden nördlicher abwand, wo wir rechts hinaustraten, eine grofse Oeffnung der Thal- bildang durchschnitten und dann zwischen zwei Bergen durchpassirten. Hier machten wir Halt zur Mittagsrast, fanden aber weder unter den Bäumen, noch unter den hervorspringenden Felsklippen irgend genü- genden Schutz gegen die Mittagsgluth der Sonne. Der Baumwuchs an dieser Stelle war sehr spärlich und die Granitfelsen in ganz und gar verwittertem Zustande. So bestanden ihre Decken aus nichts als Kies- schutt, den der Regen dann in den Thalboden hinabführt. Um 4 Uhr Nachmittags setzten wir dann unsern Marsch fort und bogen bald mit neuer Biegung zum Thale hinaus, indem nun unsere Hauptrichtung eine südöstliche wurde, und wie wir nun so aus der Thalformation emporstiegen und Felsreihen von allerdings höchst ver- Reise von Assuän über Berenike nach Kosser. 7 wittertem Gestein überstiegen, gewannen wir eine Aussicht auf ent- ferntere Berge, nach Osten zu auf den Djebel Schadny, einen lang sich hinstreckenden Bergzug mit drei hohen und mehreren niedrigeren Kup- pen, nach Süden aber auf einen aus beträchtlicher Ferne mit zwei spitzen Höhen wie ein Sattelberg sich zeigenden Berg, den meine Be- gleiter Djebel Hamrah mt’ Mugbed nannten. Dieser Berg ist hier von Wichtigkeit, weil er uns wieder mit Linant’s Angaben zusammenbringt, da er unzweifelhaft identisch ist mit seinem Amrat Makbat, und die Lage, die er ihm anweist, stimmt ziemlich mit meinen Daten, obgleich ich ihn ein wenig südlicher gesetzt habe als ich sonst ohne die Rück- sicht, meine Sachen mit den seinigen in einen gewissen Einklang zu setzen, gethan haben würde. Ich hatte nämlich keine Gelegenheit, jene Kuppen durch von verschiedenen Punkten aus genommene Winkel fest- zustellen. Das fortwährende Ziehen in den gewundenen Thälern hat den grofsen Nachtheil, dafs man sich der gesammten Configuration des Terrains gar nicht bewulst wird. Nur ein einziges Mal, aber von klei- neren Höhenzügen aus erblickte ich diesen Berg. Schon zu früher Stunde machten wir Halt in einer an Santolina fragranlissima und Artemisia judaica und anderen Wüstenkräutern sehr reichen Niederung. In der nächsten Nacht fiel mir der starke Thau- fall auf. 16. October. Wir brachen etwas früher als gewöhnlich auf und zogen die erste halbe Stunde das Thal aufwärts, worauf wir queer über die Hügelreihen hinüberschritten und nun anstatt nördlich, ganz südlich von der Östrichtung abbogen. So ging es fast drei Stunden fort, dann wurde unsere Ausbiegung wieder nördlich. Aber auch jetzt setzten sich die niedrigen, unregelmäfsig begrenzten, dann und wann von grös- seren Blöcken unterbrochenen Hügelreihen von Granit und Sandstein fort, mit einem nur sehr geringen Ertrag von Kraut; aber nach einer halben Stunde befanden wir uns wieder in regelmäfsiger Thalforma- tion und unsere Richtung wurde hier noch nördlicher, Hier zeigte sich dann und wann ein hübscher vollbelaubter Baum von der Bala- nites- Gattung, der hier Hegli genannt wird, Hegnin von den mau- rischen Stämmen der westlichen Wüste, sonst Hadjilidj. Um 104 Uhr machten wir Halt. Um 5 Uhr Nachmittags brachen wir wiederum auf. Eher konnte ich trotz aller meiner Bemühungen meine “Abäbde nicht von der Stelle bringen. Es war ganz natürlich, dafs ihr Benehmen um so selbst- ständiger und eigenwilliger wurde, je weiter wir uns vom Flusse ent- fernten, und besonders die beiden auch durch ihre Tracht als unab- hängige Bergbewohner ausgezeichneten Diener ‘Ali’s liefsen sich nicht ein Wort von mir sagen. "Ali selbst dagegen schützte die Schwäche S H. Barth: seiner Kameele vor. Es schien, als sollten wir gar nicht nach Berenike kommen, denn auch jetzt noch bogen wir wieder etwas nördlich von der Ostrichtung ab, besonders die erste halbe Stunde. Hier sahen wir endlich einmal eine Ghazelle, die spielend vor uns hereilte, bald in den Windungen des Thalkessels entlang, bald sich in den Seitenschluch- ten im weichen Sande umberwälzend und sobald wir herankamen be- hende davonspringend. Schon nach etwas mehr als einstündigem Marsche machten wir Halt im Thale. Es heifst El Enth und macht im Vergleich mit dem einförmigen Charakter dieser Berglandschaft einen recht angenehmen Eindruck. 17. October. Mit Sonnenaufgang brachen wir auf, aus dem Thale binaustretend und über die Hügel fortziehend; nach einer Weile aber trafen wir das Thal, das nur eine grolse Ausbiegung gemacht hatte, wieder. Seit dem Tage unseres Aufbruchs vom RA#f hatten wir keinen Men- schen gesehen und waren daher nicht wenig erfreut, einmal wieder nıit einem menschlichen Wesen zusammenzutreffen. Hier aber schienen die Bergthäler ganz belebt zu sein. Zuerst waren es zwei 'Abäbde’s mit zwei Eseln, die an uns vorbeizogen. Dann zeigte das Erscheinen einer ein- zelnen Frau, dafs hier wirklich Wohnstätten seien, und auch weiterhin wieder Legegneten wir zwei Männern mit einem Paar RKameelen. Nachdem wir mehr als drei und eine halbe Stunde im Thale fort- gezogen waren, den Djebel Hamrah in der anscheinenden Entfernung von 3 bis 4 deutschen Meilen zur Rechten, betraten wir ein ganz anmuthi- ges, ziemlich von N. nach S. laufendes Thal, eingeschlossen von bedeu- tenden Hügelketten von wohl 700 Fufs Höhe, über die von Süden der Djebel Hamrah herüberragte und von Norden andere höhere Berge mit schönem Baumwuchs bekleidet und mit einigen recht ansehnlichen Bäumen und schönen Gebüschknoten. Hier erfreute mich der Anblick weidender Schafe und Esel, besonders deshalb so erfreulich, weil er in dieser Einöde recht ungewöhnlich war. Wir lagerten uns in diesem Thale und ich legte mich im Schatten eines grofsen Ssandalbaumes nieder. Der Retem erreicht hier eine ge- waltige Gröfse, obgleich nicht so grofs, wie ich später in andern Ge- genden Central-Afrika’s sah. Es war entschieden diese ungewöhnliche Baumfülle, welche diesem Thale den Namen Chaschab zugezogen hatte. Darnach führt denn auch der benachbarte Brunnen seinen Namen. Tebrigens ist das Wasser sehr salzig. Ich machte von dieser ’Thal- Landschaft eine Skizze, die ich in der neuen Bearbeitung meiner Rei- sen um das Mittelmeer mittheilen werde. Etwas vor 4 Uhr Nachmittags verlielfsen wir unsere Lagerstelle Reise von Assuän über Berenike nach Kosser 9 in diesem reichbewaldeten Thale und verfolgten seine Windungen, die uns die erste halbe Stunde wieder etwas nördlich von unserer Östrich- tung abführten, dann aber allmählich weiter nach Süden abbogen. So passirten wir nach einer Stunde eine Gruppe von 'Abäbde -Zelten, die ersten, die wir bis jetzt gesehen hatten, bestehend aus auf Stöcken er- richteten Matten, oft ganz behaglich am Saume der Berghöhen hinter den Baumgruppen gelegen. Nach etwas mehr als anderthalbstündigem Marsch traten wir dann aus diesem Thale hinaus und passirten einen kleinen Höhenzug, von dem wir in ein anderes schmales Thal hinabstiegen und hier bald nach 6 Uhr zwischen Hügeln ohne regelmälsige Thalbildung Halt machten. 18. October. Mit Sonnenaufgang brachen wir wieder auf, jetzt end- lich mit Entschiedenheit eine südöstliche Richtung einschlagend, die uns bald viel südlicher führen sollte, als wir um direet nach Berenike zu kommen bedurften. Ob wir diesen grolsen Umweg ohne Beschwer- den hätten vermeiden können, bin ich nicht im Stande zu sagen; das Wasser auf der directeren Richtung mufs aber wenigstens abscheu- lich sein. Wir betraten nun bald eine regelmäfsige Thalbildung, nur spärlich mit Bäumen bewachsen, und kamen, indem wir nach einer halben Stunde einige kleine Höhenzüge überstiegen, in eine auf den Seiten von zwei kleinen Hügelketten eingeschlossene Thalebene, über welche die schön und mannichfaltig geformte Schadny-Gruppe uns ent- gegenblickte. So ging es fort, bis wir um 104 Uhr zwischen den Vor- bergen anlangten und hier im Eingang eines Thales im Schatten eines Ethelbaumes (Tamari.e Gallica) uns lagerten. Während dessen ging “Ali, einen benachbarten Scheich zu besuchen, der sich hier in der Nähe aufhielt und kam erst spät zurück. Wohl bedurfte er Auskunft über diese Gegend und besonders über die Landschaft nahe am Meere, die er schr unzulänglich kannte. So brachen wir erst um 5 Uhr Nachmittags wieder auf im engen, vielfach gewundenen Thale. Auch heute wieder erhob sich ein Streit zwischen den Kameelführern wegen der jedem Kameele aufzuladenden Menge des Gepäcks, da die Thiere verschiedenen Eigenthümern gehör- ten, und ich überzeugte mich auch wieder bei dieser Gelegenheit, wie der Häuptling eigentlich in allen Stücken seinen Leuten nachgeben mufste. Vollkommene Sicherheit des Eigenthums scheint in diesen Thälern zu herrschen, aufser wenn bei Streitigkeiten die benachbarten Bischäari Raubzüge über die Grenzen hinaus machen. Wir stiegen über einen kleinen Pafs in ein anderes Thal und dann wieder über eine andere Scheidegrenze in ein zweites Thal hinein und dann ging es wieder eben vor Sonnenuntergang über einen anderen, etwas höheren Pafs, von dem eine Aussicht über ein entfernteres Ge- 10 B. Barth: birge sich eröffnete, das über die Berggruppe, in der wir uns befan- den, weit herüberragte. Dann lagerten wir am anderen Ende in der Ebene, in die wir nun hinabstiegen, am Fufse ziemlich ansehnlicher Berghöhen. Die Ansicht der umgebenden Berglandschaft, besonders derjenigen nach Süden, wo eine der gröfseren Höhen sich zeigte, war recht malerisch. 19. October. Um 6 Uhr 10 Min. brachen wir auf, im Thale ent- lang ziehend, von dem aus wir nach einer Viertelstunde einen Pafs und eine Hügelreihe überschritten. Um 7 Uhr stiegen wir in eine steinige, nicht ganz flache Ebene hinab, nach N. begrenzt von der Bergkette des Schadny, die sich hier weit nach O. ausdehnt und mit einem anderen Gebirge, das wir am vorigen Abend gesehen, sich fast vereint. Diese Gebirgsgruppe zieht sich nach S., wo sie allmählich in niedrigeren Höhen abfällt, an die sich vereinzelt ein ansehnlicher Kegel der Kuppe schliefst, auf die wir uns in südöstlicher Richtung zuhielten. Zur Rechten in der Entfernung hat man eine Hügelkette. Um 10 Uhr machten wir Halt in der Nähe einiger Felsenhöhen, die aus der Ebene aufsteigen und wo reichlich Kraut aufschofs. Doch suchte ich hier vergebens die in allen früheren Thälern so vorherr- schende, den Kameelen eben so als Frafs wie den Reisenden ihres aromatischen Geruches halber liebe Artemisia odoratissima, hier Bsilla genannt; dagegen hatte hier die Schausch genannte seegrasartige Gra- minee durchaus die Oberhand. Um 3 Uhr Nachmittags setzten wir unsern Marsch fort durch die Ebene, indem wir zur Linken fortwährend die schön geformten Höhen des Ergub hatten, die sich an den Schadny anschliefsen, dahinter das Halus genannte Gebirge, das an 6000 Fuls ansteigt und schon von der gegenüberliegenden Küste des Rothen Meeres aus sichtbar ist und östlich von N. nach S. streichend den Abu Ghurdi. Vor uns hatten wir die ver- einzelte, schön rund geformte Kuppe des Ssalöed, von der wir uns eine kleine Stunde entfernt hielten. Am Abend heftiges Wetterleuchten. 20. October. Bald nach unserm Aufbruch zogen wir am Ssalöed vorüber; soviel ich erkennen konnte, besteht er aus Thonschiefer und ist mit seinen steilen verwitterten und kahlen Abhängen nur von SO. zugänglich, wo er niedrigere Vorhöhen hat; sonst ist er ganz selbst- ständig abgeschlossen. Dahinter traten zwei andere, kleinere und we- niger regelmäfsig geformte Höhen hervor. Die Ebene, über die wir so mit südöstlicher Richtung fortzogen, ist nicht ganz flach, sondern leicht gewellt, und der Boden bald stei- nig, bald sandig. Nach dreistündigem Marsch jedoch wurde sie viel hügeliger und felsiger und bot mit ihren in unbestimmten, ungeordneten Reise von Assuän über Berenike nach Kosser. 11 Formen wild durcheinander gewirrten Felsmassen ein eigenthümlich wüstes Bild dar, und ohne Aufenthalt und Rast zogen wir vorwärts, um aus dieser kraut- und schattenlosen Wüstenei wieder in die Region der Thalbildungen zu kommen. Hier wurde die Richtung ganz östlich und fast ohne Windungen ging es durch die traurige Ebene fort bei zunehmender drückender Schwüle, die auf's Unangenehmste für das Gefühl vermehrt wurde dureh den blendend weilsen, ganz nackten Bo- den. Da endlich, um Mittag, betraten wir mit südlicher Biegung ein Thal, Namens Ssäleb, das bald von ansehnlichen Felshöhen einge- schlossen wurde. Da erfreute sich denn auch wieder das Auge des Anblickes von Busch und Baum und beider, dem Kameel beliebten, Arten desWüstenkrautes. Da fanden sich selbst viele vollkommen gewach- sene Exemplare von Ssayäl, dem trefflichsten Holz zur Kohlenbereitung, Ssemrah und March, und der ganze Thalboden bot bei den bescheide- nen Ansprüchen, die der Reisende in diesen Gegenden macht, eine dichte lebensvolle Masse von Vegetation. Dennoch aber setzten wir unsern Marsch noch bis 3 Uhr 30 Min. Nachm. fort und lagerten dann etwas angegriffen von dem Tagesmarsch in der Nähe einiger Hütten und kleiner Schafheerden. Es war ein recht anmuthiger Lagerplatz, und nach der einförmigen Gegend, die wir durchzogen, gab ich mich ganz den Eindrücken der Umgebung hin. Am Abend war wieder Wetterleuchten, offenbar Vorboten der hier binnen Monatsfrist eintre- tenden Regenzeit. 21. October. Mit Sonnenaufgang brachen wir auf und zogen im Thale entlang mit südöstlicher Richtung. Nach zwei Stunden erleidet das Thal eine kleine Unterbrechung durch eine Art von Pafsbildung, bleibt aber doch eigentlich dieselbe Thalbildung und führt auch den- selben Namen Ssäleb. Auch dauert derselbe Reichthum des Baum- wuchses fort oder steigert sich vielmehr; dafür aber wird der Boden rauher und steiniger und bildet das Bette eines zeitweiligen Winter- stromes. Das Thal ist reich genug, eine ziemlich stetige kleine Be- völkerung zu ernähren, und überall sieht man kleine Gruppen von Hütten, Menschen, Schafe und Kameele. Ich kaufte eine Ziege, um unserer einförmigen Nahrung etwas Abwechselung zu geben. Wir waren zwei und eine halbe Stunde in ziemlich südöstlicher Richtung fortgezogen, als wir eine grofse Biegung nach N. machten. In dieser Richtung zogen wir dann zwei Stunden fort, bis wir an der Einmün- dung eines kleinen, von W. herziehenden Seitenarmes des Thales Halt machten. Dorthin liegt ein Brunnen, aus dem wir unsern ganz er- schöpften Wasservorrath ergänzen mulsten. Aber leider war das Wasser dort sehr spärlich und in Folge davon der Aufenthalt sehr grofs. Mitt- lerweile schien es, als ob wir gar nicht besondere Sorgfalt auf Wasser- 12 H. Barth: vorrath zu verwenden hätten und als wolle der Himmel selbst uns unseren Wasserbedarf senden. Denn von allen Seiten wurden dicke Regenwolken vom Winde zusammengetrieben, aber die Regenzeit war noch weit entfernt. Dem schönen Blätterreichthum drohte nahes Ver- derben auch durch eine grofse Menge von Heuschrecken, die das ganze Thal durchflatterten. Um 4 Uhr Nachm. setzten wir unsern Marsch fort und traten nun mit östlicher Wendung in eine neue Biegung des Thales ein; nach einer halben Stunde wandte es sich nach SO. und hörte bald, wie es schien, auf oder setzte wenigstens sehr unregelmäfsig fort. Wir stie- gen nämlich in ein 30 bis 40 Fuls tiefer gelegenes Thal hinab und ich war nicht wenig erstaunt, gerade hier, wo man der gröfseren Ein- senkung wegen, wohin die Feuchtigkeit sich doch eher zusammenziehen sollte, gröfsere Fruchtbarkeit erwarten möchte, spärlicheren Baumwuchs zu finden. Ein kalter Wind kam uns hier entgegen. Wir machten schon zu früher Stunde (54 Uhr) Halt, um die gekaufte Ziege zu schlach- ten. Auch hier umher überzeugte ich mich, dafs es überall in diesen Thälern Bevölkerung giebt. 22. October. Mit Sonnenaufgang brachen wir wieder auf, dem Thale folgend, das nun eine etwas nördlich von Ost gewandte Rich- tung nahm und einen recht anmuthigen Charakter entwickelte. Hier liefsen wir nach kurzer Weile einen Brunnen, Namens Gän. Der Lauf des Thales wurde immer gewundener und viele Ghazellen liefsen sich sehen. Nach etwas mehr als vierstündigem Marsch machten wir Halt und brachen erst um 3 Uhr Nachm. wieder auf, die ersten drei Viertel- stunden mit ziemlich östlicher Richtung, dann mit etwas südlicher Ab- weichung. Da erblickte ich vom Kameele herab in der Ferne vor mir das Meer, nach dessen Anblick ich mich nun schon einige Zeit gesehnt hatte. Denn als am 14ten Marschtage glaubte ich nun doch guten Grund zu haben, zu hoffen, das erste Reiseziel, die Ruinen von Bere- nike, zu Gesicht zu bekommen; aber meine Hoffnung wurde getäuscht, indem "Ali mir erklärte, er müsse nun erst die Kameele zunı Brunnen im Seitenthale schicken und doch hatten wir erst gestern und heute Morgen uns mit Wasser versorgt und ich konnte nicht begreifen, dafs wir nicht wenigstens diesen Vormittag gleich bis in die Nähe des Brun- nens marschirt waren, anstatt 14 Stunden von ihm 5 Stunden zu rasten. Wir machten also schon um 44 Uhr wieder Rast und nicht eben sehr zufrieden gestellt mit dieser Art Anordnung ging ich allein das Thal abwärts und erstieg eine östlich an die längs dem Meere sich hinzie- hende Ebene stofsende Anhöhe, von der aus ich den ganzen Golf über- sah, nach N. vom weit vorspringenden Cap, dem Räls el Enf, begrenzt, a > Reise von Assuän über Berenike nach Kosser. 13 gegenüber etwas nach N. die Insel Massaurat ') und etwas nördlich in der Ebene, ein wenig vom Meere zurückgelegen, was ich für die Ruinen von Berenike hielt. Die Ansicht war nicht ohne alles Interesse, aber grofsartig war sie keineswegs. 23. October. In der vorgefafsten und von meinen Begleitern be- stärkten Meinung, dafs ich die Ruinen von Berenike nahe vor mir habe, machte ich mich am Morgen allein auf, meine Flinte und Sensimla auf dem Rücken, und wanderte das Thal abwärts. Ich hatte mich jedoch sehr getäuscht, denn als ich näher kam und einen Hügel bestieg, der die Ebene weithin beherrscht, fand ich, dafs das, was ich für das alte Berenike gehalten, nichts als eine Gruppe von Bäumen und Gesträuch war; die wirklichen Ruinen aber suchte ich vergeblich mit den Augen. Jedoch so viel war gewils, dafs sie nach N. liegen mufsten, obwohl es mir sonderbar schien, dafs wir, nachdem wir uns im Anfang doch be- deutend nordöstlich gewandt hatten, später so weit südöstlich hinabge- kommen sein sollten, dafs wir die Küste südlich von Berenike erreicht hätten, und doch war es so. Nach Süden sah man in weiter Ferne die wie eine Insel in’s Meer vortretende Berggruppe des Djebel "Elbeh oder 'Olbeh, die im Durchschnitt bis zu 5000 und mit den höchsten Gipfeln bis zu 7000 Fuls aufsteigt *). Aber eben dieses Gebirge war der Gegenstand grolsen Schreckes für meinen "Abäbde-Begleiter. Scheich “Ali, der zu mir stiefs, während ich hier mich umsah, wulste nicht Worte lebhaft genug zum Ausdruck seiner Furcht. Ich war übrigens sehr froh, von ihm zu rören, dafs die Kameele vom Brunnen Schen- schef zurückgekehrt seien und heranzögen. Ich konnte nicht unterlassen, meinem Beschützer einige Bemerkurgen zu machen über den ungeheu- ren Verzug und die eigenthümliche Art und Weise der Marschordre. Es war gegen 9 Uhr Morgens und wir hatten von dem Punkte, wo ich mich augenblicklich befand, erst etwas rückwärts zu biegen und zogen dann hinter einigen Hügeln hinum, wo die übrigen Kameele schon vorausgegangen waren. Wir holten sie ein und zogen so fort mit nordwestlicher Richtung in der Entfernung von 2 bis 3 Stuuden vom Mecre. Hier wuchs nur wenig Kraut und noch spärlicher war der Baumwuchs. Aber nach zwei Stunden zeigte sich ziemlich reiche !) So nannten meine T.eute die Insel. Der Name Mekuar oder vielmehr Mu- kauar beruht wohl allein auf Bruce’s Autorität, aber es ist sehr möglich, dafs dies der richtigere Name ist; über dessen Bedeutung s. Burckhardt Travels in Nubia (2d edit.) p. 424. Burckhardt jedoch kannte nur eine südlichere Insel bei diesem Na- men, nicht diese im Gulf von Berenike. 2) Ich mufs wirklich glauben, dafs noch eine andere, viel nördlicher gelegene Berghöhe den Namen ‘Olbeh führt, als die grolse Gebirgsgruppe unter 22°, 14 H. Barth: Vegetation in einem zur Linken aus den Bergen hervorkommenden Thale. Auch in der kleinen Niederung, wo wir um | Uhr Nachm. Rast machten, zeigte sich ziemlich viel Kraut und Baumwuchs. Hier in der Nähe lag eine alte Station, bestehend aus einem niedrigen Walle von 150 Schritt Länge, 120 Schritt Breite und 7 Fufs Dicke, aus natür- lichem Feldstein errichtet und im Innern rings an der Mauer umher Gemächer enthaltend. In der Mitte des so eingeschlossenen Hofraums sieht man ein rundes Bassin von 45 Schritt Durchmesser, offenbar aus sehr später Zeit, aber doch nicht ohne Interesse. Denn hier haben wir den Beweis, dafs noch in später Zeit Verkehr längs dieser Strafse stattfand, und was für eine Strafse sollte das gewesen sein, wenn es nicht diejenige von Koptos nach Berenike war; diese hätte also nach diesen Anzeichen denselben grofsen Umweg genommen, den wir selbst nahmen. Jedoch mufs man allerdings bedenken, dafs schon Burck- hardt (Travels in Nubia. 2d edit. 1822. p. 418) eine noch damals be- tretene Landstrafse zwischen Kosser und Suäkin erwähnt. Diese Spu- ren menschlicher Cultur, die die einzigen waren, die ich nach 14 Tagen sah, interessirten mich sehr. Wir legten am Nachmittage noch ungefähr zwei Stunden zurück, indem wir langsam vorwärts zogen. Dann lagerten wir in einiger Ent- fernung westlich von einer Anhöhe, die wir bis dahin zur Rechten vor uns gehabt hatten. Ein einsamer Baum in unserer Nähe belebte die Landschaft ein wenig. 24. October. Da waren wir nun an der Stätte von Berenike, aber Niemand wulste, wo es eigentlich lag. Suchend wandten wir uns zu- erst nach einer Art kleinen Kastells oder befestigter Station, die vor uns nach N. lag. Die Aufsenseiten desselben malsen 52 und 60 Fufs und jede Ecke war mit einem Thurme befestigt; der Eingang dagegen auf der NW.-Seite mit zwei kleinen Thürmen, je einem an jeder Seite. Hier jedoch siebt man jetzt nicht mehr Spuren eines Wasserbassins im Innern des Hofes; doch aber muls es ein solches ursprünglich wol gehabt haben. Die Felshöhbe, sagten meine Begleiter, sei die Sikket, d. h. die Stadt. Als wir aber uns dorthin begaben, überzeugte ich mich sogleich, dafs es nichts als ein ganz unregelmäfsiger Felsaufsprung sei und nicht die geringsten Ruinen enthalte. Meine Begleiter aber behaupteten, ihnen sei nichts weiter von Ruinen in dieser Umgegend bekannt und es schien beinahe, als ob ich für alle meine Mühe die gesuchten Ruinen von Be- renike gar nicht zu Gesicht bekommen sollte. So liefen wir suchend am Meere entlang, und da ich nach der südlichen Seite der Bucht, wo ich die Stätte der alten Stadt vermuthete, nichts fand, wandte ich mich in meinem Eifer zurück nördlich, an den vielen seichten Wasserbecken entlang, die hier in grolser Ausdehnung sich ausbreiten und vortreff- - Reise von Assuän über Berenike nach Kosser. 15 lich geeignet sind zur Salzpräparation. Dabei sank ich in dem weichen Uferboden, über den das Meer bei Sturmwetter und zur winterlichen Jahreszeit die Wogen weithin schleudert, zu wiederholten Malen ein. So trat ich an die den Golf nördlich begrenzenden Berge hinan, und es schien mir, als wäre an der schönen hier gebildeten Bucht der pas- sendste Platz zu einem Handelsort gewesen, aber nichts war zu sehen. Die ganze Ansicht der Umgürtung der grolsen offenen Bucht von bier mit den umliegenden Bergen Haimamet und Feray war sehr schön von bier. Gern hätte ich das diese Bucht im NO. umschliefsende Räss el Enf selbst besucht und mich überzeugt, ob von dem diolkos d. h. der Stelle, wo man die Schiffe aus dem Hafen von Berenike über den Nacken des Vorgebirges hinüber in das offene Meer zog, nicht noch Spuren vorhanden seien, aber die bedeutende Mittagswärme liels mich bald von Durst leiden und da Niemand kam, mir Wasser nachzubrin- gen, mulste ich mich entschliefsen, über diese wüste Ebene zu den Meinen zurückzuwandern. Da kam mir nach einiger Zeit einer meiner Leute entgegen mit der Botschaft, dafs die Ruinen gefunden seien, aber sie waren in ansehnlicher Entfernung von hier, und es war mir recht lieb, dafs man mir ein Kameel brachte. Den Namen Ras el ‘Aäsi für das Vorgebirge, den Moresby aufführt, habe ich nicht gehört. So er- reichte ich die Ruinen des alten Berenike. Dafs es Berenike ist, daran kann kein Vernünftiger nach den Angaben der Alten zweifeln. Des Ptolemäus Breite pafst auf dasGenaueste. In meiner Erwartung aber fand ich mich sehr getäuscht, obgleich ich sie nicht sehr hoch gespannt hatte. Keinesfalls darf man sie ausgedehnt nennen, wie doch Wilkinson thut!). Wirklich sieht man anstatt eiser kleinen aber wohlerhaltenen Stadt mit hervorragendem Tempel nichts, als einen ganz und gar verschütte- ten Trümmerhaufen, aus dem selbst der Tempel nicht hervorragte. Wenn Alles ausgegraben wäre, würde allerdings etwas mehr zu sehen sein, aber der Schutt und Sand verhüllt Alles. Auch schien die Lage gerade an dieser Stelle überaus ungünstig, umgeben wie sie ringsum war von seichten Wasserbassins. Aber allerdings mufs man sich das grölste derselben als Hafenbassin restauriren mit einem offenen Kanal in’s Meer hinaus. Nur so kann man sich erklären, wie hier eine See- stadt lag, und wo die Bewohner von Berenike ihre Böte und Frachtkähne hatten, die doch zum Ausladen der Seeschiffe ganz unumgänglich nö- thig waren. Aber von einem Quai hat man bis jetzt nichts gefunden. An Ort und Stelle schien es mir ein zu einer Seestadt überaus schlecht gewählter Platz, und es war mir höchst auffallend, dafs die Gründer die Stadt nicht nördlich an der Bucht angelegt hatten, zumal da sie mu _ !) Wilkinson, Egypt und Thebes. p. 418. 16 H. Barth: hier dem diolkos näher waren. Auch die gerade Strafse von Koptos kam doch wol hier heraus, oder sollte auch sie schon den grofsen süd- lichen Umweg genommen haben, den ich einschlug? Dem Brunnen schönen Wassers in U. Schenscheff, den man doch wol schon gekannt haben wird, lag man so allerdings etwas näher. Ptolemäos Philadel- phos hat nach Strabo die Stadt angelegt, aber keine Inschrift aus je- ner Zeit ist mehr vorhanden und obgleich der Tempel mit ägyptischen Religionsdarstellungen und Hieroglyphen bedeckt ist, geht keine der Inschriften über die Zeit des Tiberius hinaus. Es ist übrigens natür- lich, dafs die Bevölkerung zu keiner Zeit recht bedeutend war an die- sem öden Küstenpunkte, so fern von allen Nahrungsmitteln, obgleich Belzoni annimmt (ed. Paris 1821, vol. II, p. 81), die Ebene wäre zum Anbau von Getreide und Hülsenfrüchten geeignet gewesen. Auch traf die Indische Flotte nur zu bestimmten Zeitpunkten ein, so dafs die Bewohner keineswegs an den Ort gebunden waren. Nur zu jener Zeit- epoche wurde es wol, ganz wie das früher in Djedda der Fall war, auf ein paar Wochen ungleich lebhafter. Freilich unterhielt Berenike auch fortwährend kleinen Küstenhandel mit den gegenüberliegenden arabischen Häfen. Der Umfang der ganzen Stadt beträgt etwa 3600 Schritt, konnte aber doch bei der Kleinheit der Wohnungen deren eine hübsche Menge enthalten. Der Tempel ist jedenfalls von sehr beschränk- ten Verhältnissen, die Cella etwa 14 Fufs lang und 104 Fufs breit, die Seitenkammern neben der Cella, wenn anders auf jeder Seite eine da war, dem Anscheine nach 7 Fufs 3 Zoll lang und 104 Fufs breit; die Seitengänge am Pronaos 12 Fufs 3 Zoll lang und 2 Fufs 7 Zoll breit. Dann gab es in der ganzen Breite des Tempels einen Korridor, 30 Fufs 10 Zoll lang und etwa 4 Fufs breit. 25. October. Wir verliefsen unsern Lagerplatz etwa 2 Meilen westlich von Berenike und zogen denselben Weg, den wir gekommen . waren, zurück. Die ganze Ebene wimmelte von Heuschrecken. Wie wir so in südöstlicher Richtung, am östlichen Saume der Berghöhen, dahin zogen, hatten wir stets das Meer vor Augen. Wir lagerten uns dann nach etwas mehr als vierstündigem Marsch dicht binter der Mün- dung des U. Ssissrob, in einer kleinen Einbucht des Höhenzuges, im spärlichen Schatten krüppelhafter Bäume. Dann marschirten wir am Nachmittage noch wiederum zwei Stunden uud lagerten im Thale Chodär, dem Eingange des Seitenthales Schenscheff gegenüber. Es war mir interessant, dafs, während wir vor 3 Tagen hier fast noch gar keine Heuschrecken gesehen hatten, jetzt schon Baum und Strauch Alles ganz roth war von Heuschrecken. Sonach schien es, als wenn diese Plage, die den 'Abäbde grofsen Schaden zugefügt hatte, über das Rothe Meer gekommen war. 3 % Reise von Assuan über Berenike nach Kosser. 17 26. October. Um 7 Uhr Morgens machte ich mich auf in den gewundenen Thalarm des U. Schenscheff hinein, um die von meinem “Abäbde so gepriesenen Ruinen zu besuchen. Die Windungen des Tha- les sind sehr grofs, aber seine Hauptrichtung ist eine nordwestliche. Beim Eintritt war es ansehnlich weit, ward aber nach einer guten hal- ben Stunde ganz eng und gewährte hier mit den oft an 800 Fufs hohen, obgleich nicht eben jähen Felswänden bei seinen vielen Biegungen und seiner durclischnittlichen Enge von nicht mehr als 10 Fuls, einen ganz imposanten Anblick. In der That erschien es jeden Augenblick wie ein ganz abgeschlossener Kessel. So erreichten wir in anderthalb Stunden den Brunnen. Das Wasser desselben ist vortrefflich, und die durstigen Kameele schlürften es mit Begierde. Dann setzten wir unsern Marsch fort, immer aufwärts steigend in eng gewundenem Felsthale. Bald zeigten sich an der westlichen Felswand die barbarischen Gekritzel von Pferden und Kameelen und klärten mich sogleich auf über den Cha- rakter der zu erwartenden Ruinen, und meine Hoffnung, Reste altägyp- tischer Kunst zu finden, schwand schnell dahin. Dazu nämlich konnte die lebhafte Beschreibung meiner Araber von einer grolsartigen „birbe* mit tessulra wol verleiten, besonders aber die Betheuerung, dafs das in Ssikket von mir Gesehene nichts dagegen sei. Bald traten die Felsen auseinander und ein geräumiger, besonders nach W. sich ausbreitender Thalkessel öffnete sich. Da erblickte ich _ nun zu beiden’ Seiten an den hohen Felsklippen die Ruinen vieler Wohnungen aus gehauenen Thonschieferplatten. Es ist ein Ort von 600 Häusern, an beiden Felswänden hinaufgebaut und die Mitte des Thalkessels freilassend, einige hoch an der Felswand-hinaufgelegen; das Material, wie das der Schieferfels mit sich bringt, durchaus unre- gelmälsig bearbeitet. Doch aber hatte man im Bau der einzelnen Ge- bäude regelmälsige Steinschichten beobachtet. Auch zeigte der ganze Plan, dafs die Bewohnerschaft sich eines gewissen Wohlstandes erfreute, so unbehaglich immer solche Schieferwohnungen erscheinen. Denn viel Täfelwerk enthielten sie wol nicht; auch sonst wenig häusliche Be- quemlichkeit. Uebrigens schien die Lage, vollkommen versteckt in dieser Eng- “ schlucht, in einem mit Baumwuchs wohlgeschmückten Thalkessel, zu dem nur der schmale Pafs von SO. her einen Zugang gewährt, zu zei- gen, dals Bedrängte und Gefährdete hier ihren Aufenthalt wählten, und es ist wol das Wahrscheinlichste, dals die Bewohner von Berenike selbst es waren, die in. diesem, des trefflichen Brunnens wegen ihnen wol ‚schon lange bekannten Thale ihre Zuflucht suchten. Auch tragen die Ruinen von Berenike die deutlichsten Spuren nicht eines allmähligen _ Verfalles, sondern eines plötzlichen allgemeinen Verlassens; nur kann Zeitschr. £. allg. Erdk. Neue Folge. Bd, VII. 2 18 H Barth: es zweifelhaft sein, ob sie als Christen vor den benachbarten heidni- schen Stämmen oder vor den Arabern flohen. Zur Aufklärung dieser Frage fand ich trotz aufmerksamen Suchens keine einzige Inschrift; auch erlaubte wol der bröckelige Stein kaum dergleichen. Aus dem vierten Jahrhundert haben wir, wie es scheint, schon kein bestimmtes Document mehr von dem städtischen Leben von Berenike. Christliche Kreuze fand ich nicht, auch kein als Kirche bestimmt nachweisbares Gebäude. Vielleicht waren auch hier Bergwerke in der Nähe; aber wenigstens haben wir darüber kein bestimmtes Zeugnils und meine Leute wulsten nichts davon. Als wir zum Brunnen zurückkehrten, waren auch die übrigen Ka- meele herbeigekommen und streckten durstig ihre langen Hälse aus. Da kehrten wir denn in’s U. Chodar zurück. Durch diesen Besuch des U. Schenscheff übrigens war nun meine Strafse nach Kosser einmal bestimmt. Dem Anscheine nach war der Umweg sehr grols, aber nach der Aussage meiner Leute war das kei- neswegs der Fall. Dazu kam, dafs nach ihrer Aussage die Brunnen auf dieser Strafse gutes Wasser enthielten, während diejenigen auf der östlichen Strafse bitter seien. Ueberaus gern hätte ich das Verhältnifs der beiden Stralsen genau erkannt, besonders um zu sehen, wie die alte Coptos-Stralse zog; auch war es eigentlich meine Absicht gewe- sen, das U. Nukharie mit den muthmafslichen Ruinen von Nechesia zu besuchen, aber freilich, da meine Leute mit der Stätte ganz unbe- kannt waren, konnte ich kaum hoffen, sie zu finden. 4! Uhr Nachmittags verliefsen wir unsern Lagerplatz und zogen das Thal aufwärts, schon bekannte Felsmassen und Plätze passirend, bis wir um 6 Uhr lagerten. Die umliegende Gebirgslandschaft machte besonders in der Abendsonne einen ganz anmuthigen Eindruck. 27. October. Wir folgten noch zwei und eine halbe Stunde dem U. Chodär, das sich bier nach SW. wandte. Dann traten wir mit NW. aus dem Thal hinaus und verliefsen zugleich unsere frühere ütralse, indem wir in das breite Seitenthal U. Schüd einbogen. Hier zeigten sich bald ansehnliche Ziegenheerden, die ein höchst erfreuliches Lebens- zeichen abgaben. Nach fünfviertelstündigem Marsche ward der Thal- boden von Felshöhen unterbrochen und eine Viertelstunde weiterhin lagerten wir in nicht grofser Ferne von einigen 'Abäabde-Hütten. Das Thal hat hier eine Breite von wol 250 Schritt, war aber dem Anscheine nach vor uns abgeschlossen. Nur nach S. eröffnet sich eine weitere Aussicht und hier hatten wir eine schöne Ansicht vom Dj. Feray. Eine ansehnliche Karawane mit Kohlen schwer beladener Kameele begeg- nete uns hier. Um 4 Uhr Nachmittags setzten wir unsern Marsch fort mit an- Reise von Assuän über Berenike nach Kosser. 19 u ? u mi { e | , fänglich ziemlich nördlicher Richtung, indem, wie wir vorwärts rückten, das Thal sich öffnete. Um 52 Uhr machten wir dann eine grofse Bie- gung im Halbkreise nach W. herum und lagerten eine Viertelstunde weiterhin. 28. October. Unsere Richtung ward jetzt vorwiegend W., bald mit südlicher, bald nördlicher Abweichung, und wir betraten nach sieben Viertelstunden ain anderes Thal, Namens U. Laun, das von NO. nach SSW. zog, und wir folgten zu meiner nicht geringen Verwunderung der letzteren Richtung über eine Stunde lang. So gewunden ist der Lauf dieser Thäler, die 'man selbst auf den besten Karten nach Rus- segger’s und Linant’s Angaben wie Würmer geradeaus gezogen sieht. Da wandte sich dann das Hauptthal in scharfer Biegung nach W. bin- um, doch war die südwestliche Richtung auch hier noch vertreten, in- dem sich in dieser letzteren Richtung ein kleiner, in eine Spitze aus-' laufender Arm abzweigte. Hier an dieser Gabelung lag eine verein- zelte kleine Hütte in friedlicher Zurückgezogenheit, und wirklich scheint in. diesen Thälern ein paradiesischer Friede zu herrschen. So hingen “an einem Baume in beträchtlicher Entfernung von dieser einsamen Wohnung die kleinen Habseligkeiten der Bewohner, allerdings nicht Sachen von grolsem Werth, aber doch ihre häusliche Bequemlichkeit und ihr Besitz, Matten und Töpfe, auch ein Hemd und Tuch. Aelhn- liches hatte ich auch schon in andern Thälern gesehen. Wir verfolgten jedoch die westliche Richtung nicht lange, sondern wandten uns schon nach einer Viertelstunde nordwestlich in ein enges Thal ab, das eine halbe Stunde lang sich in fortwährenden Biegungen binumzieht und sehr unregelmälsig gestaltet ist, dann aber gewahrt man allmählig, wie die Thalbildung ganz aufhört. Die umgebenden Höhen zur Seite werden stets niedriger, das Thal ist bald eng, bald weit, all- mählig übergehend zu einer, ven niedrigen Felshöhen umgürteten un- regelmäfsigen Ebene; über die Höhen ragen aus der Ferne die bedeu- tenderen Berggipfel herüber, so nach $. der Dj. Dachneb, nach N. der Hämmatär. Eine halbe Stunde weiterhin lagerten wir. Am Nachmit- tage machten wir dann noch 2! Stunden, zuerst zwischen kleinen Hü- geln langsam dahinziehend, da das in grofser Menge hier wachsende Kraut den Kameelen viel Anlafs zu Aufenthalt darbot. Dann aber ging es in gutem Schritt über fast ebenes, von Hügelreihen rings umgürte- tes Terrain. Als wir endlich zu lagern beschlossen, verlielsen wir un- sere Richtung und wandten uns näher an die Vorhöhen des Hämmatär linan, wo Baum- und Krautwuchs in reichlicher Menge sprolste. 29. October. Inmitten dieser Berggegend, wo doch mehrere Grup- jen von zwischen 5000 und:6000 Fufs Höhe sich umherlagerten, hat- en wir einen recht frischen Morgen. Als wir dann aufbrachen, bielten DE 20 H. Barth: wir uns mit westnordwestlicher Richtung eine kurze Zeit lang in einem kleinen steinigen, aber mit Kraut wohlbewachsenen Uadi entlang, ke- traten dann nach fünf Viertelstunden sehr rauhes Terrain und hatten hier den Dj. Ssalöed ganz nahe zur Linken. Hier begegneten wir ei- nem einsamen "Abäbde- Wanderer. Nach etwas mehr als dreistündigem Marsch passirten wir ansehn- liche Höhen, die von WSW. ziehend sich an den von WNW. nach SSO. ziehenden Hämmatär anreihen. Die letztere Berghöhe erblickt man von Berenike aus und ihretwegen hatten wir diesen weiten Um- weg gemacht. Wir rückten nun, die auf dem Hinwege passirte Ebene zur Linken habend, auf die von SSW. heranziehenden Bergreihen los, die wir zu durchschneiden hatten, und machten um 11 Uhr Rast unter zwei an- sehnlichen Balanites-Bäumen. Dann machten wir am Nachmittage noch ungefähr wieder zwei Stunden in WNW.-Richtung, zuerst über die Ebene fortziehend, dann das Helgit genannte Thal betretend und 1+ Stunden in demselben fortziehend, bis wir lagerten. Sonderbar ge- nug, vielleicht aus Vorsicht, gingen wir nicht bis zum nahen Brunnen, wo wir nun bald nach unserm Aufbruch am folgenden Morgen (30.Oct.) einen längeren (10 Minuten) Aufenthalt hatten, um unsere Schläuche zu füllen. Sein Wasser war aber keineswegs gut und war etwas salzig. Eine halbe Stunde weiterhin hörte das Thal auf und an seinem Ende liefsen wir eine Gruppe von sechs Hütten zur Seite, mehr als ich bis jetzt beisammen gesehen. Dann ging es über eine steinige Ebene und wir rückten immer näher an die Berghöhen hinan, über die aus der Ferne nach NO. der hohe und weit in dieser Richtung fortziehende Ssamäch- muläk herüberragt. Dieser Name kehrt auf Linant’s Karte in weit südlicherer Zone wieder, ob mit Recht oder Unrecht, mag ich nicht entscheiden. Die Ebene scheint in der Ansicht der Eingebornen die Thalbildung nicht faktisch zu unterbrechen; denn auch die Thalbildung, die wir um 104 Uhr betraten, führt denselben Namen Helgit und wir folgen ansteigend seiner Richtung bis Mittag, wo wir an seinem End- winkel, am Fufs des Bergrückens, den wir zu übersteigen haben, Halt machen. Auch die umliegenden Höhen führen denselben Namen Helsgit. Zwischen dem Gestein am Boden sieht man hier wieder in grolser Menge den handal oder 'aschbeh, die Kolokynthe, die in diesen Thä- lern keineswegs sehr allgemein ist. Auch Schmetterlinge zeigten sich hier in grolser Menge. Um 3 Uhr Nachmittags setzten wir uns wieder in Bewegung und stiegen nun den steilen Felsabfall hinan unter dem einförmigen Rufe unserer Führer: hennak näga u gamel-ssesiliä gabel. So ging es eine ganze Stunde lang steil den Felskamm hirauf und dann ebenso steil | Reise von Assuän über Berenike nach Kosser. 21 wieder abwärts. Um 5 Uhr ist man dann unten in einem zuerst ganz schmalen, steinigen Thal oder einer Thalschlucht, die sich gleichsam erst zu einem Thale bildet und nach einer halben Stunde ein regel- mälsiges, wirklich anmuthiges Thal darstellt mit hohen Porphyrwänden und mit vielem Baumwuchs. Hier hält es bei 100 Schritt Breite und mit manchen Windungen im Einzelnen die nordöstliche Richtung ein. Es heifst U. Haluss und erweitert sich bis 6 Uhr um das Doppelte. Etwas weiterhin machten wir Halt. 1. November. Wir folgten dem Thale mit ziemlich nördlicher Richtung bei manchen Biegungen im Einzelnen, indem wir eine Weile lang uns sogar SW. von unserer Hauptrichtung abwandten. Wir mach- ten einen recht hübschen Marsch von fast 8 Standen und machten dann Halt, nachdem wir auf einer etwas umfangreichen Bergöffnung die Ruinen einiger Steinwohnungen passirt hatten. Nach dreistündiger Mittagsrast setzten wir dann unsern Marsch fort in kurzen wiederhol- ten Biegungen und trafen weiterhin viel tarfa an, das mein Scheich sara’ e rif, „Saat vom Rif“, nannte, aber es ist hier nicht so süfs wie im Nilthal, ja hat sogar etwas salzbittern Geschmack. Um 6; Uhr machten wir Halt, ebenfalls bei einem Knollen Tarfa- gebüsch. In allen diesen Gebirgen ist die von den Arabern „el hay“ genannte giftige Schlange in grofser Menge; dagegen findet sich der Skorpion fast gar nicht. 2. November. Um 6 Uhr setzten wir unsern Marsch fort, indem wir die ersten beiden Stunden uns etwas westlich von N. abwandten, dann aber allmählich nach NO. hinumbogen. So erreichten wir in drei und einer viertel Stunde das Ende des Thales, das sich hier allmählich zwischen Felshöhen erweitert und in eine von Felskuppen und Klippen unterbrochene Fläche ausläuft. Drei Viertelstunden weiter machten wir Halt im Schatten eines Felsvorsprunges in U. Djemäl, um die Kameele zum Brunnen zu schicken. Um meine Zeit zu benutzen, bestieg ich nun am Nachmittage eine Bergkuppe und hatte von deren Gipfel eine weite Uebersicht über das umliegende Felsgebiet. Offenbar war ich _ hier aus der Region des Thon- und Glimmerschiefers hinausgetreten und befand mich in der Zone der Trachyt- und Granitformation. Das - Ganze bildete den Anblick eines aufgeregten Meeres, begrenzt in der Ferne von gröfseren Bergzügen und wie besät mit oft pyramidenartigen Felshöhen. Am nächsten Morgen setzten wir unsern Marsch fort in vielen Windungen längs des unregelmäfsigen Uadi Djemäl, das erst ‚nach Verlauf von etwa vier Stunden, wo wir an den geschlossenen Bergzug hinanrückten, zu einer wirklich regelmäfsig begrenzten Thal- furche wurde mit schönem schattenreichen Baumwuchs. Besonders ich war hier der in populärer Abkürzung hegli genannte balanites, Ed E 7 HB. Barth: . und oft stand er hier in schönen Gruppen beisammen, während ich ihn sonst in den übrigen Thälern fast gar nicht, oder doch nur ganz ver- einzelt bemerkt hatte. In der westlichen Wüste bei den Maurischen Stämmen führt der balanites den ganz ähnlichen Namen hegnin. Eine halbe Stunde weiterhin lagerten wir uns im Schatten und erreichten am Nachmittage mit einem etwas mehr als zweistündigen Marsch die Ssikket. Hier hatten wir jetzt, den Thalbildungen folgend, eine grö- fsere östliche Abweichung, indem wir noch drei Viertelstunden lang dem allmählich dem Rothen Meere zu sich windenden U. Djemäl folg- ten. Da aber verzweigte es sich und an der Stätte dieser wichtigen Verzweigung war wiederum eine alte Station, deren Wohnungen sich an der Felswand entlang ziehen. Der Djemäl oder Gemäl genannte Arm steigt direct an das Meer hinab, das man jedoch bei zu grofser Entfernung und einigen Biegungen des Thales nicht erblickt, während der Hauptarm sich unter einem anderen Namen als U. Nokrüs nach NNO. fortzieht, aber auch dieses Thal verliefsen wir wieder nach einer halben Stunde, indem es sich nach SW. abwandte, und wir betraten eine nördliche Abzweigung, das U. Ssikket, und verfolgten dessen Windun- gen in einem ziemlich engen und kahlen Thaleinschnitt, bis wir nach einer Stunde eine etwas grölsere Oeffnung erreichten, eine Art Thal- kessel, an dessen Gehängen umher ganz ähnlich wie im U. Schenscheff die Ruinen des Dorfes sich umherlagerten. Nachdem wir uns einen Lagerplatz gewählt, streifte ich vorläufig etwas umher. „Der kleine Ort*, wie er denn wirklich diesen Namen führt, „ssikket e’ sghira*, ist keineswegs ohne Interesse, im Gegentheil zieht er den Reisenden als das anschauliche Bild einer kleinen Stadtgemeinde in diesen Bergthälern mehr an, als Berenike. Besonders interessant sind seine kleinen, in den Fels gehauenen Provinzialtempel, die bei allem Römischen Charakter doch die Aegyptische Pyramidalform beibehalten. Die gröfsere Kapelle, denn Tempel kann man es kaum nennen, scheint an der Hinterseite nicht vollendet zu sein. Die Säulen haben aufser- ordentlich starke Verjüngung. In der linken Abtheilung der Kapelle ist ein altarähnlicher Pfeiler und zur Rechten cavon eine kleine, sehr niedliche Altarnische mit zwei Säulen geschmückt. Die Höhlen auf der anderen Seite waren aller Wahrscheinlichkeit nach nicht Grab- stätten, sondern Wohnkammern oder Magazine. Das eigentliche Stadt- gebiet des kleinen Ortes fängt mit der Thalverengung an, wo z. L. hoch am Fels eine ganz ansehnliche Behausung sich öffnet mit drei Abtheilungen und mit stattlicher Treppe und Plattform, unzweifelhaft. dem Richter und Ersten dieser kleinen Siedelung gehörig. Die ihrer Inschrift nach der Isis geweihte kleine Grotte egt eigentlich aufserhalbli Reise von Assuän über Berenike nach Kosser. 23 des Dorfkreises. In gewissem Zusammenhang mit diesem Dorf ist ein anderes, das um den Felsenvorsprung hinum im U. Nokrüs liegt, aber keinen Felsentempel hat. 4. November. Meine Führer sprachen auch hier noch immer von den Smaragdminen von Djebel Sebära, als vor uns nach N. liegend, und ich hatte bei Aufbruch von dieser Ssikket noch die Absicht sie zu besuchen, obgleich ich aus dem Wenigen, was andere Reisende, die sie wirklich besuchten, davon gesagt haben, besonders Wilkinson, mich schon überzeugt hatte, dafs sie besonders für einen Nicht-Geologen gar kein Interesse haben. Sie sind nämlich in roher Weise in den Grün- stein eingesenkte Schäfte, der tiefste allerdings bis 360 Fufs Tiefe hin- absteigend '), und hauptsächlich interessant, weil schon Strabo dieser unorouoı erwähnt. Erst im Verlaufe dieses Tages auf Grund der An- gaben meiner Begleiter, dafs der Besuch der Minen uns zwei Tage mehr kosten würde, während meine Provision kaum mehr für die direete Stralse nach Kosser ausreichte, gab ich den Besuch der Minen auf. Es scheint also klar, dafs der Sebära wirklich im N. oder NO. von hier liegt, jedenfalls aber auf der nördlichen und nicht der südlichen Seite des U. Djemäl. Diese Annahme erhält ihre vollständige Bestäti- gung durch die Lage des mirssa Sebära, der unzweifelhaft vom Berg- werk seinen Namen erhalten hat und ziemlich parallel wit ihm liegen muls, in etwa 25° 10”. Beim Aufbruch von hier wandte sich unser Weg etwas westlich von unserer nördlichen Richtung ab, und die Hauptrichtung ward noch durch die vielen Krümmungen des Thales modifieirt. Eine Weile ging es auch über Höhen quer hinüber. So betraten wir nach zwei und einer halben Stunde eine Art nicht regelmäfsigen Uadi’s und machten hier um Mittag Halt, brachen dann um 4 Uhr Nachmittags wieder auf und folgten den mannichfachen Windungen des Thales bis zwei Stun- den, wo wir lagerten. 5. November. Wir kamen heute bedeutend später als gewöhnlich fort und hatten hier in einem vielfach gekrümmten, ziemlich markirten Uadi eine ganz westliche Abweichung, bis wir nach dreistündigem Marsch den Ghadir genannten Brunnen erreichten. Dieser flach im Boden ausgehöhlte Brunnen hat offenbar dem U. Ghadir seinen Namen _ gegeben, und dieses Thal wieder ist, wie wir aus dem Verhältnifs mei- ner Angaben zu den auf der Seeaufnahme basirten Höhenpunkten er- _ kennen, bisher falsch niedergelegt worden. Wir nahmen, als wir am Nachmittage aufbrachen, für’s Erste nur einen kleinen Vorrath Wasser mit, lielsen dagegen zwei Kameele zurück, um mehr Wasser bis zum ') Wilkinson, Egypt and Thebes. p. 420. 24 H. Barth: Morgen uns nachzubringen. Der Weg war von der Natur vorgezeich- net und wieder sehr gewunden. Schon nach etwas mehr als anderthalb Stunden machten wir Halt in einem engen, mit spärlichem Kraut be- wachsenen Thale. Wir machten am folgenden Tage unsere Zögerung durch einen stärkeren Marsch einigermalsen wieder gut, indem wir noch immer die westliche Richtung beibehielten, und zwar die erste Stunde mit bald nördlicher, bald südlicher Abweichung, bis in einem gröfseren Uaädi die Hauptrichtung gerader wurde. Wir waren um 6 Uhr aufgebrochen und fingen gegen 9 Uhr an, gemach anzusteigen und stiegen ununterbrochen an bis gegen Mittag, wo wir eine Art Wasserscheide erreichten und nun wieder abwärts stiegen, indem wir der östlichen Bergumgürtung dieses unregelmälsigen Terrains näher rückten. Die Landschaft hatte im Allgemeinen einen sehr kahlen Charakter und an der Stelle, wo wir um 14 Uhr Nachmittags Halt machten, wuchs fast gar kein Kraut. Am Nachmittage legten wir noch fast drei Stunden zurück, bald zwi- schen unregelmäfsigeren Hügelketten, bald durch kleinere Uädi's. 7. November. In unendlichen Krümmungen ging es fort, die ich leider nicht alle mit dem Kompals im Einzelnen verfolgte, aber die erste halbe Stunde erlitt unsere westliche Richtung sogar eine südliche Abweichung, dann wandten wir uns mehr nach N. hinum. Alles war unregelmäfsige Formation. Um 10 Uhr betraten wir ein Uadi, das aber nicht weit sich entlang zog und uns bald wieder unsern Weg durch unregelmäfsige, bald niedrigere, bald höhere Felszüge nehmen liefs, in- dem wir dann und wann ein kleines Uadi durchschnitten. Nach fünf und einer halben Stunde lagerten wir und legten dann am Nachmittag noch drei Stunden zurück in fast genau nördlicher Richtung. Da fan- den wir etwas gutes Kraut für die Kameele in einem kleinen, aus den Bergen hervorziehenden Uädi. Den folgenden Tag marschirten wir wieder 9 Stunden in vielfachen Windungen, aber im Ganzen mit nördlicher Richtung ohne irgend re- gelmäfsige Thalbildung und oft kleine Höhenzüge übersteigend.. Am Nachmittage ging es durch eine Menge kleiner Uadi’s, wo Bitterkraut, das ich früher nicht bemerkt hatte, in Fülle aufkeimte. Den 9. No- vember zogen wir noch länger als 9 Stunden und wieder ging es fort in vielfachen Windungen, den Dj. A’bu Tiür umgehend, dessen röth- liche Felsmassen überall grell hervortraten. Bald bewegten wir uns längs unregelmäfsigen Thalbildungen, bald passirten wir Bergketten. Den 10: November erreichten wir dann mit etwas mehr als neun- stündigem Marsch den Brunnen von Kosser, nachdem wir nach einem sechsstündigem Marsch aus den Bergen hinausgetreten waren in das flachere, aber hier und dort unterbrochene Küstenland längs des Rothen, Reise von Assuän über Berenike nach Kosser. 25 Meeres. und dann etwas mehr als drei Stunden auf ihm hinmarschirt waren. Unser Lagerplatz war dies Mal nicht so gemüthlich, ja nicht einmal ganz so sicher, wie sonst in den wilden, fast vereinsamten Thälern der "Abäbde-Gebirge und wir mulsten uns sehr vor Dieben in Acht nebmen. Am Morgen ward der Brunnen recht belebt und eine Menge Leute mit Eseln stellten sich ein, um dieses ganz salzige Was- ser den Städtern zuzuführen; so verwahrlost sind sie in dieser Bezie- hung. Als wir dann aufbrachen, zogen wir zwischen den kleinen Hö- henzügen hin, bis plötzlich das reinlich aussehende Haus des Gouver- neurs und die Masten der Schiffe im Hafen der kleinen Stadt vor un- sern Blicken sich enthüllten. Sie wurden mit grolsem Jubel begrüfst; denn es war nun über einen Monat, dafs wir in dieser Einöde umher- irrten. Zuerst schlug ich das Zelt aufserhalb der Stadt, betrat dann aber auf Mohammed’s des Englischen Ukil’s Vorstellung das Innere und ward in einem recht behaglich eingerichteten Gemache im Funduk einquartiert. Kosser ist eine Stadt, die ganz und gar auf Hülfsmittel von aufsen angewiesen ist und ihr Beispiel zeigt ein deutliches Vorbild, wie an dieser Küste ein Ort wie mit einem Windhauch verschwinden muls, sobald der Handel sich fortzieht. Der Ort ist nur klein, aber für den- jenigen, der sich in die Stelle eines Arabers ganz hineinleben und seine verschiedenen Gesichtspunkte vollkommen sich zu eigen machen kann, ist auch das Verhältnifs dieses an der Küste des bar el "Adjem gelegenen Ortes dem nur vom schmalen Meeresarm geschiedenen bar el‘Arab gegenüber von‘hohem Interesse, und man könnte manche in- teressante Schilderung des Volkslebens von diesem Gesichtspunkte aus entwerfen. Wie weitgreifend die Verhältnisse des kleinen Ortes sind, sieht man schon daraus, wie verschiedenen Gegenden die Bestandtheile eines gewöhnlichen Fahrzeuges ihren Ursprung verdanken; so kommt das Schiffsbauholz zum Kiel des Schiffes aus Indien oder el Hind, das Holz zum Rumpf desselben Fahrzeuges aus Yemen und das Tauwerk wiederum aus Hind. Auch ist der Verkehr keineswegs gering und selbst aktive Rhederei besteht in nicht geringer Ausdehnung. So be- salsen die Kosserer damals (1846) funfzig Schiffe, wovon zehn baghal. Es ist ein höchst eigenthümlicher Umstand, dafs das Brod billiger in Djedda ist, als in Kosser, obgleich das Korn doch erst über die letztere Stadt nach Hidjäs ausgeführt wird. Bei der ungeheuren Dürre rings umher ist das Städtchen eben kein erfreulicher Aufenthaltsort, am wenigsten bei einem Sandsturm, und bei einem solchen drang der Sand selbst in mein gut geschlossenes Quartier in gröfster Menge ein. Nur kleine Moslimische Kaufleute mögen den zeitweiligen Aufenthalt hier recht paradiesisch finden. 26 H. Barth: Am 13. November machte ich einen Ausflug nach Alt-Kosser auf einem alten stumpfen hedjin. Die Ruinen von Levkos portus liegen 34 E. ml. nördlich von der neuen Stadt an einer ganz kleinen, spitz zulaufenden Bucht, wo das zum Ankern brauchbare Fahrwasser überaus beschränkt und rund umher von Korallenriffen umgeben und eingeengt ist, über die das Meer hinspült. Die alte Stadt lag auf der nördlichen Seite der Bucht und zum Theil selbst noch in jener Vertiefung, die sich nach dem Becken hin weiter ausbreitet und die in früheren Zeiten durch einen Damm vor dem eindringenden Seewasser geschützt gewe- sen zu sein scheint, während sie jetzt ganz morastig und unbewohnbar ist. Südlich von der Bucht lag nur, wie es schien, ein kleines Kastell. Auch hier, wie an der ganzen Küste, war der Wassermangel die Haupt- schwierigkeit und der Hauptbrunnen, aus dem diese Stadt verprovian- tirt wurde, lag einige Stunden nach W. auf dem Wege nach Geneh. Er heifst jetzt e’ Schemr. 14. December. Morgens um 9 Uhr schiffte ich mich in einer klei- nen Katira, die ich für mich gemiethet hatte, nach Tör ein. Der Wind war leidlich. Gleichzeitig mit mir gingen drei baghal nach Djedda unter Segel. Schon in der vorhergehenden Nacht war ebendorthin der grolse Dreimaster des Bascha abgegangen. Wir verliefsen den Hafen mit einer Biegung nach SW. und passirten dann die flache Küste von Alt-Kosser. Drei Stunden später hatten wir die gute Hafenbucht Hamra-uen zur Seite. Sie fehlt auf der grofsen Englischen Seekarte, ist aber wahrscheinlich identisch mit der alten Station Kallama. Dann verliefs uns der Wind und nur langsam ging es vorwärts, so dals wir erst um Mughreb den Mirssa Djessaus erreichten; das denselben bil- dende Cap ist auf der Englischen Seekarte als Wme»l> ur), eingetra- gen. Zwei Stunden später liefen wir in den für grofse und kleine Fahr- zeuge sehr guten Hafen ein, den die Sandinsel Djefadi vor dem Fest- lande bildet. Die Insel findet sich auf Moresby’s Karte, aber ohne Namen. Wir stiegen auf der Sandbank aus und schliefen in ganz an- tiker Seefahrer-Weise. Noch heut zu Tage palst auf diese kleinen Küstenfahrzeuge ganz dasselbe, was Edrisi im 3ten Klima Abtheil. 6 von ihnen sagt (p. 333 ed. Jaubert): dafs man nämlich nicht bei Nacht fahre und. dafs der Capitain auf dem Vordertheil des Schiffes sitze und aufmerksam seine Augen auf den Meeresgrund richtend dem Steuer- mann die Richtung angäbe. 15. November. Während der ersten Tagesstunde wehete fast gar kein Wind, so dafs wir die Insel nicht verlassen konnten. Endlich kam etwas Ostwind auf, aber nach zwei Stunden wurde er meinem Raschid oder, wie der Name hier ausgesprochen wurde, Rascheed zu heftig und wir liefen daher in die Bucht A’bu Ssömer ein, die von einer ER sy, Pi Reise von Assuän über Berenike nach Kosser. 27 weit vorspringenden und im Bogen sich hinumziehenden Sandspitze ge- bildet wird. Der Name erscheint auf der englischen Seekarte, aber das Vorgebirge ist dargestellt, als bestehe es aus Fels und nicht aus Sand. Hierher verlegen de Roziere in Description de Ü’Egypte IV, p- 346 und Müller in den Anmerkungen zu Agatharchides (Geogr. minores p. 16%) Myos Hormos und Entfernung sowie der Umstand des den Hafen kenntlich machenden rothen Berges des jetzigen Djebel A’h- mar und der gewundene Eingang, z0v &iozlovr £yorra 6zolıor, passen sehr gut auf diese Localität. Während der Rube liefs ich mich mit meinem Capitain in ein Gespräch ein und erfuhr von ihm einige in- teressante Umstände: Er hatte seine Katira in Djedda gekauft, wo sie ungleich billiger sind, für 200 Thaler, und weil er sich dort mit sei- nem Schifflein nicht in das offene Meer hinaus wagte, war er damit längs der Küste bis Moilah hinauf gefahren und war dann von dort bei gutem Winde nach der Insel Scheduän hinübergeschnitten und so an der egyptischen Küste südlich hingefahren. Die Katira hatte eine kleine Schaluppe von der besonderen, „el hüri* genannten Gattung, 1 Fulfs breit und etwa 13 Fufs lang und rund ausgebaucht. Dieses kleine Boot liefs er bei Djefadi zurück. Mittlerweile während unseres unfreiwilligen Aufenthalts beschäftigten sich die Bootsleute mit gro/sem Erfolg mit Fischfang; besonders der kleine weilse Djabul wurde in grolser Menge gefangen und daneben die Alchira. 16. November. Mit stark conträrem Winde rückten wir nur ein paar Meilen bis zur Bucht Charadaba vorwärts. Diese Bucht oder vielmehr das sie bildende Vorgebirge heifst auf der englischen See- karte Ras Korah Bobah oder nach der arabischen Umschrift Hör (wol Chör) Chabüba (wol Habüba) und allerdings mufs ich bemerken, dafs mein Raschid ein überaus ungrammatisches Arabisch sprach und d und b stets verwechselte. Die vor dieser Bucht sich vorlagernde kleine Insel nannte mein Raeis Sseia Haschisch, auf der Seekarte führt sie den Namen A’bü Machädih. Es ist eine recht hübsche Bucht. 17. November. Wiederum bei nicht eben günstigem Winde ver- liefsen wir diese Bucht und gelangten bald in Angesicht der Insel Gafatina, die, ganz abgesehen von der nach Osten vorliegenden klei- neren Gäfatin, mit ihren beiden Höhen aus einiger Ferne, ganz das Aussehen von zwei getrennten Inseln hat, bis es sich als eine einzige lang hinziehende Insel erweist, die mit dem angesetzten Sandstreifen eine sehr gute Bucht für kleine Fahrzeuge bildet. So fanden wir hier augenblicklich vier einheimische Fahrzeuge, den Moasa gehörig; diese Beduinen verkaufen den Fisch, den sie hier fangen, in Tor und Ssuess. Wir liefen einen Augenblick ein und gingen dann durch die schmale und mit Klippen erfüllte Enge zwischen der Insel und dem Festlande; 28 H. Barth: allem Anschein nach wird sich diese Enge mit der Zeit schliefsen. Hier kreuzten wir lange hin und her und kamen dann in Sicht der anselinlicheren und mehr gehobenen Insel Scheduän, über die aus der Ferne das in das Räss Mohammed umbiegende und die beiden Golfe trennende Gebirge Ssaidna Müssa, wie die Araber den Sinai nennen, ausbiegt. In der Ferne vor uns hatten wir die vorspringenden Fels- höhen von A’bu Schaär, aber wir kamen nur sehr langsam von der Stelle. Um den 'Aser erblickten wir zur Rechten in der Ferne zwei einzelne weifse Felsinseln und dahinter die Insel Gübal oder vielmehr Djubäl. Endlich nach Sonnenuntergang, nachdem wir seit zwei Stun- den den sogenannten Der von A’bü Schaär vor uns gehabt hatten, gin- gen wir hart am Ufer vor Anker, aber die vielen Klippen und die ge- fährlichen Scharken, die sie bergen sollten, erlaubten uns nicht, an’s Land zu gehen vor Tagesanbruch. Am nächsten Morgen fand ich zu meinem Vergnügen, dafs der sogenannte Der in seinem noch vollkom- men zu erkennenden Grundplane ansehnliches Interesse in Anspruch nimmt. Es ist ein geräumiges Karavanserai, von dem ich einen Grund- rifs machte. Das Material des Chans besteht zum grofsen Theil aus Kalksteinquadern, aus denen besonders die Thüren gebaut sind, sonst besteht es aus ganz unregelmäfsigem Gestein. Aufserdem sieht man hier in der Nähe fast gar keine‘ Ruinen mit Ausnahme eines kleinen Ge- bäudes von etwa 28 Schritt in’s Geviert und einer Stralse von wenig Häusern, aber nach NW. sollen mehr Ruinen sich finden, jedoch liefs mir mein Raeis, der zur Eile drängte, keine Zeit sie zu besuchen. Man hält diese Ruinen gewöhnlich für die von Myos Hormos, aber ich habe schon oben erwähnt, dafs Müller, der gelehrte Herausgeber der Geograph. minores, sie für die von Philotera hält. Uebrigens unter- scheiden die Schiffer bei A’büu Schaär zwei Häfen und erkennen diese als vortreffliche Zufluchtsstätten in allen Winden an, wozu die freilich etwas entfernt liegende, aber hohe Insel Scheduän viel beitragen mag. Aber gutes Wasser gebricht auch hier fast gänzlich. Der nächste Brun- nen ist 14 Stunden entfernt, wo er einige Dattelpalmen befruchtet, aber sein Wasser ist ganz bitter und schlecht. Mein Capitain liefs mir keine Ruhe. Der Wind sei gut, schrie er, ich müsse. mich einschiffen. Wenig war zu spüren, aber ich folgte sei- nem Rufe. Leider trat alsbald vollkommene Windstille ein und es war nur mit Hülfe mühseligen Ruderns möglich, dafs wir ein wenig in’s Meer hinauskamen. Hier erblickten wir in weiter Ferne den Rauch des von Indien kommenden Dampfers. Endlich gegen Mittag erhob sich ein Wind aus NO., wie er diese ganze Zeit über wehete, und so kamen wir doch wenigstens etwas von der Stelle und rückten zwischen Scheduaän und der gröfseren Djubäl vorwärts nach N., aber leider war Reise von Assuän über Berenike nach Kosser. 29 der Wind zu spät gekommen und wir konnten nicht mehr vor Eintritt der Dunkelheit die Peträische Küste erreichen. So kam es, dafs mein Raeis aus Furcht vor den vielen Klippen eine Wendung um Djubäl hinum machte und wir legten zwischen der gröfseren und kleineren Insel dieses Namens uns vor Anker. Der Boden ist voll von Korallen, worauf das Boot jeden Augenblick stiels, obgleich die Bootsleute aus- stiegen und es langsam fortzogen. Wenn man die Identität von A'bu Schaär und Myos Hormos annimmt, mufs man Djubäl mit Scheduän und Djafatena für die drei Inseln halten, welche vor der Bucht von Myos Hormos lagen, aber allerdings liegen sie in grofser Entfernung davor, zumal wenn man alte Küstenfahrten und nicht Rhaden jetziger grolser Seeschiffe in Betracht zieht. Djubäl hat nur ganz niedriges Kraut und besteht aus einer Felshöhe, die mit einem ausgebrannten Krater viel Aehnlichkeit hat, besonders durch ihre Austiefung; um die- ses Felsgerippe hat sich dann auf den Korallenriffen Erdreich umher- gelagert und so den Boden anbaufähig gemacht, aber sie ist zur Zeit wenigstens nicht bewohnt. Raschid hatte jedoch bei früherer Gelegen- heit Hütten von Beduinen hier vorgefunden. Scheduän ist besser mit Erdreich versorgt und soll etwas Baumwuchs haben, wahrscheinlich den wilden Oelbaum. Den 19ten setzten wir uns früh Morgens wieder in Bewegung und steuerten nun endlich gerade auf die gegenüberliegende Küste zu. Schon viele Tage war uns der so interessant geformte Sinaitische Bergzug, an dem hinauf das Küstenland vom Meeresstrande aus gemach ansteigt, von einzelnen höheren Bergkegeln durchbrochen, vor Augen gewesen, aber mein Raeis, der die Fahrt nach Tor wohl nicht eben sehr häufig gemacht hatte, hatte nicht berechnet, dals er, anstatt sich mitten zwi- schen Scheduän und Djubäl zu halten, durch unseren Aufenthalt auf Djubäl eine viel nördlichere Richtung bekommen hatte. So kam es denn, dafs wir, nachdem wir die vom Wasser eben bedeckte gefähr- liche Klippe Ellah — so nannte sie mein Raeis, sie ist aber wahr- scheinlich identisch mit der Schab Ali der englischen Seekarte — pas- sirt hatten, zwischen Klippen oder Schebän vollständig festsalsen. Selbst unser ganz flach aufsetzendes Boot konnte über diese Riffe nicht hin- wegkommen. Da es also auf diesem Wege unmöglich war, das dem Lande nähere gute Fahrwasser zu erreichen, sahen wir uns gezwun- gen, zwei Stunden weit nach SO. zurückzukehren. Da wandten wir uns denn bei einem Kreis von aus dem Wasser hervorragenden Fels- riffen nahe an die Küste hinan und kreuzten so in meist gutem Fahr- wasser aufwärts, bis wir bei Mughreb in eine Knissia genannte Bucht einliefen. Dieser Name, der entschieden an eine Wohn- oder wenig- stens Cultusstätte der christlichen Vorzeit erinnert, findet sich nicht 30 H. Barth: auf Moresby’s Karte, die Bucht liegt aber entschieden zwischen Djäd Yahia und Mirssä Tauileh, und wird von einer weit in’s Meer vor- springenden spitz auslaufenden Landzunge gebildet. Auf einer für den allgemeinen Weltgebrauch bestimmten Seekarte mulste diese Bucht vor Allem näher bezeichnet sein, sie gewährt nämlich kleinen Fahrzeugen einen sehr guten und sicheren Ruheplatz. Auch trafen wir hier eine andere Katira, die meinem Capitain zuerst Furcht einflölste, weil er glaubte, es möchten Hareimie sein; sie erwiesen sich dann aber als sehr freundliche und brave Moasa, von dem die Wüstenthäler zwischen Kosser und Ssuess bewohnenden Stamm, die des Fischfanges halber an dieser Küste umherzogen. Sie tauschten mit meinen Bootsleuten ihren Proviant aus. Den 20sten. Endlich nun brachen wir mit der bestimmten Hoff- nung auf, den Djebel Tör, den wir schon am vorhergehenden Tage stets vor uns gehabt hatten, zu erreichen, aber es war nicht Allah’s Wille. Der fast conträre Nordwind, der uns entgegenblies und der uns nur geringen Fortschritt vermittelst Lavirens erlaubte, wurde gegen 10 Uhr so heftig, dafs unser kleines Boot nicht vorwärts kommen konnte. Wir liefen daher etwa eine Viertelstunde im Süden des Scheich Djär (nach Moresby’s Karte Djaräh) in eine Biegung der Küste ein, wo einige Klippen und Sandbänke leidlichen Schutz gewährten. Je- doch, um an’s Ufer zu kommen, mulsten wir eine weite Strecke durch das Wasser waten. Ich ging zum Grabmale des Scheich, um mir die Zeit zu vertreiben. Es ist überaus einfach, eine Grabstätte mit Matten bebängt unter einer schon halb zerfallenen, mit Dscherid gedeckten Hütte aus Palmstämmen. Wir hatten grofsen Mangel an Brennholz, wie dies in der Nähe der Küsten des Rothen Meeres überhaupt fast ganz fehlt; aber mein Raeis war zu gewissenhaft, um von dem herab- gefallenen und umherliegenden Holze zu nehmen, obgleich Andere nicht eben so skrupulös gewesen waren. Wir fanden hier in der Nähe viele Fufsspuren von Hyänen. Ich war vollkommen resignirt, diesen Tag wenigstens hier liegen zu bleiben und spazierte so am Ufer nach Sü- den hinunter. Hinter der kleinen Einbucht, wo wir lagen, wird eine tiefere gute Bucht gebildet, getrennt von der Knissia noch durch eine andere Landzuge. Ich hatte damals, wo Moresby’s Karte noch nicht herausgegeben war, nur Laborde’s Karte bei mir und fand sie hier sehr ungenau. Als ich nun so hier entlang wanderte, kam mein Raeis mit grofsem Geschrei mir nach und winkte mich herbei. Er hatte vor- überziehende Töorah mit vier Kameelen angerufen, damit sowohl ich selbst eber nach Tor käme, als auch damit er seine Rückreise antre- ten könnte. So kehrte ich denn um, während die Törah heranzogen. Gleich ihre erste Begrülsung war so freundschaftlich und zuvorkom- Reise von Assuän über Berenike nach Kosser. 31 mend, wie man sie nur von Arabern erwarten konnte, die ganz und gar an Verkehr mit Fremden gewöhnt und auf den von ihnen zu zie- henden Gewinn angewiesen sind. Da ging es denn an eine lange De- batte wegen des Preises bis Tor und ich mufste mich zuletzt ent- schliefsen, einen ziemlich hohen Preis zu zahlen, da es den Anschein hatte, als ob der heftige conträre Wind nicht von ganz kurzer Dauer sein würde. Da theilte sich die kleine Karawane in zwei Theile, liefs das Gepäck, Frau und Kinder unter dem Schutze eines Mannes zu- rück und die Uebrigen brachen mit mir, meinem Diener und meinem Gepäck nach Tor auf. Es war eine Stunde vor Sonnenuntergang. Zuerst hielten wir uns ganz vom Ufer ab an die Berge hinan, betraten nach zwei Stunden aber wieder den Küstensaum, marschirten hier noch anderthalb Stunden weiter und lagerten uns dann bei dem Grabe eines Heiligen, den meine Gefährten bald Alibi, bald Abyli nannten. Die Umgebung lieferte etwas Gebüsch und Kraut und gutes Wasser fand sich in der Nähe. Am folgenden Morgen brachen wir dann wieder eine Stunde vor Sonnenaufgang auf und erreichten gerade als die Strahlen der Sonne ihr Licht hinter den Bergen hervorsandten, die erste kleine Palmen- pflanzung, die wir zur Linken hatten, und bald entfaltete sich ein herr- liches Gesammtbild. Verschiedene kleine, getrennte Palmenhaine und dahinter in seinen prächtig gezackten Formen das Gebirge zur Rech- ten, während vor uns hinter einer andern Palmengruppe hervor die kleine regelmäfsige Häusergruppe von Tör sich entfaltete an dem tief sich in’s Land hineinziehenden Busen, links von den Ruinen des Ka- stells und rechts von den weniger ansehnlichen des jetzt verlassenen Beduinendorfes begrenzt und dem Anscheine nach ganz hart am Fulse des allmählich von Ost nach West ansteigenden und dann auf der letz- tern Seite steil abfallenden Berges, dann in Zwischenraum die anderen Berghöhen anschliefsend, das Ganze eingerahmt nach Westen von dem dunkelblauen, in’s Röthliche spielenden Meere und drüben die maleri- schen Bergformen, besonders Sehait und Kolsim. Dies ist eine der schönsten Ansichten, die man im Orient sich verschaffen kann, und ich bedaure, sie nicht durch eine Skizze fixirt zu haben, da ich nicht nach diesem ziemlich entfernten Punkte vom Städtchen zurückkehrte. Dagegen ist Laborde’s Ansicht ganz kahl und nackt, allerdings so, wie sich der Ort aus gröfserer Nähe darstellt. Nach einer halben Stunde hatte ich das kleine Oertchen erreicht und schlug mein Zeit auf. Wun- derbar genug hatte sich das Gerücht, dals ein Fremder, der nach dem Dair oder Der — dem Kloster St. Katharina’s — wolle, angekommen sei, schon verbreitet und Bü-Scharra. der Ukil der Törah, war schon herbeigeeilt. Aber hier will ich für dies Mal abbrechen. 32 Statistisch-geographische Mittheilungen über die britischen Besitzungen in Afrika, Australien und Asien. ‚ Von E. G. Ravenstein. (Hierzu eine Karte, Taf. I.) Nachdem wir im vorigen Hefte der Zeitschrift über die britischen Besitzungen in Europa und Amerika amtlichen Quellen entnommene statistische Mittheilungen zusammengestellt haben, geben wir im Fol- - genden analoge Angaben über die in den drei andern Erdtheilen ge- legenen Besitzungen Englands. In Afrika. Gambia. 1) 98 Geburten, 212 Todesfälle, 53 Heirathen. — 7 Schulen wur- den von 979 Schülern besucht. 2) Einnahmen 17,375 L. St., Ausgaben 14,097 L. St. 3) Schifffahrt. 221 Schiffe von 31,938 Tonnen kamen an (31 Schiffe von 7,224 T. in Ballast); 224 Schiffe von 33,189 Tonnen gin- gen ab (37 Schiffe von 1,936 T. in Ballast). Unter den angekommenen Schiffen befanden sich 123 britische von 14,397 Tonnen, 70 französische von 12,147 Tonnen und 28 ame- rikanische von 5,394 Tonnen. 4) Handel. Einfuhr 108,852 L. St. (vom vereinigten Königreich 51,181 L. St., von britischen Besitzungen 5,540 L. St., von den Ver- einigten Staaten 16,678 L. St., von Frankreich 5,973 L. St., von unab- hängigen afrikanischen Küsten 18,699 L. St.). Ausfuhr 176,577 L. St. (nach Frankreich 117,568 L. St., nach dem vereinigten Königreich 19,449 L. St., nach Sierra Leone 2,283 L. St., nach den Vereinigten Staaten 18,135 L. St., nach unabhängigen afrikanischen Küsten 9,151 L. St.). Unter der Ausfuhr: Erdnüsse für 130,497 L. St., Wachs für 21,416 L. St. (Einfuhr 7,948 L. St.), Häute für 8,549 L. St. (Einfuhr 3,630 L. St.), Gummi für 212 L. St., Elfenbein für 218 L. St., Gold für 202 L. St. Unter der Einfuhr stehen baumwollene Waaren mit 27,285 L. St. oben an; dann Taback 11,433 L. St., Waffen und Pulver 9,508 L. St., spirituöse Getränke 6,188 L. St., Reis 4,231 L. St., Ambra und Ko- rallen 3,771 L. St., falsche Perlen 3,509 L. St. - Statistisch - geographische Mittheilungen über die britischen Besitzungen 33 5) Ackerbau. Folgende Tabelle zeigt das bestellte Land, das Erzeugnifs und den Werth. Bestelltes Land Erzeugnifs Werth Acres L.Se)\ s. ..d. Indisches Korn 9 95 Bushels | 19 0 0 Hirsewor. _ı;. 200 500 - 10000 BEIBE ene 203 550 - 134.10 0 Erdnüsse . . 100 800 - BURG 8 Bohnen. . ., } re | 8 223, - |,22 9,0 Kürbisse 1300 Stück | 32 10.0 Cassada. , 2 4100 Bushels EB ae Weide . . . 554 Viehstand: 180 Pferde, 360 Stück Hornvieh, 110 Schafe, 200 Ziegen. 6) Dem Raubkriege zwischen dem König von Barra und dem Surruhuli- Häuptling wurde ein Ende gemacht; letzterer wurde nach Fatatenda versetzt, und 400 seiner Unterthanen in Combo, das 1853 von England erworben wurde, angesiedelt. Combo enthält etwa 8000 Acres Ackerland und ist äufserst fruchtbar. In Folge eines Vertrages vom 7. März 1857 geben die Engländer das Recht mit Portendik zu handeln auf, und der Kaiser von Frank- reich giebt Albreda an England ab. Franzosen können sich nur in Bathurst und Albreda niederlassen, haben aber mit den Engländern gleiche Rechte in Betreff der Schifffahrt. Sierra Leone. 1) 62 Schulen mit 7903 Schülern (4695 Knaben, 3208 Mädchen). 2) Einnahmen 35,601 L. St. Ausgaben 34,457 L. St. 3) Schifffahrt. 300 Schiffe von 35,555 Tonnen kamen an (10 Sch. von 2377 T. in Ballast); 324 Sch. von 38,672 T. liefen aus (38 Sch. von 4884 T. in Ballast). Der Flagge nach befanden sich unter den angekommenen Schiffen 192 britische von 21,378 T., 83 französische von 10,443 T., 24 ame- h rikanische von 3605 T. und 1 spanisches von 139 T. 4) Handel. Einfuhr 152,907 L. St. (Verein. Königreich 122,801 L. St., Ver. Staaten 15,926 L. St., Frankreich 8,528 L. St... Ausfuhr 180,385 L. St. (Verein. Königreich 37,208 L. St., Ver. Staaten 52,128 L. St., Frankreich 57,758 L. St.). Unter der Ausfuhr waren 451,313 Gallons Palmöl, 10,697 Ctr. Häute, Erdnüsse für 25,002 L. St., Palmkerne für 15,831 L. St., 11,392 ‚Ctr. Ingwer, Gold für 7,349 L. St., 370 Tons Camwood, Bennesamen Zeitschr. f. allg. Erdk. Neue Folge. Bd, VIL. 3 34 E. G. Ravenstein: für 4859 L. St., 84,17% Pfd. Gummi Kopal, Bauholz für 9841 L. St., 10,839 Pfd. Elfenbein; Pfeilwurz, Wachs und Pfeffer. Einfuhr: Baumwollene Waaren für 65,746 L. St. (Ausfuhr 10,723 L. St.), indische Waaren für 9,376 L. St., Branntwein und Rum für 9,324 L. St., Taback für 9,101 L. St., Flinten und Pulver für 7,316 L. St., Eisenwaaren für 6,204 L. St., falsche Perlen für 3,428 L. St. 5) Viehstand: 9 Pferde, 710 Stück Rindvieh, 229 Schafe, 743 Ziegen. Das Land eignet sich nicht zum Landbau und es darf daher nicht Wunder nehmen, wenn die Bevölkerung sich vorzugsweise mit Handel befafst. Ingwer und Pfeilwurz, Yams, Batatas, Bohnen u. s. w. wer- den in geringer Menge gebaut, und die Lebensmittel werden fast aus- schliefslich von den benachbarten Ländern eingeführt; sie sind deshalb im Obigen nicht angegeben. Die Colonie ist im Aufblühen begriffen und die Einwohner bauen sich Holz- und Steinhäuser anstatt der frü- heren Hütten. Goldküste., 1) 43 Schulen mit 1534 Schülern. 2) Einnahmen 12,917 L. St. Ausgaben 10,772 L. St. 3) 105 Schiffe von 27,152 Tonnen kamen an. 4) Einfuhr 105,634 L. St. (Ver. Königreich 58,694 L. St., Ver. Staaten 24,950 L. St.); Ausfuhr 120,999 L. St. (Ver. Königreich 88,806 L. St., Ver. Staaten 11,333 L. St.). Ausfuhr: Goldstaub für 59,360 L. St., Palmöl für 54,471 L. St., Elfenbein für 1,984 L. St., Erdnüsse für 2,420 L. St. Einfuhr: Wein und Spirituosen für 36,114 L. St., baumwollene Waaren für 28,896 L. St., Taback für 9,781 L. St., Schiefspulver für 8,580 L. St., falsche Perlen für 6,179 L. St. ete. Cap der Guten Hoffnung. 1) Die Bevölkerungs- Statistik ist sehr mangelhaft. Im Jahre 1854 wird der Flächeninhalt der zwei Provinzen und des Capstadt-Distriets zu 118.256 engl. Quadratmeilen angegeben, im Jahre 1855 zu 124,930 Quadratmeilen. Die Total-Bevölkerung im ersteren Jahre war 248,625 (109,951 Weilse, 138,704 Farbige); im J. 1855 111,686 Weilse, 112,384 Farbige, im J. 1856 267,096 (wovon 25,189 in der Capstadt). 156 Schulen wurden von 16,644 Schülern besucht, es waren je- doch täglich im Durchschnitt nur 10,465 präsent. 2) Einnahmen 348,362 L. St.; Ausgaben 333,151 L- St. 3) Schifffahrt. a. Nach oder von überseeischen Ländern: 514 Schiffe von 198,957 Statistisch - geographische Mittheilungen über die britischen Besitzungen. 35 Tonnen kamen an (6 Sch. von 2117 T. in Ballast); 491 Schiffe von 184,910 T. liefen aus (14 Sch. von 5044 T. in Ballast). Der Flagge nach befanden sich unter den eingelaufenen Schiffen 392 britische von 149,001 T., 44 amerikanische von 16,995 T., 22 hol- ländische von 12,662 T., 13 deutsche von 6629 T., 17 schwedische von 5508 T., 10 französische von 3644 T., 5 spanische von 2691 T. und 6 dänische von 1826 T. b. Küstenschifffahrt: 398 Schiffe von 34,445 Tonnen liefen ein, 422 Schiffe von 42,510 T. liefen aus. Unter den ersteren waren 385 britische von 30,736 T., 8 amerikanische von 2452 T., 4 deutsche von 953 T. und 1 französisches von 304 T. 4) Handel. Einfuhr 1,512,269 L. St. (Ver. Königreich 1,115,507 L. St., Brasilien 101,721 L. St., Ver. Staaten 63,871 L. St.). Ausfuhr von Colonial-Produeten 1,240,625 L. St. (Ver. Königreich 1,067,914 L. St., Ver. Staaten 71,670 L. St., Mauritius 40,428 L. St.). Die Total- Ausfuhr war 1,327,175 L. St. — Die Angaben für die Einfuhr beziehen sich nur auf Capstadt, Simonsstadt und Port Elisa- beth. Die Total-Einfuhr war 1,588,393 L. St. Die Ein- und Ausfuhr der verschiedenen Häfen war: Capstadt 800,270 L. St. Einfuhr, 537,081 L. St. Ausfuhr; Port Beaufort 16,015 L. St. Einfuhr, 35,854 L. St. Ausfuhr; Mossel Bay 13,150 L. St. Ein- fuhr, 916 L. St. Ausfuhr; Simonsstadt 12,383 L. St. Einfuhr, 2782 L. St. Ausfuhr. Die Haupt-Artikel der Ausfuhr von Colonial-Producten waren: 14,920,988 Pfd. Wolle, 723,209 Gallons Wein, 2607 Tonnen Kupfer- erz, 96,218 Häute, 298,798 Ziegenfelle, 467,954 Schaffelle, 396 Pferde, - 661,475 Pfd. Aloe, 440,787 Pfd. Talg, 781,457 Pfd. Mehl, 2896 Fässer _ Rind- und Schweinefleisch, 1,375,799 zubereitete Fische, 1127 Pfd. - Straufsenfedern; Früchte, Hörner, Hülsenfrüchte, Butter, Hafer, Gerste, Elfenbein etc. 5) Viehstand. 1855. 53,940 Ackerbaupferde, 85,007 Stuten, Füllen etc., 1167 Esel, 8650 Maulthiere, 157,152 Ochsen, 291,234 Kühe und Kälber, 4,828,039 Wollschafe, 1,631,513 afrikanische Schafe, -1,256,593 Ziegen, 35,069 Schweine. Im Jahre 1856 wurden erzeugt 8,224,962 Pfd. Wolle, 664,253 Pfd. Talg, 43,287 Häute, 622,491 Felle, 291,042 Pfd. Seife, 399,989 Pfa. Butter. Natal. 1) Flächeninhalt 18,000 englische Quadratmeilen. — Bevölkerung 111,210, nämlich 6625 Weilse (3690 männl., 2935 weibl.), 103,685 f g* 36 E. G. Ravenstein: Farbige (48,855 männl., 54,830 weibl.). — Die Stadt Pietermaritzburg hat 3030 Einwohner (1470 Weifse, 1560 Farbige), d’Urban 2095 Ein- wohner (1175 Weilse, 920 Farbige). — Es gab 22 öffentliche Schulen mit 1066 Schülern, 10 Privatschulen und (in 1855) 20 Schulen für Ein- geborene mit 721 Schülern. 2) Einnahmen 36,096 L. St. Ausgaben 35,230 L. St. 3) Schifffahrt. 43 Schiffe von 5337 Tonnen kamen an, 41 Sch. von 5149 T. liefen aus. Der Flagge nach waren unter den angekommenen Schiffen 19 bri- tische von 3287 Tonnen, 21 britische Colonialschiffe von 1540 Tonnen, 1 amerikanisches von 200 T. und 2 deutsche von 310 T. 5) Handel. Einfuhr 102,512 L. St. (Ver. Königreich 64,497 L. St., brit. Besitzungen 34,395 L. St., Verein. Staaten 2100 L. St.); Ausfuhr 55,774 L. St. (Ver. Königreich 20,438 L. St., brit. Besitzungen 26,826 L. St.). Unter der Ausfuhr waren: 31,658 Pfd. Elfenbein, 24,148 Ochsen- und Büffelhäute, 2421 Ctr. Butter, 175,416 Pfd. Schafwolle, 4114 Ctr. Rind- und Schweinefleisch, 1093 Ctr. Talg, 818 Ctr. Pfeilwurz ete. Unter der Einfuhr befanden sich Kurze und Putzwaaren für 10,076 L. St., baumwollene Waaren für 10,356 L. St., Branntwein für 6146 L. St., wollene Waaren für 5654 L. St., 1760 Ctr. Kaffee, Korn und Mehl für 4669 L. St., Thee für 3156 L. St., Zucker für 2575 L. St. etc. 5) Viehstand. 3914 Pferde, 95,953 Stück Hornvieh, 18,318 Schafe, 12,320 Ziegen. Saint Helena. 1) 401 Geburten, 81 Heirathen, 158 Todesfälle. — 13 Schulen mit 740 Schülern. 2) Einnahmen 18,035 L. St. Ausgaben 17,910 L. St. 3) Schifffahrt. 331 Schiffe von 171,007 Tonnen kamen an, 49 Schiffe von 17,983 Tonnen liefen aus. Der Flagge nach waren unter den angekommenen Schiffen 176 bri- tische von 115,906 Tonnen, 93 amerikanische von 31,641 T., 37 hol- ländische von 12,844 T., 16 französische von 6134 T., 2 von den Hansestädten von 1360 T. ete. 4) Handel. Einfuhr 101,562 L. St. (Ver. Königreich 41,105 L. St., Cap und Mauritius 17,596 L. St., Britisch-Indien 9059 L. St., Ver. Staaten 6429 L. St.). Ausfuhr 24,925 L. St. (Ver. Königreich 1508 L. St., Ver. Staaten 22,585 L. St.). Unter der Ausfuhr waren: Fischbein für 800 L. St., Oel für 21, 795 L. St., Wolle für 380 L. St., Spezie für 915 L. St. Statistisch-geographische Mittheilungen über die britischen Besitzungen. 37 Als von den südlichen Walfisch-Fischereien eingeführt sind ange- geben: Fischbein für 920 L. St. und Oel für 23,651 L. St. 5) -Viehstand: 1625 Stück Hornvieh, 4230 Schafe, 670 Ziegen. Mauritius. 1) Bevölkerung 233,840 Seelen (156,927 männliche, 76,913 weibliche), nämlich: Ansäfsige Bevölkerung 54,247 Seelen (27,873 männl., 26,374 weibl.), Ex-apprentice..... 40730 - (21,637 - 19,093 - ) Indische u. andere Ein- wanderer ...... 136,018 - (104,572 - 76,913: sun) Garnison!) Harlaar. 1,245 Mann, Matrosen der Handels- Beileid her: 1,600 - Die Zahl der indischen Immigranten war am 21. December 1356 134,271. Im Laufe des Jahres kamen 12,655 Einwanderer von den drei Präsidentschaften an, und nur 1008 Einwanderer von Aden, Ibo und Madagaskar. Seitdem wurde die Auswanderung von Indien ver- boten, und die Colonisten gedenken sich nach China zu wenden, da an der afrikanischen Küste und in Madagaskar Einwanderer nur durch Ankauf erhalten werden können. Geburten 6076, Todesfälle 11,312 (3656 von Cholera), Heirathen 697. Die indische und Ex-apprentice-Bevölkerung nimmt selbst in günstigen Jahren ab, die ansäfsige Bevölkerung wächst nur langsam, und hat gegen 1851 um 420 Seelen abgenommen, was wiederholten Besuchen der Cholera zuzuschreiben ist. 2) Schulen. Das königliche Collegium mit 266 Schülern, 18 Staatsschulen mit 1807 Schülern, 21 Schulen des katholischen Bischofs mit 1198 Schülern, 40 Privatschulen, 1 Schule der „Christian Know- ledge Society“ und 2 indische Schulen mit 110 Schülern. 3) Einnahmen 395,103 L. St. Ausgaben 326,580 L. St. 4) Schifffahrt. 678 Schiffe von 240,840 Tonnen kamen an (76 Sch. von 26,046 T. in Ballast). 642 Sch. von 232,342 T. gingen ab _ (141 Sch. von 56,689 T. in Ballast). Der Flagge nach befanden sich unter den angekommenen Schiffen | 211 britische von 89,044 T., 205 britische Colonialschiffe von 62,318 T., 197 französische von 67,427 T., 4 amerikanische von 3455 T., 7 hol- ländische von 3495 T. und 6 Hamburger von 3200 T. - 5) Handel. Einfuhr 2,154,406 L. St. (Ver. Königreich 557,500 L. St., britische Besitzungen 1,198,392 L. St., Frankreich 218,902 L. St., Madagaskar 41,877 L. St.). Ausfuhr 1,804,123 L. St. (Ver. Königreich 38 E. G. Ravenstein: 1,046,563 L.St., britische Besitzungen 379,898 L.St., Frankreich 310,916 L. St., Madagaskar 19,235 L. St. Die Haupt- Artikel der Einfuhr waren Spezie 726,960 L. St., Reis 1,074,630 Ctr., Korn 195,093 Ctr., Weizen 31,067 Quarters, baum- wollene Waaren 10,128,724 Yards, Wein für 69,538 L. St., Kupfer- platten und Nägel 10,918 Ctr. (Ausfuhr an altem Kupfer 6200 Ctr.), 7145 Ctr. Guano, 7817 Kühe und Ochsen, 2632 Maulthiere. Ausfuhr: 2,103,618 Ctr. Zucker, 266,157 Gallons Rum, 7600 L. St. Spezie. 6) Feldbau. Angebautes Land 122,586 Acres, nämlich mit Zucker 103,000 Acres, Mais 7800 Acres, Maniok 5820 Acres, Früchte und Ge- müse 5505 Acres, Kartoffeln 396 Acres, Kaffee 65 Acres. Wälder 56,492 Acres, Weideland 43,425 Acres, uncultivirtes Land 61,515 Acres. 1,705,357 Otr. Zucker und 544,474 Gallons Rum wurden erzeugt. Viehstand: 16,529 Pferde, Maulthiere und Esel, 17,772 Stück Hornvieh, 12,480 Schafe und Ziegen, 21,400 Schweine. Man hatte 245 Dampf- und 36 andere Zuckermühlen, 2 Dampf- und 8 Wasser- Getreidemühlen, 7 Dampfmühlen in mechanischen Werk- stätten, 2 Dampf-Sägemühlen, 31 Brennereien, 316 Fischereien etc. Die Seychellen und die kleineren von Mauritius abhän- gigen Inseln. Capitain Peyton, Befehlshaber des Schiffes „Frolic*, besuchte An- fangs 1857 die Seychellen und andere von Mauritius abhängige Inseln auf Veranlassung des Gouverneurs von Mauritius. Seinem Berichte entnehmen wir Folgendes. Die mit Sternchen bezeichneten Inseln sind gegenwärtig in den Händen von Pächtern, meist unter der Bedingung, Producte nach Mauritius auszuführen. Seychellen. Mahe, 4° 55’ S. Br., 35° 32’ O0. L., 18 Meilen lang, 3 bis 5 Meilen breit, hat 5541 Einw. — *Praslin, 4° 20’ S. Br., 55° 48' O.L., hat 461 Einw. — *St. Anne, 4° 35’ S. Br., 55° 26’ O.L., hat 250 Einw. — *Aux Cerfs, nahe der Südspitze von St. Anne, hat 53 Einw. — Die Eilande Anonyme und du Sud Est liegen nahe bei den vorigen und haben 5 Einw. — Die Isle Longue, Isles Moyenne und Ronde liegen zwischen St. Anne und Aux Cerfs und haben 27 Einw. — Isle Therese und Isle de la Conception des Vaches Marines oder Bird Island, unter 5° 4’ S. Br., 55° 8 O. L.; erstere hat 12 Einw., letztere ist unbewohnt. — *Isle aux Fregattes, 4° 32’ S. Br., 56° 10’ OÖ. L., ist 24 Meilen lang und hat 60 Einw. — *La Digne ist 3 Mei- len lang, 5 Meile breit und hat 350 Einw. — Le Cousin und La Cou- sine sind unbewohnt. — *Les Soeurs sind drei Eilande mit 15 Einw. Statistisch-geographische Mittheilungen über die britischen Besitzungen. 39 — L/isle Ronde und l'isle Aride bei Praslin haben nur wenige Ein- wohner. — Booby-Insel. — *L/’isle Felicite, klein, mit 21 Einw. — L’isle aux Recifs, 4° 35’ S. Br., 55° 49’ O. L., ist 14 Meile lang. — *L’isle Nord oder Fearn Island hat 35 Einw. — Denis oder Orixa, 3° 49’ 8. Br., 55° 44' O.L., ist 3 Meilen lang und anderthalb Meilen breit. — Curieuse ist 2 Meilen lang, 1 Meile breit, und hat 42 Einw. — Les Mammelles. — *Silhouette, 4° 27’ 8. Br., 55° 17’ ©. L., hat 9 Meilen im Umfang und 140 Bewohner. — L/isle Plate, 5° 48' 8. Br., 53° 27' O.L. ist 1 Meile lang. Die kleineren dieser Inseln werden von dem Gouverneur von Mau- ritius verpachtet. Curieuse ist Eigenthum der Regierung und Zufluchts- ort für Aussätzige. Es gab 2 Dampf- und 1 Wasser-Zuckermühle und 3 Brennereien. — Nach dem Berichte des Civil-Commissionärs der Seychellen hatten diese Inseln im Jahre 1856 eine Bevölkerung von 7102 Seelen. *Isle d’Alabra, 9° 22’ 8. Br., 46° 50’ O.L., hat 15 Einw. *Isle aux Vaches Marines, 3° 45’ S. Br., 52° 50’ O.L. Rodrigues, 19° 40’ 40" S. Br., 63° 11’ 30" O. L., ist 26 Meilen lang und 12 Meilen breit, und hat 495 Einw. Die folgenden Eilande liegen in der Nähe: *Crabbe, *Faux, *L’Hermitage, *Fregates, *Insectes, * Pierrots. *St. Brandon, 16° 26’ S. Br., 59° 53’ O.L. *Diego Gargia, 7° 15’ 8. Br., 72° 32’ O.L., hat 299 Bewohner. *Die 6 Inseln, 6° 35’ S. Br., 71° 25’ O. L., hatten 25 Bewohner. *Die 3 Brüder, 6° 10’ S. Br., 71° 28’ O. L., hatten 22 Be- wohner. *Die Salomons-Inseln oder die 11 Inseln, 5° 23’ S. Br., 72° 35’ O.L., mit 91 Bewohnern. *Die Peros Banhos, 5° 23’ 20” S. Br., 72° 3’ O. L., bestehen aus 22 Eilanden mit 60 Bewohnern, * Legour -Insel, 5° 39’ S. Br., 72° 37’ O. L., ist 2 Meilen lang und 2 engl. Meilen breit. Die Inseln St. George und Rocquepez, 7° 10'8. Br., 63° 8 O.L. ‚ * Agalega, 10° 29’ 50" 8. Br., 56° 55 O.L., ist 11 Meilen lang und 412 Meilen breit, und hat 213 Bewohner. *Coetivi oder St. Francois, 7° 15’ S. Br. 56° 23’ O. L., ist 8 Mei- _ len lang und hat 23 Bewohner. * Juan de Nova, 10° 20’ S. Br., 32° 17’ O.L., hat 14 Bewohner. *Providence, 9° 12’ S. Br., 52° 17’ O.L., ist 2 Meilen lang und 1 Meile breit, und-hat 7 Bewohner. Amsterdam, 37° 52’ S. Br., 77° 52’ O.L., ist 12 Meilen im Um- kreis. 40 E. G. Ravenstein: St. Paul, 38° 41’ S. Br., 77° 5% O.L., ist 10 Meilen lang und 5 Meilen breit '). In Australien. Neu-Süd- Wales. 1) Bevölkerung. Am 1. März 1856 erfolgte ein Census der Bevölkerung und ergab folgende Hauptresultate: Stadtbevölkerung 120,564, Landbevölkerung 145,625, im Ganzen 266,189 Seelen. Darunter waren 147,091 männl., 119,098 weibl. Ge- schlechts. Dem Geburtslande nach vertheilte sich die Bevölkerung wie folgt: Australier 113,114, Engländer 74,298, Iren 50,137, Schotten 16,333, in Britisch- Amerika und anderen britischen Colonien Gebo- rene 2355, Amerikaner 791, Chinesen 1806, Deutsche 5245, Franzo- sen 571, andere Ausländer 1539. Folgende Tabelle zeigt Flächeninhalt und Bevölkerung der Graf- schaften und Districte: 1 1 Angesiedelte |Flächen-, Bevöl- a Commissionär- Flächen-. Bevöl- er Grafschaften inhalt | kerung Q.M. od. ee inhalt kerung iQ. 7. Areyle, ... 2. .2-1,591 6,521) 4.10|Bligh.. . . . | 13,020] 1,353-| 0.10 Bathurst. . . | 1,860 8,409| 4.52 | Clarence. . . 9,760) 2,359 | 0.24 Bligh . . | 1,683 698) 0.41 | Darling Downs . | 25,640) 3,977 | 0.15 Brisbane. . . | 2,344 | 2,325 0.99 | Lachlan . . . | 22,800| 3,119 ' 0.14 Camden . . . | 2,181 | 15,821| 7.23 | Liverpool Ebene | 16,901) 3,313 | 0.20 Cook. . . .1 2,665 | 4,334] 1.62|Macleay . . . | 3,180| 657 | 0.20 Cumberland.. . | 1,445 108,982 75.42 | Maneroo.. . . 8,335, 4,982 | 0.59 Durham . | 2,117 | 10,445) 493 |Moreton . . . ! 2,460 527 | 0.21 Georgiana . . | 1,924 1,838] 0.90 | Murrumbidgee . | 26,897! 6,307 | 0.23 Gloucester . . | 2,930 4,567) 1.56] New England 13,100| 5,508 | 0.43 Hunter: =. =; 1021056 1,251| 0.61 | Wellington . 16,695| 1,539 | 0.09 King alien ..15781 |°3,097|)1.23] Bumett 7,050) 1,309 | 0.18 Macquarie 2,220 2,405| 1.08 | Maranoa . 12,815) 110 | 0.01 Murray 2 u | 2,248 | 4,129) 1.83 | Wide Bay 5,2551 669 | 0.12 Northumberland | 2,342 | 23,152 9.88] Albert 160 0.05 Phillip ..... | 1,618 | Roxburgh . . | 1,519 5,695) 3.75 | Gwydir 279 2 11,075) 1,011 | 0.09 St. Vincent . . | 2,667 | 5,462) 2.05 | Port Curtis und | | | | | 1,051| 0.65 | Lower Darling . ‚180,690 | | | | | Wellington . . | 1,656 6,246, 3.77 Leichhardt —|ı 615 Westmoreland . | 1,592 | 2,095| 1.31 | | Stanley . . .. 5,460 | 9,875| 1.81 | | | Summe . . [45,906 |228,395 4.97 | | 32,794 Die Bevölkerung nach Altersklassen ist: unter 2 Jahren 16,227; 2 bis 4 Jahre 15,211; 4 bis 7 Jahre 22,213; 7 bis 14 Jahre 46,607; !) Nach den Bestimmungen der „Novara“ ist Neu-Amsterdam 37° 58’ 30" 8. J Br., 77° 34' 40" O.L.; St. Paul 38° 42’ 48” S. Br., 77° 30’ 36’ O.L. Statistisch-geographische Mittheilungen über die britischen Besitzungen. 41 14 bis 21 Jahre 33,676; 21 bis 45 Jahre 100,232; 45 bis 60 Jahre 24,935; über 60 Jahre 7088. Zahl der Geburten 10,097, Heirathen 2778, Todesfälle 4203. Es kamen in Allem 16,00| Einwanderer an, worunter 4651 Kin- der, 5691 Männer und 5659 Weiber. 7210 kamen auf öffentliche Kosten. 2 Es gab 565 öffentliche und Privatschulen mit 29,426 Schülern (15,760 Knaben, 13,666 Mädchen). Von den Personen, die über 21 Jahre alt sind, können 16,96 Proc. der Männer und 17,70 Proc. der Weiber nicht lesen; 74,50 Proc. der ersteren und 64,83 Proc. der letz- ten können lesen und schreiben. Religion. Der Religion nach bekennen sich 49,4 Procent zur Kirche von England, 10,4 Proc. sind Presbyterianer, 5,9 Proc. Wes- leyaner, 2,7 Proc. andere Protestanten, 29,9 Proc. römische Katho- liken, 0,6 Proc. Juden, 1,1 Proc. Mohammedaner oder Heiden. 2) Einnahmen 1,986,553 L. St. Ausgaben 1,835,134 L. St. 3) Schifffahrt. 1143 Schiffe von 321,679 Tonnen kamen an (darunter 336 Sch. von 64,513 T. in Ballast); 1219 Sch. von 336,113 T. gingen ab (darunter 204 Sch. von 92,859 T. in Ballast). Der Flagge nach waren unter den eingelaufenen Schiffen 854 bri- tische Colonialschiffe von 176,360 T., 175 britische von 96,168 T., 49 amerikanische von 23,516 T., 16 holländische von 8920 T., 14 von den Hansestädten von 5668 T., 19 französische von 5552 T., 7 chile- nische von 3420 T., je 2 italiänische, tahitische und von den Sandwich- Inseln, und je ein schwedisches, dänisches und belgisches. Im Hafen von Sydney kamen 813 Schiffe von 261,839 Tonnen an, in Newcastle 256 Sch. von 44,469 T., in Eden 60 Sch. von 8867 T., in der Moreton-Bai 14 Sch. von 6504 T. Schiffbau. Es wurden 24 Schiffe von 839 Tonnen gebaut, und 86 Schiffe von 9409 Tonnen registrirt. Die Colonie besafs 60 Dampf- schiffe (im Jahre 1855 nur 39). 4) Handel. Einfuhr 5,460,971 L. St. (Ver. Königreich 3,475,359 L. St., Neu-Seeland 177,698 L. St., andere britische Colonien 477,271 L. St., Südsee-Inseln 59,029 L. St., Fischerei 39,020 L. St., Ver. Staa- ten 348,550 L. St., andere fremde Länder 884,044 L. St.). Ausfuhr 3,430,880 L. St. (Ver. Königreich 1,660,187 L. St., Neu-Seeland 320,963 L. St., andere britische Colonien 1,269,277 L. St., Südsee-Inseln 53,624 L. St., Fischereien 47 L. St., Vereinigte Staaten 3628 L. St., andere fremde Länder 123,154 L. St.). Unter der Einfuhr befanden sich für 3,140,873 L. St. britische Pro- ducte, für 333,434 L. St. brit. Colonial-Producte. — Unter der Aus- fuhr für 2,132,837 L. St. Producte von Neu-Süd- Wales. 42 E. G. Ravenstein: Unter der Gesammt-Einfuhr befanden sich folgende Gegenstände im Werthe von über 100,000 L. St.: Kleidungsstücke für 101,130 L. St. (Ausfuhr 7663 L. St.), 1,470,120 Gallons Bier für 247,168 L. St. (Ausfuhr 50,965 L. St.), 16,490 Tons Brod und Mehl für 421,777 L. St. (Ausfuhr 38,866 L. St.), 333,244 Bushels Weizen für 104,390 L. St. (Ausfuhr 2053 L. St.), Eisen- und Stahlwaaren 223,718 L. St. (Ausfuhr 37,866 L. St.), Eisen und Stahl 196,642 L. St. (Ausfuhr 14,681 L. St.), verarbeitetes Leder, Stiefel ete. 205,345 L. St. (Ausfuhr 32,969 L. St.), Leinwand 749,935 L. St., 744,328 Gallons Spirituosen für 320,962 L. St. (Ausfuhr 267,659 Gallons für 135,782 L. St.), 3,097,925 Pfd. Thee für 160,820 L. St. (Ausfuhr 60,988 L. St.), 14,612 Tons Zucker für 313,596 L. St. (Ausfuhr 123,258 L. St.), 15,349 Ctr. Taback und Ci- garren für 147,040 L. St. (Ausfuhr 96,441 L. St.), 360,603 Gallons Wein für 143,671 L. St. (Ausfuhr 76,356 Gallons für 32,809 L. St.). Die Artikel der Ausfuhr über 100,000 L. St. waren: baumwollene Waaren für 308,505 L. St. (Einfuhr 43,113 L. St.), Gold für 156,151 L. St., 77,314 Ctr. Talg für 137,202 L. St., 19,200,341 Pfd. Wolle für 1,303,070 L. St. (Einfuhr 96,024 L. St.). Es mufs bemerkt werden, dafs in Obigem die Ausfuhr nach Vic- toria über Land nicht berücksichtigt ist. Die Anzahl der Schafe allein, die dahin ihren Weg fanden, wird auf eine Million geschätzt. 5) Landbau: Acres bestellt az Weizentyral. mer; 106,124 1,756,964 Bush. Milo Any Am 32,003 1,085,279 - (Gonstesere a ee 4,340 | 67,847 - Eiaiter m En 3,430 | 48,471 - Ropgens ts CE 97 1,349 - Hirso, ae ya A 99 677 - Kartoffeln. . .:. 8,881 | 27,932 Tons Tabackr. mAnDiug Or 218371 2,813 Cir. Gesäetes Gras, Wei- zen, Gerste und Ha- fer, tur Heu... & 29,823 43,633 Tons Heu ! | 95,645 Gall. Wein Wen ine 1,018 4347 ubBtänner 186,033 Viehstand. Man zählte 168,929 Pferde, 2,023,418 Stück Horn- vieh, 7,736,323 Schafe, 105,998 Schweine. — 266,726 Schafe, 45,239 Stück Hornvieh und 788 Schweine wurden geschlachtet und 84,798 Ctr. Talg und 31,716 Pfd. Schmalz wurden gewonnen. Industrie. Man zählte 154 Getreidemühlen (davon 92 mit Dampf- kraft), 2 Brennereien, 9 Brauereien, 1 Zuckerraffinerie, 23 Seifenfabri- Statistisch- geographische Mittheilungen über die britischen Besitzungen. 43 ken, 9 Tabackfabriken, 5 Tuchfabriken, 5 Hutfabriken, 5 Seilereien, 54 Gerbereien, 16 Eisen- und Messing-Gielsereien, 19 Dampf-Säge- mühlen, 6 Töpfereien, 2 trockene Docks, 2% Patent Slips, um Schiffe auszubessern ete. — 26,534 Ellen Tuch, 57,781 Ctr. Seife und 3428 Ctr. Taback wurden fabrizirt, 122.000 Ctr. Zucker raffinirt. Die Colonie Queensland. Folgende Notizen sind den „Papers relative to the Separation of the Moreton Bay District from New South” Wales“ 1858 und „Further Papers relative to the Separation ete.* 1859 entnommen. Ersterem ist eine Karte beigegeben, nach welcher mit Zuziehung einer Skizze der Port Curtis-Distriete und anderer Materialien in älteren Blue Books die diesem Hefte beigegebene Karte entworfen ist. Schon im Jahre 1850 beabsichtigte man, die Distriete von Neu- Süd-Wales, welche nördlich vom 30° S. Br. liegen, als eine besondere Colonie abzuzweigen. Die Bevölkerung hat seitdem bedeutend zuge- nommen und im Jahre 1856 konnte man an eine Verwirklichung des Planes, jedoch mit Annahme von Port Danger unter 28° S. Br. als Südgrenze denken. Die von dem Gouverneur W. Denison vorgeschla- gene Grenze stiels jedoch auf bedeutende Opposition. Etwa 1800 Ein- wohner der zwischen 30° und 28° S. Br. gelegenen Distriete petitio- nirten für eine Trennung von Neu-Süd-Wales, 2190 waren dagegen. Erstere behaupteten, dafs ihr Interesse sie an Moreton Bay bindet, Letztere, dafs die von Port Danger nach Mount Lindsay hinziehende Gebirgskette sie von der Moreton-Bay trennt und sie in jeglicher Be- ziehung auf Sydney hingewiesen seien. Der Gouverneur beharrt jedoch auf den von ihm vorgeschlagenen Grenzen, und seinem Project ent- nehmen wir folgende Data. Wir bemerken noch, dafs für die neue Colonie der Name Queensland gewählt ist. Folgendes sind die vorgeschlagenen Wahldistriete und ihre Ein- wohnerzahl: 1) Die Stadt Brisbane, einschliefslich der westlichen Vor- städte und Kangaroo Point . . . 02.0 ..2925 Einw, 2) Die Stadt Süd-Brisbane, mit Vorstädten. a EN 1: ae Hamlet Forutude- Thal 2. „2... 0° GH 4) Die Stadt Ipswih . .. . . UTERLLN OEL BaNh BARSDaT - 5) - - _ Drayton mit na N 2 ef E6) - SF NEAERIER . 7. 0} AUNEHAr Te 0 7) Ost-Moreton (Theile der Gräfsehäften a, Stan- . ... ley und Ward; Polizei-Distriet Brisbane 1, 2, 3 ausgenommen). . .. „Kegorunpigaipilieäeiiengilgeis & AA E. G. Ravenstein: 8) West-Moreton (Theile von Canning, Cavendish, Chur- chill, Stanley und Ward; Polizei-Distriet Ipswich, mit Ausnahme der Stadt). . . 2. 2.2.2... 2099 Einw. 9) West-Downs (Polizei-Distriet > mit Ausnahme der -Stadi)s ala .. . 9295 - 10) Ost-Downs (Polizei- District Warwiek; mit Ausnäbind der Stadt; Weide-Bezirk Darling Downs) . . 890 - 11) Nord-Downs (Polizei-Distriet Dalby; nordöstl. Theil des Weide-Bezirks Darling Downs) . . 678 - 12) Maranoa (Weide-Bezirk Maranoa und Theil von Dein ling Downs; Polizei-Distriet Surat) . . .» .. 45 - 13) Burnett (Polizei-Distriet Gayndah). . . . : ..1309 - 14) Wide Bay (Polizei-Distriet Maryborough) . . . . 669 - 16) Leichhardt und Port Curtis zZ der „Squatting*- DistsieterCi . ib nase real Inu Summe der Einwohner 16,907. No. 1 und 8 schicken jeder 3, No.7, 9 und 13 jeder 2, die übri- gen je 1 Mitglied zum Parlament. Port Curtis wurde schon früher in Grafschaften eingetheilt. Nach einer Königl. Verordnung vom 8. Februar 1855 sollen Clinton, Dease Thomson und Livingston zu den angesiedelten Distrieten, die übrigen zu den Uebergangs- (intermediate) Distrieten gehören. Der Küstenstrich in einer Breite von 3 Meilen von Liebig, Palmerston und Flinders gehört jedoch noch zu ersteren. Die Revenue der Colonie betrug im Jahre 1856 788,187 L. St. Beschiffung des Fitzroy-Flusses, Port Curtis. — Nach der Australian and New Zealand Gazette vom 30. April 1859 verliefsen Mitte October mehrere Expeditionen Rockhampton, um das Land nach dem Dawson-Flufs hin zu erforschen, da man erwarten durfte, dort reiche Goldlager zu entdecken. Eine dieser Expeditionen, 8 Mann stark, drang bis zur Rio-Station am Dawson vor. Hier beschäftigte sie sich wäh- rend 12 Tagen, die Umgegend zu erforschen, ohne jedoch eine loh- nende Entdeckung zu machen, und sie beschlofs deshalb umzukehren. Vier der Leute thaten dies zu Land, die anderen jedoch, Donald M'‘- Leod, William Emmons, John Dinneny und Alex. M‘Kinley, gingen den Dawson-Flufs abwärts. Der Flaschenbaum kommt hier in grofser Menge vor, und eignet sich vortrefflich dazu, Boote zu bauen. Sie vollendeten ein solches, 16 Fufs lang, 34 Fufs breit und 14 Fufs tief, !) Diese Zahl bezieht sich auf 1856, seitdem hat jedoch die Entdeckung von Gold eine bedeutende Bevölkerung angezogen. Statistisch-geographische Mittheilungen über die britischen Besitzungen. 45 an einem Tage. Ihre Vorräthe bestanden aus 8 Pfd. Zucker, 1 Pfad. Thee, 40 Pfd. Mehl und einem Viertel-Schaf. „Am 5. December früh 5 Uhr schoben wir unser Boot in den Strom, der hier eine Geschwindigkeit von 7 Meilen hat. Wo Strom- schnellen vorkamen, glauben wir mit derselben Geschwindigkeit fort- gekommen zu sein; es gab jedoch Stellen, wo der Strom sich erwei- terte oder vertiefte, und wo wir ruderten, um schneller vom Platz zu kommen. Die obere Stromschnelle hat eine Ausdehnung von etwa 8 Meilen, eine gute Strecke für ein Gefäll dieser Art. Zu Zeiten ruderten wir mit aller Kraft, dann wurden wir wieder vom Strome dahingerissen, bis wir um 6 Uhr Abends den Zusammenfluls des Daw- son und Mackenzie erreichten, wo der vereinigte Flufs den Namen Fitzroy annimmt. Die Berge am Dawson, so weit wir Gelegenheit hatten, sie zu beobachten, sind durchaus sehr hoch und massenhaft, und steigen terrassenförmig über einander an; sie bestehen aus dich- tem Sandstein, der hie und da unter der leichten und wenig tiefen Erde, mit der er bedeckt ist, zu Tage tritt. Die Thäler sind jedoch höchst fruchtbar, das Gras wächst mannshoch. Die gerade Entfernung von der Rio-Station bis zum Zusammenflufs ist 38 Meilen in nördlicher Richtung. Der Flufs bildet hier eine schöne Wasserfläche, etwa eine Viertelmeile breit, und verliert sich in der Entfernung unter den präch- tigen Bäumen, die seine Ufer einfassen. Wir sind berechtigt, uns für die ersten Weilsen zu halten, die diesen Zusammenflufs je mit Boot oder Canoe passirten. Um 7 Uhr Abends betraten wir das Ufer und campirten etwa 6 Meilen unterhalb der Vereinigung des Dawson und Mackenzie. Am 6ten bei Tagesanbruch setzten wir unsere Reise auf dem Fitzroy-Flusse fort, — kein angenehmer Weg, — über schwim- mende und festgerammte Baumstämme, Fälle hinab und Stromschnellen entlang. Im Laufe des Tages trafen wir mehr als die gewöhnliche Zahl von Felsenriffen an. Sie bestanden aus blauem Fels, härter als die gewöhnlichen Schieferriffe goldführender Flüsse, dichter und glätter als die Trappfelsen, an denen wir in vielen tiefen Gruben vorbei ka- men. Wir hielten diese Stellen für günstige Punkte, unsere Vorräthe gingen jedoch zu Ende und wir mufsten vorwärts gehen. Die Strom- schnellen hier und in der That im ganzen oberen Flufslauf werden durch ein dichtes Theestrauch-Gebüsch ausgezeichnet, das im Strom- bette wächst und durch welches eine Durchfahrt oft kaum sichtbar ist. ‚Um 7 Uhr Abends campirten wir für die Nacht, mit einem Stück Ka- liko als Decke; mit Hinsicht auf die Ungewilsheit unserer Lage nah- men wir nur ein spärliches Abendmahl. Am 7ten passirten wir eine massenhafte Gebirgskette, durch welche der Flufs seinen geschlängelten Lauf nimmt. Die Landschaft ist äufserst wild und grolsartig. Am 46 E. G. Ravenstein: 8. December früh am Tage kamen wir an einen weilsen Berg, den wir Anfangs für Quarz hielten. Wir landeten und fanden, dals er aus weilsem Marmor bestand, der in einiger Entfernung wie Schnee aus- sah. Der Marmor war äulserst weils und zart, ohne alle Adern. Wir hatten keine Zeit, weitere Untersuchungen anzustellen, da alle unsere Vorräthe verzehrt waren. Wir bestiegen jedoch den Gipfel des Berges, und von hier aus sahen wir im Westen, so weit als das Auge reichte, Berge, die mit ihren Gipfeln in die Wolken reichten, und die, wie die Alpen im Winter, in ein weilses Kleid gehüllt waren. Diese Berge sind wohl 140 Meilen von Rockhampton entfernt. Am ilten gelangten wir zu einem Wasserfall, der über ein Granitriff stürzt; wir hatten unser Boot etwa 20 Fufs tief hinabzulassen. Die Entfernung dieses Punktes von Canoona ist etwa 30 Meilen. Am 1?ten kamen wir glück- lich mit unserem Boot in Rockhampton an und schifften uns gleich nach Sydney ein. Unsere Wasserfahrt schätzen wir zu etwa 250 Meilen.“ Die Reisenden trafen keine Eingeborenen an, obgleich die zahl- reichen Feuerstellen an den Ufern und andere Zeichen ihre Nähe ver- muthen lielsen. Victoria. 1) Bevölkerung. Am 29. März 1857 betrug die Bevölkerung 410,766 Seelen, Melbourne und seine Vorstädte hatten 89,023 Einwoh- ner, und Geelong 23,338. — Im Jahre 1856—57 kamen 41,594 Ein- wanderer zur See an, und 21,187 Auswanderer gingen ab. Unter den Einwanderer konnten 13.5 Procent der Männer und 30.5 Procent der Weiber ihre Namen nicht schreiben. Man registrirte 15,937 Geburten, 6521 Todesfälle und 4116 Heirathen. Die Eingeborenen betragen etwa 2500 Seelen und sind in obigen Angaben nicht berücksichtigt. 2) Erziehung. 456 Schulen wurden von 26,062 Schülern be- sucht. Die Universität zu Melbourne hatte 23 Studenten. 3) Einnahmen 3,741,194 L. St. Ausgaben 3,481,128 L. St. Im Jahre 1851 war Victoria noch ein Wahlbezirk von Neu-Süd-, Wales, im November 1856 rief der Gouverneur im Namen der Königin zum ersten Male den gesetzgebenden Rath und die Versammlung (As- sembly), aus 30 Mitgliedern bestehend, zusammen. Beide werden vom Volke erwählt. Gelehrte und Besitzer eines Landgutes von 100 L. St. Jahresertrag haben das Recht, den „Rath“ zu wählen, Besitzer eines Freigutes von 5 L. St. oder eines Pachtgutes von 10 L. St. Jahresertrag wählen die „Assembly“. Die erste Klasse der Wähler zählte 10,000, Statistisch - geographische Mittheilungen über die britischen Besitzungen. 47 aber nur etwa 5000 gaben ihre Stimmen ab; von den 60,000 Wählern zweiter Klasse machten nur ? Gebrauch von ihrem Stimmrecht. 4) Schifffahrt. 1920 Schiffe von 538,609 Tonnen kamen an, 1959 Sch. von 538,362 T. gingen ab. In Melbourne kamen 1535 Schiffe von 468,949 Tonnen an, in Geelong 200 Schiffe von 37,194 Tonnen, in Port Albert 102 Schiffe von 16,575 Tonnen, der Rest in Portland, Port Fairy und Warrnam- bool. 5) Handel. Einfuhr 14,962,269 L. St. (Ver. Königreich 7,691,995 L. St., britische Besitzungen 5,218,000 L. St., Ver. Staaten 1,180,496 L. St.).. Ausfuhr. 15,489,760 L. St. (Ver. Königreich 12,825,254 L. St., britische Besitzungen 2,501,057 L. St., Ver. Staaten 7004 L. St.). Folgendes sind die Artikel der Einfuhr im Werthe von über 400,000 L. St.: Kleidungsstücke 504,850 L. St. (Ausfuhr 31,047 L. St.), 2,919,077 Gallons Bier für 637,901 L. St., 5603 Tons Butter und Käse für 660,065 L. St., 43,172 Tons Mehl und Brod für 1,101,769 L. St. (Ausfuhr 1208 Tons für 32,536 L. St.), 1,247,879 Bushels Hafer für 400,493 L..St., Kurzwaaren für 1,005,240 L. St. (Ausfuhr 63,832 L. St.), Eisen- und Stahlwaaren für 427,244 L. St. (Ausfuhr 21,305 L. St.), Leder-Stiefel und Schuhe für 779,301 L. St. (Ausfuhr 11,167 L. St.), Specie für 676,545 L. St. (Ausfuhr 986,360 L. St.), Spirituosen für 905,723 L. St. (Ausfuhr 9,856 L. St.), Zucker für 547,455 L. St. (Aus- fuhr 21,131 L. St.). Die Ausfuhr betrug 2,985,991 Unzen Gold für 11,943,458 L. St., 21,068,174 Pfd. Wolle für 1,506,613 L. St. (Einfuhr 18,291 L. St.). Ende 1856 waren 350 Meilen macadamisirte Strafsen mit 250 Brücken vollendet oder im Bau begriffen. Telegraphenlinien existirten von Melbourne über Geelong nach Queenscliff mit einem Zweig nach Sandridge (75 Meilen); von Geelong nach Ballarat (60 Meilen), von Melbourne über Castelmaine nach Sandhurst (100 Meilen). Im Laufe des Jahres 1857 wurden Telegraphenlinien nach den andern Goldfel- _ dern vollendet und es bestehen jetzt beinahe 800 Meilen. — Unter den öffentlichen Bauten sind die Yan Yean-Wasserwerke das Grofsartigste _ der Art, das je in Australien unternommen wurde. Das Reservoir „ist etwa 20 Meilen von der Stadt entfernt, 600 Fufs über dem Meere, und hält 7000 Millionen Gallons Wasser. ’ 48 E. G. Ravenstein: 6) Landbau: Acres bestellt re, Weizen 80,154 |1,858,756 Bushel Mais . 414 8,308 - Gerste . 2,794 69,548 - Hafer 25,346 641,679 - Rübenrdeif atlı. 513 5,073 Tons Mangoldwurzel . . 109 2.109 - Andere Gemüse . . 16,371 38,888 - Tabackan. 1ER 77 650 Ctr. Hewi: zaWın 3; 51,909 84,049 Tons Gesätes Gras . . . 77 102 - } 711,546 Pfd. Trauben Lu ESP ze 280 || 40,936 Gall. Wein Verschiedenes . . 1,939 — 179,983 I Viehstand am 31. März 1857: 47,832 Pferde, 646,613 Stück Hornvieh, 4,641,548 Schafe, 52.227 Schweine. Die Zahl der Schafe hat sich seit 1854 fast um eine Million vermindert, trotzdem dafs eine Million von Neu-Süd-Wales eingeführt worden sein soll. Industrie ete. Es gab 53 Goldgruben, 77 Getreidemüblen (61 mit Dampfkraft), 45 Sägemühlen, 200 Wasserräder, 35 Brauereien, 15 Seife- und Lichtfabriken, 11 Gielsereien, 12 Gerbereien, 28 Fell- händler, 29 Kutschenbauer, 140 Dampfmaschinen etc. Süd- Australien. 1) Bevölkerung. 104,708 Seelen (53,086 männlichen, 51,622 weiblichen Geschlechts). 41,883 Seelen waren unter 14 Jahr alt, 62,825 darüber. Im Laufe des Jahres kamen 15,418 Einwanderer an, 5,577 reisten ab. Darunter waren nur 840 von Deutschland, während von 1853 bis 1855 2,738 Einwanderer von Hamburg ankamen. Die Eingeborenen, deren Anzahl im Jahre 1850 noch 3540 war, scheinen langsam wegzusterben, und der einst zahlreiche Adelaide-Stamm ist ganz ausgestorben. Alle Versuche, die Eingeborenen zu civilisiren, schlagen fehl, oder der „eivilisirte* Wilde stirbt. In der Poonindie- Mission bei Port Lincoln starben 20 unter 60 Zöglingen im Laufe von 15 Monaten. 2) Schulen. Es gab 130 Sonntagsschulen mit 7622 Schülern, und 147 Tagschulen mit 6516 Schülern, die von der Regierung unter- stützt wurden. Die Zahl der nicht unterstützten Schulen beträgt etwa 2 der obigen. %r Statistisch - geographische Mittheilungen über die britischen Besitzungen. 49 3) Religion. Im März 1855 zählte man 33,812 Mitglieder der englischen Hochkirche, 11,178 Wesleyaner, 8335 Katholiken, 6151 Lu- theraner, 5264 Mitglieder der schottischen Kirche, 12473 andere Pro- testanten und 405 Juden. Im Jahre 1856 gab es 218 Gotteshäuser. 4) Einnahmen 748,291 L. St. Ausgaben 860,883 L. St. 5) Schifffahrt. 430 Schiffe von 113,661 Tonnen kamen an (62 Sch. von 10,255 T. in Ballast); 437 Sch. von 116,729 T. liefen aus (darunter 59 Sch. von 29,518 T. in Ballast). Unter den angekommenen Schiffen waren 385 britische von 91,002 Tonnen, 11 amerikanische von 6359 T., 10 holländische von 5927 T., 8 schwedische von 3478 T., 7 Hamburger von 2984 T. ete. 397 Schiffe von 106,741 T. liefen in Adelaide ein, der Rest in Wakefield, Willunga, Robe und Elliot. 7 Schiffe von 474 Tonnen wurden gebaut, 18 Schiffe von 1850 Tonnen registrirt. 6) Handel. Einfuhr 1,366,529 L. St. (Ver. Königreich 855,721 L. St., britische Colonien 428,147 L. St.). Ausfuhr 1,665,740 L. St. (Ver. Königreich 633,380 L. St., britische Colonien 1,029,855 L. St.), davon 1,398,367 L. St. Erzeugnifs der Colonie. Die Ausfuhr von Producten der Colonie begreift 22,372 Pfd. Mehl für 496,316 L. St., 44,980 Ctr. Kupfer für 248,460 L. St., 9468 Tons Kupfererz für 156,351 L. St., 8,236,221 Pfd. Wolle für 412,163 L. St. etc. Unter der Einfuhr zum Verbrauch waren Kleidungsstoffe für 187,997 L. St., Zucker für 120,649 L. St. ete. 7) Landbau: Bestellt waren mit Weizen 162,011 Acres, mit Gerste 7828 Acres, mit Hafer 2822 Acres, mit Mais 67 Acres, mit Kartoffeln 2379 Acres, mit Gärten 4149 Acres, mit Wein 753 Acres, _ mit Heu 22,516 Acres, mit Verschiedenem 898 Acres, 'im Ganzen 203,423 Acres. { Viehstand. Schafe 1,551,452, Lämmer 411,008, Rindvieh 272,746, Pferde 22,260, Ziegen 1677, Schweine 27,594. Bergbau. Folgendes sind die hauptsächlichsten Bergwerke, die Ende 1856 ausgebeutet wurden: Bremer Gruben, Kupfer, 25 Meilen östlich von Adelaide, Burra Burra, - 90° - .N.g.N.- - Charlton - Grube, - 136 = N.g.W.- - Kanmantoo, - 3062 Fe. NINO. ..=- - Kapunda, - 254042. m@OSD: u: 1= - Karkulto, - 7MlsncobsaN. 0:1: - Pine Hut, - 501 NO. - - Preamimma, - 29:6 ABO. - Zeitschr. f. allg. Erdk. Neue Folge. Bd. VI, A 50 E. G. Ravenstein: Reedy Creek, Kupfer, _35 Meilen ONO. von Adelaide, Strathalbyn, Kupfer u. Blei, 8 - 80.8.8. - - Worthing, Kupfer, 56 -..WNW. - - Aulser diesen werden noch 34 Kupfergruben, 6 Bleigruben, 2 Silber- gruben, 2 Kupfer- und Bleigruben und eine Goldgrube angeführt. Industrie. Man zählte 70 Getreidemühlen (63 mit Dampfkraft), 13 Lichtzieher, 32 Uhrmacher, 23 Ingwerbier-Fabrikanten, 26 Braue- reien, 22 Gerbereien, 15 Maschinenfabriken, 12 Bootbauer, 9 Gielse- reien, 12 Sägemühlen, 3 Seifenfabriken, 11 Sodawasserfabriken ete. und nur eine Talgsiederei. Meteorologie. Im Laufe des Jahres 1856 fielen 18.871 Zoll Regen in Adelaide, und in den zwölf Monaten (Januar bis December) je 0.66, 1.03, 0.31, 3.16, 2.10, 4.24, 1.59,.1.91, 1.26, 1.87, 0.477, 0.264 Zoll. — Die mittlere Wärme war für Januar 76°.78, Februar 75°.76, März 78°.70, April 68°, Mai 61°.08, Juni 56°.50, Juli 53°.28,: Au- gust 56°.09, September 61°.16, October 65°, November 68°.8, Decem- ber 67°.9 F. Diese Angaben sind jedoch nicht ganz zuverlässig. — Wir hören bei dieser Gelegenheit, dafs in Vietoria 10 und in Neu- Süd-Wales 10 oder mehr meteorologische Stationen bestehen. Telegraphen-Linien. Einem Berichte des Magnet. Telegraph. Departments vom 22. September 1857 entnehmen wir Folgendes: Es sind bis jetzt zwei Telegraphen-Linien vollendet. Die erste, von Ade- laide City nach Port Adelaide (10 Meilen), wurde im Februar 1856 eröffnet; die zweite geht nach Gawler Town, der Eisenbahn entlang, und ist einschliefslich einer Abzweigung nach Dry Creek Stockade 284 Meilen lang. Eine dritte Linie von Adelaide nach Melbourne (eirca 700 Meilen) wurde im April 1857 angefangen. Die Stationen sind Willunga, Port Elliot, Goolwa, Guichen Bay, Mount Gambier, Port- land, Belfast, Warnambool, Hexham, Raglan, Ballarat, Geelong und Melbourne. An einer Linie von letzterem Platze über Castelmaine, Sandhurst, Albury ete. nach Sydney wurde gearbeitet, und eine unter- seeische Linie zwischen Cape Otway und Cape Grim, nach Launceston und Hobarton war projeetirt. Ende 1862 hofft man eine Telegraphen- Linie nach Europa vollendet zu sehen. Diese Linie soll sich in Sin- gapore an das indische Telegraphennetz anschliefsen (d. h. sobald dies vollendet ist) und dann über Sumatra, Java, Balo, Sombok, Sumbaura, Flores und Timor nach Port Essington und von dort nach Sydney gehen. Schifffahrt auf dem Murray. Nach dem Bericht des Gouver- neurs Sir Rich. Graves Macdonnell wurde der Handel auf dem Murray im Jahre 1853 durch ein Dampfboot und eine Barke eröffnet, die den Flufs bis Swan Hill (oberhalb der Mündung des Murrumbidgee) hin- Pe Statistisch-geographische Mittheilungen über die britischen Besitzungen. 51 aufgingen. Im Laufe dieses Jahres gingen 276 Tons Güter im Werthe von 25,000 L. St. den Flufs hinauf, und 1362 Ballen Wolle von glei- chem Werthe wurden hinabgeschafft. Im folgenden Jahre gingen 365 Tons Güter im Werthe von 35,000 L. St. den Flufs aufwärts, und 3000 Ballen Wolle im Werthe von 60,000 L. St. abwärts. Im Jahre 1855 war der Werth der Waaren 50,000 L. St.. der der Wolle 55,000 L. St. Im Jahre 1856 dehnte sich die Schifffahrt bis nach den Ovens- Goldfeldern aus; 3629 Tons Waaren im Werthe von 250,000 L. St. wurden hinauf-, und 2370 Ballen Wolle im Werthe von 47,000 L. St. hinabgeschafft. Bis zum Ende der schiffbaren Jahreszeit von 1856 wurden die Waaren durch Küstenfahrer nach Port Elliot geschafft, von wo sie auf einem 7 Meilen langen tram-road nach Goolwa und den dort liegenden Flufsfahrzeugen zugeführt wurden. Anfangs 1857 machte jedoch Capitain B. Douglas eine Aufnahme der Mündung des Murray und markirte den schiffbaren Canal. Ein Dampfboot geht jetzt regelmälsig wöchentlich von Adelaide nach Goolwa. Mitte 1857 hatte man auf dem Flusse 10 Dampfboote von 400 Pferdekraft und 10 Barken, im Ganzen etwa 1500 Tons. West- Australien. 1) Bevölkerung. 13,391 Seelen (8946 männl., 4445 weibl.). 355 Geburten, 96 Todesfälle, 99 Heirathen. 2) Erziehung. Es gab 12 Schulen mit 522 Schülern. 3) Einnahmen 51,170 L. St. Ausgaben 46,990 L. St. 4) Schifffahrt. Es kamen an 112 Schiffe von 26,681 Tonnen (15 Sch. von 2823 T. in Ballast). Es gingen ab 112 Sch. von 26,604 T. (28 Sch. von 7286 T. in Ballast). Der Flagge nach waren unter den angekommenen Schiffen 12 britische von 5589 T., 59 britische Colonialschiffie von 8162 T. und 41 amerikanische von 12,930 T. In Freemantle kamen 50 Schiffe von 12,713 T. an, in Albany 37 Schiffe von 8300 T., der Rest in Vasse und Gregory. 5) Handel. Einfuhr 122,938 L. St. (Ver. Königreich 100,312 L. St., britische Colonien 19,031 L. St., Ver. Staaten 48 L. $St.). Aus- fuhr 44,740 L. St. (Ver. Königreich 26,225 L. St., britische Colonien 18,364 L. St., Ver. Staaten 151 L. $t.). 0 Die Ausfuhr bestand aus 80 Pferden, 500,996 Pfd. Wolle, Bau- holz für 96714 L. St., 774 Tuns Oel, 60 Tons Blei, 57 Tons Kupfer. 6) Viehstand. 5408 Pferde, 23,207 Stück Hornvieh, 177,717 Schafe, 6247 Schweine, 1258 Ziegen. 7) Feldbau. Es waren bestellt mit Weizen 9712 Acres, mit erste 3458 Acres, Hafer 435 Acres, Roggen 287 Acres, Kartoffeln \ A 52 E. G. Ravenstein: 188 Acres, Mais 23 Acres, Reben und Oliven 165 Acres, Gemüse ete. 311 Acres, Hülsenfrüchte 19 Acres, Heu etc. 3465 Acres, im Ganzen 18,063 Acres. Der Gouverneur A. E. Kennedy unternahm im Jahre 1857 eine Reise nach den nördlichen Bezirken der Colonie. Am 3. October schiffte er sich nach der Champion-Bay ein. „Champion -Bay ist der einzige Ankerplatz für grölsere Schiffe an diesem Theile der Küste, und meiner Meinung nach ist er viel sicherer und zugänglicher als man gewöhnlich annimmt. Während 9 Monaten kann er mit Sicher- heit besucht werden und von guten Schiffen das ganze Jahr hindurch. Alle Producte dieses Distriets, Weizen, Butter, Käse, Wolle und Kupfer- erz, werden hier verschifft. Ein Landungsplatz ist im Bau begriffen. Zahlreiche „Town Lots*“ sind verkauft und Vorbereitungen zum Bau gemacht. Ein Anzahl von „Probation“ - Sträflingen wohnt hier in Hütten und sie sind am Bau der Landungsstelle und anderer öffent- lichen Gebäude beschäftigt. Ihr Betragen, fern von den Anlockungen der Bierhäuser und unter nur schwacher Beaufsichtigung, ist exempla- risch. Von Champion-Bay ging ich nach Port Gregory, wo sich ge- räumige Gebäude für ein Depöt vorläufig entlassener Sträflinge (ticket of leave men) befinden. In einem Umkreise von 30 Meilen findet man nur wenige Acres, die sich zum Ackerbau eignen, und Brennmaterial oder Wasser ist fast nicht zu haben. Das Wasser am Depöt ist salzig und ganz untrinkbar, und zur Zeit, als das Depöt von Sträflingen be- wohnt war, litten diese, zumal da man sich keine Gemüse verschaffen konnte, viel am Skorbut. Der Hafen bei Port Gregory wird durch ein Korallenriff gebildet, das mit der Küste beinahe parallel läuft, und | über welches die See sich bei mäfsigem Winde bricht. Die Einfahrt ist eng und schwierig und nur zugänglich für kleinere Schiffe. Hier verschifft man das Blei der Geraldine-Gruben, die sich 36 Meilen land- einwärts befinden. Die Herstellung einer Fahrstralse nach diesen Gru- ben ist mit bedeutenden Schwierigkeiten verbunden, die aber überwun- den werden könnten, wären die Besitzer der Gruben Leute mit Mitteln und von Energie. Das Land zwischen dem Hafen und der Bleigrube ist mit unbedeutender Ausnahme unfruchtbar. Das Erz ist reichhaltig und könnte in unbeschränkter Quantität erhalten werden. — Ich wen- dete mich von hier nach der Wanerenooka-Kupfergrube, die erst seit Kurzem bearbeitet wird und von wo aus sich eine gute Strafse nach Champion-Bay leicht herstellen liefse. Die ganze Umgegend zeigt Spuren von Metallreichthum. In der Nähe befindet sich gutes Gras- und Ackerbauland, mit reichlichem Wasser, und unter diesen günstigen Umständen erwarte ich eine rasche Ansiedelung dieser Gegend. Die direete Entfernung zwischen den Geraldine- und Wanerenooka-Gruben Statistisch-geographische Mittheilungen über die britischen Besitzungen. 53 ist etwa 40 Meilen. Viel Land ist hier als Weideland verpachtet. Ein Ansiedler begann im Jahre 1850 mit 2000 Schafen; er hat seitdem 4000 verkauft oder geschlachtet, und besitzt jetzt 11,000. Der Weizen- bau hat sich gut bezahlt und ein Ansiedler verkaufte 600 Bushels zu 9 Sh. während meiner Anwesenheit. Ich verliefs Wanerenooka und Bowes-Land und ging nach dem Greenough-Flufs; auf dem Wege be- suchte ich die Farms der Ansiedler. Ihre gedeihliche Lage und der Ertrag ihrer Ernten war höchst befriedigend. Hier findet man das beste Gras- und Ackerbauland. Ich sah einige recht schöne Pferde- und Schafheerden, und eine Heerde von 500 Stück Rindvieh, die beste, die ich je sah. Perth und Freemantle erhalten ihr Rindfleisch meistens von dem Nord-Distriet; das Vieh wird mit geringem Verlust über Land getrieben. Eine Heerde Hornvieh begann 1851 mit 900 Stück; 900 wurden seitdem zu 16 L. St. verkauft, und 2000 sind jetzt übrig. Vom Greenough ging ich nach dem Irwin-Flufs. Das brauchbare Land beschränkt sich dort auf die Ufer des Flusses, ist aber von aus- gezeichneter Güte. Küstenfahrer können in die Mündung des Flusses einlaufen. Vom Irwin nach Gingin ist das Land meist unfruchtbar, und eignet sich nur an einigen wenigen Stellen zur Ansiedelung. — Am Moore-Flufs findet man einige Ansiedler, aber das brauchbare Land ist von geringer Ausdehnung. Das Land von Gingin nach Perth, eine Entfernung von 54 Meilen, ist wohlbekannt, und in der Nähe des ersteren befinden sich viele gedeihliche Ansiedelungen. Ohne auf viel praktische Erfahrung Anspruch zu machen, fühle ich mich berechtigt, zu glauben, dafs man in der Nähe von Port Gregory Steinkohlen fin- den wird. Dies wäre in einem Metallbezirk von grofser Wichtigkeit. Die Eingeborenen im nördlichen District nehmen rasch ab. Sie sind lenksam und gutartig, gehören aber zur niedrigsten Klasse von Wilden. Die Weiber, alt und jung, gehen ohne jede Bekleidung umher. k Ich ritt über 600 Meilen und schlief viele Nächte im „Busch“. _ Das einzige Zelt für mich und meine Begleiter bestand aus zwei zu- sammengenähten Stücken Leinwand, über eine Stange ausgespannt, ein _ hinreichender Beweis für die Milde und Gesundheit des Klima’s.* Tasmania. 1) Bevölkerung. Am 31. März 1857: 81,492 Seelen (45,916 männl., 34,886 weibl.). Hobarton hatte 18,258, Launceston 7,874 Ein- wohner. Obige Seelenzahl begreift 690 Militairs und deren Familien. — Geburten im Jahre 1856 2956, Todesfälle 1338, Heirathen 933. — [049 Einwanderer auf öffentliche Kosten kamen an, und 3939 zahlten Fahrgeld. 6693 Seelen wanderten aus. — Von den Eingeborenen * ” sind nur noch 5 Weiber und ]| Männer übrig, die in der Oyster Cove, d’Entrecasteaux-Canal, wohnen und auf Kosten der Regierung erhalten werden. 2) Erziehung. 70 Schulen werden von 3717 Schülern besucht. 3) Einnahmen 415,913 L. St., Ausgaben 439,708 L. St. 4) Schifffahrt. 934 Schiffe von 157,826 Tonnen kamen an (darunter 178 Sch. von 21,212 T. in Ballast); 945 Sch. von 156,396 T. liefen aus (darunter 168 Sch. von 37,855 T. in Ballast). Der Flagge nach waren unter den eingelaufenen Schiffen 118 bri- tische von 33,478 Tonnen, 793 britische Colonialschiffe von 118,870 T., 4 amerikanische von 1321 T., 7 holländische von 1227 T., 6 schwedi- sche von 897 T., 2 deutsche von 825 T., 2 französische von 577 TT. und je 1 dänisches und chilenisches. Zu Hobarton liefen 531 Schiffe von 103,179 T. ein, zu Launce- ston 294 Schiffe vo 45,937 T., die übrigen in Circular Head und Port Frederick. 5) Handel. Einfuhr 1,442,106 L. St. (Ver. Königreich 812,745 L. St., britische Colonien 565,635 L. St.). Ausfuhr 1,207,802 L. St. (Ver. Königreich 412,215 L. St., britische Colonien 795,397 L. St.). Gegenstände der Einfahr im Werthe von über 50,000 L. St.: Klei- dungsstücke für 716,361 L. St. (Ausfuhr 23,467 L. St.), Zeuge für . 138,517 L. St., Eisen- und Stahlwaaren für 103,717 L. St., 7755 Stück Rindvieh für 75,393 L. St., 81,256 Schafe für 76,934 L. St., Oelhändler- Waaren für 59,908 L. St. (Ausfahr 5649 L. St.), Spirituosen für 57,326 L. St. (Ausfuhr 18,509 L. St.), 57,705 Ctr. Zucker für 94,319 L. St. (Ausfuhr 6359 Ctr. für 11,522 L. St.). Ausfuhr: 6474 Tons Mehl (Einfuhr 1206 Tons), 298,726 Bushels Hafer, Oelsamen für 53,640 L. St., Nutzholz für 112,753 L. St. (Ein- fuhr 10,463 L. St.), 4,599,674 Pfd. Wolle, wollene und andere Zeuge für 59,275 L. St. (Einfuhr wollener Waaren 13,624 L. $t.). 6) Landbau: 54 E. G. Ravenstein: Acres bestellt | nz Werzenia.. Ra: 65,731 | 1,253,892 Bushel Gene nen 9.535 | 124,283 .- BE hf a 28,627 | 513,918 - Eirhserigy Eule 4% 825 13,799 - Bohnen KR, 18 .ı TE 113 2,141 - Kartotteln „.„ 7 nzc 6,535 | 29,415 Tons Weise Rüben . . 4,684 22,094 - BOICHN DA. ATLBID, 219 1,508 Bushel Englische Gräser . 14,193 18,498 Tons 185,556 | Statistisch-geographische Mittheilungen über die britischen Besitzungen. 55 2,009,477 Acres sind als Weideland verpachtet und 291,522 Acres mit dem Rechte, sie später zu 1 L. St. pro Acre ankaufen zu dürfen. Viehstand. 18,019 Pferde, 88,608 Stück Hornvieh, 1,614,987 Schafe, 30,074 Schweine, 3055 (im Jahre 1855) Ziegen. Meteorologie. Es fielen im Jahre zu Hobarton 22.89 Zoll Re- gen; der mittlere Barometerstand war 29.696, der höchste 30.325, der niedrigste 28.813. Die mittlere Wärme war 55°.88 F. und das Ther- mometer schwankte zwischen 30° und 94° F. Ein Bewässerungs-System ist vorgeschlagen und wird hoffentlich bald in Angriff genommen werden. Die zahlreichen Flüsse der Insel entstehen mit wenigen Ausnahmen in hochgelegenen Binnenseen. Flüsse, die beständig fliefsen, sind: der Derwent (c. 120 Meilen bis Hobarton), der Florentine (35 Meilen bis zum Zusammenfluls mit dem Derwent), der Dee (30 Meilen bis zum Derwent), der Huon (100 Meilen bis zum d’Entrecasteaux-Canal), der Gordon (90 Meilen bis zum Macquarie- Hafen), der Nord-Esk (60 Meilen bis zum Tamar-Flufs), der Süd-Esk (110 Meilen bis zum Tamar). Nach langer Dürre versiegen folgende Flüsse: die Ouse (60 Meilen zum Derwent), der Clyde (50 Meilen zum Derwent), der Shannon (40 Meilen zur Ouse), der Macquarie (70 Mei- len zum Lake-Flufs), die Elizabeth (30 Meilen zum Macquarie), und der Lake-Flufs (30 Meilen zum Süd-Esk). Unter den kleineren Flüs- sen, die gewöhnlich während des Sommers trocken sind, die aber für das ganze Jahr mit Wasser versehen werden könnten, ist der Jordan (50 Meilen bis zum Derwent), der Blackman (20 Meilen zum Macqua- rie), und der Coal River (25 Meilen zum Pittwater) zu nennen. Die bedeutendsten Seen sind Lake Sorell, die Quelle des Clyde, mit einem Flächeninhalt von 20,000 Acres; der Great Lake, 50,000 Acres; Lake Echo, 5000 Acres; Lake St. Clair, 10,000 Acres; Lake Pedder, 2500 Acres, und andere. Bei fast allen ist es möglich, den Wasserstand höher als ihren natürlichen Ausflufs zu halten. Eisenbahnen etc. Eine Hauptlinie zwischen Launceston und Hobarton, eine Entfernung von 120 Meilen, wurde schon im Jahre 1855 projectirt, eine Zweiglinie nach Deloraine wurde im August 1856 aufgenommen. — Die Telegraphen-Linie zwischen den zwei Haupt- städten ist eröffnet. Gold ete. Im Fingal-Golddistriet wurden in der zweiten Hälfte des Jahres 1856 259 Unzen Gold gewonnen. — Kohlengruben werden n der Nähe von Port Frederick am Flusse Mersey bearbeitet. .. 56 E. G. Ravenstein: Neu-Seeland. 1) Bevölkerung: | Provinzen männl. | weibl. Im Ganzen Auckland . . 8,531 6,804 15,335 New-Plymouth . . 1,3440 AAAA 1,2488 Wellinston . . . 5,781 4,471 10,252 INEISOHME „UOBUBNE 4,048 | 3,461 7,509 Canterbury I .lden. 3:55 %1r112,608 6,160 DHROOS Zac 2,100 1,696 3,796 Militär und Familien 2,062 991 2,653 27,418 | 20,775 | 48,193 1722 Geburten, 406 Todesfälle und 404 Heirathen. 2) Unter der Bevölkerung konnten 61.62 Procent lesen und schrei- ben, 13.55 Procent nur lesen, und 24.83 Procent weder lesen noch schreiben. 3) Einnahmen 188,328 L. St. 4) Schifffahrt. 326 Schiffe von 85,748 Tonnen kamen an und 323 Sch. von 82,991 T. gingen ab. 5) Handel. Ausfuhr 318,433 L. St. (Ver. Königreich 57,225 L. St., britische Colonien 255,494 L. St.). Einfuhr 710,868 L. St. (Ver. Königreich 309,602 L. St., britische Colonien 390,336 L. St.). Auf die einzelnen Häfen vertheilte sich Ausfuhr und Einfuhr wie folgt: Auckland 259,294 L. St. Einfuhr, 100,380 L. St. Ausfuhr, New-Plymouth 27,215 - - 3,869 - - Wellington 165,693 - - 76,412 - - Nelson 81,072 - - 29,776 - - Lyttleton 88,018 - - 471,832 - - Otago 5055297. = - 25,13 dauz - Artikel der Einfuhr im Werthe von über 50,000 L. St. waren: Kleidungsstoffe ete. für 137,923 L. St., Zucker für 51,192 L. St. — Hauptartikel der Ausfuhr waren: Wolle für 146,072 L. St., Holzwaa- ren für 57,040 L. St. 6) Viehstand. 2894 Pferde, 91,928 Stück Rindvieh, 990,988 Schafe, 25,693 Schweine, 10,074 Ziegen, 65 Esel und Maulthiere. 97 Statistisch-geographische Mittheilungen über die britischen Besitzungen. In Asien. Öst-Indien. Alle Angaben beziehen sich auf das Jahr vom 30. April 1855 bis zum 30. April 1856. 1) Einnahmen 30,817,528 L. St. (Grundsteuer 17,109,971 L. St., Zölle 2,106,657 L. St., Salz 2,651,456 L. St., Opium 5,195,976 L. St.). Ausgaben 31,637,530 L. St. (Erhebungskosten 4,833,877 L. St., Militär 11,111,857 L. St., Schuld 2,332,620 L. St.). Die öffentliche Schuld am 30. April 1856 betrug 57,764,239 L. St. 2) Schifffahrt. 19,285 Schiffe von 2,077,137 Tonnen liefen in den Häfen des britischen Indien ein, 18,408 Schiffe von 2,129,069 T. liefen aus. Unter ersteren waren 2301 britische von 1,060,108 T., 263 amerikanische von 211,359 T., 321 französische von 115,497 T.., 79 holländische von 42,705 T., 66 deutsche von 31,150 T. etc. und 16,157 Schiffe Eingeborener (mit Ausschlufs der Küstenfahrer) von 578,666 Tonnen. 3) Handel. Die Aus- und Einfuhr der Hauptartikel in die drei Präsidentschaften ersieht man aus folgender Tabelle. I. Einfuhr: Bengalen | Madras Bombay | Total Kleidungsstücke . 199,064 | 66,073 62,607 327.744 Baumwollene Garne 902,392 | 159,367 356,954 | 1,375,903 Baumwollene Waaren 3,231,904 | 124,474 | 1,591,627 | 4,948,005 Malzgetränke (Bier) . 83,628 91,082 205,903 | 340,613 Maschinen . - 393,247 | 11,584 30,681 435,512 Metallwaaren . 677,442 | 24,625 | 86,792 788,859 Kupfer 240,378 | 24,676 | 57,431 322,485 Eisen 124,115 | 15,256 82,890 222,261 Salz 275,266 | _ 5 275,271 Wein 108,291 | 56,035 65,060 229,386 Gold 1,123,224 | 135,568 | 1,249,561 | 2,508,353 Silber 4,356,630 716,919 | 3,719,244 | 8,792,793 | Total-Einfuhr . 13,338,550 2,201,873 | 9,704,359 | 25,244,782 Davon kamen von: | | dem vereinigten Königreich 9,480,498 | 1,694,792 3,493,022 | 14,668,312 China EL, 1,003,92177 10,091 | 1,514,054 | 2,528,066 Frankreich . Be 684,942 53,678 62,234 800,854 _Penang, Singapore und Ma- | | Ben tin 644,364 | 88,934 | 182,427 915,725 Suez . 717,479 — ' 1,716,269 | 2,433,748 BEeamEnT? SIKU. 205, | 79 | 1,417,406 | 1,417,690 Arab. u. Pers. Meerbusen . 69,800 | 57,644 858,884 986,328 58 E. G. Ravenstein: I. Ausfuhr von Produkten der Präsidentschaften. ee ee ee ee ee esse nme Bengalen Madras Bombay Total Te Baumwolle . ® 158,115 89,361 | 2,007,622 | 2,255,098 Indigo u. andere Färbestoffe 1,994,145 Haar 11,247 | 2,442,663 Getreide. . 2,245,593 521,673 125,620 | 2,892,886 Häute und Felle . : 372,178 47,487 11,633 | 431,288 Salpeter . e 423,489 7,355 18,463 449,307 Samen 824,097 136,586 305,135 | 1,265,813 Shawls 51,349 7142 157,136 | : 209,227 Rohe Seide 671,588 u 830 , 672,418 Seidenwaaren . 324,294 | 2,450 8,367 335,001 Zucker > A 940,254 281,906 | — | 1,222,160 Bau- und Nutzholz : 104,642 9,072 | 322 | 114,036 Wolle — 840 | 221,983 | 222,823 Total-Ausfuhr einheimischer | j | Produkte . 12,810,513 | 1,940,902 | 5,664,682 | 20,416,097 Total-Ausfuhr Bermder Pro dukte . ee 126,287 23,598 ı 2,472,277 | 2,622,162 Gold und Silber . 112,536 70,730 | 417,910 | 601,176 Total- Ausfuhr 13,049,336 | 2,035,230 | 8,554,869 | 23,639,435 Davon gingen nach: | dem vereinigten Königreich 5,904,839 983,407 , 3,417,294 | 10,305,540 China 3,301,673 4,590 | 3,356,741 6,653,004 Frankreich . 965,675 258,871 | 186,274 | 1,410,820 Penang, Singapore und Ma- | lacca . 782,149 74,977 ı 128,002 | 985,128 Suez . 90,187 En 49,225 |. ‚139,412 Aden 2,128 1,028 | 87,182 90,938 Arab. und Pers. Meärhusen 48,883 114,288 | 798,445 ' 961,516 Nord- und Süd-Amerika. 1,052,928 4,867 37. \. 1,057,832 Ceylon. 1) Bevölkerung: Provinzen Oi | Weilse Farbige Fremde Im Ganzen | West 3,820 2,511 549,603 3,991 564,105 Nordwest 3,362 158 189,021 | 3,179 | 192,358 Süd . 2,147 484 303,519 1,215 305,218 Ost . 4,753 | 361 713,754 583 74,708 Nord . 5,427 188 299,007 ı 395 300,190 Central . 9,191 664 244,250 | 10,441 255,343 ! 24,700 4,966 | 1,659,144 | 19,804 | 1,691,924 Militär u. Familien 1,422 4,010 | 5,432 Unter den Weifsen waren 3920 männlich und 2468 weiblich, unter den Farbigen 865,632 männlichen und 797,522 weiblichen Geschlechts. Zahl der Geburten 41,611, Heirathen 14,766, Todesfälle 30,730, Statistisch-geographische Mittheilungen über die britischen Besitzungen. 59 2) Die öffentlichen Schulen wurden von 4636 Schülern besucht, die Waisenschulen von 26, die Regimentsschulen von 469, die Frei- schulen von 13,881 und die Privatschulen von 4336 Schülern, im Gan- zen 23,348 Schüler. 3) Beschäftigung. 560,025 Personen beschäftigten sich mit Ackerbau, 49,367 mit Gewerben, 70,884 mit Handel. 4) Einnahmen 504,175 L. St. Ausgaben 457,137 L. St. 5) Schifffahrt. 3276 Schiffe von 345,592 Tonnen kamen an (325 von 36,281 T. in Ballast). 3308 Sch. von 335,479 T. gingen ab (1826 von 128,156 T. in Ballast). Der Flagge nach waren unter den eingelaufenen Schiffen 224 bri- tische von 139,752 Tonnen, 2972 britische Colonialschiffe von 182,173 Tonnen, 32 französische von 13,345 Tonnen. 6) Handel. Einfuhr 2,714,565 L. St. (brit. Besitzungen 1,904,396 L. St., Ver. Königreich 537,934 L. St.). Ausfuhr 1,663,612 L. St. (brit. Besitzungen 418,415 L. St., Ver. Königreich 872,179 L. St. Artikel der Einfuhr im Werthe von über 100,000 L. St. waren: Baumwollene Waaren 314,506 L. St., 3,157,385 Bushel Reis für 552,543 L. St., Spezie für 1,049,981 L. St. Ausfuhr: 445,569 Ctr. Kaffee, 1,076,473 Gallons Kokosnulsöl. 7) Landbau: Acres | bestellt | Erirag Reis (Paddy), . . 393,380 5,106,477 Bushel Getreide A Yan 151.127; 876,689 - Kaffee . a I EN, 643,584 - Pfeffer . ‚cularis!: 743 | 3,831 - Be ng MRS 94 523 - Gramere, BRATEN, 960 15,103 - Indisches Kom . . 2,347 22,560 - Erbsen. „I hch 1,156 5,209 - Gingeley, ‚ar ne 1,500 | 15,500 - Baumwole . . . 672° 147,088 Pfund Taback TORE 16,778 | 3,606,235 - Im Ganzen bestelltes Landen nr 779,085 Weideland. . . . 345,932 Unbebaut . . .. .19,092,303 Viehstand. 3180 Pferde, 785.078 Stück Hornvieh, 55,792 Zie- gen, 47,916 Schafe. Der Natande-Canal wurde wieder hergestellt und im September 1856 von Putlam nach Colombo eröffnet. Labuan. Bevölkerung. Labuan 6 Europäer, 682 Farbige; Tadschong 60 E. G. Ravenstein: Mittheilungen über die britischen Besitzungen. Kubong 11 Europäer, 410 Farbige; Militär 5 Europäer, 148 Farbige. Im Ganzen 1262 Seelen (1079 männl., 183 weibl.). Keine Geburten, 25 Todesfälle. Einnahmen 2305 L. St., Ausgaben 3990 L. St. 42 Schiffe von 12,366 Tonnen kamen an, 40 Schiffe von 12,444 Tonnen liefen aus. Einfuhr 33,916 L. St. (Singapore 24,316 L. St.). Ausfuhr 20,080 L. St. (Singapore 16,321 L. St.). Die Einfuhr begriff baumwollene Zeuge für 13,238 L. St., $pezie für 6409 L. St., Sago für 1003 L. St.; die Ausfuhr Sago für 8170 L. St., Kohlen für 4796 L. St., Spezie für 1563 L. St., Vogelnester für 1105 L. St. (Einfuhr 715 L. St.). Im Jahre 1856 wurden 5539 Tonnen Kohlen an den Kohlengru- ben verkauft. Das Klima war zur Zeit, als die Colonie etablirt wurde, höchst ungesund, aber die Anlage einiger Abzugscanäle im Jahre 1852 ver- besserte es merklich; seitdem sind diese Canäle vernachlässigt worden, und die Sterblichkeit ist wiederum sehr grols. Auf Labuan sind 116 Acres mit Kokospalmen etc. bepflanzt. Auf Pulo Dat, einer kleinen benachbarten Insel von 587 Acres sind 300 mit Kokospalmen bepflanzt. Hongkong. Bevölkerung; 1732 Weilse, 69,998 Farbige, im Ganzen 71,730 Seelen, worunter 54,531 männlichen, 17,199 weiblichen Geschlechts. 314 Geburten, 3625 Sterbefälle, 168 Heirathen. 16 Schulen mit 516 Schülern; aufserdem 41 chinesische Schulen mit 242 Schülern. Einnahmen 35,500 L. St. Ausgaben 42,426 L. St. Schifffahrt. 2091 Schiffe von 811,307 Tonnen liefen ein, dar- unter 724 britische von 320,586 T., 256 amerikanische von 164,367 T.., 630 Dampfschiffe vom Canton-Fluls von 127,580 T., 48 Dampfschiffe von Indien von 46,992 T., 146 deutsche von 42,316 T., 86 holländi- sche von 42,004 T. etc. Die „Peninsular and Oriental Dampfschiff-Compagnie* führte 20,508 Kisten Opium ein, und nahm aufserdem 10,738 Kisten nach Shanghai. 474 Acres waren mit Reis, 40% mit Gemüsen bepflanzt. Der Er- trag war 44 Tons Reis und 33 Tons Gemüse. Es gab 155 Pferde, 469 Stück Hornvieh, 220 Schafe und 120 Ziegen. 61 Miscellen. Ueber die bessarabischen Salzseen. In den Jahren 1850 bis 1852 hatte das Schwarze Meer zu wiederholten Malen die Peressyp’s oder flachen Nehrungen, welche die bessarabischen Salzseen vom Meere trennen, durchbrochen und durch Ueberfluthung der Salzseen die Salz- production zerstört, die für den ganzen Südwesten Rufslands von der höchsten Bedeutung ist. Nachdem man, zum Theil vergebens, mit grolsen Anstrengungen versucht hatte, die Durchbrüche zu stopfen, erhielt G. v. Helmersen im Jahre 1852 den Auftrag, an Ort und Stelle die Salzseen zu untersuchen und sich gut- achtlich über die umfassenden Arbeiten zu äufsern, die man zur Sicherstellung jenes wichtigen Produetionszweiges gegen ähnliche Unglücksfälle projectirt hatte. Helmersen hat das Resultat seiner Beobachtungen in einer Abhandlung zusammen- gefalst, die im Februar d. J. im Bulletin der physikalisch-mathematischen Ab- theilung der Kais. Akademie der Wissenschaften veröffentlicht ist. Wir entlehnen dieser Abhandlung die folgenden geologischen und statistischen Angaben. Das nordwestliche Ufer des Schwarzen Meeres besteht bekanntlich aus ter- tiären Gebilden, deren Schichten in den tief eingerissenen Betten der Bäche und an den dem Meere zugewandten steilen Abstürzen der Hochsteppe entblöfst sind. Ein sehr schöner Durchschnitt befindet sich 12 Werst südlich von Odessa an der Stelle des Meeresufers, wo die Wasserleitung angelegt wurde, die Odessa mit Wasser versieht. Das steile, fast senkrechte Ufer ist hier bis {2 Faden hoch und vom Meere durch einen rasch abfallenden Ufersaum getrennt, der aus den von der hohen Uferwand herabgestürzten Materialien gebildet ist. In der letztern unterscheidet man deutlich vier horizontale Schichten. Es folgen von oben nach unten: 1) Ein gelber, etwas mergeliger, lockerer Diluvial-Lehm, der leicht im Wasser zergeht und beim Abschlämmen nur eine geringe Menge mikroskopisch kleiner Quarzkörner zurückläfst; 7 Fufs mächtig. 2) Ein bräunlich-rother Di- luvial-Lehm von derselben Beschaffenheit, 35 Fufs mächtig. 3) Ein gelber, po- _ röser, leicht verwitternder Kalkstein (Murchison’s Steppenkalk), fast ganz aus zer- _ trümmerten Muschelschalen (von Muscheln aus süfsem und brakigem Wasser) _ bestehend, 21 Fufs mächtig. 4) Ein bläulicher zäher Thon. Die tiefer liegen- den Schichten sind von dem Ufersaume verdeckt. Dieselbe Reihenfolge erscheint bei Odessa, wie in den Schluchten der Hochsteppe zwischen Odessa und Owidiopol; zuweilen ist der Diluviallehm von einer Lage schwarzer Erde bedeckt. Die Lehm- und Kalksteinschicht sind durchlassend, der Thon nicht; in Folge dessen sammelt sich auf der Grenze zwischen der Thon- und Kalksteinschicht das durchsickernde ‘Wasser und bricht zwischen beiden an den hohen Abstürzen in reichhaltigen Quellen hervor. Das Wasser von einer derselben, an der oben erwähnten Stelle, hat man durch Dampfkraft auf einen 115 Fufs hohen Thurm in ein Reservoir gehoben, aus welchem es nach Odessa geleitet wird. Da die den Kalkstein be- deckende Lehmschicht an verschiedenen Stellen eine verschiedene, oft nur geringe Mächtigkeit besitzt, wird der Kalkstein für die Baumvegetation oft verhängnifsvoll, indem er die Entwickelung der Pfahlwurzeln hemmt und ein vorzeitiges Verdorren er 62 Miscellen: der Bäume hervorruft. Bekanntlich benutzt man den Kalkstein nicht blofs zum Kalkbrennen, sondern auch im ganzen südlichen Rufsland als Baustein; in Odessa hat man sogar die Strafsen damit gepflastert, indefs ist er hierzu wegen seiner geringen Widerstandsfähigkeit nicht geeignet. Bei dem Bombardement von Odessa im Jahre 1854 machte man die Erfahrung, dafs die Kugeln ihn nicht sprengten, sondern in die Steinmauern wie in Holzwände, runde Löchrr machend, hinein- fuhren. Der Kalkstein verwittert leicht, und bei der Verwitterung zeigt sich, dafs er aus parallelen, etwa einen Zoll dicken Lagen besteht und dafs er regelmäfsig nach zwei, fast rechtwinklig einander schneidenden Richtungen zerklüftet ist; diese Klüfte stehen senkrecht auf den Schichtungsklüften des Gesteins und daher kommt es, dafs der Stein sich in grofsen parallelopipeden Blöcken ablöst. Bei Odessa liegt der Kalkstein gegen 50 Fufs, bei Owidiopol nur noch einige 20 Fufs über dem Meeresniveau, und bei den Salzseen ist er bereits völlig unter dasselbe gesunken, so dafs die Ufer derselben nur aus dem über ihm lagernden Diluvial-Lehm bestehen. Nur an einer Stelle, am nordöstlichen Ufer des Grofsen Sassyk, bei dem Dorfe Tarbunary, tritt er wieder zu Tage. Die Salzseen bilden zwei grofse von einander vollständig getrennte Becken, von denen jedoch nur das nördliche zum Salzgewinn benutzt wird. Dieses letz- tere ist nach Norden hin mannichfaltig ausgebuchtet, es wird nämlich durch die in das Becken hineinspringenden Ausläufer der Hochsteppe in vier gröfsere oder kleinere natürliche Salzpfannen gesondert. Es sind von NO. nach SW. folgende: 4) der Burnas, mit seinen nördlichen Einbuchtungen Hadschi Ibrahim und Ba- syrjan; er wird durch einen Ausläufer der Hochsteppe mit dem Vorgebirge Kal- fina Kossa getrennt von 2) dem Alibei; von diesem zweigen sich ab 3) die zu- sammenhängenden Buchten Karatschaus und Altynjol; sie und der Alibei sind durch die mit dem Cap Kamtschatka vorspringende Steppe getrennt von 4) dem Schagany. Diese, wie gesagt, mit einander zusammenhängende und vom Meere durch einen schmalen Peressyp getrennte Seenreihe ist das eigentliche Gebiet der Salzproduetion; zur Verhinderung des Schmuggels ist sie auf der Landseite von einem über 50 Werst langen Wall und Graben umgeben. Südwestlich von ihr liegen der Grofse und Kleine Sassyk, ihres sumpfigen Bodens wegen auch die „Faulen Seen“ genannt; auch auf ihnen bilden sich Salzkrusten, aber die Be- nutzung derselben ist den Anwohnern untersagt. Das Westufer dieser Seen ist steil und 30 bis 60 Fufs hoch, das Ostufer dagegen meistens flach und allmählich zur Höhe der hinter ihm liegenden Hoch- steppe ansteigend; nur der Altynjol, Karatschaus und Schagany sind auch im Osten durch hohe Ufer begrenzt. Der Ufersaum am Fufse dieser steilen Gehänge ist von sehr verschiedener Breite; an manchen Punkten beträgt sie nur ein paar Sashen, an anderen viel mehr, z. B. am Westufer des grolsen Sassyk zuweilen 350 Sashen. Die Ufer sind vollkommen baumlos, wodurch die Ueberwachung des Salzdistriets gegen Defraudation sehr erleichtert wird. Die Ausbeute an Salz in dem Zeitraum von 1819 bis 1850 beläuft sich auf die enorme Summe von 74,429,350 Pud 25 Pfund, von denen 46,963,392 Pud 25 Pfund von der Krone, und 27,465,958 Pud von Privaten gewonnen wurden. Alljährlich kommen hier 40— 50,000 Fuhren an, jede mit zwei Ochsen bespannt, die ersten gewöhnlich schon im April, die letzten im September, so dafs während Ueber die bessarabischen Salzseen. 63 der Saison monatlich im Durchschnitt 8000 Fuhren abgefertigt werden müssen. Da der Andrang sich natürlich auf die verschiedenen Sommermonate ungleich ver- theilt, so kann man sich vorstellen, dafs die Verweisung dieser Fuhren auf die verschiedenen Weideplätze, an die verschiedenen künstlichen Brunnen — es gab deren in der letzten Zeit nicht weniger als 80, —- endlich das Aufladen die an- gestrengteste Thätigkeit eines zahlreichen Personals erheischte, wenn die Ordnung aufrecht erhalten und eine möglichst schleunige Expedition ermöglicht werden sollte. In der letzten Zeit hatte man es wirklich dahin gebracht, dafs jede Fuhre _ darauf rechnen konnte, nicht nur für ihr Vieh Wasser und Weide zu finden, son- dern äuch spätestens innerhalb drei Tagen abgefertigt zu werden. Jeder Karren ladet 50 bis 60 Pud (a 40 Pfund russ.). Das Salz wird von den Tschumak’s (kleinrussischen Fuhrleuten) über ganz Bessarabien, nach Podolien, Polen, Wol- hynien, Kiew, Tschernigow verführt. Die im Süden einheimischen Fuhrleute la- den dann an jenen Bestimmungsorten als Rückfracht Getreide auf, um es nach Odessa zu führen, während die polnischen und anderen Tschumaks zuerst mit ihren Getreideladungen nach Odessa gehen und dann auf der Rückreise bei den _ Salzseen vorfahren, um Salz als Rückfracht einzunehmen. Zur Zeit des lebhaf- testen Verkehrs begegnet man auf den Strafsen, die nach jenen Provinzen führen, oft Zügen von Ochsenkarren, die mehrere Werst lang sind. Um grofsen Schwankungen im Salzertrage vorzubeugen und dem jährlichen - Bedarf genügen zu können, hatte man durch die Erbauung starker Dämme, die eine Gesammtlänge von 5 Werst besafsen, die Seen vor dem Andrang der Früh- _ lingswasser von der Hochsteppe geschützt und so die Condensation der Soole und die Krystallisation des Salzes erleichtert. Aber eine andere Gefahr wurde _ bedenklicher: die Seen verdunsteten allmählich und damit schien der Salzproduc- tion in nicht langer Frist ein Ende zu drohen. Der Karatschaus und Altynjol waren schon vor dem Jahre 1812 ausgetrocknet; der Burnas gab 1832 seine letzte Salzernte und trocknete dann allmählich ebenfalls aus. Im Schagany stand ‚das Wasser bereits 7 Fufs unter dem Niveau des Schwarzen Meeres. Unter die- sen Umständen hatte man im Jahre 1850 den Gedanken gefafst, auf dem Pe- essyp des Alibei eine Schleuse zu bauen, um durch sie diese colossalen Salz- annen von Zeit zu Zeit mit Seewasser zu speisen. Aber das Meer kam der m mehreren Stellen durchbrach, die Seen überfluthete, sie in Meerbusen ver- andelte, und der Salzproduction dadurch vorläufig ein Ende machte. Der Peressyp, welcher die Salzseen vom Meere scheidet, ist vom Woltsch- kowskoi Kordon am Südwestende des Grofsen Sassyk bis zum Sjäwernoi Kordon am Östende des Burnas etwa 50 Werst lang; seine Breite wechselt von 460 bis 00 Fuls. Am schmalsten ist er am Alibei, dem Cap Kamtschatka gegenüber; m breitesten am Grofsen Sassyk. Seine Höhe beträgt nur 2 bis 3 Fufs über em Meeresniveau. Diese lange, flache Nehrung besteht aus lockerem Quarz- An dem nach dem Meere gewendeten Ufer zieht sich längs des inzen Peressyp eine Sanddüne hin (russ. wal), von so regelmäfsiger und ein- rmiger Gestalt, dafs sie wie eine künstliche Aufschüttung erscheint. Sie ist 56 63 Fufs vom Meeressaume entfernt, und erhebt sich. 7 bis 9 Fuls über dem N ' . 64 Miscellen:: Peressyp, also 10 bis 12 Fufs über dem Meeresniveau; an der Basis ist sie 50 K bis 56 Fufs breit. Auf der Scheitel und auf dem nach den Salzseen gewendeten Abhange wächst ein grobes Gras (Arundo arenaria). Dieser Peressyp wurde nun vom Jahre 1850 ab mehrmals vom Meere durch- brochen. In der Nacht vom 1. zum 2. Februar 1850 wüthete auf dem Schwar- zen Meere ein ungewöhnlich heftiger Orkan aus Süden, und erhöhte das Niveau in dem nordwestlichen Theile des Meeres um volle sieben Fufs, so dafs die Wo- gen über den Kamm der Sanddüne hinüberschlugen und dieselbe an mehreren Punkten bis auf ihre Basis zerstörten. Aber auch die oben erwähnte, im Bau begriffene Schleuse wurde so vollständig zerstört, dafs von ihren Steinmauern keine Spur übrig blieb, und hier wurde nicht blofs die Sanddüne, sondern der Peressyp selbst durchrissen. Durch eine 70 Klafter breite Lücke stürzte das Meer in den Alibei, dessen Wasser um 14 Fufs niedriger stand als das des aufgestauten Mee- res, und bedrohte die ec. 9 Mill. Pud Salz, die auf dem Peressyp und an den Ufern des See’s, etwa 4 Fufs unter dem damaligen Meeresniveau, an verschiede- nen Stellen aufgespeichert waren, mit völliger Vernichtung. Während man sich bemühte, den Durchbruch zu stopfen, baute man Dämme aus Sandsäcken, die mit Schilfrohr umhüllt wurden, und schlug Brücken, um zu den Salzvorräthen zu gelangen, suchte dann diese durch eine Einfassung von Schilfrohr möglichst dagegen zu schützen, dafs sie weggewaschen wurden, und erhöhte die Wege, um die Vorräthe nach und nach auf die Höhe zu schaffen. Dem grofsen Eifer der Beamten, von denen sich einige durch ihre Anstrengungen im Kampf mit dem feuchten Element und in der ungünstigsten Jahreszeit lebensgefährliche Krank- heiten zuzogen, gelang es endlich, den gröfsesten Theil des Salzes zu retten und den Durchbruch zu stopfen. Aber schon nach drei Monaten, am 29. und 30. April, staute ein Nordoststurm das Wasser wieder dermafsen auf, dafs es die Sanddüne an mehr als 20 Stellen durchbrach, pfeilschnell in die Seen stürzte und sie mit den vom Peressyp fortgeschwemmten Sandmassen füllte. Sämmtliche Pikets auf dem Peressyp wurden unter Wasser gesetzt; von 115 hier aufgestapel- ten Salzhaufen blieben nur 20 unbeschädigt, von 17 andern auf der Alibeiskaja Ssibir wurden nur 2 erhalten, von 23 Haufen auf der zweiten Schabaschkowoi- Landzunge, die zusammen etwa 1 Mill. Pud Salz enthielten, konnte nur einer vollständig gerettet werden. Der Sturm wüthete mehrere Tage, und die Durch- brüche hatten sich so erweitert, dafs am 2. Mai ein türkischer Zweimaster, der an den Donaumündungen zu sein glaubte, durch einen solchen Durchbruch in den Alibei-See hineinsegelte und, als er seinen Irrthum erkannt hatte, auf dem- selben Wege wieder zurückging. Schon nach der ersten Katastrophe hatte sich der gröfseste Durchbruch in der Mitte des Februar zu einer Breite von 750 Fufs und zu einer Tiefe von 224 Fufs erweitert: er war ein schöner schiffbarer Canal geworden. Man war noch eifrig mit den Arbeiten zur Stopfung der Durchbrüche beschäftigt, als am 22. und 23. September ein neuer Sturm die Sanddüne an 40 Stellen zerrifs und das Meer wieder sämmtliche Seen mit Ausnahme des grofsen Sassyk überfluthete. Dieser Katastrophe folgte ein Jahr der Ruhe, das man be- nutzte, um die Seen wieder vollständig vom Meere abzusperren. Aber im September 1851 wurde die Düne wiederum an mehreren Stellen beschädigt, und man war noch mit den hierdurch .nothwendig gewordenen Ausbesserungen beschäftigt, als Die Steinbrüche der Krim. 65 im November und December desselben Jahres drei neue Durchbrüche entstanden, von denen einer 7, der zweite 20, der dritte 30 Sashen breit war; und in den Tagen vom 10. bis 13. Februar erfolgte eine fünfte Ueberschwemmung, die hef- _ tigste von allen, die den ganzen Peressyp mit allen darauf ausgeführten Arbeiten unter Wasser setzte. Herr v. Helmersen theilt nicht mit, ob es jetzt gelungen ist, den Peressyp so zu befestigen, dafs er dem gewaltigen Seitendruck des aufgestauten Meerwas- _ sers definitiv Stand halten kann. Für eine Reihe von Jahren wird sich in Folge dieser Ueberfluthung der Salzseen natürlich in der Salzproduction ein erheblicher Ausfall bemerklich machen; gelingt es aber, die Seen wieder in Binnengewässer zu verwandeln, so werden sie, da sie jetzt auch bis in ihre entfernteren seichten $ Buchten mit Seewasser gefüllt sind, nach einigen warmen Sommern wahrschein- _ lieh eine noch gröfsere Ergiebigkeit zeigen als in der letzten Zeit vor der Kata- } strophe, und man wird Mufse gewinnen, durch den Bau tüchtiger Schleusen den Seen denjenigen Zuschufs von Salzwasser zu sichern, dessen sie für einen be- ‘ stimmten Umfang der Salzgewinnung bedürfen, und den ihnen die Natur jetzt wider den Willen der Menschen in turbulenter und gefährlicher Weise zuge- führt hat. —n. di Die Steinbrüche der Krim '). hr, Die Steinbrüche, aus denen das Material für die Bauten in Sewastopol ge- 2 Die nächsten befinden sich 1) bei der Alexander-Batterie; 2) an der Quaran- täne-Bucht; 3) beim Nordfort; 4) im Thal von Inkerman; 5) in der Schlucht der Kielbucht. Die entfernteren liegen 1) in Balaklawa und 2) am Südrande des taurischen Gebirges. Jeder dieser Steinbrüche hatte nach der Natur des aus ibm gewonnenen Gesteins seine besondere Bestimmung. 1) Der Steinbruch bei der Alexander- Batterie liefert Bruchsteine und Ma- erial zum Kalkbrennen. Hier ist eine recht gute Kalksteinschicht entblöfst, diean Festigkeit der in der Schlucht der Kielbucht gleicht, aber zu Bruchsteinen noch nieht benutzt ist, da die Bearbeitung der Steine zu viel Steinhauer erfordern irde. Räumt man von der Oberfläche die nicht über 3% Fufs mächtige Schicht von nicht festem, mit Tschernosem gemischten Schutt weg, so stöfst man auf die Schicht dieses festen Gesteins, die 4 bis 6 Fufs mächtig ist. 2) In dem Thalgrund, der als Verlängerung der Quarantäne-Bucht betrachtet den kann, liegt der zweite Steinbruch. Auch hier liegt der Stein nicht über 3 Fufs tief, in Schichten von 6 Fufs Mächtigkeit; bei seiner mürben Beschaffen- hei t kann er mit Vortheil zum Kalkbrennen verwerthet werden. 3) Auf der Nordseite, östlich vom Nordfort, drei Werst von der Constantin- Batterie, liegen auf einem Raume von drei Quadratwerst mehrere getrennte Stein- rüche, in einer Tiefe bis zu 3 Fufs, zu deren Ausbeutung kein Pulver erforder- *) Nach einer russischen, im Morskoi Sbornik, December 1858, publieirten Ab- dlung des Unter-Stabscapitains Tjurin. eitschr. f. allg. Erdk. Neue Folge. Bd. VII, 5 66 Miscellen: lich ist. Man gewinnt hier Bruchsteine, Quadern und Steine zum Kalkbrennen. Die Steinschicht tritt an einigen Punkten zu Tage, an anderen sinkt sie bis zu beträchtlicher Tiefe unter die Oberfläche. 4) Der Kalksteinbruch von Inkerman liest 10 Werst von Sewastopol, wovon etwa 7 Werst Wasserweg. Ganz kahle Felsen bilden diesen Bruch, und sie sind bequem auszubeuten, da der Stein ohne Pulver bricht und wenig Arbeit verlangt. Im Jahre 1852 wurde er in grofser Menge gebrochen, da er fast bei allen Kron- und Privatbauten in Sewastopol benutzt wurde. Wenn er gebrochen wird, ist er so weich, dafs er mit einem Messer zerschabt und mit einer gewöhnlichen Säge zerschnitten werden kann. Er enthält oft eine ziemlich beträchtliche Beimischung von Thon, zieht deshalb die Feuchtigkeit an und verwittert leicht. Wegen seiner Weichheit ist er zum Bau von Gewölben sehr geeignet, da die Klammern leicht in ihn hineingetrieben werden können; seine Farbe ist weils und dem Auge an- genehm. Im ersten Stockwerk der Constantin-Batterie wurden die Gewölbe mit diesem Stein aus Inkerman ausgeführt. Mit der Zeit wird er an der freien Luft sehr hart, bildet daher ein vortreffliches Material für äufsere Verzierungen an den Gebäuden. Er kann leicht in grofsen Blöcken gebrochen werden. Bewahrt man ihn nach dem Bruch eine Zeit lang an einem trockenen Orte auf, so ge- winnt man ein wohlfeiles und recht dauerhaftes Baumaterial. Als im Jahre 1852 die über 20 Jahre alten Küchen bei den dreistöckigen Kasernen abgebrochen wurden, zeigte sich dieser Stein, der in den Mauern und auf der Aufsenseite im Karnies verwendet war, so wenig verwittert und so fest, dafs man ihn noch für andere Bauten brauchen konnte, -5) Der Bruch in der Schlucht der Kielbucht ist 3 Werst von Sewastopol entfernt; er liegt in den Felsen, aus denen schon in alter Zeit Steine gewonnen wurden. Die Schicht harten Gesteins — eines festen Kalksteins —, welche zu Tage trat oder in unbedeutender Tiefe hinstrich, ist fast ganz erschöpft, und um von Neuem gutes Gestein zu entblöfsen, muls man vorerst ziemlich beträchtliche Massen fester Schutterde wegräumen. In diesem Steinbruch kann man sieben verschiedene Arten von Kalkstein unterscheiden, die auf dem festen, zur Bear- beitung geeigneten Gestein liegen; sie besitzen einen grölseren oder geringeren Grad von Festigkeit und erfordern demnach zu ihrer Beseitigung eine gröfsere oder geringere Menge Pulver; die auf ihnen liegende Schutterde kann ohne Pulver, mit Schaufel und Spaten beseitigt werden. Aus allen diesen Lagern kann man in grolser Menge Blöcke zum Kalkbrennen und zum Bauen gewinnen. Die Schicht festen, guten Bausteins ist 3 bis 6 Fufs mächtig; er hat bei grofser Festigkeit oft ein krystallinisch körniges Gefüge und verträgt gut den Einfluls der Atmosphäre, widersteht auch der Wirkung der Geschütze gut. Wegen seiner weilsen Farbe, die nur selten in’s Hellgelbe übergeht, bildet er ein eben so schönes wie dauerhaftes Material, und wird namentlich zum Bau der äufseren Mauern verwendet. Von den entfernteren Steinbrüchen ist zunächst der Marmorbruch bei Bala- klawa zu erwähnen, 12 Werst von Sewastopol. Hier tritt das Gestein in grolsen Massen zu Tage, so dafs es leicht gewonnen werden kann. Es kann in grolsen Blöcken gebrochen werden, ist fest, widersteht dem Einfluls der Witterung gut, ist zum Kalkbrennen wie zum Bauen geeignet, und kann namentlich für äufsere Mittheilung aus Erzerum über das Erdbeben vom 2. Juni. 67 Verzierungen verwendet werden, wie auch zu Statuen, Monumenten, Gedenktafeln und kleineren Arbeiten; auch nimmt es eine gute Politur an. Obgleich dieser Bruch noch nicht lange benutzt wird, hat der Marmor in Sewastopol doch bei verschiedenen Bauten schon mannichfaltige Anwendung gefunden; man würde ihn auch mit Vortheil nach Odessa, Nikolajew und anderen Städten ausführen. Dasselbe gilt von dem Marmor bei Tschorguna und bei Alsu (jenseits Tschor- guna). \ Am Südabhange des taurischen Gebirges befindet sich ein Bruch von bunt- farbigem Marmor, der für das Schlofs Orianda benutzt wurde, wo sehr schöne Säulen und Fontänen aus ihm gefertigt sind. Der Bruch liegt in der Nähe des Städtchens Jalta bei dem Dorfe Miskhor, 15 Werst vom Ufer entfernt. Man hat den Marmor in ziemlich grofsen Blöcken gebrochen; er unterscheidet sich übri- gens nicht von dem in Balaklawa und nimmt eine eben so gute Politur an. Der Palast des Fürsten Woronzow in Alupka ist aus Grünstein erbaut; bei Alupka befinden sich Brüche grünen Diorit’s. Dieser gehört zu den festesten und dauerhaftesten Steinen und bildet ein vorzügliches Baumaterial; er kann, durch Pulver, in sehr grofsen Blöcken abgesprengt werden, und läfst sich eben- falls gut poliren. Auch bei dem Dorfe Artek, auf der Besitzung Potemkin’s, nicht weit von Jalta, wird Diorit gesprengt. Der Bruch ist nicht mehr als eine Werst vom Meere entfernt, und liefert sehr beträchtliche Blöcke. Dieser Diorit wurde zum Bau des Kai’s der Admiralität in Sewastopol verwendet; an Härte und Dauer- barkeit übertrifft er noch den Grünstein und läfst sich eben so gut poliren. Auch bei der Station Bijuk Lambat, auf der Besitzung des Generals Köp- pen, nicht weit von Aluschta, wird Diorit gewonnen, von gleicher Güte und Po- _ Jiturfähigkeit wie der vorige. Der Bruch ist 2 Werst vom Ufer entfernt. Noch _ an verschiedenen anderen Punkten des Südufers der Krim finden sich Diorit- _ brüche; die aus ihnen gewonnenen Steine unterscheiden sich von einander nur durch die Farbe, sie werden aber bei den Gebäuden in Sewastopol nur selten an- getroffen, wie die Brüche selbst auch wenig benutzt werden. —ı. Mittheilung aus Erzerum über das Erdbeben vom 2. Juni. (Aus einem Schreiben an Herrn Prof. Dove.) Das Erdbeben, welches am ?. Juni, Vormittags 11 Uhr, in Erzerum statt- fand und einen nicht unbedeutenden Theil der Stadt zerstört hat, war äufserst heftig, wenn auch allem Anschein nach local beschränkt. Die Erschütterungen dauerten nur 10 bis 12 Secunden; sie hielten eine be- | stimmte Richtung zwischen Südwesten und Nordosten inne und konnten eher als ein kurzes Rütteln wie als Schwingungen bezeichnet werden. Die davon in der Stadt angerichteten Zerstörungen halten einen gleichgerichteten schmalen Strich ‚als Hauptlinie inne und verbreiten sich bedeutend schwächer nach links und rechts über denselben hinaus. In dem nur zwei Stunden von hier entfernten Defil& des Dewe Bojun, in der Richtung auf Hassan Kale, war die Vibration nur gering, und in dem letztern Orte ist dieselbe durchaus nicht bemerkt worden. Ebenso 5* 68 Miscellen: hat man sie in der Ebene von Erzerum selber, und zwar im Norden des Euphrat, nur wenig bemerkt, und der Punkt Hingoks scheint, ungeachtet er nur drei Stun- den in der Richtung auf Thortum entfernt ist, ganz verschont geblieben zu sein. Dem Erdbeben vom 2. Juni ging am 1. Juni eine kleine Erschütterung voran, die bedeutender war wie die im Januar dieses Jahres, aber keine erheblichen Zerstörungen anrichtete. Am 2. Juni wurden dagegen einzelne Theile der alten, aus den Zeiten der griechischen Kaiser herrührenden Mauer der innern und äus- sern Festung umgeworfen, und andere festere Gebäude widerstanden nicht. Bemerkenswerth erscheint es mir, dafs die Richtung der Schwingungen bei dem letzteren Ereignifs mit den bei allen anderen hiesigen Erdbeben von mir be- obachteten übereinstimmte, und dafs dieselbe nahezu mit der Axe der nächstge- legenen Bergketten zusammenfällt. Zugleich erlaube ich mir, an den aufserordentlich milden diesjährigen Winter zu erinnern, der auf dem hiesigen Plateau eine Epoche machende Erscheinung gewesen ist. Die eigentliche kältere Jahreszeit nahm ihren Anfang erst am 16. Januar ec. An diesem Tage stand das Thermometer auf —14° R. um 9 Uhr Vormittags. Bis zum 31. Januar wurden um dieselbe Zeitstunde zwischen — 15° und — 20! ° R. beobachtet. Die Beobachtungen in den darauf folgenden Tagen, in derselben Zeitstunde, ergaben: 1. Februar —16° R., 2: - el R. 3 = N: 4. - (nicht beobachtet) wahrscheinlich — 15° R., 53 - u 6. - —4°’ R. Nangasakı. Der in Shanghai erscheinende „North China Herald“ vom 20. November 1858 bringt eine Correspondenz aus Nangasaki vom 18. October desselben Jahres, welche über einzelne Punkte der Umgebung dieses Hafenplatzes einige interessante Mittheilungen enthält, Wir stellen sie im Folgenden mit der Beschreibung zu- sammen, die Capt. Whittingham, welcher die Stadt am Bord der englischen Fre- gatte Sibylle besucht hat, davon entwirft und die W. Heine im zweiten Bande der „Expedition in die Seen von China, Japan und Ochotsk “ reprodueirt hat. Die Stadt liegt auf der Westküste der von tiefen Buchten zerrissenen Halbinsel Ohomura, die den nordwestlichen Theil der Insel Kiusiu bildet, und zwar an der sogenannten Bai von Kiusiu, die im Osten durch die Halbinsel Ohomura, im We- sten durch die Kette der Gotto-Inseln eingeschlossen wird und mit einer Anzahl gröfserer und kleinerer Inseln angefüllt ist. Die „Sibylle“ mu/ste sich bei ihrer Annäherung nach Nangasaki, während der Wind nachliefs, einen Tag und eine Nacht lang durch enge Canäle zwischen Inseln in nordöstlicher Richtung hindurch- arbeiten. „Die Inseln sind bis auf den Gipfel bepflanzt und oben mit Batterien en barbette (mit Brustwehren) gekrönt. Die Kanonen waren von verschiedenem Kaliber und unter Holzdächern sorgfältig geschützt; die wohlgeordneten Schiefs- Nangasaki. 69 scharten und Brustlehnen zeugten von holländischer Kunst und Sauberkeit; an einigen Orten hatte man sogar Bekleidungsmauern vom Wasserrande an hinauf- geführt, auch waren zwei Inseln mittelst eines künstlichen Steindammes mit ein- ander verbunden.“ Die südlichste Spitze von Ohomura ist das Cap Nomo, auf - gleicher Breite mit der gegenüber gelegenen südlichsten Spitze der Gotto-Inseln, - dem Cap Gotto. Die Bai von Nangasaki öffnet sich gegen Westen, sie ist weit, erstreckt sich aber nicht tief in das Land und enthält mehrere gröfsere und klei- nere Inseln, durch welche sie in einen äu/seren und einen mittleren Hafen ab- getheilt wird. Der sogenannte innere Hafen — also der dritte — ist eine schmale Bucht, welche sich drei engl. Meilen in’s Land erstreckt und an deren Ende die Stadt selbst liegt. Im „North China Herald“ 1. ce. heilst es von dem (inneren) Hafen: er ist eine Seebucht, deren Einfahrt nicht über eine halbe engl. Meile und an einer Stelle nur eine Viertelmeile breit ist. An der Westseite der Bucht liegt eine Batterie. Der Stadt gegenüber erweitert sich der Hafen bis zur Aus- dehnung von einer engl. Meile; die Stadt selbst liegt am östlichen Ufer. Auch von Whittingham wird die Einfahrt in den inneren Hafen als eng bezeichnet; sie ist anfangs von steilen Hügeln umgeben, die viele geeignete Plätze für die An- lage von Batterien darbieten, deren einige bereits angebracht sind. Der Hafen sammt seinen Umgebungen ist aufserordentlich malerisch, er macht den Eindruck lieblicher tiefer Ruhe. Die ihn umgebenden Hügel sind grün, mit Getreide und Gebüschen bewachsen, letztere für Brennholz bestimmt, und die schönsten Punkte mit Tempeln besetzt. Weiterhin werden die Hügel weniger steil, auf einer sanf- ten Abdachung liegt die Stadt. Im Hintergrunde derselben erheben sich steile Hügel. Auf ihren Abhängen und Gipfeln liegen zahllose Tempel zerstreut, zum Theil verdeckt durch ehrwürdige Bäume, deren tiefe Schatten diesen Götzenhäu- sern den Reiz geheimnifsvoller Heiligkeit verleihen. Nähert man sich ihnen aber und tritt hinein, so sieht man sich enttäuscht. Die architektonischen Verhältnisse sınd plump und geschmacklos, im Innern ist nichts bemerkenswerth, aufser einer Menge reiner weifser Matten und einer Anzahl häfslicher vergoldeter Götzenbilder. Das Bewundernswürdigste an den Tempeln sind die Reihen von Stufen, die bis- _ weilen in den Felsen eingehauen, häufiger noch aus behauenen Steinen mit un- ' glaublicher Mühe, vieler Kunst und gutem Geschmack aufgeführt sind. Auch die _ aufserordentlich breiten Platformen, auf welchen die Tempel erbaut sind, verdie- nen Erwähnung. Mitunter zählt man gegen zwanzig Treppenreihen, von denen - eine nicht weniger als 200 Stufen hatte, die alle gleich einer grofsen Stiege vom untersten Stockwerk in den obersten Saal hinaufführen. Es mögen etwa fünfzig bis sechszig Tempel sein; an einigen Stellen stehen sie so dicht neben einander und sehen sich so gleich, dafs ein Fremder sich gar nicht zurechtfinden kann ‚und leicht den Weg verliert. Aber von der Stadt und von der Bai aus gesehen ist ihr Anblick hinreifsend schön, und die ganze Landschaft umher erscheint eben 80 malerisch, wenn man sie von einem der Tempel aus betrachtet. = in Die Stadt Nangasaki selbst nimmt mit ihren Gärten und Strafsen, untermischt mit Gebüschen von grolsen Bauhölzern, Zwergbäumen und Gesträuchen einen be- trächtlichen Raum ein. Sie zählt angeblich eine Bevölkerung von 100,000 Seelen, vor 150 Jahren etwa 70,000. Die Strafsen sind meistens regelmäfsig und kreu- zen sich in rechten Winkeln; viele derselben sind mit gehauenen Steinen, wenig- 70 Miscellen: stens in der Mitte und an den Seiten, gepflastert, die meisten werden durch Be- sprengen und Abkehren anständig rein gehalten. Man sieht keine glänzenden imponirenden Gebäude, fast alle sind nur ein Stockwerk hoch, wie es gewöhnlich in Japan der Fall ist, und so dicht an einander gebaut, dafs sie sich wie eine compacte Masse, die von dem einen Ende der Strafse bis zum andern reicht, aus- nehmen. Auf den Strafsen und vor den Häusern giebt es nur wenige Bäume» dagegen fehlt es nicht an Baumgruppen in den Gärten und eingeschlossenen Räu- men, welche letztere von den hohen Mauern und den Häusern gebildet werden. Sie bestehen vornehmlich aus Fichten, Cypressen und Kampherbäumen, und bil- den zum Theil anmuthige Gruppen. Nangasaki gegenüber liegt die kleine, drei Morgen (Acres) grofse Insel De- zima, welche von der Stadt durch einen ungefähr zwei Ruthen breiten Canal ge- trennt ist, der aufser zur Fluthzeit trocken ist; eine steinerne Brücke von einem Bogen führt über ihn nach der Stadt. Die sehr kleine Insel ist wie ein Fächer geformt und fast ganz mit holländischen Häusern und Bazars bedeckt, welche zu beiden Seiten einer einzigen Stralse aufgeführt sind. Sie sind nichts weniger als ansehnlich, haben aber ein europäisches Aussehen. Nicht weit vom Mittelpunkt der Insel erhebt sich die holländische Flaggenstange. Das Nangasaki gegenüber liegende, Gestade des Hafens ist eben so anmuthig und schön. Es ist mit Dörfern bedeckt und ein hoher kegelförmig gestalteter Berg erhebt sich nahe am Ufer. Die zu beiden Seiten des Hafens aufsteigenden Hügel sind mit grofsem Fleifs und Geschick angebaut, mit einer dieken Gras- narbe belegt, auf der Gesträuch und Bäume bis zu den Gipfeln hinauf wachsen. Der ganze Hafen oder die Bucht ist etwa 5 engl. Meilen lang, wenn man von dem der Stadt gegenüber liegenden Ufer die Bucht entlang nach dem Meer hin- ausblickt. B. Zur Charakteristik der chilenischen Flora '). Wir sind gewohnt, eine regelmä/sige Zunahme in dem Reichthum der Vege- tation sowol hinsichtlich der Zahl der Species wie hinsichtlich der Gröfse und Zahl der Individuen wahrzunehmen, je mehr wir uns vom Pol dem Aequator nähern. Um so überraschender ist es, bei dem ersten Blick zu bemerken, dafs in Chile das Gegentheil stattfindet. Chile hat in seinen nördlichen Provinzen eine sehr dürftige Vegetation, es fehlt ganz an Wäldern, und der dem Wendekreise benachbarte Theil besteht aus einer vollständigen Wüste, während der Reichthum der Vegetation zunimmt, je mehr man nach Süden vorschreitet. Er erreicht aller Wahrscheinlichkeit nach sein Maximum zwischen dem 39. und 40. Breitengrade, wo wir einen Urwald finden von gigantischen Bäumen, die durch eine Unzahl von Schlingpflanzen (vogui in der Sprache der Araucaner) und Parasiten mit ein- ander verbunden sind, so dafs er undurchdringlich ist wie die brasilianischen Wälder. Und dieses gilt nicht blofs von ein paar Punkten, sondern der Wald !) Aus der Abhandlung: Estadistica de la flora Chilena. Von Dr. R. A. Phi- lippi, im ersten Hefte der Revista de ciencias i letras. Zur Charakteristik der chilenischen Flora. 71 bedeckt bedeutende und zusammenhängende Landstriche. - Aber auch weiterhin, südlich von Valdivia bis zur Magalhaens-Strafse, ja bis zu dem verrufenen Cap Horn finden wir dichte Wälder, in denen allerdings die Mannichfaltigkeit der Baumarten, ihre Gröfse und ihre Anzahl eine geringere ist. Aber wenn die Masse der Vegetation, soweit sie sich durch die Anzahl und Gröfse der Individuen ma- nifestirt, ihr Maximum in der Mitte des ausgedehnten Küstenstrichs zwischen dem Wendekreise und dem Cap Horn erreicht, fällt dieses Maximum doch nicht zu- _ sammen mit dem Maximum der Zahl der Species oder mit der gröfsesten Man- nichfaltigkeit der Vegetation. Diese letztere müssen wir, wie es scheint, etwas weiter nördlich suchen, in den gesegneten Provinzen Talca oder Colchagua; da wir indefs diese Gegenden nicht besucht haben und uns jede Aufzeichnung ihrer Flora fehlt, wagen wir nicht, dieses als eine positive Thatsache hinzustellen. We- nige Worte werden genügen, diese sonderbare Erscheinung zu erklären. Zwei Umstände wirken vornehmlich darauf ein, eine üppige Vegetation zu erzeugen: Wärme und Feuchtigkeit. Während nun in Chile die Wärme regel- mäfsig abnimmt, je mehr wir von dem Wendekreise dem Pol uns nähern, nimmt die Feuchtigkeit und mit ihr die Zahl und Stärke der Regengüsse vom Wende- kreise nach dem Pol hin zu. Leider fehlt es uns bis jetzt noch an genauen An- gaben, um diese Thatsache nachzuweisen; aber wir wissen, dafs man zu Copiap6 im Jahre höchstens auf drei Regenschauer rechnet '), dals es zu Santiago im Jahre 37 Regentage giebt *), während die Zahl der Regentage in Valdivia 130 bis 160, die in der Magalhaens- Colonie 138 beträgt. Wir dürfen nicht vergessen, dafs die letztere Colonie am Ostabhange der Cordillere gelegen ist, wo bereits ein sehr abweichendes Klima, das der Pampas von Patagonien, beginnt, und dals die Regengüsse im westlichen Theile der Meerenge viel zahlreicher sind. Für Chilo@ fehlen uns meteorologische Beobachtungen; aber Darwin, ein sorgfältiger _ und aufmerksamer Beobachter, der aus der Magalhaens -Strafse dorthin gekommen war, trägt kein Bedenken zu sagen: „Das Klima ist im Winter abscheulich und im Sommer nicht viel besser. Ich glaube, dafs es wenig Orte in der gemälsig- ten Zone giebt, an denen so viel Regen fällt. Eine Woche schönes Wetter ist ein Wunder.“ Noch spärlicher sind die Angaben über die Quantität des feuchten Niederschlages; in Santiago beträgt sie nach den Beobachtungen Domeyko’s 547 Millimeter, in Valdivia nach den Beobachtungen des Herrn Carl Anwandter 2777 "Millimeter, in der Magalhaens-Colonie 607 Millimeter. Wenn nun die Wärme in derselben Weise zunähme wie die Menge und Häufigkeit des Regens, so wür- den wir auch den Reichthum der Vegetation in demselben Verhältnifs zunehmen sehen; da aber das Gegentheil stattfindet und diese beiden Hauptfactoren der Vegetation nach entgegengesetzten Richtungen hin zu- und abnehmen, mufs der Reichthum der Vegetation da sein Maximum erreichen, wo sich ein noch hin- glich hoher Temperaturgrad mit einer grofsen Regenmenge vereinigt; und das zwischen dem 39. und 41. Breitengrade der Fall. Weiter nach Norden hin ") Als ich mich in San Pedro de Atacama befand, hatte es in 18 Monaten icht geregnet. 2) WVergl. die meteorologischen Beobachtungen J. Domeyko’s für das J. 1855, ie in den Anales de la Universidad publieirt sind. 72 Miscellen: mu/s der Reichthum der Vegetation sich vermindern in Folge des Mangels an Feuchtigkeit, und weiter nach Süden hin, weil die Temperatur zu niedrig wird. Es wird nicht unangemessen sein, an die Gründe zu erinnern, welche diese sonderbare, in ihren Hauptzügen von uns geschilderte Vertheilung der Regenmenge hervorrufen. Die weitgreifendste Ursache der Winde liegt bekanntlich in der Temperatur-Differenz, welche zwischen der heifsen Zone und den Polargegenden herrscht. Die in der heifsen Zone erwärmte und verdünnte Luft steigt in die Höhe, und ihre Stelle wird durch die kältere und schwerere Luft eingenommen, die aus den Polargegenden herbeiströmt und die sich auf der südlichen Halbkugel als Südwind darstellen würde, wenn diese Richtung sich nicht dadurch in eine südöstliche verändern müfste, dafs die Rotations- Geschwindigkeit der Erdkugel in der heifsen Zone stärker ist als in den Polargegenden. Wenn nun die kalte Luft der Polarzone an der Erdoberfläche nach der heifsen Zone hinströmt, ent- steht in der erstern eine Lücke, welche von derjenigen Luft ausgefüllt wird, die in der heifsen Zone in die Höhe gestiegen ist und die sich, ebenfalls wegen des Unterschiedes der Rotations-Geschwindigkeit, als ein Nordwestwind präsentiren wird. Betrachten wir nun, wie diese beiden grolsen Strömungen, die einen ununterbro- chenen Kreislauf bilden, in Chile modifieirt werden. Auf die nördlichen Provin- zen würde der Südost treffen sollen, der feucht und in Folge dessen regenreich ist, weil er über den südlichen Theil des Atlantischen Oceans gegangen ist. Die- sem Winde stellt sich aber die Cordillere wie eine gewaltige Mauer entgegen, sie hindert sein weiteres Vordringen oder gestattet es doch nur, nachdem er sich an diesem Hindernifs der Feuchtigkeit entledigt hat, die er mit sich-brachte. In jenen Provinzen wird es also an Regen fehlen, während dieser in den Provinzen Brasiliens und der Argentinischen Republik, die unter derselben geographischen Breite liegen, reichlich eintreten wird !). Ganz das Gegentheil wird in den süd- lichen Theilen Chile’s der Fall sein. Der Nordwest-Strom trifft sie, nachdem er über die immense Fläche des Stillen Oceans gestrichen ist, mit Feuchtigkeit ge- sättigt, sieht sich dann in seinem Vordringen ebenfalls durch die Cordillere ge- hemmt, und sendet hier die reichlichen Regengüsse herab, die in den Provinzen Valdivia und Chilo& und weiter südlich bekannt sind, — eine Regenmenge, wie sie nur in der heilsen Zone und in wenigen Localitäten der gemälsigten Zone, die eine analoge Lage haben, z. B. in Norwegen vorkommt. Aber am Ostabhange der Cordillere, in Patagonien, herrscht zu derselben Zeit die grölseste Trocken- heit. Es ist nicht nöthig zu sagen, dafs durch die centralen Provinzen Chile’s der Uebergang von der Dürre Atacama’s zu dem überaus regnerischen Klima von Chilo@ vermittelt wird. Die Theorie befindet sich also in vollkommenem Ein- klang mit den Thatsachen. Der durch die Cordillere hervorgerufene Contrast zwischen dem Klima des östlichen und des westlichen Süd- Amerika ist der Grund einer zweiten sehr auf- fallenden Erscheinung, welche die Vegetation Chile’s darbietet; wir meinen ihre völlige Abweichung von der Vegetation der benachbarten argentinischen Provin- zen. Es fehlt uns zwar noch eine Flora der letztern, um auf exacte Weise und ') Die betreffenden argentinischen Provinzen werden von diesen Regen nicht erreicht. Anm. d. Uebers. Die deutschen Colonien im südlichen Brasilien. 73 h durch Zahlenangaben diese Differenz charakterisiren zu können; aber alle Rei- sende, welche beide Republiken besucht haben, und namentlich die wenigen Bota- niker unter denselben sind über diese Erscheinung überrascht gewesen. Nur die eigentlich andinischen Pflanzen, d. h. diejenigen, welche auf den höchsten Gipfeln und in der Nähe des ewigen Schnee’s wachsen, und auch von diesen nur ein Theil, finden sich auf beiden Abhängen. Ich erwähne noch eine dritte Erscheinung, welche die meisten Europäer sehr überrascht, aber auf der ganzen südlichen Halbkugel beobachtet wird, — die Er- scheinung, dafs die einheimischen Bäume und Sträucher mit sehr wenigen Aus- nahmen und der ganze Wald in den südlichen Provinzen während des Winters % sein Laub behält und nie den traurigen Anblick eines seiner Laubkrone beraub- ten und nun wie ein Besen aussehenden Baumes darbietet. Dafür fehlt in Chile freilich der Zauber des schnellen Wechsels der Vegetation im Frühling, welcher diese Jahreszeit in Europa so reizend macht, wo in wenig Wochen ein grüner und mit tausend Blumen durchwirkter Teppich an Stelle der einförmigen Schnee- schichten erscheint, welche den Boden mehrere Monate lang bedeckt hatten. In den Ländern am Mittelmeer tritt die Erscheinung, von welcher wir sprechen, allerdings auch und fast in derselben Weise hervor; dies erklärt sich auf sehr einfache Weise dadurch, dafs die Winter in allen diesen Ländern sehr milde sind und das Thermometer selten unter Null herabsinkt. Deshalb sehen wir auch, dafs die Wälder an der Magalhaens-Strafse ausschliefslich aus immergrünen Bäu- men und Sträuchern bestehen, obgleich dort nicht eine einzige Species von Co- niferen vorkommt, — einer Familie, die im mittlern und nördlichen Europa ein- zig und allein das Vorrecht besitzt, ihre Blätter, die so lang und schmal sind, dafs sie in der deutschen Sprache richtiger „Nadeln“ genannt werden, auch im _ Winter zu behalten. Wir sehen in Europa, dafs die Species des Eichengeschlechts, _ die im nördlichen und mittlern Europa wachsen, ihr Laub am Anfange des Win- ters verlieren, wie z. B. Quercus robur, während die Species des Südens, z. B. @. suber, welche den Kork liefert, @. lex u. a. ihre Blätter behalten. Dasselbe gilt in Chile von den Buchen, die hier allein die in Europa so wichtige Familie der Cupuliferae repräsentiren; aber darin zeigt sich das Gegentheil: gerade die Species, die sich weiter vom Pol entfernen, werfen ihre Blätter ab, z. B. der chilenische Roble (Fagus obligua) '), während diejenigen Species, welche weiter nach Süden hin vorkommen, sie behalten, z. B. F. betuloides. —n. Die deutschen Colonien im südlichen Brasilien. Ueber die Frage, ob Brasilien europäischen Auswanderern als Colonial-Land zu empfehlen ist, stehen sich die Ansichten bekanntlich mit solcher Schroffheit gegenüber, dals es für denjenigen, der nicht aus eigener Erfahrung, sondern nur den vorliegenden Zeugnissen urtheilen kann, kaum möglich ist, sich hier- ber eine feste Meinung zu bilden. Sicherlich zählt die Geschichte der Auswan- erung nach Brasilien viel dunkle und schmuzige Blätter; auch kann es weder 1) Eben so, wie ich glaube, auch der Reuli (Fagus procera). TA Miscellen: denen, die sich in jenem Lande grofsen Täuschungen und furchtbarem Mifsge- schick ausgesetzt sahen, zum Trost, noch denen, die eine Auswanderung nach Brasilien beabsichtigen, zu besonderer Ermuthigung gereichen, wenn versichert wird, dafs jenes Milsgeschick, jene Enttäuschungen nicht der Regierung zu Rio Janeiro, sondern ihren mit Versprechungen leichtsinnig um sich werfenden Agen- ten zur Last fallen. Als ein zum allergröfsesten Theil unter den Tropen gele- genes Land kann Brasilien begreiflicher Weise nur in seinen höher gelegenen Berg- und Plateau-Landschaften und in seinen südlichsten Provinzen europäi- schen Einwanderern ein der Gesundheit zuträgliches Klima darbieten; und auch hier sehen sich die Ansiedler vorzugsweise auf Culturzweige verwiesen, in Bezug auf welche sie aus ihrer Heimath keine praktischen Erfahrungen mitbringen, — auf den Anbau von Kaffee, Zuckerrohr und Mandioca. Kaffeeplantagen liefern überdiefs erst nach ein paar Jahren einen Ertrag, und die Rentabilität der Zucker- rohrplantagen wird durch die Nähe von Etablissements, in denen das Product verarbeitet wird, oder durch das Vorhandensein von guten Communicationsmitteln wesentlich bedingt. Aus diesen und anderen Gründer haben sich die Colonien selbst im südlichen Brasilien nur langsam entwickelt und ihr Gedeihen ist gros- sen, zum Theil allerdings auch in politischen Ereignissen wurzelnden Schwankun- gen ausgesetzt gewesen. Sobald sie einmal die Zeit der Prüfung überstanden haben und fest begründet sind, verbürgt ihnen allerdings die aufserordentliche Fruchtbarkeit des alljährlich mehrere Ernten liefernden Bodens eine schnellere und gedeihlichere Entwickelung. Wir stellen im Folgenden die deutschen Colo- nien in den drei südlichsten Provinzen, Rio Grande do Sul, Santa Catharina und Paranä zusammen, und stützen uns dabei vornehmlich auf das schon vor längerer Zeit von uns besprochene Werk des Capt. Hörmeyer über Südbrasilien. Die deutschen Colonien in Rio Grande do Sul liegen der Mehrzahl nach an den Nebenflüssen des Rio Jacuhy. Dieser gro/se Strom, der an dem Einflufs des Taquary den Namen Guahyba annimmt, mündet in die inselreiche Lagoa de Via- mäo, welche durch den Canal von Itapoam mit der grofsen Lagoa dos Patos zu- sammenhängt. Er ist bis Triumfo für Seeschiffe, bis Sao Lourengo bei hohem Wasserstande für Flufsdampfer fahrbar. Seine bedeutendsten Nebenflüsse auf dem linken Ufer sind von W. nach O. der Rio Pardo, der R. Taquary, der R. Cahy und der R. dos Sinos. An dem Hauptstrome liegen Rio Pardo mit circa 3000, Triumfo mit e. 1200 und die Provinzialhauptstadt Porto Alegre mit ce. 20,000 Einwohnern, unter denen sich etwa 3009 Deutsche befinden. In dieser Provinz existiren 4 Staats- und 4 Privat-Colonien, die vorzugs- weise von Deutschen bewohnt sind. Jene haben zum Theil bereits aufgehört, den Namen „Colonie“ zu führen. Zu ihnen gehören: 1) Sao Leopoldo, die älteste, bereits 1825 gegründete Colonie, Sie liegt am R. dos Sinos, und der Colonial-Bezirk erstreckt sich westwärts bis zum R. Cahy und mit einer Picade über denselben hinaus in der Richtung auf den R. Taquary. Die Begründung einer Colonie im Urwalde beginnt bekanntlich damit, dafs durch denselben ein Aushau, eine Picada, etwa von 15 Fufs Breite geschlagen wird, in grader Rich- tung, welche nur durch die ärgsten Terrainschwierigkeiten modifieirt wird, Diese Picaden dienen als Fahrwege und sollen deshalb von Baumwuchs freigehalten werden. An ihnen wird zu beiden Seiten die Front der einzelnen Landloose ab- Die deutschen Colonien im südlichen Brasilien. 75 "gemessen und an den Bäumen markirt. In Säo Leopoldo erhielt jede Colonisten- Familie ein Landloos von 160,000 Quadrat-Brassen oder 300 preufs. Morgen (531 Quadrat-Brassen = 1 Morgen preufs.), meistentheils mit einer Front von 160 Brassen (800 Fuls) an der Picade. Gleichzeitig wurde am linken Ufer des Rio dos Sinos ein Stadtbezirk abgesteckt, in welchem jeder Ansiedler, der sich verpflichtete, innerhalb zwei Jahren ein Haus zu erbauen und es zu bewohnen, einen Baugrund nebst Raum zu einem Garten unentgeltlich angewiesen erhielt. K Die Zahl der ersten Ansiedler belief sich auf 126; ihnen folgten in den fünf 1 Jahren von 1825 bis 1829 4610 Einwanderer; dann nahm die Einwanderung ab und gerieth während des neunjährigen Bürgerkrieges, der die Provinz Rio Grande von 1834 bis 1842 verheerte, ganz in’s Stocken, später fanden sich wieder neue Immigranten ein, im Jahre 1846 sogar 1515 Personen, so dafs sich im Jahre 1854 die Bevölkerung dieses Colonial-Distriets auf 11,172 Seelen belief, die sich _ in 16 Picaden über das Land verbreitet haben. Die Picaden sind bereits so be- siedelt, dafs nur noch in denjenigen, welche von den Flüssen und Verkehrswegen . weiter entfernt liegen, Landloose zur Disposition stehen. Die bevölkertste ist die Picada de Dous Irmäos, von den Deutschen die „Baumschneiz“ genannt, in wel- cher im Jahre 1851 1690 Seelen lebten; dann folgen das Campo Occidental mit _ 4177, die Picade Sendente e Guary mit 842, Hortensio oder die Portugieser- schneiz mit 790, die Achtundvierziger und Vierzehner Schneiz mit 767, die Pi- _ eade Cafe mit 742 Einwohnern. Wo sich in diesen Picaden die Kirche erhebt, hat sich ihr bald das Wirthshaus, der Vereinigungspunkt der Bauern für den Fruchthandel, angeschlossen, und dies ist der Anfang eines Dorfes. Die Stadt Säo Leopoldo liegt am Flusse in einer niedrigen und nicht sehr gesunden Ge- _ gend; gleichwohl blühte sie anfangs rasch empor, da die Hauptstadt Porto Alegre von den Colonisten nur durch eine 24stündige Ruderfahrt zu erreichen, und ein näher gelegener Ort, an dem sie ihren Bedarf einkaufen konnten, ein dringliches Bedürfnifs war. Seitdem aber die Dampfschiffe auf dem Rio dos Sinos eine be- queme Verbindung mit der Provinzial-Hauptstadt vermitteln und den Colonisten die Gelegenheit geben, persönlich aus erster Hand und bei gröfserer Auswahl ein- _ zukaufen, ist Säo Leopoldo in seiner Entwickelung stehen geblieben, wenn die Stadt auch noch immer der Hauptsitz des Handwerksbetriebes ist. Sie zählt jetzt 4068 Einwohner. Die Landwirthschaft bildet natürlich das Fundament des Wohl- standes der Colonie; sie hat einen wohlhabenden, behäbigen und auf materiellen ‚Gewinn bedachten Bauernstand hervorgebracht, der sein Landloos meist auf den Erstgeborenen vererbt und den jüngeren Söhnen in entlegeneren Picaden oder auf ‘den benachbarten Colonial-Ländereien ein Besitzthum anzukaufen pflegt. Aber ‚auch einige Industriezweige haben eine bedeutende Ausdehnung gewonnen. So te man im Jahre 1852 bereits 56 Gerbereien, welche auch Riemerei und Sattlerei betrieben; die letztere lieferte jährlich 67,200 landesübliche Sättel. Dafs eine hinlängliche Anzahl von Zucker- und Mandioca-Mühlen vorhanden ist, ver- steht sich bei einer so alten, auf den Anbau des Zuckerrohrs und der Mandioca vo) ugsweise hingewiesenen Colonie von selbst; aber neben ihnen existirten auch icht Oelmühlen zur Verwerthung der gewonnenen Oelfrüchte. Aufserdem finden ich einige Brauereien und Brennereien, Leimsiedereien, Färbereien, Ziegelbrenne- reien, Töpfereien, eine Steingutfabrik, eine Fabrik chemischer Producte u. a. In 76 Miscellen: den letzten Jahren wurde auch eine sehr gute Seide gewonnen. Der Handel auf dem Cahy und dos Sinos wurde im Jahre 1854 mit 282 immatrieulirten Prah- men (lanchöes) von 80 — 1000 Sack Tragfähigkeit betrieben, zu denen noch eine Anzahl nicht eingetragener Fahrzeuge und kleinerer Canoas tritt. Für das reli- giöse Bedürfnifs und den Unterricht ist in den Picaden durch 8 katholische Kir- chen mit 4 Geistlichen, 11 protestantische Kirchen mit 4 Pastoren und 22 Schulen gesorgt, welche letztere im Jahre 1851 von 816 Schülern besucht wurden; dazu treten noch 2 Kirchen und Schulen in Säo Leopoldo. Doch zeigt sich unter den Colonisten wenig Sinn für die geistigen Interessen und die höheren Genüsse eines gebildeten gesellschaftlichen Lebens; ein ziemlich grober Materialismus ist der vorherrschende Zug. Fast gleichzeitig mit Säo Leopoldo wurden die Colonien Tres Forquilhas und Säo Pedro d’Alcantara das Torres auf Staatskosten gegründet, jene in der Absicht, die-dortigen, dem Meere ganz nahe gelegenen Seen durch Cana- lisation mit der Lagoa dos Patos zu verbinden und so eine direetere Communi- eation zwischen Porto Alegre und dem Meere herzustellen. Das Project wurde indefs nicht ausgeführt, und die Colonie erhielt auch erst 1849 eine Strafse auf die Serra, wodurch der Absatz ihrer Producte erleichtert wurde. Die Colonie hat sich deshalb, ungeachtet ihres fruchtbaren, für den Anbau von Kaffee und Zuckerrohr geeigneten Bodens, nicht besonders entwickelt; sie zählte im Jahre 1851 nur 605 Einwohner, welche 29 Sklaven besalsen; sie hatte eine katholische und eine protestantische Kirche und zwei Schulen. Das 10 Legoas davon ent- fernte, nicht weit vom Meere gelegene Torres wurde 1826 begründet; es wurde vornehmlich dadurch in seinem Aufschwung gehemmt, dafs bei der Vermessung viel Privatbesitz mit vermessen wurde und die Colonisten sich dadurch in die verdriefslichsten Processe verwickelt sahen. Die Bevölkerung belief sich 1851 auf 567 Einwohner, welche 49 Sklaven besalsen. Sie hatten eine katholische Kirche, eine katholische und eine protestantische Schule. Die Haupterwerbsquelle ist der Anbau von Zuckerrohr und das darauf begründete Brennereigeschäft. Viel jünger ist die vierte Colonie, Santa Cruz, die erst im Jahre 1850 von Seiten der Provinzial-Regierung gegründet wurde. Sie liegt am Rio Pardo und seinem Nebenflusse, dem Rio Pardinho, 8 Legoas nördlich von der Stadt Rio Pardo, und ihre Ländereien ziehen sich 5 Legoas weiter nordwärts in das Gebirge hinein. Die Landloose sind hier nach dem Provinzial-Decret vom 5. Dec. 1851 nur 100,000 Quadratbrassen (185 Morgen preufs.) grofs. Am Südende der Colonie soll auf dem sogenannten Faxinal der Donna Josefa eine Ortschaft von Handwerkern, Fuhrleuten und Müllern angelegt werden; von hier kann man über ein trockenes hügeliges „Campland“, d. h. baumlose Triften, die nur in den Sen- kungen bebuscht sind, auch zur Winterzeit mit Fuhrwerk bequem nach der Stadt Rio Pardo gelangen. Die Colonie zählte 1854 bereits 891 Einwohner und be- stand aus 304 Ansiedelungen, von denen 171 in der Picade Santa Cruz, 111 in der des Rio Pardinho, 14 in der „neuen“ und 8 in der „kleinen“ Picade liegen. Die wichtigsten Culturproducte sind Bohnen, Mais und Taback; man baut zwar auch Zuckerrohr, aber nur für Brennereien, da das Zuckerrohr bei der höheren Lage der Colonie selten zu völliger Reife gelangt und oft durch Nachtfröste leidet. Der Viehstand ist für eine Colonie, die im Urwalde liegt und an Weide Mangel u nn Die deutschen Colonien im südlichen Brasilien. Mr leidet, ziemlich beträchtlich; man zählte in jenem Jahre 180 Pferde und Maul- thiere, 111 Kühe, 1530 Schweine und eine Menge Federvieh. Der industrielle - Unternehmungsgeist hat mehrere Mühlen, eine Brauerei und eine Brennerei, zwei ee Cigarrenfabriken u. dgl. angelegt. Die Colonisten sollen sich vor denen in Säo Leopoldo durch gröfsere Verträglichkeit und thätigeren Gemein- ‚sinn auszeichnen. ei Die vier Privat-Colonien der Provinz sind: 1) Mundo nuovo, eine Nach- _ bar-Colonie von $S. Leopoldo, begründet im Jahre 1850 von Tristäo Joze Mon- _teiro an dem Flüfschen Santa Maria, das von Norden her in den Rio dos Sinos mündet. Sie ist von der Villa S. Leopoldo 14, von Porto Alegre in gerader "Richtung 20 Legoas entfernt, und mit der Stadt S. Francisco de Paula durch eine von der Provinzial-Regierung angelegte Fahrstrafse verbunden. Auch diese Colonie liegt ziemlich hoch; Haupteulturen sind Bohnen und Mandioca; doch ge- währt hier auch der Wald einigen Nutzen, da er grölsestentheils aus Brasilfichten (pinheiro, Araucaria brasiliensis) besteht, die zuweilen 150 Fufs hoch werden, erst in einer Höhe von 50 — 60 Fufs Aeste ansetzen, durchweg schlank und grade _ wachsen und sich sehr leicht in Planken und Bretter spalten lassen. Es verwer- then bereits einige Sägemühlen diesen schönen Waldbaum, der in den niedriger gelegenen Ländereien Brasiliens nicht vorkommt, während er auf dem Plateau zwischen Lages und Curutiba in den Wäldern vorherrscht. Die Bevölkerung wird auf 468 Seelen geschätzt. Einen grofsen Theil derselben bilden die jüngeren Söhne der Bauern von S. Leopoldo, die sich hier augekauft haben; die Land- loose sind 150,000 Quadrat-Brassen grofs. — 2) Rincäo d’El Rey, 1850 von Dr. Barcellos nur 24 Legoas von Rio Pardo, auf dem Wege von dieser Stadt mach der oben erwähnten Colonie Santa Cruz angelegt. Das Terrain ist ein von waldigen Rinnen (capoes) durchzogenes Campland; es fordert daher mehr zur Viehzucht auf, zumal da die Milchwirthschaft bei der Nähe der Stadt Rio Pardo recht einträglich ist. Hier sind etwa 80 Familien angesiedelt. — 3) Conven- 'tos, eine erst vor wenigen Jahren begründete Colonie auf den Besitzungen des ehemaligen bremischen Consuls in Rio Grande, Herrn Claufsen, in dem schönen Thale des Tayuary, 15 Legoas oberhalb seiner Einmündung in den Jacuhy. Hier sind erst 13 Familien, die aus 59 Personen bestehen, angesiedelt. — 4) Nicht _ weit vom Taquary, auf dem Wege von Conventos nach der Villa Taquary und von der letztern nur 3 Legoas entfernt, liegt die Colonie Silva, auf der Be- zung eines Herrn da Silva. Das Areal ist nicht grofs; es umfafst 200 Land- loose, jedes von 125,000 Quadrat-Brassen. Zur Zeit sind hier acht Familien an- gesiedelt. Aufserdem beabsichtigt Graf Montravel am Einflufs des Maratä in den Rio Jahy an einer für die Verschiffung der Produete günstig gelegenen Stelle eine Dolonie zu gründen, die er jedoch vorzugsweise mit Katholiken, in erster Linie dit französischen Schweizern, in zweiter mit Belgiern und erst in dritter mit Jeutschen zu besiedeln wünscht. Ein Landloos von 100,009 Quadrat-Brassen st für 500 Milreis käuflich, auf fünfjährigen Credit. Ein anderes Project eines | Rio Grande ansässigen wohlhabenden Kaufmanns, Herrn Rheingantz, geht da- , eine Colonie an der Lagoa dos Patos, 5 Legoas nördlich von Pelotas, zu ünden. Das Terrain ist ein mit Laubwald bestandenes Hügelland, das von den 78 Miscellen: Flüssen Camacuam, Sao Lourenco (nach welchem die Colonie benannt werden soll) und Arroyo grande bewässert wird. Die beiden erstern sind für Lanchoes von 4100 Säcken Tragfähigkeit zugänglich. Die Producte der Colonie würden demnach leicht nach Pelotas und Rio Grande verschifft werden können. Von den Colonien der Provinz Sta. Catharina sind die Staats-Colonien eben- falls bereits seit längerer Zeit brasilianische Gemeinwesen geworden. In der älte- sten derselben, Säo Pedro d’Alcantara, ist sogar die portugiesische Sprache allgemein in Gebrauch gekommen. Diese Colonie liegt am Maruhy, 4 bis 5 Le- goas von seiner Einmündung in den Canal von Sta. Catharina, und ihre Lände- reien erstrecken sich nordwärts bis an den Biguassü. Deecretirt wurde die An- lage dieser Colonie bereits im Jahre 1828; aber erst im folgenden Jahre gelangten die ersten Colonisten, 635 Köpfe, in den Besitz ihrer Ländereien. Angriffe der Indianer und politische Wirren führten eine Reihe von Unglücksfällen herbei, von denen die Colonie sich nur allmählich erholen konnte. Ihre Bevölkerung scheint nicht merklich zugenommen zu haben, aber wie von $. Leopoldo sind auch von hier zahlreiche Colonisten nach anderen Theilen der Provinz ausgewandert. Die Landwirthschaft wird mit günstigem Erfolge betrieben; die Colonisten führen Mandioca- und Maismehl, Zucker, Branntwein, Bohnen, Kartoffeln, Reis und ver- schiedene Producte der Viehzucht aus, jährlich nach dem Durchschnitt der Jahre 1843 — 1848 zu einem Werth von 24,000 Milreis. Dagegen scheint die Industrie, mit Ausnahme des Mühlenbetriebs zur Verarbeitung von Mais, Reis und Zucker- rohr, zurückgeblieben zu sein. Die Anzahl der Bewohner wird für 1848 auf 640 angegeben. Von hier aus ist im Jahre 1836 die Colonie Itajahy gegründet worden, an dem gleichnamigen Flusse, dessen Thalgebiet neuerdings für die Co- lonisation noch höhere Bedeutung gewonnen hat. Der Grofse Itajahy mündet, nachdem er sich mit dem Itajahy mirim oder Kleinen Itajahy vereinigt hat, etwa in der Mitte des Küstenstrichs zwischen den Hafenplätzen Desterro und S. Fran- eisco. Vor seiner Mündung liegt eine geräumige, aber offene Rhede, innerhalb derselben ein kleiner sicherer Hafen, in welchem Schiffe von 11—12 Fufs Tief- gang einen guten Ankerplatz finden. Der Flufs selbst ist durch eine veränder- liche Barre versperrt, über welche nur Schiffe von 5 bis 6 Fuls Tiefgang in den Flufs hinein bis 5 Meilen weit aufwärts vordringen können; flacher gehende Dampfer würden auch noch 4 Meilen weiter bis an den Salto grande gelangen können, einen romantischen Wasserfall von etwa 30 Fufs Höhe. In seinem obern Laufe ist der Flufs nur streckenweise für Canoas fahrbar. Die erwähnte Colonie liegt am Zusammenflusse des Grofsen und Kleinen Itajahy, welcher letztere ebenfalls einige Meilen weit schiffbar ist, auf sehr fruchtbarem Boden, — wie überhaupt der mehr oder minder schwere Thonboden des Itajahy-Thales für den fruchtbar- sten Theil der ganzen Provinz gilt. Aber gleich im ersten Jahre ihrer Existenz wurde die Colonie, bis auf 6 Deutsche und 2 Brasilianer, durch einen Ueberfall der Wilden auseinander gesprengt, und sammelte sich erst wieder, als die Re- gierung eine kleine Truppen - Abtheilung hierher verlegte. Seitdem ist sie durch gewinnreichen Anbau von Zuckerrohr, Kaffee, Mandioca und Mais schnell empor- gekommen; sie mag etwa 400 Bewohner zählen und besafs 1853 bereits 15 Zuckermühlen nebst Siedereien und Brennereien, 20 Mandiocamühlen, 10.Säge- mühlen u. s. w. Auch die dritte Staats- Colonie, Varz&a grande, ist von Co- Die deutschen Colonien im südlichen Brasilien. 79 lonisten aus Sao Pedro d’Alcantara begründet. Sie liegt in der grofsen Thal- _ niederung, welche vom Cubatao durchströmt wird, einem Flüfschen, das etwas _ südlich vom Maruhy in den Canal von Sta. Catharina sich ergiefst '). Ihre Be- gründung fällt in das Jahr 1837; 1853 bestand sie aus 116 Personen, die sich _ überwiegend mit Viehzucht beschäftigten. Die Colonie Piedade wurde erst im Jahre 1847 hart an der Küste, dem Hafen Desterro gegenüber, angelegt, aber _ die Colonisten verliefen sich zum Theil, angeblich des schlechten Bodens wegen, wahrscheinlich aber, weil ihnen der Erwerb in der benachbarten Hafenstadt be- ; quemer war als die Urbarmachung des Bodens. So zählte die Colonie im Jahre 1853 nur 91 Deutsche, während 150 im Jahre 1847 hierher versetzt waren. Besseren Erfolg hatte die zu derselben Zeit begründete, 6 Legoas vom Meere entfernte Colonie Sta. Izabel. Sie liegt schon ziemlich hoch, an der Strafse, die nach Lages führt; ihre Bevölkerung hatte sich von 256 Seelen auf 307 (im Juli 1854) vermehrt. Von deutschen Privat-Colonien besitzt die Provinz zwei. Die ältere ist die _ nach ihrem Gründer benannte und vielbesprochene Colonie Blumenau. Der Gründer hatte im Jahre 1850 einen Landstrich am Einflufs des Arroyo das Velhas in den Grofsen Itajahy gekauft und von der Regierung bedeutende Strecken von Staats-Ländereien zum Zweck der Besiedelung als Geschenk erhalten; hier wur- den in demselben Jahre 17 Personen angesiedelt, denen im nächsten 8, im Jahre 1852 bereits 110 Einwanderer folgten. Im Jahre 1854 erhielt Dr. Blumenau von der brasilianischen Regierung bedeutende Vergünstigungen zugesichert, welche die besten Aussichten für das fernere Wachsthum der Colonie eröffnen, und schon jetzt ist ihre Entwickelung eine so günstige, dafs mehrere Colonisten aus 8. Pedro d’Alcantara hierher übergesiedelt sind Unter den Zweigen der land- _ wirthschaftlichen Cultur steht der Anbau des Zuckerrohrs, das hier zuweilen 12 bis 16 Fufs hoch wird, in erster Linie; ‚1856 waren bereits 5 Zuckermühlen in Thätigkeit. Demnächst gedeiht der Taback aufserordentlich gut; die Staude wird zuweilen 12 Fufs hoch und hat gegen 30 Blätter; aber unter den Colonisten be- findet sich nur ein einziger, der die Pflanze kunstgerecht zu behandeln versteht, und die von diesem gefertigten Cigarren sind meist schon weit im Voraus ver- kauft. Der Maisbau kommt in Aufnahme, seitdem die Colonie zwei Maismühlen besitzt, von denen die eine durch Wasser, die andere durch Thiere in Bewegung gesetzt wird; das Maismehl, mit einem Theile Roggen- oder Weizenmehl versetzt, ‚wird von den Colonisten mit Recht dem faderen Mandioca-Mehl vorgezogen. Ebenso hat das Project, zwei Oelpressen anzulegen, zum Anbau der Rieinusstaude angeregt, einem Culturzweige, der auf den meisten südbrasilianischen Colonien gute Erfolge verspricht. Der Kartoffelbau dagegen ist in Folge der Kartoffel- krankheit in Abnahme gekommen, und man wendet sich mehr dem Anbau der einheimischen Knollengewächse (Aipi, Kara, Taya und Batata) zu, die von sol- !) Nach Hörmeyer (Südbrasilien p. 253) 2 Legoas nördlich von Säo Pedro d’Alcantara, was mit der Angabe über die Lage am Cubatäo unvereinbar ist. Nach ler uns vorliegenden grolsen Carta geo-hydrographica da ilha e canal de Sta. Ca- harina levantada por H. L. de Niemeyer-Bellegarde mündet der Cubatäo eine Le- 92 südlich vom Maruhy, ebenso auf der Carta corographica da Provincia de Sta. tharina von Joäo de Souza Mello e Alvim., 80 Miscellen: chen Krankheiten nicht zu leiden haben und auch auf schlechterem Boden gute Erträge liefern. Neuerdings ist auch im Luzernebau mit glücklichem Erfolge ein Versuch gemacht, der bei dem geringen Umfange der Weideländereien ohne Frage Nachfolge finden wird, sobald sich der Viehstand der Colonie, der am Schlusse des Jahres 1856 nur aus 11 Pferden und Maulthieren, 76 Stück Rindvieh und 134 Schweinen bestand, vermehrt haben wird; in der warmen Jahreszeit muls man die Luzerne alle 14 Tage, höchstens alle 3 Wochen schneiden. Ein Colo- nist aus Thüringen hat auch zum ersten Mal in der Colonie den Pflug zur An- wendung gebracht und dadurch bedeutend höhere Erträge erzielt. Die verschie- denen Zweige der Gewerbsthätigkeit waren am Schlusse des Jahres 1856, mit Ausnahme der Töpferei und Klempnerei, in der Colonie bereits vertreten. Aufser den schon erwähnten 5 Zucker- und 2 Mais-Mühlen besals sie 5 Mandioca- Mühlen, eine Essigfabrik, eine Bäckerei, 2 Sägemühlen und andere Etablissements. Ein Colonist bereitete aus Mais, Zucker, Ingwer und Hopfen ein erfrischendes, stark mousirendes Bier. — Die Bevölkerung der Colonie bestand Ende 1856 aus 468 Seelen. Im Laufe des Jahres fanden 19 Geburten, 4 Heirathen, 10 Todes- fälle statt; von den letztern wurden 4 nicht durch Krankheit, sondern durch Un- vorsichtigkeit herbeigeführt. Die Colonie besitzt eine Schule; ein protestantischer Geistlicher ist engagirt. Ein Jahr jünger ist die Colonie Dona Francisca. Im Jahre 1849 hatte der Hamburger Colonisations-Verein ein 8 Quadrat-Legoas grofses Terrain von den Ländereien aecquirirt, welche der Prinz von Joinville als Mitgift seiner Ge- mahlin Dona Franeisca besals. Sie werden von den Flüfschen Caxoeira und Bu- carein bewässert, die sich in die mit der Bai von S. Franeisco in Verbindung stehende Lagoa de Saguassü ergiefsen, aber nur für ganz flache Fahzeuge schiff- bar sind. Die tiefer liegenden Strecken sind zum Theil sumpfig, aber mit der fortschreitenden Cultur bessern sich Boden und Klima, Von der Hafenstadt S. Francisco ist das Colonialgebiet 10 Legoas entfernt. Hier wurden 1851 zuerst Deutsche und Schweizer, 118 Personen, angesiedelt, denen in den folgenden Jah- ren mehr oder minder starke Auswandererzüge folgten, so dafs die Colonie am Ende des Jahres 1856 bereits 1428 Einwohner (793 männlichen, 635 weiblichen Geschlechts) zählte; es kamen in diesem Jahre 18 Heirathen, 54 Geburten und 41 Todesfälle vor. Von den andern Colonien unterscheidet sich Dona Franeisca dadurch, dafs sich hierher nicht ausschliefslich ärmere Landleute und Handwerker wandten, sondern auch Personen aus den wohlhabenderen Klassen, die ihr dort erworbenes Besitzthum nicht persönlich bearbeiten, sondern durch Andere bear- beiten lassen. In Folge dessen hat sich ein Theil der ärmeren Einwanderer als Tagelöhner in ein abhängiges Verhältnils begeben, und selbst viele von den Hand- werkern, die ursprünglich auf den Ackerbau ihre Subsistenz in der neuen Welt zu gründen beabsichtigten, haben dieses harte Tagewerk mit dem bequemeren Handwerksbetriebe vertauscht, da der letztere durch die Niederlassung wohlhaben- der Personen einträglich geworden war. Wenn dieser Umstand der Ausdehnung des Anbau’s nicht günstig war, so gab er andererseits der Industrie einen leb- hafteren Impuls, als es in andern Colonien der Fall war, und drückte den wirth- schaftlichen und geselligen Verhältnissen der Colonie ein mehr europäisches Ge- präge auf. In der Feldwirthschaft ist der Reisbau das Wichtigste, demnächst die Die deutschen Colonien im südlichen Brasilien. 81 Cultur des Zuckerrohrs, und der Anbau der gewöhnlichen Nahrungsgewächse Mais, Mandioca, Gemüse u. s. w. Kaffee wird bis jetzt nur für den eigenen Be- darf gebaut. Von Viehzucht ist bei dem Mangel an Weiden nicht die Rede; im Jahre 1856 zählte man 68 Pferde, 79 Stück Rindvieh, 26 Kälber und 262 Schweine. Viel gröfsere Regsamkeit zeigte sich in industriellen Unternehmungen. Zu jener Zeit waren 10 Zucker-, 31 Mandioca-, 3 Mais-, eine Dampfsäge-Mühle, eine Oel- und 5 Reisstampfen, 2 Ziegeleien, 1 Töpferei, 1 Bierbrauerei, 1 Liqueurfabrik, 3 Cigarrenfabriken und andere geweibliche Anstalten im Betriebe, und die Hand- werker waren so zahlreich, dafs ihre Arbeiten in Folge der starken Concurrenz billiger waren als in jeder anderen Stadt Brasiliens. — Die Colonie zerfällt in das Stadt- und in das Landgebiet; jenes — die Stadt Joinville — hatte 70, dieses im Jahre 1854 bereits 160 bewohnte Häuser. Die dritte Provinz Südbrasiliens, Paranä, ist aus Theilen der Provinzen Rio Grande und Säo Paulo gebildet. Von der erstern sind die Ländereien zwischen dem obern Uruguay und dem Iguassu, von der letztern die ganze südliche Hälfte zwischen dem Iguassu und dem Paranapanema abgezweigt. Die Südgrenze folgt dem Uruguay bis zur Einmündung des Rio Timbo, dann dem letztern aufwärts und dem Kamm der Serra bis 26° S. Br., wo sie sich plötzlich ostwärts längs des Rio Sahy zur Küste wendet, die sie zwischen S. Francisco und Guaratuba erreicht. Die Nordgrenze läuft längs des Paranapanema hin bis zur Einmündung des Rio Itarere, folgt dann dem letztern aufwärts nach Süden, so dals sie die Villa de Castro einschliefst, geht über die Serra an den obern Lauf des Iguape und wendet sich von hier südöstlich zur Küste, die sie unter 25° S. Br., Cana- nea gegenüber, erreicht. Der nördlichste Theil der Provinz gehört also bereits der Tropenzone an; gleichwol ist ihr Klima in Folge ihrer höheren Lage — namentlich der südöstliche Theil ist ein hohes Plateau — kühler als in einigen & Theilen der südlicher gelegenen Provinzen. Wie in den westlichen und südlichen Distrieten von Rio Grande, sind auch in der Provinz Parana die Campos vorwie- gend, — weidenreiche Hügellandschaften, unteımischt mit Busch- und Waldstrei- fen in den feuchteren Gründen der Flufsthäler; so liegen namentlich zu beiden Seiten des oberen Iguassü ausgedehnte Campos, im Norden die von Guarupuava, im Süden die Campos das Palmas. In dieser Provinz befindet sich nur eine deutsche Staats-Colonie, das im - Jahre 1828 gegründete Rio Negro, südlich von Villa do Prineipe, am Rio Ne- gro gelegen, einem Quellflusse des Iguassü. Im Folge der Indianer-Einfälle, welche die Colonie anfangs sehr belästigten, und des Mangels an geeigneten Com- "municationsmitteln, verliefs eine Anzahl von Colonisten die Ansiedelung und zer- streute sich als Handwerker, Krämer, Gastwirthe über die Provinz. Im J. 1854 zählte Rio Negro nur noch 351 Einwohner. Die von Dr. Faivre begründete Privat- Colonie Dona Tereza erwähnen wir nur, weil sie jetzt deutsche Ansiedler her- zuziehen gedenkt; bisher bestand sie nur aus Franzosen. Sie liegt im Quell- gebiet des Rio Ivahy, auf dem Wege von Curutiba nach Guarupuava, inmitten von Indianerstämmen, deren Civilisirung eine Hauptaufgabe der Colonie bildet. Zu diesem Zweck, wie zur Anlage zweier Wege, westwärts nach Guarupuava und ärts nach Ponte Grossa, hat ihr die Regierung eine Subvention zu Theil erden lassen; die beiden genannten Städte sind die Absatzmärkte für die Co- Zeitschr. f, allg. Erdk. Neue Folge. Bd. VII. 6 82 Miscellen lonisten, die sich besonders auf den Anbau des Zuckerrohrs und des Tabacks gelegt haben. Eine zweite Privat-Colonie, Superaguhy, ist im Jahre 1854 auf zwei Inseln der Bucht von Paranagua, acht Stunden von diesem Hafen, von dem schweizerischen General-Consul in Rio Janeiro, Herrn Perrel-Gentil, ange- legt worden. Sie besteht aus 13 schweizerischen Familien, soll sich aber keines Gedeihens erfreuen, obwol es bei ihrer Lage an Absatz unmöglich fehlen kann. Da die im Obigen enthaltenen Bevölkerungsangaben sich nicht auf einen und denselben Zeitpunkt und zum Theil auf längst verflossene Jahre beziehen, ge- statten sie nur, das Minimum der deutschen Bevölkerung Südbrasiliens in einer runden Summe anzugeben: dieselbe beträgt mit Einschlufs der Deutschen in Porto Alegre mindestens 21,000 Seelen. —n. Zur Bevölkerungs-Statistik der Argentinischen Conföderation. Durch ein Decret vom 1. December 1856 ordnete die Regierung der Argen tinischen Conföderation einen allgemeinen Census an und versah die Behörden mit genauen Instructionen und Formularen, damit die statistischen Erhebungen nach übereinstimmenden Gesichtspunkten ausgeführt würden. Wie hoch man auch die Schwierigkeiten eines solchen ungewohnten Unternehmens in einem grofsen Lande mit dünn verstreuter Bevölkerung veranschlagen mag, so muls es doch Verwunderung erregen, dafs der Minister des Innern, nachdem im Jahre 1857 nur aus den Provinzen Entre Rios und Corrientes das Resultat des Census mit- getheilt war, auch im Jahre 1858 in seiner Botschaft an die legislativen Kam- mern nur von drei anderen Provinzen, von San Luis, Cördova und Mendoza, hervorheben konnte, dafs sie das Ergebnifs der statistischen Erhebungen einge- sandt hätten. Charakteristisch für die dortigen Verhältnisse ist seine Versiche- rung, dafs man zwar von der Ausführung jenes Decrets auch in der gröfseren Hälfte der übrigen Provinzen auf nicht-amtlichem Wege Kenntnifs erhalten habe, dafs aber über der Absendung der Listen ein Dunkel schwebe, welches man trotz wiederholter Anfragen nicht habe aufklären können.. Duich die Güte des Kgl. Preufs. Geschäftsträgers in den La Plata-Staaten, Herrn v. Gülich, ist uns seit- dem noch eine Mittheilung über das Resultat der Volkszählung in der Provinz Tucuman zugegangen. Stellen wir die Hauptziffern dieses neuen Census zusam- men, so erhalten wir folgende Uebersicht: A Eingeborene Fremde im Ganzen Entre Rios 67,238 12,044 719,282 Corrientes 83,441 2,006 85,447 San Luis 37,449 153 37,602 Cördova 136,739 330 137,069 Mendoza 44,397 3,181 41,478 Tucuman 83,771 213 84,044. Vergleichen wir diese Ziffern mit früheren Angaben, so ergiebt sich zunächst für Entre Rios eine nicht unerhebliche Vermehrung der Bevölkerung, welche vor- zugsweise der Einwanderung zuzuschreiben ist. Eine Zählung im Jahre 1849 ers Zur Bevölkerungs - Statistik der Argentinischen Conföderation. 83 ergab eine Bevölkerung von 47,671 Seelen; in acht Jahren wäre demnach ein Zuwachs von mehr als 66 Procent eingetreten. Nun zählte man im Jahre 1849 allerdings nur 4017 Fremde, im Jahre 1857 dagegen 12,044 Fremde; aber auch dann, wenn man die Fremden aufser Acht läfst, würde sich für die einheimische Bevölkerung ein Zuwachs von 54 Procent ergeben, — was bei der Zählung von 1849 einen erheblichen Fehler voraussetzen läfst. Die Bevölkerung von Corrientes schätzte J. Maeso im Jahre 1854 auf 60,000 Seelen. Die Schrift: „La Provincia de Corrientes, por Vicente Quesada. Buenos _ Ayres 1857“ enthält Angaben, welche auf Zählung beruhen und sich ebenfalls auf das Jahr 1854 zu beziehen scheinen. Darnach belief sich die Volksmenge auf 82,709 Seelen, abgesehen von dem nordöstlichsten, wenig bekannten Departe- ment San Tome, für welches die Bevölkerungszahl nicht mitgetheilt ist. Der Census des Jahres 1857, 85,447 Seelen, steht mit jener Zahl in Einklang, und widerlegt die von anderer Seite ausgesprochene Vermuthung, dafs die Bevölke- rung der Provinz sich auf mehr als 100,000 Seelen beläuft. Die Bevölkerung der Provinz San Luis hatte man bisher auf 25 — 30,000 Seelen geschätzt; die Zählung von 1858 hat 37,602 Seelen ergeben. » Für Cördova ergab die Zählung von 1823 nur 85,000 Seelen, die neue - 437,069, mithin in 35 Jahren einen normalen Zuwachs von 61 Procent. Die Sehätzung J. Maeso’s auf 150,000 Seelen für das Jahr 1854 war demnach zu hoch gegriffen. Ueberraschend ist das neue Ergebnils für Mendoza, 47,478 Seelen, da man _ die Bevölkerung dieser Provinz schon vor einigen Jahren mindestens auf 60,000 Seelen angeschlagen hatte. | Für Tuceuman stellen wir das Resultat des neuen Census mit dem der Volks- zählung von 1845 zusammen. Darnach lebten : > 1845 1858 in Tucuman mit dem Weichbild . 16,822 26,126 Seelen, im Depart. Monteros nebst Encalilla 10,808 12,593 - - - Rio Chico, ..;hesueuilo das red; 361 7,530 - - - Graneros .tnildnienriasbe 7503642 6,319 - - - Ramalla.; aus llemvelk-un03989 8,582 ı - - = Mewles in urn „etnildne mais 6,191 - - - Miranonsiuerh, srsiaes' a mZdn 3,318 - - - Burruyac, Asch nern 3,837... » - - Chiquiligasta . » . „9,567 9,049, .- - Distriet Colalao. . 2...» —_ An 57,886 84,044 Seelen. Die Bevölkerung hat sich also in 13 Jahren um 45 Procent vermehrt. Lieut. Page giebt sie in seinem neuen Werke über die La Plata-Länder (p. 405) auf ‚911 Seelen an, nach einer officiellen Mittheilung, die indefs — wie man sieht selbst für die jetzige Zeit noch zu hoch ist. —ın. 84 Neuere Literatur. Statistik des zollvereinten und nördlichen Deutschlands. In Verbindung mit den Herren Berghauptmann v. Dechen, Prof. Dr. Dove, Akademiker Dr. Klotzsch und Prof. Dr. Ratzeburg, unter Benutzung amtlicher Aufnahmen, herausgegeben von Dr. G. v. Viebahn. Erster Theil. Berlin 1858 (G. Reimer). Die Namen der Mitarbeiter an diesem Werk und des Herausgebers bieten dem Publicum eine so hinlängliche Bürgschaft für die Gediegenheit und Zuver- lässigkeit der Arbeit dar, dafs es überflüssig, wenn nicht gar unangemessen er- scheint, darüber ein Wort zu verlieren. Es genügt vollkommen, auf den reichen Inhalt des vorliegenden Bandes aufmerksam zu machen. Das erste Buch, aus der Feder des Herausgebers, behandelt den Gebietsbe- stand, die Einzelstaaten und Staatenverbände Deutschlands und beginnt mit einer Geschichte der Bildung der gegenwärtigen Territorialverhältnisse. Der Verf. geht aus von dem Bestande des Reiches im Jahre 1792, und bespricht der Reihe nach mit aufserordentlicher Genauigkeit die Lostrennungen und Gebietsveränderungen, die seit jener Zeit bis auf die Gegenwart erfolgt sind, Eine Uebersicht der Be- standtheile und der Gröfse der gegenwärtigen Bundesstaaten schliefst diese histo- rische Einleitung. Sodann wendet sich der Verf. speciell der Geschichte und Verfassung des Zollvereins zu, und trägt namentlich für die erstere ein überaus reichhaltiges Material zusammen. Er charakterisirt das preufsische Handels- und Zollwesen vor der grofsen Zollreform von 1818, bespricht die vergeblichen Ver- suche der deutschen Mittel- und Kleinstaaten, dem seit 1818 commerceiell fester geschlossenen preufsischen Staatsgebiet ein analoges Handelsgebiet gegenüber zu stellen, und unterläfst auch nicht, dem Bericht über die Verhandlungen, welche den Anschlu/s der einzelnen deutschen Staaten an das preufsische Zollsystem her- beiführten, einen Abrifs der bisherigen commerciellen Verhältnisse dieser verschie- denen Staaten, namentlich auch aus finanziellem Gesichtspunkt, vorauszuschicken. So werden uns die einzelnen Entwickelungsphasen des Zollvereins, nach Areal, Bevölkerung, Revenuen, ferner die hauptsächlichsten Aenderungen des Zolltarifs der Reihe nach vorgeführt. Dieser Darstellung der Geschichte und der gegen- wärtigen Verhältnisse des Zollvereins schlielst sich ein Abrifs einer zweiten wich- tigen völkerrechtlichen Verbindung an, welche durch den Umstand hervorgerufen ist, dafs die wichtigsten Wasserstralsen Deutschlands mehreren Staaten gemein- sam sind: der Verf. bespricht hier die Verträge, in welchen sich die Uferstaaten über die Benutzung der ihnen gemeinsamen Ströme geeinigt haben. Sehr ausführlich behandelt ist der vierte Abschnitt, über die Organisation der einzelnen Staatsgebiete. Hier werden die Territorien, aus denen die Staaten zu- sammengewachsen sind, genau aufgeführt, die Verwaltungsbezirke mit ihren Unter- abtheilungen nebst Angaben über ihre Gröfse und Einwohnerzahl, die Eintheilung zum Behuf der Gerechtigkeitspflege, ja, wo sie festgestellt sind, auch die Wahl- bezirke für die Landesvertretung angegeben. „Durch gütige Mittheilungen der - Landesbehörden“, sagt der Verf., „gelang es, den Bestand, die Grölsen und Ein- wohnerzahlen der einzelnen Landeskörper und ihrer Unterabtheilungen meistens v. Viebahn: Statistik des zollvereinten und nördlichen Deutschlands. 85 in gröfserer Genauigkeit zu ermitteln, wie die bisherigen statistischen Werke sie ersehen lassen.“ Eine sehr dankenswerthe Zugabe bildet der fünfte Abschnitt, welcher eine } Uebersicht der topographischen Aufnahmen in den einzelnen Theilen des hier in _ Rede stehenden Ländereomplexus und des zuverlässigsten chartographischen Ma- pr» liefert. In diesem Abschnitt befindet sich auch eine Tabelle, welche die - Entfernungen der Hauptorte von einander angiebt, und eine detaillirte Betrachtung Eier Grenzen mit Angabe der Haupteingangspunkte für den Handelsverkehr und - der darauf bezüglichen vertragsmäfsigen Uebereinkommen mit den Nachbarstaaten. In dem zweiten Buch haben die drei ersten Abschnitte durch Herrn Berg- y hauptmann v. Dechen eine vortreffliche Bearbeitung gefunden. Sie behandeln die verschiedenen Erhebungssysteme (mit sehr reichhaltigen Höhenangaben), die Strom- thäler und Stromgebiete (mit sorgfältigen Angaben über das Gefälle der Ströme), _ die geognostische Beschaffenheit nach den verschiedenen Formationen, und mit - besonderer Ausführlichkeit die nutzbaren Mineralien und Erden, mit Einschlufs der Mineralquellen. Im vierten Abschnitt hat Prof. Dove die klimatischen Verhältnisse kurz, klar und durch sehr instructiv zusammengestellte Tabellen erläutert. Er macht zu- nächst darauf aufmerksam, dafs die Temperatur innerhalb des hier dargestellten Ländergebiets im Allgemeinen eine gleichförmige ist; denn die südlicheren Land- striche verlieren meistentheils durch ihre höhere Lage den Wärmezuschufs, der ihnen in Folge ihrer gröfseren Entfernung vom Pol zukommen sollte; höhere ® Temperaturgrade finden wir im Süden nur da, wo die Bergzüge auseinander- treten und der Entwickelung grölserer Tiefebenen Raum geben, wie im badischen _ Rheinthale. Tabellen zur Vergleichung der Temperatur des Rheinthales mit der Temperatur auf der bayerischen Hochebene und auf der Rauhen Alp stellen diese _ Thatsache in’s Licht. Eine zweite Tabellenreihe erläutert die Abnahme der Tem- tend ist, weil es in Folge seiner Lage in manchen Jahren an den Eigenthümlich- keiten des asiatischen Continental-Klima’s, in andern an denen des atlantischen ee-Klima’s partieipirt. Sehr überraschend sind die Zahlenangaben der zur Er- äuterung beigefügten Tabelle, in welcher für sieben Hauptpunkte die innerhalb eines längeren Zeitraums beobachtete höchste Differenz der durchschnittlichen Ionats- Temperaturen verzeichnet ist: in Berlin z. B. unterschied sich, innerhalb 32 Jahren, der kälteste Januar von dem wärmsten um nicht weniger als 14,18° R. Jer September zeigt durchschnittlich den gleichmäfsigsten Wärmegrad. Für eine wolse Anzahl von Orten in Norddeutschland sind sodann die mittleren Monats- Demperaturen nach zehnjährigem Durchschnitt der Jahre 1848 — 57, wie sie durch leichzeitige und mit verglichenen Instrumenten angeführte Beobachtungen gewon- en sind, tabellarisch zusammengestellt; die Durchschnitts- Tempcraturen der ein- elnen Jahreszeiten und des ganzen Jahres sind ihnen überall beigefügt. Aus iesen Tabellen erhellt die Abnahme der Jahres- Temperatur nach Osten (um L bi vom Rhein bis zu den masurischen Seen), und die Modification der Tempe- ur durch locale Umstände, z. B. durch Gebirgszüge wie der Thüringer Wald. a Winter ist die Differenz zwischen West und Ost am stärksten, sie steigt dann s6 Neuere Literatur: auf 5°. Unter den Frostpunkt sinkt die Temperatur, nach fünftägigen Mitteln der Jahre 1848 —57 bestimmt, in Arys 4% Monate, in Berlin 13 Monate, in Trier kaum 5 Tage, in Cleve und .Cöln im Mittel gar nicht. Eine gröfsere Gleich- mäfsigkeit, zum Theil sogar das umgekehrte Verhältnifs, zeigt die Sommer-Tem- peratur, in Folge der mehr continentalen Lage der östlicheren Gegenden: der Sommer von Danzig ist wärmer als der von Cleve. Der Einfluls der Ostsee macht sich bemerklich in den kalten Frühlingen Mecklenburgs und der Provinzen Pom- mern und Preufsen: dieses Binnenbecken reicht so weit nach Norden, dafs es sich dort grofsentheils mit Eis bedeckt, es behält während des Schmelzungspro- cesses längere Zeit eine niedrige Temperatur, die in die Tiefe gesunkenen erkal- teten Tropfen fliesen nach Süden ab und tragen entschieden dazu bei, die Tem- peratur der Südküste abzukühlen. Diese Thatsache wird durch eine Tebelle er- läutert, aus welcher der Unterschied der Temperatur des Seewassers und der Seeluft zu Dobberan in den verschiedenen Monaten ersichtlich ist: das Wasser ist vom März bis zum Juni kälter als die Luft, am stärksten im Mai (um 1,95°) und Juni (um 1,56°). Sodann spricht der Verf. vom Maximum und Minimum der Temperatur: die stärkste Kälte hat man im Januar 1850 zu Bromberg (—29,3°) beobachtet; die höchste Wärme steigt auf etwa 28", so dafs die Tem- peratur innerhalb eines Spielraumes von nicht weniger als 58 Graden varürt. Die Zunahme der Temperatur nach dem Sommer hin erfolgt schneller, als die Ab- nahme zum Winter; jene ist freilich durch Rückfälle oft unterbrochen. In einer Tabelle zeigt der Verf., dafs der Volksglaube in Betreff der drei kalten Tage, Mamertus, Pancraz und Servaz, durch Berechnung einer längern Jahresreihe wirk- lich seine Bestätigung findet. Aus andern Tabellengruppen ergiebt sich der Ein- flufs der Windesrichtung auf die Temperatur, die Temperatur der obern Boden- schichten und der Quellen. Nachdem der Verf. noch den Einflufs der Tempe- ratur auf die verschiedene Zeit der Blüthe und Reife der Obstbäume und Cerea_ lien in Kürze besprochen hat, schliefst er diese interessante Erörterung mit der Bemerkung, dafs wir über die Ungunst der klimatischen Verhältnisse unseres Lan- des, wie sie sich namentlich in den starken Wechseln ausspricht, billiger urtheilen müssen, wenn wir sie mit derjenigen Temperatur vergleichen, welche den betref- fenden Gegenden lediglich in Folge ihrer geographischen Breite zukommen mülste: eine Tabelle zeigt, dals für Berlin die mittlere Januar - Temperatur —1,9° beträgt, während sie sich der Breite nach auf —7,2° belaufen sollte; und dafs die durch- schnittliche Jahres- Temperatur um 4,1° höher ist, als es die Breite mit sich bringen würde. Im folgenden Paragraphen behandelt der Verf. die Vertheilung des Regens. Er erläutert zuerst, weshalb in Deutschland, wie überhaupt in Eu- ropa die Südwestseite die Wetterseite ist, und belegt mit Beispielen, wie stark in Folge dessen der Unterschied der Regenmenge im Süden und Norden der von SO. nach NW. streichenden norddeutschen Gebirgszüge ist, Anknüpfend an die Tabellen über die Vertheilung der Regenmenge im Gebiet des Zollvereins setzt er sodann den Grund auseinander, weshalb wir gewöhnlich ein trocknes Frühjahr und einen feuchten Sommer haben. Die beiden letzten Paragraphen dieses Ab- schnitts handeln von dem atmosphärischen Druck und einzelnen atmosphärischen Erscheinungen. Im fünften Abschnitt wird von den Herren Dr. Klotzsch und Dr. Koernicke v. Viebahn: Statistik des zollvereinten und nördlichen Deutschlands. 87 die Vegetation, im sechsten von Herrn Dr. Ratzeburg die Thierwelt dargestellt, wobei dem Jagdwild in den Hauptländern eine besondere Berücksichtigung zu Theil wird, — wie uns scheint, eine zu ausführliche, obgleich der Herr Verf. er- klärt, aus Mangel an Raum auf die Mittheilung des vollständigen ihm vorliegen- den Materials verzichtet zu haben. Der erste Band enthält über 1100 Seiten eines sehr compressen Drucks. Der zweite wird die Statistik der Bevölkerungsverhältnisse, der Landwirthschaft, Vieh- zucht, Gärtnerei, der Forstwirthschaft, Jagd, Fischerei, des Bergbaus und der Gewerbe enthalten. Der dritte, mit welchem das Werk schliefst, soll der Sta- tistik des Handels, der Verkehrsanstalten, der Rechtspflege, der Verfassungs-, Verwaltungs-, der kirchlichen und der Bildungs - Institute gewidmet sein. —n. Sitzung der geographischen Gesellschaft zu Berlin vom ?. Juli 1859. Der Vorsitzende, Herr Prof. Dove, eröffnete die Sitzung durch Ueberrei- chung der eingegangenen Geschenke: 1) Explanations and Sailing Directions, by Maury. 8th edit. Vol. II. Washington 1859. — 2) Schmeckebier, Beiträge zur physikalischen Geographie Pommerns. Programm. Demmin 1859. — 3) Peter- mann’s Mittheilungen. 1859. Hft. 5. — 4) Zeitschrift für allgemeine Erdkunde. Neue Folge. Bd. VI. Hft. 4. 5. — 5) Preufsisches Handelsarchiv 1859. No. 25 — 27. — 6) Keith Johnston’s Royal Atlas of Modern Geography. II. London 1859. — 7) Carta del Cantone di Ticino. Darauf besprach Herr Dieterici das Werk von Wappäus: Allgemeine Be- völkerungs-Statistik“. Derselbe leitete seinen Vortrag mit Vorlesung eines Brie- fes ein, den Alexander v. Humboldt kurz vor seinem Tode über eben dieses - Werk an ihn gerichtet und worin er zugleich angefragt hatte, welches die mitt- y lere Lebensdauer im preufsischen Staate sei. In Bezug auf den ersten Abschnitt '# jenes Werkes, die Einleitung, bemerkte der Vortragende, dafs die erste Zählung ; in Preufsen 1748 vorgenommen worden sei, und dafs, ungeachtet seitdem statisti- sche Bureaus das betreffende Material zu ordnen und zu sichten bemüht waren, N die Zahlen nur im Allgemeinen und Grofsen auf Richtigkeit Anspruch machen _ könnten. Für die vergleichende Statistik habe der Umstand grofse Schwierigkeit, dafs man bei den Zählungen nicht von gleichen Grundsätzen ausgegangen sei, und dafs erst seit 1846 im Zollverein ein übereinstimmendes Verfahren einge- halten werde. Auch habe man auf den statistischen Congressen vergeblich gleiche Zählungstermine angestrebt; in Nord-Amerika und England z. B. würde nur alle ‚10 Jahre, in Frankreich und Belgien alle 5 Jahre, in Preufsen und dem Zoll- ‚verein alle 3 Jahre eine Zählung angestellt, so dafs bei Vergleichungen immer e st Reductionen vorgenommen werden müfsten. In Bezug auf den zweiten Ab- chnitt des genannten Werkes, die relative Bevölkerung, d. h. die Einwohnerzahl r die Quadratmeile berechnet, habe auch Wappäus sich entschieden gegen die Annahme erklärt, dafs die Vermehrung der Bevölkerung in geometrischem, die Lebensunterhaltes in arithmetischem Verhältnisse steige. Vielmehr zeige sich überall, dafs, wo dicht gedrängte Bevölkerung vorhanden sei, auch für den Bedarf Er e BREI TTENETI ELBE RE 88 Sitzungsbericht der Berliner geographischen Gesellschaft. durch gröfsere Cultur des Bodens Sorge getragen werde. In Bezug auf die Be- wegung der Bevölkerung habe die Sitte des Volkes den gröfsesten Einflufs. In Frankreich seien die Ehen wenig kinderreich, während namentlich in England der entgegengesetzte Fall stattfinde. In Bezug endlich auf das Verhältnifs der Ge- burten zu den Sterbefällen sei häufig von verschiedenen Grundsätzen ausgegangen worden. Die gröfseste Sterblichkeit finde bekanntlich bei Kindern unter einem Jahre statt, so dafs von 100 Sterbefällen etwa ein Viertel auf das erste Lebens- jahr komme; es mache deshalb einen wesentlichen Unterschied für die Berech- nung der Lebensdauer, ob diese Sterbefälle mit herangezogen würden oder nicht. Lasse man das erste Lebensjahr fort, so betrage bei uns die mittlere Lebensdauer 42 —43 Jahre; zähle man es hinzu, so reduzire sie sich auf etwa 30,3 Jahre. Uebrigens zeige sich in den einzelnen Provinzen die gröfseste Verschiedenheit; im Regierungsbezirk Oppeln z. B. komme auf 21—22 Menschen eine Geburt, in Sachsen dagegen auf 32—35, und während in Oppeln unter 25—28 Menschen ein Sterbefall vorkomme, so zähle man in der Rheinprovinz erst unter 40 Per- sonen einen Sterbefall. Auch Wappäus komme zu dem Schlusse, dafs die Ver- mehrung nicht abhängig sei von der Volksdichtigkeit, und dafs sich keine Formel dafür aufstellen lasse, dals aber die Zustände der Civilisation den wesentlichsten Einflufs darauf haben. Herr Barth theilte Einiges über das Randgebirge der Walachei mit, wohin er bei der Reise, die er im vorigen Jahre nach Klein-Asien unternahm, von Bu- karest einen gröfseren Ausflug machte. Die Nordgrenze des Landes läuft auf dem Kamme der Karpathen fort, über welchen vier Pässe führen; noch sind zum Theil Ruinen der Schlösser vorhanden, welche ehemals diese Uebergänge verthei- digten. Die alte Hauptstadt bis in’s 16. Jahrhundert war Tirgowischt an der Jalomitza und am Fufse des Gebirges, in deren Umgegend sich Reste der römi- schen Sprache erhalten haben. Von hier aus besuchte Herr Barth mehrere Klöster in der Nähe, wandte sich dann zur Dimbowitza hinüber und von dort zum Ard- schisch; während die Ebene einförmig und öde erschien, die von den Bojaren bedrückte Bevölkerung armselig, zeigte das Gebirgsland einen schönen Menschen- schlag und eine gewisse Wohlhabenheit. Die Bauern sind meist freie Leute, doch gehören viele Ortschaften hierselbst Klöstern zu, die aufser Landes liegen, wie z. B. die Klöster auf dem Berge Athos hier reichen Grundbesitz haben. Der Vortragende schlofs mit der Beschreibung der Klosterkirche zu Kurte-Ardschisch, die zwar nur klein ist, aber einen wunderbaren Styl zeigt und aus dem 16. Jahr- hundert herstammt. Herr Dove legte neuere Werke und Abhandlungen vor und besprach die- selben, woraus wir folgende hervorheben: Helmersen’s Bericht über die wieder- holten Einbrüche des Schwarzen Meeres in die Salzseen Bessarabiens, welche zu schliefsen bisher vergeblich versucht worden ist; von Moritz in Tiflis eine graphi- sche Darstellung der Witterungsverhältnisse nach den Beobachtungen in den Statio- nen des Kaukasus; Abadie’s Untersuchungen über die durch ihre Häufigkeit mehr als durch ihre Stärke ausgezeichneten Gewitter Aethiopiens; Poey, über die Gewitter und Erdbeben in Cuba; Oberstlieutenant Bluhm’s briefliche Mittheilung über das letzte furchtbare Erdbeben in Erzerum, dem ein sehr milder Winter vorangegan- gen; Korsakow’s Darstellung eines ausgezeichnet farbigen, in Tula gesehenen Hofes; Döllen, über eine örtliche Unregelmälsigkeit in der Gestalt der Erde, welche sich aus der astronomisch -geodätischen Verbindung zwischen Pulkowa und den Ufern des Ladoga-See’s zu ergeben scheint; Sechi’s Einrichtung auto- graphischer Apparate auf der Sternwarte in Rom; Bertrand de Doue’s Fortge- setzte Untersuchungen in Puy über den Unterschied der Richtung oberer und unterer Luftströme. Schliefslich bemerkte der Vortragende, dafs die aus den Stationen der nordafrikanischen Küste im Sommer heryortretende Auflockerung der Luft sich nicht nach Sicilien erstrecke, da die barometrische Curve in Pa- lermo noch ganz europäische Verhältnisse zeige. Karte der COLONIE PUEENSLAND. Nach officiellen Quellen von ıf jP TEIU FFR U is a 49 - f I z “ J 4 N j IR x It = ge % Taf.l. I a TEE TEE a | 153 Zeitschrift für allgeın.Erdkunde N.F Bd.VI. i wi um = Tal. FR, u Rheren Karte der | EREEIT = CONLONIE MUEENSLAN DB Fon Nach officiellen Quellen von E.G. Ravenstein. LONDON, 1859. Comet Kette I esH w eihnachts Kette" Buckland Tafelland Binglis ulten! Dr. MYaraday EB D.Acland UNR.Nora Kr So‘ -BPT.Kıng Re ut Sp 08 a PWallah Auesrdl, Narckiörok x Sn Owen | N Denham \Rette N T \ \ z — Fu Peez gm & u BiScotter | © | erLerd) ‘ \ Double Bolwortug = P- | Na % len Rn 2 B.Lonsdale” | IR ra; a) ; 4 KEN DK dent Rue Drama ER) tee Eben EN \ Tawunutla9|} F 9 | Zi } Ceoih, DraytorCiegn yıp es Fi. Sn kn bene lb BStepkonan Maalsstäbe 1:3,500,000 E u = - 1a bi 3 7 = Zegbu no (— Tage Te LA gl Googr- v2 \ te a ung Stat. Hiles P P RIpnEN Hohenangaben ın Zip Fuss F umpdc % FL "War “150 Die Counties sınd durch Zahlen bezeichnet, wıe folgt Port Curtis Distriet 1 Clinton 2 DeaseThomson 3 Liringston fg Er Sn 4 /ulmerston 5 Liehg 6 Rayları a Tihalukarg Pelham 8 Alinders & IM Moreton Bay District. re = —- — uman. 4 f 1 BE » {u h f Maul Jlanley 2 Ward 3 (hurchl N witertil Cerendish 5 Canning 6 Harch Lennox 8 Adaroy 9 JFubigny Derivale 11 Zentinck ) ; | ı ik ZH k Clarence & NewEneland Districte - ‘ & ; x } ten | 1 Kous 2 Buller 3 Srchmond 4 Drake 5 (larence 6 Adfezh X groveo, 1 Graham 8 Clive 9 Gough a PA 10 Zardinge s ki \T Glenkun Berlin, Diener Be & = i >07 i - i Littunst.v. C Monecke n dieser Zeitschrift erscheint jeden Monat ein Heft von 5_6 Bogen it Karten und Abbildungen. Der Preis eines Bandes von 6 Heften, "welche nicht getrennt abgegeben werden, ist 2 Thlr. 20 Sgr. Zu beziehen ‚durch alle Buchhandlungen und Post- Anstalten. € u Dr <$ aM Im Verlage von Conrad Weyehardt in Eflingen ift neu erfihier nen und in allen Buchhandlungen zu haben: Grundriß der Geographie von Daniel Völter, Profeffor am Schullehrer- Seminar in Eplingen. Zweite vermehrte und umgearbeitete Auflage der „ &lementargeographie: ” Mit 15 eingedructen Figuren. 512 Seiten gr. 8. geh. Preis 1 Thle. oder 1 fl. 36 fr. rhein. Nachdem die erfte, 4000 Exemplare ftarke Auflage diefes Werfes vergriffen, fah fi der Herr Verfaffer veranlaßt, demfelben in feiner neuen Bearbeitung eine foldhe Geftalt zu geben, daß es an Wahrheit, Weberfichtlichfeit und Klarheit wol von feinem ähnlichen Umfanges übertroffen wird. Die Ausfprache ver fremden Namen und ein ausführliches Ortsregifter find dabei nody befonders hervorzuheben. In Ferd. Dümmler’s Verlagsbuchhandlung ist so eben erschienen: Dieterici (C. F. W.). Ueber den Begriff der mittleren Lebensdauer und deren Berechnung für den preufsischen Staat. Aus den Abhandlungen der Königl. Akademie der Wissenschaften zu Berlin. 1858. gr. 4. 24 Sgr. Von demselben Verfasser erschienen früher folgende Einzelabdrücke ER aus den Verhandlungen der Königl. preufsischen Akademie der Wissen schaften zu Berlin: 7 Ueber die Anzahl der Geburten in den verschiedenen Staaten Europa’s überhaupt und im preufsischen Staate insbesondere, 1855. gr. 4. cart, 24 Sgr. Ueber die Fortschritte der Industrie und die Vermehrung des Wohlstandes unter den Völkern, in besonderer Beziehung auf die ethi- schen Verhältnisse und die geistige Entwiokelang der Menschen (1855) 1856. gr. 4. geh. 10 Sgr. Ueber die Verhältnisse der neugeschlossenen Ehen zu der Anzahl der gleichzeitig Lebenden. (1856) 1857. gr..4. cart. 24 Sgr. Ueber die Zunahme der Bevölkerung im Be. ad | Staate in Bezug auf Vertheilung derselben nach Stadt und Land. 1857 gr. 4. cart. 22 Sgr. Bei Friedrich Schulthess in Zürich erschien so eben: Berg- und Gletscher-Fahrten in den Hochalpen der Schweiz von G. Studer, M. Ulrich, J. J. Weilenmann. Mit 8 Abbildungen in Tondruck. Klein Oktav. Brochirt. Preis 1 Thlr. 10 Sgr. Gedruckt bei A. W. Schade in Berlin, Grünstrafse 18. RN een. ba ; FÜR \ ei. MIT UNTERSTÜTZUNG DER re ea FÜR ERDKUNDE ZU BERLIN UND RER BESONDERER MITWIRKUNG : VoN Ww un C. G. EHRENBERG, H. KIEPERT vuso ER RITTER IN BERLIN, 3 u ; 3 3 HERAUSGEGEBEN RIUy REN: von Dr. K. NEUMANN. EUR FOLGE, be “BERLIN. Ric he Be vor DIETRICH rn 2 arte Bu „ 2 LA PRO | 4859. 2 Jr 4 * August u. September 1859. ET oe | Inhalt. . Pr Seite III. Die russische Expedition nach Khorassan. Vom Prof. Dr. C. Schirren in. DOtpabaH Dt ee a Seien a 100 0 0 RE IV. Reise in den beiden Trachonen und um das Haurän-Gebirge. Vom Königl. Preufs. Consul in Damaskus, Hrn. Dr. Wetzstein. . . . 109 Note über die Construction der Karte zu Consul Wetzstein’s Reise. 90n:Dr.-H, Kiepert::. 2. m 2m re ei ER V. Zur Erinnerung an Carl Ritter. Von Hrn. Director Kramer in Halle 209 Miscellen. Statistisches aus Großsbritannien . - > 2 2 2 2 2 2 2 2 nn. 224 D. Livingstone’s neueste Unternehmungen . 2 2 2. 2 0 20. 227 Schwefelquellen im Gouvernement Orenbug. »- 2 2 2 2. 2. .0.2...23 Nachrichten über die Expedition der Herren Sjäwerzow und Borscht- schow nach der Kürgisensteppe . . 2. 2 2 0 2 2 2 0 0 20. 234 Eine Reise nach dem Tschung-Distriet im Sinon-Kreise . . x. 2. 235 Das Schicksal der Expedition Franklin’s . . . 2 2 2 2.2.02...239 Neuere Literatur. Werner Munzinger, über die Sitten und das Recht der Bogos. Win- terihur.. 2 ABDI ne ee a Be le ie rs Bas Karl Andree, Geographische Wanderungen. Zwei Theile. Dresden 1859 252 Sitzung der geographischen Gesellschaft zu Berlin vom 6. August 1859 . 253 er - - - 02.00. 8, Septhr. 1859. 255 Karten und Tafeln. Taf. I. Die Landschaften im Osten von Damaskus (Hauran und die Trachonen) nach den von Dr. J. G. Wetzstein gemachten Beobachtungen und Winkelmessungen construirt von H. Kiepert. Taf. III. Inschriften, copirt von Dr. Wetzstein auf seiner Reise um das Haurän- Gebirge. : 2 Taf. IV. Karte zu Cpt. Mac Clintock’s Entdeckung der Ueberreste von Sir John Franklin’s Nordpolar-Expedition. Von dieser Zeitschrift erscheint jeden Monat ein Heft von 5—6 Bogen mit Karten und Abbildungen. Der Preis eines Bandes von 6 Heften, welche nicht getrennt abgegeben werden, ist 2 Thlr. 20 Sgr. RM Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Post- Anstalten. II. Die russische Expedition nach Khorassan. Vom Prof. Dr. C. Schirren in Dorpat. 0 Die Geschichte wissenschaftlicher Expeditionen bleibt nicht selten so dunkel, als deren erste Motive. Stimmungen, Vorurtheile, selbst Persönlichkeiten sind nicht immer dieselben bis an’s Ende. Dennoch ist ein Urtheil über die Resultate erst dann berechtigt, wenn die In- _ tentionen und die Mittel der Ausführung in Rücksicht genommen sind. Die Weltstellung Rufslands beherrscht einen Theil der Geschicke Asiens, und je weiter in diesem gröfsesten der Welttheile die Rahmen _ der natürlichen Grenzen sich ausspannen, um so schwerer findet die - Politik der Aggression, des Proteetorats ihren Abschlufs. Wo vollends Entfernung und Charakter dieser Grenzen noch unbekannt sind, da be- _ ginnt gar die berechnete Politik erst, wenn die wissenschaftliche Ent- ‚deckung wenigstens ihr räumliches Ziel findet. Als die grolse astronomische Expedition der Russ. Geogr. Gesell- ‚schaft aus Ost-Sibirien noch nicht zurückgekehrt war, wurden Auf- merksamkeit und Mittel dieser gelehrten Körperschaft bereits anderen Gegenden zugewendet, die, wie Ost-Sibirien den Uebergang zu China und zu den Actionspunkten der ostasiatischen Handelspolitik Englands, so den Uebergang bilden nach Indien und an die Hauptheerde der »nglischen Machtstellung in Asien. Wie sich russische und englische Politik seit Jahrzehnten um den mittelbaren Besitz von Herat, als dem Schlüssel Ost-Persiens und Nord-Indiens, den Sieg streitig machen, ist namentlich durch englische Staatsschriften bekannt genug geworden. der letzte englisch-russische Krieg wurde nur darum nicht hinüberge- pielt nach Asien, weil die Kriegsmittel der Kämpfenden fast krampf- aft auf die Krim concentrirt blieben. Die Entwürfe einzelner russi- cher 'Staatsmänner von einem Feldzug nach Indien, ihre Berechnung er Stationen und Tagemärsche zwischen Asterabad und Attok, ihre 6* 90 C. Schirren: Rathschläge für eine planvolle Politik in Afghanistan und den Land- schaften von Peschauer bis Delhi waren verfrüht und blieben bei den Acten liegen. Und als der Hof von Teheran seinerseits zur Unzeit mit England brach, erfanden russische Patrioten unter dem Motto: „Der Arbeit und Kühnheit gehört der Erfolg“ den Entwurf zu einer grolsen Handelsgesellschaft, welche den russisch-persischen Handel, den Plantagen- und Obstbau, die Gefälle und Steuern des nördlichen Persiens zu pachten und zu monopolisiren bestimmt war. Negerherren und Baumwollenpflanzer wurden aus Texas verschrieben. Durch Handel und Gewerbe sollte die Mission Rufslands gefördert werden; als russi- sche Mission aber galt, den Osten, der an die russischen Grenzen rührt, zu civilisiren. Eine Nachwirkung der kriegerischen, wie der mercan- tilen Pläne läfst sich in der Geschichte der neuesten russischen Expe-- dition nach Khorassan nicht ganz verkennen. So weit bekannt, gehört die erste Anregung dem früheren russi- schen Consul in Tabris, N. Chanykow, an, einem Manne, der mit den Sitten und Vorurtheilen, zum Theil mit den Sprachen der südöstlichen Anwohner Rufslands vertraut, in den noch wenig erforschten Grenz- landschaften des östlichen Persiens einen offenen Spielraum zum Theil auch für seine persönlichen Talente und Wünsche erblickte. In einer Denkschrift, welche der Präsident der Geogr. Gesellschaft, der Grols- fürst Constantin, huldvoller Annahme würdigte, suchte er darzuthun, wie die wissenschaftliche Erforschung Asiens in engster Verbindung stehe mit der Ausbreitung europäischen Einflusses im Osten, wie Rufs- land und England von zwei Seiten her eine gleiche Mission übernom- men hätten und von Sibirien und Indien aus dem Herzen des Welt- theils näherstrebten, wie englische Naturforscher, Archäologen und Phi- lologen vom Indus nach Norden, russische Gelehrte von Orenburg in die kirgisischen Steppen, vom Kaukasus in West-Persien vordrängen, wie selbst Afghanistan aufgeschlossen sei und Japan sich zu öffnen be- ginne, wie die Erforschung China’s gefördert werde, nächst der ein- heimischen Literatur des Landes selbst, durch Missionäre und russische Gelehrte, und mitten inne fast nur das südöstliche Persien noch ver- schlossen liege mit seinem geologischen Bau, seinem meteorologischen Charakter, seinem orographischen System, mit seinen Völkerstämmen derselben iranischen Race, die stolz sein dürfte auf ihre weltgeschicht- liche Rolle. Allein der ganze ungeheure Raum werde sich dem wis- senschaftlichen Eifer unmöglich auf einmal erschliefsen. Es sei ein Grundgesetz der Geogr. Gesellschaft, der Wissenschaft und dem .Leben zugleich zu dienen: zu belehren und zu nützen. In diesem Sinne seien ihrer Erforschung vor Allem die russischen Grenzländer empfohlen, und in diesem Sinne trug Chanykow auf eine Expedition an in den Die russische Expedition nach Khorassan. 91 - nordöstlichen Theil von Khorassan; diese Landschaft sollte dann durch- forscht werden in ihren natürlichen Producten, in ihren klimatischen Besonderheiten, in ihrer geologischen und politischen Mittelstellung, in _ ihrer Rolle vor Allem in der Geschichte der russischen Nachbarstaaten. Die Geogr. Gesellschaft adoptirte den Plan und verwahrte sich gegen die Kosten. Die ostsibirische Expedition hatte ihre Mittel stark redueirt. Selbst einen jährlichen Aufwand von 6000 Rub. S. glaubte sie nicht tragen zu können. Daher schlug das Conseil vor: 1) die _ Glieder der Expedition sollten einzeln von denjenigen Verwaltungs- Departements unterhalten werden, aus deren Ressort sie abdelegirt würden; 2) der Staatsschatz solle gebeten werden, die Routengelder anzuweisen; 3) aus der Kasse der Gesellschaft sollten zu subsidiärer - Ausrüstung 1000 bis 2000 Rub. S. ausgeworfen, endlich im Falle des Zustandekommens das asiatische Departement um einen Zuschufs er- _ sucht werden. Diese Wünsche trug der Minister des Innern dem Kaiser vor, der seine Zustimmung gab. Sofort ging man an’s Werk. Instructionen wurden entworfen: für _ mathematische und physikalische Geographie und Ethnographie von - Selenoj, Sresnewski, Weljaminow-Zernow, Nebolsin, Saweljeff; für Archäologie, Geschichte und historische Geographie und Naturgeschichte im Auftrage der Kaiserl. Akademie der Wissenschaften von Abich, - Brandt, Kupfer, Lenz, Ruprecht, Eichwald. Die Leitung der Expedition ging an Chanykow über; er erhielt das Recht, seine Gefährten zu ernennen und wählte den bekannten "Prof. Bunge als Botaniker und Arzt, den Mag. Göbel für Geologie, den Professor des technologischen Instituts Lenz für mathematische und physikalische Geographie. Das Marine-Ministerium commandirte den _Capitain-Lieutenant Ristori ab; der Graf Keyserlingk betheiligte sich auf eigene Kosten; der Cand. Bienert begleitete Bunge als Gehilfe. Alle Mitglieder behielten ihre Amtsgagen und der Staatsschatz zahlte ihnen die Reisegelder. Der Millionär Kokorew, einer der Begründer jener weitangelegten Handels - Compagnie des Kaspischen Meeres, schenkte 3000 Rub. S., die Geogr. Gesellschaft bewilligte Gehaltszu- lagen und Reisezuschufsgelder, kaufte einen Theil der Bücher und In- rumente; andere Instrumente lieferten das geodätische Corps, der seneralstab, das hydrographische Departement, die Sternwarte von Pulkowa; in der Ausrüstung befand sich ein photographischer Apparat. Önter den Instructionen war die werthvollste von Abich ausgearbeitet. Sie bildete einen förmlichen Band in klein Folio, 76 Seiten Text, dem ine Anzahl Versteinerungen hineingezeichnet und eine Reihe geologi- eher Karten mit Durchschnitten und Gebirgsprofilen angehängt waren. 92 €. Schirren: Dieses kleine Werk, unter dem Titel: „Geologische Grundzüge der kaukasischen Länder in ihren Beziehungen zum Plateau von Persien; für die Expedition nach Khorassan verfalst“, zerfiel in drei Theile, deren erster S. 1—17 die allgemeinen Gesetze behandelt, welche den innern Zusammenhang geologischer Verhältnisse betreffen, deren zweiter S. 18—59 näher eingehend sämmtliche Formationen bespricht, welche der Verfasser auf seiner achtjährigen Reise, namentlich in Transkau- kasien, vorgefunden und untersucht hatte; wobei die verschiedenen Richtungen angedeutet werden, welche er selbst auf einer Reise in die ostpersischen Plateauländer in seinen Untersuchungen einschlagen würde; der dritte Theil endlich folgt im Geiste der Route, welche der Expe- dition vorgezeichnet war, weist auf die Mittheilungen älterer Reisenden hin und deutet den muthmafslichen Zusammenhang mit der armeni- schen Gebirgswelt an. So ausgerüstet brach die Expedition im December 1857 von Pe- tersburg auf. In den letzten Tagen des Februar und im Beginn des März verliefsen die Reisenden nach einander Tiflis. Gleich die russi- sche Steppenreise und die Passage über das Gebirge hatten unter den Instrumenten aufgeräumt. Von den Bunsen’schen Röhren zur Aufsamm- lung von Gasen, namentlich des ewigen Feuers von Jesd, hatten nur vier Transkaukasien erreicht. Am 12. März war man in Baku und erwartete den Dampfer, welchen Ristori aus Astrachan herüberholte. Am 1?ten und {3ten wurden flüchtige Excursionen zu den Feuern und Naphtaquellen der Dörfer Balochani und Sarachani unternommen; am 15dten traf Chanykow ein und nach einigen officiellen Diners und einem vergeblichen Versuch, gegen den widrigen Wind anzukämpfen, verliefs man endlich am 20sten bei Südostwind den Hafen, um die 310 See- meilen bis Aschurade meist bei ruhigem Wetter und +17° R. im Schatten um Mittag zurückzulegen. Auf der ganzen Fahrt begegnete man nur einem persischen Kauffahrer, und am ?2sten, auf 25 See- meilen Entfernung, stieg das Gebirge mit dem Demavend in den Ho- rizont, mit seinen höchsten Gipfeln um Mittag in Wolken gehüllt, wäh- rend die Ost-Ausläufer des Elburs, durch das Fernrohr gesehen, sich deutlich in drei Ketten abstuften, mit den waldigen Vorbergen am Ufer, mit einer höheren Region, die von Schneestreifen durchsetzt war, einem Waldkamme mit steilabfallenden kegelförmigen Bergmassen und darüber hinaus einer echten Alpenregion. Je näher das Schiff dem Ufer zu- fuhr, um so mehr entzog sich unter den aufsteigenden Wasserdämpfen das Land dem Auge. Noch im Anschauen der ersehnten Landschaft wurde die Temperatur der Luft und des Meeres beobachtet und Wasser-_ proben gesammelt, um aus ihnen die Zusammensetzung des kaspischen Wassers zu finden. Fast am Abend suchte das Schiff die Rhede von Die russische Expedition nach Khorassan. 93 _ Aschurade zu gewinnen; es gelang nach einmaligem Aufrennen erst ‚am Morgen des 23sten. Die Insel, 13 Werst im Umfang, flach und sandig, von Muscheln bedeckt, mit dichten Büschen von Juncus acutus und Disteln auf mehrere Fufs Höhe besetzt, trägt regellos angelegte Holz- und Lehmhäuser, als Schutz gegen Wind und Wetter für die dort stationirte Abtheilung der kaspischen Flotille; an jedes Häuschen lehnt sich ein Gärtchen mit Oliven, Ricinusstauden, Feigen-, Maulbeer-, _Pfirsich- und Granatbäumen. Eine schmale, 8 bis 10 Fufs tiefe Ein- fahrt trennt die Insel von der östlich sich hinziehenden Sandbank, _ welche an’s Ufer von Asterabad verläuft; im Westen scheidet sie ein schmaler Golf von der parallel zur Küste hinlaufenden Halbinsel Po- temkin, die in das Ufer von Masenderan übergeht. Im Hafen lagen fünf russische Kriegsschoner, darunter zwei Dampfer, einige persische _ und russische Handelsschiffe und eine Gruppe turkmenischer Boote. Die ersten Tage vergingen mit Tafeln und Hazardspielen; dazwischen _ wurde die Insel nach Pflanzen und Eidechsen durchstöbert, die Brun- nen geprüft und Muscheln gesammelt oder Cormorane und Möven aus den zahllosen Schwärmen herausgeschossen und das vom persischen Ufer herübergebrachte hochnackige Rindvieh bewundert. Am 2östen führte der Kriegsdampfer Wolga die Reisenden im Geleite einiger Seeoffiziere nach dem ruinenreichen Aschraf, 35 Werste _ von Aschurade; Sturm verzögerte die Landung, die erst, als das Dunkel _einbrach, eine Werst vom Ufer entfernt gelang, so dals man erst am Morgen zu Boot an’s Land fuhr und die von persischen Landleuten herbeigebrachten gesattelten Pferde bestieg. Das Ufer zog sich neben ‚dem äufserst seichten Wasser durchweg flach hin, anfangs als lehmi- ges Sumpfgelände mit Binsen und Sumpfpflanzen, weiter aufwärts von Eichen bestanden, von Buchen, Ulmen und Weifsdorn, alle in nicht- \ Durch dichtes Gestrüpp und herrlichen Wald, der im Frühlingsschmuck prangte, erreichte man nach einen: Ritt von 5 Wer- sten das am Fulse der Berge gelegene Aschraf, einst die Sommerresi- Lebenden errichtet sind, öfters mit Wänden, welche Malerei und Stuc- eatur schmücken und üppiger Pflanzenwuchs verdeckt, stellenweise von erhaltenen Wasserbecken begleitet, welche aus Ziegelsteinen oder us dem Marmor und dem kiesligen Kalkstein der benachbarten Berge W asserleitungen und zahlreichen Palasttrümmern hin, von riesigen Cy- pressen umragt, um deren Stamm der Wein rankt, während bis an die Meeresebene dichte Haine fruchttragender Limonen, Citronen, Apfel- 94 C. Schirren: sinen, Pfirsiche, Aprikosen, Feigen die Luft mit Wohlgerüchen über- laden. Am 27. März traf man mit dem Dampfer wieder in Aschu- rade ein. Am ?8sten brachte der Dampfer die Expedition an’s Ufer von Asterabad und legte bei der russischen Faetorei an dem von Sumpf- und Laubvegetation üppig bestandenen Ufer an. Am 29sten, nachdem das Gepäck auf Pferde geladen war, ging es ununterbrochen durch üppigen Laubwald von Pappeln, Erlen, Eschen, Ulmen, Ahorn, Eichen, Mispeln, Maulbeer- und Granatbäumen, zwischen riesigen Wein- und Epheuranken, zwischen kletternden Moosen und Farnkräutern zum Dorfe Kurd-Mahalleh. Dort wurde übernachtet. Am 30sten zog die Kara- wane, 40 bis 50 Pferde stark, weiter und rastete zu Mittag bei der Moschee Imam-Sadeh. Einige Werste vor Asterabad wurde die Ex- pedition von einem prächtigen Convoi eingeholt, an dessen Spitze der russische Consul mit einem persischen Artillerie-Obrist und vielen Of- fizieren ritt; es waren 150 Reiter auf hohen turkmenischen Pferden, arabischen Stuten und Hengsten. Mit dieser Cavalcade zog man in die Stadt zum Consulat, erfreut, endlich den ermüdenden Formalitäten der persischen Etikette entronnen zu sein. Am ?isten stattete der Gouverneur, der Serdar Dschafar Kuli Khan, seinen Besuch ab. Als die Expedition ihn erwiedert hatte, folg- ten Diners und Soupers, nebst Musik und Tanz. Die Tänze führten Knaben, als Weiber verkleidet, auf. Bei den Festen, welche der Consul gab, zeichneten sich die Perser durch Consumtion von Weinen und Liqueuren aus. Im Ganzen vergingen die Wochen in Asterabad in unerfreulichem Stillliegen. Nur vom 4. bis zum 12. April zogen Göbel, Keyserlingk und Bienert unter dem Geleit eines alten Persers Hadschi, der in den dreifsiger Jahren den Obrist Woskoboinikow geleitet hatte, damals als die russische Regierung auf Bitten der persischen ‘Gold- und Erzsucher aussandte, in’s Gebirge; beigegeben war ihnen ein To- pograph und ein kleines bewaffnetes Gefolge. Im Ganzen waren es 10 Mann. Der Hauptzweck war geologisch. Den Zweck zu erreichen war jedoch die Gesellschaft mit ihrem Trofs zu zahlreich; einer hin- derte den andern, keiner war mit seinen Resultaten ganz zufrieden. So wurden sieben Tage in der ödesten Felsenwildnifs zugebracht, wo in der Höhe alles Pflanzen- und Thierleben erstirbt, an schwindelnden Stellen vorüber, wo die Pferde geführt wurden oder hinabrutschen mufsten. Am Sten reiste Chanykow auf den Wunsch des Schah über Schahrud und Damghan nach Teheran, wo er den 22sten eintraf. Unterdefs lag vom 14ten bis zum 19ten die Expedition mülsig in Aster- abad. Dort wagte sich kein Europäer in die Läden, denn sofort Die russische Expedition nach Khorassan. 95 4 { ‚wurde er vom Pöbel verfolgt. Die Waaren wurden in’s Haus gebracht. - Das Consulat war zum Gefängnils geworden. Asterabad ist weitläuftig im Viereck gebaut, von einer hohen, mit Sehiefsscharten versehenen Mauer rings umgeben; mit ziegelgedeckten Häusern, die zum Theil mit weit vorragenden Dächern hoch aufstreben und ihre mit Gallerien und Arkaden versehenen Fronten selten den - Stralsen oder den gröfseren Plätzen zuwenden. Vielmehr werden die _ engen, krummen, gepflasterten Strafsen meist von langen Gartenmauern eingefalst. Die Stadt zählt 6—8000 Einwohner, und es zeichnet sie, ‚anders wie sonst die orientalischen Städte, kein Gewerbe eigenthümlich _ aus. Nur Sesamöl wird im Grofsen gewonnen. Doch lag der Handel _ wegen der turkmenischen Anfälle darnieder. Ueberall waren Wacht- posten ausgestellt; sobald sie den Allarm geben, eilt Alles, was aufser ‘ den Mauern sich befindet, in die Stadt oder die nächsten Dörfer. Nie- 'mand geht unbewaffnet vor die Thore, bis an deren Schwelle die Turk- _ menen umherstreifen. Als die Reisenden am zweiten Tage nach ihrer _ Ankunft dem Gouverneur aufwarteten, brachte man ihm einen frisch abgeschnittenen turkmenischen Kopf, den er mit einem Ducaten be- zahlte; nur wenige Tage darauf fingen die Turkmenen unmittelbar vor _ den Mauern zehn Perser und schleppten sie in die Wüste. Neben den Turkmenen beherrschen Schakale das Feld um Asterabad; zur Nacht heulen sie vor den Thoren und brechen durch die Mauerlücken in die _ Gärten der Stadt ein. Am 19. April endlich verliefs die Expedition Asterabad, um in Schahrud mit Chanykow zusammenzutreffen. Der Weg ging 3 Far- sangen bis Siaret auf einem engen Pfade durch fast undurchdringliche Wälder und Büsche, sodann durch ein von zwei Seitenkämmen des ‚hohen Siachanch-Gebirges gebildetes Querthal, in dessen Sohle der vasserreiche Siaret-Bach mit Stromschnellen und Cascaden durch sub- tropischen Urwald sich windet. Die oft senkrechten Felsen weilsen und röthlichen Kalksteins nähern sich zuweilen auf 20 bis 25 Fuls; stellenweise erweitert sich das Thal. Zwei und dreilsig Mal wird der Bach überschritten. Der Pfad, für Pferde gangbar gemacht, ist von zahllosen Rollblöcken bedeckt, mitunter sumpfig. Riesige, von Schma- rotzern überwucherte Baumleichen versperren den Weg. Bei Siaret treten die Felswände mehr zurück und lassen gegen das Dorf einen Raum für kleine Felder frei. Das Dorf selbst liegt links am Bach, yornan der Kirchhof; unterhalb bildet der Bach einen Fall, und bart am rechten Ufer über dem Niveau seines Wasserspiegels entspringt ine Thermalquelle von +23° R.; weiterhin lagert sich über den ho- izontal geschichteten, 22 Fuls und mehr noch mächtigen Schuttmassen 96 C. Schirren: gewaltiger Kalktuff, als Resultat eines seit Jahrhunderten fortgesetzten Quellabsatzes; er enthält zahllose versteinerte Blätter noch lebender Pflanzen, während die sandigen Kalksteinfelsen von mikroskopisch- kleinen Petrefacten (Bryozoen und Foraminiferen) wimmeln. Dort la- gerte sich die Expedition zunächst zur Rast. Vom 20. April bis zum 5. Mai durchstreifte Göbel das Gebirge, von einem Topographen und einigen Dienern und Soldaten begleitet. Es wurden Steinkohlenlager mit Rotheisenstein und Thoneisenstein in einer Mächtigkeit von 7000 Fufs (?) wechsellagernd entdeckt; da gab es Nummulitenformation, Salz- und Eisen-Quellen, Petrefaeten und Erze. Die Tour ging quer durch das Gebirge, jenseits hinab in die Salzwüste und bis Damghan; von dort aber über Siaret zurück nach Asterabad, und am 4öten abermals nach Siaret. Das Resultat war tiefe Einsicht in die Structur der östlichen Elbruskette. In zwei Tagen wurde sodann Schahrud erreicht, während Göbel die Reise in 8 bis 9 Tagen auf Umwegen durch das Gebirge und völlig unbekannte Gegenden zurücklegte. Auch die übrigen Glieder der Ex- pedition unternahmen zweimal Ausflüge, und in gedrängter Uebersicht liegen namentlich die Ergebnisse der botanischen Musterung vor. Die Beobachtungen Bunge’s in den Gebirgen von Masenderan bestätigen zunächst die Wahrnehmung Buhse’s von der schlagenden Aehnlichkeit der dortigen Flora mit der Flora der Talyscher Berge. Ausführlicher berichtet Bienert im Correspondenz - Blatt des naturforschenden Vereins zu Riga, XI. Jahrg., 1858, No. 4. Er unterscheidet in Betreff der Flora sechs Regionen: 1) das Tiefland von Masenderan und Asterabad; 2) die Vorberge am Nordabhang des Elbrus-Gebirges bis zur Waldgrenze; 3) das Hochgebirge bis zu 8000 Fufs sammt seinem Südabfall bis auf 6000 Fuls abwärts; 4) die Vorberge am Südabhange; 5) die Steppe im Süden der Vorberge; 6) den Rand der Salzwüste. Die Waldungen des Tieflandes von Masenderan, deren allgemeiner Charakter bereits berührt ist, kennzeichnen sich vor Allem durch Zelkowa Richardi, Par- rotia persica, Pterocarya caucasica, Celtis australis, Quercus castaneae- folia und macranthera, Acer hyrcanum und lactum, Alnus obcordata, Fagus sylvatica, Carpinus orientalis ete., dazwischen treten Wallnuls- und Feigenbäume auf. Das Unterholz bilden Mespilus-, Prunus- und Crataegus- Arten, Pyrus und Cydonia; die Gebüsche bestehen aus Pa- liurus, Loniceren, Punica granatum, Cornus australis, Buxus, Rhamnus, Colutea, Jasminum fructicans; an wasserreichen Stellen wächst Rubus sanctus und andere Arten derselben Gattung, durchrankt von Smilax und Clematis. Aehnlichen Charakter behaupten noch die Vorberge am Nordabhange des Elbrus; nur fehlen schon bei Siaret in einer Höhe von 3000 Fuls viele Waldbäume, wie Fagus, Pterocarya, Juglans, ebenso Die russische Expedition nach Khorassan. 97 Weinrebe und Epheu. Doch sind alle Höhen, selbst steile Abhänge, mit Laubwald bedeckt; am höchsten steigt Carpinus orientalis, Quercus castaneaefolia und ein Acer; von Gesträuchen finden sich Berberis (Crataegus?), Prunus, Juniperus nana (?) und Sabina. Die im Schatten dieser Waldung vorkommenden Kräuter gehören meist europäischen Gattungen an. Nur an vereinzelten Punkten wurde das Hochgebirge erreicht, namentlich der Gipfel und die Südabhänge des Siachanch, die | Gipfel des Gebirges zwischen Kadamya und Dschigas. Mit schroffem Sprunge sieht man sich von der Nordseite des Siachanch zur Südseite | 4 in eine andere Flora versetzt. Man verläfst das herrliche Grün der Nordseite und blickt in ein ausgedehntes, anscheinend aus braunen Lehmbergen geformtes Gebirge, dessen Eintönigkeit nur stellenweise von einer Juniperus excelsa oder einer Berberis unterbrochen wird. Bei näherer Betrachtung jedoch erscheint auf dem anscheinend so traurig öden Boden eine Fülle eigenthümlicher Pflanzenformen, die sich bald in Polstern und Rasen, bald in verworrener Verästelung hinziehen. Dornigte Onobrychis- Arten, Arten von Astragalus aus der Abtheilung der Tragacanthoiden, Prunus prostrata und ähnliche Pflanzen herrschen vor und verleihen der Region den eigenthümlichen Charakter, ohne jedoch das Vorkommen kleinerer, zarterer Pflanzen auszuschliefsen. Vielmehr gedeihen in ihrem Schatten eine Menge krautartiger Gewächse aus den Gattungen Draba, Odontarchena, Veronica, Alyssum, Sideritis (calycantha), Astragalus (dornenlose), Galium, Salvia, Euphorbia, Al- lium, Tremurus, Seilla (amoena) und einige kleine Umbelliferen. Auf den südlichen Vorbergen läfst sich der Uebergang der Gebirgsflora zu der Vegetation der Steppe wahrnehmen. Die Menge der stachlichten Gewächse ist auch hier noch grols, sie bilden aber nicht mehr so starke Rasendecken, wie im Gebirge. Die Tragacanthoiden verschwin- den allmählich, nur hin und wieder findet sich Astragalus controdes, Buhse, und einige andere. Dagegen treten auf: zahlreiche Acantholi- mon, dornige Umbelliferen, viele Disteln. Höhere Bäume fehlen ganz; strauchartige Zygophyllum, Berberis nummularia und integerrima, selten Rosen, häufiger Tragopyrum-, Pteropyrum- und Lycium-Arten bilden das Gesträuch. Diese Region bringt auch die meisten Gummipflanzen hervor, so bei Sebzewan Galbanum officinale und Dorema ammoniacum _ und noch einige Gummi gebende Umbelliferen. In den Thälern der Vorberge und in der Steppe war die Frühlingsflora zum Theil schon ‚ganz vergangen. Die Sommerflora ist nicht reich; den Hauptcharakter _ bestimmen einige Cousinien, schöne Ecehinops - Arten, Halophyllum, we- nige Labiaten, vorzüglich Peganum Harmala, Alhagi Camelorum und Halodendron, welche sich überall finden. Die sechste Region, der ‚Rand der Salzwüste, trägt eine vollends eigenthümliche Vegetation. Zeitschr. f. allg. Erdk. Neue Folge. Bd. VII. 7 98 C. Schirren: Massenhaft bedecken kraut- und strauchartige Pflanzen den stark salz- haltigen Boden, vorzüglich aus den Gattungen Salsola, Halimodendron, Anabasis, Halanthium, Halocheris, Halogeton, Girgensohnia, Petrosi- monium, und andere Halophyten. An feuchten Stellen finden sich Ta- marix- und Myricaria-Arten, sowie Glaur maritima, Samolus Vale- randı u. a. Freundlich gegen die einförmige Gebirgs- und Steppenflora hebt sich an den Ufern der Gebirgsbäche und an bewässerten Stellen in der Nähe der Dörfer und Städte die Fülle von Rosen ab nebst euro- päischen Arten blüthetragender Sträucher, zwischen welchen jedoch die Pflanzen des südlichen Klima’s nie gänzlich fehlen. Am 1. Juni endlich begann die eigentliche Erforschungsreise von Schahrud; doch wurde am ersten Tage nur ein Farsang bis Redescht zurückgelegt, wo sich die Meschhed-Pilger zur Karawane zu sammeln pflegen. Zwei Tage wurde Rast gehalten, da in der Nähe Turkmenen lauern sollten. Am 4. Juni setzte die Karawane sich in Bewegung, über 1000 Pilger, 100 Mann Reiterei mit einer Kanone, 60 Tuffenghis (persische Landwehr), über 50 Frauen mit Kindern, 300 Kameele mit Waaren, zahllose Esel, Maulthiere, Hengste, Stuten, Fulsgänger und Reiter, bald wohlgeordnet, bald in wirrem Durcheinander. Unter Glockenläuten, Gewieher, Geplauder und Getrappel, Kameel- und Esel- geschrei und Pilgergesang bewegte der Zug sich durch die sonst laut- lose Wüste, eine bunte Schaar: Kurden mit langen Lanzen aus Rohr, wild, nicht unedel selbst unter Lumpen, auf guten Pferden; Mullahs in Seide gekleidet mit weilsen Turbanen, andere mit grünen, blauen, schwarzen, der Führer der Pilger mit wehender dreieckiger Fahne; verschleierte Frauen einzeln oder zu Zweien in Hängekörben auf einem Maulthier, Kinder auf dem Schoofs und in den Armen; nebenan die Männer zu Fuls und zu Pferde, aber alle bewaffnet; dazwischen Neger und Negerinnen, persische Landwehr und Gardesoldaten, Artilleristen und die Leibtruppen des Gouverneurs von Bostan; in der Mitte die Expedition, Chanykow in einer Sänfte von Maulthieren getragen, hinter ihm seine Suite persischer und kaukasischer Diener und sein Reitpferd mit rothsammtner Schabrake; vor ihm in scharlachrother Uniform der Trompeter, auf dessen Blasen der Zug hält oder sich zum Aufbruch anschickt. Wo der Weg sich den Bergen nähert, löst sich die Gruppe der Reiter und sprengt weitgedehnt beide Seiten entlang mit Schiefsen und Schreien und durchsucht die Schluchten und Hohlwege nach Turk- menen. So werden täglich 30 bis 50 Werst zurückgelegt, um den Turkmenen zu entrinnen, bis bei Mesinun, da die gröfseste Gefahr vor- über ist, die Reiterei sich zur Umkehr anschickt und die Expedition einen Tag Rast hält. Die grolse Karawane aber zieht weiter. Nun Die russische Expedition nach Khorassan. 99 werden nur kurze Tagereisen gemacht und dreimal wird einen oder zwei Tage gerastet. Auch kommt es zu Ausflügen in’s Gebirge, na- mentlich auf den Kamm der Djaghatai- Berge, der östlichen Fortläufer des Elburs, und am 13. Juli trifft man in Sabzawar, am 24sten in Meschhed ein. Es war somit eine Route zurückgelegt, auf welcher früher schon Fraser, Conolli, Burns, Lemm, auch Blaramberg gezogen waren. Der allgemeine Charakter des Weges wird in Kürze so geschildert: von Redescht, das ein Farsang von Scharud liegt, zieht man nach Mijamid - 9 Farsangen durch die Steppe, zur Linken in einer Entfernung von 20 bis 25 Werst vom Elburs-Gebirge begleitet, während sich rechts aus der Wüste in grofser Entfernung isolirte Bergrücken erheben und ihrer Längsrichtung nach dem Elburs parallel hinziehen. So bleibt der orographische Charakter der Landschaft bis nahe vor Meschhed, wo das Gebirge überstiegen wird, um die Stadt zu erreichen, die jenseits - in einem Hochplateau liegt. In Meschhed blieb die Expedition sieben Wochen in selten unter- brochenem Stillleben, mitten in der grölsesten Hitze des Juli, welche Ausflüge in die Umgegend äufserst beschwerlich machte. Einmal be- gaben sich Bunge, Lenz, Keyserlingk und Bienert, um Pflanzen zu sammeln, auf fünf Tage in die kühle wasserreiche Bergregion, welche 15 bis 20 Werst von der Stadt anhebt. Sie hatten Nachmittags im ‚Schatten oft +34° R. zu erdulden; die Gegend, welche sie besuchten, war schon auf der Hinreise durchschnitten worden: ein einförmiges, - mächtiges Thonschiefergebirge. Unterdefs durchstreifte Göbel die näher - zur Stadt gelegenen Bergzüge und besuchte die alten, ihres geringen - Ertrages wegen aufgegebenen Goldgruben. Chanykow seinerseits machte - in Begleitung Ristori’s und eines jungen Italieners Giaruzzi, des ein- _ zigen Europäers in der volkreichen Stadt — er lebte dort unter dem Schutz Englands als Instructor der persischen Truppen — einen vier- tägigen Ausflug in die nahegelegene alte Stadt Tus, einem weit sich _ hinziehenden Schutthaufen, und dem Boden so nahezu gleichgemacht, _ dafs heute ‘selbst was Fraser noch sah zerstört ist. Gröfsere Ausflüge unterblieben zum Theil wegen der Besorgnifs Chanykow’s vor Anfällen der Turkmenen, zum Theil wegen des Wider- _ strebens der Topographen. Beide, Sharinow und Iwan Petrow, werden e eifrige Arbeiter gerühmt, eben darum waren sie gegen jede neue Excursion. Bis Meschhed hatten sie ein so beträchtliches Material auf- ssineıt, dals sie vom frühen Morgen bis an die Nacht zu thun hat- a und Wochen bedurften, die bis dahin aufgenommenen Gegenden, Zläne u. a. m. einigermafsen in Ordnung zu bringen. Dennoch hatte Chanykow dem Geologen der Expedition bald nach der Ankunft in 7* s ’ 100 C. Schirren: Meschhed versprochen, ihn zu einer gröfseren Separattour in das Ge- birge abzufertigen. Eine Reiseroute war entworfen; sie sollte von Meschhed längs der Nordgrenze von Khorassan über Tschinaran nach Kutschan, wo möglich bis Budjnurd durch lauter Bergland, von dort in südlicher Richtung über die Elburs-Parallelen nach Sabzawar gehen, um das südlich gelegene Kuh-i-misch-Gebirge zu berühren, das wichtig ist durch interessante Mineralmassen, wie Auripigment, natürlicher Bo- rax und mancherlei Erze. Der Rückweg sollte über Turschiz gehen. Als endlich der erwartete Ferman des Gouverneurs von Khorassan ein- traf, brach Göbel am 23sten auf, mit nur 16tägigem Urlaub, da nach dieser Zeit ein Courier aus Teheran erwartet wurde, sowie die An- zeige von dem Aufbruch des der Expedition zu Schutz und Ehrenbe- zeigung bestimmten Militärs von Herat nach der persischen Grenze. Der Ausflug ging südöstlich über Scherif-Abad, Robat-i-Sefid nach Turbet-Hayderik, sodann westlich über Turschiz und Aliabad, wendete nach NW. zum Ostende des Kuh-i-misch-Gebirges, durchzog dasselbe bis an sein Westende, ging dann nördlich über Sabzawar durch die Elburs-Kette und den Kuh-i-Kaschan nach Kabuschan und von dort in der Sohle des grolsen, nach SO. verlaufenden Längenhoch- thals über Tschinaran zurück nach Meschhed. Am 17ten Tage traf der Reisende dort wieder ein, nach einer Tour von 113 khorassani- schen Farsangen. Unterwegs zeigte sich genugsam, wie wenig die Perser ihr Land kennen. Die Route war nach den Angaben der Au- toritäten von Meschhed auf 90 Farsangen veranschlagt und ein Ver- zeichnils der zu passirenden Orte war angefertigt worden; allein alle lagen entweder weit ab oder existirten nicht, so dals nur Erkundigun- gen an Ort und Stelle aus der Irre halfen. Am 9. August endlich kam der erwartete Courier. Am 44ten brach man auf, doch nur um nach kaum einer Werst bei der Mufsal- lah vor den Stadtmauern zu rasten. Es ist eine prachtvoll in arabi- schem Styl aufgeführte Kapelle, an den Aufsenwänden sind mit schön glasirter Ziegelmosaik in den grellsten und reinsten Farben zierliche Arabesken und Koransprüche dargestellt, während heute Niemand in der Gegend die Kunst so farbiger und zugleich dauerhafter Glasur ver- steht. Das halbverfallene Bauwerk ist 3578 Centimeter lang, in der Mitte 1910 Centimeter hoch. In der Mittelhalle lagerte die Expedition, ihr Vormann draufsen in seinem Zelte. Weit in die Gegend hinaus zogen sich Baumwollen- und Tabackpflanzungen, Melonen-, Arbusen- und Zuckerfelder, mitten inne die Stadt Meschhed mit ihren Mauern voll Zinnen und Thürmen, mit Gärten und Ruinen, mit erdfahlen Häu- sern, Karawansereien, Moscheen, vor Allen mit dem grofsen Prachtbau der Moschee des Imam Risa mit ihren vier Minarets, die alle von oben Die russische Expedition nach Khorassan. 101 Streifen bunter Mosaik, überkleidet sind. Daneben lag eine andere Moschee mit gewaltiger Kuppel. Hinter der Stadt erhoben sich die sanften Kuppen niedriger Granit- und Gneisberge, überragt vom ge- waltigen Hauptstock wilder Thonschiefer-Gebirge, welche nach der Berechnung von Lenz 6150 Fufs über Meschhed, 9000 Fuls über den Spiegel des Oceans aufsteigen. Links zog gegen Kabuschan zwischen zwei parallelen Gebirgszügen ein 10 bis 15 Werst breites Thal hin. Ueberall traten befestigte Dörfer mit Fruchtgärten oasengleich aus der erdfahlen Ebene hervor oder lugten mit Baumwipfeln und Thürmen aus den Querthälern am Fulse der Berge. Die Strafse, welche dicht hinter der Mussallah zum einzigen Thore auf der zugewendeten Seite _ der Stadt führt, war äufserst belebt: Pilger kamen und gingen in Schaa- I ren, Bewohner der Dörfer; lange Kameelreihen mit Waarenballen oder Futter für die Pferde; vornehme Perser und Kurden auf schönen Pfer- den, verschleierte Frauen auf Eseln. Das heitre Bild wurde nur durch den Blick auf Ruinen und durch die gewaltigen Staubsäulen getrübt, die, oft zu fünf und sechs auf einmal zwischen den Bergzügen aufwir- belnd, scheinbar die Wolkenregion erreichten und die klare Himmels- farbe umschleierten, erzeugt von den Wirbelwinden, die selbst wieder aus ungleich erwärmten Luftschichten unter dem Miteinflufs des Boden- reliefs sich bilden; so folgen sie deren Rhythmus, bald am Boden, _ bald hoch aufsteigend, bald zögerud, bald schnell. \ Am iöten trafen die 17 Lastkameele ein; alle wurden gewogen, jedes vermochte 35 Centner zu tragen. Am Nachmittag erfolgte der _ Aufbruch. Doch wurde schon nach 14 Farsangen jenseits des Dorfes Turuck gelagert, bei einer noch gröfseren, doch auch mehr verfallenen _ Mussallah. Am 16ten wurde Lärm geschlagen: 13 Kameele sollten von den Turkmenen geraubt sein; doch wurde eins nach dem andern _ zum Theil weither aus den Bergen herbeigeschafft; sie hatten sich ver- laufen und der Gedanke an Gefahr war wieder vergessen, so dafs Bie- nert einen Seitenausflug wagte. Am 17ten abermals Aufbruch. Das “Land nahm einen andern Charakter an: 6 Farsangen führte der Weg _ durch öde, steinigte Hügelgegenden mit spärlicher, verdorrter Vegeta- tion, meist in zwei ausgetrockneten Flufsbetten; auf der ganzen Strecke sah man weder Haus noch Dorf; endlich war das Dorf Kahris-Demme erreicht. Dort schlofs sich, um des militärischen Schutzes zu genielsen, eine Karawane an, meist Perser, mehrere Afghanen, und einige rück- ‚kehrende Seapoys, welche den englisch-persischen Krieg mitgemacht; mitzog ein Siid (Nachkomme des Propheten), eine der beim Emir von erat am höchsten angesehenen Personen, Mir- Abul-Hassan; er kehrte seinem Gefolge aus Teheran heim. } bis unten mit stark vergoldeten kupfernen Ziegeln, und mittendurch $ 7 en ee ale Me 102 C. Schirren: Den 18ten ging es weiter durch hügliges, felsiges Terrain (Gneis- und Glimmerschiefer); nach 5 Farsangen wurde das Festungsdorf Fah- ragird erreicht, nach weiteren 2% Farsangen das Dorf Fahramun am Ufer eines raschfliefsenden Baches, wo man die Zelte in einem Durrha- felde aufschlug. Den 19ten war ein Rasttag; Chanykow gestattete nach eingezogenen Erkundigungen über die Beschaffenheit der Land- schaft im Nordosten keine Excursionen. Den 2%0sten kam man auf einem Wege von 3 Farsangen nach Kalentar-Abad, das, von hohen Mauern und Gärten umgeben, am Fulse grauer Dolomitberge liegt. Es wird das Dorf, wie schon Fahragird, Kahris-Demme und Fahramun, vom Stamme der Barbari bewohnt, der sich aus Kaschmir herleiten soll: es sind gedrungene Gestalten mit scharfgeschnittenen Augen, vor- stehenden Backenknochen, weifser oder hellbräunlicher Hautfarbe, straf- fem Haar, im Ganzen von fast mongolischem Typus. Viele von ihnen leben während der heifsen Zeit in kunstreich aus Rohr- und Weiden- ruthen geflochtenen, mit schwarzem Filz überzogenen Zelten rings vor dem befestigten Dorfe. Ein aus den Bergen rasch abströmender Bach ist in viele Canäle abgeleitet, und überall, wo er den Boden tränkt, stehen Gruppen, selbst Alleen von Maulbeerbäumen. Die Felder ita- lienischer Kolbenhirse und Melonen standen grün; das Korn war längst geschnitten. Am ?21sten kam man anfangs durch welliges Terrain, die rechts in 8 bis 10 Werst Entfernung sich hinziehende Bergkette, den hohen Siah-Kuh, entlang; sodann auf ebenem Steppenboden durch das Festungsdorf Bordu zu dem unter weiten Frucht- und Weingärten und abgeernteten Feldern gelegenen Dorfe Abdal-Abad, 6 Farsangen von der Station des vorigen Tages entlegen. Um im Weingarten zu la- gern, mulste man in die Mauer eine Oeffnung brechen, denn hier im Lande haben die Gartenmauern selten Pforte oder Thür; man klettert hinüber, oder in den gar hohen bleibt zum Durchkriechen eine kleine Oeffnung und auch diese wird gewöhnlich jedesmal wieder mit Steinen und Lehmstücken geschlossen. Am ?22sten gelangte man in östlicher Richtung über die Ebene nach 3 Farsangen zum Dorfe Lenger, vor dem sich mehrere Werste lang eine Reihe Ruinen hinzieht; am Boden mit seinen regelmäfsigen Furchen und Rinnen, mit den Canälen und den Merkzeichen sorgfäl- tiger Ebnung erkennt man deutlich die Spuren einer Culturlandschaft, die blühte, als die Stadt schon in Trümmern lag und erst nachmals wiederum verödete. Niemand wulste etwas von der Geschichte dieser Ruinen. Lenger selbst lag vor nicht langer Zeit nieder. Es war vor 28 Jahren vom Chan von Chiwa zerstört worden, der alle Einwohner wegschleppte. Erst vor einigen Jahren hatte die persische Regierung Ansiedler hingeschickt; die Niederlassung war noch jung. Die*russische Expedition nach Khorassan. 103 \ Am 23sten Abends wurde nach 4 Farsangen beim wasser- und - fruchtreichen Städtchen Turbet-i-Scheich-Djami gerastet. Hier blieb die Expedition bis zum 27sten, um einen Courier zu erwarten. Der Weg dorthin führte längs dem rechten Ufer des Flusses Djami, welcher zwischen zwei nach SO. streichenden Bergrücken in der Sohle eines Thales hinfliefst und sich weiterhin mit dem nach Norden wendenden - Herirus vereinigt. Am 2Öösten unternahm Göbel mit einem Topographen und fünf Soldaten eine Tour in das Gebirge im Süden, den Jahtan- Kuh, und bis auf dessen Kamm, welcher nach den Messungen von Lenz in der Ebene 5200 Fufs über Turbet, 8500 Fufs über den Meeres- spiegel aufsteigt, geologisch indels wenig Interesse bietet. Am 28sten noch im Dunkel brach man auf. Neun Farsangen lang führte die Strafse durch schauerlich ödes Land ohne menschliche Spur, bis auf ein zerstörtes Karawanserai; auf dem ebenen, mitunter gewellten, röthlichen Thonboden safsen nur einige Salzkräuter neben erstorbenen Resten spärlicher Vegetation. Den Tag über wehte, nur um Mittag erstorben, ein heftiger Wind und trieb endlosen Staub auf, so dals die Sonne trübe und glanzlos herabschien. Auf der Mitte des Weges stellte sich das afghanische Convoi ein, 400 Reiter auf flinken Pferden, bunt und verschieden in Kleidung und Waffen; bis an den Abend ritten sie bald paarweise, bald in Gruppen mit Lanze, Säbel _ und Flinte, in furchtbarer Kraft und Gewandtheit, zu Scheinkämpfen ‚gegen einander. So gelangte man zu dem Dorfe Kahris, dem letzten ' an der persischen Grenze. Den 29sten ging es 6 Farsangen weiter auf fast ebenem, sonnenverbrannten Steppenboden. Kurz vor Kussan wurde der Herirud passirt, dessen Ufer von Schilf und Maulbeerbäu- men und Tamariskengebüsch bekränzt wird. Auf der ganzen Tagreise ‚hatten sich nur zwei grolse, aus gebrannten Ziegeln prachtvoll aufge- "führte Karawanserais gezeigt; aber auch sie lagen halb in Trümmern. Bei dem einen fand sich eine grofse Cisterne mit trinkbarem Wasser, und dort verlielsen die Pilgerkarawane und ein Theil der Reiter, um irect nach Herat zu gehen, die Expedition, welche ihrerseits den Weg über die Festung Ghurian nahm. Am 30sten zog man dem Herirud ‚entlang, um ihn sodann zu überschreiten und mehrere Dörfer zu pas- siren. Eine andere Bevölkerung stellte sich dem Blicke dar. Von Fah- ragird bis Kussan safsen voran die Barbari, weiterhin die Hezareh, beide mit mongolischem Typus, dem Ackerbau, doch nicht minder dem Raub und dem Menschenhandel zugethan, nicht selten im Einverständ- nils mit den Turkmenen. Von Kussan ab folgten Afghanen; die turk- menische und persische Kleidung und Pelzmütze traten zurück vor der male ischen Tracht und dem Turban mit lose wehendem Shawl-Ende. Auch das Land belebte sich wieder. Nach langer Entbehrung sättigte 104 C. Schirren: sich das Auge von Neuem an dem fast verlernten Anblick grünender Gebüsche und Wäldchen, an Tamarisken, Eichen und Weiden, die auf üppigem Rasen den Herirud entlang standen und seine vielfach ver- ästelten Canäle begleiteten. Nach 5 Farsangen war Ghurian erreicht. Vor der Stadt wurde die Expedition von dem ersten Minister des Emir, dem Siid Mansur Chan und seinem Gefolge empfangen und in seinem Weingarten bewirthet. Am 3isten wurde Rasttag gehalten. Den 1. September. Vier Farsangen nach Schakiban; auf halbem Wege wurde beim Dorfe Schemesch der Herirud nochmals überschrit- ten. 2. Septbr. Das linke Ufer des Flusses entlang zum Dorfe Abi- Djalid; gegen SO. wurde zwischen den Bergen eine Anzahl Dörfer sichtbar, alle mit hohen Mauern und Thürmen und Wallgräben. Vor dem Abend traf der lange erwartete Courier ein und am 2. September wurde nach 2 Farsangen, nach sorgfältiger Toilette, Herat erreicht. Einige Werst vor der Stadt fand der festliche Empfang statt; dem Ein- zuge begegnete grolser Zulauf; das Volk füllte die Stralsen, die Dächer, die Zinnen, es stand auf den Mauern. Das Geleit führte der zweite Sohn des Emir, Achmet Chan, mit den Würdenträgern; so ging es unter Trompetenschall durch ein Spalier blau und weils nach engli- schem Schnitt uniformirter Fufstruppen, die glänzende afghanische Rei- terei im Rücken bis an das Quartier: ein paar leere Häuser, von Hö- fen umgeben. Ausführliche Berichte über Herat selbst sind mir nicht bekannt geworden. Der Verlust eines beladenen Couriers läfst zunächst noch manche andere Lücke spüren. Bald nach der Ankunft in Herat war bestimmt worden, dafs die jüngeren Reisenden einen Ausflug an das Nordufer des Hamun-See’s unternähmen; dort war eine von Norden her in den See eindringende Halbinsel eine Apanage des Vaters vom jetzigen Emir gewesen, im letzten Kriege von Persien in Beschlag ge- nommen, nach dem Frieden jedoch dem regierenden Achmet Chan wie- der eingeräumt worden. Mit dem Gouverneur, welchen der Emir hin- zuschicken gedachte, sollten die Reisenden aufbrechen. Anfangs kam es zu langwieriger Verzögerung, endlich mulste wegen unbekannter Hindernisse der Plan ganz aufgegeben werden. Zum Ersatz schickte Chanykow einen Theil der Expedition auf 4 bis 5 Wochen auf eine Rundreise durch Khorassan, und zwar über Ghurian nach Khaf, sodann nach Tabbas und über Bihrdjan und Sebzewar zurück nach Herat. Theil nahmen Bunge, Lenz, Keyserlingk, Göbel, Bienert und der Topo- graph Petrow, jeder mit seinem Diener und Packpferd; drei Tscher- wodare waren beigegeben, die Pferde zu leiten und ihrer zu warten. Der Emir freilich hätte einen Besuch seiner Schürfen und Steinbrüche in der Nähe von Herat lieber gesehen. Am 1. October brach man auf Die russische Expedition nach Khorassan. 105 und erreichte nach 6 bis 7 Farsangen das Dorf Schakiban. Der Weg führte durch die zwischen zwei Bergketten gelegene Ebene im Flufs- thale des Herirud nach Westen. Trotz der +12° R. um Mittag froren die Reisenden, da aus den Bergen der Nordostkette ein heftiger, eisiger Wind herabfuhr. Am 2. October kam man durch die Herirud-Ebene "nach Ghurian, wo der Befehl des ersten Ministers des Emir, des Siid Mir Abul Hassan, wegen Ausrüstung der Escorte abgewartet wurde. Am 3ten meldete ein Brief Chanykow’s vom Emir: eine starke Schaar Turkmenen lagere zwischen Khaf und Ghurian gegen Kain; vor we- nigen Tagen wären vor den Mauern von Ghurian 12 Afghanen über- fallen und 11 erschlagen. Mittlerweile war jedoch eine Karawane aus Buchara angelangt, welche über Meschhed nach Teheran zurückging. Es waren theils Handeltreibende, theils Mekkapilger; als Sunniten suchten sie christlichen Schutz gegen den schiitischen Fanatismus der Perser. Als nun vollends die Escorte eintraf, ging es am 6. October in grolsem Zuge weiter, | Fars. bis zum kleinen verfallenen Karawan- serai Kherabad und von dort durch die Nacht bis an den Nachmittag ‚des anderen Tages 14 Farsangen, wegen Wassermangels in fast un- ‚unterbrochener Bewegung. Darauf wurde das Lager in einem Gebirgs- thale mit dem ersten fliefsenden Wasser aufgeschlagen, das man traf. ‚Man freute sich, das wüste Grenzland, welches Persien von Afghani- stan scheidet, hinter sich zu haben; da gab es keinen Baum, keine Wohnung; nur Salzkräuter und einige berauschend duftende Artemi- sien und völlig vertrocknete Doldenstengel der Asa foedita und Gal- banumpflanze. Oede, langgezogene Felsenketten, am Fufs von Geröll ‚und Schutt umlagert, durchbrachen allein die Einöde, durch welche Schaaren von Antilopen scheu hinsetzten und in der Ferne wilde Esel flüchtig erschienen und verschwanden. Am ®8ten früh ging es über d Farsangen durch Gebirge und Ebene, bis Mittags um 1 Uhr Khaf erreicht wurde, seit Ghurian, in einer Strecke von 22 Farsangen, der ‚erste von Menschen bewohnte Ort. Von hier zog die Karawane nach "Meschhed, die Reisenden aber, ohne die afghanische Reiterei, gegen - Tebbes, das durch seine Palmenwäldchen auf seine Lage in einer Ein- 'senkung schlielsen läfst. Bis hierher war der Weg meist 4000 Fuls hoch nur über Bergrücken und Hochplateau’s gegangen, durch eine terra incognita, für welche die besten Karten im Stich lassen, wie man denn dort, wo Ebenen und Flüsse verzeichnet sind, mitten über’s Ge- birge ritt. So liegt auch Khaf am Fulse einer schroffen Gebirgskette, welche von SSW. nach NNO. geht, und 50 Farsangen davon Tebbes. af ist einer der hübschesten Orte Ost-Persiens, sauber und regel- gebaut, mit geraden Strafsen, ausgedehnten Gärten und schönen >inus- Anpflanzungen; doch ist es nicht eigentlich Stadt, sondern Dorf. 106 C. Schirren: Durch drei in ziemlichen Zwischenräumen auf einander folgende Thore gelangt man in die innerste Stadt, deren Stralsen von persisch geklei- detem, betriebsamem Volke belebt sind. Der Bericht über die weitere Reise ist verloren. Mitte December (1858) war ein armenischer Courier der Expedition von Herat nach Teheran aufgebrochen in Begleitung eines Mannes, dem die Pferde ge- hörten; zwischen Ghurian und Khaf, als sie, um auszuruhen, zur Nacht- zeit abgestiegen waren, wurden sie von zehn Räubern überfallen; der Mann aus Herat entkam in der Dunkelheit in die Berge und langte zu Fufs in Herat an. Dort hielten sich eben turkmenische Aelteste aus Merw vom Stamme der Tek& auf; sie hatten dem Emir Geschenke zu überbringen. Sie versprachen, wo möglich die Auslieferung der Papiere und des Couriers — natürlich gegen Lösegeld — zu erwirken. Allein, wenn auch das Versprechen aufrichtig war, so kannte doch Niemand die Räuber; ebensowohl mochten es Beludschen gewesen sein. Der Verlust war schmerzlich. Viele Briefe gingen verloren, ferner die für die geographische Gesellschaft bestimmten Berichte über die Reise von Herat über Tun nach Tebbes (das nach den Bestimmungen von Lenz 14° weiter westlich liegt, als auf der neuesten Karte von Kie- pert), und über Birdjand zurück nach Herat; ferner Chanykow’s Be- richte an die Gesellschaft und an die Academie; eine Sammlung sel- tener, meist alter silberner und goldener Münzen; eine Karte von Kho- rassan, gezeichnet von den beiden Topographen; sie stellte das ganze im Jahre 1858 aufgenommene Terrain, circa 91,000 Quadrat-Werst, in dem Mafsstabe von 80 Werst auf einen engl. Zoll übersichtlich dar, eine Reihe Aquarelle von Ruinen aus der Umgebung Herats, von Herrschergräbern u. dgl. m. Zu diesem Verlust kamen noch andere Beschwerden. Bei der grolsen Unsicherheit im Lande, wo Niemand dem Schutz der Mauern und Waffen entsagt, wurde jeder Schritt der Europäer mit Argwohn belauert. Ueberdies war trotz des asiatischen Despotismus die Will- kür Aller im Lande grofs. Der Emir regierte erst seit anderthalb Jahren und, mochte er auch ein paar glückliche Feldzüge gegen seine Nachbarn unternommen und Beute, Geiseln und Gefangene aufgebracht haben, seine Macht reichte damals noch nicht weit. Dazu kam noch empfindlicher Geldmangel. Die Anweisungen der geographischen Ge- sellschaft, die 3000 R. S. Kokorew’s waren aufgebraucht; Chanykow wandte sich um Zuschufs an die geographische Gesellschaft; der Fürst Bariatinski schickte von Tiflis 1000 R. S. aus eigener Kasse; allein die Verlegenheit liefs sich nicht völlig verdecken, so dals der Schah von Persien seinen Oheim, den Prinzen-Statthalter von Khorassan, Nessr-Eddin-Schehr, anwies, der Expedition bis zu 5000 Tomans vor- Die russische Expedition nach Khorassan. 107 zustrecken, ein Anerbieten, welches Chanykow wohlweislich ablehnte. So lagen die Reisenden, nach knrzen Excursionen, wieder in ihre Häu- ser gebannt müssig. Selbst Beobachtungen mit den Instrumenten wur- den verleidet. Jeden Blick durch das Mikroskop untersagte der ver- derbliche, feine, überall herrschende und eindringende Staub und Rie- men und Kapseln sprangen und rissen unter der furchtbaren Sonnen- dürre. - Von ’Herat lernten die Reisenden wenig kennen. Doch zeigten sich überall auch dem flüchtigen Blick Spuren einstiger Gröfse. Rund um die Stadt reitet man meilenweit auf Ruinen und Schuttlagern. Bruchstücke, oft völlig erhaltene Blöcke kunstvoll bearbeiteten Mar- _ mors und hin und wieder Serpentin-Denkmäler ragen fast überall, wo man hintritt, aus dem Boden; in viele sind Inschriften eingemeifselt; die Wände der durchgestochenen Hohlwege sind mit bunt emaillirten Ziegeln in zierlichen Mustern geschmückt. Es mag etwas vom Styl der Königsstralse bei Bhanian wiederkehren. Mittlerweile hatte der Winter seinen Höhepunkt erreicht; seit dem 8. Januar hatte man Tags im Schatten 6 — 12°, in der Sonne 18— 25°, in der Nacht selbst nicht unter 2—5° R. gehabt. Seit dem neuen Jahre war der frisch gefallene Schnee als dünne Decke liegen geblieben. Herat liegt 2600 Fufs über dem Meere; rings waren die Gebirge tief herab von Schnee bedeckt; das Thal lag ziemlich frei. Um die Mitte des Januar jedoch häuften sich die Schneemassen, die Temperatur sank bei meist klarem Himmel auf —?2° bis —4° R. am Tage, in der Nacht bis —7°, 9°, 11° R. Mit bedecktem Himmel hob sich die Temperatur um einige Grade; dann schmolzen die Schnee- massen theilweise rasch weg. Mit dem Ende des Monats trat Thau- wetter ein. Schon vorher war unter dem Druck der Verhältnisse der Beschlufs _ gefalst, nicht weiter nach Osten vorzudringen, sondern in südwestlicher Richtung durch das östliche Siistan, über Khubbis, Kerman, Jesd, Ispa- han, Teheran und Tabris heimzukehren. Zum 29. Januar (1859) a. St. war der Aufbruch angesetzt; das Winterwetter vereitelte den Plan. Man verschob ihn auf den folgenden Tag, da es Mittags +5° R. und ‚bedeekten Himmel gab, so dafs der Schnee mit Macht wegthaute. inige Tage zuvor hatte die Gesellschaft sich vom Emir verabschiedet. Chanykow hatte sich alles Gepränge verbeten. Man fand daher Ach- met Chan in einem hohen, nur mit Teppichen meublirten Zimmer unter seinen Vertrauten auf einer Decke feinen weilsen Zeuges sitzen; den Reisenden waren gegenüber Lehnsessel hingestellt; in der Mitte des © gebildeten Kreises stand auf gezimmerter Unterlage ein Feuerbecken, "welches Diener fortwährend frische Holzäste legten; der Rauch ging 108 €. Schirren: durch eine Deckenöffnung hinauf in’s Freie. Von diesem Feuer wurde das zweistöckige Zimmer mit seinem Gewölbe und seinen offenen Fen- stern kärglich erwärmt; auch safsen die vornehmen Afghanen alle in Pelze gehüllt, die Reisenden in einfachen Paletots. Es wurde Thee gereicht; die Unterhaltung bewegte sich mit grofsen Pausen um gleich- giltige Fragen, um die Vorzüge von Kandahar oder Kabul; darauf nahm man Abschied; der Emir gab bis an die Thür das Geleite und rieth noch eine Woche auf besseres Wetter zu warten. Einige Tage darauf erschien er unangemeldet mit kleinem Gefolge zum Gegenbe- such, überraschte Bunge, der als Arzt den meisten Verkehr gehabt hatte und am meisten in Ansehen stand, in leichter Morgenkleidung und erwartete dort die übrigen Mitglieder der Expedition. Am Abend übersandte er Chanykow zwei Kaschmirshawls und damit scheinen die Verhandlungen ihr Ende gefunden zu haben. Neuere Nachrichten sind bisher nicht eingegangen. Ob der Rück- weg am 30. Januar angetreten wurde, ist mir nicht bekannt. Man wollte zunächst nach Lasch, wohin die Stralse, obwohl über einige Gebirgs- züge, durch bewohnte Gegenden thalab führt. Von Lasch bis Kerman erwartete die Reisenden die schwierigste Strecke, ein unsicheres ödes Land, in welchem es auf 40 Farsangen keinen Tropfen Wasser giebt. Die Resultate, so weit sie bis jetzt gewonnen wurden, lassen sich noch eigentlich nicht messen. Sicher ist, dafs die Mehrzahl der Mit- glieder mit ihnen wenig zufrieden ist. Es ist noch nicht an der Zeit, die Ursachen näher zu besprechen. Von dem, was sich thun liefs, scheint wenig unterlassen zu sein. Chanykow meldet von seinem Be- such in der reichen Bibliothek des Imam Riza zu Meschhed; er hat 25 Denkmäler nach der Beschreibung seiner Vorgänger näher geprüft, Notizen über die Dialecte des Persischen und über die ethnographi- schen Verhältnisse des nördlichen Khorassan gesammelt; die Botaniker haben eifrig gearbeitet; bis zum 23. September hatte Bunge 1300 Spe- cies zusammengebracht; Bienert und Keyserlingk Reptilien und Arach- niden; Göbel hatte 13 Kisten eingesandt, namentlich noch aus Herat 10 mit Steinproben, Salzen, Petrefacten, einigen Wasserproben, meist von dem Ausflug nach Tebbes. Er fand in Khorassan nicht die Man- nichfaltigkeit des Alpenlandes von Masenderan, wo vom kaspischen Meere bis zur Hochsteppe auf beengtem Raume ein bunter Wechsel der Formationen herrscht, von den ältesten (Steinkohlen-, devonischen, vielleicht silurischen) bis zu den neueren des Jura und der tertiären Zeit, zugleich mit schroffen Gegensätzen der Pflanzen- und Thierwelt. In Khorassan dagegen durchziehen, zum Theil mit 7— 8000 Fufs mitt- lerer Kammhöhe, mächtige Gebirgsketten, fast durchweg parallel geord- net, die Landschaft, mit einförmiger Zusammensetzung, grolsentheils Die russische Expedition nach Khorassan. 109 neuern Bildungen (der Kreide- und der Tertiärperiode) angehörend. Die Erscheinungen in dem weiten Raume sind gleichförmiger und über- sichtlicher, daher von grolsartigerem Eindruck. Lenz hatte astronomisch - die Coordinaten von 29 Punkten bestimmt und 9 magnetische Beob- tungen angestellt. Die Topographen hatten die Route aufgenommen von Asterabad nach Schahrud und Teheran, von Teheran nach Mesch- hed, von Meschhed nach Herat, mit Einrechnung der Ausflüge über _ einen Raum von mehr als 90,000 Quadrat- Werst. $ ! E k IV. - Reise in den beiden Trachonen und um das Haurän- ; Gebirge im Frühling 1858. Bericht des preufsischen Consuls Dr. J. G. Wetzstein in Damaskus an das Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten. (Hierzu eine Karte, Taf. II.) s Längst hatte ich mir eine Reise in die von den Damascener Land- seen, dem Legä und Haurän ') östlich gelegenen, nicht nur in Europa sondern auch in Syrien völlig unbekannten Länder vorgenommen und immer machten sich dagegen ernste Bedenken geltend. Reiste ich aus _ öconomischen Gründen unter Verheimlichung meiner Stellung als Con- ul, so setzte ich mich denselben Gefahren aus, welche zeither den Beenden von einem Besuche jener Länder abgeschreckt haben und "künftig abschrecken werden. Reiste ich aber als Chef eines Consulats, welches seit acht Jahren in jenen Gegenden so oft sein Ansehen gel- _ tend gemacht hatte, so mulste ich auf andere Ausgaben gefalst sein, als r Burckhardts und Seetzens waren, welche mit einem Schaffell # 1) Bei der Transscription der arabischen Consonanten wurde in diesem Berichte die von der „deutsch-morgenländischen Zeitschrift“ angenommene Meihode befolgt; > wurde durch g und Z durch ch ausgedrückt. Die Vocale anlangend, so wur- den die Diphthonge au und ei dem ostsyrischen Idiome gemäfs durch 6 und € wieder- gegeben und nur in bekannteren Worten, z. B. Haurän, die gemeine Schreibart bei- behalten. Das Fath erscheint nach seiner wirklichen Aussprache bald als a bald s e und das Damm bei emphatischen und Kehllauten oft als o; in der ersten Silbe Diminutivformen mitunter als a oder e der Aussprache gemäfs, z. B. Rademe, netra, Genene. Meistens aber wurde es im letztern Falle gänzlich unterdrückt, e in KleEb und Kreje, wo eine Aussprache wie Kuleib, Kureije nach Pedanterie mecken würde. Schon im Alterthum mag es in Diminutivformen oft nicht ge- _ worden sein, denn in den griechischen Inschriften heifst das Städtchen Gurein Legä nur Toawn und Ayoawn. 110 J. G. Wetzstein: über der Schulter als arme Teufel im Haurän aufgetreten sind. Als Consul mulste ich, um den Vorstellungen der Araber gerecht zu sein, einmal mit dem kostspieligen Apparate einer zahlreichen Dienerschaft reisen, sodann erforderte es die Landessitte, dals ich Jeden, von dem ich beherbergt, oder beim Vorüberziehen eingeladen wurde, oder der mich selbst begleitete oder durch seine Leute begleiten liefs, mit einem Feierkleide (Telbise) beschenkte; und da ich leicht berechnen konnte, dafs ich während einer 50tägigen Reise deren mindestens 80 brauchte, so überlegte ich mir die Sache von Jahr zu Jahr, bis endlich der Um- stand, dafs ich gegenwärtig, wo meine Familie in Berlin lebt, unge- hinderter bin, mich bewog, der Wissenschaft einen Dienst zu erweisen, den ihr sonst nicht leicht Jemand zu erweisen im Stande ist. Am zweiten April erhielt ich von der Königl. Gesandtschaft in Constanti- nopel den nachgesuchten Urlaub zur Reise, den dritten übergab ich die Leitung des Consulats dem grofsbritannischen Consul und den vierten ritt ich von Damaskus nach meinem drei Stunden östlich von der Stadt im „Wiesenlande* (el Merg) gelegenen Dorfe Sekkä ab, wo mich die zu meiner Begleitung bestimmten Beduinen bereits seit einer Woche erwarteten. Diese waren der Scheich Gerbü, ein Vetter des Ober- Scheichs der G&jät, eines mächtigen Raubstammes im Lande Ruhbe, der, wie man sich hier ausdrückt, über tausend Flinten aufbieten kann, ferner die Scheiche Chalaf und Hum£jid, zwei Stammhäupter der S’täje, eines mit den Gejät verbündeten Volkes in der Ruhbe. Diesen zwei freien Stämmen ist der ganze östliche Theil der Provinz Damas- kus tributär. Sie erheben unter dem Namen der Chuwwe „Gebühr der Brüderschaft“ alljährlich von den Dorfgemeinden das Doppelte, ja Dreifache dessen, was die Regierung an Steuern erhebt. Niemand ver- mag etwas gegen sie, und wo eine Gemeinde mit der Zahlung der Chuwwe einmal zögert, oder wie sie es nennen „aufständisch“ ('asjän) wird, da führen sie mit bewaffneter Hand die Heerden des Dorfes weg, oder tödten einige Bauern, die sie entweder am Tage beim Pflügen, oder des Nachts beim Bewässern der Saatfelder überfallen können, oder zünden an einem windigen Tage die reifen Erndten an. Aufser diesen drei Beduinen, welche von einigen Leuten ihrer Stämme be- gleitet wurden, waren meine Begleiter folgende: Ein vornehmer Damas- cener, Muhammed Effendi Kumus, mein Hausfreund und Begleiter auf allen meinen Ausflügen. Er hatte sich zur Zeit der ägyptischen Herrschaft in Syrien durch seine schlecht verhehlten türkenfreundlichen Gesinnungen Ibrahim Pascha’s Ungnade zugezogen, seine bedeutenden Güter wurden eonfiseirt, er flüchtete in die Wüste und ging später nach Bagdad, wo er von der Pforte ein Jahrgehalt bezog, bis er nach Ibra- him’s Rückzug aus Syrien in die Heimath zurückkehren und in seine Reise in den beiden Trachonen und um das Haurän- Gebirge. 111 früheren Verhältnisse restituirt werden konnte. Der mit dem Leben ‚der Beduinen innig vertraute Mann begleitete mich jetzt, um in diesem Lande der Förmlichkeit die mir gemachten Besuche zu empfangen und zu erwidern, ferner des Abends und Morgens im Diwan meine Stelle zu vertreten, damit ich ungestört meine Reisezwecke verfolgen konnte, und endlich unserm Zuge vorauszueilen, um Quartier zu machen und, wo es nöthig war, über die ankommenden Gäste die gehörige Aus- _ kunft zu geben. In ähnlicher Absicht hatte ich den Arzt und öffentli- chen Erzähler Derwisch Regeb mitgenommen; als Arzt mulste er das Volk von mir abhalten, das in jedem Europäer einen Heilkünstler sieht, und des Abends mufste er erzählen, wenn ich an meinem Tagebuche ‚arbeiten wollte. Aufserdem begleiteten mich zwei Kawwäse (Gens- darmen) des Königl. Consulats, der Araber S’äküs und der Kurde Zemberekgi, und mein Koch. Zwei Maulthiertreiber hatten für den "Transport der Zelte und des Gepäcks zu sorgen. Aus Sekkä nahm ich meinen dortigen Jäger, den Hägg Ali, einen Afghanen und guten Schützen, und zwei mit den Beduinen viel verkehrende und bei diesen in Ansehen stehende Bauern mit, Jüsef Besmä und den alten Abü Chälid, den die türkische Regierung mehrmals zu wichtigen Missionen an die Beduinen verwendet hat und den diese wegen seiner Klugheit und Ueberredungsgabe die „Zunge des Merglandes“ (Lisän el Merg) nennen. Den fünften April folgte ein Platzregen dem andern und ich benutzte den Tag, um 25,000 Reben unter die Colonisten meines neugebauten Dorfes Gassüle (Sat) zu vertheilen, die ich zur Anlegung eines Gemeinde- Weingartens aus einigen Ortschaften des sülsen Gebirgs') erhalten hatte, und den sechsten brachen wir, nachdem die Beduinen ihre Feierkleider — jeder einen Mantel (Gubbe) von scharlachrothem APR ai ıche und einen Leibrock (Kumbäz) von rothem Atlas — erhalten en, Mittags 12 Uhr von Sekkä nach Gede£de REBEL ZN einer grofsen Domäne des Sultans, auf, wohin ich eine Einladung von dem Scheich des Dorfes erhalten hatte. Eine halbe Stunde vor Sonnen- intergang verlielsen wir Gedede, erreichten um 7+ Uhr die Mitte des hochgelegenen Isthmus zwischen den Damascener Seen, der hier durch- 7) Das „süfse Gebirge“ (Gebel el Hilu) heifst derjenige Theil des Gebel Ka- ün, welcher östlich von einer Linie liegt, die ohngefähr von Damaskus nach ' von da nach Malüla und Jebrüd zu ziehen wäre, und er ist wahrschein- 1 so genannt wegen der Menge und Güte seiner Weinberge. 112 J. G. Wetzstein: 24 Stunden gegen Osten fortlaufenden unwegsamen, mit Vulkanen über- säeten Lavaplateau andererseits, eine Passage, welche fast keinen Tag frei ist von Raubzügen, die hier vom Norden Syriens nach dem Süden und umgekehrt stattfinden. Eine finstere Nacht begünstigte uns. Von jetzt ab durfte nicht mehr gesprochen und Mäntel und Turbane von | weilser Farbe mulfsten beseitigt werden. Ein Beduine ritt als Vedette | voraus, ein anderer führte den Zug, der sich eng zusammenhalten mulste, ein dritter folgte, um zu verhindern, dafs Jemand zurückblieb, wieder andere stachelten mit ihren Lanzen die Saumthiere, welche das Gepäck trugen, und so rasch als möglich zogen wir in südöstlicher Richtung vorwärts. Es ging dabei so geräuschlos zu, dafs es mich oft dünkte, ich ritt allein. Wir hielten auf dem welligen Terrain vier bis fünf Mal und immer an solchen Stellen, wo wir einem in der Entfernung von hundert Schritten vorübergehendem Zuge unbemerkt geblieben wären. Die Beduinen sind Meister in nächtlichen Zügen. Das Commando des Führers bestand aus einem feinen Pfeifen, dem Zwitschern eines klei- nen Singvogels nicht unähnlich und ich hielt es auch längere Zeit da- für. Nach 1 Uhr des Nachts kamen wir endlich in den War ( ) d.h. in den trachytischen Rayon der Vulkane, und nachdem wir ohn- gefähr eine Stunde auf einem schrecklichen Terrain vorwärts gezogen waren, erklärten uns die Beduinen aufser Gefahr. Bald war eine Menge Sih (Frö), eine vielästige, holzige Pflanze, das gewöhnliche Brenn- material (Hatab) in der Wüste, gesammelt, bald loderte ein helles Feuer und Alle suchten sich zu wärmen, denn wir hatten während des nächtlichen Rittes sehr gefroren. Da man es vorzog, das Gepäck bei- sammen zu lassen und keine Zelte aufzuschlagen, so suchte sich ein Jeder in den schwarzen Wänden der Lavafelsen einen Winkel, um sich gegen die kalte Luft und die vom gestrigen Regen feuchte Erde zu schützen und bald waren wir Alle entschlafen. So begann ich eine Reise, die trotz der kurzen Dauer von 44 Ta- gen reich ist an interessanten Specialitäten und deren Gesammtergeb- nifs ein aufserordentlich günstiges genannt werden mufs. Ich habe dasselbe in einem Tagebuche niedergelegt, das in 4 Heften zu je 110 Octavblättern 880 Seiten zählt, einige dreilsig Beduinengesänge, die ich besonders geschrieben habe, ungerechnet. Bedenkt man, dals ein grolser Theil meiner Zeit auf die Untersuchung von fast hundert Ruinenorten und die namentlich in weitläuftigen Städten zeitraubende Aufsuchung von Baudenkmälern und Inschriften verwendet werden mulste, und rechnet man die Störungen dazu, welche auf dergleichen Reisen un- aufhörlich vorkommen, so wird man die Menge meiner Aufzeichnungen kaum für möglich halten; aber ich schrieb während des Reitens und 5 Ai Reise in den beiden Trachonen und um das Haurän - Gebirge. 113 des Nachts. Auch trug die glückliche Stimmung, in welche mich die fortwährend guten Erfolge versetzten, dazu bei, dafs mein Bleistift immer im besten Zuge blieb. Die Ergebnisse dieser Reise umfassen mehrere Zweige der Wissenschaft, wie Geognosie, Geographie und Archäologie (Baugeschichte und Inschriftenkunde). Meine eth- nologischen Notizen über zeither unbekannte Stämme, oder solche, deren Bedürfnifslosigkeit an die Urzustände des Menschengeschlechts erinnert, halte ich für werthvoll, und meine Poesien der Wüste bieten ein Arabisch, das man in Damaskus nicht versteht und von dem noch wenige Proben nach Europa gekommen sein dürften. Ich mufste mir die meisten Lieder Vers für Vers commentiren lassen. Indem ich in folgenden Blättern über diese Reise zu berichten die Ehre habe, beabsichtige ich nicht, eine Darstellung des Gesehenen in seiner zeitlichen Aufeinanderfolge zu geben, da ich mein Tagebuch selbst für den Druck zu bearbeiten gedenke, und die anliegende Karten- skizze, welche später eine berichtigtere Form erhalten soll, von dem bereisten Ländergebiete und der von mir verfolgten Route eine genü- gende Anschauung geben wird. Nur einige meiner Beobachtungen will ich hier ausführlicher beschreiben, und zwar solche, von denen ich entweder die stärksten Eindrücke erhalten habe, oder annehmen kann, - dafs ihre Mittheilung auch in weiteren Kreisen interessiren werde. Ich beginne mit dem geologischen Theile, wobei ich vorauszu- schicken habe, dafs ich kein Fachkenner bin, damit man beim Beurthei- len meiner Anschauungen den rechten Maafsstab anlegen möge. Von besonderer Wichtigkeit für die Erdkunde scheint mir die Entdeckung _ einer zeither nicht geahnten, weit ausgedehnten Vulkanregion zu sein, die vielleicht an Extensität, aber schwerlich an Intensität von einer ähnlichen Formation auf der Erde übertroffen werden dürfte. Ich meine nieht den Haurän, bei dem man schon auf Seetzen’s, Burck- hardt’s und Anderer Beobachtungen hin annehmen konnte, dals er _ durchgängig und ausschliefslich von vulkanischer Bildung sein müsse, obschon er zeither noch nicht einmal zur Hälfte bekannt war. Ich ‚spreche von einer Gegend östlich von den Wiesenseen bei Damaskus und östlich vom Haurän. Die Mitte derselben dürfte etwas südöstlich von dem Punkte liegen, wo sich der 55. Längengrad (Ferro) und 33. _ Breitengrad schneiden. Südlich scheint sie sich beim 32. und nörd- "lieh nahe am 34. Breitengrade zu endigen. Ihre Breite möchte durch- 4 schnittlich zwei Drittheile der Länge betragen. Begrenzt wird sie im "Osten und Süden von dem Hamäd, oder der grofsen syrischen Steppe, im Westen von Haurän, dem Legä und den Wiesenseen, im Norden ‚endlich von den Ansläkfern des Antilibanon an der Stralse nach Pal- ‚myra. Den nördlichen Theil dieser Vulkanregion charakterisiren grofse Zeitschr. f. allg. Erdk. Neue Folge. Bd. VII. 8 EN A 02 er ee 114 J. G. Wetzstein: mehr oder weniger zusammenhängende Lavaplateau’s, deren jedes in seinem Mittelpunkte immer eine oder mehrere Gruppen feuerspeiender Berge hat, während der südliche Theil, welcher den Namen Harra führt, mit losen vulkanischen Steinen dicht bedeckt ist, zwischen denen sich einzelne Eruptionskegel erheben, die bei näherer Untersuchung zum Theil von kleineren Lavaplateau’s umgeben sein werden. Die Thätig- keit dieser Vulkane hatte wohl schon in vorhistorischer Zeit ihre End- schaft erreicht, und fand gewils gleichzeitig mit den Eruptionen der hauränischen Vulkane statt, wenn auch die Schwärze und der Glanz der Lava dieser östlichen Region, verglichen mit der starken Zersetzung der hauränischen, für einen spätern Ursprung sprechen sollte. Ich er- kläre mir diese Verschiedenheit durch die Annahme einer verschiede- nen Mischung beider Laven. Denn die hauränische erzeugt durchgängig einen entschieden braunrothen und die der östlichen Vulkane einen gold- gelben Humus. Den Mittelpunkt dieser östlichen Region bildet das Safä '), ein von den Syrern vielgenanntes und Allen unbekanntes Land. Man denkt sich gewöhnlich darunter einen ungeheuren Wall, durch den ein enges Thor zu weiten sichern Räumen führt, welche die stärkste Festung der Welt sein würden, wenn sie Wasser hätten. Natürlich konnte auch Burckhardt nichts Näheres über das Safä erfahren ?). Zwar hat das- selbe weder Thor noch Engpals, aber es ist vielleicht der merkwürdig- ste Punkt in Syrien; seine Formation hat etwas Höllisches und sein Anblick beengt die Brust und erfüllt mit Grauen. Das Safä ist ein beinahe sieben Stunden langes und eben so breites Gebirge, d.h. die aus den Kratern strömende schwarze Masse häufte sich Welle auf Welle, so dals die Mitte die Höhe eines Gebirges annahm, ohne jene sanften Formen gewöhnlicher Gebirge zu bekommen. Das Safä ist bei seinen geraden Linien und seinem mattglänzenden Schwarz mit 1) lasst In einem Beduinengesange lautete das Wort in der Annexion Safät, was auch die Schreibart $|\&,0 geben würde. Aber die erstere ist die gewöhnliche. ?) Er sagt in seiner syrischen Reise pag. 170 (Uebersetzung von Gesenius): „Das Safa ist ein steiniger Landstrich, wie das Legä, nur sind seine Felsen höher, wiewohl das Ganze für ebenen Boden gelten kann. Es hat 2 bis 3 Tagereisen im Umfang und ist der Zufluchtsort der Araber, wenn sie vom Pascha von Damaskus verfolgt werden. Es hat keine Quellen, sondern nur Cisternen. Der einzige Eingang ist ein Engpafs, der Bäb es Safä heifst, eine Schlucht zwischen senkrechten Felsen, die nur 2 Ellen breit ist und durch welche niemals ein Feind einzudringen wagt.“ Pag. 1050 sagt er: „An der östlichen Seite des Safä ist ein ohngefähr 2 Ellen breiter Gang durch senkrechte Felsen. Er ist etwa 1000 Schritte lang und führt mitten im Gebirge auf eine Ebene, die keinen anderen Eingang und zwei Tagereisen im Umfang hat, u. s. w.“ Doch sind die Namen von drei Dörfern des Safa, die Burckhardt erwähnt (Boreisije, “Odesije und Koneise) richtig; sie existiren dort. Reise in den beiden Trachonen und um das Hauran - Gebirge. 115 einem Gebilde aus Gufseisen zu vergleichen und gewährt annähernd den auf folgender Skizze dargestellten Anblick. Die Ansicht ist von der _ Westseite. Die höchsten Partien sind ohngefähr 1800 Fufs über der Ruhbe. Sämmtliche Spitzen sind Vulkane. 1) Der Abü Gänim (u) „lE). 2) Der Wäsit (Luft). 3) Der Meräti (SS). 4) Die Snetää (Kerr). 5) Die Tulül es Saf& (lüall J,5), Hügel des Safä. 6) Der Chne£sir (ara), d. h. der kleine Finger; er wird gebildet durch hohe, namentlich von der Ruhbe aus stark sicht- bare Steinkränze von Kratern. Man stellt sich das Safä als eine Hand vor. No. 1 ist der Daumen, No. 2 wird wenig gesehen und nicht gezählt, Nr. 3 ist der Zeigefinger, No. 4 wird wenig gesehen, No. 5* ist _ der Mittelfinger, 5” Goldfinger, No. 6 der kleine Finger. Auf dem Safä kann kein Mensch existiren und die Redensart der Damascener: „er hat sich in’s Safä geflüchtet“ wird später unter dem Artikel Tenije erklärt werden. Das Safä hat keinen Tropfen Wasser und keine Vegetation, daher sein Name: das leere, nackte Gebirg '). Nur in den Einsenkungen und den klaffenden Brüchen der Lava bil- den sich zur Regenzeit wochenlang Pfützen und sprolst eine spärliche _ Flora. Das Safä ist noch, wie am Tage seiner Entstehung, _ der schwarze mattglänzende Lavaguls voll zahlloser, mit _ dünnen Gewölbenüberbrückter Ströme versteinerterschwar- | zer, oft auch hellrother Wellen, die sich aus den Kratern _ über das Hochplateau die Abhänge herab wälzen. Am nord- östlichen Ende des Safä, eirca 2 Stunden vom Abü Gänim, desgleichen _ südöstlich vom Chnösir erhebt sich die Lava auf der Fläche des Ge- birges wie züngelnde schwarze Flammen, mit einer durchschnittlichen !) In allen Sprachen, namentlich in der arabischen, giebt es viele Dinge, die sich nicht aus dem armen Lexicon, sondern nur aus dem reichen Commentar der ‚Vorstellungen und Ausdrücke des Volkslebens erklären lassen. Man sagt: Safä el s, der Becher ist leer; Saffähu, er hat ihn ausgeleert. Daher Safä Zemäni, meine t ist leer d.h. von Sorgen, also heiter.. Davon Mahall es Saf& der Ort der Sor- snleere d. h. ein frohes Trinkgelage. Safü es Semä der Himmel ist wolkenleer. Hierher gehört wohl das Hebräische nor Safon (für Safwän) der leere Himmels- aum in Hiob 26, 7. 8* 116 J. G. Wetzstein: Erhebung von 3 Fufs, ohngefähr in der Art, wie es diese Zeichnung veranschaulicht: Ich erkläre mir die Erscheinung so, dafs die Krater gegen Ende ihrer Thätigkeit eine schneeartig leichte Masse auswarfen, die sich Flocke auf Flocke ansetzend diese Formation erzeugte. Schon seit drei Tagen hatte ich das Saf& und namentlich seine bis in’s Kleinste regelmäfsigen und wie mit einem braungelben glanzlosen Mörtel übertünchten Kegel mit immer wachsender Neugierde betrachtet. Dafs es die Röhren sein mufsten, aus denen die vor uns aufgethürm- ten Wogen geflossen, konnte ich mir zwar denken, wiewohl ich noch nichts Aehnliches gesehen hatte, aber ich wünschte doch mit eigenen Augen in die Schlünde hinein zu schauen. Am dritten Tage Abends waren wir als Gäste im Zelte unseres Reisegefährten Hum&jid unmit- telbar am Rande (Lohf) des Safä abgestiegen und hier wollte ich den Beduinen gegenüber, die eine Besteigung des Safa für unmöglich er- klärten, meinen Willen durchsetzen. Hum&jid schien mir als Wirth zu meiner Begleitung verpflichtet, aber er entschuldigte sieh, dals das Safä den Gejät gehöre, und ihm nicht das Recht zustehe, daselbst mei- nen Führer zu machen. Seine Entschuldigung war gegründet. Jetzt wandte ich mich an Gerbü, den G£jäti. Er weigerte sich mit der Er- klärung, dafs nur die Lebensgefahr den Menschen in’s Safä treiben könne. Da liefs ich ein seidenes Ehrenkleid auspacken und sagte den zahlreich anwesenden G£jät, dafs es derjenige bekommen würde, der mich begleitete. Man betrachtete es mit sehnsüchtigen Blicken, aber keiner wollte es verdienen, selbst dann nicht, als ich noch eine engli- sche Lire (Souverain) darauf zu legen versprach. Die Sache verwirrte mich, und auch meine Damascener Begleiter wulsten sie nicht zu er- klären. Ich mulste endlich zu einem Mittel greifen, gegen welches der Beduine keine Waffen hat. Ich wendete mich gegen Gerbü und sagte mit dem nöthigen Pathos, indem ich meinen Kinnbart in die rechte Hand nahm: Willst du nicht mit mir gehen, Gerbü, diesem Barte zu Gefallen (min sän hal lehje)? Da schnellte der Mann empor und rief, indem er die Hand auf seinen Kopf legte: „Von Herzen gern ('alä räsi)!“ Am andern Morgen vor Sonnenaufgang brachen wir auf. Es waren eigenthümliche Gefühle, die mich bewegten, als ich mit Gerbü, in ı x der den Wasserschlauch, und meinem Jäger ‘Ali, der die Mefsinstru- mente trug, zu Fufs (denn die Pferde würden hier nicht überall fort- kommen) über die klingende Decke der kohlschwarzen Wellen, über die weitgespannten Brücken, über die Sprünge ') und Versenkungen der Masse hinschritt, um einen der höchsten Vulkane zu besteigen. Um 9 Uhr erreichten wir das Hochplateau. Da rief Gerbü‘: „Hier ist der Anfang der Gefägif. Steig’ hinauf!“ Ich begriff ihn nicht, stieg aber rasch einen Wall schwarzer Blöcke hinauf und stand am Rande eines ungeheuren Kraters und schaute mit Grauen in das Chaos seines - Schlundes hinein. Es war der erste Krater, den ich sah, und meine Verwunderung war um so grölser, als ich die fixe Vorstellung mitge- bracht hatte, ein Krater könne nur in der Spitze eines Berges sein. Hier war er auf der Hochebene. Endlich dachte ich über ein Mittel nach, Umfang und Tiefe zu messen, als mich Gerbü lachend den Damm der ausgeschleuderten, oft viele Klaftern dicken Steine hinab- zog und sagte: „Bedsch (das türkische Bey), willst du jede Gefgefe (Krater, in der Mehrheit Gefägif) in unserm Lande messen, so brauchst du Wochen dazu.“ Wie, ist euer Land die Hölle? „E billäh (Ja, bei Gott)! Es lebte bei uns ein Dichter, der sagte in einer Kaside: Das Safä ist ein Stück von der Hölle und die Ruhbe ein Stück des Paradieses (es Saf& min en när wa’r Ruhbe min el genne)“. Nach sechs oder acht Minuten stand ich auf dem Steinkranz eines zweiten Kraters von eben so grauenhaftem Anblicke; nach einer gleichen Ent- _ fernung an einem dritten, vierten und fünften. Der fünfte unterschied i sich von den vier ersten dadurch, dafs er die Gestalt des Gespinnstes 3 Reise ın den beiden Trachonen und um das Haurän- Gebirge. 117 ne einer männlichen Seidenraupe hatte, so nämlich: &9. Augenschein- . lich hatten sich zwei Krater in einen vereinigt. Ferner hatte derselbe in seinem Bette keine über einander geworfenen Blöcke, sondern eine schwarze glanzlose Masse, deren versteinerte Oberfläche sich senkte und hob und Blasen trieb wie siedendes Pech in einem Kessel, und ringsum flossen aus dem weiten Bassin starke Lavaflüsse. In geringer _ Entfernung kam ein sechster, siebenter und achter Krater. Aber der “; ") Unter solchen Sprüngen, die wohl bei Erstarrung der Lava entstanden sind, trafen wir einen, dessen Länge ich auf mehr als 1500 Fufs schätzte. Wo er am "weitesten klaffte, mochte er 20 Ellen breit sein. Die Wände waren, wie man tief ‚hinein deutlich sehen konnte, ohne alle Sprünge und Risse ein massives Ganze vom ‚vollkommensten Schwarz, und ohne allen Glanz. Nur hin und wieder funkelten darinnen smaragdartig grölsere Stücke von Olivin. — In einem andern Sprunge süd- östlich von Chnesir sah ich eine merkwürdige Pflanze. Wie tief sie hinab reichte, eils ich nicht, da die Blätter den Stamm unsichtbar machten; die Krone war ohn- fähr 4 Fufs unterhalb des Randes, auf dem wir standen. Sie konnte acht bis zehn ausgebildete Blätter haben, deren jedes in der Mitte eine Elle breit und eine r lang sein mochte. Die prächtige Pflanze schien mir eine Art Farrenkraut zu sein. 118 I. G. Wetzstein: achte übertraf alle vorhergegangenen durch die Menge tiefer und breiter Ströme, die aus ihm kamen, aus deren rothen Wellen ich mir an einer Stelle, wo die Ueberbrückung derselben eingebrochen war, ein Stück abschlug und mitnahm. Diese Ueberbrückungen liefern den Beweis, dafs hier, wie bei einem gefrorenen Flusse, die Oberfläche verhärtete, während die Masse darunter noch fliefsend war. Der dem Flusse zu- gekehrte innere Theil der Brücken (ich habe deren zu 15 Meter Höhe und 6 Meter Spannung gesehen und gemessen) ist mit einem glän- zenden violetten, gelblichen oder röthlichen Lacke überzogen. Die Dicke dieser Ueberbrückungen ist von + Zoll bis zu 4 Meter. Von der dünnsten Art nahm ich mehrere Stückchen mit. Darauf kamen wir an den neunten, zehnten und eilften Krater. Es wäre eine geringe Mühe gewesen, solche Krater zu umschreiten, die nur Lava ausström- ten und keinen Steinkranz hatten, aber es trieb mich vorwärts, um so viel als möglich von den Wundern des Safä zu sehen, und ich hatte dazu nur diesen einen Tag. Ueber No. 11 schleuderte ich einen 4 Faust grofsen Stein; er durchflog nicht den sechsten Theil des Durchmessers, und dieser Krater war bei Weitem nicht der grölseste. Hier betrach- tete ich die hinter mir liegenden Krater und die an ihren Steinkränzen kenntlichen vor mir und erkannte, dafs sie einen richtigen Halbkreis beschrieben. Nur bei No. 5 befand sich einige Minuten abseits ein kleinerer Krater innerhalb des Halbkreises. Wir kamen zu No. 12; er ist ein eirca 15 Ellen tiefer und einen Steinwurf weiter runder Ein- sturz der vulkanischen Masse. In seinen steilen Wänden hatten sich Tauben eingenistet (Jerem. 48, 28). No. 13 ist ein Krater von sehr grolsem Umfange. No. 14 ist wie No. 12 ein Einsturz, aber weit grölser und tiefer als jener. No. 15 und 16 werfen keine Steine aus. Es sind zwei ungeheure Kessel, in denen die Masse kochte. Es sondern sich aus ihnen viele und breite Lavaströme ab. No. 17 und 18 sind zwei Einstürze wie No. 12 und 14 und circa einen Pistolenschufs von ein- ander entfernt. Am Rande von No. 18 steht die unheimliche Sneta’a. Sie ist das nackte, mit einer glänzend rothen Masse überzogene Ge- rippe eines feuerspeienden Berges. Die eine Seite seines Fusses ist von der an seiner Wurzel entstandenen tiefen Versenkung des Bodens mit in die Erde hinabgerissen worden, so dafs der innerlich roth glän- zende Cylinder des Kraters nicht nur nach oben, sondern auch nach unten in die Versenkung hinein sich öffnet. Von diesem oben und unten offenen Bergstrunk wird folgende Skizze, wie ich sie des Nachts nach der Rückkehr aus dem Gedächtnisse gezeichnet habe, eine ohn- gefähre Anschauung geben. Reise in den beiden Trachonen und um das Haurän- Gebirge. 119 Die Sneta’a heifst auch der Galgen des Safä (Masnaket es Safä) und man sagt, ein früherer Herrscher im Lande Ruhbe habe darinnen einen eisernen Ring (Halaka) anbringen und daran seine Delinquenten hängen lassen. Ich kletterte den Berg hinan und schaute mich in dem ganz glatten Schlunde nach dem Ringe um, ohne ihn zu finden; da mir aber mehrere Beduinen versicherten, den Ring gesehen zu haben, so vermuthe ich, dafs sie eine ringähnliche Felsen- formation meinen, wobei das „eisern* eine Zuthat der arabischen Ima- gination sein würde. Die Idee des Galgens ist von ächt arabischer’ Raffinerie, denn ich halte die Sneta’a, von der aus man nichts als die kohlschwarze Fläche, das Chaos der Krater, die Schlote der feuer- speienden Berge und die ganzen oder zertrümmerten Brücken der Lava- ströme sieht, für einen der schauerlichsten Orte auf Erden. Aus der Menge der Flufsbetten läfst sich schliefsen, dafs die Sneta’a einst eine grolse Thätigkeit entwickelt haben mufs. Auch von dem Ueberzuge der Snöta’a nahm ich ein Stück mit. Zehn Minuten weiter trafen wir wiederum auf eine Bodenversenkung und unmittelbar hinter ihr stieg ich über einen hohen Kranz ausgeworfener Steine mühsam die mit einer tiefen Schicht von gelblich violettem Schutte bedeckten steilen Seiten eines Vulkans hinauf, der zu der Gruppe der Tulül es Safä ge- hört, und auf dessen mehrfach zerrissenem, also mehrere Spitzen bil- dendem Scheitel ich meine Messungen anstellte. Meine Begleiter waren vor Müdigkeit bald in tiefen Schlaf versunken und mir zitterten bei der Arbeit vor Ermattung die Beine. Die Vulkane des Safä hatten, hier betrachtet, sämmtlich ein gleich- mälsiges Aussehen; der eine war gröfser als der andere, aber Gestalt und Farbe (zwischen hellbraun und violett) war bei allen ganz die- selbe. Diese bunte Farbe zusammen mit der regelmälsigen Form der Vulkane sticht angenehm gegen die düstere und wüste Umgebung ab. Ein Durchschnitt derselben giebt ohngefähr folgendes Bild. 120 J. G. Wetzstein: Kranz von ausge- rings um den Fufs worfenen Blöcken der Vulkane. Die Hochebene ist vielleicht dritthalb Stunden lang und durch- schnittlich halb so breit. Sie ist in der Mitte um ein Weniges einge- sunken und fällt stark gegen Norden ab. Zugleich hat sie in ihrer ganzen Länge von Süd gegen Nord eine Neigung gegen die Ruhbe zu, weshalb man den Wäsit, der doch gegen 200 Fufs hoch zu sein scheint, nur in der Ruhbe deutlich sehen kann. Nördlich an das Safä grenzt das Gebiet der G&le (Lust ). Der schmale Zwischenraum zwischen den Ausströmungen dieser beiden Vul- kangebiete heifst der Schlüssel der G&le (Miftäh el Gele). Sie hat vier Vulkane: zwei sind auf der höchsten Spitze des Gebirges und heifsen Tulül el G&le, und zwei, el Hlewa Amel), und el Mafrade (89241), sind an den Seiten des Gebirges. Die Gele ist vielleicht 400 Fuls höher als das Saf& und ihre schräg abfallenden Seiten erschienen mir im Osten gleich dem Safä als ein massiver schwarzer Strom, im Westen da- gegen sind sie eigenthümlicher Art und heilsen daselbst Tenije (Gr). Dieses Wort bedeutet hier ein mit Lava überflutetes Terrain, in dem viele gröfsere und kleinere vom Strom unberührt gebliebene und mit einer gewöhnlich zwischen 10 und 20 Ellen hohen Wand umschlossene freie Plätze vorkommen, welche Kä‘ (ei, in der Mehrheit Ki’än) heifsen. Ich habe die Tenije in einer Strecke von eirca 5 Stunden durchzogen; es war ein beständiger Wechsel zwischen halsbrecheri- schem Hinabsteigen in die Kä’s und beschwerlichem Hinaufsteigen auf das Plateau. Die Thiere litten schrecklich dabei. Die gewöhn- liche Breite der Ka’’s ist zwischen 50 und 100 Schritte. Mitunter sind sie fast viereckig, oft rund oder oval, aber in den meisten Fällen gassenartig lang und schlangenförmig gewunden. Wir passirten deren einige, die wohl eine Viertelstunde lang waren. Wollte man sich aus der Tenije ein Stück herausnehmen, so würde dieses annähernd fol- gendes Bild geben. Reise in den beiden Trachonen und um das Haurän-Gebirge. 121 Die schraffirten Figuren würden die. Kä ’s$sein jund die weilsen Stellen dazwischen das dieselben einschliefsende Plateau. Ihre Ent- stehung erkläre ich mir auf folgende Weise. Es befinden sich in der Tenije Tausende von häuserhohen runden vulkanischen Er- hebungen, die, bei dem regelmälsigen Bruche der äufseren Stein- schicht, gemauerten und oben zerrissenen Kuppeln sehr ähnlich und zwischen 50 und 100 Fufs hoch sind. Desgleichen finden sich lange, ebenfalls oben aufgerissene Dämme, die gewissen stei- nernen Uferbauten an grofsen Flüssen gleichen und meist 30 Schritt breit und gegen 100 Schritt lang sind. Doch sah ich deren auch von grölseren Dimensionen. Beide Arten würden im Ganzen diesen zwei Zeichnungen sehr ähnlich sein. v Ss EIN ER Diese Hügel und Dämme sind augenscheinlich Erhebungen einer üheren Ausströmung und man kann sich ihren Bildungsprocels o denken: Nachdem die erste Lavaausströmung das Terrain be- kt hatte, wurde sie noch vor ihrer völligen Erkaltung durch mächtige Agens eines unterirdischen Gases an vielen Stel- 122 J. G. Wetzstein: len blasenartig aufgeschwellt. Hatten diese Blasen eine übermäfsige Spannung erreicht, so zerrissen sie an ihren obern Theilen, um die Gase ausströmen zu lassen, und erkalteten vollends in diesem Stadium. Während der Erkaltung zersprang ihre Aufsenseite in vier- oder fünf- eckige Tafeln. Als ich sie zum ersten Mal sah, hielt ich sie für kleine feuerspeiende Hügel, aber nachdem ich in einige hineingestiegen war, überzeugte ich mich, dafs sie das nicht waren. Oft stehen sie frei von allen Seiten und dann kann man leicht sehen, dafs sie weder Steine ausgeworfen, noch Lava ausgeströmt haben, auch haben ihre klaffenden Sprünge keinerlei Aehnlichkeit mit den Kratern der Erup- tionskegel. Als nun die neue Ausströmung erfolgte, welche die Te- nije bildete, standen diese Hügel der fliefsenden Lava im Wege, so dafs diese an vielen Stellen herumflofs, ohne sie zu berühren. Diese unberührt gebliebenen Stellen nun wären die Kä’s. Für diese Erklä- rung spricht der Umstand, dafs sich jene Erhebungen meist an den Wänden und Ecken der Kä’s befinden. Die Bewohner der Ruhbe nennen diese vulkanische Formation Chism ( „at), womit man im Arabischen ursprünglich jeden Gegenstand bezeichnet, der sich auf eine auffällige Weise über eine Fläche erhebt, z. B. eine übermäfsig lange Nase. Oestlich von dem Miftäh el Gele werden diese Erhebungen so zahlreich und stehen so eng gedrängt an einander, dafs sie dort , unter dem Namen Chism el Mäkräta') ein besonderes vulkani- sches Gebiet bilden (vgl. die beil. Karte). In den auf diese Weise gebildeten Kä’s sammelt sich im Winter das Wasser oft zu Teichen und dann entsprofst ihnen eine treffliche Weide von aromatischen Kräutern, weshalb im Monat März vielleicht der gröfste Theil der @&jät und S’täye und der el Hasan von Hauran ihre Zelte in ihnen aufgeschlagen haben. Wir übernachteten einmal in einem Kä der Tenije und als des Abends die Schaf- und Ziegenher- den und eine Menge junger weilser Kameele die steilen schwarzen Wände herab in den ebenen grünen Kä stiegen und sich auf den bekann- ten Ruf der Hirten in 4 Theile theilend vor den 4 vorhandenen Zel- ten sich lagerten und ich mit meinen Gefährten über dieses liebliche Bild ländlichen Friedens sprach, wendete sich unser Wirth, der alte “Ude (Sy) zu uns und sprach: Bedsch, ich freue mich immer auf die Zeit, wo wir in dem Kä wohnen, wegen der angenehmen Wärme im Winter und der reichen Weide, der duftigen Blumen, des Gefühls N) «ball ei d.h. Chism des Scheidewegs, weil sich dort von der Strafse in die Ruhbe eine andere nach Rigm el Marä und S&s abzweigt. Pe Reise in den beiden Trachonen und um das Haurän- Gebirge. 123 der gröfsten Sicherheit, und des Vortheils der völligen Abgeschlossen- heit, obschon sich Hunderte in unserer nächsten Nähe befinden. Der Mann hatte Recht. Die Kä’s sind auf dem zackigen, chaotischen Plateau der Tenije nur dann zu sehen, wenn man an ihrem Rande steht, und verriethen nicht die oben weidenden ') Heerden die Nähe eines Kä, so würde man 50 Schritte entfernt weder ihre Existenz, noch die darinnen aufgeschlagenen Zelte ahnen. Sie bilden Ver- stecke, in welche Jemanden zu verfolgen Thorheit wäre ?). Die Te- nije ist die Festung der G&jät und S’täye und aller Stämme des öst- lichen Hauranabhangs, wie der el Hasan, S’urafät, "‘Atamät u. Anderer. Die Redensart der syrischen Volks „er floh in den War des Safä* wird nun verständlich sein. Man hat sich jedoch nicht gerade dabei zu denken, dafs sich der Flüchtling in der Tenije versteckte. Ihre ganze Umgebung, die weiten Steinfelder der Harra eingeschlossen, sind schützender War. Jesaia 21, 13 bis 17 kündigt der Prophet den Wan- derstämmen der K£dar an, dals auch über sie das Schwerd kommen werde: „Das ist der Ausspruch über die Araber: Ihr werdet im War Arabiens Zuflucht suchen“, d. h. die offene Steppe wird euch keinen Schutz mehr gewähren, so dafs ihr euch in dem War verbergen mülst. Diese Erklärung der Bibelstelle wird angefochten werden, aber sie wird wohl die richtige sein ?). 1) Das Plateau der Tenije ist nicht: eigentliches Weideland, weil hier die Lava durchaus noch nicht zersetzt ist. Sie ist aber stark gesprungen, und aus den Ris- sen sprolst in den Wintermonaten eine aromatische Weide. ?2) Die Radix Kä scheint die Grundbedeutung des Eingeengten zu haben im Gegensatze des Unbeschränkten, Weiten. So nennen die Damascener ihre hohen durch zwei und drei Etagen durchgehenden Sommersäle Käa (xs&); auch die Färber geben ihren hohen Arbeitshallen diese Benennung. Das Wort kommt hebräi- sirt (Köa‘) in Ezech. 23, 23 vor, wo es mit S’öa“ zusammen wohl sprüchwörtlich und unter Festhaltung jener Grundbedeutung in dem Sinne von „Vornehm und Ge- ring“ zu nehmen ist. Da Ezechiels Dietion viel fremde Elemente hat, so fühlt man sich versucht, das ganze Sprüchwort für ein rein arabisches zu halten. 3) Das Wort Wa‘r hat im Hebräischen, wo es einem constanten Sprachgesetze gemäfs jaar (=y>) lautet, zwei anscheinlich ganz verschiedene Bedeutungen. Ein- mal bedeutet es Honigwabe. Vielleicht hat man dieser Bedeutung die Metapher der porösen Lava, welche mit ihren erbsengrofsen, dichtgedrängten Löchern grofse - Aehnlichkeit mit der Wabe hat, zu Grunde zu legen. Als zweite Bedeutung haben h $) die Lexica Wald. Hat das Wort in der oben angezogenen Bibelstelle diesen Sinn, so ' würde in ihr den Stämmen der Kedar angedroht, dafs sie sich aus der Steppe in den Wald flüchten würden, eine Drohung, die eher eine Verheifsung war. Im Walde fand der Beduine Schatten und immer grüne Weide und Brennholz für seinen gast- 4 am, Herd. Mehr braucht er nicht. Ein schattiger Baum ist der schönste Traum _ eines Beduinen, denn die Steppe hat keine Bäume und hatte sie niemals gehabt. Nur in den Betten tiefliegender Wadis wird an einzelnen feuchten Stellen hin uud wieder ein Düm- ( 0) Remt- (vun, ) oder Göta- de) Baum sich finden. Jes. 28, 17 heifst es: „Wohlan, noch eine Weile, und der Libanon wird zum Saat- 124 J. G. Wetzstein: Betrachtet man das hoch und freigelegene Rigm el Mara als den Mittelpunkt dieser weiten Vulkanregion, so gruppiren sich ihre ein- zelnen Gebiete also: 1) der Rabe (el Guräb) liegt ca. 10 Stunden gegen Südost; 2) rechts von ihm die Vereinten (el Karin), zwei Vulkane, ca. 8 Stunden entfernt; 3) die Einöhrige (Umm el Idn), ca. 3 Stunden hinter el Karin; 4) das Rufstöpfchen (es Sudej); und 5) die Hyäne (ed Dab‘), rechts vom Vorigen; beide ca. 14 Stun- den gegen Süden. Ihr dem Safä nicht unähnliches scharfgezeichnetes Ge- biet verdiente wohl untersucht zu werden. Einige Stunden hinter ihnen endigt südlich die Vulkanregion, oder wie man sich hier ausdrückt: die Region des schwarzen Steins (uw) e 3,20). 6) Die Umm Gemberis (v;d> 1) ca. 4 Stunden entfernt, grenzt westlich an die Gele; 7) die Nebenbuhlerinnen (el ed Daräir) schliefsen sich felde werden, und das Saatfeld wird für ja'ar geachtet werden.“ Wollte man in dieser Stelle jaar mit Wald wiedergeben, so ginge der Gegensatz zum Saatfelde (denn im holzlosen Syrien war der Wald wohl auch im Alterthum werthvoll) und dıe Parallele zum sterilen, steinigen Libanon verloren. Jos. 17, 15 heilst es: „Und Josua sprach zum Ephraim und Manasse: Weil du ein grofses Volk bist, so gehe hinauf auf das Gebirge, wo der Jaar (War) ist, den räume auf, d. h. dadurch, dafs du die das fruchtbare Erdreich bedeckenden Steinfelder zu Haufen zusammen- wirfst, wohl auch Bäume ausrodest, und so cultivirbaren Boden gewinnest.“ Und wie genau haben die späteren Geschlechter wenigstens auf dem Haurangebirge die- sen Rath befolgt! Auf der ganzen von 'Ormän bis zur Belkä gegen 10 Stunden breiten und von der Z&di-Niederung bis ‘Enäk gegen 15 Stunden langen Strecke haben die Geschlechter vergangener Jahrtausende den Wa’r zu Haufen geworfen, oder in lange Zeilen geschlichtet und so die herrlichsten Aecker gewonnen. In der Ferne hält man noch jetzt das Land für den wildesten War, kommt man aber hinein, so findet man ihn aufgeräumt. Er umgiebt die gereinigten Aecker meist in einige Klaftern hohen Schichten. Der auf diese Weise gewonnene Acker heifst noch jetzt hakle (vergleiche den Hakel-dama des neuen Testaments). Mit einer solchen Fassung des Wortes ja’ ar scheinen allerdings andere Stellen in Widerspruch zu stehen, wie 5. Mos. 59, 5: „Wenn Jemand mit seinem Nächsten in den ja’ar ginge, Holz zu hauen und das Eisen führe vom Stiele u. s. w.“ In diesem Verse hat man es zwar augenscheinlich mit Bäumen zu thun, aber die Bedeutung von War liefse auch hier sich beibehalten. In Syrien erzeugt nur der Wa’r Brennholz. Das Lega ist mindestens zum sechsten Theile seines Flächengehaltes mit Bäumen bedeckt. (Wälder im europäischen Sinne können hier zu Lande nur durch Kunst- gärtnerei und Bewässerung geschaffen, also nur in der Nähe grofser Städte gefunden werden). Desgleichen hat auch der westliche und ein Theil des südlichen Hauran- abhangs Waldung, weil diese Gegenden War sind. Der Ausdruck in den Wa'r gehen, kann dort identisch mit „Holz holen“ sein. Sage ich: Warum brennst du Feuer die ganze Nacht? so antwortet der Beduine: Wohnen wir nicht im War? d.h. ich habe das Brennholz nicht weit zu holen. Analoger Weise wird sich in den meisten Bibelstellen, in denen das Wort vorkommt, die Bedeutung des arabi- schen War festhalten lassen. Wird sich aber demungeachtet die recipirte Bedeu- tung von Ja’ar nicht aus dem hebräischen Lexicon streichen lassen, so möchte je- denfalls die des Wa°r als die ursprüngliche, der Bibel nicht unbekannte, und die des Waldes als die abgeleitete hinzustellen sein. e Reise in den beiden Trachonen und um das Haurän - Gebirge. 125 rechts an die Gemberis, sie bestehen aus 4 Vulkanen; 8) die 2 Vul- kane der Ruchgje (u>.!) treten mit der Umm el Ma’'ze (eh ") nördlich an die Daräir, in einer Entfernung von 5 Stunden, und die Kameelin mit dem Jungen (Umm Ihwär „sat „) in einer Entfer- nung von 4 Stunden nordöstlich; 9) die Tul&suwa (St) ist in einer Entfernung von ca. 10 Stunden die letzte gröfsere Vulkangruppe gegen Norden '). Zwischen Nord und Ost machen sich nur zwei grolseVulkane bemerklich, derMekhül(Schwarzäugige) und S&s Pe der erste ohngefähr 10, der zweite 6 Stunden entfernt. Hinter ihnen endigt die Vulkanregion und beginnt der Hamäd. Noch sieht man von Rigm el Mara aus WNW. drei hohe Häupter herüber ragen. Es sind der Äkir (A „der Sterile* wegen des gänzlichen Mangels an Vegetation, auch S’cch et Tulül „Fürst der Hügel“ wegen seiner Gröfse genannt), die Dekwa (8,5 X) und der Turs (, „1 der Schild). Die beiden letzteren, welche man ganz deutlich von Damaskus aus se- hen kann, endigen diese Region im Westen. Um alle die genannten Berge stehen noch zahlreiche kleinere Erhebungen herum, aber es liels sich nicht unterscheiden, ob es Hügel oder Steinkränze von Kratern sind. Von den Wiesenseen aus scheint das westliche Lohf eine fast gerade circa 9 Stunden lange Linie von Süd nach Nord zu beschrei- ben, und die Menge der Erhebungen über dem Lohf geben dieser Ge- gend, von da aus gesehen, ganz die Gestalt eines niedrigen Gebirgs- zugs, über den sich die Dekwa, der Turs und 3 bis 4 andere Berge, deren Namen die Bauern des Merg nicht wulsten, als höchste Spitzen erheben. Hier giebt es noch ein weites Feld für geognostische Studien, einen jungfräulichen Boden, den wohl noch Niemand zu wissenschaft- lichen Zwecken betreten hat, weder im Alterthum, noch in unserer Zeit. Aber es ist keine Spielerei dort zu wandern, wo weder ein le- bendes Wesen, noch 9 Monate lang ein Tropfen Wasser zu finden ist. Die Bauern des Merg nennen diesen Vulkandistrikt mitunter Diret et Tulül „das Hügelland“, aber die Beduinen der Ruhbe erklärten, dafs er keine allgemeine Bezeichnung habe, nur seine einzelnen Theile hät- ten ihre besonderen Namen. Lohf (al spr. Lohof) nennt man den äulsern erhöhten Rand rings um die Lavafläche eines Vulkangebiets und er ist für den Den- 24 ” ” ” * ” . ker sehr merkwürdig. Dafs die zweite und dritte Welle nicht weiter 4 A u ») Da die Gruppe aus drei Bergen besteht, so könnte man glauben, das Wort de, um die Bedeutung des „Dreifachen“ zu haben, mit doppeltem (*, geschrie- ben, was aber nicht der Fall ist. 126 J. G. Wetzstein: flofs als die erste, ist nicht auffällig. Was aber gebot der vierten, fünften u. s. w. nicht über die zweite und dritte hinauszufliefsen? So legten sich die schwarzen Wogen eine über die andere und bildeten eine Mauer, deren gewöhnliche Höhe ca. 8 Ellen ist, die sich aber auch über 12 und 15 Ellen erhebt. Nur selten kommt es vor, dafs eine besonders starke Welle über das Lohf hinausstürzte und noch eine Strecke weiter flols. So hat das Safä rings herum ein scharf ge- rändertes Lohf, desgleichen die Gele und die westlich an sie stolsen- den von mir selbst besuchten Gebiete. Vom Lohf des Legä sprachen wohl schon andere Reisende. Das höchste Lohf hat die Tenije der der Gele. Ich habe es auf einzelnen Punkten über 20 Meter hoch gefunden. Auch das Legä hat bei der Stadt S’aära ein ungemein ho- hes Lohf. Die Harra (5=1) bekam ich zum ersten Male auf meiner Reise nach dem c. 6 Stunden südlich von der Ruhbe gelegenen Nemära zu sehen. Sie ist eine wellige mit vulkanischen Steinen bedeckte Ebene, nimmt ohngefähr den halben Flächenraum des östlichen Vulkangebiets ein, und umgiebt seine Lavaplateaus im Süden und Osten. Mufs an- genommen werden, dafs die Steindecke der Harra ein Auswurf der Vulkane ist, so müssen wir diese näher ins Auge fassen. Aufser dem Safä scheinen nur der Guräb, der Karin und die Umm el Idn im Osten und der Sudej und Dab’ im Süden in Betracht zu kommen. Die gröfste Thätigkeit scheint der Sud&j entwickelt zu haben und es mufs für den Naturforscher vom gröfsten Interesse sein, die Schlote zu sehen, welche viele hundert Quadrat-Stunden mit Steinen bedeckt haben. Im Safä scheint der Chnösir stark auf die Harra gewirkt zu haben. Für die Erscheinung, dafs in der Harra Felder von Steinen verschiedener Grölse regelmälsig abwechseln, desgleichen, dafs ein Feld glänzend schwarze, ein anderes glanzlos schwarze, ein drittes braune, ein viertes grolsporige, ein fünftes kleinporige, ein sechstes porenlose, ein siebentes in Auflösung begriffene Steine und ein achtes solche Steine hat, die durch einen vulkanischen Glasüberzug geschützt sind, so dafs an ihnen Jahrtausende spurlos vorübergehen — für diese Er- scheinungen werden sich die Geognosten ihre Erklärungsgründe gebil- det haben: aber auf meiner Reise von der Tenije der Gele zum Rigm el Mara fand ich während einer Strecke von 14 Stunden nicht nur die Lagen von Steinen verschiedener Gröfsen wie mit der Mefsschnur nach Feldern von beiläufig 40 oder 80 Schritten abgegränzt '), son- !) In den Feldern, wo die Steine am gröfsten waren, hatten diese durchschnitt- lich eirca 5 Zentner Gewicht, in den Feldern, wo sie am kleinsten waren, mochten sie 6 bis 8 Pfund wiegen; sie hatten im Allgemeinen eine rundliche, oder konisch Reise in den beiden Trachonen und um das Haurän - Gebirge. 127 dern ich bemerkte auch niemals einen Stein über dem andern, ob- schon diese dicht neben einander geschlichtet waren. Die Sache kam auch meinen Reisegefährten äufserst merkwürdig vor. Ich bin einige Mal vom Pferde gestiegen, um die unter den Steinen befindliche Erde zu untersuchen, weil ich meinte, es mülsten unter ihr noch Steine stecken. Aber es war nicht der Fall. Die Steinsaat war nur auf der Oberfläche. Hin und wieder (aber seltener) finden sich in der Harra auch stein- freie Plätze, die ebenfalls Ka’ ( gB) heifsen, aber mit denen der Te- nije kaum etwas mehr als den Namen gemein haben. Obschon mit dem besten Humus bedeckt, lassen diese Ka°’s, als dem Sonnenstrahle aus- gesetzt, dennoch keinen Halm hervorsprossen, und die hochgelbe Erde, augenscheinlich eine Zersetzung des vulkanischen Gesteins, bil- det eine glänzend glatte, feste Decke, die durchgängig von der Son- nenhitze zerrissen, kleine ca. 5 Elle im Durchmesser habende fünf- eckige Tafeln bildet, die der zersprungenen Lavadecke (namentlich im Lega) vollkommen gleichen, und da diese Sprünge von kleinen schwar- zen, erbsengrofsen Steinen (die wohl der Regen dahin geschwemmt hat) umsäumt sind, so bilden sie tüllartige Netze, welche die weiten Flächen der Ka’’s bedeckend, schwarz auf hellgelbem Grunde, einen höchst interessanten Anblick gewähren. Sie gleichen folgender Zeich- nung: - Die vulkanische Region ist reich an eigenthümlichen Gebilden. Die wenigen Kä’s der Harra (wir sind von Nemära nach Hauran vielleicht durch vier gekommen) bilden im Winter meistens flache Teiche, deren Wasser zwar lehmfarbig ist und den Bart des Trinkers vergoldet, aber in Ermangelung eines bessern von Menschen und Thieren getrunken werden kann, und da in derselben Jahreszeit auch zwischen den Steinfel- dern, wo der Boden feucht bleibt, eine ziemliche Menge Futterkräuter wächst, so gewährt die Harra von der Zeit der Frühregen bis nach dem letzten Spätregen gegen Ende März und Anfang April eine leidliche Weide für die Bewohner der Ruhbe und die sogenannten „Beduinen des Gebirgs* (Arab el Gebel), nämlich die Hasan, S’urafät, Isä u. A. Im Monat a0y April vertrocknen die Teiche ( Gudrän ulae) der Kä’s, desglei- zugespitzte, oder quadrate Form mit abgestumpften Seiten und Ecken. Flache Steine sah ich nirgends. » Br 128 J. G. Wetzstein: chen die Wädis, welche von Haurän und aus dem Hamäd kom- mend durch die Harra strömen, und die Vegetation verbrennt. Im Sommer wird daselbst die Glut so stark, dafs nach dem einstimmigen Zeugnisse der Anwohner der Harra die schwarzen Steine mit einem lauten Knalle in mehrere Stücke zerspringen. Die Harra ist niemals cultivirt gewesen und wird es der sengenden Hitze wegen niemals wer- den. Aufser der römischen Garnison Nemära, die an der einzigen Stelle angebracht ist, wo eine obschon unselige Existenz möglich ist, hat die ganze Harra keinerlei Spur irgend einer früheren Wohnung '). Jeremias 17, Du. 6 heifst es: „Verflucht sei der Mann, der mit sei- nem Herzen vom Herrn weicht! Er wird sein, wie ein Verlassener in 1) Wie ich mir die Oertlichkeit von Hub&@rije, welches vom Bergschlosse Re- zin drei Stunden östlich in der Harra liegt, vorstellen soll, weifs ich. nicht. Der Scheich Hamüd vom Stamm der Hasan, neben dessen Zelte wir die unsrigen bei der Stadt Sälä aufgeschlagen hatten und dessen Gäste wir waren, fragte mich, ob ich Huberije gesehen? Ich verneinte es und erkundigte mich darnach. Da erzählte er, es sei eine Ortschaft auf einen Hügel, dessen Abhänge mit Hiss (buntem vulka- nischen Schutt) bedeckt seien und die Dächer der Häuser beständen aus einem ein- zigen Steine. Der Hiss würde beweisen, dafs der Hügel ein Krater ist, aber aus einem einzigen Steine bestehende Dächer sind mir auf der ganzen Reise nicht vor- gekommen, obschon sie in Thesi möglich wären, wenn es dort, einen Lavastrom gäbe. Denn auf dem Safa habe ich die Beobachtung gemacht, dafs man dort recht gut mit Brechstangen die oberste Welle aufheben und auf solche Weise Steinplatten von 4 bis 6 Quadrat-Ellen und darüber erhalten könnte. Die Dicke wäre durch- schnittlich etwas weniger als eine Spanne. Aber welches Titanengeschlecht bedeckte seine Häuser mit einem einzigen Stein? Etwas Aehnliches sah ich zwar im den sogenannten „Wohnsitzen der Kinder Israel“ (dür Beni Israil), welche den obern Rand des Lohf der Gele auf einer Strecke von ohngefähr 5 Stunden bekränzen, aber dort sind die Häuser sehr niedrig und so klein, dafs sie nicht mehr als 5 bis 6 Personen fassen, und dabei bestand das Dach meistens noch aus 2 bis 3 Steinen (Lavarinde). Der Beduine schlofg seine Erzählung mit den Worten: Wer Huberije nicht gesehen, hat in unserm Lande nichts gesehen. Dort sind allenthalben in die schwarzen Steine Menschenknochen eingewachsen. Ich bezweifelte die Möglichkeit dieser Thatsache und die Angaben des Scheichs wurden von allen anwesenden Be- duinen bestätigt. Selbst zwei meiner drusischen Begleiter, welche Hub£rije gesehen hatten, bezeugten die Angabe. Ich konnte nicht mehr zurückreisen, um den Ort zu sehen. Obschon ich überzeugt bin, dafs ein europäisches Auge etwas Anderes, als Menschenknochen in Hub£rije sehen wird, so halte ich doch eine Untersuchung des Ortes im Interesse der Geognosie für wünschenswerth. Wer die syrischen Bedui- nen kennt, weils, dafs sie nicht lügen, aber ihre Anschauung der Dinge ist von der unsrigen verschieden, und wir werden niemals eine Sache selbst so finden, wie wir uns dieselbe ihrer vorgängigen Schilderung gemäfs hatten denken müssen. So spielt z. B. der Wädi el Musücha (das Thal der verwunschenen Gestalten) an der Mekka- pilgerstrafse zwischen Ma’än und ‘Akabe (19 Stunden nördlich von dem Letzteren) in den Berichten der Pilger eine grofse Rolle, und ich bin oft versucht gewesen, diese Musücha für rohe Statüen zu halten, die ein früheres götzendienerisches Ge- schlecht aufgestellt hätte, bis ich endlich durch einen heftigen Streit, den ich bei mir in Damascus unter mehreren in jenem Wädi wiederholt gewesenen Männern ab- sichtlich über die einzelnen Gliedmaalsen der Musücha veranlafst hatte, zu der Gewifsheit kam, dafs es nur sonderbar geformte, aufrecht stehende Blöcke sein können, Reise in den beiden Trachonen und um das Haurän - Gebirge. 129 der Wüste, der nirgends Heil sieht. Er wird wohnen in den Glutge- genden (Harerim), in der Wüste, in unfruchtbarem Lande, wo Nie- mand wohnen kann.“ Wenn das Wort Harerim nicht der hebräische Eigenname für die Harra ist, scheint doch in ihm, wie in dem ganzen Verse auf dieselbe angespielt zu werden. Ich möchte die biblischen Exegeten darauf aufmerksam machen. Die Pluralform hat nichts Auf- fälliges, da die Harra schon durch ihre Flufsläufte in mehrere Theile zerfällt. Niemals war ich vorher in vulkanischen Gegenden gewesen, aber der Anblick des Safä, wo das Feuer erst gestern verlöscht zu sein ‚schien, hatte den Schleier urplötzlich von meinen Augen gezogen und ich unterschied klar zwischen vulkanischer und nicht vulkanischer Na- _ tur. Aus der Mitte der Harra sah ich 13 Stunden weit das Hauran- gebirge vor mir liegen, und ich erkannte sofort, dals der ganze Ge- birgszug von vulkanischer Bildung sei. Ich entschlofs mich, von Ne- mära aus in einem Tage hinüberzureiten. Wir kamen des Abends um 9 Uhr in Temä (dass ) an. Mit Freuden begrüfste ich die Lich- ter, mit denen uns die Bewohner des Orts, den man seit einigen Mo- naten zu colonisiren versucht hat, entgegen kamen. Sie waren durch einen vorausgeschickten Beduinen von unserer Ankunft ®hterrichtet worden. Ganz ermattet vor Durst, da ich aus dem lehmfarbigen Was- ser des Wädi el Garz tagsüber nicht getrunken hatte, wollte ich beim - Eintritt ins Zimmer mit Jesaias 21, 14 rufen: „Bringet den Dursti- gen Wasser entgegen, die ihr wohnet im Lande T&mä!“ Aber meine Lippen verstummten vor Erstaunen: mir wars, als sei ich in die Woh- nungen der Rephaim gekommen. Die mächtigen Bogen, dergleichen ieh noch nie gesehen, und die langen Steinplatten, welche die Decke ‚bildeten und noch heute liegen wie vor tausend Jahren, machten einen "gewaltigen Eindruck auf mich. Bei der grofsen Aufmerksamkeit, welche bekanntlich die haurani- schen Drusen für alle Bedürfnisse ihrer Gäste haben, verlebte ich in Temä ‚einen meiner schönsten Tage. In der reinen, frischen Bergluft vergals ich die Glut der Harra und das Schreckbild des Safä, die zehn Nächte ‚auf blofser Erde und das Schlammwasser der Kä’’s, das ich beim Trin- ken erst durch ein Tuch hatte seihen müssen, und die unheimlichen ‚Gesichter der G&jät und S’täje, die es mit Ingrimm angesehen hatten, "wie ich tagelang in ihrem Lande mals und schrieb. Hier entliels ich „meine Beduinen mit einem reichen Geschenk und suchte mir aus den dreilsig Reitern, mit denen. der. ritterliche Drusenscheich ‘Abbäs el Kalaäni (ilalal}) am frühen Morgen aus der Stadt S’akkä (lA&) gekom- "men war, um mir seine Dienste anzubieten, zehn kräftige und gut be- Zeitschr. f. allg. Erdk. Neue Folge. Bd. VII. 9) ; 130 J. G, Wetzstein: waffnete Männer aus, mit denen ich den Ritt in ein anderes unbekann- tes Land, in die „Städtewüste* der Ritter’schen Geographie machen wollte. Am andern Morgen besuchte ich die Ruinen des auch von andern Reisenden beobachteten aber noch nicht besuchten Hügels Umm Dub&b o-) (rd „ ). Er ist von Troglodyten längst vergangener Zeiten durch- wühlt und sein Gerippe besteht aus einer ziegelfarbenen vulkanischen Masse. Hier sah ich 14 Stunde entfernt einen Hügel, dessen über- triebene Regelmäfsigkeit mich an die Vulkane des Safä erinnerte. Auf ° die Frage, wie er heilse, antwortete man: Tell elHiss. Ich besuchte ihn, stieg die mit einer tiefen Schicht Hiss d. h. vulkanischen Schutts be- deckten Abhänge hinauf und stand in seinem zwar stark angefüllten, aber durchaus nicht zu verkennenden Krater. Eine halbe Stunde öst- licher liegt der Berekät (a ) ebenfalls mit Krater. Zwei Stunden westlich davon im Wädi Luwä 1 ‚s2l,) und nahe an seiner Quelle liegt die Umm Usdüch z Au „ ), das schönste Musterbild eines voll- kommenen hauranischen Vulkans. Der Krater hat 773 Schritte Um- fang, reieht bis zur Sohle des Thales hinab und hat in seiner un- tersten Tiefe einen mächtigen, fröhlich grünenden Maulbeerbaum. Die Umm Usdüch warf keine Steine, sondern nur Lava aus, deren schwarze Masse, namentlich im Flufsbette des Luwä so vollkommen ihre Wellenform behalten hat, dafs man sich der Täuschung hingiebt, als bewege sie sich noch mit dem Wasser des Wädi vorwärts. Das Gerippe des Berges besteht aus einer broncefarbenen Schlackenmasse. Ich fasse mich kurz. Das ganze Haurangebirge umreisend befand ich mich fortwährend auf ausschlielslich vulkanischem Boden. Geologisch merkwürdige Punkte im Osten des Gebirges sind der Ha- bis (mut ) bei Rad&me, ein grolser Krater in der Ebene, der eine gewaltige Verwüstung angerichtet, ferner der Doppelhügel Sibikke (sk) mit einer Troglodytenstadt, der hohe Kegel S’af (ax) mit einer Troglodytenstadt und der Chitm el Höje ee) „i>) mit einem grofsen Troglodytendorfe. Bei dem letztgenannten Punkte, 14 Stunde östlich von der lieblichen, quellenreichen Ruinenstadt Sälä (SL«) hat das vulkanische Element chaotische Formationen erzeugt. Gewils von wissenschaftlichem Interesse ist der hohe, vereinzelte Kegel Chidr Imtän, auf dessen steiler Spitze ein weitläufiger Wallfahrtsort des Chidr ist. Das Gerippe des Berges besteht aus einer rothen vulkanischen Masse, die niebt wie sonst bei den transhauranischen Kegeln aus einem me ‚Umm el Kuten Reise in den beiden Trachonen und:um das Haurän - Gebirge. 131 ‚blasigen, sondern einem massiven Gesteine besteht, welches stark mit ‚Olivin geschwängert und mit anscheinlichen Metallstückehen von einem "gelblich violetten Glanze gemischt ist. Das Schlofs Salchat (ELs) ist auf einen Vulkan gebaut, so dafs der Rand des Kraters den Wall- graben und der Grund desselben die Schlofseisterne bildet. Die Stadt “Enäk (Ss), der letzte Punkt im östlichen Hauran, bis zu dem ich vorgedrungen bin, und von dessen Thürmen die scharfen Augen mei- ner Beduinen ganz deutlich den Palmenwald bei Ezrak, der letzten hauranischen Gränzfeste, erkennen konnten, — die Stadt 'Enäk, sage ich, ist noch ganz aus schwarzem Stein gebaut, und meine Begleiter versicherten mir, dafs dies auch bei Ezrak der Fall sei, wo aber diese Formation auf einmal ende. Am südlichsten Punkte meiner Route, zu (ubäll Ä d.h. Stadt der Feigenbäume) sah ich ca. 2 Stunde vor mir gegen Süden zwei Hügel: el Ku’&s (juasält ), die noch vulkanisch sein müssen. Aber dicht hinter ihnen endet diese Region und beginnt der Hamäd. Als westliche Gränze der vulka- nischen Formation erkannte ich den nicht mehr vulkanischen Gebirgs- zug Zumle (N. Er endet nördlich von Der’ät (6,9). Von da ‚an zieht sich die westliche Gränze der vulkanischen Region — nach ‚den darüber angestellten Erkundigungen, denn ich selbst bin noch nicht dahin gekommen — westlich von den Dörfern Tesil (\s3) undNawä (5) gegen einen hohen, einzeln stehenden Kegel, welcher nach ‚einem daneben gelegenen Dorfe Tell el Hära heifst, geht an dem- selben links vorüber, bis sie bei Sa’'sa’ (gm) an das Ufer des e -coE A'wagflusses (z „e))) stößt, den sie bei Kiswe (s3.Ü}) überschrei- tet, die langen, schräg aneinander gereihten Hügel von Churgille ( >.) einschliefst und sich gegen den Wallfahrtsort (Mezär) von Abäjezid zieht. Von hier läuft sie durch die Weichbilde von Ka- rahtä, Guzlänije, Gassüle und Kufren an das Ufer des Sees von Attbe, den sie eine halbe Stunde südlich von Harrän el Awämid („Harrän der Säulen“ im Gegensatz zu einem anderen „Harrän el Legä* genannt) berührt. Das jenseitige Ufer des Sees gehört zum Gebiet des östlichen Trachons. l Die Beobachtung der Geologen, dafs sich in der Regel an den Grenzen eines gröfseren vulkanischen Gebiets heifse Mineralquellen finden, wird auch hier bestätigt werden. Zur Zeit sind freilich die südlichen, östlichen und nördlichen Grenzen noch unbekannt, aber von 9* 132 J. G. Wetzstein: den vielen heifsen Quellen an der westlichen Grenze haben wir be- reits Kenntnils. Sie liegen im Flufsbette des S’eri'at el Mandür, zehn an der Zahl auf einer Strecke von 24 Stunde. Eine weniger bekannte ist der Schwefelflufs (Naher el Mukebret (zäh Pe). Er entspringt sechs Stunden nordöstlich von Damaskus im Dorfe Ru- hebe (u>,N), wo er rauchend zu Tage kommt, treibt weiterhin einige Mühlen, geht, in südlicher Richtung fliefsend, an den Ruinen der Stadt Maksüra vorüber und fällt nach einem mehr als dreistün- digen Lauf in den See von ‘At&be. Eine interessante Erscheinung ist zwischen Sasa‘ und Kiswe der War von Zäkie (us 5) en ), ein gewaltiges Lavaplateau von 3 Stun- den Länge und 23 Stunden Breite. Dieser War erschien mir um so merkwürdiger, als er sich äufserlich an kein Gebirge unmittelbar an- lehnt, dessen Ausströmung er sein könnte. Deshalb vermuthete ich anfänglich, dafs er durch niedrige, innerhalb seines Plateaus befindliche Krater gebildet worden sei, wobei ich mir den Umstand, dafs ich kei- nerlei Erhebungen in ihm wahrnehmen konnte, daraus erklärte, dafs ich den War noch oberhalb der Kupferburg (Kal’at en Nuhäs) auf dem Mäni-Gebirge, in einer Vogelperspective von ohngefähr 2000 Fuls aufgenommen habe, wo sich natürlich kleinere Hügel auf der kohl- schwarzen Ebene nicht bemerken liefsen. Nachträglich aber bin ich doch zu der Ueberzeugung gelangt, dafs der War von Zäki& nicht aus niedrigen, innerhalb seines Plateaus befindlichen Kratern ausgeströmt sein kann, sondern eine dem Legä, Safä, der Gele analoge Bildung gehabt haben und als Ausfluls höher gelegener Krater betrachtet wer- den mufs. Solche Krater existiren wirklich in seiner nächsten Nähe. Zwischen dem Legä und Mäni erhebt sich ein kleines, ganz abgeson- dertes Gebirge, das durch einen 4 Stunde breiten Wadi (in welchem man vom Legä nach Damascus reist) in zwei Theile getheilt wird. Der kleinere Theil ist der östliche, auf dessen Südspitze das Dorf Umm el Kusür (von seinen hohen Gebäuden, Kusür, so benannt) liegt. Der westliche Theil dieses Gebirgs hat die auffälligste Formation und streckt 3 hohe, fast steile Arme gegen Süden hin, auf deren mittelstem und höchstem der imposante Wallfahrtsort Eljesa' ( ee Elisa) steht, von dem aus man eine unvergleichliche Aussicht über die Hermije, das Legä, Haurängebirge, Gedür, Gölän und die Nukra haben muls. Dieses Gebirge heilst Gebelel’Abäje, von einem gleichnamigen auf ihm liegenden Dorfe, nicht aber Gebel el Chiära, wie ihn Burckhardt nach einem zwischen ihm und dem Mäni liegenden Dorfe benannt hat. (Nebenher mufs ich noch bemerken, dafs Burckhardt auch den Reise in den beiden Trachonen und um das Haurän- Gebirge. 133 Gebel el Mäni' ohne Berechtigung Gebel el Kiswe nennt.) Auf der Westseite dieses Gebel el 'Abäje erhebt sich weithin sichtbar die auch von Burckhardt beobachtete Subbet Fir'ön (der Getreidehaufen des Pharao). Die Subbe ist ein Vulkan und steht dem östlichen Lohf des Wa’r’s von Zäki& in der geringen Entfernung von 2 Stunde ge- rade gegenüber. Aus ihm und anderen um ihn herumliegenden Eruptions- kegeln wird wohl der War ausgeströmt sein. Werden spätere Reisende die Localität genauer untersuchen, so werden sie wohl meine Ansicht bestätigt finden. Der Vulkan hat seinen eigenthümlichen Namen von seiner einem grolsen Haufen aufgeschütteten Getreides nicht unähnli- chen, regelmäfsig ovalen Form, und von dem gelblichen vulkanischen Schutte, welcher seine Seiten allenthalben dicht bedeckt. Er gleicht vollkommen den Vulkanen des Safa und der doppelten Garära, die ihren Namen demselben Bilde verdanken, denn „Garära* ist ein Ge- treidehaufen von 80 Mudd (Namen eines Hohlmalses) und die Legende erzählt, dafs Pharao für die Bauleute am pharaonischen Aquaducte (Kanätir Fir'ön zwischen Dilli und Muk£s) Getreide im Hauran ge- waltsam genommen und davon die Subbe und die beiden Garära’s habe aufschütten lassen. Als er aber eines Tags sein grofses Kameel ge- schickt, um diese Haufen holen zu lassen, habe Gott das Kameel so- wohl (el Gemel, eine vulkanische Formation zwischen den beiden Ga- rära’s), als die drei Haufen in Stein und Schutt verwandelt. Was ich über die Entstehung desWa’r von Zäki& als Vermuthung ausspreche, das berichte ich vom Legä als Augenzeuge. Ich drang in dasselbe bei Dür ( ) satt), wo man, da die Nukra weit tiefer liegt als die Ard el Chanäfis und die Hermije, über mehrere vulkanische Terrassen hinaufsteigt, die je 4 Stunde von einander entfernt sind. Von Negrän (u5F) aus besuchte ich über Harrän, el Guren und Lub&n die Stadt Däma, welche, theils weil sie der höchste Punkt im Legä ist, theils um sie von einem zweiten Däma zu unterscheiden, Dämet el “Aljä (Lat xal0) oder das hohe Däma heifst. Hier machte ich die für die Erdkunde gewils interessante Beobachtung, dafs die Legä- fläche eine Ausströmung der Krater des Haurängebirges ist. Es ist dies eine so augenscheinliche Thatsache, dafs ich dem Glauben, als könnte ich mich zu einer geognostischen Hypothese ha- ben verführen lassen, mit der ganzen Sicherheit der nüchternsten Ue- berzeugung entgegentrete. Auf die Frage, warum Andere vor mir diese Beobachtung nicht gemacht, gebe ich die Antwort, dafs sie wahrschein- lich keinen so günstigen Standpunkt gehabt haben, als ich. Ich könnte hinzufügen, dafs kein anderer Legä-Reisender vorher in des Vulkans 134 J. G. Wetzstein: grofser Werkstätte, nämlich dem Safä, gewesen ist. Am nächsten Tage habe ich auf meiner Reise von Rimet el Lohf (La=U)l x, ,) nach Breke (4 ) mit Ruhe und Mulse jene Beobachtung bestätigen können. Die Lava ergols sich über die Niederung in zwei Strömen, einem öst- lichen und einem westlichen. Der östliche Strom kam aus drei feuerspeienden Bergen, der südlichen Garära (mit dem Kameel — Ge- mel — und mehreren niedern Kratern), der nördlichen Garära und dem riesigen S’ihän („a ); dessen dem Legä zugekehrter Krater der gröfste ist, den ich auf dieser Reise gesehen. Ich schätze seine Peripherie auf 2000 Schritte, wo nicht mehr. Dieser vollkommen ovale und von allen Seiten sehr dicht mit vulkanischem Schutt bedeckte und keinen grünen Halm erzeugende Vulkan ist mindestens 1200 Fuls hoch. Auf seiner höchsten Spitze steht ein vom Hermon bis zum Safä sicht- bares Grabmal eines Beduinen, der Weli S’ihän heifst. Von ihm soll der Berg den Namen haben. Der umgekehrte Fall ist wahr- scheinlicher, denn der Berg wird wohl schon bei Lebzeiten seines Na- mensvetters des amoritischen Königs 71770 seine heutige Benennung gehabt haben '). Die beiden Garära’s, deren eine (die obere) ich !) Für uns ist es unbegreiflich, wie man sich über einem Krater, auf einem sterilen Berge, dessen Besteigen bei seiner Höhe, Steilheit und seinem Schuttüber- zug unsägliche Mühe kostet, begraben lassen kann, aber es ist Thatsache, dafs die Beduinen die gröfste Vorliebe dafür haben, sich auf hohen Bergen beerdigen zu las- sen. Auf meiner Reise habe ich allenthalben die Gipfel der Berge mit Beduinen- gräbern bedeckt gefunden, und als ich nach der Besteigung des Abü Tumes, auf dem ich dieselbe Erfahrung gemacht hatte, in Nimre ankam, veranlafste ich über dieses Thema vor Drusen und Beduinen ein längeres Gespräch. Gestattet es die Jahreszeit, so bringt man die Leiche eines angesehenen Beduinen drei bis vier Tage- reisen weit aus der Steppe bis zu- einem Berge. Auf einem Berge begraben zu werden ist oft der einzige letzte Wille eines Scheichs. Es ist vorgekommen, dafs ein auf den Tod verwundeter Beduine noch durch Zeichen zu verstehen gab, dafs man ihn auf dem Berge begraben möge. Mein alter Reisegefährte Abu Chalid, der den gröfsten Theil seines Lebens unter Beduinen zugebracht hat, wurde vor zwölf Jahren, wo er Scheich von Higäne war, von dem in diesen Blättern mehrfach erwähnten Muhammed Ibn Dühi requirirt, um seinen Vater Dühi auf dem ho: hen Bergrücken von Higäne zu begraben. Er durfte nur seine zwei Söhne mit sich nehmen und die Arbeit mufste über Nacht beendigt werden. Er bekam dafür zum Lohn ein Kameel und ein Feierkleid. Ein äufseres Abzeichen erhielt das Grab nicht, und da Abü Chälid darüber seine Verwunderung äufserte, erklärte ihm, der Scheich Muhammed, dafs das Land durch seinen Vater viel gelitten habe und da- her leicht Jemand, der durch ihn zu Schaden gekommen, durch ein Grabmal an ihn erinnert werden und ihm fluchen möchte. Ob die Beduinen, wie man mir sagte, wirklich glauben, sie würden, wenn sie auf einem Berge begraben werden, insofern mit ihrem Stamme verbunden bleiben, als sie von der Höhe herab seine Zeltlager überschauen könnten, mufs ich dahin gestellt sein lassen. Poetisch ist die Idee. Es möge mir gestattet sein, aus einem berühmten Gedichte, welches mit den Wor- Reise in den beiden Trachonen und um das Haurän- Gebirge. 135. bestiegen habe, gleichen den Vulkanen des Safä in jeder Hinsicht wie ein Ei dem andern. Um sie herum giebt es noch eine Anzahl niederer Krater. Ob mit diesen dreien noch höher gelegene Vul- kane, vielleicht selbst Abu Tum&s und Umm Usdüch, auf das Legä eingewirkt haben, mufs eine spätere Untersuchung ermit- teln. Dagegen haben die nordöstlich vom S’ihän gelegenen vulkani- schen Berge Tile und Taille Usb und ses. welche ich auch un- tersucht habe, nichts mit dem Legä zu schaffen. Folgende Zeichnung wird die Neigung des östlichen Lavastroms gegen das Lega mehr ver- anschaulichen. ten beginnt: Matä jä “orebu ’Ih@ji “aini teräkumu (wann, o liebe Araber meines Stammes, wird euch mein Auge sehen?) ein Paar Verse anzuführen: Chudü “izämi &na sirtum muhammalan, Wa in tedfinühä fidfinühä hidäkumu! Wa lä tedfinüni tahta kermin juzilluni Nlä “alä gebelin wa “aini teräkumu Wa murrü “alä kabri wa nädü biismikum Tuhgjä “izämi hina tesma’u nidäkumu Asümu lakum mä dumtu hejan wa mejitan Fitri bikum wa Tidu jömu likäkumu. Nehmt meine Gebeine und tragt sie mit euch, wohin ihr zieht, Und wenn ihr sie begrabt, begrabt sie eurem Zeltlager gegenüber! Und begrabt mich nicht unter Weinreben, die mich beschatten würden, Sondern auf einem Berge, so dafs mein Auge euch sehen kann! Und dann zieht an meinem Grabe vorüber und ruft euren Namen: Da werden sich meine Gebeine beleben, wann sie euren Ruf hören. Fasten werde ich um euch im Leben und im Tode, Und bei euch mein Fasten brechen am Freudenfeste des Wiedersehns. d.h. so wie man die dreifsig Tage des Fastenmonats Ramadän von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang keinen Bissen Brod und keinen Tropfen Wasser über die Lip- pen bringt, und sich jedes Vergnügen versagt, also werde ich — von euch ge- trennt — im Leben der Freude entsagen und auch im Tode, indem ich auf ein Grab in schattiger Aue verzichte und auf kahlem Bergrücken begraben sein will, wo die Sonne glüht vom Aufgang bis zum Untergang. Mein „Id el Fitr* (das mehrtägige Freudenfest des Fastenbrechens nach den 30 Tagen des Ramadän) wird der Tag sein, an dem ich euch wiedersehe. Der merkwürdige Drang des Wüstenbewohners, auf Bergen begraben zu werden, ist sicherlich uralt und erinnert uns an die Bibelstelle 5. Mos. 32, 48— 50: Und der Herr redete zu Mose desselbigen Tages und sprach: Steige auf den Berg Nebo, Jericho gegenüber und besiehe das Land, welches ich den Kindern Israel zum Eigenthum geben werde und stirb auf dem Berge, wenn du hinaufgekommen bist, und versammle dich zu deinem Volke, gleichwie dein Bruder Aron starb auf dem Berge Hor, und sich zu seinem Volke versammelte. Pr | 136 J. G. Wetzstein: ne ale n ENTER 1. Abü Tum£s (u+a& 1), der höchste Punkt im nordöstlichen Theile des Gebirgsrückens; 2. die südliche Garära; 3. das Kameel;, 4. die nördliche Garära; 5. der Siihän. Der Gipfel des Abü Tum&s mag 3000 Fufs über dem Niveau des Legä erhaben sein, das seinerseits 2000 Fufs über dem Meere liegen mag. Die Strecke von A bis B beträgt eirca 14 Stunde. Die Figur 6 giebt einen Durchschnitt des eigen- thümlich gebildeten S’ihän -Kraters. Der westliche Strom kam vom Kleb ') (dessen Krater sich an der Nordwestseite öffnet) und seinen Nebenvulkanen, flofs in einer mit dem östlichen Strom parallel laufenden Linie bei der Ortschaft Mebna "1 Bet (an) (sun) westlich von Rime ins Lega, vereinigte sich hin- ter Br&ke mit der östlichen Ausströmung und endete nördlich bei S'a’ara ( 5,2%) und Mismije aa ), während der östliche Strom bis Go’ede ( um}; also gegen zwei Stunden weiter flols, was sich vielleicht daraus erklären läfst, dafs er mindestens drei Stunden dem Legä näher lag als der westliche Strom, also auch weiter flielsen konnte, bevor er erkaltete. Zwischen dem Hauran-Gebirge und dem Lega einerseits und zwischen den beiden Strombrücken andererseits bildete sich eine Art niedrigen Kessels, in dessen Mitte sich der Hügel die Dibbe (die Bärin) erhebt. Ich möchte den Hügel für eine blofse vulkanische Erhebung halten, wie ich deren so viele in der Nähe des Safä gesehen habe, obschon der Umstand, dafs man sein Haupt mit einer Mauer bekränzt hat, auf die Vermuthung führt, dafs er einen Krater habe. Man benutzte die Vulkane gern zu Festungen, indem man, wie bei der südlichen Garära, ein Kastell in den Krater baute. Den Lauf der beiden Lavaströme findet man auf der diesen Blättern beigegebenen Kartenskizze verzeichnet. Am Schlusse dieser geologischen Bemerkungen nur noch ein paar Worte über das seit Ibrahim Pascha berühmt gewordene Legä. Wie ') Kleb „das Herz“ ist Diminutivform von Kalb (\ 5 ). DerBerg hat die Form eines Zuckerhutes oder eines Herzens. Falsch ist die Schreibart Kelb (JS) „Hund.“ ; I: Reise in den beiden Trachonen und um das Haurän- Gebirge. 137 kann ein circa 13 Stunden langes und circa 8 bis 9 Stunden breites, mitten in einer Ebene liegendes und seinem Gesammtcharakter nach gleichfalls ebenes Lavaplateau nicht zu erobern sein? Darauf antworte ich: 1) hat in ihm die Lava, wie in der Tenije der G£le, viele Ka’s gebildet, die man in der nächsten Nähe nicht sieht. Geht man an ihnen vorüber, so hat man den Feind, der darinnen versteckt lag, im Rücken. 2) Hat das Zusammenstofsen der Wellen an vielen Orten eine zackige, schneidende Oberfläche gebildet, die sich nicht überschrei- ten läfst. 3) Hat die Lavadecke viele steile Einbrüche, die umgangen werden müssen, wobei man oft wieder auf andere Hindernisse stölst. 4) Hatte man in den vergangenen Jahrtausenden, als die Ortschaften im Innern noch bewohnt waren, in dem fruchtbaren Humus der Kä’s Reben- oder Fruchtbaumpflanzungen. Diese sind verschwunden, aber die rohen Mauern, womit sie zum Schutz gegen die Heerden umfrie- digt waren, stehen noch zu Tausenden und würden, von Schützen be- besetzt, einem vordringenden Feinde starke Hindernisse bieten. 5) Lie- gen im Lohf ca. 8 Städte und 25 Dörfer und im Innern 4 Städte und ca 14 Dörfer, die alle hohe und aus gewaltigen Quadern aufgeführte Mauern haben. Sie würden sich selbst gegen Artillerie vertheidigen lassen. 6) Es läfst sich nachweisen, dafs die Ortschaften im Innern des Legä bereits in den ersten Zeiten des Islam von ihren Einwohnern verlassen worden sind und seit dieser Zeit nur Nomaden im Legä wohnen (seit der Vertreibung der Serdije und Fuh£li vor ca. 45 Jah- ren ausschliefslich die Sulüt, _b,Lalj), deren constante Sitte es ist, jede Stelle, wo sie ihre Zelte aufschlagen, mit einer Sira ($; 0), d.h. mit einem mannshohen Gehöfte von Steinen zu umfriedigen, “damit sich die Heerden des Nachts nicht zerstreuen und damit man am Geräusche der einstürzenden obern aus kleineren Steinen bestehenden Schicht wis- sen kann, wenn des Nachts ein Wolf, deren es hier viele giebt, in das Gehöft einbrechen will. Nimmt man an, dals der Beduine nur acht Mal des Jahres die Weide und die Lagerplätze wechselt, so wür- den bei nur 600 Zelten jährlich fast 5000 Gehöfte gebaut werden, was für eine Zeit von 800 Jahren, während der die Beduinen hier wohnen dürften, 4 Millionen Gehöfte geben würde. Immerhin mag dieses Faeit falsch sein, da man oft auch eine schon vorhandene Sira wieder benutzen wird, dennoch versichere ich, dafs im Legä nirgends ein grölserer Raum gefunden wird, auf en man nicht eine oder inehrere antrifft, in deren Aufbau, wozu die Rinde der Lava verwen- det wird, die Sulüt grofse Fertigkeit besitzen. Diese Gehöfte sind ge- wils. von grofser strategischer Wichtigkeit. 7) Die engen Mündungen der unterirdischen Wasserreservoire bei den verödeten Ortschaften, welche im Winter fürs ganze Jahr gefüllt werden, lassen sich leicht 138 J. G. Wetzstein: mit einem einzigen grolsen Stein zudecken und verheimlichen. 8) Die Bewohner des Legä sind durchweg gute Schützen, und haben, da in den Ruinen viel Salpeter gefunden wird, eine Menge Pulverfabriken. Ich gehe nun zum geographischen Theile dieser Schrift über und beginne mit einer kurzen Beschreibung der paradiesischen Ruhbe. Die Ruhbe Be das Wort bedeutet ein weites üppiges Saat- feld) ist eine beiläufig 25 Stunde breite und 34 Stunde lange Ebene, die westlich vom Lohf des Safä, südlich von der Härra, östlich vom Wär des Karin uud nördlich vom Wa’r des Rigm el Mara begrenzt ist. Sie wird bewässert von 4 Flüssen, von denen zwei, der Garz ( 3) und S’äm(.LA), von Westen her aus Haurän, die beiden andern Gumär( ‚ust) und T£s ey) von Osten her aus dem Hamäd kommen. Der gröfste dieser Flüsse ist der S’'äm, der in zwei Armen in die Ruhbe ausmündet. In der Sprache dieses Ländchens kennt man weder den Ausdruck Wädi noch den Ausdruck Naher. Der Flufs heilst Amlüd(o,I2}). Am nordwestlichen Ende der Ruhbe bilden diese 4 Flüsse zur Winterzeit einen schmalen länglichen See, der im Mai und Juni vertrocknet. Die westliche Hälfte der Ruhbe ist niedriger als die östliche, also leichter zu bewässern, und darum wird sie in ihrer ganzen Ausdehnung mit Weizen und Gerste besäet, während in dem östlichen Theile die Heerden geweidet und die Zelte aufgestellt werden. Weder in der Ruhbe, noch in den benachbarten Lavapla- teaus und Steinfeldern mit Einschlufs der Harra, giebt es einen Baum oder Strauch und es hat dergleichen daselbst wohl niemals gegeben. Die Ruhbe ist das fruchtbarste Land in Syrien. Der Weizen giebt die Aussaat durchschnittlich achtzig- und die Gerste hundertfältig zurück. Nach der glaubwürdigen Versicherung der Bewohner soll der Mudd Weizen sehr oft selbst eine und eine halbe Garära d. h. 120 Mudd gegeben haben. Ich zog, ohne allzulange zu wählen, aus einem Weizenfelde eine Pflanze aus, die 26 ährentragende Halme hatte. Der Boden hat die hochgelbe Farbe des Humus der Kä’s, aber er ist viel lockerer als dieser, dergestalt, dafs die Einwohner nicht auf ihm dreschen können; die Körner würden sich mit der Erde mischen. Sie bringen daher die Erndten auf die Lavaplatten des Safä, die vortreffliche Tennen abgeben. Sie haben keine Ackerwerkzeuge und pflügen den Boden auch nicht. Nachdem sie einige Tage nach dem ersten Früh- regen (im December) den Samen ausgestreut haben, ziehen sie mit einem vielästigen Sirr (po einer Art Schlehdorn) oder Zarür ( BERSE einer Art Weilsdorn) über die besäete Flur, um den Samen zu be- Reise in den beiden Trachonen und um das Haurän- Gebirge. 139 decken. Nach wenigen Tagen geht dieser auf und wird dann wohl von jenen 4 Flüssen überschwemmt, so dafs er bei anhaltendem Re- gen oft Wochen unter Wasser steht, ohne dafs ihm dieses nachtheilig wäre. Als ich den 10Oten April in die Ruhbe kam, standen Weizen und Gerste bereits in voller Blüthe, während sie um Damaskus noch nicht geschofst hatten. Da das einzelne Saatkorn hier sehr viele Halme treibt, so säet man Weizen und Gerste wie man in Damaskus den Sesam säet, d.h. man mischt ihn mit Erde und streuet diese Mi- schung aus. In der Mitte der Saatfelder steht von Fähnchen umflat- tert das Grab des Localheiligen Scheich Seräk ( Ei) des unsicht- baren Handhabers von Recht und Ordnung unter diesen Raubvölkern, der Menschen und Thiere ihrem Glauben nach augenblicklich mit dem Tode bestraft, die sich an fremder Saat vergreifen sollten. Man hat eine unbeschreibliche Furcht vor ihm und der Zufall wollte mir einen- Beweis davon liefern. Wie die Araber ritt ich in jener Gegend mein Pferd ohne Zaum, damit es, so. oft ich anhielt oder abstieg, um etwas zu sehen, weiden konnte. Als wir über die Saatfelder zu den Zelten der Gejät ritten und die Beduinen in den durch die letzten Regengüsse überfüllten Wässerungsgräben nach einer Furth suchten, benutzte mein Pferd den entstandenen Verzug und fing an von der Saat zu fressen, ohne dafs ich darauf Acht hatte. Da stürzte eine Frau herbei, rifs mein Pferd in die Höhe und schrie mit lauter Stimme: „Glaube es nicht, Scheich Serätsch (dortige Aussprache statt Seräk), ich schwöre dir beim grofsen Gott, das Pferd hat nicht gefressen!“ Alle Uebrigen stimmten bezeugend bei, belogen den Scheich und ret- teten so mein Pferd von der Todesstrafe. Auf die Bemerkung meines Koches, eines boshaften Bagdader Christen, dafs der Scheich wohl ei- nen Unterschied machen würde zwischen ihren Stammpferden und un- sern Gastpferden, versicherte man, dafs der Scheich diesen Unterschied nicht kenne. Verläfst ein Einwohner auf längere Zeit das Land, so bringt er werthvolle Gegenstände, Waffen, Teppiche, Kleider, selbst das baare Geld zum Scheich Seräk und ist sicher, es unversehrt wie- der zu finden. Gegen Ende Mai oder in der ersten Hälfte des Mo- nats Juni wird die Ruhbe und ihre Umgebung wegen der grolsen Hitze und des Mangels an Wasser und grüner Weide von ihren Be- wohnern verlassen, die sich dann mit den Heerden an die östlichen Abhänge des Haurängebirgs zu den beständigen Weide- und Lager- Plätzen der Mesäid, ‘Atamät u. A. ziehen. Dann lassen sie ruhig ihre Wintervorräthe an Getreide in den Höhlen beim weilsen Schlosse, wohl wissend, dafs es Niemand wagen würde, von einem dem Scheich Se- räk anvertrauten Gute etwas zu stehlen, Die Regierung des Landes 140 J. G. Wetzstein: ist eine patriarchalische. Die G&jät bestehen aus mehreren Stämmen, deren jeder seinen Scheich hat, weleher unter Zuziehung der Aeltesten, die immer seine Verwandten sind, die Angelegenheiten des Stammes, der zugleich seine Familie ist, leitet. Nur in Dingen von allgemeiner Wichtigkeit sind sie einem Oberscheich der G£jät untergeordnet. Der gegenwärtige heilst Seläme und ist ohngefähr 50 Jahre alt. Er be- sitzt viel äulsere Würde und soll ein Mann von ungewöhnlicher Klug- heit sein. Ich war nur eine Nacht sein Gast, und da er als Wirth die Honneurs machen, d. h. schlachten, das Feuer unterhalten, Kaffee kochen und herumreichen, auch sich anstandshalber nicht vor uns setzen durfte, so hatte ich wenig Gelegenheit, genauer mit ihm be- kannt zu werden. Er kam mir entgegen und entschuldigte die Sen- dung seines Neffen Gerbü, wo er selber mich hätte in sein Land brin- gen sollen, damit, dafs er in Erwartung meiner Ankunft es habe ver- suchen wollen, auf meinen Glücksstern hin eine Gazwe (Raubzug) in gröfserem Maafsstab zu unternehmen. Sie sei ihm zwar mifsglückt, da der Feind schon die Lagerplätze verändert hatte, aber er tröste sich, da ich dafür den Regen mitgebracht hätte, den sie sich längst ge- wünscht, da der Frühling (rebi d.h. die grüne Weide) schon zu ver- dorren angefangen habe. Er hatte, als wir zu ihm kamen, seine und seiner nächsten Verwandten Zelte an einem Arme des Amlüd es S’äm auf einer grünen Wiese aufgeschlagen. Die S’täje (auch S’täj genannt, vom Singular Stäwi (s,Lä&) Ste- hen als das kleinere Volk unter einem Scheich. Der jetzige heifst Melihän, der Bruder meines Reisegefährten Chalaf. Er ist ohngefähr 65 Jahre alt, von hoher Gestalt, mit langem weilsen Haupthaar und gleichem Barte. Dieser Mann, in dessen Zügen die reinste Milde aus- geprägt ist, war die edelste Erscheinung, die mir auf dieser Reise vor- gekommen ist, und da ich Chalaf versprochen hatte, sein Gast zu sein, so konnte ich mich einen langen Abend mit Melihän unterhalten, der nun durch keine Etiquette verhindert wurde, sich zu uns zu setzen. Wir trafen seine und Chalafs Zelte in der Nähe von Rigm el Mara. Zunächst hatte ich eine Geschäftssache mit Melihän zu ordnen. Einige Wochen vor meiner Reise nämlich hatte Melihän die Heerden des Dor- fes Buweda (war St) weggetrieben, weil das Dorf, im Vertrauen auf die Nähe der Stadt (es liegt nur eine Stunde von Damaskus), den herkömmlichen Tribut verweigert hatte. Der Söt d.h. die Sturmsig- nale flogen nun von Dorf zu Dorf und zwölf Bauern von Gassüle setzten sich zu Pferde und, ahnend wer die Räuber gewesen, jagten sie über den Isthmus zwischen den Seen, fanden bald die Spur und erreichten die Beduinen bei Sonnenaufgang ohngefähr an der Stelle, Reise in den beiden Trachonen und um das Haurän - Gebirge. 141 wo wir auf dieser Reise das erste Nachtlager gehalten. Melihän liefs nun zwar seine Beute fahren, gab aber dem Scheich der Bauern einige Andeutungen, die bei diesem Befürchtungen hervorriefen. Die Sache war bald beigelegt. Melihän ist bei den Damascener Bauern ebenso beliebt, wie er von den "Aneze gefürchtet ist. Bei seiner grolsen Frei- gebigkeit und Gastfreundschaft ist er fortwährend arm geblieben, ob- schon er seinen Stamm durch seine kühnen und glücklichen Unterneh- mungen bereichert hat. Aber deshalb gelobt zu werden, ist auch sein ganzes Glück, und als unser Gefährte Derwisch Regeb, der immer den Beduinen schmeichelte, weil er sich heimlich vor ihnen ängstigte, ein- mal Gelegenheit fand zur Anwendung des Sprüchworts: „Löla ’] Me- lihän, mä “amiret el Autän* (gäb’s nicht das Schwerd, käme das Va- terland nicht in Flor), da glänzten die Augen des Alten vor Vergnü- gen über das Wortspiel. (Melihän ist ein poetischer Ausdruck für Schwerd.) Bei grofsen Unternehmungen, welche immer Raubzüge gegen andere Beduinen sind, treten die Scheichs der G&jät und S’täje zu ei- nem gemeinsamen Beschlusse zusammen. Gröfsere Züge finden zu al- len Jahreszeiten durchschnittlich alle sechs Wochen einmal statt, klei- nere allwöchentlich. Bei den ersteren ziehen gewöhnlich 50 Pferde- reiter und 3 bis 400 Kameelreiter mit Merdüf d. h. Hintermann, im Ganzen ohngefähr 800 Mann aus. Kleinere Züge werden von 5, 10, 20 Personen unternommen. Gilt es einen starken Feind zu überfallen, so rufen sie gewöhnlich ihre beständigen Bundesgenossen, die Zub&d (Anz 2) zu Hilfe. Diese Raubvölker werden wohl dieselben Araber im Nordosten von Palästina sein, welche nach 1. Maccab. 12, 31 von Jonathan geschlagen worden sind. Denn da der Name Zubed am ‚Boden haftet, und unabhängig ist vom Wechsel der Stämme (wie “Arab ‚el'Gör, Beduinen der Jordanniederung und ‘Arab es S’emäl, Beduinen von Peräa), so geht er sicherlich bis ins fernste Alterthum zurück. Ursprünglich mag es wohl der Name eines bestimmten Stammes ge- wesen, und von ihm auf das Land übergegangen sein, welches der Stamm lange bewohnte. Zu den Zubed rechnet man alle Stämme des östlichen Hauränabhanges, welche jahraus, jahrein dort wohnen und nicht wandern, mit Einschlufs der Stämme des Legä. Ziehen die Beduinen der Ruhbe mit den Zub&d zusammen aus, so haben sie mit diesen den gemeinsamen Namen ‘Arab el Gebel, Beduinen des Gebir- ges, nämlich des Haurängebirges, zu denen die Ersteren schon darum zu zählen sind, weil sie die sechs Sommermonate, wo sie die Ruhbe verlassen müssen, im Haurän weiden. Ziehen sie aber allein aus, so heilsen sie die (G&jät und S’täje zusammen) ‘Arab es Said, Beduinen 142 J. G. Wetzstein: von Said, also benannt von ihren wichtigen Weideplätzen in der Ard es Sa’d nordöstlich von der Hermije. Von den 'Aneze werden die bei- den Stämme Ahl el Hugr ( ai NP!) d. h. Bewohner des Klüften- landes genannt; die Schlupfwinkel des östlichen Trachons heifsen die “"Aneze Hugr. Ihre beständigen Feinde sind die Wuld ‘Ali, denen sie vom Frühling an, wo sie aus ihren Winterquartieren am Euphrat in die Nukra kommen, bis zum Herbst, wo sie Syrien wieder verlassen viel Schaden zufügen, indem sie Tag und Nacht ihre Weideplätze um- schleichend Gelegenheit finden, Kameelheerden zu rauben. Auch mit den Sibä‘, einem starken Zweige des "Anezestammes der Bisr leben sie in Feindschaft, die ihnen aber schon manchmal vom Berge Ss her in der Ruhbe einen Besuch abgestattet haben. Desgleichen besteht zwi- schen ihnen und den Stämmen des Ammoniter- und Moabiterlandes, den Sirhän, Serdije, Sachr, Fuheli u. A. ein fortwährender Kriegszu- stand (Köm, 3). Fast unangreifbar im eigenen Lande können es die Bewohner der Ruhbe wagen, keck und rücksichtslos nach Aufsen aufzutreten. Die türkische Regierung hat es niemals versucht, etwas gegen die Republik der Ruhbe zu unternehmen, so unbeschreibliches Elend diese auch alljährlich über die Damascener Dörfer bringt. Die Ruhbe hat zwei schwache Stellen. Die eine ist bei Rigm el Mara, wo sich das Land in der Richtung zum Berge S&s gegen den Hamäd öffnet. Die Wache an dieser gefährlichen Stelle ist den S’täje anver- traut. Man hat dort auf dem höchsten Punkte aus Blöcken eine circa 12 Ellen hohe Warte (Merkab, 3,2) aufgerichtet, zu der eine Art Treppe führt. Die Warte ist mit einer Brüstung versehen, hinter der die Wachen sitzen und unablässig hinab in den Hamäd, den man deutlich sehen kann, spähen. Die Warte soll nach der Sage von ei- nem einzigen Weibe aufgerichtet, und davon Rigm el Mara (Steinhau- fen des Weibes) benannt worden sein’). Der andere schwache Punkt ist bei Nemära, wo man mitten durch die Harra auf ziemlich gutem Wege binnen 7 und 8 Stunden östlich zum Hamäd gelangt. Die Wache an dieser Stelle liegt den G&jät ob. Ich vermuthe jedoch, dafs sie in ihrem Dienste sorgloser sind, als die S’täje, deren Wache ich während meines Aufenthalts in der Ruhbe tagtäglich 4 bis 5 Mann stark auf Rigm el Mara gesehen habe. In der Ruhbe giebt es mehrere jetzt natürlich verödete Ortschaf- 20- !) Das Wort Mara ist aber sicher nicht das Arabische 3|_, „Weib“, son- =; 20, z£ dern pr (von der Wurzel sh) „Spähort, Warte. Reise in den beiden Trachonen und um das Haurän-Gebirge. 143 ten. Um das „weilse Schlofs* herum, von dem ich später sprechen werde, liegen die Ruinen eines weitläufigen Ortes, und aulser einer An- zahl Thürme am östlichen Lohf des Safä stehen daselbst die Dör- fer Alka (läls) und Brösije (uun2). An einem Arm des Amlüd es S’äm liegen die schönen Fundamente des Dörfchens Knese (zu Deutsch „das Kirchlein), von dem noch das Hauptgebäude, eine kleine Kirche von sehr accurater Structur gut erhalten ist. An der Südseite der Ruhbe liegen die rohgebauten Dörfer ‘Od&sije (umsde) und Garz (; ze ), das letztere am gleichnamigen Wadi. _Merkwür- dig aber sind viele Tausende von rohen Wohnungen, welche auf ei- ner Strecke von vielleicht ö Stunden das südliche Lohf der Diret et Tulül bekränzen, und auf eine ungemein starke Bevölkerung jener Ge- genden in früherer Zeit schliefsen lassen, und dennoch ist es schwer zu begreifen, wie Menschen bleibende Wohnsitze in einem Lande ha- ben konnten, in welchem während des Sommers jede Pflanze verdorrt, jede Cisterne austrocknet. Günstiger sind zwei andere Orte gelegen: ‚Rigm el Mara, auf einer Anhöhe gebaut, die fast einen unbegränzten Gesichtskreis und immer frischen Luftzug hat, und Nemära, Das letz- tere war eine Militärstation ‚und der häufige Wechsel der Soldaten mochte den Aufenthalt erträglich machen. Dieser merkwürdige Punkt hat augenscheinlich eine doppelte Bestimmung gehabt, einmal die Ruhbe gegen die Wüste und sodann auch Syrien gegen die Ruhbe zu schützen. Wahrscheinlich mochten sich die Bewohner der Ruhbe schon zur Rö- merzeit, durch die Sicherheit ihres Landes verführt, zu Räubereien gegen die östlichen Ortschaften Syriens haben verleiten lassen, und daran konn- ten sie nur mit bleibendem Erfolge durch eine Garnison im Herzen ihres Landes verhindert werden. Auch habe ich zwischen der Ruhbe und Nemära die unzweideutigen Spuren eines Rasif (iwo)) d.h. ei- ner Römerstrafse gefunden. Durch dieselbe Strafse, die mich aus der Harra nach dem Hauran führte, stand die Garnison mit S’akkä, einer grofsen römischen Colonie, in Verbindung und ein Marsch von drei- _ zehn Stunden führte von dem einen Orte zum andern. Die in den In- schriften genannten Truppen, welche in Nemära zu verschiedenen Zei- ten gelegen, waren eine LEG. III. CVR., ferner LEG. IH. Evo. und LEG. II. AEP. I. Der antike Name des Ortes scheint nach einer | Inschrift 20A4AAA gewesen zu sein, was vielleicht mit semitischer | Etymologie „Quellort“ heifst; denn Nemara hat die einzige niemals versiegende Quelle in jenen weiten vulkanischen Gegenden. Es wäre nicht unmöglich, dafs auch dem jetzigen Namen diese Bedeutung zu 144 J. G. Wetzstein: Grunde läge, gleichwie dies mit dem biblischen Nimra der Fall sein wird; vergl. „die Wasser von -Nimrim“ (Jes. 15, 6). Die Bewohner der Ruhbe dagegen behaupten, der Hügel habe seinen Namen von ei- nem auf ihm begrabenen Beduinen, dem Weli Nemära, dessen Grab mit einer steinernen Mauer umgeben und mit .zwei freistehenden Bo- gen überwölbt ist, von denen zahlreiche S’eräsih (er) d. h. rols- schweifähnliche Troddeln aus Garn von braunen und weilsen Kameel- haaren herabhängen. Nach der Vorstellung der Beduinen soll sich der Verstorbene nicht vereinsamt fühlen, wenn diese Zeichen des No- madenlebens über seinem Grabe im Winde spielen. Nachdem ich mit dem Gesagten jenem weiten Vulkangebiete und der paradiesischen Ruhbe ein Plätzchen in der heutigen Geographie Syriens vindieirt zu haben glaube, erlaube ich mir noch zwei Worte über die Frage: ob dieses Land schon von den alten Geographen er- wähnt werde? Wären die Alten grolse Geognosten gewesen, so wür- den sie uns gewils Manches darüber referirt haben; aber das waren sie nicht, und staatliche Wichtigkeit haben weder jene Lavaplateau’s und die Hlarra, noch die kleine Ruhbe gehabt. Die letztere wird auch im Alterthum, wie noch jetzt in Damaskus, kaum dem Namen nach bekannt gewesen sein. Nur im Strabo habe ich das Land erwähnt ge- funden, und da die betreffende Stelle zeither nicht verständlich war, weil man die Existenz dessen, was sie meinte, nicht kannte, so will ich sie hier im Zusammenhange nebst einem kurzen Interlinear -Com- mentar wiedergeben. Im 16. Buch, 2. Cap. heifst es: Auf das Feld des Marsyas (wohl die Gegend am Meeresufer zwischen Taräbulus und Tartüs) folgt das sogenannte königliche Thal (zwischen dem Libanon und Antilibanon, jetzt „die herrliche Bik& — el Bikä el "Aziz — genannt) und die Gegend von Damaskus, die be- sonders gepriesen wird (nämlich die Stadt selbst mit ihrem meilen- weiten, von dem Baradäflufs in vielen Armen durchströmten Garten- reviere (el Güta), welches von den fruchtbaren, volkreichen Be- zirvken des Merg und des Wädi el ‘Agem oder Perserthales im Nor- den, Osten und Süden begrenzt wird). Damaskus ist auch eine sehr bedeutende Stadt (sie hat noch jetzt über 160,000 Einwoh- ner) und die wichtigste in jener Gegend nach Persien hin (ihr Export- und Importhandel mag im Alterthume viel zum Glanze der mittelsyrischen Küstenstädte, namentlich Sidon’s beigetragen haben, welches sein nächster und am leichtesten zu erreichender Hafen gewe- sen ist. Wie ehemals gehen noch jetzt regelmäfsige Handelskarawa- nen von Damaskus über Bagdad nach Persien und zurück). Hinter ihr liegen die zwei sogenannten Trachonen (nämlich das Legä als der kleinere westliche Trachon und das Saf& mit seinen Depen- ir Reise in den beiden Trachonen und um das Haurän- Gebirge. 145 denzen als der gröfsere östliche Trachon !). So spricht man noch heu- tigen Tages von dem War des Safä und dem Wa’r des Legä. War aber und Trachon sind gleichbedeutende Worte und bezeichnen hier die höchste Potenz einer schwer zu passirenden Felsengegend, nämlich ein weites, zackiges und zerrissenes Lavaplateau. Dieses ist die Stelle, welche beweist, dals man im Alterthume von dem in diesen Blättern beschriebenen vulkanischen Gebiete östlich von Damaskus Notiz ge- nommen hat); dann, gegen die gemischten Theile der Ara- ber (im Süden und Südosten von Damaskus, wie die Stämme von 'Zubed im Norden, Osten und Südosten des Haurängebirgs) und der Ituräer (der räuberischen Bewohner der Tetrarchie Ituraea, welche wohl die höher gelegenen Gegenden Hauräns, nämlich das heutige Drusengebirge umfalste) schwer zugängliche Gebirge, in denen sich auch geräumige Höhlen befinden, deren eine bei den Ueberfällen, welche die Damascener erfuhren, viertausend Menschen fassen konnte. (Bei Bestimmung dieser schwerzugäng- lichen Gebirge mit grofsen Höhlen ist man dem Zusammenhange nach zunächst an das Haurängebirge gewiesen, aber dieses ist von der Da- mascener Seite her nicht schwer zugänglich, sondern nur im Süden zwischen dem Kleb und dem Östende der G£nät, auch habe ich nie- mals von grolsen Höhlen daselbst gehört. Fragte man einen Damas- cener, welches die schwerzugänglichen Gebirge mit den Höhlen sein könnten, so wird er mit gröfster Bestimmtheit sagen: Die beiden Wa’r, das Legä und noch mehr das Safä. Die Höhlen wären dann die Ka’s, die allerdings nicht blos Viertausend, sondern die ganze Bevölkerung von Damaskus bequem fassen könnten. Zwar unterscheidet Strabo deutlich zwischen den Trachonen und dem Höhlengebirge, aber das würde nur die unklaren Berichte beweisen, die ihm über jene theils von Natur, theils wegen ihrer menschenfeindlichen Bevölkerung unzu- gänglichen Gegenden zu Gebote standen. Mir ging es nicht besser. - +) Man hat nicht nöthig anzunehmen, dafs die von den Alten oft erwähnte Tetrarchie Trachonitis (vergl. auch Ev. Luc. 3, 1) beide Trachonen umfalst habe. Das östliche wird wohl in den Regierungsbüchern gar keinen Namen gehabt haben, weil sich von den jährlich nur sechs Monate lang dort sefshaften Raubvölkern wenig oder nichts nehmen liefs. Man wird sich also unter Trachonitis ganz eigentlich den kleineren westlichen Trachon, das Legä, denken müssen, welches nicht nur wegen der stärkeren Zersetzung seiner Lava im Innern viele kulturfähige Stellen, folglich auch Ortschaften und Zeltlager hatte, sondern auch mit einem Gürtel blühender und volkreicher Städte und Dörfer umgeben war, welche die weiten fruchtbaren Strecken aulfserhalb des Lohf cultivirten, wie dies noch jetzt der Fall ist. Es war von politischem Gesichtspunkte aus der wichtigere von beiden, gleichsam der Trachon »ar 2Eoynv. Darum nennt auch die grofse, schon von Burckhardt copirte und von mir verglichene Tempelinschrift von Mismi& im Legä diese Ortschaft geradezu den Hauptort des Trachon (unrooxwun Toü Toa%@vos), und nicht des westlichen Tra- chon, oder beider Trachonen. Zeitschr. f. allg. Erdk. Neue Folge. Bd. VII. 10 146 J. G. Wetzstein: Zehn Jahre lang habe ich nicht nur in Damaskus, sondern auch in den Dörfern des Merg und von den Beduinen an den Ufern der Wiesen- seen auf meine Frage nach jenem Lande, dessen vulkanische Kegel den Ostrand der Damascener Kesselebene begrenzen, keine andere Antwort erhalten als: War und Gebirge, in die kein Mensch kommen, in denen Niemand existiren kann '). Strabo fährt fort:) Die Araber plündern die Kaufleute (wie noch heute). Dies geschieht jetzt weniger, nachdem die Räuberbanden des Zenodorus dureh die gute Einrichtung der Römer zerstreut sind und durch diein Syrien unterhaltenen Soldaten die Sicherheit gehand- habt wird. (Den Hauptanhalt hatte Zenodorus wohl im Legä, aber auch der östliche Trachon und die Stämme des Haurängebirges (Zu- bed und Ituraeer) werden es mit ihm gehalten haben. Zu den guten Einrichtungen der Römer wird die noch jetzt vorhandene Stralse zu zählen sein, die sie von Norden nach Süden mitten durch das Legä gebrochen, und die Garnison in Nemära, welche die Stämme der Ruhbe in Zaum gehalten hat. So viel über diese Stelle im Strabo, der übri- gens die Trachonen (zovg zo«yworeg) noch einmal erwähnt, wo er sagt, dafs der Antilibanon hinter dem Damascenischen in der Nähe der Tra- chonen endige. Das ist auch riehtig, denn ohngefähr sechs Stunden nördlich von Damaskus macht der Antilibanon eine so starke Biegung gegen Osten, dafs er dem grofsen östlichen Trachon bis auf 14 Stunde * 1) Vielleicht hat man aber bei der Höhle, die einmal 4000 Damascener falste, an eine wirkliche Höhle zu denken und dann könnte nur die Umm Nirän (die Mutter der Lichter d. h. die Strahlende) gemeint sein. Dieses merkwürdige Werk der Vor- zeit liegt in der Mitte des östlichen Trachon, nach den Berichten der Beduinen ohn- gefähr eine Stunde östlich vom Vulkan “Äkir. Es ist ein tief unterirdischer Brunnen, oder eine Cisterne, was ich nicht bestimmen kann, wo das Wasser, zu dem man auf bequemen steinernen Treppen hinabsteigt, in grofser Menge das ganze Jahr hindurch aushält. In der Mitte der Treppen öffnen sich zu beiden Seiten die ausgedehntesten Höhlen. Vor zehn Jahren verirrte sich ein Beduine von den S’täje in diesem Laby rinthe, und fand erst am dritten Tage den Ausgang wieder. Er war mit schwarzen Haaren hinabgestiegen und kam mit eisgrauem Kopfe zurück. Diese Berichte dürfen nicht bezweifelt werden, ob aber die Höhlen natürlich oder künstlich sind, kann ich nicht bestimmen. Ich wollte selbst die Umm Nirän besuchen, aber Alle riethen mir ab, am Anfange einer längeren Reise die Pferde auf einem Terrain zu ruiniren, wo- hin nur die äufserste Noth den Menschen treiben kann. Später war ich mit einigen Leuten vom Jägervolke der SleEb übereingekommen, sie zu ihrem Stamme zu beglei- ten, dessen Zelte und Jagdreviere hinter dem Gebirge S@s liegen, von dessen Ruinen und noch mehr von dessen wie Gold schimmernder Erde mir Muhammed Dühi, der Oberscheich der Wuld “Ali, so viel erzählt hatte. Bei diesem Ausfluge wollte ich Umm Nirän mit besuchen. Aber ich bin nicht mehr dazu gekommen. Das bald darauf stattgefundene Blutbad in Gidda hatte auch den Fanatismus der Damascener rege gemacht, so dafs fortwährend Ausbrüche von Gewaltthätigkeit zu fürchten wa- ren, weshalb ich bis zu meiner Abreise in die Heimath meinen Posten nicht mehr auf längere Zeit verlassen konnte, wer% ” Reise in den beiden Trachonen und um das Haurän - Gebirge. 147 sich nähert. In Damaskus selbst betrachtet, scheinen die beiden Ge- birge sogar verbunden zu sein, was jedöch nicht der Fall ist. Wir kommen nun zu jener terra encognita, dem Lande, wo schon Mancher einen Theil des vorisraelitischen Amoriterreiches vermuthete, dessen König zu Astaröt sals, dem Lande, von welchem es 5. Mos. 3 heilst: Da gewannen wir zur Zeit alle Städte des Königs Og zu Ba- san, sechzig Städte, die ganze Gegend Argob im Königreiche Basan. Alle diese Städte waren fest, mit hohen Mauern, Thoren und Riegeln, ohne viele andere Flecken ohne Mauern. Ich meine den östlichen und südlichen Abhang des Haurängebirges, und da es mir wichtig scheint, hier zunächst ein übersichtliches Bild vom Ganzen und en zu geben, so möchten die folgenden Nachrichten am Platze sein: 1) Die östliche Abdachung des Gebirgs beträgt vom Berge Gazäl (Sell), nördlich von S’akka, bis zum Berge Ku’ös (mAzäll), südlich von Umm el Kuten, ohngefähr 22 Stunden, und die südliche vom Schlosse Ezrak bis an die Zumle nicht viel weniger. 2) Die östliche Abdachung ist im Norden so schmal, dafs sie vom Abu Tum&s über Gen£öne en bis an die Hermije kaum 5 Stun- den betragen wird. Nach Süden hin wird sie immer breiter, so dafs sie z. B. bei der Stadt Sälä gegen die Harra eine Ausdehnung von 8 Stunden hat. Am breitesten ist sie von der Stadt 'Ijün gegen Ez- rak hin. Ich schätze sie hier auf 16 Stunden. Die südliche Abdachung wird von den G£nät lust) in der Richtung von Umm el Kuten 8 bis 10 Stunden und vom Kleb über Bosrä gegen das südliche Ende der Zumle hin eben so viel betragen. 3) Da die Hermije nach meiner Annahme mehr als 1000 Fuls höher liegt als die Zedi-Niederung und die Nukra, so wird die süd- westliche Abdachung, des Haurän um so viel tiefer sein als die nord- östliche. 4) Aus dem Gesagten folgt, dafs im Nordosten das Gebirge in starken, rasch aufeinander folgenden Abstufungen abfallen muls, wäh- rend es sich im Südosten und Süden allmählich in die Ebene des Ha- mäd hinabzieht. Aber dennoch läfst sich auch im Südosten, Süden und Südwesten scharf zwischen dem Haurän und dem Hamäd unter- scheiden, da man sich, so lange die Abdachung dauert, fortwährend auf einem vulkanischen Wellenterrain befindet, über dem sich einzelne Hügel oder niedrige Gebirgszüge von Schlacke oder Ba- lt mit sanften Formen erheben, und welches mit Beginn des Ha- plötzlich aufhört. Auf den Thürmen von Umm el Kuten habe ich den Hamäd als eine weite, ununterbrochene Ebene beobachtet. x 5) Die Abdachung, hat in ihrer ganzen Ausdehnung den berühm- 10* % F 148 J. G. Wetzstein: ten rothbraunen Humus, Ard hamrä, auch Hauränerde, Ard Haurä- nije, genannt. An ihrem östlichen Ende beginnt die hochgelbe Ka’a- erde der Harra und im Süden unterhalb Umm el Kuten die weifsliche Erde des Hamäd, Ard el Gebbäne (BU! (,}) d. h. käsefarbene Erde genannt. Westlich endet die rothe Erde bei der Zumle, von wo ab ihre Grenzen mit den oben für das vulkanische Gebiet überhaupt angegebenen zusammenfallen. Im Merg wird sie von einem frucht- baren weilslichen Letten und bei Harrän von Alluvialboden begrenzt. Die Hauränerde erzeugt im Urzustande viel wilden Roggen, der als Culturpflanze nicht in Syrien existirt, desgleichen viel wilde Gerste und wilden Hafer. Diese Getreidearten gleichen den ihnen entsprechen- den Culturpflanzen vollkommen in den Blättern, Aehren, Stärke und Höhe der Halme, nur sind ihre Körner merklich flacher und mehl- ärmer. Unter der reichen Flora sah ich viele Blumen, die eine Zierde unserer Gärten sein würden, namentlich eine faustgrofse dunkelviolette prachtvolle Lilie (Susän). Auf der weiten Ebene zwischen Imtän und ‘Enäk fand ich sie zu Tausenden '). Fast alle Kräuter sind in der !) Im Legä fand ich, während (um den 10, Mai) fast seine ganze Vegetation verbrannt war, zwischen Lub&n und Däma weite Strecken mit einer Blume bedeckt, die Abü Feru (»> +!) „der Pelzträger“ hiefs. Es ist eine 3 bis 5 Zoll hohe Pflanze, die sich in 3 bis 6 Aestchen theilt, deren jedes als Blume eine schneeweilse, baumwollenartige, mit zarten rothen Aederchen durchzogene Kugel von der Gröfse einer kleinen Pistolenkugel trug. Die weifsen, weichen, saftlosen Fasern standen gedrängt und fest am Kerne der Kugel. Die mit solchen Baumwollenper- len bestreute Gegend erinnerte mich an eine voigtländische Waldparthie, die mit Preifselbeeren bedeckt ist. Die Blättchen der Pflanze hatten die Form des Klee- blattes, die Gröfse einer Erbse und waren roth umsäumt. Massenhaft fanden sich überall das weilse Gänseblümchen Kahwän (Is) und verschiedene Arten ro- then Mohns Dahnün (>>) im westlichen, Dedahäne (Sl>A) im östlichen Trachon genannt. Eine Blume interessirte mich besonders, die Dr&hime (#439) „das Silberstückchen“ genannt. Die Pflanze ist circa 5 Zoll. hoch, ihre 4 Zoll langen Blätter sind der Länge nach gefaltet und nicht ausgebreitet. Die Blume ähnelt der Kamille, ist wie die Rosenknospe mit schmalen grünen Blättchen umgeben und steckt voll kleiner weifser Kelche, an dessen Stelle später silberfarbige fast durchsichtige, mit dunkelvioletten Adern durchzogene Trichter erscheinen, die 10 bis 15 an der Zahl eine vollkommene Kugel von dem Durchmesser eines preu- (sischen Achtgroschenstücks bilden. Diese Trichter haben 5 dunkelbraune Staubfä- den (ein jeder), sitzen sehr fest und sind vollkommen saftlos. Bei uns gezogen, würde diese Blume, die mir viel Aehnlichkeit mit einer Strohblume zu haben scheint, vielleicht den ganzen Sommer hindurch dauern. Noch möchte ich die Aufmerksam- keit auf zwei Pflanzen lenken, die sich in den beiden Trachonen finden, und in Europa acclimatisirt, einmal von grolsem Nutzen werden könnten. Die eine heifst Gahh Ce) die andere Rubbe Halile (Sul> 5): Beide gehören zu einer 1 und derselben Gattung. Der starke Stiel ist fast % Elle hoch, die Blätter sind Reise in den beiden Trachonen und um das Haurän - Gebirge. 149 rothen Erde aromatisch, selbst der S’ih. Diese perennirende, bis eine Elle hohe und eben so viel im Durchmesser habende Pflanze des nicht eultivirten Bodens ist eine der gröfsten Wohlthaten Syriens und der Steppe, da sie aufser dem Rinder- und Kameelmist oft das alleinige Brennmaterial der Bauern und Nomaden ist '). Im Cultur- zustande erzeugt die Hauränerde in grolser Fülle den geschätzten glas- _ artig; durchsichtigen Hauränweizen. Der Boden darf nicht gedüngt werden, weil sich sonst die Saat vor Ueppigkeit legen und mehr Stroh als Körner tragen würde. Die Hauränerde (augenscheinlich eine zer- setzte Lava) ist so locker, dals selbst im Zustande völliger Dürre der Huf des Pferdes fast 3 Zoll einsinkt, und obschon nicht steinig giebt sie doch, wenn man über sie hinwegreitet, einen raschelnden Ton, so dals man meint, man reite über einen Haufen Gerstenkörner. 6) Die ganze östliche und südliche Hauränabdachung war ursprüng- lich wie die Härra Wa’r, d. h. ihre Oberfläche war mit einer Stein- saat bedeckt. Die Bevölkerungen früherer Jahrtausende haben dieselbe von den Spitzen des Gebirgs an bis zur Wüste hin entweder in Hau- fen oder in langen Schichten zusammengetragen; diese Wände bilde- ten dann zugleich die Raine (Tilm) der so entstandenen Aecker und die Flurgrenzen der einzelnen Ortschaften. Je weiter man nach Süd- eirca 3 Zoll lang, 1 Zoll breit, am Rande gekräuselt und stehen fast bis in die Mitte des Stiels herauf, der eine Blume trägt, die an Form und dem Schnitte der Blättehen einer vollen Aster täuschend ähnlich ist. Nur ist die Blume des Gahh gelb und die der Rubbe Halile hell lila mit gelben Staubfäden. Das Merkwürdige an diesen beiden Pflanzen ist die Wurzel. Diese habe ich beim Gahh 2 Zoll dick und 5 Zoll lang, bei der Rubbe 15 Zoll diek und 54 Zoll lang gesehen, beide hat- ten eine braune Farbe und ein rauhes, fast blättriges Ansehen. Zog man die äufsere nicht dicke Schale der Wurzel ab, so kam beim Gahh ein braungelber Saft von schönem Glanze, und bei der Rubbe ein weifser Saft mit rosarothem Schein hervor. Wischte man diesen Saft ab, so hatte man bei beiden eine schneeweilse Rübe, die viel leichter zu beifsen war, als unsere Mohrrübe, und im Fleisch einen vortreffli- chen Geschmack hatte. Lielsen sie sich zu Culturpflanzen machen, so erhielten wir an ihnen eine Rübenart, welche alle bekannten an Feinheit weit übertreffen würde. In Murduk hörte ich die letztere der beiden Pflanzen Rabahla nennen. Die ara- bischen Wörterbücher bringen dieses Wort (Je y) in der Bedeutung eines „schlan- ken weichen Mädchens“. Es wird daher der Pflanzenname einzutragen sein, damit durch ihn jene abgeleitete figürliche Bedeutung ihre Erklärung findet. 1) Sie wird auch in der Bibel öfter erwähnt, z. B. 1 Mos. 21, 15: „Und als das Wasser im Schlauche zu Erde war, warf Hagar das Kind unter einen S’ih- strauch.“ Desgl. Hiob 30, 4: „Jetzt spotten meiner, die da Gemüse suchen um den S’ih herum“, d.h. die armen Leute, die in der heifsen Jahreszeit, wo alles ver- ‚dort ist, um den S’ih, in dessen Schatten sich eine dürftige Vegetation erhält, nach essbaren Kräutern suchen. In Bosra, wo die Heuschrecken alles aufgefressen hatten, sah ich den S’ih von Millionen dieser Thiere umlagert, welche die frischen Schöß- ir oder die Reste grüner Pflanzen unter ihm aufsuchten. — Theils wegen der ichtigkeit des S’ih für den Nomaden und Bauern, theils weil er das vornehmste, f oft Tagereisen weit fast ausschliefsliche Product des nicht ceultivirten Bodens ist, er 1 Mos. 2, 5 gleichsam als pars potior der Steppenflora allein genannt. 150 J. G. Wetzstein: osten und Süden kommt, desto kleiner werden die Steinhaufen, desto gröfser die einzelnen Flurparzellen, desto freundlicher natürlich die Gegend. Paradiesisch schön ist das Land zwischen Imtän und "Enäk und stundenweit um den mit wilden Mandelbäumen bedeckten Tell el Löz ( 5 +4 5) herum, obschon da die Steinhaufen immer noch be- deutend sind. Eine Stunde nordöstlich von Bosrä verschwinden die Steine gleichfalls, und die Abdachung erscheint von da ab gegen Umm el Gemäl- und die Zumle hin als vollkommene, fast unmerklich wellige, sanft abfallende Ebene. Dieser Theil des Haurän ist die eigentliche Kornkammer Syriens, aber bei dem jetzigen Verwaltungssysteme Sy- riens und dem Mangel an ackerbautreibender Bevölkerung ist an eine Wiederbelebung der Bodeneultur dort nicht zu denken. 7) Das ganze beschriebene Terrain theilt sich in fünf Flufsgebiete. Die beiden ersten sind das des Wadi Garz und Wadi Säm. Es fällt entschieden gegen Osten ab und wird da von der Hermije, dem Krä (N) und der Härra begrenzt. Das dritte ist das Gebiet des Rägil (>); es senkt sich südöstlich gegen die Härra und den Hamäd; in letztern tritt der Wadi bei dem Schlosse Ezrak, wo er den Namen ändert und als Wädi Sirhän (von dem dort hausenden gleichnami- gen Nomadenstamme so benannt) nach einem vielleicht 80stündigen Lauf in das Göf (2) mündet. Das vierte Gebiet ist das des Wadi Butm (N; es dacht sich gegen Süden ab und endet im Ha- mäd, eine Stunde südlich von Umm el Kuten. Nach einem langen Laufe, auf dem er selbst die Pilgerstralse überschreitet, mündet dieser grolse Wadi in dem noch unbekannten Gadir et Ter (Vögelsumpf) '). Das fünfte Flulsgebiet ist das des Wädi “Äkib (lei) und Wädi Zedi (su), welch letzterer auch der Fruchtbarkeit seiner Umge- B bungen wegen Wädi Deheb oder die Goldaue heifst. Beide neigen sich zuerst südwestlich und fallen später westlich gegen die Zumle hin ab, wo sich die beiden Wadi’s vereinigen. 8) Diese östliche und südliche Abdachung des Haurän enthält ohngefähr 300 verödete Städte und Dörfer, während es nur 14 be- wohnte Orte hat. Sechs derselben wurden schon vor längerer Zeit colonisirt, S'akkä, Hit, He&jät und Genene im NO. des Gebirgs, Kreje im $. und Bosrä im SW., und sieben wurden von dem unternehmen- den Kalaäni im Laufe der letzten zwei Jahre bevölkert, nämlich Ra- ') Der Scheich Fendi, Oberhaupt der Tuwakä, eines Zweiges der Beni Sachr, versicherte mir, dafs der Vögelsumpf drei Stunden nördlich von der Kala’at el Belkä liege. Reise in den beiden Trachonen und um das Haurän- Gebirge. 451 döme, T&mä, Düma, Tarbä, Umm Ruwäk, Musennef und Büsän. Man mufs das richtig verstehen; in die mindestens 800 Häuser zählende Stadt Büsän hat er zwölf Familien gesetzt, in die Stadt Musennef viel- leicht achtzehn, nach T&mä und Düma vielleicht je sechszehn. — Die völlige Verödung jenes Landes regt die Frage an, welches die Schatten- seiten desselben wohl sein könnten? Diese sind einmal die Heu- schrecken im südlichen Theile desselben. Während ich dort war, frafsen sie die Vegetation innerhalb des Dreiecks ab, welches die Städte Bosrä, Salchat und Umm Rummän (oz) ") bilden, und in Bosrä selbst wimmelte es so von diesen Thieren, dafs sie immer wie der Regen auf uns herabfielen. In Mun&dire (San), dessen Ruinen ich gegen Abend besuchte, bedeckten sie die am Boden liegenden Steine so, dafs man die Steine selbst buchstäblich nicht sehen konnte. Denn gegen Abend setzten sie sich an die des Tags über von der Sonne erhitzten Steine an, um sich gegen die Kühle der Nacht zu schützen. Die Heu- schrecke nistet zwar nicht im Culturboden, da aber die Belkä hier so nahe ist, welche aus Wassermangel und schlechtem Boden im- | mer Steppe war und es bleiben wird, so können die Heuschrecken im südlichen Haurän nicht ausgerottet werden. Sie suchen das Land alle drei, vier Jahre einmal heim; mitunter kommen sie auch zwei Jahre hinter einander. Eine andere Plage für das Land kann der Regenmangel werden. Unter zwölf Erndten soll man drei rechnen können, die aus Regenmangel verloren gehen. Er kann doppelter Art sein. Entweder mangelt der Frühregen (im November und December) und verhindert die Aussaat, oder es mangelt der Spätregen (im März), in welchem Falle die Feldfrüchte die Nothreife erhalten, noch bevor die Aehre aus der Kapsel hervorbrechen konnte. Die dritte und schlimmste Plage des Landes sind die Beduinen. Zwar ist das Land im Rücken durch das Gebirge und im Osten durch den War der Harra geschützt, aber im Norden und Süden ist es offen. Im Norden kom- men die Beduinen durch die oben erwähnte Strafse der Raubzüge und die Hermije. Wenige Tage vor meiner Ankunft hatten von dort aus die"Aneze die Heerden von S’uhbe geraubt. In der Nähe der Damas- cener Seen von den Nachbarn der Beraubten, den Einwohnern von Sakkä, eingeholt, liefsen sie ihren Raub erst dann, als ihnen mehrere Leute und Pferde getödtet waren. Aber weit häufiger noch, weil viel bequemer, mulsten diese Streifereien natürlich von der Belkä aus ge- = achehen, wo der Haurän in seiner ganzen Breite von der Burg Ezrak ® im Osten bis zur Burg Zerka im Westen leicht zugänglich ist. Zwar ak gab es auf dieser Strecke eine Menge Bergschlösser, welche das Land in gewöhnlichen Zeiten dort eben so gut schützen mochten, wie im 192 J. 6. Wetzstein: Norden die östlich von den Seen des Merg gelegenen, jetzt Diüra (die Klöster) genannten drei Kastelle, welche die „Strafse der Raubzüge* vollkommen beherrschten, aber bei grofsen politischen Stürmen haben steinerne Bollwerke noch kein Land zu retten vermocht. Ein solcher Sturm war für Haurän der Eroberungszug der Higäzener im Jahre 635 christlicher Aera. Da diese unter dem Banner einer neuen Reli- gion kämpften und, in der Absicht nicht zurückzugehen, mit Weibern und Kindern und Heerden gekommen waren, so konnte man sich ihrer nicht erwehren, und Syrien fiel in ihre Hände. Gleich nach der Ein- nahme von Damaskus schiekte Ibn “Obeida ein Heer durch die Her- mije in den Osten Hauräns und damals wird das Land zum grölsten Theil verheert und entvölkert worden sein. Die zahlreichen christlichen Städte und Dörfer, welche laut der von mir in ihnen gefundenen In- schriften vom dritten Jahrhundert nach Christo an im Osten und Sü- den des Haurän blüheten, scheinen den Druck des römischen und by- zantinischen Regiments wenig gefühlt zu haben, ja aus der Liebe zu Kunstbauten und aus dem sorgsamen Fleifse, mit dem der War in die herrlichsten Aecker umgewandelt wurde, möchte ich schliefsen, dafs man sich dort Jahrhunderte lang eines hohen Grades von Autonomie erfreut haben mülste: um so erbitterter mufste der Widerstand des Volks gegen die Muselmänner sein, die ihnen zugleich mit der Reli- gion auch die lange genossene Freiheit nehmen wollten, um so voll- ständiger mufste aber auch die Verödung dieses paradiesischen Landes werden. Dazu kam, dafs der bei Weitem grölste Theil der Eroberer nicht sefshafte (Hadarije), sondern Zeltaraber (Wabarije) waren. Ihre Abneigung in Städten und Dörfern zu wohnen, verbunden mit ihrem Verlangen nach den reichen Weideplätzen und unerschöpflichen Cister- nen der Ortschaften — diese Momente haben den Osten und Süden Hauräns zur „Städtewüste* gemacht. Betrachten wir uns diese verödeten Ortschaften näher, so unter- scheiden wir vier verschiedene Arten. Die eine Art findet sich auf einzeln stehenden Hügeln und an Abhängen der Wadi-Ufer, und um- falst nur Troglodyten-Wohnungen (Mugr, er) Diese Ort- schaften können aus dem grauesten Alterthume stammen. Ihre Con- struction ist folgende: Man grub in eine Felsenwand eine eirca 8 Schritte breite und 12 bis 16 Schritte lange Höhle, die wenig über 3 Meter hoch war. Der Eingang hat eirca 14 Meter Höhe und 1+ Meter Breite. Das war die Wohnstube der Familie. Im Innern derselben grub man drei andere Höhlen, von denen die eine für Unterbringung des Viehes, die andere für Aufspeicherung des Tibn (d. h. des durch den Dresch- schlitten zu Häckerling zerschnittenen Strohes) und die dritte für Auf- bewahrung der Getreidevorräthe und anderer Gegenstände bestimmt Reise in den beiden Trachonen und um das Haurän- Gebirge. 153 war. Fenster haben natürlich diese Höhlen nicht und das Licht fällt nur durch die äulsere Thüre hinein. Die drei inneren Höhlen blieben daher immer finster. Brauchte man sehr geräumige Höhlen, z. B. Stallungen für eine Menge Vieh, oder Gastzimmer, oder Räume für gottesdienstliche Versammlungen, so stützte man die Decke oft durch natürliche Pfeiler, indem man beim Graben der Höhlen den Felsen säulenartig stehen liefs, oft durch künstliche, indem man grofse Quader- steine ohne Cement über einander stellte, oder auch durch Bogen. Die Eingänge in die Höhlen haben niemals Thüren gehabt. Vor der Höhle wurde durch einen Vorbau ein kleiner Hof gebildet, aus dem eine stei- nerne Thüre in’s Freie führte. In den besseren Troglodytenstädten hatte dieser Vorbau noch zwei bis drei kleinere Zimmer. Die schön- ste Troglodyten-Ortschaft liegt auf der höchsten Spitze der "Agelä (3Ju=t}), eines hohen Gebirges zwischen den Städten Umm Ruwäk und Musennef (3 ® war ungewöhnlich viel Kunst verschwendet, und ich habe mehrere grie- chische Inschriften daselbst copirt. Diese Höhlen waren ein bequemer Uebergang vom Nomadenzelte zum festen Wohnsitze. Alle Hügel des östliehen Haurän- Abhangs bestehen aus einer schwammartig von lauter feinen Bläschen zusammengesetzten violetten, broncefarbenen oder rothen vulkanischen Masse, in welche man mit einem Spitzhammer leicht eine Höhle brechen kann, während wiederum dieses Gestein massiv genug ist, um im Winter kein Regenwasser durchdringen zu lassen. Man versicherte mir, dafs diese Höhlen das ganze Jahr hindurch von der äufsersten Trockenheit seien, und ich selber fand in der Troglodyten- stadt S’ibikke (u) den Beweis dafür in einer Anzahl Kawära’s | und rl). In dem Vorbau seiner Höhlen (15); die wir vollkommen gut erhalten in einzelnen Höhlen antrafen. Die Kawära ist ein grofser irdener Behälter zum Aufbewahren der Ge- treidevorräthe. Man macht sie aus einer mit Häckerling vermischten Lehm- oder Thonerde und trocknet sie einfach an der Sonne. Das ist die eine Art von Ortschaften. Die zweite Art sind diejenigen Ort- schaften, welche in der Bibel gemeint sind, wenn es heifst: und unter seiner Regierung wurde die Unsicherheit im Lande grols, so dals das Volk anfing, in Höhlen zu wohnen, oder (Richt. 6, 2): Und da der Midianiter Hand zu stark ward über Israel, machten die Kinder Israel sich Klüfte in den Gebirgen und Höhlen und Vestungen. Man hat dabei nicht an die vorher beschriebene Art zu denken. Sie gewährte keinen Schutz gegen einen starken Feind, weil dieser jene Höhlenwoh- nungen, die immer nur eine Familie falsten, mit Leichtigkeit nehmen konnte. Diese zweite Art von Ortschaften ist so construirt: Man trieb 154 J. G. Wetzstein: an 'einem felsigen, hochgelegenen, trockenen Orte einen Schacht schräg in die Erde und legte in einer Tiefe von beiläufig 25 Klaftern gerade und 6 bis 8 Schritt breite Gassen an, an deren Seiten die Wohnungen gegraben wurden. An mehreren Stellen erweiterte man diese Gassen um das Doppelte uud brach durch die Decke Luftlöcher, die je nach der Gröfse der Ortschaft mehr oder minder zahlreich waren. Diese Luftlöcher heifsen gegenwärtig Rösen, im Plur. Rawäsin (Fenster). Um für Menschen und Thiere Wasser zu haben, grub man darinnen die nöthigen Brunnen. Ein soleher Ort, der gewöhnlich so angelegt war, dafs er in der Mitte einer steilen Felsenwand einen zweiten Ausgang hatte, kann in einem Lande, das beständigen Ueberfällen von der Wüste her ausgesetzt ist, für eine starke Festung gelten. Sobald von der nächsten Warte (Markab), die sich auf einer freien Anhöhe befand, der Wächterruf einen feindlichen Einfall verkündete, oder wie man sich hier ausdrückt, „sobald der Nothruf in’s Land fiel“ (waka es söt fi’l biläd), eilte der Pflüger mit seinem Gespann und der Hirt mit seiner Heerde unter die Erde und man war in Sicherheit. War der Feind nicht ganz mit der Oertlichkeit bekannt, so zog er an solchen Plätzen vorüber, ohne ihre Existenz zu ahnen. Eine Belagerung hatte ihre Schwierigkeiten, da die Bewohner mit Allem versehen waren, was sie brauchten. Massenhaft finden sich diese Ortschaften im Lande Erbed, wo noch viele heutigen Tags bewohnt werden, z. B. Merw (7), dessen Scheich “Abderrahmän, welcher während der blutigen Fehde zwischen den Familien S’ur&de und Berekät wiederholt in besonderer Mission in Damaskus gewesen, mir die ausführlichsten Nachrichten über die Einrichtung solcher Plätze gegeben hat. Wilhelm von Tyrus spricht in seiner Geschichte der Kreuzzüge oft von ihnen, und na- mentlich ist seine Beschreibung der dreiwöchentlichen Belagerung und endlichen Eroberung eines solchen in der Provinz „Suete* gele- genen Platzes im 21. Cap. des 22. Buches sehr interessant. Der am westlichen Fufse der Zumle gelegene lange und schmale Landstrieh Suet (30 at d. h. die Gegend des Nothrufs) hat fast lauter solche Ortschaften, von denen viele (wie Rumta) noch auf der Zumle selbst zu liegen scheinen, deren Formation sich dafür vorzüglich eignet. Sie besteht aus abwechselnden Lagen von weilsem Thon und massiven Feuerstein- (Jaspis-) Platten *). Die Thonschichten haben die durch- -„» !) Statt Zumle braucht man auch die Collectivform az! Zumal oder wle,0 dj) Ezmul Der’ät d. h. Höhenzug von Der'ät. Es ist ein 7 bis 8 Stun- den langes niedriges Gebirge, welches da, wo es am höchsten ist, ohngefähr eine Stunde südlich von Umm el Mejädin, 1000 bis 1300 Fufs hoch sein wird. Die gröfste Breite kann nicht über fünf Stunden betragen. Der weifse Thon, welcher in Reise in den beiden Trachonen und um das Haurän - Gebirge. 155 schnittliche Tiefe von drei bis vier Spannen und die Platten von einer Spanne, und diese letzteren bilden vortreffliche horizontale Decken der unterirdischen Wohnungen und Gassen. Auch der von Wilhelm von Tyrus erwähnte Platz wird nach der Beschreibung auf der Zumle ge- sucht werden müssen. Er sagt: „Die Arbeit der Kreuzfahrer, die, um den Ort zu erobern, den Felsen durchbrechen wollten, ging trefflich von Statten, denn es war ein weicher Kreidefels, der nur stellenweise Adern von sehr hartem Kiesel hatte, von dem die eisernen Instru- mente beschädigt wurden u. s. w.“ Ich besuchte das alte Edrei, die labyrinthartige unterirdische Residenz des Königs 'Og an der öst- lichen Seite der Zumle. Zwei vierzehn- bis sechzehnjährige Söhne des jetzigen Scheichs Fadl aus dem Hause der Mahämid (uulstt) begleiteten mich. Wir nahmen eine Schachtel Zündhölzer und zwei Stearinkerzen mit uns. Nachdem wir eine Strecke in schiefer Rich- tung hinabgestiegen waren, kamen wir an ein Duzend Zimmer, die noch gegenwärtig als Ziegenställe und Häckselspeicher benutzt werden. Dann verengte sich allmählich der Gang so, dafs wir endlich nur auf dem Bauche liegend vorwärts kriechen konnten. Diese äufserst be- schwerliche, ja ängstliche Procedur währte ohngefähr acht Minuten, worauf wir eine mehrere Ellen hohe steile -Wand hinabspringen muls- ten. Hier bemerkte ich, dafs uns der jüngere meiner zwei Begleiter wohl aus Furcht nicht gefolgt war; gewils weniger aus Furcht vor dem Labyrinthe, als vor dem unbekannten Europäer. Jetzt befanden wir uns in einer breiten Gasse, die zu beiden Seiten Wohnungen hatte, deren Höhe und Weite nichts zu wünschen übrig liefs. Die Temperatur war angenehm, die Luft geruchlos und ich fühlte keinerlei Beklemmung. Weiterhin kreuzten sich mehrere Gassen und mein Führer machte mich auf ein Rösen aufmerksam, das gleich drei andern, an die wir später kamen, oben verstopft war. Bald darauf kamen wir an einen Markt, wo sich eine weite Strecke hin zahlreiche Butiken ganz nach Art der Dukkäne in den syrischen Städten zu beiden Seiten der ziemlich brei- ten Stralse in den Wänden befanden. Nach einer Weile bogen wir in eine Seitengasse ein, wo ein grölserer Saal, dessen Decke von vier der Zumle mit dem bunten, meist fleischfarbigen Feuerstein abwechselt, ist sehr hart und heifst dort Hattän („U>). Ich fand hin und wieder kleine längliche, ge- streifte Conchilien darin. Burckhardt erwähnt die Zumle einige Mal und darauf hin hat man in die Karte zu seiner Hauränreise einen Gebirgszug unter diesem Namen eingetragen. Aber er ist zu klein ausgefallen und die späteren Karten bringen ihn gar nicht wieder. Das hatte die üble Folge, dafs man nunmehr die hauränischen Wädi’s auf dem kürzesten Wege zum Jordan schickte, was durchaus unrichtig ist. Die Zumle gestattet den Wädi’s keinen Durchgang, sondern nöthigt sie, bis drei Viertelstunden nördlich von Der'ät zu fliefsen (wo die Zumle endet), bevor sie sich westlich zum Jordan wenden können. 156 J. G. Wetzstein: Pfeilern getragen wurde, meine Aufmerksamkeit fesselte. Die Decke wurde von einer einzigen grofsen, völlig ebenen Jaspisplatte gebildet, in der ich keinen Sprung wahrnehmen konnte. Die meisten Zimmer hatten keine Stützen. Die Thüren waren oft von Quadern aufgeführt, und hin und wieder bemerkte ich niedrige Säulen. Noch waren wir nach einigen Kreuz- und Querzügen nicht in die Mitte dieser unter- irdischen Stadt gekommen, als meinem Begleiter das Licht verlöschte. Indem wir es an dem meinigen wieder anzündeten, dachte ich an die Möglichkeit, dafs uns beide Lichter auslöschen könnten, und ich fragte den Knaben, ob er die Zündhölzer habe? „Nein, mein Bruder hat sie.* Findest du den Weg zurück, wenn uns beide Lichter verlösch- ten? „Unmöglich!* antwortete er. Jetzt fühlte ich eine Anwandlung von Furcht in dieser Unterwelt und ich drang auf rasche Umkehr. Ohne Schwierigkeit gelangten wir zum Marktplatz zurück, von wo aus der Junge gut Bescheid wulste. Nach einem mehr als anderthalbstün- digem Aufenthalte in diesem Labyrinthe begrüfste ich wieder das Tages- licht. Der zurückgebliebene Knabe bekam von den Alten seine Tracht Schläge und ich mufste meine Kleider wechseln, weil sie von Flöhen wimmelten und mich dabei noch tadeln lassen, dafs ich dem Rathe der Jungen folgend unnöthiger Weise mit solcher Mühe zu erlangen suchte, was ich weit bequemer hätte haben können. Als wir Tags darauf Derät verliefsen, machte man uns am Abhange des Wädi Zedi auf ein Thor aufmerksam, welches der eigentliche Eingang zu diesen Souter- rains ist. Ein späterer Reisender möge aus dieser Notiz Nutzen ziehen. Die jetzige Stadt, welche nach ihrer Ringmauer zu schliefsen eine grofse Ausdehnung gehabt haben muls, und auch jetzt wieder stark bevölkert ist, liegt grofsentheils unmittelbar über der alten unterirdischen, und ich glaube, dafs man sich bei einem verheerenden Kriege noch jetzt in die Letztere zurückziehen würde. So viel über die zweite Art der hauränischen Ortschaften. Von der dritten, welche förmliche ein- oder mehrstöckige Häuser auf der Oberfläche der Erde hat, werde ich später sprechen. Von der vierten Art habe ich selber nur ein Exem- plar zu sehen Gelegenheit gehabt. Sie bildet den Uebergang zwischen den beiden ersten und der dritten. Auf meinem Wege von der grolsen Troglodytenstadt S’a’f (=) auf dem gleichnamigen Berge zur Stadt Melach es Sarrär („rail „r) kamen wir zu der auf einem viel- leicht 8 Meter hohen Felsenplateau gelegenen Ortschaft Hibikke (>). Sie war ursprünglich festungsartig mit einer Ringmauer um- geben und ihre Häuser waren folgendermalsen construirt. Man hatte in das Felsenplateau Einschnitte gemacht, welche die Tiefe und Breite Reise in den beiden Trachonen und um das Haurän - Gebirge. 157 eines Zimmers hatten, und diese Einschnitte mit einem soliden steiner- nen Gewölbe bedeckt. Die auf diese Weise gebildeten Wohnungen hatten vollkommen ein keller- oder tunnelähnliches Aussehen. Einige derselben hatten noch einen Ueberbau, aber den meisten fehlte ein soleher. Die Entstehung des Ortes mufs einer frühen Vorzeit ange- hören, denn ich habe auf dieser ganzen Reise keinen Platz gesehen, dessen Baumaterial so verwittert gewesen wäre, wie das von Hibikke war. Vergebens suchte ich nach schriftlichen Denkmälern und meine Gefährten konnten wegen der vielen Schlangen nicht bewogen werden, in den Gewölben herumzukriechen. Diese Thiere kannten in dieser menschenleeren Gegend so wenig die Furcht, dals sie vor dem An- blicke des Menschen nicht flohen, und ich mulste einigemal die Pistole auf sie abfeuern, um sie zum Rückzug zu bewegen. Folgende Nachrichten gelten ausschliefslich von der dritten der genannten Arten von Ortschaften und sind bestimmt, von dem Gesammt- Charakter derselben und ihren gemeinsamen Merkmalen ein Bild zu geben. In der Ferne betrachtet beschäftigen diese Ortschaften Auge und Einbildungskraft aus mehrfachen Gründen. Einmal stechen sie durch die schwarze Farbe des Baumaterials auf das Schärfste gegen die grüne Umgebung und die helle Atmosphäre ab. Zweitens impo- niren sie durch die Höhe ihrer Mauern und den gedrängten Zusammen- bau der Häuser, die immer ein geschlossenes Ganzes bilden. Drittens werden sie von starken Thürmen überragt. In gröfseren Städten wie Melah, Büsän, Sälä, "Ormän u. a. geben die Menge dieser Thürme den Orten ein majestätisches Ansehen. Ich habe wohl keinen Ort gesehen, der nicht seine Thürme hatte. WViertens erscheinen sie in so gutem baulichen Zustande, dafs man sich unwillkürlich der Täuschung hin- giebt, sie müfsten bewohnt sein und man mülfste Leute aus- und ein- gehen sehen. Obschon verödet sind ihre weiten Wasserbehälter vor den Thoren dennoch gefüllt und erfreuen das Auge durch das Spiel ihrer Wellen, denn die Nomaden, die Erben jener Länder, versäumen es nicht, sie im Winter zu füllen, um im wasserlosen Sommer ihre Heerden daraus zu tränken. Jeder* Ort hat deren mehrere, und da es nur in den höheren Gebirgspartien Quellen giebt, so werden sie aus den Winterströmen gefüllt, deren Wasser, falls sie nicht in unmittel- barer Nähe der Orte fliefsen, ihnen durch Canäle zugeführt wird, wie dies bei den Städten Bosrä, Umm el Kut£n, Umm el Gemäl und vielen anderen der Fall ist. Von diesen Behältern giebt es vier Arten. Der Match (za N) ist eine natürliche teichartige Niederung mit felsigem Grunde. Die Birke (a5 „J)) ist ein runder oder quadrater, sorgfältig ausgemauerter künstlicher Teich. Die schönsten Exemplare davon hat Bosrä und Umm el Kuten. Die erstere Stadt hat namentlich zwei 158 J. G. Wetzstein: grolse in Quadratform, die ich gemessen habe. Die Seite des einen Quadrats milst 233 Schritte; bei dem andern machte mein Pferd (sie) 160 Schritte. Die mit grolser Kunst aus mächtigen, im Rustikstyl be- arbeiteten Quadern aufgeführten Dammmauern sind bei dem ersteren Quadrate 354% Meter diek und bei dem zweiten 2;%% Meter !). Eine dritte Art ist der Mukn ( 7 sen gehauene Cisterne mit enger Oeffnung. Ist der Mukn weit, so ruht seine Decke auf Pfeilern. Man liebte diese Art Cisternen sehr, weil das Wasser darinnen im Sommer frischer blieb. Die vierte Art ist ein künstlicher Mukn. Man grub eine beiläufig 15 Meter tiefe Birke, stellte darein eine oder mehrere Reihen Bogen, auf diese wiederum Bogen und deckte über die obersten steinerne Platten. Dergleichen finden sich häufig. Das schönste Exemplar davon sah ich in dem ©)» EN), eine unterirdische, in massiven Fel- Kloster M&jäs (unbe dem vollendetsten Muster hauränischer Bauart. Tritt man der Ortschaft näher, so macht man folgende Bemer- kungen. Einmal erscheint die schwarze Farbe der Mauern meistens sehr gemildert. Nur die wenigsten Orte sind aus jener weitporigen schwarzen vulkanischen Masse gebaut. In der Regel ist das Bauma- terial ein grauer, mit schimmernden Olivintheilchen geschwängerter Dolerit, den man beim Graben der Birke 5 — 6 Meter unterhalb der Oberfläche des Bodens allenthalben in der ebeneren Abdachung des Gebirges findet. Nur die Hügel sind blasige Schlackenmasse. Sodann wird das Auge durch die sorgfältige Bearbeitung des Baumaterials an- genehm überrascht. Die Steine verbindet selten Cement, aber die schö- nen, meist grolsen Quader liegen wie gegossen über einander. Bei den Thürmen und den höheren Gebäuden sind die Lagen oft durch Schwalbenschwänze in dieser Art verbunden: Die Orte haben in der Regel keine Ringmauern; der Rücken der geschlossenen Häuser konnte als solche gelten. Man findet sie nur bei einigen grölseren Städten. In der Nukra sind sie häufiger, und die von Derät gewährt dadurch einen eigenthümlichen Anblick, dafs je- !) Die Birke wird auch in der Bibel mehrfach erwähnt, z. B. Hohesl. 7, 4: Deine Augen sind wie die Birke’s zu Hesbön beim Thore Batrabbim, d. h. entweder so schimmernd, wie ihr Wasserspiegel, oder so lieblich anzusehen, denn der Araber kennt keine höhere Wollust, als den Anblick des hellen bewegten Wassers. u Er Reise in den beiden Trachonen und um das Haurän - Gebirge. 159 der einzelne Stein einen 4 Zoll hohen griechischen Buchstaben trägt '). Diese Buchstaben sind wahrscheinlich die Marke der einzelnen Stein- metzen gewesen, denn sie geben in ihrer Zusammensetzung keinen Sinn, wie man aus folgender Probe sieht, die ich in der Reihenfolge copirt habe: ge Bahasa ef Tan Lana | BX| Bla [el Bolsc 4,0, @| Die meisten in die Gassen oder in’s Freie führenden Thüren der Häuser sind so niedrig, dafs man sie nur gebückt passiren kann. Aber die gröfseren Gebäude und die Gassenausmündungen haben hohe Thü- ren, die immer sehr sauber gearbeitet und oft mit Sculpturen und grie- chischen Inschriften geschmückt sind. Die beliebtesten, ja constan- ten Verzierungen des ganzen Landes sind Weinlaub-Gewinde mit Trauben in Hautrelief. Dabei machte ich die sichere Bemerkung, dals, je weiter die Orte nach Osten und Süden lagen, desto steifer und kunstloser diese Zierrathen wurden. In 'Enäk waren sie plump. Diese gröfseren Thore haben entweder einfache oder (und meistentheils) Doppelthüren. Sie bestehen aus einer Steinplatte von Dolerit und heifsen bei den Drusen Halase (>), in der Colleetivform Halas. Andere Thüren giebt es entschieden nirgends. Sie sind durchweg sorgfältig gearbeitet, aber meistens glatt; doch trifft man auch nicht selten eine Halase mit Sculptur in folgender Manier; !) Spätere Reisende werden von der Stadtmauer der alten Residenz von Basan nur geringe Ueberreste vorfinden, weil sie bei stark zunehmender Bevölkerung. des 160 J. G. Wetzstein: Diesem Thore hat ein in der Stadt Anz ( pe) stehendes im We- sentlichen als Modell gedient. Die Jahreszahl 32 wird wohl Bosrenser Zeitrechnung sein. Die mittleren Felder dieser steinernen Thürflügel sind bisweilen mit geschmackvollen Arabesken verziert, da ich aber kein fertiger Zeichner bin, so mufste ich leider das Schönste uncopirt lassen. Durchschnittlich hatte die Halase 2 Meter Höhe und -2,%; Meter Dicke. Bestand die Thüre aus einem Flügel, so hatte dieser 5 bis ‚%%; Meter Breite, bestand sie aus zwei Flügeln, so war gewöhnlich jeder -,%; Meter breit. Es wird leicht zu berechnen sein, wie viel sie wogen. Die bei- den klammerartigen Zierrathen zu beiden Seiten der Oberschwelle, wel- che sich fast an allen besseren Thüren befinden, auch wenn diese sonst keine weiteren Sculpturen haben, weils ich nicht zu deuten. Sie sind gleich der übrigen Verzierung immer Hautrelief. Nur die Buchstaben sind vertieft eingegraben. Doch fand ich auch Inschriften mit erhabenen Buchstaben, z. B. in der Stadt Däma el Aljä über einem Portale, das bis auf die Unterschwelle herab mit den schönsten Weinlaubguirlanden in Hautrelief bedeckt war. Eine andere erhabene Inschrift copirte ich in Rimet el Lohf. Die Ferse der Halase hat die Form eines Kugel- segments und dreht sich in einer tassenförmigen Vertiefung der Unter- schwelle. Der obere Zapfen derselben ist eylinderförmig, eine gute Spanne lang, und dreht sich in einer gleich tiefen kreisrunden Aus- höhlung der Oberschwelle. Ein Mann kann dergleichen Thüren nur schliefsen und öffnen, wenn er sich mit dem Rücken oder den Fülsen gegen die Wand stemmt und dann mit beiden Händen die Thüre vor- wärts drückt. Von dem Erdgeschosse der Häuser gingen keine Fenster in’s Freie, wohl aber aus dem obern Stocke. Jedes Fenster besteht aus einer einzigen Steinplatte in der Form eines länglichen Vierecks, und ist zur Erfüllung seines Zweckes durchlöchert. Der Gebrauch von Glas war natürlich ausgeschlossen. Obschon sämmtlich von fast glei- cher Gröfse, herrscht unter ihnen dennoch die grölste Mannichfaltigkeit. In den gewöhnlichen Häusern und an den Thürmen sind sie einfach, ohngefähr in folgender Weise: Gewöhnlicher Malsstab für diese Fenster: Höhe : au Tee Sr ee ie ae Meter, Breite 111.1 ST ee Lat Blrt A Dicke des Steins. . . . ee an Durchmesser der runden Oefinungen für das Lich Se. in 2 2 Fe Bo Ortes abgetragen und zum Häuserbau verwendet wird. Den daraus gebauten Häu- sern geben die griechischen Buchstaben, womit sie bedeckt sind, ein seltsames Aus- sehen. Reise in den beiden Trachonen und um das Haurän- Gebirge. 161 In den Häusern der Reichen, in antiken Tempeln und Basiliken findet man viele dieser für uns so wenig praktischen Fenster, auf die viel Kunst verschwendet worden ist. Das erste der beiden folgenden ist aus der Stadt Samma (a0), das zweite aus der Stadt Kreje. Das gröfsere Fenster ist ganz durchbro- chen und sieht im Originale recht hübsch aus. Es besteht wie alles übrige Baumaterial aus einem feinkörnigen Dolerit, und mag um die Hälfte gröfser sein, als sonst die hauränischen Fenster. In der Zeichnung ist nur der An- schaulichkeit halber der angegebene Maafsstab 9 verlassen worden. Bei manchen Fenstern bil- Sf den die Lichtlöcher einen Kreis, der dann von einem Kranze oder von verschlungenen Zweigen umgeben zu sein pflegt. Treten wir in eine Ortschaft, so machen { sich zunächst die engen Strafsen bemerklich un u 4 und liefern den Beweis, dafs auch früher hier kein Fuhrwerk in Gebrauch war. Selbst zweirädrige Wagen konnten die Städte und Dörfer nicht passiren. Die Gassen sind fast nie über acht Schritte breit, von denen fünf auf die Trottoirs zu beiden Seiten und drei auf den Mittelweg für Reiter und Lastthiere kamen. Meistens aber sind sie noch enger. Nur in Bosrä fand ich breitere, und die einzigen vollkommen breiten, mit schönen Quadern belegten und nach Art unseres Kunstpflasters in der Mitte erhabenen Strafsen fand ich in der Stadt S'uhbe (EN). Sie mögen nicht viel schmäler und eine mag doppelt so lang sein, als die Breite-Strafse in Berlin. Die meist zweistöckigen Häuser sind jetzt verschlossen, indem man hinter die zu- gemachten steinernen Thüren einige Blöcke gelegt hat. Nach der ara- bischen Anschauung liegt hierin ein überaus wehmuthsvoller Gedanke. Man sagt: Sie haben ihm sein Haus geschlossen, d. h. man hat ihn zu Grunde gerichtet. „Mein Haus steht seit dreihundert Jahren offen, willst du es schliefsen?* So sagt ein Araber von guter alter Familie zu seinem Gegner, der ihm z. B. in einem Processe einen empfindli- chen Schaden zufügen will. Ein offenes Haus aber bezeichnet ein gast- freies Haus. Der Besitzer eines solchen ist der angesehene und in den Augen des Volkes der glückselige Mann. Das gröfste Lob eines Man- nes ist, wenn man von ihm sagt: Sein Haus steht oflen: zehn gehen und zwanzig kommen. Als nun die Bewohner aus ihren Wohnsitzen Zeitschr. f. allg. Erdk. Neue Folge. Ba. VII. 11 ; 162 J. G. Wetzstein: wanderten, übten sie noch den symbolischen Act des Thorschliefsens aus, um anzuzeigen, dals sie ruinirt seien. Wir steigen daher über die Trümmer eines eingestürzten Hauses auf das platte Dach, um in das Innere zu gelangen. Hier bemerken wir eine Menge Thüren; denn jedes Zimmer hatte seine Thüre für sich. Selten findet man (wie noch jetzt in Syrien) ein Zimmer, in welches man durch ein anderes ge- langt. Im Erdgeschosse hatten alle Thüren steinerne Flügel. Eine Treppe führte unbedeckt in den obern Stock. Diese Treppen sind er- wähnungswerth. Sie gleichen völlig einer Art steinerner Treppen, welche neuerdings in Europa sehr in Aufnahme kommt, deren Stufen nämlich mit dem einen Ende in der Mauer sitzen und mit dem andern in der Freie schweben. Ihr technischer Name ist, glaube ich, freitra- gende Treppen. Ich hielt sie immer für eine europäische Erfindung, aber hier giebt es keine andern. Hin und wieder fand man in den Stufen Löcher eingemeilselt, z. B. im Kloster M&jäs, was auf das frühere Vorhandensein eines eisernen Geländers schliefsen läfst. Holz scheint von allen diesen Bauten entschieden ausgeschlossen gewesen zu sein. Die Treppe führt zu einem Gange, der äufserlich um den obern Stock herumläuft und zu den einzelnen Zimmern führt. Er besteht aus langen steinernen Planken, die ebenfalls nur mit dem einen Ende in der Mauer befestigt sind und sonst frei schweben. Man kann sich einer gewissen Aengstlichkeit nicht erwehren, wenn man die ersten Male über solche Gänge geht. Die eben beschriebene Partie sieht von oben betrachtet ohngefähr so aus: Die Fenster im Innern der Häuser haben die Gröfse unserer Fen- ster und sind nur im Erdgeschosse oft mit steinernen Läden versehen; im obern Stock haben sie keine, und scheinen da gleich den Thüren immer offen gewesen zu sein. Die Thüren rings um den Hofraum und den steinernen Gang im obern Stock sind zugleich die Stubenthüren, wie dies noch jetzt in ganz Syrien der Fall ist. So bemerkt man oft Reise in den beiden Trachonen und um das Haurän- Gebirge. 163 steinerne Wandschränke mit Fächern aus feinen Dolerittafeln, ferner Bänke, die an den Wänden hinlaufen und andeuten, dafs die ehemali- gen Bewohner dieser Ortschaften eine Lebensweise hatten, die von der der heutigen sefshaften Araber in Syrien verschieden war. Denn der Gebrauch von Bänken ist jetzt unbekannt. Man zieht es vor, auf der Erde zu sitzen. Auf Stühlen zu sitzen, die neuerdings durch Europäer und Türken (Osmanli’s) stark eingeführt werden, ist ihnen etwas Wider- liches. Diese Bänke bestehen aus langen, 4 Finger dieken Dolerit- planken, sind der Länge nach in die Wand eingefügt und stehen, ohne sich auf Fülse zu stützen, circa 24 Spanne frei hervor. Desgleichen bemerkt man in den Zimmern schlanke, gewöhnlich einen Meter hohe, viereckige steinerne Leuchter, die oben keine Vertiefung haben, woraus man auf den Gebrauch von Kerzen schliefsen könnte. Man wird also wohl nur die Lampe (Siräg) gekannt haben. In el Kus£b fand ich eine solche Lampe noch auf dem Leuchter stehen. Sie ist von gebrann- tem Thon, vollkommen oval, mit Arabesken bedeckt, und gleicht beinahe ganz jenen antiken Lampen, die häufig auf Cypern ausgegraben wer- den. In den Kirchen sind diese steinernen Leuchter gewöhnlich mit griechischen Inschriften bedeckt und oben capitalartig ausgeschweift oder mit Acanthusblättern geschmückt. Am meisten aber fallen beim Eintritte in ein gleichviel oberes oder unteres Zimmer die beiden merk- würdigsten Theile der hauränischen Bauart auf, nämlich die Bogen und der Plafond. Um die steinerne Decke zu tragen, mulsten die Bogen sehr stark sein; da aber die Masse fast immer etwas Plumpes hat, so wulste man durch die sauberste Bearbeitung der Steine und den meist kühnen Schwung der Bogen eine anscheinende Leichtigkeit herzustellen. Tausende der schönsten Bogen sah ich so unversehrt und fest unter der Last ihrer gleichfalls unversehrten Decke, wie am Tage ihres Aufbaues. Sie werden es noch lange sein. Ohne von den Woh- nungen der Armen und dem mächtigen Baumateriale antiker Tempel zu sprechen, hatten die Bogensteine durchschnittlich 4% Meter Breite, Meter Höhe und -%% Meter Dicke. In der Kaisarije (so heilst in den hauränischen Städten das Palais der ehemaligen römischen oder byzantinischen Gouverneure) zu Kreje sah ich zwei Bogenreihen von je drei Bogen, deren jeder 74 Meter Spannung hatte. Die Bogensteine hatten -%2; Meter Breite, -%%5 Meter Höhe und „2; Meter Dicke. In der Stadt Sammet el Berdän sah ich die einzigen Bogen, deren - Breite von zwei Steinen gebildet wurde. Sie hatten 10 Meter Span- nung, was darum aufserordentlich war, weil sie zu dieser Spannung verhältnifsmäflsig sehr niedrig waren. Ihre Arbeit war das Schönste, was ich auf der ganzen Reise in dieser Art gesehen habe. Ihre eigen- thümliche Construction wird folgende Skizze veranschaulichen. 17% 164 J. G. Wetzstein: SG I Diese beiden Bogen gehörten zu einem Tempel, welcher unmittel- bar vor der Stadt und, wie alle übrigen Tempel, welche ich auf die- ser Reise gesehen habe, an einer „Birke“ lag. Die Doleritbalken der Decke, von den Drusen Rebita (&b4)), das „Band“, genannt, sind in den besseren Häusern stets geglättet, so dals sie wie gehobelte Holzplanken eng an einandeı schliefsen. Ob sie hin und wieder selbst durch Falsen verbunden sind, wie man mir sagte, mufs ich dahingestellt sein lassen, da ich das nicht selbst ge- sehen habe. Jedenfalls werden sie, wie ich sie sah, auch ohne die cementartige Masse, mit der sie bedeckt sind, und die auf vielen Häu- sern sehr gut erhalten ist, wenig Regen durchgelassen haben. Ihr ge- wöhnliches Maafs ist: Länge 25 bis 34, Breite + bis 4, Dicke eirca 4; Meter. Sie liegen nicht unmittelbar auf dem Bogen oder der Mauer, sondern auf einer Unterlage, welche Mizän („ji;L1), „die Waage“, ge- nannt wird. Die Waage hat stets die Breite der Rebita, deren Unter- lage sie bildet, und gewöhnlich 12 Meter Länge. Ihre Form ist bei gemeinen Bauten die der Rebita, aber bei den nur einigermalsen bes- seren hat sie die Gestalt von Fig. 1 und bei Häusern ersten Ranges von Fig. 2 der folgenden Zeichnung. Hig: 1: Fig. 2. @ 6 e d Die beiden Enden ab und cd reichen in die Zimmer hinein, woge- gen be auf dem Bogen oder der Wand aufliegt. Ist auf der einen Seite der Wand kein Zimmer, so fällt cd weg. Die Zusammensetzung von Bogen, Waage und Rebita giebt somit folgendes Bild: Reise in den beiden Trachonen und um das Haurän - Gebirge. 165 Mitunter bildete man auch durch die mit ihren Längenseiten halb- kreisartig zusammengesetzten Rebita’s Nischen, dergleichen ich in Mu- sennef, Busän und S’akkä (Lö) gesehen habe. Die Wölbung wurde dann von schlanken Säulen getragen. In der letztgenannten Stadt fand ich an drei Seiten eines gröfseren Zimmers von bewundernswürdiger Sehönheit drei solche Nischen, deren jede sich auf zwei Doppelsäulen stützte. In grofsartigen Bauwerken hatten die Rebita’s zu Plafonds verwendet in den Ecken der Zimmer, mitunter auch in der Mitte, hübsche Rosetten in Hautrelief. Auch die Waagen waren zuweilen mit prächtigen grolsen Acanthusblättern bedeckt. In dem gröfsten Gebäude Negrän’s (.„,="), das, wenn es nicht ursprünglich eine Basilika war, doch später dazu verwendet worden, waren die Waagen mit den schön- sten griechischen Charakteren bedeckt, da aber die meisten herabge- stürzt waren und in wilder Unordnung dalagen, so liefs sich die Schrift nicht im Zusammenhange lesen. Auch ohne Seulptur trug die Waage viel dazu bei, das Zimmer freundlicher zu machen, da sie die schar- fen Ecken zwischen Wand und Decke beseitigte. Ihre eigentliche Be- stimmung aber war augenscheinlich, der Rebita einen gröfseren Halt zu geben. Unter Anwendung des Bogens und der Rebita, die in diesem ganzen Lande die Bedingung sine qua non bei jedem Baue waren, hat man in Nimre, Tafchä (155 ), Sakkä und an vielen an- deren Orten grölsere Basiliken errichtet. Die in Tafchä hat 22 Bogen, die in Nimre 36 nebst einem kleinen Portikus von hübschen aber ganz einfachen Doleritsäulen, und die in S'’akkä 42 Bogen im Innern und 10 vor dem Portale. Ueber die letztere will ich einige Worte sprechen. Sie bildet ein Viereck nach folgendem Grundrisse, zu dem Fig. 2 einen Durchschnitt des Gebäudes in der Breite giebt. Fig. 1. Fig. 2. San mm on Io Lama ara an Die innere Breite des Baues beträgt 20, seine Länge bis zur Treppe 24, die Höhe der Mittelbogen 104 und ihre Spannung 8+, die Span- 166 J. G. Wetzstein: nung der Seitenbogen 3%, die Höhe des Hauptportals 5, mit Einschlufs des Architravs 64, seine Breite 3, mit Einschlufs der Pfosten 45, Höhe der Nebenportale 22, mit Einschluls der Architrave 3, ihre Breite 4-5, mit Einschlufs der Pfosten 22 Meter. Die Biegung der Bogen vor dem Portale begann in einer Höhe von 44 Meter. Die obern Bogengänge der Seitenschiffe scheinen Emporen für die Frauen gebildet zu haben. Noch jetzt besteht hier zu Lande die Sitte, dafs die Frauen in den Emporen ihre Plätze haben. Diese oberen Hallen öffneten sich in das Mittelschiff, da die zwölf mittleren Strebepfeiler wieder unter sich der Länge nach durch Bogen verbunden waren, welche die Höhe der ‚Bogen der unteren Seitenschiffe hatten. Das In- nere des Gotteshauses war ohne allen architektonischen Schmuck, nur die Bogenuntersetzer des Mittelschiffes hatten folgende Verzierung, die bis auf die darin vorkommenden Blätter, in welchen grofse Mannich- faltigkeit herrschte, stets dieselbe war: Die verschlungenen Linien in dieser Zeichnung sind eine Lieb- lingsarabeske in den transhauränischen Bauten und man findet sie in jeder Stadt. In Megdel fand ich sie statt der Blätter abwechselnd mit einer Arabeske und einem kleinen Vogel ausgefüllt, der mir ein Rabe zu sein schien '). Das Juwel der Basilika in S’akkä bildet das Por- tal, welches durch seine grolsartige Anlage und seine reiche sorg- fältig ausgeführte Sculptur gegen die grofse Einfachheit im Innern überraschend absticht. Gleich den Tempeln, die ich zu Musennef, Büsän, Bosrä und Mismiö gesehen, war die Fronte zwischen dem Hauptportale und den Seitenportalen mit zwei grofsen schönen Nischen geschmückt, deren obere Partie mit Muschelwerk verziert war und deren Dach zu beiden Seiten je von zwei Pilastern "getragen wurde. Am Fulse der Pilaster befanden sich reich mit Acanthus ge- schmückte Statuenuntersetzer. Zwei andere Statuenpostamente befan- den sich oben an beiden Seiten des Hauptportals und zwei andere rechts und links von den Seitenportalen. Ueber all diesen Schmuck breitete sich einem schattigen Baume gleich der 14 Meter hohe Aufsatz des Hauptportals aus. Die geschmackvolle Vertheilung des üppigen 1) Der vollständige Name dieser nicht grofsen, ehemals gut gebauten, jetzt aber stark verwüsteten Stadt ist Megdel Essor Gt JA=“) „Megdel die Raths- stadt“, weil nach der Tradition bei wichtigen Vorkommnissen das Land sich zur Be- rathung daselbst versammelte. Reise in den beiden Trachonen und um das Hauran- Gebirge. 167 Blätterwerks macht den befriedigendsten Eindruck. Es war das schönste Portal, das ich auf dieser Reise gesehen habe. Obschon ich in S’akkä vielleicht an zwanzig griechische Inschriften gefunden, so spricht doch keine von diesem Bau. Ueber das weitläuftige Theater, welches ab- gesondert von der Stadt gegen Osten liegt, läfst sich nicht viel sagen, da spätere Umbaue und Schutthaufen seine Anlage unkenntlich machen. Es ist kein Amphitheater wie die in S’uhbe und Bosrä. Die Inschrift seines Portals ist fast das Einzige, was ich davon habe. Erwähnenswerth sind die vielen Mausoleen, welche man in Haurän findet. Ganz in dem eben beschriebenen Style gebaut stammen sie aus derselben Zeit und von derselben Nation, auf welche alle übri- gen Bauwerke des Landes zurückzuführen sind. Sie stehen meistens etwas getrennt, oft auch in ziemlicher Entfernung von den Ortschaften, haben die Form niedriger viereckiger Thürme von 35 bis 40 Fuls Höhe und 10 bis 14 Schritt Breite und sind immer aus sorgfältig bear- beiteten Quadern aufgebaut. Uebrigens weichen sie im Aeulsern sehr von einander ab. Einige bieten nur vier schmucklose Wände ohne Thür und Fenster, z. B. in S’akkä und am Fufse des Abü Tumös; bei anderen sind die vier Seiten mit Pilastern geschmückt, wie bei der „Dub&se“ in Suw&dä (vgl. Burckhardt p. 153); zu anderen steigt man auf Treppen, die zuweilen als pyramidale Basis um das ganze Viereck herumlaufen, wie in Dä’il (vgl. C. Ritter’s Palästina und Sy- rien II, 842); andere haben Thüren, die meist mit Sculpturen verziert sind, wie ein kleines schönes Mausoleum an der Nordwestseite von Rime; noch andere haben ganz die Fagade antiker Tempel, nämlich ein Portal mit Aufsatz und rechts und links Nischen mit Seitenpilastern, Statuenpostamente u. s. w., wie in’Arär. Im Innern haben diese Ge- bäude drei leere Wände, aber die vierte Wand, die, wo eine Thüre vorhanden ist, immer dieser gegenüber liegt, ist von unten bis hinauf an die Decke mit einem eigenthümlichen Fachwerk versehen, welches zur Aufnahme der Sarkophage bestimmt war. Das Mausoleum von “"Arär, dessen Seiten 9 Meter breit sind, hat drei Reihen mit je sechs, also zusammen 18 Fächern, deren jedes 1 Meter hoch, -%%, Meter breit und 2-%% Meter tief ist. Gebildet wird dieses Fachwerk durch schöne Doleritplatten, von denen die, welche die horizontale Lage haben, die stärkeren sind, weil sie die schweren steinernen Sarkophage trugen; sie hatten eine Dicke von 4 Meter, während die anderen, welche die perpendiculäre Lage haben, schwächer („%; M. dick) sind. Gewöhn- lich haben diese Mausoleen Souterrains, die wohl aber nicht zur Auf- nahme von Todten bestimmt waren. Die Rebita’s der Dächer wer- den durch keinen Bogen geschützt, sie sind lang und reichen von der einen Wand zur andern. Der Bau in 'Arär hat zwar gegenwärtig 168 J. G. Wetzstein: einen Bogen, aber dieser ist, wie leicht bemerkbar, nicht ursprünglich. Diese Familienbegräbnisse trugen meistens eine oder zwei griechische Inschriften. Das in S’akkä hat deren drei ziemlich lange in metri- scher Form (Distichen). Bei allen, die ich sah, waren die Särge aus den Fächern verschwunden. Solche Särge sieht man allenthalben im Lande; sie dienen gemeinlich als Wassertröge bei den Brunnen, haben oft hübsche Verzierungen, aber selten Inschriften. Doch fand ich einen in Chulchula (s\S\>) mit einer kurzen griechischen und in Bosrä das abgebrochene Vordertheil eines andern mit einer nabatäischen In- schrift. Der „Siknäni“ in Der’ät ist vielleicht das einzige haurä- nische Mausoleum, dessen Inneres noch unentweiht ist !). Man erwartet, dafs ich hier einige Worte über antike Tempel spreche, aber zweierlei hindert mich daran. Einmal habe ich auf die- ser Reise diejenigen Städte, in denen sich die grolsartigsten Bauten finden, wie Kanawät, Suwedä, Hebrän u. A. nicht gesehen, und durch das königliche S'uhbe bin ich flüchtig und ohne vom Pferde zu steigen geritten. Eine treue Berichterstattung über hauränische Tempel darf aber die Denkmäler der genannnten Städte nicht ignoriren. Viel- leicht ist auch mein gesammeltes Material nicht werthlos, aber ohne genügende Kenntnifs der architektonischen Terminologie würde ich die nöthige Deutlichkeit nur durch eine Menge Zeichnungen erzielen können. Ich verspare mir daher die weitere Behandlung dieses Gegenstandes für den Druck meines Tagebuchs. Aufserdem bin ich über diese Bau- werke noch nicht mit mir im Klaren. Zwar sah ich Säulen in griechischen und lateinischen Ordnungen, Simse, Portale, Nischen im römischen Ge- schmack, aber das Ganze ist nicht römisch. Römische Kunst hat hier gebaut, aber nicht als Herrin, wie mir scheint, sondern als Dienerin. Wir haben einen Baustyl von ausgeprägter Individualität vor uns, aber er ist nicht griechisch, nicht römisch, und auch nicht syrisch. Weder in Damaskus, noch in den Küstenstädten, noch im eisjordanischen Pa- w -u 1) Der Siknäni (HR) steht am Rande einer grolsen „Birke“, die aus dem Kanätir Fir‘ön gespeist wurde. Eine Menge Quader, die man an der einen Seitenwand herausgebrochen, beweisen, dafs man es einmal versucht hat, in das In- nere des Baues zu dringen. Wie dieser Versuch vereitelt worden sei, erzählt die locale Sage also: Vor Alters seien die“Abbäsije nach Der’ät gekommen, um die Schätze zu holen, die der im Siknämi begrabene König bei sich liegen habe, als sie aber angefangen, das Gebäude mit schwerem Geschütz (bi ’] medäfi ) niederzu- werfen, sei die faustgrolse „persische Ameise“ (en Nimle el Färisije) gekommen und habe die Frevler insgesammt getödtet. Nachdem man mir diese Geschichte er- zählt hatte, führte man mich zur Turbet el "Abbäsije, einer von den übrigen Begräbnifsplätzen abgesonderten, in der Nähe des Siknäni liegenden Necropolis, die einen weiten Flächenraum einnimmt. In dieser Sage scheint sich die dunkle Tradition von einem tragischen Ereignisse der Vorzeit fortzupflanzen. Reise in den beiden Trachonen und um das Haurän- Gebirge. 169 lästina sah ich dergleichen. Die römischen Zuthaten abgerechnet, hat er auch keine Aehnlichkeit mit Balbek. Ich weils den Styl mit kei- nem anderen zu vergleichen, und nenne ihn darum den hauräni- schen. Aber welches Volk sein Träger gewesen, wie er sich hier ausgebildet, oder hierher gekommen, diese Fragen sind noch zu beant- worten. Ich weils wohl, dafs es Manchem schwer fallen wird, Barba- ren bei den Kunstbauten von "Ammän, Gerasa, Bosrä, Kanawät, S’uhbe und vielleicht selbst am Bau des Sonnentempels in Palmyra nicht nur partieipiren, sondern selbst die Hauptrolle spielen zu lassen. An eine Untersuchung über diesen Gegenstand knüpfen sich mehrere Fragen von historischer Wichtigkeit, weshalb ihr eine sorgfältige Ver- gleichung der römischen, byzantinischen und arabischen Geschichts- quellen vorangehen mufs. Den Ursprung der hauränischen Tempel wird man in die Zeit der römischen Herrschaft in Syrien setzen müs- sen. Da dieselbe jedoch von der pompejanischen Occupation an fast hundert Jahre lang im Osten des Landes eine fast nur nominelle und zu wenig unmittelbare war, als dafs in jener Zeit römische Cultur und Kunst dort Eingang gefunden haben könnte, andererseits aber auf Grund der Inschriften um das Jahr 250 das Christenthum schon so allgemein im Lande war, dafs von da ab nur noch Kirchen und Klöster erbaut wurden, so bleibt uns nur der kurze Zeitraum von weniger als 200 Jahren übrig, in den die Erbauung der hau- ränischen Tempel gesetzt werden muls. Ein einziger Tempel möchte aus seleucidischer Zeit stammen; er liegt am östlichen Lohf des Legä, und wird durch den Wadi Luwa von der Stadt Dekir ( > 5) ge- trennt. Sein schönes Material ist durch die ganze Stadt verschleppt. Desgleichen habe ich anfänglich einen kleinen Bau am nördlichen Lohf des Safä für uralt gehalten, da er aber eine Inschrift trägt, die denen ähnelt, welche ich später in der Harra gefunden und deren Ursprung ich in nachchristliche Zeit zu setzen Ursache habe, so muls ich auch diese Ruine, obschon nieht ohne Widerstreben, in diese spätere Zeit setzen. Seine rohe Einfachheit aber nöthigt uns anzunehmen, dafs seine Erbauung noch vor dem Eindringen römischer Kunst unter Tra- jan stattgefunden habe. Seine gewaltigen kohlschwarzen Quadersteine liegen über einander geworfen und sein aus zwei Steinen bestehendes Portal trug folgende Seulptur: SERER CEcafG Der grölsere Stein ist eirca 3 Ellen lang, 14 Elle hoch und 4 Elle diek. Der kleinere stand vielleicht über dem gröfseren. Die mensch- 4 170 J. G. Wetzstein: liche Figur ist gleich den Schlangenlinien und der Inschrift einge- graben; die Buchstaben sind grofs, 2 Zoll tief und 1 Zoll breit, und so deutlich als wären sie von gestern. Die kleine, eirca 8 Ellen in’s Gevierte habende Ruine liegt vollkommen einsam und dicht hinter ihr erhebt sich die heifse Wand der träge über einander geschobenen schwarzen Lavawellen. Der Ort ist so schaurig, dafs ein längerer Aufenthalt daselbst zum Wahnsinn führen kann. Als ich hinkam, ruhte auf dem an der Erde liegenden Portale eine grofse schöne kupferrothe Schlange, die sich langsam in die Quadersteine hinein- wand. Einmal in das Safä zurückgekehrt, schliefse ich hier einige Nach- richten über die „Ruine des Safä* (Chirbet es Safä) an, die von den Stämmen des War auch die „weilse Ruine“ (Chirbet el Bedä) genannt wird. Da dieses Schlofs aufser der Kirche in Knese das einzige Ge- bäude in der Ruhbe und deren Umgebung ist, dessen Material aus einem feinkörnigen, bläulichen vulkanischen Stein besteht, den eine tausendjährige Einwirkung von Sonne und Witterung um ein Merk- liches gebleicht hat, so erscheint es uns im Gegensatze zur schwarzen Lava, auf der es steht und aus der alle übrigen Ortschaften des Länd- chens aufgebaut sind, von grauer, und den Beduinen, deren Farben- lehre bekanntlich von der unsrigen verschieden ist, von weilser Farbe. Daher der Name der „weilsen Ruine“. Dieses Schlols ist eines der interessantesten Bauwerke Syriens. Es steht auf dem östlichen Lohf des Safä und sein Portal öffnet sich gegen die Ruhbe, die man hier in ihrer ganzen Ausdehnung überschauen kann. Obschon es mit Ba- stionen umgeben ist, so deutet doch die reiche Arabeskensculptur im Innern, wie die reiche Bildhauerarbeit am grolsartigen durch keine Bastionen geschützten Portale an, dafs man die Kastellform nur der Zierde halber gewählt hat. Auch hat es keinen Wallgraben. Man könnte die ungemein saubere Arbeit für römisch halten und das Schlofs mit der Garnison von Nemära in Verbindung bringen, um so mehr, als ich im War zwischen Nemära und Ruhbe die Spuren einer Römer- stralse beobachtet habe; aber die schraubenförmigen Pilaster der By- zantiner und die unrömischen Arabesken beurkunden einen späteren Ursprung und die Abbildungen von vierfülsigen Thieren und Vögeln, die hier als wesentlicher Bestandtheil der Ornamentalsculptur ange- troffen werden, bezeugen mindestens die Beimischung eines der römi- schen und griechischen Architektur fremden Elementes. Das Schlofs steht frei und bildet genau ein Quadrat, dessen Seiten 95 Schritte lang sind, nach folgendem Grundrisse: . Reise in den beiden Trachonen und um das Haurän- Gebirge. 171 Die vier Eekbastionen sind in der Mitte hohl, die drei Seitenba- stionen dagegen mit Mauerwerk ausgefüllt. Die schöne Mauer des Schlosses ist einen Meter diek und in der ersten, dritten und fünften Steinlage reichen die mit Cement verbundenen Quader immer durch die ganze Breite der Wand. Im Innern stofsen die Zimmer (a) un- mittelbar an die äufsere Mauer, aber bei der Zerstörung und dem späteren rohen Umbau, der auch grofsentheils wieder eingestürztist, wird es einige Mühe kosten, den ursprünglichen, obschon wie ich glaube sehr einfachen Bauplan herauszufinden. Die Zerstörung ist eine absieht- liche und so totale gewesen, dafs von der äulseren Mauer und den Ba- steien kaum über 2+ Klafter Höhe übrig geblieben ist. Eine Wand, an deren Westseite einige Zimmer standen, theilt den innern Raum des Gebäudes in zwei ungleiche Vierecke (b und e) und scheint das gewe- sen zu sein, was der heutige Bewohner der Ruhbe an seinem Zelte die Säha (x>L«) nennt, nämlich die Scheidewand zwischen der Familien- wohnung (Gynaeceum) und dem Theile des Hauses, wo Besuche empfan- gen, Gäste beherbergt und die männlichen Diener untergebracht werden. . Ein Thurm (d), welcher an dieser Scheidewand steht, ist aus den Trümmern des Schlosses später aufgeführt, denn die Quader sind ohne Cement und ohne alle Kunst roh über einander geschlichtet, und eine Menge Sculpturen als gemeine Bausteine, oft sogar verkehrt ein- gesetzt. Das zum innern Hofe führende Thor hatte schöne Arabesken. Ein im äufsern Hofe befindliches Bassin (ec) ist verschüttet. Der ursprünglich aus einem einzigen Blocke bestehende, jetzt mehrfach zerbrochen am Boden liegende Architrav ist genau 44 Meter lang, 700 Meter hoch und -%; Meter tief; seine Arabesken, Blumen und Traubengewinde fallen sehr angenehm in’s Auge und bei allem Reichthume seiner Zierrathen ist er doch keineswegs überladen. Seine untere, unmittelbar über dem drei Meter weiten Thore stehende Partie enthält in zwölf Kreisen Thiergestalten. Ich wollte die Darstellung für den Zodiaeus halten, da das erste Thier zur linken Hand ein Löwe, das darauf folgende ein Stier ist, und das dritte dem Widder ähnelt, aber von da ab scheinen die Figuren mit den Bildern des Thierkreises wenig Gemeinsames zu haben. Der vierte Kreis enthält eine Gazelle, auf deren Rücken ein Vogel mit gespreizten Flügeln steht. Es soll u 172 J. G. Wetzstein: wohl der arabische Sperber (Isbir) sein, der noch heutigentags zur Gazellenjagd abgerichtet wird. Das fünfte Thier ist schwer zu erken- nen, vielleicht ist es ein Kameel. Das sechste hat zwei kurze gerade Hörner und einen Höcker auf dem Vordertheile des Rückens; das sie- bente ist nicht zu erkennen, da es durch den Bruch des Architravs ge- litten hat; das achte scheint ein Pferd zu sein; das neunte ist wieder ein Thier, worauf ein Jagdfalke mit ausgebreiteten Flügeln sitzt; das zehnte ist ein Vogel mit kurzem Schnabel, dickem Leibe und kurzen Fülsen: er hat viel Aehnlichkeit mit einem schwerfälligen Wasservogel. Meinem Reisegefährten Muhammed Effendi schien es der Dügän zu sein, eine plumpe Falkenart, die noch jetzt zur Jagd verwendet wird und wegen ihrer Schwerfälligkeit, und weil sie nach ihrer Abrichtung die frühere Freiheit vergilst und keinen Hang zur Flucht verspürt, der „Esel des Jägers“ (Himär es Sejäd) heifst. Das eilfte ist ein Thier mit einwärts gebogenen Widderhörnern, auf dem eine Gazelle steht. Der zwölfte Kreis enthält einen Steinbock. Ueber dem Rücken der einzelnen Thiere laufen die + Meter weiten Kreise in drei bis vier breite Blätter aus. Da mir eine genaue Zeichnung des Architravs nicht gelungen ist, so mögen die gegebenen Notizen genügen. Um je- doch die Eigenthümlichkeit, ja auffällige Fremdartigkeit der dortigen Architektur einigermalsen zu veranschaulichen, gebe ich eine Probe der Sculpturen, mit denen mehrere riesige in der Nähe des Architravs lie- gende Quader bedeckt sind: Diese ohngefähr $ Meter hohen Hautreliefs mochten zusammenge- stellt 5 Meter lang sein, und es wechselten in ihnen ein Vogel, eine Blume, darauf ein vierfülsiges Thier, eine Blume u. s. w. ab. Sie stan- den ohne Zweifel über dem Architrav und vollendeten den architekto- nischen Schmuck des Portals. Neben dem Schlosse hat man aus des- sen Trümmern und Seulpturen später ein kleines Gebäude roh aufge- stellt. Ich bemerkte an ihm auf einem Steine das Bild eines Löwen - und Kameels, welche beiden Thiere in dieser Zusammenstellung bei den Arabern das Symbol des Herrschens und Gehorchens sind. Die- selbe Zusammenstellung haben wir als Stickerei auf dem berühmten rothseidenen Kaisermantel in Nürnberg, den die sieilianischen Muham- medaner gegen das Jahr 1150 christlicher Aera ihrem Herrscher, dem Reise in den beiden Trachonen und um das Haurän- Gebirge. 173 Normannenfürsten Roger, zum Zeichen ihrer Unterwürfigkeit geschenkt haben. Die sehr gut gezeichneten Thiergestalten haben keine abgerun- deten Formen, sondern sind oben flach; dasselbe ist mit den Trauben und Blättern der Fall und der Gesammteindruck dieser fast mit heral- discher Strenge ausgeführten Ornamente gab mir das Bewulstsein, dafs wir es hier mit einer in ihrer Art sehr ausgebildeten, aber uns noch unbekannten Kunst zu thun haben. Wer mag das Schlofs erbaut haben? Vergebens suchte ich mit meinen Begleitern nach einer Inschrift, die uns hätte Auskunft geben können. Mit einigen Hebebäumen würden wir die bei dem Thore liegenden grofsen Quader haben umwenden und so vielleicht eine Inschrift entdecken können, aber aulser den schwachen Zeltstangen der Beduinen giebt es in der ganzen Ruhbe kein Holz. Dennoch lassen sich mit einiger Bestimmtheit folgende An- deutungen geben: Ein mächtiger Herrscher erbaute sich das Schlofs, um die Wintermonate daselbst zu residiren und dem Genusse der in dieser Jahreszeit paradiesischen Ruhbe zu leben, einem Genusse, der bei der Unzugänglichkeit des Ländehens durch das Gefühl der Sicher- heit erhöht wurde. Die das Schlofs umgebende Ortschaft wurde dann von seinen Verwandten, Dienern und den Vornehmen des Volks be- wohnt. Andere bewohnten die übrigen in der Nähe gelegenen Schlösser und Ortschaften. Im April oder Anfang Mai verliefs der Fürst mit den Seinigen die Ruhbe, um sich in kühlere Gegenden seines Reiches zu begeben, denn, wie bereits bemerkt, kann während des Sommers weder Mensch noch Vieh in der Ruhbe und ihren Umgebungen exi- stiren. Ich fragte die gegenwärtigen Bewohner der Ruhbe, wo die Herren des Schlosses im Sommer gewohnt haben. könnten? und man antwortete mir: Wo anders als da, wo wir im Sommer wohnen? Das wäre am östlichen Hauränabhange. Daraus würde sich folgern lassen, dafs das Schlofs des Safä eine Winterresidenz der Könige von Ost- Haurän gewesen. Wer waren diese Fürsten? Wann bestand ihr Reich? Zehn Tage später wurde ich beim Anblick eines 10 Minuten von der osthauränischen Stadt Sa’ne (&izw) entfernten Schlosses lebhaft an die weilse Ruine und ihre Erbauer erinnert. Es hatte die- selbe Quadratform, dieselben kreisrunden Eckbastionen, dieselbe Manier des Baustyls; sein 3,3%, Meter weites Portal befand sich gleichfalls in der Mitte der Ostseite des Quadrats. Obschon es mir nicht vergönnt war, die Sculpturen des Architravs zu sehen, der herabgestürzt und mit einem Berge von Quadersteinen bedeckt ist, so erkannte ich doch sofort, dafs dieser Bau und die weilse Ruine von einem und demselben Volke herrühren müssen. Nur hatte das Schlofs von Sa'ne einen an- dern Zweck. Es war nicht zur „Fantasia“, wie der Araber sagen würde, sondern zu Schutz und Trutz erbaut worden, und daraus er- Be 174 J. G. Wetzstein: klären sich Abweichungen in der Anlage. Zu drei Fünftheilen wird es von dem tiefen und steilen Wädi Büsän umschlungen, seine Um- schliefsungsmauer ist 2-3%; Meter dick, die Seite des Quadrats 135 Schritte lang und die Zwischenbasteien sind viereckig. Zwischen ‘der äufsern Mauer, auf welche rechts vom Portale eine Treppe führt, und den innern Bauten ist ein 13 Schritte breiter freier Raum gelassen, der jetzt rings um das Schlofs herum voll der schönsten Mandelbäume steht. Desgleichen ist der ganze Bau durch eine von Ost nach West laufende, 13 Schritt breite Strafse in zwei gleich grofse Quartiere ge- theilt, ein nördliches und ein südliches, die wiederum von Nord nach Süd von zwei Gassen durchschnitten werden. Am Westende des süd- lichen Quartiers ist ein grolser freier Platz gelassen. Wie bei der weilsen Ruine ist auch hier die Cisterne dem durch das Portal Herein- kommenden zur linken Hand. Auch dieser Bau ist gewaltsam zerstört worden. Ich komme nun zu einer Errungenschaft meiner Reise, die ich für werthvoll halte. Es ist eine Sammlung von nahe an sechshundert Inschriften, von denen ohngefähr zehn unzweifelhaft altsemitische Charaktere haben und zu der Klasse gehören, welche man neuerdings nabatäische Inschriften zu nennen beliebt; gegen zweihundertsechzig sind in noch unbekannten Schriftzeichen und gegen dreihundert in grie- chischer und lateinischer Sprache geschrieben. Von den nabatäischen folgen hier zwei Proben, von denen ich No. 1 über einem kleinen Fen- ster an der äufsern Wand der Schlofskirche in Salchat gefunden und dadurch copirt habe, dafs wir an ein Seil das Joch eines Pfluges ban- den, auf das ich mich setzte und die Wand hinaufziehen liefs ').. Die- ses Kunststück, bei dem wegen der Aufmerksamkeit der Araber: nichts zu fürchten ist, habe ich an verschiedenen Orten ausgeführt. No. 2 fand ich im Innern desselben Gebäudes rechts von der Thüre in einem dunkeln Winkel. Sie ist als gemeiner Mauerstein nahe am Fufsboden verkehrt in die Wand eingesetzt. Die Steine beider Inschriften sind gleich grols (2 Spannen hoch, 3 Spannen breit), und von ein und der- selben Steinart (einer schwarzen porösen Masse). Die schattirte Stelle in No. 1 bezeichnet einen Schaden im Steine, der mir ursprünglich zu sein scheint. Von No.?2 ist ein Stück abgebrochen. ’) Das Joch fanden wir in Salchat, weil sich seit vier Monaten eine kleine Gesellschaft von muselmännischen und christlichen Colonisten daselbst niedergelassen und einen Theil der. Stadtflur mit Weizen und Gerste besäet hatte. Da ihnen aber die Heuschrecken alle-Saaten abgefressen hatten, so schiekten sie sich an, die Stadt wieder zu verlassen, Reise in den beiden Trachonen und um das Haurän- Gebirge. 175 No. 1. No. 2. EUER) | Fan yarsasın HAIE A \ HUN UNIDM m rd SyirLs \BISaHH RR anTyrsAns DSIERTIE Die zweite Art meiner Inschriften fand ich im Lande Ruhbe und, so unglaublich es scheinen mag, in der Harra. Doch finden sich auch vereinzelte Spuren davon im östlichen Haurän und im Legä. Ihre Schreibart ist die bustrophische. In ihrem Alp habete findet man An- klänge bald an das griechische, bald an das alte syro-semitische und sehr oft an das himjaritische, ihr Inhalt aber ist bis zur Stunde noch vollkommen unentziffert und wartet seines Oedipus. Einige Proben mei- ner Copien findet der Leser auf einer lithographirten Tafel diesen Blät- tern beigefügt. Die sub „I. Aeltere Inschriften“ gegebenen haben grofse und breite Charaktere und müssen, da sie zum gröfsten Theil stark verwittert und oft auch nicht mehr zu lesen sind, aus einer frühen Zeit herrühren. Auch spricht die Form der Buchstaben für ein höheres Alter. Dagegen haben die sub „II. Jüngere Inschriften“ gegebenen meist dünne, oberflächlich und flüchtig eingegrabene Buchstaben, die jedoch durchweg sehr gut erhalten sind, weil sie augenscheinlich aus jüngerer Zeit stammen. Zwischen der Entstehung der ersten und zwei- ten Art mögen mehrere Jahrhunderte liegen. Diese Inschriften sind häufig mit flüchtigen Zeichnungen verbunden, wie mit dem Bilde eines jagenden Reiters, einer Frauengestalt, die sich die Haare ausrauft, oder die von einem Reiter durchbohrt wird, eines Mannes, der mit erhobenem Stock ein Kameel treibt, eines gefiederten Pfeiles, einer Sonne von Strahlen umgeben, eines Löwen, Steinbocks, Käfers u. s. w. Alle diese Inschriften stehen auf rohen oft freiliegenden, oft noch im Boden haftenden, unbehauenen vulkanischen Blöcken, welche die Zeit mit einem braunen Lack überzogen hat, und lassen sich fast im- mer mit Leichtigkeit lesen, weil der dunklere Ueberzug des Steines ge- gen den helleren Grund der Buchstaben scharf absticht. Da die Stein- klumpen selten eine ebene Fläche für die Schrift darboten, so mulste diese allen Erhebungen, Vertiefungen und Biegungen des Steins fol- gen, oft um zwei oder mehrere Seiten desselben herumlaufen, oft Kreise bilden, oft schlangenartig sich winden, oft schnecken- (spiral-) förmig in sich zurücklaufen. Dadurch werden die Copien erschwert, indem man oft bei einer einzigen fünf, sechs verschiedene Stellungen einneh- men muls, 'sie werden unsicher und haben, auf Papier gebracht, die 176 J. G. Wetzstein: sonderbarsten Formen. Rechnet man die bustrophische Schreibart dazu, so entstehen in vielen Fällen Zweifel, ob man es mit einer oder meh- ren Inschriften zu thun habe. Diese Momente werden bei der Flüch- tigkeit der Schrift selbst nach erkanntem Alphabet und Idiom die Er- klärung vieler Inschriften nach Copien unmöglich machen. Anders na- türlich ist es, wenn dann ein Kenner an Ort und Stelle lesen und co- piren wird. Ich habe einen solchen vielleicht 25 Pfund schweren Stein mit mir nach Damaskus gebracht, auf dem zwei deutliche Inschriften stehen. Sollten die Königl. Museen seinen Besitz wünschen, so werde ich ihn nach Berlin einschicken, oder bei meiner nächsten Urlaubsreise mitbringen. In der Harra wird man noch viele dieser Inschriften finden, aber es gehört ein hoher Grad von Begeisterung für die Wissenschaft dazu, in diesem glühenden, wasserlosen Lande tagelang von Stein zu Stein zu steigen und des Nachts kein freies Plätzchen zu finden, wo man ein Zelt aufstellen könnte. Dabei dürfte es grofse Mühe kosten, die Pferde und Saumthiere von einem Nachtlager zum andern zu brin- gen, denn inmitten der Harra ist es absolut unmöglich zu reiten, da das von den Vulkanen ausgeworfene Gestein oft in weiten Strecken so eng neben einander geschlichtet erscheint, dals das Pferd nirgends im Stande ist, sicher aufzutreten '). Dennoch sind das Alles Dinge, die eine Durchforschung der Harra nicht unmöglich machen. Lust, ver- ständige Anordnung und Geld werden auch sie überwinden. Das Vor- handensein dieser Inschriften in der Harra ist ein Räthsel, da dieselbe niemals bewohnt gewesen ist und es niemals werden wird. Nur in den Wintermonaten kann der einsame Hirt aus der Ruhbe in manchen Theilen derselben seine Ziegen auf eine dürftige Weide führen, die zwi- schen den Steinen hervorsprolst. Stammen also diese Inschriften von Hirten her? Haben dortige Hirten jemals zu schreiben verstanden? Was konnten sie an Orte schreiben, von denen sie wufsten, dass au- [ser ihnen Niemand hinkommen würde? Wohl nur Spielereien: ihre eigenen Namen und höchstens Verse, Liebeslieder. Dafür würden die Zeichnungen weiblicher Gestalten sprechen, die immer im Naturzu- stande sind. Allerdings liegt dem Hirten nichts näher, als seine Ge- 1) Mit dieser Schilderung steht die Ausführung meiner Reise von Nemära durch die Harra nach Haurän in keinem Widerspruche, Dafs die Militairstation Nemära eine Communication mit einem Waffenplatze haben mufste, an den sie sich anlehnte, versteht sich von selbst. Dieser Platz war S’akkä, das mich die Inschrif- ten als Colonia Romana kennen lehrten, und in welcher Stadt noch jetzt der grols- artige Palast der Präfeeten (el Kaisarije) steht. Eine solche Communication hat man dadurch hergestellt, dafs man auf der Strecke von S’bikke bis an den Fufs des Hauränabhanges mehrere Ellen breit die Steine beseitigte, was für einige Tausend Hände keine schwere Arbeit war, da diese Steine durchschnittlich nicht grofs sind. Gegen Süden hin erscheint aber die Harra undurchdringlich. Reise in den beiden Trachonen und um das Haurän- Gebirge. 177 danken auf glatte Steine zu schreiben, aber welches Grabeinstrument hatte er dazu? Wahrscheinlich eine Lanzenspitze, einen Dolch, den die Beduinen des Wär noch heutzutage viel tragen; namentlich unter den Sulüt im Legä habe ich keinen erwachsenen Mann gesehen, der aufser der Muskete nicht seinen breiten krummen Dolch im Gürtel getragen hätte. Aber die Schrift ist in den eisenfesten Dolerit für ein solches In- strument immer entschieden zu tief eingegraben und die Zeichnungen sind durchgängig für die ungeübte Hand des Hirten zu gut gemacht. Unter den heutigen Beduinen hat sich aufser der koranischen Legende keine Tradition über den Ursprung dieser Schriften erhalten, die uns einen rationellen Fingerzeig geben könnte. Der Koran spricht be- kanntlich von einem ungläubigen Volke der Vorzeit, welches Gott durch einen Steinregen von der Erde vertilgt hat. Diese Steine (Sigill) wa- ren in der Glut der Hölle gehärtet und mit den Namen derer beschrie- ben, welche sie treffen sollten. Eine solche Darstellung genügt dem einfachen Volke, da durch sie das Vorhandensein der Inschriften, die fremdartige vulkanische Natur der Steine, und der Umstand erklärt wird, dafs sie nicht Felsen bilden, sondern wie vom Himmel geregnet in losen Klumpen die wellige Ebene Tagereisen weit bedecken ') Dafs diese Inschriften in einer semitischen Sprache, ja speciell in einem arabischen Dialeete geschrieben, steht wohl aufser Zweifel. Haurän und die Trachonen waren immer die Heimath der Araber, die römischen und griechischen Schriftsteller nennen ihre Einwohner immer so und es liegt kein historisches Zeugnils vor, dafs jene Länder von einer nichtarabischen Bevölkerung überflutet worden wären. Selbst die Syrer und ihr bekannter Dialeet sind, wie man mit Sicherheit behaup- 4) Will man annehmen, dafs der Koranlegende die Thatsache wirklicher Steinfel- der mit Inscriptionen zu Grunde liegt, so mufs man vermuthen, dafs im Higäz auf ähnlichem vulkanischen Gestein ähnliche Inschriften vorkommen, wie dergleichen viel- ‚leicht auf dem vulkanischen Rayon des todten Meeres zu finden wären. In der Geographie des Abulfeda pag. 129 (Ausgabe von Schier, Dresden 1846) heifst es: „In der Nähe des todten Meeres liegt das Land des Volkes, unter dem Lot (Abra- hams Brudersohn) lebte. Es heifst das umgestürzte Land, ist unfähig der Cultar und erzeugt nichts Grünes. Es ist ein schwarzer Distrikt, der mit Steinen besäet ist, die sich unter einander an Gröfse gleichkommen. Man erzählt sich, dafs sie die beschriebenen Steine (el Higäre el Musawwame) seien, welche Gott auf Lots Landsleute regnen liefs.“ Die Harra kann nicht besser definirt werden, und ich glaube auch, dafs Abulfeda nur von ihr spricht. Aber es wäre auch möglich, dafs er ein südlicheres Vulkangebiet beschriebe. Fänden sich aber diese Inschriften auf mehreren Punkten der Strafse in den Higäz, so würden sie uns als die Spuren des Weges gelten können, auf dem das Volk, von dem die Inschriften der Harra her- rühren, aus dem Süden Arabiens nach Syrien gekommen. Dabei müfste man aber ohl annehmen, dafs dieses Volk, ehe es unter Wanderung und Niederlassung end- ich nach Berich gekommen, Acht wie die Kinder Israel vierzig Jahre, sondern vielleicht ein Jahrhundert und mehr gebraucht habe, Zeitschr. f. allg. Erdk. Neue Folge. Bd. VII. 12 178 I. G. Wetzstein: ten kann, niemals bis dahin gedrungen. Die mittelsyrischen Gebirge waren ihre Heimat und Damaskus mit seinen nächsten Umgebungen ihr Gränzgebiet im Osten und Südosten. Ich breche hier die Untersuchung über die Harrainschriften ab, um zu den arabischen überzugehen. Diese stammen meist aus der Zeit 600 der arabischen Aera und finden sich in den wichtigeren Plätzen des südöstlichen und südlichen Hauranabhangs, in Sälä, "Ormän, Sal- chat und Bosra, und beweisen, dafs diese Plätze um jene Zeit (um 1200 nach Chr. Geb., also während der Kreuzzüge) vorübergehend eine starke Bevölkerung und wie es scheint auch eine bedeutende Industrie gehabt haben. Denn der arabische Geograph Jäküt el Hamawi berichtet von dem Städtehen "Enak (das er WLis) schreibt), dafs in ihm zu jener Zeit Teppiche (Bust) und gute Kleiderstoffe fabrieirt worden seien. Diese Thatsache ist für die Geschichte nicht ohne Wichtigkeit. Während es faetisch ist, dals die Kreuzzüge Europa entvölkert haben, mufs sich da nicht unwillkürlich die Frage auf- drängen: „und das kleine Syrien konnte diese endlosen Kämpfe führen, ohne entvölkert zu werden?“ Darauf giebt uns der noch ungedruckte historische Roman des Dinäri über die Kreuzzüge, den ich in. 26 Bänden vollständig besitze, die Auskunft, dafs in jener, das Abend- und Morgenland gleich erschütternden Zeit aus Kurdistän, Masenderän, Chorasän und dem Turkmannenlande bis über Samarkand hinauf eine Art Völkerwanderung nach Syrien stattgefunden habe. Diese gleich den Kreuzzügen religiöse Bewegung hatte den Zweck, das heilige Land gegen die Franken zu vertheidigen. Aber sie hat wie die Kreuzzüge wenige Spuren im Lande zurückgelassen. Bis auf einige kleine Turkmannenstämme in Golän und dem weidereichen Ka- netra ist diese fremde Colonisation im mittleren und südlichen Syrien verschwunden. — In Sälä wurden die Bauten im Jahre 632 arabischer Aera auf Befehl des Sultan Izzeddin Ebek von dessen Mamluken Kei- mar geleitet. In Salchat finden sich eine Menge der schönsten In- schriften aus dem Jahre 629. Burckhardts Nachricht, dafs das Mi- naret der Hauptmoschee nur 200 Jahre alt sei, ist ein Irrthum. Der Thurm trägt ganz deutlich die Jahreszahl 630. Die Moschee selbst scheint eine Kirche gewesen und fränkischen Ursprungs zu sein, denn die französischen Lilien finden sich nicht nur in der genannten Mo- schee, sondern auch auf einem grolsen Quadersteine, der am Haupt- thore der Stadt liest. Ein neben der Moschee gelegenes Gebäude hat einen geräumigen Saal, der von Spitzbogen getragen wird. Diese werden sonst nirgends in Haurän gefunden und können nur von den Kreuzrittern herrühren. Ueber die fränkischen Herren von Salchat und die Wiedereroberung der Stadt durch die Muselmänner lesen wir Reise in den beiden Trachonen und um das Haurän - Gebirge. 179 in dem oben erwähnten Buche des Dinäri ein Langes und Breites, das zwar im Ganzen Dichtung, aber nicht ohne historische Grundla- gen sein wird, wenn man auch in Europa allgemein annimmt, dafs Salchat niemals in die Hände der Kreuzfahrer gefallen sei. Die herrliche Citadelle von Bosrä, in deren Souterrains, einem wahren Wunder der Baukunst, ich über zwei Stunden lang herumgewan- dert bin, wurde zwischen 550 und 650 vollständig aufgebaut. Fast jede Bastei hat ihre chronologische Inschrift. Ich gebe nur einige: „Im Namen Gottes! Es befahl den Bau dieses Burg (2 d.h. dieser Bastei) der gerechte König, das Schwert der Welt und des Glaubens, der Schild wider die Ungläubigen und Abgötterer, der Herr der heiligen Städte (Mekka und Medina), Besitzer von Je- rusalem, Syrien, Aegypten, Jemen, Chiläz (LM>), Chöi und Su- leimanije, unser Herr Abü Bekr Ibn Ejüb Chalil u. s.w. Der Bau wurde vollendet im Monat Safar 610.“ An einer andern Bastei heifst es: „Dieser Burg heifst „der begründete Sieg“ (en Nasr el ma’'mür) und er wurde gebaut in den Tagen des Königs Abü Bekr Ibn Ejüb und seines Sohnes des Königs Isa. Der Grund wurde gelegt im Jahre 599.* Die Moschee der Citadelle, welche in den Souterrains liegt und sehens- werth sein soll, ist laut der Inschrift des Portals im Jahre 620 erbaut. Da sie gegenwärtig als Häckerlingmagazin benutzt wird und bis an die Decke gefüllt war, so konnte ich mir ihr Inneres nicht besehen. Die grofse Stadtmoschee datirt vom Jahre 618. Ihre weilsen Marmor- säulen (welche aus einem Stücke bestehen, 1° 75” Meter Umfang und — Sockel und Capitäler ungerechnet — 4° 30” Meter Höhe haben), sollen nach einer lebendigen Tradition der Bewohner des Orts auf ei- gens dazu construirtem Fuhrwerke aus den Ruinen von Geras (Gerasa) nach Bosrä gebracht worden sein. Wäre diese Tradition wahr (und man wird sie kaum bezweifeln können, wenn sich die Angabe bestä- tigen sollte, dafs bei jenem Transporte auf dem Wege von Geras nach Bosrä einige allzugrolse Säulen liegen geblieben seien), so würden mehrere griechische Inschriften, welche diese Säulen tragen, nicht auf Bosrä, sondern auf Geras bezogen werden müssen. Ein Seitenstück dazu würde die grofse aus 85 Säulen und 3 Thoren bestehende Ge- betshalle (arab. Ruwäk) in Der‘ät bilden, welche laut Inschrift im Jahre 650 von Saladin’s Statthalter, dem Emir Näsireddin "Otmän Ibn “Ali errichtet worden ist. Nach der Tradition des Volks sollen die benachbarten Orte No‘&@me und “Arär Säulen dazu geliefert haben, was bei der geschmacklosen Verbindung des verschiedenartigsten Materials recht gut denkbar ist. In Bosrä fand ich die Baulichkeiten des ehe- mals so berühmten muselmännischen Wallfahrtsortes „Mebrak en Näka 127 180 J. G. Wetzstein: (der Stelle, wo die Kameelin des Propheten bei seiner Reise nach Sy- rien niedergekniet sein soll) sehr in Verfall gekommen. Das Heilig- thum des weitläufigen Gebäudes ist der Mebrak. Er befindet sich in einem kleinen Zimmer und besteht aus einer eirca 2 Ellen langen und etwas schmäleren Steinplatte von Dolerit, mit 6 Vertiefungen, deren eine vom Halse, vier von den Knien und eine vom Nabel des Thiers eingedrückt worden sein soll. Vor vier Jahren hat Said Pascha von Aegypten eine eingestürzte Kuppel wieder aufbauen lassen, unter der das Kind seines Vorgängers Abbas Paschas begraben liegt, das den Ruwala-Arabern zur Erziehung übergeben, im Jahre 1854 in der Nähe von Bosrä gestorben ist. Auf dem hübschen Grabsteine stehen zwei sinnreiche arabische Verse: Er „mal Klf anal lo, gan a dl u Sell gsi ul ln az ans Der Tag hat sich geneigt, ich bin als Gast Im reichem Hause Gottes angekommen, Und Gäste sind ja freundlich überall Vom Gastfreund und mit Ehren aufgenommen. Kann durch den Eintritt in die Königsburg Ein Fehlender Verzeihung schon. erlangen, Wie dürfte dann nicht hoffen wer ins Haus Des allbarmherz’gen Gottes eingegangen? Darunter steht: „Das ist das Grab Muhammed Paschas, Sohns des verstorbenen Abbas Paschas, Regenten von Aegypten. Starb den 9. Dulhigge 1270*. Das Wort Regent ist mit einer feinen Schmeichelei durch “Aziz Misr, den constanten Beinamen des pharaonischen Jo- sephs, ausgedrückt. Für den Araber liegt die Hauptschönheit der beiden Verse in der Idee des Gastrechts, welches im ersten und des Asylrechts, welches im zweiten Verse in Anspruch genommen wird. In beiden werden nach arabischer Vorstellung die Erwartungen des Ankömmlings niemals getäuscht. Von den Erziehern des Kindes, den auf ihr Asylrecht stolzen Ruwala, und für die Grabstätte im patriar- chalisch gastfreien Haurän hätte kein passenderes Epitaphium gewählt ‘werden können. Reise in den beiden Trachonen und um das Haurän- Gebirge. 181 Lateinische Inschriften finden sich häufig auf den Felsblöcken um Nemära herum, da sie aber nicht tief genug eingegraben waren, so sind sie grölstentheils verwittert, nicht mehr mit Sicherheit zu lesen, und lassen uns über die Zeit, wo dieser Militärwachposten besetzt war, in Ungewilsheit. Die oberwähnte Inschrift der III. Legion ist absichtlich zerstört. Auch scheint es, dals auf diesen einsamen, von allen Annehmlichkeiten des Lebens entblöfsten Posten selten Römer aus guter Familie versetzt worden seien, so wie wohl auch der grölste Theil der hier gelegenen Legionäre aus Arabern bestanden haben wird, weil diese dem Klima eher trotzen konnten. Wir lesen zwar Namen wie Seleucus, Flavius, Hadrianus, Flavius Maunus, aber in einer grie- chischen Inschrift wird auch ein Araber Achü Burd (Ayoog Bogdov) als Commandant des Platzes genannt. Lateinische Inschriften sind mir sonst auf meiner Reiseroute seltener vorgekommen, da sich die Rö- mer in diesen Ländern bekanntlich immer der griechischen Sprache bedient haben. Aufser den bereits bekannten in Bosrä, die ich ver- glichen, fand ich eine in S’akkä, einer römischen Colonie, eine in der Stadt Imtän, eine andere in Rimet el Lohf und hin und wieder Mei- lensteine. Die letzteren haben gewöhnlich 14 Meter Höhe, 3 Meter Dicke und sind rund, so dafs man sie leicht für Säulenstücke hält. Sie enthalten die Namen des Kaisers, unter dem sie gesetzt wurden, mit einem epith. ornans, z. B. vietoriosissimus, und darunter die Meilen- zahl. Der Rasif oder die Römerstralse ist in jenen Ländern 12 Schritte breit und durch vier Reihen aufrechtstehender Steine in drei gleich weite Felder getheilt. Die zwei äufseren Reihen werden von einem Graben begränzt, welcher, je nach dem Terrain, mehr oder weniger tief ist. Meine zahlreichsten Inschriften sind die griechischen, und da sie meist in Ortschaften copirt worden, in welche vor mir keine Euro- päer gekommen sind, so wird ihnen ein archäologischer Werth nicht abzusprechen sein. Es sind Ueberschriften von Tempeln, Theatern, Kirchen, Klöstern, Gemeindegasthäusern (zavöoyıe), Rathshäusern (ön- n0cı0ı 0lx0oı), Privathäusern, Wasserreservoirs (Aiuraı), selbst Ge- meindetaubenhäusern (rzeoıozegeove)'). Es sind Votivtafeln, obrigkeit- !) Noch heutigentags hat man deren, und sie sind für Ortschaften, die in der Nähe grofser Städte liegen, von grolsem Nutzen. Weils man sie gegen Schlangen und Marder (nims) zu schützen, so giebt oft ein einziges Taubenhaus eine jährliche Rente von mehr als 1000 Thalern. Es ist ein über 30 Ellen hoher, runder oder quadrater freistehender Thurm, el Burg ( Tauben-Burg) genannt, von Bruchsteinen oder Ziegeln aufgebaut. Oben ist er offen und seine innern Wände sind mit Löchern für das Nisten und mit Treppen oder Leitern versehen. Unten hat der Thurm eine Thüre. Gefüttert werden die Tauben niemals. Die Jungen werden immer des Vormittags ausgenommen, wenn die Alten, um Futter zu suchen, ausgeflogen sind. 182 J. G. Wetzstein: liche Verordnungen, Aufschriften von Leuchtern (Avyroöyoı), Grab- schriften u. s. w. Wenn solche Inschriften auf besonderen Tafeln der Vorderseite ei- nes Gebäudes eingesetzt sind, so bestehen diese Tafeln immer aus Do- lerit und haben diese Form: TABOC CAAMOY cn KAIANAMOC AAE m: ea A®OC OIKOAOMH ® nd CAN THN TYPAN Ya Aber nicht immer falst das Viereck die ganze Inschrift und man fin- det oft Buchstaben in den Henkeln, wo alsdann die Rosetten gewöhn- lich fehlen. Oft steht ein Theil der Inschrift aufserhalb der ganzen Figur, namentlich das Datum, welches dann auch dem aufmerksamsten Copisten oft entgehen kann. Alle diese Inschriften stammen aus zwei Perioden, der heidnischen und christlichen. Die erste Art hat einfache, leicht leserliche Charak- tere. Die andern tragen häufig das Symbol des Christenthums an sich, nämlich ein Kreuz von variirender Form, dem mitunter noch der Name Jesus oder Christus beigefügt ist, z. B. Diese christlichen Inschriften haben die verschiedensten kalligraphischen Manieren, lassen sich oft schwer, theilweise nur von den geübtesten Kennern lesen und sehen nicht selten häfslich aus. Wie die Mönche des Mittelalters die einfachen lateinischen Zeichen verzerrt haben, so thaten es diese Araber mit den griechischen. Dabei liefs sich die Beobachtung machen, dafs die Inschriften an Häfslichkeit zunehmen, je weiter man sich vom Haurängebirge nach Süden und Südosten hin entfernt. Mitunter sind die Buchstaben unter einander geworfen, Wo die syrische Feldtaube keine solchen Thürme findet, nistet sie in Höhlungen steiler Felswände, oder in den Wänden tiefer und weiter Brunnen, die wenig be- sucht werden. Reise in den beiden Trachonen und um das Haurän - Gebirge. 183 gleich als habe man das Verständnils absichtlich erschweren wollen. In Nimre befindet sich eine Inschrift, in der die Ligaturen so über- trieben sind, dafs es vielleicht unmöglich sein wird, sie zu entziflern. Dagegen besitzt die Stadt Imtän zwei Inschriften in einem Lapidarstyl des vierten Jahrhunderts, der sich auf dem Steine selber sehr hübsch ausnimmt. Die Buchstaben sind gegen vier Zoll hoch, gleichen dicken senkrecht stehenden Linien, an denen die unterscheidenden Zeichen auf ein Minimum reducirt und kaum erkennbar oben, unten und in der Mitte angebracht sind. Die allgemeine Geschmacklosigkeit dieser spätern Inschriften ver- bunden mit der nachlässigsten Orthographie, bei der grobe Fehler und störende Auslassungen sehr häufig sind (so steht statt zo #g1w0v „die Obrigkeit“ in zwei Inschriften zo xvvov) sprechen für die Ansicht, dafs wir es hier mit einem Volke zu thun haben, bei dem die damals in Syrien so allgemein verbreitete griechische Sprache noch wenig Wur- zel geschlagen und im öffentlichen Leben noch keine Geltung erlangt hatte, wenn sie auch als die heilige Sprache der Kirche für Monumen- talinschriften im Gebrauche war. Mitunter will es sogar scheinen, als hätte man in den Inschriften für manche griechische Charaktere die entsprechenden des einheimischen Alphabets gebraucht, oder sie nach ihnen umgemodelt. So finden sich in Mälikije und in der Stadt Me- lach ein Paar griechische Inschriften, in denen die sonderbarsten Zei- chen vorkommen. Dagegen enthalte ich mich alles Urtheils über Inschriften von der Art der beiden folgenden, die ich auf S’bikket en Nemära gefun- den habe: 1) rgtskantik 0%oyavr 2) YnPebTlHetoXc Fr oO Die oben ausgesprochene Ansicht, dafs wir uns die Urheber dieser griechischen Inschriften wohl als reine Araber zu denken haben, er- hält dadurch eine weitere Bestätigung, dafs sie der damaligen Sitte, ihre Namen gegen griechische zu vertauschen, noch wenig oder gar nicht gehuldigt zu haben scheinen, denn die vorkommenden Eigennamen sind in derRegel rein arabische, z.B. ALılos Pa ZSaßuos um Opeıdos, OBeıdos und Oßedog Are Aßovöos KE Aßıßos Am>, Maheyos Sl, Maımusgos PRer (noch jetzt gewöhnlich), Odevazos und 'Odaı- 184 J. G. Wetzstein: vados Et (vergl. Odenathus, Nebenkaiser in Palmyra), Aoovadarog &bawf (schwärzlich) oder S,”) (schwarz), Avovvosg G Yisne Zopßeidog Ars, Zuovdos Spam, Zau0os Let (oder nach der Beduinenaus- sprache richtiger Umew); auch kann es Abkürzung sein für Be) sus, b) wie das vorhergehende ., „i> statt ., mer Aus, Moyırog sous, I uv- 2 Pr - 70-3 7og coy&, ein ächt himjaritischer Eigenname, 'Ouswoar« Xias) Frauen- name, ovveıwadn Siri>, Deminutiv von xi> Hanna; Soleuadn Kram Sulöma; Toß«ıady, Deminutiv von Xa,.bdie Gazelle, Frauenname u.s.w.") Dafs mit solchen arabischen auch lateinische und griechische Eigen- namen vermischt vorkommen, braucht nicht bemerkt zu werden, aber ich versichere, dafs man auf der ungeheueren Necropolis in Der‘ät, wo sich leicht hunderte von griechischen Grabschriften finden lassen (ich habe deren acht bis zwölf copirt), unter zehn Eigennamen nicht drei griechische antreffen dürfte. Für unsere Archäologen werden die griechischen Ortsnamen, welche ich in den Inschriften wiedergefunden habe, von besonderem Interesse sein. Das Städtchen Gren ( ) im Legä hat seinen griechischen Namen in 4 Inschriften aufbewahrt. Drei derselben beginnen mit den Worten zo »zoıwov Ayoawns „die Obrigkeit von Agraena“, und eine nennt den Ort Jo«wwn. Die Einwohner der bedeutenden Ortschaft Negrän im Lega heilsen in einer Inschrift oi «zo gvAys Mavıyvos». Gewils war das Lega schon zur Römer- und Byzantinerzeit von Stäm- men bewohnt, die in den Ortschaften des Lohf Ackerbau und im In- nern Viehzucht trieben. Reducirt man den Stamm der Maniöner in “Arab el Mäni ( &) und weist man einem Theile derselben Wohn- oder Weideplätze an dem Gebirge an, welches von el Kiswe ab ge- gen den See von el Higäne hinläuft, so wäre es möglich, dafs dieses Gebirge (Gebel el Mäni ) vom Stamme, oder dieser von ihm benannt !) Formen wie Odenathus, Solematha, Tobaeatha (wofür wir Odena, Solema, Tobaea erwarten sollten) sind nicht ohne sprachliches Interesse, da sie beweisen können, dafs das Volk, von dem diese Inschriften herrühren, noch einen antikeren Dialeet des Arabischen besessen, das Final-8 noch aufser der Annexion angewendet und sich vielleicht selbst der Endvocale bedient habe. — Das T in Toßauayn nö- thigt uns nicht, ein plattes oder aramäisches Tabja (statt Zabja) zu statuiren, eben- sowenig wie uns die Form Tabea in Apostelgesch. 9, 36 dazu nöthigt. Da die griechische Sprache den Laut des z (b) nicht hat, so giebt sie ihn oft durch das verwandte t wieder. Reise in den beiden Trachonen und um das Haurän- Gebirge. 185 worden. Die obenerwähnte Ortschaft auf der Höhe des "Ag£lät-Ge- birges, zwischen den Städten el Musennef und Umm Ruwäk, heifst in den Inschriften zoun EyAor. Ich halte das griechische Wort für den Genitiv einer Pluralform Eyka, die sich dem noch jetzt bei den Be- duinen des War gebräuchlichen "Ag&lä anschliefsen und Dorf des ‘"Agelä- oder "Aglä-Gebirges bedeuten würde. Die ruinenreiche Ort- schaft Dür (,y)) am Legä heifst Aoge«. Von der Stadt Melah (sprich: 7572) hat eine Inschrift die Genitivform MovAsyov. Dagegen lautet das Städtehen el Mälikije MaAsy«, was auf eine antike Form Mälika oder Malkä deutet. Und in der That wird der Ort nur von den Drusen el Mälikije, von den Beduinen des Wär dagegen el Malkä (im Idiome der Wüste el Maldschä lautend) genannt '). Einige Male !) Die Tradition der Beduinen ist aulserordentlich treu. So nennen sie das bi- -.oE blische Edre’i noch jetzt Edre’ät (eo) )» wie es Ptolemäus und Abulfeda schrei- ben, (nur hat Letzterer immer d (5) statt d (2): Aber schon die Beni Sachr liefsen das Vorschlag-Elif weg, wobei sich in natürlicher Folge die Vocale verrük- -ur ken und das Wort Der'ät (WE) lautet. In der Stadt selbst, in der Nukra und -u- in Damascus verkürzt man den Namen weiter in Der'ä (2 was man oft noch mit unhörbarem 3 —_. 36,0 schreibt). Die biblische Form ITTN, statt der man dem Arabischen analog PHy=7N erwarten sollte, hat ihre Schwierig- -oü 50) die Nisbe und bedeutet den Ein- wohner von Edreät. Bei dieser Gelegenheit mufs ich jener Ruinenstadt am west- keiten. Bei den Beduinen ist y=-N ( -oE lichen Legä, welche die Damascener Ezra ( & 3) nennen, gedenken, weil sie noch fortwährend (trotz der trefflichen Distinetion in der Ritter'schen Geographie) mit -)» Edre‘i verwechselt wird. Der Ort heifst bei den Beduinen Zora‘ ( & 3) und diese Aussprache stimmt mit der in den Inschriften überlieferten Form völlig überein. Wollten also die Geographen auf meinen Vorschlag diesen Ort künftig Zora und den ersteren Edre‘ät (oder Der’ät) schreiben, so würden jene Confusionen nicht mehr möglich sein. Nicht weniger instrucfiv erschien mir die Form, die der Orts- name Kanawät bei den Beduinen hat. Mit Recht behaupten die Archäologen, dafs diese Stadt dem biblischen Kenät (4 Mos. 32, 42) entspricht. Die Etymologie allein ist bei dieser Annahme nicht bestimmend, denn die Ortschaft Kenäje in der Nukra läge fast noch passender. Der Gleichklang der Endungen will auch nichts sagen, denn Kanawät ist eine Pluralform, was Kenät nicht sein kann, man müfste denn (abgesehen von sprachlichen Schwierigkeiten) hier einen Arabismus constatiren. Aber das biblische Idiom liebt die Sibolets eben nicht, wenn auch ihr Vorkommen zuge- geben werden mufs. Kenät ist also für eine mit Hamät (die Stadt Hama, 4. Mos. 13, 22) gleiche Form zu halten, contrahirt aus Kenawa (MR) oder Kenawet (mmP) ganz wie Hamät, dessen volle Schreibart. im Arabischen (FRA) den 186 J. G. Wetzstein: fanden sich zerbrochene Inschriften, auf denen nur noch einige Buch- staben vom griechischen Ortsnamen erhalten waren, wie in der Stadt Ijün '), wo .die Schrift hinter zo)swos Bo... abgebrochen war. Ebenso in Rima am südlichen Lohf des Legä, wo die Inschrift hinter Koyn zwor Troy... endete. Uebrigens findet sich von diesem Orte auch noch der griechische Name Pıue«, denn es ist nicht ungewöhnlich, dafs hau- ranische Städte doppelte Namen haben, den einheimischen und den griechischen. Dals die osthauranische Stadt "Ormän („‚W,=e) nach dem Namen ihres Restitutors, des Kaisers Philippus Arabs, auch Philippo- polis heifst, ist bekannt, auch für die Stadt Imtän, die den Beinamen der „Ziehbrunnenreichen“ (Gl) hat?), habe ich in den Inschriften dritten Radical andeutet und dessen Nisbe Hamawi (Einwohner von Hamät) diesen dritten Radical selber bringt. Die jetzigen Beduinen nennen die Stadt nur Ka- nawa, niemals Kanawät, erkennen also in ihm keine Pluralform an, die mit ihrer arabischen Bedeutung („Wasserleitungen“) bei einer Zusammenstellung des Worts mit dem biblischen Kenät („sicheres Besitzthum“) sehr störend war. Dafs sich aber aus mp (noch jetzt im Arabischen „das sichere Besitzthum“ bedeutend) im Hebräischen fast naturgemäfs map bildet, weils jeder biblische Philolog. — Die =' treue Ueberlieferung der Beduinen wird der Archäologie im Sprachlichen wie im Sachlichen noch manche Dienste leisten. !) In der Bibel wird einige Mal Ijön als nordpalästinische Stadt erwähnt. Sollte bei einer dieser Stellen an unsere Stadt gedacht werden können, so mülste man dem Worte, statt ihm eine hebräische Etymologie („Trümmer“) zu geben, wohl seine arabische Bedeutung („Quellen“) lassen. Zahllos quellen die Brünnlein um die ganze Stadt herum und trotz der Tausende von weidenden Kameelen der Sirhan- Araber wateten wir bis an die Kniee im Grase der den Ort weithin umgebenden Wiesen. 2) Die Brunnen liegen auf einer wadi-artigen Vertiefung des Terrains, durch welches die Stadt in zwei Theile getheilt wird. Die Seile der Eimer haben in die steinernen Ränder der Brunnen tiefe Rinnen geschnitten, so dafs man sich dem Wahne überläfst, als müfsten die Brunnen noch jetzt im Gebrauche sein, und doch ist die Stadt wohl seit 1200 Jahren Ruine. Hierbei mag erwähnt werden, dafs es die Araber lieben, ihren Städten glänzende Beinamen zu geben. Die in diesen Blät- tern beschriebene Stadt Melah hat den Beinamen es Sarrär „die Tönende“, weil, wenn die grofse Halase des Stadtthors früh geöffnet und Abends geschlossen wurde, nach der Tradition der Beduinen die trompetenartigen Töne der steinernen Thüran- geln in dem vier Stunden entfernten Bergschlosse Der en Nasräni gehört worden sind. War dies der Fall, so mufs man mir nicht das rechte gezeigt haben, denn das, welches ich mit Hilfe zweier meiner Begleiter ohne grolse Anstrengung bewegt habe, knarrte zwar in scharfen, beim Oeffnen und Schliefsen verschiedenen Tönen, aber man wird diese Töne höchstens bis zur Entfernung einer halben Stunde gehört haben. Die Stadt Samma hat den Beinamen el Berdän, nach Anderen el Baradän. Die Stadt Megdel hat den Zusatz es S’ör, der schon oben erklärt wurde. Wahrscheinlich würde man mir von anderen wichtigeren Plätzen meiner Reiseroute solche Beinamen genannt haben, wenn ich darnach gefragt hätte, denn alle gröfse- ren Städte Arabiens haben sie. So heifst Mekka el Muserrefe „die Geadelte“, weil das Gotteshaus (die Ka’be) daselbst steht; Medina heifst el Munawware „die Licht- strahlende“, weil in ihr das Grab des Propheten ist; el Kudus (Jerusalem) heilst \ Reise in den beiden Trachonen und um das Haurän - Gebirge. 187 zwei Benennungen gefunden, nämlich Mo8&v und Ayadwnzokıs. Im er- sten finden wir mit einer geringen Veränderung den einheimischen wieder, der gleichzeitig mit dem griechischen Namen existirend, gewils auch vor demselben vorhanden war, so wie er ihn auch. überlebt hat. Es liegt die Vermuthung sehr nahe, dafs Agathopolis nur eine Ueber- setzung von Imtän ist. Aber dieses (a8) bedeutet in allen semitischen Dialeeten eine starke, feste Stadt, welche Bedeutung jenes nicht hat; dyad6s mülste denn in dem späteren Idiome auch tüchtig, stark bedeutet haben. Einen Beweis übrigens, dals man gerne einheimische - © d Ortsnamen übersetzt hat, liefert die Stadt el Mismie (kim) im Legä, die gröfste Ortschaft in der ganzen mittelsyrischen Vulkanregion, Bosrä nicht ausgeschlossen. Schon Burckhardt fand sie in den In- schriften zoun zov DPeaıwnoio» genannt, und ich habe noch ein Paar andere dazu gefunden. Die Benennung Phaene scheint mir aber nur die Uebersetzung von el Mismie zu sein, was die berühmte, einen glän- zenden Namen habende Stadt bedeutet. Ein durch seine Vorzüge An- dere überragender Mann ist noch jetzt in Damaskus Mismi, und eine durch Schönheit berühmte Frau heifst Mismie. es S’erif „die Edle“, weil es der Wohnsitz so vieler Propheten war; Misr (die Haupt- stadt Aegyptens) hat den Beinamen el Kähira „die Unterjochende“ (woraus unser Cairo gebildet worden); Bagdäd heifst Zörä (3 2) „die Auenreiche*; Hille heifst Fehä (Gt) „die Duftende*; Mösul hat den Beinamen Hadbä (LAS) „die Gebogene“, weil sich die Stadt über einen Bergrücken hinzieht; Haleb wird S’ahbä EWR) genannt. Die Uebersetzung dieses Wortes hat seine Schwierigkeit. Die Lö- win heifst S’ahbä „die Fahle“, der Wein ist S’ahbä, wenn er eine gelbliche Farbe hat, und Haleb würde von dem weilsgelben Aussehen seiner Stadt oder seines berühmten Castells „Scheich Jebrak“ also benannt sein. Nach den Poeten hiefse die Stadt „S’ahbä“ von S’uhub, was bei uns prosaische Sternschnuppen, bei den Muselmännern aber Flammengeschosse sind, welche die Lichtgeister allnächtlich auf die himmel- stürmenden Dämonen schleudern, und die Stadt würde „die Donnerkeilführende“ we- gen der Tapferkeit ihrer Bürger genannt; Hamä heifst el Mehmije „die Gottbe- schützte“* und Homs (Emesa) el “Adije (& A=!t) „die Kühlunghauchende“, insofern die Stadt bei ihrer günstigen, gegen Westen hin offenen Lage immer Seeluft hat. Der stolze Damascener aber nennt seine Stadt: Kinänet Allah „den Köcher Gottes“, d. h. den Ort, aus dem Gott seine Geschosse zum Verderben der Ungläubigen ent- sendet. Von hier aus wurden unter Saladin und Bibars die Kreuzfahrer aus Jeru- salem und Syrien vertrieben, in den hiesigen Schulen wurden fortwährend die Ge- lehrten gebildet, welche durch Wort und Schrift den Unglauben siegreich bekämpft haben. In diesen Sinne sagt man auch: es S’äm Kubbet el Islam „Damascus ist die Kuppel des Islam“, d. h. Vollendung und Schmuck des geistigen Doms der Re- ligion. Wogegen sich das junge Volk, wenn es einmal bei seinen nächtlichen Or- gien in den Gärten von der Polizei ertappt wird, damit entschuldigt, dafs Damask „der Wohnsitz der Liebe“ sei: Dimisk där el ISk. . 188 J. G. Wetzstein: Am Schlusse dieses Artikels erwähne ich eines kleinen Umstan- des, der mir Vergnügen gemacht hat, weil durch ihn zwei griechische Ortsnamen ermittelt wurden. Burckhardt hat in Sälä (er schreibt die Stadt irrig „Zaele“), dem östlichsten Orte, zu dem er gelangte, eine Inschrift copirt. Auch ich fand sie vor der nördlichen Stadtmauer neben einer künstlich ausgemauerten und mit einem geschmackvollen Bau umschlossenen reichen Quelle, und da seine Reisebeschreibung, bei mir war, verglich und corrigirte ich seine Abschrift: Dieselbe nach Vergleichung mit Burckhardts Copie: dem. Grigingle: FAOYOC ©€ FAAOYOC OEMO. KAI ATACAOOC KAI ATACAOOC FANA. ANOIO CANA. ANHCOIOI EKTHCANTO ET EKTHCANTO ET nn aa ee: ENA EYTYXQE („Gaduos Temo... und Atasatos Sala... haben es im Jahre 254 in Gemeinschaft glücklich aufgebaut) '). Ich erinnerte mich einen Gaduos !) Ich verwahre mich gegen die Vermuthung, als hätte ich diese Inschrift bringen wollen, um Burckhardt der Ungenauigkeit zu zeihen. Nach einem mehr als zehnjährigen Aufenthalte in Ostsyrien habe ich ein Recht, den Werth der über jene Gegenden publicirten Reisewerke zu beurtheilen und ich erkläre, dafs Burckhardt’s Aufzeichnungen zur Zeit noch unübertroffen sind. Er hat tiefe Blicke in den arabischen Nationalcharakter, in die socialen Verhältnisse und Culturzustände des Landes gethan, und seine geographischen Nachrichten und Monumentalbeschreibungen sind, weil mit der kältesten Objectivität, mit einer Treue niedergeschrieben, die vielleicht jedem Andern unerreichbar bleibt. Seine Inscriptionen anlangend, so ist es schon dan- kenswerth, dafs er sie in seinen Verhältnissen hatte copiren können. Die Heimlich- keit, Schnelligkeit und Unruhe, mit der dies geschehen mufste, machte eine sorg- fältige Vergleichung der Copie mit dem Originale in den meisten Fällen unmöglich, und ohne solche bleibt eine jede Copie unzuverlässig. Die Verzerrung der griechi- schen Buchstaben, die Ligaturen oder Abbreviaturen, die unbekannten Appellative, die Lichenen, womit die Inschriften bedeckt sind, die schwarze Farbe der Steinplatte, der Umstand, dafs die Inschrift selten mehr an ihrem ursprünglichen Orte, sondern als gemeiner Baustein oft verkehrt und oft so hoch eingemauert ist, dafs man die kaum einen Zoll hohen Buchstaben schwer unterscheiden kann, die schlechte Beleuchtung, in- sofern die Sonne oft gerade vor der Inschrift steht und die Vertiefungen der Buchsta- ben nicht beschattet, oder die Inschrift gar nicht bescheint, so dafs Fläche und Ver- tiefung gleich schwarz ist — diese und andere Dinge erschweren in Haurän das Copiren von Inschriften. In bewohnten Ortschaften kommt dazu das gräfsliche Ze- ©. tergeschrei der Weiber über das „Bannen“ ( Rasd As, ), wie sie das Copiren nen- nen, durch welches die in der Inschrift erwähnten Schätze wieder auf mehrere Men- schenalter hinaus unentdeckbar gemacht werden. Einige deutsche und mehrere engli- sche Gelehrten haben Burckhardts Fehler in der Wiedergabe arabischer Ortsnamen allzu bitter getadelt. Aber die Herren bedenken nicht, dafs Burckhardt kein arabi- scher Philolog, und dafs er bei seinen Aufzeichnungen meist nur auf die Autorität eines einzigen, des Schreibens unkundigen Bauern oder Nomaden (seines Führers ) angewiesen war. Ich möchte sehen, wie sich jene Herren mit dem Dutzend Buch- Reise in den beiden Trachonen und um das Haurän- Gebirge. 189 anderwärts gelesen zu haben, suchte in meinem Journal und fand den Namen in einer Inschrift, die ich in T&mä über der Hausthüre der Scheichswohnung gefunden hatte. Sie lautet: FAAOYOEC KAIAKAABOY EKTHEATO So stellte sich heraus, dals in Temo... ein Temiot und in Sala.. ein$a- liot stecken mulste. Die Temioten, nur TZMIRT.AI geschrieben (schon aus dem oben gegebenen Verzeichnisse von Eigennamen sieht man, dafs in diesen griechischen Inschriften das arabische «» bald mit # bald mit = und das ‚5 mit vorhergehendem Fath abwechselnd mit &, @ı und 7 wiedergegeben wird), werden noch auf einer Tempelinschrift in Genene erwähnt, welche aussagt, dafs sie zugleich mit den Ein- wohnern der Ortschaft Jıadn (3365) am Bau geholfen haben. Auch dieses Diäte existirt noch; es liegt 14 Stunden östlich von Musennef am gleichnamigen Wädi; doch bin ich nicht selbst dort gewesen. Es ist eine grofse Ortschaft und scheint gut conservirt zu sein. Ein anderes, nur kleineres Diäte fand ich im Legä zwischen Dämä und Negrän. So viel über meine Inschriften, die ich vollständig zugleich mit meinem Reisetagebuche zu veröffentlichen hoffe. Manchem, der an dieser Reise um den östlichen und südlichen Haurän Interesse genommen, dürften sich dabei nahe liegende Fragen aufgedrängt haben, wie: Stehen wir in diesen Gegenden auf biblischem Boden ? Oder: Stammen jene merkwürdigen Bauten Hauräns, an denen hundert Jahre spurlos wie ein Tag vorübergehen, aus späterer Zeit, oder ragen sie aus einem entfernten Alterthume herüber und sind sie in Uebereinstimmung mit der Annahme berühmter Alterthumsfor- scher (vergl. Carl Ritter’s Paläst. u. Syrien II, 964) vielleicht gar noch jene Städte, von denen die Schrift in 5. Mos. 3, 4.5 spricht, jene unzerstörbaren Denkmäler und Zeugen aus den Zeiten des Riesen- geschlechts, von denen der König Og zu Basan einer der letzten war (Vers 11)? Denn hier in Haurän haben wir das Reich des Kö- nigs Og zu suchen. Ich beschliefse daher diese Mittheilung mit einer archäologischen Untersuchung, deren geringe Ausführlichkeit ich theils mit der Bestimmung dieser Schrift, theils mit dem mangelhaften literäri- schen Apparate, dessen ich mich dabei bedienen konnte, zu entschul- digen bitte. staben ihres Alphabets und jenem dicken Ohre, das für die feinen Consonantenun- terschiede des Arabischen absolut keinen Sinn hat, behelfen würden, wenn sie wie Burckhardt ohne Beihülfe eines arabischen Schreibers in dem menschen- leeren Lande herumwanderten! Es möchte wohl kommen, dafs sie unter zehn arabischen Namen nicht zwei richtig schrieben, wären sie selbst die gelehrtesten Arabisten. ” 190 J. G. Wetzstein: Einer Beantwortung der Frage, in wie weit dieses Land zum Erb- theile der Kinder Israel gehört habe, müssen wir einige Bemerkun- gen über den Umfang des nördlichen Amoriterreichs (Basan) voran- schicken, dessen Eroberung Moses letzte grolse That war. Es erstreckte sich nördlich bis an den Hermon (5. Mos. 3, 8.), umfalste Golan (Cap. 4, 43.), alle Städte der Ebene (Cap. 3, 10.), d.h. der Hau- ränebene von der Südgränze Gedür’s an bis hinab zur Zerkä, ferner Kenäth (Cap. 4, 42.), jetzt Kanawät, folglich auch den westlichen Abhang des Haurängebirges, und das Land bis gen Salcha (Cap. 3, 10.), bis zum heutigen Salchat, also die ganze südliche Abdachung des Gebirges, desgleichen die sechzig Flecken Jairs (Jos. 13, 30; vergl. mit 1. Kön. 4,13.) oder das Land Argob bis an die Gränze von Gesüri und Maachati (5. Mos. 3,14.). Diese meist in Verbindung mit dem‘ nördlichen Gilead (Jos. 13, 11; vergl. mit 1. Chron. 2, 23), dem heutigen "Aglün, oder der Stadt Abil am S'e- riat el Mandür (1. Mön. 15, 20.) erwähnten Länder können nur in der Nähe der Ostseite des Sees Genezaret gesucht werden. Argob 2. wird das Land sein zwischen dem Jordan und der Zumle; ‚Maachati _ das spätere Hippene bis in die Nähe des „Rofshügels“ (Tell el Faras) und Gesür das heutige Kanttra mit dem anliegenden Theile Göläns bis an den Fufs des Hermon '). Auf die Aehnlichkeit des Wortes Ar- gob mit den Ruinen von Rägib im Distriet el Kürä, desgleichen dar- auf, dals Gesür und Kanetra dasselbe („Brücke*) bedeuten könnten, lege ich bei dieser Bestimmung wenig oder kein Gewicht. Vielleicht bedeutet Gesür nicht sowohl „Brücke“, als vielmehr (der arabischen Collectivform Gsür —,_#m> — entsprechender) „Brückenland“, wegen der häufigen Ueberbrückungen der dortigen zahlreichen Wildbäche mit hohen Ufern. Nach Allem, was wir somit von Haurän an Basan überlassen mufsten, bleiben uns von diesem nur noch die höchsten Gebirgs- parthien und der ganze östliche Abhang übrig. Die Trachonen kommen hier gewifs nicht in Betracht. Der östliche hat, wie aus die- sem Berichte ersichtlich, nichts Anziehendes für ein eroberndes Volk, ') Bekanntlich hatten die Stämme Ruben, Gad und halb Manasse ihrer gro- (sen (Kameel-) Heerden wegen die weidereichen Ostjordanlande zum Wohnsitze ver- langt. Der wasser- und weidereichste Theil aber nicht nur Peraeas, sondern von ganz Syrien sind die Provinzen von Kanetra und Golän, weshalb auch dort die heutigen Nomaden (von denen die Wanderstämme allein weit über 300,000 Kameele sechs Monate im Jahre dort weiden, während nach dem Steuerkataster der damas cenischen Regierung noch andere 42 Beduinenstämme das ganze Jahr daselbst noma- disiren) alle ackerbautreibende Bevölkerung seit langen Jahrhunderten vertrieben ha- ben. , Daher liegen die zwei. Hauptstädte Kanetra und Golän mit allen ihren Ort- schaften in Trümmern. Reise in den beiden Traehonen und um das Haurän - Gebirge. 191 und Moses wird ihn, selbst wenn er ein Theil von Basan gewesen, gewils unangetastet gelassen haben. Dasselbe scheint auch vom west- lichen Trachon (dem Legä) zu gelten. Für ein heerdenreiches Volk, das üppige Weiden. braucht, wäre die Eroberung eines wasserlosen, im Ganzen wenig fruchtbaren Lavaplateau’s, das noch dazu von dem Mittelpunkte des neu zu gründenden Staates sehr entfernt war, eine wenig ersprielsliche Unternehmung gewesen, die übrigens bei der Leich- tigkeit, mit der sich das Legä selbst gegen den stärksten Feind ver- theidigen lälst, eine gröfsere Kraftanstrengung gekostet haben würde, als die Eroberung der „Ebene“ von Basan, welche die Israeliten ge- wils beim ersten Andrange überflutet und durch den Sieg bei Edrei dauernd in Besitz genommen haben. Ibrahim Pascha, dessen Heere Stambul zittern machten, bestürmte das nur von 5000 Männern ver- theidigte Leg&ä im Jahre 1838 neun Monate lang mit seiner ganzen Macht, opferte über 20,000 reguläre Truppen und kam nicht in seinen Besitz. Dasselbe war im Jahre 1850 der Fall, wo Muhammed Ku- prusli Pascha mit dem ganzen Armeecorps von Arabistan vergebens das Legä bestürmte. Die Ansicht derjenigen biblischen Archäologen, welche das Legä für das basanitische Argob halten, empfiehlt sich nach meiner Ansicht aulserordentlich wenig. Was endlich den öst- lichen Haurän betrifft, so giebt uns die Bibel nicht nur keinerlei Andeutung, dafs er zugleich mit Basan erobert worden, sie nöthigt uns sogar durch die Gränzbestimmung von Salcha (5. Mos. 3, 10. Jes. 13, 11) zur Annahme, er habe nicht zu Basan gehört und sei von der mosaischen Invasion verschont geblieben. Und dafs sich der jü- dische Staat auch später im Nordosten nicht dauernd erweitert habe, ist bekannt, wenn auch 1. Chron. 6, 14 die salehater Gränze nicht wiederholt erwähnt würde. Zwar hat der um die syrische Geographie sehr verdiente Herr J. L. Porter, Mitglied der englischen Presbyterianermission in Damas- eus in einigen Abhandlungen die Behauptung aufgestellt, dafs das Land Batanaea (der aus einer aramäischen, oder vielmehr arabischen Form des Wortes Basan entstandene spätere griechische Name dieses Landes) im östlichen Hauränabhange liege, aber ich fürchte, dafs meinem gelehrten Freunde die Beweisführung nicht gelungen ist, die sich hauptsächlich auf folgende zwei Punkte stützt. Erstens werde der östliche Haurän noch gegenwärtig von seiner Bevölkerung Bete- nije (KU) genannt; zweitens finde sich noch jetzt daselbst eine Ruinenortschaft Betenije. Es läfst sich nicht läugnen, die beiden Be- weise scheinen sehr positiver Natur und einladend genug zu sein, dar- auf weiter zu bauen. Auch fand die neue These bald Anhänger und 192 J. G. Wetzstein: die Karten von Syrien haben sich beeilt, sie zu adoptiren, wiewohl mancherlei Umstände zur Behutsamkeit hätten mahnen können. Ein- mal wufste man noch wenig vom östlichen Haurän, und ich gestehe, es kam mir recht wunderlich vor, als ich zum ersten Male auf den Karten den Namen Batanaea mit Unzialschrift in der östlichen Leere schwimmen sah. Sodann war die Lage Basans im Westen des Ge- birgs niemals zweifelhaft gewesen und wenn auch die spätere Tetrar - chie Batanaea nur ein Theil des alten Reichs war, so konnte doch dieser Theil nicht aufserhalb des Ganzen liegen, denn die Sal- chater Gränzbestimmung deutet an, dafs der östliche Haurän nicht zu Basan gehört habe. Aber auch angenommen, er habe dazu gehört, so blieb es doch immer gewagt, eine Provinz, in der sich der alte Reichsname erhalten hat, in den entlegensten Winkel!) zu versetzen, statt sie weit natürlicher im Mittelpunkte des Reichs zu suchen. End- lich hatte Basan seinen Namen nicht von einer Stadt erhalten, denn seine beiden in der Bibel oft genannten Hauptstädte waren Astarot und Edrei; wenn sich also neuerdings eine Ortschaft Betenije mit gleichnamiger Umgegend gefunden hätte, so dürfte man nur annehmen, dafs die vielleicht nicht einmal antike Ortschaft ihrer Umgegend den Namen gegeben habe, aber man war keineswegs berechtigt, den Ur- sprung des Namens Basan auf eine der Bibel unbekannte, oder den des Namens Batanaea auf eine den späteren Autoren unbekannte Ort- schaft zurückzuführen. Nach Carl Ritter (Erdkunde von Palästina und Syrien II, 940) war Eli Smith ?) der Erste, welcher von einem Lande Betenije im Osten des Gebirges gehört hatte; „nur sei er ungewils geblieben, ob sich dieser Name südlich bis Salchat erstrecke.“* Ich war recht begierig, über die Sache ins Reine zu kommen. Die Ruinen der neuentdeckten Batanaea machen sich auf den Karten so breit, und können wohl Jemanden auf seltsame Gedanken. bringen. Vielleicht waren sie am Ende gar die Ruinen von Astarot, das bekannt- lich verloren gegangen und zeither vergebens im See von Mez£rib, unter den Schafhürden von Tell Estere und Gott weils wo sonst noch ge- sucht worden ist ?). Das wäre ein Capitalfund gewesen. Noch am !) Der Ruinenort Betenije steht in den nach Porters Angabe construirten Kar- ten östlich vom Legä. ?2) Der gelehrte Dr. theol. Eli Smith, Vorstand der unirten anglo-amerikani- schen Mission für Syrien, starb im Jahre 1857 in Beirüt. 3) Unter allen, die Astaröt nach Angabe des Eusebius 6 Millien von Der’ät entfernt suchten, hatte Seetzen wohl den besten Gedanken gehabt. In der Kruse’- schen Ausgabe seiner Reisen, Bd. I, 384 heifst es: „Og wohnte zu Edrei und Astaröt (Turra?).“ In solcher Form giebt Seetzen hin und wieder interessante Andeutungen. Reise in den beiden Trachonen und um das Haurän - Gebirge. 193 Abende meiner Ankunft aus der Ruhbe in T&mä wandte ich mich an eine Anzahl Männer, die uns zu begrüfsen ins Gastzimmer des Scheichs gekommen waren, mit der Frage: „Euer Land heilst Betenije?“ Nein, antworteten sie, T&mä gehört schon zu Haurän; die Ard el Betenije liegt nördlich von uns und S’akkä, Hit und H£jät gehören zu ihr. „Sind die Ruinen der Stadt Betenije grofsartig?“ fragte ich weiter, erhielt aber keine Antwort; die Leute hatten mich nicht verstanden. Da bezeichnete ich ihnen nach den Karten genau die Lage dieser Rui- nen und erhielt nur folgende Auskunft: Es liege dort keine Ortschaft Betenije, sondern nur die Mezra’a (Bezeichnung für ein kleines Dörf- chen) Bt&ne (heutige Aussprache der Form RR Buteine). Ruinen gäbe es daselbst nicht. Diese Auskunft stimmte meine Erwartungen bedeutend herab. Während ich von T&mä aus den östlichen Haurän nach dem Süden hin durchzog, erkundigte ich mich sorgfältig bei den Einwohnern der Städte Umm Ruwäk, Musennef und Büsän, ganz be- sonders aber bei den Jahrhunderte lang dort ansälsigen Gebirgsbedui- nen (Ahl el Gebel), die niemals die Gegend verlassen, und erfuhr mit grölster Bestimmtheit, dafs das ganze Land vom Gipfel des Gebirges bis zur Harra, und von Temä bis Umm el Kuten nur Haurän heifse, und der Name Ard (Landstrich) el Betenije sich auf die Um- gegend von Btene beschränke. Einige zwanzig Tage später kam ich selber nach Ard el Betenije und in der Wohnung meines Freundes “Abbäs el Kal’äni wurden seine Gränzen vor mindestens 30 Männern aus S’akkä und der Umgegend bestimmt, nämlich: Im Osten die Her- mije und im Westen der Wädi Luwä, doch wurden die Dörfer des Lohf sammt ihren Fluren östlich vom Luwä nicht zu Betenije gerechnet '). Seine Länge entspricht der des unterhalb Tafchä begin- nenden und südwestlich von Tell el Asfar endenden Luwacanals. Die Orte Nimre, Tafchä und S’uhbe wurden schon zu Haurän gerechnet. Sonach würde Ard el Betenije ein Landstrich von eirca sechs Stunden Vor 4 Jahren war der alte Fädl el Mahämid, Scheich in Der‘ät, längere Zeit in Damascus, um die Ortschaft Chirbet el Gazäle wieder zu erlangen, die früher dem Hause Mahämid gehört hatte, aber ihm von der in der Nukra mächtigen Familie el Hariri entrissen worden war. Zugleich suchte er einen Theilnehmer zum Wieder- aufbau von Turra, kam deshalb öfter zu mir, und versicherte immer, dafs Turra der wichtigste Punkt in der ganzen Nukra sei. Als ich auf dieser Reise nach Derät kam, fand ich es in grofser Bewegung und seine Aeltesten (Ichtiarije) in permanenter Versammlung, weil man eben zwei neue Colonien gegründet hatte, Naöme 1! Stunde südöstlich und Turra circa 2 Stunden nordwestlich von Der 'ät. Ich kam nicht nach Turra, glaube aber, dafs die „Wichtigkeit“ des Platzes in sei- nem trefflichen Boden und seiner geschützteren Lage bestehe. !) Der Wädi Luwä hat seinen Namen von lawä „umschlingen“, weil er das Legä im Osten und zum Theil auch im Norden umschlingt (jelwi “alä Lohf el Legä). Zeitschr.f. allg. Erdk. Neue Folge. Bd. VII. 13 194 J. G. Wetzstein: Länge und vielleicht zwei Stunden Breite (im Norden weniger) sein. Dals er seinen Namen von Btene hat, scheint kaum zweifelhaft zu sein. Auch kann sprachlich die Gegend von Bt&ne nicht anders als Ard el Betentje RN statt des antiken KA) heilsen, wie auch - die Umgegend von Medina nur Ard el Medenije heilsen kann, Das Eine ist nur dabei störend, dafs der Ort so klein ist, der einem grölseren Striche den Namen gegeben. Ich machte dies der Versammlung in S’akkä begreiflich, und sprach die Vermuthung aus, der Ort möchte einst wohl grölser gewesen sein. Aber die Leute erwiderten treffend, dafs zwei Dinge von der ehemaligen Gröfse einer hauranischen Ort- schaft Zeugnifs ablegten: Ruinen und Cisternen (Birke’s).. Ruinen gäbe es in Btene nicht und die Cisternen seien nur zwei kunstlose elende Löcher. Dennoch besuchte ich den Ort selber. Er liegt eine halbe Stunde östlich von H£jät, am nördlichen Fulse zweier Hügel von schönen ovalen Formen. Es hat 16 bis 20 unbedeutende steinerne Häuser (andere giebt es in Haurän nicht), von denen ungefähr 10 noch stehen und 6 bis 10 grofsentheils eingefallen sind. Das Dorf ist eng zusammengebaut und hat zwei Wachthürme von circa 45 Fufs Höhe. Desgleichen fand ich zwei unvollständige griechische Inschriften (die nebenher bemerkt in keiner hauranischen Ortschaft fehlen), von denen die besser erhaltene eine Votivtafel ist. Die zwei ärmlichen Birke’s liegen hart am Dörfchen und sind kunstlos in den Doleritfelsen ge- brochen. Schon in Burckhardt’s Karte von Haurän ist der Ort mit seinen zwei auffallenden Hügeln nur etwas zu nördlich unter dem Na- men Bezeine eingetragen, da Burckhardts deutschem Ohre das t (engl. th) wie das französische z gelautet haben mochte. Man wird vielleicht an diesem Nachweise die allzugrofse Ausführ- lichkeit tadeln, aber es schien mir in der That nicht unwichtig, zu zeigen, dals die Relationen falsch sind, auf welche hin man über den ganzen östlichen Haurän zu Gunsten der Tetrarchie Batanaea ver- fügt hat. Die Karten werden also dort diesen Namen zu tilgen und dafür ein kleineres Ard el Betenije längs des Luwacanals im Osten des Legä zu setzen haben. Eine Untersuchung über die wirkliche Lage der genannten Te- trarchie würde hier zu weit führen. Sie erfordert eine genaue Ver- gleichung der alten Quellen und würde selbst die locale Tradition be- rücksichtigen müssen. So handelt eine in nur wenigen (vielleicht acht bis zehn) Exemplaren in Syrien verbreitete, angeblich sehr alte drusi- sche Geographie, die el Musannaf (anal) betitelt ist, ganz ausführ- lich über eine hauränische Gegend Betenije (Batanaea). Die ge- schichtliehen und geographischen Ueberlieferungen der Drusen aber Reise in den beiden T'rachonen und um das Hauran - Gebirge. 195 sind sehr beachtenswerth, da diese mit den ihnen religionsverwandten Nos£riern (den Nao«oyvoız des Josephus und Anderer) für Ueberreste der ursprünglichen Bevölkerung des Landes gehalten werden müssen, sowie ihr Cultus (eine Art Aphroditedienst) seinen Grundzügen nach für eine Tochter des alten syrischen Heidenthums gelten muls. Auch in den Büchern (Defätir) des ehemaligen Damascener Militärordens Käpiköl, welche gegenwärtig im Besitze eines gewissen "Omar Bffendi, früheren Kadi’s von Balbek sind, hat ein Land Betenije seine Rubrik, weil der Orden aus seinen Ortschaften Revenüen bezog. Desgleichen haben die Damascener Getreidehändler ihren batanäischen Weizen (hinta betenije) und werden seine Heimath anzugeben wissen. Der gegen- wärtige Drusenscheich von Asrafije bei Sihnäjä, welcher das Musan- naf wiederholt gelesen, sagte mir, dafs Betentje der ganze westliche Hauränabhang sei, bis hinauf nach Kanawät, Suwedä und ‘Ire. Ich hoffe das Musannaf selbst noch zu sehen, aber was hindert uns, jene Angabe für werthvoll zu halten? Das würde ohngefähr dieselbe Ge- gend sein, welche Carl v. Raumer nach ernsten Studien für die Te- trarchie erklärt hat. Der vorerwähnte Jäküt el Hamawi, welcher viel von der Bedeutung des Wortes Betenije spricht, bemerkt nur, es sei eine Damascener Gegend, in welcher Hiob gelebt habe, und fügt hinzu, dals es nach Einigen zwischen Damaskus und Edreät liegen soll. Also wiederum ein Zeugnils gegen die Annahme, Batanaea liege im Osten des Legä’s und des Drusengebirges. Bestimmter noch er- klärt sich Idrisi in seiner Geographie von Syrien (pag. 16 der Rosen- müllerschen Ausgabe) also: „Von Damaskus nach Edreät, was (der Hauptort von) Betenije ist, reist man in vier Tagen.“ Nach dieser durch die drusische Tradition vervollständigten Notiz hätten wir die Nukra ') mit dem westlichen Abhange des Drusengebirges zusammen für Batanaea zu halten. Für Auranitis bliebe dann immer noch das weite Land um Bosrä westlich bis zur Zumle, südlich bis zur Belkä und östlich bis Ezrak. Bei dieser Annahme wäre die Tetrarchie gerade !) Nukra (C#>8))) nennt man die Zedi-Niederung zwischen dem Drusenge- birge und der Zumle. Dafs die Nukra südlich bis zur Wüste und nördlich bis zum Wädi el ‘Agem reiche, wie Eli Smith (s. Carl Ritter’s Palästina und Sy- rien II, 832) angiebt, ist irrig. Weder G&dür, noch das Land nördlich vom S’&ch miskin (um ZA, auch E$miskin rsme gesprochen) und südlich von der Zumle gehört zur Nukra. Diesen Namen hat das Land von seiner Kesselform und niederen Lage zwischen den östlichen und westlichen Gebirgen und den Terrassen des Legä’s erhalten. Seine gegenwärtigen Herren, die Zeltaraber, welche ihm die Benennung gegeben haben, entlehnten dazu das Bild von dem ver- tieften Feuerheerde, den sie in der Mitte des Zeltes graben, und der in der ganzen Steppe Nukra heifst. Vielleicht liegt darin nebenbei noch die Anspielung auf die gastlich einladende Fruchtbarkeit der Zedi- Niederung. 13* 196 J. G. Wetzstein: im Herzen des alten Basan geblieben, dessen Eichen (Jes. 2, 13) am westlichen Gebirgsabhange noch heute unvertilgbar fortwuchern. Auf meiner Reise von Bosrä nach Der‘ät habe ich mir ihre dunkeln Schatten oft angesehen und wäre gern zu ihnen hinaufgestiegen, aber meine Feierkleider gingen zu Ende und mit leeren Händen durfte ich nicht zu den reichen Scheichs des Gebirges kommen, denen unser Besuch die beste Gelegenheit gegeben haben würde, einmal recht mit jener Gastfreiheit zu prunken, die dem Haurän eigen ist. Am östlichen Abhange des Gebirgs dagegen ist kein Strauch zu finden. Es scheint, dafs ein unbekanntes Naturgesetz in diesem sonst so ergiebigen Lande dem Baumwuchse entgegenstände. Nur zwischen ‘Ormän und Chadrä el Löz wuchert die bittere Mandel und der Weifsdorn (Zarür). Von Eichen dagegen (Sindiän sowohl als Ballüt) wird vom Tell el Asfar bis Tell el Ku'6s keine Spur gefunden. Wenn nun auch der östliche Haurän niemals zum Reiche Israel selbst gehört hat, so macht es doch die unmittelbare Nachbarschaft des Landes höchst wahrscheinlich, dafs in der Bibel seiner Erwähnung geschehe. Unverkennbare Anklänge an geographische Namen dieser Gegend finden wir in 1. Mos. 25, 13. 14. 15 verglichen mit 1. Chron. 1, 29. 30. 31, wo die östlich an Palästina angrenzenden Stämme und Orte als Kinder Ismaels personifieirt werden. Die Stelle heilst: „Und das sind die Kinder Ismaels, wovon ihre Geschlechter (d. h. die von ihnen abgeleiteten Stämme und Orte) benannt sind. Der erstgeborene Sohn Ismaels Nebajöt, Kedar, Adbiel, Mibsam, Misma‘, Düma, Massä, Hadar, Temä, Jetür, Naphis und Kedmä.“ Finden wir hinter dem Haurän Kinder Ismaels, also Blutsverwandte Israels, so verschwindet das Auffällige in der Grenzbestimmung von Salcha. Hätte das Land dem Könige Og gehört, so hätte es oceupirt werden müssen, wenn auch nur im Princip und nominell, wie Hemäth, Zedad und Siphrön '), da das kleine Volk die weiten Grenzen nicht besetzen konnte, denn das fremde, götzendienerische Volk der Amoriter war dem Ausrottungs- kriege (Herem) verfallen. Aber gegen die bluts- und annähernd auch religionsverwandten Ismaeliter war ein solcher Krieg nicht zulässig, wie er nicht gegen die Edomiter zulässig war, weil sie Esau’s Kinder, und nicht gegen die Moabiter und Ammoniter, weil sie Lots Kinder 1) Zedad, arabisch Saded (3080) existirt bekanntlich noch jetzt. Die Stadt liegt im östlichen Theile der Provinz Hasje (Kam) ist ausschliefslich von Christen bewohnt und hat gegen 3000 Einwohner. Aber auch von Siphrön, ara- bisch Zifrän (135) sind noch weitläufige Ruinen vorhanden. Der Ort*liegt nach we) meinen Erkundigungen 14 Stunden nordöstlich von Damaskus, in der Nähe der Stralse von Palmyra. Er ist, glaube ich, noch von Niemandem besucht worden. Reise in den beiden Trachonen und um das Haurän - Gebirge. 197 waren. Sehen wir uns die Namen der Ismaeliter genauer an. Der Erstgeborene heifst Nebajöt. Man hat bei diesem Worte an die Na- batäer gedacht, aber diese werden bestimmt im alten Teestamente nicht erwähnt. Die Endung öt entspricht dem arabischen ät und ist Plurai- bildung, die noch heutigentags bei den Stammnamen sehr häufig ist, wie “Akedät, “Atamät, S’urefät. Auch die Nebajöt werden ein grofser Nomadenstamm gewesen sein. Unter K£dar wird man sich die Wan- derstäimme von den Grenzen des peträischen Arabiens bis zur Harra zu denken haben. Sie scheinen das gewesen zu sein, was die "Aneze, oder wenigstens die Stämme der Ruwala gegenwärtig sind, und wie diese werden sie auch wohl ihre Winterquartiere im Göf gehabt ha- ben. Näher führen uns schon die Namen Jetür und Naphis. Nach 1. Chron. Cap. 5 führte unter der Regierung Sauls der Stamm Ruben in Gemeinschaft mit Gad und Halbmanasse einen blutigen Krieg gegen die Hagriden, mit denen sich, aufser der sonst unbekannten benach- barten Völkerschaft „Nödab“, die genannten zwei Ismaeliter- Stämme verbunden hatten. Die Hagriden hatten nach Vers 10 ihre Wohnsitze östlich von Gilead. Die Veranlassung zu diesem Kriege war sicher keine andere, als die noch jetzt fast ausschliefsliche bei allen gröfseren Kämpfen der Nomadenstämme unter einander, nämlich das Bedürfnifs nach Vermehrung der Weideplätze und Tränkorte. Wenn sich nach Vers 9 die Heerden der israelitischen Stämme Peraea’s (die wir uns gröfstentheils als Nomaden denken müssen) dergestalt vermehrt hatten, dafs sie bis in die Gegend des Euphrats hin weideten, was recht gut denkbar ist, so mufsten sie sich allerdings durch die ganz in ihrer Nähe wohnhaften und gleichfalls ungeheure Heerden (vgl. Vers 21) besitzenden Hagriden sehr eingeengt fühlen. Dazu kam, dafs diese keine Wanderstämme waren, die etwa, wie gegenwärtig die ‘Aneze, nur einen Theil des Jahres in der Belkä geweidet hätten, denn nach Vers 21 besalsen sie sehr grofse Schafheerden, welche die Wander- stämme nicht haben können; sie waren also, gleich ihren israelitischen Nachbarn, im Lande se[shafte Nomaden, mufsten daher mit diesen das ganze Jahr hindurch in Conflikte gerathen. Unter solchen Um- ständen mufste es endlich zum Vernichtungskriege zwischen beiden Theilen kommen. Dieselben Motive, welche den Krieg herbeiführten, veranlalsten die drei genannten Ismaeliter-Stämme, sich mit den Ha- griden zu verbinden, nämlich die gerechte Besorgnifs, dafs nach der Vertreibung dieser auch an sie die Reihe kommen würde. Denn nach der hier aufgestellten Ansicht haben wir uns diese drei Stämme gegen Salcha hin (V. 11) als Nachbarn des Stammes Gad und im südlichen und südöstlichen Haurän als Nachbarn der Hagriden zu denken. Ueber Naphis und Nödab wird sich nicht viel sagen lassen, und durch eine 198 J..G. Wetzstein: Zusammenstellung des Namens Nud£&be, einer Ortschaft am Wädi el Butm, mit Nödab wird wenig gewonnen. Um so beachtenswerther scheint der Name Jetür. Ist er, wie. kaum zu bezweifeln, mit den Ituräern der Lateiner und Griechen und der Teträrchie Ituraea zu- sammenzustellen, so kann man über seine. Wohnsitze unmittelbar an den Grenzen .des alten Basan keinen Augenblick zweifelhaft sein. Strabo findet die Ituräer in Syrien an zwei Punkten, auf dem Libanon und. in der Nähe der Trachonen in einem schwer zugänglichen Gebirgs- und Höhlenlande. Dieses kann kaum ein anderes als das Drusen- gebirge im Centrum des Haurän sein '). Es ist ein interessantes Zusammentreffen, dafs wir auf beiden Punkten heutigentags die Dru- sen finden, desgleichen dals Strabo’s Schilderung, nach welcher die Ituräer ein Raubvolk gewesen, das die in der Ebene wohnenden !) Wie lange mögen die Drusen dieses isolirte Gebirge schon bewohnen, so dafs es selbst seinen ursprünglichen Namen verloren hat! Zwar nennt man es nicht selten auch Gebel Haurän, weil es von diesem Lande umgeben ist, aber: der allge- meine Gebrauch unterscheidet das Wort Haurän bestimmt von Gebel ed Drüz, und der letztere hat ehemals gewils seinen Eigennamen gehabt. Die Karten nennen ihn nach Ptolemäus „Alsadamus mons“ ein Wort, an dessen Richtigkeit gezweifelt werden mufs. ‚Man, wird es nur für ein arabisches halten können, aber es erklärt sich auf keine gefällige Weise. Zweimal kommt es in Ptolemäus vor, pag. 365 und 370 der Wilberg’schen Ausgabe, und zwar mit vier Varianten, unter denen zwei Aouhuavos und Aloalauos wohl eine Erklärung zuliefsen. Das erstere würde man in Zalman ( lel>) transscribiren können, was mit dem "hebräischen max identisch ist. Ein Berg Zalmön wird Ps, 68, 15 erwähnt: „Und als die Könige ‚zerstreut wurden, fiel Schnee auf dem Zalmön“, d.h. da kleidete sich das Gebirge zur Feier dieses freudigen Ereignisses in ein helles Lichtgewand. Wer in Palästina war, weils, wie herzerquickend der Anblick der fernen mit Schnee bedeck- ten Berggipfel ist... Die Schönheit dieser poetischen Figur wird dadurch erhöht, dals Zalmön nach seiner Etymologie ein finsteres, düsteres Gebirge bedeutet, entweder vom Schatten, Wald, oder schwarzen. Gestein. Das letztere würde auf das Haurängebirge passen. Auch Richter 9, 40 wird ein Berg Zalmön erwähnt, der aber nur bei Sichem gesucht werden kann. Doch mochten verschiedene Berge den- selben Namen haben. Die zweite Variante würde einen Gebel al Saläm „Berg des Heils“ oder „Berg des Grufses“ geben können. So würde das Gebirge entweder wegen seiner unerschöpfiichen Fruchtbarkeit, oder von den Wanderstimmen wegen seines Wassers und seiner Weideplätze oder von der in ganz Syrien gefeierten, pa- triarchalischen Gastfreiheit der Hauränier haben benannt werden können. Sollten die 1. Chron. 6, 24 erwähnten hauränischen Patriarchen ihre „Berühmtheit“ nicht grölstentheils ihrer Gastfreiheit verdankt haben? Jetzt wenigstens wird ein Haurän- scheich weder durch Reichthum, noch durch Heldenmuth berühmt, wenn seine Gast- freibeit ‚nicht gröfser ist als jene Eigenschaften. Doch sind das alles nur flüchtige Bilder, die uns beim Lesen jener Varianten einen Augenblick fesseln können. Je- denfalls ist es sehr zu wünschen, dafs alle noch unverglichenen Mss. des Ptolemäus (namentlich der Vatiecanus und Ambrosianus) endlich verglichen werden. Dafs aber Ptolemäus mit diesem Worte das Haurängebirge meint, unterliegt keinem Zweifel, denn er erwähnt einer Ortschaft Iazzaıa, die unterhalb dieses Gebirges gegen die trachonitischen Araber hin liegen soll. Es ist dies die Stadt S’akkä, der einzige trans- hauränische Ort, der in der Geographie des Ptolemäus vorkommt. Reise in den beiden Trachonen und um das Haurän- Gebirge. 199 Bauern gebrandschatzt habe, vollkommen auch auf die Drusen palfst, denen, aufser den Ortschaften am westlichen Libanonabhange, beson- ders das ganze paradiesische Bikä - Thal wörtlich genommen tributär und ein grofser Theil der christlichen und muhammedanischen Bevöl- kerung Hlauräns mindestens frohnpflichtig ist. Man behauptet, die Drusen seien aus dem Libanon in Haurän eingewandert, aber meine eingezogenen Erkundigungen bestätigen diese Behauptung nicht. Fa- milien ziehen herüber und hinüber, aber Niemand wulste, ob sie hier oder dort Aborigines seien. Wenn ich für die Tetrarchie Ituraea die höchsten Parthien und den östlichen Abhang des Drusen- gebirgs vorschlage, so trete ich allerdings in Widerspruch mit der Ansicht ausgezeichneter Archäologen, welche die Landschaft G&dür es südlich vom Wädi el "Agem dafür halten, aber einmal ist eine Apocope des G und eine Verwandlung des Buchstabens d in t eine unzulässige Willkür, und eine Zusammenstellung des Wortes mit dem biblischen Jetür ist vollends eine pure Unmöglichkeit; sodann werden die Ituräer von Cicero, Virgil und vielen Anderen ein wildes, rauflustiges Gebirgsvolk genannt, auf welche Prädicate die Vorfahren der gegenwär- tigen Gewädire (Einwohner von G&dür) gewils keinerlei Ansprüche machen konnten. Gedür liegt in einer flachen Ebene, mochte in seiner grölsten Blüthe 25 bis 30 Dörfer haben, von denen jetzt fast zwei Drittheile in Trümmern liegen, weil das Ländchen den Raubzügen der Wüstenbewohner, die von Bosrä heraufkommen, den Plackereien der Stämme des War und der Drusen des Haurän, namentlich aber der unersättlichen Habgier seiner Damascener Grundherrn schutzlos preis- gegeben ist; da es nämlich fast vor den Thoren der Stadt liegt, so sind seine Dörfer und Gehöfte gröfstentheils in den Privatbesitz der Damas- cener Patrizierfamilien übergegangen, die ihren Zurrä @ 1,1), wie die besitzlosen Bauern heilsen, kaum das tägliche Brod übrig lassen. In solcher bedrückten Lage mufsten die Gewädire ein knechtisch unter- würfiges und feiges Volk werden. Sollte dies im Alterthume anders gewesen sein? Auch damals werden sie die armen, demüthigen Zurrä ihrer Damascener Herren und kein freies, wildes, kampflustiges Volk gewesen sein, was die Ituräer doch entschieden waren. Wer Syrien kennt, weils auch, dals man derartige Völker dort nicht in den Ebe- nen, am allerwenigsten in den östlichen Ebenen suchen darf, die heute von einer kostspieligen Einquartierung brutaler Landreiter (Bas- buzuk) und morgen von einer Gazwe der Beduinen heimgesucht wer- den. Selbst die Drusen, die weder der Regierung noch den Beduinen 2 Zugeständnisse machen, und den Genufs einer einzigen aus ihren Gär- ten abgebrochenen Traube mit einer Flintenkugel würzen, sie selbst haben es niemals gewagt, sich in den Ebenen anzusiedeln, so frucht- 200 J. G. Wetzstein: bar diese auch sind, sondern bleiben immer nur in den Gebirgen, so mühsam und wenig einträglich daselbst auch die Bodeneultur ist, weil sie Männer bleiben und sich nicht erniedrigen wollen. Als Pompejus Coelesyrien eroberte, wird er im Ostjordanlande und namentlich in der Nukra und Gölän wohl nur Beduinenhorden gefunden haben, denn während der vorhergegangenen endlosen Kriege zwischen den kleinen judäischen und syrischen Tyrannen wird dort sicher alle Cultur zu Grunde gerichtet worden sein. In welch elendem Zustande mag er damals das Duzend damascener Meierhöfe in Gedür angetroffen ha- ben! Und diese mit Fülsen getretenen Tagelöhner sollen die Ituräer gewesen sein, deren wilde Tapferkeit von jener Zeit an die römischen Dichter besingen? Noch liefse sich anführen, dafs nach heutigem und gewils altem orientalischen Regimente unselbstständige Ortschaften der Regierung, gegenüber weder irgendwie berechtigt noch verpflichtet sind. Dies sind nur die Eigenthümer. Standen also die Gehöfte Gedürs schon zur Römerzeit in jenem abhängigen Verhältnisse zu den Damas- cener Grofsen, so wird man dem Ländchen gewils keinen besonderen Tetrarchen (Statthalter) gegeben, sondern es direet von Damaskus aus verwaltet haben. Sollte nach dem Gesagten der Gebirgsrücken und der östliche Haurän für Ituraea genommen werden können, so möchten die Ituräer auch das Volk sein, von dem die dortigen, in diesem Berichte beschrie- benen zahlreichen Troglodytendörfer herrühren, die (mit Ausnahme ihrer steinernen Vorbauten, welche für die Zuthat eines späteren Volks gehalten werden müssen) gewils in ein hohes Alterthum hinaufreichen, und denen wahrscheinlich der gegenwärtige Landesname „Haurän * (vom hebräischen Hör, die Höhle) seinen Ursprung verdankt !). !) So einfach diese Ableitung ist, so fällt mir ihre Annahme doch schwer, da mit Ausnahme des östlichen und südöstlichen Hauräns, wo allerdings die meisten vulkanischen Erhebungen, wie oben erwähnt, von den Troglodyten durchwühlt sind, die Höhlenwohnungen sonst in diesem Lande nicht gewöhnlich sind. Das wahre Höhlenland im Osten des Jordans ist Nordgilead, namentlich Erbed und Sue&t, und gehörten jene Gegenden zu Haurän, so würden entweder jene Höhlen oder die weilse Thonformation (arab. Hawära), in welche die Höhlen gebrochen sind, diese Benennung erklären. Aber diese Gegenden gehören nicht zu Haurän. Dagegen springen in diesem selber allenthalben zwei andere charakteristische Merkmale auffallend genug in die Augen, als dafs nicht das Land nach ihnen hätte benannt werden können, nämlich der rothe Boden (woher der Ausdruck diret ard el hamrä) und der schwarze Stein (woher diret hagar el aswad). Doch würde die Opera- tion, das Wort Haurän aus dem bekannten arabischen Sprachschatze in dem einen oder andern Sinne zu erklären, allzu künstlich ausfallen und zu den schwarzen Au- gen der Hüri’s wird die Farbe nicht von der Lava, sondern das Modell von den Hauränerinnen genommen, laut des galanten Sprüchworts: el hürijät min el hauräni- Jät „die schwarzäugigen Himmelsjungfrauen werden aus den Hauränerinnen genom- men“, Reise in den beiden Trachonen und um das Haurän - Gebirge. 201 So viel über Jetür. Ueber mehrere der in dem angezogenen Bibel- verse vorkommenden Namen von Ismaelitern lälst sich zur Zeit nichts sagen. Sie mögen Nomadenstämme gewesen sein, und wo wir es in der Bibel mit solchen zu thun haben, da helfen uns die heutigen Na- men nichts, denn die Stämme verschwinden durch Auswanderung, Krieg, Verschmelzung mit anderen Stämmen, oder wechseln die Na- men, was nicht selten ist. Seit fünfzig Jahren wird der grofse Aeneze- Stamm der Wuld Ali nach dem Namen seines damaligen Scheichs Zm&r (135) allenthalben nur Beni Zmer genannt. Wo uns aber die Bibel Ortsnamen giebt, da haben wir Hoffnung, sie grofsentheils wiederzu- finden, wären auch die Orte selbst bis auf die Grundsteine verschwunden, denn die Tradition der Araber ist von wunderbarer Treue. In der eitirten Bibelstelle finden wir dergleichen. Düma und T&mä sind noch heutigentags zwei stattliche Ortschaften im östlichen Haurän. Wenn Seetzen gehört hatte, dals Düma (&%,0) bis auf ein Haus ver- ödet sei (Ritter’s vergleich. Erdk. von Palästina und Syrien II, 922), so hat ihn sein Führer belogen, aus Furcht, Seetzen möchte Lust be- kommen, den Ort zu sehen, wenn er ihn als gut erhalten schildern würde. Der Ort hat viele wohlerhaltene Häuser und die neuen An- siedler, von denen ich oben sprach, zogen in die alten Wohnungen ein, ohne Reparaturen nöthig zu haben. Natürlich sind auch hier, wie anderwärts, die Ruinen überwiegend. Nicht die Zeit war’s, welche manche hauränische Orte stark verwüstete, sondern die Hand der Be- duinen, welche immer in Besorgnils sind, die wohlerhaltenen und be- quemen Häuser möchten Colonisten anlocken, welche dann die Weide- plätze in Aecker verwandeln und den Mitgebrauch der Cisternen ihnen wehren würden. Diese Zerstörungswuth hat namentlich in den letzten zehn Jahren, seitdem die Drusen angefangen haben, den östlichen Haurän zu oceupiren, sehr zugenommen. Ich war nur zwei Stunden in Düma und diese Spanne Zeit mufste ausreichen, um die vom An- stande gebotenen Besuche zu machen, die Ehrenmahlzeit einzu- nehmen, den Ort nach Inschriften zu durchsuchen und diese zu co- piren. Aber mein Reiseplan, demzufolge ich am Ramadanfeste (den 20. Mai) wieder in Damaskus sein mulste, gestattete mir nirgends einen langen Aufenthalt. Als ich nach Damaskus zurückgekehrt war, erhielt ich aus Düma einen Boten, der mir die Nachricht brachte, man habe daselbst weitläuftige Souterrains entdeckt, sie in Gegenwart des Jusef S’eref, Scheichs in Genene, ‘Abbäs Kal’äni, Scheichs in Sakkä, und Mezjad Kal’äni, Scheichs in Nimre, untersucht und voll Reihen steinerner Särge gefunden. Auf meine Anfrage, mir wissen zu lassen, ob die Särge Inschriften enthalten, habe ich zur Zeit noch keine Rück- äulserung. Es unterliegt keinem Zweifel, dafs auch Düma seine Blü- 202 J. G. Wetzstein: tenzeit gehabt hat, wie alle transhauränischen Orte. Dreiviertelstunden davon liegt T&mä (LS). Für die Annahme, dafs es das biblische Temä ist, scheint Jes. 21, 13 bis 17 zu sprechen, wo den Ismaelitern vom Stamme K£dar prophezeit wird, dals sie sich vor dem Feinde in den War (7°) flüchten würden. Dann fährt der Prophet fort: „Brin- get den Durstigen Wasser entgegen, die ihr wohnt im Lande T&mä, bietet Brod den Flüchtigen!* Die Ismaeliter von T&mä waren die Blutsverwandten der K&dar und von ihnen liefs sich erwarten, dafs sie diesen die Flucht erleichtern würden. In dem „Wasser“ läge vielleicht eine Anspielung auf die reichen Quellen, die T&mä hat, während die östlicheren, der Harra näher gelegenen Ortschaften keine Quellen, son- dern nur Cisternen haben. Von T&mä aus müssen sich dann die Flüch- linge entweder durch die Hermije in den War der G£le, oder auch in das nähere Legä gewendet haben. Denn das Wort Legä bedeutet ein Asyl und als solches ist das Land in ganz Syrien bekannt, von Jerusalem bis Haleb. Schwieriger ist die Erklärung einer anderen Bibelstelle, wenn das in ihr erwähnte T&mä identisch ist mit dem vo- rigen, nämlich Hiob 6, 19: „Sie spähen nach den Karawanen von T&mä und warten auf die Saumthiere von Saba.“ Die Karawane von Saba ist bekannt; sie vermittelte im Alterthume den Verkehr zwischen Je- men und Syrien und wurde erst durch die grofse damascener Mekka- pilger - Karawane unnöthig gemacht und von ihr absorbirt. Aber die rein locale Weizen-Karawane von T&mä, die ganz dieselbe sein mulste, welche gegenwärtig die Karawane von S’akkä heilst, und nur nach Damaskus und "Akkä geht, was konnte der im Lande Uz woh- nende Hiob von ihr wissen? Liefs sich keine entsprechendere Paral- lele zur Karawane von Saba finden? Man mufs also annehmen, Hiob habe eine besondere Veranlassung zur Erwähnung der T&mäer Kara- wane gehabt. Eine solche hätten wir wirklich in der Annahme, Hiob habe die Worte mit Bezug auf Eliphas den Temaner (T&mäni) gesagt, einen seiner anwesenden Freunde, die im ganzen Capitel ihrer Theil- nahmlosigkeit wegen getadelt werden. Zwar bedeutet das Wort T£&- mäni nach den biblischen Exegeten den Einwohner von T&män, einer edomitischen Stadt, die 1. Chron. Cap. {| von dem ismaelitischen Temä streng geschieden wird, und da man sich Hiobs Heimath, das Land Uz, auch in Edom gelegen denkt, so hat diese Erklärung sehr viel Ansprechendes. Dagegen läfst sich jedoch bemerklich machen, dafs ein Einwohner von Temä auch nur T&mäni heilsen kann (die defective Schreibart hat dabei wenig Störendes), und dafs die übrigen Opponen- ten Hiobs auch nicht unbedingt Edomiter waren. Der Eine war aus S’uah, also ein Keturäer, der Andere aus Naema, und dieser Orts- name („die Liebliche“) findet sich in Palästina und Syrien vielleicht I E r ein Duzendmal. Der Dritte war aus Bus, und das Wort Bus haben ja schon Andere (vergl. Winer’s bibl. Real-Wörterb. unter Bus) in Ermangelung eines Besseren mit der 34 Stunde von T&mä entfernten Stadt Büsän zusammengestellt, selbst noch bevor man wulste, wo die- ses Büsän lag, denn Jerem. 25, 23 heilst es: „Denen von Dedan, de- nen von T&mä, denen von Bus“. Es könnte daher Eliphas wohl aus dem transhauränischen T&mä sein, und die T&mäer Karawane somit ihre Erklärung finden. Weit bequemer haben die Erklärung dieser Stelle natürlich Diejenigen, welche Hiob, in Uebereinstimmung mit der syrischen Tradition, in den Haurän versetzen, indem sie sich bei Be- stimmung der geographischen Lage von Uz nicht an die Genealogie von Gen. 36, 28 halten, sondern an Gen. 22, 21, wo Uz ein Bruder des Bus und Kemuel, „von dem die Syrer kommen“, genannt wird. Hat auch die Angabe des Josephus, der Uz in’s Damascenische ver- setzt, an sich keinen Werth, so beweist sie doch das hohe Alter der erwähnten syrischen Tradition über die nördlichere Lage von Uz. Die Untersuchung über die Frage, ob transhauränische Oertlich- keiten in der Bibel erwähnt werden, ist neu und statt sie mit dem Vorbemerkten für geschlossen zu erachten, gebe ich vielmehr die Wahr- scheinlichkeit gern zu, dafs eine genauere Erforschung Idumaea’s und des peträischen Arabiens zu ganz entgegengesetzten Ergebnissen füh- ren kann, wenigstens in Bezug auf die Lage des biblischen Düma und Temä. Vielleicht kennt auch die Bibel mehrere Orte, die diese Namen haben. So liegen zwei gleichnamige Städte an der grolsen nabatäischen Handelsstrafse zwischen den nördlichen Häfen des rothen Meeres und dem ‘Iräk: Düma liegt östlicher, T&mä westlicher. Noch heute kennt der Araber die Namen der Schlösser Märid in Düma und el Ablak in T&mä und den ihres ehemaligen Besitzers und heldenmüthigen Ver- theidigers, des jüdischen Gassaniden-Fürsten Samuel Ibn H£jä Ibn Adijä ä, einer der hervorragendsten Erscheinungen in der Geschichte des arabischen Volks zwischen Christus und Muhammed. Ich schliefse hier diesen Bericht, um ihn nicht übermäfsig auszu- dehnen, obschon ich ihm gern einen ethnologischen Theil über Leben und Sitten der Nomaden beigefügt hätte, dieich auf meiner Reise ken- nen gelernt habe; denn fast das ganze Land, welches ich durchzog, fand ich in den Naturzustand zurückgekehrt a mit den schwarzen Zelten K£dars bedeckt. Damaskus, den 20. Juni 1858. Wetzstein. Reise in den beiden Trachonen und um das Haurän- Gebirge. 203 (Das nächste Heft der Zeitschrift wird einen Nachtrag des Herrn Consul Wetz- stein zu seinem Berichte bringen. Die Red.) & 204 H. Kiepert: Note über die Construction der Karte zu Consul Wetzstein’s Reise. Die Karte führt zum ersten Male in einiger Vollständigkeit und Zuverlässigkeit der Formen einen Erdraum den Augen vor, dessen ganze östliche Hälfte in Ermangelung europäischer Bereisung, sowie irgend welcher zuverlässiger Angaben einheimischer Berichterstatter auf den bisherigen Karten als fast völlig weifser Fleck figurirt hatte und damit leicht die Vorstellung völliger Verödung und gleichförmiger Wüstennatur erwecken konnte, nur eben dafs die auch im Westen all- gemein bekannteren Namen der Haupttheile dieses ausgedehnten Land- striches: Tulül, Safa, Harra und einzelne der Umgebung der Ruhbe angehörige Ortsbezeichnungen nach Burckhardt’s Erkundigungen, sowie einige jenseits des Südostfulses des hauränischen Gebirges von Buckingham gesehene oder erkundete Ruinenstätten, meist in sehr falscher Lage, sowie jene Landschaftsnamen selbst in durchaus fehler- hafter Stellung und Ausdehnung bereits auf älteren Karten, z. B. bei Grimm, Berghaus u. A. sich eingetragen finden '). Dagegen war die westliche Hälfte des dargestellten Terrains, wenn man eine Linie N. — 5. durch die Damascener Seen und den Rücken des Haurän- Gebirges als Scheide annimmt, durch jene Reisen aus dem zweiten Jahrzehent dieses Jahrhunderts allerdings schon in ihren Hauptzügen bekannt geworden, und die letzten gröfseren Erforschungsreisen auf diesem Gebiete, vom Missionar Porter 1852 —53 ausgeführt, haben durch die zahlreichen von ihm angestellten, in ihren Details allerdings nicht veröffentlichten, aber von ihm selbst in der Construction seiner 1) Bekanntlich erstreckte sich Burckhardt’s eigene Erforschung des Haurän-Ge- birges, quer über dessen Südabhang, schon bis Sälä (falsch bei ihm Zale geschrie- ben) am Ostfufse des Gebirges; das östlicher gelegene S’a’f hat er nur gesehen, von Melah und Der en-Nasräni, deren Richtung von Sälä aus er falsch östlich (statt SSO.) angiebt, offenbar nur gehört, ebenso wie von den Ortschaften der östlichen Wüstenoase Ruhbe, die er namentlich anführt: Brösije, ‘Od&@sije, Kn&se und dem ganz irrig südlich (statt nördlich) von den vorigen gestellten Kasam. Den meist sehr entstellten Namen von Ortschaften, die Buckingham vom Castell von Salchat aus in der südlichen und östlichen Wüste gesehen hat, fügt er zum Theil ganz irrige Entfernungsangaben und Compafsrichtungen bei, denen entweder arge Schreibfehler oder Verwechselungen der Objecte zu Grunde liegen müssen, so z. B. bei Der en-Nasräni, Melah, S’af, „Talliloze* (d. i. Tell el Löz), „el Khuzzir* (Chidr Imtän? oder Chadra?); nur “Ormän und „Hubbehtcha“ (d. i. Hibikke nach corrupter Bedawin-Aussprache) sind ziemlich richtig angegeben, drei Namen aber: Chirbet el Bozereak (el-Ezrak?), el-Mejeadel (wohl Mug’edil, Diminut. von Meg’del, also von diesem zu unterscheiden) und Agrebba sonst gänzlich unbekannt und daher gleichfalls unzuverlässig. Natürlich haben die auf diesen Angaben beruhenden An- setzungen der älteren Karten gar keinen Werth. Erst ganz neuerdings sind durch Porter’s sogleich anzuführende Messungen zwei Punkte in der östlichen Wüste: Dekwa und Tulül es-Safa annähernd richtig bestimmt worden. Note über die Construction der Karte zu Consul Wetzstein’s Reise. 205 Reisekarte ’) verarbeiteten Messungen der Topographie dieser Gegen- den, selbst für viele Details bereits einen sehr schätzbaren Grad von Zuverlässigkeit gegeben. Gleichwohl darf auch für diesen westlichen Theil unsere neue Construction das Verdienst vollkommener Selbststän- digkeit und Zuverlässigkeit der geometrischen Grundlage beanspruchen, dank den in ungemein grolser Zahl mittelst einer grolsen Stativ-Bous- sole mit Dioptern an vielen, besonders hochgelegenen und weite Aus- sicht gewährenden Punkten durch Herrn Wetzstein mit grölster Sorg- falt vorgenommenen Winkelmessungen ?), von denen nur eine sehr ge- ringe Zahl, zumal wo natürliche Hindernisse, wie Trübung des Hori- zonts oder Undeutlichkeit des Objects für den europäischen Beobachter, der dann die Stellung des Instruments den schärferen Augen seiner arabischen Begleiter überlassen mulste, obgewaltet hatten, sich als un- genau erwies und von der Benutzung ausgeschlossen werden mulste. Das auf diese Winkel basirte, als Grundlage der topographischen Zeich- nung zunächst von mir construirte, ungemein vollständige Dreieck- netz, neben welchem die von andern Reisenden gemessenen Compals- winkel kaum noch in Betracht kommen ?), wird allerdings noch man- !) Map of Damascus, Hauran and the Lebanon Mountains from personal sur- vey, by J. L. Porter, in dessen „Five Years in Damascus. London 1855. 2 Vol.* Längenmafsstab 1:600,000, oder 3 des Mafsstabs meiner Karte. 2) In der Westhälfte (wo Porter’s Bestimmungen auf seiner Karte gröfsten- theils erfreulich damit übereinstimmen), namentlich auf Tell Abu-Jezid und Gebel Mäni, S. von Damascus, weiter südlich und südöstlich auf dem Tempel zu Mismie, auf den Bergen T. Chälidije, T. Ma’z, Umm Dubeb, Abu Tm&s, in Däma, Neg’rän, Haräk, Umm el Mejädin, Sahwet el Kamh, Kıreje, und auf den Burgen von Bosrä und Salchat. In der neuerforschten östlichen Hälfte aber von Süden beginnend auf den Bergkegeln Chidr-Imtän, S’af, S’ibikke, sowie auf dem südöstlichen Hochlande in der Nähe von Nemära und von “Odesije, dann auf den Spitzen der Tulül es-Safa und des Rigm el-Marä und an mehreren Punkten des Ostrandes des Plateau’s der ele;_ zusammen über 600 Messungen, deren vollständige Publication, als Grundlage der Kartenconstruction, ich mir im Einverständnisse mit dem Autor bis nach der zu erwartenden Vervollständigung durch seine neue Reise vorbehalte. 3) Werthvoll zur Vergleichung und Vervollständigung würden namentlich die unedirten Original-Beobachtungen von Porter sein; ältere Reisende wie Seetzen und Burckhardt konnten unter sehr ungünstigen äufseren Umständen diesem Zweige ihrer Thätigkeit nicht die nöthige Mufse widmen und geben daher nur gelegentlich wenige, und wie sich jetzt zeigt, nicht sehr zuverlässige Messungen; weit mehr der- gleichen bietet Buckingham’s Reise von 1816; besonders wichtig zur Ausfüllung mancher von den neueren Reisenden weniger erforschten Partien mit sicheren Posi- tionen würden seine zu Watar und Tulül S’ech Husen nördlich von Bosra, sowie noch weiter nördlich zu Zora‘ und Mahagge gemachten Messungen sein, wenn sie nicht durch eine grofse Zahl von entweder Objectsverwechselungen oder aber Schreib- - und Druckfehlern entstellt wären, von denen wohl ein gutes Theil auf die höchst unzweckmälsige seemännische Art der Aufzeichnung nach Compafsstrichen statt mit Gradzahlen kommen mag: Irrthümer, denen die auf diese Beobachtungen basirten älteren Karten einen grofsen Theil ihrer Fehlerhaftigkeit in der Darstellung dieser Gegenden zuzuschreiben haben; wo sie daher mit anderen Daten sich nicht vereini- gen lassen, sind Buckingham’s Winkel ganz aulser Acht gelassen worden. i 206 H. Kiepert: cher kleineren Berichtigung und vieler Vervollständigungen fähig sein, die ihm durch die in Aussicht stehende zweite Reise des Herrn Wetz- stein in ausgedehntem Mafse zu Theil werden sollen '); erlaubt aber doch schon jetzt eine eben so ceorreete Niederlegung der Topographie dieses ostjordanischen Landstriches, wie wir sie bisher nur von einzel- nen Theilen des Westjordanlandes durch die Arbeiten von Robinson, E. Smith, Churchill und anderen besafsen. Zur Ausfüllung mit dem topographischem Detail diente aufser den speciellen Aufzeichnungen des Wetzstein’schen Tagebuches eine vom Verfasser unmittelbar nach den frischen Eindrücken der Reise, obwohl nur aus dem Gedächtnisse und nach ungefähren Schätzungen entworfene Kartenskizze, in welche auch die weniger bestimmten, nur auf von kenntnilsreichen Einwohnern ein- gezogenen Erkundigungen beruhenden Angaben über Ortslagen, Lauf der Gewässer u. dgl. in den von der Route des Verfassers nicht un- mittelbar berührten Landstrichen bereits eingetragen waren; natürlich mulste dieses Material, wenn auch vieles Detail darin zum erstenmale als neuer Zuwachs der Topographie erscheint, in manchen Punkten zurückstehen gegen die von den angeführten europäischen Forschern beobachteten Thatsachen, welche — natürlich aus den Originalquellen, nicht aus den öfters durch Irrthümer entstellten bisherigen kartographi- schen Bearbeitungen geschöpft — zunächst zur Ausfüllung der von Herrn Wetzstein nicht gesehenen Striche des Haurän und seiner westlichen Angrenzungen dienten. Nach Vollendung dieser Arbeit erfährt sie schliefslich noch eine kleine Ergänzung auch in dem neu aufgeschlossenen östlichen Ge- biete durch die vorläufige Bekanntmachung einiger Resultate einer Reise, welche der Engländer Cyril Graham bereits ein Jahr vor Herrn Wetzstein (Frühjahr 1857) durch dieselben Gegenden unternommen hatte, und über welche auch, gleichzeitig mit Wetzstein’s Entdeckungen, sei- ner Zeit der kundigste und berufenste Beurtheiler dieser schönen Lei- stungen auf dem Felde asiatischer Landes- und Denkmälerkunde, unser verewigter Meister C. Ritter, in dieser Zeitschrift selbst nach brief- lichen Mittheilungen Bericht erstattet hat (1858, Bd. V, 8. 339 ff.). Der 28ste, als Jahrgang 1858 bezeichnete, jedoch erst vor einigen Wochen ausgegebene Band des Journal of the R. Geographical Society of London bringt (p. 226— 263) einen kurzen Auszug aus Graham’s Tagebuch, der ohne nähere topographische Angaben vorzugsweise die geognostischen und monumentalen Eigenthümlichkeiten dieser Ge- !) Besonders erwünscht werden panoramatische Winkelmessungen von den bis- her noch unbesucht gebliebenen südlichen Hochwarten des Haurän-Gebirges, wie Kleb, Guwelil, Gefne u. a. für eine neue noch vollständigere und correctere Con- struction der Karte sich erweisen. } Note über die Construction der Karte zu Consul Wetzstein’s Reise. 207 genden berührt, begleitet von einer kleinen Kartenskizze (im Längen- malsstab 1:1.200,000 oder 4 des Mafsstabs unserer Karte), welche in der Westhälfte wesentlich (bis auf einige nachgetragene Positionen) Porter’s Karte folgt, im Uebrigen zwar auf vielfache Messungen basirt sein soll, jedoch nach eigener Angabe des Autors, die er mir auch bei seinem Besuche in Berlin im Herbst vorigen Jahres mündlich machte, - auf keine sonderliche Genauigkeit Anspruch machen will '). Dafs in der That sich manche Fehler und Ungenauigkeiten, wohl durch Mangel ausreichender Beobachtungen, in die Construction von Graham’s Itine- rar eingeschlichen haben, zeigt schon eine oberflächliche Vergleichung mit den zum Theil mit den seinigen zusammenfallenden Routen Wetz- stein’s, sowie mit den von Wetzstein durch genaue Winkelmessungen festgestellten. Positionen und Distanzen. Entschieden fehlerhaft ist z. B. bei Graham die nördliche (anstatt südliche) Ausbiegung des Weges von “Ormän (am Südostfulse des Haurän-Gebirges) über Melah nach Der en-Nasräni, die Position von „Khudr“ (d.i. Chidr-Imtän) im Süden _ (statt SW.) von Der en-Nasräni, die Verwechselung der Positionen von Anz und Mashkük. Dagegen konnten durch die von letztgenann- _ ten Orten über Umm er-Rummän gerade nach „Kureiyeh“ (Kreje) ’ fortgesetzte Route, sowie durch die südliche Exceursion von Bosra nach der eolossalen Ruinenstadt Umm el-Gemäl, bei welcher Umm es-Sum- mäk, Umm es-Surab, ed-Der, Sabha, Subhije, Umm ez-Zn&ne ?) be- rührt wurden, die Positionen dieser wichtigen, von Wetzstein nicht selbst besuchten, sondern nur zum Theil von Bosra und Sahwet el _ Kamh aus gesehenen Ortschaften genauer festgelegt werden, als es ' nach einseitigen Messungen von jenen nördlicheren Punkten aus und ? nach den Entfernungsschätzungen und Ortsbeschreibungen, die Wetz- % b ’ u —angut. » _ stein von den Anwohnern erhielt, möglich war: wir haben daher nicht 4) A. a. O. p. 234: I carefully noted the bearings, and from these and the ilinerary my map is made, which, although from the want of proper instruments it can boast of no great accuracy, will yet be of some service in enabling future tra- wellers to find again the places I visited. — Der darauf folgende Satz: „For the names I can speak with the greatest confidence, as I made it an invariable rule to get all the names written down, whenever I had an opportunity, by the secretary of Druz chiefs“ mag für das eigentliche Haurän gelten, giebt aber keine Garantie für die den Drusen gänzlich unbekannten Localnamen der östlichen Wüstenstriche, _ welche vielmehr in Graham’s Bericht zum Theil entstellt erscheinen, wovon Beispiele im folgenden. 2) Dafs Umm el Kuten, wie es a. a. O. p. 252 heilst, berührt worden sei, scheint eine Ungenauigkeit des Ausdrucks, wie Herr Wil meint, der an Ort und Stelle von dem vorjährigen Besuche des Engländers in dieser Gegend hörte; ebenso st es irrig, wenn daselbst eine zwischen Umm el-Gemäl el-kebire und Subha (also ( stlich von ersterem) gelegene Stätte als U. el G. es-sagire (das kleine U. el G.) _ bezeichnet wird, ein Name, der nach mehrfachen übereinstimmenden Zeugnissen viel- _ mehr einer westlich gelegenen Ruinenstadt zukommt. FR 308 Note über die Construction der Karte zu Consul Wetzstein’s Reise. angestanden, diesen Theil unserer Karte im Süden von Bosra durch geringe westlichere Verrückung einiger Punkte (um circa 2 d. Meile) auf Graham’s Autorität noch während des Stiches zu berichtigen. Am Östrande der Harrä liels sich unsere Karte durch die über Wetzstein’s Routen jenseits der Ruhbe und Nemära noch um 4 bis 5 d. Meilen östlicher hinausgehende Route Graham’s in einigen Punkten vervollständigen, doch bei dem Mangel genügender Uebereinstimmung in den Richtungen der nächstgelegenen Positionen kaum mit der für die Zeichnung wünschenswerthen Sicherheit. Der von Wetzstein nur nach seiner Richtung von Tulül es-Safa aus genau gemessene Berg Umm-Idn, den Graham irrig Tell Umm el-Midhen schreibt, kommt danach 1% d. Meile südlich (richtiger wohl südöstlich) von el- Karin (Tell Umm el-Gerid bei G.) zu liegen. Von hier 2 d. Meilen südlich zu einer antiken Strafse, angeblich Fortsetzung der bei Nemära sichtbaren, die jedoch keinenfalls, nach ihrer Richtung gegen ONO. zu schliefsen, nach Palmyra, wie Graham vermuthet, geführt haben kann. Von hier 24 d. M. OSO. zu einem Flufsthale W. Warrän !), längs desselben 14 d. M. südlich herab, und dann 44 d. M. gerade west- lich nach Nemära zurück, halbwegs den nahe südlich bleibenden Berg „Lell’Ozda“* berührend. Dieser Name ist eine deutliche Entstellung des durch Wetzstein von zwei Punkten aus gemessenen und danach in unserer Karte fixirten es-Sud£j im Südost von Nemära; wonach die Wegedireetionen Graham’s beträchtlich modifieirt werden müssen. Nach Combination der darüber von Herrn Wetzstein erkundeten Angaben läfst sich noch die ungefähre Lage einiger weiter östlich in die Harrä vorgeschobenen Oertlichkeiten andeuten. Auf der Grenze derselben gegen die Steppe (Hamäd) der einzelne Berg el- Guräb in Lat. 33° 20’, Long. ca. 35° 33’ Par., südlich davon in Lat. 33° 13’ — 14’ das Wasserbecken Gadir el- Makäti‘, dessen westlichen Abflufs der Amlüd el-G&umär bildet, der noch weiter östlich aus dem Ha- mäd herkommt, wo er, vielleicht unter Long. 35° 45’ (oder 50’) Par. und Lat. 33° 15’ den Teich Gadir el-Burku‘ mit den gleichna- migen Schlofsruinen bildet, über den Herr Wetzstein in einem zwei- ten Artikel weitere Erläuterungen geben wird. Diese Positionen sind jedoch zu unsicher, als dals ich, um sie aufzunehmen, die Karte noch um einen halben Grad östlicher hätte ausdehnen mögen; vielleicht wird Graham’s neue, in diesem Jahre bis zum Euphrat hin projectirte Reise darüber entscheidenden Aufschlufs bringen. H. Kiepert. !) Mit demselben Namen Werrän wird nach Wetzstein’s Erkundigungen ein Wadi in viel westlicherer Gegend, bei Geras, dem alten Gerasa, bezeichnet. u a a _ 209 W. Zur Erinnerung an Carl Ritter. Von Herrn Director Kramer in Halle. Es ist einer der erhebendsten und zugleich wahrhaft erquickend- sten Gegenstände der denkenden Betrachtung, wenn uns das Leben eines reichbegabten Menschen entgegentritt, in welchem die von dem Herrn in den Geist und das Gemüth gelegten Keime zu voller Ent- faltung und Ausgestaltung gekommen sind und die Frucht, welche sie bringen sollten und konnten, in reichstem Maafse gebracht haben. Diese Betrachtung wird tief erbaulich und fordert zur Anbetung auf, wenn wir in einem solchen Leben einerseits die waltende Hand Gottes gleich- sam handgreiflich erkennen können, andererseits aber der kindlichsten und demüthigsten Hingebung an eben diese Leitung des Herrn begeg- nen, und so jene Harmonie im Wollen und Denken, Reden und Thun, Streben und Erreichen, zugleich jener Friede mitten in der mannich- faltigsten Thätigkeit und der unermüdetsten Arbeit entstehen, nach denen jedes Menschenherz sich sehnt, und welche doch so Wenige hier auf Erden erreichen. Solcher Art aber war das Leben Carl Ritters, von welchem wir im Folgenden eine kurze Skizze zu geben beabsich- tigen. Carl Ritter wurde zu Quedlinburg den 7. August 1779 geboren. Seine Geburt fällt also in jene Zeit, in welcher ein hoher geistiger Aufschwung in Deutschland stattfand, und ein lebendiges, unendlich reges Streben nach den höchsten Gütern der Menschheit durch alle Völker ging. Sie fiel früh genug, um ihn an der befruchtenden Kraft dieser Bewegung Theil nehmen zu lassen, spät genug, um ihn vor den Verirrungen, in welche sie vielfach gerieth, durch die Erfahrung der traurigen Folgen derselben zu bewahren. Sein Vater war fürstlicher Leibarzt der Aebtissin des dortigen Stifts, ein Mann von edlem Cha- rakter und feinem, frommem Gemüthe, von seinen Mitbürgern wegen seiner Geschicklichkeit geschätzt. Nichts desto weniger gelang es einem neidischen Concurrenten, durch Schmähungen und Verleumdungen, gegen welche in gleichem Tone sich zu vertheidigen er verschmähte, ihm den gröfsesten Theil seiner Praxis abwendig zu machen. Obwohl der Ungrund jener Angriffe allmählich an den Tag kam, und seine früheren Clienten, welche sich betrogen sahen, sich wieder zu ihm zu- rückwandten, so hatten Gram und Sorge, die zwei Jahre hindurch schwer auf ihm gelastet, dermafsen an seinem Leben gezehrt, dafs er Zeitschr. f. allg. Erdk. Neue Folge. Bd. VII. 14 210 Kramer: im rüstigsten Mannesalter einem Nervenfieber erlag. Er hinterliefs eine völlig mittellose Wittwe, eine geborene Messow, mit fünf Kindern, deren ältestes, ein Knabe, 10 Jahre alt war; Carl, das vorletzte der- selben, war 5 Jahre alt. Die traurige Lage der Wittwe, einer edlen feingebildeten Frau, erweckte die grölseste Theilnahme zunächst bei ihren Mitbürgern, die sich auf mancherlei Weise beeiferten, ihre Ach- tung gegen den schwer gekränkten und verkannten Mann thatkräftig zu beweisen; aber auch in weiteren Kreisen. So übernahm der Fürst des benachbarten Bernburg die Erziehung des ältesten Knaben. Wun- derbar aber sorgte der Herr für die beiden nächstfolgenden Brüder. Salzmann hatte damals, nachdem er sich von Basedow getrennt, Schnepfenthal gekauft und stand im Begriff, seine Erziehungsanstalt daselbst zu eröffnen. Er hatte sich vorgenommen, als ersten Zögling ein Kind unentgeltlich aufzunehmen, doch sollte es erst im sechsten Jahre stehen und nicht unbegabt sein. Durch ein Zeitungsblatt, in welchem der frühe Tod des Dr. Ritter in Quedlinburg, der eine Wittwe mit fünf unmündigen Kindern hinterlassen habe, angezeigt war, auf- merksam gemacht, sendet er nach einiger Zeit zwei seiner Freunde dorthin, um die Familie kennen zu lernen und zu prüfen, ob unter den Kindern ein Knabe sei, der seinen Wünschen entspräche. Nach kurzer Bekanntschaft entschieden sie sich für den kleinen Carl und eröffneten der Mutter ihren -Wunsch. Und so grols war das schnell entstandene gegenseitige Vertrauen, dafs die Mutter, wenn auch mit wehmüthigem Schmerz über die Trennung von ihrem Lieblinge, in den Antrag ein- willigte. Auf die an sie freundlichst gerichtete Einladung Salzmanns brachte sie ihren Sohn persönlich nach Schnepfenthal. Ein älterer Bruder und Gutsmuths, ‘damals Candidat der Theologie, der treue Er- zieher der Kinder, welcher sie nach dem Tode des Vaters nicht ver- lassen hatte, obwohl die Mutter ihm erklärte, dafs sie aufser Stande sei, ihm ferner sein Gehalt zu zahlen, begleiteten sie. Ein mehrtägi- ger Aufenthalt derselben in dem Hause Salzmanns knüpfte zwischen beiden Theilen die engsten Banden gegenseitiger Hochachtung und Freundschaft, und kurz vor der Abreise sprach Salzmann den Wunsch aus, auch den älteren Sohn bei sich zu behalten, und machte Guts- muths das Anerbieten, als Lehrer in Schnepfenthal zu bleiben, was früher der dringende Wunsch der für ihre Kinder besorgten Mutter gewesen, aber nicht möglich erschienen war. So kam Ritter nach Schnepfenthal, der erste Schüler der entstehenden Anstalt, ein glück- liches Vorzeichen ihrer Blüthe. Er blieb dort bis zu seinem Abgange zur Universität, eilf Jahre hindurch, und dieser liebliche Ort, wurde seine wahre Heimath. Und kaum möchte es einen anderen gegeben haben, an welchem sich gerade die eigenthümlichen Anlagen seiner Zur Erinnerung an Carl Ritter. 211 innigen und sinnigen Natur hätten glücklicher entwickeln und zu dem Berufe, den er später in so ausgezeichneter Weise erfüllte, vorbereitend ausbilden können. Rings umgeben von einer mit den mannichfaltig- sten Reizen ausgestatteten Landschaft, an dem Rande des Thüringer Waldes, hinschauend nach der einen Seite auf die weit sich ausbrei- tende fruchtbare, mit Städten und Dörfern reich besetzte Ebene, nach der andern auf die bewaldeten, mit köstlichen Wiesengründen durch- zogenen Berge mit ihren mannichfaltigen Gestaltungen und dem reichen in ihnen waltenden Leben, empfing er von frühester Jugend an die lebendigsten Eindrücke von der Herrlichkeit der Schöpfung Gottes, von der Mannichfaltigkeit der Gestaltungen der Erdoberfläche und der ihnen eigenthümlichen Beziehungen zu dem auf ihr sich entfaltenden Leben. Dazu kam, dals er in den einfachsten und natürlichsten, durch keinen hindernden Zwang beengten Verhältnissen unter der Leitung trefflicher, für die Erziehung der Jugend begeisterter Männer, die alle mit ihren Zöglingen gleichsam eine Familie bildeten, aufwuchs. Unter den Leh- rern, die am meisten auf ihn wirkten, sind vor Allen Salzmann selbst, Bechstein und Gutsmuths zu nennen, der auch hier fortfuhr, ihm die besonderste Sorgfalt zu widmen, und ohne Zweifel wesentlich dazu beigetragen hat, ihm eine Richtung auf die Geographie zu geben. Die Weise des Unterrichts und der Erziehung war die von Basedow ange- regte und zuerst im Dessauischen Philanthropin versuchte, aber befreit von dem marktschreierischen und eitlen Wesen, das ihr dort anklebte. Die Beschäftigung mit den Sprachen und Werken der classischen Li- teratur trat zurück, dagegen wurden mannichfaltige Kenntnisse und Fertigkeiten, die in unmittelbarer Beziehung zum Leben stehen, gelehrt, und die neueren Sprachen traten mehr als anderwärts in den Vorder- grund, was auch dadurch befördert wurde, dafs bald Zöglinge aus sehr verschiedenen Ländern in Schnepfenthal zusammenkamen. Stählung des Leibes, Kräftigung des Charakters und des Geistes überhaupt in seiner Gesammtentwickelung wurde mit regstem Eifer angestrebt. Der durch das ganze dortige Leben hindurchgehende Geist war bekanntlich der des praktischen Rationalismus, unter dessen eifrigste Vertreter Salz- mann zählte. Aber wenn so die tiefsten Quellen wahrer Beseligung wenigstens verdunkelt waren, so herrschte in demselben doch eine durchaus aufrichtige Frömmigkeit, herzliche Liebe, hohe Reinheit der sittliehen Gesinnung. Das waren die Einflüsse, unter denen Ritter zum Jüngling heranreifte, und unter denen alle jene Eigenschaften des Herzens und Geistes, die ihn später in so hohem Grade auszeichneten, in der Stille und unter der unscheinbaren Hülle jugendlicher Einfalt erstarkten. Seine Zukunft lag dunkel vor ihm. Er hatte sich für kei- nen Stand entschieden, aber hegte den Wunsch zu studiren. Dazu war 14* 212 Kramer: indessen nach menschlichem Ermessen wenig Aussicht. Seine Mutter hatte sich allerdings einige Jahre nach dem Tode ihres ersten Gatten wieder mit dem als ausgezeichneten Pädagogen bekannten Superinten- denten Zerrenner verheirathet, war aber doch nicht im Stande, ihm die dazu nöthigen Mittel zu gewähren. Da griff der Herr, der ihn bis- her so wunderbar geführt hatte, von Neuem in seinen Lebensgang, und leitete ihn in eine Bahn, die für die Entwickelung seines ganzen spä- teren Lebens von der entscheidendsten Wichtigkeit werden sollte. Ein reicher Kaufmann aus Frankfurt am Main, Herr Hollweg, Associe des grofsen Bethmann’schen Hauses, der die Anstalt zu Schnepfenthal besuchte, gewann Interesse an dem jungen Ritter, dessen Wesen seine Aufmerksamkeit auf sich gezogen hatte, und erklärte sich, nachdem er seine Verhältnisse erfahren, auf Salzmann’s Empfehlung bereit, ihn stu- diren zu lassen, unter der Bedingung, dafs er später als Erzieher sei- ner eigenen Kinder in sein Haus einträte. So bezog Ritter, als er das 17te Lebensjahr beendet hatte, die Universität Halle. Er wurde am 2. November 1796 als Studiosus der Cameralwissenschaften unter dem Prorectorat von Curt Sprengel immatriculirt, und blieb zwei Jahre auf der Universität. Halle war damals der Mittelpunkt eines aulser- ordentlich regen wissenschaftlichen Lebens, namentlich stand Fr. A. Wolf auf der Höhe seiner anregenden Wirksamkeit. Auch blieb der Aufenthalt daselbst gewils nicht ohne mannichfaltige Einwirkung auf Ritter, doch scheint sie weniger bedeutend gewesen zu sein. Seine ganze Vorbildung war weniger auf die Verfolgung bestimmterer Fach- studien angelegt, die er denn auch nicht betrieb: was er später wohl zuweilen bedauernd erwähnte. Indessen gedachte er öfter des anregen- den und bildenden Einflusses, den A. H. Niemeyer auf ihn ausgeübt habe, in dessen Hause (der sogenannten Niemeyerei) er wohnte, und der ihm nach seiner gastfreien Weise den Zutritt zu den um ihn sich oft versammelnden Kreisen gestattete. Bei der bedeutenden Stellung, die Niemeyer in der pädagogischen Welt damals einnahm — dasjenige Werk, woran sein Name sich am bleibendsten knüpft, seine „Grund- sätze der Erziehung und des Unterrichts“, erschien zuerst gerade 1796 — mufste er allerdings für Ritter, der sich ja zu dem Berufe eines Erziehers vorbereitete, von besonderer Wichtigkeit sein. Im Jahre 1798 verliefs er Halle und trat in das Haus des Herrn Hollweg ein, um die Erziehung der vier Kinder desselben, namentlich der beiden Knaben, von denen der eine etwa sechs, der andere drei Jahre alt war, zu übernehmen. Es war ein gewaltiger Schritt für den neunzehnjährigen Jüngling aus den einfachen Kreisen, in denen er sich bisher bewegt hatte, mitten in die ihm ganz fremde Welt einer grofsen Handelsstadt und ihrer Aristokratie. Da galt es manche Schwierigkeiten in ihm Zur Erinnerung an Carl Ritter. 213 selber und aufser ihm zu besiegen. Aber er ergriff seine Aufgabe mit allem Ernst und allem Eifer seines treuen und kräftigen Sinnes und überwand alle Hindernisse so vollständig, dals er Erfolge errang, wie sie wenigen Erziehern gelungen sind. Dies gilt vor Allem von dem jüngsten seiner Zöglinge (der ältere starb in der Blüthe des Jünglings- alters), dessen Erziehung er von seiner zarten Jugend bis zum Ueber- gang zur Universität leitete. Es ist der jetzige Königl. preufsische Mi- nister der geistlichen, Unterrichts- und Medicinal- Angelegenheiten, Herr v. Bethmann-Hollweg Excellenz. Nicht minder glücklich war die Entwickelung eines anderen Zöglings, der frühe zu jenen Beiden hinzutrat, des Sohnes des berühmten S. Th. Sömmering. Das Band der innigsten gegenseitigen Liebe und Freundschaft hat beide, Erzieher und Zöglinge, als schönste und seltenste Frucht ihres Verhältnisses, bis zu Ritters Tode verknüpft. Aber für ihn selbst und seine weitere Ent- wickelung wurde dieses Verhältnifs in hohem Grade wichtig und be- deutend. Wenn es überhaupt wenige Lebensstellungen giebt, in denen alle Seiten des ganzen Menschen so in Anspruch genommen und zur Ausbildung gleichsam genöthigt werden, als die eines Erziehers in einem Privathause, so war dies namentlich hier der Fall. In Ritter selbst waren alle Bedingungen vorhanden, den Anforderungen, die in einer solchen Stellung liegen, zu genügen, und andererseits waren die Um- stände, unter denen er seine Aufgabe zu lösen hatte, nach vielen Sei- ten bin überaus günstig. Selbst die zu überwindenden Schwierigkeiten mulsten dazu beitragen, ihn zu fördern. Durch den Eintritt in das Hollweg’sche Haus kam er mit nicht wenigen bedeutenden Persönlich- keiten sehr verschiedener Art in nahe Beziehung, durch deren Umgang sein Blick sich bald mehr und mehr erweiterte und immer selbststän- diger und freier wurde. Unter ihnen ist vor allen Andern Sömme- ring zu nennen, dessen Genialität und tiefe Wissenschaftlichkeit den gröfsesten Einfluls auf ihn ausübte. Er selbst spricht dies in der Ein- leitung zur zweiten Ausgabe der Erdkunde aus, wo er nach seiner bescheidenen Weise sagt: „Wenn in dem Verständnils der Gesetze des geographischen Verhältnisses der ganzen belebten Natur etwa hie und da in gegenwärtiger Anordnung eine interessante Ansicht hervortreten sollte, so verdankt der Verfasser diese ganze Richtung seiner Aufmerk- samkeit dem vieljährigen, belehrenden und, mit Stolz sei es gesagt, vertrauten Umgange mit einem edlen Manne, $. Th. Sömmering, der als ein Schmuck seines Jahrhunderts und seiner Nation genannt wird. Denn sein Geist erfüllte auch Andere mit den Ahnungen der Tiefen der Natur, die sein eigener Genius bis in ihre verborgenen Geheim- nisse durchschaut hat.* Auch mit J. G. Ebel, dem Verfasser des elassischen Werkes über die Schweiz, wurde er in Frankfurt enge be- 214 Kramer: freundet, was ihm nicht allein für seine wiederholentlich nach der Schweiz unternommenen Reisen in Bezug auf die Kenntnils dieses Landes von grofser Wichtigkeit war, sondern überhaupt tief anregend auf ihn wirkte. „Die gegenwärtige Arbeit“, sagt er in der angeführ- ten Einleitung, „verdankt dem mehrjährigen Umgange mit diesem Edeln bei ihrem ersten Entstehen das, was sie an Leben und Wärme be- sitzen mag.“ In hohem Grade fördernd war für ihn überdies der tägliche Um- gang mit gleichstrebenden, für die Erziehung der Jugend in gleichem Maalse begeisterten und dafür thätigen Freunden, namentlich E. Mieg und J. B. Engelmann. Dazu kamen manche mehr vorübergehende, aber nichts desto weniger wichtige Berührungen mit durchreisenden Männern von hervorragender Bedeutung. So begegnete er schon da- mals, um nur einige zu nennen, in dem Hollweg’schen Hause zu wie- derholten Malen Alexander von Humboldt und Leopold von Buch. Aber auch das gesammte Leben in der alten, so viele interes- sante Elemente in sich vereinigenden Reichsstadt, mit ihren so man- nichfaltigen Beziehungen der verschiedensten Art, an dem Ufer eines nicht unbedeutenden Flusses, mitten in dem ‘Gebiete des grolsartigsten Stromes Deutschlands, das in seinen reichgegliederten und so vielfach anziehenden Bildungen zu immer erneuten Wanderungen und Betrach- tungen einlud, mulste auf seinen empfänglichen und für jeden Eindruck offenen Geist den anregendsten und bildendsten Einflufs ausüben. Und er benutzte alle diese Gelegenheiten mit dem grölsesten Eifer. Die Zeit seines Frankfurter Aufenthalts war eine Zeit der mannich- faltigsten Studien, wozu ihn schon sein Beruf aufforderte, aber auch in viel höherem Grade der eigene Drang trieb. So wandte er unter An- derem der Beschäftigung mit den celassischen Sprachen und Literaturen, welche, ‘wie oben bemerkt wurde, in seiner früheren Jugend weniger gepflegt worden war, eine ernste und eifrige Thätigkeit zu, und las mit Hülfe F. Chr. Matthiä’s und J. F. Grotefend’s, die damals an der Spitze des Gymnasiums zu Frankfurt standen und ihm nahe befreundet waren, die hervorragendsten Werke der Griechen und Rö- mer. Doch trat die Richtung auf Geographie und Geschichte mit über- wiegender Entschiedenheit hervor. Um auf diesen Gebieten völlig hei- misch zu werden, arbeitete er nicht allein die wichtigsten, dieselben betreffenden Werke mit grofser Sorgfalt durch, sondern benutzte auch namentlich die mannichfaltigen Ausflüge, die er in die näheren und ferneren Umgebungen Frankfurts machte, um selbstständige Beobach- tungen zu sammeln. Die glückliche Gabe, welche er besals, mit gröfs- ter Leichtigkeit die landschaftlichen Gegenstände, welche ihm wichtig waren, zu zeichnen und auf diese Weise für immer zu fixiren, war ihm Zur Erinnerung an Carl Ritter. 215 dabei von grölstem Werth. Er brachte stets von seinen Reisen eine Fülle von charakteristischen Skizzen mit, die ihm und Andern zu Halt- punkten wichtiger Anschauungen dienten. Diese Richtung auf die Geo- graphie zeigte sich auch in den ersten Publicationen, welche von ihm erschienen: so bereits in den Beiträgen, die er für den „Neuen Kinder- freund“ lieferte, welchen Engelmann von 1803 bis 1806 in Verbindung mit seinen pädagogischen Freunden herausgab; entschiedener freilich durch die im Jahre 1806 erfolgte Herausgabe seiner sechs Karten von Europa und der nicht lange nachher (1811) erschienenen Geo- graphie von Europa in zwei Bänden. In beiden Werken ist auch bereits die Eigenthümlichkeit seiner geographischen Auffassung ange- deutet. Es sind die ersten tastenden Versuche, die Incunabeln dessen, was in seiner Seele lag. Ehe dies aber zur Reife und zur vollen Er- scheinung kommen konnte, mufsten noch andere Vorbereitungen vor- ausgehen. Dazu dienten zunächst in den verschiedensten Rücksichten die Reisen, die er von dem Jahre 1807 an zu wiederholten Malen mit seinen Zöglingen nach der Schweiz und Italien unternahm, und deren letzte, welche 1811 begann, mehrere Jahre dauerte. Es bedarf keiner in’s Einzelne gehenden Ausführung, um begreiflich zu machen, von wie unendlicher Bedeutung die Anschauung grade dieser Länder, der ausgeprägtesten Repräsentanten höchst wichtiger und höchst verschie- dener geographischer Typen, die Europa aufzuweisen hat, sowie der Aufenthalt inmitten ihrer Bevölkerungen für einen Mann wie Ritter sein mulste, dessen Geist für die Aufnahme der ihm entgegentretenden Eindrücke im höchsten Grade empfänglich, und zugleich durch seine Studien und Arbeiten zur selbstständigen Verknüpfung derselben in seltener Weise herangereift war. Wenn er in der Schweiz, deren wich- tigste Theile er in den verschiedensten Richtungen durchwanderte, die tiefsten Eindrücke von der Grofsartigkeit und Herrlichkeit einer maje- stätischen und unendlich reichen Natur empfing, die gleichsam unwider- stehlich zum Studium ihres .Riesenbaues einladet: so eröffnete der Be- such Italiens, das er bis in seine Südspitze gegen Sieilien hin durchzog, neue wichtige Blicke in das Leben vulcanischer Thätigkeit, in die Be- ziehung des Landes zum Meere, die Wirkungen klimatischer Unter- schiede und den engen Zusammenhang der Landesnatur und der Völker- entwickelung. Endlich erschlofs sich ihm dort die ganze Fülle der Kunstwelt, welche Italien, wie kein anderes Land, umschliefst, und für deren Auffassung er einen natürlich feinen und sorgfältig ausgebildeten Sinn besafs. Von nicht geringerer Wichtigkeit wurden für ihn die per- sönlichen Beziehungen, die sich durch den Besuch dieser Länder an- knüpften. Hier ist vor allen Anderen Pestalozzi zu nennen, den er bereits auf seiner ersten Schweizerreise, und dann auf den späteren 216 Kramer: wiederholentlich in Iferten besuchte, und welchem, sowie den meisten Männern des dortigen Kreises, namentlich von Türk und Niederer, er sehr nahe trat. Die Tage, die er in dem Verkehr mit ihnen ver- lebte, und die stets in den anregendsten Gesprächen über die Methode des Unterrichts überhaupt, oftmals des geographischen insbesondere, zugebracht wurden, waren höchst genulfsreich und fördernd für ihn. Er gedachte immer mit innigster Verehrung und Dankbarkeit dieses Mannes der Liebe und des tiefen genialen Geistesblicks. Sein lebens- grolses Bild hing in seinem Arbeitszimmer. Uebrigens aber wurde in der Schweiz Genf für ihn der wichtigste Punkt. Er hielt sieh dort von der Mitte des Jahres 1811 an länger als ein Jahr auf. Diese Stadt war damals noch im vollsten Maafse der Sitz jener eigenthüm- lichen Bildung, durch welche sie sich so lange auszeichnete, in welcher sich reges Interesse für Wissenschaft, namentlich Naturwissenschaft, und Feinheit des geselligen Tons lebendig durchdrang. Saussure, lange Zeit hindurch der erste Mann der Stadt und des Staats, war unlängst gestorben; seine Schüler, Männer von europäischem Rufe, wie M. A. Pictet, de Candolle u. a., bildeten die Mittelpunkte des Lebens in den dortigen höheren Kreisen. Ritter trat besonders mit dem Erstern in vielfache nähere Beziehungen und verdankte ihm wichtige Anregun- gen. Vorzüglich interessant war ihm in jener Zeit ein längerer Auf- enthalt in St. Gervais unmittelbar am Fulse des Montblane, wo er Ge- legenheit hatte, die Natur des Hochgebirges auf's Eingehendste zu be- obachten. Von dort aus machte er jene Rundreise um den Montblane, die er später als Erklärung eines Reliefs von Kummer so anziehend und lehrreich beschrieb. In Italien aber erhielt Rom, jener Mittelpunkt der mannichfaltigsten künstlerischen und historischen Interessen, noch dadurch einen besonders hohen Werth für ihn, dafs er dort jenen Kreis strebender Männer fand, welche, von hoher Begeisterung für die Kunst erfüllt, die Wiedergeburt und erneuerte Blüthe derselben herbeiführten, Thorwaldsen, Overbeck, Cornelius u. a., deren Umgang ihm gar manche neue und tiefere Blicke in das Wesen der Kunst eröffnete. So kehrte er nach allen Seiten hin vielfach bereichert von dieser Reise in die Heimath zurück, wo er nunmehr bald begann, Hand an- zulegen an das Werk, welches das Hauptresultat seines ganzen Lebens wurde und woran vor Allem sich sein Andenken für alle Zeiten knüpfen wird. Hiefür war es nun schliefslich von grolser Wichtigkeit, dafs er zu Ostern 1814 mit seinen beiden Zöglingen, welche damals die acade- mischen Studien begannen, nach Göttingen übersiedelte. Hier konnte er in voller Muse, in regem Verkehr mit den dort lehrenden Mei- stern der Wissenschaft (in ganz besonders nahe und innige Beziehung trat er zu Hausmann) und unter eifrigster Benutzung der reichen Zur Erinnerung an Carl Ritter. 217 Schätze der dortigen Bibliothek seine Kräfte der Aufgabe widmen, die er sich gestellt hatte. Es ist bezeichnend für seine Begierde, jede Ge- legenheit zum Lernen zu benutzen, und für seine Bescheidenheit, dafs er, der gereifte Mann, an welchen längst vielfache ehrenvolle Anträge zu Lehrstellen ergangen waren, der damit beschäftigt war, ein Werk wie die Erdkunde zu schreiben, es nicht verschmähte, von Neuem als Schüler die Hörsäle der Professoren zu besuchen und sehr verschieden- artige Collegia zu hören. Nach zweijährigem Aufenthalt daselbst ging er im Frühjahr nach Berlin, wo er die letzte Hand an die Ausarbei- tung seines Werkes legte, und wo nun der Druck desselben begann. Er blieb dort fast ein Jahr in dem Kreise vieler ihm theurer Men- schen (zwei ältere Brüder lebten der eine in, der andere nahe bei Berlin) und zahlreicher älterer und neu gewonnener Bekannten und Freunde. Unter den letzteren ist, was zugleich zur Andeutung dient für die Entwickelung seines innersten Lebens, der Baron von Kott- witz, jener lebendige Christ und treue Knecht des Herrn, zu nennen. Gegen das Frühjahr des folgenden Jahres kehrte er nach Göttingen zurück, wo er die Herausgabe seines Werkes eifrig förderte. Im Jahre 1817 erschien der erste Theil der „Erdkunde im Verhältnifs zur Natur und zur Geschichte des Menschen, oder allgemeine vergleichende Geo- graphie als sichere Grundlage des Studiums und des Unterrichts in physikalischen und historischen Wissenschaften “, des Werkes, durch welches die Behandlung der Geographie völlig umgestaltet und dieselbe, zu dem Range einer wahrhaften Wissenschaft emporgehoben, als eben- bürtige Schwester zwischen die Naturwissenschaften und die Geschichte gestellt wurde. Er enthielt Afrika und einen Theil Asiens; ein Jahr darauf erschien der zweite Theil, in welchem Asien zum Abschlufs ge- bracht wurde. Einer eingehenderen Charakterisirung des Werks kön- nen wir uns enthalten, da es, wie wenige andere, die weiteste Ver- breitung gewonnen hat, und die in demselben durchgeführte neue Be- handlung des geographischen Stoffes längst in das allgemeine wissen- schaftliche Bewulstsein übergegangen ist. Das Ziel, welches er sieh dabei steckte, giebt der Titel selbst kurz an, in ausführlicherer Ent- wickelung ist es dargelegt in der vortrefflichen Einleitung, welche be- reits 1818 geschrieben, in der zweiten Auflage des ersten Bandes 1822 erschien. Es galt ihm, die Gestaltung der Erdoberfläche in ihren ho- rizontalen und verticalen Dimensionen, unter gewissenhaftester und sorg- fältigst sichtender Benutzung aller vorhandenen Quellen, mit grölster Genauigkeit darzustellen und zu lebendiger Anschauung zu bringen, sie in den charakteristischen Eigenschaften ihrer Theile und den Be- ziehungen derselben unter einander und zum Erdganzen, zugleich als Substrat der ganzen belebten Schöpfung und als Grundlage und Be- 218 Kramer: dingung der Entwiekelung der einzelnen Völker, wie des gesammten Menschengeschlechts in ihren mannichfaltigen Wechselbeziehungen zu begreifen und zu vergegenwärtigen. Diese ungeheure Aufgabe, zu wel- cher allerdings die Entwickelung der wissenschaftlichen Forschung von den verschiedensten Seiten her hindrängte, in ihrer ganzen Gröfse und mit voller Klarheit und Schärfe erfafst und hingestellt zu haben (man vergleiche darüber aufser der bereits erwähnten Einleitung die zu ver- schiedenen Zeiten in der Akademie der Wissenschaften vorgetragenen und 1852 mit jener in einem besonderen Abdruck vereinigten Abhand- lungen), würde schon ein grofses Verdienst gewesen sein: ein Ver- dienst, über welches jedoch der von ihm gegebene Versuch, sie zu lösen, sich so weit erhebt, wie ein grolsartiges Kunstwerk über die von dem Künstler ausgesprochene Idee desselben. Um die Ausführung seines grolsartigen Werkes zu ermöglichen, bedurfte es in der That der Vereinigung höchst mannichfaltiger und verschiedenartiger Eigenschaf- ten, die in ihm durch ursprüngliche Anlage, durch eine eigenthümliche Lebensführung und die beharrlichsten Studien herbeigeführt worden war, wie sie in gleicher Weise weder vor ihm, noch zu seiner Zeit sich in irgend einem Andern gefunden hat, und auch in künftigen Zeiten wohl nur höchst selten sich wieder finden wird: die Verbindung einer ge- waltigen, wahrhaft genialen Kraft geographischer Gesammtanschauung und Combination mit einer auch dem kleinsten Detail unermüdlich nachgehenden Sorgfalt, ausgedehnter und lebendiger Kenntnisse auf dem Gebiete der Naturwissenschaften mit sicherer Beherrschung eines ungeheuern historischen Stoffes, endlich der Treue und Gründlichkeit gelehrter Forschung mit der Gabe der reichsten und bezeichnendsten, stets frischen Darstellung. Die in den innersten Tiefen seines geisti- gen Wesens verborgene treibende Wurzel von alledem war aber die reinste Begeisterung für die Wahrheit, d. h. für die Erkenntnifs des lebendigen Gottes in seinen Werken. Das war es, wonach er rang. Daher diese demüthige, völlige und darum so mächtige Hin- gebung an seinen Gegenstand, die sich nie genug that, aber auch vor keiner Schwierigkeit zurückschreckte; daher diese nie ermüdende Le- bendigkeit der Auffassung und der Darstellung, trotz des in’s Unend- liche anschwellenden Stoffes. Sein Werk war ihm, wie er beim Wie- derbeginn seiner Arbeit daran nach langer Unterbrechung in sein Tage- buch schrieb, „sein Lobgesang des Herrn“. Dafs aber diese Vereinigung seiner Gaben zu einer so seltenen Kraft und vollen Entfaltung gedieh, dazu diente wesentlich die letzte Führung seines Lebens, wodurch ihm Berlin als bleibender Wohnsitz und Wirkungskreis seiner von Jahr zu Jahr wachsenden Thätigkeit angewiesen wurde. Nachdem er nämlich die beiden ersten Bände der Zur Erinnerung an Carl Ritter. 219 Erdkunde zum Abschlufs gebracht, welchen sich unmittelbar die aus seinen asiatischen Studien hervorgegangene „Vorhalle europäischer Völkergeschichten vor Herodotus um den Kaukasus und an den Ge- staden des Pontus“ anschlofs, wurde er zunächst zwar im Jahre 1819 als Professor der Geschichte an das Gymnasium zu Frankfurt berufen, worauf er sich im Herbst desselben Jahres verheirathete, folgte jedoch bereits im nächsten Jahre einem Rufe nach Berlin, wo er für das Fach der Geographie an der Kriegsschule und der Universität (als aulser- ordentlicher Professor) angestellt wurde. Am 19. September 1820 traf er daselbst ein. Mit seiner Uebersiedelung nach Berlin beginnt die zweite Hälfte seines Lebens, in welcher nach allen Seiten hin auf dem Gebiete der Wissenschaft, wie der lehrenden Thätigkeit die reichsten Früchte seiner früheren Arbeiten und Vorbereitungen zur vollen Reife kamen. Es gab in der That keinen anderen Ort, der in gleichem Malse die gün- stigsten Bedingungen dazu dargeboten hätte, als Berlin. An der Uni- versität sowohl als an der Kriegsschule fand er ein reges wissenschaft- liches Leben, getragen von den bedeutendsten Männern, in deren Kreis er als ebenbürtiges, bald allgemein hochgeschätztes Glied eintrat; seine Vorlesungen fanden an beiden Lehranstalten, welchen er angehörte, die frischeste Empfänglichkeit; der lebendige Verkehr mit den ausgezeich- netsten Fachgenossen, von denen vor allen Andern Leopold v. Buch und vorzüglich Alexander v. Humboldt, der von ihm hochverehrte und innigst mit ihm befreundete, zu nennen sind, die zahlreichen, sich viel- fach kreuzenden geistigen Interessen, an denen keine Stadt Deutsch- lands so reich ist als Berlin, gewährten die mannichfaltigsten Anre- gungen und Förderungen für seine Studien. Dazu kam, dafs er sich dort inmitten seiner nächsten Verwandten, die er auf's innigste liebte, sowie eng verbundener theurer Freunde (sein früherer Zögling Holl- weg war damals ebenfalls Professor an der Universität) befand. So gestaltete sich dort sein Leben von Anfang an in jeder Beziehung be- friedigend. Seine Thätigkeit richtete sich zunächst, aufser den Pflichten seines Lehramts, auf die Bearbeitung der zweiten Auflage der bereits ver- griffenen Erdkunde. Im Jahre 1822 erschien der erste Band stark ver- mehrt, der jetzt aber doch nur Afrika allein umfafste; er war in jeder Beziehung reicher als in der ersten Auflage. Die Fortsetzung dieser Arbeit erlitt indessen eine lange Unterbrechung. Der hauptsächlichste Grund davon lag darin, dafs er amtlich mehr und mehr in Anspruch genommen wurde. So trat er zunächst, allerdings nur für kurze Zeit, als Mitglied der wissenschaftlichen Prüfungs -Commission für Geschiehte und Geographie ein; übernahm, bald nach dem 1822 erfolgten Tode 220 Kramer: seines Freundes Woltmann, auf der Kriegsschule neben den geographi- schen Vorträgen die von jenem bisher gehaltenen historischen, endlich 1825 auch die Studien-Direction am Cadetten-Corps. Schon früher war ihm der ehrenvolle Auftrag geworden, Sr. Königlichen Hoheit dem Prinzen Albrecht Unterricht in der Geschichte zu ertheilen, der meh- rere Jahre hindurch dauerte. Dazu kamen, besonders in den Winter- monaten, nicht selten Aufforderungen von Sr. Königlichen Hoheit dem Kronprinzen, Abends in dem engsten Kreise seiner nächsten Umge- bung Vorträge, meist über Geschichte der Geographie, zu halten. Aehn- liche Anforderungen wurden noch von manchen anderen Seiten an ihn gestellt und vielfach erfüllt. Durch diese Ausdehnung der mit seiner amtlichen Stellung verbundenen und sonst hinzukommenden Arbeiten, die er stets mit der ihm in allen Dingen eigenen Sorgfalt und Ge- wissenhaftigkeit behandelte, wurde ein überaus grofser Theil seiner Zeit und Kraft in Anspruch genommen. Dennoch aber vermochte er bei dem aufserordentlichen Fleifse, der ihm Bedürfnifs war, bei der Rüstig- keit seines Körpers und der innern Gesammeltheit und Frische seines Geistes immerfort für die Förderung seiner wissenschaftlichen Arbeiten, die er fest im Auge behielt, thätig zu sein. Allerdings beschränkte sich die äufserlich hervortretende Frucht davon auf die in der Acade- mie der Wissenschaften, deren Mitglied er seit 1822 war, gehaltenen Vorträge und einzelne kleinere Arbeiten, wie der Aufsatz über Indien in dem Berliner Kalender von 1824. Daneben bot ihm die im Jahre 15825 von ihm in Gemeinschaft mit mehreren befreundeten Männern gegründete geographische Gesellschaft, deren hauptsächlichster Träger er je länger je mehr wurde, Gelegenheit, die Resultate seiner Studien in freierer Weise mitzutheilen. Von grofser Wichtigkeit waren für ihn in jeder Beziehung die fast regelmälsig in den langen Herbstferien unternommenen Reisen. Sie dienten ihm nicht nur zur leiblichen und geistigen Erfrischung, son- dern wesentlich zur Förderung seiner geographischen Studien, sei es inmitten der Natur selbst, oder durch Ausbeutung wichtiger geographi- scher Centren, wie Wien, Paris, London und anderer Orte. Diese Rei- sen erstreckten sich in den verschiedensten Riehtungen über die Länder des mittleren Europa, und nahmen in den dreifsiger und vierziger Jah- ren mehrmals eine solehe Ausdehnung an, dafs sie einen grolsen Theil des Sommers umfafsten. Die ausgedehntesten und wichtigsten waren die Reise nach Griechenland, Constantinopel, durch die Bulgarei, Wa- lachei, Siebenbürgen und Ungarn; wiederholentlich nach Paris, durch das südliche Frankreich, und ein anderes Mal durch das westliche Frank- reich und die Pyrenäen; durch Belgien und Holland; durch Dänemark, Schweden und Norwegen; nach London und durch einen Theil von Zur Erinnerung an Carl Ritter. 221 England. Das mittlere und südliche Deutschland, das Alpensystem in seinen verschiedenen Theilen, die Schweiz und das nördliche Italien besuchte und durchzog er oftmals, stets andere Richtungen und Zwecke verfolgend. Eine Fülle von Eindrücken und Beobachtungen, die er in seinen meist sehr ausführlichen und höchst anziehenden Briefen in die Heimath niederzulegen und mitzutheilen liebte, Gewinnung zahlloser unmittelbarer Mittheilungen der verschiedensten Art, Anknüpfung der mannichfaltigsten persönlichen Beziehungen und Verbindungen waren das Resultat dieser Reisen. Dies Alles trat ganz besonders hervor, nachdem er wieder mehr Mufse gewonnen hatte, um sich seinen wis- senschaftlichen Arbeiten ausschliefslicher widmen zu können. Nach einer Reihe von Jahren fühlte er nämlich, dafs er, um die Erdkunde, in deren Fortführung er die eigentliche Aufgabe seines Le- bens erkannte, zu fördern, sich concentriren müsse. Vom Jahre 1831 an zog er sich von allen Arbeiten und Geschäften, die seinen geographi- schen Studien ferner lagen, zurück, was ihm durch die anerkennende Liberalität der vorgesetzten Behörden möglich gemacht wurde. Da- nach erschien vom Jahre 1832 an in rascher Folge jene Reihe von Bänden über Asien, deren vorletzten, den neunzehnten, er wenige Wo- chen vor seinem Abscheiden schlofs — ein Denkmal seines Geistes, das bleiben und stets die höchste Anerkennung finden wird, wie grolse Fortschritte auch immer die geographische Erkenntnifs durch neue For- schungen und Entdeckungen machen möge. Damit verbunden erschien eine Anzahl unter seiner Leitung angefertigter ausgezeichneter Karten. Mit dem Fortschreiten seines Werks wuchs mit jedem Jahre der Ruhm seines Namens, die Ausdehnung seiner Verbindungen in allen Ländern der eivilisirten Welt und der Einflufs, den er in der mannich- faltigsten Art auf den Gang der geographischen Forschung und Wissen- schaft ausübte: er wurde einer der wichtigsten persönlichen Mittel- punkte für das gesammte Gebiet derselben, wozu ihn nicht weniger der unvergleichliche Reichthum seiner Kenntnisse und die Sicherheit seines Urtheils machte, als das lebendige Interesse für alle in dasselbe einschlagenden Fragen und die nie ermüdende Liebenswürdigkeit und Humanität, mit der er auf alles ihm Entgegengebrachte, mochte es auch unbedeutend, ja selbst störend und lästig sein, einging. Bei einer solchen Stellung konnte es nicht fehlen, dafs ihm An- erkennung und Auszeichnung aller Art zu Theil wurde. Die verschie- densten gelehrten Gesellschaften in und aufser Europa ernannten ihn zum Mitgliede, und zahlreiche Orden wurden ihm verliehen. Er nahm diese Zeichen der Hochachtung mit aufrichtigem Dank an, war aber weit davon entfernt, sich um ihretwillen einen höheren Werth beizu- legen. In seinen Tagebüchern, in denen er viele an sich unscheinbare 222 Kramer: Vorgänge verzeichnet, findet sich darüber kaum irgend eine Erwäh- nung. Hoch erhoben dagegen und wahrhaft beglückt fühlte er sich durch die persönliche Huld, die ihm von Seiten Sr. Majestät des Kö- nigs die langen Jahre seines Berliner Aufenthalts zu Theil wurde; er rechnete sie unter die theuersten Güter seines Lebens. Das bisher Gesagte bezieht sich vornehmlich auf seine Stellung als Gelehrter und Schriftsteller. Aber wenn er als solcher unzweifel- haft einen der ausgezeichnetsten Plätze unter seinen Zeitgenossen ein- nimmt, so gilt dasselbe in nicht minderem Grade von ihm als Lehrer. Wenige academische Lehrer haben eine so allgemeine, und eine so unveränderlich andauernde Kraft der Anziehung ausgeübt, als er. Als er 1820 nach seiner Ankunft in Berlin seine Vorlesung über Allge- meine Erdkunde ankündigte, meldeten sich Anfangs keine Zuhörer, doch fanden sich endlich im Lauf des Semesters einige ein, so dafs sie zu Stande kam; auch im folgenden Semester ging es spärlich. Und das war nicht zu verwundern. Wie viele von den Studenten hatten etwas von Ritter gehört? Wie vielen erschien Erdkunde als etwas hörenswerthes? Indefs das änderte sich bald: schon 1823 heifst es beim Anfang derselben Vorlesung in seinem Tagebuche: „Volles Au- ditorium, ich mufs ein grölseres nehmen“. Und so ging es weiter fort, also dafs in manchen seiner Vorlesungen auch das grölseste Audito- rium die Menge seiner Zuhörer kaum fassen konnte. Er galt bald als derjenige unter den academischen Lehrern, den ein jeder Student von allgemeinerem wissenschaftlichen Streben hören müsse. Und in der That, wer von seinen zahlreichen Zuhörern erinnerte sich nicht mit Dank der lehr- und genufsreichen Stunden, die ihm seine Vorlesungen gewährten! Mit sicherem Tacte, den er durch vieljähriges Unterrichten in den verschiedensten Verhältnissen gewonnen, wulste er in dem un- geheuren Stoffe, den er vollkommen beherrschte, auszuwählen, was für den mündlichen Vortrag gehört, was darin wahrhaft fördert. Dabei hatte sein Vortrag selbst, der hervorging aus der lebendigen Durch- dringung des Gegenstandes und vielfach unterstützt wurde durch Zeich- nungen, die er mit grölsester Leichtigkeit auf die Tafel warf, eben so viel Anziehendes als Anregendes. Es empfand ein Jeder den Ernst der wissenschaftlichen Forschung und freute sich zugleich der Zugäng- lichkeit der ihm gebotenen Resultate, sowie der dadurch gewonnenen Förderung. Und das Alles war getragen von dem Eindruck der würde- vollen und zugleich so anspruchslosen Persönlichkeit des berühmten Mannes ’). Auch machte sich dies nicht blos in seinen Vorlesungen ') Seine besuchtesten Vorlesungen waren die über Allgemeine Erdkunde, die er gewöhnlich im Winter las, und die über Palästina, über Griechenland und über Italien. Zur Erinnerung an Carl Ritter. 223 auf der Universität geltend, sondern überall bei seinen Vorträgen in den verschiedensten Kreisen, wozu er in seiner Freundlichkeit sich stets bereit finden liefs: sie waren immer anziehend, belehrend, anregend. Wenn aber hierbei schon seine ganze Persönlichkeit, die Reinheit seiner Gesinnung, die Bescheidenheit und Liebenswürdigkeit, welche überall hervortraten, ein wesentliches Moment bildeten und einen ge- heimen Zauber ausübten, so war dies in unendlich höherem Malse der Fall in allen persönlichen Verhältnissen. Wer hätte sich Ritter je ge- naht, ohne die freundlichste, humanste Aufnahme zu finden! Wie war er stets bereit, ein jedes redlich gemeinte Streben anzuerkennen, zu ermuntern, zu fördern durch Rath und durch Unterstützung jeglicher Art! Nie gab es einen Menschen, der weniger Egoismus besafs. Er war der treueste, herzlichste Freund. Und mit welcher besonderen Liebe umfafste er Alle, die den Kreis seiner Familie, auch im weitern Sinne des Wortes, bildeten. Ihnen Freude zu bereiten, war ihm selbst die grölseste Freude. Vielen von ihnen wurde er, dem der Herr eigne Kinder versagt hatte, ein zweiter Vater. Von besonderem Segen aber, und überaus wohlthuend für einen Jeden, der ihm nahte, war die gleich- mälsige Milde, der Friede, der sein ganzes Wesen erfüllte, und der auch nicht durch die herbsten Verluste, die ihn trafen, — am härte- sten, als er in wenigen Tagen eine theure Schwester und die innig geliebte Gattin in der vollen Kraft ihres Alters verlor — erschüttert werden konnte. Das Alles aber war die köstliche Frucht seines leben- digen Glaubens. Ritter war ein Christ im vollen Sinne des Wortes. Er liebte es nicht, viele Worte davon zu machen, er warf sich auch nicht zum Richter des Glaubens Anderer auf: aber die Barmherzigkeit und Gnade des Herrn, die er in Christo erkannt und erfahren hatte, war der höchste Schatz seines Lebens. Gottes heiliges Wort, das ihn überall hin begleitete, war die Leuchte seines Fulses; es in seiner Wahr- heit auch durch die Resultate seiner Forschungen bestätigen zu können, wie es vielfach in seinem Werke geschehen ist, die höchste Freude für ihn. Besser als alles Andere offenbaren sein innerstes Wesen seine eigenen Worte, die er in später Abendstunde am Tage vor seiner Ab- reise nach Paris und den Pyrenäen, Sonntags den 19. April 1845 als Vermächtnifs für die Seinigen niederschrieb, und die sich nach seinem Tode vorgefunden haben. Sie lauten: „Obwohl gegenwärtig bei den Vorbereitungen zu meiner Abreise nach dem westlichen Frankreich und den Pyrenäen gesund und wohl, so steht das Leben doch in Gottes Hand, dessen Gnade und Barmherzigkeit so lange Jahre hindurch mein Schicksal so wunderbar und herrlich gelenkt, dafs ich in meinem Her- zen Ihm, dem Allgütigen, nur so lange ich es vermag, Lob und Preis 224 Miscellen: singen und sagen mufs in all meinem Denken und Thun. Sollte es Ihm gefallen, mich nicht wieder zu meinen Geliebten und zu meinem bisherigen Berufe zurückkehren zu lassen, sondern mir in Seinem himm- lischen Reiche eine andere Stelle zur Erlangung der Seligkeit anzu- weisen, die mich hier auf Erden schon zu Freudenthränen entzückt hat, so bitte ich die Meinigen, sich über meinen Heimgang nicht zu grämen: denn Alles, was Gott thut, das ist wohlgethan. Ueber mein Ewiges wird mein Heiland, mein Erlöser in seiner Barmherzigkeit ent- scheiden. Im tiefen Bewulstsein meiner Schwächen und Sünden bin ich doch voll Zuversicht und Vertrauen, da ich weils, dafs Gott die ewige Liebe und Gnade ist, und dafs mein Erlöser lebt, der Seine Gläubigen der Gnade des Ewigen und Gerechten theilhaftig macht.“ Sein körperliches Befinden war sein langes Leben hindurch im Allgemeinen stets gut. Er war von kräftiger Constitution, die durch frühe Uebung gestählt, durch seine vielen, oft mit Fufswanderungen verbundenen Reisen, trotz seiner anstrengenden gelehrten Arbeiten, er- halten und immer wieder neu gestärkt wurde. In den letzten Jahren jedoch machten sich manche Schwächen des Alters bemerklich. Wie- derholentlich hatten die Teplitzer Heilquellen ihm dagegen Hilfe ver- schafft. Auch in diesem Jahre gebrauchte er sie während des Monats Juli. Aber er kehrte nicht gestärkt von ihnen zurück. Die grofse Hitze in Verbindung mit den heilsen Bädern scheint ungünstig auf ihn gewirkt zu haben. Wiederholt eintretendes Blutharnen schwächte ihn sehr; dazu stellte sich Appetitlosigkeit ein, so dafs die Kräfte mehr und mehr sanken und auch, als sich wieder mehr Neigung etwas zu genielsen zeigte, nicht mehr gehoben werden konnten. Er entschlum- merte am 28. September Morgens gegen 10 Uhr sanft und friedlich. Seine feierliche Beerdigung fand am 1. October statt. Er ruht auf dem Marienkirchhofe am Prenzlauer Thore an der Seite der ihm im Jahre 1840 vorangegangenen Gattin. „Selig sind die Todten, die in dem Herrn sterben, von nun an. Ja, der Geist spricht, dafs sie ruhen von ihrer Arbeit; denn ihre Werke folgen ihnen nach.“ Miscellen. Statistisches aus Grofsbritannien. Im 5. Bande der Neuen Folge dieser Zeitschrift S. 55 haben wir eine Ueber- sicht der Bevölkerung von Grofsbritannien während der Jahre 1843 —57 mitge- theilt. Im Anschlufs an diese Notiz möge die Berechnung für das Jahr 1858, welche wir dem „Statistical Absiraet for the United Kingdom in each of the last Fifteen Years. Presented io both Houses of Parliament. London 1859. Fol.“ ent- PN Statistisches aus Grofsbritannien. 225 nehmen, hier ihre Stelle finden, wobei hier und da zugleich die Angaben für das Jahr 1857 verbessert werden müssen. Die Bevölkerung von England und Wales, welche im Jahre 1857 19,305,000 Seelen betrug, hatte sich im Jahre 1858 bis auf 19,523,000 vermehrt, dieselbe war mithin seit dem Jahre 1844 um 3 Millio- nen gestiegen. Vermindert hätte sich die Zahl der Geburten gegen das J. 1857 um 7,444, da in diesem Jahre 663,071, im J. 1858 nur 655,627 Kinder gebo- ren wurden. Die Zahl der Todesfälle, welche im J. 1857 419,815 betrug, war auf 450,018 gestiegen. Desgleichen war die Zahl der Trauungen nm 4,597 ge- gen das J. 1857 herabgesunken. In Schottland hatte sich in den gedachten Jahren die Bevölkerung von 3,064,566 auf 3,093,870 Seelen vermehrt. Die Zahl der Geburten war hier von 103,628 auf 104,195 gestiegen, wogegen die Zahl der Todesfälle, welche im J. 1857 61,925 betragen hatte, im J. 1858 auf 63,532 gestiegen war. Auch die Zahl der Trauungen, im J. 1857 21,314, betrug im J. 1858 nur 19,603. — Auffallend hat die Zahl der Auswanderungen abgenom- men. Im J. 1857 betrug dieselbe noch 212,875 Seelen, während das J. 1858 nur einen Nachweis von 113,972 Seelen giebt. Von diesen Auswanderern gin- gen in die englischen Besitzungen von Nord-Amerika 9,704, in die Vereinigten Staaten von Nord- Amerika 59,716, in die australischen Colonien und Neu-See- land 39,295 und nach anderen hier nicht näher bezeichneten Orten 5,257. Die stärkste Auswanderung nach Britisch-Nordamerika hatte im J. 1847 stattgefunden, nämlich 109,680 Seelen; in die Vereinigten Staaten von Nord-Amerika waren im J. 1851 267,357 Menschen aus Grofsbritannien und Irland eingewandert; in die australischen Colonien fand im J. 1852 die gröfseste Einwanderung statt, näm- lich 83,237 Seelen, und nach anderen Plätzen wandte sich im J. 1850 die grös- - seste Zahl der Auswanderer, nämlich 8,773. Die grölseste Auswanderung fand überhaupt im J. 1852 statt, indem damals 368,764 Menschen auswanderten, so dafs die Auswanderung des Jahres 1858 kaum ein Drittel jener Zahl betrug. — Die Zahl der Armen, ausschliefslich der Heimathlosen, welche in den verschie- denen Armenbezirken und Pfarreien unter Armenverwaltung (Boards of Guar- dians) in England und Wales Unterstützung erhielten, betrug an erwachsenen Arbeitsfähigen in den Anstalten im J. 1858- 23,281, aufserhalb derselben 143,323, zusammen 166,604; an allen anderen Armen in den Anstalten 103,200, aufser- halb derselben 638,382, zusammen 741,582. Da die Specialberechnung für den 1. Januar 1859 noch nicht abgeschlossen ist, so mag hier im Allgemeinen ange- geben werden, dafs die Gesammtzahl der Armen, welche innerhalb der Anstalten in 644 Unionen und Pfarreien vertheilt am 1. Januar 1859 Unterstützungen er- hielten, 123,540, aufserhalb derselben 734,363, zusammen 857,903 betrug, die Zahl der öffentlich unterstützten Armen mithin gegen das Jahr 1858 um 50,000 abgenommen hat. In Schottland erhielten im J. 1857 in 883 Pfarreien 79,217 Arme Unterstützung, im J. 1858 79,199. In Irland fand gleichfalls eine auffal- lende Abnahme der aus öffentlichen Mitteln Unterstützten statt. Während im J. 1858 die Zahl der erwachsenen Arbeitsunfähigen 11,198, die aller anderen Armen 38,110, zusammen 49,308 betrug, ergiebt die Berechnung aus der ersten Woche des Jahres 1859 nur 9,167 erwachsene Arbeitsunfähige, 34,432 andere Arme, zusammen 43,599, mithin fast 6000 Arme weniger. Zeitschr. f, allg. Erdk. Neue Folge. Bd. VII. 15 226 Miscellen: Die Rein-Einnahme des Vereinigten Königreichs betrug nach Abzug der Er- hebungskosten im J. 1858 61,812,555 L. St., die Ausgaben ausschliefslich der Kosten für Steuer- Erhebung 60,684,898 L. St., was einen Ueberschufs von 1,127,657 L. St. ergiebt. Als Rein-Ertrag der verschiedenen Zweige der Ein- nahmen kommen nach Abzug der Erhebungskosten auf die Zölle 23,018,138 L. St., auf die Aceise 17,069,565 L. St., auf die Stempelsteuer 7,796,048 L. St., auf die Taxen 2,973,525 L. St., auf die Einkommensteuer 7,335,796 L. St., auf die Post 1,211,051 L. St., auf kleine Einnahmen 25,769 L. St., auf Sporteln 114,842 L. St., auf die Kronländer 277,441 L. St., und auf alte Vorräthe etc. 1,990,380 L. St. Die Ausgaben, mit Ausschlufs der Steuererhebungskosten, betrugen: Zinsen und Verwaltung der Staatsschuld 28,501,479 L. St. und 250,000 L. St. für ein- gelöste Exchequer-Bonds, Civil-Liste und Civil- Verwaltung 9,085,636 L. St., bewaffnete Macht 22,847,783 L. St., nämlich für die Armee 12,818,736 L. St., einschlielslich 230,000 L. St. für den russischen Krieg, und für die Marine 10,029,047 L. St., einschliefslich 391,943 L. St. für die Expedition nach China. Die Staatsschuld betrug 804,445,483 L. St., von denen 778,561,783 L. St. fun- dirt, 25,883,700 L. St. unfundirt sind. Die Staatsschuld ist seit dem Jahre 1844 um 17 Millionen gewachsen. — An Getreide und Mehl wurden 11,293,705 Quar- ters eingeführt, von denen auf Rufsland über 2 Millionen, auf Preufsen mehr als eine Million, auf Frankreich mehr als 13 Millonen und auf die Vereinigten Staa- ten von Nordamerika 13 Millionen Quarters kamen. Demnächst fand aus Däne- mark und den Herzogthümern Schleswig und Holstein, aus der Moldau und Wa- lachei und Egypten die gröfseste Einfuhr statt, aus ersterem nämlich 868,986 Quarters, aus jedem der beiden letzteren Staaten eirca 780,000 Quarters. — Die Einfuhr an roher Baumwolle betrug 1,034,342,176 Lbs., während dieselbe im J. 1857 nur 969 Millionen betragen hatte. Bedeutend geringer als im vorhergehen- den Jahre war die Baumwollen-Einfuhr aus Ostindien, welche im J. 1857 250 . Millionen, im J. 1858 nur 132 Millionen Lbs. geliefert hatte. Ebenso war die Einfuhr aus den englischen Besitzungen in Westindien sowie in Guinea um mehr als eine Million Lbs. herabgesunken. Auch Brasilien lieferte weniger Rohwolle als im J. 1857, wogegen die Vereinigten Staaten von Nord-Amerika 833,237,776 Lbs., also 178 Millionen Lbs. mehr als im J. 1857 nach England einführten. Die Einfuhr an roher Schaf-, Lamm- und Alpaca-Wolle hat sich gegen das vor- hergehende Jahr um 3 Millionen Lbs. vermindert. Hiervon lieferten die gröfse- ste Quantität, nämlich über 51 Millionen Lbs., die britischen Besitzungen in Au- stralien, und nur das Jahr 1856 war‘ für diesen Artikel der Einfuhr in Bezug auf diese Colonien ein günstigeres. In welchem Grade sich übrigens die Einfuhr der Rohwolle in England verändert hat, geht daraus hervor, dafs Meklenburg, Hannover, Oldenburg und die Hansestädte im J. 1844 21 Millionen, im J. 1858 nur 10 Millionen Lbs., Spanien im J. 1844 918,853 Lbs., im J. 1858 nur 110,510 Lbs. eingeführt haben, während sich die Einfuhr aus Australien in eben diesem Zeitraume von 17 Millionen auf 51 Millionen, die aus dem Capland von 2 Millionen auf 16 Millionen Lbs. gesteigert hat. —T. D. Livingstone’s neueste Unternehmungen. 227 D. Livingstone's neueste Unternehmungen. Dr. Livingstone ist bekanntlich schon im vorigen Jahre auf den Schauplatz seiner Thätigkeit wieder zurückgekehrt. Er beabsichtigte zünächst, die Schiff- barkeit des Zambesi festzustellen, auf die man für die weitere Erforschung Cen- tral- Afrika’s grofse Hoffnungen gestellt hatte, und hatte zu diesem Behuf einen kleinen Dampfer (Ma Robert) zur Verfügung, der eigends zu dieser Entdeckungs- fahrt gebaut war und nur 16 Zoll tief gehen sollte. Seine Unternehmungen am Ende des vorigen und am Anfange dieses Jahres haben indels die Erwartung, dafs man in dem Zambesi einen grolsen, für die Schifffahrt leicht zugänglichen Strom entdeckt habe, sehr herabgestimmt. Der breite Flufs ist durch zahllose Inseln in viele seichte Arme getheilt, voller Untiefen und Sandbänke, die starke Strömung schielst launenhaft von einem Ufer zum andern, das Fahrwasser ist schwer zu ermitteln und allem Anschein nach sehr veränderlich, so dafs der Flufs selbst in seinem unteren Laufe auch für flachgehende Fahrzeuge schwer zu be- fahren ist: und dazu kommt noch, dafs er, wie Livingstone bereits auf seiner Reise von 1856 erfahren, schon nicht weit oberhalb 'Tete Stromschnellen bildet. Zweimal, am Anfange und am Ende des Juli 1858, versuchte Livingstone mit der Ma Robert nach Tete zu gelangen; beide Mal mufste er, nachdem der Dam- pfer mehrmals sitzen geblieben war, schon unterhalb Senna umkehren. Erst bei dem dritten Versuch, im August, gelang es ihm, freilich unter mancherlei Fähr- lichkeiten, bis Tete vorzudringen. Von hier aus besuchte Livingstone im Novem- ber die oben erwähnten Stromschnellen oberhalb Tete. Ueber diese Unterneh- mung berichten Briefe von ihm und seinem Bruder, die wir im Folgenden mit- theilen. David Livingstone schreibt an Sir George :Grey, aus Tete, 18. December 1858: „Wir waren stromaufwärts gefahren, um die Stromschnellen von Kebra oder richtiger Kavrabasa zu untersuchen, während das Wasser im Zambesi seinen nie- drigsten Stand hatte, und fanden, dafs alle Nachrichten, die wir darüber vorher von Portugiesen eingezogen hatten, durchaus keinen Werth besalsen. Wir dampf- ten noch vier Miles jenseits des Punktes hinaus, bis zu welchem die Nachrichten, die wir hier einziehen konnten, reichten, und fanden, dafs die Schnellen nicht durch eine Anzahl von isolirten Felsen, die sich quer über den Strom aus der Wasserfläche erheben, sondern durch eine ungewöhnliche Verengerung des Strom- bettes bewirkt werden; es verengt sich hier zwischen den Bergen an manchen Stellen auf 4 Mile, an einer auf 50 bis 60 Yards. An den breiteren Stellen be- findet sich ein tiefes Becken, das in die solide Felsmasse eingesprengt ist (a deep groove, cut out of the solid rock), wenn man von soliden Felsmassen sprechen darf, wo die Felsen zusammengeballt, gebrochen, zerklüftet und unordentlich nach allen Richtungen hin aus einander geworfen, aulserdem vom Wasser unterwaschen und überall von Höhlungen durchbrochen sind. Während wir in diesem Bassin aufwärts segelten, dessen Felsenwände über unsere Masten weit hervorragten, fand der Mann mit dem Senkblei in 10 Faden Tiefe keinen Grund; nichtsdestoweni- ger füllt sich das Bassin bei hohem Wasserstande so, dafs das Wasser überfluthet, obgleich es bis dahin noch 80— 100 Fufs steigen mus. Auch in dem Bassin sind 15* 228 Miscellen: Schnellen, welche unser schwacher Dampfer nicht überwinden konnte: aber wir hegen keinen Zweifel, dafs ein kräftiges Dampfschiff bei hohem Wasserstande leicht stromaufwärts vordringen wird. Eine Schnelle, die einen Fall von 5 Fufs hatte, wurde durch ein allgemeines Anschwellen des Flusses um 3 Fufs ausge- glichen. Die Ma Robert war nur 7; Zoll dick, als sie. neu war, jetzt ist sie dünner, und wir wagen deshalb nicht, sie aufwärts zu schleppen, damit sie dabei nicht wie ein alter Zinnkessel zerbricht. Es existirt hier auch noch eine andere Stelle mit senkrechten Felsufern, über welche kein Leinpfad geführt werden kann. Die Berge sind mindestens 2000 bis 2300 Fufs hoch, bewaldet und sehr gesund. So weit das Auge nach Norden hin reichte, zeigten sich ebeffalls Bergreihen, bis in blaue Ferne. Wir schliefen ohne Decken und ohne Chinin, und wären doch gesunder zurückgekehrt, wenn uns die aufserordentlichen Strapazen nicht so mitgenommen hätten; diese machten uns so elend, dafs ich, wenn ich im Jahre 1856 diesen Weg nach der Küste eingeschlagen hätte '), umgekommen wäre, ehe ich Tete erreicht hätte. — Die Stromschnellen sind ein Hindernils für die Schifffahrt, d. h. für die Fahrt mit Canoes oder mit Booten; diese können mit ihren Rudern gegen eine Strömung von vier Knoten nicht aufkommen; sie kön- nen sich auch bei einer Tiefe von 60 Fufs nicht mit Stangen fortstolsen, ebenso wenig sich von einem 80 Fuls hohen Ufer aus fortschleppen lassen. Sie müssen hier also den Landweg einschlagen. — Wir hatten inzwischen hier reichliche Ar- beit. Der Geolog berichtet, dafs er drei Kohlenschichten entdeckt hat ?), die erste 7 Fuls, die zweite 13 Fufs 6 Zoll, die dritte 25 Fufs mächtig, in einem schönen Felsendurchschnitt. Das Lager war vor ein paar Jahren durch einen Blitz angezündet und brannte lange Zeit. — Wir sind Alle gesund und haben nur Schnupfen gehabt; Fieber sind nur unter den Kroomen vorgekommen. — Der portugiesische Befehlshaber, Major Secard, hat uns das Regierungshaus, die Residencia, in Tete zum Aufenthalt eingeräumt. In nächster Woche fahre ich den Shire aufwärts.“ Auf dieselbe Expedition bezieht sich der folgende Brief, den der Bruder Dr. Livingstone’s aus Tete, am 1. Januar 1859, nach England gesendet hat. Er ver- breitet sich über die Strapazen dieser Reise: „Am 22. November begaben wir uns Alle stromaufwärts, um Kebrabasa ken- nen zu lernen und uns davon zu überzeugen, ob hier wirklich Wasserfälle exi- stirten. Nachdem wir den Dampfer, der gegen die Strömung nicht aufkommen konnte, am Eingang von Kebrabasa mit zwölf Makololo’s zurückgelassen hatten, traten wir mit Proviant für acht Tage in Begleitung eines Mischlings-Portugiesen unsere Fufsreise an. Das Wetter war drückend heils und der Weg schrecklich holperig. In meinem ganzen Leben bin ich nie so erschöpft gewesen als nach den beiden ersten Tagemärschen. Späterhin fühlte ich mich von Tage zu Tage weniger angegriffen, obwol wir stärkere Tagereisen zurücklegten. Am zweiten !) Im Jahre 1856 hatte Livingstone gegenüber dem Pinkwe-Berge den Lauf des Zambesi verlassen und sich südwärts in einem Bogen nach Tete gewendet, theils um die südlichen Zuflüsse des Zambesi näher an ihrer Quelle leichter durchwaten zu können, theils um den Erpressungen einiger Häuptlinge zu entgehen. 2) Im Jahre 1856 hatte Livingstone oberhalb Tete, südlich vom Zambesi, eben- falls Spuren von Kohlen gefunden. Vergl. Missionary Travels p. 604. D. Livingstone’s neueste Unternehmungen. 229 Tage war es so, als marschirten wir in einem Ofen. Wenn wir Nachtquartier machten, sammelten die Makololo Gras oder kleine Zweige mit Laub, breiteten sie auf dem Boden aus und unsere Decken darüber. Wir sechs schliefen neben einander in einer Reihe. In einer Nacht, als wir unter einem gewaltigen Baobab ruhten, beliebte es einer riesigen Spinne, über unsere Gesichter zu laufen. Diese Thiere sind die flinksten Renner, die ich je gesehen, — sie haben an ihren Lei- bern eine federartige Bekleidung. Endlich stellten wir eine ordentliche Jagd auf das Thier an, fingen den Bösewicht und verurtheilten ihn zu lebenslänglicher Haft in einem Spiritusglase. Bald darauf zeigte sich unter uns einer der kleinsten Affen, die mir je vorgekommen, aber es gelang ihm zu entwischen, — er war nicht einmal so grofs wie eine Ratte, — ein niedliches Bürschehen. Zwei Tage nachdem wir unser letztes Ziegenfleisch verzehrt hatten, — ein Fleisch, welches der, der nicht riechen konnte, für sehr zart halten mochte — hatten wir das Glück, ein Hippopotamus zu schiefsen. Schon Tages vorher war T. vor Ermü- dung zusammengesunken und wir hatten ihn mit vier Leuten und Proviant zurück- lassen müssen; hier liefsen wir nun alle Mokololo’s mit Ausnahme von zweien zurück, um das Hippopotamus zu zerlegen und das Fleisch zu trocknen, und schickten einen mit etwas Fleisch zu T. zurück. Dann brachen wir wieder auf nach dem Fulse eines hohen Berges, den der Doctor nach dem Namen der jun- gen Königin von Portugal benannt hat, Nach einer angreifenden Tagereise er- reichten wir ihn. In der Nacht überfiel ein Tiger im Dorfe eine Menschengruppe, tödtete einen und schleppte ihn fort. — Der Fluls ist auf dieser ganzen Strecke tief und schmal, und hat ein paar unbedeutende Schnellen, die ein kräftiger Dam- pfer leicht überwinden könnte. Das Klettern über die Felsen ist höchst anstren- gend, — es ist eine gute Gegend für Schuster, ich habe während dieses Mar- sches drei Paar Stiefel verbraucht, darunter ein ganz neues. Ein Paar Hoppe’s — und sie sind excellent — gehen hier in zwei Monaten darauf. Die zwei Ma- kololo-Führer sagten hier dem Doctor, sie hätten von einigen Eingeborenen ge- hört, dafs weiter aufwärts ein Wasserfall existire; andere sagten dem half-caste- Portugiesen, dafs es dort keinen Wasserfall gebe. Der Doctor war in dieser Nacht ziemlich unruhig und sagte, als er etwas vor 5 Uhr aufstand: „Ich habe mich entschlossen, mich selbst zu überzeugen, ich werde allein mit zwei Mako- lolo’s weiter marschiren, bis ich ihn finde.“ K. wünschte ihn zu begleiten, und nun brachen die Beiden auf mit vier Makololo’s. Sie hatten zuletzt einen böse- “ren Weg als wir gehabt hatten. In einem Dorfe suchte das Volk ihnen von der Fortsetzung des Marsches abzurathen. „Da ist kein Pfad, auf dem ein Elephant gehen könnte, ein Hippopotamus kann da nicht gehen, nicht einmal ein Alligator kann da gehen.“ Endlich entschlossen sich zwei Leute, als Führer mitzuwandern. Sie brauchten einmal einen halben Tag, um eine halbe Mile vorwärts zu kommen. Zuletzt sanken selbst die Makololo’s erschöpft zusammen, und ein pfiffiger, artiger Bursche erklärte dem Doctor: „Ich kann nicht weiter, ich möchte Euch gern be- gleiten, aber mit meinen Fülsen ist’s vorbei!“ Auch die beiden Führer drangen auf die Rückkehr, und kamen bald zu dem Schlusse, dafs es in dem Kopfe des Doctors nicht richtig aussehen müsse und dafs es für sie besser wäre, umzukehren und ihn zu verlassen. Endlich sprangen die beiden Führer auf und riefen: „Wir wollen gehen!“ Der Doctor sals still und wartete gespannt darauf, ' EEE 230 Miscellen: ob sie sich nach vorwärts oder nach rückwärts wenden würden. Sie marschirten vorwärts, und er folgte ihnen, ebenso die Makololo, obgleich mit wunden, blasen- bedeckten Fülsen, über die heifsen Felsen. Bald trafen sie einen Fischer, der sein Netz flickte und ihnen einen Weg zeigte, welcher sie in Kurzem zu einer Stelle führte, von der sie den Wasserfall übersehen konnten. Er schien etwa 30 Fufs hoch, — auf geneigter Fläche, nicht perpendieulär; auf beiden Seiten des Flusses erhoben sich Berge von 1000 Fuls Höhe. Da der Fluls in dieser Gegend bei hohem Wasserstande von 40 Fu/s bis 100 Fufs anschwillt, ist dann hier viel- leicht eine glatte Wasserfläche; bei Wasserfülle verwischte ein Anschwellen von 2 Fufs vollständig eine Stromschnelle (« sloping fall) von 5 Fufs. Unterhalb des Cataracts fand der Doctor, als er zurückkehrte, das Wasser ganz glatt. Nun, — wir werden uns im nächsten Monat davon überzeugen.“ 3 Der zweite Brief Dr. D. Livingstone’s bespricht seine Fahrt auf dem Shire, dem grofsen, von Norden herströmenden Nehenflusse des Zambesi. Die Erfor- schung, dieses Stromes gewinnt dadurch ein besonderes Interesse, dals sie zu der grolsen ostafrikanischen Seenkette hinaufführt und das Terrain der Forschungen Livingstone’s mit den Gebieten verknüpft, über welche in neuester Zeit die glän- zenden Entdeckungen Speke’s und Burton’s ein so überraschendes Licht verbreitet haben. Der Brief ist aus Tete vom 19. Februar 1859 datirt und lautet folgen- dermalsen: „In meinem letzten Briefe schrieb ich Ihnen von unserer Reise nach Kebra- basa, und freue mich nun, Ihnen mittheilen zu können, dafs diese Localität, seit- dem das Wasser zu steigen begann, zum zweiten Male besucht worden ist und dafs die Berichte von Mr. ©. Livingstone und Mr. Baines meine Ansichten über die Wirkung des hohen Wasserstandes vollkommen bestätigen. Einige von den Wasserfällen, welche bei niedrigem Wasserstande als sehr ernste Hindernisse für die Schifffahrt erschienen, waren jetzt so ausgeglichen, dafs man sie nicht wieder- erkannt hätte, wenn man nicht Skizzen von den anliegenden Bergen besessen hätte; allerdings bleibt für die Bergfahrt ein Dampfer nothwendig, der die Haupt- strömung überwältigen kann. Der Flufs steht nun 15 Fufs über seinem niedri- gen Stande im November, und da er voraussichtlich noch höher anschwellen wird, war ich nicht abgeneigt, die günstige Gelegenheit zu benutzen und mein Schiff durch die Schnellen hindurchzuführen, — aber abgesehen von der damit ver- knüpften Gefahr kann es auch nur eine so geringe Ladung einnehmen, dafs wir, wenn der Versuch glückte, doch bald ohne Proviant sein würden. Wir werden deshalb noch eine Zeit lang diesseits der Rapiden das Land durchforschen, und als unser erstes Unternehmen kann ich melden, dafs wir Anfangs Januar den Shire aufwärts gefahren sind und in ihm einen guten schiffbaren Flufs auf min- destens 100 Miles von seiner Vereinigung mit dem Zambesi entdeckt haben. Der Berg Merambala ist 4000 Fufs hoch und hat einen breiten, überraschend gut an- gebauten Gipfel. Citronenbäume wachsen wild in den Wäldern, ebenso Orangen und Ananas. Es giebt hier auch einige kleine schöne Quellen mit etwas eisen- haltigem Wasser. Das Volk ist unabhängig und wirklich gastfreundlich. Der Blick von dem Gipfel auf den Shire, der sich durch eine ausgedehnte Ebene hin- schlängelt, welche von wirklichen Lotophagen bewohnt wird, ist prachtvoll, und wir. haben hier, wie man schon aus der Höhe schliefsen kann, ein ganz anderes D. Livingstone’s neueste Unternehmungen. 231 Klima als das der Ebenen. Die Vegetation hat mit der von Lunda und Angola grofse Aehnlichkeit. Wir haben am Fufse des Berges auch eine schöne heilse Schwefelquelle von 174° entdeckt; die Portugiesen haben diese prächtige Heil- quelle noch gar nicht benutzt. Das Thal des Shire ist an einer Stelle überreich an Elephanten; wenn Sie im Januar uns besuchen wollen, verspreche ich Ihnen, Ihnen fünfhundert dieser imposanten Thiere auf einer Ebene weidend zu zeigen; wir sahen noch gröfsere Heerden, und da die Flufsarme hier Inseln bilden, mach- ten wir mit dem Schiff zuweilen Jagd auf die Elephanten. Sie hatten prachtvolle Zähne, Ich glaube, dafs sie durch die süfse Frucht der wilden Palmyra’s, die hier schöne Wälder bilden, von den Höhen herabgelockt werden. — Die Bevöl- kerung war gegen uns sehr mifstrauisch, da sie bisher von Europäern noch nicht besucht worden ist, aber sie behandelte uns rücksichtsvoll.e. Unsere Leute, die uns Holz besorgten, wurden nie belästigt, aber wir wurden Tag und Nacht be- wacht. Die Eingeborenen sind mit Bogen und vergifteten Pfeilen gut bewaffnet. Die Weiber fügen einen Schmuck von der Gröfse und der Gestalt unserer Ser- viettenhalter in die Oberlippe, was ganz abscheulich aussieht; es ist ein höchst unyernünftiger Zierrath. Im oberen Drittel des Shire-Thales ist man fleifsig mit dem Landbau beschäftigt, und wir kauften hier reichliche Vorräthe von Lebens- mitteln zu billigen Preisen, aufserdem Proben. von ihrer Baumwolle und ihrem Baumwollengarn. Sie haben zwei Sorten Baumwolle, die beide von recht guter Qualität sind. — Unsere wichtigste Aufgabe war, das Vertrauen dieser Leute zu gewinnen; und da wir sie so argwöhnisch fanden, hielten wir es für unvorsich- tig, unser Schiff in ihrer Gewalt zu lassen und zu Lande weiter zu reisen, ob- gleich wir ganz sichere Nachrichten hatten, dafs der Shire ober- halb der Wasserfälle, die unserer Fahrt ein Ziel gesetzt hatten, wieder ruhig wird und dafs Araber von Zanzibar in Canoes aus dem See Nyanja auf ihm herabzufahren pflegten, ‘Wir wollen also unsern ersten Besuch erst seine Wirkung äufsern lassen und nach einem Monat wieder zu ihnen zurückkehren, Der Grund, weshalb die Portugiesen nicht über Merambala vor- gedrungen sind, liegt wahrscheinlich in der gleichmäfsig starken Strömung von 23 Knoten; es fehlt hier an ruhigem Fahrwasser, und mit den plumpen Zambesi- Canoes ist es schwer, gegen eine Strömung vorwärts zu kommen. Aufserdem steht die Bevölkerung in übelem Geruch, Man sagt, dafs sie einige dort gebo- rene Handelsleute getödtet hätte, Im Jahre 1856, als ich bei meiner Reise an der Mündung des Shire vorbeikam, hörte ich, dafs eine Expedition stromaufwärts gesendet, aber nicht weit gekommen war, weil der Flufs mit Wasserlinsen ver- wachsen sei. Von dieser Wasserpflanze kamen damals allerdings Massen aus dem Strome heraus; aber sie verschwindet 25 Miles von der Confluenz aufwärts, die Expedition. kann also nicht weit vorgedrungen sein. Oberhalb dieses Punktes wird der Flufs 'etwas breiter; aber er ist tief und frei von Sandbänken. Man kann in der That behaupten, dafs er für Dampfschiffe geeigneter ist als der Zam- besi; wir konnten selbst bei Nacht fahren.“ „Wir leben jetzt in der ungesundesten Jahreszeit: An der Küste ist das Fieber mörderisch. Hier haben wir nur ein paar Fälle gehabt, die überdies nicht tödtlich verliefen. Drei Mitglieder unserer Expedition bekamen Anfälle, sie be- finden sich jetzt aber besser. Dies ist die Ecke des hohen gesunden Landes, 232 Miscellen: wo, wie ich noch immer Grund zu glauben habe, Europäer ohne Gefahr leben können.“ „Ich habe geringe Hoffnung, unter dem Volk, das mit den Portugiesen in Berührung kommt, etwas Gutes wirken zu können. Ein oder zwei Jahre müssen noch darüber hingehen, ehe sie sich von den Folgen ihres letzten Krieges erholt haben. Aber von der Wichtigkeit des Landes gerade in Bezug auf diejenigen Producte, die England am meisten bedarf, habe ich eine höhere Meinung, denn je. Ich kann hier von den Strafsen Tete’s für morgen eine oder zwei Wagenladungen von Indigo zusammenbringen. Dr. Kirk hat darin einige Geschäfte gemacht, und Baumwolle, obgleich sie jährlich niedergebrannt wird, spriefst immer von Neuem frisch hervor. Das Volk bereitet hier auch Zucker, was ich erst jetzt erfahren habe.“ Nach Livingstone’s Beobachtung des Wasserstandes während der Jahres- periode kann ein Dampfer von 2 Fuls Tiefgang, wie sie auf dem Mississippi ge- bräuchlich, in gewöhnlichen Jahren den Zambesi bis Tete zu jeder Zeit befahren, gröfsere Schiffe hingegen nur während vier bis fünf Monaten. Bei Tete ist der Zambesi von Ufer zu Ufer 964 Yards breit, dreimal so breit wie die Themse bei London-bridge; an den breitesten Stellen erweitert er sich aber bis auf drei Miles und ist hier in fünf bis sechs Arme getheilt. Nach dem niedrigsten Wasser- stande steigt der Fluls bei Tete zuerst regelmäfsig um 8 Fufs an, dann folgt ein weiteres, Schwankungen unterworfenes Anschwellen von 8 bis 15 Fufs, endlich eine regelmälsige Abnahme des Wasserstandes bis auf 33 Fufs. Der Shire soll für die Schifffahrt bequemer sein, da man hier eine regelmäfsige Tiefe von 2 bis 3 Faden habe und auch bei Nacht fahren könne. Eine neue Entdeckung Livingstone’s ist in einem Briefe vom 1. Juni mitge- theilt. Mit Dr. Kirk und 15 Makololo’s war er von den Katarakten des Shire 50 Miles weit durch ein bevölkertes und an Baumwolle reiches Land vorgedrun- gen und hatte auf einem Plateau, 2000 Fufs über dem Meere, zu beiden Seiten des Parallels von Mosambique einen grofsen See, Namens Shirwa, entdeckt. Er ist 50 — 60 Miles lang, 20 — 30 Miles breit, reich an Fischen, Blutegeln, Alligators und Flufspferden. Sein Wasser ist bitter, aber trinkbar. Er hat kei- nen Abflufs und ist von Bergen umgeben, von denen einer, der Dzomba, 6000 Fufs hoch und auf seinem tafelförmigen Gipfel bewohnt ist. Nur ein schmaler Landstreifen soll diesen See von dem Nyassa trennen. —n. Schwefelquellen im Gouvernement Orenburg. Ueber die Entdeckung von Schwefelquellen im sogenannten Wilden See (Di- koje Osero) im Gouvernement Orenburg hat Herr Alexander Peker der Kais. Russ. Geographischen Gesellschaft (Wjästnik, Heft 9, 1858) folgenden Bericht abgestattet: „Obgleich ich mehrere Jahre im Gouvernement Orenburg gelebt und dieses Land in geognostischer Beziehung nach Kräften durchforscht habe, habe ich doch über die Existenz von Schwefelquellen im Kreise Birsk nie Etwas gehört oder in den topographischen Beschreibungen dieses Gouvernements gelesen. Es scheint Schwefelquellen im Gouvernement Orenburg. 233 demnach, dafs das Vorhandensein solcher Quellen im Wilden See nur an Ort und Stelle bekannt ist. Als ich im Juni 1858 in Dienstgeschäften den Kreis Birsk bereiste und mich hier und dort nach den Merkwürdigkeiten in der Umgegend erkundigte, erfuhr ich von einem Landmann, dafs acht Werst von dem Dorfe, in dem ich mich gerade befand, ein schwefelhaltiger, übelriechender See liege. Diese Neuigkeit veranlafste mich, meine Reise nach dem See hin zu lenken. Ich halte es nicht für unangemessen, die Resultate meines kurzen Besuchs zusammenzufassen. Der sogenannte Wilde See liegt in dem Bezirk des Basch- kirendorfes Ugusewaja, eine Werst vom Dorfe Ssimkina entfernt. Das Land ist hier sehr gebirgig. Die Berge, die sich zum Wilden See erstrecken, bestehen aus mächtigen Schichten von grauem und weilsem Alabaster, der hier zu Lande opoka, Wacke, genannt wird, mit Gypsadern. Diese Gesteine finden sich sehr oft am Laufe des Flusses Bjälaja und seiner Zuflüsse. Die Alabasterblöcke, die am Wilden See zum Bau der Kirche im Dorfe Kalinniki gebrochen wurden, sind so grofs und hart, dafs sie mit Pulver gesprengt werden mufsten. — Vom Fufse des Berges bei dem Dorfe Ssimkina dehnt sich nach Süden hin eine Ebene aus, die im Frühjahr von der Bjälaja und der Stariza (dem alten Lauf der Bjä- laja, jetzt einem Arm derselben) überschwemmt wird. Auf dieser Ebene liegt eine Reihe von Seen, die mit einander durch natürliche Canäle in Verbindung stehen. Der Wilde See, der nicht weniger als 3 Werst lang und gegen 70 Sa- shen breit ist, gehört zu den in der Mitte der Ebene gelegenen Seen und steht mit dem benachbarten See Jelankul durch einen Canal in Verbindung. In seiner Umgebung sind Schwefelquellen nicht sichtbar; aber ihre Existenz wird auf un- zweifelhafte Weise durch den Schwefelgeruch verrathen, der aus dem See und seinem Abflu/s aufsteigt, wie auch durch den weilslichen Niederschlag, der an manchen Punkten den Boden des See’s und Gegenstände, welche eine Zeitlang in seinem Wasser gelegen haben, überzieht. Der Geruch, der an den von faulen Eiern erinnert, macht sich sogleich bemerklich, wenn man solche Gegenstände aus dem Wasser oder dem Schlamme des See’s herausnimmt. Im Sommer ist der Schwefelgeruch nicht so stark, aber im Winter wird er nach der Versiche- rung der Bewohner des Dorfes Ssimkina unerträglich, besonders wenn der Wind vom See herweht Im Herbst bedeckt sich der See bei mälsigem Frost mit Eis; _ aber bei starker Kälte verschwindet das Eis und dann verbreitet sich in der Um- gegend wieder ein intensiver Schwefelgeruch. Der trockne Schlamm am Ufer selbst ist deutlich mit einem grauen Pulver bedeckt. Der Boden des See’s ist uneben, so dafs man ihn an einigen Punkten ohne Mühe wahrnimmt, aber in der Mitte hat er trichterförmige Gruben, die mehrere Sashen tief sind. Vom Bo- den dieser Vertiefungen steigt eine Flüssigkeit von milchweilser Farbe empor, die sich mit dem sü/sen Flufswasser vermischt und mit ihm durch den Abflufs des See’s fortgeführt wird. Vergleicht man die weilse Farbe und den Geruch dieses Wassers mit der Farbe und dem Geruch des Wassers in dem Sergiewski’schen Schwefelsee, an dem eine Heilanstalt errichtet ist, und erinnert man sich an die Uebereinstimmung der hier auftretenden Gesteinsarten mit denen in der Umge- gend der Sergiewski’schen See’s, wo ebenfalls Alabaster und Gyps vorherrschen, so mus man sich davon überzeugen, dafs von dem Boden des Wilden See’s 234 Miscellen : Schwefelquellen, und vielleicht sehr kräftige, aufsprudeln; aber in welehem Grade sie mit Schwefel gesättigt sind, konnte ich unter den damaligen Umständen nicht ermitteln. Die Bewohner des Dorfes Ssimkina versichern, dafs der Wilde See um Pfingsten mit einer Menge todter Fische bedeckt ist. Schon dieser Umstand beweist, dals das Wasser dann stark mit Schwefel gesättigt ist. Weshalb aber die Fische gerade um die Pfingstzeit umkommen, das ist eine Frage, die genauere Nachforschungen erheischt. Vielleicht rührt diese Erscheinung daher, dafs nur im Frühjahr das tief in die Erde eindringende Wasser einen Druck auf die unter- irdischen Wasserbehälter ausübt und die Schwefelquellen veranlalst, mit grofser Kraft in die Höhe zu steigen, wodurch das Seewasser in einem solchen Grade mit Schwefel geschwängert wird, dafs die Fische umkommen. Dies wird einiger- mafsen auch durch den Ausdruck der Ortseinwohner bestätigt, dafs der See um Pfingsten „zu brennen anfängt“, d.h. dafs er aufwallt und die milchweifse Farbe annimmt. Die Alabaster-Berge, wie alle Umgebungen des Wilden See’s, tragen die Merkmale der Gebirgsarten an sich, denen R. Murchison in Folge ihrer Abwei- chung von andern bekannten Formationen den Namen Permisches System bei- legte. Uebrigens bilden die Ablagerungen dieses Systems hier nur die untere Formation; sie sind fast überall von einer mächtigen Schicht rothen Tertiär-Thons aus der Molasse-Periode überlagert. In der Julandinski-Kronforst, 8 Werst vom Dorfe Ssimkina, an der Bjälaja wird der Tertiär- Thon durch eine Schicht Trieb- sand von 8 bis {0 Sashen Mächtigkeit ersetzt. Dafs dieser Sand und Thon nicht Glieder des Permischen Systems sind, sondern als jüngere Bildungen betrachtet werden müssen, erhellt daraus, dafs sich in ihnen Mammuthknochen von unge- wöhnlicher Gröfse finden. Zur Untersuchung der Mineralquellen des Wilden See’s mu[s man sich Was- ser aus jenen trichterförmigen Vertiefungen besorgen, in denen die Quellen auf- sprudeln.. Vielleicht zeigt dies Wasser noch irgend welche besondere mineralische Eigenschaften. Aulserdem wäre es sehr interessant, in der Nähe des See’s einige Bohrungen zu veranstalten, um das unterirdische Schwefelwasserbecken vielleicht auf diese Art an die Oberfläche der Erde zu locken. Solche Arbeiten könnten auch gleich- zeitig zur Entdeckung von Steinsalz bei Birsk führen; in der Nähe der Stadt finden sich Salzquellen. Einige derselben sprudeln aus einem Berge bei dem Krondorfe Urshumowa, 20 Werst von Birsk, hervor; 2 Werst von der Stadt liest ein See Namens Ussolje, an dem vor 35 Jahren eine Salzsiederei angelegt wurde.“ nm Nachrichten über die Expedition der Herren Sjäwerzow und Borschtschow nach der Kirgisensteppe. Vor einem Jahre theilten wir den Lesern der Zeitschrift mit (Bd. V, 8. 264), dals die Kaiserl. Russische Akademie der Wissenschaften zwei junge Naturfor- scher, die Herren Sjäwerzow und Borschtschow, nach der Kirgisensteppe gesandt habe, um namentlich die Umgegend des Aral-See’s in zoologischer und botani- Eine Reise nach dem Tschung-Distriet im Sinon-Kreise. 235 scher Hinsicht genauer zu untersuchen. Durch den diesjährigen Bericht des Herrn v. Buschen über die in Rufsland im Jahre 1858 ausgeführten geographischen Unternehmungen erhalten wir weitere Nachrichten über das Schicksal und die Re- sultate dieser Expedition. Darnach hätte die Unternehmung Herrn Sjäwerzow beinahe das Leben gekostet: in der Steppe, 60 Werst vom Fort Perowski, sah er sich plötzlich von einer Bande räuberischer Kokanzen überfallen und wurde, mit zwölf Wunden bedeckt, trotz der tapfersten Gegenwehr seiner Begleiter, nach der Festung Turkestan in die Gefangenschaft geschleppt. Dank der Festigkeit und Entschlossenheit des russischen Befehlshabers der Sir Darja-Linie, setzten die Kokanzen Herrn Sjäwerzow bald wieder auf freien Fufs, der nun seine For- schungen zu einem befriedigenden Abschlufs führte und mit einer reichen zoolo- gischen Sammlung glücklich nach Petersburg zurückkehrte. Herr Borschtschow hatte inzwischen die Flora der Aralischen Steppen gründlich studirt; er hat eine Collection von 900 Exemplaren mitgebracht, obgleich der Sommer aufserordent- lich heifs war und ein grofser Theil des Gebiets am Sir Darja in Folge des Wassermangels nur unter aufsergewöhnlichen Beschwerden untersucht werden konnte, Die Sandwüsten Kara Kum und Kisil Kum hatte er noch in den Winter- monaten bereist, in denen die zum Theil mit Schnee bedeckte Steppe zugäng- licher ist. Das wichtigste Resultat seiner Forschungen besteht darin, dafs er an der Nordost-Seite des Aral-See’s eine vollständige Meeresflora entdeckt hat, von zahlreichen Arten und sogar von ganzen Pflanzengeschlechtern, die ausschliefslich dem Meeresboden eigen sind und sonst nirgends, weder in Salz- noch in Süls- wasser-Binnenseen angetroffen werden. Diese auch in historischer Hinsicht in- teressante Entdeckung dient zur Befestigung der Annahme, dafs der Aralsee nicht ursprünglich ein Binnensee war, sondern dafs er der Ueberrest eines früheren Meeres ist. Schon früher wufste man, dafs in ihm Mollusken vorkommen, die sehr ähnlich, wenn nicht identisch mit Meeres-Mollusken sind. Beide Facta ge- nügen fast, die zweifelhafte Frage über die Entstehung des Kaspischen Meeres und des Aral-See’s zu entscheiden: sie bildeten früher einen breiten Meerbusen des nördlichen Oceans. —n. Eine Reise nach dem Tschung-Distriet im Sinon-Kreise. Der Sinon-Kreis umfafst bekanntlich das der Nordküste der Insel Hongkong vorliegende Festland von China. Von diesem bildet der Tschung-Distriet eine gegen Westen sich erstreckende Halbinsel, welche im Norden von der „Tiefen Bai“, im Westen von dem „äufseren Bassin des Cantonflusses“, im Süden von der Wasserpassage, welche das Festland von den Inseln Lantao, Mahwan und Tschunghue scheidet, umgrenzt wird. Zwischen den beiden letztgenannten Inseln führt in nordwestlicher Richtung die Capsingmoon- (oder Kupschuimoon-) Stralse hindurch, die Passage von der Rhede Victoria auf Hongkong nach dem Festlande. Die Reisenden, deren nur Einer, Herr William Maxwell, in dem nachfolgenden Berichte genannt wird, beabsichtigten, über Land nach Canton zu gehen, fanden jedoch nicht die dazu nöthige Begleitung und mufsten sich daher auf einen kür- zeren Ausflug beschränken. Ihr Bericht, von der Hand des Reisegefährten des 236 Miscellen: Herrn Maxwell, findet sich in der auf Hongkong erscheinenden China Mail vom 24. Februar und vom 10. März 1859 und lautet mit einigen unwesentlichen Aus- lassungen wie folgt: „Wir segelten am 18. Februar d. J. von Hongkong nach dem grofsen Dorfe Tschinwan am Eingange der Kupschuimoon-Bai und überstiegen von dort den westlichen Rücken des Taimowschan (d. h. Grofses Hutgebirge) nach dem Kum- t’en (d. h. Blühendes Land), welches auch Pakheong-Thal genannt und nicht selten von Jägern besucht wird. Dort übernachteten wir in dem Hause eines uns bekannten Lehrers. Früh am nächsten Morgen gingen wir quer durch das Pakheong-Thal (d. h. Thal der acht Dörfer) und verliefsen dasselbe in seiner nordwestlichen Ecke durch eine von zwei ungeheuren Felsen gebildete Schlucht. Von hier führte der Weg über wellenförmiges Sumpfland, auf welchem hin und wieder niedrige, mit weilsem Quarz bedeckte Hügel sich erhoben, nach dem Dorfe Kumtschin (d. h. Goldgeld). Dieses Dorf ist von Aeckern, die mit hohen Föhren und Früchte tragenden Bäumen anmuthig bepflanzt sind, umgeben; in den Bäumen nisten viele Tauben; die Bewohner benahmen sich sehr freundlich. Von Kumtschin aus kamen wir durch ein sehr fruchtbares Thal oder vielmehr über eine kleine Ebene, zur Rechten in einiger Entfernung mehrere grolse Ort- schaften, zur Linken ganz nahe Watscheongheong (d.h. lieblich duftendes Ge- treide). Allein nach einem nahegelegenen Sumpfe zu urtheilen, besteht der lieb- liche Duft nur in der Einbildung. Nachdem wir an einem isolirt stehenden Götzentempel vorübergekommen waren, führte uns der Weg über einen sehr nie- drigen Pals in eine grofse Ebene, im Nordosten der „Tiefen Bai“, von der ein langer seichter Flufsarm sich in’s Land hinein erstreckt. Nachdem wir über die- sen Flufsarm gesetzt waren, kamen wir, an dem grofsen Dorfe Lofu vorüber, nach der kleinen Stadt Sumtschun (d. h. tiefe Strömung). Diese liegt 15 oder 20 engl. Meilen von dem Pakheong-Thal, 30 oder 40 von Tschinwan, wo wir landeten, und etwa 8 bis 10 Meilen von Namtau entfernt.“ In Sumtschun wollten sich die Reisenden erkundigen, ob sie ohne Gefahr sich nach Namtau begeben könnten oder ob es gerathener sei, diese Stadt bei Nacht zu passiren. Als sie sich zu diesem Zwecke in ein Haus begaben, zu einem Verwandten eines der sie begleitenden Chinesen, wo sie freundlich aufge- nommen wurden, entstand ein Auflauf. Ein Haufe Menschen, namentlich Schläch- ter aus den nahegelegenen Schlächterwohnungen, sammelte sich vor dem Hause und stiefs die gefährlichsten Drohungen aus: „Schlagt zu! Schneidet den frem- den Teufeln den Hals ab.“ Nur mit Mühe entzogen sich die Reisenden, welche ihre Ruhe behielten und von ihren Revolvers keinen Gebrauch machten, dem Ge- tümmel. Steinwürfe trafen sie nicht. Durch mehrere enge Strafsen gelangten sie endlich vor das Thor. „Es war uns angenehm“, fährt der Berichterstatter fort, „endlich uns aufser- halb der Stadt zu befinden, denn hier stellte sich doch, wäre es zum Gefecht gekommen, die Sache anders; auch begaben sich die ärgsten Verfolger in die Stadt zurück, wo sie gewils ihre Viehställe ausgeleert angetroffen haben werden. Dennoch war die Gefahr grofs genug, weil uns ein Haufe über die Ebene folgte und aus einem benachbarten Dorfe Leute mit alten Luntenflinten herbeikamen. Um diesen aus dem Wege zu gehen, mulsten wir nahe bei einigen in dem Flufs- Eine Reise nach dem Tschung-Distriet im Sinon- Kreise. 237 arm liegenden Dschunken vorüber, und auch von diesen nahte sich ein Haufe, der unsern Rückzug unterbrechen zu wollen drohte. Erst nachdem wir wieder über den Flufs hinüber waren, fühlten wir uns sicher, hielten es aber doch für rathsam, uns von unsern Feinden zu entfernen, und begaben uns daher nach dem Dorfe Kumtschin zurück, wo wir uns unter einigen Führen niedersetzten. Als die Bewohner hier von unserem Erlebnifs in Sumtschun hörten, baten sie uns, bei ihnen zu bleiben, und brachten uns Orangen, Thee und Kuchen. Wir hielten es jedoch für besser, nach dem Pakheong-Thal zurückzukehren, wo wir bei Anbruch der Nacht eintrafen und nach längerem Umherirren das Dorf Yun- kong fanden.“ „Am folgenden Tage liefs sich der Lehrer in Yunkong bereit finden, uns in die südlich von der „Tiefen Bai“ gelegene Gegend zu begleiten. Als wir das Thal hinabgingen, kamen wir an den Ruinen von Schekwutong vorüber; dieses Dorf war vor vier Jahren von den Kumtin-Leuten zerstört worden. In Kumtin selbst, welches eine grofse wohlhabende Stadt zu sein schien, die wir aber nicht _ besuchten, sollen die Bewohner gegen Fremde feindselig gesinnt sein. Das Was- ser in der „Tiefen Bai“ am Ende des Thales ist auf einer Strecke von 2 bis 3 engl. Meilen von Sumpf und Sand umgeben. Ehe wir jedoch dieses Vorland er- reichten, wendeten wir uns links zwischen mehreren niedrigen Hügeln hindurch und kamen nach dem Schapheong-Thal (d. h. Thal der zehn Dörfer), welches gröfser als das Pakheong- Thal, aber weniger angebaut und von Flufsarmen durch- schnitten ist, die zur Fluthzeit einen gro/sen Theil überschwemmen. Hier ver- nahmen wir Feuern in einiger Entfernung und freuten uns zu hören, dafs in dem weiterhin gelegenen Pingschan- oder Peungschan-Thale ein Gefecht stattfand.“ Die Reisenden begaben sich dahin und fanden eine Anzahl Leute, welche von den Hügeln herab dem Kampfe zuschauten. Die Bewohner der Dörfer Fuisa (d. h. sandige Asche) und Hangme (d. h. Ende der Schlucht) kämpften gegen die von Hangtau (d. h. Anfang der Schlucht) und Taitschun (d. h. grofses Dorf). „Da gerade eine Pause eingetreten war, begaben wir uns“, so heifst es in der Mittheilung weiter, „nach Fuisa, wo wir die Einwohner in grolser Aufregung an- trafen; sie trugen Flaggen, Speere, Luntenflinten, und beobachteten das Gefecht von den Dächern der Häuser, aus denen sie nur den Kopf hervorstreckten. Einem Manne blutete der Kopf, wie wenn er von einer Kugel verwundet worden.“ Nach- dem unsere Reisenden eine Zeitlang dem seltsamen Kampfe zugesehen hatten, auch auf’s Neue bedroht worden waren, obwohl doch Niemand sie anzugreifen gewagt hatte, begaben sie sich durch ein sehr schönes Thal, in welchem mehrere mit Mauern umgebene Ortschaften lagen, aufser den Ruinen anderer, die von Re- bellen zerstört worden, nach .dem Schingschan oder heiligen Berge, der unter dem Namen Castle Peak besser bekannt ist. „Ehe wir den Fufs dieses Berges er- reichen konnten, mu/ste ein Flufsarm passirt werden und zwar in einem Boote, das einem recht räuberisch aussehenden Dorfe angehörte. Ungefähr auf einem Drittel des Weges den Pik hinauf liegt, in dichter dunkler Waldung versteckt, ein berühmtes Taoisten-Kloster, welches von mächtigen, unregelmäfsig durch ein- ander stehenden Felsen, die mehrere kleine Höhlen bilden und mit Rankenge- wächsen überwuchert sind, umgeben ist. Das Kloster ist sehr geräumig, hat grolse Zimmer, wurde aber nur von einem einzigen Mönche und dessen Diener 238 Miscellen: bewohnt. Der erstere, der gerade sehr an Dysenterie litt, war anfangs ganz er- staunt, uns zu sehen, denn seit Beginn des Krieges war kein Europäer da gewe- sen. Hernach besorgte er, wir möchten von den Chinesen überfallen werden, die dann das Kloster zerstören würden. Allein wir suchten ihn vom Gegentheile zu überzeugen, denn einen anderen Ausweg gab es nicht, und er räumte uns darauf bereitwillig ein Zimmer ein, um darin zu übernachten. Die Nacht war etwas unheimlich in dem alten verfallenen Kloster, man vernahm nur das Stöhnen und Seufzen des kranken Mönches, und die tiefe Stille der Waldung wurde allein durch das melancholische Heulen des Windes, das leise Rauschen des Regens und das Rascheln von Schlangen oder Eichhörnchen im dürren Laube unterbro- chen ... Castle Peak ist ein ansehnlicher Berg, man wird seiner auf der Fahrt von Hongkong nach Macao ansichtig. Der obere Theil besteht aus steilen, jäh abschüssigen Felsen und ein dichter Wald führt vom Thale hinauf bis zu der Stelle, wo das Kloster liegt. Aufser dem Namen Schingschan oder heiliger Berg wird der Pik auch Poetouschan oder Berg des Theetassen-Schiffers genannt, weil nämlich, wie die Sage geht, vor mehreren Jahrhunderten ein sehr heiliger Prie- ster, der ein goldenes Götzenbild entwendet hatte und deshalb verfolgt wurde, den Flufsarm unterhalb des Berges in einer Theetasse durchschiffte, sich auf dem Berge niederlie(s und dort wunderbare Heilungen verrichtete. Man sah ihn oft nach seinem Tode noch, wie er in einer Tiheetasse auf der Kupschuimoon -Pas- sage fuhr, bis wahrscheinlich die Dampfschiffe ihn verscheuchten. Der Berg sammt dem Kloster ist ein weitberühmter Ort, eines der acht Wunderwerke in der Provinz Kwangtung, und ungeachtet der Unruhen in der Umgegend pilgern viele Chinesen alljährlich dahin. Am nächsten Morgen brachen wir die Küste entlang nach Tschinwan auf. Der Mönch hatte uns gesagt, der Ort sei nur 20 oder höchstens 30 Li (7 oder 10 engl. Meilen) entfernt. Allein nachdem wir den ganzen Tag auf gefährlichen Wegen, über Hügel und um unzählige Buchten herum fortgeschritten waren, hatten wir beim Beginn der Nacht erst etwa die Hälfte des Weges zurückgelegt und waren sehr ermüdet. Mit grofser Mühe er- hielten wir zwei kleine Sampans (Tragsessel), noch ehe es ganz dunkel wurde, zu unserer Weiterbeförderung. Die Nacht war kalt und öde. Die einzige Unter- brechung der ringsum herrschenden Eintönigkeit war der blendende Glanz, der von einem grolsen, auf den Hügeln angezündeten Grasfeuer herrührte. Um Mitternacht kamen wir in Tschinwan an, wo wir im Hause des Lehrers über- nachteten; am nächsten Morgen fuhren wir in einem Boot nach Hongkong.“ Am 5. März d. J. unternahm derselbe Berichterstatter zum zweiten Male eine Reise nach dem Castle Peak mit fünf Begleitern. Der Mönch war inzwischen gestorben und bestattet worden. Die Reisenden wurden, während sie im Kloster übernachteten, durch das Gerücht eines auf sie beabsichtigten Ueberfalles, das sich aber nicht bestätigte, allarmirt. Dies beschreibt der Berichterstatter ausführlich und bemerkt dabei, dafs das ein wenig an dem Flufsarme aufwärts gelegene Dorf Tinmun ein wegen seiner Salzschmuggler und Piraten berüchtigter Ort sei. Ueber die unter den Bewohnern der von ihm besuchten Distriete im Allgemeinen herr- schende Stimmung sagt er: „Die Leute sind uncultivirt, roh und lieben den Krieg, Alle Dschunken an den Küsten sind stets für den Seeraub in Bereitschaft, so- bald Gelegenheit sich dazu bietet. Die Dörfer bekriegen sich unter einander und Das Schicksal der Expedition Franklin’s. 239 mit Ausnahme des Leukun-Thales sind die Landstrafsen so sehr von Räubern angefüllt, dafs nur wenig Verkehr von einem Dorfe zum andern stattfindet. Die Hakka-Leute sind gegen die Fremden wohlgesinnt, obgleich zu kleinen Diebereien geneigt. Die Puntis sind weniger freundlich .... Bei unseren ersten Ausflügen im Sinonkreise erschienen uns die Leute freundlich und die Gebirge sicher, aber nachdem wir nur etwas genauer die Stralsen, die Räuber, die Schlächter und die Gefechte zwischen den Dörfern kennen gelernt hatten, überzeugten wir uns vom Gegentheil .... Der Sinon-Distriet ist ganz sich selbst überlassen und die Ver- wirrung mehrt sich mit jedem Tage. Ueberall hört der Reisende das Getöse fechtender Dorfbewohner und Piratendschunken und die Obrigkeiten in Kwang- tung haben alles Ansehen verloren. Aulser in Kaulung (einer der Nordküste von Hongkong unmittelbar gegenüber liegenden ansehnlichen Stadt) ist kein Mandarin zu sehen.“ B. Das Schicksal der Expedition Franklin’s. (Hierzu eine Karte, Taf. IV.) Die letzten Nachrichten, die wir unsern Lesern über die Fahrten des Dam- pfers Fox in den arktischen Gewässern (Bd. V, S. 270) mittheilen konnten, da- tirten vom 26. Juli 1858. Sie bestanden in einem Briefe M‘Clintock’s an Capt. Collinson und schilderten die Schwierigkeiten, mit denen das kleine Entdeckungs- schiff auf seiner Fahrt von der Melville-Bai nach dem Lancaster-Sunde und der Ponds-Bay zu kämpfen hatte. Jetzt, im September 1859, ist M‘Clintock nach England zurückgekehrt, nachdem er seine Hauptaufgabe, über das Schicksal Sir John Franklin’s Gewilsheit zu erlangen, glücklich gelöst und die geographische Kenntnifs des arktischen Archipels, insonderheit der Inseln zu beiden Seiten der Victoria-Strafse, wesentlich vervollständigt hat. Er hat über die Unternehmungen der seiner Leitung anvertrauten Expedition vom Mai 1858 bis zu ihrer Rückkehr an die Admiralität den übersichtlichen Bericht, den wir im Folgenden reproduciren, abgestattet, und demselben ein genaues Verzeichnifs aller derjenigen den Schiffen und der Mannschaft der Franklin-Expedition gehörigen Gegenstände beigefügt, welche er und seine Gefährten entdeckt und zum grofsen Theil in die Heimatlı mitgebracht haben. Der erwähnte Bericht lautet folgendermalsen: „Sie werden sich erinnern, dafs der Fox aus dem Packeise der Davis-Strafse in 633° N. Br. am 25. April 1858 loskam, nachdem er während des Winters im Eise 1194 Seemeilen umhergetrieben war. Die kleine Colonie Holsteinborg erreichten wir am 28sten, und versahen uns hier mit den sehr spärlichen Vor- räthen, die der unbedeutende Ort gewähren konnte. Am 8. Mai traten wir die Weiterfahrt an, besuchten Godhavn und Upernivik, fuhren in den ersten Tagen des Juni in die Melville-Bay und am 26sten hinüber nach Cap York, wo wir mit einigen Eingeborenen in Verbindung traten. Sie erkannten auf der Stelle Mr. Petersen, unsern Dolmetscher, den sie durch die Grinnell-Expedition unter Dr. Kane kennen gelernt hatten. Auf unsere Fragen nach dem Eskimo- Hundetreiber _ Hans, der im Jahre 1857 das Schiff Advance verlassen hatte, erzählten sie uns, dafs er sich am Whale Sound aufhalte. Wäre er hier gewesen, so würde ich 240 Miscellen ihn sehr gern an Bord genommen haben, da er noch immer den lebhaften Wunsch hegt, nach Süd-Grönland zurückzukehren. Am 12. Juli sprachen wir nicht weit vom Cap Horsburgh (North Devon) mit Eingeborenen vom Cap Waırender; sie hatten seit dem Besuch des Phönix im Jahre 1854 kein Schiff gesehen; auch Wracks sind nie an ihre Küste ge- trieben. Erst am 27. Juli erreichten wir Ponds Bay; denn in dem nördlichen Theile der Baffins-Bay war das Eis in so ungewöhnlicher Weise vorherrschend, dafs wir auf der Fahrt von Holsteinborg ab mit stets wachsenden Hindernissen zu kämpfen hatten. Ohne Dampf hätten wir absolut Nichts ausrichten können. Hier — an der Ponds-Bay — fanden wir nur eine alte Frau und einen Jungen, die unser Schiff 25 Miles weit in die Bucht aufwärts führten, wo wir ihr Dorf er- reichten. Ungefähr eine Woche blieben wir in ununterbrochenem und sehr in- teressanten Verkehr mit diesem gutherzigen Völkchen. Die Nachrichten, die wir von ihnen einzogen, bestanden in Kürze darin, dafs über die Franklin-Expedition keinerlei Kunde zu ihnen gedrungen, dafs auch in den letzten 20 bis 30 Jahren kein Wrack an ihre Küste getrieben war. Ihnen waren nur die Ueberreste von drei gescheiterten Schiffen bekannt; zwei scheinen den Walfischfahrern Dexterity und Aurora anzugehören, die im August 1821 etwa 70 oder 80 Miles südlich von Ponds Inlet gescheitert sind. Das dritte Schiff liegt, nun fast ganz im Sande vergraben, ein paar Miles östlich vom Cap Hay. Dieses Völkchen unterhält regelmäfsig während des Winters über Land einen Verkehr mit den Stämmen bei Iglulik (an der Nordostspitze der Melville-Halbinsel); sie wissen, dafs Parry’s Schiff dort den Winter von 1822 zu 1823 zugebracht hat; sie haben auch in neuerer Zeit von Dr. Rae’s Besuch an der Repulse-Bay gehört, erzählen, dafs seine Boote unserem Walfischboot ähnlich gewesen sind, dafs seine Leute unter Zelten in Schneehütten gelebt, Pfeifen geraucht, Rennthiere geschossen hätten u.s.f., dafs keiner gestorben und die Expedition nur einen Winter dort geblie- ben wäre. Ueber die Franklin-Expedition war kein Gerücht zu ihnen gelangt. Sie sagten uns, dafs das Eis in Ponds Inlet in jedem Sommer verschwinde, und dafs, so lange noch etwas Eis übrig sei, auch Walfische hier in grofser Anzahl vorhanden wären. Wir selbst sahen mehrere grofse Walfische und fanden bei den Eingeborenen eine beträchtliche Menge von Fischbein und Narwhal-Hörnern, die wir gegen Messer, Feilen, Sägen, Flinten und Wolle einzutauschen suchten. Die Leute zeichneten uns mit ein paar rohen Umrissen eine Karte der Bucht, die sich zu einem ausgedehnten Canal in der Richtung nach Prince Regent’s Inlet erweitert. Wir konnten nicht umhin zu bedauern, dafs von den uns befreunde- ten Walfischfängern, die uns in der letzten Zeit so viel freundschaftliche Dienste geleistet hatten, kein einziger hier war, um eine so ausgezeichnete Gelegenheit zu Jagd und Geschäften zu benutzen. Wir verliefsen Ponds Inlet am 6. August, erreichten Beechey Island am 1iten, und landeten hier eine schöne, von Lady Franklin uns zu diesem Behuf mitgegebene Marmorplatte mit einer Inschrift zum Gedächtnils unserer verlorenen Landsleute vom Erebus und Terror. Die Provisionen und Vorräthe waren in vollkommener Ordnung; nur ein kleines Boot hatte dadurch sehr gelitten, dafs es umgeworfen und vom Sturm längs des Strandes hingerollt worden war. Das Dach des Hauses empfing einige nothwendig gewordene Reparaturen. Das Schicksal der Expedition Franklin’s. 241 Nachdem wir einige Kohlen und die Vorräthe, deren wir bedurften, einge- nommen und am 16ten Cap Hotham (Südostspitze von Cornwallis-Island) be- rührt hatten, fuhren wir am 17ten 25 Miles weit in die Peel-Stra/[se hinein, fanden aber die Fortsetzung dieses Canals mit zusammenhängendem Eise belegt. Ich beschlo(s also am 19. August mich nach der Bellot-Strafse zu wenden, unter- suchte die zu Port Leopold zurückgelassenen Vorräthe, und liefs hier ein Wal- fischboot zurück, das wir vom Cap Hotham mitgebracht hatten, um unsern Rück- zug zu ermöglichen, falls wir uns genöthigt sehen sollten, den Fox zu verlassen. Das Dampfboot (steam launch) war höher auf den Strand hinaufgeführt und vom Eise etwas beschädigt worden. Prince Regent’s Inlet war von Eis auffallend frei, wir sahen nur wenig während unserer Fahrt bis zur Brentford Bay, die wir am 20. August erreichten. Die Bellot-Strafse, welche die Verbindung mit der westlichen See herstellt, ist 17 bis 18 Miles lang und nur 1 Mile breit. Sie war jetzt voll von Treibeis, wurde aber, je mehr der Sommer vorrückte, da- von allmählich und zuletzt ganz frei. Ihre Küsten bestehen an manchen Stellen aus hohen Granitwänden und einige von den benachbarten Bergen erheben sich zu 1600 Fufs Höhe. Ebbe und Fluth sind sehr stark, die Geschwindigkeit der Springfluth beträgt sechs bis sieben Knoten. Am 6. September passirten wir die Strafse ohne Hindernifs, und brachten das Schiff an einer festen Eismasse gegen- über dem westlichen Ausgang der Strafse in Sicherheit. Von diesem Punkte aus haben wir bis zum 27sten, wo ich es für nothwendig hielt, mich in mein Winter- quartier zu begeben, ununterbrochen die Bewegung des Eises in dem westlichen Canal beobachtet. Mitten im Canal war das Eis aufgegangen und trieb umher; die Wasserfläche wurde allmählich gröfser und gröfser, bis schlie/slich die Eis- masse, die uns von ihr trennte, nur noch drei oder vier Miles breit war. Aber diese Eismasse wurde durch zahllose Inselchen fest zusammengehalten und wider- stand der Gewalt der Herbststürme. Es war für uns in der That eine unsäg- liche Tantalusqual, Tag für Tag das freie Wasser vor Augen zu haben, das wir doch nicht erreichen konnten und das ein paar Miles südlich von uns die Felsen- küste bespülte. ‘Während des Herbstes versuchten wir, Vorrath-Depots in der Richtung nach dem magnetischen Pol hin anzulegen, aber diese Unternehmungen schlugen fast ganz fehl, weil das Eis im Süden auseinanderging. Lieut. Hobson kehrte im November mit seinen Schlittenpartien zurück, nachdem er von rauhem Wetter viel gelitten hatte und kaum einer drohenden Lebensgefahr entronnen war, indem das Eis, auf welchem er lagerte, sich einmal von der Küste loslöste und mit ihm und seinen Leuten vom Winde fortgetrieben wurde. Wır überwinterten am östlichen Eingange der Bellot-Stralse, in einem klei- nen Hafen, den ich nach dem Befehlshaber einer von den früheren Expeditionen der Lady Franklin Port Kennedy nannte. Obgleich die Vegetation ziemlich reich- lich war und unsere beiden Eskimo-Jäger, Mr. Petersen und andere Jagdlieb- haber fortwährend auf den Beinen waren, lieferte uns das Land während 11} Mo- naten doch nur 8 Rennthiere, 2 Bären, 18 Seehunde und ein paar Wasservögel und Schneehühner. Der Winter war ungewöhnlich kalt und stürmisch. Wäh- rend desselben vervollständigten wir unsere Vorbereitungen zu den beabsichtigten Nachforschungsreisen. Ich hielt es für meine Pflicht, persönlich Marshal Island Zeitschr. f. allg. Erdk. Neue Folge. Bd. VII. 16 242 Miscellen: zu besuchen und beabsichtigte so die Rundreise um King William’s Island zu vervollständigen. Lieut. Hobson wurde von mir beauftragt, die Westküste von Boothia zu be- reisen bis zum magnetischen Pol und von Gateshead Island westwärts bis zu Wynniatt’s fernstem Punkt. Capt. Allen Young, unser Segelmeister, sollte die Küste von Prince of Wales Land von Lieut. Browne’s fernstem Punkt ab auf- nehmen und die Küste von der Bellot-Strafse nördlich bis zu dem äufsersten Punkt, zu dem Sir James Rofs vorgedrungen, untersuchen. Wir, Capt. Young und ich, traten unsere ersten Frühjahrsreisen am 17. Fe- bruar 1859 an. Der erstere führte sein Depot über den Canal hinüber nach Prince of Wales Land, während ich mich südlich nach dem magnetischen Pol hinwandte, in der Hoffnung, dafs ich mit Eskimo’s zusammentreffen würde und von ihnen Nachrichten erhalten könnte, die dem Zweck unserer Unternehmung dienlich wären. Ich wurde von Mr. Petersen, unserem Dolmetscher, und Alexander Thomp- son, dem Quartermaster, begleitet. Wir hatten zwei von Hunden gezogene Schlitten. Am 28. Februar trafen wir nicht weit vom Cap Victoria glücklicher- weise eine kleine Schaar von Eingeborenen und empfingen später den Besuch von 45 Personen. Wir blieben vier Tage bei ihnen und erhielten von ihnen manche Ueberbleibsel der Franklin-Expedition und die Nachricht, dafs vor eini- gen Jahren ein Schiff von dem Eise an der Nordküste von King William’s Island zertriimmert worden, dafs die ganze Mannschaft aber glücklich das Land erreicht habe und in der Richtung nach dem Grolsen Fischfluls fortgezogen wäre, wo sie gestorben sei. Dieser Stamm hatte reichlichen Vorrath von Holz, das er seiner Aussage zufolge von einem Boote erhalten hatte, welches die weisen Männer am Grofsen Fischflufs zurückgelassen hätten. Wir erreichten unser Schiff nach einer Abwesenheit von 25 Tagen, in guter Gesundheit, aber etwas angegriffen durch die starken Märsche und die ungewöhnlich strenge Witterung, der wir ausgesetzt gewesen waren. Mehrere Tage hinter einander war das Quecksilber gefroren. Am 2. April fingen unsere Haupt-Frühjahrsreisen an. Lieut. Hobson be- gleitete mich bis Cap Victoria, jeder von uns hatte einen von vier Mann gezo- genen Schlitten und einen mit sechs Hunden bespannten Reserve-Schlitten. Ueber mehr Kräfte konnten wir nicht verfügen. Ehe wir uns trennten, sahen wir zwei Eskimo -Familien, die auf dem Eise in Schneehütten lebten; wir erfuhren von ihnen, dafs ein zweites Schiff vor King William’s Island erblickt worden und ge- gen Ende des Jahres an’s Land getrieben wäre. Von diesem Schiff hatten sie eine grofse Menge Holz und Eisen erhalten !). !) Die zur Franklin-Expedition gehörigen Gegenstände, welche man von diesen Boothia-Eskimo’s erhielt, waren folgende: Sieben Messer, die von den Eingeborenen aus Materialien der vermilsten Schiffe verfertigt waren, eines ohne Griff; sie sind von Eisen oder von Stahl, an zwei Stückchen Reifen angenietet, zwischen denen der hölzerne Griff eingefügt und festgenietet ist; die Nieten sind fast sämmtlich aus sol- chen kupfernen Nägeln verfertigt, wie man sie an einem mit Kupfer beschlagenen Boot findet, sie tragen aber, so weit sie untersucht sind, nicht den Regierungsstem- pel: die Boote des Erebus und Terror waren vermuthlich meistens auf Grund von Privat-Contracten erbaut und ihr Eisen- und Kupferwerk wurde deshalb nicht mit dem breiten Pfeil gestempelt; ein kleines Messer scheint ein chirurgisches Instrument fiir Das Schicksal der Expedition Franklin’s. 245 Ich gab nun Lieut. Hobson die Weisung, das Wrack aufzusuchen und jede Spur zu verfolgen, die er auf King William’s Island entdecken konnte, Ich selbst marschirte mit meinen Leuten und Mr. Petersen längs der Ostküste dieser Insel, kam hin und wieder an verlassenen Schneehütten vorbei, traf aber erst am 8. Mai Eingeborene, indem ich nicht weit vom Cap Norton ein Schneedorf mit etwa 30 Einwohnern erreichte. Sie versammelten sich um uns, ohne auch nur die ge- ringste Furcht oder Schüchternheit an den Tag zu legen, obgleich noch, keiner von ihnen jemals weifse Menschen gesehen hatte. Sie waren sehr geneigt, Alles was sie wu/sten uns mitzutheilen und ihr Hab und Gut zu verhandeln, aber sie hätten uns auch Alles fortgestohlen, wenn wir ihnen nicht scharf auf die Finger gesehen hätten. Hier erhielten wir noch andere Reliquien von unseren Lands- leuten ") und wir konnten nicht Alles mitnehmen, was wir hätten kaufen können. Sie wiesen auf eine Bucht hin, die wir Tags vorher überschritten ‚hatten, und sagten, dafs eine Tagereise längs dieser Bucht landeinwärts und dann vier Tage- reisen über Land sie zu dem Wrack geführt hätten. Seit dem Winter von 1857 zu 1858 war keiner von diesen Leuten wieder dort gewesen; schon damals, sag- ten sie, sei von dem Wrack nur noch wenig übrig gewesen, da ihre Landsleute gewesen zu sein; ein grofses trägt eine Marke, wie man sie auf Säbeln oder Hirsch- fängern findet; der Mann, der es verkaufte, sagte, er hätte es von einem anderen gekauft, welcher es am Lande gefunden habe, wo das Schiff von dem Eise auf die Küste getrieben sei und wo die Weifsen das Messer weggeworfen hätten; damals sei es so lang wie sein Arm gewesen. Ein Messer hat das Zeichen des breiten Pfeils. Die Griffe sind verschieden, von Eichen-, Eschen-, Tannen-, Mahagony-, Ulmenholz, oder von Knochen. — Ferner zwei Feilen, eine mit dem Stempel ‚des breiten Pfeils. — Ein grolser Schöpflöffel, der Griff von Tannenholz oder Knochen, die Höhlung vom Horn eines Moschusochsen. — Eine Speerspitze und ein Speerschaft, der letz- tere 6 Fuls 3 Zoll lang, anscheinend Theil einer Segelstange von einem kleinen Boot, von englischem Eichenholz verfertigt und weils über grün angestrichen; die Spitze von Stahl, an den Schaft mit kupfernen Nägeln festgenietet; der Eingeborene, der dieses Stück verkaufte, hatte es selbst von dem Boot am Fish River genommen. — Sechs silberne Löffel und Gabeln, Eigenthum des Sir John Franklin, der Lieutenants H. D. Vescomte und Fairholme, des Assistenzarztes A. M‘Donald und des Lieut. E. Couch; man kaufte sie für ein paar Nadeln. — Ein kleines Stückchen einer golde- nen Uhrkette. — Ein Bruchstück einer Verzierung von — wie es scheint — ver- goldetem Silber. — Ein paar kleine Marine- und andere Metall-Knöpfe, welche die Eingeborenen als Schmuck an ihren Kleidern trugen. — Die silberne Medaille, die M‘Donald im April 1838 als Prämie für hervorragende Leistungen bei einer medici- nischen Prüfung in Edinburgh erhalten hatte. — Mehrere Bogen und Pfeile, die aus Holz, Eisen, Kupfer u. dgl. angefertigt waren; sie wurden gegen Messer eingetauscht. Vor dem Scheitern des Schiffes an der benachbarten Küste mufs dieser Eskimostamm fast gar kein Holz und Eisen besessen haben; viele hatten nur knöcherne Messer und Speerspitzen. Einige von ihren Schlitten hatten Kufen, die aus zwei abgeplat- teten und dann gefrorenen Rollen von Seehundsfell bestanden und durch Querstäbe von Knochen verbunden waren. ") Zwei Efslöffel, auf dem einen W. W., auf dem andern W. G. eingekratzt, mit Franklin’s Wappen. — Zwei Gabeln, eine mit Franklin’s, die audere wahrschein- lich mit Crozier's Wappen; Name des Goldschmieds J. West. — Zwei Theelöffel, einer gezeichnet A. M. D. (A. M‘Donald), der andere mit Fairholme’s Wappen und Motto. — Der Griff eines Dessert-Messers, in den ein Rasirmesser von Millikin ein- gefügt ist. — Knöpfe, Holz und Eisen waren hier reichlich vorhanden, wurden aber nicht gekauft, da man dergleichen schon genug hatte. 16* 244 Miscellen: fast Alles fortgeschleppt hätten. Die meisten Nachrichten erhielten wir von einer verständigen alten Frau. Sie sagte, das Schiff wäre gegen Ende des Jahres auf die Küste geworfen worden; manche von den weifsen Männern wären unterwegs gestorben, als sie nach dem Grofsen Fischfluls zogen; das hätte man aber erst im nächsten Winter erfahren, als man ihre Leichen gefunden habe. Alle ver- sicherten uns, dafs wir auf der Südküste am Gro[sen Fischflufs Eingeborene treffen würden; das war aber unglücklicher Weise nicht der Fall; wir fanden bei Point Booth nur eine Familie, auf Montreal Island und allen später besuchten Punkten keine. Point Ogle, Montreal Island und Barrow Inlet wurden von uns besucht, ohne dafs wir dort etwas anderes fanden, als ein paar Stückchen Kupfer und Eisen in einem Eskimo - Versteck. Nachdem wir über den Canal wieder nach King William’s Island zurückge- kehrt waren, setzten wir die Durchforschung der Südküste ohne Erfolg fort, bis wir am 24. Mai, etwa 10 Miles östlich vom Cap Herschell, ein gebleichtes Ske- lett fanden, in dessen Nähe Fetzen europäischer Kleidung lagen. Indem wir den Schnee sorgfältig forträumten, fanden wir ein kleines Taschenbuch mit ein paar Briefen, die zwar in einem kläglichen Zustande sind, aber doch noch zu entziffern sein werden. Nach den Resten der Kleidung zu schliefsen war dieser unglück- liche junge Mann ein Steward oder Diener eines Offiziers, und seine Lage be- stätigte die Versicherung der Eskimo’s, dals sie nach einander erschöpft zu- sammenbrachen während des Marsches. Als wir am nächsten Tage Cap Herschell erreichten, untersuchten wir Simp- son’s Cairn, oder vielmehr die Ueberreste desselben, die nur 4 Fufs hoch sind; die Steine aus der Mitte waren weggenommen, wie von Männern, die hier Etwas gesucht hatten. Ich konnte mich des Gedankens nicht entschlagen und bin auch noch davon überzeugt, dafs von der auf dem Rückzuge begriffenen Mannschaft hier Aufzeichnungen niedergelegt waren, die später von den Eingeborenen weg- genommen worden sind. Lieut. Hobson hatte sich, nachdem er sich am 28. April von mir getrennt, nach Cap Felix begeben. Etwas westlich von demselben fand er einen sehr grolsen Cairn und dicht dabei drei kleine Zelte, mit Filzdecken, alten Kleidern und anderen Gegenständen, die auf eine Jagd- oder eine magnetische Station schliefsen lassen '). Aber obgleich sowol unter dem Cairn, wie rund um den- selben in einem Abstande von 10 Fuls ein Graben gezogen war, entdeckte man doch kein Schriftstück in ihm. Man fand ein Stück weilses zusammengefaltetes ı) Nämlich: Reste einer Bootsfahne in einem Sack; der metallene Deckel eines Pulverhorns; zwei Augengläser von Fernröhren; ein Messing-Knopf in einem Schrot- beutel; rothe, weilse und blaue wollene Handschuhe; der Stöpsel oder Spundschlufs von einer Matrosen - Wasserflasche oder einem Wasserfäfschen; die Messing - Zierrathen von dem Schako eines Marine-Soldaten; eine Messingschraube; das kupferne Char- nier von dem Deckel eines Pulverhorns; ein paar Patent-Draht-Patronen mit gro- bem Schrot; eine stählerne Brilleneinfassung, statt der Gläser waren Holzstückchen mit einer Ritze darin; 6 bis 8 Päckchen Nadeln; Patronen mit verdorbenem Pulver; ein kleiner, roh gearbeiteter kupferner Kochapparat; einige Schwefelhölzchen.‘ Alle diese Sachen waren in einen kupfernen Kochkessel gepackt und in einen Sack ge- steckt. Das Schicksal der Expedition Franklin’s. 245 Papier, und zwei zerbrochene Flaschen, die vielleicht eine Aufzeichnung enthalten haben mögen, lagen daneben unter einigen Steinen, die von der Spitze des Cairns herabgefallen waren. Die interessantesten hier aufgefundenen Gegenstände, dar- unter eine Bootsfahne, wurden von Mr. Hobson mitgebracht. Zwei Miles weiter in südwestlicher Richtung entdeckte man einen kleinen Cairn, der indefs weder ein Schriftstück, noch einen andern Gegenstand enthielt. Etwa 3 Miles nördlich vom Point Vietory untersuchte man einen zweiten kleinen Cairn, fand aber nur eine zerbrochene Spitzaxt und eine leere Büchse darin. Am 6. Mai schlug Lieut. Hobson sein Zelt neben einem grofsen Cairn auf Point Vietory auf. Unter einigen losen Steinen, die von der Spitze desselben herabgefallen waren, lag eine kleine zinnerne Büchse mit einem Zettel, dessen Inhalt in Kürze folgender ist: „Dieser Cairn wurde von der Franklin-Expedition errichtet, etwa auf der Stelle, wo Sir James Ross’ Pfeiler, der nicht aufge- funden werden konnte, gestanden haben muls, Erebus und Ter- ror brachten ihren ersten Winter in Beechey Island zu, nachdem sie in den Wellington-Canal bis 77° N. Br. vorgedrungen und auf der Westseite von Cornwallis-Island zurückgekehrt waren. Am 12. September 1846 wurden sie unter 70° 5° N. Br. und 98° 23’ W.L. vom Eise eingeschlossen. Sir John Franklin starb am 11. Juni 1847. Am 22. April 1848 verliefs man die Schiffe 5 Leagues nordnordwestlich von Point Victory, und die Ueber- lebenden, 105 Mann, stiegen hier an’s Land unter Befehl des Capi- tain Crozier.“ Dies Schriftstück war datirt vom 25. April 1848. Am folgenden Tage be- absichtigten diese 105 Mann nach dem Grofsen Fischflufs aufzubrechen. Der Gesammtverlust der Expedition durch Todesfälle hatte bis zu diesem Tage neun Offiziere und 15 Mann betragen. Eine grofse Menge von Kleidungsstücken und Vorräthen von allen Sorten lagen zerstreut umher, als ob man hier Alles fortge- worfen hätte, was man möglicherweise entbehren konnte; Spitzäxte, Schaufeln, Stiefel, Kochgeschirr, Eisengeräth, Taue, Winden, Segeltuch, ein Zirkel, ein Sex- tant, worauf „Frederic Hornby, R. N.“ eingravirt war '), eine kleine Kiste mit Medicamenten, Ruder etc. Ein paar Miles südlich davon, der Back Bay gegenüber, fand man ein zwei- tes Schriftstück, das hier von Lieut. Gore und M. des Voeux im Mai 1847 nie- dergelegt war, aber keinen neuen Aufschlufs gewährte °). ") Aufgerdem eine Messingplatte (Beschlag eines Büchsenkolbens), worin gravirt war: C. H. Ormer, R. N. 2) Es waren sechs Exemplare in sechs Sprachen, englisch, französisch, spanisch, holländisch, dänisch und deutsch, und lautet: — Mai 1847. „Ihrer Majestät Schiffe Erebus und Terror tiberwinterten im Eise unter 70° 5’ N. Br., 98° 23’ W.L. Sie hatten den Winter von 1846 zu 47 bei Beechey Island, 74° 43' 28” N. Br., 246 Miscellen: Lieut. Hobson setzte seine Untersuchungen fort bis zu einem Punkt, der nur ein paar Tagemärsche vom Cap Herschell entfernt war, ohne eine Spur von dem Wrack oder von Eingeborenen zu finden. Er liefs für mich genaue Nachrichten von seinen wichtigen Entdeckungen zurück; ich hatte also, als ich auf der West- küste von King William’s Island in nördlicher Richtung zurückkehrte, den Vor- theil, zu wissen, was bereits aufgefunden war. Bald nachdem er Cap Herschell verlassen hatte, wurden die Spuren der Ein- geborenen seltener und älter, und nachdem er um die Westspitze der Insel her- umgekommen war, verschwanden sie ganz. Diese Küste ist sehr niedrig und fast ganz ohne alle Vegetation. Zahlreiche Schieferbänke und niedrige Inseln liegen vor ihr und jenseits derselben ist die Victoria-Strafse mit mächtigem und un- durchdringlichem Packeise bedeckt. Unter 69° 9’ N. Br., 99° 27’ W. L. kamen wir zu einem, von Lieut. Hob- son. ein paar Tage vorher entdeckten grofsen Boot. Dieses Boot sollte wahr- scheinlich zur Fahrt auf dem Fish River benutzt werden, da der Schlitten, auf dem es stand, nach jener Gegend hingerichtet war. Es war 28 Fufs lang, 71 Fufs breit, sehr sorgfältig ausgerüstet und so leicht als möglich gebaut; aber der Schlitten bestand aus starkem Eichenholz und war fast so schwer wie das Boot. In dem letztern fand man eine Menge von Kleidungsstücken, und zwei mensch- liche Skelette. Eines derselben lag im Hintertheil des Bootes unter einer Masse von Kleidungsstücken; das andere, welches — wahrscheinlich von Thieren —. viel mehr in Unordnung gebracht war, lag am Bug. Fünf Taschenuhren, eine Anzahl silberner Löffel und Gabeln, ein paar Gebetbücher fand man ebenfalls, aber kein Journal, keine Brieftasche, nicht einmal Namen auf den Kleidungs- stücken. Zwei doppelläufige Büchsen standen an der Bootswand genau so, wie sie vor eilf Jahren daran angelehnt waren. In jeder war ein Lauf geladen und der Hahn aufgezogen. Munition war noch reichlich vorhanden, ebenso 30 bis 40 Pfund Chocolade, etwas Thee und Taback. An Holz fehlte es ebenfalls nicht: ein Stamm Treibholz lag 100 Yards von dem Boot '). 91° 39' 15” W. L. zugebracht, nachdem sie den Wellington-Canal bis 77° N. Br. hinaufgefahren und auf der Westseite von Cornwallis-Land zurückgekehrt waren, Sir John Franklin, Befehlshaber der Expedition. Alles wohl. Wer diesen Zettel findet, wird gebeten, ihn dem Secretär der Admiralität, Lon- don, mit der Angabe, wann und wo er ihn gefunden hat, zu übersenden, oder, wenn dieses gelegener ist, ihn dem britischen Consul im nächsten Hafen zu übergeben. Wir, zwei Offiziere und sechs Mann, verliefsen die Schiffe Montags den 24. Mai 1847. G. M. Gore, Lieutenant. Chas. F. Des Voeux, Mate.“ Die Admiralität macht darauf aufmerksam, dafs auf beiden Schriftstücken steht: „wintered in 1846 — 47 at Beechey Island“ statt „in 1845 — 46“. Im Winter von 1846 — 47 waren die Schiffe vom Eise eingeschlossen und wurden im* April 1848 verlassen. !) In dem Verzeichnifs der mitgebrachten Gegenstände ist der Ort, an welchem dieses Boot stand, anders bestimmt, einmal auf 69° 9' N. Br., 99° 24’ W._L., dann genauer: 69° 8' 23’ N. Br., 99° 24' 42’ W. L. Die Längenbestimmung im Text scheint also auf einem Druckfehler zu beruhen. Die Sachen, die man hier fand, waren päckchenweise in Leinwand gewickelt; in einem Päckchen waren die Bücher, Das Schicksal der Expedition Franklin’s. DAT Eine grofse Anzahl sehr interessanter Reliquien sind von Lieut. Hobson mit- genommen worden, ein paar auch von mir. Am 5. Juni erreichte ich Point Vic- tory, ohne neue Entdeckungen gemacht zu haben. Die Kleidungsstücke u. s. w. untersuchten wir wieder nach Schriftstücken, Notizbüchern ete., aber ohne Erfolg. Dann liefsen wir im Cairn einen Bericht zurück, und vergruben einen anderen, 410 Fufs vom Cairn in genau nördlicher Richtung entfernt. Auf meinem Rück- wege nach dem Schiffe fiel nichts Bemerkenswerthes vor; wir erreichten es am 19. Juni, fünf Tage nach Lieut. Hobson. Die Küste von King William’s Island zwischen seiner Nord - und seiner West- spitze, den Caps Felix und Crozier, ist seit der Zeit, in welcher der Erebus und Terror verlassen wurden, von Eingeborenen nicht besucht worden, da die Cairns und die rings umher zerstreuten Gegenstände — in ihren Augen Sachen von un- schätzbarem Werth — noch unberührt dalagen. Ist von dem Wrack noch Etwas vorhanden und sichtbar, so mufs es auf einer der vorliegenden Inselchen im Süden zwischen den Caps Crozier und Her- schell zu finden sein. Am 28. Juni kehrte Capitain Young mit seiner Abtheilung zurück, nachdem er durch seine Reise festgestellt, dafs Prince of Wales Land eine Insel ist '), und nachdem er die Küstenlinie zwischen den beiden äufsersten von den Lieutenants Osborne und Browne erreichten Punkten, wie auch die zwischen der Bellot-Stralse und dem fernsten Punkt von Sir James Ross (1849) an der Bay der vier Flüsse entdeckt hatte. In der Besorgnifs, dafs sein Proviant nicht lange genug ausreichen werde, schickte Capt. Young vier von seinen Leuten zurück, und setzte selbst mit einem einzigen Mann und den Hunden seine Reise durch Nebel und Stürme noch 40 Tage fort, indem er jede Nacht eine Schneehütte er- richtete. Wohl nur wenig Personen hätten einer so lange anhaltenden Anstren- gung und Entbehrung Trotz bieten können, und ihre Wirkungen auf Capt. Young waren in betrübender Weise sichtbar. Lieut. Hobson konnte bei seiner Rückkehr an Bord ohne Unterstützung nicht mehr aufrecht stehen; seine Gesundheit war schon vor seiner langen Reise nicht die beste gewesen; die harten Anstrengungen in Wind und Wetter, denen er sich plötzlich aussetzen mulste, zogen ihm einen ernsten Anfall von Scorbut zu; dennoch vollführte er seine Aufgabe in höchst befriedigender Weise; und das beweist, besser als mein Lob es könnte, den un- beugsamen Muth, mit dem der Zweck unserer Reise bei diesen einzelnen Unter- nehmungen verfolgt worden ist. von denen eines, Christian Melodies, auf dem Deckel die Buchstaben G. G. (Graham Gore?) trug; in einem andern das Silberzeug: 11 Efslöffel, 11 Gabeln und 4 Thee- löffel; die fünf Uhren waren zusammen in Papier eingewickelt. Die übrigen Päck- chen enthielten die sehr diversen Habseligkeiten einzelner Personen, Schneebrillen, Munition, Nadeln und Zwirn, Taschenflaschen, mancherlei Handwerkszeug etc. !) Dieses Resultat: die Existenz eines Meeresarmes zwischen Prince of Wales Land und Victoria Land, findet sich, im Widerspruch zu den englischen Karten, welche an derselben Stelle hypothetisch Festland andeuteten, bereits als Ergebnifs einer auf Analogien der Küstenformation gegründeten Ansicht H. Kiepert’s auf der vor vier Jahren dieser Zeitschrift (Bd. V, 1855) beigegebenen Karte der Nordpolar- Entdeckungen angedeutet, und die Gründe dafür in dem beigegebenen Textblatte (letzte Seite) ausgeführt. 248 Miscellen: Wir waren nun endlich Alle wieder an Bord. Da noch einige leichte Fälle von Seorbut vorkamen, nahmen wir alle unsere Schätze von Burton-Ale, Citro- nensaft und frischem Fleisch in Anspruch, so dafs in verhältnifmäfsig kurzer Frist Alle wieder hergestellt waren. Während unseres Aufenthalts in Port Kennedy hatten wir zweimal die traurige Pflicht, einen Genossen zu Grabe zu geleiten. Der Ingenieur Mr. George Brands starb am 6. November 1858 am Schlagflufs, nachdem er an demselben Tage, anscheinend in vortrefflicher Gesundheit, meh- rere Stunden auf der Jagd gewesen war. Am 14. Juni 1859 starb der Steward Thomas Blackwell am Scorbut; er hatte schon an zwei früheren arktischen Ex- peditionen theilgenommen. Der Sommer war warm. Am 9. August waren wir im Stande, unsere Rück- reise anzutreten, und obgleich uns nach dem Verlust des Maschinisten im Jahre 1857 und des Ingenieurs im Jahre 1858 nur noch zwei Feuerschürer geblieben waren, konnte ich doch mit ihrer Hilfe die Maschine controlliren und nach Fury Point hinaufdampfen. Hier lagen wir sechs Tage dicht vom Eise eingeschlossen. Nachdem der umspringende Wind das Eis entfernt hatte, setzten wir unsere Reise fast ohne weitere Unterbrechung nach Godhavn auf Disco fort, wo wir am 27. August eintrafen und von Mr. Olick, dem Inspector von Nord-Grönland, wie von den Localbehörden mit: grofser Freundschaft aufgenommen wurden und un- sere wenigen Bedürfnisse auf zuvorkommende Weise befriedigt sahen. Die bei- den Eskimo-Hundetreiber entliefsen wir hier und segelten am 1. September nach England ab. Nach Allem, was man aus dem oben erwähnten Schriftstück, aus dem Zeug- nifs, welches das Boot und die verschiedenen Kleidungsstücke und Ausrüstungs- Gegenstände darbieten, entnehmen kann, mufs man schliefsen, dafs ein wohlüber- legter Beschlufs zum-Verlassen des Erebus und Terror geführt hat und dals man sich während des dritten Winters in jeder Weise bemüht hat, sich für den beab- sichtigten Weitermarsch vollständig auszurüsten, Wahrscheinlich waren indefs die Kräfte sämmtlicher Mitglieder der Expedition durch Krankheiten in viel höherem Grade gebrochen, als sie selbst es geglaubt zu haben scheinen. Die Entfernung von’ der Stelle, wo man die Schiffe verliefs, bis zu dem Boot beträgt auf Schlitten- wegen 65 Seemeilen, und bis Montreal Island 220 Miles. Alles scheint in voll- kommenster Ordnung vor sich gegangen zu sein. Um den Nutzen meiner Expedition so viel als möglich zu vergrölsern, wur- den im Interesse der Wissenschaft ununterbrochen und mit grofser Sorgfalt mag- netische, meteorologische und andere Beobachtungen angestellt, zu denen wir durch die -Liberalität der Royal Society mit Instrumenten versehen waren. Ebenso hat der Arzt, Dr. Walker, jede Gelegenheit mit Eifer benutzt, für die verschie- denen Zweige der Naturwissenschaften complete Sammlungen anzulegen. Ich kann diesen Bericht nicht schliefsen, ohne es ausgesprochen zu haben, wie sehr ich allen meinen Reisegefährten, den Offizieren sowol wie der Mann- schaft, für ihre eifrige und unermüdliche Unterstützung während der ganzen Reise zu Dank verpflichtet bin. Eine vollkommene Hingebung für die Sache, für wel- che Lady Franklin so hochherzige Sorge getragen, und der feste Entschluls, Alles zu thun, was in menschlichen Kräften lag, hat sie in allen Fährlichkeiten aufrecht erhalten. Bei einem geringeren Mafse von Enthusiasmus .und freudigem Gehor- rs un Das Schicksal der Expedition Franklin’s. 249 sam gegen jeden Befehl würde unsere kleine Schaar — im Ganzen 23 Personen —— der erfolgreichen Durchführung eines so schwierigen Unternehmens nicht ge- wachsen gewesen sein. Yacht Fox, 21. September 1859. F. L. M‘Clintock, Capt. R. N.“ Neuere Literatur. Ueber die Sitten und das Recht der Bogos. Von Werner Munzinger. Mit einer Karte der nördlichen Grenzländer Abyssiniens und einem Vor- wort von J. M. Ziegler. Winterthur (Wurster u. Comp.) 1859. Der Verfasser dieses Werkes ist den Lesern der Zeitschrift wohlbekannt. Wie wir schon früher (N. F. Bd. I, S. 289) mitgetheilt haben, begab sich Mun- zinger, hauptsächlich um die orientalischen Sprachen gründlich sich anzueignen, im Sommer 1852 nach Cairo und fand hier im Jahre 1854 Gelegenheit, als zweiter Chef einer Handelsexpedition das Rothe Meer, Massua und die abessinischen Grenzlandschaften zu besuchen. Als Früchte dieser Reisen erschienen die in dieser Zeitschrift publieirten Abhandlungen: „Briefe vom Rothen Meere“, „Be- schreibung der nordöstlichen Grenzländer von Habesch“ und „die Schoho’s und die Beduan bei Massua“ (N. F. Bd. I, S. 289 ff.; Bd. III, S. 177 ff; Ba. VI, S. 89 ff). Schon damals hatte er den Entschlufs gefafst, im Lande der Bogos einen längeren Aufenthalt zu nehmen, und im folgenden Jahre gelang es ihm, diesen Entschlufs zur Ausführung zu bringen. Seit jener Zeit lebt er zu Keren im Lande der Bogos,. vorzugsweise mit linguistischen Studien beschäftigt, die hin und wieder durch Handelsreisen — nicht sowol unterbrochen als befruchtet wer- den; ja er hat sich unter dem Hirtenvolke so eingebürgert, dafs es ihm geglückt ist, in vielen Beziehungen als Schiedsrichter eine segensreiche Wirksamkeit zu entfalten. Diese Umstände befähigen ihn in ganz hervorragender Weise, diejeni- gen Seiten des Volkslebens zu schildern, die sich dem Auge und dem Verständ- nifs des flüchtig Durchreisenden so leicht entziehen, und so können wir sein Werkchen als eine eben so inhaltreiche wie zuverlässige Quelle über Sitten, Recht und Rechtsgebräuche des merkwürdigen, dem Christenthum fast ganz entfremde- ten und nur mit Mühe vor dem Islam bewahrten Völkchens betrachten, unter welchem der Verfasser seit fünf Jahren lebt und wirkt. Die Schrift beginnt mit einem Rückblick auf die Schicksale der Bogos seit ihrer Einwanderung in das Quellgebiet des Chor Barka, die ihrer Tradition zu- folge vor zwölf Generationen, also etwa um 1530 erfolgte, und namentlich auf ihre Bedrängnisse einerseits durch die Gewalthaber in Habesch, andererseits durch die Türken im Sudan, bis auf die neueste Zeit, welche das Völkchen in einer lockern, nur durch einen leichten Tribut bezeichneten Abhängigkeit von Habesch findet. Die Bogos nennen sich selbst Boasgor, Boas’ Söhne, — nach einem un- bekannten Stammvater; ihre Legenden knüpfen an Gebre Terke als Stammvater an, — denselben, der die gegenwärtigen Wohnsitze des Volkes occupirte. Die Volkszahl veranschlagt Munzinger auf 8400 Seelen, von denen jedoch nur ein 250 Neuere Literatur; Drittel aus Schmagilli oder wirklichen Bogos besteht; den Rest bilden die Tigre oder Unterthanen. Sitten und Recht der Bogos gewinnen dadurch ein besonderes Interesse, dafs sie auf geschlossenen Familienverbänden beruhen: die Bogos sind eine Familien- Aristokratie. Die Hauptbürgschaft dafür, dafs Jedem sein Recht wird, liegt in dem Bestreben der einzelnen Familien, angesehen und mächtig zu bleiben und nicht ohne Noth äufsere Gefahren auf sich zu ziehen; denn der Beeinträchtigte würde auswandern, von den Grenzen Raubzüge unternehmen oder die Einmischung der Fremden herbeiziehen, oder sich in den Schutz einer andern rivalisirenden Familie begeben. Die Rechtsgrundsätze sind allen Schmagilli’s, d. h. den wirk- lichen Bogos oder den Nachkommen Gebre Terke’s, gemein; wer nicht Schma- gilli ist, mufs sich als Dienstmann (Tigre) in den Schutz eines Bogo begeben. Aber in Rechts- und Blutsachen erscheint nicht das ganze Volk, sondern der einzelne Stamm, d.h. die Nachkommen eines gemeinsamen Stammyaters für sie- ben Generationen, als eine einheitliche Verbrüderung, in welcher die Würde des Häuptlings, Sim, ein Ehrenamt ohne Macht, von dem Erstgeborenen auf den Erst- geborenen erbt. Wer aus dieser Stammesverbrüderung ausscheiden will, erklärt seinen Entschlufs vor Zeugen, indem er seine Sandalen auf die Spitze seiner Lanze heftet; an den Mörder eines auf diese Weise Ausgeschiedenen hat der Stamm fortan keinen rechtlichen Anspruch zu erheben, wie der Stamm auch für die ferneren Thaten des Ausgeschiedenen nicht mehr verantwortlich ist. Inner- halb des Stammes endlich steht die engere Familie unter dem Vater oder dem Erstgeborenen; ihre Mitglieder werden in Rechtssachen als identisch betrachtet; ist z. B. über einen Sohn Hinrichtung verhängt und man kann seiner nicht hab- haft werden, so mufs der Vater oder der Bruder für ihn mit dem Leben büfsen. Der Vater hat das Recht, seine unmündigen Kinder zu tödten oder zu verkaufen; seine Gewalt erlischt bei den Söhnen mit ihrer Verheirathung; eine verlobte oder verheirathete Tochter gehört zur Hälfte dem Vater, zur Hälfte der Familie ihres Verlobten oder ihres Mannes, und hiernach normiren sich die Rechtsansprüche; erschlägt z. B. ein Mann sein Weib, so hat er nur die Hälfte des Blutpreises (an seinen Schwiegervater) zu entrichten, da die andere Hälfte ihm selbst zufallen würde. Man sieht: das Recht der Bogos nimmt keine Notiz von der Gröfse des Verbrechens nach moralischen Gesichtspunkten; es falst lediglich in’s Auge, “ob und in wie weit ein anderer Gleichberechtigter durch das Verbrechen geschädigt worden ist. Am deutlichsten spiegelt sich diese Gliederung der Stammesverbände im Eherecht wieder. Niemand heirathet Verwandte seines Vaters oder seiner Mutter bis auf sieben Grade, d. h. innerhalb des zu einem Rechtsganzen verbrüderten Stammes des Vaters oder der Mutter. Man kann nicht sagen, dafs die Braut erkauft wird; denn der Bräutigam empfängt mehr als er leistet, und der Besitz vieler Töchter kann deshalb eine Familie leicht ruiniren. Eine Ausnahme bildet nur der Haday Mobel oder die Wittwenheirath, bei welcher der Bräutigam sei- nem künftigen Schwiegervater nur den Zegad (Nackenpreis), gewöhnlich aus drei jungen Kühen bestehend, und einige andere unbedeutende Gaben entrichtet, wäh- rend die Braut ihm nur sämmtliches Hausgeräth zuführt. Bei dem Haday Welet, der Jungfernheirath, findet dagegen aufser der Entrichtung des Zegad, der hier W. Munzinger: Ueber die Sitten und das Recht der Bogos. 251 gewöhnlich aus zehn Kühen besteht, noch der Meslot statt, eine Art Güteraus- tausch, dergestalt, dafs der Vater der Braut für jedes For (a 6 Ellen zu 4 Thlr.) Calico oder für eine Gabe von gleichem Werth, die er bei der Verlobung von dem Bräutigam empfangen, vor und bei der Heirath dem Bräutigam ein Kalb im Werthe von 14 Thlr. zurückerstattet, Für diese Aussteuer kann der Vater der Braut die Unterstützung seines Stammes in Anspruch nehmen, und jedes Mitglied des Stammes hat das Recht, sich an dem Meslot zu betheiligen, indem es die Verpflichtung übernimmt, für jedes ihm bei der Verlobung überlieferte For Calico bei der Hochzeit ein Kalb zu stellen, und dafür das Recht erhält, von dem Zegad einen entsprechenden Antheil zu beanspruchen. Die Verlobung ist also ein Ge- schäft, bei welchem Ansprüche und Verpflichtungen auf beide Stämme vertheilt sind, und daraus ergeben sich für weitere Eventualitäten folgende Regeln. Stirbt die Verlobte vor der Ehe, so tritt ihre nächste Schwester oder, falls keine vor- handen ist, die Nichte in ihre Stelle, und ihr Vater empfängt nur einen neuen Zegad, während der früher abgeschlossene Meslot seine Gültigkeit behält; die gegenseitige Verbindlichkeit kann in diesem Falle nur auf Wunsch der Familie des Bräutigams durch die Wiedererstattung des Zegad auf der einen, des Meslot auf der andern Seite gelöst werden. Stirbt der Bräutigam, so erbt sein Vater oder sein Bruder das Heirathsrecht ohne Weiteres unter den für den Verstorbe- nen verabredeten Bedingungen. Durch die Heirath wird die Frau insoweit Eigen- thum des Mannes, dafs sie, wenn der Letztere stirbt, seinem Erben zufällt, dem Sohne natürlich nur dann, wenn cr aus anderer Ehe stammt; es kann also der Stiefsohn oder einer der Schwäger die hinterlassene Wittwe heirathen. Diese letztere mus ein Jahr lang in ihres verstorbenen Gatten Hause abwarten, ob einer der Erbberechtigten sein Heirathsrecht geltend machen und sie ehelichen will; erst nach dieser Frist darf sie in ihres Vaters Haus zurückkehren und sich anderweitig verheirathen. Doch immer wird die Verlobte wie die Frau nur als zur Hälfte dem Bräutigam oder Mann angehörig betrachtet; wird sie getödtet, so theilen sich die Familien ihres Vaters und ihres Mannes in den erhaltenen Blut- preis; wird sie von ihrem Vater oder ihrem Manne getödtet, so entrichtet der Mörder die Hälfte des Blutpreises beziehungsweise an die Familie des Mannes oder an die des Vaters; ebenso müssen sich beide Familien einigen, wenn die Verlobte oder die Frau verkauft werden soll, und theilen sich dann in den Kauf- preis. Der Vater, der eine verlobte Tochter einem anderen Manne zur Ehe giebt, setzt sich von Seiten der Familie des beeinträchtigten Bräutigams der Blut- rache aus. Von nicht geringerem Interesse sind die Grundsätze des Erb- und des Blut- rechts. Alle Mitglieder eines Stammes, d. h. die Nachkommen eines Vaters bis auf sieben Grade, bilden die Blutsverwandtschaft; sie haben sich gegenseitig Le- ben und Sicherheit garantirt; alle sind mit Blutschuld beladen, wenn einer von ihnen einen Mord begangen hat; ist einer von ihnen getödtet, so haben Alle die Pflicht und das Recht der Blutrache, und wenn die Schuld des Frevlers durch Erlegung des Blutpreises gesühnt wird, so fällt von dem letztern nur die Hälfte dem nächsten Anverwandten des Ermordeten zu, während die andere Hälfte unter sämmtliche Stammesgenossen vertheilt wird. Der Stamm, welcher eine Blutschuld durch Zahlung des Blutpreises tilgt, repartirt den letztern gleichmäfsig auf seine 252 Neuere Literatur: grofsjährigen Mitglieder, ohne Mehrbelastung des Mörders; dagegen hat der Mör- der die Pflicht, seine Tochter oder Sohnestochter mit dem Sohne des Erschlage- nen zu verheirathen, die Aussteuer der Tochter füllt aber wieder der ganzen Fa- milie zur Last. Der volle Blutpreis steht auf Mord, Todschlag, Ehebruch, ille- gitime Schwängerung, Raub und Verkauf einer im Lande geborenen Person, Zau- berei, durch welche Jemand um’s Leben gebracht sein soll; endlich mu/s der Vater den vollen Blutpreis entrichten, der seine verlobte oder verwittwete, aber noch nicht freie Tochter oder Anverwandte einem Andern zur Ehe giebt. Den halben Blutpreis zahlt der Bräutigam oder Mann, der seine Verlobte oder Frau tödtet; der Eigenthümer einer eisernen Waffe, durch deren Herabfallen, ohne Mitwirkung des Eigenthümers, eine Person getödtet wird; drittens, wer eine Per- son mit einer eisernen Waffe so verwundet, dafs Blut fliefst; viertens, wer einer Person mit irgend einer Waffe ein Auge oder einen Zahn ausschlägt oder einen Knochen zerbricht; endlich der Begleiter und Helfershelfer eines Mörders. Wir müssen es uns versagen, genauer in das Detail einzugehen, obgleich namentlich das gerichtliche Verfahren manche merkwürdige Eigenthümlichkeit dar- bietet. Der Verf. hat der Zusammenstellung der Rechtsgrundsätze überall Erläu- terungen hinzugefügt, welche uns eine genaue Einsicht in das häusliche Leben der Bogos eröffnen, und wir behalten uns vor, auf diesen Theil des Werkes später zurückzukommen. —n. Geographische Wanderungen von Karl Andree. Zwei Theile, Dresden (R. Kuntze) 1859. Diese „Wanderungen“ führen den Leser zu denjenigen Theilen des Erdballs und erörtern solche Zustände des menschlichen Lebens, welche in der Gegenwart eine besonders hervorragende Bedeutung besitzen und das Interesse des gebilde- ten Publikums vorzugsweise in Anspruch nehmen. Sie sind nur zum geringeren Theil geographische Beschreibungen im engern Sinn, obgleich das rein geographi- sche Element fast überall die Grundlage bildet; im Einklang mit der Richtung, die schon in seinen früheren Schriften hervortritt, falst der geschätzte Verfasser vorzüglich das culturhistorische Moment in’s Auge, insonderheit die Verhältnisse des Weltverkehrs als des wichtigsten Förderungsmittels der Cultur und die damit verknüpften politischen Combinationen, — und hierdurch hat sein Werk eine doppelte Bedeutung gewonnen. Indem es das Charakteristische in der Physiog- nomie der Völker und der socialen Zustände, wie sie sich unter gewissen physi- schen und historischen Bedingungen entwickelt haben, zu ergründen und nach- drücklich hervorzuheben sucht, liefert es schätzenswerthe Beiträge zur Ethnologie im höheren Sinne, zur Charakteristik der geistigen Eigenthümlichkeiten der Völ- ker. Andererseits wird es eine Revue der grofsen politischen Fragen, die wir zum Unterschied von den europäischen die Weltfragen nennen möchten, da sie die im Welthandel begründeten und deshalb in den verschiedensten Erdtheilen wurzelnden Machtverhältnisse Grofsbritanniens, Rufslands und der Vereinigten Staaten betreffen, — Fragen, bei denen die Phantasie und die politische Reflexion so gern verweilen, da von ihrer Lösung das Schicksal des Menschengeschlechts ab- zuhängen scheint. Der Verfasser bewährt bei diesen Skizzen denselben prakti- K. Andree: Geographische Wanderungen. 253 schen Blick, dieselbe Umsicht, dieselbe Lebendigkeit der Darstellung, die das deutsche Publicum schon bei seinen früheren Schriften schätzen zu lernen Gele- genheit fand, und es bedarf nur einer kurzen Hinweisung auf den Inhalt der bei- den vorliegenden Bände, um von vorn herein die Erwartung zu erregen, dals sie reichhaltige Belehrung und viel Stoff zu ernstem Nachdenken darbieten werden. Der erste Band beginnt mit einer vergleichenden und umfassenden Charakteristik der Engländer, Franzosen und Yankees und schildert dann in einer Reihe von Skizzen die Entwickelung der Cultur und des Handels in der nordamerikanischen Union. New-York, Chicago, das Stromgebiet des Mississippi, Minnesota, die Holzfäller in Maine, Louisville, Californien, Mormonen, Rio Gila, Texas, — das sind die Gegenstände, durch deren Schilderung uns das Leben und das Werden des grolsen Staatenbundes in seinen mannichfaltigsten Beziehungen vorgeführt wird. Dann wendet sich der Verf. den grofsartigen Plänen zu, durch welche menschlicher Unternehmungsgeist die Dimensionen des Erdballs zu bemeistern sucht, — er betrachtet Central- Amerika in seiner Weltstellung als grofsartiges Passage-Land und würdigt die Bedeutung des Suez-Canals und der projectirten Euphrat- Bahn, welche die schnellste Verbindung zwischen Europa und der indi- schen Welt vermitteln soll. Daran reiht sich eine Betrachtung über den Anta- gonismus der Engländer und Russen in Inner- Asien an, zwei Abhandlungen über Ost- Asien, und ein interessanter Vortrag über die wachsende Bedeutung der Südsee. Nach Afrika führen uns die beiden letzten Aufsätze: „Die afrikanische Republik Liberia und die Farbigen in den Vereinigten Staaten von Nord-Ame- rika“ und „In Onkel Tom’s Urheimath‘“. In Sitzung der geographischen Gesellschaft zu Berlin vom 6. August 1859. Der Vorsitzende, Herr Prof. Dove, eröffnete die Sitzung durch Ueberrei- ehung der eingegangenen Geschenke: 1) Den danske Stat, en geographisk Skil- dering for Folket, af Cand. mag. Ed. Erslev. Kjobenhavn 1857. — 2) Jahrbuch der K. K. Geologischen Reichsanstalt. 1859. No. 1. Jänner bis März. Wien. — 3) Bulletin de la societe de geographie. 4” serie. Tome XVII. No. 101. 102. Mai et Juin. Paris 1859. — 4) Preufsisches Handels- Archiv. No. 28 — 32. Berlin 1859. — 5) Kleine Elementar- Geographie, von Ferdinand Wilhelmi. Achte Auflage. Pasewalk 1859. — 6) Zwölf Bracteaten von Städten der Provinz Bran- denburg. Der Vorsitzende gedachte sodann des Todes der zwei vieljährigen Mitglieder, der Herren Dieterici und Knoblauch, mit einigen anerkennenden Worten und übergab zur Vertheilung eine Anzahl Exemplare der aus Moskau eingegangenen kleinen Schrift: „Ein Gedenkblatt für Alexander von Humboldt“. Ferner legte derselbe eine kleine Schrift vor von Capitain T. W. Blakiston, welcher zwei neue Pässe in den Felsgebirgen von Nord-Amerika entdeckt hat. Herr Professor Smarda aus Prag hielt einen Vortrag über die Reise, wel- che er zum Theil in Begleitung seines Freundes, des Ritters von Friedau, um die Erde ausgeführt hat. Um Weihnachten 1852 reisten sie über Aegypten nach 254 Sitzungsbericht Geylon, wo sie acht Monate verweilten und die Insel durchforschten. Die Haupt- aufgabe des Vortragenden bestand in der Untersuchung der Meeres-Fauna. Von Ceylon gingen sie über Isle de France nach dem Cap, und nachdem sein Ge- fährte von hier nach Europa zurückgekehrt, er allein nach Australien, und nach- dem er hier mehrere Colonien besucht hatte, nach Valparaiso. Er durchwanderte die Cordilleren, ging über die Landenge von Panamä nach Jamaica, kehrte von hier nach längerem Aufenthalte zur Küste der Südsee zurück, besuchte das Hoch- land von Süd-Amerika und begab sich, da eine beabsichtigte Expedition in Cen- tral-Amerika durch die damalige Unternehmung Walkers vereitelt wurde, nach den Vereinigten Staaten, wo er das Thal des Mississippi besonders untersuchte und von wo er im Jahre 1857 nach Europa zurückkehrte. Von seinen zahl- reichen Sammlungen sind viele, 30 bis 40 Procent, durch Raub und Schiffbruch verloren gegangen, den Rest bearbeitet er jetzt durch besondere Werke, von de- nen ein Theil bereits erschienen ist. Aufser dem bereits erwähnten Hauptzweck seiner wissenschaftlichen Erforschung werden seine Schriften Mittheilungen über die Temperatur des Bodens und der Quellen, wie auch geologische und botani- sche Beiträge enthalten. Der Vortragende hatte zwei landschaftliche Gemälde, welche der in seiner Begleitung befindliche Maler Herr von Königsbrunn ange- fertigt hat, zur Ansicht aufgestellt, deren eines, das Hochland von Ceylon dar- stellend, ihm Veranlassung gab, eine sehr ausführliche Mittheilung über den Bau der Kaffeepflanzungen auf Ceylon und über den Handel mit diesem Producte zu machen. Bei dieser Mittheilung erwähnte er zugleich des geselligen Lebens auf dieser Insel. Herr Barth sprach hierauf über die neuesten Fortschritte in der Kenntnifs vom Innern Afrika’s. Was die westliche Seite dieses Erdtheils betrifft, so wird die in drei Bänden zu erwartende Reisebeschreibung von Ladislaus Magyar über die Zustände der dortigen Völkerschaften manches Neue zu berichten im Stande sein. Der erste Band dieses Werkes ist erschienen, wie auch eine demselben beigefügte Karte. Im Osten haben die Herren Burton und Speke von der Insel Zanzibar aus eine Wanderung gegen Westen über 11 Längengrade und dann ge- gen Norden ausgeführt. Die Beschreibung derselben steht noch zu erwarten, in- dessen ist bereits bekannt, dafs sie den Ugidschi-See besucht und denselben klei- ner als nach der Angabe des Missionärs Erhardt gefunden haben. Dieser See liegt 1800 Fufs über dem Meere und hat während des ganzen Jahres einen un- veränderlichen Wasserspiegel, auch haben die Reisenden auf dem Wege bis hier- her keine Erhöhung gefunden, welche 5000 Fufs überstiege. Ferner hat Herr Speke den gegen Norden liegenden Ukerewe-Sce besucht, welcher möglicherweise zur Speisung des Nils dient, worüber die Entscheidung noch zu erwarten ist. Die von Erhardt früher gesehenen Schneeberge hat Speke nicht erblickt, es wird daher zweifelhaft, ob jene existiren. Vom Niger aus ist man. bis jetzt nicht glücklich gewesen, jedoch erwartet der Vortragende später bedeutende Resultate. Derselbe erwähnte noch des ihm wahrscheinlichen Todes Vogels, worüber aber noch immer keine sichere Kunde erlangt ist. Herr Haleur aus Calcutta hielt einen Vortrag über das Erziehungswesen in dieser Präsidentschaft, dessen Mangelhaftigkeit er näher auseinandersetzte. Die Fehler der Anstalten laufen darauf hinaus, dafs nur Schreiber gebildet würden, der Berliner geographischen Gesellschaft. 255 deren Bedarf sich jetzt mindere, da mehr gedruckt würde. Deswegen suchten sich jetzt mehr Hinduw’s naturwissenschaftlich zu technischen Zwecken auszubilden. Das Kastenwesen bilde übrigens ein geringeres Hindernifs, als man gewöhnlich glaube, da oft derselben Familie entsprossene Personen durch ihre amtliche Stel- lung sich mehr von 'einander absonderten, als Glieder verschiedener Kasten. Sitzung vom 3. September 1859. Der Vorsitzende, Herr Prof. Dove, eröffnete die Sitzung durch Ueberrei- chung ‘der eingegangenen Geschenke: 1) de Saint-Martin, Etude sur la geogra- phie greeque et latine de UInde. Paris 1858. — 2) de Saint- Martin, Memoire analytique sur la carte de l’Asie centrale et de l’Inde construite d’apres le Si-Yu- Ki. Paris 1858. — 3) Maury, Astronomieal Observations made during the years 1849 and 1850 at the U. S. Naval Observatory. Vol. V. Washington 1859. — 4) Aksakoff, Untersuchungen über den Handel auf den Messen in der Ukraine. St. Petersburg 1858. — 5) Sammlung statistischer Notizen über Rufsland. Bd. II. St. Petersburg 1858. — 6) Sammlung ethnographischer Aufzeichnungen über das russische Reich. Bd. I—IV. St. Petersburg 1853 — 58. — 7) Programm des K. K. Gymnasiums zu Agram. Agram 1859. — 8) Sechster Bericht der ober- hessischen Gesellschaft für Natur- und Heilkunde. Giefsen 1857. — 9) Abhand- lungen der naturforschenden Gesellschaft in Görlitz. Bd. IX. Görlitz 1859. — 10) Bulletin de la societe de geographie. 4” ser., t. XVIII. Juillet. Paris 1859. — 11) Bote der K. Russ. Geographischen Gesellschaft. 1858, Heft 9-12. 1859, Heft 1 — 4. St. Petersburg 1858. 59. — 12) Proceedings of the Royal Geogra- phical Society of London. Vol. III. No. 3. 4. 1859. — 13) Preufsisches Han- delsarchiv. 1859. No. 33 — 35. Hierauf hielt Herr Wolfers einen Vortrag über die Gestalt der Erde, worin er zunächst die Verfahrungsweisen darstellte, nach denen man diese zu ermitteln sucht, und zugleich auf die unvermeidlichen Schwierigkeiten hinwies, welche hier- bei überwunden werden müssen. Der Vortragende besprach die bisher erlangte Kenntnifs von der abgeplatteten Gestalt der Erde, namentlich die durch Bessel hergeleitete, und erwähnte dann der in der neuesten Zeit durch den General von . Schubert angenommenen drei verschiedenen Axen des Erdkörpers. Der Vortra- - gende zeigte, welche Vortheile sich für die Geographie ergeben würden, wenn dieses Resultat durch fernere Untersuchungen bestätigt werden sollte. Herr Dove fügte einige Bemerkungen hinzu. Er erwähnte, dafs, während in einem abgeplatteten Sphäroid alle Parallelen kreisförmig sind, in einem Ellip- soid von drei verschiedenen Axen nur zwei kreisförmige Durchschnitte enthalten sind. Zugleich bemerkte er, dafs Jakobi gezeigt habe, es könne auch ein drei- axiges Ellipsoid im Gleichgewichte stehen, nachdem man früher gemeint hatte, es sei dies nur bei einem zweiaxigen Umdrehungssphäroid möglich. Wie das letztere entstehe, könne man an dem Versuche von Plateau sehen. Endlich be- merkte Herr Dove noch, dafs aufser den bisher angewandten Mitteln zur Be- stimmung der Gestalt der Erde durch Pendelschwingungen und Gradmessungen, zur Bestimmung der Schwerkraft auch noch die Elastieität einer Feder, wie auch 256 Sitzungsbericht der Berliner geographischen Gesellschaft. die Schwingungen einer Saite und die daraus hervorgehenden Töne in Anwen- dung kommen könnten, für jetzt aber diese zwei Verfahrungsweisen mehr theo- retisches als praktisches Interesse haben. Herr Ehrenberg sprach hierauf über den heiligen Damm bei Dobberan, welcher vor Kurzem umgebaut worden ist. Beim Forträumen desselben hat man unter ihm einen schlammigen Grund gefunden, wovon Proben dem Vortragenden zugesandt und von ihm untersucht worden sind. Sowohl die darin enthaltenen Muscheln, als auch der unter dem Schlamme befindliche Sandgrund stimmen mit dem gegenwärtigen Seeboden überein. Während man überall an den Küsten und Inseln der Ostsee unregelmälsig geformte Steine findet, welche wahrscheinlich auf dem Eise von Schweden herübergebracht sind, sind die Steine des heiligen Dam- mes meist regelmäfsig abgeschliffen, und es ist nicht unwahrscheinlich, dafs der- selbe ein Menschenwerk sei, wie der Vortragende ähnliche Steinwerke in Afrika wahrgenommen hat. Derselbe sprach hierauf über das Rothe Meer, in welchem Tiefenmessungen der jüngsten Zeit Tiefen von gegen 2500 Fufs ergeben haben. Herr Siemens hat 10 Proben vom Grunde des Meeres mitgebracht, welche bei jenen von Capt. Bullen ausgeführten Messungen erhalten worden sind. Diese hat Herr Ehrenberg mikroskopisch untersucht, und es haben sich wesentliche Unterschiede zwischen dem Grunde des Rothen Meeres und dem der Oceane er- geben, nämlich: 1. kommen in jenem keine Kieseltheile wie in diesen vor, wahr- scheinlich weil in das Rothe Meer keine Flüsse münden, sondern vorher versan- den; 2. finden sich keine Polyeistinen vor, welche der Vortragende in dem aus grolsen Tiefen entnommenen Boden der Oceane gefunden hat; 3. kommen dort viele mikroskopische Mollusken vor. Herr Dove legte hierauf einige Werke zur Ansicht vor und besprach die- selben, nämlich: 1) Resume geodesique des positions determindes en Ethiopie par Antoine d’Abbadie; 2) Untersuchungen über die Richtung und Stärke des Erd- magnetismus in Norddeutschland, Belgien, Holland und Dänemark, von Dr. J. Lamont; 3) Phänologische Beobachtungen aus dem Pflanzen- und Thierreiche von Karl Fritsch. Hierauf sprach derselbe über die kalten Maitage dieses Jahres, welche nach dem letzten gelinden Winter eine entschiedene Temperatur-Erniedri- gung gezeigt haben und zugleich, wie aus den Beobachtungen auf den Stationen hervorgeht, von O©. gegen W. fortrückend in den Tagen vom 11. bis 16. Mai eingetreten sind. Diese letztere Erscheinung spricht entschieden für eine telluri- sche Ursache, welche Herr Dove, auf die Beobachtungen sich stützend, ausein- andersetzte. Zuletzt besprach derselbe die Verbreitung der Wärme in Europa, verglichen mit der in Nord-Asien, und legte neu berechnete Temperaturtafeln für diese Gegenden vor. Diese enthalten die Mittel der Monate, Jahreszeiten und des Jahres von 950 Stationen. ı ’ OL. y Paris | Abkürzungen N Naher (Fluor) W Wide (That) 6 Gbel (hakirg) . T Tl (Berg) | 172. Am Steinhaufen 5 m I . UT lesuva ‚Dertnamm derlich von Dumas 2 S Pe J and 1-Akan AB Kufr Bapıi s : En. DB. A-Belihje 2” Sa E 7 E4 ine - s X Fang 2 Dr Se) ea = f Umm-el- Matze 30 sa el-Mekhul | Noch Jr ne. len 2 Ai) | : 5 f || Rn; a . 5 r j | : a B > ; & | nem € \ BB E:D ‚I R 2 L L | Er N Rum % rede > De ü Richtig nach den. Bary bu © Is N, RK, ns ®. < Tan mern 2° Ale Dubab ir eo, Ztibue. en Mg garkie Ard el-Fed ajen nr waret el-Kebire hr Se Bin! 2 i TeNer Vo ide N =, SZ £ IE 4 Y - : u ie nd n DR i . ü een Nor h, a Je - Ten Mer Mn 35 a “m Ard . ) / N for ' rL R a Durbet el Aıfar % Ne Ne 1 Ird e- A, ; )) : | 3 5 4, Tobi BU £ Dre > a ARENA Ve: ' Tanz S Dir olötden, i er” Be 777 Maar Aa 5 a Tenijet Mn a x er = a "ES Gudlir ed Kai 9 - > j \ a 3 Kr Schmid, \ 7 Dr Dafı UN el-Karl 1, ohfl_ u (2 BER | 277 Zu vo" “ Ielär E £ Le | k = 2-Sn Gi ns h Beer 7 ST NMuschmösie Ei S- Tai dggp a N N urbet el-Hohf“ Sl 7 z RZ za, U; Z 3 4 Bedin, } ur r n K s R olhirbet 6ub db ı1-Ama: 3 g r - £ ‚Würber est Durst Marti 2 nn a 7 > sn : BEN IS Ge eu Steinwüs - B Le ee KEN, ar ya | x af LH lach nm EN Nr. du N 3 el. Kira, 3 Tellegisras N “ In Tri. Obere, [A Er A Till Mi er Gäbie un j ' 02 Wort Bumir Ke77; R NE TuldlsohichHorin E ae Se 2 2 BR. i . u \ “s ; { [ & > EB Er. LE a m a A 2 a M Südgreur ver Harca yopen.ıım Hemd arghbch NO - 12 St. Süden dinerlinie. £ | DIE LANDSCHAFTEN IM ‚ OSTEN von DAMASCUS Haurän und die Trachonen ) nach dan wen. | 2 ” _ ei Ti u di | ” ” x be | { eh PS N : „ dr. 1.6. WETZSTEIN a Söchar, En a” N K'preuss: Consul zu Damascus , x D2 > Uhureb ( Ummm Je Semmik N re im Kyidyndr A8SR geninchten Besbachnungen und Minkelmersungen &, es 9 a RT | ıK FEN en ) 5 f got: / Tirie Til burge 0 (7. ir er- Hg von H. KIEPERT. | «@ > Umm es-Surab Bee, . = Au | = = - e. A Mansstäbe in 1-400,000 e nen Deussche Noilen | , z £ u r Y Dir sraß R 70 Be 7 = L Höninche Yillien, ae else Mr sensan an Did 20 s Ei ’ BJ [3 a0\ 20° Ch und ch, sind mach. dautseher Srhreikare bnbshale 3 ER>.: x es « Z AR Emm el Kuten 2) Bald en ren und 6 / Er Hnıten odın Lonuls Mitestein alle a7 © And el hama & 4 nee abureh Virmitterung des ralıa. ayfanhın g See Faust dee malished.z = 4 1 Erus, ee TT ha ke fransdr. dj [weiches dich To, Fe BE na ke ara hewri unglah ai der Pioniere, dust beandınm den schwücheren u scharfer Laut des 4 I} mglınhın ih x a [ 2 / ER Wamadlstepp,, DL. vGreenwich 36) E; 7: Die Harr iıs Hayıl Autdım gelben Hums ne kurn Patwaus dee ostlinhen Truchen | Pie 2 30 7 20 paul Ansew Leopolil Rraatz ın Berlin Zeischi Ts£I. Br TERREETTEIE m wir . Vadogs»N‘ ‚Nemdra. e.lopirt auf einem Rıgm bei Vdesije Ed ua er eg Zeitschrift für allgem. Erdkunde NF Bd. 7 I. Altere Inschriften a Die Inschrt steht auf nem Rıgm xehn Mnuten südostlich von Ka kill und! ıst auf dem Steine mıl einem Ringe umgeben Taf. 0. Copirt auf Rıym Aa kul. AL 3\ o) N = DIRESIESGH DEIN] Sal = PIOY oOLlzı “e DD vu 3 j b.lopirt auf'einem Rıgm eine lüertelstunde südlich von Odexye { En / ) IemGCLemecPeif Sy) BIEIPITTTETDERTN eu v2400593 Ns d Oopirt auf‘, Shikket en emdra Il. Jüngere Inschriften B a Zuf’einem Rıym am Wege von: Shikket en Memara nach Hauran N eDdxADyAı PORpfCftTgCorYK X ah orıtz zKım aD Kondoplı [| Gpnirt auf Kıomı ha'kıd. boomt auf’ "Sbukhet en Mimara = Ai | Be IKnx(ahmxfC kix(e > \\ | A, | | „zer 09 ))) I un \rstminp> | Srintan ar Y6R Aumankakaynd tee Pr 4 Fer arg 101 —- gs „Acworth | k pur Creswell a © | 1 ZA h ei | R C.brey ı : | | Ka ‘Somerset- Prinz v Wales j Pt Pelly SchiffaEpebus u re; 05 ausserst fast im Fise $ ori a ZUBE IST FE EZ | \ = RN En; erlassen Egg % = A Pet Alfred * mi Ze. | Cpt.MAC CLINTO CK's Entdeckung | der Überreste von SirJOHN FRANKLIN’s nr BUY GE N — ordpo Exp . Route der Expedition In 78 N lar edition. 1858 7 > Zr Gpuren sf tAnderson 1855 | ch der von JWrld publeirten Karte redueirt Ur | I} N DAR al FAN 4 | Berlin,D. Reimer. VAR nee er X) FR Seekarten der Jade-, Weser- und Elbmündungen. Bei Dietrich Reimer in Berlin erschien so eben: SEE-ATLAS der Jade- Weser- und Elb-Mündungen | herausgegeben von der | Königl. Preussischen Admiralität. 6 Blätter. Maalsstab 1: 50,000. Preis jedes Blattes 1; Thir. - BI.I. II. Specialkarte der Jade- und Weser-Mündungen. - Bl. IN. IV. Specialkarte der EIb-Mündungen. - Bl. V. VI. Specialkarte zu den Jade-, Weser- u. Elbmündungen. Er Bei Friedrich Fleifcher in Leipzig ift neu erfchienen: Das deutfhe Vaterland q in Reifebildern und Skiyen | | für Gebildete aller Stände dargeftellt 4 4 von Friedrich Heinzelmann, -Dritter Band, = enth.: Schlefien, Erzgebirge, Ihüringer Wald, Landfhaft an der oberen AH Wefer und am Mittelrhein. Preis 1 Thlr. 15 Syr. (1. u. 2. Bd. jeder 14 The.) Sn noch zwei folgenden Bänden wird die Werk, welches zugleich zur Ber wollftändigung des großen Werkes des Berfaijers (MWeltkunde ıc. 16 Bände) dient, vollftändig geliefert fein. Es fei allen Deutihen, welche ihr Vaterland 2 ag fennen lernen wollen, als eine belehrende und angenehme Unterhaltung beitens empfohlen. “ 2 Gedruckt bei A. W Schade in Berlin, Grünstr. 18. Das Buch der Reisen und Entdeckungen. Hiervon erfihien fo eben als 3. Band und if vn alle Buchhandlungen zu berishen: = N r 2 04 ifdern i t Eduard Vogel, der Afrika-Beifende. Ayekuncn ka Kent In der großen Wüjte, in den Ländern des Sudans, am Tfad u.f.w. Nebit einen Xebensabrigzge des Neijenden. Nach den Driginalquellen bearbeitet von Hermann Wagner. Mit 100 in den Teyt gedrusften Abbildungen, acht Tundrusftafeln und einer Karte von Vogels Neiferoute, Dollitändig in 6 Heften, für die Subferibenten auf das „Buch der Reifen” a 5 @gr. ° Separat-Ausgabe: in einem Bande eleg. broch. 1%/, Thlr. In eleg. engl. Einband 12/, Thle Die erfte einzig authentifche Schilverung der Reifen und Erlebni vi ü i 1, beffeu bis dahin an el er ie Theilnahme y: ganzen EN oT gene nennt BeSAR HIER “ei e | Die früher erfihienenen Bände enthalten: u | f h Fahrten und Entdesfungen der zweiten Grinnell SE I. Kane der Wordpol ayier. Expedition zur Yuffuchung Sir John Franklin’ ir den Zahren 1853 bis 1855. - Zweite Auflage. Mit über 120 in den Text gedrudten Abbildungen, acht Tonbildern und einer Karte der Nordpolländer, mit den Entderfungen Kanes. Sue in 6 Heften, für die Subferibenten auf das „ Buch der Neifen A 5. Sur. Separat-Ansgabe: in einem Bande eleg. brach. 1Y/s Ihr. Im eleg. engl. Einband 1/: Thle it “ n Erforfihungs= Reifen im Innern! Afrikas H. { ivingfione der KAliffionär. Schilderungen Hl befannteften älteren und neueren Reifen, insbefondere der. großen Entdekuigen Dr. David Livingitone's imf füdlichen Afrika während der Jahre 1840—1856. Zweite Auflage. Mit 120 in den Text ge drusften Abbildungen, acht Tondrudtafeln und einer Neberfichtöfarte des füdlichen Afrifa.. 2 Bolftändig in 6 Heften, für die Subferibenten auf das „Buch der Reifen” a 5 Sur. ’ Separat-Ausgabe: in einem Bande eleg. broch. 13/5 Ihle. In eleg. engl. Einband 1?/; Thle Derlag von Ofto Spamer in Leipzig. In der unterzeichneten Berlagshandlung erfchien und ift in allen Buhhänblängen Ik haben: Suppfement- oder dritter Schluß-Band au Wilhelm Heine’s Erpedition in die Seen von China, Japan und Schutsk ' und die Erforfchung des Amurgebietes durch 2. Goltini im Auftrage der Negierung der : ereinigten Staaten, unternommen in ven Jahren 1853 bis 1857. 7 Mit 12 vom Verf. nad) der Natur gezeichneten Anfichten in Holzfchnitt und Tondruck ausgefuhk in der 8. R. Srokhaus’fhen geographild) - artitifchen Anftalt, nebft 3 Karten und 416 Tafeln Me Ler. 8. . Preis 34 The, j ER 2) n Das wichtige, intereffante und umfangreiche Material, das Heven Wilhelm Heine Dienjten fand, Fonute von demfelben in zwei Bänden nicht bewältigt werden, ohne dent We und fomit der MWiffenfchaft feloft Eintrag zu ihm. Diefer Schtuß-Bauıd, enthi {t außer bi weiteren Entdefungen und Abenteuern ber Srpedition in Kamfchatfa und Sibirien ne die höchft wichtige noch nie veröffentlichte Erforfchung dee Amursiroms und fe Flußgebietes von Dr. P. Collins. Die prachtvolle Ausftattung fehließt fich felbfto ftändlich genau den erflen beiden Bänden at. — u 3 Die Widmung diefes Pracıtwerfes geruhten Seine Königliche Hoheit Prü Hoalbert von Vrenufen hulvreichit anzunehmen. r Da die Königl. Preuß. Regierung ihre Expedition nad China und Japan im Jute des deutfchen Handels auszuführen im Begriff fteht, ijt dies Aerk von doppelt Wichtigkeit. 7 Leipzig, 1859. Hermann Coftenoble, Beragebughandlungs . ‘2 1 ERS Pas el en Fe _tober 1880. ZEITSCHRIFT - -FÜR ER MIT UNTERSTÜTZUNG DER GESELLSCHAFT FÜR ERDKUNDE ZU BERLIN UND UNTER BESONDERER MITWIRKUNG nr. u Kr, . VON ß [. W. DOVE, C. G. EHRENBERG, H. KIEPERT vso C. RITTER a 9 IN BERLIN, ER; ANDREE IN DRESDEN unD J. E. WAPPÄUS ın örrıneen. a lan u. HERAUSGEGEBEN. . BE = - a y VON. | Pa 2 DE NEUMANN. NEUE FOLGE, SIEBENTER BAND, VIERTES HEFT. BERLIN. ; | VERLAG VON DIETRICH REIMER. =” 259... ee —— Inhalt. 6% Seite VI. Ueber die Gestalt der Erde. Von Prof. Wolfers . ee VI. Mittheilungen über Haurän und die Trachonen. Von Dr. J. G. Wetzstein . . » Bags Br RE CUD VIH. Capt. John Palliser’s Expedition RN äsn Rocky ER Von E. &. Ravenstein. . . . . & RR Miscellen. Tieben:und- Sitten der ;Bogo8.. :..: en. ee. ee eek Struve’s barometrisches Nivellement der Kirgisensteppe zwischen Oren- burg’ und dem Aral-See u N nr et ee a Von: Rehtang: nach Peking. ae ee ne ee he Statistisches über Neu-Seeland . . x 2» 2 2 2 0 20. >.%..339 Lieut. Blakiston’s Expedition durch den Kootanie und den a. an ‘den ‚Rocky: Mountains m. N 2a a ee I Mes ER Bevölkerung von San Franeisco . . » » 2 2. "2 2 2 nn. 346 Neuere Literatur. Bastian, Afrikanische Reisen. Ein Besuch in San Salvador. Bremen ASDI a wear a rer REN. v. Richthofen, Die änfsern und innern poiiscen Zustände der Re- publik Mexiko. Berlin 1859 . . . . - 349 Sitzung der geographischen Gesellschaft zu Berlin vom 3. Oetober 1859. Karten. Taf. V. Karte eines Theiles von Britisch Amerika zur Uebersicht der Resultate der Forschungsexpedition unter Befehl von Capt. John Palliser. 1857—58. Zusammengestellt von E. Ravenstein. 351 ET WED WELL EDER, EROBERTE TEL ENT VE. Ueber die Gestalt der Erde. Von Prof. Wolfers. a (Vortrag, gehalten in der Geographischen Gesellschaft zu Berlin, | am 3. September 1859.) Es würde wahrscheinlich nicht ohne Interesse sein, in einer zu- sammenhängenden Geschichte auseinander zu setzen, wie die Menschen in der Kenntnifs der Gestalt der Erde von der ursprünglichen schei- benförmigen, vom Flusse Ocean umströmten Form zur gegenwärtig allgemein angenommenen sphäroidischen Form fortgeschritten sind. Eine solche Darstellung würde nach meiner Meinung interessant sein, allein fürchten Sie nicht, dafs ich Ihre Geduld hierzu in Anspruch neh- men werde. Der Zweck meines heutigen Vortrages besteht vielmehr darin, Sie mit dem Resultate einer ganz neuen Untersuchung bekannt zu machen, wonach die Erde die Form eines Ellipsoids von drei ver- schiedenen Axen haben würde. Damit ich aber verstanden werde, muls ich etwas weiter ausholen. "Sobald man dahin gelangt war, der Erde eine tägliche Umdrehung “ ihre Axe zuzuschreiben, wofür ein directer allgemein anschaulicher Beweis durch Foucault erst in unseren Tagen gefunden worden ist, lag der Gedanke nahe, dafs dieselbe eine Gestalt haben werde, welche ein sich drehender Körper unter Einwirkung der zwei vorhandenen Kräfte, einerseits der allgemeinen Schwere, andererseits der aus der Schwungkraft entspringenden Centrifugalkraft annehmen würde. Theo- fetische Untersuchungen wurden angestellt, um zu prüfen, bei welcher ; diese zwei Kräfte einander das Gleichgewicht halten würden. Sollte auf diese Weise die Erde durch Umdrehung eine regelmäfsige Gestalt angenommen haben, so mufste zugleich vorausgesetzt werden, dafs ihre Materie sich ursprünglich im flüssigen Zustande befunden be und dafs dieselbe erst nachher durch Abnahme der Temperatur in den starren Zustand übergegangen sei. Auf diese Weise hätte man in? Unbestimmte Untersuchungen anstellen können, allein ob und wie |weit die durch Raisonnement und Rechnung gefundenen Resultate mit Zeitschr. f, allg. Erdk. Neue Folge. Bd. VI. 7 258 Wolters: der Erfahrung übereinstimmten, dies konnte nur durch eine Unter- suchung der wirklich vorhandenen Gestalt ermittelt werden. Hierzu bieten sich zwei verschiedene Mittel dar, erstens die Be- stimmung der Pendellängen, zweitens die Gradmessungen. Bei den ersten kommt es im Wesentlichen auf die Bestimmung der Grölse, bei den zweiten auf die Bestimmung der Richtung der Schwerkraft hinaus. Es ist nämlich bekannt, dafs ein Pendel desto schneller schwingt, je kürzer es ist. Ferner ist bekannt, dafs die Kraft der Schwere dem Quadrate des Abstandes des angezogenen Punktes vom Schwerpunkte umgekehrt proportional ist. Wenn daher, um sogleich die Extreme in’s Auge zu fassen, die Erde an den Polen abgeplattet ist, so muls bei gleichen Schwingungszeiten ein Pendel an den Polen länger, als am Aequator sein. Dafs dies der Fall sei, haben Pendelversuche dargethan. Bei den Gradmessungen hingegen kommt es im Wesentlichen auf zwei gesonderte Arbeiten hinaus. Einmal hat man die Länge eines bestimmten Theiles eines Meridianbogens zu messen, dann hat man zu bestimmen, wieviel der Unterschied der an beiden Endpunkten be- stimmten Polhöhen beträgt, oder um mich auf andere Weise auszu- drücken, der Unterschied der Winkel, welche die Perpendikel an bei- den Endpunkten mit der nach dem Pole gerichteten Linie bilden. Unter Perpendikel ist nun die Linie zu verstehen, welche nach dem Mittel- punkte der einzelnen Anziehungspunkte gerichtet ist; mithin ist der obige Ausdruck, dafs bei dieser Operation die Richtung der Schwer- kraft in Betracht kommt, gerechtfertigt. Sowohl bei der ersten Weise, der Bestimmung der Pendellängen, als auch bei der zweiten, der Gradmessungen, ist man in der neuern Zeit dahin gelangt, die nöthigen Messungen mit einem hohen Grade von Annäherung an die Wahrheit auszuführen. Man könnte daher er- warten, dafs die eine wie die andere Operation auf jedem einzelnen Meridiane ein Resultat ergeben müsse, welches sehr nahe mit dem auf einem anderen Meridiane erhaltenen übereinstimme. Dem ist jedoch nicht so, und wir werden leicht einsehen, dafs es nicht anders sein kann bei den Verhältnissen, welche wirklich stattfinden. Bei der theoretischen Untersuchung der Gröfse und Richtung der Schwerkraft wird nämlich vorausgesetzt, dafs entweder die Materie der Erde überall in gleichförmiger Dichtigkeit vertheilt sei, oder dals we- nigstens concentrische Schichten der Erde sich einer gleichförmigen Dichtigkeit erfreuen. Weder das Eine noch das Andere findet in der Wirklichkeit statt, und man darf sich hierüber gar nicht wundern, Kennen wir auch nur wenig von dem Innern der Erde, nach dem glücklich gewählten Ausdrucke eines geistreichen Mitgliedes unseres Vereins, nur verhältnilsmälsig so viel, als die Schale im Vergleich mit Ueber die Gestalt der Erde. | 259 _ dem ganzen Ei, so wissen wir doch, dafs die festen und flüssigen, die _ felsigen und sandigen Theile der Erde u. s. w. sehr ungleichförmig ver- Ä theilt sind. Aus dieser Ungleichförmigkeit in der Dichtigkeit der ein- zelnen Theile des Erdkörpers müssen aber nothwendig Unregelmäfsig- keiten in der Bestimmung der Gröfse und Richtung der Schwerkraft 4 hervorgehen, welche keineswegs der mangelhaften Operation bei der Bestimmung derselben zugeschrieben werden dürfen. & Unter diesen Umständen bleibt zur Bestimmung der Gestalt der Erde niehts weiter übrig, als aus der Verbindung mehrerer an verschie- “denen Punkten der Erde angestellten Arbeiten diejenige Gestalt der Erde herzuleiten, welche sich am nächsten oder wahrscheinlichsten allen einzelnen Operationen vereint anschliefse. Indem wir nun von der ersten Bestimmungsweise durch die Pendellängen absehen, wollen wir einige der stattgefundenen Verbindungen mehrerer einzelnen Grad- messungen besprechen und sehen, wie weit die einzelnen Resultate unter sich übereinstimmen. Ich bemerke, dafs man hierbei die gemes- ‚senen Längen als genau bestimmt anzunehmen pflegt, wofür ein zu- reichender Grund in der grofsen Genauigkeit und Unabhängigkeit, wo- mit diese Arbeit sich ausführen läfst, vorhanden ist; dafs man dagegen die Werthe der gemessenen Polhöhen so zu verändern sucht, dafs das 'endliche Resultat das wahrscheinlichste werde. Diese Wahl der zu "ändernden Gröfse ist sicher die allein rathsame, weil nach dem Obi- gen gerade die Werthe, welche sich für die Polhöhen ergeben, in Folge ‚der ungleichförmigen Dichtigkeit der Erde eine gewisse Unregelmäfsig- keit erhalten müssen. Bezeichnet man die halbe grofse Axe des Erdsphäroids durch a, ‚die halbe kleine durch 5, so pflegt man sowohl den Werth dieser bei- den Gröfsen als auch den Werth des Quotienten a—b mi a albe grofse Axe die halbe kleine übertrifft, anzugeben. So hat I. Walbeck 1819 aus 6 Gradmessungen a — 32718197,5 £ b = 3261012,8 "4 al a | ae “a 7 302,78 _ WU. Schmidt 1829 aus 7 Gradmessungen F a = 32718527,32 N - b = 3260853,70 w ee wahrsch. Fehler von N = = 10,5 | Te et aaa \ rue Di 17? 260 Wolfers: II. Bessel 1837 aus 10 Gradmessungen a — 3271953",854 b = 3261072,900 a—bi.. 1 Fach N on B0RT7DAT An IV. Bessel 1841 aus 10 Gradmessungen, nachdem er die darunter befindliche französische von Fehlern befreit hatte, welche bei deren Berechnung von Seiten der französischen Geometer be- gangen waren, a = 32720777,14 b = 3261139,33 a—b 1 vn a 299,159 N w.F.inN= = 481, w.FE.in N—= = 4,667, a = 3772109",404 b — 3261177,776 a—b _ 1 a 77 298,325 gefunden. Das wichtigste Resultat der einzelnen Bestimmungen, die Abplattung, weicht nicht gar sehr von einander ab, der Werth des Nenners N schwankt in runden Zahlen zwischen 303 und 297; der Unterschied beider Extreme beträgt also nur 6 Einheiten, während der wahrscheinliche Fehler einer einzelnen Bestimmung bis über 10 Einheiten steigt. Bisher hat man sich mit dem Resultate der zweiten von Bessel ausgeführten Bestimmung begnügt, und nachdem ich schon vor Jahren unsern damaligen Monatsberichten Tabellen einverleibt hatte, welche die Anwendung der Bessel’schen Resultate erleichtern können, sind nachher in dem Berliner astromischen Jahrbuche derartige Tabellen in grölserer Ausführlichkeit mitgetheilt worden. Seitdem ist die grofse russische Gradmessung, welche einen Um- fang von 25° 20’ 8”,5 hat, vollendet worden, und es hat in der aller- neuesten Zeit Herr General von Schubert in den Memoiren der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften in St. Petersburg eine Ab- handlung bekannt gemacht, welche den Titel hat: Essai d’une deter- mination de la veritable figure de la terre. Par T. F. de Schubert. Diese Abhandlung ist noch nicht in meinen Besitz gelangt, nur eine Mittheilung von den Resultaten derselben in No. 1201 der Astronomi- schen Nachrichten. Hiernach hat Herr v. Schubert mit der bereits erwähnten russischen Gradmessung nu Der u #2 Ueber die Gestalt der Erde. 261 die ostindische von 21° 21’ 16”,597 Umfang, - französische a EA Zt - -. vom Cap - 4 36 48,60 - - peru’sche - BRMeRC 3,455 E - preufsische - 1 30 28,980 - - englische - 2 50 23,497 - - pennsylvanische - 1 928:945,0 - verbunden, und folgendermafsen aus denselben Resultate hergeleitet. Zunächst aus jeder der drei gröfseren Gradmessungen, der russischen, ostindischen und französischen, indem er jede einzeln in zwei nahe gleiche Theile zerlegte, den Werth der halben kleinen Axe und her- nach, weil das letzte Resultat zu sehr von den beiden andern abwich, aus diesen allein b = 3261467",9. Unter Annahme dieses Werthes ging der Verfasser nun weiter und bestimmte, mittelst der Bogen von Peru, Rufsland und Indien, nicht wie früher die halbe grofse Axe, welche allein für ein Um- drehungssphäroid noch erforderlich ist, sondern vielmehr eine Ellipse zur Darstellung des Aequators der Erde, d. h. die Axen derselben der Gröfse und Lage nach. Er findet die halbe grofse Axe derselben a — 3272671”,5 in g. Länge v. Ferro 58° 44’ und 238 44 die halbe kleine Axe a = 3272303",2 in g. Länge v. F.. 148 44 und 328 44 Es kann hier nicht, wie oben, von Einer Abplattung die Rede sein, sondern von zweien und es hat sich, unter ähnlicher Bezeichnung wie oben a—b _ 1 u N a—b _ 1 a > 502,008 ergeben. Der letztere Werth bleibt innerhalb der oben gefundenen Grenzwerthe, der erstere geht über sie hinaus. Der Verfasser zeigt hierauf, wie weit sich vermittelst dieser Werthe die Amplituden (Unterschiede der Polhöhen) der einzelnen Gradmes- sungen darstellen lassen; er findet folgende Unterschiede: Rechnung-Beobachtung: Bogen von Peru . . . . . + 0",08 - - Pennsylvanien. . — 6,69 0. "England. sn oe 74 - - Frankreich . . . —1,61 262 Wolfers: Rechnung- Beobachtung: Bogen vom Cap . .» . . .— 0,44 - von Preulsen. . . . + 16,15 - - Rußland. . . . —1,29 - =c Indien . x 2... Während von diesen acht Bogen deren sechs sich sehr nahe dar- stellen lassen, bleiben bei den zwei Bogen von Pennsylvanien und Preufsen beträchtliche Unterschiede übrig. Mit dem Verfasser stimme ich darin überein, dafs bei der ersteren bereits 1764 ausgeführten Grad- messung Beobachtungsfehler die Schuld tragen mögen. Bei der zwei- ten, der preulsischen, bemerkt der Verfasser, dafs diese Messung zu den sichersten und genauesten gehört, welche überhaupt ausgeführt sind, und dafs sich der Unterschied nur aus localen Abweichungen der Form der mathematischen Oberfläche der Erde erkläreu lasse. Ich stimme der Annahme bei, dafs von Beobachtungsfehlern bei dieser Messung und zwar in so beträchtlicher Gröfse nicht die Rede sein könne, allein auch die erforderliche beträchtliche locale Abweichung bei dem gerin- gen Umfange ist mir zweifelhaft. Vielleicht dürfen wir ein competentes Urtheil hierüber - von unserem Mitgliede Herrn General-Lieutenant Baeyer erwarten, welcher im Verein mit Bessel jene Messung aus- geführt hat. Im Allgemeinen würde ich es für rathsamer gefunden haben, wenn Herr v. Schubert alle jene Gradmessungen benutzt hätte, um das wahrscheinlichste dreiaxige Ellipsoid zu ermitteln und dann die übrig bleibenden Fehler dargestellt hätte. Ehe ich zum Schlufs übergehe, mufs ich mir noch eine Bemer- kung zu machen erlauben. Aus der verschiedenen Krümmung einer Ellipse am Endpunkte der kleinen und grolsen Axe geht hervor, dals derselbe Unterschied in der Polhöhe am Pole einer gröfseren linearen Entfernung als am Aequator entspricht. Aus den bereits erwähnten Tafeln im Jahrbuche für 1852 ersieht man, dafs einer Aenderung von 10’ in der Polhöhe am Pole 9550 Toisen - Aequatorr 9455 - entsprechen. Aus diesem Grunde unterscheidet man in der Astrono- mie und Geodäsie zwischen der astronomischen Polhöhe, d.h. dem Winkel zwischen dem Perpendikel und dem Aequator, und der verbesserten Breite, d. h. dem Winkel, welchen der vom Mittel- punkte nach dem Orte der Oberfläche gezogene Radius mit dem Ae- quator bildet. Eine ähnliche Unterscheidung würde künftig bei der Bestimmung der geographischen Länge nothwendig werden, wenn diese Elliptieität des Aequators und daher auch der Parallelen sich bestätigen sollte. Ueber die Gestalt der Erde. 263 Die bisherige Bestimmung der geographischen Länge beruht auf dem einfachen geometrischen Satze, dafs bei einem Kreise die Bogen den Mittelpunktswinkeln proportional sind. Dies findet bei der Ellipse nicht statt, und man müfste alsdann aus dem durch Zeitübertragung gefun- denen Längenunterschiede zweier Orte, d. h. dem Winkel am Mittel- punkte, den entsprechenden elliptischen Bogen erst durch Rechnung herleiten. Aus den oben angeführten Werthen, welche Herr v. Schu- bert für die beiden gröfseren halben Axen der Erde gefunden hat, nämlich a —= 3272671",5 a==)3272308,2 erhält man ähnlich wie oben a—d. 4 ae BEE einen im Vergleich mit den vorher angeführten sehr geringen Werth. Herr v. Schubert führt nun an, dafs die astronomisch bestimm- ten Längenunterschiede zwischen Pulkowa - Warschau und Pulkowa- Dorpat mit den geodätisch bestimmten nach Bessel’s Ellipsoid bis auf 12”,81 und 6”,04 - Schubert’s dreiaxigem Ellipsoid - - 7,03 - 0,93 übereinstimmen. Wenn diese nähere Uebereinstimmung für die Wahr- scheinlichkeit des letztern sprechen soll, so erlaube ich mir zu bemer- ken, dafs die Correetion der Polhöhe nach Bessel: nach Schubert: bei der preufsischen Messung En ET ea! = = russischen (damals unvollende- ten) Messung - #26 - =1,3 - - ostindischen Messung E40 - 21,6 ansteigt. Man könnte daher hieraus auf die entgegengesetzte Ansicht schliefsen. Für jetzt steht nur Folgendes fest. Man hat bisher aus der Ver- bindung mehrerer einzelnen Gradmessungen ein Umdrehungs-Ellipsoid herzuleiten versucht, welches sich den einzelnen Beobachtungen mehr oder weniger anschlofs. Die übrig bleibenden Unterschiede durften nicht so sehr Fehlern der Beobachtung, als vielmehr Ungleichförmig- keiten in dem Bau der Erde zugeschrieben werden. Wegen des letz- teren bleibt die Gelegenheit übrig, ein dreiaxiges Ellipsoid zu suchen, welches sich allen Beobachtungen so nahe als möglich anschliefst. Aus der folgenden einfachen Betrachtung geht leicht hervor, dafs man eine Anzahl vorliegender Messungen näher durch ein dreiaxiges, als durch ein zweiaxiges Ellipsoid wird darstellen können. Aus der Algebra ist bekannt, dafs man eine Anzahl unbekannter Gröfsen. genau bestimmen 264 Wolfers: Ueber die Gestalt der Erde. kann, wenn eben so viele von einander unabhängige Gleichungen ge- geben sind. Ist die Zahl der Gleichungen kleiner, so wird die Auf- gabe unbestimmt, ist jene grölser, so wird diese überbestimmt. Der letztere Fall findet in der Regel in der Astronomie statt, es giebt aber eine bestimmte Methode, um alsdann diejenigen Werthe der Un- bekannten zu ermitteln, welche die wahrscheinlichsten sind, d. h. welche in den gegebenen Gleichungen die kleinsten Fehler übrig lassen. Dieser Fall der Ueberbestimmtheit findet auch hier statt, allein da bei einem Umdrehungssphäroid nur zwei Gröfsen, die grofse und kleine Axe, bei einem dreiaxigen Ellipsoid hingegen vier Gröfsen, nämlich die drei Axen und die Lage der grölsesten, bestimmt werden sollen, so sieht man sofort ein, dafs unter übrigens gleichen Umständen die letztere Aufgabe sich mehr einer bestimmten nähert, also auch die Be- dingungsgleichheiten genauer erfüllt werden können. Einen solcherr Versuch hat nun Herr v. Schubert gemacht, und es wird von grolsem Interesse sein, derartige Untersuchungen fortzu- setzen. Sollte sich jenes Resultat bestätigen, so wird künftig bei den geographischen Längenbestimmungen eine ähnliche Verbesserung wie bei den Breiten erforderlich werden; indessen können wir in Einer Beziehung ruhig den weiteren Verlauf abwarten, ich meine in Betreff der vorhandenen Karten. Diese werden trotz der alsdann erforder- lichen Correction der Längenunterschiede richtig bleiben, dagegen wird ein Streit über den als ersten anzunehmenden Meridian nicht mehr stattfinden; denn durch den Endpunkt der grolsen oder kleinen Axe ist alsdann ebenso ein fester Meridian für die Zählung der Längen auf der Erde selbst gegeben, wie der Aequator für die Breiten. Der Ort dieser Endpunkte ist oben nach den Resultaten des Herrn von Schubert angegeben '). !) So eben nach beendeter Correctur geht mir eine Mittheilung zu, welche sich zu einem Nachtrage eignet. Herr General v. Schubert hat seine oben Pag. 260 angeführte Abhandlung umdrucken lassen und darin einen Rechnungsfehler berichtigt, welchen er Bei der preufsischen Gradmessung begangen hatte, aufserdem hat er die englische Gradmessung in gröfserer Ausdehnung als früher benutzt. Die Pag. 261 und 262 aufgeführten Unterschiede stellen sich jetzt folgendermafsen dar: Rechnung-Beobachtung: Bogen von Peru. . . „ „2 —+0",077 - - England. . 2... + 0,736 - =. Rrankreich, a, ıh42=-,1,607 5 VOR Dan 2. ea wi 2 0A ron Preulsene. art er 0z - - Rußlad . ....— 1,289 - =“ Indien, o..mbife —- 1,619 Von dem gröfseren Unterschiede bei dem Bogen von Pennsylvanien kann man nach dem Obigen absehen, und es fällt mithin jetzt der hauptsächlichste Einwand, wel- chen man aus dem grofsen beim Bogen von Preufsen übrig gebliebenen Unterschiede gegen die drei Axen, wie Herr v. Schubert sie gefunden hat, machen konnte, fort. 265 Vu. Mittheilungen über Haurän und die Trachonen. Von Dr. J. G. Wetzstein. Anhang zn seinem Reiseberichte über diese Gegenden. Nachdem ich den im vorigen Monatshefte dieser Zeitschrift ab- gedruckten Bericht durch die Königl. Gesandtschaft: in Constantinopel an das Staatsministerium des Auswärtigen eingesendet hatte, wurde der- selbe auf meine Bitte jenen zwei Männern mitgetheilt, die wir in der jüngsten Vergangenheit von dieser Erde scheiden sahen, deren Erfor- schung ihr Dasein geweiht war, zu deren Erkenntnifs ihnen Gott die Pilgerfahrt hienieden verlängert hatte, und deren Gestaltung und Leben ihnen verständlicher geworden war, als wohl je einem Sterblichen vor ihnen. Alexander von Humboldt und Carl Ritter hatten mich wiederholt aufgefordert, einen Ausflug in’s östliche Syrien zu machen, und ich fand eine Genugthuung darin, dafs ihnen, wie auch immer die Ergebnisse der kurzen Reise sein mochten, der Bericht vorgelegt wurde. Carl Ritter nahm darauf Veranlassung, sowohl in der Königl. Aca- demie der Wissenschaften als in der Geographischen Ge- sellschaft darüber Mittheilungen zu machen, die zu seiner Zeit in den Organen der Academie und Geographischen Gesellschaft abgedruckt worden sind, und Alexander von Humboldt forderte mich auf, eine auf dieser Reise gemachte Steinsammlung dem Königl. mineralogi- schen Museum zu übermitteln. Ich brachte sie bei meiner letzten Urlaubsreise selber mit nach Berlin, und Herr Prof. Gustav Rose, Director des Museums, hatte die Güte, mir eine Beschreibung dieser Steine einzuhändigen, die insofern schon interessant ist, als sie die Ausschliefslichkeit der vulkanischen Formation nicht nur des ganzen Hauräns bis südlich zur Belkä und nördlich. zum Merg, sondern auch des ganzen östlichen Trachons mit Einschlufs der Harra und Hermije über jeden Zweifel erhoben hat. „Die sämmtlichen Steine“, sagt Herr Gustav Rose, „sind merkwürdiger Weise nur zweierlei Art, obgleich sie an sehr verschiedenen Stellen gesammelt sind. Sie bestehen nämlich aus einem körnigen Dolerit und einer bräunlich- rothen oder schwärzlichgrünen blasigen und porösen Schlacke, in welcher Gemengtheile nicht zu erkennen sind. Die Gemengtheile des Dolerits sind dagegen in manchen Stücken sehr deutlich erkennbar, wie 266 J. G. Wetzstein: namentlich in den Bausteinen des Weilsen Schlosses (No. 13) und der Stadt Bräk (39), in dem Steine von Nimre (24), in dem mit Inschriften versehenen Steine der Harra (44) u. s. w., und sie be- stehen aus dünnen, tafelartigen Krystallen von graulichweifsem La- brador, auf dessen Spaltungsflächen die charakteristische Streifung sehr gut zu erkennen ist, aus kleinen Körnern und Krystallen von Olivin von gelblichgrüner, mehr oder weniger dunkler Farbe, die aber öfter durch anfangende Zersetzung in eine bräunlichrothe mit metalli- schem Demantglanz übergeht, und sehr kleinen, selten etwas gröfsern Körnern von schwarzem Augit. Der Labrador ist stets vorherrschend, nächstdem kommt der Olivin; der Augit ist in der geringsten Menge enthalten. Das Ganze hat eine graulichschwarze Farbe. Durch Dige- riren mit Salzsäure kann man die Gemengtheile noch besser erkennen; der Labrador wird lichter von Farbe, der Olivin, der eine starke Zer- setzung erleidet, schneeweils, der Augit bleibt unverändert schwarz und kann nun deutlich vom Olivin unterschieden werden. Manche Stücke sind etwas drusig und enthalten in den kleineren Drusenräumen etwas kohlensauern Kalk, so dafs sie mit Salzsäure brausen.“ „Der Olivinreichthum zeichnet diesen Dolerit besonders aus; er unterscheidet ihn von dem Dolerite der Auvergne, wo der Olivin im Dolerite nur sehr selten ist (z. B. bei St. Fleurs), dagegen nähert er ihn sehr dem Dolerite von Island, womit der Dolerit vom Hau- rän überhaupt die gröfste Aehnlichkeit hat.“ „Die schlackigen porösen Massen sind von derselben Art, wie sie in allen vulkanischen Gegenden vorkommen, und namentlich auch die Masse der meisten vulkanischen Kegel (Puy’s) bei Clermont in der Auvergne bilden.“ Alexander von Humboldt hatte diesen Bestimmungen unseres ausgezeichneten Mineralogen mit Verlangen entgegengesehen. Als ich sie ihm brachte, fand ich Carl Ritter bei ihm, und das Gespräch drehte sich um das neu constatirte Vulkangebiet. Carl Ritter, dem ich kurz vorher eine kleine Lavawelle vom Plateau des Safä gezeigt hatte, äufserte, dafs sich ihm beim Anblicke der frischen, glänzenden Schwärze des Steins, an dem noch keine Spuren von Zersetzung sicht- bar gewesen, die Frage aufgedrängt habe, ob nicht die letzten Aus- brüche des Safä in historischer Zeit stattgefunden haben sollten ? Es sei ihm dabei die Ansicht eines namhaften Bibelexegeten unserer Zeit eingefallen, nach welcher sich selbst in der Schrift (nämlich im 18. Psalm) das Phänomen einer vulkanischen Eruption angedeutet fände, die zu Davids Zeit in oder um Palästina stattgefunden haben mufste. So hielt es auch Alexander von Humboldt für sehr wahr- scheinlich, dafs der in diesem Berichte erwähnten koranischen Legende Anhang zu seinem Reiseberichte über Haurän und die Trachonen. 267 von einem höllischen Steinregen die Thatsache einer vulkanischen Eruption in Arabien zu Grunde liege. Hier erweiterte sich der Ge- sichtskreis der Unterhaltung, und der Grolsmeister der Naturwissen- schaften äufserte sich mit Lebhaftigkeit über das Wünschenswerthe einer wissenschaftlichen Durchforschung der in geologischer Beziehung so wichtigen arabischen Halbinsel. Mit welchem Interesse würde der Mann die Nachricht vernommen haben, die ich vor einigen Tagen bei dem Durchblättern von Jäküts grofsem geographischen Lexicon ge- funden habe, dafs nämlich die Araber zwischen Haurän und Bäb el mandeb die Existenz von acht und zwanzig getrennten vulkani- schen Gebieten festgestellt haben! ') Schliefslich sprachen die beiden !) Diese Nachrichten giebt Jäküt in einem besonderen Abschnitte unter dem Titel: „Ueber die Harra’s im Lande Arabien“. Zuerst sucht der Verfasser durch eine Anzahl Citate aus Schriftstellern die wesentlichen Merkmale einer Harra zusammen- zustellen. Nach Asma’i ist sie ein mit schwarzen Steinen bestreuter Landstrich. Kommen darinnen einzelne gröfsere Blöcke vor, so heifst ein solcher Sachra G-_», und liegen, wie gewöhnlich, einige Duzende solcher Blöcke beisammen, so bilden sie einen „Rigm“). Läuft die Harra an einer Stelle in eine Zunge aus, so heilst eine solche „Krä “ (EI) Nach Nasr ibn S’emil erstreckt sich eine Harra gewöhnlich zwei bis drei starke Tagereisen weit, und es kommen in ihr Steine vor, die (wegen ihrer Gröfse und abgerundeten Form) liegenden Kameelen gleichen und aus- sehen, als ob sie im Feuer geschwärzt wären. Unter den Steinen liegt der grobkörnige Humus der Ka‘’s, der nicht schwarz ist, obschon Alles wegen der Menge und des engen Beisammenliegens der Steine schwarz erscheint. Nach Abü ‘Omar ist eine Harra mehr kreisförmig rund; läuft sie aber einmal in einen länglich schmalen Streifen aus, so heilst dieser „Krä “ Die Worte „Läbe“ und „Harra“ sind gleich- bedeutend. Die meisten der vielen Harra’s Arabiens liegen um Me- dina herum bis hinauf nach Syrien u.s. w. Darauf bringt Jäküt die Namen von 28 Harra’s und bespricht sie einzeln in alphabetischer Aufeinanderfolge. Die von mir bereiste und in diesem Berichte beschriebene heifst nach ihm Harra des Rägil (>, 3,>), so benannt von dem gleichnamigen, in diesen Blättern er- wähnten hauränischen Wädi, an dessen nördlichem Ufer sich diese Harra von Ezrak an in südöstlicher Richtung hinzieht. Seine Nachrichten über sie sind auffällig dürftig. Sollte sie ihm etwa trotz ihrer vier- bis fünfhundert Quadratstunden Flächenraum anderen gegenüber noch unbedeutend erschienen sein? Sie liegt, sagt er, zwischen der Steppe und den östlichen Gegenden Hauräns (sbs> Su Re >) und gehörte zu seiner Zeit (um 625 arabischer Aera) zum Lande der Beni H&s (ur wer) die jetzt verschollen sind). Unter diesen Harra’'s erwähnt er eine bei der bekannten Pilgerstation Tebük, welche der Prophet Muhammed bei seinem Zuge gegen die Griechen passirt hat. Eine andere nennt er die Feuer-Harra (harret en när), eine Benennung, in der sich die Erinnerung an vulkanische Aus- brüche erhalten zu haben scheint. Es finden sich in ihr, sagt er, Natron- Gruben und sie liege zwischen Wädi el Kurä und der (peträischen) Stadt T&mä im Gebiete der Gatafän, also in der Nähe der “Absiden und 268 J. G. Wetzstein: Männer den Wunsch aus, dafs ich den Bericht veröffentlichen möchte, und ich sagte ihnen dies um so bereitwilliger zu, als bei dem damals so umwölkten politischen Himmel (es war im Monat April d. J.) für eine Veröffentlichung des Tagebuches selber wenig Aussicht vorhan- den war. Der Druck des Berichts bedingte einige Abänderungen und Weg- lassungen. Zu den ersteren gehören namentlich genauere lithologische Angaben, die mir durch die Definitionen des Herrn Prof. Rose er- möglicht wurden. Weggelassen wurden: 1. drei Skizzen, nämlich der Ruhbe mit ihrer Umgebung, des Vulkans Umm Usdüch mit seiner Umgebung und des Wars von Zäki&; 2. einige Nachrichten über die Wiesenseen, namentlich über zwei zum ersten Male auf der Karte erscheinende Becken, die Bahret Bälä und den Match Bräk. Un- gedruckt blieben diese Notizen, weil sie nicht zu den Ergebnissen die- ser Reise, sondern früherer Ausflüge gehörten, weil sie den Gegenstand nicht genügend behandelten, und weil ich die Absicht habe, mein über das Mergland gesammeltes Material zu einer Monographie zu verar- beiten, welche diesen mir vollkommen bekannten Landstrich mit seinen Völkerschaften und seiner Cultur ausführlich besprechen soll. Die eigentliche Veranlassung zu diesem Nachtrage gab mir eine durch meinen Bericht nahe gelegte, in ihm selbst aber unerledigt ge- der Heimath “Antars. So erklärt sich, warum in dem grofsen Epos über die Tha- ten dieses Helden so häufig die Kä‘’s (ra) erwähnt werden. Es wäre zu wünschen, dafs eine Uebersetzung dieses ganzen Abschnitts mit dem Commentare eines Sachverständigen in einer geologischen oder geographischen Zeit- schrift veröffentlicht würde. Das oben vorkommende Wort „Läbe* (KUN) bildet die Plurale läb und lüb und die Adjective läbi und lübi „schwarz wie Lava“. Auch lassen sich die Gentilia lüb und läbe „Libyer, Nubier“ in der Bedeutung „Schwarze“ (vergl. die lübim 2. Chron. 12, 3 u. öfter) mit dieser Radix zusammenstellen. Verwandt mit ihr ist die R. lebb „glühen, brennen“. Man kennt sie vielleicht noch nicht, aber ich habe die “Aneze und Hauränier sehr oft sagen hören: lebb el hatab er zündete das Holz an, und lebbet en när das Feuer brannte. Diese Bedeutung der Wurzel lebb ist altsemitisch und wir finden sie 2. Mos. 3, 2 bestimmt in Labba „der feurigen Flamme auf Horeb“ wieder, ebenso in Lebiba 2. Sam. 13, 6. 8; vielleicht selbst Daniel 11, 43 in den sonnenverbrannten Lubbim. In diesem Worte scheint eine Vermischung beider Stämme sattgefunden zu haben. Gewils vereinigen sich die beiden Bedeutungen des „Schwarzseins“ und des „Glühens“ in dem aus Harira (2) zusammengezogenen Worte Harra. In dem eitirten Artikel des Jäküt werden vier Pluralformen dieses Wortes gegeben, unter denen Harrün (o 9,>, in den cas. obl. Harrin statt Haririn) als uralte Sprachbildung dem in diesem Be- richte verglichenen Harerim des Jeremia so nahe steht, dafs, die idiomatischen Unterschiede abgerechnet, beide Worte auch formell identisch sind. Anhang zu seinem Reiseberichte über Haurän und die Trachonen. 269 bliebene Frage, nämlich: aus welcher Zeit und von welchem Volke jene merkwürdigen Bauten in den Trachonen und Haurän wohl stam- men könnten? Da ich bei Beantwortung dieser Frage von sichern historischen Zeugnissen unterstützt werde, die ihrerseits wiederum durch mein Tagebuch bestätigt werden, so wollte ich die Veröffentlichung meines Reiseberichts mit einem Excurse über die Entstehung jener Denkmäler begleiten, der mir in seinen Consequenzen zugleich ein helles Streiflicht über die Sprache und den Ursprung der räthselhaften Harra-Inschriften zu werfen scheint. Es kann dem Leser meines Berichts nicht entgangen sein, dafs die Ergebnisse eines Versuchs, geographische Namen der Bibel mit Bestimmtheit im östlichen Haurän wiederzufinden, dürftig gewesen sind '),. Aber auch im südlichen und westlichen Theile dieses Landes ist die Ausbeute für biblische Geographie nicht gröfser, eine Thatsache, die um so auffälliger erscheint, als wir hier auf unzweifel- haft judäischem Boden stehen. Zwar fanden hier Manche aufser den bekannten Städten Salcha, Kenät, Edre’i und Gölän noch andere alttestamentliche Orte; so verglich man die sechs Stunden südwestlich von Bosrä im Flufsgebiete des Wädi “Äkib liegende grofse Ruinen- stadt Umm Gemäl ?) mit Bet Gamül in Jeremia 48, 23, desglei- chen die Städte Kr&je und Bosrä mit den in der angezogenen Bibel- stelle (Vers 24) erwähnten Orten Keriöt und Bozra; wären diese Zusammenstellungen richtig, dann würde es nicht mehr keck sein, die 'Egla selisija (Vers 34) in den drei höchsten runden Kuppen des "Agelä-Gebirges, oder in der dortigen Koun ’EyAo» wiederzufinden. !) Noch könnte man das am westlichen Trachon liegende Hadar ( „2>) mit Hazar Tichön vergleichen, welches in Hesekiel’s (47, 16) Vision von einem künftigen idealen Reiche Israels als dessen östliche Grenze zwischen Damas- kus und Haurän (Salcha) genannt ist. Das „mittlere (tichön)* Hazar würde es genannt sein, weil es gerade in der Mitte des östlichen Lohfs oder weil es halbwegs zwischen Salcha und Damaskus liegt. Der Ort ist von fester Bauart und gut erhalten. Viele Häuser hatten an den Ecken der Strafsen maskirte Balkone mit Schiefsscharten. In den Gassen und Höfen der Häuser lagen viele Menschenknochen, die von einem blutigen Kampfe herrührten, der zur Zeit der Expedition Ibrahim Pascha’s gegen das Legä in Hadar stattgefunden hatte. 2) Dieser Name (2 e)) bedeutet die schöne Stadt; die jetzigen Be- duinen dagegen sprechen Umm el Gimäl, die Stadt der Kameele, und sa- gen, sie sei so grols und blühend gewesen, dafs unter den Kameelen der Einwohner, die des Morgens auf die Weide geschickt wurden, die Einäugigen (el ‘ür) allein sich auf Tausend belaufen hätten. Es giebt zwei Orte dieses Namens. Der klei- nere von beiden liegt ein Paar Stunden nördlicher in der Nukra und ich konnte ihn auf dem Dache der Moschee in Sahwet el Kamh sehen und in meine Winkel- messungen aufnehmen. Vom gröfseren habe ich in Sahwe und Bosrä nur die ohn- gefähre Direction bestimmen können. 270 J. G. Wetzstein: Aber dies Alles ist reiner Irrthum. Der Prophet spricht nur vom Lande Moab und die genannten Orte müssen sämmtlich in den öst- lichen Umgebungen des todten Meeres gesucht werden. Man darf sich in der That darüber wundern, dafs uns die Bibel, während sie im eisjordanischen Lande und dem südlichen Peräa hun- derte von Ortsnamen kennt, aus Basan und Nord-Gilead kaum acht oder zehn überliefert hat. Wohl läfst sich auch zur Erklärung des Mangels an topographischen Nachrichten über diese Gegenden Manches sagen, z. B. hatte die künstliche Abgrenzung der einzelnen Stammge- biete in Josua Cap. 13 bis 19 die Nennung vieler Ortschaften nöthig gemacht, so genügte bei Basan, dessen West- und Südgrenze, auf die es hier allein ankam, bekannt gewesen, die einfache Bestimmung, dals es ungetheilt dem halben Stamme Manasse zufalle; dafür aber, dafs in der Folgezeit seiner Schicksale wenig gedacht wird, liefse sich anführen, dafs es bei der Verschiedenheit seiner Interessen nur schwa- che Beziehungen zum Gesammtreiche gehabt haben werde. Aber diese Gründe sind nieht genügend. Als Moses das Land eroberte, fand er in Argob allein aufser den Dörfern sechzig ummauerte Städte, und dür- fen wir von der Blüte dieser Provinz einen Schlufs auf die des ganzen Landes machen, so muls zur Zeit des Culturstaats der Amoriter der ganze Haurän mit einer erstaunlich grofsen Menge von Städten und Dörfern bedeckt gewesen sein. Und doch hören wir in der Folgezeit nichts von ihnen, selbst von den vornehmsten Städten des Landes, wie “Astaröt, Edrei, Kenät, Gölän und Salcha, weils die spätere Geschichte Israels nichts mehr. Andererseits sehen wir in den Kriegen der Is- raeliten mit den Königen von Damaskus und Assyrien, wie der Feind immer ohne Widerstand von dieser Seite her in’s Land gefallen ist. Wo waren damals jene festen Plätze? Es liegt die Vermuthung sehr nahe, dafs sich jene sechzig Städte später in die „sechzig Zeltlager Jairs“ (hawwöt Jair) verwandelt haben, dafs die basanitischen Israeli- ten in der Nachbarschaft der Beduinen vollkommene Nomaden gewor- den oder geblieben sind, dals sie, um jederzeit zum Schutze ihrer von Weideplatz zu Weideplatz ziehenden Heerden bereit zu sein, sich nicht an Städte und Dörfer binden konnten, die daher verlassen standen, verfielen und endlich verschwanden. So wird es erklärlich, dafs die Wegführung der drei transjordanischen Stämme durch Phul, den König von Assur (1. Chron. 5, 26), anscheinlich so leicht gewesen ist. Denn während er in Galiläa eine Anzahl fester Plätze zu erobern hatte, scheint er in Peräa nach 2. Kön. 15, 29 nur bei Abel (Abil in Er- bed) Widerstand gefunden zu haben, einem Platze, der wegen seiner ungemein starken Lage am südlichen Ufer des Jermük selbst als ne a Ha "- Anhang zu seinem Reiseberichte über Haurän und die Trachonen. 271 Ruine noch der Zufluchtsort des Landes bei einem feindlichen Einfalle werden konnte '). Die Cultur ist in Ostsyrien eine künstliche Schöpfung; sie gleicht einem Garten, den man am Meeresufer geschaffen und mit einer star- ken Mauer gegen den Wellenschlag geschützt hat. Wird die Mauer vernachlässigt, so bricht das Meer durch und verwüstet den Garten. So kann jenes Land dem unablässigen Andrängen der Nomaden gegen- über nur unter einer starken und immer wachsamen Regierung ein Culturland bleiben. Eine solche Regierung hat Syrien (aufser in den Tagen Saladins und kurze Zeit nach ihm) seit der ersten muselmänni- schen Occupation nicht gehabt, und darum liegen die östlichen Ort- schaften seit zwölfhundert Jahren verödet; nur in den schwerer zugäng- lichen Gebirgen der Belkä, "Aglüns und Hauräns haben kriegeri- sche Gemeinden den väterlichen Herd gegen die Beduinen zu schützen gewulst. Der Zustand des Landes zur Zeit des israelitischen Reiches wird dem heutigen sehr analog gewesen sein, und ich möchte mit Aus- nahme einiger Burgen, die unter den Herodiern entstanden sind, von keinem einzigen der tausend Ruinenorte, die gegenwärtig Peräa be- decken, behaupten, dafs er israelitischen Ursprungs sei; auch finden wir, nebenher erwähnt, diesseits des Jordans keine Spur von dem Bau- style jenseits des Flusses. . Als ich auf den Zinnen der Citadelle in Bosrä einige dreilsig Ort- schaften gemessen hatte und mein Auge sich an dem grolsartigen Pa- norama weidete, bemerkte mein Reisegefährte Muhammed Effendi, dals er sich in Mug£dil (einem ihm gehörigen Dorfe in der Nukra) beim Anblicke der vielen sorgfältig und fest gebauten Dörfer oft die Frage gestellt habe, wer wohl ihre Erbauer gewesen? Nach seiner Ansicht könnten diese nur ein Volk gewesen sein, das es verstanden, sich den Wüstenstämmen furchtbar zu machen, und Jahrhunderte lang in Wohlstand und Sicherheit das Land besessen habe. Er glaube, die Israeliten seien dieses Volk gewesen. Bei dem Glanze, womit die muhammedanische Legende die salomonische Regierung umgeben hat, wäre es unmöglich gewesen, dem sonst sehr verständigen Manne zu beweisen, dafs der judäische Staat die Eigenschaften, Peräa blühend zu machen, zu keiner Zeit besessen hat. Einer langen und tiefen Ruhe hat er sich niemals erfreut, weil ihm die Bedingung dazu, eine dauernd starke Regierung fehlte, und diese konnte nicht geschaffen werden, da ') Desgleichen diente das südliche Ufer des Jermük bei Abil im Jahre 635 christ- licher Aera dem muselmännischen Heere als Stützpunkt, wo es den Angriff der Grie- chen erwartete, und noch im vorigen Jahre ermöglichte jene Oertlichkeit dem Heere der Ruwala eine Aufstellung, welche der nachrückende Feind nicht anzugreifen wagte. 272 J. G. Wetzstein: die ismaelitischen Stammunterschiede, die sich niemals verwischten, ewige Zwietracht nährten und das Ganze schwächten. Desgleichen ge- stattete dem Volke der Widerwille gegen allen Zwang und ein starker Hang zur Ungebundenheit, den es gleichfalls mit den stammverwand- ten Ismaelitern gemein hatte, keine absolute Unterordnung unter ein strenges Regiment. Dabei scheint, trotz der Idee des gelobten Landes, die Liebe zur Scholle bei ihnen niemals so stark gewesen zu sein, wie sie bei einem Volke sein mufs, das in dem Glauben an die Unverlier- barkeit des heimathlichen Bodens diesen mit Städten und Dörfern be- deckt. Die Natur des Beduinen scheinen sie aus ihrem Nomadenleben in Aegypten und der syrischen Wüste mit nach Palästina gebracht zu haben und durch die ganze Geschichte des Volkes bis auf die Gegen- wart herab zieht sich gleichsam als der charakteristische rothe Faden jenes Motto aller Stämme der syrischen Wüste, welches der Oberscheich der Hsenne ') im Jahre 1836 den Drohungen Ibrahim Pascha’s gegen- über im Diwane der Stadt Hamä aussprach: „lä tuheddid men idä hedd rahal — Drohe nicht dem, der, wenn er sein Zelt niederwirft, wandert“. Andere Gelehrte führen den Ursprung der transhauränischen Bauwerke sogar auf die Amoriter zurück. Die steinernen Massen, argumentirte man, konnten bei der mosaischen Eroberung nicht zerstört werden und blieben als ewige Zeugen der Siege Jehova’s in Basan für die Nachwelt stehen bis heute. Nur seien neue Bewohner einge- zogen, die, wie späterhin die Römer und Byzantiner, zierlichere Kunst- werke daneben aufrichten, auch Ornamente und Steintafeln den colos- salen Felsbauten hinzufügen konnten, aber die Grundanlage sei ge- blieben. Solche Ansichten waren möglich und erklärlich, wo man bei seinem Urtheile über jene Bauten nur auf eine entweder zu allgemein gehaltene oder zu stark gefärbte Beschreibung derselben angewiesen war, aber sie werden durch die Anschauung selbst nicht bestätigt. Im Gegentheile erkennt auch das weniger geübte Auge, dafs an allen die- sen Bauten — die übrigens nicht aus gigantischen halbrohen Blöcken, sondern aus sorgfältig behauenen, meistens mäfsig grofsen und nach den Regeln der Kunst gefügten Quadern bestehen — Seulpturen und Inschriften ursprünglich und keine spätere Zuthat sind. Und da diese Inschriften griechisch sind und nur die Bostrenser Aera ken- nen, so muls die Entstehung der Bauwerke in die Zeit nach Christus gesetzt werden. Von den Troglodytendörfern kann natürlich hier nicht die Rede sein, sie sind gewifs sehr alt; auch von Ortschaften wie !) Der “Aneze- Stamm der Hsenne (Kim>) lagert in der Diret S’um- bul, namentlich in der Nähe der Stadt Homs. Anhang zu seinem Reiseberichte über Haurän und die Trachonen. 273 Hibikke, von dessen Alter und Construction in meinem Berichte die Rede ist, mufs abstrahirt werden, sie könnten wohl in die Amoriter- zeit hinaufreichen; desgleichen wird sich viel uraltes Baumaterial in Städten wie Bosrä und Salchat erhalten haben, denn schon das Vorhandensein von nabatäischen Inschriften zeugt dafür: aber die Masse der transjordanischen Orte ist wie nach der Schablone in einem und demselben Baustyle aufgeführt und kann nur aus der Zeit stammen, welche die griechischen Inschriften dafür angeben. Um die Frage nach den Urhebern dieser Bauten zu beantworten, müssen wir einen Theil der Weltgeschichte hervorsuchen, von dem die meisten Blätter verloren gegangen und die übriggebliebenen verstüm- melt und stark verbleicht sind. Dennoch können wir aus ihnen noch mit Sicherheit lesen, wann und unter welchem Volke jene hauränische Cultur geblüht hat, deren Ueberreste wir noch heute bewundern. Ohngefähr um die Zeit von Christi Geburt erlebte Süd-Arabien (Jemen) eine grofse Auswanderung, die wahrscheinlich durch Ueber- völkerung des Landes veranlafst wurde. Die arabischen Geschicht- schreiber berichten, man habe Ursache gehabt, den Durchbruch der Dämme von "Arim zu fürchten und wollte durch Auswanderung die- sem allgemeinen Landesunglücke entgehen ’). Zwei sabäische Völ- ker, von denen das eine zum Stamme der Azdiden (Azd), das andere zu dem der Himjariden (Himjar) gehörte, verliefsen die Heimath und wendeten sich nordöstlich gegen Bahrein hin, wo sie mehrere Jahre gemeinschaftlich nomadisirten, bei einer Quelle Hagar ( 5) ein Schutz- und Trutzbündnifs schlossen und davon den Na- ') Die “Arim waren seeartige Andämmungen des Wassers von einer Menge (nach Einigen von siebenzig) Winterbächen und Quellen, gebildet durch starke zwi- schen drei Bergen gezogene und diese verbindende Kunstmauern mit dreifsig Schleu- sen. Sie waren in der Nähe der Stadt Ma’rib, der Hauptstadt des sabäischen Rei- ches, welche vier Tagereisen (ce. 32 Stunden) von San‘ä entfernt zwischen dieser Stadt und Hadramaut lag. Da die “Arim eine Wasserfläche von ohngefähr einer Stunde Breite und Länge bildeten, so gestatteten sie eine grolsartige Bewässerung und hatten meilenweit Baumgärten, Saatfelder, Dörfer und Meierhöfe in’s Leben ge- rufen. Man erndtete dreimal des Jahres, was in dem heifsen Lande recht wohl mög- lich ist, wo z. B. die Gerste zwei Monate nach der Aussaat reif wird. Diese ganze künstliche Cultur mufste sich natürlich mit dem Ruine der colossalen Dämme, der - später wirklich erfolgte, wieder in Wüste verwandeln. Jäküt widmet diesem Ge- genstande einen längeren Artikel, der beachtenswerth ist. Interessant sind die in poetischem Schwunge gehaltenen Prophezeiungen der Seherin (Kähine) Zarifa, durch welche die Azdiden veranlafst wurden, ihre Fluren bei Ma’rib zu verkaufen und auszuwandern; desgleichen die Schilderung, wie nach dem Durchbruche der Dämme _ Ma’rib (das Mariaba des Ptolemäus) und die benachbarten Ortschaften verlassen w werden mufsten und die paradiesische Gegend unter dem Flugsande der Wüste begra- ben wurde. Ueber die erste Untersuchung dieser Ruinen, die einem kühnen Franzosen glückte, findet man das Nähere in Carl Ritters Geographie von Süd-Arabien. Zeitschr. f. allg. Erdk. Neue Folge. Bd. VII. 18 274 J. G. Wetzstein: men Tenuchiden (Tenüch, Eidsgenossen) erhielten. Da aber die Südaraber (Kahtäniden) nicht wie die Nordaraber (Ismaeliter) das Nomadenzelt, sondern das steinerne Haus lieben, so sahen sie sich nach festen Wohnsitzen um, sendeten ihre Kundschafter aus und bra- chen nach deren Rückkehr in zwei entgegengesetzten Richtungen auf. Die Azdiden, nach dem Stammzweige ihres Oberhauptes auch Nas- riden (Nasr) genannt, setzten sich am Euphrat fest, bauten die ver- fallene Stadt Embär auf und gründeten daselbst das Osttenuchidi- sche Reich, dessen Hauptstadt später Hira wurde. Die Himjari- den, auch Kuda’iden genannt, weil der himjaridische Stamm Kudä’a ihre Majorität bildete, wendeten sich gegen Syrien und gründeten in Haurän und der Belkä das Westtenuchidische Reich, welches nach Selih (zul), dem Stammzweige ihres Oberhauptes, gewöhnlich das Reich der Selihiden genannt wird. Was die Niederlassung dieser Völker ungemein erleichtern mulste, war der Umstand, dafs sie, wie alle sefshaften und ackerbautreibenden Völker, nicht jenen unbändigen Freiheitstrieb mitbrachten, der den Zeltarabern bis auf den heutigen Tag eigen ist. Wären sie als Er- oberer erschienen, so würden sie im Osten, wo die Macht der Arsa- ciden noch ungebrochen war, übel empfangen worden sein, und auch in Syrien würden ihnen die Römer auf die Länge keinen freien Spiel- raum gelassen haben; aber von Haus aus an ein strenges, ja tyranni- sches Regiment ihrer Tubba‘’s, wie die jemenischen Könige hies- sen, gewöhnt, erboten sie sich, Tribut zu zahlen, und darum wurden sie sowohl von den Parthern als von den Römern um so williger empfangen, als sie die verödeten Länder neu bevölkerten und zugleich einen starken Damm gegen die räuberischen Wüstenstämme bildeten, die durch sie, wie es scheint, sogar vollständig tributär gemacht wurden. Jetzt wird es hell in Ostsyrien; die tausend steinernen Ortschaf- ten, vom Kastellkranze an, der sich im weiten Bogen von Damaskus gegen den Euphrat hinzieht '), bis hinab an die Grenzen von Ta- file, stehen nicht mehr wie zeither als Fragezeichen auf den geogra- !) Auf diese lange Reihe von Kastellen, welche uns zeither unbekannt waren, bin ich zuerst vom Scheich Muhammed ibn Dühi aufmerksam gemacht worden. Sie ziehen sich von Damaskus gegen Palmyra und von dort an den Euphrat und es sollen ihrer zweiundvierzig sein. Von Damaskus aus liegt das erste bei der Ruinen- o-0>» stadt Maksüra und heifst Chirbet Sumb&n (cyan ). Das nächste liegt drei Stunden nordöstlich von dem vorigen bei der Ortschaft Dumer („Ar ), nach der es gewöhnlich das Schlofs von Dumer benannt wird; doch heifst es auch der „syri- sche Chän“ (Chän es sämi). Dieses ist das einzige dieser Kastelle, welches unter- sucht worden ist; seine griechischen Inschriften sind in das Corpus Inseriptionum Graecarum aufgenommen. Das folgende liegt drei Stunden weiter und heilst el nn Anhang zu seinem Reiseberichte über Haurän und die Trachonen. 275 phischen Karten, man weils, wer sie gebaut und wie es möglich war, bis tief in die Wüste hinein und oft an Orte zu bauen, wo Sonnen- glut, Wassermangel und geringe Bodenproduetion kaum die Existenz fristen liefs. Wer aus dem glühenden Hadramaut und aus der Nach- barschaft der dämonischen Ahkäf kam, dem konnte wohl die elende- ste Gegend Syriens noch gut genug erscheinen. Jetzt erklärt sich der fremdartige Styl der hauränischen Bauten, von denen Bucking- ham beim Anblick der Ruinen von Dä’il (vgl. C. Ritter Palästina und Syrien II, 842) urtheilte, dafs sie ihm weder griechisch, noch rö- misch, auch nicht saracenisch zu sein schienen, sondern wohl einem älteren einheimischen jüdischen oder chaldäischen Style angehörten. Die Nachrichten, welche uns durch die Engländer von Aden aus im- mer häufiger über die grofsartigen Bauten der Sabäer in Südarabien zukommen, werden uns bald in den Stand setzen, die völlige Identität der hauränischen Bauart mit der altjemenischen zu erkennen. Schon jetzt wissen wir, dafs sich auch in der letztgenannten das steinerne Dach und die Anwendung jener schmalen und übermäfsig langen Qua- der findet, welche im Haurän allenthalben so auffallen. Wie weit sich dieses Volk im östlichen Syrien ausgebreitet hat, wird sich nicht mehr bestimmen lassen, das Centrum seiner Besitzun- gen wird die mittelsyrische Vulkanregion gewesen sein; der Kudäid Gemil besafs Batanäa, die Ruinen von Chölän (oD»>) im nörd- lichen Merg, nach welchem dieses sonst „der Bezirk (küret) Cholän* hiefs, erinnern an den kudaidischen Bezirk (michläf) Chölän in Je- men, sowie die Ruinen von Bl£j () in der Ard el Fedajen an den gleichnamigen Stammzweig der Kudäiden und gestatten die Vermuthung, dafs sich das Volk bis an die „Wiesenseen“ ausge- breitet habe; ja nach 2. Corinth. 11, 32. 33 möchte man anneh- men, dafs ihnen selbst die Stadt Damaskus überlassen worden war. Zwar hält die neutestamentliche Interpretation den arabischen König Aretas, dessen Statthalter den Apostel Paulus gefangen nehmen wollte, für einen der peträischen Fürsten, mit denen früher die jüdischen Könige (die Herodier) mehrfach in Berührung gekommen waren; sind aber, wie man annehmen muls, die Selihiden damals schon im Besitze von Peräa gewesen, so war es unmöglich, dafs ein Fürst des peträischen Arabiens in Damaskus herrschen konnte. Ebenso wäre es unbegreiflich, wie die Römer einem noch nicht unter- _ worfenen Könige Damaskus hätten unterordnen können, wenn es auch denkbar wäre, dafs dieser, frei im eigenen Lande, in Damaskus den Hamrä „Rothenburg“; nach ihm folgt Manküra, darauf “An&be, dann Kasr elabjad „Weilsenburg“ u. s. w. Die Distanz beträgt immer drei Stunden. 18* 276 J. G. Wetzstein: römischen Vasallen gespielt haben sollte. Denn unabhängiger Besitzer oder gar Eroberer von Damaskus war jener Aretas gewils nicht, nach- dem die Römer noch kurz vorher den Uebergriffen des Zenodorus gegenüber zur Wahrung ihrer Hoheitsrechte so bedeutende Anstren- gungen in den nächsten Umgebungen dieser Stadt gemacht hatten. Leider besitzen wir nicht einmal eine vollständige und chronolo- gisch geordnete Regententafel der Selihiden. Der das Volk aus der alten Heimath führte, hiefs Mälik und sein Sohn 'Amr wird als erster König in Syrien genannt. Aber schon von da ab beginnt die Unsicher- heit. Die Nachfolger des '‘Amr werden sein Sohn Sa’d und sein Enkel Dag’am („eD), von dem das Gesammtvolk oft die Dag’amiden (relsuc))) heist, gewesen sein. Man findet noch andere Königsnamen, unter denen sich Härit ibn Mendele bemerklich macht, aber es ist noch unermittelt, ob sie wirklich regiert, oder nur den Titel eines Kö- nigs geführt, d. h. in jener späteren Zeit gelebt haben, wo die Herr- schaft schon auf ein anderes sabäisches Volk, die Gefniden, überge- gangen war. Dieser späteren Zeit scheinen unter andern die Namen Diäd ibn Hebüle und sein Vetter Däud el Letik anzugehören. Der Letztere hatte bereits das Christenthum angenommen, und von ihm wurde das hauränische Kloster Der Däud erbaut. Es ist gleichgiltig, in welchem Theile Peräa’s zuerst die neue Civilisation unter den Sabäern begann, aber wir können mit Sicherheit behaupten, dafs eine Cultur Haurän’s im grofsartigen Mafsstabe nur mit dem Aufbau von Bosrä, also erst vom Jahre 106 nach Christo an in’s Leben treten konnte. Da noch kein Reisender die hohe Be- deutung von Bosrä genügend hervorgehoben hat, so mufs ich dieser Stadt einige Blätter dieser Schrift widmen. Bosrä hat unter allen ost- syrischen Städten die günstigste Lage und Damaskus, welches seine Grölse der Menge seines Wassers und seiner durch den östlichen Tra- chon geschützteren Lage verdankt, wird Bosrä nur unter einer schwa- chen Regierung überstrahlen, während Letzteres unter einer starken und weisen Regierung sich in wenigen Jahrzehnten zu einer mährchen- haften Blüte emporschwingen mufs. Es ist der grofse Markt für die syrische Wüste, das arabische Hochgebirge und Peräa, und seine lan- gen Reihen steinerner Buden legen noch jetzt in der Verödung von einer früheren und der Möglichkeit einer künftigen Gröfse Zeugnifs ab. Von hier ging über Salcha und Ezrak auf geradem Wege die Rö- merstralse nach den Häfen am persischen Meerbusen, um die Erzeug- nisse des Westens an die Schiffe Indiens und die Karawanen Per- siens zu liefern und die Handelsgüter dieser Länder dem Westen zu- zuführen. Dafs selbst der Higäz ebedem an Bosrä gewiesen war, Anhang zu seinem Reiseberichte über Haurän und die Trachonen. 977 beweisen die Handelsreisen der Mekkaner zu Muhammeds Zeit. Bosrä war der Getreidespeicher für das unfruchtbare Arabien. Es liegt in einer Gegend, deren Fruchtbarkeit unerschöpflich ist, und noch heutigentags, wo die Nomaden weder Baum noch Strauch um Bosrä übrig gelassen haben, gleicht das Land, soweit das Auge reicht, einem Garten. Endlich ist Bosrä die natürliche Hauptstadt Hauräns, der von hier aus mit dem blofsen Auge nach allen vier Himmelsgegen- den überschaut und gleichsam bewacht werden kann, und der Schlüssel zum kostbarsten Theile desselben, nämlich der Nukra, desgleichen von Gölän, G&dür, ja von Wädi el '‘Agem und selbst Damas- kus, dessen Sicherheit seit der Verödung von Bosrä auf seine Mauern beschränkt ist, denn während meines Aufenthalts in Damaskus ist es sehr oft vorgekommen, dafs von Bosrä herkommende Raubzüge der Beduinen unmittelbar vor den Thoren der Stadt Heerden weggenom- men, oder Karawanen und Reisende geplündert haben. Die Wichtig- keit des Platzes erkannten die Ejubiden-Sultane, als sie die Cita- delle bauten, mit der sich keine andere in Syrien, selbst die gröfsere damascener nicht vergleichen läfst, desgleichen die Kreuzfahrer, die keine geringen Anstrengungen machten, in den Besitz von Bosrä zu kommen. Als ich auf der Zinne jener Citadelle stand, und Stadt und Land überschaute, drängte sich mir die Ueberzeugung auf, dafs die Hauptstadt Hauräns, oder, wie das Land vor der mosaischen Oceu- pation hiefs, Basans nirgends anders gesucht werden könne, als hier. Die Schrift nennt "Astaröt als die Hauptstadt Basans, Josua 9, 10. Die Stelle 5. Mos. 1, 4., welche in der lutherischen Ueber- setzung lautet: „nachdem er den König Og geschlagen hatte, welcher zu Astarot und Edrei wohnte“ ist dem Urtexte gemäfs richtiger also wiederzugeben: „nachdem er den König Og, der zu Astarot wohnte, geschlagen hatte bei Edrei*; vergl. 4. Mos. 21, 23 und öfter. Nur im Buche Josua heifst es zweimal (Cap. 12, 4 und 13, 12) vom König Og, er habe zu Astarot und Edrei gewohnt. Zur Erklärung dieser Verschiedenheit in der Berichterstattung liegt die Vermuthung sehr nahe, dafs die Stelle 5. Mos. 1, 4: „be Astaröt be Edrei“ später wirk- lich irrthümlich so verstanden worden sei, als ob ein „und“ dazwi- schen stände, so dals zur Zeit der Abfassung des Buches Josua die Tradition von zwei Residenzen im Volke gäng und gebe gewesen wäre. Dem sei nun wie ihm wolle, jedenfalls wird überall, wo die beiden Städte in der Schrift zusammen vorkommen, Astarot primo loco ge- nannt, wie Josua 13, 31, was beweist, dafs es die vornehmste der bei- den Städte war. Da es nun in Haurän kein Astarot mehr giebt, so wird man sich auf Grund obiger Mittheilungen über Bosrä veranlafst sehen, es zunächst 278 J. G. Wetzstein: in Bosrä zu suchen, von dem der Syrer noch heutigentags sagt, dafs seine Blüte die Blüte Hauräns und sein Ruin der Ruin Hauräns sei. Josephus, der sichere Führer in Palästina, läfst uns hier rathlos; er spricht nicht von Astarot, woraus man, in Uebereinstimmung mit ander- weiten historischen Nachrichten, auf eine vollständige Verödung der Stadt zu seiner Zeit schliefsen mufls. Aber noch zu Eusebius Zeit scheint eine dunkle Ueberlieferung von der Identität Bosrä’s mit dem alten Astarot vorhanden gewesen zu sein, denn man hielt damals (vgl. Winer’s bibl. Realwörterb. unter Astarot) die zwischen Bosrä und dem Kl&b auf dem Gebirge liegende, noch jetzt vorhandene Stadt ‘Afine für Karnaim, von dem 1. Mos. 14, 5 Astarot die nähere Be- zeichnung „bei Karnaim“ erhalten hatte '). Eusebius selbst aber unterscheidet Astarot bestimmt von Bosrä, und da dies auch Hiero- nymus thut, so denkt Niemand mehr an Bosrä. Nach Beiden soll Astarot sechs Millien (also nicht ganz zwei Stunden) nordwestlich von Edrei (Derät) gelegen haben und deshalb suchte man dort nach seinen Ruinen. Wirklich hat man auch 14 Stunde davon zwar kein Astarot, wohl aber einen Hügel 'Estere gefunden und dieser gilt jetzt fast allgemein für Astarot; nur Carl Ritter (Palästina und Syrien I, 822) äufsert seine Bedenken und will die Frage noch als offene be- trachtet wissen. Während meines Aufenthalts in Der’ät sprachen wir des Abends im Menzül (Gastzimmer) des Scheichs von der Vergangenheit des Ortes und es interessirte die Leute in hohem Grade, dafs ihre Stadt die Residenz eines Königs gewesen sein sollte. Neugierig waren sie auf den Namen der zweiten Residenz. Ich nannte ihnen “Asterät, “Astra, B&t ‘astra und andere Variationen des Wortes, aber es wa- ren lauter unbekannte Laute. Endlich rief ich aus: Die Stadt liegt ganz nahe, beim Tell 'Estere. Es erhob sich ein seliges Gelächter; Alle kannten den unscheinlichen Hügel, wie sie die Höfe ihrer Häuser kannten, und versicherten mir, dafs dort nicht einmal ein grofses Dorf gestanden haben könne. Dennoch erklärte ich, am nächsten Morgen den Hügel besuchen zu wollen; da erhob sich aus der Mitte der zahl- reich versammelten Gemeindeältesten ein Mann und sagte: „Glaube mir, dafs wir es den Ruinen recht wohl ansehen, ob sie ehemals eine grofse Stadt gewesen, oder nicht, aber auf "Estere stand einst ein Klo- ster oder ein Wachthurm, — läkin ‘omrhä ma känet kursi melik — !) Diese Tradition war, insofern sie Karnaim auf dem Haurän-Gebirge suchte, gewils falsch; dieser Ort wird nur in den Bergen der Belk& gesucht werden kön- nen. Und dafs „Astarot bei Karnaim“ in 1. Mos. 14, 5 nichts mit dem basaniti- schen Astarot zu schaffen hat, sagt eben der Zusatz „bei Karnaim“, wodurch es von jenem unterschieden wird. Die samaritanische Version des Pentateuchs hat bekannt- lich an dieser Bibelstelle gar nicht “"Astaröt, sondern “Afinit. Anhang zu seinem Reiseberichte über Haurän und die Trachonen. 279 aber sein Lebelang war es keine Residenz eines Königs.“ Darauf hin ritt ich am nächsten Tage zur „Stadt der Thürme* (Umm el Mejä- din) in der Z&di-Niederung und nicht nach Tell "Estere. Hieronymus kennt sogar zwei Astarot genannte Kastelle zwi- schen Der‘ät und Abil; warum erklärt er sich nicht, welches von beiden die Stadt Og’s gewesen ist? Aber was konnte denn der Kirchenvater von dieser längst verschwundenen Stadt wissen? Oder verdient die Eilfertigkeit, womit er auf geringe Lautähnlichkeit hin so oft irrige geographische Bestimmungen gemacht hat, so viel Vertrauen, dafs wir seine Autorität über die der Bibel stellen dürften? Denn diese selber nöthigt uns, Bosrä für identisch mit Astarot zu halten. Der halbe Stamm Manasse erhielt bekanntlich das ganze Basan, von dem er jedoch nach 1. Chron. 7, 71 die zwei Städte Gölän und Astarot an die Leviten abtreten mulste. Dieser Bestimmung wird auch Josua 21, 27 gedacht, nur heilsen hier diese beiden Städte Gölän und Be- “ästera. Dafs die Worte 'Astaröt und Be’ästera eine und dieselbe Stadt bezeichnen, steht aufser allem Zweifel, denn die Leviten erhielten nur zwei Städte in Basan, nicht drei oder mehrere, es fragt sich nur, wie die Stadt anscheinlich zwei Namen haben konnte. Die nächstlie- gende Erklärung ist die, dafs der eigentliche arabische Name der Stadt (und im Haurän wird niemals eine andere als die arabische Sprache gesprochen worden sein) B£&t "astera (däme was) „Tempel der “Astera (Astarte)* war, der sich im Munde des Volks in Be’astera eontrahirt hat, ebenso wie neuerdings ein ausgezeichneter Archäolog (Prof. Dr. Tuch in Leipzig) das Wort Babel als aus B£&t bel „Tempel des Bel“ entstanden erklärt hat. In der syrischen Sprache war diese Verstümmelung des Wortes B&t bei Ortsnamen ganz ge- wöhnlich, und sie ist es noch jetzt in Syrien. Man verkürzt dadurch die Namen, um sie geläufiger zu machen. So heifst die Residenz der christlichen Emire vom Libanon B&t rummäna, aber man spricht und schreibt nur Berummäna. Einige Stunden östlich von Damas- kus liegt die Ortschaft B&t Sawä (Io was), deren Einwohner Be- sawi (sw) und Beswäni heilst. Die Bewohner der Ortschaften z Bet Säbir („uw was) und Böt Timä im Distriete Iklim el Bel- län (auf dem Hermon) heilsen Besäbire und Bejätime. So viel über die Form Be’ästera. Was nun den andern in der Bibel häu- figeren Namen "Astarot anlangt, so liefs man einmal das Wort B£t - gänzlich weg, ein Verfahren, zu dem sich in der Bibel häufige Ana- logien finden (wie Ba‘l Me’ön statt B&t Ba’l Me’ön, "‘Azmawet statt Böt ‘Azmawet, Rehöb statt B&t Rehöt u. s. w.), und gab 280 J. G. Wetzstein: dem übrigbleibenden 'Astera die Pluralform "Asterät, welche in der wahrscheinlichen Bedeutung „Statuen der “Astarte* sich mehr zur Be- zeichnung einer Oertlichkeit eignete als die Singularform, welche der Name der Göttin selbst war '). Von dieser rein arabischen Plural- form 'Asterät giebt uns die Bibel nur das nom. gentile "Asteräti „ein aus "Astarot Gebürtiger“ (1. Chron. 11, 44), während sie für die Stadt selbst nur die hebraisirte Pluralform “"Astaröt hat, eine Bildung, die nur im Idiome des cisjordanischen Palästina möglich, in Haurän da- gegen, wie im übrigen Arabien unbekannt gewesen sein wird. Dort wird die Stadt immer “Asterät oder Be’astera geheilsen haben. Dafs der letztgenannte wenigstens in der Folgezeit der gewöhnlichere Name der Stadt war, ist daraus ersichtlich, dafs man dieselbe, als sie sich unter Trajans Regierung aus den Ruinen neu erhob, Nova Bostra d.h. Neu-Be’astera nanıte. Jeder Kenner der semitischen Sprachen weils, dafs die Form Be’ästra (mnnDy2) gar nicht passen- der latinisirt werden konnte, als mit Bostra, worin der o-Laut das y wiederzugeben sucht. Ueber die Form Bosrä (15222), den heuti- gen Namen der Stadt, brauchen wir keine Rechenschaft zu geben, da sie factisch und unbestritten eine spätere Verstümmelung von Bostra ist. Das fremde Volk der Sabäer, welches jene Gegenden neu bevöl- kerte, hatte keine Traditionen von "Astaröt und der Astarte, und sie verwandelten das ihnen nichts bedeutende Bostra in das formell und etymologisch ihnen geläufigere Bosrä ?). So viel über die Identität von Astarot und Bosrä. Es ist kaum denkbar, dals die neue sabäische Niederlassung in Syrien dem Wiederaufbau von Bostra fern geblieben sein sollte, viel- mehr wird sie die eigentliche Veranlassung dazu gewesen sein und die Majorität der Bevölkerung der neuen Stadt geliefert haben. Es ist ge- schichtlich erwiesen, dals unter dem Kaiser Trajan keine römische Colonie nach Syrien gekommen ist und Bostra selber die seinige erst unter Alexander Severus erhalten hat; die eingeborene acker- bautreibende Bevölkerung in jenen Gegenden, dem Eldorado der Wan- derstämme, wird aber damals kaum so stark gewesen sein, dafs man I) Dieser Nachweis würde freilich vereinfacht werden, wenn wir das Wort “Astaröt für einen dialectischen (phönizischen) Singular nehmen dürften; aber das Vorkommen einer solchen Singularbildung im Phönizischen ist noch zweifelhaft, auch würde ihre Anwendung bei einer arabischen Stadt (statt “‘Astera) und in der hebräischen Bibel (statt “Astoret) ungemein auffallend sein. 2) Die christliche Kirche Syriens hat eine anscheinlich ältere Form des Namens aufbewahrt; auf dem Amtssiegel des Bischofs von Bosrä (in partibus) steht Me- -© tropolitan von Busrä zamı u), welches durch sein s (4) dem lateini- schen Bostra und älteren Be’ästra näher steht. u Se Anhang zu seinem Reiseberichte über Haurän und die Trachonen. 281 für sie auf einmal einige hundert Quadratmeilen neues Ackerland nöthig gehabt haben sollte, und doch scheint gerade das Bedürfnifs, einer grolsen ackerbautreibenden Colonisation Land und Schutz zu geben, die nächste und hauptsächlich malsgebende Veranlassung zum Aufbau Bostra’s gewesen zu sein. Als im Jahre 1851 die Räubereien der Be- duinen in G&dür unerträglich wurden, richteten die Damascener an den damaligen Militair- und Civil-Gouverneur Emin Pascha, einen übrigens ganz vortrefflichen Beamten, das Gesuch, er möchte ein Ba- taillon Linientruppen mit einer leichten Batterie in Bosrä stationiren, weil dadurch nicht nur die Sicherheit des Landes gewährleistet, son- dern auch der ganze Haurän für den Ackerbau gewonnen werden würde. Dieser Zusatz verdarb die Sache, denn sie wurden beschieden, dafs die Regierung bereit sei, Militair nach Bosrä zu schicken, nur möchten die Bittsteller erst die neue ackerbautreibende Bevölkerung herbeischaffen. In Winer’s bibl. Realwörterbuche finden wir unter dem Artikel „Bozra* eine Stelle des Damascius angezogen, die über das Verhältnifs der Selihiden zu dem neuen Bostra beachtenswerthe Andeutungen zu geben scheint; nach ihr habe man beim Aufbau dieser Stadt unter Trajan nur ein altes Wachtschlols (ze- Aaiov gpoovgıov) vorgefunden, in dem der Dionysos verehrt wurde; das Land selber habe unter arabischen Königen gestanden. Dafs der wichtigste Punkt Hauräns bis auf ein altes Wachtschlofs verschwunden war, beweist die völlige Verödung des Lan- des in jener Zeit, sowie der Dionysos-Dienst in Astarot die An- nahme rechtfertigt, dafs das Volk, welches die Astarte, die syrische Himmelskönigin (Aoroo&eyn) dort verehrt hatte, verschwunden war und einem neuen Volke mit fremden Göttern Platz gemacht hatte. Dieses neue Volk werden die Sabäer, jenes mit dem Dionysos identi- fieirte Idol wird das ihrige und die „arabischen Könige, unter denen damals das Land gestanden“, werden ihre Könige gewesen sein. Wollte man auch zugeben, dafs der Cultus des griechischen Dionysos viel- leicht schon zur Zeit der Seleuceiden in diesen entlegenen Winkel Sy- riens gedrungen sein könnte, so zwingen uns doch Geschichte und Nu- mismatik, diesen Dionysos nicht allein für ein rein arabisches, son- dern selbst für ein sabäisches Idol zu halten. Nach Hesychius und Stephanus Byzantinus war dieser Dionysos eine arabische Gottheit und sein eigentlicher Name Jovo«gy. Auch Andere sprechen von diesem Dusares und Tertullian erwähnt die Dusaria als Spiele zu Ehren des Dusares, mit dem Zusatze, dafs derselbe das Idol der Araber gewesen, wie die Astarte das der Syrer. Der einheimische Name dieser Gottheit war Dü S’arä (‚s-%,5) und die arabischen Schriftsteller erwähnen sie oft, sowie man in jedem 232 J. G. Wetzstein: Originallexikon der arabischen Sprache eine wenn auch meist kurze Notiz über sie findet '). Allenthalben, wo der Dü S’arä erwähnt wird, finden wir die für uns wichtige Angabe, dafs er der Götze der Dau- siden (686) gewesen, eines Stammzweigs der Azdiden, zu dem nach dem einstimmigen Zeugnisse der arabischen Historiker die Ge- sammtmasse des Volkes gehörte, welches das osttenuchidische Reich am Euphrat gründete ?). So kam sein Cult in die syrische Wüste, und er war wohl das vornehmste, wenn nicht einzige Idol der bei- den tenuchidischen Reiche, denn der Ausdruck, „er sei der Götze der Dausiden gewesen“, will wohl — ohne den Dü S’arä-Dienst bei an- dern sabäischen Stämmen und namentlich bei den Selihiden zu negi- ren — nur so viel sagen, dafs sich das Heilisthum desselben im frü- heren Stammgebiete der Dausiden befunden hat, oder dafs dieser Stamm das erbliche Vorrecht des Tempeldienstes und der Tempelwache be- sals, wie dasselbe ehrenvolle Vorrecht der Stamm Koreis beim Tempel in Mekka und der Stamm Levi beim Tempel in Jerusalem hatte. Aber selbst diese Erklärung würde unnöthig werden, wenn sich die Nachricht des Ibn Dureid °) bestätigen sollte, nach welcher die Se- lihiden selber eine Kabile (ein starker Stammzweig) der Dausi- den gewesen wären. In Haurän scheint sich die Verehrung dieses dem Dionysos ähn- lichen Dü S’arä allgemein verbreitet zu haben, wenn wir anders be- rechtigt sind (und ich glaube, dafs wir es sind), den architektonischen Schmuck der hauränischen Tempel, nämlich die Trauben- und Wein- laubgewinde, mit diesem Cultus in Verbindung zu bringen. Die Menge, ja Ausschliefslichkeit dieser Ornamente ist, wie schon in meinem Be- richte erwähnt, sehr auffallend und sie sind auch andern Hauränreisen- den keineswegs unbemerkt geblieben. Dazu kommt als wichtiges Mo- ment, dafs die in dem neuen Bostra geschlagenen Münzen grofsentheils die unverkennbaren Symbole des Dionysos- oder Dusareneultus an sich tragen, bald das Bild des Silenus mit dem Weinschlauche auf der Schulter, bald eine Traubenkelter innerhalb einer Mauerkrone, oder auf einer Tafel stehend, an die eine Leiter angelegt ist, sogar mit der Aufschrift Dusar, oder der häufigeren Legende: Metropolis Bostreno- rum Actia Dusaria '). 1) Vergl. Freytag, Lex. Arab. II, p. 417. ÖOsiander, über die vorislami- sche Religion der Araber, in der Zeitschrift der deutschen morgenländ. Gesellschaft Ba. 7, p. 463 fi. 2) Vergl. Fleischer’s Abulfedä anteislam. p. 120. 3) J. Jac. Reiske, Historia regnorum arabicorum, ed. F. Wüstenfeld, 1847, p. 258. *) Vergl. über die Bostra-Münzen Eckhel, Doctr. Numor. II, 500 fi. — Anhang zu seinem Reiseberichte über Haurän und die Trachonen. 283 Es ist, so viel mir bekannt, noch von Niemandem versucht wor- den, den bostrenser Dusaren-Cultus mit der sabäischen Einwanderung in Peräa in Verbindung zu bringen, wenn man dies aber nach obiger Darstellung thun mufs, so liegt auch die Annahme sehr nahe, die über- wiegende Bevölkerung des neuen Bostra für Sabäer zu halten. Die Thatsache, dafs wir seitdem in der neuen Stadt eine römische Be- satzung finden, von der dieselbe in der Geographie des Ptolemäus Bostra Legio genannt wird, würde nur beweisen, dals diese Garni- son zur Behauptung der römischen Oberhoheit unter einem Volke nöthig war, welches in diesem entfernten Theile des Reichs dann und wann Unabhängigkeitsgelüste haben mochte. In der Folgezeit waren die Römer sogar genöthigt, in zehn transjordanische Festungen starke Besatzungen zu legen, um das freiheitsliebende Volk in Zaum zu halten '). Den Selihiden, unter welchen die neue Cultur in Peräa begon- nen hatte, war es nicht vergönnt, diese zu vollenden; nach einem viel- leicht noch nicht 140 Jahre langen Besitze des Landes traten sie vom Schauplatze der Geschichte wieder ab und machten einem andern Volke Platz. Es waren dies die Gefniden (Ks IN» ein Zweig des be- reits genannten sabäischen Volkes der Azdiden. Sie hatten laut Angabe der arabischen Historiker nach dem Durchbruche der Dämme von ‘Arim ihre Heimath Jemen verlassen und sich durch den Hi- gäz nach Syrien gewendet. Die zerstreuten Nachrichten über diese Wanderung sind noch nicht gehörig gesammelt und geordnet, doch läfst sich mit genügender Sicherheit angeben, dafs ein Theil der Aus- wanderer bei den Städten Mekka und Ietrib (Medina) zurückblieb, ein anderer sich in Peträa festsetzte, und der Rest nach Syrien zog, wo er sich am Wasser Gassän lagerte, von dem das Volk den Na- men der Gassäniden erhielt, den es in den Geschichtswerken ge- wöhnlich führt. Ich war eine Zeitlang der Ansicht, jenes „Wasser“ („md sh) bezeichne einen Wädi oder Cisternen bei der Ortschaft Gassän, welche zwei Stunden nördlich von Bosrä liegt und die Gefniden hätten bei ihrer Einwanderung in Syrien, die mir gegen Ende des ersten oder Anfang des zweiten Jahrhunderts nach Christus stattgefunden zu haben schien, daselbst ihr Lager aufgeschlagen und das benachbarte Be’ästra aufgebaut, das sie dann ihrem neuen römischen Oberherrn — bei dem Ein kostbarer archäologischer Apparat über Bostra findet sich in Carl Ritter’s Palästina und Syrien lI, 968 ff. ") Vergl. Notitia Dignitat. Or. ed. Böcking, Bonn 1839. Cap. XXX. 284 J. G. Wetzstein: sie wohl auch um die Erlaubnifs zum Aufbau der Stadt eingekommen sein, und bei dessen Beamten in Syrien sie vielleicht selbst Unter- stützung beim Baue gefunden haben mochten — zu Ehren Nova Tra- jana Bostra benannt hätten. Die Bostrenser Zeitrechnung, wel- che sich von da ab in den hauränischen Inschriften findet, wäre dann ebensowohl die aera ab urbe condita, als die neue Reichsära der Gef- niden gewesen, denn Bostra war bis zum Untergange des Gassaniden- reichs im Jahre 635 nach Christus die Hauptstadt desselben, und mei- stens auch wohl die Residenz seiner Könige. Nun gestatten zwar die ziemlich confusen Annalen die Annahme einer so frühen, ja noch frü- heren Einwanderung der Gefniden, aber ich habe mich schliefslich doch dafür entscheiden müssen, dieselbe in das zweite Viertel des zweiten Jahrhunderts zu versetzen, wonach der Wiederaufbau von Beästra um das Jahr 106 nach Christus nicht unter diesem Volke, sondern nur unter den Selihiden stattgefunden haben kann. Auch habe ich unter den übrigens durchweg vagen Nachrichten über die Lage jenes „Gas- sän“ keine gefunden, welche seine Identifieirung mit dem hauränischen Gassän begünstigte. Das geographische Lexicon des Jäküt bringt vier Angaben, von denen er die allgemeinste absichtlich voranstellt. Es ist ein Wasser, sagt er, an dem sich die Beni Mäzin ibn el Azd (d. h. die Gefniden) lagerten und von dem sie den Namen der Gassaniden erhielten. Nach Andern liegt es auf dem edomitischen Ge- birge, dem Gebel S’rerä (N), und von hier aus hätten die Gef- niden mit Selihiden und Römern (Rüm) wegen Aufnahme in Syrien Unterhandlungen angeknüpft. Gegen die Verpflichtung Tribut zu zah- len, sei ihnen die Aufnahme gewährt worden, worauf sie unter Anfüh- rung des Talabe in die syrische Steppe (bädiet es S’äm) d.h. in die Belkä gezogen seien. Als die Veranlassung zum Kriege, der bald darauf zwischen Se- lihiden und Gassaniden ausbrach, nennen die Historiker die Rücksichts- losigkeit, womit der Selihide Sebit, ein Enkel des obenerwähnten Dag'am, beim Eintreiben des Tributs gegen die Gassaniden verfuhr. Durch seine Drohung, die Familie des Talabe bis zur Bezahlung des fälligen Tributs als Pfand zu nehmen, fühlte sich Gida‘, der Bruder des Talabe, so beleidigt, dafs er ihn auf der Stelle tödtete. Der Krieg, zu dem diese That wohl nur die formelle Ursache gewesen, endigte nach mehrjähriger Dauer damit, dafs die beiden Völker ihre Rollen tauschten. Die Selihiden unterlagen, ihre Machthaber wurden getödtet und das Volk dergestalt unterworfen, dafs sein Name ver- schwand und der der Sieger an seine Stelle trat. Wir können uns für den Zweck dieser Schrift die unfruchtbare Anhang zu seinem Reiseberichte über Haurän und die Trachonen. 285 Untersuchung ersparen, ob die Gassaniden ein Vierteljahrhundert - früher oder später an die Stelle der Selihiden getreten sind, da es uns nicht darauf ankommt, zu zeigen, dals gewisse hauränische Bauten von dem einen und andere von dem andern Volke herrühren, sondern nur, dafs die Masse derselben sabäischen Ursprungs ist; dieses aber sind sie, sie mögen von den Selihiden oder Gassaniden herrühren, da beide gewissermalsen ein und dasselbe Volk waren. Auch wird sich aufser da, wo Annalen oder Inseriptionen bestimmte Anhaltepunkte bieten, schwer ermitteln lassen, was von diesen Bauten den Selihiden oder -ihren Nachfolgern angehört, zumal jene von diesen nicht ausgerottet, sondern nach dem Zeugnisse der Historiker nur unterworfen worden sind. Dennoch läfst sich mit ziemlicher Sicherheit annehmen, dafs der bei Weitem gröfsere Theil dieser Bauten von den Gassaniden stammen müsse, weil diese die lange Zeit von fünfhundert Jahren jene Län- der als das herrschende Volk besessen haben. Und in der That ha- ben uns die arabischen Geschichtschreiber die Namen einer ungewöhn- lichen Menge von Gassanidenbauten im Osten des Jordan aufbewahrt. Mehrere derselben wurden auf meiner Reise wiedergefunden, andere von früheren Reisenden besucht, wieder andere werden von den ara- bischen Geographen erwähnt und bei ihrer soliden Bauart werden sie noch sämmtlich vorhanden sein. Diese Denkmäler, unumstöfsliche Ar- gumente einer grofsartigen transjordanischen Cultur unter den Gassa- niden, wollen -wir im Folgenden einer näheren Besprechung unter- ziehen. Während meiner ganzen Reise war es mir beim Anblicke dieser Bauten nicht in den Sinn gekommen, ihren Ursprung auf die Gassa- niden zurückzuführen. Es ging mir wie andern Haurän-Reisenden, die gewils auch recht wohl wulsten, dafs jenes Volk nirgends anders als in diesen Gegenden gehaust haben konnte. Aber es gab Gründe, die den Blick trübten. Das Vorurtheil des Einen sah hier die Wohnungen der Refaim, die Spuren des Römerthums in Bosrä und an anderen Orten verleiteten den Andern, überall im Lande Römerbauten zu sehen, während wiederum die zahllosen griechischen Inschriften mit den Zei- chen des Christenthums aus dem 4ten und öten Jahrhunderte die An- sicht begünstigten, das Ganze für Monumente einer byzantinischen Cultur zu halten. Dazu kommt, dafs die Geschichte der Gassaniden wenig beachtet, fast gering geschätzt worden war. Die Nachrichten sind dürftig, die Könige waren nicht einmal souverain und als „Statt- halter der Cäsaren (Ummäl el Kejäsire) über die Araberstämme“ konn- ten sie selber als halbe Beduinen gelten. Daher nehme ich keinen Anstand, zu gestehen, auf welche Weise ich über die Urheber jener Bauten zur Erkenntnifs gekommen bin. Auf dem Wege von Kartä 286 J. G. Wetzsteinr nach No’&me in der Nukra stiefsen wir auf einen umfänglichen, schlofsartigen Bau, den man uns Sedä (sI\,o) nannte. Der Name fiel mir auf; ich hatte irgendwo von einem hauränischen Sedä gele- sen und folgendes Hemistich eines Verses, worin es erwähnt wird, war mir noch erinnerlich: wa kasrun bi Sedä’a, allati “inda Härib und ein Schlofs in Sedä, welches bei Härib liegt Ich fragte meinen in der poetischen und historischen Literatur sei- nes Volkes sehr belesenen Gefährten Muhammed Effendi, ob er den Vers kenne? Er verneinte es, fügte aber hinzu, dafs ihm das im Verse erwähnte Härib bekannt sei; es liege westlich von Mez£rib. Indem wir die Ruine nach einer Inschrift durchsuchten, die wir nicht fanden, da das Portal, der gewöhnliche Platz der Inschriften, zu einem wüsten Haufen Quadersteine zusammengestürzt war, interessirte mich die im Wesentlichen völlige Gleichheit dieses Baues mit allen übrigen hauränischen Bauten besonders darum, weil ich mir gestehen mulfste, dafs eine Auskunft über den Ursprung dieses Schlosses zugleich eine Auskunft über den der übrigen hauränischen Baudenkmäler sein würde, und gerade diese Auskunft glaubte ich da, wo ich jenen Vers gelesen, zu finden. Diese Combination schien auch meinen beiden intelligen- teren Begleitern, Muhammed Effendi und Derwisch Regeb so richtig, dafs wir später bei allen Orten, die wir in der Nukra, im Legä und im Osten desselben berührten, fast unwillkürlich den Mafs- stab von Sedä anlegten und allenthalben wiederzufinden glaubten. Um so mehr verlangte es mich zu wissen, wo ich den Vers gelesen. In Damaskus legte ich ihn mehreren meiner gelehrten Freunde, aber ohne Erfolg vor und die Sache blieb unerledigt. Erst vor Kurzem fand ich den Vers zufällig wieder. Ich war beschäftigt, zur Herstellung der Karte meiner Reiseroute die Winkelmessungen aus meinem Tagebuche auszuziehen, als mir eine bei der südhauränischen Ortschaft Käris, wo ich einige Punkte des Hochplateau’s der G&nät gemessen hatte, eingetragene Notiz auffiel. Zu einem dieser Punkte nämlich, dem im- posanten Schlosse Gefne, hatte mein dortiger Führer Hamed, Sohn des Scheichs in Kre&je, bemerkt, dafs es ein denkwürdiger Bau sei, weil es die Residenz des Königs Gefne gewesen, der nach der Tra- dition sechs hauränische Städte gebaut habe. Eine ähnliche Bemerkung habe ich am Tell el Löz eingetragen, wo ich in den Zelten der Sir- hän-Beduinen abgestiegen war. Da nun bekanntlich einige Gassani- denkönige Gefne hiefsen, ja der ganzen Dynastie selbst dieser Name beigelegt wird, so veranlafsten mich diese Bemerkungen, in den An- nalen des Hamze el Isfahäni die Geschichte der Gassaniden nach- zuschlagen, und hier fand ich den gesuchten Vers wieder. Ich hatte Anhang zu seinem Reiseberichte über Haurän und die Trachonen. 287 im Jahre 1844, wo Herr Dr. Gottwaldt in Petersburg (jetzt Pro- fessor in Kasan) die Annalen des Hamze in Leipzig drucken liefs, die Correetur übernommen, und aus jener Zeit war mir die Stelle, wahr- scheinlich wegen der auffälligen Uebereinstimmung des Wortes Sedä mit der gleichnamigen Küstenstadt (dem alten Sidon), erinnerlich ge- blieben. Hamze bringt das Hemistich unter dem Könige No’ män III., wo er erwähnt, dals ‘Amr, der Vater desselben, die Königswürde ab- gelehnt und es vorgezogen habe, der Armee und dem Kriege zu leben. Es gehört zu einem gröfseren Gedichte des gefeierten Sängers Nä- biga, worin dieser Panegyriker der Gassanidenkönige jenen '‘Amr be- singt. Der Geograph Jäküt bringt unter dem Artikel Härib drei Distichen dieses Gedichts, nach denen es scheint, dafs '‘Amr in Söda begraben worden '). In denselben Versen werden aufser Seda und Härib noch zwei andere Schlösser der Gassanidenkönige genannt, näm- lich Gillik und el Muhärib. Gillik wurde nach Hamze vom Kö- nige Gefne I. erbaut, der auch daselbst begraben zu sein scheint. Ich habe auf dieser Reise nicht von dem Orte gehört, wohl nur, weil ich nicht darnach gefragt habe. Er scheint im südlichen Haurän zu liegen und ein grolsartiger Bau gewesen zu sein, der noch unter den Umawiden- (Omajaden-) Chalifen existirt haben wird, denn nach Jäküt haben diese nach ihrer Vertreibung aus Damaskus in ihrer neuen Heimath Spanien eine Stadt nach diesem Orte benannt, wie sie auf gleiche Weise der Stadt Sevilla den Namen der syrischen Stadt Homs und zwei anderen Städten die Namen Tedmor (Pal- "myra) und Rusäfe gegeben haben. Die beiden anderen Schlösser Muhärib und Härib wurden nach Hamze vom Könige Gebele I. erbaut. Das erstere wird wohl derselbe Ort, welcher sonst Dät el Muhärib heifst, und die Grabstätte des Königs Härit III. gewesen sein. Das Schlofs Härib dagegen, welches, wie bereits bemerkt, in Gölän, oder (nach Jäküt) genauer nahe bei Merg es Suffar ”» (‚Aue ) und innerhalb des (ehemaligen) Gebiets der Kuda'iden, also an den nordwestlichen Grenzen von Batanäa liegt, ist vielleicht ’) Statt „ein Schlofs (kasr) in Sedä“ liest Jäküt nach dem Zusammenhange richtiger „ein Grab (kabr) in Sedä*. Auch ist Sedä nicht ein Dorf, in welchem ein Schlofs stehen könnte, sondern es ist das einsam stehende Schlofs selber. Da wir noch öfter Gelegenheit haben werden, den Text der erwähnten Ausgabe des Hamze zu berichtigen, so muls hier bemerkt werden, dafs diese Fehler nicht auf Rechnung des Herausgebers kommen, der eine Menge scharfsinniger und glücklicher Conjeceturen zur Verbesserung des Textes gemacht hat, aber bei der Verderbtheit der wenigen Co- dices, die der Ausgabe zu Grunde lagen, keinen correcteren Text herstellen konnte. Dafs sich übrigens Herr Gottwaldt durch die Ausgabe dieser ältesten und kost- baren Geschichtsquelle ein Verdienst erworben hat, ist bereits vielfach anerkannt worden. 258 J.. G. Wetzstein: derselbe Palast, von dessen Gröfse und herrlicher Aussicht über den See Genezaret und Galiläa man selbst in Damaskus noch spricht. Es war die beständige Residenz seines Erbauers Gebele II., wurde von No’män III. umgebaut und scheint auch der Lieblingsaufenthalt des Königs No'män VI. gewesen zu sein, denn Näbiga ') sagt in sei- ner Elegie auf den Tod des Letzteren: Härib in Gölän weint über seines Herrn Verlust, Und Haurän ist von Schmerz gebeugt und abgehärmt. Gölän scheint überhaupt derjenige Theil ihres Landes gewesen zu sein, wo sich die Gassanidenkönige am liebsten aufhielten, denn auch REN V. lebte nach Hamze beständig dort und zwar in Gä- bie Rule =), einer Stadt, die zwischen Nawä und Tesil in der Nähe des Tell el Gumü' (& PR JS) an der Strafse von Damaskus nach Kanttra liegt. Burckhandi reiste an Gäbi@ vorüber (Reisen in Syrien und Palästina, übers. von Gesenius, p. 443), ohne es zu be- suchen. Jäküt sagt, der Ort liege in der Nähe von Merg es Suf- far ?2) und des nördlichen Hauräns gegen Gölän zu. Schaue man von Sanam&n gegen Süden, so sähe man Gäbi£&, desgleichen sei es von Nawä aus sichtbar. Dann spricht er von den merkwürdigen Ei- genschaften einer nur eine Spanne langen Schlangenart, die sich auf dem nahe dabei gelegenen Tell el Gäbi& finden soll, worauf er der im siebenzehnten Jahre der Higra stattgefundenen historisch denkwür- !) Ist der Name mehrerer Dichter am Hofe der Gassaniden und in Hira ; der bekann- teste ist Näbiga Dubjäni (UA Kb), einer der gröfsten arabischen Dichter vor Muhammed; er lebte hochgeehrt am Hofe der Tenuchiden-Könige in Hira, bis ihn eine Intrigue seiner Feinde um die Gunst des Fürsten (damals No’män ‘abü Magrür) brachte, Man verbreitete unter seinem Namen eine Satyre auf die bürger- liche Abstammung des Königs mütterlicherseits. Seine Mutter Selma war nämlich eine Goldschmiedtochter aus der jüdischen Stadt Fadak. Näbiga floh nach Sy- rien zum Gassaniden-Könige Gebele VI., der ihn ehrenvoll aufnahm. Hier dichtete er einen Cyclus von Gesängen zum Lobe der Gassaniden - Könige. 2) Alfred v. Kremer’s „Damaskus und Mittelsyrien“ (Wien 1853), ein Buch, dessen erstes Drittel sehr schätzbare Auszüge aus arabischen Historikern über die ältere Geschichte von Damaskus enthält, identificirt auf pag. 6 Merg es Suffar irrthümlich mit Merg Rähit. Letzteres ist gleichbedeutend mit el Merg, einem Landstriche östlich vom Damascener Gartenreviere, welcher bekanntlich zwischen el Higäne und “Adrä liegt. Dagegen ist Merg es Suffar eine Gegend in Gölän, die an den nordwestlichen Haurän angränzt. Hiernach ist auch die Stelle p. 17 zu streichen, wo Hr. v. K. sagt: „Ich weifs nicht, nach welcher Quelle Weil in seiner Geschichte der Chalifen angiebt, die Ebene Merg es Suffar liege süd- westlich von Damaskus; nach meinen Beobachtungen an Ort und Stelle ist die öst- lich von Damaskus gelegene Ebene allein zum Schlachtfelde für ein so bedeutendes Heer geeignet, wie das des Abü “Obeida war u.s. w“ Weil’s Quellen sind die richtigeren gewesen. Abü ‘Obeida, welcher nach der Schlacht am Jermük neue Ver- haltungsbefehle einholte, lagerte sich bis zu deren Eintreffen in dem an den Jermük angrenzenden Gölän, weil er daselbst für seine Pferde und Kameele die nöthige Weide fand. Rt Anhang zu seinem Reiseberichte über Haurän und die Trachonen. 289 digen Reise des Chalifen ‘Omar von Medina nach Gäbi& und der berühmten Predigt gedenkt, die der Chalife in dieser Stadt zu halten veranlafst wurde (wahrscheinlich um die in der dortigen Gegend mäch- tigen Gassaniden für die neue Ordnung der Dinge zu gewinnen). End- ‘ lieh erwähnt er noch den sonderbaren Ausspruch des Propheten, „dafs die Seelen der Gläubigen zu Gäbi& in Syrien und die der Ungläubi- gen im Brunnen des Thales Burhüt in Hadramaut ihren Aufenthalt haben würden.“ Dann folgen mehrere längere Dichterstellen zum Lobe von Gäbi@. Die Umgebung der Stadt scheint sehr fruchtbar und ihre Lage eine überaus freundliche zu sein. Früher hatte Damaskus zwei Thore, die nach dieser Stadt benannt waren, ein grölseres und ein kleineres Thor von Gäbie; gegenwärtig trägt nur noch eines diesen Namen. Jetzt ist Gäbi@ wie die meisten Ortschaften Göläns verödet und unbewohnt. Neben der Anmuth des wasserreichen Landes wird es für den häufigen Aufenthalt der Gassaniden-Könige in Gölän noch andere Gründe gegeben haben. Bei dem Ueberflusse, den diese Ge- gend Sommer und Winter an grüner Weide hat, wird, wie zu allen Zeiten, so auch damals eine grolsartige Pferde-, Rinder- und Kleinvieh- zucht dort getrieben worden sein, an der die Landesfürsten ohne Zweifel direct betheiligt waren. Um sich die Steppe tributär zu erhalten, muls- ten sie immer eine zahlreiche und vorzügliche Reiterei besitzen, wäh- rend der starke Feldbau des eigenen Volkes für reichlichen Zuwachs an Zugochsen Sorge tragen lies. Der gröfste Theil Hauräns nämlich kann keine Viehzucht haben, weil es daselbst nur höchstens fünf Mo- nate lang grüne Weide giebt und das Vieh .den übrigen Theil des _ Jahres auf eine kostspielige oft unerschwingliche Stallfütterung ange- - wiesen ist. Ich bemerke dies ausdrücklich, damit man die „Stiere und Widder Basans“, die hin und wieder in der Bibel erwähnt werden, _ nicht etwa im Mittelpunkte, nämlich in der Nukra, sondern nur in - der nördlichsten Provinz des alten Basan, im Lande Gölän suche. Auch heutzutage wird nicht nur Gödür und Haurän, sondern auch die Umgegend von Damaskus, und der grölste Theil des südlichen “ Antilibanons und Palästina’s aus Gölän mit Zugstieren ver- sorgt. Man leistet einem der dortigen Stämme eine Vorauszahlung von einhundert Piastern (oder sechs Thalern preufs. Cour.) und erhält da- für im dritten Jahre einen ausgewachsenen Zugstier. Ein anderer Grund, der den Aufenthalt jener Fürsten in Gölän wünschenswerth _ machte, mochte die Ueberwachung der Wanderstämme gewesen sein, die wie gegenwärtig auch in jener Zeit ihre Kameele für die Sommer- ıonate nach Gölän geführt haben werden. Der Zusammenflufs zahl- _ loser Heerden und die Erhebung der Hutgebühren mochten nicht selten zu Streitigkeiten und Unordnungen Anlafs geben, welche die Anwe- E Zeitschr. t. allg. Erdk. Neue Folge. Bd. VII. 19 290 J. G. Wetzstein: senheit oder Nähe des Landesfürsten leichter verhindern oder schlichten konnte. Es läfst sich aus Hamze’s Annalen noch deutlich erkennen, wo die gassanidische Cultur begonnen und wie sich allmählich ihr Feld erweitert hat. Die ersten Bauten finden wir im südlichen Haurän und in der Belkä; von da aus verbreiteten sie sich über die Nukra und Gölän, später begegnen wir ihnen am todten Meere einerseits und im Osten Hauräns andererseits, und zuletzt sogar östlich von der Ruhbe und im Palmyrenischen. Diese Verbreitung der Bauwerke von dem Punkte der ersten Ansiedelung der Gassaniden aus ging natürlich Hand in Hand mit der Ausbreitung des Volks und zunehmenden Erweiterung der Herrschaft seiner Könige im östlichen Syrien. Der erste König (Gefne I.) baute nach Hamze aufser dem ge- nannten Gillik noch die südhauränische Stadt Kr£eje (SE und eine Anzahl Cisternen. Zu den letzteren gehören wohl die von Kreje selber; man findet ihre Beschreibung in C. Ritter’s Paläst. u. Syr. II, 962. Nur die schöne Cisterne (Atury) mit der achtzehnsäuligen Colonnade ist späteren Ursprungs; sie wurde laut Inschrift um 210 n. Chr. erbaut, während die Stadt selbst um 140 schon beendigt oder wenigstens in Angriff genommen war, denn eine Inschrift im Innern der Kaisarije trägt die Jahrzahl 34 (ETOYE AA) der Bostrenser Aera. Setzen wir den Regierungsantritt Gefne’s I. und den Anfang der Dy- nastie in die Zeit um 135 n. Chr., so kann dieser Ort wohl die erste von den Gassaniden erbaute Stadt gewesen sein und diesem Umstande ihre Benennung el Kreje, was im Altarabischen „die Stadt“ bedeutet, zu verdanken haben. Die Ruinen sind bedeutend, doch wohl nicht von gleichem Umfange mit denen von Bosrä, wie Buckingham an- nimmt. Der zweite König (Amr I.) baute nach Hamze und Abü ’l Fedä (hist. anteisl. ed. Fleischer p. 128) eine Anzahl Klöster, zu denen Der Ejüb, Der Häli und Der Hind gehörten. Das erste ist das Hiobs- kloster, es liegt nahe am nördlichen Ufer des S’eri’at el Menä- dire (Jermük), nordöstlich von Abil; hier soll Hiob gelebt und ge- litten haben und auch begraben sein; auf einer dort befindlichen Stein- platte soll er während seiner Krankheit gelegen und aus einer daneben fliefsenden Quelle getrunken haben. Die Lage der beiden andern Klö- ster ist noch unbestimmt. Statt D Häli (&L>) ist vielleicht D. el Chall (8) zu lesen, welches Rn weit von D. Ejüb liegen kann, da beide zusammen in der Schlacht am Jermük dem griechisch - gas- sanidischen Heere als Stützpunkte dienten. Die Lesart D. Chälid ist verwerflich, denn dieses Kloster lag ganz nahe bei Damaskus (4 Stunde Anhang zu seinem Reiseberichte über Haurän und die Trachonen. 291 vor dem Paradieses-Thore). Ebenso hat man bei D. Hind nicht an das gleichnamige im damascener Bezirk B&t el äbär, sondern an ein im Haurän gelegenes zu denken. Es mochten mehrere Klöster den beliebten Frauennamen Hind tragen, wie die Stadt Hira allein zwei Klöster dieses Namens besals. Der Bau dieser Klöster beweist, dafs “Amr I. Christ war; ob dies auch sein Vorgänger, oder schon die letz- ten Könige der Selihiden gewesen, von denen behauptet wird, dafs sie den Gassaniden nur unter der Bedingung, das Christenthum anzu- nehmen, die Aufnahme in Syrien gewährt hätten, mufs dahin gestellt - bleiben. Unmöglich wäre es nicht; nur der Jordan trennte das Ge- _ biet dieser Völker von Galiläa, der engeren Heimath Christi und dem Felde seiner unmittelbarsten Thätigkeit, wo sich gewils zuerst die Be- völkerung in Masse zu seiner Lehre bekannt hatte. Von hier aus ver- breitete sich das Christenthum um so schneller unter diesen Stämmen, als es dieselben nicht unvorbereitet traf. Der beispiellose Kampf der Juden mit den Römern und der Sturz von Jerusalem wird unter den arabischen Stämmen bis in die äufsersten Winkel Jemens hinab einen - erschütternden Wiederhall gefunden und alle Blicke jenem Volke und - seiner Religion, die als die letzte Ursache des Kampfes anzusehen war, zugewendet haben. Die Flüchtlinge zerstreuten sich darauf über ganz Arabien, und mit ihnen zugleich die Sendboten der neuen Religion, deren Glaube sich am Tempelbrande zur Begeisterung des Märtyrer- _ thums entflammt hatte. Die Gassaniden werden als Nation wohl der _ erstgeborene Sohn der Kirche gewesen sein. Dabei darf es nicht auf- fallen, dafs wir noch fortwährend auf den Bostra-Münzen den Namen _ des sabäischen Dusar finden. Das Münzrecht wird, als Prärogative der Cäsaren, immer unter der Aufsicht der römischen Präfecten in Bostra gehandhabt worden sein, und da der Dusar einmal in das rö- mische Pantheon aufgenommen war, so konnte sein Cultus nur mit der Staatsreligion selber fallen. Doch fehlt der Name auf zwei Bostra- Münzen, die ich auf meiner Reise erworben habe. Die eine trägt Na- men und Bildnifs des Kaisers Alexander Severus, die andere der Julia Mammaea, die beide bekanntlich dem Christenthume wohl- _ wollten '). !) Von der Julia Mammaea, einer Schülerin des Kirchenhistorikers Ori- genes in Palästina, vermuthete man, dafs sie selbst heimlich Christin gewesen. Kaum bezweifeln dürfen wir dieselbe Angabe der lateinischen Schriftsteller bei dem Kaiser Philippus Arabs. Wenn das Christenthum um das Jahr 180 schon so gemein unter den Gassaniden war, dafs die Geschichtschreiber von “‘Amr I. nichts als den Bau von Klöstern zu berichten haben, sollte dann der im Jahre 244 zur vürde gelangte, aus "Ormän, einer vier Stunden östlich von Kr&je liegenden gebürtige, und sicher von gassanidischen oder kudäidischen Eltern abstammende ilippus nicht Christ gewesen sein? Wahrscheinlich war er in der Religion, die ‚auf dem Throne verläugnen mufste, schon geboren. 23" 292 J. G. Wetzstein: Der dritte König (Ta’labe) erbaute ‘Akka und Sarh am Ga- dir. Die Ortschaft "Akka ist unbekannt. Sarh (vielleicht „die Veste“) am Gadir liegt in der Belkä am „Vogelteiche* (Gadir et T£r), in welchen, wie in meinem Berichte erwähnt, der grofse südhauränische Wädi el Butm ausmündet. Er wird hier, wie noch jetzt im süd- lichen Haurän wegen seiner Größse der Gadir »«7’ &£oyrv genannt, und die Gassaniden scheinen dort mehrere Bauten errichtet zu haben, wohl in der Absicht, die Belkä gegen Einfälle von Osten her zu decken und die Wüstenstämme vom Mitgebrauche des grofsen Wasserbeckens auszuschliefsen. Wenn es vom Könige Härit II. heilst, er habe sei- nen beständigen Aufenthalt in der Belkä gehabt, so ist wahrscheinlich jenes Sarh seine Residenz gewesen. Mundir U., sagt Hamze, habe aufser Charabä (152), einer zwei Stunden nördlich von Bosrä ge- legenen, vor fünf Jahren durch Herrn Rich. Wood, engl. Consul in Damaskus, colonisirten Ortschaft, noch Zerkä (3; ) in der Nähe des Gadir erbaut. Aber dieses Schlofs liegt an den Quellen des Zerkä- Flusses (des biblischen Jabok), zu weit vom Gadir abgelegen, als dafs es durch die Worte „in der Nähe desselben“ eine genauere Be- stimmung erhielte. Vielleicht ist das Wort Zerkä aus dem Namen eines dem Gadir näheren Ortes verdorben. Von ‘'Amr IJI. heifst es, er habe seinen Aufenthalt in Sadir (,.Ams) genommen. Dieses Schlofs lag in der Nähe der Stadt Küfa und hat mit der Geschichte der Gassaniden nichts zu schaffen. Da es aber von Hamze oft in der Geschichte der Hirenser Könige erwähnt wird, so war es den Co- pisten geläufig und verdrängte an unserer Stelle das allein richtige Gadir („a8)). Sonach residirte 'Amr II. am Gadir et Tör. Noch kein europäischer Reisender hat diese bisher unbekannte Oertlichkeit gesehen. Vom Könige Härit I. erwähnt Hamze, dafs er nichts gebaut habe. Auch diese Bemerkung ist nicht unwichtig, da sie den Schlufs gestattet, dafs die andern Könige baulustig gewesen seien. Sein Nach- folger Gebele I. besafs diese Eigenschaft in hohem Grade, denn unter seiner Regierung, sagt Hamze, wurden die Kanätir, Edruh und el Kastal gebaut. Die Kanätir sind das Riesenwerk, welches noch heutigentags unter dem Namen des pharaonischen Aquaducts (Ka- nätir Fir’ön) die Bewunderung der Reisenden ist, wenn man sich auch zeither, so viel mir bekannt, über seinen Ursprung keine Rechenschaft geben konnte. Diese Wasserleitung beginnt in dem grofsen quellen- und schilfreichen, el Gäb genannten Sumpf bei Dilli am westlichen Lohf des Lega‘, geht, nach meinen wiederholten Erkundigungen, zwi- schen den Dörfern Dilli und Teräja nach Guw&me, Räfe, Dn&be ru. Anhang zu seinem Reiseberichte über Haurän und die Trachonen. 293 (EN) und Karfe, zieht sich westlich an Nämir vorüber, durch- schneidet die Fluren von Kut&be und Chirbet el Gazäle, nähert sich dem Tempel von “Arär bis auf 5 Minuten Distanz und geht süd- lich von Der’ät in die Zumle, in welcher sie mehrere Orte (z.B. et Tuw&le) berührt. Westlich von diesem Gebirgszuge geht sie quer durch die Landschaft Su&t und endet bei den Ruinen der Stadt Mu- kes '). Auf dieser über 20 Stunden langen Strecke wurden die Ver- tiefungen des Terrains durch Ueberbrückungen ausgeglichen; so stiefsen wir auf unserem Wege von Dä’il nach Chirbet el Gazäle auf eine solche Ueberbrückung, von der noch sieben, und weiterhin auf eine andere, wo noch zehn Bogen standen. Desgleichen mufsten alle west- hauränischen Wädi’s überbrückt werden. Zwischen “"Arär und Hubbe lief der Aquaduet über eine lange, prächtig eonservirte und meisterhaft gearbeitete Flufsbrücke; 40 Minuten westlich von Der ät schwang er sich auf einem einzigen (jetzt eingestürzten) kühnen Bogen über den Zedi, der hier in einem vielleicht 40 Ellen tiefen Felsenbette fliefst. Westlich von der Zumle wird der wahrscheinlich vom Hochgebirge "Aglüns kommende und in den Jermük mündende Wädi der Ka- tarakte (es S’elläle) nach der Beschreibung meiner Berichterstatter durch „kanätir fök kanätir* (übereinanderstehende Bogen) überbrückt. Wie vielen Ortschaften mufste nicht diese schöne Schöpfung dadurch die Existenz sichern, dafs sie ihnen während der sieben wasserlosen Sommermonate das nöthige Trinkwasser für Menschen und Vieh zu- führte! Auch die Stadt Der’ät, welche jetzt nur an Ziehbrunnen ge- wiesen ist, erhielt auf eine für jene Zeit kunstreiche Weise ihr Trink- wasser aus dieser Wasserleitung. Da das Bett des Z&di, welcher die Stadt von den Kanätir trennt, dort aufserordentlich breit und tief ist, so wurde das Wasser auf Bogen in einen am oberen Abhange des Wädiufers stehenden, „Pharaosthurm“* (ma’denet Fir‘ön) genannten Bau geleitet, von wo es in Röhren unter der Erde auf das Niveau der Brücke herabfiel, die dort, nach der Messung eines meiner Gefährten, 300 Schritte lang über den Wädi führt. Innerhalb der 14 Meter dicken Brustwehr dieser Brücke liefen nun die gebrannten, ungemein harten Thonröhren (arabisch kasätil, mit 14 Meter Länge und -2°; Meter Ka- !) Dieselbe Stadt, welche man nach Burckhardt gewöhnlich Umm Keis o_)> nennt und für das biblische Gadara hält. Der richtige Name ist Umadı Muk®&s, was im Lande selbst, wie auch Seetzen immer schreibt, Mk&s gesprochen wird, _ und wohl aus Bet Muk&s oder Umm el Muk&s, was „Zollstätte* bedeutet, ab- gekürzt sein mag. Da der Ort am Jordan, der Grenze des Gassanidenreiches, und noch dazu nahe bei der grolsen Brücke (Gisr el megämi‘) lag, so mochte da- selbst eine wichtige Grenzzollstätte sein, die der Stadt den Namen gab. 294 J. G. Wetzstein: liber) über den Flufs, um am andern Ufer wieder innerhalb der Erde das Wasser auf das Hochplateau hinaufzuleiten, auf welchem Der’ät liegt. Hier füllten sie das schöne Becken, das nach dem in meinem Berichte erwähnten Mausoleum Birket es Siknäni benannt ist. So viel über die unter der Regierung Gebele’s I. erbauten Kanätir. Die beiden Orte anlangend, welche unter demselben Könige entstanden sind, so liegen sie, Edruh (nicht Edrug) sowohl als el Kastal in der Belkä, nahe bei Ammän. Auch Jäküt kennt sie. Der Name Kastal, augenscheinlich aus dem lateinischen castellum ent- standen, ist in Peräa nicht selten; man findet Orte dieses Namens im Legä, “Aglün und anderwärts. Unter dem folgenden Könige Härit II. wurde Hafir mit seiner Cisterne gebaut. Die Lage dieses Ortes ist nach Hamze zwischen dem Sehlosse Ubeir und Da’gän (>). Der letztere Name ist unbekannt, vielleicht ist er aus 'Argän (58 ) verdorben, was eine Ortschaft in der Belkä ist; dagegen sind Übeir und Hafir bekannter. Sie liegen in der Belkä (Hafir an einem gleichnamigen Neben-Wädi des Jordans) und gehörten beide zum Gebiete des (Gassaniden-) Ge- schlechts Kein ibn Gisr, auf das wir noch einmal zurückkommen werden. Ebenso baute Härit II. die Stadt Me’än auf; sie ist das alte Ba’l Me’ön im Ammoniterlande, das also bis auf die arabische Färbung seinen biblischen Namen behielt. Doch ist schon oben unter „Astarot“ die Ansicht ausgesprochen worden, dafs wohl alle ähnlichen Ortsnamen, z. B.'Ammän,Dibän, Hesbän, Mäab, schon im Alter- thume in Peraea selbst mit dem hellen arabischen ä, und nur im Idiome des Hebräers mit dem dunkleren ö-Laute (wie Ammön, Di- bön u. s. w.) gesprochen worden sind. Unter den Bauten des Königs Gebele II. wird aufser den schon genannten noch ein Meni’a (Xzs4s) erwähnt, was noch unbekannt i ist. Der Name wird richtig sein, wenn man auch dabei an eine Um- stellung aus No ’&me (Xs4=5) denken möchte. Eihem I. erbaute mehrere Klöster, wie Der el lebwe (u. „das Kloster der Löwin“, nicht Der en nubuwwe „das Kloster der Prophetie*) und Der Dachm. Das erstere liegt in Gölän, das zweite ist unbekannt. Die Gassaniden haben eine zahllose Menge Klöster ge- baut, denn überall findet man mit solchen Gebäuden die Gipfel der Berge in einem Lande bedeckt, in welchem das Christenthum mit die- sem Volke begann und das Bauen von Kirchen und Klöstern wenig- | stens zugleich mit ihm endete, wo man also an einen anderweitigen Ursprung, der Klöster kaum wird denken können. Nach Jäküt waren die Völker,'von denen die meisten Klöster gebaut wurden, die Gas- Anhang zu seinem Reiseberichte über Haurän und die Trachonen. 295 saniden in Syrien und die Familie Mundir (Äl Mündir d. h. die Angehörigen des königlichen Hauses in Hira, nachdem sich dieses unter Mundir zum Christenthume bekannt hatte). Sie bauten, sagt er unter dem Artikel „Der“, die Klöster immer in Gärten, Haine, an Flüssen, auf schönen Anhöhen, überkleideten ihre Wände oft mit Mo- saik und vergoldeten die Plafonds. Das grofsartigste Kloster der Gas- saniden scheint Der Negrän, eine Stunde südwestlich von Bosrä gelegen, gewesen zu sein. Jetzt heilst es einfach Der. Nach Jäküt (Mustarik, herausgeg. von F. Wüstenfeld 1846) ist es ein mächtiges Kloster, das noch zu seiner Zeit für einen Gnaden- und Wallfahrtsort galt. Seinen Namen hatte es wohl von dem grofsen Gotteshause zu Negrän in Jemen erhalten, welches zuerst vielleicht ein Götzen- tempel, später jedoch eine Kirche war und vor Muhammeds Zeit die Ka’ba von Jemen hiefs, weil es der religiöse Vereinigungspunkt der südarabischen Christen war. Nachdem der Chalife Omar den christ- lichen Cultus auf der arabischen Halbinsel ausgerottet hatte, schufen die verbannten jemenischen Christen eine zweite Copie dieses Heilig- thums in einem Der Negrän, das sie zwischen Küfa und Wäsit bauten. Unter dem Könige Eihem I. erwähnt Hamze zum ersten Male die Erbauung eines transhauränischen Ortes. Es ist die Stadt S’a’f (Cosi, so statt Sa’f ass zu lesen), die auf dem Gipfel eines weit- hin sichtbaren, von mir bestiegenen Kegels liegt. Ursprünglich gab es daselbst nur Troglodytenwohnungen, wie diese in meinem Berichte beschrieben sind, und der Neubau der Gassaniden wird wohl darin be- standen haben, dals sie vor der Höhle einige steinerne Zimmer bauten und das Ganze mit einer Mauer umgaben, die eine Halase oder Stein- thüre hatte. Die Höhlen blieben dabei für Vieh und Vorräthe fort- während mit in Gebrauch. Ich mufs hier hervorheben, dafs zahlreiche transhauränische Orte, z.B. S'r&che, S’ibikke bei Sa'ne, Höje bei Sälä, Umm Dub£&b, "Arägi, Tell Ma'z und vielleicht noch zwanzig andere, ganz dieselbe Construction haben, wie S’a’f, und von demselben Volke herrühren müssen, von welchem S’a’f herrührt, damit man nicht daraus, dafs Hamze von ihnen schweigt, den Schlufs zieht, sie könnten nicht gas- sanidischen Ursprungs sein. Es scheint, der Annalist habe darum S’af allein genannt, weil es die gröfste dieser eigenthümlich construirten Ortschaften im Osten des Gebirges ist. Die Entstehung einer andern von gleicher Bauart erwähnt er unter Eihems Nachfolger '‘Amr IL, und ist sie diejenige, welche ich gesehen habe, so wird er sie wohl darum namhaft gemacht haben, weil sie unter allen diesen, Haus und 296 J. G. Wetzstein: Höhle vereinigenden Ortschaften die schönste ist, nicht aber, weil “Amr II. aufser ihr nichts dieser Art gebaut hätte. Hamze nennt sie Safät el 'Agelät (nA 30) und läfst sie gleichzeitig mit den beiden uns unbekannten Schlössern Kasr el Fadä (Las) und Kasr menär (,L») entstehen. Die Identität von el "Agelät mit dem in meinem Berichte erwähnten Gebirgszuge hinter Umm Ruwäk, wel- chen die Beduinen der Ruhbe el '‘Ag&lä und die Drusen Hauräns el “Agelät nennen, scheint kaum zweifelhaft zu sein. Die Schreibart des Hamze würde die alte richtigere, und die beiden heutigen Formen würden Deminutive davon sein. Auf den ausgebreiteten Gebrauch der Deminutive bei den Hauräniern und syrischen Beduinen haben schon andere Reisende aufmerksam gemacht. Dafs die Ortschaft ursprünglich Safät geheifsen, ist eben so leicht möglich, als es erklärlich ist, warum es jetzt nur „das Dorf der ‘Ag&lät“ heifst, weil nämlich kein anderes auf jenen Bergen liegt, von dem es unterschieden werden mülste. Hiefs es aber Safät, so war der Zusatz „auf dem "Agelät-Gebirge“ nöthig, weil der östliche Haurän noch ein zweites Safät bei Melah hat. Auf meiner Karte ist dieses nach drusischer Benennung Safi&ät Melah (a Kuslo) eingetragen, aber die Stämme der Zub£d heilsen es Safät Melah (eu sl&0), welches der Orthographie des Hamze analog, auch wohl das antikere ist. Je weiter sich die Gassaniden ausbreiteten, desto häufiger mufsten sie mit den Lachmiden (wie die Hirenser Dynastie unter den Nach- folgern des Königs Gezime heifst) in feindliche Berührung kommen. Gefne II. überfiel einmal Hira selber und verbrannte die Stadt, eine That, die ihn in den Augen des Volkes schändete, denn seine Nach- kommen hiefsen davon „das Geschlecht des Brenners“. Es ist er- klärlich, dafs Zerstören unter Völkern brandmarken mufste, die am Rande der Wüste nur durch die mühsame und langwierige Herstel- lung von Canälen und Wasserbehältern einen Platz bewohnbar machen konnten und mit bewundernswürdiger Kunst und Sorgfalt ihre Woh- nungen aufbauten. Schon die unter diesen Sabäern so vorzugsweise häufigen Eigennamen "Amr, 'Omar, ‘Amir, ‘Am mär, 'Omeir, 'Im- rän, Mu’&mir u. A., die alle „Erbauer“ bedeuten, beweisen, dafs wir es hier mit einem schaffenden und nicht zerstörenden Volke zu thun haben. No’män III, für den sein Vater zu Felde zog, scheint nicht aus dem Mittelpunkte seines Landes herausgekommen zu sein; zu seinen Bauten gehört das Schlofs in Suw&dä. Ueber die Bedeutung dieser auf dem nordwestlichen Abhange des Haurängebirges liegenden Stadt verweisen wir auf Burckhardt’s Reisen (jübersetzt von Gesenius al - Anhang zu seinem Reiseberichte über Haurän und die Trachonen. 297 pag. 152 bis 157). Am Schlusse der Seite 155 scheint vom Schlosse No’män’s die Rede zu sein. Die Trümmer der Stadt haben nach Burckhardt einen Umfang von wenigstens 4 engl. Meilen. Dagegen sehen wir No’'män’s Nachfolger Gebele III. entfernt vom Mittelpunkte des Reichs in Siffin residiren, einer gröfseren Stadt an der Westseite des Euphrats zwischen Rakka und Bälis '). Des- gleichen setzte er sich in den Besitz von Ain Ubäßg, einer bis dahin den Hirensern gehörigen, wahrscheinlich befestigten Oertlichkeit zwi- schen Syrien und dem Euphrat, westlich von Embär, bekannt durch eine später zwischen den Gassaniden und Lachmiden daselbst gelieferte Schlacht, in welcher Mundir IV. von Hira gefallen ist. Hamze verwirrt hier die Thatsachen und läfst Mundir III. von Hira unter Gebele III. fallen, während er doch weit später in der Schlacht bei ‘Adn gegen Härit den Lahmen (V.) fiel. Ueber diese und andere chronologische Irrthümer wollen wir mit dem Annalisten wenigstens in einer Untersuchung nicht rechten, bei der uns seine Nachrichten in den Stand setzen, den Ursprung jener ohne sie vielleicht niemals erklärlichen Denkmäler am Rande der syri- schen Wüste nachzuweisen; aber zu bedauern ist der völlige Mangel an Aufschlufs über die Kämpfe, durch welche sich die Gassaniden im Palmyrenischen festsetzten, wo aulser Siffin später auch Rusäfe und selbst Tedmor als ihnen gehörig genannt wird. Einen Theil dieser Gegenden werden sie den Hirensern, einen andern einheimischen Häupt- lingen entrissen haben, die vielleicht noch Nachkommen jenes alten amalekidischen Königsgeschlechts der Udeniden ( Era I) waren, mit denen die ersten Könige von Hira und später die Römer bis nach Zenobias Besiegung und Tedmors Zerstörung viel zu thun hatten. Von Rusäfe berichtet Hamze, dafs No’män V. seine von einem Lachmiden -Könige verwüsteten „Brunnencanäle“ wieder herstellen liefs. Nach Jäküts Beschreibung muls Rusäfe und namentlich sein Kloster äulserst prachtvoll gewesen sein. Noch 600 Jahre nach dem Unter- gange des Gassanidenreichs konnte er von diesem Kloster berichten: „ich habe es selbst gesehen, und sage, dafs es seiner Schönheit und Construction wegen eines von den Wundern der Welt ist.“ Die ge- genwärtig verödete Stadt liegt vier Farasangen (3 Stunden) westlich von Rakka in der Wüste, und heilst in den geographischen Werken der Araber zum Unterschiede von andern gleichnamigen Städten im !) Denkwürdig wurde Siffin später durch den Streit zwischen “Ali und Mo’ä- _ wie, der dort ausgefochten wurde. Die beiden Heere standen sich bei dieser Stadt 110 Tage lang gegenüber, während welcher Zeit in 90 Treffen 75,000 Mann auf bei- den Seiten fielen. 298 J. G. Wetzstein: ‘Iräk, in Spanien u. s. w. gewöhnlich Rusäfet Hisäm, weil der Umawiden-Chalife Hischäm (starb 742 n. Chr.) die Stadt wieder bevölkert und wegen ihrer reinen gesunden Luft zu seiner Sommer- residenz gemacht hatte. Jäkut bestätigt die Angabe des Hamze, dals No’män V. die Canäle der Stadt wieder hergestellt habe und fügt hinzu, dafs der gröfste „Brunnencanal* (Sahrig Er) der Stadt damals von No 'män geschaffen worden sei, denn Rusäfe — bemerkt er erläuternd — sei an solche Canäle gewiesen, da es zu entfernt vom Euphrat liege, als dals es sein Wasser zur Bewässerung der Felder benutzen könnte. Das Wort Sahrig bedarf einer Erklärung. Liegt eine Ortschaft, für die man Wasser braucht, so, dals das Terrain hinter ihr in der Richtung gegen ferne Gebirge hin steigt, so schlägt man in der ohngefähren Entfernung einer Stunde von der Ortschaft in jenes aufsteigende Terrain bis zu einer Tiefe ein, wo man reichliches Wasser findet, welches dann unter der Erde fortgeleitet wird, bis es in der Nähe jener Ortschaft als Bach an die Oberfläche der Erde kommt und sich nunmehr zur Bewässerung, zum Treiben der Mühlen u. s. w. ver- wenden läfst. Um den Stollen gegen Verschüttung zu sichern, hat man längs seines Laufes alle 60 Schritte ein senkrechtes, einige Klaftern weites (bei nicht felsigem Boden oben weites und unten enges) Luft- loch gegraben, durch das man sich hinablassen und ihn reinigen kann Ein soleher artesischer Flufs heifst Sahrig. Sein eigentliches Vater- land ist Jemen, wo er sich, wie alle Berichte übereinstimmend mel- den, in Unzahl finden soll. Von dort haben ihn vielleicht die Sabäer nach Syrien gebracht. Schon acht Stunden nordöstlich von Damaskus beginnen diese gegrabenen Flüsse, doch sind die meisten verfallen, weil die Orte verödet sind, für die sie angelegt waren. Da die ganze west- liche Hälfte des Damascener Kessels bis zu den Wiesenseen hinab eine schiefe Ebene ist, also die Anlegung derselben gestattet, so be- sitzt das Merg deren vielleicht fünfzig; sie haben, bis auf sehr we- nige, alle reichliches Wasser, dessen Quantum sich im Sommer bei manchen gar nicht, bei anderen mehr oder weniger vermindert. Nur heifsen sie hier nicht Sahrig sondern Kn&je re, was den gewöhn- lichen, aus einem Flusse abgeleiteten Canal bedeutet, weil sie nicht wie der Sahrig unter der Erde fliefsen; denn da man bei dem Wasser- reichthume der Gegend nur einige Klaftern tief einzuschlagen brauchte, um Wasser zu finden, so liegen diese gegrabenen Bäche schon von ihren Quellen ab aufgedeckt, gleichen also ganz den 25 oder 30 Ca- nälen, welche zur Bewässerung der Fluren rechts und links aus dem Baradä-Flusse abgeleitet sind. Um jene sabäische Cultur in Ostsyrien richtig zu würdigen, muls Anhang zu seinem Reiseberichte über Haurän und die Trachonen. 299 man vor Allem eine Anschauung von der Wichtigkeit jener zur Be- schaffung des Wassers angelegten Werke haben. Sagt Hamze z.B. von einer Ortschaft, man habe sie „und ihre Cisterne“ (masna‘ ') ge- baut, so kann man mit grolser Sicherheit behaupten, dafs vorher an dieser Stelle kein Ort gestanden hatte, weil ein solcher ohne Cisterne in einem Lande nicht existiren kann, wo die Flüsse zwei Drittheile des Jahres wasserlos, die Quelleu selten sind und noch seltener das ganze Jahr hindurch aushalten, auch Ziehbrunnen nur an sehr wenigen Orten möglich sind. Im Lega’ sollen, wahrscheinlich der basaltischen Formation wegen, keine möglich sein, und auf meiner Reise um Hau- rän habe ich sie nur in Imtän gefunden. So wird auch der pharao- nische Aquaduct die Bestimmung gehabt haben, die Anlegung verschie- dener Dörfer längs seines Laufes zu ermöglichen. Von dem soge- nannten „Dämonencanale* (Knejet el 'Ifrit) habe ich keine klare Ein- sicht gewonnen. Er beginnt bei den reichen Quellen auf den G&nät, soll Berge durchschneidend und Wädi’s überbrückend den östlichen Hauränabhang hinab und durch die Harra nach 'Od£sije in der Ruhbe gehen. So ungemein fabelhaft es auch klingen mag, dafs man durch die glühende Harra einen Canal legen könnte, und so sehr ich dies auch noch bezweifle, so darf man doch an der Existenz des Ca- nals selbst nicht zweifeln. Nach der Sage der el Hasan - Beduinen und der Drusen in Kr&je habe ein Dämon (‘Ifrit) um die Tochter eines im Schlosse der G&nät residirenden Königs gefreit und dieser von ihm als die Morgengabe der Braut die Herstellung dieses Canals verlangt; der Dämon habe die Bedingung erfüllt und die Prinzessin erhalten. Dieser Canal wird wohl von den Gassaniden herstammen. Wer sich überzeugen will, wie zahlreich und grofsartig die derartigen Werke dieser Völker waren, der Nachkommen des alten Königs Saba’, des mythischen Urhebers der Dämme bei Ma’rib, der vergleiche die Nachriehten der arabischen Geographen über die Euphratgegenden, wo eine Menge Canäle und „Kanätir* namhaft gemacht werden, die der sabäischen Dynastie in Hira ihren Ursprung verdankten. Sollte nicht auch der Luwä-Canal gassanidischen Ursprungs sein? Eine Untersuchung seiner verödeten, aber gewils ganz unver- sehrten Dörfer würde die Frage wohl beantworten. War er es aber, so wäre dem Streite über das neuentdeckte Batanäa im Osten des Lega’ auf einmal ein Ende gemacht. Die Herstellung des Canals ge- EITELE EEE WELLEN. Du - 0. !) Die masna‘ (iur) umfafst zwei Arten von Cisternen, den Mukn und die Birke (vergl. hierüber den Bericht), weil beide Kunstbauten sind, was das Wort masna‘ bedeutet. Gegenwärtig bezeichnet man um Damaskus, wo es deren mehrere auf der Sahrä bei Dimäs giebt, nur den Mukn mit dem Namen Masna‘. 300 J. G. Wetzstein: stattete die Urbarmachung eines Landstrichs, welcher an Fruchtbarkeit wohl der alten Batanaea (d.h. der Nukra) gleichkommen mochte, so dafs man das erstentstandene oder fruchtbarste oder auf eine andere Art bevorzugteste Dörfehen „But&ne* d.h. Klein-Batanaea heifsen konnte, von dem dann das ganze Bereich des Canals Betenije ge- nannt wurde. Seine Dörfer, von denen auf unserer Karte vielleicht keines fehlt, könnten dann recht gut erst aus dem fünften oder sechs- ten Jahrhunderte n. Chr. stammen. Bei zweien wenigstens zeugt der Name für den christlichen Ursprung: Duw£r el 'Ades („Linsenklo- ster*) und Duw£er el Mezri‘ (u „Kloster des Meierhofs*), wäh- rend der Name eines dritten, Gabib el a'mä (suusS) Zus „der blinde d. h. der wasserlose Wädi“), jemenisch zu sein scheint. In But£&ne selbst (dessen Flur die Drusengemeinde in H£&jät ihrer Frucht- barkeit wegen als ich dort war mit Kichererbsen besäet hatte) fand ich wohl Kreuze, auch eines mit dem Namen Jesus, aber einschliels- lich seiner beiden Inschriften keine Spur aus vorchristlicher Zeit. Zu dem Namen dieses Dörfehens mag bemerkt werden, dafs es die Gassaniden geliebt zu haben scheinen, für Orte, die sie neu anleg- ten, oder Gegenden, die sie zuerst cultivirten, die Namen von ander- weiten bekannten Oertlichkeiten zu entlehnen. Wir erwähnten oben ein Sedä (Sidon) in der Nukra; ein Sür (Tyrus) liegt in Gölän, ein Berüt (w,.1) in Gedür; Gillik soll der Sage nach zur Zeit des Heidenthums ein Lustgarten mit schönen öffentlichen Gebäuden bei Damaskus gewesen sein, weshalb die Dichter noch heutigentags die Worte Gillik und Damaskus synonym gebrauchen; Bosrä (für Bostra substituirt) ist eine Stadt in Jemen, Bräk (eine Stadt im Lega’ und eine andere gröfsere im südöstlichen Haurän) ist häufig in Jemen, und die Stadt Negrän im südlichen Lega’ finden wir in der bekann- ten gleichnamigen Stadt Jemens wieder. Selbst das Gör („es die Jordanniederung ) könnte nach dem grolsen Gör von Tehäma benannt sein. Vielleicht verlangt Jemand, ich solle auch Düma und T&mä mit auf die Liste setzen. — Warum nicht? Zu dem, was ich in mei- nem Berichte über diese beiden Orte gesagt, werden sich schwerlich neue Beweise für ihr biblisches Alterthum bringen lassen, und wenn wir ihren Ursprung richtiger in die christliche Zeit setzen mülsten, so würde diese Berichtigung zugleich ein heilsamer Fingerzeig für alle diejenigen werden können, welche geneigt sind, von jedem transjorda- nischen Orte anzunehmen, dafs er schon zu Mosis Zeit vorhanden ge- wesen. Wir eilen zum Schlusse der Nachrichten Hamze’s über die Gas- sanidenbauten. Eihem LU., fährt er fort, der Herr von Tedmor, be- 7. Anhang zu seinem Reiseberichte über Haurän und die Trachonen. 301 sals auch Kasr birke (?) und Dät Anmär (Dät menär in der südlichen Belkä?) und — — hier folgt eine völlig verdorbene Stelle, die sich aber aus Abulfedä’s Aist. anteisl. (edit. Fleischer p. 130 l. 2 oben) glücklicherweise also emendiren läfst: — „und sein Statt- halter Kein ibn Gisr baute ihm in der Wüste ein grolsartiges Schlofs mit Cisternen, von dem ich (bemerkt Abulfedä erklärend zu seinem Citate aus Hamze) glaube, dafs es das Schlofs Burku ( & 2) war.“ Als Commentar zu dieser Stelle theile ich aus meinem Tagebuche fol- gende Notiz mit, die ich von den Bewohnern der Ruhbe erhalten habe: „Der gröfsere von den beiden aus der Wüste in die Ruhbe strömenden Flüssen ist der Amlüd Gumär; er kommt weit aus Osten und bildet in der Nähe der Ruhbe drei grofse Gadir’s. Der nächste liegt innerhalb der Harra beim Doppelberge Karin und breitet sich von War zu War so weit aus, dafs er dort einen feindlichen Einfall in die Ruhbe unmöglich macht. Der zweite ist der Gadir el Ma- käti‘ (DR); er liegt an der östlichen Grenze der Harra auf nicht mehr vulkanischem Terrain, und in den Steinbrüchen, welche bei die- sem Gadir liegen, sind die Steine zur Festung von Salchat gebrochen worden '). Eine halbe Tagereise weiter gegen Osten und ganz in der Wüste liegt der Gadir Burku‘ (>) in dessen Mitte ein Pfeiler -Ö- (wohl ein Wassermesser), und an dessen Ufer ein Mahkan (= Kunstdamm mit Schleufsen?) und aufser anderen Ruinen das grofse Schlofs Burku‘ steht.“ — Also lag jenes Schlofs östlich von der Ruhbe in der grofsen Steppe. Diese Lage ist eine so kecke und allen Wüstenstämmen Hohn sprechende, dafs Näbiga mit Bezug auf diesen Bau sagen konnte: In’s Weite griffen ihre Pläne, denn in den Reiterhaufen Lag ihre Stärke auf Weideplatz und fernem Feldzug. So weit gehen Hamze’s Berichte. Sein Verzeichnils dieser Bau- werke würde sich aus den arabischen Geographen und Historikern ge- wils erweitern lassen, wir aber begnügen uns, demselben nur einen !) Es ist mir nur an einem Portale, das spätere Reisende an zwei Löwen- köpfen und seiner vorzüglich schönen griechischen Inschrift wiedererkennen werden, aufgefallen, dafs es nicht aus vulkanischen Steinen bestand, da ich aber das Material der Citadelle sonst nicht beachtet habe, so mögen noch andere Theile derselben aus Kalkstein bestehen, den man, woher er auch sein mochte, immer aus weiter Entfer- nung geholt haben mufste. Ist die Tradition der Beduinen richtig (die dann wohl mindestens 1300 Jahre alt sein würde!), so werden die Steine wahrscheinlich auf _ der Römerstrafse, die von Salchat durch die östliche Steppe führt, und von der sich vielleicht östlich von der Harra eine andere Stralse nach Norden abzweigt, transportirt worden sein; denn dafs durch die Harra selbst eine Strafse gelegt wor- den wäre, halte ich für undenkbar. 302 J. G. Wetzstein: Namen beizufügen, nämlich den des Weifsen Schlosses in der Ruhbe. Die Untersuchung über den gassanidischen Ursprung dieses Baues führt uns auf die Harra-Inschriften zurück und macht es nöthig, über dieselben speciellere Mittheilungen zu geben, als sie in meinem Berichte möglich waren, der unmittelbar nach der Reise nieder- geschrieben wurde, wo neben dem Totaleindrucke des Gesehenen das Einzelne noch nicht zu seiner Geltung kommen konnte. Zunächst ist zu bemerken, dafs sich die älteren von den jüngeren Inschriften noch dadurch unterscheiden, dafs jene meist auf grolsen und am Boden haftenden, diese auch auf kleinen freiliegenden Feldsteinen stehen, dals jene sorgfältiger und diese nachlässiger geschrieben sind, dafs jene nie- mals und diese oft von Figuren begleitet werden. Folgende Punkte beziehen sich auf die jüngeren Inschriften allein: 1) Obschon dieselben vereinzelt auf dem ganzen Wege von der Ruhbe nach Nemära und Haurän gefunden werden, :so waren doch ihre hauptsächlichsten Fundorte vier: a) einige Rigm um "Odesije herum, b) der Rigm bei Garz, ec) der Rigm Sibikke bei Nemära und d) ein Rigm in der Harra, drei anden. östlich von Mälikije. 2) Die Fundorte a und 5 sind die Arbeitsstellen, wo man die dort zu Tage liegenden klaftergrofsen Doleritblöcke zu Quadern verarbeitete, aus denen das Weise Schlofs und Kn£se erbaut sein müssen, weil sich in der Ruhbe keine anderen Gebäude befinden, zu denen dieses Mate- rial verwendet worden wäre, denn alle übrigen Ortschaften des Länd- chens sind aus behauener Lavarinde aufgebaut. Die Spuren der Stein- metzen sind an den beiden Orten a und 5 auf das Deutlichste zu er- kennen; es liegen da fertige und angefangene Quader, nebst vielen gewaltsam zerschlagenen und aus dem Boden gehobenen Blöcken. Die Fundorte e und d dagegen sind Nachtlager für diejenigen, welche aus der Ruhbe nach dem östlichen Haurän reisen und umgekehrt. 3) Die Buchstaben der Inschriften bestehen häufig nicht aus Li- nien und Strichen, sondern aus einzelnen, mit einem spitzigen und schweren Instrumente dicht neben einander geschlagenen Punkten in dieser Weise -k 5 A. 4) Viele Inschriften haben am Anfang und Ende ein Kreuz, das sich als solches von einem kreuzähnlichen Buchstaben in den Inschriften selbst auf das Unzweideutigste unterscheidet; desgleichen befindet sich neben der Arbeitsstelle bei Garz ein Grab mit zwei Kreuzen und einer kurzen griechischen Inschrift. Diese Umstände zusammen machen es sehr wahrscheinlich, dafs die jüngeren Inschriften von den Steinmetzen und Bauleuten des Weifsen Schlosses und der „Kirche“ (Knöse) herrühren. Bei dieser Annahme erklärt sich nieht nur das Vorhandensein der Inschriften Anhang zu seinem Reiseberichte über Haurän und die Trachonen. 303 an den Arbeitsstätten, die Entstehung der Figuren und die Anwendung eines geeigneten Werkzeugs zum Eingraben, sondern auch die Erschei- nung, dafs die Inschriften häufig aus Punkten bestehen. Es unterliegt keinem Zweifel, dafs man sich dabei des noch jetzt bei den Damas- cener Steinmetzen allgemein gebräuchlichen Spitzhammers, der Deb- büra, bedient hat. Dafs jeder Schlag immer an die gehörige Stelle fiel, läfst auf die geübte, sichere Hand des Steinmetzen schliefsen. Das Flüchtige, Spielende an den Inschriften würde beweisen, dafs sie von den Arbeitern mehr zum Zeitvertreibe in den Ruhestunden und an Feierabenden gemacht worden sind. Diese Arbeiter konnten nach der Arbeit nicht in den Schoofs ihrer Familien eilen, denn sie waren in der Ruhbe Fremde und wohl in den hauränischen Städten wohnhaft, wo sie auch die Ihrigen zurückgelassen hatten, weil sie in der Ruhbe keinerlei Bequemlichkeit, nicht einmal ein Nachtquartier gehabt haben werden. Auf der Stelle, wo man Tags über gearbeitet hatte, schlach- tete man des Abends ein Lamm oder eine Ziege, sammelte man Ka- meelmist, um die Mahlzeit zu kochen, wickelte man sich des Nachts in die Mäntel, um im Freien zu schlafen. So ist es noch heute. Nach dieser Hypothese würden die Inschriften an den beiden Seiten des Weges zwischen der Ruhbe und Haurän und an den Fundorten e und d entstanden sein, wenn die Steinmetzen während des Baues in die Heimath reisten und zum Baue zurückkehrten. Reisten sie früh von der Ruhbe weg, so gelangten sie vor Sonnenuntergang zum Rigm d, der zugleich eine kleine Anhöhe bildet, freien Luftzug hat und eine weite Aussicht über Haurän und die Harra gewährt. Dicht dabei fliefst der Wädi Garz, der dort einen wasserreichen Gadir bildet und mit üppigem Grase bedeckte Ufer hat, also alle Eigenschaften eines gu- ten Lagerplatzes besitzt. Der Rigm ist noch nicht hundert Schritte vom Gadir entfernt. Am zweiten Tage kamen sie in der Heimath an. Reisten sie dagegen vom östlichen Haurän ab, so übernachteten sie beim Rigm S'ibikke (c), wo sie denselben Vortheil des fliefsenden Wassers und der Weide hatten, denn der Wädi S’äm bildet dort eine kleine Insel, welche zugleich mit den beiden Ufern des Flusses im Winter und Frühlinge reichen Graswuchs hat. Am zweiten Tage ka- men sie in der Ruhbe an. Bei dieser Ansicht über den Ursprung dieser Inschriften wird man sich von ihrem Inhalte nicht allzuviel versprechen dürfen, obschon sie darum immer, wie alle monumentalen Ueberreste aus dem Alter- thume, ihren Werth behalten. Die Zeit ihrer Entstehung anlan- gend, so weisen uns die Zeichen des Kreuzes in die christliche Zeit, welehe dort im zweiten Jahrhundert begonnen haben kann, und mit der muhammedanischen Eroberung Syriens geendet haben wird; wenig- ER 304 J. G. Wetzstein: stens würde später bei der strengen Handhabung des Kirchenbauver- bots Kn&se nicht haben entstehen können. Es fiele sonach die Ent- stehung der Inschriften in den Zeitraum von 150 bis 635 n. Chr., also gerade in die Zeit der Gassaniden- Herrschaft über Ostsyrien und natür- lich auch über die Ruhbe selbst. Schon die Existenz des Schlosses Burku‘, dessen Erbauung östlich von der Ruhbe ohne den Besitz der- selben unmöglich gewesen sein würde ’), zeugt dafür, dafs die Gassa- niden in der Ruhbe gehaust haben. Sollte es nach dieser Darstellung schwer halten, die Inschrif- ten selbst für Sassanidisch zu halten? Mein Bericht giebt be- reits die Andeutung, dals ihre Charaktere dem himjaridischen (sabäi- schen) Alphabete sehr ähnlich sind, und mehrere Sachkenner, denen die Inschriften vorlagen, haben diese Aehnlichkeit gleichfalls anerkannt. Ein paar Entzifferungsversuche, die ich mit Zugrundelegung des äthio- pisch-himjaridischen Alphabets gemacht habe, überzeugten wenigstens mich selbst, dafs die Inschriften sabäischen Ursprungs sind. Sind es aber die Inschriften, so müfsten es nach obiger Darstellung auch das Weifse Schlo[s und Knöse sein, und wird dies zugestanden, so können wir durch eine einfache Combination auch für die Zeit, in wel- cher die Inschriften entstanden wären, mit grolser Wahrscheinlichkeit bestimmtere Data gewinnen. Kn&se nämlich ist ein Bau, der unge- mein weitläuftig angelegt, aber nur zum kleinsten Theile vollendet ist; das Vollendete scheint das Nebenschiff einer Kirche zu sein. Alles Uebrige hat sich nicht über die Fundamente erhoben, die aus schön bearbeiteten Quadern bestehen. Man braucht nicht Bauverständiger zu . sein, um zu sehen, dafs diese Fundamente niemals überbaut waren, auch liegt zu wenig Baumaterial da, als dafs man glauben könnte, der Bau sei vollendet gewesen und später nur zerstört worden. Dieselbe Beobachtung macht man beim Weiflsen Schlosse. Dafs es selbst vollendet gewesen, getraue ich mir weder zu verneinen noch zu be- jahen; seine Trümmer sind nicht unbedeutend, aber gewils nicht hin- reichend für die weit ausgedehnten Fundamente, die sich an der Süd- seite des Schlosses befinden. Diese projectirten Nebenbauten waren gleichfalls unausgeführt geblieben. Dafs das Weilse Schlols gleichwie Burku’ und gleich den vielen von Hamze aufgezählten Schlössern für einen der Gassaniden-Könige erbaut worden, ist sehr wahrschein- lich, aber warum ist es nebst Kn&se unvollendet geblieben? Darauf läfst sich zwar keine bestimmte Antwort geben, da aber sein Material !) Der Name Burku‘ (Gesichtsmaske der jemenischen Weiber) scheint anzu- deuten, dafs das Schlofs die Bestimmung hatte, die hinter ihm liegenden Wasser- becken und die Ruhbe, welche im Winter von den Heerden der Gassaniden angefüllt gewesen sein wird, zu decken. Anhang zu seinem Reiseberichte über Haurän und die Trachonen. 305 und das von Knöse ein weit jüngeres Aussehen hat, als alles, was mir in Haurän und den Trachonen sonst vorgekommen, und da auch die Inschriften bei den Arbeitsstellen der Steinmetzen so frisch und unver- wittert aussehen, dals sie unbedingt um 4 bis 500 Jahre jünger sein müssen, als die älteren bei Rigm el Marä, Ka’'kül und Nemära, die ihrerseits doch auch nicht in die vorchristliche Zeit hinüberreichen kön- nen '), so fühlt man sich gedrungen, die Entstehung jener beiden Bau- werke in die letzte Zeit des Öassaniden-Reiches zu setzen, und wäre es dann nicht möglich, dafs sie deshalb unvollendet geblieben, weil sich noch während ihrer Erbauung urplötzlich jene Flut aus dem Hi- gäz über Syrien ergofs, unter welcher Reich und Volk der Gassaniden begraben wurde? — Das Gassaniden-Reich ist dem sonstigen Verlaufe der Dinge zu- wider in seiner Blüte untergegangen. Ungenügend von den Griechen unterstützt, wurde es im dritten Jahre nach Muhammeds Tode und bald nach dem Sturze der Hirenser Dynastie von ‘Omar’s Feldherrn Abü ‘Obeida zugleich mit dem übrigen Syrien der Herrschaft des Chalifats unterworfen. Sein letzter König Gebele VI. nahm zwar den Islam an, kehrte. aber bald zum Christenthume zurück, weil er für eine in Damaskus erlittene Beleidigung nicht die gewünschte Genugthuung erhielt, und ging an den griechischen Hof nach Constantinopel, wo er starb. Das Volk wird zum Theil als Christen, zum Theil als Muselmän- ner noch eine Weile das Land bewohnt haben, das die Nomaden- Herrschaft und die schrecklichen Kämpfe unter den Prätendenten des Chalifats sehr bald zur Einöde machen mufsten. Mancher aber, welcher bei der muselmännischen Occupation geflohen war, mag der früheren Heimath seine Liebe bewahrt und diese auch auf seine Nach- kommen vererbt haben, die dann wohl später zu den Sitzen der Väter gepilgert sind, denn hin und wieder trifft man mitten unter jenen Harra- Inschriften aus den folgenden Jahrhunderten eine kufische Inschrift wie: „Gott erbarme sich ihrer!“ oder: „es besuchte diesen geweihten Ort “Ali ibn “Arafät“ (hadar fi dälik el mekän et tähir) u. s. w. Wer das Land gesehen, wird mit mir darin übereinstimmen, dafs, käme es auch wieder einmal in Flor, dennoch sehr viele seiner Ort- schaften Ruinen bleiben mülsten, weil das Geheimnils, die glühenden ’) Die älteren Inschriften mögen aus den ersten Jahrhunderten n. Chr. und von den Selihiden herrühren; ihre Entstehungsart ist vielleicht derjenigen der jüngeren Inschriften analog gewesen. Die Herstellung der Cisterne von ‘Alkä, die gegen acht Klaftern tief in das Lohf des Safä gebrochen ist und deren Wasser am längsten in der Ruhbe aushält, fällt gewils in eine sehr frühe Zeit. Zeitschr. f. allg. Erdk. Neue Folge. Bd, VII. 20 306 J. G. Wetzstein: Gegenden mit Wasser zu versorgen, überhaupt in ihnen zu existiren, mit jenen Sabäern wohl für immer untergegangen ist. So weit waren diese Mittheilungen über das Ostjordanland und seine Denkmäler zum Abschlusse gekommen, als wir den eben ausge- gebenen 28sten Band (Jahrgang 1858) vom Journal of the Royal Geo- graphical Society erhielten, in welchem von pag. 226 bis 263 eine Re- lation des Herrn Cyril Graham über seine Reise in der Harra und Haurän nebst einer kleinen Skizze seiner Route steht, und da hielten wir es für Pflicht, die Freunde der syrischen Geographie auf diesen Artikel wenigstens aufmerksam zu machen, wenn uns auch die Gren- zen dieser Schrift ein weiteres Eingehen in seinen Inhalt verbieten. Ueber den speciell geographischen Theil der Graham’schen Ent- deekungen hat bereits Herr Dr. Kiepert, dessen Güte wir die Con- struction unserer Karte verdanken, Veranlassung genommen, sich zu äufsern '). Doch dürfen wir nicht unterlassen, Herrn Graham zum Besuche der Ruinen von Umm el Gemäl, die vor ihm kein Europäer gesehen hat, Glück zu wünschen. Ich bin nicht nach Umm el Gemäl gekommen. In Damaskus, wo man die übertriebensten Vorstellungen von der Gröfse und Schön- heit dieser Stadt hat, weil aufser den kurdischen Basbuzuk nicht leicht ein Damascener hinkommt, glaubte man es kaum, dafs ich nicht dort gewesen, und da nach meiner Ankunft in Berlin auch mehrere Freunde der biblischen Geographie ihr Bedauern über diese Unterlassung aus- gesprochen haben, so will ich die Ursache angeben, oder, wenn man will, mich rechtfertigen, warum ich diese neben Bosrä und Salehat ge- wils merkwürdigste Stadt des südlichen Hauräns nicht besucht habe. Der Besuch von Umm el Gemäl war einer der Hauptzwecke meiner Reise gewesen und nur um seinetwegen war ich nach Bosrä gekom- men, von dem es noch sechs Stunden entfernt ist. Alles war zu dem kleinen Abstecher vorbereitet worden; wir hatten frische Pferde gemie- thet, um die unsrigen, welche sehr angegriffen waren, ausruhen zu las- sen, hatten Proviant auf vier Tage mitgenommen, weil ich im west- lichen Wädi el Butm und im Wädi el “Äkib — lauter unbekannte Gegenden, in die noch kein Europäer gekommen war — tabula rasa machen und keinen Ort unbesucht lassen wollte, und den ersten Mai früh brachen wir unter Führung des Scheich Sälim, eines Stamm- hauptes der Sirhän-Araber, den wir in Bosrä mit Eintreibung der Chuwwe beschäftigt fanden und in Dienst genommen hatten, nach Umm !) Dr. H. Kiepert, Ueber die Construction der Karte zu Consul Wetzstein’s Reise, Zeitschr. f. allg. Erdkunde. N. F. Bd. VII, p. 204. Anhang zu seinem Reiseberichte über Haurän und die Trachonen. 307 el Gemäl auf. Noch hatten wir Bosrä nicht eine halbe Stunde hinter uns, als einige Reiter uns entgegenkamen, unter denen ich schon von fern den alten Nahär el Meshür, Scheich einer Hamüle ') der S’a‘. län, erkannte. Er war das Jahr vorher in Begleitung F&sals, des Oberherrn der Ruwala, bei mir in Damaskus gewesen, und verwun- derte sich nicht wenig, mich auf dem Wege in die Wüste zu sehen. „Beg, beg, min &n zahart (wo kommst du her)?“ rief er aus. Wir erzählten ihm von unserer Reise und Muhammed Effendi, der seit unserem Nachtlager in den Zelten der Ribsän zwischen Imtän und "Enäk bei jeder Gelegenheit auf das Thema zurückkam, dafs er seine Lebtage keine häfslicheren Meerkatzen (Kurüd) gesehen, als die Wei- ber der Ribsän, fragte den Scheich Nahär, wozu man dieses nackte bestialische Volk, das Niemanden verstehe und von Niemandem ver- standen werde, aus der Wüste gezogen habe? „Zum Kampf!“ erwie- derte der Scheich, „heuer mufs sich entscheiden, ob die Nukra den Beni Zmer gehören soll oder den S’a’län ?).“ Auf unsere Frage, ob denn eine Verständigung unmöglich sei, rief der Mann aus, — in- dem er die Lanze gegen eine lange Reihe vorüberziehender Kameele ausstreckte, auf deren Rücken hunderte jener sonderbaren, nur bei den “Aneze gebräuchlichen Frauenzelte (el Katab) wie Kähne auf bewegter See hin und her schwankten —: „B£g, siehe jene Kameelheerden, seit sechs Tagen ziehen sie von Ost nach West, und nach zehn Tagen kannst du sie noch ziehen sehen. Die Ruwala sind wie die Heer- schaaren Gottes ®) geworden und das Land fafst nicht mehr die beiden Völker. Entweder wir besiegen die Beni Zmer und werfen sie hinaus in die Wüste oder sie besiegen uns. Ein Drittes giebt es nicht. Ein Abkommen wäre möglich, wenn es noch andere Weideplätze gäbe, _ aber wo sind diese in Syrien? Die Belkä ist angefüllt von den Stäm- men des Ahl es S’emäl, der Haurän von den Zub&d, im Merg brei- ten sich die Nu’&m und 'Ak&dät immer mehr aus und die hohen Getreidepreise eolonisiren die verödeten Dörfer, und in der Diret es S’umbul ®) sitzen Stämme, die ihre Weiden mit Musketenfeuer schützen.“ ') Hamüle oder Finde ist ein Stammzweig. ®) Die Beni Zmr (40; ‚g) sind ein Zweig der Wuld “Ali, und die $a'lan 4 FRTP A ( OR) ein Zweig der Ruwala, weil aber aus ihnen die Familien der beiden regie- renden Oberscheiche stammen, so stehen sie hier als pars potior pro toto. & 3) Die Heerschaaren Gottes, Gunüd Alläh, heifsen bei den Beduinen die Heu- s hrecken. *) Dieser bereits erklärte geographische Begriff bedeutet eigentlich die Gegend, man das Getreide nicht nach dem Mudd, dem Damascener Hohlmaalse, sondern nach dem S’umbul, einem gröfseren Hohlmaafse verkauft. Die Damascener Bauern 20* 308 J. G. Wetzstein: Als er hörte, dafs ich nach Umm el Gemäl wollte, sagte er: „Du wirst F£sal ') dort finden, und alle S’alän mit ihm; er erwartet einige nachziehende Stämme, um sich mit Uebermacht auf Muhammed’?) zu werfen.“ Die Nachricht, dafs Fesal bei den Cisternen von Umm el Gemäl lagerte, machte meiner Hoffnung, diese Stadt zu sehen, auf einmal ein Ende. Ich schiekte das Gepäck zurück, besuchte einige Ruinen in der Nachbarschaft und kehrte gegen Mittag nach Bosrä zurück. Zwar hatte ich schon beim Antritte meiner Reise gehört, dafs es in diesem Jahre zu Feindseligkeiten zwischen Fesal und Ibn Dühi kommen würde, nur hoffte ich zurück zu sein, bevor die Ruwala aus der Wüste kämen. Aber schon bei ‘Ormän traf ich mit ihnen zusammen. Ich stieg dort im Zelte des Fäiz ibn Gendal, Oberscheichs der Sawä- lime, eines Zweigs der Ruwala, ab, um mir von ihm einige Führer nach Imtän und Samma geben zu lassen. Als ich ihm das rothe Ehren- kleid umhängen liefs und sah, dafs er es sofort wieder abnahm und zusammenlegte, machte ich die Bemerkung, dafs es allerdings nicht gut genug für ihn sei; da zog er es wieder an und sagte, indem er mir die Hand drückte: Es ist nicht für den alltäglichen Gebrauch, aber ich werde es dir zu Ehren tragen in der Schlacht mit Ibn Dühi. Diese Bemerkung, verbunden mit dem Anblicke einer Anzahl eiserner Panzer- hemden, die vor dem Zelte des Scheichs ausgebreitet lagen, und den Mittheilungen der Leute, die wir als Führer mitnahmen, liefsen uns an dem Ausbruche des Kriegs nicht mehr zweifeln. Hätte ich nun die Zelte Fesals bei Umm el Gemäl besucht, so würde ich zwar bei diesem eine vorzügliche Aufnahme gefunden haben, nicht nur, weil wir uns persönlich kennen, sondern auch weil Fesal der gastfreieste und hochherzigste Araber ist, wie er zu den reichsten und mächtigsten Fürsten der Steppe zählt: aber ich mufste ihm dage- gen auch den Ehrenmantel geben, und diese nach dortiger Anschauung bedeutende Auszeichnung konnte unter den damaligen Umständen leicht an zwei Orten gemilsdeutet werden. Einmal von Seiten der Damas- cener Regierung, denn obschon diese an dem Streite zwischen Muham- med und F£sal nicht unschuldig ist, insofern sie dem Letztern die zeit- sagen dafür sehr oft auch Diret el Gebes, d. h. die Gegend, wo man die Wasser- melonen nicht Battich sondern Gebes nennt. -6- ı) Fösal (Juar2) ibn Näif ibn S’a’län, das gegenwärtige Oberhaupt der -.) Ruwala (N). ?) Muhammed ibn Dühi ibn Zm£r, das gegenwärtige Oberhaupt der Wuld "Al. Anhang zu seinem Reiseberichte über Haurän und die Trachonen. 309 her von Muhammed besorgte einträgliche Spedition der Mekkapilgerfahrt zusagte, wenn er diesen aus der Nukra vertreiben würde, so überwacht sie doch alle Handlungen der Damascener Consuln zu eifersüchtig, und hat sich über deren Eingriffe in ihre vermeintlichen Prärogative schon zu oft in Constantinopel beklagt, als dafs sie nicht meinem Besuche im Lager F£sal’s die Absicht, in dieser Fehde meinen Einflufs geltend zu machen, untergelegt haben würde. Aber mehr noch mulfste ich bei einem solchen Schritte fürchten, den Scheich Muhammed zu ver- letzen. Seit länger als sechs Jahren besteht zwischen mir und ihm ein inniges Freundschaftsverhältnifs, welches mir — abgesehen von den unvergelslich schönen Herbstabenden, wo ich, mit ihm auf der Terrasse meines Landhauses in Sekkä sitzend, seinen Erzählungen vom Leben in der Steppe, von seinen Siegen und Niederlagen lauschte, — auch von grolsem materiellen Nutzen für meinen Grundbesitz im „Wiesen- lande“ gewesen ist, wohin sich alljährlich gegen Ende August Muham- med’s Stämme mit ihren Kameelheerden ziehen, um die westlichen Ufer der Seen abzuhüten. Dann wird fast sechs Wochen lang zwischen den oben erwähnten Ortschaften Kufren und Ged£&de der „Markt der Beni Zm£r“ abgehalten, der in einem grolsartigen Tauschgeschäfte zwischen den Beduinen und den Damascener Händlern besteht. Während dieser Zeit leiden die benachbarten Dörfer furchtbar. Zwar verhindert Muhammed offenbare Räubereien seiner Beduinen, aber jedes Dorf hat allabendlich wohl fünfzig und mehr Gäste, die für sich und ihre Pferde Essen und Fütterung (Gerste) verlangen. Die dadurch verursachten Unkosten belau- fen sich alljährlich im Durchschnitt beider Gemeinde von Ged&de auf20,000, von Gaidije auf 15,000, von Der Selmän auf 25,000, von Harrän auf 30,000, von “Abbäde auf 33,000 Piaster; im Defter (Communalausga- ben-Buch) von Higäne waren diese Avanien mehrere Jahre hindurch mit 50 bis 55,000 Piastern (gegen 1000 Dukaten) notirt, bis diese Ort- schaft darüber zu Grunde ging und vor fünf Jahren von ihren Ein- wohnern verlassen wurde. Zwar liegen die von mir aufgebauten und bevölkerten Dörfer Gassüle und Sekkä näher gegen Damaskus, als die genannten, aber auch sie würden sich der beschwerlichen Gäste nicht erwehren können, wenn diese nicht das Freundschaftsverhältnifs respee- tirten, das zwischen mir und ihrem Scheich besteht. Damit also dieses für mich so werthvolle Verhältnifs durch kein Mifsverständnils gestört würde, das war der hauptsächlichste Grund, welcher mich angesichts des Kampfes, der zwischen Muhammed und F&sal unvermeidlich aus- brechen mulste, verhinderte, des Letzteren Gast zu sein, um die Rui- _ nen von Umm el Gemäl zu sehen. 3 So viel über die Ursachen meines Nichtbesuchs dieser Ruinen. Lei- der aber hat die Beantwortung dieser nur Wenige interessirenden Frage # 310 J. G. Wetzstein: eine neue angeregt, die von allgemeinerem Interesse ist, und Mancher dürfte es mir verargen, wenn sie unbeantwortet bliebe; ich beschliefse daher diese Nachrichten mit einer kurzen Beschreibung des später er- folgten Ausbruchs der Feindseligkeiten zwischen den genannten beiden Wanderstämmen der "Aneze. Vielleicht möchte auch die Zugabe eines frischen Bildes aus der lebendigen Gegenwart neben dem farblosen Theile dieses archäologischen Anhangs nicht überflüssig sein. Als es in Damaskus bekannt wurde, dafs sich Ibn Dühi in Gölän, wo seine Heerden weideten, zum Empfange des Gegners rüstete, mit einigen hauränischen Drusenfamilien Verträge schlofs und Zuzug aus der Belkä erhielt, schickten die Dorfgemeinden aus Gedür Boten über Boten an die Damascener Regierung, um Schutz flehend gegen die Verwüstungen eines Krieges zwischen zwei barbarischen Völkern, vor deren entfesselter Habsucht kein Lumpen sicher war, deren Pferde und Kameele die anstehenden Erndten niedertreten und das vorräthige Ge- treide auffressen mulsten. In Damaskus steht das Ordu von Arabistän, ein stattliches Armee- Corps, das nach Abzug der Beurlaubten und der detachirten Garnisonen von Haleb, Homs, Balbek, B£rüt, Der el Ka- mar, Akkä und el Kudus (Jerusalem) immer noch gegen 9000 Mann Truppen aller Waffengattungen zählt, und da im Lande selbst die tief- ste Ruhe herrschte, so glaubte man allgemein, es würden zum Schutz der Dörfer ein paar Bataillone mit einigen Kanonen, vor denen die Beduinen gewaltige Scheu haben, nach Gedür commandirt werden. Durch eine solche Mafsregel würden die Beduinen genöthigt worden sein, entweder ihren Streit in der Wüste auszufechten, oder sich noch einmal zu verständigen und in Frieden neben einander zu weiden. Leider geschah von Seiten der Regierung Nichts. Ich will weder dem Civil- noch dem Militär-Gouverneur deshalb einen Vorwurf machen, denn da diese Dignitäre bei dem gegenwärtigen Verwaltungssysteme der Türkei fortwährend wechseln, so lernen sie kaum Damaskus kennen, und haben keine Zeit, sich mit den Zuständen der weitläuftigen Pro- vinz bekannt zu machen. Bei alledem aber war die Regierung doch nicht ganz und gar ruhiger Zuschauer geblieben. Einige diplomatische Senatoren hatten den Rath gegeben, die gute Gelegenheit mitzunehmen, um von beiden Seiten zu profitiren. Man sagte F&sal nicht nur die Spedition der Mekkafahrt, sondern selbst die streitigen Weideplätze zu, wenn er den Wudi erlegte. Der Wudi ist eine Abgabe in natura, wel- che die “Aneze zur Zeit der ägyptischen Dynastie an Ibrahim Pascha zu zahlen hatten. F£sal, dessen Vorgehen gegen Muhammed ibn Dühi deshalb den Anschein der Gewaltthätigkeit hatte, weil dieser die Wei- den in Gölän durch das Recht eines erblich überkommenen und unbe- strittenen Niefsbrauchs besafs, war erfreut, seine Ansprüche von der Anhang zu seinem Reiseberichte über Haurän und die Trachonen. 311 Landesregierung unterstützt zu sehen und verstand sich zum Wudi. Man einigte sich über 400 Kameele und 20 Pferde, die sofort gegeben wurden. Muhammed safls gerade beim Gouverneur von Damaskus, als diese Nachricht ankam, und er soll darüber nicht wenig erschrocken sein, denn die Erlegung des Wudi war eine Anerkennung der türki- schen Oberhoheit. Aber seine Lage war zu kritisch, als dafs er sie durch Unfügsamkeit noch verschlimmern durfte und da man es an gu- ten Versprechungen nicht fehlen liefs, so unterwarf er sich der Abgabe unter denselben Bedingungen, wie F@sal. Hätte der Mann ahnen kön- nen, dafs die Regierung beide Theile sich selber überlassen wollte, so würde er nicht ein Zugeständnifs gemacht haben, wegen dessen er, zu seinen Stämmen zurückgekehrt, manche Demüthigung erfahren mufste, denn obschon Oberscheich der Wuld "Ali ist es ihm doch niemals ge- lungen, die lockeren Bande, welche seine Stämme zusammenhalten, so straff anzuziehen, dafs er denselben seinen Willen als Gesetz aufnöthi- gen könnte, und nur dem Beistande seines gefürchteten Schwagers, des Sälih et T&jär, des „Vaters der "Aneze“ (Abü ’l 'Aneze), wie ihn die Beduinen nennen, verdankte er es, dafs der Wudi zusammenge- bracht ‚wurde. Anders ist es mit F£@sal, welcher seine Ruwala mit eiserner Hand zusammenhält und bei ihnen Herr über Leben und Tod ist. Als beide Theile sahen, dafs ihnen der Wudi nichts genützt hatte, sehritten sie zum Kampf, und es gab von Mitte Juni an fast täglich kleinere Gefechte, unter denen eines bei der Ortschaft Nawä, wo auf beiden Seiten nahe an 200 Leute getödtet wurden, das gröfste war. Unterdessen gelang es Fesal, mit schweren Opfern eine Coalition der Drusen des südlichen Haurängebirges zu Stande zu bringen und von ihnen eine Verstärkung von mehr als tausend Musketenschützen zu er- halten, worauf er sich zu einem Hauptschlage anschiekte und da Mu- hammed nicht ausweichen konnte, so kam es am Feierabende (Jöm el Wakfe) des Opferfestes (den 19. Juli 1858) am Hügel Göchadär ( „0 Se } 5) in Gedür, zehn Stunden südlich von Damaskus, zur Schlacht, die damit begann, dafs 34 Drusen, sämmtlich aus Magdel in Galiläa gebürtig, die mit ihrem Scheich "Abbäs Ferhät zu F£sal stolsen wollten, von Sälih et T&jär, in einer Entfernung von 14 Stun- den vom Schlachtfelde bei Sonnenaufgang aus dem Hinterhalte über- fallen und erschlagen wurden. Bei dieser Affaire fiel der Sohn des Salıh. Hierbei mufs ich erwähnen, dafs die Drusen in diesem ganzen Streite eine eigenthümliche, in der Geschichte selten vorkommende Rolle gespielt haben. Im Allgemeinen haben sie mehr Sympathie für Fesal, der ein edler Charakter und in Syrien sehr beliebt ist, woge- 312 r J. G. Wetzstein: gen sie Muhammed das Blutbad von Kr&je nicht vergessen können }), Auch schlossen sie sich jetzt in der Mehrzahl F@sal an. Aber auch Muhammed hatte seine drusischen Bundesgenossen. Man würde sich irren, wollte man daraus auf eine Spaltung unter den Drusen schlies- sen, denn es ist Thatsache, dafs ihre Häupter, wenige Tage bevor sie sich zu den beiden Beduinenlagern begaben, zu einer Berathung in Kanawät versammelt waren und sich dann auf's Herzlichste unter einander verabschiedet hatten. Es giebt nur zwei Möglichkeiten, die Sache zu erklären. Entweder verkauften die Drusen ihren Beistand an den Meistbietenden, oder, was der eben so klugen als kühnen Po- litiik der Chalwe ?) mehr entsprechen würde, wollten sie, indem sie beiden halfen, beide Theile decimiren, um den Bruch zwischen Fesal und Ibn Dühi unheilbar zu machen. Den Drusen sind nämlich die Ruwala sowohl als die Wuld Ali äufserst unbequem und seit langen Jahren sehen sie mit Scheelsucht auf die Contributionen, welche beide Stämme in den Dörfern der Nukra und Gedür alljährlich erheben, da sie selber daselbst brandschatzen möchten, wie ihre Vettern vom Gebel es S’üf (dem südlichen Libanon) im Litäni-Thale. Wie dem auch sei, in dem Treffen am Hügel Göchadär hatten sich die drusischen Hilfs- truppen beider Heere so postirt, dafs sie nicht mit einander handge- mein werden und nicht einander beschielsen konnten. Es ist für den Europäer nicht ohne Interesse, die Zusammenstellung eines Heeres der ‘Aneze zu kennen. Den vornehmsten wenn auch !) Muhammed hatte vor zwölf Jahren eine Fehde mit Ismail Atras, dem da- maligen Scheich von Kreje, lockte eines Tages durch verstellte Flucht die Männer in die Wüste, überfiel dann die von ihren Vertheidigern entblöfste Stadt aus dem Hinterhalte und tödtete 74 Personen, alles Weiber und Kinder. Zwar wulfste er sich später dadurch Verzeihung dieser Gräuelthat zu verschaffen, dafs er eines Morgens mit seiner ganzen Familie barfufs und unbewaffnet im Hause des Isma‘il erschien, und diesem schweigend einen Strick überreichte, den er sich mit dem andern Ende um den Hals geschlungen hatte (vergl. 1. Kön. 20, 31. 32), womit er sagen wollte, dals er sich mit seiner Familie zum Strang verurtheilt habe und zur Execution stelle. Ein solcher Act kann seine Wirkung auf den Araber niemals verfehlen, am wenig- sten auf den Drusen, den Religion und Erziehung lehren, Entsagung, Beherrschung der Leidenschaften und das Streben nach glänzenden Tugenden (Fachr) als die höchste Stufe menschlicher Vollkommenheit zu betrachten. Isma’il Atras verzieh die- ser nachdrücklichen Appellation an seine Hochherzigkeit den Tod seiner Verwandten und Freunde (er selbst hatte zwei jüngere Brüder verloren) und da er bald darauf Kreje seinem Bruder Käsim abtrat und die Stadt ‘ire colonisirte, schien es, als wollte er die Sache auch vergessen. Aber ein Druse vergifst nie. Er war der Erste, welcher mit seinen Schützen vom Gebirge Haurän herabstieg, um sich mit Fesal zu vereinigen. -0r 2) Chalwe (5) nennt man die gewöhnlich einsam gelegenen Gebäude oder Höhlen, in denen sich die Häuptlinge der Drusen und die in die religiösen Myste- rien Eingeweihten (el Ukkäl) zu wichtigen Beschlüssen und religiösen Uebungen ver- sammeln. Anhang zu seinem Reiseberichte über Haurän und die Trachonen. 313 nicht den gröfsten Theil desselben bildet die Kavallerie (Chel), auch Lanciers (Ahl er Rimäh) genannt. Sie sind mit Lanze und Schwert bewaffnet, mitunter noch mit einem Karabiner, den sie aber nur in der Noth und selten öfter als einmal abfeuern. Alle Anführer tragen eiserne Helme und eiserne Ringelpanzer, die mit grofser Sorgfalt ge- arbeitet sind und aus Persien kommen. An der Spitze der einzelnen Reiterhaufen stehen die Fedäwije oder dem Tode Geweihten; sie sind meist schwarze Sklaven von athletischem Körperbau und grofser Kühnheit. In dem Stamme selbst geboren sind sie stets bereit, sich für die Ehre desselben zu opfern. Die Reiterei beginnt immer die Schlacht und läfst dem übrigen Heere Zeit, seine Stellungen einzuneh- men. Dieses besteht aus Kameelreitern (Delläle) und Fufsvolk (Zulm). Die ersteren reiten das leichtfülsige Delül je zu Zweien, von denen der Vordermann mit einem kurzen Spiels und der Hintermann (Merdüf) mit einer Luntenflinte bewaffnet ist. Im Treffen angekom- men, springen sie vom Kameel, und während die Schützen sich Brust- wehren (Metäris) von Stein oder Erde machen und am Boden kauernd ihr Feuer eröffnen, bemühen sieh die Vordermänner neben der Beauf- sichtigung der Kameele nach antiker Weise die herrenlosen Pferde auf- zufangen, Waffen und Beute aller Art zusammenzutragen, die Verwun- deten wegzubringen und den gefallenen Feinden den Gnadenstols zu geben. Geht die Schlacht verloren, so springen der Vordermann und sein Schütze wieder auf’s Thier und entfliehen. Vom Fufsvolk end- lich giebt es vier Arten von Combattanten. Die eine Art ist mit dem Chust, einem kurzen starken Spiefs, bewaffnet, und die andere mit der Kanwe oder steineichenen Keule mit diekem Kopf. Die dritte Art sind die Medrüb-Träger. Der Medrüb ist dieselbe in den Händen des Ara- bers so gefährliche Waffe, welche in den syrischen Städten und in Aegypten Nebbüt heilst. Diese gegen vier Ellen lange, aus einem eisen- festen Holze gemachte Stange ist an mehreren Stellen mit eisernen Ringen beschlagen, oder über Lederstreifen mit starkem Draht um- sponnen, damit sie beim Schlagen nicht zerbricht. Die vierte Art sind die Schleuderer. Die Schleuder (Miklä‘) ist ein starker wollener oder härener Strick mit einem Keff, d. h. mit einer der hohlen Hand ähn- lichen Einlage von Kameelleder, in welche ein runder Stein von der Gröfse eines mittleren Apfels gelegt wird. Sie wissen damit ihr Ziel _ in weiter Entfernung zu treffen. Im Frieden bedient man sich der Schleuder zur Gazellenjagd und zum Schutze der Heerden gegen Raub- thiere. Aufserdem tragen alle vier Arten von Fufsgängern die 'Akfe, ein fast zwei Spannen langes krummes Messer, im Gurt, der ihr ein- ziges Kleidungsstück, den Leibrock, zusammenhält. Dieser besteht aus einem meist schwarz- und weilsgestreiften ziegenhärenen Zeuge, hat 314 J. G. Wetzstein: kurze Aermel und ist gerade so lang, um nothdürftig die Blöfse zu decken. Arme und Beine sind blofs und da sie im Kampfe auch weder Fufls- noch Kopfbedeckung tragen, so geschehen ihre Bewegungen mit einer grofsen Leichtigkeit und Behendigkeit. Treffen sie mit dem Feinde auf steinigem Terrain zusammen, &o wird auch der Stein in ihrer Hand zu einer gefährlichen Waffe. Geht aber eine Schlacht verloren, so wird gewöhnlich unter ihnen ein arges Blutbad angerichtet, da sie dann nur auf die Schnelligkeit ihrer Fülse angewiesen sind und weder durch ihre Bewaffnung, noch durch die Taktik gegen die sie verfolgende Rei- terei geschützt werden. Alle die genannten Arten bilden besondere Schlachthaufen , die durch Härät oder Gassen für die hervorbrechende oder sich zurückziehende Reiterei von einander geschieden sind, und einem alten Herkommen gemäls stehen sich im Treffen immer die glei- chen Waffen gegenüber. In dem Treffen am Hügel Göchadär ereig- nete sich die für uns wunderliche Erscheinung, dafs die Reiterei der Ribsän von Seiten der Ruwala und der Mesatta von Seiten der Wuld Ali sich 14 Stunde lang S’elfe an S’elfe') unbeweglich gegenüber- stand, beide in der Erwartung, dafs der andere Theil sich eine Blölse geben werde; da dies nicht geschah, schwenkten endlich die Ribsän rechts und die Mesatta links ab, ohne sich geschlagen zu haben. Den Schlüssel zu solehen Dingen würde uns nur ein Militär geben können, der den Beduinenkrieg praktisch studirt hätte *). Im Hintertreffen stehen gewöhnlich die Weiber und Mädchen, um durch die hellen Töne des Zalägit (Frohlocken bei Hochzeiten) die Männer zur Tapferkeit und Todesverachtung anzuspornen, denn Feldmusik haben die Aneze nicht. Ibn Dühi verlor die Schlacht. Sein Verlust betrug nach seinem eige- nen Geständnisse an Getödteten allein gegen 600 Mann, und er würde viel- !) Die S’elfe ist eine drei Finger breite, über 15 Spanne lange, flache zwei- schneidige Lanzenspitze. Man macht sie gern aus der Klinge des kurdischen Jata- gän und des altsyrischen Changar (hirschfängerartige Messer, die man im Gürtel zu tragen pflegte). 2) Ein Studium des Beduinenkrieges, das vielleicht seinen Nutzen, jedenfalls ‘sein Interesse haben dürfte, ist nicht schwer zu ermöglichen. Ein Offizier, welcher in dieser Absicht zu Fesal käme, würde gewils auf das Freundlichste empfangen wer- den. Er müfste sich Mitte September in das Lager desselben bei Damaskus bege- ben, zöge mit ihm während des Herbstes und Winters von Weideplatz zu Weideplatz und würde bis Anfang Mai, wo F@sal wieder in Syrien ankommt, zwischen dem Wädi Rägil und dem S’att el "Arab Länder und Völker sehen, die noch kein Europäer gesehen hat, wobei sein Wunsch, den Wüstenkrieg zu studiren, vielleicht mehr als ihm bequem in Erfüllung gehen würde. Denn seitdem Ibn Resid, der wahhabidische Gouverneur im Lande Häil (dale)), vor vier Jahren nach einer 30tägigen Kano- nade Besitz vom Göf genommen hat, das bis dahin unter F@sals Herrschaft gestan- den, haben die Feindseligkeiten zwischen diesem und den Wahhabiden nicht auf- gehört. Anhang zu seinem Reiseberichte über Haurän und die Trachonen. 315 leicht noch grölser gewesen sein, wenn nicht in dem Augenblicke, wo sich der Sieg auf Fesals Seite neigte, der oben bei Bosrä erwähnte Nahär el Meshür aus mir nicht bekannten Gründen sich von F&sal getrennt und mit seinen Leuten das Schlachtfeld verlassen hätte. Am nächsten Tage vereinigte er sich mit Ibn Dühi, der sich in einer bösen Lage befand, da er mit der Schlacht sein ganzes Lager und über 12,000 Kameele verloren hatte; die letzteren dadurch, dafs ein Reiterhaufen auf sie zurückgeworfen wurde, wodurch sie scheu gemacht nach allen Richtungen bin sich zerstreuten. Die meisten wurden noch während des Tages von den Gejät und S’täje und ihren Verbündeten, den Zu- bed, eingefangen. Diese Raubstämme hatten sich einige hundert Reiter stark in der Nähe des Schlachtfeldes gleichsam als die Raben, welche das Aas erwarteten, aufgestellt, und als sich Ibn Dühi’s Kameele zer- streuten, fingen sie viele derselben auf. Die G&jät allein hatten gegen 3000 erbeutet. Den Rest bekam Fesal, der die Wahlstatt behauptete, dadurch, dafs er nach Sonnenuntergang viele Feuer anzünden liefs, von deren Schein die Thiere angezogen und so eingefangen wurden. Hier möge noch eine Anekdote von rein arabischem Colorite Platz fin- den. Bei der Plünderung seines Lagers verlor Muhammed auch seinen Mansef, eine grofse muldenartige kupferne Schüssel, in welcher die Hauptmahlzeit des Tages aufgetragen wird. Als man sie zu Fesal brachte, wandte er sich ab und rief: Behüte Gott, dafs wir uns den Tisch ') aneignen sollten, der immer der Gastfreiheit und Armuth ge- weihet war! Er schenkte darauf einem im Lager anwesenden Bauer ein Kameel, auf dem dieser den Mansef seinem Eigenthümer zurück- bringen mulste. Dieser Act, durch den F@sal sich und Ibn Dühi gleich ehrte, war übrigens nicht das erste Mal, dafs dieser Mansef respectirt wurde. Ibn Dühi hatte ihn vor mehreren Jahren bei einem Damas- cener Kupferschmied bestellt und, als er fertig war, durch einige seiner Leute abholen lassen. Diese wurden zwischen Kiswe und Gabägib von den Beduinen des War ausgeplündert; aber den Mansef wollten die Räuber nicht nehmen. Sie sagten lachend: „nahn mö kadduh — wir können keinen so grolsen gebrauchen“, aber in der That schämten sie sich, einen Tisch zu rauben, dessen ungewöhnlicher Umfang auf die Gröfse der Gastfreiheit dessen schliefsen liefs, dem er gehörte. Nach dem Treffen nahm sich die Damascener Regierung nicht ohne politischen Takt entschieden der schwächeren Partei an, indem sie Fesal (natürlich nur im diplomatischen Wege der Ermahnung) an der Verfolgung seiner Vortheile gegen Muhammed verhinderte, welcher 4) Da der Mansef beim Essen auf die blo(se Erde gestellt wird, so ist er zu- gleich Tisch und Schüssel. 316 J. G. Wetzstein: sich nun gegen den See von Tiberias hinzog. Die drusischen Bundes- genossen verlielsen darauf die beiden Heere und gingen nach Hause. Sie hatten wenig Verluste gehabt, und von ihren gröfseren Scheichen waren nur zwei gefallen, einer aus dem Hause Hezime in Kefr el Lehä, der mit Muhammed, und der andere aus dem Hause Abü Fachr in Negrän, der mit Fösal gewesen war. Der Letztere beschenkte seine Drusen fürstlich, und denen unter ihnen, welche Wunden davon ge- tragen, setzte er Leibrenten aus. Muhammed gab sich jetzt alle Mühe, zur Fortsetzung des Krieges neue Bundesgenossen zu bekommen. Zuerst wandte er sich persönlich an "Akil, den Machthaber im Lande Galiläa '), mit dessen Beistand er ohne Zweifel den Kampf hätte wieder aufnehmen können, denn ‘Akil ist ein militärisches Genie, kann frei über das Contingent einer Menge Dörfer verfügen und würde gewils auch seine alten Freunde, die als gute Schützen bekannten Stämme des Gör (der Jordanniederung) mit sich fortgerissen haben, aber er schlug diesmal seinen Beistand ab. Von da begab sich Muhammed in die Bergfeste Tibnin zu ‘Ali Bey, Mutewäli-Scheich im Lande Besära, einem Nachkommen des berühm- ten Tähir el'Omar, welcher im Jahre 1185 arabischer Aera mit Abü Deheb Damaskus erstürmt hat. Aber auch bei ‘Ali Bey erreichte er seine Absicht nicht. Unterdessen hatten zwei andere Glieder seines Hauses ihr Glück versucht, seine Tochter Kerma und sein Neffe Muazzi. Die erstere, deren Mann, der erwähnte Sälih et T&jär, verwundet und deren Sohn getödtet worden, begab sich zu Fa’ör (,„e&), dem Fürsten (Emir) der Fadl, eines der edelsten Stämme Gölän’s, aber sie erlangte nur, dals der Emir einigen seiner Scheichs, die mit Muhammed befreundet ") Ist derselbe “Akil Aga, welcher den nordamerikanischen Capitain ‚Lynch im Jahre 1848 auf seiner wissenschaftlichen Expedition zum Todten Meere begleitet und ihm dabei nicht unwesentliche Dienste geleistet hat. Das dem Berichte der Expe- dition beigefügte Portrait "Akil Aga’s soll nach dem Zeugnisse derer, die ihn gesehen haben, sehr grofse Aehnlichkeit haben. Nach dieser Zeit war "Akil, wie alle syri- schen Delibäsije (Anführer von Landreitern) abwechselnd in Diensten und aulser Dien- sten. Im Jahre 1856 war er wieder einmal nach längerem Warten mit 150 Mann activ geworden, als er schon nach wenigen Monaten zu Gunsten des Kurdenhäupt- lings Muhammed Said von Neuem abgesetzt wurde; da ihm aber die Anwerbung und Equipirung seiner Leute viel Geld gekostet hatte, so erklärte er seinem Nach- folger, der mit einigen hundert kurdischen Reitern nach Tiberias gekommen war, dafs er nur der Gewalt weichen würde. Muhammed Said nahm den Fehdehandschuh auf und nach einigen Tagen kam es zwischen Beiden zum Kampf, in dem 82 Kurden, unter ihnen der Bruder des Muhammed Said, erschlagen und fast eben so viel ge- fangen wurden. Den Gefangenen gab 'Akil zwar die Freiheit, aber er hatte in die- sem Straufse aufser einer Menge für ihn werthvoller Waffen 114 Pferde erbeutet, die sein Eigenthum blieben. Die Regierung erneuerte darauf das Patent “Akils und setzte den Muhammed Said wieder ab, welcher sich später alle Mühe gab, Fesal gegen Ibn Dühi zu unterstützen, um sich durch seinen Beistand an "Akil Aga rächen zu können. N Anhang zu seinem Reiseberichte über Haurän und die Trachonen. 317 waren, gestattete, mit ihren Leuten zu den Wuld ‘Ali zu stofsen; er selbst zog es vor, sich nicht öffentlich für Muhammed zu erklären und mit dem ganzen Stamme am Kriege Theil zu nehmen. Glücklicher war Mu ’azzi, welcher sich zu dem in diesen Blättern mehrfach genann- ten 'Abbäs elKal’äni, Scheich von S’akkä, begab. Da man dort die Ursache seines Kommens ahnen konnte, so hatte man vor ihm das Haus des Scheichs geschlossen und man brachte ihm Essen und Betten auf die Strafse, denn durch seinen Eintritt (Duchül) in das Haus hätte er die Rechte eines Schützlings (Dachil) erlangt. “Abbäs versammelte nun seine Verwandten, die Aeltesten der Stadt und die Scheiche der Nachbarschaft zu einer Berathung über die Frage, ob man den Wuld “Ali helfen könne? Zwei Tage erwog man das pro und contra und da es schien, als werde sich die Versammlung für Nichtintervention entscheiden, so versuchte der Beduine sein Heil in einer Kriegslist. Er sprang in einem unbewachten Augenblicke in’s Haus und schlüpfte in’s Frauengemach. "Abbäs, der gegen einen solchen Versuch bestän- dig auf der Hut gewesen war, stürzte eiligst hinter ihm her, kam aber zu spät. Muazzi sals bereits auf den Betten, hielt ‘Abbäs die Okda ') !) Wenn ein Beduine als Dachil in ein Haus oder Zelt kommt, so nimmt er sein Kopftuch, die Keffije, ab, macht einen Knoten (“Okda) in dasselbe, streckt die- sen dem Hausherrn entgegen und spricht: anä dachilak d.h. ich komme als Schutz- suchender in dein Haus. Er bringt dann seine Klage vor, und will der Hausherr ihn schützen, so nimmt er mit den Worten „marhabäbak (sei guter Dinge!)“ das Tuch und löst den Knoten. Man hält den Ausdruck marhabäbak gemeiniglich für gleich- bedeutend mit der Grufsformel marhabä (u>.) „willkommen“; dies ist aber un- riehtig. Es ist in dem modernen Idiome ausschliefslich die Formel, mit welcher man einem Bittenden die Erfüllung seiner Bitte zusagt, und bei Gewährung des Asyls bil- den das Aussprechen dieses Wortes und das Lösen des Knotens ganz eigentlich den rechtlichen Act, durch den sich Jemand zum Schutz einer Person, Gemeinschaft oder Sache mit Gut und Blut so verpflichtet, dafs der andere Theil ein Recht auf diesen Schutz erhält. Diesen Act können andere Zusagen eben so wenig ersetzen, als sich 2. B. bei uns aus den Betheuerungen eines Liebhabers ohne den Act der Trauung eine legale Verpflichtung zu lebenslänglicher Treue ableiten läfst. Gelingt es dem Dachil, in’s Frauengemach zu dringen, und sich in die Betten einzuwickeln, so wird sein Anrecht auf Schutz stärker. Bei den hauränischen Drusen mufs er dann ge- schützt werden. Er ruft dabei dem Hausherrn zu: anä dachil “alä harimak, ich be- gebe mich in den Schutz deiner Frauen (Mutter, Frau -und Töchter), oder: dachilak! “ordi “ord harimak, ich fordere deinen Schutz! Meine Ehre ist die Ehre deiner Frauen, d.h. in demselben Maafse, als du deine Frauen schützen würdest, schütze mich! Kommt in der Wüste der Dachil zu einem Zelte in Abwesenheit des Be- sitzers, so bindet er sich mit seiner Keffije an den Zeltstrang, ohne in’s Zelt selber zu treten, und’ wartet, bis jener kommt und ihn mit dem Worte „marhabäbak“ los- bindet und in’s Zelt führt. Alle diese Förmlichkeiten sind aber nur da erforderlich, wo man in einer sehr wichtigen Sache, oder auf lange Zeit den Schutz verlangt. ' Den „kleinen Schutz“, der in der ganzen syrischen Wüste 35 Tage dauert, erlangt man schon durch den Eintritt in das Zelt eines Beduinen, oder dadurch, dafs man bei ihm gegessen hat. Haben daher Beduinen Jemanden in der Wüste geplündert, so erkundigen sie sich genau, bei wem er in den letzten drei Tagen gegessen, und A 318 J. G. Wetzstein: entgegen und rief: Meine Ehre, Scheich, ist die Ehre deiner Frau: schütze sie! Mit schwerem Herzen löste 'Abbäs die ‘Okda und sprach das inhaltsschwere „marhabäbak“ aus. Auf diese Weise erlangten die Wuld Ali durch die Klugheit des Muazzi den Beistand eines Mannes, dem an Energie und Treue wenige Drusen gleich sind. Den versam- melten Scheichs blieb nun nichts weiter übrig, als den Modus des Han- delns zu bestimmen, und noch an demselben Abende ritten die Boten zu den Drusen des südlichen Lega’s und des Gebirges, die als zu Ab- bäs’ Partei gehörig sich früher am Kriege nicht betheiligt hatten. Am zwanzigsten Tage nach dem Treffen von Göchadär zog “Abbäs mit zwanzig Fähnlein (Beirak, je zu 50 Mann) Fufsvolk und 500 Reitern von S’akkä über Stuhbe, Murduk, Rime und Negrän nach Zora, wo sich Ibn Dühl mit ihm vereinigen sollte, und da sich Fesal bei An- näherung der Drusen südlicher zog, so konnte diese Vereinigung leicht bewerkstelligt werden. Die Gawädire und. Hawärine (Bauern von Gödür und der Haurän-Ebene), welche zeither dem Kriege fern geblieben waren und aus Furcht vor gewaltsamen Requisitionen nur Sammlungen an Kleidern, Betten, Teppichen, Geschirren, Zelten und Getreide für den geplünderten Muhanımed veranstaltet hatten, fanden sich jetzt in Betracht seines wieder aufgegangenen Glückssternes ver- anlafst, einige hundert Reiter und Schützen zu den Drusen stolsen zu lassen, worauf man zur Offensive gegen Fesal überging. Die Wuld “Ali, Sirhän und die übrigen verbündeten Beduinen bil- deten das erste Treffen, die Drusen mit den Bauern das zweite. Ihr Fufsvolk bildete das Centrum und ihre Reiterei die Flügel. F&sal, dem jetzt kein Druse zu Hilfe kam, zog sich langsam gegen Süden zurück, und Muhammed folgte ihm ebenso in kurzen Tagemärschen nach. Es kam bei diesem Zuge zu keinem einzigen Handgemenge. Muhammed sah ein, dafs die Drusen nur durch das Asylrecht gezwungen ihm zu Hilfe gekommen waren; er wollte von dieser Hilfe keinen unedlen Gebrauch machen, und F£sal, dem der Hergang kein Geheimnils war, wollte sich ‘Abbäs durch Widerstand nicht zum wirklichen Feinde machen. Als er den Jermük überschritten und zwischen Abil und dem Wädi der Katarakte (es S’elläle) eine feste Position genommen hatte, machten seine Verfolger Halt, blieben zwei Tage stehen und kehrten dann zurück. Einige transjordanische Stämme theilten nun ihre Weiden mit Fesal, bis dieser gegen Ende October in die Steppe zu- rückkehren konnte. haben sie Ursache, dessen Rache zu fürchten, so geben sie sofort das Geraubte' zu- rück. Diese Frist basirt sich auf die Annahme, dafs die genossene Speise 34 Tage im Magen des Gastes liegen kann. So lange reist dieser also nach dem Gesetze des arabischen Gastrechts unter dem Schutze seines Wirthes, Anhang zu seinem Reiseberichte über Haurän und die Trachonen. 319 So endigte im Jahre 1858 der Streit zwischen den beiden Bru- derstäimmen, um sich wahrscheinlich bald in gröfserem Maafsstabe zu erneuern, da die Ruwala für ihre zahlreichen Kameelheerden die streitigen Weideplätze haben müssen. Muhammed führte nach Fe£- sals Rückzug seine Stämme an die Ufer der Wiesenseen, während er sich selbst zu den in der Diret S'umbul hausenden Sibä‘ begab, um diese mächtigsten aller westlichen "Aneze-Stämme zu einem Bündnisse gegen Fesal für das nächste Jahr zu bestimmen. Gelingt ihm dies, so dürfte er wohl Sieger bleiben, gelingt es ihm aber nicht, wie zu ver- muthen, so wird er, um sich Ibn Sa’üd’s Beistand zu versichern, wohl in den sauern Apfel beifsen und die wahhabidische Religion wieder an- nehmen müssen, zu deren Bekenntnisse schon sein Vater Dühi gezwun- gen worden war. Werden aber auf diese Weise die Wahhabiden nach Syrien gerufen, so können sich in diesem Lande, aufser grofsen par- tiellen Verwüstungen, Dinge von politischer Wichtigkeit ereignen. Es ist bekannt, dafs die Wahhabiden an Wahrhaftigkeit und Treue kaum von einem Volke der Erde übertroffen werden und ihr auf Einfachheit und Reinheit der Sitten basirter puritanischer Isläm hat für den den- kenden Muselmann um so mehr Verführerisches, je mehr die über- schwengliche Verehrung des Propheten und der Heiligen dem heutigen Muhammedanismus beinahe das Gepräge eines polytheistischen Cultus aufgedrückt hat. Auch habe ich unzählige Male von Damascener Ule- ma’s das Urtheil gehört, das Bekenntnils der Wahhabiden sei der wahre Isläm, und Herr Professor Dr. J. Petermann erzählte mir, dafs er dasselbe von den gelehrtesten Scheichs in Bagdäd gehört habe. vm. Capt. John Palliser’s Expedition nach den Rocky Mountains. Nach den Originalberichten zusammengestellt von E. G. Ravenstein. (Hierzu eine Karte, Taf. V.) Nachdem Capt. Palliser vom Unterstaatsseeretär seine letzten Instructionen erhalten hatte, reiste er am 16. Mai 1857 mit dem Geo- R logen der Expedition, Herrn Dr. James Hector, einem Schüler Mur- _ ehison’s, und Herrn John W. Sullivan von Liverpool ab. In Ca- nada stiels zu ihnen noch Herr Bourgeau, als Botaniker. Lieut. Thomas Blakiston, das vierte Mitglied der Expedition, hatte sei- nen Weg über die York Factory, Hudson’s Bai, genommen, und er- 320 E. G. Ravenstein: reichte Red River erst nach Palliser’s Abreise von dort. Am 12. Juni kamen die Reisenden am Fort William am Oberen See an. 1) Reise nach dem Red River, 12. Juni bis 11. Juli 1857. — Die Reise nach Fort Garry machte man so weit als thun- lich auf Kähnen. Am 23sten erreichte man die Landhöhe, und am 1. Juli kam man im Fort Frances an. Hier traf Palliser eine zahl- reiche Indianer-Deputation, deren Wortführer, trotz seiner eigenen Armuth und der Hungersnoth unter seinen Leuten, nicht um Geschenke bat, sondern nur zu wissen wünschte, was die Königin nach Aufhe- bung der grofsen Pelzgesellschaft mit den Indianern zu thun gedenke. Er schien besonders zu befürchten, dafs ihr Land ihnen mit Gewalt oder durch Hinterlist abgenommen werden möchte, wie es in den Ver- einigten Staaten geschehen. „Jagdthiere*, fuhr er fort, „findet man nicht mehr, und ohne Pelz giebt uns die Compagnie keine Waaren. Die kleinen Fische in den Seen fristen fast ausschliefslich unser Le- ben und viele von uns sterben Hungers. Man lehrte uns keinen Feld- bau und Ackergeräthschaften haben wir nicht.“ Palliser war froh, als nach langem Palaver die 200 Indianer, worunter 100 bewaffnete Män- ner, das Fort verliefsen. Am 8. Juli erreichte er Island Portage, von wo er ohne Uhnter- brechung bis zum Winipeg hinabfuhr und zu Fort Garry am 1lten ankam. ”. 2) Lieut. Blakiston’s Reise von York Factory nach dem Red River, Sommer 1857. — York Factory liegt am Hayes- Flufs, etwa 5 engl. Meilen von seiner Mündung. Bei günstigem Winde kann man während der Fluth noch 6 Meilen weiter hinauf kommen. Die Reise von York Factory in’s Innere wird in 42 Fuls langen Käh- nen gemacht, die aufser der Mannschaft etwa 56 Centner laden und 2 Fuls tief gehen. Jeder Kahn hat einen Steuermann, einen Schiffer und 6 bis 7 Bootsleute, meist half-breeds, die wenig baares Geld, aber desto reichlichere Nahrung erhalten, was bei ihrer harten Arbeit auch nöthig ist. Von der Factory bis zur Rock Portage, eine Entfernung von 124 Meilen, fliefst der Hayes-Flufs in einem tiefen Canal durch ein aus- gedehntes Alluvialland, wo, aufser im Flufsbett selbst, kein Stein zu sehen ist. Auf dieser ganzen Strecke mufs das Boot geschleppt wer- den, was bei leichter Ladung etwa 6 Tage erfordert. Von da an bis zum Winipeg-See besteht das nur wenig erhabene Land aus primiti- ven Gesteinsarten. Die ersten 40 Meilen, mit 20 Trageplätzen, neh- men 5 Tage in Anspruch. Man passirt dann die Seen Knee und Holey, und zwischen beiden vier andere Tragestellen. Bald darauf wird der Wepinapanis, den man hinauffährt, so enge, dafs die Ruder auf Capt. John Palliser’s Expedition nach den Rocky Mountains, 321 beiden Seiten festes Gestein berühren. Ehe man diese Flufsenge ver- läfst, passirt man noch einige beschwerliche Stromschnellen, und zu- letzt, bei den „Weilsen Fällen“, mufs das Boot $ Meilen weit trans- portirt werden. Einige Ellen vom Ende eines kleinen See’s liegen die Quellen des Echiamamis-Baches, der nach Westen fliefst und seine Schiffbarkeit zwei Dämmen verdankt, die, ursprünglich von Bibern erbaut, jetzt von den Bootsleuten, die vorbeikommen, unterhalten werden. Will ein Boot passiren, so reilst man einen Theil des Dammes ein, und nach voll- brachter Durchfahrt baut man ihn wieder auf. Der Bach fliefst meist durch Sumpfland, und die Weidenbäume auf seinen Ufern berühren sich fast über den Köpfen der Reisenden. Nach einer Reise von 358 Meilen erreicht man den Lea-Flufs und passirt hier die letzte der 35 Tragestellen. Von da nach dem Norway-House und Winipeg-See stehen der Schifffahrt keine Schwierigkeiten im Wege. Ersteres (400 Meilen) erreicht man von der Factory aus in etwa 3 Wochen, und von dort bis zum Red River, 300 Meilen weiter, gebraucht man im Durch- schnitt etwa 7 Tage. Den Rückweg aber, von Norway-House nach der Hudsons-Bay, kann man in 9 Tagen zurücklegen. 3) Reise vom Red River -nach Fort Carlton, Sommer 1857. — Am 21. Juli verliefs man Fort Garry, um nach Fort Ellice am Swan River zu gehen, wohin 4 Wagen und 10 Pferde mit Vor- räthen schon vorausgeschiekt waren. Man folgte der wohlbetretenen _ Strafse, überschritt die Flüsse Riviere qui grate und Sale auf Pontons und kam am 23. Juli in Pembina an. Der Flufs hat dem Fort gegen- _ über eine Breite von 80 Yards und ist 7 bis 12 Fuls tief. Eine ame- _ rikanische Land-Compagnie beabsichtigt, an der Mündung des Pem- >» De zu bina -Flusses eine Stadt zu bauen; bis jetzt aber ist das Land noch eine Wüstenei. Das Fort der Hudsons-Bai-Compagnie, wo die Expe- dition sich einquartirte, ist ein erbärmliches Blockhaus, und die ameri- kanische „Stadt“ ist nicht besser, hat aber trotzdem ein Postamt, das den Reisenden ein intelligenter half-breed als sehr „Aucky*“ anempfahl. Im Verein mit Herrn €. W. Iddings, einem amerikanischen Inge- nieur, der mit Abstecken von Ländereien beschäftigt war, bestimmte man einen Pfahl auf der Grenzlinie zu 48° 59’ 49" N. Br. St. Josephs (28. Sept.) ist gleichfalls eine neu angelegte Stadt, deren Bevölkerung aus amerikanischen und britischen half-breeds be- steht, die sich ihren Unterhalt meist durch Büffeljagd verschaffen. Wäh- rend der zeitweisen Abwesenheit der jüngeren Mannschaft ist der Rest en Angriffen der Sioux ausgesetzt, die letztes Jahr fast alle Pferde ahlen und eine Frau und den Schulmeister erschossen. Am 15. August kam man in Fort Ellice an, won wo ein Ausflug Zeitschr. f. allg. Erdk. Neue Folge. Bd. VII. 21 ba ch > , ue 322 E. G. Ravenstein: nach den sogenannten Roches Pereees unternommen wurde. Auf dem Wege dahin passirte man den Moose- (BElenthier-) Hügel, der ähnlich dem Turtle-Berge zwischen St. Josephs und Fort Ellice, mit dichtem Gehölz, Seen und Sümpfen bedeckt ist. Am Maus-Flusse entdeckte Dr. Hector am 20. August das erste Steinkohlenlager. Die Roches Percees selbst sind grotesk gestaltete Felsen, eine Folge des doppelten Einflusses von Wasser und Atmosphäre auf ungleich harte Schichten von Sand und Thon. Man traf hier eine Anzahl von Stone-Indianern an, berüchtigte Pferdediebe, deren Dienste man sich aber durch ein Geschenk von Büffelfleisch, an dem sie gerade Mangel litten, zu- sicherte. Am 7. September setzte man die Reise von Fort Ellice aus fort und begab sich nach den Qui appelle-Seen, wo die Hudsonsbai-Com- pagnie einen kleinen Handelsposten hat. Hier traf man ein grofses Lager von Cree-Indianern an. Selbst hier gab sich die Befürchtung eines Mangels an Büffeln kund, und der Missionär, der am Posten wohnt, selbst ein Indianer, räth sehr, seine Landsleute mit Ackerge- räthschaften zu versehen. Er selbst baute gutes indisches Korn, Gerste und Kartoffeln. Bis zum Moose Jaw Creek fand man täglich das nöthige Brenn- holz auf dem Wege, aber für die Strecke von dort bis zum Ellbogen des Saskatschewan nahm man auf Anrathen des Führers das nöthige Brennholz mit sich. Hier am „Ellbogen“ ist man im Herzen des Büffel- landes und die unabsehbare Ebene ist mit Heerden von 100 bis meh- reren 1000 Stück bedeckt. Der Saskatschewan-Flufs ist hier in Grölse und Wassermenge mit dem Missouri zu vergleichen, und selbst im September, wenn das Wasser am niedrigsten ist, ist er für Schiffe jeder Grölse schiffbar; ein Wagen ging beim Durchfahren in einer Tiefe von 16 Fuls verloren. In der Nähe fliefst der Aiktow-Flufs von Osten her in den Saskatschewan, und nach Dr. Hector’s Untersuchung ist derselbe für grölsere Boote bis zu den Qui appelle-See’n, und somit bis zum Red River schiffbar '). Am 8. October kam man in Fort Carlton an, wo Capt. Palliser die anderen Mitglieder der Expedition überwintern liefs, während er selbst nach Montreal zurückkehrte. 4) Arbeiten während des Winters 1857 —58. — Lieut- Blakiston, unterstützt von anderen Mitgliedern der Expedition beschäf- tigte sich mit magnetischen und meteorologischen Beobachtungen. ') So wenigstens steht im Reiseberichte. Aus der Routenkarte aber ersehen wir, dafs nur die Mündung des Flusses besucht wurde, und Herr Hind, Mitglied der canadischen Expedition, berichtet nach eigener Anschauung das Gegentheil. Wir wer- den. die Resultate von, Hind’s Reisen im Nächsten mittheilen. Per, Capt. John Palliser’s Expedition nach den Rocky Mountains. 323 Dr. Hector unternahm nach einem Ausfluge nach den dicht be- waldeten Thickwood-Hügeln, einer Terrasse von 500 Fufs Höhe, eine längere Reise nach dem Oberen Saskatschewan, um dort Anordnungen für den nächsten Sommer zu treffen und Leute zu engagiren. Er verliefs Fort Carlton am 14. December auf Hundeschlitten; einem Höhenzuge entlang, einer Fortsetzung der Thickwood Hills, und über zahlreiche Seen, worunter der Jackfish-See, an dem ein tempo- rärer Posten der Hudsonsbai-Compagnie liegt, erreichte er am sieben- ten Tage Fort Pitt. Letzteres verliefs er am 24. December und, die erste Tagereise ausgenommen, hielt er sich auf dem südlichen Ufer des Flusses. In den ersten Tagen nach seiner Abreise wimmelten die Ebe- nen von Büffeln, und eines Morgens traf er eine Indianerhorde, die hundert dieser Thiere in einer Umpfählung gefangen hatte und sie ohne Schonung abschlachtete. Das Land war theilweise mit kleinen Pappeln und in den Sümpfen bei Edmonton House auch mit Pech- tannen bewaldet. Edmonton House (30. Decbr. bis 9. Januar) ist eine Hauptstation und Sitz eines Hauptfactors der Hudsonsbai-Compagnie. Es steht auf einem hohen Punkte am linken Flufsufer. Die Häuser sind von Holz - gebaut und bestehen aus einem grofsen zweistöckigen Wohnhause, einem _ Waarenhause und den Blockhäusern der Leute der Compagnie und ihrer Familien. Das Ganze ist mit 20 Fuls hohen Palisaden umgeben und bildet ein unregelmäfsiges Hexagon, 100 Yards lang und 70 breit. Die Bewohner, 40 Männer, 30 Weiber und 80 Kinder, leben meist von Büffelfleisch, das oft 250 Meilen weit herbeigeschafft werden muls, und von Fischen vom St. Ann’s-See. Aufserhalb der Einfassung steht eine Windmühle; man baut ziemlich guten Weizen und ausgezeichnete Kar- toffeln; das Rindvieh kann den ganzen Winter im Freien bleiben. Der Flufs ist hier 200 Yards breit und die Ufer sind 160 Fufs hoch. Man findet Kohle, aber von schlechter Qualität. Der Weg von hier nach dem Rocky Mountains House führt über mehrere Hügelreihen, deren westliche Abhänge mit jungen Pappeln be- “wachsen sind, während man auf den östlichen und in den sumpfigen ‚Thälern zwischen ihnen Pechtannen findet. } Mountain House (14. — 26. Januar 1858) läfst sich etwa mit Fort _ Pitt vergleichen, nur ist es in sehr schlechtem Zustande, da es jeden Sommer verlassen wird und dann einigen indianischen Familien als "Wohnstätte dient. Der Saskatschewan ist hier 150 Yards breit und ein loser, grober Sandstein bildet 100 Fufs hohe Klippen, die den Flufs iberhängen. Auch hier findet man Kohle in einer Mächtigkeit von 'ufs. Die Temperatur fand Dr. Hector etwa 10° Fahrenh. höher mr 324 E. G. Ravenstein: als zu Edmonton zu derselben Zeit, was er den vorherrschenden Süd- west- Winden zuschreibt. Nachdem er alle nöthigen Anstalten für den kommenden Sommer getroffen hatte, ging Dr. Hector auf dem Eise des Flusses nach Ed- monton zurück. Kohlen fand er unterwegs an verschiedenen Stellen. Im Februar machte er von hier aus einen Ausflug nach der rö- misch-katholischen Mission am St. Ann’s- See, die in drei Dörfchen etwa 45 Häuser und eine nette Kapelle zählt. Die half-breeds bauen hier etwas Gerste und Kartoffeln, und man fängt jährlich 30— 40,000 etwa 4 Pfund schwere Fische im See. Am 15. März verliefs er Edmonton und ging auf dem Eise des Flusses abwärts. In der Nähe von Fort Pitt, das man am 21. März erreichte, lag der Schnee so tief, dafs man zum erstenmale sich ge- nöthigt sah, von Schneeschuhen Gebrauch zu machen. Eintretendes Thauwetter nöthigte unsern Reisenden, die weitere Reise zu Lande zu machen. Am 1. April erreichte er Jackfish-See, wo er Herrn Sulli- van antraf, der Fort Carlton in Folge von Mangel an Lebensmitteln verlassen hatte. Der Boden war nun ganz frei von Schnee, und Fort Carlton erreichte man am 8. April und fand dort die von Capt. Palli- ser am Red River engagirten Leute vor, die aber nahezu Hungersnoth litten. Man schickte daher Streifpartien auf die Büffeljagd. Am 7. Mai kehrte Dr. Hector nach Fort Pitt zurück, um die von ihm engagirten Leute in Empfang zu nehmen, die mit der jährlichen Boot-„Brigade“* der Hudsonsbai-Compagnie den Flufs herabkommen. Diese Boote gehen nur 14 Fuls tief, salsen aber doch zuweilen fest. 3) Arbeiten während des Sommers 1858. — Capt. Palli- ser kam am 4. Juni in Fort Carlton an, und bald darauf machte sich die Expedition (aufser dem Führer, Herr Sullivan, Dr. Hector und Herr Bourgeau, mit 28 Leuten) auf den Weg. Die Gegend bei den Eagle Hills und um den Lizard Lake ist anmuthig und meist mit Pappeln und Weidenbäumen belaubt, aber von hier bis zu einem See in der “Grande Coul&e* (24. Juni) ging der Weg über eine "holzarme Prairie, wo Büffelmist als Brennmaterial dienen mufste. Die Vorräthe an Fleisch waren aufgezehrt, das Wetter war kalt und stürmisch, und es regnete in Strömen; man jagte jedoch eine für den Bedarf hinrei- chende Zahl von Büffeln. Die Krankheit eines Dieners hielt die Ex- pedition hier bis zum 3. Juli auf. Das Wetter war noch immer sehr unfreundlich, und es fehlte nicht an argen Hagelschauern. Bis zum nicht schiff’baren Battle River (7. Juli) dehnte sich eine ärmliche, holz- und weidelose Prairie aus. Dr. Hector wurde hier abgesandt, dem Flufslaufe zu folgen, wäh- rend Capt. Palliser geradeaus ging. An der zweiten Furth finden sich ; Capt. John Palliser’s Expedition nach den Rocky Mountains. 325 Fichten, aber nur spärlich, obgleich sie früher in grolser Zahl und Ueppigkeit vorkamen. Es hat diese Abnahme ihren Grund in der Ge- - wohnheit der Indianer, aus den trivialsten Gründen die Prairie in Brand zu stecken und dadurch alles Bau- und Brennholz, das eine Quelle des Reichthums werden könnte, zu zerstören. In den Rocky Mountains selbst scheinen Waldbrände auch zuweilen durch den Blitz erzeugt zu werden. Hier erhielten die Reisenden einen Besuch von den Circee- Indianern, die, obgleich mit den Blackfeet alliirt, doch eine ganz ver- - schiedene Sprache sprechen. Sie sind arm, und keineswegs angenehme Gäste; die Pferde mufsten sorgfältig bewacht werden. Im Westen des Battle River bedeckt schwarze, 2 Fufs tiefe Pflanzenerde ein Substrat von Sand. Früher war hier ohne Zweifel Wald, jetzt aber findet man nur Prairie. Vom Dried Meat Camp aus (14. Juli) wurde Herr Sullivan nach Süden auf die Büffeljagd geschickt und das erjagte Fleisch getrocknet. Der Büffel-See in der Nähe ist etwa 9 Meilen lang und 7 Meilen breit und scheint ein wünschenswerther Punkt für eine Niederlassung zu sein. Am See selbst findet man zwar kein taugliches Holz, aber ganz in der Nähe, am schiffbaren Red Deer River und Medicine River, kom- men Weilstannen und Pappeln in Menge vor. An ersterem Flusse, unter 113° westl. Länge, fand man auch ein 14 Meilen langes Kohlen- feld, das an einer Stelle schon seit Jahren in Brand ist. Oberhalb des _ Kohlenlagers kommen Sandsteinfelsen und unterhalb weilser Mergel und Sandsteine vor. Am ?4sten campirte man an der Grenze des Waldes, zu Cache Camp, wo man alle für die weitere Reise nicht nöthigen Gegenstände verbarg. Man wartete hier auf Lieut. Blakiston, der von Fort Carl- ton aus den graden Weg gekommen war, aber nur wenig Munition brachte, da die Boote mit Mehl und andern Vorräthen nicht angekom- men waren. Am 30sten verliefs man das Camp ohne Lebensmittel, hatte aber das Glück, Tags darauf 16 Büffel zu erlegen, deren Fleisch man im „Slaughter Camp“ trocknete. Hier trennte man sich. Capt. Palliser und Herr Sullivan wandten sich nach Süden, Dr. Hector nach Westen und Nordwesten und Herr Bourgeau machte botanische Sammlungen. Lieut. Blakiston aber, der ‚sich vom Capt. Palliser in seiner militärischen Ehre gekränkt glaubte, unternahm auf eigene Faust eine Reise nach dem der Vereinigten Staaten-Grenze nächstgelegenen Passe ?). ") Lieut. Blakiston’s Berichte sind im „Blaubuche “ leider nieht mitgetheilt, ‘er hat jedoch den auf den letzten Theil seiner Reise bezüglichen Bericht, mit Karte, in Form einer Flugschrift zu Woolwich publieirt, nach welcher wir unter den Mis- cellen S. 340 ausführlichere Mittheilungen über seine Expedition folgen lassen. ” = in RR Ber 326 E. G. Ravenstein: a) Captain Pallisers Reise im Sommer 1858. — Bis zum niederen Saskatschewan oder Bow -Flufs ist das Land erbärmlich und nur einige Salzlachen kommen vor. Weiter südlich verbessert es sich merklich; die Thäler der zahlreichen Flüfschen sind gut bewaldet mit Tannen, Fichten u. s. w., und der Boden eignet sich recht wohl zum Ackerbau. Im Osten der Reiseroute jedoch, in der Prairie, ist das Land nutzlos, einige sumpfige Stellen ausgenommen. Am 8. August erreichte man die Grenze (49°). Die baumlose Prairie erstreckte sich nach Osten, so weit das Auge reichte; nur die Ufer des Belly-Flusses sind bewaldet. Ohne Aufenthalt kehrte män nach der Stelle, wo früher Bow -Fort stand, zurück. Dieses Fort ist nach wiederholten Angriffen der Indianer längst von der Hudsonsbai-Compagnie aufgegeben und nur die Reste der Kamine zeigen seine Lage an. Man findet hier zwar werthvolles Holz („Prush“, Pinus Banksia, Pech- und Rothtannen), aber das Flufsthal selbst wird von grolsen Lagern von Geröll ausgefüllt. Die Jäger, die Palliser zurückgelassen hatte, stellten sich hier ein, ohne aber Büffel gefunden zu haben; sie trafen blols auf einige Elenthiere und Hirsche. Am 18. August machte sich Capt. Palliser auf den Weg, das Felsen- gebirge zu überschreiten. Er folgte Anfangs dem Laufe des Kananas- kis-Flusses, passirte am dritten Tage zwei Seen, und durch einen von mächtigen Felsen gebildeten Engpals erreichte er den Culminations- punkt, die Wasserscheide zwischen den Bow- und Kutanie-Flüssen, 1885 Fuls über Bow-Fort und 5985 Fufs über dem Meeresspiegel. Die Herstellung eines Fahrweges bis zu diesem Punkte würde auf keine Schwierigkeiten stolsen; die im Wege liegenden, halbverbrannten Baum- stämme (Ueberreste von Waldbränden) liefsen sich leicht wegräumen. Auf der andern Seite des Culminationspunktes aber mufste man vom Pferde steigen und die Thiere über lose scharfeckige Felsstücke einen schroffen Abhang hinableiten. Weiterhin, bis zur Columbia Portage, bot sich kein ferneres Hindernifs dar, Massen von verbranntem Holze ausgenommen. Die Berge in der Nähe der Portage sind dicht bewal- det, und Capt. Palliser fand sich unverhoflt nahe bei dem See (2300 Fuls über dem Meere), aus welchem der Columbia-Flufs entspringt. Am 30. August kam man auf ein Lager oder Dorf von Kutanie- Indianern (49° 36’ N. Br.). Die Männer gehen beinahe nackt und die Weiber sind nicht viel besser bekleidet. Beeren sind fast ihre einzige Nahrung. Sie besitzen jedoch eine erstaunliche Anzahl von guten Pfer- den, und durch Zugabe einiger Stückchen Taback und Pulver und Blei brachte Palliser einen recht vortheilhaften Tausch zu Stande. Von hier aus führt ein bequemer Weg in acht Tagen nach Fort Colville. Am 6. September trat man in den Kutanie-Pals ein, der bedeu- ” Br . Capt. John Palliser’s Expedition nach den Rocky Mountains. 327 tende Schwierigkeiten darbietet. Ehe man den ersten Culminations- punkt überschritt, hatte man die Pferde zwei Stunden lang zu führen. Am Sten ging es durch Gehölz und Sumpf, und gegen Ende des Tages überschritt man unter heftigem Schneesturm den zweiten, gleichfalls schwierigen Culminationspunkt. Palliser kehrte dann nach Edmonton zurück, von wo die am Red River engagirten Leute mit den Booten nach Fort Carlton abgingen. b) Lieut. Blakiston’s Reise im Sommer 1858. — Am 12. August verliels er Bow-Fort und überschritt den Belly-River, dessen Flufsbett 4024 Fuls über dem Meere oder 202 Fuls unter dem umge- benden Lande lag. Der Flufs war 25 Yards breit und 3 Fufs tief, hatte einen raschen Lauf und rils granitische Rollsteine mit sich fort. Am Eingange des Passes angekommen, betritt man ein enges, von be- waldeten Hügeln eingeschlossenes Thal; der Weg führt Anfangs der grasbewachsenen Thalsohle entlang, dann durch dichten Wald. — Von dem Hero’s Cliff an (4100 Fufs) wird der Pfad steil, und bald kommt man in die Region der Felsen und Alpenpflanzen, harte rothe Sand- steine oder Quarzite herrschen vor. Die Wasserscheide liegt 5960 Fuls hoch, und ein schrofler Abhang von 1400 Fufs führt auf der andern Seite zum Flathead River, der durch ein liebliches, theilweise bewal- detes Thal fliefst. Auf der andern Seite ging es durch dichten Wald zum zweiten Culminationspunkt des Passes, 6100 Fuls. Gould’s Dome, der höchste Berg im Norden, hat eine Höhe von etwa 13,000 Fuls. Die Vegeta- tion war hier schön; eine columbische Ceder kommt in der Höhe von 3— 5000 Fufs vor, aufserdem Pechtannen, Banks’ Fichten, Balsam- Pappeln, Birken, Lärchen u. s. w. Entlang dem Wigwam-Flufs kam man zum Kutanie, der bier 60 Ellen breit und 4—6 Fufs tief ist. Beide Flüsse haben einen schnellen Lauf und ein steiniges Bett. Die Tobaceo- Ebene ist zum Theil bewaldet, zum Theil aber auch Prairie. Das Fort Kutanie der Karten besteht aus drei elenden Hütten, die von Händlern der Hudsonsbai-Compagnie während des Winters bewohnt sind. Fort Colville erreicht man von hier in 8 bis 10 Tagen zu Pferd, _ der Flufs ist jedoch in Folge vieler Stromschnellen und Wasserfälle nur schwer schiffbar. In der Nähe stiefs unser Reisender auf ein Lager von 150 Ku- tanie-Indianern in sechs Zelten. Sie bauen ein wenig Weizen und Erbsen, leben aber meist von Beeren. Sie hatten 12 bis 16 Stück Hornvieh und eine grolse Anzahl von Pferden. Jeden Frühling und Herbst gehen sie nach den Ebenen des Saskatschewan auf die Büffel- Jagd. Sie sind römisch-katholisch, ehrlich und betteln nicht. Am 2. September verliels Blakiston das Camp, um den südlicheren 328 E. &. Ravenstein: Grenz- (Boundary) Pals zu überschreiten. Ein Blick auf die Karte zeigt dessen Aehnlichkeit mit dem nördlicheren Kutanie-Pals: der erste Culminationspunkt ist hier 4070 Fuls, der zweite 6030 Fuls hoch. Am Ostende des Passes entdeckte Blakiston den grofsen Waterton-See, dessen Umgegend recht anmuthig ist und viel Wild birgt, unter andern auch den grauen Bär. Im See findet man grolse Hechte und Forellen. Ein Pafs geht von hier nach der Flathead Mission am Clark’s Fork. Am 10. September verliefs Blakiston den See und setzte seinen Rück- weg nach Edmonton ohne Unterbrechung fort. c) Dr. Hector’s Reise im Sommer 1858. — Am 3. August verliefs man Slaughter Camp und am 7ten erreichte man Bow Fort, und kam die letztere Hälfte des Weges durch ein theilweise bewaldetes Hügelland mit einer relativen Höhe von 500 bis 1000 Fufs. Der Hinter- grund des Forts wird durch ein kahles, 3—4000 Fufs hohes und un- besteigbares Felsgebirge gebildet; und etwa 11 Meilen über dem Fort wird das Thal durch ungeheure Lagen von Geröll geschlossen. _Weiter- hin erweitert sich der Flufs und bildet einen kleinen See; gefallene Baumstämme machten den Weg beschwerlich. Der untere Theil des Thales des Bow River durchschneidet recht- winklich fünf, aus Schichten von erystallisirtem, compacten und Fossi- lien enthaltenden Kalkstein gebildete Bergketten. Zwischen dem Grotto Peak und dem Cascade Mountain bildet das Thal ein kesselartiges Becken, über welches der letzte Berg steil 4521 Fufs ansteigt. Am 18ten kam man am Castle Mountain zum Eingang in den Vermillion Pals. Die Berge werden hier massenhafter und höher und bestehen aus weilsem und rosafarbenem quarzigem Sandstein, der stellen- weise fast in Quarzite oder feine Conglomerate übergeht. Man durchwatete den Bow-Flufs am 20sten und nach einem Mar- sche von 6 Stunden durch dichtes Gehölz erreichte man die „Land- höhe“ (539 Fuls über dem Flusse, 4939 Fuls über dem Meere), die eine ebene Fläche zwischen zwei schulterartigen Vorsprüngen der schnee- bedeckten Berge Lefroy und Ball bildet. Der Weg den Vermillion-Flufs abwärts ist gleichfalls günstig und nur einmal, in der Nähe des Kutanie, bildet das Thal einen Engpals, der aber leicht passirbar ist. Ueberhaupt würde die Herstellung einer Fahrstrafse vom Bow-Fort nach der Gabelung des Kutanie und Ver- million (3717 Fufs) auf keine Schwierigkeit stolsen, da nirgends schroffe Böschungen vorkommen. Dr. Hector wandte sich nun nach Norden und überschritt am 27. August die Wasserscheide zwischen den Kutanie- und Beaver Foot- Flüssen, — einen grolsen Sumpf, 3834 Fufs über dem Meere. Die Briscoe-Berge nahe dabei sind 2000 Fuls höher. Am Kieking Horse Capt. John Palliser’s Expedition nach den Rocky Mountains. 329 River wurde der Reisende durch den Tritt eines Pferdes verletzt. Einer seiner Leute bestieg jedoch den Hunters-Berg und sah im Südwesten der Briscoe-Kette ein offenes Land und keine Berge. Die Abwesen- heit von Indianern und von Wildspuren war auffallend. Der Thal- grund war sumpfig und man hatte mit grolser Mühe den Abhängen entlang zu klettern. Die Bäume sind meist jung; es giebt aber auch Ueberreste herrlicher Wälder von Cedern, Fichten und Pechtannen. Unter den Bäumen findet sich der stattliche Prush, manchmal 4 Ellen im Umfange; Ahorn sah man gleichfalls, und eine Menge von Beeren, die unsern Reisenden als Nahrung dienten. Am 31. August machte man sich auf den Weg nach der Wasser- scheide (5120 Fufs über dem Meere), die man am 2. September er- reichte. Der Kieking Horse River bildet eine Menge von kleinen Wasserfällen, und ehe man den Culminationspunkt des Passes erreicht, hat man 1000 Fufs auf die Entfernung einer Meile zu steigen. Die Wasserscheide selbst liegt in einem ebenen Thale, mit lichtem Pech- tannenwald bewachsen, und ein sanfter Abhang von 50 Fufs Höhe führt auf der östlichen Seite nach dem Bow River (3. September). An demselben Tage hatte man das Glück, ein Elenthier zu er- legen. Man traf auch eine Bande von Assiniboine-Indianern, die einen directeren Weg vom Saskatschewan gekommen waren. Das Wetter war kalt und man hatte viel Schnee und Gewitter. Nach einigen Ta- gen Rast machte man sich am 8. September wieder auf den Weg, ging das sanfte Thal des Bow River hinauf, und erreichte am zweiten Tage die von hohen schneebedeckten Bergen umgebene Landhöhe (6347 F.). Der Bow River fliefst hier aus einem See, dessen oberes Ende durch einen Gletscher gespeist wird, der weiterhin, in den obern Thälern des Balfour-Berges, mit einem herrlichen Eismeere zusammenhängt. Eine Gruppe von Quellen nahebei schickt ein Bächlein in den See, und ein paar Schritte weiter bildet eine andere Gruppe den Little Fork, den Nordarm des Saskatschewan-Flusses. Schnee lag trotz der warmen Mittagssonne im Schatten der Bäume. Der Weg abwärts ist Anfangs beschwerlich und während der ersten 2 Meilen steigt man 1000 Fufs hinab. Der Flufs fliefst durch ein zer- rissenes Thal, zwischen den Bergen Balfour und Murchison (15,789 F.); | letzterer ist den Aussagen der Indianer zufolge der höchste des Ge- birges. Am Great Fork des Saskatschewan angekommen wandte man sich nach links, um eine von den Indianern „das Eis“ genannte Localität = besuchen. Der Flufs hat eine beträchtliche Breite und fliefst durch _ ein weites, mit Schichten von Gerölle erfülltes Thal. Diese Gerölle sind mit Alpenpflanzen bedeckt, deren Samen wohl jedes Frühjahr das a 330 E. G. Ravenstein: Capt. Palliser’s Expedition. austretende Wasser von den Bergen herabführt. Nach einem Tage er- reichte man den Gletscher-See und am nächsten Tage den Gletscher selbst. Der See ist 7 bis 8 Meilen lang und durch Aufstauung des engen Thales zwischen den Forbes- und Lyell-Bergen gebildet. Das Thal oberhalb des See’s ist mit Gletschern erfüllt, welche mit den un- geheuren Eisfeldern, die alle benachbarten Berge bedecken, in Verbin- dung stehen. Der Fufs des Gletschers ist 4320 Fufs über dem See. Dr. Hector bestieg den Sullivan Peak, 7858 Fufs hoch, von wo er eine- herrliche Aussicht auf die Eismassen hatte, die im Süden und Westen die Berge umlagern und die Thäler erfüllen. Great Fork entspringt in einem Gletscher südsüdöstlich von hier, und der Fluls führt zu einem Passe nach dem Columbia, der früher wohl von den Trappers der Nordwest-Compagnie gebraucht wurde. Dr. Hector stieg nun das Thal hinab und erreichte die offene Ku- tanie-Ebene, wo das Thal sich erweitert (4020 Fuls); ein Berg west- lich der Ebene ist 8913 Fufs hoch. Wild ist hier häufig, und Büffel waren wenigstens früher nicht selten. Am Bighorn -Fluls angekommen (27. Sept.) machte man eine Woche Halt. Man findet dort sehr gute Weide. Das Wetter war unbeständig und es fiel einige Zoll Schnee. Brazeau Range besteht aus Kalkstein und ist auf der westlichen Seite bis zu ihren 2000 Fufs hohen Gipfeln bewaldet. Durch dichten Wald führte der Weg nach Mountain House (31. Sept.) und von dort erreichte man auf schon bekanntem Wege Edmonton House (7. Oet.). Unter- wegs hatte man einen Schneesturm, bei welchem 18 Zoll Schnee fielen. Am Edmonton House brachten die Mitglieder der Expedition, Lieut. Blakiston, der direct nach England zurückging, ausgenommen, den Winter zu, um im nächsten Sommer ihre Aufnahmen mit denen der Ingenieur-Offiziere in Britisch Columbien in Verbindung zu setzen. Wir geben schliefslich noch die wichtigsten der von Sullivan astrono- misch bestimmten Punkte. Die barometrischen Höhenbeobachtungen sind im Texte oder auf der Karte angegeben. Fort William . 2480 Bil Ns Bra-n89924 507, Wk Kort;EraneesiW) ne Aare ad BON ER Oberes Fort Garry .,:49 592.6 --- 96,52 Rule Pfahl auf der Grenzlinie ben Pembns N AI 96 1,A6n IE Port Bllice’.0'%,, 3:9500'24 32. 3m umr101r 48,7 ei Saskatschewan - Flufs, Ellenbogen d. Südarms 51 1 26 - - 107 37 30. - - Eoort (Oanltons.. +1. 952,83 0m 1er 0 ee Dried Meat Camp . . 52 24 29 - - 12 1845 - - Old. BawiFokba; ine Br ee er Er ’ BB 0 331 Miscellen. Leben und Sitten der Bogo’s. Nach dem im vorigen Hefte der Zeitschrift besprochenen Werke W. Mun- zinger’s skizziren wir im Folgenden das Leben des Bogo von der Geburt bis zum Tode. Liegt eine Frau in„Kindesnöthen, so wenden sich die ihr assistiren- den Weiber mit ihren Gebeten an die Jungfrau Maria, während der Vater seine Sandalen auszieht, um das Haus herumgeht und dasselbe mit der Fläche des Schwertes schlägt; mit Palmzweigen und Glocken wird Lärm gemacht, um die bösen Geister zu verscheuchen. Die Geburt eines Knaben wird von den Wei- bern mit fünfmaligem Freudengeschrei begrüfst; ein Mädchen empfängt man mit bedenklichem Stillschweigen, — wir haben schon bemerkt, dafs es für eine Fa- milie eine drückende Last ist, viele Töchter mit einer Aussteuer versehen zu müssen. An der Pforte des Hauses wird eiu Feuer angezündet, und die Mutter geht mit dem Kinde dreimal langsam auf dasselbe zu. Das Haus wird als ver- unreinigt betrachtet; es mufs durch Rauchwerk gereinigt werden, bleibt aber doch dem Vater und jedem Manne bei der Geburt eines Knaben vier Wochen, bei der Geburt eines Mädchens drei Wochen geschlossen. Uneheliche Kinder werden gleich nach der Geburt erstickt und an einem einsamen Orte begraben. Dem Neugeborenen wird der Kopf rasirt, mit Ausnahme eines Haarbüschels auf dem Vorderkopfe, und ihm ein Name beigelegt, gewöhnlich ein äthiopischer Heiligenname, oft aber auch ein muhamedanischer. Die Beschneidung wird an beiden Geschlechtern vollzogen, meist schon in der ersten Woche; doch wird sie bei Knaben zuweilen bis in’s fünfte Jahr ausgesetzt. Die Erziehung bezweckt nur, die Knaben muthig und die Mädchen mit den häuslichen Geschäften bekannt zu machen; lesen und schreiben kann Niemand. Wachsen die Kinder heran, so helfen die Mädchen der Mutter durch Mahlen und Wasserholen, und die Knaben fangen an, Kälber und Ziegen zu hüten. Die Eltern haben das Recht, die Kin- der zu verkaufen; doch fand der Verkauf schon früher meist nur hinter dem Rücken der Mutter statt, indem der Vater das Geschäft heimlich abmachte; den Bemühungen Munzinger’s ist es gelungen, die Unsitte ganz abzustellen. Der Knabe wird im 18ten, das Mädchen im 16ten Jahre mannbar. Die Grofsjährigkeit des Knaben wird durch ein besonderes Fest (Schingalet) gefeiert, gewöhnlich an einem Donnerstag oder Sonnabend in der Weihnachtszeit. Der Knabe begiebt sich dann vor Tagesanbruch in das Haus seines mütterlichen Öheims, der ihm die Haarbüschel des Vorderkopfes abrasirt, ihm seinen Segen giebt und ihn mit einer Lanze und einer jungen Kuh beschenkt. Dann zieht der Jüngling mit seinen Genossen sieben Tage lang bei seinen Verwandten umher und lälst sich von ihnen beschenken. Von dieser Zeit ab ist er rechtsfähig; er läfst die Haare wachsen und trägt die Frisur der Männer, Die Verlobung hängt lediglich von den Eltern ab; sie erfolgt meistens schon Br, im zarten Kindesalter, oder gar vor der Geburt. Die Verlobten weichen einander Jg aus; sie hüten sich, sich zu sehen oder zu sprechen. Das Rechtsgeschäft und den Güteraustausch, der mit der Verlobung verknüpft ist, haben wir bereits ge- 332 Miscellen: schildert, Am Tage der Verlobung schickt der Bräutigam seiner künftigen Schwie- germutter eine oder drei (stets eine ungerade Zahl) Bockshäute voll mit Wasser gemischter Milch als Zeichen der Blutsvereinigung. Zur Abholung der Braut wählt man einen Sonnabend, wenn sie ein Mädchen, und einen Sonntag, wenn sie eine Wittwe ist. Zu dieser Ceremonie vereinigt sich der Bräutigam oder, wenn er noch am Leben ist, der Vater desselben mit seinen Genossen, zieht vor das Dorf der Braut und besteht hier ein Scheingefecht gegen die Jünglinge des Dorfes. Die Aeltesten des Stammes der Braut ‚peenden den Kampf, indem sie der Genossenschaft des Bräutigams die Hand bieten und sie vor das Haus der Braut führen, Hier wird eine Kuh als Opfer geschlachtet, deren Fleisch von den Verwandten der Braut verzehrt wird, während Kopf und Knochen sorgfältig ver- graben werden. Die Genossen des Bräutigams nehmen die vom Kopf bis zum Fufs verhüllte Braut in Empfang, tragen sie in ihr Dorf und legen sie an der Schwelle eines neu errichteten Mattenzeltes nieder. Inzwischen bleiben die älte- ren Verwandten des Brautpaars in dem Dorfe der Braut zurück und berichtigen ihren Güteraustausch. Der Bräutigam stellt sich dann vor jenem Mattenzelt ein, mit verhülltem Kopf, er wäscht sich den ganzen Leib, schreitet dann über den Hals der Braut in die Hütte, zerbricht einen irdenen Topf und läfst die Braut sich zuführen. Unter Festlichkeiten und Schmausereien, an denen das ganze Dorf Theil nimmt, bleibt die Genossenschaft bis Montag bei dem Ehepaar. Erst wenn die junge Frau, zum Zeichen, dafs ihre Brautzeit beendet ist, auf der Scheitel die Kufiet befestigt hat — ein Silberstück in Form eines hohlen Fäfschens ohne Deckel von der Gröfse eines Ei’s, darf sie ungenirt ausgehen und arbeiten; bis dahin ist sie an das Haus gebannt, müfsig, und nicht blofs vor Fremden, son- dern auch vor dem eigenen Manne stets verhüllt. Auch der junge Mann darf während des ersten Monats das Haus nicht verlassen; das Gesicht seiner Schwie- germutter darf er nie sehen, nicht einmal ihren Namen aussprechen; ebenso gilt es für einen unerhörten Versto[s von Seiten der Frau, wenn sie den Namen ihres Gatten oder Schwiegervaters ausspricht. Die Frau ist gesetzlich rechtslos. Scheidungen sind leicht, und, wie es bei dieser Art der Eheschliefsung natürlich ist, nicht selten. Der Mann kann die Frau, wenn sie ihm nicht gefällt, fortjagen, und nach Jahresfrist ist sie berech- tigt, sich anderweitig zu verheirathen; ebenso wird die Frau ledig und frei, wenn sie dreimal geflüchtet ist. In der Ehe ist das Leben der Frau ein sehr einför- miges. Sie hält sich in dem ihr zugewiesenen Theile des Zeltes auf, speist auch nicht einmal mit ihrem Manne zusammen, wenn nicht etwa eine besondere Zu- neigung des letztern diese Sitte durchbricht, und beschäftigt sich mit Flechten von Matten und mit ihrem Putz; die Sorge für die Küche liegt den Mägden ob; die Kühe zu melken oder Getreide zu schneiden ist den Frauen sogar durch die Sitte streng verpönt. Auf Schmucksachen legen sie grol/sen Werth; silberne Ringe um Hand- und Fufsgelenke, goldene Ringe in dem Nasenflügel und in den Ohr- läppchen, silberne Kettehen in den Haaren, ein Halsband von Glasperlen mögen die Wohlhabenden nicht gern entbehren. Als Schminke dient ihnen frische Butter, Oel oder Fett, mit Specereien vermischt. Für das wirksamste Schönheitsmittel gilt aber ein Dampfbad: zu diesem Behufe werden im Zelte in eine tiefe Grube mit enger Oeffnung feuchte wohlriechende Holzarten gelegt, die im glimmenden Leben und Sitten der Bogo’s. 333 Zustande einen starken berauschenden Dampf verbreiten; über diese Grube setzt sich die in eine Wolldecke eingehüllte Frau und verweilt wol eine halbe Stunde in dem Dampf- und Schwitzbade, auf das eine unwiderstehliche Schlaflust folgt. Arme und reiche Frauen unterlassen ein solches Bad selten länger als drei Tage. Polygamie ist erlaubt, doch findet sie selten statt, wenn nicht einem Manne die Schwiegermutter oder Schwägerin als Erbschaft zugefallen ist. Dem Wunsche, sich durch die Heirath mehrerer Weiber zu bereichern, hält die Erfahrung die Wagschaale, dafs damit kein innerer Segen verknüpft ist. „Halte zwei Frauen!“ ist eine landesübliche Verwünschung. Die Sorge für den Unterhalt liegt dem Manne ob, der aufserdem noch eine Magd annehmen mufs, damit die Frau sich ungestört dem Müssiggange widmen kann. Die Bogo’s sind vorwiegend Hirten; in Heerden, namentlich von Kühen, deren Milch das Hauptnahrungsmittel bildet, besteht ihr Reichthum; doch nach den Raubzügen der Abessinier und Türken haben selbst die wohlhabendsten Bo- go’s nicht mehr als vier Heerden von je 50 bis 100 Häuptern; Pferde und Maul- thiere besitzen nur die angesehensten Häuptlinge. Fast das ganze Jahr hindurch zieht ein Drittel der Bevölkerung nomadisch mit den Heerden in den Bergen umher und lebt an den Weideplätzen unter Zelten von Palmmatten, die leicht ab- gebrochen und auf Ochsen weiter fortgeführt werden können; eine Dornhecke und grolse Feuer schützen während der Nächte das Vieh vor den Raubthieren. Das Melken ist Sache der Leibeigenen oder Tigre. Kühe zu schlachten, ent- schliefsen die Bogo’s sich nur selten, gewöhnlich nur bei Hochzeiten, bei einer Leichenfeier oder um einen vornehmen Gast zu ehren; das Fleisch von gefalle- nem Vieh wird überall gegessen und selbst geschätzt. Der Feldbau ist vernach- lässigt und beschränkt sich eigentlich auf Durra; Weizen und Gerste werden selten gebaut; von Gemüsen kennt man nur Bohnen und Kohl. Auf dem Granit- schutt des Hochlandes ist der Anbau mühsam; und der Mangel an fliefsendem Wasser tritt ihm überall hinderlich entgegen. Bei Mifsernten sammelt man wilde Früchte. Die Frucht des Tamarindenbaumes wird in Brödchen geknetet und nach Massua verkauft. Die Doompalme liefert das Material zu Matten, Körben und dgl. Der inländische Taback ist stark und wohlriechend, und das Rauchen ist unter Männern, Weibern und Kindern allgemein verbreitet. Die Häuser der Dörfer haben die Form eines umgestürzten Kessels. Sie bestehen aus einem Stangengerüst, sind von unten bis oben mit Stroh bedeckt und haben nur eine Thür. Das Innere wird durch einen Vorhang von Bast in zwei Theile geschieden. Der vordere Theil ist für die Besucher bestimmt. Hinter dem Vorhange befindet sich das in den Boden eingerammte geräumige Bett unter einem Mattenzelt, dem sogenannten Beitbeitora (Haus im Haus), nicht weit da- von der Feuerheerd, der aus drei. grofsen im Dreieck gestellten Steinen besteht, und ein Holzgerüst zum Aufbewahren der Habseligkeiten. Die Bettmatratze be- steht aus einem Flechtwerk von Palmenstäben, das mit einer rothgegerbten Kuh- haut überspannt ist; als Decke dienen die Kleidungsstücke. Im äufsern Hause neben der Thüre steht der Mahlstein, an dem die Mägde für den täglichen Ge- brauch das Mehl mahlen. Stirbt ein Bogo, so erhebt die Frau oder nächste Verwandte das Klagege- schrei, und ein Allarmruf trägt die Todesnachricht durch das Dorf und in die 334 Miscellen: Nachbarschaft. Alte Weiber waschen den Leichnam, parfümiren ihn und legen ihm einen weifsen Stein in den Mund. Für jede Frau, die der Verstorbene be- sessen, werden drei Töpfe Wasser über ihn gegossen. Dann wird der Leichnam in weilses Baumwollenzeug eingenäht. Inzwischen graben die Männer des Dorfes, gewöhnlich auf einem luftigen Hügel, ein 7 Fuls tiefes, schmales Grab. Die Be- erdigung selbst erfolgt innerhalb 24 Stunden. Der Todte wird auf ein tragbares Bett gelegt, die ganze Verwandtschaft schliefst sich dem Zuge an, die Weiber heulend und schreiend. Unterwegs setzt man die Bahre dreimal nieder. Nach- dem man den Leichnam und das Grab mit Wasser, worin Weihrauch aufgelöst ist, besprengt hat, zwängt man ihn in die enge Gruft hinein, legt den Kopf auf einen Stein und schliefst die Oeffnung mit platten Schiefersteinen. Um das Grab errichtet man einen 2 Fuls hohen Mauerring, und füllt das Innere mit weilsen Steinchen, die über die Mauer kegelförmig hervorragen. Ist der Todte durch das Schwert gefallen, so häuft man schwarze oder graue Steinchen auf. Die Grab- hügel der Häuptlinge sind oft 20 Fufs hoch; die Gräber der Frauen und Kinder sind kleiner. Diese Hügel werden mit grofser Ehrerbietung behandelt; man be- tritt sie nur, um einen feierlichen Eid zu leisten. Beim Begräbnifs und in den folgenden Tagen schlachtet jeder der Verwandten eine Kuh am Grabe, indem er ihr unter Ausstofsung kriegerischer Drohungen mit Einem Schlage die Hinterbeine abschlägt. Am nächsten Sonntage, am dreifsigsten Tage, ferner nach sechs Mo- naten und am Jahrestage wird in dem Hause des Verstorbenen wieder eine Kuh geschlachtet, am Jahrestage aufserdem im Hause ein tiefes Loch gegraben und Bier hineingegossen, „um das Leid zu begraben“. Die nächsten Jahrestage wer- den vom ganzen Dorfe durch Essen und Trinken gefeiert. Während des ersten Monats wird diese Erinnerungsfeier von den Lamentationen der Frauen begleitet, die in zwei Chöre getheilt sich respondiren. Die Weiber gehen eines hinter dem andern im Kreise umher, gesticuliren mit den Händen, werfen sich zur Erde; voran schreitet die nächste Verwandte mit dem blanken, hoch emporgehaltenen Schwerte und dem Schilde des Verstorbenen. Bei der Leichenfeier für Jünglinge oder Jungfrauen werden die bei Hochzeiten gebräuchlichen Weisen angestimmt. — Die trauernde Wittwe windet ihren Kopfschleier nach hinten, bekleidet sich mit einem rothwollenen Stoffe, streut sich Asche auf das Haupt und rauft sich die Haare aus. In den Nächten läfst sie ihre einsamen Klagelieder ertönen. Die Vorhänge, welche das innere Gemach abscheiden, werden aufgeschlagen und der Blick auf das Ehebett eröffnet. Die physische Beschaffenheit der Bogo’s beschreibt Munzinger folgender- mafsen: „Der Stamm der Bogo’s hat schünere, regelmäfsigere Züge als seine Nachbarn vom Tigre; er hat durchaus nichts Afrikanisches. Die Hautfarbe ist nuaneirt vom bleichen Gelb bis zum Schwarz, das aber noch weit vom Negerruls entfernt ist; die Nase eher lang und mit der Stirn gerade zusammengehend; die Augen durchgängig sehr lebendig, schwarz und braun; der Haarwuchs reich und vollständig, doch etwas grob, aber sehr verschieden von dem wolligen Haar des eigentlichen Negers, das in vereinzelten Büscheln aus dem Kopfe hervorschielst; der Mund gewöhnlich, die Lippen etwas voll, aber nicht aufgeworfen.“ Von dem früheren Christenthume sind den Bogo’s nur dürftige Erinnerungen geblieben. Zu den Ueberresten der beiden Kirchen (in Keren und Mogarech) ; Struve’s barometrisches Nivellement der Kirgisensteppe. 335 gehören erbliche Priester, die an den Hauptfesten zwei neben den Kirchen hän- gende Schiefersteine aneinanderschlagen, statt des Glockengeläuts. Religiöse Kennt- nisse besitzen sie nicht, und es ist selbst zweifelhaft, ob sie getauft sind. Die Namen Gott, Jesus und Dreieinigkeit gelten den Bogo’s als synonyme Ausdrücke für den Gottesbegriff. Bei anhaltender Dürre gehen die Frauen in Procession um die Kirche und singen: „Herr! erbarme dich unser! Christus!“ Auch die heilige Jungfrau wird allgemein verehrt, aber man weils nicht einmal, dafs sie _ die Mutter des Heilands ist. Der Sonntag heilst „grolser Sabbath“; aber der Sonn- abend wird durch Enthaltung von Arbeit gefeiert. Religiöser Brauch ist, sich des von Muhamedanern geschlachteten Fleisches zu enthalten. Hierin besteht das Christenthum der Bogo’s; gleichwohl nennen sie sich Christen. Wichtiger sind für das Volk die abergläubischen Satzungen. Durch einen Talisman schützt man sich gegen den Einflufs des bösen Auges, gegen Hexe- reien, Krankheit, Schlangenbifs und dergl. Den Scheichs im Samhar und in Barka schreibt man die Kraft, durch ihr blofses Gebet Glück oder Unglück zu bringen, und die Gabe der Weissagung zu. Allgemein ist der Glaube an Vor- zeichen: der Schrei des Schakals bedeutet Unglück; der Schrei der Hyänen in ungerader Zahl Glück, in gerader Unglück; Glück und Unglück wird angedeutet von gewissen Vögeln, je nachdem sie zur Rechten oder Linken des Menschen pfeifen. Die Träume werden sorgsam beachtet und gedeutet; alte Weiber wahr- sagen aus gewürfelten Muscheln. Auch der Glaube an die Butha oder Wehr- wölfe ist allgemein verbreitet. Die Begriffe der Bogo’s von „gut“ und „böse“ weichen von den unsrigen begreiflich sehr ab. Man achtet am Manne den persönlichen Muth, mag er im ehrlichen Kampf oder bei der Blutrache oder beim Raube hervortreten; aber auch die Schlauheit, die den Gegner mit glatten Worten überlistet, wird gepriesen. Reichthum und äufserer Prunk geben Ansehen. Im Allgemeinen sticht das Volk weder durch grolse Tugenden noch durch grofse Laster hervor. Ein wesentliches Hindernils des Fortschritts ist der Dünkel der Bogo’s, dafs sie an geistiger Be- gabung anderen Völkern voranstehen. Was bei ihnen geschieht, halten sie für gut; auf das Fremde sehen sie mit Verachtnng herab. —I: Struve’s barometrisches Nivellement der Kirgisensteppe zwischen Orenburg und dem Aral-See. Das von Struve im Jahre 1858 ausgeführte Nivellement bezieht sich auf die Linie, die von Orenburg längs der Berdjanka zum Ilek, dann längs dieses Flusses und seines südlichen Quellflusses, des Issenbai, über die Wasserscheide zur Emba geht und sich von dieser in südsüdöstlicher Richtung nach dem Steppen- fusse Tschegan, dann ostwärts zur nördlichen Spitze des Aral-Sees wendet. Die sultate desselben entlehnen wir dem Wjästnik der Kais. Russischen Geographi- schen Gesellschaft (Heft V, 1859). Orenburg selbst liegt 285 engl. Fufs über dem Spiegel des Oceans. - Di » Bi 336 Miscellen: Höhe in Bezug auf Höhe in Bezug auf den Orenburg. Spiegel des Oceans. Engl. Fufs. Engl. Fufs. Eins; Berdianka 2 no, —'8 Rd Quelle der Berdjanka. . . ». . . +146 —+ 431 Der Karawanen-See . . . In . Stada —+ 309 See im Thale des Flusses Tlek ter —+ 368 FinisoWara. Butak =. 2 an0en ce an Masın reed + 458 Rechtes Ufer des Dek .'. „ . ..-+197 —+ 482 Pals (owrag) Kuaii . . . . ...+.298 —+ 543 Flufs Ilek bei dem Berge Ach- Tuba —+ 308 —+ 593 Distriet Bisch Taman. . . . . . +442 —+ 727 Flufs Issenbai . . ar er te —+ 837 Pafs Karagandy ee ar tlhrb — 901 Rinis-Karapandy. . 2 un ea, 2 a ABU + 724 Hluls, Tomin sau et en ea ar Le —+ 618 Dehaltyr- Bagalyı 77059 Sa SEIT —+ 682 Hügel Bety Chodsha . . . .» .. +48 + 333 ‚Eluls:.Bmba... 2a 12 07 hr 208 20 00 en —+ 320 Kiuls Dshamdy... 2. 222.02. 05 002.0 . -+349 District Kın-Ssuat. ... 0... 0... 321 —+ 606 Quellen am Karagetau . . . . . +49 —- 783 Flufs Tschegan . . . | —+ 256 Cisternen im Pafs Arifs u 2 nn SO —+ 205 - Kul-Kuduk. . . . ..— 295 — 10 - ind. Sandwüste Kisil ee — 75 + 210 - Tiubja-Kuduk .... ...... da —+ 358 - ind. Sandwüste Schen-Tschagyl + 89 + 374 Niveau des. Aralsees \,. wu. 0.0 .— Ad —+ 48. Der Weg steigt also von Orenburg längs des Ilek und Issenbai regelmälsig an und erreicht seinen höchsten Punkt auf der Wasserscheide zwischen diesem Flusse und dem System der Emba, 900 Fufs über dem Meeresspiegel. Im Flufs- gebiete der Emba steigt man dann 'allmählich abwärts, bis man den Flufs selbst in einer Höhe von 320 Fufs über dem Meere erreicht. Im Osten desselben streicht der Höhenzug, der das Gebiet der Emba von dem Steppenflusse Tsche- gan trennt, welcher letztere der Sandwüste Bolschie Borssuk parallel von NO. nach SW. fliefst. Der von Struve eingeschlagene Weg überschritt diesen Rücken, der eine Fortsetzung der Mugodsharischen Berge zu sein scheint, in einer Höhe von 783 Fufs. Nach Osten hin fällt dieser Höhenzug sehr schnell ab; den Flufs Tschegan erreicht man in 256 Fufs, und die östlich davon liegende Steppe senkt sich am Brunnen Kul Kuduk, nicht weit von der Nordspitze des Aralsees, sogar etwas unter den Meeresspiegel. Am Brunnen Tjubja Kuduk erreicht der von Struve eingeschlagene Weg die gewöhnliche Karawanenstralse, die von Orsk über die Forts Karabutarsk und Uralsk nach dem unteren Syr Darja führt. Der Aralsee selbst liegt 48 Fuls über dem Ocean, oder 132 Fuls über dem Spiegel des Kaspischen Meeres. Von Pehtang nach Peking. 337 Der Steppenflufs Tschegan fliefst nicht weit vom Nordrande des Ust-Urt, und dieser zeigt hier folgende Höhen: über dem Aralsee: über dem Ocean: Engl. Fufs, Engl. Fufs. BaiuKubek le uam Sam Eee 336 Asivs Kendye ul: Sauaen. hd 642 KrtansBulakuimutsg erlominkarits:, Sl) 418 Kaskarması „awiia so als. nn 0RD 673. Von Pehtang nach Peking. Bekanntlich hat der nordamerikanische Gesandte Mr. Ward sich der Weisung der chinesischen Behörden gefügt, über Pehtang statt über Tientsin die Reise nach Peking fortzusetzen, um die Ratificationen des Vertrages auszuwechseln. Die Mittheilungen über diese Reise, welche wir in einer aus Shanghai vom 2. Sep- tember datirten und in der Overland C'hina Mail veröffentlichten Correspondenz eines Begleiters der Expedition, wie in einem Berichte des North China Herald vorfinden, geben uns einige Aufschlüsse über eine zum Theil vorher noch von keinem Fremden betretene Gegend des chinesischen Reiches. Auf seiner Fahrt von der Mündung des Peiho nach dem Orte Pehtang lief der nordamerikanische Tender „Taywan“, welcher die Dampffregatte „Powhat- tan“ begleitete, weil er sich nicht getraute, an der unbekannten Küste ohne Wei- teres entlang zu fahren, zunächst das Dorf Tschintauku an. Dann ging es weiter nach der Stadt Pehtang (in der Provinz Tschili), welche etwa 10 engl. Meilen nördlich vom Peiho liegt und nach der Schätzung der Eingeborenen 25,000 bis 30,000 Einwohner zählt. Bei der Stadt mündet der Pehtangfluls ’). Etwa ein Dutzend Dörfer liegen in der Umgebung nach der Seeseite hin, ein Beweis, dafs der Verkehr auf dem Pehtangflusse und die Fischerei an der Küste eine zahl- reichere Bevölkerung zu ernähren vermögen, als die öde Landschaft an der ent- gegengesetzten Seite der Stadt. Die Häuser sind meistens aus Lehm und Hirse- stroh erbaut, ärmlich aussehende Wohnungen; der Boden in der Umgegend ist au salzig, als dafs er werthvolle Erndten hervorbringen könnte. Wenn man von dem Verdeck der bei der Stadt ankernden Schiffe die Gegend überschaut, so sieht man an beiden Ufern des Flusses weder einen Baum, noch irgend eine grüne _ Pflanze; jeder heftige Regen verwandelt die Strafsen und die Ufer in tiefen | Schlamm. Die Wassermenge, welche aus dem Pehtangflusse in’s Meer strömt, übertrifft augenscheinlich die des Peihoflusses *), obwohl die chinesischen Karten den ersteren kaum halb so lang als letzteren und mit einer geringeren Zahl von ’) Nach einem Berichte in der Overland China Mail vom 24. August 1859, welcher datirt ist: Pehtang River July 28th 1859 befindet sich an der Mündung des Pehtangflusses eine Barre mit 10 bis 12 Fufs Wasser zur Fluthzeit; innerhalb der- ben ist der Flufs 4 bis 5 Faden tief. Auf jeder Seite des Flusses liegt ein mit nigen Soldaten besetztes Fort. 2) Auch frühere Reisende fanden den Peiho im Allgemeinen seicht und schlam- mig. Vergl. Ritter Asien III, S. 568. Zeitschr. f, allg. Erdk. Nene Folge. Bd. VII, 22 338 Miscellen: Zuflüssen darstellen. Von Pehtang begab sich der Gesandte im Geleite chinesi- scher Beamten und in einem chinesischen Wagen, sammt seinem Gefolge, nach der Stadt Peitsang. Der Weg führte in westlicher Richtung über eine öde Fläche, welche sich so weit ausdehnte, als das Auge reichte; nirgends ein Haus oder Hügel, einige kegelförmige Grabhügel ausgenommen. Bäume waren sehr selten, Graswuchs sah man gar nicht. Fast auf dem ganzen Wege war die Ge- gend durchaus öde und unangebaut, Rindvieh, Pferde und Maulesel begegneten mitunter den Reisenden oder sie sahen sie in einiger Entfernung. Dörfer mit etwa 2000 bis 2500 Einwohnern wurden mehrere angetroffen, die Häuser schie- nen wohnlich eingerichtet und in der Umgebung zeigte sich einiger Anbau. So- bald überhaupt nur das Erdreich etwas besser wurde, gab es sogleich grolse Aecker, auf denen zweierlei Arten Hirse, die eine mit 12 bis 14 Fufs hohem Stengel, Bohnen, Hanf und Mais wuchsen; eben so gut angelegte Gärten mit Gurken in Menge, Kürbissen, Zwiebeln, Wassermelonen und einigen unbekannten Ge- müsearten. Hier zogen auch Menschen den Pflug, — ein peinlicher Anblick, obwohl diese Arbeit nicht schwerer zu sein schien, als mit dem Spaten zu gra- ben. Die Bevölkerung, die wohlhabend aussah, benahm sich durchweg höflich und freundlich. Die Stadt Peitsang, welche die Reisenden am nächsten Tage Nachmittags um 5 Uhr erreichten, liegt am Peiho-Ufer. Peitsang heilst „Korm- speicher des Nordens“, weil hier acht Reihen von Gebäuden aufgeführt sind, in denen die verschiedenen Kornarten, welche der Regierung gehören, aufbewahrt werden. Die Stadt liegt 10 engl. Meilen oberhalb Tientsin. Hier lagen fünf Fahrzeuge von verschiedener Gröfse zur Aufnahme der Fremden bereit, in welchen sie ein geräumiges Unterkommen fanden. Ihre chinesischen Begleiter schifften sich auf noch mehr Booten ein. Man segelte zunächst nach Tungtschau '), wel- ches 12 engl. Meilen unterhalb Peking liegt, und gebrauchte dazu fünf Tage; die Fahrzeuge mufsten die ganze Strecke — 400 Li — gezogen werden. Die Ufer des Peiho oder weilsen Flusses sind vortrefflich angebaut; die Anwohner waren sehr neugierig, die weit herkommenden Fremden zu sehen. Zahllose Städte und Dörfer liegen an den Ufern, ein wahrer Wald von Gewächsen zeigt sich, so weit das Auge reicht. Die Cultur ist so vortrefflich wie nur möglich, ein Garten kann nicht besser in Stand gehalten sein, als diese Landschaften. Der ziekzack- förmige Lauf des Flusses, auf welchem so viele Segel nach entgegengesetzten Richtungen schwammen, machte die Scenerie aufserordentlich malerisch. Baum- gruppen waren häufig, mitunter sah man Waldungen, die etwa 6 Morgen Landes einnahmen ?), in der Ferne erhoben sich Berge, die sich von Korea und der Mandschurei weit nach Südwesten hin erstrecken. Bei Tungtschau hört die Fahrt mit Segelbooten auf. Der Peiho nimmt hier einen oder zwei Zuflüsse auf und nur kleine Fahrzeuge können den Flufs weiter hinauffahren. Die Stadt ist grols, sie zählt 400,000 Einwohner und treibt lebhaften Handel, wie die Menge Dschun- ken beweisen, die auf dem Flusse hin- und herfahren ?). Die sie umgebende Mauer ist dick, circa 30 Fufs hoch, aber an einer Stelle wenigstens eingefallen. !) Tongtschufu der früheren Reisenden. Vgl. Ritter a. a. O. 2) Vgl. Ritter, Asien II, 8. 571. 3) Vgl. Ritter a. a. O. S. 568. Statistisches über Neu- Seeland. 339 - Von hier bis nach dem 12 engl. Meilen entfernten Peking führt eine gepflasterte Strafse, die in früheren Zeiten den berühmten römischen Landstrafsen in Nichts nachgestanden haben mag. Denn sie ist vollkommen grade und aus grolsen be- hauenen Steinen, von denen viele 12 bis 16 Fuls lang, 2 Fufs breit und eben so dick sind, erbaut. Aber manche dieser Quadern sind jetzt durch heftigen Frost stark beschädigt oder durch die Räder, welche seit Jahrhunderten über sie hin- gegangen, tief ausgefahren, und niemals sind die Beschädigungen ausgebessert worden. Die Reisenden wurden anfangs in Wagen von Tungtschau weiter be- fördert, aber diese stielsen so gewaltig auf der unebenen Stralse, dafs sie bald _ sich genöthigt sahen, auszusteigen und den Weg zu Pferde fortzusetzen. So ka- men sie am 27. Juli (1859) nach Peking, wo sie von einer ungeheuern, schweig- sam gaffenden Menge empfangen wurden. B. Statistisches über Neu-Seeland. Das Colonial-Secretariat auf Neu-Seeland hat die nachfolgenden statistischen Daten, betreffend das Jahr 1857, veröffentlicht, welche so viel bekannt das Neue- ste sind, was man in dieser Beziehung von dort aus amtlichen Quellen erfahren. Die gesammte europäische Bevölkerung der Insel belief sich im Jahre 1857 auf 52,155 Seelen (gegen 48,193 im Vorjahre), wovon 16,315 in Auckland leb- _ ten. Die Zahl der Eingeborenen soll, wie versichert wird, wenig grölser sein, nämlich 56,094. Die Einwanderung von Europäern zählte 5,927, die Auswande- rung 2,885. Die Anzahl der Geborenen übertraf die der Gestorbenen um 1,532, was sehr zu Gunsten der Gesundheit der Colonie spricht, da die Bevölkerung nur 52,155 betrug und von den 1966 Sterbefällen 60 durch Ertrinken oder an- dere Unglücksfälle herbeigeführt wurden '). In den Häfen liefen 1857 im Gan- zen 208 britische Schiffe mit einem Gehalt von 48,339 Tons ein; aufserdem 81 von fremden Nationen. Die Gesammtzahl der nach auswärts klarirten Schiffe betrug 283 von 76,524 Tons.. Der Handel der Colonie nimmt zu, ist aber Schwankungen unterworfen. Der Werth der Einfuhren belief sich 1853 auf 597, 827 L. St., 1854 auf 891,201, 1855 auf 813,460, 1856 auf 710,868, 1857 auf 992,994 L. St.; dagegen der Werth der Ausfuhren in denselben Jahren auf 303,282 — 320,890 — 365,867 — 318,433 — 369,394 L. Pfd. Die haupt- ‚sächlichsten Ausfuhrartikel waren Kupfererz, Hafer, Gummi, Kartoffeln, Brenn- und "Bauholz. 186 Schiffe gehörten in neuseeländischen Häfen zu Hause, sie waren ie) er nur klein, denn ihr Tonnengehalt belief sich insgesammt auf 6,662 Tons, ihre Bemannung auf nur 580 Personen. Pferde sind in Ueberflufs vorhanden, man rechnete je eins auf 5 Seelen; Rindvieh betrug die doppelte Zahl der Be- völkerung; Schafe gab es mehr als eine Million. 121,648 Morgen Landes be- fanden sich unter Cultur. Die gesammten Einkünfte beliefen sich 1853 auf !) Nach diesen Angaben müfste sich die Bevölkerung gegen das Vorjahr um 574 Seelen vermehrt haben. Sie belief sich aber 1856 bereits auf 48,193, so dafs ' 1857 nur eine Vermehrung um 3962 Seelen herausstellt. Die im Text voraus- te Zahl von 3498 Geburten erscheint im Verhältnils zur Bevölkerung zu hoch. D. R. aa" 340 Miscellen 149,620; 1854 auf 292,040; 1855 auf 175,895; 1856 auf 188,328; 1857 auf 248,257 L. St. Die Haupteinnahme flofs aus dem Verkauf der Kronländereien; 1857 betrug sie 76,097 L. St. B. Lieut. Blakiston’s Expedition durch den Kootanie- und den Grenz-Pafs in den Rocky Mountains. Am 12. August 1858 trennte sich Lieut. Blakiston zu Bow Fort am Bow River von der Expedition Capt. Palliser’s (vgl. oben $. 325) und wandte sich, von drei half-breeds aus dem Gebiet am Red River und einem Cree- Indianer begleitet, südwärts nach dem Quellgebiet des Belly River. Die Expedition hatte fünf Reit- und fünf Packpferde und führte aufser dem Proviant (getrocknetem Fleisch, Pemmican, Thee, Zucker und Salz), der Munition und den Instrumenten nur noch Taback, eine Anzahl Messer und ein paar andere wohlfeile Artikel zum Tauschhandel mit den Indianern mit sich. Man setzte über den reilsenden Ka- nanaskasis oder Lake River, der von Südwesten aus dem Gebirge kommt und sich in den Bow River ergiefst, und zog durch Waldungen von Abies alba, Pinus Banksia und einer andern grofsen Tannenart, untermischt mit Balsampappeln und Espen, südlich mit geringer Neigung nach Osten, um die Vorberge möglichst zu umgehen. Der Sturm hatte in den Wäldern grofse Verheerungen angerichtet und die umgestürzten Baumstämme waren den Reisenden sehr hinderlich. Am folgenden Tage kam jenseits der Vorberge ein etwa 40 Miles entfernter schnee- bedeckter Pik in Sicht, der mit seiner Wolkenkappe bei sonst klarem Himmel wie ein rauchender Vulcan aussah. Die feuchten und warmen Winde, die vom Stillen Ocean herwehen, bringen dieses Phänomen hervor, indem die Wasserdämpfe sich an den kalten Schneeflächen des Piks zu einer Wolke verdichten. Blakiston benannte den Berg „die Pyramide“. Auch weiterhin blieben die Hügel im All- gemeinen bewaldet, während die Senkungen von Weidengestrüpp und anderem Buschwerk bedeckt waren. Am 14ten stieg man von einer etwas bedeutenderen Höhe in ein schönes, von zwei Zuflüssen des Bow River bewässertes Thal her- nieder, das treffliche Weiden und einen guten Rastplatz darbot. Das Wetter blieb schön, am 15. August hatte man 85° F. im Schatten, bei klarem Himmel und einer frischen Bergbrise, die sich hier während des schönen Sommerwetters regelmälsig einzustellen scheint. Der Morgen pflegt windstill zu sein, um 75 Uhr kommt von den Bergen aus WSW. ein schwacher Wind, der, allmählich an Stärke zunehmend, Nachmittags zu einer frischen Brise anschwillt und über den Bergen einige cumuli bildet, Abends aber sich legt. Diese Erscheinung hat darin ihren Grund, dafs die Luft über den ausgedehnten Prairien, je höher die Sonne steigt, desto mehr erwärmt wird, dann emporsteigt und durch die kältere Luft von den Bergen ersetzt wird. Obgleich man von dem Hauptgebirgskamme, der hin und wieder zwischen Senkungen in den Vorbergen sichtbar wurde, an 30 Miles entfernt war, befand man sich dennoch innerhalb der Vorberge, die in vielen Reihen als langgestreckte Höhenzüge der Hauptkette parallel (d. h. nach SSO.) laufen und Längenthäler einschlie(sen, welche weiter nach Süden hin nicht so bewaldet sind, sondern von | Lieut. Blakiston’s Expedition in die Rocky Mountains. 341 weidenreichen Gehängen eingefafst werden. Am Trap Creek stiefs man auf Thiekwood Stone-Indianer, die hier in sechs Zelten campirten und sich bitterlich darüber beschwerten, dafs sie für ihre Pelze und Häute von den Handelsleuten nur sehr wenig Waaren und Munition erhielten, so dafs sie kaum leben könnten. Sie wünschten sehr, dafs sich Weifse unter ihnen niederliefsen und sie darin unterrichteten, den Acker zu bebauen, sich Kleidungsstücke zu verfertigen u. 8.W;, damit ihre Kinder zu leben hätten. Die Jagd allein reicht nicht mehr aus für ihre Subsistenz. Der Boden in den Thälern besteht gewöhnlich aus einer tiefen dunkeln Humusschicht, die eine üppige Vegetation von kleineren Pflanzen trägt; nur selten tritt das nackte Gestein zu Tage. Am 1tten erstieg Blakiston den Höhenzug, der das Thal des Spetchee oder High-woods River von dem des Macowans oder Belly River trennt. In dem letz- tern, einem schönen Prairielande, bemerkte das geübte Auge des Indianers eine Büffelheerde, auf die er Jagd machte; er war so glücklich, ein Thier zu tödten. Am Belly River machte Blakiston Halt, um die Höhen der verschiedenen Stufen zu messen, in denen die Flufsufer ansteigen. Diese „river levels“, oder Flufstreppen, sind in dieser Gegend eine allgemein verbreitete Erscheinung, sowol im Osten wie im Westen der Rocky Mountains. Sie bestehen aus einer Anzahl von Stufen, die von den Flufsbetten zum Niveau der Ebenen der Hochthäler hinaufführen und deren Ränder oft meilenweit sicht- bar in horizontalen Linien parallel zu beiden Seiten des Flusses hinstreichen. Der Abhang der einzelnen Stufen ist fast überall steil und scharf markirt, ihre Breite ist verschieden. Im Thale des Bow River sind sie besonders deutlich aus- geprägt und mit mathematischer Genauigkeit abgegrenzt. Am Belly River hatten sie folgende Gestalt: Gegenwärtiges Flufsbett 4024 Fuls über dem Meeresspiegel. Erste: Stufe 1. ...0...4085 .- - - - Zweite Stufe. . .... 4176 .- - - u Boden des Hochthals . 4226 - - - - Die senkrechte Höhe der Stufen ist meistentheils am untern Laufe der Zuflüsse des Saskatschewan bedeutender als am obern. Bett und Ufer des Belly River sind felsig und bestehen aus einem harten grauen, stark geneigten Sandstein. Hier und dort versperren ungeheure Granit- blöcke den Strom. Der Flufs war hier etwa 25 Yards breit und 3 Fufs tief. Er kommt aus einer Schlucht in den Vorbergen, welche einen Blick auf einen kuppelförmigen Berg eröffnet, der, wie man sich später überzeugte, der einzige hervorragende Pik in diesem Theile des Gebirges ist. Blakiston nannte ihn zu Ehren des britischen Naturforschers „Gould’s Dome“. Die Kette der Vorberge erstreckte sich ohne Unterbrechung — mit einziger Ausnahme der erwähnten Schlucht — 25 Miles weit, und hat einen scharf abgeschnittenen Kamm, auf dem sich kein einziger Pik erhebt. Man nannte sie Livingstone’s Range. Südlich vom Belly River stieg man schnell aufwärts in dem Längenthale, welches im Westen von Livingstone’s Range eingefafst wird, und lagerte 540 Fufs _ über dem Niveau des Belly River. Im Süden, etwa 30 Miles entfernt, zeigten sich zwei hohe Piks, von denen einer Castle Mountain benannt wurde, weil sein Gipfel aussah, als wäre er mit einer Burg gekrönt. Südöstlich von diesen Ber- 342 Miscellen: gen, genau unter 49° N. Br., sendet das Gebirge nach Osten einen Seitenarm mit mehreren hohen Bergspitzen aus. Eine derselben bezeichnete der Indianer als Chief’s Mountain. Nachdem man am 20. August über den Crow Nest River, einen Zufluls des Belly River, gegangen war, langte man Nachmittags am Eingange zum Kootanie- Pals an, durch den ein anderer Quellflufs des Belly River — auf der Karte als Railway River bezeichnet — aus dem Gebirge tritt. Ein schmaler, aber beque- mer Indianerpfad auf einer Stufe der Flufstreppe des linken Ufers führte die Rei- senden in südsüdwestlicher Richtung zwischen hohen bewaldeten Bergen in den Pafs hinein, in welchem sie bei der Einmündung eines kleinen, von Norden kom- menden Gebirgsbaches, 4100 Fufs über dem Meeresspiegel, ihr Lager aufschlugen. Der Eingang zum Pafs liegt 49° 34’ N. Br., 114° 34’ W. L., 40 Miles nördlich von der Grenzlinie. Dureh dichte Waldung mit viel Windbruch zog man am folgenden Tage weiter in den Pafs hinein, zuerst längs des Railway River, dann neben einem Quellflufs desselben, überschritt Hero’s Chff, eine enorme steile Felswand von hartem rothen Sandstein oder Quarzit, und stieg dann steil an zu der Wasser- scheide zwischen den beiden Oceanen. Die Bäume wurden allmählich kleiner und man kam in die Zone alpiner Vegetation; hier und dort zeigten sich grofse Schneeflecke, auch ein paar Teiche mit klarem Wasser. Neben dem Pfade la- gen Trümmer von hartem grauen Kalkstein, aus dem die Piks im NW. bestehen Die Temperatur wurde empfindlich; denn schutzlos waren die Reisenden der feuchten kalten Ostbrise ausgesetzt. Endlich erreichten sie die Wasserscheide und erblickten vor sich das Thal des Flathead River, eines Zuflusses des Colum- bia. Das Barometer zeigte eine Höhe von 5960 Fufs über dem Meeresspiegel. In zwei Stunden stieg man 1400 Fufs abwärts zum Ufer des Flathead River, eines klaren, schnellflie[fsenden Stromes, der sich durch ein schönes, theilweise bewal- detes, weidenreiches Thal hinschlängelt. Hier lagerte man; der Flufs lieferte Forellen, die Leute schossen einige Enten und Birkhühner; auch ein paar Coli- bri’s liefsen sich blicken. Von hier aus führte der Pfad in dem Thale des Flathead River aufwärts, durch dichte Waldung, die nur selten von lichten Stellen unterbrochen und in Folge der umgestürzten Bäume ziemlich unwegsam war. An den Quellen des Flusses wurde das Ansteigen steiler; der Pfad führte in einem Zickzack zu einem messerähnlichen Rücken hinauf, der sich 6100 Fufs über den Meeresspiegel er- hebt und einen ausgedehnten Rundbliek über das Gebirgs-Chaos gewährt. Nur ein Pik ragte merklich aus demselben hervor: es war Gould’s Dome, der 7000 Fufs hoch sein mag; die übrigen Berge waren wenig höher als der Pafs; die Ketten strichen von NNW. nach SSO.; aber im Süden war eine bestimmte Richtung der Züge nicht zu erkennen. Dieser Rücken scheidet zwei Quellflüsse des Columbia, Das Gestein ist derselbe harte graue Sandstein, der längs der ganzen Ostbasis des Gebirgs hervortritt; Granit zeigte sich nirgends. Unter einem furchtbaren Unwetter stiegen die Reisenden steil nach Westen abwärts, und sahen sich nach einem beschwerlichen Marsche genöthigt, im Walde zu lagern. In einer Höhe von etwa 5000 Fuls hatte man die erste schöne, gut gewachsene Ceder gefunden, die an den Bergen bis zu einer Höhe von 3000 Fufs abwärts steigt, ferner eine‘ Lieut. Blakiston’s Expedition in die Rocky Mountains. 343 neue Abies, die der Balsamtanne auf der Atlantischen Abdachung gleicht, aber eine rauhe Rinde hat und sehr hoch wächst, und eine schöne neue Lärchenart. Sonst bestehen die Waldungen aus Pechtannen, Pinus Banksia, hochwüchsigen Balsampappeln und Birken, mit einem Unterholz von Ahorn und Erlen. Auch am folgenden Tage ging es durch diese Wälder abwärts zum Wigwam River, dessen Bett in Sandschichten von 2—300 Fufs Mächtigkeit, die hier und dort zerrissen sind und sehr phantastische Felsformen vortreten lassen, tief ein- geschnitten ist. Weiterhin, nicht weit von der Vereinigung des Wigwam River mit dem Kootanie Fork des Columbia, wird der Boden wieder felsiger und der Baumwuchs kümmerlicher. Der Wigwam River ist bei seiner Mündung 40 Yards breit und 2 bis 3 Fufs tief; der Kootanie River 60 Yards breit und 4 bis 6 Fufs tief, beide haben ein steiniges Bett und eine schnelle Strömung. Der letztere kommt aus einem Thale von NNW. herab und scheint nicht weit von einem be- sonders in die Augen fallenden, etwa 27 Miles entfernten Berge, The Steeples oder Mount Sabine zu entspringen. Westlich vom Flusse dehnt sich ein ebenes, theilweise bewaldetes Land aus, ein Theil der sogenannten Tobacco Plains, die sich etwa 10 Miles breit vom Mount Sabine im Norden weit nach Süden bis über die britische Grenze hinziehen, und im Westen von niedrigen bewaldeten Höhen, im Osten von der Galton-Kette eingeschlossen werden. Nach seiner Vereinigung mit dem Wigwam River durchströmt der Kootanie diese Ebene von Norden nach Süden. Der Kootanie-Pals ist der südlichste und kürzeste Weg, der innerhalb des britischen Gebiets über die Rocky Mountains führt. Sein östlicher Eingang liegt 40, sein westlicher 18 Miles von der Grenzlinie entfernt; seine Länge beträgt 40 See- oder fast 47 Statute Miles, zwischen 114° 34’ und 115° 24' W.L. Er verläfst die Ebenen am Saskatschewan, wo sie bereits 4000 Fufs über dem Meeres- spiegel liegen, führt dann 2000 Fufs aufwärts zur Wasserscheide, darauf wieder eben so tief abwärts zum Flathead River, demnächst über einen Bergrücken von 6100 Fufs Höhe, endlich in einer horizontalen Distanz von 2 Miles 2000 Fufs abwärts zum Wigwam River. Von hier ab senkt sich das Land regelmäfsig, 100 Fufs auf die Seemeile, zu den Tobacco Plains. Eine Eisenbahn würde also drei Hindernisse zu überwinden haben. Zunächst den Kamm der Wasserscheide, dann den Gebirgsrücken westlich vom Flathead River. Zu dem erstern würde nach Blakiston’s Anschlägen ein Tunnel von fast 5 Miles, zu dem zweiten ein Tunnel von 3 Miles nothwendig sein, wenn der Culminationspunkt der Bahn nicht höher als 5100 Fufs liegen soll. Das bedenklichste Hindernifs aber bildet der steile Westabfall zum Kootanie- Thal, wo die Bahn in 10 Miles nicht weniger als 1900 Fufs hinabgeführt werden soll, — in der That ein sehr mifsliches Unternehmen. Am 25. August wurde die Reise am linken Ufer des Kootanie Fork strom- abwärts fortgesetzt. Der Fluls drängt sich anfangs hart an eine Vorkette ‚der Galton Range, so dafs man über die hohen und steilen Felsenufer klettern mulste. Bald darauf aber betrat man ein prachtvolles, lichtes, von Wiesen durchzogenes Waldland, in welchem sich ohne Unterholz eine herrliche Pinus- und die oben erwähnte Lärchenart mit ihrer hellrotben Rinde in weiten Zwischenräumen zu stolzem Wuchs erhoben, so dafs selbst Wagen ohne Hindernifs durch diese Wal- dung hindurchfahren können. Gegen Abend überschritt man die britische Grenze, 344 Miscellen: und erreichte am folgenden Tage das „Fort Kootanie“ der Karten, drei elende Balkenhäuser, in die man durch eine enge Oeffnung hineinkriechen mufste. Die weilsen Händler pflegen sich im Herbst hier einzustellen, machen im Winter mit den Kootanie-Indianern ihre Geschäfte ab und kehren im Frühjahr zum Fort Colville zurück, das sie in 8 bis 10 Tagereisen erreichen. Nach Blakiston’s Be- obachtungen liegt Fort Kootanie unter 48° 55’,5 N. Br., 115° 31’ W. L. Vier Miles östlich davon befand sich ein Lager der Kootanie-Indianer, die schmuzig und elend aussahen, obgleich ihre Pferdeheerden und das Rindvieh, das sie be- salsen, den Beweis lieferten, dals sie nicht arm waren. Sie bewirtheten die Fremden mit frischen und getrockneten Beeren, getrocknetem und zerriebenem Fleisch und mit Milch. Das Wetter war schön, und ziemlich warm, 47° bis 82° F. im Schatten. Selbst auf den Bergen hatte die Temperatur bei Sonnenaufgang gewöhnlich 50°, nur ein einziges Mal 37° betragen. Nach Fort Colville kann man nach der Aussage der Indianer von hier aus auch in Canoes gelangen; aber die Rückfahrt wird durch die zahlreichen Strom- schnellen unmöglich gemacht. Auch erfuhr man, dafs nur wenig südlich von dem Lager der Eingang zu einem andern Pafs über die Rocky Mountains liege, der weniger steil als der Kootanie-Pals sei und im Osten bei Chiefs Mountain aus dem Gebirge führe; die Indianer pflegten ihn zu benutzen, wenn ihre Pferde schwer beladen wären. Das Gras der Tobacco Plains bildet keinen dichten Rasen, sondern wächst in kleinen Biüscheln, zwischen denen die nackte Erde hervorblickt; denn der Boden ist ziemlich mager, meistentheils sandig, hin und wieder sogar steinig, gar nicht zu vergleichen mit dem dunkeln Humus der Prairien am Östabhange. Gleichwol bauen die Kootanie-Indianer etwas Weizen, der hier in einer Höhe von 2500 Fufs über dem Meere unter 49° N. Br. noch gut fortkommt. Im Som- mer leben sie meist von Beeren, einer kleinen Art Kirschen und einer süfsen Wurzel, die sie aus südlicheren Gegenden bekommen. Ihren Heerden wenden sie grolse Sorgfalt zu. Dieses Lager, das nur aus sechs Zelten bestand, besafs eirca 150 Pferde und 12 bis 16 Stück Hornvieh; reichere Leute in einem benachbar- ten Lager sollen 20 bis 30 Rinder besitzen. Die Kootanie’s sind gute Reiter und wissen den Lasso geschickt zu handhaben. Ihre Sprache ist besonders in Folge der vielen Kehllaute auffallend, wodurch sie für eine europäische Zunge sehr schwierig wird. Uebrigens sind diese Indianer zum Katholieismus bekehrt; durch eine Klingel werden sie zu den Morgen- und Abendgebeten gerufen, auch vor dem Essen beten sie, und halten Sonntags ihren Gottesdienst, bei welchem einer von ihnen predigt. Sie sind durchaus ehrlich und betteln auch nicht, — Eigenschaften, die bei Indianern sehr selten sind. Im Frühjahr und Herbst ziehen sie über das Gebirge in die Ebenen am Saskatschewan auf die Büffeljagd und kehren mit getrocknetem Fleisch zurück, mit dem sie von den Händlern der Hudsonsbai- Compagnie im Kootanie-Posten Filzdecken, Messer, Taback ete. ein- kaufen. Auch in der zweiten Hälfte des Winters, wenn der Schnee mit einer festen Kruste belegt ist, gehen sie auf Schneeschuhen zuweilen über das Gebirge auf die Jagd, denn auf der Westseite ist wenig Wild zu finden. Am 2. September trat Blakiston den Rückweg an, den er durch den noch Ks ur } Lieut. Blakiston’s Expedition in die Rocky Mountains. 345 unbekannten Pa/s nehmen wollte, welchen die Indianer ihm beschrieben hatten. Ueber welliges Prairieland führte der Pfad um das Südende der Galton-Kette herum, nach NO. an einem kleinen Creek aufwärts. Am folgenden Tage über- schritt man den Höhenzug zwischen den Quellflüssen des Columbia und stieg in das Thal des Flathead River hinab, den man 25 Miles unterhalb des Punktes er- reichte, an welchem man ihn vorher überschritten hatte. Bis hierher liegt dieser Pafs überall südlich von der britischen Grenze. Nachmittags fing es an zu regnen, und am folgenden Tage hatte man anhaltendes Schneegestöber. Auch am bten, wo man wieder britisches Gebiet betrat, war das Wetter kalt und rauh. In dem Thale eines Creeks, der manche malerische Wasserfälle bildet, stieg man den Höhenzug hinan, der die Wasserscheide zwischen den Oceanen bildet, auf ziem- lich steilem Pfad, und nicht ohne Mühe, zumal der Boden mit Schnee bedeckt war, der immer tiefer wurde, je höher man stieg. Die letzte Strecke führte durch diehten Wald. Auf dem Rücken lag der Schnee an freien Stellen schon 2 Fuls tief; trotz des Unwetters machte Blakiston Halt, und gewann durch eine Baro- meter-Beobachtung für den Rücken die Höhe von 6030 Fufs. Im Zickzack führte dann der Pfad abwärts zu einem Creek, der zum Waterton River flofs, und darauf durch das waldige Thal in genau östlicher Richtung. Die Felsen auf den Berggipfeln zu beiden Seiten des Pfades hatten oft sehr seltsame Formen, und die Schichten waren an manchen Stellen sehr verworfen. Die Cascaden von Schneewasser, die sich in den engen Schluchten hinabstürzten, brachten Leben in die grandiose Scenerie. Der Schnee nahm allmählich ab, je tiefer man herab- stieg. Am folgenden Tage erreichte man die Saskatschewan-Ebenen, 6 Miles nördlich von der Grenze, und lagerte an den Waterton-Seen, 2 Miles östlich vom Ende des Passes. Hier war das Gras noch frisch und grün, während man es auf den Tobacco Plains schon ganz dürr und gelb gefunden hatte. Die Waterton-Seen liegen gerade da, wo sich der oben erwähnte Gebirgszug von der Hauptkette nach Osten abzweigt und mit Chiefs Mountain endet. Der nördlichste und gröfseste dieser Seen liegt in einer höchst romantischen Berg- schlucht; die Grenzlinie führt über ihn hin. In den Seen waren grofse Forellen und Hechte; die Umgegend ist an Wild nicht arm, auch an Grisly-Bären fehlt es nicht. Nachdem Blakiston sich hier einige Tage aufgehalten hatte, trat er seine Rückreise nach Fort Edmonton an, das er am 29. September erreichte. Aufser den beiden hier beschriebenen Pässen giebt es in dieser Gegend noch zwei andere. Der eine, der Crow-nest Pals, folgt dem Crow-nest River, einem Zuflusse des Belly River, aufwärts und tritt nicht weit von Mount Sabine aus dem Gebirge hervor; er ist nach der Aussage der Indianer eine schlechte, nur selten besuchte Stralse. Der zweite, der Flathead Pafs, liegt ganz auf dem Gebiete der Vereinigten Staaten. Er zieht sich längs der Westküste des Waterton-See’s nach dem Flathead River hin und folgt dann dem letztern nach der Flathead Mission am Clarks Fork des Columbia. Diesen Pals benutzen die Flathead - Indianer, wenn sie nach den Saskatschewan - Prairien auf die Büffelagd ziehen. —n. 346 Neuere Literatur: Bevölkerung von San Francisco. Das „San Francisco Directory“ für das Jahr 1859 berechnet die Einwohner- zahl von San Francisco auf mehr als 78,000 Seelen, und classifieirt die Bevöl- kerung folgendermafsen: Männliche Bevölkerung: Bbeng2i Jahren di Su a nen, 342 ziyaschen „0 zund „24 ,.Jahreriiui niet nt ein 2A Unter„Dislahnen iii: ie ae Ser 31,953 Weibliche Bevölkerung: über 13 Jahre, registritt . . .. 14,696 zwischen 5 und 18 Jahren, - BER 1%: 164070] unter 5 Jahren, - st el nieht, registrirtx eireay ap ab Rt ae 500 3 23,985 Die Gesammtzahl der fest ansässigen Bevölkerung würde sich demnachauftf este, Maas Me reg Seelen belaufen. Dazu kommen nun noch: 1) solche Personen, die zwar ortsangehörig sind, aber keine feste Wohnung besitzen, geschätzt auf . 2... z 4,900 2) solche, die in den verschiedenen Arten von Hotels sich auf- halten, mit Einschlufs der Kranken in den Hospitälern.. . 4,990 3) Ortsangehörige, die auf Schiffen abwesend sind . . . . 2,500 4) nicht registrirte Fremde: Deutsche, Franzosen, Spanier ete. 5,000 5) Chnssend Bär ae er ee re: 3,150 HrBarbigewis.asda kr. a een: 1,605 Die Gesammtsumme würde also betragen -. . . . 2... 78,083. Unter der chinesischen Bevölkerung befinden sich 540 Weiber über 18 Jahre. —n. AN Neuere Literatur. Afrikanische Reisen. Ein Besuch in San Salvador, der Hauptstadt des König- reichs Congo. Von Dr. A. Bastian. Bremen (Heinr. Strack) 1859. Das vorliegende Werk eröffnet eine Reihe von Publicationen, zu denen der kenntnilsreiche und in der Welt weit umhergekommene Verfasser auf seinen Rei- sen in allen Welttheilen das Material gesammelt hat. Es führt uns auf ein Ge- biet, das vor drei Jahrhunderten der christlichen Welt wohlbekannt, seitdem aber allmählich in Vergessenheit gerathen war, und jetzt schon seit langer Zeit von gebildeten Europäern nicht mehr besucht worden ist, — wenn nicht vielleicht Ladislaus Magyar auf seinen abenteuerlichen Kreuz- und Querzügen auch hierher gerathen sein sollte. San Salvador ist das Ziel des Ausflugs, den Bastian in dem vorliegenden Werke beschreibt, — die Hauptstadt des Königreichs Congo, von A. Bastian: Afrikanische Reisen. San Salvador. 347 der uns die Portugiesen des 16. Jahrhunderts zu melden wufsten, dafs sie nach europäischer Art gebaut sei, zwölf steinerne Kathedralen, zahlreiche Klöster und Seminare besitze. Nachdem Ruy de Souza im Jahre 1491 diese Stadt besucht, den König von Congo als Dom Joao I. getauft, die Kathedrale Santa Cruz be- gründet und der Stadt den Namen des Heilandes beigelegt hatte, breitete sich das Christenthum im Reiche Congo schnell aus; unter der Standarte des heiligen Kreuzes besiegten die Congesen die feindlichen Nachbarstämme, zahlreiche por- tugiesische Händler und Schwärme von Dominicanern siedelten sich in der Haupt- stadt an, die im Jahre 1532 ihren eigenen Bischof erhielt, europäische Sitten griffen in der schwarzen Gesellschaft Platz und die Negerhäuptlinge verwandelten sich in Condes und Duques. In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts erlag das christliche Reich dem Ansturm der wilden Jagas; die Kirchen und Klöster sanken in Trümmer; der Handel zog sich von Salvador nach Loanda und konnte auch, nachdem das Joch der Fremdherrschaft gebrochen war, nicht mehr in die alten Bahnen zurückgelenkt werden. Seitdem war der regelmäfsige Verkehr zwi- schen der Küste und den centralen Theilen des congesischen Reiches unterbro- chen; Salvador selbst gerieth in Vergessenheit; jetzt ist es sogar an der zunächst gelegenen Küste nicht mehr möglich, zuverlässige Kunde über die einst berühmte Hauptstadt einzuziehen, und die historischen Nachrichten der Vergangenheit er- scheinen heut wie längst verschollene, wunderbare Märchen. Das ist das Gebiet, dem uns das oben genannte Werk zuführt. Der Verf: nahm von Ambriz an der Mündung des Loge-Flusses seinen Weg nach S. Sal- vador und kehrte von hier über das durch seine Kupfergruben wichtige Pembe nach Loanda zurück. Diesem Reisebericht schliefsen sich Notizen über Loanda an, ferner die Schilderung einer Fahrt an der Küste von Guinea und einige An- gaben über den Aufenthalt des Verf. auf Fernao do Po. Das specifisch geogra- phische Element, die Beschreibung der durchreisten Ländereien, findet in dem Buche eine verhältnifsmälsig nur schwache Vertretung. Mittheilsamer und beson- ders lehrreich wird der Verf., wo es sich um die Schilderung des Volkes handelt; namentlich dem Fetischdienst und den religiösen Begriffen dieser primitiven Völ- ker ist eine besondere Aufmerksamkeit gewidmet, und der Verf. würzt seine hier- auf bezüglichen Mittheilungen durch eine oft sehr dankenswerthe Vergleichung mit analogen oder contrastirenden Gebräuchen anderer Völker. Er geht dabei von dem gewils richtigen Gedanken aus, dafs man die Natur des Menschengeistes am ehesten dann kennen lernen werde, wenn man seinen ersten, spontanen Re- gungen in dem Leben unbeeinflufster Naturvölker nachgehe. In diesem Sinne kann das Buch als ein schätzenswerther Beitrag zur Ethnologie betrachtet werden. Unsern Lesern wird es von Interesse sein, Einiges über den gegenwärtigen Zustand von S. Salvador zu erfahren. Die Stadt liegt auf der Fläche eines Pla- teau’s, das ziemlich steil zu den Schluchten abfällt, welche es ringsum von den benachbarten, in der üppigsten Vegetation prangenden Bergen trennen. Die frische Gebirgsluft äufsert selbst auf den, der in den sumpfigen Niederungen vom Fieber ergriffen ist, bald ihre wohlthuende Wirkung; auch an erystallklarem Quellwasser — einer unschätzbaren Gabe in einem Lande, wo die Bäche entweder trocken liegen oder von gewaltigen Regengüssen angeschwollen unglaubliche Massen von vegetabilischen und erdigen Stoffen mit sich führen — fehlt es hier nicht, es 348 Neuere Literatur: sprudelt am Fufse eines Hügels aus einem Steinbassin hervor und wird von Wasserträgern täglich in die Stadt befördert. San Salvador besteht jetzt aus einer Anzahl verworren gruppirter Gehöfte, die hinter dem mannshohen Grase versteckt liegen und die Richtung der Stralsen der alten Stadt kaum noch erkennen lassen. Diese vereinzelten Gehöfte sind von Rieinus-Hecken eingefalst und zuweilen von hohen Laubhölzern umschattet, über welche hin und wieder Gruppen schlanker Palmen hervorragen. Die äufseren Stadtbezirke sind zu Mais- und Kornfeldern» hauptsächlich aber zu Gemüsegärten benutzt, in welchen ein in ganz Congo be- rühmter Kohl, wie auch Erbsen und Bohnen gebaut werden, — eine Nachwirkung der landwirthschaftlichen Thätigkeit der christlichen Mönche. Von den steinernen Kirchen sind nur spärliche Ueberreste vorhanden, und die Lage der alten Klöster erkennt man nur an den weit sich hinstreckenden Mauerfundamenten. Die älteste Kirche, de la Vera Cruz, ist ein wirrer Steinhaufen. Von der Igrezia dos Santos ist ein gemauerter Bogen und der aus rohen Quadern zusammengefügte Hoch- altar erhalten; an den Trümmern der Kirche St. Miguel erkennt man noch einige architektonische Verzierungen, namentlich an den Ecken zierlich gemeifselte Fill- hörner; von der Kirche St. Jago ist das Portal noch ziemlich gut erhalten; nicht weit davon liegt die Aufsenmauer eines Klosters. Bei der Ankunft Bastian’s in San Salvador war der König von Congo ge- storben und das durch die dortige Sitte für den Fall einer Thronerledigung vor- geschriebene zwölfmonatliche Interregnum eingetreten, in welchem eine Schwester des Verstorbenen die Regentschaft führte. Während dieser Frist bleibt der Leich- nam des Königs über der Erde, und es gelang Bastian, die Mumie zu sehen. Sie befand sich in dem Gehöft des verstorbenen Königs. Das Wohnhaus des- selben ist ein für die dortigen Verhältnisse ansehnliches Holzgebäude, zu dem man auf einer Treppe emporstieg. In der Verandah stand der Thron, ein mit Schnitzereien bedeckter Lehnsessel, der durch einen Baldachin bedeckt war. Das Innere war durch Scheidewände in drei Zimmer getheilt, deren grölsestes auflser einigen vermoderten Möbeln und breiten Trommeln verschiedene Rüstungen und Waffen, namentlich eiserne Helme, Beinschienen, Schwerter enthielt. Eines der Schwerter steckte in einer messingenen Scheide, die in getriebener Arbeit ver- schlungene Arabesken und dazwischen Negerfiguren in verschiedenen Stellungen, einen in einer Hängematte getragenen Mann und Aehnliches zeigten. In der Ecke des Zimmers standen drei fast mannshohe Holzfiguren in Capucinertracht, die vom Volk an den Festtagen unter Tänzen und Gesängen zu den verschiedenen Kirchen- ruinen umhergeführt werden; eine verblafste Erinnerung an die kirchlichen Feste ist dem Volk geblieben, im Uebrigen ist es religiös indifferent. Dem Wohnhause gegenüber steht die Grabhütte, in die man nur gebückt durch eine niedrige Thür eintreten kann. Das Innere wird fast ganz von dem grofsen hölzernen Sarko- phage eingenommen, der auf vier mächtigen Pfosten ruht und von kleinen bren- nenden Lampen umgeben ist. Die Mumie war ganz mit Tüchern umwickelt, 'so dals sich nur die Form des Kopfes unterscheiden liefs. Sobald ein Herrscher von Congo gestorben ist, werden ihm Arme und Schienbeine zerbrochen und die Glieder dicht an den Leib gelegt. Man wäscht den Leichnam in einem adstrin- girenden Manioca-Decoet und lälst ihn in einer bestimmt vorgeschriebenen Po- sition über einem Strohfeuer zusammenschrumpfen und ausdörren. In dieser Zeit repräsentirt eine in dem Palast aufgestellte Figur den Herrscher und wird täglich v. Riehthofen: Die politischen Zustände der Republik Mexico etc. 349 mit Speise und Trank versehen. Nach der Austrocknung wird die Mumie mit einer rothen Lehmerde überzogen, in ein seidenes Gewand mit silbernen Franzen gehüllt und in den Sarg gelegt, über dem man eine Hütte baut. In der Folgezeit werden die Umwickelungen vermehrt: Jeder, der in der Hütte beten will, bringt mehrere Ellen Tuch mit, die zu diesem Zweck verwendet werden; dadurch nimmt das Volumen des Leichnams oft so zu, dafs über dem Sarge eine gröfsere Hütte errichtet werden mufs. Nach zwölf Monaten erfolgt die Beerdigung in dem Fufs- boden der Hütte. Stürzt die letztere zusammen, so transportirt man den Leich- nam nach einer der Begräbnifskirchen, wobei die Sitte es will, dafs der Trauer- zug nicht von der geraden Linie abweiche; die entgegenstehenden Hindernisse, Häuser u. dgl., müssen niedergerissen werden. Erst am Begräbnifstage tritt der Thronfolger die Regierung an, obgleich er bald nach dem Tode des Königs aus der Familie desselben gewählt ist. Man wählt nicht einen Sohn des Königs, son- dern aus der männlichen Descendenz der Schwestern des Königs, um der Rein- heit des Blutes sicherer zu sein, wie auch eine Schwester des Königs ‚während des einjährigen Interregnums die Regentschaft führt. —n. Die äufsern und innern politischen Zustände der Republik Mexico seit deren Unabhängigkeit bis auf die neueste Zeit. Vom Freiherrn v. Richthofen. Berlin (W. Hertz) 1859. Die Schilderung der gegenwärtigen Zustände eines Reiches wie Mexico, das seit seiner Unabhängigkeits-Erklärung etwa dreihundert „glorreiche Erhebungen“ | genossen und sein Oberhaupt fast fünfzig Mal gewechselt hat, könnte als eine ephemere Arbeit erscheinen, wenn nicht grade das Uebermafs an revolutionären Umwälzungen in einer anderen Beziehung eine gewisse Stabilität erzeugt hätte, — eine Stabilität in den elenden, aussichtslosen Zuständen des Volkes und in der Mifsachtung fast aller physischen Hilfsquellen des Landes. Wo jede Regierung schon nach wenigen Monaten gestürzt wird, gehen selbst die grellsten Contraste in den Systemen der aufeinanderfolgenden Staatsmänner an dem Lande spurlos vorüber; selbst wenn einem Regiment die Zeit vergönnt ist, seinen politischen Grundsätzen durch Gesetze Ausdruck zu geben, fehlt ihm doch die Zeit, die Ge- e setze in’s Leben zu führen; und auch das bestehende Recht ist bedeutungslos in einem Lande, wo die Revolution in Permanenz, Justiz und Verwaltung in völliger Auflösung begriffen sind. Die Nachtheile, welche die politischen Erschütterungen ü gleich nach der Losreifsung von Spanien dem Lande zufügten, sind stärker ge- ü wesen als die Vortheile, die sich aus der Beseitigung der Unzuträglichkeiten der . spanischen Colonial- Politik ergeben konnten; in kurzer Frist sank das Land sehr tief, und seitdem war ihm fast in keiner Beziehung ein bemerkenswerther Auf- schwung möglich. Diese primitiven Zustände und die Gründe, welche das Land in ihnen fest- halten, schildert der Verfasser des oben genannten Werkes auf Grund eigener Be- obachtungen und nach zuverlässigen Quellen in eingehender Weise. Es ist ein _ überaus trostloses Bild, das er entwirft, — so durchweg trostlos, dafs der Verf., um nicht als ein Schwarzseher mit Mifstrauen betrachtet zu werden, in allen wich- _ tigen Fällen wörtlich das Urtheil hervorragender einheimischer Staatsmänner an- führt, wie es in amtlichen Actenstücken, namentlich in den für den Congref[s be- stimmten Denkschriften, ausgesprochen ist. Er geht der Reihe nach die einzelnen 350 Neuere Literatur: Verwaltungszweige durch, setzt ihre Organisation auseinander und knüpft daran eine anschauliche Erörterung der Zustände, auf deren Hebung sie einzuwirken be- rufen sind. Seine Aufgabe war um so schwieriger, als ihm fast für keinen Zweig der menschlichen Thätigkeit ein zuverlässiges statistisches Material vorlag, und die zerstreuten statistischen Notizen, die sich in den Denkschriften einiger Provinzial- Gouverneure vorfinden, einer strengen Kritik bedurften. Allerdings war in Mexico schon im Jahre 1833 ein Institut für Geographie und Statistik des Landes in’s Leben gerufen, aber von der Zuverlässigkeit der von diesem Institut angestellten Ermittelungen kann man sich daraus einen Begriff machen, dafs es in Mexico mehr des Lesens und Schreibens kundige Personen gefunden haben wollte, als selbst in Preu/sen, während die Nachfolgerin dieses Instituts, die sociedad mexi- cana de geografia y estadistica, im Jahre 1851 versicherte, dafs mindestens drei Viertheile der Bevölkerung nie etwas von einem ABC gehört hätten. Auch diese gelehrte Gesellschaft scheint zu einer fruchtbaren Thätigkeit nicht gediehen zu sein. Selbst die bilanzas mercantiles, Uebersichten über die Ein- und Ausfuhr von Vera Cruz und der Hauptstadt Mexico, die im ersten Jahrzehnt der Republik er- schienen, sind aus Mangel an Fonds zur Bezahlung solcher Arbeiten eingegangen. Bei dem reichhaltigen Inhalt des Werkes müssen wir uns darauf beschrän- ken, lediglich auf diejenigen Punkte hinzuweisen, welche für den Geographen von besonderem Interesse sind. In dem Abschnitt über das Ministerium des Auswär- tigen findet sich ein beachtenswerthes Capitel über die Stellung der Fremden in der Republik, in welchem das derecho de estrangeria auf seinen dürftigen Kern — das Recht der Akatholiken, vor ihren Gesandtschaften gültige Ehen zu schlies- sen — redueirt wird; hiermit ist die lehrreiche Auseinandersetzung über Coloni- sation in dem Abschnitt über das Ministerium der öffentlichen Wohlfahrt zu ver- gleichen, wo die Gründe erörtert werden, aus welchen die mexicanische Regie- rung selbst, obwol sie die Colonisation für eine Lebensbedingung des Landes hält, doch von einer Einwanderung abrathen zu müssen glaubt. Abgesehen von der religiösen Intoleranz, welche nur den Katholiken eine öffentliche Ausübung des Gottesdienstes gestattet, und abgesehen von der totalen Unsicherheit des Besitz- thums wirkt für diese Frage namentlich der Umstand entscheidend mit, dafs es streitig ist, ob die Föderal-Regierung oder ob nur die Regierung jedes einzelnen Staates über die in ihm befindlichen öffentlichen Ländereien verfügen darf. Be- sonders wichtig ist der Abschnitt über das Ministerium des Innern. Hier befindet sich eine Schilderung des gegenwärtigen Zustandes der sogenannten zahmen In- dier (über die „wilden“ Indier handelt der Verf. in dem Abschnitt über das Kriegs- wesen), die mindestens drei Fünftheile der Gesammtbevölkerung bilden; und in den Capiteln über die Polizei, über Räuber und Vagabonden entwirft der Verf. ein erschreckendes Gemälde der Unsicherheit und der Auflösung aller Rechtszu- stönde, die im ganzen Lande verbreitet sind und die selbst dem strebsamsten Volke jeden Aufschwung unmöglich machen würden. Der Volkscharakter wird in den Abschnitten über die öffentlichen Vergnügungen geschildert, doch wird er noch verständlicher durch das, was im vierten Abschnitt (Ministerium der Justiz und Cultus) in Bezug auf die unbegrenzte Herrschaft des Clerus über das Volk, und namentlich über die indianische Bevölkerung, wie in Bezug auf die Bildungs- stufe und den sittlichen Charakter dieser Geistlichkeit gesagt ist. Das meiste In- teresse werden dem Geographen der fünfte und sechste Abschnitt gewähren. Jener N tr ah v. Richthofen: Die politischen Zustände der Republik Mexico etc. 351 behandelt die verschiedenen Zweige der physischen Cultur, den Ackerbau, die Viehzucht, die Forstwirthschaft, Jagd und Fischerei, den Bergbau und die Indu- strie; in dem zuletzt genannten Capitel wird überzeugend nachgewiesen, welchen wesentlichen Antheil die Monopolisten und Protectionisten an dem Unglück des Landes und an den politischen Erschütterungen haben. Der sechste Abschnitt ist der Darstellung des Handels nach Export und Import gewidmet und spricht aulserdem über die im allerkläglichsten Zustande befindlichen Verkehrsmittel. Das Land besitzt eigentlich nur eine Stralse, die von Vera Cruz nach Mexico, und diese ist mit der Zeit an vielen Stellen ganz unpassirbar geworden; gleichwol wird ein so hohes Wegegeld erhoben, dafs man aus den Revenüen der ersten dreifsig Jahre der Republik den ganzen Weg (93 Leguas), wie man ausgerechnet hat, mit Silber hätte pflastern können. Die Communication im Lande ist oft so gering, dafs zuweilen in unmittelbarer Nähe solcher Distriete, in welchen der gröfseste Ueberflufs herrschte, die Bevölkerung den bittersten Mangel litt. Man hat z. B. in der Hauptstadt Mexico manchmal die Carga Mais mit 48—56 Rea- les bezahlt, während sie in dem zu demselben Staate Mexico gehörigen San Jose nur 7 Reales galt. Aus diesem Mangel an Communicationsmitteln und dem da- durch bedingten Mangel an Absatz geht die sonderbare Thatsache hervor, dals überreiche Ernten in manchen Distrieten als ein Unglück betrachtet werden, weil bei billigen Preisen der Lebensmitteln die Faulheit des Volkes — ein angebore- nes Uebel — alle Grenzen überschreitet und eine vollständige Stockung des ge- schäftlichen Lebens herbeiführt. zunk Sitzung der geographischen Gesellschaft zu Berlin vom 3. October 1859. Der Vorsitzende, Herr Prof. Dove, eröffnete die Sitzung mit Worten der Erinnerung an den schweren Verlust, den die Gesellschaft durch den Tod ihres Gründers und Leiters, Karl Ritter, erlitten hat. Er zeichnete die Bedeutung des Hingeschiedenen für die geographische Wissenschaft, die er hauptsächlich da- durch, dafs er die Erde in ihrer Beziehung auf den Menschen auffalste, erweitert und belebt habe, und hob dann mit warmen Worten die Thätigkeit Ritter’s für die geographische Gesellschaft hervor, deren Seele er seit 30 Jahren gewesen. Darauf wurden die eingegangenen Geschenke vorgelegt und besprochen: 1) Reports of Explorations and Surveys from the Mississippi River to the Pacifie Ocean. Vol. IX. Washington 1858. — 2) Smithsonian Contributions to Knowledge. Vol. X. Washington 1858. — 3) A. B. Gould, Reply to the Statement of the Trustees of the Dudley Observatory. Albany 1859. — 4) Defence of Dr. Gould by the Scientific Council of the Dudley Observatory. 3th edit. Albany 1858. — 5) v. Orlich, Indien und seine Regierung. Bd. II. Leipzig 1859. — 6) Quetelet, Observations des phenomenes periodiques. — 7) Bulletin des seances de la classe des sciences de l’Academie Royale de Belgique. Annee 1858. Bruxelles 1859. — 8) Annuaire de ’Academie Royale des sciences de Belgique. 1859. — 9) Vesse- lofski, Sur le elimat d’Ikogmjut. Tire des Melanges physiques et chimiques. T. III. 1859. — 10) Beiträge zur Statistik, Mecklenburgs. Bd. I. Heft 2. Schwerin 1859. 11) Hübner, Jahrbuch für Volkswirthschaft und Statistik. Jahrg. VI. 1ste Hälfte. Leipzig 1859. — 12) Hübner, Berichte des statistischen Central-Archivs. No. 5. Leipzig 1859. — 13) R. Murchison, Addrefs at the Universary Meeting of the R. Geographical Society. London 1859. — 14) Archiv für wissenschaftliche Kunde von Rufsland. Bd. XVII. Heft 4. Berlin 1859. — 15) Quetelet, Observations des passages de la lune et des etoiles de meme culmination, faites a l’Observatoire de Bruxelles en 1857 et 1858. — 16) Bulletin de la societe de geographie. 4” ser. 352 Sitzungsbericht der Berliner geographischen Gesellschaft. Tome XVIII. Aoüt. Paris 1859. — 17) Mittheilungen aus J. Perthes’ geographi- scher Anstalt, von Dr. A. Petermann. 1859. Heft 6—9. Gotha. — 18) Speecial- karten der Jade-, Weser- und Elb-Mündungen, herausgegeben von der K. Preuls. Admiralität. Bl. I—-VI. Berlin 1859. Darauf sprach Herr Prof. Dove über die Ergebnisse der letzten russischen Expedition nach Chiwa und Buchara. Nach dem genauen barometrischen Nivel- lement des Herrn v. Struve liegt der Spiegel des Aralsee 237 engl. Fufs unter Orenburg, dessen Höhe durch Anitschkoff zu 285 Fufs über dem Ocean bestimmt sei; da nun das caspische Meer 84 Fufs unter dem Ocean liege, so sei die Höhe des Aralsees 48 Fuls über dem Ocean und 132 Fufs über dem caspischen Meere. Derselbe machte dann auf die in der übersendeten Abhandlung des Herrn Wes- selowski enthaltene Bestätigung des auffallenden Gegensatzes aufmerksam, welcher im Nordwesten Amerika’s zwischen dem Klima der Küste und dem Innern der russischen Niederlassung sich zeigt. In Neu-Archangelsk sei der kälteste Monat 0°, in Ikogmjut 16°,6. Bei einem Breitenunterschiede von 4, Grad sei die Jahres- wärme hier über 8 Grad niedriger als dort, der Boden selbst im Sommer in 7 Zoll tief gefroren, und das Thermometer sinke häufig unter den Eispunkt des Queck- silbers. Darauf las derselbe eine Mittheilung des Dr. Kotschy aus Erzerum über mehrere Gegenden in Kleinasien vor und sprach zuletzt über den Einflufs des Fühnes auf das Schmelzen des Schnees, nach den ihm in Glarus mitgetheil- ten Beobachtungen des Herrn Tröger, welcher auf einer in der Höhe des Rigi am Wallensee gelegenen Station gefunden, dafs, während die gröfseste Einwirkung der Sonne in 24 Stunden die Schneedecke um 3 Zoll erniedrige, diese Erniedri- gung durch den Föhn in derselben Zeit 3 Fufs betragen könne; darin liege wahr- scheinlich eine Ursache der Ueberschwemmungen im südlichen Frankreich. Herr Wolfers las einen Brief vor, welchen die neugestiftete Gesellschaft der Naturforscher in Bogota an den Secretair des Vereins gerichtet hat. Jene sendet ihre Statuten ein und bittet die Gesellschaft für Erdkunde um ihre Theil- nahme und Unterstützung durch Einsendung ihrer Schriften. — Derselbe verglich hierauf den letzten Sommer in Berlin mit den früheren von 1842, 1846 und 1857. Jener zeichnet sich durch eine höhere mittlere Temperatur aus, 16°,1 gegen 14",8, 45°,1, 15°%,6 in diesen Jahren. Er war drückender als die früheren, weil aufser der mit diesen Sommern gemeinschaftlichen heifsen Periode im August bereits um die Mitte des Juli eine noch höhere eintrat. Die höchste Temperatur von 25°,4 war niedriger als die von 27°,2 im Jahre 1857; jene aber kam zweimal im Juli und August vor. Uebrigens zeichnete sich der letzte Sommer durch eine gröfsere Anzahl von Sonnentagen auf der einen und eine gröfsere Zahl der Re- gentage auf der andern Seite aus. — Hierauf legte Herr Wolfers zur Ansicht vor: An Account of the Total Eclipse of the Sun on September 7, 1858 as ob- served near Olmos, Peru. By Lieut. J. M. Gilli/s, und fügte einige Bemerkungen über das erwähnte Land und die im Werke beschriebene Himmelserscheinung hinzu, Herr Müller las darauf über die verschiedenen bei der Theilung des Fest- landes in Erdtheile geltend gemachten Gesichtspunkte. Herr W. Rose sprach über den Niesen im Berner Oberlande, welcher 7280 Fufs über dem Meere und 5560 Fufs über dem Thuner See liegt, erwähnte der gegenwärtig leichten Ersteigung desselben und pries die umfassende herrliche Aus- sicht von dessen Spitze. " Am Schlusse sprach Herr Klenz über den chinesischen Handel, nach Sir John Bowring. Hiernach betrachten die Chinesen die Einfuhr des Opiums durch- aus nicht als nachtheilig, weder in mercantilischer noch in Beziehung auf ‚das körperliche Wohl der Menschen; sie sei auch nicht den Verträgen zuwider. Eine Verhinderung dieser Einfuhr würde für die Chinesen nachtheilig sein, da sie bei der starken Bevölkerung alles urbare Land zum Anbau der nothwendigen Lebens- bedürfnisse brauchen. Die Besitznahme der Amurgegend von Seiten Rulslands wird einen bedeutenden Einfufs auf den Handel: mit China ausüben, Thee' wird künftig mehr durch Rufsland ausgeführt werden, wogegen englische wollene Waa- ren mit den russischen eine bedeutende Conenrsenz. eröffnen können. nn Karte eines Theife, TISCH AMERI En zurÜbersicht der Resultate der = en > ERPRANNDM unter Befehl von ee John Palliser, 5 1857- 8. | ; vom Inpperagbacei Depöt,War Department ‚veröffentlichten | | Karten zusammengestellt von E.G.Ravenstein. Maafsstab in 1: 3,000,000. Aeitschrifl für all&ım Erdkunde NF Ba.VIL on Karte eines Thejj,, BRITISCH AMERICA, har üpp3 Yug/AnRsg Fe = zurÜbersicht der Resultate der m hu ” E = den N SI TEIRD FORIEWUNSS » EXFFENNON & zucvn, Uran unter Befehl von Fer ger EN seen > “ = . Capt. John Palliser, 1857-8. Nach den vom Topographical Depöt,War De al Ri rtment, veröffentlichten von Maalsstab in 1:3,000,000 en eu Deutsche Malen FE wma = IrEngl bengrod ser Meilen ea m. Fern StatateMilae Hauptroute der Expedition, 1157 und 1a5£ -—- Capt Pallisers Route von Fort Carlton nach dem Red irer Jettlanent und zurück, Winter ik 3f. Touche har —— Albenzoufen. cinzriner Mitgheder der Erpedition Ns | Br u Dr med. James Hectors Route durch die Rocky Mountainzuts£ nn IN Die Zahlen drücken die absolute Hohe ın Engl. Russ ans. Ic u dam Kine, Beben ati hät, ron Aken \ Mer ae) De Mankahe ergel u hand hi en Anmentgen Jumper Warchsohrutten \ MrFark (Zufluss) MM (Mage; & Creek (Bach) Its Range (Berghang, Ta Haben Yan Ba Ar den Sasülkhengnitr Bewiun Ebene, lheitrei bewaldet und mit kleinen Steen. ES I Sn \% Cöteau der Praleioniefe Berlin, bei D.Reimer Lith Inst von C Monecke " Im Verlage von DIETRICH REIMER in Berlin ist so eben erschienen: EUER HANDATLAS ÜBER ALLE THEILE DER ERDE. IN VIERZIG BLÄTTERN. BEARBEITET VON D* HEINRICH KIEPERT. Neunte Lieferung. ı halt: .No.5. Deutsel nd. 6. Südwestliches Deutschland. 14. Böhmen, | Mähren, Oesterreich. 15. Ost-Alpenländer. Die zehnte (Schlufs-) Lieferung wird in 2— 3 Monaten erscheinen. arten und nsuldisgen. Der Preis eines Bandes von 6 Heften, he nicht getrennt abgegeben werden, ist 2 Thlr. 20 Sgr. Im Verlage von DIETRICH REIMER in Berlin ist erschienen: ERDGLOBUS (12% Zoll rheinl. im Durchmesser) entworfen und gezeichnet won NN ie i c. ADAMI. Neue Auflage. ‘ , 1859. ur ec A Von den. bekannten Adamischen Globen, welche in 3 verschiedenen Gröfsen (4”, 8" und 123” im Durchmesser) angefertigt werden, hat namentlich die letztere Sorte eine so allgemeine Verbreitung gefunden, dafs abermals eine 7 neue Ausgabe nöthig wurde. Dieselbe ist gänzlich umgearbeitet und gegen die frühere sowohl durch die Aufnahme der neuesten geographischen Ent- deckungen als auch überhaupt durch eine. correctere Zeichnung a Fi verbessert worden. j Die Preise des Globus sind folgende: 2. EEE 1) Auf einfachem schwarz polirten. Holzfußs (Litt..c.) 5 'Thir. 20 Sgr 2) Auf broneirten mefallenem Fuls (Litt: cı.) “a Be 3) Auf schwarz polirtem Holzfufs, mit beweglichem graduirten messingenen Halbmeridian ( Lite. d.) I -07— 4) Auf schwarz pölirtem Holzgestell, mit Horizont, or messingenem Meridian, Stundenring, Höhenqua- - er, drant, Compafs etc. (Lütt. e.) 5 - — - 5) Ebenso auf elegantem Mahagönigestell mit Mahn ‚rt NEE singener Boussole (Zätt/f) _ ri 2:8. 0% v "2 eo Ein Verzeichnifs der verschiedenen Sorten der Adamischen. ‚Globe: ist durch alle Buchhandlungen gratis zu erhalten. — NEUER ERDGLOBUS- von 30 Zoll rheinl. Durchmesser nach dem Entwurf von C. ADAMI > im Verhältnifs von 1: 16,500000 der ‘natürlichen Größe bearbeitet und gezeichnet von Dr. HEINRICH KIEPERT. Höhenguadrant und Compaß. Preis: Auf elegautem schwarz polirteu Holzgestell 80 Dhlr ER Auf reich verziertem broncirten Gestell 95 Thlr. Dieser Globus’ ist in’ so grofsem Mahlsstäbe entworfen, ‚daßsdie anf europäischen Erdtheile darauf spezieller dargestellt 'sind als dies selbst ji den größeren Atlanten der Fall ist. — Wie bei den kleineren Serien dei Adamischen Globen ist auch hier mehrfarbiger Druck: schwarz Grad- und Flufsnetz und die Schrift, blau für die nr und. brau für die’ Gebirge angewendet worden. — ———m Gedruckt bei A. W Schade in Berlin, Grünstr. 18. . ‚November u. December 1859. BIER nF ZEITSCHRIFT Mr UNTERSTÜTZUNG | DER GESELLSCHAFT FÜR ERDKUNDE ZU BERLIN UND UNTER BESONDERER MITWIRKUNG VON IN FR Be i & ANDREE ı IN DRESDEN UND J. E. WAPPÄUS IN GÖTTINGEN. 2 FÜR ALLGEMEIN E ERDKUNDE. | HERAUSGEGEBEN: "VON Dr. K. NEUMANN. NEUE FOLGE, BERLIN. VERLAG VON DIETRICH REIMER. 1859. - £i ” j Inhalt. Ueber das Klima des westlichen Europa. "Von H. W. Dove Die Insel Formosa. Von Dr. Biernatzki .. 2 Niederländisch Indien im Jahre 1856. Nach Amdichkn: Quellen ZUu- . sammengestellt von Dr. Friedmann . . . 2». 2 2 2 20. XI. Corrientes. Vom Herausgeber AmH: Miscellen. Die Bevölkerungsverhältnisse Spaniens . Dr RE Menschliche Ueberreste aus einer Felsengrotte Nie Düsselthals N Weitere Mittheilungen über die russische Expedition nach Khorassan . Aus dem Japanesischen Meer . g 5 Ueber die Grenzen der nördlichen Prörinzin de RE Confö- deratton ah ya ee Neuere Literatur. Sitzung der geographischen Gesellschaft zu Berlin vom 5. Noybr. 1859. x 4 S = - 3. Decbr. 1859. Uebersicht der vom Juli bis Dana auf dem Gebiete der Geographie erschienenen Werke, Aufsätze, Karten und Pläne. Von W. Koner. Karten. 510 513 Taf, VI. Uebersichtskarte der russischen wissenschaftlichen Expedition in Kho- rassan im Jahre 1858. Taf. VII. Paraguay und der nördliche "Theil der Argentinischen Republik; vor- züglich nach den Aufnahmen der Nordamerikanischen Expedition un- e ter Th. J. Page, 1853 —56. Entworfen von H. Kiepert. sit. IX. Ueber das Klima des westlichen Europa. Von H, W. Dove. Die klimatischen Verhältnisse Nord-Amerika’s erschienen früher in reinem Gegensatz zu denen Europa’s, als man die Ostküsten der neuen Welt mit den Westküsten der alten verglich. Jetzt, wo der Goldreichthum Californiens den fernen Westen eröffnet hat und wo das bisher abgeschlossene Innere Sibiriens im Amur seinen Verbindungs- _ weg mit dem Stillen Ocean gefunden, wird es möglich, Nord-Amerika als Ganzes, nicht mit Europa, sondern mit Europa und Asien als einem zusammenhängenden Ganzen zu vergleichen. Bei dieser Betrachtung erscheint der früher so stark betonte Gegensatz als Folge der ein- seitigen Anschauung beider Continente, und an die Stelle desselben tritt eine auffallende Uebereinstimmung, denn in der That erheben sich in beiden Continenten die Isothermen, vom Innern nach beiden Küsten hin und zwar stärker an den westlichen als an den östlichen. Die Aufgabe ist daher eine andere geworden, es handelt sich nicht mehr darum, die einander zugewendeten Küsten der verschiedenen Continente mit einander zu vergleichen, sondern den allmählichen Uebergang festzustellen zwischen den einander abgekehrten desselben Continents. In diesem Sinne habe ich in einem früheren Aufsatze die klimatischen Verhältnisse Nord-Amerika’s erörtert und werde jetzt das- selbe für die alte Welt thun, aber auch hier das Beobachtungsmaterial hinzufügen, da eben die Frage beantwortet werden soll, ob jene Ueber- einstimmung der Vertheilung in beiden Continenten der Art ist, dals sie im Ganzen als eine identische betrachtet werden kann, oder ob er- jebliche Modificationen dieser Ansicht entgegentreten. _ Selbst bei einer Darstellung der Verbreitung der Temperatur durch Isothermen kann nämlich die Hinzufügung der numerischen Werthe nicht entbehrt werden. Die Wärme der Luft nimmt ab, wenn wir im Zeitschr. £, allg. Erdk. Neue Folge. Bd. VI. 23 + Li 354 H. W. Dove: Niveau des Meeres uns weiter vom Aequator entfernen, und wenn wir uns an derselben Stelle höher in die Atmosphäre erheben. Fragen wir daher, in weleher Richtung wir von einem bestimmten Punkte aus fortschreiten müssen, um stets zu Punkten gleicher Wärme zu gelan- gen, so läfst sich auf diese Frage keine bestimmte Antwort geben, denn es sind unendlich viele Richtungen, welche dieser Bedingung entspre- chen. Alle diese Richtungen fallen in eine Fläche, welche wie die Schneegrenze sich von den Polen nach dem Aequator hin immer höher erhebt. Eine solche isotherme Fläche schneidet die Oberfläche der Erde in einer isothermen Linie. Es ist klar, dafs die unregelmälsigen Erhebungen der Erdoberfläche die Gestalt dieser Durchschnittslinien so verwickeln, dals ihre Darstellung nur auf beschränkte Gebiete eine An- wendung findet. So wie die Niveaulinien gleichen Abstand vom Meeres- spiegel bezeichnen, so sind jene Linien gleichsam thermische Niveau- linien, d. h. Linien, welche in derselben thermischen Fläche liegen, und mit den Isothermen, wie sie gewöhnlich dargestellt werden, nicht zu verwechseln sind. Um nämlich die verwickelte Gestalt der thermischen Niveaulinien zu vermeiden, denkt man sich die isothermen Flächen stets so weit verlängert, bis sie den Meeresspiegel schneiden. Die 1631 Fufs hoch gelegene Sternwarte von Bogenhausen bei Mün- chen hat im Juni dieselbe Wärme als Arys am Spirdingssee in Masuren, beide Orte sind also dann gleich warm, sie lassen sich aber nieht durch eine thermische Niveaulinie verbinden, weil die zwischenliegenden Ebe- nen eine höhere Temperatur haben als beide, indem, wenn wir von Arys nach München reisen, wir die Temperatur zuerst zunehmen sehen, weil wir nach Süden hin fortschreiten, dann aber wieder abnehmen, weil wir auf die bairische Hochebene hinaufsteigen. Die thermischen Niveaulinien zerfallen daher in der Regel, wenn wir gröfsere Theile der Erdfläche in’s Auge fassen, in einzelne von einander gesonderte Stücke, die möglicher Weise in gesonderte Punkte zusammenschrumpfen _ können und nur auf ausgedehnten Hochflächen weitere Räume umfas- sen; sie eignen sich eben deswegen nur zur Darstellung, wenn kleinere Gebiete betrachtet werden. Auf einer Isothermenkarte giebt also die durch München gehende Isotherme nicht die Temperatur Münchens an, sondern die Wärme, welche es haben würde, wenn es unter dieser geographischen Breite und Länge im Niveau des Meeres läge. Nur für die am Meere gelegenen Orte fallen thermische Niveaulinien und Isothermen mit einander zusammen und weichen desto weniger von einander ab, je geringer die Erhebung der Stationen ist. Diesen Uebel- stand zu beseitigen, fügt man eben der isothermischen Darstellung auf - Karten Temperaturtafeln hinzu, sowie die numerischen Höhenangaben den Karten, welche die Umrisse der Länder darstellen, ohne durch A 2 2 m ni 7 a 2 u Ueber das Klima des westlichen Europa. 355 Gebirgszeichnungen ihre Niveaudifferenzen zu bezeichnen. Isothermen am Abhange eines Gebirges sind in diesem Sinne Querprofile, welche das für die Anschauung ersetzen sollen, was, wenn es möglich wäre, Reliefkarten zu construiren mit den sie durchschneidenden isothermen Flächen, unmittelbar sichtbar werden würde. Den natürlichsten Anknüpfungspunkt an unsere frühere Betrach- tung bilden die dem europäischen Festlande vorliegenden Inseln, wir beginnen daher unsere Darstellung mit diesen. Island. Island liegt Grönland so nahe, dafs man vermuthen könnte, es sei auch thermisch damit verbunden. Diese Vermuthung widerlegt sich aber durch die Erfahrung, denn nur in den letzten Monaten des Jahres ist die Südspitze von Grönland durch Isothermen mit Island verbunden, erst in New-Foundland findet man einen grolsen Theil des Jahres hin- durch Island entsprechende Temperaturen, denn so steil erheben sich an der Ostküste Amerika’s die Monats- und Jahres-Isothermen, dafs man für Nain, Okak und Hebron in Labrador erst in der Mitte der Westküste von Grönland die gleiche Wärme findet. Diese merkwür- dige Depression der Wärme an der Westküste der Baffinsbay, beson- ders im Frühjahr, findet ihre Erklärung darin, dafs der eisführende Abflufs des Polarmeeres überwiegend auf der Westseite der Baffınsbay erfolgt, die weitere Verlängerung dieser Depression nach Süden bis zur Newfoundlandsbank hinab aber darin, dafs die Eismassen des dies- seitigen Meeres von Spitzbergen aus an der Ostküste von Grönland herabkommen, und beide Ströme nach einer kurzen Umwendung des letztern in die Baffinsbay sich mit einander in ihrem nach Süden ge- richteten Laufe vereinigen. In diesem zweiten Strome ist die Ursache zu suchen, dafs in Island die Temperaturabnahme im Frühjahr so viel bedeutender ist als im Herbst, denn sie beträgt, wenn man Reykiavig mit Eyafiord vergleicht, im Frühjahr 4 Grade R., im Herbst nur 1z. Auch mag darin der nach Norden hin zunehmende atmosphärische Druck, 333”.8 in Eyafiord, 332.58 in Reykiavig, seine Erklärung finden, sowie die hier vorherrschende Windesrichtung, welche mit Aus- nahme des Juni und Juli, wo sie Nordwest wird, hier das ganze Jahr hindurch Nordost ist. Da diese Windesrichtung mit Ausnahme des ' Februar und December das ganze Jahr hindurch den atmosphärischen _ Druck vermehrt, so ist der Grund des auffallend niedrigen Barometer- standes an den Küsten Islands nach Süden hin zu suchen, nämlich in dem durch den Einflufs des Golfstromes erwärmten atlantischen Wasser- beeken. Die Wärme des Südwindes übertrifft nämlich die des Nord- _ ostes um volle fünf Grade. ne 356 H. W. Dove: Island tritt daher in allen Witterungsverhältnissen mit den Kenn- zeichen eines Grenzgebietes auf, was in noch höherem Grade von Grön- land gilt. Für die Stationen Friedrichsthal, Lichtenau, Lichtenfels, Neu- Herrnhut, Godthaab, Jacobshavn, Omenak, Upernivik, Wolstenholm- Sund und Renselaer-Hafen, von 60° bis 784° Breite an der Westküste Grönlands sucht man vergeblich nach irgend einem Anhaltspunkte für die Fortführung der Isothermen an der Ostküste Grönlands, Island übernimmt daher für deren weiteren Verlauf diese Rolle. Das Be- zeichnende solcher Grenzgebiete relativ hoher und niedriger Tempera- tur sind aber die Nebel, die daher unter ähnlichen Bedingungen, wie sie an dem Eingange in das Behringsmeer vorherrschen, so den in die Baffinsbay versperren, in Island daher vorzugsweise an der Westküste sich zeigen. „Man bemerkt,“ sagt Lyell, „alle 4 oder 5 Jahre unge- heure Felder Treibeis, welche von Grönland her an die Westküste sich vorlagern. So wie die unglücklichen Bewohner dieser traurigen Küsten sie ankommen sehen, geben sie ihre Erndten verloren, denn sie wissen, dafs ihre Feldfrüchte den Nebeln nicht widerstehen können, welche die Eisfelder stets begleiten. Auch verlassen die Fische das Ufer, da das Wasser durch das Eis abgekühlt wird.“ Die Wärme des Meerwassers ist im Juni 1°.28, im Juli 1°.97, im August 1°.29, im September 0°.80 niedriger als die der Luft, hingegen im October 0°.74, im November 1°.36, im December 0°.55 höher. In einer anderen Form wird dieses Grenzgebiet in New-Foundland durch den sogenannten Silberthau be- zeichnet, wenn warme Südwinde die Bäume mit einer mächtigen Eis- kruste überziehen und jeden Baum, wie Bonycastle sagt, in einen Can- delaber vom reinsten Krystall verwandeln. Der Unterschied der gröfsten Wärme bei Tage und der gröfsten Nachtkälte beträgt im Jahresmittel nur 3°.88. Der Unterschied des wärmsten und kältesten Monats ist in Island 12 Grad, in Jakuzk hin- gegen 46. Buffon hat daher Recht, wenn er ein excessives Klima als ein sibirisches bezeichnete, ein gemälsigtes als ein isländisches. Irland. Es ist durch eine grofse Anzahl beobachteter Thatsachen festge- stellt, dals Abzweigungen des Golfstromes die europäischen Küsten treffen, mögen diese nun einer constanten Bifurcation desselben, wie sie in Findlay’s Chart of the Atlantic and Pacifie Oceans als Gulf Stream NE Branch dargestellt ist, zu verdanken sein, oder einem ober- flächlichen Fortführen seiner Gewässer als Drift Current durch die in höheren Breiten herrschenden Westwinde. Das Antreiben der Samen von Pflanzen aus Jamaica, Cuba und dem benachbarten Festlande an den Strand der Hebriden, der Trümmer des englischen Schiffes Til- En a nr Ueber das Klima des westlichen Europa. 357 bury, das bei Jamaica verbrannt worden war, an die schottischen Küsten, der Palmölfässer an die Küste von Hammerfest im Jahre 1823 von einer spanischen Gallone, welche im vorhergehenden Jahre in der Nähe des Aequators am Cap Lopez an der afrikanischen Küste ge- scheitert war, sind Zeugnisse dafür, dafs die Küsten Irlands, Schott- lands und Norwegens unter dem Einflusse eines erwärmten Meeres stehen. Die Beobachtungen, welche in Portrush, Cushendall, Donagha- dee, Bunown, Courtown und Castletownsend in Irland im Jahre 1851 auf Veranlassung der irischen Academie über Meeres- und Luftwärme angestellt wurden und welche Lloyd in seinen Notes on the Meteoro- logy of Ireland veröffentlicht hat, haben gezeigt, dafs der Ueberschufs der Meereswärme über die Luftwärme hier in den einzelnen Jahres- zeiten folgende Gröfsen beträgt, im Frühling 0°.55, im Sommer 0°.32, im Herbst 1°.64, im Winter 1°.19, im Jahresmittel 0°.93 R., so dafs Hennessy den erwärmenden Einfluls des die Insel umspülenden Mee- res durch thermische Niveaulinien dargestellt hat, welche nach dem Innern der Insel hin die Contouren der Küste wiederholen. Betrachten wir aber den mittleren Verlauf der Isothermen, so finden wir, dafs diese vom October bis März von SSO. nach NNW. gerichtet sind, vom Mai bis September hingegen von NO. nach SW., so dafs vom Novem- ber bis März die Westküste Irlands mit dem südlichen Frankreich in ihrer Temperatur übereinstimmt, im Sommer hingegen mit den Küsten Norwegens. Diese starke Drehung der Isothermen wird durch den October vermittelt, in welchem Monat die Temperatur der Südküste Irlands mit der von Berlin übereinstimmt. Für das Jahresmittel be- stimmt Lloyd die Richtung der Isothermen N. 49° W., also nahe von NW. nach SO. Senkrecht auf diese Richtung nimmt die Temperatur ab um 1° Fahr. auf 89 geographische Meilen, von S. nach N. um die- selbe Gröfse auf 118, von O. nach W. auf 137 Meilen. Die ausneh- mende Milde der Winter erklärt, dafs in der Grafschaft Tipperary der bis 20 und 30 Fufs hoch werdende Lorbeer im Winter nie geschützt wird, und dafs im Cypress Grove, Dublin, ein Exemplar von 50 Fufs Höhe und über 2 Fufs Stammesdicke sich findet. Auch sinkt im Mittel von 22 Jahren die niedrigste Temperatur in Dublin nur 24° R. unter den Frostpunkt und erreichte als äufserstes Extrem im Januar 1850 — 8°, in welchem Monat die Temperatur in Posen und der Grafschaft Glatz über 29° unter den Frostpunkt fiel, ein, so lange Beobachtungen vorliegen, nie gesehenes Extrem. Die mittlere gröfste Wärme ist in Dublin im Juli und August 18°, das äufserste beobachtete Extrem 21°.3, der Unterschied also noch nicht 30 Grad, während er im mittleren Deutschland 50 Grad erreicht. Dieser gleich vertheilten Wärme ver- dankt Irland den immergrünen Schmuck seiner Wiesen und den ver- 358 H. W. Dove: dienten Beinamen der Smaragdinsel, einen Vorzug, welchen sie aber durch 237 Regentage erkauft, während in Berlin es im Mittel von 125 Jahren nur an 124 Tagen regnet und an 30 Tagen schneit. Bei der im ganzen Jahre überwiegenden Anzahl der Westwinde fällt die gröfste Wassermenge bei diesen herab und überall ist es die Südwestseite der Gebirge, welche durch Regenmenge die Nordostseite derselben erheb- lich übertrifft. Irland wird öfters von Wirbelstürmen betroffen, wahr- scheinlich Ausläufern der von der äufseren Grenze der Tropen recht- winklig einbiegenden Westindia Hurricanes. Das Barometer steht bei Nordwinden am höchsten, bei Südwinden am tiefsten, die Extreme der Feuchtigkeit fallen aber nicht damit zusammen, denn in Dublin ist der relativ trockenste Wind der NW., der feuchteste der SO. Merk- würdiger Weise ist im Winter der Nordwestwind kälter als der NO., welches nur durch den Verlauf der Isothermen sich erklären läfst, die von hier aus nach der Spitze von Norwegen hinauflaufen, wo sie sich plötzlich umbiegen. Der kälteste Wind im Mittel ist Nord, der wärm- ste Süd. Wünschenswerth wäre es, ähnliche Bestimmungen für die Westküste zu besitzen, wie sie Colonel James im Ordnance Survey of Ireland. 1856. 4. für die Ostküste gegeben hat. In der beigegebe- nen Temperaturtafel bezeichnet red. D., dals die Beobachtungen durch die gleichzeitigen Beobachtungen von Dublin von der Zufälligkeit des Beobachtungsjahres befreit sind. England und Schottland. Der in Irland angegebene Verlauf der Isothermen erhält sieh auch in Grofsbritannien. Vom October bis zum März sind sie fast von Süd nach Nord gerichtet, so dafs die Temperaturabnahme nach Norden im Winter eine unerhebliche ist, wenn man Cornwall und Devonshire aus- nimmt, wo die Winterwärme eine auffallend hohe ist, da bei den vor- herrschenden Westwinden diese Küsten dem erwärmenden Einflusse des westlich gelegenen Meeres unmittelbar ausgesetzt sind, während das mittlere England durch das vorliegende Irland diesem mehr entzogen ist. In Helston, Falmouth, Truro, Torquay, Plymouth bis zur Insel Wight hin ist die Januarwärme daher 4° über dem Frostpunkte, also so hoch wie an der Westküste von Irland, und wie überhaupt in Eng- land vom December bis März fast unverändert. Dennoch würde der Unterschied zwischen Süd-England und Schottland nicht so erheblich sein, wie es scheint, wenn wir Cornwall mit der Westküste von Schott- land vergleichen könnten. Aber alle Stationen, von denen wir längere Reihen besitzen, liegen im östlichen Schottland, Glasgow ausgenonimen, und da im Mittel die Januarwärme hier 2 Grad ist, so müssen wir sie nothwendig auf der Westseite höher annehmen, denn Stromness und Ueber das Klima des westlichen Europa. 359 Sandwick auf Mainland, einer der Orkneys, unter 59°, haben eine Januarwärme von 2°.7 und 2°.9, ja auf den Shetlands-Inseln in Unst ist sie, freilich nur nach einjährigen Beobachtungen, 3°.7 und in Thors- havn auf den Faröern noch 2°.5. Wird man sich ‘daher wundern, dafs der Lorbeer noch in Thurso an der Nordküste von Schottland in 58° 36’ nördl. Br. freilich nur 3 Fufs hoch und strauchartig vorkommt, während er im westlichen Schottland auf der Insel Bute, in der Breite von Königsberg, eine Höhe von 30 Fufs erreicht und reichlich blüht? Dagegen ist die Sommerwärme so gering, dals auf den Faröern nur etwas Gerste und auch diese nicht immer reif wird und die Baumve- getation zu keiner Entwickelung kommt, obgleich es nicht an Weiden fehlt, denn hier wie auf den Orkneys ist der Unterschied zwischen Sommer und Winter nur 6 Grad, der zwischen dem heilsesten und kältesten Monat etwas über 7 Grad. In den Sommermonaten ist der Verlauf der Isothermen aber auch ein ganz anderer, sie sind von SW. nach NO. gerichtet, jetzt also der südöstliche Theil von England am wärmsten, die Temperaturabnahme nach den Shetlands-Inseln hin also am gröfsten. Da der Juli in Lon- don 14 Grad erreicht, so beträgt jetzt die Temperaturabnahme bis zu den Orkneys volle 4 Grad. Dazu kommt noch, dafs bei der in Süd- England, mit Shetland verglichen, geringeren Trübung der Atmosphäre die Einwirkung der direeten Insolation auf die Entwickelung der Ve- getation hier viel erheblicher ist als dort. Aus I6jährigen im Pflanzen- garten von Chiswick angestellten Beobachtungen finde ich nämlich zwi- schen den Angaben eines der freien Insolation und Ausstrahlung aus- gesetzten und eines im Schatten aufgehängten Thermometers folgende Unterschiede: Freies | Beschattetes : Thermometer Thermometer Unterschied Januar 1.92 2.03 0.411 Februar 3.87 3.55 0.32 März 9.89 | 4.81 1.08 April 8.25 6.91 1.34 Mai 12.398 1. 10,06 2.89 Juni 13-.89R28H . ARNO 3.19 Juli 1736 1a13.97 3.40 August 16.59 .| .12.44 4.11 September 13.68 11.09 2.59 October 10.10 9.77 0.33 November 5.48. .;il 5.07 0.44 December 3.41 3.94 —0.13 360 H. W. Dove: Ausnahmsweise wird daher auch in dem östlichen, dem Continent näher sich anschliefsenden Theile Englands die Winterkälte intensiv. Der Winter von 1813 auf 1814 war so strenge in Süd-England, dafs noch am 3. Februar 1844 ein Schaf auf der gefrorenen Themse ge- braten wurde und überall Plakate aufgestellt waren mit der Inschrift: „a safe footway over the River to Bankside* und am 7ten ein Blatt verkauft wurde „printed to commemorate a remarquable frost which com- menced Dec. 27. 1813. A fair 4. Febr. 1814 held and the whole space between London and Blackfriars Bridges covered with spectators“. Als Gegensatz dazu stieg in Twaite in Suffolk am 17. Mai 1833 das Ther- mometer auf 23°.8 im Schatten und stand 36° in der Sonne. Auf dem Markte in Botesdale starben die in Karren zum. Markte gebrachten Schweine (from the heat of the sun) und auf der Landstrafse nach Smithfield fiel das Schlachtvieh todt zur Erde (beast on the road for Smithfeld dropped und died). In den Jahren 1796 und 1841 erreichte die Kälte in London —12°.4R. Vergleichen wir dies mit dem höch- sten in London beobachteten Thermometerstande von 27°.2, so beträgt der Unterschied nahe 40 Grad, hält also die Mitte zwischen den in Irland und den im mittleren Deutschland beobachteten Unterschieden. Dennoch würde es falsch sein, daraus einen Rückschlufs zu machen auf die mittlere Veränderlichkeit der Temperatur. Fälle solcher Ex- treme sind so selten wie in Devonshire das bei der dortigen Milde des Winters doch eben nur ausnahmsweise eingetretene Beispiel, dafs man vor zwei Jahren am Neujahrstage überall im Meere Badende sah, denn nach Glaisher’s sorgfältiger Erörterung des in der Royal Society und in Greenwich seit 1771 gesammelten Beobachtungsmaterials beträgt für die einzelnen Jahreszeiten die mittlere Abweichung eines einzelnen Jahrgangs von dem mittleren Werthe desselben für das Frühjahr 0°.7, den Sommer 0°.7, den Herbst 0°.6, den Winter 1°.0, das Jahr 0°.5 Reaumur. Für die Abnahme der Wärme nach der Höhe liefern die von Welsh im Jahre 1852 bis 22,930 engl. Fuls Höhe unternommenen vier Luftreisen einen Anhaltspunkt. Sie ergeben die für einen Grad Reaumur Wärmeabnahme nothwendige Erhebung zu 627 engl. Fufs. Die Zunahme der Wärme nach dem Erdinnern tritt selbst in Schichten von geringer Mächtigkeit deutlich hervor. Nach der Berech- nung von Piazzi Smyth der in den Jahren 1838 bis 1854 wöchent- lich abgelesenen, in 3, 6, 12, 24 Fuls Tiefe in Edinburgh eingegrabe- nen Thermometer ist der mittlere Stand derselben 6°.34, 6°.47, 6°.64, 6°.77 R. Die in den tiefen Bergwerken von Cornwall von Fox an- gestellten Beobachtungen ergaben folgende Resultate, während die Tem- peratur an der Oberfläche 8° R. betrug: E= Ueber das Klima des westlichen Europa. 361 Bergwerk Der. fs. Wärme Par Consols 768 18.7 Botallack 1128 20.9 Par Consols 1248 234 Dolcoath 1380 19.3 Levant 1530 18.7 Levant 1530 24.4 Levant 1530 23.6 Tresavean 1572 22.4 Dolcoath 1632 18.2 Doleoath 1632 21 Tresavean 2112 26.0 im Mittel also 111 Fufs für 1° R. Wärmezunahme. Die tiefste der Minen von Cornwall geht 1788 Fufs unter den Meeresspiegel, in die- ser konnten aber wegen des Eindringens des Meerwassers keine Be- obachtungen angestellt werden. In dem zweiten Theile der Untersuchungen über die Vertheilung des Regens auf der Oberfläche der Erde habe ich die Regenverhält- nisse Englands speciell erörtert. Es ergab sich aus dieser Untersuchung, dals die gröfste Wassermenge im Herbst fällt, dafs das absolute Quan- tum aber äufserst verschieden ist, indem nämlich die an der Südküste und Westküste fallende Menge gröfser als an der Ostküste, in Cum- berland und Westmoreland auf der dem feuchten Luftstrome zuge- kehrten Seite der Gebirge diese Menge aber eine Höhe erreicht, welche bisher an keinem Orte der gemälsigten Zone bekannt war, da 189 Zoll, wie sie die Station The Stye geliefert, nur von einigen Sta- tionen in Hindostan übertroffen werden. Die Vertheilung in Schott- land konnte nicht so genau untersucht werden, da hier zu wenige Be- obachtungspunkte verglichen werden konnten. In den Jahren 1856 — 1858 hat die meteorologische Gesellschaft von Schottland diese Lücke zu ergänzen gesucht, indem die im Jahre 1856 thätigen 36 Stationen bereits im Jahre 1858 die Zahl 60 erreicht hatten. Nimmt man aus allen Beobachtungsorten das Mittel, so erhält man für die beobachteten drei Jahre folgende Werthe in englischen Zollen. [ 1856 | 1857 | 1858 | Mittel inern? Januar 2.86 3.29, | 3412 3.09 Februar 3.55 ee 2.28 März 0.37 SAT, | 2.01 1.93 April 2.69 2.400) .2:03 2.37 Mai 2.96 1.85 | 3.37 2.73 Juni 4.36 3.08 2.36 3.27 Juli 2.64 248 | 4.35 3.16 August 4.00 2:28 |) .815 3.12 September 4.79 4.39 | 3.35 4.18 October 1.91 2.57. | 9.12 3.20 November 1.93 3.05 2.33 2.45 December 4.85 3.96 | 4.20 4.34 Jahr | 36.96 | 34.90: | 36.53 | 36.13 362 H. W. Dove: Auch hier zeigte sich, dafs die grölsere Menge da fiel, wo eine Gebirgskette die herrschende Windesrichtung kreuzt, und desto bedeu- tender wird, je höher sich diese erhebt. Da aber der Verlauf der Ge- birgsketten im Allgemeinen der mittleren Richtung des herrschenden Windes entspricht, so treten hier nirgends so erhebliche Mengen her- vor als in Westmoreland und Cumberland, und der Unterschied der West- und Ostküsten ist ein unerheblicher, indem beide gegen die im Innern gelegenen Stationen zurückbleiben, denn während fünf Stationen der Westküste 37.78 gaben, lieferten sieben der Ostküste 37.11, hin- gegen war die mittlere Menge an zwölf Stationen im Innern 44.23. Welchen Einflufs die Localität äufsert, geht aber am deutlichsten her- vor, wenn wir die einzelnen Stationen im Jahre 1858 mit einander vergleichen. Die gefundene Menge war nämlich nach der von Stark gegebenen Zusammenstellung folgende: Sandwick 34.37, Tongue 42.45, Stornoway 39.61, Culloden 24.79, Elgin 25.21, Castle New 25.09, Braemar 27.86, Banehory 28.90, Aber- deen 28.96, Fettercairn 25.00, Montrose 22.41, Arbroath 24.32, Barry 26.82, Kettins 31.09, Perth 32.54, Trinity Gask 33.10, Taymouth 36.60, Tyndrum 74.16, Pittenweem 25.07, Nookton 27.72, Balfour 27.82, Stir- ling 37.96, Milfield 36.60, Callton Mor 51.37, Easdale 55.20, Moele 60.26, Gatgirth 40.68, Greenock 46.13, Glasgow 46.12, Baelindon 32.17, Newliston 23.70, Harlow 32.42, Swanston 31.50, Gleneisse 27.65, Edinburgh 22.67, Smeaton 21.19, East Linlon 23.32, Thurston 24.00, Yester 28.13, Thirlestane 28.49, Mungo’s Walls 21.60, Milne Garden 29.72, Stobo 17.40, Bowhill 28.33, Makerstown 22.96, Drumlaury 48.00, Kirkpatrik Juxta 53.18, Thornhill 43.90, Penpont 41.50, Keir 48.15, Aushenbruck 47.60, Hastings Hall 57.25, Kirkeonnel 44.60, Wanlock Head 57.70, Canoubie 30.60, Langholm 44.60, Ewes 45.90, Westerkick 52.60, Carlesgile 55.90, Eskdalemuir 55.22. Bei solchen Differenzen sieht man leicht, dafs nur durch eine grofse Anzahl Beobachtungsörter sich über die mittlere Regenmenge eines Landes entscheiden läfst. Bei der verhältnifsmäfsig grolsen Ueberein- stimmung der drei einzelnen Beobachtungsjahre wird das gefundene Ergebnifs der Wahrheit nahe sein. Man hat oft behauptet, dafs wegen der hygroskopischen Eigen- schaften der Kohle in der Atmosphäre verbreiteter Rauch die Wolken auflöse und daher die Regenmenge vermindere, ja bei der Polemik gegen das Moorbrennen dies als eine entschiedene Thatsache ausge- sprochen. Vergleicht man die Beobachtungsreihen von England aus dem vorigen Jahrhundert mit den aus neuen Reihen sich ergebenden Werthen, so findet sich diese Behauptung nicht bestätigt. An keiner Stelle der Erde ist aber die Production des Rauches mehr gesteigert tn) ze Ueber das Klima des westlichen Europa. 363 worden als eben dort. Die 60jährige Reihe von Lyndon in Rutland- shire im vorigen Jahrhundert giebt 22.21, die neueren Reihen von Ackworth, Totenham, Chiswick 26.54, 25.72 und 23.83; das zeigt keine Abnahme des Niederschlags, man müfste denn annehmen, dafs die Re- genmesser früher unverhältnifsmälsig höher aufgestellt worden seien als jetzt. Alles, was wir von gröfseren Tiefen des Meeres kennen, spricht dafür, dals die Bewegungen seiner selbst stürmisch aufgeregten Ober- fläche sich verhältnifsmäfsig nur in geringe Tiefe fortpflanzen. Anders ist es mit dem Luftmeer und die Ursache davon liegt nicht fern, da bei jenem die Störungsursachen an der Oberfläche wirken, hier hinge- gen an der Grundfläche, indem das primäre Bewegungsmoment in den Temperaturdifferenzen derselben liegt. Was aber die seitlichen Hemm- nisse betrifft, so wirken diese in beiden gleich, und wie grols dieselben sind, geht daraus hervor, dafs geringe Niveauunterschiede selbst die Kraft eines heftigen Windes zu brechen vermögen. Aus diesem Grunde ist die Bewegung der Luft auf der freien Oberfläche des Meeres ste- tiger und lebhafter als im Binnenlande; dasselbe gilt von den frei auf- steigenden Berggipfeln im Vergleich mit den tiefer liegenden Ebenen. Von den grofsen Bewegungen der Atmosphäre erhalten wir daher nur ein verkümmertes Bild, und da, wie wir durch das locale Auftreten bestimmter Krankheitsformen innerhalb der Tropen wissen, die Unge- sundheit oder Heilsamkeit eines Klima’s nicht nur von der Wärme und Feuchtigkeit abhängt, sondern auch davon, ob die Luft stagnirt oder in lebhaftem Austausch begriffen, so ist die Kenntnifs dieses Austau- sches d. h. die Bestimmung der mittleren Geschwindigkeit, mit welcher die Luft bewegt wird, eine Seite, die in dem Bilde nicht fehlen darf, welches wir von der klimatischen Eigenthümlichkeit eines Landes ent- werfen. Aber hier fehlten uns bisher alle Anhaltspunkte und erst das von Follet Oster erfundene, mit den Verbesserungen von Robin- son versehene Anemometer scheint vergleichbare Resultate zu liefern. Die von Hartnup auf dem Observatorium in Liverpool in den Jahren 1852 — 1855 und 1857 angestellten Messungen gaben für die mittlere Geschwindigkeit der einzelnen Jahre 13.00, 12.09, 14.64, 11.80, 11.50 englische Meilen in der Stunde, im Mittel also der ganzen Reihe 12.61. Aehnliche Instrumente gaben, auf dem Thurme der Sternwarte in Ox- ford aufgestellt, im Jahre 1857 9.76 Meilen, genau dieselbe Geschwin- digkeit als die auf dem Kew Observatory bei Richmond erhaltene, wo sie im Jahre 1856 10.36 war, im Mittel also 10.06. Im Mittel von vier Jahren fällt die gröfste Geschwindigkeit in Liverpool auf den De- cember mit 16.85 und Januar mit 15.0, überhaupt ist also der Winter die stürmischste Jahreszeit, denn die Geschwindigkeiten sind im Winter 364 H- W. Dove: 15.6, im Frühling 15.1, im Sommer 11.8, im Herbst 11.5. Das gröfste beobachtete Extrem war 62 Meilen in der Stunde am 9. Januar 1852 um 3 Uhr Morgens, doch ist dasselbe wohl von dem heftigen Sturme, in welchem der Royal Charter unterging, übertroffen worden, da dieser als ein Gale bezeichnet wird, für welchen seit Menschengedenken keine Analogie vorhanden sei. Die bekannte Erfahrung, dafs sich der Wind des Nachts legt, bestätigt sich auch hier, denn von Mitternacht, wo die Geschwindigkeit am kleinsten ist, 11.03, nimmt sie bis 3 Uhr Nach- mittags, wo sie 15.11 erreicht, ununterbrochen zu, und dann stetig wieder ab. Was die Richtung betrifft, so fällt die gröfste Stärke auf SW., W., WNW. und NO. mit 16.70, 13.90, 19.00 und 17.40, die geringste auf NNO. mit 6.20. Auch in Plymouth ist bei NW. und SW. die Geschwindigkeit am gröfsten, bei N. und NO. am kleinsten. Da hier die höchste Wärme bei $. eintritt (9°.96 im Mittel), die ge- ringste bei NO. (6°.66 im Mittel), so ist die Luft am stürmischsten, wenn ein vorher herrschender warmer Aequatorialstrom im Sinne des Drehungsgesetzes durch einen eintretenden kalten Polarstrom verdrängt wird. Dies scheint mir ein entscheidender Beweis dafür zu sein, dals die Stürme Englands überwiegend die Form der stetigen fortschreiten- den Stürme (Gales) haben, nicht die der Wirbelstürme (Cyelones), eine Ansicht, die ich in dem „Gesetz der Stürme“ näher ausgeführt habe, denn die auf SW. und NW. fallenden Maxima der Intensität werden sich nur durch die Annahme erklären lassen, dafs das Centrum des Wirbels auf der Nordseite des Beobachtungsortes von West nach Ost vorübergeht oder in umgekehrter Richtung, welches nach Allem, was wir von den Ausläufern der Westindia Hurricanes in der gemälsigten Zone wissen, wenig wahrscheinlich ist, ja vollständig unvereinbar mit der Uebereinstimmung der Ergebnisse in den südlichen und nördlichen Ge- genden Grofsbritanniens, wie sie sich doch aus den bisherigen Beob- achtungen entschieden herauszustellen scheint. Die ausführlichen Unter- suchungen über den Einflufs der Windesrichtungen auf den Stand der meteorologischen Instrumente, welche ich über das Klima von London durch Berechnung der Beobachtungen von Chiswick in dem Aufsatz „über den Einflufs der Windesrichtung auf die Temperatur eines der freien Ausstrahlung und Insolation ausgesetzten Bodens“ veröffentlicht habe, haben gezeigt, dafs das Barometer am höchsten steht bei NO., am niedrigsten bei SW., dafs die Spannkraft des in der Luft ent- haltenen Wasserdampfes hingegen am gröfsten bei S. und am gering- sten bei N. ist, dafs der unbeschattete Boden sowie die Luft im Schatten am kältesten bei N. und am wärmsten bei $. wird. Da nach den Angaben des Whevell’schen Anemometers in Dublin der heftigste Wind der SW. und W., der schwächste der NO. und O., Ueber das Klima des westlichen Europa. 365 und da der Einflufs des Windes auf den Stand der Instrumente dort analog wie in London, so können wir die hier erörterten Eigenthüm- lichkeiten der Witterung als in allgemeinen Zügen gültig für das ganze vereinigte Königreich ansehen. Die Milde der Winter drückt diesem Klima entschieden den Charakter des Seeklima’s auf, ob aber die Som- mer wirklich zu kühl seien, wird sich erst scharf bestimmen lassen, wenn aus dem jetzt sehr reichen Beobachtungsmaterial der gemäfsig- ten Zone die mittlere Wärme der verschiedenen Breitenkreise von Neuem bestimmt wird und daraus die Lage der thermischen Normale d. h. der Grenzlinie, welche die relativ zu warmen Gegenden der Erde von den zu kalten scheidet. Nach meinen früheren Untersuchungen sind die englischen Sommer noch relativ zu warm. Obgleich heftige Gewitter in England beobachtet sind, so ist die Anzahl der Gewitter überhaupt doch eine verhältnifsmälsig geringe. Couch bestimmt für Polpero in Cornwall nach 23jährigen Beobach- tungen die Tage mit Gewittern auf 10 im Jahre, Howard für die Umgebungen von London auf 8.3 nach 13jährigen Beobachtungen mit dem Maximum im Juli und Minimum im Januar. Ob Wintergewitter an den Westküsten von Irland und Schottland häufiger sind, ist mir nicht bekannt. Hingegen treten Nordlichter besonders in Schottland in grolser Pracht hervor, aber in sehr veränderlicher Höhe, da Ca- vendish die Höhe des im Jahre 1790 gesehenen auf 50 bis 70 geo- graphische Meilen bestimmte, Dalton das am 29. Mai 1826 gesehene auf 100 Meilen, während Farkuharson die Höhe eines am 20. De- cember 1829 in Alford in Aberdeenshire gesehenen auf nur 4000 Fufs Höhe bestimmte, ein Nordlicht, welches in Berlin nicht sichtbar, bei welchem aber die Magnetnadel so gestört war, dafs mir die Beobach- tung ihrer Richtung wegen des fortwährenden Hin- und Herschwan- kens fast unmöglich wurde. Was die beigefügten Temperaturtafeln betrifft, so sind die neueren Bestimmungen, bei welchen die Beobachtungsstunden nicht angegeben sind, aus den Beobachtungen berechnet, welche Glaisher im Registrar General veröffentlicht. Ich habe dabei die Zahlen zum Grunde gelegt, welche als adopted mean bezeichnet werden, indem ich voraussetze, dafs hier die tägliche Veränderung durch die Beobachtungen von Green- wich eliminirt ist. Alle Grade sind Reaumur, die Höhe in französi- schen Fufsen, wenn nicht der Buchstabe e hinzugefügt ist, welcher englische Fufs bezeichnet. Die Länge ist westlich von Greenwich, wäh- rend das Minuszeichen eine östliche Länge andeutet. Den Uebergang zu den klimatischen Verhältnissen des Continents vermitteln Belgien und die Niederlande, deren Temperaturmittel ich daher hinzufüge. Wegen der mannichfachen Einbuchtungen des Meeres stehen die Nie- 366 H. W. Dove: derlande mehr unter dem Einflusse des Meeres, als das continentalere Belgien. Einer brieflichen Mittheilung des Herrn Buys Ballot ver- danke ich die interessante Bemerkung, dals die Austrocknung des Har- lemer Meeres einen sichtlichen Einflufs auf die Umgebung geäulsert hat, indem sie den Charakter des Seeklima’s etwas eingebülst. Diese Thatsache ergiebt sich, wenn man die fünftägigen Mittel vom Helder Eyafiord . Reikiavig . , Antrim Armagh - Athy . Belfast Buncrona Cork . Cahereiveen Castle re Courtown Donaghadee Dublin @) . I Dunmore Killybegs Kilhaugh Killrush . Limerick Markree . Portarlington Portrush . Westport Arbroath Aberdeen Alford H Anatomical Ginsden St. Andrews Applegarth . St. Bathans . Bonally . [are Ih i 20 — 21 55] 36 bESDESI 6 39] 21le 6 58] 200e 3.58. — 7 27| 48e 8 28] 297 e 10 13] 52e 9 9 18e 6 13] 34e 5 33] 16e 6 15] 19e 6 59] 66e 8 27) 20e 5 40] 23e 9 29] 6le 8 36) 92e 8 281 132e 7 12] 230e 6 41] 29e 9 371 17e 2 35} ; 50 2. 91:50 2 45] 420e Perthshire 2 481 70 3 12] 170 2.23] 420 3 101100 e Jan, Febr. |März | | Island. -6.00 -1.64|- -2.80 -0.97 0.95 Irland, 3.47 3.41 4.19 3.51] 4.25 4.44 4.13 6.07 4.80 7.18 9.47 5.38 4.40 4.09 4.04 3.98 BSOSaRo@ PrPRunS U wo— 4.84 4.44 4.01 5.16 gun ugn POon m 4.36 3.56 4.62) 6.09 Schottland. 1.59] 1.68] 3.40] | 3.12] 4.80 1.53, 2.60 3.33| 3.82 3.56) 4.52 | 2.17| 3.36 2.26| 0.27 1.74| 2.08 | April -5.04]-2.00 1.84 1.98) 5.69 2.99 4.11| 7.88 7.66) 9.66) 6.04 8.53) 8.30 11.69 6.04. 8.76 7.20 9.80 .42 10.13 .16 10.00 9.51 ‚8.76 ‚8.36 8.89 an a je 9.87 9.02 8.84 9.16) 9.42 8.44 8.00 8.49 ‚9.33 7.04 3.91 8.07 8.67 8.70 8.97 6.24 9.38 2.31) 5.90 3.88 1845 — 1852 vor der Austrocknung, und die von 1853 — 1858 nach 5.12) 8.70 ar! 10.71 11.11 \ 6.04 8.67 11.02.11.60 13.98 14.33 10.53 11.02 11,41 11.41 I 11.60 12.49 11.0712.71 11.2012.18 10.53 11.07 10.44 11.26 12.76 13.11 11.56 11.60 10.89 10.27 10.76 12.00 12.05/11.57 10.89 111.20 10.84 11.64 10.49 10.09 10.31 10.80) 10.42 11.86 11.77 12.65 10.42111.31 11.20 12.71 11.20/12.60 10.81111.63 9.73|11.141 11.64 11.56) Aug. 6.64 9.27 12.44 11.11] 12.36 12.31 12.22 10.89 11.20 12.74 12.44 ‚11.73 9.8 10.80 10.5 11.78, 9,78 14.16 11.73.11.0 10.00 6.86| 9.55/10.65| 9.98 7 2 Island. 1.04|-2.72 -6.08-4.96 -1.73: 6.13] 41.09] 043 | 12.72 11.09| 2 2.18-0.69 -1.15]-1.25 | 2.24 9.57| 2.64] 3.30 | 12.39 10.82] 15 tägl. Extr. | | Irland. | 5511.62] 7.92]: 7.05 | 12.77.) 951| — er 4111.15] 6.764 6.49 8.00 | 7.34 1 red. D, 11.47) 7.48| 7.13-| 8.98| 817]. A red. D. 14.16) 8.73] 8.93 | 10.77 | 10.00| 6 9.3, 10.89| 8.271 7.43 | 7.91| 6.88] - 1 11.73) 8.06| 7.88 | 9.18 8.05 44 9.3. 12.13] 9.86 | 8.86 | 7.51) 6,59 1 red. D. 12.00| 9.87| 8.80 | 7.82, 6.41 1 red. D. 11.70| 8.31| 7.95.| 8.22) 02] 1 red. D. 10.83] 8.61| 7.68 | 7.34) 6.28| A red. D. 11.09) 7.55| 7.29 | 7.87| 6.90] 22 wahr, Mitt. 12.251 7.83| 7.57 | 9.88| 8.77| 17 ältere Reihe 12.38 9.14| 8.56 | 8.27| 708] A red. D. 11.39) 9.26| 9.02 | 7.55, 5.441 1 red. D. ‚10.881 8.387 | 786 | 2755| 606| A red. D. 11.51) 9141| 8.22 | 7.64) 6.44| 142 red. 11.87| 7.63| 7.79 | 8.30 758) 4 red. 10.741 7.84| 7.03 | 8.67 7.45] 1 red. D. 10.56| 7.32| 6.63 | 8.44 7.46 1 red. D. 10.68) 8:50| 7.45 | 7.46) 6.47) A red. D. 11.42| 9.70| 8.57 | 6.35) 5.69] A red. D. Schottland. 11.20| 6.10] 6.18 | 10.27 | 8.99] 5 tägl. Extr. 12.23) 7.98 | 7.64 | 10.06 | 9.11 8 8. 10.88| 5.66] 5.81 | 10.74| 9.30| 10 gı.gl 11.85 7.48] 7.12 | 10.67 |. 8.89| 7 10. 10. 11.98) 7.76] 7.36 | 10.27| 8.77 | 8 10. 10. red. 11.15| 6.76] 6.49 | 9.98| 8.89| 24 9.9. 10.28) 5.94] 5.30 | 10.23) 8.11 4 10. 10, Nov. | Dec. Ueber das Klima des westlichen Europa. 367 derselben mit den fünftägigen Mitteln von Zwanenburg vergleicht. Die Werthe für Belsien sind aus den einzelnen Resumes in Quetelet’s Observations des phenomenes periodigues und den Annales de l’Obser- vatoire Royal de Bruxelles bestimmt, die für Holland aus „Meteorolo- gische Waarnemingen in Nederland en zijne Beziltingen witgegeven door het Kon. Nederlandsch Meteorologisch Instituut“. Die als normal bezeich- neten Werthe enthält der Jahrgang 1858. Alle Grade sind Reaumur. Win- ' Früh- ter | ling Unterschied w.u.k.M.| S.u.W. | FON, ‚Herbst 3 Jahr Anzahl mer | 10.06| 5.58] 5.42 | 9.47 | 8.30 5 8. 8, Beobachtungszeit 368 H. W. Dove: Breite | \”° | Höhe | Jan. | Febr. | März |April| Mai | Juni | Juli | Aug. | Sept reite Länge ohe an. ebr. arz prı al unı ul ug. ept. ! n r Schottland. | ' | Carbeth . 56 0) 4 22| 480e | 1.66| 2.68] 3.65| 4.53) 8.0210.84 12.6812. 01100 06 Clunie 57 12| 2 35 1.97) 2.79| 4.09 6.06) 8.84111.14.12.26/11.39) ; Colinton . 55 55 3 16| 364e | 2.12) 2.76 3.69 5.93) 8.93111.24|12.08111.65 SE Dumfernline . 56 5| 3 26 1.64) 2.61| 3.11| 4.38] 7.21) 9.6711.04|10.21| 8.43 Dundee . . 56 27| 2 57 2.84| 4.54| 4.53 6.34.12,97113.58114.46/13.90 11.3 Edinburgh . 55 58 3 11| 354e | 2.39) 2.76 3.79) 5.41 8.15.10.68111.86 11.02| 9.53 Elgin . 57 38| 3 16 2.47| 3.41) 3.79) 5.13) 8.81112.24112.99|12.64| 9.48 Glasgow . 55 51) 4 14 2.77| 3.32| 3.36, 5.7810.20.12.15113.00 12.35| 7.99 Hawkshill 9558| 0 0 2.00, 3.00] 4.80 7.20] 8.90 11.50/13.10/12.90/10.3( | Kinfauns 56 23) 3 19| 140° | 1.77| 2.74) 3.78 5.71) 8.13/10.58111.76)11.28| 9.58 Leadhills 55 25| 3 48[1280e | 0.00| 1.24 2.44 4.86) 7.84|10.24111.20)10.20| 8.2 Leith . 55 59) 3 10 4.04 3.83) 3.94| 6.39) 8.00 10.70112.60|11.71/10.8 Makerstown 55 36| 2 31| 213e | 1.80) 2.00] 3.32) 4.94] 8.06 10.38/11.11|10.84| 9. Rosebank 56 25) Perthshire |-0.04| 3.38] 3.59) 5.60) 9.06/10.97 11.73/11.47| 9 Sandwick 59 5| 3 17 2.83| 2.66| 3.73] 5.09| 7.04) 9.2210.32110.23| 9. Stromness 58 57| 3 18 2.69) 3.07| 3.90) 4.57| 7.26) 9.35.10.39110.16| 9.0: Thorshavn . 62 2) 6 46 2.45) 2.18| 3.41) 4.36| 5.94) 9.53.10.61|10.02| 8 Unst . 60 Ad 3.68) 3.00) 3.73) 4.71| 6.31, 8.36) 9.21110.00) 8 Wick . 98 291 375 2.92) 2.64| 4.42] 5.35| 7.69) 9.3810.88[10.85) 9 England. Ackworth 53 39; 120 1.66| 2.75] 4.27| 6.16) 8.76111.52.12.76)12.23]10.2 Ashfield . 5.22) 5.97 6.22] 7.29110.62|11.33/12.15)12.15/10.2% Aylesbury 51 48 0 49] 284e | 2.61 4.19) 4.00) 6.38] 9.09/12.15113.65/13.21/11.0 Beckington . 51 16) 2 15 2.84| 3.91) 4.27) 4.13) 9.24112.62 12.27|12.53)10.6 Bedford . 52 8| 0 30 2.91) 4.20) 5.28 7.23/10.78112.65 14.27|11.69|11.5 Birmingham 52 55 1 50 2.18| 2.91 4.80 7.65110.22,12.54113.33|13.40|11.7 Bolton 53 35| 2 24 2.13, 3.42| 4.84 6.67| 9.73 12.13/13.1612.71|10.5 Boston - .152 4810 5 1.82) 2.31) 4.07 6.80/10.3313.13/14.06|13.22|11.0) Bristol (Clifton) . 151 27| 236 4.67| 0.62) 2.67| 5.91| 8.53.10.5811.47)11.42| 9.9 Bushey Heath . 51 38| 0 22] 520 1.89| 2.77, 4.34 7.20| 9.41/12.58,13.78|13.41|11.0 Carlisle . 54 54| 2 58] 38 1.86| 2.93| 3.77| 5.70| 8.52)10.53 11.77111.56| 9.6) Calenik . 50 Cornwall 2.66| 5.77) 6.66| 8.88 11.55/13.33 14.66)13.77/12.8 Cardington . 52 7 024 2.76| 4.07| 3.93) 5.86| 8.53 11.59.13.20 12.5410. Cheltenham . 51 54| 2 4 2.78| 4.33) 6.30] 8.22| 9.85113.11 15.26]14.72,12. Chichester . 50 52| 0 45 2.78| 3.82] 3.05| 6.05) 8.86111.39 13.46|12.92|11. Chiswick 51 29| 0 18 2.19| 2.97) 4.48] 6.71) 9.57[12.57 13.81|13.32|11. Cobham . 51 20) 0 23 0.88| 1.59| 6.62) 7.0511.53111.27 11.71113.83/12.2 Crumpsal 53 32) 2 14 2.18| 3.07) 4.53] 6.49| 8.98111.3812.53/12.13 10. St. Day Givenap 50 Cornwall 7.16| 8.89|12.67|12.36 11.96) 10.74|10.1 Derby rn, 52 58 1 30] 160 2.70) 4.09! 3.84| 5.48) 8.15.10.73/13.02|11.86/10.% Duninro . 2.64 eu 3.33 5.91) 8.04110.20.12.16111.64, 9.: Durham . 54 46 1 35 2.69| 3.86' 3.70) 4.99) 6.82) 9.69111.33/10.97| 8. Enfield 51 39), 0 5| 76e | 3.87| 0.04| 2.04) 6.09| 8.04 11.20,15.16/12.53|10. | | 1" rd E $ 8 Win- ter 3.40 2.50 ] 5.05 | 10.55) 6.11 | 11.67 5.44 10.78) 6 ı 8.04 11.88 | 7.76 | 12.87] \ 7.56 | 13.09 | 2.08 | 12.67] | 7.07 |13.47 ‚6.11 112.44 18.12 |14.36 5.99 |12.59 ı 6.92 | 13.23 Ueber das Klima des westlichen Europa. | N Früh- Som- ling | mer Herbst Jahr | Schottland. 5.40 | 11,84) 6.33 11.60) 6. ee 11.66 4.90 10.31 7.95 13.98 5.78 11.19 5.91 12,62 6.45 12,50 6.97 12.50 7 5.90 | 11.21) 6.08 | 11.39 5.29 9,92 5.24 | 9,97 4.57 110.05 I 4.92) 9.19 5.82 10.37 6.40 | 12.17 6.49 13.90 5.88 | 12,47 5.70 11.16 6.98 | 13.26 6.00 | 11.29 9.03 | 13.92 8.40 | 12.27 6.67 112.01 9.57 | 11.68 5.82 | 11.87 5.76 | 14.00 5.17 | 10.66 5.39 | 12.96 Te itschr. f. allg. Erdk. Neue Folge. Bd. VII. 7.03 6.75 6.79 6.23 9.34 7.44 8.10 7.75 7.60 8.75 8.16 7.12 1.22 1.32 8.15 7.00 9.92 7.45 8.43 7.92 7.98 8.44 8.16 8.17 7.40 6.17 6.36 7.50 6.59 6.79 6.86 DO wwe We wo 00 = St England. 7.16 8.26 4.08 7.25 8.31 7.96 7.62 7.60 6.60 7.71 6.66 9.33 7.39 8.68 7.49 7.74 1.78 7.49 7.15 7.20 6.40 7.09 Unterschied w.u.k.M.| S.u.W 11.02 | 10.29 9.96 9.77 9.10 8.87 8.24 9.81 8.33 9.75 9.09 9.93 8.72 9.95 7.90 8.57 10.30 6.76 6.70 6.87 6,22 1.34 9.54 6.37 9.34 9.42 8.99 10.07 9.65 11.32 8.95 10.82 8.96 9.48 8.87 10.55 9.10 10.40 10.25 8.91 8.36 11.14 7.26 10.46 369 | Anzanı| Beobachtungszeit tägl. Extr. 9. red. 10. red. tägl. Extr. 64: stündl. wahr. Mitt. tägl. Extr. 10. 10. 10. 10. tägl. Extr. red. red. tägl. Extr. 55. red. tägl. Extr. 8. 1. 9. red. ER red. red. red. tägl. Extr. tägl. Extr. red. red. red. 24 370 H. W. Dove: [are Ka Höhe | Jan. | Febr. März | April| Mai |Länge | England. | | 0 r 0 ı Epping... “' . . [5141| 0127 2.04| 2.77) 4.73| 7.24 110.29|12.67 13.65/13.41 11.6 Exeter a) ‚(si - . - 100843173031 0.88 2.65) 4.00) 5.33) 8.4411.11 12.00.11.11) 9.3 =) Eee | 4.61 4.35| 4.82| 6.77 9.20 11.61 13.34/12.59/10.9 Falmouth . . .|50 95 6 5.62' 5.11! 5.42| 7.08 8.89 11.51 12.71 12.66 11.2 | I Gainsborough . . |53 24, 0 47 3.71) 3.44, 3.91) 5.60, 8.22]10.89 12.98/12.49| 9.7 Gospaxti X si . - 90 AT ARE" 3.11, 4.17| 5.73] 7.95110.51/12.91,14.24|13.8512.1 Grantham . . .152 55) 0 39] 190e | 4.00) 3.38) 3.80) 5.49) 8.06 11.07112.27|11.73|11.3 Greenwich . . . [51.29] 0 156e | 1.64 2.75, 2.95| 6.08) 9.15 11.55|13.01|12.66|10.7 Guernsey . . . 49 30) 2 40 5.48) 5.75| 5.44) 6.49| 9.12/11.59)13.27]13.26/11.7 Hartwell. : . . 151 49 0 51| 250e | 3.05) 4.33] 4.10) 6.19) 8.72)10.49 13.30) 12.8210.7 Hartwell Rectory . |51 49) 0 51| 290e | 2.67 3.79) 3.48) 6.00) 8.54 11.24 12.89|12.31|10.1 Hawerden . . . 153 11) 3. 2| 260e | 2.96) 4.52| 3.72] 6.41) 7.5610.43112.43|11.75| 9.7 Helston . . » . ]50 9| 5 18] 100 4.85 5.57| 5.97) 7.22] 9.21/12.13|13.29|13.041 11.7 Hall «= |. 2108.46 539 3.24| 4.09| 5.20| 6.62) 8.9812.00 12.98/12.58 10.4 Hereford. .: . . 152 4| 244 3.42 4.80| 4.44| 3.42) 8.4410.18111.38/11.36| 9.6 Highfield House . |52 57) 1 8} 204e | 2.58| 3.92 3.98| 5.98, 8.60111.19/13.04112.33 10. Holkham . . .152 57-0 48] 39e | 2.50) 3.781 3.64] 5.49) 8.04/11.08/12.69/12.50 10.4 J \ 49 11 6 4.89| 3.56, 4.67| 6.44 8.89113.33/13.78|13.78113.3 SIET ! 5.29, 4.33| 5.20| 7.43, 8.95 11.96|13.71|13.63 12, Lancaster . . . ]54 31 2 48 2.02) 2.70) 2.32] 5.45| 8.51 10.55/11.43111.13| 9. Latimer Rect. . . | 1.47) 4.38! 3.56| 4.53) 9.56|11.66|13.69)13.69 11.7 Dieeedsursst Isa: 1B37 | 1230 2.83 3.22 3.71| 5.70) 8.08 10.49 113.07|13.64/10.4 Deieesteruı.- .. ı [5287| 4092 3.47| 3.87 4.38) 4,80) 7.82, 9.9612.00)11.62) 9. Lewisham . . .151 31| 0 2] 80e | 4.29| 4.24| 4.78| 5.96| 8.62112.31|12.09113.82|11. Linslade. . . .|]51 55| 0 40| 313e | 3.60) 3.38| 3.56] 6.13] 8.35 14.41|13.11/12.21|10, Liverpool 53 25 2 59 3.53/ 4.57) 5.53) 7.14[10.34|12.44113.0713.33/11.8 x: 3.42, 5.15| 4.67) 6.50 8.84 11.2413.08|12.52|10. London ... . . 15130) 0:5 2.38) 3.81 5.00 7.30 10.46 12. 92114. ‚2614.07 12.1 Lyndon . . 52 32-0 3 1.42| 2.72) 3.81| 6.62 9.69 12.5914.01 13.2710. Maidenstone Bil. 3.17) 4.49) 4.16| 5.09) 8.6811.91/12.70/13.16|10.7 Great Malvern. . ]52 7 219 2.66, 3.91| 1:46| 3.33] 7.91/11.73|13.24 12.36 Isle of Man ... |54 12) 4 30 3.79) 4.02) 5.07| 6.56) 8.95111.12)12.59/12.2710.1 Manchester © . .|53 29) 214 2.06 3.24| 4.36| 6.71) 9.42111.64.12.80|12.62 10. Newcastle . . . 154 58) 137 2.99| 4.64| 3.99) 5.19 7.73110.2111.89|11.39) 9. New Malton . .|54 8 047] 85 1.45! 2.22] 3.87| 6.40. 9.08/11.4012.93 11.8210. Northumberland . 1.59 3.09| 3.53) 5.37) 7.95,10.76 11.76/11.31| 9% | Newport. . . .]|50 42| 1 18 5.16) 1.33| 3.11) 6.76! 9.02'10.84 11.96 12.40.10. North Shields . . [155 1| 1 27 3.47| 3.84| 3.33) A. 86, 6.73, 9.7210.92 10.48) 8. Norwieh. .... .|52 38-1 18) 33e | 2,76 4.22) 3.85| 5.63) 8.37 10.61/12.84|12.64/10. Oxford . . . .]|51 46) 1 14| 210e | 2.22) 3.15) 4.18 6.04 9.24 11.73 12.97|12.36 10. Pembrokei.. . .]51 39| 4 54 4.38, 4.98) 4.58) 6. 53 8. 72 11.4712.96.12°39 10. 1 Pencarrow . . . Cornwall 2: 59 2.95| 6.97) 7.33,11.02 10.65 11.47 14.9111. Penleonard . . . Exeter 2. "93 2.31| 6.49) 7.38.11.82 111.24 12.13 12.53 11 Penzance ı% . . 1507| 5133 4.72 5.73| 5.92) 7.14/10.02,12.3313.38 12.9414 P Ueber das Klima des westlichen Europa. Früh- | Wr ling Var ie Jahr ei Peer Anzahl] Beobachtungszeit | England. | 2.76, 7.42 |13.24| 8.32| 7.94 | 11.61 | 10.48] 28 1.92| 5.92 111.41) 6.96| 6.55 | 11.12 949| 5 8. 4.81 | 6.93 112.51) 8.56| 8.20 | 8.99 | 7.70 N ve 5.61| 7.13 | 12.29) 9.28| 8.58 | 7.60 6.68] 74 3.93 | 5.91 112.12) 6.97| 7.23 | 9.54| 8.19| 2 ved. 3.99| 8.06 13.67) 9.53| 8.81 | 11.13 | 9.68] 16 tägl. Extr 4.07| 5.87 |11.69| 7.17| 7.18 | 8.35| 7.62] 2 red. 2.47| 6.06 |12.41| 7.70| 7.15 | 11.37| 9.94| 79 5.85 | 7.02) 12.71) 9.49| 8.60 | 7.79| 6.86 3.85 | 6.34 |12.20| 7.84| 7.56 | 10.25 | 8.35] 4 red. 3.45| 6.01 112.15) 7.32| 7.19 | 10.22| 8.70| 4 red. 4.20| 5.85 111.41) 7.14 | 7.151 9.47| 2.21| 3 red. 5.50 | 7.47 |12.81| 8.36 | 8.54 | 8.44| 7.31| 12 tägl. Extr. 3.81 | 6.93 112.52| 7.35| 7.64 | 974 8711 4 3.61 5.43 | 10.97) 6.90| 6.73 | 8.76, 7.36| A red. 3.35 6.19 12.19) 6.96| 7.19 | 10.46 8.84| 4 red. 3.41 | 5.72 12.09) 7.58| 7.20 | 10.19 | 8.68| 4 red. 4.59 | 6.67 13.63110.29| 8.80 | 10.22 9.04| 4 5.04 7.19 13.10) 9.66| 8.75 | 9.38 8.06| 8 2.26 5.43 11.04 6.81| 6.38 | 9.41| 8.78| 7 10. ved. 2.66 | 5.88 | 12.99) 8.37 | 7.48 | 12.22 | 10.33 1 red. 3.46, 5.83 112.40) 7.21| 7.23 | 10.81 | 8.94 3 red. 3.54 | 5.67 111.19 7.29| 6.92 | 8.80| 7.64 3 red. 4.62| 6.45 12.74 7.95| 7.94 | 9.58| 8312| 1a! red. 3.70 6.01 112.24] 6.97 | 7.23 | 9.73) 8:54] 2 red. 4.13 | 7.67 |12,95| 8.68| 8.36 | 9.80| 8.82] 25 12. 4.51 | 6.67|12.28| 8.04| 7.87 | 9.66| 7.77 3 red. 3.33 | 7.59 | 13.75) 8.82| 8.37 | 11.88| 10.42| 49 tägl. Extr. 2.18! 6.71 13.29) 7.41 | 7.40 | 12.59 | 11.11] 28 tägl. Extr. 3.80 | 5.98 12.59) 7.75| 7.53 | 9.99 8.79| 3 red. 3.55| 4.23|12.44| 7.74| 6.99 | 10.58| 8.89] 1 tägl. Extr. 4.30, 6.86) 11.99| 8.57| 7.93 | 8.80| 7.69] 9 9. 11. red. 2.81| 6.83 |12.36| 7.88| 7.47 | 10.71| 9.55] 47 8. 1.11: 3.93 | 5.64 | 11.16 6.99] 6.93 | 8.90 7.23] 4 red. 1.91 | 6.45 12.05! 7.30| 6.93 | 11.48| 10.14] 84 tägl. Extr. 2.26| 5.62| 11.28) 6.95| 6.53 | 10.17, 9.02| 7 RO EEN 5.11| 2.09] 2.86. 6.30 11.731 822| 2.28 | 11.07 887| 1 red. ' 4.01| 4.14] 3.82, 4.17 |10.37| 6.33| 6.37 | 7.45| 6.455] 23 red. "5.01. 4.26| 3.75| 5.95 12.03! 7.59| 7.33 | 1008) 8.28| 4 red. 64 5.01) 3.47| 2.95 | 6.49 | 12.35| 7.64| 7.36 | 10.75 | 9.40| 25 red. 98 6.33) 6.00] 5.12| 6.61 12.27) 8.29| 8.07 | 8.58| 7.15| 3 | 5.62) 4.80 zu 8.44 |11.34| 8.44 | 7.92 | 9.32) 7.89] 1 2 5.91! 4.71l 3.32 | 8.56 |11.97| 8.68| 8.13 | 10.22| 8.65] 1 — 6.91) 5.85| 5.43 | 7.69 | 12.85) 9.19| 8.79 | 8.66) 7.42] 21 8. 2. red. 302 H. W. Dove: I mm nn | | | Jürsie Kar Höhe [9 Febr. März April| Mai | Juni | Juli ‚Länge | nn | | England. ; Plymouth 5022) 4 7 — 15.61 5.72 6.04| 7.35/10.1911.95 13.34 13.20 11.4 Polperro . Cornwall 13.95) 6.04 6.22| 7.90,10.62|11.59112.75 12.09 11:2 Rose Hill 51 44) 1 14| 270e | 2.81) 4.00) 3.84 6.00 8.67111.31/13.58 12.78 10.0 Ryde . 50 44| 1 10) 110e | 4.31| 4.22| 3.91| 6.22] 8.98 10.53|15.42)12.98 11. Southwaite . 52 30) 1 25) 368 | 2.49) 3.24 3.90) 5.50) 8.89111.57112.35111.79| 9.9 Sidmouth 50 41, 3.13 1.48| 4.00) 4.22) 6.59 8.96|10.67|11.03|11.70'10.4 Southhampton . 50 55 1 24) 60e | 3.65| 4.72) 4.76| 6.55 9.94 11.73,13.47.12.71, 1.0 Southwick 52 30) 1 25 4.47| 5.11! 6.26) 8.29/10.67|12.9913.78112.79 11.0 Stone. - 54 55| 1 24! 320e | 2.58) 3.95| 3.73) 5.87| 8.81 11.23112.84112.12 10.4) Stonyhourst ‘Col. 2,48| 3.59) 3.54) 4.96| 7.61) 9.45 11.56 11.01) 9.0 Swansea . 51 36) 3 53 4.27! 4.00| 5.72) 8.84112.21 14. 56 14.84 14. 6113.49 Swafham Bulbek . Cambridgesh. 2.46 4.19) 4.95) 6.30/10.75 12. 44 13. 94 13.30 11.) | | 51 45| 0 58 3.89. 3.42) 3.89 5.76| 8.22)11.07 12.13 12.98 10.4) Thame Torquai . Cornwall 6.10 3.95 5.07) 7.11| 8.92 11.06.12.97 13.14 14.8 Tottenham . 51 3610 5 2.40) 3.11 4.46| 6.93 10.20)12.27'13.86 113.31 11.4] En 50 1615 3 3,68 3.55| 7.29| 7.95,10.58,10.97 41.77 12.40 12.01 5.59) 5.11) 5.32) 6.81| 8.75 11.09 12.8312.66 11. Uckäfield . 50 58-0 5 2.64 4.25| 3.96| 6.54 9.55 12.59 14.04 13.25 Ventnor . 50 36| 1 13] 150e | 6.06) 3.63| 4.98] 7.26 9.42.10.89| 14.06 13.33|11.% Worthing | 5.,24| 1.20) 2.53| 5.87 8.67,10.67.11.78!12.09'10.1 Wakefield 53 4141| 0 30 2,89| 3.83) 4.04| 5.71| 8.28111.02 12.36 12.14 9.1 Whitehaven. 54 33| 3.33 2,96) 3.53 4.14] 6.31| 9.41|11.69 12.70 12.30 10. | | Isle of Wight . 50 45| 1720 2,22| 4.00) 5.33| 6.22110.67113.33 44.6713.33/11.] High Wycombe 51 36) 0 35 0.89| 2.44| 3.29| 5.12) 7.98 10.23 11.57110.42| 8. St. Johns Wood . | bei London 2,72 3.17| 4.53 6.77| 9.19)12.09 412.82 12.49 11.] York . ‚aaa 1.33| 2.97) 3.53 5.46 8.61/10.8012.27111.42| 9. 0.L. Belgien Bastogne 50 31| 5 40 0.10.-0.03| 2.17| 6.35) 8.43 11.95 13.46 13.7710. Brüssel . 50 51| 4.22] 181 1.77, 2.70 4.23| 7.30 10.74 113.74|14.60,14.34 11 Chimay . 50 3) 4 40 4.20, 0.93| 1.59) 4.54110.18112.79 15.79 13.7910. Furnes 51 4 240 4.48 0.44) 4.96) 6.14| 9.6213. 12 15.98 13.86 11. Gent . 51:3) 3 43 1.41) 2.09) 4.06) 7.80111.34|14.39) '15.27115.18.12.Bl Habaye . 49 45| 5 33 1.16, 0.12 1.80) 5.08) 8.48|11.28 13. 76.13.24| 9 | Lenze 50 3836| 3 3% 4.28| 2.14! 2.99| 6.79)10.44 12.9115.11 14.571128 Löwen 50 53) 4 42 0.70) 2.20. 3.97) 6.91\10.34|13.26 13.69 13.20 11.) Lüttich . 50 39) 5 32] 166 1.85, 3.13 4.26| 7.63,11.99 13.82 14.88 14.78 A Mecheln . 51 :2| 429 -0.72| 0.23) 5.28111.04 15.20| 18.00 19.5219.04 16 Namur 50 30 4 51} 311 2.43: 2.91 4.03| 7.90111.31 14.30 16.03,15.58 11.8 Östende . 51 14| 2 55 1.56. 0.62, 3.85| 7.19/10.14 12.88 14.87115.23,13 Ostin . bei Namur 3.58 1.41) 2.22) 5.74| 9.66|12.20 15.92]13.65,11 | Stavelot . 50 24| 5 52] 971 0.92| 0.93| 2.28] 6.20) 9.15 12.54 13.68 13.39 10E Tirlemont 50 49| 4 56| 145 4.08 0.58 2.94 6.54/11.04113.54, 116.42]14.98|11B St. Trond 50 49 5 11] 181 1.56 2.82) 3.31) 7.32]10.93|13.65, 114. 8614.28 11% Verviers.. 50 38) 5 46 4.62, 0.04) 0.96| 6.2410. 76113. 38 16.07[14.51,10% Ueber das Klima des westlichen Klima. 373 (9 Win- | Früh- Som- | ‚ Unterschied 6 Det. | Nov. | Tine] Des Kae Jahr IE Imas Anat| Beobachtungszeit | England. | 5.72 | 7.86 12.83] 9.28 | 8.92 te | 17.19 b) stündl. 5.56 | 8.25 112.14) 8.87| 8.71 8.80|. 6.581 — E— 3.86 | 6.17 112.56) 7.20| 7.45 | 10.77 | 8.70 | 6.37 12.98] 8.50| 8.15 | 11.11 | 9.24 1% red. | 6.10 | 11.90) 7.30 | 6.23 9.86 | 8.95 8 6.59 111.33] 7.60] 7.10 | 10.22| 844] 3 tägl. Extr. | 7.08 12.64 8.27] 8.11 9.82| 8.21 9. 3. 9. red. 8.41 113.19) 8.37 | 8.69 | 9.31) 840l 1 4.7 6.14 112.06 7.29| 7.25 |] 10.26 | 855 | 5.37 110.67) 6.47 | 6.44 | 9.08| 7.41 8.92 | 14.67| 9.85 | 9.44 | 10.84 | 10.34 7.33 13.23) 8.23 | 7.98 | 11.48 | 10.11 4 , 5.96 |12.04| 7.15| 7.18 | 9.51| 8.48 1.8 7.03 |12.39| 9.26] 8.52 | 9.02 | 6.98 34 ı 7.18 |13.15 7.96| 7.61 | 12.46 | 10.71| 25 tägl. Extr. | 8.61 |11.71| 8.93] 8.38 | 8.85| 7.43 6.96 12.19) 8.99 | 8.41 7.72| 6.69 4 6.68 13.29) 8.12 | 7.13 | 11.61 | 9,52 3 reden 7.22 112.76 9.70| 8.69 | 10.43 | 7.66 2 red 5,69 111.51) 8.34 | 7.08 | 10.89 | " 8.74 1 red 6.01 [411.84 7.01 | 7.14 | 9.47| 8.13 4 red. | 6.62 112.23) 7.95] 7.581 9.74 |'872| 2ı | 7.41 |13.78| 8.44| 8.19 | 12.45 | 10.67 | 10 9 5.46 | 10.74| 6.20| 6.01 | 10.68) 9.08 4 6.83 |12.33| 7.94] 7.58 | 10.10 | 9.26] 10 5.87 11.50| 6.96] 7.46 | 10.94 | 9.32] 12 Belgien. 5.65 | 13.06! 6.33] 6.30 | 13.49 | 11.54 3 9::12,13.09, 7.41 14.23) 8.54| 8.14 | 12.83 | 11.84| 24 tägl. Extr. 5.44 114.12] 7.29] 7.28 | 14.86 | 11.87 2 tägl. Extr, 6.91 |14.32| 8.85} 8.18 | 15.54 | 11.70 1> tägl. Extr. 1.13 14.95] 8.47 | 8.23 | 13.86 | 13.17 | 19 tägl. Extr. 5.12 112.76) 6.28] 6.26 | 13,64 | 11.87 2 tägl. Extr, 6.74 | 14.40) 8.841 8.20 | 13.64 | 11.57 2 tägl. Extr. 7.07 13.38) 8.00| 7.49 | 12.99 | 11.88] 13 tägl. Extr. 7.96 | 14.49| 8.85 | 8.47 | 13.03 | 11.89] 14 9.9. 10.51 | 18.85/10.67 | 10.01 | 20.24 | 18.83] 10 =— 7.75 15.30) 8.38] 8.55 | 13.60 | 12.54 6 9.9. 7.06 | 14.33) 8.74| 7.99 | 13.67 | 12.47 2 9, 5.87 113.92) 7.96| 7.84 | 14.51 | 10.31 tägl. Extr. ı 5.87|13.30| 7.16| 6.80 | 12.76 | 12.33 9.9. 7.17 | 14.26) 8.26] 7.99 | 13.30 | 12.01 tägl. Extr. 5.99 | 14,65| 8.85| 8.00 | 16.03 | 12.13 3 tägl. Extr. 2 7 6.84 | 14.98) 8.58| 8.14 | 15.86 | 12,80 2 tägl. Extr. 6 1 374 H. W. Dove: [ai Wi | Höhe |’ Febr.| März änge | ; Niederlande. 0 ’ ’ Amsterdam a). .|52 23| 4 53| — | 0.53] 2.14| 3.88] 7.17|10.53\13.56114.82)14.80 12. E N 2.16) 1.20) 3.06, 6.50,10.18113.62,14.37|14.41112. Arnhem . . . .|51 59] 5 55| 60 | 0.49) 2.00| 3.61, 7.20|10.76|12.40|14.05113.84111. Assen . 2 . .[|52 58] 6 31 0.94 2.15) 2.96 6.17 9.60113.47|14.62114.58111. Bredain. . . 5135| #47 0.92) 2.82| 4.67| 8.28|11.62|13.96|16.46/14.94 12. Franecker . . .|53 12) 5 31 0.62) 2.56) 4.81) 7.51 111.01|14,81 15.60,15.36 12. Gröningen a) . . |53 12| 6 32 0.32 1.15) 2.56 6.44 10.14|13.18]14.20113.82 11. a 6), 0.10 1.85, 3.58 7.27110.94|13.28114.59|14.27 11. Hagg. .. ...[52 4419 — | 12135 | 5.8 | 8.5 |t1.2 |13.8 |15.3 115.6 18. Harlem . . . . [52 23) 439] — | 1.03, 2.35) 3.92, 6.94 10.25|12.30113.70,13.90 11. Bein > 2.72| 0.46| 4.15 8.3010.88118.20114.92] — 14. te Helder a) . . 152 57) 4 45 2.27) 2.26| 3.42| 6.32, 9.40112.87114.30.14.35|12. R DR ;- 1.35) 2.99 4.30| 7.14 10.96 13.42]14.73/14.70/12 Hellevetsluis . . [51 494 7| — 12.23) 1.32) 3.98) 8.26/11.05|15.66.15.23)16.9414 Leuwarden a). . 153 11) 5 47] — | 1.22] 1.64| 2.93) 6.31 9.88113.42/14.34114.38|11. R As ya 0.37| 2.08) 3.81 6.50,10.76|13.04114.37 13.9811 Leyden . . . .|52 9] 429 0.88, 2.01| 3.51) 6.30) 9.85112.89114.16 13.9114 Mastrih. . . . 1505115 4 -0.13) 1.79) 4.37) 8.18 11.55113.80115.16/14.3412 Monster. - . . 1.85| 1.45| 4.88| 8.45 11.42) — [15.23)15.90/14 Middelburg.. . . !51 301 3 50| — | 2.16 2.06 2.59) 6.73111.53|13.55114.85 14.2913 Nymwegen a). . |51 50) 5 46 1.30, 1.76 3.31) 7.29/10.66|14.13/15.01 14.8911 3 A: 0.47) 2.08 4.00) 7.68111.51113.88 15.33.14.62 Rotterdam . . . 51 561 4 29| — |1.6 3.2 | 5.0 | 8.0 11.0 114.0 |15.2 [15.0 13 Schiedam . . .|51 55) 4 24| — | 1.29 2.16) 4.16) 6.80.10.01112.22 13.54 13.49 11 Siyk Ewisk. : 0.98, 0.86 3.93) 8.7211.67|19.0015.34 16.3015 Sparendam . . . 152 29 2 50| — 0.7 | 1.1) 49 | 8.2 11.0 |13.1 116.3 14.9 14 Utrecht ©). . .|52 55 8 1.29, 1.67) 3.18) 6.87 10.20|13.63)14.59 14.464 era , 0.54 2.58 4.26 7.93.11.84 14.19 15.53]14.8511 | | Vliessingen a). . |51 26) 3 30 1.94 1.73) 3.65 7.22 10.11)14.14/14.40.15.84|1 R D). . 0.90 3.29 4.67. 8.76 12.83114.78/15.92'16,02]4 Zwanenburg . .|52 23, 4 46| — |} 1.00 2.25 3.86 6.80'10.13112.46113.97 14.144 ii ! Ueber das Klima des westlichen Europa. 375 4 1 Win | Frühe | Bo oe ul yopr |, Unterschied "|, nr Beobachtungszeit ter ling | mer w.u.Kk.M.| S.u.W. Niederlande. 2.17] 1.61 | 7.49 14.391, 8.55 | 7.94 | 14.29 | 12.78) 12 73. 2. 10. red. 3.09] 2.15 | 6.58 | 14.13) 8.46 | 7.83 | 13.21 | 11.98 8 8.22.10. 1.42] 1.30 | 7.19 13.43, 7.67 | 7.40 | 13.56 | 12.13 | 29 ae ie 2.24| 1.78 | 6.24 | 14.22 7.56| 7.45 | 13.68 | 12.34 7 2.42] 2.05 | 8.19 15.12 8.73 | 8.52 | 15.54 | 13.07 | norm. Bi72 2.84 2.01 | 7.781|15.05| 9.241 8.52 | 14.98 | 13.04] 13 6. 10.2. 6. 10. red. 1.03] 0.83 | 6.38 113.73) 7.731 7.17 | 13.88 | 12.90] 14 BHRHLS. 2.201 1.38 | 7.26 14.05, 8.05 | 7.69 | 14.49 | 12.67 | norm. 3.6 | 2.77 | 8.50 114.90 9.43] 8.39 | 15.04 | 13.78 6 tägl. Extr. 2.781 2.05 | 7.04 113.30) 8.49] 7.72 | 12.87 | 11.25] 53 8. 1. 10. red. 5.63] 2.94 | 7.781 — | 9.04| — _ _ 921.36. 3.73] 2.75 | 6.38 | 13.84) 8.86 | 7.96 | 12.09 | 11.09} 10 82.8. ı 3.49] 2.61 | 7.47 | 14.28) 9.15 | 8.38 | 13.38 | 11.67 | norm. 2.25| 1.93 | 7.76 |15.94| 9.68 | 8.83 | 15.62 | 14.01 4 1%; 2.461 1.77 | 637 |14.05| 7.98 | 7.54 | 13.16 | 12.28] 10 8. 2r1d. 1.99] 1.48 | 7.02 13.80) 8.25 | 7.64 | 14.00 | 12.32 | norm. 2.66| 1.85 | 6.55 | 13.65] 8.24 | 7.57 | 13.28 | 11.801 19 73. 12. 10. red. ı 2.66] 1.44 | 8.03 114.43) 8.89 | 8.20 | 15.29 | 12.90] 16 |]- ShuGE 5.27] 2.86 | 825 | — | 867 | — _ _ 8.118 4. -0.37| 1.28 | 6.95 14.23 8.521 7.75 | 15.22: 12.95 4 MARI. 2.22] 1.76 | 7.09 |14.68| 8.051 7.89 | 13.71 | 12.92 |. 10 Bra. 2.211 1.59 | 7.73 14.61) 8.26| 8.05 | 14.86 | 13.02 | norm. 1.8 | 2.20 | 8.00 | 14.73| 8.87 | 8.45 | 13.60 | 12.53 bi) = 3.34] 2.26 | 6.99 | 13.08) 8.62! 6.40 | 12.25 | 10.82] 25 8. 2.8. red. 4.76] 2.20 | 8.11 16.88) 9.80) 9.25 | 18.02 | 14.68 1 i8. 12. 4. 3.9 | 1.90 | 8.03 | 14.77) 8.13 | 8.21 | 15.60 | 12.87 4 — 2.33] 1.76 | 6.75 j14.23| 8.23 | 7.74 | 13.20| 12.47 | 10 8. 2. 10. 2.22] 1.78 | 8.01 114.86 8.41| 8.26 | 14.99 | 13.08 | norm, 3.66] 2.44 | 6.99 114.79| 9.64 | 8.47 | 14.11 | 12.35 8. 12. 3. 3.22| 2.45 | 8.75 | 15.57) 9.98] 9.19 | 15.12| 13.12 | norm. 2.58] 1.94 | 6.93 | 13.52) 8.591 7.75 | 13.14 | 11.58] 92 red. 376 X. Die Insel Formosa. Mitgetheilt von Dr. Biernatzki. Während in unseren Tagen, Dank den Forschungen unermüdlicher Wanderer, der Welttheil Afrika immer mehr ‘aus seinem geheimnils- vollen Dunkel heraustritt, entschleiern kühne Seefahrer die noch zum Theil in Nebel gehüllte ostasiatische Inselwelt. Hier wie dort werden dem Handel neue Wege eröffnet, der Wissenschaft der Erdkunde bis dahin unbekannte Thatsachen mitgetheilt, der Civilisation neue Bahnen gebrochen. In einem früheren Bande dieser Zeitschrift ') haben wir die Ergebnisse der damals neuesten Forschungen an den Küsten der Insel Formosa besprochen, wobei wir uns den von Ritter im dritten Bande der Erdkunde von Asien zusammengestellten älteren Nachrich- ten, sowie demjenigen anschlossen, was Wells Williams in seiner Beschreibung des Mittelreiches mitgetheilt hat. Seitdem ist unsere Kunde von dieser „herrlichen“ Insel, die nicht mit Unrecht den Na- men der „Schönen“ trägt, während sie auch nach ihren „hohen Gipfeln“ von den.Chinesen Taiwan genannt wird, erweitert worden. Und ver- mögen wir auch gegenwärtig noch nicht ein vollständiges Bild von ihrer Oberfläche zu entwerfen, so sind wir doch im Stande, von den Küsten aus tiefer in das Land hinein-, an einigen Stellen tiefer in den Boden hinunterzuschauen, und zugleich von den 'verschiedenartigen Bewohnern charakteristische Züge anzuführen. Die neuesten, in den nachfolgenden Zeilen benutzten Berichte verdanken wir, aufser eini-. gen wenigen Bemerkungen des bekannten Reisenden Robert For- tune ?), den Amerikanern Capitain Joel Abbot, Rev. G. Jones und Seelieutenant A. W. Habersham, sowie den Engländern Commandeur Brooker und Mr. Groom. Die beiden Erstgenannten, Capitain Ab- bot als Befehlshaber des Ver. Staaten-Dampfers „Macedonian“, be- suchten Formosa auf Befehl des Commodore Perry im Juni 1854, theils um einigen seit längerer Zeit vermifsten, angeblich bei Formosa ge- strandeten Amerikanern nachzuforschen, theils — womit speziell Rev. G. Jones beauftragt war — die bei Kelung an der Nordküste der Insel vorhandenen Kohlenlager zu untersuchen ?). Lieut. Habersham, der 1) Neue Folge Bd. III (1857) S. 411 — 427. 2) Vergl. dessen Residence among the Chinese. London 1857, p. 229 — 237. 3) Ihre Berichte finden sich abgedruckt in dem neuesten Werke von dem das nordamerikanische Geschwader begleitenden deutschen Maler Wilhelm Heine: Die Expedition in die Seen von China, Japan und Ochotsk ete. Deutsche Original-Aus- gabe. Leipzig, bei Costenoble, 1859. Bd. II, S. 305 — 336. Vergl. diese Zeitschrift N. F. Ba. VI, S. 491 ff. . Die Insel Formosa. 377 an Bord des „John Hancock“, gemeiniglich „Old John“ genannt, ‚be- fehligte, und mit diesem Schiffe zum Peilungs-Geschwader der Ver- einigten Staaten, welches Commandeur Ringgold führte, gehörte, war im Jahre 1855 auf Formosa anwesend '). Commandeur Brooker, wel- cher die „Inflexible* befehligte, ward im Sommer 1858 nach Formosa beordert, um über früher dort verunglückte Schiffbrüchige Kunde ein- zuziehen. Er kehrte, ohne von diesen etwas erfahren zu haben, An- fang Juli nach Hongkong zurück ?). Mr. Groom endlich, Passa- gier an Bord des „Alert“, der am 26. September 1858 von Hongkong nach Formosa abfuhr, erreichte die Insel als Schiffbrüchiger. Denn der „Alert“ scheiterte am 11. October Abends kurz nach 7 Uhr, nach- dem er sich am Morgen desselben Tages auf 24° 28’ N. Br. und 119° 38’ O. L. von Greenwich befunden, überwältigt von einem heftigen Nordost-Monsun ?). Herr Habersham, Mr. Groom und Rob. Fortune betraten die Westküste von Formosa, während Commandeur Brooker diese und die Ostküste untersuchte, auch bei Kelung ankerte, dagegen Capt. Abbot und Rev. G. Jones nur an der Nordküste landeten. Wir sehen uns zuerst an der Hand der Herren Habersham, Groom, For- _ tune und Brooker an der Westküste um. „Old John“, „der wacklige alte Dampfer, den die Leute anstaun- ten und sich wunderten, dafs er noch nieht zu Grunde gegangen war“, sollte die spurlos verschwundene „Porpoise*, die zum Perry’sehen Ge- | schwader gehörte, im Formosa-Canal aufsuchen und die südöstliche und östliche Küste der Insel vermessen. Es war eine stürmische Jahres- zeit, als das Schiff von Hongkong abfuhr. Am 26. März 1855 kam es im Hafen von Makung, der grölsesten von Chinesen bewohnten An- siedelung auf der westlich von Formosa liegenden Inselgruppe der Pes- _ eadores, an. Von der „Porpoise* fand sich keine Spur. Ein heftiger Sturm, gegen den. der Dampf nichts auszurichten vermochte, nöthigte h das Fahrzeug, das Steuer zu wenden und längs dem Lande nach einem Dorfe diesseits des südlichen Caps von Formosa zu laufen. Hier ging ") A. W. Habersham, The North Pacific Surveying and Exploring Expedition, or My Last Cruise etc. Philadelphia & London 1857, p. 172 u. fi.; im Auszuge mitgetheilt in dem vorstehenden Werk von Wilh. Heine, Bd. I, S. 124 u. ff. Vergl. — auch diese Zeitschrift N. F. Bd. III, S. 167. 2) Brooker’'s Bericht findet sich im Nautical Magazine 1858, Novemberheft. Da uns dieses nicht zu Gesicht gekommen, haben wir uns mit einem wörtlichen Auszuge aus jenem Bericht begnügen müssen, der in der China Mail vom 10. Fe- bruar 1859 steht, die auch schon in ihrer Nummer vom 15. Juli 1858 eine referi- rende Mittheilung über diese Expedition brachte. —_._ ?) Vergl. Overland China Mail d. d. Hongkong 29th January 1859 (Vol. XV, No. 180) p- 718 u. 719: the shipwreck of the Alert and captivity in Formosa. Hier - findet sich der- Bericht anonym, dagegen wird bei dem Abdruck desselben im Overl. Briend of China 1859 No. 1 u. 2 als Verfasser desselben Mr. Groom genannt. 378 Biernatzki: es unter dem Schutz der Westküste vor Anker. „Wir sahen am Abend,“ so erzählt Lieutenant Habersham, „nichts als einen ausge- dehnten Strich weilsen Sandufers, von grünem Hügelland umgeben, und glaubten im Schatten der hohen Gebirgskette ein Dörfchen zu entdecken. Wir erlangten hierüber erst Gewilsheit, als wir nach ein- getretener Dunkelheit die vielen Lichter desselben sehen konnten. (Ein Licht wurde auch vom Bord des unglücklichen „Alert“ bemerkt, kurz zuvor, ehe derselbe auf eine Klippe auffuhr.) Den nächsten Morgen hatten wir eine ausgedehnte Aussicht vor uns: grüne Hänge und wal- lende Kornfelder, hie und da von weiten Strecken Tafelland unter- brochen, über die wir das Vieh wandeln und nach dem zartesten Grase suchen sahen. Eine solche Landschaft ist schon an und für sich einer der angenehmsten Gegenstände für den Beschauer; diese sanft an- schwellenden Flächen, reiche Felder, gesundes Vieh, hie und da ein Dorf und die Berghänge, von dem sonnebeleuchteten Schaume rauschen- der Wasserfälle glitzernd. Allein kommt man nun eben erst von einer stürmischen See, dann ist der Anblick wohl geeignet, das Blut wärmer durch die Adern zu treiben und das Herz hüpfen zu machen.“ Am nächsten Morgen ruderten mehrere von der Mannschaft an’s Land; drei gute Viertelstunden genügten, bei harter und nasser Arbeit, um eine stürmische halbe Meile vom Schiffe bis an die Küste zurückzulegen. Herr Groom, der unfreiwilliger Weise an die Westküste ver- schlagen wurde, berichtet darüber wie folgt: „Nachdem ich vom Wrack in die See gespült worden, warf mich eine Woge auf eine Schiffs- planke. Auf dieser blieb ich, den halben Körper im Wasser, bis zum Anbruch des Tages, jede Minute ging eine Woge über mich hin. Um 9 Uhr Vormittags kam ich an’s Land, mit dem Hochbootsmann und zwei Negern von der Besatzung des „Alert“. Wir wurden sogleich von den Eingeborenen ergriffen, welche auf der Lauer gestanden hat- ten und mit langen Messern und Speeren bewaffnet waren. Mich brach- ten sie auf ein Flofs von Bambusrohr und fingen dann an, mich aus- zuplündern.* Sie nahmen den armen Schiffbrüchigen Alles, was sie auf dem Leibe hatten und bei sich führten. Dann bezeichneten sie ihnen ein etwa drei englische Meilen entferntes Dorf, wohin man über eine grolse, theils schlammige, theils sandige Ebene gelangen konnte, und drückten ihren Wunsch aus, dafs die Schiffbrüchigen sich dorthin begeben möchten. Auf vieles Bitten gaben sie Herrn Groom statt sei- ner Kleider ein altes Wamms und ein Stückchen Kattun, mit dem er sich nothdürftig bedeckte. Herr Habersham und seine Genossen wurden besser empfangen, obwohl die Eingeborenen auch sie bereits erwarteten. „Wir landeten furchtlos“, schreibt er, „auf dieser fremden und mit einem dichten Hau- Die Insel Formosa. 379 fen von Eingeborenen besetzten Küste, denn wir hatten dieselben schon vorher als Chinesen erkannt, und obschon sie alle entweder mit Lunten- flinten oder Bogen und Pfeilen bewafinet waren, so kannten wir diese Volksstämme doch bereits zu wohl, um viel von ihnen zu befürchten. Die Menge, welche uns auf die geräuschvollste Weise empfing, bestand aus Männern, Weibern und Kindern, die ersteren fast von jedem Alter und sämmtlich bewaffnet.“ Mittelst eines chinesischen Dieners und eines bedeutenden Zusatzes von Pantomimen gelang es, einen gegenseiti- gen Ideenaustausch mit ziemlicher Leichtigkeit zu Stande zu bringen. Nach der Beschreibung von den Eingeborenen, die Herr Groom giebt, der nicht wie Herr Habersham im Süden, sondern im Norden der Westküste an’s Land kam, namentlich nach der Beschreibung von ihren Waffen und ihrer Raublust scheint es, als seien er und seine Unglücksgefährten nicht von Chinesen, wie Herr Habersham, sondern von den durch diese seit lange unterjochten eigentlichen Formosanern empfangen worden, über welche wir weiter unten noch Näheres anzu- führen Gelegenheit haben werden. Herr Groom begab sich mit seinen Genossen nach dem ihnen bezeichneten Dorfe. Eine dichte Menge, Männer, Frauen und Kinder, umringte sie hier, begierig die „Ta wha- nah“, wie sie die Fremden nannten, zu sehen. Diese Dorfbewohner, obwohl auch Formosaner, waren freundlicher gesinnt, als die, welche den Schiffbrüchigen am Strande aufgelauert hatten. Sie gaben ihnen Reis zu essen und auf Begehren Wasser zu trinken. „Die Männer“, erzählt Herr Groom, „waren alle schön und athletisch gebaut, mit an- genehmeren und weniger verschmitzten Gesichtszügen als die Chinesen und von hellerer Hautfarbe. Sie trugen meistens lange Messer und Speere, einige auch Luntenflinten. Auch die Frauen hatten andere Ge- sichter als Chinesinnen zu haben pflegen. Die meisten trugen ihr Haar - mit scharlachrothem Seidenzeug geschmückt, welches, nebst ihren gros- sen Ohrringen, ihnen ein ganz eigenthümliches, aber keineswegs unvor- theilhaftes Aussehen verlieh. Wenige von ihnen hatten kleine Fülse, alle gingen barfufs. Das Dorf sah sehr verfallen aus. Nur der Götzen- tempel war ein nettes Gebäude und dieser mit seinen grotesken Bil- dern und Malereien, vor der Fronte ein kleiner Flufs, im Hintergrunde alte knorrige Bäume, lag ganz malerisch. Die übrigen Häuser oder Hütten waren alle aus Lehm (Schlamm) erbaut und mit einer Einfas- sung von Bambusrohr oder mit einer niedrigen Lehmmauer umgeben, die von einer unserem Cactus ähnlichen Pflanze überwachsen war.“ Nachdem sich die Schiffbrüchigen etwas erquickt und ausgeruht hatten, verliefsen sie das Dorf und begaben sich auf den Weg nach einer etwa sieben englische Meilen entfernten Stadt, die sie am gegenüberliegen- den Ufer einer Bai erblicken konnten. Der Marsch über eine mit kur- 380 Biernatzki: zem stachlichten Grase bedeckte Fläche, dann über eine schlammige Ebene, in welcher sie bis an die Knöchel versanken, war sehr anstren- gend und mühsam. Fortwährend begegneten ihnen Haufen von Be- waffneten, welche nachsahen, ob sie irgend etwas von Werth bei sich führten. Endlich erreichten sie die Stadt und fanden dort sechszehn von der Mannschaft des „Alert“, die sich an’s Ufer gerettet hatten. Die ganze Stadt lag in Ruinen, eine Feuersbrunst hatte sie zer- stört, fast kein Haus war unversehrt geblieben. Die Schiffbrüchigen wurden sogleich in ein dunkles enges Gemach geführt, wo sie die ganze Nacht über blieben, ohne Nahrung und Kleider, und gleich sehr von Moskitos und neugierigen Leuten belästigt wurden. Die Bevölkerung schien indessen gelassener als die Dorfbewohner, wenige nur trugen Waffen. Ihre Kleidung war einfach: ein blaues chinesisches Hemde, blaue oder weilse, bis an’s Knie reichende Beinkleider, ein grofser blauer Turban. Alle trugen die „Hun tcheue* oder Tabackspfeife, meistens aus Bambus gemacht, aufserdem zwei kleine Dosen, deren eine mit Taback gefüllt war, während die andere Feuerstein, Stahl und Zunder enthielt. Der Taback war, wie Herr Groom später er- fuhr, ein Produet der Insel. Wenn er zum Rauchen zubereitet wird, ist er sehr heifs und ölig. Eine Sorte, welche indessen nur von den Vornehmeren gebraucht wird, hat einen angenehmen Duft, welcher durch den Zusatz einer gewissen Bohne hervorgebracht wird. Nachdem die Schiffbrüchigen am folgenden Tage in einen Götzen- tempel übergesiedelt waren, auf dessen feuchtem und rauhem Boden es ihnen aber wenig behagte, blieben sie in diesem zwei Tage. Am dritten Abend nach ihrer Ankunft kamen die Mandarinen. Drei Ge- schütze wurden vor dem Götzentempel abgefeuert und lockten die Fremden vor die Thür, der sich der Zug näherte. Voran schritten die Henker in scharlachrothen baumwollenen Gewändern, mit Helmen von Bambus auf dem Kopfe, ihre Straf-Instrumente auf der Schulter. Als sie vor dem Tempel anlangten, erhoben sie ein furchtbares Geheul, welches sie bis zur Ankunft eines alten Mandarinen fortsetzten, der von einem Haufen Schützen begleitet war, welche lange rostige, plump aussehende Flinten trugen. Der Mandarin — Herr Groom glaubt sich zu erinnern, dafs er einen blauen Knopf trug — war ein freundlicher wohlwollender alter Herr, dem die Fremden aber ausweichen mufsten; sie mufsten sich wieder in den Götzentempel zurückbegeben. Hier suchte sie einer seiner Beamten auf, der Mitleid mit ihnen zu haben schien und ihnen eine vortreffliche Prise anbot. Das schien er als einen Beweis grofsen Edelmuthes von seiner Seite zu betrachten. Noch an demselben Abend nahm sie der alte Mandarin in’s Ver- hör und versprach ihnen Speise und Kleider. Bald hernach schickte Die Insel Formosa. 381 er ihnen Schweinefleisch und zwei Hühner, die sie sich bis zum Früh- stück am andern Morgen aufsparen wollten; aber ehe sie die Speisen zubereitet hatten, kam der Befehl, dafs sie sogleich dem Mandarin nach seiner, eine Tagereise entfernten Stadt folgen sollten. In diesem Zuge gingen sie in der Mitte, die Mandarinen voran in Tragsesseln. Herr Groom lehnte sich auf einen Neger, da ihm das Gehen sehr schwer wurde. „Wir kamen“, erzählt er, „durch eine schöne wohlbewässerte Ebene, welche sich vom Seegestade bis an eine niedrige Hügelkette ausdehnte, die etwa 10 engl. Meilen landeinwärts lag. Hinter diesen Hügeln erhob sich ein prächtiges Gebirge etwa 10 bis 12,000 Fuls hoch, welches allem Anschein nach Formosa durch eine fast unüber- steigliche Bergmauer in zwei Theile theilt. Die Ebene ist herrlich an- gebaut, nicht ein Zollbreit nutzbaren Bodens liegt brach. Reis, sülse Erdäpfel, Erbsen wachsen hier in Ueberflufs. Von Zeit zu Zeit kamen wir an kleinen Wohnhäusern vorüber, die einzeln hinter einem fast undurchdringlichen Gitter von schlanken Bambusstäben verborgen la- gen.“ Nach einem Marsch von 18 engl. Meilen fiel Herr Groom er- schöpft zu Boden. Die den Trupp begleitenden Soldaten wollten ihn mit dem Schwerdt zum Aufstehen nöthigen und weiter treiben. Ein- mal gelang es; als er aber auf's Neue zusammensank, brachte man einen Tragsessel herbei und führte ihn in diesem nach der Stadt Chungwha. Herr Groom ist der erste Fremde, der, so viel uns bekannt, diese Stadt nennt. Sie liegt jedenfalls nördlicher als Taiwan, der Haupt- hafen an der Westküste, die Capitale der Insel. Herr Groom be- schreibt Chungwha als mit einer Mauer umgeben und mit vier Thoren versehen. Amoy am chinesischen Festlande ist der nächstgelegene chi- nesische Hafen; in eirca 39 Stunden fuhren die Schiffbrüchigen später mit günstigem Winde von dem Chungwha zunächst gelegenen Seehafen nach Amoy, wobei sie zweimal, 5 engl. Meilen von der Küste von Formosa, auf den Grund geriethen, aber glücklich wieder loskamen, was indessen ihre Ueberfahrt verzögerte. Den Namen dieses Seeha- fens nennt Herr Groom nicht; der Ort liegt etwa eine halbe Tage- reise von Chungwha entfernt; denn unsere Reisenden brachen am 9. December Morgens von Chungwha auf und kamen Nachmittags 3 Uhr in dem Seehafen an. Derselbe kann, nach Herrn Groom’s Be- F schreibung, kein ganz unbedeutender Ort sein. Denn die Fremden übernachteten dort in einem Yamun (öffentliches Gebäude); man hatte ihnen zwei Zimmer eingeräumt, in deren einem drei Betten standen. Auch brachte man ihnen Lebensmittel in Ueberflufs, eine treffliche "Mahlzeit, Fisch, Geflügel, Suppe, Gemüse u. s. w. Aulserdem be- _ schenkten die Mandarinen des Ortes sie mit Kleidern, chinesischem 382 Biernatzki: Fabrieat. Aber sie lielsen ihnen auch sagen, sie dürften auf keinen Fall den Yamun verlassen, denn die Einwohner des Ortes seien Räu- ber und würden sie, wenn sie sich blicken lielsen, anfallen und aus- plündern. Da dieser Rath genau befolgt wurde, konnte Herr Groom freilich nichts von der Lage und Umgebung dieses Seehafens berichten. Es ist aber auch zu bedauern, dafs er gleichfalls so wenig von der Stadt Chungwha mitgetheilt hat, wiewohl es immer noch zu bewundern ist, dafs seine Mittheilungen über Alles, was er auf Formosa wahrnahm und erlebte, so umfangreich sind, wie sie uns vorliegen, da er doch an den Folgen der ausgestandenen Schreeknisse und Strapazen aufser- ordentlich zu leiden hatte. Wir sind ihm deshalb um so gröfseren Dank schuldig für alle Beobachtungen, die er dennoch machte. So erzählt er u. A. von einem Ausfluge in die Umgegend von Chungwha wie folgt: „Am 1. December machte ich mit dem dritten Maat, einem lustigen Burschen, der mir meine Gefangenschaft sehr erleichterte, einen Ausflug landeinwärts. Wir gingen den ganzen Tag in der Richtung nach der Gebirgskette und schliefen die Nacht in Reisstroh, ein sehr kaltes Bett. Am nächsten Morgen gingen wir nach dem Fufs einer niedrigen Hügelreihe und weiter bis an den Fufs der höheren Berg- kette, über die wir indefs uns hinauszuwagen nicht für rathsam hielten, und da wir keine Schuhe auf den Füfsen trugen, waren diese auch recht wund geworden. Deshalb kehrten wir wieder um und brachten diese Nacht bei einem Bauern zu, bei welchem wir gute Speise und Herberge fanden. Am folgenden Tage erreichten wir Chungwha wie- der, sehr befriedigt durch den Erfolg unseres Marsches; denn ich hatte ein gut Theil des Landes gesehen und gefunden, dafs alle Leute im Innern geneigt schienen, uns gut und gastfrei zu behandeln und dies in solehem Grade, dafs ich wohl Lust hätte, noch einmal nach For- mosa zu gehen und es sorgfältiger zu durchforschen, wobei ich indefs wünsche, dafs mir der Schiffbruch und die damit verbundenen Müh- seligkeiten erspart würden.“ An einer andern Stelle seiner Mitthei- lungen erzählt er: „In der zweiten Woche des November nahm die Reisernte ihren Anfang und während eines Spazierganges über Land vergals ich beinahe, dafs wir Gefangene auf Formosa seien, so sehr erinnerte mich die Geschäftigkeit der Leute rings um mich her an un- sere eigenen schönen Ernten in Alt-England; ich mufste mich oft ver- wundert fragen, wie es noch im neunzehnten Jahrhundert möglich sei, dafs ein so fruchtbares Land so lange unbekannt bleiben konnte. Das Klima scheint weit besser zu sein, als auf Hongkong, das Wetter, so- viel ich urtheilen kann, weniger veränderlich und die Bevölkerung ge- sunder. Ich hörte während meines Aufenthalts nichts von den Krank- heiten, die so oft auf Hongkong vorkommen und die hinreichend sind, Die Insel Formosa. 383 um dem Menschen auch in dem schönsten Lande den Aufenthalt zu verleiden. Die Ernte in Formosa ist eine sehr einfache Arbeit. Ist der Reis reif, so wird er, eine Handvoll nach der andern, mit einem nur wenig gekrümmten Messer geschnitten, welches aber eine breitere Klinge hat als unsere Sicheln. Darnach wird er in kleine Garben ge- bunden und nach einem auf Rädern stehenden Fasse getragen, welches eine Wand aus Bambus an der hintern Seite hat, die verhindert, dafs die Körner wegfliegen. Dieser gegenüber ist nämlich vor dem Fasse ein kleiner Tisch angebracht, auf welchem die Reisgarben niedergelegt und stark geschlagen werden, um die Körner aus den Aehren zu lösen. Das Reisstroh wird auf die Seite geworfen, um als Futter für die Och- sen, zu Betten für Diener, zum Decken der Häuser und zu vielen an- deren Zwecken zu dienen. Der Reis, welcher in das Fals gefallen, wird in Körben nach dem Bauerhof getragen, wo man ihn auf dem zu diesem Zwecke geebneten und festgemachten Boden ausbreitet, da- mit er trockne und gesichtet werde.“ | „Ein anderes Mal besuchte ich ein Fort, welches auf einem Hügel - unmittelbar bei der Stadt steht. Dies ist, wie ich seitdem erfahren habe, von den Holländern aufgeführt und ganz aus rothen Ziegelstei- nen erbaut. Es ist etwa 900 Fufs lang und 300 Fuls breit, seine Wälle sind 15 Fufs dick. Obgleich es gegenwärtig in Ruinen liegt, so ist es doch aus grolser Entfernung sichtbar, und da der Hügel, auf dem es steht, meilenweit umher die einzige Anhöhe ist, so geniefst man von seinem Gipfel einer herrlichen Aussicht. Hier befindet sich auch ein grolser Kirchhof, welcher, nach den Gräbern zu urtheilen, die so zahl- reich sind, dafs man nur mit Mühe zwischen ihnen hindurchgehen kann, seit Jahrhunderten schon benutzt sein mufs.“ ud Obgleich nun die vorstehenden Mittheilungen des Herrn Groom keine genaue Angabe über die geographische Breite von Chungwha und dem nächstgelegenen Seehafen enthalten, so glauben wir doch einigermalsen die Lage beider Ortschaften bestimmen zu können. Es befand sich nämlich, wie oben erwähnt, der „Alert“ am Mittag des 11. October auf 24° 28’ N. Br. und im Kampf mit einem Taifun zur Zeit des Nordost-Monsuns, der, wie Herr Groom ausdrücklich bemerkt, _ das Schiff am nächsten Tage fast eben so weit zurücktrieb, als es am vorhergehenden vorwärts gekommen war. Als es daher am 11. Octo- _ ber Abends kurz nach 7 Uhr scheiterte, mag es sich ungefähr auf der- selben Stelle befunden haben, auf der es am Mittage war. Herr - Groom, der sich auf einem Stück des Wracks rettete, ist ohne Frage von dem Nordoststurm noch mehr südlich getrieben, ehe er das Land am Morgen des nächsten Tages erreichte. Nachdem er an’s Land ge- worfen war, trat er seine oben beschriebenen Wanderungen an. In 384 Biernatzki: h welcher Richtung er sie zurückgelegt hat, sagt er freilich nieht, in- dessen scheint doch aus dem Bericht hervorzugehen, dals er von der Küste landeinwärts, also gegen Osten, sich nach dem Dorfe begab, wo man ihn speiste, und dann, entweder nach Süden oder nach Nor- den, um die erste Stadt zu erreichen und von dieser 18 engl. Meilen nach Chungwha gleichfalls entweder in südlicher oder nördlicher Rich- tung. Nach den uns bis jetzt an der Westküste bekannten Punkten, welche in der Anmerkung auf $. 427 im dritten Bande der Neuen Folge dieser Zeitschrift von dem Herausgeber zusammengestellt sind, bewegte sich also Herr Groom zwischen Hongsan auf 24° 44’ N. Br. und Wuteaoukiang auf 23° 38’ N. Br.; 12 Meilen südlich von der ersteren Stadt liegt der Hafen Tschungkong d. h. mittlerer Hafen, der auch Lokong d.h. Kampferhafen genannt wird. Die von diesem Platze in dieser Zeitschrift a. a. 0. 8. 421 u. f. nach einem Bericht des Herrn Swinhoe aus Amoy gegebene Beschreibung, in Zusammenhang mit den vorstehend erwähnten Umständen, könnte vermuthen lassen, dafs der Seehafen, aus dem Herr Groom später nach Amoy zurückfuhr, dieser Hafenort Tschungkong oder Lokong sei, von welchem dann landein- wärts eine kleine halbe Tagereise entfernt die Stadt Chungwha liegen würde. Chungwha war -jedenfalls eine nicht unbedeutende Stadt, denn sie war der Wohnsitz des alten Mandarinen, in dessen Gefolge Herr: Groom sie besuchte und der jede Woche zu Gericht sals. Diese Ge- richtssitzung hielt er jeden Freitag von 7 Uhr Abends an und oft dauerten sie bis gegen 2 Uhr Nachts. Doch war sie nicht die einzige Stadt, in welcher solche Gerichtssitzungen gehalten wurden, obwohl sie, wie HerreGroom erzählt, augenscheinlich das „Hauptquartier des alten Mandarinen“ war; denn dieser machte beständig Reisen in die Umgegend auf zwei oder drei Tage, wobei ihn immer seine Wache und die Henker begleiteten, und gewöhnlich kehrte er mit einem oder zwei Gefangenen zurück, welche dann am folgenden Freitag ihr Ur- theil empfingen. Auch befand sich in Chungwha ein Militär-Mandarin, ein liebenswürdiger wohlwollender Mann, so dafs ohne Frage die Stadt eine wichtige Bezirksstadt ist, die jedenfalls nördlich von Taiwan und südlich von Hongsan liegt. Der Reisende Fortune besuchte Formosa von Futschau-fu aus im Jahre 1854, an Bord des nordamerikanischen Dampfers „Confu- cius“, den die chinesische Regierung gemiethet hatte, um Geld nach Formosa zu bringen, wo gerade ein Aufstand ausgebrochen war. Der „Confueius* fuhr, nachdem er am Abend Angesichts der Küste vor Anker gegangen, mit Anbruch des nächsten Tages in einen Flufs hin- | g ä Die Insel Formosa. 385 ein, der nach einer wichtigen Stadt Tamschuy ') führt und ging vor einer kleinen Ortschaft nahe der Flulsmündung vor Anker. Nachdem Herr Fortune an’s Land gegangen, fand er sehr schöne Arten von Lilium japonicum und die berühmte Reispapier-Pflanze (Aralia papyri- fera, Hooker), welche die Chinesen Tung tsaou nennen. Diese letztere wird sehr viel in manchen Gegenden von Formosa angebaut und bil- det neben Reis und Kampfer einen Hauptausfuhrartikel. Herr Fortune war neben einem alten Fort ?) gelandet, welches gleich vielen anderen in China fast ganz in Ruinen lag, dennoch mit einigen alten rostigen Kanonen besetzt war, die mehr für das Auge, als für den Gebrauch da zu sein schienen. Die Häuser der Soldaten innerhalb des Forts waren, mit einer oder zwei Ausnahmen, ebenfalls verfallen und die Leute sagten, sie hätten lange keinen Sold erhalten. Nachdem unser Reisende das Fort und seine ärmliche Besatzung verlassen, begab er sich in die Stadt oder vielmehr in das grofse Dorf, welches der See- hafen von Tamschuy zu sein scheint. Einige Handelsleute waren hier beschäftigt, ein Theater einzurichten, auf welchem am Nachmittage zu Ehren der mit dem „Confucius“ herübergekommenen Mandarinen eine Vorstellung gegeben werden sollte. Die Häuser in dem Städtchen sahen im Allgemeinen ärmlich und unansehnlich aus; in den Verkaufs- läden fanden sich nur die einfachsten Lebensmittel: Fische, Schweine- fleisch, süfse Erdäpfel und allerlei Gemüse. Die Einwohner des Städt- chens sowohl wie die Landbewohner fand Herr Fortune sehr höflich und freundlich; sie luden ihn in ihre Häuser, baten ihn Platz zu neh- men und setzten ihm Thee und dergleichen mehr vor. Die Hügel und Thäler, auch die, welche der Küste am nächsten liegen, schienen aulser- ordentlich fruchtbar, weiter im Innern der Insel mufs das Land, wie Herr Fortune meint, noch viel schöner und fruchtbarer sein. Das ist Alles, was dieser Reisende sah und beobachtete, der offenbar nur einen flüchtigen Blick auf einen sehr kleinen Theil der Westküste werfen konnte, denn schon am Abend desselben Tages, da er an’s Land ge- gangen, fuhr er mit dem „Confucius* nach Shanghai weiter. Commandeur Brooker besuchte die Hauptstadt der Insel, Tai- wan, und berichtet: „Die Stadt Taiwan liegt ungefähr drei englische Meilen landeinwärts von dem Fort Zelandia und kann von der See aus nur auf einem Canal erreicht werden, der sehr enge ist und den wir durch Flöfse, die mit Waaren beladen waren, fast versperrt fanden. !) Diese Stadt ist das von La Perouse auf 23° 25’ bestimmte Tan schuy kiang. Vergl. Ritter, Asien III, S. 870. 2) Dieses ursprünglich von den Holländern erbaute Fort ist 1683 zerstört worden. Vergl. Ritter a. a. O. 8. 870. Zeitschr.f. allg. Erdk. Neue Folge. Bd. VII. 25 386 Biernatzki: Es scheinen diese Flöfse ‚die einzigen Fahrzeuge zu sein, auf welchen die Güter nach den ‚Dsehunken gebracht werden. Wir fanden eine Einfahrt von der See aus in den Canal, welche zwischen zwei Reihen von Pfählen hindurchführte, und wurden von einem Fischer hineinge- lootset, der uns bereitwillig den Weg wies. Die Passage wird von kleinen Booten nur bei schönem Wetter benutzt. Die Mandarinen der Stadt waren überaus höflich und versprachen, uns bei unseren Nach- forschungen wegen der vermilsten Europäer beizustehen, obwohl sie nicht glaubten, dafs diese sich in demjenigen Theile der Insel befän- den, welcher unter dem chinesischen Gouvernement stehe, da sie, wenn dies der Fall wäre, davon erfahren haben würden. Taiwan selbst ist eine schönere und reinlichere Stadt, als es im Allgemeinen die Städte in China zu sein pflegen. Die Strafsen sind ziemlich breit und gut mit Ziegelsteinen gepflastert. Ueberall sah es reinlich aus, was sehr selten in chinesischen Städten der Fall ist. Die Verkaufsläden waren mit chinesischen Waaren reichlich angefüllt; diese werden von Amoy herübergebracht und gegen Reis und Zucker, die Hauptproduete der Insel, ausgetauscht. Wir fanden die Lebensmittel sehr theuer, wovon der Mangel an Reis die Schuld trug; die Ernten der letzten Jahre waren an vielen Stellen der Insel ungünstig ausgefallen.“ Die „In- flexible“ ankerte zuerst, ehe sie nach Taiwan kam, in dem Hafen Ta- kau (welchen auch Capt. Richards nennt), fuhr dann nach Pongli, von wo ein Theil der Besatzung sich etwa 5 engl. Meilen landeinwärts nach Laileaou begab, wo ein Häuptling, Namens Bantscheong, d.h. der Anführer von Zehntausend, residirt. Dieser Mann ist von den Mandarinen unabhängig, lebt in einer von Mauern umgebenen Festung, welche überdies noch von einer Umhegung aus Bambusrohr und von Gräben eingefalst, dazu mit 300 Kriegern besetzt ist. Er leistete im Jahre 1851 bei den Nachforschungen nach Schiffbrüchigen bedeutende Hilfe. Durch den Besuch von der Besatzung der „Inflexible* fühlte er sich sehr geehrt, aber er hatte, obwohl er mit den Wilden vom Ralleestamme (ARallee-tribe) viel verkehrte, in den letztverflossenen Jahren von schiffbrüchigen Fremden nichts vernommen. Die Umge- bung seiner Residenz war anmuthig '). Werfen wir nun noch einen Blick auf die Bevölkerung von Formosa. Dieselbe besteht bekanntlich aus drei verschiedenen Klassen: den Eingeborenen, welche auf der Westseite wohnen und den Chinesen unterworfen sind, den freien unabhängigen Eingeborenen (Aboriginern) auf der Ostseite und den eingewanderten Chinesen, die sich meistens ') Vergl. den oben erwähnten referirenden Bericht von Commandeur Brooker’s Expedition in der China Mail vom 15. Juli 1858. auf der Westseite der Insel angesiedelt haben '). Die letzteren, die chinesischen Colonisten, scheinen in den Städten auf der Westseite den Haupttheil der Bevölkerung auszumachen. Das bezeugen alle Schilde- rungen, welche Herr Groom, oft nur beiläufig, von den Leuten giebt, mit denen er in den Städten, die er besuchte, in Berührung kam. Er nennt sie entweder geradezu Chinesen, z. B. da, wo er erzählt, wie er, bei seinem Aufenthalt in dem Götzentempel in der ersten Stadt, in welcher er verweilte, die „Chinesen“ ihren Götzen sehr wenig Ehr- furcht beweisen sah, indem sie ihre Pfeifen an den Räucherkerzen im Tempel anzündeten; oder er beschreibt ihre Kleidung, ihre Sitten u. s. w. als chinesische. Dafs die Beamten Chinesen sind, versteht sich von selbst, nieht allein der oberste Mandarin, sondern auch die unter- geordneten. Bei einem der letzteren, welcher den verwundeten Capi- tain des „Alert“ bei sich aufgenommen hatte, wohnte auch Hr. Groom drei Tage lang; er theilte mit diesem sogar das Schlafgemach und hatte dabei Gelegenheit, wie er sagt, „die Sitten und Gebräuche eines Chinesen hinter den Coulissen“ zu beobachten. Dieser war ein ge- nauer Freund des alten Mandarinen und trug als Auszeichnung einen weilsen Knopf; dazu war er ein leidenschaftlicher Opiumraucher. Herr Groom erzählt: „Lotea, so wurde dieser Mann genannt, stand selten vor 2 Uhr Nachmittags auf. Das erste, was er that, nachdem er auf- gestanden, war, dafs er sein Bett machte, dann reinigte er sorgfältig seine Opiumpfeifen, füllte seine Opiumdosen, putzte seine Lampe, zün- dete sie an und arrangirte seinen ganzen Rauchapparat neben seinem Bette. Darauf nahm er seine Waschung vor. Ein Diener brachte eine Schüssel mit heifsem Wasser; in diese tauchte Lotea ein sehr schmutzi- ges Tuch, rang es aus und fuhr dann damit ein oder zwei Mal über sein Gesicht und seinen Nacken, überliefs es aber darnach der ange- feuchteten Haut, von selbst zu trocknen. Nun nahm er einen Mund- voll Wasser aus derselben Schüssel, spülte damit seinen Mund und spuckte es auf den Boden. Damit waren seine Waschungen beendigt; er reinigte die Schüssel, wischte seine Bfsstäbchen mit demselben Tuche ab, mit dem er sein Gesicht gewaschen, und legte sich dann auf sein Bett, um bis zum Frühstück Opium zu rauchen. Sein Frühstück war sehr einfach, es bestand aus einer grolsen Schüssel mit Reis und zwei kleineren mit Fischen und anderen chinesischen Gerichten, wovon er _ jedoch nur wenig als. Dazu trank er Thee, den er aus der Pfeife eines kleinen Theetopfes sog, in welchem der Thee immer heils ge- eine) Die Insel Formosa. 387 R [ lebende Chinesen und in einigen Dörfern chinesische Häuptlinge neben eingeborenen. Es wird davon weiter unten die Rede sein. 25 * 388 Biernatzki: halten wurde für Alle, die zum Besuche kamen. Nachdem dies ge- schehen, griff Lotea wieder zu seiner geliebten Opiumpfeife, die er mit nur wenigen Unterbrechungen bis 10 Uhr Abends rauchte, wobei er seine ihn besuchenden Freunde und seine Unterbeamten empfing, ohne von seinem Lager aufzustehen. Um 10 oder 11 Uhr Abends pflegte er sich zu seinem Bruder zu begeben, der in der Stadt wohnte; auch hier fing er sogleich zu rauchen an, nachdem er das Zimmer betreten hatte, und setzte dies bis gegen 1 Uhr fort. Dann ging er nach Hause, rauchte und schwatzte bis 4 Uhr Morgens, bisweilen noch länger, wor- auf er endlich einschlief.* Die Bevölkerung der Dorfschaften auf der Westküste scheint zu- meist aus den von den Chinesen unterjochten Eingeborenen zu bestehen. Schon de Mailla lernte diese nur als Diener und Sklaven der chine- sischen Ansiedler kennen und sagt, dafs sie in 45 Flecken unterge- bracht sind, davon 38 im nördlichen und 9 im südlichen Theile der Insel liegen (Ritter a. a. ©. $. 876). Dafs Herr Groom auch die Be- kanntschaft dieser machte, als er zuerst Formosa betrat, ist oben be- reits erwähnt worden. Die eigentlichen Urbewohner der Insel auf der Ostseite, von denen noch weiter unten die Rede sein wird, lernten die Amerikaner und Commandeur Brooker kennen; ersteren wurden sie von den Chinesen auf der Westseite als „die bösen Männer, die sehr stark und blutdür- stig seien und grofse Ringe in den Ohren trügen, auch gefangene Chi- nesen zum Abendbrod verspeisten“, geschildert. (Vergl. W. Heine a. a. 0. Bd. I, S. 126). Ein zum amerikanischen Geschwader gehörender Deutscher, Hartmann, erblickte von einem Felsen aus, den er erstie- gen, drei dieser „bösen Männer“. Furchtlos schritt er auf sie zu und tauschte von dem Einen gegen einen mexikanischen Dollar dessen Bo- gen und Pfeile ein. Er beschreibt sie als Leute von hohem Wuchs, schlanker Körperbildung, starken Backenknochen und Kinnladen, mit schlichtem schwarzen Haupthaar, das bis auf die Schultern reicht, und, mit Ausnahme eines Stückes Baumwollenzeug über die Schultern, gänz- lich unbekleidet. Auch meinte er, sie sähen den amerikanischen In- dianern sehr ähnlich. Nachdem wir uns nun an der Hand der uns vorliegenden Berichte an der Westseite von Formosa und unter der dort wohnenden Bevöl- kerung umgesehen haben, begleiten wir zuerst die Amerikaner an Bord des „Old John“ auf ihrer Fahrt nach der Ostseite der Insel. Sie begaben sich dorthin, um einen passenden Landungsplatz und die Ein- geborenen (die „Wilden“) in ihrem eigenen Gebiete aufzusuchen. Aber sie fanden nirgends eine Stelle, an der sie sich gefahrlos dem Lande hätten nähern können. Die ganze Küste bestand aus einer ununter- We l- | ed n Die Insel Formosa. 389 brochenen Linie von Klippen mit gefährlicher Brandung, welche jedem Boote Vernichtung drohten. Dennoch wagten sie sich mit zwei Booten in die Brandung, mufsten aber, nach vergeblichen Anstrengungen, wo- bei sie beinahe eins der Boote eingebüfst hätten, von ihrem Vorhaben zu landen wieder abstehen. Von ihrem Schiffe aus sahen sie aber jene Wilden, „eine erregte Masse gut aussehender, kupferfarbiger Männer und Frauen, mit den allernothdürftigsten Kleidern versehen, indem die ersteren nur ein Stück Zeug um den Kopf gewunden hatten, letztere aber nur ein dünnes loses Gewand trugen, das am Halse zusammen- gehalten wurde und bis an’s Knie reichte. Einige der Männer waren mit Bogen und Pfeilen bewaffnet, andere mit sehr kampftüchtig aus- sehenden Luntenflinten. Die Frauen hielten verschiedenartige Gegen- stände, wahrscheinlich zum Tauschhandel, in den Händen, und als wir fortruderten, drückten sie ihr Bedauern darüber, sowie den Wunsch, mit uns zu handeln, durch lautes Geschrei und die heftigsten Geberden aus.“ An demselben Tage, während sie so nahe als möglich an der Küste hindampften, entdeckten die Amerikaner mit ihren Ferngläsern kleine, doch anscheinend bequeme steinerne Wohnhäuser, gut gepflegte angebaute Stellen, die wie Gärten und grüne Felder aussahen, von denen die Chinesen auf der Westseite ihnen gesagt hatten, dies sei Alles von den gefangenen Chinesen angelegt worden, welche jene Wil- den noch nicht aufgefressen hätten. Commandeur Brooker umschiffte, nachdem er die Westseite der Insel untersucht, gleichfalls das Südeap (21° 53° 30” Nördl. Breite nach Broughton). Ungefähr in der Mitte der Ostseite (half way up East- Coast) wurde der Versuch gemacht zu landen. Allein „eine schwere Brandung brach sich an der Küste“, so schreibt Herr Brooker, „wo- durch es unzweifelhaft wurde, dafs wir unser Boot einbüfsen würden. Die Leute, welche wir am Ufer sahen, waren theils Eingeborene, theils Chinesen, etwa 11 bis 12 von den erstgenannten und 20 bis 25 der letzteren. Die wahnsinnige Art zu beschreiben, in welcher die Einge- borenen das Ufer entlang zogen, ihre weithin schimmernden Speere schwingend und ihre Schlachtmesser schwenkend, würde unmöglich sein. So begierig waren sie, uns anzugreifen, dafs sie zweimal den Versuch machten, sich in die Brandung zu stürzen, was sich jedoch auch für sie als zu gefährlich erwies. Sie rüsteten darauf ein Boot zu, welches in der Brandung Stand halten konnte, und waren im Begriff, es in’s Wasser zu bringen, als die Chinesen sich dazwischen legten und sie von ihrem Vorhaben abzuhalten suchten. Wir riefen diesen durch das Sprachrohr zu, die Eingeborenen zu uns herankommen zu _ lassen, da wir bereit waren, sie zu empfangen, obwohl wir keine Feuer- a a waffen über dem Schanddeck des Dampfers hatten blicken lassen. Aber 390 Biernatzki: den Chinesen lag eben so viel daran, dafs wir weiter fahren sollten, als sie sich bemühten, die Wilden zu hindern, das Boot flott zu ma- chen, denn sie sagten (als sie nämlich später an Bord der „Inflexible* kamen), dafs wenn nur Einer von den Tchewan (rohen Wilden) ge- tödtet worden wäre, ganze Stämme von den Bergen herabsteigen und alle Chinesen ermorden würden. Die Wilden wollten indefs von einem friedlichen Verkehr mit uns nichts wissen; Geld und Geschenke wur- den ihnen angeboten, aber ihre Kannibalennatur befriedigte nichts, aus- genommen unser Leben, was wir ihnen indefs nicht preisgeben wollten. Als wir endlich unsere Büchsen hervorholten und ein Schufs über ihre Köpfe hin abgefeuert wurde, verminderte sich augenscheinlich ihre Wuth gegen uns !). Der Schufs hatte den gewünschten Erfolg, indem er bewirkte, dafs sie sich hundert: Ellen weit zurückzogen, worauf die Chinesen ohne Verzug das Boot in’s Wasser liefsen und zu uns her- überfuhren. Diese Chinesen, die unter den Wilden lebten, sahen eben so aus, wie ihre Landsleute anderswo. Sie sprachen mit dem Dol- metscher in einer gewissen Entfernung, schienen aber bei ihrer Unter- haltung mit den Eingeborenen sich ebensowohl der Worte als Geber- den zu bedienen. Wahrscheinlich sind sie aus China verbannt und verdanken ihre Sicherheit (unter den Wilden) den Dienstleistungen, zu welchen ihre geistige Ueberlegenheit sie befähigt. Wir erfuhren, dafs in den benachbarten Gebirgen etwa 4000 Eingeborene wohnen, welche von Kartoffeln leben, die sie an den Abhängen der Berge anbauen. Bisweilen erlegen sie wilde Thiere mit Bogen und Pfeilen; als wir sie sahen, führten sie indessen diese Waffen nicht. — Ich schickte das Boot (worin die Chinesen zu uns: kamen) mit der Aufforderung zurück, uns gegen Belohnungen die vermifsten Europäer ‚auszuliefern.‘ Dies wurde den Wilden auseinandergesetzt und ihnen wiederholt ‘Geschenke angeboten. Allein sie erwiderten nur mit wüthenden Geberden und drohten, die Chinesen zu ermorden, wenn wir nicht machten, dafs wir fortkämen. Wir waren der Brandung nahe genug, um uns überzeu- gen zu können, dafs die Wilden schlank und wohlgebaut waren, mit ganz anderen als chinesischen Gesichtszügen. Sie schienen mehr, wenn auch keineswegs vorwiegend, den ‘Malaien zu gleichen; ihr langes, schlichtes, schwarzes Haar, welches lose um ihre Schultern flatterte, vermehrte nur noch ihr wildes abschreckendes Aussehen. Ihre Haut- farbe ist fast eben so hell, als die der Chinesen. Sie waren völlig unbekleidet, ausgenommen ein kleines Stück Zeug um die Lenden, in !) „Das laute Geschrei und die heftigen Geberden“, welche die Amerikaner bei diesen Eingeborenen beobachteten (s. oben) und als Ausdruck des Mifsfallens, dafs man fortruderte, deuteten, dürfte eher auch ein Zeichen des Zorns gewesen sein und der Begierde, die Fremden feindselig anzugreifen. Die Insel Formosa. 391 welchem zugleich ein hälsliches Messer steckte. Unser Zusammen- treffen mit diesem aufserordentlich wilden Stamme überzeugte uns hin- reichend, ‘dafs jeder Europäer, der ihm in die Hände fällt, auf der Stelle ermordet wird. Es würde sehr unüberlegt sein, wenn ein Segel- schiff sich der Ostküste der Insel näherte, denn, wenn Windstille ein- tritt, würde die vom stillen Meere her kommende Strömung es an’s Ufer treiben. Die Eingeborenen sagten, sie hätten noch nie ein Schiff so nahe an ihrem Ufer gesehen (3 engl. Meilen) als das unsrige, und dies war, wie uns die Chinesen berichteten, der Grund, weshalb sie so sehr erzürnt waren. Sie nannten diesen Platz Tschockeday und wir bestimmten ihn auf 24° 6” N. Br. und 121° 43’ O.L.* Der nächstgelegene Ort, den die „Inflexible* anlief, hiefs Sawo (auf der Karte Suau), mit einem vortrefflichen Hafen ') (dem besten auf der ganzen Insel). Die Küstenlinie unterhalb dieses Ortes ist auf den Karten etwa 5 engl. Meilen zu weit westlich gezeichnet. Hier ging ein Theil der Besatzung an’s Land und besuchte mehrere Dörfer der eivilisirten Eingeborenen, einer besser als die Chinesen gebauten Race, die den nördlichen Theil der Ostküste bewohnt. Sie hielten die Europäer für Lutschuaner, die einzigen Fremden, von denen sie etwas wulsten. Sie sind den Malaien an Wuchs, in Benehmen und Sprache ähnlich, aber viel schöner, schöner auch als die Chinesen, und besitzen eine hellere olivenfarbige Haut. Eine kleine Gesellschaft vom Bord der „Inflexible* besuchte auch den Kapalau-Distriet; Kapalau scheint der Name eines Distriets, eines Volksstammes und eines Flusses zu sein. Jedes Dorf hier hatte zwei Häuptlinge, von denen der eine ein von den Mandarinen eingesetzter Chinese, der andere ein von der Dorf- schaft erwählter Eingeborener war. Diese Dorfbewohner fürchteten sich eben so sehr wie die Chinesen vor den rohen Wilden. Der Ka- palau-Distriet erschien den Engländern als eine wohlbewässerte, mit Reis angebaute Ebene. Capitain Abbot endlich besuchte das an der Nordostseite der In- sel gelegene Kelung (von den Holländern Quelong genannt, sonst auch Kylung geschrieben, früher Pekiang: Ritter a. a. O. S. 870) unter 25° 16' 48" N. Br. (Ritter ebendaselbst). Nach der dem Berichte Abbots beigegebenen Karte, die grofsentheils nur nach Augenmaals entworfen ist, liegt diese Stadt an einer tief in die Nordküste der In- sel einschneidenden Bai, an deren östlichem Gestade. Weiter vor, an demselben Gestade, wo sich die Bai bedeutend erweitert, liegt eine !) Darnach scheint also doch die Ostküste mindestens einen guten Hafen zu besitzen. Bekanntlich wollte Graf von Benjowsky, der 1790 diese Küste besuchte und dessen Berichten man bisher mit gutem Grunde sehr wenig traute, in „mehre- ren“ schönen Häfen der Ostküste geankert®haben. 392 Biernatzki: kleinere Ortschaft mitten unter Bergen (Junktown), vor welcher der Ankerplatz der Dschunken ist. Vor der Einfahrt der Bai lagert sich, sie von Osten her zur Hälfte schliefsend, eine kleine mit Bergen ein- gefalste Insel, auf deren Südostseite gleichfalls eine Ortschaft liegt. Zwischen dieser Insel und der Insel Formosa ist eine enge „Passage für Boote und Dschunken“. Die beiden von der beschriebenen Bai weiter östlich gelegenen Buchten, beide halbmondförmig ausgerundet, heilsen Bai von Quasekou und Bai von Keulaou. Der Schiffskaplan Rev. G. Jones entledigte sich hier seines Auftrages, die Kohlenlager zu untersuchen, mit grolser Ausdauer und Umsicht, und beschreibt bei dieser Gelegenheit die Küste etwas näher '). „Am 10. Juli 1854 Abends kam die nördliche Spitze von Formosa in Sicht, nebst drei kleinen Inseln, Agincourt, Pinnacle und Crag, gute Landmarken bei der Annäherung von Norden, aber etwas gefährlich inmitten der Strö- mungen. Der Hafen von Kelung ist aus der Ferne nicht leicht zu erkennen, allein ein hohes felsiges Inselchen liegt ungefähr drei Mei- len nördlich davon und verhütet jeden Irrthum. Wenn man dasselbe östlich liegen läfst und südwärts steuert, wird sich der Hafen zeigen und sein Eingang leicht gesehen werden. Der Hafen hat eine Länge von ungefähr zwei Meilen und hübsche freundliche Ufer; westlich ein paar Flecken in der Mitte, gegen Osten ein Dorf (das oben erwähnte Junktown) mit einer Anzahl Dschunken vor Anker. Ueber dieses Dorf hinaus liegen zur Ebbezeit nichts als kahle Sandbänke, mit ei- nem Kanal, der für flache Boote schiffbar ist. Zur Fluthzeit können unsere Boote, indem sie sich im Kanal halten, vom Schiffe bis zur Stadt Kelung hinauffahren, die am oberen Theil des Hafens liegt..... Kelung ist eine Stadt von ungefähr 3000 Einwohnern. Sie ist fest gebaut und die Dächer der Häuser ragen auf der Vorderseite hervor, so dafs dadurch zu beiden Seiten der Strafsen ein bedeckter Weg ge- bildet wird. Wo die Strafsen schmal sind, stolsen diese Dächer in der Mitte zusammen und schliefsen die Luft aus, wodurch der Ort ei- nen für den Geruchssiun beleidigenden Charakter annimmt. Die Stadt ist an beiden Endpunkten durch Mauern und Thürme geschützt und hat jetzt eine Schutzwache von Soldaten, da man täglich einen Angriff der Rebellen von Amoy erwartet. Oestlich von der Stadt erstreckt sich ein Thal mit einem Strom in der Mitte, welches eine Ausdehnung von etwa zwei Meilen in der Länge hat.* Auf dem Wege dahin ent- deckte Herr Jones einige Fragmente von Kohlen und stiefs eine Meile !) Vgl. seinen zweiten Bericht an Commodore Perry vom 28. Juli 1854 in W. Heine a. a.O. Bd. II. S. 318 bis 335. u Die Insel Formosa. 393 von Kelung auf mehrere Kohlenlager, welche am Ufer eines Stromes lagen. Jenseit des Stromes, über den Herr Jones hinüberfuhr, traf er auf mehrere Minen. Diese untersuchte er am 13. Juli genauer. Am folgenden Tage besuchte er mit Capitain Abbot einige Inseln am Eingange des Hafens von Kelung. Die Felsen bestanden überall aus weichem Sandstein, doch zeigte sich hier eine eigenthümliche Wir- kung, welche durch die auswaschende Bewegung der Wogen an Stellen hervorgebracht wird, wo der weiche Sandstein mit zahlreichen runden schwarzen Steinen, gleich Gerölle, vermischt ist. Die Letzteren haben dem Einflufs des Meeres widerstanden, während der Sandstein fort- gewaschen ist, so dals dadurch eine grofse Menge gelber Säulen, jede mit einem runden schwarzen Kopfe versehen, entstanden ist. Die- sen Punkt nannten die Amerikaner deshalb „Image point.“ Am 17. Juli fuhr Herr Jones, nebst einigen Begleitern, durch die oben erwähnte „Passage für Boote und Dschunken“ zwischen Formosa und der östlich vor dem Eingang der Bai von Kelung gelegenen kleinen Insel hindarch. „Von dort kamen wir, erzählt er, an einem scharfen zwei Meilen entfernten Vorgebirge vorüber (Sphinx-Spitze) und als wir um dasselbe bogen, sahen wir mehrere Minen in geringer Entfer- nung vor uns liegen.“ Es steigt an der Stelle, wo sie sich finden, das steile Felsenufer fast unmittelbar aus dem Wasser 200 Fufs hoch empor, und man erkennt an demselben die verschiedenen Schichten. Der Platz erwies sich auch zur Einschiffung der Kohlen sehr geeignet. Von hier begaben sich die Reisenden, um noch mehr vom Innern der Insel zu sehen, weiter nach Osten und kamen so nach einem an der westlichen Seite der Bai von Keulaou gelegenen Dorfe, dessen Bewoh- ner sie nach einem eine halbe Stunde entfernten Dorfe an der Ost- seite derselben Bai führten, wo einzelne Kohlenhaufen aufgeschiehtet lagen. Die Dorfbewohner wollten diese zehn bis zwölf Meilen weit aus dem Innern hergeholt haben. Einige Tage später, als Herr Jones zum zweitenmale dieses Dorf besuchte, fand er dort einen Führer nach den Minen, die nun nicht zwölf, sondern nur etwas mehr als eine halbe Meile weit entfernt waren. Nachdem er die Minen untersucht, kehrte er über Land, — etwa sieben Meilen — nach Kelung zurück. „Die ganze hügelige zwischen beiden Orten (jenem Dorf im Osten der Keulaou-Bai und Kelung) liegende Landstrecke, schreibt Herr Jones, ist wahrscheinlich mit Kohlen gefüllt. Die Eingeborenen hatten, um Terrassen für Reisfelder den Flufs entlang anzulegen, die steilen Hü- gelabhänge abgraben müssen und an einer Stelle stiefsen wir auf Kohle, welche in einer dieser Böschungen zum Vorschein kam.“ Die Hitze war bei allen diesen Wanderungen sehr grofs, besonders Mittags, wo 394 Biernatzki: die Sonne fast im Zenith stand, vorzugsweise in den Thälern und Schluchten. Der Verkehr mit den Eingeborenen geschah ohne Hin- dernisse von ihrer Seite, nur der Mandarin von Kelung, der Hiptoy, wie sein Titel lautete, Namens Letschuauh benahm sich oft lügnerisch und halsstarrig. Im Allgemeinen schienen die Leute aus dem Volke geneigt, den Amerikanern freundlich zu begegnen, nur hegte Jeder un- gemeine Furcht vor der unmittelbar über ihm stehenden Person und schien in beständiger Angst zu schweben, dafs hinter den Fragen, die man an ihn richtete, irgend eine unbekannte Gefahr lauere. Mit Le- bensmitteln wurden die Amerikaner reichlich versorgt. Hühner, En- ten und Gänse gab es in Ueberfluls; so oft sie es wünschten, erhiel- ten sie Ochsen; grofse wohlschmeckende Ananas, Mangofrüchte, Liche- nes, Bananen und Birnen, Bataten von vortrefflicher Sorte und ver- schiedenartige Gemüse waren in grolser Anzahl und zu mäfßsigen Prei- sen vorhanden. Herr Jones und seine Begleiter kauften für einen blan- ken Knopf ein Huhn; vier kleine Uniformknöpfe galten 1 Dollar, zwei grofse 1 Dollar 25 Cts. Auch Commandeur Brooker warf im Hafen von Kelung An- ker; er fand dort mehrere Kohlenminen in vollem Betrieb. Ein Aus- flug ins Innere ward zur Untersuchung von Schwefelquellen unternom- men, die sich in der Nähe eines zwischen Hügeln gelegenen Vulkans finden. Der Schwefel war vollkommen rein und fand sich im Ueber- flufs, doch untersagten die Mandarinen ihn zu sammeln. Die Gesell- schaft, welche diesen Ausflug unternahm, war drei Tage vom Bord des Schiffes abwesend und legte täglich circa 25 englische Meilen zu- rück. Auf der Rückreise lief die „Inflexible* noch einmal die Häfen (auf der Westseite) Tamschui, Lampaw, Gotschi (Go-chee) und Taiwan an und überall verkehrte man mit den Mandarinen. Durch sie erfuhr man auch, dafs ein Schooner (es wies sich in Amoy aus, es sei die „Albis“ von Hamburg, Capitain Meinecke) bei Lokhinum, dem gegenwärtig statt Cocksicon (23° 5’ 22" nach Richards) von den Seefahrern besuchten Hafen, gescheitert sei. Cocksicon ist näm- lich seit einiger Zeit versandet — was auf der Westseite von Formosa häufiger vorkommt. Man erfuhr übrigens, dafs die Mannschaft der „Albis“, nachdem das Schiff gänzlich verloren, in einer Lorcha nach Amoy gesegelt war, wohin auch die „Inflexible“*, nachdem sie noch unterwegs die Inselgruppe der Pescadoren angelaufen hatte, zurück- kehrte... ' Soweit die den diesmal uns vorliegenden Berichten entlehnten Mit- theilungen über Formosa. Wir schliefsen mit Einigem von dem, was der jetzt schon verstorbene Oberbefehlshaber des nordamerikanischen | | | | Die Insel Formosa. | 395 Geschwaders, Commodore Perry, über die Weltstellung der Insel sagte, indem er die Anlegung einer Colonie bei Kelung empfahl ’). „Die geographische Lage von Formosa macht dasselbe sehr geeignet zu ei- nem Stapelplatz des amerikanischen Handels, von welchem Verbindun- gen mit China, Japan, Lew Chew, Cochinchina, Cambodscha, Siam, den Philippinen und allen in den angrenzenden Seen gelegenen Inseln unterhalten werden können. Noch mehr empfiehlt es sich durch die Thatsache, dafs es im Stande ist, reichliche Kohlenvorräthe zu liefern, ein Umstand, der bei dem jetzigen immer zunehmenden Gebrauch des Dampfes für Handelsunternehmungen von wesentlicher Wichtigkeit für den östlichen Handel sein dürfte...... Eine weitere Empfehlung dürfte in den Vortheilen der strategisch - maritimen Lage der Insel zu su- chen sein, da sich dieselbe vielen Haupthandelshäfen von China un- mittelbar gegenüber befindet. Mit genügender Seemacht würde sie nicht allein jene Häfen, sondern auch den ganzen nordöstlichen Ein- gang der chinesischen Gewässer decken und beherrschen können, ge- rade wie Cuba, in den Händen einer mächtigen, seefahrenden Nation, die amerikanische Küste südlich vom Cap Florida und den Eingang zu dem Golf von Mexico beherrschen könnte. Daneben würde die Ausdehnung und Fruchtbarkeit von Formosa es möglich machen, dafs es aufser seinem einheimischen Bedarf eine grofse Menge landwirth- schaftlicher und anderer Produkte für den Export lieferte. Die Grün- dung eines Stapelplatzes, der aufser einem unbedeutenden Eingangs- zoll von den Einschränkungen der Abgaben auf ausländischen oder einheimischen Handel frei bliebe, würde die Schiffe aller Nationen nach seinen Häfen zichen und es würde nicht lange währen, so könnte er mit den grofsen Handelsmärkten von Honkong und Singapore wett- eifern.“ 2). Vgl. W. Heine a. a.0. Bd. II. S. 353 u. 354. 396 ü XI. Niederländisch Indien im Jahre 1856 '). Nach amtlichen Quellen zusammengestellt von Dr. Friedmann. % Einleitendes. — Eintheilung des Indischen Archipels in Bezug auf das Verhält- nifs der einzelnen Länder zu den Niederlanden. — Bevölkerung. — Beziehungen zum Ausland, — Innere politische Zustände und Vorfälle. Die ausgedehnte Reihe der durchgängig mit der Pracht einer üppi- gen Tropen-Vegetation gesegneten Länder des Indischen Archipels bildet für eine europäische Macht unter allen von Europäern colonisir- ten Ländern der Tropenzone den schönsten, in moralischer wie mate- rieller Beziehung im hohen Grade lohnenden Besitz. Indem zwischen die einzelnen Ländermassen Meere und Meeresarme sich einschieben, welche wieder mit zahlreichen kleinen Inseln besät sind, wird der gegenseitige Verkehr aufserordentlich gefördert, die kühlen Land- und Seewinde dringen allenthalben fast bis zu den Centraltheilen der grös- seren Inseln, verbessern die klimatischen Verhältnisse und erhöhen ihre Salubrität und die Fruchtbarkeit des Bodens, der nirgends wüsten Sand- flächen eine Ausbreitung gestattet. Auf welche Weise die niederländi- sche Regierung, welche seit dem Jahre 1824 vertragsmälsig in den Besitz des ganzen Indischen Archipels nach Abtretung der an der festen Küste Asiens früher besetzten Punkte an England gekommen ist, die zahlreichen Völker des Archipels regiert, wie sie Cultur und Wohlfahrt derselben fördert, die wissenschaftlichen Forschungen ermuthigt, dem Handel für die europäischen Nationen neue Quellen zu schaffen sucht, darüber mögen die folgenden Notizen einigen Aufschlufs geben. Es ist bei Beurtheilung des administrativen Systems der Nieder- länder in Ostindien vor Allem die Thatsache von hoher Wichtigkeit, dafs jene privilegirte Gesellschaft von Kaufleuten, genannt „de holland- ') Durch die Güte des gegenwärtigen Colonialministers Herrn v. Rochussen, welcher früher selbst mehrere Jahre hindurch als General-Gouverneur in Niederlän- disch Indien funetionirte und sich während jener Zeit durch erspriefsliche Einrich- tungen und Verbesserungen in verschiedenen Zweigen der Gesetzgebung und Admi- nistration die Achtung und Zuneigung der dortigen Bewohner erworben hat, sind mir jene amtlichen Vorlagen zur Einsicht gestellt, welche nach $ 60 der niederländischen Verfassungs- Urkunde alljährlich den Generalstaaten übergeben werden müssen und durch welche die Abgeordneten des Volkes in den Stand gesetzt werden, den Fort- schritt jener aufsereuropäischen Länder in der Cultur und im Handel, die legislativen Einrichtungen und innere Verwaltung kennen zu lernen und etwaige Vorschläge in Bezug auf Aenderung bisher bestandener Einrichtungen oder Einführung neuer Insti- tutionen zu machen, nF Niederländisch Indien im Jahre 1856. 397 sche handelsmaatschappij“, die sich fast als souveräner Herr der über- seeischen Besitzungen betrachtete, schon im Jahre 1796 aufgehört hat, die Beamten- und Militär-Stellen in Ostindien zu vergeben und über- haupt die politische Verwaltung der überseeischen Besitzungen zu be- sorgen, indem ihr Einflufs schon damals auf rein mercantile Verhält- nisse beschränkt wurde. Durch diese Mafsregel, welche die Engländer in Bezug auf ihre East India Company bekanntlich erst in neuester Zeit und unter dem Eindruck trauriger Erfahrungen ergriffen, wurde schon frühzeitig einer Unzahl von Mifsbräuchen abgeholfen, welche durch unwissende und eigennützige Beamte, die nur durch Kauf oder Gunst zu ihren Aemtern gelangt waren, ohne hierzu die nöthigen Kenntnisse und die moralische Befähigung zu besitzen, früher herbei- geführt wurden. Nur tüchtige und unbescholtene Personen können Administrativ- und höhere Militär-Stellen bekleiden, während der Ju- stizbeamte aufserdem noch mit der Religion und den herkömmlichen Gesetzen der Eingeborenen, die zum grofsen Theile für sie selbst noch legale Kraft haben, wohlbekannt sein muls. Die Niederländer sind längst zu der Einsicht gelangt, dafs die orientalischen Völker nur dann zu wirklicher Anhänglichkeit an die Regierung gewonnen werden, wenn die mit ihrem Wesen und ihrem Charakter so innig verwebte Religion der Väter unangetastet bleibt, dafs aber ihre Energie und ihre Kampf- lust in heiliger Begeisterung geweckt wird, wenn sie ihre religiösen Satzungen bedroht glauben. Fremd sind den Völkern Asiens die Grund- sätze der modernen europäischen Freiheitslehren, vielmehr sind sie seit Jahrtausenden an leidenden Gehorsam gewöhnt; aber die Stelle des Freiheitsenthusiasmus vertritt bei ihnen ihr tiefes religiöses Gefühl und die Ehrfurcht vor den Satzungen der Väter. Die Bewohner des Ar- chipels üben aber auch unter dem Auge der Regierung ihre angeerbten Religionen nicht nur ungestört aus, sondern die Regierung übernimmt selbst den Schutz derselben, indem sie aus Staatsmitteln Moscheen und Bethäuser bauen läfst und für den Unterricht der Juden in ihren Re- ligionen sorgt. Die alten herkömmlichen Gesetze und Gebräuche, in- sofern sie mit der fortschreitenden Cultur in Einklang zu bringen sind, werden geehrt, und die Beamten und Behörden erster Instanz bestehen aus Einheimischen, welche ihre Urtheile nach einem erst in neuester Zeit auf der Basis der muhamedanischen Satzungen und javanischen Gesetze (Adat) redigirten Gesetzbuche fällen. Auf diese Weise fühlt der Inländer kaum die Herrschaft der über ihm waltenden europäischen Regierung, da er unmittelbar unter den eingeborenen, aus alten geehr- ten Geschlechtern entsprossenen Häuptlingen steht, und nur in dem Umstande, dals den letztern jene Willkürherrschaft nicht mehr gestattet ist, die sie früher, als die Nationen noch „frei“ waren, ausübten, er- 398 Friedmann: blickt der Javane insbesondere die gewaltige Veränderung, die in sei- nem politischen Zustande neuerdings eingetreten ist. Man kann den ganzen Archipel bezüglich des politischen Verhält- nisses der Länder zur niederländischen Regierung in drei Gruppen theilen, nämlich in 1) Solche Länder, deren Verwaltung unter die direete Aufsicht von niederländischen Beamten gestellt ist, und die militärische Be- satzungen haben. Dahin gehören die ganze Insel Java sammt Ma- dura, ein grofser Theil von Sumatra’s Westküste, namentlich die Lam- pongs, die Distriete Benkulen und Padang, ferner ein Theil von Su- matra’s Ostküste, insbesondere Palembang, aufserdem die Insel Banka, Riouw und Blitong, ein Theil von Celebes, ein grolser Theil der West-, Süd- und Ostküste Borneo’s, sowie die molukkischen Inseln Amboina, Banda, Ternate, Menado und endlich Timor nebst einigen kleinen Inseln. 2) Jene Länder, welehe die Oberhoheit der niederländischen Re- gierung anerkennen und deren Häupter auch in Beziehung zum Gene- ral-Gouverneur von Indien stehen, aber ihr Land selbst verwalten und auch von directen Abgaben und Diensten frei sind. Unter diesen Län- dern sind die Inseln Bali, Lombok, Sumbawa, Flores, dann die Insel Nias, die Battahländer auf Sumatra, mehrere Distriete der Centraltheile und der Küsten von Borneo und Celebes, ferner die Sulu-Inseln und noch einige Inselgruppen und Distriete auf gröfsern Inseln zu rechnen, die von Jahr zu Jahr nach Mafsgabe der Ausbreitung des niederländi- schen Einflusses sich vermehren. 3) Endlich giebt es eine Anzahl kleinerer Inseln und Theile der grofsen Inseln, die entweder vertragsmälsig neutrales Gebiet bleiben müssen, wie das Reich Atschin auf Sumatra, oder die bis jetzt mit der holländischen Regierung noch wenig in Contact gekommen sind, wie die noch wenig bekannten Centraltheile Borneo’s, ein Theil Sumatra’s, die Guinea-Inseln etc. Nur von den unter 1) genannten Ländern, deren Cultur auch eine ziemlich hohe Stufe erreicht hat, kann eine genaue Statistik der Bevöl- kerung nach Völkerschaften, Geschlecht und Stand gegeben werden. Was die Inseln Java und Madura betrifft, von welchen die erstere in 25 Distriete oder Residentien eingetheilt wird ’), so herrscht in der Administration derselben eine bedeutende Activität, Umsicht und Ord- nung, was schon daraus entnommen werden kann, dafs alljährlich mit- ') Diese Residentien heifsen: Bantam, Batavia, Buitenzorg, Krawang, Prean- ger Regentschaften, Cheribon, Tegal, Pekalongan, Samarang, Japara, Rembang, Su- rabaja, Madura, Pasuruan, Bezuki, Probolinga, Banjuwangie, Banjumaas, Bagelen, Kedu, Jogjakarta, Surakarta, Madiun, Patjitan, Kediri. Niederländisch Indien im’ Jahre 1856. 399 telst der genau geführten Geburts- und Sterbelisten der Stand der Be- völkerung aufgenommen wird, während selbst in den eivilisirtesten Ländern Europa’s ein solcher Status nur alle drei Jahre zusammenge- stellt wird. Die Zunahme der Bevölkerung Java’s seit dem vorigen Jahrhundert ist sehr beträchtlich. Im Jahre 1780 soll die Bevölkerung Java’s, wo die Insel in vier Provinzen, nämlich Bantam, Cheribon, Jakatra und Java’s Ostküste eingetbeilt war, 2,029,915 Seelen betragen haben (s. Verhandelingen van het Bataavsche Genootschap etc. Thl. II, S.364). Mag auch diese Angabe ungenau sein, so überstieg die Be- völkerung Java’s zu jener Zeit doch gewifs nicht die Zahl von 3 Millio- nen, welche der gegenwärtigen Einwohnerzahl Sumatra’s entspricht. Im Jahre 1824 war die Bevölkerung Java’s schon auf 6,368,090 Seelen gestiegen und erreichte im Jahre 1838 eine Seelenzahl von 8,103,080. Vom Jahre 1850 bis 1856 wuchs die Bevölkerung von Java und Ma- dura nach den amtlichen Mittheilungen folgendermafsen: im Jahre 1850 9,570,023 Seelen, == .41851 .9,687,346 - - 00-1852 9,943,075 - -..0=.. 1853 10,290,045 - - .-..4854 10,581,890 - il or 44855,010,916,158 | ——- - 1856 11,290,450 - Madura allein hat 393, 426 Einwohner. Nach der Stammesverschiedenheit vertheilte sich diese Bevölkerung im Jahre 1856 folgendermalsen: Europäer. = lit» 19,431 Personen anti ist das Militär nicht gerechnet) Ehbinesensin ui dsoıah 1354649 - Araber und andere asia- tische Nationen . . 24,903 - Freie Eingeborene .11,105,279 - laveniuurh- 5,188 - Was die europäische Bevölkerung von Java betrifft, so dürfte ihre geringe Zahl bei dem Umstande, dafs die Holländer schon seit Jahr- hunderten auf dieser Insel angesiedelt sind und dieselbe den Central- punkt der ostindischen Besitzungen bildet, auffallen. Es lag aber bis jetzt nicht im. Plane der Regierung, auf Java und überhaupt in Indien europäische Colonien anzulegen, ohne dafs jedoch den Europäern, wel- che ‚sich‘dort niederlassen wollen, von der Regierung Hindernisse in den Weg gelegt wurden. Die Europäer auf Java bestehen meistens aus Beamten, einzelnen Kaufleuten und pensionirten Militärpersonen. Es scheint jedoch, dafs die Sehnsucht der Europäer nach dem Heimath- A0O Friedmann: lande sie hindert, in zahlreichen Massen für Lebensdauer sich in In- dien niederzulassen, so dafs der Beamte und der Soldat nach vollende- ten Dienstjahren, sowie der Kaufmann nach Erwerbung eines hinläng- lichen Vermögens sich vom Lande der Palmen wieder nach der nor- dischen Heimath wenden. Was aber eine Colonisation von Landbauern betrifft, so halte ich es für unmöglich, dafs in den Niederungen der Aequatorialzone, deren Temperatur im jährlichen Mittel 21°— 22" R. mit sehr geringen monatlichen Schwankungen beträgt, solche für die Dauer gedeihen. Denn die künstliche Acelimatisation im Tropenlande kann für den Ankömmling aus dem kalten Norden nur dann stattfin- den, wenn er, wie dies bei dem Beamten, dem Kaufmann und selbst bei dem Soldaten in den meisten Fällen möglich ist, seine Lebensweise nach den klimatischen Verhältnissen einrichtet. Wer aber in der Hitze des Tages die schwere Feldarbeit verrichten und damit seinen Lebens- unterhalt verdienen soll, wird, wenn er von der gemälsigten Zone hier- her kommt, bald von Krankheiten befallen werden, die sich als Folge der anhaltend hohen Temperatur und der mit Dünsten geschwängerten Luft erweisen. Wohl aber könnten europäische Colonien mit Erfolg auf jenen Hochebenen der Tropenregionen angelegt werden, die 2000 bis 4000 Fuls über der Oberfläche des Meeres liegen und deren mitt- lere Temperatur 14° — 17° R. beträgt und wo die europäischen Ce- realien und europäische Gemüse gedeihen. Im hohen Grade würden sich zu einer solchen Colonisation die Abhänge des Merapi und Mer- babu und mehrere Hochebenen Sumatra’s eignen, auf welche die Natur alle Annehmlichkeiten eines ewigen Frühlings geworfen hat. Was die chinesische Bevölkerung Java’s betrifft, so muls auch sie, obgleich die Auswanderung aus China nach dem Indischen Archipel schon seit undenklichen Zeiten stattfindet, dennoch nur als temporäre Niederlassung betrachtet werden, indem die meisten Chinesen das fremde Land wieder verlassen, sobald sie ein hinlängliches Vermögen sich ge- sammelt haben, um im Heimathlande gemächlicher leben zu können. Schon das bei den Chinesen bestehende Verbot der Auswanderung von Frauen bildet ein wesentliches Hindernifs ihrer dauernden Ansiedelung im Auslande. Die Chinesen wohnen in den Städten Batavia, Surabaja, Samarang, Cheribon und einigen anderen Plätzen in eigenen Stadtvier- teln, chinesisches Camp genannt. Die meisten treiben Handel, viele auch Gewerbe aller Art, wie sich denn geschickte Zimmerleute, Ver- golder, Schmiede und andere Handwerker unter den Chinesen auf Java finden. Manche haben in einzelnen Distrieten von der Regierung die Steuern auf kleine Wirthshäuser (Wajong) gepachtet, andere treiben die Zölle und Abgaben, welche besonders auf die Einfuhr und den Ver- brauch von Opium und anderen Artikeln gesetzt sind, ein. Im Jahre # Niederländisch Indien im Jahre 1856. 401 1856 waren auf Java nicht weniger als 3357 chinesische Pächter und Unterpächter von Regierungseinkünften angestellt. Bei diesem Amte bewährt sich der Chinese als thätiger und aufmerksamer Wächter. Sei- nem Blicke entgeht kein auf dem einsamsten Pfade herankommender Javane, der einige verzollbare Güter bei sich hat. Insbesondere über- wachten die Chinesen früher die zahlreichen kleinen Speisehütten, die sich längs der Landstrafsen, in und bei den Dörfern befinden und die dem Reisenden zur nicht geringen Bequemlichkeit dienen, indem sie ihm kühlen Schatten und erfrischende Früchte bieten. Auch bilden diese Wajong, gleich unseren Wirthshäusern, die abendlichen Zusam- menkunftsorte der Javanen, wo sie sich durch Spiel und Gespräche bis gegen Mitternacht vergnügen. Der General-Gouverneur Rochussen _ hat die Besteuerung der Wajongs aufgehoben und sich dadurch bei der Bevölkerung sehr beliebt gemacht. Was die Zahl der Scelaven anbelangt, so hat sich dieselbe auf Java im Laufe dieses Jahrhunderts bedeutend vermindert, indem im Jahre 1780 die Zahl derselben in Batavia allein 17,000 betrug. Gegen Ende des Jahres 1856 wurde der Entwurf über die gänzliche Abschaffung der Selaverei auf Java im „Rathe von Indien“ verfalst und zur Ge- nehmigung nach Holland geschickt. Das dortige Colonial-Ministerium erachtete es indessen für zweckdienlich, die Abschaffung der Sclaverei auf den ganzen Indischen Archipel auszudehnen, und forderte deshalb vom General-Gouverneur neue Gesetzentwürfe. Es ist dieses Unter- nehmen allerdings mit nicht wenig Schwierigkeiten verbunden, da es Länder und Provinzen im Archipel giebt, in welchen die Sclaverei so mit dem Volksleben und seinen Gewohnheiten verschmolzen ist, dafs die Abschaffung derselben nur allmählich eingeführt und erst nach Ver- lauf von mehreren Jahren zur Vollendung gebracht werden kann. Aus diesem Grunde sind bis jetzt auch nur Gesetze zur Anbahnung einer Aufhebung der Selaverei erschienen, die sich vorerst auf das Verbot der Mifshandlung der Leibeigenen und auf milde Behandlung derselben beziehen. Es ist bemerkenswerth, dafs die Zahl der Vorstände und Häupter der inländischen Bevölkerung Java’s, die alle theils neben, theils unter den holländischen Beamten ihre Funectionen ausüben, sich auf nicht weniger als 116,396 beläuft, während die Zahl der muhamedanischen Geistlichen auf Java 54,687 beträgt. Was die übrigen unter unmittelbarer Herrschaft der Niederlande stehenden Inseln des Archipels betrifft, so betrug die Bevölkerung Sumatra’s, nämlich der Distriete Benkulen, Lampongs, Padang und _ Palembang, 1,666,847 Seelen, woraus sich eine Bevölkerungszunahme von 26,663 Personen seit 1855 ergiebt. Zeitschr. f. allg. Erdk. Neue Folge. Bd, VII. 26 402 Friedmann: Banka hatte eine Gesammtbevölkerung von 47,189 Seelen, wor- unter 15,105 Chinesen, welche vorzüglich in den dortigen Zinnminen beschäftigt sind. Die Bevölkerung von Blitong betrug 12,410, die von Riouw 23,465, worunter sich das beträchtliche Contingent der Chinesen von 15,937 Individuen befindet. Die Bevölkerung jener Distriete Borneo’s, in welchen eine ge- regelte Administration stattfindet, betrug Ende 1856 846,688 Seelen. Celebes nebst den umliegenden Inseln hatte eine Bevölkerung von 278,574 Seelen. Hierunter sind jedoch die Bewohner des nörd- lichen Theiles der Insel sowie des grölsesten Theiles der centralen Landschaften nicht begriffen. Die Molukkischen Inseln hatten nach der Zählung von 1856 eine Gesammtbevölkerung von 534,864 Seelen, und zwar: Amboina nebst umliegenden kleinen Inseln 187,474 Seelen, Banda, Fr I nn RE AO EEE EIER - Derpate Sea es Me Rei Au EN Mengda,asiliin Sir Malie Fe TEE - 534,864 Seelen. Endlich hatte Timor eine Bevölkerung von 1,646,450 Seelen. Die Gesammtbevölkerung jener Länder des Archipels, welche aufser Java unter unmittelbarer Herrschaft der Holländer stehen, betrug im Jahre 1856 5,056,487 Seelen; rechnen wir hierzu die Bevölkerung von Java und Madura, so beläuft sich die Gesammtbevölkerung des unter directer Herrschaft der Niederlande stehenden Theiles des Indi- schen Archipels auf 16,346,937 Seelen. Rechnen wir noch 5 Millionen für jene Länder hinzu, die entweder noch unabhängig sind oder in welchen noch keine geregelte Administration eingeführt wurde, so er- halten wir eine Gesammtbevölkerung des Indischen Archipels von 214 Millionen. Was die Beziehungen der Länder des Archipels zum Auslande be- trifft, so waren dieselben mit allen Nationen der Erde, gleichwie die des Mutterlandes selbst, von sehr freundschaftlicher Art. Schon im vorausgegangenen Jahre (1855) wurden mit Belgien, Frankreich, Schwe- den und Norwegen, sowie mit den Vereinigten Staaten von Nord-Ame- rika Uebereinkünfte für Errichtung von Consulaten in den vorzüglich- sten Seeplätzen des Archipels getroffen, während bis dahin nur wenig Consulate auswärtiger Nationen in Niederländisch Indien waren. Im Jahre 1856 wurde eine solche Uebereinkunft auch mit Bremen, Grofs- britannien, Oesterreich, Preufsen, Hannover, Dänemark, Sachsen und Sardinien geschlossen. Die Bedingungen, unter welchen die Regierung Consulate in Indien zuliefs, bestehen darin, dafs die Consuln keinen Niederländisch Indien im Jahre 1856. 403 diplomatischen Charakter haben sollen, sondern als blofse Handels- Agenten fungiren und den Landesgesetzen unterworfen sind. Auch ist das jus asyli ihren Wohnungen nicht zuerkannt. Aus den Berichten von den einzelnen Distrieten Java’s sowie den übrigen Ländern des Archipels wollen wir einige Vorfälle hervorheben, welche über das Verhältnifs der Regierung zur inländischen Bevölke- rung und ihren Häuptern und die Gesinnungen der letzteren Aufklä- rung zu geben im Stande sind. Die inländischen Häupter machen bisweilen den Versuch, ihre frühere Willkürherrschaft wieder auszuüben und über Person und Ei- genthum nach Belieben zu schalten. Solches geschah im Jahre 1856 in dem Distriet Bantam, worüber die Bewohner vieler Ortschaften Klage führten. In Folge gepflogener Untersuchung wurden die Distrietsvor- stände von Parang-Kudjang, von Tjilegen, Bolang und der Mantei (Regent) von Warong-Gunong ihres Amtes entsetzt, „während dem Regenten von Labak, für dessen Betragen mildernde Umstände anzu- führen waren, in eindringlicher Weise die Schonung der Unterthanen und die Heilighaltung ihrer Rechte für die Zukunft anbefohlen wurde.“ Das Eiland Madura, welches bis dahin einen Theil des Distriets Surabaja ausmachte, wurde von demselben getrennt und zugleich be- stimmt, dafs der Sultan von Madura fortan seine Anstellung und Be- soldung von der niederländischen Regierung erhalten soll. Die Zustände auf Sumatra erfordern beständig die besondere Auf- merksamkeit der Regierung. Da dort manche Stämme nur durch Ver- träge mit der Regierung verbunden, andere, wie das Reich von Atschin, ganz unabhängig sind, so fehlt es nicht an Empörungen der unterwor- fenen Volksstämme, welche von den unabhängigen Distrieten unterstützt werden. Im Jahre 1856 segelte die Fregatte Prinz Frederik der Ne- derlanden nach den Küsten des Reiches Atschin, um mit dem Sultan im Namen der Regierung einen Vertrag zu schliefsen. Dieser gab in einem Briefe an den General-Gouverneur sein Verlangen zu erken- nen, mit der Regierung in gutem Einvernehmen zu leben und einen Vertrag mit derselben zu schliefsen. Es kam derselbe auch im Jahre 1857 zu Stande. — Aufstände auf der Insel Nias, bei welchen 5000 Mann inländischer Truppen einer holländischen Infanterie- Abtheilung von 111 Mann feindlich gegenüberstanden, konnten mit der geringen Zahl von Truppen nicht unterdrückt werden; doch kam man an’s ge- wünschte Ziel, als unter dem Schutze einiger Kriegsschiffe ein Fort an der Küste erbaut wurde, von welchem festen Punkte aus die Beherr- schung der Insel, insbesondere durch die Beihilfe einiger wohlgesinnten Radjahs leicht wurde. Von etwas ernsterer Art war der Aufstand im Lampong-Distriet 26* A404 Friedmann: im südlichen Theile Sumatra’s. Dort werden, sowie längs der ganzen Ostküste Sumatra’s, trotz der beständig kreuzenden Kriegsschiffe, fort- während bedeutende Quantitäten Pulver und Waffen von der Halbinsel Malakka her eingeschmuggelt und die Einwohner, wie man sagt, zum Aufruhr verleitet. Die englische Regierung soll diesem unwürdigen Treiben nicht mit jener Energie sich widersetzen, welche man von einer befreundeten Nation zu erwarten berechtigt ist. So geschah es denn auch im Jahre 1856, dafs der Raden (Prinz) Intan, dessen Vater und Grofsvater zwar den südlichen Theil Sumatra’s beherrschten und eine Zeit lang von der holländischen Regierung in ihrer Würde aner- kannt wurden, aber wegen Begünstigung der Seeräuberei und ihrer Verbindung mit regierungsfeindlichen Personen dieselbe niederlegen mulsten, den Weg seiner Ahnen zu betreten suchte, sich einen bedeu- tenden Anhang erwarb und in allen Ortschaften, die sich ihm nicht anschlossen, plünderte und mordete, so dafs der ganze südliche Theil Sumatra’s bis Palembang und Benkulen, ja selbst die gegenüber lie- gende, durch die Sundastrafse von Sumatra getrennte Provinz Bantam auf Java vom Aufstande bedroht ward. Der Commandant des Kriegs- dampfers Medusa hatte zwar zu Tjanti eine Zusammenkunft mit Raden Intan angeordnet, bei welcher der letztere aber seine Ansprüche in so anmalsender Weise geltend zu machen suchte, dafs zur Wahrung des Ansehens der Regierung Waffengewalt angewendet werden mulste. Eine Expedition unter dem Commando des Colonel Waleson landete am 12. August zu Tjanti. Bald darauf wurde der verbarricadirte Platz Singa-Branta erobert und die zahlreichen Schaaren Raden Intan’s, die von Stellung zu Stellung sich zurückzogen, verfolgt, bis endlich der Anführer und sein Stiefbruder Mas Intan von ihren eigenen Leuten getödtet wurden. Die früheren Anhänger Intan’s unterwarfen sich hier- auf der Regierung. Auch weiter nördlich in den Centraltheilen der Insel suchte ein inländischer Fürst, Tiang- Alam, nachdem er ein bedeutendes Heer ge- sammelt, sich die Herrschaft über das Gebiet von Palembang anzueig- nen. Es gelang indessen, seiner Person sich zu bemächtigen, worauf er als Staatsgefangener nach Salatiga auf Java gebracht wurde. Richten wir nun unsere Blicke auf Borneo, welches grofse Eiland in neuester Zeit die besondere Aufmerksamkeit der niederländischen Regierung in Anspruch nahm, indem dahin nicht nur eine grölsere Anzahl von Kriegsschiffen gesendet wurde, sondern auch die Stationen für die Landmacht vermehrt und die im Innern des Landes wohnen- den Völkerschaften mehr und mehr für die europäische Cultur, gewon- nen wurden. Das Verfahren Englands, sich dem Vertrage von 1824 zuwider 2 12 rue Niederländisch Indien im Jahre 1856. 405 auf einigen Inseln an der Nordküste Borneo’s, sowie an dieser selbst zu befestigen, schien im Jahre 1855 von den Franzosen nachgeahmt werden zu wollen. Wenigstens wurden Versuche gemacht, einen poli- tischen Einflufs in jenen Ländern auszuüben. Es kamen im genannten Jahre zwei französische Kriegsschiffe nach den Labuan-Inseln, segel- ten von dort nach der Insel Muara-Damit, die in der Bai von Brunai, östlich von Tandjong-Hadi, gelegen ist, worauf sich die Commandan- ten der Schiffe, begleitet von englischen Offizieren, zu dem Sultan von Brunai begaben und demselben einen jährlichen Tribut von 4000 Dol- lars versprachen, wenn er ihnen erlaubte, ein Fort auf der Insel Mu- ara-Damit zu erbauen, angeblich, weil sie auf dieser Insel Steinkohlen- lager zu finden hofften. Der Sultan liefs sich jedoch durch den ver- sprochenen Tribut nicht verlocken, forderte sieben Monate Bedenkzeit und berichtete das Vorgefallene als treuer Bundesgenosse der Niederlande dem General -Gouverneur zu Batavia. Die französischen Schiffe segel- ten hierauf ab, es kam bald darauf ein niederländisches Dampfschiff in jene Gegend, ohne dafs bis Ende 1856 von Seiten Frankreichs wei- tere Versuche zu einer Niederlassung gemacht wurden. Was das Verhältnifs der Regierung zu Sir James Brooke, dem Radja von Serawak '), anbelangt, so heifst es in dem Berichte des Colonial-Ministers, dafs er im Allgemeinen keinen Grund zur Unzu- friedenheit gab. Der Pangeran (Fürst) Muda von Sintang, sowie der Pangeran Paduka von Sanggau, welche sich persönlich zu Brooke be- gaben, um ihn um Unterstützung gegen die niederländische Regierung zu ersuchen, wurden von ihm zurückgewiesen und ermahnt, sich gegen die gesetzliche Obrigkeit nicht zu empören, von welchem Vorfalle Ja- mes Brooke dem Assistent-Residenten der Nordküste berichtete. Auch kam es vor, dafs die Bewohner von Sedang, einem zu Serawak gehö- rigen Dorfe, einen feindlichen Einfall in das dajaksche Dorf Djangkang unternahmen, welcher Vorfall den Residenten der Westküste Borneo’s veranlalste, den Radja James Brooke aufzufordern, eine Untersuchung hierüber anzustellen, die Schuldigen zu bestrafen und dafür zu sorgen, dafs in Zukunft Aehnliches nicht mehr geschehe. Brooke leistete die- ser Aufforderung Folge. Mit dem Sultan von Pontianak Sjarif Hamid bin Sultan Osman Alkaebri wurde ein Contract abgeschlossen, in welchem sein Verhält- ") James Brooke wird von der niederländischen Regierung als Radja anerkannt und auch in offziellen Anschreibungen als solcher benannt. Es erleidet dadurch das Ansehen und die Oberherrschaft der Regierung über Borneo insofern keine Beein- trächtigung, als auf Borneo noch eine grofse Anzahl Radja’s sich befinden, deren sou- veraine Rechte nur wenigen Beschränkungen unterworfen sind, und es gleichgültig ist, ob der Radja auf dem”Archipel geboren oder von England dahin gekommen ist. A06 Friedmann: Die Chinesen in Pontianak, deren Zahl sehr beträchtlich ist, und die früher, wie überhaupt die chinesische Bevölkerung Borneo’s, in ernstlichen Aufständen gegen die Regierung sich erhoben, gaben im Jahre 1856 keinen Grund zur Klage. Weniger war dieses der Fall in dem Distriet Montrado, wo im Bezirke Lumar ein Lieutenant nebst fünf Mann bei einem Aufstande der Chinesen umkamen. Letztere, die sich vorzüglich mit Handel und Bergwerksarbeiten beschäftigen, waren unzufrieden, weil ihrer früheren Ungebundenheit sowie ihrem Wucher mit der schlichten dajak’schen Bevölkerung, welche sie sich zinsbar und zu förmlichen Scelaven machten, durch strenge, aber billige Gesetze so- wie durch eine geregelte Verwaltung ein Ende gemacht wurde. Der Aufstand wurde jedoch bald unterdrückt. Dreihundert der Aufrührer flüchteten sich nach Serawak, wo sie Aufnahme fanden. Das im Jahre 1853 gegebene Verbot der Vermehrung der chine- sischen Bevölkerung durch neue Einwanderung aus China wurde im Jahre 1856 wieder zurückgenommen, da die Regierung sich stark genug fühlt, auch die wachsende Zahl der Bevölkerung in gehöriger Ordnung zu halten. Bereits im Jahre 1855 ging eine Expedition von zwei Kriegsdam- pfern den an der Westküste Borneo’s sich in’s Meer ergielsenden Ka- puasstrom hinauf und drang bis zu einer Entfernung von 110 deutschen Meilen von der Küste vor. Sie hinterliefs zu Sintang, Salimbau und Samut Besatzungen und errichtete Magazine für Salz und andere Be- dürfnisse. Es war bis dahin unbekannt, dafs der Kapuasstrom so weit hinauf mit gröfseren Schiffen befahrbar ist, und diese für die Erdkunde wie für den Handel höchst wichtige Entdeckung gab bereits dazu An- lafs, dafs grofse Strecken von Borneo unter den Schutz der Regierung genommen wurden, welche vor wenigen Jahren kaum dem Namen nach bekannt waren. Eine bedeutende Zahl von Ansiedlern aus entfernt wohnenden Stämmen, nämlich von den aus Brunai kommenden Lupan-Dajaks, ferner den an den Quellen des Kapuasstromes wohnenden Kaman-Da- jaks und Tajan-Dajaks begaben sich unter den Schutz der Regierung, da sie vor den Bedrückungen ihrer eigenen Radja’s sich flüchteten. Es wurden sowohl den neuen Ankömmlingen wie den übrigen Bewoh- nern vom Regierungs-Commissär folgende Punkte vorgelegt, bei deren Befolgung ihnen kräftiger Schutz ihrer Person und ihres Eigenthums gegen innere und äufsere Feinde zugesichert wurde: 1) Das meuchle- rische Kopfabschlagen, eine den Dajaks eigenthümliche barbarische Ge- wohnheit,. ist streng verboten und wird der dagegen Handelnde als Mörder bestraft. 2) Kein Schmuggelhandel, insbesondere mit Waffen und Pulver darf getrieben werden. 3) Alle bisher bestandenen Fehden Niederländisch Indien im Jahre 1856. AOT der einzelnen Dorfgemeinden werden als geschlichtet betrachtet, wo- gegen Kränkungen, Beeinträchtigung von Rechten oder Beraubungen, welche einzelne Personen oder Gemeinden in Zukunft erfahren sollten, vor die niederländischen Behörden gebracht werden müssen. "Mit einer grofsen Anzahl von Radja’s, insbesondere mit jenen von Bunot, Salimbau, Suwahit, Silat, Sintang, Sekadau, Singau, Meliau, Tajan, wurden Verträge abgeschlossen, deren Hauptpunkte waren: An- erkennung der Oberhoheit des Königs der Niederlande und seiner Stell- vertreter, Anerkennung, dafs die Fürsten ihre Länder als erbliches Lehen von den Niederlanden besitzen, Ausübung der Jurisdietion durch niederländische Beamte, denen die inländischen untergeordnet sind, Abschaffung der Geldbufsen und drückenden Abgaben, durch welche die Fürsten bis dahin in höchst unbilliger Weise sich auf Kosten ihrer Unterthanen bereicherten, Beförderung des Ackerbaues, der Industrie und des Handels. So sehr diese Einrichtungen, welchen eine höhere Culturstufe der ganzen Bevölkerung auf dem Fufse folgen muls, den Landbauern sowie der gewerbe- und handeltreibenden Bevölkerung willkommen waren, und so sehr man sich glücklich fühlte, dals dem Raubsystem der Fürsten und den Fehden der Dörfer gesteuert wurde, und dafs die schreckliche Gewohnheit des Kopfabschlagens, wodurch früher der in die Jahre der Mannbarkeit tretende Dajak eine Probe seiner Tapfer- keit ablegen mufste, indem er irgend einem Menschen, sei er Freund oder Feind, mit einem Hiebe das Haupt vom Rumpfe schlug, als Meuchelmord verpönt war, so sehr glaubten die Radja’s Ursache zur Unzufriedenheit zu haben, indem ihnen ein grofser Theil ihrer durch willkürliche Erpressungen zusammengebrachten Einkünfte entzogen wurde. Nachdem mehrere derselben ihren Wohnort verlassen hatten, um sich auswärts Anhänger gegen die Regierung zu verschaffen, ver- legten sie sich Anfangs auf Raub- und Mordanfälle gegen einzelne Personen, wodurch unter Andern der Lieutenant L. Sachse und sein Bedienter ihren Tod fanden. Bald darauf rückten die Radja’s mit etwa 2500 Streitern gegen das Fort zu Sintang an, doch wurden diese Schaa- ren zurückgeschlagen (12. November 1856). An demselben Tage er- schien der Kriegsdampfer Celebes mit einem Detachement Truppen, welche gegen die befestigten Plätze der Feinde anrückten und sie noch in derselben Nacht erstürmten. Mehrere Fürsten ergaben sich den holländischen Truppen und es zeigte sich, dafs die meisten nur aus Furcht oder Unentschlossenheit den eigentlichen Aufrührern, nämlich den Radja’s Kuning, Ratu, Muda und Anom gefolgt waren. Am Ende des Jahres war die Ruhe noch nicht ganz hergestellt, da die Aufrührer die Gebirgsbewohner zu Hilfe riefen. „Die zurückgekehrten Fürsten 408 Friedmann: erhielten zum Theil Erhöhung ihrer Einkünfte und Schadlosstellung für verlorene, obgleich widerrechtlich bezogene Einkünfte. Der allge- meine Geist der Bevölkerung war, nach dem Zeugnifs der Bezirksbe- hörden, für unsere Regierung günstig, und die Vorsteher der Dajaks gaben Beweise des Vertrauens, das sie in unsere Regierung setzen. Unzufriedenheit herrschte nur unter den Fürsten, da die Bevölkerung gegen ihre Bedrückungen in Schutz genommen wird“ (Rochussen, Ver- slag van het behur etc. s’ Gravenhage 1859. S. 29). Im Jahre 1856 wurde der Strom Mendawe, der sich an der Süd- küste Borneo’s in’s Meer ergielst, zum ersten Male mit dem Kriegs- dampfer Tjipannas (tji = Wasser, pannas — warm) bis zum Kampong Moja, der etwa 10 Meilen von der Küste entfernt ist, befahren. Die Einwohner, welche noch nie ein Dampfschiff vorher gesehen, staunten nicht wenig über das ihnen unbegreifliche „Kabal sedan“ (Teufels- schiff) und unterwarfen sich gern den ihnen vorgelegten Vertrags- punkten aus Furcht vor den Europäern, denen überirdische Kräfte und Zauberei zu Gebote ständen. Aus dem Reiche Banjermassin ') wird berichtet, dafs der zu Mar- tapura residirende Sultan, angetrieben durch seine Gemahlin Njai Ratu Komala Sari, den mit ihr gezeugten Sohn Prabu Anom zum Thron- erben ernannte, obgleich die holländische Regierung denselben längst des Thrones für unwürdig erklärt und der Sultan ihn auch bereits von der Thronfolge ausgeschlossen hatte. Aus diesem Anlafs wurde ein Dampfschiff mit einem Detachement Soldaten nach Banjermassin ge- schickt und bald darauf Prabu Anom von Martapura nach Banjermas- sin gebracht, der Enkel des Sultans, Tamdjid Illah, zum Thronerben ernannt und bis zu seiner Mündigkeit ein Reichsverweser in der Per- son des vom Volke sehr geachteten Hidai-Ot-Ullah angestellt. Das Volk, heifst es im offiziellen Berichte des Ministers, war mit diesen Malsregeln sehr zufrieden. Auf Gelebes, dessen Culturzustand im Allgemeinen nach den offiziellen Berichten Vieles zu wünschen übrig läfst, wurde das Fürsten- thum Tello im Jahre 1856 dem niederländischen Gebiete von Makassar einverleibt. Anlafs hierzu gab die Weigerung des Fürsten von Tello, dem mit der Regierung geschlossenen Traetate nachzukommen und die grolse Stralse von Makassar nach Maros in gehörigem Stande zu er- halten. — Mit den Fürsten von Palos, Tongala und Tawali wurden ebenfalls Tractate geschlossen. Ein auf Celebes noch bestehendes Uebel ist der ziemlich ausge- ’) Demselben, in welchem in neuester Zeit (Mai 1859) gewaltige Aufstände stattfanden, bei welchen über 60 Europäer durch Mord umkamen. $ 4 "2 . » Niederländisch Indien im Jahre 1856, 409 breitete Sclavenhandel. Es leben auf Celebes ungefähr 25,000 Sclaven, die von ihren Dienstherren meistens zur Bebauung der Felder verwen- det werden. Dieses hat den besonderen Nachtheil, dafs die freie Be- ‚völkerung es sich zur Schande rechnet, den Ackerbau zu betreiben, so dafs der Fortschritt in der Cultur und die Vermehrung der Bevölke- rung in diesem Umstande ein bedeutendes Hindernifs finden. In ge- nauem Verbande mit dem Selavenhandel steht die Seeräuberei, da das Heer der Sclaven meistens durch Seeraub reerutirt wird. Die von der Regierung angestrebte Abschaffung der Selaverei im ganzen Archipel stöfst daher in Celebes auf die meisten Schwierigkeiten, welche jedoch ein fester Wille und fortgesetzter Volksunterricht bald überwinden dürften. Die eines gesunden und glücklichen Klima’s sich erfreuenden Mo- lukkischen Inseln, deren geologische Structur durchaus vulkanisch ist, haben, wie oben angeführt, eine Bevölkerung von etwas mehr als einer halben Million, welche fast sämmtlich zur christlich-evangelischen Religion sich bekennt. Dennoch lobt der offizielle Bericht den Cultur- zustand, den Fleifs und die moralische Entwickelung der Bewohner der Molukken nicht sonderlich; dieselben stehen in jeder dieser Beziehun- gen der javanischen Bevölkerung bei Weitem nach. Auch die Sanggir-Inseln, die sich durch vulkanische Kräfte aus den Tiefen des Oceans gehoben und die ziemlich zahlreich bevöl- kert sind, wurden in neuester Zeit unter den unmittelbaren Schutz der Regierung genommen. Auf der Insel Groot- Sanggir ereignete sich am 2. März 1856 ein furchtbarer Ausbruch des Gunong-Awu !) (gumong = Berg, awu = Asche. Die Insel ist etwa 6 Meilen lang und 2 Mei- len breit; der genannte Berg liegt am nordöstlichen Rande derselben). Die älteste bekannte Eruption dieses Vulkans geschah nach Valentijn (Oud en nieuw Oost-Indie) vom 10. bis 16. December 1711. Dabei kamen viele Tausende von Menschen um, die Luft wurde in weitem Umkreise glühend heifs, viele Dörfer wurden mit Asche überdeckt. Von dieser Zeit an schweigt die Geschichte dieses Vulkans von seinen Ausbrüchen bis zum Jahre 1812, wo ebenfalls eine gewaltige Eruption vielen Menschen das Leben kostete. Die Ortschaften Tabukan, Chandar und Kalongan wurden sammt ausgebreiteten Cocoswäldern durch die Lavaströme zerstört. Nach 44jähriger Pause richtete der Berg am oben- genannten Tage wieder eben so grofse Verwüstungen an als im Jahre 1812. „Ungefähr 3000 Menschen verloren dabei das Leben und eine grolse Strecke Landes sammt Dörfern, Wäldern und Pflanzungen wurde gänzlich verwüstet.“ !) Vergl. diese Zeitschrift N. F. Bd. VI, p. 72. 410 Friedmann: Auch auf den Molukkischen Inseln werden die noch dem Namen nach regierenden Fürsten durchaus als Vasallen des Königs der Nieder- lande betrachtet und behandelt. Einen Beweis hierfür giebt folgender Vorfall. Am 11. Juli starb zu Ternate der Sultan von Tidore in einem. Alter von 86 Jahren, nachdem sein Bruder, dem die Thronfolge über- tragen war, einige Tage zuvor gestorben war. Der Resident von Ter- nate begab sich sogleich nach dem Palast des Sultans, liefs sich die Krone und das Reichssiegel bringen, welche Gegenstände in einer Kiste versiegelt wurden. Die provisorische Regierung wurde hierauf dem Prinzen Alting und einigen höheren Beamten übertragen. Gegen Ende, des Jahres ertheilte der General-Gouverneur dem Residenten den Auf- trag, den Prinzen Alting zum Sultan von Ternate zu ernennen. u. Die Land- und Seemacht in Niederländisch Indien. — Verrichtungen derselben im Jahre 1856. — Commission zur Anfertigung von Seekarten. — Expeditionen gegen Seeräuber. — Justizwesen und Polizei. — Aufenthalt von europäischen Ausländern auf Java. Die zur Vertheidigung des Mutterlandes bestimmten Regimenter können der niederländischen Verfassungs-Urkunde gemäfs nicht nach den überseeischen Besitzungen geschickt werden, so dafs die ostindi- sche Armee gänzlich von der niederländischen getrennt ist und durch Werbungen completirt wird, während für den Militärdienst im Mutter- lande die Conseription eingeführt ist. Die ostindischen Truppen be- stehen theils aus Europäern, worunter besonders viele Deutsche zu finden sind, theils aus Javanen, Bewohnern der Molukkischen Inseln und Afrikanern. Letztere wurden in früheren Jahren von der unter niederländischer Herrschaft stehenden Küste von Guinea hierhergebracht, doch hat man in neuester Zeit aufgehört, frische Sendungen von Afri- kanern nach Java zu veranstalten. Die Zahl der niederländisch - ostindischen Truppen betrug am Ende des Jahres 1856: Europäer und Afrikaner. . . . . 9969 Mann, Javanen und Amboinesen . . . . 16,453 - 26,422 Mann. Hierzu kamen noch im Jahre 1856 geworbene rn en Ten In Ganzen 27,669 Mann. Diese Truppen sind in den verschiedenen Garnisonen auf Java und besonders auf Sumatra, Borneo, den Molukkischen Inseln etc. vertheilt. Die Mannschaften der verschiedenen Völkerschaften bilden Regimenter und Bataillone für sich, so dafs die Europäer nicht mit den | | | Niederländisch Indien im Jahre 1856. 411 Javanen oder Afrikanern vermengt sind. Nur die Offiziere der ver- schiedenen Regimenter, welche grölsestentheils aus Europäern bestehen, sind auch den asiatischen und afrikanischen Bataillonen einverleibt. Auch die inländischen Truppen werden durch Werbungen com- pletirt. Java und die Molukkischen Inseln liefern gute Infanteristen, während Celebes vorzüglich die Cavallerie completirt, indem die Ma- kassar’schen Reiter wegen ihrer Gewandtheit und Tapferkeit im gan- zen Indischen Archipel rühmlichst bekannt sind. Die Dienstzeit für den Soldaten ist auf sechs oder zehn Jahre, je nach der Grölse des Handgeldes, festgesetzt. Auch wird bei der militärischen Besetzung der einzelnen Länder die Vorsicht gebraucht, dafs die Garnisonen aus Eingeborenen fremder Länder bestehen. So sind die Javanen vorzüglich auf Sumatra, Bor- neo, den Molukkischen Inseln, die Amboinesen und Buginesen, sowie die Makassaren auf Java stationirt, während die europäischen Kern- truppen stets dahin auf’s Schleunigste dirigirt werden, wo ihre Anwe- senheit am nöthigsten erscheint. Die Aufhebung der während des Krim-Feldzuges in englischen Diensten gestandenen Fremdenlegion hatte die Folge, dafs sich eine grolse Anzahl derselben für den Dienst in Niederländisch Indien an- werben liefs, so dafs gegen Ende des Jahres 1856 eine Zahl von 1470 derselben nach Java gebracht wurde. Aufser den regelmäfsigen Truppen sind auf Java und andern Län- dern des Archipels noch verschiedene bewaffnete Schaaren organisirt, welche in Kriegszeiten zur Landesverthejligung verwendet werden. Man erwartete im Jahre 1856 insbesondere ein neues Reglement über die Zusammenstellung und den Dienst des Pradjuvits, einer Art Landwehr, zu welcher alle streitbaren Männer gehören und die in früheren Zeiten unter den inländischen Fürsten ausschliefslich die Kriegsmacht bildete. Die hauptsächlichsten Kriegsverrichtungen der Landmacht wurden schon oben bei der Aufzählung der politischen Vorfälle während des Jahres 1856 angeführt. Noch müssen wir erwähnen, dafs das Genie- Corps der ostindischen Armee sich beständig mit Anfertigung von ge- nauen Karten von einzelnen Distrieten und Inseln beschäftigt, um auf diese Weise allmählich zur genauen Kenntnifs des ganzen Indischen Archipels in topographischer Hinsicht zu gelangen. Im Jahre 1856 wurde eine genaue Karte des Eilandes Banka, sowie Etappenkarten von Palembang und Benkulen angefertigt. Auch wurde eifrig an der trigonometrischen Aufnahme der Westküste Borneo’s und einzelner Di- striete von Celebes gearbeitet. Die Anzahl der in Niederländisch Indien anwesenden Kriegsschiffe 412 Friedmann: variirt in den verschiedenen Jahren je nach den politischen Zuständen der Colonien. Je ernstlicher die letzteren sich gestalten, desto grölser ist die Zahl der hierher entsendeten Kriegsschiffe. Im Jahre 1856 waren in Östindien 27 Kriegsschiffe stationirt, worunter 11 grolse Kriegsdampfer. Aufser der niederländischen Flotte giebt es in Nieder- ländisch Indien noch eine, meistens aus kleineren Schiffen bestehende eoloniale Flotte, welche aus 63 sogenannten Prauen, oder flachen, mit leichten Kanonen bewaffneten, für die Küsten und Flüsse bestimmten Fahrzeugen, einem Dampfschiffe und zwei Schoonern besteht und den gröfseren Schiffen beigefügt wird, sowie diese Schiffe zur Ueberbrin- gung von Lebensmitteln, Munition und Mannschaften nach verschiede- nen Plätzen von ausgezeichnetem Nutzen sind. Ihre Bemannung be- steht aus europäischen Capitainen und Steuerleuten und malaischen Matrosen. Die Pflege der Hydrographie, insbesondere die Entwerfung und Verbesserung der Seekarten des Indischen Archipels bildet seit meh- reren Jahren eine Hauptbeschäftigung der Marine-Offiziere. Es be- steht eine „Commission zur Verbesserung der indischen Seekarten“, deren Präsident der jeweilige Befehlshaber der indischen Flotte ist und die aus den eifrigsten, wissenschaftlich gebildeten Offizieren zusammen- gesetzt ist. Ein sehr thätiges Mitglied dieser Commission war bis zum Jahre 1856 der verdienstvolle Capitain - Lieutenant Melvill van Carn- bee, welcher im genannten Jahre auf der Insel Onrust bei Batavia in seinem 42sten Lebensjahre starb. Ihm verdankt die Hydrographie eine Menge genauer Aufnahmen und trefflicher Karten nebst Küstenbeschrei- bungen. — Auch im Jahre 1856 wurden die hydrographischen Arbeiten mit Eifer fortgesetzt. Aus der Liste der in jenem Jahre angefertigten neuen Karten entnehme ich folgende: 1) Die Ostküste Borneo’s vom Kandungan-Punkt bis Tandjong-Ta- blar, vom Lieutenant Moeth. 2) Die Mündungen des Makakkau-Stromes an der Ostküste Bor- neo’s, von demselben. 3) Die Ostküste Borneo’s von Kutei bis Tandjong-Aru, von dem- selben. 4) Die Bucht von Kwandang, aufgenommen von den Offizieren des Dampfschiffes Samarang. 5) Die Pulu-Bai bei Benkulen, vom Lieut. 1. Kl. Modderman. 6) Die Kapo-Pasang-Inseln, vom Lieut. Struik. 7) Verbesserte Karte der Insel Nias, vom Lieut. 1. Kl. Gersen. 8) Skizzen und Verbesserungen der Grey-Sunds-Passage und des Golfs von Tomini, vom Lieut. de Stuers. Niederländisch Indien im Jahre 1856. 413 9) Die Rhede Tapallang und Kait, von den Offizieren der Fregatte Palembang. 10) Die Bai von Tjenrana, vom Lieut. Edeling. 11) Karte eines Theiles der Westküste Borneo’s, von Van der Weelden. Die Commission zur Verbesserung der Seekarten stellt aus den ihr zukommenden Skizzen, Karten, Journalen und hydrographischen Be- schreibungen Seekarten zusammen, die sowohl in wissenschaftlicher Hinsicht von Bedeutung, als auch insbesondere den Seefahrern von vorzüglichem Nutzen sind. Solche Karten werden von der Commis- sion Jedermann zu sehr mälsigen Preisen gegeben. Aufser der friedlichen Beschäftigung im Dienste der Wissenschaft, der Schifffahrt und des Handels ist aber der Marine vorzüglich die Sorge für die Sicherheit des Meeres gegen Seeräuber aufgetragen. Die indischen Seeräuber waren besonders in früherer Zeit durch ihre un- geheure Zahl, ihre Organisation und Vereinigung unter einem Haupte furchtbar, und erfordern selbst jetzt, nachdem durch alljährlich von Seiten der Holländer angeordnete zahlreiche Expeditionen ihre Zahl bedeutend vermindert und die meisten ihrer früheren Schlupfwinkel durch militärische Besatzung ihnen unzugänglich geworden, noch die fortgesetzte Anstrengung der Kriegsschiffe zu ihrer Bezähmung. Die indischen Seeräuber datiren ihren Ursprung von sehr alter Zeit. Als nämlich im 14ten und föten Jahrhundert durch die Eroberung der Ma- layen manche Stämme und besonders Küstenbewohner von ihrer Hei- math vertrieben. wurden, vereinigten sich viele derselben zu einem Bunde, um die Seeräuberei, vorzüglich aus Rache gegen ihre Unter- drücker auszuüben. Jahrhunderte lang waren sie der Schrecken aller - Nationen, ‚welche mit den reichen Ländern des indischen Archipels und des asiatischen Continents Handel trieben. Denn ihren schnell segeln- den zahlreichen Fahrzeugen (Prauen), die mit langen Kanonen (Lilas) bewaffnet waren, entging nicht leicht ein Schiff, das irgendwo am Rande des Horizonts auftauchte. Die Mannschaft der gekaperten Schiffe wurde nur gegen schweres Lösegeld freigegeben, oder an ferne asiatische Stämme als Sclaven verkauft, oder endlich im Dienste der Seeräuber zum Reisstampfen oder sonstigen Arbeiten verwendet. Bis in’s acht- zehnte Jahrhundert war selbst die Javasee und die Küste Sumatra’s nicht sicher vor den Anfällen der Piraten. Doch als bewaffnete Fahr- zeuge der holländisch-ostindischen Compagnie diese Gewässer durch- kreuzten und die Bewohner der der Compagnie unterworfenen Länder En Schutze derselben sich anvertrauten, zogen sich die Seeräuber all- "mählich von den vorzüglich besuchten Gewässern zurück. Noch immer 414 Friedmann: aber war ihre Macht bedeutend und sie übten ihr grausames Handwerk in den von dem Course der holländischen Schiffe entfernten Gegenden aus. Die holländische Marine unternahm zu verschiedenen Zeiten Ex- peditionen gegen sie, doch selten mit dem gehofften Erfolge. Denn die schlauen Piraten, welche durch ihre eigenen Kreuzer oder durch die mit ihnen im Bunde stehenden Küstenbewohner und Fischer von der Annäherung des Feindes in Kenntnils gesetzt wurden, eilten so- gleich nach ihren Schlupfwinkeln, d. h. nach den hinter Korallenbänken versteckten Inseln, wohin grölsere Schiffe wegen ihres bedeutenderen Tiefganges nicht gelangen konnten. Dennoch glückte es zuweilen, die von den Räubern besetzten Inseln mittelst bewaffneter Schaluppen nach hartnäckigem Kampfe zu erobern, ihre Fahrzeuge zu zerstören und die Mannschaft zu Gefangenen zu machen. Eine für die indischen See- räuber fatale Erfindung war die in den vierziger Jahren mehr und mehr auch dort eingeführte Dampfschifffahrt: flachgehende Dampfer konnten nun, selbst bei Windstille oder Gegenwind, auch an solche Orte gelangen, welehe früher gröfseren Kriegsschiffen nicht zugänglich gewesen waren. Die holländische Dampfflotille hat denn auch in die- ser Hinsicht nützliche Dienste geleistet. Es verging kein Jahr, in wel- chem nicht 20 bis 30 Piratenschiffe zerstört wurden. Ueber die Hei- math und Organisation der indischen Piraten sowie über ihre Stärke heilst es in dem offiziellen Berichte von 1853: Im Vergleich mit frü- heren Zeiten besteht die Piraterie in Indien nur in kleinem Malsstabe. Das Centrum der Räuberbanden befindet sich nördlich von den nieder- ländischen Besitzungen auf den Philippinischen Inseln, besonders auf Mindanao. Deshalb erkennen die Seeräuber den Sultan von Sulu als ihren Gebieter an. Es ist aus diesem Factum klar, weshalb es trotz der fortgesetzten Bemühungen der holländischen Marine noch. nicht ge- lungen, die Seeräuberei in Indien gänzlich zu vernichten '). Die Hilfs- quellen der Räuber müssen nicht unbeträchtlich sein, und es ist wahr- scheinlich, dafs mancher sogenannte Sultan, der über einige Inseln ge- bietet, mit den Piraten im Einverständnifs ist. Auf Balangingi allein, einer Insel, welche die Holländer, obgleich nicht zu ihrem Gebiete ge- hörend, verwüstet hatten, werden noch jährlich 22 bis 24 Räuberschiffe ausgerüstet. Das Schiefspulver verfertigen sich die Piraten selbst, ja sie haben auf den Philippinen sogar Kanonengielsereien, und sind des- halb sehr begierig, Waffenschmiede zu Gefangenen zu machen. Es ist schon vorgekommen, dafs die in einer Schmiede auf einer kleinen Insel arbeitenden Europäer im Angesichte ihres in der Nähe ankernden !) Vielleicht könnte aber ein Uebereinkommen mit der spanischen Regierung, welche über die Philippinen gebietet, zu diesem Zwecke führen. Anm. d. Eins. Niederländisch Indien im Jahre 1856. 415 Schiffes von den Räubern überfallen und in ihre Kähne geschleppt wurden, ohne dafs es gelang, die schnell davon rudernden verwegenen Piraten wieder einzuholen. — Im Frühjahr geht die Räuberflotte noch alljährlich 70 bis 80 Segel stark von Mindanao aus, um sich dann in kleinere Flotillen zu theilen und nach verschiedenen Richtungen den grolsen Archipel zu durchstreifen. Die grolsen Räuberschiffe sind mit 30 bis 40 Mann bewaffnet und führen 4 bis 6 Kanonen. Krisse (Dol- che), Piken und Gewehre finden sich im Ueberflufs auf den Schiffen. In früheren Zeiten waren es besonders Celebes und die angrenzenden Inseln, wo die Seeräuber ihre Zusammenkünfte hielten, sowie auch die eingeborenen Fürsten dieser Länder theils aus Furcht, theils aus Ge- winnsucht, da ihnen ein Theil der gemachten Beute zufiel, mit ihren Gästen gemeinsame Sache machten. Gegenwärtig dienen allerdings noch manche abgelegene Inseln des Archipels als Rendezvous für die Piraten, wo sie ihre Schiffe ausbessern, Wasser einnehmen und ihre Beute vertheilen, doch werden sie über kurz oder lang den spähenden Kriegsdampfern nicht entgehen.“ Im Allgemeinen richten die Kriegsschiffe bei allen ihren Reisen in den Gewässern des Indischen Archipels ihre Aufmerksamkeit auf die Verfolgung von Seeräubern, doch werden noch stets Schiffe und Escadres ausschliefslich zu diesem Zwecke ausgeschickt. Im Jahre 1856 wurden deshalb die Nordküste von Battam und die Karimon-Inseln, sowie die Natuna-Inseln von den Briggs Egmont und Pylades unter- sucht. Die Süd- und Ostküste Borneo’s wurde zum Zweck der Ver- folgung von Seeräubern von der Brigg Saparua befahren. Man hatte nämlich in Erfahrung gebracht, dafs ein berüchtigter Seeräuber, Si- Garuda, in Makassar gebürtig, der nach der Volksmeinung unverletzbar ist, in dem Beru- oder Kuran-Flusse auf Borneo sich aufhalte. Die Brigg segelte in jene Gegend und der Commandant forderte zugleich vom Sultan von Bulungan die Auslieferung eines europäischen Corpo- ‘ rals, der von den Seeräubern gefangen war und, wie man hörte, hier festgehalten wurde. Am Beru vernahm man, dafs der Räuber Si-Ga- ruda die Tochter des Sultans von Sambaliung heirathen wollte. So- gleich wurde der Sultan im Namen der Regierung aufgefordert, Si- Garuda auszuliefern. Doch durch allerlei Ansflüchte wufste sich der Sultan einige Tage Aufschub zu verschaffen, während welcher Zeit Si-Garuda auf einer wohlbewaffneten Prau vor der Brigg vorbeisegelte. Letztere, welche vor Anker lag, konnte den Flüchtling nicht so schnell i verfolgen, doch wurden zwei bewaffnete Schaluppen nachgeschickt, die _ aber mit Verlust von zwei Todten und zwei Verwundeten zurückge- schlagen wurden. Um den verrätherischen Sultan von Sambaliung zu züchtigen, erschien hier im Juli 1857 das Dampfschiff Celebes mit & 416 Friedmann: einem Detachement Truppen. Doch der Sultan kam den Truppen mit seinem ganzen Gefolge entgegen, sich und sein Land der Regierung unterwerfend. Es wurde ihm hierauf ein Tribut auferlegt und eine . Besatzung zu Beru zurückgelassen. Einen günstigeren Erfolg hatte die Expedition des Dampfschiffes Amsterdam. Es reiste von Batavia ab, kreuzte längs der Küste von Makassar, durch die Buton-Passage nach Amboina, von dort durch die Strafse Manipa nach den Xulla-Inseln, dem Golf von Tomini und den Togia- oder Schildkröten -Inseln. Dort erfuhr man, dafs zu Amu- rang an der Nordküste von Celebes Seeräuber sich aufhielten. Sogleich fuhr die Amsterdam dorthin und entdeckte sechs lange Prauen, welche mit ausgespannten Segeln nach der felsigen Küste zu entfliehen trach- teten, aber bald eingeholt, und, als sie sich nicht freiwillig ergaben, zusammengeschossen wurden. Eilf von den Räubern gefangen gehal- tene Personen wurden befreit und viele Waffen erbeutet. Ein Theil der Piraten rettete sich an den Strand, aber der Thätigkeit der Be- hörden von Menado gelang es, noch manche von den Flüchtlingen zu tödten oder gefangen zu nehmen. Auch andere Kriegsschiffe sind im Jahre 1856 im Stande gewesen, an verschiedenen Punkten des Archi- pels eine Anzahl von Piraten-Fahrzeugen zu zerstören. In Bezug auf die Handhabung des Rechts bei den eingeborenen Völkern ist die niederländische Regierung stets von dem Grundsatz ausgegangen, dafs die bestehenden Rechtsgewohnheiten als ein Aus- druck des gegenwärtigen Culturzustandes und des Nationalcharakters im Allgemeinen festzuhalten, und zwar von inhumanen Einrichtungen zu säubern, sonst aber nur allmählich in einer dem Gange der Cultur- Entwickelung sich anschmiegenden Weise zu modifieiren seien. So wie den unterworfenen Völkern in Sprache, Sitten und Religion kein Zwang auferlegt wird, hat man ihnen so lange auch keine europäische Gesetz- gebung aufgenöthigt, als sie sich auf ihrer ursprünglichen Culturstufe bewegten, und selbst bei fortgeschrittener Entwiekelung wurden nur solche Modificationen in der Rechtspflege eingeführt, welche mit der Religion, den Gebräuchen und dem Nationalcharakter im Einklange standen. Nur die der Humanität und dem Fortschritt der Cultur wider- streitenden Gesetze und Gebräuche werden sogleich abgeschafft. Unter Berücksichtigung dieser eigenthümlichen Verhältnisse ist von einem mit der Geschichte, der Religion und den Eigenthümlichkeiten jener Völker vertrauten Vereine von Rechtsgelehrten im Jahre 1848, und zwar vor- züglich für Java und Madura, ein Gesetzbuch für Niederländisch In- dien (Wetbook voor Neerlandsch Indie) verfalst worden, welches die niederländische Gesetzgebung, der es sich in allen Theilen anschliefst, für die hier obwaltenden Verhältnisse zweekmäfsig modifieirt. Namentlich _ Niederländisch Indien im Jahre 1856. 417 “ mulsten die Bestimmungen über das Eherecht bei der den Muhameda- nern gesetzlich erlaubten Polygamie gänzlich umgestaltet werden. Auch die Strafrechtspflege mufste in Anbetracht, dafs die Javanen und über- haupt die orientalischen Völker ganz andere Begriffe von „Ehre, Ehr- gefühl* ete. als die Europäer besitzen, eine wesentlich veränderte Ge- stalt gewinnen. Im Jahre 1856 erschien in den offiziellen Rapporten über die Colonien ein ausführlicher Bericht des General-Procureurs des hohen Gerichtshofes zu Batavia über die Zweckmäfsigkeit dieses Gesetzbuches. Es werden darin zwar manche Mängel gerügt, im Gan- zen aber die Zweckmälsigkeit desselben anerkannt und die Ueberzeu- gung ausgesprochen, „dafs die Einführung der neuen Gesetzgebung als eine Wohlthat für Niederländisch Indien zu betrachten ist und dafs die intellectuelle Entwickelung, welche man seit einem Jahrzehnt ganz be- sonders auf Java beobachtet, in einem engeren Zusammenhange mit der Rechtspflege und der Gesetzgebung steht, als man es gemeinhin glaube.“ Aufserhalb Java’s stölst das neue Gesetzbuch dem Bericht zufolge auf weit mehr Schwierigkeiten. Dies wird vermuthlich der weit geringeren Bildungsstufe zuzuschreiben sein, auf welcher die übri- gen Bewohner des Archipels sich befinden. Die Regierung hat des- halb auch eine Commission von Rechtsgelehrten ernannt, welche auf den verschiedenen Ländern des Archipels den gegenwärtigen Zustand der Rechtspflege untersuchen und Vorschläge zur Verbesserung dessel- ben machen soll. Es wird in dem Berichte von 1856 angeführt, dafs ein Regierungs-Commissar im Anfange des Jahres zum Zwecke der Untersuchung der Rechtspflege zu Padang an der Westküste Sumatra’s sich befand. Derselbe besuchte später die Provinz Benkulen, bereiste die Süd- und Ostküste Borneo’s, sowie die Westküste und die Insel Riouw. Am Ende des Jahres befand er sich zu Timon-Kupang. In Folge seiner Vorschläge erschien im Jahre 1857 ein Compendium zur Handhabung der Rechtspflege auf der Insel Blitong. An der Spitze der Gerichtshöfe in Niederländisch Indien steht der General-Gouverneur, insofern er unter jeden wichtigen Urtheilsspruch sein Visum setzen muls. Auch ist ihm das Recht der Begnadigung und Milderung des Urtheils zuerkannt. Von diesem Rechte wird auch sehr häufig Gebrauch gemacht. Im Jahre 1856 kamen im Ganzen 279 Begnadigungen von verschiedenen Strafen vor, worunter 32 Todesstra- fen, zu welchen 2 Europäer, 29 Inländer und 1 Chinese verurtheilt waren. Hingegen ist dem General-Gouverneur kein Eingriff in den Rechtsgang gestattet, so wie überhaupt das Urtheil der Justiz wie im Mutterlande so auch in den Colonien frei und die Person des Richters so unabhängig als möglich gestellt ist. Aufser den aus europäischen Juristen bestehenden Gerichtshöfen Zeitschr. f. allg. Erdk. Neue Folge. Bd. VII. 27 418 Friedmann: (Raad van Justitie), welchen die europäische Bevölkerung ausschliefs- lich unterworfen ist, bestehen noch mehrere Behörden für Inländer, die tbeils aus inländischen Vorständen, theils aus europäischen Administra- tiv-Beamten zusammengesetzt sind. Solche Justizbehörden sind: die Distrietsgerichte, die nur aus inländischen Richtern, welche das Vertrauen und die Achtung des Volks besitzen, bestehen, ferner die Regentschaftsgerichte und der Landrath. Den inländischen Rich- tern wird das in die malayische Sprache übersetzte Gesetzbuch einge- händigt, ohne dafs ihnen jedoch in wichtigen Prozessen wegen ihrer geringen juristischen Bildung mehr als das erstinstanzliche Urtheil zu- kommt. Die Anzahl der Verurtheilten, welche ihre Strafe auf Festungen oder in Gefängnissen abbüfsen, war in ganz Niederländisch Indien: ‚Ende 1854 10,320 Personen, - 144855.,14;229 - - 1856 11,539 - Von dieser letztgenannten Zahl kommen 9353 auf Java und Ma- dura und 2186 auf die übrigen Besitzungen. In Bezug auf die Natio- nen vertheilt sich die genannte Zahl auf 329 Europäer, 10,127 männ- liche und 326 weibliche Inländer, sowie 733 männliche und 24 weib- liche fremde Asiaten. Wie sehr die Regierung darauf achtet, dafs die Gefangenen sich einer humanen Behandlung erfreuen, dennoch aber zur Zucht und Ordnung angehalten werden, geht aus den Inspeetionen hervor, welche Regierungs-Commissäre von Zeit zu Zeit in den ver- schiedenen Strafanstalten abhalten müssen. Es liegt mir das Resultat einer solchen Inspectionsreise vor, der Bericht des General-Procureurs A. J. Swart über die Gefängnisse in Niederländisch Indien in den Jahren 1855 und 1856. Daraus geht im Allgemeinen hervor, dafs die Nahrung und die Pflege der Gefangenen grolsentheils zweckmälsig sind, dals mit wenigen Ausnahmen Ordnung und Zucht gehandhabt werden, dafs der Gesundheitszustand aber durchaus verschieden ist, je nach der Lage des Ortes: in den Strafanstalten, welche in niedrigen, sumpfigen Gegenden liegen, herrscht eine grolse Sterblichkeit; günstigere Verhält- nisse bieten diejenigen Anstalten dar, die sich im Centraltheile des Landes, auf Hochebenen oder in gebirgigen Gegenden befinden. II. Pflege der Wissenschaften. — Religions- ER een — Schulen. — Verkehrswege. Obgleich hohe Schulen nach dem Muster der europäischen bis jetzt in Niederländisch Indien noch nicht errichtet sind, so ist doch Java bereits seit dem Ende des vorigen Jahrhunderts, insbesondere aber in .- Niederländisch Indien im Jahre 1856. 419 neuester Zeit der Sitz von gelehrten Corporationen, welche die Wissen- schaft mit schätzbaren literarischen Erzeugnissen bereichern und sich ihren Schwester-Instituten, den gelehrten Academien in Europa würdig zur Seite stellen. Die älteste dieser gelehrten Gesellschaften, welche von der Regierung durch bedeutende Subsidien unterstützt wird, ist die „Bataavsche genootschap voor kunsten en wetenschappen“, welche seit 1780 in zahlreichen Bänden ihre Abhandlungen, die sowohl das Gebiet der Naturwissenschaften, als auch der Geschichte, Archäologie und Sprachforschung des indischen Archipels umfassen, herausgiebt und deren Werke als unentbehrliche Quellen für Jeden gelten, der in irgend einem Zweige den Indischen Archipel genauer erforschen will. In neuerer Zeit besoldet die Regierung eine Anzahl tüchtiger Naturfor- forscher, welche zusammen eine „Commission zur naturhistorischen Untersuchung des Indischen Archipels“ bilden. Die Abhandlungen die- ser Gelehrten werden in der in Folio erscheinenden Prachtausgabe der „Verhandelingen“ ete. veröffentlicht. Aufserdem erscheinen auf Java mehrere naturhistorische und medizinische Zeitschriften. Als eine willkommene Erscheinung im Gebiete der Geographie mag der unter dem Schutze der Regierung herauszugebende „Atlas von Niederländisch Indien“ in mehr als hundert Karten nach dem Mafs- stabe von 1:100,000 oder 1:1,000,000, je nach der Genauigkeit der topographischen Erforschung der betreffenden Länder, erwähnt werden. Im Jahre 1856 sind von diesem Prachtwerke die Karten der javani- schen Distriete Kedu, Bezuki, Probolingo, Banjuwangie, sowie der In- seln Bali, Sumbawa und Banka erschienen. Bis zum- genannten Jahre führte Melvil van Carnbee die Leitung des Werkes, nach dessen Tode übernahm dieselbe der Genie-Capitain W. J. Versteegh. Auch die Insel Nias wurde in ethnographischer und topographi- scher Hinsicht von Nieuwenhuizen und Rosenberg untersucht und die Veröffentlichung ihrer Abhandlung wird von der oben erwähnten „Ba- taavschen genootschap“ besorgt werden. Von den Reisen nach wenig bekannten Theilen des Archipels er- wähnen wir jene des Assistent-Residenten Boscher und des Herrn Schminke durch einen Theil der Insel Ceram. Am 8. März reisten die beiden Beamten von Amboina an der Insel Haruku vorbei nach Kai- bobo auf Ceram und besuchten die Dörfer Waisamu, Matusua, Kairatu, Kamarian, Seruwan, Tihulale, Rumukai, Latu, Huwaloi, Tumelebu, Polonbi, Samasuru, Apsano, Awaia, Warukuja, Marakikei und Amahei; leider fehlt in dem von dem Colonial-Minister gegebenen Auszuge aus dem Originalberichte die topographische Beschreibung dieser grolsen- theils noch ganz unbekannten Ortschaften. Die Reisenden fanden überall einen sehr fruchtbaren Boden, ausgebreitete, hie und da von ar 420 Friedmann: Hügeln unterbrochene Flächen, die theilweise mit üppigen Wäldern bedeckt sind. Die westlich vom Flusse Ajee-Tallo gelegene Land- schaft ist wasserarm. Der Kaffeebaum findet sich überall ohne Oultur wachsend. Oestlich vom Flusse Ajee-Tallo ist das Land wasserreich; selbst der Reis findet hier hinlängliche Bewässerung. Der Flufs selbst ist bis 4 deutsche Meile von der Küste aufwärts mit kleinen Fahrzeu- gen befahrbar, und mit wenig Mühe könnte das Fahrwasser noch mehr landeinwärts verbessert werden. Die Ufer des Flusses sind mit un- durchdringlichen Wäldern umsäumt, wohin noch kein menschlicher Fuls gedrungen zu sein scheint. Die herrlichsten und fruchtbarsten Gründe sind jedoch hinter der Ortschaft Marakikei, wo sie sich in einer Länge von 15 deutschen Meilen bei einer Breite von 5 bis 6 Meilen längs des Flusses Ruwatta ausbreiten. Dieser Flufs hat eine beinahe gleich- mäfsige Tiefe von 5 bis 6 Fufs bei einer Breite von 60 Fuls. Er ent- springt im Distriet Tulatti und ergiefst sich bei Marakikei in’s Meer. Mehrere vom Gebirge herabströmende Bäche schwellen ihn an, bis er selbst in der fruchtbaren Fläche netzförmig sich in Arme theilt, die einzeln dem Meere zuströmen. Trotz der Fruchtbarkeit des Bodens ist die Bevölkerung des Landes gering, und die rohen Sitten und Ge- bräuche werden der Culturentwickelung bedeutende Hindernisse in den Weg legen. Aufserdem deeimiren die Pocken und andere Krankheiten die Bevölkerung von Jahr zu Jahr. Der Einführung der Impfung ha- ben sich die Bewohner von Ceram bisher hartnäckig widersetzt, denn ihre Priester oder Wahrsager (Mawing) versichern, dafs die Vaccina- tion nur dazu diene, die Menschen feige und schwach zu machen, wes- halb denn auch die Holländer dieselbe begünstigten, um das Volk desto leichter zum Gehorsam zu bringen. Die beiden Regierungsbeamten suchten dieses durch Aberglauben oder Böswilligkeit hervorgebrachte Vorurtheil gegen die Vaecination bei den Einwohnern dadurch zu ver- nichten, dafs sie ihre eigenen Impfnarben vorzeigten und versicherten, dafs bei allen Europäern die Impfung deshalb gesetzlich eingeführt sei, weil sie erfahrungsmälsig den sichersten Schutz gegen die Blattern biete, deren Gefährlichkeit ihnen selbst bekannt genug sei. In der That glückte es, dafs eine grolse Anzahl von Bewohnern sowohl sich selbst als ihre Kinder vom Schifisarzte impfen liefs, und für die Zukunft wurde den dortigen Missionären dieses Geschäft übertragen. Nur drei Ortschaften, Kaibobo, Waisamu und Kairatu widersetzten sich hartnäckig der Vaceination. Den Alfur’schen Radja’s zu Sahulau wurde aufgetragen, der einem gesitteten und gottesfürchtigen Volke ganz un- würdigen Sitte des Kopfabschlagens nach Kräften entgegen zu wirken, was sie auch durch Handschlag versprachen. Für ihre guten Absichten wurden die Radja’s einstweilen beschenkt, sowie ihnen holländische Niederländisch Indien im Jahre 1856. 421 Flaggen gegeben wurden, die sie jedesmal aufstecken sollten, sobald ein Kriegsschiff ihren Küsten sich nähere. In Bezug auf die Forschungen im Gebiete der orientalischen Spra- chen, insbesondere der alt-javanischen oder Kawi- -Sprache, des San- scrit und der neueren polynesischen Sprachen zeichnet sich unter den Gelehrten Java’s besonders Friedrich aus, ein Deutscher, welcher unter Lassen seine Studien begann, als Soldat nach Java zog und dort durch seine ausgezeichneten Kenntnisse die Aufmerksamkeit der Män- ner der Wissenschaft erregte. In neuerer Zeit hatte Friedrich sich vorzüglich mit den alten Handschriften, den Monumenten, sowie mit der noch jetzt bestehenden Hindureligion der Balinesen beschäftigt. Winter und Wilkens arbeiteten noch im Jahre 1856 an dem jetzt vollendeten umfassenden Werke eines javanisch -niederdeutschen Wörter- buches, wie auch eine javanische Grammatik von denselben Autoren bearbeitet wurde. Van Dewall hatte von der: Regierung den Auf- trag erhalten, ein umfassendes malayisch-niederdeutsches Wörterbuch zu verfertigen. Zum Zwecke der Sprachforschung bereiste er deshalb die Westküste Sumatra’s, sowie einige Distriete Java’s. Im Auftrage des zu Delft bestehenden königlichen Instituts für Sprach-, Länder- und Völkerkunde von Niederländisch Indien wurden im Distriete Palem- bang Untersuchungen angestellt zur Entdeckung von malayischen Hand- schriften aus früheren Jahrhunderten, die nicht erfolglos blieben. Auf dem Gebiete der naturhistorischen Untersuchungen ist Dr. Junghuhn, der Verfasser der trefflichen Monographie über Java, da- mit beschäftigt, den Einflufs der Ausrottung der Wälder auf die klima- tischen Verhältnisse Java’s näher zu untersuchen. Seit mehreren Jahren bestehen in Niederländisch Indien meteoro- logische Stationen, welche die Resultate ihrer Beobachtungen nach der Centralstation Batavia einsenden. Diese Stationen wurden im Jahre 4856 vermehrt, indem unter Aufsicht des Dr. Crookewit an der West- küste Borneo’s, und zwar zu Pontianak, Fort Sorg, Mampawa und Montrado meteorologische Observationen angestellt wurden. In der zu Batavia herauskommenden, von der Regierung mit bedeutenden Subsi- dien unterstützten „Natuurkundig tijdschrift* findet man nähere Auf- schlüsse über den regen Eifer, der in jenen Ländern in wissenschaft- licher Hinsicht sich kundgiebt und dem Wohlstande ihrer Bewohner wie der Wissenschaft überhaupt nicht unwesentliche Dienste leistet. Den unmittelbarsten Einflufs auf die Volksbildung hat sicherlich die Religionslehre und die Art, wie die Geistlichen oder Priester dieselbe dem Volke vortragen. Wir haben schon darauf aufmerksam gemacht, dafs die holländische Regierung die Cultur der ihrem Schutze anvertrauten Völker auf der Basis der im Volke waltenden Vorstellungen 422 Friedmann: weiter zu führen bemüht ist. Sowie man nun in der Gesetzgebung die von den Vätern ererbten, für das Volk oft sehr geeigneten Einrich- tungen nicht plötzlich abschafft, um dafür eine modern-europäische Legislatur an die Stelle zu setzen, eben so wenig hat es sich die Re- gierung zur Aufgabe gemacht, die Eingeborenen von der Religion ihrer Väter abwendig zu machen. Das Institut der Missionäre erhält zwar durch die Regierung reichliche Unterstützung, doch darf der persön- lichen Freiheit des Einzelnen kein Eintrag geschehen, sowie den neuen Bekenner des Christenthums kein staatsbürgerlicher Vortheil, keine Bevorzugung vor seinen muhamedanischen Brüdern erwartet. Aus die- sem Grunde bleiben die Javanen bei dem Glauben ihrer Väter. Die Bewohner der molukkischen Inseln Amboina, Banda und Ternate be- kennen sich indefs schon seit längerer Zeit zur christlich-reformirten Kirche. Der Muhamedanismus ist übrigens der Regierung in ihren Be- strebungen keineswegs hinderlich, und noch nie war es die Religion, welche in den einzelnen Provinzen des Archipels die Fackel des Krie- ges und des Aufruhrs anfachte, sondern sie diente nur als Vorwand für die Regenten, nach bereits ausgebrochenen Differenzen ihre Unter- gebenen zum Fanatismus gegen die Ungläubigen anzustacheln. Auch kam es bei den vielfachen Friedenstractaten, welche Holland mit den eingeborenen Fürsten abschlols, nie vor, dafs von Seiten der ostindi- schen Regenten Freiheit in Bezug auf Ausübung der väterlichen Reli- gion, oder von Seiten der Holländer eine Glaubensänderung zur Frie- densbedingung gemacht wurde. Denn weder die freie und ungehin- derte Ausübung des Glaubens, insofern dieser nicht der allgemeinen Moral und Sittlichkeit widersprach, wurde jemals beanstandet, noch duldete man Eingriffe in die persönliche Freiheit durch die Missionäre, die häufig, wie man sich in China und anderwärts überzeugen kann, mit der Bibel in der Hand mehr politische als religiöse Zwecke ver- folgen. Die Regierung nimmt den muhamedanischen Cultus zum Theil selbst in die Hände, indem sie die Priester durch Ehrentitel und an- dere Auszeichnungen erhebt, ärmere Gemeinden durch Staatsmittel unterstützt und für den religiösen Unterricht der Jugend sorgt. Es genielsen die muhamedanischen Gemeinden selbst Vorrechte vor den christlichen, wie aus den offiziellen Berichten vom Jahre 1853 ersicht- lich ist. Als nämlich ein Resident beim Rathe von Indien die Anfrage stellte, ob es einer muhamedanischen Gemeinde gegönnt sei, sich aus den zu den Staatsdomainen gehörigen Wäldern das nöthige Holz zur Erbauung eines Tempels unentgeltlich zu holen, wurde ein für allemal beschlossen, dafs die mubamedanischen Gemeinden in Folge des ihnen von der Regierung zugesagten Schutzes auf diese Gunst billigen An- spruch haben. „Die inländischen Gemeinden“, heilst es in dem betref- Niederländisch Indien im Jahre 1856. 423 fenden Beschlusse, „können in dieser Hinsicht nieht mit den christ- lichen verglichen werden, indem man letzteren ohne Unbilligkeit das- jenige versagen kann, was man der muhamedanischen Bevölkerung nicht verweigern wird.“ Im Jahre 1856 wurden nicht geringe Summen zum Bau von muhamedanischen Tempeln zu Magelan, Kedu, Limban- gan und in den „Preanger Regentschaften“ bewilligt. Besondere Aufmerksamkeit erregte seit vielen Jahren die von den muhamedanischen Satzungen angeordnete jährliche Pilgerfahrt nach Mekka. Es wandert alljährlich von Java und den übrigen Theilen des Archipels, welche eine muhamedanische Bevölkerung besitzen, eine Anzahl von Pilgern nach der Stadt des Propheten, um dort Bufse zu thun und sich im Glauben zu stärken. In Berührung mit der dortigen Bevölkerung und den Priestern werden ihnen aber häufig aufrühreri- sche Gedanken beigebracht, dafs es für einen „Gläubigen“ unwürdig sei, das Joch einer christlichen Nation zu ertragen. Es geschah auch nicht selten, dafs die zurückgekehrten Pilger die Anstifter von Ver- schwörungen wurden, was ihnen um so leichter war, da sie als „Had- schi's“ ein besonderes Ansehen bei ihren Landsleuten genossen. In Folge dessen hatte die holländische Regierung ein wachsames Auge auf die Pilger und hielt die Regenten und die Geistlichen an, gegen etwaige Versuche derselben, Unruhen zu stiften, energisch einzuschrei- ten und die europäischen Behörden zeitig davon in Kenntnifs zu setzen. Bis zum Jahre 1853 waren die Pilgerfahrten nach Mekka indireet be- steuert, indem ein Pafs nach der arabischen Halbinsel nur gegen Ent- richtung einer bedeutenden Taxe zu erhalten war. Im genannten Jahre aber wurde diese Besteuerung der Pilgerfahrten abgeschafft. „Die Re- gierung“, heifst es in dem Berichte des General-Gouverneurs vom Jahre 1853, „hält es nicht für rathsam, Recognitionsgelder zu erheben von den nach Mekka pilgernden Personen, da eine solche Steuer den Ver- dacht erwecken könnte, als wollte man dem Muhamedaner hinderlich sein in der Ausübung einer seiner heiligsten Pflichten, welche Hand- lungsweise im Widerspruch wäre mit dem angenommenen Princip, die traditionellen Einrichtungen der Inländer, so weit es thunlich ist, nicht zu stören.“ Dafs die Wallfahrten im Jahre 1856, wo der gewaltige und vielverzweigte Aufstand in Bengalen gegen die englische Herr- schaft in vollen Flammen loderte, weit bedenklicher als zu einer an- deren Zeit waren, kann nicht bezweifelt werden. Aber die Regierung setzte im Bewulstsein ihrer klugen und billigen Handlungsweise, wel- che den Völkern keinen Grund zur Unzufriedenheit gab, so viel Ver- trauen in die Bevölkerung, dafs sie auch zu jener Zeit die Pilgerfahr- ten nicht im mindesten beschränkte. Von Java allein reisten im ge- nannten Jahre 2642 Pilger nach Mekka und 755 kehrten im Laufe des 424 Friedmann: Jahres wieder zurück. Wie die Pilgerfahrten in neuerer Zeit, nachdem die auf dieselben früher gelegten Hemmnisse allmählich beseitigt wurden, zugenommen haben, kann man aus folgender Angabe erkennen. Es zogen von Java Pilger nach Mekka: im Jahre 1850 71, = 0=116:485444+ 105, - = 4852 413, iii wor 958; =u nel, 1854 1.1295, 1 0020. 1885..1442, zur wald ABB AD; Die christliche Kirche theilt sich in den von Europäern bewohnten Theilen von Niederländisch Indien in die reformirte und die der Zahl nach schwächere katholische. Im Jahre 1856 war die Zahl sämmt- licher Europäer auf Java, wie oben angeführt, 19,431, aufserhalb Ja- va’s lebten etwas mehr als 6000 Europäer, so dafs im Ganzen nur etwa 25,000 in Niederländisch Indien sich befanden. Von diesen mö- gen sich etwa 6000 bis 7000 zur katholischen Religion bekennen. Die Anhänger der reformirten Kirche sind deshalb zahlreicher, weil zu ihnen fast die ganze Bevölkerung der Molukken, sowie noch eine ziemliche Anzahl anderer Eingeborenen gerechnet werden mufs, da diese, wenn sie jetzt zur christlichen Kirche übergehen, den reformirten Glauben annehmen. Ein Bischof, dessen Sitz zu Batavia ist und der sich Episcopus Colophoniae in partibus infidelium nennt, leitet unter dem Schutz der Regierung die Angelegenheiten aller im Archipel zerstreuten Katholiken. Das katholische Bethaus zu Batavia ist eine steinerne, im gothischen Style erbaute Capelle, in deren Innerem wenig Verzierungen und Bilder sich befinden. Auch zu Surabaya und Samarang sind ähn- liche Bethäuser, während in den kleineren Ortschaften die Capellen aus Bambus erbaut sind. Im Jahre 1856 wurde die Zahl der katholischen Geistlichen in Niederländisch Indien auf zehn festgesetzt, während bis dahin deren nur acht aufser dem Bischof angestellt waren. Im December desselben Jahres wurde zu Padang an der Westküste Sumatra’s eine katholische Kirche eingeweiht, welche fast ganz auf Kosten der Regierung erbaut war. Auch auf Banka wurde eine kleine Kirche für die christlichen Chinesen eingeweiht. Ziemlich zahlreich sind die Prediger und Missionäre der reformir- ten Kirche in Niederländisch Indien, und die Regungen auf religiösem Gebiete sind dort nicht weniger lebhaft als in irgend einem europäi- schen Lande. Ein Blick in die zu Batavia erscheinende „Zeitschrift zur Beförderung des kirchlichen Lebens in Niederländisch Indien“ mag Niederländisch Indien im Jahre 1856. A25 biervon Zeugnils geben. Es sind weniger die Formen der Religion, als-ibr Geist, den die würdigen Vorstände der reformirten Kirche unter den Völkern des Archipels verbreiten wollen. Sie handeln. hierin im Einklange mit der Regierung, welche ebenfalls Humanität und „ehristliches Leben“, wenn auch ohne christliche Dogmen, den ihr anvertrauten Völkern aneignen will. Im Jahre 1856 kamen auf den Molukkischen ‚Inseln mehrere Missionäre von der Rotterdamer „Gesellschaft zur Verbreitung des christlichen Glaubens“ an. Auch die Sanggir-Inseln wurden mit Missionären versehen. Zwei von der „Rhei- nischen Gesellschaft“ zu Barmen gesendete Missionäre erhielten Erlaub- nils, sich an der Ostküste Borneo’s anzusiedeln. Auf den Papu’schen Inseln kamen zwei deutsche Missionäre der Gosner’schen Gesellschaft an. Sie liefsen sich auf der Insel Miosname bei Doreh, an der nord- östlichen Spitze des westlichen Theiles von Neu-Guinea, nieder, er- krankten jedoch beide in Folge des bösartigen Klima’s. Mehr noch als die Geistlichen wirken die Schulen auf die Cultur des Volkes ein. Der vorurtheilsfreie, empfängliche Geist der Jugend nimmt die ihm gebotene geistige Nahrung williger auf. Die nieder- ländische Regierung hat die Wichtigkeit eines geregelten und passen- den 'Schulunterrichts in. Indien längst. eingesehen und die Zahl der Schulen wird von Jahr zu Jahr vermehrt. Es giebt in Indien dreierlei Schulen, deren Lehrer sämmtlich theils von, der Regierung, theils von der Gemeinde ihre Besoldung erhalten. Die erste Klasse von Schulen ist-für. Europäer oder europäische Creolen bestimmt. ‘Die Zöglinge ge- hören sämmtlich der christlichen Religion an und der Unterricht wird meistens von. europäischen Lehrern besorgt. Solcher Schulen gab es im ‘Jahre 1856 auf Java 34 und aufserhalb Java’s 13, zusammen mit ‘3157 Schülern. 'Aufser diesen Schulen giebt es aber in den gröfsern Städten Batavia, Samarang, Surabaja ete. noch eine grofse Anzahl von Privat-Instituten und selbst Gymnasien, in welehen Unterricht in neuen und alten Sprachen, in Physik, Chemie und anderen Wissenschaften ertheilt wird. Eine zweite Klasse von Schulen ist für christliche In- länder bestimmt. Ihre Zahl ist weit grölser als die der 'ersten Klasse, da die Bevölkerung mancher Distriete und Eilaude fast gänzlich zur christlichen Kirche sich bekenut. Die Lehrer dieser Schulen bestehen, besonders aulserhalb Java’s, aus Missionären, zum Theil aber’ auch aus europäischen und inländischen Lehrern, welche letztere in den Schul- lehrer-Seminarien zu Batavia und Amboina ihre Ausbildung erhalten - haben. Aufser den Schulen zu Buitenzorg, Batavia und Japara befin- den sich solche an der Süd- und Ostküste Borneo’s, und zwar letztere unter. der Aufsicht der Rheinischen Missionsgesellschaft. Zahlreich sind diese Schulen auf Amboina, Banda und Timor, deren Bevölkerung zum 426 Friedmann: grofsen Theil aus Christen besteht. Im Jahre 1856 wurde auch eine Schule an der Südküste von Ceram errichtet. Mehrere zur Verbesse- rung des Schulwesens auf den genannten Eilanden dienende Reformen wurden vorgenommen, wie die Herbeischaffung einer gröfseren Anzahl von Lehrbüchern, Erhöhung des Gehalts der Schullehrer und Vermeh- rung ihrer Anzahl. Auf Menado sind im Ganzen 131 Schulen mit 6580 Schülern. Die Zahl der Schulen, Lehrer und Schüler auf Amboina ist für das Jahr 1856 nicht angegeben. Im Jahre 1854 betrug die Schülerzahl auf Amboina 75%1. Zur Zeit der Gewürznelkenernte sind die sonst so gefüllten Schulloealitäten ziemlich leer, wie dies auch häufig in un- seren Dorfschulen zur Erntezeit der Fall ist. Bei dem furchtbaren Ausbruche des Gunong Awu auf Grofs-Sang- gir wurde auch das Schulgebäude zu Kolongan sammt dem ganzen Dorfe durch die Lava zerstört. Sogleich wurde Sorge getragen für die Erbauung eines nenen Schulgebäudes an dem Orte, wo die Bevöl- kerung sich auf’s Neue ansiedeln würde. Es wurden für die Sanggir- und Talaut-Inseln drei Schulen errichtet, sowie auch der Resident von Menado an die Radja’s jener Eilande einen Brief schrieb, um sie ein- zuladen, die talentvollsten und würdigsten Jünglinge aus ihrem Gebiete zu wählen, um sie zu Menado für den wichtigen Beruf eines Lehrers der heranwachsenden Jugend ausbilden zu lassen. Der Einladung wurde willig Gehör gegeben. Zur dritten Klasse von Schulen in Niederländisch Indien gehören diejenigen, welche für muhamedanische Kinder oder für Bekenner einer heidnischen Religion aufserhalh Java’s errichtet sind. Um jeden Schein zu vermeiden, als ob es bei dem Unterricht der Kinder auf eine Be- kehrung zum Christenthum abgesehen sei, trägt die Regierung Sorge, dafs der Religions- Unterricht von inländischen Priestern ertheilt wird, sowie Lehrbücher in der javanischen und malayischen Sprache gedruckt werden, in welchen aufser Gegenständen aus der Länder- und Völker- kunde und der Geschichte auch Bruchstücke aus dem Koran enthalten sind. Auf solche Weise wird das Vertrauen und die Liebe zur Regie- rung bei dem gröfseren Theile der Bevölkerung geweckt, welche ein- gesteht, dafs selbst zur Erlangung von Religionskenntnissen gegenwärtig mehr Gelegenheit und bessere Hilfsmittel geboten sind, als dies in früheren Zeiten der Fall war. Im Jahre 1856 waren auf Java in 36 Schulen für muhamedanische Kinder 1127 Schüler. Aufserdem giebt es noch inländische Priesterschulen, sowie auch Elementarschulen, de- ren Lehrer- und Schülerzahl nicht angegeben ist. Manche für die in- ländische Jugend errichtete Schulen erlitten kurz nach ihrer Entstehung eine Verminderung der Schülerzahl, da viele Javanen der Ansicht waren, Niederländisch Indien im Jahre 1856. 427 dafs der Besuch der Schulen ihnen schon die sichere Aussicht auf Er- langung von Aemtern gewähre. Nachdem sie aber von dem Ungrunde ihrer Hoffnungen belehrt wurden, trat auch bei Vielen die nur durch die Erwartung des materiellen Gewinnes geweckte Lernlust wieder zurück. Auf der Westküste Sumatra’s wurde zu Bukit-tinggi in der Nähe des Fort De Kok ein Seminar für inländische Schullehrer errichtet, welches ein gutes Gedeihen verspricht. Auch giebt es in diesem Theile Sumatra’s eine ziemliche Anzahl fleifsig besuchter und wohleingerich- teter Schulen. Zu Padang hatte die grölseste Elementarschule 113 Schüler, die übrigen 17 Schulen zählten zusammen 154 Schüler. „Es ist von hoher Wichtigkeit,* heifst es in einem offiziellen Rapport, „den bedeutenden Einflufs zu würdigen, den die Schulen auf die Cul- tur des Volkes ausüben, da sie innerhalb eines Jahrzehnte eine Gene- ration heranziehen, welche an Humanität und Beurtheilung der religiö- sen und socialen Verhältnisse wesentliche Fortschritte im Vergleich mit dem älteren Geschlechte gemacht hat.“ Unter den Mitteln zur Beförderung der Cultur und der Wohlfahrt eines Landes sind bekanntlich der Handel und die Verbesserung der Verkehrswege vorzüglich zu rechnen. Was nun den Handel von Nie- derländisch Indien sowohl mit dem Mutterlande als mit anderen Län- dern anbelangt, so soll der Umfang desselben, sowohl in Bezug auf die Waaren als deren Geldbetrag, weiter unten ausführlich nach den amtlichen Listen zusammengestellt werden. Hier wollen wir noch ei- nige Bemerkungen über die Strafsen, Canäle, Telegraphenlinien und andere Verbindungsmittel im Indischen Archipel anführen. Auf Java ist schon im Anfange dieses Jahrhunderts unter dem General-Gouverneur Daendels eine grolse und bequeme Landstrafse von der östlichen bis zur westlichen Küste angelegt worden, so dafs die Städte Anjer, Batavia, Cheribon, Samarang, Surabaja, Banjuwan- gie durch diese Strafse verbunden wurden. Ebenso durchkreuzen von Nord nach Süd drei Landstrafsen die Insel. Die Zahl der Verbin- dungsstralsen zwischen wichtigen Punkten der Insel wird noch be- ständig vermehrt und im Jahre 1856 war man beschäftigt, eine breite Landstrafse zwischen Buitenzorg und Tjandjur anzulegen. Während in früherer Zeit die Landbevölkerung an solchen öffentlichen Arbeiten unentgeltlich sich betheiligen mufste, indem jede Ortschaft eine ge- wisse Anzahl von Arbeitern zum Frohndienst zu schicken verpflich- tet war, hat man in neuester Zeit angefangen, die öffentlichen Werke durch freie Arbeiter verrichten zu lassen. Schon im Jahre 1854 hatte eine ostindische Gesellschaft um die Concession nachgesucht, eine Eisenbahu von Batavia nach Buitenzorg 428 Friedmann: erbauen zu dürfen, doch war im Jahre 1856 dieselbe noch nicht er- tbeilt, da die Bedingungen für die Verleihung der Concession noch nicht festgestellt waren. Auch hatte man im genannten Jahre den Plan zur Erbauung einer Eisenbahn von Passuruan nach Melang ent- worfen und der Regierung zur Genehmigung vorgelegt. Die erste telegraphische Verbindung zweier Städte in Niederlän- disch Indien kam im Jahre 1856 zu Stande, und zwar zwischen Ba- tavia und Buitenzorg. Man beabsichtigt, nach allen wichtigen Punkten Java’s die Telegraphenverbindung auszudehnen. Die Verbindung zwischen Java und entfernteren Theilen des Ar- chipels wird für Briefe und einzelne Reisende durch Dampfschiffe, für gröfsere Frachtgüter durch Segelschiffe vermittelt. Von Wichtigkeit ist die Verbindung mit Europa durch die Ueber- landroute über Suez und Alexandria. Auf ihr legt man in Dampf- schiffen die Reise von Europa nach Indien und umgekehrt innerhalb 14 Monat zurück, während die Segelschiffe, welche ihren Weg um das Cap der guten Hoffnung nehmen, eine Zeit von durchschnittlich vier Monaten brauchen. Zwischen Holland und Alexandria, sowie zwischen Suez und Java fahren indessen nicht so viele Dampfschiffe, als für die Correspondenz und den Personenverkehr wünschenswerth wäre. Aus diesem Grunde hat die niederländische Regierung mit der englischen einen Postvertrag abgeschlossen, damit die von Java durch ein nieder- ländisches Dampfschiff nach Singapore gebrachten Briefe oder Passa- giere nach Amsterdam für denselben Preis wie nach den englischen Küsten gebracht werden. Im Jahre 1856 wurden längs der Ueberland- route von Java nach den Niederlanden 86,426, von den Niederlanden nach Java 53,954 Briefe versandt. IV. Bodeneultur. Die Cultur von Java ist älter als die europäische, Seit undenk- lichen Zeiten sehen wir die Bewohner dieser gesegneten Insel sich mit Ackerbau beschäftigen, obgleich die üppig schaffende Tropennatur einer ziemlich starken Bevölkerung hinlängliche Nahrung durch die wild- wachsenden Früchte, sowie durch die Unzahl der See- und Sülswasser- Fische und durch das Wild des Waldes bieten würde. Von den Cultur- pflanzen nimmt der Reis (malayisch Padi, Bras enthülseter Reis und Nassi gekochter Reis) die vornehmste Stelle ein, indem vor der An- kunft der Europäer auf Java diese Pflanze nebst dem Mais (Djagon), der aber fast ausschliefslich nur an hochgelegenen Orten, welche für die Reiscultur zu kalt sind, angebaut wird, die einzige Culturpflanze "Niederländisch”Iadieh”im "Jahre 1856, 499 von allgemeiner Verbreitung war, wenn wir die Cocospalme, die zahl- reichen Baumfrüchte und andere Culturpflanzen von geringerer Wich- tigkeit nicht in Betracht ziehen wollen. Bei Weitem der gröfseste Theil der javanischen Bevölkerung beschäftigt sich mit der Reiscultur und verwendet hierauf grofse Sorgfalt: das für die junge Pflanze nöthige Wasser führt man durch künstliche Wasserleitungen bis zu bedeuten- den Höhen in Bassins, aus denen es zu den niedrigeren Terrassenstu- fen und bis auf die Felder der Ebene hinabgeleitet wird. Während der Zeit der Bewässerung gleicht das Land weit und breit einem Sumpfe, in welchem Reiher und Störche herumspaziren und sich ihre Nahrung holen. Ist aber einmal der Reis zu einer gewissen Höhe ge- langt und bedarf der Bewässerung nicht mehr, so hat auch das Land ein ganz anderes Aussehen. Durch die wogenden Felder führen sich schlängelnde Pfade nach den zahlreichen Wachthäuschen, in welchen ein Javane von Zeit zu Zeit an einem über alle Felder ausgebreiteten Netze von Stricken zieht, womit er die grofse Schaar der „Reisdiebe* (Fringilla oryzivora), kleine niedliche Vögel mit schwarzen Köpfchen, durch die Bewegung der an den Stricken befindlichen Vogelscheuchen verjagt. ) Die Zeit der Reisernte ist für Grofs und Klein, für Mann und Frau ein Fest. Alle ziehen in’s Feld, schneiden den Reis, binden ihn in Garben, worauf er dann auf den mit Karabauen (Bos Caribo) be- spannten Karren heimgeführt wird. Die Anzahl der javanischen Dörfer (Dessa) und kleinen Ortschaf- ten (Campong), welche sich nach den offiziellen Berichten von 1856 mit dem Reisbau abgegeben haben, beträgt — mit Ausschlufs der Di- striete Batavia, Buitenzorg, Surakarta und Djokjakarta — 33,050. Da- gegen haben sich die Bewohner von 1491 Dörfern nicht mit Ackerbau beschäftigt, sondern leben von der Jagd und der Fischerei. Die Zahl der Ackerbau treibenden Familien war 1,246,886. Der Flächenraum, welcher von diesen Landbauern bepflanzt wurde, beträgt im Ganzen 1,820,326 Bouw (1 Bouw —= 500 rheinl. Quadrat-Ruthen). Jene Felder, welche mit fliefsendem Wasser versehen werden können, nehmen einen Flächenraum von 1,141,579 Bouw ein. Für die Regierung wurden von der Bevölkerung bepflanzt 62,767 Bouw. Der Ertrag der für die Regierung bepflanzten Felder wird ge- gen Vergütigung eines bestimmten Preises vom Bauer den Regierungs- Magazinen eingeliefert. Von Reis wird nur eine verhältnifmäfsig ge- ‚ringe Quantität für die Regierung angebaut, während der bei Weitem "grölseste Theil für eigene Rechnung der Eigenthümer verkauft werden "kann. Anders verhält es sich mit andern Culturpflanzen, insbesondere dem Kaffee, Zucker, Thee, Zimmt ete., von welchen der gröfste Theil 430 Friedmann: unter Oberaufsicht europäischer Controlleure angebaut und der Ertrag der Regierung zu einem bestimmten Preise eingeliefert wird; nur ver- hältnilsmälsig wenig mit Colonialwaaren bepflanzte Felder sind freies Eigenthum, über dessen Ertrag der Besitzer frei verfügen kann. Der Ertrag der für eigene Rechnung von der Bevölkerung bebau- ten Felder war in Pikols (1 Pikol = 125 Amsterd. Pfund) 32,844,135. Ein Bouw brachte durchschnittlich hervor 20.16 Pikol. Der Flächenraum der im Jahre 1856 urbar gemachten Felder be- trägt 13,390 Bouws. Die günstigsten Ernten lieferten die Distriete Banjuwangie, Passuruan, Kedu, Probolingo und Bezuki, wo ein Bouw durchschnittlich 40, 35, 35, 33 und 32 Pikols Reis producirte; die ungün- stigste Ernte lieferte der Distriet Pekalongan mit 7 Pikol von einem Bouw. Es wird jedoch in den offiziellen Berichten gemeldet, dafs obige Angaben über den Ertrag der Felder nicht ganz genau sind und durch- gängig zu gering angegeben werden, indem der Landmann hier, wie an andern Orten, seine Ernte in der Regel geringer angiebt, als sie wirklich ausfiel, aus Furcht vor Steuererhöhung. Das Jahr 1856 zeigte sich als ein gesegnetes für die Reisernte; auf Java wurde im Vergleich mit dem Jahre 1855 ein Mehrertrag von 3,806,862 Pikol erzielt. Die Ursache hiervon lag nicht nur in dem Zuwachs urbar gemachter Fel- der, sondern vorzüglich in der günstigeren Witterung. Obgleich näm- lich die Witterung in den Tropenländern im Allgemeinen nicht solchen Schwankungen unterworfen ist, wie in höheren Breiten, so stellen sich doch in Bezug auf den Eintritt der Regenzeit Unregelmäfsigkeiten ein, welche auf die Fruchtbarkeit nicht ohne Wirkung bleiben. Wie die Bevölkerung nimmt auch die Reisproduction auf Java von Jahr zu Jahr zu, wie aus folgender Liste ersichtlich ist: Flächenraum der mit Reis | Jahr bepflanzten Felder ohne die | Ertrag der Felder Staatsdomänen 1852 1,624,151 Bouw 25,143,178 Pikol 1853 1,674,235 - 28,916,839 - 1854 1,678,444 - 28,259,152 - 1855 1,715,830 - 29,037,273 - 1856 1,820,326 - 32,844,135 - Der Reis ist nicht nur dasjenige Nahrungsmittel für den Javanen, welches bei ihm die Stelle unseres Getreides vertritt, sondern es dient ihm fast zur ausschliefslichen Nahrung, indem er nur an Festtagen Fleisch verzehrt. Der Reis wird, bevor er gekocht wird, gewöhnlich auf einem hölzernen, mit einer schüsselartigen Vertiefung versehenen Blocke gestampft, um ihn dadurch zu enthülsen. Diese seit uralter Zeit bei den Javanen gebräuchliche, ziemlich unvollkommene Vorrich- tung wird aber in neuester Zeit durch Mühlen verdrängt, welche die Niederländisch Indien im Jahre 1856. Aa31 Enthülsung weit vollkommener und mit ungleich geringerem Aufwand von Menschenkraft ansführen. Diese Erfindung der neuesten Zeit kommt nicht nur der Industrie und dem Ackerbau, sondern auch der Gesundheit der Bevölkerung zu gute, indem man die Beobachtung ge- macht hat, dafs der Genuls von unvollkommen enthülstem Reis manche Krankheiten, insbesondere ein eigenthümliches Augenübel zur Folge hat, das sich durch Entzündung der Bindehaut offenbart. Dadurch, dafs die Besitzer dieser Mühlen den unenthülsten Reis (Padi) in grolsen Quantitäten aufkaufen, ist zugleich dem Wucher der chinesischen Händ- ler ein Damm gesetzt, abgesehen davon, dals durch diese Bearbeitung der Java-Reis an Qualität bedeutend gewinnt und mit dem Carolina- Reis wetteifern kann. Während man bisher auf Java, sich auf die reiche Productions- kraft der Natur stützend, den Reisbau wie die übrige Bodencultur ohne Anwendung jener künstlichen Mittel zur Verbesserung des Ackers be- trieb, ohne welche man in Europa kaum eine leidliche Ernte erzielen könnte, hat man in neuester Zeit angefangen, die Felder zu düngen. „In der Provinz Banjumaas“, heilst es in dem Berichte über die Lan- descultur auf Java, „haben die Bewohner angefangen, in der Nähe der Dörfer Gruben anzulegen, in welchen der Dünger gesammelt und im flüssigen Zustande nach den Feldern geleitet wird.“ Während der Reis die vorzüglichste Culturpflanze für den Einge- borenen bildet, ist der Kaffee das belangreichste, von Java auf den europäischen Markt kommende Product. Beide Culturpflanzen verlan- gen für ihr Gedeihen verschiedene klimatische Bedingungen. Der Reis bedarf der hohen Temperatur zu seiner Reife und wird vom Strande aufwärts nur bis zu einer Höhe von 2000 bis 2500 Fufs über der Meeresfläche angebaut, während der Kaffee in jenen Höhen erst seine Heimath findet und nicht unter 800 Fuls Höhe auf Java angepflanzt _ wird. In anderen Ländern, wie in Surinam, ist man freilich genöthigt, den Kaffeestrauch auf heilsen, niedrigen Plätzen zu pflanzen, da das Land weit und breit sich nur wenig über die Meeresfläche erhebt; doch pflanzt man auch dort wie auf Java an weniger hoch gelegenen Orten zur Beschattung des Strauches gröfsere Bäume, zu welchem Zweck auf Java vorzüglich Erythrina indica dient. Auch Visenia indica, ein sehr schnell wachsender, reichlichen Schatten spendender Baum, sowie der Maulbeerbaum Morus indica dienen zu diesem Zwecke. Bis zu der Höhe von 4000 Fufs über der Meeresfläche und selbst darüber reichen die ausgedehnten Kaffeepflanzungen auf Java, und sowie man in Ve- nezuela und den angrenzenden Ländern den auf hochgelegenem Boden (tierra fria) producirten Kaffee jenem vorzieht, welcher in den tief ge- legenen heilsen Ebenen zur Reife gelangt ist, ebenso sind es auf Java 432 Friedmann: die Abhänge der Berge, sowie die zwischen denselben liegenden Hoch- ebenen, welche das tauglichste Terrain für den Kaffee darbieten. Un- durchdringliche Waldungen bedeckten früher jene Höhen, das Beil hat. sie allmählich geliehtet, und noch immer werden grofse Waldungen vertilgt, um für die Cultur des Kaffees Raum zu gewinnen. Jene Kaffeepflanzungen auf neugewonnenem Waldboden, auf welchem man zur Beschattung der jungen Sträucher einzelne Waldbäume stehen zu lassen pflegt, geben den sogenannten Waldkaffee, wogegen die älte- ren Pflanzungen, die gewöhnlich mit Erythrina- Bäumen beschattet sind, Datapkaffee (Datap ist die javanische Benennung von Erythrina) liefern. Endlich giebt es noch eine dritte Kaffeesorte, welche der Ja- vane unter den zahlreichen, sein Dorf umgebenden Fruchtbäumen pflanzt; sie heilst Kopi-pager oder Zaunkaffee. Diese letztere Sorte ist natürlich die an Quantität geringste; ihre Qualität hingegen ist in der Regel vorzüglich, da die Kaffeesträucher von den hohen Fruchtbäumen tief beschattet sind und auch der Boden in der Nähe der Dörfer ein sehr fetter und fruchtbarer ist. Wenn der Kaffeestrauch auf Java ein gewisses Alter erreicht hat, so hört er auf, Früchte zu tragen und die Stämme vegetiren fort, in- dem sie sich mit vielen Schmarotzerpflanzen bedecken. Man hat das frühe Aufhören der zeugenden Kraft des Kaffeestrauchs auf Java dem Umstande zugeschrieben, dafs er dem Boden zu viel Kali entzieht. Die Kaffeebohne enthält nämlich in 100 Theilen 42 Theile Kali, während der Feldspath, aus dessen Verwitterung in einem grolsen Theile Java’s der Boden besteht, nur 16 Theile Kali in 100 Theilen enthält. Dieser Ansicht widerspricht aber die Thatsache, dafs die bereits versuchte Düngung des Bodens mit Asche, also einem fast aus reinem Kali be- stehenden Körper den Kaffeebäumen auf Java keine längere Frucht- barkeit sichert, dafs ferner in Arabien, dem Heimathlande des Kaffee’s, ein solches frühzeitiges Altern nicht bemerkt wird, und dafs endlich junge Kaffeepflanzungen an der Stelle der alten Kaffeebäume sehr gut gedeihen. Die Ursache der kurzen Fruchtbarkeit des Kaffeestrauches auf Java wird wahrscheinlich in den klimatischen Verhältnissen liegen. Denn obgleich seit dem Jahre 1710 der Kaffeestrauch auf Java mit Glück gepflanzt wird, so bleibt er dort dennoch stets eine fremde Pflanze, die sich, wie es scheint, nie in der Art acelimatisiren wird, dafs sie dieselbe Lebensdauer wie im Heimathlande erreicht. Betrachten wir nun die Kaftee- Ernte des Jahres 1856. Während die vorausgegangenen Jahre 1854 und 1855 dieser Culturpflanze auf Java sehr günstig waren, hatte man in diesem Jahre eine schlechte Ernte, wovon die Ursache einzig in den Witterungsverhältnissen ge- sucht werden mufls. Nach einer Regenlosigkeit von fast sieben Mo- Niederländisch Indien im Jahre 1856. 433 naten, während welcher Zeit der Südostpassat beständig wehte, trat der Westmousson gegen Ende November mit heftigen Regengüssen ein, ‘ die Blüthen der Kaffeesträucher fielen ab und es entwickelten sich wenig Früchte. Die starken Regen während des Pflückens und Trock- nens wirkten auch ungünstig auf die Qualität des Kaffee’s, während die jungen Pflanzen dabei wohlgediehen, Die Zahl der Familien, welche sich während des Jahres 1856 mit der Cultur des Wald- und Datapkaffee’s beschäftigten, betrug 454,229. Unter diesen javanischen Familien sind jedoch die von vier bedeuten- den Distrieten, wo ebenfalls viel Kaffee gepflanzt wird, nicht mitge- rechnet, nämlich die beiden Distriete Batavia und Buitenzorg, wo die Kaffeepflanzungen durchgängig freies Privateigenthum sind, sowie die beiden Fürstenthümer Jokjakarta und Surakarta, wo der Kaffee den regierenden Fürsten zu einem bestimmten Preise eingeliefert wird. Die Zahl der fruchttragenden Bäume war 219,327,485. Die Quan- tität Kaffee, welche im Ganzen den Regierungsmagazinen eingeliefert wurde, betrug 746,970 Pikols, während dieselbe im Jahre 1857 900,937 Pikols, also über 150,000 Pikols mehr ausmachte. Durchschnittlich erntete man von 295 Bäumen einen Pikol Kaffee. Den Kaffeepflanzern wurden im Ganzen für ihr Product 4,939,457 Gulden bezahlt. Die Gesammtkosten, welche die Regierung auf die Kaffee-Ernte verwen- dete, betrugen 6,942,855 Gulden, so dafs ein Pikol bis zu seiner Trans- portirung in die Einschiffungs- Magazine auf 9.34 (94) Gulden zu stehen kam. Während der Regenzeit des Jahres 1857, d. i. bis zum Monat April, wurden 25,045,931 Kaffeebäume gepflanzt, von welchen 14,448,970 zur Ergänzung von abgestorbenen oder unfruchtbaren Bäumen, und 10,596,961 zur Ausbreitung der Kaffeecultur auf urbar gemachten Gründen dienten. Nach dem Berichte des Cultur-Inspec- tors beschäftigen sich mehr und mehr Javanen freiwillig mit Anpflan- zung von Kaffee, welcher ebenfalls den Regierungs - Magazinen zuflielst. Folgende Tabelle giebt eine Uebersicht der Resultate der Kaffeecultur auf Java in den Jahren 1852 bis 1956, wobei jedoch die Production der obengenannten vier Distriete, sowie die der freien Felder in den übrigen Distrieten nicht mitgerechnet ist: Zahl der Quantität Kosten für Preis für | TdEuANIedEr- ee N " des Kaffee’ die Reei F Pikol ‚landen wurdeder ahr uc Fe en| es Kaffee's ie Regierung |, einen Piko Beolverkanfken 1 Pikol = 125 Pfad. Gulden Gulden Gulden 1852 | 228,075,219 874,489 | 8,172,255 BISSL, in 28,06 1853 | 223,438,341 648,088 6,312,931 9.24 | 23.95 1854 | 225,132,508 | 1,066,021 9,739,199 8.11 27.45 1855 | 228,640,542 1,147,016 10,391,603 8.10 | 30.15 1856 | 219,327,485 | 741,041 6,942,855 9.34 |. ‚32.04 Zeitschr. f. allg. Erdk. Neue Folge. Bd. VII. 28 AZA Friedmann: Von den hohen und luftigen Regionen der Kaffeegärten steigen wir wieder in die Ebenen hinab, wo auf möglichst feuchtem Grunde das schlanke, 6 bis 8 Fufs hohe Zuckerrohr gepflanzt ist. Diese ebenfalls für den europäischen Markt bestimmte Culturpflanze ist nach dem Kaffee die wichtigste auf Java; auch ihr Ertrag wird in den mei- sten Distrieten der Regierung zu einem bestimmten Preise überlassen, welche das Auspressen des Saftes und die Siederei übernimmt. Dieses letztere Geschäft liegt gewöhnlich in der Hand von Europäern oder Creolen, welche zur Errichtung ihrer Mühlen und Siedereien von der Regierung bedeutende Vorschüsse erhalten. Der Javane erhält für eine Anzahl Bündel Rohr, welche zur Gewinnung eines Pikols Zucker nöthig sind, 2; bis 24 Gulden; hierbei hat er jedoch nicht für den Trans- port des Rohres nach der Zuckersiederei zu sorgen. Dieser letztere ge- schieht im Auftrage des Fabrikbesitzers auf grofsen, mit zwei Kara- bauen bespannten Karren. Die Siedereien selbst werden entweder durch Wasser oder Dampf betrieben. Zwischen zwei sich drehenden eisernen Cylindern wird das Ried seines Saftes beraubt, der in eine grofse Tonne fliefst, von welcher er in Kessel geleitet wird, um hier zu einer consistenten Masse eingekocht zu werden. Die Bereitung des raffinirten Zuckers geschieht nicht auf Java: die Regierung will dieses Geschäft den holländischen Raffinerien vorbehalten. Doch gehen auch aus den javanischen Zuckersiedereien feine Zuckersorten hervor, die, obgleich noch nicht der zweiten Raffinerie unterworfen, doch glänzend weils und hart und von den Syruptheilen befreit sind. Dieser Zucker wird von den dortigen Sachverständigen mit No. 20 bezeichnet, indem die geringste Zuckersorte, der sogenannte Kandiszucker, mit No. 10 benannt wird. Dennoch ist es eigenthümlich, dafs man im Heimath- lande des Zuckers keinen fein raffinirten bereitet, sondern denselben aus Europa kommen lassen muls. Auf ganz Java gab es im Jahre 1856 96 Zuckersiedereien, welche der Regierung 1,498,489 Pikol Zucker einlieferten. 172,182 Familien, die vorzüglich in den Distrieten Cheribon, Samarang, Surabaja, Be- zuki, Probolingo, Kediri und Tegal wohnen, beschäftigten sich mit der Cultur des Zuckerrohrs und bebauten eine Fläche von 40,694 Bouw. Durchschnittlich war der Ertrag eines Bouw 36 Pikol Zucker oder 4500 Amsterdamer Pfund. Die Pflanzer erhielten für das Rohr 3,940,891 Gulden, so dafs auf eine Familie durchschnittlich 22.10 Gulden fielen '). Für jeden Bouw wurden im Mittel 96.10 Gulden entrichtet. Die Ge- ') Es versteht sich von selbst, dafs die javanischen Familien von dieser ge- ringen Summe ihren Lebensunterhalt für das Jahr nicht bestreiten, sondern es bildet dieser Verdienst eine Zugabe zum Ertrag ihrer Reisfelder, ihrer Cocos- und anderen Fruchtbäume etc. Niederländisch Indien im Jahre 1856. 435 sammtkosten für den von der Ernte von 1856 der Regierung einge- lieferten Zucker betrugen 8,701,252 Gulden, was für den Pikol durch- schnittlich 9.10 Gulden ausmacht. Vergleichen wir die Ernteergebnisse des Zuckers auf Java in den Jahren 1852 bis 1856, so ergiebt sich folgendes Resultat: Flächen- | „d Pin REEL 7 ELDER Hiervon | Preis für den In Holland Eu a Zückerrohr.) Quantität wurden der, Gesammt- | Pikol auf erhielt man Jahr as a el Regierung) kosten Java für die fürden Pikol Beaii baßllanaten un -Auckbr ‚eingeliefert Regiert | Zuck SE | g | gierung ucker Bouw Pikols Pikols | Gulden | Gulden Gulden 1852 | 97 | 42,276 1,372,276 | 936,014 | 9,138,014 9.91 9.65 1853 100 | 42,034 | 1,411,295 | 941,751 | 9,250,032| 9.99 | 11.47 1854 | 97 41,308 | 1,393,849 | 881,833 | 8,613,504 9:40 2, 440161 1855 | 96 | 40,606 1,351,645 | 876,788 | 8,735,607 9.11 13.44 1856 96 | 40,094 1,498,489 | 878,567 | 8,701,252 Yu m) 17.76 i Man sieht aus diesem Nachweis, dafs der Gewinn der Regierung am Zucker bei Weitem jenem nachsteht, der sich bei dem Kaffee her- ausstellt, und dafs sich im Jahre 1852 sogar ein kleiner Verlust ergab. Dennoch wird die Zuckereultur eifrig betrieben, weil sie viele Hände beschäftigt und ernährt und dem Staate indirecten Nutzen durch Be- reicherung vieler Staatsmitglieder gewährt. Auf niedrigem fettem Alluvialboden wird auch der Indigo ge- pflanzt. Es werden Indigofera Coerulea und I. tinctoria L. und noch einige andere Arten gebaut, wie auch die Inländer auf Java und Su- matra aus Marsdenia pareiflora ihre baumwollenen Sarongs schön blau färben. Im Jahre 1856 wurde jene Pflanze nur in sieben Distrieten eultivirt und Indigo (malayisch Nila) daraus bereitet, nämlich in’ Che- ribon, Pekalangan, Bezuki, Banjumaas, Bagelen, Kedu und Madiun. Die Zahl der Indigofabriken war 324; 110,058 Familien beschäftigten sich mit dem Anbau des Indigo, und zwar auf 17,716 Bouw. Gewonnen wurden 732,973 Amsterdamer Pfunde Indigo, also auf einem Bouw durchschnittlich 41-2; Pfund. Die Indigopflanzer erhielten im Ganzen von der Regierung 1,052,572 Gulden. Der Regierung kostete ein Pfund Indigo 1.12 Gulden, während man in Holland 11.32 Gulden dafür be- zahlte. Da der Anbau dieser Culturpflanze viel Arbeit erfordert, und über- diefs den Boden schnell seiner nährenden Bestandtheile beraubt, hat man die Cultur des Indigo in neuerer Zeit vermindert und dieselbe durch andere Gewächse ersetzt. © Seit mehreren Jahren versucht man die Theepflanze, Thea Bo- hea und T. viridis, auf Java zu eultiviren. Einheimisch in der ge- mälsigten Zone, wo im Winter die Temperatur oft unter den Gefrier- 23* 436 Friedmann: punkt sinkt und Schnee die Erdoberfläche bedeckt, kann diese Pflanze auf Java nur in Höhen von 4— 5000 Fufs, wo zwar keine Abwech- selung in den Jahreszeiten, aber doch eine gemäfsigte Temperatur das ganze Jahr hindurch herrscht, gedeihen. In jenen Höhen sind es meistens Chinesen, welche die Beaufsichtigung und die Pflege der Thee- gärten, neben denen oft Weizenfelder sich ausbreiten, besorgen. Die Qualität des Javathees wird im Allgemeinen gelobt, obgleich er den besseren Sorten des chinesischen Thees nicht gleich kommt. Bisher ist der Theestrauch in fünf Distrieten, in Buitenzorg, Cheribon, Kra- wang, den Preanger Regentschaften und in Bagelen eultivirt worden, und zwar standen auf einem Flächenraum von 2706 Bouw 11,829,844 pflückbare und 3,044,000 junge Sträucher, aus welchen in 23 Fabriken 1,876,994 Pfund Thee gewonnen wurden. Durchschnittlich lieferten 6 Sträucher ein Pfund Thee. Die Regierung gab 1,434,492 Gulden für die Theecultur auf Java aus, so dafs ein Pfund Thee ihr 0.91 Gul- den kostete. In den Niederlanden erhielt man aber für dieselbe Quan- tität nur 0.54 Gulden, so dafs sich, wie auch schon in früheren Jahren, ein Verlust ergab. Auch auf den mit Theesträuchern bepflanzten Fel- dern hat man mit der Düngung begonnen, und zwar lobt man die Wirkung des Guano, der vor dem Eintritt der Regenzeit um jeden Theestrauch in eine kleine Vertiefung gelegt wird. Auch der Zimmt wird auf Java aus verschiedenen Arten von Cinnamomum, inbesondere von C. aromaticum und C. Ceylonense, ge- wonnen. Es waren im Jahre 1856 über 4 Millionen Zimmtbäumchen in den Zimmtgärten vorhanden. 19 Bäumchen liefern durchschnittlich ein Pfund Zimmt. Es wurden 204,076 Pfund Zimmt nach Holland geführt und hierfür weit weniger empfangen, als die Auslagen betru- gen. Der ceylonensische Zimmt, welcher meistens auf trockenem Sand- grunde wächst, wird dem javanischen im Handel bei Weitem vorge- zogen. Das Cochenille-Inseet (Coccus Cacti) wurde vor wenigen Jahrzehnten von Westindien nach Java gebracht, wo es auf dem Cactusstrauch (Opuntia crassa, O. cochenillifera) sich vervielfältigte. Seitdem wird auf Java Cochenille in mehreren Etablissements berei- tet und im Jahre 1856 wurden 46,491 Pfund dieser Waare nach Hol- land geführt. Auch der Taback (Nicotiana tabacum) wird auf Java seit länge- rer Zeit eultivirt, doch erreicht die Qualität desselben nicht jene des in Ostindien allgemein gebrauchten und beliebten Manilla- Tabacks, bei dessen narcotischen Dämpfen der träge Creole und der ihm ähnlich werdende Europäer in Ostindien das ohnehin mehr venöse Blut noch mehr der Lebensfrische und Agilität beraubt. Auch der Inländer, dem das Kauen des Sirie (des aromatischen Blattes von Piper betle mit Niederländisch Indien im Jahre 1856. A437 der’ Nufs der Pinang-Palme und etwas Kalk) die Stelle des Tabacks bis jetzt vertrat, fängt an, auch das Blatt dieser Pflanze zum Rauchen zu gebrauchen. Es wurden im Jahre 1856 1760 Bouw mit Taback bepflanzt und eine Quantität von 21,104 Pikol nach Europa gesandt. Mehr materieller Gewinn, und zwar ohne Nachtheil für das phy- sische und geistige Wohl, wird durch die Cultur des Pfeffers (Piper nigrum et album) erzielt. Obwohl der meiste Pfeffer in dem nord- westlichen Theile Sumatra’s, von Baros und Sinkel aufwärts bis an die nördlichste Spitze des Reiches Atschin, angebaut wird und von dort die gröfsesten Quantitäten dieses Artikels von allen seefahrenden Na- tionen geholt werden, so vernachlässigt man doch auch auf Java die Cultur dieser Pflanze nicht gänzlich. Es ist jedoch nur ein District, der von Patjitan, wo der bei Weitem meiste Pfeffer von Java eultivirt wird. Es wurden im Jahre 1856 von 416,300 Pfefferpflanzen 2715 Pikol Pfeffer geliefert, von welchen ein Pikol auf 5.36 Gulden zu stehen kam, während der Erlös für dieselbe Quantität in Europa 21.13 Gul- den betrug. r Die sehr interessanten und verdienstlichen Versuche mit der An- pflanzung des Chinabaumes auf Java können wir hier übergehen, da diese Zeitschrift hierüber bereits aus der Feder Junghuhn’s, der in der letzten Zeit speciell mit der Beaufsichtigung dieses Culturzweiges beauftragt war, ausführliche Mittheilungen gebracht hat (Neue Folge, Bd. II, S. 511 f.). Der Boden, auf welchem alle oben genannten Produkte, mit Aus- nahme des Reis, gebaut werden, wie auch die Cocoswälder, werden als Eigenthum der Regierung betrachtet, weshalb sie sich auch das Monopol für den Ankauf des Bodenertrages vorbehalten hat. Es giebt indefs in verschiedenen Distrieten auch ausgedehnte Ländereien, die als Privat-Eigenthum betrachtet und deren Erzeugnisse an fremde Kauf- leute verkauft werden dürfen. Solche Ländereien befinden sich vor- züglich in den Distrieten Batavia, Bantam, Buitenzorg, Krawang, Che- ribon und Samarang; sie nehmen einen Flächenraum von 1,890,609 Bouw ein, werden von 926,067 Seelen bewohnt und ihr Werth wird auf 31,504,166 Gulden geschätzt. Auf diesen Gütern werden vorzüg- lich Kaffee, Zucker und Pfeffer gebaut, und die Eigenthümer derselben sind meistens Europäer. Es vertheilt sich nämlich der eben genannte Flächenraum des Privat-Eigenthums auf Java in Bezug auf seine Be- sitzer in folgender Weise: Europäer besitzen 1,508,940 Bouw, Chinesen - 335,110 - Inländer - 42,808 - Domänengut . . 3,756 - 1,890,609 Bouw. 438 Friedmann: Dem General-Gouverneur ist auch die Befugnils gegeben, unbe- baute Ländereien, welche von den Gemeinden in keinerlei Weise be- nutzt werden, zum Anbau von Colonialproducten zu vermiethen. Es wurde im Jahre 1856 ein Flächenraum von 44,408 Bouw, sowie ein Areal von 32,048 Bouw in den Distrieten Djokjakarta und Surakarta, wo die javanischen Sultane noch Rechte auf den Grund und Boden haben, vermiethet. So reich die Natur die Insel Java mit dichten Waldungen ver- sehen hat, so hat die Ausdehnung derselben in neuester Zeit durch die Ausbreitung der Bodencultur doch so sehr abgenommen, dafs die Ent- waldung Java’s bereits einen merklichen Einfluls auf die klimatischen Verhältnisse ausübt und auch hie und da das nöthige Bau- und Zim- merholz aus anderen Distrieten herbeigeführt werden mufs. Die Re- gierung ist daher darauf bedacht, durch Anpflanzung von neuen Wäl- dern einen Ersatz für die Ausrodung der älteren zu gewinnen. Nach einer nicht ganz genauen Angabe im offiziellen Bericht war im Jahre 1856 auf Java, mit Ausnahme der vier Distriete Batavia, Buitenzorg, Djokjakarta und Surakarta, ein Flächenraum von 1050 Quadratpalen (1 Pal = + deutsche Meile) mit Djatiwäldern (Djati, Tectona grandis, wächst auf Java als Waldbaum, gleich der Tanne und Föhre in nörd- lichen Ländern, in vielen Millionen von Individuen), ferner 721 Qua- dratpale mit Wäldern, die grofsentheils aus Djatibäumen, aber auch aus anderen Laub- und Palmenbäumen bestehen, sowie endlich 2182 Quadratpale mit Wäldern bedeckt, welche keine Djatistämme ent- hielten. Das Holz der Djatibäume ist für den Häuser- und Schiffsbau sehr geeignet. Es wurden im Jahre 1856 auf Java 2,012,925 junge Djatibäume angepflanzt. Was die Bodeneultur auf der Westküste Sumatra’s betrifft, so wird auch dort vorzugsweise Reis als Hauptnahrungsmittel der Bevöl- kerung angebaut. Es betrug die Reisernte im Distriete Padang 2,440,000 Pikols.. Zu Padang und Priaman wurden 6°,700 Pikols über See ge- führt und 30,000 Pikols nach den östlichen Distrieten der Insel. Nicht unbedeutend ist die Production des Kaffee’s in diesem Distriete. Man pflanzt den Kaffeestrauch auf Sumatra wie auf Java in Höhen von 1000 bis 4000 Fufs über der See, und die Pflanzungen geschehen so- wohl auf Waldgründen als auf Wiesen, und zwar in neuester Zeit nach eigener Wahl der Pflanzer. „Seitdem die Anpflanzung der freien Wahl der Bevölkerung überlassen ist,“ heilst es in einem Rapport des dortigen Gouverneurs, „ist die Kaffeeeultur auf Sumatra in blühendem Zustande, so dafs einzelne Dorfbewohner Gärten von 6000 und mehr Kaffeesträuchern angelegt haben, ohne dafs sie von der Regierung hierzu ermuthigt wurden.“ Auch auf Sumatra wird das Product den Regie- Niederländisch Indien im Jahre 1856. 439 rungs- Magazinen eingeliefert, wo der Pikol mit 82 Gulden bezahlt wurde. Im Jahre 1856 wurden 123,259 Pikols Kaffee im Padang- schen Distriete eingeliefert, welche daselbst öffentlich versteigert wur- den, wobei sich ein Erlös von 31-2; Gulden per Pikol ergab. Im Jahre 1857 betrug die Kaffee-Ernte in demselben Distriete 198,779 Pikols. — Die Distriete Benkulen und Lampong liefern aufser Reis vorzüglich Pfeffer, von welchem Artikel in Benkulen durch die Regierung 4850 Pikol verkauft wurden, wofür sich ein Erlös von 95,780 Gulden ergab. Die Lampong-Distriete producirten aufserdem Baumwolle, Gummi elasticum, Harz und Rattan (spanisches Rohr). — An der Ostküste Sumatra’s im Distriete Palembang wird aufser Reis vorzüglich Baum- wolle producirt. Die Ernte in diesem Artikel betrug 1855 130,000 Pikols, 1856 nur 120,000 Pikols. Aulserdem wurden Benzo& 669 Pikols, Gummi elasticum 2330 Pikols, Gutta Percha (vom malayischen Worte getah-pertja) 338 Pikols, Cardamon 10 Pikols, Zimmt 53 Pikols, Rat- tan 6798 Pikols und Wachs 866 Pikols ausgeführt. Die Bodeneultur auf Banka besteht aufser dem Reisbau in der Anpflanzung von Muskatnufs- und Cocosbäumen. Zu den Landespro- ducten gehören auch Honig und Wachs. Im Distriet Riouw wurden auf 810 Plantagen, welche sich auf den Eilanden Bintang, Batam, Rempang, Galang, Gin, Klong und Sen- zarang befinden, vorzüglich Gambir und Pfeffer produeirt, und zwar von ersterem 99,843 Pikols und von letzterem 19,686 Pikols. Vom Gambir wurden über 50,000 Pikols nach Java, 47,000 nach Singa- pore und das Uebrige nach Borneo, Celebes und Blitong geführt. Auf der Süd- und Ostküste von Borneo wurde aufser Reis an den Ufern des Negara-Flusses im Gebiete von Banjermassin vor- züglich Baumwolle gepflanzt, von welchem Artikel 874 Pikols von dort ausgeführt wurden. Was den Besitz von Ländereien in jenen Gegen- den betrifft, so besteht unter den Eingeborenen das Gesetz, dafs der Erste, welcher ein Stück Land urbar macht, auch das Recht des Be- sitzes sich hierdurch erworben hat. Die Bevölkerung ist indessen im Verhältnifs zum Areal so gering, dafs wohl nie ein Streit über das Eigenthumsrecht eines Feldes entsteht. In Celebes wird aufser Reis, welcher dort mit Ausnahme der Distriete Bulekomba und Bonthain keiner künstlichen Bewässerung unterworfen wird, auch der Kaffeestrauch cultivirt, doch besteht dort nicht, wie auf Java und einem Theile Sumatra’s, der Zwang der Ein- lieferung des gewonnenen Productes in die Regierungs- Magazine zu bestimmten Preisen, welche Malsregel bei der dortigen Bevölkerung nicht anwendbar ist. Die Ausfuhr aus dem Freihafen von Makassar betrug 24,016 Pikols. Rechnet man hierzu, dafs aus Boni, Sidenring AAO Friedmann: und Mandhar eine ziemliche Quantität direct nach Singapore ausgeführt wurde, so kann man die ganze Kaffee-Ernte auf Celebes zu etwa 40,000 Pikols anschlagen. In der Regentschaft Menado liefs die Regierung es sich ange- legen sein, der Bevölkerung eine zweckmälsigere Art des Reisbaues anzuempfehlen. Man pflanzt nämlich dort den Reis mit Vorliebe auf trockenen Feldern; doch die wiederholte Abwechselung in den Feldern, welche hierbei nöthig ist, sowie die Verbrennung von Waldgründen, die man während des Brachliegens der übrigen Felder für den Reis- bau verwendet, erfordert nicht nur einen bedeutenden Aufwand von Arbeitskräften, sondern beraubt das Land der herrlichen und für die sanitätischen Verhältnisse so nothwendigen Waldungen. Die Regierung machte daher die Bevölkerung auf die Vortheile der künstlich bewäs- serten Felder aufmerksam, liefs in malayischer Sprache gedruckte An- leitungen zum Reisbau unter den Dorfbewohnern vertheilen und über- diefs etwa 1000 javanische Landbauer kommen, um die Bewohner von Menado in der Anlegung der „Sawah’s“ (bewässerte Felder) zu unterrichten. Es wird auch Kaffee und Cacao produeirt, sowie aus einer Musa-Art ein flachsähnlicher Stoff, Kofio genannt, bereitet, der einen Handelsartikel bildet. Das wichtigste Product von Amboina sind die Gewürznelken. Während die Ernte derselben im Jahre 1855 aufserordentlich ungünstig ausfiel, folgte im nächsten Jahre eine so reiche, wie sie seit 1846 nicht stattgefunden hatte. Wie schwankend die Gewürznelken -Ernte in den verschiedenen Jahren sich zeigt, mögen die folgenden Ziffern deutlich machen: Im Jahre 1850 betrug die Ernte 394,907 Amst. Pfund, 3 TEEBLN N bear oe An 6 a ei Een rc RA E ae ER re ERRNEUE i RU EHN = SOHN: 9 PRRIR PRNERERTN EBENE T 0). :,.16.008 4 Ei EEE erregen b BAETRRFEIE HIER, 11: DER PRO BRSPEIGERTRT ! 1762171 FOREN : So gewinnreich in früheren Zeiten, als die Molukken allein die Gewürznelken erzeugten, die Cultur dieser Pflanze war, so ist dieselbe jetzt für die niederländische Regierung mit Verlust verbunden, indem der Pikol Nelken auf 342; Gulden zu stehen kommt, während in Hol- _ land dafür nur 28; Gulden entrichtet wurden. Dennoch legt die Re- gierung ein Gewicht auf die Cultur des Gewürznelkenbaumes und jede Familie auf Amboina ist verpflichtet, eine Anzahl von 160 Bäumen zu unterhalten. Als Hauptnahrung dient den Amboinesen der Sago, da dort, wie auf Ternate, die Sagopalme in üppiger Fülle gefunden wird, Niederländisch Indien im Jahre 1856. 441 Während die Ebenen und Bergabhänge Amboina’s der wohlrie- chende Gewürznelkenbaum ziert, findet man auf Banda den schatten- reichen Muskatnufsbaum in Tausenden von Reihen zwischen hohem Grase (Allang-Allang) angepflanzt. Man erhielt im Jahre 1856 im Ganzen 750,929 Amsterd. Pfunde Muskatnüsse, welche Ernte als eine günstige betrachtet wird. Die Regierung übernimmt von den Pflan- zern die Muskatnüsse zu einem bestimmten Preise, wobei diese ihre Rechnung finden, indem ihnen bei ungünstiger Ernte ein verhältnifs- mälsig höherer Preis gezahlt wird. Die Regierung hatte bei der Mus- katnufs-Cultur auf Banda im Jahre 1856 einen Gewinn von 61,167 Gulden. Auf Timor und den benachbarten Inseln läfst der Landbau noch viel zu wünschen übrig. Die vorzüglichste Nahrung der Bevöl- kerung besteht in Mais. Reis wird hauptsächlich von europäischen oder chinesischen Creolen, sowie von den Regenten und anderen inländi- schen Vorgesetzten gebaut. Der Mangel an Bächen und Quellen auf Timor setzt der Ausbreitung des Landbaues bedeutende Schwierigkei- ten in den Weg. Die Cocospalme wird zur Gewinnung von Oel ge- pfanzt. Auch die nützliche Arenga Saccharifera, welche den Tuwak (Palmwein) und einen Zuckerstoff liefert, wird ‚sowohl auf Timor wie auf Rotti zahlreich wildwachsend gefunden, aber von der Be- völkerung trotz des Nutzens, den sie aus dem Baume zieht, nicht an- gepflanzt. Für den Handel sind Sandelholz und Wachs die vornehm- sten Producte von Timor. Von Kupang sind im Jahre 1856 ausge- führt worden: 2041 Pikols Sandelholz, 364 Pikols Wachs. Auch Pferde, welche von kleiner Statur, aber sehr stark sind, werden sowohl nach Java als nach Mauritius von den Inseln Sumba, Rotti und Savu aus- geführt. Wir wollen zum Schlusse dieser Abtheilung noch eine Notiz über die von der Regierung überwachte Gewinnung von Producten aus dem Mineralreiche in Niederländisch Indien hinzufügen. Die ergiebigen Goldminen Borneo’s, durch welche Tausende von Chinesen sich bereichern, sind bis jetzt von der Regierung nicht als Eigenthum beansprucht worden, sondern die Chinesen entrichten nur eine geringe Abgabe für die Erlaubnifs zur Bearbeitung der Minen. Hingegen geben die Zinnminen auf Banka einen nicht unbedeutenden Ertrag, indem sie unter europäischen Ingenieuren und Bergwerkskun- digen bearbeitet werden. Im Jahre 1856 lieferten die Bergwerke von Banka 100,656 Pikols des trefflichsten Zinns. Es waren während des Jahres in den Minen 7220 Arbeiter beschäftigt und die Ausgaben für die Bergwerke betrugen 1,315,394 Gulden. — Von eben so grolser Wichtigkeit als die Zinnbergwerke Banka’s sind die von Jahr zu Jahr 442 Friedmann: an Umfang und Ergiebigkeit zunehmenden Kohlenminen auf Borneo. Im Distriete Banjermassin wurden während eines Jahres 13,325 Ton- nen (zu 2000 Pfund) Kohlen ausgegraben. Ebenso wurden von Pen- zaran dahin 17,438 Tonnen gebracht. Man hat berechnet, dals die Steinkohlen von Penzaran, welche eine Mächtigkeit von 4 bis 10 Fuls haben, 30 Jahre hindurch jährlich 30,000 Tonnen bei gehöriger Bear- beitung liefern können, so dafs der Bedarf der Marine und der Packet- Dampfboote an Kohlen durch die Minen von Borneo’s Ostseite reich- lich gedeckt werden könnte. Auch hat sich bereits im Jahre 1855 eine „Gesellschaft zur Beförderung des Bergwerksbetriebes in Nieder- ländisch-Indien“ gebildet, welche am 28. Juni 1856 eine neue Kohlen- mine im Reiche Banjermassin eröffnete. Die Gesellschaft hatte jedoch mit Mangel an Arbeitern und mit vielen Schwierigkeiten zu kämpfen, besonders da der Sultan von Banjermassin die Unternehmung nicht sehr zu begünstigen scheint. — Zu Tannalaut (wörtlich See-Land) auf Borneo fand man schon früher Eisenerz von ausgezeichneter Qualität am Fufse des Gunong- Tambaya (Kupferberg), von welchem 20 Tonnen zur Probe nach Holland geschickt wurden. Die Regierung machte be- kannt, dafs sie die Bearbeitung dieses Erzes einer Privatperson oder Gesellschaft überlassen wolle. Auch Zinnerz wurde an der Westküste Borneo’s in der Provinz Kandawangan gefunden, sowie in der Gegend von Sungei-Puan Golderze für die Regierung ausgegraben werden. Mi Die finanziellen Verhältnisse von Niederländisch Indien. — Bewegung des Han- dels und der Schifffahrt. — Die sanitätischen Zustände. Als das bevölkertste und cultivirteste Land des Indischen Archipels bildet Java die Perle der niederländischen Besitzungen, welche nicht nur die materiellen Vortheile aller anderen Besitzungen bei Weitem überwiegt, sondern sogar für die bei vielen derselben sich ergebenden Verluste reichlichen Ersatz bietet. Da, wie oben angeführt, ein grolser Theil der auf Java produeirten Colonialwaaren nach dem Mutterlande versendet und dort verkauft wird, so rechnet das Mutterland alljährlich mit der Colonialregierung ab, indem der aus dem Verkauf der Pro- duete sich ergebende Gewinn der Colonie zu Gute geschrieben wird. Dafür mufs die Colonie die Ausgaben für viele Einrichtungen und In- stitute im Mutterlande tragen, die zwar der Colonien wegen vorhanden sind, von denen aber auch das Mutterland vielfachen indireeten Nutzen zieht. In der von Seite der Colonialregierung alljährlich erscheinen- den Uebersicht der Einnahmen und Ausgaben in der Colonie erschei- nen alle für den Ankauf der Colonialproducte auf Java gemachten Aus- lagen als Ausgaben für die Colonie, während der Verkauf derselben Niederländisch Indien im Jahre 1856. 443 auf dem europäischen Markte noch nicht als Einnahme angeführt wer- den kann. Hierdurch ergiebt sich alljährlich ein scheinbares Defieit von 15 bis 20 Millionen Gulden, welches aber durch den Verkauf der ostindischen Producte in Holland fast in dreifacher Weise vergütet wird. Für das Jahr 1856 sind noch nicht alle Posten der Einnahmen und Ausgaben vorgelegt. Wir wollen daher, um den Leser mit den Einnahmequellen und Ausgabeposten von Niederländisch Indien bekannt zu machen, die Budgetvorlage vom Jahre 1855 zu Grunde legen. Zu den Einnahmequellen der Colonie gehören erstens die Steuern, welche auf den Verkauf von verschiedenen Artikeln, insbesondere von Opium gesetzt sind. Die Chinesen und auch viele Inländer verbrauchen viel Opium, obgleich die Regierung, welche diese nachtheilige Gewohn- heit mifsbilligt, den Verkauf mit einer bedeutenden Steuer belastet hat. Diese Steuer ist, wie viele andere, verpachtet, meistens an Chinesen. Die Einnahme für die Opium-Steuer in ganz Indien betrug im Jahre 1855 7,412,260 Gulden, = 0-...1856 8,405,258 - Die übrigen Verpachtungen von Abgaben auf den Verkauf einzel- ner Artikel oder auf den Betrieb von gewissen Gewerben betrugen im Jahre 1855 2,474,612 Gulden, - - 1856 2,349,623 - Aulserdem giebt es Steuern verschiedener Art, welche die Regie- rung durch ihre Beamten selbst erhebt. Hierunter ist vor Allem die Grundsteuer (landrente) zu rechnen, welche auf die Reisfelder und an- dere Privat-Grundbesitzungen gesetzt ist. Sie betrug im Jahre 1855 9,195,794 Gulden, na. "1800 9.028,09 - Die Gesammt-Einnahme vom Grundbesitz betrug im Jahre 1855 10,069,213 Gulden. Die Eingangs- und Ausgangszölle, die Brief- und Packetposten, die Steuern auf Erbschaften und mehrere ähnliche Posten ergaben im Jahre 1855 die Summe von 9,955,086 Gulden. Unter der Rubrik „Handel“ (koophandel)) werden mehrere als Einnahmequellen für die Colonie dienende Posten zusammengestellt, die entweder Handelsartikel betreffen, welche sich die coloniale Regie- rung als Monopol angeeignet hat, wie das Salz, oder die sich auf den Erlös von den Produeten jener Ländereien beziehen, welche Bigenthum der Regierung sind. Das Salz, welches vorzüglich zu Tanara, Grissee, 'Sumanap und Bundu auf Java und Madura aus Seewasser gewonnen wird, brachte der Regierung eine Summe von 5,106,447 Gulden ein. Der 444 Friedmann: Verkauf des auf den Ländereien der Colonial-Regierung erzeugten Kaffee’s gab einen Erlös von 2,745,077 Gulden. Auf denselben Län- dereien wurden auch Zucker, Indigo, Pfeffer und andere Colonialwaa- ren erzeugt, so dafs mit Inbegriff des Handels mit Japan diese Rubrik auf 9,688,336 Gulden für das Jahr 1855 anwächst. Die Gesammt-Einnahme der niederländisch-indischen Administra- tion im Jahre 1855 betrug mit Inbegriff mehrerer kleineren, hier nicht speciell genannten Posten 42,296,602 Gulden. Die Hauptposten der Ausgaben für das Jahr 1855 waren fol- gende: Gulden a) Für die Landwirtbschaft . . . 2 2 2... ..026,010,329 Darunter kommen folgende Posten vor: Gulden Landbau im Allgemeinen, Pferdezucht etc. 48,943 Kosten der Steuer-Erhebung . . . . . 1,256,309 AnkaufsvonsBfehleriie u. sr a Bes: 48,321 = - „Holz, und, Balken‘... Zi... 162,100 - = Kaffee, Lei pin mbar rer - - Gewürznelken, Muskatnüssen . 311,857 - = el an ini BL ADZ - = BE 2 en eat Fl un 915,133 = Ep BREI - EIW PaDack >48 Any „une. Kar Ran 2,820 - = Bodbenille. ....4 2 l2tereönienikiee 65,000 - ER /A 1 | WO BB INA EENN CENTER 134,033 - u DEDSNHRRENG re ieh 2,080 Burn: Gebäude, er" nie ch oe 150,031 b)+.Handel;-. Yanısnah site Darunter: Kosten der Salzproduction . . . . . .. 1,332,375 - Selianminen hehe 145008,066 Akanf vonakeise Seien 757,413 e) Kriegsdepartement . . . 2 22020202020. 11,340,526 Nämlich : Rür’dan MHleenih.s6 nisse nd 069 BürjidiegBandwehr mia. Ma 81,456 Für. Förtifeatiönen. Hana an me. 569,116 d) Marine. Die Ausgaben für die Marine sind für die Colonie verhältnifsmäfsig gering, da die in Nieder- Niederländisch Indien im Jahre 1856. 445 Gulden ländisch Indien stationirten Kriegsschiffe vom Mutterlande unterhalten werden. Nur die aus kleineren Fahrzeugen bestehende Colonialmarine fällt der Colonialkasse zur Un- terhaltung zu. Die Ausgaben für die Marine betrugen im ea Er in ce. OR e) Regierung, Justizdepartement: Civilliste des General -Gouverneurs (174,535 Gulden), Rath von Indien, Secretariat, hoher Gerichtshof, Justizrätheete. 1,234,841 f) Provinzial-Gerichte und Polizei . . . „2... 4,446,038 g) Künste und Wissenschaften . . . . 22... 742,686 h) Civil-Bau-Departement . . . 1,959,825 i) Direction der Finanzen, Hafen- Einrichtungen, Eos; sulat und andere Posten. . . DV) 28745196 k) Pensionen und Weohlthätigkeits- Bliänen skznät 922,263 l) Ausgaben verschiedener Art: Hofhaltung der in- ländischen Fürsten, inländische Gesandte, Geschenke, Gra- tificationen, Kosten für Bergwerke etc... . . ... 2,449,421 m) Wittwen-u. Waisenfonds, Militär-Pensionsfonds etc. 1,266,671 Im Ganzen beliefen sich die Ausgaben im Jahre 1855 u Neterlandısch Tndien'auf. „2 rm 2727’ 59,687,150 Der Ueberschufs der ea über die Einnahmen war daher. . . . : Hm A I I 67° welches scheinbare Defieit aber reichlich h. durch den Verkauf der Colo- nialwaaren in den Niederlanden gedeckt wird. Um dieses letztere zu zeigen, wollen wir die Abrechnung der nie- _ derländischen Regierung mit der indischen, oder: „Einnahmen und Ausgaben der indischen Administration in den Niederlanden“ für das Jahr 1856 im Auszuge folgen lassen: Einnahmen. Waaren für die indische Regierung in den Niederlanden verkauft im Jahre 1856: Kaffee. . . 1,021,562 Pikols zu 32.04 Guld. = 32,732,627 Guld. nekar a TR ZEN, ie. 86 - - 7878 - — 6,820,09 - Ändigo : . . 3,3325 - - 54019 - = 1,827,140 - Cochenille . 600 2283 ZU IT = Ber... Ts = aa. 4 een in 51 = Muskatnüsse . 3,846: 982 Inn 15a AAb Friedmann: Fulie (Kelch der Muskatfrucht) . 704 Pikols zu 131.67 Guld. - ‚| 92,669 Guld. Gewürznelken . 5,809 - -212811 8 = 163,295 - Zimmt..—. 14. 22808 HL TGHEN, ER 53,124 - Nulsseife . . . Klone 02.100.200 mn 41,640 - Pfeffer) 1... 0%, .4,541 er RR er — 95,975 - Zimmtoli in: 155-8965 - = 3378 - Taback 1... de (RD REINE Er) - I 26,347 - Bagökc.t.... „arsori20251, datei) Hl nie 1,860 - Hierzu kamen noch einige kleinere Posten, welche der Colonie zu Gute kommen, so dals sich die Einnahmen in den Niederlanden im Jahre 1856 auf 59,587,056 Gulden beliefen. Unter den Ausgaben für die Colonie figurirt als erster Posten die Summe von 20,314,451 Gulden zur Deckung der Differenz zwi- schen den Ausgaben und Einnahmen in Indien. Ein zweiter Posten von 9,800,000 Gulden ist als Rente der ostindischen Schuld aufgeführt, sowie weitere 350,000 Gulden als Rente für die Schuld an die nieder- ländische Handelsgesellschaft. Für Schiffs- und Kriegsmaterialien, wel- che in den Niederlanden verfertigt und zum Gebrauche in Ostindien dorthin gesendet wurden, sind 3,430,799 Gulden in Rechnung gebracht. Es folgen ferner kleinere Posten für Pensionen von Civilbeamten oder Militärpersonen, welche in Indien gedient hatten; für Aussendung von Truppen u. dgl. Ebenso werden die in Holland bestehenden Institute zur Bildung von Aerzten, Offizieren und Beamten für Ostindien auf Rechnung der Colonie unterhalten. Die nach Japan gesandten Ge- schenke und Waaren bilden ebenfalls einen nicht unbedeutenden Po- sten. Endlich wird das jährlich sich ergebende Defieit in den west- indischen Colonien Surinam und Curacao, sowie der Guineaküste in Afrika, welches im Jahre 1856 eine Summe von 708,159 Gulden be- trug, ebenfalls der ostindischen Colonie in Rechnung gebracht. Dennoch schliefst die Rechnung für die ostindische Administration im Jahre i856 mit einem Ueberschufs von 20,531,700 Gulden, welche Summe der Colonie zu Gute kommt. Die günstigen finanziellen Zustände Ostindiens sind fast ausschliefs- lich der reichen Production der Insel Java zuzuschreiben, da bei den meisten übrigen Inseln des indischen Archipels die Ausgaben der Re- gierung die Einnahmen übersteigen, wie dies aus folgender Zusammen- stellung der Ausgaben und Einnahmen der anderen ostindischen Be- sitzungen für das Jahr 1855 ersichtlich ist: innen Niederländisch Indien im Jahre 1856. AAT ran | Einnal | Ausgaben | Unterschied Inseln und Distriete. a 5a 3 Gulden Gulden Gulden = ( Westküste, Padang . . . . - 2,104,550 | 2,121,100 — 16,551 = 3 Benklen 2... 140,504 204,258 — 63,753 En Tampongnr. . usa ı +. 2,565 42,824 — 40,259 BuRWeP.lSIuDanE men. 1. 482,098 900,168 , — 462,470 N ee ET 237,965 264,236 _ — 26,271 Binka un Bvel tus iin. 5|9 5280,702 650,487 + 4,600,215 er Are TH a Aral 50,108 | — 25,727 = \ Banbasıı . u) an de. 337,583 | 1,001,341 | — 663,758 nt, 1) sup: 14..,6%, et 122,588 396,623 | — 274,035 EN Süd und Ostküste . . . . „| 202,674 | 243,533 | — 35,859 En a ns li 33,002 83,808 , — 50,806 Makassar und dazu gehörige Länder 370,576 902,536 | — 531,960 en Ri ee 33 631,242 | — 538,721 En BEnden a0 tie Halo |irnd85599,. 206,064 | + 279,933 ee 0 me 28,582 213,231 | - 181,649 @" [ Menado und Garontale . . . . 256,550 ı 226,743 | + 29,837 , 10,163,477 | 8,168,311 |+1,995,166 Es sind daher nur drei Besitzungen aufser Java, welche im Jahre 1855 einen Ueberschufs der Einnahmen über die Ausgaben ergaben, und zwar Banka wegen seiner reichen Zinnminen, dann Banda und Menado wegen der Gewürznelken- und Muskatnufs-Production. Es ist jedoch zu bemerken, dafs die schlechte Kaffee-Ernte des Jahres 1855 bei manchen Besitzungen ein Defieit zur Folge hatte, wo in sonstigen Jahren ein Ueberschufs der Einnahmen sich herausstellt. So schlofs das Budget des Distriets Padang im Jahre 1854 mit einem Ueberschuls der Einnahme von 1,144,0%0 Gulden, sowie jenes von Menado mit einem solchen von über 500,000 Gulden. Von hoher Bedeutung ist die Regsamkeit im Handel und in der Schififahrt, welche in den jüngsten Jahrzehnten bedeutend zugenommen hat. Der Handel des indischen Archipels mit den Ländern des asia- tischen Festlandes und die Fahrten vom arabischen Meerbusen und vom rothen Meere hin und zurück, welche durch die regelmäfsigen Südwest- und Nordost-Monsune so sehr begünstigt werden, verlieren sich bis in’s graue Alterthum und haben vielleicht ohne Unterbrechung bis zu unserer Zeit sich fortgesetzt. Die Verbreitung des Islam im indischen Archipel und die Wallfahrten nach Mekka haben diese Verbindung des östlichen und westlichen Asiens noch enger geknüpft. Der Handel mit den europäischen Nationen datirt vom sechszehnten Jahrhundert, als zuerst die Portugiesen, hierauf die Holländer und Engländer Facto- rejen auf Sumatra, Java und anderen asiatischen Inseln anlegten. Mit der Herrschaft der Holländer hat sich die Production jener Länder an A48 Friedmann: werthvollen und gegenwärtig fast unentbehrlichen Colonialwaaren un- gemein vermehrt, und damit auch der Handel und die Schifffahrt aufser- ordentlich zugenommen. Insbesondere aber hat sich in Java seit dem Anfange dieses Jahrhunderts ein regsames Leben im Handel und der Schifffahrt entfaltet, so dals die Zu- und Ausfuhr von Waaren auf Java wohl jene des ganzen übrigen Archipels übertrifft. Im Jahre 1856 belief sich die Einfuhr auf Java und Madura auf folgende Werthe: Durch Privatpersonen wurden eingeführt Waaren für 33,014,252 Gulden, baares Geld 3,657,655 - Für Rechnung der Regierung Waaren für 7,768,169 - baares Geld 12,865,750 - Gesammtsumme der Einfuhr 57,305,826 Gulden. Weit bedeutender stellt sich die Ausfuhr aus diesem reichen Ei- land dar. Es entsprach dieselbe folgenden Werthen: Ausfuhr durch Privatpersonen Waaren 34,730,776 Gulden, baares Geld 6,639,202 Gulden, durch die Regierung Waaren 62,204,119 - baares Geld 2,152,025 - 96,934,895 Gulden, 8,791,227 Gulden. Die Gesammtsumme der Einfuhr auf Java hatte also einen Werth von . . . . 57,305,826 Gulden, die der Ausfuhrıvom ii.) „m mlsansdei) am 1056122 - In Wahrheit aber übersteigt die Ausfuhr von baarem Gelde aus Java die Einfuhr desselben bei Weitem, da ein grofser Theil heimlich nach anderen Theilen des Indischen Archipels wandert, wo die auf Java cursirenden Banknoten der Java-Bank keine Gültigkeit haben. Auch sammeln die Chinesen gern baare Münze und schaffen sie insge- heim mit nach ihrem Geburtslande. Von den Einfuhr- Artikeln kamen hiervon aus den Niederlanden für 12,006,828 Gulden, aus England für 6,883,418, aus China für 1,825,351, aus Japan für 1,074,019 Gulden. Die übrigen Länder Eu- ropa’s und die übrigen Welttheile sind mit kleineren Summen bei der Einfuhr betheiligt. An baarem Gelde kamen aus den Niederlanden 1,849,933 Gulden, während dahin von Java aus nur eine ganz unbedeutende Summe ver- sandt wurde. Dennoch wurde aus Java viel mehr geprägtes Geld aus- als eingeführt; das letztere wandert nach dem östlichen Asien, beson- ders nach China, und auf Java selbst hat sich der Mangel an baarem Gelde schon oft fühlbar gemacht. Alle Versuche, der sich mehrenden | Niederländisch Indien im Jahre 1856. 449 Ausfuhr von Gold und Silber Schranken zu setzen, haben sich bis jetzt als unzureichend erwiesen. In dem officiellen Berichte wird zwar nur eine Summe von 477,624 Gulden angeführt, welche an baarem Gelde nach China gewandert sein soll, während nach Theilen des in- schen Archipels von Privatpersonen allein 6,090,444 Gulden geprägter Münze ausgeführt wurden. Die Chinesen aber wissen die Regierung zu hintergehen. Wenn sie nach der Heimath zurückkehren, lassen sie sich Pässe nach anderen Theilen des Archipels geben, wo die Küsten weniger durch Zollbeamte bewacht werden und wo es ihnen leichter wird, ihre Baarvorräthe heimlich aus dem Lande zu führen, da auf die Ausfuhr von edlen Metallen bedeutende Zölle gesetzt sind. Werfen wir einen Bliek auf die vorzüglichsten von Java ausge- führten Artikel, so stellen sich folgende Ergebnisse heraus: Reis wurde ausgeführt: durch Privatpersonen nach den Niederlanden. . . 613,592 Pikols, nach anderen Ländern des indischen Archipels 371,710 - nach anderen europ. und amerikan. Ländern . 449,362 - Im Ganzen 1,434,664 Pikols. Kaffee wurde ausgeführt: durch Privatpersonen nach den Niederlanden. . . 18,577 Pikols, - - nach anderen Ländern Europa’s und’A merikafd) a, 1, u NG OER - - nach Ländern des Archipels . 2,098 - 93,365 Pikols, durch die Handelsgesellschaft für Rechnung der Re- gierung nach den Niederlanden . . . .1,095,043 - Gesammt-Ausfuhr von Kaffee aus Java. . 1,188,408 Pikols oder 148,551,000 Amsterdamer Pfund. Zucker wurde ausgeführt: durch Privatpersonen nach den Niederlanden. . . 551,661 Pikols, = - nach anderen Ländern Europa’s und„Amerikası „up . rt san - - nach Theilen des Archipels . 4,3398 - . 809,221 Pikols, für Rechnung der Regierung nach den Niederlanden 1,188,235 - Gesammt-Ausfuhr von Zucker aus Java. . 1,997,456 Pikols oder 249,682,000 Amsterd. Pfund. Von anderen Colonialwaaren wurden im Ganzen ausgeführt: Do Muskatnüse . „2... 9,861 Pikols, TR LTE 150987722 Pfund, Zeitschr. f. allg. Erdk. Neue Folge. Bd. VII. 29 450 Friedmann: Zimt: ie 1,908 Pikols, Cochenille . . . . .. 126,841 Pfund, Pfeffer, ydliteuus unla ir: 19,792 Pikols, Thesis banner ion aan AB = Taback 09nH wrilläunens 38,580 - Die Zahl der auf Java’s Küsten angekommenen Schiffe war 2321, welche zusammen 189,199 Lasten führten. Von dieser Gesammtzahl der angekommenen Schiffe kamen auf die Niederlande 220 mit 73,864 Lasten, auf die übrigen Länder Europa’s 81 mit 19,274 Lasten, auf China, Manilla, Siam 64 mit 13,390 Lasten, auf Neuholland 78 mit 15,650 Lasten und auf den indischen Archipel 1815 Schiffe mit 53,838 Lasten. Die Zahl der von Java während des Jahres 1856 abgegangenen Schiffe betrug 2533, welche zusammen 208,505 Lasten enthielten. Von diesen Schiffen gingen 354 mit 114,930 Lasten, also über die Hälfte der versendeten Güter enthaltend, nach den Niederlanden, nach ande- ren Ländern Europa’s 57 mit 11,013 Lasten (worunter 13 unter Ham- burger, 9 unter Bremer, 2 unter oldenburgischer, 1 unter österreichi- scher, 1 unter preufsischer Flagge), nach Amerika 23 Schiffe mit 5273 Lasten, nach dem Cap der guten Hoffnung 1 Schiff mit 334 Lasten, nach Westindien 5 Schiffe mit 1297 Lasten, nach China, Manilla und Siam 51 Schiffe mit 8400 Lasten, nach Japan 4 Schiffe mit 1286 La- sten, nach Neuholland 10 Schiffe mit 873 Lasten und nach den übri- gen Theilen des Archipels 2028 Schiffe mit 65,099 Lasten. Nicht unbedeutend ist auch der Handel und die Schifffahrt der übrigen holländischen Besitzungen im indischen Archipel. Eine Zu- nahme des Handels bemerkte man in den jüngsten Jahren insbesondere im Distriete Padang an der Westküste Sumatra’s und zu Makassar auf Celebes, dort wegen der Ausbreitung der Kaffeepflanzungen, und zu Makassar, weil der Hafen daselbst seit dem Jahre 1346 zum. Freiha- fen erklärt ist. Die folgenden Zahlen geben eine Uebersicht der Ein- und Ausfuhr in den verschiedenen von Holland administrirten Ländern des indi- schen Archipels aulser Java. En Einfuhr Ausfuhr | Angek. Abgeg. Inseln oder Distriete | elsahr | NP Schiffe Lasten Schiffe Lasten Sumatra’s Westküste 112,1 13,493|11,409,862 2639 |35,562 | 2844 | 36,567 Palembang. . . - 1,487,447| 861,640] 454 5,574 458 5,265 Muara Kompeh . . 105,607 57,589 73 277 88 311 Banda Nine 3% 467,180) 368,787] 319 4,205 255 2,060 Riouw "ER ET 814,352| 1,735,297| 462 | 11,827 500 | 12,060 Pontianak . . . .» | .862,702| 438,798] 258 | 4,083 a7 4,365 Niederländisch Indien im Jahre 1856. 451 . ya Einfuhr Ausfuhr | Angek. Abgeg Inseln oder Districte en ed Schiffe Lasten Schiffe Lasten Bor- ( Sambas .. . 215,452) 297,257] 368 | 2,012 | 281 | 1,247 neo ! Banjermassin 1,053,722| 727,380| 224 | 12,858 202 | 12,057 Makassar . . . . 4,473,403| 4,065,671| 918 |16,356 | 1237 17,524 Menado. . . .. 360,237 297,845 58 3,860 58 | 3,860 Gorntalo . . » - 9,862 25,004 Tarnate ... 0. 201,250 95,395 ® Amboma 22 I | a2loor| Simzalı 565 |16,789 | 553 16,349 Bandanınl..a ehe, 310,514 20,742 | Rupang. 2... | 124828 58,183] 72 5,850 | 70 | 5,818 Es ist bei dieser Tabelle jedoch zu bemerken, dafs die für Rech- nung der Regierung ein- und ausgeführten Waaren nicht mitbegriffen sind, was besonders deutlich bei der Ein- und Ausfuhr auf Banka er- sichtlich ist, wo für Regierungsrechnung an Zinn allein für mehr als 7 Millionen ausgeführt wurde. Ebenso beträgt die Ausfuhr von Spe- cereien aus Amboina und Banda eine ungleich gröfsere Summe als in der obigen Liste angegeben wurde, sowie für beträchtliche Summen Kaffee von Menado auf Regierungsrechnung ausgeführt wurden, welche unter obiger Ziffer nicht begriffen sind. — Ein Bild erfreulichen Fortschritts seit dem verflossenen Jahrhun- dert geben uns die sanitätischen Verhältnisse Java’s, besonders unter den Truppen und der Civil-Bevölkerung Batavia’s. Noch klingt ein Nachhall des aufserordentlich schlechten Rufes, in welchem die Ge- sundheitsverhältnisse Batavia’s standen, zu uns herüber; und in der That war die Mortalität unter den auf Java stationirten Truppen so- wohl als in der Hauptstadt Batavia früher so unerhört grofs, dals nach amtlichen Angaben vom Jahre 1752 bis 1778 dieselbe wie 1:3 jähr- lich sich verhielt. Kein Wunder, wenn Batavia als eine Pestgrube ver- schrien wurde. Welchen Eindruck die Stadt noch im Anfang dieses Jahrhunderts auf den Ankömmling machte, kann man aus dem Be- richte eines englischen Arztes, Robertson, erkennen, welcher am Bord eines Kriegsschiffes functionirte, dessen Mannschaften zum Theil bei der Eroberung Batavia’s durch die Engländer am Lande ausgeschifft waren. „Unter den Holländern,* sagt er, „welche in der Stadt blei- ben, sind Fieber in allen Jahreszeiten herrschend, obwohl sie gewisser- malsen gegen das Klima abgehärtet sind. Die meisten von ihnen ha- ben ein kränkliches Aussehen. Es ist nicht ungewöhnlich, wenn man durch die Stadt fährt, drei oder vier Leichenzügen zu begegnen.“ Raffles, der englische Gouverneur von Java in den Jahren 1809 bis 1811, läfst in seinem Werke „History of Java“ den Ausbrüchen seiner Indignation und wohl auch seines Nationalhasses freien Lauf, indem er es unbegreiflich findet, dafs die Holländer ihre Hauptstadt gerade auf a 452 Friedmann: dem sumpfigen Alluvialgrunde, einem der ungesundesten Theile Java’s, anlegten. „Handelsvortheile*“, sagt er, „stellen die Holländer weit über den Verlust unzähliger Menschen, wie sie überhaupt es nicht der Mühe werth finden, ernstliche Untersuchungen über die Ursache der Insalu- brität ihrer Hauptstadt anzustellen.* Der feuchte Alluvialgrund in der Gegend von Batavia war indefs nicht der einzige, ja nicht einmal der vorzüglichste Grund der auffallenden Insalubrität Batavia’s; schädlicher wirkten die zahlreichen Canäle, welche die Stadt in verschiedenen Rich- tungen durchzogen, wie dies noch heutigen Tages in den holländischen Städten in Europa der Fall ist. Diese stagnirenden Gewässer sind eben so viele künstliche Sümpfe, in welchen sich bei der hohen Tem- peratur Java’s beständig eine bedeutende Menge organischer Stoffe zer- setzt, deren Exhalationen die Luft vergiften und zu gefährlichen Fie- bern Anlafs geben. Nachdem die Holländer ihre Colonien wieder zurückerhalten hat- ten, bemühten sie sieh sofort, die sanitätischen Verhältnisse Java’s durch Anstellung einer Anzahl wissenschaftlich gebildeter Aerzte und durch Einführung einer gehörigen Disciplin unter den Truppen zu ver- bessern. Die Canäle der Stadt Batavia wurden sämmtlich gedämmt und an ihrer Stelle schattige Alleen von Bira Orellana, Ficus religiosa und anderen Zierbäumen angelegt. Ebenso wurden die beengenden Mauern der Stadt niedergerissen und die alte Stadt von den meisten Europäern verlassen, welche sich eine halbe Stunde landeinwärts, wo das Land bereits 30 bis 50 Fufs über die Meeresfläche sich erhebt und das Land aus verwittertem Trachyt besteht, ansiedelten. Dort wurden die Häuser in einem dem Klima mehr entsprechenden Style, und zwar jedes einzeln stehend und von Gärten umgeben, erbaut, so dafs die neue Ansiedelung, „Weltevreden* genannt, einem mit geschmackvollen Villen besetzten Palmenhaine gleicht. Das alte Batavia ist gegenwärtig nur von Chinesen und Javanen bewohnt, während die europäischen Kaufleute nur während des Tages in ihren Gewölben in der Stadt verweilen, Abends aber nach „Weltevreden* zurückkehren. In auffallender Weise verbesserte sich durch diese und andere Malsregeln der Gesundheitszustand. Rechnen wir die jährliche Mor- talität unter den auf Java stationirten Truppen vom Jahre 1832 bis 1847 zusammen, so finden wir durchschnittlich ein Verhältnifs von 1:29 in Bezug auf die behandelten Kranken und von 1:17 bezüglich der Stärke der Garnisonen. Dieses Verhältnifs der Mortalität ist schon befriedigender und erweist sich als günstiger wie in manchen engli- schen Colonien, z. B. Jamaica, wo die Mortalität der Truppen 1:11.5 beträgt. In den Jahren 1852 — 56 inel. stellte sich die Mortalität unter Niederländisch Indien im Jahre 1856. 453 den Truppen auf Java und Madura in Bezug auf die Behandelten so- wohl, als in Bezug auf die Garnisonstärke folgendermalsen heraus: | | Verhältnifs der Gestorbenen Zahl der Be- Jahr hakdalten Mi Genesen Gestorben [zu den Behan-|zur Stärke der | | delten Garnisonen 1852 22,295 | 20,818 563 1:39.6 | 1:20.9 1853 20,737 5171:11149,285. 1 | 495 I 49: alt, A1523:8 1854 21,464 | 20,049 | 460 dr Ab. 91 222.7 1855 ZA Do |: 22:90232° 639 17:88:60. tu: DM 1856 25,099 23,291 629 EIERIIDNHE 19 Von hoher Wichtigkeit ist der Unterschied in der Mortalität der Garnisonen an den Küstenorten im Vergleich mit den binnenländi- schen, 1000 bis 2500 über dem Meere gelegenen Orten, wobei sich durchgängig herausstellt, dafs an den letztern Orten die Mortalität bei Weitem geringer ist als an den Küstenorten, wie folgende, fünf Jahre umfassende Mortalitätstabelle zeigt: Europäer Afrikaner Inländer Tahs Mortalität | En Mortalität in EI Mortalität |in den Cen- and.Küsten- ee and.Küsten-, dee and.Küsten- traltheilen plätzen | plätzen | plätzen | Java’s 1852 112 1.: 22.8 1:25.3 | .1:18,9 1=728:6..12.1 2932.12 1853 1:16.2 1: 24.6 ee Vr Kal ann ci )s} 1:25.88 | 1:49.8 1854 113.0 1:21 re 1:41 1:33.8 | 1:48.3 1855 421,057, 1:18 1:6 51278 1:18 1u135,24.3 1856 1:11.7 1:19.4 1:6 421203 1.19% 1: 45.9 Wir sehen aus dieser Tabelle, dafs die Mortalität nicht nur bei den Europäern in den Centraltheilen Java’s viel geringer war als an den Küstenorten, sondern dafs sich dasselbe Verhältnifs auch bei den Javanen zeigt. Es beweist diese Thatsache, dafs es nicht blofs die hohe Temperatur der Küstenorte ist, welche die gröfsere Mortalität er- zeugt, da ja den Javanen diese Temperatur nicht nachtheilig sein kann, sondern dafs besonders die mit den Exhalationen von Sümpfen ge- schwängerte Luft nachtheilig auf die Gesundheit aller Menschen, auch der Eingeborenen wirkt. Solche Sümpfe finden sich aber nicht in den gebirgigen, landeinwärts gelegenen Theilen Java’s, und selbst ihr Vor- handensein würde bei der niedrigeren Temperatur in den Höhen sich weniger nachtheilig erweisen. Zu den Ursachen der in neuerer Zeit sich herausstellenden Ver- minderung der Sterbefälle in Niederländisch Indien gehört auch das fast gänzliche Verschwinden der Blattern-Epidemien, welche im vori- gen und noch im Anfange des laufenden Jahrhunderts Tausende von Menschen jedes Alters hinwegrafften. Dafs die Einführung der Vacei- nation unter den Javanen und im übrigen Archipel nicht ohne Schwie- A54A Friedmann; Niederländisch Indien im Jahre 1856. rigkeiten vor sich ging, läfst sich leicht ermessen, wenn man bedenkt, dafs selbst in Europa die Vaceination noch viele Gegner nicht nur unter dem Volke, sondern selbst unter den Aerzten zählt. Auf Java ist die regelmälsige Impfung bei den Kindern und selbst die Revacei- nation beim Militär eingeführt und die Leitung derselben einem Militär- Stabsarzte übergeben. Auf dem Lande besorgen sowohl die europäi- schen als die auf den Schulen zu Batavia unterrichteten javanischen Aerzte und selbst europäische Administrativ-Beamte die Impfung. Auch in den übrigen Theilen des Archipels hat man die Impfung eingeführt und ein grofser Theil der Bevölkerung hat sich von der wohlthätigen Wirkung derselben überzeugt, so dafs der Widerwille gegen dieselbe beinahe verschwunden ist. Selbst die Frauen der wilden Dajaks auf Borneo tragen ihre gelbbraunen Kinder oft aus weiter Ferne zum Impf- arzt, um sie vor der dort sehr gefürchteten Krankheit zu präserviren. In den Preanger Regentschaften wurden im Jahre 1855 63 Procent der Bevölkerung unter 14 Jahren geimpft. In demselben Jahre wur- den auf Java überhaupt 112,701 Impfungen vorgenommen, von welchen 107,625 mit Erfolg. Ferner wurden 21,789 Individuen revaceinirt, darunter 10,713 mit Erfolg. Aufserhalb Java wurden 60,712 Vacei- nationen, von welchen 54,575 den gewünschten Erfolg hatten, vorge- nommen, und 11,313 Revaceinationen, darunter 9,032 mit Erfolg. Aus diesen Notizen wird man entnehmen, dafs auch die Länder des Indischen Archipels und unter diesen ganz besonders Java an Cultur und Humanität in kräftiger Weise sich entwickeln und die Be- völkerung durch Ablegung von Aberglauben und Mifsbräuchen und durch Einführung zweckmäfsiger Institutionen an Wohlfahrt und Glück gewinnt. In politischer Beziehung bemerkt man im Allgemeinen Ruhe, aber nicht die „Ruhe des Kirchhofs*, sondern die Ruhe einer zufrie- denen Bevölkerung, deren Regierung sich bestrebt, jeden gerechten Grund zur Unzufriedenheit sorgfältig zu vermeiden und für die mate- riellen und geistigen Bedürfnisse der ihr anvertrauten Völker nach Kräften zu sorgen. 455 XI. Corrientes. (Hierzu eine Karte, Taf. VI.) Schon mehrmals haben wir Gelegenheit gehabt, in dieser Zeitschrift der hydrographischen Forschungen zu gedenken, welche Lieut. Th. J. Page, Befehlshaber des nordamerikanischen Dampfers Waterwitch, wäh- rend der Jahre 1853 bis 1856 im Stromgebiet des La Plata angestellt hat. Auf die Publication der grofsen Stromkarten, die wir in reducir- tem Mafsstabe dem fünften Bande der Neuen Folge dieser Zeitschrift beigegeben haben, ist jetzt die Veröffentlichung eines gröfseren Werkes gefolgt, in welchem Lieut. Page ausführlicheren Bericht über seine Rei- sen in den La Plata-Staaten erstattet '). Wenngleich auch in diesem Werke die hydrographischen Angaben und die detaillirte Beschreibung der Stromufer den hervorragendsten, wichtigsten und — wie wir meinen — zuverlässigsten Theil bilden, gewähren doch auch die Be- richte ‚über die ausgedehnten Landreisen, welche einzelne Mitglieder der Expedition in das Innere des Landes unternommen haben, ein nicht gewöhnliches Interesse. Denn diese Reisen betreffen zum Theil Ge- biete, über die uns wissenschaftliche Berichte bisher fehlten, zum Theil durchschnitten sie Landstrecken, hinsichtlich deren wir uns lediglich auf veraltete Reiseberichte verwiesen sahen. So hat die Expedition einen bedeutenden Theil der Republik Paraguay bereist: während Lieut. Powel von Asuncion aus über Ytagua, Atira, Caraguatay und S. Mi- guel nach $. Estanislao ging, um von bier die Yerba-Wälder von Santa Rosa zu besuchen und sich dann durch das Quellgebiet der ost- wärts zum Paranä strömenden Zuflüsse nach Villa Rica zu begeben, durchschnitt Lieut. Page das Gebiet der Republik von Asuncion aus in südöstlicher Richtung nach Ytapua am Paranä, und kehrte von hier zum Theil auf einer anderen westlicher gelegenen Route über mehrere alte Jesuiten-Colonien nach der Hauptstadt zurück. Gleich ausgedehnt waren die Reisen in der Provinz Corrientes. Von der gleichnamigen Hauptstadt unternahm Lieut. Page einen Ausflug ostwärts über die Bodenanschwellung, welche den Paranaä von den grofsen correntini- schen See- und Sumpfländereien trennt, bis zur Hacienda Iribuqua, !) La Plata, the Argentine Confederation, and Paraguay. Being a narrative of the exploration of the tributaries of the River La Plata and adjacent countries during the years 1853, 54, ’55, and ’56, under the orders of the United States Government. By Thomas J. Page, Commander of the Expedition. New York 1859. 456 Corrientes. und Lieut. Murdaugh eine gröfsere Reise durch das Centrum und den Süden der Provinz, zunächst längs des Paranä nach Bellavista, von wo ein Abstecher nach den Departementshauptstädten Saladas und San Roque ausgeführt wurde, dann von Goya über den Paso de Santillana und Curuzu Cuatia nach dem Hafen Restauracion am Uruguay, von wo er auf einer andern Route über Mercedes nach Corrientes zurück- kehrte. Die Reisen im Westen des Paranä betreffen die Provinzen Sta Fe, Cordoba, Santiago, Tucuman und Salta. Lieut. Page schlug den direeten Weg von Sta Fe nach Cördoba ein, der jetzt nur selten besucht wird, da die grofse binnenländische Verkehrsstrafse von Cör- doba sich direct nach Rosario wendet, um hier den Paranä zu errei- chen. Von grofsem Interesse ist sodann die Reise von Cordoba über Santiago del Estero nach Tucuman, besonders aber die Expeditionen, die von Santiago nach dem R. Salado und dann zum Theil auf einem Boot, zum Theil zu Lande weit stromabwärts unternommen wurden. Bei der Reise von Tucuman nach Salta schlug Lieut. Page den be- schwerlichen Camino de las cuestas, der über die Vorberge der Cor- dilleren in das schöne Thal von Chiguana führt, bei der Rückkehr den östlicher gelegenen Camino carril ein, der aus dem Gebirge bald her- austritt, um am Fufse desselben die Pampas zu durchschneiden; Mr. Murdaugh folgte indefs von Miraflores in der Provinz Salta dem Laufe des Salado abwärts bis zu derjenigen Stelle, an welcher die Expedition die Erforschung dieses Flusses in der Provinz Santiago begonnen hatte. Es erhellt hieraus, dafs die Expedition aulser ihrer Hauptaufgabe — den hydrographischen Forschungen — sehr ausgedehnte Gebiete von Paraguay und der Argentinischen Conföderation in den Kreis ihrer Untersuchungen hineingezogen hat. Das oben angeführte Werk giebt uns deshalb auch über manche bisher wenigbekannte Landstriche lehr- reichen Aufschlufs, und liefert interessante Mittheilungen über die gegen- wärtigen Zustände anderer Gegenden, hinsichtlich deren wir schon seit längerer Zeit das Bedürfnis neuer Berichte lebhaft empfanden. Eine besondere Aufmerksamkeit widmet Page hierbei der Landes-Cultur und den materiellen Hilfsquellen der von ihm durchreisten Gebiete; die Bodenbeschaffenheit, die Vegetation, der gegenwärtige Stand der Land- wirthschaft und Viehzucht, die spärlichen Versuche industrieller Thä- tigkeit, der Charakter der Bevölkerung finden die gebührende Berück- sichtigung; weniger reich und weniger zuverlässig sind die statistischen Angaben, die — bei dem absoluten Mangel an amtlichen Ermittelun- gen — auf ungefähre Schätzungen oder auf die zweifelhaften Versiche- rungen der Landes-Eingeborenen nicht immer mit Glück begrün- det sind. Auch können wir nicht umhin, dem Leser Vorsicht in Be- zug auf die Schreibart der Ortsnamen anzuempfehlen, (die — wohl zum Theil in Folge nachlässiger Correetur — fast durchweg höchst fehler- ee En EEE Corrientes, 457 haft und zuweilen so wunderlich ausgefallen ist, dafs das Richtige kaum erkannt werden kann, Indem wir diesem Hefte der Zeitschrift eine Karte von Paraguay und dem nördlichen Theile der Argentinischen Conföderation beigeben, welche sich der im vierten Bande publieirten Karte von Buenos Aires und dem südlichen Theile der Argentinischen Conföderation anschliefst, benutzen wir diese Gelegenheit, über die Provinz Corrientes mit Ein- schluls des Missions-Gebietes einige Mittheilungen zu machen, zu de- nen uns sowohl in dem Werke Page’s, als auch in einigen südameri- kanischen Schriften oder in Reiseskizzen, welche in dem zu Corrientes erscheinenden Journal El Commereio veröffentlicht sind, ein ziemlich reichhaltiges Material vorliegt. Wir heben diese Provinz hauptsäch- lich aus dem Grunde hervor, weil Justo Maeso, von dessen kundiger Hand die spanische Uebersetzung des Werkes von Woodbine Parish über die La Plata-Staaten bekanntlich sehr wesentliche Bereicherungen erfahren hat, gerade in Bezug auf diese Provinz sich ganz aufser Stande sah, den ältern Angaben des englischen Schriftstellers neue und reichhaltigere beizufügen. Corrientes wurde gleichzeitig mit Entre Rios durch ein Deeret Posadas, des Directors der „Vereinigten Provinzen des Rio de la Plata“, vom 10. Sept. 1814 als gesonderte Provinz dieses Staatenbundes con- stituirt und mit dem Gebiet der Misiones vereinigt. Im Norden wird es von Paraguay durch den Parana getrennt, von der Einmündung des Yguazu bis zur Einmündung des Paraguay. Wie im untern Theile seines Laufes bildet der Parana auch hier zahlreiche Inseln, deren Be- sitz die beiden Uferstaaten sich streitig machen. Diese Controverse erhält vorzugsweise dadurch eine Bedeutung, dals es von ihrer Ent- scheidung abhängt, ob das Fahrwasser des Paranä an einigen Stellen unter der alleinigen Jurisdietion einer der beiden Republiken steht oder ob es überall beiden gemeinschaftlich ist. Bekanntlich haben die in dieser Beziehung obwaltenden Zweifel die Erforschung der nordöstli- chen Gewässer des Stromsystems durch den Dampfer Waterwitch ver- eitelt; denn die Amerikaner wurden, als sie dem Fahrwasser des Stro- mes folgend zwischen dem Fort Itapura auf dem Ufer von Paraguay und der Isla Grande hindurehfahren wollten, vom Fort aus. beschos- sen und mufsten umkehren, da der Dietator von Paraguay diesen Theil des Fahrwassers als ausschliefsliches Eigenthum seiner Republik be- trachtet und die Benutzung desselben selbst Handelsschiffen untersagt. Auch der Vertrag zwischen der Argentinischen Conföderation und Pa- raguay vom 29. Juli 1856 °) hat im Artikel XXIV die Entscheidung 1) Abgedruckt in Tratados publieos de la Confederacion Argentina con las po- tencias extranjeras. FParand. 1857. 8.57 f. 458 Corvientes. vertagt und im folgenden Artikel nur die Bestimmung getroffen, dafs die grofse Insel Apipe der Conföderation, die Insel Yasiretä hingegen der Republik Paraguay gehören solle. Die Grenze gegen Brasilien folgt dem Laufe des Yguazu bis zur Einmündung des R. San Antonio guazu, dann dem zuletzt genannten Flusse südwärts bis zu seiner Quelle, und geht dann durch eine nur von Indianern bewohnte Wildnifs über die Sierra, welche die Zuflüsse des Yguazu von denen des Uruguay scheidet, zur Quelle des Piguiri guazu, dem sie bis zu seiner Einmündung in den Uruguay folgt. Wei- terhin bildet der Uruguay die Grenze gegen Brasilien und die Banda Oriental. Im Westen wird Corrientes durch den Paranä vom Gran Chaco geschieden, im Süden grenzt es an Entre Rios. In Betreff der letz- tern Grenze hatte das Decret vom 10. Sept. 1814 Bestimmungen ge- troffen, welche höchst unklar gefafst und überdiefs mit den natürlichen Verhältnissen nicht in Einklang zu bringen waren. Darnach sollte der Rio de Corrientes von seiner Mündung in den Paranä bis zur Mündung des Baches von Aguarachy, und dieser selbe Bach mit dem von Curuzu Cuatia bis zur Einmündung des letztern in den Mirinay, sodann der Mirinay selbst die Grenze zwischen Corrientes und Entre Rios bilden '). Die höchste Behörde war offenbar über die Hydrogra- phie des Grenzdistriets nicht gut unterrichtet, als sie diese im Detail schwer zu deutende Bestimmung traf; hält man sich an die Hauptzüge und betrachtet den Corrientes, den Bach von Curuzu Cuatia und den Mirinay als die Grenze, so würden zwei Departements, die bisher fac- tisch zu Corrientes gehörten, fast vollständig von diesem Staate losge- rissen werden. Ohne Rücksicht auf diese Vertragsbestimmungen haben die factischen Besitzverhältnisse eine andere feste Grenze herausgebil- det, die dem Laufe der Flüsse Guayquirarö und Mocoretä folgt. Der erstere entspringt im Departement Curuzu Cuatia, fliefst im Allgemei- nen von Östen nach Westen, und nimmt von Norden den Sarandi, von Süden den Arroyo de las Mulas auf; der Mocoretä entspringt in demselben Departement und flielst nach SO. zum Uruguay. Das von diesen Grenzen eingeschlossene Areal wird auf 6000 Qua- dratleguas angegeben. Die Bevölkerung schätzte Woodbine Parish im Jahre 1824 auf 30 bis 40,000 Seelen; auch J. Maeso schlug sie für das Jahr 1847 nicht höher als 40,000 Seelen (ohne die Missionen, in !) Die Grenze bildet la linea que entre los rios Parand y Uruguay forma el rio de Corrientes en su confluencia con aquel hasta el arroyo de Aguarachy, y este mismo arroyo con el Curuzu-cuatid, hasta su confluencia con el Mirinay en las in- mediaciones del Uruguay. Das Decret ist abgedruckt in der Schrift: La Provincia de Corrientes por Vicente @. Quesada. Buenos Aires 1857. p. 16. Corrientes. 459 welchen jetzt vielleicht nicht mehr als 10,000 Menschen leben), und für das Jahr 1854 auf 60,000 Seelen an, während Lieut. Page sie sogar nur auf 50,000 Seelen schätzt. Diese letztern Angaben sind nun wohl zu gering. In dem genannten Jahre wurde ein Census veranstaltet, dessen Resultate, zu einem cuadro estadistico zusammengefalst, in der correntinischen Zeitung El Commercio vom 19. April 1855 publieirt wurden. Dieses cuadro estadistico zeichnet sich zwar vor andern sta- tistischen Mittheilungen dadurch aus, dafs in ihm nicht blofs die Ge- neralsummen überall falsch berechnet sind, sondern auch die Ziffern des resumen jeneral mit den detaillirten Angaben, und diese unterein- ander in der ausgeprägtesten Zwietracht leben; aber die Resultate des Census sind, wenigstens theilweise, offenbar auch in dem Almanaque nacional de la Confederacion Argentina para los anos 1855 y 1856, Segunda Parte p. 36 w.f.; und vollständig in der bereits angeführten Schrift Quesada’s benutzt worden, so dafs man die richtigen Ziffern mit ziemlicher Sicherheit herausfinden kann '). Darnach gestalten sich die Bevölkerungsverhältnisse folgendermalsen: die Hauptstadt Corrientes hat . . . 9959 Einw. ?) das Departement Goya_ . . .» ....9796 - - - Bella Vista, .. ..: ...;5070.., - - - SaladasıE „Arm HAAR. - - San Boane:: ".,.....r..2955 Ir - - Mburucuya -. - .. . 3605 - °) - - Jaguarete-Cora . . 3061 - - - San Miguel. . . . 195 - - - Caacaty . . .:....8904 - - - 1 Re FERBR, = ar ER 1 5 - - Pa RE NE Ye - - Ban Üoame..ı;:, 2... -aeaanı S - - Empedrado. . . . 4704 - - - Esquina . » ....3283 - - - Mereedes "er. „WR gan !) Den Verfasser des Almanaque haben die Departements in nicht geringe Ver- wirrung gesetzt; das Departement Cosme hält er für identisch mit dem Departe- ment Lomas, die Einwohnerzahl des erstern überträgt er auf das Departement S. Luis, und die des letztern hat er nirgends unterzubringen gewufst. Quesada verdient das meiste Vertrauen. 2) Nach Quesada’s Ansicht ist diese Zahl viel zu gering und mus auf einem Irrthum beruhen. Page giebt S. 103 die Einwohnerzahl auf 12,000 an, der Alma- naque — sicher zu hoch — auf 16,000. 3) In dieser Zahl hat Quesada vielleicht geirrt; im Almanaque kommt die Zahl 2505, im cuadro estadistico zweimal die Zahl 3505 vor; die letztere ist vielleicht die richtige. A460 Corrientes. das Departement Curuzu-Cuatia . . 2648 Einw. - - Restauracion . . . 3304 - - - Banbruzsar| „teils ITOTR € - - San Luis de Palmar 6318 - 82709 Einw. ?). In dieser Aufzählung fehlt die Bevölkerung des nordöstlichen Depar- tements $S. Tome und die der Missionen. Auch hiervon abgesehen, wird die Generalsumme nur als ein Minimum Glauben verdienen; denn auch in den aufgeführten Departements ist die Administrativ- Gewalt noch keineswegs so durchgreifend, dafs ihr nicht ein Theil der Bevölkerung entgangen sein sollte; und in manchen schwer zugängli- chen Gegenden, wie z. B. auf den festen Erdbuckeln im Lagunen -Di- striet Ybera, werden sich ohne Zweifel noch ganze estancias befinden, von denen die Regierung bisher keine Notiz genommen hat. Da der neueste Census von 1857, dessen Resultat wir in diesem Bande der Zeitschrift ($. 82) bereits mitgetheilt haben, unfehlbar mit denselben Schwierigkeiten zu kämpfen hatte, steht sein Resultat mit der Angabe für 1854 in Harmonie; er ergab eine Bevölkerung von 85,447 Seelen, also in drei Jahren einen Zuwachs von 2736 Seelen, dessen Gering- fügigkeit wohl erklärlich ist in einem überwiegend viehzuchttreibenden Lande, in welchem der gröfsere Theil der männlichen Bevölkerung Tag und Nacht auf entlegenen Triften bei den Heerden festgehalten und hier an ein Leben und an Sitten gewöhnt wird, die der Neigung zur Begründung eines eigenen Heerdes und dem häuslichen Leben überhaupt durchaus ungünstig sind. Wenn die speciellen Zahlen des cuadro estadistico auch erheblichen Zweifeln unterliegen, so kann man doch aus ihnen das allgemeine Resultat entnehmen, dafs die Zahl der unverheiratheten Frauenzimmer fast in allen Departements eine unver- hältnifsmäfsig hohe ist, und nicht ausschliefslich durch das numerische Uebergewicht des weiblichen Geschlechts erklärt werden kann. Werfen wir nun einen Blick auf das Land selbst, so springt zu- !) Das (Cuadro estadistico, das in seinem Resumen jeneral von den oben ange- führten Zahlen nur hinsichtlich des Departements Mburucuya abweicht, dem es 100 Einwohner weniger zuschreibt, rechnet daraus für die ganze Provinz die Ein- wohnerzahl von 84,570 Seelen zusammen, fügt aber gleich unbekümmert hinzu: varones de todas edudes . . . 38,286 mujeres - - - 44,504 was wiederum die mit keiner Gesammtsumme stimmende Einwohnerzahl von 82,590 ergeben würde. — Dafs das weibliche Geschlecht stark überwiegt, scheint ausge- machte Thatsache zu sein; sie ist durch die Bürgerkriege zu erklären, durch welche Corrientes nächst der Banda Oriental von allen La Plata-Staaten am meisten gelit- ten hat. Dafs aber in Corrientes, wie ich irgendwo gelesen habe, fünfmal mehr Weiber als Männer leben, ist natürlich eine gewaltige Uebertreibung. na 1 Er Sn Sue Corrientes. 461 nächst in die Augen, dafs es sich in hydrographischer Beziehung einer aulserordentlich bevorzugten Lage erfreut. Vom Parama im Norden und Westen, vom Uruguay im Osten eingeschlossen, liegt es an den grolsen Wasserstralsen, welche bei weiterer Cultur-Entwickerung die reichen Producte der Länder am Vermejo und Paraguay und der bra- silianischen Nachbarprovinzen an seinen Grenzen vorüber nach dem Ocean führen werden. Ein dichtverschlungenes Netz von Flufsarmen, die weite Strecken durchschneiden, und von Zuflüssen, die von Käh- nen und Flöfsen benutzt werden können, erleichtern den innern Ver- kehr, und die Beschaffenheit des fast ganz gebirgslosen Landes setzt auch dem Bau guter Landstrafsen keine Hindernisse in den Weg. Von den Flüssen ist der Paranä der wichtigste. Er ist von der Einmündung des Paraguay bis zum Meere durch Lieut. Page genau untersucht worden, und es hat sich ergeben, dafs seine geringste Tiefe, in der Nachbarschaft von Bella Vista, wo der Strom in zahlreiche Arme getheilt ist, bei niedrigem Wasserstande noch immer 10 Fuls beträgt; abgesehen von diesen Stellen und einigen ähnlichen Passagen in seinem untern Laufe oberhalb La Paz in Entre Rios ist der Strom sonst überall über 14 Fuls, und wo er die Westgrenze von Corrientes bildet, 20— 70 Fufs tief ist. Dafs die Schifffahrt auch auf der Strecke von seinen Eintritt in die Missionen bis zur Mündung des Paraguay mit erheblichen Hindernissen nicht zu kämpfen hat, kann man wohl mit Sicherheit annehmen; die grofsen Wasserfälle und Stromschnellen des Paranä liegen oberhalb der Mündung des Yguazu, jenseits des cor- rentinischen Gebietes, und die sogenannten Fälle von Apipe werden vermuthlich nur Rapiden sein, die bei hohem Wasserstande ausgegli- chen werden. Bei Ytapua, wo der Flufs die Richtung nach Westen eingeschlagen hat, fand ihn Page bereits 1! Miles breit. Die Periode des Hochwassers fällt in beiden Strömen, im Parana und Paraguay, bekanntlich nicht zusammen, da ihre Quellgebiete in verschiedenen Breiten liegen und von den tropischen Regengüssen zu verschiedenen Zeiten heimgesucht werden. Der Paraguay entspringt unter 14° S. Br., während die Quellen der Hauptzuflüsse des Parana unter dem Wendekreise auf der brasilianischen Küstenkette liegen. Dort tritt demnach dies Anschwellen bereits im October ein und hält, während die nach Süden vorrückenden tropischen Regen die weiteren Zuflüsse des Stromes speisen, bis in den December an, wo es ge- wöhnlich sein Maximum erreicht. Erst in diesem Monat sind die star- ken atmosphärischen Niederschläge bis in das Hauptquellgebiet des Paranä vorgerückt; dieser Strom beginnt also im December anzu- schwellen, er erreicht seinen höchsten Wasserstand in der Mitte des Februar und behauptet ihn, durch das Hochwasser seiner nördlichsten 462 Corrientes. Zuflüsse genährt, einen Monat lang. Im Juni und Juli, wo die nörd- liche Hälfte der Tropenzone durch die periodischen Regen heimge- sucht wird, hat der Flufs seinen niedrigsten Stand; und erst im Octo- ber zeigt sich ein geringeres Anschwellen, — um 6 Fuls —, die so- genannte repunta, die wahrscheinlich nur durch das dann eintretende Hochwasser des Paraguay verursacht wird. In seinem untern Laufe ist der Parana, abweichend vom Para- guay, fast nirgends auf beiden Seiten zugleich von hohen Ufern ein- gefalst. Auf der Grenze zwischen Corrientes und dem Chaco sind im Allgemeinen beide Ufer niedrig; im correntinischen Gebiet treten nur an zwei Stellen höher gelegene Ebenen (mesas) mit steilen Abstürzen (barrancas) an den Strom hinan; die erste südlich von der Hauptstadt Corrientes bis zum Pueblo del Empedrado, ein schön bewaldetes, von zahlreichen Bächen zerrissenes Tafelland; die zweite zwischen Bella Vista und Santa Lucia, eine baumlose Savanne, die bei der zuerst ge- nannten Stadt 130 Fuls, zwischen Santa Lucia und Goya aber nur 40 Fuls hohe Ufer bildet. Von hier ab sind beide Ufer wieder niedrig, zwischen La Paz und Diamante erhebt sich das entrerianische 90 bis 150 Fufs hoch, auf der kleinen Strecke zwischen Diamante und der Mündung des Carearana sind beide Ufer niedrig, dann erhebt sich das rechte bis zur Mündung hin, während sich auf dem linken das von den zahlreichen Stromarmen durchschnittene Flachland des Deltas aus- breitet. Der Strom hat also auf dieser ganzen Strecke überall Gele- genheit sich mindestens nach einer Seite hin mit seinen Armen zu verzweigen und das angrenzende Flachland in Inseln abzutheilen, die im Schmuck einer üppigen Vegetation nicht wenig zur Verschönerung der Landschaft beitragen. Diese Bildung von Inseln und neuen Flufs- armen, die Verschlämmung oder Vertiefung der alten ist in fortdau- erndem Umwandelungsprocels begriffen; die von dem Strom mitgeführte Masse von Detritus lagert sich an allen Stellen ab, wo die Strömung eine geringere ist, oder wo Baumstämme und die schwimmenden In- seln von Wasserpflanzen (camilotes), die bei Hochwasser stromabwärts treiben, sich festgesetzt haben, bei niederem Wasserstande sprofst auf dem Schlammboden dieser neugebildeten Inseln ein grobes Gras (paja grande) in üppiger Fülle hervor, später stellt sich Ellerngestrüpp ein, endlich wachsen auf ihnen auch die Bäume, die für die Inseln des un- tern Stromlaufes charakteristisch sind, die Weiden (sauce) mit ihrem lichtgrünen Laube und der stachelige Seibo mit seinen prachtvollen purpurrothen Blüthenbüscheln. Weiter aufwärts stellen sich zwei Lor- beerarten ein, der /aurel mini und der /aurel blanco; auf eorrentini- schem Gebiet aber bilden die Weiden, oft von üppigen Schlinggewäch- sen umrankt und erstickt, und die Wasserpflanzen nur die äufsere Ein- re < BEREBIFRRn . Corrientes,. 463 fassung der Inseln; über diesem lichtgrünen Rande erhebt sich von den höheren und trockeneren Punkten die saftig dunkelgrüne, dichte Laubkrone des Timbo, das bläulich weilse Laub des Palo de leiche, aus dessen Rinde, wo sie verwundet wird, ein milchweilses Harz aus- schwitzt, und der Drachenblutbaum (Sangre Draco), während auf der hohen Pampa Palmen (datiles) ihre fächerartigen Wipfel erheben, — die ersten Vorposten der ausgedehnten, lichten Palmenwälder, welche den weiten Flächen des Chaco ihr eigenthümliches Gepräge verleihen. Der Paranä gieht der Provinz Corrientes eine Wasserverbindung mit dem Meere; der nicht minder mächtige Uruguay kann zur Zeit nur dem binnenländischen Verkehr dienen, da er in der Provinz Entre Rios oberhalb Concordia Wasserfälle bildet, die freilich durch einen kurzen Canal mit nur drei Schleusen leicht umgangen werden könn- ten. Jetzt begnügt man sich damit, die stromabwärts geführten Waa- ren von Corrientes und den angrenzenden brasilianischen Provinzen “berhalb der Fälle auf Frachtwagen zu laden und sie zu Lande nach dem entrerianischen Hafen Concordia oder dem orientalischen Hafen Salto zu befördern, wo der ungehemmte Wassertransport wieder be- ginnt '). Für diesen binnenländischen Verkehr ist auf correntinischer Seite jetzt das aufstrebende Restauracion der wichtigste Platz; der Uru- guay fliefst hier, eine Seemeile breit, zwischen 60 Fufs hohen Ufern, er ist meist 6—8 Fuls tief, und seine Strömung nicht stark, — 14 Miles in der Stunde. Er schwillt im October und November um 15 bis 20 Fuls an; dann findet sich auch in den Stromschnellen des Salto Grande eine hinlängliche Wassertiefe, so dafs Dampfer über sie hinwegfahren und unter starkem Dampfdruck die reilsende Strömung überwinden können. Zwischen diesen beiden gewaltigen Stromadern liegt die Provinz Corrientes als ein verhältnifsmälsig schmaler Landstreifen. Bei Can- delaria im Gebiet der Missionen sind beide Ströme nur 9 deutsche Meilen von einander entfernt; und selbst die centralsten Punkte, Ya- guarete-corä und Mercedes, liegen von ihnen in gerader Richtung nur 15 bis 20 deutsche Meilen ab. Das ist für den Verkehr eine überaus günstige Situation. Er wird indefs noch mehr dadurch erleichtert, dafs das Land von zahlreichen Zuflüssen jener beiden Ströme durchschnit- ten wird, von denen wenigstens ein Theil für Kahnfahrt und Flöfsen nutzbar ist ?). Dieser Wasserreichthum ist die hervorstechendste Ei- ’) Eine anschauliche Schilderung dieses Handelsverkehrs danken wir Herrn v. Gülich in seiner „Reise im Thal des Uruguay und auf dem Gebiete der Banda Oriental“, in dieser Zeitschrift, N. F., Bd. V, S. 294 ff. 2) John Le Long hat z. B. mit Erfolg versucht, den R. de Santa Lneia zu befahren, der weniger bedeutend ist als der R. Corrientes. Vergl. seine Fragmentos de viajes en la America del Sur, abgedruckt im Commercio vom 10. Febr. 1856. A6A Corrientes. genthümlichkeit, dureh welche sich das argentinische Mesopotamien vor allen andern Provinzen der Conföderation auszeichnet; und der nörd- lichere Theil desselben, Corrientes, übertrifft in dieser Beziehung wie- derum den südlichen, Entre Rios, sowohl durch gröfseren Reichthum an Flüssen, Bächen und Quellen, wie durch zahlreiche und grofse La- gunen, die im Süden nicht vorkommen. Die eorrentinischen Lagunen sind zum Theil Seen mit wohlum- grenzten Ufern, wie die Laguna Brava in dem hügeligen Departement Lomas, der nordwestlichen Ecke von Corrientes, — ein schönes Was- serbecken mit mehreren gut bewaldeten Inseln, zum Theil bestehen sie aus schilfumkränzten Wasserflächen inmitten ausgedehnter und un- zugänglicher Sümpfe. Zu den letztern gehören aulser den umfangrei- chen Schilfländereien (esteros) im Departement Esquina, namentlich die beiden grofsen Seengruppen, welche unter den Namen Las Ma- loyas und Ybera den Norden der Provinz ausfüllen und nur durch einen schmalen wellenförmigen Landrücken vom Paranä getrennt sind Die Lagune Las Moloyas hat wohl 10 Leguas im Umfang und besteht aus Sümpfen und Wasserflächen, die mit Schilf und Wasserlilien be- deckt sind. In der Laguna Ybera wechseln Seen mit sumpfigen Schilf- und Buschländereien (esteros y malezales), schwankenden Moorgrün- den (tembladerales) und festen Erdknollen ab, auf welchen letztern sich hin und wieder sogar isolirte, und wahrscheinlich nur zu gewissen Jah- reszeiten zugängliche Viehzucht-Etablissements befinden sollen. Unter dem Schilf und Röhricht, das diese Sümpfe bedeckt und die Seen ein- fafst, gedeiht auf weiten Strecken das facuard der Guaranis, eine Art Bambus, die 30 bis 40 Fufs hoch und 6 Zoll (im Durchmesser) stark wird und ein sehr beliebtes und bequemes Material zur Einhegung der Felder, zur Errichtung von Viehhürden und zum Dachdecken darbietet. Zahllose Schaaren von Wasservögeln beleben dieses verworrene Netz von Wasserbecken; auf den sumpfigen Rändern sonnt sich der Kai- man (yacare im Guarani) und durch das Buschdickicht schleicht der Jaguar auf Beute aus. Auf den klaren Wasserflächen schwimmen gleich verzauberten Inseln die prachtvollen Blumen der Victoria regia, von den Spaniern „Wassermais“, von den Guaranis „Irupe“ oder Was- serschüssel genannt. Sie erreicht auf den Ybera-Seen fast dieselbe Grölse, in der sie Schomburgk in Guyana entdeckte. Die auf der obern Fläche glatten, lichtgrünen Blätter, haben 6 Fuls im Durchmes- ser, sind von einem aufrechtstehenden, in Corrientes nur 2 Zoll hohen Rande eingefafst und ruhen, wie der Guarani- Ausdruck es bezeichnend wiedergiebt, gleich grofsen Schüsseln auf der Wasserfläche. Der Sten- gel und die untere Seite der Blätter sind mit scharfen elastischen Sta- cheln bedeckt. Die süfsduftende Blüthe leuchtet im zartesten Weils, ee E Corrientes. 465 das sich in den folgenden Tagen mehr und mehr in Violett verwan- delt. Aus ihr entwickelt sich eine maisartige Frucht von der Gröfse eines Kinderkopfes, mit Körnern wie grobe Rehposten, die unter einer dünnen Hülse eine weilse mehlige Substanz enthalten. Die Corren- tiner sammeln die Kolben, mahlen sie und bereiten daraus ein nahr- haftes und wohlschmeckendes Brod; aber auch viele Wasservögel sind begierig auf diese Frucht: sie umschwärmen die schwimmenden Blu- men und lassen sich auf ihnen nieder, um sich behaglich an den mehl- reichen Körnern zu nähren. Im Lande herrscht die Ansicht, dals die Laguna Ybera im un- terirdischen Zusammenhange mit dem Paranä stehe und deshalb gleich- zeitig mit ihm anschwelle. Azara behauptet sogar, dafs der Parana früher seinen Lauf durch diese grofse Senkung direct nach Südwesten genommen; jedenfalls wäre es von Interesse, den schmalen unten dem Namen Tranqueta de Loreto bekannten Isthmus, der die Lagune vom Paranä trennt und die Brücke zwischen dem Departement S. Miguel und dem Gebiete der Missionen bildet, genauer zu untersuchen. In den quellenreichen Gründen dieser grolsen Lagunen nehmen alle Flüsse und Bäche des westlichen Oorrientes ihren Ursprung. Mi kurzem, von Osten nach Westen gerichteten Laufe drängen sie sich im nordwestlichen Theile des Landes dicht nebeneinander. In dem ein- zigen Departement del Empedrado, südlich von der Hauptstadt, wer- den nicht weniger als acht solcher Bäche genannt: der Sombrero Grande, der Sombrerito, Haoma, Peguahö, Empedrado, Pedro Gonzalez, Pe- guaho Chico und der San Lorenzo. Weiter nach Süden hin gewin- nen sie bei südwestlichem Laufe eine bedeutendere Entwickelung. Der Rio Ambrosio durchströmt das Departement Saladas von NO. nach SW. Einen viel längern Lauf besitzt der Rio de Santa Lucia, der aus der Laguna Ybera entspringt, anfangs in zahlreichen Verzweigun- gen durch Seen, Sümpfe und Schilfgründe rinnt, bei San Roque aber in ein einziges Bett sich vereinigt. Der R. Batel kommt ebenfalls aus der Laguna Ybera, und verzweigt sich in seinem untern Laufe in viele Arme, von denen die meisten sich in Sümpfen und Schilfniede- rungen verlieren. Gleichen Ursprung hat der etwa 40 Leguas lange R. Corrientes, der bedeutendste Fluls des Binnenlandes. Mr. Mur- daugh fand ihn gegen Ende December am Paso de Santillana gegen 600 Fufs breit und so tief, dals die Pferde durch ihn durchschwimmen und der Reisewagen auf zusammengefügten Canoes hinübergebracht - werden mulsten; die Strömung betrug zwei Knoten. Gegenüber dem Flecken Esquina vereinigt sich der Flufs mit dem Riacho de la Es- quina, einem Arm des Paranä, und flielst dann bis zu seiner Mündung dem Paranä parallel, indem er das Festland von der sogenannten Zeitschr. f. allg. Erdk. Neue Folge. Bd, VII. 30 44 466 Corrientes. Costa Brava scheidet. Die Guaranis nennen den R. Corrientes „Aru- hai“, Flufs oder Wasser der Tapfern, weil die Tolderias der tapfern Charricas sich früher bis zu diesem Flufs erstreckten. Der südliche Grenzfluls, der Guayquirarö, der von Norden den Arroyo Sarandi, von Süden den Arroyo de las Mulas aufnimmt, hat seinen Ursprung in Sümpfen des Departements Curuzu Cuatia. In demsemben Departe- ment entspringt der Mocoretä, der in den Uruguay mündet. Von den Zuflüssen dieses letztern Stromes ist der Mirinay der bedeu- tendste; auch ihm giebt die Laguna Yberä den Ursprung; er nimmt zahlreiche Bäche auf, den Aguaceros, den Umbu, den Yaguary mit dem Bache von Curuzu Cuatia, und war auf der Strafse von Curuzu Cuatia nach Restauraeion, wo ihn Murdaugh im Januar 1855 überschritt, 4 Fufs tief und 75 Fuls breit. Nächst ihm ist der Aguapey der be- trächtlichste Zufluls des Uruguay auf correntinischem Boden. Vergegenwärtigen wir uns diese Fülle von fliefsenden und stehen- den Gewässern und Sümpfen und denken wir daran, dafs das Land zwischen dem 27 und 30° S. Br. liegt, so drängt sich uns natürlich die Vorstellung auf, dafs das Klima von Corrientes ein recht unge- sundes sein müsse. Dies ist jedoch nicht der Fall, die Bewohner er- freuen sich vielmehr einer dauerhaften Gesundheit und einer robusten Constitution bis in ein sehr hohes Alter; und die Hauptplage sumpfi- ger Gegenden, das Wechselfieber, ist hier fast ganz unbekannt. Wahr- scheinlich liegt der Grund dieser auffallenden Thatsache darin, dafs die Lufteireulation in dem nirgends durch Gebirge unterbrochenen wei- ten La Plata-Becken überall eine unbehinderte ist und dafs nament- lich die frische kühle Seeluft, die sich Abends als leichter Süd einzu- stellen pflegt, nicht blofs in Corrientes, sondern noch in weit nördli- chern Breiten ihre wohlthätige Wirkung geltend macht. Dieser Um- stand, dafs die Luftströme mit ungebrochener Kraft und unbehindert über die weiten Flächen sich ergiefsen können, bewirkt es, dals im La Plata-Gebiet mit jedem Umspringen des Windes von Norden nach Süden und umgekehrt ein starker Temperaturwechsel verknüpft ist. Selbst im Centrum des Continents, in der brasilianischen Provinz Matto Grosso, wurde Page zuweilen an die selbst hier noch kraftvolle Ein- wirkung des kalten Südmeeres erinnert. Im nördlichen Paraguay, nicht weit vom Pan de Azucar, beobachtete Page am 18. November Nach- mittags 3 Uhr bei Nordwind einen Thermometerstand von 97° F.; am folgenden Tage um dieselbe Zeit war das Thermometer bei WSW, auf 79°, und um Mitternacht bei Südwind auf 68° F. gesunken, — so ab- kühlend wirkte der Süd selbst hier, wo er in einem Sommermonat durch dreizehn Breitengrade über schattenleere Pampas hingestrichen war. Man kann annehmen, dals in Corrientes noch schroffere Ueber- Corrientes, 467 gänge stattfinden. Während der kurzen Zeit seines Aufenthalts beob- achtete Page unter Anderm am 2. December um 12 Uhr Mittags 92° bei NNO., um 4 Uhr Nachmittags 78°5 bei SSO. Was die Bodenerhebung betrifft, so können wir das eigentliche Corrientes als ein Flachland, das Gebiet der Missionen als ein wel- lenförmiges Hügelland bezeichnen. Das erstere erhebt sich am meisten in dem Landstrich zwischen dem R. Corrientes und dem Mirinay und senkt sich ziemlich gleichmälsig nach dem Uruguay einer- und dem Paranä andererseits. Die drei Berge bei La Cruz (am Uruguay) wer- den als ein Phänomen in diesem Flachlande überall erwähnt; bekannt- lich knüpft das Volk an sie die Meinung, dals sich in ihnen Queck- silber befinde, aber wir haben unsern Lesern schon vor längerer Zeit (N. F., Bd. II, S. 378) ein Schreiben Bonpland’s mitgetheilt, aus wel- chem sich ergiebt, dafs es dem greisen Naturforscher nicht gelungen ist, durch seine Bohrversuche diese Thatsache zu constatiren, obgleich er in Anbetracht der Uebereinstimmung des geologischen Baues dieser Gegend mit dem der Umgegend von Santa Maria de Fe in Paraguay, wo sich notorisch Quecksilber findet, auch nicht entschieden die Rich- tigkeit des Volksglaubens bestreiten will. Ungeachtet der Einförmigkeit der Bodenerhebung kann man das Gebiet von Corrientes in drei Distriete mit verschiedener Bodenbe- schaffenheit theilen.. Den ersten bildet das Flachland westlich vom R. Corrientes, das nur durch die schon oben erwähnte höhergelegene, baumleere Savanne von Bella Vista unterbrochen wird. Es ist ein weidenreiches, hin und wieder mit Wäldern besetztes, von den bewal- deten Schluchten der Zuflüsse des Paranä durchfurchtes Campo, das in dem westlich vom R. de Santa Lucia gelegenen Theil reich an La- gunen, Sümpfen und Schilfniederungen ist, während in dem etwas hö- her gelegenen Landstrich zwischen diesem Flusse und dem R. de Cor- rientes auf trockenerem Boden bereits eine Reihe von Palmenwäldern erscheint. Der zweite District umfafst das Land zwischen dem Cor- rientes und dem Mirinay; es ist flach wellenförmig, frei von Lagunen und Sümpfen, vorzugsweise nur an den Flufsrändern mit Waldungen von Quebracho’s und Espinillo’s ausgestattet und hinsichtlich der Ve- getation besonders dadurch scharf ausgezeichnet, dafs seine Campos mit einer besondern, westlich vom R. Corrientes nicht vorkommenden Grasart, flechilla genannt, bedeckt sind, welche einen haferähnlichen Samen trägt und dem Vieh besonders zuträglich ist. Während in die- sen beiden Distrieten die Ackerkrume aus einer schwarzen, mehr oder minder mit Sand gemischten Pflanzenerde besteht und das nackte Ge- stein nirgends zu Tage tritt, herrscht in dem dritten Distriet, östlich vom Mirinay und der Laguna Yberä, ein röthlicher Lettenboden vor, 30* A68 Corrientes. und in dem höhern, vortrefflich bewaldeten Hügellande der Misiones fehlt es nicht an Kalkstein und Marmor. Auf den Weiden wechselt flechilla mit gewöhnlichem Grase ab. Ehe wir nun, den aus vorliegenden Reiseberichten folgend, die ein- zelnen Landestheile genauer ins Auge fassen, wenden wir unsere Auf- merksamkeit zunächst auf die Hauptstadt selbst und ihre Umgegend. Die Hauptstadt Oorrientes liegt am linken Ufer des Paranä, etwa d deutsche Meilen vom Zusammenflusse des Paraguay mit dem Paranä entfernt. Nicht von dieser Confluenz hat sie ihren Namen er- halten; der letztere lautet vielmehr vollständig La Ciudad de San Juan de Vera de las siete Öorrientes, und bezieht sich auf sieben Canäle, in welche eine Anzahl von Inseln den Strom oberhalb der Stadt theilt. Juan de Vera war Adelantado von Paraguay; er hatte seinen Neffen Alonzo de Vera mit 80 tapfern Spaniern nach Süden gesendet, um die spanischen Besitzungen zu erweitern und neue Ortschaften zu gründen. Angelockt durch die Schönheit der Gegend, stieg Alonzo de Vera am 3. April 1588 an der Stelle, wo jetzt Corrientes steht, ans Land und pflanzte hier auf dem hohen Ufer, auf dem sich damals der sogenannte Arazaty-Wald und ein undurchdringliches Buschwerk befand, das Kreuz auf, von dessen wunderthätiger Kraft die Legende viel zu berichten weils. Ein Heer von 6000 Guaranis unter den Caziken Canindeyu, Payaguari und Aguarä Coemba bedrängte das kleine Häuflein der Conquistadores, das sich hinter Palissaden tapfer vertheidigte; erstaunt über den zähen Widerstand, glaubten die Guaranis, dafs in dem Kreuz, vor dem die Weilsen stets mit Ehrfurcht niederknieten, ein Talisman stecke, der ihnen überirdische Kraft verleihe, und suchten es zu ver- brennen. Aber alle Versuche, das Kreuz anzuzünden, schlugen fehl; schliefslich zog ein Gewitter herauf, und jeder Guarani, der sich dem Kreuze näherte, wurde vom Blitz erschlagen, bis die Eingeborenen, durch das Wunder erschreckt, sich zur Unterwerfung bereit erklärten. Ueber dem Kreuz wurde damals eine Capelle errichtet; später wurde es in die Iglesia de la Cruz gebracht und noch heute ist es ein Ge- genstand der Verehrung. Zur Erinnerung an den tapfern Widerstand der Begründer der Stadt wurde am 4. Mai 1828 an der Stelle, an wel- cher ursprünglich das Kreuz stand, eine 27 Fuls hohe Säule errichtet, welche auf der Spitze eine Kugel trägt und an den Seiten Inschriften zeigt, die sich auf die That vom 3. April 1588 beziehen. Alljährlich wurde dieser Tag als ein religiöses Fest gefeiert; da er aber zuweilen in die Charwoche fällt, ist das Fest seit 1805 auf den 3. Mai verlegt und wird auf der Plaza de la Cruz noch alljährlich gefeiert: Damen und Herren vereinigen sich festlich geschmückt zu stattlichen Caval- caden, und der Abend wird mit Gesang, Musik und Tanz zugebracht. Corrientes. 469 Die aus einstöckigen Häusern bestehende und weitläuftig gebaute Stadt zieht sich bei geringer Breite eine Viertelmeile weit längs des Flusses hin. Sie ist mit rechtwinkelig sich schneidenden Strafsen vor- schriftsmäfsig nach der Ley de Indias gebaut und arm an hervorra- genden Bauwerken. Selbst das Gouvernements-Gebäude, die Casa del Estado, ist ein einfaches, einstöckiges Gebäude von Ziegeln, mit einem weiten Eingang, der auf den geräumigen innern Hof führt, nach wel- chem alle Empfangszimmer und Bureaus geöffnet sind. In ähnlicher Weise sind auch die Privathäuser um einen innern Hof gebaut, der bei den bessern durch Gruppen von Orangen und durch Blumenbeete verschönert ist: hier wie überall am La Plata zeichnen sich die Da- men durch leidenschaftliche Blumenliebhaberei aus. Die Zimmer sind geräumig und luftig, einem bescheidenen Comfort und den klimatischen Verhältnissen entsprechend. Natürlich fehlen auf den Dächern die azoteas nicht, offene oder bedeckte Gallerien, auf denen die Bevölke- rung promenirend oder ruhend die Abendkühle geniefst, Besuche em- pfängt oder abstattet, und insonderheit die Damenwelt die Huldigun- gen ihrer chevaleresken Verehrer entgegennimmt. Um Mittag, wo Je- dermann Siesta hält, ist die Stadt wie ausgestorben; selbst die Läden sind geschlossen. Das bunteste und belebteste Bild gewährt noch der Marktplatz, wo die weilse und kupferfarbige Bevölkerung, Käufer und Verkäufer, Männer und Weiber, alle mit brennenden Cigarren, sich durch einander drängen und die ungewohnten Laute des Guarani dem Fremdlinge von allen Seiten entgegen tönen. Hier tummeln sich nicht blofs Guaranis umher, mit nackten Beinen und Armen und nur halb- bedeckter Brust, sondern auch Guaycurus aus dem Chaco erscheinen in kleinen Trupps, die Weiber mit ihren Kindern, deren jüngstes ihnen auf den Rücken gebunden ist. Sie bringen unter Anderm Pelzwerk nach Corrientes, namentlich Flufsotterfelle, — den Ertrag ihrer Jagden an den Flüssen und in den Wäldern ihres unerforschten Gebietes. Die Stadt hat vier Kirchen: la Merced, la Matriz, San Franeisco und la Cruz; eine fünfte (Nuestra Senora del Rosario) war 1857 im Bau. Die Matriz ist ein geschmackloses Gebäude, deren Inneres mehr einem Stall als einer katholischen Kirche gleicht; der Thurm mit der Stadtuhr steht isolirt neben dem Haupteingange, wie es auch bei vie- len andern Kirchen dieses Landes der Fall ist. Verhältnifsmäfsig die ansehnlichste Kirche ist die von San Francisco, die mit einem Kloster verbunden ist, dem einzigen Kloster des Landes, in welchem noch einige Mönche leben. Von ihrem Thurm geniefst man einen weiten Rundblick: im Westen überschaut man die Windungen des majestäti- schen Paranä, in dem man zuweilen selbst hier noch das gelbliche und trübe Wasser des 70 Miles oberhalb mündenden Vermejo von der Ar0 Corrientes. klaren Fluth des Hauptstroms unterscheiden kann; darüber hinaus schweift der Blick auf die Palmenwälder des Chaco; nach Osten zu zeigen sich die von Pfirsich- und Orangenhainen umgebenen Quin- tas des hügeligen und anmuthigen Departements Las Lomas; unmit- telbar zu Fülsen dehnt sich die Stadt aus mit ihren Baumgruppen und Gärten und das von bewaldeten Schluchten zerrissene Ufer des Parana. Die Stadt hat fünf Knabenschulen mit 380 und vier Mädchen- schulen mit 206 Zöglingen. Im Allgemeinen ist es mit dem Volksun- terricht in der Provinz schlecht bestellt und namentlich für den Un- terricht der Mädchen geschieht fast Nichts. Während man im Jahre 1857 in ganz Corrientes 51 Knabenschulen mit 2443 Schülern zählte, gab es nur 10 Mädchenschulen mit 460 Schülerinnen, so dals, abgese- hen von der Hauptstadt, im ganzen Lande nur 254 Mädchen in 6 Schu- len unterrichtet wurden. Die Regierung von Entre Rios zeigt in die- ser Beziehung einen grölseren Eifer. Von besonderem Interesse für uns ist das naturhistorische Museum von Corrientes, da es von seiner Gründung im Jahre 1854 ab unter Bonpland’s Leitung stand und wahr- scheinlich ausschliefslich aus den reichen Sammlungen dieses Natur- forschers besteht. In dem Schreiben, in welchem Bonpland das ihm angetragene Directorat annimmt, theilt er mit, dafs er seit 1816 ein Herbarium gesammelt hat, welches für das Gebiet von Paraguay, der Argentinischen Conföderation und der Banda Oriental mehr als 3000 Pflanzen enthält. Der Hafen der Stadt ist gut. Die Schiffe können ziemlich nah am Ufer anlegen und sind hier gegen die Gewalt der Strömung ge- schützt. Auf dem Werft herrscht ein reges Leben: in den 6 Jahren vor 1857 wurden hier nicht weniger als 168 Schiffe, 66 Kähne und 21 Canoes gebaut, und diese Fahrzeuge stehen in gutem Ruf wegen der überaus dauerhaften Holzarten, welche Corrientes und das Chaco dem Schiffsbau darbieten. Der Holzhandel bildet den wichtigsten Zweig des Handelsverkehrs, obwohl die Zufuhr des Holzes auf Ochsenkarren eine eben so zeitraubende und kostspielige, wie in einem Lande, das zum Flöfsen so bequeme Gelegenheit darbietet, leicht vermeidliche Ope- ration ist. In den benachbarten Theilen des Chaco, wie in Corrien- tes, namentlich auf der Insel Apipe, existiren ganze Etablissements von Holzschlägern (obrajes); hier werden die gefällten Bäume indefs nur ganz grob zu Balken behauen, um später zu Planken, Latten und Brettern zerschnitten zu werden. Welche Rolle das Holz im Handels- verkehr von Corrientes spielt, kann man aus der folgenden Uebersicht des Exports für die Jahre 1854 und 1855 ersehen. EEE Corrientes. 471 Es wurden ausgeführt: 1854. 1,330 grobbehauene Balken . . von 96254 Varas Länge 18,113 Balken (tirantes) . . .- 1171634 - - 6,513 kleinere Balken (tirantillos) . - 42,1634 - - 154.78, Bretter. eilt. ver stualluside 7,3834 - & 242 Blöcke „21... - 1,5414 - - 140 kleinere Blöcke an - RyTı, - - - 20,088 Varas Latten (alfajias). . - 20,088 - - 64 Pfosten. 710 Tacuaras (Bambus). 1,328 Palmholzschindeln (tijeras de palma). 35,891 troekne Rindshäute. 3,036 gesalzene Rindshäute. 501 Kalbtelle. 26 Hirschfelle. 94 trockne Häute von Füllen. 805 gesalzene Häute von Füllen. 1,532 Dutzend Flufsotterfelle. 733 Schuhsohlen. 3,405 Arrobas Pferdehaare. 199 Arrobas 7 Pfund Wolle. 16,096 Hörner (astas) '). 5,427 Arrobas Fett (grasa). 1,171 Arrobas Pferdefett. 3,188 eingesalzene Zungen. 21,278 Arrobas eingesalzenes Fleisch. 244 Arrobas Talg (sebo). 106 Arrobas 20 Pfund Wachs. 6,602,000 Pfirsiche. 1855. 3,157 grobbehauene Balken von Urundey, Lapacho und Quebracho. von 20,941 Varas Länge 14,424 tirantes von Urundey und Quebracho . . . - 90,132 - - 11,593 tirantillos von Urundey äh QueBrachb eHNnRynn. DU FREE} - - 1,447 Bretter von Lorbeer . . - 8,307 - = 1,072 kleinere Blöcke von Lötbeke und AlBarrohRNE 6,716 - - ROTE. Varas Dattailk äh E92 NNETeT a.“ - 2) In dem uns vorliegenden Abdruck steht „aspas“. 472 Corrientes. 2,954 tijeras de palma. 29,542 trockne Rindshäute. 3,295 gesalzene Rindshäute. 98 Hirschfelle. 296 gegerbte Häute von Füllen. 12,949 gesalzene Häute von Füllen. 36 Bärenfelle. 40 Pumafelle. 2,302 Dutzend Flulsotterfelle. 666 Schuhsohlen. 3,810 Arrobas 14 Pfund Pferdehaare. 91 Arrobas 5 Pfund Wolle. 32.943 Hörner. 4,243 Arrobas Fett. 4,243 Arrobas Pferdefett. 144 eingesalzene Zungen. 15,966 Arrobas eingesalzenes Fleisch. 60 Arrobas 8 Pfund Schweinefett. 186 Arrobas 15 Pfund Wachs. 5,308,000 Pfrsiche. 12,500 Wassermelonen (sandias). 6 Arrobas Taback. 40,000 Cigarren. Diese Tabelle giebt eine vollkommen richtige Vorstellung von dem Culturzustande des Landes. Nur die Producte des Waldes und der Heerden kommen in den auswärtigen Verkehr; der Ackerbau arbeitet ausschliefslich für den heimischen Bedarf, trotz der aufserordentlichen Fruchtbarkeit des Bodens; selbst die Ausfuhr von Taback, der dem von Paraguay an Güte wenig oder garnicht nachsteht, ist ganz uner- heblich; und wenn auf den Listen einige Früchte mit hohen Ziffern figuriren, so ist zu bemerken, dafs selbst diese Ziffern dem bedeuten- den Umfange des Argentinischen Fruchthandels nicht entsprechen und dafs die Correntiner bei dem Trocknen des Obstes bei Weitem. nicht mit der Sorgfalt verfahren, welche den Früchten von Mendoza einen weitverbreiteten Ruf verschafft hat. Wenn nun ungeachtet der Aus- dehnung der Pfirsichwälder und ungeachtet der Qualification ausge- dehnter Landstriche für den Anbau des Zuckerrohrs unter den’ Aus- fuhr- Artikeln keine Art Liqueur erwähnt wird, — in einem Gebiet, in welchem derartige Getränke überaus beliebt sind; wenn ungeachtet des Reichthums an ganz vorzüglichen Bau- und Tischlerhölzern keine andere Holzwaaren und hölzerne Geräthschaften ausgeführt sind als 50 Thüren im Jahre 1854, so ergiebt sich daraus, dafs selbst diejeni- Corrientes. 473 gen Industriezweige, zu denen die Landesproducte eine kaum abzu- weisende Anregung ertheilen, noch nicht zur geringsten Bedeutung für den Handelsverkehr gediehen sind. Es scheint in der That, dafs nur Ein Industriezweig im Lande eine ziemlich allgemeine Verbreitung ge- funden hatte: die Weberei von Wollen- und Baumwollenwaaren. Frü- her besals jede Familie ihren Webstuhl und arbeitete nicht blofs für den häuslichen Bedarf, sondern auch für die Ausfuhr. Correntinische Poncho’s, Kanten und Borten, Wollenzeuge und langhaarige wollene Decken hatten einen guten Ruf, auch ihrer glänzenden und dauerhaf- ten Farben wegen. Jetzt aber ist auch diese Industrie in schnellem Verfall begriffen: der auswärtige Handel hat den Einwohnern Gele- genheit gegeben, ihren Bedarf namentlich an baumwollenen Stoffen durch fremde Fabrikate zu so billigen Preisen zu befriedigen, dals sie die Handweberei mit Vergnügen aufgegeben haben. Von der Hauptstadt wenden wir uns auf das Land und begleiten zunächst den Führer der nordamerikanischen Expedition auf seinen Ausflügen in die Umgegend der Stadt. Ueberall im Lande sind auf den Hauptstrafsen in geringen Abständen von einander Posthäuser, in welchen für den Bedarf der Reisenden eine Anzahl von Pferden gehalten wird; an Gasthäusern dagegen fehlt es und man sieht sich auf die Gastfreundschaft der Bewohner verwiesen, die durchgängig gern und selbst in aufopfernder Weise gewährt wird, — wenn man die Be- wohner nicht gerade in der Siesta stört. In der unmittelbaren Nähe von Corrientes ist der Boden sandig. Viel fruchtbareres Land liegt am Riachuelo, einem kleinen Bach, der 9.Miles unterhalb der Stadt mündet und den Page eine Strecke weit auf einem Boot befuhr. Diese Gegend ist reich an klaren Lagunen, auf denen die Victoria regia sich zeigt; der Boden besteht aus einem fetten dunkeln Lehm, der eine diehte Grasnarbe trägt und reiche Ern- ten an Mais und Taback erzeugen könnte, wenn eine stärkere Bevöl- kerung dem Ackerbau etwas mehr Sorgfalt zuwenden würde. Noch begnügte man sich mit dem althergebrachten hölzernen Pfluge, und ein. Franzose, der einen eisernen eingeführt hatte, erregte durch seine Ackerbestellung den Spott der Nachbarn, „denn er risse damit den Boden so weit auf, wie die Strafsen der Hauptstadt“. Der Erfolg wird indefs die Spötter sicherlich auf andere Gedanken bringen: in solchen Dingen ist der Anfang der schwerste Schritt und, weil er sicher zu befriedigenden Resultaten führt, an sich schon ein eulturhi- storisches Moment. Die Bewohner beschäftigen sich überwiegend mit der Viehzucht, und da die Besitzer der Estancias meist in der Haupt- stadt leben, bestehen die Ansiedelungen gewöhnlich nur aus ein paar elenden Hütten, in denen der Capitaz (Aufseher) und seine Leute, die ATA Corrientes. peones, leben. Durch die Bürgerkriege hat sich der Viehstand hier, wie im ganzen Lande, so sehr vermindert, dafs viele Grundbesitzer jetzt eine beträchtlichere Einnahme von ihren Orangengärten erzielen, obgleich sie auch der Baumeultur keine Sorgfalt zuwenden und die Orangen hier, wie überhaupt am linken Ufer des Paranä, schlechter sind, wie die von Paraguay. Doch fand Page hier auch einen statt- lichen Garten von 6000 Stämmen, von denen die Hälfte sich in voller Productivität befand und ein jährliches Einkommen von 2500 Dollars abwarf. Von besonderem Interesse ist Page’s Ausflug nach dem schmalen Isthmus, der die eorrentinischen Lagunendistriete vom Parana scheidet. Er kam hier durch San Cosme und Ytati, unbedeutende Flecken mit ein paar hundert Einwohnern; die Häuser waren aus Luftziegeln (ado- bes) erbaut, mit Dachziegeln oder Stroh gedeckt und nur mit dem nothdürftigsten Hausgeräth versehen. Die im Verfall begriffene alte Jesuitenkirche von Ytati wurde eben reparirt. Der von Page durch- reiste Landstrich — die Departements Las Lomas, Ensenadas, oder S. Cosme und Ytati, besteht aus einem angenehmen, wellenförmigen Hügellande, reich an Seen und Teichen, die theils isolirt sind, theils durch schmale Wasseradern in Verbindung stehen und durch unzählige Schaaren von Wasservögeln belebt werden. Die höhern Punkte sind mit Wäldchen geziert, welche den Einwohnern das nöthige Bau- und Brennholz liefern; auch die ausgedehnten Pfirsichgärten — vinas de naranjos — von denen einige eine jährliche Rente von 2—3000 Pia- stern liefern, tragen nicht wenig zur Verschönerung der Landschaft bei. Das Erdreich besteht aus einer mit Sand gemischten Pflanzen- erde, einem leichten und fruchtbaren Boden, auf dem namentlich Mais und ein vorzüglicher Taback gedeihen. Doch ist der Anbau beschränkt; aufser einigen Mais- und Tabacksfeldern sieht man um die Ansiede- lungen gewöhnlich nur noch ein Paar mit Mandioca bestellte Beete. Gleichwohl bildet der Ackerbau jetzt die Hauptbeschäftigung der Be- völkerung, da die Viehzucht in diesen Distrieten durch die Bürgerkriege fast ganz zu Grunde gerichtet ist; überall erblickt man vom Wege aus Hecken und Zäune, welche die Lage alter, nun verlassener Estan- cias anzeigen. Die trockenen Höhen (lomas) scheinen für die Schaf- zucht besonders günstig zu sein. Zwanzig Miles östlich von Ytati liegt eines der gröfsesten Viehzucht-Etablissements in dieser Gegend, die Estancia Yrisbuqua. Auf dieser Strecke senkt sich das Land, so dafs es an vielen Stellen Ueberschwemmungen ausgesetzt ist. Die ziemlich sparsam zerstreuten Wohnhäuser sind deshalb überall auf den lomas errichtet und zum Theil dauerhafter aus gebrannten Ziegeln erbaut; freilich fehlt es auch nicht an Adobe-Häusern, die mit Palmstämmen Corrientes. 475 gedeckt sind. Die letztere Sitte ist in Corrientes und Paraguay ziem- lich weit verbreitet; man verwendet dazu den Stamm der Caranday- Palme, spaltet ihn, nimmt das innere schwammige Holz heraus, legt diese Rinnen, die wenn sie trocknen sehr hart und fest werden, mit der convexen Seite nach oben als Dach dicht neben einander, und bedeckt die Furche zwischen je zwei Rinnen mit einer dritten; so erhält man ein Dach, das wohl dreilsig Jahre dem Regen und Wetter widersteht. Bei der Hacienda Yrisbuqua findet sich auch nicht der geringste An- bau, obgleich der Boden zum Theil ausgezeichnet ist; nicht einmal ein Gärtehen umgiebt die Wohnhäuser. Das ganze Gebiet wird ausschliefs- lich als Weidenland benutzt; Rindvieh, Schaafe und Pferde sind grols und wohlgenährt. Die Stuten — man zahlt hier für eine solche nicht mehr als 50 Cents — werden nur zur Zucht benutzt; ein festbegrün- detes Vorurtheil verbietet es, sie als Lastthiere zu verwenden, und das Reiten auf einer Stute würde vollends als höchst lächerlich und an- stölsig betrachtet werden. Diese Thiere werden deshalb zu Hunder- ten lediglich der Haut, des Fettes und der Haare wegen geschlachtet; das Fett gilt zu gewissen Zwecken für besser als Rinderfett; die Haare werden mit 14 Dollars für die Arroba (25 Pfund) bezahlt, und man scheert die Thiere: ein berittener Gaucho wirft den Lasso um den Hals der Stute, ein anderer bindet ihr die Hinterbeine zusammen und wirft sie zu Boden, ein dritter ergreift die Mähne, ein vierter den Schweif, und in ein paar Minuten ist das Thier seines Schmuckes be- raubt. Auch von den Rindviehheerden wird bei Weitem nicht der Nutzen gezogen, den sie gewähren könnten; Milch wird im Lande fast garnicht getrunken, sondern nur hin und wieder zur Käsebereitung ver- wendet, und zu diesem Behufe werden ein Paar Milchkühe in ziemlich summarischer Weise gezähmt, mit dem Lasso eingefangen, zu Boden geworfen, Weiber treten ein paarmal auf die Euter, damit die Milch auszuflielsen anfängt, dann werden die Kühe mit zusammengebundenen Fülsen an einen Pfosten gebracht und hier befestigt, und das Melken beginnt. } Von gröfserer Bedeutung sind die westlichen Departements, die am Paranä liegen. Das Departement del Empedrado liegt südlich von der Hauptstadt zwischen den Arroyos Sombrero und S. Lorenzo, und besteht zum gröfsern Theil aus Flachland, das von zahlreichen Riacho’s und Riachuelo’s bewässert und mit ansehnlichen Waldinseln, wie man sich hier bezeichnend ausdrückt. besetzt ist. Diese Waldun- ' gen sind reich an harten Hölzern, namentlich an Quebracho’s, Algar- _ robo’s und Lapacho’s, und ein grofser Theil der Bevölkerung beschäf- _ tigt sich mit dem Fällen und dem Transport des Holzes. Elende Kar- ren, von 6 Ochsen gezogen, laden drei bis vier Balken, von denen 476 Corrientes. jeder 18 Fuls lang, 9 Zoll breit und dick ist, und bewegen sich lang- sam wie Schnecken über die Ebene. In der ersten Hälfte des Jahres 1854 wurden 11600 solcher Balken aus dem Departement ausgeführt. Etwa eine deutsche Meile südlich vom Empedrado wird das Land wel- lenförmig und bald erreicht man die Capilla del Senor, den Hauptort des Departements mit etwa 500 Einwohnern, einen zum Export be- rechtigten Hafenplatz am Ufer des Parana. Der Boden wird hier besser, Zuckerrohr und Mais werden in beträchtlichem Umfange ange- baut. Besonders schön und malerisch ist das Land am San Lorenzo, 15 Miles südlich von der Capilla. Einen ganz andern Charakter trägt das südlich angrenzende De- partement Bella Vista, das sich bis zum R. de Santa Lucia erstreckt. In ihm liegen die baumleeren Savannen, die, wie wir hereits bemerkt haben, am Parana hohe und steile Ufer bilden; sie machen den Ein- druck einer Einöde. Desto freundlicher liegt Bella Vista unter Oran- gen versteckt auf dem hohen Flufsufer, ein aufstrebender Handelsplatz mit etwa 1000 Einwohnern, der namentlich Häute und Holz exportirt '). Das letztere mufs freilich aus dem Innern 4 bis 9 deutsche Meilen weit hierher gebracht werden. Die Umgegend ist mit Mais, Taback und Zuckerrohr besser angebaut als es sonst in Corrientes der Fall ist, und ergiebt an Feldfrüchten einen Ueberschufs, welcher dem Aus- fuhrhandel zu Statten kommt. Im Jahre 1854 wurden 2516 Fanegas Mais, 64 Fanegas Bataten, 4 Fanegas Zwiebeln, und eine Quantität Taback und Cigarren ausgeführt. Ein Nordamerikaner hatte Versuche mit der Cultur der Baumwollenstaude angestellt, die aber, vielleicht weil die Felder nicht gut gewählt waren, keinen günstigen Erfolg hat- ten; die perennirende Pflanze artet nach dem ersten Jahre aus, und er beabsichtigte deshalb die nordamerikanische Staude alljährlich an- zupflanzen. Dafs die Baumwolle wenigstens in der westlichen Hälfte der Provinz und in den Missionen gut gedeiht, ist eine ausgemachte Thatsache; ob auch das Land zwischen dem Corrientes und Uruguay für diese Cultur geeignet ist, wird von Bonpland in Zweifel gezogen. Ein anderer Fremder, ein Engländer, verarbeitet das Zuckerrohr zu Molasse und Rum. Das im NO. angrenzende Departement Saladas enthält ausge- dehnte Lagunen, die von Wasservögeln wimmeln. Auch sonst ist das Land so feucht, dafs es für die Cultur der Baumwolle kaum geeignet ist; doch soll die Staude hier fünf Jahre lang ergiebig sein. Desto üppiger gedeihen Mais und Zuckerrohr, und in den ausgedehnten Wäl- ') Der Import war eine Zeit lang untersagt; das betreffende Decret wurde aber im Anfang des Jahres 1857 suspendirt, wie wir aus der Nummer des Commereio vom 26. Februar 1857 ersehen. Corrientes. ATT dern, der wichtigsten Ressource für den Holzhandel Bella Vista’s, fehlt es nicht an so hochstämmigen Bäumen, dals der Holzfäller sie stehen läfst, weil der weite Transport auf den Ochsenwagen zu beschwerlich sein würde. Der Flecken Saladas liegt sehr malerisch von Waldinseln und Orangenbäumen umgeben; die letzteren gedeihen gut und jeder ausgewachsene Baum giebt eine jährliche Revenue von 2 Dollars. Von ähnlicher Beschaffenheit ist das südlich angrenzende Departe- ment San Roque. Der gleichnamige Hauptort liegt am linken Ufer des R. de Santa Lucia, der von hier ab bis zu seiner Einmündung in den Parand auch bei niedrigem Wasserstande nirgends unter 4 Fufs tief sein soll. Die Häuser sind von Luftziegeln erbaut, zum Theil mit Stroh, zum Theil in der oben beschriebenen Weise mit Palmenstäm- men gedeckt, und nach der Strafse hin, wie es auch noch bei den ältern Häusern der Hauptstadt Corrientes der Fall ist, mit Corridoren versehen, welche den Seitenpfad für den Fufsgänger überdachen. Der Landstrich zwischen San Roque und Bella Vista ist überall von La- gunen durchschnitten und gehört zu den schlechtesten und am wenig- sten angebauten Theilen der Provinz. Lieut. Murdaugh fand die Stralse an vielen Stellen 6 Zoll unter Wasser. Zum Departement Bella Vista, dessen südlicher Theil aus niedri- gen Hügeln mit wenig Waldwuchs und sehr spärlichem Anbau besteht, gehört noch die Aldea de Santa Lucia, die eine alte schöne Kirche aus der Zeit der Jesuitenherrschaft besitzt. Auf dem Wege nach Goya muls man den R. de Santa Lucia durchwaten, den Lieut. Murdaugh hier 75 Yards breit und so tief fand, dafs das Wasser den Pferden bis an den Rücken reichte. Der Flufs bildet die Nordgrenze des De- partements Goya, dessen gleichnamige Hauptstadt 24 Miles südlich von der Furth liegt und nächst Corrientes die ansehnlichste Stadt der Pro- vinz ist. Sie hat an 7000 Einwohner und nahm zur Zeit der ame- rikanischen Expedition einen so rapiden Aufschwung, dals Lieut. Mur- daugh ihr das Prognostikon stellte, sie werde die Hauptstadt bald über- flügelt haben. Diese Erwartung scheint sich indels nicht zu bestätigen. Es ist ein entschiedener Nachtheil für die Stadt, dafs sie nicht unmit- telbar am Paranä, sondern 3 Miles von ihm entfernt und mit dieser grolsen Verkehrsader nur durch einen Riacho verknüpft ist, der mehr und mehr verschläimmt. Die Regierung hat seitdem den Wirkungen dieses Uebelstandes dadurch vorzubeugen gesucht, dafs sie am Ufer des Riacho von dem Gebäude des Hafen-Inspectors bis zum Paranä einen guten Fahrweg anlegen und den Arroyo Tacuaritas, über den ‚der Weg führt, überbrücken liefs. Aber abgesehen hiervon ist in den Verkehrsverhältnissen der Provinz ein Umschwung eingetreten, der dem Hafen von Goya die Aussicht auf eine überwiegende Bedeutung 478 Corrientes. entzieht. Früher war er der Stapelplatz für das ganze südliche Cor- rientes; seit jener Zeit ist aber die Schifffahrt auf dem Uruguay mehr emporgekommen, Restauracion ist ein aufstrebender Handelsplatz ge- worden, und die östlichen Departements haben sich dadurch von dem Handelsgebiete Goya’s losgelöst; auch das Aufblühen von Bella Vista thut der Stadt Eintrag. Gleichwohl wird sie für die Producte der heerdenreichen Umgegend immer der natürliche Stapelplatz bleiben, wie auch bisher Häute, Talg und Käse die Hauptausfuhrartikel gebil- det haben. Das Städtchen ist hübsch gebaut; es hat 4 Knabenschulen und ein Alumnat für Mädchen, welches letztere am 24. April 1855 be- gründet ist. Südlich von Goya trifft man bald auf die ersten Yatai-Palmen, die in lichten Gruppen, oft über weite Räume vertheilt, dem Lande zwischen dem Santa Lucia und dem Corrientes seinen eigenthümlichen Charakter verleihen. Die näher nach dem Paranä gelegenen Land- striche und das Departement Esquina, dessen Bewohner sich noch ausschliefslicher mit der Viehzucht beschäftigen, sind freilich überwie- gend feucht; im Centrum des letztgenannten Departements finden sich sehr ausgedehnte Sümpfe. Am Paso de Santillana, wo der Weg von Goya nach Curuzu- Cuatia über den Corrientes führt, kam Lieut. Mur- daugh durch ein dermafsen mit Ameisenhügeln besäetes Terrain, dafs die mit sechs Pferden bespannte Galera, eine Art Omnibus, sich nicht fortbewegen konnte und die Ameisenhügel mit Piken auseinander ge- worfen werden mulsten. Dergleichen Ameisenstädte sind in Corrien- tes nicht selten. Ihre Erbauer sind die sogenannten weilsen Ameisen, eine der schwersten Landplagen. Sie bedecken oft weilenweit das Land mit ihren konischen Tacurus (Nestern), die meist 5 Fuls Höhe 3 Fuls im Durchmesser und eine solche Festigkeit haben, dafs sie nicht, mit dem Spaten, sondern nur mit der Pike auseinander geworfen wer- den können. Man kennt kein Mittel, diese Milliarden von Thieren zu vertreiben. Ihr einziger Feind und eine wahre Wohlthat für das Land ist der Ameisenbär (Myrmecophaga jubata), der mit seinen starken und scharfen Klauen die Ameisenburgen zerstört und mit seinem trompeten- förmigen Rüssel geschickt seine kleine Beute ergreift. Auch in dem Departement Curuzu-Cuatia beschäftigen sich die Bewohner ausschliefslich mit der Viehzucht, obgleich das fette schwarze Erdreich für viele Culturzweige vorzüglich geeignet wäre. Der Boden ist wellenförmig, trockner als in den westlicheren Departements, und mit dem kurzen Flechilla-Rasen bedeckt, auf dem, wie wir bereits be- merkten, das Rindvieh noch besser gedeiht als bei Luzerne. Lieut. Murdaugh versichert, nirgends in Südamerika so vortreffliches Rind- fleisch gegessen zu haben, und aus einheimischen Publicationen ersehen Corrientes. 479 wir, dals auf den eorrentinischen Märkten dieselbe Ansicht vorherrscht. Nächst Bella Vista hat Curuzu-Cuatia den bedeutendsten Viehstand in der Provinz; seine Schafheerden sind sogar beträchtlicher als die’ des zuerst genannten Departements. Der Hauptort ist ein unbedeutender Flecken von 200 Einwohnern. Das nördlich angrenzende Departement Mercedes ist ebenfalls ein hügeliger District, in welchem vortreffliche Weiden mit schönen Espinillo- und Palmenwäldern abwechseln. Auf einem der Hügel liegt der gleichnamige Hauptort, der durch die Bürgerkriege so herunter ge- kommen war, dals er 1853 nur aus 18 elenden Hütten bestand. Jetzt hat er sich sehr gehoben und, da das Departement ziemlich angebaut ist, Handelsbeziehungen mit den Hafenplätzen am Uruguay, nament- lich mit Concordia in Entre Rios angeknüpft. Die Häuser sind nur aus Luftziegeln gebaut und mit Palmenstämmen gedeckt; neuerdings ist hier jedoch — als erstes Zeichen industrieller Regsamkeit — eine Ziegelfabrik begründet worden. Die Bewohner sind ihres conservati- ven und tapfern Sinnes wegen im Lande berühmt, und der spanische Berichterstatter, dem wir die obigen Notizen entlehnen, hebt mit be- sonderem Nachdruck hervor, dals Abscheu vor den Revolutionen und Liebe zum Frieden und zur Arbeit hier in allen Gemüthern feste Wur- zeln geschlagen haben. Auf dem Wege von Mercedes nach Restauracion hören die Es- pinillo- Wälder bald auf und es folgen niedrige weidenreiche Höhen, die nicht blofs Viehheerden, sondern auch Rehen und Straufsen zum Aufenthalt dienen. In der Nähe des Mirinay wird das Land eben, und der Lauf des Flusses ist wieder durch dichte Espinillo- Waldung bezeichnet. Hier, bei der Furth von Rosario, ist der Fluls, der in sei- nem obern Laufe durch sumpfiges Buschland fliefst, von festen Ufern eingefalst und nur im Sommer so seicht, dafs er durchwatet werden kann; zu andern Zeiten bewirken die Bewohner der kleinen hier ge- legenen Ansiedelung den Traject durch Canoes. Auch am linken Flufs- ufer zieht sich zuerst ein flaches Waldland hin, dessen Boden zum Theil aus einem weifslichen, zähen, zu Töpferarbeiten sehr geeigneten Thon besteht; dann folgen wieder niedrige Hügel, die nach dem Uru- guay hin an Höhe allmählich zunehmen. Etwa eine deutsche Viertel- meile von diesem Flusse entfernt liegt eine der Estaneias Bonplands, auf welcher der greise Naturforscher, umgeben von einer zahlreichen Familie, seine letzten Lebensjahre zugebracht hat; seine zweite Be- sitzung, ein ausgedehntes Viehzucht- Etablissement, lag auf brasiliani- schem Gebiet bei San Borja. Lieut. Murdaugh fand den damals 82jäh- rigen Mann noch so rüstig, dals er einen Ritt von 12 bis 14 Leguas, nicht scheute, und so voll Interesse für die Erforschung des Landes 480 Corrientes. dafs er auf den Vorschlag, mit Lieut. Page in die Wildnisse am obern Paranä vorzudringen, mit Freuden einging. In seinem Gärtchen ist er fortdauernd mit landwirthschaftlichen Versuchen beschäftigt; er cul- tivirt den Paraguay-Thee und baut irische Kartoffeln, die gut gedei- hen; für die Baumwollenstaude hält er diesen Distriet nicht geeignet; der Boden ist im Allgemeinen leicht. Jenseits der Estaneia erblickt man bald von einer Höhe das freund- liche Städtchen Restauracion, das terrassenförmig um einen auf dem Gipfel mit Yatai-Palmen gezierten Hügel hinaufgebaut ist. Von der Spitze aus gewahrt man die andere Hälfte der Stadt, den majestäti- schen, hier eine Seemeile breiten Uruguay, und das jenseits, etwas un- terhalb gelegene brasilianische Städtchen Uruguayana, das ebenfalls terrassenförmig an dem ansteigenden Ufer aufgebaut ist. Eine Anzahl von Segelbooten und Canoes vermittelt die Verbindung zwischen bei- den Handelsplätzen; bei niedrigem Wasserstande kann der Flufs indefs auch durchwatet werden. Der Hafen von Restauracion befindet sich an der Mündung des Yatai-Baches. Die Häuser der Stadt sind ein- fach und zierlich, die Strafsen 60 Fufs breit, sie durchschneiden sich rechtwinkelig nach den vier Himmelsgegenden und bilden Cuadra’s von 360 Fuls im Geviert. Die Einwohner entwickeln grolse Betriebsam- keit; überall erheben sich Läden und Werkstätten; der Transithandel — es werden hier namentlich eolossale Massen von Yerba vorübergeführt, — bringt Leben und Bewegung in die Stadt. Sie ist erst im Jahre 1843 gegründet; im Januar 1855 schätzte Lieut. Murdaugh die Einwohner- zahl nur auf 500; eine uns vorliegende Correspondenz aus Restaura- cion vom 23. August 1856 giebt sie bereits auf 1200 an; Martin de Moussy ') veranschlagt sie in demselben Jahre auf 1000. Wir befinden uns hier auf dem Gebiet der Misiones, das sich west- lich bis zum Mirinay und der Laguna Yberä ausdehnte. Auf dem von diesen Gewässern, dem Parana, Yguazu, Antonio Guazu, Piguiri Guazu und Uruguay eingeschlossenen Terrain hatten die frommen Väter 15 Re- duceiones errichtet, von denen zwei, Loreto und San Ignacio mini schon im Jahre 1555, die übrigen, Yapeyu, La Cruz, San Tome, Concepeion, Apostoles, Martires del Japon, San Carlos, San Jose, Santa Maria la Mayor, San Xavier, Candelaria, Santa Ana und Corpus in der Zeit von 1622 bis 1633 begründet waren. Aufserdem war das Land mit zahlreichen blühenden Estaneia’s bedeckt, jede umgeben von einem Haine von Pfirsich- und andern Fruchtbäumen. Am Ostufer der La- !) Memoria historica sobre la decadencia y ruina de las Misiones Jesuiticas en el seno de la Plata. Por el Dr. Martin de Moussy. Parand 1857. p. 49. Diese Schrift, der wir die folgenden Angaben vorzugsweise entlehnen, enthält den neuesten Bericht eines Augenzeugen über den gegenwärtigen Zustand des Missions - Gebietes. Comientes. 481 guna Yberä lagen Tambuireta, San Agostin, San Xavier und San Cle- mente, am rechten Ufer des Aguapey San Miguel, San Estanislao, San Gerönimo, Concepeion und Tatarahy, zwischen diesem Flusse und dem Uruguay Jesus Nazareno, Santa Rosa, San Isidro, Nuestra Senora de Mercedes, Casa Pava, San Alonzo, Santa Maria, Santa Marta und Santo Tome, 'am Parana San -Borgita, Curupay, Santa Tecla, San Gonzalo, Santa Maria Rosario und Caraguaty. In den Reduceionen und auf den Estaneias erhoben sich Kirchen und Kapellen, reich an kostbaren Ge- räthen und prachtvollen Mefsgewändern, die mit klugberechneter Wir- kung auf den Geist der indianischen Bevölkerung bei den stets wie- derkehrenden Schaugeprängen kirchlicher Processionen verwendet wur- den. Aufser den gewöhnlichen Cerealien wurden Baumwolle und In- digo gebaut und der Theebaum in solchem Umfange cultivirt, dafs die heiligen Väter jährlich 40,000 Arroba’s eines auf den Märkten ganz besonders gesuchten Thee’s exportiren konnten. Von dieser einst so blühenden Cultur findet man jetzt im Lande Nichts als einige verwil- derte Spuren. Mit der Vertreibung der Jesuiten gerieth Alles in Ver- fall. Mag man es dem Orden Dank wissen, dafs in Folge seiner Be- mühungen die Guaranis den einzigen Stamm in der neuen Welt bilde- ten, welcher sich um die Weifsen sammelte, durch sie zu nützlicher Thätigkeit angehalten und an einen gewissen Culturgrad gewöhnt wurde: das unheilbare Grundübel, an welchem das Regierungssystem der Schüler Loyola’s krankte, mulste in letzter Instanz seine verderb- liehe Wirkung äufsern. Indem sie das Gemeinwesen ihrer Untergebe- nen auf radical-communistischer Basis begründeten, erstickten sie den Begriff des persönlichen Eigenthums und damit jeden Selbsttrieb zu eigner Thätigkeit und eigner Fürsorge; die genossenschaftliche Arbeit der Guaranis, wie bequem sie auch sein mochte, war Zwangsarbeit, ihr ganzes Leben Dressur; blinder, gedankenloser Gehorsam war ihre Gewohnheit, und es war ihnen Lebensbedürfnils geworden, über- all am Gängelbande geführt zu werden. Kein Wunder, dafs sie rath- los auseinander irrten, als diese gewohnte Leitung plötzlich von ihnen genommen wurde; kein Wunder, dafs sie, für ein genau bestimmtes Leben systematisch abgerichtet, sich in das Neue nicht finden konn- ten; kein Wunder, dafs sie trotz einer zweihundertjährigen Gewöhnung an regelmäfsige Thätigkeit, doch nicht gelernt hatten zu arbeiten, ohne dafs sie des Morgens truppweise in Procession bei Flötenschall auf das Arbeitsfeld hinausgeführt wurden. Die Guaranis verliefen sich, u wie eine hirtenlose Heerde; ihre Zahl, zur Zeit der Jesuitenherrschaft 3m100,000, war 25 Jahre nach dem Sturz derselben auf 45,000 zu- sammengeschmolzen; die Bürgerkriege thaten das ihrige, den schwa- chen Rest jedes Zusammenhalts zu berauben und die Spuren früherer Zeitschr, f. allg. Erdk. Neue Folge, Bd, VII, 31 x j ä & 482 Corrientes. Cultur auszutilgen, und jetzt mögen in dem Lande nicht mehr als 10,000 Eingeborne leben, von denen ein grolser Theil wieder in die ursprüngliche Rohheit der Urahnen zurückgesunken ist. Das Land ist zum Anbau in hohem Grade geeignet und würde auch einer europäischen Colonisation die günstigsten Aussichten eröff- nen. Es besteht westlich von der Stelle, wo Parana und Uruguay sich am meisten nähern, aus einer wellenförmigen Ebene, die an den hö- hern Punkten mit Waldinseln bedeckt und überall von Bächen durch- schnitten ist, welche dem Uruguay zufliefsen. Bei San Carlos und San Jose beginnt ein Höhenzug, der sich ostwärts zu der Sierra hinzieht, welche das Flufsthal des Yguazu von dem des Uruguay trennt und mit der dichtesten Waldung bedeckt ist. Der Weg von Restauracion nach La Cruz führt, nachdem er von dem Hügel, auf welchem die Stadt liegt, hinabgestiegen ist, zuerst eine Legua weit über ein ebenes von kleinen Bächen durchschnittenes Land zum Yatai, an dessen Mündung der Hafen von Restauracion liegt. Nördlich von demselben beginnen flache Hügel, die jenseits des Gua- viravi, des Grenzflusses zwischen den Departements Restauraeion und La Cruz, an Höhe zunehmen und noch mit schönen Pfirsichwäldern bestanden sind, — Ueberresten der Cultur aus der Jesuitenzeit. Nur hier und dort haben sich einige Personen gefunden, die sich des her- renlosen Eigenthums angenommen haben. Acht Leguas von Restau- racion entfernt liegen am Ufer des Uruguay in undurchdringlicher Wal- dung versteckt die Ruinen von Yapeyu, der ehemaligen Hauptstadt des Missionsgebietes, die noch zu Azara’s Zeit 5000 Einwohner zählte. „Man erkennt noch“, sagt M. de Moussy, „die Mauern der Kirche, des von den frommen Vätern bewohnten Colegio’s, und der Vorrathsge- bäude. Die Häuserreihe, welche die Plaza umschlofs, war mit einer doppelten Verandah auf Pfeilern von Urunday-Holz versehen, welche auf gutbehauenen Quadern von röthlichem Sandstein ruhten. Einige von jenen Pfeilern stecken halb verbrannt im Boden, andere stehen noch vollständig erhalten aufrecht. Ein Dutzend Familien lebt jetzt unter diesen Trümmern, und brennt dann und wann ein Stück Wald nieder, um etwas Mais zu säen; ihre Axt verschont weder die pracht- vollen Palmen noch die Samus, die grolsen Felder von baumartigen Baumwollenstauden, die von den Jesuiten auf dem Uebungsplatz (plaza de los torneos) angepflanzt waren“. Im Flufs liegt die von weilsen Sandbänken umgebene Insel Yapeyu mit einem schönem Wäldchen, aus dem einige ärmliche Strohhütten hervorblicken. Hier leben etwa 100 Personen und beschäftigen sich mit etwas Ackerbau. Eine Legua oberhalb sieht man die Mündung des Ybieuy, der aus einem dunkeln Waldland hervorbricht und durch den Sand, den er mitführt, an sei- > dt Corrientes. 483 nem Ausfluls eine Barre und im Uruguay Uutiefen gebildet hat. Die nächste Umgebung Yapeyu’s ist voll von schönen Pfirsichhainen; aber schon eine Legua weiter zeigt sich ein baumleeres Camp. Schöner ist der gewöhnliche Weg von Restauracion nach La Cruz, der Yapeyu nieht berührt, sondern hier zwei Leguas vom Flulsufer entfernt ist. Er führt durch den romantischen Rincon de Arape, wo man zur Rechten den Uruguay, zur Linken über niedrige, schönbewaldete Hügel hinweg die bläulichen Cerros von La Cruz erblickt, die als die höchsten Punkte dieser Gegend weit sichtbar ist. Die Lage von La Cruz kündigt sich durch vier auf einem Hügel stehende majestätische Palmen an, die ihre schwankenden Gipfel hoch über ein dichtes Gehölz von Talas und Pfirsichbäumen erheben. Sie ist sehr malerisch. Am Fufse des Hügels fliefst der Uruguay, auf dem Gipfel liegt die Mission, mit freier Aussicht auf die drei Cerros, Sand- steinfelsen, die sich wie colossale Tumuli aus der wellenförmigen Ebene erheben und von deren Gipfel man eine weite Rundschau bis auf die Laguna Yberä genielst. La Cruz ist etwas weniger zerstört, als Yapeyu. Die Häuser, welche die Plaza umgaben, existiren zum grolsen Theil noch, aber vielen fehlt das Dach. Das Colegio ist theilweise zusam- mengestürzt, und der grobbehauene Bogen des Portals liegt auf dem Boden; in dem noch erhaltenen Theile des Gebäudes wohnt der Mili- tair-Commandant des Orts mit seiner Familie; auch die Gartenmauern stehen noch, aber in dem Garten selbst werden die Granatäpfel-, Pfir- sich- und Feigenbäume von Gestrüpp und Unkraut fast erstickt. Im Hofe befindet sich auf einer Säule von rothem Sandstein eine Sonnen- uhr mit der Jahreszahl 1730 und der gewöhnlichen Inschrift: a solis ortu usque ad occasum laudabile nomen domini. Auf der Plaza liegen die Ruinen der alten Kirche, innerhalb deren mit Benutzung des Atri- ums der alten und seiner steinernen Treppe, wie des in regelmälsigen Figuren ausgelegten Fulsbodens die neue, jetzt auch bereits verfallene Kirche errichtet ist. M. de Moussy wohnte hier einem Gottesdienst bei; der Pfarrer war seit einem Jahre todt, und noch war ein Nach- folger nicht eingesetzt; ein junger Guarani las die Messe und eine alte Indianerin leitete den Chor, der von zwei Guitarren, einer Flöte und zwei Violinen begleitet wurde; die kleine Gemeinde von Indianern und Mestizen hörte andächtig zu. Neben der Kirehe liegt der von einer Steinmauer eingefalste Kirchhof, in dessen Ecken die oben erwähnten vier Palmen stehen; die Inschriften der Leieliensteine — in Guarani- Sprache, reichen bis ins Jahr 1798. Auch der ganze Ort ist mit einer hohen Steinmauer umgeben, die an vielen Stellen durch die Wurzeln der Tuna auseinander gesprengt ist. Das Departement war einst sehr angebaut und zählte viele Ha- 31* 484 Corrientes. ciendas. Es zeigen sich selbst Spuren, dafs die Jesuiten hier Wein gebaut haben. Jetzt beschäftigt sich die Bevölkerung, die aus 1800 bis 2000 Seelen besteht, fast ausschliefslich mit der Viehzucht; ‚die Rinderheerden sollen sich auf 15 bis 16,000 Häupter belaufen; erst neuerdings hat die Regierung durch Vertheilung von Ackergeräthschaf- ten den Anbau des überaus fruchtbaren Bodens etwas ermuthigt. Zwanzig Leguas oberhalb La Cruz und 14 Leguas oberhalb des brasilianischen Hafens San Borja liegt Santo Tome& oder vielmehr die Trümmerstätte dieser einst blühenden Mission. Mit Caetusstauden be- setzt und von Schlingpflanzen umrankt steht noch die hintere, aus gro- [sen Sandsteinblöcken aufgeführte Mauer der Kirche und ein Theil der Seitenwände, ebenso die Mauern und die gutgearbeiteten Steinpfeiler der innern Gallerie des Colegio, welches, nach den auf dem Boden umberliegenden Sculpturen zu schliefsen, mit gröfserem Aufwande als sonst in den Missionen erbaut gewesen zu sein scheint; M. de Moussy entdeckte unter Anderm ein aus feinkörnigem Sandstein sauber gear- beitetes Engelsköpfehen. Die ganze Ruinenstätte ist mit Ausnahme der Plaza von diehtem Gehölz überwuchert und jetzt nur von einem Dutzend Familien bewohnt, die etwas Ackerbau treiben und nach dem etwa 1000 Fuls entfernten Uruguay eine Picade durch den Wald ge- hauen haben. Die Umgegend bildet eine liebliche, an Waldinseln reiche Landschaft, und der Boden ist auch hier von aufserordentlicher Fruchtbarkeit. Auf dem Wege von Santo Tome quer durch das Land nach Yta- pua kommt man an den alten Estancias San Estanislao, Casa Pava, Santa Marta und San Alonzo vorüber. Gruppen von Pfir- sichbäumen und Kreuze bezeichnen die Stellen, ‘wo früher die Kapel- len standen; denn jede Estancia hatte ihre Kapelle. Zwanzig Leguas von Santo Tome erblickt man das dichte Gehölz, in welchem die Rui- nen von San Carlos liegen. Es ist in der Umgegend als Lieblings- aufenthalt des Jaguars übel berüchtigt, und seit dreifsig Jahren hat Niemand die Trümmerstätte besucht, nicht einmal um die Pfirsiche zu sammeln, die in dem Garten der Patres noch immer wie in alter Zeit gedeihen. Dagegen hat man nach San Jose, Apostoles und Mar- tires del Japon, die auf einer von zahlreichen Schluchten und Bach- gerinnen zerrissenen und mit der dichtesten Waldung bedeckten Ebene liegen, Fufspfade gebahnt, um zur Zeit der Obstlese die verwilderten Gärten der frommen Väter aufsuchen zu können; von den Ortschaften selbst existiren nur wüste Trümmerhaufen. Bei der Annäherung an San Carlos geniefst man von einer Höhe eine prachtvolle Aussicht auf die kleine Sierra de Iman, auf welcher der Aguapey entspringt. Be- waldete Höhen wechseln mit üppigen Thälern ab; kleine von Wässer- } x N Corrientes. 485 vögeln belebte Teiche und zahlreiche Bäche, die den Aguapey bilden, bewässern die anmuthige, jetzt ganz menschenleere Landschaft. Näher am Uruguay liegen Concepeion, Santa Maria la Mayor und San Xavier, die beiden erstern auf Hügeln in undurchdringli- chem Dickicht eine Legua vom Flusse entfernt, das letztere hart am Ufer. Nur San Xavier hat jetzt noch einige Bewohner, welche die alten Yerba-Pflanzungen und die ausgedehnten Pfirsichwälder aus- nützen, durch die der Ort berühmt ist. Dieser Landstrich war früher offenbar sehr bevölkert; denn überall stöfst man auf Ruinen und auf die Spuren der alten Wege, die von hier nach den verschiedenen Mis- sionen am Parana führen. San Xavier war der Stapelplatz für die Yerba, die aus dem östlicheren Theile des Missionsgebietes kam und namentlich auf dem Nu guazu oder Grolsen Felde, 25 Leguas oberhalb San Xavier und 2 Leguas von der Mündung des Mberuy getrocknet und: verpackt wurde. Dort liegt der Salto Grande des Uruguay, wel- cher der Schifffahrt auf dem Strome ein Ziel setzt. Seine Ufer sind mit diehter Waldung von trefflichem Bauholz bedeckt; und jenseits des Salto Grande zeigen sich bereits die colossalen Formen tropischer Ur- wälder in vollster Entwickelung. Auch die Sierra des östlichen Mis- sionsgebietes ist mit zusammenhängenden Wäldern bedeckt, in denen sich nicht die geringste Lichtung befindet. Sie wird nur von einigen Tupis und verwilderten Guaranis bewohnt, die von der Jagd leben. Von den Missionen am Paranä sind seit dem letzten Verwüstungs- zuge der Paraguayer kaum noch Trümmer vorhanden. Corpus, die ‚nördlichste, lag auf einem kleinen Hügel, 4 Legua vom Strome entfernt; von ihr sind noch, jetzt von Gestrüpp umwuchert, die Mauern der einst sehr reichen Kirche erhalten. Drei Leguas unterhalb lag am Flufsufer San Ignacio mini, dessen Kirche ein Marmorportal hatte; der Mar- mor war in der Nachbarschaft gebrochen. Völlig ruinirt ist Loreto, auf einer Ebene 1 Legua vom Paranä entfernt. Santa Ana, 2 Le- guas vom Parana auf einem Hügel in prächtiger Gegend gelegen, ist als vormaliger Aufenthalt Bonpland’s bekannt. Der berühmte Natur- forseher war durch die ausgedehnten Yerba-Wälder, die in der Um- gegend vorkommen, hierher gezogen worden; er hatte sich durch seine unermüdlichen Bestrebungen, die Yerba-Cultur in Corrientes wieder zu fördern, den Hafs der Regierung von Paraguay zugezogen, die im Yerba -Handel keine Concurrenz wünschte, und wurde zu Santa Ana im Jahre 1820 durch eine von Ytapua ausgerückte Streifschaar plötz- lich überfallen und verwundet nach Paraguay in Gefangenschaft ge- ‚schleppt. Vergebens bemühten sich die diplomatischen Agenten Eng- lands und Frankreichs, seine Freilassung zu bewirken; neun Jahre lang wurde er in Santa Maria festgehalten, wirkte aber auch hier durch 486 Corrientes. Rath und That so vortheilhaft auf die Hebung des Wohlstandes der Eingeborenen, dafs sein wachsender Einflufs den Dietator mit Argwohn erfüllte und endlich zu dem Befehl bewog, Bonpland bei Nacht und Nebel wieder auf die andere Seite des Parana zu schaffen. Sechs Leguas unterhalb Santa Ana liegt Candelaria, nach Ver- treibung der Jesuiten eine Zeit lang Hauptort des Missionsgebietes, jetzt vollkommen zerstört und unter Buschwerk begraben. Die Furcht vor den Feindseligkeiten der Paraguayer hat bisher jede Ansiedelung auf diesem fruchtbaren Gebiet verhindert; Paraguay erhob Ansprüche auf dasselbe und suchte sie durch Streifpatrouillen, die von Zeit zu Zeit auf die andere Seite des Parana entsendet wurden, geltend zu machen. Wir haben oben bereits bemerkt, dals im Jahre 1856 durch einen Tractat zwischen Paraguay und der Argentinischen Confödera- tion der Parana als Grenze beider Republiken festgestellt ist, und seit- dem darf man jene Gefahr als beseitigt betrachten. Aus diesem Grunde hat die Regierung von Corrientes auch geglaubt, die Hebung des Mis- sionsgebietes durch europäische Colonisation ins Auge fassen zu kön- nen. Schon im Jahre 1853 hatte sie mit Dr. Brougnes, einem Fran- zosen aus dem Departement Hautes Pyrenees, einen Vertrag abgeschlos- sen, in welchem sich dieser verpflichtete, innerhalb 10 Jahren (vom Tage der Ankunft der ersten Colonisten gerechnet) 1000 Colonisten- Familien, jede zu d Personen und zum gröfsern Theil Männer, nach Corrientes zu befördern. Die Colonisten sollten in Gruppen von je 200 Familien im Gebiet der Missionen am Paranä und Uruguay an- gesiedelt werden, auf Ländereien, welche Dr. Brougnes selbst aus den Staatsländereien auswählen sollte. Die Regierung bewilligt jeder Fa- milie ein Areal von 20 Cuadras oder etwa 150 Preufs. Morgen, mit einem hölzernen aus zwei Zimmern bestehenden Hause, etwa 12 Cent- ner Mehl, Baumwollen- und Tabacksamen zur Bestellung einer Cua- dra mit jeder dieser Pflanzen, 4 Fanegas Weizen und 1 Fanega Mais, Zuckerrohr zur Bepflanzung einer Cuadra, endlich 2 Ochsen, 8 Kühe und 2 Pferde, unter der Bedingung der Rückerstattung dieser Vor- schüsse nach zwei Jahren; die Colonisten dagegen sollen verpflichtet sein, mindestens die Hälfte ihres Landes mit Baumwolle, Taback, Zuckerrohr, Weizen und Mais zu bestellen. Sie bleiben fünf Jahre von allen Abgaben, und für immer vom Militärdienst frei, ausgenom- men in der Miliz, die jedoch nur den Sicherheitsdienst in der Colonie selbst versieht. — Dieser Vertrag soll jetzt nach M. de Moussy zur Ausführung kommen. Boden und Klima sind der Begründung von Ackerbau-Colonien im gröfseren Theile von Corrientes überaus günstig; es liegt im Cha- rakter der Bevölkerung, ‘wenn das Land bisher so überwiegend für die Corrientes. 487 Viehzucht benutzt worden ist, denn der Gaucho liebt den Feldbau nicht, da das Geschäft nicht zu Pferde abgemacht werden kann. Der Land- wirth würde unter den Cerealien besonders dem Mais seine Aufmerk- samkeit zuwenden müssen, da der Weizen nicht überall so sicher und im Ganzen nicht so gut wie in Entre Rios gedeiht; aufserdem wird er für Nahrungsmittel durch den Anbau von Mandioca und Bataten Sorge tragen müssen. Den grölsesten Gewinn indefs wird er von dem Anbau des Tabacks, der Baumwolle und des Zuckerrohrs erwarten dürfen; auch die Indigopflanze würde gut gedeihen. Ein Versuch mit Kaffeepflanzungen ist geglückt. vielleicht aber nur unter ausnahms- weise günstigen Bedingungen. Von industriellen Unternehmungen würde sich in erster Linie die Anlage von Sägemühlen empfehlen, um den Reichthum des Landes an dauerhaften Bauhölzern zu verwerthen und den Transport der Waldproducte nach den grolsen Strömen zu er- leichtern. Auch Branntweinbrennereien sind im Verhältnifs zu der Ausdehnung, welche der Anbau des Zuckerrohrs gewinnen könnte, noch nicht in genügender Anzahl vorhanden. Vielleicht von noch grö- fserem Nutzen würden die Industriezweige sein, die sich an die Vieh- zucht anlehnen, namentlich Talgsiedereien, Seifenfabriken und Gerbe- reien. Die letztern würden hier nicht nur ein unerschöpfliches Roh- material zu den billigsten Preisen, sondern auch in den Wäldern Bäume mit den trefflichsten Gerberrinden finden. Besonders gerühmt wird in dieser Beziehung die Rinde des Curupay. Schliefslich müs- sen wir noch erwähnen, dafs das Cochenille-Insect hier in unglaub- licher Menge vorkommt und bisher fast gar nicht benutzt wird. Es liebt besonders die tuna, eine überall in Corrientes wildwachsende Caetusart. Miscellen. Die Bevölkerungs- Verhältnisse Spaniens. Die statistischen Angaben über die Bevölkerungs - Verhältnisse Spaniens lagen bisher so im Argen, dafs fast jedes unserer geographischen Lehrbücher gezwun- gen war, ältere, wohl meistentheils auf allgemeinen Abschätzungen beruhende An- gaben, und selbst diese ohne Gewährleistung für ihre Richtigkeit aufzunehmen. Selbst in dem neuesten trefflichen Handbuch der Erdkunde von v. Klöden ist zwar die Volkszählung vom Jahre 1857 benutzt, jedoch stimmt dieselbe mit dem im Jahre 1858 auf Befehl der spanischen Regierung herausgegebenen „Censo de la. poblacion de Espana segun al recuento verificado en 21 de mayo de 1857“ 'auch nicht im Entferntesten überein. v. Klöden giebt im zweiten Bande 8.57 die Gesammtbevölkerung in den 49 Provinzen, mit Einschlufs nämlich der Balea- a: ASS Miscellen: rischen und -Canarischen Inseln, auf 16,332,424 Seelen an, während der amtliche Census nur 15,464,340 aufführt, mithin eine Differenz von 867,884 Seelen.. Natür- lieh erstreckt sich diese Abweichung in den Angaben auf jede einzelne, Provinz und Gemeinde. So giebt auch v. Klöden die Gesammtzahl der Gemeinden (Ayun- tamientos) nach der Zählung von, 1849 auf 11,346 an, während der vorliegende amtliche Bericht nur 9,355 für das Jahr 1857 aufzählt. — Legen wir nun den vorliegenden Census unseren nachstehenden Notizen zu Grunde, so stellen sich die allgemeinen Zahlenverhältnisse folgendermafsen heraus: Die Gesammtbevölke- rung betrug im Jahre 1857: 15,464,340 Seelen, von denen 7,670,933 der männ- lichen und 7,793,407 der weiblichen Bevölkerung angehörten, welche in 9355 Gemeinden wohnten Spanien zerfällt mit Einschlufs der Balearen und Canari- schen Inseln in 49 Provinzen mjt 496 Gerichtsbezirken (Purtidos judieciales). Von den Provinzen sind Barcelona (713,734 Einw.) und ‘Valencia (606,608. Einw.) die bevölkertsten. Die grölsesten Städte, d.h. die mit mehr als. 100,000 Seelen, sind: Madrid (281,170), Barcelona (178,625), Sevilla -(112,139) und Valencia (106,435); die kleinste Provinzial- Hauptstadt ist Soria mit 5,191. Seelen. . . Flächen- | Zahl der - Die 49 Provinzen Spa- i ; Zahl der niens nach ihrer Bevöl- 1 ‚ieh h inhalt nach RT, Gerichts- | a at kerung geordnet er Tonne 1 ur nee bezirke Den Leguas 'Qu.-Legua 4. Barcelona . 713,734 249.40 | 2861.80 14 326 ' (Hauptst. Barcelona) | 178,625 2. Valeneia.... .. . 606,608 363.60 , 1668.34 22.8.1 1m (Hauptst. Valencia). | 106,435 3 Coruna”. | "001.080 257.20 | 2146.15 | ib bang 97 (Hauptst. Coruna) | 27,354 | | 4,.Oviedo. 4... 140..1524,529..|) 341.800|,1534.614 10 1b. | oW 7% (Hauptst. Oviedo) . 14,156 ‚| | | 5. Madrid . . 475,185 250.40 | 1900.10 17 199 (Hauptst. Madrid) \ 281,170 1) | Buseyvilla, u ..08. 463,486 | 442.40 | 1047.66 15 99 (Hauptst. Sevilla) . 112139 | | \ 7. Mälaga . ! 451,406 | 235.90 | 1913.55 | Tar | 109 (Hauptst. Mälaga) 2 92,611 | | | | 8. Granada . . „| 444,629. | 412.50.|,1077.89 15inSpan.\in Sp. 206 In Span. 441,917 | \in Afrika 4 In Afrika 2,712 | | (Hauptst. Granada) . 63, tiB.7 | | | | 9. Pontenedrmidlr]| HARBRER 145.30 | 2951.73 ai 8 (Hauptst. nn 6,623 | | 410. Lugo . 2 424,186 316.40 | 1340.66 | 11 64 (Hauptst. Lugo).. % 8,246 132 Bag8j02 sauanls 404,981 125.80 | 557.98 | 1d,ayfıl aba (Hauptst. Be: 22,195 12. Cadız,... ı. > 390,192 234.70 1662.51 | Cadix 14 Cadix 40 Cadix 383,078 Ceuta 1 Ceuta 7,114 (Hauptst. Cädiz). - | 63,513 1) Die Angabe in v. Klöden’s Handbuch, dafs Madrid 301,600 Einw. habe, beruht wahrscheinlich 'auf einer Verwechselung des Gerichtsbezirkes mit der Stadt selbst. Der 'Gerichtsbezirk hat 29 7,360 Einw. in 15 Ayuntamientos. nr Die Bevölkerungs- Verhältnisse Spaniens. 489 Flächen- | Zahl der |, | yinzen Zahl inhalt nach Einwohner Khan Zahl der der Einwohner | Quadrat- aufeiner | Yezirke Gemeinden | Leguas |Qu.-Legua 13.,Zaragoza. 384,176 592.00 | 695.97 13 313 (Hauptst. Zaragoza). . 58,978 | | 14. Mürecia. 380,969 | 374.10: | 1018.36 ) 4 (Hauptst. Murcia) | 26,888 | | 15. Alicante . x 378,958 | 175.30 | 2166.77 14 142 (Hauptst. Alicante) . 20,342 46. Orense. . . 371,818 | 228.80 | 1625.08 a4 il 95 (Hauptst. Orense) 6,8720 17 Cordoba... 351,536 | 433.60 810.74 | 17 23 (Hauptst. Cordoba) . 36,501 BOETEON 2, 348,756 515.20 676.93 10 236 (Hauptst. Leon) 9,603 | | den, : 3 345,879 | 433.10 798.61 12 100 (Hauptst. Jaen) - 19,738 | 20. Bürgos 333,356 472.10 | 706.11 12 515 (Hauptst. Bürgos) 24, 32787 1| | au. Folddo . . 328,755 | 466.70 | 704.42 12 206 (Hauptst. Toledo) 15,797 | 22. Tarragona 320,593 204.80 \ 1565.39 8 186 (Hauptst. Tarragona) 18,023 23. Almeria 315,664 | 275.90 | 1144.12 9 104 (Hauptst. Almeria) 23,018 5 | | | 24. Gerona. Ä 310,970 189.80 | 1638.41 | 6 248 (Hauptst. Gerona) 13,959 25. Lerida . 306,994 398.90 | 769.60 | 8 324 (Hauptst. Letida). 19,581 | 26. Cäceres & 302,134 669.50 451.28 | 13 225 (Hauptst. Cäceres) 14,795 | | 27. Navarra . 297,422 | 338.00. 879.95 b) 269 (Hauptst. Pamplona).. 22,702 | | | 28. Salamanca . 263,516 | 412.70 | 638.52 | 8 ul. 800 (Hauptst. Salamanca) LE inte | | | 29. Baleares . 262,893) | 155.40 | 1691.72 | 5 57 (Hauptst. Palma) . 42,910 | | 30. Castellon : 260,919 | 204.40 | 1276.51 | 10 144 (Hauptst. Castellon) . 18,297, - | 81. Eile sea.s.ı19% 257,839 - |: 491.10 | 525.02 8 365 (Hauptst. Huesca) 9,874 32. Zamora 249.162 345.50 721.16 7 393 (Hauptst. Zamora) 12,881 33. Ciudad-Real 244,328 655.00 373.02 10 98 (Hauptst. Ciudad-Real) 8,951 34. Valladolid . . 244,023 | 254.20 959.96 g 238 (Hauptst. Asse, | 41,913 35. Teruel. . «|... 238,628 459.00 519,89 10 279 (Hauptst. Teruel) . a 8,830 | a i sh)" Es: haben nämlich die Partidos judiciales: Ibiza: 23,791 Einw.; Inca: 54,068 E.; Mahon: 35,109 E.; Manacor: 52,840 E.; Palma: 97,085 E. 490 Miscellen:: | Flächen- | Zahl der | Dove Zahl \inhalt nach' Einwohner Fe ger Zahl der richts- = \ der Einwohner | Quadrat- | auf einer basiee Gemeinden | ‚ Leguas WILDE -Legua, 36. Canarias. . . |. 233,784!) | 264.60 | 997.64 | ze Or (Hauptst. Santa Criz de Tenerife) . . | 10,834 | | | 37. Cuenca . N 229,959 561.90 409.25 | 8 286 (Hauptst. Cuenca) 2 7,284 | | 38. Santander . 214,441 | 176.50 ı 1214.96 | 1 110 (Hauptst. Santander) . 24,702 | | 39. Albacete. . .| 201,118 498.90 | 403.12 | 8 85 (Hauptst. Albacete) . | 11,360 40. Guadalajara . | 199,058 406.80 | 489.40 9 399 (Hauptst. er a 6,533 41. Palencia. . | 185,970 261.20 | 711.98 | 7 247 (Hauptst. Palencia) . 12,811 42. Huelva. . . .ı 174391 | 344.40 | 506.36 | 6 und (Hauptst. Huelva) . 8,423 | 43. Logrono . . 173,812 | 162.50 | 1069.61 | 9 188 (Hauptst. Logron) | 10,466 44. Avila . x 164,039 249.10 | 658.53 | 6 270 (Hauptst. Avila) . au 6,419 | | 45. Vizcaya . . 160,579 70.90 | 2264.86 5 125 (Hauptst. Bilbao) { 17,649 | 46. Guipüzcoa . . 156,493 60.80 | 2573.90 | u 89 (Hauptst.S. u 9,484 | AR.ABOLIB = | 147,468 320.50 | 460.12 5 345 (Hauptst. Soria) . . | 5,1910%:) 48. Segövia . „146,839 | 226.70 647.72 5 275 (Hauptst. Segövia) t 10,339 \ | 49. Alava.. . Al %,398 | 100.70 957.28 3 90 (Hauptst. Vitoria) M 15,569 | | | 116356.00 Q. -Leg.= | | 9240.71 Q.-Meilen | Menschliche Ueberreste aus einer Felsengrotte des Düsselthals. Unter diesem Titel veröffentlicht Herr Dr. C. Fuhlrott in den „Verhandlun- gen des naturhistorischen Vereins der Rheinlande und Westphalens“ und in einem Separatabzuge (Bonn 1859 bei ©. Georgi) eine detaillirte und exacte Darstellung des seiner Zeit in öffentlichen Blättern mehrfach erwähnten höchst merkwürdigen Fundes, der — man kann es nicht leugnen — die bisherige Angabe, dafs fossile menschliche Knochen nicht vorkämen, in hohem Grade zweifelhaft macht. Durch- ') Es haben die Partidos judieiales: Arrecife: 26,938 E.; Guia: 18,116 E.; La Laguna: 22,648 E.; Orotava: 46,497 E., Las Palmas: 49,950 E.; Santa Cruz de la Palma: 31,451 E.; Santa Cruz de Tenerife: 38,184 R. Menschliche Ueberreste aus einer Felsengrotte des Düsselthals. 491 drungen von der Ueberzeugung, dafs bei der Constatirung eines Thatbestandes, welcher der Entscheidung eines wichtigen wissenschaftlichen Problems zur Unter- lage dienen soll und fernerhin bei der Erörterung dieses Problems schlechterdings nicht mehr unbeachtet bleiben kann, nicht blois die strengste Gewissenhaftigkeit, sondern auch eine das Kleinste und scheinbar Unbedeutende berücksichtigende Ausführlichkeit unumgänglich nothwendig sind, macht uns Herr Fuhlrott auf das Genaueste sowohl mit den Localitäten des Fundorts und mit den Umständen, un- ter welchen der Fund stattfand, wie mit den gefundenen menschlichen Ueber- resten selbst, und namentlich mit dem auffallendsten, dem Schädel, bekannt. Wenn wir im Folgenden das Wichtigste hervorheben, so geschieht es begreiflicher Weise nur zu dem Zwecke, auch unsern Leserkreis auf die interessante Schrift aufmerksam zu machen, in welcher das Material in der zur Entscheidung der Frage unentbehrlichen Vollständigkeit gesammelt ist. In der Nähe des Dorfes Gruiten tritt die Düssel in den devonischen Kalk, in dem sie, je nach der gröfsern oder geringern Widerstandsfähigkeit des Ge- steins, bald beckenartige Thalweiterungen ausgewaschen, bald enge von steilen Wänden eingefalste Schluchten eingeschnitten hat. Die letzte dieser Schluchten vor der Mündung des Flüfschens in den Rhein ist das sogenannte Neanderthal, dessen Wände bis zu 200 Fufs Höhe steil ansteigen. Auch hier hat der devo- nische Kalk zahlreiche Höhlen und Grotten aufzuweisen, die sämmtlich, wie hoch sie auch über dem gegenwärtigen höchsten Stande der Düssel liegen mögen, auf dem Boden mit einem mehr oder minder mächtigen, trocknen und dichten Lehm- lager versehen sind, in welchem sich in nicht grofser Zahl nufsgrofse rundliche Fragmente eines bräunlichen oder gelblichen Hornsteins eingeschlossen finden, wovon gröfsere Knollen von mannichfacher Gestalt an den Gehängen der be- nachbarten Höhenzüge, in den Lehmlagern von Mettmann und daher unter dem Geschiebe des oberhalb des Neanderthales in die Düssel mündenden Mettmanner Baches zahlreieh vorkommen. Seiner Beschaffenheit nach ist dieser Lehm voll- kommen identisch mit der Masse des 12—15 Fuls mächtigen Lehmlagers, wel- ches in gleichem Niveau mit der Gipfelhöhe der Neanderschlucht die Gegend zwischen dem Düsselthale und der Station Hochdahl bedeckt und ohne Zweifel der Diluvial-Periode angehört; in einer oben oflnen, mit demselben Lehm ange- füllten Spalte in den Dornaper Kalksteinbrüchen, welche in der Fortsetzung des Neanderthaler Kalkzuges liegen, hat man im December 1858 fossile Mammuth- reste entdeckt. Auf Grund der Analogie zwischen den Neanderthaler Grotten und denen von Sundwig und in dem Hönne-Thal hatte Prof. Nöggerath schon vorher die Vermuthung ausgesprochen, dals auch in den Lehmlagern der Nean- derthaler Grotten fossile Reste von vorweltlichen Thieren vorhanden sein möchten. Der Betrieb von Steinbrüchen auf der Felswand des linken Ufers der Nean- derthaler Schlucht nöthigte im August 1856 die Lehmschicht in zwei von diesen Grotten, den sogenannten Feldhofer Grotten, fortzuräumen. Beide liegen in der fast senkrechten Felswand, 100— 110 Fufs von der Düssel entfernt und etwa 60 Fufs über der gegenwärtigen Thalsohle, Die kleinere mündete mit einem en- ‚gen, flachbogenförmigen Eingange auf ein vorliegendes kleines Plateau, unterhalb dessen die Felsmasse mit glatten Wänden steil in die Tiefe abschofs, so dafs die Grotte von unten unzugänglich war und von oben nur auf sehr abschüssigen 492 Miscellen: Pfaden erreicht werden konnte. In beiden Grotien erhoben sich die Lehmlager zu gleicher Höhe und zwar bis zum Niveau der vorliegenden Platform, welche einen weiteren Abflufs des hineingeschwemmten Diluviums nicht verstattete. Das Lager hatte an den tiefsten Stellen der Grotte 6 Fuls Mächtigkeit, es war weder mit Kalksinter überzogen noch durch dünne Lagen von Kalksinter in Schichten getheilt, sondern bildete eine — abgesehen von den eingeschlossenen Hornstei- nen — homogene Masse, die an der Oberfläche sehr verhärtet war. Bei der Wegräumung der Lehmschicht in der kleinern Grotte stiefs man 2 Fuls unter der Oberfläche auf grofse Knochen, und hierdurch aufmerksam ge- macht, suchte man auch in dem bereits losgehackten und hinausgeworfenen Lehm nach und fand hier unter einer fest anklebenden Lehmhülle noch andere Theile eines Skeletts, welches man für das eines Höhlenbären hielt. Es waren indefs "Theile eines menschlichen Skeletts, welches hier, nach Aussage der Arbeiter, in der Längenrichtung der Grotte, mit dem Schädel nach dem Eingange derselben gewendet, horizontal hingestreckt lag, Was man aus dem Lehm ausgrub und dann, durch die gröfseren Knochen aufmerksam gemacht, aus dem Schutt zusam- mensuchte, beschränkt sich auf folgende Theile: die Hirnschale mit einem klei- nen Fragment der linken Schläfenschuppe, die beiden Oberschenkelbeine, der rechte Oberarmknochen mit zugehöriger Speiche, der linke Oberarmknochen mit abgebrochenem Kopfe, ein linkes Ellenbogenbein, ein Fragment des rechten Schul- terblatts, ein fast vollständiges rechtes Schlüsselbein, fünf Rippenfragmente und ' eine fast vollständige linke Beckenhälfte. Nach den Untersuchungen des Prof. Schaaffhausen in Bonn lassen sich sämmtliche Knochen als Bestandtheile eines und desselben Skeletts betrachten, dessen fehlende Reste in dem ihnen ankleben- den Lehm von den Arbeitern unbemerkt geblieben zu sein scheinen. Alle Knochen sind von ungewöhnlicher Gröfse. Besonders abnorm ist die Hirnschale, die durch die schmale, rasch zurücktretende Stirn wie durch die starke Entwickelung der Stirnhöhlen — wodurch die Augenbrauenbogen so weit vor- springen, dals hinter ihnen das Stirnbein eine beträchtliche Vertiefung zeigt, — ein ganz eigenthümliches Gepräge gewinnt. Alle Knochen zeichnen sich durch eine starke Entwickelung der Knochenmasse aus, wie auch alle Höcker, Grate und Leisten, die dem Ansatze der Muskeln dienen, ungewöhnlich stark ausgebil- det sind. Eine Vergleichung mit dem im anatomischen Museum zu Bonn aufbe- wahrten sogenannten Riesenknochen ergab, dafs die Oberschenkelbeine des Ne- anderthaler Skeletts fast eben so dick sind, obgleich ihre Länge um fast 4 Zoll geringer ist. Die Abnormität der Knochen und die Verhältnisse, unter denen sie abgela- gert wurden und aufgefunden sind, reden der Annahme das Wort, dals sie von einem Individuum herrühren, welches einer früheren geologischen Epoche ange- hört. Herr Fuhlrott prüft unbefangen die, verschiedenen Möglichkeiten, durch welche diese Knochen an ihre Lagerstatt hätten geführt werden können, und es ergiebt sich daraus, dafs keine andere Erklärung einen hinlänglichen Grad von Wahrscheinlichkeit für sich hat. Wir verweisen in dieser Beziehung auf die Schrift selbst, die sachkundigen Geologen feste Anhaltspunkte zur Entscheidung eines höchst interessanten Problems gewähren wird. n. j Alk u Weitere Mittheilungen über die russische Expedition nach Khorassan. 493 Weitere Mittheilungen über die russische Expedition nach Khorassan. (Hierzu eine Karte, Taf. VII.) Zur Veranschaulichung der Routen, auf welchen die in diesem Bande der Zeitschrift bereits ausführlicher besprochene Expedition nach Khorassan ihre Un. tersuchungen angestellt hat, legen wir diesem Hefte eine Karte bei, welche eine in russischer Sprache erschienene und in dem letzten uns zugegangenen Hefte des Wjästnik der Russ. geogr. Gesellschaft enthaltene Karte reprodueirt. In dem- selben Journal ist ein Schreiben Chanykow’s, des Führers der russischen Expe- dition, publicirt, welches die wichtigsten Resultate dieser Forschungsreise zusam- menfafst. Wir entlehnen ihm folgende Angaben. Die von der Expedition veranstalteten topographischen Aufnahmen bestehen: 1) in der Aufnahme der Provinz Asterabad (3 Werst auf 1” engl.), eines Areals von 5000 Quadratwerst; — 2) in der Route von Asterabad über Schahrud nach Teheran, 420 Werst Weges, etwa 4500 Quadratwerst Areal; 3) in der Route von Schahrud bis Meschhed, 425 Werst Weges, 11050 Quadratwerst Areal; 4) in fol- genden Aufnahmen bei Meschhed: a) in der Richtung nach Tscheschme Giljas, 40 Werst Weges, 1500 Quadratwerst Areal; b) in der Richtung nach Tabatku, 40 Werst Weges, 800 Quadratwerst Areal; — 5) Route von Meschhed über Tur- bet Heidari, Turschis, Ssebsewar, Kutschan (Kabuschan) und zurück nach Mesch- hed, 600 Werst Weges, 12,000 Quadratwerst Areal; — 6) Route von Meschhed über Turbet Scheichi Dsham, Ghurian bis Herat, 340 Werst Weges, circa 8000 Quadratwerst Areal; 7) Aufnahme des Thals des Herirud, zwischen Herat, Obe und Kerukh, 95 Werst im Durchmesser, etwa 6000 Quadratwerst; 8) Route. von Ghurian über Khaf, 'Tun und Tebes und von hier über Birdshand zurück nach Herat, 1060 Werst Weges, etwa 42,300 Quadratwers; — 9) Plan von Meschhed und seiner Umgebung; 10) Plan von Herat und seiner Umgebung. Sämmt- liche Aufnahmen: von No. 2—10 sind im Malsstabe von 2 Werst auf den eng- lischen Zoll, und umfassen im Ganzen ein Areal von 91,350 Quadratwerst. Rech- net man die von den höher gelegenen Punkten des Weges gesehenen Gebirgs- züge, Flulsläufe, Salzseen u. dgl., die in die genaueren Aufnahmen nicht über- gegangen sind, aber für die Construction einer allgemeinen Karte von Khorassan in kleinerem Mafsstabe mit Sicherheit verwerthet werden können, hinzu, so er- weitert sich das nun besser erkundete Gebiet auf mehr als 130,000 Quadratwerst. „Diese Aufnahmen“, sagt Chanykow, „stützen sich auf 50 von Herrn Lenz astronomisch bestimmte Punkte, von denen nur neun mit den Ortsbestimmungen Lemm’s zusammenfallen. Zwischen Asterabad und Meschhed hatten wir die An- nehmlichkeit auf einem von einem so erfahrenen und thätigen Astronomen wie Lemm erforschten Wege zu reisen; die. an den von ihm bestimmten Orten an- gestellten Beobschtungen setzen uns also in den Stand, den Gang der Chrono- _ meter während der Reise zu bestimmen, und auf diese Weise wird die Länge Ein, dazwischen liegenden Punkte schon durch eine Zeitübertragung bestimmt. Zwischen Meschhed und Herat sind alle Bestimmungen des Herrn Lenz neu, und 494 Miscellen: obgleich es uns hier zu unserm Bedauern an Punkten mit genau bestimmter Länge fehlte, hat Lenz doch in Ghurian, Herat und Tun zwei Mal zu ganz ver- schiedenen Zeiten Beobachtungen angestellt; sind nun die Längen dieser Orte mit hinlänglicher Genauigkeit bestimmt, so darf man hoffen, dafs auch die Län- gen der dazwischen liegenden Orte mit ziemlicher Genauigkeit werden abzuleiten sein. Herr Lenz hatte zur Längenbestimmung bisher nur Monddistanzen beob- achten können; aber in Herat hat er auch Mond-Culminationen beobachtet und vielleicht wird er bis zu unserer Abreise auch noch einige Sternbedeckungen be- obachten können“. Mit seinen magnetischen Beobachtungen machte Lenz in Tiflis den Anfang; die Linie ohne Abweichung durchschnitt er in Jelisabetpol. ‘An 15 Punkten be- stimmte er alle drei magnetischen Elemente, an zwei Orten nur zwei derselben. Zu meteorologischen Beobachtungen wurde auf Aschurade ein Observatorium ein- gerichtet und das russische Consulat in Asterabad mit einem Regenmesser ver- sehen. In Meschhed überliefs die Expedition einem neapolitanischen Offizier, der in persischen Diensten steht, ein Thermometer, und hat von ihm bereits für die Monate October und November Beobachtungen über die Temperatur, die Witte- rung und die Windesrichtung erhalten. Endlich wurde während des Aufenthalts in Herat das Barometer und Psychrometer stündlich, so wie Wind und Wetter beobachtet. Obgleich sich hieraus noch kein endgültiges Resultat ziehen läfst, sagt Herr Chanykow, „so setzen uns doch schon die October - Beobachtungen aus Meschhed und Herat in den Stand uns darüber ein Urtheil zu bilden, wie stark die Isotherme von 12° C. sich im innern Asien nach Süden wendet. Während sie in Europa durch Mailand, Venedig, Konstantinopel und Tiflis zieht, biegt sie, wie schon Abich bemerkt, am Ufer des Kaspischen Meeres plötzlich nach Süden, steigt bis zur Breite von Meschhed und Herat hinab und erhebt sich bei Peking wieder von Neuem zu 39° N. Br. Betrachten wir nun die Isotherme von Ssa- ratow (6,2° C.) als Ausdruck der Temperatur auf der Nordgrenze der innerasia- tischen Steppen, so ergiebt sich, dafs auf einem Raume von 20 Breitengraden die mittlere Jahrestemperatur kaum um 6 Grad sich ändert“. Der Botaniker der Expedition, Herr Prof. Bunge, hat 1300 Pflanzen- Arten gesammelt, darunter 150 vorher noch nie beschriebene. Die übrigen gehören drei Floren an: der von Talysch und Masenderan, der westpersischen, und der centralasiatischen Steppenflora. Auch die Zoologen, Graf Keyserlingk und Bie- nert, bringen reiche Sammlungen mit, darunter etwa 3000 Schmetterlinge von 250 Arten und 2000 Käfer von 200 Arten. In geologischer Hinsicht hat Göbel das Gebirgsland, welches das Dreieck zwischen Asterabad, Damghan und Schah- rud ausfüllt, genau untersucht und hier auf engem Raume eine aufserordentliche Mannichfaltigkeit der Formationen und Gesteinsarten gefunden, die durchaus ab- weicht von den später in Khorassan beobachteten geologischen und geognosti- schen Erscheinungen. In Masenderan sind die schwarzen Bergrücken dicht an- einander gedrängt und nur durch schmale tiefe Thäler oder Schluchten von ein- ander getrennt; in Khorassan ziehen sich gesonderte Bergketten, einander fast parallel, weit hin und sind durch verhältnifsmäfsig schmale, aber lange Thäler mit sanft ansteigenden Gehängen von einander geschieden. In Masenderan sind die Formationen mannichfaltig; namentlich hat die paläozoische einen grofsen Weitere Mittheilungen über die russische Expedition nach Khorassan 495 Antheil an der Zusammensetzung des Gebirges; in Khorassan herrscht viel grö- (fsere Einförmigkeit, die ältesten Sedimentär-Bildungen fehlen ganz und die Reihe derselben beginnt mit der Kreideformation, und ein grofser Theil der sedimen- tären Bildungen gehört zur Nummuliten-Formation. Eine solche Mannichfaltig- keit der Gesteinsarten, wie sie in Masenderan überall vorkommt, zeigt sich in Khorassan nur sehr selten; hier bilden besondere Gesteine in mächtiger Ent- wiekelung ganze Bergzüge und geben der Landschaft einen einförmigen Charak- ter. Die Berge in dem oben bezeichneten Theile Masenderan’s sind fast sämmt- lich sedimentären Ursprungs; Urgesteine finden sich nur sporadisch hier und dort. In: Khorassan überwiegen die Urgesteine und die metamorphischen; sie bilden die Hauptgebirgszüge auf einem ausgedehnten Gebiete; durch ihren Ein- flufs ist die Natur der sedimentären Gesteine verändert und die in der letztern enthaltenen organischen Reste sind zerstört worden. Im Ganzen hat Göbel etwa 20 grofse Kasten mit Steinarten und Petrefactan gesammelt. Herr Chanykow selbst hat für seine Wissenschaft in archäologischer, numis- matischer und ethnographischer Hinsicht nur geringe Ausbeute gefunden. Seine Hoffnung, auf den Baudenkmälern dieser Länder zahlreiche kufische Inschriften zu entdecken, ist nicht in Erfüllung gegangen; er hat deren nur 8 gesammelt, darunter eine von einem Thurme nicht weit von dem Dorf Radkan, aus dem Jahre 410 der Hedschra, die zur Hälfte mit Pehlwi-Schriftzügen, wahrscheinlich einer Uebersetzung des arabischen Textes, bedeckt ist und beweist, dafs noch zu jener Zeit die Pehlwi-Schrift in Masenderan verbreitet genug war, um auf öffentlichen Denkmälern bei Inschriften Anwendung zu finden, die dem Volke verständlich sein sollten. Auffallend ist es, dafs selbst auf den Ruinen von Tus kufische Inschriften nicht zu entdecken waren. Die Behauptung Fraser’s, dals diese Stadt von Tschingis-Khan zerstört und seitdem nicht wieder aufgebaut wor- den, ist irrig; Ibn Batuta, der im Jahre 733 d. H. in Khorassan war, erwäbnt sie fast wie die Hauptstadt des Landes; im Jahre 822 d. H. beschreibt Mirchond den Besuch, den Schah Rukh der Stadt abstattete; Chanykow selbst fand dort den Grabstein Schach - Sade-Ibrahim’s aus dem Jahre 983 d. H.; erst im zwölf- ten Jahrhundert wird die Länge und Breite von 'Tus in den astrologischen Ta- bellen, die den orientalischen Astrolabien beigefügt sind, nicht mehr erwähnt, und man kann annehmen, dafs Tus bis zum Ende des eilften Jahrhunderts der Hedschra als Stadt noch existirte. Die von Herrn Chanykow der Petersburger Akademie der Wissenschaft ein- gesandten Münzen bestehen ausschlie(slich aus muhamedanischen. Nur eine bak- trische ist ihm vorgekommen; Münzen der Arsaciden und Sassaniden waren sel- ten; die der Ommeiaden und Abbassiden viel häufiger, auch Ghazneviden waren nicht selten; besonders zahlreich und mannichfaltig aber sind die Münzen aus der Zeit der 'Timuriden, und diese sind besonders interessant, da sie in europäi- schen Cabinetten so selten sind. Chanykow macht darauf aufmerksam, dafs man in Herat eine Menge juridischer Aktenstücke aus jener Periode, theils in Copien, theils auch in Originalen erhalten kann; er selbst hat viele Fermane copirt. ' Zu ethnographischen Beobachtungen gab der Weg bis Meschhed wenig Ge- legenheit, da dieser Theil Khorassan’s von rein iranischen Stämmen bewohnt ist, die sich freilich von den Bewohnern Irak’s durch ihren besonderen Provinzial- 496 Miscellen: Dialeet unterscheiden, aber ihren- alten Volksnamen, Tadjik’s, vergessen haben. „Fast dicht hinter Meschhed“, sagt Chanykow, „stiefsen wir auf Hesareh, einen Stamm, den viele in Europa für ein besonderes Volk halten, und ich mufs ge- stehen, dafs ihr mongolischer Gesichtstypus und ihre rein persische Sprache mich in Verlegenheit setzten, welchem Volke ich sie zuschreiben sollte. Aber aus den Gesprächen mit ihren Aeltesten ergab sich, dals sie Berlas, ein Usbeken - Zweig, waren und zur Zeit Timur’s bei Kesch oder Scherchi Ssebsa nomadisirt hatten. Als Amir Timur im Jahre 799 der Hedschra seinen vierten Sohn Schach Rukh zum Herrscher von Khorassan ernannte, dessen Centrum damals Herat war, sandte er ihm zur Verstärkung tausend Familien jenes Stammes, und Schach Rukh sie- delte sie in dem fruchtbaren Thal des obern Murghab an, wo sie von ihren per- sischen Nachbaren Hesareh, die Tausend, genannt wurden; von hier breiteten sie sich östlich bis Kabul, westlich bis zum Herirud und noch weiter aus. Nur durch ihre geringe Anzahl inmitten starker, persich redender Volksstämme erklärt sich das bei einem türkischen Stamme auffallende Factum, dafs sie ihre Muttersprache vollkommen aufgaben und die persische annahmen“, Aus dem Bericht des Herrn Lenz heben wir hervor, dals er auf seiner Reise von Herat nach Tebbes und zurück über Birdshand die Lage von 23 Punkten bestimmt und an 7 Orten trigonometrische Höhenmessungen ausgeführt hat. „Von Tebbes aus“, sagt er, „mafs ich eine beträchtliche Anzahl von Höhen. Sie wer- den die Ursachen des heilsen Klima’s dieser Gegend erklären. Die üppige Ve- getation einiger wasserreichen Stellen, das Vorkommen von Palmen und Orangen hat seinen Grund in den orographischen Verhältnissen und der tiefen Lage die- ses Landstrichs. Eine hohe Gebirgswand schützt ihn vor den kalten Nordwest- und vor den noch kälteren Nordostwinden, die vom Hindukusch wehen, während die durch ihre Gluth in ganz Persien bekannten Südostwinde freien Zutritt ha- ben. So erklärt es sich, dafs wir noch am 25. October (alten Styls) eine Tem- peratur von 21° R. beobachteten“. —ın. Aus dem Japanischen Meere. Nach einer in der Petersburger Wjädomosti enthaltenen Notiz hat die rus- sische Dampfcorvette Amerika im Juli 1859, auf der Fahrt von dem Hafen Wei- Hai-Wei durch die Strafse von Korea nach Japan, in der Nähe der Insel Tschu- sima, ein kleines, nach ihr benanntes Eiland mit einem sehr gefährlichen Felsen- riff entdeckt, das sich von dem Eilande gerade nach: Norden: 4 Meilen ‚in die Länge ausdehnt. Schon vorher (30. Juni) hatte die Amerika den Hafen Na- chodka, in 42° 45’ N. Br. und 133° 2' 30" O.L. von Greenw., und die Cor- vette Wojewoda den Felsen gleiches Namens, im Japanischen Meere, unter 42° 14' 30’ N. Br. und 137° 17’ O. L., entdeckt. Wie der. russische Bericht ver- sichert, sollen die englischen Karten von den Küsten Nipon’s und Korea’s sehr ungenau sein. Die Amerika begab sich mit dem General- Gouverneur: von Ost- sibirien, Grafen Murawjew-Amursky, über Matsmai und Hakodade ‚nach Jedo, wo im August d. J. nicht weniger als zwölf russische Kriegsfahrzeuge, nämlich Die Grenzen der nördlichen Provinzen der Argentinischen Conföderation. 497 die Fregatte Askold, 5 Corvetten, 3 Clipper, 1 Transport, 1 Schooner und der Dampfer Amerika, versammelt waren. Ein so starkes Geschwader war in Japan, und namentlich vor der Hauptstadt des Kaisers, noch nie gesehen worden. Die Bai von Jedo ist flach, und die englischen und amerikanischen Schiffe müssen daher 5 Meilen von dem Ufer ankern, aber da die russischen Fahrzeuge, mit Ausnahme des Askold, für die Fahrt auf dem Amur gebaut sind und mithin einen sehr geringen Tiefgang haben, so können sie die Uferbatterien passiren und sich in unmittelbarster Nähe der Stadt Jedo vor Anker legen. L. Ueber die Grenzen der nördlichen Provinzen der Argentinischen Conföderation. Die neuere Geschichte der Argentinischen Conföderation ist voll von Grenz- streitigkeiten. Nicht nur zwischen ihr und den Nachbarstaaten schweben in die- ser Beziehung unerledigte Confliete; auch die Provinzen der Conföderation selbst liegen unter einander wegen strittiger Grenzgebiete im Hader, und nur in den seltensten Fällen hat ein bestimmtes Abkommen die Controverse beseitigt. Gleich- wohl haben sich in der letzten Zeit die Texritorialrechte hinlänglich gekräftigt und es hat sich ein factischer Besitzstand herausgestellt, auf den wir zurückgehen müssen, wenn wir auf unsern Karten die Provinzialgrenzen darstellen wollen, Wir haben das hierauf bezügliche Material gesammelt und zur Grundlage der Grenzabtheilung gemacht, die auf der diesem Hefte beigegebenen Karte eingetra- gen ist. Nicht überall konnten wir vollständige Gewifsheit erlangen; nicht blofs, weil in manchen uns ganz unbekannten Gegenden selbst specielle Angaben uns unverständlich blieben, sondern auch, weil die südamerikanischen Quellen, auf die wir uns hier ausschlie(slich verwiesen sehen, namentlich bei Bezeichnung der Himmelsgegenden und bei Zahlenangaben oft durch Druckfehler entstellt sind, die nicht überall unzweifelhaft erkannt und mit Sicherheit berichtigt werden können. Gleiehwohl glauben wir, dafs das Resultat unserer Prüfung im Grofsen und im Ganzen der Wahrheit näher tritt und dafs die Grenzlinien unserer Karte in den Hauptzügen den factischen Besitzverhältnissen mehr entsprechen, als es auf den älteren Karten der Fall ist. Die mafsgebenden Notizen stellen wir im Folgenden zusammen, zugleich als Erläuterung der Karte, die namentlich in dem nordwest- lichen Theile von den bisherigen Darstellungen erheblich abweicht. Zur Rechtfertigung dieser Aenderungen dienen zunächst die nachstehenden Bemerkungen H. Kiepert’s, von dem der Entwurf der Karte herrührt. „Als vollkommen (für den kleinen Mafsstab der Karte) gesicherte geodätische Linien sind innerhalb des ganzen dargestellten Raumes nur die grofsen Ströme, soweit sie neueren nautischen Aufnahmen zugänglich gewesen sind, anzusehen, also namentlich als Resultat der im 5. Bande (mit Beifügung von Reductionen der Originalkarten) besprochenen nordamerikanischen Expedition unter Capitain Page’s Leitung die Linie des unteren Paranä und des Paraguay, nebst den kurzen Theilen des unteren Laufes der westlichen Zuflüsse Rio Salado und Zeitschr. f. allg. Erdk. Neue Folge. Bd. VII. 32 498 Miscellen: Rio Bermejo bis zu den in der Karte bezeichneten Endpunkten der Aufnahme '). Die durch diese Aufnahme längs des Parana bestimmten Ortslagen, besonders die Ortsabstände der gröfseren Städte Corrientes, Paranä, Santa Fe, Rosario, Buenos Aires untereinander gaben erst die Möglichkeit einer Bestimmung des Wege- malses für die im Almanaque (und zum Theil in dem Werke von Maeso) mit- getheilten Itinerarien an die Hand. Während nämlich die Mafstabellen des Al- manaque den jetzt in den hispano-amerikanischen Staaten gesetzlich geltenden Werth der Legua auf 6000 Varas = 5206 Meter angeben, wonach etwa 214 (ge- nau 21,34289) Leguas auf den Aeyuatorialgrad gehen würden, fordern die für die erwähnten Distanzen im einzelnen angegebenen Malse in Leguas, selbst für Wegestrecken in ebenem Terrain, worin grofse Wegekrümmungen nicht voraus- gesetzt werden dürfen, volle 30 Leguas auf den Grad zu rechnen, und derselbe Werth stellt sich auch heraus durch Vergleichung der einzigen grölseren binnen- ländischen Route, für die wir ziemlich sichere Positionsangaben besitzen, näm- lich der grofsen westöstlichen Strafse vom Paranä nach Chile über S. Luis und Mendoza (vergl. unsere Karte zu Band IV. dieser Zeitschrift, wo sie im wesent- lichen nach den Daten der Gillis’schen Expedition niedergelegt ist) ?).* „Einer vorläufigen graphischen Construction der im Almanaque für den nörd- lichen Theil des argentinischen Gebiets enthaltenen Itinerare — es sind dies nur die Strafsen von Cordoba über Santiago und Tucuman, Salta, Jujuy nach Bolivia, !) Das letztgenannte Flufsstück, das sich unter den in gröfserem Mafsstabe edirten Specialblättern des Survey nicht ündet, nur aus der wenig sorgfältig gear- beiteten Uebersichtskarte zu Page’s Buch, somit schwerlich ganz zuverlässig; wenig- stens zeigt eine ältere Recognoscirung zu Wasser, vom Oberst Cornejo 1790 aus- geführt (bei Arenales, Noticias sobre el gran Chaco y el Rio Bermejo, Buenos Ai- res 1853), enorme Differenzen in starken Flufskrümmungen. Aus derselben Karte von Arenales ist das Stück des R. Bermejo von Concepeion (Endpunkt der ameri- kanischen Aufnahmen) bis Esquina Grande entnommen und wohl ebensowenig zu- verlässig, obwohl für diese Strecke noch eine zweite Autorität genannt wird: die dem Flusse zur Seite folgende Landexpedition des Gouverneurs Matorras im Jahre 1774. 2) Dasselbe Resultat ergaben die Linien von Rosario und Santa FE nach Cor- doba, von denen namentlich die letztere, nach dem Almanaque 84 Leguas lang durch ganz ebenes Land führend, eine ziemlich gerade Linie zu bilden scheint; sie reicht unter dieser Voraussetzung selbst für die in unserer Karte angenommene Position von Cordoba aus, welche itinerarisch im Anschlufs an die oben angeführte Route der Gillis’schen Expedition bestimmt, danach in der Karte der südlichen Argentina in Band IV. niedergelegt, und so auch in die vorliegende, in gleichem Mafsstabe sich anschliefsende Karte übertragen wurde, längere Zeit ehe uns das Buch von Page zukam. (Die zugehörige Karte konnten wir schon früher benutzen.) Dieses giebt als Resultat der trigonometrischen, für das Eisenbahnprojeet angestellten Mes- sung des Ingenieurs Campbell 31° 24’ S. Br. 64° 9' W. v. Greenwich, also eine nur um etwa 10 Minuten östlichere Länge an, mit welcher jenes Itinerar unter dem von uns angenommenen Werthe der Legua noch besser übereinstimmt; um die in der bereits gröfstentheils gestochenen Karte nöthig gewordenen Correceturen nicht noch weiter auszudehnen, ist indessen das für den Zweck derselben weniger erheb- liche Staatsgebiet von Cordoba unverändert gelassen worden. (Die von W. Parish (p- 242) angegebene auf einer Beobachtung von Souillac 1784 beruhende Länge 65° 23’ W. von Paris = 63° 3’ Greenw. ist evident falsch; die Breitenangabe desselben Beobachters: 31° 26’ 14”, angeblich Mittel von 4 Beobachtungen, die nieht specifieirt werden, verdient wohl auch nicht mehr Vertrauen als obiges Resul- tat Campbell’s.) Die Grenzen der nördlichen Provinzen der Argentinischen Conföderation. 499 von Cordoba über Catamarca nach Tucuman, von $. Luis an Rioja vorbei und von Rioja selbst nach Copiapo in Chile, von Mendoza über S. Juan, Rioja, Catamarca, westliche Route nach Salta, sowie von Salta aus nach Copiapo, nach Atacama und Cobija, nach Esquina Grande und nach Oran — war also der auf 35 Grad bestimmte Werth der Legua für ebenes Terrain oder gerade Thalwege, für Hügel- und Bergland (leider in der kurzen Routenbeschreibung unserer Quelle nicht in wünschenswerther Art deutlich bezeichnet) ein willkührlich verkürzter von etwa 75 Grad (nur für die höheren Gebirgspässe der Cordilleren noch eine viel stärkere Verkürzung) zu Grunde zu legen; da die Wegerichtungen nur hie und da ausnahmsweise (vollständig nur für den Weg von Salta nach Esquina Grande) angegeben sind, so konnte das Resultat freilich nicht zu einer sicheren Bestim- mung der Lage der Hauptpunkte, wohl aber als Correctiv für die früheren, mei- stentheils aus ähnlichen unvollkommenen Wegeangaben hervorgegangenen Karten dienen und selbst als willkommene Controlle für die Routen der neuesten Expe- dition. Denn sowohl Karte als Buch von Page sind weit entfernt für das auf der weiten, hauptsächlich zu hydrographischen Zwecken unternommenen Landreise nach Tucuman und Salta durchschnittene Terrain mehr als ganz allgemeine An- deutungen zu geben; an eine genauere topographische Aufnahme der Route war bei der Schnelligkeit, womit die Reise zurückgelegt wurde, gar nicht zu denken und aufser sehr unbestimmten Distanzschätzungen stützt sich mithin das in der dem Buche beigegebenen Karte verzeichnete Routier der Nordamerikaner wesent- lich auf zwei von ihnen astronomisch bestimmte Positionen: Santiago in Lat. 27° 46’ (47' nach Azara), Lg. 64° 22’ Greenwich und Tucuman in Lat. 26° 51’, Lg. 66°. Den ersten dieser Punkte habe ich unverändert gelassen; für Tu- euman aber nur die Breitenbestimmung, mit welcher auch die frühere, von Wood- bine Parish angegebene von 26° 52%, die von Petermann (geographische Mit- theilungen, 1856, S. 69) angezweifelt wird, nahe genug harmonirt. Die Länge dagegen, welche Page selbst als nur approximativ bezeichnet, mufs unter der Annahme der Zuverlässigkeit der für Santiago angegebenen Länge nothwendig als zu westlich angesehen werden, da sich danach der Abstand von Santiago in gerader Linie auf nicht weniger als 27 deutsche Meilen, d.i. nach obigem Malsstabe 54 Leguas ergeben würde, während Maeso und der Almanaque über- einstimmend nur 44 (Redhead bei W. Parish p. 253 sogar nur 40) geben. Es wird hiernach um so mehr gerechtfertigt sein, dafs wir die Länge von Tucuman wenigstens um 20’ östlicher als Page angenommen haben, als bei einer so star- ken westlichen Verschiebung die weiter westlich Tucuman mit Catamarca und Rioja verbindenden Routen zu stark verkürzt werden mülsten“. „Auch ist zur Annahme eines gröfseren als des oben angenommenen Durch- sehnittswerthes der Legua für die Ebene zwischen Tucuman und Santiago um so weniger Grund vorhanden, als ziemlich derselbe, ja eher noch ein etwas geringe- rer Werth in dem Wege durch die mit wenigen Unterbrechungen eben so flache Gegend zwischen Santiago und Cordoba sich herausstellt. Erscheint diese Linie, da sie fast genau der Meridianrichtung folgt und bei der gröfseren Sicherheit der Breitenbestimmungen ihre Endpunkte genug fixirt sind, also ihre wahre direete Länge keinem erheblichen Zweifel unterworfen ist, für eine solche Schätzung vor- _ zugsweise geeignet, so geht dieser Vortheil leider wieder verloren dureh die über- 32 * 500 f Miscellen: aus grofsen Abweichungen in den Distanzen und unerklärlichen Widersprüche in den Ortsangaben der verschiedenen Routenbeschreibungen, von denen die Strecke zwischen Santiago und Portezuelo an der Südgrenze dieses Staates mit theilweise verschiedenen Stationen zu 54, 56, 65 und 83 Leguas angegeben wird '). „Für die Orientirung in der westlich von der so eben verfolgten Linie bis zu den Cordilleren sich ausdehnenden, zum Theile bergigen, aber noch von wei- ten Steppenflächen unterbrochenen Landschaft, welche die Staatengebiete von Ca- tamarca und Rioja einnehmen, dienen die beiden Wegelinien des Almanaque von Mendoza über S. Juan, Rioja und Catamarca nach Tucuman und von $. Luis !) Das Almanaque hat 2 verschiedene Strafsen; eine kürzere westliche durch die Wüste (despoblado): Portezuelo 4 Orquetas, 4 Guardia, 7 Puesta del Monte, 3 Paso del R. Saladillo, 8 Boqueron, 6 Caüada de San Ramon, 6 Perca, 4 Tacocha- quetzumi, 4 Iquera, 4 Cardozo, Paso del R. Dulce, 4 Santiago; und eine östliche durch mehr angebautes Land: Portezuelo 7 Zanjones, 4 Ambargasta, 10 Tarucapampa, 7 Pasado, 7 Joanillo, 10 Noria de Ayacucha, 8 Soreto (6 Loreto bei Maeso), 4 Mane- gasta, 8 Santiago. Da man nun auf der ersteren Route, ehe man Santiago erreicht, den R. Dulce überschreiten mufs, und da dieser Flufs, nach der ausdrücklichen Ver- sicherung Page’s, bei Puesta del Monte „R. Saladillo“ genannt wird, so liegt diese Route zwischen dem Paso del R. Saladillo und der Station Cardozo einschliefslich auf dem Ostufer des R. Dulce; und da auf der zweiten Route der zuletzt genannte Flufs nirgends überschritten wird, so folgt daraus, dafs der Almanaque nur irrthüm- lich die erste Route als die westliche und die zweite als die östliche bezeichnet ha- ben kann. Lieut. Page schlug die erstere Route ein und macht zum Theil dieselben Stationen namhaft. Hinsichtlich der zweiten Route unterliegen die Angaben des Almanaque erheblichen Zweifeln; sie ergeben für die Distanz Portezuelo - Santiago 65 Leg., oder für Cördoba-Santiago 122 Leg., — während der Almanaque selbst an einer anderen Stelle die letztere auf 133 Leg. angiebt. Diese Differenz liefse sich durch eine Auslassung zwischen Zanjones und Tarucapampa erklären, denn hier giebt Maeso’s Itinerar: Zanjones 7 Pampagrande, 8 Represa de Caravajal, 10 Taruca- pampa, — zwischen beiden Endpunkten also genau 11 Leg. mehr als der Almanaque. Aber Maeso setzt aufserdem zwischen Loreto und Manegasta (nach dem Almanaque 4 Leg.) die Station Silipica an, die von dem ersteren Ort 8, von dem letzteren 5 Leg. entfernt sein soll; die Annahme jener Auslassung gleicht also die Differenz nicht aus, die nach dem jetzt vorliegenden Material nicht mit Sicherheit zu entwir- ren ist. Wir sind geneigt, den Irrthum nicht in den Stationsangaben, sondern in den Distanzangaben und zwar im Almanaque zu suchen, und vermuthen, dafs der ältere Weg (Maeso’s), der, um die Travesia zu umgehen und den künstlichen Regen- fang (represa) Caravajals zu erreichen, stark nach Westen abgebogen zu sein scheint, später, vielleicht nach dem Verfall der Represa, oder mindestens für die Post (die Routen des Almanaque sind Postrouten), welche die Travesia weniger zu scheuen und auch dem Laufe des Dulce bei Silipiea nicht so ängstlich zu folgen brauchte wie die Maulthier-Karawanen, durch den kürzeren Weg des Almanaque ersetzt wor- den ist, bei dem man freilich hinter Ambargasta sofort von der hohen Pampa in die fast 1000 Fufs niedrigere Travesia hinabfahren mufste; und dafs die Differenz zwischen den Einzelnzahlen und der Gesammtsumme des Almanaque (von 11 Leg.) in Druckfehlern Zanjones 4 Ambargasta, und Loreto 4 Manegasta, beide Mal für 9 Leg., ihre Erklärung findet. Diese an sich widerwärtigen Discussionen kleinlicher Details mögen dem Leser veranschaulichen, auf wie höchst unsicheren Grundlagen auch nach den letzten Erforschungsreisen zur Zeit noch die Topographie jener gan- zen Länderräume, selbst in Bezug auf das bekannteste, die Hauptstrafsen, beruht, und wie wenig selbst hierin, vollends aber in Bezug auf Ortslagen aufserhalb der grolsen Strafsen, den scheinbar genauen Details der Karten zu trauen ist. — Dafs ich vom Terrain, über dessen Configuration wir so gut wie gar nichts wissen, in der ganzen Karte nur die allgemeinsten Andeutungen gegeben habe, rechtfertigt sich damit von selbst, } N F | 4 Die Grenzen der nördlichen Provinzen der Argentinischen Conföderation. 504 nach Copiapo in Chile, die sich auf der Station los Colorados, südwestlich von Rioja kreuzen und wenig weiter nördlich durch nur eine Seitenroute zwischen Chileeito und Rioja miteinander, überdies von Catamarca aus östlich mit Cor- dova, verbunden sind, wie aus nachstehender übersichtlichen graphischen Zusam- menstellung der Hauptsummen in Leguas erhellt“. . 92 Cordilleren - Pafs Salt: Copiapo ordilleren alta di Quebrada del Obispo | | 107 8 155 Chilecito (Famatina) Tucuman 32 22 | 90 los nd a, Ant Ace 5 ne 160 (1809) | S. Juan | 133 | GEECT S. Luis 54 (56) Mendoza Cordoba „Beide Hauptlinien sind unsicher, nicht allein durch die nothwendig übertrie- bene Schätzung der vielfach gekrümmten und steil ansteigenden Hochgebirgspässe an der Chilenischen Grenze und zwischen Catamarca und Tucuman, sondern auch wahrscheinlich durch Irrthümer in den Details, wie denn die Summe für die Route los Colorados — S. Luis (160 Leguas) wohl jedenfalls zu hoch ausgefal- len ist, und zwar wie es den Anschein hat durch die auf volle 40 Leguas (viel- leicht Druckfehler statt 10?) angegebene Länge einer einzigen Station (Cerro de Chorrillo bei S. Luis bis Rincon de $. Barbara), während sonst das Maximum einer Station 13 Leguas beträgt“. „Wir haben daher unserer Construction zunächst die allerdings mehrfach ge- bogene Linie, Mendoza — Tucuman, zu Grunde gelegt, und mittelst derselben, sowie durch Anpassen der Linie Rioja — Copiapo, unter starker Reduction des überlieferten Wegemalses für die Cordillerenpässe (50— 60 Leguas auf den Grad auf Chilenischem Gebiete nach Vergleichung der Karten von Gay und Pissis) die Lage von Rioja zu bestimmen gesucht, dessen Breite hiernach nicht erheb- lich von den bisherigen Berechnungen (vergl. d. Zeitschr., N. E., Bd. I, Karte 2) nach Süden hin abweichen würde. Sehr bedeutend in demselben Sinne nach $Sü- den hin mufs dagegen die Lage von Catamarca verschoben werden, jeden- falls noch mehr als der Herausgeber der Zeitschrift vor 2 Jahren gestützt auf Ruzo’s Angaben, anzunehmen geneigt war; ja man wäre versucht sie noch südlicher zu rücken, als in der vorliegenden Karte geschehen ist, wenn man allein die absoluten "Zahlenverhältnisse für die Wegemalse: — Catamarca gleichweit von Tucuman und von der Station Divisaderos auf der Cordova-Santiago-Strafse, und halb soweit von Rioja, — berücksichtigen wollte. Allein dann wäre es unmöglich mit den Ent- 502 Miscellen: fernungsmalsen für die zweite Stralse zwischen Catamarca und Salta, die mit be- deutendem Umweg Tucuman westlich umgeht und dabei durch Gebirge führt, irgendwie auszukommen. Es wird gerechtfertigt sein, Catamarca nicht südlicher als wir es schliefslich nach vielfachen vergeblichen Orientirungsversuchen nieder- gelegt haben, anzusetzen und die in den geraden Längen der mit fast gleichem Meilenmals ausgedrückten Linien Catamarca bis Tucuman und Catamarca bis Di- visaderos sich herausstellende nicht ganz kleine Differenz aus der Verschieden- artigkeit des Terrains — hier weite Ebene, meist Wüste, dort, wie es scheint, meist Bergland, — zu erklären“. „Der von der Catamarca -Cordoba-Stralse auf der Station Toscas sich west- lich abzweigende Weg nach Rioja, dessen nähere Kenntnifs zur sicheren Bestim- mung der Lage von Rioja von grolsem Nutzen sein würde, ist im Almanaque leider nicht specifieirt; die beigefügte Bemerkung „dafs er von der westlichen Richtung ein wenig nach Süden abweiche“ kann sich füglich nur auf das von Toscas aus sichtbare erste Wegstück, keineswegs auf die ganze Route beziehen, darf uns daher nicht verleiten, in Widerspruch mit den anderen oben angeführ- ten Rioja berührenden Itinerarien dieser Stadt eine noch südlichere Lage anzu- weisen“. „Nördlich von Tucuman erstreckt sich die Wegelinie der Page’schen Expedi- tion noch bis Salta, welcher wichtige Punkt von demselben aber nicht mehr astronomisch, sondern nur.itinerarisch (nach der Page’schen Karte zu Lat. 244° Lg. 664 Greenw) bestimmt worden ist; eine wenig südlichere Breite für Salta anzunehmen, bewog mich die Erwägung der im Almanaque und bei Maeso ge- gebenen Itinerar-Distanz von 83 Leguas südlich bis Tucuman, während die 142 Le- guas nördlich bis Potosi, dem ersten wieder auf astronomischen Wege in der Breite gesicherten, ziemlich unter demselben Meridian fast genau 5 Breitengrade entfernten Punkte bei der Beschaffenheit des dazwischen sich ausbreitenden durch- aus bergigen Terrains fast zu gering erscheinen und bei dem geringen Grade von Zuverlässigkeit, den die Zahlen unserer Quellen überall zur Schau tragen, von dieser Seite her keinerlei nähere Bestimmung erlauben ')“. „Die geographische Länge von Salta, welche durch das Page’sche Itinerar auf 4 Grad westlich von Tucuman bestimmt wird, einer Prüfung zu unterziehen würden die jene Stadt mit den westlichen Küstenpunkten Copiapo und Co- bija verbindenden zum Theil sehr speciell aufgeführten Itinerare des Almanaque noch geeigneter sein, wenn irgend ein sicherer Malsstab für den wegen der Ter- rainschwierigkeiten der Cordillerenpässe am Längenmafse zu machenden Abzug vorläge. Selbst für den Westabhang der Cordilleren ist diefs schwierig, da die Lagen der Pafshöhen, im nördlichen Chile wie sie in Pissis und Gay’s Karten eingetragen sind, wohl kaum für sehr zurverlässig gelten dürfen. Von Copiapo über Juntas und Junquera zum höchsten Passe, auf der Stralse nach Famatina, den der Almanaque Puerta de la Quebrada del Obispo, die Karten Paso de Co- mecaballo nennen, geben diese, mit Berücksichtigung der Thalkrümmungen, eine Distanz von 27 deutschen Meilen, jener als Summe der Stationen 92 Leguas, 1) Petermann, geograph. Mittheil., 1856, S. 69 gıebt nach Woodbine Parish (offenbar der zweiten Ausgabe des Werkes, in der mir allein zugänglichen ersten fehlt diese Angabe) eine Breitenbestimmung für Salta zu 24° 51’ ohne zu sagen ob sie astronomisch und von wem sie bestimmt sei. Ye TH EN Die Grenzen der nördlichen Provinzen der Argentinischen Conföderation. 503 also etwa 50 Leguas auf den Grad (gegen 30 auf ebenem Terrain). Die im Al- manaque auf 60 Leguas angegebene Bergstralse von Copiapo über Pachote, Ma- ricunga und Tres Cruces zu einem weiter nördlich, auf der Strafse nach Salta gelegenen Cordillerenpasse, läfst sich auf keiner Karte verifieiren, scheint aber im allgemeinen dem Wege über Puquios in der Wegekarte von Döll und Philippi (bei Petermann, Mittheil. 1856, Lief. 3) zu entsprechen, welcher bis zur Haupt- eordillere in gerader Richtung etwa 18 deutsche Meilen messen würde, was ziem- lich dasselbe Resultat giebt. Im Osten der Cordillere aber mul[s die Beschaffen- heit des Hochland-Terrains sich sofort ändern und verhältnifsmäfsig ebenen Bo- den darbieten, wenn die im Almanaque von jenem Passe über Molinos bis Salta angegebenen 142 Leguas (für mehr als 60 deutsche Meilen gerader Distanz) aus- reichen sollen. Vollends mit der nördlicheren Strafse zwischen Salta und Cobija ist gar nicht ins Reine zu kommen. Nach dem Almanaque führt dieselbe von Salta über Tastil und S. Antonio de los Cobres schon mit 42 Leguas zur boli- vianischen Grenze, dann mit 64 (nach anderer Angabe 75) Leguas nach Atacama, endlich mit 72 Leguas nach Cobija. Diese Zahlen widersprechen aufs Bestimm- teste der, wie es scheint, auf Winkelmessungen des Geometers Döll beruhenden An- setzung von Atacama in der erwähnten Philippi’schen Karte, wonach dasselbe auf nur etwa 4 (statt 2) des Weges von Cobija bis Salta zu liegen käme; auch Petermann (a. a. 0. S. 58) ist aufser anderen Differenzen zwischen der Karte und den eige- nen Malsangaben Philippi’s gerade diese aufgefallen. Soll also die Aufzählung der Stationen im Almanaque zwischen Atacama und der argentinischen Grenze (von denen nur die nächste an Atacama, das 9—10 Leguas entfernte Toconao auch in jener Karte erscheint, die übrigen also einer anderen, als der von Philippi längs der Lagune über Peine verfolgten Route angehören, d.h. erst mit einem nördli- chen Umwege die Richtung nach Salta gewinnen) nicht durchaus irrig sein, was’ bei der zweimaligen Wiederhölung derselben Stationen mit wenig abweichenden Malsen nicht wohl denkbar ist, so kann der Fehler nur entweder in einer Aus- lassung zwischen der Grenze und Salta, oder aber in einer zu starken Zusam- menziehung des Weges von Cobija bis Atacama (der hier bei allmähligem Anstei- gen des Terrains volle 70 Leguas auf einen Grad erfordern würde), d.h. in einer irrigen, zu stark westlichen Position von Atacama in Philippi’s Karte liegen, welche ich, in der Unmöglichkeit einer Entscheidung hierüber, vorläufig auch in meiner Karte beibehalten habe“, „Als Gesammtresultat unserer Construction ergiebt sich, wie die Vergleichung mit älteren Karten zeigt, eine beträchtliche Verschiebung fast aller Hauptpunkte und der davon abhängigen Linien nach Westen, d. i. eine engere Zusammenzie- hung der durch Anbau zugänglichen und daher bis jetzt allein etwas bekannt ge- wordenen Hügel- und Berglandschaften, welche den westlichen Theil des argen- tinischen Staatsgebietes bilden, deren Breite, nur von den Cordilleren im Westen her erforscht, schon bei der ersten Entdeckung, wie diefs stets zu geschehen pflegt, viel zu grofs geschätzt worden war und sich in Ermangelung genauerer Bestimmungen der astronomischen Länge traditionell so auf den Karten fortge- pflanzt hatte: dem entsprechend, erscheint der noch ganz unerforschte, nur von der stark gewundenen, daher schwer in ihrer Längenentwickelung zu schätzenden 'Stromlinie des Rio Bermejo durchschnittene Flächenraum des Gran Chaco, der auf den älteren Karten ungebürlich verengert worden war, jetzt in seiner vollen 504 Miscellen: unermefslichen Ausdehnung. Nothwendig mufste sich die angedeutete Verschie- bung nach Westen auch über die Nordgrenze der Argentina hinaus auf die Punkte Tupiza und Tarija erstrecken, deren Bestimmung durch ältere Routiers, letzteres auch durch das neuere von Castelnau in Rücksicht auf die Länge unsicher ge- nug erscheint, um vielmehr eine Accommodation an die von mir gewonnene Be- stimmung für die Lage von Salta zu fordern“. An diese Erörterung der Motive der Construction schliefsen wir @inige. Be- merkungen über die Grenzverhältnisse der nördlichen argentinischen Provinzen. I. Provinz Jujuy. Die Provinz Salta bestand früher aus vier Departements: Salta, Jujuy, Oran und Tarija. Das letztere wurde von den Bolivianern oecupirt und ist factisch von ihnen behauptet worden. Jujuy rifs sich los und die Exe- cutivgewalt von Salta erkannte am 2. December 1834 die Unabhängigkeit Jujuy’s als einer besonderen Provinz an. Nach dem Almanaque nacional de la Confederacion Argentina para los anos de 1855 y 1856, der eine interessante Skizze der Provinz aus der Feder eines Eingeborenen enthält, zerfällt sie in 9 Departements, von denen vier, die departe- mentos de la puna, der Gebirgsluft, auf dem Hochplateau liegen, nämlich Yavi, Rinconada, Cochinoca und Santa Catalina. Die anderen fünf, Humahuaca, Tum- baya, Jujuy, Perico und Rio Negro liegen im Flufsgebiete des Rio Grande de Jujuy. Hiermit stimmt auch J. Maeso in einem Nachtrage zu seiner Uebersetzung des Werkes von Woodbine Parish (Bd, II, S. 213) überein, mit dem einzigen Un- terschiede, dafs er statt des Departements Yavi das Departement Cerrillos an- führt. Wir halten indefs die erstere Angabe für die richtige. Es ergiebt sich hieraus, dafs die Nordgrenze der Conföderation weiter nach Norden gerückt werden mufs, als es gewöhnlich geschieht. Denn auch in den Itineraren, von Jujuy nach Tupiza in Bolivia, sowohl im Almanaque wie bei Justo Maeso, wird übereinstimmend Quiaca als argentinische Grenzstation angegeben. Diese Itinerare lauten: j im Almanaque bei J. Maeso von Jujuy bis Leon. . . . 5Leg.; von Jujuy bis Leon . . . 6Leg.') - Leon bis Guayra . . .5°- 5 = Leon bis Volcan. . . 9- - Guayra bis Tilara . . 7 - 5» Volcan bis Maimara_ .10 - - Tilcara bis Guacalera . 8 -; - Maimara bis Guacalera. 5 - - Gmacalera bis Humaguaca 6 - ; - Gwuacalera bis Humaguaca 6 - - Humaguaca bis Cueva . 10 ?); - Humaguaca bis Cueva. 3 - - Cueva bis Colorados. . 6 - 5 - Cueya bis Colorados . 6 - - Colorados bis Cangrejos. 4 - ; - Colorados bis Cangrejos 6 - - Cangrejos bis Quiaca . 3 =; - Cangrejos bis Quiaca . 3 - Von Quiaca soll nach dem Almanaque der erste bolivianische Ort Mojos 8 Leguas entfernt sein. !) Hiermit stimmt auch der Verfasser der oben erwähnten Skizze von Jujuy in einer beiläufigen Notiz überein. 2) Aus einer anderweitigen uns vorliegenden Notiz ergiebt sich, dafs die Länge des Thals von Humahuaca von seinem Anfang bis zur Einmündung des Baches von Leon 30 Leguas beträgt; hiernach scheint Maeso’s Zahl 3 richtiger als die 10 des Almanaque. Doch entspricht letztere besser der Zeichnung der betreffenden Wegstrecke in der Karte von W. Parish; auch steht sie der Angabe Redhead’s (8 Leg.) näher. Die Grenzen der nördlichen Provinzen der Argentinischen Conföderation. 505 ° Ueber die Westgrenze Jujuy’s konnten wir Genaueres nicht ermitteln; es fehlt uns namentlich eine Angabe, ob Rosario zu Salta oder zu Jujuy gehört; wir vermuthen das Letztere, da der Ort mehrmals in Verbindung mit Rinconada und Casabindo erwähnt wird und von Jujuy leichter zugänglich zu sein scheint als aus dem Cachi- Thal. Die Östgrenze zieht über das Plateau, welches der R. Grande de Jujuy in einem grolsen Bogen umfliefst. Sie läfst S. Andres bei Oran, und schneidet den R. Grande nach einigen Angaben an der Mündung des R. de las Piedras, nach anderen (aus Oran selbst stammenden) Angaben zwischen dem R. Sora und dem Bach von S. Lorenzo. Die Südgrenze gegen Salta wird auf dem Wege von Salta nach Jujuy bei dem Bache Tres COruces nördlich von Caldera, auf dem Wege von Salta nach Oran am R. Las Pavas durchschnitten, Hierfür liegen folgende Itinerare vor: nach dem Almanaque bei J. Maeso von Salta nach Caldera. . . 5Leg.; von Salta nach Caldera. . . 5 Leg. - Caldera nach Los Saucees 4 - ; - Caldera nach Cabata. . 7 - - Los Sauces n. Tres Cruces 3 - ; - Tres Cruces nach Cabata 3 - ; - Cabatıa nach Miros 8 - ; - Cabata nach Juuy . . 6° - EEENMros nach Aujuy . . . a. Die Station Los Sauces im Almanaque ist wohl ein ungerechtfertigtes Ein- schiebsel; dafs der Weg von Salta bis Jujuy nur 18 Leguas beträgt wird sonst überall einstimmig berichtet, Von Salta nach Oran giebt der Almanaque folgende Route: bis Lagunilla 3 Leguas; Rio de Mozo Foro (?) 2; Zuckerrohr- Mühle Carmen 4; Zuckerrohr- Mühle Sta Rosa 4 (zwischen Carmen und Sta Rosa liegen 4 Zuckerrohr-Mühlen, Namens Los Bordos); Rio de las Pavas, Grenzlinie zwischen Salta und Jujuy im NO., 2 Leg.; Pampa Grande 2; Catladas de Perico 6; Palos Blancos 5; Barro Negro 1; Rio de San Pedro, welches der Rio Grande de Jujuy ist, 2; S. Pedro, Zuckerrohr-Mübhle, 1; Rio Negro 6; Reduceion 6; R. de Ledesma 2; Ledesma, Zuckerrohr-Mühle 1; R. de San Lorenzo 2; San Lorenzo, Zuckerrohr-Mühle 1; bis hierher fahren Wagen, aber auch bis Oran könnte ohne Beschwerde ein Wa- genweg angelegt werden; R. de Sora 3; Caimaneito 4; San Miguel 3; R. de las Piedras, Grenzlinie zwischen Jujuy und Oran, 2; Puerto de Ma- torras 2; Rio Seco 2; R. Colorado 6; R. de Sta Maria 3; Campo oculto 2; Oran 4. — Summe 81 Leguas. (Die Einzeldistanzen sind also nur an ein paar Punkten in voller Zahl statt eines hohen Bruchtheils angegeben.) Zur Vergleichung dient eine Route von Oran nach Salta, die wir einer in Corrientes erschienenen Schrift von Villafahe: „Oran y Bolivia d la marjen del Bermejo 1857“ entlehnen. Darnach überschreitet man, wenn man von Oran kommt, im Gebiete von Oran folgende Bäche: Sta Maria 44 Leguas; Colorado 23; de las Piedras 12; Sora 8; im Gebiete von Jujuy den San Lorenzo 9 (?); ‚Ledesma 3; R. Negro 6; San Pedro 7; las Pavas 13; Saladillo 1; Mojotoro 9. Der Mojotoro ist nach Villafaie derselbe Flufs, der bald seinen Namen in La- 4 vayen verwandelt, offenbar derselbe, den der Almanaque Mozoforo nennt; rech- nen wir die Entfernung von diesem Flusse nach Salta (5 Leguas) hinzu, so er- en nt A J 506 Miscellen: geben die Einzelsummen eine Gesammtentfernung von 78 Legwas, während Villa- fane selbst sie auf 80 Leguas berechnet. U. Die Provinz Salta umfafst nicht nur den nordwestlichen Theil des Des- poblado — S. Antonio de los Cobres wird ausdrücklich als ein zu Salta gehöriger Ort bezeichnet, — sondern auch das Territorium von Oran; das letztere steht unter einem Vice- Gouverneur (teniente-gobernador), den die Regierung von Salta ° aus drei von der Municipalität Oran’s präsentirten Personen wählt. Die Zahl der Departements giebt J. Maeso mit Einschlufs der Hauptstadt und Oran’s auf 16 an, ohne sie einzeln namhaft zu machen, der Almanaque auf 17. Sie heifsen nach dem letzteren: Salta, Cerrillos, Rosario de Cerrillos, Chieuana, Guachipas, Rosario de la Frontera (hat heilses Klima, es ist also das Rosario an der Chaeo- Grenze gemeint), Candelaria; im obern Thal des Guachipas: San Carlos, Car- men, Molinos und Cachi; an der Grenze von Jujuy: Caldera und Camposanto; Anta oder Rio del Valle am Chaco; endlich Oran mit Iruya und Santa Victoria. Salta grenzt mit seinem nordwestlichen und seinem nordöstlichen Theil an Bolivia. Das Erstere erhellt aus einem Itinerar von Salta nach Cobija, welches bis zur Grenze folgendermalsen lautet: von Salta bis zum R. Silleta 5 Leguas, Mündung der Quebrada del Toro 3; Chorrillo 7; Cebadas 3; Huaico Hondo 5; Tastil 2; Cuevas 3; Rio de los Patos, ohne Ortschaft, 6; San Antonio de los Cobres, verlassenes Silberbergwerk, 3; Trapiche, verlassenes Silberbergwerk 1; Chorrillo 3; Abra de Chorrillo, Grenzlinie zwischen Salta und Boli- via, 1. Von hier hat man 23 Leguas bis zum Fufs der Cordillere, dann 24 Le- guas bis zum Passe über den Kamm, von hier 17 Leguas bis Atacama. Ein an- deres Routier giebt den Weg von Salta nach Tastil durch die Quebrada del Toro auf 35 Leguas an; sonst stimmt es mit dem obigen ziemlich überein. Die Nordgrenze von Oran geht nach Villafane an der Capilla del Bermejo vorbei, die 37 Leguas von der Stadt Oran, und 18 bis 20 Leguas von Tarija entfernt ist. Nach demselben Schriftsteller liegt die Confluenz des Bermejo und Tarija 12 Leguas, die des Ytao und Tarija 26 Leguas von Oran. Die Haupt- orte der beiden speciell von Oran abhängigen Departements Iruya und Santa Vic- toria liegen beziehungsweise 30 und 56 Leguas nordwestlich von Oran, Santa Victoria am Pacarä, 18 Leguas südlich von Tarija. Im Osten grenzt Salta an das Chaco und an den Bermejo. Esquina Grande ist zum Hafenplatz der Provinz am Bermejo bestimmt, und im September 1854 wurde von der Regierung eine Expedition dorthin gesandt, deren Itinerar mit Angabe der Richtungen folgendermafsen lautet: von Salta nach Lagunilla, NNO. (?), 3 Leguas; Cobos, NO., 6; Cabeza del Buey, $., 3; La Cienaga, SSO., 4; La Salada, SO., 7; Morillo, O., 4; Las Cahias, SO., 4; Las Vivoras, ONO., 4; Ca- stellanos, O., 4; Anta, Dörfchen, ONO., 4; Cancha, NO., 5; Rio del Valle, fuerte de San Fernando, ONO., 3; Las Cortaderas, Anfang des Chaco, ONO, 4; Paso de la Batea, O., 4; Pozo Verde, NO., 4; Campo de las Viscachas, O., 5; Campo de la Cruz, NO., 5; Lomada, O., 5; Palmar redondo, ONO,., 5; Campo de S. Domingo, NO., 6; Pozo de Sevilla, O., 3; Esquina Grande, ONO., 8. — Total 100 Leguas. Weiterhin grenzt Salta an Santiago. Am R. Salado wird Pitos als Grenz- punkt erwähnt; von hier zieht sich die Grenze südwestlich, das Departement Candelaria grenzt sowohl an Santiago wie an Tucuman, und der R. Tala wird Die Grenzen der nördlichen Provinzen der Argentinischen Conföderation. 507 zwischen Trancas und Tala del Pescado von der Grenze durchschnitten. Hierin stimmen alle Itinerare und der Bericht des Lieut. Page überein. Ein interessantes Itinerar von Salta nach Catamarca durch das Thal des Guachipas belehrt uns, dafs man im SW. die Grenze 2 Leguas hinter Cafayate überschreitet und die Provinz Tucuman betritt. Die Westgrenze gegen Catamarca wird wahrscheinlich durch die Sierren bestimmt, welche die Thäler von $. Carlos, Carmen, Molinos und Cachi im Westen einfassen. II. Die Provinz Tucuman umfalst 10 Departements: Tucuman, Famailla, Monteros, Chiquiligasta, Rio Chico, Graneros, Leales, Burroyacu, Trancas uud Encalilla. Die Lage des letztern Departements, das nach J. Maeso nur 583, nach dem Almanaque 700 Einwohner zählt, ist uns unbekannt. Auch über den Rio Chico widersprechen sich die Nachrichten; in einer Brochüre über Tucuman, welche die Flüsse südlich von der Hauptstadt, wie es scheint, der Reihe nach von N. nach S. namhaft macht, wird der Rio Chico unmittelbar nach dem R. Medinas genannt; nach dem im Almanaque mitgetheilten Itinerar von Catamarca nach Tucuman kommt man dagegen zuerst über den Rio Medinas, dann nach 6 Leguas über den Rio Chico, und hat von hier bis Monteros noch 19 Leguas, — ein deutlicher Beweis, wie höchst mangelhaft wir über das Flufsgebiet des Rio Dulce unterrichtet sind. Die Aufzählung der Departements gewährt keinen vollständigen Ueberblick über den Umfang der Provinz. Tucuman wird im Osten von dem Gebiete Santiago’s durch den Rio Uruena geschieden, der nur zuweilen den Rio Dulce erreicht; es ist also vom Chaco ganz abgedrängt. Im Norden stölst es an Salta; auf der Stralse von Tucuman nach Salta überschreitet man, wie bemerkt, die Grenze zwischen Trancas und Tala del Pescado. Von hier ab drängt sich ein schmaler zu Tucuman gehöriger Landstreifen weit nach NW. zwischen die Pro- vinzen Salta und Catamarca; die Regierung von Tucuman occeupirte ihn, um sich an der Verkehrsstralse, welche von Rioja und Catamarca über San Carlos nach Salta führt, festzusetzen und die transitirenden Waaren mit einem hohen Zoll zu belasten. Es ist den Nachbarprovinzen gelungen, eine Ermäfsigung die- ses Durchgangszolles zu erwirken; aber die Herrschaft Tucuman’s über jenen Landstrich ist aufrecht erhalten, und das Itinerar von Salta nach Catamarca bemerkt dann auch, dafs man 2 Leguas hinter Cafayate und 1 Legua_ vor Tolom- bon das Gebiet von Tucuman betritt, und es nach einem Wege von 8 Leguas wieder verläfst, um die Grenze von Catamarca zu überschreiten !). Im Westen grenzt Tucuman an Catamarca und hat an diese Provinz nach J. Maeso einen 25 Leguas breiten Landstrich verloren; als gegenwärtige Grenze gilt der Rio Guacra, — ein kleines Flüfschen, von dem wir nur wissen, dafs man auf dem Wege von Catamarca nach Tucuman von ihm bis zum Rio Medinas noch 28 Le- ») Die Worte des Itinerars sind unklar gefafst und können auch anders gedeu- tet werden, weshalb wir sie vollständig hierhersetzen: (von San Carlos bis) Cafayate, vice-parroquia, 6 Leguas; Tolombon (estancia) 3; [d una legua de Tolombon em- pieza la provincia de Tucuman] no hay sino una faja estrecha del NO. de esta pro- vincia; Colalao (capilla) 4; Banado de Quilmes (estancia) 4; d las tres leguas ter- mina la provincia de Tucuman y empieza la de Catamarca; Puerto (estancia) 7; Santa Maria (parroquia) 1; San Jose (pueblo) 3. 508 Miscellen: guas zurückzulegen hat. — Dieses Grenzgebiet ist vollkommen unbekannt; auch aus der Denkschrift über Catamarca haben wir nur ermitteln können, dals öst- lich von der Sierra de Ancaste noch ein ebener Landstrich von mindestens 9 Le- guas Breite zu Catamarca gehört. Die Südgrenze der Provinz wird nach dem Almanaque von der Poststralse zwischen Gramilla und Tres Pozos durchschnitten, nach Page nicht weit von der Station Bagual. IV. Die Nordgrenze von Santiago del Estero haben wir bereits festgestellt. Im Westen wird es nach J. Maeso durch den Rio de Albigasta von Catamarca geschieden, — einen Flufs, der uns eben so unbekannt ist, wie das ganze Grenz- gebiet zwischen den beiden Provinzen. Im Süden wird auf dem Wege nach Cor- doba die Station Portezuelo übereinstimmend als der südlichste Punkt der Pro- vinz angegeben. Im Osten beansprucht Santiago das ganze Gebiet bis zum Ber- mejo; am Salado gehören alle Ansiedelungen von Pitos abwärts bis Tres Cruces sicher zu Santiago. Die Provinz zerfällt nach dem Almanaque in sieben De- partements (aufser der Hauptstadt): Copo, Matarä, Silipiea, Loreto, Soconcho, Salavina und Sumampa. V. Von der Provinz Catamarca bleibt uns noch die Südgrenze zu be- stimmen übrig. Hierüber giebt ein Itinerar Aufschlufs, welches die Stationen des im Jahre 1847 zwischen beiden Städten eröffneten Postweges verzeichnet und den Beweis liefert, dafs Catamarca viel südlicher liegt, als bisher angenommen wurde. Darnach folgt der Weg von Cordoya nach Catamarca der gewöhnlichen Post- strafse nach Norden bis jenseits Divisaderos. Eine Legua nördlich von dieser Station, bei der Cienaga de Macha, zweigt er sich westwärts ab, führt über Los Pozos (2 Leguas) in die Sierra, die eine Legua hinter Los Pozos erreicht und von dem Wege in einer bequemen Schlucht durchschnitten wird. Jenseits der Sierra liegt die Station Algarrobos, 4 Leguas von Los Pozos entfernt. Hier schneidet die Route den alten Weg, der nach Norden führt; der neue schlägt eine nordwestliche Richtung ein, und führt an einigen Brunnen von 6 bis 7 Varas Tiefe und einigen künstlichen Wasserbehältern vorbei nach der 4 Leguas entfernten Station Sauce Chiquito. Ehe man sie erreicht, kommt die letzte Sierre der Pro- vinz Cordoba in Sicht. Hier hört jeder Anbau auf; man kommt auf Weidelän- dereien, die hin und wieder von Wäldern und undurchdringlichem Dickicht unter- brochen werden. Zur Rechten liegen ausgedehnte Ebenen, zur Linken die Vor- hügel der Sierra, die höher und steiler werden, je weiter man westwärts kommt. Nach 10 Leguas erreicht man die Station Toscas, wo man in Brunnen von 50 Va- ras Tiefe salziges Wasser findet. Denn hier beginnt die grolse Salzwüste, welche die Grenze zwischen den Provinzen Cordova und Catamarca bildet. Bei Toscas zweigt sich der S. 502 besprochene Weg nach Rioja ab; die Strafse nach Cata- warca durchschneidet die Salinas, die hier 9 Leguas breit sind und führt dann wei- tere 9 Leguas über ein mit Weiden abwechselndes Buschland nach Los Rodeos de Sta. Barbara (18 Leguas von Toscas), wo im Norden, nur 3 Leguas entfernt, die Sierra de Ancaste beginnt. Von Sta. Barbara geht der Weg wieder durch Buschland auf salzgeschwängertem Boden 6 Leguas weit nach El Balde, von hier in nördlicher Richtung 8 Leguas weit nach Don Diego. Die Abweichung von der natürlichen nordwestlichen Richtung findet ihre Erklärung in der Bemerkung des Itinerars, dafs in einer Schlucht der Sierra zur Rechten, 2 Leguas entfernt, eine gute Quelle Die Grenzen der nördlichen Provinzen der Argentinischen Conföderation. 509 vorhanden ist, — während im Flachland alle Brunnen nur salziges Wasser geben, Von Don Diego bis Las Animas (8 Leguas) wird die Gegend besser, es fehlt nicht an Wäldchen und Ansammlungen von Regenwasser. Auf der Strecke von Las Animas nach Los Raigones (10 Leguas) finden sich in dem weidenreichen Lande schon grolse künstliche Reservoirs; eine Legua vor Raigones überschreitet man den Rio del Valle, der indefs fast immer wasserleer ist. Jetzt beginnt auch der Bodenanbau mit künstlicher Bewässerung. Von Raigones bis Chiquignasi sind 6, von hier bis Barreal 5, von Barreal bis Catamarca 6 Leguas. Der ganze Weg ist also von der Stelle, wo er sich von der Poststrafse nach St. Jago ab- zweigt und die nordwestliche Richtung einschlägt, nur 86 Leguas lang. Auf dem Wege von Rioja nach Catamarca liegen die ersten Stationen, Amil- gaacha 4 Leguas und Punta del Negro 10 Leguas, auf dem Gebiete von Rioja. Von der letztern erreicht man nach 10 Leguas Chumbicha, den ersten Ort der Provinz Catamarca. Zum Schlusse bemerken wir noch, dafs die Grenzstreitigkeiten zwischen Bra- silien und Paraguay durch die im Jahre 1856 abgeschlossenen Verträge keine Erledigung gefunden haben. In dem Grenztractat vom 15. Juli 1856 einigte man sich nur dahin, dafs die contrahirenden Mächte innerhalb 6 Jahren, und zwar so bald als möglich, Bevollmächtigte zu einer erneuten Prüfung der Grenzstreitig- keiten und zur definitiven Feststellung der Grenze ernennen sollten und dafs sie in der Zwischenzeit und für den Fall einer Nichtausführung der eben erwähn- ten Bestimmung den gegenwärtigen Besitzstand respectiren wollten. Aber über die Frage, welches der gegenwärtige Besitzstand sei, haben die weitläuftigen Ver- handlungen ') eine Einigung nicht herbeigeführt, und sie ist in der That schwer zu entscheiden, da auf einem grofsen Theile des strittigen Gebiets weder die eine noch die andere Partei einen Besitzstand nachweisen kann. Nach den brasiliani- schen Ansprüchen soll die Grenze durch den Paranä von der Mündung des Yguazu bis zu der des Iguatemy gebildet werden, dann dem Iguatemy bis zu seiner Haupt- quelle, endlich dem Kamme der Sierra de Maracayu, die in den Verhandlungen immer als Meridiangebirge gedacht wird, nordwärts bis zur Quelle des Rio Apa folgen. Von hier ab soll der zuletzt genannte Flufs bis zu seiner Einmündung in den Paraguay die Grenze bilden. Paraguay beansprucht hingegen im Osten noch das Gebiet zwischen dem Iguatemy und dem Ivinheima, und im Norden den Landstrich zwischen dem R. Apa und R. Branco. Hinsichtlich des ersten Gebiets scheint uns das Prineip uti possidetis weder zu Gunsten des einen noch des anderen Staates zu sprechen, denn das Land ist herrenlos. In dem strittigen Gebiet an der Nordgrenze hat Paraguay neuerdings wenigstens am Pan de Azu- car und dem Fort Olympo factisch Herrschaftsrechte ausgeübt und dieser Distriet kann daher nach dem Vertrage vom 15. Juli 1856 mit Grund einstweilen in die | Grenzen von Paraguay eingeschlossen werden. —n. ‚2). Die Verträge und die Conferenz- Protocolle sind abgedruckt in dem Annexo ao relatorio do Ministerio dos negocios estrangeiros de 1857. Rio de Janeiro, wel- ıes der legislativen Versammlung von Brasilien vorgelegt wurde. bi 510 Sitzungsbericht Sitzung der geographischen Gesellschaft zu Berlin vom 5. November 1859. In dieser Sitzung beschäftigte sich die Gesellschaft mit der Erledigung ihrer inneren Angelegenheiten und mit der Aufnahme neuer Mitglieder. Eine längere Debatte entspann sich über den Vorschlag, zur bleibenden Erinnerung an K. Rit- ter eine Ritter-Stiftung zu begründen. Die Gesellschaft nahm den Vorschlag an und beschlols, von ihrem Capitalbestand eine Summe von 1000 Thlrn. abzu- zweigen, dieselbe durch freiwillige Beiträge zu erhöhen und die Zinsen des so gebildeten Fonds in später festzustellenden Fristen zur Erinnerung an K. Ritter für die Förderung der geographischen Wissenschaft zu verwenden. Sodann überreichte der Vorsitzende, Herr Prof. Dove, die eingegangenen Geschenke: 1) Annales de l’Ohservatoire central de Russie, par Kupffer. Annee 1858. No.1.2. St. Petersbourg 1858. — 2) Kupfer, (ompte rendu annuel. Annee 1857. St. Petersbourg 1858. — 3) Nomenclator de los pueblos de Espana. Ma- drid 1858. — 4) Censo de la poblacion de Espana, segun el recuento verificado en 21 de Mayo de 1857. Madrid 1858. — 5) Tobler, dritte Wanderung nach Palästina. Gotha 1859. — 6) M. Paie, Pasigraphie mittelst arabischer Zahlzei- - chen. Semlin 1859. — 7) Petermann, geographische Mittheilungen. Heft X. Gotha 1859. — 8) Proceedings of the Royal Geographical Society. Vol. IH. No. V. London 1859. — 9) Bulletin de la societe de geographie. 4* Serie. Tom. XVII. Septembre. Paris 1859. — 10) The Journal of the Royal Dublin So- ciety. 1859. July. Dublin 1859. — 11) Johnston, Royal Atlas of Modern Geo- graphy. Part III. Edinburgh 1859. — 12) v. Dechen, Geologische Karte der Rheinprovinz und der Provinz Westphalen. Sect. Coesfeld, Berleburg, Lübbecke. — 13) Flötzkarte des Steinkohlengebirges bei Beuthen, Gleiwitz, Myslowitz und Ni- colai in Oberschlesien, bearbeitet von C. Mauve. — 14) A. Stieler, Handatlas über alle Theile der Erde, bearbeitet von Stülpnagel, Berghaus ete. Gotha 1859. — 15) Carl Ritter. Reden, gehalten am 1. October 1859, von Straufs und Hoffmann. Bei der Uebergabe der Geschenke erwähnte der Vorsitzende, Herr Dove, der beabsichtigten Kanalverbindung des Kaspischen mit dem schwarzen Meere und der vorbereitenden Untersuchungen der Niveau- Verhältnisse zwischen beiden. Fer- ner hob derselbe hervor, dafs an der Mündung des Amur in Nikolajewsk der Ja- nuar eine mittlere Temperatur von — 20 Grad zeigt, das Jahresmittel 2 Grad be- trägt und der 6 Monate des Jahres durch Eis geschlossene Hafen der Schifffahrt sehr hinderlich sein werde. Sodann erwähnte er einer von Herrn Buys Ballot ihm übersendeten Untersuchung, aus welcher hervorgeht, dafs die Austrocknung des Harlemer Meeres der Umgebung etwas von dem Charakter des Seeklimas genommen habe. Ferner theilte Herr Dove, die von der Mexikanischen Regie- rung eingegangene Anzeige in Betreff eines Alexander von Humboldt zu errich- tenden Denkmals mit. Hiernach hat der dortige Präsident ausgesprochen: 1) Alex- ander von Humboldt habe sich um Mexiko wohl verdient gemacht. 2) Eine in Italien anzufertigende Marmorstatue desselben soll im seminario da minas aufge- stellt werden; 3) die Anzeige dieses Beschlusses erfolgt an seine Familie und die gelehrten Gesellschaften, denen er angehört hat. Herr v. Carnall übergab im Auftrage des Herrn Ministers v. d. Heydt die Flötzkarte der oberschlesischen Steinkohlengebirge und sprach bei dieser Gelegen- L e sam der Berliner geographischen Gesellschaft. 511 heit über das Gebiet der Steinkohlenflötze in Oberschlesien, welches er durch Vor- zeigung seiner eigenen geognostischen Karte anschaulich machte, Dieses Gebiet ist etwa 4 Meilen lang und 34 Meilen breit. Aus dem Uebersichtsblatte konnte man die 12 Sektionen ersehen, welche im Mafsstabe von 1:16,000 jene grolse Karte bilden. Dazu kommen 6 Sektionen Profilkarten im Malsstabe von 1: 3200. Er sprach über die Mächtigkeit der Flötze, deren untere Grenze noch nicht über- all bekannt ist, und erwähnte, dafs die 14,000,000 Tonnen Steinkohlen, welche ge- genwärtig jährlich beschafft werden, von der mindestens 100 Fufs betragenden Tiefe des Lagers nur ! Zoll fortnehmen. Herr W. Heine eröfinete einen Vortrag über die Expedition nach Japan mit einigen Worten der Erinnerung an K. Ritter. Er erwähnte sodann die frü- heren wissenschaftlichen Untersuchungen in jenen Gegenden, denen noch eine systematische Bearbeitung fehle. Der Aufenthalt des preulsischen Geschwaders in jenen Gewässern werde wahrscheinlich 18 Monate dauern und man könne so- mit einen vollständigen Cyklus von Beobachtungen erwarten. Wie bei der ame- rikanischen und englischen Expedition die commerciellen Interessen, sollten bei der preulsischen die wissenschaftlichen Interessen vorangestellt werden. Herr Kiepert legte eine englische Karte vor, welche die letzte Reise zur Auf- findung Franklin’s darstellt. Er zeigte, dals der Ort, wo die Reste der Expedi- tion aufgefunden wurden, von Rae bereits früher ziemlich genau umschrieben war, und erwähnte der Verdienste M‘Clintock’s, durch welchen 800 englische Meilen Küste mehr als früher bekannt geworden sind. Sitzung vom 3. December 1859. Der Vorsitzende, Herr Prof. Dove, eröffnete die Sitzung durch Ueberrei- chung der eingegangenen Geschenke: 1) v. Middendorff, Sibirische Reise. Bd. IV. Thl. I. St. Petersburg 1859. Nebst Atlas. — 2) Bergsträfser, die Verbindung des Kaspischen mit dem Schwarzen Meere. Gotha 1859. — 3) Journal of the Royal Geographical Society. London 1858. — 4) Beiträge zur Statistik Mecklenburgs. Bd.]. Heft 3. Schwerin 1859. — 5) Petermann’s geographische Mittheilungen. Heft XI. Gotha 1859. — 6) Mittheilungen der K. K. Geogr. Gesellschaft zu Wien. Jahrg. III. Heft 2. Wien 1859. — 7) Jahrbuch der K. K. Geologischen Reichs- Anstalt. Jahrg. X. No. 2. Wien 1859. — 8) Zeitschrift für allgemeine Erdkunde. N. F. VII. Heft 2. 3. Berlin 1859. — 9) Menschliche Ueberreste aus einer Felsen- grotte des Düsselthals. Bonn 1859. — 10) Mayr, Atlas der Alpenländer. Lief. 2. Gotha 1859. — 11) Kiepert, Karte des Haurän nach den Messungen von Wetz- stein. 2 Blätter. Herr Prof. Dove legte einige gelungene Photographien zur Ansicht vor, von denen die eine das Brustbild von Reinhold Forster darstellte, zwei andere das Geburtshaus von Georg Forster (Nassenhuben bei Danzig). Herr Kiepert übergab der Gesellschaft zwei Blätter seiner Karte des Hau- rän, von denen das eine die früher dort angestellten Winkelmessungen, das an- dere die Messungen des Consuls Wetzstein übersichtlich darstellt. Herr Barth gab einige Mittheilungen über die neuesten Forschungen in Afrika. Das Unternehmen der englischen Regierung, seit dem Jahre 1857 den Niger und den Binue jährlich durch zwei Dampfboote befahren zu lassen, ist da- durch zunächst fraglich geworden, dafs eins derselben unweit Rabba auf den Fel- sen des Flusses scheiterte. Durch den längeren Aufenthalt daselbst sind jedoch nicht unwichtige Aufschlüsse über jene Gegenden gesammelt worden; namentlich haben die begleitenden Missionäre freundliche Aufnahme gefunden und zwei von _ ihnen, geborene Afrikaner, ihre Bemerkungen in einer kürzlich erschienenen Schrift _ mitgetheilt. Rabba, in neuerer Zeit zwar zerstört, ist noch immer der Mittelpunkt eines ausgedehnten Handels, so dafs Karawanen mit sogar 3000 Lastthieren dort anlangten und den Verkehr nach dem inneren Sudan vermittelten. Von besonde- rem Interesse sind die Beobachtungen über die periodischen Anschwellungen des y Niger, die von Ende Februar bis Anfang April und von August bis Anfang Oc- ana u e 3 512 Sitzungsbericht der Berliner geographischen Gesellschaft. tober am stärksten sind. Darauf erinnerte Herr Barth an die Bemühungen von Burton und Speke, sowie von Roscher, der am 25. August d. J. von Kiloa nach dem Nyassi-See aufgebrochen ist, während Livingstone vom Zambese aus diese Seegruppe zu erreichen strebte und den kleineren See Shirwa auffand, für dessen Abflufs er den Shire hält. Endlich theilte er Einiges aus dem Briefe eines Rei- senden, Duvergier, aus El Golea mit, nach welchem die Breite dieses Ortes, der auf französischen Karten unter 32° eingetragen ist, 30° 32' beträgt. Unter den jetzigen kriegerischen Verhältnissen wagte er nicht, wie seine Absicht war, nach Tuät vorzudringen, wo die fanatische Bevölkerung den Aufenthalt gefährlich machen konnte. Der Reisende beklagte nur seinen Mangel an den nöthigen Instrumen- ten, Beobachtungen anzustellen. Herr Dove fügte hinzu, wie erwünscht es sei, wenn umfassende meteorolo- gische Beobachtungen in jenen Gegenden angestellt würden, die durch die perio- dische Auflockerung der Atmosphäre bis in das Innere Asiens hin Trockenheit und bis in den anliegenden atlantischen und indischen Ocean hin die furchtbar- sten Stürme veranlassen; doch wäre zu solchen Beobachtungen ein wenigstens ein Jahr langer Aufenthalt in jener Gegend nothwendig. Herr H. v. Schlagintweit legte zwei Spiele Karten vor, das eine ein tibeta- nisches aus der Gegend des Manasarowara - See’s, das zweite ein javanesisches, wel- ches letztere zwar auf Papier gezeichnet, doch in kupferne Hohlkugeln eingelegt ist. Herr Wolfers theilte einen Nachtrag zu den Resultaten mit, welche er in der September-Sitzung über die Gestalt der Erde nach den Untersuchungen des Herrn Generals v. Schubert vorgetragen hatte, und zwar nach einer neuen Aus- gabe der Abhandlung des Herrn v. Schubert. Herr Röber überreichte die Schrift des Dr. Fuhlrott über die menschlichen Ueberreste, welche in der Neander-Höhle bei Düsseldorf im Diluvium aufgefun- den worden sind. Nachdem man seit 1847 bei Amiens im Diluvium Aexte von Feuerstein, Knochen, Zähne von Pferden, Rindern und dem Mammuth aufgefun- den hatte, wurden neuerlichst ähnliche Entdeckungen in dem Düsselthale gemacht, in dessen Steilwänden vielfach Grotten sich befinden, deren harter Lehmboden in Jüngster Zeit aufgeräumt worden ist. Neben anderen Knochen fand man 2 Fufs unter dem Lehm einen starken Menschenschädel, sehr flach und lang gestreckt, aulserdem aber Arm-, Bein-, Rückeu- und Hüftknochen. Von dem Schädel wurde ein Gipsabdruck vorgezeigt. Herr Pitschner berichtete über seine Besteigung des Montblanc, zu dessen besserem Verständni/s ein Relief, mehrere Ansichten, sowie ein grolses Tableau dieser Hochgebirgsmasse mit Angabe seines Weges aufgestellt war. Im Eingang seines Vortrags hob er hervor, wie erst seit fast genau 100 Jahren Versuche ge- macht worden seien, diesen Riesengipfel zu ersteigen, was erst 1786 Jacques Balmat und 1787 Saussure gelang. Seitdem ist der Berg 93 Mal erstiegen wor- den, in der letzten Zeit jährlich 5 bis 6 Mal. Am Morgen des 31. Juli d. J. brach der Vortragende mit neun Begleitern, mit Beobachtungs - Instrumenten wohl versehen, von Chamouni auf, durchschritt die Waldregion und gelangte über die Cascade de Dard zu der 8000 Fufs hohen Pierre ä l’echelle, am Abhange der Aiguille du Midi, wo man sich mit dort niedergelegten Leitern versah. Von dort bis zum Grand Mulet hinüber sind nur 3000 Fuls direete Entfernung, man brauchte jedoch 6 Stunden, um den Glacier des Buissons zu überwinden. Nach starkem Aufsteigen machte man in einer Hütte Halt, wo die Begleiter sich der Ruhe über- liefsen, während Herr Pitschner Beobachtungen anstellte. Schon gegen 1 Uhr am Morgen des 1. August brach man zu dem kleinen Plateau auf und erreichte nach starkem Steigen den Corridor, das schmale enggeschlossene Thal zwischen der Aiguille de Saussure und den Roches Rouges, wo so heftiges Unwohlsein den Reisenden befiel, dafs der fernere Marsch unmöglich zu werden drohte, Dennoch überwand er die Schwierigkeit an dem Mur de la cöte und den Petit mulets und erreichte Mittags 11 Uhr den Gipfel, der ein 14 bis 16 Fu/s breites, 180 Schritt langes Grat bildet, Das Thermometer zeigte in der Sonne — 7° 8', im Schatten —8°8, Uebersicht der vom Juli bis December 1859 auf dem Gebiete der Geographie erschienenen Werke, Aufsätze, Karten und Pläne. Von W. Koner. Geographische, statistische und nautische Zeitschriften. Zeitschrift für allgemeine Erdkunde etc. | Herausgegeben von Dr. K. Neumann. Neue Folge. Bd. VII. Berlin (D. Reimer) 1859. gr. 8. Mittheilungen der Kais. Kön. Geographi- schen Gesellschaft. Redig. von Franz | Foetterle. Jahrg. II. 1859. Heft 2. | Wien. gr. 8. 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Published under the | Eine Wochenschrift für | bens der Völker. Jahrg. XXXII. N. 24 — 51. Stuttgart u. Augsburg (Cotta). 1859. gr. 4. Archiv für wissenschaftliche Kunde von Rufsland. Herausgegeben von A. Er- man. Bd.XVIII. 1859. Heft 4. Berlin (G. Reimer). 8. Nouvelles Annales des Voyages, de la G&o- graphie, de l’Histoire et de l’Archeolo- gie. Red. par M. V. A. Malte-Brun. VIme Ser. 1859. Mai—_Octobre. Paris (Arthus- Bertrand). 8. Revue de l’Orient, de l’Algerie et des Co- lonies. 1859. Mai — Juin. Paris et Al- ger. gr. 8. Revue Orientale et Americaine publiee avec le concours de membres de l’In- stitut, de diplomates, de savants, de voyageurs, d’orientalistes et d’industriels par Leon deRosny. T. I. Paris (Chal- lamel aine) 1859. Tijdschrift voor Nederlandsch Indie, Uit- geg. door W. R. van Hoevell. 21ste Jaargang. 1859. Juni — November. Zalt-Bommel. gr. 8. Preufsisches Handels - Archiv. Wochen- schrift für Handel, Gewerbe und Ver- kehrs - Anstalten. Herausgegeben von Saint-Pierre und Moser. Jahrg. 1859. N. 26 — 50. Berlin (Decker). gr. 4. Jahrbuch für Volkswirthschaft und Sta- tistik. Herausgeg. von Otto Hübner. VI. Jahrg. 1. Hälfte. Leipzig (H. Hüb- ner) 1859. 208 8. gr. 8. 33 “\ 514 W. Koner: Mittheilungen des statistischen Bureau’s in | The Nautical Almanack and Astronomi- Berlin. Herausgeg. von Dieterici. 12. cal Ephemeris, for the Year 1860. Jahrg. 1859. N. 9— 22. Berlin (Mitt- London (Murray) 1859. 8. (2 =. 6 d.) ler u. Sohn). 8. The Nautical Magazine and Naval Chro- Journal of the Statistical Society of Lon- nicle. Vol. XXVIH. XXIX. Jan. — don. Vol.XXII. P. I. III. 1859. Lon- | Dec. 1859. London (Simpkin, Marshall don (Parker & Son). gr. 8. ı .&Co.). 8, (pro Heft 1s.) Nouvelles Annales de la Marine et des | Morskoi Sbomik. See-Magazin. Heraus- Colonies. XIe annee. Paris (Dupont) geg. von der Admiralität. St. Peters- 1859. 8. (20 fr.) | burg 1859. 8. (5 R.) (In russ. Sprache.) Geschichte der Geographie. Biographien. 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Schmidl (A.), Die Donau von Wien bis | zur Mündung. (Reisebibliothek für Ei- senbahnen und Dampfschiffe.) Leipzig | (Brockhaus) 1859. 8. (3 Thlr.) Praetical Rhine ‘Guide: the leading Rou- tes through France, Belgium, North and South Germany, the Rhine, Rhenish Prussia. 3d edit. 1859. 8. (1 s.) Bradshaw’s Illustrated Handbook for Belgium and the Rhine, and portions | of Rhenish Prussia. New edit., with maps and illustrat. 1859. 160 8. 16. (5 s.) Noel (R.), A Fortnight’s Tour; or, how to visit France and Belgium for Ten Guineas. London (Shaw) 1859. 65 S. 12. (6d.) Dumas (A.), Nouvelles impressions de voyage. Vol. III. Leipzig (Dürr) 1859. 12. (1 Thlr.) Boucher de Perthes, Voyage en Rus- sie, retour par la Lithuanie, la Pologne, la Silesie, la Saxe et le duche de Nas- sau; sejour a Wiesbaden en 1856. Paris 1859. 584 S. 12. (1 Thlr. 5 Sgr.) Taylor (Bayard), Travels in Greece and Russia; with an Excursion to Ürete. London (Low) 1859. 426 8. 8. (7 =. 6 d.) Lecomte (J.), Voyages ca et la; Italie, Allemagne, Angleterre. Paris (Bourdil- lat) 1859. 342 8. 18. (2 fr.) Trollope (Mrs.), Travels and Travellers: | ineluding Rambles in Bavaria, Switzer- land, and Sardinia; Sketches in Venise London (Longman) | London (Adams) | 519 etc. New edit. London (Knight) 1859. 286 S. 12. (2 s.) | Lanza (Fr.), Viaggio in Inghilterra e nella Scozia passando per la Germania, il Belgio e la Franeia durante la espo- sizione della industria universale i Pa- | rigi ete. Trieste (Lloyd austr.) 1859. Disp. I. gr. 8. v. Harff (A.), Pilgerfahrt von Cöln durch Italien, Syrien, Aegypten, Arabien etc., wie er sie in den Jahren 1496 _ 99 vollendet, beschrieben und durch Zeich- nungen erläutert hat. ' Herausgeg. von E. v. Groote. Cöln (Heberle) 1860. gr. 8. (13 Thlr.) Monseigneur Auvergne, archev&que d’Icone, vicaire et delegat apostolique en Syrie et en Egypte. Ses voyages & Rome, a Na- ples, au mont Liban, au Sinai; sa mort, la translation de son corps de Diarbe- -kir au mont Liban; d’aprös ses lettres, ses relations et les documents adresses par les consuls de Syrie. Lille 1859. 296 S. 8. Das Boot und die Karavane, eine Fami- lienreise durch Aegypten, Palästina und Syrien. Nach der 5. Aufl. aus dem Eng- lischen übers. und mit Anmerkungen versehen von E. A. W. Himly. Leipzig | (Schlicke) 1859. gr. 8. (2 Thlr.) ı Kletke (H.), Alex. v. Humboldt’s Reisen in Amerika und Asien. 4. Aufl. Lief. 1— 9. Berlin (Hasselberg) 1859. gr. 16. (A 4 Sgr.) Kletke (H.), Alex. v. Humboldt's reizen in Amerika en Azie. 20e __ 22e afl. Amsterdam (Gebr. van Es) 1859. 8. (@ f. 0,30.) Hartwig (G.), In het Noorden. Schet- sen uit het leven der natuur en der menschen in het noordelijke gedeelte der aarde. Uit het Hoogduitsch ver- taald door T. C. Winkler. 2e® deel. Sneek (van Druten & Bleeker) 1859. VIII en 576 bl. gr. 8. (f. 3. compl. f. 6.) | Europa. Deutschland. Schmidt’s (F. W.) Lokaluntersuchungen über den Pfahlgraben (limes transrhena- nus) sowie über die alten Befestigun- | gen zwischen Lahn und Sieg. Heraus- geg. von E. Schmidt. Kreuznach (Voigt- länder, in Comm.) 1859. 8. (17% Sgr.) | d’Omalius d’Halloy, Note supple- \ mentaire sur les caracteres naturels des | aneiens Celtes. — Bull. de l’Acad. roy. | d. sciences a Bruwelles. 1858. (1859). p- 161. R Wippermann (C. W.), Beschreibung des Bukki-Gauesnebst Feststellung der Gren- zen der übrigen Gaue Niedersachsens. 520 Herausgeg. von C. F. L. Wippermann. Göttingen (Wigand) 1859. gr. 8. (24 Thlr.) Der deutsche Zollverein 1856 und 1857. — Hübner's Jahrb. f. Volkswirthsch. VI. Jahrg. 1. H. 1859. p. 43. Berg- und Hütten-Gesellschaften Deutsch- lands. — ibid. p. 109. Deutsche Eisenbahnen 1856 —58. p- 154. Deutschlands Seeschifffahrt 1856—58. — ibid. p. 170. -- ibid. Deutschlands Flufsschifffahrt 1857 und 1858. — ibid. p. 177. Deutschlands Rhederei 1858. — ibid. p- 188. Deutsche Auswanderung. — ibid. p. 206. Schifffahrtsverkehr auf der Elbe im Jahre 1858. — Preufs. Handels-Archiv. 1859. N. 39. Uebersicht der Bevölkerung sämmtlicher zum deutschen Zoll- und Handelsverein gehörender Staaten, wie solche nach der Zählung im Monat December 1858 den Abrechnungen über die gemeinschaft- liche Zolleinnahme für die J. 1859 — 1861 zum Grunde zu legen ist, ver- glichen mit der Bevölkerung nach der Zählung vom December 1855. — ibid. 1859. N. 35. Payne’s illustrirtes Deutschland. Uni- versal-Lexikon der Geographie, Stati- stik und Topographie sämmtlicher deut- schen Bundesstaaten. Heft 1. 2. Leipzig (Payne) 1859. hoch 4. (a 4 Thlr.) Deutschland. Gallerie pittoresker Ansich- ten des deutschen Vaterlandes und Be- schreibung derselben. Lief. 67 — 70. Leipzig (Händel) 1859. gr. 4 (A 6 Sgr.) Der Rhein und die Rheinlande dargestellt in malerischen Original- Ansichten von L. Lange. 2. Abtheil.: Von Mainz bis Köln. (2. Auf.) N. 31 —42. 3. Ab- theil.: Niederrhein. N. 56--59. Darm- stadt (Lange) 1859. Lex. 8. Städte- Ansichten Deutschlands und der Schweiz. 1.Lief. Nürnberg (Serz& Co.) 1859. qu. Fol. (12 Sgr., chin. Papier 4 Thlr.) (v. Stramberg), Denkwürdiger u. nütz- licher rheinischer Antiquarius. Mittel- rhein. II. Abthl. 9. Bd. 1. u. 2. Lief. III. Abthl. 6. Bd. 5. Lief. 7. Bd. 1.u.2. Lief. Coblenz (Hergt) 1859. gr. 8. (& 2 Thlr.) Kleefeld, Bericht über meine Reise nach W. Koner: Venedig. — Abhandl.d.naturforsch. Ges. zu Görlitz. IX. 1859. p. 22. Stricker, Zu einer Naturgeschichte der Freistädte. — Monatsschr. f. deutsches Städte- u. Gemeindewesen. VW. 1859. p- 492. Preufsen. Die ländlichen Wohnsitze, Schlösser und Residenzen der ritterschaftlichen Grund- besitzer in der preufsischen Monarchie. In naturgetreuen farbigen Darstellungen nebst Text. Herausg. von A. Duncker. Lief. 21 — 27. Berlin (A. Duncker) 1859. qu. Fol. (& 14 Thlr.) Provinz Brandenburg. 7.—9. Lief. — Provinz Preufsen. 1.—3. Lief. — Prov. Schle- sien. 4. u. 5. Lief. Uebersicht des Ergebnisses der Volkszäh- lung im Preufsischen Staate im Decem- ber .des verflossenen Jahres 1858. — Mittheil. d. statist. Bureau’s in Berlin. 1859. N. 12 fi. : Zusammenstellung der Längen, Anlageko- sten und Transportmittel der im König- reich Preufsen am Schlusse des Jahres 1858 in Betrieb befindlich gewesenen Eisenbahnen, nebst den Ergebnissen des Betriebes im Jahre 1858. — Preu/s. Handelsarchiv. 1859. N. 42. Uebersicht der Ein- und Auswanderungen, welche im Laufe des J. 1858 im preuls. Staate auf gesetzlichem Wege stattge- funden haben. — Mittheil. d. statist. Bureau's in Berlin. 1859. N. 16 f. Nachweisung der im Preufsischen Staate in der Zeit vom 31. December 1857 bis zum 31. December 1858 vorge- kommenen Auswanderungen. — Preu/s. Handelsarchiv. 1859. N. 30. Bergwerks- und Hüttenbetrieb Preufsens im J. 1858. — ibid. 1859. N. 33. Rhederei Preufsens und überseeische Rei- sen der preufsischen Schiffe im J. 1858. — ibid. 1859. N. 26. Uebersicht des Weinbaues in Preufsen und in denjenigen Vereinsländern und Ver- einsgebietstheilen, deren Regierungen mit Preufsen die Uebergangsabgabe von Wein als eine gemeinschaftliche theilen, für die Jahre 1856-58. — ibid. 1859. N. 47. Jacobi (V.), Ortsnamen um Potsdam. Vom Standpunkte der Terrainplastik und der Ansiedlungspraxis erklärt. Gegenschrift wider Herrn Cybulski . Aa Neu erschienene geographische Werke, Aufsätze, Karten und Pläne. Leipzig (Mendelssohn) 1859. (z Thlr.) Troschel (E.), Die malerischen Um- gebungen von Danzig. Nach der Na- tur gez. u. lith. 2. u. 3. Lief. Danzig (Bertling) 1859. qu. Fol. (a 8 Sgr.) Troschel (E.), Album von Zoppot. In Original- Zeichnungen. Danzig (Bert- ling). 4. (3 Thlr.) Berghaus (A.), Die Bevölkerung des Regierungs-Bezirks Posen. — Peter- mann's Mittheil. 1859. p. 480. Grässe (F.), Topographisch-statistisches Handbuch von Neu-Vorpommern und der Insel Rügen oder alphabetisches Verzeichnifs der Städte, Flecken, Dör- fer etc. Stralsund (Schmidt) 1859. gr. 4. (174 Sgr.) Grieben (Th.), Die schlesischen Kur- orte Warmbrunn, Salzbrunn, Altwasser, Liebenwerda etc. 2. Aufl. Neue Bear- tung von W. Gröning. Berlin (Grie- gr. 8. ben’s Reisebibl. No. 39). 1859. 8. (4 Thlr.) Salzbrunn und Altwasser. Illustrirter Wegweiser für Lustreisende und Kur- gäste. 2. Aufl. Neue Bearbeitung von W. Gröning. Berlin (Ebds. No.46.) 8. (2 Thlr.) Reinerz und Cudowa. Bearb. von Th. Grieben. 2. Aufl. Neue Bearbeitung von W. Gröning. Berlin (Ebas. No. 47). 8. (4 Thlr.) Die Sudeten, das Riesengebirge, Lau- sitzer-, Iser- und Glatzergebirge. Bearb. von Th. Grieben. 2. Aufl. Neue Bearbeitung von W. Gröning. Berlin (Ebds. No. 48). 8. (4 Thlr.) Grieben (Th.), Warmbrunn. 2. Aufl. Neue Bearbeitung von W. Gröning. Berlin (Ebds. No. 45.) 1859. 8. (4 Thlr.) Ansichten von Nordhausen, mit Rand- bilden. Gez. und lith. von J. G. Müller. Nordhausen (Eick) 1859. qu. Fol. (1 Thlr. 20 Sgr.; col. 3 Thlr.) Breusing (H.), Lebens- und Sittenbilder aus Westphalen. Bremen (Geisler) 1859. gr. 8. (1 Thlr.) Wandelingen naar, in en om de stad Cleef, over Montferland en Eltenberg. Met een platten grond van Cleef en omstreken. Amsterdam ( Weytingh ) 1859. 24 bl. en 1 gelith. pl. roy. 8. (£. 0,75.) Schröter (Er.), Ueber die römischen Niederlassungen und die Römerstrafsen 521 in den Saargegenden. — Mitthl. d. hist. antig. Ver. für die Städte Saarbrücken u. St. Johann. 3. Abthl. 1859. Delahaye (A.), Guide du touriste & Treves. Description de cette ville et de ses monumens antiques et modernes. 3e edit. Trier (Gall) 1860. 8. (4 Thlr.) Böhm (L.), Bad Bertrich und seine Um- gebungen. Darmstadt (Lange) 1859. Lex. 8. (4 Thlr.) Hannover. Die Hansestädte. Mecklenburg. Lippe. Ringklib (H.), Statistische Uebersicht der Eintheilung des Königreichs Han- nover nach Verwaltungs- und Gerichts- bezirken. Nebst alphabetischen Ort- schafts-Verzeichnissen. 3. Aufl. Han- nover (Meyer) 1859. Imp.4. (14 Thlr.) Handelsverkehr von Bremen Weserauf- wärts und nach Bremen Wesernieder- wärts im J. 1858. — Preu/s. Handels- arch. 1859. No. 36. Tabellarische Uebersichten des Hambur- gischen Handels im J. 1858, zusam- mengestellt von dem handelsstatisti- schen Bureau. Hamburg (Nolte & Köbler; in Comm.) 1859. Imp. 4. (24 Sgr.) Tabellarische Uebersicht des Hamburgi- schen Handels im J. 1858. — Preufs. Handelsarch. 1859. No. 31. Rasmufsen (M.), Historiske Meddelelser om Hamborgs Handel. Kjebenhayn (Weldike) 1859. 1128. 8. (60 fs.) Handel und Schifffahrt Lübecks im J. 1858. — Preu/s. Handelsarch. 1859. No. 42. Beiträge zur Statistik Mecklenburgs. Vom Groisherzogl. statistischen Bureau zu Schwerin. Bd. I, Hft. 2.3. Schwerin 1859. 1238. 4. Enthält: Ueber den Werth der ritterschaftlichen Landgüter in Mecklenburg-Schwerin und die suc- cessiven Aenderungen desselben. 8.1. — Untersuchungen über das Alter der Copulirten und über das Alter der Ge- storbenen auf Grundlage der in den Kirchenbüchern von 1853 bis 1857 enthaltenen Angaben. 8. 15. — Die überseeische Auswanderung aus Meck- lenburg-Schwerin in den Jahren 1857 und 1858. S. 73. — Die Forst- und Jagdfrevel in Mecklenburg- Schwerin von 1852 bis 1856 incl. 8.83. — Tabellarische Uebersichten des von 922 Grofsherzoglichen Jagdrevieren aufge- kommenen efsbaren Wildes und des erlegten und prämiirten Raubzeugs von Johannis 1849 bis 1856. 8. 91. Ueber die Schulbildung der Ersatz- mannschaften in Mecklenburg -Schwe- rin. 8. 95. — Bestimmung des Flä- cheninhalts der einzelnen Bestandtheile des Grofsherzogthums Mecklenburg- Schwerin. $. 116. Tabellarische Uebersichten vom Handel des Grofsherzogthums Mecklenburg- Schwerin im J. 1857. — Beitr. zur Statistik Mecklenburgs. Heft 3. Strafs (K. F. H.), Pyrmont und dessen Umgebungen. Ein Taschenbuch für Kurgäste und Reisende. 2. Ausg. Pyr- mont (Uslar) 1859. 16. (2 Thlr.) Königreich Sachsen. Die Thürin- gischen Herzogthümer. Das Königreich Sachsen in historisch- statistisch -topographischer Beziehung. 2. Aufl. 1. 2. Lief. Leipzig (Schrader). Fol. (a 6 Sgr.) Hingst (C. W.), Umschau im Vater- lande. Das Wichtigste aus der Landes- und Ortsbeschreibung des Königreichs Sachsen für Schule und Haus. Leipzig (Fritzsche) :1859. gr. 8. (4 Thlr.) Album der Schlösser und Rittergüter im Königreich Sachsen. Herausg. von G. A. Poenicke. Hft.127—136. Leip- zig (Exped.d. Albums) 1859. (a1 Thlr.) Das Königreich Sachsen, Thüringen und Anhalt, dargestellt in malerischen Ori- ginal-Ansichten. I. Abthl. Das König- | reich Sachsen. N. 36—-40. Darm- stadt (Lange). Lex.8. (& 8 Sgr.; chin. Papier ä 16 Sgr.; chin. Papier in 4. a 24 Sgr.) Gottschalk (F.), Dresden und seine Umgebungen. Ein Führer für Reisende. 7. Aufl. Dresden (Gottschalk) 1859. 16. (} Thlr.) Sigismund (B.), Lebensbilder vom säch- sischen Erzgebirge. Eisenbahnbücher. (+ Thlr.) N. 31) 1859. 8. Leipzig (Lorck’s Mittenzwey (C.), Album der obererz- gebirgischen Staats-Eisenbahn. Male- rische Ansichten an der obererzgebir- gischen Staats-Eisenbahn und in deren Nähe. 1859. hoch 4. (a 2 Thlr.) Fils (A. W.), Die Centralgruppe des Lief. 1. 2. Zwickau (Richter) W. Koner: Thüringer Waldes oder die Gegend zwi- schen Ilmenau und Oberhof. Topogra- phisch und hypsometrisch dargestellt, 1858. — Petermann’s Mittheil. 1859. p- 256. Die Triangulation von Thüringen. Aus- geführt in den J. 1851 —55 von der trigonometrischen Abtheilung des Kgl. Preufs. Generalstabes. Berlin (Dümm- ler’s Verl., in Comm.) 1859. gr. 4. (34 Thlr.) Album der Schlösser und ritterschaftlichen Besitzungen des Herzogthums Sachsen- Altenburg in bildlichen Darstellungen mit Text begleitet. Herausg. von R. Schneider u. A. I. Heft. Leipzig (Werl) 1859. qu. Fol. (13 Thlr.) Hessen-Darmstadt. Nassau. Heber, Das Munimentum Trajani und der Wasgenwald. — Arch. f. Hessische Gesch. u. Alterthk. IX. I. 1859. p.1. Lehr, Die Grenzbeschreibung des Kirch- spiels Wingershausen. — Ebds. p. 77. Vogler (H.), Ems, ses environs et ses eaux ou guide pratique du malade. Ems (Kirchberger) 1859. 8. (1 Thlr.) Baden. Würtemberg. Bayern. Fecht (C.G.), Der südwestliche Schwarz- wald und das anstofsende Rheingebiet. 2. Abthl. Lief. 1-8. Lörrach (Gutsch) 1859. 8. Pfnor (R.), Monographie du chäteau de Heidelberg dessinee et gravee. Accom- pagne d’un texte historique et deserip- tif par D. Ramee. Paris (Morel & Co.) 1859. 20 pages et 24 planches. Fol. Greth (J.), Der Bodensee. 30 Bl. Lith. München (Zeller) 1859. qu.Fol. (6 Thlr. 27 Sgr.; Prachtausg. 12 Thlr.; einzelne Bl. 7 Sgr.) Württembergische Jahrbücher für vater- ländische Geschichte, Geographie, Sta- tistik und Topographie. Jahrg. 1857. 2. Hft. Stuttgart (Aue.) 1859. 8. (24 Sgr.) Albert (L.), Württemberg und Hohen- zollern. Höhenpunkte und Höhenver- gleichungen der Berge, Schlösser, Dör- fer ete. Cannstadt (Bosheyer, in Comm.) 1860. (1 'Thlr.) Wildbad und seine Umgebungen. Neueste Beschreibung der Schwarzwaldbäder Wildbach, Teinach, Liebenzell und Um- oc Neu erschienene geographische Werke, Aufsätze, Karten und Pläne. gegend. 3. Aufl. Stuttgart (Sonnewald) 1859. 8. (22 Sgr.) Neueste Statistik des Königreichs Bayern und seiner acht Kreise. 2. Aufl. Nürn- berg (Lotzbeck) 1859. gr. 8. (9 Sgr.) Production der Bayerischen Bergwerke, Hütten und Salinen in dem Verwal- tungsjahre 1857 —58. — Preufs. Han- delsarchiv. 1859. N. 30. Morin (F.), Neuester Wegweiser durch München und seine Umgebungen für Fremde und Einheimische. 4. Aufl. München (Kaiser) 1859. 16. (3 Thlr., in engl. Einb. 18 Sgr.) Auf der Eisenbahn von Innsbruck nach München. Reiseskizzen mit besonderer Berücksichtigung der tirolischen Bahn- linie. Innsbruck 1859. 84 8. 8. (52 kr.) Vogt (K. W.), Der Begleiter auf der Eisenbahn von München nach Holzkir- chen, Aibling, Rosenheim, Kufstein und Innsbruck. Augsburg (Jaquet) 1859. 16. (44 Sgr.) Oesterreich, Steinhard (S.), Volksbibliothek der Länder- und Völkerkunde oder geogra- phische Haus- und Lesebücher für Jung und Alt. 3. Bd. Oesterreich und sein Volk. 1. Bd. 1. u. 2. Lief. Leipzig (Brandstetter) 1859. gr. 8. (a4 Thlr.) Verkehr des österreichischen Zollgebietes 1856 — 58. — Hübner's Jahrb. für Volkswirthsch. VI. Jahrg. 1. Heft. 1859. pP: 206. Schmidl, Die österreichischen Höhlen. — Pest-Ofener Zeitg. 1858. N. 275 fl. Jericek (H.), Die Städtenamen in Böh- men. — Pamdtky archaeologiske etc. 1859. III. Heft 5. (In böhm. Spr.) Malerisch -historisches Album vom König- reich Böhmen. Herausgeg. von E. Höl- - zel, 13. 14. Lief. Olmütz (Hölzel). qu. gr. Fol. (& 1} Thlr. Prachtausgabe 34 Thlr.) Die Deutschen im südlichen Böhmen. Die Czechen im südlichen Böhmen. — Wan- derer. 1858. N. 229. 294. Wenzig (J.) und Krej£i (J.), Die Um- gebungen Prags. 2. Ausg. 3.— 5. Lief. Prag (Bellmann) 1859. hoch 4. (a 16 Sgr.) deKreutzendorf (F.), Guide des etran- .gers a Prague et dans ses environs. — ._ Eremdenführer für Prag und seine Um- 523 gebungen. Gotha (Perthes) 1859. gr. 16. (1 Thlr.) Cservenka (F.), Fremdenführer durch den Kurort Teplitz-Schönau und Um- gebung. Teplitz (Copek) 1859. gr. 16. (12 Sgr.) Gröning (W.), Teplitz. Berlin (Grie- ben’s Reisebibliothek. No. 44) 1859. 8. (2 Thlr.) Löschner, Johannesbad im böhmischen Riesengebirge als Curort. Prag (Temps- ky) 1859. gr. 8. (4 Thlr.) Gröning (W.), Die böhmischen Kurorte Franzensbad, Marienbad, Carlsbad, Tep- litz. Mit Berücksichtigung von Eger und Elster. Berlin (Grieben’s Reisebibl. No, 38) 1859. 8. (2 Thlr.; in engl. Einb. 28 Sgr.) Die Forsten der Herrschaften Böhmisch- Eisenberg, Austerlitz und Ungarisch- Brod in Mähren. — Verhandl. d. Forst- section f. Mähren u. Schlesien. 1859. Heft 3. p. 67. Janota (E.), Wiadomose historyezna i jeografiezna o Zywiecezyznie. Hist. u. geograph. Nachrichten über Zywiee. Te- schen 1859. 106 8. 8. Solar (H. », Die Silbergruben in Deutsch- brod. — Ziva. Casopis prirodniky. 1859. Heft 1. (In böhm. Sprache.) Ein Ausflug nach dem Böhmer Wald. — Prager Zeitg. 1858. N. 229 fi. Purkyne (E.), Der Böhmerw ald und des- sen Vegetabilität. — Ziva. Casopis pri- rodniky. 1859. Heft 1. (In böhmisch. Sprache.) \ Wenzig (J.) u. Krejci (J.), Der Böh- merwald. Natur und Mensch. 1. Lief. Prag (Bellmann) 1860. gr. 8. (2 Thlr.) Wolny (@.), Kirchliche Topographie von Mähren, meist nach Urkunden u. Hand- schriften. 1. Abthl. Olmützer Erzdiö- cese. 3. Bd. Brünn (Nitsch u. Grofse, in Comm.) 1859. gr.8 (2 Thlr. 12 Sgr.) Das Moor Mosebruch in Schlesien. — Troppauer Zeitg. 1859. N. 52. Süfs (E.), Zur geographischen Lage von Wien und zur artesischen Wasserlei- tungsfrage daselbst. — Wiener Zeitg. 1858. N. 295. Weidmann (F.C.), Album der Westbahn von Wien bis Linz. Nebst Ausflügen in den Wienerwald, das Oetschergebiet etc. Ansichten nach der Natur von J. Va- roni. Wien (Tendler & Co.) 1859. qu.4. (2 Thlr. 12 Sgr.) 924 Perkmann (R.), Cultur- und Charakter- bilder aus Tyrol. — Oesterreich. Zeitg. 1858. N. 277 ff. Das Oetzthal. — Süddeutsche Zeitg. 1859. N. 25 ff. Warhanek (W. F.), Kurzgefafste Hei- matkunde von Niederösterreich, Zur Einführung in den ersten geografischen Unterricht. Wien (Sallmayer & Co., in Comm.) 1858. gr. 8. (4 Thlr.) Veldes im Herzogthum Krain. — Triester Zeitg. 1858. N. 227. Ein Ausflug von Trojana auf die heilige Alpe. — Blätter aus Krain. 1859. No. 36 ff. Ein Ausflug von Triest nach Cattaro. — Wiener Zeitg. 1858. N. 185 ff. Trois Jours & Trieste. Ouvrage publie par les soins de $. Formiggini, P. Kandler, P. Revoltella et B. Serinzi. Trieste (im- prim. du Lloyd) 1859. VII, 116 8. 12. Die Tolmeiner Gegenden im österreichi- schen Küstenlande. — Triester Zeitg. 1858. N. 220 ff. 1859. N. 85. 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Naar de natuur geteekend door C. Bos, op steen gebragt door C. J. Bos en met tinten gedrukt door P. W. M. Trap. Met daar- bij gevoegden tekst door T. van West- rheene. Afl. 1—7. Delft (van Gessel) 1859. kl. 4. (af. 0,40.) Petit Guide de la Haye. Contenant la description historique et statistique de la ville, les hötels, cafes ete. La Haye (Couvee) 1859. 12. (f. 0,40.) De stad Leiden. Album bevattende eenige afbeeldingen der vormaamste hoofdge- bouwen en fraaiste gezigten in en nabij de stad Leiden. Naar de natuur ge- teekend en op steen gebragt door G. J. Bos en met tinten gedrukt door P. W. M. Trap. Met bijschriften door A. Montagne. 2eserie. 1e — 4eafl. Leiden (Couvee) 1859. roy. 8. (& f. 0,30). W. Koner: > Neu erschienene geographische Werke, Aufsätze, Karten und Pläne. 527 Petit Guide de Rotterdam. La Haye (Cou- | vee) 1859. 12. (f. 0,30.) De stad Utrecht. Album bevattende af- beeldingen harer voornaamste gebouwen en gezigtspunten. Naar de natuur ge- teekend en op steen gebragt in het lithogr. etablissement van P. W. van de Weijer, te Utrecht, met histor. bij- schriften door Dr. Wap. 5e — 9e afl. Utrecht (Broese) 1859. roy. 8. (&f. 0,30.) Belgien. Weale (W.H. J.), Belgium, Aix-la-Cha- pelle, and Cologne: en entirely new Guide Book for Travellers; with nu- merous historical and archeologieal No- tes. London (Dawson) 1859. 508 8. 12. With 16 plans and 4 maps. (5 s.). Scheler (A.), Annuaire statistique et hi- storique belge. 6 annee. 1859. Bru- xelles (Schnee) 1859. gr. 12. (13 Thlr.) Borgnet (J.), Promenades dans Namur. T.Ier. Namur 1859. 646 $S. 8. (4 Thlr. 25 Sgr.) Capitaine, Population de l’ancien pays de Liege au XVIIe siecle. — Bull, de Ulnstit. archeol. Liegeois. II. 1859. p- 345. Handel und Schifffahrt Belgiens im Jahre 1858. — Preufs. Handelsarchiv. 1859. N. 50. Jahresbericht des preufsischen Consulats zu Gent für 1858. ibid. 1859. N. 40. Das britische Reich. Long (H. 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Leben des kleinrussischen Landmanns, hauptsächlich im Gouvern. Poltawa. — ibid. IH. 1858. Ueber die Religion der heidnischen Tsche- remissen im Gouy. Kasan. — ibid. IV. 1858. v. Seidlitz (C.), Der Narowa-Strom und das Peipus-Becken. Dorpat (Gläser, in Comm.) 1859. Lex. 8. (8 Sgr.) Babarynkin, Das Dorf Wassilewskoje, Gouv. Nishegorod, Kreis Nishegorod. — Sammlung ethnograph. Schilderungen aus verschied. Gegenden Ru/slands. 1. 1853. Dobrosrakow, Das Kirchdorf Ulja- nowka, Gouv. Nishegorod, Kreis Ko- kojanow. — ibid. I. 1853. Preobrashenski, Das Amt Prokrows- ko-Sitskaja, Gouvern. Jaroslaw, Kreis Mologa. — ibid. I. 1853. — , Das Stanislowskische Kirchspiel in Ssiti, Gouv. Jaroslaw, Kreis Mologa. — ibid. I. 1853. Lebedew, Leben der Landleute im Gouv. Twer, Kreis Twer. — ibid. I. 1853. Malychin, Leben der Landleute im Gouv. Woronesh, Kreis Nishne Djä- wizk. — ibid. I. 1853. Rasumichin, Das Kirchdorf Bobrowski und seine Umgebung. — ibid. I. 1853. Jurkewitsch, Das Kirchspiel Ostrinski, Gouv. Wilna, Kreis Lida. — ibid. I. 1853. Moratschewitsch, Das Kirchdorf Ko- bylja, Gouv. Wolhynien, Kreis Nowgrod Wolhynsk. — ibid. I. 1853. Basilewitsch, Der Ort Alexandrowska, 34 530 Gouv. Tschemigow, Kreis Ssonizk. — Samml. ethnogr. Schilderungen aus ver- | schied. Gegenden Ru/sland. I. 1853. Archangelski, Das Kirchdorf Daw- schino, Gouy. Jaroslaw, Kreis Posche- gonsk. — ibid. II. 1854. Troizki, Das Kirchdorf Lipizy und seine Umgebung, Gouvern. Tula, Kreis Ka- schirsk. — ibid. II. 1854. Rudnew, Das Kirchdorf Golun und No- womichailowskje, Gouvern. Tula, Kreis Nowosilsk. — ibid. II. 1854. Die Slobode Trechisbjanskaja. — ibid. Il. 1858. Meschtschewsk, Kreisstadt im Gouverne- ment Kaluga. — Bote (Wjästnik) der Kais. Russ. geogr. Ges. 1859. H. U. Lukanin, Ueber die Zunahme der Be- völkerung im Kreise Tscherdyn von 1841 — 50. 1. Theil. — ibid. 1859. H. V. Die Salzseen im Kreise Minussinsk. — ibid. 1859. H. III. Stachowitsch, Der Kreis Jelez in hi- storischer, ethnographischer und stati- stischer Beziehung. — ibid. 1859. H. I. Woronow, Wijelsk, Kreisstadt im Gou- vern. Wologda. — ibid. 1859. H.I. Kirkor, Ethnographische Uebersicht über das Gouy. Wilna. — Samml. ethnogr. Schilderungen aus verschied. Gegenden Ru/slands. III. 1858. Bemerkungen über die westlichen Theile des Gouv. Grodno. — ibid. III. 1858. Ueber die bessarabischen Salzseen. Zeitschr. f. allg. Erdkunde. N. F. VI. 1859. p. 61. Aksakoff, Untersuchungen über den Han- del auf den Messen in der Ukraine, St. Petersburg 1858. 383 S. gr. 4. (russ.) Die Steinbrüche der Krimm. — Zeitschr. ‚f. allgem. Erdkunde. N. F. VII. 1859. p- 65. Ueber die Karagassen. — Samml. ethno- graph. Schilderungen aus verschied. Ge- genden Ru/slands. IV. 1858. Ethnographische Aufzeichnungen und Be- obachtungen Castren’s über die Lappen, Karelier, Samojeden und Ostjaken, aus- gezogen aus seinen Reiseerinnerungen von 1838—44. — ibid. IV. 1858. Die Mesen’schen Samojeden. — ibid. IV. 1858. Spanien und Portugal. Nomenclätor de los pueblos de Espana, formado por la comision de estadistica | X ü > general del Reino. Publieäse de Orden de $S. M. Madrid (Imprenta Nacional) 1858. VIII, 999 S. Fol. Dupont-Delporte (J. E.), Lettres sur VEspagne. Climat, moeurs, coutumes, monuments, palais, Eglises, jardins pu- blies, promenades ete. Paris 1859. 350 S. 8. (1 Thlr. 5 Sgr.) Weinhandel von Oporto. — Preu/s. Han- dels-Archiv. 1859. N. 26. W. Koner: Italien. Practical Guide for Italy, North and Cen- tral; the Routes from London by France and Switzerland, Savoy, Piedmont, the Swiss Italian Lakes, States of Nice, Monaco, Genoa, Lombardy ete. London (Longman) 1859. 1648. 12. (2. 6. d.) Förster (O.), Itali&, wat het was en is. Overzigt der geschiedenis, aardrijks- kunde en statistiek van Itali& van den vroegsten tijd to op onze dagen. Dit het Hoogd. vertaald door N. C. 8. Ca- lisch. Amsterdam (Gebr. Binger) 1859. 8 en 157 bl. 8. (f. 0,90.) Aardrijkskundige Beschrijving van de Ita- liaansche Staten, met historische en sta- tistische opgaven. Groningen (Oom- kens) 1859. 29 bl. gr. 8. (f. 0,30.) Eser (F.), Zwei Monate in Italien. Reise- Erinnerungen eines Kunstfreundes. Stutt- gart (Ebner & Seubert) 1859. 8. (1 Thlr. 6 Sgr. de Musset (P.), Voyage en Italie et en Sicile. 4e edit. revue et corrigee. Paris (Charpentier) 1859. 348 8. 18. (3 fr. 50.) George (G.), Notes d’un voyage en Ita- lie. Lyon (Perrin) 1859. 75 8. 8. Die Bevölkerungs-Verhältnisse von Italien. — Petermann’s Mittheil. 1859. p. 565. Malte-Brun, Geographie du theätre de la guerre et des Etats circonvoisins. Italie, Autriche, Prusse, Confederation germanique, Suisse, Hollande et Bel- gique. Illustrations par G. Dore. 5 ca- hiers. Paris (Barba) 1859. 288 8. 4. Mit 21 Karten. (9 fr.) Malte-Brun, Geographie du theätre de la guerre en Italie. Illustree par G. Dore. Paris (Barba) 1859. 64 8. 8. Mit 5 Karten. (2 fr.) Vandevelde (L.), Notice sur le theätre de la guerre en Italie. Ire livre. Ac- compagnee d’une carte ete. Bruxelles (Muquardt) 1859. 24 8. 8. (1 fr. 50.) Neu erschienene geographische Werke, Aufsätze, Karten und Pläne. Joanne (Ad.) et Du Pays (A. J.), Iti- neraire de l’Italie septentrionale, con- | tenant la Savoie, le Piemont, la Lom- bardie et la Venetie. Paris (Hachette) 1859. XVI, 242 S. 18. Avec 6 cartes et plans. Brunner (S.), Aus dem Venediger- und Longobarden-Land. Für Hinreiser und Heimbleiber. 2. Aufl. Wien (Braumül- ler’s Verl.) 1860. 8. (24 Thlr.) Der statistische Werth der Lombardei. — Ausland. 1859. N. 30. Grandi (A.), Descrizione dello stato fisico- politico-statistico-storico-biografico della provincia e diocesi di Cremona. Vol. I. Disp. 8 — 13. Cremona (Copelotti ) 1859. Lex. 8. Fabi (M.), Milano e suoi dintorni. Guida storico -statistico-monumentale. Milano (Ronchi) 1859. 220 S. 8. Geschied- en aardrijkskundige schets van het Koningrijk Sardinie. Eene bijdrage ter verkrijging eener algemeene kenmnis van dit altijd zoo gewigtig Rijk van en voor Europa, Amsterdam (van der Made) 1859. 32 bl. gr. 8. (f. 0,20.) Massiezek (Fr.), Handbuch der Militär- Geographie des Königreichs Sardinien. s. 1, 1859. 46 S. 16. Handel des Königreichs Sardinien im J. 1857. — Preufs. Handelsarchiv. 1859. N. 27. Une excursion au Mont-Blanc. 2e edit. Basel (Georg) 1859. gr. 8. (6 Sgr.) Ascension du Mont-Blanc par la route de $. Germain-les-Bains. — Nour. Annal. .d. Voy., 1859. IU. p. 358. Wiesner (A, O.), Die Riviera di Ponente und Genua’s Kunstschätze. — Ausland. 1859. N. 34. Fabi (M.), Corografia autica e dei secoli di mezzo dell’ Italia per la prima volta ‚ eompilata- sugli seritti di que’ tempi. Disp. 1— 3. Milano e Verona (Civelli Gius. & C.) 1859. .Lex. 8. (a 2 Fr.) Waldmüller (R.), Ein Uebergang über ‚die Appeninen, — , Ausland. 1859. N.'35. Handelsverhältnisse von Livorno. — Preu/s. Handelsarchiv. 1859. N. 44. Handel und Schifffahrt von Livorno in 1858. — ibid. 1859. N. 41. Die Bevölkerung des Kirchenstaates. — Ausland. 1859. N. 32 f. Das Seipionengrab in Rom. — ibid. 1859; a 37. _ Laeaita (J. Ph), On. Earthquakes in | 531 Southern Italy. — American Journal of Science and Arts. XXVII. 1859. p- 210. Neapolitanische Volksfeste. — 1859. N. 29. Dufour (A.H.) et Amari, Carte com- paree de la Sicile moderne avec la Si- cile au XlIlIe siecle, d’apres Edrisi et d’autres geographes arabes, publiee sous les auspices de M. le duc de Luynes, avec les reductions de la carte ancienne d’apres Ptolemee et de la carte arabe d’apres Edrisi. Paris 1859. 1 Bl. Amari, Notice sur la carte comparde de la Sieile moderne avec la Sicile au XlIe sieele, d’apres Edrisi et d’autres geographes arabes, publiee sous les au- spices de M. le duc de Luynes. Paris 1859. 4. Jahresbericht des preufsischen Konsulats zu Messina für 1858. — Preufs. Han- delsarchiv. 1859. N. 29. Ausland. Die europäische Türkei. Notices diverses sur les differentes popu- lations de l’empire ottoman. 1. Les Zeibeks en Anatolie (peuplades pillar- des). 2. Les Gueutchebehs en Anatolie (tribus nomades). — Bullet. de la Soc. de Geogr. IVe Ser. XVIU. 1859. p. 201. 209. Nieolaidy (B.), Les Tures et la Turquie contemporaine. Itineraire et compte- rendu de voyages dans les provinces Ottomanes. Avec cartes detaillees. T. I. I. Paris (Sartorius) 1859. XXXVIII, 316, 363 8. 8. (2 Thlr. 10 Sgr.) Senior (N. W.), A Journal kept in Tur- key and Greece in the Autumn of 1857 and the beginning of 1858. London (Longman) 1859. 380 8. 8. (12s.) — Recensirt in: National Review. ‚1859. October. p. 316. Poujade (E.), Chretiens et Turcs, seenes et souvenirs de la vie politique, mili- taire et religieuse en Orient. Paris (Di- dier) 1859. 550 S. 8. — Recens. von A. de Circourt in; Nowv. Annal. d. Voy. 1859. II. p. 193. U. J. Seetzen’s Uebergang über den Bal- kan von Pravadia nach Aidos. — Aus- land. 1859. N. 41. Neigebaur .(J. F.), Beschreibung de Moldau: und Walachei. 2. Theil: Die Donau-Fürstenthümer. 2. Ausg. Bres- lau (Kern) 1859. 8. (1 Thlr.) 34* 532 Schneegans, Moldavie. Apergu dupays: Galatz, le peuple roumain, les etrangers, les Phanariotes et l’Autriche etc. Revue de l’Orient. 1859. IX. p. 289. Poyet, Deuxieme lettre, contenant la description du caza de Eski-Zagra (Bul- garie). — Bull. de la Soc. de Geogr. IVe Ser. XVIIL. 1859. p. 145. — Troi- sieme lettre, contenant la description de Quezanlik, Turquie d’Europe (Thrace). — ibid. p. 179. Poyet, Description du distriet d’Islimnia (Bulgarie). — ibid. IVe Ser. XVII. 1859. p. 21. Boue, De la constitution primitive de la Societe Serbe. ibid. IVe Ser. XVI. 1859. p. 431. Zustände Bosniens, besonders in volks- wirthschaftlicher Beziehung. — Preu/s. Handelsarchiv. 1859. N. 42. Reiseskizzen aus Epirus aus dem Jahre 1858. Rückreise nach Korfu über Saya- des. — Ausland. 1859. N. 25. Boue&, Ueber die Strafse von Pisren nach Sceutari in Ober- Albanien. — Sitzungs- ber. d. Wiener Akad. d. Wiss. Mathem.- naturwiss. Cl. XXXVN. p. 128. v. Hahn, Ein Schreiben ddo. Salonik am 16. December 1858. — Sützungsber. d. Wiener Akad. d. Wiss. Phil.-hist. Cl. Dar.‘ "2 Ye W. Koner: XXIX. 1858. p. 292. Auch besonders abgedr. Wien 1859. gr. 8. Koritza in Macedonien. — Ausland. 1859. N. 38. Conze (A.), Reise auf den Inseln des Thrakischen Meeres. Hannover (Rümp- ler) 1860. gr. 4. (34 Thlr.) Raulin (V.), Description physique de Tile de Crete. 1re partie. Bordeaux 1859. 299 8. 8. Griechenland. Neigebaur (J. F.) und Aldenhoven (F.), Handbuch für Reisende in Grie- chenland. 2 Thle. Neue Ausg. Leipzig (Brockhaus) 1860. 8. (2 Thlr.) Handel und Schifffahrt Griechenlands im Jahre 1858. — Preu/s. Handelsarchiv. 1859. N. 45. Waldmüller (R.), Die deutsche Colonie Herakli bei Athen. — Ausland. 1859. N. 31. Ritus bei den Begräbnissen der jetzigen Griechen. — ibid. 1859. N. 48. ‚, Waldmüller (R.), Irrsinnige in Grie- | chenland. — ibid. 1859. N. 28. Jahresbericht des preufsischen Consulats zu Korfu für 1858. — Preu/s. Handels- | Archiv. 1859. N. 32. Asien. Allgemeines. Reisen in den Orient. Noe (H.), Das Meer der Arier. — Aus- land. 1859. N. 32. Renan (E.), Nouvelles considerations sur le caractere general des peuples semi- tiques, et en partieulier sur leur ten- dance au monotheisme. (Extrait du Journ. Asiatique.) Paris 1859. 1058. 8. Wilbrands v. Oldenburg, Reise nach Palästina und Kleinasien, lateinisch und deutsch mit erklärenden Anmerkungen herausgeg. von J. C. M. Laurent, Ham- burg (Nolte u. Köhler, in Comm.) 1859. gr. 4. (3 Thlr.) Seetzen’s (U. J.) Reisen durch Syrien, Palästina, Phönicien etc. Herausgegeb. und commentirt von F. Kruse, in Ver- bindung mit Hinrichs, G. F. H. Müller, H.L. Fleischer ete. Bd. IV. Berlin (G. Reimer) 1859. gr. 8. (33 Thlr.) Tronson (J. M.), Personal Narrative of a Voyage to Japan, Kamtschatka, Si- beria, Tartary, and various parts of the Coast of China, in H. M. S. Bara- couta. London (Smith & E.) 1859. 415 S. 8. With Charts and Views. (18 s.) de Gobineau (Cte A.), Trois ans en Asie (de 1855 a 1858). Paris (Ha- chette) 1859. 526 8. gr. 8. (24 Thlr.) Dora d’Istria, Les femmes en Orient. 2 vols. Zürich (Meyer & Zeller) 1859. gr. 8. (3 Thlr.) Paine (Caroline), Tent and Harem: No- tes of an Oriental Trip. New York 1859. 3008. 12. (6. 6d.) Sibirien. Bericht über die Thätigkeit der $Sibiri- schen Expedition im J. 1858. — Bote (Wjästnik) d. K. Russ. geogr. Ges. 1859. Neu erschienene geographische Werke, Aufsätze, Karten und Pläne. Heft II. Vgl. Arch. f. wissensch. Kunde von Rufsland. 1859. p. 593. v. Middendorff (A. Th.), Sibirische Reise. Bd. IV. Thl.I. Uebersicht der Natur Nord- und Ost-Sibiriens. I. Lief. Einleitung, Geographie und Hydrogra- phie. Nebst Taf. II—XVIII des Kar- ten-Atlasses. St. Petersburg. 1859. 4. Nachrichten über die Expedition der Her- ren Sjäwerzow und Borschtschow nach der Kirgisensteppe. — Zeitschr. f. all- gem. Erdkunde. N.F. VII. 1859. p.234. Resultate des barometrischen im J. 1858 von Struve ausgeführten Nivellements zwischen Orenburg und dem Aral-See. — Bote (Wjästnik) d. K. Russ. geogr. Ges. 1859. Heft V. vergl. Zeitschr. f. allgem. Erdkunde. N. F. VII. 1857. p- 335. Peker, Entdeckung von Schwefelquellen im Wilden See im Gouvernement Oren- burg. — Bote (Wjästnik) d. K. Ru/s. geogr. Ges. 1858. Heft IX. vergl. Zeit- schr. f. allgem. Erdkunde. N.F. VII. 1859. p. 232. Bemerkungen eines nomadischen Altajers. — Arch. f. wissensch. Kunde von Ru/s- land. 1859. p. 527. Wenjukow, Beschreibung des Flusses Ussuri und des Landes östlich von dem- selben bis zum Meere. Mit 2 Karten. — Bote (Wjästnik) d. K. Russ. geogr. Ges. 1859. Heft IV. Veniukoff (J.), La vallee de l’Oussouri, sa flore, sa faune, ses habitants. — Nowv. Annal. d. Voy. 1859. Heft III. p- 157. v. Schenck (L.), Reisen und Forschun- gen im Amur-Lande in den J. 1854 bis 1856. Bd.I. Lief. 1. St. Peters- burg. 1858. gr.4. (34 Thlr.) Peschurof, Permikin, Shenurin, Vasilief, Radde, Uzoltzof, Par- gaschefski etc., Notes on the River Amur and the adjacent Distriets. — Journ. of the Roy. Geogr. Soc. XXVIII. 1858. p. 370. Romanow, Skizze des Landes zwischen Castries-Bai und dem Amur. Mit 2 Karten. — Bote (Wjästnik) d. K. Russ. geogr. Ges. 1859. Heft III. Ansichten der Engländer und Amerikaner über die russische Herrschaft am Amur. — Bote (Wjästnik) d. K. Russ. geogr. Ges. 1859. Heft IV. Die russischen Niederlassungen am Amur. — Ausland. 1859. N. 46. 533 The Amoor River. — Church Missionary Intelligencer. 1859. p. 70. Der Amur als Verkehrsmittel. — Ausland. 1859. N. 28. Extracts from a Journal kept on the Shore of the Ochotsk Sea. — Nautical Magaz. 1859. May. Kaukasus-Länder. Bericht über die Thätigkeit der Kauka- sischen Abtheilung der K. Russ. geogr. Gesellschaft. — Bote ( Wjästnik) 1859. Heft V. Moser (L.). The Caucasus and its People; with a Brief History of their Wars, and a Sketch of the Achievements of the renowned Chief Schamyl. London (Nutt) 1859. 8. (5 s.) Bergsträfser, Iwanow’s und Nasaroff’s Aufnahmen in der Ponto-Caspischen Niederung, 1858. Behufs einer Kanal- Verbindung des Caspischen mit dem Schwarzen Meere. — Petermann’s Mit- theil. 1859. p. 339. Bergsträfser, Die Verbindung des Cas- pischen mit dem Schwarzen Meere. Rückblick auf die bisherigen Forschun- gen über die Ponto-Caspische Niede- rung und Bericht über daselbst in den J. 1858 und 1859 ausgeführten Auf- nahmen. — Petermann’s Mittheil. 1859. p- 411. Chodzko, Die neuesten Höhenmessun- gen im Kaukasus. — ibid. 1859. p- 303. L’Elbrouz, chaine de montagnes du Cau- case. — Revue de l’Orient. IX. 1859. p. 400. Die Ersteigung des Grofsen Ararat unter Chodzko und Chanykow. — Peter- mann’s Mittheil. 1859. p. 350. Mittheilungen aus Erzerum über das Erd- beben vom 2. Juni. — Zeitschr. f. all- gem. Erdkunde. N.F. VII. 1859. p. 67. v. Baer (K.), Der alte Lauf des Arme- nischen Araxes. Mit 2 Karten. — Me- langes Russes. T. III. Palmen an den Ufern des Kaspischen Meeres, in früherer Zeit und jetzt. — Bote (Wjästnik) d. K. Russ. geogr. Ges. 1859. Heft IV. Das chinesische Reich. Wilson (H.H.), Summary Review of the Travels of Hiouen Thsang, from 534 the Translation of the Si-gu-ki by M. Julien and the Memoire Analytique of M. Vivien de St. Martin. — Journ. of the Roy. Asiat. Soc. of Great Britain and Ireland. XVII. P.I. 1859. p.106. Smith (A.), To China and back: being a Diary kept Out and Home. London (Chapman & H.) 1859. 708. 8. (1s.) China, oder Uebersicht der vorzüglichsten geographischen Punkte und Bestand- theile des chinesischen Reiches. 2 Ausg. Wien (Prandel u. Meyer) 1859. 8. (16 Sgr.) Neueste Nachrichten aus China. in Bezug auf die Missionen. — Berichte d. Rhein- Missions-Gesellsch. 1859. p. 52. 120. 173. 325. Dean (W.), The China Mission: embra- cing a History of the various Missions of all Denominations among the Chi- nese; with Biographical Sketches of Deceased Missionaries. New York. 1859. 396 8. 12. (6 =.) American Diplomacy in China. — North American Review. 1859. Octob. p. 478. Der Handel Chinas, insbesondere mit Grofsbritannien. — Preufs. Handels- arch. 1859. N. 41. De la culture et de la recolte du Jen- Schen par les Chinois. — Nowv. Annal. d. Voy. 1859. IH. p. 107. Lapareille (A.), La recolte de la soie en Chine. — Revue de U’Orient. 1859. IX. p.338. vgl. Ausland. 1859. N. 30. The Opium Question. — Church Missio- nary Intelligencer. 1859. p. 73. Ueber den Handel mit China. — Bote (Wjästnik) d. K. Russ. geogr. Ges. 1858. Heft XI. Einige Winke für Reisen in China. — ibid. 1858. Heft XII. Von Pehtang nach Peking. — Zeitschr. f. allg. Erdkunde. N.F. VII. 1859. p.337. Exploration du Yang-tse-Kiang. — Nouv. Annal. d. Voy. 1859. II. p. 236. 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Theodor Kotschy’s neue Reise nach | Kleinasien, 1859. 1. Einleitende No- tizen. Ersteigung und Erforschung des Djebel Nur und des Schech Meran (Schlangenkönigs). 2. Vorläufige Nach- sichten über die Reise von Schech Me- ran nach dem Argaeus und zurück nach Mersina; Antritt der Reise nach dem Wan-See. — Petermann’s Mitth. 1859. p. 342. 372. Reisebriefe aus Kleinasien. — Ausland. 1859. N. 45. Tweedie, Ruined Cities of the East. Ephesus, Sardis, Petra etc. London (Nelson) 1859. with 18 views. 180 S. 8. {3 8. 6d.) Langlois (V.), Les ruines de Seleucie, dans la Cilicie Trachee. — Revue ar- cheol. XV. 1858-59. p. 748. Handel von Trapezunt und Persien in den J. 1857 und 58. — Preufs. Handels- arch. 1859. N. 33. Die Eisenbahn von Smyrna nach Aidin. — Bote (Wjästnik) d. K. Russ. geogr. Ges. 1859. Heft IU. Syrien und Palästina. Fleischer, Ueber die Culturbestrebun- ‚gen in Beirut und die dortige arabische Zeitung Hadikat el achbär. — Berichte über die Verhandl. d. K. Sächs. Ges. d. Wiss. zu Leipzig. Phil.-hist. Cl. 1859. p>% Damaskus. — Ausland. 1859. N. 44. Graham (Cyrill C.), Explorations in the 9. Bd. Kleinasien. | | | 935 Desert East of the Haurän, and in the Ancient Land of Bashan. — Journ. of the Roy. geogr. Soc. XXVIII. 1858. p- 226. Rey (E.G.), Une visite aux ruines de Kennaouat, dans le Hauran. — Nour. Annal. de Voy. 1859. II. p. 151. | Wetzstein (J. G.), Reise in den beiden Trachonen und um das Haurän-Ge- birge. — Zeitschr. f. allgem. Erdkunde. N.F. VII. 1859. p. 109. Kiepert (H.), Note über die Construc- tion der Karte zu Consul Wetzstein’s Reise. — ibid. p. 204. Wetzstein (J. G.), Mittheilungen über Haurän und die Trachonen. — ibid. p- 265. J.R. Roth’s Reisen in Palästina. V. Letz- ter Bericht, Aufzeichnungen aus des Reisenden Tagebuch über seine letzte Reise, von Jerusalem nach dem Quell- gebiet des Jordan, vom 9. Mai bis 13. Juni 1858. VI. Höhenmessungen im östlichen und nördlichen Jordan- Gebiete. Berechnet von C. 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Reizen gedaan gedurende het tijdvak van 1852— 57. 7e — 9e afl. (Schlufs des 1. Bds.) Rotterdam (Wijt & Zonen) 1859. 8. (compl. f. 6,75.) Smits (H. D. A.), Zeemans -gids voor de eilanden en vaarwaters beoosten Java. 2e dr. Amsterdam (Hulst van Keulen) 1859. XIV en 63 bl. 4. (f. 2,50.) Nederlandsche ontdekkingen in den Indi- schen Oceaan. — Bijdragen tot de Taal-, Land- en Volkenkunde in Nederlandsch Indie. N. V. IT. p. 303. Pijnappel (J.), Bijdrage tot de geschie- denis der Vulkanen in Nederlandsch In- (die. — ibid. N. V. II. p. 265. De Stoomvaart naar Indie, — Tijdschr. v. Nederlandsch Indie. 1859. II. p.193. 537 Spoorwegen op Java. — Tijdschr. voor Nederlandsch Indie. 1859. U. p. 226. De toestand der havens op Java, in 1858. — ibid. 1859. I. p. 257. Bake (Mr. R. W.J.C.), De vrije arbeid op Java, naar aanleiding der beradsla- gingen van den 2° Kamer der Staten- Generaal, gehouden in Februarij 1859. ' Amsterdam (Scheltema) 1859. gr. 8. (f. 0,60.) 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Dänemark. 4. Nieder- lande. 5. Belgien. 6. Frankreich. 7.Die Süd-Europäischen Halbinseln. 8. Oester- reich. 9. Preufsen. 10. Deutschland. 11. Schweiz. 12. Grofs-Britannien. — Petermann’s Mittheil. 1859. p. 209. Vogel und Delitzsch, Wandkarte der beiden Hemisphären. 2 Bl. Leipzig (Hinrichs’sche Buchhandl., Verl.-Cto.) 1859. Imp. Fol. Aufschwarzem Wachs- 3) 546 tuch 14 Thlr.; auf blauem Wachstuch 154 Thlr. Vogel und Delitzsch, Wandnetz der Hemisphären. 1 Bl. Imp. Fol. (Auf Wachstuch 3z Thlr.) Birk’s Netz-Atlas. $Bl. Berlin (Schropp) 1859. Lith. gr. Fol. (4 Thlr.; einzelne Bl. 15 Sgr.) Berghaus (A.), Allgemeine Weltkarte in Mercator’s Projeetion nach dem Stande der nautischen Aufnahmen im J.1858. ABl. Kptrst. Gotha (Perthes). gr. Fol. (In Mappe 14 Thlr.; auf Leinw. u. in Mappe 1* Thlr.) Atlanten zur alten Geographie. van Senden (G.H.), Bijbel-atlas. Nieuwe verb.uitgave. Bevattende tevens de vol- tooijjing yan het daarbij behoorende, maar nog onafgewerkt register, door P.J.Veth. 5e afl. Kaarten. Amsterdam (Brinkman) 1859. 4. (f. 1,80). Kiepert (H.), Historisch-geographischer Atlas der alten Welt zum Schulgebrauch bearb. und mit erläuternden Bemerkun- gen begleitet. 13. Aufl. Weimar (Lan- des. Industrie-Compt.) 1859. qu. gr. 4. (1! Thlr.) Atlas zur alten Geschichte. 13Bl. u. color. Prag (Tempsky) 1859. Fol. (1 Thlr.) The College Classic Atlas for Schools and Families. London (Routledge) 1859. Roy. 8. (12s.) The Junior Classic Atlas for Schools: Fifteen Maps selected from the College Classic Atlas; with an Alphabetical In- dex of the Latitude and Longitude of 4000Places. London (Routledge) 1859. (58. 6d.) Berg (C.), Atlas over den gamle Verden i sex Kort. Udgivet til Skolebrug. Graveret af A.Bull. Kjebenhavn. 1859. (1 Rd. 56 fs., enkelte Kort 28 [s.) Rheinhardt (H.), Karte für die Lec- türe von C. Jul. Cäsar's bellum eivile. Lith. u. col. Stuttgart (Liesching & C.) | 1859. gr. Fol. 4 Sgr. Atlanten zur neueren Geographie. Beer (E.), Kleiner Duodez Atlas in 24 Blättern über alle Theile der Erde. 12. Aufl. Weimar (Voigt) 1859. qu. gr. 16. (4 Thlr.) Hanser (G.), Geographischer Schul- Atlas über alle Theile der Erde und Lith. | W. Koner: das Wichtigste über das Weltgebäude. Nach neueren Grundsätzen umgearb. von ©. Arendts. 7. Aufl. Regens- burg (Manz) 1859. qu. gr. 4. (1 Thlr. 24 Sgr.) | Marmocehi (F.G.), Grande atlante di geograla universale statistico e pitto- resco ad uso delle scuole e famiglie italiane. Disegnato da F. Arrigoni .... omato di eleganti vignetie da G. B. Zambelli. Milano e Verona (Gius, Ci- velli). Fasc. I— XI. qu.Fol. (& 141.) Nelson (T.) and Davies (T.), Atlas of the World, constructed from the most recent Authorities; with Divi- sions and Measurements in English Miles. London (Nelson) 1859. Roy. Fol. (12 s.) ? Paulin et Le Chevalier, Atlas uni- versel de geographie aneienne et mo- derne. 1. Geographie saerde. Palestine au temps de Jesus-Christ. — 18. Iles britanniques, dressees par A. H. Du- four. Avec texte. Paris 1859. | Philip’s National School Atlas. London (Philip) 4. (6d.; colour. 1 s.) Philip’s Atlas for Beginners, eompri- sing 24 Maps. Constructed by J. Bar- tholomew. London (Philip) 1859. 4. (2s. 6.d.) | Pütz (G.), Atlante geografico-storico ad uso delle scuole. Parte II. Evo medio e moderne. Versione italiana di F. de Angeli, Regensburg (Manz) 1859. qu. Fol. (24 Sgr.) Routledge’s Atlas of the World; con- taining Twelve beautifully engraved Quarto Maps. London (Routledge). 8. (1s.6.d.; colour. 2. 6.d.) Illustrirter Handatlas für Freunde der Erd- kunde und zum Gebrauch beim Unter- richt. Im Verein mit E. Leeder und H. Leutemann herausgegeben von Th. Schade. 2.Lief. Leipzig (Brockhaus) 1859. Imp. Fol. (1 Thlr. 18 Sgr.) Stieler’s(A.) Hand-Atlasüberalle Theile der Erde nach dem neuesten Zustande und über das Weltgebäude. Bearb. von F.v. Stülpnagel, Heinr. Berghaus, Herm. Berghaus und A. Petermann. Neue Bearbeitung aus dem J. 1858. 5 color. Karten inKpfrst. Gotha(Perthes) 1859. gr. Fol. (£ Thlr.) v. Sydow (E.), Skol-Atlas, Uırval i tjugusex Kartor. Efter 8. tyska upp- lagan. Gotha (Perthes) 1859. qu. gr 4, (14 Thlr.) . Neu erschienene geographische Werke, Aufsätze, Karten und Pläne. Hand-Atlas der Erde und des Himmels in 70 Lieff. Neu redigirte Ausg. Lief. | 36 — 44. Weimar (Landes -Industrie- Compt.) Imp. Fol. (a 4 Thlr.) Vollständiger Schul-Atlas der neuesten Erdbeschreibung über alle Theile der Erde. Tuttlingen (Kling) 1859. qu. 4. (4 Thlr.) Skole- Atlas, over Jordkloden, afbildet i 20 Kort. Udarbeidet efter de nyeste og bedste Kilder under Tilsyn af flere Sko- lemaend. Odense (Milo) 1859. (3 Rd.) Karten von Mittel-Europa, na- mentlich von Deutschland. Uebersichtskarte der westdeutschen Grenz- | lande. Lith. u. color. Gotha (Perthes) 1859. Imp. Fol. (4 Thlr.) Kiepert (H.), Uebersichtskarte der Län- | der vom Rhein bis Paris mit Angabe der Sprachgrenze. Lith. u. color. Berlin (D. Reimer) 1859. Imp. Fol. (4 Tälr.) Hauchecorne (G.), Carte des chemins de fer de l’Allemagne et des pays li- mitrophes. Neue Ausgabe. Lith. u. col. Leipzig (E. H. Mayer, in Comm.) 1859. In 8-Carton. (14 Thlr.) Haymann (B.), Post- und Eisenbahn- | Karte von Deutschland und den an- | grenzenden Ländern. Ausg. für 1859. Lith. u. illum. Dresden (Gottschalck) 1859. Imp. Fol. (In 8-Cart. 12 Sgr.) König (Th.), Post- und Reisekarte von Deutschland und den angrenzenden Län- dern. Lith. u. col. Neu-Ruppin (Berge- mann) 1859. Imp. Fol. (4 Thlr.) Deutschland, Nordost-Frankreich, Süd- Holland und Belgien. Rev. u. ergänzt im J. 1859. 16 Bl. Lith. Berlin (Hey- mann). Imp. Fol. (6 Thlr.; color. 65 Thlr. 4 Thlr ) Frankreich, das östliche Piemont, Schweiz, Baden, Würtemberg, Rheinprovinz und Belgien. Revidirt 1859. 2 Bll. Kpfst. u. illum. Weimar (Landes -Industrie- Compt.). Imp. Fol. (1 Thlr.) General-Karte der deutschen Staaten nebst den übrigen Ländern Mittel-Europa’s. 4 Bll. Kupferst. u. illum. Gratz (Ley- | kam’s Erben) 1859. Imp. Fol. Auf Leinw. u. in Etui. (34 Thlr.) Schäffer (A.), Eisenbahn-Cours-Karte | des nordöstlichen Deutschlands. Nebst Angabe der Telegraphen- und Dampf- . Witzleben (F. A.), Karte von West- | Einzelne Blätter 12 Sgr.; color. | 947 schifffahrts- Verbindungen. N. 1. Juni 1859. Berlin (Nauck) 1859. Imp. Fol. (3 Sgr.) Huber (J.), Neueste Schul- und Reise Karte vom südwestlichen Deutschland, enthaltend die Königr. Bayern, Würt- temberg, das Grofsherz. Baden und die Fürstenth. Hohenzollern. Kpfrst. u. illum. Nürnberg (Beyerlein) 1859. Imp. Fol. In 8-Carton. (z Thlr.) Brockhaus’ Reise- Atlas. Entworfen und gezeichnet von H. Lange. 16. — 18. Lief. Leipzig (Brockhaus) 1859. qu.4. (& 4 Thlr.) Prediger (C.), Karte vom Harz-Gebirge, Nach den Originalkarten des Königl. Berg - und Forstamtes zu Clausthal etc. Geognostisch colorirt. Lith. Clausthal (Grofse). Imp. Fol. In 16-Carton. (28 Ser.) Karten von Preufsen. Schul-Atlas des preufsischen Staates. 2. Aufl. color. Berlin (Grieben, in Comm.) 1859. qu. gr. 4. (9 Sgr.) Topographische Karte vom preulsischen Staate mit Einschlufs der Anhaltischen und Thüringischen Länder. Oestlicher Theil: Sect. 270. Küstrin. 275. Gotha. 292. Greiz. 303. Gefell. Kpfst. Berlin (Schropp, in Comm.) 1859. gr. Fol. (a 12, Sgr.) Nowack, Special-Karte von dem Regie- rungsbezirke Potsdam, nach den besten Materialien entworfen und zusammenge- tragen. Kpfrst.u.illum. Berlin (Schropp) 1859. Imp. Fol. (1! Thlr., auf Leinw. und in Etui 2} Thlr.) Brockhaus’ Reise- Atlas. Entworfen und gezeichnet von H. Lange. Berlin und seine Umgebungen. Plan der Stadt nebst einem Führer für Fremde. Chromolith. Leipzig (Brockhaus). In 8 - Carton. 4 Thlr.) Grundrifs der Stadt Nordhausen, Lithogr. Nordhausen (Büchting) 1859. Imp. Fol. (+ Thlr.) See-Atlas der Jade-, Weser- und Elb- Mündungen, herausgeg. von der Königl. Preufs. Admiralität. 6 Bl. Kpfrst. qu. Imp. Fol. 1. 2. Spezial-Karte der Jade- und Weser-Mündungen. 3. 4. Spezial- Karte der Elb-Mündungen. 5. 6. Spe- zial-Karte zu den Jade-, Weser- und Elb-Mündungen. Berlin (D. Reimer, in Comm.) 1859. (& 13 Thlr.) 948 Erläuterungen zur Benutzung der von der | Königl. Preufs. Admiralität herausgeg. See-Karten der Jade-, Weser- und Elb- Mündungen. 8. (4 Thlr.) Werner (W.), Topographische Karte des Regierungs-Bezirks Düsseldorf. Heraus- geg. von F. W. Grube. 4. Ausg. 6 Bll. | Wesel (Bagel) 1859. Lith. u. color. Imp. Fel. In Etui. (14 Thlr.) Karten der übrigen Theile Deutschlands. Berlin (D. Reimer) 1860, | W. Koner: Strom-Karte der Elbe vom Krümmel (Her- zogth. Lauenburg) bis Hamburg. 2 Bll. Lithogr. Hamburg (Nolte & Köhler, in Comm.) 1859. Imp. Fol. (23 Thlr.) Brockhaus’ Reise-Atlas. Entworfen und | gezeichnet von H. Lange. Braun- schweig. Plan der Stadt nebst einem Führer für Fremde. Chromolith. Leip- zig (Brockhaus) 1859. qu. 4. In 8- Carton. (4 Thlr.) Caspari, Handkarte zu des Verf. Wand- karte vom Königreich Sachsen. Lith. u. color. Annaberg (Rudolph & Diete- riei) 1859. 4. (1 Sgr.) Neuester Plan von Leipzig. Lith. Leip- zig (Werl) 1859. gr. Fol. (4 Thlr.) Schmid (E. E.), Topographisch-geogno - stische Karte der Umgebungen von Jena. Lith. Jena (Frommann) 1859. Imp. Fol. (14 Thlr.; color. 13 Thlr.) Lange (H.), Eisenach — Kassel — Frank- furt a. M. Führer für Reisende. Leipzig (Brockhaus’ Reise-Atlas) 1859. qu. 4. In 8-Carton. (4 Thlr.) Eisenbahnkarte von Württemberg und Ba- den. Chromolith. Heilbronn (Glass, in Comm.) 1859. Fol. (2 Thlr.) ı Nieuwe kaart van het Koningrijk der Ne- Plan der K. Haupt- und Residenz-Stadt | München nach dem neuesten Bestande. Lith. u. color. Augsburg (Jaquet, in Comm.) 1859. Fol. (4% Sgr.) Klenner (F. W.), Topographische Han- | dels-, General-, Post- und Strafsen- Karte des österreichischen Kaiserstaates einschliefslich der angrenzenden Länder. Verbessert u. vermehrt von A. Mayer. 4 Bll. Kpfrst. u. illum. Wien (Paterno) 1859. Imp. Fol. (2 Thlr.) Monarchia austriaca. Milano (Vallardi) 1859. 1 Bl. M. 1:2,000,000. Karte der Umgebung von Teplitz-Schö- nau. Lith. Teplitz (Copek) 1859. Fol. (4 Thlr.) Plan von Teplitz und Schönau. Lithogr. Teplitz (Copek) 1859. Fol. (6 Sgr.) v. Skrzeszewski (A.), Kärnthen, Krain, Istrien, Görtz und Gradisca. Wien 1859. 1 Bl. lith. —, Tirol. Wien (Obenheimer) 1859. 1 Bl. Mayr (G.). Specielle Reise- und Gebirgs- Karte vom Lande Tyrol mit den an- grenzenden Theilen von Süd-Bayern, Salzburg, der Schweiz ete. Neue Ausg. Kpfrst. u. illum. München (Palm) 1859. Imp. Fol. Auf Leinw. u. in 8-Carton. (2% Thlr.) Karten der Schweiz und Frank- reichs. Mayr (J. G.), Atlas der Alpenländer. Schweiz, Savoyen, Piemont, Süd-Bay- ern ete. 2. Lief. Gotha (Perthes). Imp. Fol. (3 Thlr.) v. Skrzeszewski (A.), Die Schweiz. Wien (Obenheimer) 1859. 1 Bl. lith. Joanne (Ad.), Atlas historique et sta- tistique des chemins de fer Frangais. Contenant 8 cartes gravees sur acier. Paris (Hachette & Co.) 1859. The Channel Pilot. Part II. Coast of France, and the Channel Islands, by J. W. King. London 1859. (Heraus- geg. von der Britischen Admiralität.) Karten der Niederlande, Scholtens’ Atlas van het Koningrijk der Nederlanden. Met aardrijkskundige over- zigten. 12 gelith. en gekl. kaarten met in en 12 bl. Groningen (Scholtens) 1859. kl. 4. (f.1.) derlanden; gegraveerd door P. J. Fals. bender. 1bl. Amsterdam (Loman) 1859 fol. (f. 1,20; gekleurd f. 1,50.) Kaart van de provincie Gelderland, ver- deld in arrondissementen en regterlijke kantons, volgens de nieuwste bronnen zamengesteld. Vervaardigd ter steen- drakkerij van J. Smulders, te’s Hage. Arnhem (Nijhoff & Zoon) 1859. 1 bl. lith. fol. (f. 1,25.) Karten des britischen Reiches. Stanford’s Road and Railway Map of England. London (Stanford) 1859. Case. (8 s. 6.d.) Blaekie’s Route Map of England and Neu erschienene geographische Werke, Aufsätze, Karten und Pläne. Wales. London (Blackie) 1859. Cloth case. (4 s. 6.d.) Blackie’s Route Map of Scotland. Lon- don (Blackie) 1859. Cloth case. (4 s. 6.d.) Johnston’s Travelling Map of Scotland. London (Blackwood) 1859. (7 s. 6.d.) Blackie’s Route Map of Ireland. Lon- don (Blackie) 1859. Cloth case. (4 >. 6.d.) Stanford’s Road aud Railway Map of Ireland. London (Stanford) 1859. Folded in eloth case. (3 s. 6.d.) Saunderson’s Tourist's Map of Ireland. London (Stanford) 1859. Folded in cloth case. (5 s.) Bristol Channel. Lundy Island surveyed by Lieut. H.M. Denham, R.N. 1832. Publ. 22nd Octob. 1858. M.1:15,000. (Engl. Admiralitäts-Karte.) Shetland Isles. Fair Isle surveyed by Com- mod. G. Thomas and Lieut. F. Tho- mas, R. N. 1859. Publ. 1st Octob. 1858. M. 1:24,300. (Engl. Admirali- täts-Karte. N. 2622.) Karten von Dänemark. Christiani (F.), Kort over Kongeriget Danmark met Hertugdommerne Slesvig, Holsteen og Lauenborg i 8 Blade. Pl. I. V. VI. VII og VIII. Kjebenhavn (Hof- fensberg) 1858. (a 48 (s.; cepl. 4 Rd.) Kaart over Kjabenhavn og Omegn i 6 Blade. Tegnet af Th. Branth. 1854. Rettet til 1858 af Senne. 5 og 6te Blad. Kjebenhavn (Bielefeldt). (& 64 fs.) Trap (J. P.), Grundtegninger af Kjobstae- derne, Kort’over disses Jorder, Afbild- ninger af Bygninger fra For- og Nutid | m. m., som skildrende Bilag til stati- | stisk-topographisk Beskrivelse af Kon- geriget Danmark. 3 og 4de Hefte. Born- holms Amt. 16 Bl. Kjebenhavn (Gad). (48 Is.) Both (L.), Kort over Praeste Amt. Rjo- benhavn (Stinck) 1859. (32 £s.) Kaart over Norrebro. Optaget i 1859. Kjebenhavn 1859. (1 Rd.) Mansa (J. H.), Kort over Nerrejylland. Pl. 1—3. Anden omarbeidede og for- bedrede Udgave. Kjebenhayn (Gad) 1859. (4 1 Rd.) Hansen (C. P.), Die nordfriesischen In- seln. Lith. u. color. Leipzig (Weber) 1859. gr. Fol. (6 Sgr.) 549 Karten der Scandinavischen Länder, hepertoire des cartes, publie par V’Institut Royal des Ingenieurs Neerlandais. 7° livraison. Repertoire des cartes de la Suede, de la Norvege et du Danemark. 74 bl. La Haye (van Langenhuysen fre- res & Mart. Nijhoff). Roy. 8. (f. 0,75.) Schie, Kart over den Norske Kyst fra Christiansund til Ekersund; efter trigo- nometriske opmaalinger i Aarene 1855 og 1856 hydrographisk undersögte og verificerede af H. Wille. Christiania 1859. M. 1:200,000. Dazu ein Heft Text und Profil - Ansichten. Karten von Italien. Karten des Kriegsschauplatzes. Mayr (G.), Hand- und Reise-Karte von Italien nebst den Alpenländern. Neue Ausgabe. Kupferst. u. illum. München (Palm) 1859. Imp. Fol. Auf Leinw. u. in 8-Carton. (1 Thlr.) Italien. Entworfen und gezeichnet von A. v.Skrzeszewski. Lith. Wien (Oben- heimer) 1859. 1 Bl. Philip’s General Map of Italy. London (Philip) 1859. 12. (1=.) | Blackie’s Route Map of Italy. London (Blackie) 1859, case. (4 s. 6.d.) Handtke’s (F.) Specialkarte von Italien. 1. Lief. Ober-Italien. 2 Blatt. Lith. u. eolor. Glogau (Flemming) 1859. (14 Thlr.) } — , Lombardisch-Venezianisches König- reich. Lith. u. col. Glogau (Flemming) 1859. gr. Fol. (4 Thlr.) v. Dedenroth (H.), Special-Karte von der Lombardei und Venedig. Lith. u. illum. Berlin (Schulze) 1859. Imp.Fol. 1 Thlr.) v. Skrzeszewski (A.), Lombardisch- venezianisches Königreich. Wien (Oben- ° heimer) 1859. 1 Bl. Stralsen-Karte der Lombardischen Ebene. Chromolith. Gotha (Perthes) 1859. qu. Imp. Fol. (4 Thlr.) Kiepert (H.), Karte des Kriegsschau- platzes in Ober-Italien. 3. Auf. Lith. u. color. Berlin (D. Reimer) 1859. qu. gr: Fol. (4 Thlr.) —, Dieselbe. No. 2. Nordöstliches Italien. Lithogr. u. color. Ebdas. qu. gr. Fol. (4 Thlr.) Flemming's neueste Karte des Kriegs- 350 schauplatzes in Italien. Lith. u. color. Glogau (Flemming) 1859. Imp. Fol. (4 Thir.) Grofs (R.), Karte des Rheingebiets, der Schweiz und des Kriegsschauplatzes in Ober-Italien. Chromolith. Stuttgart (Malte) 1859. Imp. Fol. (4 Thlr.) v.Skrzeszewski (A)., Sardinien, Parma, Modena und die Lombardei. Wien (Oben- heimer) 1859. 1 Bl. Karte des Kriegsschauplatzes in Italien. Lith. München (Finsterlin, in Comm.). | Imp. Fol. (8 Sgr.) Karte vom Kriegsschanplatz. Seetionen : Como — Mantua — Turin. Lith. u. col. Freiburg i. Br. (Herder). Fol. (&! Thlr.) Karte von Ober-Italien Rücksicht auf den Kriegsschauplatz. Lith. u. color. Salzburg (Mayr, in Comm.) Imp. Fol. (12 Sgr.) Desbuissons (E.), Guerre de l’inde- pendance italienne en 1859. Carte du bassin du Pö, comprenant les lignes strategiques du Tessin, de l’Adda, du Mineio et de l’Adige. Paris 1859. (2 fr. 50.) Perrot (A. M.), Guerre d’Italie 1859. Notice geographique, topographique, statistique et historique des etats belli- gerants et de ceux interesses dans la guerre actuelle. Paris (Bady) 1859. 8. Avec une carte. (2-fr. 2 s.) Black’s War Map of Northern Italy. London (Houlston) 1859. 8. (6 d.) M‘Clure and M‘Donald, Map of Seat of War in Italy. London. 8. (1 s.) Stanford’s Map of North Italy, and the Surrounding Countries. London (Stan- | Sallmann (E.). Wand-Karte des heili- ford) 1859. 8. (4. 6.d.) Map of North Italy. Ebds. (2 =.) — New Map of Italy. Ebds. (3 s. 6 d.) Blackie’s Map of the Seat of War in North Italy. London (Blackie). (1 s.) Bohn’s Map of the Seat of War. (1 s.) Gover's Picturesque and Military Map of the Theatre of War. London (Go- ver) 1859. (1 s. 6.d.) Johnstone’s War Map: Italy. London (Stanford). (3 s. 6 d.) Murray’s Map of the Seat of War in North Italy. London (Murray) 1859. 18. (28. 6.d.) Kaart van Sardini en aangrenzenden lan- den. Groningen (Casparie) 1859. 1 bl. | lith. (£. 0,20.) mit besonderer | En- | graved by Sidney Hall. London (Bohn). | | Lago maggiore. Milano. i Tweede kaart van het tooneel des oorlogs in Itali&. Rotterdam (Petri). 1 bl. Hith. (f. 0,20.) Kaart over Krigsskuepladsen in Italien. Pl. 1 og IH. Udarbeidet at L. Both. Kjebenhavn (Stinck). (& 36 fs.) Carta geografiea del teatro della guerra. 1859. Trieste (Levi). I Bl. lith. Carta geografica dell’ alta Italia. Milano (Stuechi). 1 Bl. Gerri (C.), Italia settentrionale e cen- trale. Vienna (Artaria) 1859. 1 Bl. Teatro della guerra. Mare adriatico. 1859. Trieste (Coen). 1 Bl. lith. Teatro della ;;..erra in Piemonte. Ebds. 1 Bi. Neumann (W. A.), Umgebungen von Verona und Mantua. Lith. Wien (Lech- ner). Fol. (3 Sgr.) Verona, Mantova. Milano, Lodi, Cremona, Piacenza. W. Koner: 1859. 1859. ı Bl. Milano. 1 Bl. Kiepert (H.), Carta topografia dei con- torni di Roma. Chromolith. Berlin (Schropp) 1859. Imp. Fol. (1 Thlr.; auf Leinw. u. in Carton 1, Thlr.) 1 Bl. Swart (J.), De Middellandsche, Adriati- sche en Zwarte zeeön, benevens den Griekschen Archipel, enz. Volgens de laaste waarnemingen te zamengesteld. In Koper gegraveerd door Zurcher en Veelward. Amsterdam (Hulst van Keu- len) 1858. 3 bl. Imp. Fol. (f. 7,50.) Karten von Asien. gen Landes. 2. Abdr. 2 Bl. Chromo- lith. Cassel (Fischer) 1859. Imp. Fol. (4 Thir.) China. Sketch of the River Pei-ho from Gulf of Pe-chili to Tien-sing. By Wm. W. Vine. Publ. 12th Sept. 1858. M.1:73,000. (Engl. Admiralitäts-Karte, N. 2545.) Johnston’s New Map of China, distin- guishing the Ports open to European Commerce; with an enlarged Chart of the Canton River, showing the Opera- tions of the Blockading Fleet in 1857. London (Stanford) 1859. (1s.6d.) _ China Pilot. Appendix No. 2. General Observations on the Coasts of Borneo, the Sulu and Mindoro Sea’s; with Sai- ling Directions for Palawan Passage Neu erschienene geographische Werke, Aufsätze, Karten und Pläne, and Island. London 1859. (Herausgeg. | von der britischen Admiralität.) Wvid (J.), The Islands of Japan. Lon- don 1859. 1 Bl. M. 1:2,200,000. India, West-Coast. Bombay Harbour by Comr W. B. Selby, with Additions by Lieut. R. Cogan und Mr. G. Peters, 1829 -— 55. Publ. 1st Sept. 1858. M. 1:48,000. (Engl. Admiralitäts- Karte. N. 2621.) Indian Ocean, Ceylon. Point de Galle Harbour surveyed by Mr. Twynam, with Additions by Capt. Sir E. Bel- cher and Dalrvmple. 1858. M. 1:6,240. (Engl. Admiralitäts- Karte, N. 820.) 31 Karten von Amerika. America. N. W. Coast. Semiahmoo Bay and Drayton Harbour surveyed by Capt. G. H. Richards. Publ. 11th Oct. 1858. M. 1:18,240. (Engl. Admira- litäts-Karte. N. 2627.) ' North America, West Coast, Vancouver Melvill van Carnbe&e, Algemeene At- | las van Nederlandsch Indie. Uit office. bronnen zamengesteld. Kaart van het Gouvernement Sumatra’s Westkust No.l. Id. No. 2. De Residentie Preanger Re- | gentschappen No. 1. Id. No. 2. Bata- via (van Haren Noman & Kolff.) Zalt- Bommel (Joh. Noman & Zoon) 1859. 4 gelith. en gekl. bladen in fol. (per kaart f. 2,25.) Swart (J.), De Indische zee en de kusten van O.-Afrika, Z.-Asie, Z.-O.-China, de Nederlandsche bezittinge, Nieuw-Hol- land, Nieuw-Zeeland, enz. enz. Naar In kopper gegraveerd door Zurcher en Veelward. Amsterdam (Hulst van Keu- len) 1859. 3 bl. Imp. Fol. (f. 9,60.) Karten von Afrika. Kraatz (L.), Neueste Karte des Kriegs- | schauplatzes von Marokko. Lith. u. color. Berlin (Abelsdorff) 1859. qu. Fol. (! Thlr.) Hall (H.), South Africa compiled from all the available offieial Authorities in | the Surveyor General and Royal En- geneer Office, Cape of Good Hope, and numerous Contributions by Messrs Mac- lear, Moffat, Andersson, Bain, Chase, Shaw, Thomas, Frazer, Wentzell, Raw- stone, Southey ete. 2 Bl. M. 1:3,320,000. | Stanford's Map of Australia. Capetown. Island and the Gulf of Georgia from the Surveys of Capt. Vancouver 1798, Captns Galiana and Valdes 1792, Capt. Kellett 1847. Correetions to 1858. M. 1:985,000. (Engl. Admiralitäts- Karte. N. 1917.) The West India Pilot. Vol. Il. The Car- ribbean Sea, from Barbados to Cuba; with the Bahama and Bermuda Islands, and Florida Strait. By Capt. E. Bar- nett. London 1859. Karten von Australien. Chart of Terra Australis, by M. Flinders. South Coast. Sheet III. 1802. Cor- rections to 1859. London, Hydrogr. Office. Fol. London (Stanford). Cloth case. (L. 3.) | The Australian Directory. Vol.II. 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Heft 6 Thlr.) Jahrbücher der K. K. Central- Anstalt für Meteorologie und Erdmagmetismus. Von K.Kreil. 6. Bd. Jahrg. 1854. Wien (Gerold’s Sohn, in Comm.) 1859. gr. 4. (8 Thlr.) Annuaire de la Societe meteorologique de France 1858. 2° partie. Paris 1859. 8. Dove (H. W.), Ueber die nicht periodi- schen Aenderungen in der Temperatur- Vertheilung auf der Oberfläche der Erde in dem Zeitraume von 1729 bis 1855. 6. Thl. Berlin (Dümnmler's Verlagsb., in Comm.) 1859. gr. 4. (2; Thlr.) Quetelet, Observations des phenomenes periodiques. — Mem. de l’ Acad. Roy. de Belgique. T. XXXI. Der Regen. — Ausland. 1859. N. 36. Rohrer, Ueber Regentropfen und Schnee- locken. Wien (Gerold’s Sohn, in Comm.) | 1859. Lex. 8. (1 Thlr.) Ballo (M. O.), Einflufs der atmosphäri- | schen Ebbe und Fluth auf den Baro- meterstand und die astronomische Re- fraetion. Königsberg (Theile, in Comm.) 1859. gr. 4. (3 Thlr.) Tomlinson (C.), The Tunderstorm: an Account of the Properties of Lightning and of Atmospherie Electrieity in va- rious Parts ofthe World. London 1859. 360 8. 12. (3=.6.d.) Ballot (B.), Jets over de geringe waar- schijnlijkheid eener voorspelling van de temperatuur eener toekomstige maand. — Allgemeene Konst- en Letterbode. 1859. N. 31. Prestel (M. A. F.), Beobachtungen über die mit der Höhe zunehmende Tempe- ratur in der unmittelbar auf der Erd- oberfläche ruhenden Region der Atmo- sphäre. Wien (Gerold’s Sohn, inComm.) 1859. Lex. 8. (8 Sgr.) (Abdruck aus d. Sitzungsber. d. Wiener Akad. d. Wiss. Math.-naturw. Cl. XXXVI. p. 384.) v. Wüllerstorf-Urbair (B.), Zur Ver- theilung der Winde auf der Oberfläche der Erde, die Monsune, insbesondere jene des chinesischen Meeres. — Schrei- ben an Hrn. v. Wüllerstorf von M. F. Maury. Zwei Mittheilungen, vorgelegt von W.Haidinger. Wien (Gerold’s Sohn, in Comm.) 1859. Lex. 8. (! Thlr.) Hopkins (Th.), On the Fine Regions of Trade Winds. — Journ. of the Roy. Geogr. Soc. XXVII. 1858. p. 362. Osborn (Sherard), Remarks upon the Amount of Light experienced in high Northern Latitudes during the absence of the Sun. — ibid. XXVII. 1858. p. 371. Dove (H. W.), Abweichungen vom zehn- jährigen Mittel im Januar — März 1859. — Mittheil. d.statist. Bureau’s in Berlin. 1859.’ N.P1 1: — , Ueber die kalten Tage im diesjähri- gen Mai. — ibid. 1859. N. 13. —, Meteorologische Beobachtungen im Januar — September 1859. — ibid. 1859. N FI SaN — , Abweichungen der monatlichen Wärme- mittel 1858 vom 11jährigen Mittel 1848 — 58. — ibid. 1859. N. 9 ft. — , Fünftägige Wärmemittel im Januar — September 1859. — ibid. 1859. N. 9 rk Lamont (F.), Monatliche und jährliche ‚ Resultate der an der Königl. Sternwarte bei München in dem 32jährigen Zeit- raume 1825—56 angestellten meteoro- logischen Beobachtungen. 3. Supplem.- Band zu den Annalen der Münchener Sternwarte. München (Franz, in Comm.) 1859. gr. 8. (1 Thlr. 23 Sgr.) Tabellarische Uebersicht der Witterung in Oesterreich im Monat Juni 1858. — Sitzungsber. d. Wiener Akad. d. Wiss. Mathem.-naturw. Kl. XXXVNH. 1859. p- #69. Reslhuber (A.), Bericht über die am 21. und 29. April 1859 zum Krems- münster beobachteten Nordlichter. Wien (Gerold’s Sohn, in Comm.) 1859. Lex. 8. (2 Sgr.) Zeithammeı (A. O.), Resultate der me- teorologischen Beobachtungen an der Agramer Station vom Juli 1858 bis Juni 1859. Rückblicke auf die Jahre | 1857 bis 1859. Progr. des K. K. Gym- nasiums zu Agram. 1859. Notice sur la formation et la marche des orages dans le departement de la Cöte- d’Or. — Annuaire de la Soc. meteorol. de France. 1858. 2® part. 1859. | | EN | r . ’ Neu erschienene geographische Werke, Aufsätze, Karten und Pläne. Meteorologische Waamemingen in Neder- land en zijne bezittingen, en afwijkin- gen van temperatuur en barometerstand op vele plaatsen in Europa. Uitgege- ven door het Kon. Nederl. Meteorolo- gische Institaut. 1858. Utrecht (Ke- mink & Zoon). 4, 244, 4 en CXVII bl. | de Geus (G. A.), Algemeene Tafel van weerkundige waarnemingen gedaan op den Huize Zwanenburg, Halweg, Amster- dam en Haarlem, gemeente Houtrijk en Polanen, gedurende het jaar 1858. Bei- blatt der: Algemeene Konst- en. Letter- bode. 1859. N. 31. Weerkundige waarnemingen op de huize | Zwanenburg. — Allgemeene Konst- en | Letterbode. 1859. Zu Ende jeder Num- mer. Remarks on the Weather during the Qua- ter ending June 30th 1859. — Journ. of the Statist. Soc. of London. p- 438. Duprez (F.), Sur l’abaissement de la | temperature & Gand, pendant l’eclipse solaire du 15 mars 1858. — Bull. de V’ Acad. roy. d. sciences ü Bruxelles. An- | nee 1858 (1859). p. 185. Montigny, Observations de temperature faites & Anvers pendant le m&me phe- nomene. — ibid. p. 157. de Traz (G.), Observations meteorologi- ques faites & l’Ecole d’agrieulture de Thourout, pendant le m&me phenomene. — ibid. p. 160. Observations meteorologiques faites a Bru- xelles pendant l’eclipse solaire du 15 mars 1858. — ibid. p. 145. Meteorological Obseryations at Dublin. 1859. — Journ. of the Roy. Dublin Soc. 1859. Zu Ende jedes Heftes. Pegado, Öbservations meteorologiques faites du 25 au 29 mai 1859 a Lis bonne. — Bullet. de l’Acad. roy. d. sciencesü Bruwelles. Annee 1858(1859). p- 251. Kupffer (A. T.), Correspondance meteo- rologique. Publication annuelle de l’Ad- ministration des Mines de Russie. An- nee 1857. St. Petersbourg 1859. gr. 4. | Enthält: Position geographique des sta- tions meteorologiques et formules avec lesquelles on a calculeE les moyennes. | p- 1— 108. — Resultats meteorolo- giques obtenus A Tiflis dans le courant de l’annee 1857 et reunis en trois ta- | 'bleaux par M. Moritz. p.I. — Ex- tremes joumalieres de la pression atmo- 1859. | 993 spherique, de la pression des vapeurs d’eau repandues dans lair et de l’hu- midit& relative, observees A Tiflis, pen- dant l’annde 1857. p. XVII. — Moyen- nes des observations meteorologiques faites dans les provinces Caucasiennes. p. XXIV. Observations meteorologiques et magne- tiques de St. Petersbourg, Catherin- | bourg, Barnaoul, Nertchinsk, Sitka. — | Annales de l’Observatoire physique cen- tral de Russie. Annee 1856. St. Peters- bourg 1858. p. 1—411. Observations meteorologiques de Tiflis, Bogoslovsk, Zlatoouste, Lougan. — ibid. p. 345 — 549. | Observations sur lirradiation solaire: de Catherinbourg, Barmaoul, St. Peters- bourg, Nertchinsk, Tiflis, Sitka, Bogos- lovsk, Zlatoouste, Lougan. — ibid. p.581 — 682. Observations magnetiques faites de 5’ en 5’: de St. Petersbourg, Catherinbourg, Barnaoul, Nertchinsk. — ibid. p. 693 — 742. Variations extraordinaires de St. Peters- bourg. — ibid. p. 759. Resume des observations sur l'inelinaison magnetique de Nertchinsk et de Cathe- \ rinbourg. — ibid. p. 761. Resume des observations meteorologiques ' et magnetiques: de St. Petersbourg, | Catherinbourg, Barnaoul, Nertchinsk, Tiflis, Sitka, Bogoslovsk, Zlatoouste, Lougan. — ibid. p. 765— 796. , Moyennes tirdes des observations meteo- \ rologiques faites dans les obsersatoires des mines de 1846 & 56 inclusivement: de Catherinbourg, Barnaoul, Nertchinsk. lutıh Hasshagen, Observations meteorologi- ques a Odessa. — ibid. Nijegorodsk. Nombre des vents de chaque mois, de 1838 ä 1858 inclusivement. — ibid. i Moritz (A.), Lebenslinien der meteoro- ‘ logischen Stationen am Kaukasus. St. Petersburg 1859. gr. 4. (4 Thlr.) Erman, Einige Bemerkungen über die in Peking angestellten meteorologischen Beobachtungen. — Archiv f. wissensch. Kunde v. Rufsland. 1859. p. 644. | Observations meteorologiques faites & !’Ar- | senal d’Artillerie d’Alger. — Gazette me- | die. de TAlgerie. Zu Ende jeder Num- mer. ‘ Zantedeschi, Notice sur quelques phe- 554 W. Koner: Neu erschienene geographische Werke, Aufsätze ete. nomenes meteorologiques observes en |; Over een storm te Madera. — Verhandel. janvier 1858 a Chioggia et sur l’Adria- en berigten betr. het zeewezen. N. volg. tique. — Ammuaire de la Soc. meteo- 1859. N. 2. rol. de France. 1858. 2© part. 1859. | Kane (E. K.), Magnetical Observations Neumayer (G.), Some faets illustrative in the Arctie Sea. — Smithsonian Con- of the Meteorology of August 1858, | tributions to Knowledge. X. 1858. in the Southern Hemisphere. — Trans- | Vesselofski (C.), Sur le climat d’Ikog- act. of the Philos. Instit. of Victoria. mut. — Melanges physiques et chimiques. Ill. 1859. p. 104. III. 1859. p. 629. Berichtigungen: S. 183 Z. 12 st. zo zgıwo» „die Obrigkeit“ 1. ro xoıwov „die Gemeinde*. S. 190 Z. 16 st. 1. Mön. 1. 1. Kön. Gedruckt bei A. W. Schade in Berlin, Grünstrafse 18. - Ta£vI. 61 60 3 | — Litulustr-(.Monecke. = En Be: o 5 6 ST ESE se \ h Rudi Chatun ER Erlen were we, Abı Ne se 58 R ge: —$ S Yur Zeitschrift für allgem. Erdkunde N.F BAM. Demawsnd MHNERZN ı | Ted ‚Buli Chatun een ÜBERSICHTS -KARTE der Russischen Wissenschaftlichen Expedition in CHORASAN im Jahre 1858. [Übersetzung der Karte ım Nestnik der K’Russ geogr Gesellschaft, 1859) Die Namen der astronomisch bestimmten Orte sınd unterstrichen Die Ziffern bereichnen Hohen m Englische Fussmafs ‚runde Zahlen /sammtlıch abhangıg von der spater genauer zu berechnenden, rorlaufiyrund auf‘ 2600 angenommenen Meereshöhe ron Herat) I sn IN sarz W - 3 EN St "ChaflRuhi) —_ 5 f mo 70 Litlulnstr ecke 7 WlwParis “7 N A 4 | N e oo | see 1 \ . Abs. Ä #| Carapnenos fe Atmen! ce \ _ & Parse Gournare F Taparunas nl tar OeneguPindond zfayılna Blancn Kantıago del Kule, el egaaßyei Poru a pm eu 2 eu) urn RT DERSATS N PARASUAY UND DER NORDLICHE THEIL DER ARBSENTNNSEHEN REPUBLIK vorzüglich nach den Aufnahmen der Nordamericanischen Expedi ri unter TH.J: PAGE, 1053-36 Lit. Inzt.y. € Moneeke ın Berlin Im Verlage von DIETRICH REIMER in Berlin ist 30 eben erschienen: NEUER HANDATLAS ÜBER ALLE THEILE DER ERDE. IN VIERZIG BLÄTTERN. BEARBEITET VON D* HEINRICH KIEPERT.. Neunte Lieferung. Inhalt: :No. 5. Deutschland. 6. Südwestliches Deutschland. 14 Böhmen, Mähren, Oesterreich. 15. Ost-Alpenländer. Die zehnte (Schlufs-) Lieferung wird in 2— 3 Monaten erscheinen, ; n dieser Zeitschrift erscheint jeden Monat ein Heft von 5— 6 Bogen mit Karten und Abbildungen. Der Preis eines Bandes von 6 Heften, ' welehe nicht getrennt abgegeben werden, ist 2 Thlr. 20 Sgr. Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Post- Anstalten. Im Verlage von DIETRICH REIMER in Berlin ist so eben erschienen: Karte _ br, Er Kt Preussischen Staate En mit besonderer Berücksichtigung der Communicationen nach amtlichen Quellen bearbeitet und herausgegeben t auf. Anordnung Sr. Exc. des Herrn Ministers für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten vom technischen Eisenbahn-Bureau des Ministeriums. 12 Blätter in Farbendruck. Masalsstab 1:600000.. Diese Karte, welche aulser dem Preufsischen Staatsgebiet den ganzen deutschen Zollverein nebst Holland und Belgien, so wie beträchtlicee Theile von Oesterreich, Polen, Dänemark und Frankreich umfalst, ist in zwei verschiedenen Ausgaben zu haben: j $ 1.) uncolorirt: Preis 8 Thlr. Y4 2) mit Colorirung der politischen Grenzen: Preis 9 Thlr. 10 Sgr. En Derlag von 5. A. Brockhaus in KCeinzig, Ilustrirter Handatlas. Soeben ist die zweite Lieferung dieses neuen Kunst- und Prachtwerks erschienen, das im Verein mit E. Leeder undH. Leutemann von Th. Schade herausgegeben wird und für Freunde der Erdkunde wie zum Gebrauch beim Unterricht bestimmt ist. Es wird 25 Blätter in Stahlstich (in Grofs-Folio) nebst erläuterndem Texte enthalten und in 6 Lieferungen zu4—5Blatt erscheinen. Subscriptionspreis 12 Sgr. für jedes Blatt nebst Text, Die erste und zweite Lieferung (ä 1 Thlr. 18 Sgr.) sind nebst einem Prospect in allen Buch-, Kunst- und Landkartenhandlungen vorräthig, Sie enthalten: Südamerika, Grofsbritaunien und Ireland, Rufsland; Spanien und Portugal, Frankreich, Niederlande und Belgien, Türkei und Griechenland. N % In Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhandlung in Berlin sind folgende Ein- zelabdrücke aus den Abhandlungen der Königl. Akademie der Wissenschaften zu Berlin 1858 erschienen: 2 Aegypten beim Geographen von Ravenna, von @. Parthey. 1858. gr. 4. B geh. 12 Sgr. _ Zur Erdkunde des alten Aegyptens, von @. Parthey. Mit 16 Karten, gr. 4. cart. 2 Thlr. Ueber die lydischen Königsgräber bei Sardes und den Grabhügel des Alyattes, nach dem Bericht des Königl. General-Consuls Spiegelthal zu Smyrna, von J. F. M. v. Olfers. Mit 5 Tafeln. gr. 4. cart, 24 Sgr. 2.2: u Gedruckt bei A, W. Schade in Berlin, Grünstr . 18. f k Li f ] eh >. ve Un u u a Re 2er P: