RER) NORA BEAT EEE EEREE R REEEREEUNTTE g: NER . SONDTRRE ER URNE SAN BEN Sr x ET 5 RR" E AR Kos ach RR, = 2 RR EINER BEER TERRA AIS ASZET N DERSEN RT BR 5 : BUS ® ’ Re x ‘ e Re RE = Eh £ rege " ern Days Bi o TRENNT ; e b Bo Sara f 2 a ai, ge er Ren De re Bu Bare w RN ER iz MER 5 RENATE ETF x er Zeitschrift WISSENSCHAFTLICHE ZOOLOGIE herausgegeben Carl Theodor v. Siebold, Professor an der Universität zu München, und a au, Mit 37 Kupfertafeln. LEIPZIG, Verlag von Wilhelm nn. 1362. Zum I Inhalt des elften Bandes. Erstes Heft. (Ausgegeben den 1. Februar 1861.) Uniersuchungen über Turbellarien von Corfu und Cephalonia.. Nebst Nach- trägen zu früheren Arbeiten. Von Oscar Schmidt. (Taf. I—IV) Ueber den Bau des Bulbus olfactorius und der Geruchsschleimhaut Von J. Lockhart Clarke. Nach dem Englischen von A. Kölliker. (Taf. V.). Beiträge zur Entwickelungsgeschichte des Gehirns. Von Dr. F. Schmidt aus Kopenhagen. (Taf. VI). Zur Structur der Lymphdrüsen. Yon Th. llroin, Prof. der Chirurgie in ‚Zürich. (Taf. VII) - Ü Beiträge zur Kenntniss der zum Eyinhaslen ohöriseh Düsen. Breiten Artikel.) Von Prof. W. His in Basel. (Taf. VIII. IX) Seite Ueber die Hautdrüsen der Lutra a Von Dr. med. Jos. Eberth in Murzbure mono ne a aa Ueber Planaria torva Autorum. Von De Schmidt (Tat. X). Neue Untersuchungen über ee im Vogeldarm. Von Dr. med. Jos. Eberthin Würzburg . Jeber die Muskeln und Seitenlinien Bes Trichocephalus re un Ins en Jos. Eberthin Würzburg. (Mit 2 Fig. in Holzschnitt) . Ueber ein neues Infusorium im Darm verschiedener Vögel. Von Dr. ol \ os. Eberthin Würzburg. (Mit 4 Fig. in Holzschnitt) . Kleinere Mittheilungen. Reisebericht des Herrn Dr. Semper. (Fortsetzung) Zweites Heft. (Ausgegeben den 5. September 1861.) Listrophorus Leuckarti. Ein neues Mlheneeseblecht, Von Dr. H. A. BAganr stecher. (Taf. XI. XI). Einiges zur Anatomie von Tyroglyphus siro. © Beinsälben. (Tat. xum Zur Kenntniss der Ganglien in der Darmwand des Menschen. Von W. Breiter und H. Frey. (Taf. XV). Ueber parasitische Pilze aus Ascaris mystax. Vor Wilh ol Ke % neben in in Göttingen. (Taf. XV A.) Veber Form-Abweichungen und Varianten den Sasenlıeiue, Yen DR ® van dien Hoeven Jz. Mit 7 Holzschn. . . Zur Anatomie von Argas reflexus. Von Dr. H. k Ben acherl in Here berg. (Taf. XV]). : ; Listrophorus gibbus nebst net Bemerkungen über re, Leuckarti. Von Dr. H. A. Pagenstecher in Heidelberg. (Taf. XVII) . Zur Kenntniss des Ixodes Ricinus. Briefliche Mittheilung an Herrn Prof. v. Siebold. Von Dr. H. A. Pagenstecher in Heidelberg a nn nn 109 156 462 EEE ER REHAR BORERRRREE KEG RBERENERERE BENENNEN ERFREUT [4 ’ une DE TC > rn 5 TE IV Zur Anatomie der menschlichen Thymusdrüse. Von Prof. W. His. (Taf. XVIEI) Vergleichend-osteologische Mittheilungen. Von Prof. Carl’Bruch. [. Ueber die Mittelhand der Fische. (Taf. XV B.). Il. Ueber eigenthümliche Fortsätze der Fischwirbel . II. Ueber eigenthümliche Anhänge der Fischwirbel. (Taf. XIX) [4 Kleinere Mittbeilungen. Notizen über einige Fälle des Brütens von Papageien in Deutschland. Von W. Neubert in Stuttgart.. TEE LES 2 5: Drittes Heft. (Ausgegeben den 23. December 1861.) Ueber die Gattung Priapulus Lam. Ein Beitrag zur Kenntniss der REN Von Dr. E. Ehlers in Göttingen. (Taf. XX. XXI). Untersuchungen zur Physiologie der Blutkörperchen sowie über As Er derselben. Von Dr. Hensen in Kiel. (Taf. XXI). Physiologische Untersuchungen über die Wirkung verschiedener Herzgifte. Von W. Dybkowsky undE.Pelican Ueber den Bau und die Entwicklung von chiherek! en Von Prof. c. Clausin Würzburg. (Taf. XXI u. XXIV). © Ueber die Seitendrüsen der Larve von en DEN Von Prof. c. Eihls in Würzburg. (Taf xXRV). ..-.-. ne Untersuchungen über die ersten Kallgen in Baltachiär Hikrh. V Dr. S. Striekerin Wien. (Taf. XXV]) Neue Beiträge zur vergleichenden Anatomie dei Milz. von Dr. Theodor Billroth in Zürich, (Taf. XXVI), . Ueber das Vorkommen von freien Talgdrüsen am kolhen” Lifhänrhinde dei Menschen. Von A. Kölliker MI SEN INNE HIER LUNKSE ERE ENIRBISE [HIN Kleinere Mittheilungen. Die Elementarkörperchen des Blutes als Kunstproducte. Von Dr. G. Zim- mermann a ie Viertes Heft. (Ausgegeben den 20. Februar 1862.) Zur Naturgeschichte der Infusionsthiere. Von Th. Wilhelm Engelmann. (Taf. XXVII—XXXI) . Ueber die doppelte Rhachis. Von C. J. Ebeitki in Würzburg. (Taf, XXX) Ueber Psorospermenschläuche der un Von C. J. Eberth in Würz- burg. (Taf. XXX). i Ä Ueber Halicryptus spinulosus (v. Sieb). von E: Ehlers, Dr. Een in Göttin- gen. (Taf. XXXIV) . 2 Untersuchungen über den Bau dor poxfei? Jeiied Die ind der Davasbbiititiit- haut. Von Prof. W. His. (Taf. AXXV) Kleinere Mittheilungen. Bemerkungen zu dem Aufsatze des Herrn Jos. Schöbl über Haplophthal- mus, eine neue Gattung der Isopoden, im 40. Bande dieser Zeit- schrift von G. Zaddach in ae Dein 197 —— nn ——— Untersuchungen über Turbellarien von Corfu und Cephalonia. Nebst Nachträgen zu früheren Arbeiten. Von Oscar. Schmidt. (Mit Tafel I—IV.) Die folgenden Untersuchungen sind grösstentheils im März und April dieses Jahres — 1860 — angestellt worden auf einer Reise, welche ich in Gesellschaft meines Freundes, Herrn Professors Franz Unger nach den ionischen Inseln unternommen. Ich hätte mir gern die allgemeinere Aufgabe gestellt, mich mit der Verbreitungsweise der niederen Thiere im adriatischen und griechischen ' Meere überhaupt bekannt zu machen und eine Ergänzung und Fortsetzung zu den Arbeiten von Forbes zu liefern, allein ganz auf eigne Mittel ange- wiesen, mussteich von diesem Unternehmen abstehen. Eine systematische Durchforschung der istrischen, dalmatinischen und albanesischen Küsten bis zu den ionischen Inseln würde ausserordentlich lohnend sein und die Wissenschaft wahrscheinlich mehr fördern, als manche Weltumseglung. Die oesterreichischen Zoologen sind vor der Hand noch weit zurück im Vergleich zu den Leistungen der Naturforscher anderer Küstengebiete, und ich möchte wenigstens die Aufmerksamkeit auf eine planmässige Er- forschung des adriatischen Meeres lenken. Einen guten Anfang haı Dr. Lorenz mit dem Quarnero gemacht; eine zweite Station müsste Zara oder Spalate sein, vielleicht auch Lissa, dessen Umgebungen sehr reich sind, nach der Ausbeute zu urtheilen, welche Schmarda dort gemacht: Ferner wären von Gravosa und Cattaro aus Schleppnetzexcursionen zu machen, und man wäre des glänzendsten Erfolges gewiss, wenn einem ähnliche Mittel zu Gebote ständen, wie Forbes, der das aegeische Meer an Bord eines englischen Kriegsschiffes durchsuchte, oder wie Loven, der die bohuslänschen Scheeren mit einem ihm zur Disposition gestellten Schooner durchstöberte. Mein Reisegefährte und ich.haben theils gemeinschaftlich Land und Zeitschr. f. wissensch. Zoologie. XI. Bd. l Te 2 Leute kennen gelernt, theils sind wir, Jeder für sich, unseren Fach- studien nachgegangen, um nach gethaner Arbeit uns wieder zu anregen- dem Austausch unserer Beobachtungen zu vereinigen. Obgleich Corfu in > Tagen von Triest erreicht wird, ist diese wie die übrigen ionischen In- seln doch fast gar nicht von den Naturforschern besucht worden, und man ahnet kaum, dass eine so paradisische und reiche Natur so nahe liegt. Wir waren aus dem widerlichsten Nachwinter plötzlich in die unbe- schreibliche Ueppigkeit eines südlichen Frühlings versetzt und suchten statt der Ofenwärme den Schatten der prachtvollsten Oelbäume, wie we- der Italien, noch Griechenland, noch Kleinasien sie aufweisen kann. Schon die Anschauung dieser typisch vollendeten Bäume ist eine Reise nach Corfu werth. Ich besann in Corfu meine Studien mit der Fischerei mit dem feinen Netz, da ich einige Formen der Radiolarien in natura kennen lernen wollte. Schon beim ersten Zuge fand sich in grossen Mengen ein Sphae- rozoum, dessen Kugeln mehrere Linien im Durchmesser erreichen. Ver- einzelter waren mehrere Species ven Acanthometra. Im Ganzen ist dem Zoologen, der der pelagischen Fischerei an den ionischen Inseln eine län- gere Zeit widmen will, sehr reiche Ausbeute zu versprechen !). Jede Ex- eursion brachte mir, ausser den gesuchten Radiolarien, noch Salpen, Quallen, Sagitten, Crustazeen und Larven verschiedener Art. Nächstdem wendete ich mich zur Strand-Fauna. Ich kann nicht sagen, dass die von mir begangenen Küstenpunkte eine besondere Mannig- faltigkeit bieten. Eine der ergiebigsten Localitäten an festsitzenden und kriechenden Thieren sind die tangbewaldeten Felsen links unter dem äussersten Vorsprunge des Gastells; doch gelangt man nur mit dem Boote dahin, Erschreckend arm erwies sich die Küste des prächtigen Höhen- zuges, der mit der Aussicht von El Canon endigt; aber gerade in der Nachbarschaft dort fand ich 3 neue schöne Süsswasserplanarien. Wie sehr man durch alleinige Berücksichtigung der Configuration der Küsten getäuscht werden kann, zeigte die Umgebung von Argostoli auf Gephalonia, wohin wir uns von Corfu aus begaben. Ich hatte nach der Karte geschlossen, das müsse eine von Küstenthieren wimmelnde Bucht sein, und habe kaum irgendwo auf meinen zahlreichen zoologischen Rei- sen eine ähnliche Sterilität gefunden. Nur der innerste Blindsack der Bucht, welche hier durch eigenthümliche Verhältnisse zu einem braki- schen Sumpfe wird, bot sehr interessante Dinge, und ich bedauerte, nicht Zeit zu haben, diese Brak-Fauna in ihrer Gesammtheit studiren zu können. s 1) Ich will,jedoch Niemand hierzu verleiten , ohne hinzuzufügen, dass der Aufent- halt auf den Inseln selır Lheuer ist, und dass man, ausser in Corfu, wo wir bei einem gewissen Gasy, Calle St. Spiridion, ausgezeichnet logirt waren, für vieles Geld auch noch sehr schlecht aufgehoben ist. In Cephalonia gehörte gebra- tener Wiedehopf, Kukuk und Reiher zu den häufigeren Tafelfreuden ! ; \ 3 Ich gebe nun im Folgenden einen Theil derjenigen meiner neuen Be- obachtungen, welche sich auf die seit Jahren von mir gepflegte Speciali- tät beziehen, und damit einen dritten Beitrag zur Kenntniss der niederen Fauna des Mittelmeeres'). Hieran schliesse ich mehrere Ergänzungen zu früheren Untersuchungen, die zum Theil, wie die nähere Anatomie von Dendrocoelum lacteum, über die ionischen Turbellarien Licht verbreiten. I. Seeplanarien mit zwei Geschlechtsöffnungen. Seitdem Quatrefages?) seine ausgezeichnete Arbeit über diese Abthei- lung der Planarien veröffentlicht, hat sich nur M. Schultze?) eingehender mit der Anatomie derselben beschäftigt. Die Nachträge Blanchard’s*) fallen nicht ins Gewicht. Dagegen ist die Anzahl der Arten bedeutend angewachsen durch Stimpson°), von dessen Untersuchungen R. Leuckart im Jahresbericht einen Auszug gegeben, und durch Schmarda®). Bei der bekannten Sorgfalt und Geschicklichkeit von Quatrefages liess sich voraussehen , dass er die Anatomie der von ihm beobachteten Arten im Allgemeinen erschöpft haben würde. Eine Revision seiner Unter- suchungen war wünschenswerth, weil unterdessen in der Kenntniss der übrigen Gruppen der Klasse so bedeutende Fortschritte gemacht worden, und es kam darauf an, zu constatiren, ob gewisse Eigenthümlichkeiten, z. B. die Trennung von Eierstock (Keimstock) und Dotterstock auch auf die Seeplanarien mit zwei Geschlechtsöffnungen sich erstreckten. Schultze wies nach, das eine solche eigenthümliche Vertheilung der Production der Eitheile auf verschiedene Organe hier nicht statt finde. Im Uebrigen be- stätigen seine, so wie die hier folgenden Beobachtungen in allen wesent- lichen Dingen die des französischen Zoologen. Von den drei, mir bei den ionischen Inseln vorgekommenen Arten gehören zwei in die Gattung Polycelis, wie solche von Quatrefages aufge- fasst ist, und eine in die Gattung Prosthiostomum Quirfgs. Es kostet einige Mühe, sich in den hier in Betracht kommenden Gattungsnamen zu- rechtzufinden, da fast keiner der Autoren mit den anderen übereinstimmt. Es handelt sich für uns zunächst um die Seeplanarien mit zwei Ge- schlechtsöffnungen und ohne Tentakeln und tentakelförmige Anhänge oder A) A. Neue Rhabdocoelen aus dem nordischen und dem adrialischen Mcere. Sitzungsberichte d. Kais. Acad. d. W. Mathem. naturw. Klasse. Wien, lahrgang 1852. IX. S. 490. 2. Zur Kenntniss der Turbellaria rhabdocoela und einiger andrer Würmer des Mittelmeeres. Sitzungsberichte 4857. XXIII. S. 347. 2) Voyage en Sicilie. Me&moire sur les Planaires. Annales d. sc. natur. 3. serie. IV. 1845. ) Verhandlungen der Würzburger pbys. med. Gesellschaft. IV. 4853. ) Annales d. sc. nat. 3. serie. VIll. 4847. ) Proceedings Acad. Philad. 1857. ) Neue wirbellose Thiere. Leipzig 4859. k Ohren, mit vielen Augen. Quatrefages hat dadurch Verwirrung angerich- tet. dass er diese unter die Gattung Polycelis im Ehrenberg'schen Sinne brachte. Letzterer aber nannte nur die gemeine schwarze Süsswasser- planarie so, und keine der bisher bekannten Seeplanarien mit zwei Ge- schlechtsöffnungen kann mit jener in eine Gattung oder auch nur Familie kommen. Daher that auch Diesing sehr Unrecht, dass er mit Polycelis niera die Darwin’schen Landplanarien vereinigte, indem er die von Quatrefages aufgestellten Polycelis-Arten anderwärts unterbrachte, wo- sexen Schmarda’s Polycelis Bewohner des Meeres, des süssen Wassers und des Landes umfasst. Diese Landplanarien hat Fr. Müller Geoplana zenannt, und man wird diesen Namen als einen generellen so lange bei-- behalten, bis eine sorgfältigere Anatomie die Aufstellung wirklicher Gat- tungen möglich macht. Bei Qualrefages wird Polycelis in zwei Untergattungen gespalten, Polycelis und Prosthiostomum, welche er so characterisirt: ) ore medio ; aperturis genitalibus,posterioribus... Polycelis Polycelis‘) Salersy Ber 3 = h R \ oresubterminali infero ;aperturisgenit. mediis... Prosthiostomum Sieht man von Polycelis nigra ab, so sind diese beiden Untergat- tungen gute Gattungen. Der Pharynx von Prosthiostomum hat die umge- kehrte Lage, wie bei Polycelis, ist nämlich nach vorn vorstreckbar, und überhaupt verhält sich der gesammte Verdauungsapparat von Prosthio- stomum so, als wenn er der umgekehrte von Polycelis wäre. Dies scheint mir weit wichtiger, als die Lage der Mundöffnung, womit zur Etablirung von Gattungen arger Missbrauch getrieben wird; ob das Os ein centrale oder subcentrale, ist an sich für den Gattungscharacter einerlei. Es war daher kein glücklicher Griff unseres Freundes Diesing, dass er die eben besprochenen Untergattungen nebst anderen Arten wiederum zusammen- brachte als Gattung Leptoplana, obwohl nicht zu bezweifeln , dass die- jenige Art, Leptoplana hyalina, nach welcher Ehrenberg die Gattung schuf, eine Polycelis im Sinne von Quairefages ist. Daher hätte dieser die Gattung Leptoplana statt seiner Untergattung Polycelis berücksichtigen und nach seinen neuen Arten berichtigen müssen. Schmarda fasst wieder- um den Begrilf von Leptoplana ander ‚ar » mi Te stomum Qutrfgs een a u Das ist, wie man sieht, ein recht gründlicher Rattenkönig, den übri- gens Stimpson mit ziemlichem Glück operirt hat. Er hat, wie allein rich- tig, den Gattungsnamen Polycelis für Planarien mit zwei Geschlechtsöff-- nungen gar nicht angewendet. Prosthiostomum ist beibehalten in der von Quafrefages gegebenen Ausdehnung. Wenn aber ferner von Stmp- son die Gattungen Elasmodes und Leptoplana in folgender Weise getrennt worden : Elasmo des. Corpus oblongum , tenerrimum. Ocelli occipitales in acervos duos saepius lineares et parallelos dispositi. Os ante medium si- tum. Apertura mascula centralis, feminea reirorsum sita. I "3 3) Leptoplana. Corpus planum dilatatum tenerrimum ' Ocelli omnes occipitales, formarum duarum; primarii majores, angulares, nigri, con- ferti, in acervos duos saepius in umbonibus agregati: secundarii minuti in acervos nebuliformes dispositi. Os subcentrale, ante medium. Aper- wurae genitales retrorsum sitae. — so ist vorauszusagen, dass nach diesen Merkmalen sich künftig eine Tren- nung nicht wird durchführen lassen, sondern dass erst die weitere ana- tomische Untersuchung den Ausschlag geben wird. In der Familiendiagnose der Leptoplanidae Stimpson’s kommt vor: os anle medium situm. Abgesehen davon, dass gleich Gentrostomum mit der centralen Mundöffnung hiervon eine Ausnahme macht, ist die Angabe auch sonst entschieden unrichtig und unstatthaft. Man würde gezwungen sein, die erste der unten zu beschreibenden Arten, deren Mundöfinung im letzten Drittheil des Körpers liegt, anderswohin zu bringen, während sie doch alle anderen Attribute der Familie besitzt. So lange Stimpson keine tieferen Merkmale anführen kann, müssen Elasmodes und Leptoplana vereinigt bleiben, und auch über die Berech- tigung der Gattungen Dioncus und Pachyplana, wenigstens der ersteren, ist der spätere Ausweis abzuwarten. Ich musste auf diese langweilige Auseinanderselzung mich einlassen, um den Platz der drei von mir beobachteten Arten zu bestimmen. Familie und Gattungen gestalten sich daher so: Fam. Leptoplanidae. (Subtrib. Digoe€nopora) Corpus planum, dilatatum, laeve, saepius lenerrimum. Gaput corpori continuum, tentaculis nullis. Ocelli plus mi- nusve numerosi, oceipitales vel oceipitales et marginales. Situs oris varius. Aperturae genitales pone os. Maricolae. G. Leptoplana (Elasmodes et Leptoplana). Corpus tenerrimum. Ocelli plerumque oceipitales, rarius occipitales et marginales. Os sub- centrale, margine saepius plicato sed nunquam multilobo (Gentrostomum). Pharynx caudam versus protractilis. G. Prosthiostomum. Corpus tenerrimum. Ocelli partim oceipi- tales, partim anteriores, marginales, arcuatim dispositi. Os procu! a medio in parte anteriori corporis. Pharynx versus caput protractilis. Es liegt ausser meiner diesmaligen Aufgabe, eine Kritik der übrigen Gattungen dieser Familie oder gar der übrigen Familien zu unternehmen. 1. Leptoplana Alcinoi. Nov. spec. Taf. M Ar 2 Der Körper ist vorn stumpf abgerundet und auch hinten nur wenig verschmälert. An den Seiten und vorn vor dem Gehirn ist er ausser- 6 ordentlich dünn und hyalin. Die Färbung wird theils durch den meist arünen Darminhalt hervorgebracht, theils durch ein besonderes braunes Pigment, welches in der Cutis enthalten ist, am dichtesten in der Mit- tellinie. Die beidlen ansehnlichen Nervenknoten liegen entfernt vom Vor- dierrande und es entspringen von ihnen zahlreiche Nervenstämme , deren Verzweigungen sich, wie bei den meisten dieser Seeplanarien, weit ver- folgen lassen. £ Augen sind nur im Nacken vorhanden in unmittelbarer Nähe des Gehirns. Die beiden geschwungenen Streifen, in denen sie angehäuft sind, bilden meist die Gestalt einer Leyer. Die Zahl der Augen ist bei den grösseren Individuen sehr bedeutend, bis über hundert. Fast unmittelbar hinter dem Gehirn beginnt die Wurzel des Pha- rynx, welcher sich bis hinter die Körpermitte erstreckt, wo die Mund- öffnung sich befindet. Die beiden Geschlechtsöffnungen liegen nahe neben einander. Die männliche Oeffnung (a) führt in die Penisscheide (b). Die hohle Spitze des Begattungsgliedes ist von horniger Beschaffen- heit (c) und bildet den Stiel des übrigen birnförmigen Organes, dessen Bulbus (d) sehr diekwandig ist und eine grössere Höhlung einschliesst. In dieser ist jedoch in der Regel kein Samen enthalten, , so dass sie nicht als die eigentliche Samenblase anzusehen. Vielmehr enthält sie fast im- mer eine körnige Masse, durch welche man den Ductus ejaculatorius sich hindurch erstrecken sieht. Als Samenblase fungirt eine unterhalb und seitlich von der Peniszwiebel gelegene Erweiterung des, aus der Ver- einigung der beiden Vasa deferentia entstandenen Ausführungsganges (e) mit dicken, musculösen Wandungen. Die zu den Seiten des Schlundes herablaufenden Samenleiter nehmen in der Mundgegend zwei andere Samengänge (f) auf, welche im Hinterende einen zusammenhängenden Bogen bilden und ohne Zweifel dazu dienen, den Samen zu leiten, welcher in den auch im Hinterende verbreiteten Samenzellen bereitet wird Die weibliche Geschlechtsöffnung (g) führt nicht unmittel- har in die Scheide, sondern in einen Vorraum, in dessen Wandung erst Jer eigentliche Scheidensphincter (h) einmündet. Die Scheide () ist ein sehr ansehnliches Organ, dessen mehrfach geschlängelter und aus- gebuchteter Gang unten zu einer Bursa copulatrix (k) sich aus- weitet. Bei allen von Quatrefages beschriebenen Seeplanarien versieht diese Erweiterung die Stelle der Bursa copulatrix und des Receptaculum eng ee nie eine sehr auffallende Abweichung. oral ; ( ng (l) neben der Scheide wieder hin- auf und bis zu einer birnförmigen Blase, dem Samenhälter (m), deren Mündung unterhalb der Geschlechtsöffnung dem Scheideneingange gegen- über liegt und durch einen Sphincter gegen den Zuführungsgang sich 7 abschliessen kann. Der oben erwähnte Bogen der hinteren Vasa deferen- tia streift so unmittelbar an dem Samenhälter vorbei, dass man verleitet werden kann, an eine Einmündung derselben in die Blase m zu denken, womit für eine unmittelbare Zuleitung aus dem männlichen Apparate in den weiblichen gesorgt wäre. Spricht schon die Analogie mit den übrigen Planarien ') dagegen, so lehrt auch überdies die genauere Untersuchung direct, dass ein solcher Zusammenhang nicht stattfindet. Oberhalb der Begattungstasche öffnen sich die Eileiter (n) in die Scheide. Wenn dieselben von Eiern angefüllt sind, kann man sie mit un- bewafinetem Auge längs des Pharynx verfolgen. Sie enthalten nicht sel- ten einige hundert Eier auf derselben Entwicklungsstufe, und es wird daher wahrscheinlich, dass diese Eier auch bei der vorliegenden Art als zusammenhängender Laich abgesetzt werden, wie Dalyel von einigen an- deren Seeplanarien beobachtet hat. Ich habe eifrig nach besonderen Keim- und Eierstöcken gesucht, aber vergebens. Schultze spricht von »sehr zahlreichen, im ganzen Körper zerstreuten Eierstöcken , kleinen, ursprünglich ganz geschlossenen Säck- chen, die neben einem Vorrath von Eikeimen einzelne, mjt Dotter mehr oder weniger angefüllte Eier enthalten«. Allein eben davon, dass es wirkliche Säckchen, eigenwandige Organe seien, habe ich mich nicht überzeugen können; ich habe immer nur die allerorts im Parenchym ent- stehenden Eizellen gesehen. So deutlich in allen diesen Eiern von Anfang an das Keimbläschen ist, so regelmässig scheint der, bei den übrigen Dendrocoelen und den Rhabdocoelen immer vorhandene Keimfleck zu fehlen- Hiervon abgesehen, entsprechen die Eier der Seeplanarien mit zwei Geschlechtsöffnungen den in den sogenannten Keimstöcken — richtiger Eierstöcken — der anderen entstehenden Eiern, welche sich nach der Befruchtung mit dem von den ausgebreiteten Dotterstöcken gelieferten grobkörnigen Dotter umgeben. Diese letztere Art von Dotter geht den Planarien mitzweiGeschlechtsöffnungen ab. Ihre Em- bryonen werden also, um einmal in R. Leuckar!s Weise die Sache nach dem Zwecke zu deuten, spärlicher mit Material zum Wachsthum ausge- stattet, können in grösserer Anzahl entstehen, beginnen aber deshalb auch ihr Leben mit einem unvollkommeneren Larvenzustande. Leider ist es mir nicht geglückt, die Larven im offenen Meere zu fischen. Leptoplana Alcinoi fand sich in Corfu am Strande der Rhede zwi- schen den platten Aesten der gemeinen violetten Corallina und einer Chondria, und zwar an einer Uferstelle, welche einem starken Wellen- schlage ausgesetzt ist. Die Festigkeit des Parenchyms der so zart aus- sehenden Thiere ist merkwürdig, ebenso die energischen schlängelnden 4) Auf die Trematoden, von denen eine solche Anordnung berichtet worden, darf man sich nicht beziehen, da keiner der neueren Untersucher jene ältere Angabe hat bestätigen können. 5 Schwimmbewegungen, die auch den übrigen Beobachtern ähnlicher Arten aufgefallen sind. “ Unter den von Quatrefages beschriebenen Arten steht Polycelis mo- destus der unsrigen am nächsten. Namentlich würde man aus der Lage und Gestalt der Samenblase auf die Gleichheit der beiden Arten schliessen können. Die wichtigeren Verschiedenheiten sind aber folgende: | Leptoplana modesta. Aleinoi. Mund vor der Körpermitte; Mund hinter der Körpermitte; die Geschlechtsöffnungen weit von | die Geschlechtsöffnungen nahe bei einander entfernt; einander; Penis spindelförmig, ohne hornigen | Penis birnförmig, der vordere vorderen Theil; schmale (Stiel-) Theil hornig; die Scheide geht nur in eine ein- | ausser der am untern Ende der fache Samentasche über. Scheide befindlichen Begattungs- tasche ist ein besonderes Recep- taculum seminis vorhanden. Die äussere Gestalt, die Färbung, die Lebensweise zwischen Tangen, die Augenhaufen, ihre Lage und die des Gehirns stimmen in beiden Arten so überein, dass man sie darnach nothwendig für identisch halten müsste. 2. Leptoplana laevigata. Polycelis laevigatus Qutrfgs. Taf. I. 3. 4. 5. Obgleich Quatrefages von seiner Polycelis laevigata angiebt, die Mundöffnung liege vor der Körpermitte, und diese Angabe durch die De- tailzeichnung seiner Abhandlung auf Taf. IV. Fig. 2 b bestätigt wird, lehrt doch die Totalabbildung des Thieres Fig. 2, dass dem nicht so ist und dass die Mundöffnung, wie der durchschimmernde Pharynx zeigt, hinter der Mitte sich befindet. _ Mit Berücksichtigung dieses Umstandes darf ich nicht zweifeln, dass die zweite, von mir in Argostoli auf Cephalonia beobachtete Art eben jene Species ist, welche der Pariser Zoolog so schön und ausführlich be- schrieben. Auf Taf. I. Fig. 4 habe ich das Gehirn und die Augen abgebildet. Auch ich unterscheide die zwei Gruppen grösserer, nach unten und aussen gelegener Augen, welche in der Regel sich als gesondert abheben; doch kommen oftindividuelle Abweichungen vor, so dass man kein allzugrosses Gewicht darauf legen darf. Die Angaben über di i - - BIST 8 die Generationsorgane habe ich vollständig zu be- I stätigen ; nur ist meine Zeichnung etwas detaillirter und weniger schema- tisch, was namentlich von der weiblichen Samentasche gilt. Der ganze vordere Theil des Penis ragt frei in die Penisscheide (5 5) hinein; die Samenleiter (f) münden direct in die centrale Höh- lung der Zwiebel (d) ein. Die Eileiter (n) endigen unmittelbar hinter der weiblichen Oeffnung (g), von wo aus ein ziemlich enger Scheidengang (b) in dieBegattungs- und Samentasche (k) führt. Von den Wandungen dieser letzteren strahlen zahlreiche Muskelfäden aus. Der Fundort dieser und der folgenden Art war der innere Theil der Bucht von Argostoli auf Cephalonia, also hinter der Brücke. Dieser Theil des Meerbusens ist sehr seicht und erhält durch zahlreiche Quellen starken Zufluss von Süsswasser. An den brakischen Uferstellen kam aber die Leptoplana und das Prosthiostomum nicht vor. Das Auffinden war sehr mühsam und zeitraubend; ich liess mir durch einen im Wasser her- umwatenden Mann Massen von Tangen und Corallinen herausbringen und suchte dann zu Hause oft stundenlang vergeblich nach den gewünschten Planarien. Durch Abstreifen der Tange mit einem feinen Netz sind die Tbiere nicht zu erlangen, sondern man muss die Tangbüschel, zwischen denen die Planarien sich herumwinden, sorgfältig unter Wasser durch- muslern. 3. Prosthiostomum hamatum. Nov. spec. Tal: 426,77: Oben ist gezeigt worden, dass das Zusammenwerfen von Pros- thiostomum mit den Arten, aus welchen Quatrefages die Untergattung Polycelis gebildet hat, unzulässig ist. Wenn die Lage der Mundöffnung für sich weniger entscheidend ist, so kommt hier die ganze Anordnung des Verdauungsapparates hinzu, welche sich unter Anderem darin äussert, dass der Pharynx nach dem Vorderende zu sich ausstreckt. Die neue Art, deren natürliche mittlere Länge, wie bei allen den hier beschriebenen Arten, aus dem beigefügten Striche zu ersehen, ist, ziem- lich schlank, vorn stumpf abgerundet, hinten allmälig zugespitzt. Das Thier erhält durch den gewöhnlich grünlichen Darminhalt ein geflecktes Ansehen; sonst ist kein eigenthümliches Pigment vorhanden, sondern der Körper ziemlich durchsichtig. Eine Partie der Augen nimmt in Hufeisenform den Rand des Vor- derendes ein; vorn stehen die Augen unregelmässig in zwei Reihen, welche am Seitenrande in eine einzige übergehen. Diese Zahl beträgt in der Regel einige vierzig. Die übrigen Augen in der Nähe des Gehirns sind in zwei, mehr oder weniger scharf getrennte längliche Gruppen vertheilt, in jeder Gruppe funfzehn bis vierundzwanzig Augen. ] 10 Die Geschlechtswerkzeuge, welche Quafrefages an seinen Arten sehr unvollständig beobachtete, sind auch mir nur theilweise be- kannt geworden; doch ist das Begattungsglied mit den darin enthaltenen Samenblasen so eigenthümlich, dass wenigstens die Wiedererkennung der Art gesichert ist. Der der Fig. 7 beigefügte Pfeil zeigt die Richtung nach dem Vorderende an; a ist die männliche Geschlechtsöffnung. Das ganze Organ ist also hakenförmig und zwar ist die Hakenspitze, das hor- nige, geschweilte Ende des Penis (c) nach hinten gewendet. Der die Mitte des Penis durchsetzende Hauptgang, als Ductusejaculatorius, führt in die im Bulbus enthaltene Samenblase, wohin sich auch, von vorn her- absteigend, die Vasa deferentia (f) begeben. Nun finden sich aber im Penis selbst noch zwei Samenbehälter, die man wohl Nebensamen- blasen (z) nennen muss und deren Lage ganz absonderlich und ohne Analogie ist. Man sieht aus meiner Zeichnung, dass neben dem Ductus ejaculatorius zwei feinere Gänge zu den Nebensamenblasen hinablaufen. Alle drei beginnen, oder endigen, am Grunde des hornigen Penisauf- satzes. Der Samen kann nur so in die Blasen gelangen, dass er aus dem Penisbulbus durch den Ductus ejac. hinauf und dann wieder durch die Gänge der Nebensamenbehälter rückwärts steigt. Von den weiblichen Generationsorganen habe ich nur die Oeffnung mit einer darunter liegenden Blase und zahlreichen davon aus- gehenden Muskeln deutlich erkannt. Quatrefages hat zwei Arten von Prosthiostomum entdeckt. Ihre Kennzeichen und die der neuen Art sind folgende. a. Prosthiostomum arctum Qutrfgs. Hellbräunlich. Zwischen den schwingenden Cilien längere starre Cilien , besonders vorn. Augen nicht zahlreich; am Vorderrande 10 bis 12 grosse, deren Reihe auf beiden Sei- ten mit 4 bis 5 kleineren endigt. Länge 10 bis 42 Millimetres. Bei Neapel, b. Prosthiostomum elongatum Qutrfgs. Braun. Nackenaugen in zwei, fast dreiseitigen länglichen Gruppen, die nach vorn sich einander nähern; Reihe am Vorderrande sehr zahlreich. Die beiden Genitalöff- nungen nicht hinter, sondern neben einander (? Sdt.). Bis 30 Millimetres lang. Insel Babat. °. Prosthiostomum hamatum Nobis. Fast farblos. Zahlreiche Augen am Vorderrande. Nackenaugen in zwei länglichen Gruppen ohne be- stimmte Form. Männliches Begattungsglied mit hornigem Aufsatze und zwei re oberhalb des Bulbus. 8 bis 41 Millimetres lang. Gephalonia. A II. Süsswasserplanarien. 4. Dendrocoelum Nausicaae. Nov. spec. Tat.» 1.1. 2 Die bisher genauer untersuchten Süsswasserplanarien, sowohl die mit zwei Augen, Planaria, als die mit vielen Augen, Polycelis, stimmen in dem Baue der Geschlechtswerkzeuge darin überein, dass das Begat- tungsglied unmittelbar in dem Vorraume enthalten ist, zu welchem die einfache Geschlechtsöffnung führt, und dass aus diesem Vorraum ein musculöser Gang in ein geschlossenes Organ mit zelligen Wandungen ab- geht; den Uterus. Diese Anordnung zeigen die von mir beschriebenen Polycelis nigra und cornuta, Planaria torva und gonocephala'). Ich habe hervorgehoben, dass bei keiner dieser Arten das von Schultze einigen der- selben zugeschriebene birn- oder zungenförmige Organ von zweilelhafter Bedeutung von mir gesehen wurde. Eine in Gorfu entdeckte neue Art ist nun im Geschlechtssystem so abweichend gebaut, dass hierauf allein eine neue Gattung zu begründen wäre, da es Verhältnisse betrifft, die doch viel tiefer eingreifen als andre, auf deren Abänderung hin man so freigebig ist mit neuen Gattungen, wie z. B. unbedeutende Abweichungen in der Zahl und Stellung der Augen, combinirt mit der wechselnden Lage der Mundöffnung im Centrum oder vor oder hinter der Körpermitte. Ich hatte für die vorliegende Art schon einen neuen Gattungsnamen creirt, als ich die Gelegenheit bekam, die Planaria lactea zu studiren, welche Oersied als Gattung Dendrocoelum aufführt, damals in der That ohne Grund. Wie war ich aber überrascht, in der lactea eine solche Uebereinstimmung im Bau der Geschlechtsorgane mit der corfotischen Planaria zu finden, dass wirklich beide eine gute, von Planaria scharf ge- schiedene Gattung bilden. Der Hauptcharacter besteht darin, dass der Penis nicht direct im Vorraum liegt oder in diesen einmündet, sondern in einer eigenthümlichen, nach den Arten variirenden Scheide enthalten ist, und dass zweitens in dem Vorraum ein Nebenorgan sich befindet oder in ihn einmündet, welches zwiebel- oder birnförmig und mit musculösen Wandungen versehen ist. Auf die unzweideutigen Beziehungen zu meh- reren in der eben citirten Abhandlung beschriebenen und damals uner- klärten Specialitäten will ich erst später bei der Darstellung von Dendro- coelum lacteum eingehen und jetzt nur die neue Art ohne weitere Ver- gleichung beschreiben. Sie ist bis auf die grauschwarzen,, bläulichen oder gelblichen Darm- verästelungen milch weiss und ähnelt überhaupt, bei sehr auffallenden inneren Verschiedenheiten, im Habitus dem Dendrocoelum lacteum. Das 4) Die Dendrocoelen. Strudelwürmer aus den Umgebungen von Gratz. Zeitschrift f. wiss. Zool. 4859. 12 Kopfende ist so ausgerandet, dass ein kurzer stumpfer Stirnlappen und zwei stumpfe Ohren gebildet werden, die immer hervortreten, wenn das Thier ausgestreckt kriecht und schwimmt. Nicht weit vom Vorderrande befinden sich zwei Augen. Die Mundöffnung ist ungefähr in der Mitte des Körpers, eher et- was hinter derselben, und die zur Beherbergung des Pharynx bestimmte Höhle ist so kurz, dass der Pharynx nur geschlängelt und mehrfach lap- pig gefaltet darin Platz findet. Die Höhle erstreckt sich noch etwas über die Mundöffnung hinaus nach hinten. Vergl. Taf. II. Fig. 2; z die Mund- öffnung; k das freie in der Höhlung liegende Ende des Pharynx. Von dem vorderen Hauptstamme des Darmes gehen jederseits 8 bis 11 Aeste nicht sehr gedrängt ab. Die beiden nach hinten gewendeten Seitenstämme nähern sich hinter der Geschlechtsöffnung einander, ver- binden sich erst durch einige Queräste und verschmelzen dann zu einem einzigen mittleren Stamme, der in der Schwanzspitze endet. Betrachtet man die Geschlechtsorgane, so weit ich sie erkannt und abgebildet, Taf. II. 2, oberflächlich, so glaubt man, sie mit unwe- sentlichen Abänderungen so zu finden, wie bei Planaria und Polycelis. Es liegt nämlich in dem ausserordentlich weiten Vorraume ein Organ (h), welches dem Penis der übrigen Arten gleicht, und ein zweites mit einem langen contractilen Gange, welches den Platz des Uterus und Uterusganges einnimmt. Auch die Figuren 5 und 8 der Taf. II. bestätigen dies. Der retortenförmige, dem Penis der anderen Planarien gleichende Körper h ist sehr musculös, und auf seiner umgekrümmten Spitze [g) öffnet sich ein Gang, der von der Höhlung des Bulbus (Rh) ausgeht. Das Organ würde ohne die Aufschlüsse, welche die Anatomie von Dendrocoelum lacteum giebt, anatomisch unerklärt bleiben ; wir kommen also darauf zurück. Hinter der Geschlechtsöffnung (a) liegt die Mündung (b) der Penisscheide (c), welche sich mit sehr contractilen Wandungen nach vorn hinzieht und in ihre Enderweiterung den vorderen Theil des Penis (d) aufnimmt, welcher in Form eines abgestutzten Kegels in den Gang hinein ragt. Nicht constant ist die untere Hälfte dieses freien Penistheiles mit zahlreichen kurzen Stacheln bewaffnet. Die Basis des Penis (e) ist merklich erweitert und undurchsichtiger in Folge einer die innere Höhlung auskleidenden Zellenschichte. Der Ausführungsgang des Penis hat ein un- gewöhnlich grosses Lumen und kann die Form eines Trichters mit weiter Mündung annehmen. In die Basis des Penis münden die Samenleiter (/) ein, welche gewöhnlich in gleicher Breite mit der Mundöffnung zu einem Paar Samenhältern (f) anschwellen ; nicht selten folgt hinter ihnen noch ein Paar kleinerer spindelförmiger Erweiterungen. Da ich sehr viele Exemplare dieser Art mieroscopisch zergliedert, ist es mir höchst auffallend, dass ich von Uterusgang und Uterus keine Spur bemerkt habe, indem diese Organe bei einiger Uebung doch sonst augen- blicklich zu finden sind. 13 Unsere Species scheint in den süssen Gewässern der ionischen Inseln sehr verbreitet zu sein. Ich fand sie in einem Schilfgraben neben dem alten Hafen von Corfu, unterhalb El Canon, dann in einer schönen küh- len Quelle auf dem Wege nach dem Dorfe Gasturi, endlich auf Gephalonia in mehreren Quellen am Fusse der Höhen unweit Argostoli, die von den prächtigen Ueberresten cyclopischer Mauern gekrönt werden. 5. Planaria olivacea. Nov. spec. Dat. 11. 32%. 8. Diese Art gehört zu der Gruppe, deren Kopfende stumpf abgerundet ist, ohne ohrenartige Fortsätze; sie stimmt in der Gestalt am meisten mit Pl. torva überein, ist jedoch nicht ganz so flach. Ueber den Körperum- riss, die Lage der Augen, des Pharynx, der Mund- und Geschlechtsöff- nung giebt Fig. 3 Aufschluss. Die Farbe des Rückens ist ein schönes dunkles Olivengrün, und die Art verdient ihren Namen um so mehr, da sie auch von den schönsten Oelbäumen der Welt beschattet wird. Die Verzweigungen des Darmes sind dicht; die beiden hinteren Stämme vereinigen sich nicht, senden aber nach aussen lange Aeste aus (Fig. A). Im Bau der Geschlechtswerkzeuge (Fig. 5) stimmt diese und die folgende Art mit dem überein, was mir früher die Untersuchung an- derer Arten ergeben. Beide Arten, auch noch die zweitfolgende, bestä- tigen aber die grosse Mannigfaltigkeit im Detail. Hinsichtlich der Ge- schlechtsöffnung (a), des Vorraums (r), Uterusganges (9) und des Uterus (Ah) weiss ich nichts zu bemerken. An die Basis des Penis (ec) schliesst sich eine kuglige Abtheilung (d) an, deren Analogon meine Untersuchungen über die bei Gratz vorkommenden Planarien kennen ge- lehrt. Es ist das Behältniss, in welchem sich das körnige Secret der ac- cessorischen Drüse anhäuft, und welches bei Planaria gonocephala eine so auffallende Entwicklung genommen hat (Vergl. Zeitschr. f. wiss. Zool. X. Taf. 4. 4). Hieran schliesst sich Plan. olivacea, auch darin, dass die Vasa deferentia sich in diese Abtheilung begeben. Weiteres hierüber unten bei Dendrocoelum lacteum. Die Art lebt zahlreich mit der vorigen zusammen in dem Graben unterhalb El Canon auf Corfu. 6. Planaria sagitta. Nov. spec. Tal, 1.6. 2.38. Die Gestalt ist schlank, der Kopf zugespitzt, mit etwas in die Höhe geschlagenen Ohren. Die beiden Augen liegen nahe an der, die beiden Ohrspitzen verbindenden Linie. Hinter dem Kopfdreieck verschmälert sich der Körper, wird gegen die Mitte wieder etwas breiter und spitzt 1% sich von da gegen das Schwanzende allmälig zu. Die Färbung ist bräun- lich; in der Regel zieht sich ein dunkler schattirter Streifen durch das Auge bis zum Vorderrand. Die beiden hinteren Darmstämme verbinden sich nicht und sind nur mit kurzen Verästelungen besetzt (Fig. 7). Auch die Geschlechtsorgane (Fig. 8) bieten wenig Auffallendes. Die Vasa deferentia (e) münden in die Basis desPenis (d) ein. Die Ei- leiter (c) liessen sich bis zur Mündung des Uterusganges (f) in den Vor- raum verfolgen. Obwohl, wie sich ergiebt, diese Verhältnisse gar kein besonderes Interesse beanspruchen, sondern eben nur andere frühere Beschreibun- gen des Geschlechtsapparates bestätigen, reichen sie doch hin, um die Art von allen übrigen genauer untersuchten zu unterscheiden. Gefunden wurde sie in mehreren Quellen auf Corfu und Gepha- lonia, wo sie sich in grossen Mengen unter Steinen aufhält. Ill. Seeplanarien mit einer Geschlechtsöffnung. 7. Gunda lobata. Nov. gen. Nov. spec. Taf. 11. 9. 10. Die auf Taf. II. Fig. 9 abgebildete Planarie gehört nach der Form des Kopfes in die, die Planaria Jactea enthaltende Abtheilung; sie trägt zwei sehr grosse Ohrzipfel. Der andre Character aber, wonach die Gattung Dendrocoelum aufgestellt wurde, der sehr verzweigte und leicht sichtbare Darmeanal, trifft nicht zu; die Darmverzweigungen sind undeutlich, we- nigstens ist ihre Anordnung bei den 5 oder 6 von mir untersuchten Exemplaren undeutlich geblieben. Lässt uns nun hier das gewöhnlich und auch von Stimpson befolgte, aber gewiss nicht consequent durchführbare Princip, die Gattungen nach der Form des Vorderendes und der Anordnung des Verdauungsapparates ohne jede Berücksichtigung des Baues der Geschlechtswerkzeuge zu ke den, in Zweifel, so führt die Hinzuziebung der Merkmale, auf welche ich ein besonderes Gewicht lege, zum Ziele. Die aus den äusseren und inneren Merkmalen combinirte Diagnose des neuen Thieres ist folgende: Zwei Augen; Stirne ausgerandet, mit an- sehnlichen Obrlappen ; Gehirn unregelmässig-lappig; Penis unbewaffnet vor der Geschlechtsöffnung; unmittelbar hinter der Geschlechtsöffnung ein kugliger Behälter, welcher als kieceptaculum seminis und Uterus en und . u a. die ee Eileiter direct einmünden. er Körper ist flach, milchweiss oder Mieroseop ziemlich durchsichtig, so dass das Bei mare _ a davon entspringenden Nerven sehr klar vortr ie’ bei us 2 Ai g eten. Die heiden seitlichen 15 Abtheilungen zeigen vorn mehr oder weniger tiefe Ausrandungen, worin die Augen zu liegen kommen. Der Rüssel ist lang, die Mundöffnung liegt hinter der Kör- permitte. Sehr auffallend war das dichte Wassergefässnetz, ohne dass ich jedoch die Oefinung hätte finden können. Die Hodenbläschen erfüllten nie dicht und unregelmässig das Parenchym, sondern fanden sich nur in zwei seitlichen regelmässigen Reihen, je 16 bis 18. Der Penis hat weder in der Lage noch im Bau et- was Aulffallendes, indem er zwischen Mund- und Genitalöffnung liegt (Fig. 40 c); dasselbe gilt von den Samenleitern (d). Dagegen weichen die weiblichen Organe bedeutend ab. Statt des Uterusganges und des zelligen, wiewohl auch mit Muskelfasern durchwirkten Uterus, die alle von mir beobachteten Süsswasserplanarien haben, findet sich hier gleich hinter der Geschlechtsöffnung ein rundliches Organ (m), dessen vorderer Theil in ähnlicher Weise frei im Vorraum liegt, wie das Ende des Penis; auch hat es statt eines Einführungsganges eine blosse Mündung (l), wäh- rend sein hinteres Ende die vereinigten Eileiter (n) aufnimmt. Man darf wohl mit Sicherheit annehmen, dass dieses Organ der Eihalter ist, was theils durch die Analogie mit den Süsswasserplanarien, theils durch ein ganz ähnliches Verhalten bei den beiden folgenden neuen Formen be- stätigt wird. Gefunden wurde Gunda lobata unterhalb El Canon am Eingange zum alten Hafen, unter Steinen; sie scheint jedoch sehr selten zu sein, da alle Mühe, mehr Exemplare zur genaueren Untersuchung aufzutreiben, vergeblich war. 8. Gercyrahastata. Nov. gen. Nov. spec. Taf. III. 1.2, 3.4.00. Ich war unschlüssig, ob nicht dieses Thier mit der vorigen Art in einer Gattung vereinigt werden müsste, sah jedoch bald, dass bei Be- rücksichtigung aller Merkmale hiervon nicht die Rede sein könnte, wenn schon die weiblichen Generationsorgane in beiden Fällen auffallend über- einstimmen. Die Gattungsdiagnose nach der bisher vorliegenden einen Species stellt sich so: Zwei Augen ; Darmverzweigungen sehr deutlich, die beiden hinteren Stämme mit Queranastomosen; die Samengänge vereinigen sich schon unterhalb des Schlundes zu einem gemeinschaftlichen Gange; der Penis mit einem hornigen,, einer Lanzenspitze gleichenden Aufsatze; die Eier- stöcke, welche Eier und isolirte Keimbläschen enthalten, liegen vor der Basis des Rüssels ; der beutelförmige Eihalter hinter der Geschlechts- öffnung. Der Körper ist im vordersten Drittel am schmälsten und endet vorn 16 zungenartig abgerundet; es bildet sich jedoch ‚ wenn das ausgestreckt schwimmt oder kriecht, eine kleine Anschwellung zu Seiten der Augen'). . ee variirt sehr, indem bald kein, bald ein gelbliches, erau-grünes oder grünliches Pigment wahrzunehmen ist. Am stärksten ist es in der Augengegend angehäuft, wo esin unregelmässiger en form jedes Auge von innen umgiebt. Wegen der Lage der A ugen unt ihrer Entfernung vom Vorderende verweise ich auf die Abbildung. Der Darmecanal ist deutlich, aber nicht sehr dicht verzweigt; die heiden hinteren Stämme verschmelzen nicht mit einander, sind jedoch zwischen Mundöffnung und Penis durch ein Netz von Queranastomosen mit einander verbunden. Etwas Aehnliches hat oben Dendrocoelum Nausicaae oezeiet: sonst ist mir diese Eigenschaft von keiner andern Planarie be- kannt. Der Rüssel ist kurz und zurückgezogen ohne Biegungen und Querfalten ; die Mundöffnung hinter der Mitte. Die Generationsorgane sind in allen typischen maassgebenden Theilen abweichend. Die Eierstöcke (Fig. lo) oder Keimstöcke liegen nicht, wo man sie bei den Planarien zuerst zu suchen gewohnt ist, in der Nähe der Augen , sondern kurz vor dem Rüssel; jede der obigen Bezeichnungen kommt ihnen zu, indem sie nach Innen zu isolirte Keime oder vielmehr Keimbläschen mit dem Keimfleck, in der Aussenhälfte eine Anzahl Eierstockseier, d. h. Keimbläschen umgeben von Furchungsdotter, enthalten (Fig. 4). Wahrscheinlich wird man auch bei anderen Dendro- coelen dasselbe finden; bei den Rhabdocoelen, namentlich den Mesosto- meen ist die Wahrnehmung leicht zu machen, dass in dem oberen Theile des Keimstockes die Keimbläschen entstehen, die sich weiter unten durch den feinkörnigen Dotter vervollständigen. Dass noch eine andere Modifi- cation vorkommt, zeigt Anoplodium, wovon weiter unten. Die Eileiter sind mir verborgen geblieben. Der Eihalter (f) verhält sich fast ganz so, wie bei der vorigen Art; er ist nämlich eine einfache Blase hinter der Geschlechtsöffnung, mit ihrem Eingange der Spitze des Penis zugewendet. Ilierin kommt nicht ein, mehrere Eier enthaltender Cocon, sondern immer nur ein Ei auf einmal zur Bildung, wobei der Eihalter in dem Grade ge- spannt wird, dass sein Sphincter (2. e) ganz verstreicht. Diesen Zustand, indem zugleich die Samenblase entleert ist, zeigt Fig. 3. | Die Spitze des Penis (2. a) gleicht genau einer kurzen Lanzenspitze und ist von horniger Beschaffenheit. Das retortenförmige Basalstück ent- hält eine geräumige Samenblase (c), zu welcher der einfache Samen- leiter (d) von unten eindringt. Man kann denselben bis unterhalb des Rüssels verfolgen, wo er wahrscheinlich aus zwei seitlichen Gängen entsteht. 1 Auch manche Rhabdocoelen zeigen diese eigenthümliche Verdickung in der Halsgegend, die zu ihrem Habitus gehört, z. B. Mesostomum Wandae (Kra- kauer Turb.) 17 Das Wassergefässsystem ist so klar, wie hei keiner anderen Dendrocoele. Man sieht nicht nur oft die seitlichen Stämme und zahlreiche Verzweigungen, sondern immer auch mit Leichtigkeit ganz nahe am Hin- terende die Oefinung (Fig. 4 «) mit dem becherförmigen Eingangsstück (Fig. 5). Dasselbe verhält sich ganz so, wie ich es von den Rhabdocoelen beschrieben; es ist contractil und trägt bis zum Grunde, wo die Seiten- stämme sich abzweigen, einen Besatz langer Wimpern. Gefunden wurde diese interessante und lehrreiche Art am Strande der Rhede von Corfu, links von der Badeanstalt. 9. Haga plebeia. Nov. gen. Nov. spec. Tatz El. 6. 7. So wenig wie die vorigen lässt sich eine im inneren Meerbusen von Argostoli sehr gemeine Art unter die bestehenden Gattungen einreihen. Sie würde dem Aeusseren nach am meisten zu Planaria passen, nach Ab- trennung von Dendrocoelum ; aber selbst dann müsste man die Diagnose abändern. Wiederum jedoch gewinnen wir durch die Vereinigung innerer und äusserer Merkmale feste Anhaltepunkte für eine neue Gattung. Der Körper ist vorn abgerundet, ohne Spur von ohren- und tentakel- artigen Fortsätzen ; die zwei Augen sind klein, weiter von einander ab- stehend, als vom Rande; der verhältnissmässig lange Rüssel liegt in einer geräumigen Höhle, deren Wandungen deutlich sind; der Darmcanal ist undeutlich verzweigt; in den Uterusgang mündet eine besondere Sa- mentasche ein; die Eileiter münden in den Uterus an der Basis des Uterusganges. Haga plebeia ist eine der kleinsten Planarien , welche an Grösse von vielen Mesostomeen übertroffen wird. Dazu kommt noch ihre sonstige Unansehnlichkeit, die Abwesenheit aller auffallenden Fortsätze, kleine Augen, die graue oder graugrüne Färbung. Das Vorderende ist etwas schmäler als der übrige Körper, der nicht flach, aber auch nicht sonder- lich gewölbt ist. Der Rüssel erstreckt sich durch mehr als durch ein Drittel des Kör- pers und wird von einer sehr geräumigen Höhle beherbergt. Diese Rüssel- höhle ist bei den wenigsten Planarien sehr deutlich ; hier aber sind ihre Wandungen leicht wahrzunehmen. Die Geschlechtsorgane (Taf. Ill. 7) nähern sich dem Typus von Planaria mehr, als es mit den vorigen beiden Arten der Fall war. Der Penis (c) ist unbewaffnet und scheint keine grössere Höhlung oder Samen- blase zu enthalten, indem man die Samenleiter (d) bis zu ihrer Ver- einigung im Penisbulbus verfolgen kann. Die Spitze des Penis (b) ragt etwas nach hinten über den Porus genitalis (a) hinaus. Eben so weit dar- über hinaus nach vorn ragt der Uterusgang (f), der kürzer und weniger contractil als bei Planaria ist und an welchen sich eine gestielleSamen- Zeitschr. f. wissensch. Zoologie. XI. Bd. - 2 18 tasche (h) anheftet. Ich kann mir wenigstens diesen Anhang, den keine andere Planarie zeigt, nicht anders deuten. An dem Eihalter (g) ver- misst man die zelligen Wandungen, welche demselben Organ von Pla- naria, Dendrocoelum und Polycelis das Aussehen einer Beerenfrucht eben. Ich fand in ihm wiederholt das sich eben bildende Ei, nämlich „wischen den noch losen Dotterbestandtheilen zahlreiche Samenfäden in lebhafter Bewegung. | | Der Fundort dieser Planaria ist nicht eigentlich die See. Unmittel- bar im Niveau des seichten, vielfach versumpfenden Theiles des Meer- busens von Areostoli münden zahlreiche Quellen aus den östlichen und südöstlichen Kalkgehängen aus. Wird das Wasser des Meerbusens ange- staut durch Wind, so werden diese Quellen brakisch, treibt das Wasser aus dem Busen ab, so sind die Quellen unvermischt. In ihnen, unter Steinen, lebt die beschriebene Art sehr zahlreich. IV. Rhabdocoelen. CGonvoluta. Convoluta gehört zu den am unvollständigsten bekannten Gattungen der Turbellarien, obgleich eine Reihe von Beobachtern (Oersted, Frey und Leuckart, M. Schultze, Schmarda und ich selbst) Notizen über sie ge- bracht. Ohne eine bei Rügen vorkommende Art näher zu beschreiben be- hauptet M. Schultze') von ihr, sie gehöre nach der Beschaffenheit des Pharynx zu den Mesostomeen. Für die mir bekannten 4 Species gilt dies nicht, auch nicht von der Schmarda’schen Convoluta anotica, wo die Mundöffnung eine Querspalte ist. Da die zuletzt erwähnte Art die un- paarige Gehörkapsel nicht besitzt und Alles, was wir über die Geschlechts- organe wissen, sich auf meine fragmentarische Mittheilung über Convo- luta Schultzii beschränkt, dass zwei schlzuchförmige Keimstöcke be- obachtet wurden, so bleibt als einziges Gattungsmerkmal nur der aller- dings sehr eigenthümliche Umschlag der Seitenränder übrig. Ich glaube, man wird vor der Hand hierbei stehen bleiben müssen, und man darf behaupten, dass Schmarda viel zu schnell eine Familie der ‚‚Spaltmäu- ler‘, Rhochmostomea etablirt hat, worin mit Convoluta Macrostomum steht und ausserdem eine leider sehr unvollständig beobachtete neue Gattung Telostomum (im Text) oder Megastomum (unter der Abbildung). Ich bin selbst in meiner ersten Arbeit, nach Oersied’s Vorgang, in diesen Fehler verfallen, blos aus der Lage des Mundes und dem unvollständig erkannten Bau des Pharynx Familien ableiten zu wollen. Je mehr ich aber eine Kenntnisse über die Turbellarien ausdehne, überzeuge ich mich, dass dieses einseitige Princip unstatthaft ist. Würde sich bei Macrosto- t) Ueber die Microstomeen. Wiegm. Arch. XV. 19 mum wirklich eine zweite Geschlechtsöffnung finden, eine Vermuthung, worauf Schulize durch die Lage des Penis geführt wurde, die aber bei seiner sehr sorgfältigen Untersuchung sehr unwahrscheinlich bleibt, so wäre eher ein Anhaltepunkt da. Die jetzt von mir beobachtete Gonvoluta lässt sehr klar eine Beschaf- fenheit des Mundes und der Mundhöhle wahrnehmen, die von der bei Macrostomum gänzlich abweicht, und woran die Spalte eine blosse Ne- bensache ist. Die übrigen Arten, mit Ausnahme der von Schultze nicht näher characterisirten C. albivineta, dürften sich gleich verhalten. Die Geschlechtswerkzeuge sind mir zwar nur theilweise bekannt geworden, ich habe aber eine doppelte Geschlechtsöffnung mit Sicherheit constatiren können, und es ist damit wenigstens ein guter Anfang zur genaueren Kenntniss der Gattung gemacht. 40. Gonvolutainfundibulum. Nov. spec. Taf 11: 89.10. Bei der Vergleichung der neuen Form mit den schon bekannten Ar- ten kommen zwei Species in Betracht, Convoluta paradoxa und Diesingilt, beide von mir abgebildet'!). Alle drei Species sind braun, die Fär- bung herrührend von groben Pigmenttüpfeln. Gonvoluta Diesingii ist die kleinste, kaum 2 Millimeter lang; dann kommt die neue Art, zwischen drei und vier Millimeter im Durchschnitt; Convoluta paradoxa ist mehr als noch einmal so lang, bis neun Millimeter. Diese Grössenbestimmungen sind jedoch sehr trügerisch, wenn es auf die Fixirung eines einzelnen Exemplares ankommt. Unsere drei Arten lassen sich nach der Lage von Gehörkapsel und Mund, des Umschlages der Seitenränder und der allge- meinen Körperform so unterscheiden. Conv.paradoxa. Conv.Diesingii. Conv.infundibulum. Vorderrand: fast gerad- |— entschieden bogenför-|— sehr stumpf bogenför- linig; mig; mig; Umschlag: beginnt unter- | — beiderseits vom Vorder-|— fast wie bei C. paradoxa, halb des Vorderrandes rande bis zur Schwanz-| doch nur vorn deutlich und erstreckt sich nicht | spitze; die Ränder beider) zu sehen; auf das Hinterende; Umschläge stehen weit von einander ab; Mundöffnung: so weit| — ihre Entfernung vom Vor-|— doppeltso weit vom Vor- vom Vorderrande ent-| derrand beträgt etwa %,| derrande entfernt, als _fernt, als dieser breit ist; der Breite des Körpers] dieser breit ist; unterhalb des Vorder- randes; Gehörkapsel: nicht vom | — nicht vom Umschlage be-|— von den einander fast Umschlage bedeckt. deckt. berührenden Rändern der Umschläge etwas ver- deckt. 4) Neue Rhabdocoelen etc. Sitzungsber. der math. naturw. Classe d. k. Akademie 1852. Wien. 9% 20 Feinere und wichtigere Unterschiede können für jetzt nicht gegeben werden, wohl aber wird jeder Verwechslung von CGonvoluta infundibulum mit ähnlich aussehenden Arten vorgebeugt sein. Die Seiten schlagen sich sleich hinter dem Vorderrande so um, dass, von der Bauchseite gesehen, ‚lie Düte wie mit einer dreiseitigen Oeffnung erscheint, in deren nach hinten eekehrtem Winkel die Gehörkapsel liegt (Fig.80). Die Mun d- öffnun o ist bogenförmig, die Sehne des Bogens nach vorn; dieMund- höhle ist eine trichterförmige Vertiefung, deren mit Quermuskeln ver- schene Wandungen die Stelle des vorstülpbaren Pharynx anderer Rhab- doeoelen vertreten. Sie ist in der Regel nicht ganz symmetrisch und oleicht in Aussehen und Structur ganz auffallend der trichterförmigen Vertiefung des merkwürdigen Infusoriums Trachelius ovum '). Von den Geschlechtsorganen hatte ich bei Conv. Diesingii die Keimstöcke, von Conv. Schultzii die Hoden oder ein Paar längliche Sa- menblasen erkannt. Das war Alles. Mit der neuen Art bin ich viel weiter gekommen, doch ist die Gattung eine der am schwierigsten zu beobachtenden und meine Mittheilungen können nur den Appetit nach mehr reizen. Die Dotterstöcke bilden sich als einzelne Kugeln, wie oft, in zwei seitlichen Reihen. In gleicher Anordnung scheinen sich die Eier anzuhbäufen; doch sind mir diesmal die Keimstöcke verborgen geblieben. Zum weiblichen Apparat gehört unfehlbar eine mit einem höchst sonder- baren Aufsatze oder Mundstücke versehene Samentasche (Fig. 9 f), welche zwischen dem Schlunde und der männlichen Geschlechtsöffnung liegt und von deren gesonderter Mündung nach aussen ich mich über- zeugt zu haben glaube. Das Mundstück besteht aus einer Reihe kreisrun- der Hornstücke, die flach tellerförmig, auch wohl vertieft schüsselförmig und durch einen sie central durchsetzenden Sipho verbunden sind. Die Zahl dieser Stücke und ihr Durchmesser wechseln sehr, man zählt 7 bis 20. Der Ganal hat die Gestalt des Mundstückes einer Trompete. Die Blase kann durch Samenmasse prall ausgedehnt werden; im leeren Zustande fallen die Wandungen bauschig zusammen, wie ich in der Zeichnung an- gedeutet. Künftigen Beobachtungen muss es vorbehalten bleiben, den Zu- sammenhang dieses Organes mit den übrigen Theilen des weiblichen Ap- parates zu erhärten. Vom männlichen Geschlechtsapparat er- kannte ich die Samenleiter und den wahrscheinlich umstülpbaren Ductus ejaculatorius. Im Verlaufe der Vasa deferentia (c) bilden sich häufig, doch nicht regelmässig, Erweiterungen, welche als Samenblasen (d) dienen. Die Samenleiter münden in einen mehrfach gebogenen, lebhaft Nimmernden Ausführungsgang (b) ein, dessen dicke Wandungen aus 4) Der Auffassung Stein's, welcher diesen gegen die Körpermitte zu gelegenen Trichter für eine Oeffnung hält, durch welche Wasser in den Körper eingeführt wird, kann ich mich nicht anschliessen. Ich halte ihn, auf viele Beobachtungen gestülzt, mit Anderen für den Mund. 21 mehreren Lagen von Zellen gebildet werden und dessen Mündung (a), wie sich auf das bestimmteste beobachten lässt, ganz für sich direct nach aussen geht. Wir finden also hier einen völlig neuen Typus der Anord- nung der Geschlechtsorgane der Rhabdocoelen, Rhabdocoelen mit, zwei Geschlechtsöffnungen, und die Aufgabe künftiger Unter- suchungen wird auf diesen Punkt mit gerichtet sein, wie weit etwa der Parallelismus zwischen den verschiedenen Gruppen der Dendrocoelen und Rhabdocoelen geht, denen mit einer und denen mit doppelter Ge- schlechtsöffnung. Die Zoospermien (Taf. III. 10) zeigen einen dickeren, gestreckt spindelförmigen Körpertheil, dessen Spitzen in zwei verschwindend feine Anhänge ausgehen. Man sieht an dem Körper 4 Conturen,, zwei innere stärkere und zwei äussere feinere; vielleicht sind letztere die Gonturen zweier Flimmersäume; doch kann ich dies nicht mit Gewissheit be- haupten. Die Fundorte waren verschiedene Punkte des Meeresgestades in Corfu und Cephalonia. 14. Anoplodium parasita Schneider‘). Taf. II. A1. 42. Den eigenthümlichen Schmarotzer der Holothuria tubulosa hatte ich vor 4 Jahren in Nizza oberflächlich kennen gelernt, darauf aufmerksam ge- macht durch den eigentlichen Entdecker, Dr. Krohn, auf dessen Ver- anlassung sich etwas später Schneider das Verdienst erworben, das Thier genauer untersucht und in das System eingeführt zu haben. Indessen ist Schneider’s Beschreibung etwas zu aphoristisch, über mehrere Organe spricht er sichim Text gar nicht aus, nur in der Erklärung der Abbildung, darunter über solche, die ich anders auffassen muss; über die Lage des Penis zur Geschlechtsöffnung, welche gar nicht erwähnt wird, bleibt man im Unklaren. Und so wird meine nochmalige Anatomie des Anoplodium am Platze sein. Die einfache Geschlechtsöffnung (a) ist eine weite trichterför- mige Mündung am Hinterende. Sie führt in eine faltige Höhlung, deren Wandungen sich so contrahiren können, dass die verschiedenen in der Nähe liegenden Organe, Penis, Scheide, Eihalter, der Mündung nahe ge- bracht werden können, auch geht diese Wandung direct in die Penis- scheide über, und es kann auf diese Weise der Penis weit hervorgestossen werden. Bei diesen Bewegungen werden immer zugleich die Scheide und der Eihalter in die Nähe der Geschlechtsmündung gebracht (Fig. 12). Der Penis (ec) ist fast cylindrisch, seine Wandungen etwas biegsam und seine Höhlung dient zugleich als Samenreservoir, als Samenblase, die man fast immer mit knaulartig geballten Zoospermien erfüllt findet. 4) Müller's Archiv 4858, — Ueber einige Parasiten der Holothuria tubulosa. 22 Andre Anhäufungen des Samens als hier und in den Samenleitern (d kommen im Bereiche des männlichen Apparates nicht vor. wh In gleicher Höhe mit dem Ende des zurückgezogenen Penis liegt die Mündung der Scheide (e), welche durch einen starken Sphincter gegen den Vorraum abgeschlossen ist. Man kann den hinter dem Sphincter gelegenen Scheidenhals, den darauf folgenden erweiterten und dickwan- digen Scheidenkörper (fj und den runzlichen festen Scheidenstiel (g) als Theile dieses Organes nennen. Der Scheidenstiel geht in ein kugliges Organ (h) über, was Schneider Receptaculum seminis nennt, ohne je Sa- men darin gefunden zu haben, während er doch ganz offenbar einen Kranz von Eiern hineingezeichnet hat. Vielleicht hat S. diese Eier, denn das sind sie, für Epithelialzellen gehalten‘, und er liess sich durch ein anderes Organ täuschen (in seiner Abbildung f), das er Eierstock nennt, welches aber im eigentlichsten Sinne Keimstock ist (k). Es enthält immer eine grosse Anzahl wahrer Keimbläschen, welche nie, so lange sie hier sind, sich mit dem Dotterhofe umgeben. Dies geschieht, nachdem sie den Ausführungsgang (i) passirt und in die Blase aufgenommen sind, welche Schneider Receptaculum seminis nennen zu müssen glaubte. Hier erst findet man eine geringere Zahl, 8 bis 42 solcher Eier, welche die Bestandtheile der Eierstockseier (früher Keime genannt) anderer Turbel- larien aufweisen. Der Ausdruck Keimstock ist also nicht aus der Anatomie der Tur- bellarien auszumerzen, wiewohl solche Fälle zu den seltensten gehören, dass man Keimstock,, Eierstock und Dotterstock als vollkommen geson- derte Organe zu unterscheiden hätte. In der Regel fungirt ein Theil des Eierstocks als Bildungsstätte der Keimbläschen, wofür CGercyra hastata (III. 4) uns oben ein sehr überzeugendes Beispiel geliefert hat. Nun glaube ich aber dennoch mit Schneider, dass in dem Eierstock (h) das Receptaculum seminis enthalten ist, indem die Analogie mit anderen Rhabdocoelen, namentlich mit Mesostomum , zu sehr dafür spricht, wo das Samenbehältniss auch unmittelbar mit dem Eierstock verbunden ist. Zwischen Penis und Scheide verläuft der Eihalter (l), den man selten leer und zusammengezogen trifft, wie in Fig. 12. Die Bildung der langgestielten Eier muss sehr schnell von statten gehen; und so sieht man bei fast allen Individuen das röthliche Ei noch etwas vor der Mitte des Körpers liegen. So weit dehnt sich der Eihalter aus und das Ei haf- tet nicht nur mit dem Ende des Stieles darin. Ich habe das Legen des Eies und das allmälige Zusammenziehen des Uterus direct beobachtet. Nach der Lage des Mundes ist Anoplodium eine Derostomee; die andern Abweichungen von Vortex und dessen näheren Verwandten sind aber doch zu gross, als dass man nicht an eine neue Familie zu denken hätte. Es ist aber wohl abzuwarten, ob die Untersuchung anderer Holo- thurien, vielleicht auch der Seeigel, nicht noch andere Schmarotzer-Tur- bellarien aufdeckt. 23 Der Kreis des Vorkommens dieser ohne alle Frage mannigfaltigsten Gruppe der Würmer ist mit der Gattung Anoplodium wiederum erweitert, und wir kennen sie nun von den Gipfeln der Bäume, aus Erdlöchern, wo sie den Regenwürmern nachstellen, aus allen Gewässern und aus der Leibeshöhle von Wohnthieren. 12. Gastrada horrida. Nov. gen. Nov. spec. Taf IV. 1. 2 Ohne Berücksichtigung der Geschlechtswerkzeuge würde dieses im Süsswasser von Corfu gefundene Thier eine Typhloplana sein. Es ist blind, der von oben rosettenförmig aussehende Schlundkopf liegt im vorderen Drittheil, unmittelbar dahinter der Wasserbecher. Es ist farblos und von der Länge des Vortex truncatus. Wird die Art nun aber auch durch die Beschaffenheit des Schlundkopfes und des Wassergefässsystems zu einem Mesostomum gemacht, so nöthigt doch der Vergleich der für die systematische Bestimmung der Turbellarien in erster Reihe stehenden Geschlechtswerkzeuge mit denen der typischen Arten von Mesostomum, wie ich sie in der Abhandlung über die Krakauer Tur- bellarien beschrieben, eine neue Gattung abzuzweigen. Wir haben hier nämlich eine Combination von Eigenthümlichkeiten von Vortex und Me- sostomum mit neu hinzutretenden Variationen vor uns. Weibliche Sa- mentasche und Eierstock verhalten sich wie bei Vortex. Der deutlich für sich abgegränzte Vorraum und die männliche Samenblase erinnern an Mesostomum; dagegen sind andere zum männlichen Apparate gehörige Theile, namentlich der neben der Vesicula seminalis liegende ausstülp- bare Theil des Ausführungsganges, bisher unbekannte Bildungsmoda- litäten. Die Geschlechtswerkzeuge nehmen ungefähr die Körpermitte ein. Die Geschlechtsöffnung (Taf. IV. I a) führt in einen kurzen cylindrischen Vorraum, in welchen von der Seite die weibliche Sa- mentasche (k) und der Eierstock (?) einmünden; erstere ist dünn- wandig, langgestielt, birnförmig, letzterer äusserst blass und verhält sich wie bei Vortex. Die Basis des Vorraums umfasst das Mundstück eines festen und ziemlich weiten Ganges (b), welcher sich hufeisenförmig krümmt und in dem anderen blind endigenden Schenkel (d) einen dich- ten Besatz von Häkchen trägt. Die genauere Abbildung eines solchen in Fig. 2. Es darf wohl nicht bezweifelt werden, dass dieser bewaffnete Gang umgestülpt wird und als Gopulationswerkzeug dient, wofür seine unmittelbare Nachbarschaft und der Zusammenhang mit der Samen- blase (e) spricht. Dass in derselben die Samenmasse (f) und die acces- sorische körnige Masse (g) räumlich getrennt sich befinden, bedarf nach den vielen von mir schon beigebrachten Beispielen kaum noch der Er- wähnung; eher verdient die regelmässige Zusammenlagerung der Zoo- 2% spermien bemerkt zu werden, indem sie wie ein zweizeiliger Wedel oder der Schwanz eines Billichs aussehen. Die Bedeutung des kleineren fingerförmigen Anhangs c, welcher in- wendig ebenfalls mit sehr feinen Stacheln ausgestattet ıst, kenne ich nicht, eine Analogie mit irgend einer Anhangstasche anderer Turbellarien scheint mir nicht vorhanden zu sein. Der Fundort war ein Süsswassergraben unterhalb El Canon aul Corfu. 13. Monocelis ophiocephala. Nov. spec. Taf. IV. 13.24. 5. Die einzige auf meiner Reise vorgekommene Art von Monocelis zeich- net sich, ohne im Uebrigen ein besonderes Interesse zu erregen, durch die Lage der Eierstöcke (Fig. 3 0) aus, welche sich hinten befinden, nicht vor dem Schlunde, wie bei den anderen Arten. Ihre Ausführungsgänge und der aus ihrer Vereinigung entstehende Gang sind deutlich bis zur Ge- schlechtsöffnung (p) zu verfolgen, während man vor derselben eine Samentasche(o) bemerkt. Eine vollständige Einsicht in das Geschlechts- system ist mir indessen ebensowenig gelungen, wie mir oder Anderen bei einer anderen Art. Obwohl die meisten Species in der Halsgegend etwas verdünnt sind, schien mir doch das Vorderende der neuen Art ganz besonders als Kopf hervorzutreten, und ich habe daher die Artbenennung entlehnt. Das un- paarige,Sinnesorgan ist Fig. 4 im Detail abgebildet. Der Vorderrand der äusseren Contur bildet einen vorspringenden Bogen, der sich zum Theil in der röthlichen, bald zusammenhängenden bald in zwei Haufen zerfallenden Pigmentmasse verbirgt. Auf dem inneren kernartigen Theile liegen 2 kleinere Gebilde auf, welche wie ein Paar Handhaben hervor- treten und sich bei stärkerem Drucke isoliren lassen. Sie erscheinen dann naviculaförmig mit einer inneren dunklen Stelle, die aber viel- leicht nur der Reflex einer Bruchfläche ist (Fig. 5). Ich enthalte mich jeder Deutung. Das Thier ist farblos. Fundort Corfu. V. Nachträge zu früheren Untersuchungen deutscher Süsswasser-Turbellarien. Ich werde im Anhange zu den obigen Reisefrüchten zunächst zwei neue, scharf characterisirte Arten von Vortex beschreiben , welche beide zahlreich bei Gratz vorkommen und in Grösse und Habktis sich eng an Vortex pictus anschliessen, von dessen Generationsorganen ich in der Abhandlung über die Krakauer Turbellarien eine vollständige Darstellung geben konnte. Auch die einzelnen Theile des Generationsapparates finden 25 sich in auffallendster Uebereinstimmung wieder, und man wäre in Ver- legenheit um diagnostische, kurz ausdrückbare Kennzeichen, wenn nicht der ausstülpbare hornige Begattungsapparat eine eben so sichere als leicht erkennbare Unterscheidung möglich machte. Wenn das Thier unter dem Mieroscop ganz zerquetscht ist, sieht man gerade diese Stücke am besten. Beide Arten zeichnen sich mit Vortex truncatus, pictus und einigen ande- ren auch dadurch aus, dass der Uterus immer nur ein einziges Ei enthält, welches, wenn es ausgebildet ist, sofort gelegt wird. Es folgt die Beschreibung der Geschlechtswerkzeuge von Planaria lactea, womit ich die Lücke ausfülle, die mir bei der Darstellung der Gratzer Planarien sehr fühlbar war. Ich glaubte bis vor Kurzem, die ausser der Planaria lactea oder Dendrocoelum lacteum im Leutrabache bei Jena sehr zahlreich lebende zweite Planarienart sei Planaria subtentacu- lata; jetzt habe ich mich überzeugt, dass es Planaria gonocephala ist. Die subtentaculata als gut bestimmte Art schwebt daher vorläufig noch in der Luft; ich für meine Person kenne sie nicht. 1%. Vortex cuspidatus. Nov. spec. Tat, IV. 6. 7. Ich habe eben gesagt, dass sowohl diese als die zweite neue Species in den äusseren Verhältnissen kaum von Vortex pictus zu unterscheiden seien. Die meisten Exemplare haben ein schmutzig röthlich-braunes Pig- ment; doch variirt die Stärke der Färbung sehr. Wie bei Vortex scoparius (Krakau) glaube ich auch hier wiederholt gesehen zu haben, dass die Seitenstämme des Wassergefässsystems in die Mundhöhle einmünden. Fig. 6 zeigt das Geschlechtssystem, wobei es, im Zusammenhalt mit meinen früher veröffentlichten Arbeiten, ausser der Erklärung der Be- zeichnungen, keiner weiteren Bemerkung bedarf. Als Begattungsapparat werden 4 hornige Stacheln ausgestülpt (Fig. 7). Wenn sie zurückge- zogen sind, liegen die 4 Spitzen nahe bei einander; bei der Umstülpung wird die Aussenecke der Basis nach innen und in die Höhe gewendet. Fundort Gratz. 15. Vortex armiger. Nov. spec. Taf. IV. 8. 9. Nach dem Vorhergehenden bleibt mir bei dieser Art nur übrig, auf die beiden Abbildungen 8 und 9 Taf. IV. zu verweisen. Eigenthümlich ist der abwechselnd enge und weite Ausführungsgang der Samen- tasche (A) mit doppelten CGontouren. Die Samenblase (a) ist verhält- nissmässig mehr in die Länge gezogen, als bei den verwandten Arten. Bine auffallende Kürbisform hat der in der Samenblase unterhalb des 26 Zoospermienballens befindliche Ballen der zähen grobkörnigen Masse (9)- Der ausstülpbare Hornapparat (b Fig. 8. Fig. 9) besteht aus drei Theilen; der mittlere ist spatenförmig, aber mit zwei Schenkeln von den äusseren ist der eine messerklingenförmig, der andere gleicht einer einzeiligen Fe- derfahne, eine häufig vorkommende Bildung. Fundort Gratz. 16. Dendrocoelum lacteum Oerstd. Planaria lactea Autt. Taf. IV. 10. 11.12, Dendrocoelum lacteum ist, so zu sagen, die populärste aller Planarien, seit fast einem Jahrhundert im System eingebürgert, unzählige Male unter dem Microscop zerquetscht — und in den wichtigsten Organisationsver- hältnissen bisher völlig unzureichend erkannt. Ob nicht etwa in der Planaria lactea Autt. mehrere Species verbor- gen stecken, muss vor der Hand dahin gestellt sein. Ich spreche hier von der weissen Planarie, welche sich zahlreich im Leutrabache bei Jena fin- det und welche Gegenbaur und ich ohne Frage als Planaria lactea bezeich- neten. Sollte künftig im Verbreitungsbezirk der Plan. lactea Autt. eine von der Jenaischen specifisch verschiedene weisse Planarie aufgefunden werden, so wird ihr ein neuer Artname beizulegen sein. Ich beschränke mich natürlich auf die Beschreibung des Geschlechts- apparates, Fig. 10. Geht man von der gemeinschaftlichen Geschlechtsöffnung (a) aus, so trifft man auf den mehrfach ausgebuchteten Vorraum (r). Von den hier einmündenden Theilen verhält sich nur der Uterusgang (m), wie ich ihn von den anderen Planarien beschrieben ; er und der Ute- rus (w) zeigen durchaus nichts Abweichendes und sollen hiermit abge- than sein. Man ist ferner gleich orientirt, dass ff die Samenleiter sind, welche in die Basis des Penis (e) führen. So verhält es sich bei allen von mir untersuchten Süsswasserplanarien, mit Ausnahme der Planaria gonocephala (Zeitschrift für wiss. Zoologie X. Taf. IV. 4); denn bei dieser nimmt nicht das Organ, welches sonst in jeder Beziehung dem Penis ent- spricht, die Vasa deferentia auf. Lassen wir die Pl. gonocephala unbe- tücksichtigt, so finden wir darin eine Uebereinstimmung des Dendroe. 'acteum mit D. Nausicaae, dass der obere freie Theil des Begattungs- gliedes nicht im Vorraum oder in einer unmittelbaren Ausbuchtung des Vorraumes liegt, sondern in einer eigenthümlichen Penisscheide (ec); diese aber wird bei Dendrocoelum lacteum nicht von dem erweiterten Vorraume beherbergt, sondern liegt ganz ausserhalb desselben und mün- det nur in der Nähe der Geschlechtsöffnung in denselben ein (b). Diese Scheide hat ihre besonderen Wandungen und besteht vornehmlich aus 27 Längsmuskelfasern , ist aber im Allgemeinen nicht sehr contractil und weicht in dieser Beziehung auffallend von dem durch seine Contractilität ausgezeichneten Gange des Dendroc. Nausicaae ab. Dies findet darin seine Erklärung, dass Dendr. lacteum ein ungemein dehnbares und bis- her bei keiner anderen Planarie beobachtetes Flagellum besitzt (Fig. 11. 12 r), das für gewöhnlich im Zustande der Ruhe in der Höhlung des eigentlichen Penis zurückgezogen liegt, aber umgestülpt und ziemlich weit durch die Penisscheiden- und Geschlechtsöffnung hervorgestreckt werden kann. Es ist mir unbegreiflich, dass dieser Bau bisher unbeob- achtet geblieben ist, wenn nicht etwa die eben ausgesprochene Vermu- thung zutrifft, dass es mehrere weisse Planarien in Mitteleuropa giebt. Wir müssen aber schon jetzt auf Planaria gonocephala zurückkom- men, um eine, wie mir scheint, sehr interessante morphologische Bezie- hung hervorzuheben. Hält man meine oben citirte Abbildung mit der vorliegenden von Dendroc. lacteum zusammen, so ergiebt sich von selbst, dass der Theil, welcher bei Plan. gon. als Begattungsorgan fungirt (p), bei Dendr. lacteum zur blossen Penisscheide geworden, und dass das eigen- thümliche Organ Ah der Plan. gon., worin die Producte der Körnerdrüse abgelagert werden, und wo auch die Samenleiter sich öffnen, dem eigent- lichen Penis mit Flagellum von Dendr. lacteum morphologisch entspricht. Denn dieselbe Körperdrüse begegnet uns auch bei Dendr. lact. (Fig. 10.n). Zieht man Dendroc. Nausicaae zur Vergleichung herbei, so tritt das mor- phologische Moment eigentlich noch klarer hervor, indem der kürzere kegelförmige Penis der gonocephala umgewandelt erscheint zum contrac- tilen Gange c (Taf. IV. 2 c), welcher vielleicht sogar auch die Function hat, die Samenmasse bei der Copula hinauszubefördern. In der Annahme der oben besprochenen Homologie kann man nämlich bei Dendroc. lact. dadurch beirrt werden, dass der aus der Vereinigung der beiden Eilei- Ler (i) entstandene einfache Gang nicht in den Vorraum einmündet, son- dern in die Penisscheide, bei i{. Da mir dies Verhältniss sehr auffallend und widersprechend erschien, habe ich es mit besonderer Aufmerksanı- keit untersucht, ich musste jedoch die Vermuthung einer Täuschung zu- rückweisen , da sich die Penisscheide mit dem daran haftenden und klar einmündenden Eigange wiederholt isolirt darstellte. Die CGombination ist allerdings sonderbar, und man kann über den Eigensinn der Natur lächeln, die Eitheile auf solchen Umwegen und durch Vermittlung des männlichen Apparates in den Uterus gelangen zu lassen; an der von uns begründeten morphologischen Auffassung wird dadurch aber nichts ge- ändert.’ Einfacher und weniger befremdlich wird dies Verhältniss, wenn man auf die Entwicklung des später so complicirten Geschlechtsapparates aus einem einfachen Hohlraume zurückgeht, wie es noch auf weiter vor- geschrittenen Stufen (Fig. 12) ersichtlich ist. Die Homologien der einfacheren Formen mit diesen zusammengesetz- 28 teren habe ich theils in der Arbeit in Band X. schon besprochen, theils ergeben sie sich, wie von Plan. olivacea, von selbst. Ich kehre nun zu Dendroc. Jacteum zurück. Zur Seite des Uterus- onnges befindet sich ein birnförmiger Körper (h) mit einem Hobl- raume und einem auf der Spitze ausmündenden Gange. Die Spitze ragt in den Vorraum hinein und die Wandung des letzteren bildet über jene eine Art Kappe. Da haben wir ohne Frage das Organ, welches Max Schultze gesehen und beschrieben, und von dem er behauptete, es käme auch bei Planaria torva und nigra vor. Ich habe das geleugnet und bleibe auch heute dabei?). Ueber die Bedeutung dieses Theiles von Dendrocoelum lacteum kann ich nichts Anderes sagen, als was auch Schultze gemeint hat: das darin enthaltene zähe körnige Secret werde vielleicht zur Bil- dung der Eischale verwendet. Wenn nun aber auch meine Untersuchun- gen an Polycelis nigra, an Planaria gonocephala, torva, olivacea und sa- gitta, denen man die oben beschriebenen Meerplanarien mit einer Ge- schlechtsöffnung anreihen kann, keine Spur dieses Organes entdeckten, so sind doch zwei andre meiner Planarien, die eine ohne Zweifel, die andre wahrscheinlich damit versehen. Die erste ist Dendrocoelum Nausi- caae, wo die birnförmige Drüse die Stelle des Uterusganges und Uterus einzunehmen scheint (Taf. II. 2 h). Vergleicht man ferner die hinter den Geschlechtsorganen in einer besonderen Höhle liegenden beiden birn- oder flaschenförmigen Organe von Polycelis cornuta (Bd. X. Taf. IM. 3) mit den birnförmigen hier beschriebenen Organen, so drängt sich die Homologie dieser Bildungen unwillkürlich auf; der Beweis dafür wird aber erst durch den Nachweis der Gleichartigkeit der Function gegeben werden. Der letztere würde nicht verlangt werden müssen, wenn die Pla- narien segmentirt wären, mithin die Homologie der Organe durch ihre Wiederholung in den Segmenten gezeigt würde. Doch ich kann es den Lesern dieser Zeitschrift überlassen, diese morphologischen Betrachtungen weiter zu spinnen, oder überhaupt nach eigner Weise anzustellen. Man-wird zugestehen, dass, nach dem wenigen bisber vorliegenden Material zu urtheilen, unter den wirbellosen Thieren ausser den Insecten und Mollusken unsere Gruppe der Turbellarien der morphologischen Bearbeitung ganz besonders zugänglich ist. Erklärung der Tafeln. Taf. I. Fig. 4. Leptoplana Alcinoi. Fig. 2. Geschlechtswerkzeuge von Leptoplana Aleinoi. — a männliche Geschlechts- öffnung ; 5 Penisscheide;; c horniges Endstück des Penis; d Bulbus des Pe- nis; eSamenblase; fff f Vasa deferentia; g weibliche Geschlechtsöffnung;; h Scheidenöffnung;; i Scheide; k Begattungstasche; m Samentasche; I Ver- bindungsgang zwischen Bursa copulatrix und Receptaculum seminis; n ute- rusartige Eileiter. 4) Nein! Siehe Seite 30, Zusatz, Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. RS Sa N 29 Leptoplana laevigata. Gehirn und Augen von Leptoplana laevigata. Geschlechtswerkzeuge von Leptoplana laevigata. — a männliche Oeffnung ; b Penisscheide; d Penisbulbus; f Samenleiter; g weibliche Oeffnung ; i Scheide; % Samentasche;; n Eileiter. Vordertheil von Prosthiostomum hamatum. Begattungsorgan von Prosthiostomum hamatum. a männliche Geschlechts- öffnung; 5b Penisscheide; c horniges Endstück des Penis; d Penisbulbus , f Samenleiter; z Neben-Samenblasen. Durch die Richtung des Pfeiles wird die Lage nach dem Vorderende des Körpers angezeigt. Taf. II. Dendrocoelum Nausicaae. Geschlechtswerkzeuge von Dendrocoelum Nausicaae. — a Geschlechtsöff- nung; b Eingang zur Penisscheide ; ce Penisscheide; d freies Ende des Pe- nis; e Peniswurzel;; f Samenleiter;; f' Samenblasen ähnliche Erweiterungen der Samenleiter; A Organ von unbekannter Bedeutung; 9 Mündung des- selben; © Mundöffnung; %k Ende des Rüssels. Planaria olivacea. Rechter hinterer Seitentheil des Darmes von Planaria olivacea. Geschlechtswerkzeuge von Planaria olivacea. — a Geschlechtsöffnung ; r Vorraum; b Penismündung; c Penis; d eigne Abtheilung, welche als Sa- menblase und Reservoir des körnigen Nebensecretes dient ; e Samenleiter; f Mündung des Uterusganges; g Uterusgang; h Uterus. Planaria sagitta. Rechter hinterer Seitentheil des Darmes von Planaria sagitta. Geschlechtswerkzeuge von Planaria sagitta. — iEileiter ; sonst wie in Fig. 5. Gunda lobata. Geschlechtswerkzeuge von Gunda lobata. — a Geschlechtsöffnung; r Vor- raum; c Penis; d Samenleiter; / Uterusöffnung,, m Uterus; n Eileiter. Taf. III. Cercyra hastata. — o Eierstöcke;; p Geschlechtsöffnung; a Wassergefäss- öffnung, Geschlechtswerkzeuge von Cercyra hastata. — a hornige Spitze des Penis; b Muskelschicht des Penis; c Samenblase; d Samenleiter ; e Oeffnung des Uterus; f Üterus. Dieselben Geschlechtswerkzeuge bei ertleerter Samenblase und während der Bildung eines Eies im Eihalter. Eierstock von Cercyra hastata, in der einen Hälfte blosse Keimbläschen enthaltend. Oeffnung des Wassergefässsystems mit dem inwendig flimmerden Becher. Haja plebeia. — p Geschlechtsöffnung. Geschlechtswerkzeuge von Haja plebeia. — a Geschlechtsöffnung;; 5 Penis- mündung; c Penis; d Samenleiter; f Scheideneingang; h Samentasche; n Eileiter ; g Eihalter. Convoluta infundibulum. — 0 Gehörkapsel. Geschlechtswerkzeuge von Convoluta infundibulum. a männliche Ge- schlechtsöffnung;; b Ductus ejaculatorius (umstülpbarer Penis?) ; c Samen- leiter; d Samenblasen (nicht constant); e Mundstück der Samenlasche (weiblich) ; f Samentasche. Fig. 40. Fig. 41. Fig. 12. Fig. #. Fig. 2. Fig. Fig. 4. Pie: 5: a Fie, 3. Fig. 8. Fig. 9. Fig. 10. Fig. 44. Fig. 12. 30 I Ein Samenfaden von Convoluta infundibulum. Geschlechtswerkzeuge von Anoplodium parasita. a trichterförmige Ge- schlechtsöffnung am Hinterende; b Ende des Penis; c Penis; d Samenlei- ter; e Scheidensphincter; f Scheide; g starrer Scheine h Eier- stock (und Samentasche?); K Keimstock ; i Ausführungsgang desselben - l Eibalter. Hinterende von Anoplodium parasita mit hervorgestrecktem Penis. Be- zeichnungen wie in Fig. 14. Taf. IV. Geschlechtswerkzeuge von Castrada horrida. aGeschlechtsöffnung;; bmänn- licher Ausführungsgang , cAusstülpung unbekannter Bedeutung. d Ausstülp- barer Theil, inwendig mit Haken besetzt; e Samenblase; f Samenfäden; g Körnermasse ; h Vasa deferentia; i Eierstock; k Becepfaculum seminis. Ein Haken aus dem Gange d Fig. A. Monocelis ophiocephala. a Schlundkopf; o Eierstöcke; v Samentasche ; p Geschlechtsöffnung. Das Sinnesorgan im Nacken der Monoc. ophiocephala. Einer der wie Handhaben der inneren Concretion des Sinnesorgans erschei- nenden Theile, isolirt und etwas comprimirt. Geschlechtswerkzeuge von Vortex cuspidatus. p Geschlechtsöffnung;; t Ho- den; foberer Theil der Samenblase, Spermatozoen enthaltend; g unterer Theil mit der körnigen Masse; b die ausstülpbaren vier Hornspitzen ; dDot- terstöcke; e Eierstock; h Receptaculum seminis;; z Eihalter. Eine der Hornspitzen (Fig. 6 b). Geschlechtswerkzeuge von Vortex armiger. Bezeichnungen wie 6. Die hornigen ausstülpbarenTheile (Fig. 8 b). Geschlechtswerkzeuge von Dendrocoelum lacteum. a Geschlechtsöffnung ; b Mündung der Penisscheide; c Penisscheide; de Penis; r ausstülpbarer Theil; f Vasa deferentia; n accessorische Drüse; r Vorraum ; m Uterus- gang; u Uterus; i Eileiter; h accessorisches Organ; g dessen Mündung; n Körnerdrüse. Der Penis von Dendrocoelum lacteum isolirt ; Bezeichnungen wie in Fig. 40. Die noch unentwickelten Geschlechtsorgane von Dendrocoelum lacteum. Zusatz. Die von mir bei Gratz gefundene Planarie, die ich als Plan. torva be- zeichnen zu müssen glaubte, ist eine neue Species. Schultzes Planaria torva habe ich eben jetzt kennen gelernt, sie besitzt, wie $. ganz richtig beschrieben, das birn- förmige Hülfsorgan. Hiernach bitte ich meine irrigen Angaben in Betreff dieser Art zu berichtigen. Das Nähere später. Ueber den Bau des Bulbus olfactorius und der Geruchsschleimhaut. Von J. Lockhart Clarke, Mitgliede der Royal Society in London. Nach dem englischen Manuscripte ins Deutsche übersetzt von A. Kölliker. Mit Tafel V. A. Bau des Bulbus olfactorius. Die Thiere, die zu dieser Untersuchung dienten, waren das Schaaf, die Katze und das Kaninchen. Der Bulbus olfactorius sammt seinem Stiele und den angrenzenden Windungen des Vorderlappens wurde zuerst in einer schwachen und dann in einer stärkeren Lösung von Chromsäure aufbewahrt, bis die Theile hinreichend erhärtet waren, um feine Schnitte zu gestatten. Diese wurden immer ohne weitere Zubereitung untersucht, häufig aber später auch noch nach der Methode behandelt, von der ich bei meinen Untersuchungen über den Bau des Rückenmarks und der Medulla oblongata einen so ausgedehnten Gebrauch gemacht habe. Da der Bulbus olfactorius des Schaafes grösser ist, als der der andern beiden genannten Thiere, durch Ghromsäure weniger brüchig wird und daher besser zur Anfertigung vollkommener feiner Schnitte sich eignet, so wähle ich den- selben vor Allem als Gegenstand der folgenden Schilderungen. Der Bulbus olfactorius des Schaafes (Fig 1 ce und Fig. 4) ist ein grosser eiförmiger weicher Körper, dessen vordere Seite, die in die tiefe Grube der Lamina cribrosa passt, gewölbt ist, während die hintere Fläche concav erscheint (Fig. 4) und das Ende des Stieles (Pedun- culus bulbi) wie ein Schuh den Fuss umgibt (v v’ v”). Dieser Stiel be- steht aus zwei deutlich getrennten Abiheilungen. Die Hauptabtheilung (Fig. 4 f) ist ein breiter, derber und langer Fortsatz, welcher den Bulbus mit gewissen Hirntheilen verbindet. Nach einem leicht gebogenen Verlaufe nach aussen und hinten verbreitert sich nämlich der genannte Theil oder 32 der eigentliche Stiel und geht unmittelbar in die Windung Fig 1 über, w elche mit dem Ammonshors am Boden des Unterhorns des seitlichen Ventrikels zusammenhängt. An der innern Seite dieses eigentlichen Stie- les findet sieh noch ein besonderer schmaler und viel weisserer Streifen (Fig. 1 q), welcher an der innern Seite der genannten Windung endet. Die zweite Abtheilung des Stieles besteht‘ aus kürzeren Fasern , welche den Bulbus olfactorius mit der Substaniia perforata antica (Fig. 1 h) und dem Corpus striatum vereinen. Die einen derselben (Fig. 1 a) kommen in gerader Richtung von dem hinteren und unteren Ende des Bulbus her, wihrend die übrigen von dessen oberer Seite ausgehen (Fig! e) und schief unter dem Hauptstiel vorbeiziehen, um mit den andern sich zu verbin- den. In der Ausdehnung von etwa Y, vom Bulbus weg ist der Stiel frei, der übrige Theil desselben dagegen vereint sich aufs innigste mit den Windungen des Vorderlappens des Gehirns in einer Weise, die an Quer- und Längsschnitten durch den Stiel und Bulbus genügend erkannt wer- den kann. Fig. 2 stellt einen Längsschnitt dar in der Richtung der punc- tirten Linie von Fig. I, d. h. durch den Bulbus, die Substantia perforata antica und das Corpus striatum, sowie durch die kurzen Gommissuren- fasern (a) des Bulbus. Dieser Schnitt ergibt, dass die graue Substanz p einer vordern Hirnwindung bei & auf die obere Seite des Stieles über- geht und eine Strecke weit gegen den Bulbus sich fortsetzt. Unmittelbar unter dieser Lage von grauer Substanz ist die weisse faserige innere Masse des Stieles. Auch diese ist nichts Anderes als eine unmittelbare Verlänge- rung der weissen Marksubstanz der Hemisphären (zz) und in gleiche Linie zu stellen mit den Fortsätzen, welche dieselbe Markmasse in die gewöhnlichen Windungen (pp) abgibt. Diese weisse Substanz ist auch nicht blos auf den Stiel beschränkt, sondern geht auch in den Bulbus über und bildet hier eine faserige Schicht von bedeutender Stärke rings um die centrale Höhle oder den Ventrikel desselben. Nach aussen von den genannten beiden Fortsetzungen der Hemisphären kommen dann noch mehrere Lagen grauer Substanz, auf welche ich gleich zurückkom- men werde. Dem Gesagten zufolge ist es klar, dass der Bulbus olfactorius eine vordere Gehirnwindung ist, zu der noch besondere Theile sich hin- zugesellen. Nach hinten ist, wie der beschriebene Schnitt zeigt, der fa- serige Theil des Stieles mit dem Corpus striatum (s) verbunden und zwar nicht blos durch die Markmasse zz, sondern durch Fasern, welche über dem Chiasma gerade rückwärts laufen und mit den untern Theilen des Grus cerebri (a’) sich vereinen. Die Untersuchung eines ganz dünnen Schnittes der Substantia per- lorata antica (Fig 2 h) ergibt, dass die oberflächliche Lage aus einem feinen Netzwerke von Fasern mit zahlreichen Blutgefässen und einigen longitudinalen “einfachen Fasern besteht, welche offenbar von dem Peduneulus bulbi abstammen. Dieses Netzwerk hat so ziemlich das An- sehen von Bindegewebe und enthält da und dort körnige Kerne ähnlich 33 den drei kleinsten der Fig. 5 bei a. Etwas tiefer nimmt jedoch dieses Netzwerk ein eigenthümliches bienenwabenähnliches Ansehen an, zeigt eine gewisse Zahl von leeren Räumen und enthält da und dort unregel- mässige Schichten oder Gruppen von Zellen. Einige von diesen sind rund, klein und körnig (Fig. 5 b), die Mehrzahl jedoch ist sehr mannigfach ge- staltet, dreieckig, halbmondförmig oder in sehr wechselnder Weise stern- förmig (Fig. 6). Uebrigens sind diese Zellen nicht so scharf begrenzt und auch deren Kerne nicht so deutlich wie die, welche man sonst in der grauen Substanz der nervösen Gentren vorfindet. Sehr häufig bildet die concave Seite einer halbmondförmigen oder anderweitig gestalteten Zelle einen Theil der runden offenen Räume in dem vorhin beschriebenen Netz- werke, welches die Zellen einschliesst. Dieses Netzwerk wird übrigens von nichts Anderem als von den Fortsätzen der Zellen gebildet, durch welche dieselben unter einander sich verbinden, und kann ich noch bemerken, dass ähnliche Bildungen auch in der grauen Substanz der Hirnwindungen und des Rückenmarks der Katze, sowie von Vögeln vorkommen. — Die Zellen im Corpus striatum sind beinahe alle rund oder eiförmig, fein granulirt und mit deutlichem Kern (Fig. 5 b). Zur Erforschung der elementaren Zusammensetzung des Pedunculus Bulbi olfactorii sind feinste Quer- und Längsschnitte nöthig. Fig 3 zeigt einen Querschnitt des Stieles und der Hirnwindung, unter welcher der- selbe liegt, in der Höhe von « in Fig. 4 und von.& in Fig. 4. Die gewölbte Masse zwischen den Furchen / und / ist der äussere Theil des Stieles, wie er bei a Fig. I erscheint. Die’ dunkle Lage s sind die Fasern, welche von dem Bulbus zur Substantia perforata antica q verlaufen, über der g’ einen Theil des Corpus striatum darstellt. d ist der Schnitt der Windung din Fig. 4, mit welcher der Stiel verbunden ist und deren weisse Sub- stanz o mit derjenigen des Pedunculus zusammenhängt, während ihre graue Rinde p um die Spalte / sich fortsetzt, um eine ähnliche Lage an der Aussenseite des Stieles zu erzeugen. Daraus folgt, dass nicht nur der Bulbus sondern auch der Stiel eine Art Hirnwindung darstellt, die jedoch einige Abweichungen in ihrem feineren Bau darbietet. Untersucht man den beschriebenen Schnitt mit einer stärkeren Ver- grösserung, so ergibt sich, dass der graue Ueberzug des Stieles (Fig. 3 r) eine grosse Menge von Zellen gleich denen der grauen Substanz der Hirn- windungen enthält, nur dass dieselben.mehr in gesonderten aber unregel- mässigen Gruppen stehen. Ziemlich allgemein verbreitet finden sich ovale, birnförmige oder mehr weniger runde Zellen, deren Zartheit so gross ist, dass sie durch die Wirkung der Ghromsäure leicht verändert werden tue häufig mehr nur wie ovale oder runde Hohlräume, die einen Kern mit Nucleolus einschliessen, erscheinen (Fig. 5«). Die ie gelagerten Zellen sind entweder sternförmig und von sehr verschiedener Gestalt, gleich denen in der Subst. perforata antica, oder ei- und spindelförmig und in der Richtung des Dickendurchmessers der grauen Schicht gelagert Zeitschr. f. wissensch. Zoologie. XI. Bd. 3 34 (Fig. 3 r). — Die innere weisse Substanz des Stieles besteht hauptsäch- lich aus zarten Längsfasern, doch enthält dieselbe auch, jedoch eher spär- lich, Zellen der verschiedenartigsten Gestalt, wie die der grauen Schicht, denen sie auch in der Grösse ziemlich gleich kommen. Von allen Seiten, besonders aber aussen bei ! Fig. 3 strahlen eine gewisse Zahl von zarten dunkelrandigen Fasern gegen die Oberfläche, von denen einige offenbar in Verbindung mit den Zellen stehen, vor Allem mit denen, die in der nämlichen Richtung verlängert sind, während die andern verschiedent- lich gekreuzt zwischen den Zellen eine Art Netzwerk erzeugen, und gegen die Oberfläche zu immer feiner werden, woselbst dann schliesslich manche in die dunkle Rindenschicht bei s Fig. 3 eintreten. Der Bulbus olfactorius selbst enthält beim Schaafe einen geräumigen Ventrikel, der in derselben Richtung verlängert erscheint, wie der Bul- bus, und von einem flimmernden Epithel ausgekleidet wird, dessen ein- zelne Zellen rund oder eiförmig sind, durch eine gewisse Zahl glänzender Körner sich auszeichnen (Fig 7 a) und, wenn sie in normaler Lage sind, durch ihre leicht verdickten Endflächen wie eine zarte Guticula darstel- len, weiche die Wimpern trägt, die besonders durch ihre sehr verschie- dene Breite sich auszeichnen und deutlicher sind, als in irgend einem andern Theile des centralen Nervensystems. Vom tiefern Ende einer jeden Flimmerzelle entspringt ein fadenförmiger Fortsatz, der entweder gerade oder schief in die den Ventrikel zunächst umgebende Substanzlage ein- zieht, hier mit den Fortsätzen der andern Zellen wie eine Art Maschen- netz bildet und in eine ringförmige Faserschicht übergeht, deren Elemente den gröberen Cilien sich vergleichen lassen und sowohl quer als der Länge nach verlaufen. Diese ganze Schicht enthält zahlreiche Zellen, welche mit den Fasern derselben zusammenhängen und in allen Beziehungen, ausser dass sie im Mittel etwas kleiner sind, mit den Kernen der Wimperzellen übereinstimmen. Unterhalb oder nach aussen von dieser Epithelialschicht befindet sich eine ungefähr fünfmal so dicke Lage von längsverlaufenden,, dunkelcon- tourirten, eher feinen Nervenfasern, von denen jedoch manche doppelte Contouren besitzen (Fig. kuw, Fig. 7b, in welch letzterer Figur aus Man- gel an Raum nur etwa ”/, der Lage dargestellt ist). Diese Fasern sind die Fortsetzung der centralen weissen Fasern des Stieles (Fig. 4"), die, wie wir schon oben sahen, ihrerseits von der Markmasse der Hemisphären abstammen (Fig. 2). An der Rückseite des Bulbus stellen diese Fasern im mittleren Drittheile den einzigen Ueberzug des Epithels dar (Fig. % u) und gehen von diesem aus überall, jedoch mehr sparsam, Kerne auch in die genannte Faserschicht ein (Fig. 7 b). — Auf diese Faserschicht folgt eine weitere sehr bemerkenswerthe Lage, die dieselbe auch an der Spitze und in etwas von derRückseite her bekleidet (Fig. k vv’) und aus 2 Thei- len besteht : 1) aus einem Plexus von Nervenfaserbündeln, deren Elemente grösstentheils sehr zart, zum Theil aber auch etwas stärker sind, 35 und 2) aus Kernen, anscheinend von demselben Ansehen wie die der Epithelialschicht und longitudinalen Faserlage und ungefähr von dersel- ben Grösse wie die Blutzellen (Fig. 7 c, in welcher die Stärke dieser Lage, die derjenigen der Lage b gleichkommt, auch nicht richtig wiedergegeben ist). In einem Längsschnitte des Bulbus (Fig. #, Fig. 7) sind die Maschen des genannten Netzwerkes mehr weniger in der Längsrichtung des Bulbus verlängert und bilden daher die Kerne verlängerte, eiförmige oder spindelförmige, verschieden grosse Züge. Uebrigens boten auch Quer- schnitte des Bulbus ungefähr dasselbe Ansehen dar, woraus zu folgen scheint, dass die Kerngruppen eine Art Netzwerk mit unregelmässigen reihenförmigen Abtheilungen bilden, deren Oberflächen denen der ganzen Schicht parallel laufen. In der That zeigten auch Horizontalschnitte (Fig. 8), dass diese Annahme richtig ist, zugleich ergaben dieselben auch, dass die Kernhaufen nach innen allmälig sich auflösen und die Elemente der- selben mehr gleichförmig sich vertheilen. Die Nervenfasern dieser Schicht scheinen ganz und gar von den Nervenfasern der Lage b Fig. 7 abzustam- men und sieht man deutlich, wie diese allmälig, indem sie einen schiefen Verlauf annehmen und sich zu verflechten beginnen, in das eigentliche Maschennetz übergehen, dessen Elemente gegen die äusseren Grenzen die- ser Schicht immer feiner werden und endlich die geringsten Dimensionen annehmen. Eine grosse Zahl von Nervenfasern jedoch setzt in gerader Richtung in parallelen Zügen aus der einen in die andere Schicht über und diese Fasern sind es, welche die in der Fig. 4 so deutliche Streifung der äusseren Schicht erzeugen. Alle Kerne dieser Schicht sind durch ein Netzwerk von Fäserchen mit einander verbunden, welche von den wie- derholten Theilungen der Nervenfasern abzustammen scheinen. Ich muss jedoch gestehen, dass ich über dieses Verhältniss nicht mit vollkommener Bestimmtheit mich auszusprechen im Stande bin, doch scheint für die geäusserte Vermuthung zu sprechen, dass die Nervenfasern je wei- ter nach aussen um so mehr an Durchmesser abnehmen und dass die Kerne in der Richtung der Nervenfasern gedrängter stehen und mit dem Netzwerk der Fäserchen inniger verbunden sind. Umgeben wird die gesammte eben beschriebene kernhaltige Schicht von einer mässig dicken aber äusserst weichen Lage von grauer Substanz (Fig. 4 w), welche leicht als Ganzes von dem festeren Theile sich trennt, den sie umschliesst. Auch im ganz frischen Zustande ist diese Masse grauer, durchsichtiger und von fast gallertiger Beschaffenheit, so dass dieselbe, auch wenn sie in der zartesten Weise mit dem dünnsten Deck- gläschen bedeckt wird, doch zu einem grossen Umfange sich verbreitert. Diese Substantiagelatinosa des Bulbus, wie ich sie aus diesem Grunde heisse, besteht aus zwei Schichten. Die innere derselben (w Fig. 4 und d Fig. 7, in welcher Figur auch diese Lage nicht vollständig dargestellt ist) besteht aus einem Netzwerk von Fasern, grossen Nervenzellen und vereinzelten Kernen. Das Netzwerk ist gröber und weitmaschiger als das- 3% 36 # jenige der kernhaitigen Lamelle, cin Fig. 7, steht jedoch in unmittelbarem Zusammenhange mit demselben. Die grossen Nervenzellen stehen in dem ‘nnern Theile dieser Schicht in einer unregelmässigen Reihe, wie dies Fig. 9 darstellt, in welcher fünf derselben wiedergegeben sind. Dieselben weichen in Gestalt und Grösse nicht unerheblich von einander ab. Viele derselben sind spindelförmig oder eiförmig und mit der längern Axe senkrecht auf die Ebene dieser Schicht gestellt, andere erscheinen mehr rundlich, dreieckig, sternförmig oder in verschiedener Weise unregelmässig seformt. Einige ihrer Fortsätze reichen bis in die nächstinnere kernhaltige Schicht, mit deren Netzwerk ihre Aeste zusammenhängen (Fig. 7 d), andere erstrecken sich in entgegengesetzter Richtung und verbinden sich in der nämlichen Weise mit dem Netzwerk der Lage, die ich eben be- schreibe und das die Zellenkörper selbst einschliesst. Noch andere Fort- sätze verlaufen horizontal oder schief, wie ich dies Alles ausgezeichnet schön und deutlich bei der Katze gesehen habe. Die Kerne in der hier beschriebenen Lage finden sich in mässiger Menge da und dort und hän- gen durch die Fasern des Netzwerkes aufs innigste unter einander zu- sammen. Viele derselben sind von der nämlichen Beschaffenheit, wie die der nächstfolgenden innern Schicht. Andere sind deutlicher granulirt und noch andere sind zwei- oder dreimal grösser mit klaren runden Nucleolis und den Kernen der grossen Nervenzellen der grauen Substanz der Hirn- windungen vollkommen gleich, ebenso wie denen des Stieles des Bulbus olfactorius und der Substantia gelatinosa des Rückenmarks. Ich will mich nicht unterfangen, bestimmt zu entscheiden, obirgend ein Theil des be- schriebenen Netzwerkes zur Bindesubstanz zu zählen ist oder nicht. Auf jeden Fall sind viele der kleineren körnigen Kerne allem Anscheine nach denen gleich, die im Bindegewebe vorkommen und von denen ich gezeigt habe, dass sie auch in der Bindesubstanz der weissen Rückenmarks- stränge nicht fehlen, ebenso wie sie auch in allen Theilen der grauen Substanz vom grossen und kleinen Hirn und vom Rückenmark sich finden'). Nichtsdestoweniger ist es sicher, dass in das fragliche Netzwerk und durch das Ganze der gelatinösen Substanz des Bulbus eine grosse Zahl von äch- ten Nervenfasern, und zwar viele senkrecht, von der nächstfolgenden in- nern kernhaltigen Lage aus verlaufen. Einzelne wenige dieser Fasern messen noch 000 , die bei weitem grössere Mehrzahl derselben jedoch ist so ausnehmend fein und zart, dass es oft schwierig wird, über ihre wahre Natur ins Reine zu kommen, es sei denn dass man die Theile ganz Irisch oder nach einem nur kurzen Verweilen in einer sehr schwachen Lösung von Chromsäure untersuche, in welcher die fraglichen Elemente als feine, in jeder Richtung durch eine sehr zartkörnige Grundlage verlau- fende varicöse Fädchen erscheinen. 1 Die zweite oder äussere Lage der Substantia gelatinosa des Bulbus 1) Lockhardt Clarke, further researches on the grey substance of the spinal chord in Philos. Transact. 4859, Part A. p. 444. 37 besteht aus zahlreichen dunklen und mehr weniger rundlichen Massen, die in kleinen aber unregelmässigen Zwischenräumen und ohne grössere Regelmässigkeit in das gemeinschaftliche Netzwerk eingebettet sind, welches hier eher lockerer ist als in der andern Lage dieser Schicht und eine grössere Zahl von grösseren und kleineren Kernen enthält (Fig 4 e Fig. 7 e). Manche dieser Kerne sind sehr gross und messen bis Y, , und diese liegen mehr an der innern Grenze dieser Schicht, während die mehr nach aussen gelegenen kleiner und weniger scharf begrenzt sind und mit dem innern Theil der nächstfolgenden Schicht von Olfactoriusfasern (m m m Fig. %) innig zusammenhängen. Untersucht man einen feinen Schnitt dieser Substanz bei starker Vergrösserung, so erkennt man, dass die dunklen Körper aus einem Netzwerk oder einer Art schwammiger körniger Substanz mit eingestreuten Kernen bestehen (Fig. 7 e) welches Netzwerk offenbar von ähnlicher Beschaffenheit ist, wie das benachbarte Netzwerk der Subst. gelatinosa, mit dem es auch von allen Seiten zu- sammenhängt. Im frischen Zustande zeigen sich die rundlichen Massen von feinerem Bau und mehr körnig als nach längerer Einwirkung der Chromsäure und ergeben sich auch als reichlich mit ‚Blutgefässen ver- sehen. Die letzte oder oberflächliche Lage des Bulbus (m m m Fig. 4) be- steht aus den Nervenfasern der Rami olfactorii mit der Pia mater und Blutgefässen. Die Nervenfasern sind blass, platt, kernhaltig und.granulirt und finden sich zu Bündeln von wechselnder aber immer bedeuten- der Stärke vereint, die ein dichtes Netzwerk bilden. An der in- nern Seite dieser Schicht hat es ganz den Anschein, als ob die Bündel aus dem Netzwerke der dunklen rundlichen Massen ihren Ursprung näh- men (/ Fig. 7), wenigstens ist so viel sicher, dass Faserbündel ganz vom Ansehen derer der Nervi olfactorii in dieser Weise entspringen. Von der äussern Seite des genannten Plexus ziehen dann einzelne Bündel zu den Löchern der Lamina cribrosa, um in bekannter Weise an die Schleimhaut der Regio olfactoria zu treten, I. Schleimhaut der Regio olfactoria. Zur Untersuchung dieser Schleimhaut benutzte ich einmal ganz frische Präparate, die ich theils mit Hülfe feiner Nadeln zerlegte oder mit dem Messer oder der Scheere in feine Segmente schnitt, zu denen ich dann etwas verdünnte Essigsäure zusetzte. Eine andere Methode bestand darin, dass ich die Muscheln mit der Schleimhaut entfernte, in verdünn- ter Chromsäure macerirte und zur Herstellung feiner Schnitte durch die ganze Dicke der Schleimhaut benutzte, welche dann mit verdünntem Glycerin untersucht wurden. Wird beim Schaaf oder bei der Katze die oberflächliche oder Epithe- lialschicht der so vorbereiteten Schleimhaut bei einer mässig starken Ver- - 38 grösserung sorgfältig untersucht, SO findet man die folgenden Elemente: Senkrecht zur Oberfläche und dieselbe erreichend zeigt sich eine dichte Reihe von cylindrischen oder leicht conischen Massen, welche sowohl in der Gestalt als im Bau eine grosse Aehnlichkeit mit den Ausläufern der Ma- gensaftdrüsen besitzen (Fig. 10). Eine jede derselben besteht aus meh- reren senkrechten, feingranulirten und allem Anscheine nach breiten Fa- sern, die in kurzen Zwischenräumen eine gewisse Zahl von zarten rund- lichen oder ovalen granulirten Kernen enthalten und in der Art mit einander verbunden zu sein scheinen , dass sie wie eine an der Ober- fläche offene Röhre bilden. Untersucht man diese Fasern genauer, so er- gibt sich, dass dieselben von sehr verschiedener Gestalt sind. Die einen nämlich sind zart und von gleichmässiger Breite, während andere mehr spindelförmig erscheinen und so innig mit einander verbunden sind, dass mehrere zusammen nur wie Eine Faser erscheinen (Fig. 11). Die cylindrischen Massen, welche von denselben gebildet werden, sind ofien- bar in Verbindung mit den subepithelialen Drüsen, denen dieselben Kerne in Menge zukommen, und nichts als Ausläufer derselben. Doch sind dieselben dicht umgeben und im innigsten Zusammenhang mit den Epi- thelialeylindern (Fig. 40 a), zu deren Beschreibung ich jetzt übergehe. Jeder derselben hat einen kleinen, mehr weniger eiförmigen Kern, der in _ etwas verschiedener Entfernung von dem freien Ende der Zelle seine Lage hat (Fig. 12) und nach aussen und nach innen besondere Fortsätze ent- sendet. Der innere Fortsatz des Nucleus ist bei weitem der feinere, verläuft etwas gebogen und unregelmässig und zeigt in verschiedenen Gegenden dreieckige Verbreiterungen, von welchen aus nach beiden Richtungen, einwärts und auswärts, feinere Aestchen abgehen. Gewöhnlich endet dieser Fortsatz mit einer grösseren, eiförmigen, dreieckigen oder unregel- mässigen Anschwellung, die auch ihrerseits zwei oder mehr Fädchen in verschiedenen Richtungen abgibt. Diese feineren Verästelungen scheinen manchmal wie mit den Zellen oder Kernen der vorhin beschriebenen drüsigen Massen verbunden zu sein, denen dieselben so nahe anliegen, doch bin ich nicht im Stande, hierüber mit Bestimmtheit mich auszu- sprechen. So viel ist jedoch sicher, dass am innern Ende der Epithelial- schicht und manchmal beinahe die Hälfte derselben ausmachend eine Lage von runden oder ovalen Kernen sich findet, mit welcher die ge- nannten Ausläufer zusammenhängen und so ein zusammenhängendes kernhaltiges Netzwerk erzeugen. Dieses Netzwerk ist offenbar ebenfalls im Zusammenhang und in seiner Natur identisch mit der subepithelialen Drüsenschicht, welche mit ähnlichen Kernen untermengt ist und auch gewöhnliche granulirte Schleimkörperchen enthält. Die freien Enden der Epithelialeylinder sind von verschiedener Breite und auch von den Kernen an gerechnet nicht alle von derselben Länge, doch reichen alle genau bis zur Oberfläche hin. Obschon diese Gebilde sowohl durch die Grösse und Gestalt der Kerne, als auch in ihrem allge- 39 meinen Habitus etwas von einander abweichen, so sind dieselben doch offenbar Alle von derselben Art und habe ich weder beim Schaaf noch bei der Katze unter denselben irgend etwas von den »Riech- zellen« gesehen, welche mit ihren varicösen Fortsätzen beim Frosche so deutlich und bemerkenswerth sind und die ich auch vom Hecht kenne, wo die varicösen Anhänge breiter und deutlicher sind als beim Frosch. Vielleicht dass die spindelförmigen Zellen der ceylindrischen Drüsenfort- sätze, die in Fig. 11 dargestellt sind, mit ihnen verwechselt worden sind, auf jeden Fall sind die einzigen Bildungen, die ihnen entsprechen, die runden oder ovalen Kerne der tiefern Lage der Epithelialschicht, die, wie wir sehen, mit den Ausläufern der Epithelialeylinder verbunden sind. Beim Kaninchen ist es mir nicht gelungen, die cylindrischen Drüsen- verlängerungen im Epithel so deutlich wahrzunehmen, wie beim Schaafe und bei der Katze. Dagegen sind die Ausläufer der Epithelialcylinder sehr zahlreich und bilden dieselben ein ununterbrochenes Netzwerk mit einer grossen Zahl ziemlich regelmässig vertheilter Kerne, welche den Drüsen- fortsätzen anzugehören scheinen (Fig. 13). Die Fig. 1% stellt zwei isolirte Epithelialcylinder dar, von denen der eine zwei der genannten Kerne in den Theilungswinkeln des innern Forisatzes enthält, während der andere eine Reihe eckiger Verbreiterungen zeigt, deren Ausläufer, wenigstens bei einigen, sicherlich in das Fasernetz sich fortsetzen, welches zwischen den subepithelialen drüsigen Massen (Fig. 13 5b) enthalten ist; dieses Netzwerk besitzt ähnliche eckige Anschwellungen zwischen den genann- ten Massen mit Kernen, die denen in den Epithelialausläufern ganz gleich sich verhalten. Beim Frosche haben die Epithelialeylinder, ebensowohl wie bei den Säugern, einen verwickelteren Bau, als man ihnen gewöhnlich zuschreibt. Ihre untern Ausläufer senden nach beiden Richtungen, ein- und auswäris, feine Fortsätze aus, die manchmal zahlreicher sind und in gewissen Fäl- len ein- oder zweimal sich spalten und wieder vereinigen (Fig. 15). Zu innerst enden dieselben manchmal in eine Art dreieckiger Erweiterung, die in zwei’ oder drei Fortsätze ausgeht, wie Schultze dies dargestellt hat, häufig jedoch bilden dieselben hier ein Bündel von geraden oder gewun- denen Fasern, so dass das Ganze oft der Wurzel einer Pflanze gleicht. Die » Riechzellen «, die sehr zahlreich sind, sind so angeordnet, wie M. Schultze angibt, es schien mir jedoch häufig, als ob ihre zarten innern, varicösen Fortsätze mit den Ausläufern der Epithelialzellen zusammenhingen, doch bin ich in dieser.Beziehung zu keiner ganz bestimmten Ueberzeugung ge- langt. Darüber können jedoch keine Zweifel bestehen, dass die Epithe- lialfortsätze in den tiefern Theilen der Epithelialschicht mit Kernen in Verbindung sind, deren Ansehen mit dem der Kerne der Riechzellen ganz übereinstimmt, ausgenommen dass dieselben meist runder sind und we- nigstens zwei, wahrscheinlich noch mehr kurze feine Fortsätze besitzen, so dass in einem vollkommenen Schnitte der untere Theil der Epithelial- 4.0 schieht das Ansehen eines mit Kernen verbundenen und dieselben ein- schliessenden Netzwerkes hat (Fig 16 5 b). aM Unter dem Epithel findet sich eine tiefere Lage von drüsigen Massen, die dicht beisammen liegen und sehr verschieden geformt sind, entweder rund oder evlindrisch oder gewunden, je nachdem der Schnitt sie getrof- fen hat. Diese Massen zerfallen in zahlreiche kleinere Unterabtheilungen, die aus Körnchen und‘ Kernen bestehen und Fortsätse besitzen, durch welche sie unter einander und mit dem Netzwerk der Drüsenmassen der Epithelschicht zusammenhängen (Fig. 16 a). Die Kerne sind feinkörnig und gleichen in der Grösse und im Ansehen ganz den runden Kernen der tieferen Lage des Epithels, ausser dass sie vielleicht nicht immer so scharf sezeichnet sind. Auch die übrigen Theile der Drüsenschicht zwischen den Drüsenmassen enthalten in Menge solche Kerne. In der ganzen Regio ol- factoria dringen zahlreiche Fortsätze der Drüsen in der Weise in das Epi- thel ein, wie dies die Fig. 16 wiedergibt, Fortsätze, die bald als zuge- spitzte eylindrische Massen erscheinen, die aus einer bedeutenden Tiefe aufsteigen, oder als birnförmige Verlängerungen mehr oberflächlich liegen- der Theile sich darstellen, wiein Fig. 16. In ihrem Verlaufe gegen die Ober- fläche drängen diese Fortsätze die Elemente des Epithels wie Keile aus einander, doch scheinen diese, wie bei den Säugethieren, ebenfalls mit dem innern Fasernetz verbunden zu sein, das die Drüsenmassen in kleinere Abtheilungen scheidet. In Objecten, die lange Zeit in Chromsäure ver- weilten, scheint die körnige Substanz zwischen den Kernen der Drüsen ganz und gar aus fortgesetzten Theilungen der genannten Fasernetze zu bestehen. He Die eigentliche Endigung der Nervenfasern des Olfactorius ist unge- mein schwer zu bestimmen und kann ich nicht sagen, dass ich in dieser Beziehung zu ganz abschliessenden und bestimmten Resultaten gelangt bin. In der Schleimhaut der Regio olfactoria eben getödteter Thiere sieht man an kleinen, mit der tieferen Fläche nach oben gerichteten Stückchen nach Zusatz von etwas verdünnter Essigsäure einen schönen Plexus der platten kernhaltigen Olfactoriusfasern in- den Zwischenräumen zwischen den runden Drüsenmassen. In dünnen senkrechten Schnitten mit ver- dünnter Chromsäure behandelter Schleimhaut kommen dieselben Bilder zum Vorschein. Indem die Nerven zwischen den Drüsen durchziehen, lösen sie sich, wie ich besonders beim Frosche wahrgenommen (Fig. 16.), an der Aussenfläche derselben in die feinsten Fäserchen auf und scheinen sich in denselben zu verlieren. Bei den Säugethieren und beim Frosche sieht man auch viele Aeste der Nerven, die unmittelbar gegen die Be- erenzung des Epithels heransteigen. Fig. 16 stellt einen feinen senkrech- ten Schnitt der convexen Erhabenheit in der Regio olfactoria des Frosches dar, in welchem der Nervenstamm c in der Drüsenschicht sich zu wieder- holten Malen theilt. Zwei Aestchen d begeben sich zum untern Theil der Drüse a und verlieren sich hier mit ihren Primitivfasern. Die andern MM ziehen aufwärts und lassen sich ihre Fasern, die zu zwei oder mehr in jedem Zweigelchen vorkommen, eine kleine Strecke weit in das kernhal- tige Netzwerk (b) hinein verfolgen, welches von den untern Ausläufern der Epithelialeylinder gebildet wird. Hier verlieren sich dieselben und scheinen in der That mit dem Netzwerk selbst sich zu verbinden, doch kann ich nicht behaupten, eine Verbindung einer Nervenfaser mit einem Theile des Netzwerkes isolirt und ganz bestimmt gesehen zu haben. Findet sich wirklich eine solche Vereinigung — und ich glaube anneh- men zu dürfen, dass dem in der That so ist — und ist das » olfactorische « kernhaltige Netzwerk mit den Ausläufern der Epithelzellen verbunden, so folgt hieraus, dass die Nervenfasern, wenn auch nicht! ganz direct, doch ebenfalls mit den Epithelialeylindern verbunden sind. Aber wie enden die Nerven in der Drüsensubstanz? Ich habe schon oben auf die Aehn- lichkeit der Ausläufer der Epithelialzellen mit dem Fasernetz im Innern der Drüsen, sowie auf die Uebereinstimmung der Kerne des » olfacto- rischen « kernhaltigen Netzwerkes mit den Kernen der Drüsen aufmerk- sam gemacht und kann mich nicht enthalten, die Frage aufzuwerfen, ob nicht die Nervenfasern auch in den Drüsen mit dem Fasernetz in denselben sich vereinen. Leider war ich nicht im Falle, dieser Frage eine grössere Aufmerksamkeit zuzuwenden, die sie auf jeden Fall ver- dient, und will ich daher nur noch bemerken, dass ich mit Eckhard ganz übereinstimme, wenn er die Zellen, die er in den Fig. 9 und 10 seiner Beiträge abbildet, zu den Drüsen rechnet. London, den 2. August 1860. Erklärung der Abbildungen. Taf. V. Fig. 1. Rechter Bulbus olfactorius und Stiel desselben vom Schaafe mit einem Theile des vorderen und mittleren Hirnlappens. c Vordere convexe Oberfläche des Bulbus; f Stiel desselben; a, e sein vorderes Ende mit den schiefen, denselben kreuzenden Fasern; i Gyrus hippocampi, mit welchem derselbe nach hinten zusammenhängt; d eine der Windungen des vorderen Hirn- lappens, mit welcher der Stiel und der Bulbus zusammenhängen; h Sub- stantia perforala antica. Fig. 2. Längsschnitt in der Richtung der punctirten Linie 5, bin Fig. 1. pp Graue Substanz von zwei unteren Windungen des vorderen Hirnlappens, die bei x auf den,Bulbus übergeht; z z weisse Substanz der vorderen Hirnwindungen, die einen Fortsatz in den Stiel und um den Ventriculus bulbi e abgibt ; A Sub- stantia perforata antica, s Corpus striatum ; a’ Crus cerebri, v kernhaltige Lamelle des Bulbus, w Substantia gelatinosa bulbi. Fig. 3. Querschnitt des Pedunculus bulbi olfactorii und der Windung d in Fig. A in der Richtung der Linie a in Fig. A. r Graue Lamelle des Stieles mit p, der grauen Substanz der Windung d, zusammenhängend; o weisse Sub- stanz dieser Windung mit derjenigen des Stieles sich fortsetzend , s schiefe Fasern, die bei a, e in Fig. 4 erscheinen. Fig. 12, i3. h2 Längsschnitt des Pedunculus und Bulbus olfactorius, etwas vergrössert. u u u' Weisse Substanz des Stiels um den Ventrikel f sich fortsetzend; x x graue Substanz der vorderen Windungen, v, v kernhaltige netzförmige La- melle des Bulbus; ww und e Substantia gelatinosa bulbi, m m m Lager der Olfactorius-Nervenfasern. Zellen und freie Kerne von der grauen Schicht des Stieles des Bulbus und der benachbarten Windung. 420mal vergr. Verästelte Nervenzellen von der Substantia perforata antica und dem Pe- dunculus bulbi, 420mal vergr. Ausserdem enthält die Substantia perfo- rata auch noch kleinere Zellen derselben Art. Ein dünner Schnitt durch den Bulbus olfactorius in der Richtung der Linie w Fig. 4, d. h. vom Ventrikel bis zur Oberfläche. a Epithelialschicht,; b Lage von dunkelrandigen Nervenfasern; c kernhaltiges Nelzwerk von Nervenfasern; de Substantia gelatinosa mit einer Lage grosser Nervenzel- len in der Höhe von d und einer Schicht dunkler körniger Massen bei e; f Bündel von Olfactoriusfasern, von dem Netzwerk der körnigen Massen entspringend, 420mal vergr. Streifen oder Gruppen von Kernen von der kernhaltigen Lamelle des Bul- bus v v' in Fig. 4 oder cin Fig. 7. a Der an die Substantia gelatinosa an- grenzende Theil, 5 der innere an die Lage dunkelrandiger Nervenfasern stossende Abschnitt. Nervenzellen in natürlicher Lage von der Substantia gelatinosa des Bul- bus. Die letzte Zelle links von der Katze, die übrigen vom Schaafe. 420mal vergr. Zwei der cylindrischen Drüsenfortsätze der Epithelialschicht der Schleim- haut der Regio olfactoria vom Schaafe. a a Epithelzellen, die den Fort- sätzen dicht anliegen, 420mal vergr. Einige der Zellen und Fasern, aus denen die erwähnten Drüsenfortsätze zu- sammengesetzt sind, 420mal vergr. Drei Epithelialzellen der Regio olfactoria des Schaafes, 420mal vergr. Senkrechter Durchschnitt des Epithels und der subepithelialen Schicht des Kaninchens. a a Epithelialcylinder mit Verästelungen und den Drüsenfort- sätzen angehörenden Kernen. b Drüsenschicht mit einzelnen vorstehenden Zwischenfasern, die im Innern verbreiterte Stellen zeigen, 420mal vergr. Isolirte Epithelzellen vom Kaninchen, 420mal vergr. a Epithelialcylinder des Frosches, sehr verästelt und am untern Ende mit einem Kern versehen. 5 »Riechzelle« demselben dicht anliegend, 420mal vergrössert. Senkrechter Schnitt eines Theiles der Riechschleimhaut des Frosches, 220mal vergr. a Kegelförmiger Drüsenfortsatz , die Oberfläche des Epithels erreichend, bbkernhaltiges Netzwerk im tieferen Theile des Epithels; c Ast der Riechnerven: d Zweige desselben zur Drüsenmasse; d' Zweige, die in das kernhaltige Netzwerk des Epithels eindringen. Beiträge zur Entwickelungsgeschichte des Gehirns. Von Dr. F. Schmidt aus Kopenhagen. Mit Tafel VI. Ich habe in den letzten Jahren eine Reihe von Untersuchungen über die Entwickelung des Gehirns vorgenommen und, wie ich glaube, über einige bisher zweifelhafte Puncte eine genauere Einsicht gewonnen. In der Hoffnung, dass es mir möglich sein wird, in nicht zu langer Zeit eine ausführliche Darstellung meiner Beobachtungen mit den dazu gchörigen Zeichnungen zu veröffentlichen, hitte ich die folgende kurze Mittheilung nur als eine vorläufige ansehen zu wollen. Auf der Stufe der Entwickelung, von welcher meine Untersuchun- gen ihren Anfang nehmen, ist die Bildung des Gentralnervensystems schon verhältnissmässig ziemlich weit vorgerückt, insofern als seine Hauptabtheilungen alle deutlich von einander abgegrenzt sind und na- mentlich das Gehirn schon die bekannten Krümmungen erlitten hat, und aus den fünf Abtheilungen besteht, die v. Baer als Vorderhirn, Zwischen- birn, Mittelhirn, Hinterhirn und Nachhirn bezeichnet. Ich beginne meine Beschreibung mit der Schilderung der Verhältnisse, die um diese Zeit sich finden, d. h. beim Menschen kurz nach der beginnenden Ent- wickelung der Extremitäten, oder etwa im Anfange der fünften Woche des Embryonallebens. Das Rückenmark besteht aus zwei, verhältnissmässig ziemlich dicken Blättern, die hinten in der ganzen Länge vollkommen geschieden sind, längs der Bauchfläche aber durch eine dünne Commissur überall zu- sammenhängen. Nachdem das Mark am Nackenhöcker sich in einem fast rechten Winkel nach vorn gebogen hat, breitet es sich nach beiden Sei- ten allmälig beträchtlich aus und bildet das Nachhirn oder das verlängerte Mark; hierbei weichen die hinteren Ränder der Blätter von einander, und bilden die weit klaffende Rautengrube. Das rudimentäre Gehörorgan geht hier von der Seite der Blätter, dicht unter ihrem freien Rande aus, mit- k% telst des äusserst kurzen Hörnerven ansitzend, und erscheint etwa wie ein Pilz auf seinem Stiele. So viel ich sehen konnte, ist der Hörnerv nicht hohl. — Von der breitesten Stelle der Rautengrube an, dicht vor dem Gehörorgane, macht die Markröhre wiederum eine scharfe Biegung nach hinten, welche die Brückenbiegung heissen mag; die zwei Blätter nähern sich wieder einander, um den weniger spitzen vorderen Winkel der Rautengrube zu bilden. Dabei werden die Blätter merklich höher, bilden zwei kleine Klappen, deren freier, leicht gewölbter Rand nach unten, hinten und innen schaut und stellen die zwei noch vollkommen ge- schiedenen Hälften des Kleinhirns oder das Hinterhirn dar. Dann folgt eine seichte ringförmige Einschnürung, die Blätter vereinigen sich hinten in der Mittellinie, und es bildet sich eine engere eylindrische Röhre, das Mittelhirn oder die Vierhügelblase, die noch eine kleine Strecke weit nach oben und hinten steigt, um sich alsdann in einem fast spitzen Winkel, demScheitelhöcker, nach unten und vorn umzubiegen. Durch eine flache Einschnürung von oben und von den Seiten wird diese Ab- theilung ihrerseits von dem weiter nach vorn liegenden, viel kürzeren aber etwas weiteren Theile, dem Zwischenhirn oder der Sehhügel- blase, abgegrenzt, und durch eine tiefere Einfaltung, ebenfalls nur von oben und von den Seiten, ist diese wiederum von dem Vorderhirn, der fast kugelförmigen Hemisphärenblase , geschieden. — Die Sehhügel- blase ist, eben so wie die Vierhügelblase, oben in der Mittellinie geschlos- sen, hat aber doch schon hier einen äusserst dünnen, durchsichtigen Streifen, der ganz am vorderen Ende sich sogar zu spalten angefangen hat; am stärksten ist der Zusammenhang in der Mittellinie am vorderen Ende der Vierhügelblase. Die Hemisphärenblase dagegen ist oben der Länge nach gespalten, und ihre zwei Hälften hängen nur vorn und unten in einer kurzen Strecke zusammen. Eine sehr niedrige Falte der Hüllen fängt schon jetzt an von oben her zwischen ihre beiden Hälften sich ein- zusenken. Es hat demnach jede Hemisphäre die Form einer fast halb- kugelförmigen, dünnen Schale, deren oberer freier Rand noch gar nicht eingerollt ist; hinten sind dieselben durch eine tiefe, nicht gespal- tene Einschnürung von dem Sehhügel abgegrenzt, und unten an einen für die beiden Hemisphären und Sehhügel gemeinschaftlichen Boden ange- heftet. Von diesem gegen die Grundfläche des Gehirns merklich her- vorgewölbten Boden geht jederseits das Auge aus, als ein kleines Bläs- chen, das an einem kurzen, dicken, hohlen Stiele ansitzt, dessen Ein- miündung in die Höhle des Bodens, die spätere dritte Hirnhöhle, von innen her sehr deutlich wahrnehmbar ist (Fig. 1). — Die beiden Hemisphären und Sehhügel schliessen somit eine gemeinschaftliche Höhle ein, die nur unvollständig in einen vorderen und hinteren Theil abgeschnürt ist; jener ist nach oben geöffnet, vorn und unten aber durch die Verbindung der vorderen Ränder der Hemisphären geschlossen; dieser ‚dagegen ist oben noch geschlossen, aber unten, wie wir sehen werden, weit offen. 1) Während nämlich bis hieher die zwei Blätter der Markröhre längs der Bauchfläche überall zusammenhängen, so gilt dieses nicht mehr von dem so eben erwähnten gemeinschaftlichen Boden der Sehhügel und He- ımisphären; hier sind die Blätter völlig von einander geschieden, und bildet sich eine klaffende Spalte in der ganzen Länge der Sehhügel; aber dicht davor, oder mitten zwischen den beiden Augenstielen stossen sie wieder an einander, und von hier beginnt dann die vorhin erwähnte Ver- einigung der vorderen Ränder der Hemisphären. Das ganze Hirn wird um diese Zeit nur durch eine sehr dünne Wand gebildet, an der noch nirgends Verdickungen zu sehen sind; die einge- schlossene Höhle ist verhältnissmässig weit, ohne geformten Inhalt und ohne eintretende Verlängerungen der Hüllen. Dagegen bilden die Ein- senkungen zwischen den einzelnen Abtheilungen natürlich nach innen hervorragende Falten. Von dieser Stufe aus werde ich jetzt die Entwickelung der einzelnen Gehirnorgane weiter verfolge , und besonders das hervorheben, was meine Beobachtungen von den bisherigen unterscheidet oder wenig- stens zur Vervollständigung derselben dienen kann. Vorerst muss ich mir aber erlauben eine Bemerkung zu machen, die, obschon vielleicht an sich selbst überflüssig, doch sicherlich nicht unsabtiwirt erscheint, vielen Aeusserungen und Behauptungen gegenüber, welche in früheren Arbeiten sich vorfinden. Dieselbe betrifft die Ernährung und das Wachsthum des ganzen Organes. Mag es nun von einer weniger glücklichen Darstel- lungsweise, oder wirklich von einer unrichtigen Auffassung herrühren, so ist doch so viel gewiss, dass man bei fast allen Autoren Angaben und Darstellungen trifft, als ob dieser oder jener Theil eines Hirntheiles sich zuerst bilde, und aus diesem dann die übrigen, der eine nach dem ande- ren, hervorwüchsen ; man lässt das eine Organ in ein anderes herein- oder aus einem anderen hervorwachsen;; man schildert das ganze Wachsthum als durch steten Zusatz neuer Masse von aussen oder von innen, an dem einen oder anderen Ende der schon früher gebildeten Theile geschehend. Selbst Bischoff, der doch vor der Annahme eines solchen , wie er selbst sagt, allzu mechanischen Heran- und Herauswachsens bestimmt warnt, scheint mir von diesem Fehler nicht völlig frei geblieben zu sein, wenn er zum Beispiel sagt, dass die graue Substanz sich am Gehirne zuerst, im Rückenmarke zuletzt bilde. Man muss, so scheint es mir, sich das ganze Organ als von dem ernährenden Fluidum getränkt vorstellen; an jedem Puncte, nicht nur an den Oberflächen, sondern auch im Innern des Organes geschieht die stete Bildung von neuen Elementartheilen,, die alsdann, da wo sie abgesetzt sind, den Character des Gewebes anneh- men, das sie zu bilden bestimmt sind, und in Fasern, Zellen, Gefässe u. s. w. übergehen. — Schon ziemlich früh sieht man ja das ganze Gehirn von einem Netze feiner Gefässe durchzogen, völlig dem entsprechend, das sich nach der vollkommenen Entwickelung vorfindet. Meiner Meinung 46 nach muss festgehalten werden, dass, sobald sich eine neue Abtheilung zeiet und sich aus der übrigen Masse sondert, dies nicht etwa nur dieser oder jener Theil eines neuen Organes, sondern sogleich das ganze Organ ist, welches dann später durch stärkeres Wachsthum bald an dieser, bald an jener Stelle die ursprüngliche Form allmälig verändert und so schliess- lich zu etwas ganz Anderem werden kann, als es ursprünglich war. — Während der ganzen Entwickelung bildet sich ferner nicht nur das Ge- hirn mit allen seinen Theilen aus, sondern auch der Schädel nimmt seine bestimmte Form an, und beide müssen sich gegenseitig das eine nach dem anderen richten; um Platz zu finden, müssen die einzelnen Abthei- lungen des Gehirns sich über einander formen, es muss hier dieser, dort jener Theil sich über den nächstliegenden »schieben, über denselben herauswachsen«. — Doch will ich keineswegs gesagt haben, dass je zwischen der einschliessenden Kapsel und dem eingeschlossenen Organe ein wirklich mechanischer Druck stattfinde. — Weiter noch die Bemer- kung. Sobald in irgend einem Gehirnorgane die weisse Masse wahrnehm- bar wird, ist die graue Substanz auch schon da, und umgekehrt. Die ganze Masse ist ursprünglich einförmig, aus lauter Zellen bestehend, aber, wenn anders ein Organ verschiedene Elemente erhalten soll, so zeigt sich bald eine Sonderung; hier bildet sich die Substanz in Fasern aus, dort nicht. Hiermit will ich jedoch nicht gesagt haben, dass nicht auf einer gegebenen Stufe der Entwickelung die eine Substanz nicht ein relatives Uebergewicht über die anderen haben könne, das ihr später nicht zu- kommt; ich habe mich im Gegentheile davon überzeugt, dass je weiter man in das Embryonalleben zurückgeht, um so grösseres Uebergewicht die graue Masse über die weisse Substanz besitzt, und insofern kann ich also die Gall’sche Lehre bestätigen, dass die graue Masse die » matrix « der weissen sei, aber nie und nimmer ist dieselbe allein da. Die Entwickelung des Rückenmarkes und des verlängerten Markes betrefiend, habe ich der bekannten, von Tiedemann und Meckel gegebenen Darstellung nichts Wesentliches hinzuzufügen; nur finde ich, dass in Beziehung auf letzteres die Zeitpuncte, in welchen seine einzelnen Abtheilungen kennbar werden sollen, zu spät angegeben sind. So bil- den die Oliven schon am Schlusse des dritten Monats sehr merkliche Er- höhungen, obgleich erst später die anfangs weit kleineren Pyramiden sich von ihrer inneren Seite deutlich abgrenzen. Wie die Oliven so zeich- nen sich die strangförmigen Körper schon sehr früh durch ihre beträcht- liche Grösse aus, eben wegen des Uebergewichts der grauen Substanz. Eine Höhle findet sich im Innern der Oliven niemals. — Die senkrechten Fasern der Gürtelschicht sieht man schon im dritten Monate, an einem Längenschnitte durch die Mitte des Markes, ein sehr deutliches Septum bilden. Die bei Erwachsenen stattfindende individuelle Verschiedenheit des Verhaltens der queren und bogenförmigen Fasern dieser Schicht stellt sich bei Embryonen ebenfalls sehr deutlich dar und habe ich in der Mitte KT des fünften Monats ausserordentlich starke Fasern gesehen, die das untere Ende der Oliven umgaben. Auch die erste Entwickelung des Kleinhirns ist schon längst rich- tig erkannt worden: die zwei kleinen und dünnen obenerwähnten Klap- pen vergrössern sich, nehmen allmälig eine mehr horizontale Lage an und wachsen gegen den Schluss des dritten Monats in der Mittellinie zu- sammen. Dabei verändert sich ihre Form merklich und bilden dieselben jetzt zwei ziemlich dicke, querovale Massen, an deren Oberfläche eine dünnere, bald sehr deutlich senkrecht gefaserte Schicht wahrnehmbar wird, deren hinterer Rand über die innere Masse, die nun wie zwei Kerne sich darstellt, frei hervorragt und die allein beim Zusammenwachsen der beiden Hälften betheiligt ist. Die zwei Kerne müssen demnach wohl die Ciliarkörper sein, und die äussere Schicht die eigentliche Marksubstanz, die später zum Markbaum und zur Ausfüllungsmasse, also der allmälig weit überwiegenden Masse des ganzen Organes sich gestaltet. Der erwähnte freie hintere Rand wird zu den Flockenstielen und dem hintern Mark- segel, deren eigenthümliches Verhältniss zum Riemchen (Ligula sinus rhomb. Arnold) und zum Adergeflechte später erörtert werden wird. — Auf keiner Stufe der Entwickelung schliessen die Kerne des Kleinhirns eine Höhle ein. — Während des weiteren Wachsthums wölbt sich die Markmasse der Hemisphären mehr und mehr nach allen Seiten hin, und der ursprünglich ganz nach hinten gelegene freie Rand kommt allmälig mehr an die untere Fläche, und nach vorn zu liegen. Die erste sichtbare Querfurche der Oberfläche ist eben die, welche die Flockenstiele mit den Marksegeln abgrenzt, aber bald folgen mehrere nach, so dass schon im vierten Monate die Hauptabtheilungen des Wurmes alle kennbar sind, nur mit der Ausnahme, dass die zwei Gommissuren zwischen den beiden halbmondförmigen Lappen noch lange nicht von einander geschieden sind. Uebrigens will ich die Einzelheiten der fortschreitenden Lappen- theilung nur kurz berühren. Eine allgemein geltende Regel ist, dass die Furchen am Wurme früher sich bilden als an den Hemisphären, und dass die obere Hälfte der letzteren wieder der unteren vorangeht. Von allen Hauptfurchen bildet sich die Horizontalfurche zuletzt. Die Mandeln sind in der Mitte des fünften Monates schon sehr kenntlich, und zur selben Zeit werden auch die Flocken sichtbar als ein Paar sehr kleine längliche Läppchen, die an der äusseren Seite des vorderen Endes der schon längst gesonderten Stiele ansitzen. Wenn Meckel angibt, dass die Flocken früh und lange weit grösser und mehr freiliegend seien als später, so muss ich annehmen, dass hier eine Verwechselung mit den Adergeflechten stattge- funden hat, deren ganzes Verhalten während der früheren Entwickelung der Untersuchung grosse Schwierigkeiten darbietet. Es ist nämlich an dem erhärteten embryonalen Gehirne oft schwer, Marksubstanz und Ge- fässhaut zu unterscheiden, und wegen des innigen Zusammenhanges, der an eben dieser Stelle zwischen beiden sich findet, ist es nicht leicht aus- k8 führbar , die letzteren ohne Zerreissung der ersteren zu entfernen. Auch ist es mir nicht gelungen, hinsichtlich des hier stattfindenden Verhaltens völliee Klarheit zu erreichen. Einige Male glaube ich doch den natürlichen Zusammenhang der Theile ungestört gesehen zu haben, a deutlichsten bei menschlichen Embryonen von der Mitte etwa des vierten Monates; was sich hier ergab, war Folgendes. Von den äusseren ‚vorderen Hälften der strangförmigen Körper erhob sich jederseits ein dünnes Blatt, das sich über die Seitenwinkel der Rautengrube ausspannte, an den Rändern derselben überall angeheftet war, und oben in ein schmäleres, von dem hinteren Rande des Kleinhirns herabhängendes Blatt überging. Es blieb demnach nur in dem mittleren unteren Theile der hinteren Wand der vierten Hirnhöhle eine ziemlich grosse Oeffnungübrig, und durch sie senkte sich die Gefässhaut in die Höhle ein. Indem nun die Haut in den Seiten- winkeln der Grube zur Bildung der früher erwähnten, beträchtlich grossen Adergeflechte anschwillt, müssen diese das beschriebene Markblatt aus- spannen, und sich mit einem durch dasselbe gebildeten Sacke überkleiden. Aber was wird aus diesem Sacke? Ueberreste davon findet man an jeder späteren Stufe der Entwickelung, selbst am erwachsenen Gehirne: es sind unten die Riemchen und oben die hinteren Marksegel. Untersucht man, zum Beispiel an einem Fötus aus dem 7. bis 8. Monate, das gegen- seitige Verhalten dieser Theile, so sieht man das Riemchen als einen schar- fen Kamm vom Rande des strangförmigen Körpers sich abheben, dann weiter nach aussen und vorn in ein dünnes, an der Seitenfläche des Stranges herabhängendes Blatt übergehen, sich über den aus der Grube austretenden Hörnerven ziehen, und endlich an der inneren Seite der Flocke mit dem äusseren Ende des hinteren Marksegels zusammenstossen. Nach Wegnahme der Adergeflechte zeigen sich immer am freien Rande des Blattes deutliche Spuren einer Zerreissung. Aber eben dasselbe Ver- halten findet sich, wenigstens sehr oft, ganz deutlich auch am erwach- senen Gehirne. Es scheint so als ob der Sack grösstentheils verschwände, aber ein Zusammenhang seiner Ueberreste mit dem Adergeflechte besteht immer. So viel ist gewiss, dass der Hörnerv sich während des Embryo- nallebens nicht frei um die Seitenwände der Rautengrube schlingt, son- dern durch einen Kanal austritt, welches Verhalten namentlich in einer früheren Zeit, im 3. bis 5. Monate, besonders deutlich ist. — Eine Mark- platte, die die vierte Hirnhöhle hinten ganz verschliesst, wie es Girgen- sohn in dem dritten Monate gesehen haben will, fand sich bei den von mir untersuchten Embryonen niemals. — Noch muss ich eine Angabe Tiedemann’s erwähnen, welcher zufolge bei einem Embryo aus der 14. bis 145. Woche die strangförmigen Körper Fasern in die Brücke sandten, bevor sie in das Kleinhirn sich hineinbogen. Es ist dies ganz richtig. Vom hinteren Rande der genannten Stränge biegt sich ein dünnes Bündel nach vorn um, läuft zwischen dem 9. und 8., dann zwischen dem 8. und 7. Nervenpaare, und geht in die oberflächlichen bogenförmigen 49° Fasern der Brücke über. In den früheren Monaten ist dieses Bündel leicht kenntlich, sowie aber später die nächstliegenden Theile, namentlich die Nerven, sich allmälig weit stärker als das Bündel vergrössern, wird das- selbe mehr und mehr undeutlich; doch habe ich einen solchen Faserzug einmal noch sehr deutlich an einem erwachsenen Hirne gesehen. Die Brücke entwickelt sich durch Querfaserung der an der Brücken- biegung befindlichen Masse. Zwar wird ihr mittlerer Theil dem blossen Auge etwas früher sichtbar als die schmäleren Seitenarme, aber doch lässt sich nicht mit Arnold annehmen, dass dieser Theil wirklich zu- erst sich bilde. — Am Schlusse des dritten Monates ist die ganze Brücke da; in der Mittellinie zeigt sie sich vorn und hinten sehr merklich einge- kerbt, und hat hier, entsprechend dem im Inneren schon entwickelten Septum,, eine vertiefte Rinne. Der Zusammenhang der queren Fasern schien mir in dieser Rinne noch ziemlich schwach zu sein. Die Vierhügelblase zeigt sich von der 6. bis 410. Woche oben durch eine tiefe und scharfe Furche der Länge nach in der Mitte getheilt; doch reicht diese Furche nicht bis an den vorderen Theil heran , wo sich allmälig die hintere Commissur ausbildet. Zugleich findet sich, ebenfalls nur am hinteren Theile, eine unregelmässige Faltung und Verschiebung der zwei Häen,lft die wohl von dem starken Wachsthume in der Flächen- richtung herrührt und bei der zunehmenden Ausfüllung der inneren Höhle wieder verschwindet. — Etwas später, am Schlusse des 3: Monates, zeigt sich eine regelmässige Kreuzfalte, die die Bildung der vier Hügel einleitet; in der Mitte des 4. Monates sind die, dieser Falte entsprechen- den Hervorragungen in die Höhle, oder in die verhältnissmässig noch sehr weite Wasserleitung, verschwunden und die Hügel mit ihren Seitenarmen gebildet. Auch unterscheidet man jetzt an der äusseren Seite der oberen Kleinhirnstiele die Schleife. Die ursprünglich oben geschlossene Sehhügelblase spaltet sich sehr bald in der Mittellinie, und zwar, wie es mir scheint, allmälig von vorn nach hinten. In der sechsten Woche, und vielleicht früher, sind die zwei Hälften völlig getrennt, und es bleibt nur noch eine sehr kurze Brücke übrig, gerade am vorderen Rande der Vierhügelblase, in der Ge- gend der späteren hinteren Commissur. Der obere Theil jeder Hälfte fängt nun ansich zu verdicken, und in derschon bekannten Weise entwickelt sich hier der Sehhügel mit dem angehörigen Theile des Hirnschenkels. Schon in der 7 . Woche bildet der Hügel eine sehr kenntliche Hervorragung nach innen; längs seinem oberen Rande läuft auch jetzt schon ein kleiner Er. nach hinten, um mit dem gegenüberliegenden in der eben erwähn- ten Brücke zusammenzustossen: — es ist der Stiel der Zirbeldrüse. — Bis in die Mitte des 3. Monates sind die Sehhügel von den Seiten stark zusammengedrückt, fast keilförmig mit dem scharfen Rande nach vorn; aber bald runden sie sich ab, und nehmen allmälig die bleibende Form an. Die Kniehöcker sind vor der Mitte des dritten Monates schon sehr Zeitschr. f. wissensch. Zoologie. XI. Bd. 4 50 \ der breiten Wurzel des Tractus optieus liegend; einen Monat gross, 1 BES Bar not das Pulvinar erst an sich merklich über die hintere Com- oO später fä missur zu wölben. # Die inneren, etwas gewölbten Flächen der beiden Hügel liegen glatt an einander, ohne dazwischentretende Einsenkung der Gefässhaut ; erst gegen den Schluss des 5. Monates tritt hier eine theilweise Verwachsung ein, und es bildet sich also die mittlere Commissur. ni Anfangs war der Sehhügel nur an seinem vorderen Rande mit der Hemisphäre verbunden, aber nachdem sich in dieser der Streifenhügel gebildet hat, fängt das dünne Verbindungsblatt an sich zu verdicken und allmälig bildet sich hier der Hirnschenkel aus, mit dem die Verbindung immer mehr an Dicke sewinnt und zuletzt die ganze äussere Fläche des Sehhügels einnimmt. — Der Ueberrest der ursprünglichen Verwachsung der zwei Hälften der Blase, die sehr dünne und kurze, vor der hinteren Commissur gelegene Brücke, bildet sich zur Zirbeldrüse aus. Durch eine immer tiefer wer- dende Querfalte grenzt sich diese von der Commissur ab, schiebt sich während des späteren Wachsthums immer mehr über dieselbe nach hin- ten hinauf, und hebt sich dabei in eine kleine spitzige Haube empor, deren trichterförmige Vertiefung nach vorn und unten in die dritte Hirnhöhle schaut. Die Spitze derselben fängt an sich zu verdicken, grenzt sich all- mälig von der Schleife der Stiele deutlicher ab, und hat etwa in dem 6. bis 7. Monate die Form einer kleinen Zirbel ziemlich erreicht. — Diese Darstellung der Entwickelung der Zirbel stimmt übrigens mit der schon von v. Baer gegebenen in der Hauptsache völlig überein. Noch müssen wir den gegen die Schädelbasis hervorragenden, in der Mitte gespaltenen Boden der Sehhügelblase in seiner weiteren Entwicke- lung verfolgen, obschon dieser, wie früher gesagt, zum Theil auch den Hemisphären angehörig ist. Die zwei Ränder der Spalte laufen als ziem- lich parallele Wälle, allmälig höher werdend , vom hinteren Ende der Blase nach vorn, vereinigen sich dann, und gehen in die verwachsenen vorderen Ränder der Hemisphären schroff hinüber. Bald legen sie sich dicht an einander, ohne jedoch jemals fest zu verwachsen, und nur vorn bleibt noch ein Ueberrest der Spalte offen, der sich allmälig in eine kreisrunde Oeffnung, die Höhle des Trichters, umbildet. Die Ränder fangen nun an sich zu verdicken,, und die ganze Hervorragung nimmt eine läng- lichrunde Form an und zeigt sich zwischen den divergirenden Hirnschen- keln und den seitlichen durchlöcherten Platten gelegen; quer über ihren vorderen Theil spannen sich der Tractus und das Chiasma der Sehnerven. Wegen des stärkeren Wachsthums dieser angrenzenden Theile er- scheint dann die Hervorragung allmälig verhältnissmässig kleiner. Zu- gleich tritt nun auch in ihren verschiedenen Theilen eine verschiedene histologische Entwickelung ein. Zuhinterst bilden sich die Corpora mammillaria, dann die Wurzeln des Gewölbes, die diese bekleidende graue Substanz und das Tuber cinereum aus; der vor dem Chiasma 51 gelegene Theil nimmt bei der zunehmenden Breite der ganzen Hervor- ragung die Form eines Dreiecks an, dessen Spitze nach oben und vorn zwischen die Hemisphären aufsteigt, während sein hinterer Rand am Chiasma und die Seitenränder an den durchlöcherten Platten sich stützen: derselbe verdickt sich nur sehr wenig, bleibt immer ein dünnes Blatt mit Andeutung einer mittleren Spalte und wird zur Lamina terminalis ven- triculi tertii. Schon am Schlusse des dritten Monates sind diese Theile alle kennt- lich; in der Mitte des vierten Monates haben die Gorpora mammillaria eine beträchtliche Grösse erreicht, und kann man die anstossenden Wur- zeln des Gewölbes verfolgen. Dass beim Menschen diese Körper je eine zusammenhängende Masse bilden, kann ich nicht einräumen. — Während am Schlusse des dritten Monates die Hypophysis cerebri noch dicht am Rande der erwähnten kleinen runden Oeffnung ansitzt, beginnt von nun an der Trichter sich zu verlängern und zuzuspitzen; es ist richtig, dass seine Höhle anfangs mit der ebenfalls hohlen Hypophysis communicirt, am Schlusse des vierten Monates ist sie jedoch verschlossen. Vom Boden der dritten Hirnhöhle gehen anfangs die Augen aus, an kurzen, verhältnissmässig dicken, hohlen Stielen ansitzend. Von der Seite gesehen zieht die äussere Fläche und die Wurzel dieses Stieles nach hin- ten und oben gegen das hintere Ende der Sehhügelblase, aber noch ist weder vom Tractus noch vom Chiasma irgend eine Spur zu sehen. Noch in der achten Woche zeigt sich in der dritten Hirnhöhle eine trichterförmige Vertiefung gegen den Stiel; etwa eine Woche später ist dieselbe ver- schwunden. Der Stiel verlängert sich allmälig, wird verhältnissmässig dünner, aber geht doch noch eine Zeit lang von einer erweiterten Basis aus, die an der Grundfläche des Gehirns eine kleine rundliche Erhaben- heit bildet. — Bei einem 1” langen Schaafembryo sah ich die ersten Spu- ren des Tractus als schwache Streifen, die von der Verbindungsstelle der Vier- und Sehhügel gegen die hintere Seite dieser Erhabenheiten ver- liefen; bei einem i”” längeren Embryo stiessen sie hinter und zwischen denselben deutlich zusammen. Die Erhabenheiten verschwinden jetzt bald, und werden von dem sich entwickelnden Chiasma und der von ihm in die Sehnerven ausgehenden Faserung verdrängt. — Bei einem sieben- wöchentlichen menschlichen Embryo sah ich weder vom Tractus noch vom CGhiasma eine Spur, bei solchen von 8 bis 9 Wochen dagegen waren beide entwickelt. Versucht man um diese Zeit den Tractus loszureissen, so erfährt man einen verhältnissmässig beträchtlichen Widerstand, und reisst sich zugleich ein dünnes Blatt von der Oberfläche des Sehhügels ab. Die Hemisphären des Grosshirns sind, wie wir früher schon angaben, durch eine obere Längenspalte von einander geschieden, und nur vorn eine kleine Strecke weit verwachsen. Sind dieselben früher auch oben vereinigt gewesen? Der Analogie mit der Sehhügelblase zufolge ist dieses allerdings sehr wahrscheinlich; auch habe ich einmal einen ganz JA * 52 ‘ungen Embryo untersucht, bei dem ich keine Spalte sehen konnte; es ist jedoch bei so früher Entwickelungsstufe schwer, die Gefässhaut von der Markmasse zu unterscheiden. — Dass jedoch die Trennung der ur- sprünglich einfachen Blase durch eine mittlere Einsenkung oder Einfal- | tung geschehe, muss ich für irrig ansehen, wenigstens sind bei jungen Embrvonen die Rinder der Hemisphären gar nicht eingebogen, wie es hei einer solchen Bildungsweise der Fall sein müsste. — Die erste merk- liche Verdickung der anfangs ganz dünnen Schale der Hemisphären wird an ihrer inneren Seite, unmittelbar über dem unteren angehefteten Rande wahrnehmbar : es ist der gestreifte Körper, dessen weitere Entwickelung später erörtert werden wird. — Um sich das fortschreitende Wachsthum der Hemisphären zu versinnlichen, denke man sich, dass die neugebildeten Elementartheile sich immer in senkrechter Richtung gegen — nicht aber nur auf — die Oberflächen absetzen, und zwar um so reichlicher, je näher dem Mittelpunkte der gewölbten Oberfläche, um so spärlicher, je näher ihrem Rande, so jedoch, dass die Dicke der Wand an und in der Nähe der befestigten Stelle, da wo der eintretende Hirnschenkel sich all- mälig entwickelt, immer am grössten ist. Es erfolgt so eine allmälig zu- nehmende Wölbung nach allen Richtungen hin, die Oeffnung an der in- neren Seite wird verhältnissmässig immer kleiner, und ihr Rand rückt immer mehr an der inneren Fläche der Hemisphäre herunter (Fig. 2—6). Aber die Hemisphäre muss sich nun nach der für das ganze Gehirn und den Schädel bestimmten Form richten: den grössten Raum findet sie nach hinten, wo die übrigen Organe bald sehr viel in Grösse zurückbleiben, und das Längenwachsthum wird also von jetzt an das weit überwiegende; anstatt ganz vor dem Sehhügel zu liegen, rückt ein immer grösserer Theil ‘der Hemisphbäre über und neben demselben nach hinten hervor. Dabei krümmt sich nun auch die ganze Hemisphäre mehr und mehr um die be- festigte Stelle, den eintretenden Hirnschenkel; der untere Theil ihres hin- teren Randes schiebt sich über die hintere, dann über die untere Fläche desselben immer weiter nach unten, innen und vorn: er bildet den Un- terlappen, der schon im zweiten Monate kenntlich ist. Die durch die Krümmung entstehende quere Vertiefung der unteren Fläche des ganzen Gehirnes ist anfangs sehr breit und flach, wird aber allmälig immer tie- fer und enger: — es ist die Sylvische Grube, deren Tiefe demnach immer als Ausdruck der Entwickelung der Hemisphären erscheint und zu der Grösse derselben in geradem Verhältnisse steht. — Die angeheflete Stelle der Hemisphäre bildet, bei dem zunehmenden Umfange des Hirnschen- kels, einen um denselben gebogenen Rand; innerhalb dieses Randes bil- det sich der Stammlappen aus, der anfangs an der äusseren Seite der Hemisphäre ganz frei liegt; wie aber später die umliegenden Theile ver- hältnissmässig'mehr und mehr an Grösse zunehmen, wölben sie sich über die kleine Insel von vorn, oben und hinten her. So bilden sich die zwei tiefen Furchen, in welche die Sylvische Grube sich nach aussen und oben 53 fortsetzt, der Vorderlappen grenzt sich vom Zwischenlappen, dieser vom Unterlappen ab und zuletzt wird die Insel von diesen Lappen ganz be- deckt. — Das hintere obere Ende der Hemisphäre erhält sich eine Zeit lang ziemlich abgerundet, sowie dasselbe aber allmälig weiter nach hin- ten und zuletzt über das Kleinhirn hinaus wächst, spitzt es sich immer mehr zu und bildet den Hinterlappen. — In dieser ganzen Darstellung ist die Entwickelung des Grosshirns so aufgefasst worden, als sei die ur- sprüngliche kleine Schale schon die ganze Hemisphäre mit Inbegriif aller ihrer später sich sondernden Lappen, und weicht dieselbe nur in dieser Beziehung von derjenigen von Retzius ab, der zufolge die Vorderlappen zuerst, aus diesen wieder die Unterlappen und zuletzt die Hinterlappen sich bilden sollen. Während dieser allmäligen Umbildung der ursprünglichen Form «ler Hemisphäre ist die Oeflnung an ihrer inneren Wand, ausser der schon erwähnten verhältnissmässigen Verkleinerung, entsprechenden Verände- rungen unterworfen. Gegen den Schluss des zweiten Monates bildet sie eine senkrechte Spalte, deren oberes abgerundetes Ende sich etwas nach hinten zu krümmen anfängt {Fig. 2); biegt man um diese Zeit die zwei Hemisphären aus einander, so zeigen sich die beiden Oeflnungen, deren vordere Ränder immer noch verwachsen sind, als eine Querspalte, deren mittlerer Theil sich zwischen die Sehhügel, also in die dritte Hirn- höhle öffnet, während die zwei seitlichen Flügel in die Seitenhöhlen hin- einführen; wir haben somit eine ganz deutliche Fissura transversa cere- bri; aber noch ist kein Balken da, und das Foramen Bichatti ist als solches nicht eigentlich zugegen, oder vielmehr, es liegt noch am vorderen Ende der Sehhügel, inmitten zwischen den beiden Monro’schen Löchern. Nun aber betheiligt sich die innere Wand der Hemisphäre an dem starken, nach hinten fortschreitenden Längenwachsthume, und ebenso biegt sich die Spalte immer weiter nach hinten um; sie besteht nun aus einem vor- deren, senkrechten und einem hinteren, wagerechten Theile (Fig. 3) ; die Verwachsung der vorderen Ränder erstreckt sich nach oben eben bis an die Umbiegungsstelle, die in gleicher Höhe mit dem oberen Rande des Seh- hügels gelegen ist. — Durch die zunehmende \erdickung des Bodens der dritten Hirnhöhle wird der senkrechte Theil von unten her allmälig aus- gefüllt, und es bleibt nur oben noch eine Oeffnung übrig, durch die das Adergeflecht in die Seitenhöhle eindringt, das eigentliche Foramen Mon- roi. — Der wagerechte Theil der Spalte verlängert sich dagegen immer mehr, streckt sich über den sich stets verdickenden Hirnschenkel nach hinten, und nimmt an der Krümmung der Hemisphäre um densel- ben Theil (Fig. 4). Der ursprünglich hintere Rand der Spalte (?) ist nun der untere geworden; immer aber gebt er wie früher vom vorderen Ende des Sehhügels aus, streckt sich als ein dünnes, schmales, senkrecht ste- hendes Blatt längs der äusseren Seite desselben, in die tiefe Furche zwischen diesem und dem gestreiften Körper eingesenkt und an der 5% oberen Fläche des Hirnschenkels angeheftet. — Der obere Rand hängt anfangs zwischen den Seh- und Streifenhügeln frei herab , schiebt sich aber später, wenn der Hirnbalken gebildet ist und nach hinten zu wach- sen anfängt, immer mehr auf die obere Fläche des Sehhügels hinauf, nur durch das Mesenteriolum plexus choroidei von diesem entfernt. — An der inneren Seite des Unterlappens gehen die beiden Ränder der Spalte in einander über , und ihr hinteres Ende folgt diesem Lappen in seinem steten Fortschreiten nach unten und vorn (Fig. 4—6). Auch in anderen Beziehungen hat sich unterdessen der ursprüng- liche einfache Bau der Hemisphäre beträchtlich verändert, und wollen wir zuerst die mittlerweile entstandenen Einfaltungen der Wand betrach- ten. — Schon sehr früh, im Anfange etwa des dritten Monates, bildet sich längs des oberen Randes der Spalte eine Furche (e), dieBogen- furche (Arnold), die mithin aus der inneren Wand der Hemisphäre einen die obere Seite der Spalte umzingelnden Halbring von ziemlicher Breite aberenzt: der hintere Theil dieser Furche ist der weit stärkere, und be- dingt eine in die Seitenhöhle hervorgewölbte bogenförmige Erhabenheit, das Ammonshorn. Fast gleichzeitig bildet sich eine, beim Menschen zwar ziemlich unregelmässige, tiefe Längenfalte der ganzen inneren Wand, die von dem hinteren oberen Ende der Hemisphäre sich nach vorn und unten erstreckt (f f‘) ; ihr mittlerer Theil läuft mit der Bogenfurche zusammen, aber vorn weicht sie wieder von derselben ab, um sich in die innere Seite des Vorderlappens zu verlieren. Zwischen diesem vorderen Theile der Falte und dem senkrechten Theile der Spalte wird somit ein Dreieck begrenzt, das sich bald durch eine ziemliche Dicke auszeichnet; es liegt mit dem gegenüberliegenden in genauer Berührung, und sein hinterer Rand, der senkrechte vordere Rand der Spalte, ist mit demselben ver- wachsen. — Der hintere Theil der Längenfalte bleibt immer da, bildet später die tiefe Furche, die den Lobus cuneus vorn begrenzt und die Con- vexität des Vogelsporns von vorn nach hinten bedingt (Fig5, 6, f); er wird später, durch die Entwickelung der Zwinge, von der Bogenfurche ge- schieden. Der mittlere Theil der Längenfalte mit sammt der Bogenfurche bildet später die tiefe Furche zwischen dem Hirnbalken und der Zwinge; ihr vorderer Theil dagegen verschwindet bei der zunehmenden Dicke der Hemisphärenwand allmälig. — In der Mitte etwa des dritten Monates finden sich an der oberen Fläche der Hemisphäre mehrere tiefe und scharfe Querfalten, die am Schlusse des vierten Monates wieder ver- schwinden; dieselben bilden in die Seitenhöhlen hervorstehende ziemlich hohe Wälle, und an ihrer Umbiegungsstelle ist die Hemisphärenwand dünner als sonst. — Diese Falten nehmen an der Bildung der wirklichen Windungen gar keinen Theil; ohne Zweifel sind sie nur durch das starke Wachsthum der Hemisphären in die Längenrichtung entstanden, mit dem die Diekenzunahme noch nicht Schritt hält, — eine Ansicht, die auch schon von anderer Seite ausgesprochen worden ist. Bei Schaafs-, Ochsen- 59 und Schweinsembryonen habe ich sie gar nicht gesehen, bei einem Katzenembryo fanden sich schwache Spuren derselben. Die Wand der Hemisphäre nimmt allmälig an Dicke zu, anfangs lang- samer, später schneller im Vergleiche mit der gleichzeitigen Ausdehnung der Oberfläche ; immer ist die Verdickung in der Nähe des eintretenden Hirnschenkels weiter vorgeschritten, als besonders innen und hinten, wo die Wand am dünnsten ist. — Sehr früh, deutlich schon vor dem Schlusse des dritten Monates, zeigt sich die Wand aus zwei Schichten bestehend, einer inneren tiefen und einer äusseren oberflächlichen; die erste fasert sich nach der Flächenrichtung der Hemisphäre, und zwar so, dass die Fasern gegen zwei Punkte sternförmig convergiren, die Eintritistelle des Hirnschenkels und den Gipfel des oben beschriebenen, an der inneren Wand gelegenen Dreieckes; die äussere Schicht [asert sich in senkrech- ter Richtung gegen die Oberfläche. Die beiden Schichten sind jedoch von einander nicht unabhängig, denn fast überall findet ein Uebergang der horizontalen Fasern in die senkrechten statt, auch sind es nicht, wie Tiedemann angibt, dieselben Fasern, die sich vom Hirnschenkel durch die ganze innere Schicht ununterbrochen fortsetzen. Die innere Schicht ist die eigentliche Hauptmarkmasse der Hemisphäre, das Gentrum Vieussenii, in der die Strahlungen des Hirnstieles und des Balkens unter einander sich vermischen; die äussere Schicht bildet später die Windungen mit den von den Strahlungen hineintretenden Fasern und mit der Ausfül- lungsmasse. — Allmälig wird in dieser letztern Schicht noch eine Sonde- rung kenntlich, indem sich die Faserung gegen die äussere Oberfläche sehr verfeinert und mehr undeutlich wird, während dabei die äusserste dünne Lage eine mehr röthliche Färbung annimmt und sich von einem dichten Gapillarnetze durchzogen zeigt; dies ist die eigentliche Corti- calsubstanz. — An dem Punkte der inneren Wand, gegen welchen die horizontalen Fasern convergiren (d), bricht die innere Schicht gegen die Oberfläche hervor, und es geschieht hier eine Verwachsung mit den ent- sprechenden Fasern der anderen Hemisphäre, wodurch der Hirnbalken entsteht (Fig. 5). — Auch die Faserung ist anfangs stärker entwickelt in der Nähe des eintretenden Hirnschenkels, als gegen den freien Rand hin; die Verwachsung zur Bildung des Balkens muss als vorläufige Abschliessung des ganzen Vorganges betrachtet werden. — Beim Menschen findet dies im Anfange des vierten Monates statt. Der durch die Bogenfurche abgegrenzte Halbring, der Randhogen (Fig. 3, 4 h), weicht in Beziehung auf die Faserung von der übrigen Hemisphäre ab. Nächst innerhalb des convexen Randes schliesst er noch die beiden Schichten ein; aber in einigem Abstande von dem scharfen concaven Rande hört die äussere Schicht ziemlich plötzlich auf, und nur die innere bleibt übrig, was im Anfange des vierten Monates sehr deut- lich ist. Von der inneren, gegen den Sehhügel schauenden Fläche ange- sehen, zeigt sich dann der Randbogen wie aus zwei concentrischen Halb- 56 ringen bestehend (Fig. 5), einem äusseren wulstigen (Fig. 5 W), und einem inneren scharfen und flachen (h ); nach vorn verliert sich der äussere. so dass er am senkrechten Theile des Bogens kaum mehr kennt- lich ER Der sich entwickelnde Balken bricht nun eben in der Grenz- linie zwischen den beiden Ringen hervor; der äussere läuft demnach über den Balken hin, breitet sich an seiner oberen Fläche in eine dünne Belegung aus, und biegt sich um sein vorderes Ende wieder nach unten um; von dem inneren Rande dieser Belegung sondert sich später ein klei- nes Längenbündel ab, das bei der zunehmenden Breite des Balkens mehr gegen die Mitte desselben zu liegen kommt, sich vorn nach unten um- bieet und mit dem senkrechten Theile des inneren Ringes verschmilzt. — Der äussere Ring bildet somit ganz deutlich das Corpus fimbriatum , die Stria obtecta mit der Fasciola cinerea, und die Stria alba Laneisi. Im sechsten Monate sind die Krausen des Corpus fimbriatum sichtbar, und um diese Zeit lassen sich auch die Striae albae mit Sicherheit unterschei- den. — Noch muss ich erwähnen, dass es mir bei älteren Embryonen öfters vorgekommen ist, als gehe von dem äusseren Ringe eine sehr dünne Lage unter den Hirnbalken hinein, um sich hier auszubreiten:: die äussere Schicht der Hemisphäre würde sich demnach auch bei der Bildung der Scheidewand, oder vielleicht nur des Psalterium betheiligen. Der innere Ring, der die Spalte unmittelbar umzingelt, fasert sich der Länge nach von einem Ende bis zum anderen: er bildet das Ge- wölbe, was schon allgemein erkannt worden ist (Arnold, Retzius,, Bi- schoff) , und zugleich, wie wir sehen werden, die Scheidewand. — Sein vorderer senkrechter Theil ist, wie schon öfters gesagt, mit dem der an- deren Hemisphäre ursprünglich verwachsen; sowie aber eben dieser Theil zur Bildung des vorderen Gewölbeschenkels und später auch der einen Hälfte der Scheidewand sich verdickt und fasert,, wird diese Ver- wachsung in der Mittellinie grösstentheils gelöst; unterdessen hat sich aber in der ursprünglichen Verbindung, durch »histologische Sonderung« _ (Bischoff) und mittlere Verschmelzung, ein kleiner Querbalken gebildet, nämlich die vordere Commissur. Oben, gerade hinter und unter dem hinteren Ende des Hirnbalkens, löst sich die Verbindung niemals ganz; und streckt sich dann bei der zunehmenden Länge des Balkens dieser Punkt allmälig zur Bildung des Gewölbekörpers in die Länge aus, — während der ursprünglich weit überwiegende hintere Theil des Bogens natürlich den hinteren Schenkel des Gewölbes bildet. — Beim Ueber- gange etwa des dritten in den vierten Monat, etwas vor der Bildung des Balkens, ist die vordere Commissur schon da, und liegt dann in einem weiten Kanale, durch den sie sich nach beiden Seiten sehr, leicht verfol- gen lässt. — Von der ursprünglichen Verbindung der beiden Hemisphären ist ausser derselben das schon früher erwähnte dreieckige Blatt, die Grenzplatte der dritten Hirnhöhle unten noch übrig. h Der Hirnbalken bildet sich, wie gesagt, durch Verwachsung der 57 gegen den öfters bezeichneten, dicht am oberen Ende der Verbindung ge- legenen Punkt (d) convergirenden Fasern der inneren Schicht. Er zeigt sich anfangs als eine ganz kurze Brücke, von etwas länglichem Durch- schnitte, etwas schräg von oben nach unten und vorn gerichtet, gerade über dem vorderen Rande des Sehhügels gelegen (Fig. 5). Tiedemann gibt an, dass anfangs nur das Knie sich bilde, und später wüchsen dann die hinteren Theile allmälig hervor. Dies ist jedoch sicherlich nicht rich- tig, denn gleich wenn der Balken eben erst gebildet ist, kann man von seinem hinteren Ende die in den Hinter- und Unterlappen ausstrahlenden Fasern verfolgen und zumal den innigen Zusammenhang der letzteren mit dem hinteren Schenkel des Gewölbes schon erkennen ; ebenso lassen sich von seinem vorderen Ende die in die innere Seite des Vorderlappens aus- strahlenden Fasern nachweisen. — Es ist demnach sogleich der ganze Hirnbalken da, und ist gerade von dem Knie anfänglich nichts zu sehen. — Das Wachsthum des Balkens geschieht aber, wie das der ganzen Hemi- sphäre, vorzüglich in die Längenrichtung, und nimmt derselbe an ihrer Krümmung allmälig Theil; so bildet sich dann erst später die Biegung des Knies, und noch später fängt das hintere Ende sich zu wulsten an (Fig. 6). Gegen den Schluss des fünften Monates ist das Knie als solches ganz deut- lich, und das noch verhältnissmässig dünne hintere Ende ragt über die Sehhügel hinaus; einen Monat später ruht das verdickte Splenium auf den Vierhügeln. In der ersten Zeit, gleich nachdem der Hirnbalken sich gebildet hat, ist wegen der Kürze desselben noch keine eigentliche Scheidewand da und wird der ganze unter ihm gelegene Raum von dem vorderen Ge- wölbeschenkel, an den sich das umgebogene vordere Ende des äusseren Ringes anschmiegt, eingenommen. Sowie aber allmälig der Balken in die Länge wächst, wird das Verhalten ein anderes; der Raum unter ihm nimmt immer mehr an Grösse zu, und nimmt dabei allmälig die bekannte dreieckige Form an. Zur Ausfüllung desselben muss das Gewölbe, oder vielmehr der vordere Theil des inneren Bogenringes den Stoff abgeben und dehnt sich derselbe immer mehr in eine dünne dreieckige Platte aus, die sich von der cylindrischen Säule, welche den vorderen Schenkel des Gewölbes darstellt, gegen die untere Fläche des Balkens erhebt. Mit. die- ser Bildungsweise stimmt auch der ganze Bau der Scheidewand überein ; jede ihrer Platten besteht aus Fasern, die sich vom Gewölbe allmälig los- reissen, und fächerförmig gegen den Balken aufsteigen ; längs der unteren Fläche desselben bilden sie ein Längenbündel, von dem wieder quere Fasern in die Hemisphäre ausstrahlen, und sich mit den tiefsten Fasern des Balkens vermischen. Am vorderen Rande dieser Platten legen sich die umgebogenen Striae albae Lancisi an, und neben denselben die vom Balkenknie nach unten in den Vorderlappen strahlenden Fasern; so ist das Rostrum Reillii oder die Stiele der Scheidewand (Burdach) gebildet. Diese legen sich dann von beiden Seiten dicht an einander, und schliessen 58 somit die Höhle der Scheidewand nach vorn, aber da wo sie unten in be- kannter Weise von einander wieder abweichen, da bleibt-eben die oft erwähnte Grenzplattte der dritten Hirnhöhle zwischen ihnen ausge- spannt. — Dass die Höhle der Scheidewand in den früheren Stufen des Embryonallebens mit der dritten Hirnhöhle communieire, ist, dieser Dar- stellung gemäss, nicht richtig, weil das obere Ende der ursprünglichen Vereinigung der beiden Hemisphären eben an der Stelle gelegen ist, wo sich später das Psalterium ausspannt, nämlich dicht unter dem hinteren Ende des erscheinenden Balkens ; erst wenn die vorderen Schenkel des Gewölbes völlig entwickelt und von einander getrennt sind, kann von einer solchen Communication die Rede sein. Wie schon früher gesagt, blieb ein Theil der ursprünglichen inneren Hemisphärenwand, der anfangs hintere, später untere Rand der Spalte als ein dünnes, zwischen die Seh- und Streifenhügel eingesenktes, an der oberen Fläche des Hirnschenkels angeheftetes Blatt übrig. An der inneren Seite des Unterlappens geht dieses Blatt in das nach unten und vorn umgebogene Ende des hinteren Gewölbeschenkels über. — Dass dieses Blatt (r) sich in den Hornstreif umbildet, kann ich allerdings nicht mit völliger Sicherheit behaupten, insofern als ich die Umwandlung nicht Schritt für Schritt habe verfolgen können, aber doch scheint es mir aller Wahrscheinlichkeit nach so zu sein; der innige Zusammenhang des Horn- streifens mit dem Gewölbe würde demnach, so zu sagen, von selbst er- folgen. — Wenn man an eineın erwachsenen Gehirne den inneren Rand des Unterlappens von der unteren Fläche des Hirnschenkels aufhebt, so sieht man, wenigstens sehr oft, ein äusserst dünnes Blatt sich unmittel- bar hinter der Spitze des Uncus gyri hippocampi über den vorderen Theil der Spalte spannen, das unten am Schenkel des Gewölbes, der Taenia semicireularis, oben am hinteren Ende des Hornstreilens angeheftet ist und dies ist eben dasselbe Verhalten, welches wir schon sehr früh zwischen dem hinteren Gewölbeschenkel und dem erwähnten Blatte sahen. — Wenn man am erwachsenen Gehirne das Adergeflecht weg- nimmt, geschieht dabei immer eine Zerreissung des Blattes, sowie des [reien Randes der Taenia und scheint mir so das ganze Verhalten in meh- reren Beziehungen an das zwischen den Flockenstielen mit den Mark- segeln und den Riemchen stattfindende zu erinnern. Die Bildung des Tractus olfactorius als eine Verlängerung des Vorderlappens, die eine Fortsetzung der Seitenhöhle einschliesst, ist schon längst erkannt worden. — Noch in der siebenten Woche findet man von demselben keine Spur; 1 bis2 Wochen später bildet er schon eine ziem- lich ansehnliche zapfenförmige Hervorragung, die sich nun allmälig nach vorn umbiegt und verlängert. — Viel später erst lassen sich seine Wurzeln als Faserbündel, die sich aus der übrigen Masse sondern, unter- scheiden. Dass die graue Wurzel von dem gestreiften Körper herrühre, scheint mir ganz unzweifelhaft zu sein. 99 Was die Entwickelung des Streifenhügels betrifft, so ist sein erstes Entstehen durch eine Verdickung des unteren Theiles der Hemi- sphärenblase schon beiläufig berührt worden. — In der 7. bis 8. Woche sehen wir ihn als eine längliche Erhabenheit, die ganz vor dem Sehhügel liegt, oder sich doch nur mit seinem hinteren Ende neben ihm etwas nach hinten erstreckt. Derselbe ist mit dem vorderen Ende des Sehhügels nur durch die ursprüngliche dünne Wand der Blase verbunden, indem der Hirnschenkel sich noch nicht zu verdicken angefangen hat. Sein vorderes zugespitztes Ende läuft dann gegen den vorderen Theil des gemeinschaft- lichen Bodens der Sehhügel- und Hemisphärenblase hinunter, und ver- liert sich dicht vor der trichterförmigen Vertiefung gegen den Augenstiel. Etwas später, wenn sich der Tractus olfactorius gebildet hat, finden wir den Körper vorn weit breiter, und in zwei durch eine breite Kluft von einander geschiedene Lappen oder Hörner getheilt, von denen das vor- dere äussere gegen den Eingang dieses Tractus herabsteigt. Sowie sich der Hirnschenkel allmälig entwickelt, wird die Verbindung des Strei- fenhügels mit dem Sehhügel immer stärker und breiter, und kommt der erste immer mehr an die äussere Seite des letzteren zu liegen; zugleich streckt sich der ganze Körper immer mehr in die Länge, spitzt sich nach hinten zu, und nimmt an der allgemeinen Krümmung um den Hirnschen- kel Theil; sein hinteres Ende folgt immer ,dem vorderen Ende des Un- terlappens, und bildet den sogenannten Schweif des Körpers. — Wäh- rend der Verdickung des Hirnschenkels sondern sich in demselben die bekannten grauen Kerne aus. Im vierten Monate habe ich den Linsenkern aus seiner Kapsel schälen können, und ich zweifle nicht, dass er schon lange vorher da gewesen ist, ja dass erin der ersten Verdickung der He- misphärenwand schon inbegriffen war. — Die zwei vorderen Hörner des Streifenhügels sind in der Mitte des dritten Monates ziemlich von gleicher Grösse; von nun an gewinnt aber das äussere ein immer grösseres Ueber- gewicht, und etwa im 6. Monate ist das innere scheinbar ganz verschwun-— den. In die Kluft zwischen denselben ist anfangs der vordere Schenkel des Gewölbes wie eingepresst, und leicht könnte man glauben, die Be- deutung der Zweispaltung sei keine andere, als demselben Platz zu geben; sowie allmälig der Streifenhügel sein bedeutendes Uebergewicht an Grösse verliere, und das Gewölbe sich mehr an die Oberfläche des Seh- hügels hinauf lege, sei dann die Kluft nicht mehr nöthig und werde aus- gefüllt. Es scheint mir jedoch die Bedeutung der genannten Spaltung eine tiefere zu sein und jedes der zwei Hörner seine eigene Bestimmung zu haben. Es ist schon bemerkt worden, dass das äussere oder vordere Horn gegen den Eingang des Tractus olfactorius herabzieht; so ist das Verhalten noch im 6. Monate ganz deutlich. Von der spaltenförmigen Oeffnung des Tractus in die Hirnhöhle streckt sich dann eine flache Furche auf dieses Horn , seinem äusseren Rande parallel, hinauf, und ist es mir vorgekommen, als ob der dadurch abgegrenzte schmale äussere Theil sich 60 in den Tractus hinein fortsetze. Diese äussere Furche ist übrigens schon im k. Monate sichtbar. Das innere oder hintere Horn steigt anfangs gegen die vordere Seite des Eingangs des Augenstiels in die Aritie Hirnhöhle hinab. Noch am Schlusse des 3. Monates zeigt es sich an der Seitenwand der dritten Hirnhöhle als eine zwischen es vorderen Ende des Seh- hügels und dem vorderen, Gewölbeschenkel gelegene senkrechte Er- habenheit, deckt also die Fortsetzung des Schenkels gegen das Corpus mammillare hin. — Später, wenn die "Wand der Höhle sich stärker ver- dickt hat, ist dieses Verhalten nicht mehr zu erkennen: es scheint dann, als stehe ur diese Wand bekleidende graue Masse nur mit dem Sehhügel in Verbindung. — Sollte aber doch acht vielleicht der kleinere vordere Theil derselben, namentlich die sogenannte graue Wurzel des Sehnervens ursprünglich von dem Streifenhügel herrühren ? Es ist noch übrig, die Bildung der Hemisphärenwindungen kurz zu berühren. — Es ist im Allgemeinen richtig, was gewöhnlich angegeben wird, dass am Schlusse des 5. Monates noch keine Spuren derselben da sind, und dass die Sulei sich erst im 6. Monate als flache Vertiefungen der bisher glatten Oberfläche zu zeigen anfangen; doch glaube ich be- merkt zu haben, dass sich in dieser Beziehung beim Menschen einige in- dividuelle Verschiedenheiten finden, während ich bei Säugethierembryonen aus Einer Gebärmutter, oder aus derselben Entwickelungsperiode immer eine völlige Uebereinstimmung gefunden habe. An einem senkrechten, durch die ersten Windungen gemachten Schnitte zeigen sich die Furchen nur in der äusseren Schicht der Hemi- sphäre, aber die gegenseitige Verbindung der beiden Schichten tritt jetzt deutlich hervor, und die Grenzlinie zwischen ihnen ist gerade unter einem Gyrus verwischt, während sie unter dem Boden einer Furche noch sehr deutlich erscheint. — Im Allgemeinen ist die Wand der Seitenhöhle jetzt vollkommen glatt und eben und zeigt keine den Furchen entsprechende Hervorragungen. Wenn man die Bildung der Furchen als durch Einsen- kungen der Gefässhaut geschehend beschreibt, so ist dies nicht richtig, vielmehr hat man sich vorzustellen, dass während des fortschreitenden Wachsthums an gewissen Stellen der Oberfläche keine oder doch nur spärliche neue Massen im Innern abgesetzt werden und so eine erst flache, später immer tiefer werdende Furche entsteht, in die eine Falte der Ge- fässhaut eingesenkt bleibt. Von den einzelnen Windungen habe ich die Bildung des Gyrus cin- zuli et hippocampi schon beiläufig berührt: derselbe gehört nur der äusse- ren Schicht an und bildet sich unmittelbar längs der convexen Seite der Bogenfurche aus; schon im fünften Monate hat er die Verbindungsstelle des hinteren Theiles der Längenfalte mit dieser Furche ausgefüllt: aber erst im sechsten Monate zeigt sich derselbe von den nächstliegenden Win- dungen durch eine deutliche Furche abgegrenzt. Wenn ich die Entwickelung der Hypophysis bis jetzt nicht näher 61 erwähnt habe, so ist es nur deswegen geschehen, weil meine Unter- suchungen über dieselbe noch zu mangelhaft sind. Nur das glaube ich, wie schon berührt, bestätigen zu können, dass dieselbe in den früheren Entwickelungsstufen eine Höhle einschliesst, die mit der dritten Hirn- höhle in Verbindung steht. Würzburg, im August 1860. Schema der Entwickelung der Hemisphären. Taf. VI. Fig. 4. Die rechte Hemisphäre (A), die rechte Hälfte der Sehhügelblase (B), und die Hälfte des Bodens der dritten Hirnhöhle (C), von der inneren Seite gesehen. Bei G der Eingang des Augenstiels. — Mehrfach vergrössert. Fig. 2—6. Die rechte Hemisphäre von der inneren Fläche gesehen. — Fig. 2 und 3 noch ziemlich vergrössert. — Fig. 5 u. 6 eher etwas verkleinert. D Vorderlappen, E Unterlappen, F Hinterlappen. a Die Oeffnung der Seitenhöhle (Foramen Monroi). Durch dieselbe sieht man in Fig. 2—6 die innere Fläche des Streifenhügels, dessen inneres Horn in Fig. 2—4 an die Wand der dritten Hirnhöhle hinunter steigt. b Lamina terminalis ventriculi tertii. ce Die Bruchfläche des Hirnschenkels zwischen dem Sehhügel und Streifen- hügel. ad Oberes Ende der ursprünglichen Verbindung der Hemisphärenränder. e Bogenfurche. f Vorderer, f’ hinterer Theil der Längsfalte der Hemisphärenwand. g Corpus callosum, h-h" Randbogen;; h’ äusserer Halbring desselben (Corpus fimbriatum, Stria obtecta mit Fasciola cinerea und Stria alba Lancisi) ; A’-h" der innere Halbring, nämlich h" Crus post. fornicis, A" Crus ant. und Corpus fornicis mit Septum pellicidum. i Stria cornea; k Commissura ant.; } Gyrus cinguli; m Gyrus hippocampi; n Tractus olfactorius. Zur Structur der Lymphdrüsen. Von Th. Billroth, Prof. der Chirurgie in Zürich. Mit Tafel VI. Als die von His und mir im Sommer 1857 unternommenen Unter- suchungen über die feinere Structur der zum Lymphsystem gehörigen Drüsen abgebrochen wurden, waren wir speciell bei den Lymphdrü- sen auf einige besondere Verhältnisse in Betreff der Weite der Lücken des bekannten feinen Netzes, der Stärke und Richtung der feinen Balken, so wie ihres Zusammenhangs mit den feineren und stärkeren Blutgefässen und mit der Kapsel aufmerksam geworden, welche zur Zeit nicht bekannt waren. Diese Structurverhältnisse, deren Bedeutung uns durch ihr con- stantes Vorhandensein unzweilelhaft erschien, blieben uns damals unver- ständlich; ich wagte einige unbestimmte Aeusserungen und Hypothesen darüber in meinen »Beiträgen zur pathologischen Histologie p. 126.« Hıs hat über die Verschiedenheit der Netzbalken einige Notizen in seinem Aufsatz » Beiträge zur Kenntniss der zum Lymphsystem gehörigen Drüsen « (Zeitschr. f. wissensch. Zoologie. X. Bd. 3. p. 336) gegeben. Wir haben die Freude gehabt, durch unsere Untersuchungen das Interesse auf’s Neue für den Gegenstand bei vielen Forschern anzuregen. Während ich durch anderweitige Beschäftigung abgezogen nicht weiter thätig in die Arbeit eingreifen konnte, hat His für sich den Gegenstand in neuerer Zeit wieder energisch verfolgt. Mich hatte die geförderte und doch in der Unvollstän- digkeit gelassene Kenntniss der Milz und Lymphdrüsen unaufhörlich ver- folgt, und wo ich Jemand fand, von dem ich hoffen durfte, dass er sich dafür interessire, habe ich meine Präparate und Zeichnungen mitgetheilt. Von mehren Seiten hört man jetzt von neuen Arbeiten über Lymphdrüsen und Milz, deren Untersuchung durch die Methode von His so bedeutend erleichtert, man kann sagen vollständig neu geschaffen ist, so dass ich es lür eine Pflicht gegen meinen Mitarbeiter halte, dasjenige in Kürze zu ver- öllentlichen, was wir schon zusammen früher gefunden haben. Ueber 63 die Milz werde ich anderen Orts mittheilen, was ich Neues seit der Veröffentlichung meiner ersten Arbeit über diesen Gegenstand beob- achtet habe. Wenn man eine gesunde, in Alkohol, Chromsäure oder chromsaurem Kali gut gehärtete Lymphdrüse, am besten von einem 6—8 jährigen Kinde in Längen- oder Dickendurchmesser durchschneidet, von der Schnitt- fläche feine Abschnitte nimmt, diese in Glycerin ausspült, und auf dem Objeetträger mit Glycerin durch Auftupfen mit einem feinen Tusch- pinsel die Lymphkörperchen wiederholt ausspült, unterscheidet man in der Rindensubstanz Folgendes (Fig. 1. Vergr. 300): Zuerst lockeres Bindegewebe nicht selten mit Fettzellen (a), dann die eigentliche Kapsel, aus feinen Fasern bestehend, in denen man hie und da längliche Kerne sieht (b); von ihr gehen Septa aus in die Drüse hinein (b.d) und scheiden die einzelnen Alveolen der Rindensubstanz von einander; die Septa haben dieselbe Structur wie die Kapsel. Es folgt nun von aussen nach innen unmittelbar mit der Kapsel und den Septen im Zusammenhang ein Netz, dessen Fasern vorzüglich radial zum Centrum der Alveole stehen, in ihnen sind reichlich Kerne sichtbar (c). Diese peripherische Schicht der Alveole (wie wir sie früher nannten) geht nun über in das feine Netz der Alveole (d), dessen Fasern meist dünner, dessen Oeffnungen eckiger und kleiner, und dessen Kno- tenpuncte ärmer an Kernen sind als die gleichen Elemente der periphe- rischen Schicht; hier treten nun auch sehr deutlich die Gapillaren der Alveole ins Auge, an welche sich die Netzbalken anheften. Dies Netz ist, wie wir uns oft überzeugt haben, in der ganzen Alveole vorhanden, doch im Centrum derselben sehr weich, so dass es hier nicht immer schön darzustellen ist, sondern zuweilen ausfällt (wie in der Zeich- nung). Die Alveolen hängen nun theils seitlich unter einander zusammen, theils setzen sie sich in Form von netzartigen Strängen nach der Mark- substanz der Drüse hin fort (e); auch diese Stränge tragen in sich Blut- gefässe, wie die Alveolen, und haben um sich eine peripherische Schicht (f), wie die Alveolen;; letztere ist an die Septa angeheftet. Betrachten wir nun einen ebenso behandelten Schnitt aus der Mark- substanz (aus einer grossen Mesenterialdrüse einer Katze. Fig. 2. Vergröss. 300): Wir sehen hier zunächst wieder netzartige Stränge, welche die stärkeren Gefässe einhüllen, und die ich als lockere Adventitien der Gefässe bezeichnete: sie sind die unmittelbaren Fortsetzungen der von den Alveolen in das Innere der Drüse abgesandten gleichen Bildun- gen, nur dass sie dichter erscheinen und die Lymphkörperchen so fest einschliessen, dass letztere schwer völlig zu entfernen sind. Hier sieht man den Lauf einer Arterie umhüllt von lockerem netzartigem Gewebe (a), daneben andere umhüllte Gefässe (b), weiterhin eine Arterie im Quer- 64 schnitt mit ihrem Umhüllungsnetz (c), darüber ein anderes Gefäss (eine Vene? d). Alle diese Gebilde sind unter einander verbunden durch ein weiteres lockeres Netzwerk, gleich der peripherischen Schicht der Alveolen, und letzteres ist ce wieder an die Septa angeheltet (e). So ungeeignet ich im Allgemeinen die Mesenterialdrüsen bei der Fettverdauung zu feineren Untersuchungen fand, willich es doch nicht unterlassen, einer kleinen oft unialveolären Drüse zu erwähnen, welche ich constant bei noch saugenden Kaninchen fand. -Es liegen bei diesen Thierchen in dem ziemlich langen Mesorectum zwei kleine Drüschen, von denen sich das eine kleinere bei etwa 10 maliger Grösse ausnimmt wie es in Fig. 3 dargestellt ist. Man sieht prächtig die zu- und abführenden Lymphgefässe und die peripherische Schicht der Drüse wie einen Ring mit Fett gefüllt. Diese Beobachtung schien mir besonders schön die An- sicht von Donders zu bestätigen, der, so vielich weiss, zuerst wieder hervorhob, dass der Lymphstrom nicht direct in die Alveole hineingeht, sondern dieselbe umkreist. Durch Druck konnte ich das Fett in das Centrum des kleinen Drüschens hineintreiben. Ein ander Mal fand ich wieder die ganze Drüse völlig mit Fett gefüllt, so dass mir auch an diesen Lymphdrüsen, die kleinsten und einfachsten, die ich kenne, kein Licht über den Lymphstrom wurde. Ich unterlasse es, die vielen Hypothesen, die ich mir über den Lymphstrom nach Kenntniss dieser Structur machte, zu erwähnen; sie sind durch die neueren Untersuchungen vollkommen werthlos geworden; es fehlte dem schönen Gerüst der belebende Strom. Ich erwähne nur noch, dass Fig. 2 und 3 bereits im Sommer 1857 und Fig. 4 nach einem alten Präparat jetzt von mir gezeichnet, und durchaus nicht schemati- sirt sind. Zürich. September 1860. Beiträge zur Kenntniss der zum Lymphsystem gehörigen Drüsen. (Zweiter Artikel.) Von Prof. W. His in Basel. Mit Taf. VII. RX. 3) VUeber den Bau der Lymphdrüsen. Der Versuch, die Anatomie der Lymphdrüsen einer erneuten sorg- fältigen Revision zu unterziehen, bedarf wohl kaum einer besondern Recht- fertigung. So viel auch in den letzten 10 Jahren von trefflichen Forschern über diese kleinen Organe gearbeitet und publicirt worden ist, so wird doch ein Jeder, der durch eigene Untersuchung mit dem Stand der Dinge vertraut ist, sich gestehen müssen, dass die herrschenden Schulansich- ten, wie sie im Laufe der letzten Zeit sich abgerundet haben, im Grunde nur conventionellen Werth haben, und dass die Vorstellungen, die man sich vom Verhalten der Lymphgefässe zu den Drüsenelementen, von der Vertheilung der Blutgefässe in den Drüsen und von manchen andern be- züglichen Verhältnissen macht, zwar den physiologischen Forderungen ganz hübsch sich anpassen, dabei aber keineswegs ohne Zwang mit allen bis dahin bekannt gewordenen anatomischen Thatsachen sich in Einklang bringen lassen. Mit Hülfe der Pinselmethode hatte ich mir schon vor längerer Zeit, theils allein arbeitend, theils in Gemeinschaft mit meinem Freunde Bill- roth, eine gewisse Summe von Beobachtungen gesammelt, die zwar offen- bar über dasjenige hinausgingen, was von frühern Forschern beschrieben war, die aber doch auf das Hartnäckigste allen Versuchen einer theoreti- schen Deutung Widerstand leisteten. Von diesen unsern Beobachtungen, die im Grunde erst. durch die neuern Injectionsresultate sich aufgeklärt ‚haben, hat Billroth im vorangedruckten Aufsatz das Wesentlichste mit- getheilt und durch vortreffliche Zeichnungen veranschaulicht. — Nach- dem ich nunmehr im verflossenen Jahr die im X. Bande dieser Zeitschrift abgedruckte Thymusarbeit zu Ende gebracht, stellte ich mir als nächste Aufgabe eine eingängliche Bearbeitung der Lymphdrüsen, und da ich Zeitschr. f. wissensch. Zoologie. XI. Bd. 5 66 mich genugsam von der Unmöglichkeit überzeugt hatte, mit der Pinsel- methode allein vorwärts zu kommen, richtete ich sofort mein Augenmerk auf die Injectionen durch Lymph- und Blutgefässe. Es unterliegt nun keinem Zweifel, dass gerade menschliche Leichen zu Drüseninjectionen sehr gut sich eignen, allein da diese an unserer kleinen Anstalt weniger reichlich zu haben sind, als dies eigentlich wünschenswerth wäre, so habe ich mir bei den disponibeln Hausthieren ein passendes Material suchen müssen. Fin solches fand ich schliesslich in den grossen Inguinal- und Axillar- drüsen des Rindes, die durch die verhältnissmässige Weite ihrer Gefässe zu einer jeglichen Art von Injection geeignet sind und die ich daher Jedem empfehle, der sich gute Präparate verschaffen will. Ueber meine Unter- suchungsmethoden etwas Besonderes zu sagen, halte ich hier für über- flüssig, da sie keineswegs neu sind; meine Haupthülfsmittel waren ausser der Injection die Härtung und Pinselung. In Betreff der Härtung erlaube ich mir blos beiläufig die Bemerkung, dass ich in der Regel hierzu nicht das chromsaure Kali oder gar die Chromsäure, sondern ganz einfach ver- dünnten Weingeist anwende, der in passender Stärke den Präparaten genug Consistenz giebt um sich schneiden zu lassen und sie dabei doch noch so weich lässt, dass sie leicht auszuwaschen sind. Die Gestalt der Lymphdrüsen ist bekanntlich meistentheils eine boh- nenförmige; man unterscheidet nämlich an ihnen einen convexen Theil, der zahlreiche Zweige von zuführenden Lymphgefässen aufzunehmen pflegt und eine mehr oder minder stark eingezogene Stelle, den Drüsen- hilus, welch letzterer den arteriellen und venösen Blutgefässen, so wie den ausführenden Lymphgefässen zur Durchtrittspforte dient. Von der Convexität her gesehen zeigt die Drüsenoberfläche kleine kreisrunde meist grauröthlich oder gelblich-röthlich gefärbte Abtheilun- gen, die durch hellere Streifen fibrösen Gewebes von einander getrennt und an blutreichen Drüsen von Gefässringen umzogen sind. An salft- strotzenden Drüsen heben sich diese Abtheilungen oft kuglig über die Oberfläche vor und verleihen dieser ein höckriges Aussehen. Es ent- sprechen diese Abtheilungen den so vielfach discutirten Zellen des Mal- pighi und seiner Nachfolger und sie sind in neuerer Zeit wiederum von verschiedenen Forschern mit einer Reihe verschiedener Namen ausge- stattet worden: (Klümpchen (Noll), Drüsenelemente (Brücke), Läppchen (Donders),, Alveolen (Kölliker), Follikel (Leydig)). Schneidet man eine Lymphdrüse senkrecht durch, so zwar. dass der Schnitt den Hilus trifft, so bemerkt man leicht, dass das von einer fibrösen Hülle umgebene Drü- senparenchym nicht durchweg gleichartig ist, sondern aus verschieden- arlig aussehenden Substanzen besteht. Brücke und Kölliker , die zuerst hierauf aufmerksam gemacht haben, unterscheiden zweierlei Substanzen, die sie als Rinden- oder Corticalsubstanz und als Marksubstanz bezeich- nen. Eine genaue Vergleichung ihrer Angaben zeigt, wie dies Kölliker > 67 selbst hervorhebt, dass dieselben durchaus nicht mit einander stimmen und wie ich hinzufügen kann, dass Kölliker selbst bei Untersuchung ver- schiedener Drüsen verschiedene Bildungen vor sich gehabt hat. Brücke, der an Mesenterialdrüsen untersuchte, nennt die Marksubstanz weich, sie fasst alle grösseren Blutgefässe, die mit starken Adventitien versehen sind, in sich, ein Theil der Aeste verzweigt sich capillar in der Marksub- stanz, während die übrigen in die Corticalsubstanz gehen. Je mehr man sich von den grossen Gefässen entfernt, um so lockerer wird das Binde- gewebe der Adventitien und schliesslich treten an die Stelle der Binde- gewebsfasern Cytoblasten mit eng umschliessenden Zellmembranen und mit 2—3 fadenförmigen Ausläufern; sie sind zu einem weichen Gewebe verfilzt, in dem die Blutcapillaren der Marksubstanz liegen. Durch dies Gewebe führen unzählige feine Gänge, die es porös machen, wie einen Schwamm, und die dem Chylus zum Durchtritt dienen. (Ueber die Chy- lusgefässe und die Resorption des Chylus p. 34—35). Kölliker dagegen (Microscop. Anatomie II. p. 531) sagt von der Mark- substanz, sie sei bei den äusseren Drüsen weisslich, bei den inneren grau- röthlich, sie besteht nach ihm neben den gröberen Ramificationen der Blutgefässe aus einem dichten Lymphgefässplexus, der mit den Vasa efferentia inn nächsten Zusammenhange steht. Beiderlei Gefässe werden von einem Stroma von eher derbem Bindegewebe ohne elastische Ele- mente getragen, in welches in den grösseren Drüsen der äusseren Regio- nen fast ohne Ausnahme grössere oder kleinere Nester von Fettzellen eingesprengt sind. In einer Note p. 541 kommt bei Besprechung der Brücke’schen Ansicht Kölliker auf die Kanäle der Marksubstanz zurück, er findet, dass die Marksubstanz bei den inneren Drüsen nicht so scharf von der Rinde sich unterscheidet, als bei den äusseren ;. bei den letzten zeigen beim Menschen die Lymphgefässe sehr deutliche muskelhaltige Wandungen, während in den Mesenterialdrüsen die Muskeln fehlen und die Lymphkanäle einzig durch Bindegewebssepta von einander geschie- den sind, auf denen das Epithel aufsitzt, ein Bau, der am besten mit dem des Rete testis oder der Gorpora cavernosa sich vergleichen lässt. Bei Thieren, z. B. beim Ochsen ist dieses sehr häufig bräunlich gefärbte Schwammgewebe von Lymphgefässen ebenfalls zart und entbehrt auf jeden Fall der Muskulatur ganz, so dass mithin im Bau des Marks verschie- dene Typen vorzukommen scheinen und es leicht möglich ist, dass bei Thieren auch anastomosirende Gänge ohne Epithel, wie Brücke meint, sich finden. In Wirklichkeit lassen sich an jedem Drüsendurchschnitt nicht zwei- sondern dreierlei Substanzen unterscheiden, die durch ihr äusseres An- sehen nicht minder, als durch ihren feineren Bau von einander differiren. Diese sind, in der Richtung von der Convexität der Drüse gegen den Hilus hin aufgezählt: die Cortical- oder Rindensubstanz, die Marksubstanz (im engern Sinn) und das Stroma des Hilus. 5* 68 Was ich hier als Marksubstanz im engern Sinn bezeichne, ist das was Brücke unter diesem Namen verstanden hat und was auch Kölliker an den Mesenterialdrüsen von Menschen und von Rindern als solche auf- fasste; dagegen entspricht das Stroma des Hilus demjenigen Drüsentheil, dlen Kölliker seiner Schilderung von der Marksubstanz, die er vorzugsweise nach äussern menschlichen Drüsen aufgenommen hat, zu Grunde legt. Das Hilusstroma nämlich enthält, ausser Fett, Bindegewebe und stärkeren Blutgefässen,, ein sehr reichliches Netzwerk völlig ausgebildeter Lymph- gefässe, wogegen die eigentliche Marksubstanz, wie ich weiter unten zei- gen werde, überhaupt keinerlei Lymphgefässe enthält, da die in ihr ent- haltenen Röhren, die man vielfach als Lymphgefässe gedeutet hat, mit den Vasa efferentia in keinem directen Zusammenhange stehen und somit den Namen von Lymphgefässen nicht verdienen. Das Gewebe des Hilusstroma’s ist entsprechend seinem Bindege- websreichthum von weisslichem, fasrigem Aussehen und dabei, soweit nicht Fetteinlagerungen ins Spiel kommen, ziemlich derb. Auf Durch- schnitten pflegen sich eine Anzahl weiterer Lymph- und Blutgefässöffl- nungen dem Auge darzustellen und diese geben dem Ganzen oft einen grobporösen Charakter. Ganz anders verhält sichs mit der eigentlichen Marksubstanz ; diese ist vermöge ihres Reichthums an feineren Blutgefässen von röthlicher oder durch Pigmenteinlagerung oft auch von röthlich-brauner oder dunkel-, selbst schwarz-brauner Färbung; ihr Gefüge ist weich, locker und schwammig, grössere Poren sind in ihr von blossem Auge nicht zu er- kennen, und wo stärkere Blutgefässe durch sie hindurch treten, pflegen sie von weisslichen Ausläufern des Hilusstroma’s begleitet zu sein. Marksubstanz und Hilusstroma stehen hinsichtlich ihrer Entwickelung in einem gewissen antagonistischen Verhältniss, was .uns leicht erklärt, wie Brücke und Kölliker beide unter der Bezeichnung Marksubstanz so verschiedene Schilderungen geben konnten. Eine beträchtliche Entwickelung zeigt das Hilusstroma in den Ingui- nal- und Axillardrüsen des Menschen; es zieht sich hier weit ins Innere der Drüse und schickt weissliche Ausläufer aus, die bis gegen die Peri- pherie hin sich verbreiten. Die eigentliche Marksubstanz dagegen be- schränkt sich, wie ich auch bei den jüngern Leichen finde, die ich hierauf zu untersuchen Gelegenheit hatte, auf einen nur schmalen röthlichen Substanzstreif, der zwischen das Stroma und die hellere Corticalsubstanz sich einschiebt. Bei den Inguinal- und Axillardrüsen des Rindes ist im Ge- gensatz hierzu die Marksubstanz ausserordentlich stark entwickelt, wäh- rend das Hilusstroma eine nur untergeordnete Rolle spielt; die Lymph- gefässplexus, aus denen schliesslich die Vasa efferentia hervorgehen, liegen hier, in reichliches Fett eingebettet, beinahe ganz ausserhalb der Drüsen. Ein ähnliehes Vorwiegen der Marksubstanz über das Hilusstroma findet sich auch in den Mesenterialdrüsen beim Rind, Schaaf, Hund und | 69 Kaninchen und, soweit ich dies aus pathologischen Drüsen beartheilen kann, in denen des Menschen. Ob mit zunehmendem Alter das Gewebe des Hilusstroma’s auf Kosten der Marksubstanz sich vergrössern könne, das wird durch weitere Untersuchungen festzustellen sein. Was nun die Beschaffenheit der Corticalsubstanz betrifft, so ist diese ziemlich bekannt, die Färbung ist eine grau- oder gelblich -röthliche, immer merklich blasser,, als die der Marksubstanz ; wie jene ist sie zwar weich, dabei aber nicht schwammig. Durch Fortsetzungen der fibrösen Scheide wird sie in eine Anzahl rundlicher Abtheilungen geschieden, von denen die äusseren den an der Oberfläche gesehenen Abtheilungen ent- sprechen. Für diese Abtheilungen, die indess vielfach unter einander zu- sammenhängen, hat Kölliker den Namen Alveolen vorgeschlagen ; ich behalte-diese Bezeichnung bei, in dem Sinne, dass ich damit je die ge- Sammte in eine Balkenmasche eingelagerte Drüsenparlie begreife. Rinden- und Marksubstanz sind nirgends scharf von einander ge- schieden ; sie greifen vielfach in einander, und während einzelne Rinden- segmente oft gegen den Hilus hin sich verlängern, kann es auch kommen, dass Fortsätze der Marksubstanz sich weit in die Rinde hinein ver- schieben. Eine besondere Beachtung verdienen im Bereiche der Corticalsub- stanz gewisse kugelrunde Hohlräume, die auf senkrechten Schnitten nicht minder als auf Flachschnitten zu sehen sind und die ich vorläufig mit dem Namen der Vacuolen bezeichnen will. Diese Vacuolen, deren Durch- messer zwischen %—Y," schwankt, scheinen bis jetzt wenig beachtet worden zu sein, sie treten, soviel ich bis dahin gesehen habe, ganz con- stant in den verschiedenartigen Drüsen auf, indess sind sie nicht immer mit gleicher Leichtigkeit sichtbar zu machen. An den Mesenterialdrüsen, den Inguinal- und Axillardrüsen des Rindes sind sie so reichlich, dass sie an jedem Durchschnitt, besonders wenn er zuvor etwas ausgewaschen war, dem Auge sich darstellen. Am reichlichsten sind sie immer in der unmittelbaren Nähe der Drüsenoberfläche. In den Drüsen mit kleineren Alveolen kommt wohl je auf eine Alveole auch eine Vacuole, wogegen in den stärkeren Drüsen oft 3—4 oder noch mehr solche Höhlen im Bereich einer einzigen Alveole sich finden (Fig. 14); eigenthümlich ist auch die excentrische Lagerung derselben, sie finden sich nicht in der Mitte, son- dern in der Regel ganz am Rand der Alveolen gelagert, in der Nähe der Septa oder der Drüsenhülle, von diesen nur durch einen schmalen Streif zwischenliegender Drüsensubstanz und den Lympbhsinus geschieden. Die Verhältnisse des Drüsenhaues, soweit wir sie bis dahin geschil- dert, lassen sich leicht mit blossem Auge oder mit Hülfe einer einfachen Loupe erkennen. — Eine eindringlichere Untersuchung injieirter und nicht injicirter Drüsen mit Hülfe stärkerer Vergrösserung vorgenommen zeigt nun weiterhin, dass in der Rinde wie am Marke der Lymphdrüsen dreierlei Formationen aus einander zu halten sind. Diese sind (Fie. 2}: 70 1) das trabekuläre Gerüst, 2) die Bahnen für die durchströmende Lymphe oder die Lymphsinus, 3) die eigentliche Drüsensubstanz. Die fibröse Hülle, welche die Lymphdrüsen von aussen her umklei- det, schickt eine grössere Zahl von Fortsätzen in das Innere des Organes, die hier vielfach sich spalten und mit einander wiederum sich vereinigen, so dass dadurch ein bis zum Hilusstroma hin sich erstreckendes Gerüst gebildet wird, das wohl am ehesten etwa dem Trabekulargerüst der Milz an die Seite zu stellen ist. Bekanntlich hat Malpighi in seiner »epistola de glandulis conglobatis« zuerst die Behauptung ausgesprochen, , dass die Drüsenhülle und die von ihr abgehenden Fortsätze muskulös seien; er unterschied zwischen einer innern muskulösen Hülle und einer äussern gefässtragenden Membran. Die späteren Beobachter, Haller an der Spitze, haben die muskulöse Beschaffenheit von Drüsenhülle und Trabekular- gerüst als eine blosse Fiction bezeichnet. Ob indess wirklich Malpighi seine Behauptung aus der Luft gegriffen, erlaube ich mir nicht zu ent- scheiden; Factum ist, dass er das Richtige getroffen hat. Da dieser sonst so treffliche Beobachter angiebt, die grösseren Lymphdrüsen von Ochsen und anderen verwandten Thieren untersucht zu haben, so ist anzuneh- men, dass er an diesen das richtige Verhältniss auch mit seinen dama- ligen Hülfsmitteln schon deutlich zu erkennen im Stande gewesen sei. — In neuerer Zeit hat O.Heyfelder wieder zuerst die Aufmerksamkeit auf das Vorkommen glatter Muskelfasern in den Hüllen und Trabekeln der Lymphdrüsen hingelenkt, solche auch isolirt und abgebildet (Ueber den Bau der Lymphdrüsen. Erlangen 1851). Besonders reichlich fand er sie bei der Maus, am spärlichsten beim Menschen. Seine Angaben sind mit Bestimmtheit blos von Brücke bestätigt worden (l.c. p.33), der die Mus- keln bei Menschen und Thieren fand ; Donders (Physiologie I. p. 318—320) spricht sich weniger bestimmt zu deren Gunsten aus. Kölliker dagegen (Mikroskop. Anat. II. 544) weigert sich, das Vorkommen der Muskeln in Drüsenhüllen und Septen anzuerkennen und vermuthet eine Verwechse- lung mit der Muskulatur der Lymphgefässe, und ihm schliesst sich Remak an (Entwickelungsgeschichte p. 109). Meinestheils erachte ich nun das Auftreten von Muskeln in Hülle und Trabekeln der Lymphdrüsen als über allem Zweifel stehend. An den Achsel-, Hals- und Leistendrüsen des Rin- des sind dieselben so reichlich vertreten, dass die innere Drüsenhülle, so- wie die Trabekeln von Rinden- und Marksubstanz beinahe ausschliesslich aus contractilen Zellen bestehen. Schon ohne Reagentien sind sie deutlich an ihrem Habitus erkennbar, insofern, als die Streifung der Balken an den Theilungswinkeln nicht die geschwungenen Formen zeigt, die dem Bindegewebe eigen sind, sondern einen eigenthümlich starren Character bewahrt. Die Fasern gehen nicht in einander über, sondern sie kreuzen und überdecken sich nach verschiedenen Richtungen. Durch Salpeter- 7 säure lassen sich die Faserzellen isoliren, und sie stellen sich entweder als längere platte Bänder dar von nur 0,001 bis 0,0015’ Breite und ohne Auftreibung der Kernzone, oder aber als wohl ausgebildete Spindeln mit characteristisch geringelten Endtheilen (Fig. 4a). — In den Septis und Hüllen menschlicher Inguinal- und Axillardrüsen sind die Faserzellen zwar nicht so ausschliesslich überwiegend wie in den analogen Organen des Rindes, sie sind hier vielmehr mit fasrigem Bindegewebe vermengt; allein mit Hülfe von Salpetersäure vermochte ich auch aus menschlichen Drüsen äusserst characteristische Formen isolirt darzustellen , Zellen von 0,075” Länge, 0,003” Dicke mit bekanntem stäbchenförmigem Kerne (Fig. 1b). | Die Anordnung des mit der Drüsenhülle zusammenhängenden Tra- bekulargerüstes ist, wie dies sowohl senkrechte als Flachschnitte zei- gen, eine verschiedene in der Rinden- und in der Marksubstanz der Drüsen, und es liegt in dieser Verschiedenheit auch hauptsächlich der Grund für das differente Aussehen der beiden Substanzen auf dem Durch- schnitt. An der Drüsenrinde sind es ursprünglich kreisrunde Scheide- wände, die von der innern Oberfläche der Drüsenhülle abgehen und die eine Abtheilung ‚der äussersten Drüsensubstanz in rundliche Abschnitte bewirken, allein schon in geringer Tiefe pflegen jene Scheidewände in eine Anzahl von mehr oder minder breiten Blättern, oder von prismati- schen oder rundlichen Balken sich aufzulösen , die nun in einer Tiefe von Ay, Ya—l”" angelangt sich spalten, mit ihren divergenten Schenkeln unter einander sich vereinigen und so die rundlichen Maschenräume um- schliessen, die wir schon oben als Alveolen bezeichnet haben. Weitere Fortsetzungen dieser Balken erstrecken sich sodann nach einwärts, um- schliessen anfänglich auch noch rundliche Maschenräume von Y,—'!k"", schliesslich aber gelangen sie in die Marksubstanz und bilden hier ein weit engmaschigeres Fachwerk , als in der Peripherie, indem sie selbst dabei dünner werden. — Die Abtheilung der Drüsenrinde in alveolare Abschnitte tritt nicht immer mit gleicher Deutlichkeit hervor; im Allge- meinen ist sie weit deutlieher an senkrechten, als an Flachschnitten, und an letzteren ist sie wiederum bei manchen Geschöpfen weit ausgeprägter als bei anderen. Beim Rinde z. B. kann man auf Flachschnitten der Me- senterial- und der äusseren Lymphdrüsen meistentheils beinahe gar Nichts von Alveolen wahrnehmen, da die ganze Corticalsubstanz vielmehr den Character eines weiten Netzwerks annimmt, das nur kleine Maschen- räume frei lässt, die von den meist rundlichen Trabekeln und den sie umgebenden Lymphsinus eingenommen werden (Fig. 8). An den Lymph- drüsen des Menschen dagegen ist selbst auf Flachschnitten die alveoläre Structur der Corticalsubstanz noch unverkennbar, ohwohl auch hier die Alveolen vielfach unter einander zusammenhängen (Fig. 15). — Auch in der Entwickelung des Trabekulargerüstes der Marksubstanz finden sich bei verschiedenen Thierspecies gewisse Verschiedenheiten, deren Be- ’ 12 sprechung indess für uns ohne Interesse ist. Die Medullarsubstanz der menschlichen Lymphdrüsen pflegt sich insonderheit durch eine sehr beträchtliche Entwickelung des Balkengewebes auszuzeichnen. Denkt man sich die Interstitien des Trabekulargerüstes von ihrem Inhalte ent- leert, so stellt das Innere der Drüse ein Netzwerk vielfach unter einander verbundener Hohlräume dar, deren Form im Einzelnen abhängig ist von der Vertheilung der Balken. In der Corticalsubstanz sind es ampullen- förmig aufgetriebene grössere Räume, die unter einander in weiter Ver- bindung zu stehen pflegen; nach Innen gehen dieselben über in ein vielfach verzweigtes Ganalsystem, das aus kürzeren cylindrischen Röhren- stücken besteht, die zwar nach allen Richtungen hin mit einander sich verbinden, dabei aber doch vorzugsweise in der Richtung von der Con- vexität gegen das Hilusstroma hin convergiren. — Dieses ganze System von Hohlräumen lässt sich bei stärkerem Druck von den Vasa aflerentia aus vollständig mit Masse füllen (Fig. 3), und es ist auch seit Malpighi und Nuck vielfach und mit den verschiedenartigsten Materien (Tinte, Queck- silber, Gips, Wachs, Hausenblase u. s. w.) gefüllt worden. Je nachdem die Forscher mehr Gewicht auf das Vorhandensein der ampullenförmigen Erweiterungen der Hohlräume oder auf dasjenige ihres Zusammenhanges legten, gaben sie ihr Urtheil ab, die Drüsen beständen entweder aus Zel- len, die in die Lymphgefässe einmündeten, oder sie seien ein Netzwerk von Lymphgefässen mit seitlichen Ausbuchtungen und vielfachen Win- dungen. Die Blutgefässe, deren reichlicher Eintritt in die Drüsen auch den älteren Forschern nicht entgehen konnte, liessen dieselben meisten- theils in den Septis zur Oberfläche der fraglichen Zellen oder Lymph- gefässplexus hin treten und in ein diese Theile umspinnendes Gapillarnetz sich auflösen. Die Neuzeit hat nun bekanntlich die älteren Anschauungsweisen um wesentlich neue Gesichtspunkte vermehrt. Dadurch dass durch Donders und Kölliker sowie theilweise durch Brücke der Nachweis geleistet wurde, dass die besprochenen Drüsenräume durchweg von einem Blutgefässnetz und zugleich von einem Fachwerk sehr feiner Zellen oder Bindegewebhs- fasern durchzogen sind, wurde ihnen eine höhere Bedeutung gegeben, als zuvor und fiel jedenfalls die Ansicht dahin , welche in den Lymphdrüsen blosse Gefässplexus sah. — Man betrachtete demnach die Drüsenräume als eine Art von cavernösem System, in das die Lymphe an dem einen Ende einströme, um am andern wieder auszutreten. In dieser Fassung ist die Vorstellung, die man sich vom Lymphdrüsenbau macht, entschie- den unrichtig; es enthalten nämlich, wie man sich durch sorgfältige An- wendung der Injectionsmethode einestheils, der Pinselmethode andern- theils überzeugen kann, die vom Trabekulargerüst umschlossenen Hohl- räume, als zwei wohl von einander zu scheidende Theile, einestheils die Räume für den Lymphstrom oder die Lymphsinus und anderntheils die eigentliche Drüsensubstanz (Fig. 2). 713 Von den neueren Forschern sind offenbar Brücke und Donders der Wahrheit am nächsten gewesen, indem sie die peripherische Ausbreitung des fetthaltigen Chylus in den Alveolen der Mesenterialdrüsen mit grösse- rem Gewichte betont haben, als dies je vor ihnen geschehen war. Aller- dings ist die Annahme von durchlöcherten Chylusgefässen, die Donders zur Erklärung der von ihm bemerkten Thatsache aufstellt, eine unrich- tige, und die von ihm gesehenen Gefässe sind, wie aus seiner Beschrei- bung hervorgeht, nichts Anderes, als die weiter unten zu schildernden Drüsenschläuche der Marksubstanz. Bemerkenswerth ist es, dass unter den älteren Autoren es wiederum Hewson ist, der über den inneren Drüsenbau die bei weitem richtigsten Angaben macht. Er fasst die Lymphdrüsen im Allgemeinen als Lymph- gefässplexus auf und verwirft die gewöhnliche Annahme von grösseren Zellen, weiterhin aber bemerkt er (Experimental Inquiries III. p. 63 u. f.), dass bei mikroskopischer Besichtigung ausgewaschener Drüsendurch- schnitte eine grosse Zahl von Zellen wahrgenommen werde, viel kleiner, als die his dahin beschriebenen ; diese sind ausserordentlich gefässreich, in ihnen bildet sich die weissliche Flüssigkeit, die aus dem Durchschnitt frischer Drüsen ausfliesst. Diese wird durch besondere Gefässe aufge- nommen, die den übrigen Lymphgefässen der Drüsen sich beigesellen. — Henle, in der Zeit, da er seine allgemeine Anatomie schrieb, war sehr geneigt, sich der Hewson’schen Auffassung anzuschliessen, und die unbe- fangenen Schilderungen, welche er p. 554 und 555 von den acinusarti- gen Körpern der Lymphdrüsen giebt, die wahrscheinlich in den Lymph- gefässräumen drin liegen, sind, wie man aus dem Nachlolgenden ersehen wird, vollständig den Verhältnissen entsprechend. In seinen neueren Ar- beiten über die Lymphdrüsen thut Henle der fraglichen Acini keine Er- wähnung mehr. Das Verhältniss, in dem die verschiedenen Drüsenbestandtheile, die Trabekeln, die Lymphsinus und die eigentliche Drüsensubstanz zu einan- der stehen und das in Rinden- und in Marksubstanz sich vollständig gleich bleibt, ist folgendes: die Lymphsinus folgen allenthalben den Tra- bekeln, sie umfassen dieselben und scheiden dieselben allenthalben von der Drüsensubstanz, welch letztere, gefässhaltig und von einer zarten Membran umgeben, den mittlern Raum der Trabekelmaschen einnimmt. Von der Vertheilung der Drüsensubstanz in den Lymphdrüsen macht man sich wohl am leichtesten eine Vorstellung, wenn man sich das ganze System von Hohlräumen, das von der Drüsenscheide und von den Trabe- keln umfasst wird, mit einer erstarrenden Masse ausgegossen denkt, und wenn man nun ferner sich vorstellt, diese ausfüllende Masse habe sich allenthalben in gleichmässiger Weise zusammengezogen, so zwar, dass sie überall von Hülle und von Trabekeln um Y%oo— oo absteht. Die Zwischenräume, die zwischen der Masse einestheils, der Hülle und den 7% Trabekeln anderntheils entstehen, entsprechen den Lympbsinus, während die fingirte Masse die eigentliche Drüsensubstanz repräsentirt. Nach dem, was wir nun früher über die Vertheilung der Trabekeln und über die Forin der von ihnen umschlossenen Räume mitgetheilt haben, ist es klar, dass zwar die Drüsensubstanz ein durch die ganze ot drüse zusammenhängendes Parenchym-Netz bildet, dass somit keines- wegs von einander geschiedene Läppchen Di dass aber allerdings einzelne Abtheilungen sich werden erkennen lassen, die in den verschie- en Drüsenregionen auch verschieden gestaltet sind. In der Cortical- substanz finden sich bei der relativ geringen Entwickelung des Trabeku- ste grössere rundliche Abschnitte, die meistentheils in weiter Vdee unter einander stehen, ich will diese die Corticalampul- len oder ah die Ampullen nennen. Nach innen werden bei der zu- nehmenden Entwickelung des Trabekulargerüstes die Ampullen kleiner als sie an der Peripherie waren, dabei aber meistentheils besser ausge- bildet, und in der Marksubstanz gehen sie in ein ziemlich engmaschiges Netz von Y,— Yo weiten Röhren über, die ich im Gegensatz zu den Corticalampullen als die Drüsenschläuche der Marksubstanz oder als Markschläuche bezeichnen will. (Man vergleiche über diese Verhältnisse die Fig. 2, welche nach einem theilweise ausgepinselten Me- senterialdrüsendurchschnitt des Ochsen aufgenommen ist; die Vacuolen sind in dieser Zeichnung, um dieselbe nicht überflüssig zu compliciren, weggelassen.) Die Drüsenschläuche der Marksubstanz sind offenbar schon von meh- rern Forschern gesehen, allein irrthümlicher Weise als intraglanduläre Lymphgefässe gedeutet worden, so, wie oben erwähnt, von Donders, so ferner von Gerlach und Heyfelder, welch letzterer sie sogar, wenn auch ziemlich undeutlich, abbildet (l. c. Fig. 7 u. 8), so ferner von Kölliker beim Ochsen (Mikrosk. Anatomie II. 541); dass sie auch Brücke gesehen und als Adventitien der Blutgefässe geschildert hat (l. c. p. 34), ist mir aus seiner Beschreibung wahrscheinlich. Ich selbst habe diese Schläuche, die mir bei Anwendung der Pinselmethode sehr früh schon zu Gesicht kamen, gleichfalls lange für Lymphgefässe gehalten und habe mich sei- ner Zeit, theils allein, theils mit Billroth unendlich geplagt, den Zu- sammenhang dieser vermeintlichen Gefässe mit den zu- und abführenden Lymphgefässen zu ermitteln. Erst die gelungenen Injectionen vom Vas afferens aus, welche ich in den Figuren 4 und 5 abgebildet habe, gaben mir überzeugenden Aufschluss über das Verhältniss der Lymphbahn zur Drüsensubstanz des Markes?). Ich muss daher auch einen Irrthum be- 4) Prof. Frei in Zürich, welcher, durch die Kenntnissnahme unserer Vorarbeiten und Methoden angeregt, sich diesen Sommer hindurch gleichfalls eifrig mit Lymphdrüsenuntersuchungen befasst hat, ist noch etwas früher, als ich zur Ueberzeugung gelangt, dass die Bildungen, die ich als Drüsenschläuche der Marksubstanz bezeichne, nicht selbst zur Lymphbahn gehören. Er hat, noch 15 richtigen, den ich im ersten Artikel dieser Arbeit Bd. X. p. 336 begangen habe, da ich dort von interalveolären Lympbhgefässen spreche; diese an- geblichen Lymphgefässe sind eben die Drüsenschläuche der Marksubstanz. Nachdem wir im Bisherigen den Bau der Lymphdrüsen und das Ver- hältniss ihrer Substanzen zu einander im Allgemeinen skizzirt haben, werden wir auf die Drüsentheile im Einzelnen näher eintreten müssen, und zwar beginne ich mit der Verfolgung der Lymphbahn. — Treibt ıman eine gefärbte Masse, am besten gefärbten Leim, sorgfältig in das zuführende Gefäss einer Lymphdrüse ein, so sieht man zunächst, wie dies längst bekannt ist, dass das Gefäss in der Regel noch bevor es die Drüse erreicht in mehrere Aeste sich spaltet, die in einem bestimmten) District der Drüsenoberfläche sich ausbreitend in weitere feine Zweige zerfallen, welche schliesslich die Drüsenhülle durchbohren und so in das Organ selbst sich einsenken. Hat einmal die Masse ihren Weg durch die Drü- senhülle gefunden, so verbreitet sie sich rasch an der Oberfläche des be- treffenden Drüsendistrictes und zwar erhält man zunächst Bilder, die gleichfalls längst bekannt, obwohl in verschiedener Weise gedeutet sind. Man sieht nämlich, dass die rundlichen Abtheilungen, die schon vor der Anfüllung sichtbar waren, von der gefärbten Masse aufnehmend, stärker sich vortreiben, dabei nimmt man nicht selten wahr, wie je eine von diesen Abtheilungen von den pinselförmig divergirenden sehr feinen Zwei- gen eines Astes des Vas afferens umfasst wird, ferner sieht man (Fig. 6), dass die fraglichen rundlichen Abschnitte nicht durchweg von einander isolirt sind, sondern da und dort durch Brücken von gefärbter Substanz mit einander verbunden werden. Donders (Physiologie I. 319) giebt eine Schilderung von der Ausbreitung der Chylusgefässe an der Oberfläche der Mesenterialdrüsen, die nicht mit der eben gegebenen Darstellung har- monirt. Nach ihm breiten sich die Vasa inferentia unmittelbar unter der durchscheinenden Hülle zu einem regelmässigen Netz aus, welches die äussern Läppchen genau begränzt und woraus auf der andern Seite wie- .derum Stämme von Lymphgefässen (Vasa efferentia) entstehen. Durch dieses Netz soll der Chylus, wie Donders annimmt, die Drüsen vollständig umgehen können und direct aus den Vasa afferentia in die efferentia übergehen. Remak (Entw. der Wirbelth. p. 109) legt auf das fragliche Netzwerk gleichfalls grosses Gewicht und nennt es die einzige sichere Thatsache, die sich auf das Verhalten der Lymphgefässe zu den Lymph- bevor ich selbst so glücklich war, überzeugende Injectionen der Marksubstanz zu Stande zu bringen, die Zuvorkommenheit gehabt, mir einige seiner Präparate vorzuzeigen, allein die ungünstigen Verhältnisse, unter denen ich mir sie an- sehen konnte, mögen wohl die Schuld sein, dass sie damals auf das Urtheil, wel- ches ich mir über die Verhältnisse gebildet hatte, in keiner Weise modificirend wirkten. Zu einer Umgestaltung meiner frühern Auffassung gelangte ich erst, als es mir gelang, mit undurchsichtigen Massen (chromsaurem Blei) die cavernösen Räume in der Umgebung der Drüsenschläuche vom Vas afferens aus anzufüllen und dabei die Drüsenschläuche selbst von Masse frei zu erhalten. 76 drüsen bezieht. — Es hat nun durchaus keine Schwierigkeit, das frag- liche Netzwerk weisser Streifen auf der Oberfläche der Mesenterialdrüsen verdauender Thiere wahrzunehmen, gleichwohl muss ich die Bedeutung desselben als eines Gefässnetzes in Abrede stellen. Die Bildung dieses Streifennetzes erklärt sich vielmehr also: Der Chylus breitet sich, indem er durch die feinsten Gefässe in die Sinus eintritt, an der Aussenfläche der Drüsenampullen aus; von oben gesehen wird also die Masse eines- theils eine dünne Schicht bilden, die über den Ampullen zwischen diesen und der Hülle sich ausbreitet, anderntheils aber wird sie eine tiefe aber schmale Schicht bilden, die im Umkreis der Ampullen liegt und die hier ziemlich weit in das Innere sich erstreckt. Jene Schicht wird von aussen her leicht übersehen, diese aber stellt sich als weisser Kreis im Umfang der Alveolen dar. Die leisesten Zweifel an dieser Deutung des Verhält- nisses schwinden beim Durchlesen der vortrefflichen Schilderung, die sich bei Brücke (l.c.p.3%) findet. Dieser Beobachter sagt: » die Vasa inferentia, welche sich theils nahe am Rande der Drüse inseriren, theils auf dieselbe hinauf kriechen, behalten ihre Klappen bis nahe an die Insertionsstelle bei, dann aber verschwinden ihre bis dahin sehr deutlichen Wände dem Auge und sie lösen sich in Chylusstreifen auf, die an der Oberfläche in den Thälern zwischen den Drüsenelementen hinlaufen, so dass diese wie kleine durchscheinende Perlen von einer milchweissen Fassung umgeben sind. Die Ghylusmasse ist aber hier nicht mehr scharfbe- gränzt,sondernim Thalwegam weissesten, währendsiean den Abhängen der Hügelchenallmählig dünner und durceh- scheinender wird und am Ende ganz verschwindet. Ich habe dies beim Menschen und ganz besonders deutlich bei Herpestes Zebra gesehen. «— Wie es an den Mesenterialdrüsen der Thiere mit dem angeb- lichen Zusammenhang der Vasa aflerentia und efferentia steht, vermag ich nicht mit voller Sicherheit zu bestimmen, da ich bis dahin nicht Gelegen- heit gehabt habe, Mesenterialdrüsen bei solchen von einem Vas aflerens aus zu injiciren; an den Axillar- und Inguinaldrüsen vom Menschen und vom Rinde, sowie an den Mesenterialdrüsen des Menschen existirt ein solcher Zusammenhang ganz entschieden nicht. Bei Injection eines einzelnen zu- führenden Gefässes, selbst unter starkem Drucke, verbreitet sich die Masse immer nur an einem ganz umgränzten District der Oberfläche und tritt von da aus sofort in die Tiefe. Dieser District ist um so grösser, je stärker das Vas efferens und je reichlicher die Zahl seiner Zweige. — Ueber die Ausbreitung der Lymphe im Innern der Drüse geben senkrechte und flache Durchschnitte von solchen Drüsen Aufschluss, die unter ge- - ringem Drucke injicirt sind !). 4) Um Drüseninjectionen mit bekanntem, möglichst gleichmässigem Drucke auszu- führen, wendete ich mit Erfolg einen kleinern Irrigateur an, von der Art, wie sieim Handel allenthalben zu haben sind. Den angefügten Schlauch, der die Canüle trug, setzte ich durch ein Tförmiges Rohr in seitliche Verbindung mit 77 An senkrechten Durchschnitten gut injieirter Drüsen vom Rinde be- merkt man Folgendes (Fig. 7): die Masse nimmt im Bereich der Cortical- substanz überall den peripherischen Theil der Alveolarräume ein, sie verbreitet sich in Form von dünnen Streifen in der unmittelbaren Umge- bung einestheils der Hüllen, anderntheils der Trabekeln. Jede Trabekel ist von zwei gefärbten Säumen eingefasst, die mit ihr sich verzweigen, Wiedervereinigungen eingehen u. s. w. Gegen die Marksubstanz hin, in der, wie früher erwähnt, das Trabekulargerüst ein engeres wird, wird auch das Netz der gefärbten Streifen ein dichteres, so dass es von blossem Auge nicht mehr zu entwirren ist und man blos im Allgemeinen eine ge- sättigte Färbung der Durchschnittsflächen wahrnimmt. — Flachschnitte, die der Oberfläche parallel durch die Corticalsubstanz geführt sind, er- geben dasselbe Gesetz, dass die durch das Vas aflerens eingedrungene Masse allenthalben den Trabekeln folgt. Sind diese auf dem Querschnitt rundlich, so sind sie auch von einem kreisförmigen Massenstreif umgeben, sind sie prismatisch, so modificirt sich demgemäss die Form des Streifens u.s. w. (Fig. 8). Nirgends aber sieht man an guten Injectionspräpa- raten die Masse selbstständig und von den Trabekeln unabhängig in die Alveolarsubstanz eindringen, dagegen beobachtet man sowohl an senk- rechten als an Flachschnitten häufig, dass einzelne Lymphgefässstäimm- chen innerhalb stärkerer Trabekeln mehr oder minder tief in’s Innere der Drüse eintreten und hier sich noch verzweigen, bevor sie in die eigent- lichen Lympbsinus einmünden. Ueber die Bahn der Lymphe in der Marksubstanz giebt die mikrosko- pische Betrachtung feinerer Durchschnitte Aufschluss und sie zeigt, dass auch hier allenthalben die gefärbte Masse den Trabekeln folst, diese aller- seits einfasst und sie von der gefässhaltigen Drüsensubstanz trennt (Fig. % und 5). Während nun aber die Drüsensubstanz hier eine feinere Zer- theilung erfährt, als in der Rinde, und nirgends so massige Anhäufungen derselben vorkommen, so ist im Gegensatz dazu das Gebiet der Lymph- sinus ein weit ausgebreiteteres. Die Breite der einzelnen Sinus nimmt zwar ab, dagegen bildet sich statt der vereinzelten ringförmigen oder prismatischen Spalten ein ausgebreitetes Netzwerk von Röhrenringen aus, deren Axentheil jeweilen von den Markschläuchen der Drüsensubstanz eingenommen wird. einem Manometer und regulirte die Druckstärke durch den am Irrigateur be- findlichen Hahn. Die ganze Einrichtung mit sammt dem zu injicirenden Theil setzte ich in ein mit warmem Wasser gefülltes Blechgefäss, in dessen eine Wand eine Glasscheibe eingekittet war, die den Stand des Manometer zu verfolgen erlaubte. Bei einem Drucke im Zuleitungsrohr von 50—60 mm.Hg. vergehen bei Rinderdrüsen Stunden, bevor die Leimmasse aus dem Vas afferens durch die Drüse hindurch in’s Vas efferens gelangt. Es wäre vielleicht nicht ohne Interesse, bei constanter Temperatur und bei wechselndem Druck Bestimmung zu machen über die Zeit, die ein zur Dichtigkeit der Lymphe verdünntes Blut-Serum braucht, um die Drüsen zu durchlaufen. 718 Untersucht man an ausgepinselten feinen Drüsenschnitten genauer die Räume, welche als Lymphbahnen dienen, so gelangt man zur Deu- tung jener Bilder, die Billroth im vorstehenden Aufsatze nach unsern ältern Beobachtungen geschildert und die er durch seine Abbildungen erläutert hat. Die von der Lymphe resp. von der injicirten Masse befolgten Bahnen sind niimlich anatomisch wohl characterisirt und leicht von der eigent- lichen Drüsensubstanz unterscheidbar. Zunächst zeichnen sich die Lymph- sinus sowohl in der Drüsenrinde, als im Drüsenmark vor der eigentlichen Drüsensubstanz durch ihre völlige Gefässlosigkeit aus. Das sparsame "Gerüst, das dieselben durchsetzt und das die Verbindung der Trabekeln mit der umhüllenden Schicht der Drüsensubstanz herstellt, besteht in der Regel (obwohl nicht ausschliesslich) aus verzweigten Zellen 1), woge- gen, wie dies Billroth mit Recht hervorhebt, im Bereich der eigentlichen Drüsensubstanz das feine Fasergerüst meistentheils nur aus kernlosen Balken sich aufbaut. In der Corticalsubstanz zeigen sich die Lymphsinus als mehr oder minder breite spaltförmige Räume, die zwischen dem Ampullarrand und der Drüsenhülle resp. den Trabekeln sich wahrnehmen lassen und die durch den Pinsel sehr viel leichter von ihrem Inhalt frei zu machen sind, als die Ampullarsubstanz. Die feinen Verbindungsfäden des Trabekular- gerüstes setzen sich meistentheils senkrecht oder nur wenig geneigt an die Ampullarbegränzung an (ausser der Fig. 1 von Bellroth und meiner Fig. 9 u. 10 möge man auch die Fig. 47 von Henle*) vergleichen). In der Medullarsubstanz sind bei den vielfachen Verbindungen, die die Markschläuche sowohl als die Trabekeln eingehen, die Bilder, die man auf Durchschnitten von den Sinusräumen erhält, viel mannigfaltiger (Fig. k, 5 und Fig. 11—12); bald erscheinen sie in Form von Ringen, in deren Mitte je eine durchschnittene Trabekel gelegen ist, welch letztere durch viele strahlenförmige Verbindungen mit dem umgebenden Markschlauch- ring in Verbindung steht, bald wiederum zeigen sich die Lymphsinus je zwischen zwei parallel gelagerten Markschläuchen als längere Sireifen, die durch eine dünne Trabekel in zwei gleiche Abschnitte gebracht wer- den, bald sind sie unregelmässig buchtig. Alle diese Formen begreifen sich leicht, wenn man einmal das Grundverhältniss von Trabekeln, Lymph- sinus und Drüsensubstanz zu einander sich klar gemacht hat. Wie sich schliesslich die ausführenden Gefässe aus den Lymphsinus entwickeln, das ist mir bis jetzt nicht möglich gewesen direct zu ermit- tein. Da dieselben bekanntlich mit sehr feinen Wurzeln beginnen, so ist kein Grund, anzunehmen, dass sie in einem andern Verhältniss zu den Sinus stehen, als die Vasa afferentia. Ihre Hohlräume müssen, wie dies 4) Die beste Methode, diese Zellen unsichtbar zu machen, möchte allerdings die von Henle angegebene sein: die Dıüsen zu trocknen und dann mit Kalilösung aufzuweichen. 2) Zeitschr. f. ration. Medicin. 3te Folge. 8ter Band. 19 auch die Injectionen ergeben, aus den Lymphsinus direct hervorgehen, während die Drüsenschläuche an der Uebergangsstelle einfach aufhören und die Gefässwand unmittelbar aus dem muskelreichen Gewebe der Trabekularsubstanz sich entwickelt. Das Gerüst der eigentlichen Drüsensubstanz bilden die Blut- gefässe, die in ihr durchweg sehr reichlich sich verzweigen , ohne jedoch von ihr aus bis in die Lymphsinus hinein vorzudringen. Im Anschluss an die Blutgefässe findet sich das bekannte von Donders und Kölliker ent- deckte feine Maschengewebe, in dessen Zwischenräumen die Lymphkör- perchen liegen. — Gegen die Lymphsinus hin gränzt sich die Drüsensub- stanz durch eine lockere Membran zwar nur unvollständig, aber scharf ab. Den Gefässgehalt des eigentlichen Drüsenparenchyms der Cortical- substanz haben, wie bekannt, Brücke, Donders und Kölliker mit Bestimmt- heit festgestellt; dagegen kommt das Verdienst, zuerst auch das Vorhan- densein von Blutgefässen in den Drüsenschläuchen der Marksubstanz erkannt zu haben, entschieden Billroth') zu, der die Thatsache-in seinen pathologischen Beiträgen (p. 126) in einer allerdings etwas maskirten Form mittheilt. Die Verzweigung der Blutgefässe im Innern der Lymph- drüsen ist übrigens bis dahin von Niemandem eingänglicher studirt wor- den und doch liefert meines Erachtens dies Studium erst den eigentlichen Schlüssel zum Verständniss des Lymphdrüsenbaues. — Unter den bis jetzt publieirten Angaben sind die von Kölliker die detaillirtesten; nach ihm treten die in der Regel mehrfach vorhandenen Arterien am Drüsen- hilus oder an einzelnen hilusartig vertieften Stellen der Drüse in das Innere des Organes. In der Marksubstanz angelangt, erleiden sie die sröbere Verzweigung und schicken, indem sie die hier vorhandenen Lymphgefässe mit nur spärlichen Capillaren versehen, ihre Hauptzweige nach der Rinde hin, in der auch die eigentliche Endverzweigung derselben stattfindet. Diese Zweige verlaufen anfänglich in den Septis, treten dann von hier aus in die Alveolen ein, innerhalb deren sie in ein reiches Ca- pillarnetz mit verhältnissmässig weiten Maschen sich auflösen. An letz- terem Netz betheiligen sich auch zahlreiche von aussen in die Rinde ein- tretende Arterien. Die Venen verhalten sich im Ganzen wie die Arterien, nur sind die Stämme minder zahlreich. Ich kann diese Angaben von Kölliker zwar in ihren Hauptzügen be- stätigen, muss indess doch in manchen nicht unwesentlichen Einzelnhei- ten davon abweichen. — Soweit ich die Verhältnisse an den grösseren Lymphdrüsen aus der Inguinal-, Hals- oder Axillargegend des Rindes verfolgte, fand ich Folgendes: Es treten auch hier in der Regel mehrere Arterienstämmchen in den Drüsenhilus ein; nebstdem kann es vorkom- men, dass einzelne Stämme an einer oberflächlichen Stelle in die Drüse sich einsenkend durch die Substanz der letztern hindurchtreten bis zur 4) Er bezeichnet nämlich am angegebenen Ort die Drüsenschläuche einfach als lockere, Iymphbaltige Blutgefäss-Adventitien. 80 Hilusgegend hin. Innerhalb des Hilusstroma geschieht die gröbere Ver- zweigung der Gefässe und nun tritt allerdings von hier aus ein Theil der Zweige in die Trabekeln ein, um mit diesen nach aussen hin zu verlaufen, ein grösserer Theil derselben aber begiebt sich beim Eintritt in die Mark- substanz unmittelbar in die Drüsenschläuche der letztern und geht inner- halb dieser gegen die Peripherie hin. Die in der Axe der Schläuche ver- laufenden Gefässstämmchen geben zahlreiche feine Zweige ab, die in ein capillares Netzwerk einmünden, das an der Oberfläche ne: Drüsen- schlauches sich ausbreitet. — Der Durchmesser der Gapillarröhren be- trägt im gefüllten Zustand im Mittel 0,0025 — 0,004’””, die Form der Muschen ist eine polygonale, Done 4- oder öseitige. — Aus dem Capillarnetze sammeln sich jeweilen wieder kleine Venenstämmchen, die wie die Arterien der Längsachse der Drüsenschläuche folgen. (Fig. 12). Es hat dem Gesagten zu Folge die Gefässvertheilung in den Drüsen- schläuchen der Marksubstanz eine gewisse Analogie mit derjenigen in den Darmzotten, und wirklich sehen schief abgeschnittene injicirte Drüsen- schläuche unter dem Mikroskop oft täuschend aus wie gefüllte Zotlen. — Von den in die Trabekeln der Marksubstanz eingetretenen Gefässen laufen einzelne Zweige bis in die Trabekeln der Corticalsubstanz, ein grösserer Theil derselben tritt aber noch im Bereich der Marksubstanz, oder auf der Gränze von Mark- und Corticalsubstanz , in die Drüsenschläuche der erstern ein, indem die Balken selbst an den betreffenden Stellen an die Schläuche sich anlegen. Von den Drüsenschläuchen der Marksubstanz aus erhalten erst die Ampullen der Corticalsubstanz ihre stärkern Blutgefässe; ein unmittel- bares Uebertreten von Gefässen aus den Trabekeln der Corticalsubstanz in die von ihnen umschlossenen Alveolen oder Drüsenampullen konnte ich niemals beobachten. — Diejenigen Gefässzweige, die bis in die Tra- bekeln der Gorticalsubstanz vorgedrungen sind, verzweigen sich theils innerhalb der muskulösen Trabekeln selbst, theils aber gelangen sie an die Drüsenhülle und breiten sich in dieser aus. Constant sieht man auch kleine Stämmchen von der Drüsenhülle aus in die Adventitien der Vasa afferentia eintreten und in diesen auf weite Strecken die Lymphgefässe begleiten. In einer jeden Ampulle sieht man auf senkrechten Schnitten (Fig. 13 und Fig. 44) zwei oder mehrere Hauptstämmchen von innen her ein- treten. Die Stämmchen theilen sich gablig und die Zweige laufen nun entweder einfach gegen die Peripherie der Ampulle hin, um an dieser ihre Endausbreitung zu finden, oder sie treten, indem sie vom Haupt- stamm unter sehr steilen Winkeln sich ablösen, durch die vorhandenen Verbindungsgänge aus der einen Ampulle in eine benachbarte, in der sie dann erst ihre Endverzweigung erfahren. Die reichlichste Ausbreitung von Capillargefässen zeigt sich durchweg an der Gränze der Drüsensub- stanz, da wo diese an die umgebenden Lymphsinus stösst; dabei gilt 5 aber auch hier das Gesetz, dass die Lymphsinus selbst gefässfrei sind, Demnach erscheinen auch das Gefässsystem der Trabekeln und dasjenige der Ampullen völlig unabhängig von einander. Die in den Ampullen gelegenen früher besprochenen Vacuolen sind zwar auch von Blutgefässen durchzogen, indess immer nur von Gapillar- zweigen; die stärkern Stämmchen, die in ihre Nähe kommen, umkreisen dieselben ringförmig und senden feine Reiser in ihr Inneres, die hier ein weitmaschiges Netzwerk oder häufig auch blos Randschlingen bilden. — Die Bilder, die man von der Gefässausbreitung in der Corticalsubstanz auf Flachschnitten erhält, welche parallel zur Oberfläche geführt sind, fallen begreiflicher Weise in verschiedenen Höhen etwas different aus. In den alleroberflächlichsten Lagen trifft man nur die feinern Gefässe, die bis zur Wand der Ampullen hin vordringen, wogegen die etwas tiefer ge- führten Schnitte natürlich auch die stärkern Stämmchen treffen und deren Verzweigungsmodus zeigen müssen. Diese stärkern Gefässe nun mit ihren Zweigen zeigen eine ausgesprochene Tendenz zu bogenförmigem Verlaufe; sie umkreisen einestheils die Vacuolen, anderntheils aber und ganz besonders die Trabekeln mit den sie umgebenden Lymphsinus und indem sie vielfach unter einander sich verbinden, bilden sie Netze mit kreisförmigen Lückenräumen, in deren Centren je eine Vacuole oder ein Trabekeldurchschnitt zu liegen pflegt (Fig. 8). Von den so entstehenden Gefässringen gehen die feinern Zweige ab, die nun entweder in die Vacuo- len eintreten, oder aber in der dichten Substanz des Drüsenparenchyms in ein Gapillarnetz sich auflösen. Die Gefässvertheilung in den Lymphdrüsen des Menschen geschieht, wie ich mich an wohl injicirten Inguinal- und Axillardrüsen überzeugt habe, wesentlich nach denselben Principien, wie wir sie soeben für die Drüsen des Rindes kennen gelernt haben (Fig. 15 u. 16). Gewisse Modificationen im Verhalten der Gefässe sind bedingt durch die starke Entwickelung des Hilusstroma’s und die geringe Dicke der Marksubstanz, sowie anderntheils durch die geringere Grösse und die weniger überwiegende Confluenz der CGorticalampullen. — Von den Zweigen, die innerhalb des Hilusstroma’s durch Spaltung der eingetretenen Stämmchen sich bilden, treten die feinern in die zunächst liegenden Drüsenschläuche der Marksubstanz, in denen sie gerade so sich verhalten, wie die entsprechenden Gefässe beim Rinde. Die stärkern Zweige dagegen gelangen, indem sie von derbern Ausläufern des Hilusstroma’s begleitet sind, durch einen Theil der Mark- substanz nach aussen, gelangen, nachdem sie noch ein- oder mehrfache Spaltung erlitten haben, entweder in die äussern Drüsenschläuche oder ‚sofort in die nach Innen gekehrte Seite der Ampullen. Beim Eintritt in die letztern verzweigen sie sich gablig, die Zweige strahlen entweder unmittelbar gegen die Peripherie hin aus, oder sie wenden sich seitwärts und münden in die Gefässbezirke benachbarter Ampulien ein. Das dich- teste Gapillarnetz findet sich auch hier an der Oberfläche der Ampullen Zeitschr. f. wissensch. Zoologie. XI. Bd. 6 82 und die Vacuolen, die nur 1 fach in je einer Ampulle auftreten, erhalten nur feinere Gefässchen, während die stärkern, falls sie überhaupt bis zu ihnen hinreichen, dieselben umgehen. Mit den Trabekeln treten kleine Gefässstämmchen aus dem Innern der Drüse an die Oberfläche, sie verbreiten sich an der Hülle und pflegen vorzugsweise den Rinnen zwischen den alveolären Vorragungen zu folgen. Diese oberflächlichen Gefässe sind es wohl vorzugsweise gewesen, die Raysch in seinem Briefe an Boerhaave, de fabrica glandularum, geschil- dert und abgebildet hat (p. 78 u.81); ihre Entdeckung machte dem alten Herrn solch eine Emotion, dass er, wie er erzählt, vor Freuden in die Höhe sprang. — Von dem Eintreten von Blutgefässen aus den Hüllen direct in die Ampullen, wie dies Kölliker schildert, konnte ich mich nicht überzeugen und vermuthe, dass eine Verwechselung im Spiel'ist. Nächst dem Blutgefässgerüst und an dieses sich anlegend ist es das bekannte feine Balkennetz, das als gestaltgebender Theil der Drüsen- substanz betrachtet werden muss. — Wie schon oben hervorgehoben wurde, finden sich im Bereiche der eigentlichen Drüsensubstanz bei ausge- wachsenen Geschöpfen vorzugsweise nur die Formen von Netzbalken, die kernlos und ohne Anschwellung an den Knotenpunkten sind. Die Dicke der einzelnen Fäden beträgt %,—1 Tausendstel Linie, ihre Resistenzfähig- keit gegen Reagentien ist nicht unbeträchtlich. Verkümmerte kernhaltige Zellkörper nahm ich einigemal im Ampullargerüst der Mesenterialdrüsen wahr, so beim Rinde und beim Schaafe. Die von den feinen Balken gebildeten Netze zeigen an verschiedenen Stellen eine etwas verschiedene Anordnung und Dichtigkeit, wie denn letzteres schon daraus ersichtlich ist, dass die eingelagerten Lymphkör- perchen durchaus nicht überall mit derselben Leichtigkeit sich heraus- pinseln lassen. Am dichtesten sind die Netze einestheils im äussern Umfang der Drüsensubstanz, anderntheils in der nächsten Umgebung der Vacuolen. Im Bereich der Vacuolen selbst sind sie sehr weitmaschig und scheinen in deren Mitte meistentheils ganz zu fehlen. Die Form der einzelnen Maschen richtet sich im Allgemeinen nach der Gestaltung des Drüsen- abschnitis; in den kanalförmig gestalteten Drüsenschläuchen der Mark- substanz ist sie eine meist langgezogene, in den Ampullen dagegen eine mehr gleichmässig polygonale; indess sieht man auch in der Ampullen- substanz häufig genug gegen die äussere Gränzfläche oder gegen die Va- cuolenbegränzung hin die Maschen sich in die Länge ziehen und das Netz dabei enger werden. Da nun die Drüsensubstanz sich allenthalben scharf gegen die um- gebenden Lymphsinus absetzt, so fragt es sich, ob dieselbe von einer besondern Begränzungsmembran umgeben sei. Nach Allem, was ich ge- sehen habe, glaube ich, dass die Begränzungshäut, falls man von einer solchen sprechen will, allenthalben den netzförmig durchbrochenen Cha- gen nn a A Tr Rn, in: Ze TE nn EEE re ne ee 83 racter beibehält. An den Drüsenschläuchen der Marksubstanz gelingt es oft, allen Inhalt herauszupinseln und da sieht man deutlich, dass für sie keine andere Begränzung vorhanden ist, als durch Fasernetze; in Fig. 17 habe ich solch einen ausgepinselten Drüsenschlauch aus der Mesenterial- drüse eines Schaafes dargestellt. Von der Begränzungshaut der Ampullen bekam ich niemals gleich überzeugende Bilder, indess sah ich an dünnen Durchschnitten menschlicher Inguinaldrüsen in der Ampullarwand un- zweifelhafte verzweigte Zellen mit länglichen Kernen und mehrern Aus- läufern, welch letztere die Verbindung einestheils mit den Fasern des Ampullarnetzes, anderntheils mit den Zellenausläufern des Lymphsinus- gerüstes vermittelten (Fig. 9). Für das Durchbrochensein der Ampullar- wand spricht mir ferner der Umstand, dass bei Injection feinkörniger Masse durch das Vas afferens die Masse, sofern sie aus den Lymphsinus in mässigen Mengen in die Ampullarsubstanz eindringt,, gleichmässig von der Peripherie her sich ausbreitet und nicht streifenweise, wie dies wohl der Fall sein müsste, wenn eine zu durchbrechende Wand die Scheide bildete. Gegen die Vacuolen hin zeigt die Ampullarsubstanz entschieden keine andere Begränzung als die durch dichtere Fasernetze, man nimmt auch hier niemals eine scharfe Gränzlinie wahr, ähnlich der gegen die Lymphsinus hin auftretenden. Handelt es sich nun darum, aus den gegebenen anatomischen That- sachen sich ein physiologisches Bild von der Lymphdrüsenfunction zu construiren, so möchte sich wohl am ungezwungensten Folgendes erge- ben: die aus den Vasa afferentiia kommende Lymphe strömt unter nur schwachem Drucke in die Lympbhsinus ein und bewegt sich in diesen langsam von der Peripherie her gegen den Hilus hin. Der Druck, unter dem die Flüssigkeit unter gewöhnlichen Verhältnissen in die Sinus ein- tritt, genügt nicht, um dieselbe von hier aus auch in die Drüsensubstanz einzutreiben, im Gegentheil wird ein Flüssigkeitsstrom aus der von Ge- fässen reichlich durchzogenen Drüsensubstanz nach aussen, d. h. nach den Sinus hin gehen, und dieser wird zugleich mit der vom Blut ausge- schwitzten Flüssigkeit die im Bereich der Drüsensubstanz fortwährend neu sich bildenden Lymphkörperchen dem Lymphstrom zuführen. Rhythmische Schwankungen in der Stärke dieses Stromes werden, wenn man von allem Ändern absieht, schon mit jedem Pulsschlag erfolgen müs- sen wegen der wechselnden Ausdehnung der inmitten der eigentlichen Drüsensubstanz verlaufenden stärkern Blutgefässchen. Dafür dass die Drüsensubstanz innerhalb der Trabekularräume nicht collabirt, ist eines- theils dadurch gesorgt, dass die Peripherie derselben mittelst feiner Fäden mit den Trabekeln verbunden ist, anderntheils aber auch durch die An- ordnung der Gefässe selbst. Aehnlich wie in den Darmzotten muss bei der centralen Lagerung der stärkern Gefässe und der peripherischen des Capillarsystems schon durch den Druck der in den Gefässen eirculiren- den Flüssigkeit während des Lebens die peripherische Schicht ausge- 6* 5% spannt erhalten werden, so lange als nicht ein stärkerer Gegendruck die- selbe von aussen her comprimirt. Dass die Muskulatur des Trabekularsystems auf die Bildung und Fortbewegung von Lymphe in den Drüsen wesentlichen Einfluss aus- üben werde, lässt sich wohl kaum bezweifeln, im Grunde kann schon die rasche Entleerung der Chylusgefässe und Chylusdrüsen‘, wie man sie zum Verdruss aller Physiologen . frisch getödteten Thieren wahrzu- nehmen pflegt, diesen Einfluss zeigen. De ist es allerdings schwer, etwas nes über die Art des infissee während des Lebens aus- zusagen, so lange nicht ermittelt ist, ob die Gontractionen der Drüsen- en tonische sind, oder ob sie nach Art peristaltischer Bewegungen mit einer gewissen Rhythmik sich wiederholen. Nur im jehitsen Fail kommt den Trabekularmuskeln eine active Rolle bei der Lymphbewegung zu, im erstern dagegen wird sich ihre Bedeutung einzig auf ein Mehr oder Weniger des dem Lymphstrom gesetzten Widerstandes beschränken. Für das physiologische Bedürfniss hat unstreitig die Annahme rhythmischer Contractionen viel 'mehr Einladendes; die Theorie der Lymphbewegung wird, wenn man solche annimmt, beträchtlich vereinfacht und unter An- derm erklärt sich auch das bekannte Experiment von Zudwig und Krause, welche fanden, dass nach Reizung des R. lingualis trigemini die Menge der aus dem Halsstamme ausfliessenden Lymphe beträchtlich und an- dauernd sich steigert. Bei häufig wiederholter Contraction der Drüsen muss sich nämlich der Abfluss aus denselben auch dann mehren, wenn der Zu- fluss keine Steigerung erfährt. Bei der Contraction von Hülle und Trabe- keln sucht sich die ganze Drüse zu verkleinern, die Lymphsinus werden, da die Vasa afferentia Klappen besitzen, ihren Inhalt grossentheils in die Vasa efferentia entleeren; die Drüsensubstanz wird in Folge des stärkern auf ihr lastenden Druckes blutärmer werden, zunächst durch Entleerung der Venen. Sowie nun die Contraction nachlässt, so muss in Folge der plötzlichen Spannungsverminderung im Innern der Drüse nicht allein die Drüsensubstanz wieder blutreicher werden, sondern es müssen noth- vendiger Weise die entieerten Lymphsinus wiederum mit Flüssigkeit sich füllen und zwar wird die Anfüllung ebensowohl von den Vasa afferentia als von der Drüsensubstanz her sich bewerkstelligen. Führen die Vasa afferentia gar keine Lymphe zu, so geschieht die Füllung der Sinus völlig durch eine aus den Gefässen der Drüsensubstanz transsudirte Flüssigkeit. Die Menge der ausgeiriebenen Flüssigkeit aber ist proportional der Häu- figkeit und Vollständigkeit der Gontraction; verdoppelt sich diese, so ist sie auch bei gleichbleibender Zufuhr noch einmal so gross u. s. w. Einen indirecten Beleg für das Vorhandensein rhythmischer Contractionen könnte man in Ermangelung experimenteller Thatsachen durch den Nachweis intraglandulärer Ganglien gewinnen. Bis jetzt sind mir solche noch nicht vorgekommen. (Beiläufig bemerkt enthalten die Drüsennerven, die man in Begleitung der Arterien ins Hilusstroma eintreten sieht, neben einer 85 gewissen Menge von doppelt contourirten Fasern immer auch eine grös- sere Zahl von blassen kernhaltigen). Die Marksubstanz und die Rindensubstanz der Drüsen unterscheiden sich wohl bei der Uebereinstimmung ihres Baues nur durch das Quanti- tative ihrer Leistungen von einander. — Völlig unklar ist mir zur Zeit noch die Bedeutung der Drüsenräume, die ich als Vacuolen bezeichnet habe. Ihr weit verbreitetes Vorkommen erlaubt es kaum, sie als unwe- sentliche Bildungen zu betrachten. Durch ihre Gefässarmuth und die ge- ringe Ausbildung des feinen Fasergerüstes nähern sie sich den Gentral-. höhlen der Thymusaeini und den verwandten Höhlen der Peyer’schen Fol- likel, sie sind also vielleicht eine Art von Reservoirs für bereits gebildetes Material. Bis jetzt aber vermochte ich niemals Gänge zu beobachten, die sie etwa mit den Lympbsinus verbänden. Bei Injection der Lymphsinus füllen sich die Vacuolen nicht, es sei denn, dass die Masse nicht in die Sinus allein, sondern in alles Drüsengewebe eindringt. Auch da füllte sich weit eher die dichtere Drüsensubstanz, als die Vacuolen. Basel, den 17. October 1860. Erklärung der Abbildungen. Taf. VII. Fig. 1. Muskeln aus den Hüllen und den Trabekeln der Lymphdrüsen, durch Sal- petersäure isoliri(. Vergr. 300. — a vom Rinde; b vom Menschen. - Für die folgenden Figuren gelten folgende Buchstabenbezeichnungen : ti Drüsenhülle und Trabekeln. ! Lymphsinus. d Drüsensubstanz (Ampullen und Markschläuche). ® Vacuolen. st Stroma. Fig. 2. Durchschnitt einer Mesenterialdrüse vom Rinde. 42 mal vergrössert. Fig. 3.. Durchschnitt durch die Corticalsubstanz einer unter stärkerm Druck injicir- ten Inguinaldrüse eines hydropischen Weibes. Vergr. 8. Fig. 4. Durchschnitt durch die Marksubstanz der Axillardrüse eines Rindes. Die Blutgefässe sind von den Arterien aus (blau), dieLymphsinus vom Vas afferens aus (gelb) injieirt. Der Schnitt trifft eine grössere Anzahl von Drüsenschläu- chen in der Längsrichtung. Vergr. 80. Fig. 5. Durchschnitt aus derselben Drüse, bei dem die Drüsenschläuche der Mark- substanz meist quer durchschnitten sind und die Masse theilweise aus den Lymphsinus ausgepinselt ist. Die Blutgefässe sind hier nur unvollkommen gefüllt. Vergr. 420. Fig. 6. Injieirtes Vas afferens und gefüllte Alveolen einer menschlichen Inguinal- drüse. Vergr. 5. Fig. 7. Axillardrüse vom Rinde bei geringem Druck vom Vas aflerens aus injicirt. Vergr. 2. Fig. 8. Flachschnitt durch die Corticalsubstanz einer Gl. axillaris vom Rind. — In- jection von den Arterien und vom.Vas afferens aus. An dieser wie an meh- 86 rern der folgenden Figuren ist das eigentliche Capillarnetz nur sehr unvoll- ständig eingezeichnet. Vergr. 30. Taf. IX. Aus der Corticalsubstanz einer menschlichen Inguinaldrüse,; der Schnitt ist ausgepinselt; 2 stellt hier die Drüsenhülle vor. Vergr. 250. Fie. 40. Corticalsubstanz der Inguinaldrüse des Rindes; Flachschnitt. Vergr. 200. Fig. 44. Ausgepinselter Schnitt aus der Inguinaldrüse eines Rindes. Vergr. 250. Fig. 42. Wie 44 ; Blutgefässe injicirt. Vergr. 100. ‘ig. 13 und Be 44. Senkrechte Durchschnitte durch die Corticalsubstanz einer von der Arterie aus injicirten Inguinaldrüse vom Rinde. Vergr. 30. Flachschnitt durch die Corticalsubstanz der von der Arterie aus injieirten Inguinaldrüse eines 17jährigen in einem frühern Typhusstadium verstor- benen Mädchens. Vergr. 60. 46. Senkrechter Durchschnitt aus derselben Drüse. Vergr. 30. Fig. 47. Drüsenschlauch aus der Marksubstanz einer Mesenterialdrüse vom Schaafe, ausgepinselt. Vergr. 250. Fig. 15. Die vorläufige Mittheilung von Prof. H. Frey in den Verh. der Zürcher naturf. Gesellsch. V. Jahrgang (zur Anatomie der Lymphdrüsen) — das Buch von Prof. W. Krause (Anatomische Untersuchungen) sind mir erst zugekommen, als obige Arbeit schon zum Drucke abgesandt war. Nachtrag zum Aufsatz über die Thymusdrüse in Bd. X. Ich habe seit dem verflossenen Jahre Gelegenheit gehabt, eine Anzahl mensch- licher Thymusdrüsen zu injiciren und habe mich überzeugt, dass Kölliker allerdings in seinem Rechte ist, wenn er stärkere Blutgefässe vom Höhlensystem des Organes nach aussen hin sich ausbreiten lässt. Die fraglichen Gefässe sind indess blos die arteriellen, es treten diese Stämmchen an der Stelle, wo die Acini an den Central- canal sich anlegen, ins Innere derselben ein, breiten sich im Umfang der Acinus- höhle aus und senden von da ihre Zweige gegen die Peripherie. Die stärkeren Venen- zweige dagegen verlaufen an der Aussenfläche der Drüsenkörner und bilden anasto- mosirende Ringe, von denen feine Reiser ausgehen, die die Acinushüllen durchboh- ren, um in das Capillarnetz einzumünden. Auch hinsichtlich der Annahme einer grössern Weite des menschlichen Centralcanals muss ich mich nunmehr Kölliker anschliessen. — Speciellere Angaben nebst Abbildungen gedenke ich im folgenden Hefte der Zeitschrift nachzulieiern. | Ueber die Hautdrüsen der Lutra vulgaris. Von Dr. med. Jos. Eberth in Würzbureg. Leydig ') scheint wohl der Erste gewesen zu sein, welcher über die Hautdrüsen der Fischotter, in specie über die Schweissdrüsen Mitthei- lungen machte. An einem Hautstück des Nackens (in Weingeist aufbe- wahrt) fand er die Schweissdrüsen nur schwierig darzustellen, so dass sie ihm fast zu mangeln schienen. Durch die dichtbehaarte Haut waren möglichst feine Schnitte nöthig, um ihrer ansichtig zu werden, und dann erst zeigte sich, dass sie einfache nicht geknäuelte Schläuche sind, die neben dem Haarbalg herabgehen und höchstens eine kurze Aussackung treiben. — Diese Angaben kann ich durch die Untersuchung einer fri- schen, sehr jungen Fischotter ergänzen. Neben einfacheren, wenig geknäuelten Schläuchen bestehen an ver- schiedenen Stellen sehr entwickelte Drüsenknäuel in grosser Zahl. Bei dem Abpräpariren der Haut fallen sie sehr leicht als gelbliche Körner auf grauem Grunde in die Augen. In der vorderen Gegend des Unterkiefers finden sich nur wenige sehr vereinzelte, bis %, Mm. grosse Knäuel, in der hinteren Partie des Unterkiefers und der Wange sehr zahlreiche im Mittel bis 2 Mm. grosse; das Gleiche ist in den oberen 3 Vierteln der vorderen Halsgegend der Fall. In dem untersten Viertel der vorderen Halsgegend, auf der Nase, Stirn und dem Scheitel fehlen sie, gegen das Hinterhaupt werden sie sehr reichlich und bis 2 Mm. gross. In der obersten hinteren Halsgegend haben sie eine Grösse von 2’), Mm. und die Haut ist ziemlich dicht damit besät. In dem Nacken kommen nur einfache, mitunter gegen das blinde Ende leicht gewundene Drüsen vor, die aber für das freie Auge nicht mehr sichtbar sind. Brust, Rücken, Bauch und vordere Extremität ermangeln der grossen Knäuel, in der Vola manus sind die Drüsen kleine, aber dicht beisammen stehende, nur microscopisch darstellbare gewundene Schläuche. 4) Reichert's und du Bois-Reymond’s Archiv. 1859. S. 736. 88 Die grossen Knäuel kehren dann wieder an der inneren Schenkel- und benachbarten Unterbauchgegend um die Genitalien herum und er- strecken sich an der inneren Seite der Ober- und Unterschenkel nach abwärts. Sie finden sich auch in den Sohlenballen, aber keineswegs in besonderer Ausbildung. In dem ersten Drittheil des Schwanzes von der Wurzel an sind die Drüsen zu beiden Seiten sehr gross und zahlreich, von da nehmen sie an Zahl und Grösse ab. Wie weit sich diese Verhältnisse für die letzte Hälfte des Schwanzes gleich bleiben und wie sich die Schweissdrüsen der Finger und Zehen verhalten, konnte ich nicht untersuchen. Zwischen den grossen Drüsen und an Gegenden, wo diese fehlen, scheinen nur sehr spärliche und kleine Schläuche mit leicht gewundenem Ende vorzukommen. Da ich den Balg schonen musste, konnte ich ver- schiedene Hautpartien auf die Verhältnisse ihrer Drüsen nicht vollkom- men untersuchen. So muss ich es vorderhand unentschieden lassen, ob überall zwischen den stark und den wenig geknäuelten Drüsen auch ganz einfache Schläuche vorkommen. An kleinen Hautstreifen vom Schnitt- rande am Bauche fand ich solche nicht. Die Weite der einzelnen Kanäle und die Dicke ihrer Wand ist oft sehr beträchtlich. Erstere betrug meist 0,10 bis 0,15 Mm. Letztere kommt auf Rechnung einer ansehnlichen Musculatur. Ueber Verlauf und Mündungsstelle der Ausführungsgänge waren mir keine weiteren Beob- achtungen möglich. Die Talgdrüsen sind am Bauche von länglicher, leicht traubiger Form, Berücksichtigt man die Lebensweise der Fischotter, so giebt das Vorhandensein sehr ausgebildeter Schweissdrüsen gewiss einen interes- santen Aufschluss über die Hautfunction dieses Tbieres. Veber Planaria torva Autorum. Von Oscar Schmidt. Mit Tafel X. Es geht durch die Zoologie seit vielen Jahrzehnten der Mythus, dass durch halb Europa eine zweiäugige, hellbraune bis tief schwarzbraune Planaria verbreitet sei, von der es heisst, bald, das Vorderende sei abge- stutzt, bald, es sei stumpf dreilappig; auch zeigen die Abbildungen das Vorderende ganz schön abgerundet und sogar etwas zugespitzt, so dass Jeder, der eine braune Planaria findet, die nicht geradezu ein deutliches dreilappiges Vorderende hat, berechtigt ist, sie Planaria torva zu nennen. Diesing ist auf Gmelin und Müller zurückgegangen und hält Dujes’ Planaria fusca für Gmelin’s Plattwurm gleichen Namens, verschieden von der Planaria torva Müller’s und Bär’s, obwohl Dujes selbst von der Iden- tität dieser beiden überzeugt war und der äussere Umriss auch so ziem- lich übereinstimmt. Sieht man von Max Schultze’s Anatomie einer Planaria torva im Atlas von V. Carus ab, so ist die Planaria torva Autt. völlig ungreifbar, es sei denn, dass man gerade die kleinen Lachen und Gräben absuchen könnte, welche den vierzehn bei Diesing aufgeführten Schriftstellern das Material zu ihren unvollständigen Diagnosen lieferten. Ich denke nicht, dass viele deutsche Zoologen die Darwin’schen Principien von den » wer- denden Arten«'!) annehmen wollen, die gerade da, wo man sie am an- 4) Bei dem grossen Aufsehen, das die »natürliche Züchtung«, wenn auch besonders in nicht wissenschaftlichen Kreisen erregt, wird das gelegentliche Bekenntniss von Zoologen, welchen Eindruck die Lehre auf sie gemacht hat, wünschenswerth sein. Ich kann mich leider nicht zu den »wenigen Naturforschern von empfäng- licherem Geiste« (Bronn’s Uebersetzung S. 485) zählen, deren totale Unsicherheit über eine annehmbare Entstehungs-Theorie.gehoben würde; vielmehr stimme ich Satz für Satz mit dem Urtheile Bronn’s überein. Was ein Botaniker unlängst über das Ineinandergehen von Arten niederer Pilze vorgebracht hat, scheint mir auf unlogischen Schlüssen zu beruhen. Vorausgesetzt, dass die Beobachtungen über die Identität der drei Pilze (Achlya prolifera etc.) vollkommen exact sind, 90 > wendbarsten vermuthen sollte, bei den niederen Thieren, nicht Stich halten. Ist der Proteus Planaria torva vielleicht ein Sammelsurium » wer- dender Arten«? Ich glaube nicht. Wenigstens kann ich jetzt schon drei gute Arten unterscheiden, die nach den älteren unvollständigen :Beschrei- bungen sämmtlich für Planaria torva gehalten werden müssten. Unter den Turbellarien giebt es nach meinen Erfahrungen nur so lange zweifel- hafte Species, als dieselben nicht hinlänglich untersucht and: das gilt auch von den Infusorien. Die Leser dieser Zeitschrift ersuche ich , sich meiner Mittheilungen über die bei Gratz vorkommenden Dendrocoelen zu erinnern‘). Ich habe dort die Geschlechtsorgane einer schwarzbraunen Planaria beschrieben, die ich für Plan. torva Müller hielt. Ich irrte, indem ich annahm, dieselbe Art habe M. Schultze untersucht, und ich habe ihm vollkommen Unrecht gethan, dass ich die Existenz eines eigenthümlichen kolbenförmigen Nebenorgans im Geschlechtssysteme abstritt. Ich habe diesen Fehler schon vorübergehend in der so eben publicirten Arbeit über ionische Turbellarien gut gemacht und bin auf dem Wege, ihn noch weiter auszu- gleichen. Im Herbst 1860 fand ich in den Saalniederungen eine andere braune Planaria, auf welche die äussere Beschreibung der Plan. torva Autt. auch allenfalls gepasst hätte, über deren Art-Selbständigkeit mich jedoch die mikroskopische Untersuchung des ersten Exemplares belehrte. Einige Wochen darauf fragte ich in Berlin bei meinen zoologischen Freun- den nach Planaria torva; man bezeichnete mir einen Platz im Thier- garten, nach Moabit zu, wo ein Wehr eine Idee von einem » Wasserfall « abgiebt: und eine dritte Planaria torva lag vor, nach aller Wahrschein- lichkeit die von M. Schultze studirte. Von der letzteren habe ich nur etwa sechs Exemplare untersuchen können, von den beiden anderen Arten dagegen Hunderte von Exemplaren, wie denn nach meiner Rück- kehr nach Gratz eine der ersten Excursionen der hiesigen Species galt. Da es sich nun um Thiere handelt, die fast in jedem elementaren Com- pendium als Musterspecies angeführt werden, erschien es mir wünschens- werth, dass so bald als möglich) einige Klarheit in diese überraschend unklare Partie käme. Die Literaturgeschichte über Planaria torva, nach der beliebten Me- thode, eine Laus zu einem Elephanten aufzublasen , lassen wir bei Seite. Es kommt Nichts dabei heraus. Auch wird es amsafan sein, zu sagen, welche braune Planaria gerade jeder der vierzehn Su vor sich gehabt. Man muss sich entschliessen , diesen grösstentheils unverwerth- baren Balast über Bord zu werfen, und sich zu dem Grundsatze beken- nen, dass Species in der Regel nır von da an für die Wissenschaft würde damit doch nichts, als die, wie mir scheint, nicht gerade auffallende Thatsache erhärtet sein, dass eine R pecies auf dreierlei Boden mit etwas ab- weichenden Formen gedeiht, 4) Band X. S. 24 ff. y existiren, wo sie mit ausreichender Diagnose eingeführt worden sind. Ich bitte, den Versuch zu machen, Bär’s Planaria torva auf eines der hier zu beschreibenden, jetzt jedenfalls genauer gekannten Thiere zu be- ziehen: es wäre reiner Zufall, wenn es träfe. Aber in Königsberg wird die Sache leicht auszumachen sein. Ich habe mir auch die Mühe nicht verdriessen lassen, die schauderhaften Abbildungen im Nouv. Diction. d’histoire naturelle XXVI. Taf. 9. 25 und im Tableau encyclopedique et methodique des trois regnes de la nature Paris 1827 (bei Diesing nicht eitirt) zu vergleichen, um mich nochmals und zwar zum allerletzten Male zu überzeugen, dass sie zwar einen gewissen literarischen Werth haben, dass es aber ein Unsinn ist, einzelne uns wohlbekannte Species mit ihnen zu identificiren. Meine drei braunen Planarien sind nun folgende: 4. Planaria lugubris. Nov. spec. Planaria torva Schmidt. Sitzungsberichte d. math. nat. Klasse d. k. Acad. d. W. zu Wien. Bd. XXXII. — Zeitschr. f. wissensch. Zoologie. Bd. X. Taf. III. 5. 6. Taf. X. Fig. 1. Diese Planaria ist von schlanker Körperform. Bei den völlig ausgewachsenen Exemplaren ist das Vorderende in der Regel stumpf ab- gerundet; die meisten Individuen mittlerer Grösse zeigen aber zwei ganz stumpfe Seitenlappen, so dass der Kopftheil als ein stumpfes Dreiseit hervortritt. Die beiden Augen liegen immer wenigstens so weit vor der die beiden Spitzen der Seitenlappen verbindenden Linie, als sie vom Vorderrande abstehen. _ Nur die Ränder des Kopftheiles sind grau durchscheinend, der ganze übrige Körper ist undurchsichtig, tiefschwarzbraun. Nur in den ganz jungen Individuen, wie bei allen mir bekannten Planarien, mangelt das Pigment. Die Geschlechtsorgane habe ich im 10. Bande dieser Zeitschrift beschrieben. Indem ich dieselbe Planarie vor mir zu haben glaubte, die M. Schulize als Plan. torva untersucht, habe ich mit Unrecht gegen ihn polemisirt. Nachdem ich nun mehrere Planarien kennen gelernt hatte, welche das möglicherweise bei der Eischalenbildung betheiligte Organ besitzen, musste ich natürlich zunächst glauben, es sei von mir bei Plan. lugubris übersehen worden. Eine hierauf gerichtete erneute sorgfältige Untersuchung hat mir von dem, bei den anderen Arten so augenfälligen Organe nichts gezeigt. Was ich einige Male allenfalls dafür hätte nehmen können, schien mir bei näherer Betrachtung immer nur ein durch Quet- schen isolirter Theil des Vorraums und der aus ihm hervorgehenden Penis- scheide zu sein. Ich könnte auch jetzt die Generationsorgane nicht anders zeichnen, als in jener Abhandlung. Hier ruht der Special- Character; anatomische Varietäten kommen nicht vor. 92 Uebrigens bleibt die Beschreibung dieser Organe noch unvollständig, da die Eileiter nicht gefunden sind. Das Vorkommen dieser Art ist bis jetzt auf Gratz beschränkt, wo sie sich auch nur im Thale hinter dem Plabutsch-Höhenzuge findet. Sie ist äusserst träge und lebt mit einem Gammarus und Ancylus zusammen unter Steinen und Holzstückchen. 2. Planaria torva M. Schultze!) Taf. X. Fig. 2. 4. Sie ist vorn einfach abgerundet. Die zwei Augen sind weiter vom Vorderrande entfernt als bei den beiden anderen Arten, von denen hier noch die Rede ist. Die Färbung war bei den wenigen Exemplaren, die ich zu untersuchen Gelegenheit hatte, weniger dunkel als bei Planaria lugubris. Von den Geschlechtsorganen (Fig. 4) habe ich den Penis mit den Samenleitern,, Uterusgang und Uterus, sowie das kolbenförmige Ne- benorgan genauer beobachtet. Ihre Beschaffenheit vervollständigt die Diagnose. Die Samenleiter münden, wie bei Plan. lugubris, direct in den Penis ein, wogegen ein Gang, der aus der als Samenblase fungirenden Höhlung des Begattungsgliedes nach hinten führte, zur Aufnahme eines körnigen Nebensecretes, nicht bemerkt werden konnte. Der Uterusgang ist kurz und dünn, sehr abweichend von dem ausserordentlich musku- lösen Theile der Planar. lugubris. In dem nicht umfangreichen Uterus des ersten Exemplares, das ich untersuchte, fand ich die von Schultze ab- gebildete Spermatophore, die mir sonst nie vorgekommen. Das kolben- oder birnförmige Nebenorgan ist bei jeder oberflächlichen mikroskopischen Untersuchung zu sehen. Ich kann mich, auf die Abbildung verweisend, jeder weiteren Bemerkung darüber enthalten, da von Schultze und mir das, was zu sagen war, gesagt ist. Der Befund, den ich eben mitgetheilt, stimmt mit Schultze’s Darstel- lung so weit überein, dass ich wohl annehmen kann, dieselbe Species untersucht zu haben. Fundort Berlin, im Thiergarten. 3. Planaria polychroa. Nov. spec. Taf. X. Fig, 3-5.6: Von den beiden vorgehenden ist diese dritte Art schon in der Kör- perform unterschieden. Das Vorderende ist nicht gerade zugespitzt, doch auch mehr als abgerundet. Ihm sehr nahe stehen die Augen und unmittelbar hinter diesen ist der Körper am breitesten. Es findet durch- 1) V. Carus — lcones zootomicae. 93 aus keine halsähnliche Einschnürung statt. Das Hinterende ist ausge- prägt zugespitzt. Höchst variabel ist die Färbung. Die meisten Individuen sind braun. Diese Farbe geht aber in Dunkelbraun und Schwarz über, ferner finden sich schwarzgrüne Exemplare und gar nicht selten sehr auffallende Schecken, schwarz und weiss gefleckt, wo also stellenweise ein beson- deres Pigment ganz fehlt. Es sind daher auch völlige Albinos zu erwarten. An den Generationsorganen (Fig. 5) fällt zunächst der Penis durch sein characteristisches Verhalten auf, Der hervorstülpbare Theil ist ausserordentlich beweglich und verändert durch Längs- und Quer- contractionen seine Gestalt so sehr, wie ich es sonst noch nicht beobachtet habe. So z.B. sieht man häufig die in Fig. 6 abgebildete Einstülpung. Nicht die Höhlung im Bulbus vertritt die Samenbläse,, sondern unterhalb desselben trelen die Vasa deferentia zur Vesicula seminalis zusammen. Die Samenblase liegt in einem weichkörnigen Parenchym eingebettet, das beim Zerdrücken des Thieres sich immer von seiner Umgebung loslöst und als ein eigenthümlicher Bestandtheil dieses Organencomplexes sich kund giebt. Der Uterusgang ist lang und nur mit wenigen muskulösen Elementen versehen; auch die Wandungen des Uterus sind auffallend locker und blass. Die Eileiter münden oben in den Uterusgang ein. Das accesso- rische kolbige Organ ist besonders bei den mittelgrossen Individuen sehr deutlich; dagegen war es bei vielen grossen geschlechtsreifen Individuen so undeutlich, obwohl schliesslich nachzuweisen, dass, hätte ich nur solche Exemplare zur Untersuchung gehabt, der Nachweis desselben sehr zweifelhaft gewesen sein würde. Auch von dieser gewiss vollkommen unanfechtbaren Species kenne ich bis jetzt nur einen Fundort, die Niederungen an der Saale zwischen Weissenfels und dem Dorfe Markwerben. Dort ist sie aber in den Wie- sengräben und dem alten Flussbette zwischen den Schilfblättern so ge- ınein, dass ich sie in beliebiger Menge sammeln konnte. | Um einen Anhaltepunkt zur Vergleichung mit Planaria fusca Dujes zu geben, habe ich seine Abbildung der Generationsorgane dieser Species copirt (Fig. 7). Man erkennt augenblicklich den Penis, in dessen Bulbus die Vasa deferentia direct einmünden, während der Vordertheil in der von dem Vorraum gebildeten Scheide steckt. Zur Linken verläuft der Uterusgang, übergehend in den Uterus, welchen Dujes bezeichnet als Vesicule copulatrice ou reservoir du sperme et des oeufs. In gleicher Höhe mit der Mündung des Penis sieht man die Eileiter (Branches de l’oviducte). Diese Abbildung lässt sich, wenn man etwasanihr herumändert, in mehrere unserer Zeichnungen überführen. Vor der Hand hat man aber dazu kein Recht, zumal sich aus der sehr rohen Umrisszeichnung des Thieres in Dujes’ bekannter Abhandlung nichts heraussehen lässt, was 94 für eine Uebereinstimmung mit einer unserer drei Arten überzeugend spräche. Bei der wenn auch nicht grossen, doch immer unerwarteten Mannichfaltigkeit der braunen Planarien auf deutschem Gebiete wird es das Natürlichste sein, bis auf Weiteres die Pl. fusca Duj. für eine selb- ständige Art zu halten; und der Glückliche, der von Königsberg nach Möntpellier reisen kann, wird die grosse Frage entscheiden dürfen, ob Planaria fusca Duj. = Planaria torva Bär und ob meine drei braunen Planarien mit jenen etwas gemein haben. Gratz, November 1860. Neue Untersuchungen über Flimmerepithel im Vogeldarm. Von Dr. med. Jos. Eberth in Würzburg. Früher war es mir gelungen, wenigstens bei einer Gattung der Hühner, dem Haushuhn, das Erscheinen von Flimmerepithel auf der Schleimhaut der Blinddärme während der 8. und 9. Lebenswoche zu constatiren. Für eine Gattung der Schwimmvögel, die gewöhnliche Ente, schien dies zwischen der 7.—A0. Woche zu erfolgen. Nachdem ich diese Resultate gewonnen hatte, wurde es mir wün- schenswerth, festzustellen, ob zwischen den verschiedenen Familien einer Ordnung, oder selbst zwischen den einzelnen Gattungen einer Familie Differenzen in dem Eintreten und der Dauer der Flimmerung bestehen. Dieser Wunsch erfüllte sich leider, wegen der Schwierig- keit der Beischaffung eines grösseren Materials, so sehr ich mir auch die Sache angelegen sein liess, nur zum Theil, indem ich nur ein Volk junger Rebhühner (Perdix cinerea) auf obige Verhältnisse untersuchen konnte. Die Eier, von welchen diese Hühner stammten, wıurden beim Schnei- den des Getreides gefunden und darauf einer gewöhnlichen Henne zum Ausbrüten überlassen. Am 29. Juni schlüpften 10 Junge aus, welche im Alter von 40, 46, 49, 53, 57, 61, 64, 67, 71, 75 Tagen, von der 7. Woche an also mit Intervallen von 3—4 Tagen zur Untersuchung kamen, die ich mit aller Sorgfalt und Geduld vornahm. Ich fand hierdurch, dass zu derselbenZeit, in der bei Hühnern Flimmerung vor- kommt, d. i. vom 60.—64. Tage incl., in dem zottenlosen Abschnitte der Blinddärme von Perdix cinerea nur ein- faches Gylinderepithel besteht. Da ferner bei dem Haus- huhne die Flimmerung 5 Tage bleibt, zwischen den verschiedenen unter- suchten Altersstufen des Feldhuhnes aber vom Schluss der 9. Woche bis in die I4. nur 3 oder 4 Tage liegen, so wird, wenn wirklich bei dem Feld- huhn in dieser Periode Flimmerung auftritt, dieselbe von kürzerer Dauer sein als bei dem Haushuhn. Ich füge noch bei, dass ich auch in diesem Jahre bei Untersuchung einer jungen Ente, die noch am Halse und unter den Flügeln einzelne Flaumfedern hatte, sehr entwickeltes Flimmerepithel beobachtete. Ich glaube nicht sehr zu irren, wenn ich das Alter des Thieres zwischen 6—10 Wochen annehme. Das zottenlose Divertikel besass gewöhnliches Epithel '). 4) Das Material für obige Arbeit wurde mir theilweise vom hiesigen physiologi- schen Institut überlassen, was ich hiermit dankend anerkenne. Ueber die Muskeln und Seitenlinien des Trichocephalus dispar. Von Dr. med. Jos. Eberth in Würzburg. | (Mit 2 Figuren in Holzschnitt.) In den Mittheilungen Schneider’s über die Muskeln und Nerven der Nematoden!) werden die Muskeln von Mermis, Gordius und Trichocepha- lus als von denen der übrigen Nematoden besonders abweichend hervor- gehoben. Bei der Mehrzahl der letzteren beständen die Muskelzellen aus einer mehr oder weniger faserigen Rindensubstanz und einer feinkörni- gen, aufihrer Innenfläche gelegenen und mit ihr innig verbundenen, in Form von Schläuchen oder rundlichen Blasen auftretenden Markmasse. Dagegen sollten die Muskeln der erwähnten Nematoden selbstständige Fasern darstellen, die bei Gordius nach innen eine mehrfache Zellschicht, bei Trichocephalus ein einfaches Epithel tragen, und bei Mermis sowohl solcher Zellenlagen, wie überhaupt einer besonderen Marksubstanz ent- behren. Hr. Schneider ist der Meinung, dass vielleicht bei Gordius die Mark- substanz durch Abschliessung von der Rinde scheinbar die Form selbst- ständiger Zellen annimmt, dass die von Meissner als Nerven beschriebenen Querfasern der Muskeln von Mermis zur Markmasse gehören und die Muskeln des Trichocephalus entweder einem der gewöhnlichen Typen oder Mermis sich anschliessen. An Weingeistexemplaren von Trichoe. ungusculatus zeige die Flächenansicht wie bei anderen nur in gewissen grösseren Zwischenräumen Kerne. Das Epithel scheine demnach nicht constant bei allen Trichocephalen. Den Fall, dass ieh durch Anliegen der ausgedehnten Uteruswände zur Annahme eines Epithels auf der Innenfläche der Muskeln verleitet worden sei, muss ich in Abrede stellen. Ein Vergleich der Beschreibung des Epithels im Uterus und des auf den Muskeln hätte gezeigt, dass es sich hier doch um zwei verschiedene Dinge handle. Jenes beschrieb ich als aus schmalen, cylindrischen, 0,020—0,025 Mm. hohen, jenes aus deutlich polygonalen, 0,036 grossen Zellen mit Kern und einigen kleinen Pigment- körnchen bestehend. Vergl. Fig. 1. Neue Untersuchungen geben mir keine 4) Müller’s Archiv 1860. S. 233. 97 Veranlassung meine früheren Angaben zu ändern. Das nur will ich her- vorheben, dass ich die Zellen polygonal, öfters keulenförmig und in der Quere verlängert beobachtete, nirgends aber einen Fortsatz an ihnen weder zu anderen Zellen oder Muskeln, noch besondere Verbindungen mit den unter ihnen gelegenen Muskeln nachweisen konnte, obwohl ich die Theile durch Jod gefärbt hatte. Die Zellen sind ziemlich leicht vergänglich, an nicht mehr frischen Thieren undeutlich und an ihrer Stelle nur eine feinkörnige Substanz mit eingelagerten Kernen vorhanden. Dem- nach ist es sogar wahrscheinlich, dass, wo man eine feinkörnige Masse auf den Muskeln sah, diese von zu Grunde gegangenen Zellen herrührte. Durch die Wiederholung dieser Untersuchungen wurde ich auf die Seitenlinien, die bisher von mir und Anderen übersehen wurden, auf- merksam. Bei Trichocephalus dispar ist der besondere Fall, dass sich in der ganzen Länge des Thieres 3 Seitenlinien finden, eine mittlere stär- kere und 2 seitliche schwächere, die im Vorderleibe ganz nahe der auf der Bauchseite gelegenen braunen Zellschicht (der Bauchlinie) verlaufen. In der Mitte des Vorderleibes ist zwischen der Bauchlinie und der ihr zu- nächst gelegenen schmalen Seitenlinie ein Zwischenraum von 0,008— 0,009 Mm. Nach hinten nimmt der Durchmesser der Seitenlinien und ihre Entfernung von einander zu. So beträgt vorn die Stärke der mittleren 0,007 und jeder der schwächeren 0,003, am Hinterleibe bei jener 0,023 —0,025, bei diesen 0,015Mm. Die Entfernung zwischen der stärkern und einer seitlichen vorn 0,015, hinten 0,04Mm. Die schwächeren Seitenlinien bestehen aus einer feinkörnigen Sub- stanz mit eingestreuten 0,008 Mm. grossen Kernen, bei den stärkeren sind an die Stelle der Kerne 0,01 grosse Zellen getreten. Eine umschlies- sende Membran schien mir nur bei der stärkeren Seitenlinie vorhanden. Ueber dieser fehlen die Muskeln, sowie die auf den Muskeln gelegenen Zellen. Die beiden secundären Linien werden dagegen von einer dünnen Muskelschicht überkleidet. Mündungen der Seitenlinien fand ich nicht. Fig. 2. Bis jetzt wurde durch Schneider nur das Auftreten secundärer Me- dianlinien bekannt, von den Seitenlinien sind ähnliche Verhältnisse noch nicht beobachtet worden. Fig. 1. Epithel auf der Innenfläche der Muskeln. Vergrösserung 300. Fig. 2. Die Verhältnisse der Seitenlinien am Hinterleibe. — a a die secundären, — b die mittlere Seitenlinie. Vergrösserung 200. I Zeitschr, f. wissensch. Zoologie. XI. Bd. Ueber ein neues Infusorium im Darm verschiedener Vögel. Von Dr. med. Jos. Eberth in Würzburg. (Mit 1 Figur in Holzschnitt.) Im Coecum und lleum einiger Vögel (Haus- und Feldhuhn, Ente, Gans) findet sich häufig ein kleines Infusorium. Sein Hauptaufenthalt sind die Lieberkühn’schen Drüsen, die damit meist ganz vollgestopft sind und nur in geringer Menge erscheint es im Darminhalte. Es ist abgeplattet 0,012—0,014Mm. lang und 0,006 — 0,008 Mm. breit, im ruhenden Zustande von halbmondförmiger Gestalt mit einem leicht concaven und stärker con- vexen Rande, einem breiten und schmaleren Ende, welch’ letzteres mit- unter in einen kurzen spitzen Fortsatz ausgezogen ist. Dann unterschei- det man eine etwas dickere Partie, den eigentlichen Körper, und einen sehr zarten häutigen Saum, welcher an der Gonvexität des letzteren liegt. Fig.a,a’,b’. Die Grenze zwischen beiden ist nur schwach markirt. Die Leibessubstanz bildet eine homogene etwas glänzende Masse, in der ich nur selten einen kleinen Kern erkannte. Ac. machte sie etwas aufquel- len, ohne gerade einen Kern deutlicher zu machen. Formen, welche auf irgend eine Vermehrung hätten schliessen lassen, fehlten, daneben kamen jedoch 2 Species kleiner Monaden vor. Die sehr lebendige, mit keiner auffallenden Ortsveränderung ver- bundene Bewegung ist ein Schwanken des Körpers von rechts nach links, wobei derselbe auf der Kante der concaven Seite ruht, Fig. d, e, f} oder auch ein Heben der beiden Enden mit gleichzeitigen Undulationen des häutigen Saumes, die von dem breiten zum schmalen Ende verlau- fen. Der kurze ze Fortsatz ist unbeweglich. Weil die Gonturen des häutigen Saumes so zart sind, dass man sie ohne Anwendung einer färbenden Flüssigkeit schwer sieht, können die Faltungen desselben bei‘ einer Lage auf der Breitseite leicht für kurze wenig zugespitzte Wimperhaare oder für seitliche Fortsätze gehalten werden. 99 Im Blute der betreffenden Wirthe vermisste ich diese Infusorien. Verwandt mit denselben ist wahrscheinlich der von Zeydig') sehr zahl- reich im Darm einiger Wirbellosen, Piscicola, Pondobdella, Ixodes testu- dinis beobachtete Parasit. Er ist länglich, an manche Zoospermienformen erinnernd, z. B. an die von Notommata Sieboldii, und mit undulirender Membran versehen. Leydig glaubt, dass er mit dem Blute der Fische und Schildkröten in den Darm der genannten Thiere gerathen ist, weil er ein- mal im Blute aus dem Herzen eines Frosches mehrere solche Schmarotzer traf. Grössenverhältnisse sind keine angegeben. Aus dem Darm anderer Thiere sind ähnliche Infusorien nicht bekannt. Ausser den Leydig’schen sind die von Remak im Blute des Hechtes und Stichlings gefundenen mit den von mir beschriebenen sehr überein- stimmend. Sie sind oval, von der doppelten Grösse eines Blutkörper- chens dieser Fische. An denselben erschienen öfters zackige Fortsätze als Folge der undulirenden Bewegungen des durchsichtigen membranösen Theiles. Eine auffallende Ortsbewegung fand nicht statt. Unter den von Valentin, Gluge, Meyer, Gruby und Wedi*) beschriebe- nen Hämatozoen zählt nur Amoeba rotatoria Meyer’s mit Sicherheit zu den vorigen, da nach Lieberkühn (Müller’s Archiv 1854. S. 12) dieser Parasit sich nicht wie die Amoeben durch Fortsätze, sondern durch eine besondere undulirende Membran bewegt. Nach den Zeichnungen Gruby's von Trypanosoma sanguinis will es mir übrigens scheinen, als wären Fal- tungen eines häutigen Saumes für seitliche Fortsätze genommen worden. Schon v. Siebold hatte diese Vermuthung. Amoeba rotat. hat Y, — /s. Grösse, Trypanosoma *° — 8%, 00 Mm. Länge und eine Breite von °—'%,000 Mm. Darnach sind diese und die in Vögeln gefundenen Parasiten verschiedene Species. Neuerdings hat.Stein®) mehrere Beobachtungen über das Vorkommen undulirender Membranen höher organisirter Infusorien veröffentlicht. 4) Lehrbuch der Histologie S. 346. 2) Diese und Remak’s Mittheilungen sind citirt in d. Zeitschr. f. wiss. Zoolog. v. K. u. v. S. Bd. Il. S. 363. 3) Der Organismus der Infusionsthiere. 4859. I. Abth. S. 73. Infusorium a im ruhenden Zustand. — a’ Membranöser Saum, — b’ der eigentliche Körper, b auf der Fläche liegend, c eines von mehr länglicher Gestalt, d, e, f auf der Kante stehend. 7* Kleinere Mittheilungen. Reisebericht des Herrn Dr. Semper. Fortsetzung. Ein Schreiben an A. Kölliker. Zamhuanga 30/14 4859. Verehrter Herr Professor! Der Zufall — oder vielmehr ein spanischer Lügner — giebt mir hier einige freie Tage, die ich dazu benutzen will, Ihnen wieder einen kleinen Bericht zu senden. Meine Sachen sind alle schon an Bord des Schiffes, mit dem ich heute nach Manila abgehen sollte; die Abreise ist natürlich wieder auf einige Tage verschoben, viel- leicht dauert es noch länger, und da ich Instrumente und alles Handwerkszeug einge- packt habe, so bin ich zu absoluter Unthäligkeit verdammt. Ich bin hier in der Provinz nun seit Anfang September und habe mich fast aus- schliesslich mit thierischen Studien beschäftigt. Diesmal ist denn auch meine Aus- beute reicher ausgefallen, als bisher; doch will ich nur das Wichtigste hervorheben. Dabei muss ich Sie bitten, diese Mittheilungen, wenigstens in Bezug auf ihre Form, mit einiger Rücksicht auf die Umstände, unter denen sie geschrieben sind, aufzunehmen. Das Klima trägt noch zu meiner schon in Europa bedeutenden Abneigung geger das Schreiben bei, auch fehlt mir Ruhe zum geordneten Zusammenschreiben und Zusammenfassen der vereinzelten Notizen. Mir geht es hier gerade umgekehrt, wie den meisten Europäern, je länger ich hier bin, um so ungeduldiger werde ich, alle meine Zeit auszunutzen. Ich kann aber durchaus nichts Anderes thun, als arbeiten, von Morgens früh bis Abends spät; denn an eine vernünftige Unterhaltung ist hieı nicht zu denken. Die grösste Masse der Spanier ist rohes, ungebildetes Volk; und alle haben sie ganz andere Interessen, wie ich. Um Land und Leute bekümmern sie sich auch wenig, so dass man nur sehr wenig nützliche Notizen von ihnen erhalten kann. So beschränke ich mich ganz auf meine Bestien. Nun zur Sache. Hauptsächlich habe ich hier Lingula studirt. Sie hat mir viel zu schaffen ge- macht, dafür aber auch einige sehr interessante Resultate geliefert. Namentlich war es das Gefässsystem, dem ich meine Aufmerksamkeit zuwandte. Ein Gentralorgan fehlt gänzlich ;, die von Bonin und Vivier so genannten Herzen sind dies nicht — eine Behauptung, die, wenn ich mich recht entsinne, schon von irgend einem Engländer in den Annals of nat. hist. ausgesprochen ist. Die Circulation geschieht so: Aus dem Eingeweidesinus, der durch die Eingeweide in zwei ziemlich abgegränzte, den beiden Schalen entsprechende Abtheilungen getheilt ist, tritt der Strom in die Kieme, und von ihr gleieh wieder in denselben Sinus zurück. Sehr complicirt ist die Anordnung 101 der einzelnen Ströme. Jedes Kiemenblatt hat zwei Gefässe. Jedes dieser Gefässe ist durch ein Septum in zwei getheilt, das nach innen zu liegende ist das zuführende Gefäss, das äussere das rückführende. Beide haben Nebenäste, blinde Aussackun- gen, in welchen das Blut an der einen Seite hinein, an der andern wieder heraus tritt. Ein in das zuführende Gefäss tretendes Blutkörperchen durchläuft also erst sämmtliche Nebenzweige desselben, ehe es in das rückführende Gefäss übertritt, dessen Nebenzweige es ebenfalls sämmtlich durchläuft. Dann tritt es in den Blutsinus ein. Die beiden Gefässe sind sehr breit, und die Menge der blassröthlichen Blutkügelchen ganz ausserordentlich. Daher kommt es, dass sich in jedem Gefässe drei Hauptströme bilden, ein äusserer, ein mittlerer und ein innerer d. h. gegen das Septum gerich- teter. Der äussere tritt fast gänzlich in die Nebengefässe ein, der mittlere giebt einen Theil ab in die Nebenäste, der andere Theil geht geradlinig in dem Hauptgefäss wei- ter, und endlich der innere geht an der Wand des Septums entlang. Das Septum ist jedoch durchbrochen, und so treten häufig Theile aus diesem inneren Strom des einen Gefässes in den des andern über, ohne den Kreislauf durch die Kieme vollendet zu haben. Oft auch bilden sich dort Wirbel. Dieselben drei Ströme finden sich im rückführenden Gefässe. Beide Gefässe sind an ihrem Ursprunge aus dem Blutsinus mit einander verbun- den durch ein muskulöses Septum, welches zeitweilig die Kiemengefässe ganz ver- schliessen kann, was immer geschieht, wenn das Thier seine Schalen schliesst. Dann tritt der Strom aus dem rückführenden Gefässe in das zuführende direct über, ohne erst in den Sinus zu gehen, und circulirt ununterbrochen in den Kiemenge- fässen. Dies geschieht so lange als die Schalen geschlossen bleiben. Der in den Sinus eingetretene rückführende Strom geht als solcher bis in das hinterste Ende der Schale — ich übergehe hier einige frühere Abzweigungen —, wo sich alle vier vereinigen zu einem gemeinschaftlichen Strome, der in der Mittellinie nach vorn tritt und sich zwischen die verschiedenen Eingeweide, Leber, Darm, Ge- schlechtstheile vertheilt. Zwischen den Eingeweiden und der Membran des Eingeweide- sacks sammeln sich verschiedene Ströme, welche vereinigt in das zuführende Kiemen- gefäss treten. Ehe sie jedoch dahinein treten, geben sie einen nicht unbedeutenden Strom nach aussen ab in den aus den Kiemen herausgetretenen Strom. Sind dieScha- len geschlossen, so tritt, wie in den vier Kiemenblättern,, ebenfalls eine selbständige Circulation im Blutsinus aufin der Weise, dass von vorn und innen die Ströme nach aussen treten, dann an der äusseren Wand entlang nach hinten und von dort in der Mittellinie wieder nach vorn. Bei geschlossenen Schalen finden sich also sechs völlig von einander abgeschlossene Strömungen, oder eigentlich nur fünf, insofern nämlich die beiden Kreise im Blutsinus durch vielfache Anastomosen mit einander in Verbindung stehen. Zu dem Blutsinus gehört auch die Höhlung des Stiels, doch kann ich nicht sagen, wie hier die Strömung vor sich geht, da die Stiele selbst der klein- sten beobachteten Exemplare von °% zu undurchsichtig zur Beobachtung sind. Alle diese Strömungsrichtungen habe ich theils mit der Lupe, theils bei schwa- cher Vergrösserung (Nachet ‘/,) an vielen Exemplaren beobachtet. Die Beobachtung wird sehr erleichtert durch die Grösse und ungeheure Menge der Blutrillen. Dann kam ich zufällig auf ein Mittel, das mir ganz entscheidende Resultate, namentlich in Bezug auf die zahlreichen secundären Strömungen lieferte. Ich hatte lange vergeb- lich versucht vom Stiel aus die Gefässe des Mantels zu injiciren, der Sinus füllte sich immer rasch, die Kiemen-Gefässe nie. Dies lag offenbar daran, dass der Zutritt zu ‚denselben durch die oben erwähnte muskulöse Klappe geschlossen war. Als ich nun einst zufällig ein injicirtes Thier mehrere Stunden lang hatte liegen lassen, fiel mir auf, dass die Injection (blau) wie resorbirt erschien, und als ich genauer zusah, sah ich, dass sich die grösste Masse der Injection in die Kiemengetässe vertheilt und die feineren Gefässe völlig verstopft hatte. In den grösseren circulirten neben Blut- zellen Klumpen der Injection, an denen es sehr leicht war, die Richtung zu ver- 102 folgen, da sie wegen ihrer Grösse nur langsam circulirten und sehr durch ihre Farbe abstachen. Von nun an gelang es mir sehr leicht, das Experiment zu wiederholen. Die sogenannten Herzen liegen etwas näher der am Stiel befestigten Schale, die freie Oeffnung derselben sieht nach aussen. Bei kleinen Individuen konnte ich sie deutlich durch die Schale erkennen. Kein Strom tritt aus den Kiemen in sie ein; alle die eben beschriebenen rückführenden Kiemenströme gehen über oder unter diesen Organen weg. Noch blieb die Frage, ob nicht unterhalb der beschriebenen Ströme ein anderer ungesehener in das Herz eintrete. Bei vorsichtig lebend aus der Schale gelösten Thieren konnte ich vom Eingeweidesinus aus immer in die Gefässe der Kiemen gelangen, niemals vom sogenannten Herzen. Bei einem besonders glück- iich herausgelösten Thiere schnitt ich die obere Wand des Kiemengefässes durch und klappte sie ein, so dass die Höhlung desselben blosgelegt wurde. Von einer andern Oeffnung als der in den Sinus war Nichts zu sehen, die Oeffnungen der Nebengefässe ganz deutlich, und das sogenannte Herz ging völlig unverletzt unter der muskulösen Klappe weg nach vorn und innen zu. Ueber das Ende der Herzen konnte ich mit Be- stimmtheit Nichts ermitteln, ich konnte sie bis dicht unter den Ursprung der beiden Arme verfolgen. Ein einziges Mal glaubte ich am Grunde der beiden Arme zwei sehr feine Löcher zu bemerken. Bei jungen lebenden Thieren konnte ich öfters diese Organe durch die Schale hindurch beobachten; Contractionen finden nie statt; hin und wieder macht das freie trichterförmige Ende schwache Bewegungen, die aber von einem muskulö- sen Bande herrühren, das vom Darme breit entspringend sich mit spitzem Ende theils an das eigentliche sogenannte Herz, theils an dessen Trichter ansetzt. Dies Septum behält seine Contractilität noch lange Zeit nach seiner Präparirung. Die Circulation des Blutes wird nicht durch ein contractiles Centralorgan, oder durch die Contractilität der Gefässwände unterhalten, sondern durch Wimperung. ich möchte fast sagen leider! gerne hätte ich etwas Wahrscheinlicheres gefunden ; auch brauchte ich lange Zeit, ehe ich meinem Auge trauen wollte. An den grösseren Stämmen habe ich das Wimperepithel mit aller Klarheit gesehen, d.h. die Zellen, nicht die Wimpern, dass aber in der That Wimpern vorhanden sein müssen, be- weisen abgeschnittene Stücke des Mantels, in deren Gefässabschnitten die Circula- tion oder besser gesagt die Bewegung noch Stunden lang fortdauert, ohne dass sic. jemals die Gefässe contrahirten. In solchen abgeschnittenen Gefässstücken bilden sich Wirbel, an vielen Stellen gerinnt das Blut und verschliesst das Gefäss, und in den freien Räumen, namentlich gegen die blinden Enden der feineren Gefässe hin, rotiren zwei, vier oder mehr Blutkörperchen in sehr verschieden grossen Wirbeln. Dass ich die Wimpern selbst nicht erkennen konnte, liegt wohl an der Dicke des Mantels, die mich verhinderte, die hinreichende Vergrösserung anzuwenden. Im Blutsinus selbst habe ich die Wimpern deutlich erkannt. Die gesammte innere Fläche des Mantels, dort wo er die Eingeweidehöhle begränzt, die äussere Fläche des Darmes und der sogen. Herzen, das muskulöse Band des Darmes und alle seine Verlängerungen, welche es zwischen Leber- und Geschlechtsdrüsen schiebt, tragen ein schönes Wimperepithel. Ebenso ist das innere Epithel des Hohlraums des Stieles ein Wimperepithel. Beim Kochen gerinnt das Blut und wird schneeweiss, so dass sich eine schöne natürliche Injection bildet. An solchen Exemplaren sind immer der Sinus, sowie alle Gefässe angefüllt mit dem weissen brökligen Blutgerinnsel. Im Lumen der sogen. Her- zen findet man nicht die mindeste Spur davon. Das trichterförmige freie Ende der sog. Herzen wimpert innen auch, ebenso das Lumen des Herzeis; die Richtung der Wimperung geht aber vom Sinusin das Herz hinein, und nicht umgekehrt, wie es nach der herkömmlichen Deutung dieser Organe der Fall sein müsste. Ich kann nicht läugnen, dass mir selbst alles dies etwas seltsam vorkommt, 103 aber doch muss ich auf der Richtigkeit bestehen. Meine Zeichnungen und Notizen, sowie einige injicirte Präparate kommen hoffentlich glücklich nach Europa, so dass ich dann, bin ich selbst erst zurückgekehrt, Alles sorgfältiger und zusammenhängen- der publieiren kann. Ausser den Blutgefässen existirt noch ein anderes Gefässsystem in den Mantel- lappen, das ich für einen Lymphraum ansprechen möchte. Hart unter der Schale liegt ein grosser, in drei Abtheilungen getheilter Raum, der durch zahlreiche Muskel- balken in senkrechter Richtung durchsetzt wird. In diesem Raume finden sich ziem- lich zahlreich blasse körnige rundliche Körperchen, welche bedeutend kleiner sind als die Blutzellen und eine etwas rauhe Oberfläche haben. Sie werden auf zweierlei Weise bewegt, einmal ruckweise bei Contractionen des Mantels und dann, wie es scheint, durch einzeln stehende Wimperwülste. Die letzteren erschliesse ich nur aus der Bewegung; denn man sieht, wenn das Thier in Ruhe ist, bald mehr bald weniger dieser Lymphkörper an bestimmter Stelle herausgewirbelt werden. Die Wasserauf- nahme geschieht, wie ich glaube, durch die senkrechten sehr feinen Poren der Schale; im Mantel selbst habe ich keine solchen bisher auffinden können. Ebenso ist mir die Verbindung mit dem Gefässsystem unklar geblieben ; zweimal freilich glaubte ich ziemlich deutlich ein Eintreten der Lymphkörperchen in die blinden Enden der Kiemengefässe zu bemerken, doch konnte ich trotz aller Mühe niemals zu entschei- denden Resultaten kommen. Vielleicht gehört auch die Höhlung der Arme zu diesem Lymphgefässsystem ; es finden sich nämlich in der darin enthaltenen Flüssigkeit die- selben Zellen, wie in dem Lymphraume des Mantels. Eierstock und Hode liegen beide an derselben Stelle im hintern Abschnitte des Eingeweidesacks. Der letztere ist fast immer schneeweiss, der erstere immer braun und ähnelt sehr der Leber im äussern Ansehen. Mir ist Bonin’s und Vivier’s Arbeit nicht zur Hand ; wenn ich mich recht entsinne, so hat Ersterer die eigentliche Leber für Speicheldrüse, die Geschlechtsdrüse für Leber genommen. Ist die letztere ent- wickelt, so nimmt sie den grössten Theil der Eingeweidehöhle ein. Die Leber selbst besteht aus zwei ganz getrennten Lappen, der vordere liegt in der vordern Abtheilung des Blutsinus, die durch ein querlaufendes muskulöses Septum hergestellt wird. Der hintere Leberlappen ist bedeutend grösser, als der vordere, und theilt sich in zwei Hälften. Höchst eigenthümlich ist die histologische Natur der Geschlechtsdrüse. Ich habe oben schon von einem muskulösen Bande (Darmflügel) gesprochen, welches das sogen. Herz mit dem Darme verbindet. An diesem bilden sich die Geschlechtsdrüsen durch einfache Wucherung des Epithels an den zwei Kanten. In der ersten Anlage sind also vier gesonderte Lappen vorhanden. In dem Maasse wie sich diese ver- grössern, wächst auch der muskulöse Theil des Darmflügels ‘in die wuchernde Zel- lenmasse hinein und bildet ein inneres Stroma, welches zahlreiche Aeste aussendet und dadurch die eigentliche Drüsenmasse in viele Follikel theilt. Es ist also dies eine wirklich umgekehrte Drüse. Die Drüsenfollikel tragen ihr Stroma innen, nach aussen besitzen sie keine Tunica propria, es ragen also Eier wie Zoospermien frei in die Leibeshöhle hinein. Am Hoden erkennt man dies leicht, sobald die Zoospermien nur entwickelt sind, denn dann ist die Drüse ringsum nur mit langen starren Borsten besetzt, die schon mit der Lupe zu erkennen sind; die Köpfe, welche dreiseitig sind, sitzen im Innern (in den Bildungszellen?). Nach Kalizusatz fängt dies Borstenkleid an sich lebhaft zu bewegen, doch erst dann, sobald die Köpfe vom Strome berührt waren. Ich sah dies daraus, dass abgerissene Zoospermien, die frei zwischen und auf den Schwänzen derjenigen lagen, welche noch an der Drüse befestigt waren, sich schon lebhaft bewegten, während die Schwänze der letzteren, obgleich sie auch schon der Kalistrom getroffen haben musste, noch ganz ruhig blieben; sie fingen erst an sich zu bewegen, wenn die festsitzenden Köpfe berührt waren. Vergeblich habe ich versucht, durch Fischen mit dem feinen Netz mir die Larven der Lingula zu verschaffen ; ein einziges Mal habe ich eine junge Lingula getroffen, 10% die schon deutlich als solche zu erkennen war, von Larvenorganen war nichts mehr vorhanden, der Stiel fehlte noch. Die ungemein wechselnden Strömungen in diesen Meeren sind ein grosses Hinderniss für derartige Untersuchungen, da alle schwim- menden Thiere gleich fortgeführt und vertheilt werden. So habe ich hier während A4tägigen Fischens nur drei-Holothurienlarven gefunden, obgleich Holothurien hier in ungeheurer Menge und Artenreichthum leben und auch jetzt gerade die Zeit der Geschlechtsreife war. Die einzigen schwimmenden Seethiere, die man mit Sicher- heit täglich erhalten kann, sind Sagitta, Cycelops-Arten in 'ungeheurer Menge und andere Copepoden, und endlich Appendicularien. Für die letzteren scheint mir die einmal gemachte Beobachtung nicht ohne Interesse, dass sie alle ohne Ausnahme an regelmässig gestalteten Gallertklumpen sitzen,.mit deren Hülfe sie im Wasser ruhig und gleichmässig fortschwimmen. Ich hatte zufällig kein Netz bei mir, so fing ich nur einige wenige dieser Gallertklumpen mit einem Glase auf. Die Thiere lösen sich äusserst leicht davon los, oft schon bei blosser Berührung mit dem Finger. Mit diesem schwimmen sie ruhig und gleichmässig nach allen Richtungen herum, sie steigen und sinken beliebig und machen dabei nur sanfte schwingende Bewegungen mit dem Schwanze ; ohne ihn schwimmen sie nie anders, als ruckweise, dabei den Schwanz äusserst heftig schlagend. Diese unruhige Bewegung habe ich an allen bisher von mir gesehenen Appendicularien gefunden; sollten nicht vielleicht alle Arten einen solchen hydrostatischen Apparat besitzen? Das äusserst leichte Abfallen würde sehr leicht erklären, warum man beim Fischen mit dem Netz.niemals solche Thiere mit den Gallertklumpen erhält. Wenn ich nicht irre, habe ich Ihnen schon in einem früheren Briefe angezeigt, dass ich den in Holothurien schmarotzenden, von Quoy und Gaimard beschriebenen Fierasfer wieder gefunden habe. Zuerst fand ich ihn in Mauban, an der Ostküste von Luzon, wo er jedoch äusserst selten zu sein schien, da ich in 16—20 Exemplaren der Holothurien nur ein einziges Mal den Fisch fand. Hier in Zamhuanga bin ich glück- licher gewesen. Ich fand in durchschnittlich 8—10 Holothurien immer ein Exemplar des Fisches, im Ganzen während des Zeitraumes von 1", Monaten etwa 20 Exem- plare. Es scheint mir eine andere Species zu sein, als die aus Mauban, sie lebt in einer andern Holothurie, ist lange nicht so durchsichtig wie diese und bedeutend grösser. Eine genaue Vergleichung wird mir erst nach meiner Rückkehr möglich sein. Der Fisch gleicht in seiner Körperform sehr einem Aale, ist ohne Brust- und Bauchfiossen, die Afterflosse entspringt sehr weit vorn und geht bis an die Spitze des Schwanzes, wo sie sich allmählig verdünnt; die Rückenflosse entspringt weiter nach hinten und verliert sich ebenfalls auf der Schwanzspitze. Die Haut ist ganz nackt, ohne Schuppen; nur in der Seitenlinie finden sich eben so viel kleine tief in die Haut eingesenkte Schuppen, als Nervenknöpfe vorhanden sind. Am Ober- und Unter-Kiefer findet sich eine einfache Reihe spilzer Zähne. Kiemenbogen 4. Das Herz liegt. fast zwischen den Kiemenbogen, sehr weit nach vorn gerückt; die Ge- fässe habe ich der Undurchsichtigkeit und Kleinheit des Thieres wegen nicht verfol- gen können. Der kurze Schlund führt in einen kurzen Magen, an den sich der sehr kurze Lebergang ansetzt. Die Leber besteht aus zwei ungleichen Lappen. Die Portio cardiaca des Magens verlängert sich in einen bis fast in das hinterste Ende der Leibeshöhle hinabsteigenden Blindsack, der immer dicht angefüllt ist mit Speise- resten. Dies sind immer Stücke der Eingeweide des Wohnthieres, meist der Ge- schlechtstheile oder der Kiemen. Zwei sehr kurze Appendices pyloricae. Der Darm macht erst eine Biegung nach vorn, dann nach hinten und dann tritt er sehr weit nach vorn, wo der After in der Mittellinie dicht hinter den Kiemendeckeln sich öffnet, Eierstock und Hoden liegen zwischen Duodenum und Magenblindsack, der erstere ist mehr rundlich, der letztere länger. Ausführungsgänge der Geschlechts- drüsen fehlen ; einen Porus abdominalis habe ich nicht auffinden können. Die we- nigsten hatten entwickelte Geschlechtstheile. Ueber dem Magen in der Leibeshöhle 105 liegt eine geschlossene Schwimmblase, die vorn sich an einen ziemlich grossen Schultergürtel ansetzt. Milz klein, zwischen Duodenum und Magen. Die Untersuchung des Skelettes habe ich auf spätere Zeiten verspart. Der Fisch lebtin der Leibeshöhle, ein einziges Mal fand ich einen in dem rechten Kiemen- stamm stecken. Dies war ein junges Exemplar ; vielleicht gerade im Einwandern be- griffen. Die kleinsten gefundenen maassen 4—5”, die grössten 7”. Die Augen sind von der Haut überdeckt, ohne dass diese eine Falte bildet. Ueber die Wanderungen und die Fortpflanzungsweise bin ich ganz im Unklaren. Zugleich mit diesem Fische leben in derselben Holothurie zwei Species Pinno- Iheres. Ihr Aufenthalt ist ohne Ausnahme in dem an der Leibeswand befestigten Aste der innern Kiemen ; stösst die Holothurie auch Darm und halbe Kieme weg, so bleibt die Krabbe doch meist darin. Selten fand ich sie mit dem Fierasfer zusammen in demselben Wohnthiere. Die Krebse sind ungleich häufiger, als letzterer, und in sehr verschiedenen Entwickelungsstadien. Meist sind nur zwei — Männchen und Weibchen -— oft drei, selten vier Exemplare in derselben Holothurie. Die wenigst entwickelten sitzen immer hoch in dem Kiemenstamm,, oft auch in den Nebenästen, in denen sie immer eine Art Geschwulst hervorbringen. Mit zunehmendem Alter rücken sie immer weiter gegen die Cloake zu. Die kleinsten gefundenen Individuen maassen 2”, die grössten 7—8”’. Die jüngsten Weibchen, welche schon Eier unter dem Bauche tragen, maassen 3—4”. Ein einziges Mal fand ich ein sehr grosses Weib- chen dicht vor der Cloake sitzen; die Larven waren schon ausgekrochen, hingen aber noch an dem Körper der Mutter an. Davon getrennt und in Seewasser gesetzt, schwammen sie munter herum. Ihre Form ist die gewöhnliche der Krabbenlarven ; der Cephalothorax mit zwei seitlichen Spitzen. Die beiden Species unterscheiden sich auf den ersten Blick durch die äusserst dichte sammtartige Behaarung der einen, während die andere ganz glatt ist. Körper- form, Beine, Fühler stimmen vollkommen mit Pinnotheres überein ; die Augen sind jedoch sehr klein und ganz ohne jegliche Andeutung eines Stieles. Die Augen der Larve sitzen ebenfalls nicht auf Stielen, sondern direct auf dem Thorax. Die behaarte Species ist seltener, als die unbehaarte ; von letzterer fand ich in je drei Holothurien 4—5 Exemplare. Von solchen Holothurien, welche keine Krabben enthielten, löste ich die Kiemen ab und suchte durch Ausdrücken auf noch jüngere Stadien zu kommen; dies schlug febl. Doch scheint mir so viel aus meinen Beobachtungen hervorzugehen, dass zum mindesten eine Auswanderung der Jungen, vielleicht auch der Alten vor sich geht. Die hiesigen Meere scheinen reich an solchen schmarotzenden höheren Krebsen zu sein, ausser obigen fing ich noch eine Pinnotheres in einer Venus, eine vierte Spe- cies in einer Pinna, in derselben Muschel eine hübsche unbeschriebene Pontonia, zwei oder drei Sp. Lanchadytes in Tridacna und Meleagrina, eine Sp. Gammarus in Meleagrina, eine Brachyure in der Kiemenhöhle einer Haliotis, eine andere Brachyure auf der äussern Haut einer Holothurie, einen sehr hübschen Palaemon auf einer Actinie. In Mauban fand ich einen sehr hübschen Langschwänzer in der Kiemen- höhle eines grossen Pagurus, leider hatte ich keinen Spiritus bei mir, so dass ich ihn nicht aufbewahren konnte. Aufnackten Mollusken und den Kiemen verschiedener Krebse wimmelt es von kleinen Schmarotzerkrebsen, doch sind sie meistens sehr langweilig, nur Variationen des Leydig’schen Genus Doridicola. Einige genauere Mittheilungen will.ich Ihnen jedoch von einem kleinen, frei im Meer gefischten, seiner Mundbildung nach zu den echten Schmarotzern gehörenden Thierchen machen. Es hat im Allgemeinen die Ge- stalt eines Cyclops, dessen Thorax sehr verlängert ist. A Paar Fühler, 5 Paar Vor- derfüsse, keine davon zu Greiforganen umgewandelt. Der Mund ist auf der Bauch- seite ungefähr in der Mitte des cylindrischen Thorax, ein einfaches Loch, das in einen sehr kurzen obliterirten Schlund führt, an den sich eine kuglige mit Zellen erfüllte 106 Blase ansetzt, offenbar ein rudimentärer Magen. Das ist Alles, was vom Tractus vor- handen ist. Der Eierstock — das einzige gefangene Exemplar war ein Weibchen — liegt nur mit seinem vorderen Ende im Cepbalothorax, die Eiertraube ist sehr gross, die Eier sehr klein. Das Gehirn ist eine längliche zellige Masse, welche hinter dem Munde auf der Bauchseite liegt, ganz dicht der äusseren Haut anliegend; nach hinten zu läuft es in ziemlich gleicher Breite bis ans (erste Hinterleibsglied, von da an ver- schmälert es sich allmälig und verliert sich im letzten Gliede. Vorn am Gehirne entspringen vier Nerven, zwei grosse, die Fühlernerven, welche sich an eine an der Basis der letzteren liegende zellige Masse (Fühlerganglien ?) ansetzen, und zwei sehr kleine, von den Fühlernerven sich abzweigende, welche vor dem Munde sich an zwei mir unklar gebliebene Organe setzen. Zwischen den dicken Fühlernerven, dem Gehirne wie ein Knopf aufsitzend, findet sich ein einfaches nicht facettirtes Auge, das, wie es scheint, nur einen einzigen halbkugligen, fast ganz von Pigment überdeckten Krystall- körper enthält. Nach hinten zu geht im Thorax noch ein Paar seitlicher Nerven ab, die sich an die Muskeln desselben setzen. Die Schilderung der Muskeln übergehe ich hier. Ich habe vergessen zu bemerken, dass über dem Munde zwei Paar kleiner Stummeln sind, vielleicht die rudimentären Kaufüsse ? Das Thier schwamm äusserst lebhaft im Wasser herum. Doch glaube ich, dass es sich wohl nur zeitweilig von seinem Wohnthiere losgelöst hatte; wenngleich ich nicht umhin kann zu bemerken, dass es zur Anheftung ganz untauglich erscheint, da ihm alle Klammerfüsse fehlen. Jedenfalls aber ist es einer der interessantesien Cyclops-ähnlichen Schmaroizerkrebse, die mir bis jetzt vorgekommen. Manila 20/2 4860. Die obigen Zeilen zu beendigen und abzusenden, hatte ich bis jetzt keine Gele- genheit. Seitdem habe ich noch einige andere interessante Thiere zu untersuchen Gelegenheit gehabt, über die ich Ihnen kurz berichten will. Die Gattung Leucifer fand ich in Zamhuanga in einer grossen und völlig durch- sichtigen, vielleicht neuen , Species repräsentirt. Der Magen ist sehr klein, geht ohne Abschnürungin den überall gleich weiten Darm über, trägt zwei Paar Blindschläuche, zwei hintere sehr kurze, die im Thorax liegen, zwei vordere sehr lange, die bis in die äusserste Spitze des langen Kopfstieles treten. Die beiden letzteren enthalten eine klare Flüssigkeit, worin fettähnliche Tropfen schwimmen ; sie sind contractil. Das Herz liegt in der Mitte des Thorax auf dem Tractus, nach hinten geht eine mittlere unpaare Aorta ab, dieim Thorax und den fünf ersten Hinterleibsgliedern je zwei Aeste nach den Seiten abgiebt; im sechsten Gliede theilt sie sich in zwei Aeste, die nach aussen vom Darm steigen und neben diesem bis ans letzte Glied verlaufen. Nach vorn entspringen vom Herzen zwei Arterien, die sich unverästelt bis an den Kopf begeben, hier theilt sich jede in drei Aeste, deren zwei für die Fühler-Augen, der dritte für das Fühler-Ganglion der entsprechenden Seite bestimmt ist. Die Aufnahme des venösen Blutes geschieht durch zwei Oeffnungen, die an der Rücken- und Bauch- seite des Herzens angebracht sind. Dicht am Ende des Kopfstieles liegen zwei gewundene Drüsenschläuche, welche hr Secret durch zwei Papillen, die an der Bauchseite’des Kopfes dicht an der Basis der unteren Antennen stehen, ergiessen. Vielleicht die einfachste Form jener com- plicirten drüsigen Organe der Decapoden, die man zu Geruchsorganen hat stem- peln wollen. Das Gehirn wird von einem an der Bauchseite des Thorax liegenden in mehrere Knoten getheilten Bauchmark gebildet, von dem vorn zwei Nerven entspringen, die am Kopfe zu zwei grossen Fühlerganglien anschwellen. Nach hinten ein mittlerer Bauchstrang, der in jedem Gliede zu einem einfachen Ganglion anschwillt, das dicht an der Basis der Beine liegt. Das männliche Thier trägt an den beiden ersten Hinterleibsfüssen einen sehr complicirten Begattungsapparat. Die Geschlechtsöffnung ist einfach, liegt bei beiden 107 Geschlechtern in der Mittellinie des Bauches dicht hinter dem letzten Brustfusse. Der Hode besteht aus einer in der Mittellinie des Thorax dicht unter dem Magen liegenden Samendrüse, an’ deren hinteres Ende, dort wo der kurze Samenleiter entspringt, sich mehrere Nebendrüsen ansetzen. Der Same wird, noch unentwickelt, in einen birn- förmigen grossen Spermatophor eingeschlossen. Das hinterste Ende dieser männ- lichen Drüse reicht bis in die Mitte des ersten Hinterleibsgliedes, das vorderste bis ziemlich dicht an deu Schlund, Das vorletzte Hinterleibsglied des Männchens trägt mehrere Zacken, die dem Weibchen fehlen. Das Weibchen hat zwei Eierstöcke, die vom Ende des sechsten Hinterleibsgliedes an dicht unter dem Darm sich bis in die Mitte des Thorax erstrecken, hier biegen sich die beiden Samenleiter nach unten und schwellen dann zu zwei grossen Taschen an, die eine kleine rundliche Tasche umfassen ; die Geschlechtsöffnung ist einfach ; ein einziger Spermatophor steckt mit seinem spitzen Ende darin. Entwickelte Zoo- spermien habe ich nicht beobachtet. Weibliche Begattungsorgane fehlen. Die Ent- wickelungsgeschichte ist mir unbekannt geblieben. Ferner hatte ich Gelegenheit, aus der Gruppe der Stomapoden noch eine Species Thysanopus zu untersuchen, leider nur an einem, noch dazu geschlechtlich un- entwickelten Exemplare. Das Gefässsystem ist ganz wie bei Leucifer, ebenso der 'Tractus; nur am Magen finden sich dort wo bei Leucifer der kleine Blindschlauch im Thorax liegt, hier jederseits ein dicker Büschel solcher kurzen Blindschläuche. Ich würde dies Thier nicht erwähnt haben, wenn es nicht durch eine Anzahl von Organen sehr ausgezeichnet würde, die meines Wissens noch bei keinem Crustaceen gefunden wurden. Es sind dies sieben einfache Augen, welche alle wesentlichen Merkmale eines solchen Organes zeigen, Glaskörper, Linse, Pigmenthaut und Nerv. Das Auffailendste ist die Lage dieser Organe. Zwei Paar derselben liegenan derBauch- seite des Thorax, das erste an der Basis des zweiten wahren Brustfusses, das andere hinter der Basis des letzten Brustfusses. In der Mittellinie an der Bauchseite des Abdomens liegen die übrigen drei, die beiden ersten in den beiden ersten Hinter- leibsgliedern, das dritte im vierten Gliede; alle drei zwischen der Basis der Beine in einer kleinen Auftreibung. Diese drei Augen des Hinterleibes sitzen direct den entsprechenden Ganglien desselben auf, während die zwei Paar Thoraxorgane seit- lich vom centralen Nervensystem liegen, und jedes auf einer kleinen ganglienartigen Anschwellung des Nerven sitzen. Ausserdem sind die letzteren vier Augen, freilich in beschränktem Grade, beweglich; den bewegenden Muskel habe ich freilich nicht auffinden können, die Bewegungen waren aber zu stark sichtbar, als dass eine Täu- schung möglich gewesen wäre. Das ganze Thier war 5’” gross. Schliesslich nur noch einige Notizen über eine kleine Vitrina, die ich in Basilan zu untersuchen Gelegenheit hatte. Sie ist Zwitter, wie alle Pulmonaten; der Hoden ist aber so gut wie ganz von dem Eierstock getrennt. Denken Sie Sich die männlichen Partien einer gewöhnlichen Zwilterdrüse nach unten rückend und sich allmälig zu einer selbstständigen Drüse entwickelnd, die nach und nach immer weiler herunter und nach aussen tritt, bis sie nur noch mit der letzten Spitze in der Höhlung des Eier- stockes liegt: so haben Sie fast die Gestalt des Hodens dieser Schnecke. Der Samen- leiter ist also auch ganz getrennt vom Eileiter, dessen Tunica propria nur die letzte Spitze des Hodens umfasst und in diejenige des letzteren übergeht. Sonst Alles wie gewöhnlich, Samenleiter, Penis; neben dem Eierstock eine grosse Eiweissdrüse. Der Eileiter erweitert sich bald zu einem Uterus, in dem immer bis an fünf Eier liegen in den verschiedensten Entwickelungsstadien. Nebendrüsen desselben, sowie Liebes- pfeil oder analoge Organe fehlen. Die Entwickelung ist recht interessant. Nach der Furchung bilden sich auf der Dotterblase verschiedene Wülste, die Anlage des Fusses, zu beiden Seiten die Tentakelwülste und dazwischen ein länglicher durch eine Grube von der Dotterblase abgesetzter Wulst, Anlage des Mantelrandes. Dann bildet sich an per Spitze des Schwanzes eine Schwanzblase aus, ähnlich wie bei den Limacinen, die 108 Dotterblase wird bedeutend grösser, während der darin enthaltene Dotter nicht wächst. So entsteht um diesen eine Blase, die aus contractilem Gewebe gebildet wird, und ebenso wie die Schwanzblase sich rhythmisch contrahirt. Ich nenne sie die Kopfblase, da sie bei etwas weiter entwickeltem Embryo zwischen dem Mantel- rande und den Tentakeln liegt. Auf ihr bilden sich zwei Embryonalnieren, die an der Basis der Fühlerwülste ausmünden. Die meist schmale Mantelwulst wächst immer mehr nach hinten über den Schwanz hinüber, die Schale triit sehr früh als innere Schale auf, ehe noch die Kopfblase angefangen hat, deutlich zu pulsiren. Mit der Ausbildung der Schale und des Mantels und Fühler treten die beiden Blasen all- mälig zurück, sie verschwinden lange bevor der Embryo das Ei verlässt. Die spe- ciellere Ausführung dieser Thiere lasse ich für spätere Zeiten. Sie sehen, verehrter Herr Professor, es giebt hier viel der interessantesten Dinge Aber dennoch fühle ich mich etwas enttäuscht. Prof. Gegenbaur sagte mir einst, er beneide mich um die Aussicht, hier in Einem Jahre mehr thun zu können, als in Europa in fünf Jahren. Das ist ein schöner Irrthum und ich bin schrecklich von meiner Höhe herabgesunken. Die oben mitgetheilten Resultate sind das Wesent- lichste, ich glaube nicht, dass ich viel Mittheilenswerthes vergessen habe ; und ich glaube, Sie werden mir Recht geben, wenn ich behaupte, dass dies nicht im Verhält- nisse steht zu der dazu verwandten Zeit und Mühe. Vielleicht urtheilen Sie in Europa anders; ich bin hier ziemlich missmuthig über so viel verlorne Zeit, das Einzige, was mich etwas darüber tröstet, ist, dass man nirgends und am wenigsten hier mit dem Kopfe durch die Wand kann. Also Geduld. >} ah id u e Bd. T D HL voloy Asenschaftl. Ze Ä IX dat wor Aral ae USE ee ig 3 ER % ; f ee ! } } 3 N nn nn Zerznäriff £ wibenschafil. Zoolegte ZAHL, TaLl. u OSchmidr Tab. RN / ) rer) — MAN Rt Z Detsehrül Kwißenschaffl. Zoologie BaA_IL. FRE Ge DIFFTZZENG os ——— == > = \ \)) IN er EIS ITZE SI Zeitschrifi £ wilsenschafll. Zoologie Bd. AT. Er? I L.Clarke del. h Be BR | ee BEN RE nn :< >= Bineenadı en ? x EN EEE SL. del ce a YECEH r \ SR Aa ü RES . ne 3 % N e * (8 ar y fi . ER. E: x er { x B 2 e hi je: FR 7 Bas: £ Ir Nee i r ” 3 j TE Set MR IV - En \ Ir & 4 a % Ya ’ es Er 6 ; ı. S 3 DNS 1 A Ur) = en DD Zoe BE Srlsens > € ı Brllroth del. Zetitschrifi £ el Zoologie Bd. X. | - nun | EN IL 2. > GENSEEEN (2 EIGE KEN DZ ae G IDEE SE nr F J FR )) A Sy We D % d> Fig. 2. | Tat VI. Migl. A ad N NM RA AR R DNS INDIIDIENLU ae Ar AIW a Fig). X N De Fie.6, Ti IN. E.: b u. Listrophorus Leuckarti. Ein neues Milbengeschlecht. Von Dr. H. A. Pagenstecher in Heidelberg. Hierzu Taf. XI. und XI. Ich beabsichtige im Folgenden eine, wie ich denke, bisher unbe- kannte ektoparasitische Milbenart zu beschreiben, welche als der Ver- ireter eines besondern Geschlechtes angesehen werden muss und durch die Absonderlichkeit des Baues ihrer Mundwerkzeuge sehr auffallend ist. Es wurde dieses Thier von Herrn Professor Leuckart aufgefunden und von diesem, meinem verehrten Freunde, mir zur Untersuchung zu- gesandt und überlassen. Derselbe sah die neue Art in Tausenden von Individuen die Leiche eines Hypudaeus terrestris, welche in ein Glas ge- legt worden war, verlassen und an den Wänden des Glases kriechen. Die in Winterszeit versandten Exemplare kamen fast alle todt hier an, so dass ich nur einige nicht ausgewachsene nur kurze Zeit lebend beobachten konnte, ein Umstand, welcher natürlich die ohnehin nicht unbedeutenden Schwierigkeiten der Untersuchung noch vermehrte. Ich glaube trotzdem an den von Herrn Professor Leuckart und von mir selbst in mikroskopi- schen Präparaten aufbewahrten Exemplaren sowohl über den äusseren Bau als die innere Organisation zu ausreichenden Resultaten gekommen zu sein und lege dieselben hiermit vor. Man wird daraus ersehen, dass diese winzigen Geschöpfe in Betreff einiger Verhältnisse hübsch zwischen bekannten Gruppen vermitteln, in andern aber merkwürdige neue Bau- eigenthümlichkeiten zeigen. Unter den zur Untersuchung gekommenen zahlreichen Thieren, deren Länge von 0,17”® bis 0,43”® schwankte und deren Breite nur ein Vier- theil his ein Drittheil di: Maasses ergab, konnte man unreife Indivi- duen mit drei Fusspaaren , solche mit vier Fusspaaren aber ohne Ge- schlechtsorgane, und endlich erwachsene Männchen und Weibchen unter- scheiden. Dazwischen lagen abgelegte Eier und die Reste der Häutungen. Man übersah also den ganzen Lebenslauf der Art. Wir beginnen mit der Schilderung der erwachsenen Weibchen, ge- Zeitschr, f. wissensch. Zoologie, XI. Bd. 8 110 wissermaassen der typischen Vertreter der Art, um so mehr in diesem Falle, weil bei ihnen eine auffallende Umbildung von äusseren Organen der nicht reifen Thiere zu besondern Zwecken, etwa des Geschlechts- lebens, nicht stattfindet. x Das entwickelte Weib ist, wie wohl überall bei den Milben, grösser als der Mann und diesem Zustande gehören also die grössten Individuen der Gesellschaft an, deren Länge, wenn der Leib ein oder mehrere Eier enthält, beinahe auf ein halbes Millimeter steigen kann. Breite und Höhe sind wenig verschieden, im oben bemerkten Verhältniss zur Länge, doch überwiegt die Höhe ein wenig. In der gestreckten Körpergestalt treten dadurch diese Milben zwischen die gewöhnlichen Acaridae (im engeren Sinne) besonders Derimaleichus und die in der Regel davon gesonderten Simoniadae und Phytoptidae oder endlich die Pentastomidae. Das Abdo- men überragt, besonders wenn ein reifes Ei vorhanden ist, noch die Spitze der ausgestreckten hintersten Füsse, obwohl diese sehr weit nach hinten angesetzt sind. Man kann am Körper drei Abschnitte unterscheiden. Zunächst fällt ein hartschaliges Kopf- oder Mundstück in die Augen, davon sondert sich in etwas durch eine leichte Absetzung, mehr aber durch das ganz andere Verhalten der nunmehr nachgiebigen, quergeringelten Haut der Mittelleib, und von diesem ist hinter dem letzten Fusspaar der Hinterleib ziemlich deutlich abgeschnürt. Da aber auf der Unterseite die beiden ersten Fuss- paare, wie in der Regel, in innigerem Verbande zu den Mundtheilen stehen als zu den hinteren Fusspaaren, so kann man hier überhaupt nur die Gränze zwischen dem gesammten Gephalothorax und Abdomen ziehen, die allerdings auch nicht besonders scharf ist. Das Abdomen ist grösserer Ausdehnung fähig und etwas mehr dem Hinterrücken als einem genau senkrechten Querschnitte des Mittelleibes eingefügt. Es schleppt natürlich bei den ziemlich lebhaften Bewegungen der lebenden Thiere nach. Die nähere Untersuchung der drei Abschnitte ergiebt Folgendes: Die Kopf- oder Mundtheile sind oben von einer starken gebogenen bräunlichen Chitinplatte (dem Epistome Robin’s) gedeckt, welche die Mundöffnung auch nach vorn überragt. Wir können zwar einem solchen Theile, da wo er zu- nächst vorn den Mund begränzt, den Namen der Oberlippe geben, aber weil eine Einlenkung daselbst nicht besteht, ist die Herübernahme dieser Bezeichnung von den Insecten überhaupt nicht sehr glücklich und auf alle Fälle müssen wir im Auge halten, dass diese Platte in ihrer Totalität Alles enthält, was von Kopfringen an der oberen Seite vorhanden ist, und wahrscheinlich noch mehr, weil nicht nur das erste sondern auch das zweite Fusspaar mit den ihr an der unteren Seite gegenüberliegenden Theilen zusammenhängen. Von oben oder unten betrachtet, erscheint diese Platte helmartig. An der Spitze ist die Mitte stärker ausgehöhlt und dünner, sie springt nach vorn vor, so dass sie von der Seite gesehen einen etwas vorragenden ll Höcker !) bildet, in welchem der Kiel der Kopfplatte vorn sein Ende findet. Dieser mittlere Theil der Spitze ist von den in rück wärts gerich- tete, einen Anker nachahmende Haken auslaufenden Seitentheilen ?) durch blasseres Ansehen unterschieden und auf der Gränze sitzt dem scharfen Vorderrande jederseits eine feine Borste auf, zu welcher hin in der Chitindecke ein kanalartiger Streifen läuft, wie sich deren auch einige in dem mittleren Theile der Rinne finden. Wir betrachten gern solche Stellen als feinerer Sinneswahrnehmung zugänglich, ohne jedoch, wenig- stens in diesem Falle, besondere Nerven nachweisen zu können. Das ganze vordere einem Anker, oder dem Helmaufsatze vergleich- bare Stück ist oben deutlich abgesetzt von der grösseren, hinteren, rundlich konischen Abtheilung der Kopfplatte, so dass gewissermaassen ein gebo- gener Stirnrand entsteht, hinter welchem in der Platte ein Paar ovaler Grübchen liegt ?), die aber ja nicht mit Augen verwechselt werden dürfen. Deren giebt es weder hier noch auf dem Rücken. An der unteren hohlen Seite dieser Platte bemerken wir vor dem Munde, oder eigentlich mit ihren Spitzen aus demselben herauskommend ein Paar höchst unvollkommener Werkzeuge, in welchen wir nur die Mandibeln suchen dürfen. Dieselben bestehen jederseits aus einem läng- lichen nach hinten verlaufenden Plättchen, welches aber, wie es scheint, nicht durch Vorschieben und Zurückziehen beweglich sondern mit Aus- nahme der Spitze mit der Unterseite der eben beschriebenen Kopfplatte verwachsen ist. Der vorderste Theil allein ist wenigstens passiv beweg- lich und wird in verschiedener Stellung angetroffen. Er bildet ein queres gerundetes und etwas ausgerandetes Blättchen, aus der Zeichnung leich- ter als aus Beschreibung ersichtlich *). Zwischen den Vorderenden der beiden Mandibeln liegt eine kleine längliche Papille auf der Unterseite der sogenannten Oberlippe. Hiernach erkennen wir eine quere Mundöffnung, etwas rundlich, die Basen jener rudimentären Mandibeln einschliessend °). Ihr hinterer Rand wird durch den vorderen Rand eines Skeletstückes gebildet, welches wir ohne Zweifel als aus der Verschmelzung der beiden inneren Maxillarlappen hervorgegangen denken müssen. Indem dieses Stück den Boden der Mund- höhle constituirt, ist es mit der ersten das Dach bildenden Platte an den Seiten durch häutige, nachgiebige Verbindung bis beinahe zum Vorder- oder Mundrande verwachsen. Die Ansicht von unten ®) ergiebt, dass weiter nach hinten die Ver- wachsung der beiden diesen Theil zusammensetzenden Maxillarlappen nicht so solide ist, als am Vorderrande, wo dann die bräunlich gefärbte Chitinplatte durch eine häutige Stelle ersetzt wird, welche nicht für die Mundöffnung angesehen werden darf. Die besondere Form des so ent- 4) Taf. XI Fig. IIa. 2) Taf. XI Fig. IIId, sowie Fig. I und Taf XIl Fig. II und IV 3) Taf. XII Fig. IJd. 4) Taf. XI Fig. Ib und Taf. XII Fig. 1Vd. 5) Taf. XI Fig. Ic und Taf. XII Fig. IV. 6) Taf. XI Fig. I und Taf. XII Fig. IV. g* « 112 stehenden Bodens der Mundhöhle, namentlich auch seine starke Wölbung nach unten, welche der oberen des Daches entspricht, wird aus der Sei- tenansicht klar '). In ihr erscheint der mittlere Theil, die weniger ausge- dehnte hartschalige Decke, fast wie das Kinnband eines Helmes *). Die Mittellinie ist nicht durch eine Naht bezeichnet. Das Bild aller bisher beschriebenen Theile wird mehr oder weniger verdeckt und ihre Untersuchung erschwert durch die höchst sonderbaren aufbesonderen queren,sternalen Stücken eingelenkten,eingliedrigen Maxil- lartaster. Dieselben bilden jederseits eine dünne, breite, stark gebogene schaufelförmige Platte, welche bis beinahe an die Spitze des oberen Deck- stückes reicht und den Mund überragt. Je nach ihrer Stellung decken sie, mit der hohlen Seite nach innen gewandt, die übrigen Mundtheile, dieselben mehr seitlich und selbst nach oben umfassend und an der Unter- seiteeinen Raum zwischen sich frei lassend oder sie sind unten bis zum Uebereinandergreifen genäbert. Die Chitinplatte selbst ist blass, nur dort, wo durch die Umbiegung das Bild doppelt in’s Sehfeld kommt, bräunlich, durchweg mit schrägen Querstreifen gezeichnet, nach der Ein- lenkung hin etwas solider. Besonders auffallend ist das Bild von der Seite ?). In dieser Ansicht deckt der freie äussere obere Rand die inneren Maxillarlappen, die Umbie- gungsstelle erscheint von der Einlenkung schräg zu dem Munde hin verlau- fend, dunkler, als wenn ein Stab eingelegt wäre und so meint man, so lange man die ganze Form der Taster nicht erkannt hat, dass hier zwei Stifte schräg nach oben gerichtet seien, vergleichbar den unteren Schneidezähnen der Nager oder der pflanzenfressenden Beutler. Durch die Art, wie diese Organe sich von der Seite darstellen, könnte man auch leicht bewogen werden, dieselben für sehr kräftige, schabende Werkzeuge zu nehmen, während sie nach dem Bilde, welches sie von unten gewähren, in solcher Weise nur sehr mässige Dienste zu leisten im Stande sein dürften , eher vergleichbar häutigen Kiefern von Insecten. Unter den bisher beschrie- benen Formen scheinen die Sarcoptes, besonders der S. mutans der Hühner (Robin, M&moire zoologique et anatomique sur diverses especes d’Acariens de la famille des Sarcoptides, Bullet. de Moscou 1860, I. p. 484 ff.) durch die breite Gestalt der Maxillartaster und die Verkümmerung der Längs- gliederung an denselben unserer Art am nächsten zu kommen. — Da diese Unterkiefertaster das sowohl für den ersten Anblick, wie auch für wis- senschaftliche Vergleichung sonderbarste Organ dieser Milbe sind, habe ich nicht angestanden, nach ihnen die Benennung der Gattung zu wählen (60 Alorgov und ö Aioreog die Schaufel: Arozgopogog Schaufelträger), während ich die Art nach dem ersten Entdecker benannte. Während an der Bauchseite die Skeletstücke, welche die Maxillen tragen, in guter Verbindung mit den sternalen Stücken der beiden vor- 4) Taf. XI Fig. Id; Taf. XII Fig IIIc und IVd. 2) Taf XI Fig. IIIc*. 3) Taf. XI Fig. 1lIc' und d. 119 “ deren Fusspaare stehen, entspricht die hintere Gränze der festen Platte auf dem Rücken im Querschnitte der Einlenkung des ersten Fusspaares. Nach einer leichten Einschnürung nimmt von hier ab die Körperdecke das Ansehen an, welches sie, allerdings mit einigen Modificationen, über Mit- telleib und Hinterieib behält; sie ist weicher, nachgiebiger und in zahl- reichen Falten erhoben, welche im Allgemeinen als ziemlich regelmässige Querringe den Körper umziehen, sich jedoch, wie auch sonst die Haut- liniensysteme der Milben, den verschiedenen auf der Oberfläche auf- sitzenden Organen accommodiren. Kehren wir vorerst zurück zur Betrachtung der an der Bauchseite eingelenkten Beinpaare.. Wenn wir die Stelle, an welcher die vorderen Glieder ihren Ursprung nehmen,, näher untersuchen , so können wir da- selbst ausser einem medianen von der Basis der Maxillen zurückreichen- den Theile des Brusiskelets, wenn wir so wollen: dem Sternum, jeder- seits deutlich zwei Hüftstücke unterscheiden. An den beiden hinteren Fusspaaren fehlt die mediane Verbindung, aber auch hier sind die Hüft- stücke gut entwickelt. Ueberall folgt auf die Hüften ein kurzer Trochan- ter, dann ein Femur, bei weitem das längste Glied, fast cylindrisch, etwas gebogen und am vordersten Paare eher ein wenig keulenförmig anschwel- lend. Dann kommen noch drei Glieder, zwei kürzere und das grössere Endglied, abgeplattet, jederseits ein paar Mal ausgerandet und mit einer kurz gestielten dreilappigen Haftscheibe versehen. An diesen drei letzten Gliedern stehen zerstreut einige schwache Haare, während kurz vor dem Ende des letzten Gliedes eine besonders lange und ihr gegenüber eine etwas stärkere Borste sich finden. An den Rändern und Gelenkeinbiegun- gen der Füsse erscheint wie an dem Kopfschild und den Mundwerkzeu- gen die Färbung des Chitins etwas bräunlich, im Ganzen sind jedoch die Füsse nicht besonders fest, auch ausser den Gelenken biegsam und blass. Die hintersten Hüften sind an der Innenseite etwas dornförmig nach hinten ausgezogen. Zwischen ihnen sind die Linien der Haut besonders in Bogen gruppirt, eine grössere Ausdehnbarkeit jener Stelle anzeigend. Sonst sind die vier Fusspaare sehr gleichmässig gebaut, etwa die Vorder- schenkel ein wenig gestreckter. Die zwei vorderen Paare sind in der Ruhe nach vorn gerichtet, die beiden hinteren nach hinten; die Spitze der Vor- dertarsen überragt die Spitze des Kopfes, die hintersten Hüften sind von denen des dritten Paares noch weiter abstehend, als diese von denen des zweiten. Die Gesammtlänge der also mit Einschluss der Hüften sechs- oliedrigen Füsse steht ewwa gleich der Höhe oder der Breite des Rumpfes. Je weiter man an dem länglichen, hinten abgerundeten Hinterleibe vorrückt, um so deutlicher heben sich aus den Kreisfalten, welche wir am Mittelleibe beobachteten, ın regelmässigen Abständen zackige Spitzen hervor und so entsteht ein namentlich am hinteren Abschnitte sehr deut- licher Stachelbesatz, der nur die von seitlichen gebogenen Falten ein- segränzte Stelle zwischen Hinterhüften und Geschlechtsöffnung frei lässt. 11% Man zählt hinter den Hinterhüften etwa fünfzig bis siebzig Reihen nach rück wärts gerichteter, fein gespitzter Stacheln, welche zuweilen fast haarartig ausgezogen sind. Wahre Haare stehen nur, wo keine Stacheln sich finden und überhaupt die Ringelung wenig deutlich ist, an der Wur- zel von den bekannten kleinen Kreisen umgeben, stets sehr vereinzelt. In aufeinanderfolgenden Reihen sich abwechselnd erhebend bilden die Stacheln eine Quineunx-Stellung. Am äussersten Ende des Abdomen erkennen wir die Afteröffnung '), welche weit ist und von wenigen äusserst feinen Härchen umstellt wird. In ihrem sich vorstülpenden Rande liegen vier feine stäbchenförmige Ver- stärkungen der Chitinhaut. Neben ihr enden die ein stachelfreies Feld einschliessenden Falten jederseits in eine sehr wenig vorgezogene Spitze. Es scheint, dass die Oeffnung der Geschlechtswege vom After ge- sondert aber dicht vor ihm als Längsspalte an der Bauchseite liegt, und wir finden neben ihr jederseits eine kleine, sehr wenig deutliche Haft- scheibe. Ohne den Vergleich mit dem männlichen Geschlecht, bei wel- chem die betreffenden Theile viel schärfer geformt sind, würde die Deu- tung kaum möglich sein. Wenn wir mit den Weibchen die erwachsenen Männchen verglei- chen, so finden wir den Vorderkörper und den Mittelleib sammt allen Anhängen des Mundes und den Beinen ebenso gebaut und im Allgemeinen von ziemlich gleicher Grösse, Nur sind die Haftlappen der hintersten Füsse etwas grösser und der Skeletverband der Hinterhüften solider. Der durch letzteren Umstand schon angedeuteten geringeren Ausdehnbar- keit des Hinterleibes entspricht die beständige mindere Grösse desselben. Derselbe ?) ist weniger in die Länge gezogen und nicht rundlich, sondern von oben nach unten plötzlich und stark abgeplattet, fast konisch ver- schmälert und an den Seitenrändern zu Längsgruben eingezogen. Auch besteht nicht die Verschiedenheit in der Gestaltung der Chitindecke, welche das Weib zeigte. Stacheln fehlen gänzlich und der Charakter des Liniensystems bleibt derselbe wie in den Querringeln des Mittelleibes, nur geht durch die Anfügung der Falten an die Seitengruben und das wie bei den Weibchen von Längswülsten eingeschlossene mittlere Feld der Bauchgegend, sowie an die weiter zu besprechenden Theile ihre quere Richtung fast ganz verloren. | Das Hinterende des Leibes ist bei den Männchen nicht abgerundet wie beim Weibe, sondern es entsteht durch eine weit beträchtlichere Entwicklung der dort kaum angedeuteten Spitzen *) an der Bauchseite und eine entsprechende Kräftigung des Chitingerüstes an dieser Stelle am After eine tiefe Kerbe °) mit scharfen Rändern. Von jenen diese umgrän- zenden Spitzen aus setzt sich dann die Haut jederseits in einen myrten- 1) Taf. XI Fig. I und Ilg, Fig. IITp. 2) Taf. XI Fig. Te, Fig. Ilc Fig. Illo. 3) Taf. XII Fie. Tund 1. 4) Taf. XII Fig. Ild. 5) Taf. XII Fig. Id. 115 blattförmigen, fast zur Unsichtbarkeit dünnen Lappen fort '). Dann folgt nach aussen auf jeder Seite erst eine sehr lange und dann eine kürzere Borste, beide von festeren Theilen der Chitindecke an der Wurzel ge- lragen. Dicht vor dem Ausschnitt am Hinterende erscheint die Geschlechts- öffnung als Längsspalte ?), neben ihr ausgezeichnet deutlich die Haft- näpfe °). In den Rändern der Geschlechtsspalte ist das Chitin sehr unbe- deutend verdickt. Bei den Männchen dehnt sich die braune Färbung der Chitindecke von den Mundtheilen und den Hüften weiter in die Körperhaut aus und zeichnet auch die Spitze des Hinterleibes. Auch sie beweist, dass das Abdomen der Männchen weniger ausdehnbhar ist. Im Ganzen ist es gar nicht nothwendig, dass solche gefärbte, festere, namentlich sprödere Theile der Decken auch stets dicker seien, als ungefärbte und nachgie- bige. Wie wir den Schild der Zecken dünner sahen als die ihn umfas- sende Haut, so sind auch hier manchmal solche Plattenstücke sehr dünn, während die Chitinschicht der weichen Haut gar nicht so besonders fein ist. Recht hübsch als mikroskopisches Bild bei sehr starker Vergrösserung erscheint die Haut fein polygonal gezeichnet, wo sie sich unter die Kehle schlägt und wo sie von dem Kopfschilde aus zurückgreift unter die über- ragenden Falten des Rückens. Ausser den erwachsenen Männchen, die ziemlich gleich gross sind, und den erwachsenen Weibchen, welche in Betreff der Ausdehnung des Hinterleibes nicht unwesentliche Verschiedenheiten zeigen, finden wir zu- nächst kleinere Individuen mit acht Füssen, in deren Leib keine Ge- schlechtsorgane oder Geschlechtsproducte sich finden und denen die Haft- näpfe der Geschlechtsgegend fehlen, die aber im Uebrigen im Bau den erwachsenen Weibchen fast vollkommen gleichen. Es sind dies Thiere, denen nur noch die Geschlechtsreife abgeht und aus denen sowohl Weib- chen als auch mit wesentlicherer Umwandlung der Körpergestalt Männ- chen hervorgehen. Endlich finden wir die frühesten Jugendformen mit drei Fusspaaren, welche in der Länge zuweilen die kleinsten der vorigen übertreffen, also, wie dies leicht denkbar, aus der Häutung zunächst kleiner hervorgehen. Die abgeworfenen Häute, unter dem Schwarme der Thiere zerstreut umherliegend, geben den Beweis, wie die Häutung vor sich geht. An der unteren Seite des Hinterleibes der Länge nach reissend, hebt sich die alte Haut hinten wie eine Schale ab, Füsse und Vorderleib werden jedoch aus ihren unverletzten alten Decken ausgezogen. Anfangs ist die neue, erst erhärtende Chitindecke überall farblos, allmälig erst erlangt sie die bräun- liche Färbung und mit derselben wohl die Solidität an den bestimmten Stellen. Sie gestattet also während dieser Zwischenzeit auch noch nach 4) Taf. XII Fig. Ie. 2) Taf. XII Fig. Ic. 3) Taf. XII Fig. Ib und Fig. Ile. 146 der Häutung ein gleichmässiges Wachsthum aller Theile des Körpers, später beschränkt sich dann die Ausdehnungsmöglichkeit nur auf die liniirten Hautstellen. Uebrigens ist bei ganz jungen Thieren die Färbung auch am Kopf und an den Gliedern stets ausserordentlich gering. Das Stachelgewand des Hinterleibes fehlt übrigens allen unreifen In- dividuen wie den Männchen. Es sichert also nur die durch die Eier. schwerfälligen Weibchen vor dem Abgestreiftwerden, während die übri- gen Thiere einmal mit den Haftlappen der Beine leichter ihr geringeres Gewicht tragen können, ein andermal auch, weil leichter auf den Füssen, eher ein neues Wohnthier aufsuchen können. Es werden also hier, wie hei den Sarcoptes, die Weibchen mehr stationär sein, Geschlechtslose und Männchen mehr wandern. Interessant ist es zu bedenken, wie im Gegen- theil bei den Trematoden, so weit eine Stachelbekleidung des Körpers sich findet, diese mit der Ausdehnung des Körpers durch die Geschlechts- stoffe immer mehr auseinandergedrängt wird, also relativ und durch Ausfallen von Stacheln auch absolut geringer wird und so der eierge- füllte Leib den geringsten Halt hat. Aber bei ihnen müssen allerdings die Eier selbst den Darm verlassen, während bei unserer Milbe, wenn die Mutter sich nicht im Augenblicke der Eiablage auf dem Wohnthiere be- findet, die Eier vermuthlich verloren sein würden. In den zablreichen Grössenübergängen, welche wir zwischen den sechsfüssigen Jungen und den trächligen Weibchen finden, entwickelt sich der Rumpf abgesehen von der Zunahme der Länge mehr in die Höhe als in die Breite. So bekommt man unter dem Deckgläschen zwar die jüngeren Thiere öfter in der Fläche von oben oder unten zu Gesicht, die erwachsenen aber fallen in der Regel auf die Seite. Da die kleinsten beobachteten sechsbeinigen Exemplare eine gerin- gere Länge besitzen als die abgelegten Eier '), welche 0,2”" lang und 0,03”" breit sind, so haben wir in dem Beobachteten ohne Zweifel alle Entwicklungsstufen dieser Milbe vor uns. Diese Eier bergen in einer fal- tigen Eihaut einen Embryo, an welchem wir zwar die Gesammigestalt, auch die leichte Abschnürung des Hinterleibes und zuweilen Umrisse der Beine erkennen können, dessen Organisation jedoch im Besondern sehr unbestimmt bleibt. Erst durch die Erhärtung der Haut nach dem Durch- bruch der Eihaut werden die zarten Körpertheile deutlich. . Wir wenden uns nun zur Untersuchung der inneren Organisation, bei welcher die Deutung einzelner Theile allerdings mehrfach aus Analo- gien entnonımen werden muss und hypothetisch bleibt. Bei der ersten Beobachtung bemerkt man im Innern des Leibes kaum mehr als einen oder den anderen Kothballen oder etwa ein Ei bei trächti- gen Weibchen. An der Hand der aus der Anatomie höherer Milben ge- schöpften Erfahrungen lässt uns jedoch ein aufmerksames Studium einen grossen Theil der Organe wiederfinden, welche jene zeigten. Vom Munde 4) Taf. XII Fig. V. 147 aus geht die Speiseröhre ') in leichter Biegung nach oben und dann nach hinten, durchsetzt das Gehirn ?) und erweitert sich danach zum Magen’). Dieser bildet einen einfachen, weiten Sack, , aus welchem ein Darmrohr zum After *) läuft, hier und da einen Klumpen geballten Kothes enthal- tend °). Es scheint sogar, dass wir in einem dorsal gelegenen, nach vorn zur Mundhöhle hinziehenden Körper eine, wahrscheinlich paarige, Spei- cheldrüse anzunehmen haben ®). Die Wandung der Speiseröhre lässt eine Epithelialzeichnung erken- nen. Der Magen enthält einen unregelmässigen körnigen und schuppigen Inhalt, der nicht aus Resten von Blut, sondern eher aus Stücken von Oberhaut, Drüsensecreten und ähnlichen zerfallenen Stoffen zu bestehen scheint. Die Kothballen sind grünbräunlich, wie mit Gallenfarbstoff ge- färbt, obwohl eine leberähnliche Magendrüsenschicht vermisst wird. Die Wände des Darmkanals sind dick aber ein zelliger Bau wenig bemerklich. Das Gehirn besteht aus kleinen, stark lichtbrechenden Zellen, es ist kurz eiförmig, weder eine Kapsel noch von ihm ausstrahlende Nerven bemerklich. Alle übrigen Organe gehören, wie es scheint, dem Geschlechtsappa- rate an. Beim männlichen Geschlechte findet man ein Paar Hoden- schläuche ?”), die namentlich bei quer auseinandergerissenen Tbieren vortretend deutlich werden, dann einen länglichen Körper von sehr ab- weichendem Lichtbrechungsvermögen ®), der vielleicht als Samenblase angesprochen werden kann. Alle diese Organe sind sehr unbestimmt und der Zusammenhang nicht klar zu sehen. Männliche und weibliche Ge- schlechtsorgane liegen an der Bauchseite, der Darm geht über sie weg. Bei den Weibchen sind die inneren Geschlechtsorgane zwar etwas bestimmter, aber ihre Deutung im Einzelnen bleibt auch hier unsicher. In allen Fällen sieht man mit Bestimmtheit eine mehr nach der Rücken- seite hin liegende Blase ?) mit dicken Wandungen. Da wir bei der Art, wie die Eier oh zur Reife und Ablage kommen, und nach Anıaloie anderer Milben einen Raum zur Aibowahruns des Samens annehmen müssen, so werden wir hier wohl eine Samentasche sehen dürfen. Gha- rakteristische Samenelemente fehlen jedoch so gut in ihr, wie wir sie in dem männlichen Geschlechtsapparate vermissten. Ausserdem sehen wir, falls nicht durch ein reifes Ei das Bild verdeckt wird, eine kurze Scheide nach vorn verlaufen. Dieselbe trägt zwei sackförmige Anhänge und endet in einem grösseren mit vielen feinen Molekülen gefüllten Blindsack. In der Deutung dieser Theile bleiben wir um so mehr unklar, als die männlichen Geschlechtsorgane zu unbestimmt waren, um uns einen An- halt zu geben und die Analogie mit anderen Milben verschiedene Annah- men gestattet. Es bleibt immer am wahrscheinlichsten, dass die beiden 4) Taf. XI. Fig. IITe. 2) Taf. XI Fig. lg. 3) Taf. XI Fig. Ih. 4) Taf. XI Fig. Ip. 5) Taf. XI Fig. Ili. 6) Taf. XI Fig. If. 7) Taf. XII Fig. Ile, 8) Taf. XII. Fig. 11b. 9) Taf. XI Fig. Illm. 118 weiter unten gelegenen Säckchen accessorische Drüsen seien und das mediane Organ Eierstöcke und Uterus in sich vereinige. Ja ich kann nicht einmal mit absoluter Gewissheit sagen, ob dieses Gebilde nicht eben so wohl paarig sei als die Hoden oder wenigstens am vorderen Ende in zwei Hörner auslaufe. So scheinen namentlich wenn, wie in dem Tafel I Fig. II. abgebildeten Falle, ausser einem reifen noch unreife Eier gefunden wer- den, diese in einem anderen Horne zu liegen. Es könnte dort auf der an- deren Seite allerdings auch der Eischlauch geschlängelt gedacht werden. Die grosse Zartheit und Blässe der umhüllenden Wände und das dunkle Ansehen des feinkörnigen Inhalts erschweren den Ueberblick ungemein, so oft nur ein Ei in den Geschlechtswegen einigermaassen entwickelt ist. Was die äusseren Bedeckungen betrifft, so sieht man nichi selten an der Häutung nahe stehenden Thieren unter der äusseren, alten Chitin- schicht, welche sich schon abzuheben beginnt, die neue Lage, aber ein zelliger Bau der unterliegenden wahren Haut ist nicht zu erkennen. Muskelcylinder kann man noch am ersten dort sehen, wo unter den Hüftstücken Bündel auf die Trochanteren zulaufen und dann vom hinteren Rand des Kopfschildes aus, wo ich sogar die Querstreifung wahrnehmen zu können glaubte. In keiner Altersstufe findet man Tracheen oder auch nur Stigmen. Dagegen scheint es, wie wenn in den allerjüngsten Formen, die grade das Ei verlassen haben, deren Magen noch leer ist, deren Darm keine Kothballen enthält, auf beiden Seiten im Hinterleibe eine Anzahl rund- licher und länglicher Harnconcremente lägen '). Bei der Unmöglichkeit chemischer Prüfung deute ich dieselben nur aus der Gestalt und der stark lichtbrechenden Kraft. Sie messen kaum 0,004””,. Sowie ein Darminhalt vorhanden ist, fehlen diese Körper. Sie sind also nur embryonale Pro- ducte. Da Umrisse Malpighischer Gefässe nicht zu erkennen sind, so bleibt es durchaus unklar, wo sie abgelagert werden. Ich glaube, dass die ausserordentliche Verkümmerung der Mandibeln und die seltsame Gestalt der eingliedrigen Maxillartaster diejenigen Eigen- schaften der neuen Art sind, welche für die Systematik am schwersten in das Gewicht fallen. Sie verlangen für dieseArt dieGründungeinerneuen Gattung. Mit der Aufstellung neuer Familien müssen wir dagegen, wie ich glaube, äusserst vorsichtig sein. Bevor nicht sehr genaue Untersuchungen besonders für die Uebergangsformen vorliegen , müssen wir der Verän- derlichkeit der Körpergestalt, der Mundtheile und der Füsse in der Gruppe der Acaridae im engeren Sinne, wie bei den anderen Familien der Milben, einen grossen Spielraum lassen. Die Verkümmerung, entsprechend den Besonderheiten des parasitischen oder verborgenen Lebens inmitten reich- licher Nahrung, trifft bald mehr das eine, bald mehr das andere Organ. In unserem Falle sind die Mandibeln am unvollkommensten ausgebildet, die Maxillen seltsam verändert, ihre Taster zwar nur eingliedrig aber 4) Taf. XII Fig. VId, 119 von mächtiger Grösse, die Füsse zwar kurz aber normal, während ein anderes Mal die Maxillartaster weniger deutlich oder die Segmentzahl selbst der Beine verringert ist. Daneben laufen dann noch Verschieden- heiten der Körpergestalt und geringere Differenzen. So geht die Degra- dation in der Gruppe nicht in einer geraden Linie voran, sondern in den einzelnen Gattungen müssen Gombinationen der Entwicklungsmöglich- keiten oder Rückbhildungen der verschiedenen Organe und Organgruppen gesucht werden. Neben einer kleineren Reihe bestimmter, zum Theil ne- sativer Eigenschaften bleibt übrigens, auch wenn wir der Gruppe eine Ausdehnung geben, welche sie über eine Reihe solcher Einzelnheiten er- hebt, noch ein gleichmässiger Gesammthabitus für die Gruppe bemerkbar. Wenn wir uns darauf beschränken, für die Familie der Acaridae in der Ordnung der Acarina als allgemeine, wenigstens in der weit über- wiegenden Mehrzahl gültige Charaktere nur festzuhalten : den Mangel der Augen, die geringe Befähigung der Maxillartaster zu wirklichen , ausgie- bigen Tastverrichtungen, die Ausrüstung der Füsse mit Haftvorrichtungen der einen oder der anderen Art, die unvollkommene Entwicklung oder den gänzlichen Mangel des Luftröhrensystems auch im erwachsenen Zu- stande, die niedrigere Ausbildung der übrigen inneren Organe, den dem verborgenen Leben entsprechenden Mangel von eigentlichen Hautpigmen- ten, die Nachgiebigkeit der Chitindecke des ganzen Rumpfes, die spar- same Bekleidung mit im Allgemeinen nicht durch Befiederung das Wasser abhaltenden, sondern sowohl am Körper als an den Gliedern einfachen borstenförmigen Haaren, welche bei der Bewegung dienen, so erhalten wir eine ganz natürliche Gruppe. In diese passen dann auch die Simo- niadae, die Sarcoptidae, vielleicht gar die in Gallen lebenden vierfüssigen Phytoptidae '). Nach unten steht die Familie der Pentastomidae ausser- ordentlich nahe, während die höchsten Gattungen den frei schwärmenden Milben sich direct anschliessen. Scharfe Gränzen werden kaum selbst für die so zusammengefasste Familie zu ziehen sein, die Uebergänge finden an zu vielen Punkten statt und sind um so zahlreicher, weil in den verschiedenen Altern mit der Veränderung der Lebensweise und der Erlangung der Geschlechtsreife wie in den verschiedenen Geschlechtern Verschiedenheiten eintreten, welche das eine Mal diesen, das andere Mal jenen Platz für die Art bean- spruchen dürften. Ich hoffe, das nach und nach an mehreren Beispielen klar zu machen. Für die Gattung Listrophorus ist in der Gestalt der Maxil- lartaster einigermaassen eine Verwandtschaft mit den Ixodidae (palpes valves nach Duges) gegeben, die sich jedoch sonst nur noch in geringem Grade durch die Bekleidung des vordersten Körperendes mit einem solide- ren Schild ausspricht, im Gesammtbau steht sie Dermaleichus sehr nahe. 4) Man vergleiche über die Phytoptusarten meine, wie es scheint, mehrfach über- sehenen Mittbeilungen in den Verhandlungen des naturhist. medizin. Vereins zu Heidelberg. Bd. 1. p. 46. 4857. Einiges zur Anatomie von Tyroglyphus siro. Von Demselben. Hierzu Tafel XI. Vor Kurzem hat Robin (Bullet. de Moscou 1860. I.) bei Gelegenheit einer eingehenderen Beschreibung der Sarcoptiden auch genauere Ab- bildungen von Tyroglyphus siro gegeben. Meine hierbei folgenden Zeich- nungen, welche ich selbst schon seit mehreren Jahren von dieser Milbe angefertigt habe, und zu welchen ich schon im Jahre 1859 einen ziemlich vollständigen Abriss der inneren Organisation fügen konnte, waren eigent- lich bestimmt, als Material zu meinen Beiträgen zur Anatomie der Milben verwandt zu werden. Ich ziehe nun vor, sie hier zu veröffent- lichen, einmal um die Anatomie dieser unter den Acariden weit höher stehenden Milbe, soweit sie nicht hinlänglich bekannt war, zum Vergleich neben die der oben beschriebenen neuen Art zu stellen, dann aber weil meine Darstellungen theils zwar die von Robin sehr vollkommen bestäti- gen, theils aber sie ergänzen oder auch von ihnen abweichen. Ich mache dabei darauf aufmerksam, dass sich in die Tafelerklärungen bei Robin einige Versehen eingeschlichen haben. Der nachfolgenden Erklärung meiner Tafel lasse ich nur wenige Be- merkungen vorangehen. Bei beiden Geschlechtern lassen sich sehr deutlich scheerenförmige Mandibeln erkennen. Ausser den zwei zur eigentlichen Scheere nöthigen Gliedern haben dieselben nur bei den Männchen ') noch ein Basalglied, bei den Weibchen sind sie nur zweigliedrig, aber stämmiger *). Die in- neren Lappen und die Taster der Maxillen sind zwar ziemlich vollkommen verschmolzen, jedoch selbst bei erwachsenen Weibchen, bei denen an diesen Organen die Selbstständigkeit am meisten verloren geht, kann man sowohl die vorn von einander getrennten, die Mundspalte umfassen- den inneren Lappen als die vorn frei überragenden Taster noch vollkom- men erkennen °?). Im Skeletbau ist sogar noch eine Dreitheilung der Taster angedeutet, aber die Abschnitte entbehren der Beweglichkeit. Die Lobi 4) Fig. 1. 2) Fig. IVa undV. 3) Fig. IVde und be. 121 sind mehr häutig, vorn passiv beweglich, beim Schlürfen der Nahrung dienend, hinten durch einen soliden spitzen Kinnfortsatz gestützt. Es ist ganz richtig, dass ausser dem starken zahnartigen Höcker des Femur auch noch das folgende Glied der Vorderschenkel bei den Männ- chen mit einigen Zähnen ausgerüstet ist. Es scheint, dass diese Einrich- tungen, wie vielleicht auch die längeren Kiefer beim Ergreifen und Fest- halten der Weibchen benutzt werden. Dazu kommen dann die zwei kleinen napfförmigen Grübchen an jedem Hintertarsus ') und die beiden hier nur dem Manne zukommenden Haftscheiben an der Unterseite des Abdomen, deren jede von zwei kräftigen Hautfalten umschlossen liegt. Zwischen den Hinterhüften haben beide Geschlechter ausgezeichnete Skeletstücke *), welche von Robin mit Bestimmtheit als Begattungsorgane gedeutet werden. Ich habe bisher darüber zu keiner sichern Entschei- dung kommen können, ob in der That zwischen ihnen die Geschlechts- öffnung liegt, ich glaube es aber nicht. Ich meine vielmehr dieselbe beim Manne zwischen den Haftnäpfen und beim Weibe entsprechend kurz vor dem After als einfache Längsspalte zu finden. Der Möglichkeit nach kann die Geschlechtsmündung überall zwischen After und Hinterhüften sich finden. So feste Skeletstücke würden wenigstens für das Weib bei der Grösse der Eier ihren Gebrauch erschweren und da diese Milben der Haftscheiben nur bedürfen, um in der Geschlechtsbegegnung inniger an- zuhaften, so ist deren Lage neben der Geschlechtsspalte die natürlichste. Die vom Afterschlitz hinaufziehende Faltung macht die Erkenntniss, dass wirklich auch an dieser Stelle eine Spalte liegt, schwierig, die Afteröff- nung selbst aber kann unmöglich so weit hinaufreichen. Es ist trotzdem immerhin möglich, dass die betreffenden Skeletstücke bei der Begattung in einander greifen. Dieser Apparat ist beim Weibe vorn beiderseits zierlich kammförmig gezeichnet und kann vielleicht als dem Kamme der Skorpionen entsprechend betrachtet werden. Die bei beiden Geschlechtern neben diesem medianen Stücke quer liegenden kleinen Plättchen, welche Robin auch als Saugnäpfe deutet, haben gar nicht das Ansehen von solchen. Beim Weibe sind deren jederseits zwei, beim Manne drei. Ich weiss keinerlei Deutung für sie zu geben. Die Untersuchung der inneren Organe stösst bei der Käsemilbe haupt- sächlich wegen der massenhaften, fettkörnchenreichen Nahrung, welche den prallen, glänzenden, hohen Körper füllt, auf bedeutende Schwierig- keiten. Sie lässt jedoch erkennen, dass diese Art sich in ihrer Organi- sation den höheren Milben anschliesst. | Eine mit grossen Zellen ausgekleidete Speiseröhre ?) durchsetzt das kleine Gehirn *) und scheint mit Speicheldrüsen ?) ausgerüstet zu sein. Der Magen ®) trägt zahlreiche Blindsäcke, welche wieder traubig zerfallen und mit farblosen aber deutlichen mit Körnchen mehr oder weniger ge- 1) Fig. Id. 2) Fig. In, IIaund VI. 3) Fig. IIfau.Fig. IVh. 4) Fig. IIId u. Fig. IVL. 5) Fig. IVi. 6) Fig. Illc. 122 füllten Epithelzellen (Leberzellen) bekleidet sind ?). Aus dem Magen zieht ein gerader Mastdarm nach hinten, oft mit Koth ausgedehnt *). Auf dem Magen aber liegt eine ovale, grobzellige Masse, dem Fetikörper des Trombidium vergleichbar, aber viel weniger ausgedehnt °). An jeder Seite des Hinterkörpers erkennt man eine Stigmenöflnung, mit einem Rande und einer Spalte im Grunde, aber keine Tracheen *). Es ist nicht wohl anders zu denken, als dass dort wo Stigmen sind Bahnen für die Luft auch weiter hinein bestehen müssen. Dass solche, wenn sie wirklich vorhanden sind, nicht gesehen werden, könnte daran liegen, dass ein solid gewordenes Chitinrohr feblt, welches allein uns den Lauf der Tracheen verräth. In den Männchen liegt auf jeder Seite ein Hoden’), die Weibchen tragen gleichzeitig nur wenige, ziemlich grosse Eier °), um welche man deutlich die Wandungen des sie bergenden Schlauches erkennt. Es ist wohl zu erwarten, dass bei zahlreich angestellten Untersuchungen ein- zelne Fälle vorkommen, aus welchen noch vollständigere Schlüsse auf die Organisation, namentlich des Geschlechtsapparats, zu machen wären. Meine Beobachtungen fanden ihr vorläufiges Ende, als bei einer Kälte von mehreren Graden im vergangenen Januar die ganze Gesellschaft zu Grunde ging. Es brachte mich das auf die Vermuthung, dass die Käsemilbe wohl auch unter Umständen parasitisch leben möchte, etwa an Kühen, am Euter, wo Milchreste ihr zur Nahrung dienen und die Gefahr des Erfrie- rens ihr nicht drohen würde; sowie dass man auf der anderen Seite echt parasitische Acariden mit Käse und dergleichen möchte ernähren können. 1) Fig. Te u. Fig. IV k. 2) Fig IIlA. 3) Fig. IIld. 4) Fig. IIIf. 5) Fig. If. 6) Fig. Id. Heidelberg, 30. December 1860. Fig. Fig. Fig. | II. . I. II. Il. Erklärung der Abbildungen. Tat AT. Listrophorus Leuckarti. Erwachsenes Weibchen, etwa 200 Mal vergrössert. a. Die vorstehende Spitze des Kopfschildes. b. Die rudimentären Man- dibeln. c. Die Mundöffnung von den verwachsenen inneren Maxillarlap- pen begränzt, d. Die schaufelförmigen Maxillartaster. e. Die Haftnäpfe neben der Geschlechtsöffnung f. g. Die Afteröffnung. Dieselbe Milbe. Hinteres Ende des Leibes eines erwachsenen trächtigen Weibes, stärker vergrössert. a. Ein reifes Ei. b. Zwei unreife Eier. Alle drei sind in den Geschlechts- organen (Gebärmutterhörnern?) eingeschlossen. c. Die Haftnäpfe. d. Die Geschlechtsmündung. e. Die Samentasche(?). f. Kothballen, den Mast- darm ausdehnend. g. Die ımit Haaren umstellte Afteröffnung. Dieselbe Milbe. Grosses Weibchen, 200 Mal vergrössert. a. Die Spitze des Kopfschilds. b. Die rückwärtsgebogenen Haken dessel- ben. c‘. Die unteren oder vorderen Kanten der schaufelförmigen Maxil- lartaster. c”. Dieunter der Mundöffnung verwachsenen inneren Maxillar- lappen. d. Die Einlenkungsstelle der Maxillartaster. e. Die Speiseröhre. f. Die Speicheldrüse (?). 9. Das Gehirn. h. Der Magen. i. Der Mastdarm mit Kothballen. k. Unreifes Ei. !. Accessorische Drüsen der Scheide (?). m. Samentasche. n. Scheide. o. Haftnapf der rechten Seite. p. After. Taf. XII. Listrophorus Leuckarti. Erwachsenes Männchen, 200 Mal vergrössert. Der Hinterleib von unten gesehen. a. Die seitlichen Einbuchtungen des deprimirten Hinterleibes. b. Die Haftnäpfe. c. Geschlechtsspalte. d. Die Auskehlung des Hinterrandes mit den zwei starken Spitzen und den zarten Seitenlappen e. Dieselbe Milbe. Der Hinterleib des Männchens von der Seite gesehen, gleich stark vergrössert. a. Mastdarm mil Kothballen. b. Samenblase (?). c. Haftscheibe. d. Spitze und Lappen des Hinterendes- e. Die Hoden aus dem abgerissenen Rumpfe vorquellend, | Kopf- oder Mundstück derselben Milbe von oben betrachtet, 600 Mal ver- grössert. a. Die Spitze des Kopfes (Oberlippe?), db. Die Vertiefungen der Stirn- gegend. c. Die umfassenden schaufelförmigen Maxillartaster. Dasselbe von unten gesehen. a. Wie oben. b. Die rudimentären Mandibeln. c. Der Mund. d. Die Maxillartaster. e. Das sternale sie tragende Stück, verwachsen vorn mit der aus den inneren Lappen gebildeten Mundwand, hinten mit dem sternalen Stücke und den Hüften des vordersten Fusspaares. Fig; >T. Fig. II. Fig. III. Fig. IV. 124 Ein abgelegtes Ei derselben Milbe, 300 Mal vergrössert. Hintertheil eines kürzlich ausgeschlüpften Jungen mit drei Fusspaaren. a. und b. Die zwei hinteren Fusspaare. c. der After, etwas an die Bauch- seite vorgerückt. d. DieHarnconcremente des embryonalen Zustandes(?). Taf. XII. Tyroglyphus siro. Erwachsenes Männchen, 400 Mal vergrössert. a. Die dreigliedrigen Scheerenkiefer (Mandibeln). d. Die Maxillarrudi- mente, c. Der grosse Stachelhöcker des vordersten Femur. d. Die Haft- näpfchen des hintersten Tarsus. e. Die Haftnäpfe neben der Geschlechts- spalte. f. Die Hoden. g. Die Luftspalten. h. Der Chilinapparat zwischen den Hinterhüften. i. Die Afterspalte. Erwachsenes Weibchen, 400 Mal vergrössert. a. Der Chitinapparat zwischen den Hinterhüften. db. Die Geschlechts- spalte. c. Die Afterspalte. d. Reife Eier von derselben Grösse, wie sie auch abgelegt gefunden werden. e. Die Samentasche {?). Eingeweide eines jüngeren, ungeschlechtlichen Thiers, 300 Mal vergrössert. a. Die Speiseröhre. b. Das Gehirn. c. Der mittlere Theil des Magens. d. Die darauf liegende grobzellige Masse (Fettkörper?). e. Magenblind- säcke mit Leberzellen. f. Stigmen. g. Afterspalte. Ah. Mastdarm mit einem Kothballen. Mundtbeile des Weibchens, 400 Mal vergrössert. a. Mandibeln. d. Spitzen der Maxillartaster. c. Basen derselben. d. In- nere Lappen der Mandibeln über einander greifend. Zwischen ihnen e. die Mundöffnung. f. Die Mündungen der Speichelgänge (?). g. Die Ein- lenkungsstelle der Mandibeln. h. Die Speiseröhre. i. Speicheldrüsen(?). k. Vorderste Magenblindsäcke. I. Gehirn. m. Trochanteren der Vorder- beine. Die Mandibeln des Weibchens abgesondert und von der Seite gesehen, 400 Mal vergrössert. Der kammähnliche Chitinapparat zwischen den Hinterhüften des Weibchens, 400 Mal vergrössert. = Zur Kenntniss der Ganglien in der Darmwand des Menschen. Von W. Breiter und H. Frey. Hierzu Taf. XIV. Die Nervenknoten und Nervengeflechte in den Wandungen des Ver- dauungsapparates sind im Augenblick Gegenstand einer Controverse. Es mag deshalb nicht unpassend erscheinen , schon jetzt mehrere Resultate einer noch im Gange befindlichen darauf gerichteten Untersuchung mitzutheilen, welche später in der Inauguraldissertation des erstgenann- ten Verfassers ihre ausführliche Erörterung finden soll. Entdeckt wurden die Darmganglien bekanntlich im Jahre 1857 von Meissner (Zeitschrift für rationelle Medizin Bd. VIII. S. 463). Derselbe beschrieb ihr Vorkommen in der Wand des Dünn- und Dickdarms, so- wie des Magens, die Form der Nervenplexus, die Gestalt der Nervenkno- ten, die Zellen der letzteren und endlich die Nervenursprünge. Remak (Müller’s Archiv für 1858. S.189) erinnert zunächst an seine früheren Beobachtungen über kleine peripherische Ganglien. Interessant ist dann die Angabe des Verfassers, dass an dem Astsysteme des Nervus vagus der Säugethiere in der Magenwand kleine (10—50 Zellen enthal- tende) Nervenknoten getroffen werden, welche der Innenfläche der Mus- cularis anliegen und mit ihren austretenden Nerven bald zur Muskelhaut bald zur Mucosa, bald zu beiden Membranen zugleich sich zu begeben scheinen. Es reiht sich eine Arbeit Billroth’s an (Müller’s Archiv1858. S.148). Er fand am Dünndarm eines Neugeborenen bei einer energischen Mace- ration in Holzessig sehr zahlreiche Nervenplexus, die in der Submucosa verliefen und reichliche, Ganglien vergleichbare, Anschwellungen darbo- ten, welche letzteren jedoch keine Nervenzellen erkennen liessen, viel- mehr nur Zellenkerne eingebettet in feinkörniger Substanz. Auch an den von jenen Knoten ausstrahlenden Nervenstämmen vermisste er eigent- liche Nervenfasern. Oberflächlicher, d. h. der Schleimhaut näher, fand’ der Verfasser noch eine zweite plexusartige Verbindung ganz feiner Ner- Zeitschr. f. wissensch. Zoologie. XI. Bd. 9 126 venfasern. Billroth betrachtete das Ganze als noch in der Entwickelung begriffen. Ihm folgte Manz mit einer sorgfältig gearbeiteten Dissertation (Die Nerven und Ganglien des Säugethierdarmes. Freiburg 1858), worin sich eine Menge von Einzelnheiten mitgetheilt, die früheren Beobachtungen bestätigt und auch die Billroth'schen Nervenkörper gezeichnet finden. Wir begannen unsere Untersuchungen im Mai1860 und führten die- selben, soweit sich Material und Zeit darbot, den Sommer hindurch fort. Es gelang leicht, beim Menschen und einer Anzahl von Säugethieren die in Frage kommenden Nervengebilde aufzufinden, sowie ihre Lage, Form, Textur, die Einstrahlung ihrer Stämme in Schleimhaut und Muscularis zu erkennen. Die übliche Untersuchungsmethode, die Maceration in ver- dünntem Holzessig, war es, deren auch wir uns vorzugsweise bedienten. Wir erkannten sehr bald das Bequeme, aber auch das Trügerische dieser Methode. Es ist eben nur eine gewisse Stufe der Reagenseinwirkung, wo aus dem leicht gequollenen Bindegewebe der Tunica submucosa Ner- venstämmchen und Ganglien schön und wenig angegriffen hervortreten, während bald sehr bedeutende Veränderungen und Auflösungen der ner- vösen Formgebilde sich geltend machen. Jener Grad der Holzessigein- wirkung lässt sich leider nicht genau vorherbestimmen, so dass wir oft- mals, namentlich im Anfange der Untersuchung, zu spät kamen. So erhielten wir denn auch für den Dünndarm des Neugeborenen, sowie wenige Wochen alten Säuglings zuerst genau die Billroth’schen Bilder, welche, wir dürfen es dreist aussprechen, nicht etwa ein noch auf em- bryonaler Stufe stehendes Nervengeflechte darstellen, sondern Artefacte eines ganz gewöhnlichen Netzwerkes kleiner Ganglien und ausstrahlender Nervenstämme sind. Frappirt von der sonderbaren Beschaffenheit der Billroth’schen Kör- per, bemühten wir uns gleich anfänglich (als wir die Holzessigmaceration noch nicht zu beherrschen gelernt hatten),. die nervöse Natur jener auf einem anderen Wege darzuthun. Die fraglichen Gebilde konnten 1) wirk- lich nervöser Natur sein, 2) ein durch das Reagens verändertes Neiz- werk von Blutgefässen herstellen oder 3), was aber allerdings ganz un- wahrscheinlich genannt werden musste, dem Chylusgefässsysteme an- gehören. Wir stellten also zunächst durch Injection (mittelst eines in Oxal- säure gelösten Berliner Blau’s gebunden an feinen Leim) fest, dass die in Frage kommenden Gebilde mit der Blutbahn nichts zu thun haben. Ein glücklicher Zufall spielte uns dann die Leiche eines mehr- wöchentlichen, nach reicher Milchaufnahme plötzlich verstorbenen Säug- lings in die Hände. Wir erkannten hier in grösster Schönheit die fett- erfüllten, das: submuköse Gewebe durchsetzenden Chylusröhren, eine von den Billroth'schen Körpern himmelweit verschiedene Bildung. Gerade in dieser Zeit kam uns ein Aufsatz Reichert’s zu Gesicht (in 127 seinem und Dubois-Reymond’s Archiv für 1859. S. 330 f.). Zu unserm Er- staunen lasen wir, dass der Berliner Anatom das fragliche Billroth’sche Geflechte vom Blutgefässsystem aus wollte injieirt haben und es mithin als ein durch die Holzessigmaceration verändertes Gefässnetz betrachten müsse. Dieselbe Zeitschrift (Jahrgang 4860) bringt noch eine Mittheilung von Hoyer. Derselbe behauptet, »es sei sehr leicht, sich davon zu überzeugen, dass jene scheinbaren Nervenplexus aus künstlich verän- _ derten Gefässcapillaren bestehen, die sich sehr stark zusammengezogen haben und mit geronnenem Blutplasma gefüllt sind, während die Blut- körperchen sich an jene Knotenpunkte zurückgezogen und daselbst ange- häuft haben.« Der Verfasser bemerkt ferner, er beabsichtige den Gegen- stand einer weiteren Untersuchung zu würdigen ‚- namentlich injicirte Darmstücke derselben Behandlung zu unterwerfen, um jene missglück- ten Beobachtungen mit allen Mitteln der Wissenschaft aus dem Felde zu schlagen. — Wir möchten Herrn Hoyer den Rath ertheilen, dieses so pomphaft angekündigte Vorhaben doch ja recht bald auszuführen. Er wird sich dann mit Hülfe einer einfachen Injectionsspritze selbst augen- blicklich aus dem Felde schlagen. Es erschienen vor Kurzem noch zwei andere Arbeiten über densel- ben Gegenstand; eine von W. Krause in Göttingen und eine andere von Kollmann in München. Gehen wir zuerst auf die Aollmann’schen Beobachtungen (Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie, Bd. 10, S. 413) ein. - Derselbe berichtet (auf S. 25) des Separatabdruckes, dass auch er die nervöse Natur der betreffenden Netze als unzweifelhaft beobachtet habe. Von grosser Wichtigkeit ist seine Bemerkung, dass nur sehr ver- dünnter Holzessig das ursprüngliche Verhältniss erkennen lasse und in den Stämmchen des Geflechtes die Nervenfasern noch dunkelrandig zeige, während eine längere Einwirkung eines concentrirteren Reagens der Art am Darm des Neugeborenen das Bellroth'sche Bild der Nervenknoten und ihrer abtretenden Stämme herbeiführe. Ebenso gelang es Kollmann natürlich nicht, die betreffenden Geflechte zu injiciren. »Bei weiterer Beobachtung, « fährt er fort, »liess nun die Aehnlich- keit dieser im Darm des Kindes beschriebenen Netze mit dem von Meiss- ner aufgefundenen Nervengeflechte keinen Zweifel mehr übrig, dass hier gleiche Gebilde, jedoch mit bedeutenden Modificationen, vorliegen, als deren Ursache sich schliesslich die zu eingreifende Behandlung mit dem bekannten Reagens herausstellte.« In Betreff des Inhaltes der Billroth’- schen Körper berichtet uns Kollmann, dass dieselben, am frischen Darm- canal des Neugeborenen untersucht, deutliche Ganglienzellen enthalten, deren Kerne denjenigen des Erwachsenen gleich erscheinen, während die letztere umlagernde körnige Masse geringer sei als beim Erwachsenen 9* 128 und eine das Ganze umhüllende Zellenmembran nur in seltenen Fällen beobachtet werden könne. Die Forschungen Krause’s (Anatomische Untersuchungen. Hanno- ver 1861. S. 64) stimmen vielfach mit denjenigen Kollmann’s überein. Die Tunica nervea des Menschen zeigte sich ihm nicht allein im ganzen Dünn- und Dickdarm, sondern auch im Processus vermiformis sehr reich an Nervengeflechten, so dass fast jeder horizontale oder verticale Schnitt die zahlreichsten Plexus und Ganglien auffinden lässt. Die Nervenstäimmchen (welche nicht selten gleich ihren Primitivfa- sern abgeplattet sind) hängen durch stärkere Zweige mit der Muskelhaut zusammen, während feinere Aeste von zwei bis drei Nervenfasern mehr unter der Drüsenschicht der Mucosa einen weitmaschigen Plexus bilden, aus dem einzelne Fibrillen austreten und sich zwischen den verschiede- nen Drüsen der Darmschleimhaut nicht weiter verfolgen lassen. An die- sen vereinzelt verlaufenden Nervenfibrillen bemerkte Krause weder Thei- lungen noch Anastomosen, ebenso rechnet er die an ihnen sichtbar wer- denden Kerne dem Neurilem mit Recht zu. Die Zahl der Zellen im Ner- venknoten trafer von 10 bis zu 30 variirend, die Grösse im Mittel 0,0083”; die Kerne jener besassen 0,004” Länge auf 0,005" Breite. Der Nucleo- lus ergab im Mittel 0,0045". Die Nuclearformation des Neurilems zeigte etwa 0,005” Länge bei einer Breite von 0,00%". Im frischen Zustande zeigen sich die Stämmchen der Submucosa des Darms als sehr blasse mit undeutlichen Kernen besetzte längsstreifige Stränge, welche von marklosen kernführenden Nervenröhren hergestellt werden. Hinsichtlich der Faserursprünge erfahren wir, dass bipolare Ganglienzellen öfters zu entdecken sind, wie schon Meissner richtig an- gegeben hatte; aber auch drei- und vierstrahlige Zellen kommen vor. Der Verlauf der Nervenstämme jener Plexus zu der Muscularis und zwar mit stärkeren Aesten, sowie mit dünneren Zweigen zu dem glatten Mus- kelgewebe der Schleimhaut und der Darmzotten ist von dem Verfasser wahrheitsgemäss gleichfalls erkannt worden. Ueber die Nervengeflechte des Neugeborenen theilt uns Krause zu- nächst das negative Resultat seiner Injectionsversuche mit. Die Nerven- stämmchen traf er reichlich mit längsgerichteten Kernen besetzt, die Primitivfasern von sehr verschiedener Breite und meistens (wie Quer- schnitte lehren) abgeplattet. An Verticalschnitten beobachtete Krause, wie häufig einzelne Nervenfasern, das Geflechte verlassend, senkrecht gegen die Basis der Darmzotten oder zwischen die hier befindlichen Drü- sen verfolgt werden konnten. An jenen Fibrillen bemerke man nicht sel- ten Kerne, von welchen nach der Meinung des Verfassers es schwer zu sagen sei, ob sie in den Verlauf der Faser eingeschaltet oder ihr, was er allerdings für wahrscheinlicher ansieht (und wohl in Wirklichkeit der Fall ist), nur äusserlich angelagert seien. Ganz unwahrscheinlich aber muss eine andere Vermuthung Ärause’s sein, dass in Rücksicht auf ihre so verschiedenen Quermesser einzelne Nervenfasern des Neugeborenen später beim Erwachsenen mehreren Fibrillen entsprechen dürften , so dass in jener Verlauf eingebettete Kerne auch durch die Annahme einer sich bildenden kernhaltigen Scheidewand erklärt werden könnten. Stär- kere Stämme senken sich, wie auch hier angeführt, aus dem Plexus in die Muscularis herab. Die höher, dicht unter der Schleimhaut gelegenen, Billroth’schen Endplexus, werden auch von ihm völlig in Abrede gestellt und wir fügen hinzu, sicher mit Grund. Während beim achtmonatlichen Fö- tus die Geflechte denen des Neugeborenen ähnlich erscheinen, fand sie Krause beim A0jährigen Kinde ziemlich mit denjenigen des Erwachsenen übereinstimmend. Als Grössenverhältnisse für den neugeborenen Körper gibt der Verfasser endlich folgende an: die Kerne der Nervenstämmchen besitzen eine Länge von 0,0033 0,0045” bei einer Breite von 0,0016— 0,0025’ ; die Nervenfasern haben eine Stärke von 0,006 — 0,0018” ; die Ganglienzellen ergeben eine Länge von 0,0042—0,006”, eine Breite von 0,0033—0,0042” ; die Kerne derselben betragen 0,0016 — 0,0025” in der Länge und 0,0012 in der Breite. Nicht viel grösser traf er auch die Ganglienzellen des A0jährigen Kindes. Wir haben absichtlich die Angaben dieses sorgfältigen Beobachters mit einer gewissen Breite vorgeführt, weil sie in vielen Puncten mit un- seren früher gewonnenen Resultaten übereinstimmen. Was nun die eigenen Untersuchungen betrifft, so erstrecken sich dieselben beim Menschen auf den Darmcanal eines circa 23wöchentlichen Fötus, auf den der Neugeborenen, auf Säuglinge von 3 und 6 Wochen, sowie eines 2 und eines 5 Jahre alten Kindes, endlich auf den der Er- wachsenen. Einige dieser Beobachtungen seien im Einzelnen geschildert, weil sie die verschiedenen Erscheinungsformen der betreffenden Nerven- plexus nach dem Grade der Holzessigmaceration dem Leser versinnlichen können. Der Darmcanal des 23wöchentlichen Fötus war einige Tage lang in sehr verdünntem Holzessig macerirt worden (und zwar, wie es uns an- fänglich öfters erging, übermässig). Er zeigte auf Flächenschnitten einen ziemlich engmaschigen Nervenplexus mit Ansammlungen von Zellen, ein- mal in den Knotenpuncten des Geflechtes und dann im Verlaufe der Stämmchen selbst. Die Zellenanhäufungen wurden von einer Hülle um- schlossen, welche in letzterem Falle das erweiterte Neurilem des Ner- venastes bildete, in ersterem in die Scheiden der vom Ganglion austre- tenden Nervenstämmchen unmittelbar überging. Die Aehnlichkeit der Anordnung jener Zellenanhäufungen mit den Darmganglien des Erwach- senen liess sich nicht verkennen, ebenso die verwandte Gestalt der An- schwellungen mit den Billroth'schen Körpern. Die Zellen waren klein, besassen eine sehr zartkörnige Inhaltsmasse und erschienen ohne Kerne, indem letztere zweifelsohne der Maceration zum Opfer gefallen waren. Eine Verwechslung unserer Ganglienzellen mit Fettzellen war bei dem 130 ansehnlicheren Durchmesser und der dunkleren Randbegrenzung letz- terer unmöglich. N Dass dieses Bild, wie wir es so eben von den Darmganglien des Fötus geschildert haben, auch für das neugeborene oder mehrere Tage alte Kind bei passender Reagenzwirkung und zu geeigneter Stunde ge- wonnen werden könne, lehrte eine andere Beobachtung. Wir erhielten eine Mehrzahl ganz ähnlicher Präparate von den Nervenknoten eines Zwillingskindes, welches nur 2% Pfd. schwer, vier Tage nach der Ge- burt an Lungenapoplexie zu Grunde gegangen war. Der Dünndarm hatte einen Tag in sehr verdünnter Chromsäure und darauf noch einige Tage in gleichfalls sehr diluirtem Holzessig gelegen. Flächenschnitte zeigten ganz die gleichen Nervengeflechte mit denselben Anschwellungen (Bill- roth’schen Körpern). Die Ganglien hatten jedoch hier bereits ihre umhül- lenden Membranen verloren; ebenso bot sich die dem Neurilem angehö- rige Nuclearformation nur ganz undeutlich dar. Die Masse der Nerven- knoten jedoch bestand aus einer oft ansehnlichen Menge kleiner Zellen von bald mehr rundlicher, bald mehr polyedrischer Form. Die Kerne waren nicht mehr in ihnen enthalten und Faserursprünge an den Zellen liessen sich in keiner Weise erkennen. — AmDarmeanal eines drei Wochen alten Säuglinges, der ziemlich anhämisch gestorben war, injieirten wir die Blutgefässe mit Berliner Blau und brachten ihn darauf drei Tage in verdünnten Holzessig. Auf Flächenschnitten (Fig. 4) gewannen wir die Nervenplexus mit den Ganglien (a) und darüber verlaufend das injieirte Gefässnetz (c. c.). Eines dieser Ganglien besass (ähnlich dem gezeichneten) eine Länge von 0,03429'” bei einer Breite von 0,01667". Aus ihm entsprangen fünf Nervenstämmchen (b.b.), welche nach allen Seiten divergirend verliefen. Eines dieser führte 0,0034%” Quermesser; ein zweites von 0,00457” theilte sich nicht entfernt vom Knoten in zwei feinere Zweige von etwa 0,00229” Stärke; ein drittes Stämmchen hatte wieder 0,00348”’ Durchmesser, ein viertes 0,00457° und ein fünftes.Stämmchen sank sogar zur Feinheit von nur 0,00144”’ herab. Alle diese Stämmchen erschienen einfach und zart conturirt, die Kerne in ihren Scheiden, welche zum Theil von der In- haltsmasse etwas abgehoben sind, kommen in mässiger Menge vor. Von Primitivfasern, welche diese Neurileme umschliessen, bemerkt man nichts mehr; es zeigt sich nur eine matte, höchst fein molekuläre Inhalts- masse (b. b.). In dem Ganglion selbst (a) bemerkt man etwa in der Zahl 21 eingebettet in feinkörnige Substanz (dem freigewordenen Contentum der zerstörten Zellen) rundliche oder ovale bläschenförmige Kerne von 0,00210—0,00263” und mehr. Der Quermesser der injieirten Capillaren schwankte zwischen 0,00229—0,00342” im Mittel, wird also durch- schnittlich von demjenigen der Nervenstämmchen übertroffen. Wenn nun nach der Ansicht einiger Schriftsteller diese Ganglien- netze dem Gefässsysteme angehörten, so würde man sich nicht wohl vor- 131 stellen können, warum an derselben Stelle Haargefässe von geringerem Lumen mit der Injectionsmasse erfüllt waren, während die weiteren Röhren (des Nervengeflechtes) leer blieben. Allerdings liegt das Ganglien- netz tiefer, der Muskelhaut nahe, während das Gefässnetz höher und von der Basis der Schleimhaut nicht weit entfernt getroffen wird. Da sich in- dessen die Gapillaren der Muscularis ebenfalis vollkommen mit der blauen Farbelösung erfüllt hatten, so verliert auch dieser Einwand alle und jede Bedeutung. Wie ist es möglich, fragen wir, dass bei einer sehr vollstän- digen Einspritzung das eine Gefässnetz der Submucosa sich vollständig erfüllen soll, während das zweite, in einer anderen Ebene gelegene, über weite Strecken auch nicht ein Molekül der blauen Masse äufgenommen hat? Denn schon damals war uns Reichert's Behauptung bekannt, so dass wir viele, aus den verschiedensten Localitäten des eingespritzten Dünn- darms entnommene Präparate auf den angeblichen Uebergang untersucht haben. — Beiläufig möge hier noch die Bemerkung ihre Stelle finden, dass Blutzellen, welche eine Maceration in Holzessig glücklich überstanden haben, in den halbleeren oder blutgefüllten Capillaren der Submucosa denn doch ganz anders aussehen, als die Nuclearformation der Billroth’- schen Körper. Dass die betreffenden Gebilde auch nicht dem Chylusgefässsysteme angehören, lehrten in sehr bezeichnender Weise Präparate, welche wir ‘aus dem Dünndarme des 6wöchentlichen Säuglings erhielten, der, nach- dem er eine bedeutende Quantität Milch zu sich genommen hatte, bald darauf, nach ein paar Stunden, plötzlich gestorben war. Die Chylusgefässe der Mesenterien waren in vollster Fettresorption begriffen und liessen sich leicht bis in die Darmwand zurück verfolgen. Nach einer 24stündigen Holzessigmaceration zeigte die Submucosa zwar vereinzelt, aber in grosser Schönheit, wie die strotzend mit Fettmolekeln und Fetttröpfchen erfüllten Chylusgefässe über ansehnlichere Strecken ohne Astbildung verliefen. Eines derselben stellt Fig. 2 dar. DieMembran der Gefässe war höchst zart und unmessbar fein, sowie nur selten ein- mal einen länglichen Kern (a. a.) darbietend. Der Quermesser eines und desselben Gefässes erschien sehr variabel, so dass das Gänze ein ziemlich knotiges Ansehen darbot. So sank die Dicke an unserem gezeichneten Beispiele stellenweise auf 0,00572”' herab, um an anderen auf 0,01143, 0,0186, ja sogar auf 0,0343” anzusteigen. — Daneben zeigten die Holz- essigpräparate in gewöhnlicher Weise die macerirten Gangliennetze. Später lernten wir ohne grosse Mühe in dem frischen Dünndarm des Säuglings die Nervennetze und ihre Ganglien auffinden. Man kann hierzu sich eines doppelten Verfahrens bedienen; einmal feine Verticalschnitte machen oder (was sich als zweckmässiger erwies) von beiden Seiten her an einem festgespannten Darmstückchen Muscularis und Mucosa vorsich- tig abpräpariren, so dass die submuköse Bindegewebeschicht allein übrig bleibt. Man erkennt mühsam einzelne Ganglien ohne Weiteres aus 132 den Bindegewebebündeln heraus. Zu näherer Beobachtung empfiehlt sich der Zusatz sehr verdünnter Essigsäure oder sehr diluirten Holzessigs in geringer Menge. | Es treten jetzt (Fig. 3) dieselben Bilder der Nervengeflechte und der ganglionären Anschwellungen auf. Umhüllt wird alles von feinem, aus homogenem Bindegewebe bestehenden Neurilem, in welchem man sowohl an dem Ganglion als an dem Nervenstämmchen längliche 0,00346”' mes- sende Kerne mit einer Breite von nur 0,00106” Dicke gewahrt, Alsdann erscheinen die Kerne dunkelrandig. Andere sind gut doppelt so breit und blasser conturirt, so dass offenbar die Nuclearformation von ovalen Schei- ben hergestelft wird. Als Inhalt der Nervenstämme (b.c.c.) gewahrt man eine ziemlich blasse Substanz, in welcher man bei genauer Prüfung eine feine Längsstreifung entdeckt als optischen Ausdruck markioser, 0,00125 —0,004” breiter Primitivfasern. An ihnen zeigen sich in mittlerer Menge ähnliche längliche Kernbildungen, wie sie das Neurilem darbot. Von markhaltigen Nervenröhren findet sich aber beim Neugeborenen keine Spur. Die Primitivfasern stehen deshalb auf der Stufe blasser markloser, mit Kernen besetzter Bänder von recht geringem Quermesser. Die Menge derselben in einem Nervenstämmchen richtet sich natürlich nach der Stärke des letzteren. Einigemal boten sich höchst feine Nervenstämmchen dar, in welchen eine streifige Inhaltsmasse vermisst wurde, so dass jene wohl nur eine einzige Primitivfaser umschliessen (b.). Im Nervenknoten selbst (a) gewahrt man die deutlichsten, aber mit kleinem Ausmaasse versehenen Ganglienzellen. Ein rundlicher oder etwas ovaler bläschen- förmiger Kern von 0,00210,0,00263—0,00286” beherbergt in seinem Innern einfach oder doppelt den kleinen punctförmigen Nucleolus und ist umhüllt von einer mässigen Menge zarter, feinkörniger Masse, welche eine sehr feine Zellenmembran von der Nachbarschaft abgrenzt. Die Grösse der Ganglienzellen, welche rundlich oder bei gedrängterer Gruppirung auch etwas poly&drisch abgeplatiet erscheinen, fanden wir von 0,00463 —0,005 und 0,00571”’. Die blassen Primitivfasern im Innern der Gang- lien lassen sich nur mühsam wahrnehmen, so dass über Verbindungen derselben mit den Zellen hier kein Aufschluss zu gewinnen ist. Wir be- merken nur noch, dass es nicht selten den Anschein hat, als ob Bündel- chen der Primitivfibrillen den Knoten unmittelbar durchsetzten. Braune Moleküle unter der Inhaltsmasse der Ganglienzellen zeigte uns der Neu- geborene nicht. Es stimmen sonach unsere Beobachtungen, abgesehen von den Quer- messern der Nervenfibrillen, im Wesentlichen mit den Angaben Krause’s, wie wir sie oben anführten, überein. Auch hinsichtlich der Ausbreitung der Nervenstämmchen mit auf- steigenden, im Allgemeinen schwächeren Zweigen zu der Schleimhaut (resp. deren mikroskopischer Muskulatur), sowie mit stärkeren Aesten zum Muscularis nach abwärts (abgesehen von benachbarte Ganglien ver- 138 bindenden Commissurstämmen) befinden wir uns mit Krause in völliger Uebereinstimmung, sowie in der Behauptung der Nichtexistenz des von Billroth geschilderten oberflächlicheren feinen Nervengeflechtes. Den Uebergang jener frühesten Form der Nervenplexus zu der An- ordnung späterer Tage hemerkten wir im Dünndarm eines zweijährigen, an Pneumonie gestorbenen Mädchens. Hier war das Geflecht ein schon ansehnlich weitmaschigeres gewor- den. DieStämmchen, in Holzessig zu stark macerirt, boten sich als blasse mit feinkörniger Inhaltsmasse versehene kernführende Bänder dar. Die Nervenknoten erschienen theilweise noch unter dem Bilde der Billroth’- schen Körper, theils (sit venia verbo) in der gewöhnlichen Ganglienge- stall. Die feinkörnigen Zellen sammt bläschenförmigen Kernen waren noch erhalten. Erstere schwankten zwischen 0,00342—0,00574”’ und letztere mochten im Mittel 0,005” betragen. "In grösseren Nervenknoten zählten wir 20—30 derartiger Ganglienzellen. — Interessant war bei diesem Mädchen ebenfalls das Vorhandensein einiger fetterfüllten Chylus- gefässe in dem submukösen Stratum unter ganz ähnlichem Ansehen und ganz gleichen Schwankungen des Quermessers, wie wir es oben für un- sern Säugling berichtet haben. Wir reihen die Untersuchung des Dünndarms eines Sjährigen Knaben an. Die Holzessigmaceration war hier wenigstens für die Ganglien voll- - ständig geglückt, so dass diese in überraschender Schönheit und Klarheit entgegentraten (Fig. 4. a). Die Zellen erschienen entweder rundlich und oval oder mehr poly&drisch. Ihre Grösse variirte von 0,00457 und 0,00572 bis zu 0,00686 und 0,008”. Die bläschenförmigen Kerne ergaben im Mittel 0, 0020, 003” Durchmesser und zeigten einen punctförmigen Nueloalus! Die Kernformationen der bindegewebigen Hülle boten eine Länge von 0,00343, 0,00457--0,00572" dar bei einer Breite von etwa 0,00929””. Von der Kante gesehen erschienen sie auch hier dunkler gerandet und mit einem Quermesser von nur 0,00414—0,0018” versehen. Die Nervenstämme (b—-g) enthielten die nämlichen Kerne, basassen aber an vielen Exemplaren nicht mehr die Nervenfibrillen, sondern nur eine aus letzterer Zerfall hervorgegangene feinkörnige Masse. Ihre Ver- breitung nach oben in die Schleimhaut und nach unten in die Muskel- schichten des Darmcanals waren dieselben, wie wir sie vom Neugebore- nen her schon kennen. Nur mühsam begegneten wir einzelnen Nervenstämmchen, in welchen die Primitivfasern noch kenntlich waren. Eines derselben (Fig. 5) von etwa 0,0057 Breite zeigte umhüllt von dem kernführenden Neurilem drei jener in Form blasser, 0,0044—0,0013” dicker Röhren. Verhältnissmässig nur gering sind die Differenzen, welche der Dünn- darm des Erwachsenen hinsichtlich der uns beschäftigenden Nervenkno- ten darbietet. Ihren Bau, welchen die vorhandenen Beschreibungen mit bald geringerer, bald grösserer Treue wiedergeben, sowie das Vorkommen & 13% der Darmganglien bei Säugethieren soll eine spätere Publication be- sprechen. Nur auf die Reichert'sche Deutung müssen wir nochmals zurückkom- men, um nicht etwa der Leichtfertigkeit gezieben zu werden. Wir haben, nachdem der Aufsatz von Hoyer erschienen war, nochmals zwei Injectionen der Darmgefässe des Neugeborenen vorgenommen, eine mit Chromgelb von der Arterie aus und eine zweite mit der Schröder van der Kolk’schen Solution des Berliner Blau’s in Leim durch einen Pfortaderzweig. Beide waren vollständige, vortreffllich gelungene Einspritzungen, so dass die Injectionsmasse nicht nur den Haargefässbezirk der Schleimhaut vollkom- men erfüllt, sondern auch das complementäre Gefäss (Vene oder Arterie) prall und aufgetrieben zeigte. In beiden Fällen zeigte die ausgedehnte Untersuchung der bestinjicirten Stellen auch nicht ein Farbekorn in das Billroth’sche Nervennetz eingedrungen; dieses hob sich vielmehr bei schwacher Vergrösserung trefflich neben dem Gefässnetze hervor. An dem Chromgelbobject glückte die Maceration in Holzessig so, dass die Ganglien gekernte Zellen und die Stämme blasse Primitivfasern von 0,0041 11 —0,00125” erkennen liessen. — Wir vermögen die Reichert'sche Täu- schung uns kaum anders als in folgender Weise zu erklären: Dieser Forscher hatte als Ausgangspunct seiner Untersuchung ein schlecht ge- wordenes d. h. allmälig in Glycerin verdorbenes Billroth’sches Präparat. In Folge allzustarker Maceration in Holzessig zerstörte er die Nervennetze an seinen eigenen Objecten und verwechselte mit ihnen das Gefässnetz der Submucosa, welches er injieirt hatte. Erklärung der Abbildungen. Taf. XIV. d Fig. 4. Mit Holzessig dargestellter Nervenknoten (a) aus dem Dünndarm eines 3wö- chentlichen Säuglings mit den abtretenden Nervenstämmen b. b; ce das mit Berliner Blau injicirte Gefässnetz. Fig. 2. Chylusgefäss aus der Submucosa des Dünndarms einesKindes von 6 Wochen. Bei a die Kerne der feinen homogenen Gefässmembran. Fig. 3. Ein grosses frisches Ganglion aus dem Dünndarm eines Säuglings von 40 Tagen. a Nervenknoten; 5 ein sehr feines, c stärkere Stämme mit blassen kernfüh- renden Nervenfasern. Fig. 4. Ganglion (a) eines Knaben von 5 Jahren nach Holzessigmaceration mit den abtretenden Nervenstämmchen b—g. Fig. 5. Eben so behandeltes Nervenstämmchen mit drei blassen Nervenfasern. Ueber parasitische Pilze aus Ascaris mystax. - Von Dr. Wilhelm Keferstein in Göttingen. Mit Tafel XV. A. Im Februar 1858, als ich mich mit der Anatomie von Ascaris mystax beschäftigte, fand ich Individuen, deren Geschlechtstheile und Darm ganz mit kleinen ovalen Körperchen angefüllt waren, welche bei einer gerin- gen Verletzung der Wand wie ein milchweisser Strom ausflossen. Sie füllten einige Male den Darm oder die Geschlechtstheile oder beide strotzend an und gaben ihnen dadurch ein milchweisses Aussehen. Herr H. Munk'), der im Sommer vorher zugleich mit Herrn E. Claparede*?) einen Preis von der medicinischen Facultät in Berlin für eine Abhand- lung über die Ei- und Samenbildung bei Ascaris mystax gewonnen hatte und sich nun in Göttingen aufhielt, sagte mir, dass er solche Körper- chen auch gefunden und sie für dieselben hielte, die Bischoff für die wahrscheinlichen Samenkörper von Ascaris mystax angesprochen hätte. Munk?) bezeichnet diese Körper als parasitische Algen. Diese Körper füllten, wie gesagt, die Geschlechtstheile und auch den Darm mehr oder weniger an und fielen durch ihre ungeheure Anzahl in den meisten Fäl- len sofort in die Augen. Wenn sie in grosser Menge vorhanden waren, fehlte jede Ei- oder Samenbildung in den Geschlechtstheilen oder man sah die Eier doch ganz verändert oder mit Feittropfen gefüllt. -Diese Körperchen, die ich Sporen nenne (Fig. 2), sind 0,004— 0,005Mm. lang undetwa 0,002 Mm. breit (nach Munk 0,0042—0,0059 Mm. lang und 0,0017—0,0021 Mm. breit) und haben im Ganzen eine ovale Ge- stalt. Bisweilen findet man auch welche von unregelmässiger Form und 4) Siehe seine später erschienene Arbeit: Ueber Ei- und Samenbildung und Be- fruchtung bei den Nematoden in der Zeitsch. für wiss. Zoologie. IX. 1858. 365 — 447. Taf. 14 ünd 45. 2) Ueber Eibildung und Befruchtung bei den Nematoden. Vorläufige Mittheilung. Zeitsch. für wiss. Zoologie. IX. 4857. 406—4129 und De la formation et de la fecondation des oeufs chez les Vers n&ematodes. Geneve 1859. 4. 8 Taf. 3) a.a. O. p. 402—406 und 444. 136 dann auch oft von etwas grösseren Dimensionen. Sie haben einen dunk- len und scharfen äusseren Contour und zeigen starken Glanz, sie sind sicher solide aber das Innere scheint noch eineDifferenzirung zu besitzen, indem man in der Mitte oder an einer Seite, wenn man auf den Quer- schnitt einstellt, einen oder zwei dunklere Räume sieht. Bisweilen findet man zwei Sporen mit den Enden an einander haften oder eine biscuit- förmig eingeschnürt zum Zeichen, dass sie sich durch Quertheilung fort- pflanzen werden. Gegen Reagentien sind die Sporen völlig indifferent, Essigsäure verändert sie ebensowenig wie Natron, Jod färbt sie nicht, mit Jod und Schwefelsäure werden sie gelblich. Häufiger fand ich diese Sporen zu Kugeln von 0 ‚02 Mm. Durchmes- ser zusammengehäuft (Fig. 3) und oft auch diese Ian von einer zarten Membran umgeben (Fig. 7). Ich musste diese mit Sporen gefüllten Bla- sen für Sporenbehälter halten und suchte nun nach den Pilzen, an denen dieselben sprossten. Nachdem einige Katzen vergeblich geopfert waren, indem sie nur gesunde Ascaris mystax enthielten, wurde noch im Februar 1858 eine getödtet, deren Ascaris mystax alle im hohen Grade an dieser Pilzkrankbeit litten. Bei einigen waren sämmtliche Eingeweide strotzend mit jenen Sporen gefüllt, andere enthielten weniger davon, zeigten statt dessen aber den gesuchten Pilz. Der Darm oder auch die Geschlechts- theile oder beide zugleich waren an ihren Wänden von einem Flechtwerk von Pilzfäden überzogen, die an einigen Stellen von den Epithelzellen be- deckt wurden (Fig. 4). Die Pilzfäden sind vielfach verzweigt und zeigen in ihrem Durchmesser alle Uebergänge von 0,02—0,004 Mm. Sie sehen ganz aus wie die Fäden von einem gewöhnlichen Mucor, und bestehen aus sehr langen und verzweigten Zellen, indem man nur spärliche Quer- schneidewände in ihnen findet. Die Enden der Seitenäste dieser Fäden schnüren sich zu kugeligen oder ovalen 0,02—0,0% Mm. grossen Blasen ab, die man öfter zu dreien hinter einander liegen sieht und die mit einem feinkörnigen Inhalt, in welchem einige dunklere Körner liegen, gefüllt sind. Dies sind die entstehenden Sporenbehälter. Weitere Stadien der Sporenbehäter fand ich stets von den Pilzfäden schon abgelöst: sie zeigten dann ihren feinkörnigen Inhalt, in welchem einige jener oben beschriebe- non Sporen lagen (Fig. 4 und 5), deren Zahl immer mehr wuchs, bis sie zuletzt auf Kosten der feinkörnigen Masse den Sporenbehälter ganz er- füllten. Die Sporen scheinen aber nicht allein in diesen rundlichen Spo- renbehältern zu entstehen, sondern sie scheinen sich auch im Verlaufe der Pilzfäden an einigen Stellen bilden zu können, indem ich nämlich öfter auch längliche Schläuche ganz mit ihnen gefüllt sah, die man für nichts anderes als Stücke eines Pilzfadens halten konnte. Wegen der botanischen Bestimmung diesesPilzes wandte ich mich an Herrn Prof. A. de Bary, dem ich einige schon vor drei Jahren angefertigte Präparate übersandte. Derselbe schrieb mir d.d. Freiburg 21. Januar 1861, dass der vorgelegte Pilz zur Gattung Mucor Sect. Hydrophora gehörte und 137 dass er ihn Mucor helminthophthorus benennte. Herr de Bary be- merkt weiter, dass dieser Pilz viele Aehnlichkeit mit einem von H. Hoj}- mann‘) aus dem Chylusmagen der Biene beschriebenen und Mucor melit- tophthorus benannten Pilz habe. Dass die oben beschriebenen Sporen mit den von Bischoff”) für die wahrscheinlichen Zoospermien von Ascaris mystax gehaltenen Körperchen identisch sind, wie dies Munk zuerst vermuthet, möchte auch ich nicht bezweifeln, obwohl Bischoff die Dimensionen seiner Zoospermien (+3, Mm. lang und „tz Mm. breit) viel grösser angiebt, als sie diesen Sporen zu- kommen. Ganz ähnliche Körper wie diese Sporen beschreiben Frey und Lebert®) aus der Seidenraupe (0,004—0,005 Mm. lang, 0,0025 M. breit) und Leydig *) erwähnt ähnlicher aus Coccus hesperidum (0,004 Lin. lang), aus den Muskeln verschiedener Spinnen (0,002 Lin. lang), und endlich aus Polyphemus und andern Entomostracen. In allen diesen Fällen sind aber nur die sporenartigen Körper gesehen und es fragt sich, wo man den dazu gehörigen Pilz vermuthen darf. Erklärung der Abbildungen. Taf. XV. A. Fig. 1. Ein Pilz, Mucor helminthophthorus de Bary, aus dem Darm von Ascaris my- stax. Vergr. 300. Fig. 2. Einzelne Sporen desselben ; a die gewöhnliche Form, 5b dieselben in Theilung, ce seltnere missgestaltete und grössere. Vergr. 590. Fig. 3. Sporenhaufen aus den Geschlechtstheilen oder dem Darm. Vergr. 590. Fig. 4. Ein losgelöster Sporenbehälter mit feinkörnigem Inhalt und einigen Sporen, Vergr. 590. Fig. 5. Ein ebensolcher, mit mehreren Sporen. Vergr. 590. Fig. 6. Ein Endfaden des Pilzes im Anfang der Sporenbildung, Vergr. 590. Fig. 7. Ein Sporenbehälter mit Sporen gefüllt. Vergr. 590. er) 4) In der Hedwigia, ein Notizblatt für Cryptogamische Studien. Herausgegeb. von Rabenhorst. Bd. I. p. 447. (Diese Zeitschrift konnte ich in Göttingen nicht nach- sehen.) 2) Ueber Ei- und Samenbildung und Befruchtung bei Ascaris mystax in der Zeit- schrift für wiss. Zoologie. VI. 4855. p. 402—405. 3) Beobachtungen über die gegenwärtig im Mailändischen herrschende Krankheit der Seidenraupe, der Puppe und des Schmetterlings, in der Vierteljahrsschrift der naturforsch. Gesellsch. in Zürich. Bd. I. 1856. p. 375—378, und Lebert: Ueber die Pilzkrankheit der Fliegen und die neueste in Oberitalien herrschende Krankheit der Seidenraupen u. s. w. im Archiv für patholog. Anat. XII. 4857. 447—149. Taf. VI. Fig. 46. 47. 4) Ueber Parasiten niederer Thiere im Archiv für patholog. Anat. XIII. 4858. p. 280 —282. Taf. V. Fig. 7, und in seiner Naturgeschichte der Daphniden. Tübingen 1860. 4. p. 75—77. Ueber Form-Abweichungen und Varianten der Nasenbeine. Von Dr. J. van der Hoeven Jz. Mit sieben Holzschnitten. Die menschlichen Schädel vergleichend, welche in Leiden, sowohl in dem anatomischen Museum als in der Privat-Sammlung meines Vaters aufbewahrt werden, wurde ich aufmerksam auf die vielen Abweichun- gen, welche die Nasenbeine darbieten können. Einige dieser Abweichungen sind schon hie und da erwähnt worden, während ich dagegen andere bisher nirgendwo aufgezeichnet fand. Ich glaubte deshalb, dass es die Mühe lohnen würde, alle die Abweichungen zusammen zu stellen, und das Resultat meiner Untersuchungen gebe ich hier.4, x 1. Die Nasenbeine können ganz fehlen. Fr Bei einem Schädel eines Buschmannes, welcher sich in der Samm- lung meines Vaters (Catalogus cranior. diversarum gentium, L.B.Nr. im befindet, ist dies der Fall. _„ Fig. 1. (Fig. 1). Hier ist kürzlich zu bemerken, dass an die untere Seiteder Naht, welche die Pro- cessus frontales mit den Ossa supramaxillaria vereinigt, ein Theil der Lamina perpen- dicularis des os ethmoideum zwischengeschoben ist (Fig. 1,a). rn Ein dergleichen Fehlen der a Nasenbeine, und ein, obwohl dann auf vollständigere Weise Vertreten- werden dieser durch die genannte Lamina perpendicularis, ist ein häu- figes Ereigniss bei Simia satyrus (dem Orang-Utan). Unter den im re a 139 zoologischen Museum zu Leiden aufbewahrten Schädeln dieser Art fand ich, dass es dreimal der Fall war. Ich habe (Figur 2) einen dieser Fälle Fig. 3. Fig. 2. I zur Vergleichung abgebildet. Bei dieser Art von Aflen fand ich zweimal, und einmal bei einem von der Insel Timor herstammenden Gerco- pithecus Gynomolgus eine sonderbare Abweichung in der Stellung der Nasenbeine und der Lamina perpendicularis, von welcher aber, so- weit mir bekannt ist, kein übereinstimmendes Beispiel beim Menschen wahrgenommen ist. Diese Abweichung (Fig. 3) besteht darin, dass die zu einem Knochen zusammengewachsenen Nasenbeine (a) nicht bis zum Stirnbein aufsteigen. Es entsteht dann eine Naht, welche die beiden Pro- cessus frontales der Ossa supramaxillaria vereinigt (b) , und etwas höher schiebt sich die Lamina perpendicularis (c) des os ethmoideum wieder zwischen diese ein. Es ist nicht selten, dass sich die Lamina perpendicularis ossis ethmoidei (oder ein mit dieser unbeweglich verwachsenes Knochenstück) beim Men- schenzwischen die Naht, welche die Nasenbeine vereinigt, einschiebt. James Paget erwähnt solches im Art. Fig. 4. N & Nose in Todd, Cyclopaedia a ana | of anat. and physiol. Vol. Il, p. 725. Ich sah dies öfters bei Schädeln von Malaien und Javanern. Auch an Schädeln europäischer Völker findet man bisweilen diese Abweichung sehr deutlich, z. B. an dem Schädel eines Portugiesen (Fig. 4), welcher sich im Museum Anatomicum zuLeiden befindet. 140 Dass die Nasenbeine mitunter beim Menschen fehlen, vermeldet J Hyrtl in seinem Lehrbuche der Anat. des Menschen, 2. Aufl. S. 205. 9. Das eine der Nasenbeine kann fehlen. Dies ist der Fall bei einem Negerschädel, welcher (Nr. 134) in der Sammlung meines Vaters aufbewahrt wird. Die Nähte dieses Schä- dels sind noch nirgendwo verknöchert, mit Ausnahme von der, welche sich zwischen dem linken Nasenbein und dem Processus frontalis des Os supramaxillare der betref- u; ABiBeS, fenden Seite befunden hat, wenigstens wenn man an- nehmen will, dass auch hier früher zwei Nasenbeine zu- gegen waren. Ein Theil des unteren Bandes des Proces- sus frontalis sinister ist ab- gebrochen, welches auf der Abbildung (Fig. 5, a) durch eine punktirte Linie ange- geben ist. 3. Die beiden Nasenbeine können mit einander verwachsen. Bei vielen Schädeln nimmt man dieses theilweise, bei einigen voll- kommen wahr. Von diesen letztern möge die Abbildung der Ossa nasi eines zu Blaauwberg am Cap der guten Hoffnung gefundenen Schädels (Fig. 6), welcher wahrscheinlich von I Fig.6. ER einem Hottentotten her- stammt (Nr. 163 der Samm- lung meinesVaters), ein Bei- spiel geben. Hyrtl und Pa- get erwähnen diese Abwei- chung 1. l., der erste als eine bei Hottentotten vor- kommende. Theilweise Ver- wachsung der Nasenbeine sah ich bei Schädeln sehr verschiedener Völker ; vollständige auch bei einem Negerschädel, welcher im Museum Anatomicum aufbewahrt wird und aus Asien herstammt, und bei einem Alfuren (Nr. 415 der Sammlung meines Vaters). Man hat bisweilen gemeint, dass diese Form bei einigen Arten von Affen immer vorkäme, dass diese Arten folglich nur ein Nasenbein hätten. Dies ist aber nicht der Fall. Die Nasenbeine verwachsen wohl öfters, und mitunter schon in einer frühen Lebensperiode bei diesen Thieren, aber in 141 einzelnen Fällen bleiben sie, wie man aus Beispielen in dem zoologischen Museum zu Leiden sehen kann, selbst bei sehr alten Exemplaren der be- treffenden Arten getrennt. 4. Die Nasenbeine reichen nicht bis zum Stirnbein. Diese seltene Abweichung, welche ich einmal wahrnahm bei einem Schädel, welcher sich im Museum Anatomicum zu Leiden befindet und von einem Bewohner der Insel Borneo herstammt, ist Fig. 7 abgebildet. Die unregelmässige Form und ungleiche Grösse der Nasen- beine ist hier auch sehr bemer- kenswerth, obwohl von diesem letztern noch ein ausgeprägteres Beispiel im nämlichen Museum aufbewahrt wird. W. Josephi erwähnt in seiner Anatomie der Säugethiere, I. S. 217, dass es bei einigen Affenarten etwas ganz gewöhnliches sei, dass die ÖOssa nasi nicht bis zum Os frontis reichen. Dies ist der Fall beim Inuus nemestrinus, Simia nemestrinaL. Etwas gewöhnliches ist es übrigens bei den Affen auch nicht, während es meines Wissens beim Menschen bis jetzt noch nicht wahrgenommen war. 5. Die Naht zwischen den beiden Nasenbeinen kann statt einer Anlagerung eine Schuppennabhtsein. Solches sah ich einmal bei einem durch zu frühe Nahtverknöcherung verunstalteten Schädel. Das grössere linke Nasenbein schiebt sich über das rechte, und bedeckt es ungefähr in einer Ausbreitung von zwei Li- nien. Dabei ist sein freier Rand nicht grade, sondern gezackt, wie dies bei der Sutura squamosa der Schuppe des Schläfenbeins der Fall ist. Mayer (Archiv für physiologische Heilkunde, 1849. S. 235) erwähnt noch zweier accessorischer, kleiner Knöchelchen, welche unter 100 Schä- deln 2—3 Mal im dreieckigen Ausschnitte der Spitze der Nasenbeine vor- kommen sollen, und die er für Analoga der bei einigen Säugethieren (Talpa) vorkommenden Rüsselknochen.hält. Hyrtl I. 1., bei welchem ich dieses erwähnt fand, scheint diese Knöchelchen nicht aufzufinden im Stande gewesen zu sein, und auch ich war eben so unglücklich. Viel- leicht dass sie beim Maceriren der Schädel leicht verloren gehen, und des- halb so selten aufgefunden werden können. Zeilschr. f. wissensch. Zoologie. XT. Bd. 10 Zur Anatomie von Argas reflexus. Von Dr. H. A. Pagenstecher in Heidelberg. Hierzu Tafel XVI. Ich habe im zweiten Hefte meiner Beiträge zur Anatomie der Milben bei Gelegenheit der Litteratur für die Zecken und ihre Verwandten der Arbeiten von Heller über den Argas persicus und der von Gerstäcker über den Argas reflexus schuldige Erwähnung gethan. Das erstgenannte Werk !) enthielt sehr genaue und ausführliche Un- tersuchungen über den äussern Bau und die innre Organisation des be- rüchtigten persischen Argas, welche nicht nur Berührungspunkte für die Anatomie des Ixodes boten, sondern die ich schon in meinem ersten Hefte, der Anatomie des Trombidium holosericeum,: mit in Betracht ziebn musste. Es hlieb dabei nicht aus, dass in einzelnen Punkten Zweifel entstanden und Fragen aufgeworfen wurden. Die zweite Arbeit,?) anknüpfend an die Mittheilung von Boschulle, ?) dass auch der europäische Argas am Menschen schmarotzend vorkomme, gab den Bericht über die bisherige Kenntniss beider Arten, besonders auch der Lebensweise, und eine Revision der zoologisch verwerthbaren Charaktere des Argas reflexus. Auch sie tritt in mannigfache Beziehung zu meinen bisherigen Arbeiten. Es musste von vorn herein wünschenswerth erscheinen, die Lücke auszufüllen, welche danach noch in Betreff der Kenntniss der innern Or- ganisation des heimischen Argas blieb, da derselbe nunmehr als medizi- nisches Thier ein grösseres Publikum haben wird. Es durften zugleich aber interessante Vergleichpunkte daraus erwartet werden, dass die Ana- tomie dieser Art neben die des persischen Argas und der echten Zecken 4) Sitzungsberichte der Wiener Academie. Math.-Naturw.Cl. XXX 1858. III p.297. 2) Virchow’s Archiv XIX p. 457. 3) Virchow’s Archiv XVIlIp. 554. 143 träte und für die früher gebliebenen Fragen konnte Entscheidung gehofft werden. Indem ich es deshalb keineswegs für entbehrlich halte, die nachfol- genden Ergebnisse meiner Untersuchungen mitzutheilen, obwohl diesel- ben vielfach die Angaben Gerstäcker’s bestätigen und denen von Heller parallel gehn, kann ich doch dieselben kürzer fassen und in manchen Punkten mehr aphoristisch halten, da ich weniger eine vollständige Mo- nographie als vielmehr ErBänzungen und Erläuterungen zu dem Wonhaur- denen darzubieten beabsichtige. Das Material zu meiner Arbeit verdanke ich der ganz ausgezeichne- ten Liberalität des Herrn Senators von Heyden in Frankfurt a. M., von welcher die Wissenschaft schon so häufig Nutzen zog. Derselbe schickte mir in zwei Sendungen ausser einem Exemplare des Argas persicus bei- nahe zwanzig ältere und jüngere Individuen des Argas reflexus, die zum weitaus grössten Theile lebend in meine Hände kamen und längere Zeit in der Gefangenschaft ohne Nahrung lebend blieben. Dieselben wurden Mitte April d. J. in einer Dachkammer eines Frank- furter Hauses in grössrer Anzahl gefunden, belästigten die dort wohnen- den Dienstmägde bei Nacht sehr und waren zum Theil von Menschenblut vollgesogen. Vordem hatte jener ausgezeichnete Entomologe und uner- müdliche Sammler in einer langen Reihe von Jahren nur zwei Exemplare gefunden. Die Länge der erhaltenen Thiere schwankte zwischen 2,5 mm. und 6,5 mm. Die grösste Breite letzterer betrug etwas über 4 mm., sie liegt hinter der ein wenig eingeengten Mitte. Die Gestalt wird übrigens aus den Abbildungen klar. Unter ihnen befanden sich zwar Exemplare, wel- che die Geschlechtsorgane noch nicht entwickelt hatten, aber keine mit drei Fusspaaren und ohne Respirationswerkzeuge. Wir machten früher darauf aufmerksam, dass Audowin in Paris diesen Jugendzustand des Ar- gas vor sich zu haben glaubte. Wenn wir also nun davon absehn, dass ein Theil der untersuchten Thiere Geschlechtsorgane besass, ein andrer nicht, so waren sie alle ein- ander in der Organisation gleich, da auch zwischen den beiden Geschlech- lern, wenn sie entwickelt sind, andre Verschiedenheiten als die der in- nern Geschlechtswerkzeuge nicht bestehn. Es fällt hier somit jene Man- nigfaltigkeit, die wir bei den Ixodes fanden, beinahe weg, nur zeichnen sich die vollgesognen Thiere') durch die Dieidenne Färbung aus, die wir auch bei gefüllten Zecken kennen lernten. Was die Zergliederung betrifft”), so lässt sich dieselbe bei Argas re- _ flexus mit grosser Leichtigkeit machen und, möchte ich sagen, mit einer Eleganz, wie ich sie nie bei einer andern Milbenart ausführbar fand. Es 4) Fig. XIIb. 2) Die in den Resultaten der Zergliederung angegebenen Maasse gelten im Allge- meinen für ausgewachsene Thiere. 10* I4k gilt das allerdings besonders für Thiere, welche nicht gesogen haben. Bei ihnen scheinen durch die gelbliche Rückendecke die Blindsäcke des Ma- sens deutlich hindurch '), gut von einander gesondert, und zwischen sich und dem dann etwas aufgebognen, zierlich gezeichneten Rande) einen Zwischenraum frei lassend. So macht die Abbildung des ganzen Thiers in der Ansicht von oben eine besondre Zeichnung des Magens entbehrlich. Die Körperhöhle selbst setzt sich, entgegengesetzt der Ansicht von Gerstäcker, bis zum Rande desKörpers fort, und wenn der Magen mit Blut gefüllt ist, so heben sich die Bauch- und Rückenplatte von einander, der scheibenför- mig flache Körper erhält die Gestalt einer Linse und sich dicht an einan- der und an den Rand drängend füllen die Eingeweide den ganzen Raum, den die Körperhöhle gewähren kann, aus. Ist aber der Magen leer, so ziehn die vertical von dem Rücken zum Bauch absteigenden Muskeln die beiden Platten gegen einander und entsprechend den reihenweise in den Zwischenräumen der Blindsäcke angebrachten Bündeln ziehn sich die Stellen zwischen den Magensäcken als Rinnen ein und am Rande kom- men die Platten ganz zur Berührung, während die Theile des Magens selbst als Wülste vorragen. So werden dann auch unter dem Einflusse solcher Gontraction des halbleeren Leibes an der Bauchseite ausser jenen Magenabtheilungen noch die starken Muskelbündel an den Basen der 4 Extremitätenpaare und die zwischen und hinter diesen gelagerten wei- tern Eingeweide Vorwölbungen und entsprechende Falten veranlassen müssen, wie sie Gerstäcker beschreibt und zeichnet, aber irrig als Gränze der Körperhöhle deutet. Auch diese verschwinden mit der grössern Fül- lung des Verdauungsapparats immer mehr. Den somit von Eingeweiden freien Rand nicht vollgesogner Thiere kann man, ohne die Magenblindsäcke zu verletzen, ringsum abschneiden. Man kann das zuweilen auch bei vollgesognen, da er erst allmälig der ausdehnenden Kraft weichend noch längere Zeit als weisser Saum den grauen Leib umkränzt. Danach hebt man die Rückenplatte mit Ablösung der Muskeln und Tracheen ab und erhält den klarsten Ueberblick über die natürliche Lage der dabei unversehrt bleibenden Eingeweide. Das Thier überlebt diese Operation, wenn nur einige Vorsicht geübt wird. Bei der Oefinung der Leibeshöhle fliesst eine Blutflüssigkeit aus, wel- che auch bei solchen Thieren, deren Magen strotzend mit gesognem Blut gefüllt ist, farblos bleibt, sehr hübsche Blutkörperchen von rundlicher oder länglicher Gestalt und 0,018 mm. Durchmesser bis zu 0,003 mm. Länge besitzt und aus welcher Krystalle anschiessen, wie ich sie in Fig. XIII gezeichnet habe und trotz einiger Sonderbarkeiten’wohl für Chlor- natrium halten darf. Dabei bemerke ich, dass Krystalle in dem genoss- nen Blute, welches bei einigen den Magen füllt, hier nicht vorkamen. Zunächst liegt nunmehr der Magen vor uns. Wir können denselben als einen länglichen vierseitigen Sack charakterisiren, an dessen vier 1) Fie. I. 2) Fig. Vla. 1%5 Ecken die Zipfel ausgezogen sind, sich wiederholt dichotomisch theilend, hier und da ausserdem sich mit grösserer oder geringerer Regelmässigkeit vorwölbend und, indem diese Ausstülpungen nach der Peripherie zu sich erweilern, eine grosse fast regelmässig radiär stehende Anzahl von Blind- säcken constituirend. Durch stärkere Entwicklung der hinten oder vorn durch die erste Zweispaltung gewonnenen Abtheilungen oder durch tie- feres Eindringen dieser Dichotomie gleichzeitig vorn und hinten können einzelne Abtheilungen grössere Selbstständigkeit gewinnen, und so wird dann der Anschein entstehn, als ob gleich primär sechs oder acht Blind- sackstämme vom Magen ausgingen, und der mittlere Theil erscheint dann länglich sechs- oder achteckig. Es sind das aber ganz unwesentliche Dif- ferenzen. Die vordern Hörner ragen lang in den überragenden Theil des schildförmigen Leibes hinein und füllen diesen allein aus. Ueber den histologischen Bau des Magens, insbesondere der Leber- zellen seiner Blindsäcke habe ich nach meinen Schilderungen dieser Theile für Ixodes nichts Neues zu bemerken. Gegenüber den Behauptungen Hel- ler’s glaube ich am Magen wie an allen innerlich liegenden Theilen der Eingeweide das Vorkommen quergestreifter Muskeln fortwährend in Ab- rede stellen zu müssen; es kommen solche nur vor, wo die Eingeweide nach aussen treten, dort aber beständig und sich einigermassen an ihnen fortsetzend, soweit das zu den Functionen bei Aufnahme und Entleerung nothwendig ist. Die die Leberzelien einhüllende Propria des Magens ist sehr fein, vielfach gefältelt und dadurch sehr ausdehnbar. Ausser dem Magen zeigt das erste Bild des Situs viscerum zwischen dessen vordern innern Hörnern eine weissliche, längsgetheilte Masse, welche auch schon durch die Chitinhülle durchschimmerte und bei lee- rem Leibe oder beim getrockneten Thiere die Rückendecke an dieser Stelle nicht unbedeutend erhebt. Das sind die neben einander liegenden Wur- zeln der Mandibeln. Um die übrigen Eingeweide zu übersehn, entfernen wir dann den Magen, indem wir ihn von dem von unten und vorn in ihn eintretenden Speiserohr und dem unten und hinten aus seinem mittlern Tbeil hervor- gehenden Mastdarm ablösen. Beide Theile des Verdauungskanals sind sehr dehnbar; sie sind, so lange der Magen seine natürliche Lage einnimmt, durehaus versteckt. Wir sehn dann hinter den Mandibularwurzeln das Gehirn liegen. Dieses Organ behält alle seine Nervenverbindungen im Zusammenhange und ist bei auffallendem Licht unter starken Loupen vortretllich zu über- sehn. Es ist vorne gerundet, hinten mehr grade abgeschnitten, so dass durch das Hervortreten von Nerven an.den Hinterecken diese wieder ab- gekantet erscheinen. Ziemlich in seinem Centrum erkennen wir schon bei schwacher Vergrösserung eine dunkle Grube'). Das ist die Stelle, wo die Speiseröhre durch das Gehirn hindurchtritt. Das Gehirn misst 1) Fig. VIlla. 146 0,5 mm. und mehr an Länge und ganz unbedeutend weniger in der Breite. Ein unpaarer Nervenstamm am Vorderende des Gehirns existirt nicht. Heller hat sich ohne Zweifel auch für Argas persicus dort getäuscht. Durch Verschiebung scheint leicht ein seitlicher Nerv in der Mitte zu liegen und sein Partner wird, weil verschoben oder umgeschlagen, verkannt. Ich zähle elf Nervenpaare, eins weniger als bei Ixodes, indem hin- ten nur drei Eingeweidestämme ausgesandt werden, was wenig wesent- lich erscheint. Die drei hintern Fussnerven liegen an den Hinterecken, der vordere etwas weiter gesondert nach vorn. Alle geben alsbald, nach- dem sie das Gehirn verlassen, einen starken Astab, der nicht in das Glied eintritt, und beide Zweige theilen sich nach kurzen: Verlauf noch einmal. Vorn liegen dann noch drei Stämme für die Mundtheile. Da auch diese zum Theil früh Aeste abgeben, so ist die Zählung ein wenig unsicher. Die die nervösen Elemente des Gehirns umhüllende Kapsel setzt sich überall auf die Nerven fort und zeigt an diesen einen grossen Reichthum an länglichen Kernen. Die Untersuchungen über die Ganglienzellen, die von rundlicher, birnförmiger, spindelförmiger, selbst dreispitziger Gestalt sich zeigen, sind schwierig. Es ist kein Zweifel, dass an ihnen Fadenfortsätze vorkommen, aber ich finde dieselben ausserordentlich viel feiner als Heller sie zeichnet, und beim Isoliren der Zellen reissen sie bis auf Spuren ab. An einigen kommen selbst drei Fäden vor. In der natürlichen Lage bil- den die Zellen Gruppen, in denen sie durch die Fäden zusammenhängen, aber der Ueberblick wird durch die grosse Menge molekulärer Substanz, die sich auch in den Nerven fortsetzt, sehr schwierig. Ein Paar sehr starke Trachealstämme treten dort, wo die hintern Fussnerven aus dem Gehirn hervorgehn, an dieses heran, sie umstricken das Gehirn und bilden eine Art von Ring an der Durchtrittstelle des Oesophagus. Unter dem Gehirn liegt dann ein ausserordentlich reiches Polster von Tracheen. An allen secernirenden Organen lassen sich sehr bedeutende Ner- venverzweigungen erkennen. Auf beiden Seiten des Gehirns liegen die traubigen Speicheldrüsen, weniger umfänglich als bei Ixödes, aber von ganz gleichem Bau, nur dass die Chitinauskleidung in den feinen Aus- führungsgängen weniger deutlich ist. Die Hauptstämme der letztern sind recht weit und münden über der Basis des Rüsselkolbens unter den Man- dibeln, nach innen von den Maxillartastern in die Mundöffnung. Nachdem ich gezeigt habe, dass auch dort, wo man bisher bei Mil- ben ein Eintreten der Speichelgänge in die Mandibeln annahm, dies nicht stattfindet, können wir denn doch darum nicht sagen, dass die sie enl- sendenden Drüsen nicht als Giftdrüsen betrachtet werden dürfen, wie es Heller meint. Es ist gewiss ein Theil des entstehenden Reizes bei der Verwundung dürch solche Thiere auf das Secret dieser Drüsen zu schie- ben, welches dauernd in die Wunde fliesst und dessen Austritt, wenn jene Gänge in oder an den Mandibularhallen mündeten, eher schwieriger 147 sein würde, da diese nach aussen umgeschlagen und in dieser Stellung fixirt zum Festhalten des Thieres benutzt werden. Mit der Function der Mandibeln musste sich ihr Verhältniss zu den Speichel- oder Giftgängen ändern. Wir dürfen also wohl dreist dabei stehn bleiben, die Function der genannten Drüsen als gemischt zu betrachten. Ihr Secret fliesst, da der ganze Rüsselkolben in das Wohnthier eingesenkt wird, mit Leichtig- keit in die gemachte Wunde ein. Hinter dem Gehirn liegen zunächst die Geschlechtsorgane entspre- chend der Lage der einfachen querspaltigen, sich rundlich eröffnenden Geschlechtsöffnung?), welche sich in beiden Geschlechterp gleich bleibt. Bei beiden Geschlechtern verläuft dann von der Geschlechtsspalte aus der Ausführungsgang mit Nebendrüsen versehn nach hinten, die durch seine Spaltung entstehenden Leitorgane wenden später nach vorne um, und die Keim bereitenden Organe treten von beiden Seiten her in der Mittellinie zusammen, ihren Platz dicht beim Gehirn und den Speichel- drüsen einnehmend, und mit letztern und den Harngefässen durch Tra- cheen innig verstrickt. Die in diesen Hauptzügen ursprünglich gleiche Anlage bei beiderlei Geschlechtern erhält nun allerdings eine Ausführung, die durch die ver- schiedene Entwickelung der einzelnen Theile für männliche und weib- liche Geschlechtsorgane ein ziemlich differentes Bild gewährt. Beim Weibe”?) geht die Scheide in einen nach der Begattung stark mit Samenfäden gefüllten grossen Uterus über und die vor der Begattung verhältnissmässig nicht unbedeutenden Nebendrüsen erscheinen nunmehr ganz winzig. Die Anfüllung mit Samen setzt sich bis zu etwa drei Vier- theilen in die Eileiter fort, dehnt diese namentlich in der Nähe des Uterus hornartig aus und verursacht späterhin wiederholte knotige Anschwellun- gen, die eben durch stärkere Gontraction der Wandungen, denen aber auch hier querstreifige Muskulatur fehlt, abgeschnürt werden. Diese Ei- leiter gehn dann später in grosse ovale Ovarien über, in deren Wänden die Eier sich entwickeln. Diese Theile sind, besonders wenn sie gefüllt, und ich fand sie sel- ten anders, von weissem Ansehn. Die ganze Länge des Eileiters bis zum Uterus beträgt auf einer Seite bei einem gut entwickelten Thier über I cm., der Uterus ist eiwa 4 mm. breit und doppelt so lang, jedes Ovarium misst 4,5—2 mm. in der längern Dimension. Bei genauerer Untersuchung finden wir an dem Körper und den Hörnern des Uterus die Zellen und Kerne der Propria sehr gut entwickelt, und damit haben wir den Beweis, dass diese Theile in kräftigem Wachs- thum begriffen sind. Die Epithelzellen der Eileiter besitzen sehr scharfe Kerne. Die Zerfallprodukte aus dem Epithel der weiblichen Geschlechts- wege selbst mischten sich in den Eileitern und dem obern Abschnitt des 1) Fig. Ile. 2) Fig. IX. 148 Uterus mit den Samenfäden. Der untere Theil des Uterus enthält mehr Fett- moleküle, Zerfallprodukte, geronnene gelbliche klumpige Massen, die erst an die Seite der Samenelemente tretend zuletzt dieselben ganz verdrän- gen und jedenfalls zum grössten Theil aus den männlichen accessorischen Drüsen nach dem Ueberströmen des Samens dorthin gebracht wurden. In der Mitte der Eileiter zeigt sich die Fältlung der Propria und da- mit wohl die Contractilität der Wandung am kräftigsten. Aus dem Eier- stock ausgetretne Eier habe ich dort niemals gesehn; die im Eierstock in der Reifung begriffnen sind von sehr verschiedner Grösse. Es liegen nämlich in einem jugendlichen Eierstock in der Wandung längliche, ovale oder spindelförmige Gruppen von Zellen, die als locale Potenzirun- gen des Epithels dieses erweiterten Endes des Eileiters betrachtet wer- den müssen. Solche Gruppen messen erst etwa 0,04—0,05 mm. Die in ihnen .enthaltnen Eizellen wachsen aber bis 0,125 mm. und mehr aus und unterdessen immer grössere Selbstständigkeit gewinnend und sich an der Ovarialwand vordrängend geben sie dem Eierstocke ein traubi- ges Ansehn. Jene mütterlichen Zellhaufen gehn darin ganz auf. In den Eiern finden wir das Keimbläschen und in diesem ausser dem grössern Kern oder eigentlichen Keimfleck noch ein paar kleinere, auch bestimmt umgränzte. Das Keimbläschen der grässern Eier misst 0,02 mm. — 0,025 mm., der Keimfleck 0,007 mm. — 0,01 mm. Schon in Eiern von 0,03 mm. Durchmesser sind Keimbläschen und Keimfleck deutlich. Sie sind dann relativ etwas grösser. Die Verbindung der Ovarien beider Seiten in der Mittellinie, welche Heller von einem Ovarium zu sprechen veranlasste, ist je nach dem Alter von verschiedner Innigkeit; sie kommt jedoch zunächst nur durch die Umstrickung mit Tracheen zu Stande. Man kann die Ovarien bei jungen Thieren sehr wohl trennen und noch als in jedem Ovarium schon über 100 isolirte Eier, allerdings von verschiedner Grösse, vorhanden wa- ren, konnte man auch nicht bei einem zweifeln, welcher Seite es ange- höre, und die Trennungslinie sehr gut verfolgen. Bei sehr stark gefüllten Eierstöcken ist die Verwachsung fester, und ist es schwer zu entschei- den, ob.bei denselben dann wirklich auch eine Verwachsung der Wände stattgefunden hat; nur muss man sagen, dass das deshalb nicht sehr wahrscheinlich ist, weil diese Wandungen sehr dünn und nicht in einer kräftigen Zellvermehrung begriffen sind. Auf keinen Fall dürfen wir an eine solche Verschmelzung der Ovarien denken, dass auch die Hohl- räume vereinigt würden und die Eier je nach Belieben auf dem Wege rechts oder auf dem linkerseits entleert werden könnten. An den männlichen Geschlechtswegen ') dagegen sind die Anhangs- drüsen kolossal entwickelt. Sie fallen als ein in zwölf tiefeingeschnittne Lappen zerfallendes, weisslich glänzendes Organ zunächst in die Augen und drängen den unpaaren Theil, das eigentliche Vas deferens, ganz in 1) Fig. X. £} 149 den Hintergrund. Diese Lappen sind unregelmässig, das ganze Bündel fast 4 mm. lang, Durch die Auflösung der schon gekernten Epithelial- zellen wird in ihnen ein Secret erzeugt, in welchem neben molekulärer Masse jene Kerne erkannt werden können. Die Wandung erscheint ebenso contractil als die der Eileiter und enthält viele bindegewebige Fasern. Die Samenleiter vereinigen sich mit diesem Drüsenbündel andrer- seits nur zu einem kurzen gemeinsamen Ausführungsgang, nachdem sie selbst bis dahin ganz so verlaufen waren, wie die Eileiter und auch ähn- liche knotige Erweiterungen "und contrahirte Stellen gezeigt hatten. Sie enthalten ausser dem Secrete ihrer eignen Zellen eine grosse Anzahl von Samenelementen, welche aus dem obersten Abschnitte, den Hoden, her- rühren. Diese Samenelemente') sind hohle, doppeltcontourirte Stäbchen von fast 0,4 mm. Länge auf kaum 0,013 mm. Breite. Sie sind überall gleich breit und an beiden Enden offen. Die Wand erhebt sich leicht, viel- leicht unter dem Einfluss von Wasser und bildet dann einen zarten Saum. Die in ihnen enthaltne Masse quillt häufig tropfengleich vor und zeigt sich dann als etwas krümlich und wenig lichtbrechend, allmälig nicht selten zu kleinen vibrionenähnlichen Stäbchen erstarrend; die Hülleeda- gegen scheint von chitinartiger Solidität. Die rundlichen oder mehr gestreckten Zellen der Wand enthalten öfter Häufchen von bräunlichen Körnchen und man findet aus ihnen her- rührende Moleküle und zusammengeballte bröckliche Massen in dem Ka- nale der Samengefässe. Die blinden Enden der Samenleiter constitui- ren nur wenig erweitert die Hoden und liegen ähnlich verschmolzen, wie die Eierstöcke, hinter dem Gehirn. Ihre Zellen sind blasser. Der Zeli- inhalt verwandelt sich in einen plumpen Samenfaden, der um den Kern gebogen liegt. An der Stelle, wo der Kern der Wand ansitzt, verdünnt sich letztere bis zum Platzen und der befreite Samenfaden kann sich nun ausstrecken. Danach erst erhärtet seine äussere Schicht und wird lichtbrechend, während er noch in die Länge wächst und eine schlan- kere Gestalt erhält. Die sehr geringe Anzahl entwickelter männlicher Individuen unter den untersuchten Exemplaren hätte wohl noch mehr Gelegenheit wünschen lassen, so interessante Verhältnisse wie die weilre Umbildung der schon frei gewordnen Samenfäden und die deutliche Ge- genwart von gesondertem Inhalt in: denselben der Untersuchung zu un- terwerfen. Hinter den mittlern Partien der Geschlechtsorgane, aber seitlich von ihren zuerst nach hinten ziehenden paarigen Gängen überragt, liegt der untere Abschnitt des Verdauungskanals, von dem wir den Magen abgelöst hatten. Der Mastdarm nimmt hier die beiden einfachen Harnkanäle auf und 1) Fig. XI. 150 wird so zur Cloake '). In der Regel sind in dieser bedeutende Quantitä- ten kugliger Harnconcremente angesammelt und» sie trilt-uns so als weissliche Blase von 41, mm. Länge entgegen, in deren obern Theil der Mastdarm und die Malpighischen Gefässe eintreten. Mit dem untern Theil verbinden sich dann ferner zwei seitlich ausgestülpte Säcke, und da auch diese oft mit Harn gefüllt sind, es aber nicht grade immer zu sein brauchen, so können wir ein bis drei Harnsäcke vorfinden, die dann von der Bauchseite des Thieres in der Gegend des Afters?) weiss durch die Chitinhülle durchblicken ?). Einige Zeit nach dem Genuss von Blut sind die aufgespeicherten Harnquantitäten sehr bedeutend. Die Mal- pighischen Gefässe lassen ihr Epithel sehr deutlich erkennen, sie ver- laufen in der beträchtlichen Länge von etwa 8 mm. rechts und links unter den Magensäcken stark gewunden nach vorn und verstricken sich mit den Geschlechtsorganen und Speicheldrüsen durch die Tracheen. Durch den Mangel der knotigen Anschwellungen unterscheiden sie sich stets sofort von den Ausführungsgängen für die Geschlechtsprodukte. Bei starker Anfüllung der Gefässe und der blasenförmigen Divertikel mit Harnconcretionen zeigen sich letztere oft sehr gross und haben eine mehr gelbliche Färbung. Die Ausmündung der Cloake wird durch die beiden eine senkrechte Spalte lassenden, von einem Ringe umzognen Afterklap- pen geschlossen. An die innere hintere Ecke jeder Klappe geht ein kräf- tiger Levator. Alle die besprochnen Eingeweide werden natürlich von den Tra- cheen umsponnen, welche ausserdem die weiche Haut reichlich versor- gen. Das Respirationssystem entspringt aus einer Anzahl rasch zerfal- lender Stämme, die eigentlich ohne ein gemeinsames Rohr von den Stigmen ihren Ausgang nehmen. Diese allein sind eigentlich am Argas reflexus unter allen Organen etwas schwierig zu finden. Sie liegen zwi- schen dem dritten und vierten Fusspaar versteckt unter der Hüfte des - dritten Fusses, so dass dieser nach vorn umgelegt werden muss, um sie zu zeigen *). Sie bestehen aus einer einfachen rundlichen, grubenförmi- gen Vertiefung. Eine Stigmenplatte und Klappe fehlt, der sonderbare Bau des Chitinpanzers lässt sich bis in die Albemgruben hinein verfolgen, ohne eine Aenderung zu erleiden. An den Tracheen lässt sich vielfach die chitinogene Haut recht gut erkennen. Die Tracheen bilden wie unter dem Gehirm so auch noch an andern Stellen, an denen ein grösserer Reichthum durch das Bedürfniss zu versorgender Organe nicht erklärt werden kann, öfters dichte Netze, die sich ordentlich zu einem dicken weissen Knäuel verschlingen. Solche liegen z. B. rechts und links nach aussen neben den hintern Magenhör- nern. Ich habe daran gedacht, ob vielleicht solche Knäuel, da hier der Zweck nicht in Verringerung des spezifischen Gewichtes des Körpers ge- 1) Fig. VI. 2) Fig. ILf. 3) Fig. Ilg. 4) Fig. la. 151 sucht werden kann, durch eine Function von der chitinogenen Membran anhängenden Zellenhaufen für die Blutbereitung von Wichtigkeit sein dürften. Nachdem wir somit die Eingeweide sämmtlich besprochen haben, bleibt es uns übrig, einen Blick auf die gegliederten Anhänge und auf das Skelet des Rumpfes zu werfen. Indem das Abdomen der Argas-Arten zu einem das sogenannte Kopfstück überragenden flachen Schilde entwickelt ist, sind die Mund- werkzeuge von oben ganz verdeckt. An der Bauchseite werden sie theil- weise bemerkt in einer länglichen Grube liegend, die von Falten des Abdomen umschlossen wird '). Durch die Einlenkung des Kopfstückes am Abdomen ist es möglich, diese Theile, indem man sie fast zum rech- ten Winkel erhebt, aus dieser Grube vortreten zu machen, und ebenso muss das Thier selbst verfahren, wenn es seine Mandibeln in die Haut eines Wohnthieres einstossen will. Es ist dann bei dieser Handlung eben durch den flachen Schild des Abdomen gedeckt. Ist das Thier mit Blut gefüllt, so verschwinden die genannten Falten so gut wie alle andern Unebenheiten des Hinterleibes und das Kopfstück findet auch im Ruhe- zustand nicht mehr Raum und Schutz in der nunmehr verstrichnen Grube. Das Thier trägt dann das Abdomen gewissermassen auf dem Rücken. Ein wesentlicher Unterschied für diese Theile gegenüber Ixodes liegt nur in den Maxillartastern. Dieselben sind nicht durch Abplattung und theilweise Verwachsung ihrer Glieder zu schalenähnlichen Deckern für den gezähnten Rüssel umgewandelt, die kaum noch das vorderste Glied zum Tasten zu bewegen vermögen, sondern gut entwickelte viergliedrige Tastwerkzeuge *). Das letzte Glied trägt an der abgeschnittnen Spitze einige Tasthaare, die übrigen Glieder einfache Borsten. Der Ansicht Ger- stäcker’s, dass diese Taster nur dreigliedrig seien, muss ich entgegen- treten; das basale Glied ist nicht rudimentär, sondern gut entwickelt ' und so beweglich, wie irgend eins der andern, ja eher mehr, da die Be- wegungsrichtung hier weniger beschränkt ist. Wäre seine Einlenkungs- fläche nicht so breit und es selbst nicht im Verhältniss dazu etwas kurz, so würde allerdings diese Beweglichkeit noch deutlicher sein. Die vor- züglichste Bewegung der Taster findet nach unten statt und ihre vordern Glieder sind in der Ruhe schon nach unten umgebogen. Die innern Maxillarlappen sind zu einem Kolben verwachsen ?). Die Verbindung ist jedoch nur vorn etwas fester, sonst lässt sich die Naht leicht bemerken und selbst auseinander drängen. Dieser Kolben ist wie bei Ixodes unten mit Zähnen besetzt, von denen ich etwa 25—30 jeder- seits zähle, unter welchen nur 6—9 eine stärkere Entwickelung haben. Die Zähne stehen in schrägen Reihen oder in der Quincunx, vorn sind 1) Fig. IHa-e. % 2) Fig. Id und IV b; 3) Fig. Ila und IVa. 152 einige kleine, dann folgen die kräftigern, um nach hinten beständig ge- ringer entwickelt, um für das letzte Drittheil an der Basis nur noch durch eine leichte Strichelung angedeutet zu erscheinen. Die Höhe des oben leicht ausgehöhlten Kolbens ist sehr gering, seine Länge verhältnissmässig geringer als bei Ixodes. Trennen wir die Hälften des Kolbens von einander, so können wir sie fast wie in einem Gelenke an ihrer Insertion an dem sie und die Tasten tragenden Ringe bewegen. Dieser Ring, über welchen als hauptsächliches Aequivalent des ge- meinsamen basalen Theils für Unterkiefer und Unterkiefertaster wir uns bei Ixodes aussprachen, verhält sich hier im Wesentlichen so wie dort. Zunächst aber ist die ihn oben ergänzende Platte nicht solide. Der Mund wird vielmehr oben durch eine mit Ausnahme einiger an dem überdiess mit zwei Borsten ausgerüsteten Vorderrand eingebeiteter Chi- tinkörner nur häutige, sehr dehnbare Membran geschlossen, welche an der Wurzel des Kopfstücks sich zu dem Boden der Grube umschlägt, in der die gesammten Mundtheile geborgen liegen. Ferner zerfällt der Ring auch an der Kehlseite durch eine biegsame Zwischenstelle in einen vor- dern und hintern Abschnitt, was bei Ixodes nur angedeutet ist'). Es werden hierdurch allerdings die Mundwerkzeuge viel weniger kräftig, wie das zur geringern Entwicklung des Rüsselkolbens stimmt, aber jenes verticale Aufrichten wird dadurch möglich. Auf der flachen Rinne des Rüsselkolbens werden von einander un- abhängig die Mandibeln bin und her geschoben ?). Sie besitzen je zwei schwach gezähnte Haken, ganz ähnlich wie Ixodes, aber weniger kräftig und ein langes an der Wurzel sehr stark ausgedehntes Basalglied, dessen vordres Ende nicht als solide Verlängerung über die Hakenwurzeln hin- ausragt, sondern nur den häutigen Hakendecker entsendet; auch wieder ein Beweis geringrer Kraft dieser Organe. Im Basalelied entspringen Muskeln, welche mit langen Sehnen die Haken bewegen, während aus dem Rumpfe hervorgehende Muskeln die Verschiebungen des Basalglie- des und damit der ganzen Mandibel bewirken. An der vordern Oeffnung des oben geschilderten Ringes schlägt sich von oben, unten und den Sei- ten die Chitindecke ausserordentlich dünn zu dem Basalgliede der Man- dibeln hin, diesen beim Vor- und Zurückziehn nachgebend, in dem obern Munddache bleibt zwischen den Mandibeln eine Spalte und zwischen den Mandibeln bleibt ferner die eigentliche enge Mundöffnung, deren Wände rechts und links durch jene Einschlagung der Decke zu den Mandibeln hin gebildet werden. | Die Zählung der Fusssegmente musste mir nach den Gedanken, die ich bei Ixodes ausgesprochen habe, von besonderm Interesse sein. | In der That finden wir hier die Segmentirungen, die wir bei Ixodes 4) Fig. Ibe/und'd. 2) Fig. V. > 15: - 2%: angedeutet sahen, zum Theil ausgeführt. Die Bildung eines besondern Absehnittes am obern Theile des Femur kommt zu Stande und so ent- steht das, was Gerstäcker als Trochanter bezeichnete, während dieser Theil bei Ixodes keine eigne Bewegung hatte. Somit sind, wenn wir das, was ich Hüften, Gerstäcker Hüftstücke nannte, mitrechnen, sieben Fuss- glieder vorhanden. Ferner kommt aber auch bei Argas jene unvoll- kommne Gliedrung im letzten Tarsengliede vor, deren Vervollkommnung anderswo die Zahl der Fussglieder auf acht steigern würde, und die bis- her nicht bemerkt wurde. Sie fehlt auch hier dem ersten Fusspaare. So lange wir nicht in grösserer Reihe werden gesehn haben, wie in den Gattungen der Milben die Zahlen der Fussglieder sich aus einander ent- wickeln, werden wir in der Wahl der Benennung der einzelnen Theile nicht kategorisch verfahren dürfen. Bekanntlich werden die beiden schlanken Fusskrallen von einem Stiele ohne Arolium getragen. Es bleiben noch einige Worte über die Hauttextur zu sprechen übrig. Die Beschreibung, welche für die Chitindecke von Heller gegeben wurde, passt im Allgemeinen auch für Argas reflexus. In der That setzen sich, wie Heller angiebt, an die durchsichtigern runden, von dickern Rahmen umfassten Stellen, welche fast wie grössere Maschen der netz- ähnlich verschlungnen gelblichen Chitinstreifen erscheinen, die Muskeln in einem oder in mehreren Bündeln an. Aber wir müssen dabei beden- ken, dass diese Stellen, obwohl dünner als die umgebenden Hautschich- ten, wenn diese nicht ausgedehnt sind, doch eine weit grössere Solidität besitzen. Wird aber durch die Füllung des Magens die Haut gespannt, so treten in den früher gelblichen Partien der Haut Veränderungen ein; zu- nächst verstreichen ihre dunklen Zackenlinien gleichenden Falten '), welche hier Felder abgränzen, die noch viel unregelmässiger und son- derbarer sind als bei Argas persicus, und oft fast sternförmig werden, und danach verdünnen sich durch die Spannung die gelben Felder selbst und verlieren zugleich immer mehr ihre Farbe, schliesslich zu gleicher Durchsichtigkeit gelangend, wie sie die Muskelansatzfelder in ihrer ho- mogenen und soliden Beschaffenheit von Anfang hatten. Währenddess behalten die letztern ihre frühere Dicke, die nunmehr die Dicke der um- gebenden Theile der Chitindecke bedeutend übertrifft. Sie sind während der verschiednen Expansionszustände des Thiers gleich dick und gleich solide, die andren veränderlich. Eine Verschmelzung solcher soliden Partien zu Leisten und Platten, wie wir sie bei Ixodes ricinus hatten, finden wir bei Argas nicht. Einem Muskelbündel oder einer Anzahl entspricht immer eine für sich bestehende mehr weniger rundliche Platte ?), und entsprechend der Anordnung der Muskeln und der Stärke der Bündel nehmen diese Platten nach der Peripberie hin an Zahl zu und an Grösse ab. Man kann sie als in Reihen stehend betrachten, deren 1) Fig. VI. 2) Fig, VIb. 154 Richtung den Zwischenräumen zwischen den Darmblindsäcken entspre- chen und die von der Peripherie aus einen verschieden weiten Weg ra- diär zum Centrum hin zurücklegen, je nachdem sie Mageneinkerbungen von verschiednem Rang entsprechen. Ganz besonders gross sind somit die Platten und die ihnen entsprechenden Gruben der Oberfläche, wel- che zu den Seiten der Hauptstämme der Blindsackausstülpungen liegen, und von ihnen ausgehend schnüren Muskeln aus zahlreichen Bündeln hier jene Magentheile seitlich ein. Am zahlreichsten dagegen sind solche Platten in der medianen Linie, welche hinter dem centralen Magensacke zum Hinterrande des Körpers verläuft. Man findet dort über zwanzig. Senkrecht auf dem Rand stehn Kerben und Falten '), die zu allerletzt verstreichen. Dass übrigens ein Theil der Chitindecke an den Muskel- scheiden sich fortsetzt, ist nicht zu verkennen, aber im Uebrigen ist diese feine faltige Lage mit der äussern Schicht vollkommen verwachsen, sie kann nicht isolirt werden. Aus dem Gesagten geht hervor, dass die Argas in ihrem innern Bau den Ixodes nahe verwandt sind. Kleine Verschiedenheiten, wie die Aus- stülpung von Harnsäcken, stärkere Entwicklung einzelner Theile des Ge- schlechtsapparats, sind nicht als sehr wesentlich zu betrachten. Für die äussere Organisation ist die Gleichheit der Mandibeln und des Rüssels vollkommen, die Gliederzahl der Taster gleich und an den Füssen sind die Verschiedenheiten nur durch Entwickelung des in der andern Gruppe schon Angedeuteten hervorgegangen. Es tritt damit sofort in die Augen, dass man nicht wohl thut, eine Familie der Argasidae von der der Ixodidae zu trennen, wie das auch Gerstäcker verwirft. Man darf überhaupt allein auf den Charakter der Palpen nicht die Familien bilden. Es liegen dagegen genug Charaktere vor, um Ixodes und Argas generell zu trennen. Argas persicus scheint andrerseits von Argas reflexus nur durch die gedrungenere Gestalt, die braune Färbung und dadurch verschieden zu sein, dass am Rande nicht grade Strichelchen, sondern Grühchen die Zeichnung bilden. Die Ker- ben, welche durch jene Strichlung am Rande des Argas reflexus ent- stehn, sind etwa 0,05 mm. von einander entfernt, und hier und da stehn in ihnen kurze Borsten. | Die Argasarten sind durch die platte Form besonders geeignet, sich in Spalten zu verstecken. Ihre Mundtheile sind mehr geeignet, kleinere Tbiere oder Individuen mit zarter Haut zu verletzen, sie werden aber leichter loslassen können als die wahren Zecken und so Jeichter unbe- merkt und ungefährdet kommen und gehn. Ihre Giftigkeit darf eher als geringer angenommen werden als die der Zecken, aber das Wohnen in Häusern und das schaarenweise Vorkommen muss die Unannehmlich- keiten vermehren, die sie mit sich bringen. 1) Fig. Vla. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. [2 Soweit aus anatomischem Befunde geschlossen werden kann, dürfen wir nicht erwarten, dass Argas persieus eine wesentlich andre Bedeu- tung habe als der heimische. Heidelberg, am 28. April 1861. a0. 4A. 12. 13. Erklärung der Abbildungen. Taf. XVI. Argas reflexus von oben gesehn, 9 Mal vergrössert. a Die hell durch- scheinenden kolbigen Basen der Mandibeln. Derselbe von unten gesehn, in derselben Vergrösserung. a Der Rüssel- kolben. b Maxillartaster. c Der vordere, d der hintere Abschnitt des Kinnes oder der untern Fläche des sogenannten Kopfstückes. e Die Ge- schlechtsöffnung. fDer After. g Die durchschimmernden Harnsäcke der Kloake. h Die Stigmen. Der dritte Fuss der linken Seite von unten gesehn und nach vorn geschla- gen, um das Stigma zu zeigen, 30 Mal vergrössert. a Das Stigma. Db Das kleine eingeschobne Segment, der Trochanter Gerstäcker’s. c Das unvoll- kommne Segment am letzten Gliede der drei hintern Fusspaare. Die Mundtheile von unten gesehn, 80 Mal vergrössert. a Der Rüsselkol- ben oder die verwachsnen Maxillen. 5b Die Maxillartaster. c Die durch- scheinende Oberlippe. d Die Speiseröhre. ee Die Speichelgänge. Die rechte Mandibel von unten gesehn, 80 Mal vergrössert. a Die Haken- scheide. b Der grosse Haken. c Der kleine Haken. d Das Basalglied. Ein Stück der Körperdecke, 60 Mal vergrössert. a Der gezähnte Seiten- rand des Körpers. D5 Die hellern Stellen zum Ansatz der Muskeln. Die Harnorgane von unten gesehn, 5 Mal vergrössert. aa Malpighische Gefässe, das linke abgeschnitten. b Kloakaler Harnsack. c Seitliche Er- weiterungen desselben. d Mastdarm. Gehirn von oben gesehn, 45 Mal vergrössert. 4—3 vordere Nerven für dieMundwerkzeuge. 4—7 Fussnerven. 8—10 Eingeweidenerven. a Speise- röhre. Weibliche Geschlechtsorgane, 40 Mal vergrössert. aa Die verbundnen Ovarien. bb Die Eileiter. cc Deren untre Erweitrungen oder Uterinhör- ner. dDer Uterus. ee Die Anhangsdrüsen. f Die Geschlechtsöffnung. Die männlichen Geschlechtsorgane, 5 Mal vergrössert. aa Die Hoden. bb Die Samenleiler. cc Die untern Erweitrungen. d Der Ausführungs- gang. ee Die Anhangsdrüsen in je sechs Lappen zerfallen. Ein Samenfaden, 130 Mal vergrössert. a Ausquellender Inhalt. Zwei Argas in natürlicher Grösse, ausgewachsen, a Mit leerem Magen. b Mit Blut gefüllt. Ein aus der Blutflüssigkeit anschiessender Krystall. Listrophorus gibbus nebst nachträglichen Bemerkungen über Listrophorus Leuckarti von Dr. H. A. Pagenstecher in Heidelberg. Hierzu Tafel XVII. Kaum sind einige Monate vergangen, seitdem ich auf eine an der Wasserratte gefundne Milbenart das Geschlecht »Listrophorus« gründen konnte, und ich sehe mich bereits im Stande, für dasselbe einen neuen Vertreter zu beschreiben. Ich verdanke auch diese Gelegenheit meinem hochverehrten Freunde Herrn Professor Zeuckart, der diese Milbe in einer mässigen Zahl an einem von mannigfachen Epizoen heimgesuchten Ka- ninchen auffand. Es ist gar häufig, dass ein und dasselbe Wohnthier mehrere Milbenarten beherbergt, da für sie alle mehr oder weniger die gleichen Umstände günstig sind, und wir erfahren das ja ebensowohl an z. B. mit dem Weichselzopf behafteten Menschen wie an räudigen Thie- ren. Leuckart selbst hat der neuen Milbe wegen einer hervorstechenden Eigenschaft den Artnamen »gibbus« gegeben, der namentlich bei jungen Thieren, überall aber, wenn man den Vergleich mit L. Leuckarti zieht, charakteristisch erscheint. Listrophorus gibbus stimmt in den meisten Eigenschaften nahe mit L. Leuckarti überein, sowohl was den äussern Bau, als was die innere Organisation betrifft, unterscheidet sich nur durch einzelne wenn auch bestimmte Verschiedenheiten, welche theils beiden Geschlechtern gemein- sam sind, theils nur den Männchen zukommen. Wir können uns deshalb in der Beschreibung kurz fassen. Die erwachsnen Weibchen messen bis 0,5 mm. in der Länge, wie die von L. Leuckarti, die Breite des Körpers, auch hier der Höhe ziem- lich gleich kommend, beträgt jedoch nahezu die Hälfte der Länge, und so ist der Körper viel plumper. Das tritt noch mehr bei jüngern Thieren von beiderlei Geschlecht hervor, bei welchen die Höhe über die Hälfte 157 der Länge betragen kann und bei welchen der hinter dem Kopfschilde sich rascher erhebende weichhäutige Theil des Rumpfes eine Art von Buckel bildet. Diesem plumpen ovalen Körper fehlt nun auch vollständig die leichte Einschnürung, welche bei L. Leuckarti hinter dem letzten Fusspaar den Hinterleib absonderte, und der ganze Leib ist mehr gleich- mässig von den Füssen unterstützt. Die den vordersten Abschnitt desKörpers deckende Platte ist bräun- lich, mit zahlreichen feinen Poren durchsetzt, wie sich solche auch an andern weniger verdickten Stellen, z. B. an den Hüftstücken, wieder- holen. Ihr Vorderrand springt nicht zu einer Spitze vor, sondern ist ein- fach abgeschnitten, auf jeder Seite aber findet sich ein stumpfer Haken, der bei etwas schräger Ansicht!) deutlicher zu sehn ist. Ein Paar feine Borsten finden sich hier ebenfalls. An der untern concaven Seite dieses Kopfschildes sehen wir auch hier die Spitzen der rudimentären Mandi- beln*) aus rundlichen Oeffnungen hervorkommen, zu den Seiten der Mundöffnung, welche von unten durch eine breite an den Rändern ver- stärkte Platte gedeckt ist. Letztere entspricht wieder den verwachsnen innern Maxillarlappen. An der Basis dieser Platte oder der Kehle sind dann die schaufelförmigen gestreiften Maxillartaster eingelenkt. Im Allgemeinen sind die Mund- theile gegenüber denen von L. Leuckarti bedeutend von vorn nach hin- ien verkürzt, und deshalb würde ihre Deutung schwieriger sein, wenn nicht der Vergleich vorläge, durch welchen ohne Schwierigkeit die Ein- zelnheiten der Zeichnung auf Bekanntes zurückgeführt werden können. Die Mandibeln und Maxillartaster sind übrigens sehr gut zu erkennen. Die Einlenkung der Maxillartaster ist in der Seitenansicht der der Füsse durchaus entsprechend und liegt der Einlenkung des vordersten Fuss- paares sehr nahe. Die vier Fusspaare des Weibchens sind denen von L. Leuckarti in Segmentzahl und Gestalt sehr ähnlich, aber eher etwas schwächer, be- sonders die hintern. Das letzte Fussglied ist länger als die zwei vorher- gehenden, am ersten Fusse fast cylindrisch, an den übrigen mit einem Höcker an der Innenwand, grade abgeschnitten. An der einen Ecke der Endfläche steht eine deutliche, wenn auch durch ihre Länge, Feinheit und gestreckte Gestalt fast borstenähnliche Kralle, an der andern ein sehr fein gezeichnetes, grosses, kurzgestieltes Arolium®), welches für die vor- dern Fusspaare kleiner ist, während die Krallen hinten weniger lang er- scheinen. Eine starke Borste steht am Ende des vorletzten den einige kleine am letzten und auch sonst, aber in sparsamer Wellheilune, wie auch auf dem Körper selbst nur äusserst selten kurze Härchen ange- bracht sind. Diejenigen Skelettheile, welche man an der Bauchseite findet und als sternale oder als Plastron bezeichnen kann, sind eher etwas mehr 4) Fig. Ilaa. 2) Fig. Iaa. 3) Fig. IV. Zeitschr. f. wissensch. Zoologie. XI. Bd. A 158 entwickelt als bei der früher beschriebnen Art, namentlich liegen die Basen des dritten Fusspaares wie von einem queren, gürtelähnlichen Ringe umfasst. Zwischen den Hüftstücken des letzten Paares endlich lie- gen zwei sehr schwache Leistchen als leise Andeutung des an dieser Stelle beim Manne so entwickelten Chitinapparats. Nahe dem Hinterrande des Abdomen bezeichnet eine längsovale Grube, deren Längsspalt mit Chitin- stäben gestützt erscheint, die Cloacalöffnung. Die seitliche Ansicht ') zeigt jedoch, dass auch hier die Ränder dieser Oefinung sich erhebend einen kurzen röhrigen Vorsprung bilden, der mit ein Paar Börstchen ein- gefasst dem bei dem Weibchen des L. Leuckarti sehr ähnlich ist. Die Haut der weichern Körpertheile ist mit Falten bedeckt, welche sich nur am hintersten Ende über der Cloake zu feinen Spitzen oder Stachelchen erheben. Im Innern des Körpers kann man Speicheldrüsen, einen einfachen weiten sackförmigen Magen, Darm und etwas undeutliche Geschlechtsorgane erkennen. Es scheint auch hier wieder eine Samen- tasche vorhanden zu sein. In den Geschlechtswegen lag zuweilen ein Ei bis über 0,2 mm. lang und fast 0,08 lang mit grossem Keimbläschen und deutlich doppelt contourirter Eihaut. Die Entwickelung der Eier, eins nach dem andern, macht das Vorhandensein einer Samentasche wahrscheinlich. Bei solchen Individuen, welche der Häutung nahe schie- nen, lagen wieder vielfach stark lichtbrechende Goncretionen (Harn?) unter der alten Chitindecke, wie es schien, auf der weichen Haut, be- sonders dem Rücken. Es ist übrigens sehr schwer, in solchen Fällen zu sagen, ob die Körnchen zwischen den Organen oder auf der Haut liegen, und kam es mir zuweilen beinahe vor, als ob sie ursprünglich in Gefässen lägen und an den andern Stellen nur durch deren Zerreissung aus- getreten seien. Junge Individuen mit nur drei Fusspaaren sah ich nicht. Dieser Zu- stand, dessen Bestehn wir nach Analogie nicht wohl beanstanden dürfen, mag wohl sehr kurz dauern, da die kleinsten Individuen mit vier Fuss- paaren nur 0,22 mm. bis 0,24 mm. an Länge maassen, eine Grösse, die nur wenig die der grössten in den Müttern oder abgelegt gefundnen Eier übertrifft. Das vierte Fusspaar ist bei solchen übrigens klein und sehr zart. Die Gestalt ist durchaus die der Weibchen, sind die Thiere jedoch frisch gebäutet, so fehlt den stärkern Chitinplatten die braune Färbung und sie sind überall gleichmässig hell. Die erwachsnen, geschlechtlich entwickelten männlichen Individuen auf der andern Seite unterscheiden sich sofort sehr merklich von den Weibchen. Ihr Körper an sich erreicht kaum die Länge der grössten, namentlich der trächtigen Weibchen, aber derselbe besitzt hinten einen Anhang, der den Hinterrand des Rumpfes fast noch um ein Drittel der Leibeshöhle überragt. Den Anfang dazu hatten wir schon in den Läpp- chen, welche sich bei L. Leuckarti hinter den Haftinäpfen neben der Ge- 4) Fig. III. 159 schlechtsöffnung zeigten; etwas stärker entwickelte Gebilde der Art fin- den wir als Träger der Saugnäpfe und einer starken Borste in Form von rundlichen Lappen am Hinterende eines Dermaleichus, den ich am Picus varius fand und als D. picinus Koch deuten zu dürfen glaube, obwohl Koch den D. pieinus nicht in jene Gruppe der Dermaleichi stellt, deren Männchen hinten eine Gabel haben, sei es, dass er das Männchen nicht kannte, oder weil die Gabel hier nicht so vollkommen ist. Bei L. gibbus aber sind diese Lappen zwar paarig, doch dicht einander anliegend weit länger mit fast parallelen Rändern ausgezogen, ausser kleinern Borsten am Ende eine sehr lange tragend, deren feines Ende jedoch abgeschlissen sein kann. Auf der Basis dieses Apparats, der der Bauchseite eingepflanzt ist und der den entwickelsten Gabeln der Männchen eines Theils der Dermaleichus gleichkommt, liegen die Haftnäpfchen und Geschlechts- und Afteröffnung hintereinander. Die Spitze des Abdomen ragt auf dem Rücken über die Implantationsstelle hinaus, und es sind auf ihr ähnlich wie beim Weibe, aber deutlicher, die linienförmigen Hautfalten in papil- lenähnliche Spitzchen erhoben, so dass das Hinterende oben dicht be- stachelt erscheint. Sieht man ein Männchen von der Seite, so bekommt der erwähnte Apparat ein Ansehn wie das eines unvollkommnen nach- schleppenden Fusspaares. Die Beine der Männchen sind stärker, die Haftscheiben vollkommen, die hintern Füsse fast doppelt so lang als die der Weibchen. Wenn so die Bewegungsorgane vollkommner sind, so ‘erscheinen dafür die Mundwerk- zeuge etwas unvollkommen, namentlich die Oeffnungen für die Mandibeln und diese selbst etwas kleiner. Auch wird die Ausdehnbarkeit des Lei- bes durch das hier in höherm Grade als bei L. Leuckarti zwischen den hintersten Hüften entwickelte Chitingerüst beschränkt. Ich lasse es da- hin gestellt, ob dieses Gerüst eine nähere Beziehung zu den Geschlechts- functionen hat, oder nur die grössere Festigkeit des Skelets zwischen den Hinterhüften bedingt, welche an sich schon bei der ‚Begattung für die umklammernden Männchen wichtig sein mag, glaube aber auch hier die Lage der Geschlechtsöffnung hinten annehmen zu müssen, wo sie dann beim Manne in einer Spalte vor der des Afters und von diesem deutlich gesondert, beim Weibe in der ovalen Gloacalgrube ebenfalls vor dem After zu suchen ist. Dafür stimmt auch die Angabe Koch’s (Uebersicht des Arachniden-Systems p. 123) in Betreff der Begattung der Dermaleichi, bei welcher die Anheftung mit dem Hinterende geschieht. Da dann bei langer Dauer der Begattung das Weib nachgeschleppt wird, so können wir auch nicht denken, dass weiter vorn gelegen die Geschlechtsöffnun- gen nur gegen einander gedrückt würden, auch unter Begünstigung durch die hintere innigere Anheftung. So wird wohl Robin’s Ansicht, dass die Geschlechtsöffnungen an dem Chitinapparat zwischen den Hinterhüften lägen, nicht haltbar sein. Der L. gibbus frisst Epithel und dürfte wohl auch auf andern Nagern 44* 160 als Lepus cuniculus gefunden werden. Ueber die innere Organisation der Gattung gewähren Untersuchungen an demselben keine Bereicherung gegen die Resultate bei L. Leuckarti. Die Speicheldrüsen schienen etwas sicherer, die meisten andern Organe weniger deutlich, wie dies, da ich es nur mit aufbewahrten Thieren zu thun hatte, kaum anders denkbar. Durch die rundliche Gestalt des Kopfstücks kommt L. gibbus den Arten von Acarus im engern Sinne im Ansehn näher, ohne dass aber in den wesentlichen Theilen, den Mandibeln und Maxillartastern eine Ah- weichung von L. Leuckarti bestände. Auch bei den am nächsten stehen- den Arten von Dermaleichus, die ich bisher sah, zeigt sich sofort der Unterschied im Bau der Maxillartaster. Ich hoffe aber, dass vermittelnde Uebergänge auch hier sich werden finden lassen. Zur Geschichte des L. Leuckarti habe ich eine kleine Bemerkung zu machen. Ich fand nämlich bei der Durchmustrung der mikroskopischen Sammlung des Herrn Professor Quecketi im College of Surgeons in Lon- don vor wenigen Wochen diese Milbe in mehreren älteren Präparaten wieder und erhielt, als ich auf dieses Zusammentreffen aufmerksam machte, die Auskunft, dass Queckeit schon vor zwanzig Jahren diesen Fund erwähnt habe. Aus der Beschreibung, die derselbe damals gab, unsre Milbe zu erkennen, ist jedoch ganz unmöglich, und das Thier er- hielt keinen Namen, so dass von Priorität nur für den Fund, nicht für die Beschreibung die Rede sein kann und der Name bleiben muss, welchen ich dieser Milbe gegeben habe. Die Stelle findet sich im » Microscopical journal for 1841 edit. by Dan. Cooper Vol. Ip. 4143« und der Text lautet, nachdem vorher bemerkt wor- den, dass ein Theil der auf einer Wasserratte gefundnen Parasiten zu den Milben zu gehören scheine, wie folgt: One of them was very small, with a slender body, marked with transverse rugae and a head of a brown colour; the eggs of this species were found in abundance on the hairs. Das ist Alles und bei dem jetzigen Standpunkt der Milbenbeschrei- bung von nicht mehr als historischem Interesse. Ich bemerke hei dieser Gelegenheit noch, dass sich bei der geson- derten Correctur des Textes und der Tafeln ein Paar leicht zu entdeckende Druckfehler in der Buchstabenbezeichnung der Tafeln eingeschlichen haben, welche zur Beschreibung von L. Leuckarti gehören. Heidelberg, 20. Mai 1861. Fig. Fig. Fig. Fig. 161 Erklärung der Abbildungen. Taf. XVII. Listrophorus gibbus 5 460 Mal vergrössert, von unten gesehn. aa Die Man- dibeln. bb Die schaufelförmigen Maxillartaster. Von demselben das Weibchen in gleicher Vergrösserung und Ansicht. aa Die zahnförmigen Hervorragungen des Kopfstücks. Ein grösseres Weibchen ebenso viel Mal vergrössert in der Seitenansicht. a Die schaufelförmigen Maxillartaster. b Die Speicheldrüsen. c Der Magen. d Der Darm. e Ein in den Geschlechtswegen enthalines Ei. f Die Samen- tasche (?). Das äusserste Ende eines männlichen Vorderfusses mit Arolium und Kralle 450 Mal vergrössert. Zur Kenntniss des Ixodes Ricinus. Briefliche Mittheilungen an Herrn Prof. v. Siebold. Von Dr. H. A. Pagenstecher in Heidelberg. Bald nachdem der Text zu meinem zweiten Hefte der Anatomie der Milben gedruckt worden war, gab mir die von Carus und Engelmann herausgegebene Bibliotheca Zoologica Gelegenheit zu bemerken, dass ein Paar den Ixodes Ricinus betreffende Aufsätze mir unbekannt geblieben seien. Es war das für einen Fall wenigstens sehr zu bedauern, nämlich für die mit eben so viel Scharfsinn wie Eleganz geschriebene ausführliche Abhandlung des Herrn Prof. Gene (Memorie della Academia di Torino. Ser. 1: 27.1X)). Da ich selbst nicht Gelegenheit gehabt hatte, die Eiablage der Zecke zu beobachten, wie ich auch p. 38 meiner Arbeit bemerkte, so würde ich besonders an dieser Stelle jenes Aufsatzes haben gedenken müssen, der für diesen Vorgang die Details angiebt und dabei der Hülfe gedenkt, welche höchst sonderbare accessorische Organe leisten sollen. Es war schon damals leider zu spät, eine Versäumniss nachzuholen, welche ihre Entschuldigung darin finden dürfte, dass die entomologischen Jahresbe- richte jenes höchst interessanten Schriftstückes eben so wenig gedachten, als der von Herrn Dr. Fischer in Freiburg i.B. davon veranstalteten Ueber- setzung, und der Ueberblick über unsre so zerstreute zoologische Literatur sehr schwierig wird, wo uns solche Nachweise im Stich lassen. Ich hoffe im Verlaufe des Sommers die Lücke, welche ich liess, ausfüllen zu können und selbst dazu zu gelangen, eine Untersuchung dieser von Gene entdeck- ten Werkzeuge vorzunehmen, die mir unbekannt blieben, weil die Mög- lichkeit sie zu bemerken in der That kaum anders vorhanden zu sein scheint, als im Augenblick der Eiablage, deren genauere Vorgänge nicht zu kennen mir ohnehin schon schwer auflag. Möchte es dabei gelingen, das, was auch für Gene hierbei noch unklar blieb, in richtiges Licht zu setzen. 163 Dass auch Sie, verehrtester Herr Professor, mich in diesen Tagen auf diese Auslassung, die ich, wie oben gesagt, schon vor einem halben Jahre selbst bemerkt hatte, aufmerksam machten, dessen weiss ich Ihnen um so mehr Dank, als ich bei dieser Gelegenheit von Ihren eignen ältern Arbeiten und Notizen über den Ixodes Rieinus Einsicht nehmen konnte, deren Veröffentlichung im Jahre 1850 leider besondre Umstände, wie Sie mir mittheilen , in den Weg traten. Es geben diese Manuscripte und Zeichnungen, "selbst in der unvoll- endeten Form, in der sie mir vorliegen, den Beweis, wie genau und voll- ständig schon damals Ihre Kenntniss der Organisation unsres Thieres war und bleibt es sehr zu bedauern, dass die Resultate Ihrer Untersu- chungen verborgen blieben. Während mir in diesem Augenblicke eine genaue Vergleichung Ihrer Bemerkungen mit dem was ich veröffentlichte, nicht wohl möglich ist, auch derselben die Natur jener, als blosser Skiz- zen, im Wege steht, darf ich doch mit Freuden constatiren, dass mir in den meisten Punkten eine schöne Uebereinstimmung zwischen Ihren und meinen Daten zu herrschen scheint. Wollten Sie aber nicht selbst we- nigstens Ihre Beobachtungen über die Spermafäden mittheilen, etwa noch in Vergleich mit dem, was ich neuerdings über die von Argas reflexus in der an Sie eingesandten Arbeit aussprach ? Heidelberg, 12. Mai 1861. Dr. Pagenstecher. Zur Anatomie der menschlichen Thymusdrüse. Von Prof. W. His. Mit Tafel XVII. Ich habe im Isten Hefte dieses Bandes p. 86 in einer kurzen Notiz über einige Eigenthümlichkeiten berichtet, welche die menschliche Thy- mus gegenüber der früher von mir geschilderten Kalbsthymus darbietet, sowohl hinsichtlich des Verhaltens der Blutgefässe, als auch theilweise desjenigen des Gentralkanales. Ich erlaube mir zur Erläuterung des dort vorgebrachten einige Zeichnungen mitzutheilen, die nach Präparaten menschlicher Thymusdrüsen entworfen sind. Fig. 1 stellt einen Durch- schnitt dar einer Thymus vom Neugeborenen, die von den Arterien aus unvollständig injieirt worden war; Fig. 2 dagegen ist nach einem ähn- lichen Präparate aufgenommen, mit unvollständiger Injection der Venen. Man sieht, dass während bei 1 die stärkern Stämme lim Innern des Aci- nus an der Gränze seiner Höhle liegen und von da ihre Zweige gegen die Peripherie hin aussenden; bei Nr. 2 im Gegentheil die stärkeren Venen den Acinus kranzförmig umspinnen und ihre Wurzeln aus dessen Inne- rem beziehen. Bei der Kalbsthymus verlaufen, wie man sich erinnert, sowohl die stärkeren arteriellen als die venösen Stämmchen im interaci- nösen Bindegewebe. — Fig 3 giebt den vollständigen Querschnitt einer erhärteten Drüse vom Neugebornen; das Präparat war gleichfalls injicirt, indess habe ich der grössern Einfachheit halber die Gefässstämme nicht dargestellt. Man erkennt den Centralkanal als flaches Rohr, inmitten des Organes liegend, die Acini und kleineren Lobuli hängen ihm mittelst kür- zerer oder längerer Stiele an. Dieses Bild ist in verschiedenen Höhen der Drüse ziemlich dasselbe, die Breite des Kanals kann zwischen 3—6”” betragen, die Dicke der Wand einer Seite Y,,—Yıs ; die Wand ist durch- weg gefässhaltig und unterscheidet sich, wie dies ja auch Kölliker an- giebt, in nichts Wesentlichem von der Wand der Acini. — Ueber das Verhalten der Lymphgefässe der menschlichen Thymus hatte ich wegen Mangel an Material bis jetzt keine Gelegenheit Beobachtungen zu machen. Vergleichend-osteologische Mittheilungen von Prof. C. Bruch in Rödelheim. l. Ueber die Mittelhand der Fische. Mit Taf. XV. B. Bei grossen Exemplaren von Salmo salar fand ich im Herbste 1858 vor den vier sogenannten Garpusknochen, welche die Flosse mit dem Vorderglied verbinden, eine Reihe von Knorpelstücken, welche sich an die Garpusknochen anschliessen und den Flossenstrahlen eigentlich zum Ansatz dienen. Dieser Knorpel waren bei dem grössten Exemplar, das ich untersuchte, 11 an der Zahl, die in einer dichtgedrängten Reihe stehen und von oben nach unten etwas an Grösse abnehmen, wie die beigefügte Zeichnung (Fig. I) zeigt. Von einer Ossification war darin keine Spur, die Verbindung mit den Gelenkknorpeln der Garpusknochen, so wie mit den Gapitula der Flossenstrahlen sehr fest und, wie so häufig bei den Fischen, nicht freies Gelenk, sondern Syndesmosis, d. h. durch mehr oder weniger festes Bindegewebe vermittelt. Anfangs war ich nicht geneigt, ein grösseres Gewicht auf diese Be- obachtung zu legen, da solcheKnorpelchen auch am Schwanze und an den unpaaren Flossen überhaupt, und mitunter ziemlich unregelmässig vor- kommen. Kurz darauf überzeugte ich mich aber bei einem 15 Pfd. schwe- ren Karpfen, dass dort nicht nur dieselben Knorpelstücke, 3—1 an der Zahl, vorkommen, sondern sogar Ossificationen enthalten, also ‚schwerlich bedeutungslose Stücke des Skelets sind. Ueberhaupt giebt es hier etwas Bedeutungsloses, wo die Formen so vielfach wechseln und erst aus der Vergleichung vieler Arten und Formen das Gemeinsame, Typi- sche zu erfahren ist? Ist es nicht eine ganz gewöhnliche Erscheinung, dass Organe, die bei einer Gattung sehr ausgebildet sind, bei einer an- 166 dern rudimentär vorhanden sind und besitzt sie die letztere darum nicht? Am Interessantesten scheint mir ein solches Verhältniss, wenn es weiter auseinanderstehende Gattungen und gar verschiedene Thierklassen be- trifft; und zu diesen Fällen wage ich die vorliegenden zu rechnen. Ich glaube, dass man diese Knorpel (welche beim Karpfen kleine Knochenkerne enthielten) unbedenklich als ein weiteres Glied in der Gliederung der vor- deren Extremität der Fische ansehen kann. Es fragt sich nun, welche Bedeutung ihnen beigelegt werden soll. In dieser Beziehung bieten sich zwei Anschauungsweisen zunächst dar. Entweder nämlich gehören diese Knorpelchen zur Handwurze] und stellen die fehlende zweite Reihe derselben dar. Dann fehlt den Fischen die Mittelhand. Oder sie stellen die Mittelhand dar und die Fische haben, nach der gangbaren Ansicht, nur eine Reihe der Hand- wurzelknochen. Im letzteren Falle wäre die Mittelhand in einem sehr ru- dimentären Zustande, da die sogenannten Garpusknochen sie an Länge bedeutend übertreffen, sowohl beim Salmen als beim Karpfen, wo ich sie bisher allein beobachtet habe. Eine Entscheidung ist hier wohl erst mög- lich, wenn eine grössere Anzahl von Knochenfischen darauf untersucht ist, da bis jetzt alle Angaben darüber fehlen. Das einzige bekannte Bei- spiel einer mehrfachen Abtheilung der die Flosse mit der Vorderextremi- tät verbindenden Stücke findet sich bekanntlich bei Polypterus, wo J. Müller zwei Handwurzelknochen, zwei Mittelhandknochen, zwischen welchen sich noch eine Knorpelplatte mit Knochenkern befindet, und eine Reihe ungegliederter Stücke unterscheidet, die er als » Anfänge der Flos- senstrahlen« bezeichnet und deren auf seiner Figur 18 Stücke bei 36 Flossenstrahlen sind. Müller will diese Stücke nicht als Mittelhand be- trachtet wissen, weil sie auch an der Bauchflosse beim Polypterus vor- kommen und eine besondere Mittelhand an der vorderen Extremität vor- handen sei. Bei anderen Schriftstellern ist die Deutung anders, und Brühl z. B. (Anfangsgründe p. 177) unterscheidet nur Handwurzel und Mittel- hand, weil er Müller's Handwurzelknochen als Vorderarm ansieht. Mir selbst gewährte die Anschauung getrockneter Skelette von Polyp- terus bisher keine Anhaltspunkte zu einer bestimmten Ansicht. Indess scheint mir ausser den beiden erwähnten noch eine dritte Ansicht über die Deutung der von mir beobachteten Extremitätenstücke möglich, ja wahrscheinlich. Ich bin nämlich nieht der Ansicht, dass die Flos- senstrahlen der Knochenfische, wie man gewöhnlich annimmt, den Phalangen der höheren Thiere entsprechen, da er- stere ebenso entschieden dem secundären Skelette ange- hören, als die letzteren primordiale Stücke sind. Mag die Function dieselbe und die Aehnlichkeit mit den vielgliedrigen Phalangen der fischartigen Säugethiere noch so bestechend sein, — Histologie und Entwickelungsgeschichte reden dieser Analogie das Wort nicht. Was hin- dert uns, nach der Analogie des ganzen Knochensystems der Fische, 167 bei ihnen primordiale Phalangen und Deckstücke (sogenannte Flossenstrahlen) zu unterscheiden, wie an den Dornen der Fischwirbel unzweifelhaft die eigentlichen Bogenstücke als primordiale, die Dornen aber als Deckstücke unterschieden werden müssen, welche letztere den höheren Thieren fast durchweg fehlen? Für meine Deutung spricht: 1. die grosse Zahl der Zwischenknorpelchen (11 neben 14 Flossenstrah- len bei Salmo salar, 48 bis 19 neben 35—-36 Flossenstrahlen beim Po- Iypterus, während ich beim Karpfen freilich, wo sie sehr klein sind, neben 16 Flossenstrahlen nur 3—4 Zwischenknorpelchen deutlich unter- scheiden konnte, welche jedoch Ossificationen enthalten und darum eine grössere Bedeutung erhalten; 2. das ganz allgemeine Vorkommen sogenannter Gelenkknöchelchen, d. h. selbstständiger Knorpelchen oder Knöchelchen, welche an den unpaaren Flossen, namentlich an den Rücken- und Afterflossen, die Flossenstrahlen mit den Trägern derselben verbinden und entschieden primordialer Natur sind; endlich 3. die Bildung des ersten Flossenstrahls der Brustflosse bei Salmo, welcher be- kanntlich am Schulterglied selbst articulirt, genauer besehen aber aus zwei verschmolzenen Elementen besteht, einem primordialen rundlichen halbverknöcherten Stücke, welches die Gelenkfläche enthält und sich der Reihe der sogenannten Garpusknochen als fünftes Glied anschliesst, . und einem secundären Flossenstrahl, der durch eine Nahtspur als be- sonderes Stück kenntlich und sonst von den anderen Flossenstrahlen aus- ser der Grösse nicht wesentlich verschieden ist. Dieser Deutung kommt, wie man sieht, die Müller’sche beim Polyp- terus auch am nächsten. Denn was sollen » Anfänge der Flossenstrahlen « heissen? und warum hat-Müller die betreffenden Theile nicht als » erstes Glied der Flossenstrahlen « bezeichnet? — Um sicher zu gehen, müsste ermittelt sein, ob diese Theile beim Polypterus primordial oder secun- där sind. Im letzteren Falle gehören sie zu den Flossenstrahlen selbst, im ersteren Falle aber, woran ich nicht zweifle, entsprechen sie den oben beschriebenen Knorpelchen des Salmo salar und CGyprinus car- pio, und die Gliederung der Extremitäten bei den Ganoiden dürfte sich der der Knochenfische besser anschliessen, als man bisher annahm. Weitere Anhaltspunkte dürfte die Betrachtung der Knorpelfische geben, worüber ich jedoch nach blossen Abbildungen und Handbüchern nicht urtheilen will und empfehle diesen Gegenstand, da mir die Gele- genheit zur Untersuchung frischer Knorpelfische abgeht, dem geneig- ten Urtheile der Fachgenossen, indem ich zugleich auf meine demnächst erscheinende Osteologie von Salmo salar verweise. Was ich indess an 6—-7zölligen Embryonen von Spinax acanthias sehen kann, bestätigt meine obige Ansicht vollkommen und ausserdem die Uebereinstimmung der Knorpelfische mit den Knochenfischen auch in diesem Punkte. Es finden sich nämlich bei Spinax nicht nur mehrere Reihen Hand- wurzelknochen in knorpeligem Zustande, sondern dieselben sind 168 förmlich gegliedert, wie dies von den Rochen ganz allgemein ange- geben wird, also wahre Phalangen. Auf die eigentliche, allgemein so angesehene Handwurzel «a bc, welche am knorpeligen Schultergürtel inserirt, und den Anfang der Flosse darstellt, folgen nämlich 3 Reihen von Phalangen, genau gesagt und von der Radialseite her gezählt, zuerst 3 zweigliedrige, dann 16 dreigliedrige und zuletzt 3 eingliedrige Knor- pelstrahlen, welche 3 letzten auf einem gemeinsamen Knorpelstück d inseriren, das, zur Handwurzel gerechnet, die Zahl ihrer Stücke auf 4 bringt. Die Brustflosse enthält demnach im Ganzen 61 getrennte Knor- pelstücke, an welchen erst die eigentlichen Flossenstrahlen, über 160 an der Zahl, befestigt sind. (Siehe die Figur 2.) Die letzteren, welche gewöhnlich hornartig genannt werden, aber von der Flossenhaut überzogen sind, bestehen keineswegs aus einem Ge- _ webe, welches mit der Epidermis verglichen werden könnte, und zeigen weder eine wahrnehmbare Gliederung, noch sonst eine Structur. Mit Essigsäure behandelt quellen sie auf, werden durchsichtig und erhaltenschöne Einschnürungen, welche manchmal Spiral- fasern so täuschend ähnlich sind, dass man alle Aufmerksamkeit nöthig hat, um sie nicht dafür zu halten. Man erkennt das wahre Verhältniss daran, dass diese Einschnürungen manchmal sehr dicht gedrängt, inandern Fällen, besonders am dickeren Theil der Strahlen, aber ganz vereinzelt vorkamen, dass ferner von einer Einschnürung zur andern nie eine schräglaufende Verbindungsfaser zu sehen ist, so wie endlich daran, dass die Einschnü- rungen von verschiedener Breite sind und oft aus mehrern Falten und Wülsten bestehen, die deutlich auf eine Stelle zusammengeschoben sind. Bemerkenswerth ist auch das Austreten einer Flüssigkeit, welche zu einer krümlichen Masse gerinnt, an den Einschnürungsstellen, wo sie sich in Häufchen oder Klumpen ansammelt. Kali caust. löst bei längerer Einwir- kung die Strahlen spurlos, in Ac. mur. u. sulph. werden sie weich, er- halten aber nicht die charakteristischen Einschnürungen wie in Ac. An Schnittenden und Bruchstellen erhält man zwar oft das Ansehen von Längs- fasern und Faserbündeln, welche selbst treppenartig abgesetzt sein kön- nen, wie die Rindensubstanz der Haare, allein es ist weder von einem epithelartigen Ueberzug, noch von Kernen eine Spur zu sehen, noch we- niger finden sich Wurzelbälge oder eine Marksubstanz, welche auf eine Verwandtschaft mit den Haaren höherer Thiere hindeuteten; auch kann auf das gelbliche Ansehen der Strahlen kein Gewicht gelegt werden. Sie erweisen sich demnach als eine höchst merkwürdige Art geformten Bindegewebes und entsprechen .den Flossen- strahlen der Knochenfische, welche zwar knöchern, aber nie knorpelig auftreten. (Sollte dies vielleicht Ihr körperchenloses Knochengewebe im unverknöcherten Zustande sein?) Darf ich mir nach diesen, freilich noch vereinzelten Nachweisen ein Urtheil erlauben, so ist die Verschiedenheit im Baue der Knochen- und 169 Knorpelfische viel geringer als man bisher glaubte, und, wenn ich mich so ausdrücken darf, mehr quantitativ als qualitativ, d. h. die Zahl der Stücke variirt, nach Glasse und Species, aber allenthalben bestätigt sich dasGesetz, dass homologeTheile gleicheEntwickelunghaben, d. h. primordiale Theile treten überall knorpelig auf, secundäre über- all knöchern (osteogen) ; auf die Extremitäten der Fische angewendet, sind wahre Phalangen, wie sie bei den höheren Thieren vorkommen, immerprimordial; diesogenanntenFlossenstrahlenaber, sowohl der paarigen als der unpaaren Fiossen, sind immer secundär (entweder knöchern oder bindegewebig), und eben darum keine wahren Phalangen, sondern eine der Glasse der Fische eigne secundäre Bildung, die, wie sich nun herausstellt, bei den Knorpelfischen (mit Ausnahme der Rochen) allgemein und unter den Knochenfischen wenigstens bei Salmo und Cyprinus entschieden neben primordialen Phalangen vorkommt. Fragt man schliesslich, welche der beschriebenen Theile der Brustflosse zur Mittelhand im engeren Sinne zu zählen seien, so darf man nicht über- sehen, dass die Mittelhand der höheren Thiere nichts Anderes ist, als das erste Glied der Finger, welches in den Weichtheilen verborgen ist, und dass die Mittelhandknochen sonst in jeder Beziehung den Phalangen ent- sprechen. Wollte man dies nicht anerkennen, so müsste man den Fischen, wo die ganze Extremität sammt den Flossenstrahlen von der Haut und Muskeln überkleidet ist, alle Phalangen absprechen und mehrere Reihen Mittelhandknochen zuschreiben. Viel natürlicher scheint es mir, die erste Reihe ihrer Phalangen der Mittelhand der höheren Thiere und, wo mehrere Reihen vorkommen, diese den Fingern der letzteren gleich zu setzen, und sich darüber zu freuen, dass trotz der Unzuläng- lichkeit und Zufälligkeit unserer hergebrachten Bezeichnungen, die Ge- setzmässigkeit und Uebereinstimmung in der Natur eine so allgemeine ist und die scheinbaren Ausnahmen sich fortwährend vermindern. Zum Schlusse sei noch bemerkt, dass an der Bauchflosse von diesen Mittelhandknorpelchen nichts zu sehen ist, obgleich die von Brühl (An- fangsgründe S. 179) beim Karpfen aufgefundnen 3 Tarsusknöchel- chen bei Salmo ebenfalls vorhanden sind. 170 I. Ueber eigenthümliche Fortsätze der Fischwirbel, welche von den Wirbelfortsätzen der höheren Thiere verschieden sind. In Bezug auf die an der Wirbelsäule der Fische vorkommenden zahl- reichen Fortsätze und ihrer Anhänge scheint man dermalen allgemein der Ansicht zu sein, dass diese sämmtlich den Bogenistücken angehören, wie dies z. B. bei Agassiz (poissons foss. p. 98) und Stannius (9. Auflage S. 24) von den oberen und unteren Gelenkfortsätzen angegeben wird; dass dieselben daher den processus obliqui des Menschen und der höhe- ren Thiere entsprechen. Von den Querfortsätzen der Fischwirbel ist seit J. Müller’s clasisschen Untersuchungen ausgemacht, dass die rippentra- genden Querfortsätze des Menschen denen der Fische nicht entsprechen, da die ersteren den oberen, die letzteren den unteren Bogenstücken angehören. Ausserdem werden (Stannius a.a.0. S.11) mittlere Quer- fortsätze unterschieden, welche vom Wirbelkörper selbst ihren Ursprungnehmen und z. B. in der Schwanzgegend von Esox schon sehr deutlich sind und bei Pleuronecten an der ganzen Wirbelsäule vor- kommen. Dass endlich die oberen und unteren Dornfortsätze den Bo- genstücken und nicht dem Wirbelkörper angehören, versteht sich von selbst, es muss jedoch nach den Untersuchungen von Stannius (Müller’s Archiv 1849. S. 533), die ich (Knochensystem S. 151) bestätigt habe, zwischen den Dornfortsätzen der höheren Thiere, welche blos durch Ver- einigung der Bogenstücke gebildet werden, und den Dornstücken der Fische (neural spine Owen) unterschieden werden, welche letztere ein selbstständiges Deckknochenpaar darstellen, das bei den höheren Thie- ren vielleicht nur bei den Schildkröten eine Analogie findet. Von diesen sämmtlichen Fortsätzen gehören nur die mittleren Querfortsätze der Fische, so wie die Dornstücke (neural spine) derselben dem secundären Skelete an, während die oberen und unteren Querfortsätze, so wie die 4 Paar schiefen Fortsätze den primordialen Bogenstücken angehören. Mit Ausnahme der selbstständigen Dornstücke der Fische ferner sind alle 71 diese Fortsätze nur wirkliche processus und keine selbstständigen Ske- lettheile (also exogenous, nicht autogenous, wie Owen sich ausdrückt). So unerlässlich diese Unterscheidungen sind, wenn von einer Ver- gleichung verschiedner Thiere oder gar verschiedner Thierclassen in Bezug auf ihre Skelettheile die Rede sein soll, so haben mich doch meine eigenen Erfahrungen überzeugt, dass dieselben noch keineswegs ausrei- chend sind, sondern dass namentlich in Bezug auf die schiefen Fort- sätze der Fische noch nicht alle Thatsachen Berücksichtigung gefunden haben. Dies zeigt sich besonders bei der Betrachtung von Fischwirbel- säulen, deren obere und untere Bogenstücke mit den secundären Wirbel- körpern nicht verschmolzen, sondern gomphotisch verbunden sind, z.B. bei den Salmonen, Clupeiden, Cyprinen. Beim Lachse (Fig. 3) unterscheidet man, wie ich in meiner Osteologie des Lachses nachgewiesen habe, sehr leicht die vorderen schiefen Fort- sätze als Bestandtheile der oberen und unteren Bogenstücke; denn wenn die schiefen Fortsätze dieser Fische auch lange nicht so stark, ausgebildet sind, wie bei den Gyprinen und Glupeiden und namentlich niemals eine wirkliche Verbindung unter einander eingehen, so zeigt doch die Verfol- gung derselben in der Rumpfgegend auf das Bestimmteste, dass sie sich aus der vorderen Ecke an der Basis der oberen Bogenstücke entwickeln und mit denselben entfernt werden können. Diese an den ersten Wir- beln sehr stumpfe Ecke wird nach hinten immer spitzer und vorsprin- gender und kann etwa vom 20. Wirbel an Fortsatz genannt werden, ob- gleich derselbe erst vollkommen scharf und spitz an den synostotischen Bogenstücken der Lenden- und Schwanzwirbel hervortritt. Der Ueber- gang ist so allmählig und klar, dass Niemand an diesem Verhältniss zweifeln kann. Hintere schiefe Fortsätze besitzen die oberen Bogenstücke beim Lachse nicht; es ist keine Spur davon zu finden. Ganz auf dieselbe Weise entwickelt sich der untere processus obliquus anterior aus der vorderen Kante der unteren Bogenstücke, welche beim Lachse noch etwas weiter nach rückwärts, etwa bis zum 27. Wirbel, vom Wirbelkörper ge- trennt sind. Man unterscheidet daran aber schon an den ersten Wirbeln ausser der vorderen, anfangs sehr schwachen Ecke (dem processus obliquus anterior) eine etwas schärfere hintere Ecke, welche sehr bald zu einem beträchtlichen Fortsatz wird, den processus obliquus posterior, und ausserdem eine mittlere senkrechte Leiste auf der äussern Seite, unmit- telbar über der Insertion der Rippe, den processus transversus infe- rior. Diese drei Fortsätze nehmen nach hinten allmählig an Stärke und Schärfe zu und sind am 27. Wirbel, bevor also die Synostose mit dem Wirbelkörper vollendet ist, ganz bestimmt von einander gesondert er- kennbar. Der Querfortsatz fängt hier schon an sich nach abwärts zu ver- längern und zur Bildung eines unteren Bogens vorzubereiten, indem zu- gleich die Rippen immer mehr herabrücken und stets an seiner Spitze 112 befestigt bleiben. Am 35. Wirbel, welcher das letzte Rippenpaar trägt, ist der untere Spitzbogen vollendet, das rudimentäre Rippenpaar sitzt an seiner Spitze, weit entfernt vom Wirbelkörper, die vordern und hintern schiefen Fortsätze endlich sind einander völlig gleich gebildet und sammt den Bogenstücken mit dem Wirbelkörper synostotisch verbunden. Die Symmetrie zwischen oberen und unteren Bogenstücken scheint vollstän- dig, obgleich in ihrer Bildung ein wesentlicher Unterschied stattfindet. Verfolgt man nämlich die Entstehung der hinteren schiefen Fortsätze längs der Wirbelsäule, so zeigt sich mit der grössten Be- stimmtheit, dass die oberen nicht den Bogenstücken, son- dern dem Wirbelkörper angehören, denn die letzteren sind mit den ersten 26 Wirbelkörpern gomphotisch verbunden und können ohne die hinteren schiefen Fortsätze entfernt werden, welche letztere schon an den vordersten Rückenwirbeln, wie wohl hier sehr schwach und kaum durch eine kleine Spitze, angedeutet sind, welche dicht hinter dem Rande der Facette und des ligamentum intervertebrale ihren Sitz hat. Auch weiter hinten stehen diese hinteren schiefen Fortsätze immer be- trächtlich weiter von den Bogenstücken ab, als die vorderen und nehmen erst gegen die Schwanzgegend hin allmählig an Stärke zu. Von der Stelle an, wo die Bogenstücke mit dem Wirbelkörper synostosiren, werden sie von den vorderen schiefen Fortsätzen an Grösse erreicht und bleiben von da an denselben an Form und Grösse gleich bis zu den letzten Schwanz- _ wirbeln, wo beide allmählig wieder verschwinden. Nicht ganz so verhält sich dies an den unteren Bogenstücken. Die eigenthümlichen schiefen Fortsätze des Wirbelkörpers fehlen hier keineswegs, sie beginnen schon an den ersten Rücken- wirbeln in Gestalt einer schmalen Leiste, welche sich am hinteren Rande der Grube erhebt, in welcher die Bogenstücke befestigt sind, und welche daher auch nach Entfernung der Bogenstücke zurück bleibt. Diese Leiste entwickelt sich nach hinten immer mehr und erreicht in der Gegend des 25. bis 26. Wirbels die Höhe und Stärke des processus obliquus poste- rior. Sobald dies geschehen, beginnt die Verschmelzung des Wirbelkör- pers mit seinem Bogenstück und am 28. Wirbel findet man daher nur einen einfachen hinteren Fortsatz, welcher, was die Vergleichung mit dem vorhergehenden Wirbel unwidersprechlich darthut, aus einer Ver- schmelzung des dem Bogenstück angehörigen schiefen Fortsatzes mit dem entsprechenden schiefen Fortsatze seines eignen Wirbelkörpers entstanden ist. An dieser Stelle sind die unteren schiefen Fortsätze noch etwas grösser und stärker als die oberen, was sich jedoch nach hinten ge- gen die Schwanzwirbel hin völlig ausgleicht. Am 37. Wirbel (zweiten Schwanzwirbel) ist in der That die Synostose und Symmetrie zwischen Neurapophysen und Haemapophysen und deren Fortsätzen, abgesehen von der Weite der Canäle für das Nerven- und Gefässrohr,, vollständig 173 und für die Entstehung und eigentliche Bedeutung derselben kein Halt- punkt mehr vorhanden. | Aus diesen Thatsachen geht hervor, dass nur die vorderen schiefen Fortsätze desLachses den processus obliqui (an- teriores) des Menschen und der höheren Thiere entspre- chen, dass dagegen die hinteren schiefen Fortsätze, soweit sieBestandtheile des Wirbelkörpers sind, keine entspre- chenden Theile bei den höheren Thieren finden und den Fischen eigenthümlich sind. Es würde nun interessant sein, wenn sich bei anderen Fischen bei- derlei Fortsätze neben einander fänden und sich herausstellte, dass das Hervortreten der einen oder anderen Art von schiefen Fortsätzen, wie der Fortsätze überhaupt, zu den Gattungs- und Ordnungscharakte- ren gehören, welche der speciellen Zoologie so erwünscht sein müssen und für die Unterscheidung vorweltlicher Formen unentbehrlich sind. Dies bestätigt sich denn auch im vollsten Maasse. Durch die Gestalt und Aus- bildung der schiefen Fortsätze sind die Wirbelsäulen der Fische, insbe- sondere der Knochenfische, nicht weniger verschieden, als durch die Zahl und Gestalt der Fortsätze überhaupt. So zeichnen sich die Glupei- den durch eine fast monströse Entwickelung der processus obliqui infe- riores, namentlich der hinteren, aus, die hier den Bogenstücken allein an- gehören und schon an den vordersten Wirbeln ganz allmählig beginnend, bei Alosa bis zum 18. Wirbel an Grösse und Länge zunehmen, dann mit dem Wirbelkörper verschmelzen und bis zum 37. Wirbel durchbrochen sind, weiterhin aber allmählig an Grösse wieder abnehmen und an den letzten Schwanzwirbeln zu einer kleinen Spitze herabsinken, wie sie bei anderen Knochenfischen allein vorkommt. Von schiefen Fortsätzen des Wirbelkörpers nimmt man hier nichts wahr, obgleich eine Theilung des vorher durchbohrten hinteren schiefen Fortsaizes in der Schwanzgegend unverkennbar ist (T.XIX. F.#). Auch die vorderen schiefen Fortsätze der unteren Bogenstücke erreichen bei Alosa eine beträchtliche Entwickelung, kreuzen sich, an der inneren Seite liegend, mit den hinteren schiefen Fortsätzen der vorhergehenden Wirbel und erreichen in der Schwanzgegend die Dornen der vorhergehenden Wirbel. An den oberen Bogenstücken ist die Sache verschieden, d.h. die vorderen schiefen Fortsätze gehören ent- schieden den oberen Bogenstücken, diehinteren dem Wirbelkör- per, wie man an den 22% ersten getrennten Bogenstücken sieht. Bei den Cyprinen finden sich Wirbel mit 5 Paar schiefen Fort- sätzen, wie beim Lachs, aber was beim Lachse an den unteren Bogen- stücken vorkommt, gilt dort von den oberen. Am 3. und 4. Rückenwir- bel des Karpfen nämlich, welche getrennte Bogenstücke haben, finden sich zweihintereschiefe Fortsätzehintereinander, vondenen der erste dem trennbaren Bogenstück, der zweite dem Wirbelkörper angehört und der gewöhnliche ist. Diese beiden Zeitschr. f. wissensch. Zoologie, XI. Bd 12 47h Fortsätze sind auch an den übrigen Wirbeln mit synostotischen Bogen- stücken bis zum Schwanze hin unterscheidbar, besonders stark bei Leu- ciscus dobula (T. XIX. F.5), aber auch bei allen anderen Cyprinen zu un- terscheiden. Der hintere, dem Wirbelkörper angehörige Fortsatz stösst mit dem vorderen schiefen Fortsatze des folgenden Wirbels zusammen, der besonders an der Rückengegend sehr stark entwickelt ist und hier bis an den Dorn des vorhergehenden Wirbels reicht. Die unteren schiefen Fortsätze sind bei den Cyprinen schwach entwickelt und zuerst in der Schwanzgegend bemerkbar, wo die Bogenstücke schon synostotisch ge- worden sind; es scheinen hier die vorderen dem Bogenstücke, die hin- teren dem Wirbelkörper zu gehören. Beim Hechte (T. XIX. F. 6—10) sind die schiefen Fortsätze schwächer ausgebildet als beim Lachs und erst in der Schwanzgegend stärker heraus- tretend. Doch unterscheidet man, wie bei den Cyprinen,deutlich 3 Paar obere und 2 Paar untere schiefe Fortsätze, nämlich 2 obere und 2 untere, welche den Bogenstücken angehören und A hinteres Paar oberer schiefer Fortsätze, welches wie gewöhnlich dem Wirbelkörper angehört und hinten mit den viel schwächeren hinteren Fortsätzen der Bogenstücke verschmilzt. Dieses Verhältniss ist beim Hechte um so leichter zu constatiren, da die oberen und unteren Bogenstücke hier bis zu den letzten Rückenwirbeln bin vom Wirbelkörper getrennt sind. Die unteren schiefen Fortsätze sind so schwach und treten so weit nach hinten erst auf, dass sich nicht sagen lässt, ob sie den Bogenstücken allein gehören oder wenigstens die hinte- ren auch dem Körper gehören, doch scheint das Verbältniss wie beim Lachse, also beim Hecht im Ganzen 6 Paar schiefer Fortsätze vor- handen. ; Bei anderen Knochenfischen, deren Bogenstücke sämmtlich mit den Wirbelkörpern durch primitive Synostose verbunden sind, wird es be- greiflicherweise nur durch Verfolgung der Entwickelungsgeschichte mög- lich sein, etwas Bestimmtes über deren Fortsätze auszusagen, doch scheint hier namentlich bei den Hartflossern das allgemeinste Verhältniss das von Stannius a. a. O. S. 25 angedeutete zu sein, dass die vorde- ren Schiefen Fortsätze von den Bogenstücken, diehinteren vom Wirbelkörper ausgehen, mithin nur die ersteren den processus obliqui der höheren Thiere entsprechen, und es muss dahingestellt bleiben, inwiefern die hinteren schiefen Fortsätze zum Theil aus einer Verschmelzung primordialer Fortsätze (von den Bo- genstücken) und secundärer (von den Wirbelkörpern ausgehend) ent- standen sind, in ähnlicher Weise, wie ich dies für die oberen Fortsätze des Hechtes und Karpfen und die unteren desLachses nachgewiesen habe. - Es fehlen demnach nur noch vordere, dem Wirbelkörper angehörige schiefe Fortsätze, um die Zahl derselben auf 8 Paare zu bringen und so eine vordere und hintere Symmetrie des Fischwirbels herzustellen. Bei den von mir untersuchten Fischen ist davon nichts 175 wahrzunehmen. Zwar zeigt sich an den letzten Rückenwirbeln des Lach- ses der vordere Rand der Grube, in welcher die unteren Bogenstücke wurzeln, in eine ähnliche Leiste erhoben , wie der hintere, aus dem sich schon viel früher der hintere schiefe Fortsatz des Wirbelkörpers ent- wickelt, aber die Erhebung ist zu schwach und die Synostose ist zu bald (schon am 28. Wirbel) vollendet, als dass dieses Verhältniss überzeugend wäre; auch findet sich von oberen Fortsätzen des Wirbelkörpers vor den Bogenstücken keine Spur. Doch fehlen auch in dieser Beziehung nicht alle Andeutungen. So beschreibt Metienheimer (über den Tetragonurus Cuvieri Taf. XIX. Fig. 13. S. 244) eigenthümliche Nebenfortsätze (pro- cessus secundarii) an den unteren Querfortsätzen dieses Fisches, die in der Mitte der Rückenwirbelsäule auftreten und bis zum Schwanze hin an Grösse zunehmen, vom 46. Wirbel an denen der Neurapophysen an Grösse gleich werden, vom 50. an sie sogar übertreffen. An der Figur bemerke ich 4 untere Spitzen, von denen die vorderste und hinterste nach dem Verfasser den processus obliqui, die zweite der Haema- pophyse entsprechen soll, die dritte aber als processus secundarius bezeichnet wird. Die Deutung dieser Theile wird dadurch erschwert, dass Tetragonurus keine freien Bogenstücke und keine Rippen hat, doch liegt die Vermuthung sehr nahe, dass hier mehrfache vordere schiefe Fortsätze nebeneinander vorkommen, da drei dieser Spitzen vorn hintereinander stehen. In diesem Falle würde aber nur der vorderste die- ser Fortsätze, so wie der hinterste die den Fischen eigenthümlichen schie- fen Fortsätze des Wirbelkörpers darstellen können und die Bezeichnung daher eine andere sein müssen. Ich für meinen Theil wäre sehr geneigt, die Bezeichnung processus secundarii zu adoptiren, dieselbe aber für die dem secundären Skelet (Wirbelkörper) angehörigen schiefen Fort- sätze zu reserviren, den anderen, den Bogenstücken angehörigen, schiefen Fortsätzen aber (von denen die superiores denen des Menschen entspre- chen) die Bezeichnung processus obliqui zu lassen. In beiden Fällen wäre die nähere Bestimmung als superiores oder inferiores, anteriores oder posteriores beizufügen. Auch würde die Unterscheidung von ihrem Werthe nichts verlieren, wenn sich wirklich vordere processus secun- darii gar nicht finden sollten. — Eigenthümlich beschaffen sind ferner die schiefen Fortsätze bei Mugil, wo sie sehr stark und gespalten und die vorderen den hinteren sehr ähnlich gebildet, im Ganzen daher 4 Paar oberer schiefer Fortsätze vorhanden sind. Doch ist es hier wegen der vollkommenen Synostose der Bogenstücke nicht möglich, den Antheil zu unterscheiden, den die Wirbelkörper daran nehmen. — Vielleicht darf hierher die Verbindung des Hinterhauptes mit der Wirbelsäule bei der Gat- tung Gadus gezogen werden. Beim Kabliau (T.XIX.F. 12) finden sich am ersten Wirbel ausser den beiden Gelenkflächen , welche auch bei Salmo vorhanden sind und entschieden dem Wirbelkörper angehören, sehr starke schiefe Fortsätze, welche von den oberen Bogenstücken ausgehen 12° 176 und sich mit dem Hinterhauptbein durch Nath verbinden, so dass hier eine dreifache Verbindung des Schädels mit der Wirbelsäule stattfindet, durch Facette, Gelenk und Nath, wobei merkwürdigerweise die letztere von.den primordialen Theilen (processus obliqui), die Gelenk verbindung von den secundären Theilen des Wirbelkörpers gebildet wird. Das ligamentum longitudinale superius bildet über allen diesen eine vierte Befestigung. In Bezug auf die Querfortsätze der Fische scheint es mir noch nicht überflüssig, hervorzuheben, dass processus transversisupe- riores wirklich vorkommen und dass es Fische gibt, bei denen sich alle 3 Querfortsätze nebeneinander finden. So articuliren die oberen Gräthen des Lachses (T. XIX. Fig. 3) vom 4. Rückenwirbel an an deutlichen starken Querfortsätzen der oberen Bogenstücke, von denen der 2. der längste ist und eine tiefe Gelenkgrube besitzt. Weiter rückwärts nehmen sie allmählig an Länge ab und erscheinen an den synostotischen Bogenstücken nur als senkrechte Leiste, an welcher noch bis zum 33. Wirbel eine kleine Gräthe sitzt. Ebenso entwickelt sich aus den unteren Bogenstücken des Lachses, wie schon oben bemerkt wurde, ein deutlicher Querfortsatz, der nach hinten die Gelenkfläche für die Rippe beträchtlich überragt und an den synostotischen unteren Bogenstücken allmählig in eine senkrechte Leiste übergeht, die am Schwanze der der oberen Dornen symmetrisch ist. Beim Hechte fehlt jede Andeutung von oberen und unteren Querfortsätzen, ob- gleich mittlere, dem Wirbelkörper angehörige, Querfortsätze am Schwanze auftreten, die mit den oberen und unteren Querfortsätzen durchaus nicht zusammengeworfen werden dürfen; denn sie finden sich schon an den letzten Rückenwirbeln, deren obere und untere Bogen- stücke noch völlig vom Wirbel getrennt sind (T.XIX. F.8—10). Sie ent- wickeln sich hier aus dem Rande der Grube für die unteren Bo- genstücke, aber in der Mitte derselben, zwischen den beiden schiefen Fortsätzen. Sie haben beim Menschen und den höheren Thieren nichts Entsprechendes, da der secundäre Wirbelkörper denselben fehlt. Bei Alosa gibt es, wie beim Lachse, obere und untere Querfortsätze, an denen ersteren die oberste Gräthenreihe inserirt, während die unteren sich in eine lange Spitze ausziehen, schon in der Rückengegend nach ab- wärts gerichtet sind und den Uebergang in die Schwanzdornen vorbe- reiten. Mittlere Fortsätze fehlen, die mittlere, sehr starke Längsleiste der Wirbelkörper aber erhebt sich vorn und hinten am Rande der Facette in eine starke quer abstehende Spitze, die an den hinteren Rückenwirbeln sogar doppelt ist, so dass ein einziger Wirbelkörper (abgesehen von den oberen und unteren Querfortsätzen der Bogenstücke) 4 Paar querfortsatz- artige Fortsätze haben kann (T. XIX. F.4). Bei den CGyprinen fehlen die oberen Querfortsätze, wie bei den mei- sten Knochenfischen, ganz, die unteren aber, welche stets von den Bo- genstücken, von denen sie nur einen Theil ausmachen, unterschieden 177 werden müssen, sind sehr stark ausgesprochen, und wie schon Brühl (Anfangsgründe S. 159) angegeben hat, schon vom 2. Rückenwirbel an vorhanden, am stärksten entwickelt am 3. Wirbel des Karpfen, der sich ausserdem durch einen vollständigen unteren Dorn und getrennte Bo- genstücke auszeichnet. Ob die Querfortsätze des 1. und 2. Wirbels der Cyprinen, welche bedeutend tiefer stehen, als der Querfortsatz des anderen Wirbels, synostotischen unteren Bogenstücken oder dem Wirbel- körper angehören, ist am erwachsenen Fische nicht auszumachen, doch fehlen den Cyprinen mittlere Querfortsätze sonst ganz, während ein starker unterer Querfortsatz bei getrenntem Bogenstück und entwickel- tem Dorn sich noch am letzten Schwanzwirbel findet. Die mittlere Leiste der letzten Rückenwirbel und des Schwanzes ist zwar mitunter vorn und hinten, wie bei Alosa, gespalten, aber ohne alle spitzen- oder fort- satzartige Erhebung. Die eben erwähnten, mit Querfortsätzen versehenen, hochste- henden, unteren Bogenstücke, welche bei den Cyprinen anı so- genannten 2. und 4. (eigentlich 3. und 5.) Wirbel vorkommen und dann allmählig herabrücken, sind deshalb besonders wichtig, weil bei anderen Knochenfischen mit synostotischen Bogenstücken die Rippen an den vor- dersten Wirbeln mitunter so hoch inseriren, dass man annehmen könnte, sie sässen hier an oberen Bogenstücken und es fehlten untere Bogenstücke ganz, z.B. bei den Gadoiden (T. XIX. F. 12), beiPerca und den Stachel- flossern. Allenthalben sieht man aber die Rippen sehr bald herabrücken und glücklicherweise finden sich auch unter den Stachelflossern, z.B. bei Perca am 1. Wirbel, getrennte obere Bogenstücke, so dass über die hohe Stellung der unteren und deren Vorhandensein kein Zweifel übrig bleibt. Alles zusammengenommen ergiebt sich, dass von den an den Fisch- wirbeln vorkommenden Fortsätzen,, abgesehen von den oberen und un- teren Dornen, nur 3Paare denen des Menschen entsprechen, nämlich diedenoberenBogenstücken angehörigen proces- sus obliqui anteriores und posterioresund die processus transversi superiores; dass die dem Wirbelkörper angehörigen processus secundarii superiores und inferiores (von denen bis jetzt mit Sicherheit nur posteriores nachgewiesen sind), so wie die processus transversi medii denFischen ganz eigenthüm- lich sind; endlich, dass von den Fortsätzen der unteren Bo- genstücke bei höheren Thieren nur insofern eine Rede sein kann, als Spuren derselben an den rudimentären unteren Bogenstücken der Säugethiere, Vögel und Reptilien vorkommen mögen. — Nachträglich bemerke ich noch, dass ich inzwischen das Beweisstück für die Selbstständigkeit vorderer processus secundarii supe- riores aufgefunden habe. Bei Lota vulgaris (T. XIX. F. 11) nämlich finden sich vom 14. Wirbel an der processus obliquus anterior und der processus 178 secundarius an den oberen Bogenstücken durch einen tiefen Einschnitt getrennt, in welchen sich der processus secundarius posterior des vor- hergehenden Wirbels einfalzt. In einem Falle traf ich sogar am 49. Wir- bel den linken Bogenschenkel vom Wirbelkörper getrennt, wobei der processus obliquus am Bogenstück, der processus secundarius am Wir- belkörper sass. — Beim Kabliau finde ich nun auch an einigen Schwanz- wirbeln eine schwache Andeutung vorderer processus secundarii; beim Schellfisch fehlen sie ganz, obgleich die hinteren processus secundarii bei allen Gadoiden oben, zum Theil auch unten ganz deutlich sind. — Deut- liche processus secundarii anteriores inferiores finden sich an den Schwanzwirbeln von Mormyrus dorsalis und Scrophicepbalus longipennis, bei letzterem zugleich mit doppelten processus superiores posteriores, wiewohl alle nur an den Wirbeln mit synostotischen Bogenstücken. Ein eigenthümliches Verhältniss findet sich ferner bei einigen Si- luriden. Bei Synodontis arabi nämlich entwickeln sich aus den oberen Dornen, etwa vom 16. Wirbel an, hintere absteigende Fortsätze, welche beträchtlich höher stehen, als alle schiefen Fortsätze und sich bei Bagrus Docmae mit den hinteren processus secundarii des- selben Wirbels synostotisch verbinden, so dass die oberen Dornen des 43.—14. Wirbels an der Basis ein Loch zu haben scheinen. Aehnliche durchbohrte und zweischenklige Dornen, welche durch Syno- stose mit den processus secundarii entstanden sind, finden sich bei Bagrus auratus auch an den unteren Dornen der Lendenwirbel, und vielleicht sind auch die durchbohrten Querfortsätze bei Caranx, Vomer und Alosa auf diese Weise zu deuten. II. Ueber eigenthümliche Anhänge der Fischwirbel. Mit Taf. XIX. Fig. 3, 6, 7, 8, 11. Die Anhänge der Fischwirbel sind von verschiedener Art. J. Fr. Meckel (System der vergleichenden Anatomie II. S. 244) un- terscheidet bekanntlich obere und untere Rippen, von welchen die letztern gewöhnlicher seien, meistens stärker entwickelt und auch da vorkommen, wo erstere fehlen, während diese nie ohne sie vorkommen. Beide vereinigt fänden sich bei Salmo, Esox und vielen anderen Fischen ; bei den Clupeen finde sich ausser den genannten noch eine dritte oberste, von den übrigen durch die ganze Höhe der Wirbelkörper ge- trennte Ordnung. Auch an Schwanzwirbeln finden sich (obere) Rippen. Die oberen Rippen sitzen gewöhnlich am Körper, die unteren an den Fortsätzen (Querfortsätzen), doch wird die Verbindung der ersteren bis- weilen nur durch lange, dünne Sehnenfäden vermittelt. Bei einigen Fischen (Taenionotus, Polypterus) sind die oberen Rippen stärker, bei anderen ist der Unterschied gering (Pleuronectes, Gadus) u. s. w. Aus der ganzen Beschreibung geht hervor, dass Meckel zwischen Rippen und Fleischgräthen keinen Unterschied macht. Auch Cuvier (Histoire naturelle des poissons J. p. 362) erwähnt nur die mittlereReihe als stiletförmige Anhänge (no. 73) der Rippen von Perca und bemerkt, dass sich zuweilen auch oberhalb der Rippen solche Gebilde finden, welche von den Wirbelkörpern ausgehen und ins Fleisch dringen. Beim Häring sei das ganze Fleisch von feinen Gräthen wie von Haaren durchsetzt. J. Müller (Myxinoiden I. S. 98) unterschied genauer Rippen und Fleischgräthen und wies nach, dass die oberen Rippen Meckel’s diesen Namen nicht verdienen. Derselben Ansicht sind Agassiz (Poissons fossi- les p. 991), Stannius (Lehrbuch der vergleichenden Anatomie 1. Aufl. S. 44) und Brühl (Anfangsgründe S. 161). Owen (leciures on verlebrate animals p. 66) unterscheidet beim Häring drei Reihen von »diverging appendages« oder »epipleural spines«, welche von den Rippen selbst, von den Querfortsätzen (parapophyses) und oberen Bogenstücken (neu- rapophyses) ausgehen‘). Ebenso Brühl (a.a. ©. S.161), welcher zugleich 4) Beschrieben und abgebildet in der »Medizinischen Zoologie« von Brandt und Ratzeburg. Il. Taf. VII. B. 180 als Regel aufstellt, dass die oberen Fleischgräthen der Fische von vorn nach hinten aufsteigende Anheftungspunkte haben, und zwar vom un- tersten Wirbelumfange (den Querfortsätzen) bis zum unteren Theil der oberen Bogenschenkel; während die unteren Fleischgräthen an den Rip- pen sitzen; ferner gehe die Richtung immer nach hinten, und zwar theils aufwärts, theils abwärts. Eine specielle Untersuchung über diese Theile des Fischskelets hat meines Wissens noch Niemand angestellt, was sich, neben andern nahe- liegenden Gründen, wohl hauptsächlich aus der anscheinenden Regello- sigkeit ihres Vorkommens erklären dürfte. — Bei meinen Untersuchungen über das Verhältniss des primären und secundären Skelets sind mir jedoch einige Thatsachen aufgestossen, welche diesen Gebilden ein erhöh- tes Interesse geben und mich zu einer genaueren Prüfung veranlasst ha- ben, die zwar in systematischer Beziehung nichts weniger als erschöpfend ist, aber hinreichte, um mich von der grossen und einfachen Ge- setzmässigkeit zu überzeugen, die auch in diesem Gebiete herrscht. Da zu diesen Untersuchungen nur frische Fische benutzt werden konn- ten, wenn sichere Resultate erzielt werden sollten, beschränke ich mich u Beschreibung der Haupttypen, wornach es künftig leicht sein wird, sich bei den einzelnen Gattungen zurecht zu finden. Es finden sich im Ganzen drei Reihen von Fleisch- gräthen, d. h. knöchernen, rippenartigen Anhängen der Fischwirbel, welche neben den eigentlichen Rippen vorhanden sind, eine obere, mittlere und untere. Sie verlaufen sämmtlich in den-Ligamenta inter- muscularia, und sind selbstständige Gebilde, welche in der Regel mit den Wirbeln durch sehnige Fäden in Verbindung stehen, die auch in vielen Fällen vorhanden sind, wo die Gräthen fehlen oder aufhören, namentlich im hinteren Abschnitt der Wirbelsäule vieler gräthenreicher Fische. In manchen Fällen scheint dieser sehnige Verbindungsfaden zu verknöchern und es erfolgt eine Synostose zwischen Gräthe und einzelnen Wirbel- theilen; doch habe ich dies nur an der oberen und mittleren Reihe be- obachtet, während die untere immer lose im Fleische liegt nnd entfernter vom Wirbel bleibt. Die obere Reihe befestigt sich, wo sie vorkommt, steisan derBasis der oberen Bogenstücke und nicht selten an besonde- ren Fortsätzen (oberen Querfortsätzen), wo deren vorhanden sind. Sie nehmen meistens von vorn nach hinten an Länge ab und beginnen, so weit meine Erfahrung reicht, schon am ersten Wirbel, auch wenn der- selbe keine Rippe trägt, wie dies bei den meisten Fischen der Fall ist. Die Wirbelreihe, an der sie sich befestigen, ist von verschiedener Aus- dehnung, sie können sich bis zu den letzten Schwanzwirbeln erstrecken (Cyprinen), aber auch schon an den Rückenwirbeln aufhören (Salmo); sie sind synostotisch mit den vier ersten Wirbeln verbunden bei Esox, ausnahmsweise auch an einzelnen Rückenwirbeln beim Lachs. Sie wer- 181 den in den letzteren Fällen mit den ablösbaren Bogenstücken ent- fernt. Sie sind bald einfach, bald zweischenklig oder selbst gefiedert. Ihre Richtung geht stets aufwärts und auswärts nach hinten. Die mittlere Reihe (Meckel’s obere Rippen) befestigt sich vorn gewöhnlich an den Rippen und zwar entweder an ihrem Capitulum, so dass es scheint, als sässen beide an den unteren Querfort- sätzen, oder an der Krümmung der Rippe weiter abwärts. Im letzteren Falle rücken sie nach hinten immer weiter herauf, gelangen schliesslich auf die Querfortsätze (unteren Bogenstücke) und selbst auf den Wirbel- körper. Im letzten Falle folgen sie der Richtung der mittleren Quer- fortsätze, welche Bestandtheile der Wirbelkörper sind und sich in der Lendengegend aus dem Rand der Alveole für die ablösbaren unteren Bo- genstücke entwickeln, wie im vorigen Aufsatze gezeigt wurde. Es ist jedoch selten, dass sie sich so weit nach hinten erstrecken, gewöhnlich enden sie an oder mit den Rippen und erstrecken sich nicht immer über alle rippentragenden Wirbelsegmente. Dagegen finden sie sich bei Esox an den vier vordersten Wirbeln, welche keine Rippen tragen, und zwar gleich den oberen Gräthen synostotisch mit den ablösbaren unteren Bogenstücken verbunden. Ihre Richtung geht horizontal nach hinten und aussen, in der Regel jedoch mit einer mehr oder minder deutlichen Krümmung nach aufwärts, wodurch sie sich von den Rippen, mit denen sie oft von gleicher Stärke oder sogar stärker sind, unterscheiden. Aus- serdem liegen sie immer in dem Septum intermusculare laterale (trans- versum) und tragen nicht zur Umgürtung der Bauchhöhle bei. Häufig sind sie auch mit den entsprechenden Rippen weithin synostotisch ver- bunden, z. B. beim Häring. Die untere Reihe, welche am seltensten vorkommt, wiederholt im Allgemeinen, namentlich an der Schwanzwirbelsäule, genau die obere Reihe und trägt dadurch zur Symmetrie der oberen und unteren Körper- hälfte bei, steht aber in der Rückengegend in keiner näheren Verbindung mit den Wirbeln, sondern liegt hier lose in den Ligamenta intermuscu- laria nach aussen von den Rippen. Sie finden sich an der ganzen Wirbel- säule bei den Glupeen, wo ihre Unterscheidung von den Rippen leicht ist, während am Schwanztheil der Wirbelsäule bei den Cyprinen, wo sie sich den Rippen hinten anzuschliessen und die Reihe derselben fortzu- setzen scheinen, eine Verwechslung mit denselben eher möglich ist. Den Salmonen fehlt sie. | Die histologische Untersuchung ergibt, dass alle im Fleische liegenden Gräthen dem secundären Skelet angehören und keine Spur von Knorpel oder primordialer Verknöcherung enthalten. Sie entsprechen mithin den Sehnenknochen der Vögel und sind auf keinen Fall als integrirende und wesentliche Bestandiheile des Wirbelsystems aufzufassen, sondern der Muskulatur angehörig. DieRippen dagegen sind durchweg Bestandtheile des Primordialskelets und 182 enthalten fast immer deutliche Reste der primordialen Verknöcherung oder selbst knorpelige Theile, ja wahre Rippenknorpel (bei Salmo). So erweist sich der histologische und embryologische Charakter parallel dem morphologischen und selbst dem physiologischen, und von einer Zusam- menstellung der Fleischgräthen mit den Rippen kann daher keine Rede mehr sein; ja ihre Verbindung mit den Rippen erweist sich als ganz zu- fällig und fast als Ausnahme, da sie weder darauf beschränkt sind, noch überall mit den Rippen zusammen vorkommen. In Bezug auf die Verbreitung bei den Knochenfischen (auf welche das Vorkommen der Fleischgräthen beschränkt zu sein scheint) finden sich am häufigsten die oberen, seltener die mittleren, am seltensten die unteren Gräthen. Im Einzelnen weichen meine Erfahrungen von den Angaben Meckel's sehr ab, da er die verschiedenen Reiben nicht unter- scheidet und die untere gar nicht gekannt hat. Alle drei finden sich bei den Glupeen, die obere und mittlere bei Thymallus und Esox, die obere und untere bei den Cyprinen; die mittlere allein bei Perca und Gadus, die obere allein bei Salmo. Keine einzige dieser That- sachen stimmt zu den Angaben von Meckel, so dass in zoologischer Be- ziehung eine umfassende Revision’geboten ist, welche, wenn sie nicht an trocknen Skeleten mit aufgeklebten Gräthen, sondern an frischen Fischen vorgenommen wird, wie das Beispiel von Salmo und Thymallus zeigt, gewiss sehr schätzbare Gattungscharaktere liefern wird. Es findensich endlich auch Gebilde, welche mehrals die »oberen Rippen« Meckel’s den Namen Nebenrippen ver- dienen, uud wie diese dem Primordialskelet angehören. Diese bisher ganz übersehenen Gebilde, welche an allen Rumpfwirbeln von Salmo und GClupea vorkommen, bestehen in theils einfachen, theils complieirteren Knorpelgebilden, welche in den Ligamenta inter- muscularia gleich den Fleischgräthen ihre Lage haben, bei Clupea und Thymallus neben der mittleren Gräthenreihe vorkommen und bei Salmo sogar eine rippenartige Gestalt haben, auch mit den unteren Bogenstücken in einem gewissen Zusammenhang stehen und unten näher beschrieben werden sollen. Nach dieser Aufzählung der von mir beobachteten Wirbelanhänge der Fische lasse ich die specielle Beschreibung einiger Hauptrepräsen- tanten folgen, welche in jeder Beziehung als Muster dienen können, bis eine umfassende Revision der Meckel’schen Angabe möglich sein wird. Salmo salar hat nach dem von mir beschriebenen Exemplar 59 vollständige Wirbel, wozu noch ein körperloser erster Halswirbel (überzäh- liges Occipitalelement nach Brühl) kommt. Von diesen 59 Wirbelkörpern sind die beiden ersten rippenlos (Halswirbel) , die folgenden 33 Rumpf- wirbel tragen ebenso viele Rippenpaare, an welche sich die 24 Schwanz- wirbel mit oberen und unteren Dornen unmittelbar anschliessen. Es kommt eine obere Gräthenreihe von 33 Paaren vor, welche aber an den 183 33 ersten Wirbein (mit Einschluss der Halswirbel) befestigt sind, also sich nicht über alle Rumpfwirbel erstrecken. Von diesen 33 Gräthen- paaren ist das zweite das stärkste, die folgenden nehmen allmählig ab, so dass die letzten nur kurze Stümpfe bilden, welche sich jedoch in seh- nige Anhänge fortsetzen. Die 26 ersten Paare sitzen an den Querfort- sätzen der ablösbaren oberen Bogenstücke (Fig. 3), die übrigen 7 Paare an der Verbindungsstelle der folgenden synostotischen Bogenstücke mit den Wirbelkörpern. | Mittlere und untere Gräthen fehlen, wohl aber finden sich knorp- lige, rippenartige Gebilde, welche nach Art der mittleren Grä- thenreihe in den Septa intermusceularia in der Gegend der seitlichen Längsfurche verlaufen und durch sehnige Fäden mit den unteren Bogen- stücken in Verbindung stehen (Fig. 3C’). Das Vorkommen dieser sonder- baren Gebilde war mir besonders desshalb interessant, weil sie nach Lage und Verbindung den sonst an dieser Stelle vorkommenden Fleisch- gräthen zu entsprechen und also eine Homologie zwischen primor- dialen und secundären Skelettheilen zu begründen schienen, wovon mir sonst nichts bekannt war; bis ich mich überzeugte, dass sie bei Thymallus rexillifer neben den wahren Fleischgräthen ‚vorkom- men, welche sich bei dieser Gattung, wie schon Agassiz angegeben, an den vordersten Rückenwirbeln finden, bei Salmo aber fehlen. Das Ver- hältniss ist hier so, dass die secundäre Gräthe synostotisch mit den Wir- belkörpern verbunden ist, sich horizontal in der Mittelfurche nach hinten erstreckt und dass sich gegen das Ende derselben ein selbstständiger Knorpelstreif an sie anlegt, wiewohl durch sein Perichondrium durch- aus geschieden bleibt. Dieser Knorpelstreif entspricht ganz dem bei Salar allein vorkommenden, hat eine im Ganzen cylindrische Gestalt mit dünneren Enden, verläuft eine gute Strecke in seinem Septum inter- musculare horizontal nach hinten und zeigt gegen sein Ende eine geringe Andeutungeiner gabeligen Theilung, wovon bei Salar nichts zu sehen ist. Sie finden sich auch bei der Aesche an den hinteren Rückenwirbeln, welche keine Gräthen mehr tragen und erweisen sich dadurch als selbstständige Skelettheile, deren Bedeutung freilich ganz unklar ist. Nie habe ich darin eine Spur von Verknöcherung gesehen. Ausserdem besitzt Thymallus die obere Gräthenreihe wie Salar. Bei der gemeinen Forelle finden sich 30 Rippenpaare am 3. bis 33. Wirbel und 27 Gräthenpaare, an den ersten 27 Wirbeldornen. Also dasselbe Verhältniss, abgesehen von der abweichenden Wirbelzahl, wie beim Lachs. Mittlere Gräthen fehlen, nicht aber die knorpeligen Neben- rippen, obgleich sie der Grösse der Thiere entsprechend kleiner und schwerer aufzufinden sind als beim Lachs'). 4) Kein früherer Schriftsteller erwähnt dieser sellsamen Gebilde. Doch erlaube ich mir die Frage aufzuwerfen, ob vielleicht ein solcher Knorpel, aus seiner natür- 184 Esox lucius. Bei 4 Exemplaren von verschiedener Grösse fand ich, übereinstim- mend mit Cuwvier 61 Wirbelkörper, nämlich 4 Halswirbel, zu denen sich ein isolirtes oberes Bogenstück zwischen erstem Wirbelkörper und Hin- terhaupt gesellt, 36 Rückenwirbel mit freien oberen und unteren Bogen- stücken, 2 Lendenwirbel mit synostotischen Bogenstücken,, 37 Rippen- paare, wovon eins noch am ersten Lendenwirbel seinen Sitz hat, und 49 Schwanzwirbel, von denen die 5—6 vorletzten mit freien Dornen versehen sind. Ein einziges sehr grosses Exemplar hatte 37 Rückenwir- bel und 38 Rippenpaare, im Ganzen also 62 Wirbel. Es finden sich drei Reihen Gräthen, obere und mittlere, welche an den 4 ersten Wirbeln synostotisch mit den Bogenstücken ver- bunden sind (Fig. 6), und dann noch 43 Paare, welche an den oberen Bogen befestigt sind und sich an die synostotischen Gräthen der 4 ersten Wirbel anschliessen (Fig. 7, 8). Sie sind sehr dünn und lang, eylindrisch und mit Ausnahme der 9 letzten, welche beträchtlich kürzer und schwach gebogen sind, zweischenklig, d.h. es geht von dem im Ligamentum inter- musculare liegenden Hauptschenkel unter spitzem Winkel ein kürzerer Nebenschenkel nach innen und abwärts, welcher sich mittelst einer - ziemlich langen Sehne an der Basis der oberen Bogenstücke befestigt. Die Lage und Richtung weicht daher von der der einfachen Gräthen des Lachses etwas ab, da der Hauptschenkel nicht radiär von der Wirbel- säule ausgeht, sondern den Dornen mehr parallel läuft; oder vielmehr, der innere Schenkel ist die Fortsetzung des Hauptschenkels, welcher sich mit demselben unter einem stumpfen Winkel verbindet, wie man an den hinteren einfachen Gräthen sieht. Es entspricht daher diese Grä- thenform denen der oberen Reihe beim Lachse, was auch daraus hervor- geht, dass die vier ersten einfachen Gräthen synostotisch mit den entspre- chenden Bogenstücken verbunden sind, und dass das nächstfolgende erste freie Paar zuweilen ungespalten ist. — Sehr merkwürdig ist es, dass die mittlere Reihe sich nur an den 4 rippenlosen Halswirbeln findet und da aufhört, wo die Rippen anfangen; ja es scheint, dass sie von man- chen Schriftstellern für die Rippen dieser Wirbel gehalten worden sind. Abgesehen von der ganz andern Lage, in der mittleren Längsfurche, zwi- schen der oberen und unteren Hälfte des Seitenmuskels, unterscheiden sie sich jedoch von den cylindrischen, stumpfendigenden Rippen, welche alle, mit Ausnahme des letzten, noch ziemlich starken Paares, gelenkig an den Bogenstücken befestigt sind, durch ihre platte, breite Form und scharfe Spitze. Sie enthalten ausserdem keine Spur von Knorpel oder primordialer Verknöcherung, während die Rippen nicht nur im Innern, sondern auch lichen Lage gebracht und zufällig aufgefunden, das Verbindungsstück gewesen sein möge, welches Otto (Zeitschrift für Physiologie von Tiedemann und Treviranus I. 41827. S. 304) zwischen der Bauchflosse und den Rippen gefunden haben wollte und das nach ihm Niemand wiedergefunden hat? 185 an den peripherischen Enden deutliche Knorpelspuren zeigen. Die Folge davon ist, dass die Rippen an trockenen Skeleten durch Einschrumpfen be- trächtlich von ihrer Gestalt und Dicke einbüssen und ein knotiges Ansehen erhalten, was man an den vollkommen knöchernen Gräthen nicht wahr- nimmt. Aus demselben Grunde erscheinen die primordialen Rippen im trockenen Zustande weiss, die Gräthen aber durchscheinend, ein Cha- rakter, der die primordialen Knochen des Hechtes überhaupt von den Deckknochen und einseitigen Auflagerungen (wo diese nicht eine grös- sere Dicke haben) unterscheidet. — Untere Gräthen fehlen dem Hechte nicht ganz, sind aber sehr schwach entwickelt. Es finden sich nämlich 9—-10 einfache, kurze, winklig gebogene Gräthen, denen der oberen Reihe ähnlich, frei in den Intermuskularsepta liegend, welche sich den Rücken- wirbeln anschliessen, und den Rippen daher ganz unähnlich. Chondrostoma nasus. Die Zahl der Wirbel schwankt von 47—49, wobei die Halswirbel zu vieren gezählt sind, da der bei andern Cyprinen sonst einfache, mittlere, lange Halswirbel hier deutlich aus zwei gesonderten Wirbelkörpern be- steht). Es finden sich ausserdem 20—21 rippentragende Rückenwirbel mit ablösbaren unteren Bogenstücken, von denen jedoch das letzte Paar nur auf einer Seile eine entwickelte Rippe, oft nur ein Rippenrudiment trägt. Darauf folgen 3 Lendenwirbel mit synostotischen Querfortsätzen, welche sich stark abwärts neigen und an den beiden letzten brücken- artig verbunden sind. Ihnen entsprechen zwei Paare kurzer frei lie- gender und sehr dünner, mit den Querfortsätzen in keiner Verbindung stehender Rippen. Schwanzwirbel mit synostotischen oberen und un- teren Dornen sind 20 — 21, an deren erstem das Auftreten eines sy- nostotischen unteren Dornstücks unverkennbar ist, und der in einem Falle einen durch eine Querbrücke in zwei Abtheilungen für Arterie und Vene getheilten Gefässcanal besass. Den Schluss machen 2 Wirbel mit freien unteren Bogenstücken, deren der letzte zwei besitzt. Es finden sich zwei Reihen von Gräthen, obere und untere. Die oberen finden sich an allen oberen Dornen, mit Ausnahme des letzten Wirbels. Von denselben sind die ersten und letzten die kürzesten, die mittleren die längsten. Alle haben eine ziemlich starke Biegung nach aussen, mit Ausnahme der hintersten, welche fast gerade sind. Die erste, kürzeste ist etwas geknickt und am äussern Ende gekerbt, die drei fol- genden an den beiden Enden eingeschnitten, die 33 folgenden zwei- schenklig, indem ein innerer, kürzerer und schwächerer Schenkel unter einem spitzen Winkel abgeht, um sich sehnig an die oberen Bogenstücke anzuheften. An der Richtung dieses Schenkels in Verbindung mit der Krümmung der Gräthen nach aussen kann man obere und untere Gräthen unterscheiden. Der innere Schenkel nimmt nach binten an Länge ab und A) Würzburger naturwissensch. Zeitschr. III. S. 89. 186 ist an der 37.—38. Gräthe nur ganz schwach angedeutet. Die folgenden Gräthen sind einfach, aber wie die zweischenkligen am oberen und un- teren Ende mehrfach eingeschnitten, ja fiederspaltig, besonders oben; die vier letzten unten zugespitzt und am oberen Ende fächerartig ausge- breitet, dabei immer mehr nach hinten gerichtet. In der Stärke ist kein grosser Unterschied, doch sind die hinteren graden im Ganzen stärker. Die untere Reihe findet sich nur an den Schwanzwirbeln, mit Aus- nahme des letzten. Sie wiederholen im Ganzen die Form und Anordnung der oberen Gräthen, denen sie jedoch an Länge und Stärke nachstehen, — die erste ist einfach und geknickt, die übrigen zweischenklig, so weit dies die oberen sind, einfach an den hinteren Schwanzwirbeln. Nur die 3 letzten der zweischenkligen Gräthen und die einfachen sind an den Enden gespalten und fiederspaltig, die vorderen einfach zugespitzt. Die letzte ist die kürzeste von allen Gräthen des Fisches, einfach, grade, fast horizontal nach hinten gerichtet und am hinteren Ende eigenthümlich fächerartig ausgebreitet. Mittlere Gräthen fehlen völlig. Derselbe Typus findet sich mit grosser Consequenz bei allen Gypri- nen durchgeführt, die ich untersuchen konnte, namentlich bei Carpio, Brama, Leuciscus, Tinca und Barbus, und lässt sich kurz folgendermas- sen ausdrücken: Es finden sich obere und untere Gräthen, so weit als obere und untere Dornen, und fehlen so weit untere Querfortsätze vorhanden sind. Doch kommen die Grä- then der letzten Schwanzwirbel nicht immer zur Entwickelung. So fin- den sich z. B. beim Döbel (Leueiscus Dobula), der 4 Halswirbel, 18 Rückenwirbel mit ablösbaren unteren Bogenstücken und ächten Rippen, 4 Lendenwirbel mit 2 Paar freien Rippen und zwei Brückendornen, und 18 Schwanzwirbel hat, 40 obere und 16 untere Gräthenpaare, im Ganzen 56, bei 44 Wirbeln und 62 Wirbeldornen. Beim Barben, wel- cher 3 Halswirbel, 45 Rückenwirbel mit ablösbaren Bogenstücken, 7—8 Lendenwirbel mit 4 Paar freier Rippen und 2 Brückendornen und 21 Schwanzwirbel, im Ganzen 46—47 Wirbel und 66 Wirbeldornen be- sitzt, finden sich 52 Gräthenpaare, 35 gespaltene, A5'einfache und 2 ganz kurze gerade, so dass fast ein Drittheil der Schwanzwirbel gräthenlos ist. Beim Karpfen, wo ich 3 Halswirbel, 10 Rückenwirbel, 6 Lenden- wirbel mit 2 Brückendornen und 47 Schwanzwirbel, zusammen 36 Wir- bel zähle, finde ich oben 29, unten 16, im Ganzen 45 Gräthenpaare. Bei Brama, mit 3 Halswirbeln, 16—18 Rumpfwirbeln und 29 Schwanzwirbein, im Ganzen 43—45 Wirbeln finden sich 61—-64 Grä- thenpaare (41 obere und 23 untere). Tinca mit 40 Wirbeln, worunter 3 Halswirbel) 15 Rückenwirbel und 47 Schwanzwirbel, hat oben 32, unten 15 Gräthenpaare, Inallen Fällen, wo nn Zahl der Gräthenpaare die Zahl der oberen und unteren Wirbeldornen nicht erreicht, ge- 187 schieht dies daher aufKosten der hintersten Schwanzwir- belund namentlich ihrer oberen Gräthenreihe. Dieselbe beginnt aber stets am 4. Halswirbel, die untere am Ä. Schwanzwirbel. Von den untersuchten Fischen hat Barbus die we- nigsten, Chondrostoma die meisten Gräthenpaare, nämlich so viele als Wirbeldornen — 4 (letzter Schwanzwirbel). Alosa vulgaris. Die Zahl der Wirbel ist 56—57, indem ich bei einem Exemplar einen Schwanzwirbel mehr fand (während bei den Cyprinen der überzählige Wirbel meistens ein Rumpfwirbel ist). Zwei derselben können als Hals- wirbel betrachtet werden, da sie keine Rippen tragen und keine deut- lichen unteren Bogenstücke erkennen lassen. Nur der erste besitzt einen nach hinten gerichteten unteren Fortsatz, welcher länger und breiter ist, als ein gewöhnlicher Querfortsatz und daher wahrscheinlich ein Grä- thenrudiment mit enthält. Die oberen Bogenstücke sind frei und tragen synostotische Gräthenpaare, der zweite Halswirbel ausserdem noch ein sehr langes und starkes mittleres Gräthenpaar, welches synostotisch mit dem Wirbelkörper verbunden ist. Dazu geselit sich ein zwischen Hinter- haupt und erstem Halswirbel gelegenes überzähliges oberes Bogenstück, welches keine Anhänge trägt. Die 16 folgenden Wirbel haben oben und unten freie Bogenstücke und gespaltene obere Dornen. Daran schliessen sich 10 Wirbel mit brückenartig verbundenen unteren Bogenstücken und gespaltenen oberen Dornen, von denen die vier ersten auch noch freie obere Bogenstücke haben; ferner 6 Wirbel mit synostotischen Bogen- stücken und einfachen oberen und unteren Dornen, welche von den fol- genden Schwanzwirbeln nur durch den Mangel eines besonderen untern Dornstückes verschieden sind, welches am 1. Schwanzwirbel hinzutritt und eine Strecke weit synostotisch mit den dornförmigen untern Bogen- stücken verbunden ist, an den folgenden aber völlig mit denselben ver- schmilzt. Nur der letzte Schwanzwirbel trägt ein freies unteres Bogen- stück, welches als Verschmelzungsproduct mit Flossenträgern zu be- trachten ist. Es finden sich 31 Rippenpaare vom 3.—33. Wirbel, von denen die letzten Paare nur lose am Fleische liegen und mit den Wirbeln in keiner Verbindung sind. Obere Gräthen finden sich längs der ganzen Wirbel- säule in grösserer Zahl als Wirbel vorhandensind, dasie am Schwanzendesich vermehren, näwlich 61—64 Paare. Davon sind die 19 ersten synostotisch mit den betreffenden Bogenstücken ver- bunden, und einfach, die 2 folgenden Paare ebenfalls einfach und in be- sonderen Grübchen der 2 letzten freien Bogenstücke in der Gegend deı oberen Querfortsätze befestigt; die Paare sind meistens zweischenklig, indem sich aus einer Spaltung des unteren Endes nach und nach ein in- nerer Schenkel entwickelt, der bis in die Hälfte der Gräthe heraufrückt, 188 dann aber an Länge abnimmt und an den hintersten Gräthen wieder verschwindet. Die 40 letzten sind gerade und zwar die 4 letzten wieder einfach und nur am unteren Ende gefiedert. Von den 50 unteren Gräthenpaaren liegen die beiden ersten in den Septa intermuscularia der beiden Halswirbel, die folgenden nach aussen über den Rippen, die hintersten nach aussen von den unteren Dor- nen. Dieselben zeichnen sich aus durch ihre starke Biegung nach aus- sen, indem sie von der Gegend des Rippenhalses beginnend erst eine starke Biegung nach aussen, dann nach abwärts und einwärts machen und unten mit den Sternalschuppen zusammenstossen. Die 12 ersten sind einfach, an der Umbiegungsstelle der 43. aber beginnt sich die Gräthe erst nach abwärts, an der 47. auch nach aufwärts zu spalten; die 20. ist blos oben gegabelt, die 21. dreifach gespalten, worauf sich aus der innersten Gabel erst ein innerer Schenkel entwickelt, der wie an den oberen Gräthen, bis zur Mitte herabrückt, und dann allmählig kürzer wird, um gegen das 42. Paar hin ganz zu verschwinden, worauf noch 9—10 einfache, am oberen Ende gefiederte Paare folgen. Auch die Sternalschuppen der Clupeen gehören dem secundären Skelet an und stehen nicht mit den Rippen, sondern mitden Gräthenin Verbindung. Sie beginnen vorn als gekielte schuppenartige Blättchen, die weiterhin zwei seitliche Dornen zur Verbindung mit den unteren Gräthen in den Ligamenta intermuscu- laria nach vorn und aufwärts schicken, welche nur am 22. Stück, wo die Bauchflosse hindurchtritt, fehlen. Indem sie oben den Gräthen der unteren Reihe begegnen und sich sehnig mit denselben verbinden, bilden sie eine Reihe knöcherner Gürtel, welche aufden Muskeln liegen, sehr fest sind und dem Körper der Clupeen eine besondere Steifheit und Derbheit verleihen. Die grösste Schuppe befindet sich unmittelbar vor der Bauchflosse mit drei zackigen Seitenschenkeln, während die hinter der Bauchflosse bis zum After gelegene Reihe wieder allmählig an Grösse ab- nimmt. Dieselben; können nicht zu den Hautschuppen gezählt werden, denn wenn sie auch zwischen denselben an der Bauchseite zu Tage tre- ten, so verlaufen doch ihre Seitenschenkel unter denselben (in den Septa intermuscularia) aufwärts. Sie sind also entschiedene Deckknochen, welche wohl als secundäres Brustbein betrachtet werden können. Ihre Zahl beträgt bei der Alse 37 Stücke, von denen 21 vor, 15 hinter der Brustflosse und 1 unter derselben liegt. Von den Gräthen der mittleren Reihe, welche nur bis zum 36. Wirbel reichen, sind die 2 ersten mit dem Halswirbelkörper, die folgen- den 44 mit dem Rippenköpfchen synostotisch verbunden und noch 20 freie Paare vorhanden, welche zum Theil an den Schwanzwirbeln befe- stigt sind und allmählig auf die mittlere Leiste des Wirbelkörpers herauf- rücken. Alle mittleren Gräthen sind einfach und dabei stärker und gera- der, als die der oberen und unteren Reihe, auch kürzer. Mit ihnen stehen 189 die knorpligen Wirbelanhänge in Verbindung, welche sich vom 4.—30. Wirbel erstrecken und bei den Glupeen eine ganz besondere Ent- wickelung erreichen. Dieselben liegen viel oberflächlicher als die Gräthen, unmittelbar unter der äusseren Haut, nehmen nach hinten an Stärke ab und verlieren sich am Ende der Bauchwirbelreihe. Sie bestehen bei der Alse aus zwei Schenkeln, die vorn unter einem nahezu rechten Winkel zusammenstos- sen und sich von der Mittellinie aus in den Ligamenta intermuscularia nach auf- und abwärts erstrecken. Es sind beträchtliche Knorpelstücke und an der inneren Seite der Schenkel mit franzenartigen Anhängen versehen, welche nach hinten in die Muskelscheidewände ausstrahlen und in das fibröse Gewebe continuirlich übergehen. Auf der inneren Fläche haben sie eine mittlere Längsrinne, in welche sich das Ende der Gräihe einlegt, an welcher sie daher wie aufgespiesst erscheinen. Die genauere Untersuchung zeigt, dass sie gleichwohl von den secundären Stücken durch Periehondrium getrennt sind und dass diese innige Ver- bindung eine Folge des Wachsthums der Theile ist, aber keine Ver- schmelzung genannt werden kann. Niemals habe ich in diesen Knorpeln Verknöcherung bemerkt. > 4 % 2 a Gräthe. r db Knorpel. ® (nat. Gr.) Dass sie den einfachen knorpeligen Streifen bei Salmo (Fig. 3) ent- sprechen, dürfte wohl, mit Rücksicht auf das Verhältniss bei Thymallus nicht zu bezweifeln sein. Dagegen lässt die eigenthümliche, zweischenk- lige Form bei Clupea kaum einen Vergleich mit den Rippen der höheren Thiere zu, an welche man ihrer primordialen Natur wegen sonst hätte denken können. Sie müssen daher wohl als eigenthümliche Anhänge der Fischwirbel angesehen werden, deren Verbreitung in dieser Classe noch weiter festzustellen ist, wo sich vielleicht auch über ihre wahre Natur noch etwas Näheres herausstellt. Für einstweilen scheint mir die Bezeich- nung Cartilagines intermusculares am entsprechendsten. Ausser den sämmtlichen hier beschriebenen Gebilden finden sich bei der Alse endlich noch an mehreren Stellen knöcherne Theile, welche als wahre Sehnenknochen zu betrachten sind und gleich den Gräthen regelmässig auf bestimmte Stellen beschränkt sind. Dies ist nach genaue- rer Nachforschung der Fall in den vorderen Insertionen des M. lateralis, namentlich am Schultergürtel, mitten im Fleische und stets in einer gewis- sen Tiefe; namentlich finden sich 2—4 sehr starke, platte, gräthenartige Zeitschr. f. wissensch. Zoologie. XI. Bd. 13 Ossificationen mit breit abgestutzten Enden und 2 feinere, cylindrische, mit spitzen Enden in der unteren Hälfte der mittleren Portion (scalenus Cuvier), demnach in der Richtung der mittleren Gräthenreihe, zum Theil in Gestalt der synostotischen Gräthe des zweiten NHalswirbels sehr ähn- lich. Mehrere Bündel kleiner und kurzer Gräthen finden sich in der obe- ren Portion, welche vom Hinterhaupt ihren Ursprung nimmt, in die Seh- nenscheide des Muskels eingebettet, ebenfalls von regelmässigem und constantem Vorkommen. Am Rumpfe finden sich solche überzählige Gräthen nicht, wohl aber ist die Vermehrung derselben in der oberen Hälfte des Seitenmuskels in der Schwanzgegend dahin zu rechnen, d.h. esentwickelnsichinden Septaintermusculariahier nicht je eine, sondern mehrere Gräthen, wovon mir ausser den Glu- peen kein Beispiel bekannt ist. Schliesslich sei noch bemerkt, dass wie bei den Cyprinen, so auch bei Alosa die beiden Seiten der Wirbelsäule nicht immer ganz symmetrisch sind, d.h. gewöhnlich findet sich das letzte freie Bogenstück der Rücken- wirbel.nur auf einer Seite, ja es kommt vor, dass das letzte Rippen- und letzte Gräthenpaar der mittleren Reihe nur auf einer Seite vorhanden ist, so dass man für die gesammten Gräthen und Rippen eine ungerade Zahl erhält. Immer isteine solche Asymmetrie auf den letz- ten Wirbel seiner Art beschränkt, der den Uebergang zu einem neuen Abschnitt der Wirbelsäule bildet. Dagegen habe ich synostotische Gräthen in einzeinen Fällen auch mitten in der Reihe getroffen, wie oben ein Beispiel vom Lachse angeführt wurde. Glupea harengus. Der gemeine Häring hat wie Alosa 56—57 Wirbel, deren Bau und Vertheilung fast ganz mit derselben übereinstimmt, so dass von Seite der Wirbelsäule zwischen beiden Fischen kaum ein nennenswerther Unter- schied zu finden ist. Es finden sich 2 Halswirbel nebst dem überzähligen oberen Bogenstück, und 21 Rückenwirbel mit freien Bogenstücken und gespaltenen Dornfortsätzen. Schwer ist es, die Gränze zwischen Lenden- und Schwanzwirbeln zu bestimmen, da das Auftreten der unteren Dorn- stücke nicht so deutlich ist, wie bei Alosa, auch hindert die Kleinheit der Theile eine genauere Prüfung. Vom 24. Wirbel an finden sich wie bei Alosa noch 3 freie obere Bogenstücke, 6 gespaltene obere Dornen und 40 untere Brückendornen, von denen der letzte schon als einfacher Dorn betrachtet werden kann, obgleich die Zusammensetzung aus zwei Seitenhälften deutlich ist. Vom 35. Wirbel an nehmen die unteren Dor- nen auffallend an Länge zu und hier scheint die Schwanzwirbelsäule zu beginnen. Somit wäre das Verhältniss ganz wie bei Alosa. Es sind 30 Rippenpaare vorhanden, von welchen 21 mit synostotischen Gräthen versehen sind. Auch besitzt der erste Halswirbel den synostotischen Querfortsatz, der zweite die synostotische mittlere Gräthe wie Alosa. Obere synostotische Gräthen finden sich an den 21 ersten Wirbeln, freie 191 Gräthen an den folgenden 18 Wirbeln. Ebense weit scheinen die unteren Gräthen zu reichen, deren ich in allem 434 Paare aufgefunden habe, welche Zahl unter der der Alosa bleibt, wo 150—160 Paare vorhan- den sind. Die Gartilagines intermusculares gleichen denen der Alosa ebenfalls ganz, sind jedoch entsprechend kleiner und daher in den Seh- nenscheiden der Seitenmuskeln schwerer aufzufinden, auch weniger weit nach hinten zu verfolgen, was nur dadurch geschehen kann, dass man die ganze entsprechende Stelle des Ligamentum’intermusculare heraus- präparirt und bei schwachen Vergrösserungen durchmustert, wobei eine mässige Compression sehr hülfreich ist, da das hyaline Knorpeigewebe sich bestimmter von dem umhüllenden Sehnengewebe unterscheidet. So wünschenswerth es mir gewesen wäre, so war es mir doch nicht möglich andere Glupeen im frischen Zustande zu untersuchen. Na- mentlich wäre die Untersuchung von Elops interessant, bei welchem sämmtiiche obere unduntere Bogenstücke von den 67 Wir- belkörpern getrennt sind, und, so weit sich an trockenen Ske- leten urtheilen lässt, sehr vollständige Gräthenreihen tragen, die ent- schieden den Bogenstücken angehören und mit ihnen entfernt werden dürften, — wahrscheinlich derin Bezugaufdas Skelet vollstän- digsteund zugleich am regelmässigsten gebauteFisch! Gadus Morrhua. Von 54 Wirbeln sind 2 Halswirbel, 17 tragen Rippen, denen sich 2 rippenlose Lendenwirbel mit langen Querfortsätzen und 33 Schwanz- wirbel mit oberen und unteren Dornen anschliessen, welche nur am vor- letzten Wirbel vom Körper getrennt sind. Getrennte Bogenstücke finden sich sonst nicht; die unteren Querfortsätze rücken an den vordersten Rückenwirbeln und Halswirbeln bis zur Mitte des Wirbelkörpers herauf und fehlen am 2. Rückenwirbel ganz, wogegen ich bei einem Exemplare auf der rechten Seite zwischen erstem und zweitemHals- wirbel einen.rudimentären Wirbel, bestehend aus einem halben Facettenrand nebst Querfortsatz eingeschaltet fand. Die Rippen sitzen am hinteren, nach oben ausgehöhlten Rande - der Querfortsätze, an den 3 ersten Rückenwirbeln in einer besonderen Grube des Wirbelkörpers selbst und zwar an den beiden ersten über den kurzen Querfortsätzen. Die erste ist die kürzeste und dickste, die folgenden nehmen an Dicke ab und an Länge zu bis zur i1., worauf sie an Länge rasch abnehmen, so dass die letzte etwa halb so lang ist als die erste. Es finden sich 14 mittlere Gräthenpaare, welche an dem 2.—15. Wirbelsegment befestigt sind, demnach auch am 2. Halswirbel vorkom- men, der keine Rippen trägt. Sie gleichen den Rippen sehr und sind ihnen vorn an Stärke gleich, wiewohl im Ganzen länger, schlanker und schöner geformt, und nehmen von vorn nach hinten an Stärke gleich- 43°” 192 mässig ab, daher die erste die stärkste und längste zugleich. Dieselbe sitzt an der Wurzel des oberen Dorns des 2. Halswirbels, der keine Grube für ihre Insertion besitzt, die folgenden an den Rippen und zwar die zweite in der Mitte der ersten Rippe, die folgenden immer weiter her- aufrückend, bis die 9. dicht neben dem Rippenköpfchen an die Spitze des Querfortsatzes zu stehen kommt, die 10. auf den Querfortsatz selbst übergeht und die folgenden bis an den Wirbelkörper heranrücken. Die beiden letzten sind sehr kurz und locker befestigt, während die übrigen etwas fester sitzen, wiewohl auch leicht abfallen. Im getrockneten Zustand unterscheiden sich die Gräthen von den Rippen, denen sie sonst sehr ähnlich sind, dadurch, dass letztere durch Einschrumpfen ein knotiges und geschlängeltes Ansehen bekommen, erstere aber ihre Form behalten, also vollständiger ossificirt sind. Auch haben die Rippen zum Theil eine Markröhre, welche den Gräthen fehlt. Im übrigen habe ich an beiden keine Spur von Knorpel oder primordialer Verknöcherung wahrgenommen, mithin beide völlig aus secundärem Kno- chengewebe gebildet gefunden, so dass also die wahrscheinlich ursprüng- lich vorhandene primordiale Anlage der Rippen völlig zur Bildung des Markraums verbraucht worden sein muss. Die Krümmung der Gräthen geht etwas nach hinten und aufwärts, die der Rippen nach aussen und abwärts. Am 10. Wirbel sind beide an Länge gleich, am A1. hat die Gräthe nur % der Länge der zugehörigen Rippe, die letzte Gräthe ungefähr die Hälfte, wornach also die Unterschei- dung nicht so schwierig ist. Obere und untere Gräthen fehlen ; auch kann die beschriebene Grä- ihenreihe nicht als obere angesehen werden, obgleich das erste Paar sehr hoch sitzt, denn auch die unteren Bogenstücke sitzen bei Gadus unge- . wöhnlich hoch; worauf auch das oben erwähnte Vorkommen eines ru- dimentären überzähligen Querfortsatzes (unteren Bogenstückes) bei einem Exemplar hindeutet, welcher von der oberen Hälfte seines halben Wir- belkörpers entspringt, aber keinen zugehörigen oberen Dorn (oberes Bo- genstück) hat. Bemerkenswerth bleibt aber immerhin, dass sowohl Rippen, als Gräthen, an den vordersten Wirbeln über und zum Theil vor den Querfortsätzen ihren Sitz haben, was wohl mit der Verkümme- rung und dem theilweisen Fehlen derselben zusammenhängt. Der Schellfisch (G. aeglefinus) unterscheidet sich vom Kabliau nur in unwesentlichen Punkten. Ich zählte 54 Wirbel, nämlich 2 Halswirbel, 17 Rückenwirbel, 2 Lendenwirbel und 33 Schwanzwirbel, von denen der vorletzte getrennte Dornen hat. Nur die erste Rippe sitzt in einer Grube des Wirbelkörpers über dem Querfortsatze, die zweite schon an einem beträchtlichen Querfortsatz. Ausserdem unterscheiden sich die unteren Dornen der beiden ersten Schwanzwirbel von denen des Kabliau, welche einen einfachen Spitzbogen bilden, durch ihre ypsilonförmige Ge- stalt, welche auf das Auftreten eines synostotischen unteren Dornstücks 193 hindeutet. Rippen sind 17, Gräthen 11 Paare vorhanden, von denen das erste Gräthenpaar am 2. Halswirbel, das erste Rippenpaar am 4. Rücken- wirbel sitzt. Die Gräthen sind fast durchweg um die Hälfte stärker als die Rippen, stark gebogen, sehr spitz und an der Basis abgeplattet. Im Uebrigen ist das Verhältniss wie beim Kabliau. Lota vulgaris hat 56 Wirbel, nämlich 2 Halswirbel, 19 Rücken- wirbel, 4 Lendenwirbel und 34 Schwanzwirbel, unterscheidet sich daher von Gadus (morrhua und aeglefinus) dadurch, dass sie 2 Rückenwirbel - und 1 Schwanzwirbel mehr hat, während der Bau der Wirbelsäule und das Verhältniss der Wirbelanhänge im Wesentlichen das nämliche ist. Es finden sich nämlich 19 Rippenpaare, von welchen die 4 ersten in beson- deren Gruben der Wirbelkörper, die folgenden an Querfortsätzen sitzen, welche vom 6. Wirbel an auftreten; und 18 Gräthenpaare, von welchen die erste am zweiten Halswirbel, die folgenden aber an den Rippenenden befestigt sind, von wo sie allmählig heraufrücken, so dass die beiden letzten auf die Querfortsätze zu stehen kommen. Die Rippen sind hier bedeutend dicker und stärkerals die Gräthen, nament- lich die 4 ersten, welche gegen das Ende anschwellen und keulenartig : geformt, aber stark gekrümmt sind ; die 2—3 folgenden sind fast grade und kürzer, die übrigen lang, dünn und gehogen; die Gräthen sämmt- lich dünn und lang und daher an den hinteren Rückenwirbeln von den Gräthen kaum zu unterscheiden. — Im Baue der unteren Dornen schliesst sich Lota an Morrhua, d.h. es findet sich keine Spur von besonderen unteren Dornstücken an den Schwanzwirbeln, ja bei allen untersuchten® Exemplaren findet sich eine eigenthümliche Asymmetrie des 1. vorhande- nen Lendenwirbels, der auf der rechten Seite einen gewöhnlichen, auf der linken einen selrfr langen Querfortsatz trägt, welcher dem folgenden ersten Dorn an Länge nicht nachsteht. Zugleich findet sich allgemein die andere Asymmetrie, dass die Grube an der Basis der Wirbelkörper unge- fähr vom 16. Wirbel an vorwärts nach rechts abweicht und vom 12.1: Rückenwirbel ganz seitlich unter den rechten Querfortsatz zu liegen kommt, was mit dem Verlauf der Vena caudalis zusammenhängt, und bei anderen Gadoiden nur schwach angedeutet ist. Lota zeichnet sich aus- serdem durch häufige Anomalien aus, die stets sehr lehrreich sind. So fand ich bei einem Exemplar, das ich mit I. bezeichnen will, ein überzäh- liges Rippenpaar am 2. Halswirbel, der mit einem seitlichen Grüb- chen zur Aufnahme der Rippe versehen war, an welcher sich das erste Gräthenpaar befestigte. Dieser Wirbel war demnach von einem Rückenwirbel nicht verschieden, obgleich sich dieses Halsrippenpaar von den folgenden ächten Rippen durch seine Kürze und Schmächtigkeit sehr unterschied. Bei demselben Exemplar fanden sich am 15. Wirbel auf beiden, am 16. auf der linken Seite Rippen und Gräthen synosto- tisch verbunden, wie es bei Glupea Regel ist. Bei einem li. Exemplar 19% fand sich, wie schon erwähnt, der linke obere Bogenschenkel des 19. Wirbels völlig vom Körper getrennt (Fig. 11); dafür aber eine Synostose zwischen dem 46. und 47. Wirbelkörper, die desshalb zusammen nur 11, Wirbellänge hatten, übrigens ihre besondern Dornen besassen. Perca fluviatilis, welche als Repräsentant für die sehr über- einstimmend gebauten Acanthini dienen kann, hat 42 Wirbel, mit syno- stotischen Bogenstücken, indem nur der obere Dorn der ersten und die unteren der drei letzten Wirbel vom Körper getrennt sind. Die 18 Rip- penpaare sitzen vom 3.—5. Wirbel in besonderen Grübchen der Wirbel- körper, weiterhin an Querfortsätzen und zwar mit zunehmender Länge derselben entsprechend herabrückend. Die 13 ersten Paare sind mit Gräthen versehen, welche im oberen Drittbeil der Rippe ansitzen und von vorn nach hinten an Länge und Stärke abnehmen, während von den Rippen die beiden ersten Paare kürzer und schwächer, die 6. und 8. die stärksten sind und erst die folgenden wieder rasch abnehmen. Die letzte Gräthe ist 1% so lang als die erste, die letzte Rippe nur *, der ersten. Die Rippen sind sehr stark gekrümmt, die Gräthen gestreckter, übrigens in der Textur nicht verschieden, da sie beide aus ächtem Knochengewebe bestehen. Die Gräthen sitzen weiter oben, als dies Laurillard') bei Cu- vier et Valenciennes zeichnet, und rücken hinten bis an die Querfortsätze heran. Von den 18 Rückenwirbeln zeichnet sich der letzte (20. Wirbel) durch eine eigenthümliche asymmetrische Bildung aus, indem der linke, sehr lange und stark abwärts geneigte Querfortsatz seit- e|ich gespalten oder vielmehr mit einem hinteren dornförmi- gen Auswuchs versehen, der rechte aber einfach ist. Erst der 21. Wirbel zeigt einen vollständigen ypsilonförmigen Dorn, der sich zwischen die beiden stark abwärts geneigten Querfortsätze einfügt, der 23. aber einen einfachen Dorn, dessen bedeutende Länge über das Auftreten eines besonderen Dornstückes keinen Zweifel übrig lässt, obgleich die Syno- stose eine totale ist. Bemerkenswerth ist auch der Mangel oberer Dornen an den 2 vorletzten Schwanzwirbeln, ‚obgleich obere Bogen- stücke deutlich vorhanden sind, die sich in Gestalt niedriger unvollkom- men vereinigter Doppelplatten von den Wirbelkörpern erheben, ein Ver- hältniss, was an das Vorkommen selbstständiger, von ihren Dornen getrennter (knorpliger) Bogenstücke an dieser Stelle beim Lachs erinnert. Bei anderen Gattungen der Acanthini scheinen auch an beiden Hals- wirbeln Gräthen vorzukommen, welche jedoch stets der mittleren Reihe angehören, dieselben auch hinten auf die Querfortsätze (bei den Scom- 4) Das bei Cuvier abgebildete Exemplar zählt ausserdem 2 Gräthenpaare weni- ger, einen Lendenwirbel mehr und nur einen freien unteren Dorn am letzten Wirbel; geringfügigerer Abweichungen von dem von mir untersuchten, sehr grossen Exemplar nicht zu gedenken. 195 beroideen, Theuthyes und Gobioideen auf die Wirbelkörper selbst) hin- aufzurücken, demnach nicht überall wie bei Perca auf die Rippen be- schränkt zu sein. Doch unterlasse ich es darüber nähere Angaben zu machen, da ich keine frische Exemplare untersuchen konnte. Obere und untere Gräthen scheinen allgemein zu fehlen. Aehnlich verhalten sich die Pharyngognathen , von denen ich jedoch ebenfalls keine frische Exemplare untersucht habe; wenigstens finde ich bei Glyphisodon sordidus mittlere Gräthen, welche synostotisch mit den Rippen verbunden sind. In anderen Fällen (Belone, Exocötus) rücken sie bis auf die Wirbelkörper herauf und breiten sich weithin über die Schwanzwirbelsäule aus, wo keine Rippen mehr vorkommen. Unter den Physostomen scheint ausser den schon erwähnten bei Mormyrus eine Gräthenreihe vorzukommen, welche bei Heterotis niloticus am 4.—7. Wirbel synostotisch verbunden ist. Ueber das eigenthümliche Verhältniss zwischen Rippen und Grä- then bei Polypterus behalte ich mir Näheres für eine besondere Bespre- chung vor. Ueber andere Fische, denen Meckel »obere Rippen « zuschreibt, feh- len mir eigene Erfahrungen, doch scheinen mehrfache Gräthenreihen ausser den erwähnten nicht vorzukommen und die am häufigsten vor- kommende Reihe den mittleren anzugehören. Ob dieselben aber in den einzelnen Fällen primordialen oder secundären Ursprungs sind, muss weiteren Untersuchungen vorbehalten bleiben. Eine noch nicht besprochene Frage ist endlich die, ob es Fische gibt, welche Gräthen, aber keine Rippen besitzen. Nach ©. Mittenheimer ist dies beim Tetragonurus der Fall. Auch Balistes macht den Ein- druck, als ob seine sogenannten Rippen in die Kategorie der im Fleische liegenden Anhänge gehörten. Doch lässt sich an trockenen Skeleten nicht darüber entscheiden. Erklärung der Abbildungen. Taf. XV. B. Taf. XIX. Fig. 41. Vordere Extremität von Salmo salar. Cl. clavicula. H. cubitus Cuv. R. radıus Cuv. C. carpus. M. Metatarsus-Knorpelchen. Fig. 2. Vordere Extremität (Brustflosse) von Spinax acanthias. a bc d Handwurzel. PH Phalangen. Fl. Flossenstrahlen. Fig. 3. Der 24. Rückenwirbel des Lachses. Fig. 4. Der 9.—10. Schwanzwirbel von Alosa vulgaris. Fig. 5. Die 2 ersten Rückenwirbel von Leuciscus dobula. Fig. 6. Der 3. Halswirbel des Hechtes. Fig. 7. Der 46. Rückenwirbel desselben. Fig. 8. Der letzte (35.) Rückenwirbel desselben. 196 Fig. 9. Der erste Lendenwirbel desselben, nach Entfernung der oberen Bogenstücke, Fig. 40. Der 4. Schwanzwirbel desselben. Fig. 14. Die 3 letzten (15.—17.) Rückenwirbel von Lota vulgaris. Fig. 42. Der erste Halswirbel von Morrhua vulgaris. V Wirbelkörper. As Obere Bogenstücke. Ai Untere Bogenstücke. C Rippen. C’ Nebenrippen (cartilagines intermusculares). Sps Obere Wirbeldornen. Spi Untere Wirbeldornen. Sp' Obere Gräthen. Sp’ Mittlere Gräthen. E osa processus obliqui superiores anteriores. 05p » » » posteriores. oia » » inferiores anteriores. oip » » » posteriores. ssa » secundarii superiores anteriores. ssp » » » posteriores. söip » » inferiores » is » transversi superiores. im » » medii. ti » » inferiores. Kleinere Mittheilungen. Notizen über einige Fälle des Brütens von Papageien in Deutschland. Von W. Neubert in Stuttgart. Die erste Beobachtung, dass Papageien in unseren Gegenden brüteten, machte ich schon als kleiner Junge in meinem elterlichen Hause zu Ludwigsburg. Mein Vater hatte nebst vielen einzelnen Exemplaren auch ein Pärchen wunderhübscher Papageien, welche man damals äusserst selten lebend bei uns zu sehen bekam, und welche auch jetzt noch zu den Raritäten gehören, den Trichoglossus multicolor (Psit- tacus Gmel.) aus Neuholland. Der Eine derselben war ein wenig grösser als der An- dere, die Farben lebendiger, und namentlich das, was bei dem kleineren orange oder mattroth war, ganz brillant roth; man war auf den ersten Anblick darüber einig, es ist Männchen und Weibchen. Diese Vögel waren so zärtlich und anhänglich an einander, wie die sogenannten Inseparables. Als sie schon mehrere Jahre in un- serem Hause in einem ziemlich grossen Käfig bei einander waren, bemerkte man, dass sie noch zärtlicher gegen einander wurden, als früher ; man sah auch öfters das Männchen auf den Rücken des Weibchens steigen, allerlei Liebkosungen treiben, allein niemals konnte man den Akt der Begattung ausüben sehen. Nach kurzer Zeit trieben sie sich weit mehr auf dem Boden des Käfigs als auf den Sitzstäben herum, wurden stiller, beinahe traurig, und eines Morgens lag ein schneeweisses Ei im Käfig. Mein Vater war ungemein erfreut, der Käfig wurde in ein besonderes Zimmer gestellt, damit die Vögel nicht gestört werden sollten, auch wurde ein von Weiden geflochte- nes Körbchen in den Käfig gehängt, in welches als Nest Federn, Charpie etc. gethan und das Ei darauf gelegt wurde. Die Vögel wurden sehr unruhig, rissen alles Nist- material aus dem Körbchen, und trugen zuletzt das Ei wieder auf den Boden. Mein Vater glaubte, sie wollten vielleicht auf den Boden nisten, und gab ihnen frisches Nistmaterial in den Käfig, allein dieses wurde unwillig bei Seite geworfen, und das Ei ängstlich in eine Ecke gedrückt, wo es zerbrochen wurde. Nun kam mein Vater darauf, die Vögel bauen in der Wildniss wahrscheinlich in hohle Bäume, und gab ihnen deshalb eine gewöhnliche Holzschachtel, in welche seitwärts ein Schlupfloch eingeschnitien und Nistmaterial eingelegt ward. Die Vögel machten sich sogleich an dieSchachtel, holten alles Material heraus, und schlugen ihre Herberge in der Schach- tel auf. Am zweiten Tage fand sich ein Ei in der Schachtel, alles wiederholt darge- reichte Nistmaterial aber stets bei Seite geschafft. So wurden nach und nach mehrere Eier gelegt und von beiden Vögeln gleiehzeitig gemeinschaftlich bebrütet. Auffallend war es, dass die Eier nichl von ganz gleicher Grösse waren. Das Brüten wurde mit solchem Eifer fortgesetzt, dass nur äusserst selten einer der Vögel ausserhalb der Schachtel zu sehen war. Sie entwickelten eine grosse Hitze, die Federn gingen ihnen am Unterleibe heraus, so dass sie zuletzt ganz nackt wurden, und nachdem sie meh- 198 rere Wochen gebrütet hatten, ohne ein Junges herauszubringen, starben Beide. Beim Ausstopfen zeigte es sich, dass es kein Pärchen, sondern zwei Weibchen waren. Die verschiedene Grösse der beiden Vögel und ihre verschieden lebhafte Färbung scheint bei dieser Sorte häufig vorzukommen, wie ich solches auch bei andern Sor- ten schon häufig beobachtete. Die verschiedene Grösse der Eier wurde nach dem Tode auch erklärt, indem Beide, sowohl das grössere als das kleinere Exemplar ge- legt hatte, wesshalb auch Beide zusammen brüteten. Warum diese Thiere beim Brüten gestorben sind, wird an einem andern Falle erklärlich werden. Seit jener Zeit habe ich sehr oft zu beobachten Gelegenheit gehabt, dass ein- zeln lebende Papagei-Weibchen Eier gelegt haben, ja es kam bei Papageien in meinem Besilze einige Male vor, dass sie dadurch zu Grunde giengen, so dass ich zuletzt gewöhnt wurde, das Eierlegen als einen Vorboten des baldigen Verlustes zu betrachten. Ein Lorius grandis, den ich lange hatte, legte alle Jahre mehrere Eier, die er aber alsbald auffrass, wenn man sie nicht sogleich hinwegnahm. Die Lust, seine eigenen Eier zu fressen, scheint daher gekommen zu sein, dass er das erste Ei nicht auf dem Boden sitzend, sondern auf dem Sitzstängchen im Käfig legte, also beim Herabfallen zerbrach, worauf er es aufleckte und die Schale zernagte. Im Jahre 41849 brachte ich aus London eın Pärchen der bekannten Inseparables, (Psittacus pullarius Linn.) mit, denen ich einen viel grösseren Käfig gab, als es ge- wöhnlich bei dieser kleinen Art zu geschehen pflegt, nämlich in der ganzen Breite eines Zimmerfensters. Diese Thierchen waren sehr zahm, durften alle Tage heraus, und setzten sich Jedermann auf den Finger. Im November 1854 bemerkte ich ehe- liche Liebkosungen bei ihnen, und gab ihnen sogleich ein kleines viereckiges Käst- chen mit einem Schlupfloch in den Käfig, welches sie sogleich in Beschlag nahmen, und sich nicht nur des Nachts, sondern auch den grössten Theil des Tags darin auf- hielten, namentlich das Weibchen, während das Männchen öfter herausgieng, frass und hernach das Weibchen aus dem Kropf ätzte. Am 29. November legte das Weib- chen ein Ei, gieng dann gar nicht mehr zum Fressen, sondern liess sich von dem Männchen ätzen. Morgens kam es heraus, entledigte sich des Koths, was in unge- meiner Quantität bestand, pulzte sich, und liess sich die Liebkosungen des Männ- chens gefallen, worauf es wieder ins Nest zurückkehrte. Am 2ten December kam das zweite Ei, am 4ten das dritte und am 6ten das vierte, während welcher Zeit das Benehmen ganz gleich blieb. Vom vierten Ei an kam das Weibchen nur noch zum Absetzen der Excremente heraus, blieb ausserdem beinahe unverrückt auf den Eiern sitzen, und liess sich von dem Männchen vollständig mit Nahrung versorgen, welche dasselbe in breiiger Masse aus dem Kropfe darbrachte. Bei dem Brütgeschäfte wurde das Weibchen niemals von dem Männchen abgelöst, wohl aber gieng dieses sehr häufig zu dem Weibchen hinein, namentlich Nachts, was aber letzteres nicht gerne sah, und zugleich sehr beeunruhigte. In Folge des eifersüchtigen Strebens des Weibchens, die Eier ganz allein unter sich zu haben, wurden dieselben zuletzt durch das öftere Hin- und Herwälzen zerbrochen, nachdem die Jungen darin halb ent- wickelt waren, das Weibchen wollte aber das Nest dennoch nicht verlassen, sondern blieb immer fest sitzen, als ob es die Eier noch unter sich hätte, und starb zuletzt aus lauter Brüteifer. Es verlor, wie die zuerst erwähnten Trichoglossen, am Unter- leibe die Federn, und sah sehr erhitzt, wie entzündet aus. Das Männchen konnte den Tod seines Weibchens, wie es bei dieser Sorte sprüchwörtlich geworden ist, nicht lange überleben, sondern folgte ihm in wenigen Wochen nach. Vor zwei Jahren begalteten sich bei dem bekannten Caffetier Werner in Stutt- gart, vulgo Affen- Werner, zwei Königs-Lori. Das Weibchen legte in einer grossen Voliere nach und nach 4 Eier. Werner theilte den hintern Raum, wo der Vogel seine Eier auf die Erde unter Tuffsteingruppen gelegt hatte, besonders ab, damit keine Störung stattfinden sollte. Der schöne Vogel starb während des Brütens, nachdem 199 die Jungen in den Eiern mehr als halb ausgebildet waren. Der Grund dieses Todes wird ohne Zweifel der gleiche sein, wie bei den beiden Trichoglossen, und durch den folgenden Fall zu erklären sein. Im Sommer 4855 brachte ich von einer Reise nach England 4 Paare von den lieblichen Zebra-Papageien, (Melopsittacus undulatus Gould,) mit nach Hause, von welchen ich 2 Paare an gute Freunde abtrat und 2 Paare für mich behielt. Jedes Paar erhielt einen eigenen grossen Käfig. Im nächsten Jahre bekam eines der Männ- chen eine eigenthümliche Krankheit am untern Schnabel. An der rechten Seite der Schnabelwurzel zeigte sich ein kleines Geschwürchen, welches zuletzt die harte Masse des Schnabels ergriff. Ich reinigte das Geschwür öfters, allein es griff immer weiter um sich, bis der Unterschnabel zur einen Hälfte ganz zerfressen war; das Thierchen zeigte sich zuletzt ausser Stande zu fressen, und kam elend um. Das zweite Männchen starb das Jahr nachher (1857). Nun liess ich die beiden Weibchen in eine innerhalb eines warmen Gewächshauses aufgestellte Voliere zu allerlei andern kleinen Vögeln, Paradiesfinken, Orangefinken, Bengalisten etc., wo sie sehr vergnügt zusammen lebten und die Oberherrschaft über-die kleineren Vögel behaupteten. Im Winter von 1858 auf 59 und von 59 auf 60 legten beide Weibchen mehrere Eier in ein in der Voliere befindliches Nistkästchen mit Schlupflöchern, Jedes in eine beson- dere Abtheilung, waren zwar viel bei den Eiern, schickten sich aber doch nicht zu einem eigentlichen Brütgeschäft an, gleichsam als ob sie gewusst hätten, dass das- selbe vergeblich sei. Die Vögel blieben hernach gesund und munter, und ich nahm mir vor, von irgend einer Reise nach England oder sonst an einen Seehafen, wo sol- che Vögel im Handel vorkommen, zwei neue Männchen mit nach Hause zu nehmen. Im letzten Sommer kam ich zu keiner solchen Reise, die beiden Weibchen mussten also im Wittwenstande bleiben, da hörte ich zufällig, dass in der Nähe von Durlach ein Gutsbesitzer 2 Männchen habe, denen die Weibchen gestorben waren. Ich schrieb an diesen Herrn und fragte ihn, ob er-nicht gegen Kauf oder Tausch eines seiner Männchen abgeben würde, worauf dieser Herr schon zwei Tage darauf (den 4ten No- vember 1860) mit dem Eilzug hieher kam, ein lebhaftes Männchen mitbrachte und dagegen eines meiner Weibchen mit nach Hause nahm. Das erste Begegnen dieser Vögel war sehr interessant. Hr. Balbach (so heisst jener Herr) sagte, da dieses Thierchen auf der Reise noch nichts gefressen, so soll ich es nur sogleich in die Voliere fliegen lassen zu den Andern, was ich augenblicklich that. Der Ankömmling flog hinein, blieb auf dem Boden sitzen, sah zu den Weibchen em- por und gab einen Laut von sich. Die beiden Weibchen sahen sehr begierig zu ihm herab, das Eine gab einen ähnlichen Laut von sich, welcher von dem Männchen wieder beantwortet wurde, und nun Schoss das Weibchen herab zu dem Männchen, und des Küssens und Zwitscherns wollte keinEnde werden. Endlich flog das erfreute Pärchen in die Höhe zu dem andern Weibchen, wurde aber dort von der vorher so zärtlichen Freundin auf das Unfreundlichste empfangen. Die eifersüchtige Wuth kehrte sich gegen die vieljährige Freundin und Hausgenossin, die Zürnende hieng sich ihr an den Schwanz, zerrte mit aller Gewalt an ihr, und riss ihr zuletzt die Fe- dern aus. Das Männchen mischte sich nicht in den Streit, und wurde auch von der Nebenbublerin nicht belästigt, allein sobald die Geliebte sich in seine Nähe wagte, so fing der Krieg aufs Neue an, ohne jedoch darauf hinzudeuten, dass die Streit- süchtige das Männchen für sich erobern wollte, obgleich kein anderer Grund vor- -handen sein konnte. Nachdem wir diese Scene einige Zeit beobachtet hatten, stellte ich den Hausfrieden dadurch wieder her, dass ich die Xantippe fieng und in den Käfig that, in welchem Hr. B. sie mit nach Hause nahm. Von da an herrschte eine Liebe bei den Neuvermählten, wie solches in der ersten Ehe nicht der Fall war, das musste eben der Rechte sein, nichts als Küssen, Schäkern und Plaudern den gan- zen Tag, und nach einigen Tagen wirkliche geschlechtliche Zuthunlichkeit. Da ich von früheren Beobachtungen wusste, dass diese Vögel keine Federn und 200 anderes weiches Nistmaterial haben wollen, so stellte ich in das Nistkästchen ein halbkugelförmiges hölzernes Schüsselchen, wie man sie den Kanarienvögeln zum Nisten giebt, und füllte dasselbe mit ganz feinen Sägespänen, oder vielmehr mit eigentlich wahrem Holzmehl. Dieses Nestchen besichtigte das Weibchen alsbald, räumte den grössten Theil des Holzmehls heraus, und legte den 47ten November das erste Ei in das Nestchen. Nun ging es nicht mehr zum Fressen, sondern liess sich vollständig vom Männchen ätzen. Das erste Ei wurde gleich vom ersten Tage an be- brütet. Am 49ten kam das zweite Ei, und am 22ten das dritte. Das Männchen durfte sich dem Neste nicht nähern, sondern bekam stets einen derben Verweis, wenn es nur zum Schlupfloch hinein sah, gleichsam als sagte das Weibchen zu ihm: »Du hast hier nichts zu schaffen, störe mich nicht in meinem wichtigen Geschäft, wenn ich Etwas von dir will, so werde ich schon hinauskommen !« — In wenigen Tagen fügte sich das Männchen in die Anordnungen seiner Häusfrau, sass vergnügt in der Nähe des Schlupflochs, und war ausserordentlich vergnügt, wenn sich das Weibchen zeigte, um sich von ihm ätzen zu lassen. Das Absetzen der Excremente ward vou dem Weibchen während des Brütens in der Regel nur einmal des Tags vorgenom- men, und zwar Morgens in auffallender Menge. Eine Erscheinung war mir auch sehr auffallend, die ich noch niemals bei andern Vögeln bemerkte, das Weibchen nämlich wusste die Eier stets aufder Spitzestehend zu erhalten, indem sie das wenige Holzmehl, welches sie im Nestchen gelassen hatte, an den Eiern anhäufte, und nun die Eier mit dem Schnabel in die aufrechte Stellung brachte. Die Eier waren auch stets von einander entfernt, beinahe niemals fand ich Eines das Andere berühren, denn ich sah alle Tage darnach, sobald ich bemerkte, dass das Weibchen das Käst- chen verlassen hatle. Vom 42ten December an nahm ich wahr, dass das Weibchen die Eier öfters verliess und sich den ehelichen Liebkosungen des Männchen hingab, ich dachte mir die Brut schon verloren, und nahm mir vor, die Eier zu untersuchen, allein das Weibchen kam mir zuvor, indem sie am A4ten December alle 3 Eier zu kleinen Stückchen zertrümmert hatte, sie waren nicht befruchtet, und durch die Brütwärme vollständig ausgetrocknet. Die ehelichbe Zärtlichkeit gab mir neue Hoffnung, und wirklich kam auch am ATten December ein neues Ei zum Vorschein, welches auch unter den schon er- wähnten Umständen sogleich wieder bebrütet wurde. Am A49ten kam das zweite und am 22ten das dritte Ei. — Am A4ten Januar 1864, also nach 48 Tagen, fand ich ein Junges im Nest, und am darauf folgenden Tage die beiden andern Eier zertrümmert und unbefruchtet wie das Erstemal. Das Junge lebte nur 3 Tage, und lag Morgens todt im Nest. Ohne Zweifel ist es Hungers gestorben, weil die Vögel bei Nacht nicht ätzen, und die Nächte in dieser Jahreszeit gar zu lang sind. Die Liebesscenen wiederholten sich abermals, und das Weibchen legte wiederum 3 Eier, und zwar auffallenderweise an den nämlichen Monatstagen, wie die beiden vorhergehenden Male, nämlich am A 7ten, A9ten und 22ten Januar. Das Benehmen der Vögel über die dritte Brütezeit war ganz das gleiche wie die bei- den ersten Male. Am 5ten Februar schlüpfte das erste Junge aus, am 6len das zweite und am T7ten das dritte. Das erste Junge entwickelte sich auffallend schnell, so dass es eine verhältnissmässig bedeutende Grösse erreicht hatte, als das dritte Junge zur Welt kam, welches als das schwächliche Nestsitzerchen von den beiden grösseren Geschwistern am A0ten zu Tode gedrückt war. Am 4Aten Morgens, als ich wie ge- wöhnlich nach den Thierchen sah, waren die beiden Jungen aus dem schüsselförmi- gen Nestchen herausgeklettert, Jedes lag in einer andern Ecke des Kästchens, das Aelteste frisch und munter, das Jüngere aber todt unter der Mutter, welche dasselbe ganz breit gedrückt hatle. Nun nahm ich das Nestchen ganz heraus und liess das überlebende Junge in dem horizontal etwa anderthalb Fuss langen Kästchen frei sitzen, wo es sich in dem Holzmehl ganz wohl zu befinden schien. Die Mutter war von da an nicht unausgesetzt bei dem Kinde, sondern ging oft heraus und unler- 201 hielt sich mit dem Männchen, von welchem sie sich, wie während der Brützeit, älzen liess; nachdem sich die vom Männchen empfangene Speise in ihrem Kropfe in eine weiche breiartige Masse verwandelt hatte, so ätzte sie damit das Junge. Wasser trinken sah ich das Weibchen während dieser Zeit niemals. Die Jungen, welche wie auch die Eier stets ganz früh Morgens zur Welt kamen, sind bei dem Ausschlüpfen ganz nackt, wie viele andere Vögel, und haben einen grossen Kopf und grossen Bauch. Von den einzelnen Theilen ist besonders die Wachshaut über dem Schnabel, in welcher sich die Naslöcher befinden, auffallend gross, wie aufgeschwollen. Der Schnabel ist klein, und die Spitze desselben noch nicht hakenförmig herabgebogen. An den Füssen gehen 3 Zehen nach vorn und A nach hinten, wie bei deu meisten andern Vögeln, erst wenn das Junge zu laufen anfängt, gewöhnt sich der nach aussen stehende dritte Vorderzehe nach hinten, um die eigenthümliche Fussbildung der Kletiervögel anzunehmen. Am zehnten Tage nach dem Ausschlüpfen bemerkte ich die ersten Federstoppeln an den Flügeln, am eilften an dem Schwanze, und von da an am Kopfe anfangend nach und nach am ganzen Leibe, am Bauche zuletzt. Ganz feine zwitschernde Stimmen gaben die Jungen schon in den ersten Tagen von sich, namentlich wenn die entfernt gewesene Mutter wieder zu ihnen kam und zu fressen gab; ein eigentliches Geschrei liess das übergebliebene Junge aber erst am A7ten Tage hören. Vom achten Tage an waren die Augen geöff- net, und bald suchte sich das Thierchen umherzubewegen, zog jedoch stets die hin- terste dunkle Ecke des Kästchens zum Aufenthalt vor, wo es sich auch jetzt noch, nachdem es schon über 4 Wochen alt ist, vollständig befiedert, jedoch noch nicht flugfähig, vorzugsweise aufhält, und nur nach der Schlupföffnung hervorkommt, um den Alten nach Futter zu rufen, das jetzt auch der Vater zu reichen befugt ist, wäh- rend er im Anfang durch die Mutter stels entfernt gehalten wurde. Die meisten Papagei-Arten können nur mittelst Klettern von einem Zweige zum andern kommen, und sind auf ebenem Boden sehr unbeholfen, die Zebra-Papageien aber hüpfen und springen sehr behende wie andere Vögel, und auch das jetzt über 4 Wochen alte Junge springt sehr munter im Kästchen herum, und wenn es heraus- genommen und auf ein Sopha gesetzt wird, so springt es sehr rasch in eine Ecke desselben und verbirgt seinen Kopf, wahrscheinlich weil seine an die Dunkelheit des Kästchens gewöhnte Augen das volle Tageslicht noch nicht ertragen können. Aufdie Hand gesetzt, kriecht es eben so schnell in den Rockärmel hinauf, wo man Mühe hat, es wieder hervorzuholen, ohne ihm wehe zu !hun. Das Futter dieser Vögel besteht aus Kanariensamen, wie sie auch in der Heimath sich ausschliesslich von einigen Grassamen nähren sollen, was mir von einem Herrn mitgetheilt wurde, der mehrere Jahre lang in Australien war und diese Vögel als in einigen Distrieten in grosser Anzahl vorkommend kennt. Sie leben dort in grossen Flügen beisammen, und trennen sich nur in der Brülzeit in einzelne Paare, wie un- sere Sperlinge. Obst ‘der verschiedensten Art, welches ihnen schon gereicht wurde, - auch Zucker, berühren sie nicht, dagegen aber Sommers etwas frischen Kopfsalat. Für die kleinen Vögel, Bengalisten etc., ist weisse Hirse im Käfig, weil diese nichts Anderes fressen. Früher rührten die Papageien die Hirse nicht an, seit aber ein Jun- ‚ges da ist, frisst das Männchen auch davon. Während der Brützeit frass das Weib- chen, wie schon erwähnt, nicht selbst Fulter, sondern musste voliständig von dem Männchen geätzt werden, und eben so war es auch in den ersten 3 Wochen seit das Junge da ist, jetzt aber frisst die Mutter theilweise wieder selbst, theilweise wird sie von dem Männchen geätzt, was jedoch weniger eine Nothwendiskeit als eine Ge- wohnheit zu sein scheint, indem das Aetzen auch sonst bei diesen Thierchen als Zeichen besonderer Zärtlichkeit stattfindet, und zwar manchmal gegenseitig, wie Solches der Fall war, als die beiden Weibchen noch ohne Männchen in der Voliere beisammen waren. Zum Brüten scheint keine besonders grosse Wärmeentwicklung nothwendig zu sein, denn das Weibchen hatte die 3 Eier, wie schon erwähnt, stets + 202 etwas von einander entfernt auf der Spitze stehen, so dass dieselben nicht vollstän- dig bedeckt werden konnten, und das Bette war auch kein warmes. Das Gewächs- haus, in welchem die Voliere sich befindet, wird nur auf 10 Grade des Nachts ge- heizt, sinkt aber in kalten Nächten zuweilen auf 6 bis 7 Grade herab. Nachdem die Jungen ausgeschlüpft sind, setzt sich die Mutter nicht mehr dicht auf dieselben, son- dern mehr seitwärts, so dass sie nach einer Seite ganz unbedeckt sind. Zu ver- wundern ist, dass unter solchen Umständen die völlig nackten kleinen Dinger eine so bedeutende Eigenwärme entwickeln, die man auf der Hand ganz deutlich fühlt. Schon die so kurze Brütezeit von 18 Tagen (Kanarienvögel brüten 21 Tage) scheint auf eine bedeutende Eigenwärme der Jungen vom Embryo an hinzuweisen. Eben diese grosse Eigenwärme befördert ohne Zweifel die Verdauung sehr, woher auch das schnelle Wachsthum und die kräftige Befiederung der Jungen. Jetzt in der fünf- ten Woche hat das Junge gut die Hälfte der Grösse seiner Eltern erreicht, und wird in einigen Wochen kaum mehr von denselben zu unterscheiden sein, namentlich da dasselbe kein sogenanntes Jugendkleid, sondern sogleich die gleiche Farbe und Zeichnung der Alten erhält. Wie lange es noch ansteht, bis dasselbe das Brütkäst- chen verläst, kann ich natürlich noch nicht bestimmen, doch ist es sehr wahrschein- lich, dass dies erst geschieht, wann es fliegen kann, was eben so genau beobach- tet und notirt werden wird, wie das Vorhergehende. Männchen und Weibchen dieser Species sind bis auf das kleinste Detail hinaus vollständig gleich geformt, gefärbt und gezeichnet, mit einziger Ausnahme der ziem- lich hervortretenden Wachshaut am Grunde des Oberschnabels, in welcher sich die Naslöcher befinden, die ganz nach oben sehen. Die Wachshaut ist bei jungen Exem- plaren hellblau, und erst nach einem oder zwei Jahren verändert sich diese Färbung, indem sie bei dem Männchen etwas dunkler blau wird, und bei dem Weibchen zu einem schmutzigen Weiss abbleicht, was ich schon an vielen aus Australien einge- führten Exemplaren beobachtete. Wenn die Begattungszeit herannaht, so färbt sich die weissliche Wachshaut des Weibchens schmutzig erdfarben, schwillt etwas auf und erhält eine raube Oberfläche, welche beinahe aussieht wie der Schorf einer ab- getrockneten Eiterblatter. Bei dem Männchen konnte ich keinerlei Veränderung während dieser Zeit wahrnehmen. Schliesslich muss ich noch auf den zuerst angeführten Fall des Brütens der bei- den Weibchen von Trichoglossus multicolor in meinem elterlichen Hause und auf den Königs-Lori des Hrn. Werner, oder vielmehr auf die muthmassliche Ursache ihres Todes zurückkommen. Ich habe nämlich bei den einzelnen Fällen, wo ein Weibchen ein wirkliches Brütgeschäft vornahm, stets beobachtet, dass dasselbe während des Brütens nicht mehr selbst frass, sondern sich ganz von dem Männchen ernähren liess, Ich erwähnte auch, dass die zuerst angeführten Weibchen fast gar nicht mehr zu der Schachtel herauskamen,, in welche sie ihre Eier gemeinschaftlich gelegt hatten und bebrüteten, es ist also nicht zu zweifeln, dass sie in übergrossem Brüteifer Hungers gestorben sind. Wäre ein Männchen dabei gewesen, oder hätte wenigstens nur das Eine derselben Eier gelegt, so würde dasselbe ohne Zweifel von dem Andern ernährt worden sein, denn sie ätzten sich früher in zärtlichen Augenblicken öfters gegen- seitig, wie es die meisten Papageien gerne thun, wenn sie zu Zweien in einem Käfig sind. Dem Tode des brütenden Königs-Lori lag sicher auch nichts Ande- res zu Grunde, als das Absperren des Männchens von dem Weibchen, während es brütete. Da ich diese Beobachtung nun jetzt bei 4 verschiedenen Species gemacht habe, so möchte es als Norm angenommen werden können, dass die Papagei-Weibchen während des Brütens und in der ersten Zeit des Daseins der Jungen von ihren Männ- chen ernährt werden. Bei dem Umstande, dass noch so Wenig über die Züchtung der Papageien be- kannt ist, und da ich einige so interessante Beobachtungen zu machen Gelegenheit 203 hatte, so werde ich weder Kosten noch Mühe scheuen, weilere Versuche zu machen, und werde zu diesem Zwecke von einer im Mai zu unternehmenden Reise in zoolo- gische Gärten und Seehäfen einige Pärchen von solchen Arten mitzubringen suchen, bei welchen man das Geschlecht an äusseren Kennzeichen deutlich unterscheiden kann, um sicher zu sein, ein Pärchen zu erhalten, und werde mir ein Vergnügen dar- aus machen, Gelehrten vom Fache meine Beobachtungen zur Disposition zu stellen. Stultgart, den A4ten März 1861. P.S. Während Obiges schon geschrieben war (den 44. März 4864), sagte mir mein Obergärtner beim Besuch des Gewächshauses, dass er beobachtet habe, wie sich heute früh die Zebra-Papageien abermals begattet hätten, was Hoffnung giebt, dass es zu einer abermaligen Brut kommt. Das in dem ersten Berichte erwähnte Junge von Melopsittacus undulatus gedieh auf ganz erfreuliche Weise. Am 16. März, also am 39ten Tage seiner Geburt, kletterte es aus dem Brutkästchen heraus, und lief sehr behende auf den Sitzstäbchen der Voliere umher seiner Mutter nach, um Futter von ihr zu verlangen. Zwei Tage spä- ter flog es in der Voliere umher, kam auf den Boden herab, spielte im Sande und im Futterkästchen, und lernte nach einigen Tagen selbst fressen, ohne dass jedoch das Aetzen ganz aufgegeben wurde. Nachdem das Weibchen dreimal, je 3 Eier gelegt, und nun ein Junges aufzuzie- hen hatte, dachte ich an keine neue Brut mehr, allein da täuschte ich mich, denn es kamen jetzt sogar 4 Eier, nämlich am 21., 23., 25. und 27. März. Das Weibchen fing bei dem ersten Ei wieder zu brüten an, allein nicht mit der Ausdauer, wie vordem, denn sie verliess die Eier sehr oft, theils um sich vom Männchen ätzen zu lassen, iheils um das Junge zu ätzen, theils aber auch ohne sichtbaren Grund, gleichsam nur um Promenade zu machen, und mit Mann und Kind zu spielen. Wenn ich nach ihr im Nest sah, so sass sie niemals über den Eiern, sondern lehnte sich gleichsam nur neben dieselben an. Dies Benehmen liess mich keinen guten Erfolg erwarten, und doch kam am 41. und 42. April je ein Junges zur Welt. Am 43. zerirümmerte das Weibchen die beiden übrigen Eier, wie sie es früher schon mit den andern unbe- fruchteten gemacht hatte. Die Eier, sowie die"Jungen, lagen ohne Nest auf dem mit erwähntem Holzmehl bedeckten Boden, wo sie umherzukriechen anfingen, ebe sie sehend waren, überhaupt zeigten sie eine weit grössere Fähigkeit, sich auf ebenem Boden zu bewegen, als dies bei diesen Klettervögeln zu vermuthen ist, denn sie leru- ten, lange ehe sie fliegen konnten, nicht nur gut gehen, sondern eigentlich springen wie junge Hühnchen. Das Benehmen der Alten war ganz das gleiche, wie bei den vorhergehenden Bruten, das Männchen ätzte das Weibchen, und dieses wieder das Junge; ein inter- essanter Fall war aber der, dass das Weibchen dem erstgeborenen Jungen den Zutritt zu den neuen Geschwistern gestattete, während dem Männchen die Wochenstube verboten war. Anfangs hatte ich sehr bange, der muthwillige junge Kerl möchte die zarten Geschwister erdrücken, und berathschlagte schon, ob ich ihn nicht ganz aus der Voliere entfernen sollte, als ich zu meinem nicht geringen Erstaunen sah, dass er seine kleinen Geschwister ätzen half, was er auch fortsetzte, bis sie ausgeflogen wa- ren, und auch jetzt noch geshieht es als besondere Liebesbezeigung. Gegenwärtig, um Mitte Juli, haben die jungen Vögel ihr sehr unbedeutend ver- schiedenes Jugendkleid abgelegt, und sind in Grösse, Farbe und Zeichnung den Alten 204 so sehr ähnlich, dass es mir selbst sehr schwer fällt, sie von einander zu unterschei- den, Fremde können gar keinen Unterschied zwischen den Alten und Jungen finden. Die 2 Alten und 3 Jungen führen ein sehr munteres Leben in der Voliere, Papa und die zweiten Jungen sind bei dem Erstgeborenen sehr unter dem Pantoffel, nur die Mama weiss sich durch bedeutende Strenge in Respect bei ihm zu erhalten. Sein Hauptmuthwillen bestaht darin, dass er sich den Andern mit dem Schnabel an den Schwanz hängt und daran schaukelt, was jedesmal grossen Spectakel und eine Zu- rechtweisung von der Mama zur Folge hat. Um Mitte Juni, als ich gerade verreist war, legte das Weibchen abermals 2 Eier, welche sie jedoch nicht bebrütete, sondern nach einigen Tagen anbiss und zum Brüt- kästehen hinauswerfen wollte, weshalb ich dieselben hinwegnahm, leider aber schon so ruinirt, dass sie in keine Sammlung brauchbar sind. Am 5. Juli lag wieder ein Ei auf dem Boden in der Voliere, ‘ob vorher im Brütkästchen gelegt und hinausge- worfen, oder gleich auf den Boden gelegt, kann nicht ermittelt werden, weil es erst gesehen wurde, als es zertrümmert dalag. Diese letzteren Eier scheinen zufällige Nachzügler gewesen zu sein, denn die Mutter kümmerte sich so gar wenig darum, und zertrümmerte sie, ohne einen Brüt- versuch gemacht zu haben. Die eigentliche Brützeit scheint ausschliesslich unser Winter und die ersten Frühlingsmonate zu sein, weil dies in ihrer antipodischen Heimath der Sommer ist. Ob die in Deutschland gezüchteten Jungen sich später mit dem Brülgeschäft an unsere Sommerzeit gewöhnen, kann erst die Frfahrung lehren. Ohne Zweifel wird sich in den nächsten Jahren die Gelegenheit zu Beobachtungen häufen, denn die so gelungenen Resultate haben bei vielen Vogelliebhabern die Lust zu Versuchen wach gerufen, und verschiedene Anschaffungen solcher Vögel und Einrichtungen zur Folge gehabt. W. Neubert. nn (nn nn. ENTER . na ae N Een de a & en, Zeitschrilt Fioilgenschaftl. Zoologie VD TL, \ Pagenstecher del. ö 2 hi 2a RER Zetschrif&f wilsensch aftl. Zoologie BAT | Taf AH, | || | 1 | | } i hi EB Ä e N Pagensteoher del | 5 SC Lovedel se | J BAM. e logt S zoo /sensch al. TOT r 1 % Y Daft 8 ta. rt fh + 7 ZEerL Sc a0 oft 0.0, % SC. 7.7 Te L 7 ÜLoe Pagenstecher del. Be ne ww ® Zeitschrift f. wissenschaft. Zoologie Ba.AT. Taf XIY. Fig. 7, Rn a RR 05, Be 2 BR ©: {2} ER 52 OR, EN en ER Sn 9 A e O%> NT: R RR: Be J.C.Loedel sc. Frey del. “ ES f 7 = { 2 N SEE = E m 5 2 ’ E — J 2 + 7 - = : 3 z a E ZA EE x 2 3 a N £ p ; RATTE rafil. Koologte- ELSE Kertschrifb [. 7O4)/€ I I I | ei | / / N ) ‚> L WILDER SC 077 nr LT ns RRÄNZTNT NEN EN ON men x Tanne am ER ' Be Mrde roi ishascL. r u ern ne . - Te a 5 £ x ae von r n u nn A “ > Bi x ’ 2 Zn IF RIESEN URTE ARE Da Rey Tanne Nm erh min eraeean an 2 RRIHEREREE EEE u. % u Autuhrifl Kreijenschaft. Koologit. Bil. AT. | EMULE u Fa = \ Zuulschrill E miss: Zoologie Mbd j Fat IV IMS De Ueber die Gattung Priapulus Lam. Ein Beitrag zur Kenntniss der Gephyreen von \ E. Ehlers, Dr. med., in Göttingen. Mit Tafel XX. XXI. Von jeher hat sich die Zoologie mit Vorliebe der Untersuchung der- jenigen Thierformen zugewandt, deren Stellung im System unklar war, oder die auf der Grenze zwischen zwei Thierclassen stehend eine Ueber- gangsform von der einen zur andern zu bilden schienen, denn hier war stets nur von einer ins Detail gehenden Untersuchung eine schärfere Prä- ceisirung der systematischen Stellung, eine Erweiterung oder Begrenzung einer Thierclasse zu erwarten. — In dem umfangreichen Gebiete der wirbellosen Thiere verdient in dieser Beziehung die eine Anzahl wesent- lich übereinstimmender Formen enthaltende Gruppe der Gephyreen (Quairf.) (Sipunculiden Brandt) Berücksichtigung, da sie noch in neue- ster Zeit von einigen Forschern in ihrer alten Stellung bei den Echino- dermen gelassen, von anderen wohl mit grösserem Rechte der weiten, allerdings so manche wenig übereinstimmende Formen enthaltenden Classe der Würmer zugezählt wird. Ä Durch die Untersuchung des Sipunculus nudus') angeregt, hegte der Verfasser den Wunsch, in gleicher Weise die anatomischen Verhältnisse ' des wenig bekannten Priapulus caudatus (Zam.) zu erforschen, und wurde dazu durch die freundlichsie Unterstützung des Herrn Prof. Jap. Steen- strup in Kopenhagen in den Stand gesetzt, der mit grösster Liberalität eine Anzahl frischer, eben von Grönland für das so reiche königliche Mu- seum dort eingetroffener Exemplare zur Untersuchung hergab. Nur im 4) Die Resultate dieser gemeinschaftlich mit Herrn Prof. Keferstein ausgeführten Untersuchung sind niedergelegt in: Keferstein und Ehlers Zoologische Beiträge gesammelt im Winter 48°%,, in Neapel und Messina. Leipzig 1861. 4. pag. 35— 51. Taf. VI—-VIII. Die Angaben über Sipunculus nudus, welche auf diesen Blät- tern zur Vergleichung herangezogen werden, sind dieser Arbeit entlehnt. Zeilschr. f. wissensch. Zoologie. XI. Bd. 14 206 Besitz solch frischer, wohlerhaltener Thiere war es möglich, eine Unter- suchung zu unternehmen, die sich an alten, durch langes Aufbewahren in Weingeist meist verdorbenen Objecten vollständig wohl nicht hätte aus- führen lassen. Dass immerhin einzelne Puncte unerledigt bleiben werden, die sich eben nur durch Untersuchung am lebenden Thiere völlig auf- klären lassen, wird Jeder zugeben, der sich mit ähnlichen Arbeiten be- fasst hat. Geschiehtlicher Veberblick. Aus der vorlinneischen Zeit findet sich in der Literatur keine Mit- theilung, die sich mit Sicherheit auf den Priapulus caudatus deuten liesse. Die erste zwar kurze aber treffende Beschreibung, in welcher das Tbhier mit dem Namen Priapus humanus benannt ist, findet sich in einer unter Linne’s Präsidium erschienenen Dissertation von Joh. Laur. Odhelius'‘), die später in den Amoenitates academicae wieder abgedruckt ist. Von da ging das Thier in Zinne’s Systema naturae über und steht hier bei den Vermes Mollusca*). In der 12ten Ausgabe?) des Systema naturae, wo. das Thier als Holothuria priapus aufgeführt ist, werden zuerst Zweilel erhoben, welcher Theil des Thieres der vordere und welcher der hintere sei; doch erkennt Zinne mit Recht in der mit Zähnen bewaffneten Oefl- nung des Körpers den Mund; und es dürfen sich daher die Vertreter der falschen Ansicht, wonach der Mund des Thieres als After angesehen wer- den soll, nicht auf ihn zurückbeziehen. — Houttuyn*) hat in seiner Na- tuurlyke Historie die Zinne'sche Ansicht wie die sonstige Beschreibung wiedergegeben. Die erste Abbildung findet sich in der Reise von Eggert Olafsen und Bjarne Povelsen durch Island, wo das Thier unter dem isländischen Na- men Madkamoder auch kurz beschrieben wird; die Abbildung ist aller- dings nach einem verstümmelten Exemplare gemacht, aber immerhin sehr kenutlich®). — Nachdem dann O. F. Müller®) in ‘seinem Zoologiae 4) Diss. Chinensia Lagerströmia. Resp. Joa. Laur. Odhelius. Cum tab. I. 4. Hol- miae 1754. (36 pag.). — 0. Linnaei Amoenitates Academicae. Vol. IV. Holmiae 1759. 8. pag. 255. Chinensia Lagerströmiana praeside D. D. Car. Linnaeo, pro- posita a Joh. Laur. Odhelio W. Gotlho. Upsaliae 4754. Decembr. 23. 3) C. Linnaei Systema naturae. Tom. I. Ed. X. Holm. 1758. 8. pag. 656. 3) Caroli a Linne Systema naturae. Ed. XII reformata. T. I. Pars II. Holmiae 1767. ‘8. pag. 109. 4) (M. Houituyn) Natuurlyke Historie of uitvoerige Beschryving der Dieren Planten en Mineralen, volgens het Samenstel van den Heer Linnaeus. Met naauwkeurige Afbeeldingen. Eerste Deels, veerteinde Stuck. Amsterdamm 1770. 8. pag. 321. 5) Des Vice-Lavmand Eggert Olafsen’s og Landphysici Bjarne Povelsen’s Rejse igiennem Island, foranstaltet af Widenskabernes Sälskab i Kiöbenhavyn. Anden Deel, Soröe 1772, 4, pag. 1001. $ 900. — Die Abbildung ist mir nur bekannt aus der deutschen Uebersetzung. Kopenhagen und Leipzig 1774. 4. Erster Theil. tab. X fig. 9. j 6) O. F. Müller Zoologiae Danicae Prodromus. Havniae 1776. 8. pag. 232. no. 2807. 207 Danicae Prodromus eine kurze Diagnose gegeben, wird die Kenniniss des Priapulus wesentlich erweitert durch die Beschreibung des Thieres wie seiner Lebensweise, die der umsichtige ©. Fabrieius') mit der ihm eige- nen zuverlässigen Treue giebt. Als Ergänzungen und Erweiterungen dazu muss man die Beschrei- bungen und zumal die Abbildungen ansehen, die von Abildgaard?) und von den Verfassern der Zoologica danica °) mitgetheilt sind; vor allen ist die später mehrfach copirte Abbildung im 4ten Bande der Zoologica danica als die beste bemerkenswerth. Hier sind dann auch zuerst, besonders von J. Rathke*), die anatomischen Verhältnisse berücksichtigt. Die nächstfolgende Zeit lieferte für die Kenntniss des Thieres nichts Neues; dagegen war es in systematischer Beziehung von Wichtigkeit, dass Lamark?) in seiner Naturgeschichte der wirbellosen Thiere das bis dahin der Gattung Holothuria zugeordnete Thier von dieser absonderte, und für die einzige bekannte Art die Gattung Priapulus aufstellte mit dem Speciesnamen caudatus. — Im-Ouvier’schen System erhielt diese Gattung mit Sipunculus und verwandten Formen ihre Stellung bei den fusslosen Echinodermen, und dem folgend haben bis in unsere Zeit eine Anzahl Zoologen auch den Priapulus noch bei den Echinodermen gelassen. Da- gegen trat, auf eine erweiterte Kenntniss der anatomischen Verhältnisse fussend, Quatrefages°®) auf, und als er seine Ordnung der Gephyreen, als eine Uebergangsgruppe von den Echinodermen zu den Würmern, auf- stellte, fand in dieser auch die Gattung Priapulus ihren Platz, welche mittlerweile durch Mc Coy’) um eine zweite Art, Priapulus hibernicus, bereichert war. Unsere Kenntniss vom Bau und den Lebensverhältnissen des Thieres 4) Olho Fabricius Fauna Groenlandica. Hafniae et Lipsiae 1780. 8. pag. 355. 2) P. C. Abildgaard Beschreibung 1) einer grossen Seeblase (Holothuria Priapus), 2) zween Arten des Steinbohrers (Terebella Linn.), 3) einer grossen Sandröhre (Sabella Linn.) mit Abbildungen 3te 4te Tafel in: Schriften der Gesellschaft naturforschender Freunde zu Berlin. Bd. IX. (Beobachtungen und Entdeckun- gen aus der Naturkunde von der Gesellschaft naturforschender Freunde zu Ber- lin. Dritter Band.) Berlin 4789. 8. pag. 433. Taf. 3 fie. ft. 2. 3. 3) Zoologia Danica s. animalium Daniae et Norvegiae rariorum ac minus notorum descriptioneg et historia. Vol. IIT Auct. O. F. Müller. Descriptiones et tabulas addidit P. Chr. Abildgaard. Havniae 1789. fol. pag. 27. Tab. XCVI fig. 1. — Zoolog. Danie. Vol. IV Auct. O. F. Müller. Descripserunt et tabulas dederunt P. C. Abildgaard, J. S. Holster, M. Vahl, J. Rathke. Hafniae 4806. fol. pa. 18. Tab. COXXXV fig. 2. Zoolog. Dan. a. a. ©. Vol. IV pag. 49. 5) de Lamark Histoire naturelle des animaux sans vertebres. T. III. 1816. 8. pag. 77. (Ed. 11. T. III. Paris 1840. 8. p. 466. 467.\ 6) Etudes sur les types inferieurs de l’embranchement des Anneles par M. A. de Quatrefages M&moire sur l’Echiure de Gaertner, aus: Annales des sciences na- turelles. Troisieme Serie. Zoologie, T. VII. Paris 4847. 8. pag. 340. 7) Frederik Mc Coy Contributions to the fauna of Ireland, aus: Annals and Magazin of natural history. Vol. XV. London 4845. 8. pag. 272. Pl. XVI fie. A. 4%” er 208 wurde in etwas durch Ed. Forbes') erweitert, dem sich dann die Arbeit von Frey und Leuckart”) anschloss, welche zum ersten Male genauere Angaben über die Anatomie des Priapulus lieferten, die aber leider durch eine völlig verkehrte Auffassung der Lageverhältnisse sehr an Werth ver- lieren. — Eine kurze Mittheilung von 0. Schmidt?) brachte in dieser Be- ziehung nichts wesentlich Neues. — Ueber die Lebensweise des Priapu- lus haben wir schliesslich einen schätzenswerthen Beitrag von Phillips *) erhalten. Die untersuchten Arten. Im Verlaufe der Untersuchung stellte es sich heraus, dass unter den als Priapulus caudatus beschriebenen Thieren mehrere Arten zusammen- gefasst waren, deren Trennung bis jetzt nicht erfolgte, da die anatomi- schen Verhältnisse, durch welche die Aufstellung neuer Arten berechtigt wird, nicht hinlänglich aufgeklärt waren. Die wesentlichen Differenzen, durch welche die als neu hier zu erwähnenden Species sich charakterisi- ren, beruhen hauptsächlich im Bau des Verdauungstractus, werden aber durch wenn auch weniger hervorstechende Unterschiede in anderen Kör- pertheilen erweitert. — Es ist allerdings, und zumal für den strengen Systematiker, immer eine missliche Sache, die Diagnose neuer Species hauptsächlich auf Abwei- chungen im inneren Bau der Thiere zu begründen, da dadurch bei sonst in den äusseren Formen fast übereinstimmenden Thieren die Artbestim- mung sehr erschwert werden kann, zumal wenn nur ein Exemplar der fraglichen Species vorhanden ist, welches als Uniecum einer Sammlung durch die Untersuchung immer mehr oder weniger leidet. — Allein sind einmal die äusseren unterscheidenden Charaktere nicht so scharf ausge- prägt, dass man auf sie allein die Diagnose hinstellen kann, so muss man von ihnen absehen, und die Artbestimmung auf die sichereren, wenn auch weniger leicht zugänglichen Unterschiede des inneren Baus verwei- sen. Die Systematik, wiewohl in gewissem Sinne Ausgang- und End- punct der Zoologie, kann doch nicht als das Höchste in dieser Wissen- 1) E. Forbes A history of british Starfishes and other animals of the class Echino- dermata. London 4841. 8. pag. 257. 2) H. Frey und R. Leuckart Beiträge zur Kenntniss wirbelloser Thiere, mit beson- derer Berücksichtigung der Fauna des norddeutschen Meeres. Mit 2 Kupfertaf. Braunschweig 4847. 4. pag. 40—45. 3) O. Schmidt Ueber Sipunculoiden (Gephyrea Qtrfgs.) Tf. I und II aus: Zeitschrift für die gesammten Naturwissenschaften, redigirt von C. Giebel und W. Heintz. Bd. III. Mit 45 Taf. Berlin 4854. 8. No. 4. pag. 1. ; John Phillips Notes on a living specimen of Priapulus caudatus dredged of the coast of Scarborough in: Report of the 234 meeting of the British Association for the advancement of Science, held at Hull in September 4853. London 4854. Transactions of the Sections pag. 70. 7A. + — ‚209 schaft angesehen werden, und wird nur im Verein mit der vergleichen- den Anatomie zum völligen Abschluss gelangen. Die Zeiten, wo die Haut _ eines Thieres mehr Werth hatte als der Thierkörper selbst, sind glück- licher Weise vorüber. | Für die Gattung Priapulus und deren Arten möchten sich die Diagno-— sen folgenderweise geben lassen: Priapulus Lam. Priapus (Odheliüs — Linn. 4754) — Holothuria (Linn. 4767) — Priapulus (Lam. 4816). Corpus subeylindricum, in proboscidem truncum et caudam divisum. Os anticum in proboscidis apice dentibus cinectum; anus dorsalis ad trunci finem utrimque cum poris genitalibus. — Proboscis -retractilis clavata costis longitudinalibus muricatis carinata; truncus cylindricus annulis sparsim hispidis, finem versus verrucosus; cauda papillis eylindricis cir- cumdata poro terminali hians. — Gula muscularis dentibus postice mi- noribus armata, continuata in intestinum jam rectum jam anfractum. — Organa genitalia duo prope anum efferentia. — Sexus discretus. Priapulus caudatus Lam. Priapus humanus (Odhel. — Linn.) — Holothuria Priapus (Linn.) — Priapulus caudatus (Lam.) Proboseis 25 costis longitudinalibus muricatis. Cauda varia longitudine papillis eylindrieis validis. Dentes os cingentes validi, brunnei, in basi Junata cum aculeo medio valde incurvo laterales sex longe superante. Intestinum rectum lengitudine proboscidis truneique. Museuli proboscidis retractores longi octo aequales. Long. 2,5 — 18 cm. Priapulus glandifer nov. sp. Praecedenti quoad habitum simillimus. Dentes brunnei validi, in basi latiore cum aculeo medio laterales sex superante. Intestinum proboscide truncoque duplo longius, bis anfractum. Musculi proboseidis retractores longi octo aequales. Long. 4 cm. Priapulus brevicaudatusnov. sp. Pröhoscis 25 costis longitudinalibus muricatis. Cauda brevissima papillis gracilibus tenuibusque. Dentes os cingentes minores, infirmiores, pallidi, in basi lata cum aculeo medio vix incurvo laterales octo superante. — Intestinum proboscide truncoque longius, parum flexum. — Musculi proboscidis retractores- longi octo, quorum duo dimidio breviores. Long. 7 cm. Der alte Lamark’sche Name Priapulus caudatus wurde für die erste Species beibehalten, theils weil diese die häufigste zu sein scheint und daher wohl am meisten Anspruch auf den alten Namen hat, theils aber 210 auch, weil schon O. Fabricius*) dem von ihm unter dem Zinned’schen Na- men beschriebenen Wurme, auf den Zamark später seine Benennung übertrug, ein Intestinum rectum zuschrieb. | Mc Coy*) hat für eine von ihm für neu gehaltene Species den Namen Priapulus hibernicus vorgeschlagen; doch ist in der von ihm gegebenen Beschreibung nichts enthalten, was die Aufstellung einer neuen Art rechtfertigte; darf man aber der dort gegebenen Zeichnung Zutrauen schenken, so würde das Thier jedenfalls eine neue Art bilden müssen, da es danach auf dem Rüssel nur sechszehn längslaufende rauhe Rippen trägt, was allein schon einen ausgezeichneten Speciescharakter geben würde. Der folgenden Beschreibung ist stets der Priapulus caudatus zu Grunde gelegt, die Abweichungen, welche die beiden anderen Species darbieten, sind aber in Kürze berücksichtigt. r Beschreibung im Allgemeinen. Die Form des Priapulus caudatus (T. XX. 1.) ist im Ganzen eine cylin- drische, schwillt nach vorne mit einer geringen Verdickung an, und trägt auf dem entgegengesetzten Ende einen mit papillenartigen Körpern be- setzten Anhang. Demnach lässt sich der ganze Körper des Thieres natur- gemäss in drei Theile zerlegen: in einen vorderen schwach keulenförmig verdickten, denRüssel(T.XX.i.Pr.), einen mittleren eylindrisehen, den eigentlichen Körper oder Stamm (T. XX. 4.T.), und einen hintern ‚mit cylindrischen Anhängen besetzten Endtheil, den Schwanz (T. XX. 41. C.). — Die in den späteren Ausgaben von Linne’s Systeına naturae auftauchende Ansicht, wonach das vordere Ende des Thieres zum hinte- ren und umgekehrt das hintere zum vorderen gemacht wird, ist so völlig haltlos, dass es einen Wunder nehmen muss, wie Frey und Leuckart?) trotz ihrer anatomischen Untersuchung und trotzdem dass bereits O. Fa- bricius*). und die Verfasser der Zoologia danica?) durch Beobachtung le- bender Thiere alle Zweifel beseitigt hatten, diese Ansicht noch einmal vorbringen konnten, die übrigens von anderen Autoren nirgends eine Beachtung gefunden zu haben scheint. Bei der späteren Darstellung des Verdauungstractus wird sich die Haltlosigkeit dieser Auffassung von selbst ergeben. Die Grössenverhältnisse der einzelnen Körperabschnitte zu einander sind, was den Rüssel und mittleren Körpertheil betrifft, ziemlich con- stant; der Rüssel ist um ein weniges kürzer als der Stamm, dagegen nach dem vorderen Ende hin verdickt, so dass er keulenförmig erscheint. Variabeler scheint aber die Grösse des Schwanzes zu sein, der in den 1) a. a. O0. pag. 356. 2) a.a.0. 3) a. a. 0. pag. 41. 42. 4) a.a. O pag. 356. 5) Zool. dan. Vol. Ill. a. a. ©. pag. 27. — Vol. IV. a. a. O. pag. 18. a4 vorliegenden Exemplaren meist die Länge des mittleren Körpertheiles er- reichte; die grösste Länge dieses Theiles findet sich bei O. Fabricius') angegeben, wo bei einer Gesammtlänge des Wurms von 6° der Schwanz 4% lang ist. Ein Theil dieser Grösseschwankungen mag auf Rechnung der grösseren oder geringeren Contraction dieses Theils kommen, sicher . lassen sich aber darauf allein diese Verschiedenheiten der Grösse nicht - zurückführen. — Dagegen ist die Dicke des Schwanzes ohne die Anhänge stets bedeutend geringer als die des übrigens Körpers, und zwar um so bedeutender, je mehr dieser Theil ausgestreckt ist. Die Länge des ganzen Wurms betrug bei den untersuchten Exem- plaren 2,2 — 7,5 cm., der Dickendurchmesser in der Mitte des Körpers 0,5 — 1 cm., Verhältnisse, die hinter denen der in der Zoologia danica abgebildeten Würmer nicht viel zurückbleiben. Dagegen wird als Grössen- maximum 6” (45 cm.) angegeben (ein von Abildgaard?) abgebildetes Exemplar hat eine Gesammtlänge von 17 cm.), und damit siimmen Exem- plare aus der Sammlung des Prof. v. Siebold in München überein, die eine Länge von 12—18 cm. besitzen, und nur durch diese grösseren Dimensionen von den untersuchten Exemplaren abweichen. Die Farbe des Thieres war an den Spiritusexemplaren eine gelblich- graue, die mit grösserem oder geringerem Glanze bei einigen mehr ins Weisse, bei anderen mehr ins Dunkle bis zum SE prlichen überging. In a colorirten Abbildungen ist dagegen die Farbe meist röthlich; Vahl?), der dieses an der Abbildung im dritten Bande der Zoologia a nica tadelt, bezeichnet sie als a während ©. Fabricius *) sie weiss- lich glänzend nennt, dagegen die Anhänge des Schwanzes röthlich sein lässt. Forbes?) rer giebt die Farbe als bläulichweiss oder fleischfar- ben an. — Dem ist, um das Bild vollständig zu machen, nach den An- gaben in der Zoologia danica und denen von $. Phillips®) noch hinzuzu- fügen, dass am lebenden Thiere die Körperwand bis auf einen gewissen Grad durchscheinend ist, so dass man die Bewegungen der inneren Theile wie Schatten durchschimmern sieht. Der Rüssel (T.XX. 1. Pr.) hat jenach dem Contractionszustande eine mehr oder weniger eichelförmige Gestalt, und wird daher bei den älteren Autoren auch fast durchweg als »glans« bezeichnet. Auf seiner vorderen freien, abgestutzten Fläche sitzt genau in der Mitte die ziemlich grosse, runde Mundöffnung (T.XX. 1. O.), in weleher man meist fünf oder mehrere braune mit den Spitzen nach innen und hinten gerichtete Zähne sieht. Sie wird nach aussen concentrisch von einer wallartigen Erhabenbheit umgeben, die fast diese ganze vordere Fläche einnimmt, und von dem übrigen Theile des Rüssels durch eine ringförmige Furche getrennt ist. — 4) a. a. 0. pag. 355. 2) Abbildung einer grossen Seeblase a. a. O. Taf. 3 fig. 1. 3) Zoolog. dan. Vol. IV. a. a. O. pag. 48. ) a. a. ©. pag. 356. 5) a. a. O,. pag. 257. 6) a. a. O0. pag. 70. 212 Von hier ab verjüngt sich der Rüssel allmählig nach hinten bis zum ei- gentlichen Körper, wo eine ringsumlaufende Du lung die Grenze zwischen beiden anzeigt. Die äussere Oberfläche des Rüssels ist mit 25 der Länge nach paral- lel verlaufenden Rippen besetzt, zwischen denen die Oberfläche ganz schwach thalförmig eingezogen ist. Auf der Höhe einer jeden Rippe ste- hen hintereinander, dem unbewaffneten Auge eben noch erkenntlich, kleine scharfe Spitzchen, so dass diese dadurch ein sägeartig gezähneltes Aussehen bekommt. Die Rippen laufen auf dem Rüssel bis zu der ring- förmigen den Mund umgebenden Erhabenheit, und sind bis auf zwei alle gleichweit von einander entfernt. Diese zwei Rippen stehen aber fast unmittelbar nebeneinander, und daher mag es kommen, dass von allen Autoren, mit Ausnahme von J. Rathke‘), die Zahl der Aigen nur auf 24 angegeben wird. — Dureh die sonst glatte Oberfläche schimmern, gegen das hintere Rüsselende meist deutlicher werdend, feine um den Umfang des Rüssels laufende Ringstreifen durch, ein Ausdruck der auf der inne- ren Wandfläche liegenden Ringmusculatur. Der eigentliche Körper(T. XX. 1.T.), fastrreim cylindrisch, vom Rüssel durch eine Einschnürung getrennt, unterscheidet sich auf den er- sten Blick durch die starken Furchen, welche auf seiner Oberfläche eben- soviele Körperringe bilden. Die Zahl derselben schwankte zwischen 37 — 40. Am Ende des Stammes, da wo dieser plötzlich ziemlich stark gegen den Schwanztheil sich verdünnt, ist diese Ringfurchung undeutlich, und es treten dafür kleine unregelmässig stehende warzenförmige Erhaben- heiten auf, die, wie hier antieipirend bemerkt werden mag, durch dar- unter liegende runde drüsenartige Körper bedingt werden. — Da die einzelnen Körperringe und Furchen zwischen ihnen nur der Ausdruck der Ringmusculatur der Körperwand sind, so werden diese um so stär- ker hervortreten, je mehr das Thier sich contrahirt, und es werden die Ringe um so breiter, die Furchen um so flacher werden, je mehr die Contraction nachlässt. — Auf jedem einzelnen Körperringe stehen in wechselnder Anzahl und Entfernung von einander kleine Spitzchen, die in ihrer unregelmässigen Vertheilung über diesen ganzen Körpertheil demselben ein schwach stachlichrauhes Anseben verleihen. Fast unmittelbar am Ende des Stammes sieht man in der warzigen Oberfläche der einen Seite eine den Ringfurchen parallel stehende läng- liche Oefinung von einem etwas verdickten Saume umgeben, bei nicht zu kleinen Exemplar enungefähr I mın. lang; dies ist derAfter (T.XX.2.A.). Jederseits neben diesem und etwas nach vorn findet sich eine kleine punctförmige Oeffnung, die Ausmündung der Geschlechtsdrüsen. Um aber diese Theile zur Anschauung zu bekommen, muss man ein Thier vor sich haben, in welchem die Contractur der Muskeln völlig aufgeho- ben ist, da im anderen Falle der After sowohl wie die Geschlechtsmün- 4) Zoolog. dan. Vol. IV. a. a. O. pag. 18. nr 213 dungen gänzlich verborgen sind. An einem Exemplare, an welchem ein geringer Grad von Maceration eingetreten ist, sind sie am leichtesten zu sehen. — Diese.Seite des Körpers soll in Zukunft als Rück enseite be- zeichnet werden. Noch ist jetzt ein Theil zu erwähnen, welcher sowohl auf dem Stamme wie auf dem Rüssel äusserlich sichtbar ist. Auf der der Rückenseite gegenüberliegenden Fläche sieht man nämlich äusserlich durch die Haut einen weisslichen Streifen (T. XX. 1.) durchschimmern, welcher am Ende des mittleren Körpertheiles zuerst sichtbar der Länge nach über diesen verläuft, und dann auf den Rüssel übergeht. Hier verfelgt man ihn nun ganz deutlich zwischen jenen beiden einander genäherten Längsrippen bis zu dem den Mund umgebenden Ringwulste. Es ist dieser Streif das Nervensystem, die Seite, auf welcher er verläuft, die Bauchseite. Dieser weissliche Streif scheint fast allen Beobachtern entgangen zu sein; nur Mc Coy') hat ihn bei seinem Thiere gesehen, und sehr hervor- stechend in der von ihm gegebenen Abbildung hervorgehoben, ohne je- doch im Text dessen besonders zu erwähnen. Der Schwanz (T. XX. 1. C.) erscheint als ein büschelförmiger An- hang des Körpers aus einer grossen Zahl kleinerer und grösserer spindel- förmiger Körper gebildet, welche dicht gedrängt neben einander stehen. Die grössten dieser Körper, welche Papillen heissen mögen, hatten eine Länge von 6 mm. bei einem Durchmesser von I mm.; jedoch erreichte die Mehrzahl diese Grösse nicht, sondern schwankte abwärts bis zur Länge von A mm. bei entsprechendem Dickendurchmesser. Jede einzelne Papille hat im Allgemeinen eine schwach spindelförmige Gestalt mit abgestutzler Endspitze. Sie alle sitzen auf dem gemeinschaftlichen Boden so gedrängt, dass man, um diesen zu Gesicht zu bekommen, sie entfernen muss. Dann findet man einen cylindrischen, aber nach der Spitze mehr oder weniger sich verjüngenden Grundstock, dessen Peripherie der ganzen Länge nach mit den Papillen besetzt ist. Dass die Länge dieses Theiles, welche zugleich die Länge des Schwanzes bestimmt, eine schwankende ist, wurde bereits erwähnt; sein Dickendurchmesser, ebenfalls wechselnd, dürfte "kaum ”, der Körperdicke überschreiten. An dem von den Papillen be- freiten Grundstocke sieht man auf der Oberfläche ähnliche ringförmige Furchen, wie sie vom Stamm beschrieben sind, nur sind sie hier bei weitem nicht so deutlich ausgesprochen, sondern nur eben angedeutet. Daneben fallen nun aber in nicht ganz regelmässigen Längsreiben geord- nete punctförmige Löcher sehr deutlich in die Augen, durch welche man mit einer feinen Borste in das Innere des Grundstockes eindringen kann. Diese Oefinungen sind die Anheftungspuncte für je eine der Papillen, welche demnach, was man an dem unversehrten Schwanze der gedräng- ten Stellung dieser Anhänge wegen nicht so deutlich sehen kann, eben- falls einigermassen regelmässig in Längsreihen geordnet stehen. 1) a.a. 0. Pl. XV. fig. A. 214 Auf der Endspitze des Schwanzes hat der Grundstock eine von den Papillen umgebene ziemlich grosse Oeffnung, den Porus (T.XX. 2. P.), welchen man übrigens an Thieren in einigermassen starkem Contractions- zustande nicht leicht zu Gesicht bekommt. - Beim Einschneiden in die Körperwand des Priapulus caudatus, um die Leibeshöhle und deren Contenta freizulegen , fliesst bei frischen Ex- emplaren aus der gemachten Oeffnung eine flockige weisse Flüssigkeit, welche die ganze Leibeshöhle des Wurmes erfüllt, die Leibesflüssig- keit. Bei Thieren, welche schon längere Zeit in Spiritus aufbewahrt waren, fehlt diese Flüssigkeit und man findet statt ihrer hie und da im Körper vertheilt klumpige Massen einer gelblichen bröckelnden Substanz, die offenbar nichts anderes ist als die durch den Einfluss des Spiritus veränderte Leibesflüssigkeit'). Führt man den Schnitt über die ganze Länge des Thieres von der Mundöffnung bis zum Porus, so sieht man, dass hier eine gemein- schaftliche Leibesböhle (T. I. 3.) von der ein Continuum bilden- den Körperwand des Rüssels, des Stammes und des Schwanzes umgeben wird. Das Lumen dieser Höhle ist für den Rüssel und Stamm ziemlich gleich weit, im Schwanze dagegen beträchtlich enger, wie das schon aus den angegebenen Dickendurchmessern der einzelnen Theile sich ergeben musste. Die Körperwand zeigt in jedem der drei Leibesabtheilungen ihre Eigenthümlichkeiten. So weit sie den eigentlichen Körper bildet, ist sie am dicksten, was, wie man mit unbewaffnetem Auge auf der Schnitt- fläche sieht, durch die starke Entwicklung einer äusseren Ringmuskellage und einer inneren Längsmusculatur bedingt wird. Im Rüssel ist sie dün- ner und trägt auf ihrer inneren Oberfläche 25 einzelne Längsmuskeln. Etwas dicker ist sie wieder im Schwanze und hier gleichfalls mit 15 der Länge nach in gleichen Abständen von einander verlaufenden Muskel- streifen auf der inneren Oberfläche versehen, in deren Zwischenräumen man jetzt von der Innenseite her dieselben feinen Löcher sieht, welche auf der Aussenseite des Grundstockes nach dem Abreissen der Papillen zum Vorschein kamen. Diese Darstellung, wonach-der Schwanz als ein gleichwerthiger Theil des gesammten Körpers angesehen werden muss, weicht von der bisher üblichen Anschauungsweise ab, indem bis jetzt der Schwanz nur als ein untergeordnetes Anhängsel betrachtet wurde. Man hatte dabei offenbar nicht beachtet, dass wie die Höhle dieses Abschnittes nur ein Theil der gesammten Leibeshöhle ist, so auch dessen Körperwand von der gemein- samen nicht getrennt werden kann. Dass diesehier besondere Anhängsel erhält, ist kein Grund, sie als nicht gleichwerthig mit den übrigen Ab- schnitten anzusehen. Es wird diese Auffassung aber wichtig in systema- 4) In diesem Zustande sahen sie Frey und Leuckart: Beiträge zur Kenntniss wir- belloser Thiere a. a. O. pag. 45. 215 -tischer Beziehung; denn die bis dahin übliche Annahme, dass der After am Ende des ganzen Körpers liege, erweist sich als falsch : der After liegt auf der Rückseite, und keineswegs am Körperende. Von der Mundöffnung an verläuft bis zu dem auf der Grenze zwi- schen Stamm und Schwanz liegenden After, also nur innerhalb der bei- den vorderen Leibesabtheilungen, der grade Verdauungstractus (T. XX. 3.J.). Er zerfällt in drei Abtheilungen. Die erste derselben, der Schlundkopf, ist die kürzeste, von weisser Farbe und fleischigem Aussehen. An ihn schliesst sich durch eine dunkle, meist schwarzgrüne Farbe ausgezeichnet der Mitteldarm, fünf- bis sechsmal so lang als der Schlundkopf, fast von gleicher Dieke, und mit unregelmässigen Fal- tungen. Er ist an seiner Rücken- wie an seiner Bauchfläche von einem feinen weisslichen Faden begleitet, der mit ihm durch eine zarte Haut verbunden ist, und sich nach vorne am Schlundkopfe verliert. — Der dritte Theil des Verdauungstractus ist der mit dem After nach aussen mündende Enddarm, ungefähr halb so lang als der Mitteldarm, ziem- lich viel dünner als iesch Fund mit feiner durchscheinender a, Diese drei Abtheilungen bilden zusammen das im Allgemeinen elndhie sche Darmrohr, welches von allen Seiten frei, nur am Mund und After an die Körperwand angehelftet, in der Leibeshöhle liegt und von der Lei- besflüssigkeit umspült wird. — An einem Verdauungstractus, dessen Totallänge 36 mm. betrug, war der Schlundkopf 4 mm. lang, der Mittel- darm 21 mm. und der Enddarm 41 mm. lang. Rings herum um das vordere Ende des Schlundkopfes inseriren sich an der inneren Fläche der Körperwand eine Anzahl Muskelbänder, die Retractoren des Rüssels. Es sind dieselben in zwei Systeme zu scheiden, in das der langen und der kurzen Retractoren. — Die langen Retractoren (T.XX.3.R.l.)achtan derZahlsind platte, ungefähr I mm. breite Bänder, welche etwas hinter der Mitte des Stammes von der inne-- ren Längsmuskelschicht des Körpers abgehen; während die kurzen Retractoren (T. XX. 3.R. br.), deren Zahl schwankt (es wurden bis 44 gezählt), viel schmäler und feiner sind, und auf der Grenze zwischen Rüssel und Stamm ihren Ursprung nehnien. — Beide Muskelsysteme in- seriren unmittelbar im Umfange des vorderen Ende des Schlundkopfes an der inneren Fläche der Körpdrdt and. — Die Angahbe’von O. Schmidt‘), dass sich an den vorderen, innerhalb der Eichel gelegenen Theil des Darms mehrere Museuli "ehrastoros heften, Zweige von vier grossen Längsmuskeln, welche innen auf dem Hautschlauche anliegen, muss, wenn der Verfasser nicht etwa eine andere Species untersuchte, als irr- thümlich angesehen werden; die gegebene Abbildung ist zu undeutlich, um darüber entscheiden zu können. Im hinteren Theile des Stammes liegt zu jeder Seite des Enddarmes eine länglichovale, nach vorn zugespitzte Drüse (T. XX. 3. Gl.), beim 1) a. a.0. pag. 2. 216 männlichen Thiere von lappigem, beim weiblichen von lamellösem Bau; ihre Farbe ist weisslich; die Länge erreicht ungefähr ,,; der Länge des Stammes, und ist dreimal so gross als der grösste Querdurchmesser der Drüse. Im weiblichen Thiere wird die Drüse durch ein durchschei- nendes, dünnes Mesenterium, welches eine Strecke weit über ihre vor- dere Spitze hinausragt an die Innenfläche der Körperwand und zwar an die Rückenseite des Stammes angeheftet, während über ihre der Bauch- fläche des Stammes zugewandte Fläche ein etw a0,5 mm. dicker, weisser Ausführungsgang in der Mitte der Länge nach verläuft. Eine in diesen Gang eingeführte feine Borste tritt durch die neben dem After liegenden Geschlechtsmündungen nach aussen. — Im männlichen Thiere findet sich weder ein solches Mesenterium, noch liegt der Ausführungsgang so auf der Drüse, dass man ihn ohne Präparation sieht, er verläuft vielmehr central in ihrer Längsaxe. — Diese Drüsen sind die Geschlechts- drüsen. Es bleibt noch zu erwähnen, in wie weit der Bau der beiden ande- ren untersuchten Species, Priapulus brevicaudatus (T. XXI. 23.) und glan- difer (T. XXI. 24.), von dem eben beschriebenen des Priap. caudatus ab- weicht. Beide neuen Species standen nur in je einem Exemplare zur Verfügung, und zwar ist der Priap. brevicaudatus dasselbe Exemplar, welches Frey und Leuckart zu ihrer Untersuchung verwandten, und wel- ches sich in der hiesigen zoologischen Sammlung vorfand'). — Die zu erwähnenden Abweichungen beruhen zum grössten Theil auf einem ver- schiedenen Bau der in der Leibeshöhle liegenden Organe. Im äusseren Habitus unterscheidet sich Priapulus glandifer nicht von Pr. caudatus; dagegen fällt bei Priapulus brevicaudatus die Kürze des Schwanztheiles auf (T. XXI. 23. C.). Dieser erscheint hier als ein kurzer Büschel von Papillen, welche dem Ende des mittleren Körpertheiles an- hängen; und es bedarf der Eröffnung des Thieres, um zu sehen, dass die Körperwand auch hier den Ba: des Erin bildet. Bi Länge des Schwanzes betrug bei einer Totallänge des Thieres von 6 cm. nur 5 mm. — Auch die anhängenden Papillen sind wesentlich kürzer und zu- mal im Verhältniss zur Länge dünner als die des Priap. caudatus, da- durch bekommen sie ein schlankeres und zierliches Aussehen, und ver- ändern sich im ganzen Habitus wesentlich. Am auffälligsten tritt der Unterschied beider Species im Bau des Darmes hervor, rn: durch Hinzutreten neuer Darmabschnitte an Länge gewinnt, und bei Priap. brevicaudatus die Länge der beiden ersten Kör- perabschnitte um '/, übertrifft, bei Priap. glandifer aber doppelt so lang ist als diese. Der Darmtractus des Priap. brevicaudatus ist, abgesehen von der 1) Ein zweites Exemplar des Priapulus brevicaudatus sah ich später in der v. Sie- bold’schen Sammlung in München; es stimmte in den äusseren Formen völlig mit dem untersuchten Exemplare überein. un 217 Verwechslung des Hinten und Vorn, von Frey und Leuckart (a. a. O.) richtig beschrieben. Er liegt mit einigen geringen Krümmungen in den beiden ersten Körperabschnitten des Thieres, und zerfällt in vier ver- schiedene Abtheilungen (T. XXI. 23. Jt. J?. J°. J*.). — Auf den Schlundkopf (T. XX1. 23. J'.), dessen äussere Form nicht viel von der des Priapul. cauda- tus abweicht, folgt ein langes, äusserst dünnhäutiges Darmstück (T. XXI. 23. J?.), dessen Umfang hinter dem des Schlundkopfes nicht viel zurück- bleibt. An dieses schliesst sich das dickwandigere Darmstück (T. XX1. 23. J?.), welches dem Mitteldarm des Priap. caudatus entspricht; seine Farbe war in dem untersuchten Exemplare gelblich, was vielleicht nur als ein zufälliger, vom Inhalt herrührender Umstand anzusehen ist. Auf der Bauch- wie auf der Rückenseite verläuft an diesem Darmstück ein weis- ser Faden, der sich auf der Grenze des vorderen dünnhäutigen Theiles gabelig theilt, und dann zum Schlundkopf sich hinzieht. — Den Schluss des Tractus bildet der von dem des Priap. caudatus im Aeusseren nicht verschiedene Enddarm (T. XXI. 23. J*.). Im Priapul. glandifer wird durch die Länge des Verdauungstractus bedingt, dass dieser, um in den beiden ersten Körperabschnitten Platz zu finden, einen gewundenen Verlauf annehmen muss. Der Darm (T. XXI. 24. J!. J?. 9°. J*.) geht daher anfänglich vom Munde ab in etwas gehoge- nem Verlauf bis zum Ende des mittleren Körpertheiles, schlägt sich dann aber wieder nach vorn um und gelangt bis zur Mitte des Stammes, um nun sich noch einmal umzuschlagen, und mit gradem Verlaufe zum After abzusteigen, dessen Lage mit der des Priap. caudatus übereinstimmt. — Der Schlundkopf (T. XXI. 24. .J'.) unterscheidet sich äusserlich nicht wesentlich von dem des Priap. caudatus. Auf ihn folgt ein Darmstück (T. XXI. 24. J.), welches den Schlundkopf um seine halbe Länge übertrifft, und dünner ist als dieser; auf seiner Wand, die in Farbe und Dicke mit dem Mitteldarm von Priap. caudatus übereinstimmt, verläuft wie bei je- ner Species ein gleicher weisslicher Faden. — An diesen Abschnitt des Verdauungstractus schliesst sich nun ein Darmtheil (T. XXI. 24. J°.) an, der sich durch seine Länge, welche die des vorhergehenden fast um das Vierfache übertrifft, und Weite auszeichnet. Gleich nach seinem Anfange erweitert verläuft dieses Stück bis zur hinteren Grenze des Stammes, und indem es’ sich nun umschlägt und wieder nach vorn läuft, verliert es allmählig an Weite. Kurz vor dem auf der Mitte des Stammes liegen- den Uebergang in den Enddarm hatte es eine Einschnürung, die viel- leicht nur eine zufällige war. Das Ende dieses Darmstückes ist immer noch ansehnlich weit, was um so mehr auffällt, als aus ihm der dünne, von dem des Priap. caudatus nicht verschiedene Enddarm hervorgeht, der mit gradem Verlaufe zum After steigt (T. XXI. 24. J*.). Die Zahl und Anordnung der Retractoren ist im Priap. glandifer die- seibe wie beim Priap. caudatus. Dagegen zeigt Priap. brevicaudatus Ab- 218 weichungen, die bereits von Frey und Leuckart !) beschrieben sind. Das Thier hat acht grosse Retractoren (T. XXI. 23.R.1.), von diesen entsprin- gen sechs ungefähr auf der vorderen Grenze des hinteren Drittels des Stammes; die beiden anderen entspringen weiter nach vorn, vor der Mitte dieses Körpertheiles; alle inseriren rings um den Schlundkopf. Im Rüssel entsprangen von der Grenze zwischen diesem und dem Stamme sehr zahlreiche, verschieden dünne Muskelfaden, die sich gleichfalls um den Schlund inseriren; doch bleibt es fraglich, ob dieser Zustand ein normaler, oder nicht etwa durch eine Maceration entstanden war, welche die der inneren Wand des Rüssels anliegenden isolirten längslaufenden Muskelbänder zum Theil zerfallen liess, und so in zahlreiche Muskelfaden auflöste. In den Geschlechtsdrüsen bot Priap. glandiier insofern eine Abwei- chung von Priap. caudatus, als in dem untersuchten männlichen Thiere diese eine ausgezeichnete Länge hatten, und über das Lumen des Stam- mes hinaus mit der Spitze in das des Rüssels hineinragten (T. XXI. 24. Gl.). ie ein n Organe. Die einzelnen Organ HT's»t"o. Po Sr svc hrers. Der ganze Körper des Priapulus wird fast ausschliesslich in alien seinen Theilen von zwei Geweben gebildet, Chitin und Muskelfaser, deren histologische Eigenschaften, um spätere Wiederholungen zu vermeiden, hier in Kürze dargestellt werden sollen. Das Chitingewebe findet sich fast durch den ganzen Organismus unseres Wurms in verschiedener Mächtigkeit wiederkehrend; am aus- gehildetsten liegt es in Form einer dicken Cuticula auf der Aussenfläche der ganzen Körperwand, dann aber schlägt es sich an der Mundöffnung nach innen, und in ununterbrochener Fortsetzung bildet es so iin ganzen Verlaufe des Verdauungstractus dessen innere Auskleidung, um am After wieder mit der äusseren Chitindecke der Körperwand in Verbindung zu treten. Auf gleiche Weise tritt das Chitin in die Genitalöffnungen ein, und scheint bei dem ganzen Bau der Geschlechtsdrüsen betheiligt zu sein. Ueberall wo in dieser Verbreitung das Chitin in solcher Mächtigkeit und so charakterisirt auftritt, dass über seine Natur kein Zweifel walten kann, ruht es auf einem anderen Gewebe so constant und so innig mit diesem verbunden, dass zwischen beiden eine nothwendige Zusammen- gehörigkeit und Abhängigkeit von einander zu bestehen scheint. Diese als Träger der Chitincutieula dienende Gewebschicht soll als Subceuti- ceularschicht bezeichnet werden. : 4) a.a 0. pag. 42. 249 Das die Aussenfläche der Körperwandung bildende Chitin zeigt hier, wo es am mächtigsten entwickelt ist, einen sehr deutlich geschichteten Bau, so dass es im Querschnitt wie aus einzelnen übereinandergelagerten Lamellen zusammengesetzt zu sein scheint. Entsprechend dieser Schich- tung gelingt es einem auch oft, beim Präpariren mit Nadeln unter dem einfachen Mikroskop in der Dicke der Chitinmasse solche Spaltungen hervorzubringen, dass sich eine Anzahl äusserer Schichten von den tiefer gelegenen ablöst. Es ereignet sich dies fast jedesmal, wenn man ver- sucht, die Chitinhaut von der Subeuticularschicht abzulösen. Die tiefsten Schichten des Chitins sind nämlich mit der Subeuticularschicht sehr innig und fest verbunden, und es lösen sich bei einem solchen Versuch viel leichter die einzelnen oberen Schichtenmassen von einander, als die tie- feren von der Subeuticularschicht. — Dieser geschichtete Bau der Chitin- haut bleibt so lange deutlich, als sie eine gewisse Dicke behält; ist sie aber, wie in den letzten Darmtheilen oder in den Geschlechtsdrüsen,, zu einer feinen Membran geworden, so ist von einem geschichteten Bau nichts mehr zu sehen. Wie alle Chitinhäute bildet auch diese die auf der Aussenfläche des Körpers vorkommenden Spitzen, so wie die Zähne, welche im Schlund- kopf stehen; Porencanäle, wie sie sonst bei Chitinbildungen vorkommen, sind hier nur auf eine Stelle beschränkt, wo die Dicke der Chitinhaut am grössten ist, auf dem hinteren warzigen Ende des Stammes. Sie werden unten genauer beschrieben werden. — Die freie Oberfläche der Chitin- haut zeigt an manchen Stellen eine eigenthümliche, durch feine Leistchen und Riffe hervorgebrachte Zeichnung verschiedener Art, deren jedes- malige Form bei den einzelnen Theilen erwähnt werden wird. — Auf der der Subeuticularschicht anliegenden Fläche sieht man häufig, doch kei- neswegs constant, eine hald mehr bald weniger regelmässige netzlörmige Zeichnung, dadurch hervorgebracht, dass ebenfalls feine leistenförmige Erhebungen der Chitinhaut sich unter bestimmten Winkeln so schneiden, dass sie in den regelmässigsten Bildungen rautenförmige Felder zwischen sich lassen. Solche Zeichnungen, wie sie bei Chitingebilden häufig vor- kommen, sind zuerst von Leydig') für Abdrücke von Zellen erklärt. Was das Verhalten des Chitins gegen chemische Reagentien betrifit, so hat man bis jetzt immer als charakteristisch dessen Widerstandsfähigkeit gegen Alkalien hervorgehoben ; allein schon Leydig*) macht darauf auf- merksam, dass dieses wohl nicht für alle Chitinbildungen stichhaltig sei. Für Priapulus stellt sich die Sache so, dass kalte Kalilauge überall die Chitinhaut nicht angreift; kocht man sie dagegen mit diesem Reagens, so lösen sich die dünnen Chitinhäute wie im Darm und den Geschlechts- drüsen darin auf; dagegen bleibt das Chitin von den Stellen, wo es in 1) F. Leydig Ueber Paludina vivipara in Siebold und Kölliker Zeitschrift für wissen- schaftliche Zoologie. Bd. II. Leipzig 1850. pag. 163. 2) F. Leydig Lehrbuch der Histologie. Frankfurt 1857. 8. pag. 29. 220 deutlich geschichteten Lagen auftritt, in den äusseren Schichten völlig intact und schrumpft nur zusammen, während die tieferen, der Subeuti- cularschicht aufliegenden Schichten sich zu lösen schienen. — Ob über- ' haupt die Widerstandsfähigkeit gegen Kali für die Chitingebilde allgemein angenommen werden darf, ist fraglich ; so ist die äussere Haut des Sipun- culus nudus, die doch jedenfalls zu len Chitinbildungen gehört, in kochen- der Kalilauge mit Leichtigkeit löslich; sie erreicht übrigens nirgends die Dicke, welche dasChitin in der Körperwand des Priapulus hat. — Essig- säure löst an keiner Stelle die Chitinhäute. Die Subeuticularschicht begleitet die Chitinhaut überall auf den Kör- perwandungen und im Verdauungstractus; dagegen wurde sie im eigent- lichen Drüsenkörper der Geschlechtsdrüsen nicht beobachtet. — Ihre Mächtigkeit steht im directen Verhältniss zur Dicke der Chitinhaut, wird also da, wo diese sich bis zur feinen Membran verdünnt, ebenfalls auf eine äusserst dünne Schicht reducirt. — Es wird diese Subcuticular- sehicht von einer feinkörnigen, gelbbraunen Masse gebildet, deren’ein- zelne Körnchen äusserst fein und fest zusammenhängend sind,-und nur selten von einzelnen grösseren, hellen und glänzenden Körnern unter- brochen werden. Essigsäure und kalte Alkalien verändern diese Masse nur wenig, in kochendem Kali löst sie sich sofort. An einzelnen Stellen, die später besonders erwähnt werden sollen, lagen meist unmittelbar unter der Chitinhaut auf der Subceuticularschicht rundliche, deutlich kernhaltige Zellen mit dunklem, grumösem Zellinhalt, von 0,0074 mm. Grösse. Sie bilden dann meist eine einschichtige Lage, in welcher sie bald dicht neben einander, bald in unregelmässigen Ab- ständen von einander lagen. Beobachtet wurden sie immer nur da, wo die Chitincuticula so dünn und durchsichtig war, dass man durch sie hindurch die Subeuticularschicht deutlich sehen konnte; die Versuche, diese Zellen zu isoliren, hatten stets ein negatives Resultat. Eine solche als Träger der Chitincuticula dienende Schicht ist da, wo das Chitin in Form von Häuten vorkommt, wohl bereits überall bei den niederen Tbieren in verschiedener Form nachgewiesen. Dass zwi- schen beiden Geweben ein Zusammenhang bestehe, hat für den Panzer der Crustaceen zuerst v. Siebold!) ausgesprochen, indem er der unter dem Chitinpanzer liegenden dünnen Haut die Rolle zuschreibt, nach aussen schichtweise den Stoff für die neuzubildende Hautbedeckung aus- zuscheiden. Dann wies Leydig”*) zuerst nach, bei der Haut von Piscicola, dass diese Ausscheidung von einer Zellenschicht ausgehe, stellte aber später?) für die Bildung des Chitins noch eine zweite Anschauung auf, A). C. Th. v. Siebold Lehrbuch der vergleichenden Anatomie der wirbellosen Thiere. Berlin 1848. 8. pag. 421. 2) F. Leydig Zur Anatomie von Piscicola a mit theilweiser Vergleichung anderer einheimischer Hirudineen‘ in Siebold und Kölliker Ztschr. f. wiss. Zool. Bd. 1. 41849. pag. 104. 3) F. Leydig Lehrb. der Histologie a..a. O. pag. 29. & 221 wonach er für das Bindegewebe der Evertebraten einen eigenthümlichen Erhärtungsprocess, eine Chitinisirung in Anspruch nahm. — Die schönen Untersuchungen Haeckel’s !) über die Gewebe des Flusskrebses bestätig- ten die erste, von Leydig übrigens nie aufgegebene Ansicht, dass das Chitin ein Ausscheidungsproduct von Zellen sei, indem Haeckel die se- cernirenden Zellen, welche er Chitinogenzellen nennt, überall nachwies. Diesen Chitinogenzellen dürften beim Priapulus die Zellen auf der Subeuticularschicht gleichzustellen sein, und wenn sie nicht überall ge- funden wurden, so lässt sich das leicht daraus erklären, dass keine lebenden Exemplare zur Untersuchung verwandt werden konnten, da selbst Haeckel angiebt, dass an frischen Objecten nur bei sehr vorsichti- ger Behandlung die Zellmembran und deren Inhalt erkannt werde. Da- für, dass diese Zellen in weiterer Verbreitung vorhanden sind, spricht die retieulirte Zeichnung auf der Unterseite der Chitinhaut, welche als Zellenabdruck anzusehen ist; und dass die Chitincuticula auch hier als ein Ausscheidungsproduct dieser Zellen anzusehen sei, wird durch den geschichteten Bau dieser Haut wenigstens sehr wahrscheinlich gemacht. Im Sipunculus nudus liegt unter der ebenfalls Schichtungen zeigenden Cuticula der äusseren Haut eine Lage polyedrischer Zellen, die als chiti- nogene zu bezeichnen sein würden. . Das zweite Gewebe, welches nächst dem Chitin zum Aufbau des Körpers von Priapulus am meisten beiträgt, ist das Muskelgewebe, das eines Theils die Musculatur der Körper- und Darınwand ausmacht, anderen Theils die freien Retractoren des Rüssels bildet. Zur Unter- . suchung eigneten sich die letzteren, sowie die starken Muskelstreifen der Körperwand ‚' welche leicht zu isoliren sind, am besten. Ueberall zerfällt das Muskelgewebe in platte, 0,0074—0,0142 mm. breite Fasern, welche äusserst lang sind, und häufig durch die ganze Länge des von ihnen ge- bildeten Theils zu gehen schienen; auffallend ist es, dass sie ungemein spröde schienen und daher leicht knicken oder abbrechen. — Eine solche Faser ist von einer äusserst dünnen Membran scheidenförmig umgeben, die man jedoch nicht immer gleich gut zu Gesicht bekommt; am leichte- sten war sie zu erkennen, wenn die Muskelfaser mit Kalilauge behandelt war, indem sie dann sich so zusammenzog, dass sie mit ringförmigen verdickten Reifen die Faser umgab. — Die eigentliche contractile Sub- stanz nun, welche in dieser Scheide liegt, erschien in zwei Formen. Ent- weder umgab die Scheide eine grosse Menge äusserst feiner und langer, grad gestreckter Fibrillen, oder man unterschied in der eigentlichen Muskelsubstanz eine äussere helle homogene Rindegschicht und eine körnige oder krümelige Axensubstanz. Beide Formen von Muskelfasern sind nun zwar schon früher gleichzeitig in ein und demselben Thiere’ 4) E. Haeckel De telis quibusdam Astaci fluviatilis Diss. inaug. Accedunt tabulae II aeneae. Berolini 4857. 4. (48 pag.) und Ueber die Gewebe des Flusskrebses in Müller's Archiv für Anatomie. Berlin 1857. pag. 514 pp. Zeitschr. f. wissensch. Zoologie. XI. Bd. 15 222 | vorkommend von Zeydig') erwähnt; allein es bleibt doch fraglich, ob hier nicht vielleicht eine Einwirkung des Spiritus, in dem die Thiere aufbewahrt waren, stattgefunden hat, der die eine oder die andere Form ihre Entstehung verdankt. — Die einzelnen Muskelfasern werden dann von ähnlichen Membranen, wie die der einzelnen Faser, zu secundären Bündeln zusammengefasst; Stücke dieser Membranen bekommt man oft zu Gesicht, wenn man Theile der Musculatur mit Nadeln zerfasert hat. — Die Muskeln behalten in ihrem ganzen Verlaufe die gleiche Beschaffen- heit; ein Uebergang in Sehnengewebe findet an den Insertionspuncten nirgends statt. Was das Verhalten gegen chemische Agentien betrifft, so werden sie von Essigsäure nur wenig verändert; selbst kalte Kalilauge löst die Fa- sern nicht, wohl aber erfolgt dies in kochender. Will man daher diese Unlöslichkeit in der kalten Kalilauge als charakteristisch für Chitinge- webe ansehen, so kann man immerhin sagen, die Muskelfasern seien » chitinisirt «. Die Leibesflüssigkeit. Die Flüssigkeit, welche beim Aufschneiden eines Priapulus aus des- sen Leibeshöhle ausfliesst, ist milchigtrüb durch einen darin suspendir- ten flockigen, weissen Inhalt, der von den morphologischen Elementen dieses Fluidums gebildet wird. — Es sind dies in bei weitem überwie- gender Mehrzahl kernhaltige Zellen, die man wohl als Blutkörper be- zeichnen kann. — Die einzelne Zelle (T. XX. 13.) ist kugelig mit einem Durchmesser von 0,0074 — 0,0092 mm. und hat eine ziemlich starke Wand; im Innern der Zelle liegen fast immer fettglänzende Körnchen, meist ein etwas grösseres von kleineren umgeben; nur in wenigen Zellen fehlten diese Körnchen. Nach Zusatz von Essigsäure quillt die Zelle et- was, ihre Wand wird blasser, und es tritt nun deutlich der 0,0037 mm. grosse Kern zu Tage. — Neben den kernhaltigen Blutkörperchen fanden sich in der Leibesflüssigkeit auch einzelne, äusserst blasse Bläschen von gleicher Grösse, deren Wesen zweifelhaft blieb. Wurde eine Quantität der Leibesflüssigkeit mit kaltem Aether ge- schüttelt und dieser dann auf einer Glasplatte abgedunstet, so blieb auf derselben eine ansehnliche Schicht eines bläulichweissen Fettes zurück ; der Aether hatte die fettglänzenden Körnchen gelöst, die jetzt beim Ver- dunsten desselben als Fettmasse zurückblieben. Wurde Essigsäure im stark concentrirten Zustande zu der Leibesflüssigkeit gesetzt, so ver- schwanden im Gesichtsfelde des Mikroskopes die Blutkörper schnell, in- dem ihre Zellmembranen sich lösten, und an ihre Stelle traten zahlreiche kleine Krystalle, theils und in grösserer Mehrzahl kurze Nadeln (vielleicht 4) a. a. 0. pag. 135. 223 prismatische Säulchen) oft in Bündeln zusammengefasst, oder dünne rhombische Platten. Da mit dem Auftreten dieser Krystalle die Fettkörn- chen kleiner und weniger wurden, so lag die Vermuthung nahe, dass diese Ausscheidung der Krystalle durch eine chemische Einwirkung der Essigsäure auf die Fettkörnchen erfolge, vielleicht in der Weise, dass dadurch eine Fettsäure aus ihrer Verbindung mit einem Glyceride trete, und nun freigeworden sich krystallinisch ausschiede. Die Form der Kry- stalle würde am meisten für Margarinsäure sprechen. In der Flüssigkeit, in welcher die Blutkörper suspendirt waren, trat nach Essigsäurezusatz keine Gerinnung ein. Krystalle von Chlornatrium, welche für die Gegenwart von ins Blut aufgenommenem Seewasser spre- chen würden, kamen beim Eintrocknen der Flüssigkeit nicht zum Vor- schein. Allein diese Experimente sind nicht beweisend, da man den Einfluss nicht berechnen kann, welchen der Weingeist, in dem die Thiere gelegen, auf die Leibesflüssigkeit gehabt hat. Uebrigens krystallisiren auch aus der Leibesflüssigkeit des Sipunculus nudus, wenn sie vom le- benden Thiere mit der Vorsicht genommen wird, dass kein Seewasser sie verunreinigt, keine Kochsalzkrystalle aus. Frey und Leuckart') fanden in dem von ihnen untersuchten Exem- plare eine feste gelbliche Masse, aus der sie dieselben eben als Blutkör- per geschilderten Zellen beschreiben. Diese Masse ist die Leibesflüssig- keit, welcher durch Einwirkung des Alkohol ihr Wasser entzogen, und die danach compact geworden ist. Die Deutung, welche die beiden For- scher den von ihnen gesehenen Blutkörpern als Chyluskörperchen , wie :sie bei Würmern vorkommen, geben, ist demnach völlig richtig. Die Körperwandung. In der ganzen Ausdehnung der Körperwandung hat man an ihr eine im engeren Sinne die Haut bildende Decke, welche aus der Chitincuti- cula und der Subeuticularschicht besteht, und ein mit dieser eng ver- bundenes Muskelstratum zu unterscheiden, welch letzteres allgemein aus einer äusseren Ring- und einer inneren Längsmusculatur gebildet wird. Beide Theile erfahren in den drei Körperabschnitten besondere Modifi- cationen. Auf der äusseren Wandfläche des Rüssels stehen jene beschriebe- nen 25 längslaufenden Rippen, an deren Bildung nur das Chitin und dessen Träger betheiligt sind. Jede einzelne Rippe mit ihrem sägeartig gezähnelten Aussehen ist nichts anderes als der Ausdruck einer Reihe dicht hinter einander stehender kleiner Spitzen, die bei nicht genauer Betrachtung in ihrer gleichmässigen linearen Anordnung hinter einander als eine continuirliche rauhe Kante erscheinen. Bei aufmerksamem Zu- 1) a. a. 0. pag. 45. 15* 224 sehen löst sich die Rippe in die einzelnen Spitzen auf, und diese erkennt man dann unter passender Vergrösserung als kleine Kegel, die aus einer kraterförmigen Vertiefung hervorragen (T. XXI. 14.). Die Höhe eines sol- chen Kegels beträgt 0,11 mm., seine Basis erscheint, da der Kegel sich meist nach der Spitze hin plötzlich verjüngt, verhältnissmässig breit; die Spitze selbst ist abgestutzt und zwar meist schräg. Die Wand des Kegels ist glatt, dünn und durchscheinend, so dass man leicht sieht, wie auf ihrer inneren Fläche die Subcuticularschicht in dünner Ausbreitung la- gert; es scheint, als ob der Kegel hohl sei, und diese Höhle vielleicht mit der Hörperhöhle communieire. — Dieses Spitzchen erhebt sich nun aus einer ovalen, mehr oder weniger flachen Vertiefung, deren grösster Durchmesser 0,244 mm. betrug; sie wird von einer verdickten braun- gelben Umwallung umgeben, unter welcher die feinkörnige Masse der Subecuticularschicht in grösserer Anhäufung liegt, und dadurch die dunk- lere Färbung bedingt. — Bis zur hinteren Grenze des Rüssels stehen die Spitzchen in gleichmässig dichter Reihe; dann aber überschreiten sie oft diese Grenze um einige Millimeter, stehen dabei aber immer soweit von einander entfernt, dass das Aussehen einer ununterbrochenen Kante ver- loren gegangen ist. Die Chitinhaut hat im Rüssel eine Dicke von 0,056 — 0,074 mm., und zeigt bei starken Vergrösserungen auf ihrer Oberfläche feine, sehr dicht nebeneinander stehende Leistehen von unregelmässig welligem Verlauf, die hin und wieder unter sehr spitzen Winkeln mit einander sich vereinigen (T. XXI. 14.). Auf der inneren Seite der Chitinhaut sieht man sehr schön das als Zellabdrücke gedeutete Bild der rautenförmigen Facettirung (T. xx1/45.). — Die Subeuticularschicht hatte unter dieser ° Chitincuticula eine Dicke von 0,037 — 0,044 mm. Die Ringmuskeln auf der inneren Wandlläche des Rüssels sind plaite, sehr dünne und 0,5—1 mm. breite Muskelbänder, welche nur durch äusserst geringe Zwischenräume von einander getrennt sind. Bei Thieren mit heller durchscheinender Körperwand sieht-man diese Zwischenräume von aussen als feine ringförmige Linien durchscheinen. Auf den Ringmuskeln liegen nun in gleichmässigen Abständen von einander 25 gesonderte Längsmuskeln , die von der hinteren Grenze des Rüssels bis zu seiner Spitze laufen. Ihre Lage ist so, dass sie je einem Zwischenraume zwischen zwei der äusseren Längsrippen des Rüssels entsprechen. Sie hatten eine Dicke von 0,4 mm. und eine Breite von 0,55 mm. Die Wand des Stammes, ausgezeichnet durch die Ringfurchen, welche sie in ebensoviel Körperringe theilen, übertrifft die des Rüssels bedeutend an Dicke, und nimmt zumal gegen das hintere Ende hin in dieser Dimension zu. Es beruht diese Verdickung hauptsächlich auf der starken Entwicklung des Muskelstratum, sowohl der äusseren Ringmus- 225 keln wie der inneren Längsmuskeln, die auf der inneren Fläche der Wand liegen. Die oberflächliche Chitinhaut ist bis gegen das Ende des Stammes hin ziemlich gleichmässig dick (0,074 mm.), auf dem Endtheile selbst aber, wo die Ringfurchen einer höckerig unebenen Oberfläche gewichen sind, ist sie bisweilen ansehnlicher verdickt bis zu 0,141 — 0,17 mm. Ihre äussere Fläche ist glatt, und zeigt auch bei stärkeren Vergrösserungen nicht jene feinen Leisten, wie sie auf der Chitinhaut des Rüssels vor- kommen. Ihre innere Fläche haftet mit der darunter liegenden Subeuti- eularschicht fest an der Musculatur, so dass beim Versuche, das Chitin- gewebe von den Muskeln abzuziehen, fast immer in der Dicke der Chi- tinhaut eine Spaltung erfolgt, die äussere Schicht sich dann abhebt, und eine innere sehr helle Schicht, die auf der Subcuticularschicht fest auf- liegt, mit dieser an der Musculatur haften bleibt. Isolirt man sie völlig, so zeigt sich meist auch die innere Fläche glatt. — Die Subeuticularschicht ist hier im Vergleich zum Chitin eine nur dünne feinkörnige Lage, in der keine Zellen deutlich gesehen wurden; ihre Dicke betrug 0,0141 — 0,0185 mm. Mit der Chitinhaut bekleidet sie zunächst die Ringmusculatur, und senkt sich in die Zwischenräume der einzelnen Muskeln hinein. Die einzelnen Spitzen (T. XXI. 16.), welche in unregelmässigen Ab- ständen auf der Aussenfläche der Chitincuticula stehen, sind kleine cylin- drische, oben abgestumpfte Erhebungen dieser Haut von 0,143 mm. Höhe und 0,141 mm. Dickendurchmesser, in deren Innerem zumal an ihrer Basis die Substanz der Subeuticularschicht liegt. Die von den Ringmuskeln gebildete äussere Schicht der Wandmus- culatur besteht aus einzelnen, gesondert in ziemlich regelmässigen Ab- ständen verlaufenden Muskelbändern, deren Höhen- und Breitendimen- sionen nach dem Zustande der Contraction wechseln; die Höhe betrug bei einem nicht grossen Exemplare durchschnittlich 0,55 mm., die Breite derselben Bänder 0,028 mm. Die Zahl der Ringmuskeln scheint nicht constant zu Sein; sie schwankte zwischen 36—40. Das Stratum der längslaufenden Musculatur bilden einzelne dicht neben einander liegende Muskelstränge mit einer durchschnittlichen Dicke von 0,66 mm. Die einzelnen Stränge sind in ihrem Verlaufe von der Grenze des Rüssels bis zu der des Schwanzes nicht völlig von einander gesondert, sondern sehr oft erfährt ein Muskelstrang eine Spaltung in zwei mehr oder weniger gleich starke Stränge, von denen der eine mit dem ihm zunächst laufenden Muskelstrang sich vereinigt, während der andere weiter verläuft, um von dem neben ıhm laufenden Strange auf gleiche Weise Verstärkung zu erhalten, und ebenso auch wieder abzu- geben. Doch geschieht dieses nicht so häufig, dass dadurch in diesem Muskelstratum ein netzartiges Aussehen entstände, es bleibt vielmehr der Charakter der Längsstreifung durchaus der vorherrschende. — Auf der 226 Grenze des Rüssels treten die einzelnen Längsmuskeln so zusammen, dass _ aus ihnen die gesonderten 25 Längsmuskeln des Rüssels hervorgehen ; das Gleiche findet auf dem Uebergang in den Schwanz mit den gesonder- ten Längsmuskeln derselben statt. — Auffallend war es, dass, wenn die Körperwand aufgeschnitten und ausgebreitet wurde, in dieser Längs- musculatur sehr leicht über grössere oder kleinere Strecken hin Zer- reissungen in der Richtung der Ringmuskeln stattfanden, die in grader Linie liefen und so scharf waren, als ob die Continuität der einzelnen Längsmuskelstränge durch einen Messerschnitt aufgehoben wäre. Es mag das in der eigenthümlichen Starrheit der Muskelfasern begründet liegen. Die Ring- wie Längsmuskeln bestanden aus langen und platten, starren Fasern von 0,0037 — 0,0074 mm. Die warzig unebene Oberfläche am Endtheile des Stammes (T. XX. 2.) entsteht durch Haufen drüsiger Körper, welche unter der Subeuticu- larschicht und auf der Ringmuskelschicht liegen. Kugelige Körper von weisser Farbe mit eigenthümlich mattem Glanze, 0,5 — 1 mm. gross, sind hier in verschiedener Zahl (bis zu 10) zu meist rundlichen Gruppen zu- sammengelagert. Die Chitinhaut mit, der Subeuticularschicht zieht sich überall dicht über sie hin, und sendet da, wo zwischen den Gruppen Lücken sind, Fortsätze in die Tiefe, die man beim Abziehen der Chitin- decke als dolchartig vorragende Verlängerungen auf deren innerer Fläche zu sehen bekommt. — Jedes einzelne dieser drüsigen Gebilde bestand aus einer weichen, leicht zerdrückbaren Masse, die sich bei geringem Drucke unter dem Deckglase wie ein festes weiches Fett ausbreitete. Das Mikroskop wies darin nur ein Maschenwerk von feinen Fäden und un- regelmässig eingestreute Kerne nach; Essigsäure hellte die Masse auf, ohne die Fäden und Kerne zu lösen. Das Ganze machte den Eindruck einer Substanz, in der durch Gerinnung eine Aenderung eingetreten ist, und dürfte wohl erst die Untersuchung dieser Körper im frischen Zu- stande sichere Resultate geben. — Auf der nach aussen gerichteten Flä- che eines jeden solcher drüsigen Körper war nun die Chitincuticula in eigenthümlicher Weise von grossen Porencanälen durchsetzt (T.XX1.18.), indem sich von einer 0,0296 — 0,037 mm. weiten Oeffnung auf der Ober- fläche eine trichterförmige Einsenkung bis auf den drüsigen Körper zieht, und gegen diesen durch eine dünne quere Wand abgeschnitten wird, die nun von 2— 4 dicht nebeneinander stehenden Oefinungen von 0,0074 — 0,0414 mm. Weite durchbrochen ist. — Solche die Körperwand bis auf diese drüsigen Gebilde durchsetzende Porencanäle stehen nun in ver- _ schiedener Zahl je nach den unter ihnen liegenden Körpern in einer Gruppe zusammen und bilden die Decke einer der warzenförmigen Er- habenheiten. Da sie meistens eine dunklere Färbung haben und die Grösse der Porencanäle doch nicht unbedeutend ist, so macht sich eine solche Gruppe schon dem unbewaflneten Auge bemerkbar. — Die Ober- ee 227 fläche der Chitincuticula war an dieser Stelle nicht glatt, sondern von vielfach sich kreuzenden Leistchen,, die sehr dicht neben einander stan- den, unregelmässig rauh; in den tieferen Schichten zeigte sich die reti- eulirte Zeichnung doch mit unregelmässig polygonalen Facetten. Was die Natur dieser drüsigen Körper anbetrifft, so unterliegt es wohl keinem Zweifel, dass es sich hier um Hautdrüsen handelt, und es ist deren Vorkommen insofern von Interesse, als diese bis jetzt bei allen Gephyreen, die darauf untersucht sind, nachgewiesen wurden, und da- her für diese Thiere charakteristisch zu sein scheinen. — Im Schwanztheile des Priapulus ist die Körperwand durch die auf dem Grundstock sitzenden Papillen ausgezeichnet, welche nicht eiwa nur Ausstülpungen der Chitinhaut sind, wie die Spitzen auf der Wand des Stammes, und daher eine besondere Berücksichtigung verlangen. — In der Wand des Grundstockes, den man auf eine grössere Strecke von Papillen befreit hat, zeigt die Ghitincuticula ein feinstacheliges rau- hes Ansehen. Dies wird hervorgerufen durch kleine auf ihr stehende Spitzchen, deren Anzahl individuellen Schwankungen unterworfen ist, da sie bei einigen Exemplaren die Oberfläche des Grundstockes dicht neben einander stehend bedeckten, bei anderen spärlicher auf ihr ver- theilt waren. Diese Spitzen sind kleine, sehr scharf zugespitzte Kegel, und unterscheiden sich durch diese Form von den auf der Wand des Stammes stehenden mehr cylindrischen, abgestutzten Spitzen. Ihre Grösse wechselt; das häufigste Vorkommen war eine Höhe von 0,11 mm. bei einem Durchmesser von 0,044 mm. an der Basis. Sie werden von einer Vor- treibung der Chitinhaut gebildet, und enthalten in ihrem Inneren einen die scharfe Spitze nicht ganz erreichenden Fortsatz der Subcuticular- schicht. Die Oberfläche der Chitincuticula ist ausserdem fast glatt, die sonst vorkommenden Leistchen sind nur in sehr geringem Maasse vorhanden. Häufiger waren aber auf ihr gelbliche Körnchen in unregelmässiger Ver- theilung aufgelagert, die aber auch bisweilen auf der Oberfläche des Stammes beobachtet wurden, und wohl nur etwas Fremdartiges, von aussen darauf Gekommenes sind. — Ihre Dicke beträgt 0,037 — 0,055 mm.; die darunter gelegene Subeuticularschicht erreicht eine Dicke von 0,0185 mm. Die Ringmuskelschicht ist an der Wand des Grundstockes nur schwach entwickelt und nicht in einzelne Muskelbänder gesondert, sondern bil- det eine continuirliche Lage von Fasern in einer Dicke von 0,0666 mm. Um so mehr tritt die Längsmusculatur hervor, die in 15 longitudinale Bänder zusammengefasst ist. Diese Bänder (T. XX. 3. C.) haben eine durchschnittliche Dicke von 0,1295 — 0,148 mm., und verlaufen, indem sie allmählig sich etwas verschmälern, in gleichem Abstande von einan- der bis zu ihrer Endigung am Porus. — Dieser liegt auf der äussersten Spitze des Grundstockes, meist dicht umstellt von Papillen, und durch 228 Muskelcöntraction so geschlossen und verborgen, dass man Mühe hat, ihn aufzufinden und eine Sonde einzuführen. ‚Leichter gelingt dies an Exem- plaren, welche durch einen geringen Grad von Maceration erschlafft sind. Hier klafft der Porus meist, und erscheint dann als eine rundliche; nicht ganz A mm. grosse Oeflnung, welche von einem wenig verdickten Saume umgeben ist (T. XX. 2. P.). Einmal hier aufgefunden, bringt man ihn meist auch in den Thieren zur Anschauung, wo er durch den Gontractions- zustand verdeckt ist. Kleine, kurze, nach einem Puncte radienartig zu- sammenlaufende Falten bezeichnen dann auf der Spitze des Schwanzes seine Stellung. Die für diesen Theil charakteristischen Anhänge, die schwach spin- delförmigen, abgestutzten Papillen, kommen daran in verschiedener Menge vor. Bei reich damit besetzten Thieren stieg ihre Zahl bis gegen 200, und der Grundstock war so dicht von ihnen umgeben, dass man von seiner Wand nichts sah; in anderen Thieren war die Zahl weit geringer, so dass an einzelnen Stellen der nackte Grundstock zu sehen war. — In gleicher Weise schwankt die Grösse der Papillen an ein und demselben Schwanze. Während die kleinsten ungefähr 1 mm. lang waren, kamen daneben solche von 6 mm. Länge vor; im Allgemeinen waren aber die am Anfange des Schwanztheiles stehenden die kleinsten; ihr Dicken- durchmesser betrug 0,5 — I mm. — Ihre Farbe stimmte mit der des ganzen Thieres überein; bei einigen erschien die ganze Papille durch- scheinend und nur an ihrer Basis war ein undurchsichtiger weisser Streif im Innern; bei anderen war die ganze Papille weiss und nicht durch- scheinend;; Uebergänge von der einen zur andern Form waren zahlreich vorhanden; und es beruht dieses Aussehen nur auf einem Zurückziehen der im Innern der Papille liegenden contractilen Elemente zugleich mit dem Papilleninhalt, wobei dann die aus durchscheinendem Chitin be- stehende äussere Hülle der Papille leer zurückbleibt und durchsichtig ist, während sie von ihrem Inhalt erfüllt weiss und undurchsichtig er- scheint. Diese Papillen sind hohle Körper, deren Lumen durch eine Oeffnung an der Basis mit der gemeinschaftlichen Leibeshöhle in Verbindung steht. Die Löcher (T. XX. 3. C.), durch welche die Communication zwischen der Körperhöhle und dem Papillenlumen stattfindet, liegen in den Zwi- schenräumen der longitudinalen Muskelbänder des Schwanzes, und sind nach Eröffnung desselben leicht wahrzunehmen. Das Lumen der Papille war stets von dem gleichen Inhalte wie die Leibeshöhle erfüllt; das Mi- kroskop wies darin zahlreiche, freiliegende Blutkörper nach, die völlig mit denen aus der Leibesflüssigkeit übereinstimmten. Die Wand der Papillen ist im Wesentlichen die gleiche wie die des Grundstockes. Dieselbe Chitincuticula 0,0185 mm. dick auf einer Sub- ceuticularschicht von 0,0074 — 0,0092 mm. Mächtigkeit bildet die äussere Bekleidung, auf welcher hier besonders reich die kleinen spitzen Kegel- 229 chen entwickelt sind, die zumal auf der Spitze der Papille sich häufen (T. XXI. 17.) und hier eine Länge von 0,185—0,2035 mm., an der Basis einen Durchmesser von 0,074 mm. haben. Die auf der inneren Fläche der Papillenwand liegende Musculatur besteht gleichfalls aus einer äusseren ringförmigen und einer nach innen darauf liegenden longitudinalen. Aber die Muskelfasern sind hier nicht wie sonst meist auf der Körperwand in einzelne Stränge zusammengefasst, sondern bilden eine continuirliche, meist nur eine Muskelfaser dicke Schicht. Die Fasern der Ringmuskeln waren sehr fein und hatten einen Durchmesser von nur 0,0018 mm., die longitudinalen Fasern waren stär- ker, 0,0037 — 0,0055 mm. breit. — Dass in den Papillen eine Muscula- tur vorhanden sei, war schon aus den von S. Phillips ') mitgetheilten Beobachtungen zu erwarten, der sah, wie sich jede einzelne Papille auf Berührung zusammenziehen konnte. Dieser Schwanztheil, der durch seinen auffallenden Bau von je die Aufmerksamkeit der Beobachter auf sich lenkte, hat mehrere Deutungen erfahren. Eine der sonderbarsten ist die von J. Rathke vermuthungs- weise ausgesprochene”), wonach der ganze Theil ein dem Körper anhän- gendes Ovarium, seine einzelnen Papillen junge, sich daran entwickelnde Thiere sein sollten. — Die Ansicht, welche offenbar sich am meisten empfiehlt, und der auch die späteren Autoren folgen, dass nämlich dieser Körpertheil mit seinen Papillen einen Verkehr zwischen der Leibesflüssig- keit und dem umgebenden Seewasser herstelle, ist zuerst von Lamark°) ausgesprochen. Ob aber das Respirationsgeschäft, wenn man den Vor-. gang so nennen darf, ausschliesslich auf diesen Theil beschränkt ist, wozu ihn einmal der Porus und dann die mit der Leibesflüssigkeit ge- füllten Papillen,, welche dieser eine grosse Fläche zum Austausch gestat- ten, besonders geeignet machen; oder ob nicht auch die ganze Körper- oberfläche sich daran betheiligt: das muss späteren Untersuchungen und Beobachtungen lebender Thiere überlassen bleiben. Die Retractoren. Weniges nur ist, was über dieRetractoren des Rüssels hier nach- zutragen bleibt, nachdem deren Ursprung und Insertion bereits beschrie- ben ist, und dieses Wenige bezieht sich nur auf die langen Retractoren. 1) a. a. 0. pag: 70. 2) Zoolog. danica. Vol. IV. a. a. O. pag. 49. Corpuscula haec sive papillae molles, oculo armalo perlustrata, mihi adeo similia aparuerunt 'corpori Holothuriae Priapi, ut pullos habere has papillas haud dubitaverim, et totum fasciculum ovarium esse corpori alfixum, ovariorum in monoculis et lernaeis adinstar, existimaverim, id quod ideo ulterius examinandum scientiae amicis relinquen- dum putavi. 3) Histoire natur. des animaux s. verlebr. 1846. a. a. ©. p. 77: »papilles oblongues qui propablement aspirent l’eau pour la respiration de l’animal.« 230 Diese Muskeln sind platte Bänder, durchschnittlich 0,5 —1,5 mm. breit, allein diese Breite behalten sie nicht immer in ihrem ganzen Ver- laufe. Bisweilen waren sie in ihrem Ursprunge, wo sie zwischen zwei Längsmuskelstreifen der Körperwand von den Ringmuskeln abgehen, fast um das Doppelte breiter als an ihrem Endstücke; in dem Falle behielten sie ungefähr auf ein Drittel ihrer Länge dieselbe Breite, mit welcher sie entsprungen waren, und verschmälerten sich dann plötzlich zu der an- gegebenen Dimension, die sie bis zu ihrer Insertion behielten. Oder die Muskeln entsprangen schmal, und blieben so eine kurze Strecke, dann wurden sie allmählig breiter, bis sie meist in der Mitte ihrer ganzen Länge das Maximum ihrer Breite, welches ungefähr das Doppelte der Breite am Anfang betrug, erreicht hatten, um eben so allmählig wieder abzunehmen und schmal zu inseriren; man könnte in diesem Zustande den mittleren und weiteren Theil nicht unpassend als Muskelbauch bezeichnen, nur existirt der Gegensatz der Sehnen, als welche die Enden des Muskels anzusprechen wären, nicht insofern, als dieser auf histologischen Diffe- renzen beruht. Eine auffallende Abweichung wurde einigemale an den langen Re- tractoren der. männlichen Thiere beobachtet, indem diese nicht von der Körperwand entsprangen, sondern von dem vorderen Theile der Ge- schlechtsdrüsen , somit die Function eines diesen Drüsen fehlenden Me- senterium, die Drüsen in ihrer Lage zu erhalten, übernahmen; allein dies Vorkommen war äusserst unconstant und keineswegs das Regelmässige ; so entsprangen in einem Exemplare zwei lange Retractoren von der Drüse der einen Seite, während die übrigen von der Körperwand ihren Ursprung nahmen. In dem untersuchten Priapulus brevicaudatus, von dessen acht lan- gen Retractoren zwei bedeutend weiter nach vorn als die übrigen ent- springen, war auch die Form dieser Muskeln insofern abweichend, als sie mit breitdreieckigem Anfange, dessen scharfe Kante, die k mm. grosse Basis dieses Dreiecks, der Länge nach zwischen zwei longitudinalen Mus- kelbündeln der Körperwand hervorkam, ihren Anfang nahmen, aber sehr rasch sich bis zu der Breite von | mm. verschmälerten, welche dann in der ganzen Länge des Muskels blieb. — Diese Musculatur ist bereits von Frey und Leuckart‘) beschrieben. Ueber den feineren Bau der Muskeln ist den vorangeschickten histo- logischen Angaben nichts zuzufügen. Der Verdauungstracius. Der vorderste Theil des Verdauungstractus, der Schlundkopf IT. XX. 4.5. J!.), ist vor allen übrigen Darmtheilen durch die Dicke seiner 1) a.a. 0. pag. 42. 231 Wände, welche durch eine reiche Entwicklung von Muskelfasern bedingt wird, ausgezeichnet. Von der Dicke dieser Wand erhält man auch am nicht geöffneten Thiere eine Vorstellung, da der die Mundöflnung umge- bende ringförmige Wall nichts anderes ist als das hier noch von der Lei- hbeswand bedeckte vordere Ende derselben; in einem grossen Exemplare betrug diese Dicke 2 mm. — Die Länge des Schlundkopfes ist ungefähr 1, bis % der Länge des ganzen Tractus. — An der Mundöflnung sieht man die Chitindecke der Körperwand sich über das vordere Ende des Schlundkopfes in diesen hineinschlagen; sein hinteres Ende ragt mit freiem Rande, der meist durch eine Anzahl abgerundeter, niedriger Vor- sprünge eingekerbt ist, in das Lumen des folgenden Darmtheiles hinein OT Auf .der äusseren Fläche seiner Wand, etwas hinter der Mitte ent- springen platte, 1—1,5 mm. breite Muskelbänder (T. XX. 4. J'.), deren freie Ränder nur durch einen kleinen Zwischenraum von einander getrennt sind, und inseriren sich zunächst dem vorderen Rande des Schlundkopfes zwischen diesem und dem Ansatzpuncte der Retractoren an die Innen- fläche der Körperwand. Die innere Fläche des Schlundkopfes hat eine Zahnbewaffnung (T. XX. 5. J1.), welche besonders stark am Eingange in den Schlund- kopf ausgebildet ist. Man kann in dieser Bewaffnung drei Ordnungen von Zähnen unterscheiden. — Die Zähne der ersten Ordnung, da sie auch am nicht geöffneten Thiere den Eingang in den Schlund umgebend von aussen sichtbar sind, bereits von vielen Autoren erwähnt, stehen in vier Reihen hintereinander in der Anordnung, dass sie zu je fünf in einer Reihe alternirend mit denen der folgenden Reihe im Quincunx gestellt sind. — Der einzelne Zahn (T. XX. 6a. 6b.) ist hart, hornartig, braun und glatt, und trägt auf einer gemeinschaftlichen Basis sieben Zahn- spitzen. Von diesen fällt die mittlere stark gebogene Hauptspitze, die wie der ganze Zahn nach innen und hinten in das Lumen des Schlund- kopfes hinein gerichtet ist, am meisten in die Augen. Diese Spitze er- weitert sich nach der Wand des Schlundkopfes hin zu dem Körper des Zahnes, dessen Basis im Querschnitt eine halbmondförmige oder huf- eisenförmige Figur bilden würde; jederseits neben der Hauptspitze er- heben sich von der Wand des Zahnkörpers drei Nebenspitzen, von denen die der Hauptspitze zunächst, meist unmittelbar daran, stehende die kleinste ist. Alle diese sechs Nebenspitzen convergiren etwas gegen die Hauptspitze und sind sonst wie diese nach innen und hinten gerichtet; die Länge und Stärke der Hauptspitze erreichen sie bei weitem nicht. In einem der grössten Exemplare betrug die Länge des Zahns von der Basis des Zahnkörpers bis zum Ende der Hauptspitze 1,5 mm., die Breite der Basis 0,88 mm. — Der Gürtel, auf welchem die Zähne erster Ord- nung stehen, nimmt ungefähr Y, der Gesammtlänge von der Wand des Schlundkopfes ein. — 232 Die Zähne zweiter Ordnung sind kleiner als die der ersten, werden aber noch mit unbewaffnetem Auge als Zähne erkannt. Sie sind gleich- falls braun, hornartig und glatt; ihre Form stimmt im Allgemeinen mit der eben geschilderten überein; nur ist die Hauptspitze, welche die sechs Nebenspitzen überragt, nicht ganz so stark gekrümmt. Die Höhe eines Zahnes von demselben Thiere betrug 0,9444 mm. Da diese Zähne kleiner sind, so stehen sie auch in grösserer Anzahl nebeneinander, und es tritt dadurch ihre Stellung im Quincunx um so deutlicher hervor. Die Zähne dritter Ordnung (T. XX. 7.) sind als solche nur mit be- waffnetem Auge deutlich zu erkennen; die Fläche, auf welcher sie stehen, erscheint eher als mit kleinen Körnchen chagrinartig besetzt. Unter pas- sender Vergrösserung sieht man ebenfalls im Quincunx stehende rund- liche Hervortreibungen der inneren Oberfläche des Schlundkopfes, und auf jeder dieser Hervorragungen einen durchscheinenden mehr membran- artigen Zahn. Hier ragt aber der Zahn mit seinen Spitzen nicht mehr in das Lumen des Schlundkopfes hinein, sondern liegt fast platt der inne- ren Oberfläche auf, so dass dachziegelartig die Spitze je eines Zahnes auf die Basis des zunächst hinter ihm stehenden hinaufragt. Abgesehen da- von, dass die Krümmung der Zähne hier fortfällt, ist sonst deren Form fast die gleiche, wie die der grösseren Zähne: eine Hauptspitze, zu deren Seiten je drei Nebenspitzen sich erheben. Die Länge des einzelnen Zah- nes betrug 0,419 mwm., seine Basis, wo sie auf der rundlichen Hervor- ragung aufsitzt, war 0,170 mm. breit. Die Zähne der beiden letzten Ordnungen nehmen den übrigen Theil der Schlundwand ungefähr zu gleichen Theilen ein; eine genaue Ab- grenzung zwischen diesen beiden Ordnungen existirt nicht, sondern es gehen die Zähne zweiter Ordnung durch Kleinerwerden in die der drit- ten über. Diese Beschreibung ist nach solchen Zähnen entworfen, deren Form als die regelmässigst gebildete zu bezeichnen ist. Es darf aber nicht ver- schwiegen werden, dass sich Abweichungen davon finden, insofern bhis- weilen noch eine kleine Nebenspitze mehr auftritt, oder die Hauptspitze auf der einen Seite vier, auf der anderen zwei Nebenspitzen hat. Die einzelnen Zähne der Schlundbewaffnung sind nicht als seibstän- dige, der Innenfläehe des Schlundes aufsitzende Körper zu betrachten, ie Ausstülpungen der Chitinhaut, welche die Innenfläche des Schlundkopfes bekleidet, ein Vorkommen, welches bei den Chitingebil- den wirbelloser Thiere das gewöhnliche ist. Diese Chitinhaut ist eine unmittelbare Fortsetzung derjenigen , welche die äussere Leibeswandung ‚überzieht; an der Uebergangsstelle, im Eingange zum Schlundkopf, be- steht zwischen beiden keine Grenze, es findet nur eine allmählige Ver- dünnung der äusseren Chitinbekleidung statt. — Oft gelingt es, von der Mundöffnung her in den Schlundkopf hinein diese Chitinlage in grossen Stücken abzulösen , so dass man ganze Partien der Schlundbewaffnung 233 zusammenhängend in der geschilderten Anordnung vor sich hat. Dann aber sieht man oft auch, wie innerhalb der Chitinhaut selbst Spaltungen parallel der Oberfläche eintreten, und sich zumal in den grösseren Zäh- nen zwei Schichten von wechselnder Dicke von einander abheben, von denen dann die innere gleichsam einen Abguss der äusseren darstellt. Es ist dies bereits von anderer Stelle als Beweis für eine schichtenweise Bildung des Chitins erwähnt. An den grösseren Zähnen erscheint die Oberfläche auch bei starken Vergrösserungen vollständig glatt; das ist aber bei den kleineren nicht der Fall, sondern hier trägt die Oberfläche jene schon erwähnten Leisten, die hier in ziemlichen Abständen von einander stehen, und hin und wie- der sich verästelnd einen unregelmässigen, welligen Verlauf haben. Aehn- liche Zeichnungen finden sich auf den nicht zu Zähnen ausgestülpten Theilen dieser Haut. — Auf der untersten, wenn man will, jüngsten Schicht der Chitinhaut sieht man nach der Ablösung von der Wand des Schlundkopfes auf der dieser anliegenden Fläche eine bisweilen äusserst regelmässige reticulirte Zeichnung, wonach man, wenn man diese als Zellabdrücke deutet, unter ihr eine Schicht regelmässig polygonaler Zellen annehmen muss. — Die Dicke des Chitin betrug in den Haupt- spitzen der Zähne erster Ordnung 0,0185 mm., in den nicht zu Zähnen verwandten Theilen fast das Gleiche. Zunächst unter der Chitinhaut folgt nun die Subeuticularschicht aus der feinkörnigen gelblichen Substanz bestehend, welche dem Chitin über- all unmittelbar anliegt und das Innere der Zähne ausfüllt. Hat man daher die Chitinhaut mit ihrem Zahnbesatz von der Schlundkopfwand abgezo- gen, so bildet diese Substanz einen Abguss der Zahnhöhle, wiederholt also im Allgemeinen die Form des einzelnen Zahnes, nur dass diese hier kleiner und nicht so bestimmt modellirt ist. — Zellen wurden in ihr nicht gesehen. — Ihre Mächtigkeit wird da, wo sie die Höhlung des Zahnes aus- füllt, von der Grösse desselben abhängen; an den dazwischen liegenden Stellen betrug sie in einem grossen Exemplare 0,037 — 0,055 mm. Die eigentliche Wanddicke des Schlundkopfes wird zum bei weitem grössten Theile durch die stark entwickelte Musculatur gebildet, welche nach aussen an die Subeuticularschicht sich anschliesst. Sie besteht aus Muskelfasern, die, histologisch übereinstimmend, durch ihren Verlauf verschieden sind, indem die einen ringförmig den Schlundkopf umgeben, _ die anderen Fasern in radiärer Richtung die Schlundkopfwand durch- setzen; beide sind innig mit einander durchflochten. Die die Wand durchsetzenden Fasern sind in überwiegender Menge vorhanden; sie in- seriren sich an die Subeuticularschicht und entspringen von der äusse- ren Wand des Schlundkopfes. Diese äussere Wand des Schlundkopfes besteht aus einer structur- losen Membran von 0,0074 mm. Dicke. Der Uebergang vom Schlundkopf zu dem sich daran anschliessenden 23% Darmtheile geschieht durch Invagination einer dünnen Haut, die von dem frei in das Lumen des Darmrohres hineinragenden Rande des Schlund- kopfes eine kurze Strecke nach vorn, der äusseren Fläche des Schlund- kopfes anliegend sich hinaufschlägt, und dann plötzlich umbiegend wie- der nach hinten läuft (T. XX. 5.). — Auf der Umschlagstelle dieser Fal- tung nehmen von der äusseren Wand derselben schmale, platte und dicht nebeneinander stehende Muskelbänder ihren Ursprung, und inseriren sich fast unmittelbar darüber an die Wand des Schlundkopfes (T. XX. 5.). Diese Bänder verhindern durch ihre Anordnung die Ausgleichung der Falte, welche auf einen in der Längsaxe des Darmcanals geführten Zug erfolgen würde. Nach Durchschneidung der Bänder und Ausgleichung der Falte hatte in einem grösseren Exemplare die dazu verwandte Wand- strecke eine Länge von fast einem Drittel der Länge des Schlundkopfes. — Ihre innere, in das Lumen des Darmrohres sehende Oberfläche er- schien als eine unmittelbare Fortsetzung der Chitinauskleidung des Schlundkopfes, indem man die auf dieser durch den feinen Zahnbesatz bewirkte chagrinartige Rauhigkeit noch auf ihren vorderen Theil sich fortsetzen sah. — Bei kleineren Thieren fehlte ein solches Hinübergehen auf den invaginirten Theil. — Unter dem Mikroskope zeigt es sich, dass die innerste Schicht dieser Uebergangsfalte in der That eine unmittelbare Fortsetzung der Chitinhaut des Schlundkopfes ist. Die chagrinartige Rau- higkeit löst sich dabei in einen Zahnbesatz auf, der aber von dem des Schlundkopfes wesentlich abweicht (T. XX. 8.). Der einzelne Zahn ist blattartig, platt, von einer breiten Basis sich zu einer Spitze verjüngend; nur bisweilen erinnert im vordersten Theile ein neben der Spitze stehen- des Zähnchen an die ausgebildeteren Zähne des Schlundkopfes. Alle ein- zelnen Zähne liegen platt auf der Wand auf, ihre Anordnung ist auch hier die des Quincunx. Ihre grösste Breite an der Basis beträgt 0,1776 — 0,1998 mm., ihre Länge bis zur Spitze 0,1665 — 0,185 mm. Die unregel- mässig laufenden Leisten des Chitins sind hier zahlreich, stehen aber weit von einander ab. Unter dem Chitin folgt die Subcuticularschicht, und trägt eine Lage von Zellen, die man durch die dünne Chitinhaut hindurch leicht zur An- sicht erhält. Die Zellen sind im Allgemeinen rundlich, von unregelmässi- ger Form; sie, liegen in keiner bestimmten Ordnung, durch mehr oder weniger grosse Zwischenräume von einander getrennt. Die feinkörnige Masse der Subeuticularschicht setzt sich in das Lumen der Zähne hinein fort, und ist hier am stärksten. Nach aussen von der chitintragenden Schicht liegt auf ihr eine Lage von Muskelfasern, die unter verschiedenen Winkeln durcheinander ver- flochten sind. Der Mitteldarm ist bei Priapul. caudatus an Dimension bei wei- tem der bedeutendste Darmtheil. Fast viermal so lang als der Schlund- kopf und halbmal so lang als der Enddarm, übertrifft die Breite seiner > 235 Wand, wenn der ganze Verdauungstractus aufgeschnitten und ausgebrei- tet ist, die des Schlundes um ein Viertel, die des Enddarmes um das Dreifache. — Seine Farbe war in allen untersuchten Exemplaren eine dunkele, schwarzgrüne, die wohl durch den in ihm enthaltenen Inhalt bedingt war. Auf seiner äusseren Wand ist auf der Bauch- wie auf der Rücken- seite der ganzen Länge nach ein weisser Muskelfaden durch ein sehr fei- nes Mesenterium angeheftet, der von der Grenze des Enddarmes kom- mend sich in der Wand des Schlundkopfes inserirt. Die Dicke dieses Fa- dens beträgt 0,7—-0,5 mm., er besteht ganz aus langen starren Muskel- fasern von 0,0055 — 0,0074 mm. Dicke. — Das Mesenterium, welches ihn an die Darmwand befestigt, ist eine structurlose Membran, auf der einzelne Muskelfasern verlaufen. — Frey und Leuckart') erklären diese Fäden für Gefässe, und Forbes?), der nur einen Faden auf der Bauchseite des Darmes sah, lässt ihn aus Gefässen und Nerven bestehen. Ueber die musculöse Natur dieser Gebilde kann kein Zweifel bestehen, und dürften sie als Analoga des Muskelfadens anzusehen sein, der bei Sipunculus nu- dus am Darm verläuft, wiewohl dessen Ursprung von der Musculatur der Körperwand ein anderer ist. Die innere Oberfläche der Wand des Mitteldarmes, deren Dicke 0,0555 — 0,0925 mm. beträgt, ist in höchst ausgezeichneter Weise mit zierlichen Falten besetzt, die dichtgedrängt ringförmig um den inneren Umfang laufen (T. XX. 9.). Die Höhe dieser Falten, die übrigens noch mit unbewaflnetem Auge als solche zu erkennen sind, beträgt 0,411 — 0,17 mm., ihre Dicke durchschnittlich 0,048 mm. In den meisten Fällen hat die Falte eine einfache blattartige Form, bisweilen ist aber auch eine Falte in ihrem basalen Theile einfach, während sie vom Rande her so eingeschnitten ist, dass zwei Falten in das Innere des Darms hinein- ragen. — Bei Anwendung stärkerer Vergrösserungen ergiebt es sich, dass diese Falten auf der inneren Darmoberfläche eine Bildung der Chitinhaut sind, welche auch hier die innerste Schicht bildet. Die Falten sind nichts anderes als Vortreibungen und Verdickungen der Chitinhaut, welche aber hier noch eine eigenthümliche Bildung annimmt. Es tragen nämlich die Falten auf ihren freien, in das Darmlumen hineinragenden Oberflächen einen dichten Besatz von 0,0185 — 0,037 mm. langen und 0,0037 mm. breiten Stäbchen oder Haaren, welche ihnen ein eigenthümlich rauhes Ansehen verleihen (T. XX. 10.). Bisweilen liegen diese Stäbchen gleich- mässig an einander, so dass sie fast das Aussehen einer continuirlichen Schicht gewinnen; in anderen Fällen waren sie mehr unregelmässig durcheinander gewirrt und von einander isolirt. Sie sind von der Chi- tincuticula nicht zu trennen, und zeigen gegen Reagentien dasselbe Ver- halten wie diese. 4) a. a. 0. pag. 45. 2) a. a. 0. pag. 257. 236 Ob diese Falten mit ihrem Besatz irgend eine Bedeutung bei dem Verdauungsgeschäfte haben, und welcher .Art diese sein mag, lässt sich an Thieren, die in Spiritus aufbewahrt sind, nicht mehr eruiren. Frey und Leuekart') , die übrigens diese Bildung nicht genauer untersuchten, scheinen darin Drüsen vermuthet zu haben. — Was den Haarbesatz der Falten betrifft, so-würde man geneigt sein, dafür ein Analogon in den langen, sehr feinen, hornigen Fäden zu finden, welche Lereboullet?) aus dem Rectum von Daphnia beschreibt, oder in den von Leydig®) erwähn- ten cilienartigen Erhebungen der Intima des Darms von Polyphemus ocu- lus, welche an ruhende Flimmerhaare erinnern; wenn nur nicht in die- sen Krebsen dieser Haarbesatz im Enddarme vorkäme. In dem Raume zwischen je zwei Falten ist die Chitinhaut sehr dünn und durchscheinend, und man sieht durch sie hindurch die Substanz der Subeuticularschicht. Diese bildet eine Lage von ungefähr 0,0148 mm. Dicke, und erstreckt sich in den Grund der Falten hinein. Die Schicht der ihr eigenthümlichen Zellen ist an diesen Stellen zwischen den Falten recht wohl zu erkennen. Die Zellen sind 0,0074 mm. gross, unregel- mässig rundlich, und zeigen in dem trüben Zellinhalt oft einen deutlichen Kern (T. XX. 11.). } Nach aussen von der Subeuticularschicht liegt auf ihr eine Schicht von längslaufenden Muskelfasern, auf welche dann Ringfasern folgen. Jede dieser Schichten hat eine Dicke von 0,0259 mm.; die einzelnen Fa-- sern verlaufen grade gestreckt neben einander, durchschnittlich 0,0037 mm. dick. Der Enddarm hat einen graden, gestreckten Verlauf; seine Länge beträgt etwas mehr als die halbe Länge des Mitteldarms, sein Durchmes- ser nur ein Dritiel desselben. Die Wände dieses Darmstückes sind dünn und durchscheinend. Auf ihrer Innenfläche zeigen sie dem unbewaffne- ten Auge ein netzartiges Aussehen, welches durch eine Faltenbildung der innersten Darmhaut zu Stande kommt. Die äusserst zarte Chitinhaut ist mit der unter ihr liegenden sehr geringen Schicht feinkörniger Substanz in doppelter Weise zu Falten erhoben, indem die Falten, ungefähr um 0,5 mm. von einander abstehend, einmal der Länge nach auf der Darm- wand laufen, und dann andere Falten, diese rechtwinklig kreuzend, in gleichem Abstande von einander ringförmig die innere Oberfläche des Darmrohrs umgeben. So begrenzen je zwei Längs- und Ringfalten ein quadratisches, vertieftes Stück der Darmwand, dessen vier Ecken die Kreuzungspuncte der Falten sind. Die dadurch entstandene reguläre, 4) a. a. O0. pag. 43. 2) M. Lereboullet Observations anatomiques et physiologiques in: M&moires de la Societe du Museum d’Histoire naturelle de Strasbourg. Vol. 4. Livr. 1. Strasb. et Paris 4850. 4. pag. 211. 3) Lehrbuch der Histologie a. a. O. pag. 346. und Naturgeschichte der Daphniden. Mit X Kupferlafeln. Tübingen 1860. 4. pag. 239. u —n 237 quadrirte Zeichnung trat meist um so schärfer hervor, wenn in dem sehr oft leer gefundenen Enddarme Reste des Darminhaltes auf den freien Kanten dieser Falten hängen geblieben waren, die dieses Verhalten dann sofort in die Augen fallen liessen. Die Musculatur der Darmwand ist auch hier übereinstimmend "mit der des Mitteldarmes eine innere Längs- und eine äussere Ringmuskel- schicht, darin aber weicht sie von jener ab, dass sie kein zusammenlie- gendes Muskelstratum bildet, sondern dass die Fasern zu geringen Bün- deln zusammengefasst in unregelmässigen Abständen von einander auf der Darmwand liegen. Die Abweichungen, welche der Bau des Darmtractus im Priapul. brevicaudatus von dem eben geschilderten bietet, beziehen sich zunächst auf die Schlundbewaffnung. Die einzelnen Zähne, welche den Mund um- geben, sind bei dieser Art bedeutend kleiner als bei Priapul. caudatus, und diese Kleinheit ist nicht eine individuelle, zu der Gesammtgrösse des Thieres relative, denn das untersuchte Exemplar war völlig so gross als die grössten untersuchten Exemplare des Priapulus caudatus. Neben der Kleinheit war auch das Aussehen des einzelnen Zahnes ein verschiedenes, der nicht so fest, braun und hornartig erschien wie bei Priapul. caudatus, sondern im Ganzen zarter, dünner und nur mehr blassgelb war. Die Hauptspitze war kürzer und von geringerer Krümmung, neben ihr stan- den auf jeder Seite vier Nebenspitzen, grössere und kleinere oft alterni- rend; allein in der Zahl und Stellung dieser Spitzen kamen ähnliche Differenzen vor, wie bei den Zähnen des Priapul. caudatus. Die Basis des Zahnes war im Verhältniss zur Höhe breiter als im Priapul. caudatus, und nicht so halbmondförmig; wodurch der Habitus des ganzen Zahnes sich wesentlich veränderte. — In den Zähnen zweiter und dritter Ordnung ist die grössere Anzahl der Nebenspitzen ebenfalls charakteristisch. Die Wand des auf den Schlundkopf folgenden dünnhäutigen Darm- stückes wurde von den allgemein die Darmwandung bildenden Elemen- ten zusammengesetzt; die Ringfasern der Musculatur lagen darin zu Bündeln zusammengefasst. — In morphologischer Hinsicht dürfte dieses Darmstück wohl als eine Verlängerung jenes Stückes der Darmwand an- zusehen sein, welche beim Priapulus caudatus auf dem Uebergange vom Schlundkopf zum Mitteldarm invaginirt ist. Von dem nächstfolgenden Mitteldarm ist nur zu erwähnen, dass die seine innere Oberfläche bekleidenden Falten niedriger. und breiter sind als bei Priapul. caudatus. Dass die ihn begleitenden Muskelfaden sich an seiner vorderen Grenze gabelig theilen und über den dünnhäutigen Theil weg zum Schlundkopf gehen, ist bereits erwähnt. — Der Enddarm zeigt keine bemerkenswerthe Abweichung. — Die Länge des Schlund- kopfes betrug 5 mm., die des Uebergangsstückes sowie die des Mittel- darmes je 25 mm , und schliesslich die des Enddarmes 18 mm. Im Priapulus glandifer bietet die Zahnbewaffnung des Schlundes Zeitschr. f. wissensch. Zoologie. XI. Bd. 16 238 kaum etwas Abweichendes von der des Priapul. caudatus. — An den Schlundkopf schliesst sich der dem Mitteldarm entsprechende Darmtheil mit etwas niedrigeren Falten auf der Oberfläche. — Auf ihn folgt nun jener eigenthümliche, weite dünnhäutige Darmtheil, der für den Ver- dauungstractus dieser Art charakteristisch ist, da durch ihn der Darm seinen einfach graden Verlauf vom Mund zum After nicht mehr behält, sondern durch eine doppelte Umbiegung eine Uebergangsform zu dem langen gewundenen Darmtractus bildet, wie er bei anderen Gephyreen gefunden wird. In seinen Anfangstheil setzten sich die Falten des Mittel- darms nech eine kurze Strecke allmählig schwächer werdend fort, so dass hier kein plötzlicher Uebergang stattfand. Dann aber bleibt er in seinem weiteren Verlaufe gleichmässig, und zeigt in seinem Bau nach aussen von der Chitinhaut die bekannte Anordnung der Längs- und Ring- muskelfasern. — Vom Enddarm ist keine besondere Abweichung zu er- wähnen. — Die Länge des Schlundkopfes betrug 4 mın., die des Mittel- darmes 6 mm., dgs auf diesen folgende weite Darmstück war 21 mm., der Enddarm 7 mm. lang. Im Inhalte des Verdauungstractus, vorzugsweise im Mitteldarm an- gehäuft fanden sich immer in grosser Anzahl eigenthümliche Körper, die auch von Frey und Leuckart ') gefunden und erwähnt sind. Es sind platt- ovale, an dem einen Ende meist etwas zugespitzte Körper mit dicker, starker Wand; an der zugespitzten Stelie schien die Wand oft durch- brochen zu sein und einen Eintritt in das Innere der Körper zu gestatten; in diesem lagen meist zu einem Haufen zusammengeballt runde, gelb- liche, das Licht stark brechende Kügelchen, die nur in seltenen Fällen fehlten (T. XX. 12.). Die Grösse des ganzen Körpers betrug 0,0222 — 0,0296 mm., die Dicke der Wand 0,0018 mm., die einzelnen Kügelchen im Innern hatten einen Durchmesser von 0,0037 mm. Gegen Essigsäure verhielten sich die Körper resistent; auf Behandlung mit Jod und Schwe- felsäure erschien die für Gellulose charakteristische dunkelviolette Farbe in ihnen. Es liegt nahe, in diesen Körpern Sporenzellen von Algen zu sehen, die dem Thiere als Nahrung gedient haben. — Neben diesen kamen noch zahlreich runde granulirte blasse Körper vor von 0,0074 — 0,0092 mm. Grösse, die auf Zusatz von Essigsäure schwanden. — Dass der In- halt des Darmes pflanzlicher Natur sei, dafür spricht aber besonders, dass sich im Darme des Priapulus glandifer neben einzelnen Sandkörnchen und einer grossen Menge jener Sporenzellen noch ziemlich wohl erhaltene Algen der verschiedensten Form vorfanden. Nebenbei mag erwähnt wer- den, dass zwischen diesem Darminhalt als Parasiten einzelne Rundwür- mer gefunden wurden, die zu den Mermithen zu gehören schienen. Der grade vom Mund zum After laufende Darmcanal wird zuerst von 0. Fabricius?) erwähnt, der auch den Schlundkopf und dessen Zahn- 41) a.a ©. pag. 43. 2) a. a. O0. pag. 356. 239 bewafinung beschreibt; ihm schliessen sich die in der Zoologica danica') gemachten, kurzen Mittheilungen darüber an. — Die Bewaflnung des Schlundkopfes, die später nie wieder so hervorgehoben wird, hat Abild- gaard*) sehr treffend und umständlich beschrieben; er kennt die den Mund umgebenden »braunen, siebenstachelichten Zähne« und ihre An- ordnung, so wie die Besetzung der ganzen inneren Wand des Schlund- kopfes mit »kleinen einfachen und fast nicht mit dem unbewafineten Auge sichtbaren Stacheln.« Forbes?) hat die anatomische Kenntniss fast um nichts erweitert, und es ist unbegreiflich, wie er, der offenbar den Darm gesehen hat, den auf der Spitze des Schwanzes liegenden Porus mit den After verwechselt. — Die einzelnen Abschnitte des Verdauungstractus des Priapul. brevicaudatus lehrten Frey und Leuckart*) kennen, und machen über den feineren Bau derselben kurze Angaben. Ihre falschen Ansichten von dem, was hinten und vorn am Thiere sei, bedürfen nach der gegebenen Darstellung keiner weiteren Widerlegung; schon die Stel- lung des Mundes auf einem retractilen Rüssel, die starke Musculatur des Schlundkopfes und seine Zahnbewaffnung beweisen hinlänglich, dass hier der Mund und nicht der After zu suchen sei. Uebrigens scheint der eine der beiden Autoren, Leuckart?), später die Haltlosigkeit dieser Anschauung selbst gefühlt zu haben, wie das aus einer Note in seinem Nachtrage zu dem Lehrbuch der Zoologie von van der Hoeven hervorgeht. Das Nervensystem. Man hat am Nervensystem des Priapulus zwei Abschnitte zu unter- scheiden, einen Bauchstrang und einen Schlundring. Der Bauchstrang ist ein überall gleich breiter, runder, nur 0,185 mm. dicker Faden, der auf der Bauchseite des Thieres unmittelbar unter der Subeuticularschicht in einer seichten Rinne auf der Ringmusculatur liegt. Es ist das jener weisse Streif, welcher auf der Bauchseite des Stam- mes und zwischen den beiden einander genäherten Rippen des Rüssels durch die Chitindecke durchschimmert, wie das in der allgemeinen Be- schreibung des Thieres erwähnt ist. Ihn isolirt zu erhalten, ist mit Sch wie- rigkeiten verbunden; als die beste Methode empfahl es sich, von der Aussenfläche des Thieres her die Chitindecke schichtenweise mit möglich- ster Schonung der darunter liegenden Muscülatur zu entfernen, wo man 4) Vol. Ulla. a. O. pag. 27. Vol. IVa..a.O. pag. 19. ) 2) Beschreibung einer grossen Seeblase a. a. O. pag. 136. 3) a. a. O. pag. 257. 4) a. a. 0. pag. 43. 5) Handbuch der Zoologie von J. van der Hoeven. Bd. II. Mit IX Kupfertafeln, Leipzig 1852—1856. — Nachträge und Berichtigungen zu dem ersten Bande von 3. van der Hoevens ilandbuch der Zoologie von R. Leuckart. Leipzig 1856. 8. pag. 69. 40 240 dann schon deutlicher den feinen Strang sieht und ihn leichter von den Ringmuskeln ablösen kann. Dieser Nervenstrang wurde von dem warzi- gen Ende des Stammes bis zur Spitze des Rüssels verfolgt; von ihm ab- twretende Seitenzweige wurden mit völliger Sicherheit nicht gesehen; die Entscheidung darüber, so wie ob sich der Bauchstrang auch auf den Grundstock fortsetze, muss späteren Untersuchungen überlassen bleiben. An der Spitze des Rüssels, wo sich die äussere Decke in den Schlund- kopf hineinschlägt, sieht man den Bauchstrang mit einer sehr geringen Verdickung an einen eben so feinen, weissen Ring treten, der unmittel- bar auf der Wand des Schlundkopfes an dessen vorderem Ende fast unter der Insertion der Retractoren liegt, und den Schlundkopf eng umfasst ; dieser Ring ist der Schlundring. Die mikroskopische Untersuchung ergab, dass beide Theile denselben Bau hatten: eine feine Membran, die sich scheinbar in Ringfalten legen konnte, bildete eine cylindrische Scheide, deren Inhalt eine äusserst fein- körnige Masse war, und ganz an den gleichen Inhalt des weit complieir- teren Bauchstranges von Sipunculus erinnerte. Ob aber nicht auch im Priapulus der Bau des Nervensystemes zusammengesetzter und, was wahrscheinlich ist, auch Zellen enthält, das müssen Untersuchungen leben- der Thiere darthun. Nach der Analogie mit Sipunculus und anderen Gephyreen war zu erwarten, dass ein Bauchstrang und Schlundring vorhanden sein werde; allein auffallend ist doch die Lage des Bauchstranges nach aussen von der Leibesmusculaiur und ein den Schlundkopf so eng umfassender Schlund- ring. Die eigenthümlich verborgene Lage des Bauchstranges ist auch wohl Veranlassung gewesen, dass bis jetzt von keinem Autoren dieses Nerven- system aufgefunden worden ist. ‚Die Geschlechtsdrüsen. Priapulus ist getrennten Geschiechtes, und unterscheidet sich da- durch sehr von bis jetzt genauer bekannten Sipunculiden, welche Zwitter sind. Der Geschlechtsunterschied tritt, wie schon oben kurz er- wähnt, in dem Acusseren der Drüse so kenntlich hervor, dass schon nach dem Aussehen der Drüse, auch ohne Untersuchung a Inhaltes, sich das Geschlecht des vorliesenden Thieres bestimmen lässt. Die Geschlechtsdrüse des weiblichen Thieres (EX. 3: Gl.), das Ovarium, ist ausgezeichnet durch ihren lamellösen Bau und den auf ihrer frei in de Leibeshöhle sehenden Seite liegenden Ausführungs- gang. — Dieser Ausführungsgang beginnt zugespitzt etwas hinter der a abgerundeten Spitze der Drüse, läuft dann, indem er bald die Dicke erreicht, welche er in seiner ganzen Länge bebält, über den hin- teren Rand er Drüse hinaus, so dass er ein kleines Stuekchen weit frei 24 liegt, und mündet neben dem After etwas vor demselben. Die Dicke des Ausführungsganges heträgt 0,61 mm., wovon ungefähr 0,25 mm. auf das Lumen und jederseits 0,17 mm. auf die Wand kommen. — Beim An- schneiden der Wände collabiren diese nicht, sondern das Lumen des Ganges bleibt geöffnet, so dass man ihn mit einer feinen Borste leicht sondiren kann. Dazu giebt die Festigkeit der Wand des Ausführungs- ganges Veranlassung, indem sich in ihr auf einer inneren Chitinhaut eine starke Muscularis gelagert hat. Die innere Ghitinhaut ist wohl als Fort- setzung der Chitincuticula der Körperwand anzusehen, welche sich durch die Genitalöffnungen hineingeschlagen hat; allein sie ist hier im Ausfüh- rungsgange nur sehr dünn, und entbehrt der charakteristischen Schich- tung jener Guticula ; nur die Resistenz gegen Alkalien deutet auf ein Chi- tingewebe. — Nach aussen lagert nun auf dieser Membran eine Muskel- schicht, deren 0,0037 — 0,0141 mm. dicke Fasern unter verschiedenen Winkeln mannigfach durcheinander verflochten sind, so dass eine Tren- nung in Schichten nicht stattfindet. - Die Drüsensubstanz, deren Producte durch diesen Ausführungs- gang nach aussen befördert werden, zerfällt in eine grosse Menge einzel- ner Drüsenblätter, deren Flächen eng aneinander liegen und die auf dem der Rückenfläche des Thieres zugewandten Umfang des Ausführungsgan- ges so gestellt sind, dass ihre in diesen sich inserirenden Kanten ihn rechtwinklig kreuzen. Das einzelne Drüsenblatt steigt nun aber vom Aus- führungsgange ab nicht grade in die Höhe, sondern macht vielfache Krüm- mungen und Ausbiegungen, deren Ebenen meist mit der Längsaxe der Drüse parallel liegen. Es erhält dadurch das einzelne Blatt eine bei wei- tem grössere Flächenausdehnung, und indem sich nun jedes nächste den Krümmungen und Biegungen seiner Nachbarblätter anpasst, so kommt es, dass die Gesammtmenge der Drüsenblätter nach vorne die Spitze des Ausführungsganges überragt, und auch nach der Mündung des Ganges zu diesen weiter überlagert, als Drüsenblätter sich in ihn inseriren. Durch das Ineinandergreifen der Ausbiegungen der einzelnen Blätter bekommt die ganze Drüsensubstanz einen so festen Zusammenhang, dass man nur auf eine kurze Strecke die einzelnen Blätter ohne Zerreissungen von ein- ander biegen kann. — Man erhält durch Querschnitte, die man in ver- schiedener Richtung durch die etwas gehärtete Drüse macht, die beste Ansicht von der mannigfaltigen und wechselnden Form, welche die Bie- gungen der Drüsenblätter machen (T. XX1. 19). Abgesehen von diesen Lagerungsverhältnissen stellt man sich das einzelne Drüsenblatt am besten unter dem Bilde eines von zwei Seiten her comprimirten Schlauches vor, dessen offenes Ende in den Ausfüh- rungsgang mündet, während das entgegengesetzte blind geschlossen ist, und der durch diese seitliche Gompression eine solche Flächenausdehnung erhalten hat, dass er eben als Blatt erscheint. — Die Wand dieses blatt- artigen Schlauches bildet eine sehr zarte Membran, eine Tunica propria, 242 auf deren nach innen in das Lumen des Schlauches sehenden Fläche sich die Eier entwickeln, dann in das Lumen des Drüsenblattes fallen, und da dieses mit dem Ausführungsgange communicirt, in diesen gelangen. — Die Tunica propria ist äusserst dünn und durchsichtig; man sieht zu- weilen auf ihr eine Zeichnung, als ob einzelne Fasern darauf lägen, die aber ebenso gut als Falten gedeutet werden können. Will man sie als eine Chitinmembran ansehen, als die letzte Ausbreitung, welche die in den Ausführungsgang übergegangene Chitincuticula der Körperoberfläche erfährt, so steht dem insofern nichts entgegen, als sich diese feine Mem- bran gegen Essigsäure und Alkalien, wenigstens kalte, resistent erweist; allein in ihrer sonstigen Erscheinung liegt nichts, was dazu berechtigen könnte. Die Eier (T. XXI. 20.), welche sich hier auf der inneren Oberfläche bilden, bieten in ihren jüngsten Zuständen ganz das Bild grosser Zellen, wo dann Dotter, Keimbläschen und Keimfleck als Zelle, Kern und Kern- körperchen zu erklären wäre; sie sind in diesem Zustande platt und lie- gen der Wand eng an. Werden sie grösser, so erhalten sie eine kugelige Form, heben sich von der Wandab, an der sie zuletzt nur wie mit einem Stiele zu hängen scheinen, und ragen in das Lumen des Blattes hinein. Bei den grössten Eiern war die Dotterhaut verhältnissmässig dünn, ohne Porencanäle, wie sie die Eier von Sipunculus haben, und umschloss einen feinkörnigen Dotter, in dem Keimbläschen und Keimfleck lagen. Essig- säure und Alkalien zerstörten die Dotterhaut, und in der feinkörnigen Dotitermasse traten dann kleine Fetttropfen auf. Die Messungen der Ei- theile gaben folgende Zahlen als die am häufigsten vorkommenden: Ei Keimblaschen Keimfleck 0,0925 mm. 0,0370 mm. 0,0148 mm. 9,0407 mm. 0,0185 mm. 0,0074 mm. 0,0259 mm. 0,0148 mm. 0,0074 mm. Die Dicke eines Drüsenblattes hängt natürlich von dem Entwicklungs- zustande der in ihm befindlichen Eier ab; sie schwankte zwischen 0,096 — 0,134 mm. Das Mesenterium, welches die Drüse an die innere Fläche der Bauchseite heflet, ist eine dünne structurlose Membran mit einzelnen, darauf liegenden Fasern, die nicht von der ganzen Länge der Drüse ihren Ursprung nimmt, sondern nur von dem mittleren Theile derselben, und hier von der Aussenfläche der einzelnen Drüsenblätter kommt. Die Geschlechtsdrüse des männlichen Thieres unter- scheidet sich von der des Weibes durch den in der Drüsenmitte laufen- den Ausführungsgang, durch den aus kleinen cylindrischen Schläuchen zusammengesetzten Drüsenkörper und den Mangel eines Mesenterium. Der Ausführungsgang in der Längsaxe der Drüse liegend und von allen Seiten von der Drüsenmasse umgeben zeigt sonst das gleiche Verhalten wie der der weiblichen Drüse. In sein Lumen münden die 243 rings seiner Wand aufsitzenden ceylindrischen Drüsenschläuche (T. XXI. 21.), von denen eine grössere oder geringere Zahl dicht vor der Einmündung in den gemeinsamen Ausführungsgang zusammentreten und nun als kurzer Schlauch gemeinschaftlich münden ; man kann daher wohl mit mehr Recht sagen, die männliche Geschlechtsdrüse sei aus eylindri- schen, verästelten Schläuchen zusammengesetzt. — So weit erkennt man den Bau der Drüse recht gut mit unbewaffnetem Auge, da die einzelnen Schläuche bis zu 2,375 mm. lang und 0,23 mm. dick werden. Bei An- wendung von hinreichenden Vergrösserungen sieht man dann ferner, dass der einzelne Drüsenschlauch von einer Anzahl Drüsenpakete (T. XXI. 22.) zusammengesetzt wird, die zweizeilig einander gegenüber stehen, während die Spitze des Schlauches durch ein unpaares Paket ihren Ab- schluss erhält. Die Form der seitlichen Drüsenpakete würde sich am meisten der eines Würfels nähern, nur sind die Wände desselben un- regelmässig concavy oder convex ausgebogen und passen sich so der Wand des jedesmal nächsten Paketes an; und stets ist die dem Ausführungs- gange der Drüse und der Axe des Schlauches zugewandte Kante so aus- gezogen, dass sie in eine Spitze ausläuft. Das den Drüsenschlauch an seinem freien Ende abschliessende Paket ist meist, so weit es nach aussen [rei liegt, convex gerundet; da aber, wo es mit den beiden benachbarten Paketen zusammenstösst, ziehen sich seine Wände nach der Axe des Schlauches hin in eine Spitze zusammen, so dass das ganze Paket oft wie der Schlussstein eines Gewölbes sich zwischen die benachbarten einkeilt. — Die Drüsenpakete sind meist in der Längsrichtung des Drüsenschlau- ches grösser als im queren Durchmesser; ihre Länge schwankte zwischen 0,28—0,39 mm., ihr Breitendurchmesser zwischen 0,17 — 0,28 mm. Jedes Drüsenpaket hat als Wand eine structurlose, feine Membran, Tunica propria, deren Verhalten gegen Reagentien auf Chitin hinweisen könnte. In der Längsaxe des Schlauches, da wo das Paket in eine Spitze ausgezogen ist, öfinet es sich in einen gemeinschaftlichen Centralcanal, indem an der Spitze des Paketes seine Wand in diesen Canal übergeht, dessen Wände sich in ihrem Verhalten schon mehr der Chitinauskleidung des gemeinschaftlichen Ausführungsganges nähern, da auf ihnen einzelne Muskelfasern liegen. Man kann sich daher wohl vorstellen, dass der Gen- tralcanal des Drüsenschlauches eine Fortsetzung der Chitincuticula von der Körperoberfläche durch den Ausführungsgang sei, und dass dieser sich an seiner Spitze zu der Wand des den Drüsenschlauch abschliessen- den Paketes erweitere, während die zweizeilig stehenden Pakete ihre Wand gleichfalls einer Ausstülpung des Centralcanals verdankten. Da die einzelnen Drüsenpakete nicht durch eine gemeinsame äussere Hülle vereinigt werden, so ist der für die an einem Gentralcanale vereinigten Pakete gebrauchte Name »Drüsenschlauch« nicht. ganz treffend; allein doch zu vertheicigen, da für das unbewaffnete Auge diese Theile der Drüse immer als Schläuche erscheinen. 24% Der Inhalt der einzelnen Drüsenpakete war eine feinkörnige Masse, in der neben kleinen Zellen auch einzelne längere Fäden vorkamen, die sich, wenn auch nicht mit völliger Gewissheit, als Zoospermien erklären liessen. Auf der inneren Fläche der Tuniea propria lagen stets dieselben Zellen wie in dem Inhalte der Pakete, 0,0037 — 0,0055 mm. gross mit 0,0048 mm. grossem Kern. Wenn nun auch nicht durch ein völlig sicheres Auffinden von fertig ausgehildeten Zoospermien der zuverlässigste Beweis geliefert ist, dass diese Drüsen wirklich Hoden seien, so ist doch kaum etwas anderes von ihnen zu behaupten; denn in diesen im Bau so wesentlich von den weib- lichen Geschlechtsdrüsen abweichenden Organen etwa einen nicht functio- nirenden Zustand der Ovarien erkennen zu wollen, ist unmöglich. Bis jetzt scheinen stets nur weibliche Thiere untersucht zu sein, denn die erste Mittheilung über diese Organe, die von J. Rathke') und mit richtiger Deutung gemacht ist, bezog sich auf weibliche Geschlechts- drüsen. Frey und Leuckart?), die dann den Bau etwas eingehender be- schreiben, haben ebenfalls ein weibliehes Tbier untersucht, und geben kurz den lamellösen Bau der Drüse, deren Inhalt, sowie die Beschaffen- heit des Ausführungsganges und Mesenterium an. Verbreitung und Lebensart. Das Vorkommen des Priapulus scheint, so weit bis jetzt sichere Mit- theilungen vorliegen, auf die Küsten der nördlichen Meere beschränkt zu sein, hier aber je weiter nach Norden um so häufiger zu werden. Linne°) giebt allerdings bei der ersten Beschreibung des Thieres als Vaterland das indische Meer an, und in der XIII. Auflage des Systema naturae *) wird ausserdem und neben den nördlichen Meeren auch noch das Mittel- meer angegeben. Es scheinen aber diese Angaben auf Irrthümern zu be- ruhen, wenigstens wäre es auffällig, dass vom Mittelmeer, dessen Fauna doch ziemlich genau durchforscht ist, nie wieder das Vorkommen des Pria- pulus erwähnt ist. — In Grönland (O0. Fabricius”]), woher auch die unter- suchten Exemplare stammen, und auf den Küsten von Finmarken und Lofoten (Sars®]) ist er nicht selten, und scheint, wenn auch seltener, wie Sars”) das für Bergen besonders angiebt, an der ganzen norwegischen ) Zoolog. dan. Vol. IV a. a. O. pag. 49. ) a. a. O. pag. 43 und 44. ) Amoenitates academicae Vol. IV a. a. O. pag. 255. ) a. a. O. pag. 3440. ) a. a. ©. pag. 356. ) M. Sars Beretning om en i Sommeren 4849 foretagen zoologisk Reise i Lofoten og Finmarken — in: Nyt Magazin for Naturvidenskaberne. Sjette Bind. Chri- stiania 4851. 8. (6t Binds 2det H.) pag. 121. 7) a. a. 0. — Im Jahre 183% hatte Sars ihn dort noch nicht gesehen; efr. M. Sars 4 2 3 JA 5 6 2k5 Küste vorzukommen. — Das Vorkommen auf Island verbürgen Eggert Olafsen und Bjarne Povelsen'), später bestätigte es Faber*). — Für die englische Fauna wurde das Thier zuerst auf den Shetland-Inseln (Fleming) aufgefunden und später sein Vorkommen auch für die Küsten von Gross- britannien — Leith, Küste von Devon — und Irland — Belfast Bay — von Forbes nachgewiesen ?) — Maitland *) endlich, der ihn in der Fauna Belgii septentrionalis anführt, giebt als Fundort auch die Küsten der Nordsee an. In diesem Verbreitungsbezirke lebt der Wurm auf dem thonigen oder sandigen Boden der Küste in verschiedener Tiefe. Forbes und Goodsir®) fischten ihn mit dem Schleppnetz auf den Shetland-Inseln in einer Tiefe von sieben Faden zwischen Laminarien; Sars®) fand ihn im Oxfjord zur Ebbezeit am Strande mit Arenicola piscatorum zusammen im Sand oder Thon vergraben. Nach den Mittheilungen von J. Rathke’), zumal aber von O. Fabri- cius®) gräbt sich das Thier auf dem thonigen oder sandigen Boden der Meerbusen, wie es scheint durch Vorstossen und Zurückziehen des Rüs- sels, Gänge ungefähr von der Länge des Körpers, die durch ein aufge- worfenes Häufchen kenntlich sind. In diesen liegt es ruhig, während der Schwanz allein frei in das umgebende Wasser hineinragt ; wird der Wurm durch Berührung des Schwanzes beunruhigt, so zieht er sich tiefer in den Gang zurück. Alle Beobachter, welche lebende Thiere vor Augen hatten, erwähnen das Einziehen des Rüssels, wenn das Thier beunruhigt war, und ein darauf folgendes plötzliches Wiederausstülpen im Ruhezustande, ganz ähnliche Vorgänge, wie man sie auch bei Sipunculus beobachtet. Phillips?) hat über das Benehmen eines Priapulus, den er drei Wochen lang durch Erneuerung von Seewasser, Seepflanzen und Sand am Leben erhielt, hübsche Mittheilungen gemacht, die hier einen Platz finden mögen: »Es wurde nie beobachtet, dass das Thier irgend einen besonderen Ver- such machte, Futter zu sich zu nehmen, obwohl bei der Zufuhr von fri- schem Seewasser Fäcalmassen aus der an der Basis des Schwanzes (plume) liegenden Afteröffnung ausgestossen wurden. Im Sonnenschein wurde es lebhaft, zog den vorderen Rüssel ein und stülpte ihn rasch und ganz plötz- lich aus, entfaltete den grossen Schwanzanhang und zog ihn wieder ein, Beskrivelser og Jagltagelser over nogle maerkelige eller nye i Haved ved den Bergenske Kyst levende Dyr. Bergen 1835. 4. pag. 39. 4) a.a. 0. pag. 1001. 2) F. Faber Naturgeschichte der Fische Islands. Mit einem Anhange von den inlän- dischen Medusen und Strahlthieren. Frankfurt 1829. 4. pag. 206. ) efr. Forbes A history of british Starfishes a. a. O. pag. 258. ) R. T. Maitland Fauna Belgii septentrionalis. ParsI. Lugd. Batav. 4854. 8. pag. 97. ) Forbes A history of british Starfishes a. a. O. pag. 258. ) Sars Beretning om en i Sommeren 1849 forelage zoologisk Reise a. a. O. ) Zoolog. dan. Vol. IV a. a. O. pag. 49. ) a. a. O. pag. 356. 9) ara. 0 pa0.. 70. Ti, 246 bog den Körper, dehnte ihn aus und verkürzte ihn, ohne eine hestimmte Ordnung der Veränderungen. Der Durchmesser war an jeder Stelle wech- selnd, aber nahe an der Basis des Schwanzes war er bisweilen dreimal so gross als zu anderen Zeiten. Im Zustande der grössten Lebendigkeit — wenige Tage nach seiner Ankunft in York — verursachte Bewegung des Gefässes einige unruhige Zusammenziehungen des Schwanzes; die » peni- eilli« dieses Anhanges wurden auf Berührung einzeln contrahirt, nach wiederholten Berührungen wurde das Ganze zusammengezogen, so dass es einem dünnen mit Papillen besetzten Stiel ähnelte. « Es entspricht dieses Bild der mannigfachen Bewegungen, das Aus- und Einstülpen der einzelnen Körpertheile völlig dem so reich entwickel- ten und über die ganze Körperwand verbreiteten Muskelsystem; für das rasche und kraftvolle Einziehen des Rüssels sind die starken Retractoren bestimmt, so wie für die Gontraction des Schwanzes die gesonderten Längsmuskeln dieses Theils; an dem Vortreiben des Rüssels und auch des Schwanzes dürfte aber wohl das Einströmen der Leibesflüssigkeit in diese einen wesentlichen Einfluss mit haben. — Das Hervortreiben des Rüssels ist das Mittel, wodurch der Wurm sich auf dem Meeresboden seine Gänge gräbt, wie das von O. Fabricius'‘) angegeben ist; dabei mögen wohl die um den Mund stehenden Zähne und die sägeartig rauhen Rippen auf dem Rüssel eine Mitwirkung haben. Die ganze Locomotion des Thie- res wird, ähnlich wie die von Sipunculus, durch die wechselnden Leibes- contractionen zu Stande kommen. | Eine Eigenthümlichkeit des Thieres, die schon von O. Fabricius ?) erwähnt wird, muss noch bemerkt werden; sie besteht darin, dass unter Umständen das Thier seinen Schlundkopf in der Weise nach aussen her- vorstülpt, dass die sonst nach innen gewandte Zahnbewaflnung nach aussen sieht, und die grössten Zähne nun an der Basis des umgekehrt ausgestiülpten Schlundkopfes stehen. O. Fabricius giebt dabei an, er habe nie gesehen, dass das Thier dieses freiwillig gethan habe; diese Angabe wird von J. Rathke?) dahin erweitert, dass ein solches Ausstülpen des Schlundkopfes (wenn nicht des ganzen Verdauungstractus, denn Rathke spricht von einem Tubulus membranaceus) nur im Todeskampfe des Thie- res ausserhalb des Wassers erfolge; J. Rathke erinnert dabei an den ähnlichen Vorgang, der bei Holothurien beobachtet wird. Was die Nahrung anbetrifft, so unterliegt es keinem Zweifel, dass Priapulus Pflanzenfresser ist; dafür spricht auf das Entschiedenste der oben erwähnte Inhalt des Darmes. Die Beimischung von Sand oder Stück- chen von Conchyliengehäusen, wie Frey und Leuckart *) sie fanden, kön- nen als indifferente, zufällig in den Darm gekommene Bestandtheile an- gesehen werden. Der in der Leibeshöhle frei enthaltenen Flüssigkeit ist Gelegenheit gezeben, mit dem umgebenden Seewasser in Contact zu treten, und man 4) a.a.O. pag.356. 2) Ibid. 3) Zool. dan. Vol. IV pag. 19. 4) a.a.0.pag. 42. 247 kann diesen Vorgang immerhin als ein Analogon der Respiration ansehen. Vor allem ist es der Endtheil des Körpers, welcher dem Geschäfte der Wasseraufnahme vorzustehen als besonders befähigt erscheint; die zahl- reichen Papillen, in denen durch das Vorhandensein der Blutkörperchen das Eintreten der Leibesflüssigkeit nachgewiesen ist, und zumal der Porus am Ende des Schwanzes sind die Wege, auf denen das Seewasser und die Leibesflüssigkeit mit einander in Berührung kommen. Dafür spricht auch die Beobachtung, dass das Thier, wenn es in seinem Gange liegt, den Schwanz frei in das Wasser hineinragen lässt. Doch mögen auch die über die Körperoberfläche zerstreuten kleinen Spitzen einen Antheil daran haben. In welcher Weise dieser Verkehr der Leibesflüssigkeit mit dem Seewasser vor sich geht, und ob nicht auch gleichzeitig ein Theil der Leibesflüssigkeit nach aussen gelangt, darüber liegen zur Zeit keine siche- ren ’Beobachtungen vor. Bei Sipunculus hat der am Ende des Körpers gelegene Porus nebenher noch den Zweck, den in der Leibeshöhle befind- lichen Eiern den Austritt zu gestatten. | Dass Priapulus getrennten Geschlechts ist, wurde oben nachgewie- sen. Ueber die Entwicklung der Eier ist nichts bekannt. Systematische Stellung. Die hier gegebene Darstellung der anatomischen Verhältnisse fordert zu einem Versuch auf, mit ihrer Hülfe und durch Vergleichung mit den übrigen genauer bekannten Gephyreen der Gattung Priapulus im Systeme unter diesen einen Platz anzuweisen. Wir verdanken Diesing !) eine treffliche und mit grosser Umsicht aus- geführte Zusammenstellung aller bis dahin bekannten Gephyreen. Die hier aufgeführten Genera sind: Sipunculus (L.), Phascolosomum (Leuck.), Dendrostomum (Grube et Oersted), Anoplosomatum (Grube) , Disclidosi- phon (Dies.), Aspidosiphon (Dies.), Loxosiphon (Dies.), Priapulus (Lam.), Chaetoderma (Loven), Bonellia (Rolando), Thalassema (Gaertner), Echiu- rus (Guv.), Ascosomum (Leuck.), Lesinia (O. Schmidt), Halieryptus (v. Siebold) ; letztere drei sind in Diesing’s System nicht untergebracht. Die- sen würde sich vielleicht die neuerdings von Norman?) bekannt gemachte Gattung Strephenterus anschliessen. Diesing unterscheidet diese Thiere nach der Stellung des Mundes in Sipunculidea acrostomata und baseostomata ; bei den ersteren soll der Mund auf der Spitze des Rüssels, bei den letzteren an dessen Basis stehen. 1) K.M. Diesing, Revision der Rhyngodeen. Mit III Tafeln. Aus den Sitzungsberichten der kais. Akademie der Wissenschaften. Mathemat.-naturwiss. Glasse. Wien 1859. 8. pag. 753— 779. 2) Alfred Merle Norman, On an Echinoderm new to Science from Ireland. Aus: The Annals and Magazin of natural Hıstory (Third Serie) Vol. 7. No. 38. London, February 1861. 8. pag. 412. Pl. IX fig. 1—4. 248 Die Sipunculidea baseostomata (Dies.) sind die Gattungen Bonellia, Thalassema, Echiurus. Die Trennung dieser drei Genera von den übrigen ist wohl naturgemäss, nur ist der dort angeführte Charakter: »Os ad proboscidis basin« nicht zu verwerthen, da das, was Diesing als Rüssel bezeichnet, nicht ein solcher Rüssel ist, der wie bei Sipunculus und Pria- pulus einen Theil der gemeinsamen Körperhöhle umschliesst und durch eigene Retractoren zurückgezogen wird, sondern nur als ein Analogon von Tentakeln angesehen werden kann, die wie die Tentakeln des Sipun- culus durch die in ihrer Wand liegenden contractilen Elemente eingezogen werden. Dagegen scheidet sich nun in dieser Gruppe Bonellia!) und Echiu- rus*) aufs Allerbestimmteste von den übrigen Gattungen durch den ana- tomischen Bau, indem diese Thiere ein völlig ausgeprägtes Gefässsystem und zwei innere in den Darm mündende Kiemen besitzen, und äusser- lich durch das Vorhandensein von Hakenborsten charakterisirt sind. Von Thalassema®) ist bis jetzt kein Gefässsystem bekannt, allein das Thier ist auch nicht so genau wie Bonellia und Echiurus untersucht; die inneren in den Darm mündenden Kiemen und die Hakenborsten, so wie die son- stige Aehnlichkeit des Thieres mit Echiurus berechtigen wohl, Thalassema hier anzuschliessen, bis durch genauere Untersuchung die Frage nach dem Vorhandensein eines Gefässsystemes entschieden ist. Vielleicht schliesst sich an diese Gruppe, wenn überhaupt hierher gehörig, der noch immer räthselhafte Sternaspis thalassemoides*) an; das Vorhanden- sein eines Gefässsystemes und die Hakenborsten sprechen dafür; dagegen fehlen die inneren Kiemen, und werden durch äussere ersetzt. Der Mangel eines Gefässsystemes ist für die übrigen Genera, so weit sie anatomisch bekannt sind, ein, wenn auch negatives, gemeinschaft- liches Kennzeichen. Der auf der Spitze eines durch Retractoren einziehbaren Rüssels stehende Mund, welcher von Tentakeln umgeben ist, so wie die Lage des Afters, der sich auf der Rückseite des Thieres, im vorderen Theile des- selben befindet und die mit diesem in gleicher Höhe stehenden Genital- mündungen, ferner der gewundene, mit einem längslaufenden Muskelfaden ausgestattete Darm, und endlich das Nervensystem, ein Bauchstrang, der sich in zwei den Schlund umfassende Aeste theilt, die sich in einem Ganglion vereinigen, sind die Charaktere, welche die Gattungen Sipun- 4) cfr. über Bonellia: Recherches sur la Bonellie (Bonellia viridis) par H. Lacaze- Duthiers. Annales des sciences naturelles [4] Zoologie. Tome X. Paris 4858. 8. pag. 493—410. Pl. I—IV. 2) cfr.über Echiurus: Quatrefages, Etudes sur les types inferieurs de P’embranche- ment des annel&s. Memoire sur l’Echiure de Gaertner (Echiurus Gaertneri) An- nales des Sciences naturelles [3] Zoologie. Tome VII. Paris 4847. 8. p. 307. Pl. 6. cfr.über Thalassema : M. Müller, Observationes anatomicae de vermibus quibus- dam maritimis. Dissert. inaugur. Berol. 4852. 4. Thalassema gigas pag. 14— 22. Tab. 111. 4) c[r. über Sternaspis: M. Müller, Observationes anatomicae a. a. O. Sternaspis Ihalassemoides pag. A—7. Tab. 1. [40 = 249 culus und Phascolosomum!!) aufs Engste verbinden. Zu ihnen ist sehr wahrscheinlich auch das nur wenig bekannte Genus Dendrostomum zu stellen. Ihnen gegenüber dürfte nun eine Anzahl von Thieren aufzustellen sein, die im Wesentlichen nicht viel vom Typus des Sipunculus abwei- chen, ünd als deren Mittelpunct Priapulus zu bezeichnen wäre. Nimmt man Sipunculus als Repräsentanten der ersten Gruppe, so ergeben sich als übereinstimmende Charaktere zwischen diesem und dem Priapulus folgende: Der Mund steht auf der Spitze des von Retractoren einziehharen Rüssels, der After liegt auf der Rückenseite des Thieres, nicht am Körper- ende, und mit ihm in gleicher Höhe die Mündungen der Geschlechtsdrü- sen ; die die Leibesflüssigkeit enthaltende Körperhöhle wird von einer mit Ring- und Längsmusculatur ausgestatteten Körperwand umgeben; beide Thiere haben am Ende des Körpers einen Porus. Dagegen unterscheidet sich nun Priapulus wesentlich durch das Fehlen der Tentakeln, an deren Stelle die Bewaffnung eines dem Sipunculus fehlenden derben Schlund- kopfes auftritt, durch das Vorhandensein von Kiemenanbängen (Papillen) und endlich durch das Nervensystem, welches hier aus einem Bauchstrang und einem den Schlundkopf eng umgebenden Schlundring zusammenge- setzt ist, eine Bildung, die an das Nervensystem der Holothurien erinnert. Von weniger Belang dürfte es sein, dass Priapulus getrennten Geschlechis, Sipunculus aber Zwitter ist; in der Länge des Darmes und seiner Lage in der Körperhöhle dürfte kaum ein Unterschied zu suchen sein, da der lange und geknickte Darm des Priapulus glandifer schon einen Uebergang zu dem vielfach gewundenen Darm des Sipunculus bildet. Auch der Muskel- faden, welcher am Darm des Sipunculus verläuft, erhält sein Analogon in den gleichen, doppelt vorhandenen am Darme des Priapulus. Wenn man es versuchen darf, diejenigen anatomischen Kenntnisse, welche wir vom Bau der übrigen Genera haben, systematisch zu verwer- then; so würde die von O. Schmidt?) aufgestellte Gattung Lesinia einen interessanten Uebergang vom Priapulus zum Sipunculus machen. Bei Le- sinia finden wir nach Schmidt!’s Angaben den Mund ohne Tentakeln (wenig- stens wird nichts von deren Vorhandensein gesagt), und einen Schlund- kopf, der mit einer Zahnbewaffnung ausgerüstet ist, was auf Priapulus hinweist; dann aber einen Darm, der in seinem hinteren Theile wie der Darın des Sipunculus spiralig gewunden ist, und wie dort im vorderen Körpertheile durch den After endigt; an derselben Stelle, wo bei Sipun- culus die Genitalöffnungen stehen, die Mündungen zweier Organe, die offenbar Geschlechtsdrüsen sind; Kiemenanhänge endlich fehlen. Leider ist nicht angegeben, ob der vordere Körpertheil durch Retractoren einge- 4) Die Güte meines Freundes, des Herrn Prof. Keferstein, der Phascolosomum ana- tomisch untersuchte und die Resultate dieser Arbeit binnen Kurzem publiciren wird, gestaltete mir die gegebenen Daten hier schon zu verwerthen. 2) O. Schmidt Ueber Sipunculoiden a. a. O. pag. 2. Taf. I Fıg. 3. 3a. 250 zogen, und demnach als Rüssel angesehen werden kann; ein Punct, der für die definitive Stellung des Thieres von Wichtigkeit ist. | v. Siebold !) hat unter dem Namen Halieryptus spinulosus einen wohl sicher hierher gehörenden Wurm beschrieben, der in vielen Puncten mit Priapulus übereinstimmt. Der vordere Theil des Thieres ist von rauhen, längslaufenden Rippen besetzt, auf seiner Spitze steht ein Mund, der von 15 dreizackigen, hornigen Zähnen, die eine dreifache Krone bilden, um- geben ist; der Oesophagus ist musculös, innen dicht mit Zähnen besetzt, und führt in einen graden Darm; das Thier ist getrennten Geschlechts, die Geschlechtsdrüsen liegen frei in der Körperhöhle. Das alles weist das Thier in die Nähe von Priapulus. Aber abgesehen davon, dass die Ge- schlechtsdrüsen vielleicht gemeinschaftlich in den Darm münden, fehlt jeder Kiemenanhang, und steht der After am hinteren Körperende. Wäre das nicht, so könnte man vielleicht Halieryptus direct an Priapulus an- schliessen. Das Vorhandensein von Anhängen am hinteren Leibesende, die mit den Kiemenanhängen des Priapulus analog zu sein scheinen, giebt der Vermuthung Raum, dass die von Norman?) aufgestellte Gattung Strephen- terus sich bier als Zwischenform zwischen Sipunculus und Priapulus an- schliessen würde ; und diese Vermuthung erhält noch darin eine wesent- liche Stütze, dass der Darın dieses Thieres wie bei Sipunculus zu einer Spirale zusammengewunden ist und die Afteröffnung nicht weit vom vor- deren Körperende entfernt liegt. — Allein diese Kiemenanhänge sollen Wasser aufnehmen und dasselbe in einen weiten Zwischenraum zwischen einer inneren und äusseren Körperwand führen, von denen die äussere Wand auf ihrer Innenfläche Cilien, die innere Wand aber Gefässe tragen soll. Ein so eigenthümliches Verhalten würde das Thier völlig aus dem Kreise der Gephyreen ausscheiden, und es höchst zweifelhaft machen, zu welcher Thierclasse ein Thier von solcher Organisation überhaupt zu stel- len sei. Es sind daher auch Bedenken nicht zu unterdrücken, ob diese Beobachtung nicht eine irrthümliche sei, die vielleicht durch eine in Folge von Fäulniss entstandene Veränderung des Thieres veranlasst ist, da sich auch sonst Spuren vorfanden, die gegen eine gute Erhaltung des unter- suchten Thieres sprechen. Ob schliesslich die von Loven?) aufgestellte Gattung Chaetoderma, die durch zwei am hinteren Leibesende sitzende Kiemen ausgezeichnet ist, hierher zu stellen sei, kann erst eine genauere Kenntniss des Thieres entscheiden. Die von Diesing in seiner Revision der Rhyngodeen noch erwähnten 1) Carl Th. E. von Siebold, Beiträge zur Fauna Preussens in: Neue Preussische Pro- . vinzial-Blätter. Band VII (XLI) Heft 3. Königsberg 1849. 8. pag. 184. 485. Note. 2) a.2.0. 3) Oelversigt af Kongl. Vetenskaps-Akademiens Förhandlingar. Första Areängen. No. 5. Onsdagen den 45. Maj. 1844. Stockholm 1845. 8. pag. 146. Tab. 11. | | 251. Genera Aspidosiphon (Dies.) und Loxosiphon, die Jurch Schilder auf der Oberfläche des Körpers ausgezeichnet sind, so wie die Genera Anoploso- matum (Dies.), Disclidosiphon (Dies.) und Ascosomum (Leuck.) sind so wenig bekannt, dass die Zukunft erst lehren muss, ob die drei leizten Genera überhaupt als selbständige Berechtigung haben, und wo dann ihnen allen im Systeme ein Platz anzuweisen sein wird. Erklärung der Abbildungen. Taf. XX. XXI. Tafel XX. Fig. 1. Priapulus caudatus von der Bauchseite gesehen. Auf dem Stamme (T) schimmert das Nervensystem als heller Streifen durch, und ist auf dem Rüssel (Pr) zwischen zwei einander sehr genäherten rauhen Längsrippen zu verfolgen. Auf der Spitze des Rüssels steht der von fünf Zähnen umgebene Mund (O0). Der Schwanz (C) erscheint im contrahirten Zustande; seine Papillen stehen dicht gedrängt. — Vergr.2. Fig. 2. Endtheil des Stammes und Schwanz eines völlig erschlafften Pr. cau- datus. — Auf dem Ende des Stammes ist die Oberfläche warzig, und hat auf der Rückseite den After (A). — Auf derSpitze desSchwanzes der von Papillen umgebene Porus (P), — Veregr. 2. Fig. 3. Priapulus caudatus von der Bauchseite aufgeschnitten. Durch den von der Wand des Rüssels und Stammes umschlossenen Theil der Leibeshöhle läuft der Verdauungstractus (J), bestehend aus Schlundkopf, dem mit Muskelfaden ausgestat- teten Mitteldarm und dem Enddarm. Im hinteren Theile des Stammes liegen die (weiblichen) Geschlechtsdrüsen (Gl), von denen die eine so zur Seite geschlagen ist, dass man das Mesenterium sieht, welches sie an die Körperwand befestigt, während die andere in natürlicher Lage den auf ihrer freien Fläche laufenden Ausführungs- gang zeigt. Hinter der Mitte des Stammes entspringen die langen Retractoren des Rüssels (A. l.), auf der Grenze des Rüssels die kurzen Retractoren (R. br.) ; beide in- seriren um den Schlundkopf. Auf der Innenfläche der Rüsselwandung sieht man die einzelnen longitudinalen Muskelstränge, die Wand des Stammes hat eine längslau- fende innere Muskelschicht; und im Schwanztheile treten wieder die isolirten Mus- kelstränge auf, in deren Zwischenräumen punctförmige Oeffnungen stehen, die in das Lumen der Papillen führen. — Die übrigen Bezeichnungen wie in Fig.1. — Vergr. 2. ‚Fig. 4. Schlundkopf (J*) und Anfang des Mitteldarmes (J?) von Priap. caudatus. Die Haut des Rüssels mit den einzelnen Längsmuskeln darauf ist nach vorne umge- schlagen, ebenso die kurz vor ihrer Insertion abgeschnittenen Retractoren. — Der weisse Ring um den vordersten Theil des Schlandkopfes ist der enganliegende Schlundring d&s Nervensystemes; auf der Wand des vorderen Schlundkopftheiles liegen die platten Muskelbänder desselben. Am Uebergang vom Schlundkopf zum Mitteldarm sind die kurzen Muskelbänder, welche das invaginirte Uebergangsstück in der Lage erhalten. — Vergr. 4. Fig. 5. Dasselbe aufgeschnitten und ausgebreitet. Die vom Rüssel in den Schlundkopf übergehende Chitinhaut hat im letzteren eine nach hinten kleiner wer- ‚dende Zahnbewaffnung. Die Wände des Schlundkopfes sind dick musculös; der hin- tere Rand ragt frei in den Mitteldarm hinein. — Der Uebergang vom Schlundkopf zum Mitteldarm geschieht durch Invaginirung einer Wandstrecke, die auf ihrer höchsten Umschlagstelle durch kleine Muskelbänder in Lage gehalten wird (bei X). Die Innenfläche des Mitteldarmes ist von ringförmigen kleinen Falten rauh. — Be- zeichnung wie vorher. — Vergr. 4. Fig. 6. Einer der den Mund umgebenden Zähne, a von oben, db im Profil. — Vergr. 25. 252 Fig. 7. Zähne dritter Ordnung aus der Schlundbewaffnung des Pr. caudatus. — Vergr. 400. Fig. 6. Zahnbewafinung von der Uebergangsspalte. — Vergr. 50. Fig. 9. Ein in der Längsaxe des Verdauungstractus geführter Schnitt durch die Wand des Mitteldarmes, um die zu Falten erhobene und mit feinem Haarbesatz versehene Chitinhaut (Ch), die Längsmuskeln (m. ;) und Ringmuskeln (m. e) der Darm- wand zu zeigen. — Vergr. 450. Fig. 10. Ein Stück ebendaher, stärker vergrössert, um den Haarbesatz der Fal- ten zu zeigen. — Vergr. 300. Fig. 11. Ein Stück von der Wand des Mitteldarmes zwischen zwei Falten, von der innenfläche gesehen ; durch die dünne Chitincuticula scheinen die zerstreut lie- genden Zellen der Subcuticularschicht durch. — Vergr. 500. Fig. 12. Die in sehr grosser Zahl im Inhalte des Darmtractus vorkommenden Sporenzellen. — Vergr. 350. Fig. 13. Mit Fettkörnchen gefüllte Blutkörper aus der Leibesflüssigkeit. — Vergr. 500. Tafel XXI. Fig. 14. Zwei Spitzen, von denen die Rippen auf der Oberfläche des Rüssels zusammengesetzt sind. Durch die mit unregelmässigen Leisten ausgestattete Chitin- haut scheinen bei m. m. die unter ihr liegenden Längsmuskeln der Rüsselwandung durch, so dass die Stellung der Spitzen dem Zwischenraum zwischen je zwei dieser Längsmuskeln entspricht. — Vergr. 130. Fig. 15. Die tiefste Schicht von der Chitinhaut des Rüssels; die hellen Chitin- leisten begrenzen Felder, die als Abdrücke von Zellen erscheinen. — Vergr. 350. Fig. 16. Eine Spitze von der Oberfläche des Stammes, Ausstülpung der Chitin- haut, in welche sich die Subeuticularschicht hinein fortsetzt. — Vergr. 4100. Fig. 17. Das Ende einer Papille mit den darauf stehenden kegelförmigen Spitzen. — Vergr. 50. Fig. 18. Ein Stück Haut von dem warzenartig rauhen Endtheile des Stammes, von Porencanälen durchbohrt; von der äusseren Oberfläche gesehen. Auf dem Grunde einer weiten trichterförmigen Einsenkung stehen die unteren Oeffnungen des Porencanales. — Vergr. 300. Fig. 19. Durchschnitt eines Stückes aus der weiblichen Geschlechtsdrüse, um ° den lamellösen Bau und die Biegungen der Drüsenblätter zu zeigen. — Vergr. 12. Fig. 20. Eier in verschiedenen Grössen aus der weiblichen Geschlechisdrüse, auf einer Tunica propria aufsitzend. — Vergr. 200. Fig. 21. Drüsenschläuche aus der männlichen Geschlechtsdrüse, kurz vor ihrer Einmündung in den gemeinsamen Ausführungsgang sich vereinigend. — Vergr. 8. Fig. 22. Ende eines Drüsenschlauches aus der männlichen Geschlechtsdrüse, um die Form und Stellung der Drüsenpakete zu zeigen. — Vergr. 50. Fig. 23. Priapulus brevicaudatus sp. n. Von der Bauchseite geöffnet. — Der Schwanz ist ausgezeichnet durch die zierlichen Papillen. — R.1!. Die langen Retracto- ren, von denen zwei bedeutend weiter nach vorn entspringen. — Im Verdauungs- tractus unterscheidet man den Schlundkopf (J'); einen sehr dünnwandigen Darm- theil, das Analogon der Uebergangsfalte (J?); das dem Mitteldarm entsprechende dickwandige Darmstück (J?), auf dessen Wand man den Muskelfaden sieht, der sich auf dessen vorderer Grenze gabelig theilt; den Enddarm (J?). Gl. Weibliche Ge- schlechtsdrüsen. — Die übrigen Zeichen wie in Fig. 4. — Natürl. Grösse. Fig. 24. Priapulus glandifer sp. n. Der Verdauungstractus ist von bedeutender Länge: J‘ Schlundkopf, J? Mitteldarm, J? weiter, dünnwandiger Darmtheil, J* End- darm. Gl. Männliche Geschlechtsdrüsen von ausgezeichneter Länge. Die Retractoren sind bis auf ihren Insertionstheil entfernt. — Die übrigen Zeichen wie in Fig. 23. — Natürl. Grösse. Untersuchungen zur Physiologie der Blutkörperchen sowie über die / Zellennatur derselben. Von Dr. Hensen, Prosector in Kiel. Mit Tafel XXI. Die mikroskopischen Forschungen über die Blutbläschen haben irotz der anscheinenden Leichtigkeit solcher Untersuchungen noch manche Befunde, noch manche Fragen und Meinungsdifferenzen unerklärt und ungelöst gelassen. Es liegt dies nicht an den Untersuchern, denn die Zahl der tüchtigsten Beobachter ist in diesem Fache bedeutend, es muss in eigenthümlichen, in besonders verborgenen Verhältnissen der Grund gesucht werden. Auch die jetzt seltener gewordene Bearbeitung dieses Gegenstandes scheint anzudeuten, dass auf gebahntem Wege nicht viel weiter vorzudringen sei. Wenn ich dennoch gewagt habe von Neuem vorzugehen, so geschah dies in der That nur, weil der Zufall mir einen neuen Weg zu zeigen schien. Weit gelangte ich zwar nicht darauf und doch war es vielleicht der so errungene Standpunkt, der mir gestattete auch auf gewohnter Bahn, wie ich hoffe ohne Verirrung, vorzugehen. Ich machte bei einer im März 1854 in Würzburg frisch eingefangenen Rana temporaria folgende Beobachtung. Beim Decapitiren ergoss sich aus der Wunde ein Strom ganz farbloser Flüssigkeit, nirgends an der Schnitt- fläche war eine Spur rother Färbung zu sehen. Ich öffnete sogleich die Brusthöhle und fand, dass das Herz, dessen Fleisch ganz blass erschien, sich bei der Diastole mit einer vollkommen farblosen Flüssigkeit füllte. Die Untersuchung dieser, sowie der beim Decapitiren auf einem Object- träger aufgefangenen Flüssigkeit ergab jedoch noch das charakteristische Merkmal des Blutes, es fanden sich rothe Blutkörperchen, aber in einem Tropfen sehr sparsam etwa 10—-20, auch Lymphkörperchen waren vor- handen aber wenig und nicht in jedem Präparat. Das Blut war noch gerinnungsfähig. Zeitschr. f. wissensch. Zoologie. XI. Bd. 1% 25% Von den rothen Blutkörperchen zog besonders Eines meine Aufmerk- samkeit an; es war nämlich durch zwei andere Blutkörperchen fast ganz ausgefüllt, welche mit ihrer Längsaxe der seinigen parallel lagen. Diese Beobachtung schien mir, der ich mich damals gerade mit Theilungspro- cessen der Pflanzenzellen beschäftigte, so klar, dass ich von einer hier vollzogenen Theilung des Blutkörperchens überzeugt war. Sie war es hauptsächlich, die mich zu ferneren Untersuchungen bewog, aber wenn ich auch hie und da zwei Kerne in Blutzellen gesehen habe ?), auch wohl Anfänge von Inhaltstheilung zu bemerken glaubte, so ist mir doch ein beweisendes Präparat nicht wieder vorgekommen. Der Vorgang ist jeden- falls sehr selten, erwähnen wollte ich ihn, weil ich überzeugt bin, richtig gesehen zu haben und deshalb die Beobachter auf diese Möglichkeit auf- merksam machen möchte. Der übrige Sectionsbefund erklärt so ziemlich die Acythämie des Thieres, denn in fast allen Extremitäten- und vielen Rumpf-Muskeln fan- den sich massenhafte Blutextravasate. Es war hier also aus Oeffnungen in freilich nicht näher nachgewiesenen Gefässen das Blut extravasirt, das Serum aber wieder aufgesogen, so dass die Blutkörperchen gleichsam abfiltrirt worden waren. Die extravasirten Blutkörperchen waren noch wenig verändert. Die inneren Organe waren blass, wurden aber nicht näher untersucht. Der Frosch war aus einem halbüberfrorenen Wasser- graben genommen und war mir in keiner Weise aufgefallen. Zunächst mit der Absicht, die Blutkörperchenbildung zu studiren, nahm ich nach Verlauf längerer Zeit die Sache wieder auf. Durch opera- tive Eingriffe gelang es bald einen acyihämischen Zustand hervorzurufen.?) Die Aufgabe ist einfach diese: bei möglichst geringer Verletzung eine möglichst rasche und ausgiebige Filtration des Blutes zu bewirken. Ich erreichte dies, indem ich mit einem feinen Nadelmesser subeutan die Mus- keln ausgiebig und zu wiederholten Malen, die grösseren Gefässe ver- meidend, durchschnitt. Die Blutverluste sind nur gering, besonders wenn man die Oeffnung durch die Nath verschliesst. Dagegen ist die feine Vertheilung des Blutes schwierig und wie es scheint nicht sehr wichtig. Ich pflege in der Weise zu operiren, dass ich zunächst in den Armen Blutung bewirke, nach 4 Stunden in den Unterschenkeln, nach Verlauf weiterer 4 Stunden in den Öberschenkeln. Am folgenden Tage muss dies Verfahren wiederholt werden mit Zuziehung der Rücken- und Brust- muskeln, dann zeigen sich am dritten Tage die Blutkörperchen in den Gefässen schon sehr sparsam. Der Grad der Acythämie wurde geprüft, indem ich entweder das eine Bein schonte und in ihm die Circulation beobachtete oder dieZunge zu dieser Untersuchung benutzte. Jedoch reicht die Untersuchung dieser Theile zuletzt nicht mehr aus, da das Blut in 4) Gleichfalls von Leydig beim Proteus gesehen. Histologie pg. 449. 2) Ich habe ein solches Thier im hiesigen physiologischen Verein vorgezeigt. 259 ihnen stockt, dann geben nur die Lungen noch sicheren Aufschluss. Ein langsameres Operiren gestattet keine so vollkommene Ausscheidung der Blutkörperchen, ist aber für andere Verhältnisse lehrreicher. Die besten Resultate gaben mir Frühlingsfrösche (escul. u. tempor.). Die grösseren Gefässe und Nerven habe ich nur selten verletzt '). Die Thiere verhalten sich nach den ersten Eingriffen gewöhnlich etwas ruhiger, die Athemfrequenz scheint etwas rascher, ist aber bis zum Tode sehr wechselnd. Zeigen sich die Blutkörperchen in den Gefäs- sen sparsamer, so werden die Thiere matter; sie liegen mehr wie sie sitzen und rühren von selbst kein Glied; angerührt machen sie aber energische Bewegungen, stärker als man sie ihnen nach den vielfachen Muskelverletzungen zutrauen sollte. Wenn fast keine Blutkörperchen mehr cireuliren, liegt der Frosch sehr apathisch da, ist nicht mehr kräftig und geht allmählig etwa im Verlaufe von 36 Stunden ohne besondere Erscheinungen zu Grunde. Wie weit die Wunden zum Tode beitragen ist schwer zu entscheiden, jedoch sind sie offenbar von Einfluss, denn bei dem eingangserwähnten Thiere war die Prostration der Kräfte sicher keine so bedeutende, wie bei operirten Fröschen mit weit zahlreicheren circulirenden Blutbläschen. Nach den ersten Operationen lässt sich in der Bluteirculation noch nichts Abnormes wahrnehmen; später aber bemerkt man, dass die Blut- körperchen langsamer fliessen, leicht stecken bleiben, dass ihre Reihen sich lichten. Hie und da häufen sie sich nun an, bleiben liegen oder flot- tiren hin und her, während einzelne Körnchen noch dem gewohnten Wege folgen. Alsdann ist die Beobachtung an peripherischen Theilen nicht mehr anwendbar und man muss sich an die Lungen halten. Hier geht die Circulation continuirlich oder auch stossweise fort und man sieht dort in der Mitte der kleineren Arterien und Venen, welche als helle Röhren erscheinen, die Blutkörperchen vereinzelt vorüber treiben. Es zeigen dieselben meistens die gewöhnlichen Formen und recht selten pas- sirt ein körniges mit deutlichem Kerne vorbei. Während man sich in den früheren Stadien durch Amputation der Finger eines gesund gelas- senen Gliedes Blut verschaffen kann, bekommt man es jetzt nur noch aus dem Herzen. Eine eifrige Untersuchung des Blutes aus verschiedenen Stadien bewies mir bald, dass es mindestens nicht leicht sei auf diese Weise zu den gehofften Resultaten zu kommen. So oft ich Unterschiede in der Zusammensetzung des normalen und so gewonnenen Blutes zu finden glaubte, eben so oft hatte ich meinen Irrthum einzusehen. Zellentheilung sah ich keine und selbst die Kerntheilungen waren nicht entschieden häufiger im acythämischen Blute. 4) In solchen Fällen können sie rasch sterben, ohne jene Abmattung zu zeigen, die sonst dem Tode längere Zeit vorhergeht; in warmen Tagen missglückt der Ver- such leicht. 1° 2,56 Jedoch in anderer Beziehung war die Operation lohnend. An rasch operirten Thieren zeigten sich bei der Section alle inneren Organe sehr anämisch und auch die Milz, der man doch sonst wohl eine eigene Farbe zuzuschreiben gewohnt ist, ward dann von ganz grauweissem Ansehen gefunden, so dass sich ihre Farbe nicht von jener der gleichfalls sehr erblassten Leber unterschied; nur dass in der letzteren die Gallenginge sich als dunkle und mächtige Ramifieationen auszeichneten. Die mikros- kopische Untersuchung ergab dann keine oder sehr vereinzelte Blutzellen in diesen Organen... War jedoch langsamer operirt, so dass sich erst in 6—8 Tagen die Acythämie genügend gross zeigte, so pflegten die inne- ren Organe, mit Ausnahme der Lungen, geröthet zu sein. Die Unter- suchung ergab zu meiner Verwunderung noch eine ziemliche Blutmenge in den Gefässen, aber die Blutkörperchen waren regressiv metamorpho- sirt. Am besten und bequemsten sah man dies in den malpighischen Knäulen. In den zerzupften Präparaten der Niere fanden sich eine grosse Menge frei gewordener körniger Blutkörperchen (Fig. I. A), ebensolche fanden sich aber auch innerhalb der Gelässe des Glomerulus {Fie. 1l.), das eine Mal weniger deutlich, das andere Mal sehr leicht und scharf zu erkennen '). Solcher Blutkörperchen lagen meist mehrere bei einanda,r auch kamen wohl normal aussehende daneben vor. Die Umwandlung des Farbstoffs war an und für sich nicht sehr von derjenigen, wie sie von Ecker, Kölliker und Virchow beschrieben ist, abweichend. Die Mem- bran der Blutkörperchen war gewöhnlich unregelmässig abgehoben, der Inhalt je nach dem Stadium der Metamorphose dichter oder weniger dicht um den Kern zusammengeballt. Er war grobkörnig und während er in den jüngeren Stadien noch seine Farbe behalten hatte, entfärbten sich später seine Körner mehr und mehr, so dass manche vollkommen farb- los wurden. Wenn die Körnchen einmal entfärbt waren, schienen sie einer gänzlichen Lösung sehr nahe zu sein, denn dann beherbergte die Zelle nur noch wenig Inhalt. Die letzten Stadien kamen mir nicht vor. in den Nieren scheint sich jedoch die, freilich unregelmässig gehuchtete, Membran ziemlich lange zu erhalten. Zu bemerken ist noch, dass die Zellen der Harnkanälchen ziemlich viel gelbe Pigmentkörnchen zeigten ?). Im Gehirne zeigten sich ähnlich metamorphosirte Blutkörperchen in erweiterten Stellen der Gapillaren. (Fig. Ill.) In der Leber ergaben sich analoge Stadien der Umwandlung, nur waren einige Blutkörperchen fast schwarz geworden (Fig. I. B). Der Nachweis derselben innerhalb der Gefässe glückte mir hier nicht. In der Milz dagegen war die Metamorphose auffallend rascher vor- geschritten. Sie selbst enthielt viel dunkles Pigment und dabei zeigten 4) Bei der Untersuchung muss jeder Druck sorgfältig ' vermieden werden, wenn das Verhalten in den Gefässen deutlich sein soll. 9) Sie sind an ihren Kernen leicht von noch so difformen Blutkörperchen zu unter- scheiden. ; 97 N sich nur äusserst wenige Blutkörperchen, welche mit denen der Niere zu vergleichen waren; meistens sah man Pigmenthaufen, die weder Mem- bran noch Kern zeigten und kaum noch als Blutkörperchen zu erkennen waren (Fig. I. 0). Opferte ich ein Thier in früheren Stadien, so war es die Milz allein, welche rückgängige Blutkörperchen enthielt; ein Befund, der allerdings als normal gedeutet werden kann, wenngleich gesunde, zur selben Zeit gefangene Frösche dies Verhalten nicht zeigten. Im All- gemeinen schien mir nicht blos die Metamorphose in der Milz eine schnellere, sondern auch ihr Modus ein anderer zu sein, wie in den Nie- ren; in diesen waren mehr, so zu sagen, trockene Körnchen, in jener mehr Pigmenttropfen in den Blutbläschen. | Die Blutkörperchen in den Extravasaten zeigten sich ungemein wenig verändert, einige wenige hatten einen zusammengezogenenen In- halt; grade so wie es das auf andere Weise veränderte Blutkörperchen Fig. V @. uns zeigt. Weitere erwähnenswerthe Befunde haben diese Versuche mir nicht ergeben. | Hauptsächlich in zwei Punkten sind die Ergebnisse von Interesse, einmal mit Hinsicht auf die Resistenzkraft der Thiere bei grossem Mangel an Blutkörperchen und dann hinsichtlich des Untergangsmodus der Blutzellen. Es ist wahr, dass die Acythämie keine ganz vollständige ist, aber die rückbleibende Quantität ist verschwindend klein gegen die Menge rother Körperchen, welche früher cireulirte. Dass das Leben der Thiere dennoch eine längere Zeit besteht, ist daher, wenn wir es mit der Schnel- ligkeit, mit welcher die Frösche bei der Erstickung zu Grunde gehen, vergleichen, sehr bemerkenswerth. Am schlagendsten tritt uns dies Ver- hältniss in dem zuerst von mir erwähnten Falle, der mir hoffentlich noch bestätigt werden wird, entgegen, es ist aber noch genügend deutlich, auch bei den künstlich erzeugten Zuständen. Ich bin ungemein abgeneigt, die gut begründeten Anschauungen, welche für die respiratorische Thä- tigkeit der Säugethier-Blutbläschen gültig sind, für das Amphibienblut zu leugnen, ja ich hege die Ueberzeugung, dass das Eine mit dem Ande- ren steben oder fallen muss, aber diesen Erfahrungen gegenüber könnte man über die Function der Bluthläschen zweifelhaft werden. Wenigstens muss man wohl eingestehen, dass, wenn eine so geringe Menge das Leben bis zu 36 Stunden (bei bestehenden Verletzungen) erhalten kann, das Gros der Blutkörperchen noch andere Functionen zu erfüllen hat. Man kann hiergegen nicht einwenden, dass die Girculation sich mehr und mehr . auf die Centraltheile beschränke, denn gerade trotz dieses beachtens- -werthen Verhaltens sieht man in den Lungen zuletzt nur sehr sparsame Blutkörperchen circeuliren. Auch bin ich wohl geneigt dem Plasma dieser kaltblütigen Thiere eine etwas grössere Rolle beim Respirationsgeschäfte zuzugestehen, wie die ist, welche man dem Serum des Säugethierhlutes 258 glaubt zuweisen zu können. Es hat diese Annahme auch im Grunde viel Wahrscheinliches für sich, da somit die Uebergangsreihe, welche die nur mit dem Plasma athmenden niederen Thiere mit den Wirbelthieren ver- bindet, eine vollständigere wird. - Was zweitens die Untergangsweise der Blutkörperchen, die wir bei langsamerer Folge der Eingriffe fanden, betrifft, so gewinnen diese Be- obachtungen dadurch noch grösseres Gewicht, dass v. Wittlich auf der Königsberger Naturforscherversammlung ') an Froschlarven bereits eine ähnliche Beobachtung erwähnt hat. Es bleiben im Schwanze nämlich die Blutkörperchen in peripherischen Gapillaren liegen, werden ringsum abgeschlossen und degeneriren ziemlich rasch. In meinen Fällen erfolgt die Metamorphose der Blutkörperchen gleichsam im kreisenden Blute. Der Kreislauf wird zwar gestört und wahrscheinlich in Folge davon blei- ben die Körperchen liegen, aber die Gefässe werden nicht abgeschlossen, sondern die Circulation muss neben ihnen fortbestehen, denn man findet in den unverletzten Glomerulis der Niereneben metamorphosirten Blutkörperchen noch ganz unveränderte, die doch wohl nicht gleichzeitig können liegen geblieben sein. Man könnte diesen Beweis, für den ich noch als weitere Argumente die Erweiterung der Hirncapil- laren um degenerirte Blutkörperchen und das Strömen von Körnchen in dem ruhenden Blute des Fusses anführen möchte, desshalb verwerfen, weil ja sehr resistente Blutkörperchen vorkommen ?), allein diese sind schon im normalen Blute sehr sparsam , dagegen sind die unveränderten Blutkörperchen, wenn auch nicht immer, doch oft genug zahlreich neben den metamorphosirten vorhanden. Es ist also klar, dass in unserem Falle die Blutkörperchen in höchstens 6 Tagen sich erheblich regressiv verän- dern, und dies unter fast denselben Bedingungen, unter welchen sie sich im circulirenden Blute befinden. Sobald sich nun beweisen lässt, dass durch unsere Eingriffe keine Veränderungen gesetzt werden, welche eine abnorme Richtung des Zerfalles bewirken, würde aus dem Angeführten hervorgehen müssen, dass normmässig die Blutkörperchen während ihrer GCirculation nicht zu Grunde gehen, son- dern diesen Process entweder in einem besonderen Organe, und auch unsere Erfahrungen deuten dabei auf die Milz, oder doch im Gefäss- system stillliegend, durchlaufen müssen, da im Herzblut diese For- men fehlen. Die höheren Wirbelthiere werden wohl kaum solchen Blutkörperchen- Mangel ertragen können wie die Amphibien, sie boten mir wenigstens bis jetzt nichts Analoges. Mit Maus und Kaninchen habe ich zwar Ver- suche angestellt, es liess sich aber keine erhebliche Abnahme der Blut- körperchen bewirken. Da betäubende Mittel nicht gut anwendbar sind, stand ich gern von diesen Versuchen ab. Eine andere Weise zum Zweck 1) Wie ich aus dem Referate der deutschen Klinik ersehe. 2) Donders’ u. Moleschot?’s Holländische Beiträge I. 3 Pg. 363. 259 zu kommen, würde Entziehung von Blut bei gleichzeitigem Einspritzen von Serum sein; jedoch ist dies, wenn man Serum derselben Species benutzen will, ein theures Unternehmen, und noch dazu ist dasselbe dech nie recht frisch. Bei einem Versuche, welchen ich mit einem erwachsenen Kaninchen anstellte und bei dem die Verdünnung nicht sehr weit getrie- ben wurde, starb das Thier nach Verlauf einiger Stunden. Bekanntlich ist gerade diese Thierspecies gegen Blutentziehungen sehr empfindlich, aber ich gab weitere Versuche auf, weil bereits durch Prevost u. Dumas, Bischoff, Dieffenbach die Erfolglosigkeit derselben dargethan ist. Ich habe, wie man sieht, durch diese Versuchsreihe nicht tiefer in das Geheimniss der Blutneubildung eindringen können, was ich \doch ursprünglich gehofft hatte. Jedoch will ich diese Gelegenheit benutzen, die Resuitate, welche mir eine Prüfung von Zimmermann’s ?) Hypothese über die Blutregeneration gab, zu erwähnen. Als ich zuerst die von die- sem Autor beschriebenen Elementarbläschen sah, wurde ich seiner An- sicht, dass aus ihnen die Blutkörperchen hervorgingen, sehr geneigt, wenn ich gleich nie seine Anschauungen und Schlüsse über die Ent- stehung dieser Körperchen theilen konnte. Man sieht zuweilen grosse Mengen dieser zarten blassen Körperchen, während man sie in anderen Fällen entweder ausserordentlich sparsam oder. auch gar nicht findet. Untersucht man jedoch nach Zimmermann’s Haupt-Methode?) das Blut, so wird man sie ziemlich constant vorfinden. Dies ungleiche Verhalten fiel mir auf und ich fand dann, dass die Elementarbläschen mit dem längeren Stehen des Blutes sich vermehren. Vermischt man nämlich Blut mit einer Lösung von Mg.O.,S.O, von etwa 6%, so bemerkt man gewöhnlich zuerst gar keine Elementarbläschen, später aber, nach etwa 2 Stunden, sind diese sehr blassen, runden, inwendig homogenen, mit einem blass- körnigen Saume umgebenen Körperchen in einer fast den Blutkörperchen gleichen Menge vorhanden. Aehnliches findet bei dem durch Serum ver- dünnten Blute statt. Es ist klar, dass dabei die Lösungen concentrirter werden müssen, aber Zimmermann selbst giebt durchaus keine genauen Gränzen des Concentrationsgrades an, so dass er uns damit keinen Vor- wurf machen kann. Demnach wären also die Elementarbläschen als Kunstproducte aufzufassen. Die Entstehungsweise ist der grossen Blässe jener Gebilde wegen nicht ganz leicht zu erforschen. Einestheils entstehen sie, wie ich das direct beobachtete, durch denselben Process aus den Lymphkörperchen des Blutes, den H. Müller ?) bei der Verdünnung der 4) Rust’s Magazin, Bd. 66, Heft 2 u. 3 und von Neuem urgirt Virchow’s Archiv, Bd. XVII. Heft 3. 2) Verhinderung der Gerinnung durch concentrirtere Lösungen von Mittelsalzen (Mg. O.,S.O,\ und Senkenlassen der Blutkörperchen, wo dann die Elementar- bläschen im Serum schwimmen. 3) Beiträge zur Morphologie des Chylus, Zeitschrift f. rationelle Medicin Bd. 3, Pg. 230. 260 Lymphe beobachtete, nämlich durch das Austreten und sich Abschnüren von Bläschen, welche, aus Zellllüssigkeit und einer diese umgebenden Protoplasmaschicht bestehend, sehr lange unverändert umhertreiben kön- nen. (Noch besser ist diese Entstehung bei den Elementarhbläschen des Eiters zu verfolgen.) Die grosse Menge der kleineren Elementarkörnchen geht aus den Ueberbleibseln der zusammengefallenen Lymphzelle hervor. Diese Entstehungsweise genügt jedoch nicht, ein anderer Theil muss aus den gefärbten Blutkörperchen hervorgehen, doch konnte ich den Process nicht direct beobachten. Entweder die Blutkörperchen werden einfach kugelig und entfärbt, oder sie treiben nach Art des Amphibienblutes bei Harnstoffeinwirkung (s. u.) Fortsätze, die sich abschnüren und entfärben. Es wäre nun zwar möglich, dass auch physiologisch die Lymphkör- perchen solche Bläschen entwickeln, wie wir sie bei Einwirkung von Rea- gentien hervorbringen und dass diese, die offenbar aus Protoplasma und Zellflüssigkeit bestehen, sich zu Blutkörperchen fortbilden ; so lange dieser Process aber nicht erwiesen ist, glaube ich Zimmermann’s Hypothese als wiederlegt betrachten zu können. Meine Beobachtungen führten mich nun zur näheren Untersuchung der Amphibien-Blutkörperchen, und meine ich die Structur derselben ziemlich genau erkannt zu haben. Darnach besteht das rothe Blutkörperchen des Frosches aus gefärb- ter Zellflüssigkeit in einem Zellraum, aus einer kernhal- tigen Protoplasmaschicht, welche erstere umgiebt, und einer das Ganze einschliessenden Hülle. Remack ') spricht schon vom Protoplasma der Blutkörperchen, aber identifieirt es mit dem gefärbten Inhalte, eine Anschauung, die ich nicht theilen kann. Mein Beweis für die Existenz und den Modus der Anord- nung des Protoplasma stützt sich auf eine Reihe von Eingriffen, deren Ergebnisse mit einander combinirt kaum die Richtigkeit der gegebenen Darstellung bezweifeln lassen. Wenn man im frischen, unvermischten oder mit Serum verdünnten Blute auf die Körperchen drückt, so findet man häufig die Membran geplatzt, den Kern halb oder ganz ausgetreten. Dort, wo der Kern frei liegt, ist der farbige Inhalt gelöst, während er sich in dem Reste der Membran noch etwas halten kann. Der Kern selbst ist scharf hegränzt, um ihn liegt, bald dicker, bald dünner, eine körnige Materie-angehäuft. Von dem so befreiten Kerne oder richtiger von dieser umgebenden Masse strahlen feine körnige Fäden aus, meistens 2—6 an der Zahl (v. Fig. IV A. B). Diese Fäden enden gewöhnlich bald, indessen sind sie in einzel- nen Fällen so lang, dass sie bis an die Zellenwand herangereicht haben müssen; dann sind sie gewöhnlich am Ende gekrümmt und fliessen in einem Bogen mit einem der anderen Strahlen zusammen, auf solche 4) Ueber Theilung der Blutzellen beim Embryo. Müller's Archiv 1858 Pg. 184. ETW [Un Fu 261° Weise noch die Dimensionen des zerstörten Blutkörperchens bezeichnend. Bis jetzt-war ich nicht so glücklich mehr als ‘/, der Circumferenz so erhalten zu finden. Die Fäden verkürzen sich allmählich, so dass man ziemlich rasch beobachten muss. Sie sind in Alkalien und weniger leicht in A lösslich. Dass mich bei dieser Beobachtung keine Kunstproducte täuschten, wird durch das Aussehen der unverletzten Zelle bewiesen, denn in die- ser sieht man um den Kern immer noch eine weisse körnige Masse, die bei den dunkleren Körperchen mächtiger zu sein pflegt und das den Kern dicker umgebende Protoplasma ist. Dann erkennt man häufig genug, namentlich an den blassesten Blutkörperchen, vom Kerne’ auslaufende Strablen, die Protoplasmafäden (Fig. IV C.). Die Falten der Membran können zwar Täuschungen verursachen, jedoch in den meisten Fällen wird bier die Eifscheidung leicht. Diese körnig ea: Masse um den Kern und diese Fäden, welche durch die Zellflüssigkeit bis zur Peripherie hinstrahlen, sind ein deutlicher Beweis für die Anwesenheit von Protoplasma im Blutkörperchen; man wird nichts Anderes aus ihnen machen können !). Dieses Verfahren bringt uns jedoch nur einen kleinen Theil desselben vor Augen. Ueber seine Verhältnisse an der Peripherie erfahren wir zunächst durch Rea- gentien Genaueres. Ich musste schon erwähnen, dass man nach der oben beschriebenen Operation zuweilen im Blute Zellen mit ganz von der Wand zurückgezo- genem Inhalte findet; dasselbe Verhalten kann man nun in sehr aus- gezeichneter Weise durch Zuckerlösung ?) und nach Hünefeldt ?) durch kohlensaures Ammoniak und Salmiak *) erzeugen. Wenn man die Biut- körperchen mit diesen Mischungen 24—48 Stunden hinstellt, findet man einen grossen Theil derselben wie folgt verändert. Bei Einigen (Fig. V f.) liegt der Inhalt frei in der Mitte der Zelle?) als “ 4) Man kann die Gegenwart von Proloplasma um so weniger bezweifeln, als schon Saftströmungen in thierischen Zellen nachgewiesen sind, so in‘den Knorpelstrah- len von Amphitrite bombyx durch Kölliker, Handb. d. Gewebl. 4859. Pe. 35. Auch beim Frosche kann man die Formen desselben in der Eiweissdrüse erken- nen, wo freilich die unterliegenden Zellen leicht stören. 2) Eine concentrirte Zuckerlösung, bis zum 42—18 fachen mit Wasser verdünnt, ' erwies sich am ln übrigens ist diese Lösung so zähe, dass das Abmessen leicht ungenau wird; es ist ebenso bequem ein Paar Proben zu machen. Vielleicht ist diese Reaction des Zuckerwassers schon von H. Meyer, Müller’s Archiv 1843. Pg. 206. beobachtet, 3) Chemismus in der thierischen Natur 4840 Pg. 65. 69. 405. 4) 4 Volum gesättigte Salmiaklösung auf 5—8 Thle. Wasser zeigte dies am besten, doch nie so gut wie die Zuckerlösung, weil der Salmiak sich dem Harnstoff etwas ähnlich verhält. 5) An der dem Beobachter abgewandten Seite a die Inhaltskugel wohl durch ihre Schwere aufruhen müssen, jedoch sah ich sie nie, wenn alle Fäden zurückgezo- gen waren, wandständig liegen, so dass also dabei keine Anheftung stattfindet. 262 eine intensiv gefärbte Kugel, die keinen Kern erkennen lässt; um diese herum, durch einen farblosen klaren Raum ven ihr geschieden, sieht man die feine Membran des Blutkörperchens, welche noch ziemlich die alte Ausdehnung beibehalten hat. Zuweilen ist die Membran dicker geworden, meist nur in Folge einer Umbiegung der Wand. Häufiger, wie die oben beschriebene Form, sieht man Blutkör- perchen, in denen der Inhalt sich nicht ganz von der Wand losgelöst hat. Es gehen nämlich von ihm körnige Fäden, je nach der Dicke, hohl und farbig oder solide und farblos, an die Hülle heran und kleiden, sich an diese adhärirend, entweder noch eine Strecke der Wand aus oder enden unmittelbar an der Ansatzstelle (Fig. V. a.b.d.e. Fig. I. A.a.). In weiteren Fällen wird der Inhalt unregelmässig vertheilt gefunden. Es zeigt sich dann eine Anhäufung desselben an einer Seite (Fig. V.c.) oder auch in der Mitte und an der Peripherie, dazwischen liegen unge- färbte Räume von körniger Beschaffenheit. Es ist hier, wie man sich durch Seitenansichten vergewissern kann, die Protoplasmaschicht nur an den Seiten abgelöst und zu einer Platte zusammengefallen, hafteı dagegen noch rings am Rande fest an. Aus diesem Verhalten erklärt sich die Vertheilung des Farbstoffes leicht. Die weiteren Stadien gränzen an die Norm. Es entsteht die Frage, wie wir uns diese Zusammenballung des In- haltes zu erklären haben ? Dürfen wir daraus wirklich auf eine Protoplas- maschicht, oder, wenn man lieber will, auf einen Primordialschlauch schliessen? Da die Erfahrung gelehrt hat, dass in den meisten Fällen, wo durch Reagentien eine solche Zurückziehung des Inhaltes bewirkt werden konnte, die Anwesenheit einer umschliessenden Schicht auch durch vitale Erscheinungen bestätigt wurde, fand man kein Bedenken, diesem Befunde auch in denjenigen Fällen genügende Beweiskraft beizulegen, wo Thei- lungen nicht direct beobachtet wurden. Bewiesen ist streng genom- men nur, dass nach Einwirkung des Reagens eine geschlossene Schicht da ist, welche dem Wasser der Zellllüssigkeit zwar gestattet nach aussen zu treten, aber den Austritt des Farbstoffes nicht, oder nur in minimaler Menge zulässt '). Die Möglichkeit, dass die äusseren Schichten, durch das Reagens gefällt, zunächst eine Pseudomembran bilden, durch welche sich die En- und Exosmose oder Wasserentziehung macht, bleibt noch offen. Dass aber jetzt eine solche Schicht vorhanden sein muss, scheint mir klar. Wir müssen also, um weiter zu kommen, untersuchen, ob unser Medium an jedem beliebigen Orte des Blutkörperchens eine Gerin- nung hervorbringen kann oder nicht? Wenn man sehr wenige der in angegebener Weise stark contrahirten Blutzellen nimmt und vorsichtig mit Vermeidung eines Flüssigkeitsüber- A) Wenigstens gilt das für Zuckerwasser, wo die Contraction und Farbe sich bei ruhigem Stehen bis zur Fäulniss hält. 263 schusses bedeckt, so liegen sie recht fest. Man wählt eines und schiebi es in die Mitte des Gesichtsfeldes, dann drückt man mit dem Tubus ziem- lich kräftig auf die Deckplatte. Wenn nun nach genügendem Drucke rasch wieder eingestellt wird, bemerken wir an den Blutkörperchen zuerst nur eine kleine Abflachung der Inhaltskugel, unmittelbar darauf aber sehen wir, wie an einer an der Peripherie der Hülle, wo ein Faden sich ansetzt, gelegenen Stelle, der Farbstoff in den hellen Raum zwischer. Hülle und Inhalt hinein ergossen wird, zuerst rings den Rand, bald die ganze Zelle färbend. Das Körperchen sieht dann wieder ganz wie normal aus, mit Ausnahme des Umstandes, dass der Kern sehr deut- lich hervortritt; bald aber erblasst das Blutkörperchen und nach kaum 2 Minuten ist es völlig entfärbt. Hat man den Contour der frü- heren Inhalts-Kugel im Auge behalten, so kann man ihn noch unverän- dert als schleimigen Saum wiedererkennen. Nach dieser Erfahrung können wir also mit Bestimmtheit sagen, dass rings um den Zelleninhalt eine different beschaffene Schicht da sein muss, denn wir wissen nun, dass die Zellflüssigkeit nicht nur nicht durch die Reagensflüssigkeit coagulirt worden, sondern sogar sehr leicht in ihr löslich ist. Diese differente Schicht Protoplasma zu nennen, ist wohl genügend gerechtfertigt. Ob sie nun durch die Zuckerlösung erhärtet wird oder nicht, ist zwar zunächst irrelevant, jedoch scheint der Beweis, ‘dass sie nicht erhärtete, möglich. Die vorhin erwähnten Fäden, welche Inhaltskugel und Wand verbinden, ziehen sich nicht immer rein von der Hülle zurück, sondern reissen zuweilen in der Mitte; der periphere Theil fliesst dann zur Membran hin und verdickt diese, der centrale verschwin- det mehr oder weniger vollkommen an der inneren Kugel ohne eine Oefl- nung zu lassen. (Fig. V.e.) Aus dieser Erscheinung können wir mit grosser Wahrscheinlichkeit schliessen, dass es sich nur um eine flüssige Mem- branschicht handelt, denn feste Membranen würden schwer sich so verhalten. Man kann übrigens noch die Protoplasmaschicht selbst auf folgende Weise darstellen. Man entfernt den Inhalt der Biutkörperchen durch Wasser, legt sie 24 St. in die Zuckerlösung und kocht sie darauf. Eines- theils wird man nun die Membran bei starken Vergrösserungen deutlich durch eine körnige Schicht verdickt sehen, anderntheils findet man in den freilich sehr difformen Blutkörperchen häufig eine feine innere Haut partiell oder total abgelöst. (Fig. VI. B.) Jod macht sie deutlicher, Karmin dringt schlecht durch. Endlich lässt sich diess Verhältniss an den von Wharton Jones *) beschriebenen nucleated cells, uncoloured stage, durch Zuckerlösung deutlich machen, da sich dann auch in diesen Körpern das Protoplasma 4) The Bloodcorpuscle considered in... Memoir I, Philosophical Transactions 1846 Part I, Pg. 66. 26% hin und wieder von der Wand zurückzieht (Fig. VIA.). Es lässt sich diese Erscheinung weder sehr ausgedehnt noch mit Sicherheit hervorrufen und hängt wahrscheinlich von dem Grade ab, bis zu dem die äussere Mem- bran consolidirt und dadurch resistent genug geworden ist, um dem nach Innen gerichteten Zuge des Protoplasma Widerstand leisten zu können. Es war mir dies Verhalten wegen der Analogie mit rothen Blutkörperchen interessant '). Beobachtungen, welche gegen die beschriebene Structur der Blut- körperchen sprechen, kenne ich nur eine; es ist dies die von Hünefeldt?), Kölliker ?), Botkin *) erwähnte Harnstoffreaction. Ich sehe nun in der That diese Vorgänge etwas anders, wie die genannten Autoren. 4) Da ich mich mit diesen Zellen eingehender beschäftigt habe, mögen ein Paar Worie über sie hier Platz finden. Es herrscht darüber wohl kein Zweifel, dass diese Bläschen von allen im Blute vorkommenden differenten Elementen am nächsten an die gefärbten Blutbläschen sich anschliessen. Freilich scheinen die Referenten der Jones'schen Abhandlung, Reichert (Jahrb. i. Müll. Archiv 1847. Pg. 36) und Henle (Canstati für 1846. Histol. Pg. 65) eine Trennung von den Lymphkörperchen nicht zu billigen, jedoch bezeichnet Ecker (Icon. physiol.) sie schon als »junge Blutkörperchen.« Es ist mir nun nicht zweifelhaft, dass Kölliker mit Recht wie- derholt betont hat (u. a. Ueber d. Blutkörperchen eines menschl. Embryo. Zeit- schrift für rationelle Medicin 1846 Pe. 149), dass bei niederen Wirbelthieren der Uebergang von Lymph- in Blutkörperchen zur Evidenz bewiesen ist, wenn ich auch anderntheils Frey beistimmen muss, der (Histologie Pg. 168) sagt, die Zwi- schenformen seien nur spärlich vorhanden; einVerhalten, welches durch die grosse Zartheit der angezogenen Elemente sich erklären liesse. Donders und Mo- leschott vertreten nun aber (Untersuchungen über die Blutkörperchen, Holländ. Beiträge I. 3. Pg. 368) die Ansicht, dass unsere jungen Blutkörperchen zu den Untergangsstadien der rothen Zellen gezählt werden müssen, und auch Leydig legt ihnen für die Blutbildung kein Gewicht bei, da er (Histologie Pg. 449) nur sagt, die farbigen Zellen scheinen sich auch im ausgebildeten Thiere durch Thei- lung zu vermehren. Es ist aber gewiss, dass eine Lücke in den Uebergängen nicht zwischen nucleated cells, coloured u. incoloured stage zu finden ist, sondern höchstens noch zwischen letzteren und den Lymphkörperchen gefunden werden kann, so dass wir, den abweichenden’Ansichten Rechnung tragend, kaum den Namen junge Blutkörperchen anwenden dürfen. Es würde deshalb vielleicht angenommen werden, wenn ich vorschlage, diese grosse Gruppe von Körperchen durch den Namen blasse Blutzellen etwas hervorzuheben. In der That ist ihre Blässe vor allem charakteristisch, nie erscheinen sie im frischen Zustande körnig, und sie brechen so wenig different das Licht, dass man für manche zweifelhaft sein könnte ob um den Kern noch eine Membran vorhanden ist oder nicht, wenn man nicht bei ihrer Bewegung und beim Anstossen an andere Körper erkennen könnte, dass eine weit abstehende Membran sie umgeben muss. Was ihre Enste- hung aus Lymphkörperchen betrifft, so ist zu bemerken, dass sie wohl nur aus den kleineren, weniger körnigen Formen hervorgehen können, nicht aus den grösseren, mit gelben Körnern erfüllten, ein ähnliches Verbältniss also, wie es von Kölliker für die Lymphkörperchen der Säuger angegeben wird. 2:9) a: a..0-Pg 760, 3) Zeitschrift f. wissenschaftl. Zoologie Bd. VII Pe. 85. . 4) Untersuchungen über die Diffusion organischer Stoffe. Virchow's Archiv 1860 Pe. 37. 265 Nach diesen löst der Harnstoff die Blutkörperchen durch Abschmelzen von der Peripherie zum Centrum hin, also ähnlich wie etwa ein Tropfen Metall schmilzt. Jedoch beobachtete Kölliker schon, dass zunächst ein Theil des Farbstoffes strahlig hervorschiesst und theils unmittelbar, theils nachdem die Strahlen in Tropfen zerfallen sind, verschwindet, während später der centrale Theil der Zelle bis auf den Kern spurlos vergeht. Bei der ungemein grossen Löslichkeit des Farbstoffes muss es uns aber auf- fallen, dass die Strahlen Zeit finden sich in Tropfen umzubilden und nun erst ziemlich allmählig vergehen. Es erklärt sich aber dies Verhalten daraus, dass die Tropfen zwar nicht von der Membran, aber vom Proto- plasma noch umhüllt bleiben. Die abgelösten Tropfen ver- schwinden nämlich nicht ganz, sondern treiben noch lange als hlasse, farblose Bläschen umher. Man erkennt an ihnen noch deutlich eine zarte körnige Aussenschicht und einen das Licht schwächer wie die Harnstofflösung brechenden Inhalt. Ebenso bleibt das etwas später entfärbte Residuum der Blutzelle als blasse, oft sehr aus- gedehnte Kugel noch lange sichtbar. Es birgt zuweilen noch einen wandständigen Kern, in anderen Fällen trägt es ihn als Anhang mit sich umher. Die auffallende Reaction erkläre ich mir so: Der Harnstoff vermag wohl die Membran zu erweichen oder zu lösen, nicht aber das Proto- plasma, dagegen kann er sowohl, wie die entstehende Pigment-Harn- stoffllösung letzteres durchdringen. Andere Theile der Zellflüssigkeit müssen jedoch zurückgehalten werden-, weil die Bläschen nicht sich verkleinern und zusammenfallen, sondern eher noch sich aus- ‚dehnen. An eine Quellung des Protoplasma ist nicht zu denken, sonst würde der Kern nicht so strenge wandständig bleiben können, wie er es in den Fällen ist, wo er in der Zelle bleibt. Aus den meisten Blutbläschen wird der Kern sehr frühzeitig aus- gestossen. Dass dies ohne Zerreissung der Plasmamembran geschieht, kann nicht befremden, da der Kern ja in ihr selbst liegt, also noch eine Schicht zwischen sich und der Zellflüssigkeit lässt. Ich brauche deshalb auf die höchst merkwürdigen Erscheinungen vor Ausstossung des Nu- cleus nicht einzugehen. Unmittelbar nach seinem Austritte erscheint der- selbe gross und blass, bald verkleinert er sich etwas und nimmt sehr scharfe Gontouren an. Allmählig aber beginnt er sich auszudehnen und zeigt dabei einen körnigen Rand und blassen, mit sparsamen Körnchen versehenen Inhalt; schliesslich zergehen einzelne ganz. Ich habe diese Veränderung des so resistenten Kerns angeführt um der auffallenden Lö- sung der Hülle etwas von ihrer Unwahrscheinlichkeit zu nehmen, werde jedoch suchen noch weitere Aufklärung zu erlangen. Soviel ist mir sicher, dass aus dieser Reaction sich nichts meinen angeführten Resultaten Wi- dersprechendes ergiebt. Hiermit meine ich denn die Existenz der Protoplasmaschicht so sicher 266 gestellt zu haben, wie dies an der todten Zelle nur möglich ist. Dazu kommt, dass wahrscheinlich dieselbe Einrichtung sich.an embryonalen Blutkörperchen finden wird und hier geben die Theilungserscheinungen weitere Stützen für die erörterten Befunde. Hinsichtlich des Säugethierblutes habe ich keine sicheren Beobach- tungen gemacht, da die Kleinheit der Objecte zu grosses Hinderniss sind. Zurückziehungen des Inhaltes scheinen in den von Henle') beschriebenen napfförmigen Körperchen vorzukommen, doch ist mir dies nicht genügend sicher geworden. Nachdem somit am Blutbläschen des Frosches die Structur genauer, wie wir sie bisher in einer thierischen Zelle kanuten, demonstrirt zu sein scheint, sei es mir gestattet auf die Lehre von diesen Elementarorganen etwas einzugehen. Die Veranlassung hierzu liegt um so näher, als so eben von anderer Seite mächtig an der gültigen Zellenlehre gerüttelt worden ist. Herr Professor Max Schultze hat nämlich in seiner Arbeit »über Muskelkörperchen und das was man eine Zelle zu nennen habe«*) ganz neue Anschauungen über das Wesen dieser Bläschen entwickelt. Ich kann seiner Ansicht, welche die oben gewonnene Structur-Kenntniss der thierischen Zelle von sehr problematischem Werth erscheinen liesse, nur sehr bedingungsweise beitreten; weil ich dennoch in seiner Arbeit einen wesentlichen Fortschritt der Zellenkunde erkenne, muss ich um so eher dasjenige, was mir nicht genügend begründet oder unrichtig erscheint, bekämpfen °). In wie weit ich competent bin, in einer so schwierigen Frage mitzusprechen, muss freilich der Leser selbst beur- theilen, doch darf ich einfügen, dass ich schon manches Jahr dieser Frage nicht blos im Thier- sondern auch im Pflanzenreiche theoretisch und praktisch gefolgt bin. Herr M. Schultze betrachtet als die wichtigsten Zellen die Embryo- nalbläschen und beschreibt sie *) als Klümpchen Protoplasma mit Kern, ersteres je nach der Tiefe von verschiedener Consistenz. Da nun aus den Embryonalbläschen alle anderen Zellen werden können, betrachtet sie der Autor als Typus der Zellen und daher ist »ein Klümpchen Proto- plasma, in dessen Innerem ein Kern liegt,« sein Zellentypus. Er fügt jedoch hinzu »der Kern sowohl wie das Protoplasma sind Theilproducte einer Zelle« nur um den Begriff des Kernes und der Zelle anderen, mög- licherweise ähnlich aussehenden Gebilden gegenüber festzuhalten. Wenn wir den Ausdruck »Theilproduct« identificiren dürfen mit 1) Allgemeine Anatomie Pg. 433. Henle spricht selbst von einer Zurückziehung des rothen Inhaltes. 2) Reichert's Archiv Heft I 1861. 3) Uebrigens hat sich, wenn ich recht verstehe, schon Reichert im selben Hefte, »Faltenkranz an den beiden ersten Furchungskugeln« gegen die angezogene Theo- rie ausgesprochen. 4) Po. AM. 267 Theilungsproduct, woran kaum zu zweifeln ist, so glaube ich den letzten Passus ganz verwerfen zu müssen. Es ist doch sehr wünschenswerth eine so beschaflene Zellendefinition zu haben, dass wir die Zelle erken- nen können, ohne ihren Entstehungsact gesehen zu haben, also eine solche, die durch sich selbst der befürchteten Verwechslung vorbeugt. Soweit sind wir denn freilich noch nicht, aber vorläufig kann der Aus- druck »Protoplasma« dieser Forderung genügen, denn wir kennen keine andere Entstehungsart desselben als durch Zellen und erken- nen sein Dasein eigentlich nur aus seiner Anordnung und Thä- tigkeit in diesen. Wem diese Betrachtung den Anhang der Zellendefinition noch nicht zu verbieten scheint, der möge erwägen, dass der Satz »omnis cellula e cellula« aus der alten Zellendifinition hervorgegangen ist; können wir ihn, der schon ohnedies häufig bestritten wird, denn ohne Weiteres auf eine neue Zellentheorie übertragen, noch dazu auf eine Lehre, welche durch die Leichtigkeit der Zellen-Verschmelzung. und Trennung seine festere Begründung erschwert, den Zweiflern so viele Thüren offen lässt? Nein! grade dieser Lehre wegen müsste die Urzeugung der Zelle von Neuem wiederlegt werden. Schultize legt nun offenbar selbst kein grosses Gewicht auf den angezogenen Passus und brauchen wir ihn wohl nicht ferner in Betracht zu ziehen, da wir uns der abzuwehrenden Verwechs- lungen nicht schuldig machen wollen. Aber auch der Definition in ihrer jetzigen Fassung kann ich nicht zustimmen. Zunächst scheint es mir nicht richtig, die Embryonalbläschen als Zellentypus zu wählen. Erstlich fehlt ein Anhaltspunkt, um zu ent- scheiden, wann die Furchungskugeln die Eigenschaften erlangt haben, welche sie Zellen gleichwerthig machen, d. h. wann der Schutz der Mut- terzelle entbehrlich wird. Dann scheint es mir bedenklich, diese Formen deshalb als Typus zu betrachten, weil sie die » wichtigsten« sind, d.h. weil »in ihnen alle zum Aufbau der Gewebe nöthigen Kräfte liegen, weil aus ihnen alles wird, was im Organismus an Formbestandtheilen vor- kommt.« Ich halte diese Gründe nicht für ausreichend um ein so abwei- chendes Verfahren, wie der Verfasser es bei der Wahl des Typus ein- schlägt, zu motiviren ; ungewöhnlich aber ist es, denn sonst pflegen wir die gewöhnlichen Formen des vollgewachsenen Individuums, nicht das junge Thier, für das die angeführten Gründe ja auch zutreffen, zum Typus zu wählen. | Aus dieser Ursache kann ich der Wahl des Autors nicht beistimmen. Jedoch begnügt Schultze sich nicht mit jener Motivirung, sondern er sucht noch zu beweisen, dass die Membran und Zellllüssigkeit unnöthig, ja zuweilen sogar störend sind. Sehen wir wie weit ihm dies gelingt. Zunächst die Membran. Der Autor hält diese ') »für etwas ganz Unwe- 4) a.a. O. Pe. 44. Anm. 268 sentliches bei Feststellung des Begriffes der Zelle.« Für diese Behauptung ist ihm ein Hauptbeweis, dass die Membran bei sehr lebensfähigen Zellen u. a. den Polythalamien fehlen kann, dann aber, fährt er fort '), könnte man sogar die Behauptung vertheidigen »die Bildung einer differenten Membran auf der Oberfläche des Protoplasma sei ein Zeichen des Rück- schrittes, die Zellenmembran gehöre so wenig zum Begriffe einer Zelle, dass sie sogar als Zeichen herannahender Decrepidität oder doch wenig- stens eines Stadiums zu betrachten sei, auf welchem die Zelle in den ihr urprünglich zukommenden Lebensthätigkeiten bereits eine bedeutende Einschränkung erlitten habe. Ich erinnere nur an das eine, dass eine Zelle mit Membran als Ganzes sich nicht mehr theilen kann. Nur das in die Membran eingeschlossene Protoplasma theilt sich, wie z. B. bei den Knorpelzellen.« Das Verhalten der Letzteren benutzt der Autor dann noch um es wahrscheinlich zu machen, dass durch Abwesenheit der Membran die Vermehrung begünstigt und beschleunigt werde. Hier stimme ich zunächst Schultze unbedenklich bei, dass sehr lebenskräftige Zellen ohne feste Membran sein können, denn es sind grade die Arbeiten *) dieses ausgezeichneten Forschers, welche das auf das Unzweifelhafteste bewiesen haben. Dass aber die Membran unwesentlich oder gar ein Zeichen der Decrepidität sei, das, glaube ich, kann man nicht behaupten. Die Untheilbarkeit der Membran-Zelle, das »Eine« was Max Schultze anführt, ist keineswegs so sicher gestellt. Von thierischen Zellen theilen sich die embryonalen Blutzellen ?), die Frosch- Muskeln *) als Ganzes. Freilich müssen wir, um diese Theilung zu ver- stehen, der Innenfläche der Membran eine Klebrigkeit, wie sie sich etwa an den Rissflächen des Gummi findet, zuschreiben, da aber die That- sachen noch nicht widerlegt sind, muss man wohl vorläufig sich bei einer ähnlichen Annahme genügen. In der Pflanzenwelt kenne ich eine Thei- lung der Art, wo schon sicher Membranen vorhanden wären, zwar nicht, aber so ganz klar sprechen die Beobachtungen auch hier nicht für die Ansicht des geehrten Verfassers. Allerdings ist es richtig, dass die Beob- achtungen von Dippel °), auf welche sich Schulize beruft, seine An- sicht zu stützen -scheinen, es handelt sich bei diesen aber nur um Zellen, welche fortwährend ihre Membran merklich verdicken, so dass schon deshalb die Unterbrechung der Ablagerungen bei der Theilung eine deut- liche Schichtung bedingen müssen. Bei anderen Pflanzentheilungen behält dagegen die alte Membran grosse Wichtigkeit. Bei den Diatomeen ®) z. B. geschieht die Theilung so, dass die beiden neuen Zellen an der 4)_ a. a. 0..P8.927.- 2) Ueber den Organismus d. Polythalamien. Leipzig 1854. 3) Remack, Entwicklung der Wirbelthiere Tab. Ill, Fig. 35 m. 4) Weismann Zeitschrift für ration. Medicin, 3te Reihe Bd. X. 5) L. Dippel, Beiträge zur vegetabilischen Zellenbildung, Leipzig 1858. 6) Smith, A Synopsis of the British Diatomaceae Pars 1. 269 einander zugewandten Seite die Panzerwand neu bilden, an der Aussen- seite dagegen die alte Zellwand behalten. Entstände unter letzterer eine neue Schicht, so müsste das bei der raschen Vermehrung dieser Orga- nismen bald zu einer grossen Ungleichheit der Schaale führen, die sich nicht findet. Ganz ebenso verhält es sich mit einem Theile der Desmidi- aceen !). Diese beiden Beispiele beweisen, dass es Fälle giebt, wo die alte Membran nach der Theilung noch eine ebenso unmittelbare Bede- ckung der Zelle bildet, noch dieselbe Wichtigkeit und Function hat, wie vorher und daher können sie für unsere Frage wohl schon genügen. Dass aber eine Wucherung und Vermehrung bei membranlosen Zellen leichter geschehe, scheint mir nicht constant, denn weder ist ein schnelleres Wachsthum dort vorhanden, wo eine Verschmelzung der Zellen statt- gefunden hat (Bindegewebe, elektrische Platten), noch sind die Ganglien- zellen, die allerdings wohl ohne Membran sind, besonders zur Vermeh- rung geneigt. Somit liegt kein Grund vor die Membran als nicht zum Begriff einer lebenskräftigen Zelle gehörig zu betrachten. Das Zweite, was Schultze nicht für wesentlich in der Zelle hält, ist die Zellflüssigkeit. Er will sie natürlich für die Pflanzenzellen nicht leug- nen, aber da sie nur in alten, physiologisch wenig wichtigen Zellen vor- kommen, in allen jüngeren und im Thierkörper während des ganzen Lebens fehlen soll, erscheint sie dem Autor unwichtig. Beispiele, welche für die Zellendefinition aufgeführt, in dieser Hinsicht von Wichtigkeit scheinen, sind ausser den Embryonalzellen noch etwa die Rhizopoden, welche in eine innere mehr ruhende und äussere bewegliche Protoplasma- substanz zerfallen, manche Infusorien, wo der Inhalt (Chymus) mehı verflüssigtes Protoplasma sein soll *). Beide Beispiele sollen aber nicht grade der Typus einer einfachen Zelle sein, sondern nur als Erläuterung der Structur dienen; endlich zieht der Autor die Ganglienzellen hierher. Dass die Zellflüssigkeit unwesentlich für die Zelle sei, halte ich hier- 4) De Bary, Untersuchungen über die Familie der Conjugaten, Leipzig 1858. Beson- ders belehrend ist die Theilung von Bambusina S. 44, ich beschreibe sie kurz, um zu zeigen, wie wunderbar die Hindernisse der starren Memhran überwun- den werden. Die Zelle der Bambusina hat die Gestalt einer Tonne, bildet sich in der Mitte derselben eine Querscheidewand, so hat jeder Theil die Form eines Kübels. Die neue obere Decke ist folglich grösser wie der alte untere Boden. Der Deckel nimmt trotz dessen weiter an Flächeninhalt zu, da er aber seine Laze behält, wird eine Einfaltung gebildet. Diese Falte scheidet den Deckel in eineMit- telscheibe von derGrösse des Bodens und in einen Rand oder Ring, welcher diese umgiebt. Nachdem durch Wachsthum der Falte dieZellwand genügend an Fläche gewonnen hat, nimmt die Zelle Inhalt auf. Die Mittelscheibe bleibt plan und wird ausgestülpt, der Rand nimmt die Einfaltung zu Hülfe und wird zur Seitenwand des oberen Theiles. Die Tonnenform ist dadurch wieder hergestellt, aber die eine Hälfte der Wand ist neu, die andere alt. Letztere wird trotz zahlreicher Theilun- gen nicht dicker. V. c. Tab. IV Fig. 29. 2) Die Gattung Cornuspira unter den Monothalamien. Archiv f. Naturgeschichte Jahrgang 26. Heft 4 Pg. 306. Zeitschr. f. wissensch. Zoologie. XI. Bd. 18 270 mit keineswegs für bewiesen. Unsere Erkenntniss des Protoplasma basirt wesentlich, abgesehen von der nichts sagenden Eiweissnatur des- selben, auf seinem äusseren Ansehen und seiner Vertheilung in der Zelle, Diese sind aber für fast alle thierischen Zellen noch gar nicht erforscht, ja ich möchte behaupten, dass das Protoplasma in den meisten derselben noch gar nicht gesehen worden ist. Jedoch haben wir zu prüfen, ob in den Zellen, welche der Verfasser für frei von Zellen- flüssigkeit hält, wirklich seine Behauptung sich bestätigt. Da ist es mir zunächst zweifelhaft, ob wir schon im Stande sind in allen Fällen diese Frage zu entscheiden, ob wir schon sicher wissen, dass die Zellflüssigkeit nie Körnchen enthält, gar grobkörniger ist wie das oft sehr homogene Protoplasma. Jedoch die Frage ist schwer genug zu entscheiden, und wenn auch höchst wahrscheinlich in der Zellflüssigkeit Krystalle vor- kommen, wie z. B. in den Nieren der Schnecke, so muss ich mich vor- läufig daran halten, dass das Merkmal dieser Substanz die homogene Beschaffenheit, centrale Lage und (nicht immer) die Löslichkeit in Wasser ist. Freilich muss es in vielen der angeführten Zellen schwer sein jene Flüssigkeit durch die dichten Körnchen hindurch zu erkennen, aber desto mehr Gewicht hat es, wenn wir dennoch sie nachzuweisen vermögen. Die Rhizopoden können dieser Sache als Beweis nicht dienen, da sie vielleicht mehrzellig sind; weshalb der Chymus der Infusorien Proto- plasma sein soll ist mir völlig dunkel, jedoch habe ich zu den vorhan- denen Gegenbeweisen nichts hinzuzufügen. Dass sich in den Embryonal- zellen keine Zellflüssigkeit nachweisen lasse, kann ich im Allgemeinen nicht zugeben. Schon im Froschei scheint mir in der s. g. Baer’schen Kernhöhle die Zellflüssigkeit gegeben. Schultze hat auf dies Faetum wahr- scheinlich deshalb kein Gewicht gelegt, weil er diese Höhle bei Petromy- zon Planeri nicht fand '). Etwas Gewicht möchte ich nun doch auf das Vorkommen dieser Höhle im Froschei legen, wenn ich auch die Fur- chungskugeln nur für sich bildende, nicht für vollendete Zellen halte. Was nun ausgebildetere Embryonalzellen anlangt, so hat man bis jetzt bei ihnen nicht viel von einem Zellenraum gesehen und doch zeigen sie Erscheinungen, welche zu Gunsten einer Zellflüssigkeit sprechen. Der Autor macht selbst auf Zeichnungen von Remack?) aufmerksam, auf wel- chen sich von Embryonalzellen eine Membran abzuheben scheint. Remack sagt davon °), es scheine als wenn sich hier Protoplasma abhöbe, wäh- rend Schultze diese Erscheinung als Quellung deuten möchte. Nun ist es aber schwer verständlich, wie durch Aufquellen ein Bild hervorgebracht werden kann, welches einer auf beschränkter Stelle abgehobenen Membran ähnelt, man würde ein allseitiges (scheinbares) Abheben 1) Entwicklungsgeschichte von Petromyzon, Pg. 6. Natuurkundige Verhaudelingen f. Harlem. Pars XII. 2) a.a. 0. Tab XI Fig. 5. 3) Pe. 173. 21 erwarten müssen. Ein einseitiges Abheben, sei es einer Membran oder Protoplasmas, würde sich nur durch die Neigung von Flüssigkeiten sich in Tropfen zu sammeln und eine etwas wechselnde Resistenz der Hülle erklären. Nehmen wir aber eine Abhebung durch Zusatz von Flüssig- keiten an, so müssen wir auch eine Zellflüssigkeit haben, denn nur diese mischt sich mit Wasser, das Protoplasma ist nach Erfahrung und Defini- tion unlöslich. Weitere Zellen, von denen das Protoplasma gekannt ist, sind die Ganglienzellen. Diese sind nun keineswegs immer solide Klümp- chen, sondern an vielen habe ich (Kalb, Kaninchen, Schaf, Frosch im Ganglion Gasseri und sympathischen Nerven) einen deutlichen Zellen- raum mit klarem Inhalt erkannt (Fig. VII A). Dieser ist zwar nicht sehr gross, aber auch nicht so klein, dass man nicht das Protoplasma als dicke Wandschicht deuten könnte. Der Raum ist häufig nach aussen scharf begränzt, zuweilen sieht man jedoch die Gränze weniger deutlich, was bei der Dicke der sehr körnigen Protoplasmaschicht kaum Wunder neh- men kann. Der Kern liegt in der Zellflüssigkeit und scheint durch Fäden mit der Wand in Verbindung zu stehen, welche als Protoplasmafäden zu deuten ich freilich Bedenken trage. Man sieht diese Höhle in den meisten Präparaten in der einen oder anderen Zelle, wenn man jede genau danach durchsucht. Dass man dieselbe nicht öfter sieht, kann bei dem gros- sen Drucke, welcher beim Zerzupfen auf die Ganglien ausgeübt wird, kein Wunder nehmen !). Evident genug ist die Zellflüssigkeit bei den Blutkörperchen, Fettzellen, Chorda dorsalis, älteren embryonalen Mus- keln und nach Weismann ?) in einigen Bindegewebszellen des Nabel- stranges. Bei pflanzlichen Zellen scheint mir die Sache noch weniger’ durchführbar zu sein und legt im Gegentheil Pringsheim bei seiner Zellen- theorie °) auf die Zellflüssigkeit das grösste Gewicht. Somit ist, denke ich, genügend motivirt, wenn wir die fragliche Flüssigkeit nicht für so unwichtig ansehen, wie dies Schultze thut. Leider kann ich ebensowenig, wie die der auszuschliessenden, die Wahl der beizubehaltenden Theile billigen. Wenn in jener Arbeit die grosse Bedeutung des Protoplasmas und das Fehlenkönnen einer Mem- bran dargethan wird, so sind dies in meinen Augen grosse Fortschritte in der Zellenkunde, die nicht verfehlen können von wesentlichem Ein- flusse zu werden; aber wenn der Kern fast dem Protoplasma gleichwer- thig gesetzt wird, ist es wohl zu weit gegangen. Bisher meine ich an der alten Zellenlehre festgehalten zu haben, grade hierin weiche ich jedoch 4) Es sei mir bei dieser Gelegenheit erlaubt, mich für die Richtigkeit der von Lieber- kühn : De structura Gangliorum penitiori. Dissert. Berol. 4859 beobachteten Struc- tur einiger Ganglienzellen auszusprechen; dass man dieselbe vollkommen klar sieht, ist allerdings selten, aber wenn ich darauf achte, treffe ich doch häufig auf überzeugende Präparate. Pg. 3. Fig. VII B. 2) Ueber den feineren Bau d. menschlichen Nabelstranges. Zeitschrift f. rationelle Medicin, 3te Reihe Bd. XI. Fig. 2 B. 3) Untersuchungen über Bau und Bildung der Pflanzenzellen, Berlin 4854. Pg.5. 18* 22 von ihr ab, da ich glauben muss, dass man (vielleicht in der unserem Geiste eigenen unwillkührlichen Neigung zum Centralisiren, wie das wenigstens für mich selbst gilt) dem Nucleus ein zu grosses Gewicht beigelegt hat. Die Annahme der Wichtigkeit des Kernes basirt so viel ich sehe auf drei Punkten: 1) der Kern leitet die Theilung ein, er steht ihr gleichsam vor; 2) der Kern ist bei der Befruchtung von Wichtigkeit, da aus ihm (nach Kölliker) die Samenkörperchen werden; 3) er ist das Cen- trum der Protoplasmaströme. Das Erste ist eine sichere Thatsache, denn man hat bei Theilungs- processen der Pflanzenzellen als erstes Zeichen die Kerntheilung erkannt. Bei thierischen Zellen ist dieser Process wohl nur bei der Furchung so gesehen, dass darauf ein Beweis gebaut werden könnte. Halten wir uns daher an die Pflanzenphysiologie, so ergiebt sich zunächst die über- raschende Thatsache, dass die Amylonkerne und Chlorophyliplatten sich in dieser Beziehung ähnlich verhalten können !) wie der Kern, auch sie theilen sich, ‚ohne dass man sonst Vorbereitungen für Zellentheilung gewahren könnte. Aber die Botaniker haben weitere Gründe dem Kerne weniger Gewicht beizulegen, wie wir dies thun. Sie betrachteten es schon lange als sicher, dass Theilungen vorkommen, wo der alte Kern sich löst und zwei neue entstehen, die Zelle also eine Zeit lang ohne Nucleus ist ?). Aus neuester Zeit liegen von De Bary °) sehr sichere und charakteristische Beobachtungen bei Theilung der CGonjugaten vor. So von Craterospermum etc. »Der Kern ist hier in der ersten Zeit des Wachs- thums einer Zelle deutlich vorhanden, allmählig wird er blasser, ver- schwommen, bis er zuletzt vollständig verschwindet. Für jeden ver- schwundenen treten aber alsbald zwei neue auf.« Bei Genicularia leitet das Verschwinden des Kernes die Theilung ein, .diese vollendet sich und nun erst erscheinen die neuen ’Kerne. Der Zellkern der Desmidiaceen verschwindet vor der Zellwandbildung, in jeder Tochterzelle erscheint später ein neuer. Ich habe diese Thatsachen allerdings nicht nachuntersucht, denke aber, dass De Barys Autorität solcher Stütze nicht bedarf. Wenn wir diese Untersuchungen gelten lassen müssen, so verliert die erste Stütze des Kerns wesentlich an Bedeutung. Das zweite Motiv war die Entstehung der Samenkörperchen aus Kernen. Zunächst ist zu bedenken, dass bei den Pollenschläuchen der Phanerogamen der Kern keine wesentliche Rolle zu spielen scheint. Dann aber macht sich in der Pfanzenphysiologie und, wie mir scheinen will, auch in der thierischen Entwicklungsgeschichte mehr und mehr eine neue Ansicht geltend, welche die Bedeutung der Befruchtung nicht so 4) -De Bary.\..c..Pag. 14. 47.47: 2} Mohl, Anatomie u. Physiologie der vegetabilischen Zelle S. 53 u. Wagners Hand- wörterbuch der Physiologie: und Pringsheim, Nov. Act. Acad. Leop. Carol. Bd. XXIll. 4 Pag 442. 3), »9..8..0, Pe;.47.36. 448 273 sehr in die Kernbildung legt. Schacht ') hat so viel ich weiss zuerst die Behauptung durchgeführt, dass die Folge der Befruchtung eine Membran- bildung sei, und in der That lässt sich soleber Vorgang durch die gesammte Reihe der Pflanzen, deren Befruchtung studirt ist, erkennen. Besonders klar tritt dies bei den Pringsheim’schen Beobachtungen über Befruchtung der Oedogonien ?) hervor. Wenn nun bei der CGopulation der CGonjugaten auch ohne Befruchtung Membranen gebildet werden, so sind diese relativ unvollkommen und unzureichend, solche Zelle scheint nicht mehr lebens- noch wachsthumsfähig. Im Thierreiche steht noch die Parthenogenesis jeder Theorie entgegen °), aber von dieser abgesehen Hegt auch hier ein ähnliches Verhalten gar nicht so fern, ich erinnere z. B. an den Unter- schied zwischen Winter- und Sommer-Eiern mancher niederen Thiere. Es bedürfte diese Theorie aber auf jeden Fall einer kleinen, sehr nahe liegenden Abänderung. Wenn es heisst: Folge der Befruchtung ist eine Membranbildung, so können wir eben so gut sagen: Folge der Befruch- tung ist die Befähigung des Protoplasma, eine Membran zu bilden, respective sich selbst als solche anzuordnen, als solche zu fungiren. Wenn der Kern nun nur etwas differenzirtes Protoplasma wäre, so würde durch das Samenkörperchen eine Vereinigung dieses Zellentheiles zweier Individuen geschehen, in derselben Weise, wie dies bei den einfachsten Befruchtungsprocessen, welche wir kennen, denen der Diatomeen und Desmidiaceen, geschieht. Zu mehr als einem wichtigen Theile des Protoplasma wird der Kern auch dadurch nicht erhoben, dass wir ihn als Gentrum der Safıströmung anerkennen. Man legt ein Hauptgewicht darauf, dass der Kern bei jungen Zellen ‚nie fehlen könne. Allerdings kann man mit voller Deutlichkeit constatiren, dass der Kern in einigen älteren Zellen fehlt, jedoch ist er in der weit über- wiegenden Mehrzahl derselben vorhanden und viele der jüngeren setzen gerade der Erkenntniss des Kernes einen solchen Widerstand entgegen, dass mir dieser Grund nur eine schwache Beweiskraft zu besitzen scheint. Diesen Betrachtungen gemäss dürfen wir wohl vorläufig kein zu gros- ses Gewicht auf den Kern legen. Wenn demnach in unserer Kenntniss vom Wesen und Leben der Zelle schon manche Gegengründe gegen Schultze's Theorie liegen, so ist dieselbe auch theoretisch nicht ganz befriedigend. Der Autor äus- sert sich gar nicht über die Weise, in welcher er sich den Stoffwechsel seiner Zellen bewerkstelligt denkt. Man wird aber zugestehen müssen, dass wir nicht von der Berücksichtigung dieser Verhältnisse absehen dürfen, weil wir etwa überzeugt sind, es sei die Sache doch nie zu A) Pflanzenphysiologie Bd. II. 2) Morphologie der Oedogonien in den Jahrbüchern für wissenschaftl. Botanik. I. 3) Vielleicht leitet Leydig, Naturgeschichte der Daphnien Pg. 65 uns hier den rech- ten Weg. 27% ergründen, sondern, dass die Theorie ein grosses Moment für sich hat, welche unserem Verständnisse des Stofftausches am meisten entspricht und uns damit einer experimentellen Prüfung näher führt. Schon Prings- heim sagt '): »ich kann mir keine Zelle ohne Membran denken, « und ich schliesse mich seiner Meinung in gewisser Hinsicht an. Ganz unverständ- lich ist freilich das Zustandekommen eines Stoffwechsels in einem Proto- plasmaklümpchen nicht. Wollen wir die Sache prüfen, so sind zwei Fälle zu setzen; entweder das Plasma kann sich mit Parenchymflüssigkeit imbibiren, oder es vermag dies nicht. Im ersteren Falle würde durch Quellung Parenchymflüssigkeit aufgenommen und diese durch nachherige Contraction des Klümpchens ausgepresst werden, das würde sogar einen ziemlich lebhaften Stoffwechsel geben können. Ganz würde dabei aber nie die Parenchymflüssigkeit entleert werden können, weil dann auch die Körnchen des Plasma mit ausgepresst werden müssten. Es würde aber dies Zurückbleiben der Parenchymflüssigkeit bei etwaiger Membran- bildung bedenkliche Folgen haben müssen, da überall, wo Parenchym- flüssigkeit sich befindet, der Membranstoff erhärten würde. Gegen die Quellungsfähigkeit unseres flüssigen Klümpchens spricht nun Manches, jedoch dürfen die physikalischen Gründe bei unserer Unkenntniss der Eigenschaften jenes merkwürdigen Zellentheiles nicht zu sehr ins Gewicht fallen. Dagegen hat noch Niemand eine solche Art des Zellen- lebens beobachtet, auch ist die Quellungsfähigkeit selbst noch nicht genü- gend demonstrirt. Ich habe gefunden, dass Ganglienzellen, welche über 48 Stunden frei im Wasser schwammen, doch noch keine Quellung wahr- nehmen liessen. Betrachten wir nun das Protoplasma als nicht quellungsfähig, so würde dennoch ein geringer Stoffumsatz möglich sein, dadurch, dass die Stoffe, welche in Parenchym- sowohl wie Protoplasma-Flüssigkeit lös- lich sind, sich austauschen können; ein offenbar sehr niedriger Vorgang. Sagen wir dagegen, die Zelle kann noch den meisten Anforderungen entsprechen, wenn sie nur aus Protoplasma etwa mit Kern, und Zellflüs- sigkeit besteht, so wäre damit schon viel gewonnen. Das Protoplasma würde in dem Falle die Zellflüssigkeit membranartig umgeben. Mindes- tens wird man bei dieser Anordnung eine Vermehrung des Stoffwechsels zugeben müssen; denn es können erstlich Stoffe, welche in Parenchym- saft, Plasma- und Zellflüssigkeit löslich sind, circuliren, zweitens, Sub- stanzen zwischen Protoplasma und Parenchym ausgetauscht werden auch wenn die Zellflüssigkeit sie nicht aufzunehmen vermag (Fettzellen) und drittens, zwischen den beiden Zelltheilen Stoffe ausgewechselt werden, welche in der Aussenflüssigkeit unlöslich sind. Man sieht, dass, wenn auch durch die Protoplasmaschicht keine Endosmose statuirt wird, die Hinzunahme der Zellflüssigkeit doch ein Gewinn wäre. Ueber die Mög- 4) Untersuch. über Bau u. Bild d. Pflanzenzelle. 275 lichkeit einer Osmose ist nicht abzuurtheilen, so lange wir über das We- sen der contractilen Protoplasmaflüssigkeit noch nichts wissen. Die Wahrscheinlichkeit spricht nach den von De Bary bei der CGonjugation der Desmidiaceen beobachteten Ausscheidung von Flüssigkeit, bei dem Verhalten der Blutkörperchen zu Wasser und Harnstofflösungen dafür, dass auch Wasser durch die geschlossene Protoplasmaschicht hindurch- gehen kann, d. h. durch die unverletzte Schicht jenes Stoffes geht es gewiss hindurch, nur ist zu beweisen, dass diese dabei normales Pro- toplasma bleibt. Können wir aber in mechanischer Hinsicht eine solche Membran sta- wiren? Die Erfahrung lehrt, dass flüssige Membranen bei ausgezeich- neter Dünne noch eine sehr grosse Festigkeit und Resistenzkraft gegen äussere Eingriffe bewahren, dies gilt z. B. von der so ausgezeichnet dün- nen Seifenblase (Newton). Wenn das Protoplasma die Eigenschaften des Seifenwassers besitzt, nur noch erhöht, entsprechend der zuweilen bis zum schneidbaren vermehrten Consistenz, so könnte es sicher, bei einer Feinheit die sich unserer Wahrnehmung entzöge, noch eine sehr resi- stente Membran bilden. Wenn man sich solche flüssige Membranen in anderen Flüssigkeiten, z. B. mit Canadabalsam und Wasser, darstellt, so bemerkt man leicht noch einen Vortheil, den diese Membranen, abge- sehen von Theilungs- und Verschmelzungsfähigkeit haben, dass sie nämlich unter Umständen die in ihnen entstehenden Oeffnungen selbst schliessen können; gewöhnlich entsteht nämlich ein Riss erst nachdem sich an der betreffenden Stelle die Membran sackförmig ausgebuchtet hat. Nach dem Bruche nähern sich die zusammenfallenden Wände des Sackes einander und nun kommt rasch durch die fortschreitende Ver- diekung der Rissränder eine Berührung und damit die Heilung zustande. Ohne diese Ausstülpung führt allerdings eine Oeflnung die Zerstörung. der Membran herbei und zwar um so eher je dünner sie ist. Eine Aus- füllung dieser Lücke möchte allerdings schwerer sein wie die Verklebung einer zerrissenen Membran. Wichtiger wie diese Betrachtung ist aber die praktische Frage, lässt sich irgendwo eine membranlose Zelle ohne Zellflüssigkeit nachweisen, oder ist diese überall vorhanden. Das einzige Beispiel, welches Schulize für die erstere Annahme anführt '), d.h. wo mit Sicherheit eine Zell- ffüssigkeit geleugnet werden kann, sind die Muskelkörperchen. Aber wenn diese auch zu Zellen werden können, so ist doch gar kein Grund sie jetzt schon als solche zu betrachten, sie sind eben Kerne mit ihrem Protoplasma. Wenn sie zu Zellen werden, müssen sie erst das Stadium der freien Zellenbildung durchlaufen, und was hier für Vorgänge sich machen, hat noch nicht einmal bei den so günstig gebau- 1) Abgesehen von den Rhizopoden. 276 ten Saprolegnien ermittelt werden können '), nur so viel ist, wie ich nach wiederholter Anschauung weiss, sicher, dass hier ausserordentlich lebhafte Processe vor sich gehen; daher kann man das, was vorher da war, nicht direct mit dem später vorhandenen identificiren. Ob nun die Zellflüssigkeit überall vorhanden ist, scheint recht schwierig zu entscheiden. Bei Pflanzenzellen findet man sie in der ganz überwiegenden Mehrzahl mit Leichtigkeit. Die Thierzellen sollen wohl erst darauf hin durchforscht werden, eine Arbeit, die der Einzelne kaum übernehmen kann und darf”). Um möglichst deutlich zu sein, willich mir erlauben, meine Ansich- ten über die Zelle kurz mitzutheilen. Ich bemerke dabei, dass den ungemein complicirten Zellformen, die wir kennen (die einzellige Gau- lerpa mit Wurzeln, Blättern und Stamm, die Nesselorgane) gegenüber, es vorläufig wünschenswerth erscheint, die Zelle so genau zu zergliedern, wie es angeht. Deshalb, meine ich, kann auch als Zellentypus die Prings- heim’sche Anschauung in der Histiologie aufrecht erhalten werden, da u. a. Blutzellen, Knorpelzellen, Fettzellen doch schon dafür passen; nur eine Schichtung des Protoplasına kann noch nicht nachgewiesen werden. Eine Zelle ist demnach ein Körper, bestehend aus Membran, Protoplas- maschicht mit Kern, und von letzteren gesonderter Zellflüssigkeit. Im Plasma, welches mehr oder weniger flüssig, doch unlöslich in Zell- und Parenchymflüssigkeit ist, finden sich feste Körnchen. In der Zellflüssig- keit kommen gleichfalls feste Körper (Krystalle) vor, auch kann eine Differenzirung desselben in zwei ineinander unlösliche Substanzen ein- treten (Fett, Colloidarten?). Von diesem Typus können sich die Zellen nach zwei Richtungen entfernen, entweder sie nehmen einen compliecir- teren Bau an (einzellige Drüsen, Nesselorgane) bis zu den Zellenderivaten hin, oder sie werden mit successivem Verluste ihrer vitalen Eigenschaf- ten einfacher bis zu chemischen Mischungen herab (Thyreoidea, Prostata, colloide und amyloide Metamorphose). Leider sind die Uebergänge in die- ser Rücksicht noch sehr wenig studirt, übrigens zieht schon Kölliker *) die Milchkügelchen hierher. Ebenso wie es Zellen giebt, welche sich von dem ausgebildeten Typus entfernen, wird es solche geben müssen, welche sich demselben 1) Pringsheim, Jahrb. der Botanik u. Nov. Act. Acad. Leop. Carol. XXIII. I pg. 420. 2) Es handelt sich hier wohl mehr um das Auffinden des Protoplasma, welches leicht durch die Membran verdeckt wird. Wenn die optischen Mittel nur aus- reichen, scheint die Frage leicht zu entscheiden. Liegt der Kern central in eine homogenen Masse und sendet keine Fäden aus, so ist nur Protoplasma vorhan- den, liegt er peripherisch oder steht mit der Wand durch Fäden in Verbindung, so muss Zellflüssigkeit angenommen werden. Im Inhalte der Froschblutkörperchen, wie ich Leydig Histiologie S. 449 bestätigen kann. Neue Denkschriften der allgemeinen schweizerischen Gesellschaft B4. VIII, war mir leider nicht anders zugängig, als in Referaten. Jahresbericht, Müller's Ar- chiv 1846. > — 4 Due 271 erst nähern und hierhin möchte ich namentlich die von Schultze angezo- genen Formen der Embryonalzellen rechnen. Der Grund, weshalb man dazu berechtigt ist, liegt darin, dass diese Gebilde noch nicht oder doch in höchst beschränkter Weise die verschiedenen Thätigkeiten ') der typi- schen Zelle entwickeln. Im Anfange des Embryonallebens secerniren sie nicht und ebenso wenig nehmen sie Rohstoffe in sich zur Verarbeitung auf, sondern ihr Bildungsmaterial liegt. als Dotterkörnchen in ihnen und später in offenbar sehr günstiger Zubereitung ausserhalb parat und wird allmählig mit keiner oder sehr geringer Veränderung (denn die gebilde- ten Excretionsstoffe sind verhältnissmässig minimal) verwandt. Man wird nicht streiten wollen, ob diese Gebilde vielleicht secerniren und Rohstoffe verarbeiten könnten, wenn es sein müsste, die Frage kann nur sein, ob sie dies thun oder nicht? Im Speciellen wird in dieser Hinsicht noch mancher Zweifel sich aufwerfen können, aber unsere allgemeinen Kennt- nisse des Embryonallebens sprechen mit Entschiedenheit für eine ein- seitigere formative Thätigkeit dieser Zellen und somit für die Berechti- gung, sie als unentwickelte Formgebilde anzuführen. Wenn zum Schlusse zusammengefasst werden soll, was durch diese Arbeit gewonnen erscheint, so ist hervorzuheben, dass: 1) eine sehr geringe Menge Blutkörperchen genügt, um das Leben der Frösche zu erhalten. 2)‘der Kreislauf sich bei Mangel an Blutkörperchen mehr und mehr auf die centralen Theile beschränkt. 3) die Blutkörperchen bei Acythämie innerhalb offener Gefässe lie- gen bleiben und rasch durch regressive Metamorphose zu Formen ver- ändert werden können, welche im fliessenden Blute nicht vorkommen. Dass ferner 4) die Zimmermann’schen Elementarbläschen der grossen Mehrzahl nach Kunstproducte sind. | 5) Dass die Blutkörperchen der Amphibien aus gefärbter Zellflüssig- keit, einer diese umgebenden flüssigen, farblosen körnigen Schicht (in welcher der Kern), und der Membran bestehen. Dass 6) diese Structur, welche der gültigen Zellenlehre entsprechend ist, uns sehr wohl als Zellentypus dienen kann, und dass einer weiteren Beschränkung der Zellenbestandtheile (M. Schultze) sowohl von phyto- als zoo-tomischer Seite viele Bedenken entgegenstehen. 4) Virchow in seinem Archiv Bd. XIV. pe. 13 Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. 278 Erklärung der Abbildungen. Taf. XXII. . Degenerirte Blutkörperchen vom Frosche. A aus der Niere;, a mit zusammen- gezogenem Inhalte. B aus der Leber, C aus der Milz. Von einem Thiere, welches nach 6tägiger Operation gestorben war. Vergr. 500. . Malpighisches Körperchen der Niere vom Frosche nach Ttägiger Operation a die degenerirten Blutkörperchen, daneben unveränderte. Vergr. 240. . Degenerirtes Blutkörperchen in einer Hirncapillare, um dasselbe herum eine Erweiterung des Gefässes. Von demselben Thier. Vergr. 240. . Zerdrückte Blutkörperchen. A gleich nach dem Platzen. B ein anderes bereils entfärbtes. C ein blasses Blutkörperchen. Die Protoplasmafäden sind überall deutlich, bei Au. B eine geringe Schicht dieses Stoffes um den Kern. Vergr. 600. . Zellen in verschiedenen Stadien der Inhaltszusammenziehung abcd mit Sal- miak, fe mit Zuckerlösung behandelt. Die (schwer zu treffende) Farbe ist die normale. a.b.d. Anfangsstadien der Zusammenziehung. c Ansammlung des Inhaltes in der einen Hälfte, in der anderen die aneinander liegenden Pro- toplasmaschichten;, von der Fläche und Seite gesehen. Vergr. 600. . A. Blasse Blutkörperchen mit partiell von der Wand abgezogenem Inhalte, durch das Reagens etwas körnig geworden. B rothe Blutkörperchen durch Wasser entfärbt, mit Zuckerlösung behandelt und gekocht. Der Inhalt stel- lenweise von der Wand abgezogen und stark körnig; da, wo er an der Wand anliegt, diese deutlich verdickend. Frosch. Vergr. 600. . Ganglienzellen aus dem Ganglion Gasseri vom Kaninchen. A Zelle mit Zell- flüssigkeit um den Kern, von diesem gehen zwei Fäden in das Protoplasma. B Zelle, in welcher der Kern einen Ausläufer in einen Fortsatz abschickt. Sie ist noch mit ihrer Scheide umgeben, wodurch eine Verwechslung mit einem anliegenden Nerv sicherer ausgeschlossen scheint, als bei freier Zelle, in denen das Verhältniss deutlicher erscheint. Besonders ist, wie ich finde, das Ganglion Gasseri des Schafes für diese Untersuchung zu empfehlen. Vergr. 350. Physiologische Untersuchungen über die Wirkung verschiedener Herzgifte, Von W.Dybkowsky und E. Pelican. Seit der Entdeckung Claude Bernard’s, dass das Gurare auf die mo- torischen Nerven lähmend wirkt, »ohne dass die Muskeln und das Herz ihre natürliche Reizbarkeit verlieren«, waren mehrere Physiologen und darunter Bernard selbst damit beschäftigt, anderen giftigen Substanzen eine solche Eigenschaft abzugewinnen, die derjenigen des Curare gerade entgegengesetzt sein soll, d. h. eine solche, in Folge derer das Herz ge- lähmt wird, ehe noch die motorischen Nerven ihren Einfluss auf die übri- gen quergestreiften Muskeln aufgegeben haben. Die Experimente Moreau’s über die Kupfer- und Quecksilbersalze u. a. und die Bernard’schen über das Schwefeleyankalium sind gerade zu dieser Zeit angestellt worden, wo sie zur Erläuterung dieser Frage vieles beitragen konnten. Doch ist den Experimenten nach zu urtheilen, dass die letztgenann- ten Gifte, an einer vom Herzen ziemlich entfernten Stelle angewandt, auf dasselbe nicht so entscheidend wirken , dass man berechtigt sein dürfte, ihnen in erster Linie eine lähmende Wirkung auf das Herz zuzuschreiben. Aus den von einem von uns und von Hr. KÄölliker angestellten Ver- suchen über Upas antiar und das alkoholische Extract der Tanghinia ve- nenifera!) geht aber hervor, dass es unter diesen Giften wahre, so zu sagen specifische und vorzüglich auf die Reizbarkeit des Herzens wir- kende Substanzen giebt. | Schon in einem am 21. November 1857 von uns an die Societe de Biologie adressirten Aufsatze war die Rede, dass das Upas antiar »im Verlaufe von 5—10 Minuten« seine lähmende Wirkung auf das Herz des Frosches sogar nach der vorläufigen Zerstörung des verlängerten Markes ausübe, woraus man natürlich schliessen kann, dass das Upas antiar in 4) Vergleiche Eug. Pelikan, Beiträge zur gerichtlichen Medicin‘, Toxicologie etc. Würzburg 4858. p. 169. 280 seiner Wirkung auf das Herz der Vermittelung des verlängerten Marks „nicht bedarf. Dieselben Resultate ergaben sich auch aus den Versuchen mit Tanghinia venenifera. Es blieb also noch zu entscheiden, welcher organische Apparat-deı Wirkung dieser Gifte vorzüglich ausgesetzt sei, ob es der Nervenapparat oder die Muskeln selbst seien !)? Zur Entscheidung dieser Frage stellten wir neue Untersuchungen an, die wir zum Gegenstande dieses Aufsatzes machen. Ausser auf die schon versuchten Gifte, das Antiar und die Tang- hinia erstreckte sich unsere Forschung auf 2 Substanzen, die gewöhnlich zu den Narcotica acria gerechnet werden, ‚durchaus nicht neu sind un. deren specifische Wirkung auf das Herz schon längst bekannt ist: 1) Das Digitalin und 2) Die grüne Niesswurz, deren spirituöser und wässriger Tinctur und Extracts wir uns bei den Experimenten bedienten. (Was die schwarze Niesswurz betrifft, so ist die Wirkung derselben, so viel wir nach unseren Experimenten urtheilen können, bei weitem nicht so ener- gisch wie die der grünen Niesswurz, obschon auch sie das Herz lähmt, jedoch viel langsamer.) ?) Bei unseren Untersuchungen bedienten wir uns meistentheils der Frösche, die, wie bekannt, in Folge ihrer grossen Fähigkeit, lange die Reizbarkeit der Muskeln und des Herzens zu behalten, besonders für Ex- perimente solcher Art geeignet sind°). Doch haben wir, wie weiter unten gezeigt ist, nicht unterlassen, einige Mal auch Säugethiere zu unsern Experimenten zu gebrauchen. Wir wandten gewöhnlich die Gifte für Frösche in folgenden Dosen an: das Antiar, das Extract der Tanghinia und der grünen Niesswurz zu 0,01—0,02 und das Digitalin von 0,05—0,01 Gramm. Berücksichtigt man, dass die genannten Extracte, ausser dem wässrigen Niesswurzex- tract und dem Antiar (der wichtigste Bestandtheil desselben, das Antiarin 4) Man wird sich wohl erinnern, dass wir durch Messung des Nutzeffectes der Gliedermuskeln mittelst des Volkmann’schen Myographion das Verschwundensein ihrer Reizbarkeit fanden, weshalb wir zu der Annahme berechtigt zu sein glaub- ten, dass es im Allgemeinen die Substanz der quergestreiften Muskeln sei, die der Wirkung dieser Gifte vorzugsweise ausgesetzt ist. 2) Andere Niesswurzarten, wie H. foetidus und orientalis, die wir leider nicht hat- ten, wirken zweifelsohne, wie es aus Prof. Schroff’s neuen und genauen Untersu- chungen hervorgeht (Prager Vierteljahrschrift 4859) , auf eine ähnliche Weise.. 3) Obwohl die Zeit, in der wir unsere Experimente anstellten (vom September bis Januar), keine günstige war, da die Frösche in dieser Epoche das Minimum ihrer Reizbarkeit zeigen, so sind wir doch der Meinung, dass dadurch die von uns ver- suchten Substanzen nichts an ihrer Specificität und Wirkungsart verloren haben, denn die Resultate der Experimente mit den Giften (Upas, Tanghinia, KCyS?), de- ren charakteristische Wirkung wir schon früher in einer viel günstigeren Zeit be- obachteten, unterscheiden sich von denen der jetzt untersuchten Substanzen nicht wesentlich. 281 von Mulder, ist auch wenig löslich) in Wasser schwer löslich sind, so wird es begreiflich, dass die wirkenden Dosen des absorbirten Giftes meist sehr klein waren. Mit den Fröschen unternahmen wir dreierlei Arten von Experi- menten: a) Die unmittelbare Vergiftung durch den Mund oder unter der Haut auf verschiedenen Körpertheilen, nachdem das Herz blossgelegt worden war. b) Nach vorläufigem Durchschneiden der Vagi oder ne des _ verlängerten Markes. c) Während der Vergiftung wurden die Vagi einem unterbrochenen galvanischen Strome ausgesetzt. Welches Verfahren wir bei unseren Experimenten mit diesen ver- “ schiedenen Substanzen auch beobachteten, immer kamen wir zu die- sem allgemeinen Schluss: »dass alle diese Gifte auf das Herz eine analoge Wirkung ausüben und der einzige Unterschied nur in einer verschiede- nen Wirkungskraft besteht. Die allgemeinen und zuverlässigen Resultate unserer Experimente an Fröschen sind: i) Das Herz hört auf sich zu bewegen, obgleich die Frösche noch ganz reizbar sind und während sie ihre willkürlichen Bewegungen behal- ten, und sind sie sogar im Stande, mit gelähmtem Herzen einige Zeit umher- zuhüpfen. Die Wirkung dieser Gifte ist also weit verschieden von der der eigentlichen Muskelgifte: den metallischen Salzen, Veratrin, KGyS? etc. 2) Alle diese Gifte, wie wir schon oben bemerkt haben, wirken vorzüglich lähmend auf das Herz, einerlei ob die giftige Substanz un- ter die Haut eines jeden Körpertheils, oder unmittelbar durch den Mund eingeführt worden sei; während dagegen das KCyS”, unter der Haut an einer vom Herzen entfernten Stelle angewandt, so dass es keine unmittel- bare Wirkung auf die Muskelfasern desselben ausüben kann (durch die lymphatischen Räume, die um das Organ liegen), nie vorzüglich auf das Herz wirkt. 3) Die mittlere Dauer der Herzcontractionen nach der Einführung des Giftes war 5—1N Minuten beim Gebrauche des Antiar’s, der Tang- hiniaund der grünen Niesswurz, beim Gebrauche des Digitalin’s 10—20 Minuten. | Drücken wir also das Maximum ihrer Wirkung durch 100 aus, so verhalten sich die Gifte in folgender Reihenfolge: 1Das UÜpasantiar .. ... ... I RR) 2. Das alkoholische Extract der Denen, venenifera 75 3. Das alkoholische Extract der grünen Niesswurz') 50 k. Das Digitalin . N RE AS) 4) Soeben haben wir gefunden, dass der wässerige Auszug des nach der Behand- lung mit 95 p.C. Alkohol gebliebenen Rückstandes eine nicht weniger ener- 282 k) Der Herzventrikel bleibt immer im Zustande einer starken Con- traction stehen, er bleibt fast ganz leer und blass, während die Herz- ohren erweitert sind und von Blute strotzen. Das KCyS* bringt immer das Gegentheil hervor, was den Herzventrikel anbetriflt. 5) Die Herzcontractionen sind im Anfange des Experiments bald beschleunigt, bald langsamer, woraus einigermaassen wahrscheinlich wird, dass in manchen Fällen der lähmenden Wirkung eine starke Erre- gung der Herznerven (worüber weiter) vorhergeht. 6) Der Uebergang zu einer vollkommenen Lähmung des Herzens beobachtete keine regelmässige Abstufung von der normalen Zahl der Pulsschläge bis 0, nachdem die Herzcontractionen von ihrer normalen Zahl auf 10, 15, ja selbst 20 Bewegungen in der Minute gefallen waren. Ohne dass man eine gleichmässige Abnahme bemerken konnte, blieb der Ventrikel meist plötzlich stehen, so dass man die Abnahme der Pulsschläge annähernd durch folgende Tabelle darstellen kann: 4 Minute nach der Vergiftung waren 45 Pulsschläge da. a) » » » » — » 2 Pe ee > » » » 40—35 » Bd RD » » » 35—25 » 9» SR > » 20—15 (peristaltische Contractionen) 4099 » » )) » 0 Die Herzohren, die gewöhnlich einige Minuten später stille blei- ben, gehen unmerklich in den Zustand der vollständigen Lähmung über, so dass man in jeder Minute eine regelmässige Abnahme der Zahl ihrer Pulsschläge beobachten kann. 7) Der Rhythmus der Herzcontractionen ist gewöhnlich im Anfange der Vergiftung regelmässig, nach Verlauf von 3, 5 bis 10 Minuten aber sieht man, je nach der Wirkungskraft des angewendeten Gilles, eine deutliche Aenderung in diesem Rhythmus, wobei man 2 Formen von Unregelmäs- sigkeiten bemerkt: a) In der ersten werden die Contraclionen des Herzventrikels so zu sagen peristaltisch, d. h. nach der Contraction der Ohren ist die des Ventrikels nicht vollkommen, nimmt nur das obere Drittel desselben ein und geht nachher auf die Herzspitze über, während der obere Theil des Ventrikels sich schon ausdehnt. 2 oder 3 Minuten vor dem Eintritte vollständiger Lähmung des Her- zens werden die Contractionen noch unregelmässiger, so dass die obere oder rechte Hälfte ausgedehnt ist, während die untere linke Hälfte zu- sammengezogen ist. gisch lähmende Wirkung auf das Herz ausübt als der alkoholische Auszug der- selben Wurzel. Uebrigens behalten wir uns die Untersuchungen über die ver- schiedenen Bestandtheile dieser Pflanze vor. 283 Oft konnten wir beobachten, dass die Contractionen der beiden Oh- ren nicht in einer und derselben Zeit stattfanden. Endlich wenn der Ventrikel vollkommen ruhig ist, so sieht man noch 1 oder 2 Punkte in ihm pulsiren. > b) Die zweite Form der Unregelmässigkeit besteht in einer Verlang- samung der Herzschläge, wie es sich z. B. ereignet, während man die Vagi dem galvanischen Strome ausselzt. Diese Erscheinung entsteht manchmal vor oder nach dem Eintreten der peristaltischen Herzbewegung und ist besonders klar nach der Ver- eiftung durch die grüne Niesswurz und durch Digitalin. 8) Alle das Herz lähmenden Gifte üben ihre zerstörende Wirkung ohne Vermittelung des Gehirns und Rückenmarks aus'). Diesen Schluss gründen wir auf viele Experimente, die in 2 Reihen zerfallen: a) Auf die vorläufige Zerstörung des verlängerten Markes oder Durch- schneidung der pneumogastrischen Nerven in ihrem Halstheile. bjAuf das Galvanisiren der letzteren bei schon vergifteten Thieren. Dadurch war es leicht, sich zu überzeugen, dass die vorläufige Zer- störung des verlängerten Marks und der herumschweifenden Nerven in ihrem Halstheile, die Wirkung dieser Gifte auf das Herz weder verzö- gert noch auf irgend eine andere Weise verändert. Unter der Einwirkung des Galvanismus auf die pneumogastrischen Nerven hören die Herzschläge auf, und zwar sowohl unmittelbar nach der Vergiftung als in der Periode der völligen Wirkung des Giftes, d. h. zur Zeit, wo die Herzbewegungen ihre Kraft verloren haben oder peristaltisch ge- worden sind. ‘Noch mehr, nachdem der Ventrikel vollständig gelähmt, stehen ge- blieben und zusammengezogen ist, kann man noch durch Leitung eines galvanischen Stromes auf die Nerven die Bewegungen der Ohren zum Stillstande bringen und zwar in Diastole. Während die stärksten Ströme keinen Einfluss auf den zusammen- gezogenen Ventrikel zeigen, wird durch das Galvanisiren der pulsirenden Hohlvenen und der venösen Sinus auch das Herz angehalten, welches erschlafft und vom Blute strotzend bleibt, wie bei den Fröschen in ihrem normalen Zustande. Nicht in allen Fällen war der Stillstand des erweiterten Herzens bei den vergifteten Fröschen von gleicher Dauer, dieselbe war zwischen 10 Secunden und I Minute. Wo aber der Ventrikel schon ganz gelähmt war und die Contractionen nur an den Ohren stattfanden, dauerte der Still- stand derselben länger und zwar von 1%—3 Minuten. 4) Das widerspricht den Untersuchungen Traube's über das Digitalin, die-er im Jahre 4851 erscheinen liess, die übrigens schon von Stannius widerlegt worden sind, welcher fast in derselben Zeit und demselben Sinne wie wir die unmittel- bare Wirkung des Digitalins auf das Herz durch seine Experimente darthut. 284 Aus diesen Experimenten geht also hervor, dass für die Wirkung des Giftes keine Vermittlung weder von Seiten des verlängerten Marks, noch der herumschweifenden Nerven nothwendig ist und dass die vom Gifte angegriffenen Elemente im Herzen selbst sich befinden !). } Anmerkung. Zu demselben Schlusse, obwohl auf eine weit schwe- rere Weise, kamen wir durch Experimente an Säugethieren, Kaninchen und Hunden. In der That sahen 'wir immer während der Leitung des galvanischen Stroms auf die pneumogastrischen Nerven, wie die Herzbe- wegungen sehr deutlich langsamer wurden. 9) Durch galvanische Reizung des Sympathicus bei Fröschen (nach der Methode des Prof. Budge), deren Herz vollkommen gelähmt war, konnten wir keine Bewegungen desselben wiedererwecken, doch ist dies uns gelungen in einzelnen Fällen von Vergiftung durch Digitalin. Wir sind aber geneigter, diese Erscheinung der schwächeren Wirkung und nicht einer besonderen Eigenschaft dieses Giftes zuzuschreiben ?). 10) Die Iymphatischen Herzen der Frösche bleiben, nachdem die Lähmung vollkommen eingetreten ist, stille stehn, was jedoch fast immer vor dem Verschwinden der willkührlichen Bewegungen und immer vor dem der Reflexbewegungen geschieht. 4) Diese Thatsache, dass der galvanische Strom, auf die herumschbweifenden Nerven geleitet, die Herzbewegungen still stehen lässt, ist gerade entgegenge- setzt der Beobachlung Cl. Bernard's über das Curare, die übrigens neulich von verschiedenen Seiten, namentlich von Bezold, Heidenhain u. a. angegriffen wor- den ist. Was die Behauptung Heidenhain’s anbetrifft, der durch galvanische Reizung des unteren Theiles der Vagi (eines durch Curare vergifteten Frosches) ganz nahe beim Herzen dasselbe aufgehalten haben will, so sind wir geneigter zuzulassen, dass er die sympath. Ganglien des Herzens durch eine Stromschleife angriff. Folglich glauben wir nicht, dass eine solche Erklärung die Hypothese, dass das Curare die Nervenenden in den Muskeln lähme, wesentlich erschüttern könne. Um die vom Gehirnrückenmarkssystem unabhängige Wirkung der Herzgifte noch augenscheinlicher zu begründen, bedienten wir uns vorher mit Curare vergifteter Frösche, da ihr Herz dem Einflusse der herumschweifenden Nerven nicht mehr unterliegt. Uebrigens hat einer von uns schon vorher die Wirkung des Upas antiar, nach dem Gebrauche von Curare geprüft. (Loc. cit.) Jedenfalls ergaben sich an den Fröschen, die mit andern Giften auf diese.Art behandelt wurden, dieselben Resultate, d.h. das Herz (welches bekannter Weise nach der durch Curare hervorgebrachten Lähmung sich noch lange zusammen- zieht) wird durch Einführung dieser Gifte durch den Mund oder unter die Haut in einigen Minuten gelähmt. 2) Ueberhaupt wirkt das Digitalin vıel schwächer als die 3 andern Gifte, was schon aus den grössern Dosen hervorgeht, die zur vollkommenen Lähmung er- forderlich sind und die diejenigen der übrigen um das zwei-, ja dreifache über- steigen. Diese Bemerkungen können Aerzten als Leitfaden dienen, die das Upas antiar, die grüne Niesswurz oder die Tanshinia in Herzkrankheiten, in welchen man so oft seine Zuflucht zum Fingerhutkraut nimmt,-anwenden wollen. 285 Bei einer kurzen Uebersicht der aus unseren Experimenten her- vorgegangenen Resultate ergiebt sich, dass die Wirkung dieser verschie- denen Gifte ihrer speciellen Beziehung zu den Nervenelementen oder zu den 2 Reihen der Nervenapparate zugeschrieben werden muss, deren einer für Bewegung (Bewegungselemente) und deren zweiter zur Ver- langsamung der Bewegungen bestimmt ist, wenn man die Ed. Weber'sehe Hypothese annimmt. In der That sehen wir im Anfange der Vergiftung eine Erregung beider Apparate, mit Vorwalten des einen oder das een während am Ende, wo schon die Lähmung eintritt, dieselbe, nachdem das Gift das Maximum seiner Wirkung erzeugte, den Bewegungsapparat ergreift. Werden die pneumogastrischen Nerven und der venöse Sinus dem galvanischen Strome ausgesetzt, so kann man die Herzbewegungen bis zur letzten Minute anhalten, wie Artikel 8 zeigt. Indem wir eine solche Erklärung der von uns beobachteten That- sachen zulassen, sind wir andererseits weit entfernt, diesen 4% Giften eine, obwohl secundäre, Wirkung auf die motorischen Nerven und Mus- keln abzusprechen. Wenn wir während unserer Experimente vor der Vergiftung auf eine hintere Extremität eines Frosches eine Ligature en masse anlegten, ohne die entsprechenden Nervi ischiadici zu verletzen, bemerkten wir, dass die Nerven der nicht operirten Seite 8 und 16 Stunden früher ihre Reiz- barkeit verloren, als die der operirten Seite, wo der Nerv der Wirkung des Giftes mittelst der Bluteirculation nicht ausgesetzt war. Bei unseren Untersuchungen über die Muskeln folgten wir derselben Methode, die einer von uns in seinen Versuchen in Gemeitschaft mit Prof. Kölliker angewandt hatte, deren Gegenstand die Bestätigung einer von den Nerven unabhängigen Muskelreizbarkeit im Sinne von Hal- ler war). Wir bedienten uns des Volkmann’schen Myograpbion, wobei die von den vergifteten und unverletzten Muskeln beschriebenen CGurven nichts zu wünschen ührig liessen. Wir benahmen uns auf folgende Weise: A) In einer Reihe von Experimenten amputirten wir vor der Ver- giftung ein Hinterglied des Frosches und nachdem eine gewisse Zeit nach der Vergiftung verstrichen war, verglichen wir die Gastrocnemii beider Seiten mittelst des Myographion. Durch Anhängen verschiedener Gewichte an das untere Ende des Muskels und durch Reizen der Muskeln mittelst Du Bois’s Inductionsap- parates erhielten wir fast dieselben Resultate für alle Gifte, wenn nach dem Tode des Frosches eine geraume Zeit, 15—17 Stunden verflossen und die Muskeln in mittlerer Temperatur, 13—14° R., gehalten waren. 4) Für nähere Aufschlüsse verweisen wir den Leser auf den Artikel »Untersuchun- gen über die Einwirkung einiger Gifte auf die Leitungsfähigkeit der Muskeln« von E. Pelikan und A.Kölliker (Würzburger Verhandlungen, 9r Band 4. Heft). Zeitschr. f. wissensch. Zoologie. XI. Bd. 19 286 Bei einer viel niedrigeren Temperatur von 4—5°R. zeigten die Mus- keln, 4#—6 Stunden nach der Vergiftung untersucht, keinen grossen Un- terschied zwischen der vergifteten und der unverletzten Seite. Die Vergiftung durch Upas antiar und durch die grüne Niesswurz gab von allen die auffallendsten Resultate. : Folgende Tabelle zeigt die genauen Data eines der Versuche über Vergiftung mit der grünen Niesswurz, wo die Muskeln unter einer Glocke bei einer Temperatur von 13°R gehalten worden 4 waren: | | Höhe der Curven in Millimetern. Dauer der ae Galvanisirung. , Des vergifteten Dauer des | Die angehäng- Nee ersuches in | ten Gewichte in V Des unverletz- Galvanisirung. Minuten. Grammen. Muskels. ten Muskels. 0 oe NEN 31, 180 | 0 | ‚DAR 5 N 0” 0 0,8 10 90 0 0 0 1,1 17 200 0 | 0” 0 0,5 B) In den übrigen Versuchen amputirten wir beide Hinterglieder (eines vor der Vergiftung und das andere unmittelbar nach dem Stehen- bleiben des Herzens), nachher untersuchten wir die Muskeln, wie schon oben bemerkt worden ist, 15—17 Stunden nach der Vergiftung, um ihre Vergiftung zu bestimmen. Auch bei dieser Behandlung der Frösche waren die Resultate immer dieselben, d.h. wir fanden immer den Nutzeffect der vergifteten Muskeln viel kleiner als den der vor der Vergiftung amputirten und unter densel- ben Bedingungen, wie Temperatur, Feuchtigkeit u. s. w., conservirten Muskeln. Aus diesen Versuchen können wir also schliessen, dass diese Gifte in erster Linie das Herz lähmen und auf dieselbe Art, nur später, auf alle willkührlichen Muskeln des Körpers wirken, so dass ihnen folglich mit vollem Rechte der Name Herzgifte zukommt, der sich auf die vorzüg- liche Wirkung derselben auf das Herz gründet, im Gegensatze zu einigen metallischen Salzen, die, früher (d. h. in erster Linie) 2 ea Muskeln als das Herz lähmend, eher Muskelgifte genannt zu werden verdienen, wie das Schwefelcyankalium, das Veratrin u. a. 4) Die Zahlen bezeichnen in Centimetern die zwischen beiden Spiralen des du Bois Reymond'schen Schlitienapparates befindliche Strecke. 0 bezeichnet die Lage bei- der Cylinder, wenn einer den andern bedeckt. Ueber den Bau und die Entwicklung von Achtheres percarum. Von €. Claus, Prof. in Würzburg. Mit Taf. XXI. u. XXIV. Nach v. Nordmann’s trefflichen Untersuchungen haben wir keine bemerkenswerthen Beiträge zur Naturgeschichte von Achtheres erhalten. Durch jenen Forscher aber wurden nur die frühesten Jugendformen und die Geschlechtsthiere beschrieben, so dass für die Kenntniss der Eni- wicklung noch bedeutende Lücken auszufüllen sind. Gerade von den unbekannten Zwischenstadien, durch welche die schwärmende Larve ın - das parasitische Geschlechtsthier übergeführt wird, dürfen wir für das Verständniss des Lernaeopendenbaues, für die Erklärung ihrer morpho- logischen Eigenthümlichkeiten am meisten erwarten. Auch der äussere wie innere Bau konnte durch v. Nordmann’s Beobachtungen, welche fast vor drei Decennien angestellt wurden, unmöglich so vollständig erforscht sein, dass die Wiederaufnahme des Gegenstandes nicht hätte wünschens- ‚werth und lohnend erscheinen müssen. Diese Gründe bestimmten mich, dem Schmarotzerkrebse des Flussbarsches von neuem meine Aufmerk- samkeit zu schenken, den ich mir. auf dem hiesigen Fischmarkte in reichlicher Menge verschaffen konnte. Leider muss ich bekennen, dass ich meine Untersuchungen nicht in der Vollständigkeit habe ab- schliessen können, als ich gewünscht hätte, indess glaube ich doch unsere Kenntniss von dieser Grustaceenfamilie in einigen Stücken erweitern zu können. Vielleicht bietet sich mir später einmal Gelegenheit, die noch vorhandenen Lücken zu ergänzen. Nachdem die Eier im Innern des weiblichen Geschlechtsapparates ihre Reife erlangt haben und nach erfolgter Begattung befruchtet worden sind, treten sie umflossen von dem Secrete der Kittdrüsen zur Bildung von zwei länglich ovalen Eiersäckchen aus den beiden Geschlechtsöffnun- gen aus. Nach dem Alter und der Grösse des Weibchens variirt die Form 19° 288 und Grösse der Säckchen beträchtlich, auch an demselben Thiere können sie an der rechten und linken Seite ungleich sein. Die Eier verhalten sich demnach wie die Eier der bei weitem grössten Mehrzahl der Cope- poden und durchlaufen auch die Stadien der Embryonalentwicklung in den am mütterlichen Körper befestigten Schläuchen. Was aber an diesen Schläuchen auffällt, ist der vollständige Mangel zelliger Räume in der Umgebung der Eier, wie wir sie sonst bei freischwimmenden und parasi- tischen Formen antreffen. Die Eiersackhülle ist eine einfache, mit ihrem kurzen Halse in die Geschlechtsöffnung eingefügte, dicke Kapsel, in deren Innenraum die Eier, ohne einzeln von hesondern secundären zellartigen Behältern umschlossen zu sein, frei nebeneinander liegen. Dennoch feh- len die Aequivalente der secundären Umhüllungen keineswegs. Jedes Ei besitzt nämlich doppelte Häute, eine zarte Dottermembran und eine etwas stärkere Eihaut, welche durch Erstarrung einer ursprünglich flüs- sigen Schicht aus dem Secrete der Kittdrüsen entstanden ist. An eben gebildeten Eiersäckchen ist die letztere noch als ein zähflüssiger dünner Hof ausserhalb der Dottermembran sichtbar, welcher ähnlich der äussern Eiersackhülle zu einer zarten Membran erstarrt, Der ganze Unterschied beruht also auf einem abweichenden Verhalten der secundären die Eier umfliessenden Schichten des Kittdrüsensecretes, welche gewöhnlich unter einander zu einem wabenartigen Systeme mit derben Wandungen ver- schmelzen, in unserem Falle aber selbstständig bleiben und zu zarten Eihüllen erhärten. Schon v. Nordmann kannte beide Eihüllen, ohne ihr Verhältniss und ihre Bedeutung richtig zu beurtheilen. Die innere liess er nicht Dottermembran sein, weil sie nicht allein den Dotter, sondern auch das Eiweiss (?) umschliesse, von der äusseren dagegen bemerkte er: »die zweite Hülle entsteht oder wird erst später im Sacke deut- licher «. Ueber die speciellen Vorgänge der Embryonalbildung habe ich keine Beobachtungen gemacht, nur das kann ich im Allgemeinen hervorheben, dass sich der Embryo mittelst eines Primitivstreifens anlegt, was bei der beträchtlichen Grösse des Eies und der relativ vorgeschrittenen Aushil- dung der ausschlüpfenden Larye nicht auffallen kann und auch schon durch v. Nordmann’s Angaben über die Bildung einer Keimhaut bekannt war. Von dem Dotter bleibt während der Entwicklung im Innern des Embryo ein umfangreicher Ueberrest zurück, ein Ballen grösserer und kleinerer Feitkugeln , von denen einzelne peripherische Kugeln später symmetrisch in die Leibeshöhle der Larve eintreten (Fig. 4, 5, «), bei weitem der grösste Theil aber zum Darminhalt wird (Fig. I, m). In den spätern Entwicklungsstadien treten an jeder Seite dieses Dotterballens auf der Bauchfläche zwei grosse Pigmentflecke, auf der Rückenfläche in der Mittellinie ein fünfter Pigmentfleck auf, zu denen in der Nähe des letzteren aber auf der ventralen Fläche an der Seite des späteren Schna- bels noch zwei kleine ebenfalls braun pigmentirte Flecke (Fig. 4) hin- H I | 1, Ni ' I} | | j | | \ 289 zukommen. Durch diese Pigmente der Embryonen erhalten die Eier- säckchen ein braungeflecktes Ansehn, an den Eiern aber machen sich die 4 grossen ventralen Flecke am meisten bemerkbar. Während auf der Bauchfläche die Gliedmassen, die wir später berücksichtigen wol- len, sichtbar werden, zeigen sich auf der Rückenfläche paarig neben dem Vordertheil des Dotterballens zwei bohnenförmige Körper, welche aus einer Anhäufung sehr kleiner Kerne in einer feinkörnigen Zwischen- masse bestehen. Ferner bildet sich an dem vordern Ende des Leibes, da wo der Stirnrand der spätern Larve liegt, ein eigenthümliches Organ aus, welches schon v. Nordmann gekannt, aber fälschlicher Weise für das Auge gehalten hat (Fig. 1, 9). Dieses Gebilde, dessen Entstehung wir etwas näher verfolgen wollen, ist nichts als ein späteres Haftorgan, mit welchem sich die Larve nach der zweiten Häutung befestigt. Das- selbe wird angelegt in Gestalt eines ovalen mit Kernen durchsetzten Körnchenhaufens, der sich zuweilen in eine rechte und linke Hälfte ge- theilt zeigt. Später hebt sich aus demselben und zwar in der Mittellinie ein glänzender homogener Körper hervor, welcher dem Stirnrand der Larve dicht anliegt. Mit diesem Stirnzapfen im Zusammenbhange tritt ein ebenfalls fettig glänzender medianer Strang in dem feinkörnigen Gewebe auf, der sich auf Kosten des letztern vergrössert und in spiraligen Win- dungen zusammengelegt wieder nach vorn zurückbiegt. Endlich ist das feinkörnige Parenchym mit den Kernen vollständig verschwunden und nur der lange spiralig gewundene Strang sichtbar, welcher mit dem glän- zenden Stirnzapfen beginnt und unterhalb des letztern 'in der Mittellinie oberhalb des später zu beschreibenden Schnabels in einer kugelförmigen Anschwellung endet. Dieses Spiralorgan ist übrigens kein einfacher ho- ‚mogener Strang, wie man beim ersten Anblick aus der gleichförmigen Beschaflenheit seiner Masse vermulhet, sondern ein mit zähflüssigem, homogenem Klebstoff gefüllter Canal, dessen Wandung und Inhalt das Licht in nahezu gleicher Weise brechen. Ich sehe dasselbe als den mit Secret gefüllten Ausführungsgang einer Drüse an, deren secernirendes Gewebe der mit Kernen durchsetzten feinkörnigen Substanz entspricht, welche in der Bildung des CGanales und der Füllung desselben mit Kleb- stoff zu Grunde geht. Der glänzende Stirnzapfen stellt den Haft- und Insertionspunkt des Spiralcanales dar, die untere kugelförmige Ver- diekung dagegen gewiss nichts als die-Mündung, an welcher der Kleb- stoff mit dem äussern Objecte der Befestigung verschmilzt. v. Nord- mann hielt den Stirnzapfen für das Auge, » welches sich zwar nicht durch ‚ gefärbtes Pigment, aber durch eine dunkle Begrenzung leicht bemerkbar mache«; er erkannte auch unterhalb desselben die spiralige Röhre, die ‚ nach seiner Meinung mit den noch winzigen und unausgebildeten Mund- theilen zusammenhängen sollte. Auch entging es unserm Forscher nicht, »dass die Länge der Röhre mit der allmählig fortschreitenden Entwick- ‚lung und Grösse des Embryo in geradem Verhältniss steht. Je länger sie 290 ist, um so weiter ist die Entwicklung des Thieres vorwärts geschritten; je kürzer sie ist, um so jünger ist der Embryo«, sind seine Worte. Das Larvenauge, welches in den letzten Embryonalstadien innerhalb der Eihüllen schon vollständig ausgebildet ist, scheint v. Nordmann nicht ganz übersehen zu haben, wenigstens findet sich in seiner Abbildung (Taf. IV. Fig. 5 u. 6) ein dunkeler Fleck hinter dem wie eine Linse her- vorragenden Stirnzapfen, der wahrscheinlich dem Augenpigmente ent- spricht. Dieses liegt auf der Rückenfläche oberhalb des spiraligen Haft- organes und ist der schon erwähnte unpaare fünfte Pigmentfleck. Meist von viereckiger Form, breiter als lang, liegt er oberhalb des Dotterbal - lens zwischen den bohnenförmigen feinkörnigen Körpern und steht mit zwei grossen, seinen Seitenhälften aufliegenden Kugeln, den zarten licht- brechenden Sehkolben, im Zusammenhange (Fig. 1, 0). Den Austritt der Eier aus dem Eiersäckchen habe ich nicht direct beobachtet. Wahrscheinlich wird die dicke Kapsel des Sackes nach län- gerer Einwirkung des Wassers spröde und brüchig, und das gerade zur Zeit, wenn die Embryonen ihre gehörige Ausbildung erlangt haben und mil an Muskeln kräfiige Bewegungen auszuführen beginnen. Dieselbe wird an einer oder an mehreren Stellen platzen, wie dies Kollar an den Eiersäckchen von Basanistes huchonis beobachtete, und nun treten die Eier mit dem Wasser in einen directen endosmotischen Verkehr. Der Hals dc; Kapsel ist jedenfalls viel zu eng, um nach der Lostrennung des “ Sackes von dem Muttertbier den Austritt der Eier möglich zu machen. Wirkt erst das Wasser direct auf die beiden zarten Eihüllen ein, so kommt es rasch auf rein mechanischem Wege zum Zerbersten zunächst der äussern Eihaut. Das Ei schwillt durch das eingetretene Wasser zu einem bedeütenden Uimfange an, bis die äussere Membran platzt und an dem einen Pole als ein zarles gefaltetes Häutchen sichtbar bleibt. {Vergl. v. Nordmann Taf. IV Fig. 6.) Bald wird auch die innere Haut durch den Druck des eingedrungenen Wassers zersprengt, vielleicht auch unter dem Einflusse der lebhaften Bewegungen des Embryo. Aus diesen Verände- rungen, welche die Hüllen des Eies erleiden, geht hervor, dass das Aus- schlüpfen des Embryo nicht ausschliesslich durch seine eigne Thätigkeit zu Stande kommt, sondern vorzugsweise auf passivem Wege durch die Beschaffenheit der Eihäute vorbereitet wird. Die frei gewordenen Larven erscheinen in dem Zustande, in wel- chem sie das Ei verlassen, sehr wenig zu einer raschen Locomotion be- fähigt. Ihr Körper ist plump und massig, und setzt schon durch seine Form einer leichten Bewegung bedeutenden Widerstand entgegen. Aber . auch die Bewegungsorgane sind relativ von geringem Umfang, nur die zwei Gliedmaassenpaare (die späteren ersten und zweiten Antennen) ra- gen am Körper als Ruderfüsse hervor, die übrigen liegen als Mundtheile und Schwimmfüsse noch unter der obern Haut versteckt, und werden erst mit der nächsten Häutung functionsfähig (Fig. 2). Man sieht, die 291 angeschwollene Larve befindet sich in einem Uebergangsstadium von ausserordentlich kurzer Dauer, welches in seiner Gestalt zwar der Nau- pliusform verwandt ist, aber schon eine viel höher entwickelte Larve mit Mundtheilen und Schwimmfüssen vollständig ausgebildet und zum Abwerfen der äussern Haut bereit in sich einschliesst. Bei einiger Ge- duld gelingt es auch, die einzelnen Extremitäten der eingeschlossenen Larve in ihrer ganzen Länge zu verfolgen; man sieht in dem ersten Ru- derarme die dreigliedrige Antenne, in dem zweiten , zweiästigen Ruder- arme die Antenne des zweiten Paares mit dem Klammerhaken versteckt und erkennt die Mundkappe, das spätere Rostrum, an deren Seiten un- terhalb einer mit einer langen Borste versehenen Auftreibung') die Man- dibeln, die Maxillen, ferner die beiden Maxillarfüsse und endlich zwei Paare von zweiästigen Ruderfüssen. Aus diesem provisorischen Zustande, in welchem die Larve zur Nahrungsaufnahme unfähig ist, tritt sie indess schon nach wenigen Stunden heraus, indem sie die obere Larvenhaut abwirft. Dann tritt sie uns in einer Form entgegen, welche in der Glie- derung des Körpers und in der Ausbildung der Extremitätenpaare mit dem ersten Cvclopsstadium, welches aus der ältesten Naupliusform ber- vorgegangen ist, übereinstimmt. Während bei der Metamorphose der freilebenden Cyclopiden eine grosse Reihe von Nauplius-Stadien durch- laufen werden müssen, und mit dem Auftreten der Cyclopsform ein gan- zer Abschnitt im Larvenleben geschlossen wird, sehen wir hier im Zu- sammenhange mit der Grösse des Eimaterials Mesa ganzen Abschnitt ausfallen oder nur noch durch die Form einer Larvenhaut angedeutet, die schon wenige Augenblicke nach dem Ausschlüpfen des jungen Thieres abgeworfen wird. Mit dieser ersten Häutung hat uns schon v. Nordmann bekannt gemacht. Nach ihm geschieht dieselbe in der Weise, dass die äussere Haut des Körpers längs der Mitte hin am Vorderleibe zer- reisst und eine Oefinung bildet, aus welcher sich das Thier nach und nach herausdrängt. Von langgestrecktem, über ", Linie langem Körper, schwimmt die Larve als junger Gyclops in lebhaften Sprüngen im Wasser umher, um einen für ihre Ernährung und Befestigung geeigneten Wohn- platz zu finden. Schon v. Nordmann hat im Allgemeinen die Gestalt und den Bau unserer Larve richtig beschrieben, noch besser aber Kollar *) das analoge Jugendstadium von Basänistes huchonis dargestellt und ab- gebildet. Der bei weitem grössere Vordertheil der Larve stellt ein iangge- strecktes ovales Schild dar, mit platter Bauch- und wenig gewölbter Rückenfläche. Er entspricht dem Kopfabschnitt und dem ersten Thora- calsegment (Fig. 5). v. Nordmann sagt zwar, dass man auf dem Rücken dieses Vordertheiles zwei Schilder bemerkt, deren Trennungslinie quer über die dorsale Fläche läuft, hat indess hiermit wohl nur ausdrücken 4) Man kann dieselbe wohl als das verkrümmte dritie Extremitätenpaar ansehen. 2) Annalen des Wiener Museums Bd. 1. 292 wollen, dass die Mittellinie des Rückens am weitesten von der Bauch- fläche absteht und wie ein flacher Kamm hervorragt. Den kürzern und schmalern Hinterleib setzen vier scharf von einander abgesetzte Leibesringe zusammen, von denen der letzte die breiten Glieder der Furca trägt. Die drei ersten Segmente entsprechen dem zweiten, dritten und vierten Ringe des Thorax, das umfangreichere und nach dem Ende zu verbreiterte letzte Segment dem fünften Tho- racalringe nebst dem nicht weiter differenzirten Abdomen. Betrach- ten wir die Gliedmassen und Mundtheile etwas genauer, so treten zu- nächst an dem Stirnrande des Kopfbruststückes die kurzen Antennen des ersten Paares als cylindrische, dreigliedrige Anhänge hervor, auf welchen sich mehrere fadenförmige Tastborsten erheben. v. Nordmann unterscheidet an diesen Fühlhörnern vier Glieder, indem er eine Ein- buchtung in der Mitte des letzten langgestreckten Gliedes für die Grenze zweier Glieder hält. Kollar hat indess für die Larve von Basanistes die ersten Antennen ebenfalls als dreigliedrig bezeichnet und ganz ähnlich abgebildet, wie ich sie in unserm Falle sehe. Am kräftigsten sind die schwach bogenförmig gekrümmten Borsten des kurzen und dicken Basal- gliedes. Die nachfolgenden Gliedmassen, morphologisch die zweiten Antennen, dienen unserer Larve als Klammerfüsse und führen an dem Ende des längern Astes einen klauenförmig gebogenen Haken, während der zweite Ast am abgestutzten Ende kurze papillenförmige Erhebungen besitzt. Auch diese Extremitäten wurden von Kollar richtig dargestellt, wenngleich sie von ihm fälschlich für Kiefer gehalten wurden. Von Mundtheilen haben wir zunächst den aus der Mundkappe hervorgegange- nen Schnabel anzuführen, dessen Basis unterhalb der Klammerantennen beginnt. Von v. Nordmann wurde derselbe als wulstige Erhabenheit be- trachtet, »die wahrscheinlich schon die Rudimente kräftiger, bei der nächsten Metamorphose sich entwickelnder Organe enthält«, von Kollar dagegen auch in seiner Bedeutung als Saugrüssel und sogar im Zusam- ınenhange mit den Tastern erkannt. Dieser Schnabel ist ein kegelförmi- ger an dem Ende nur wenig zugespitzter Aufsatz, welcher durch beson- dere Muskeln seitlich und nach vorn bewegt werden kann. Man trifft ihn in dieser letztern Lage nach oben und vorn gerichtet regelmässig an, wenn man die Larve auf dem Objectträger mit einem Deckgläschen be- lastet. Derselbe besteht aus einer platten Oberlippe und einer rin- nenförmig ausgehöhlten Unterlippe, welche die seitlichen Ränder der ersten zu umfassen scheint. An der Spitze findet sich die runde grossen- theils von der Unterlippe gebildete Saugöffnung, welche in den Innen- raum des kegelförmigen Schnabels führt. , Ueber die Art und Weise, wie sich der Schnabel aus dem Wulste hervorbildet, der sonst nur den der Oberlippe entsprechenden Theil liefert, habe ich keine vollständige Ein- sicht erlangt, doch muss ich hervorheben, dass sich an der Bildung des- selben zwei seitliche an der Mundkappe hervortretende Höcker betheili- 293 gen, die man während der Entwickelung des Embryo im Eie beobachtet (Fig. 2 u. 3). Diese Wülste verschmelzen vielleicht zu der rinnenförmi- gen Unterlippe, deren Seitenhälften noch jetzt namentlich an der Spitze deutlich hervortreten. Indess ist der Saugrüssel auf dem jetzigen Sta- dium keineswegs vollständig entwickelt und nicht wie später zum Ste- chen eingerichtet, denn es fehlen die gezähnten stiletförmigen Mandibeln in seinem Innenraum. Diese liegen jetzt noch ausserhalb an seiner Basis und erweisen sich als kurze in einen zapfenförmigen Fortsatz auslaufende. Wülste von einer Form, die sich ebenso den kauenden Mandibeln der Cy- clopiden als den stechenden Stileten der Parasiten nähert. Unter den Mandibeln oder richtiger vor ihnen, sie zum Theil verdeckend, liegt eine zweite ebenfalls ungegliederte Erhebung mit einem kleinen seitlichen Fortsatz und wenigen Borsten an der Spitze besetzt, das zweite Kiefer- paar. Dieses bleibt ausserhalb des kegelförmigen Schnabels und liefert das als Taster bekannte Gebilde, welches M. Edwards‘) schon längst als rudiments d’appendices maxillaires betrachtete und ich?) ebenfalls den Maxillen gleichgesetzt habe. Dann folgen endlich die Klammerfüsse, deren Lage genau den Maxillarfüssen der Cycelopiden entspricht, mit denen sie überhaupt auch in ihrem Bau verwandt sind. In dem noch von den Ei- hüllen und der ersten Larvenhaut umgebenen Embryo liegen sie wie Aeste eines Gliedmaassenpaares neben einander der Länge nach über die Bauchfläche hingestreckt. Der äussere ist kürzer, aber breiter und um- fangreicher, der innere stösst mit dem entsprechenden der andern Seite in der Mittellinie fast zusammen (Fig. 2 u. 3). An der umherschwimmen- den einen Wohnort suchenden Larve aber werden sie nach dem Schnabel zu erhoben in der Art, dass die äussern Kieferfüsse eine vordere, die schlankern innern dagegen eine untere Lage erhalten. Beide gliedern sich in zwei Abschnitte, die an dem innern Maxillarfusse schärfer abgesetzt sind, in einen grossen Basalabschnitt und ein kürzeres Endglied, welches an der Spitze den beweglichen Klammerhaken trägt und gegen die Basis mehr oder weniger eingeschlagen werden kann. Endlich folgen die bei- den weit hinter den Mundtheilen gelegenen Schwimmfüsse, von denen das erste Paar dem Ende des Kopfbruststückes aufsitzt, das zweite aber dem ersten breiten Segmente des Hinterleibes (2. Thoracalring) angehört, welches sowohl von Aollar als von v. Nordmann als ein selbstständiger Theil übersehen wurde (Fig. 4 u. 5). Beide tragen an einem breiten Ba- salabschnitt einen äussern und innern mit Schwimmborsten besetzten Ruderast, der aber nicht, wie v. Nordmann angiebt, dreigliedrig ist, son- dern einfache, ungegliederte Platten darstellt. Ausserdem treffen wir noch an dem folgenden Körpersegmente das Rudiment eines Schwimm- fusses an (Fig. 5, I), wie sich auch an den entsprechenden Jugendformen 4) Lecons sur la physiologie et l’anatomie comparee Tom. V. 1859, 2) Zur Morphologie der Copepoden. 29% von Gyclops an demselben Körperringe die Anlage des 3. Schwimmfusses durch eine ansehnliche Auftreibung zu erkennen gibt. Hier haben wir seitliche papillenförmige mit zwei Borsten besetzte Auswüchse, welche freilich niemals zur Ausbildung eines wirklichen Ruderfusses hinführen. Der innere Bau der Larve zeigt uns schon eine beträchtliche Diffe- renzirung. In der Axe des Leibes liegt der mit selbstständigen contracti- len Wandungen versehene Darmcanal, dessen Form und Gliederung mit den analogen Stadien der frei schwimmenden Cyelopen fast überein- stimmt. Wir unterscheiden an ihm einen engen von den umgebenden Körpertheilen verdeckten Oesophagus, einen aufgetriebenen grossentheils von hellen Fettkugeln, dem Dotterreste, erfüllten Magen und einen wellig ausgesch weiften Dim der im Hinterleibe hegt und zwischen der Furca durch die Mteröffnung ausführt. Von ee Muskelbün- deln treten namentlich am Cephalothorax mächtige Lagen von Längsbün- deln zur Bewegung der Extremitäten auf. Das Gehirn und Nervensystem blieb unbeachtet. Um so deutlicher aber leuchtet in der Mittellinie ober- halb des spiraligen Haftorganes das grosse Auge mit seinen zarten glän- zenden Sehkolben hervor, welches hier ungewöhnlich tief fast bis in die Mitte des Kopfbruststückes zwischen die unteren Maxillarfüsse herabge- rückt ist. Diese Lage mag es wohl auch verschuldet haben, dass Kollar, welcher keineswegs wie v. Nordmann an der Larve von Achtheres den Stirnzapfen des Haftorganes dem Sehorgane identificirte, dennoch das Auge übersah, und den schwarzen Fleck, welchen er zwischen den Kieferfüssen (wahrscheinlich von der Bauchfläche aus) erkannte, als Ma- gen oder Herz zu deuten versuchte. Auch die übrigen vierpaarigen Pig- mentflecke der Bauchfläche, die wir schon früher hervorgehoben haben, sind jetzt noch vorhanden und zwar noch umfangreicher als vorher, mit seitlichen Ausläufen und Nebenzweigen versehen, ihrer Hauptmasse nach aber stabförmig in die Länge ausgezogen (vergl. Fig. 5). Auch die boh- nenförmigen, Teinpakilen Körper, welche wir zu beiden Seiten des Auges am Embryo beschrieben, haben sich weiter entwickelt und zu ge- lappten Ballen umgestaltet, aus denen wahrscheinlich zwei Drüsenpaare hervorgehen, die wir auf einem spätern Stadium oberhalb der Maxillar- füsse wiederfinden werden. Endlich fällt in dem letzten Leibesringe an der Insertionsstelle der Furcalplatten ein Doppelpaar glänzender, feinkör- niger Kugeln auf, deren Bedeutung mir unbekannt geblieben ist. Welches sind nun die weitern Schicksale unserer Larve und wie bedient sie sich des spiraligen Haftorganes zur Befestigung? Mit Sicher- heit wird sich schon aus dem ganzen Baue folgern lassen, dass die Zeit des freien Umherschwärmens eine sehr kurze ist, und die Nahrung auf diesem Stadium parasitisch an den Fischkiemen erworben werden muss. Anfangs schwimmen die Jugendiormen in lebhaften Sprüngen umher, aber schen nach einigen Stunden lässt diese Beweglichkeit nach, und am zweiten Tage sind sie vollends in dem Grade ermattet, dass ihre An- em nn ne nn en 295 strengungen nur schwache Versuche zu Ruderbewegungen bleiben, durch welche sie kaum noch von der Stelle gelangen können. Ueber den zwei- ten Tag hinaus habe ich die Larven überhaupt nicht am Leben erhalten können, wie auch v. Nordmann angibt, dass sie ihm in diesem Alter sehr bald » wahrscheinlich aus Mangel an N rumac zu Grunde gingen. Es - deuten ja auch die, Klammerorgane in ihrer zum Zugreifen erhobenen Stellung ebenso wie die Bildung der saugenden Mundtheile an, dass sich die jungen Larven an einen Gegenstand anzuklammern streben und dass sie an diesem eine flüssige Nahrung finden müssen. Die Mandibeln liegen allerdings noch nicht im Schnabel eingeschlossen und sind überhaupt bei ihrer schwachen rudimentären Form zum Stechen untauglich (Fig. 6), in- dess wird diese Function auch ebensogut provisorisch vielleicht durch die spitzen Haken der obern Kieferfüsse besorgt werden können und der coni- sche Schnabel dann nur zum Aufsaugen der Flüssigkeit dienen. Jedenfalls erscheint bei diesem Baue der Mundtheile eine selbstständige Ernährung von kleinen im Wasser suspendirten Körpern viel weniger wahrscheinlich als eine parasitische, wenngleich es immerhin möglich ist, dass die jungen Thiere sich der Waffen zum Stechen und Verwunden überhaupt nicht bedie- nen und nur von dem Kiemenschleim, den sie aufschlürfen, sich ernähren. Von Nordmann glückte es zweimal, solche Junge in Menge an der Gau- menfläche des Barsches dicht nebeneinander gedrängt angeklammert zu finden. »Ein Schleimhaufen umgab sie von allen Seiten, wodurch sie der schärfsten Nachsuchung entgangen wären, wenn nicht die durchschei- nenden, röthlichen Leibesflecke ihre Gegenwart verrathen hätten «. » Her- ausgenommen und in einen Tropfen Wasser gelegt krochen sie, der Klam- merfüsse sich bedienend, langsam auseinander, wogegen andere, die dunkler als gewöhnlich gefleckt waren und die Metamorphose noch nicht überstanden hatten, munter im Wasser umherschwammen«. Aus dieser Beobachtung geht hervor, dass unsere Larven schon auf diesem Stadium auf die Schleimhaut des Barsches angewiesen sind und sich mit den Klammerfüssen an derselben festhalten. Was das spiralige Haftorgan an- betrifft, so würde es wohl v. Nordmann kaum entgangen Sein, wenn das- selbe schon auf diesem Stadium an der Stirn entfaltet zur Befestigung der Larve benutzt würde. Wahrscheinlich tritt dasselbe erst nach der nächsten Häutung aus dem Körper hervor, in der Weise, dass es durch den Stirnzapfen mit der Larve verbunden bleibt, durch ie untere knopf- förmige Auftreibung dagegen an die Schleimhaut des Fisches anklebt. Leider stehen mir über die Ausbreitung und Befestigung dieses Organes an Ach- theres keine Beobachtungen zu Gebote, und es sind zunächst nur die un- verkennbaren Analogieen des Spiralorganes mit dem Stirnanhange einiger jungen Siphonostomen, welche mich zu der obigen Deutung bestimmen, die dann noch durch die gesammte Structur unterstützt wird. Schon durch Burmeister‘) war an einem kleinen Caliginen ein an der Basis ge- 4) Nova acta Bd. XVII. 296 gliederter Stirnfortsatz beschrieben, aber unrichtiger Weise zur Begrün- dung einer neuen Gattung »Chalimus« benutzt worden. Neuerdings wurde ein ähnlicher Stirnanhang von Hesse!) an Jugendformen von Tre- bius, Caligus, Pandarus, Chondracanthus (?) wiedergefunden und auf seine Bedeutung als Larvenorgan zur Befestigung der Brut am miütterlichen Körper zurückgeführt. Indess sind wir noch keineswegs über diesen » cor- don umbilical«, in welchem Hesse ein Mittel zur Sicherung der Nachkom- menschaft und Erhaltung der Art zu finden glaubt, zu einer vollständigen Einsicht gelangt. Hesse hebt zwar ebenfalls hervor, dass das Stirnband an den Larven im Momente des Ausschlüpfens noch fehle, also erst mit der zweiten oder dritten Häutung zum Vorschein komme, gibt aber über die Art seiner Entfaltung und über seine Structur keine befriedigende Auskunft. Doch genügt der Nachweis seiner Befestigung am mütterlichen Körper und an den Kiemenlamellen vollständig, um die Function desselben als Haftorgan ausser Zweifel zu stellen. Ich kenne das Stirnband der jungen Caliginen aus eigner Anschauung, und glaube durch diese die Analogie desselben mit dem Spiralorgane der Lernäenlarven unterstützen zu können. Obwohl die jungen Caligen in dem Zustande der Befestigung am weiblichen Ge- schlechtsthier nach meinen Beobachtungen verschiedene Stadien der mor- phologischen Ausbildung vertreten, indem die ältesten schon die Rudi- mente aller vier Schwimmfusspaare besitzen, sind doch die jüngsten wenn auch nicht in der Anzahl der Leibesringe und Gliedmaassen , so doch in der Bildung der Mundtheile weiter vorgeschritten, als die Ach- theres-Larven im Schwärmzustande. Morphologisch stehen sie allerdings, was auch mit Hesse’s Beschreibung übereinstimmt, auf gleicher Stufe, indess treten die für eine freie Bewegung wichtigern Theile, dieSchwimm- borsten der Ruderfässe und der Furca mehr zurück, während die Mandi- beln zu verhornten Stileten ausgewachsen sind und im Innern des Saugschnabels liegen. Es möchte hiernach nicht unwahrscheinlich sein, dass auch bei Achtheres auf das Stadium der beweglichen Larve nach der nächsten Häutung eine ähnliche Form als erstes stationäres Stadium folgt, in welcher die Zahl der Körpersegmente und Gliedmaassen nicht vermehrt, dagegen das Stirnband zur Befestigung entfaltet ist, die Man- dibeln als verhornte Stäbe in den Schnabel hineingerückt und die Borsten der Schwimmfüsse und Furca im Zusammenhange mit der ausfallenden Ortsveränderung zurückgebildet sind. Indess habe ich diese Form, deren Existenz ich nur aus theoretischen Gründen vermuthe, nicht auffinden können, bin dagegen mit einer spätern aus ihr hervorgegangenen Larve bekannt geworden, zu deren Beschreibung ich mich jetzt wende. Dieselbe führt uns ein langgestrecktes, wurmförmiges Geschöpf von etwa 1',—2mm. Länge vor (Fig. 7), dessen Gestalt zwar auf den ersten 4) Annales des sciences natur. Bd. IX. Ser. IV. Sur les moyens a l’aide desquels certaines crustac6s parasites assurent la conservation de leur esp£ce. nern mn ne nn 297 Blick nichts mit der freischwimmenden Larve gemeinsam hat, dennoch aber sehr einfach aus ihr abzuleiten ist. Denken wir Kopf und erstes Thora- calsegment getrennt und letzteres mit den vier nachfolgenden mächtig aufgetriebenen Leibesringen zu einem ögliedrigen Hinterleibe vereinigt, so haben wir im Wesentlichen die äussern formellen Abweichungen auf- einander zurückgeführt. Daneben sind freilich die Dimensionen sehr ver- ändert, indem sich der platte flächenhaft entwickelte Larvenleib zu einer cylindrischen Form erweitert hat. Ferner gleichen Antennen und Mundtheile im Wesentlichen schon den entsprechenden Theilen des aus- gebildeten Thieres, und aus den breiten Gliedern der Furca sind zu- gespitzte Erhebungen hervorgegangen, welche am besten den gabelför- migen Fortsätzen am Hinterleibe mancher Rotiferen verglichen werden. Von dem spiraligen Haftorgane finden wir keine Spur erhalten, dagegen einen Rest des Stirnzapfens zurückgeblieben (Fig. 7 u. 10). Für diesen halte ich wenigstens einen homogenen, hellglänzenden Körper, dessen Ausbuchtung am Vorderrande die Stelle anzudeuten scheint, an welcher das abgeworfene Stirnband in den Zapfen überging. Anstatt des ersteren treffen wir aber ein anderes Befestigungsorgan an der Spitze der mitein- ander verwachsenen äussern Maxillarfüsse. Es besteht dasselbe eben- falls aus einem langen glänzenden Faden, dessen Ende an der Schleim- haut der Gaumenfläche oder an einer Kiemenlamelle angeheftet ist. An der Basis schwillt dieser Faden flaschenförmig an und geht nach mehr- fachen Einschnürungen in die verwachsene Spitze des Doppelarmes über. Da mir über die Entstehung dieses Organes keine Beobachtungen vorlie- gen, wage ich es nicht, mich bestimmt über seine Natur auszusprechen und will mich damit begnügen, auf die Aehnlichkeit in der gesammten Form mit dem Spifalbande der Galiginen hinzuweisen. Während die An- tennen und Mundtheile in der Umgebung des Saugrüssels im Allgemeinen die bleibende Form besitzen, erscheint also das verschmolzene Paar der äussern Maxillarfüsse noch mit einem provisorischen Haftorgane ausge- stattet, welches erst mit der nächsten Häutung abgeworfen wird. Auch die innern Maxillarfüsse weichen noch beträchtlich vom ausgebildeten Zu- stande ab; worauf wir später zurückkommen werden. Ein besonderes Interesse bietet die innere Organisation, welche sich bei-der geringen Dicke des durchsichtigen Chitinpanzers ohne grosse Schwierigkeiten verfolgen lässt. Die ganze Länge des Körpers wird vom Darmcanal durchzogen, der an der Basis des Saugrüssels beginnt und am hintern Leibesende zwischen den beiden Furcalspitzen ausmündet. Sein vorderer Abschnitt, der dünne, mit einer Chitinhaut ausgekleidete Oeso- phagus, erstreckt sich fast bis zum Ursprung der grossen armförmigen Maxillarfüsse und bildet an der Uebergangsstelle in den erweiterten Magen einen ringförmigen Wall, durch welchen seine dicken Muskelwandungen in das Lumen des Magens vorspringen. Mehr allmählig gehen die beiden folgenden Abschnitte, Magen und Enddarm, in einander über (Fig. 7). 295 Der erstere reicht etwa bis zur Mitte des Hinterleibes und ist mit grossen Zellen erfüllt, deren dunkel pigmentirter Inhalt eine helle fettartig glän- zende: Kugel umlagert. Da wo diese Zellen verschwinden, kann man die Grenze zu dem etwas engern Enddarm annehmen, in dessen Verlaufe sich die festen Ueberreste des Darminhaltes zu Kothballen anhäufen. Magen und Enddarm besitzen muskulöse Wandungen, die sich wellen- förmig in peristaltischen Bewegungen contrahiren, ferner eine äussere mit Fettkügelchen und Kernen durchsetzte Serosa, welche durch Fasern und Stränge mit den Organen der Umgebung und der Leibeswand ver- bunden ist. Zu diesen Bindegewebsfasern kommen Bündel quergestreif- ter Muskeln im vordern und hintern Abschnitt des Abdomens hinzu, von denen das letztere im dritten Abdominalsegment am meisten hervortritt und durch abwechselnde Gontractionen den Darm in fast rhythmischen Be- wegungen nach rechts und Jinks wirft (vergl. auch Fig. 16 u. 17). Ebenso kräftig wirken die peristaltischen Wellen auf die Bewegung des Darmes, zeigen aber in ihrem Verlaufe mancherlei Schwankungen, indem sie bald von vorn nach hinten, bald umgekehrt von hinten nach vorn fortlaufen, bald vorn und hinten gleichzeitig beginnen und in der Mitte des Magen- darms sich begegnen. Beiderlei Bewegungen, sowohl die peristaltischen wie die seitlichen, stehen in einer Beziehung zur Circulation der Blutflüs- sigkeit, welche die gesammte Leibeshöhle in unregelmässigen Strömungen durchfliesst. Allerdings finden wir auf der Rückenfläche des Darmes hin- ter der Einlenkung der Maxillarfüsse auch noch ein besonderes Central- organ, welches regelmässige rhythmische Pulsationen ausführt, allein durch dieses sehen wir das Blut vorzugsweise nur im vordern Leibesab- schnitte fortbewegt. Im Hinterleibe, in den das Blut auf der Bauchfläche einströmt um auf der Rückenfläche wieder zurückzufliessen, folgt das- selbe den seitlichen und peristaltischen Bewegungen des Darmcanals. Das pulsirende Organ im Vorderleibe (Fig. 7, m’) hat übrigens eine sehr versteckte Lage hinter dem Darme und zwei noch näher zu beschreibenden Drüsen, so dass man in der Regel nur die Gontractionen sieht, und ich nicht bestimmt entscheiden konnte, ob dasselbe ein beutelförmiges Herz mit vorderer (arterieller) und hinterer (venöser) Oeflnung ist oder nur aus einer rechten -und linken muskulösen Platte besteht, die sich ge- geneinander bewegen (Caliginen). Sehr deutlich erscheint das Nerven- system, dessen Centraltheile eine birnförmige Ganglienmasse ober- und unterhalb des Schlundes bilden. Diese liegt dem vordern Abschnitte des Magenschlauches unmittelbar auf und besteht aus zwei seitlichen Hälften, von denen paarige Nerven entspringen. Nur ein kleiner Theil der Gan- glienmasse ist seiner Lage nach Gehirnganglion, die bei weitem grösste Masse breitet sich unterhalb des Schlundes aus, ohne von der erstern etwa durch eine Gommissur geschieden zu sein. Beide Partien gehen vielmehr unmittelbar ineinander über, so dass man wohl kaum zu einer Abgren- zung von Gehirn und unterm Schlundganglion berechtigt ist. Aus dieser 299 in hohem Grade concentrirten Ganglienmasse entspringen eine Reihe von paarigen Nerven, welche nach den Antennen, Mundtheilen und Kiefer- füssen laufen. Am umfangreichsten sind zwei centrale Längsstämme, in welche sich die untern Spitzen beider Ganglienhälften fortsetzen. Diese lassen sich neben einander unterhalb des Darmcanals bis weit in den ilinterleib hinein verfolgen und geben in ihrem Verlaufe einige seitliche Aeste ab, schwellen aber nicht weiter zu neuen Ganglien an. Das Nerven- system der Lernäopoden zeigt also, wenn wir von unsern Jugendformen, die morphologisch den ausgebildeten Geschlechtsthieren schon sehr nahe stehen, auf die letztern schliessen dürfen, einen hohen Grad der Concen- tration und entbehrt einer Bauchganglienkette, ähnlich wie das Nerven- system mancher freischwimmenden Copepoden z. B. der Saphirinen. Am ausgebildeten Weibchen ist die Untersuchung der Nerven viel schwieriger, so dass wir es begreiflich finden, wenn v. Nordmann nicht mehr von ihnen ermitteln konnte, als dass ein ovales Organ von weiss- licher Farbe das Gehirnganglion sei, aus welchem zwei den Darmcanal begleitende Stränge abgehen. Von den Sinnesfunctionen scheint nur der Tastsinn vertreten zu sein und zwar durch die Borsten der Antennen und Taster, ferner durch zwei Paare von Cuticularanhängen auf der Bauch- fläche der beiden ersten Abdominalsegmente (Fig. 11), welche wir beim geschlechtsreifen Weibchen näher beschreiben werden. Ein Auge fehlt. Wenigstens erscheint der Pigmentkörper des Larvenauges wenn nicht ganz zurückgebildet, doch in dem Grade umgestaltet, dass wir ihn un- möglich noch für ein Organ des Gesichtssinnes ansehen können, um so weniger, als sich keine Ueberreste der lichtbrechenden Körper erhalten haben. Anstatt des grossen regelmässig gestalteten Auges der Larven finden wir oberhalb des Gehirnes bis in die vordere Partie des Kopfes ausgestreckt einen unregelmässigen mit seitlichen Fortsätzen und Aus- läufern versehenen Pigmentfleck, der vielleicht seinem Ursprunge nach dem Pigmente des Larvenauges entspricht. Auch die vier seitlichen Pig- mentflecke der Bauchfläche haben sich bedeutend in die Länge gestreckt und in Seitenzweige und unregelmässige Ausläufer fortgesetzt. Die vor- dern erscheinen von einer feinkörnigen Masse umlagert und mit dieser zu festen Stäben erhärtet, welche zur Stütze der Klammerantennen die- nen (Fig. 7). Bei dieser Gelegenheit will ich darauf hinweisen, dass kei- neswegs alle lernäenartigen Schmarotzerkrebse während der Entwicklung das Sehorgan vollständig verlieren, sondern dass bei einigen das Auge bis im ausgebildeten, geschlechtsreifen Zustande persistirt. Von den Pygmäenmännchen der Chondracanthen und Lernäopoden ist das aller- dings schon bekannt, wenngleich man bisher nicht darauf geachtet hat, dass sogar die beiden hellen linsenartigen Kugeln sichtbar bleiben. Aber auch im weiblichen Geschlechte finde ich bei Chondracanthus cornutus den unpaaren x-förmigen Pigmentfleck unterhalb eines medianen Stranges vor, welcher zur Stütze der beiden Antennen dient. 300 Von Excretionsorganen verdienen vier eigenthümliche Drüsen eine besondere Berücksichtigung, die vielleicht aus den feinkörnigen Ballen im Körper der jüngern Larve hervorgegangen sind. Dieselben liegen hin- ter den Maxillarfüssen und münden an den Basalgliedern derselben durch lange dünne Canäle aus, deren zähflüssiger Inhalt beim Austritt aus der Oeffnung zu erstarren scheint. Die Wandung dieser Ausführungsgänge') besteht aus einer homogenen Chitinhaut, welche mitunter durch ringför- mige Vorsprünge ein tracheenartiges Ansehn gewinnt und einer hellen, mit Kernen durchsetzten Aussenschicht, welche direct in das Drüsenpa- renchym übergeht (Fig. 20). Dieses letztere bildet eine beutelförmige Masse zur Seite des Darmcanales und ist mit glänzenden scharf contourir- ten Körperchen erfüllt, zwischen denen kleine Kerne mehr oder minder deutlich hervortreten. Da wo der dünne Anfangstheil des Chitincanales beginnt, bemerkt man im Innern der Drüse einen hohlen Raum, in den ich mehrmals aus der Umgebung kleine Körperchen eintreten und in den Ausführungsgang hineingelangen sah. Eine Sonderung des mit Kernen durchsetzten Parenchymes in Zellen habe ich nicht beobachten können, wie ich diese auch an der Matrix der äussern Chitinhaut (Fig. 9) und an den meisten Geweben vermisste. — Dass unser Entwicklungsstadium dem Geschlechtsthiere nicht mehr fern steht, geht schon aus der grossen Uebereinstimmung der Antennen und Mundtheile beider hervor, auf welche ich schon oben aufmerksam machte. Aus der gesammten morpho- logischen Leibesgliederung und aus dem Vorhandensein der Geschlechts- anlagen dürfen wir sogar schliessen, dass dasselbe dem ausgebildeten Geschlechtsthiere unmittelbar vorausgeht. Zwei birnförmige mit der Spitze nach vorn gerichtete Körper liegen grossentheils im zweiten Segmente des Hinterleibes und entsprechen den Keimdrüsen, während aus zwei Strängen, die von der Basis der erstern entspringen, die Ausführungs- gänge der Keimdrüsen hervorgehen. Neben den letztern verlaufen noch zwei breitere, ebenfalls solide Stränge, die im weiblichen Geschlechte den Kittdrüsen zu entsprechen scheinen. Diese fehlen indess auch den Geschlechtsanlagen nicht, welche ich für die nämlichen halten muss, da ich aber bei nur wenigen Larven dieser Entwicklungsstufe dem Ge- schlechtsapparat eine grössere Aufmerksamkeit schenkte, will ich mich hinsichtlich dieses zweiten Stranges im männlichen Geschlechte nicht mit Bestimmtheit aussprechen. Ich versäumte es geradezu, nach Unterschieden in den Anlagen beiderlei Geschlechtsorgane zu suchen, weil ich für die kleinen Männchen eine andere Art der Entwicklung vermuthete und alle Formen dieser Stufe für junge Weibchen hielt. Als es sich dann aus den Gegensätzen in der Grösse des Leibes und in der Gestalt der Maxillar- füsse herausstellte, dass beide Geschlechter dieses Stadium durchliefen, . 4) v. Nordmann scheint dieselben an den äussern Maxillarfüssen der ausgewachse- nen Männchen gesehen zu haben, gibt sie aber für knorplige Sehnen von Mus- keln aus (vergl. Taf. V. Fig. A). 301 war ich nur auf meine Zeichnungen angewiesen, aus denen ich übrigens ableiten zu können glaube, dass beiderlei Anlagen mit dem oben ange- führten Schema übereinstimmen. Nach den Abweichungen, welche ich in diesen finde, betrachte ich als charakteristisch für die männlichen Anlagen einen engen gradgestreckten Ausführungsgang sowie die gleichmässige Zusammensetzung der Drüse an kleinen Kernen in einer feinkörnigen Zwischenmasse (Fig. 7). Die weiblichen dagegen besitzen einen weiten Auslührungsgang, welcher mit einer queren Windung beginnt und sich allmählig von der birnförmigen Drüse abhebt. Diese zeigt sich auch nur in ihrer vordern Partie aus einer dichten Häufung kleiner Kerne gebildet, in der hintern schliesst sie schon grössere Keime ein (Fig. 8). Die Gegen- sätze, aus denen ich zuerst auf den Unterschied der beiden Geschlechter in dieser Entwicklungsstufe geführt wurde, betreffen die Maxillarfüsse, nach deren Bau man zwei Reihen von Larven unterscheiden kann. In der einen Reihe (Fig. 7) erscheinen die beiden äussern Maxillarfüsse auf- fallend kurz und stark. Ihre Endspitzen sind zwar durch die Basis des Haftfadens miteinander vereinigt, aber im weitern Verlaufe frei und ge- trennt, sie tragen auch an jedem Theile einen ziemlich kräftigen Haken, in welchem schon ein zweiter nach der Häutung hervortretender Klam- merhaken eingeschlossen ist. Man braucht nur mit der nachfolgen- den Häutung das Haftorgan ausfallen zu lassen, um zwei getrennte mit ansehnlichen Klammerhaken bewaffnete Maxillarfüsse zu erhalten, wie sie nach v. Nordmann’s Beschreibung dem geschlechtsreifen Männchen eigenthümlich sind. Auch die innern Maxillarfüsse zeigen die Charaktere der männlichen Form, indem sie bei einem relativ ansehnlichen Umfang nur einen kleinen krummen Klammerhaken tragen, welcher gegen einen papillenförmigen Fortsatz des innern Randes bewegt wird. Im zweiten Falle dagegen, in welchem wir es mit jungen Weibchen zu thun haben, ist der äussere Doppelarm sehr langgestreckt, vielleicht 3mal so lang als in der männlichen Form und ragt über den Kopf hinaus vor. Seine Aeste sind zwar auch nur an dem Basalzapfen des Haftfadens miteinan- der verschmolzen, allein abgesehen von der abweichenden Gestalt und von den Querfalten der Chitinhaut, welche an die Panzerbildung mancher ‚ Milben erinnert, sind ihre Endhaken kleiner und schwächer, als an dem ‚ breiten gedrungenen Armpaare des Männchens. Unter ihnen bemerkt man ‚ (Fig. 12) einen runden, scharf umschriebenen, hellen Raum, in welchem | ein Zapfen liegt, der ch dem Abstreifen der Haut bei der Bildung des ‚gemeinsamen saugnapflähnlichen Haftorganes verwendet zu worden ‚scheint. Ebenso wie die äussern Maxillarfüsse zeichnen sich auch die ‚innern durch besondere Merkniale aus und unterscheiden sich nament- ‚lich von denen der erstern Form durch die Grösse des hakenförmigen |Endgliedes, welches mit dem kleinen Klammerhaken an der eni&prechen- ‚len Gliedmaasse des Männchens schlechterdings nicht zu verwechseln ist (Fig. 13). Ich glaube in diesen Abweichungen schon auf diesem Sta- h Zeitschr. f. wissensch. Zoologie. XI. Bd. 20 302 dium der Entwicklung die wichtigsten Gegensätze des männlichen und weiblichen Geschlechtes zu erkennen, welehe auch dureh Differenzen in der Grösse des gesammten Körpers ergänzt werden. Die Formen mit den Greiffüssen der erstern Art sind die kleinern, etwa von einer Länge von 11, —1'%, mm., die andern mit dem weiblichen Typus der Maxillarfüsse haben einen langgestreckten Hinterleib und erreichen fast die Länge von 2 mm. | in dem Stadium der geschlechtlichen Ausbildung. zu welchem die nächste Häutung führt. scheint das kleine Männchen mit seinen vier kräl- ‚tigen Maxillarfüssen nicht mehr erheblich an Grösse und Umfang zuzu- nelunen. Sein Hinterleib erhält allerdings eine gedrungenere und breitere Form, bleibt aber im Vergleich zum Abdomen ') des Weibehens ausseror- (lentlich kurz und eng. Das Weibchen unterscheidet sich abgesehen von seinein bedeutenderen Umfang hauptsächlich dadurch von dem Männ- chen, dass seine äussern armförmigen Maxillarfüsse an der Spitze ver- schmolzen sind und hier durch einen gemeinsamen, saugnapfähbnlichen Haftapparat an der Schleimhaut der Kiemenhöhle persistent befestigt bleiben. Sie scheinen den einmal in Besitz genommenen Platz nicht wieder verlassen zu können, so fest findet man diese Haftscheibe in der Schleimhaut eingegraben. In diesem Zustande erleiden aber die Weib- chen noch weitere Veränderungen der äussern Körpergestalt, indem sich der Hinterleib im Zusammenhang mit dem Wachsthum der Ovarien mehr und mehr erweitert und zu einem sackförmigen und umfangreichen Ab- schnitte ausbildet, welcher dem Abdomen der Arachniden nicht unähn- lich sieht. Man findet daher kleinere und grössere Weibchen, von denen die erstern noch nicht vollständig geschlechtsreif sind, der Eiersäckchen enibehren und bei ihrer relativ schmalen Leibesgestalt von den Männchen am wenigsten abweichen. Solche noch in der Entwicklung begriffene Achtheresweibchen hat auch schon v. Nordmann abgebildet (Fig. 2, Taf. IV), dessen Beschreibungen auch für das vollständig ausgewachsene, mit Eiersäckchen behaftete Thier so treffend und ausführlich sind, dass wir auf dieselben verweisen können. Nur wenige Angaben über den Bau des Hinterleibes und der Gliedmaassen haben wir zu berichtigen. Für den Hinterleib hebt v. Nordmann hervor, dass er aus sechs Segmei:ten be- steht, deren erstes unter dem Vorderleibe versteckt liegt und dadurch mehr oder weniger undeutlich wird. Dieser versteckte Verbindungstheil ist allerdings undeutlich eingeschnürt, entspricht aber keinem besondern Segmente, sondern nur dem vordern Abschnitt des grossen ersten Abdo- 4) Ich gebrauche die Ausdrücke »Hinterleib« und» Abdomen« nicht strengim morpho- logischen Sinne, indem ich nicht den Typus der Copepodengliederung im Allge- meinen, sondern die Körperform unseres Schmarotzerkrebses im Speciellen im Auge habe. Für die Lernäopoden und Achtheres ist dieser fusslose Leibesab- schnitt Abdomen, morphologisch dagegen im Vergleiche zu den Körpertheilen der Cyelopiden grossentheils dem Thorax entsprechend. u 303 minalringes. Demnach sind auch jetzt nur fünf Segmente zu unterschei- den, von denen die beiden letzten am wenigsten abgegrenzt erscheinen (Fig. 16). An dem zugespitzten Endsegmente bemerkt man die beiden Furcalböcker und an seiner ventralen Fläche eine mehr oder minder her- vorragende Wölbung, die sich bis zu einem zipfelförmigen Anhang über das Leibesende hinaus verlängern kann. An diesem Theile finden sich in der Regel die zwei dunkelrothen kugelförmigen Körper v. Nordmann’s be- festigt, deren Bedeutung wir später besprechen werden (Fig. 18). Die 3gliedrigen Tastantennen inseriren sich auf der ventralen Fläche des Stirnrandes zu den Seiten einer mittleren Hervorragung. Ausserhalb derselben ganz an den Ecken der Stirn liegen die zweiten Antennen, wie die beiden Mandibeln eines kauenden Insectes fast horizontal von aussen nach innen gerichtet. Sie sind kräftige zangenartige Gliedmaassen, welche mit einem breiten Basaltheile und mit doppelten kurzen Endgliedern, die wir schon auf dem ersten Larvenstadium in den zwei Aesten des ent- sprechenden Gliedmaassenpaares eingeschlossen sahen. Der äussere, grös- sere Ast erscheint als die Fortsetzung eines breiten mittleren Gliedes und trägt an seinem abgestutzten Ende 4 bis 5 kurze zahnförmige Spitzen, während der schmale nach innen und unten gerichtete Seitenast mit einem grössern hakenförmigen Fortsatz versehen ist. Saugrüssel, Mandi- beln und tasterartige Maxillen stimmen mit den entsprechenden Organen der verwandten Lernäopoden überein; die Taster zeigen jedoch keines- wegs jene Hirschgeweihform mit zugespitzten Ausläufern, wie sie v. Nord- mann darstellt, sondern sind, wie die von Lernäopoda Galei, handförmige Gliedmaassen, an denen ich nur drei borstentragende Fortsätze wahrnahm. Für die Maxillarfüsse möchte nur das zu ergänzen sein, dass sich in ihnen auch jetzt noch die oben beschriebenen Drüsen finden; wenigstens be- darf es keiner grossen Sorgfalt, um die beiden Ausführungsgänge und Oeffnungen aufzufinden. Die innern Maxillarfüsse, welche Klammerfüsse bleiben, erscheinen nach dem Schnabel zu heraufgerückt und in einer Art Rahmen, welcher aus ihrem Basalglied hervorgegangen ist, am Kör- per eingelenkt. An der Spitze tragen sie einen langgestreckten Haken, welcher nach dem innern Rande des uinfangreichen Mitielgliedes einge- schlagen wird. Ein Vergleich mit dem entsprechenden Klammerfusse der Larve wird die Zurückführung der entsprechenden Abschnitte ohne ‚Schwierigkeiten möglich machen. Auch auf die innere Organisation beabsichtige ich nur insoweit ein- zugehn, als ich einige Ergänzungen und Berichtigungen zu v. Nordmann’s Darstellung hinzufügen kann. Zunächst komme ich hier auf die schon er- wähnten Tastorgane an der Bauchfläche des Abdomens zurück (Fig. 17), an dessen ersten beiden Segmenten 2 Paare scharf contourirter Ringe be- merkbar sind. Diese liegen ziemlich weit von der Mittellinie und tragen 2 oder 3 kurze blasse Spitzen, unter denen ein aus den Längsnerven aus- tretender Seitenzweig zu einer mit Kernen versehenen Erweiterung an- | 20 * 30% schwillt (Fig. 11). Wir haben somit an der Bauchfläche des Hinterleibes ein Doppelpaar von Organen, welche durch ihre Structur und ihren Zu- sammenhang mit Nerven an gewisse Sinnesorgane von Insectenlarven erinnern und wie diese wohl zur Unterstützung des Tastsinnes dienen. Der Darmcanal verhält sich im Wesentlichen dem frühern Stadium gleich. Ohne Windungen, der Blinddärme entbehrend, streckt er sich als ein- facher Schlauch durch die Mitte des Leibes, contrabirt sich in energi- schen peristaltischen Bewegungen und wird an seinem Endtheil durch die beschriebenen Muskelbündel in rhythmischen Pulsationen nach rechts und links geworfen. Die letztern Bewegungen sind jetzt viel kräftiger und ausgreifender als im Jugendzustand und ziehen den nachgebenden Darmabschnitt aus der Mittellinie abwechselnd in die rechte und linke Leibeshälfte. Natürlich muss die verstärkte Bewegung auch eine kräfti- gere Wirkung auf den Kreislauf des Blutes ausüben, und so sieht man denn die im Blute suspendirten Zellen und Zellenhaufen, die den seitlichen‘ Stössen des Darmes folgen, bald mit beschleunigter Strömung vorwärts, bald durch den entgegengesetzten Zug des Darmes gehemmt rückwärts fliessen. Auch die Ferm des Darmcanals hat sich im Vergleich zu dem zuletzt besprochenen Stadium verändert, weniger in Folge einer merk- lichen Verlängerung, welche die seitlichen Züge des Darmes möglich macht, als durch eine Verengerung in der Grenzgegend des Vorder- und Hinterleibes, wodurch eine kurze sackförmige Magenregion im Vorderlein von dem langen schlauchförmigen Chylusdarm im Abdomen abgegrenzt wird (Fig. 17, m). Die Geschlechtsorgane, deren Anlagen wir schon besprochen haben, bilden sich mit dem Wachsthum des erweiterten Abdomens allmählig aus. Jn jüngern, der Eiersäckchen noch entbehrenden Weibchen stellen sie jederseits einen mehrfach gewundenen Schlauch dar, dessen blindes Ende birnförmig angeschwollen ist (Fig. 16u). Wir haben in diesem die Keimdrüse, in jenem den Ausführungsgang; beide sind aber nicht scharf von einander abgesetzt, sondern gehen allmählig in einander über. In letzterm findet sich schon eine grössere oder geringere Anzahl durch Fett- kugeln getrübter Eier, welche die Wandung des Eileiters in beerenförmi- gen Erhebungen auftreiben (Fig. 16, ww). In den ausgewachsenen, voll- ständig geschlechtsreifen Weibchen erscheint dieser Theil traubenförmig verzweigt und schimmert in jeder Leibeshälfte durch die Körperwan- dungen durch (Fig. 17 w). Aeusserlich durch Fahnen und Balken des Fettgewehes an die Umgebung angehelftet, schliesst er in seinem Lumen die grossen mit Membranen versehenen Eier in beerenförmigen Ausstül- pungen der Wandung ein. Der obere Abschnitt, die Keimdrüse, liegt jetzt versteckter und wird erst bei sorgfältiger Präparation gefunden. Ganz und gar mit grössern und kleineren Keimen erfüllt, setzt sie sich keines- wegs einfach in den traubigen Abschnitt fort, sondern verlängert sich in ramificirte Zweige und Ausläufer, welche als Aggregate reihenweis 305 verbundener Eikeime in das Lumen des Eileiters hineintreten und sich im Umkreis der reifen Eier unterhalb der mit kleinen gekernten Zellen ausgekleideten Wandung des Eileiters ausbreiten (Fig. 14 u. 15). Diese zu Schnüren meist in Doppelreihen vereinigten Keime sind kleinere und grössere Zellen, welche mit ihren Membranen aneinanderliegen und in einem hellen noch nicht mit Fettkugeln erfüllten Dotter das Keimbläschen und den glänzenden Keimfleck bergen. Diese Schnüre müssen wir als Sprossen des Keimstockes auffassen, die nicht frei in die Leibeshöhle sich verzweigen konnten, sondern in das Lumen des weiten Bierbehäl- ters hineinwucherten. So auffallend auch der Bau der Ovarien auf den ersten Blick erscheinen mag, so steht er doch keineswegs ohne Analogien da, ich erinnere rur unter den Schmarotzerkrebsen , welche bis jetzt auf die Geschlechtsorgane näher untersucht wurden, an die Chondracan- then, deren baumförmige durch die ganze Leibeshöhle verzweigte Ovarien den sehnurförmigen Ausläufern der Eierstöcke von Achtheres zu entspre= “chen scheinen. Ein zweiter Theil des weiblichen Geschlechtsapparates ist die Kittdrüse (Fig. 17x), ein mit hellem, fettartig glänzendem Secrete gefüllter Schlauch, welcher in jeder Leibeshälfte an der äussern Seite des Ovarıums herabläuft, nicht weit von der Geschlechtsöffnung nach der Mittellinie umbiegt und in den erweiterten Endtheil des Eileiters einmün- det. An ihrer äussern Fläche umlagert von Ballen und Strängen des Fett- gewebes, die sich unterhalb der zelligen Hautlage namentlich am Hinter- leibe anhäufen, erscheinen sie an ihrem vordern blinden Ende keulenför- mig angeschwollen und abgerundet und in ihrem weitern Verlaufe durch dunkele Quercontouren fast wie segmentirt. v. Nordmann hat die letztern geradezu für Einschnürungen angesehn und die zwischenliegenden Par- tien als sackförmige Erweiterungen dargestellt. Indess beziehen sich diese regelmässigen Ringel nicht auf die äussere Grenze des Drüsenschlauches, sondern auf die Gestalt des Lumens, so weit ich mich bei der schwieri- gen Untersuchung dieses Objectes orientiren konnte. Ich unterscheide nämlich an den keulenförmigen Schläuchen unterhalb einer homogenen Membran eine getrübte feinkörnige Wandung und einen hellen glänzen- den Inhalt, dessen Grenzen durch dunkele breite Contouren bezeichnet sind: Innerhalb der Endanschwellung liegt anstatt des öligen fetiglänzen- den Secretes ein Ballen einer feinkörnigen, streifigen, mit einer Anzahl kleiner Kerne durchsetzten Substanz. Die Wandung selbst, in der ich vergebens nach grössern Drüsenzellen suchte, zeigt ebenfalls die histolo- gische Structur einer feinkörnigen Masse, in welcher zahlreiche kleine Kerne liegen, ist aber von ungleichmässiger Stärke und an der Seite, wo die dunkeln Halbringe liegen, am umfangreichsten. Hier scheint die pe- ripherische als Wandung bezeichnete Schicht, die ich als die Matrix des homogenen Secretes ansehe, in Querwülsten nach innen vorzuspringen und dadurch eine ebenso grosse Zahl von ringförmigen Vertiefungen zu bilden, welche von dem homogenen Drüsensecrei ausgefüllt werden. 306 In dem Endtheil zeigte sich der Inhalt mehrmals durch dunkele Contouren wie in einzelnen Kugeln gesondert. Neben den Ovarien und Kittdrüsen haben wir endlich einen dritten Abschnitt am weiblichen Geschlechtsap- parate zu beschreiben, , welcher zur Begattung und Befruchtung in einer direeten Beziehung steht. Schon v. Nordmann kannte an der Spitze des Hinterleibes »zwei kleine, dunkelrothe, kugelförmige Körperchen, welche eine gelbliche Flüssigkeit enthalten und mit einem kurzen nach der Ge- schiechtsöffnung gewendeten Canale in Verbindung steben«. Diese Körper findet man fast regelmässig als zwei runde Kapseln an einem zipfelförmi- gen Fortsatz zwischen den beiden Furcalhöckern befestigt. Sie baben dicke, braunrotbe Chitinwandungen und schliessen einen kugeligen Höhl- raum ein, welcher sich in einen langen dünnen Canal fortsetzt. Die bei- den Ganäle, welche in der Mittellinie allmählig auseinanderweichen, laufen aber nicht nach der durch mehrfache Chitinstäbe gestützten Geschlechts- öffnung, sondern führen in einen unterhalb des Darmcanals gelegenen Querschlauch, welcher sich jederseits trempetenförmig erweitert und in’ den Ausführungsraum der Ovarien und Kittdrüsen einmündet. Schon die Lage und der Veriauf dieser Organe wird kaum einen Zweifel darüber aufkommen lassen, dass sie zu.dem Begattungsapparate gehören. Aber über die Bedeutung der Kapseln könnte man verschiedener Ansicht sein. Ich hielt dieselben zuerst für Spermatophoren, welche an beiden Oefinun- gen der Ganäle vom Männchen belestigt seien. In gleicher Weise habe ich schon früher einmal ganz ähnliche Kapseln am Hinterleibe von Lern- anthropus Kroyeri !) für Spermatophoren ausgegeben und auf lange Zeit die runden Körper an den Burmeister’schen Abbildungen von Lernanthro- pus papa und paradoxus (vergl. Burmeister loc. eit.), dann an v. Nord- mann’s Abbildung von Lamproglene und Brachiella impudica, ferner an der Hinterleibsspitze von Basanistes huchonis ?) und Anchorella uneinata) in derselben Weise gedeutet. Bei näherer Untersuchung aber fand es sich, dass diese Kapseln auch an dem der Insertion entgegengesetzten Pole geöffnet sind und in einen kurzen meist seitlich anliegenden Canal übergehen. Indem ich nun diesen Körpern von Neuem meine Aufmerksam- keit zuwendete, gelang es mir, auch der vom Männchen abgesetzten Sper- matophoren habhaft zu werden. Diese sind weit umfangreichere ovale Schläuche mit dünneren Wandungen (Fig. 19), die mittelst eines langen gewundenen Halses an die Oeffnung der braunrothen Kapsel festgekleht werden. Hieraus aber geht hervor, dass die letztere ein Theil des weib- lichen Geschlechisapparates ist und dem Behälter entspricht, welchen Leydig in Abdomen von Argulus beschrieben und als Receptaculum se- minis bezeichnet hat. Es sind also zunächst ganz bestimmte Oeffnungeh, an welche die Spermatophoren befestigt werden — und dies gilt ebenso 4) Vergl. C. Claus: Ueber den Bau und die Entwicklung parasitischer Crustaceen. Cassel 1858. S. 21. (Fig. 18. Taf. 11.) 2 u. 3) Nach meinen Beobachtungen. 307 für die Cyclopiden und fast alle Gattungen der freischwimmenden Cope- poden — und zweitens symmetrisch entwickelte Gänge und Behälter, in welche das Sperma aus den Spermatophoren eingetrieben wird. Für Achtheres und vielleicht alle Lernäopoden und Lernanthropen wird die- ser Apparat zur Aufnahme des Samens nach der Begattung aus zwei Kapseln, aus zwei mit ihnen verbundenen Canälen und einem schlauch- förmigen Quergang zusammengesetzt, welcher die Communication mit den Eileitern herstellt. Eine ähnliche Einrichtung für die Aufnahme des Sperma finden wir auch bei den Caliginen, hier fehlen aber die beiden dickwandigen Kugeln am Ende der Samengänge, welche als kurze Aus- läufer des umfangreichen Querschlauches in dem Zwischenraume der beiden Geschlechtsöffnungen ausmünden. An diesen Oeffnungen trifft man oft zwei leere Spermatophoren befestigt, während der mächtig ent- wickelte Querschlauch die haarförmigen Samenfäden ') einschliesst. Cassel, im August 1861. Erklärung der Abbildungen, Taf. XXIII u. XXIV. Die Buchstaben bedeuten: a erste Antenne, p Tastorgan, b zweite Antenne, q Stirnzapfen mit dem Spiralcanal, c Oberlippe, r bohnenförmiges Organ, d ÜUnterlippe, o Körnchenhaufen, e Mandibel, s Drüsen, f Maxillar-Taster, i Hoden, g äusserer Maxillarfuss = Doppelarm, «u Ovarium, h innerer Maxillarfuss, v Samenleiter, i. erstes w Eileiter, k zweites nn x Kittdrüse, l rudimentäres Fusspaar, y Receptaculum seminis, m Darm, y Längscanal, m’ Herz, y' Querschlauch, n Nervensystem, z Furca. o Auge, Taf. XXI. Fig. 4. Ein noch von beiden Eihüllen eingeschlossener, dem Ausschlüpfen naher Embryo. Man sieht auf seine Rückenfläche, durch welche die vier bauch- ständigen Pigmentflecke an den Seiten des Dotterballens durchschimmern. 1) Die von Leuckart u. Frey (Beiträge zur Naturgeschichte wirbelloser Thiere) in den Samenleitern von Caligus beobachteten 0,002°” grossen gekernten Zellen werden wohl Entwicklungsstadien der Samenfäden entsprechen. Fig. Fig. „19, i9.20. 308 Die Larve aus dem Eie ausgeschlüpft vor der Abstreifung der obern Chi- tinhaut. Alle Gliedmaassen mit Ausnahme der beiden vordern Paare liegen der Körperperipherie dicht an. Die Mundtheile auf demselben Stadium von der Seite betrachtet. Unterhalb des zur Seite der Oberlippe befindlichen Höckers liegt eine mit einer Borste besetzte Auftreibung, das Rudiment des dritten Gliedmaassenpaares. Dieses schliesst die Mandibel ein. Darunter folgen die Maxillen nd die beiden Maxillarfüsse. Der Hinterleib mit den DEOIEED u eu u nach Entfernung der obern Chitinhaut. Die Larve nach Abstreifung der obern Cuticula etwa 42 Stunden nach dem Ausschlüpfen aus dem Ei. Die Mundtheile derselben, isolirt unter 400facher Vergrösserung. Die Larve auf einem spätern Stadium mit dem Haftbande an den verschmol- zenen äussern Maxillararmen. %' Die weiblichen Geschlechtsanlagen desselben Stadiums Die Matrix der Chitinhaut. Rest des Stirnzapfens. Tastorgan mit Nerv und Ganglion am Abdomen. Die Spitze eines äussern armförmigen Maxillarfusses nach Entfernung des gemeinsamen Haftorganes. 2 Larve. Der innere Maxillarfuss (ohne das Basalglied). 2 Larve. Eine Partie von schnurförmig verbundenen Eizellen innerhalb des traubigen Abschnittes. Ein reifes mit Dotterkugeln gefülltes Ei umgeben von Eizellen innerhalb der zelligen gekernten Wandung des traubigen Abschnittes (Eileiter). Taf. XXIV. Abdomen eines jungen Weibchens (mit saugnapfförmigem Haftorgan am Doppelarme). Neben dem Längsmuskelbündel der Bauchfläche sieht man an der einen Seite die in der Ausbildung begriffenen Geschlechtsorgane. Ein geschlechtsreifes Weibchen von der Länge von 3mm. von der Bauch- fläche aus gesehen. Der hintere Körpertheil desselben mit dem Begattungsapparat und dem Endabschnitt der Geschlechtsorgane. Eine Spermatophore. Eine dem grossen äussern Maxillarfusse angehörige Drüse der Larve (Fig. 7). Ueber die Seitendrüsen der Larve von Chrysomela populi, Von ©. Claus, Prof. in Würzburg. Mit Taf. XXV. Obwohl die Larven von Chrysomela populi schon ‚seit Jahren von den Ghemikern zur Darstellung kleiner Mengen von Salicyliger Säure benutzt werden, scheinen sie doch von den Zoologen dieses Secretes hal- ber keiner besondern Berücksichtigung gewürdigt worden zu sein. So viel mir bekannt, wurden dieselben bisher noch nicht einmal auf die Gewebe untersucht, in denen sie jenen Stoff einschliessen. Nach der chemischen Zusammensetzung betrachtet man die Salieylige Säure als ein Oxydationsproduct des in der Weiden- und Pappelrinde enthalte- nen Salicins, eines Stoffes, welcher sich bei geeigneter Zufuhr von Sauer- stoff in Zucker und Salicylige Säure spaltet. Da unsere Larven von den Blättern der Weide leben, also Salicin mit der Nahrung in sich aufneh- men, wird man jene Oxydation und Spaltung der Thätigkeit des Larven- körpers zuschreiben, sei es nun, dass sie schon im Chylusdarm unter dem Einflusse der Verdauung eintritt, oder erst in der Blutflüssigkeit zu Stande kommt. In beiden Fällen wird die letztere geringe Mengen Sa- lieyliger Säure enthalten, welche, durch die näher zu beschreibenden Seitendrüsen abgeschieden, in grossen mit einer Chitinhaut ausgeklei- deten Blasen zu beträchtlichen Quantitäten sich ansammelt. Wie den Meloiden zwischen den Gelenken der Extremitäten eine gelbliche Flüssigkeit, nach Leydig das Blut, hervorquillt, wenn die Thiere berührt oder beunruhigt werden, so lassen die Chrysomelenlarven unter denselben Umständen Tropfen eines weisslichen Secretes von intensivem Bittermandelölgeruch an den Seitentheilen des Körpers durch die Haut ‚ austreten. Diese Tropfen erheben sich wie Perlen jederseits auf 9 hinter- ‚ einander stehenden schwarzen Papillen der Rückenfläche, von denen die ‘ beiden vordern dem zweiten und dritten Thoracalsegmente, die übrigen 310 7 kleinern den 7 nachfolgenden Ahbdominalringen angehören. Jedes der erwähnten Segmente trägt also ein auf seine Seiten vertheiltes Paar von Papillen. an deren Spitze ein Tropfen meist gleichzeitig an allen 18 Er- hehungen hervorgquillt, augenblicklich den intensiven Geruch verbreitet und dann rasch wieder in das Innere der Papille zurücktritt. Es scheint als wäre diese bei der ersten Betrachtung jeder lebenden Chrysomelalarve leicht zu constatirende Erscheinung keineswegs allgemein bekannt, we- nigstens finde ich in Gerstäcker’s Jahresbericht (1858) eine Arbeit Mer- kel’s besprochen, in welcher als für die Systematik der CGhrysomelinen besonders wichtig hervorgehoben wird, dass die Larven der Gattung Lina auf dem 2ten und 3ten Körperring zwei Warzen führen, aus denen beim Druck ein Tropfen Flüssigkeit hervordringt, was Gersläcker nicht weiter ergänzt oder berichtigt. Es sind also jenem Entomologen nur die zwei ersten grössern Warzenpaare bekannt, die nachfolgenden kleinern da- gegen unbemerkt geblieben. Dass diese letztern übrigens nicht unserer Larve ausschliesslich eigenthünilich sind und etwa den nächsten Ver- wandten fehlen, davon habe ich mich an einer zweiten Chrysomela(Lina)- larve der Weide überzeugt, die ein Secret von ganz anderm ätherischen Geruche an den nämlichen Körperstellen ausscheidet. Die Larve versteht übrigens mit dem Secrete, welches ihr wohl zur Vertheidigung den An- griffen der Schlupfwespen gegenüber dienen möchte, vortrefllich haus- zuhalten; nicht nur, dass sie es nicht ausfliessen lässt, sondern wenig- stens in der Regel rasch in den Körper wieder zurückzieht, sie scheint sich auch dieser Waffe überhaupt nur in den ersten Momenten der Beun- ruhigung bedienen zu können, aus Gründen, die wir später wahrschein- lich machen werden. Hat sie 3 oder 4 mal die Tropfen des Secretes an der äussern Körperfläche gezeigt, so muss man ihr einige Augenblicke Ruhe gönnen, um denselben wieder hervortreten zu sehen. Die aus den Papillen hervorquellende weissliche Substanz von Bittermandelölgeruch ist höchst wahrscheinlich ihrer Hauptmasse nach Salicylige Säure und be- steht histologisch aus kleinern und grössern fettartig glänzenden Kugeln und einer farblosen homogenen Zwischenflüssigkeit. Dieselbe füllt das Lumen eines innerhalb und unterhalb der Papille gelegenen Sackes aus, dessen Hals durch eine besondere Muskeleinrichtung hervorgestülpt und wieder eingezogen werden kann. Schneidet man die Seitentheile mit den Papillen von dem Larvenkörper ab, um sie auf dem Objecträger auszu- breiten, so sieht man schon mit unbewaffnetem Auge, deutlicher bei Lupenvergrösserung, unter jeder Papille die mit Salicyliger Säure gefüllte Blase und zwar mehr oder minder vollständig von Fettballen ') eingehüllt 1) Die Fettballen treten in zwei verschiedenen Formen auf; in der einen sind die Zellen zu einfachen oder verästelten Schläuchen verschmolzen, deren Inhalt kleinere und grössere glänzende Kugeln birgt und durch die Gruppirung dieser Elemente um die in bestimmten Intervallen entfernten Kerne die Gebiete der verschmolzenen Zellen andeutet. In der zweiten Form sind die Zellen viel um- an | 3m und von einem Tracheennetze umzogen. Nach sorgfältiger Trennung der Luftgefässe und Fettmassen überzeugt man sich leicht, dass die Blase im Innenraum der Papille enger wird und an der Spitze ausmündet. Bei einer nähern Untersuchung aber stellt es sich heraus, dass dieselbe nichts anders als der zu einem Behälter des Secretes erweiterte Ausführungs- gang einer Drüse ist, die aus grossen gekernten Zellen besteht, welche wie Beeren am Grunde des sackförmigen Reservoirs aufsitzen. Die Zahl dieser Beeren von 0,1 —0,2 mm. im Durchmesser scheint nicht unbe- trächtlich zu variiren, indem sie an den grössern Blasen der beiden Tho- racalpapillen etwa 30—45, an den kleinern im Abdomen gelegenen nur ungefähr 12—20 beträgt. Bezüglich des feinern Baues unterscheidet man an dem sackförmigen Ausführungsgang zunächst eine innere in Längs- und Querrunzeln gefaltete Ghitinhaut, welche kleine geschlängelte Canäl- chen mit trichterförmig erweiterten Mündungen in die Beeren entsendet. Auf die Intima folgt eine Zellenschicht, welche man als die Fortsetzung der Matrix der Chitinhaut ansehen kann, obwohl sie sich von jener da- durch unterscheidet, dass ihre Zellen nicht wie dort selbstständig geblie- ben sind und mit den Membranen sich erhalten haben, sondern nach dem Schwunde der letztern wie in der sogenannten Peritonealhülle der Tra- cheen nur durch Kerne bezeichnet werden, welche in einer feinkörnigen Zwischensubstanz liegen (Fig. 1 und 3). Nach aussen folgt dann eine zarte homogene Membran, welche sich direct auf die als Drüsenzellen bezeichneten Beeren fortsetzt und von den feinen Tracheennetzen zum Theil umsponnen wird. Der Inhalt der letztern wird von einem hellen feinkörnigen Plasına gebildet, in dessen Mitte ein meist ovaler 0,05 — 0,08 mm. grosser Kern liegt (Fig. 3). In ganz frischen mit Zuckerwasser behandelten Präparaten erscheint der feinkörnige Zellinhalt in allen Theilen gleichförmig, bald aber zeigen sich in den mittiern Schichten Vacuolen und dann gewinnt die grosse Zelle eine Differenzirung, die auffallend an die Pflanzenzelle erinnert. Die zähe feinkörnige peripherische Schicht zieht sich theilweise von der Membran zurück, wie der sogenannte Pri- mordialschlauch von der Gellulosemembran, die mittleren mit Vacuolen erfüllten Schichten verflüssigen sich mehr und mehr, werden aber von zähflüssigern Brücken und Strängen durchsetzt, welche die centralen Partieen im Umkreis des Kernes mit den peripherischen verbinden. Das Chitinröhrchen scheint in den mittlern Theilen zu beginnen. Uebrigens entspricht der gesammte Inhalt einer jeden Beere nicht genau dem einer einzigen Zelle, wenn auch das bei der Secretion thätige Parenchym wohl vorzugsweise von den Elementen der eben besprochenen Zelle gebildet wird. In der Umgebung des engen Chitinganges treten nämlich ganz con- stant mehrere, gewöhnlich zwei, kleinere Kerne auf, die noch immerhin fangreicher und nur durch Fortsätze und Ausläufer mit einander verbunden. Ihre Kerne sind zwei bis drei mal so gross als die Kerne der Fettschläuche und liegen in einem blassgelblichen sehr feinkörnigen Zellinhalt eingebettet. >12 die Kerne in der Aussenlage des Seeretbehälters um das 2 bis 3fache an Grösse übertreffen (Fig. 3cc). Das Plasma in ihrer Umgebung erscheint mehr oder minder deutlich von dem Plasma im Umkreis des grossen Kernes gesondert. Ich habe zwar keine Untersuchung über die Bildung dieser Drüsen während des Embryonallebens gemacht, glaube aber, dass man sie sich am besten als einfache Einsackungen der Körperhaut, der Matrix und der Cuticula, zu denken hat. Aus der erstern möchten denn die beerenförmigen Drüsenzellen durch ein unverhältnissmässiges Wachs- ihum des Kernes in Verbindung mit einer Wucherung des umgebenden Plasmas hervorgegangen sein. Sicherlich stehen dieselben in einem ähn- lichen Verhältniss zu den Zellgebieten des Drüsensackes, wie die einzel- ligen Drüsen zu den Zellen der Matrix des Chitinpanzers. Auch die letz- tern finden wir am Körper unserer Larve und zwar in beträchtlicher Anzahl unter der Rückenfläche verbreitet, was ich deshalb hervorhebe, weil einzellige Drüsen bei Insectenlarven bisher nur wenig beachtet wor- den sind. Sie messen etwa 0,07 mm. im Durchmesser und münden mit ihren Chitingängen in grossen von einem Walle umgrenzten Poren aus (Fig. 5). Dass übrigens in der That der Drüsensack eine Einstülpung der Hautschichten darstellt, lässt sich durch directe Beobachtung beweisen. Man braucht nur auf die mit ihrer Drüse isolirte Papille durch das Deck- glas einen Druck auszuüben, um den vordern Abschnitt des Sackes aus der Spitze der Papille hervorzutreiben. Man überzeugt sich dann, dass die Chitinbaut, welche an der Oberfläche der Papille sehr dick und gleich- mässig mit schwarzem Pigmente erfüllt ist, zunächst (Fig. 25) in einen dünnern und durchscheinenden, mit dunkeln Flecken erfüllten Theil über- geht, welcher sich jederseits noch einmal in einen dunkeln gekrümmten Streifen verdickt (Fig. 2 c). Im eingezogenen Zustande bildet dieser Theil die helle Spitze der Papille, in deren Mitte die beiden dunkeln Streifen an einander liegend die Oeflnung verschliessen. Als unmittelbare Fortsetzung stülpt sich dann der vordere Abschnitt der Drüse hervor, dessen starke, aber durchsichtige Chitinmembran der Querrunzeln und Falten entbehrt (Fig. 2 c). Bei übermässig gesteigeriem Drucke gelingt es sogar, den ganzen erweiterten vordern Abschnitt auszutreiben, an welchem noch der kurze abgerissene Hals der Drüsenblase haftet (Fig. 2 f). Nach die- sen Bildern haben wir ausser dem mächtigen Sacke (Fig. 1) einen ver- engerten Hals (Fix. 2 f) und einen erweiterten der Faltungen entbehren- den Endabschnitt (Fig. 2 e) zu unterscheiden, dem wir noch weiter un- sere Aufmerksamkeit zuwenden müssen, weil er im lebenden Thiere mittelst besonderer Muskeln bis zu einer gewissen Grenze hervor und zu- rückgezogen wird. Treibt man diesen Abschnitt durch allmählig gestei- gerten Druck sorgfältig hervor, so sieht man im Innern 2 Paare lang- gestreckter Muskelbündel mehr und mehr hervortreten, die sich mit ihren Sehnen einerseits an dem Chitingange der Papille, andererseits an dem Ende des hervorgetriebenen Abschnittes, da wo derselbe in den Hals der — 318 _ Blase übergeht, befestigen (Fig. 2 d). In der Ruhe und im eingezogenen Zustande kommt den Muskeln natürlich die umgekehrte Lage zu, was sich wegen der Undurchsichtigkeit der Papille schwieriger direct nach- weisen lässt. Ziehen sich dieselben in dieser Lage zusammen, so nähern sie den beweglichen Insertionspunkt dem relativ festen an der Papille, klappen die zugelegte Papille auf und treiben die vordere Partie des bia- senförmig erweiterten Endabschnities hervor, aus welchem dann ein Tropfen Secret ausquellen muss. Ueber den Rand der Papillen werden die Muskeln durch ihre natürliche Contraction niemals hervortreten kön- nen, wie dies künstlicher Druck auszuführen im Stande ist, immerhin aber scheint eine beträchtliche Anstrengung und eine kräftige Contraction der Muskeln für die Hervorstülpung jenes Abschnittes nothwendig zu sein. Unter solchen Umständen aber würde sich auch aus der leichten Ermüdung der betreffenden Muskulatur die schon oben erwähnte That- sache erklären, dass die Larven nicht mehrmals in rascher Aufeinander- folge die Flüssigkeit austreten lassen können. Mit dem Uebergang in das Puppenstadium verlieren die Insecten die Fähigkeit, Salicylige Säure zu secerniren, vollständig. Was aber wird aus den Drüsenbehältern mit dem Secrete, welche vor der Abstreifung der letzten Larvenhaut functionsfähig sind? Die Säckchen sammit ihrem Inhalt werden mit der Larvenhaut abgestreift, indem sich die Intima, ähnlich wie die Chitinhaut der Tracheen, nur ohne zuvor durch eine neu gebil- dete ersetzt zu sein, von der ganz zusammengeschrumplften Aussenschicht trennt und selbst die Chitinröhrchen sich aus dem Inhalt der Drüsenzel- len herausziehen. Aber noch jetzt scheinen die Beutelchen, welche mit dem Secrete in der Larvenhaut stecken, der Puppe ihre Dienste zu thun, denn diese bleibt mit ihrem Hintertheile in der an Blättern angehefteten Larvenhaut befestigt. Während ich mich anfangs damit begnügte, durch eignen Druck aus den Warzen der abgestreiften Haut die Flüssigkeit her- vorzudrücken und unter dem Mikroskope die Intima des Sackes mit den Chitinröhrchen nachzuweisen, habe ich später die Beobachtung gemacht, dass auch noch die Puppe auf den Austritt des stark riechenden Secretes einen Einfluss behält, indem sie berührt oder beunruhigt durch kräftige Contractionen der ventralen Muskellagen aus den Thoracalpapillen der Larvenhaut einen stark riechenden Tropfen hervorpresst. CGassel, im August 1861. Fig. 1. 31% Erklärung der Abbildungen. Taf. XXV. Die Papille mit der Drüse von innen betrachtet nach Entfernung des Fettkör- körpers (unter 90facher Vergrösserung). a Innenraum der Papille. Bei a’ sieht man die helle Spitze mit zwei dun- keln Streifen (Verdickungen der Chitinhaut). b Drüsensack mit der gefalteten Intima und der kernhaltigen Aussenlage. c Die Drüsenzellen mit ihren Chitingängen. d Tracheen. Fig. 2. Die Papille von aussen betrachtet in seitlicher Lage nach ausgestülptem End- Fig. 4. Fig. o theil des Drüsensackes. a Papille. b Der dünnere schwarz gefleckie Rand. c Einer der beiden seitlichen dunkeln Streifen, welche in der normalen Lage die Oeffnung der Papille begrenzen. d Die beiden Muskelpaare. e Endabschnitt des Drüsensackes. f Der abgerissene Hals des Drüsensackes. . Die kernhaltige Aussenlage des Sackes nebst einer Drüsenzelle nach Entfer- fernung der Intima. a Homogene äussere Membran. b Der Kern der Drüsenzelle. cc Die beiden Kerne zu den Seiten des Chitinröhrchens. d Die Kerne des sackförmigen Ausführungsganges. Chitinröhrchen einer Drüsenzelle mit trichterförmig erweiterter Mündung. 5. Einzellige Hautdrüsen, a im Zusammenhang mit den Zellen der Matrix, b isolirt. Untersuchungen über die ersten Anlagen in Batrachier-Eiern. Von Dr. 8. Stricker in Wien. Mit Tafel XXVI. Die Frage über das Verhältniss der in erhärteten Batachiereiern auf- findbaren Höhlen ist von Remak ') einer endlichen Lösung zugeführt wor- den. Er spricht aus, dass die bleibende Visceralhöhle nicht in der Fur- chungshöhle Baer’s, sondern in der von Rusconi als elliptisch bezeichneten Höhle ihren Anfang nehme. Im Zusammenhange mit dieser Darstellung schildert er uns die Entwickelung der letzteren Höhle als das Resultat einer Einstülpung. Das kleine weisse und den unteren Pol umgebende Feldchen soll durch die. es begrenzende bogenförmige Furche in das Innere des Eies hinein- gezogen und so zur Auskleidung der dadurch neugeschaffenen Höhle werden. Dieses eingestülpte Feld hätte sich sodann nur an den allent- halben präformirten sensoriellen und motorischen Theil des Axenbiattes anzulegen um das letztere zu vollenden. Abgesehen von den Veränderungen, welche die verschiedenartige Erhärtung des Eies etwa bewirken könnte, muss ich die Angaben Re- mak’s, insofern sie sich auf die Höhlen selbst beziehen, als endgültig betrachten. Eine Reihe gut geführter Schnitte bringt darüber so be- stimmte Bilder zur Anschauung, dass hier von keinem weiteren Zweifel ‚die Rede sein kann. Was aher die Einstülpung und die daraus resulti- rende Anschauungsweise über das Zustandekommen der wichtigsten Embryonalanlagen anbelangi, so beruhen diese bis jetzt auf keiner eben so sichern Grundlage. Remak führt nur wenige Momente an, die sich allenfalls nach einer Einstülpung auffinden lassen müssten, aus denen aber eine solche keines- wegs mit Sicherheit zu erschliessen ist. Ich will mich statt aller oberflächlichen Betrachtung allsogleich einer näheren Beleuchtung der fraglichen Objecte zuwenden und fasse zu dem Zwecke ein Ei ins Auge, an welcheın die braune Färbung der obern He- misphäre in ihrer Ausdehnung nach abwärts bereits den Aequator über- schritien hat. In dem kleineren oberen Abschnitte liegt die Baer’sche Höhle, welehe von oben her nur durch eine dünne Kugelschale ge- 4) Entwickelungsgeschichte. Berlin 1855. 316 deckt, nach unten aber von dem grösseren unteren und soliden Ei- abschnitte, Boden der Furchungshöbhle, begrenzt wird. Ein dünner und dem Meridian eines solchen Eies entnommener Durchschnitt mag uns ein übersichtliches Bild von der Vertheilung und Entwickelungsstufe der Form- elemente geben (Fig. 1). Die Zellen der Decke sind im ganzen Eie die kleinsten und in ihrer Entwickelung am weitesten vorgeschritten. Sie sind rundlich oder läng- lich und zeigen zahlreiche hellglänzende Körnchen rings um einen cen- tralen, hellen und kreisrunden Kern gelagert. An in Chromsäure erhär- teten Präparaten lässt sich an ihnen nur selten ein deutlicher Grenzcon- tour unterscheiden, sondern es bilden die Körnchen an der äusseren Umrandung der Zelle mehr oder minder unregelmässige Vorsprünge. Die Körnchen sind offenbar nur Reste der Dotterplätichen, die im Laufe der Entwickelung an Grösse verloren und ihre Gestalt verändert haben. Sie erscheinen wenigstens an in Ghromsäure erhärteten Präparaten viel hel- ler und glänzender als die ursprünglichen Plättchen, sie sind oft mehr als um das Doppelte verkleinert, liegen nicht mehr so dicht aneinander wie in den grösseren Furchungskugeln, wo sie noch unverändert zu finden sind, und sehen nach verschiedenen Richtungen verjüngt, wie abgeschlif- fen aus. Je jünger die Zelle ist, um so grösser und um so weniger verändert sind die Dotterblättchen in ihr. Es liegt in diesem Umstande ein wichti- ger Anhaltspunkt für unser Urtheil. Denn wenn wir später an irgend einer Eistelle nebeneinander zwei Zellen mit sehr differenten Körnchen finden, so können wir mit Bestimmtheit aussagen, dass sie nicht ur- sprünglich nebeneinander gelegen seien, weil die Entwickelung der Zel- len, wie dies schon in der Furchung angedeutet ist, vom oberen Pole aus- geht und olıne Sprünge zu machen sich nach abwärts ausdehnt. An der obersten der Furchungshöhle zugekehrten Seite des Bodens sind die Zellen grösser als in der Decke, aber noch immer rundlich. Von diesen letzteren müssen wir nur jene, die der Circumferenz des Eies oder dem directen Uebergange der Decke in den Boden angehören, als die kleineren unterscheiden. In dem Reste des unteren Eiabschnittes werden die Zellen am gröss- ten, und sind sie daselbst nicht mehr rundlich, sondern platten sich ge- genseitig ab. An dem Eie, so wie wir es jetzt vor Augen haben, ist die Decke der Höhle überall gleich dünn, und wenn sie in Ghromsäure erhärtet wird, auch durchscheinend. Sie zeigt auf dem Querschnitte 4—6 gleichartige Zellen in der Tiefe, die noch so unregelmässig nebeneinanderliegen, dass von einer Theilung in Schichten oder Blätter noch nicht die Rede sein kann. Wir thun daher gut sie vorläufig als eine Hauptschichte zu bezeich- nen im Gegensatze zu einer zweiten Schichte jüngeren Ursprungs, die sehr bald an ihre Innenfläche herantritt (Fig. 2). 317 Remak führt an, dass die oberflächlichen Zellen des Bodens an die Innenfläche der Decke heranstreben, ohne sich daselbst zu erreichen, und schenkt diesem Umstande keine weitere Beachtung. Es ist dieses Heranstreben der Zellen ein höchst räthselhafter Vor- gang, der mir, bevor ich über dessen Bedeutung ins Klare kam, das Ver- ständniss der Entwickelung wesentlich erschwerte. Die Zellen, welche früher in horizontaler Lage die Höhle nach unten begrenzen halfen, bewegen sich allmählig längs der Innenfläche der Decke hinauf und legen sich daselbst innig an. Bricht man die letztere auf, um sie von der Innenseite zu betrachten, so findet man sie an den Stellen, wo die Anlagerung bereits stattgefunden hat, durch die grossen mosaik- artig hervortretenden Zellen verdickt. Man überzeugt sich aber auch gleichzeitig, dass dieses nicht an der ganzen Circumferenz der Fall ist, sondern nur an einer seitlichen Deckenhälfte, die ich der Kürze wegen die Rückenhälfte nennen will. Die ganze Anlagerung hat einen nach oben gekehrten convexen Rand, dessen Enden zum Boden der Furchungshöhle zurückkehren. Ein dünner Durchschnitt zeigt, dass die Decke an entsprechender Stelle aus zwei sehr differenten Schichten bestehe, deren äussere wir bereits als Hauptschichte kennen, und deren innere aus grösseren noch ziemlich grosse Dotterblätichen bergenden Zellen zusammehgesetzi ist (vergl. Fig. 6). Während sich diese innere gewöhnlich aus drei Zellenreihen be- stehende Anlagerung gegen den oberen Pol hin ausdehnt, schreitet die braune Färbung immer weiter nach abwärts, bis sie sich zunächst an der Rückenhälfte, wo diese Veränderung rascher abläuft, in einer den unteren Pol umgebenden gebogenen Furche vom weissen Felde abgrenzt. Hand in Hand mit dieser Färbung geht auch die Verkleinerung der Zellen, und reicht diese nach einer Zählung an mehreren Präparaten auf etwa acht bis neun kleinere Zellen in die Tiefe. Ein Horizontalabschnitt aus dem untersten Eidrittel, welcher an der bereits braunen Rückenbhälfte einsetzt und an der entgegengesetzten noch weissen Hälfte ausfährt, bringt uns ein Bild zu Stande, ähnlich dem, wie es von Reichert‘) als allgemein gültig gezeichnet wurde. Von der braunen Oberfläche ausgehend füllen die kleineren Zellen ein Segment der kreisförmigen Schnittfläche aus, welche also dem Keim- hügel entsprechend sich fast geradelinig gegen das andere mit grösseren Zellen gefüllte Segment abgrenzen. Fällt der Schnitt höher hinauf, so ändert sich das Bild insofern, als die kleineren Zellen nur in geringerer Tiefe entsprechend der Rinden- schichte Reicher!’s die ganze Circumferenz des Schnittes einnehmen, wäh- rend die grösseren Zellen nur noch das Centrum halten. Noch höher hin- 1) Entwickelungsleben im Wirbelthierreiche. Zeitschr. f. wissensch. Zoologie. XI. Bd. 21 318 auf bringt der Horizontalabsehnitt nur kleinere Zellen zur Anschauung, so lange bis er endlich die Furchungshöhle trifft. Ich finde keine passendere Bezeichnung, um in einem solchen Eie das Verhältniss der Zellen des Bodens auszudrücken und gleichzeitig jene besonders hervorzuheben, aus welchen sich der centrale Theil des Ner- ven- und Knochensystems abscheidet, als in den Begriffen Keimhügel, Rindenschichte und centrale Dottermasse. Der letztere Ausdruck braucht unsere Begriffe über das Ei nicht zu verwirren. Wenn wir auch fest daran halten, dass das ganze Ki in den Embryo übergeht, so dürfen wir doch eine Zellenmasse, die mitten in einer mehr weniger braun gefärbten Umgebung noch ihre weisse Farbe beibehält, die im ganzen Eie auf der niedrigsten Bildungsstufe steht, und die, wie die weitere Entwickelung iehrt, nicht als Uranlage eines einzigen Systems betrachtet werden kann, vorläufig als Dottermasse bezeichnen, im Gegensatze zu allen anderen Zellen, welche schon jetzt einer bestimmten Organgruppe zugewiesen sind. Es kommt uns dabei nur zu Gute, dass wir wenigstens theilweise eine Vorstellung davon haben, in welcher Weise jene Doltermasse ver- werthet wird. Nachdem wir uns in solcher Weise die Vertheilung der Zellen klar vor Augen halten können, will ich mit Zuhilfenahme einer Reihe von Querschnitten der Entwickelung der Visceralhöhle folgen. Ein dünner und senkrecht auf die gehogene Furche Ruscon?’s geführ- ter Schnitt zeigt auf das Bestimmteste, dass sie ihre Entstehung nur einer Trennung des Zusammenhangs verdanke. Es erscheint auf der Schnitt- fläche eine dreieckige Spalte mit nach aussen gekehrter Basis, die auf der einen Seite von kleinen, und auf der anderen Seite von grösse- ren Zellen begrenzt ist. Vergleicht man verschiedene Präparate, so findet man die Spitze der Spalte zuweilen zwischen zwei Zellen hineinreichen, die noch mit der einen dem Centrum zugekehrten Hälfte. aneinander lie- gen. Ein solches Bild kann durch eine Einstülpung nie zu Stande kom- men, sondern darf nur als Trennung des Zusammenhanges aufgefasst werden. Es haben sich einzelne grössere Zellen von einzelnen kleineren Zellen entfernt, oder was dasselbe ist, der Keimhügel hat sich an seinem untersten Ende von der centralen Dottermasse abgehoben. Die dreieckige Spalte bleibt längere Zeit unverändert, nur dehnt sich ihre Spitze immer weiter nach aufwärts. Sie schreitet längs der in- neren Grenze des Keimhügels hinauf, und stösst endlich an dessen ober- ster Grenze angelangt an jene Zellenschichte, welche sich an die Innen- fläche der Decke angelegt hat. Sie tritt dann in die genannte Schichte hinein, und indem sie die letztere in zwei Blätter spaltet, entwickelt sie sich parallel der ursprünglichen Höhlendecke weiter. (Fig. 2, 3, &.) Bricht man die letziere gegenwärtig auf, so merkt man von der Fur- chungshöhle aus gar nicht, dass in oder an der Zellenanlagerung eine Veränderung vor sich gegangen sei. Auf einem dünnen Durchschnitte 319 aber findet man die, wie schon bemerkt, aus drei grossen Zellen in der Tiefe bestehende Anlagerung bis auf eine gewisse Höhe hinauf in zwei Lagen getrennt, deren eine aus zwei Zellenreihen bestehend an der ursprüng- lichen Decke, das ist an der ersten Hauptschichte haften bleibt, deren andere aber nur aus einer Zellenreihe besteht, welche von der ersteren durch eine Spalte getrennt ist und als Scheidewand zwischen dieser Spalte und der Furchungshöhle aufgefasst werden kann. An der Spitze der Spalte treffen sich beide Lagen wieder und bilden vereint den freien Rand der Anlagerung. Dieser strebt immer höher hin- auf, überschreitet den Pol, steigt auf der anderen Deckenhälfte nach ab- wärts und erreicht endlich nahe am unteren Rande der letzteren die auch hier zu geringer Höhe herangestrebten oberflächlichen Zellen des Bodens. Hinter dem freien Rande her schreitet die Spaltung, und es kommt in Folge dessen ein unterhalb der ganzen ursprünglichen Decke sich aus- dehnender und mit ihr paralleler schirmartiger Raum zu Stande, der an einer Deckenhälfte blind endigt, an der anderen aber in die Spalte zwi- schen dem Keimhügel und der centralen Dottermasse übergeht. Bricht man die Furchungshöhle auf, so merkt man auch jetzt noch an der Innenfläche der Decke keine Veriadenmd, nur löst sich an er- härteten Eiern die ganze Decke von selbst in zwei Lamellen und zwar in eine äussere dickere und in eine innere dünnere. * In einer Zeit von wenigen Stunden buchtet sich diese innere Lamelle so sehr gegen die Furchungshöhle vor, dass man zwei Höhlen vor sich hat. Die zur Höhle erweiterte Spalte kommt nach oben zu liegen, die verkleinerte Furchungshöhle nach unten!) (Fig. 5). Während dieser Vorgänge rückte die braune Färbung an der der Rückenhälfte entgegengesetzten Seite gleichfalls in die Nähe des unteren Pols, wird dort durch eine ebenfalls gebogene Furche begrenzt, und da- durch die erste zu einem Kreise ergänzt. Innerhalb dieses Kreises liegt nun noch weisses aus grossen Zellen zusammengesetzties Feld, welches ringsherum durch eben die kreisförmige Furche von den braunen kleinen Zellen abgehoben ist, gegen das Gentrum aber mit der centralen Dotier- masse in Verbindung steht. Sowie die erste gebogene Furche längs des Keimhügels, setzt sich die zweite oder ihre Ergänzung längs der inne- ren Grenze der Rindenschichte nach aufwärts fort, erreicht aber nur eine | sehr geringe Höhe, wo sie blind endigt (vergl. Fig. 4). Die schirmartige Spalte erlangt demgemäss eine Verlängerung über ‚ den unteren Pol binaus auf die entgegengesetzte Rihälfte hinüber, und ‚ wird die Continuität der Spalte oder Visceralhöhle nur dadurch unter- brochen, dass die innerhalb der kreisförmigen Furche zu Tage tretende ı weisse Masse noch mit der centralen Dottermasse in Verbindung steht. ‚Die kreisförmige Furche ist jetzt zu einem Ganale umgestaltet, der die 'Visceralhöhle mit der Aussenwelt verbinden würde, wenn er no. 4) Vergleiche Remak. S. A44. 0) | * ne 320 wäre. Das ist aber nicht der Fall, sondern die weisse Masse, die ihn aus- füllt, Dotterpfropf nach Eckert, ist darin so eingekeilt, dass man auf dem Durchschnitte nur aus der Differenz der Färbung auf das Vorhandensein desselben schliessen kann. Dieses Verhältniss kommt alsobald zu Stande als das doßs oberen Pol zuschreitende blinde Ende der Spalte sich in etwas erweitert, denn dann schon verkleinert sich die kreisförmige Furche oder besser der Canal so sehr, dass die früher auf dem Durchschnitte dreieckig erschie- nene Spalte schwindet, und weisse und braune Masse liegen wieder dicht aneinander. Nun sich die Visceralhöhle in ihrem ganzen Umfange erweitert, reisst die Verbindung zwischen der centralen Dottermasse und dem eingekeil- ten Pfropfe ab und man findet noch ein kleines weisses Pünktchen an der Oberfläche, während die genannte Trennung schon vor sich gegan- gen ist. Wenn wir nach dieser Darstellung auf den Entwickelungsgang der Visceralhöhle zurückblicken, so scheint es vollkommen unmöglich den- selben mit den Theorien Remak’s in Zusammenhang zu bringen. Theilen wir uns behufs einer leichteren Uebersicht diese Höhle in zwei Hälften, und nehmen wir den Theil, der sich innerhalb des Bodens der Furchungshöhle bewegt, als die erste Hälfte, den Rest derselben aber als die zweite Hälfte. Wenn in der ursprünglichen Decke der Furchungshöble wirklich, wie Remak behauptet, die Anlage eines sensoriellen und motorischen Blattes zu suchen wäre, an welche sich das eingestülpte Blatt nur anzu- legen brauchte um das Axenblatt zu vollenden, so müssten die an die Decke herangestrebten Zellen, deren Existenz doch Remak selbst auf- deckte, durch die vorrückende Einstülpung so lange fortgeschoben wer- den, bis sie wieder in dieselbe Horizontalebene anlangen, von der sie ausgegangen sind. Ich halte es für überflüssig die zahlreichen Beweise, die sich gegen das Vorhandensein eines solchen Processes auffinden lassen, anzuführen, da sich hier das bestimmte Factum entgegenhalten lässt, dass die hinauf- gerückten Zellen den Platz, den sie einmal an der Decke einnehmen, nicht mehr verlassen, und dass sie sich endlich in zwei Blätter spalten, in denen eben alles Materiale gelegen ist, was an betreffender Stelle für die Organanlagen nöthig ist. Für die obere Hälfte der Visceralhöhle und respective des Axenblat- tes kann also von einer Einstülpung keine Rede sein. Dass die erste Furche, aus. welcher diese Höhle ihre Entstehung nimmt, aus einer Tren- nung des Zusammenhanges früher verbundener Zellen hervorgegangen sei, habe ich bereits oben gezeigt, und es bliebe für eine etwaige Ein- line nur das Stück übrig, welches zwischen der ersten Furche und der zweiten oberen Hälfte zu liegen kommt. Hier lässt sich der Gegenbe- 321 weis schwerer herstellen, weil der Durchschnitt nur eben ein mit einer schmalen Spalte versehenes Feld von Zellen zur Ansicht bringt, wobei sich schwer aussagen lässt, wie diese Spalte zu Stande gekommen sei. Wenn indess jemand behaupten will, es habe hier eine Einstülpung statt- gefunden, so liegt es an ihm es zu beweisen, und das thut eigentlich Re- mak nicht. Er sagt wohl, die Wände der Höhle seien glatt und weiss gefärbt, was also eine Folge des ein- und umgestülpten weissen Feldes sein soll. Die Glätte zunächst kann aber durchaus als kein Beweis zu seinen Gun- sten angesehen werden, weil doch früher bewiesen werden müsste, dass die Wände, wenn durch einfaches Auseinanderweichen der Zellen ent- standen, nicht auch glatt sein können. Die Angabe über die’ weisse Farbe ist ferner nur sehr vorsichtig aufzunehmen. Es muss zunächst berück- sichtigt werden, dass sich die Spalte an der Grenze zwischen braunen und weissen Zellen bewegt, dass also eine Wand derselben immerhin schon weiss sein muss, wenn diese Zellen nur auseinanderweichen. Die andere Wand, das ist jene, welche dem Axenblatte angehört, sehe ich hei Kröten, wenn die Spalte nur einige Ausdehnung gewonnen hat, braun ge- färbt. Wenn ich nun auch im Vertrauen auf die Beobachtungen Remak'’s zu- gebe, dass er sie bei Rana weiss gefärbt angetroffen hat, so würde ich mir daraus keinen Schluss erlauben, weil ich doch nicht wissen kann, ob bei dem Auseinanderweichen der Zellen nicht eine Reihe weissgefärbier auf der äusseren Seite der Spalte zu liegen kamen. Dass sich das weisse Feldchen mit der Vergrösserung der Visceral- höhle verkleinert, kann endlich die Ansichten Remal’s ebensowenig unterstützen, da es doch evident ist, dass die es umgebende Furche kleiner wird. Wenn ein Canal, der durch einen Propf ausgefüllt wird, sich verengert, so muss sich der Propf verschmächtigen, sei es, dass er nachgibt und ausweicht, oder durch den ausgeübten Druck zum Schwin- den gebracht wird. Für das Letztere spricht aber in dem gegebenen Falle das früher erwähnte Verhältniss zwischen dem Pfropfe und seiner Umgebung. Es ist demgemäss vorläufig kein Grund vorhanden, auch nur für einen Theil der Visceralhöhle die so compiieirte Entstehungsweise durch Einstülpung anzunehmen. Wir müssen uns vielmehr daran halten, was wir wirklich sehen, und das ist, dass sich der Keimhügel von der gebo- genen Furche ausgehend von der centralen Dottermasse abhebt und der schirmartige Raum, der dadurch entsteht, ist die erste Hälfte der Visceral- höhle. In dem Keimhügel selbst ist aber alles Materiale, um daraus durch einfache Schichtbildung die Theile des Axenblattes zu vollenden. Es scheidet sich daraus eine äusserste einzellige, dann zwei breite mehrzel- lige, und dann abermals eine innerste einzellige Lage ab. In der zweiten Hälfte der Visceralhöhle sind die Verhältnisse nur dadurch verschieden, dass das abgehobene Axenbhlatit keine centrale Dottermasse zurückliess, 322 sondern eine einzellige Scheidewand zwischen jener und der Furchungs- höhle. Die Trennung in vier Schichten findet auch in der oberen Hälfte des Axenblattes statt, und zwar ganz entsprechend denen der unteren Hälfte. Gute Durchschnitte geben hier den bestimmtesten Nachweis, dass der Theil, den wir früher als Hauptschichte bezeichneten, nur in zwei, Lagen zerfalle, nehmlich in eine äussere einzellige und in eine innere breitere. Die anderen zwei Lagen aber entstehen aus dem nach der Spaltbildung an der Hauptschichte haften gebliebenen Theil der Zellenanlagerung. Diese letzteren differiren stellenweise an Breite gar nicht, sie er- scheinen aber auf Durchschnitten als directe Fortsetzungen der zwei in- nersten Lagen der unteren Hälfte des Axenblattes, und wir können nichts Anderes darin suchen als die Auskleidung der Nahrungshöhle oder das »rüsenblatt nach Remak einerseits, und die Knorpel oder Wirbelanlage andererseits, gleichwie von den beiden Lagen der Hauptschichte die in- nere breitere zu eigentlicher Nervenanlage wird, die äussere einzellige aber mit der Umhüllungshaut Reichert oder dem Hornblatte Remak iden- tisch ist. Bevor ich auf den Werth der einzelnen Schichten eingehe, will ich noch einmal auf die so oft erwähnte Zellenanlagerung zurückkommen. Es muss hier die Frage aufgeworfen werden, auf welchem Wege die Zellen aus ihrer horizontalen Lage an die senkrechte Deckenwand hinan- kommen. Als einen Beitrag zur Lösung dieser Frage kann wohl der eine Anhaltspunkt gelten, dass Zellen, die sich einmal angelegt haben, von ihrem Platze nicht mehr weichen, sondern daselbst als Anlage des noch vereinigten Drüsen- und motorischen Blattes verbleiben. Wenn nun der Rand der Anlagerung immer höher hinaufstrebt, so muss der Zufluss an Materiale an diesem selbst stattfinden, und die Möglichkeit dazu ist gege- ben, weil die Enden des nach oben convexen Randes zum Boden der Furchungshöhle zurückkehren. Angesichts dieser Verhältnisse dürfen wir auch auf den Umstand besondere Rücksicht nehmen, dass an der der Furchungshöhle zugekehr- ten Seite des Bodens verkleinerte rundliche Zellen angehäuft waren, die doch eigentlich nur dort vorkommen, wo sie für irgend ein Organ präfor- mirt sind. Der einzige Weg, den wir für ihre Verwerthung in so früher Zeit auffinden können, ist aber nur der, dass sie längs der Decke heran- rücken. Wir hätten somit eine bestimmte Vorstellung, in welcher Weise ein Theil der centralen Dotiermasse an den Rückentheil des Embryo neues Materiale heranführt. Da ferner aus dem ietzteren zwei so differente Or- gane, wie die Auskleidung der Visceralhöble und die Knorpelanlage ihre Entstehung nehmen, ohne dass dabei die ganze centrale Zellenmasse ver- wendet würde, können wir auch einsehen, inwieweit es aus früher an- u ——— 323 geführten Motiven berechtigt sei, von einer centralen Dotlermasse zu sprechen. Folgen wir noch dem Reste der Entwickelung, welche um diese Zeit abläuft, und betrachten wir die Visceralhöhle wie sie sowohl oben als unten über die Rückenhälfte hinaus auf die andere Seite hinüber oder respective von vorne und rückwärts nach abwärts reicht, so umgibt sie, wenn wir von der bereits sehr verkleinerten Furchungshöhle abstrahiren, mehr als halbkreisförmig den Rest der Dottermasse, die nun zwischen der Auskleidung der Visceralböhle und der als Rindenschichte bezeichne- ten Zellenmasse eingekeilt liegt. Die Rindenschichte selbst zerfällt in drei verschiedene Lagen und zwar in zwei äussere einzellige und eine in- nere breitere '), welche in die centrale Zellenmasse übergeht. Mit diesem Vorgange hat die erste Gruppirung der Zellen zu Organ- lagen abgeschlossen, und jetzt wird es an der Zeit sein ihren Werth nochmals zu prüfen. Die äusserste braune Schichte uAıgibt in der Breite von nur einer Zelle das ganze Ei. Behandelt man dasselbe mit verdünntem Alkohol, so kann man, wie es schon Reichert dargesteilt hat, diese Schichte selbst- ständig ablösen, sie als zusammenhängende Membran isoliren. | Bei anders gearteien Erhärtungsinethoden gelang mir aber eine ‚solche Ablösung niemals. Remak bezeichnet diese Schichte als Hornblatt, Reichert aber als Umhüllungshaut. Ich will mich gestützt auf die Ablös- barkeit derselben des letzteren Ausdruckes bedienen, da er, wenn man ihm keine weitere Bedeutung beilegt, doch nur das ausdrückt, was man um eben diese Zeit wahrnehmen kann, dass man nänvlich eine Membran findet, welche das ganze Ei einhüllt. Die zweite Schichte nach innen umgibt gleichfalls das ganze Ei, ist aber an verschiedenen Stellen von verschiedener Dicke. Wenn wir von dem Dotterpfropfe aus über die Mitte der Rückenhälfte eine Linie gegen den oberen Pol ziehen, so fällt das mittlere Drittel derselben auf jene Stelle, wo diese zweite Schichte am dicksten ist. Nach abwärts gegen den Dotterpfropf verschmächtigt sie sich allmählig, nach den Seiten und nach vorne hin aber so rasch, dass sie bald nur als eine einzige Lage kleiner Zellen das Ei umschliesst. Der dickste Tbeil manifestiri sich bald als die Anlage des Gehirns, und seine Verlängerung gegen den Dotter- piropf als Rest des centralen Nervensysten:s. Was den übrigen periphe- ren Theil dieser Schichte anlangt, so möchte ich ihn vorläufig mit dem unbestimmten Namen eines peripheren Theiles der eigentlichen Nerven- anlage bezeichnet lassen, weil das eben wieder demjenigen entspricht, was man bei der in Rede stehenden Entwickelungsstufe wahrneh- men kann. ' Die dritte Schichte unıgibt gleichfalls das ganze Ei und ist ebenfalls von sehr verschiedener Dicke. Ihre grösste Entwickelung gewinnt sie in 4) Peripherer Theil des äusseren und mittleren Keimblattes nach Remak. 32% der Umgebung des Dotterpiropfes. Bricht man das Axenblatt auf und be- trachtet man dasselbe von der Innenfläche, so findet man die Umgehung des bereits auf ein sehr enges Lumen reducirten und noch mit einem kleinen Pfröpfchen obturirten Ganälchens wallartig erhoben. Es ist ein in der Mitte vertiefter Knopf, der bei Buffonen so bedeutend wird, dass er die relativ sehr weite Visceralhöhle nahezu unwegsam macht. Schnei- det man den Knopf durch, so findet man, dass die äusserste einzellige Lage, Umhüllungshaut, durch das enge Ganälchen durch in die einzellige Auskleidung der Höhle übergeht, die zweite Schichte von aussen, Nerven- anlage, erscheint sehr dünn, auf eine Zellenlage reducirt, und die Haupt- masse des Walles ist in einer Wucherung der dritten Schichte begründet. Von hier nach vorne nimmt diese an Dicke ab und wird endlich unter dem Gehirne zu einem einzelligen Blatte. Nach den Seiten hin und über die Hirngegend hinaus wird sie breiter und geht in die Peripherie der centralen Zellenmassen über. Es braucht kaum erwähnt zu werden, dass die dritte Schichte die Wirbelanlagen enthält, aber das im Auge behalten verdient der früher erwähnte Knopf eine besondere Beachtung. Gleichwie die Ner- venanlage sich an einer Stelle verdickt, die dem zukünftigen vorder- sten Thierende entspricht, gewinnt die Wirbelanlage an dem entgegen- gesetzten Ende ihre grösste Masse, und verjüngen sich beide Anlagen in entgegengesetzten Richtungen. Der Knopf verdient aber auch in anderer Beziehung berücksichtigt zu werden, indem er für jene Zeit, während welcher das Axenblatt weder an der äusseren noch an der inneren Fläche kaum eine Spur der sich in den mittleren Schichten vorbereitenden Bil- dungen erkennen lässt, einen sicheren Anhaltspunkt gewährt, nach wel- cher Richtung eingeschnitten werden muss, um der bedachten Verände- rungen ansichtig zu werden. Von welcher Bedeutung aber eine richtige Schnittführung für die Beurtheilung der Emhryonalanlagen werden kann, will ich in einem nächsten Aufsatze ausführlicher beleuchten. Wien, im October 1861. Erklärung der Abbildungen. Taf. XXVI. Fig. 1—5 stellen je einen dem Meridian entnommenen Eidurchschnitt dar entspre- chend 5 verschiedenen aufeinanderfolgenden Entwickelungsstufen. F ist die Furchungshöhle Baer’s. N die Nahrungshöhle, die in Fig. 2 mit einer auf dem Schnitte dreiecki- gen Spalte anfängt. P bezeichnet das weisse Feld am untern Pol oder den Pfropf nach Ecker. D Decke der Furchungshöhle. A in Fig. 4 und 5 das Axenblatt nach Remak. Z in 2, 3 und 4 die an die Decke heranstrebenden Zellen. KK den in der Mitte vertieften Knopf. Fig. 4 stellt einen Durchschnitt aus der Decke der Furchungshöhle bei 200maliger Vergrösserung dar. Fig. 5 endlich einen Durchschnitt durch ein Axenblatt aus einem dem Alter nach der Fig. 4 entsprechenden Eie, und einer daselbst durch den Pfeil bezeichne- . ten Höhe. Sn m a ——n hen ELENA Pe 0 Ze Er EEE Neue Beiträge zur vergleichenden Anatomie der Milz. Von Dr. Theodor Billroth, Professor der Chirurgie in Zürich. Mit Tafel XX VI. Wenngleich es bei der Wiederaufnahme meiner Studien über die Milz nicht die Absicht war, dieselben wieder auf die Thiermilzen auszu- dehnen, so musste ich doch bei den Injectionen vielfach solche zu Hülfe nehmen, weil ohne diesen Vergleich die Resultate, welche man an der ee Ahrchln Milz gewinnt, kaum verständlich sind. Die mancherlei Verschiedenheiten , welche sich hierbei vorfanden, ergänzen sich gegen- seitlig zu einem wie ich glaube jetzt ganz klaren Bilde über den Bau die- ses merkwürdigen Organs und zumal über die Art des Kreislaufs in demselben. Die Resultate, welche ich bei weiteren Untersuchungen kran- ker und gesunder menschlicher Milzen gewonnen habe, werde ich in Virchow's Archiv (Bd. 23) mittheilen, habe jedoch, um jenem Aufsatz keinen zu grossen Umfang zu geben, die Untersuchung der Thiermil- zen abgezweigt. Es liegt mir fern die Uelersohiede in den äusseren Verhältnissen der Milz, in Grösse, Form, Farbe durch das Thierreich hier verfolgen zu wollen, sondern ich theile hier nur die Unterschiede in dem feineren Bau dieses Organs mit, Unterschiede, die zuweilen auf den ersten Blick so be- deutend erscheinen können, dass man es mit einem ganz anderen Organ zu thun zu haben meint. — Um mich nicht in vielen Wiederholungen zu ergehen, muss ich die Kenntniss meines Aufsatzes in Virchow’s Archiv (Bd. 20) voraussetzen. 1. Das Balkengerüst. : Schon die Ansicht mit freiem Auge zeigt, dass die Milz beim Och- n, Schaf, Schwein reicher an Balken ist, als beim Kaninchen, Hund, Katze, Huhn, Hecht; die Milzen der erstgenannten Thiere sind daher auch fester als die der letztgenannten. Viel auffallender tritt dies noch bei den feinen Abschnitten von Milzen hervor, welche man von erhärte- ten Präparaten für das Mikroskop zubereitet hat. Die Milz des Hundes 326 und der Katze hat etwas mehr und verhältnissmässig stärkere Balken (mit schönen Muskeln) als die Milz des Menschen ; sehr schwach sind sie beim Kaninchen, beim Huhn und beim Hecht entwickelt. Die Milz des Ochsen zeigt dagegen eine Unzahl von kleineren Trabekeln, durch welche das Milzgewebe in kleinste Abschnitte getrennt wird, ebenso die Milz des Schafs, weniger die des Schweins. Dies kleinere Trabekelnetz erscheint an den erhärteten Präparaten wie in Fig. aaa (Vergrösserung 400) und man würde ohne Hülfe anderer Untersuchungsmethoden im Unklaren bleiben, woraus diese Balken bestehen und ob dies wirklich feinere Balken sind; bald machen sie den Eindruck von collabirten Capillaren, bald von Bindegewebe, bald von Muskelzellen. Um dies zu eruiren legte ich eine mässig ausgeschabte Schafsmilz in eine Mischung von gleichen Theilen Holzessig und Wasser, und untersuchte nach 48 Stunden die kleinen Penicilli mit der anhängenden Milzpulpe; ich suchte die Arterienpinsel möglichst von Zellen zu befreien und bekam nun in der Pulpe schöne mus- kulöse Faserzellen mit deutlich stübchenförmigen geschlängelten Kernen zur Ansicht, welche wesentlich dies feine Trabekelwerk zusammenzu- setzen scheinen; doch besteht das bei der Erhärtungsmethode als feineres Balkennetz erscheinende Gerüst auch zum Theil sicher aus Gapilla- ren, auch wohl aus grauen Nerven, welche Gewehe durch die lang- dauernde Einwirkung des Alkohols, deren man zur vollkommenen Er- härtung des Milzgewebes bedarf, oft zur Unkenntlichkeit zusammen- schrumpfen, und weder durch Glycerin, noch durch Garminfärbung, noch durch Essigsäure oder Natron völlig klar gemacht werden können. Jedenfalls besteht aber der grösste Theil dieses feinen Gerüstes aus eng aneinanderliegenden, zum Theil auch wohl verästelten Muskelfaserzellen. 2. Das Nilzgewebe. Das Milzgewebe oder intervaskuläre Netzgewebe (wie ich es. c. genannt habe) ist bei denjenigen Milzen, welche die eben erwähnten feineren Trabekel haben, sehr reichlich entwickelt (Fig. 1), viel- leicht um das vierfache reichlicher als bei denjenigen, welche nur die gröberen Balken enthalten, so dass die Gefässe und zumal die Venen in ersteren bedeutend weiter auseinanderliegen als in letzteren; hiermit fällt noch ein anderer Unterschied zusammen, nämlich der, dass in der Ochsen-, Schaf-, Schweine-Milz die Venen lange einen dicken Durch- messer behalten und dann rasch in eine Anzahl kurzer Aeste zerfahren (besser: daraus entstehen), so dass man auf einem mikroskopischen Präparat eine grosse Anzahl oft ziemlich weit auseinander liegender Ge- fässlumina von äusserst verschiedenem Durchmesser wahrnimmt. Bein Kaninchen dagegen ist das Bild wie beim Menschen ; man sieht dass die ganze Milzpulpe aus ziemlich gleich dicken Ganälen (capillären Venen, Milzvenenplexus, Milzcanäle) besteht wie beim Menschen. (Vergl. Fig. 2 und 3 mit den Abbildungen der menschlichen Milz in Virchow’s Archiv. 327 Bd. 20. Taf. XU. Fig. 1 u. 2). Diese äusserst instruciiven Präparate von der Kaninchenmilz verschafft man sich auf folgende Weise: man legt die Milz eines ziemlich ausgewachsenen Kaninchens 48 Stunden lang in eine schwache Lösung von chroms. Kali, dann giesst man diese ab, ad thut Alkohol darauf; in 4—6 Tagen ist wank Milz prächtig schaidifähig: feine Abschnitte w erden mit Glycerin untersucht. Diese Präparate vom Kanin- chen zeigen deshalb so leicht den Venenplexus der Milz, - weil das inter- vaskuläre Gewebe fast immer mit gelbbräunlichem Pigment durchsetzt ist, und sich dadurch sehr deutlich markirt. Das feine Netzwerk des Milzgewebes geht freilich durch das chroms. Kali grösstentheils verloren, doch werden die Zellen um so schöner. Was das letzierwähnte Netzwerk‘ mit den Lymphzellen in den Maschen betrifft, so wollen wir dasselbe jetzt einfach Milzgewebenen- nen, da dies den eigenthümlichsten und für den Stoffwechsel in der Milz offenbar wesentlichsten Theil des Organs bildet. Das Netz selbst zeigt bei verschiedenen Thieren in seiner Form keine besonders zu erwähnenden Verschiedenheiten, ausser in den Durchmessern der Maschen, welche von der Grösse der Blut- und Lympbhzellen abhängig scheint (vergleiche hier- über meine erste Milzarbeit in Müller’s Archiv. Jahrg. 1857). Die Schwie- rigkeiten in der Darstellung dieses Gewebes sind bei allen Milzen diesel- ben und das Gelingen der Erhärtung ist von vielen Zufälligkeiten abhän- eig; oft tritt es an einem und demselben erhärteten Stück sehr leicht hervor, oft ist es gar nicht herauszubringen ; die Ursache hievon liegt in dem verschieden leichten Eindringen der erhärtenden Flüssigkeit in das Milzstück; am gleichmässigsten würde man dies Eindringen der Er- härtungsflüssigkeit erreichen, wenn man sie (schwachen Alkohol, schwache Chromsäurelösung) in die Vene injieirte; ich habe dies auf den Rath von His mit gutem Erfolg bei weichen menschlichen Milzen angewandt. 3. Die Arterien und die Capillaren. Die gröbere Anordnung der Milzarterie, die Art ihrer Verästelung und das Verhältniss dieser Aeste zu den Balken ist bekannt, ebenso dass die mit dem freien Auge noch sichtbaren letzten Stämmchen sehr rasch in eine grosse Anzahl feinerer Aeste zerfahren, und dass dadurch an aus- gewachsenen Milzen (zumal des Schafs) die sogen. Penicilli entstehen, welche schon von alten Anatomen (unter Andern auch von Kuysch) präch- tig abgebildet sind. Ueber das Verhältniss der Milzbläschen zu den klei- nen Arterienästen, welche die Haare der sogen. Pinsel bilden, ist zu er- wähnen, dass die frühere Annahme, die Bläschen hingen den Arterien an, falsch ist, vielmehr letztere meist ziemlich genau centrisch, seltner etwas excentrisch in den Bläschen liegen. Die kleinen Arterien der Penicilli geben innerhalb der Bläschen eine ziemlich grosse Anzahl von Capillaren ab; welche meist aus einem seitlich aus der Arterie austretenden Ast ent- 328 stehen ; diese Capillaren bilden ein unregelmässiges Netz in dem Bläschen, und treten dann an vielen Stellen durch das Bläschen hindurch in das Milzgewebe ein. Diese Gefässvertheilung in einem Milzbläschen kann man nur an gelungenen Injectionspräparaten genau erkennen, die man mit schwacher Vergrösserung untersucht. (Fig.4: Gefässe eines Milzbläschens von einer Katzenmilz bei 20facher Vergrösserung.) Ehe wir hier weiter gehen, ist zu erwähnen, dass durch die eigene Art der Arterienverästelung, nämlich durch den raschen Zerfall eines Stämmchens in viele Aeste und wie hier gleich bemerkt werden kann durch die gleiche Art der Venenentstehung, indem nämlich viele feinere Aeste rasch zu einem Stämmchen confluiren und mehre solche Stömmchen neben dem Schaft des Arterienpinsels zurückfliessen : — einzelne in sich ziemlich geschlossene Gefässdistriete entstehen, die in ähnlicher Weise wie bei den Lebern von Thieren mit wenig entwickeltem Bindegewebe als Milzläppchen bezeichnet werden können. Die Pfortader steht zu dem ganzen Läppchen in demselben Verhältniss wie in der Leber (nur dass sie hier abführendes Gefäss ist), indem ihre Aeste peripherisch um das Läppchen liegen, das Centrum desselben jedoch in der Milz von der Arterie gebildet wird. Im kleinsten Maassstabe wiederholen sich die Pe- nicilli der Arterien in den Milzbläschen;; der arterielle Gefässast liegt cen- tral, die Venen um die Peripherie herum, ein Verhältniss, welches sich ührigens auch an allen Lymphfolliken (Alveolen der Lymphdrüsen, Peyer’- schen Drüsen, Thymuskörnern) wieder findet. Man vergleiche die schematisch gehaltenen Abbildungen von der Leber (Kölliker’s grosse mikroskopische Anatomie Bd. II, 2. Hälfte, pag. 210 u. 211) mit der gleichfalls schematischen Abbildung von der Milz (Henry Gray: on the structure and use of the spleen. London 1854, pag. 114), so wird man die Aehnlichkeit nicht verkennen, zumal haben auch die gröbere Vertheilung der Milzvenen und der Pfortader manches Aehnliche. Die Verwandtschaft im Bau der Milz und der Lymphdrüsen ist freilich eine viel grössere, worauf wir bald zurückkommen. Von dem Reichthum der Gapillaren der Milz hat man ohne gelungene Injectionspräparate gar keine Vorstellung, selbst durch die His’sche Pin- selmethode bringt man an den Milzpräparaten (ausser in den Bläschen) die Capillaren nicht recht heraus. Der Grund hievon liegt wesentlich darin, dass die Gapillaren wie die kleinen und grösseren Milzarterien so stark geschlängelt sind, dass man an sehr feinen Abschnitten erhär- teter Milzstücke, wie man sie zur Darstellung des Milzgewebes braucht, vorwiegend Querschnitte von Capillaren bekommt, und diese in dem netzförmigen Milzgewebe wegen ihrer Kleinheit (und Schrumpfung durch den Alkohol) sehr schwer zu erkennen sind. Den Lauf der kleinen Arte- rien sieht man in Fig. 5 (von einer unvollkommen injicirten Kanin- chenmilz), die Art der Gapillarvertbeilung in Fig. 6 (von einer ziemlich vollständig von der Arterie injieirten Kalbsmilz). Es fällt die starke 329 Schlängelung der Capillaren sofort auf; auch wird man bemerken, dass dieselben selten anastomosiren und daher kein eigentliches Netz bilden. So sind die Verhältnisse in der Ochsen-, Schafs- und Schweinemilz, wo das Milzgewebe reichlich entwickelt ist und mit den Venen den in der Zeichnung freigelassenen Raum ausfüllt. Etwas anders muss sich die Sache in den Milzen mit weniger Netz- gewebe und mit den mehr plexusartig zusammenhängenden Venen ver- halten: beim Menschen, beim Kaninchen etc. Leider ist mir nie eine Capillarinjection an einer Kaninchenmilz gelungen, indess übersieht man die Verhältnisse hier auch an nicht injicirten Präparaten. Die Anordnung der Venen bringt es mit sich, dass hier das Milzgewebe ein dichtes Netz- gerüst bildet (Fig. 3), oder um die Aehnlichkeit mit der Marksubstanz der Lymphdrüsen heranzuziehen, aus netzartig zusammenhängenden Strän- gen von Milzgewebe besteht, in deren Centren die Gapillaren verlaufen, und hier auch wahrscheinlich häufiger untereinander anastomosiren, als dies bei anders gebauten Milzen der Fall ist. Diese Aehnlichkeit in der Anordnung des Milzgewebes und seiner Gapillaren mit den Lymphröhren in der Marksubstanz der Lymphdrüsen und die gleichen Verhältnisse zu den Milzbläschen einerseits und den Alveolen andrerseits ist zuerst von Frey richtig gewürdigt worden (Unter- suchungen über die Lymphdrüsen des Menschen und der Säugethiere pag. 61. Anmerkung), tritt indess an keiner andern Milz so evident her- vor wie an derjenigen des Kaninchens. Weitere Analogien zwischen bei- den Organen bestehen auch in der Anordnung und Ausdehnung des Tra- Der eeals: so arm das Pancreas Aselli des Kaninchens, des Hundes, der Katze an feineren Balken ist, wie die Milz derselben Thiere, so enorm entwickelt ist das Balkengerüst in den Lymphdrüsen des Ochsen und des Schafes analog den gleichen Verhältnissen in der Milz dieser Thiere. Es kommen auch in den Lymphdrüsen bei den Injectionen der Lymphgefässe so verschiedene Bilder bei den verschiedenen Thieren heraus, dass die Resultate auf den ersten Blick ganz verschieden erscheinen. Man ver- gleiche die Abbildungen der Injectionspräparate von Ars (Untersuchungen über den Bau der Lymphdrüsen, Fig. 3—8), welcher vorzüglich Lymph- drüsen von Ochsen benutzte, mit den gleichen Abbildungen bei Frey (l. c. Taf. III), welcher Drüsen vom Kaninchen und Hunden injicirte, so wird man sich von der Verschiedenheit überzeugen, die wesentlich durch die mehr oder weniger reichliche Entwicklung des Balkengerüsts bedingt, und sich bei genauem Vergleichsstudium beider Arbeiten als eine theils scheinbare, theils unwesentliche ergiebt, indem in der, That beide For- scher zu vollkommen gleichen Resultaten in der Hauptsache gekommen sind. — Soll der Vergleich zwischen Milz und Lymphdrüsen, der zuerst mit Ernst wohl von Leydig geltend gemacht wurde, so weit als möglich geführt werden, und die Milzbläschen den Alveo! zn das übrige Milzee- abe den Een der Marksubsianz parallelisirt werden, so würden 330 die Venenplexus mit den Lymphsinus (Ars) oder Umhüllungsräumen (Frey) verglichen werden müssen. Hier zeigt es sich indess, dass keine vollkommne Analogie, sondern nur eine gewisse Aehnlichkeit besteht, denn während die Lymphsinus die Alveolen kapselartig, die Stränge der Marksubstanz cylinderartig umhüllen, findet ein solches Verhältniss in der Milz nicht statt, sondern es ist hier viel einfacher wie sich aus Fig. 3 ergiebt, man hat es hier nicht mit runden Strängen, sondern mit einem mehr cavernösen Balkengewebe zu thun. Ueber eine Art von Umhül- iungsräumen um die Milzbläschen beim Kaninchen siebe unten den Ab- schnitt über diese, Die Structur der Milzarterien und der Capillaren ist keine besondere, nur dass letztere dünnwandiger und zerreisslicher sind als in irgend einem andern Organ. 4. Die Venen. Ausser den Trabekeln bieten sich in keiner Beziehung scheinbar so grosse Differenzen in den verschiedenen Theilen der Milz dar als in den Venenanfängen. Diese Verschiedenheiten bestehen wesentlich in den ver- schiedenen Durchmessern der ersten Venenstännmehen, und in dem län- geren oder kürzeren Gleichbleiben dieses Durchmessers. Auch über diese Verhältnisse kommt man nur durch viele Injectionen ins Klare. Fig. 7, 8, 9, 40 sind Zeichnungen nach Veneninjectionen von der Milz des Schafs, des Schweins, des Hundes und des Huhns, alle bei derselben Vergrösse- rung (20) gezeichnet. Alle diese Venen beginnen mit sehr feinen spitzen Enden, von denen eine grosse Anzahl in ein gemeinsames Stämmchen meist in die Spitze desselben zuweilen mehr seitlich einmünden ; dieser An- fang ist überall gleich, nur dass beim Hund (Fig. 9) und beim Huhn (Fig. 10) die seitlichen Einmündungen vorzuherrschen pflegen. In den Milzen der letztgenannten Thiere behalten nun diese kleinen Anfangsstämmchen der Venen fast immer das gleiche Galiber, anastomosiren untereinander und lassen wenig Raum zwischen sich (für Milzgewebe und Gapillaren), so dass sie einen zierlichen Plexus bilden, dessen Stämmchen unmittelbar sich in einen vielleicht 6 Mal dickeren Venenstamm einsenken (Fig. 10). So sind die Verhältnisse auch beim Kaninchen und beim Menschen. Alle diese Milzen (zugleich mit wenig Trabekeln und wenig Milzgewebe) sind schwer schön zu injiciren, weil die Masse sich mühsam durch das enge und enorm dichte Gefässnetz hindurchdrängen muss, daher leicht das weiche Gewebe zerreisst; auch ist es aus den Zeichnungen schon ersicht- lich, dass eine ganz vollständige Injection dieser Venen mit starker Fül- lung wenig instructiv sein wird, da dann fast Alles aus Injeclionsmasse bestehen würde; für diese Milzen sind daher nur mehr oder weniger frühzeitig abgebrochene Injectionen anwendbar. Anders verhält es sich mit den Venen der Schafs--, Ochsen- und Schweinsmilz. Aus Fig. 7 (Schafsmilz) wird ınan ersehen, dass die klei- 3 nen Anfangsstämmehen der Venen sich sehr rasch in 3—4 Mal dickere Stämme und diese ebenso sich rasch wieder in noch viel dickere einsen- ken, so dass dadurch ein ganz anderes Bild entsteht; diese kurzen dicken Stämme sind für die Schafs- und Ochsenmilz charakteristisch; in der Schweinsmilz finden sich schon gestreckte längere Stämme (Fig. 8) und diese bilden etwa den Uebergang zu der vorher beschriebenen Art der Venenverbreitung (Fig. 9 u. 10). Die Milzen mit Venen wie in Fig. 7 u. 8 haben alle ein stark entwickeltes Trabekelwerk und viel Milzge- webe; sie sind aile verhältnissmässig leicht zu injieiren. Diese Unterschiede in dem mehr oder weniger raschen Zunehmen der Venendurchmesser hat offenbar ein leichteres oder schwereres Ab- fliessen des Blutes zur Folge; der verschieden entwickelte Reichthum an Muskeln in Kapsel und Trabekeln (denn diese unterstützen das Abfliessen des Venenblutes ohne Zweifel durch ihre Gontraction) steht sicher damit in Zusammenhang, vielleicht auch die Länge und Dicke der Milzvene, die Art ihrer Einsenkung in die Pfortader, kurz Alles was auf den höheren oder geringeren Blutdruck in der Pfortader Einfluss hat. In der Textur der Wandungen der Milzvenen bestehen mit Ausnahme des Epithels keine wesentlichen Unterschiede. Die Wandungen der klei- neren Venen sind äusserst dünn, so dass letztere nur als Rinnen im Milz- gewebe erscheinen, welches sich zur Herstellung der Gefässwandung etwas verdichtet (Fig. 1b); indess erscheinen diese Venenwandungen alle vollkommen geschlossen; ob sie es wirklich sind, ist eine andere Frage. Man findet nicht selten in den Milzen aller Thiere ganz frische wohlerhaltene Blutkörperchen in dem feinen Netz des Milzgewebes; fer- ner dringt immer, auch bei der vorsichtigsten Injection, ohne dass Ex- wravasate sichtbar sind, etwas Injectionsmasse (sehr feine Körnchen von Chromgelb) in dasselbe hinein. Dies veranlasst mich anzunehmen, dass unter hohem Druck in den Venen die Blutkörperchen durch feine Oefinungen der Venenwandungen durchpassiren, hier oft liegen bleiben und dann wohl mit zur Bildung des Pigments Veranlassung geben, wel- ches man in manchen Milzen (z. B. bei erwachsenen Kaninchen immer) im Milzgewebe findet. Dass aber ebenso häufig auch Gapillarzerreissun- gen vorkommen mögen und zur Pigmentbildung hier wie anderswo An- lass geben, ist wohl zweifellos; eine so regelmässig gleichmässige Ver- theilung des Pigments wie in der Kaninchenmilz dürfte indess dadurch nicht zu Stande kommen (vergl. Fig. 2 u. 3). Diese eventuelle Passirbar- keit der Milzvenenwandungen bietet eine neue Analogie für die Lymph- drüsen, indem es sich hier auch nachweisen lässt, dass sich bei schwa- chem Druck nur die Lymphsinus, bei starkem auch die Alveolen und die Lymphröhren mit Injectionsmasse füllen !). 4) Die Ansicht von Teichmann (das Saugadersystem. Leipzig 1861), wonach die Lymphdrüsen nur Wundernetze von Lymphgefässen sein sollen, ist, so be- wunderswerth die Präparate sind, mindestens sehr einseitig; die feineren Ver- hältnisse sind ihm durchaus entgangen. 332 Einer besonderen Erwähnung bedarf noch das Epithel der Milzve- nen (die spindelförmigen Milzzellen); dasselbe ist beim Menschen be- kanntlich so entwickelt und so locker an die Venenwandung angebetftet, dass wir 24 Stunden nach dem Tode fast immer einige davon im Milzvenenblut, und bei der Untersuchung frischer menschlicher Milz Massen von ihnen theils isolirt, theils membranartig zusammenhängend finden; ob sie wie ich früher annahm durch feine Fortsätze angeheftet sind oder nur der Venenwandung innen anliegen, lasse ich dahin gestellt sein. An erhärteten Milzen des Menschen (besonders bei rascher Erhär- tung in 0,5 Ghromsäurelösung) erscheinen die stark nach innen vorspringen- den Kerne dieser spindelförmigen Epithelialzellen wie ein zierlicher Kranz an dem durchschnittenen Venenlumen (vergl. Virchow’s Archiv Bd. 29. Taf. XII. Fig. 4): die gleiche Erscheinung sehen wir an der Kaninchen- milz (Fig. 3) und ähnlich auch an der Hunde- und Katzenmilz ; man be- obachtet jedoch nichts davon an der Schafs-, Ochsen- und Schweins- milz {Fig. 1b), und findet bei Untersuchung der frischen Pulpe der letzt- genannten Milzen auch nur wenige dieser Epithelien, etwas mehr beim Kaninchen, Hund und Katze, jedoch immer noch in weit geringerer Menge als beim Menschen. — Die Ursache dieser auffallenden Verschiedenheit liegt darin, dass bei manchen Tbhieren diese Zellen grösstentheils zu einer homogenen Membran (einer Zellhaut) mehr oder weniger verschmolzen sind, während sie beim Menschen isolirt bleiben ; die Ungleichheit in der Entwicklung der Kerne dieser Epithelialhaut bleibt immerhin merk wür- dig genug, um so mehr, als man gern diesen Kernen eine bestimmte Be- ziehung zur Blutkörperchenbildung geben möchte. Nur die feineren Aeste der Milzvenen besitzen übrigens diese Spin- delzellen als Epithel; in den grösseren Stämmen habe ich nicht selten zusammenhängende Membranen von Plattenepithelien gefunden, zumal in der Milzvene des Menschen. 5. Das Verhältniss der Capillaren zu den Venenanfängen. Die Frage über die Art des Kreislaufs in der Milz ist bisher in dreier- lei Weise beantwortet worden, nämlich so, dass entweder die Gapillaren direct in die Venen übergehen, wie in allen andern Theilen des Körpers, oder dass die Capillaren frei in das Milzgewebe einmünden, und die Ve- nen sich aus letzterem entwickelten, oder endlich dass beide Anordnun- gen nebeneinander bestehen. Alle drei Annahmen hatten Mancherlei für sich, keine war bewiesen. Bei diesem Stande der Dinge waren keine Entdeckungen auf diesem Felde zu machen, sondern nur die eine oder andre der bestehenden Annahmen zu bestätigen, die alle in den Augen derjenigen, welche Gray’s classische Arbeit (l. c.) nicht im Original kann- ten, ziemlich gleichen Werth haben mussten. Es war daher die Aufgabe, durch eine grosse Reihe von Injectionen das Richtige ein für alle Mal fest- zustellen. Das Resultat meiner zahlreichen Injectionen ist sehr einfach, | | 333 und wie mir scheint sehr befriedigend: Die Gapillaren der Milz münden directin die feinen Anfänge der Venen; dies ist die einzige Art des Uebergangs; es gelingt an einigen Milzen leicht, die Venen von der ÄArterie aus zu füllen, selten dringt bei einer Veneninjection die Masse in ein- zelne Arterienstämmchen. Die feinen Spitzen der Venen, welche man in den Zeichnungen Fig. 7—10 sieht, sind die unmittelbaren Fortsetzungen der Gapillaren ; hier findet bei einer gelungenen doppelten Injection der Zusammenstoss der beiden Massen statt. Wenn man die Gefässe der Milzbläschen als parietale Penicilli betrachtet, so münden sie wie die terminalen Endigun- gen der Arterien in die Venen ein, welche sich gleich den Fingerspitzen einer gespreizten Hand zu Aufnahme darbieten. (Fig. 11. Vergrösserung 20 von einer Schweinsmilz ; Arterie roth, Vene gelb injicirt; man sieht an verschiedenen Stellen Uebergänge, zumal bei a.) Die für das freie Auge und die Lupe sternförmig erscheinenden Venen umgreifen daher nicht allein die Milzbläschen, sondern finden sich auch überall im Parenchym der Milz, besonders schön aber an der Oberfläche dicht unter der Kapsel. Alle bei der Injection der Milz entstehenden Extravasate sind Kunstproducte. Die mehr spitze Einmündung der Capillaren in die Venen, wie sie beim Schaf und Ochsen statthat, und die rasche Erweiterung der Venenstämmchen in den Milzen der genannten Thiere, so wie die grössere Festigkeit der Venenwandungen und des Milzgewebes erleichtert hier die Injection ungemein, und macht zumal das Eindringen der Masse von den Arterien aus leicht möglich. Bei der mehr rechtwink- ligen Einmündung der Gapillaren in die Venenplexus der Milz des Men- schen, des Kaninchens (in geringerem Grade auch des Hundes und der Katze), die Weichheit des Parenchyms und die Zartheit der Venenwan- dungen bei den letztgenannten Thieren erschwert den Uebertritt der Injectionsmasse in die Venenplexus so sehr, dass die Injection der Venen von der Arterie aus weit schwieriger gelingt. Mehr über die Injections- technik siehe weiter unten. In den letzterwähnten Milzen lässt sich das Verhältniss der Gapillaren zu den Venen mit der gleichen Anordnung in den Corpora cavernosa penis et urethrae vergleichen, die ich zum Zweck dieses Vergleichsstudiums mehre Mal sowohl von den Venen als Arterien aus injieirt habe; wir haben dort im Grossen, was wir in der Milz im Kleinen sehr ähnlich wiederfinden. 6. Die Lymphgefässe. Ich kann die Beobachtungen anderer Forscher, dass es an der Milz zwei getrennt verlaufende Lymphgefässnetze giebt, nämlich ein oberfläch- liches und ein tiefes, nicht bestätigen, indem ich nur das oberflächliche, und auch dies nur bei einigen Thieren fand. Zeitschr. f. wissensch. Zoologie. XI. Bd. 22 33% Die oberflächlichen Lymphgefässe, zum grössten Theil unter der Serosa auf der Milzkapsel gelegen, sind bei der Ochsen-, Schafs- und Schweins-Milz sehr deutlich sichtbar, zumal treten sie hervor, wenn man die Milz eine Zeitlang im Wasser liegen lässt. Dies Lymphgefässnetz lässt sich aufs Schönste von einzelnen Stämmchen injieiren; ich habe 8—10 solche Injectionen gemacht, rückwärts und vorwärts, nie ist Injections- masse in die Milz eingedrungen; dringt die Masse bis an den scharfen Rand der Milz vor, so biegen die Lymphgefässe hier auf die andere Seite um. Die Netze dicker Lymphstämme, welche man hier gewinnt, sind ausserordentlich schön und dicht, ich gebe jedoch keine Abbildung da- von, da man solche in dem citirten Werk von Teichmann findet. — An der Oberfläche andrer Milzen habe ich keine Lymphgefässe gefunden. Im Hilus der Milz zwischen den Blutgefässen und Nerven findet man hie und da ganz feine Lymphgefässstäimmchen, welche aus der Tiefe des Organs herzukommen scheinen; sie sind jedoch bei Weitem nicht so entwickelt wie z. B. an der Leberpforte. Es ist mir trotz wiederholter Versuche nie gelungen, in diese Stämmchen eine CGanule einzubringen, und es würde ausserdem zweifelhaft sein, ob hier die Injection rück wärts gelingen würde. Die Methode die Ganule in das Parenchym der Milz einzustossen und so eine forcirte Injection zu machen, führt bei der Milz nicht zur Füllung der Lymphgefässe, sondern zur theilweisen Füllung der Venen. Unter etwa 150 Milzinjectionen von den Arterien und Venen aus, die ich theils in Gemeinschaft mit Prof. Frey, theils allein machte, und unter welchen sehr viele mit Extravasaten sind, haben sich nie die tiefen Lympbhgefässe oder die Stämme im Hilus gefüllt; ein einziges Mal füllten sich an einer Schafsmilz von einem kleinen Extravasat unter der Kapsel aus einige oberflächliche Lymphgefässstämmehen. Ich glaube, dass sich aus diesen Beobachtungen im Vergleich mit den Erfahrungen, welche man bei der Injection anderer Organe macht, ergiebt, dass das Milzparenchym sehr arm an Lymphgefässen ist'). 7. Die Nilzbläschen. Ueber die Milzbläschen habe ich wenig zu dem hinzuzufügen, was ich bereits beschrieben habe (Müller’s Archiv I. c. Virchow’s Archiv |. c.). Sie fehlen in keiner der von mir untersuchten Milzen, und sind ein we- sentlicher Theil dieses Organs; sie besitzen keine structurlose Membran, 4) Es war mir nach dieser Erfahrung höchst interessant, dass ein in der Injections- kunst so erfahrener Anatom wie Teichmann in dem citirten Werk zu denselben Resultaten bei der Injection der Lymphgefässe der Milz gekommen ist, ja sogar behauptet, die Milz habe im Innern gar keine Lymphgefässe. Da von andern A'natomen einige wenn auch unbestimmte Angaben über die tiefen Lymphgefässe der Milz gegeben werden, so hielt ich es halb und halb immer noch für ein be- sonderes Unglück, dass ich diese Lymphgefässe nie finden konnte. | i 338 sind jedoch durch eine verdichtete Schicht des feinen Netzwerks von dem übrigen Netzgewebe geschieden. Ihre Füllung mit Lymphkörperchen ist zumal beim Menschen sehr verschieden, daher sind sie bald mehr, bald weniger sichtbar. Eine sonderbare, doch wie mir scheint sehr interes- sante Erscheinung bietet sich an den Milzbläschen des Kaninchens dar. Bei Betrachtung von Fig. 2 findet man, dass das eigentliche Milzbläschen, kenntlich durch seine dunkle Contour, noch von einem weissen hellen Hof umgeben ist, so dass es dadurch in zwei Theile zu zerfallen scheint. Etwas Aehnliches habe ich an andern Säugethiermilzen nicht gefunden, wohl aber an der Tauben-, Eulen- und Kröten-Milz früher gesehen, und habe früher (s. den citirten Aufsatz in Müller’s Archiv) diesen weissen Hof um das genau begrenzte Milzbläschen als » weisse Milzpulpe« be- schrieben. Es fehlt mir jetzt das Material, um in ausgedehnterer Weise neue vergleichende Untersuchungen anzustellen, ich kann mich daher nur an die Kaninchenmilz halten. Dieser weisse Umhüllungsraum um Gas durch verdichtetes Netzgewebe abgeschlossene Bläschen zeigt wesentlich die Structur des Bläschens selbst (Fig. 35): dasselbe Netzwerk mit Lymphgefässen, gleichweit in seinen Maschen, gleichstark in seinen fei- nen Balken. Nach den Erfahrungen, die man jetzt an den Lymphdrüsen gemacht hat, liegt der Gedanke nahe, dieser Umhüllungsraum sei ein Analogon für die gleichen Umhüllungsräume der Alveolen, er sei ein Lymphsinus. Indess besteht einerseits die Verschiedenheit, dass die Netze der Lymphsinus viel weiter sind als die der Alveolen, andererseits ist ein weiterer Zusammenhang dieser Umhüllungsräume mit Lymphge- fässen nicht nachzuweisen, was freilich exact nur durch Injection ge- schehen könnte. So bleibt die Bedeutung dieser Umhüllungsräume hier ganz unklar; es dürfte sich indess wohl der Mühe lohnen, diesen Gegen- stand weiter zu verfolgen. 8. Die Nerven. Die Milz mancher Thiere ist sehr reich an Nerven; ich habe diesel- ben besonders an der Schafsmilz verfolgt. Die Methode ist einfach: man trägt die Milchkapsel ganz oberflächlich auf einer Seite ab, wäscht und drückt das Parenchym aus, so dass Arterien, Trabekeln und Nerven zurück- bleiben; letztere halten sich genau bei den Arterien, ihre Stämme haben jedoch gesonderte Scheiden ; die Nerven lassen sich jetzt leicht präpariren und bis an die Penicilli verfolgen. Die Nervenstämme enthalten nur graue marklose Fasern. — Zur Verfolgung der feineren Aeste mit dem Mikro- skop legt man die in oben beschriebener Weise behandelte Milz 24—28 Stunden in verdünnten Holzessig; man excidirt nun einen der Penicilli, wäscht ihn aus und betrachtet ihn bei starker Vergrösserung. Auch hier an den feineren Arterienverästelungen bleiben die Nerven immer noch bei den Arterien, und ich habe die einzelnen Fäden oft weit verfolgt, die Art ihrer Endigung jedoch nicht erkannt. Ich erwartete kleine Ganglien an den feineren Nerven zu finden, doch sind solche nicht vorhanden. 22 336 9. Functionen der Milz. Es frägt sich ob man nach den jetzigen Kenntnissen von dem Bau der Milz noch mit einem gewissen Recht dies Organ als den Hauptheerd für die Entstehung der Blutkörperchen ansehen kann. Die Beobachtung lehrt, dass die ersten Blutkörperchen des Embryo im Herzen und in den Gefässen entstehen. Es ist daher höchst wahrscheinlich, dass die Neubil- dung der Blutkörperchen auch bei Erwachsenen in Gefässen Statt hat, falls dieselbe nicht etwa durch Theiiung der bereits im Kreislauf befind- lichen Zellen erfolgt, was für die Säugethiere mindestens nicht erwiesen ist. — Die kleinen Venen der Milz bieten eine Eigenthümlichkeit im Ver- halten ihrer Epithelien, die in keinem andern Organ in dieser Weise hesteht; nirgends springen die Kerne der Venenepithelien so in das Lu- men vor, wie in der Milz; Theilungsformen dieser Kerne habe ich bisher nicht gesehen. Entstehen in der Milz neue Blutzellen, mögen sie farblos oder gefärbt aus der Milz hervorgehen, so scheint es mir, dass einzig und allein die Epithelialzellen der Venen die Quelle sein können. Abgesehen von dieser Function der Milz liegt es wohl auf der Hand, dass die Milz auch noch chemisch auf das durchströmende Blut wirkt. Das Blut durch- strömt das eigenthümliche Milzgewebe in so reichlichem Maasse, dass ge- wiss der Stoffwechsel ein sehr bedeutender sein muss. Ich halte das Milzgewebe ebenso wie das eigentliche Lymphdrüsengewebe (Alveolen und Lymphröhren) für ein relativ stabiles, besonders glaube ich, dass die in den Netzen enthaltenen Lymphkörperchen für die normalen Verbält- nisse nicht beweglich sind ; dies ist für die Lymphdrüsen als nachgewie- sen zu betrachten , indem der Lymphstrom das Drüsengewebe umkreist, und ist aus Gründen der Analogie auch für die Milz wahrscheinlich. Die chemischen Producte der Lymphdrüsen sind fast noch weniger gekannt als die der Milz; für letztere wissen wir wenigstens sicher, dass in ihr eine grosse Masse von Leucin producirt wird. Die grossen Venenräume machen die Milz ausserdem sehr geeignet je nach Bedürfniss mehr oder weniger Blut aufzunehmen, und es kann dadurch der Blutstrom in der Pfortader zur Leber hin regulirt werden. 10. Neuere Literatur. Methode der Milzinjectionen. Die beste neuere Arbeit über die Milz ist die eben citirte von Gray ; ich habe sie erst kürzlich durch die Güte meines Collegen Frey im Origi- nal erhalten, und dadurch erst ihren hohen Werth erkannt. Er giebt nichts Besonderes über die Art seiner Injectionsmethoden an, hat indess seinen Abbildungen zufolge zu ausschliesslich Schafsmilzen injieirt; In- jectionen menschlicher Milzen bildet er gar nicht ab. Er fand jedoch rich- tig die Uebergänge der Capillaren in die feinen Venenanfänge und hat sie pag. 118 abgebildet. Ausser diesen Uebergängen statuirt er auch ein freies Aufhören der Capillaren; es heisst nach der Beschreibung der 337 Uebergänge pag. 119: »Some .of the capillary vessels, however, cannot be traced to be directly continous with the veins, but gradually becoming reduced in size, their wall becomes more delicate, and is finally lost; the injected material then escapes into interspaces in the pulp parenchyma, the walls of wich are formed merely by the elements of this substance: they appear finally to communicate with the veins, some of which com- mence as intercellular spaces, by which ihey commuecicate wit each other. « Dies ist die Annahme, welche ich früher als Hypothese aufstellte, jetzt jedoch als völlig falsch zurücknehme. Ich habe mich an gut injieirten Schafsmilzen überzeugt, dass überall die Capillaren direct in die Ve- nen übergehen, und dass alle scheinbaren Ergüsse der Injectionsmasse in das Parenchym immer künstliche Extravasate sind; es ist mir einmal ge- lungen eine Schafsmilz von der Arterie aus bis in die grösseren Venen- stämme hinein fast ganz ohne Extravasate zu injiciren. Gray kannte weder die Structur des Milzgewebes, noch der Milz- bläschen, noch den Bau der feineren Venen der menschlichen Milz ; diese Theile der Milz habe ich zuerst in dem oben citirten Aufsatze in Müller’s Archiv, dann in Verchow’s Archiv beschrieben. Auf die Arbeiten von Grohe und Kowalewsky ist schon früher (Virchow’s Archiv Bd. 20, pag. 424 und pag. 528) Rücksicht genommen. — In einem Aufsatz von Anton Key (Virchow’s Archiv Bd. XXI, pag. 568) ist aus einer Kalbsmilz ein injieir- tes regelmässiges Gapillarnetz beschrieben. Diesen positiven Befund, so werthvoll er auch ist, kann ich aus meinen Injectionen nicht hestätigen. Ich finde, dass die Gapillaren, wie oben erwähnt, selten anastomosiren, und kann mir den Befund von Key nicht recht erklären. Dass die Gapil- laren ohne Unterbrechung in die Venen übergehen, und keine freien Er- güsse ins Parenchym existiren, hält er auch für gesichert. Als ich die Notiz von Key zuerst las, glaubte ich, meine arteriellen Injectionen seien nicht weit genug vorgetrieben, und die feinsten Gefässe, welche ich in-. jieirt habe, seien noch keine GCapillaren ; die Untersuchung einiger Injec- tionspräparate bei durchfallendem Licht, und viele Messungen überzeugten mich, dass meine feinsten Gefässe unzweifelhafte Gapillaren sind, und nicht weiter als das Gapillarnetz , welches Key abbildet. Die Durchmes- ser schwanken zwar sehr je nach schwächerer oder stärkerer Füllung der Capillaren; im Ganzen kann ich jedoch die Messungen von Key (0,0062—0,093 mm.) bestätigen; die Milzcapillaren sind also erheblich feiner als die der Leber. Aus einem kurzen Auszug eines Vortrags in der Gesellschaft Berliner Aerzte (Deutsche Klinik 1861 , Nr. 29) entnehme ich, dass Arnold Beer das ganze Milzgewebe als Adventitien der Arterien und Gapillaren betrach- tet. Es ist einerseits bedenklich, das Milzgewebe für nichts weiter als für Bindegewebe zu erklären, da es zweifelsohne eine andere wichtigere secretorische Function hat als sie dem gewöhnlichen Bindungsgewebe zukommt, andererseits halte ich die Theorien mit den Einscheidungen 338 überhaupt für wenig fördernd für das Verständniss; die Arbeit von Hla- seck ist mir durch diese Einscheidungstheorie völlig unklar geblieben. — Man kann auch die ganzen Lymphdrüsen als erweiterte mit Zellen ge- füllte Gefässadventitien ansprechen, dies hat mit Rücksicht auf einige Be- obachtungen aus dem Gebiete der vergleichenden Anatomie des Lymph- gefässsystems noch einen gewissen Sinn, doch fördert es das pbysiologi- sche Verständniss dieser Organe meiner Ansicht nach ebenso wenig wie Teichmann’s Wundernetze. Das Injiciren ist eine Kunst, welche man am schnellsten lernt, wenn man sich bei einem Meister in die Lehre giebt. Ich habe mich darüber von meinem Collegen Frey belehren lassen. Mit guten Pariser Instrumen- ten, mit guten Massen, mit einem geschickten Assistenten zu injieiren ist ein Vergnügen, ohne diese Hülfsmittel ist es eine schreckliche Quäle- rei. Es giebt manche Anatomen, welche eine grosse Verachtung gegen das Injieiren hegen, jedoch mit Unrecht; viele Organe werden erst durch die Injection völlig verständlich, und treten erst dadurch so recht pla- stisch vors Auge, so vor allen übrigen die Milz. Die ersten 50 Injectio- nen von Milzen verschiedener Thiere und des Menschen mit durcbhsichti- gen blauen und rothen Massen habe ich in Gemeinschaft mit Frey gemacht, welcher durch mancherlei andere Arbeiten von diesem Gegen- stande abgezogen wurde, so dass ich später allein die Injectionen mit den undurchsichtigen gelben und rothen Injectionsmassen versuchte. — Es ist nicht meine Absicht, hier eine Auseinandersetzung der Injections- technik im Allgemeinen zu geben, sondern ich will nur auf einige beson- dere Cautelen für die Milzinjectionen aufmerksam machen. Ich habe nur mit Leimlösungen injieirt; die Injeetionsmassen mit ge- löstem oder ungelöstem Berliner Blau, so wie mit gelöstem Karmin (Ger- lach) sind für die Milz nicht recht verwendbar, wenn man die Ueber- gänge darstellen will; in die feinen Capillaren dringen diese Massen wun- dervoll leicht ein, doch diffundiren sie sich auch leicht, und zumal tritt fast constant die Erscheinung auf, dass die Gapillaren plötzlich aufzuhö- ren scheinen und mit einem kleinen diffundirten Farbenbüschel endigen. Dies tritt mit einer solchen Regelmässigkeit, so constant auf, dass ich nach diesen Resultaten nicht zweifelte, dass meine frühere Hypothese die richtige sei, nämlich dass sich das Blut wie die Masse in das Milzgewebe ergiesse und die Venen aus letzterem entspringen. Ich war fast im Begriff meine Arbeit hiemit abzuschliessen, als ich bei einer Injection diese Büschel ganz vermisste, indem ich farblosen Leim zuvor in die Venen in- jieirt hatte, um das leichte Ueberfliessen der von den Arterien eingespritz- ten blauen Massen in die Venen (wie ich glaubte durch das Milzgewebe hindurch) etwas zu hemmen. Es diffundirte sich jetzt auch der blaue Farbstoff, doch die Gapillaren hörten trotz ziemlich weit vorgetriebener Injection alle stumpfendigend auf. Dies machte mich stutzig und ich fing nun an mit undurchsichtigen Massen zu injiciren, zumal auch da His 339 mir mittheilte, dass er dieselben bei der Lymphdrüseninjection weit zweckmässiger gefunden habe, als die Massen mit gelösten durchsichti- gen Farben. Gleich der erste Versuch mit einer Injection mit Ghromgelb, welches ich in die Arterie injicirte, nachdem ich zuvor die Vene mit farb- losem Leim gefüllt hatte, stürzte die alte Hypothese; es füllten sich von den geschlängelten zahlreichen Capillaren aus alle Venenanfänge ohne Extravasate und auch ohne ein Gapillarnetz zur Ansicht zu bringen, wie es Key gesehen haben will. Jetzt begann ich mit erneutem Eifer die In- jectionen an verschiedenen Thiermilzen, dann auch an der Menschen- milz, indem ich Leim mit Cinober in die Arterien, mit Chromgelb in die Venen injicirte, und gelangte so allmählig zu obigen Resultäten, die ich an einer so grossen Reihe von Injectionen geprüft habe, dass ich durch sie die bisher immer noch offene Frage nach dem Kreislauf in der Milz erledigt zu haben glaube. Die Anfertigung, der Leimlösungen mit Ghromgelb und Cinober setzte ich als bekannt voraus. Die Massen müssen ziemlich dünn sein, und viel Farbe haben ; man lasse sie nur lauwarm sein, wenn man sie injicirt. Die Injection wird zuerst in die Vene gemacht, dann in die Arterie, letz- teres mit so geringem Druck als irgend möglich, und äusserst langsam. Man injicire zuerst Schafsmilzen, Kalbsmilzen, dann Schweinsmil- zen; bei letzteren läuft Arterie und Vene am ganzen langen Hilus ent- lang; man henutzt einen Theil derselben, indem man die Gefässe abbin- det, und injieirt sehr vorsichtig, da man durch Seitendruck füllen muss; mit Hülfe einiger Klammern verhütet man das Ausfliessen der Masse aus kleinen arteriellen und venösen Aesten, welche in das Fett des Hilus ein- dringen, und gewöhnlich abgeschnitten sind. — So wie man sieht, dass sich bei der Veneninjection die sternförmigen Ausbreitungen der Venen- anfänge in dichten Massen an der Oberfläche zeigen, treibe man nicht zu viel Masse nach; die vollständige Füllung der Venen erschwert die arte- rielle Injection ungemein; letztere gelingt weit schwieriger als erstere, weil sich von den Capillaren aus gar zu leicht Extravasate bilden. Bei einer Schafsmilz genügen 4—6 kleine Pariser Injectionsspritzen in die Vene, 3 in die Arterie. — Viel schwieriger gelingt eine gute Injection der Hunde- und Katzenmilz ; hier verdirbt die Absicht, das Organ möglichst sanz mit Masse anzufüllen, gewöhnlich Alles; man injicire hier lieber zu ‘wenig als zu viel Masse ; nur Uebung giebt hier das richtige Maass. Auch injieire man nicht gleich nachdem man das Thier getödtet hat, sondern 3—4 Stunden nachher; es ist mir zuweilen bei der Hunde- und Katzen- milz begegnet, dass sich das Organ durch den Reiz der warmen Injec- tionsmasse so zusammenzog und kräuselte, dass die Injection vollkom- ımen misslang. Das Zusammenfliessen der Massen in den Venen ist nur bei Injectionen ohne grössere Extravasate beweisend für die Existenz der directen Uebergänge, da sich von Extravasaten aus die Venen leicht fül- len, wie schon oben (pag. 10) bemerkt. Man erkennt dies übrigens leicht 360 daran, dass bei den natürlichen Uebergängen die Farben sich schön mischen zumal in den Spitzen der Venen, während bei Extravasaten das. nicht der Fall ist, sondern die zweit injieirte Masse (roth von den Arte- rien) wie ein dicker Cylinder in den Venen liegt, deren gelbe Farbe die rothe mantelartig umgiebt. Dies Bild frappirte mich anfangs, und ich glaubte ich habe aus Versehen möglicherweise auch die rothe Masse in die Vene injieirt, bis ich später die wahre Ursache fand. — Es begegnen nun höchst sonderbare Zufälle in Betreff der Vertheilung der Injections- massen. Oft misslingt die arterielle, oft die venöse Injection, und so hat man manchen Kummer, viel Verlust von Zeit und Mühe. Zuweilen füllt sich das CGapillarnetz von den Arterien aus fast vollständig, zuweilen fliesst die Injectionsmasse auf natürlichem Wege so leicht in die Venen ab, dass ein grosser Theil der Gapillaren ungefüllt bleibt. Dies kann von kleinen Zu- fällen abhängen und ist nie im Voraus zu bestimmen. Man bekommt aber auf diese Weise eine Reihe von Injectionen, die sich gegenseitig schön ergänzen; doch sind mir auch mehre doppelte Injectionen vollständig ge- lungen. Zeit und Mühe darf man bei diesen Arbeiten am wenigsten scho- nen; erst bei einer grossen Reihe von Präparaten wird man in den Stand gesetzt, sich eine vollkommen klare und sichere Anschauung über den Kreislauf in der Milz zu gestalten, und ich zweifle nicht, dass die mitge- theilten Beobachtungen in allen Theilen von andern Forschern , welche den Gegenstand mit Eifer und Ausdauer aufnehmen, bestätigt werden. Zürich, im September 1861. Erklärung der Abbildungen. Taf. XXVII. Fig. 4. Milzgewebe aus einer Schafsmilz. Vergrösserung 400. Fig. 2. Kaninchenmilz. Vergrösserung 20. Fig. 3. Milzgewebe und Gewebe eines Milzbläschens aus einer Kaninchenmilz. Ver- grösserung 400. Fig. 4. Injieirtes Milzbläschen. Schafsmilz s ) ei Fig. 5. Unvollständig injicirte Milzarterien. Kaninchen i Fig. 6. Ziemlich vollständig von der Arterie aus injicirte Fapıllren) Kalb = Fig. 7. Milzvenenanfänge. Schaf . an Fig. 8. N Schwein . S Fig. 9. *% Hund . © Fig. 10. rl Huhn . 1 Duranel aaa an ara ee | 3 Fig. 44. Venen gelb, Arterien roth injicirt ; Uebergang der Massen ineinan- on der bei a. Schweinsmilz . 2 Ueber das Vorkommen von freien Talgdrüsen am rothen Lippenrande des Menschen. Von A. Kölliker. Im Jahre 1850 machte ich bei Betrachtung eines lebenden Chimpanse& in Antwerpen gelegentlich die Beobachtung, dass dieses Thier an dem unbehaartem Theile der Lippen grosse frei ausmündende Talgdrüsen besitzt (Zeitschr. f. wiss. Zool. Ill. S. 88.). Kurz vorher hatte ich in Am- sterdam an einem Orang das Vorkommen einer Gänsehaut wahrgenom- men, was mich dann zu dem Ausspruche bewog, dass, wenn auch hierin eine Menschenähnlichkeit sich zu erkennen gebe — denn von glatten Hautmuskeln war zu dieser Zeit bei Säugethieren sonst nichts bekannt geworden — auf der andern Seite die Existenz von Talgdrüsen an den unbehaarten Theilen der Lippen eine bedeutende Abweichung darstelle. In dieser Hinsicht war ich jedoch im Irrthume befangen und wird das Folgende zeigen, dass der Mensch in dieser Beziehung vor gewissen Säu- gern nichts voraus hat. Schon seit längerer Zeit war mir das Vorkommen von kleinen weiss- lichen Pünktchen an meinen eigenen Lippen aufgefallen; da jedoch über Talgdrüsen des rothen Lippenrandes nichts bekannt war (kein Autor erwähnt solche und manche, wie z. B. Krause [Art. Haut S. 127], sagen noch ausdrücklich, dass diese Drüsen an den Lippen nur bis zum Anfange des rothen Lippenrandes sich erstrecken) und jene ältere Beobachtung über die Lippendrüsen des Chimpanse mir entfallen war, achtete ich nicht weiter auf die Sache und hielt die fraglichen Pünktchen für Epithe- lialwucherungen. Eines Tages, beim zufälligen Anspannen der Lippen, kamen mir jedoch diese Gebilde so drüsenartig vor, dass ich mir vor- nahm, dieselben an Leichen zu untersuchen und siehe da, das erste Prä- parat zeigte mir entschiedene Talgdrüsen. Seit dieser Zeit habe ich sowohl an Lebenden als an Todten diese Drüsen weiter verfolgt und kann ich nun, gestützt auf die Untersuchung von etwa 50 Individuen, über die- selben Folgendes mittheilen. 342 1. Das Vorkommen überhaupt anlangend, so sind die Talgdrüsen des rothen Lippenrandes sowohl bei Erwachsenen beiden Geschlechtes als auch bei Kindern nahezu constant, immerbin fehlen sie bei dem einen oder andern Individuum, so weit sich dies beim Lebenden beim Anspannen der Lippen und von blossem Auge erkennen lässt und habe ich bis jetzt 4 Fälle gesehen, in denen dieselben nicht wahrzunehmen waren. 2. Der Sitz der Drüsen ist vorzugsweise die Oberlippe und an dieser finden sie sich bald in der ganzen Breite von einem Mundwinke! zum andern, bald nur an einzelnen Stellen. Im letztern Falle ist ihr Lieb- lingssitz die Gegend nahe an den Mundwinkeln; doch können sie hier auch fehlen und einzig und allein auf die Mitte der Lippe beschränkt sein. An der Unterlippe fehlen sie häufig ganz und gar und wenn sie sich finden, erscheinen sie, so weit meine bisherigen Ermittelungen reichen, fast nie in der Mitte der Lippen, sondern meist nur seitlich dicht am Mundwinkel. In der Breitendimension der Lippen ist die Lage der Talgdrüsen die, dass sie vorzugsweise an dem Theile des rothen Lippenrandes sich finden, der bei leicht geschlossenen Lippen von aussen sichtbar ist. An der Berührungsstelle beider Lippen liegen häufig auch noch einzelne Drüsen, dagegen werden sie weiter einwärts ohne Ausnahme vermisst und fehlen gewöhnlich auch in einem schmalen Saume an der Grenze des behaarten und des rothen Lippentheiles. 3. Die Menge der Drüsen ist sehr wechselnd und geht von 10—20 bis zu 50 ja selbst 100 und mehr. Am häufigsten sind die Extreme, die Fälle, in denen einmal die Oberlippe in der ganzen Breite eine Zone sol- cher Drüsen besitzt, die überall zu 3—5 hinter einander liegen und zwei- tens die, in denen diese Organe nur in einfacher Reihe am Mundwinkel zu sehen sind. Bei Betrachtung der Drüschen an Lebenden in verschiedenen Zeiten ist es mir übrigens vorgekommen, als ob die Zahl derselben bei einem und demselben Individuum nicht immer dieselbe wäre. Sollten vielleicht solche einfache Drüschen vergehen oder noch beim Erwachsenen neu sich bilden können? Unmöglich wäre dies nicht ebenso gut als auch bei den Haaren zeitlebens ein Bildungsprocess vorkommt, und wohl auch beim Erwachsenen Haare ganz neu entstehen. k. Auch die Grösse und Form der Drüsen ist sehr veränderlich. Von zierlichen grossen Rosetten, die an die grossen Formen anderer Localitäten erinnern, finden sich alle Uebergänge bis zu ganz winzigen nur mit 2—4 Drüsenbläschen versehenen Organen. Dicke wulstige Lippen zeigen meist grössere Formen, zartere, besonders beim weiblichen Ge- schlechte nur die einfacheren Gestalten. 5. Im feineren Baue und Inhalte stimmen diese Talgdrüsen voll- kommen mit denen anderer Orte überein und habe ich nur das zu bemerken, dass in einzelnen Fällen in den Ausführungsgängen Bildungen 343 vorkamen, die mir ganz rudimentäre Härchen zu sein schienen. Hervor- ragende Härchen wurden nirgends gesehen. 6. Ueber die physiologische Bedeutung dieser Drüschen wird sich wohl kaum etwas Erhebliches und Anderes vorbringen lassen, als dass sie die Lippen in etwas geschmeidig erhalten und vor dem Aus- trocknen schützen, dagegen gäbe allerdings das Vorkommen einer Secre- tion, die nicht eben zu den bevorzugieren gehört, gerade an diesem Orte zu Bernerkungen Anlass, die jedoch hier nicht weiter ausgeführt werden sollen, um nicht wieder einmal die Naturforschung dem Vorwurfe aus- zusetzen, dass sie mit ihrem Ergründen allen und jeden Details schliess- lich jede Illusion zerstöre. — Somit scheinen vom Standpunkte der Phy- siologie diese Drüschen vorläufig nur ein Curiosum zu sein, dagegen möchten dieselben vielleicht doch für die pathologische Anatomie eine gewisse Bedeutung beanspruchen dürfen. Schon jetzt lässt sich anführen, dass wahrscheinlich gewisse Erkrankungen der Lippen mit denselben zusammenhängen, und zwar die von verschiedenen Autoren an den Lip- pen beschriebenen feithaltigen Cysten. Zwar hat Sebastian (Recherch. sur les glandes labiales, Groningue 1842 pg. 41) solche Cysten, dienach ihm eine weissliche, dickliche, schmierige Masse enthielten, auf die längst bekannten traubigen Lippendrüsen bezogen, allein nachdem einmal jetzt Talgdrüsen an den Lippen selbst nachgewiesen sind, spricht die Wahrscheinlichkeit viel eher für diese Drüsen. Bestimmtes werden erst genaue neue Untersuchungen ergeben können und solche werden dann auch zeigen, ob vielleicht die fraglichen Talgdrüsen hei noch anderen Erkrankungen der Lippen eine Rolle spielen, wobei übrigens zu beachten sein wird, dass die Drüsen vorzugsweise an der Oberlippe vorkommen. In allgemeiner Beziehung kann noch hervorgehoben werden, dass an den meisten Stellen, wo die äussere Haut und Schleimhäute zusam— mentreffen, von den Hautdrüsen die Talgdrüsen am längsten sich erhalten. So an den Augenlidern als Meibom’sche Drüsen, an den rothen Lippen— theilen, an den kleinen Schamlippen, am Praeputium und an der Glans: penis. Selbst am Anus habe ich einwärts der behaarten Stellen in ein— zelnen Fällen noch Talgdrüsen gesehen. Das Vorkommen von Talgdrüsen an den Lippen von Thieren habe ich bis jetzt nicht verfolgt und kann ich ausser der oben erwähnten Be- obachtung über die Lippen des Chimpanse vorläufig nichts mittheilen. Kleinere Mittheilungen. Die Elementarkörperchen des Blutes als Kunstproducle. Von Dr. @. Zimmermann. In seiner Abhandlung »Untersuchungen zur Physiologie der Blutkörperchen u. s. w.« (XI. Bd. 3. Heft dieser Zeitschrift) gedenkt Dr. Hensen auch der von mir sogenannten Elementarkörperchen — oder Bläschen des Blutes, auf welche ich bereits vor 45 Jahren in Rust’s Magazin (Bd. 66) und neulich noch in Virchow's Archiv (XVII. Bd.) die Auf- merksamkeit der Histologen und Physiologen zu richten bemüht gewesen bin. Ihr Vorkommen in jedem Blute in einer so ungeheuren Zahl, dass sie der der gefärbten Bläschen gleich zu kommen scheint, ihre verschiedenen Entwickelungsstufen von einfachen Moleculen bis zu mit gelblichem Inhalt gefüllten Bläschen fast von der Grösse der durch Wasser entfärbten und kuglig gewordenen Hämatinkörperchen beim Menschen oder der kernhaltigen, noch des Farbstoffs entbehrenden Zellen bei den Vögeln, Amphibien u. s. w., endlich ihr unzweifelhaftes Vorkommen in der Lymphe und dem Chylus, — alle diese Momente schienen mir jene Körperchen, auf die man früher wenig geachtet, der Berücksichtigung für die Genese und Physio- logie der Blutkörperchen sehr beachtenswerth zu machen. Ich hatte in der citirten Abhandlung die Gründe angegeben, wesshalb man sie bisher übersehen oder ihre Natur falsch gedeutet und wie man sich am besten von ihrer Existenz und ihrer Menge im Blute überzeuge. Als solche Methoden hatle ich erwähnt, Plasma von Blut zu untersuchen, das eine Faserhaut bildet, bevor es gerinnt, Blut seines Faserstoffs zu berauben und später das über dem Cruor befindliche Serum zu untersuchen oder Blut durch Salze flüssig zu erhalten und nach Senkung der rothen Körperchen einen Tropfen von der über denselben stehenden sero-fibrinösen Flüssigkeit unter das Mi- kroskop zu bringen. Ich hatte geglaubt, hiermit die Präexistenz jener Körperchen im kreisenden Blute über allen Zweifel erhoben zu haben und gehofft, dass sich alle die- jenigen, die sich für die Physiologie des Blutes interessiren, davon überzeugen wür- den. Was für Schlussfolgerungen daran zu knüpfen seien, war mir vor der Hand gleichgültig; die Hauptsache war und blieb, dass diese Körperchen ebenso beachtet würden wie die gefärbten Bläschen, die farblosen Zellen und die freien Kerne des Blutes. Hensen hat sich von der Existenz dieser Körperchen im Blute, allerdings wie es scheint nur in dem der Frösche, zwar überzeugt, er hält sie aber für Kunstproducte und stützt seine Ansicht auf einige Gründe, deren Beweiskräftigkeit ich nicht im Ent- ferntesten gelten lassen kann. »Man sieht zuweilen«, sagt Hensen, »grosse Mengen dieser zarten blassen Kör- perchen, während man sie in anderen Fällen entweder ausserordentlich sparsam 365 oder auch gar nicht findet. Untersucht man jedoch nach Zimmermann's Haupt-Me- thode das Blut, so wird man sie ziemlich constant finden. Dies ungleiche Verhalten fiel mir auf und ich fand dann, dass die Elementarbläschen mit dem längeren Stehen des Blutes sich vermehren. Vermischt man nämlich Blut mit einer Lösung von Mg. O., S. 0, von etwa 6 Proc., so bemerkt man gewöhnlich zuerst gar keine Elementarbläs- chen, später aber, nach etwa 2 Stunden, sind diese sehr blassen, runden, inwendig homogenen, mit einem blasskörnigen Saume umgebenen Körperchen in einer fast den Blutkörperchen gleichen Menge vorhanden. Aehnliches findet bei dem durch Serum verdünnten Blute statt. Es ist klar, dass dabei die Lösungen con- centrirter werden müssen; — — danach wärenalso die Elemen- tarbläschen als Kunstproducte aufzufassen. Die Entstehungsweise ist der grossen Blässe jener Gebilde wegen nicht ganz leicht zu erforschen. Einestheils entstehen sie, wie ich das direct beobach- tete, durch denselben Process aus den Lymphkörperchen des Blutes, den A. Müller bei der Verdünnung der Lymphe beobachtete, nämlich durch das Austreten und sich Abschnüren von Bläschen, welche, aus Zellflüssigkeit und einer diese um- gebenden Protoplasmaschicht bestehend, sehr lange unverändert umbertreiben kön- nen. Die grosse Menge der kleineren Elementarkörnchen geht aus den Ueberbleib- seln der zusammengefallenen Lymphzellen hervor. Diese Entstehungsweise genügt jedoch nicht, ein anderer Theil muss aus den gefärbten Blutkörperchen hervorgehen, doch konnte ich den Process nicht direct beobachten. Entweder die Blutkörperchen werden einfach kugelig und entfärbt, oder sie treiben nach Art des Amphibienblutes bei Harnstoffeinwirkung Fortsätze, die sıch abschnüren und ent- färben. 3 Es wäre nun zwar möglich, dass auch physiologisch die Lymphkörperchen solche Bläschen entwickeln, wie wir sie bei Einwirkung von Reagentien hervorbrin- gen, und dass diese, die offenbar aus Protoplasma und Zellflüssigkeit bestehen, sich zu Blutkörperchen fortbilden ; so lange dieser Process aber nicht erwiesen ist, glaube ich Zimmermann’s Hypothese als widerlegt betrachten zu können.« Diese ganze Argumentation wird durch die eine, von Hensen nicht berücksichtigte Thatsache in Nichts zerfällt, dass man die »Elementarbläschen« in der noch flüssigen ‚Plasmaschicht in der ungeheuersten Menge und in allen Entwickelungsstufen von solchem Blute sieht, das eine Faserhaut bildet und zwar 3—5 Minuten, nachdem das Blut den Venen entströmt ist und die rothen Körperchen sich etwas unter das Niveau gesenkt haben. In jener noch flüssigen Plasmaschicht vom Blute der Pneumoniker, an Rheumatismus acutus Leidender u. s. w., der Pferde, bei denen die Faserhautbil- dung ein physiologisches Phänomen ist, u. s. w., muss man sich doch jene Bläschen als präexistirend denken! Denn woraus sollen sie in 3—5 Minuten entstanden sein, da das Blut weder durch Salze concentrirter gemacht, noch durch Wasserzusatz ver- dünnt ist? Ich habe weder an den Lymphkörperchen noch an den gefärbten Blut- bläschen irgend eine Veränderung beobachten können: jene liessen Nichts aus sich heraus und diese blieben schön rund und biconcav, sie wurden weder kugelig noch entfärbt, was sie doch nur auf Wasserzusatz thun, wo sie allerdings die Form und Beschaffenheit derjenigen Elementarbläschen annehmen können, die ich als in ihrer Entwickelung zu den gefärbten Bläschen als die vorgeschrittensten betrachte. Jene Körperchen sind da und daraus ist wohl der Schluss erlaubt, dass sie auch in dem kreisenden, innerhalb der Gefässe sich bewegenden Blute vorhanden sind: und diese Thatsache allein sollte jeden Histologen zwingen, sich von ihrer Existenz zu über- zeugen, ihrer Entstehungsweise und Bedeutung für die Regeneration der Blutkörper- chen nachzuforschen. Was nun den Umstand anbetrifft, dass Hensen jene Körperchen in dem mit Bit- tersalzlösung oder Serum verdünnten Blute sich mit der Zeit vermehren sah, so ist ‘diese Vermehrung nur scheinbar. Bevor sich nämlich die rothen Körperchen nicht 346 gesenkt haben, bekommt man die kleinen, farblosen, blassen Elementarkörperchen nicht gut zu Gesicht, weil sie von jenen verdeckt werden und in einem Tropfen Blute nur in verhältnissmässig geringer Menge vorhanden sind. Selbst im geschlagenen und so flüssig erhaltenen Blute werden sie von jenen mit zu Boden gerissen und sie sen- ken sich auch mit ihnen: hat man dagegen Blut in einer Salzlösung aufgefangen, so bleiben sie oben schweben oder steigen auch zur Oberfläche empor, weil sie jetzt verhältnissmässig leichter sind. Von einer Entstehung dieser Körperchen aus den oft so sparsamen farblosen Zellen (Lymphkörperchen) oder gar aus den gefärbten Bläschen in der Art und Weise, wie dies Hensen gesehen haben will oder wie er sich dies denkt, habe ich nie etwas bemerkt, obwohl ich mich seit 15 Jahren mit dem Blute eifrig beschäftigt habe. Ver- dünnt man Blut mit Wasser, so können die farblosen Zellen allerdings platzen und zusammenfallen und ihren molecularen Inhalt ereiessen: Diese Molecule sind aber erstens weit kleiner als die Elementarkörperchen und zweitens lösen sie sich in der Regel schnell auf. Diese Körperchen, die im Blute aller rothblütigen Thiere vorkommen und aus den Lymphgefässen stammen, die man nicht als durch einen Rückbildungs-Process entstanden, sondern als in einer Entwickelung theils zu den gefarbten kernlosen Blut- bläschen der Menschen u. s. w., Iheils zu den gefärbten kernhaltigen der Vögel, Am- phibien u. s. w. betrachten muss, mögen zwar den gangbaren Vorstellungen über den Modus der Blutkörperchenbildung im Erwachsenen sehr unbequem sein, allein ich glaube, dass der wahre Forscher nicht die Dinge deutet, wie sie einer Theorie zu Liebe aufgefasst und gedacht werden könnten, sondern dass er die Dinge sieht und untersucht und dann erst die Theorie bildet. Ich meinerseits kann die Histologie des Blutes so lange nur für sehr wenig exact halten, so lange man sich nicht bemüht hat, Alles zu sehen und richtig zu deuten, was das Blut bei einer umsichtigen und eründ- lichen Untersuchung darbietet. Halle, den 9. November 4864. Dr. @. Zimmermann. Zeitschrift f. missenschaftl. Zoologie Bd.\I. Kane Auer ee ‘ k i Hi bu 3 > Y “ y ” ’ n ‚ ; h (a x 1 * 1 ‘ 4 Al % EN 2) \ Br ı t 1 ' x y ı f t RL = x \ , / “ \ k N ü \ N 5 \ b T u \ \ x \ i ’ a x \ F 2 \ h S J 2 x R - N ö o \ n = = an N £ y ‘ x E ' a2 u Ra En el „us: Se Ba 2 = n ie 2 2 ne 7 u & z Pu = E©7, r ve 2 au 1er $ 1 £ are 2 5 Sy Be IM & I % 5 x a 7 E 15C. Bi We Te ww | Zeitschrift f wissenschaftl. Zoologie Bd.AT. j Tafı XXI, . { h , n N r * } x 4 . y r ” N { ; 5 5 » / } ! N s 1 e he " e1 A N \ 3 - E x ; = “ 5 hr = € x {1} ; "IR . 5 eS N \ kafd. Zoologie Bd AT. TSSEILSC, etschrift fw “ Zmehrifi [ 2ifenschaftt. Zootegie BEIT. ___ E77. | ' } h | N Fr ech Air ie Dad AL. SurAnft Kroifinschafll Sa -4----n4--.72 | | | | 7 € 7 LAN. | | | | | Zac MV ZE >> Wagenschteber se. > Se en yge5 a re ner kat ber > 2 t T pr 5 ’ > - B ? - 3 7 Te ee ee, : Er a an = > Ben 3 N RN ‘ { e ! 2 23 5 go BUTTER E L Kar 3 . * y m 95: . ö ICE rl = =52 328 2:2 as “er 5 28 > ei x = 3 2 3 x Sr = = ze 2 £z ze = 2e2ze 38 = 822 & == 2 ee 582533358 nn rerer a 2 Se 7 ER BOILFER ‚800580: > D (073 ® EtHrTE SEE SE Zoe GR PEN 525 2 ©: 228; {7 3 2 © ES 2 2. > € ° 5. [74 = je} > = Cgo: [=] a SS se aan as: 050 SEESEOREERER rrereter] Zeitschrift £ wissenschaft. Zoologie Bd, 7 : Stricker del, au Er UOTE DO, ER | Zeitschrift f wiss. Zool. XI.Bda. Fig. Hz , DANN DS NZ Zur Naturgeschichte der Infusionsthiere. Von Th. Wilhelm Engelmann. Hierzu Tafel XXVIH—XAAT. R Beiträge zur Entwickelungsgeschichte der Infusorien. Seit ungefähr zehn Jahren sind unsere Kenntnisse von der Organi- sation und Entwickelungsgeschichte der Infusionstbiere in lebhaftem Vor- wärtsschreiten begriffen, dank den vortrefflichen Untersuchungen eines Stein, Cohn, Ozienkowsky, D’Udekem, Joh. Müller, Lieberkühn, Claparede, Lachmann, Balbiani, Carter u. A., vor Allem aber sind es die neuesten Ar- beiten von Olaparöde-Lachmann '), Stein”) und Balbiani ?), die der Natur- kunde der Infusorien einen neuen Aufschwung gegeben haben. Die beiden letztgenannten Forscher haben sich besonders dadurch ein hohes Verdienst erworben, dass sie die Existenz einer geschlechtlichen Fortpflanzung bei den Infusionsthieren sicher nachwiesen und durch eine reiche Fülle von Beobachtungen über jeden Zweifel erhoben. Da jedoch unsere Kenntnisse von der Entwickelung der Infusorien immerhin noch sehr lückenhaft sind und auch diese Kenntnisse oft nur auf einzelnen, einer Bestätigung bedür- fenden Beobachtungen beruhen, so dürfte es vielleicht nicht ungerecht- fertigt erscheinen, die nachfolgenden Beobachtungen zu veröffentlichen, | 4) Claparede et Lachmann, Etudes sur les Infusoires et les Rhizopodes. Trois par- ties. Geneve 1858—1861. 2) Fr. Stein, der Organismus der Infusionsthiere. 4. Abtheil. Allgemeiner Theil und Naturgeschichte der hypotrichen Infusionsthiere. Mit 14 Taf. Leipzig 1859. 3) E. G. Balbiani, Note relative A l’existence d’une generat. sexuelle chez les Infu- soires, in: Journ. de Physiolog., publ. par Brown - Sequard. Tome I (1858) pag. 347 — 352. pl. 1V. — Etudes sur la reproduction des Protozoaires. ibid. Tome III (1860), pag. 71—87. pl. Il et IV. — Recherches sur les phenome£nes sexuels des infusoires, ibid. Tome IV (1864), pag. 102—130, pag. 194 — 220 pl. VIL-IX. Zeitschr. f. wissensch. Zoologie. XI. Bd. 23 348 welche ebenfalls theilweis die geschlechtliche Fortpflanzung und beson- ders den Conjugationsprocess der Infusorien betreffen. Ehe ich jedoch zu ihrer Mittheilung schreite, drängt es mich noch, Herrn Prof. Stein für die liebevolle Theilnahme und Anregung, die er mir von Beginn meiner Unter- suchungen an zu Theil werden liess, hiermit auch öffentlich den aufrich- tigsten, herzlichsten Dank zu sagen. Ich fühle mich dazu um so mehr verpflichtet, als nur durch seine Werke mein Interesse für das Studium der Infusorien erweckt wurde. Das Material zu den nachfolgenden Untersuchungen lieferten die flies- senden und stehenden Gewässer der Umgegend Leipzigs, besonders des westlichen Theiles derselben, der allein schon mit Berlins Umgebungen an Reichhaltigkeit der Infusorienfauna wetteifern könnte; denn ich habe hier seit nicht ganz 2'/, Jahren nicht nur die meisten der wieder zuerkennenden Ihrenbergischen, sondern auch viele der neuerdings von Olaparede und Stein beschriebenen, und manche interessante neue Arten gefunden. Meine Aufmerksamkeit war von jeher besonders auf die Entwickelungsge- schichte der Infusorien, seit letzter Zeit namentlich auf die CGonjugations- zustände dieser Thiere gerichtet, die ein um so grösseres Interesse erregen als durch Steins ') und Balbianis Untersuchungen dargethan ist, dass bei Paramecium bursaria und aurelia die CGonjugation eine geschlechtliche Fortpflanzung einleitet. Diese Forscher zeigten nämlich, dass sich während der Vereinigung zweier Individuen aus der Substanz des Nucleolus Sper- matozoen entwickeln, durch deren (zwar nicht direct beobachtetes, aber doch namentlich durch Steins Beobachtungen höchst wahrscheinlich ge- machtes) Eindringen in den Nucleus dieser zur Entwickelung von Keim- kugeln und Embryonen angeregt wird. Soweit sich meine Beobachtungen auf jene beiden Thiere beziehen, kann ich dies bestätigen. Bei zwei con- jugirten Individuen von Paramecium bursaria hatte sich der Nucleo- lus bedeutend vergrössert und war in zwei grosse Kapseln zerfallen, die parallel liegende stabförmige Körperchen entbieltlen. Ein andermal hatte sich jede dieser beiden Kapseln wieder in zwei lange an den Enden an- geschwollene Schläuche verlängert, die ebenfalls mit stabförmigen Kör- perchen angefüllt waren. Ich verfolgte conjugirte Thiere mehre Tage lang bis zu ihrer Trennung, und noch weiter, ohne jedoch während dieser Zeit die Entwickelung von Embryonalkugeln beobachten zu können. — Ein eigenthümlicher Fall ist die Conjugation von drei Individuen, die mir bei Paramecium bursaria*) bisher nur ein einziges Mal vorgekommen ist. Die Kerne zweier der vereinigten Individuen hatten sich zu einer lan- 4) Herr Prof. Stein hatte die Güte, mir sowohl brieflich als mündlich mitzutheilen, dass er schon seit längerer Zeit durch neue Untersuchungsreihen zu dem Re- sultate gekommen sei, dass die im ersten Band seines »Organismus der Infusions- thiere« beschriebenen und daselbst als Längstheilung gedeuleten Zustände nicht Längstheilung, sondern wahre Conjugation darstellen. 2) Cohn erwähnte zuerst.»Dreitheilung« bei Paramecium bursaria. (Zeitschr. für wiss. Zool. Bd. Ill [1854], pag. 27%). 349 gen Schnur ausgedehnt, während der des dritten noch oval zu sein schien. Leider finde ich in meinen Zeichnungen nichts in Betreff der Nucleolus angegeben. Conjugation von drei Individuen ist mir unter den Infusorien sonst nur noch bei Vorticella all begegnet. Claparede entdeckte sie bei Vorticella microstoma. Bei Paramecium aurelia') kann ich das von Joh. Müller ent- deckte Vorkommen von Spermatozoen im Nucleus bestätigen; man findet bald Exemplare, deren Kern nur mässig, bald solche, bei denen der- selbe ausserordentlich vergrössert und mehr oder weniger dicht mit Spermatozoen gefüllt ist. Zuweilen füllt er dann fast den ganzen innern Körperraum aus. Drückt man die Spermatozoen heraus, so zeigen sie keine selbständige Bewegung; sie sind jedoch nicht wie bisher angege- ben und abgebildet wurde, einfach gleichhreite dünne Stäbchen, oder an beiden Enden zugespitzt, sondern zeigen deutlich eine kurze compactere Vorder- und eine grössere etwas dünnere und durchsichtigere Hinterbälfte. Ihre Länge beträgt meist 0,008 mm. — Von den in CGonjugation begriffenen Individuen von Paramecium aurelia beobachtete ich verschiedene Zu- stände. Die einen, offenbar nicht lange erst vereinigten Thiere enthielten den gewöhnlichen ovalen Nucleus, bei andern hatte derselbe eine mehr oder weniger kugelförmige Gestalt angenommen und begann sich an ver- schiedenen Stellen seiner Oberfläche einzuschnüren ; wieder bei andern conjugirten Exemplaren war er in eine ziemliche Anzahl kürzerer und längerer vielfach gewundener schnurförmiger Segmente zerfallen. Zu gleicher Zeit traf ich einzelne, nicht conjugirte Exemplare, die statt des Nucleus zwei bis vier grössere ovale oder runde Körper und eine ziem- liche Anzahl kleinerer Gebilde von gleicher Substanz enthielten. Was hier aus den Nucleolus geworden war, ist mir dunkel geblieben, ich konnte trotz aller Anstrengung die neuerdings von Balbianı”) so gross abgebilde- ten Samenkapseln nicht finden. Endlich zeigten sich auch Individuen - mit Embryonalkugeln , die meist in der hintern Körperhälfte des Thieres lagen; häufig bot sich Gelegenheit die acinetenartigen Embryonen sich von den Embryonalkugeln abschnüren und durch einen besonderen nach aussen erweiterten Canal an die Oberfläche treten zu sehen. Gonjugation habe ich ferner beobachtet, ohne sie jedoch genauer zu verfolgen, bei Paramecium ambiguum, einer neuen Art aus dem Salzsee bei Eisleben, welche der Gestalt nach mit Param. bursaria über- einstimmt, aber wie Param. aurelia farblos und mit einem Büschel län- gerer Wimpern am Hinterende versehen ist. — Auch Paramecium 1) Ueber die Conjugationsverhältnisse und die geschlechtliche Fortpflanzung von Paramecium aurelia vergleiche besonders: Stein, Organismus der Infusions- thiere, 4. Abtbeil. pag. 97—100, und Balbiani in Brown-Sequard’s Journal de la Physiologie, Tome IV (1864), No. XIII, pl. VII. Die Beobachtungen beider stimmen in Bezug auf die Veränderungen, welche der Nucleus erleidet, ganz mit den meinigen überein. 2) Balbiani a. a. ©. T. IV, pl. VII, fisg. 2 -9b. 337 350 colpoda (Colpidium St.), mehrere Trichoda-Arten, Gyelidium glaucoma (Taf. XXVII, 4), Ginetochilum margaritaceum, Co- leps hirtus, ein kleiner Prorodon, Nassula aurea, Lacrymaria elegans n. sp. (Taf. XXVIH, 2 u. 3), und Ampbhileptus fasciola sind mir conjugirt vorgekommen. Mit Ausnahme der letzteren Art waren bei den Conjugationszuständen aller übrigen je zwei Thiere an ihren Vorderenden miteinander verschmolzen, und zwar so, dass bei denjeni- gen Arten, deren Mund am Vorderende liegt, wie bei Goleps, Prorodon und Lacrymaria, die Thiere direct mit ihren Mundöffnungen aneinander hafteten, während die übrigen mit dem vor ihrer Mundöffnung gelegenen Theile ihres Körpers verwachsen waren, doch so, dass die Mundöffnun- gen selbst sich nicht gegenseitig berührten. Die Amphilepten legen sich während der Conjugalion ihrer ganzen Länge nach aneinander und es bleibt nur der vorderste Theil des beweglichen Halses und das verschmä- lerte Hinterende frei. Leider gelang es mir selbst durch längeres Isoliren conjugirter Thiere nicht, weitere Veränderungen zu ermitteln. Doch fand ich in Gesellschaft vieler conjugirter Exemplare von Amphileptus fasciola zuweilen ungewöhnlich breite Individuen derselben Art, welche anstatt der gewöhnlichen zwei runden Kerne vier Nucleus besassen. Wahrschein- lich hatte hier eine Verschmelzung zweier Individuen stattgefunden, ein Process, dem wir bei den Oxytrichinen noch wiederholt begegnen wer- den. — Vorticella microstoma traf ich einzeln und Vortic. con- vallaria einmal massenhaft in Conjugation. Es fanden sowol Verei- nigungen von zwei wie von drei Individuen statt. Auch bei Urocen- trum turbo existirt Conjugation, denn man findet zuweilen je zwei Exemplare dieses Thieres an ihren Vorderenden dachförmig mit einander verwachsen. Von Ghilodon cucullulus hat Stein die Conjugationszustände abgebildet: sie sind gar nichts Seltenes. Mir sind verschiedene Zustände zu Gesicht gekommen; in den einen war die linke Rückseite des einen mit der rechten Bauchseite des andern Thiers verwachsen '), in den anderen hafteten die Thiere mit der Bauchseite an einander und ihre Mundöff- nungen waren eng aneinander geschlossen (Taf. XXVII, 4). Claparede und Lachmanns Entdeckung von stabförmigen Körperchen im Nucleus kann ich bestätigen ; ich traf zuweilen Individuen von Chilodon, deren rundlich gewordener Kern viele kleine regellos zerstreute Stäbchen enthielt, deren Gestalt der der Spermatozoen von Param. aurelia ziemlich gleich kam. Sie zeigten wie diese ein etwas dickeres, schwach kopfartig abgesetztes Vorderstück und eine wenig dünnere hellere Hinterhälfte. Ihre Länge betrug aber nur etwa 0,004 mm. 4) Aus diesem Conjugationsprocess gehen vermuthlich die Zustände von Chilodon cucullulushervor, die ausser dem Kern noch einen grossen, durchscheinenden Körper enthalten. (Vergl. das weiter unten über die Conjugation bei Euplotes charon und Stylonychia pustulata Gesagte). 391 Bei den kleinen Arten von Aspidisca gehört die Gonjugation keines- wegs zu den seltensten Erscheinungen. Stein entdeckte sie bei Asp. Iynceus und costata; ich habe sie bei diesen sowohl als auch bei Aspid. turrita aufgefunden. Bei Asp. costata und Asp. turrita fand ich Zustände, die bereits so zusammenhafteten, dass der rechte Rand der Bauchseite des einen den linken Rand des Rückens des anderen deckte. Es ist dies ein späteres Entwickelungsstadium; denn anfangs deckt die linke Seite des rechten Thiers den rechten Rand der Rückseite des linken Thiers, wie bei den Oxytrichinen. Später aber rückt das rechte Thier mehr und mehr unter das linke, wie dies deutlicher bei den grösseren Oxytrichinen zu erkennen ist. (Vgl. Taf. XXVII, Fig. 12,143, 45.) Auffallend ist es, dass noch Niemand bisher den Nucleolus der Aspidicis- cinen beobachtet hat; er ist verhältnissmässig sehr gross und liegt stets wie bei Euplotes mehr oder weniger nahe der Mitte der linken Körperseite dicht an den hufeisenförmigen Nucleus geschmiegt. Dieser zeigl zu- weilen unweit seiner beiden Enden eine quere spaltförmige Höhle, die genau dem von Stein bei Euplotes und den Oxytrichinen entdeckten Spalt ‘) im Kern entspricht. Das Vorkommen der Conjugation bei den Euploten wurde bereits von Ehrenberg erwähnt, dieselbe aber fälschlich für Längstheilung gehalten. In letzter Zeit haben sie Stein ”) und Balbiani?) genauer studirt und sind zu dem Resultate gekommen, dass sie eine geschlechtliche Fortpflanzung einleitet. Ich kenne die Conjugationszustände von Euplotes patella und charon und habe besonders bei dem letzteren Thier eigenthüm- liche Vorgänge beobachtet, denen wir später bei den Stylonychien, wieder begegnen werden. Am häufigsten findet man die Zustände, in denen sich zwei Individuen mit ihren linken Bauchseiten etwa vom inneren Peri- stomrand an, aneinandergelegt haben (Taf. XXVIU, Fig. 5). Der Nucleus hat die gewöhnliche Hufeisenform und deutlich ist auch der Nucleolus zu unterscheiden, der regelmässig in zwei nach und nach weiter auseinander 4) Balbiani hat neuerlich behauptet (Journ.d. Physiol. TomeIV. (1864) p. 210), Stein sei durch eine optische Täuschung zur Annahme eines solchen Spaltes bewogen worden; es sei vielmehr der kern wie durch einen scharfen Messerschnitt in zwei nicht mit einander zusammenhängende Hälften getheilt worden, und man könne leicht die beiden Hälften von einander entfernen. Mir haben zahlreiche "Beobachtungen an den grossen Kernen von Onychodromus, Stylonychia, Pleuro- tricha und Urostyla gerade das Gegentheil bewiesen. In allen Fällen, ohne Aus- nahme, überzeugte ich mich auf das Positivste, dass wirklich ein länglicher, ge- bogener Spalt vorhanden war, der meist noch von wulstigen lippenartigen Rändern begränzt wurde. Selten findet man den Spalt in der Mitte der Kerne, fast immer liegt er nahe an einem der beiden Enden. BeiOnychodromus liegt er gewöhnlich in den beiden vorderen Kernen nach hinten, in den beiden hinteren Kernen nach vorn zu. Ich komme weiter unten noch einmal auf die Verhältniss der Nucleus und Nucleolus bei den Oxytrichinen zurück. %) Organismus der Infusionsthiere. 4. Abtheil., p. 136, 439. Taf. IV, fig. 9. 3) Journ. de Physiol. Tome IV., pl. VIIT, Sieg. 14—15. rückende Hälften zerfällt. Die Thiere sind nur auf dem vorderen Theil des Peristomfeldes vollkommen mit einander verwachsen. — Neben die- sen gewöhnlichen Zuständen begegneten mir nun auch andere, ganz eben so zusammenhängende, bei denen sich auf der hinteren Hälfte des Bauch- feldes eine neue adorale Wimperreihe und ein vollständig neues Bauch- Wimpersystem zu bilden begann (Taf. XXVII, Fig. 6). Dasselbe dehnte sich mehr und mehr aus, die einzelnen Wimpern wurden grösser, rück- ten auseinander und die adorale Wimperreihe verlängerte und krümmte sich allmählich. Dabei gingen nach und nach die alten Bauchwimpern zu Grunde, so dass als sich die conjugirten Thiere trennten, nur noch drei bis vier der vorderen und einige der hinteren alten Wimpern vorhanden waren. Gleichzeitig begann sich auch einwärts von dem neuen adoralen Wimperbogen der Innenrand des neuen Peristoms in Gestalt zweier er- habener, gebogener Längsleisten zu bilden, das alte Peristom und die ehemaligen adoralen Wimpern verschwanden bis auf kleine Ueberreste und bald waren auch diese durch das neue, sich immer weiter ausbrei- tende Wimpersystem verdrängt, das nun bald vollständig die Stelle des alten einnahm (Taf. XXVII, Fig. 7—41). Noch fehlte jedoch viel, wenn die neuen aus dem eben geschilderten sonderbaren Process hervorgegan- genen Individuen der gewöhnlichen Form des Euplotes charon wieder gleich werden sollten. Vor allem besassen sie keinen Mund. Die adorale Wimperreihe reichte nur bis in die Mitte des Peristomfeldes, und die beiden das Bauchfeld begränzenden Leisten verschmolzen nach und nach zu einer einzigen rippenartigen Erhebung, die sich bis zu den fünf After- wimpern erstreckte. Auch die Mitte des Bauchfeldes wurde ihrer ganzen Länge nach von einer scharfen Leiste durchschnitten, die den gewöhn- lichen Thieren abgeht oder doch wenigstens bei denselben nur schwach ausgebildet ist. Am auffallendsten aber unterschied sich das neue Thier vom alten durch die Veränderungen, die der Nucleus erlitten hatte. Der- "selbe theilt sich nämlich bevor oder sobald sich auf den beiden conjugir- ten Thieren das neue Wimpersystem zu entwickeln beginnt, in zwei Hälften, deren vordere, bei weitem grösste das ganze vordere Drittel des Bauchfeldes einnimmt, während die hintere kleinere Kugelgestalt an- nimmt und weit nach links und hinten rückt. Wie der Kern so theilt sich ebenfalls, jedoch schon früher der Nucleolus in zwei Hälften, die neben die Kernhälften zu liegen kommen. Nach der Trennung der Thiere zeigt sich in der linken hinteren Körperhälfte jedes Individuums ein blasser schei- benförmiger Körper, der mehr und mehr nach der Mitte und vorn rückt, an Umfang und Durchsichtigkeit zunimmt und endlich als eine ganz helle etwas plattgedrückte Kugel von äusserst feinkörniger, homogener Sub- stanz oft zwei Drittel des ganzen Bauchfeldes inne hat. Neben oder hin- ter diesem Körper liegt ein oft ansehnliches Stück des ehemaligen Nu- cleus, sowie häufig auch eine immer wechselnde Anzahl grösserer und kleinerer, stark lichtbrechender (Fett- ?\Kugeln. Ungefähr zwei bis drei 399 Tage nach ihrer Trennung nehmen die aus der Gonjugation hervorgegan- genen Individuen wieder n Form der gewöhnlichen Exemplare an, d.h. ihre adorale Wimperreihe ergänzt sieh, nach hinten zu, oem und Mundöffnung werden neu gebildet und der alte hufeisenförmige Kern findet sich wieder. — Es fragt sich nun, woraus jener grosse, durch- scheinende Körper im Innern entsteht und zu was er sich entwickelt. Ueber Beides bin ich zur Zeit noch nicht zu absoluter Gewissheit gelangt. Was erstens seine Entstehung betrifft, so bin ich in Zweifel, ob er sich direct aus der hinteren kleinen Hälfte des getrennten Nucleus entwickelt, oder ob er schon bevor eine Trennung der conjugirten Thiere statt hat, sich selbständig aus der Kernsubstanz herausbildet. Für die letztere Annahme scheint mir der Umstand zu sprechen, dass bei zwei Individuen, die im Begriff waren sich zu trennen, ausser den zwei gesonderten Kernhälften bereits ein heller, zart oder scharf umgränzter kugelförmiger Körper (von etwa 0,015 mm. Durchm.) in der hinteren Körperhälfte vorhanden war. Ich konnte denselben jedoch bei einer grossen Zahl von conjugirten Exemplaren, die sich auf derselben Stufe der Entwickelung befanden, nicht entdecken '). — Die weitere Entwickelung des erwähnten Körpers hesteht nun darin, dass er, nachdem er seinen grössten Umfang erreicht hat, in mehrere (meist zwei bis drei) kuglige Segmente von nahezu gleicher oder verschiedener Grösse zerfällt. Die ferneren Schicksale dieser Kugeln vermochte ich bis jetzt noch nicht zu ermitteln, doch dürfte die Vermu- thung, dass wir es hier mit der Bildung von Keimkugeln zu thun haben, nicht unbegründet sein. Ob sich diese letzteren jedoch noch im Innern des Mutterthieres zu Embryonen heranbilden, ist mir desshalb zweifel- haft, weil ich die Rückverwandlung eines conjugirt gewesenen Paares in zwei gewöhnliche Exemplare des Euplotes charon direct verfolgte, ohne Embryonen sich bilden zu sehen. Es wäre also möglich, dass die Keim- kugeln von Euplotes nicht wie die der Vorticellinen innerhalb, sondern ausserhalb des Mutterthieres ihre Reife erlangten. Auch Balbiani scheint diess anzunehmen. In der Familie der Oxytrichinen waren es besonders Stylonychia pustulata und Styl. histrio, die mir die Conjugationszustände am zahlreichsten lieferten; sie sind bei diesen Thieren wie bei Styl. myti- lus u. a. durch Stein entdeckt?) und beschrieben worden. Ich habe bis jetzt zwei ganz verschiedene Arten der Conjugation bei jenen bei- 4) Es ist namentlich bei Euplotes charon oft ungemein schwer, die Fortpflanzungs- organe deutlich zu erkennen, und selbst Essigsäure hilft in vielen Fällen nichts. Sehr gute Dienste leistete mir häufig folgendes Verfahren: man isolirt die zu untersuchenden Infusorien, lässt sie eintrocknen und setzt sobald sie eingetrock- net sind, schnell ein Tropfen reinen Wassers hinzu. In diesem quillt der todte Körper wieder auf und Nucleus und Nucleolus treten meist sehr klar hervor. 2) Organismus der Infusionsthiere, 4. Abtheil., pag. 455 u. 156, mit Taf. VII, Fig. 5 u. 6; pag. 162 u. 463 mit Taf IX, Fig. 4, 5, 6 u. 8; pag. 467 u. 168 mit Taf. IX, Fig. 20—22. 35% den Stylonychien kennen gelernt. Die eine besteht in einer vollständi- gen Verschmelzung zweier vorher getrennt gewesener Individuen zu einem einzigen Thier, das zuletzt von einem gewöhnlichen Exemplar nicht zu unterscheiden ist. Bei der anderen Art der Conjugation bildet sich auf den nur mit dem Vorderkörper verschmolzenen Individuen jeder- seits ein neues Wimpersystem, welches nach und nach an Stelle des alten rückt, und die Thiere trennen sich später wieder. Letzteren Fall haben wir schon oben bei Euplotes charon kennen gelernt. Betrachten wir zunächst den Verschmelzungsprocess von Stylony- chia pustulata (Taf. XXVII, Fig. 12—44). Bei Beginn desselben klammert sich das eine der beiden Thiere mittelst seiner adoralen Wim- pern und seiner starken Vordergriffel so an das andere Thier an, dass seine linke Vorderecke die rechte Vorderecke des anderen Thiers deckt. Diese verwächst nun schnell mit dem Peristomfeld des rechten Indivi- duums und hängt anfangs nur durch einen schmalen Streifen der Kör- persubstanz mit demselben zusammen (Taf. XXVIl, Fig. 43), bald wird derselbe aber breiter, die adorale Wimperreihe des rechten Thieres wird bis auf die am Vorderrande stehenden Borsten resorbirt, ebenso: die drei griffelartigen und die drei borstenförmigen Stirn- Wimpern, sowie die am Vorderrand stehenden adoralen Wimpern des linken Individuums. Bald sind die beiden Tbiere bis zu ihrer Mitte mit einander verschmol- zen, so dass sie nun einen gemeinsamen Vorderkörper, aber zwei ge- trennte Hinterkörper besitzen. Allmählich vereinigen sich auch diese, man erkennt später nur noch einen kleinen Einschnitt am Hinterrand (Taf. XXVIIL, Fig. 14) und ist dieser verschwunden, gleicht das nun ent- standene Thier fast vollständig einer gewöhnlichen Styl. pustulata; gewöhn- lich ist es jedoch etwas breiter. Die vier Kerne verschmelzen zu zweien. Die Veränderungen, welche die Bauchwimpern während der vollständi- gen Verschmelzung erleiden, werden wir bei Styl. histrio kennen lernen. Die Dauer des ganzen Processes beträgt von Anfang bis zu Ende meist zwölf bis vierzehn Stunden; ich verfolgte mehrere aus einer solchen Ver- einigung entstandene Thiere noch lange weiter und beobachtete stets, dass sich dieselben nach etwa 6—10 Stunden einfach querzutheilen be- gannen. Auch die aus dieser Theilung hervorgegangenen Individuen ver- hielten sich ganz wie die gewöhnlichen Exemplare der Stylon. pustulata. Von Erscheinungen, die mit einer geschlechtlichen Fortpflanzung in Ver- bindung ständen, beobachtete ich nichts. — Die zweite Art der Conjugation wurde von Stein bei Styl. pustulata und histrio entdeckt, bei letzterem Thiere namentlich genau beschrieben und abgebildet‘). Ich kenne sie bis jetzt nur bei Styl. pustulata und habe sie häufig ziemlich von Anfang direct verfolgt. Nicht selten trifit man nämlich Buster bei denen zwei Individuen nur 1)a.a.0O, pag. 167 und 168 mit Taf. IX, Fig. 20— 22. 355 mit dem Vorderkörper verwachsen sind, und auf deren Bauchfelde sich ein neues Wimpersystem zu bilden beginnt (Taf. XXVIll, Fig. 15). Dasselbe dehnt sich mehr und mehr aus, die adorale Wimperreihe streckt sich be- sonders nach vorn zu, während die alten adoralen und Stirn- Wimpern sowie der innere Peristomrand nach und nach von hinten anfangend resor-— birt werden (Taf. XXVII, Fig. 16). Zugleich schneidet die Theilungsfurche immer tiefer nach vorn zu ein, und das Hinterende des Körpers mit den alien Endwinpern setzt sich deutlich ab und nimmt eine immer durch- sichtigere Beschaffenheit an. Endlich trennen sich die Thiere (Taf. XXVII, Fig.17 u. 48), so dass das rechts liegende Individuum noch den Rest des alten Vorderkörpers mit den drei grössten alten Stirnwimpern und dem am Vorderrand sitzenden Stück der adoralen Wimperreihe erhält. In Zeit von etwa 15 Minuten sind dann auch diese Ueberbleibsel resorbirt und nur das alte Hinterende erhält sich etwa noch eine Stunde. — Die Nucleus erleiden während des ganzen Processes mannichfache Verände- rungen, die genau zu ermitteln mir leider nicht gelungen ist. Meist fand ich an ihrer Stelle mehrere kugelförmige Körper von der Substanz desKerns. Die aus der Conjugation hervorgehenden Zustände entsprechen ganz den oben bei Euplotes charon erwähnten; sie besitzen weder Mund noch in- neren Peristomrand und aus ihnen gehen wie bei Euplotes jene eigen- thümlichen Formen mit einem grossen centralen durchscheinenden Körper hervor, die stets Begleiter der Conjugationszustände von !Styl. pustulata sind. Ich verfolgte mehrmals den ganzen Conjugationsprocess von Anfang bis zu Ende, so z. B. an einem conjugirten Paare, das am 26. Sept. d.)J. früh 10 Uhr 30 Min. isolirt wurde. Es zeigte bis Abend 7 Uhr 50 Min. noch keine Spur eines neuen Wimpersystems, hatte sich aber bis zum andern Morgen 9 Uhr in zwei Thiere getheilt, die einen grösseren, ovalen hellen Körper und mehrere zerstreut liegende nicht scharf begrenzte kug- lige Gebilde von geringerer Grösse enthielten. Bis Abends 11 Uhr hatte der grössere Körper an Umfang und Durchsichtigkeit zugenommen ; ebenso am 28. September früh 7 Uhr. Gegen 11 Uhr gingen beide Thiere zu Grunde und es hob sich nun der scharf umschriebene gewölbte cen- trale Körper deutlich hervor, während die kleineren kugligen Gebilde nichts Bestimmtes erkennen liessen. Diese eben erwähnten sonderbaren Formen, die Stein') zuerst entdeckte und beschrieb, sind gewöhnlich ganz mit kleinen Fettkörnchen angefüllt, zwischen denen zuweilen ausser dem grösseren hellen Körper noch einige kleinere kuglige Gebilde von ebenfalls durchscheinender Substanz sichtbar sind. — Mehrmals verfolgte ich diese Zustände bis zwölf Stunden lang ohne Veränderungen an ihnen zu bemerken ; endlich jedoch gelang es mir ein zuvor isolirtes:Exemplar (Taf. XXVII, Fig. 19) zu verfolgen, bis es einer gewöhnlichen Styl. pu- 4) Organismus der Infusionsthiere. ° 4. Abtheil., pag. 463 und 464, mit Taf. IX, Fig. 11—13. 396 stulata glich. Ich isolirte am 22. Aug. Nachmittag 4 Uhr das in Fig. 19 auf Taf. XXVII abgebildete Individuum ; Abends 6 Uhr 25 Min. hatte sich der centrale helle Körper in zwei wie es schien ungleiche Hälften getheilt, die adorale Wimperreihe war noch abgekürzt und der innere Peristomrand fehlte (Taf. XXVII, Fig. 20); an demselben Abend 10 Uhr 30 Min. hatte das isolirte Thier schon ziemlich die Form einer gewöhnlichen Stylonychia an- genommen, zwei längliche Kerne schienen da zu sein, deren Umrisse sich jedoch nicht scharf bestimmen liessen, auch hatte sich jetzt die adorale Wimperreihe weiter nach hinten zu fortgesetztund der Innenrand des Peri- stoms begann sich deutlich auszubilden. Am andern Morgen früh 7 Uhr glich das Thier vollständig einer gewöhnlichen Stylonychia pustulata. Die Kerne waren scharf umschrieben und neben jedem der Nucleolus deut- lich zu erkennen. Nachmittags 4 Uhr hatte sich das Thier in zwei ganz gleiche, gewöhnliche Individuen getheilt, die sich bis zum andern Nach- mittag, den 24. August, nicht veränderten. Dann begann sich das eine der beiden Thiere zu theilen, so dass nach einer Stunde ein grösseres und zwei kleinere Exemplare im Tropfen waren; -bis Abends 8 Uhr war nichts anders geworden und ich verfolgte die Thiere nun nicht weiter. — Noch sei hier ein eigenthümlicher Zustand der Styl. pustulata erwähnt, den ich bisher nur zwei Mal angetroffen habe; zwei Thiere hingen derge- stalt mit einander zusammen (Taf. XXVII, Fig. 21), dass der hintere Kör- pertheil des einen mit der Mitte des rechten Körperrandes desanderen ver- wachsen war, die Längsaxen beider Thiere schnitten sich unter einem ziemlich spitzen Winkel, und die vier Nucleus hatten sich zu einem langen Strang vereinigt, der beide Individuen durchzog. — Die zuerst von Stein!) beschriebenen und abgebildeten Zustände der Styl. pustulata, deren Be- deutung unklar blieb, stellen Individuen dar, die im Begriff sind sich zu encystiren. Ich habe sie mehrmals bis zur Vollendung der Cyste verfolgt. Zuerst (Taf. XXIX, Fig. 1) verschwindet die adorale Wimperreihe bis auf die am Vorderrand stehenden Wimpern, Bauch- und Endwimpern gehen nach und nach zu Grunde, das ganze Thier nimmt eine mehr drehrunde Gestalt an, wird kürzer und kürzer (Taf. XXIX, Fig.2 u. 3), bis es zuletzt einer Kugel gleicht, an deren Rande noch die ehemaligen Randwimpern auf- und abschlagen;; bald sind sie jedoch resorbirt und man sieht wie sich rings um den Körper eine feine Hülle absondert, die immer fester wird und eine vielfach gezackte Gestalt annimmt. Dies sind die Cysten, die Stein und neuerdings auch Balbiani beschrieben und abgebildet haben. Bevor sich die Thiere encystiren, schaffen sie alle grösseren Nahrungs- stoffe, die sie vorher aufgenommen haben, durch den After nach aussen, der übrigens nicht nur bei den Oxytrichinen, sondern wahrscheinlich auch bei allen hypotrichen Infusorien nicht wie bisher allgemein angege- ben wird auf der Bauchseite, sondern constant auf der Rückseite, links unweit des hinteren Körperendes liegt. Bei Onychodromus liegt er am 4) A. a. O. pag. 163 u. Taf. IX, Fig. 7. 357 Fuss des hinteren der bei diesem Thier von Stein entdeckten wulstigen Höcker, die wol weiter nichts sind als Auftreibungen der Körperwan- dung, in denen sich die Nahrungsstoffe sammeln ; bei sehr vielen Exem- plaren sind sie übrigens gar nicht vorhanden. Die Conjugationszustände von Stylonychia histrio sind von Stein entdeckt, dem wir überhaupt erst die genauere Kenntniss dieses Thieres verdanken. Es kommen wie bei Styl. pustulata zwei verschie- dene Arten von ÜConjugation vor; ich kenne nur die erste aus eigener Anschauung; die zweite geht, nach Steins Beobachtungen, nach densel- ben Gesetzen vor sich, wie bei Styl. pustulata. Besonders in einem Falle verfolgte ich jenen ersteren Conjugationsprocess, der eine vollständige Verschmelzung zweier Individuen zum Ziele hat, am anhaltendsten durch alle Stadien hindurch. Zuerst klammerte sich das eine der beiden Thiere mittelst seiner adoralen Wimpern in der oben bei Styl. pustulata beschrie- benen Weise fest an das andere an (Taf. XXIX, Fig. 4). Nach 15 Minuten war schon das Stirnfeld des linken mit dem Peristomfeld des rechten Exemplars durch einen breiten Streifen der Körpersubstanz verbunden; eine halbe Stunde später waren die Thiere mit dem ganzen vorderen Körperdrittel verschmolzen, die adorale Wimperreihe des rechten Indi- viduums war bis auf die am Vorderrand stehenden Wimpern resorbirt, ebenso der vordere Theil des adoralen Wimperbogens des linken Thie- res; zugleich rückte das rechte weiter nach vorn zu; in diesem Zustande isolirte ich das conjugirte Paar, das, für einen Augenblick durch Ent- ziehung zu vielen Wassers etwas beängstigt, Bestrebungen machte sich gewaltsam wieder zu trennen. Vielleicht wurden durch diesen störenden Zufall einige wie mir schien abnorme Erscheinungen herbeigeführt, die später eintraten. Zwei Stunden nach Isolirung der Thiere waren diesel- ben noch inniger miteinander verschmolzen und der vordere Theil der adoralen Wimperreihe des rechten Individuums hatte sich mit dem hinteren Theil derjenigen des linken zu einem beinahe ununterbrochenen Wimperbogen vereinigt, auch waren die zwei vorderen Nucleus zu einem kugelartigen Körper verschmolzen, während die beiden anderen noch un- verändert zu sein schienen. Nach ferneren drei Stunden war die Vereini- gung mit Ausnahme der beiden hinteren Körpertheile vollendet (Taf. XXIX, Fig. 5), es hatte sich auf der rechten Hälfte ein ganz neues Wimpersy- stem gebildet, während von den alten Wimpern nur noch jederseits drei der dicken Afterwimpern standen. Auch war eine neue adorale Wim- perreihe und ein neuer Innenrand des Peristoms entstanden, dessen un- dulirende Membran lebhaft hin- und herwogte, und die Kerne hatten sich zu einem dicken etwas gebogenen Strang vereinigt. Eine halbe Stunde später waren die beiden alten Hinterenden mit den ehemaligen Endwim- pern bis auf zwei kleine Restchen eingeschrumpft, der langgestreckte Kern lag in der Längsaxe des Thiers und bald glich dasselbe einer ge- wöhnlichen Styl. histrio vollkommen (Taf. XXIX, Fig. 6). Am nächsten Tag, 398 14 Uhr 25 Min. früh, hatte sich die ganze Körperform des Thieres ver- ändert; sein rechter Rand war bedeutend convex, sein linker etwas con- cav geworden und ein vollständig neues Wimpersystem begann sich auf der Bauchseite zu bilden. Zugleich schnürte sich das Hinterende mit den alten fünf Endgriffeln und einigen-andern alten Bauchwimpern mehr und mehr ab, und nahm eine schräge Stellung zu der neuen Längsaxe des Thieres an. 12 Uhr 30 Min. an demselben Tag war das alte Wimpersy- stem schon fast ganz verdrängt, und am Nachmittag 2 Uhr 30 Min. glich das Thier wieder einer gewöhnlichen Styl. histrio. Diese letzteren Ver- änderungen, die nochmalige ‚Bildung eines ganz neuen Wimpersystems betreffend, sind wahrscheinlich nur zufällige gewesen, veranlasst durch die oben erwähnte leise Beschädigung des Thieres. Bis Abends 8 Uhr zeigte das Thier nun keine weiteren Veränderungen, gegen 10 Uhr aber begann es sich auf die gewöhnliche Weise zu theilen und war kurz vor Mitternacht in zwei ziemlich gleiche Exemplare zerfallen, die sich durch nichts von einer gewöhnlichen Styl. histrio unterschieden. Am nächsten Morgen waren beide Individuen zu Grunde gegangen. Dies ist die erste Art der Conjugation, die wir schon oben bei Styl. pustulata kennen gelernt haben; sie erfolgt bei beiden Species jedenfalls nach ein und demselben Gesetze. Die andere Conjugation der Styl. hi- strio hat Stein ausführlicher beschrieben. Sie geht wie bei Styl. pustu- lata vor sich. Mir sind nur in wenigen Exemplaren die aus jenem Process hervorgehenden Formen mit einem grossem, ovalen durchsichtigen Kerne zu Gesicht gekommen, den ganzen Vorgang aber konnte ich bisher noch nicht verfolgen. In Gesellschaft der in Conjugalion begriffenen Individuen von Sty- lonychia histrio zeigte sich einmal ein Tbier (Taf. XXIX, Fig. 7) derselben Art, das sogleich durch drei grosse helle scheibenförmige Körper auffiel, die an Stelle der Kerne in seinem Innern lagen. Ich isolirte dasselbe am 27. August Nachmittags 4 Uhr 10 Min. Es glich seiner ganzen Organisa- tion nach einer gewöhnlichen Styl. histrio und unterschied sich von einer solchen eben nur durch jene drei hellen scheibenförmigen Körper, von denen ein jeder einen centralen grobkörnigen rundlichen Kern besass. Bei weiterer Beobachtung des Thieres zeigte es sich, dass zuerst um 5 Uhr 25 Minuten die beiden vorderen Körper langsam mit einander zu verschmelzen begannen, so dass um 8 Uhr 45 Minuten Abends ein grös- serer vorderer und ein kleinerer hinterer scheibenförmiger Körper vor- handen war. Zwanzig Minuten später vereinigten sich auch diese beiden und gegen halb zehn Uhr enthielt das isolirte Thier nur einen grossen kugelförmigen Körper mit einem centralen grobkörnigen Kern im Innern. Leider war dasselbe am andern Morgen zu Grunde gegangen, so dass ich seine weitere Entwickelung nicht verfolgen konnte. Möglicherweise steht diese eben beschriebene Forın mit der CGonjugalion in Verbindung, denn sie war wie die aus derselben hervorgehenden Individuen ziemlich | | 399 gleichmässig mit kleinen Fettkörnern angefüllt, zwischen denen nur wenig grössere Körner lagen, und besass ausserdem keine Spur der ge- wöhnlichen Kerne. Wie bei den beiden erwähnten Arten der Gattung Stylonychia, so hat auch bei der schönen Stylonychia mytilus Stein!) die Conjugationszu- stände zuerst beschrieben und abgebildet ?). Ich habe nur die allerersten und die letzten Stadien der Conjugation dieses Thieres zu Gesicht be- kommen. Im ersteren Falle hatte ein Individuum das andere auf der rechten Seite mittelst seiner adoralen Wimperreihe gepackt und das Stirnfeld des linken Thieres war mit dem Peristomfeld des rechten Exem- plares schon durch einen Streifen der Körpersubstanz verbunden. Im anderen Falle waren beide Individuen bis fast zum äussersten Hinter- ende mit einander verschmolzen. Jedenfalls kommt auch bei Styl. my- tilus eine doppelte Art der Conjugation vor: einmal die totale Verschmel- zung zweier vorher getrennt gewesenen Individuen zu einem einzigen Exemplar; dann derjenige Conjugationsprocess, aus dem zwei ganz neue mit einem neuen Wimpersystem versehene Individuen hervorgehen. Die Existenz des letzteren Vorgangs schliesse ich, wie ich glaube ganz sicher daraus, dass in Gesellschaft der in Conjugation befindlichen Thiere von Styl. mytilus auch solche Individuen derselben Art vorkommen, bei denen die adorale Wimperreihe bedeutend abgekürzt, der innere Peri- stomrand eingegangen und statt der beiden Nucleus ein grosser ovaler durchsichtiger Körper vorhanden war. DieseFormen, die sich auch durch ihren mit kleinen Fettkörnchen erfüllten Körperinhalt auszeichnen, gehen aber, wie wir oben bei Euplotes charon und Styl. pustulata sahen, direct aus jenem zweiten eigenthümlichen Gonjugationsprocess hervor. Ein Exemplar, das jene Eigenschaften besass, isolirte ich am 23. August früh 41 Uhr und bereits am Nachmittag 4 Uhr hatte sich der ovale durchschei- nende Körper in zwei wie es schien nicht ganz gleiche Hälften getheilt. Bald darauf ging das Thier durch einen unglücklichen Zufall zu Grunde. Jedenfalls war es im Begriff sich wieder zu einer gewöhnlichen Stylo- nychia mytilus umzuwandeln, wie dies oben bei Styl. pustulata und Euplotes charon direct verfolgt wurde. Von hohem Interesse ist die von Stein bei Styl. mytilus entdeckte Embryonalbildung, die auch ich wiederholt zu beobachten Gelegenheit ge- habt habe. Zuerst fand ich im October 1859 einzelne Exemplare mit Embryonalkugeln, ohne jedoch deren weitere Entwickelung verfolgen zu können. Dann kamen mir wieder im August und September 1861 Tbiere mit Embryonalkugeln zu Gesicht. Es waren Individuen von mittlerer Grösse, die meistens nur je eine grössere Embryonalkugel enthielten. Dieselbe lag zwischen den beiden Kernen dicht hinter dem Mundwinkel 4) Organism. d. Infusionsthiere. 4. Abtheil., pag. 4155—156, mit Taf. VII, Fig. 5 u. 6. 2) Neuerlich bildet auch Balbiani die ersten Stadien des Conjugationsprocesses von Styl. mytilus ab. A. a. ©. pl. VIU, Fig. 41-3. 360 und über ihr zeigte sich auf der Bauchseite constant eine verschieden grosse, elliplische, rundliche, oder nach einem Ende zugespitzte Oeff- nung in der Körperwandung, die Geburtsöffnung. Nur ein einziges Mal fand ich ausser dem Spalt auf der Bauchseite noch eine gerade über dem- selben gelegene dorsale Oefinung von länglichrunder Form und ziemlicher Grösse. Das Exemplar, das diese zwei Geburtsöffnungen besass, wurde am 26. August Mittags 12 Uhr 20 Min. isolirt, als es nur eine grössere Embryonalkugel enthielt und auch nur erst die Geburtsöffnung an der Bauchseite vorhanden war. Am Abend 9 Uhr 25 Min. begann sich die Embryonalkugel zu theilen und am nächsten Morgen 7 Uhr zeigten sich im Innern drei Embryonalkugeln und durch die inzwischen gebildete dor- sale Geburtsöffnung trat ein mit geknopften kurzen Tentakeln versehener bewimperter Embryo heraus. Bis 41 Uhr früh waren noch vier Embryo- nen ausgeschwärmt und die letzte Embryonalkugel hatte sich eben in einen Embryo verwandelt, der in einer unregelmässigen scharf begrenz- ten Höhle des Parenchyms umbertaumelte. An ‚demselben Tag fand ich noch andere Exemplare, die eine grössere Zahl (bis 15) Ernbryonalkugeln enthielten, von denen sich oft Embryonen abschnürten. Die Embryonal- kugeln eines dieser Thiere fielen, als dasselbe zufällig im Wasser aus- einanderging, auf den Boden des Glasplättchens und verwandelten sich theils direct in Embryonen, theils theilten sie sich in zwei Segmente, deren eines fortschwamm. Wieder bei andern traten nur geknopfte Tentakeln an der Oberfläche hervor und sie glichen nun vollständig einer kleinen stiellosen Acinete'). Die weitere Entwickelung dieser 4) Balbiani hält nach neueren Beobachtungen diese acinetenartigen Embryonen, welche man bei Paramecium bursaria und aurelia, Nassula elegans, Stylonychia mytilus und Urostyla grandis gefunden hat, nicht für die Embryonen dieser Thiere, sondern für von aussen eingedrungene parasitische Acineten (Sphaero- phrya Clapar.). Gegen diese Ansicht erheben sich aber die gerechtesten Beden- ken. Denn auch abgesehen von Balbianis eigenen Beobachtungen, der ja die aci- netenartigen Embryonen von Paramecium bursaria direct bis zu ihrer Rückbil- dung in ein dem Mutterthiere (Paramecium) gleiches Wesen verfolgte und diese Verwandlung beschrieb (Brown-Sequard, Journ. de Physiologie, tome I. 1858), existiren Thatsachen, welche mit der Annahme der parasilischen Natur der er- wähnten acinetenartigen Wesen unvereinbar scheinen. Es ist erstens eine höchst auffällige Erscheinung, dass z. B. bei Stylonychia mylilus die Geburtsöffnung (nach Balbiani die Stelle, an der sich der Parasit in seinen Wirth einbohrt) con- stant an derselben Stelle, nahe an der Mitte des linken Körperrandes gelegen ist, an einer Stelle, die sich noch dazu durch bedeutende Festigkeit ihrer Wandung auszeichnet. Balbiani bildet zwar ein Exemplar der Stylonychia mytilus ab, wel- ches drei das Parenchym nach dem Rücken zu durchsetzende Canäle anstatt der einen centralen Oeffnung besitzt (a. a. O. pl. VIII, Fig. 18); mir ist jedoch bei einer Untersuchung von über hundert mit Embryonalkugeln versehenen Tbieren der Stylonychia mytilus nie ein solcher Fall vorgekommen; auch Siein fand bei Stylon. mytilus immer nur die eine stets gleich gelegene Oefinung. Soll man nun annehmen, dass der vermeintliche Parasit bei Stylonychia mytilus immer an einer und derselben Stelle eindringt, während er doch z. B. bei Paramecium au- 361 Embryonen gelang auch mir nicht zu verfolgen; jedenfalls aber ist es im höchsten Grade unwahrscheinlich, dass sich dieselben direct wieder relia und Urostyla grandis, die mehrere Geburtsöffnungen besitzen, an verschie- denen Orten eindringen soll? ( Ferner muss es nicht minder Wunder nehmen, dass die vermeintlichen Pa- rasiten sich nur bei einzelnen Arten einbohren und andere oft ganz nahe ver- wandte Formen nicht belästigen. So hat man z. B. noch nie Exemplare der Sty- lonychia histrio getroffen, in welche sich die angeblichen parasitischen Acineten eingelressen hatten. Es dürfte auch sehr zweifelhaft sein, ob Wesen wie die Embryonen der Stylonychia oder der Paramecien überhaupt im Stande sind, sich in ihre Wirthe einzubohren. Die Organisationsverhältnisse beider sprechen dagegen. Die zu durchbohrende Schicht ist namentlich bei Stylonychia mytilus äusserst fest und resistent und bei den Paramecien sogar dicht mit stabför- migen Körperchen durchsetzt, die es den kurzen und schwachen Tentakein der kleinen Acineten unmöglich machen dürften, weite Ganäle hindurchzuboh- ren, durch welche der Parasit in das Innere seines Wirthes dringen könnte. Es sprechen auch viele Beobachtungen dagegen, von denen nur einige erwahnt werden sollen. Ich beobachtete z. B. wiederholt, wie sich eine ganz kleine, den erwähnten Embryonen äusserst ähnliche stiellose Acinete auf dem Peristomfelde von Stylonychia mylilus anheftete und diesem Thiere nach und nach so viel von seinem Leibesinhalt entzog, dass dasselbe kugelig zusammenschrumpfte, allmäh- lich seine Bewegungen einstellte und endlich als ein unförmlicher Klumpen todt liegen blieb. Ferner beobachtete ich, wie sich ein Embryo der Stylonychia mytilus an einer Stylonychia pustulata festsog und mehrere Stunden lang sitzen blieb, ohne sich jedoch einzubohren. Auch hier war deutlich zu bemerken, dass der Embryo mittelst seiner Tentakeln der Stylonychia Substanz entzog und sich mit feinen Körnchen füllte. Das Gleiche zeigte sich an dreiExemplaren der Nassula aurea. Ich 'isolirte dieselben mit den an ihnen fixirten kleinen Acineten am 24. Aug. 4861, Mit- tags12 Uhr, und beobachtete sie acht Stunden lang. Die vorher ganz farblosen Aci- neten, die ebenfalls der Sphaerophrya glichen, entzogen nach und nach den Nas- sula einen ansehnliehen Theil ihres orangefarbigen Inhaltes, aber ebenfalls ohne sıch in diese Thiere einzubohren. Zuletzt traten an ihrer Oberfläche Wimpern auf, die Tentakeln verkürzten sich und die nun bedeutend grösser gewordenen Acineien schwammen fort. Auch einen an Paramecium aurelia fixirten Embryo dieses Thieres verfolgte ich einige Stunden lang ohne ihn sich einbohren zu sehen, Er schwamm schliesslich ebenfalls fort. — Auffallend ist ferner die stets gleiche Beschaffenheit der Embryonalkugeln. Ihre helle, homogene, körnerlose Grund- substanz gleicht vollkommen der der Embryonalkugeln der Vorticellinen, deren nichtparasitische Natur feststeht, während auch die kleinsten Acineten ein von Körnern und aufgesogenen Nahrunssstoffen getrübtes Parenchym zeigen, wie z. B. kleine Exemplare der Acineta infusionum oder stiellose Individuen der Po- dophrya fixa, welche oft dieEmbryonen von Stylonychia mytilus kaum an Grösse übertreffen und meist kleiner sind als die Embryonen von Paramecium aurelia. Endlich scheint mir aber gegen die parasitische Natur jener acinetenarligen We- sen auch der Umstand zu sprechen, dass gleichzeitig mit dem Vorkommen der- selben die Geschlechtsorgane ihrer Mutterthiere (oder der vermeintlichen Wirthe) in der Production von Keimkugeln begriffen sind. Wenigstens ist diess nach mei- ' nen Beobachtungen stets bei dem bei weitem grössten Theile der Embryonalku- geln enthaltenden Thlere von Stylonychia mytilus der Fall. Man wird nur wenig Mutterthiere finden, deren Generationsorgane keine merklichen Veränderungen zeigen. Zu dem Allen könnte man nun noch die interessante, von Stein zuerst erwähnte Thatsache fügen, dass die acinetenartigen Embryonen stets gleichzeitig in vielen, ja fast in allen in derselben Flüssigkeit befindlichen Exemplaren der- 362 in die ursprüngliche Form der Styl. mytilus verwandeln. Die kleinsten Exemplare dieses Thieres übertreffen die grössten Embryonen immer noch an Länge mindestens um das Zehnfache. Weit mehr scheint die Annahme Stein’s, dass hier ein Generationswechsel eintritt, für sich zu haben. j Ueber die Entwickelung der Embryonalkugeln von Styl. mytilus haben wir auch erst von Stein die ersten Aufschlüsse erhalten. Derselbe beobachtete Exemplare mit Embryonalkugeln, deren beide Kerne eine langgestreckte, meist mehrfach gekrümmte Gestalt angenommen hatten und im Innern wieder einzelne kleine kernartige Gebilde und einzelne homogene Kugeln mit Kern enthielten. Ausserdem wurden nur Embryo- nalkugeln enthaltende Individuen gefunden, die die zwei gewöhnlichen Nucleus und nur selten neben diesen noch die gewöhnlichen Nucleolus be- .sassen. Mir sind noch mancherlei andere Zustände zu Gesicht gekom- men, als ich in den letzten Tagen des vergangenen Septembers wieder Gelegenheit hatte, die embryonale Fortpflanzung von Styl. mytilus zu be- obachten. Unter den vielen Embryonalkugeln enthaltenden Exemplaren zeigten nur wenige die zwei normalen Kerne, ausser denen entweder kein Nu- cleolus, oder ein einziger oder zwei zu finden waren. Bei weitem die Mehrzahl der Individuen (vergl. Taf. XXIX, Fig. 8, 9 u. 44) enthiel- ten anstatt der beiden Kerne drei oder vier, selten sechs meist ovale oder runde Körper von der Substanz des Nucleus. Ausser denselben lagen gewöhnlich noch im Körperparenchym, jedoch nicht immer in der Nähe derKerne, zwei bis vier Nucleolus, gewöhnlich zwei oder drei. Die- selben waren meist grösser als die Nucleolus der einfachen Individuen von Styl. mytilus, zeigten aber genau deren optisches Verhalten. In einzel- nen Fällen, wo ebenfalls drei oder vier kernartige Körper vorhanden waren, vermochte ich keinen Nucleolus aufzufinden. Was nun jene grösseren kugligen oder ovalen Gebilde betrifft, so ist es wahrscheinlich, dass zwei derselben, die sich auch oft schon durch ihre gestrecktere Gestalt auszeichnen, als Nucleus fortbestehen, während die übrigen als Keimkugeln zu betrachten sind. Diese letzteren scheinen nicht immer auf gleiche Weise zu entstehen. In dem einem Falle sieht man näm- lich, wie sich der ganze homogene Kern an einer oder mehreren Stellen tief Eine chanirt und in mehrere Theile zerfällt, von denen zwei gewöhnlich dieForm des alten Nucleus behalten. Die anderen Theile, die ah lich immer mehr Kugelform annehmen, sind durchaus homogen und zei- gen noch keine Spur eines centralen Kernes. In dem anderen Falle, den Siein ausführlich beschreibt und abbildet, treten in der Substanz selben Art auftreten, wie dasselbe ja auch von der Conjugation gilt. Es dürfte somit nach Erwägung aller dieser Thatsachen die parasitische Natur jener aci- netenartigen Gebilde zum mindesten zweifelhaft erscheinen, die zeitherige An- sicht aber, welche jene Wesen für Embryonen erklärt, ihre Richtigkeit behalten 363 des verlängerten und zuweilen verästelten und an einem Ende ange- schwollenen Nucleus einzelne kleine kernartige Gebilde auf. Nach meinen Beobachtungen scheint es nun als schnüre sich ein solches angesch wolle- nes Stück das Nucleus, das einen kleinen centralen Kern enthält, direct vom mütterlichen Nucleus ab (vergl. Taf. XXIX, Fig. 10), denn ich konnte nie beobachten, dass eine Keimkugel noch in einer besonderen Höhlung des Nucleus lag, und fand zuweilen auch Exemplare, neben deren beiden Kernen je eine Keimkugel mit centralem Kern lag; dieselbe hatte sich jedenfalls kurz zuvor vom mütterlichen Kern getrennt und war im Be- griff sich zur Embryonalkugel umzubilden (Taf. XXIX, Fig. 12). Auch jene kugligen Körper, die sich von den Keimkugeln nur durch den Mangel eines centralen Kernes unterscheiden, und die wie es scheint nur aus einer ein— oder mehrfachen Theilung des ursprünglichen Nucleus her- vorgehen, bilden sich jedenfalls später zu Keim- und Embryonalkugeln um. Diese letzteren vermehren sich unablässig durch Theilung und ver- wandeln sich zuletzt alle in Embryonen. Einmal schnürten sich von einer Embryonalkugel gleichzeitig zwei Segmente ab, was jedoch nur ganz ausnahmsweise vorzukommen scheint. Einer auffallenden Erscheinung sei noch gedacht, die sich mir bei sehr vielen namentlich auch den Embryonalkugeln enthaltenden Indivi- duen der Styl. mytilus darbot: sie enthielten nämlich ausser den meist nur in geringerer Zahl vorhandenen Embryonalkugeln, noch mehrere (oft bis vier) Exemplare der hübschen Cysten‘) von Podophrya fixa, die von Weisse als Orcula beschrieben worden sind. In neuester Zeit begegneten mir auch einzelne Exemplare der Styl. mytilus, die anstatt der beiden Kerne zwei grosse helle kuglige Körper enthielten. Bei einem dieser Tbiere zeigte sich in jenen Kugeln ein unre- gelmässig begränzter Kern, von dem aus zarte, starre Stränge, ähnlich den beweglichen Fortsätzen gewisser Amöben oder anderen Rhizopoden, sich nach der Peripherie des kugligen Körpers zogen. Drei Stunden später hatten diese Kerne ein ganz traubiges Ansehen bekommen, waren in viele kleine scharfbegränzte Körperchen von rundlicher Form zerfallen und 4) Die Abbildungen, welche bis jetzt von den Podophrya-Cysten existiren, passen nicht ganz auf die von mir beobachteten Exemplare; es dürfte daher nicht ungerechtfertigt erscheinen, wenn ich noch eine Abbildung derselben bei- gebe (Taf. XXIX, Fig. 13). Die Gysten waren alle mit Ausnahme der Grösse, voll- kommen gleich: der kugelrunde, nur nach vorn etwas verschmälerte Körper war von einer Cyste umgeben, die constant fünf ringförmige, von oben ge- sehen Tellerrändern gleichende Erhebungen besass. Dieselben zogen sich pa- rallel in horizontaler Richtung um das Thier und die fünfte und oberste von ihnen, die eigentlich nur eine kleine scharfe kreisförmige Erhebung innerhalb des weiteren vierten Ringes war, umschloss eine rundliche Oeffnung, aus der zu- weilen noch ein kleiner mit zahlreichen Tentakeln besetzter Theil des Acineten körpers herausragte. Der unterste Ring verlängert sich nach unten zu einem etwas gebogenen meist kurzen Stiel, der ganz hohl ist und eine eigenthüm- liche schräge Streifung zeigt. Zeitschr. f. wissensch. Zoologie. XI. Bd. 24 364 hingen nur noch durch wenige feine Fasern mit der Peripherie der Kugeln zusammen. Sieben Stunden später ging das Thier aus Mangel an geeig- netem Wasser zu Grunde; doch vermochte ich nichts mehr von jenen grossen Gebilden zu finden. — Die wenigen Exemplare, welche jene son- derbaren Erscheinungen zeigten, waren etwas verstümmelt. Sie entspre- chen vielleicht den oben bei Stylonychia histrio erwähnten Formen, die auch änstatt der beiden Kerne drei grosse kuglige, mit grobkörnigem Kern versehene Körper enthielten. — | So weit meine Beobachtungen über die Entwickelung und Fortpflan- zung der Stylonychien. Wie bei diesen, so fand ich nun noch bei einigen anderen Oxytrichinen Conjugationszustände auf, namentlich bei der erst von Stein‘) genau bestimmten Pleurotricha lanceolata. Auch bei diesem interessanten Thier sah ich die ersten CGonjugationszustände (vgl. Taf. XXX, Fig. 1), in denen das eine Thier eben das andere gepackt hatte und die Vorderkörper beider auf der Bauchseite durch einen schmalen Streifen der Körpersubstanz verschmolzen waren. Wie bei den Stylony- chien, so wird auch hier der Zusammenhang immer inniger, die beiden Thiere verschmelzen nach und nach bis zur Mitte ihrer Körper, die ado- ralen Wimperreihen beider werden theilsweis resorbirt und bald hat man ein Thier vor sich, das einen einzigen Vorder-, aber zwei Hinterkörper besitzt. Die weitere Entwickelung dieser Zustände konnte ich bisher noch nicht verfolgen, doch kommt auch bei Pleurotr. lanceolata jedenfalls diejenige Art der Gonjugation vor, aus der zwei mit vollständig neuen Wimpern ausgerüstete Individuen hervorgehen, denn ich traf zuweilen jene sonderbaren Formen (Taf. XXX, Fig.2) bei Pleurotricha an, die sich durch den Besitz eines grossen centralen, durchsichtigen Körpers aus- zeichnen. Auch diesen fehlte wie bei den Stylonychien und Euploten der innere Peristomrand und ein Theil der adoralen Wimperzone, und das ganze Parenchym war gleichmässig mit stark lichtbrechenden kleinen Fettkörnchen angefüllt, die dem Thier ein dunkles Ansehen geben. In Bezug auf die Veränderungen des Nucleus und Nucleolus sei nur be- merkt, dass in dem ersten Stadium in jedem Tkier die zwei gewöhn- lichen Kerne und die zwei Nucleolus vorhanden waren. Einmal fand ich hier, dass in den Kernen des rechten Individuums zahl- reiche kleine kernartige Gebilde eingebettet waren und dass auch nur ein einziger, aber sehr grosser Nucleolus vorhanden war. Bei die- sem einen Individuum waren auch die Kerne von viel weicherer Be- schaffenheit als bei den gewöhnlichen Exemplaren. — In dem zweiten Stadium (Taf. XXX, Fig. 1), wo die zwei Thiere schon ziemlich eng mit- einander verschmolzen sind, fanden sich auch noch die zwei gewöhnli- chen homogenen Kerne; die Nucleolus aber, von denen jedes Individuum zwei besass, waren ziemlich viel grösser geworden. — In einem dritten 4) Organismus der Infusionsthiere, pag. 170-174, Taf. X, 2—4. 365 Stadium endlich besass das rechte Thier noch die zwei gewöhnlichen Kerne, während sich der vordere Kern des linken Individuums bis- quitförmig verlängert hatte; hier waren nun auch an Stelle von je zwei Nucleolus, je drei vorhanden, die durchaus keine Structur erkennen liessen. | Pleurotricha lanceolata wird auch zuweilen angetroffen, wenn sie im Begriff ist, sich zu encystiren. Das Thier hat sich kugelförmig zusam- mengezogen, am Rande schlagen noch die alten Randwimpern auf und ab und das Thier dreht sich fortwährend im Kreise herum; bald werden aber auch diese letzten Wimpern resorbirt, das nunmehr stillliegende Thier scheidet eine Cyste aus, die eine spitz gezackte, sternförmige Ge- stalt annimmt und sich von den Cysten der Stylonychia pustulata meist nur durch ihre viel bedeutendere Grösse auszeichnet (Taf. XXX, Fig. 3). — Bei Pleurotricha lanceolata treten häufig besonders in dem hinteren Drit- tel und in den beiden Seiten des Körpers jene blasenartigen Hohlräume auf, in deren Centrum ein grösseres oder kleineres Korn schwimmt; sie liegen oft in ganz regelmässige Reihen geordnet und machen den Ein- druck als ob sie besondere Organe wären; es scheint jedoch Stein’s Er- klärung, dass es nur in der Auflösung begriffene Fettkörner sind, die einzig richtige und natürliche zu sein. Gewöhnlich bewegen sich die Körnchen im Innern des Hohlraumes zitternd umher. Unter den Oxytrichinen kamen mir ferner noch die Gonjugationszu- stände von Oxytricha pellionella, ferruginea und parallela n. sp. zu Ge- sicht. Bei Oxytricha pellionella'), die übrigens gewiss noch immer mit mehreren unbeschriebenen kleinen Arten verwechselt wird, hingen die Thiere genau wie die Stylonychien zusammen: der linke Vorderrand des rechten mit dem rechten Vorderrand des linken Individuums. Ebenso bei Oxytricha ferruginea Stein (Taf. XXX, Fig. 7), bei deren Gonjuga- tionszuständen ich anstatt der zwei Kerne drei bis vier kuglige Körper fand, die aus dem Zerfall derselben hervorgegangen sind. Oxytricha parallela, eine neue Art, die weiter unten genauer beschrieben werden soll, kam auch zuweilen conjugirt vor; ich isolirte ein mit dem ersten Drittel der Vorderkörper verschmolzenes Paar (Taf. XXX, Fig. 6) am 30. August 1861, Mittag 4 Uhr 30 Min. Dasselbe hatte sich bis Nachts 42 Uhr in zwei Individuen getrennt, die bedeutend kürzer und dicker als die gewöhnlichen Exemplare der Oxytr. parallela waren, und jedenfalls also den oben bei den Stylonychien und Euploten geschilderten zweiten Conjugationsprocess durchgemacht hatten. Fassen wir die sämmtlichen vorstehenden Beobachtungen zusammen, so dürfte das Hauptergebniss derselben etwa in Folgendem enthalten sein : Es kommen in der Klasse der Infusorien zweierlei Arten 4) Stein hat die Conjugationszustände von Oxytr. pellionella zuerst abgebildet und beschrieben, vgl. Organismus der Infusionsthiere, 4. Abtheil., pag. 186, Taf. X1, Fig. 47. 24” 366 der Conjugation vor, von denen jedoch nur die eine mit der ge- schlechtlichen Fortpflanzung in Beziehung zu stehen scheint. — Die erste Art der Gonjugation besteht in der vollkommenen Ver- schmelzung zweier vorher getrennt gewesener Individuen zu einem einzigen Thiere. Sie ist unter den Oxytrichinen bis jetzt nur bei Stylonychia mytilus, pustulata und histrio nachgewiesen, wird je- doch auch bei den übrigen Oxytrichinen nicht fehlen ; ebenso scheint sie bei den Aspidiscinen vorzukommen und es werden wohl auch die Beobach- tungen Claparede’s über die Conjugation von Vorticella mierostoma, Gar- chesium polypinum, Epistylis brevipes, und mehreren Acinetinen hierher zu ziehen sein. Was die Bedeutung dieses ersten Conjugalionsprocesses betrifft, so darf man wol mit Sicherheit annehmen, dass er mit einer ge- schlechtlichen Fortpflanzung nicht in Verbindung steht, sondern vielmehr dem Verschmelzungsprocess entspricht, der schon seit längerer Zeitin der Klasse der Rhizopoden bei verschiedenen Arten der Gattung Actinophrys nachgewiesen ist. Freilich herrschen auch über dessen Bedeutung zur Zeit noch verschiedene Ansichten. — Bei derzweiten Art der Gon- jugation vereinigen sich die Thiere nur mit einem Theil ihrer Vorderkörper (je nach der Lage des Mundes), bleiben in diesem Zustand mehrere Tage undtrennensich dann wie- der. Die Thiere sind nach der Trennung äusserlich und innerlich stets ganz andere als sie bei Beginn der Conjugation waren und gehen nur ganz allmählich (meist noch einigen Tagen) wieder in die ursprüngliche Form über. Dies gilt wenigstens von den Oxytrichinen und Euplotinen. Bei den Paramecien, Colpidien und anderen holotrichen Infusorien, de- ren Organisationsverhältnisse von denen der Oxytrichinen und Euploti- nen gänzlich verschieden sind, lassen sich an den wieder getrennten Thieren keine oder doch nur sehr geringe und bald verschwindende äus- sere Veränderungen wahrehmen. — Die Bedeutung dieses zweiten Con- jugationsprocesses anlangend, so ist namentlich durch die an den Para- mecien gemachten Beobachtungen bewiesen, dass durch denselben die geschlechtlice e Fortpflanzung eingeleitet wird. — Schliesslich dürfte aus allem bisher über die Conjugation der Infusorien Bekannten auch hervor- gehen, dassbeikeiner Art Quer- und Längstheilung neben- einander vorkommen, sondern dass sich eine Art für gewöhnlich entweder nur durch Quertbeilung oder durch Längstheilung fortpflanzt. — Fast bei allen Infusorien, deren Conjugationszustände bekannt sind, ist es mit grossen Schwierigkeiten verbunden, die Veränderungen genau zu ermitteln, welche die Fortpflanzungsorgane während des Conju- sationsprocesses erleiden,, Namentlich gilt das von den kleineren Thieren, die noch dazu wie z. B. die Oxytrichinen meist voll von Nahrungsstoffen sind, und während der ersten Zeit der Gonjugation noch Nahrung aufneh- men. Dazu kommt noch, dass die Kerne und Nucleolus während jener gan- zen Vorgänge eine viel zartere und weichere Beschaffenheit annehmen, so 367 dass man sehr oft nicht im Stande ist, sie mit Sicherheit zu erkennen, wenn man auch Säuren oder Druck mit dem Deckgläschen anwendet. Beson- ders sind die Nucleolus vieler kleinerer Arten äusserst schwer von Fett- körnern zu unterscheiden, wie das auch Stein hervorheht. Bei den grös- seren Species, wie z.B. bei den grossen Oxytrichinen (Stylonychia, Ony- chodromus, Pleurotricha, Urostyla u. a.) gehört nur etwas Uebung dazu, mit Bestimmtheit den Nucleolus zwischen anderen ähnlichen Körperchen zu erkennen; er unterscheidet sich hier von den gleich grossen Fettkör- nern deutlich durch seine viel schwächeren helleren Contouren und den matteren Glanz. , * Es dürfte vielleicht nicht uninteressant sein, hier Einiges über das Vorkommen des Nucleolus zu bemerken. Bekanntlich war v. Siebold der erste, der ihn bei Param. bursaria entdeckte. Seitdem ist er, Dank be- sonders den Untersuchungen Steins und Balbianis noch etwa bei dreissig bis vierzig Arten entdeckt worden. Ich kann zu diesen noch über zwölf Arten fügen, bei denen er bis jetzt noch nicht beschrieben war. Diese sind von bereits bekannten Species: Glaucoma scintillans; hier liegt er als ein kleines rundes Körperchen in einer halbkugeligen Ver- tiefung des runden Nucleus, in dessen Innern zuweilen noch ein grösse- rer runder innerer Nucleolus liegt. Ferner Frontonia leucas. An und aufdem ovalen, mehr oder weniger langgestreckten Nucleus dieses Thieres liegen, wie es scheint constant, drei Nucleolus von ziemlicher Grösse, vor denen sich nach Einwirkung von Wasser oder Essigssäure deutliche Mem- branen abheben. Bei dem schönen von Claparede ') genau beschriebenen Trachelophyllum apiculatum, von dem mir leider nur wenige Exemplare zu Gebote standen, fand ich, dass jedes der beiden länglich ova- len Kerne zwei verhältnissmässig grosse Nucleolus besass, die in einer Aus- höhlung von jedem der beiden Enden der Kerne lagen. Auch Gonchoph- thirus Anodontae und C. curtus, eins neue Art, besassen neben oder auf ihrem ovalen Kerne einen oder zwei Nucleolus. Das Vorkommen eines Nucleolus bei Aspidisca Iynceus, costata und turrita wurde schon oben erwähnt. Auch Vorticella convallaria und Epi- stylis flavicans besitzen einen ziemlich grossen Nucleolus, der gewöhnlich an die nach innen gekehrte Seite des langgestreckten, band- förmigen Kerns geschmiegt ist. Man kann ihn sich besonders durch vor- sichtiges Drücken der Thiere klar machen. Ausser bei diesen eben ge- nannten, bereits beschriebenen Arten, kommt aber noch ein Nucleolus bei einigen neuen Infusionsthieren vor, die weiter unten genauer be- schrieben werden sollen, nämlich bei Drepanostoma striatum nov. gen.etsp., Chasmatostoma reniforme nov.gen.etsp., Lacryma- ria elegansn. sp., und verschiedenen neuen Oxytrichinen, wie z. B. Gastrostyla Steinii nov. gen. etsp., Pleurotricha setifera, 1) Etudes sur les Infusoires et Rhizopodes. Part. II, pag. 306 —307 u. Taf. 16, Fig. 4: 368 Uroleptus agilis, Oxytricha strenua und parallela nn. spp. Nicht mit zuverlässiger Bestimmtheit kann ich die Existenz eines Nu- cleolus bei Opercularia coarctata Clap., Zoothamnium aselli Lachm., Urocentrum turbo und bei einigen andern bekannten Infu- sorien behaupten. Dagegen kann ich das Vorkommen desselben bestätigen bei allen mir bekannten Oxytrichinen, bei den Euploten, bei CGhilodon cucullulus, Nassula aurea, Prorodon teres, Lacrymaria olor, Panophrys flava (= Bursaria flava Eb.), Golpidium Sten (= Paramecium colpoda), Balantidium entozoon, Paramecium bursaria und aurelia?!), Entodinium bursa Stein und caudatum St., Carchesium polypinum und Epistylis di- gitalis. — Bei Epistylis plicatilis waren bisher alle meine Bemühungen vergeblich, einen Nucleolus zu finden. Eben so wenig konnte ich mit Bestimmtheit den von Balbiani bei Blepharisma lateritia beschriebenen Nucleolus finden, doch traf ich noch vor Kurzem ein Exemplar (Taf. XXX, Fig. 12) dieses Thieres, vor dessen Kern eine grosse Kapsel lag, die dicht mit starren, bewegungslosen Stäbchen erfüllt war. Dieselben glichen den Spermatozoen von Paramecium aurelia und liessen wie diese ein kopfartig abgesetztes Vordertheil erkennen, waren aber noch viel kleiner. Sie zeigten, aus der Kapsel gedrückt, von der sich nach Einwirkung von Essigsäure eine helle Membran abhob, durchaus keine Bewegung und verhielten sich in jeder Beziehung wie die Spermatozoen von Paramecium aurelia. Ich trage daher auch kein Bedenken, die Kapsel geradezu für eine Samenkapsel zu erklären. Weitere Entwickelungsstufen von Blepha- risma lateritia kamen mir nicht zu Gesicht, doch fand ich zu anderen Zeiten Exemplare desselben Thieres, deren grosser ovaler Kern in fünf oder sechs runde Kugeln von ganz homogener Substanz zerfallen war. Dasselbe hat Stein zuerst beobachtet und beschrieben *). Die Nucleolus mehrerer Infusorien kommen bei einer und derselben Art in ganz veränderlicher Zahl vor. Ein auffallendes Beispiel hier- von giebt z. B. Styl. mytilus. Diese hat nach Stein nur zwei, nach Balbiani aber vier Nucleolus: beides ist richtig, d. h. es kommen ebenso häufig Exemplare der Styl. mytilus vor, die zwei, als solche, die vier Nucleolus besitzen. Neben diesen findet man aber auch nicht selten Indi- viduen mit drei Nucleolus. Bei einfachen Exemplaren der Urostyla Weissei trifft man sogar zwei bis acht Nucleolus an. Stylonychia histrio hat bald nur zwei, ba!d vier Nucleolus. \ Was nun jene spaltförmigen , von Stein besonders bei vielen Oxy- trichinen entdeckten Höhlen im Nucleus betrifft, die schon oben bei Aspidisca erwähnt wurden, so ist deren Bedeutung noch nicht sicher fest- gestellt. Möglich dass sie bei der geschlechtlichen Fortpflanzung eine wich- 4) Es sei hier beiläufig bemerkt, dass nicht Claparede, sondern Stein zuerst den Nucleolus von Param. aurelia entdeckt hat. Vgl. Stein, Organismus der In fusionsthiere. 4. Abtheil., pag. 95 u. 97. 2) Organismus der Infusionsthiere. 4. Abtheil., pag. 104. 4 369 tige Rolle spielen ; vielleicht dringen die Spermatozoen durch sie in den Kern. Sie sind gewöhnlich ganz symmetrisch angeordnet; entweder lie- gen sie nach den einander zugekehrten, oder nach den von einander abgewendeten Enden der Kerne zu. Doch kommen auch zuweilen Ab- weichungen vor. Auffallend war mir, dass ich bei den Exemplaren von Stylonychia mytilus, bei denen die spaltförmige Höhle in den einander zu- gekehrten Enden der Kerne lag (Taf. XXX, Fig. 12) stets nur zwei Nucleolus fand. Dabei zeigten sich in der kleinen durch den Spalt von dem grös- seren Theil des Nucleus getrennten Kernhälfte mehrere kleine lichtbre- chende Körperchen. Dasselbe beobachtete ich bei Pleurotricha lanceo- lata, doch waren bei dieser dann gar keine Nucleolus zu finden. Im an- deren Falle, wenn die spaltförmigen Höhlen von einander abgewendet waren, traf ich constant vier Nucleolus bei Styl. mytilus (Taf. XXX, Fig. 41). Einzelne etwas kurze und dunkle Exemplare dieses Thieres besassen drei Kerne, deren mitlelster zuweilen lang bisquitförmig war; neben denselben lagen vier oder fünf Nucleolus. — Die spaltförmigen Höh- len in den vier Kernen von Onychodromus sind auch immer nach einer bestimmten Regel geordnet (vgl. Taf. XXX, Fig. 9), wie schon oben (pag. 5) beiläufig erwähnt wurde. Einmal fand ich bei Anfang der Tbeilung in den beiden mittelsten Kernen je zwei dünne spaltförmige Höhlen. Die zwei anderen Kerne zeigten nur je einen Spalt. Er verschwindet jeden- falls beim weiteren Fortschreiten der Theilung, da alle vier Nucleus zu einem einzigen grossen, ovalen Körper verschmelzen, der durchaus keine spaltförmigen Hohlräume besitzt. Neben demselben liegen, wie bei Styl. mytilus, vier bis fünf (zuweilen noch mehr) Nucleolus, deren Inhalt längs- gestreift ist. — Eine eigenthümliche Erscheinung, die besonders bei Onychodromus auffällt, ist ein länglicher, meist nach innen zugespitzter Spalt auf dem Peristomfeld (Taf. XXX, Fig.8 u. 9), der den Winkel, wel- chen die adorale Wimperreihe in der linken Vorderecke des Thieres bil- det, ungefähr halbirt und sich mehr oder weniger weit schräg über das Peristomfeld in der Richtung nach dem vordersten Nucleus herüberzieht. Entweder ist es ein langer nach innen zu scharf zugespitzter Spalt, oder eine kleinere, von wulstigen Rändern eingefasste, länglich ovale Oefl- nung, die sich in einen deutlichen Canal fortsetzt, den man jedoch nur eine kleine Strecke weit sicher verfolgen kann. Wenn sich ein Thier von Onychodromus theilt, bleibt der Spalt offen und verschwindet nicht. Er entspricht jedenfalls ganz der von Stein bei Styl. mytilus entdeckten halb- kreisförmigen Linie, welche das Peristomfeld dieser Thieres in eine vordere tiefer liegende und in eine hintere etwas höhere Fläche theilt. Balbiani ') hat neuerdings dies Vorkommen derselben bei Styl. mytilus bestätigt und glaubt nach einem vergleichenden Studium von Trachelius ovum, dass 4) Journal de Physiologie publ. par Brown-Sequard. Tome IV, Num. VII, pag. 243 figd. 370 jene Oeffnung in inniger Beziehung zu den Fortpflanzungsorganen stehe. Mir kommt diese Annahme nicht unwahrscheinlich vor, doch kann ich nichts hinzufügen, was zu ihrer Bekräftigung dienen könnte. Neben den hypotrichen Infusorien waren es nun besonders auch noch die peritrichen Infusionsthiere, deren Entwickelungsgeschichte ich zu studiren bemüht war, und ich wählte mir dazu einzelne Arten aus der grossen Familie der Vorticellinen, die vorzüglich von Stein, Claparede und Lachmann mit so glücklichem Erfolg bearbeitet worden ist. Diese Arten sind Epistylis plicatilis, erassicollis und flavicans, Garchesium po- Iypinum, Carch. aselli n. sp., und Zoothamnium affıne. Bei Epistylis plicatilis, bei der ich, wie bereits erwähnt, noch keinen Nucleolus fand, konnte ich sowohl die von Claparede') beschriebe- nen und von Stein auch bei Epistylis crassicollis entdeckten Basalknospen, als auch die Urnula, "jenes acinetenartige Thier, dessen Entdeckung wir Claparede verdanken, wieder auffinden. Die Basalknospen treten wie es scheintimmer an ziemlich vielen Exemplaren desselben Stockes zu gleicher Zeit auf sitzen ganz unten am Körper der Epistylis, da wo das Thier am Stiele haftet, und rücken allmählich auf den Stiel selbst. Sie zeichnen sich durch ihre starre, kurze Form aus und unterscheiden sich schon dadurch auffallend von den gewöhnlichen Knospensprösslingen der Epistylis plica- tilis, die sich sehr in die Länge strecken, und auch wenn sie noch mit dem Mutterthier zusammenhängen, schon dessen Form im Allgemeinen anneh- men. Die Theilung der Basalknospen in ein vorderes und hinteres Seg- ment kann ich bestätigen, vermochte aber ihre weitere Entwickelung noch nicht zu verfolgen. Uebrigens zeigten die Exemplare von Epistylis plicatilis, an deren Fuss jene Knospen sassen, stets nur den gewöhn- lichen Kern. Ein interessantes Thier ist die Urnula Olap. (Taf. XXX, Fig. 13), die von Stein auch bei Epistylis crassicollis entdeckt worden ist. Sie tritt wie jene Basalknospen, mit denen sie übrigens nie ganz gleichzeitig vor- kommt, immer zugleich an ziemlich vielen Exemplaren desselben Stockes auf. Ich zählte auf einer Golonie von fünfzig Epistylis-Thieren zehn, auf einer andern von zwanzig Thieren sechs Urnula. Der rundliche, scharf umgränzte Körper der Urnula befindet sich in einer festen, farblosen Hülse von ovaler Form, die hinten nach einer Seite zu schnabelartig aus- gezogen und vorn mit einer ziemlich grossen, von drei Seiten begrenzten Oeffnung versehen ist, durch welche das Thier einen, selten zwei lebhaft bewegliche geknopfte Tentakeln streckt. Im Innern der Urnula liegt ein oft grobkörniger Nucleus und ein oder mehrere contractile Behälter. Bei der Theilung schnürt sich, wie Olaparede beschreibt und abbildet, ein vor- deres gleichförmig bewimpertes Segment ab, das die Hülse verlässt. Offenbar gleicht somit die Urnula der Acineta mystacina ausserordentlich 4) Etudes sur les Infusoires, part. III pag. 156, pl. VI, 2 f. 371 und weicht von derselben fast nur in der Gestalt der Hülse und in dem Wohnorte ab. Olaparede glaubt jedoch, das Thier für einen Rhizopoden halten zu müssen, da er beobachtete, dass der Tentakel des Thieres sich wie bei gewissen Rhizopoden verästelte. Sollte dieser einzige Grund aber wirklich hinreichen, um die Urnula in eine ganz andere Thierclasse zu stellen? Alles Uebrige spricht im Gegentheil unzweideutig für die Acine- tennatur des Thieres. Denn welcher Rhizopode baut solche Hülsen wie Urnula, vermag sich seiner Pseudopodien als Saugröhren zu bedienen, wie dies Urnula thut, und pflanzt sich endlich wie Urnula, mittelst be- wimperter Theilungssprösslinge fort? Alles dies sind aber Eigenschaften, die echten Acineten, namentlich der Acineta mystacina zukommen. Wäre Urnuia ein Rhizopode, dann dürfte es schwer sein die Grän.2 zwischen dieser Thierclasse und den Infusorien zu bestimmen. — Die ebenfalls von Claparöde zuerst beschriebenen Amphileptus-Cysten, die auch spä- ter von D’Udekem und Stein bei ganz verschiedenen Vorticellinen beobach- tet wurden, kamen auch mir bei Epistylis plicatilis zu Gesicht. Sie schei- nen ganz allgemein vorzukommen. Der Amphileptus pflegt sich in der Cyste zu theilen und verlässt dieselbe später. — Epistylis plicatilis er- leidet zuweilen, wahrscheinlich durch äussere Einflüsse, höchst eigen- tihümliche Formveränderungen, wie dies schon von Olaparede erwähnt und abgebildet wird. Schnürt sich z. B. das Thier gerade in der Mitte quer und tief ein, so macht dies vollkommen den Eindruck einer begin- nenden Quertheilung. Ganz ähnliche Erscheinungen beobachtete ich bei Opereularia !) articulata. — Bei Epistylis crassicollis kann ich ebenfalls das Vorkommen der von Stein (Organismus der Infusionsthiere, p. 102) beschriebenen Basalknospen bestätigen. Sie gleichen vollkommen denen von Epist. plieatilis. Auch Amphileptuscysten, in denen sich das encystirte Thier theilte, kamen mir auf dem Stöcken der Ep. crassicollis zu Gesicht. — Ein besonderes Interesse gewährte mir die grosse Epistylis fla- vicans, bei der, wie schon erwähnt, ein deutlicher ovaler Nucleolus vor- handen ist. Bei diesem Thier traten nämlich, gleichzeitig an vielen Exemplaren, im Kerne die ersten Anlagen zu Keimkugeln auf. Entweder enthielt derselbe eine grosse Anzahl sehr kleiner, dicht gedrängter kug- liger Gebilde, deren jedes ein centrales Bläschen besass, oder diese Körper waren grösser und in geringerer Anzähl in der Nucleussubstanz eingebettet. Zuweilen lagen ausserdem noch eine oder selten mehrere längliche, scharf umschriebene Massen im Kern, in denen sich einige helle Bläschen zeigten. Jedenfalls zerfallen dieselben später in mehrere 4) Die schöne Gattung Opercularia unterscheidet sich von der Gattung Epistylis in zu wesentlichen Puncten, als dass man beide zu einer Gattung vereinigen könnte, wie dies Claparede lhut. Viel eher liessen sich manche andere Gatlun- sen vereinigen, die Claparede noch getrennt behält, z. B. Holophrya und Uro- tricha, Enchelyodon (namentlich E. farctus Clap.) mit Prorodon u. a. m. 372 kleinere Segmente. Es fanden sich auch Kerne, in deren Innern nur ein oder mehrere langgestreckte scharfbegrenzte a Massen von dich- terer Beschaffenheit als der Nucleus Me Dieser enthielt noch keine kugligen Gebilde. Dieselbe es beobachtete ich auch neuerdings bei Epistylis plicatilis. Bei dem am weitesten vorgeschrittenen Entwicke- lungsstadium jener kugligen Körper im Nucleus der Epistylis flavicans war der Kern an dem einen Ende sehr stark angeschwollen und enthielt in diesem angeschwollenen Stück eine geringe Anzahl ziemlich”grosser (0,012—0,030 mm.) mit einem deutlichen Kern versehener Keimku- geln. In den übrigen Theilen des Nucleus lagen kleinere Kugeln. Die weitere Entwickelung derselben zu Embryonen gelang mir nicht zu ver- folgen. Uebrigens fand ich bei den Exemplaren, deren Nucleus die er- wähnten Erscheinungen zeigte, keinen Nucleolus. Die von Claparede') entdeckten kleinen Körperchen (» corpuseules a peu pres reniformes«), die paarweis vereinigt im Parenchym der Episty- lis flavicans zerstreut liegen, scheinen diesem Thier allein zuzukommen. Es sind längliche, gleichbreite Körperchen von stark lichtbrechender Substanz, die der Länge nach je zwei und zwei aneinander gedrückt sind. Ihre Grösse übersteigt selten 0,0085 mm. ; ihre Zahl schwankt ziem- lich bedeutend; meist fand ich zwölf bis zwanzig, doch kommen auch Exemplare vor, die keine Spur davon enthalten. Die Bedeutung der Körperchen ist noch unklar. Bei Garchesium polypinum beobachtete ich mehrmals, im Mai und October 1860, das Auftreten von Keim - und Embryonalkugeln. Meist war nur eine einzige Kugel von verschiedener Grösse (höchstens bis 0,035 mm.) vorhanden. Dieselbe lag in der vorderen Hälfte des Thie- res, ziemlich dicht unter der Oberfläche im Parenchym, und zeichnete sich durch ihre helle homogene Substanz und den centralen sehr grossen Kern aus; auch besass sie meist an der Peripherie einen langsam veränderli- chen Hohlraum. Der Nucleus des Mutterthieres war stets vorhanden und zeigte keine Veränderungen. Zweimal fand ich Exemplare im Begriff sich zu theilen, in deren einer Hälfte vorn eine grosse Kugel lag. Dieselbe enthielt ausser dem centralen runden Kern noch eine Anzahl rundlicher stark lichtbrechender Körperchen. Derselbe Stock, dem diese beiden Thiere angehörten, trug auch noch acht andere Individuen, deren jedes vorn unter dem wulstigen Peristomrande eine grosse helle Keimkugel enthielt. Die übrigen zehn Individuen, die auf den anderen Aesten des- selben Stockes sassen, zeigten keine Khiseliı Im Juni 1860 ron ich in München Exemplare des Garchesium poly- pinum, die an der hinteren Körperhälfte nahe am Stiel einen dicken, nach vorn zu sacht verschmälerten knospenartigen Auswuchs besassen, der an seiner Spitze mit einer rundlichen Oeffnung versehen war. In 1) Etudes sur les Infus. tom. I, pag. 142. 373 seinem Innern lagen mehrere ziemlich grosse stark lichtbrechende Kör- perchen von ovaler Form, nicht unähnlich den im Innern jener beiden Keimkugeln beobachteten Gebilden. Der knospenartige Auswuchs wird mit der Zeit enger und nimmt zuletzt die Form eines schlaff herabhän- genden Schlauches an. Ganz dieselben Erscheinungen hat zuerst Stein ') bei Vorticella nebulifera entdeckt und beschrieben. — Die ziemlich umfang- reichen, spiralig bewimperten runden Auswüchse bei Carch. polypinum, die ich früher?) irrthümlich für Embryonen hielt, sind, wie ich mich auch bei anderen Vorticellen überzeugte, weiter nichts als die aus dem con- trahirten Thier herausgequollene Scheibe des Wirbelorganes. Dieselbe nimmt eine ganz runde Form an und hängt oft nur mittels eines dünnen, langen Stranges der Körpersubstanz mit dem inneren Thierkörper zu- sammen. Oft sieht es daher aus, als sässe die Kugel weiter unten frei am Körper des Thieres, während sie doch noch durch eine feine Com- missur mit dem Vorhof verbunden ist. — Am meisten unter allen Vorticellinen bot mir bisher Carchesium aselli, eine neue, weiter unten zu beschreibende Art, Gelegenheit, die embryonale Fortpflanzung zu beobachten. Zuerst, am 1. April 1860, fand ich ein abgestorbenes grösseres Exemplar von ungefähr 0,10 mm. Grösse, das in seinem körnerarmen Innern eine 0, 042mm. grosse homogene Kugel mit grossem runden Kern besass. Neben dieser lag hufeisenförmig gekrümmt der kleiner gewordene Nucleus. Am zweiten April ent- deckte ich nach und nach noch acht Exemplare, die ebenfalls je eine Embryonalkugel enthielten. Diese lag meist dicht unter dem Peristom- rande und an ihrer Oberfläche befand sich ein sehr langsam veränder- licher kleiner Hohlraum. Bei Zusatz von Essigsäure zeigte sich auch in der Kugel ein scharfbegrenzter opaker Kern. Den mütterlichen Nucleus vermochte ich nicht in allen Fällen sicher zu erkennen. Neben diesen eben erwähnten Formen fanden sich nun aber noch andere, die offenbar eine spätere Entwickelungsstufe darstellten. Es hatte sich nämlich der runde grosse Kern der Embryonalkugel in zwei ovalrunde Körper ge- theilt, die bei Zusatz von Essigsäure scharf in der jetzt nur noch einem bla- senartigen Hohlraum gleichenden Embryonalkugel hervortraten. (Taf. XXX, Fig. 16). Zuweilen befanden sich ausserdem noch zwei ebensolche oval- runde Körper im Parenchym, von denen sich nach Einwirkung von Re- agentien eine deutliche Membran anhob. Auch in diesen Fällen konnte ich zuweilen den mütterlichen Nucleus nicht auffinden. Häufig besitzen die Mutterthiere an der Aussenseite ungefähr in der Mitte oder auch et- was nach vorn zu einen grossen conischen Auswuchs, der nach vorn schmäler wird, jedoch keine Oeffnung erkennen liess. Vielleicht bildet sich später eine solche. In diesem Höcker erkannte ich mehrmals einen 4) Organismus der Infusionsthiere, pag. 103, und Sitzungsberichte der kgl. böhmi- schen Gesellsch. d. Wissensch. zu Prag, vom 28. Novemb. 1859. 2) Zeitschrift f. wiss. Zool. Bd. X, pag. 279. 37k grossen kugelförmigen Körper, jedenfalls eine Embryonalkugel. Ob der Embryo immer durch diesen Auswuchs heraustritt, ist zweifelhaft, denn ich beobachtete wiederholt, dass der reife Embryo nur durch eine Spalte in der Oberfläche des Muttertbieres nahe am Peristomrande heraustrat (Taf. XXX, Fig. 15). Derselbe ist ovalrund, sehr klein, vorn mit ein oder zwei Zonen von langen Wimpern versehen, besitzt einen contractilen Raum und rundlichen Kern und schwimmt sehr stürmisch umher. Oft sass er stundenlang noch in der Spalte des Mutterthieres, so dass nur seine Vorderhälfte mit den lebhaft schlagenden Wimpern aus dem 'müt- terlichen Körper hervorragte. — Nach den eben mitgetheilten Beobach- tungen wird es nun wahrscheinlich, dass sich der Kern jener grösseren Kugeln zu (einem? oder) mehreren Embryonen umbildet, die sich noch auf Kosten des übrigen Inhalts der Embryonalkugel vergrössern und spä- ter als reife Embryonen die Hülle der Embryonalkugel und nach dieser auch das Mutterthier durch eine besondere Oeffnung verlassen. Dies stimmt auch mit den interessanten von Olaperede ') mitgetheilten Beob- achtiungen über die Entwickelung der Embryonen von Epistylis plicatilis überein. Ueber die Entwickelung der Embryonalkugeln aus dem mütterlichen Kern haben mir nur wenig Exemplare einen Aufschluss gegeben. Bei einem Mutterthier, das schon eine grosse Embryonalkugel enthielt, zeig- ten sich in dem kleiner gewordenen Nucleus mehrere kernartige Gebilde. Ein anderes, das keine grosse Embryonalkugel besass, zeigte einen ver- kleinerten Nucleus und neben diesem noch sechs kleine kugelförmige Körper mit centralen Bläschen. Bei einem dritten, das schon eine grosse Embryonalkugel enthielt, war der Nucleus augenscheinlich in fünf rund- liche mit deutlichem centralen Bläschen versehene Körper zerfallen. Die- selben zeigten eine sehr verschiedene Grösse. Wahrscheinlich entwickeln sie sich, wenn die erste Embryonalkugel Embryonen producirt hat, der Reihe nach ebenfalls zu Embryonalkugeln, aus denen dann allmählich eine Reihe von Embryonen hervorgehen. Neben der Bildung von Embryonalkugeln kommt nun bei Garchesium aselli noch eine andere Erscheinung vor, die zuerst von Stein?) bei Vor- ticella nebulifera entdeckt und beschrieben worden ist. Es treten näm- lich gleichzeitig an vielen Exemplaren, in Gesellschaft der Embryonalku- geln enthaltenden Mutterthiere, grosse Höcker von mehr oder weniger gewölbter Gestalt auf. Dieselben sitzen meist in der hinteren Körperhälfte des Thieres und enthalten eine ziemliche Anzahl kleiner kugliger, stark lichthbrechender Körperchen, die sich auch im Parenchym des mütterli- chen Körpers in ‚grösserer Zahl angehäuft finden. Sie sind offenbar direct aus dem Zerfall des Nucleus hervorgegangen, von dem nur selten noch 4) Etudes sur ], Infusoires, tome III, pag. 169—477, u. pl. VII, 1—43. 3) Organismus der Infusionsthiere. 4. Abtheil., pag. 108, und: Sitzungsber. der kgl. böhmischen Gesellsch. d. Wissensch. zu Prag, vom 28. November 4859. BE - . 375 ein sehr kleiner Rest zu entdecken ist. Ein Exemplar, das dieselbe Er- scheinung zeigte, besass noch keinen Höcker. Die Bedeutung jener kleinen Körperchen ist noch zweifelhaft. Stein ') ist geneigt, sie für Anfänge zu befruchtenden Elementen zu halten. Bei Garchesium aselli traf ich auch nicht selten jene Zustände, bei denen die bewimperte Peristomscheibe aus dem heftig zusammengezoge- nen Thier herausgequollen war und Kugelform angenommen hatte. (Taf. XXX, Fig. 17). Sie ist leicht durch den Mangel eines Kerns und das Fehlen selbständiger Ortsbewegung von einem Embryo zu unterscheiden. Reisst sie zufällig vom Thier los, so schlagen die darauf befindlichen adoralen Wimpern noch eine lange Zeit auf und ab, die Kugel schwimmt jedoch nie weit, rollt langsam auf dem Boden hin und bleibt zuletzt still liegen. Das Vorkommen jener kleinen rundlichen Körperchen, die aus dem Zerfall des Nucleus entstehen, beobachtete ich auch bei einigen Exem- plaren des Zoothamnium.affine $Si., das übrigens in total verschie- denen Formen nebeneinander vorkommt. Die Höcker der Individuen, die jene Körper enthielten, waren zuweilen enorm gross, entweder einfach länglich elliptisch, oder. dick kegelförmig und nach vorn in einen kurzen röhrenartigen Fortsatz ausgezogen (Taf. XXX, Fig. 18), der eine deutliche terminale Oeffnung besass. Die Körperchen selbst hatten nicht immer gleiche Grösse, doch übersteigt dieselbe nie 0,005 mm. Bei Vorticella convallaria beobachtete ich das Auftreten von Embryonalkugeln ; meist war wie bei Garchesium polypinum nur eine einzige grosse Kugel mit opakem Kern vorhanden. Im Nucleus mehrerer Exemplare zeigten sich auch einzelne kleine kernartige Gebilde und es schien als wolle der mütterliche Kern in mehrere Theile zerfallen. Wei- tere Entwickelungsstufen wurden nicht beobachtet. — Bei dieser Art kommen ebenfalls nicht selten contrahirte Individuen vor, deren Peri- stom herausgepresst ist und einem aussensitzenden Sprössling gleicht. Ueberhaupt scheint diese krankhafte Erscheinung bei allen Vorticellinen verbreitet zu sein. Von Interesse ist auch die Entwickelung von Keimkugeln im Nucleus des merkwürdigen Didinium nasutum St. (Vorticella nasuta O. Fr. Müller). Dies Thier, das erst von Stein”) genau charakterisirt worden ist, besitzt gewöhnlich einen stark hufeisenförmig gekrümmten Nucleus, an dem ich noch keinen Nucleolus zu unterscheiden vermochte. Im Oc- tober 1860 aber fand ich noch sehr viele Exemplare derselben Art, deren Kern zahlreiche kleine kuglige mit einem centralen Bläschen ver- sehene Gebilde umschloss. Zwischen den vielen kleinen lagen zuweilen mehrere (4—6) bedeutend grössere Kugeln, die einen deutlichen Kern enthielten. Bei anderen Individuen war der Nucleus in einzelne frei 4) Sitzungsber. d. böhm. Gesellsch. d. Wissensch., vom 28. November 1859. 2) »Lotos«, IX. Jahrgang, 1859. 376 neben einander liegende, ebenfalls mit centralen Bläschen versehene mehr oder weniger kugelförmige Gebilde zerfallen, die zuweilen noch von der Nucleusmembran zusammengehalten wurden. Jedenfalls sind die erwähnten Körper die ersten Anfänge zu Keim- und Embryonalkugeln. — Bei der Quertheilung von Didinium nimmt der Kern eine langgestreckte Gestalt an, rückt in die Längsaxe des Thieres und erhält ein ganz längs- streifiges Ansehen, etwa wie die Nucleolus der Oxytrichinen und der Nu- cleus von Urostyla grandis bei der Quertheilung. Nach der Quertheilung verschwinden die Streifen wieder. — In der Classe der Acinetinen ist die Fortpflanzung durch innere Sprösslinge (»Schwärmsprösslinge« (Stein), »embryons« (Olaparede) ) durch Stein und Claparede bei fast allen bekannten Arten nachgewiesen worden. Hier sei nur noch erwähnt, dass ich die Sprösslinge von Aci- neta Operculariae, Acineta quadripärtita (quadriloba Stein), Ac. Astaci, und A. infusionum beobachtete. Bei letzterer Art und Acineta quadripartita verfolgte ich wiederholt die Rückbildung des Spröss- lings zur Acinete. In sehr auffallender Weise unterscheiden sich wenig- stens die mir bekannten Sprösslinge der Acineten von den Embryonen be- wimperter Infusorien (z. B. Stylonychia mytilus, Paramecium aurelia, Epi- stylis plicatilisu.a.) dadurch, dass ihr ganzer Körper nicht wie bei letzteren ganz körnerlos und durchsichtig ist, sondern schon im Mutterthier ganz mit denselben Nahrungsstoffen wie dieses erfüllt ist. Oft siud z. B. die Sprösslinge von Acineta quadripartita oder Ac. infusionum so voll von Fettkugeln und anderen vom Mutterthier aufgesogenen Nahrungsstoffen, dass man Mühe hat ihren Kern und contractilen Behälter zu erkennen. Schon dieser einzige Umstand macht es höchst unwahrscheinlich, dass der ganze Acinetensprössling nur aus der Substanz des mütterlichen Nucleus gebildet werde. Zwar ist letzterer nicht selten in grobe Körner zerfallen, doch würden diese kaum hinreichen, auch nur einen kleinen Theil des oft ausserordentlich grossen Sprösslings undurchsichtig zu machen. Vielmehr ist es wahrscheinlich, dass nur der Kern desselben vom müt- terlichen Nucleus stammt, während die gesammte Körpermasse des Sprösslings direct aus dem Inhalt des Mutterthieres hervorgeht. Dasselbe hat Siein schon früher ausgesprochen '). Er beobachtete nämlich bei Acineta infusionum, dass rechtwinklig von der Mitte des mütterlichen Nucleus ein Furtsatz desselben ausging, der an seinem Ende knospen- förmig verdickt war. Um diesen Fortsatz hatte sich eine hellere Atmo- sphäre aus der Körpersubstanz des Mutterthieres gebildet. Fast genau dasselbe beobachtete ich an einem grossen Exemplar der Acineta qua- dripartita. Hier ging von dem einem Ende des mütterlichen Kerns ein dünnerer nach vorn zu angeschwollener Fortsatz aus, um den sich ein scharf umschriebener Theil vom Parenchym des Mutterthieres in Kugel- 4) Die Infusionsthiere auf ihre Entwickelungsgeschichte untersucht. Leipzig 4854, pag. 199, Taf. IV, Fig. 47. form gelagert hatte. Offenbar war dies ein sich eben bildender Schwärm- sprössling. Höchst unwahrscheinlich ist es, dass die Schwärmsprösslinge der Aecineten auf geschlechtlichem Wege erzeugt werden, denn es existirt keine Beobachtung, die mit einiger Sicherheit darauf hindeutete '), ob- gleich die Fortpflanzung der Acineten durch innere Sprösslinge die ge- wöhnliche Vermehrungsweise ist. Nur bei Acineta mystacina, Urnula Epistylidis und Podophrya fixa hat man bisher noch keine inneren Schwärmsprösslinge sich bilden sehen, dagegen pflanzen sich diese drei Arten, soweit bis jetzt bekannt, nur durch einfache Theilung fort. Jeden- falls entspricht die Bildung von Schwärmsprösslingen im Innern der Acineten nicht der embryonalen Fortpflanzung der übrigen Infusorien, sondern nur der einfachen Theilung. Es kommt aber bei’den Acinetinen noch eine zweite Art der Fort- pflanzung durch innere Sprösslinge vor, die erst von Olaparede*) bei Acineta quadripartita und Acineta cucullus (?) entdeckt worden ist. Es entwickeln sich nämlich, wie Claparede bei Acineta quadripartita aus- führlich zeigt, im Inneren des in mehrere kugelförmige Segmente zerfal- lenen Nucleus dieses Thieres eine grössere Anzahl kleiner bewimperter Sprösslinge, die von den Embryonen der Epistylis plicatilis absolut nich zu unterscheiden sind. Claparede scheint nun diese kleinen Sprösslinge für gleichbedeutend mit den gewöhnlichen Acinetensprösslingen zu hal- ten; mir kommt diese Ansicht jedoch höchst unwahrscheinlich vor. Es ist nämlich sowol die Art der Entstehung wie die Beschaffenheit der rei- fen Sprösslinge gänzlich verschieden von der Entstehung und Beschaflen- heit der gewöhnlichen Schwärmsprösslinge. Namentlich dürfte der Um- stand von bedeutender Wichtigkeit sein, dass die kleinen Acinetenspröss- linge nur aus der Substanz des mütterlichen Kernes ohne Zuthun des mütterlichen Parenchyms entstehen. Sie haben diese Entstehungsweise also mit den Embryonen der bewimperten Infusorien, z. B. der Vorti- cellinen, gemein, und erwägt man noch ihre äussere Aehnlichkeit mit den letzteren, so ergiebt sich eine ganz auffallende Uebereinstimmung der embryonalen Fortpflanzung der Ciliaten mit der Fortpflanzung der Aci- neten durch die erwähnten kleinen Sprösslinge. Von ganz besonderer Wichtigkeit dürften diese letzteren nun für die berühmte Acinetentheorie Siein’s sein. Erweisen sich nämlich die kleinen Acinetensprösslinge als wahre, auf geschlechtlichem Wege erzeugte Embryonen, so ist die Aci- netentheorie widerlegt. Es ist aber auch möglich (— und hierauf scheint namentlich die vollkommen gleiche Organisation der kleinen Sprösslinge der Acineta quadripartita und der Embryonen von Epistylis plicatilis hin- zudeuten —), dass dieselben eine eigenthümliche Generation von Spröss- 4) Bei keiner Acinete vermochte man z.B. einen Nucleolus zu finden. 3) Etudes sur les Infusoires et Rhizopodes. Tome Ill, pag. 120 u. 124, pl. 1, figg. A0D, AA u. 42, pag. 438 u. pl. IV, figg. 12 u. 13. 318 lingen der Acineten darstellen, durch welche diese sich wieder in die ausgebildete wimpertragende Infusorienform zurückverwandeln '). In diesem Falle würde die Acinetentheorie bewiesen sein. Nach alledem hängt somit von der Erforschung des ersten Entstehens und der späte- ren Schicksale der kleinen Acinetensprösslinge die Lösung der seit nun sieben Jahren ungelöst schwebenden Frage ab, ob die Acineten selbstän- dige Infusorienformen sind, oder nicht, einer. Frage, die ein um so grösseres Interesse bietet, als sie es war, welche den Anstoss zu dem mächtigen Auf- schwung gab, den die Infusorienkunde in der neueren Zeit genommen hat. N. Beschreibung neuer Arten von Infusorien. Chasmatostoma n. gen. (Taf. XXXI, Fig. 1). Körper formbeständig, nierenförmig, etwas plattge- drückt, gleichförmig bewimpert. In der Mitte der platten Bauchseite eine ovale kleine Mundspalte mit innen be- festigter undulirender Membran. Chasmatostomareniforme.n.sp. Dieses kleine Thier, welches bisher vielleicht oft mit Colpoda cucullus und ähnlichen Infusorien ver- wechselt worden ist, entdeckte ich im October 1861 in einem reich mit Wasserlinsen besetzten Wiesengraben unweit des Dorfes Leutsch bei Leipzig. Sein nierenförmiger, auf der Rückseite etwas gewölbter Körper ist vorn etwas verschmälert und stumpf abgerundet. Die Mundspalte, eine ovale, hinten schwach zugespitzte Oeffnung, etwa in der Mitte der Bauchseite, führt in eine kleine Mundhöhle, die sich hinten rechts in einen kurzen Schlund fortsetzt. Längs der rechten inneren Seite der Mund- höhle zieht sich eine lebhaft undulirende, feine Membran; zuweilen schien noch eine zweite kleinere, links befestigte Membran vorhanden zu sein, doch konnte ich mich nie sicher von der Anwesenheit derselben überzeugen. Der Nucleus ist rund, in der Mitte der hinteren Körper- hälfte gelegen, und neben ihm in einer Aushöhlung befindet sich ein deutlicher runder Nucleolus. Der contractile Behälter befindet sich am Hinterende und nimmt bei der Systole Rosettenform an. Das ganze Thier ist gleichmässig, ziemlich lang bewimpert und schwimmt lebhaft meist Bogen beschreibend auf der Bauchseite umher. Sein Inneres war oft mit verschiedenen Nahrungsstoffen dicht angefüllt. Seine Grösse betrug etwa 0,060 mm. Theilung wurde noch nicht beobachtet. Lacerymaria elegans n. sp. (Taf. XXVIII, Fig. 2 u. 3). Körper contractil, längsgestreift, flaschenförmig, nach vorn in einen kräftigen, vier- bis fünfmal seicht ring- 4) Ein gewöhnlicher Schwärmsprössling wird sich wol nie in ein höher organisir- tes Infusorium verwandeln. a nn Ge se nn nn, ee ee 7 EEE FEB ER 379 förmig eingeschnürten Hals verlängert, dessen Vorder- endesich kopfartigabsetzt. Der fischreusenartigeSchlund reicht etwas über die zweite Einschnürung binaus. Ein contractiler Behälter am Hinterende. Nucleus einfach, mit grossem ovalen Nucleolus. Diese niedliche Form fand ich zuerst im November 1860, anfangs in wenig Exemplaren, später sehr zahlreich im sogen. Diebesgraben zu Leipzig, einem schmutzigen, fliessenden Gewässer. In ihrer Gesellschaft befanden sich fast nur noch Metopus sigmoides Clap.'), Plagio- pyla nasuta Stein (selten), und Gyrocorys oxyura Stein, eine der interessantesten und originellsten Infusorienformen. — L. elegans schwimmt unaufhaltsam und mit ziemlicher Schnelligkeit. Häufig verän- dert sie ihre Umrisse bedeutend. So zieht das Thier z. B. das meist von blassen Fettikugeln ganz gefüllte Parenchym aus der hintern Körperhälfte nach der Körpermitte hinauf, die nun kugelförmig anschwillt: dabei ver- kürzt sich der Hals oft beträchtlich und das hintere Drittel des Körpers, das vollkommen durchsichtig und platt geworden ist, bekommt Längsfal- ten. Mit so veränderter Gestalt schwimmt das Thier oft lange Zeit umher. L. elegans erreicht eine Länge von höchstens 0,185 mm. Die meisten von mir beobachteten Exemplare massen 0,160—0,170 mm. — Theilung wurde nicht beobachtet, dagegen CGonjugationszustände. In denselben waren zwei Thiere mit ihren Vorderenden fest mit einander verwachsen. Ich verfolgte ein so vereinigtes Paar mehrere Stunden ohne Veränderun- gen an ihm wahrzunehmen. Conchophthirus eurtus n. sp. (Taf. XXXI, Fig. 2). Körper formbeständig, ovalirund, wenig länger als breit; der rechte Seitenrand stark gewölbt, der linke etwas abgeplattet. Peristomausschnitt sehr klein und dicht vor der Mitte des linken Seitenrandes gelegen, führt in einen sanft abwärts gebogenen und bis weit in die rechte Körperhälfte hineinragenden Schlund. Nu- cleus einfach, oval, mit einem oder zwei Nucleolus, liegt in derMitite desKörpers an der Unterseite des Schlundes. . Diese Art fand ich in Gesellschaft des bekannten Gonchophthi- 4) Von Metopus Clap. kenne ich nur eine ziemlich kleine Art, die vielleicht von M. sigmoides verschieden ist. Sie erreicht nur eine Grösse von 0,15 mm., ist hinten nicht S-förmig nach rechts umgebogen, besitzt am Hınterende einige längere Bor- sten und in der Körpermitte einen meist gekrümmten nierenförmigen Nucleus. Metopus besitzt eine adorale Wimperreihe von stärkeren, kurzen Borsten, die jedoch seltsamer Weise nicht auf der oberen, sondern auf der unteren Seite des langen Peristomausschnittes befestigt ist. Der obere Rand des Peristoms trägt wie auch die ganze Vorderhälfte des Körpers die gewöhnlichen Wimpern. Zeitschr. f. wissensch. Zoologie. XI. Bd. 25 380 rus'} Anodontae Steın (Leucophrys Anodontae Eb.), Taf. XXXI, Fig.3, im :Körperschleim von Unio crassus. Da ich zwischen beiden Formen keine Uebergangsstufen finden konnte, und beide sich in mehreren Punk- ten wesentlich unterscheiden, glaube ich sie für verschiedene Arten hal- ten zu müssen. Conch. Anodontae ist bedeutend gestreckter als C. cur- tus, nach vorn und hinten stärker verschmälert, oft mehr als doppelt so lang als breit, sein Peristomausschnitt ist sehr gross, und sein meist kugelrunder Nucleus liegt gewöhnlich in der hinteren Körperhälfte nahe an einem der beiden Körperränder. Der untere Rand des Schlundes setzt sich bei C. Anodontae als eine feine erhabene Linie bis über die Mitte des weiten Peristomfeldes fort. Das Parenchym dieser Art war gewöhn- lich ganz gleichmässig von kleinen Körnchen erfüllt, während bei €. cur- tus die hintere Körperhälfte lauter grössere runde Ballen von Nahrungs - stoffen enthielt. In der Vorderhälfte des letzteren Thieres fanden sich stets zahlreiche dunkele Körnchen zu einem halbkugelförmigen, scharf contourirten Körper vereinigt, der fast die ganze Vorderhälfte des Thieres ausfüllte und hinten von der oberen Wand des Schlundes begrenzt wurde. Bei GC. Anodontae fanden diese Körneranhäufungen nur zuweilen und in viel geringerem Maasse als bei C. curtus statt. Beide Thiere zeichnen sich noch durch eine kurze Reihe von etwa sechs kräftigeren Wimpern aus, welche dicht vor dem Hinterende auf der Bauchseite eingepflanzt sind. Der ganze Körper ist sehr fein und scharf gestreift, auf dem Rücken grade in der Längsrichtung; auf der Bauchseite beginnt die Streifurg an dem linken Rande des Vorderkörpers bis zum Peristomausschnitt, und zieht sich von hier bogenförmig, dem rechten Körperrand parallel laufend bis zum Hinterende. — Der contractile Behälter von Gonchophth. Ano- dontae und curtus liegt hinter der Mitte in der linken Körperhälfte, nimmt während der Systole bei C. curtus deutlich Rosettenform an, und zerfällt auch bei GC. Anodontae in einzelne kleinere, unregelmässig neben einan- der liegende Räume. Bei letzterem Thier erkannte ich auch deutlich über dem contractilen Behälter eine runde, ziemlich grosse Oeffnung?) nach aussen. 4) Die Gattung Conchophthirus ist zuerst von Stein (Sitzungsber. d. k. böhm. Ges. d. Wissensch. vom 24. Juni 4864) begründet worden. Bei Conch, Steen- strupii, einem von Steenstrup auf den Fühlern von Succinea amphibia ent- deckten und von Stein (Sitzungsber. vom 24. Juni 1864. Späterer Zusatz vom 40. Juli) als wahres Infusorium charakterisirten Thier, traf ich einmal neben den gewöhnlichen sieben Kernen noch zwei andere denselben völlig gleiche Ge- bilde, die mit lebhaft wogenden Wimpern besetzt waren. Sie lagen in der Vorderhälfte des Körpers und schienen einen contractilen Raum zu besitzen. Am deutlichsten vermochte ich bisher bei colossalen Exemplaren der Acineta Operculariae die Mündung des contractilen Raums mach aussen zu beobachten. Sie besteht-hier in einem feinen deutlich von zwei Linien begrenzten Canal, der von den contractilen Behältern, welche nie unmittelbar an der Oberfläche des Thie- res liegen, in grader Linie nach aussen führt. Steins Ansicht, dass die contrac- tilen Behälter Organe seien, durch welche das überflüssige Wasser, welches N) 38 Die Grösse von Gonch. curtus beträgt etwa 0,12 mm. GC. Anodontae schwankt zwischen 0,12 mm. u. 0,20 mm. — Theilung wurde nicht beob- achtet. Bei G. Anodontae fand ich ein Exemplar, in dessen gestrecktem Nucleus eine scharfbegränzte homogene Kugel lag, die fast halb so gross ‚wie der Nucleus war. Bei einem andern Individuum lag getrennt vom Kern eine grosse homogene Kugel in der linken Seite der hinteren Kör- perhältte. | Microthorax nov. gen. (Taf. XXXI, Fig. 4—6). Körper gepanzert, plattgedrückt, fast oval, hinten breit abgerundet, gleichförmigbewimpert. Mundineiner rundlichen Peristomvertiefung in der linken Körper- hälfte dicht vor dem Hinterende gelegen. Nucleus und contractiler Raum einfach. Kleine Thiere. 1.M. pusillus.n. sp. (Taf. XXXI, Fig. 4). Eine der kleinsten holo- trichen Infusorienformen, die nicht gerade selten zu sein scheint. Ich entdeckte sie zuerst Anfang October 1860 in einem kleinen, stark mit Wasserlinsen bewachsenen Graben des Dorfes Leutzsch bei Leipzig, und habe sie seitdem an verschiedenen anderen Localitäten wiederholt ge- funden. Sie tritt oft in grosser Zahl auf und lebt meist in Gesellschaft von kleinen Chilodonten, Cyclidium glaucoma, Cinetochilum margarita- ceum und’ Pleurochilidium strigilatum Stein. Mit den beiden letzteren Thieren ist sıe am nächsten verwandt. — Der linke Rand des starren Körpers bildet eine gerade Linie, der rechte Körperrand ist sanft gewölbt. Hinten ist das Thier breit abgerundet. An der rechten Seite der Peri- stomvertiefung, die sich in eine schmale gleich breite Grube bis zum Hinterrand fortsetzt, befindet sich eine lebhaft klappende Membran. Der rechte Körperrand ist wulstig verdickt, und das Bauchfeld wird von zwei am linken Vorderende beginnenden Furchen durchzogen, die sich etwa bis zur Körpermitte deutlich verfolgen lassen. Die Rückseite des Thieres zeigt keine Spur einer Streifung, ist aber dennoch wie es scheint mit Wimpern besetzt. — Der runde Nucleus liegt in der Mitte des Körpers, der contractile Behälter rechts oben am Peristom. — Die von mir be- obachteten Exemplare des Thieres waren vollkommen farblos und er- reichten eine Grösse von höchstens 0,032 mm. 2.M. sulcatus n.sp. (Taf. XXXI, Fig.5—6). Bedeutend grösser als die vorige Art, von derselben Gestalt; der Rücken von drei tiefen Längs-Furchen durchzogen. Die Bauch- rinnen setzen sich bis zum Hinterrande fort. Der cor- durch die Mundöffnung aufgenommen wird, wieder nach aussen befördert wird, scheint die natürlichste zu sein. Doch wäre es immerhin möglich, dass bei einzelnen Arten, die deutliche den Körper durchziehende conträctile Gefässe und Canäle zeigen, diese Organe zugleich auch circulatorischen Zwecken dienten. 25* 382 tractile Raum nahe am linken Seitenrand senkrecht über dem Peristomausschnitt gelegen. Von dieser Art, die von der vorigen sogleich durch ihre viel bedeu- tendere Grösse und die tiefen Rückenfurchen zu unterscheiden ist, fand ich am 18. Oktober 1861 ein einziges Exemplar. Dasselbe stammte von einem Wiesensumpf bei Göhren unweit Leipzig und war mit aufgelösten grünen Farbestoffen erfüllt. Seine Grösse betrug 0,057 mm. Längs des fast schnurgeraden linken Seitenrandes zog sich eine dichtere Zone der gewöhnlichen Körperwimpern hin, die ich bei M. pusillus noch nicht be- merken konnte. Beide Arten schwimmen lebhaft, und immer auf der Bauchseite hin; gern klettern sie an fremden Gegenständen umher und bleiben dann auch wol eine kurze Weile ruhig stehen, so dass man Zeit hat ihre Organı- sation zu ermitteln. Man hüte sich, namentlich Microth. pusillus mit den kleinen Individuen von Chilodon zu verwechseln, denen er in den Umrissen zuweilen sehr nahe komnit. Drepanostoma n. gen. (Taf. XXXI, Fig. 7.) Körper formbeständig, biegsam, langgestreckt, vorn und hinten nach links sanft verschmälert, mit planer Bauch- und gewölbter Rückseite. Die ganze Bauchseite in Längsreihen mit gleichlangen Wimpern besetzt, die glatte Rückseite trägt nur längs der beiden Seitenränder eine Reihe steiferborstenförmiger Wimpern. Mund unter einer fast sichelförmigen Hornleiste unweit des Vorder- endes dicht am linken Seitenrande gelegen. Zwei Kerne mit je einem Nucleolus; kein scharf umschriebener con- traktilerRaum. D. striatum n. sp. Ich kenne bisher nur eine einzige Art dieser eigenthümlichen Gattung, die sich einerseits den holotrichen Ampbilepten, andererseits den hypotrichen Ciliaten wie z. B. Chilodon nähert. We- gen ihrer fast ausschliesslich auf die Bauchseite beschränkten Bewim- perung muss sie zu der Klasse der hypotrichen Infusionsthiere gestellt werden. Wie bei diesen ist auch der After von Drepanostoma auf der Rückseite, ein ziemliches Stück vor dem Hinterende gelegen. Der Kör- per des Thieres ist langgestreckt, etwa vier- bis fünfmal länger als in der Mitte breit, vorn und hinten nach links etwas zugespitzt und auf der Bauchseite von ungefähr acht bis zehn tiefen Längsstreifen durchzogen, durch die der Vorderrand gekerbt erscheint. — Vom linken Vorderende zieht sich ziemlich parallel mit dem linken Körperrande auf der Bauch- seite eine vorspringende sichelförmige, meist bräunliche, feste Leiste. Dieselbe erweitert sich in der Mitte, ist hier zuweilen stumpf gezähnelt, und setzt sich dann schräg nach innen in einen zugespitzten hornigen Stiel fort, der im Parenchym endigt. Jedenfalls liegt unter der mittleren a 383 Erweiterung der Leiste der Mund, den ich jedoch nie direct beobachte. Der Stiel jenes hornigen Apparates kann wol kaum als eine dem Schlunde der Chlamydodonten vergleichbare Röhre aufgefasst werden. — Die Bauchseite ist dicht mit ziemlich langen, feinen Wimpern besetzt, und längs der beiden Seitenränder ziehen sich auf der sonst glatten und un- bewimperten Rückseite zwei Reihen weitläufig stehender, ziemlich steifer Wimpern hin, die am Vorderende des Thieres etwas hakenförmig nach hinten gekrümmt sind. Diese Wimpern entsprechen jedenfalls den bei allen Oxytrichinen vorkommenden und von Lieberkühn bei Stylonychia mytilus und pustulata entdeckten feinen Rückenborsten. — Drepano- stoma besitzt zwei kleine runde Kerne, die in der rechten Körperhälfte etwa am Ende des ersten und zweiten Körperdrittels liegen. Neben jedem derselben befindet sich ein kleiner ovaler Nucleolus. Eine scharf umschriebene, regelmässig contraktile Stelle vermochte ich noch nicht aufzufinden, es schienen an ihrer Statt einige langsam veränderliche unklar begränzte Hohlräume im Parenchym da zu sein. Letzteres, in dem selten grössere Nahrungsstoffe zu finden sind, zeich- nete sich gewöhnlich durch eine etwas rothbräunliche Färbung aus. Die Grösse von Dr. striatum schwankt zwischen: 0,185 mm. und 0,25 mm. Theilungszustände wurden nicht bemerkt. Ich entdeckte das Thier am 2. Oct. 1861 in einem mit Lemna trisulca und Nuphar luteum reich bewachsenen schattigen Tümpel an der sogen. Waldstrasse bei Leip- zig. Seine Bewegungen sind stetig, ziemlich schnell; es schwimmt nur auf der Bauchseite, klettert und schmiegt sich gern um fremde Gegenstände, wobei der Körper mannichfach gebogen und gewunden wird. Gastrostyla nov. gen. (Taf. XXXI, Fig. 8-9.) Körper formbeständig, elliptisch, nach vorn verschmä- lert, hinten mehr oder weniger stumpf abgerundet. Fünf bis sechs starkegriffelförmige Stirnwimpern, eineReihe borstenförmiger Wimpern zieht sich von rechts vorn quer über die Bauchseite bis zu den vier oder fünf starken Afterwimpern, von defen nur wenige den Hinterrand überragen. Die zwei Randwimperreihen werden nach hinten zu länger und stärker und gehen ineinander über. Ausserdem einzelne Bauchwimpern. Keine borstenför- migen Endwimpern. VierKerne. G. Steiniin.sp. Dies Thier, das ich seit dem Januar 1860 kenne, gehört unter die grösseren der bekannten Oxytrichinen. Ich entdeckte dasselbe im sogen. Diebesgraben in Leipzig und habe es seitdem unab- lässig theils frei theils encystirt aufbewahrt. Trocknete, was sehr oft geschah, das Gefäss aus, in dem sich die Thiere befanden, so erhielten sich dennoch ihre Cysten monatelang vollständig unversehrt. Goss 354 ich dann neues Wasser zu, so erschienen schon aın nächsten Tage wie- der zahlreiche freie Thiere, die die gewöhnliche Bewimperung zeigten. — Der formbeständige, fast gepanzerte Körper von Gastrostyla ist ellip- tisch, etwa zwei und ein halbmal so lang als breit, hinten stumpf zu- gespitzt, nach vorn und besonders nach links zu ziemlich schnell ver- schmälert. Das Stirnfeld wird von einer halbmondförmigen Oberlippe gekrönt; das Peristomfeld ist ziemlich schmal, sein innerer leistenförmig erhabener Rand, der eine sehr starke undulirende Membran trägt, hält ungefähr die Richtung und Lage der Längsaxe ein, und erstreckt sich bis etwas über das erste Drittel des Körpers heraus. Die adoralen Wim- pern sind verhältnissmässig stark, und setzen sich in einen kleinen häu- tigen Schlund fort. Der linke Rand des Peristomfeldes ist längs der adoralen Wimperreihe mit feinen Wimperchen besetzt. Auf dem Stirn- feld stehen drei vordere sehr kräftige griffelförmige Wimpern, und hinter ihnen in einer von rechts nach links steil ansteigenden Reihe drei (selten zwei oder vier) wenig schwächere Wimpern. Das charakteristische Kennzeichen des Thieres ist aber eine lange Reihe von starken borsten- förmigen Wimpern, die in der rechten Vorderhälfte begiont, da wo die ersten adoralen Wimpern stehen, und sich in sanftem Bogen, ziemlich die Richtung der Mittellinie einhaltend, bis zu den starken Afterwim- pern fortsetzt. Vor diesen befinden sich noch zwei stärkere schräg ge- stellte griffelföormige Wimpern , so wie hinter dem Mundwinkel links von der Bauchwimperreihe eine bis drei kräftige Wimpern. Die Afterwim- pern, vier bis fünf (selten sechs) an der Zahl, sind stark, ragen nur theil- weis über den Hinterrand empor und stehen in einer von rechts nach links aufsteigenden Reihe. — Die Randwimpern sind nahe am Rande eingefügt, werden hinten länger und breiter und beide Reihen gehen hier meist ohne merkliche Unterbrechung in einander über. — Ein auffallen- des Kennzeichen unserer Art, das sie sofort von Stylonychia, Oxytricha u. a. unterscheiden lässt, sind die vier wie bei Onychodromus in der linken Körperhälfte hinter einander liegenden Kerne, deren jeder einen Nucleolus besitzt. Wegen der rastlosen, ununterbrochenen Bewegungen des Thieres, das schnell und nie lange in einer Richtung schwimmt, vermochte ich bisher noch keines jener äusserst feinen Börstchen zu erkennen, die bei den Oxytrichinen auf der Rückseite der Seitenränder eingefügt sind. Sie sind desshalb auch auf den Zeichnungen weggelassen, werden jedoch in der Natur schwerlich fehlen. | Die Theilung geht nach den von Stein bei Stylonychia mytilus und bei anderen Oxytrichinen ermittelten Gesetzen vor sich. Die vier Kerne verschmelzen zu einem einzigen grossen Körper, der dann später nach und nach in acht Theile zerfällt, von denen jeder Theilungsspröss- ling vier erhält. Bei diesem Zerfall des Nucleus bilden sich nicht selten in der Mitte der sich theilenden Segmente spaltförmige Höhlen, die nicht 385 mit den oben erwähnten ähnlichen Erscheinungen im Nucleus der Aspi- discen, Euploten und Oxytrichinen zu verwechseln sind. Die Höhlen, welche sich während der Theilung der Nucleussegmente bilden, ent- stehen eben nur durch Trennung der Kernsubstanz in zwei Hälften, die noch so lange äusserlich zusammenhaften, bis die von aussen eindrin- gende Theilungsfurche die Nucleusmembran durchschnitten hat. Die Cysten von Gastrost. Steinii (Taf. XXXI, Fig. 9) sind denen von Styl. mytilus ähnlich, doch im ausgebildeten Zustand etwas zackiger. — Die Grösse des Thieres schwankt zwischen 0,15 mm. und 0,32 mm. Iu Gesellschaft von Gastrostyla, neben der sonst nur noch Cyclidium glaucoma vorkam, fanden sich zuweilen sehr kleine, runde Acineten, die den Embryonen von Stylonychia mytilus glichen. Vielleicht waren es Embryonen von Gastrostyla; doch vermochte ich keine Exemplare mit Embryonalkugeln zu finden. Pleurotricha setifera n. sp. (Taf. XXXI, Fig. 10). Körper formbeständig, lanzettlich. Fünf griffelför- mige und vier bis sechs borstenförmige Stirnwimpern; eine Längsreihe von fünfbis sechs Wimpern in der Mitte desBauchfeldes; jederseitsnureineRBeihevonRandwim- pern, die am Hinterende in einander übergehen. Ich lernte diese Art im August 1861 kennen, und traf sie bisher nur in wenigen Exemplaren an einer ruhigen, mit Wasserlinsen bedeckten Stelle des Elsterflusses bei Leipzig. Sie unterscheidet sich von den be- reits bekannten Pleurotrichen (Pl. grandis St. und lanceolata St.) durch den Mangel einer zweiten und dritten Reihe von Seitenwimpern, sowie durch den Besitz einer zusammenhängenden, längeren Reihe von Bauch- wimpern. Im Uebrigen stimmt sie in Hinsicht des Körperbaues und na- mentlich auch in der Anordnung der Afterwimpern, die in zwei Gruppen setrennt sind, so vollkommen mit den von Stein beschriebenen Pleuro- trichen überein, dass ich sie ohne Bedenken zu dieser Gattung stelle. Die von Stein gegebene Diagnose von Pleurotricha würde dann nur etwas weiter zu fassen sein. Die adorale Wimperreihe unserer Art reicht bis kurz vor die Kör- permitte, und auf dem Peristomfeld, dessen leistenförmig erhabener rechter Rand eine starke undulirende Membran trägt, befindet sich in der Mitte noch eine zweite kürzere, bis zum Schlund reichende unduli- rende Membran. Dieselbe kommt, jedoch nicht ganz regelmässig, auch bei Pleurotricha lanceolata, Urostyla und Onychodromus vor, wo sie auch bereits von Stein entdeckt, aber als Mundspalte gedeutet worden ist. Pl. setifera schwimmt lebhaft umher, steht selten still und ich ver- mochte desshalb auch bei diesem Thier noch nicht jene feinen borsten- förmigen, auf der Rückseite eingefügten Randwimpern zu finden, die 386 sonst bei allen Oxytrichinen vorkommen). Die von mir beobachteten Exemplare unserer Art massen etwa 0,27 mm. Uroleptus mobilis n. sp. (Taf. XXXI. Fig. 41—12). Körper formbeständig, biegsam; drehrund, etwa zwölfmalsolangalsbreit, nach hinten allmählich stumpf zugespitzt. Randwimpernüberallgleich lang. Sechs läng- liche Kerne. Diese Art, welche aus dem Boticzbach bei Prag stammt, unterschei- det sich von den durch Stein genau bekannt gewordenen Urolepten so- gleich durch das constante Vorkommen von sechs hintereinander liegen- den Kernen. Sie steht Stein’s Uroleptus rattulus am nächsten, ist jedoch nicht wie diese Art hinten scharf zugespitzt und ihre Randwimpern be- halten auch gegen den Schwanz hin gleiche Länge. Die adorale Wim- perreihe hat etwa den neunten Theil der Körperlänge; an ihrer inneren Seite ist eine undulirende Membran befestigt; ein Peristomfeld scheint gar nicht zu existiren, oder doch nur äusserst schmal zu sein. Ob wie bei den übrigen Urolepten zwei Längsreihen feiner Bauchwimpern vor- handen sind, vermochte ich nicht zu ermitteln, da sich die Thiere sehr lebhaft bewegen und gern schlangenförmig besonders zwischen Pflan- zenresten umherkriechen. Unsere Art, die übrigens in grosser Zahl auftrat, misst durchschnitt- lich 0,30 mm. Meist waren alle Exemplare von gleicher Grösse. Theilung wurde nicht beobachtet. Uroleptus agilis n. sp. (Taf. XXXT, Fig. 13). Körper formbeständig, breitspindelförmig, etwa vier- bisfünfmalsolangalsinderMitte breit, nachhintenall- mählich zugespitzt. Vier griffel- und dreiborstenförmige Stirnwimpern; hinterdemMundwinkelnoch mehrere ver- inzelte Bauchwimpern. Zwei weit nach innen gerückte A) Bei Stichotricha sind diese Wimpern sehr lang und fein, und eigenthümlicher- weise nür auf der Vorderhälfte des linken und dem vordersten Stück des rech- ten Seitenrandes befestigt, was auch Claparede von seiner Gattung Stichochaeta angiebt. Die adoralen Wimpern dieses Thieres sollen aber nach Claparede’s Dar- stellung nach der Spitze des halsartigen Vorderkörpers zu immer kürzer werden, während ich finde, dass sie, genau wie Stein bei Stichotricha abbildet, vorn am stärksten sind. Die vorderste, rechts an der Spitze des Halses stehende adorale Wimper ist oft weit nach rechts gerichtet und gleicht daher dem spitzen Horne von Stichochaeta cornuta Clap. auffallend. Die Verwandtschaft von Stichochaeta Clap. mit Stichotricha ist somit sehr gross und es dürfte, wie Stein bereits ver- muthet, nothwendig sein beide Arten in eine Gattung zu stellen. Wahrschein- kch wird das »Horn« von Stichochaeta cornuta nur die vorderste der adoralen Wimpern gewesen sein. 387 Reihen vonRandwimpern die an der stumpfen Spitze des Schwanzesdurcheinigestarke Endwimpern miteinander verbunden sind. Es bildet diese Art offenbar ein Mittelglied zwischen den Gattungen Uroleptus und Oxytricha. Der ersteren Gattung nähert sie sich durch ih- ren ganzen Körperbau, der zweiten mehr durch ihre Bewimperung. Es wird vielleicht später nöthig sein, sie zu einer eigenen Gattung zu erhe- ben. — Ich entdeckte das Thier im Mai 1860 im Salzsee!) bei Eisleben; es trat massenhaft auf und hat sich seitdem in seinen Cysten fortwährend erhalten. Der Körper des Thieres ist gewöhnlich vor der Mitte am breitesten, nach hinten zu gleichmässig verschmälert, vorn stumpf zugerundet. Die adorale Wimperreihe hat etwa den vierten his fünften Theil der Körper- länge, das Peristomfeld ist ziemlich gross. Die Randwimpern sind sehr weit nach innen gerückt und laufen ziemlich parallel miteinander bis fast zum äussersten Ende des Schwanzes, wo einige starke Wimpern stehen, die man mit den Afterwimpern der Oxytrichen vergleichen kann. Ebenso gut kann man sie aber auch als stärkere Randwimpern ansehen. Das Thier schwimmt stetig, ziemlich schnell, in häufig wechselnder Richtung, krümmt sich heim Zurückfahren oft sehr zierlich und hat meist eine schwach röthlichbraune Färbung. — Es. wechselt bedeutend in der Grösse; ich fand Exemplare von 0,075 —0,24mm. Die Cysten sind rund, nicht gezackt und messen durchschnittlich 0,05 mm. Oxytricha”) strenua n. sp. (Taf. XXXI, Fig. 14). Körper metabolisch, lanzettlich, nach vorn stärker, nach hinten schwächer verschmälert. Die adorale Wim- 4) Die Infusorien-Fauna des Salzsees bei Eisleben, den ich im Mai 4860 besuchte, ist eine sehr reichhaltige. Sie unterscheidet sich jedoch nicht wesentlich von der unserer süssen Binnengewässer. Die von mir im Salzsee beobachteten Arten sind: Vorticella microstoma, convallaria (= nebulifera ?), Carchesium polypinum, Zoothamnium affine, Opercularia stenostoma, eine Co- thurnia der Wasserlinsen, Chilodon cucullulus, Trochilia palustris, Aspidisca lynceus und costata, Euplotes charon und patella, Stylonychia mytilus und pu- stulata, Stichotricha secunda (= Stichochaeta ?), Oxytricha pellionella, fallax, . Utroleptus agilis, Panophrys (Bursaria) flava, Pleuronema chrysalis, Cyclidium glaucoma, Glaucoma scintillans, Cinetochilum margaritaceum, Paramecium bursaria, aurelia und ambiguum, Coleps hirtus und mehrere Enchelys- u. Tri- choda-Arten. Unter den Arten der Gattung Oxytricha (zu der auch Stylonychia echinata Clap. gehört) ist es namentlich Oxytr. pellionella, die leicht mit zwei häufig in ihrer Gesellschaft vorkommenden Arten verwechselt werden kann. Die erste dieser beiden Arten, welche ich Oxytr. micans nenne, besitzt einen äusserst contractilen, biegsamen Körper und hat etwa 8—-40 feine Afterwimpern, von denen die nach rechts und hinten zu stehenden am stärksten sind. Sie gehen ohne Unterbrechung in die Randwimperreihen über. Ox. pellionella besitzt nur m —_— 388 perreihe längs des linken Seitenrandes hinziehend, und plötzlich knieförmig nachinnen gebogen. Kein deutliches Peristomfeld. Zehngriffelförmige Wimpern aufdem Stirn- feld, zweischrägeReihen borstenförmiger Wimpern, de- ren eine sichbis auf die hintere Körperhälfte fortsetzt. VierAfterwimpern. Zwei borstenförmige Endwimpern. Dies ist eine der Oxytricha affinis Stein sehr nahe verwandte Art. Sie unterscheidet sich von derselben durch die bedeutend zahlreicheren und anders geordneten Wimpern sowie durch den Besitz zweier feinen Endborsten. Zwei der vier Afterwimpern sind gewöhnlich griffelförmig umgeschlagen und man könnte sie eigentlich mit demselben Rechte als Bauchwimpern bezeichnen. Die zwei Seitenränder von Oxytr. strenua sind mit äusserst feinen, kurzen, ziemlich weitläufig stehenden steifen Wimperchen besetzt, die nur bei schräger Spiegeleinstellung klar wer- den. Wahrscheinlich stehen diese feinen Wimpern auch in mehreren Reihen auf der Rückseite. — Das Thier erreicht eine Grösse von 0,15 mm. und wurde bisher nur zwischen Wasserlinsen in einem kleinen Graben des Dorfes Leutzsch bei Leipzig gefunden. Oxytricha parallela n. sp. (Taf. XXX, Fig. 4—6.) Körper metabolisch, überall fast gleichbreit, vorn und hinten sehr stumpf zugerundet. Adorale Wimperreihe kurz, aberausserordentlich stark. Fünfgriffel-unddrei borstenförmige Stirnwimpern, fünf zerstreut stehende Bauchwimpern und ebensoviel etwas über den Hinter- rand herausragende Afterwimpern. Vier kräftige End- wimpern. Mehrere Reihen dorsal eingefügter, langer, äusserst feiner Wimpern. Erst seit August 1861 unterscheide ich diese, wie es scheint nicht gar seltene Art, die sich von allen bekannten Oxytrichen namentlich durch ihre gleichbreite Gestalt, sowie durch die vier langen Endw im- pern auffallend!) unterscheidet. — Das Thier schwimmt lebhaft, steht nur fünf sehr starke Afterwimpern und einen nur mässig contractilen Körper. Auch scheint Ox. micans einige Bauchwimpern mehr zu besitzen. Die zweite mit Oxytricha pellionella nahe verwandte Form unterscheidet sich von dieser Art dadurch, dass die feinen Rückenwimpern bei ihr sehr kurz sind, während sie bei Ox. pellionella eine bedeutende Länge erreichen. Ferner sind die beiden Randwimperreihen bei Ox. pellionella weit nach innen gerückt, bei der andern Art aber, die ich Ox. similis nenne, stehen sie dicht am Rande. Letztere besitzt auch noch zwei feine, lange Borsten am Hinterende. Die übrige Bewimperung beider Arten ist gleich. Bei Ox. similis fand ich übrigens noch nicht jene zwei fettkornartigen, am Vorder- und Hinterende gelegenen Körper, die Ox. pellionella besitzt. Das letztere Thier ist auch nach hinten und vorn gleichmässig verschmälert, während Ox. similis fast überall gleich breit ist. — Die dünnen borstenförmigen Endwimpern sind stets, wie bei Onychodromus, Stylonychia und Oxytricha auf der Rückseite des Hinterrandes befestigt. Ds — 389 bei der Theilung zeitweise still und erreicht eine Grösse von etwa 0,20 mm — Die Theilung erfolgt nach denselben Gesetzen wie bei den übrigen Oxytrichinen ; während derselben treten auch die feinen dorsalen Wim- pern neu auf. — Die Conjugationszustände von Ox. parallela sind bereits oben erwähnt worden. Neben dieser Art kommt noch zuweilen eine nach vorn und hinten etwas verschmälerte Varietät vor, die sich auch durch ein körnerloses Parenchym auszeichnet. Astylozoon nov. gen. (Taf. XXXI, Fig. 16—17). Körper contraktil, ungestielt, fast glockenförmig, mit scharf zugespitztem und nach der Rückseite geneigten Hinterende. Oberfläche glatt; ein vorstreckbares mit einer Wimperspirale besetztes Wirbelorgan; Peristom- rand wulstig verdickt. Am Hinterrande eine oder zwei starke Schnellborsten. Nucleus kurz nierenförmig. Die einzige mir bekannte Art dieser neuen Vorticellinengattung ist A. fallax n. sp. Ich entdeckte dieselbe im März 1860 an einer ruhigen Stelle des Elsterflusses bei Leipzig und erhielt sie drei Monate lang in einem Gefäss. Neben ihr kam kein einziges anderes Infusorium, nicht einmal Cyclidium glaucoma vor. Das Thier gleicht auf den ersten Blick einer von ihrem Stiel getrennten Vorticella microstoma, unterschei- det sich aber von derselben durch das gebogene zugespitzte Hinterende, das schräg nach der Rückseite ansteigende Wirbelorgan, den kleinen nierenförmigen Nucleus und die am Hinterrande eingefügten Schnellbor- sten, mittelst deren das Thier Bewegungen ausführt, die keine von ihrem Stiel losgerissene Vorticelle zu machen vermag. Es schwimmt rotirend, nicht schnell, ziemlich gerade aus mit fortwährenden Schwankungen und schnellt sich haufig mittelst der hinteren Borsten ruckweis ein Stück fort. — In der Guticula des Körpers, welche oft feine parallele Querkreise zeigt, liegen zahlreiche runde Körperchen (von etwa 0,001 mm. Grösse), die man auch bei anderen Vorticellinen, namentlich bei Vorti- cella microstoma findet. — Häufig encystirt sich das Thier und seine Cy- sten gleichen dann äusserlich vollkommen den Cysten von Vort. micro- stoma; zerdrückt man sie aber oder behandelt sie mit Essigsäure, so sieht man dass der Nucleus nicht wie bei jener Art lang hufeisenförmig, son- dern sehr kurz und nierenförtmig ist. Astylozoon erreicht eine Grösse von höchstens 0,i0 mm., die Cy- sten messen meist 0,038—0,05 mm. Carchesium aselli n. sp. (Tal. XXX, Fig. I4 -17). Körper mehr oder weniger langgestreckt, nach vorn verschmälert, der contraktileRaum zwischen Vorhofund 30 Bauchseite gelegen. Der muskelartige Stielstreif nicht voneinerSeitezur andern gewunden, sondern genaudie Längsaxe des meistsehr kräftigen Stieles einhaltend. Die Nebenäste des letzteren gewöhnlich länger als die Hauptäste. Auf den Füssen, an den Seiten und Fühlern der Wasserassel häufig. Ich fand das Thier zuerst im Oktober 1859, später wieder im Februar, April und Juli 1860 und im März 1861. Es unterscheidet sich von den bereits bekannten Carchesien sofort durch seine meist gestreckte, fast gleichbreite Form?) und die Lage des contrahirenden Stielstranges. Ueber seine Fortpflanzung durch Embryonen und die damit verbun- denen Erscheinungen ist weiter oben schon berichtet worden. — Das Thier erreicht eine Grösse von etwa 0,10 mm., kommt jedoch auch in viel xleineren Exemplaren vor. Es bildet selten Stöcke von mehr als zwölf Individuen. Meist fand ich nur solche von zwei his vier Thieren. Epistylis nympharum n. sp. (Taf. XXXI, Fig. 17—18). Körper gestreckt, nach vorn verschmälert. Schlund beinah senkrecht, fast bis zur Körpermittereichend und knieförmig nach der Bauchseite gebogen. Gontraktiler Raum zwischen VorhofundBauchseite gelegen. Nucleus lang bandförmig. AufFliegenlarven. Diese niedliche Art, welche der Epistylis digitalis am nächsten steht, fand ich in den letzten Tagen des Juli 1861 in wenig zahlreichen Stöcken auf Fliegenlarven in einem kleinen mit Wasserlinsen besetzten Teich am Brandvorwerk bei Leipzig. Sie erreicht eine Grösse von 0,15 mm. und sitzt auf ziemlich dicken Stielgerüsten. Vortreffllich liessen sich die Gestalt und innere Beschaffenheit des Vorhofes und Schlundes beobachten ; ich vermochte jedoch nicht, die adoralen Wimpern bis zum Eintritt in den Schlund zu verfolgen, sondern erkannte nur vereinzelt stehende stärkere Borsten. Dasselbe war auch bei anderen grossen Vorticellinen der Fall, namentlich bei Opereularia articulata, deren äusserst complieirten Er- nährungsapparat ich mehrere Tage lang anhaltend untersuchte. Nachträglich sei noch bemerkt, dass ich neuerdings auch den Conju- gationsprocess von Stylonychia mytilus mehrmals direct in seinem ganzen Verlaufe verfolgte. Auch bei Styl. mytilus bildet sich auf jedem der con- Jugirten Thiere ein vollkommen neues Wimpersystem und überhaupt 1) Die Körperform kann übrigens bei den Vorticellinen meist nur als ein unter- geordnetes Merkmal dienen, da sie bei vielen Arten sehr veränderlich ist, und selbst ein einzelnes Individuum in kurzer Zeit sich so tolal verändern kann, dass man eine ganz andere Art zu sehen meint. 391 stimmt der ganze Vorgang mit dem oben bei Stylonychia pustulata ge- schilderten genau überein. — Ferner erkannte ich bei Paramecium aure- lia die vier Kapseln, in welche der Nucleolus während der Conjugation zerfällt, und beobachtete conjugirte Exemplare von Paramecium bursaria, deren Kern in eine grosse Zahl kleiner kugliger Segmente zerfallen war, während der Nucleolus sich zu vier länglichen mit streifiger,, lichtbre- chender Substanz erfüllten Kapseln entwickelt hatte. Leipzig im October 1861. Erklärung der Abbildungen. Taf. XXVIII—XXXI. Vergrösserung: 32.0, Tafel XXVIIL Fig. 4. Cyelidium glaucoma Eb. in Conjugation, Fig. 2. Laerymaria elegans n.sp. — Fig. 24, Nucleus aha Nucleolus des- selben Thieres. Fig. 3. Dieselbe Art in Conjugation. Fig. 4. GCGhilodon eucullulus Ed. ir Conjugation. Fig. 5—41. Verlauf der Conjugation bei Euplotes charon Eb. ig. 5. Beginn der Conjugation. Zwei Thiere haben sich mit den linken Seiten ihrer Bauchflächen aneinandergelagert und sind theilweis miteinander ver- wachsen. Fig. 6. Spätere Entwickelungsstufe. Es bildet sich auf der hinteren Bauchfläche der conjugirten Thiere ein vollständig neues Wimpersystem. Fig. 7. Zwanzig Minuten später. Das neue Wimpersystem dehnt sich immer mehr aus. Die beiden Thiere trennen sich. (Häufig findet die Trennung jedoch erst statt, wenn beide Thiere die in Fig. 8 abgebildete Stufe erreicht haben.) Fig. 8. Zehn Minuten später. Das neue Wimpersystem hat das alte fast vollständig verdrängt. Fig. 9. Dreissig Minuten später. Die alten Wimpern sind ganz verschwunden. &, ein Theil des früheren Kernes (?). Fig, 40. Sechs Stunden später. x rückt mehr nach der Mitte des Bauchfeldes und nimmt an Umfang und Durchsichtigkeit zu. Fig. 41. Achtzehn Stunden später. & ist ganz nach vorn gerückt und nimmt den grössten Theil des gesammten Bauchfeldes ein. Letzteres wird beiderseits durch eine ununterbrochene stark vorspringende Leiste begränzt. Ebenso zieht über die Mitte des Bauchfeldes eine scharfe Rippe. Fig. 42—20. Conjugation von Stylonychia pustulata Eb. Fig. 42—14. Verschmelzungsprocess von Styl. pustulata Fig. 42. Beginn der Conjugation. Das Thier rechts hat ein anderes mittelst seiner adoralen Wimpern gepackt. a der wie bei allen Oxytrichinen stets dorsal gelegene After. Fig. 43. Eine eiwas spätere Entwickelungsstufe. Beide Körper sind bereits durch eine Brücke ihrer Körpersubstanz miteinander verbunden. Fig. 44. 392 Dieselben Thiere neun Stunden später. Beide Thiere sind bis auf die Hin- terenden miteinander verschmolzen. Fig. 15—20. Verlauf der anderen Art der Conjugation bei Styl. pustulata. Fig. 45. Fig. 16. Fig. 17. Fig. 18 a Fig. 19. Fig, 20. Fig. 21. Bei zwei blos mit den Vorderhälften ihrer Körper verschmol!zenen Thieren beginnt sich ein neues Wimpersystem zu bilden. (Vgl. dieselben Vorgänge bei Euplotes charon, Fig. 6—44.) Dieselben Thiere 4 Stunde 50 Min. später. Dieselben nach weiteren zehn Minuten. u. d. Zehn Minuten später. Beide Thiere haben sich getrennt. Eigenthümlicher Zustand der Styl. pustulata, der aus dem eben abgebilde- ten Process hervorgeht. (Vgl. Euplotes charon, Fig. 6—A1.) Dasselbe Thier 2 Stunden 25 Minuten später. Der centrale Kern hat sich getheilt. Das Thier geht allmählich wieder in die gewöhnliche Form der Stylonychia pustulata über. on Sonderbarer Zustand der Stylonychia pustulata (Diagonale Theilung?) Die Kerne beider Thiere bilden einen langen ununterbrochenen Strang. Tafel XXIX. Fıg. 1—3. Stylonychia pustulata im Encystirungsprocess. (Vgl. Stein, Organismus der Infusionsth. Taf. IX, Fig. 7, 44 u. 45.) Fig. 4—6. Conjugation (vollständige Verschmelzung) von Stylonychia histrio Fig. 4. Fig. 5. Fig. 6. Fig. Ehrenb. Beginn der Conjugation, (Vgl. Styl. pustulata, Taf. XXVIII, Fig. 12.) Dieselben Thiere sechs Stunden später. Zehn Stunden später. Beide Thiere sind zu einem einzigen Individuum verschmolzen. Der Kern ein dicker, langer Strang ; daneben drei Nucleolus. Eigenthümlicher Zustand der Stylon.histrio. Die drei Kugeln verschmelzen nach und nach zu einer einzigen grossen Kugel mit körnigem Kern. Fig. 8—12. Embryonalbildung und Entwickelung der Keimkugeln bei Stylony- Fig. 13. Big. 4% Fig. 2. Fig. 3 Fig. 4 Fig. 5 Fig. 6 Fig. 7 Fig. 8 Fig. 9 Fig. 410 u chia mytilus Eb. Cyste der Podophryafixa (Orcula Weisse) häufig im Innern der Mutter- thiere von Stylonychia mylilus angetroffen. (Vgl. Fig. 9.) Tafel XXX. Conjugationszustand von Pleurotricha lanceolata Stein. Zustand der Pleur. lanceolata der aus der einen (mit Längstheilung enden- den) Art der Conjugation hervorgeht. (Vgl. Taf. XXVIII, Fig. 6—14. u. Fig. 15—20.) I Cyste desselben Thieres. Oxytricha parallelan. sp. von der Bauchseite. Dieselbe Art von der Rückseite. Man erkennt mehrere Reihen langer und äusserst feiner Rückenwimpern. Conjugationszustand von Ox. parallela. Conjugationszustand von Oxytricha ferruginea Stein. Onychodromus grandis Stein. Ueber das Peristomfeld zieht sich ein von wulstiger Rändern eingefasster Spalt, der sich in einen Kanal foıtsetzt. Dasselbe Thier bei Besinn der Theilung. Jeder Kern besitzt eine quere Höhle. Der Spalt auf dem Peristomfeld ist lang und nach innen scharf zu- gespitzt. . 44. Verschiedene Zustände der Nucleus und Nucleolus bei Stylonychia mytilus Eb. 393 Fig. 42. Blepharisma lateritia Periy (Stein) mit Spermatozoenballen. — 42a herausgedrückte Spermatozoen. Fig. 43. Urnula Epistylidis Claparede, auf einem Stiele von Epistylis plicatilis sitzend, Pig. 44—47. Zur Entwickelungsgeschichte von Carchesium asellin. sp. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig, Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. .44. Gewöhnliche Exemplare von Carchesium aselli. .A5. Exemplar mit eben austretendem Embryo und einer grossen Embryonal- kugel. g. 16. Entwickelung der Embryonen im Innern der Embryonalkugel. .47. Stark contrahirtes Individuum, dessen herausgequollene Wimperscheibe Kugelform angenommen hat und einem selbständigen Sprössling ähnelt. „48. Zoothamnium affine Stein. Der Kern ist ist in zahlreiche kleine Kör- perchen zerfallen, die sich besonders in einem grossen conischen, an der Spitze geöffneten Auswuchs angesammelt haben. Tafel XXX. 4. Chasmatostoma reniforme n.gen.et sp. — Aa, Nucleus und Nu- cleolus desselben Thieres. (82°). 2. Conchophthirus curtus.n.sp. 3. ConechophthirusAnodontae Stein. 4. Microthorax pusillus n. gen. et sp. Von der Bauchseite. 5. Microthorax sulcatus n. sp. Von der Bauchseite. 6. Dasselbe Thier von der Rückseite. 7. Drepanostoma striatum nov. gen. et sp. - 7a Die beiden Nucleus und Nucleolus derselben Art. 8. GastrostylaSteinii nov. gen. et sp. 9. Cystenzustand desselben Thieres. 10. Pleurotricha setifera n.sp. 41 u.42. Uroleptus mobilis n. sp. Im ausgestreckten und gekrümmien Zustande. 413. Uroleptusagilis.n. sp. 44. Oxytricha strenuan.sp. 15. Astylozoon fallax nov.gen. et sp. ‚Ausgestreckt umherschwimmend. 16. Cystenzustand desselben Thieres. 17. Epistylis nympharum n. sp. Von der linken Seite gesehen. 48. Dieselbe Art von der Bauchseite gesehen. Ueber die doppelte Rhachis. Von Dr. ©. J. Eberth in Würzburg. Mit Taf. XXX. Zwei Ansichten haben sich in der letzten Zeit über die Bedeutung der Rhachis hei den Nematoden geltend gemacht; die eine fasst sie als selbstständiges Gebilde auf, einem Organ vergleichbar, welches die Dotterkörnchen producirt, die andere, von den meisten Beobachtern vertreten, betrachtet sie einfach als den centralen Theil der zur Umhül- lung der Ei- u. Samenkeime dienenden Zwischensubstanz. Dieser letzteren Anschauung gegenüber, zu der mich ebenfalls meine Untersuchungen ge- führt hatten, ist es mir interessant, über eine verhältnissmässig hohe Entwickelung der Rhachis berichten zu können, welche für einzelne Fälle wenigstens eine gewisse Selbstständigkeit der letzteren beweisen könnte. Bisher hatte man vorzugsweise bei den Weibchen der meisten Rundwürmer eine ausgebildetere Rhachis als das häufigste Vorkommen constatirt, bei den Männchen dagegen dieselbe oft vermisst, theils nur als einfachen Achsenstrang, theils als centralen Faden mit zarten seitli- chen Aesten erkannt. Im Folgenden beschreibe ich die männliche Rha- chis von Strongylus commutatus und striatus. Hier theilt sich der ein- fache Strang in zwei, und so entstehen innerhalb der Geschlechtsröhre zwei getrennte Zoe während bei den betreffenden, Weib- chen a Rhachis einfach bleibt. Der Hoden ist bei Strongylus striatus eine einfache Röhre, die in gerader Richtung von vorne nach hinten läuft. Im Anfangstheil, dessen Membran leicht verdickt ist, liegen kleine runde Kerne von 0, 00. 5mm. Fig. 7a durch wenig blässe Zwischensubstanz von Eine getrennt. Schon hier unter de man eine deutliche matte Rhachis von 0,004 mm. Dicke. Die Zwischensubstanz isolirt sich um die einzelnen Kerne zu spin- delförmigen Zellen, deren breite Basis gegen die Peripherie, deren Spitze 395 gegen das Centrum des Canals gerichtet ist und da mit der Rhachis in Verbindung steht. Diese hat auch an Stärke zugenommen; ihr Durch- messer beträgt 0,012 mm. Weiter unten theilt sich der einfache Ach- senstrang in zwei, die anfangs einander genähert verlaufen, später sich mehr von einander entfernen. Stellt man auf die Oberfläche der Ge- schlechtsröhre ein, kurz nach der Theilung der Rhachis, erkennt man bei einer gewissen Lage des Canals ein deutliches nicht unterbrochenes Pflaster, von den breiten Basalflächen der Samenzellen herrührend. Beim Senken des Focus hat man dann die beiden Rhachiden, an denen seitlich die cylindrischen Zellen aufsitzen, und geht man noch tiefer, tritt eine feine deutliche Längsspalte zwischen den beiden Achsenfäden und den von ihnen getragenen Zellen auf. Fig. 8 macht diese Verhältnisse deutlich. Man sieht hier die im Focus Hasen den Basalflächen der Zellen 5, unter diesen matt bindurchschimmernd die beiden Rhachiden «a, dären Zellenmassen wie zwei dunkle Säulen oder Stränge erscheinen, und in der Mitte eine feine helle Spalte c. Querschnitte'), welche man durch die Geschlechtsröhren gelegt, zeigen höher oben ein dunkles Centrum, den Querschnitt der Rhachis, Fig. 1a, an welchem radienartig die keilföürmigen Samenzellen sitzen, Fig. 15. Weiter abwärts erscheint statt des scheibenförmigen Gentrums ein dunkler nierenförmiger Körper, ringsum mit einer Zellenüberkleidung versehen, die ebenfalls entsprechend der grössten Concavität des letzie- ren an ihrer Oberfläche vertieft ist, Fig. 2 a, c. Später wird dieser nie- renförmige Körper schmäler und länger, und indem seine beiden Enden sich zuwenden, gekrümmter. Fig. 3. Nimmt man wieder eine Flächenansicht..einer der nächstfolgenden Partie der Geschlechtsröhre, so fällt jetzt bei gleicher Lage wie früher statt des ununterbrochenen Pflasters eine feine Längsspalte auf, die bei jeder Einstellung bleibt, ja beim Tiefergehen etwas breiter wird. Es sind hier zwei Rhachiden mit seitlichen Zellen vorhanden. Querschnitte aus dieser Gegend ergeben jetzt zwei nierenförmige Körper, deren jeder an drei Seiten Zellen trägt. Das früher einfach nierenförmige Gebilde hat sich so- nach in der Mitte gespalten, und die von Zellen freie Stelle enispricht der Spalte, Fig. 5. Fig. 4 zeigt eine solche Rhachis mit ihren Zellen. Je entfernter von der Spaltungslinie, desto kräftiger ist die Rhachis. Hat man noch kurz vor vollständiger Theilung des Achsenstrangs die Geschlechtsröhre entzwei gerissen und die Samenmasse zunı Austreten gebracht, sieht man dieselbe nicht in Form einer Säule austreten, sondern als ein Band, in welchem man zwei feine Fäden, die Längsschnitte der freien Ränder der Rhachis erkennt. — Nach abwärts findet man in der Geschlechtsröhre zwei voll- kommene rings von Zellen besetzte Rhachiden, Fig. 6. Diese allseitige 4) Für diese benutze ich etwa 48 Stunden in doppelt chromsaurer Kalilösung er- härtete Präparate. Zeitschr. f. wissensch. Zoologie. XI. Bd. 26 396 Zellenbildung entstand wahrscheinlich se, dass einerseits an der Stelle, an welcher zuerst die Atrophie der Rhachis erfolgte, — an der Trennungs- linie, hier auch später noch, — der Strang schneller schwindet, und an- derseits auch dadurch, dass die jetzt in die Breite wachsenden Samen- zellen durch Druck mehr auf die schmale, freie Seite der Rhachis ge- schoben werden. Die doppelte Rhachis entsteht demnach aus einer einfachen cyvlindrischen durch Abplattung und Umbil- dungin eine Rinne, welche dann an ihrer stärksten Wöl- bung sich spaltet. Die Eniwickelung der Samenzellen bietet nichts Neues dar. Zuerst Schwund des Kerns d, Auftreten eines neuen, e, Kerntheilung f, 9, A, Umgebung der Kerne mit Zelleninhalt z, Freiwerden der Tochterzellen %, und schliesslich Homogenisirung und Verkleinerung der Zoospermien |. Reif sind dieselben polygonale oder rundliche glänzende Körperchen, mit deutlichem Nucleolus; der Kern ist nicht mehr sichtbar. Ich verweise auf Fig. 7, welche die verschiedenen Entwicklungsstufen darstellt. Dieselben Verhältnisse ergaben sich bei Strongylus commutatus. Bis jetzt scheint die doppelte Rhachis nur einzelnen Strongylen ei- genthümlich. Ich fand sie nicht bei Strongylus tenuis, Claparede erwähnt nichts von ihr bei Strongylus aurieularis. Bei einer grossen Zahl der übrigen Nematoden haben weder Andere noch ich etwas Aehnliches ge- funden. Würzburg im October 1861. Erklärung der Abbildungen. Taf. XXI. Sämmtliche Figuren sind nach Präparaten von Strongylus striatus gezeichnet. Fig. 4—8 exclusive 7 bei 200, Fig. 7 bei 300 f. Vergrösserung. Die Buchstabenbe- zeichnung ist für die 6 ersten Figuren u. Fig. 8 gleich. Fig. 1. Querschnitt der Geschlechtsröhre. a Rhachis, b die pyramidenförmigen Sa- menzellen. Fig. 2. ce Die Längsfurche der Zellensäule. Fig. 3. Weiteres Stadium. Fig. 4. Die eine Rhachis mit ihren Zellen isolirt, von der Theilungsstelle. Fig. 5. Querschnitt der Geschlechtsröhre nach Theilung der Rhachis, in e die Rha- chis schwächer. Fig. 6. Ansicht der Geschlechtsröhre nach erfolgter Spaltung der Rhachis. Fig. 7. Entwickelung der Samenzellen. Man vergleiche die Beschreibung. Fig. 8. Flächenansicht der Geschlechtsröhre vor der Theilung. 5 Die Samenzellen im Querschnitt. c Die tiefer liegende Spalte durchscheinend. Deber die Psorospermienschläuche der Cephalopoden. Von Dr. €. J. Eberth in Würzburg. Mit Tafel XXX. Während der Monate Juni und Juli 1864 habe ich in Nizza wieder- holt bei Octopus und Sepia vulgaris eingekapselte Gregarinen und ihre Psorospermien beobachtet, die, wie ich von verschiedenen Üollegen hörte, schon von Anderen gesehen, aber noch nie ausführlicher geschil- dert wurden. Nur in Lieberkühn’s Untersuchungen (Müller’s Archiv 1854, S. 367) finde ich dieselben zuerst erwähnt, wo es heisst: »Bei den Se- pien kommen einzelne kuglige Gregarinen vor, auf deren Oberfläche be- reits Pseudonavicellen abgelagert sind.« Auch in seiner Preisschrift geht Lieberkühn nur wenig auf die einzelnen Verhältnisse ein, und es mag darum nicht überflüssig sein die Details weiter auszuführen. Unter der äusseren Haut, in der Muskulatur des Körpers, wie der Arme, unter der Serosa des Darms, der Geschlechtsorgane, in den Venen- körpern, in der Darmschleimhaut lagen 0,125 —/4 mm. und darüber grosse weisse oder grauliche runde Körner. Bei jüngeren Octopoden von 1%," Körperlänge war ihre Zahl geringer, hei grösseren besonders im Darm oft sehr beträchtlich, so dass mitunter auf Entfernungen von 1 DJ Centimeter ein Korn an das andere stiess. Die einfachsten dieser Bildungen ergaben sich als 0,125 mm. —/ mm. grosse rundliche oder längliche, öfters in der Mitte bisquitförmig einge- schnürte Zellen, von einer structurlosen Membran begrenzt, welche einen feinkörnigen matten Inhalt, einen grossen blassen Kern und in diesem ein, seltiner 2 oder 4 von einer starken doppelt conturirten Membran um- gebene Nucleoli enthalten, Fig. 9. Die Grösse des Kerns und des Nucleo- lus wächst mit der Grösse der Zelle. Bei Zellen von °%/, mm. beträgt der Durchmesser des Kerns 0,25, des Nucleolus 0,14, und der Membran des letzteren 0,015. Der Zelleninhalt liegt der äusseren Hülle bald dichtan, bald existirt zwischen beiden eine Lücke, und in diesem Falle erkennt man 26” 398 die körnige Masse nach aussen von einer feinen Contour begrenzt, die, wie ich einigemal bei grösseren Zellen von etwa {1 mm. sah, von einer zarten Membran herrührt; diese war an einer Stelle geborsten und der Inhalt ausgetreten. Ich muss demnach die Angabe Leidys von dem Vor- handensein einer zarten Membran unter der äusseren Hülle, was auch Leuckart bestätigt, für einzelne Fälle gelten lassen. Die weitere Entwickelung dieser Gregarinen erfolgte ohne voraufge- gangene Conjugation; der Kern schwand, der körnige Inhalt ballte sich zu kleinen Kugeln zusammen, die sich dann mit einer Membran umga- ben, Fig. i, später heller wurden, während sich ihre Hülle zugleich ver- dichtete, Fig. 3, und so die eigentlichen Psorospermien darstellten. Dane- ben fanden sich noch andere Formen. Dies waren 1) Zellen von 0,15 mm. ohne Kern, aus blassen 0,003—0,004 mm. grossen Körnchen bestehend, Fig. 8. 2) Zwei in einer gemeinsamen Bindegewebskapsel eingeschlossene von deutlicher Membran umgebene Zellen, von denen die eine grössere aus dunkeln feinen Körnchen und einem deutlichen Kern bestand, die andere kleinere, kernlose nur blasse 0,003 mm. grosse Körnchen ent- hielt, Fig. 6. Diese constante Differenz in Grösse und Inhalt beider Zel- len brachte mich auf die Vermuthung, ob hier nicht zwei gemeinsam eingekapselte, verschiedene Gregarinenarten vorlägen. Hierüber existi- ren noch keine weiteren Beobachtungen und a priori lässt sich nichts dagegen sagen. Ich möchte aber trotzdem dieser Annahme nicht so leicht folgen, als andere Thatsachen die Objecte vollkommen erklären, da ja öfters einzelne Theile einer Gregarine sich abschnüren; wie dieses Schmidt von Monocystis agilis beobachtete, wo die eine nicht abge- schnürte Partie noch den Kern enthielt. Ferner fanden sich 3. Gysten von structurloser doppelt conturirter Membran umgeben, mit % aus 0,003—4 mm. grossen hellen Bläschen bestehenden Haufen, Letztere besitzen weder einen Kern, noch eine besondere Hülle, Fig. 5. 4. Aus einem Kern, gröberen und feineren Körnchen bestehende, an ihrer Oberfläche von feinen Haaren dicht bekleidete Zellen in einer structurlosen feinen Hülle, Fig. 7. 5. Vier rundliche Haufen, von einer gemeinsamen Membran um- schlossen, jeder mit deutlichem Kern, um den etwa 0,040—012 mm. grosse runde Körner liegen, welche zunächst dem Centrum dunkler und trüber, an der Oberfläche hell und glänzend sind, so dass die peripher- sten als helle Einfassung sich besonders markiren. Die einzelnen Haufen haben keine membranöse Begrenzung, Fig. 4. Die Körner, welche sie zusammensetzen, bestehen aus einer äussern doppelt conturirten Mem- bran und einem feinkörnigen, wie mir schien von einer zarten Hülle um- gebenen Inhalt ohne deutlichen Kern. 6. Zellen, welche mehrere durch wenig körnige Zwischensubstanz getrennte 0,05 mm. grosse Kerne enthalten, Fig. 2. 399 Bewegung wurde weder an den Gregarinen noch ihren Psorosper- mien beobachtet. Von letzteren habe ich mehrere Formen unterschieden. 1. Runde 0,015—0,025 mm. grosse Körper aus einem feinkörnigen Inhalt mit Kern und einer zarten Membran bestehend, dann solche mit einer zweiten äusseren stärkeren doppelt conturirten Schale, mit etwas hellerem Inhalt und drei- oder vierfachem Kern, Fig. 11 o. 2. Kugeln von 0,025 mm. Grösse mit zarter Membran und dunkelm körnigen Inhalt, Fig. I1 a, solche mit einer festeren äusseren Schale, die an einer Stelle einen kleinen mikropylenartigen Aufsatz trägt mit deut- lichem ein- oder zweifachem Kern, Fig. I1 c, d. Andere mit einla- chem Kern enthielten neben diesem wie es mir schien noch zusammen- gerollte Fäden, Fig. I1e, f, g. .Die feineren Verhältnisse dieser liessen sich bei der mir zu Gebote stehenden nur 300fachen Vergrösserung nicht genau ermitteln. Hatte Seewasser etwa */, Stunde auf diese Körper ein- gewirkt, so hob sich von der Schale noch eine feine äussere Hülle ab, Fig. 11 a, b, c. Etwas grössere Psorospermien von derselben Gestalt hatten neben dem einfachen Kern und diesen Fäden noch eine kleine Körn- chenkugel, Fig. 11 h. Ihre äussere Schale war durch feine punktför- mige Unebenheiten ausgezeichnet. | Kaltes Kali zerstört nur nach längerer Einwirkung den Inhalt, die Schale wird selbst durch wiederholtes Kochen in Kali nicht gelöst. Bei Druck bersten sie in zwei Hälften auseinander, Fig. fi. 3. 0,020 mm. grosse runde Psorospermien aus feinkörnigem Inhalt, einfachem Kern und einer Körnchenkugel bestehend, umschlossen von einer feineren inneren und einer derberen äusseren Hülle, Fig. 11 /, m. 4. Eben so grosse Körper von derselben Beschaffenheit, denen nur die Körnchenkugel fehlte. Durch Wasserverdunstung liess sich an ihrer äusseren Schale eine grubige Vertiefung erzeugen, Fig. In. 5. Etwas kleinere Psorospermien mit deutlichem Nucleolus und ohne die Fähigkeit durch Wasserverdunstung in der vorigen Weise sich zu verändern, sonst von denselben Verhältnissen, Fig. I1k. Durch Druck konnte ich wohl oft die äussere Umhüllung der Pso- rospermien zum Bersten und den Inhalt zum Austreten bringen, nie aber war ich im Stande an demselben eine besondere Bewegung wahr- zunehmen. Würzburg im October 1861. 400 Erklärung der Abbildungen. Taf. XXXIII. Gregarinen und Psorospermien aus Octopus und Sepia vulgaris. Fig. 4—-10 bei 300facher Vergrösserung gezeichnet, Fig. 11 bei 350facher, Fig. 11 f, g Fig. A. Fig. 2. Fig. 3. bei etwa 4000facher Vergrösserung gezeichnet. Cyste mit in der Entwickelung begriffenen Psorospermien. Cyste mit grossen in körniger Substanz eingelagerten Kernen. Cyste mit reifen Psorospermien. Fig. 4 u. 5. Cysten mit vier grösseren, aus kleinen helleren Körnern bestehenden Fig. 6. Fig. 7 Fig. 8 Fig. 9 Fig. 10. Fig. 11. Klumpen. Eine körnige Kugel ohne Kern mit einer einkörnigen Gregarine in einer ge- .,® « .. meinsamen Bindegewebshülle. . Mit Haaren besetzte Gregarine umgeben von structurloser Hülle. . Aus grösseren Körnchen bestehende Cyste. . Eine einzellige Gregarine, der Inhalt b von der äusseren Membran a abgeho- ben, c Kern, d Nucleolus. Eine bisquitförmige Gregarine. Psorospermien, a jüngere Form, a4 u. bältere, von der äusseren Kapsel hat sich eine zarte Memhran abgehoben. c, d dieselben in anderer Lage mit dem mikropylenartigen Aufsatz. Bei d doppelter Kern, e entwickeltere Form mit Kern und den zusammengerollten Fäden, bei f u. g stärker vergrössert. h Psorosperm neben den Fäden und dem Kern eine körnige Kugel enthal- tend, iein solches geborsten. k Kleinere Psorospermien mit Nucleolus. l, m Psorospermien neben dem Kern einen körnigen Klumpen enthaltend. n ein ursprünglich rundes Psorosperm durch Wasserverdunstung ver- ändert. o Psorospermien mit 4,3,4 Kernen. Ueber Halicryptus spinulosus (v. Sieb.) Von E. Ehlers, Dr. med. in Göttingen. Mit Tafel XXXIV. Unter dem Namen Halicryptus spinulosus hatte v. Siebold einen von ihm in der Ostsee aufgefundenen Wurm, offenbar aus der Ord- nung der Gephyreen beschrieben, der, wie es scheint, seit jener Zeit nur höchst selten wiedergesehen und nur sehr wenig in den Sammlun- gen verbreitet ist. — Da aus der kurzen Beschreibung, welche der Ent- decker dieses interessanten Thieres der deutschen Fauna an einem lei-- der wenig zugänglichen Orte!) gab, hervorging, dass hier ein naher Verwandter der Gattung Priapulus zu erwarten sei; so war es wün- schenswerth im Anschluss an die Untersuchung des Priapulus?) die Ana- tomie auch dieses Wurmes näher kennen zu lernen, um seine Stellung zu den verwandten Formen bestimmen zu können. Durch das freundlichste Entgegenkommen des Herrn Prof. v. Sie- bold, der das in seinem Besitz befindliche Material mir bereitwilligst während eines Aufenthalts in München hergab, konnte ich diese Arbeit unternehmen, die dadurch eine wesentliche Vervollständigung erhielt, dass Herr v. Siebold mir schriftliche, in jenem kurzen Aufsatze nicht mit aufgenommene Notizen über einige Verhältnisse, die mit Erfolg nur aın lebenden Thiere zu beobachten sind, zur Benutzung überliess. So weit ich diese im Folgenden verwerthet habe, sind sie durch ein hinzugesetz- tes S. bezeichnet. Das gesammte Material bestand aus fünf zum Theil ganz unversehr- ten Exemplaren, und einer Anzahl Stücke und Ueberreste von jener 4) €. Th. E. v. Siebold, Beiträge zur Fauna Preussens in Neue Preussische Provin- zialblätter herausgegeben von Dr. A. Hagen. Bd. VII (XLi), Heft 3. Königsberg 41849, pag. 184,485. Note. 2) cfr. meinen Aufsatz Ueber die Gattung Priapulus. Zeitschr. f. wissenschaftliche Zoologie. Bd. Xl, Heft 3. 402 ersten durch Herrn v. Stebold angestellten Untersuchung. Da also die äusserste Sparsamkeit bei der Verwendung des Materials geboten war, so lag es gleich in meinem Plane nicht eingehender die histologischen Verhältnisse zu untersuchen, um so mehr, da es fraglich war, mit wel- chem Erfolge sich dieses an den Stücken, die jetzt seit 25 Jahren in Spi- ritus aufbewahrt waren, würde machen lassen. So weit ich aber den feineren Structurverbältnissen meine Aufmerksamkeit schenkte, zeigte sich nirgends eine wesentliche Differenz von denjenigen, wie ich sie bei Priapulus caudatus (Zam.) dargestellt habe; es wird daher nur nöthig sein, diese Verhältnisse in aller Kürze zu berücksichtigen. Allgemeine Beschreibung. Der Körper des Halicryptus spinu- losus (v. Sieb.) (Fig.1) hat eine rein cylindrische Form mit gleichmässig abgerundetem Vorder- und Hinterende. Die Grössenverhältnisse der Dicke und Länge schwanken insofern, als das Thier im Stande ist sich auszudebnen und zusammenzuziehen; durchschnittlich ist die Länge fünfmal so gross als die Dicke. An den unversehrten Exemplaren ergaben die Messungen folgende Resultate: ganze Länge: 31 mm., 27 mm., 12 mm., 35 mm., 17 mm., grösste Dicke: 6 mm.,.. 6 mm., 3 mm.,.5,5 mm.,:4 mm. Auf dem vorderen abgerundeten Ende steht von einem kleinen Walle umgeben die Mundöffnung, in welcher man fünf im Umkreise stehende braune hornige Zähne sieht, deren Spitzen nach innen und hinten gerichtet sind (Fig. 2). — Das hintere Leibesende trägt auf der Spitze der Abrundung den After, weichen man noch mit unbewafinetem Auge als eine nicht ganz runde Oeffnung erkannte. Jederseits neben ihm steht eine äusserst feine punktförmige Oeffnung, die nur mit der Loupe wahr- genommen werden konnte, und zwar am besten wenn man diesen Theil der Körperwand herausgeschnitten hatte und zwischen zwei Glasplatten presste. Diese beiden Oeffnungen sind die Mündungen der Ge- schlechtsdrüsen. Die ganze Oberfläche des Körpers ist bis auf eine kurze Strecke anı Vordertheile von flachen Ringfurchen umgeben, welche auf ihr ebenso viel schmale Körperringe bilden. Ihre Zahl scheint nicht constant zu sein; ich zählte deren 90—100. Die Breite der einzelnen Ringe war verschie- den, am bedeutendsten aber immer in der Mitte des Körpers. So weit die Ringfurchung geht, ist die ganze Oherfläche mit feinen Spitzchen dicht bedeckt und erscheint dadurch rauh. — Die nicht von Ringfurchen be- deckte Strecke am Vordertheile des Körpers, deren Länge an dem gröss- ten Exemplare 3 mm. betrug, hat 25 untereinander und zur Längsaxe des Körpers parallel verlaufende Rippen, die von kleinen, in einer Reihe hintereinander stehenden zugespitzten Erhabenheiten gebildet werden (Fig. 2). Das ziemlich scharf abgeschnittene Aufhören dieser Rippen bildet die einzige Grenze gegen den übrigen Körpertheil, der durch keine weitere Einschnürung davon getrennt ist. 403 Auf der einen Seite der Körperfläche, welche als Bauchseite an- zusehen ist, schimmert durch die äusserste Hautdecke eine weisse Linie durch, die der ganzen Länge des Thieres nach vom Alter bis zum Munde zu verfolgen ist. Diese Linie wird von den: unter der Haut liegenden Nervensystem gebildet. Die Farbe der in Weingeist aufbewahrten Thiere war eine gelblich graue mit geringem Glanze; an einigen Stellen erschien die Haut etwas durchsichtig. Im Leben war die Farbe des Thieres mehr röthlich gewe- sen (S.). Vergleicht man diese äusseren Formen des Halicryptus mit denen von Priapulus, so ergiebt sich zwischen beiden eine grosse Aehnlichkeit. Man denke sich vom Priapulus den Kiemenanhang fort, so hat man fast das- selbe Bild, welches ein vergrösserter Halicryptus darbieten würde. Der vordere Rippen tragende kurze Theil des Halicryptus ist oflenbar dem Rüssel des Priapulus analog; dass dieser Theil nicht durch eine Ein- schnürung vom übrigen Körper abgesetzt ist, ist unwesentlich, denn auch bei Priapulus scheint die Grenze zwischen Rüssel und Stamm bis- weilen verwischt werden zu können. Der übrige Theil des Körpers mit dem endständigen After und den Genitalöffnungen, so wie das unter der äusseren Haut liegende Nervensystem erinnert an den Stamm des Pria- pulus. Selbst in der Farbe findet sich eine Uebereinstimmung, da von den Beobachtern, welche Priapulus im Leben sahen, dessen Farbe röth- lich oder fleischfarben genannt wird. — Allein sehen wir von dem Feh- len eines Kiemenanhanges ab, so ergiebt sich als ein wesentlicher Unter- schied, wodurch sich Halicryptus nicht nur vom Priapulus, sondern auch von dem sonst nicht fern stehenden Sipunculus unterscheidet, dass dem Halieryptus ein Porus fehlt, welcher bei den genannten Thieren einen Zutritt in das Innere der Leibeshöhle gestattet. Mir wenigstens ist es trotz aller Mühe nicht gelungen, eine solche Oeffnung aufzufinden. Viel- leicht ist ein späterer Untersucher, dem grössere Exemplare zu Gebote steben, glücklicher als ich, und weist auch hier den meist schwer aufzu- findenden Porus nach. Die Körperwandungen, deren Aeusseres so eben beschrieben wurde, umschliessen eine gemeinschaftliche Höhle, durch welche, von Leibes- flüssigkeit rings umspült, sich vom Mund bis zum After das Verdau- ungsrohr hinzieht (Fig. 3), einzig an den nach aussen führenden ge- nannten Oeffnungen an die Körperwand angeheftet. — Den Anfang des Darmtractus macht am Munde ein kurzer fleischiger Schlundkopf (Fig. 3 J'), an welchen sich ein etwa viermal so langer Mitteldarm (Fig. 3 J?) anschliesst. Den Schluss des Nahrungsrohres bildet der En.d- darm (Fig. 3 J?), welcher die Länge des Schlundkopfes nicht viel über- trifft, und am After nach aussen mündet. So weit stimmt schon in der äusseren Form der Darmcanal völlig mit dem des Priapulus caudatus 40% überein; nur fehlen bei Halieryptus jene Muskelfaden , welche sich am Mitteldarme des Priapulus hinziehen. | Rings um den Schlundkopf inseriren sich auf der inneren Fläche des Hautschlauches zehn platte und schmale Muskelbänder (Fig. 3. R), die ungefähr auf der Grenze zwischen dem ersten und zweiten Drittel der Körperlänge des Thieres von der Leibeswand ihren Ursprung nehmen. Sie entsprechen offenbar den Retractoren des Rüssels, welche im Pria- pulus einen gleichen Ursprung und Ansatz haben ; und werden dazu be- stimmt sein, das vordere Körperende des Thieres einzuziehen. Solche Einziehungen hat v. Siebold am lebenden Thiere in der That beobachtet. Dadurch erhält die Ansicht, dass der kurze Rippen tragende Theil am Vorderende des Thieres das Analogon eines Rüssels sei, noch mehr Be- . rechtigung. Zu jeder Seite des Darms flottirt in der Leibeshöhle eine fast durch die ganze Körperhöhle sich erstreckende verästelte Geschlechtsdrüse (Fig. 3 G), welche mit ihrem Ausführungsgange neben dem After befe- stigt ist, und ihre Producte durch die winzig kleinen Genitalöffnungen nach aussen führt. Die Körperwandung. Eine nähere Untersuchung der allgemei- nen Körperwandung ergab, dass auch hier wie beim Priapulus eine äus- sere Hautdecke, aus Chitin und der Subcuticularschicht bestehend, und eine mit dieser innig verbundene Muskulatur zu unterscheiden sei, letz- tere ebenfalls aus äusseren Ring- und inneren Längsmuskelbündeln ge- bildet. Bei einem Exemplare von 17 mm. Länge, wo die Gesammtdicke der Körperwand 0,4 mm. betrug, vertheilte sich dieses auf die einzelnen Theile des Ganzen so, dass die äussere Chitinhülle 0,144 mm., die Sub- cuticularschicht 0,037 mm., die Ringsmuskulatur 0,148—0,185 mm., und die Längsmuskeln 0,144—0,148 mm. dick waren. Uns interessiren hier vor allem die verschiedenen Formen der Her- vorragungen und Spitzen, welche auf der Oberfläche der Haut von der Chitincuticula und der Subeuticularschicht gebildet werden. — In grosser Zahl und ohne regelmässige Anordnung stehen auf dem ganzen Körper, mit Ausnahme des vorderen gerippten Theiles, kleine scharfe Spitzen, und geben dem ganzen Thiere das stachliche rauhe Ansehen. An einem solchen Spitzchen (Fig. 7), dessen ganze Länge 0,1944 mm. betrug, liessen sich zwei Abschnitte unterscheiden. Kegelförmig erhob sich die Spitze von einer 0,0756 mm. breiten Basis, und verjüngte sich gleich- mässig und allmählig bis etwa auf die Hälfte ihrer Länge, wo sie auf ein Drittel des Durchmessers, den sie an der Basis hatte, reducirt war. Hier erfolgte dann eine plötzliche Verengerung, und die zweite Hälfte der Spitze bestand nun äus einer feinen, fast haarförmigen Fortsetzung, welche sich bis zu ihrem Ende nur noch wenig verdünnte. Der untere Theil der gan- zen Spitze hatte deutlich eine centrale Höhle, die sich auch in die zweite dünne Hälfte bineinerstreckte; ob aber das Ende der Spitze durchbohrt 405 war, konnte mit völliger Bestimmtheit nicht entschieden werden. So war die Bildung der allermeisten Spitzchen. — Daneben kam eine viel selte- nere zweite Form vor, welche vielleicht nur eine Modification der eben beschriebenen ist. In diesem Falle erhob sich von der Chitindecke eine ebenfalls kegelförmige Spitze, die aber ungefähr in der Höhe, wo die erst beschriebene Form sich plötzlich verdünnt, scharf abgeschnitten endet. Dieses abgestumpfte Kegelchen ist deutlich hohl, und es ragt aus dieser Höhle nun mehr oder weniger weit eine feine Spitze heraus, die der zweiten Hälfte des oben beschriebenen Spitzchens fast völlig gleich sieht. — Man könnte sich denken, es seien beide Formen in der That die glei- chen Gebilde, wo dann, angenommen die am häufigsten vorkommende Form sei die ursprüngliche, die zweite aus dieser ersten dadurch her- vorgegangen sei, dass das haarförmige Ende in den basalen weiteren Theil ein Stück weit hineingeschoben wäre. Will man aber die zweite Form als die ursprüngliche nehmen, so würde durch ein völliges Heraus- treten der Endspitze die andere Form entstehen. Die Beobachtung eines lebenden Thieres wird diese Frage bald entscheiden, und bestimmen, oh beide Spitzen wesentlich unterschieden sind oder nicht. Dabei würde darauf zu achten sein, ob etwaige Einziehungen oder Ausstülpungen an diesen Spitzen vorkommen, und ob solche vielleicht noch durch die Mus- kulatur der Körperwand bedingt werden. Es wäre denkbar, dass durch diese Spitzen in irgend einer Weise ein Austausch zwischen der Lei- besflüssigkeit und dem Seewasser stattfände. Der vordere Theil des Körpers, den ich als Rüssel bezeichnet habe, erhält sein charakteristisches Ansehen durch’ eigenthümliche Hervorra- gungen der Hautdecke; denn diese sind so in längslaufenden Reihen hin- tereinander gestellt, dass sie die Rippen bilden, welche diesem Theile eine eigene Bedeutung verleihen. — In ihrer vollkommensten Ausbil- dung (Fig. 4) sind diese aus dem Chitin bestehenden Hervorragungen platte Körper, die mit einer breiten Basis auf der Oberfläche aufsitzen, und mehr oder weniger regelmässig mit graden oder ausgebogenen Kan- ten ein Dreieck hilden, dessen Spitze nach dem Leibesende des Thieres hingerichtet ist. Der eigentliche Körper der Hervorragung scheint solide zu sein, und ist glatt und glänzend. In ihm steckt auf der freien Spitze ein Körper, dessen Gestalt sich bisweilen annähernd mit der eines Back- zahns vergleichen liesse, aber dabei sehr wechselt. Die meist zweizinkige Spitze dieses Körpers ragt frei nach aussen, während der übrige Theil in dem Chitingebilde steckt, und sich von diesem durch die dunklere Färbung und stärkeren Glanz unterscheidet. Es war dieser zahnförmige Körper stets ganz solide, nur schienen kleine Spalten und Lücken in der Masse, aus welcher er bestand, nicht selten zu sein. Wahrscheinlich war es, dass diese Masse ebenfalls Chitin sei, welches hier nur im dich- teren und festeren Zustande auftritt. Da diese Körper wohl an die Kalk- gebilde aus der Haut der Holothurien erinnern konnten, so lag der Ge- 406 lanke nahe, es möchte das Chitin hier Kalk aufgenommen haben; dieser konnte aber auf keine Weise nachgewiesen werden. — Wie die Spitze der die Rippen bildenden Hervorragungen durch diesen Zahn ausgezeich- net ist, so fällt auf ihren freien Kanten, wenn sie genau im Focus des Mikroskopes stehen, ein ziemlich breiter, glasartig heller Saum in die Augen, der die äusserste Grenze der Hervorragung bildet, und hier un- regelmässig scharf ausgezackt ist. Von dem Grunde zwischen zwei Zacken sieht man meist eine feine Linie gegen den Körper der Hervorra- gung hinlaufen, so dass der ganze helle Saum ein pallisadenähnliches Ansehen bekommt. Dieser helle Raum wird von einem Stoffe gebildet, der die ganze Oberfläche der Hervorragung überzieht, dabei so klar und durchsichtig ist, dass er nur an den Rändern, wo er in seiner ganzen ‚Dicke frei liegt, erkannt wird. Die Auszackungen an der Kante sind der Ausdruck einer unebenen Oberfläche, die staffelförmig gegen die Spitze hin eingeschnitten ist. — Noch bleibt zu erwähnen, dass in einzelnen Fällen in der Masse der Hervorragung hinter den, zahnförmigen Körper kleine, starkglänzende Kügelchen lagen, die wahrscheinlich Fettkörnchen waren. — Die Höhe einer ganzen solchen Hervorragung betrug 0,1406— 0,1554 mm., die Breite an der Basis 0,185—0,1998 mm.; der in der Spitze steckende zahnflörmige Körper hatte eine Länge von 0,0629— 0,07% mm. bei einer Breite von 0,037 mm. Die Höhe des gezackten Randes, damit die Mächtigkeit dieser Umfangsschicht, war 0,0222 — 0,296 mm. So ausgebildet fanden sich diese Hervorragungen nur auf der Mitte der Rippe; weiterhin gegen das Ende des Rüssels erschienen sie elwas ' abweichend geformt, und liessen zuletzt einen Uebergang zu den Spitzen auf der Oberfläche des übrigen Körpers erkennen (Fig. 5, 6). — Zuerst war der zahnförmige Körper auf der Spitze der Hervorragung verschwun- den; dann erschien an seiner Stelle wohl ein kegelförmiger, oben stumpf abgerundeter Körper, welcher aus der Tiefe der Hervorragung hervortre- tend deren Spitze meist nur wenig überragte. Dabei war die helle Um- fangsschicht mit dem ausgezackten Rande noch vorhanden (Fig. 5). — In noch anderen Zuständen war auch diese geschwunden; die Hervorra- gung war jetzt ein stumpfer, oben abgestutzter Kegel geworden, aus des- sen Mitte ein zweiter kegelförmiger Körper ebenfalls abgestutzt hervor- ragte (Fig. 6); diese Form erinnert dann ganz an jene beschriebene zweite Form der Chitinspitzen vom Körper des Thieres. Auf der kurzen Strecke, welche zwischen der Mundöffnung und dem vorderen Ende der Rippen liegt, war die Chitinhaut unregelmässig mit kleinen rundlichen Warzen besetzt, die eine rauhe Oberfläche hat- ten und, wie es schien, an der Spitze eine Oeffnung trugen. Die übrige Chitinoberfläche ist vom Munde ab über den ganzen Rip- pen tragenden Theil hin mit Leistchen ausgestattet, die aber sehr unre- gelmässig und kraus verlaufen. Auf der weiteren Körperoberfläche fehlen 407 solche Leistchen allerdings auch nicht; allein sie sind hier bedeutend feiner, und im Allgemeinen so gestellt, dass sie ein unregelmässiges Ma- schenwerk bilden. Von der Muskulatur, welche innen auf dem Hautschlauche liegt, ist nur zu bemerken, dass sie durch die ganze Länge des Thieres die gleiche ist; also darin ein Unterschied von Priapulus hervortritt, bei dem Rüssel und Schwanz eine ausgezeichnete Längsmuskulatur erhalten. — Die Ringmuskulatur ist im Halieryptus in Bündeln zusammengefasst, und giebt dadurch Veranlassung, dass auf der Körperoberfläche die erwähnte Ringfurchung entsteht; die longitudinalen Muskelfasern sind aber nicht zu gesonderten Streifen vereinigt, sondern bilden eine gleichmässige Schicht. Ueber die Retractoren des Rüssels ist dem Gesagten nichts mehr hinzuzufügen. Die Leibesflüssigkeit. Ich musste darauf verzichten, den In- halt der Leibeshöhle zu untersuchen; da dieser so verändert war, dass sich nichts Bestimmtes darin erkennen liess. — Dass hier aber ganz ähn- liche Verhältnisse wie bei Sipunculus und Priapulus stattfinden, geht aus den Aufzeichnungen hervor, die Herr v. Siebold über diese Flüssigkeit aus der Leibeshöhle lebender Thiere gemacht hat. Danach war das In- nere des Körpers von einer milchigen oder schmutzig röthlichen Flüssig- keit gefüllt, in welcher zahlreiche Körper schwammen, die allem An- scheine nach mit den Blutkörpern , wie sie in der Leibesflüssigkeit des Priapulus vorkommen, übereinstimmten, und als freie kernhaltige Zellen zu bezeichnen sind. — Da ein Gefässsystem nirgends auch nur andeu- tungsweise zu finden war, so schliesst sich Halieryptus derjenigen Ab- theilung der Gephyreen an, die durch den Mangel eines Gefässsystemes und durch eine frei in der Leibeshöhle befindliche Flüssigkeit gemeinsam charakterisirt sind. Der Verdauungsstractus. Wenn irgendwo die nahe Zusam- mengehörigkeit des Priapulus und Halicryptus schlagend hervortritt, so ist das im Bau des Verdauungstractus der Fall; denn wenn man von dem Fehlen des Muskelfaden absieht, der bei Priapulus den Mitteldarm begleitet, so ist der Darm des Halicryptus fast bis ins kleinste Detail dem des Priapulus ähnlich. Den vordersten Abschnitt des im Allgemeinen eylindrischen Darm- rohres bildet der Schlundkopf (Fig. 3 J'), der nicht ganz ein Viertel der Gesammtlänge des Darmes ausmacht, und sich vor allem durch seine dicke muskulöse Wand und deren auf der Innenfläche sitzende Zahnbe- waflnung auszeichnet. An der Mundöffnung sieht man den innigen Zusammenhang mit dem Hautschlauch, indem dessen Chitindecke sich hier in den Schlund hin- einschlägt, und die innerste Bekleidung desselben, damit auch den Zahn- besatz bildet. 408 An seinem hinteren Ende ist der Schlundkopf durch eine deutliche Abschnürung vom Mitteldarm getrennt. Auf der äusseren Wandfläche entspringen von dessen hinterem Umfange platte Muskelbänder mit brei- tem Anfange, und inseriren sich schmal zugespitzt rings um das vordere Ende des Schlundkopfes an der Innenfläche des Hautschlauches. Sie sind völlig den Muskelbändern analog, welche am Schlundkopf des Priapulus einen gleichen Ursprung und Ansatz haben. — Die Wanddicke des Schlundkopfes wird von Muskelfasern gebildet, die theils ringförmig lau- fen, theils in radiärer Richtung von der Aussenfläche gegen die Innen- fläche ziehend mit den ersten verflochten sind. — Auf diese folgt dann auf der Subeutieularschicht liegend die Chitinhaut, welche wegen der von ihr gebildeten Zähne für uns von grossem Interesse ist. Uebereinstimmend mit der Schlundbewaffnung des Priapulus ist auch hier die ganze innere Oberfläche des Schlundkopfes in der Weise mit Zähnen besetzt, dass im Eingange die grössten stehen, die Grösse dann gegen das hintere Ende hin allmählig abnimmt, und dass in der Stellung der Zähne zu einander stets die Anordnung im Quincunx beibe- halten ist. Ferner sind alle Zähne so gerichtet, dass ihre freien Spitzen nach hinten und innen sehen; dabei ragen die Spitzen der grösseren Zähne weit mehr in das Lumen des Schlundes hinein als die im Ganzen platt aufliegenden kleineren Zähne. Die grössten Zähne (Fig. 8), wie sie je zu fünf in drei oder vier Reihen den Eingang in den Schlund umgeben, haben eine mehr oder weniger viereckige Basis. Von dieser erhebt sich dann der Körper des Zahns, wesentlich schlanker gestreckt und weniger gebogen als die glei- chen Zähne vom Priapulus, und endigt in der ziemlich scharf zugespitz- ten Hauptspitze. Auf jeder Seite dieses Zahnkörpers erheben sich von ihm zwei Nebenspitzen, welche aber nur wenig gekrümmt sind, und von der Hauptspitze weit überragt werden. Der ganze Zahn mit seinen fünf Spitzen hat ein braunes hornartiges Aussehen und eine glatte Oberfläche. Die grösste Breite an der Basis eines solchen Zahns betrug 0,27 mm., und von da bis zum Ende der Hauptspitze gemessen hatte der Zahn eine Länge von 0,55 mm. Die ersten Zahnreihen, welche von diesen grossen Zähnen gebildet werden, fallen um so mehr in die Augen, als sie etwas mit der Wand des Schlundkopfes vorgetrieben sind und frei heraustreten. Die Zahnreihen, welche auf diese im Innern des Schlundkopfes fol- gen, werden, da die einzelnen Zähne kleiner sind, von zahlreicher neben einander stehengieh Zähnen gebildet. Der dkine Zahn (Fig. 9) ragt hier init seiner Spitze noch von der Wand hervor, aber die Hauptspitze ist nicht mehr so überwiegend entwickelt als in act grössten Zähnen. Dage- gen trägt der Zahnkörper, so wie er sich von seiner breiten Basis nen auf jeder Seite vier einander ziemlich nahe stehende Nebenspitzen, von r 409 denen die der Basis zunächst abgehenden die grössten sind. Der ganze Zahn ist noch von hornartigem Ansehen, aber doch schon so klein, dass man ihn mit unbewaffnetem Auge nur eben noch als Zahn erkennt, Seine Länge betrug hier 0,354 mm., seine grösste Breite an der Basis 0,17 mm. Geht man auf Mes een Schlundwandfläche einige Zahnreihen nach hinten zurück, so nehmen die Zähne stets an ab, während die Zahl der in einer Reihe neben einander stehenden wächst. Man findet dann Reihen, in welchen die Zähne noch als einzelne Hervorragungen kenntlich sind, aber doch die eigentliche Zahnlorm bereits verloren haben. Der Zahn (Fig. 10) hat jetzt fast die Form eines Blattes bekom- men, welches auf der Kuppe einer rundlichen Hervorragung platt auf- liegt. Die Hauptspitze, wie sie noch in den Zähnen zweiter Ordnung auftrat, ist zu einer unbedeutenden Blattspitze redueirt, während die Nebenspitzen im Verhältniss zu ihr bedeutend geworden sind, und als Randzähne des Blattes erscheinen. Die Zahl der Nebenspitzen ist mei- stens vier; doch tritt nicht selten auf der einen oder anderen Seite eine überzählige Nebenspitze hinzu. Der ganze Zahn hat jetzt nicht mehr das hornarlige Ansehen, er sieht eher membranartig aus. Auf dieser Stufe maassen die Zähne in ihrer ganzen Länge 0,22 mm., in der grössten Breite 0,11 mm. Auf dem hintersten Theile der inneren Schlundoberfläche erkennt das unbewaffnete Auge keine Zähne mehr; die Oberfläche erscheint hier rauh, von dicht gestellten Körnchen besetzt. Rundliche Hervortreibungen stehen hier in der Anordnung des Quincunx dicht neben einander, und auf der Spitze jeder einzelnen liegt ein kleines dreieckiges Blättchen, dessen freie Kanten unregelmässig von einigen Zähnchen eingekerbht sind (Fig. 41). Das ist die geringste Zahnform, welche von der Eimhluri im Schlundkopf gebildet wird; die grösste Tanke eines solchen Zähnchens betrug bei der grössten Breite von 0,048 mm. nur 0,096 mm. Den Uebergang vom Schlundkopf zum Mitteldarm macht wie bei Priapulus die Invagination eines Wandstückes; und auch hier entspringen von der nach vorn gerichteten Kante der so gebildeten Falte eine Anzahl kurzer und schmaler Muskelbänder, die sich an der äusseren Fläche des Schlundkopfes anheften. Sie verhindern eine Ausgleichung dieser Ueber- gangsfalte. Der Mitteldarm (Fig. 3 J?), der bedeutendste Theil des Verdau- ungstractus, ist länger als Schlundkopf und Enddarm zusammen, doch an Dicke von beiden kaum verschieden. Seine Farbe war im Leben gelb- braun ($.). Die Wandung dieses Darmtheiles, die in dem untersuchten Exem- plare 0,037 mm. dick war, wurde aus den gleichen Elementen gebildet wie im Priapulus: eine äussere Schicht von Ring- und Längsmuskelfa- sern trug die ins Darmlumen sehende Chitindecke auf der Subeutieular- schicht. — Die Chitinhaut zeigte auf ihrer freien Oberfläche eine ganz 410 er gleiche Faltenbildung, wie sie im Mitteldarm des Priapulus vorkommt: sie war zu Falten von 0,185 mm. Höhe erhoben, die ringförmig auf der inneren Wandfläche das Lumen umgaben. Auf den Falten erschien unter starker Vergrösserung ein Besalz von einer zusammenhängenden körnigen Masse, die an den haarähnlichen Besatz erinnerte, welcher auf den Falten im Mitteldarm des Priapulus steht. Vielleicht war hier die körnige Beschaffenheit des Besatzes nur die Folge einer Veränderung, die im Laufe der Zeit in ihm vorgegan- gen war. Der Enddarm (Fig. 3 J°?), um die Hälfte kürzer als der Mittel- darm, sonst von gleicher Dicke, war durch eine ziemlich starke Ein- schnürung von diesem abgesetzt. Seine Farbe war im Leben grünlich gewesen (S.), jetzt weiss. Seine Wand, gleichfalls aus der Chitinhaut mit Längs- und Ringmuskelfasern darauf bestehend, ist dünner als die des Mitteldarmes, und auf der inneren Oberfläche durch Falten, welche ringförmig und der Länge nach verlaufen, in längliche viereckige Felder abgetheilt. Der Inhalt des ganzen Darmes bestand aus Sandkörnchen und einer dunkleu Masse, in welcher sich dieselben Körper in Menge fanden, welche ich aus dem Darm des Priapulus beschrieben und als Sporen ge- deutet habe. Doch ist das Thier kein reiner Pflanzenfresser, denn es fanden sich auch Theile animalischen Ursprungs im Darminhalt, so der Schwanztheil eines kleinen Krebses. Wahrscheinlich wird eben alles, was der Meeresgrund im Schlamm oder sonst im Boden bietet, als Nah- rung aufgenommen. | Vom Nervensystem ist nur wenig zu berichten: es besteht wie heim Priapulus aus einem Bauchstrange, der unter der Chitindecke und auf der Ringmuskulatur liegt, und aus einem den Schlundkopf an sei- nem vorderen Ende aufs engste umfassenden Schlundringe. Weder von diesem noch vom Bauchstrange konnte ich sonst Nervenfäden abtreten sehen. Es gelang mir nicht den Bauchstrang isolirt zu erhalten, um aus dem feineren Bau Gewissheit zu erhalten, dass dies das Nervensystem sei; allein gestützt auf die überall durchgehende Uebereinstimmung mit Priapulus glaube ich auch hier nicht irre zu gehen, wenn ich selbst ohne mikroskopische Untersuchung diese Gebilde für das Nervensystem 'an- spreche. Die Geschlechtsdrüsen. Halieryptus ist nach den mir vorlie- genden schriftlichen Aufzeichnungen getrennten Geschlechts, und wenn er darin mit Priapulus übereinstimmt, so weicht er doch in so weit von diesem ab, als die weiblichen und männlichen Drüsen einen sehr ähnlichen Bau haben, und sich nur durch ihren Inhalt als Hoden oder Ovarium zu erkennen geben ($.). — Unter dem Material, welches mir für die Untersuchung zu Gebote stand, befanden sich leider nur männ- EEE TEE Aal liche Thiere, weshalb ich auch nur von deren Geschlechtsdrüsen eine genauere Darstellung geben kann. Die Geschlechtsdrüse (Fig. 3 G@.) des männlichen Hali- cryptus setzt sich aus dem Ausführungsgange und dem eigentlichen Drü- senkörper zusammen. — Der Ausführungsgang ist an der jederseits neben dem After liegenden Genitalöffnung ein einfacher cylindrischer Gang, verästelt sich aber sofort in sehr reichem Maasse, und an die Enden der aus diesen Verästelungen hervorgegangenen letzten Gänge schliesst sich der eigentliche, die Geschlechtsproducte hervorbringende Theil der Drüse an. Dies sind sehr zahlreiche, 0,3—0,5 mm. grosse Schläuche, die an ihrem freien Ende am breitesten sind, und sich gegen den Ausführungs- gang hin, an welchem sie hängen, allmählig verschmälern. Da die Wand der Ausführungsgänge und dieser Drüsenschläuche von ein und derselben äusserst dünnen Membran gebildet wird, so lässt sich auch sagen, es würden die Producte der Drüse in den schlauchför- mig erweiterten Enden der Ausführungsgänge gebildet. — Der Inhalt der Blindsäckchen, welche im Leben cercarienförmige bewegliche Spermato- zoiden (S.) enthielten, bestand aus kleinen 0,003 mm. grossen Körnchen, unter denen sich manche fanden, welche nach zwei Seiten hin sich zu- spitzten, und in ein äusserst feines Haar ausliefen. Es sind das offen- bar die Elemente des Samens, von denen, wie es schien, mehrere zu- gleich in einer Zelle gebildet werden. — Die ganze Drüse flottirte frei in der Leibeshöhle, rings von der Leibesflüssigkeit umspült, und erstreckte sich in ihrer reichen Entfaltung fast bis in das vordere Körperende. Ueber die weiblichen Geschlechtsdrüsen finde ich in den von Herrn v. Siebold mir freundlichst mitgetheilten Notizen, dass es gleichfalls verästelte Körper von milchweisser Farbe waren, in denen die Eier und Eikeime, grössere und kleinere, sich traubenförmig gruppirten. In den äusseren Formen stimmten sonst die weiblichen Drüsen mit den männlichen überein. Von den Lebensverhältnissen der Thiere ist so gut wie nichts be- kannt. Herr v. Siebold fand sie »zwischen Weichselmünde und Heubude am Seestrande nur während hochgehender See unter frisch ausgeworfe- nem Tange und Seegras«; und es ist wahrscheinlich, dass ihr eigentli- cher Aufenthalt die Tiefe der Ostsee ist, wo sie vielleicht, wie der Röhren erabende Priapulus, im Sande oder Schlamme leben. Hoffentlich werden neue Nachforschungen am Strande der Ostsee selbst bald diese lücken- haften Mittheilungen zu ergänzen im Stande sein. Nachschrift. Es lagen diese Blätter bereits druckfertig, als mir | noch zwei durch ihre Grösse ausgezeichnete Exemplare des Halieryptus zu Gesicht kamen. Diese hatte Herr Prof. Münster aus Greifswald in ‚ einer Sitzung der zoologischen Section auf der diesjährigen Naturfor- scherversammlung zu Speyer vorgezeigt, und als dann eins der beiden \ gleichgrossen Exemplare in den Besitz des Herrn Prof. v. Siebold über- Zeitschr. f. wissensch. Zoologie. XI. Bd. 21 412 gegangen war, gestatlete mir derselbe eine genauere Untersuchung, so weit sich dies ohne das schöne Thier zu zerstören ausführen liess. Dabei fand ich meine an kleinen Exemplaren gemachten Beobachtungen bestä- tigt, und konnte vor allem das Fehlen eines Porus am Leibesende con- statiren; hier war neben dem weit klaffenden After keine zweite Oefl- nung aufzufinden, die man als Porus hätte ansehen können. — Die Farbe des Thieres war eine hell graugelbliche, und durch die Körperwan- dung konnte man einzelne Theile des Inhaltes der Leibeshöhle durch- schimmern sehen; so einzelne der Retractoren, zum Theil den Verdau- ungstractus, und klumpige Massen, die wahrscheinlich aus der verän- derten Leibesflüssigkeit bestanden. — Am meisten überraschten die Grössenverhältnisse des Thieres. Die Totallänge betrug 4,6 cm.; augen- scheinlich befand sich aber das Thier, nach den schmalen und dichtan- einandergedrängten Leibesringen zu urtheilen, im stark contrahirten Zu- stande; und da nun fast von der Mitte des Körpers an die äussersten Schichten der Chitinhaut sich abgelöst hatten und als leerer Schlauch über das Körperende hinausragten, so liess sich danach die Länge be- stimmen, die das Thier erreichen würde, wenn es völlig ausgestreckt wäre. Diese durch den leeren Chitinschlauch bestimmte Länge betrug 5,9 cm. Die grösste Dicke des Körpers war 1 cm. — Das Verhältniss des mit Rippen besetzten Rüsseltheiles zur ganzen Körperlänge war un- gefähr das Gleiche wie in den kleinen Exemplaren ; dieser Theil war 6 mn:. lang. — Aus dieser Beobachtung erhellt, dass, wie beim Priapulus cau- datus, für die Begrenzung der Species die Grösse der einzelnen Indivu- duen von sehr geringem Werth sein wird; und dass wahrscheinlich die Thiere schon lange bevor sie die völlige Grösse erreicht haben, reife Ge- schiechtsproducte hervorbringen, da dies doch bereits bei den kleinen durch v. Siebold untersuchten Thieren der Fall gewesen zu sein scheint. Beide Thiere waren in Hiddensee auf der Insel Rügen gefunden; und es steht zu hoffen, dass mit der Vermehrung der Fundorte der Hali- cryptus spinulosus aufhören wird, in den zoologischen Sammlungen als grosse Seltenheit zu gelten. Göttingen, October 1861. Erklärung der Abbildungen. Taf. XXXIV. Fig. 4. Halicryptus spinulosus in natürlicher Grösse. Der der Länge nach über das Tbier verlaufende helle Streif ist das durchschimmernde Nervensystem. Fig. 2. Der vorderste Theil des Wurmes um die endständige von Zähnen umge- bene Mundöffnung und den kurzen Rippen tragenden Rüsseltheil zu zeigen. An den letztern schliesst sich dann ein Stück des Körpers an, durch die Ring- furchung und den rauhen Stachelbesatz ausgezeichnet. Der helle Streif ist das Nervensystem. Vergr. 5. 413 Für die Figuren 4 und 2 bin ich Herrn O. Schrön in München zu grossem Dank verpflichtet. Fig. 3. Halicryptus spinulosus der Länge nach aufgeschnitten. An dem sich durch die Leibeshöhle hinziehenden Verdauungsrohr ist J* der Schlundkopf mit den von seiner Wand entspringenden und sich zuspitzenden Muskelbändern ; 1? ist der Mitteldarm; I? der Enddarm; A der Aiter. Die beiden Ge- schlechtsdrüsen G sind zur Seite gebogen. R sind die im vorderen Körper- theile auf dem Hautschlauche liegenden Retractoren. Vergr. 1?),. Fig. 4. Zwei der am charakteristisch entwickelten Hervorragungen, von den Rippen des Rüssels. Vergr. 480. Fig. 5 u. Fig. 6. Formen von Hervorragungen wie sie sich auf den Rippen des Rüs- sels näher dem Uebergange zu dem rippenlosen Körpertheil finden. Ver- grössert 480. Fig. 7. Eine Spitze von der Haut des Körpers. Vergr. 240. Fig. 8. Einer der grössten Zähne, welche die Mundöffnung umgeben. Vergr. 80. Fig. 9. Ein kleinerer Zahn von der Schlundbewaffnung. Vergr. 80. Fig.10. Ein schon blattförmig gewordener Zahn auf einer kuppenartigen Vortrei- bung der Chitinhaut des Schlundes stehend. Vergr. 80. Fig.41. Eine Gruppe der kleinsten Zähne wie sie im Quincunx geordnet sich auf dem letzten Theile der Schlundwand finden. Vergr. 80. Zusatz von Prof. v, Siebold. Die Entdeckung des Halieryptus spinulosus verdanke ich den häu- figen Besuchen, welche ich in den Jahren 1835 his 1840 von Danzig aus dem Ostsee-Strande abstattete. Die erste und einzige Notiz, welche ich über diesen Wurm bekannt gemacht habe, wurde in den neuen preussi- schen Provinzial-Blättern (Bd. VII, Heft 3. Königsberg 1849, pag. 184) abgedruckt. Da diese Blätter nur eine sehr enge Verbreitung gefunden haben, halte ich es für angemessen, meine Bemerkungen über diesen Wurm aus jenen Blättern hier wörtlich, wie folgt, abdrucken zu lassen. »Ich will diesen meinen neuen Zoophyten der Ostsee, welchen ich zwischen Weichselmünde und Heubude am Seestrande nur wäh- rend hochgehender See unter frisch aufgeworfenem Tange und Seegras angetroffen habe, vorläufig Halicryptus spinulosus nennen, und dabei Folgendes bemerken. Der Körper des Thieres hat eine wurm- förmige eylindrische Gestalt, seine Länge beträgt ohngefähr 4 bis 1%, Zoll, seine Dicke etwa 2 bis 3 Linien, doch sind diese Maass- An- gaben nicht ganz zuverlässig, da das Thier sich durch träge wurmför- mige Bewegungen bald mehr bald weniger in die Länge streckt, sich an einzelnen Stellen seines Leibes einschnürt und zuweilen mit seinem ganzen Körper kurz zusammenzieht. Auch durch einfaches Aus- und Einstülpen des abgerundeten Vorder- und Hinterendes kann das Thier sich bald verlängern, bald verkürzen. Die Farbe des ganzen Thieres gleicht der eines Erdregenwurms, daher auch die Bernstein- ars ik fischer dieses Thier, über dessen Vorkommen ich sie befragte, für Re- genwurm-Fragmente erklärten. Es erinnert dieser Halieryptus spinulosus, von welchem ich im Ganzen acht Exemplare einsam- melte und noch fünfe davon in meiner Sammlung aufbewahre, in Be- zug auf die Organisation seines Mundendes und seiner Hautbedeckung sehr auffallend an die jedenfalls mit ihm verwandte Gattung Priapu- lus, ist aber auf keinen Fall ein verstümmelter Priapulus, dem etwa durch die stürmischen Meereswogen die charakteristischen Hin- terleibsanhänge abgeschlagen worden sind. Ich konnte bei keinem Individuum des Halicryptus am einfachen stumpf abgerundeten Hinterleibsende irgend eine Verletzung wahrnehmen. Die runde Mund- öffnung ist von 15 dreieckigen Hornstacheln umgeben, welche in einem dreireihigen Quincunx angebracht sind, bei dem Einziehen des Mundendes sich mit ihren Spitzen in der Mitte der Mundöffnung be- rühren und die letztere verschliessen. Hinter diesen drei Stachel- reihen zeigt sich die innere Fläche des muskulösen Schlundes mit vielen nach rückwärts gerichteten Stacheln dicht besetzt. Von der äussersten Reihe der Mundstacheln ziehen sich viele erhabene Längs- streifen eine ganz kurze Strecke auf der äusseren Hautbedeckung hin. Diese ganz kurzen, aber dichtstehenden Längsstreifen tragen viele kleine Stacheln in einfachen Reihen hintereinander. Auf diese kurze längsstreifige Stelle folgen sehr schmale und weniger deutlich ausge- prägte Querringel, welche sich dicht gedrängt bis zum Hinterleibsende hinab erstrecken und mit vielen sehr feinen Hornspitzen besetzt sind. Der dünnwandige Darmcanal verläuft vom länglichen einförmigen Schlunde ganz gerade mitten durch die Leibeshöhle bis zu dem in der Mitte des Hinterleibes befindlichen After hinab. In der Leibeshöhle des mit getrennten Geschlechtswerkzeugen ausgestatteten Halieryptus flottiren die Hoden oder Eierstöcke als zwei vielfach verästelte Drüsen- schläuche, welche mit ihren dendritischen Verzweigungen durch die durchsichtigen Leibeswandungen weisslich hindurchschimmern und von den peristaltischen Bewegungen des ganzen Thieres hin und her bewegt werden können. Diese Geschlechtsdrüsen, welche entweder von cercarienförmigen beweglichen Spermatozoiden oder von ovalen Eierkeimen strotzen, vereinigen sich im Hinterleibsende zu einem kurzen gemeinschaftlichen Ausführungsgange, der wahrscheinlich vor dem After in den muskulösen Mastdarm einmündet. Ein Nervensy- stem sowohl, wie ein Gefässsystem konnte ich an keinem der frisch untersuchten Individuen mit Bestimmtheit auffinden. Die specifischen Charaktere, durch welche sich Halicryptus an die verwandten Gattungen Echiurus, Thalassema und Priapulus anschliesst, wären demnach folgende: corpus elongatum ceylindricum subannulatum antice et postice ohtusum et retractile, brevi antica parte cutis undique spinulis obtectaelon- 419 gitudinaliter striata; ore antice terminali orbiculato denticulis corneis armato, ano postice terminali nudo. Species: H. spinulosushabitat in fundo maris baltici prope Gedanum.« Ich hatte mir vorgenommen, diesen Halicryptus, wenn ich eine grössere Anzahl davon erhalten hätte, einer genaueren Untersuchung und Zergliederung zu unterwerfen. Meine im Jahre 1840 erfolgte Uebersied- lung von Danzig nach Erlangen entrückte mich dem ÖOstseestrande, so dass ich mein Vorhaben in Bezug auf die ausführlichere Beschreibung des Halicryptus spinulosus nicht ausführen konnte. Nur einmal ist mir ein Exemplar davon im Jahre 1850 in die Hände gekommen, wel- ches mein Assistent im physiologischen Institute zu Breslau, Dr. A. v. Frantzius, während seines Aufenthaltes in Danzig bei Zergliederung eines in der Ostsee gefangenen Störes in dessen Magen aufgefunden hatte. Im vorigen Jahre wurde ich von neuem an meinen Halicryptus erin- nert, indem mir mein lieber Freund Creplin am 5. April 1860 aus Greifs- wald unter anderen folgendes schrieb: »Eine Mittheilung will ich Ihnen doch machen, die Ihnen interessant sein wird. Wir haben durch Hugo Schilling (Sohn des Dr. Schilling in Naumburg) , welcher einige Jahre hindurch Gehülfe bei unserem Museum war, im Herbste v. J. aber sei- nen Posten verlor und seitdem auf Hiddensee baust, drei kleinere, im September vor. Jahres dort gefangene Exemplare (1 3 &2 2) von Gar- cinus Maenas, ferner im Januar d. J. zwei Exemplare von Ihrem Halieryptus spinulosus auch von da bekommen, welchen letztern ich aus Ihrer Beschreibung in den Neuen preussischen Provinzialblättern kennen gelernt hatte.« Bei einer im Herbste darauf an den Ostseestrand unternommenen Ferienreise verfehlte ich nicht, auch Greifswald zu be- suchen, und überzeugte mich, dass die beiden auf dem dortigen zoologi- schen Gabinete als Halicryptus spinulosus aufbewahrten Würmer von Hiddensee wirklich mit meinem Halicryptus genau überein- stimmten. Nachdem ich die Freude gehabt, Herrn Dr. Ehlers als einen geübten Zergliederer niederer Thiere kennen zu lernen, übergab ich demselben um so lieber die in meiner Privatsammlung noch vorhandenen Halieryp- ten zur näheren Untersuchung, da derselbe so eben eine ähnliche Arbeit über den meinem Halieryptus ganz nahe stehenden Priapulus voll- endet hatte. München, den 7. Juli 1861. G. Th. v. Siebold. Untersuchungen über den Bau der Peyer'schen Drüsen und der Darmschleimhaut. Von Prof. W. His. Mit Tafel XXXV—XXXVI. Untersucht man feine Querschnitte von Peyer’schen Drüsen, so er- hält man häufig Bilder, aus denen hervorgeht, dass die in den Intersti- tien zwischen den Follikeln befindlichen Gewebsstränge aus einer Sub- stanz bestehen können, die in allen wesentlichen Punkten mit der Follikularsubstanz selbst übereinstimmt. Es können nämlich jene inter- follikulären Schleimhautparthien wie die Follikel aus einem gefässtragen- den, von Lymphkörperchen reichlich durchsetzten Netzwerke feiner Bälkchen sich aufbauen, das durch geeignete Anwendung des Pinsels frei darstellbar ist. — Diese Thatsache in Verbindung gebracht mit man- chen andern, gelegentlich gemachten Beobachtungen, hatten schon seit geraumer Zeit in mir die Vermuthung erweckt, däss wohl am Ende die ganze Darmschleimhaut, so weit sie nicht absondernde Drüsen enthält, aus einer Substanz bestehe, die die Bedeutung der Lymphdrüsensub- stanz besitze; demnach würden die Follikel natürlich nicht mehr als Bildungen eigener Art zu betrachten sein, sondern als stärkere Entwicke- lung eines durch den ganzen Darm verbreiteten Bestandtheiles der Schleimhaut. — Ich habe nun die eben verflossenen Ferien dazu benutzt, diese Frage einer genauen Prüfung zu unterziehen und ich bin zu Er- gebnissen gelangt, die mir meine früheren Vermuthungen zur Gewissheit erhoben haben. Hoffentlich gelingt es mir durch die in den folgenden Blättern 'gegebene Darstellung auch bei meinen Lesern eine Ueberzeu- gung festzustellen, die, wie man leicht sieht, nicht allein für die Auffas- sung physiologischer, sondern auch für diejenige pathologischer Ver- hältnisse, für die Lehre von den allgemeinen Erkrankungen bei Ty- phus, Dysenterie u. s. w. von weitgreifender Bedeutung zu werden verspricht. | 417 Einzelne Thatsachen, die auf die Zusammenstellung des eigentlichen Schleimhautgewebes mit der Follikelsubstanz hätten führen können, sind bereits mehrfach von frühern Beobachtern hervorgehoben worden. So kannte schon Böhm einen Zusammenhang der Follikel mit der übrigen Schleimhaut durch Fortsätze, die den Kranz der Lieberkühn’schen Drü- sen (seine Corona tubularis) in regelmässigen Abständen durchbrechen, und er bildet diese Fortsätze in seinen Figuren 2, Au. 5 der 1. Tafel und Fig.8 der 2. Tafel ab!). Später hat Brücke in seinem viel besproche- nen Aufsatz über die Peyer’schen Drüsen) bemerkt, dass der der inneren Darmfläche zugewendete Theil der Follikel Stränge aufzunehmen scheine, die von den Zotten kommend, unter und zwischen den Lieberkühn’schen Drüsen hindurchgehend, zu ihnen gelangen. Weiterhin wurde von ver- schiedenen Beobachtern wahrgenommen, dass im Stroma der eigentli- chen Darmzotten runde Zellen oder Kerne eingebettet seien; zuerst scheint sie E. H Weber?) gesehen zu haben, später erwähnten ihrer Kölliker*) und Donders?), welch letzterer sie sogar in die Interstitien zwischen den Lieberkühn’schen Drüsen verfolgte. Es urgirte auch Don- ders wie Brücke®) die lockere Beschaffenheit des Zottenparenchyms und zeigte, dass nach Zerstörung der Gränzschicht der Zotten die Gefässe fast isolirt daliegen können. Den Zusammenhang der Follikel mit Zotten de- monstrirte Basslinger”) bei der Gans sowie bei -einigen anderen Vögeln und seine Beobachtung wurde von W. Krause?) bestätigt und sogar für den Menschen ähnliche Verhältnisse statuirt. — Die im Folgenden mit- zutheilenden Beobachtungen sind an den Gedärmen der hauptsächlich- sten Haussäugethiere: des Ochsen und Kalbes, des Schafs, Kaninchens, Schweins, Hundes und der Katze angestellt. Ich habe beinahe aus- schliesslich mit injieirten Präparaten gearbeitet, sei es, dass die Blutge- fässe oder die Chylusräume oder auch beide zugleich mit Masse gelüllt 4) Böhm. de glandularum intestinalium structura penitiori diss. inaug. Berol. 1835. — p. 12: inter singula oscula albi quidam processus ad mucosam a corpusculis transeunt. Weiter vergleicht er diese Fortsälze den Strahlen eines Sternes. Von besonderem Interesse ist die Stelle p. 233—24, wo er die Entwickelung der Fol- likel beschreibt. Corpuscula admodum exigua sunt, albidum afferunt colorem et longos processus lanquam radios emitlunt; qui quum foveolis inter se sejun- gantur siellae magis minusve consummalae specieim sistunt. Et prima quidem aetate processus illi in medio corpusculo paene coeunt, quanto magis vero hoc assurgit ac crescendo extendilur, tanto ılli fiunt minores, ac tandem postquam debitam magniltudinem impetravit corpusculum, tam exigui apparent, ut obser- vationem hucusque prorsus fugere potuerint. 2) Denkschriften der k. k. Akademie der Wissenschaften 4854, p. 25 u. Fig. 5. 3) Müller's Archiv 1847, p. 400. . 4) Mikroskopische Anatomie II, 2, p. 156. 5) Physiologie übersetzt von Thesle. 1. Bd., 4. Aufl., p. 307. 6) Ueber die Chylusgefässe und die Resorption des Chylus, p. #0. 7) Sitzungsberichte der k. k. Akademie zu Wien 1954, p. 536. 8) Anatomische Untersuchungen (Hannover 4861), p. 137. 418 waren. Von der Wichtigkeit der Blutgefässinjection bei histologischen Arbeiten werde ich je länger je mehr durchdrungen; es sollte die Fül- lung der Gefässe bei keiner einlässlicheren Untersuchung versäumt wer- den, da hierdurch unter allen Umständen die Bilder ausserordentlich an Klarheit und Uebersichtlichkeit gewinnen. — Was speciell die Füllung der Chyluswege des Darmes betrifft, so anerkenne ich sehr dankbar die För- derung, die mir durch die neulich erschienene Arbeit von Teichmann!) zu Theil geworden ist. Ich habe besonders in methodologischen Dingen sehr viel von diesem Forscher gelernt, und seine schönen Abbildungen dien- ten mir zur Controlle, wenn ich in Zweifel über die Bedeutung muth- masslicher Chylusräume war. Wenn trotz der Anerkennung, die ich der wichtigen Arbeit Teichmann’s zolle, meine Auffassung der Verhältnisse von der seinigen in so vielen Punkten abweicht, so liegt der Grund darin, dass nach meiner Ueberzeugung Teichmann ein allzu einseitiges Gewicht auf die Ergebnisse der Injectionsmethode legt; er kommt da- durch mehrfach in den Fall, die Bedeutung von solchen Thatsacben zu verkennen, die ihm mit den Injectionsergebnissen in Widerspruch zu sein scheinen. — Was die Disposition meines Untersuchungsmateriales betrifft, so schien es mir zweckmässig, eine Anzahl von mehr oder min- der ausführlichen Einzelbeschreibungen ın einer gewissen Folge anein- ander zu reihen. Solche aneinandergereihte Beschreibungen verwandter Objecte werden zwar leicht etwas eintönig wegen der nicht zu vermei- denden Wiederholungen, allein sie bieten dafür andere keineswegs ge- ring zu achtende Vortheile. Während jene Bilder, zu denen verschiedene Objecte die Züge geliefert haben, leicht den Verdacht einer gewissen Willkührlichkeit der Combination erwecken, so haben wir es hier mit bestimmten Originalien zu thun, auf die ein Jeder mit der Beobachtung direct zurückzugehen, und deren Schilderung er somit ohne Weiteres controlliren kann. Ich habe mich übrigens auch diesmal wieder bemüht Beobachtung und Raisonnemeut möglichst auseinander zu halten, um nicht das Eine durch das Andere zu trüben. — Auf die Wege des Fettes bei der Verdauung habe ich für jetzt meine Untersuchung nicht ausge- dehnt, da mir die zu Gebote stehende Zeit eine gewisse Beschränkung der Aufgabe auferlegte ; ich hoffe auf jene Frage bei einem späteren An- lass zurück kommen zu können. Peyer'sche Drüsen. Zum Ausgangspunkt meiner Beschreibung wähle ich eine Drüsen- form, die uns leicht die nöthigen Anhaltspunkte zur Vergleichung mit den Lymphdrüsen bieten kann. Es sind dies die mächtigen Peyer’schen Drüsen, die als langgestreckte Bänder daslleum des Kalbes beklei- 4) Das Saugadersystem vom anatomischen Standpunkt bearbeitet. Leipzig 4861. 419 den, und die auch schon von anderen Forschern, u. A. von Kölliker und von Teichmann zur Untersuchung benutzt worden sind.. Bereitet man sich feine senkrechte Schnitte durch jene Drüsenlager, wozu nıan am besten injicirte und im Weingeiste erhärtete Präparate be- nutzt, so beobachtet man Folgendes (Fig. 4) : Unter den ziemlich dicht bei- sammenliegenden conisch oder cylindrisch gestalteten Zotten liegt eine ge- fässreiche Schleimhautlage von etwa ,—Y," Dicke, die die Lieberkühn’- schen Drüsen enthält, wir wollen sie die drüsentragende Schicht nen- nen; unter ihr folgt eine sehr mächtige ungefähr liniendicke Schicht, die hauptsächlich aus Follikeln besteht und die wir im Gegensatz zur überlie- genden Drüsenschicht als Follikelschicht bezeichnen ; unter dieser Lage folgen erst die Muscularis Mucosae, die Tunica nervea und die Muscularis In- testini '). — Die Follikel zeigen längliche Gestalt, mit ihrer Längsachse sind sie senkrecht zur Schleimhautebene gestellt, oft verschmälern sie sich an ihrem oberen oder unteren Ende flaschenähnlich, hie und da sieht man auch einen Follikel in zwei Abtheilungen sich spalten oder zwei benach- barte Follikel mit einander verschmelzen. Der quere Durchmesser der Fol- likel beträgt Y,—Y,". Nach abwärts sitzen dieselben mit ihrer Basis der Muscularis Mucosae unmittelbar auf oder sie sind durch längere spaltenar- tige Räume von ihr getrennt. In letzterem Falle sieht man von Stelle zu Stelle gefässtragende Stränge aus den unterliegenden Schichten an die Fol- likel herantreten und mit deren Wand verschmelzen. Es entsprechen diese Stränge den Bildungen, welche Brücke zuerst beschrieben und (l.c. Fig. 3u. 4) vom Hundsdarm abgebildet hat. Bekanntlich gab Brücke den Strängen die Bedeutung von ausführenden Lymphgefässen,, eine Bedeutung, die sie aber, wie wir zeigen werden, nicht haben. Nach einwärts gegen die Drüsenlage der Mucosa ist die Begränzung der Follikel keineswegs scharf, sondern, wofern nicht eine der nachher zu beschrei- benden Kuppen vorliegt, so verlieren sich jene ohne bestimmte Gränze in das überliegende Gewebe. — Im Bereich nun der eigentlichen Folliku- larschicht zeigen sich die einzelnen Follikel, so weit nicht etwa Ver- schmelzungen vorkommen, durch spaltförmige Lücken von einander ge- trennt, welche ihrerseits meist der Länge nach von fibrösen Balken durchsetzt sind. Diese Balken, die nach auswärts mit der Muscularis Mucosae, nach einwärts mit der Drüsenschicht der Schleimhaut zusam- menhängen, enthalten stärkere Blutgefässstämmchen, sowohl Arterien wie Venen, die aus der T. nervea in sie eintreten. Es treten die Gefässe grösstentheils bis zur drüsentragenden Schleimhautschicht und breiten 4) Kölliker giebt (Mikroskop. Anatom. II, 2, p.153, Gewebelehre 3. Aufl. 418) gleich- ‚falls eine Abbildung des senkrechten Durchschnitts einer Peyer'schen Drüse vom Kalbe; sie weicht aber von der meinigen in zwei Hauptpunkten ab, einmal zeichnet er die Follikel nach innen hin sämmtlich als abgeschlossen, zweitens verlegt er die Muscularis Mucosae über die Follikel,, zwischen sie und die drü- sentragende Schicht. 420 sich in ihr und in den Zotten aus, zum Theil jedoch sieht man auch in- mitten der Follikelschicht die gefässtragenden Septa an die Follikel sich anlegen, mit der Wand derselben verschmelzen und ihre Gefässzweige an sie abgeben. Sehen wir ab von den Blutgefässen, so bestehen die in- terfollikulären Scheidewände aus faserigem Bindegewebe, das viele spin- delförmige Zellen mit länglich ovalen Kernen eingestreut enthält; ob diese die Bedeutung von Muskelzellen haben, scheint mir fraglich. — Die Ge- fässvertheilung in den Follikeln geschieht im Allgemeinen so, dass die von unten oder von den Seiten her eingetretenen Gefässstämmchen an der Peripherie bleiben und ihre Gapillarzweige gegen das Centrum bin- senden. Bevor diese die Follikelaxe erreichen, pflegen sie schlingenförmig umzubiegen, wie man an Querschnitten noch besser als an Längsschnit- ten sieht; man hat daher einen mittleren gefässlosen Theil des Follikels, in welchem, wie dies gute Pinselpräparate zeigen, auch das Reticulum unvollständig entwickelt ist, oder geradezu fehlt, aus dem daher bei er- härteten Präparaten die Masse leicht herausfällt. Es entspricht dieser Raum bis auf einen gewissen Grad den Vacuolen, die ich an den Lymphdrüsen beschrieben habe, obwohl er nie so scharf gegen die Peripherie sich ab- setzt wie jene. : Welches ist nun die Bedeutung der Spalten, die man zwischen den Follikeln und an ihrem äusseren Umfang beobachtet? Man könnte sie vielleicht für Kunstproducte halten, allein hiegegen spricht ihr constantes Vorkommen, ihre stets scharfe Begränzung und vor Allem die Ergebnisse der Injection: Treibt man nach der von Teichmann angegebenen Metlıode Masse durch einen feinen Einstich in eine Peyer’- sche Plaque ein, so füllen sich einmal die centralen Zottenräume und das mit ihnen in Verbindung stehende Canalnetz im Drüsenstratum der Schleimhaut ; im Follikelstiratum aber füllen sich alle die Lückenräume zwischen den Follikeln und von ihnen aus die Chylusgefässe des submu- kösen Gewebes!). Denkt man sich bei meiner Figur 4 die interfolliku- lären Spalten mit gefärbter Masse ausgefüllt, fügt man dazu die gleich zu besprechenden Netze der Drüsenschicht und der T. nervea, so erhält man ein Bild, das genau der Darstellung entspricht, die Teichmann auf seiner Fig. 1, Taf. XII giebt. Wo er am gefüllten Präparate Chylusge- fässe sieht, da sehe ich am nicht injicirten Gewebslücken,, wo bei ihm zwischen zwei Follikeln zwei getrennte Gefässe hindurchtreten, da habe ich eine interfollikuläre Spalte von einem gefässtragenden Balken durch- setzt!‘ —— Bereitei man sich einen Flächenschnitt etwa durch die Mitte des Follikulärstratums, so erhält man Bilder, die meiner Figur 2 entsprechen. 4) Schon Brücke hat die Spalträume in der Umgebung der Follikel gekannt und in seiner Figur 4 abgebildet; er legt aber gar kein Gewicht darauf und verwahrt sich sogar ausdrücklich gegen ihre Bedeutung als Chylusbahnen. 424 Man sieht die rundlichen oder hie und da etwas flachgedrückten Follikel im Querschnitt; man überzeugt sich auch hier, dass die stärkeren Blut- gefässstämmchen an der Peripherie liegen und von da Zweige nach ein- wärts senden, die jedoch schlingenförmig umbiegen, bevor sie die Mitte erreicht haben. Weiterhin sieht man zwischen den Follikeln ein fibröses Fachwerk, das die Querschnitte grösserer Gefässstämmchen zeigt und das theilweise zwischen den Follikeln durchtritt, theilweise aber mit die- sen selbst. zusammenhängt und Gefässe an sie abgiebt. Die Lücken- räume, die auf dem senkrechten Schnitte als Längsspalten sich darge- stellt hatten, haben hier die Form von mehr oder minder vollständigen Kreisen; sie sind je auf einer Seite von den fibrösen Septen, auf der anderen von der Follikelwand begränzt, hie und da sieht man auch eine solche Lücke rings von fibröser Masse umschlossen. — Auch hinsichtlich solcher Flächenschnitte führt die Untersuchung an Präparaten, die nach Teichmann’s Methode injicirt sind, zum Ergebniss, dass die bei mässigem Druck eingespritzte Masse stets nur in den fraglichen Spalträumen sich findet. Machen wir nun eine Vergleichung zwischen dern Bau des Folliku- larstratums der Peyer’'schen Drüsen des Kalbes und demjenigen der Lymphdrüsen, so ist die Uebereinstimmung in die Augen springend. Nehmen wir für einen Augenblick an, die Ghylusräume im Drüsenstra- tum hätten die Bedeutung der Vasa afferentia, die des Stratum submu- cosum die der Vasa efferentia, so erkennen wir im Stratum folliculare alle die Theile wieder, die wir in den Lymphdrüsen gefunden hatten: 4) das gefässtragende fibröse Fachwerk , 2) die gefässtragende, an ihrer Peripherie besonders gefässreiche Drüsensubstanz, deren follikuläre Ab- theilung den Ampullen der Lymphdrüsen entsprechen, und 3) die blutge- fässfreien zwischen fibröses Fachwerk und Drüsensubstanz geschobenen Bahnen für den durchströmenden Chylus... Wir können diese letzte- ren, da die Bezeichnung als Gefässe wegen des Mangels einer eigenen Wandung nicht passt und der Name Chylussinus schlecht klingt, als Schleimhautsinus bezeichnen. Ein untergeordneter Unterschied ist der, dass hier nicht wie in den Lymphdrüsen die Sinus von feinen Trabe- keln quer durchsetzt sind; eine solche Befestigung der Follikel ist hier überflüssig. Dass dieser Unterschied von geringer Bedeutung sei, das geht daraus hervor, dass wirklich an anderen Schleimhautstellen, so z. B. im Dünndarm des Schafs, feine gefässlose Querbrücken zwischen den gegenüber liegenden Sinusrändern in grösserer Ausdehnung auf- treten. Ueber das Reticulum der Follikel des Kalbsdarmes habe ich nichts Besonderes zu bemerken, es besteht vorzugsweise aus verzweigten Zel- len mit ovalen Kernen, ähnlich den in der Thymus des Kalbes vorkom- menden. | Wollen wir nun das Verhalten der Follikel in ihrem obersten Theile 422° gegen die Drüsenschicht und in ihrem untersten gegen die Muscularis Mucosae und die Submucosa hin verfolgen, so bedienen wir uns zu die- sem Studium am besten solcher Schnitte, die flach oder auch etwas schräg geführt sind. - Ein Flachschnitt unterhalb der Zottenbasis gewonnen (Fig. 3) zeigt zunächst ein System von gefässreichen Falten von der Breite von Y,,— '"; sie umschliessen rundliche Lückenräume von Y,—'% Dm., die, wenn der Schnitt sehr dünn ist, leer erscheinen, in deren Grund mar aber bei etwas dickerem Schnitte die Kuppen je eines Follikels erblickt. Die fraglichen Schleimhautfalten sind mit Zieberkühn’schen Drüsen be- setzt, die in Reihen und zwar meist in zwei Reihen angeordnet sind. In- mitten der Falten sieht man nun, falls sie überhaupt vom Schnitte rich- tig getroffen sind, constant längliche Spalten von %. —Yıoo Breite ver- laufen. Obwohl diese Spalträume im Allgemeinen dieselbe Anordnung wie die Falten besitzen, so bilden sie doch wegen häufiger Unterbrechung durch breitere oder schmälere Substanzbrücken in je einer gegebenen Schnittebene kein continuirliches Netzwerk; dagegen stellt sich die in derselben Schnittebene gar nicht oder nur stellenweise bestehende Com- munication der verschiedenen Spalten in verschiedenen Tiefen der Schleimhaut allerdings her, so dass jede Spalte nur als Theil eines ganzen Systemes communicirender Hohlräume zu betrachten ist. Dass die fraglichen Spalten oder Hohlräume nichts anderes als die Chyluswege sind, das zeigt die Beobachtung der nach Teichmann injieirten Präparate, und wir können auch sie unter die Bezeichnung der Schleimhautsinus subsumiren, da sie eine andere Wand als die Gränzfläche der Schleim- hautsubstanz nicht besitzen. — Führt man die flachen Schleimhaut- schnitte etwas tiefer, im Bereich der Kuppen der Follikel, so erhält man eine Reihenfolge von Bildern, die uns Aufschluss geben über den Zusam- menbang der Follikel mit der Drüsenschicht der Schleimhaut. Zunächst sieht man inmitten der zuvor beschriebenen runden Lücken je eine Fol- likelkuppe als rundlichen an frisch eingelegten Präparaten mit Epithel überzogenen Körper. An einer Seite hängt dieselbe mit dem die Lieber- kühn’schen Drüsen tragenden Gewebe durch eine mehr oder minder breite Brücke zusammen, die den Blutgefässen als Eintrittisbahn dient. — Etwas tiefer ist der Umfang des Follikels beträchtlicher, die Verbindung mit dem übrigen Schleimhautgewebe eine allseitigere; man sieht nämlich densel- ben nunmehr von einem Kranze von Lieberkühn’schen Drüsen eingefasst, zwischen denen ebensoviel gefässtragende Brücken zur übrigen Schleim- haut hintreten (Fig. 3 rechts). Die Sinusspalten liegen in dieser Höhe nicht wie in den tieferen Schichten an den Follikeln selbst an, sondern zwischen den Streifen von drüsentragender Substanz, die dieselben um- geben; nicht selten sieht man übrigens schon in dieser Höhe zwischen „wei benachbarten Follikelbezirken (mit dieser Bezeichnung soll der Fol- likel mitsammt seinem Kranze von drüsentragendem Gewebe verstanden 423 sein), zwei Parallelspalten verlaufen, die durch einen schmäleren Streif von drüsentragendem Gewebe von einander getrennt sind; dieser leiz- tere pflegt nach dem einen und dem anderen Ende hin auch wieder in Follikelbezirke überzugehen. Aus den bis dahin mitgetheilten Beobachtungen geht hervor, dass eine scharfe Abgränzung der Follikel vorhanden ist 4) gegen die Ober- fläche der Schleimhaut hin, in der von dieser gebildeten ringförmigen Grube, 2) gegen die Schleimhautsinus hin, soweit diese die Follikel um- geben ; die scharfe Begränzung fehlt aber durchweg da, wo der drüsen- tragende Theil der Schleimhaut den Follikeln anliegt (zu vergleichen ist der am meisten nach links liegende Follikel der Fig. 1). Der drüsentra- gende Theil des Schleimhautgewebes ist mit einer gewissen Gesetzmässig- keit von spalten- und canalartigen Hohlräumen durchzogen, die nach einwärts mit den centralen Zottenräumen, nach auswärts mit dem Sinus des Follikulärstratums zusammenhängen und welche somit die präformir- ten Chylusbahnen darstellen. Untersuchen wir nun den Bau des Gewebes, das den drüsentragen- den Theil der Schleimhaut, die Verbindungsbrücken derselben zu den Follikeln und die Substanz der Zotten bildet, so überzeugen wir uns leicht, dass dies gesammte Gewebe von Zellen infiltrirt ist, die dieselben Charaktere besitzen wie die Zellen der Follikel selbst und wie die der Lymphdrüsen und verwandten Organe, auf die wir somit unbedenklich die Bezeichnung von Lymphkörperchen ausdehnen können. Diese Zellen lassen sich mit Hülfe des Pinsels aus dem Gewebe entfernen, in das sie infiltrirt sind, und es bleibt sonach ein bindegewebiges, an die Blutge- fässe sich anlehnendes Gerüst zurück, das im Einzelnen in mancherlei Modificationen auftreten kann, das aber im Ganzen sich vollständig an die viel besprochenen Reticula der verschiedenen Follikelapparate und der Lymphdrüsen anschliesst '),. Um zunächst bei den Peyer’schen Drü- sen des Kalbes zu bleiben, so besteht hier das Reticulum des drüsentra- genden Theiles der Schleimhaut aus verzweigten Zellen mit ovalen Ker- nen (von 5,5—6,5/1000” Länge und 3—3,5/1000” Breite), ähnlich den Zellen, die in den Follikeln vorkommen; im Parenchym der Zolten zwi- schen äusserer Gränzmembran und Centralraum trifft man dieselben Zellen neben stärkeren kernlosen Bindegewebsbälkchen. Das Netzwerk 1) Es wird zweckmässig sein, das Gewebe, das die Drüsensubstanz der Lymphdrü- sen und der Thymus, sowie die Substanz der verschiedenen Follikularapparate und der Darmschleimhaut bildet, mit einem gemeinsamen kurzen Namen zu bezeichnen; ich schlage dafür den Namen adenoides Gewebe und adenoide Substanz vor und glaube, dass man Irrungen leicht vermeiden kann, wenn man für das Gewebe der Drüsen mit Ausführungsgang den Namen glanduläres Gewebe reservirt, der wohl auch bis dahin ziemlich ausnahmslos dafür in Ge- brauch war. Aufdie nahe genetische Beziehung des adenoiden Gewebes zum Bindegewebe verweise ich hier nur beiläufig, das Verhältniss zu diesem wäre ungefähr entsprechend dem des Fettgewebes zum Bindegewebe. 424 der letzteren habe ich in Fig. 4 nach einem ausgepinselten Präparate dar- gestellt. Führt man an einem nach Teichmann’s Methode injieirten Präparate einen etwas schrägen Schnitt durch die untere Gränze des Follikelstra- tums und die Submucosa, so erscheinen einestheils die Querschnitte des untersten Theiles der Follikel mit dem sie umgebenden kreisförmigen Sinus und den dazwischen liegenden gefässtragenden Septen, andern- theils aber tritt ein bereits in der Submucosa liegendes Netzwerk mit Masse gefüllter, dendritisch verzweigter Röhren zur Anschauung, deren Weite zwischen 1—8/100° betragen kann. Es ist dies das Netz der sub- mukösen Chylusgefässe. Während nun die interfollikulären Schleimhaut- sinus, wie früher erwähnt, nicht von einer eigenen Membran ausgeklei- det sind, die in sie eingespritzte Masse daher an allfälligen freien Rän- dern stets der scharfen Begränzung entbehrt, so verhalten sich die Chylusgefässe der Submucosa anders; sie besitzen durchweg eine eigene Membran, wie man am sichersten sieht, wenn sie etwa stellenweise frei vorliegen ; auch treten in ihnen, wie dies schon aus frühern Arbeiten bekannt ist!), durchweg Klappen auf, die man aus den charakteristi- schen Anschwellungen der Gefässe erschliessen kann. Die Membran ist bei den meisten Gefässen ausnehmend dünn, ein wie es scheint einfacher Schlauch einer ziemlich structurlosen Bindesubstanz, nur bei den stärke- ren Stämmchen tritt zu diesen eine dünne fasrige Adventitia hinzu. Der Uebergang der Scheimhautsinus in die submukösen Chylusgefässe ge- schieht einfach in der Weise, dass Ausläufer der erstern durch die Muscularis Mucosae durch in die Submucosa eintreten und sofort vom umgebenden Bindegewebe eine schlauchartige Wandung erhalten. An feinen Schrägschnitten sieht man nicht selten diesen Uebergang von Sinus in geschlossene Gefässe. Wir verlassen nun die Peyer’schen Drüsen des Kalbes, die, wie man sieht, bereits recht wichtige Aufschlüsse zu geben im Stande waren, und wenden uns zum Studium der entsprechenden Organe des Kanin- chens. Die bekannten Follikellager im Sacculus rotundus ilei, im Colon und im Processus vermiformis dieses Thieres schliessen sich in manchen Beziehungen sehr nahe an die Follikellager des Kalbsileums an. Wie jene erreichen sie eine beträchtliche Mächtigkeit, die im Processus ver- miformis über 1”’, im Sacculus rotundus sogar über 1:%'” betragen kann. Auch hier liegen die Follikel in der eigentlichen Mucosa und sind von den T. nervea durch die allerdings äusserst schwache Muskelschicht der Schleimhaut geschieden. Ueber der eigentlichen Follikellage liegt eine Schleimhautschicht von %,—:4"" Dicke, die die Lieberkühn’schen Drü- sen enthält (vergl. Fig. 5). Sie trägt an ihrer Oberfläche gefässreiche Falten, welche kreisförmige Lückenräume zwischen sich lassen. — Be- 4) Man vergleiche z, B. die Abbildung von Brücke (Ueber Chylusgefässe' u. s. w. Taf. I, Fig. 4), die die Chylusgefässe der Submucosa des Kindes zeigt. h25 trachtet man nun an einem senkrechten Durchschnitt, etwa des Sacculus rotundus, die Verhältnisse etwas genauer, so zeigt sich, wie dies bereits Böhm beschrieben hat, dass die einzelnen Follikel eine langgestreckte Gestalt besitzen. Am ehesten lässt sich die Form eines senkrechten Fol- likeldurchschnitts mit der Form einer Schuhsohle vergleichen ; man kann nämlich ein äusseres kuglig aufgetriebenes und ein inneres conisch sich verjüngendes Ende unterscheiden und zwischen beiden ein etwas einge- schnürtes Mittelstück. Der äussere Theil der Follikel schliesst sich von der unterliegenden Muscularis Mucosae, sowie von den benachbarten Follikeln durch zwischenliegende Spalträume grösstentheils scharf ab. Stellenweise jedoch sind diese durchsetzt von schmäleren oder breiteren gefässtragenden Substanzbrücken, welche entweder aus der Nervea her den Follikeln Gefässe zuführen, oder die benachbarten Follikel mit ein- ander verbinden. Ein System fibröser Septen in der Entwickelung wie im Kalbsdarme findet sich nicht; vergleichbar mit jenen Septen werden die Verbindungsbrücken henachbarter Follikel dann, wenn sie eine Strecke weit schräg zwischen den beiden verlaufen, in verschiedenen Höhen an dieselben sich ansetzend. Noch schärfer als das Aussenende der Follikel ist das Innenende derselben abgegränzt; es ragt nämlich in eine tiefe von der innern Darmfläche bis beinahe zur halben Dicke der Schleimhaut reichende Grube hinein und besitzt, wie die Wand dieser Grube (Böhm’s Vaginula), einen Ueberzug von Cylinderepithel. Was nun den mittleren Abschnitt der Follikel betrifft, so dient er vorzugsweise zur Verbindung der Follikel mit der überliegenden Schleimhautschicht und mittelbar auch miteinander. Zwischen die obern Enden zweier benach- ' barter Follikel sieht man je einen keilförmigen Fortsatz der drüsentra- genden Schleimhaut sich eindrängen, der weiterhin an den mittleren Theil beider Follikel sich anlegt und ohne scharfe Gränze mit deren Substanz verschmilzt'). Die Lieberkühn’schen Drüsen reichen in jene interfollikulären Schleim- hautfortsätze nur sehr wenig weit herab, nämlich nur so weit bis die- selben anfangen stärker sich zu verschmälern. Es stehen die Drüsen meist schräg, mit ihren blinden Enden gegen die Mitte der Schleimhaut- streifen convergirend; sie münden theilweise in den engen Canal aus, der zu der den Follikel umgebenden Bucht hinführt. Was nun die Gefässvertheilung in dem Follikelhaufen des Kanin- chens betrifft, so gilt Folgendes: die stärkeren Stämmchen treten aus den untenliegenden Schichten sofort in die Follikel und laufen in diesen, pe- ripherisch gelagert, nach einwärts. Sie geben dabei die bekannten Ca- pillarzweige ab, die gegen die Axe des Follikels hinlaufend das von Frei 4) Eine allerdings ungenaue Abbildung des Verhältnisses findet sich bei Heidenhain (Reichert u. Dubois Archiv 4859, Taf. X11I, Fig. A). Heidenhain lässt dort zwei Fol- likelreihen übereinanderzeichnen, die gegen einander verschoben sind, ein Ver- hältniss, das in Wirklichkeit nicht vorkommt). k26 entdeckte Netzwerk bilden. Hie und da sieht man stärkere Stämmchen durch die früher beschriebenen Verbindungsbrücken von einem Follikel zum andern hintreten. Die Fortsetzungen der in die Follikel getreteneu Gefässe steigen nun theilweise durch das Mittelstück derselben in den inneren Abschnitt, um hier in die Endzweige zu zerfallen, theilweise aber treten sie vom Mittelstücke aus, bald früher, bald später in jene keilförmigen Fortsätze der drüsentragenden Schleimhaut, die, wie wir früher sahen, zwischen je zwei benachbarte Follikel sich einschieben und mitihnen verschmelzen. Einmal in jene Fortsätze eingetreten laufen die Gefässe der inneren Darmfläche zu und versorgen diese sowie die Lieberkühn’schen Drüsen. Hinsichtlich der Gefässvertheilung in den ein- zelnen Follikeln zeigt sich das eigenthümliche Verhältniss, dass im inneren und im äusseren Follikelende ein gefässloses Centrum existirt, dessen Inhalt gelockert ist und leicht herausfällt : im Mittelstücke dagegen laulen Gefässreiser, die nach innen und aussen Zweige abgeben, fast durch die ganze Breite der Follikel; ein gefässloses Gentrum fehlt zwar nicht ganz, besitzt aber nur sehr geringe Ausdehnung. Diese Einrichtung bringt es mit sich, dass jeder Follikel zwei getrennte Vacuolen enthält, und es hat dies manche Forscher verleitet, eine doppelte Reihe übereinander lie- gender Follikel anzunehmen. Isolirte kleine runde Follikel liegen aller- dings zuweilen im Drüsenstratum der Schleimhaut eingebettet, diese sind aber jedenfalls bis dahin wenig beachtet worden, auch kommen sie nur zerstreut vor und bilden niemals eine continuirliche Schicht. Bisweilen findet man in den Vacuolen der Kaninchenfollikel gelbe Kerne, die auf den ersten Blick an kleine Abscesse erinnern ; in den untersuchten Fäl- len fand ich sie aus Anhäufungen von abgeplatteten mit körnigem Inhalt und Kern versehenen Zellen von 5—6/1000 Dm. bestehend; diese mögen wohl ähnlich, wie die Zellen der concentrischen Körper der Thymus, aus den normalen Inhaltzellen hervorgehen, wenn die Ausfuhr der letztern ein Hinderniss erfährt. | Die Bilder, die man erhält, wenn man durch die Follikelhaufen des Kaninchens in verschiedenen Höhen Flachschnitte führt, entsprechen ganz dem Bilde des senkrechten Durchschnitts. Bis zu einer gewissen Tiefe besteht die Schleimhaut aus einem drüsentragenden gefässreichen Fach- werk, welches rundliche Lückenräume umschliesst. Aus letzteren pfle- gen die Follikelspitzen, der Befestigung entbehrend, meist herauszufallen. Die Schleimhautumkleidung der Follikelgruben ist nicht glatt, sondern bildet gefässreiche verticale Falten ; es erinnert sonach ein Durchschnitt derselben einigermassen an einen queren Dünndarmdurchschnitt. Et- was tiefer geführte Flachschnitte der Schleimhaut zeigen die beginnende Verbindung der Follikel mit dem sie umgebenden Fachwerk; man sieht in einer gewissen Höhe Follikel, die durch 1, 2 oder 3 gefässtragende Brücken mit den Wandungen der sie umgebenden Grube verbunden sind. Die Zahl der von Schnitten getroffenen Lieberkühn’schen Drüsen nimmt | | | 427 ab, das lockere von Lymphkörnchen infiltrirte Gewebe der interfollik ulä- ren Schleimhautbrücken besteht zum grössten Theil aus feinen circulär verlaufenden Balken, die mit spindelförmigen ovale Kerne enthaltenden Zellen zusammenhängen. Die Chyluswege sind sparsamer, sie erscheinen hauptsächlich an den Knotenpunkten der interfollikulären Brücken als rundliche, ovale oder spaltförmig gestreckte Lücken. Noch etwas tiefer bei der Annäherung an den Bereich des Mittel- stückes der Follikel ändert sich das Bild: Indem die Follikel ringsumher mit der übrigen Schleimhaut in Verbindung treten und die mit doppelter Epithelialschicht ausgelegten Spalten schwinden, verlieren sich die schar- fen Umgränzungen derselben stellenweise ganz und nur der Kranz quer durchbschnittener stärkerer Gefässstämmchen, die radiäre Anordnung der Follikelcapillaren und die etwas stärkere Verdichtung der Substanz an der Peripherie lassen den Bereich des einzelnen Follikels mehr oder minder deutlich noch hervortreten. Auch die Chylusspalten, welche bo- genförmig an die Follikel sich anschmiegen, zeigen theilweise deren Be- gränzung, obwohl Anfangs diese Spalten noch sehr sparsam sind, und keineswegs jeder Follikelquerschnitt auch an eine Spalte stösst. Dringt man mit dem Querschnitt in den Bereich des äusseren Follikelendes, so erkennt man die einzelnen Follikel wieder weit bestimmter als im Mit- telstück, da sie zum grösseren Theil durch Spalten von einander geirennt sind. Ein System von fibrösen Scheidewänden, die in grösserer Ausdeh- nung benachbarte Follikel von einander scheiden, kommt nicht vor; man findet zwar auch hier einen der Gefässanordnung nach von den Fol- likeln zu trennenden Gewebsantheil, der nach aufwärts in die interfolli- kulären Schleimhautbrücken übergeht und der offenbar seinem Verhal- ten nach der Septis des Kalbsdarmes entspricht; allein fürs erste tragen diese Gewebsstränge entschieden den Charakter der adenoiden Substanz, zweitens stehn sie in weit reichlicherer Verbindung mit den eigentlichen Follikeln; man sieht sie jeweilen schräg von einem Follikel zum andern herübertreten, oft auch sind sie in weiter Ausdehnung mit diesen ohne scharfe Gränze verlöthet; nach abwärts werden sie auch je länger je sparsamer. In der Mehrzahl der Fälle findet sich daher zwischen zwei aneinanderstossenden Follikeln nur je eine Chylusspalte, weit weniger häufig sind es deren auf kurze Strecken zwei. Die Hauptgelässstämm- chen sieht man übrigens auch hier theils in dem interfollikulären Ge- webe, theils an der Peripherie der eigentlichen Follikel verlaufen. Wir wenden uns nun dazu, die Peyer’schen Drüsen des Scha- fes kennen zu lernen. Auf den ersten Blick scheint die Architektur der- selben wesentlich von der der eben betrachteten Kaninchendrüsen zu differiren,, indess ergiebt die genauere Untersuchung, dass die Unter- schiede sämmtlich untergeordneter Natur, vorzugsweise durch die Ver- schiedenheit der relativen Dimensionen bedingt sind. Senkrechte Durch- schnitte, durch eine Plaque geführt, zeigen, dass an den Stellen, wo die Zeitschr. f. wissensch. Zoologie. XI. Bd. 28 428 Follikel gedrängt liegen, sie ganz in der Schleimhaut selbst sich befinden, eine Schicht von ,—"/”" Mächtigkeit bildend; da wo dagegen die Folli- kel nur in grösseren Abständen auftreten und die Schleimhaut selbst dünn ist, treten sie mit ihrem kuglig verdickten äussern Ende-in die Submucosa. — In den ausgebildeten Drüsenhaufen (vergl. Fig. 6) ragen die einzelnen Follikel mit ihrer inneren Wand frei gegen die innere Darmfläche vor; sie sind durch kreisförmige Furchen vom zottentragen- dem Zwischengewebe getrennt, theilweise sieht man die benachbarten Zotten über ihren Rand sich weglegen, indess kommt es niemals zu jener beträchtlichen Ueberwucherung von Seiten der drüsentragenden Schleim- haut, wie wir sie beim Kaninchen kennen gelernt haben. Zwischen den obern Theil der Follikel einer Plaque schiebt sich die drüsentragende Schleimhaut in Form von mehr oder minder breiten Brücken ein. Unter- halb der die Follikel umgebenden Kreisfurche verlöthet sich die Substanz dieser Zwischenbrücken mit derjenigen der mittlern Follikelzonen. Nachı abwärts wird die Verbindung aber wieder in grösserer oder geringerer Ausdehnung unterbrochen durch die dazwischen tretenden spaltförmi- gen Schleimhautsinus. Letztere trennen auch mehr oder minder voll- ständig die Follikel von den nach aussen liegenden Schichten. Die inter- follikulären Substanzbrücken selbst zeigen sich stellenweise von Spalten zerklüftet, die man zuweilen Gelegenheit hat bis in die Zotten hinein zu verfolgen. Die Lieberkühn’schen Drüsen reichen in dem Gewebe zwischen den Follikeln nicht durch die ganze Dicke der Schleimhaut, sondern nur etwa bis zur halben Tiefe. Die interfollikuläre Substanz nimmt nach ab- wärts ganz des Aussehen der Follikelsubstanz selbst an. Fährt man durch eine Peyer’sche Drüse vom Schafe in verschiedenen Höhen Querschnitte, so erhält man eine ähnliche Succession von Bildern wie beim Kaninchen. Ein Flachschnitt unterhalb der Zottenbasis zeigt die rundlichen 4, —%Y," Dm.fassenden Lückenräume, aus denen die Fol- likelkuppen theils herausgefallen sind, in denen sie aber theilweise durch Substanzbrücken noch festgehalten sind. Die Substanz zwischen den Follikellücken zeigt, reihenweise geordnet, die Querschnitte Zieberkühn- scher Drüsen (2—4 Reihen zwischen je zwei Lücken) ; weiterhin ist sie aber von längeren und kürzeren 1—1%100" breiten Spalten durchsetzt, die im Allgemeinen, obwohl nicht ausschliesslich dieselbe Richtung be- folgen wie die interfollikulären Substanzbrücken. Bald sieht man in einer Brücke einen längeren, bald zwei parallel neben einander laufende oder in einen gewissen Abstand sich ablösende Spalten, bald endlich finden sich deren eine ganze Anzahl scheinbar regellos zerstreut. Etwas tiefer sckneidend erhält man Bilder wie Fig. 7. Die ganze Schleimhaut wird von langgestreckten meist etwas gekrümmt verlaufenden Spalten in eine grosse Zahl von rundlichen oder polygonalen Feldern abgetheilt, die ihrerseits durch längere oder kürzere Substanzbrücken mit einander zusammenhängen. Dass auch hier die Spalten wiederum die Chylusbah- 129 nen repräsentiren,, zeigt die Injection. Den Mitteltheil je eines Feldes nimmt ein Follikel ein, während der peripherische Theil des Feldes so- wie die Verbindungsbrücken von drüsentragender Substanz gebildet werden. Die einzelnen Follikel sieht man, wofern der Schnitt nicht allzu oberflächlich geführt war, ringsumher durch interglanduläre Fortsätze mit dem übrigen Schleimhautgewebe zusammenhängen ; eine scheinbare Abgränzung derselben kann dadurch zu Stande kommen, dass bogenför- mige Gefässe zwischen den innersten Lieberkühn’schen Drüsen und der Follikelperipherie entlang laufen. Dass aber in Wirklichkeit keine Ab- gränzung der Follikel gegen jene Fortsätze besteht, das zeigen gute Pin- selpräparate wie z. B. Fig. 8 eins darstellt; an solchen sieht man nicht allein, dass auch die drüsentragende Schleimhautsubstanz ein sehr eie- gantes Netzwerk feiner kernloser Balken besitzt, sondern dass dieses durchaus continuirlich mit den gleichfalls kernlosen Balken des Follikel- reticulums selbst zusammenhängt. Die Pinselpräparate der Peyer’schen Drüsen des Schafs waren mir noch in anderer Hinsicht von Interesse in- sofern, als ich mich dann wiederum nicht allein von der schlingförmigen Umbiegung der Gapillaren vor Erreichung des Centrums überzeugte, sondern auch davon, dass schon vor der Umbiegung der Capillaren das Reticulum lockerer wurde und schliesslich ganz aufhörte. Die Form der Maschen des Reticulums ist in den interfolliculären Gewebsbrücken und in der Peripherie der Follikel eine mehr langgestreckte, gegen das Cen- trum näherte sie sich der runden. — Was das Verhalten der Blutgefässe betrifft, so sieht man an Querschnitten die stärkeren Stämmchen in dem drüsentragenden Theil der Schleimhaut und zwar grossentheils dicht an der Sinuswand liegend ; seine Zweige umkreisen einmal die Lieberkühn’- schen Drüsen und dringen sodann durch die interglandulären Fortsätze der Follikel in das Innere dieser letzteren selbst ein. | Führt man den Flachschnitt durch die äussere Lage der Schleimhaut ausserhalb des Bereichs der Lieberkühn’schen Drüsen, so zeigt er Folgen- des: Zwischen den Querschnitten der einzelnen Follikel liegen breitere Brücken eines Gewebes, das viele Durchschnitte stärkerer Blutgefässe erkennen lässt. Von diesen interfollikulären Brücken sind die Follike, meist im grösseren Theil ihres Umfangs durch eine kreisförmige Spalte den Schleimhautsinus getrennt; im übrigen Theil ihres Umfangs aber hängen sie mit jenen ohne bestimmte Gränze unmittelbar zusammen, oder anders ausgedrückt, es legen sich die interfollikulären Substanz- brücken abwechselnd bald an den einen, bald an den anderen Follikell um mit ihnen innig zu verlöthen. Gute Pinselpräparate zeigen auch in diesen tieferen Schleimhautlagern ein äusserst elegantes längsmaschiges Reticulum in der Interfollicularsubstanz, das an den Berührungsstellen mit dem der Follikel continuirlich zusammenhängt und das vor dem Aus- pinsel strotzend mit Lymphkörperchen erfüllt ist. Werfen wir einen Rückblick auf die his dahin betrachteten Formen von D8* 430 Follikeln, so erinnern wir uns, dass sich bis dahin am einzelnen Follikel immer drei Zonen hatten unterscheiden lassen : eine innerste der Darm- höhle oder einer buchtigen Verlängerung derselben zugekehrte, eine äussere, welche in die spaltförmige Schleimhautsinus taucht und welche nur zum Theil durch gefässtragende Substanzbrücken mit der Umgebung verbunden ist, und eine mittlere Zone, welche vorzugsweise bestimm! ist die Verbindung mit dem drüsentragenden Theile der Schleimhaut zu vermitteln, welche somit auch beinahe durchweg einer scharfen Umgrän- zung entbehrt. Der drüsentragende Theil der Schleimhaut, der allent- halben schon in seinem innersten Theil von Sinusspalten durchzogen ist, dringt in Form mehr oder minder breiter Keile zwischen die Follikel ein, um mit der Mittel- und theilweise auch Aussenzone ausgedehnte Verbin- dungen einzugehen; in den Drüsen des Kalbes tragen die äusseren Fortsetzungen des interfollikularen Gewebes die Beschaffenheit fibröser Scheidewände, wogegen beim Schafe und beim Kaninchen der fibröse Charakter des Gewebes dem adenoiden Platz macht und auch die ver- vielfältigte Verbindung mit den Follikeln die Bedeutung jener Gewebs- theile verwischt. Was die relative Entwickelung der drei Follikelzonen betrifft, so sehen wir diese als eine ziemlich harmonische bei den lang- gestreckten Follikeln des Kaninchens, sowie bei den mehr gerundeten des Schafs, wogegen beim Kalb die Aussenzone der Follikel gegenüber den beiden übrigen Zonen eine ausnehmende Vergrösserung zeigt. Im Anschluss an die bisher gegebenen ausführlicheren Schilderun- gen wollen wir nur kurz noch einiger Drüsenformen gedenken, die mehr oder minder beträchtlich von den geschilderten abweichen. Die Follikel im lleum des Schweines zeigen hinsichtlich ihrer Grösse und ihres Verhaltens zur Schleimhaut manche Aehnlichkeit mit denen des Schafes. Die Follikel spitzen sich, wie dies senkrechte Schnitte zei- gen, in ihren oberen Theilen conisch zu und erhalten dadurch eine be- deutende Aehnlichkeit mit den an denselben Localitäten vorkommenden sehr breiten Zotten. Der untere Theil der Follikel ragt in die Submucoas vor und wird hier gleichfalls zum grösseren Theil von sinusartigen Hobl- räumen umgeben. Die Verbindung des mittleren Theils der Follikel mit dem drüsentragenden Theile der Schleimhaut geschieht genau wie beim Schaf durch interglanduläre Fortsätze (vergl. Fig. 9), die zugleich als Eintrittsbahnen für Blutgefässchen dienen. Die Sinus fand ich in der eigentlichen Schleimhaut sparsamer als beim Schaf. Wodurch sich aber das Ileum des Schweines besonders auszeichnet, das ist durch eine starke Entwickelung der muskulösen Elemente. Die Muscularis Mucosae ist sehr _ dick und sie schickt, wie man besonders auf Schrägschnitten sieht, theils stärkere, theils feinere Faserzüge in die oberflächlichen Schleimhautla- gen. So weit die Follikel in der Muskelschicht liegen, sind sie und die sie umgebenden Sinus von einander durch breite Muskelbrücken ge- 439 schieden, in denen die Fasern im Allgemeinen eine kreisförmige Anord- nung zeigen. Die Follikel im Ileum der Katze liegen gleichfalls mit ihrer Hauptmasse in der Submucosa, verlängern sich aber, wie dies schon Böhm, Brücke und Andere beschrieben und abgebildet haben, conisch bis zur Darmfläche der Schleimhaut hin; es kann dieser innere Theil eine gewisse Zottenähnlichkeit simuliren, obwohl die Verwechselung hier nicht so nahe liegt wie beim Schweine, weil die Zotten des lleums der Katze weit dünner und länger sind. Die Verbindung des in der Schleim- haut liegenden Theiles der Follikel mit dem Schleimhautgewebe findet statt wie beim Schafe und Schweine (vergl. Fig. 10), auch die Ueberein- stimmung in der Gewebsbeschaffenheit ist vorhanden. Zuweilen treflen senkrechte Darmdurchschnitte die Follikel in der Weise, dass man den sich verschmälernden obern Theil in mehrere Brücken von Schleimhaut- stroma sich verlängern sieht, die zwischen Lieberkühn’schen Drüsen lie- gen (vergl. Fig. I4). Die Sinus in der Umgebung der Follikel sind spar- sam, mehr canalartig, wie überhaupt in der ganzen Mucosa des Katzen- darms, indess erkennt man sie doch leicht sowohl an senkrechten als an Flächenschnitten. Liegen die Follikel gedrängt aneinander, so kann auch in der Submucosa das Gewebe zwischen den Follikeln den adenoiden Charakter annehmen. — Von Interesse sind solche Schnitte, die man durch die Mucosa des Katzencoecums führt, jenes Theiles nämlich desselben, der gedrängt mit Follikeln versehen ist und der dem Pro- cessus vermiformis anderer Säugethierdärme entspricht. An solchen Schnitten nämlich sieht man, falls sie etwas oberflächlich geführt sind, in höchst prägnanter Weise wie der obere Theil der Follikel in die Ge- websbrücken übergeht, die zwischen den Lieberkühn’schen Drüsen lie- gen (vergl. Fig. 12). Zwischen den sternförmig sich ausdehnenden Pa- renchymnetzen, die nur aus der stellenweisen Verbreitung der inter- glandulären Brücken entstanden zu sein scheinen, und den ausgebildeten runden Follikeln, die nun durch dünne Fortsätze mit dem interglandulä- ren Schleimhautgewebe zusammenhängen, finden sich, ofi nebenein- ander liegend, alle möglichen Uebergangsformen. Bau der follikellosen Darmschleimhaut. Als Beispiel für den Bau der follikelfreien Schleimhaut wähle ich die Schleimhaut des Dünndarmes vom Schafe, sie zeichnet sich durch etwas reichlichere Entwickelung der adenoiden Substanz sowohl, als der Sinus vor manchen anderen untersuchten Schleimhäuten aus. Führt man nach Abtragung der Zotten und des zunächst darunter liegen- den Gewebes einen Flachschnitt durch die Schleimhaut des Schaldarms, so erhält man Bilder, die im Wesentlichen ganz mit der nach einem Schnitte des Rinderdarmes aufgenommenen Figur 13 übereinstimmen. En 432 Die in ziemlich gleichmässigen Zwischenräumen von je etwa I—2/400" mit Lieberkühn’schen Drüsen besetzte Schleimhaut zeigt sich zerklüftet durch eine Anzahl meist länglicher Spalten, die mit einer gewissen Re- gelmässigkeit angeordnet sind. Es liegen nämlich diese Spalten, die eine Länge von Y,—'/, , eine Breite von ,—1'%100” zu haben und meist et- was gebogen zu verlaufen pflegen, in meist parallel stehenden Längsreihen, so dass ein solcher Durchschnitt das Ansehn gewährt, als ob das Gewebe aus neben einander liegenden flachen Bändern bestände, die stellen weise etwas aufgetrieben und von Strecke zu Strecke mit einander verlöthet wären. In der Breite eines Bandes liegen meist 2, seltener 4 oder 3—4 Drüsenquerschnitte. Die Breite der Bänder wechselt daher zwischen Yo—% . Esist klar, dass dies Bild mit dem früher beschriebenen, das die Querschnitte von Peyer’schen Drüsen des Schafsdarmes gewähren, grosse Aehnlichkeit besitzt. Denkt man sich in die flachen Bänder von Fig. 13 stellenweise Anhäufungen von drüsenloser Substanz eingeschober, so erhält man eben das Bild von Fig. 7. — Führt man den Schnitt durch die Schleimhaut sehr oberflächlich, so nimmt die Zahl der Gewebsspalten zu, und vielfach sieht man dieselben netzförmig untereinander zusam- menhängen. Dass auch an diesen verschiedenen Bildern die beschriebenen Spalträume die Chyluswege sind, das lässt sich durch die nach Teichmann’s Methode angestellte Injection leicht feststellen. In noch entscheidenderer Weise lässt sich der Beweis dafür dadurch beibringen, dass man ihren Zu- sammenhang mit den centralen Zottenräumen nachweist. Dies ist durchaus nicht schwer: Führt man durch einen Schafsdarm mit injieirten oder auch mit nicht injicirten Chyluswegen senkrechte, oder noch besser schräge Schnitte, so erhält man in sehr zahlreichen Fällen Zottendurchschnitte, die die im mittleren Theil der Zotte verlaufenden Chylusräume der ganzen Länge nach treffen (vergl. Fig. 14 u. 15). Gegen das innere Zot- tenende hin sieht man diese centralen Canäle blind enden; nach aussen dagegen zeigen sie ein verschiedenes Verhalten, je nachdem sie der Schnitt getroffen hat. Bald sieht man durch Spalten, die bogenförmig unter der Schleimhautoberfläche verlaufen, die Chylusräume zweier Zot- ten sich verbinden, bald sieht man den durchschnittenen Zottencanal mehr oder minder tief in die Dicke der Mucosa eindringen und schliess- lich früher oder später blind endigen ; in diesem Falle kann ein zweiter Canal, vom ersten durch eine schräge Substanzbrücke getrennt, in der Richtung desselben fortlaufen bis zur Muscularis Mucosae, und selbst durch diese hindurch in die Submucosa; hier sieht man ihn dann wohl‘ wie dies auch Fig. 15 zeigt, in grosse Hohlräume einmünden, die nichts Anderes sind als die Durchschnittte der sehr dünnwandigen submukösen Chylusgefässe. War der Schleimbautdurchschnitt sehr schräg geführt, so sieht man die centralen Zottencanäle unmittelbar unter der Schleim- hautoberfläche in ein Netzwerk canalartiger Hohlräume einmünden, die etwas tiefer in jene Längsspalten übergehen, die wir zuvor geschil- 433 dert haben. — An gewissen Stellen des Schafsdarmes können die Schleimhautsinus von zarten Bindegewebsbalken durchsetzt sein, die ganz an jene Balken erinnern, die die Lymphdrüsensinus zu durchsetzen pflegen (Fig. 16). Hinsichtlich der Vertheilung der Blutgefässe gilt auch hier die Regel, dass solche niemals im Innern der Sinus gelegen sind; sie liegen stets im compacten Schleimhautgewebe. Hier sieht man an Quer- schnitten injieirter Präparate die stärkeren Stämmchen meist gleichfalls quer durchschnitten, hie und da Zweige abgebend, die die Lieberkühn’- schen Drüsen umkreisen. Es liegen die Stämmchen theils im Innern der früher beschriebenen Bänder, häufiger aber noch an der Peripherie dicht an der Gränze der Schleimhautsinus, zwischen diese und die äussersten Lieberkühn’schen Drüsen eingedrängt. Betrachten wir nun etwas genauer die Structur des Gewebes, das den drüsen- und gefässtragenden Theil der Schleimhaut ausmacht, so überzeugen wir uns ohne Schwierigkeit, dass dasselbe mit reichlichen Mengen von Iymphkörperchenartigen Zellen infiltrirt ist; ferner über- zeugen wir uns, dass diese Zellen durch Pinseln aus dem Gewebe ent- fernbar sind; sie müssen somit nur locker in ein Gerüst eingelagert ge- wesen sein, das wir nach dem Auspinseln leer vorfinden werden. Die Beschaffenheit dieses Gerüstes zeigt sich nicht an allen Stellen gleich (Fig. 16); es besteht oft aus sehr feinen Bündelchen von faserigem Bin- degewebe, die vielfach sich spalten und wiederum untereinander verei- nigen, oder man sieht etwas dickere Bälkchen, die an ihrem Endtheile in feine Fascikel auseinandertreten, oder endlich, man sieht stellen- weise auch kernhaltige verzweigte Körper. Liegen die Faserbündelchen sehr dicht beisammen, oder finden sich statt ihrer dünne, leicht zur Seite sich legende Blättchen, so kann oft der Anschein entstehen, als ob das Gewebe gar nicht den durchbrochenen Charakter hätte; günstige Pinsel- präparate werden indess immer das Richtige zeigen. Eine membranar- tige Verdichtung des Gewebes findet sich einmal im Umkreise der Lieber- kühn’schen Drüsen, und zweitens an der Begränzungsfläche der Sinus. — Bei den Darmzotten findet sich die Verdichtung des Gewebes gegen die Centralräume hin und gegen die Epithelialschicht; man sieht daher selten das Reticulum der Darmzotten ganz frei, da meist die eine oder andere Gränzmembran zurückbleibt ; am leichtesten erhielt ich Bilder des- selben an Rissenden der Zotten; auch kann man mit Hülfe scharfer Sy- steme, besonders der Harinak’schen Immersionslinse, durch die vorhan- dene Gränzmembran hindurch die Analyse des Zottengewebes vorneh- men. Auspinseln lassen sich die Zotten meist leicht. Ich habe nun weiterhin die Schleimhaut vom Duodenum des Ochsen untersucht und habe sie, abgesehen von den Differenzen in der Form der Zotten und anderen untergeordneten Abweichungen, völlig übereinstim- mend gebaut gefunden wie die eben beschriebene Dünndarmschleimhaut des Schafes. Die faltenartigen Erhebungen der Oberfläche, aus denen die 434 niedrigen Zotten sich entwickeln, enthalten bei queren Durchschnitten je einen mittleren Sinus. Etwas tiefer trifft man jene Theilung der Schleimhaut in bandartigen Streifen, die wir früher am Schafe geschil- dert. Das Reticulum des Schleimhautgewebes besteht überwiegend aus verzweigten Zellen mit ovalen Kernen, die man oft auch isolirt umher- schwimmen sieht. In den Zotten ist das Reticulum so zart, dass man an kleinen Zottenfragmenten oft das Gefässgerüst frei obne Zwischengewebe zu Gesicht bekommt. Die follikellosen Stellen des lleums vom Kalbe gaben mir gleichfalls sehr hübsche Bilder von den Schleimhautsinus nicht minder als vom zelligen Reticulum des Parenchyms der Zotten und des interglandulären Gewebes. — Beim Kaninchendünndarm fand ich besonders die Sinus sehr entwickelt, die in den zottentragenden Fal- ten gelegen sind. Oberflächliche Schnitte, nach Abtragung der Zotten er- halten, zeigen jene Falten je in der Mitte mit vielfach communicirenden Spalten versehen — in tiefen Schnitten nehmen diese an Ausdehnung ab und sind durch Substanzbrücken meist von einander getrennt. — Etwas sparsamer mit Sinusspalten versehen erscheint die Schleimhaut im Ileum des Schweines; im Uebrigen weicht ihr Bau nicht ab von dem der bisher betrachteten Darmstücke. Dass auch das Schleimhautparenchym des Colon aus adenoider Sub- stanz besteht und in ähnlicher Weise von Sinus durchzogen ist wie das des Dünndarmes, davon habe ich mich am Colon vom Schafe, Kalbe, Kaninchen und Menschen überzeugt ; beim Schafe bilden jene laut meinen Injectionsergebnissen dendritisch verzweigte Canäle, die im Allgemeinen dem Verlauf grösserer Blutgefässstämmchen folgen; dieselben endigen blind in der Nähe der Oberfläche!). — Bemerkenswerth erscheint mir am Dickdarm die Aehnlichkeit, welche die injieirten interglandulären Falten der Oberfläche hinsichtlich ihrer Gefässvertheilung zeigen mit den Markschläuchen der Lymphdrüsen; wenn wir auch aus solchen Aehn- lichkeitsverhältnissen nicht ohne Weiteres physiologische Schlüsse ziehen dürfen, so sind wir doch auch nicht berechtigt, sie nur als Zufälligkeiten anzusehen. Etwas abweichend von den meisten bis dahin besprochenen Formen zeigt sich die Schleimhaut im Darme von Hund und Katze gebaut. Es ist nämlich bei diesen Thieren die adenoide Schleimhautsubstanz nur sparsam vorhanden, die Sinus selbst sind eng und daher weniger in die Augen fallend. Macht man feine Flachschnitte am Dünndarme von Hund oder Katze, so sieht man, dass die Brücken zwischen den Lieberkühn’- schen Drüsen oft nicht mehr denn 3/1000” breit sind. Ausser den Blut- gefässen sieht man in ihnen auch Lymphzellen, und zwar häufen sich 4) Teichmann, der seine Dickdarm -Injectionen hauptsächlich am Darm des Men- schen anstellte, war nur in einzelnen Fällen im Stande, Chyluscanäle zwi- schen die Lieberkühn’schen Drüsen zu verfolgen; sie sollten nach ihm wieder in das subglanduläre Netz zurückkehren (l. ce. p. 87). 435 diese natürlich etwas reichlicher in den Knotenpunkten des Schleimhaut- gerüstes an (Fig. 17). Pinselt man einen solchen Schnitt sorgfältig aus, so fallen nicht nur die Lymphkörperchen, sondern oft auch die Zellenbe- lege der Lieberkühn’schen Drüsen aus ihren Lückenräumen heraus und man erhält dann das Schleimhautgerüste ganz frei. Auch hier überzeugt man sich, dass die Substanz, die unmittelbar die Lymphdrüsen umgiebt, membranartig verdichtet ist, während der Raum dazwischen oft ganz leer oder nur von einzelnen Faserzügen durchzogen ist. Bei der Katze fand ich das Reticulum einestheils aus einfachen kerhiosen Querbrücken zwi- schen den beiden Drüsenbegränzungen bestehend, anderntheils aus lon- gitudinalen Faserzügen, theils einfachen Bindegewebsbälkchen, theils kernhaltigen Spindelzellen. Im Reticulum des Hundsdarmes finden sich longitudinal gestellte Spindelzellen. Ich schliesse hiermit den beschreibenden Theil meiner Arbeit ab; ich fühle am besten wie viele Lücken ich gelassen habe, wie wünschens- werth es gewesen wäre, wenn ich die Untersuchung auf eine noch grös- sere Anzahl von Thierspecies hätte ausdehnen können, und wenn ich auch die Structurabweichungen in verschiedenen Höhen des Darmes bei denselben Thieren eingänglicher verfolgt hätte; indess scheint mir das gegebene Material genügend, um daran die Principien darzulegen, die sich beim Bau der Darmschleimhaut geltend machen. Am meisten empfinde ich es, dass es mir nicht vergönnt war eingänglichere Mittheilungen über den menschlichen Darm zu machen; allein es standen mir während der Dauer meiner Untersuchungen keine normalen Menschendärme zu Ge- bote, und die mir einzig vorliegenden typhös entarteten durften natür- lich nicht Beschreibungen zu Grunde gelegt werden. Ich hoffe bei einem späteren Anlass diese Lücken ausfüllen zu können. Was die Schleimhaut des Magens betrifft, so habe ich diese nur beiläufig in den Bereich meiner Untersuchung gezogen. An einer Anzahl von Durchschnitten, die ich mir von der Schleimhaut des menschlichen und des Schweinemagens fertigte, fand ich das interglanduläre Stroma aus einem streifigen mit grossen spindelförmigen Zellen durchsetzten Bindegewebe bestehend; adenoides Gewebe traf ich keins. Dass dieses aber auch im Magen auftreten kann, entnehme ich ausser aus dem bekannten Vorkommen solitärer Follikel aus einer Notiz von Henle. Dieser Anatom giebt nämlich an, dass er bei einer gesunden Selbstmörderin überall die Brücken zwischen den blind- darmförmigen Drüsen dicht mit Körperchen erfüllt gefunden habe, die auf Behandlung feiner Flächenschnitte mit Essigsäure sichtbar wurden, während Kalilösung an denselben Stellen ein Netz sehr feiner Bindege- websbälkchen sichtbar machte‘). ‚Auf die obern Abschnitte des Digestionstractus habe ich meine Untersuchungen nicht ausgedehnt. Die in mancher Beziehung mit dem Darme sehr verwandten Verhältnisse von Zungen wurzel, Isthmus faucium 4) Zeitschrift für rationelle Pathol. 3. Reihe. VIII, p. 228. k36 und Pharynx werden nämlich wohl demnächst durch Herrn Dr. F. Schmidt aus Kopenhagen eingänglicher geschildert werden, der im vergangenen Winter und Frühling theils in Würzburg, theils hier sorgfältige Unter- suchungen darüber angestellt hat. Resumiren wir nun kurz die Ergebnisse der mitgetheilten Untersu- chungen, so ergiebt sich Folgendes: 4) das Grundgewebe der Darmschleimhaut, das man bis dahin ein- fach für Bindegewebe erklärt hatte, besteht aus einer Substanz, die die wesentlichen Eigenschaften der Lymphdrüsensubstanz besitzt, die wir daher mit dieser in eine Reihe stellen und als adenoide Substanz bezeichnen. Es besteht nämlich das fragliche Gewebe aus einem mehr oder minder dichten Netzwerke feiner Bindegewebsbalken oder verzweig- ten Zellen, die an die Blutgefässe sich anschliessend ein Gerüst bilden, in dessen Maschen Iymphkörperchenartige Zellen eingelagert sind. 2) In dieses Gewebe eingegraben verläuft ein System von Canälen oder spaltartigen Lückenräumen, die zum Abzug des resorbirten Chylus dienen. Sie beginnen unter den innern Schleimhautflächen mit blinden Enden (beim Dünndarme mit den centralen Zottenräumen) ; nach aussen münden sie ins Netz der submukösen Chylusgefässe. Es lassen sich an diesen Canälen keine eigenthümlichen Wandungen nachweisen; sie be- sitzen keine andere Begränzung als die durch die anstossende an der Gränzfläche jeweilen membranartig verdichtete adenoide Substanz. Das Verhältniss der Ganäle zur adenoiden Substanz ist ähnlich dem der Lymphbahnen in den Lymphdrüsen zur Drüsensubstanz: wir bezeichnen sie daher wie jene als Sinus (Schleimhautsinus, Zottensinus). 3) Ausser der adenoiden Substanz, die das Grundgewebe bildet, und den Sinusräumen, betheiligen sich an der Bildung der Darmschlein- haut das Epithel, die absondernden Drüsen und die glatten Muskeln. Das Epithel fällt ausser den Bereich unserer diesmaligen Untersuchung ; von den absondernden Drüsen sind die Lieberkühn’schen durch den gan- zen Darm in der bekannten regelmässigen Weise in die adenoide Sub- stanz eingesetzt; je reichlicher sie auftreten, um so mehr tritt diese zu- rück und umgekehrt. Die Muskeln bilden nach aussen von der mit Lieberkühn’schen Drüsen besetzten Lage adenoider Substanz eine beson- dere Schicht, aus der aber (wie dies schon Kölliker zeigte), bald mehr, bald minder deutliche Ausläufer ins adenoide Gewebe eindringen. 4) Die Peyer’schen und solitären Follikel des Darmes sind nicht Bil- dungen ganz besonderer Art, sondern sie lassen sich als reichlichere An- häufungen von adenoider Substanz auffassen. Wir unterscheiden an jedem Follikel einen innern der Darmhöhle zugewendeten Abschnitt, ein Mittelstück und einen äusseren Abschnitt; letzterer kann in der Mu- cosa selbst liegen oder auch in die Submucosa sich eindrängen'). Die 4) Ich fasse wie man sieht das Verhältniss gerade umgekehrt auf, als man es früher that, da man die Follikel in der Submucosa sich entwickeln und von da zuwei- len in die Mucosa sich einkeilen liess. en? , 137 Verbindung der Follikel mit dem drüsentragenden Theil der Schleimhaut, die man bis dahin hie und da beobachtet hatte, ist kein vereinzeltes Vor- kommniss, sondern sie findet sich constant und bei jedem Follikel, und zwar ist es zunächst das Mittelstück, welches ausgedehntere Verbin- dungen mit der übrigen Schleimhaut eingeht; weniger ausgedehnte fin- den sich in vielen Fällen auch am Aussentheil der Follikel. 5) Im Innern der Follikel finden sich nachweisbar keine sinusartigen Räume, dagegen liegen solche in weiter Ausbreitung an der Peripherie der Follikel und zwar zunächst im Umkreis des Aussentheils, weniger reichlich in dem des Mittelstücks. Es sind in der Umgebung der Follikel die Sinus weit entwickelter als in der übrigen Darmschleimhaut, es scheint überhaupt als allgemeine Regel angenommen werden zu dürfen, dass mit der Entwickelung des adenoiden Gewebes im Darm die Ent- wickelung der Sinus parallel geht. 6) Die Follikel unterscheiden sich von der übrigen adenoiden Sub- stanz des Darınes, besonders von derjenigen der Zotten und Falten der Oberfläche durch einen geringeren Reichthum an Blutgefässen,, daher sie auch an blutreichen frischen oder an injicirten Präparaten als hellere Flecke in die Augen fallen. In ähnlicher Weise sind auch die Ampullen der Lymphdrüsen viel gefässärmer als die Markschläuche und auch bei ihnen tritt die grössere Blässe schon für das blose Auge hervor. Wie wir also die Follikel des Darmes mit den Lyn;phdrüsenampullen verglei- chen, so können wir mit einem gewissen Recht die Darmzotien, die oberflächlichen Schleimhautfalten und das interglanduläre Schleimhaut- gewebe den Markschläuchen der Lymphdrüsen zur Seite stellen. Für die Zotten ist, wie ich dies schon in meinem Lymphdrüsenaufsatz her- vorgehoben habe, die Aehnlichkeit mit Markschläuchen sehr gross, der Hauptunterschied zwischen beiden Bildungen ist nur der, dass bei den Markschläuchen der Sinus peripherisch liegt, bei den Zotten dagegen ceniral. 7) In den Follikeln finden sich die stärkeren Gefässstämmchen an der Peripherie, die capillaren Zweige verlaufen im Allgemeinen radial gegen das Centrum hin; der mittlere Theil der Follikel ist gefässlos und entbehrt wie es scheint auch constant des Reticulums; er bildet somit eine Art von Vacuole; beim Kaninchen fanden wir auf einen Follikel je zwei Vacuolen. | 8) Wie die Peripherie der Follikel durch reichliche Gefässstäimmehen markirt ist, so zeigt es sich auch anderwärts, dass das Gerüst der Ge- fässe mit Vorliebe an den Gränzflächen der adenoiden Substanz sich aus- breitet: bekannt ist das subepitheliale Gefässgerüst der Zotten und das der Schleimhautoberfläche des Dickdarms, allein auch gegen die Sinus hin sehen wir die Regel bewährt. Schon in den Zotten selbst sieht man an günstigen Präparaten, dass die Gefässe theilweise dicht an der Wand ‘ des Centralraumes liegen: ferner beobachtet man in der übrigen h38 Schleimhaut, dass zunächst an die Sinuswand anstossend theils stärkere Gefässstämme, theils capillare Zweige sich ausbreiten. Auch in dieser Hinsicht also stossen wir wiederum auf eine Uebereinstimmung mit den Verhältnissen des Lymphdrüsenbaues. f Es fragt sich nun, inwieweit wir berechtigt sind, die festgestellten anatomischen Thatsachen zu physiologischen Schlüssen zu verwerthen. Da kann man verschiedener Ansicht sein: ich für meinen Theil stehe keinen Augenblick an, anzunehmen, dass die gesammte adenoide Sub- stanz des Darmes, die der Follikel nicht minder als die des Zottenparen- chyms und des interglandulären Gewebes, die Stelle der Blutkörperchen- bildung übernehmen kann, d.h. dass die Zellen, die wir in derselben aufgehäuft finden, nicht die Bestimmung haben, in ihr liegen zu bleiben, sondern zunächst in die Ghyluswege und durch diese in die Gesammteir- culation zu gelangen. — Was die Wege betrifft, auf denen die Körper- chen des adenoiden Gewebes in die Chylushahnen gerathen,, so gebe ich zu, dass dieselben noch keineswegs hinreichend klar vorliegen. Die mit Lymphkörperchen infiltrirten Verbindungsstränge der Follikel mit dem angränzenden Gewebe, welche Brücke als Ausführungsgänge derselben deutete, dürfen als solche nicht angesehen werden, sie gehören ja mit zum adenoiden Gewebe, während gerade die von Brücke mit einer ge- wissen Verachtung behandelten Spalten in der Umgebung jener Stränge die gesuchten Abzugswege sind. — Am meisten hat, wie es mir scheint, noch immer die Annahme für sich, dass die Begränzungswand des ade- noiden Gewebes gegen die Sinus hin keine ganz continuirliche, sondern eine stellenweise von Lücken durchbrochene sei, dass sie somit den Kör- perchen, wenn auch nicht immer, so doch dann den Durchtritt gestatte, wenn bei reichlicherer Blutzufuhr die adenoide Substanz ausgedehnt und der Druck der in ihr enthaltenen Flüssigkeit gesteigert ist. Einer solchen Annahme scheinen nun allerdings die Injectionsresultate zu widerspre- chen: bei gelungener Injection der Chyluswege füllen sich nur die Sinus und es dringt keine Masse in die adenoide Substanz ein. Es hat Teich- mann diesen Umstand mit Rücksicht auf die Follikel ausserordentlich be- tont und er glaubt, es sei dadurch der unwiderlegliche Beweis gegeben, dass die Follikel keine Körperchen in die Ghylusgefässe führen können. Es kann indess gerade Teichmann’s sonst so werthvolle Arbeit ein Bei- spiel liefern, dass man sich vor allzugrossem Vertrauen auf die Injection hüten müsse. Es kommt Teichmann nicht nur zu dem Satz, dass die Follikel nichts mit der Lymphkörperbildung zu thun haben, sondern zu dem weit paradoxeren, dass die Molecüle des Chylus gar nicht als solche resorbirt werden, vielmehr in den Chylusgefässen selbst entstehen. Ich glaube nicht, dass irgend ein Physiolog, der den Vorgang der Fettver- dauung mit dem Mikroskop verfolgt hat, diesen Satz wird unterschreiben 439 wollen. — Unstreitig sind mancherlei Vorrichtungen denkbar, die den Durchtritt kleiner Körper durch eine Membran in einer Richtung, nicht aber in der entgegengesetzten gestatten. Es könnten z. B. die dün- nen an der Sinusgränze befindlichen Bindegewebsblättchen so überein- ander liegen, dass eine ähnliche Klappenvorrichtung entstände, wie wir sie auf verschiedenen Schleimhäuten bei schräger Einmündung von Drü- sengängen kennen. Die Unmöglichkeit eines Austritts vom Körperchen aus der adenoiden Substanz in den Sinus ist erst dann bewiesen, wenn gezeigt wird, dass eine primär in die adenoide Substanz, z. B. in die Follikel Ebene körnige Masse von hier aus nicht in Hi Sinus treten kann!). ‚Es ist nun allerdings de eben an Lücke in unserem Wis- sen von den Lymph- und Chyluswegen eine sehr empfindliche: dies hindert aber nicht, dass allen vom einseitig anatomischen Standpunkte aus zu machenden ee zum Trotz, immer und immer wieder die bekannten physiologischen Gründe sich werden geltend machen, die die adenoide Substanz, mag sie auftreten wo sie will, mit der Blutzellen- bildung in Beziehung setzen: Wenn wir einestheils sehen, dass täglich farblose Zellen massenhaft producirt und mit der Lymphe ins Blut geführt werden, wenn wir 2) jedes Anhaltspunktes entbehren um die Production dieser Zellen in die Gelässe selbst zu versetzen, wenn wir 3) an vielen Stellen des Körpers Organe finden, die mit den Lymphzellen ganz übereinstimmend gebaute Zellen in Menge und unter Verhältnissen enthalten, die ihrer Vermehrung günstig sind, so dürfen wir schon ohne leichtsinnig zu sein, uns die Ver- muthung erlauben, dass jene Zellen im Blute wohl aus diesen Organen stammen möchten. Die Begründung dieser Vermuthung wächst, wenn wir das Verhalten der Lympbhgefässe in den fraglichen Organen in Be- tracht ziehen. Es haben nämlich diese Organe, die wir als adenoide zu- sammenfassen wollen, theils zu- und abführende, theils nur abführende Lymphgefässe; im letzteren Falle enthalten die abführenden Gefässe stets relativ reichliche Mengen farbloser Zellen, im ersten Falle ist die Menge der Zellen in ihnen grösser als in den zuführenden. Dazu kommt nun, dass die adenoiden Organe angeschwollen sich zeigen zu Zeiten, wo 4) Man möchte vielleicht versucht sein, zu Gunsten der oben ausgesprochenen An- nahme die bekannten Injectionsversuche von Brücke anzuführen. Es haben in- dess diese beim gegenwärtigen Stand der Dinge sehr an Gewicht verloren. Wenn bei Brücke's Injectionen mit gefärbtem Terpentinöl in den Katzendarm fürs ‘erste die centralen Follikelräume und weiterhin die Chylusgefässe der Submu- cosa sich füllten, so ist damit natürlich nicht bewiesen, dass letztere Füllung Folge der ersteren gewesen sei; viel eher dürfen wir jetzt annehmen, dass beide Vorgänge nur neben einander her, nicht auseinander hervorgegangen seien. So gut als die Follikelspitzen einreissen und dem Oel Zutritt ins Innere gestatten konnten, so gut und noch viel besser konnte auch eine Zerreissung der Sinus selbst und somit eine Eröffnung der directen Abzugswege statt haben. 440 auch eine vermehrte Bildung farbloser Blutzellen beobachtet wird, dass sie pathologisch entartet sind bei gleichzeitiger Bluterkrankung, endlich dass die Zellen, die wir in ihnen aufgehäuft finden, Charaktere besitzen, wie sie sonst nirgends stabilen Zellengehilden eigen sind. Es tragen diese eben alle Charaktere der Jugendlichkeit an sich, runde Form, granulirte Beschaffenheit, eng an den Kern anschliessende Zellenmem- bran u. s. w. Wo wir sonst solche Zellen sich bilden sehen, da sehen wir sie auch sofort weitere Metamorphosen eingehen, sei es dass sie fettig zerfallen, käsig eintrocknen, oder dass sie zu Spindel, Pflasterzel- len oder dergl. auswachsen. Nachdem in den letzten Jahren manche Glieder in die Reihe unserer adenoiden Organe eingefügt worden sind, dürfen wir nicht ruhen bis die Reihe eine vollständige ist, d. h. bis in allen Körpertheilen, die eine zel- lenhaltige Lymphe liefern, auch Herde adenoider Substanz nachgewiesen sind. Nicht alle Körperlymphe ist zellenhaltig: von der Lymphe der Leber hat Kölliker schon vor längerer Zeit gezeigt, dass sie keine Zellen ent- hält; ich kann diese Angabe bestätigen; die Lymphe in den Gefässen der Schilddrüse fand ich bei einer durch Eröffnung der Brusthöhle ge- tödteten Katze ebenfalls zellenfrei. Dass aber die Lymphe der Extremi- täten schon bevor sie die Lymphdrüsen passirt hat, Zellen enthält, das haben Teichmann’s sorgfältige Untersuchungen ergeben; hier wird also noch auf adenoide Organe zu fahnden sein; wofern sie nicht in der Haut liegen, dürfte man vielleicht daran denken, sie in den Gelenkshäuten zu suchen. Um noch einmal speciell auf den Darm zurückzukommen, so haben wir mit einigen Worten des Einflusses zu gedenken, den die geschilderte Einrichtung der Schleimhautsinus auf die Absorption von Flüssigkeiten hat. Die Flüssigkeit, die in den Sinus sich sammelt und die von da in die Gefässe der Submucosa tritt, stammt, wenn wir blos auf ihren un- mittelbaren Ursprung zurückgeher, natürlich aus den Säften, die die adenoide Substanz durchtränken, ihr mittelbarer Ursprung aber lässt sich einmal auf Absorption aus dem Darm, zweitens auf Ausschwitzung aus den Blutgefässen zurückführen. Für den Uebertritt von Flüssigkeit aus der adenoiden Substanz in die Sinus sind nun zwei Verhältnisse von grosser Bedeutung, einmal die Art der Gefässausbreitung in den erstern, zweitens der Mangel einer besondern Wand an den letztern. Bei der Weichheit aller übrigen Gewebstheile tritt in der Darmschleimhaut als gestaltgebendes Princip während des Lebens natürlich das Gefässgerüst in den Vordergrund. Die Anordnung des Gefässgerüstes bringt es aber mit sich, dass die Wandungen der Sinus während des Lebens nicht an- einanderliegen, sondern klaffen ; ich entnehme dies daraus, dass bei stark erhärteten Darmpräparaten, deren Blutgefässe gut injicirt sind, die Sinus stets klaffend gefunden werden. Wären nun in die Sinus noch beson- dere, etwa durch eine lockere Adventitia mit der adenoiden Substanz kA verbundene Gefässröhren eingeschoben, so könnte man gegen einen Eintritt von Flüssigkeit in dieselben in Folge von Druckdifferenzen die Bedenken wiederholen, welche Donders gegen die Ludwig — Noll’sche Lymphbildungstheorie ausgesprochen hat, d. h. man könnte einwenden, dass eine Filtration von Flüssigkeit in die Röhren nicht möglich sei, weil diese bei grösserem Aussendruck würden comprimirt werden. Diese Ein- wendungen fallen bei der gegebenen Einrichtung der Sinus dahin, es muss nothwendig Flüssigkeit aus der adenoiden Substanz in die Sinus eindringen, so lange als sie dort unter höherem Druck steht als hier. Dass auch Extravasationen von Blut oder Eiter aus der adenoiden Substanz in die Sinus geschehen können, ist klar. Auf einem solchen Extravasat beruhte es offenbar, dassv. Wittich') in einem Falle bei einem gebissenen Kaninchen die Chylusgefässe des Darmes mit Blut sich füllen sah. Wit- tich's Vermuthung, dass das Blut aus dem Darme resorbirt gewesen sei, entbehrt unzweifelhaft der Begründung. Hinsichtlich des Eintritts von Flüssigkeiten aus dem Darm in die adenoide Substanz habe ich dem bereits Bekannten nichts Wesentliches beizufügen. Brücke hat an den Zotten gezeigt *), dass ihre Absorptions- thätigkeit sich aus der oberflächlichen Lagerung ihres Capillarnetzes und aus der supponirten Thätigkeit ihrer Muskeln ableiten lässt. Die von Brücke für die Zotten gegebenen Betrachtungen lassen sich zum grossen Theil auf das gesammte der Darmoberfläche zugekehrte Schleimhautge- webe übertragen; wir haben somit keinen Grund, in der Chylusabsorp- tion des Darmes etwas Anderes zu sehen, als den Vorgang einer Filtra- tion durch ein sehr lockeres von einem Gefässgerüste ausgespannt gehal- lenes Gewebe. Basel, den 16. Nov. 1861. Erklärung der Abbildungen. Taf, ZXXV. Fig. A. Seukrechter Durchschnitt durch eine Peyer’sche Drüse vom Ileum des Kalbes. d Drüsenschicht der Schleimhaut. fFollikulärschicht. M. M. Muscularis Mu- cosae. SM Submucosa. M. I. Muscularis Intestini. s Schleimhautsinus. 5 fibröse Balken. Fig. 2. Drüse von derselben Localität, Querschnitt der Follikulärschicht. 5 fibröse Balken. s Schleimhautsinus. f Follikel. Fig. 3. Querschnitt durch die oberflächlichen Schichten derselben Drüsen. 2 Lieber- kühn’sche Drüsen. fFollikell s Sinus. Die Sinus sind an diesen sowie an mehren der folgenden Figuren theilweise mit gelben Körnermassen erfüllt gezeichnet. Vergr. von Fig. 1—3 circa 40. 4) Virchow’s Archiv Bd. XI, p. 37. 2) Ueber die Chylusgefässe etc., p. 13 —14. Fig. 10. Fig. 4. 442 Darmzotte aus dem lleum des Kalbes, starkeres Reticulum durch Pinseln frei dargestellt. Vergr. 300. Senkrechter Durchschnitt durch die Follikelhaufen im Sacculus rotundus des Kaninchenileums. Beschreibung im Text Seite 40. Veregr. circa 40. Senkrechter Durchschnitt durch eine Peyer'sche Drüse vom lleum des Scha- fes. Vergr. c. 30. Taf. XXXVl. Flächenschnitt durch den obern Theil einer Peyer’'schen Drüse vom Schaf geführt. Vergl. pag. 3. Vergr. c. 30. Aehnlicher Durchschnitt mit dem Pinsel behandelt. Vergr. c. 420. Der Schnitt zeigt das Reticulum des Follikels und des interfoilikulären Gewebes, so wie die Vacuola des ersteren. Flachschnitt durch das Ileum des Schweines; der in der Mitte befindliche Follikel ist nach rechts von einer Fortsetzung der Schleimhautgrube be- gränzt, in seinem übrigen Umfang hängt er durchweg mit dem interglan- dulären Sehleimhautgewebe zusammen. Vergr. c. 60. Ziemlich oberflächlich geführter Flachschnitt aus dem Ileum der Katze. Zusammenhang eines Follikels mit dem interglandulären Gewebe und des letztern mit dem Zottenparenchym. Vergr. wie oben. Ileum der Katze, senkrechter Schnitt, zeigt einen in der Submucosa liegen- den Follikel, nach aufwärts in die Brücken interglandulären Gewebes sich fortsetzend. Taf. XXXVIL Ziemlich oberflächlicher Flächenschnitt aus dem Coecum der Katze; ver- schiedenes Verhalten der Follikel zum interglandulären Gewebe. . Flächenschnitt durch die Schleimhaut vom Duodenum des Ochsen, zeigt die Anordnung der Sinus. Vergr. c. 60. Darmzotte aus dem Ileum des Schafes zeigt einen centralen Zottensinus im Durchschnitt, sowie das Verhalten der Blutgefässe im Zottenparenchym. Schrägschnitt durch die Schleimhaut der Submucosa des Schafdünndarmes, zeigt die Zotten- und Schleimhaulsınus, sowie die Einmündung der letzte- ren in die submukösen Chylusgefässe. Vergr. c. 120. Flachschnitt aus dem Dünndarm des Schafs, ausgepinselt, zeigt das Reticu- lum und die theilweise von Bindegewebsbalken durchsetzten Schleimhaut- sinus. Vergr. c. 250. Flachschnitt durch die Schleimhaut vom Jejunum der Katze, schmale in- terglanduläre Gewebsbrücken von Lymphzellen infiltrirt und mit Relicu- lum. Vergr. c. 300. 443 Nachtrag Nachdem ich bereits die Correctur meiner Arbeit abgefertigt hatte, erhielt ich durch Vermittlung von Billroth die Notiz von Ludwig und Tomsa über die Lymphgefässanfäinge im Hoden (Wiener Sitzungsbe- richte vom 18. Juli 1861), nebst einigen Durchschnitten eines von jenen Forschern injieirten Präparates. Die principielle Uebereinstimmung der von Ludwig und Tomsa am Hoden erhaltenen Ergebnisse mit denen, zu welchen ich am Darm gelangt war, ist eine sehr vollkommene. - Auch Ludwig und Tomsa finden, dass die Anfänge der Lymphgefässe im We- sentlichen nichts Anderes sind, als präformirte vielfach unter einander communicirende Spalten und Lückenräume im Bindegewebe des Orga- nes. Das Bindegewebe tritt in den Hodenläppchen auf, einmal als Ad- ventitia der Blutgefässe und 2) als gefässfreie, aber faserige Adventitia der Samenkanälchen; zwischen der einen und der andern. Adventitia bleiben aber die fraglichen Lymphspalten frei, die von gleichfalls blutge- fässfreien Bindegewebsbälkchen durchsetzt sind. Sollte ich das Bild, das die Ludwig-Tomsa’schen Präparate gewähren, mit einem meiner am Darm erhaltenen Bilder vergleichen, so würde ich den Querschnitt einer Peyer’- schen Drüse vom Kalbe Fig. 2 wählen. Setzt man in dieser Figur statt der Follikeldurchschnitte die Durchschnitte von Samenkanälchen, die man sich mit einer dünnen faserigen Umhüllung versehen denkt, so hat man ziemlich genau das Bild der Verhältnisse am Hoden. Auch im Hoden nämlich laufen je zwischen zwei Durchschnitten von Samenkanälchen die blutgefässtragenden Bindegewebshälkchen, die je von diesen durch Spal- ten getrennt sind.’ Jene Balken können, soweit ich an den eingeschick- ten Präparaten gesehen habe, adenoide Substanz in allerdings geringer Menge eingelagert enthalten, und damit findet wohl auch das Räthsel von der Abstammung der in der Hodenlymphe von Kölliker gefundenen Lymphkörperchen seine Lösung. Den 6. Febr. 1862. Zeitschr. f. wissensch. Zoologie. XI1. Bad. 29 Kleinere Mittheilungen. Bemerkungen zu dem Aufsatze desHerrn Jos. Schöbl über Haplophthalmus, eine neue Gattung der Isopoden, im zehnten Bande dieser Zeitschrift. Im Jahrgange 1860 dieser Zeitschrift, S. 449, ist von Herrn Schöbl eine kleine Isopode unter dem Namen Haplophthalmus elegans als eine neue Gattung mit vieler Sorgfalt beschrieben worden. Ich erlaube mir darauf aufmerksam zu machen, dass dieses Thier dasselbe ist, welches ich schon im Jahre 4844 in meiner Schrift: Synopseos Crustaceorum prussicorum prodromus als Itea Mengii kürzer aber hinreichend kenntlich beschrieben habe. Mit dieser Bemerkung will ich kei- neswegs dem Herrn Verfasser jenes Aufsatzes einen Vorwurf machen, da es ja be- kanntlich sehr schwierig und oft fast unmöglich ist, bei der Bestimmung eines ein- zelnen Thieres alle kleineren Schriften, in denen Beschreibungen ähnlicher Thiere vorkommen, zu vergleichen, vielmehr will ich über die Stellung des Thieres zur Gattung Itea hier noch einige Worte hinzufügen. Die Gattung Itea wurde von Koch (Deutsehlands Crustaceen, Fasc. 34, Fig: 4 u. 5, Fasc. 22, Fig. 16, 47) für diejenigen Oniscineen aufgestellt, deren Antennengeissel, wenigstens scheinbar, aus einem Gliede besteht; ich habe sodann in der angeführten Schrift diese Gattung aufgenommen und die Charaktere derselben ausführlicher erörtert, wozu ich um so mehr im Stande war, als die von mir beschriebene I. laevis der von Koch aufgestellten I. riparia so nahe steht, dass möglicher Weise die letztere nur eine Varietät der ersteren ist. Ein wesentliches Merkmal der Gattung liegt also in dem Bau der Antennen, bei denen die Geissel dem unbewaffneten Auge aus einem kegelförmigen oder fast borstenförmigen Stücke zu bestehen scheint, welches dem letzten viel dickeren Stammgliede aufsitzt; bei stärkerer Vergrösserung werden an derselben drei Glieder unterschieden, welche nach der Spitze hin sich allmälig verschmälern und in ein kleines Harbüschelchen aus- laufen. Zu diesem Charakter treten noch folgende andere Merkmale hinzu: Wie bei der Gattung Philoscia sind auch bei Itea die beiden ersten Segmente des Postabdo- men sehr kurz und schmal, so dass sie ganz in dem Ausschnitte des letzten Rumpf- segmentes liegen, auch sind wie dort die letzten Afterfüsse oder sogen. Schwanzan- hänge nur mit dem innern Rande ihres Basalgliedes dem letzten Postabdomenseg- mente angeheftet, übrigens aber ganz frei vorragend. Die Endglieder dieser Anhänge dagegen unterscheiden sich von denen bei Philoscia dadurch, dass sie mit breiter Basis dem Grundgliede aufsitzen, sich nach der Spitze hin allmälig verschmälern und mit einer langen und mehreren sehr kleinen Borsten endigen. Unterschieden ist die Gattung Itea ferner von Philoscia durch das Vorhandensein der seitlichen Stirn- fortsätze, welche die Basis der äussern Antennen bedecken. Die innern Antennen sind sehr klein, kegelförmig, an der Spitze mit einer Reihe Härchen besetzt; mir 4485 schienen sie eingliederig und noch mehr verkümmert zu sein, als die inneren An- tennen von Philoscia, an denen ich zwei Glieder unterscheiden konnte, Herr Schöbl glaubt aber auch an jenen drei sehr kleine Glieder zu erkennen. Nach allen diesen wesentlichen Charakteren würde die in Rede stehende Art, wie ich es bei meiner Beschreibung angenommen habe, zur Gattung Itea zu rechnen sein, indessen weicht sie allerdings in einigen Stücken von den übrigen Arten dieser Gattung etwas ab: einmal nämlich in der Bildung der Augen, die ich in meiner Be- schreibung wie in meinen (nicht publicirten) Zeichnungen als sehr klein und punkt- förmig bezeichnet habe und die Herr Schöbl als wirklich einfach erkannt hat; auch ist die Form des Körpers insofern etwas verschieden, als dieser weniger gewölbt und das Postabdomen in seinem dritten Gliede kaum schmäler als das letzte Segment des Rumpfes ist, weil die Seitenfortsätze weit vortreten und stark nach hinten gebogen sind, während sie bei Itea laevis sehr kurz sind und das Postabdomen daher viel schmäler als der Rumpf erscheint. Hält man diese Merkmale für hinreichend zur Aufstellung einer neuen Gattung, so würde die Art als Gattung Haplophthalmus von Itea getrennt werden und eine Untergattung bilden können. Dass die von mir in Preussen gefundene Art mit der von Herrn Schöbl beschrie- benen identisch ist, darüber lassen die von uns beiden gegebenen Beschreibungen keinen Zweifel in der Grösse, in der weissen Farbe, in der Form des letzten Segmen- tes, des Kopfes, der seitlichen Stirnfortsätze, wie namentlich in dem Vorhandensein der höchst eigenthümlichen erhabenen Leisten auf den einzelnen Rumpfsegmenten stimmen die Thiere durchaus überein. Was die Zahl dieser Leisten betrifft, so habe ich vier derselben auf jeder Seite des Segments gesehen, während Herr Schöbl noch eine fünfte Leiste beschreibt, die kürzer als die übrigen jederseits zwischen den bei- den seitlichen liegen soll. Auch habe ich nicht angegeben, dass die einzelnen Leisten an ihrem obern Rande gekerbt sind. Beide Differenzen mögen daher rühren, dass ich eine schwächere Vergrösserung angewandt habe, denn meine Zeichnung ist kaum halb so gross, als die von Herrn Schöbl gegebene. Entscheiden lässt sich darüber nichts mehr, da das von mir gefundene Exemplar nicht mehr vorhanden ist. Jedenfalls ist es interessant, dass diese durch so hervorstechende Merkmale aus- gezeichnete Art, die ich im J. 4843 in der Nähe Danzigs fand und die, so viel ich weiss, seitdem weder in Preussen noch sonst wo einem Sammler vorgekommen ist, jetzt an einem so entfernten Orte (in der Umgebung von Prag) wieder aufgefunden ist. Der Fundort in Preussen war sehr ähnlich demjenigen, an dem sie Herr Schöbi in Böhmen fand. Ich entdeckte das Thierchen an dem Ufer eines kleinen Baches, der durch den königlichen Park in Oliva unweit Danzigs fliesst ; hier kroch es unter dem Moose an den Wurzeln eines Baumes in Gesellschaft mit Itea laevis herum, aber ich konnte nur ein Exemplar davon erlangen, während ltea laevis zahlreich vorkam. # Königsberg, im December 4861. @. Zaddach. Verbesserungen. S. 353 Z. 44 v. oben statt oder, lies »aber«. » 364 » 5 » unten » Thlere, lies»Thiere«. » 365 » 43 » oben » ausgezeichnet, lies»unterscheidel«. » 367 » 47 » unten » jedes der beiden, lies »jeder der beiden«. ' Druck von Breitkopf und Härtel in Leipzig. A DER fı it Kit u f . 4 , Ar SarT techrifi £ Ei Zoologie BdM. et AL lZwedet-e Th. Wlhe Engelmann del. Ill = Zeitschrift Livirsenschafil. Zoologie Bd.IZ. Kebandel sc, Ph. Wilh, Engelmann. del Zeitse z Ari P wissenschaft l. Zi vologte Bd. Wh. Engelmann del, Ta FRE in a Ir ! 7 de „Zoe | | RS | ae | s ve BdAT. 3 Zoolo HF: > insenschafll. ER N Ca AP Ken a RA ec a. a eV a a TA A ac Fa Tr Ban ak LO re TA Bi A era Mean Fb de Kr Ka ds A La ma ar. as Dr 0 „ERLRE Ke 3Bi e I VE B a AS LE HIST Ju 1. Mac) Sarnen Wer ET EEE VI Fat ha LTE zen 1} N UL. PS f > r Es \ y He x ” - 3 r # N i 7 & x . \ ’ A F \ ir z x * N ai \ i \ ' \ * e N N { “ ; 3 N) ; i N “ D. - 1 r {} dı 3 2 Be: en u 4 En ai ee i Ka Far f i i Dh B eu ENTER e Daedel.cadp. ologie BAAT. zo, tschrifi £ wissenschaft. !yr zer en Hoth del. Doedel oe. Zeitschr. für wiss. Zool. NI.Ba. m Zeitschr: für iss. Lool. XI. Ba. Eee HL Zeitschr für wiss. Zool. Xl.Bd: & erster DES 0008 Tin. Anse v 5 Bach, Iogg G TRLNNEH. 72777 RE wissenschafl. Vogre Bd. zerischrı JS.“ del ik Engelmann INH ASER W) Ka Hu ver Var Zr La) Zorn Kate Naar N DER Bu mom Dom Bam a Ra var ı TE Hrn. DE) 1 LH m mo HR geBET pp mama 42 ars 1,12% Klee Br u 2 fi x Ui B P} En w EEE ee a en Ba ER ar Zt)e Eur En r 4 Ei 4YG ne w Ex Se