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LEIPZIG, Verlag von Wilhelm Engelmann. 1882. % Ks) ee 1“ ERTEU N : Dan nn ar & 8 EIS Inhalt des siebenunddreissigsten Bandes. Erstes Heft. Ausgegeben den 1. August 1882. Entwicklungsgeschichte der Asterina gibbosa Forbes. Von H. Ludwig. BEERare NII u: 13 -Holzschn) °. .. 2. IN. 4 Marginella glabella L. und die Pseudomarginellen. Von J. Carriere. (Mit Taf. IX.) Der Seitenkanal von Cottus gobio. Von E. Bodenstein. (Mit Taf. X.) . 124 Über die Färbung der Nestjungen von Eclectus (Wagl.) Von A. B. Meyer 446 Zweites Heft. Ausgegeben den 27. September 1882. Beiträge zur Anatomie von Ankylostoma duodenale (Dubini) = Dochmius duo- denalis (Leuckart).. Von W. Schulthess. (Mit Taf. XI u. XII). . 163 Die Ontogenie von Reniera filigrana O0. Schm. Von W. Marshall. (Mit BARS X HT u, XIV) 0.0 22 De Des ci we ae Beitrag zur Kenntnis der Struktur und der Funktion des Herzens der Kno- chenfische. Von Kasem-Beck u. J. Dogiel. (Mit Taf. XV u. XVI.) 247 Beiträge zur Kenntnis der Cestoden. Von Z.v.Roboz. (Mit Taf. XVII u. XVII.) 263 Vergleichend-embryologische Studien. 3) Über die Gastrula einiger Metazoen. Bon E. Metschnikoff. (Mit Taf. XIX u. XX).. .... ...2...286 Drittes Heft. Ausgegeben den 1. November 1882. Über Bau und Entwicklung des Dinophilus apatris. Von E. Korschelt. (Mit Taf. XXI u. XXI). MN ARE allar Studien über die Lampyriden. Von H. Ritter v. Wielowiejski. (Mit Bat XXI UDO) ne ea ua zb IV Seite Über Knochenverdickungen am Skelette von Knochenfischen. Von M.Köstler. (Mib Taf. INN). se N eg Zur Entstehung und Entwicklung der grünen Zellen bei Hydra. Ven 0. Hamann, (Mit Tal, XXVI). 2... 2.0 nu or Viertes Heft. Ausgegeben den 22. December 1882. Über Coelenteraten der Südsee. Von R. v. Lendenfeld. I. Mittheilung. Cyanea Annaskala nov. sp. (Mit Taf. XXVIIT—XXXII u. einem Holz- schnitt)... 2... sale a N ee ee en Beiträge zur Anatomie, Entwicklungsgeschichte und Biologie von Trombi- . dium fuliginosum Herm. Von H. Henking. (Mit Taf. XXXIV—XXXVI.) 553 Über einige Lebenserscheinungen der Süßwasserpolypen und über eine neue Forın von Hydra viridis. Von W. Marshall. (Mit Taf. XXXVI.\ . 664 Nachträgliche Bemerkung über Dinophilus. Von E. Korschelt..... 702 Entwicklungsgeschichte der Asterina gibbosa Forbes. Von Professor Dr. Hubert Ludwig in Gießen. Preisgekrönt von der kgl. Societät der Wissenschaften zu Göttingen. Mit Tafel I—VIII und 12 Holzschnitten. I. Einleitung. Die kgi. Societät der Wissenschaften zu Göttingen hat für das Jahr 1881 das folgende Preisausschreiben ergehen lassen: »Die kgl. Societät verlangt eine auf neue Untersuchungen gestützte Darstellung derjenigen Entwicklungsvorgänge, durch welche die Gestaltung des aus- gebildeten Echinodermenleibes herbeigeführt wird. Es soll darin, im Anschluss an die gesicherten Kenntnisse von der Embryonalentwicklung der Echinodermen, besonders gezeigt werden, in welcher Weise das Thier aus der Larvenform bis zur völligen Anlage sämmtlicher Organ- systeme erwächst. Dabei bleibt es der Untersuchung überlassen, ob an einer charakteristischen Art der Entwicklungsvorgang in allen Einzel- heiten erforscht wird, oder ob durch die Feststellung der Entwicklung verschiedener Formen ein für den ganzen Kreis geltendes Verhalten dar- gelegt wird; in letzterem Falle müsste aber die Untersuchung so weit eindringen, dass die hauptsächlichen Übereinstimmungen und Ab- weichungen in der Ausbildung der Organsysteme bei den verschiedenen Echinodermenformen von ihrem frühesten Auftreten an gekennzeichnet werden. « Dieses Ausschreiben hat die hier vorliegende Untersuchung an- geregt, in welcher der Entwicklungsgang eines Seesternes, der Asterina gibbosa Forbes, vom Eie an bis zur Fertigstellung des ausgebildeten jungen Seesternes in ausführlicher Weise dargelegt wird. Der Haupt- Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XXXVII. Bd. 4 >) Hubert Ludwig, schwerpunkt musste nach der Forderung des Ausschreibens auf die Stadien der Metamorphose der Larve in den Stern gelegt werden; denn gerade hier brachen fast alle Untersuchungen, die wir über Echino- dermenentwicklung besitzen, ab oder waren doch so fragmentarisch und unzulänglich, dass sich bis jetzt ein klares Bild von den Vorgängen der Metamorphose der Echinodermen kaum gewinnen ließ. Diese Lücke machte sich bei den erfreulichen und umfassenden Fortschritten, welche die letzten Jahre bezüglich der Anatomie, der Systematik, der geo- graphischen und paläontologischen Verbreitung, so wie auch der Em- bryonalentwicklung der Echinodermen aufzuweisen haben, immer empfindlicher geltend. Es erklärt sich aber diese geringe Kenntnis der Metamorphose der Echinodermen aus den Schwierigkeiten, mit welchen die darauf gerichteten Untersuchungen zu kämpfen haben. Die Larven der meisten Echinodermen sind pelagische Thiere, die aber beim Über- gang in das Echinoderm ihre pelagische Lebensweise aufgeben, auf den Meeresboden herabsinken und dort die Gestaltung des mütterlichen Thieres erreichen. Wenn es auch bei einer Reihe von Arten mit Hilfe. gut eingerichteter Aquarien gelingt, die Larven aus den Eiern zu er- ziehen, so sterben dieselben doch fast immer in denjenigen Stadien ab, in welchen sich die Metamorphose vollzieht — offenbar, weil hier im freien Leben mit der Metamorphose ein Wechsel der Lebensverhältnisse Hand in Hand geht, den künstlich in Aquarien zu ermöglichen bis jetzt nicht gelungen ist. Ich musste mich also zur Erreichung ıneines Zweckes nach den weniger zahlreichen Fällen umsehen, in welchen die Larven auch wäh- rend der Metamorphose die Möglichkeit bieten sie in Aquarien zu züchten und so Schritt für Schritt in ihrer Entwicklung zu verfolgen. Dabei war ich selbstverständlich in der Wahl des Untersuchungsobjektes weiterhin beschränkt auf die an unseren europäischen Küsten vorkommenden Formen. Von diesen wieder glaubte ich von vorn herein die Holothurien ausschließen zu müssen, da man bei dem heutigen Stande unserer morphologischen Kenntnisse die Holothurien als die relativ am weitesten vom Grundtypus eines Echinoderms entfernte Formengruppe betrachten muss. Bei den Crinoideen war nur Antedon rosacea in Betracht zu ziehen. Nun aber sind gerade über diese Form neue Untersuchungen vorhanden, die sich auch, freilich nicht erschöpfend, auf die Metamor- phose beziehen. Auch die Isolirtheit, in welcher sich die Comatuliden als letzte Ausläufer einer im Laufe der Zeiten vielfach umgebildeten und äußerst formenreichen Echinodermengruppe befinden, ließ mich daran zweifeln, ob man für die Erforschung der Metamorphose die An- tedon rosacea als eine »charakteristische Art« bezeichnen könne. Ferner KESESNEHEE aHHtEngE m u ht ee Entwicklungsgeschichte der Asterina gibbosa Forbes. 3 leiden alle Ergebnisse, zu welchen man bei der Entwicklungsgeschichte der Antedon rosacea gelangt, unter dem Unistande, dass man für ihre vergleichende Benützung sofort zu anderen Echinodermengruppen greifen muss ohne die Möglichkeit zu haben, sie durch Vergleichung mit der Entwicklung anderer Crinoideen ihres zu speciellen Charakters zu ent- kleiden. So blieben also noch die Echinoideen, Ophiuren und Asterien zur Auswahl übrig. Unter den Echinoideen unserer europäischen Küsten ist bis jetzt keine Art bekannt, welche die Möglichkeit giebt ihre Larven durch die ganze Zeit der Metamorphose hindurch zu züchten, voraus- gesetzt, dass man nicht viel längere Zeit an der See verweilen kann als meine Verhältnisse es mir gestatteten. Unter den Ophiuren wäre einzig und allein die lebendig gebärende Amphiura squamata für unseren Zweck geeignet gewesen, hier aber konnte man mit Recht einwerfen, dass der Entwicklungsgang durch die eigenthümliche Brutpflege von seiner typi- schen Bahn abgelenkt worden sei. Die übrigen Ophiuren aber musste ich aus demselben Grunde bei Seite lassen wie die Echinoideen. Dafür aber bot sich unter den Asterien, die man ja ohnehin mit Recht als eine der typischsten Gestaltungsformen der Echinodermen betrachtet, eine Art dar, die Asterina gibbosa Forbes, welche nach den kurzen Notizen, die in den letzten Jahren über ihre Fortpflanzungsdauer und ihren Ent- wicklungsmodus durch Lacaze-DutHiers!, Barroıs? und GIARD 3 bekannt geworden sind, alle Gewähr dafür bot, dass man bei ihr mit Leichtigkeit alle Stadien der Embryonalentwicklung und der Metamorphose innerhalb einer verhältnismäßig kurzen Zeit und in beliebiger Menge durch Züch- tung in Aquarien erhalten könre. Da Asterina gibbosa an den Küsten der Nord- und Ostsee nicht vorkommt, im Mitielmeere aber zu den ge- meinsten Thieren der Strandfauna gehört, so begab ich mich im Frühling des Jahres 1880 in die zoologische Station zu Neapel, woselbst meine Erwartungen nicht getäuscht wurden. Es gelang leicht die jungen Asterinen vom Eie an durch alle Sta- dien zu züchten. Dafür aber boten sich andere Schwierigkeiten dar, welche die Untersuchung zu einer langwierigen und mühevollen mach- ten. Namentlich der Umstand, dass die Eier und Larven auf allen Stadien der Entwicklung mehr oder weniger undurchsichtig sind, wirkte sehr erschwerend und konnte nur durch geeignete Untersuchungs- methoden überwunden werden. Am lebenden Objekte ist verhältnismäßig nur äußerst wenig zu beobachten; fast Alles musste an aufgehellten, 1 Comptes rendus. T. 78. 4874. p. 24. 2 Journal de l’anat. et de la physiol. 45 annee. 1879. p. A. Pl. I, I. 3 Bulletin scientifique du departement du nord. 2. Ser. A Annee. 4878. Nr. 44. p. 297. 4* 4 Hubert Ludwig, gefärbten oder ungefärbten, Exemplaren oder an Schnitten untersucht ‘ werden. Dazu kam, dass ich durch äußere Verhältnisse gezwungen wurde, früher als ich wünschte von Neapel zurückzureisen, und dadurch ‚die Züchtung nicht weiter, namentlich nicht bis zur Anlage der Ge- schlechtsorgane, fortsetzen konnte. Dann kamen Wechsel von Wohnort und Amt, so dass die Zeit, die mir zur Verfügung stand, nur eine äußerst beschränkte und von Störungen aller Art erfüllte war. Man wird es also, wie ich hoffe, entschuldbar finden, dass ich in dieser Abhandlung manche Vorgänge der Entwicklung nicht so ausführlich und bis auf alle kleinen Einzelheiten eindringend zur Darstellung bringen konnte wie es mir selbst erwünscht gewesen wäre; an manchen Stellen musste ich mich für die Vergleichung mit den Entwicklungserscheinungen anderer Echinodermen auf kurze Andeutungen beschränken. Diese einleitenden Bemerkungen kann ich nicht schließen, ohne an dieser Stelle dem kgl. preußischen Unterrichtsministerium für Bewilli- gung eines Arbeitsplatzes in der zoologischen Station zu Neapel, so wie der kgl. Akademie der Wissenschaften zu Berlin für Bewilligung einer Geldsumme zur Fortsetzung meiner Echinodermenstudien meinen tief- gefühlten Dank auch öffentlich auszusprechen. II. Eiablage; Befruchtung; Furchung und Gastrulabildung. Nachdem ich in Neapel in den Aquarien, in welche ich eine größere Anzahl von Asterina gibbosa eingesetzt hatte, schon einige Zeit hindurch vergeblich nach Eiern gesucht hatte, fand ich endlich am 21. April die ersten Eier. Nun ließ ich so viel Asterinen als in den nächsten Tagen aufzutreiben waren herbeischaffen und vertheilte dieselben in eine größere Anzahl größerer und kleinerer Wasserbehälter; zugleich gab ich in die Behälter einige Steine, da aus den Angaben von LAcAzE-Durusers! zu entnehmen war, dass die Tbiere ihre Eier mit besonderer Vorliebe an Steine festkleben. indessen beschränkten sich meine Thiere durch- aus nicht nur auf die Steine, sondern benutzten auch die Wände der Wasserbehälter, so wie auch die Pflanzen, die sich in einigen Behältern befanden, zur Befestigung ihrer Brut. Auf solche Weise erhielt ich in den nächsten acht Tagen eine Menge von Eiablagen mit einer Unzahl von Eiern. Die Eier werden von dem Weibchen, während dasselbe ganz all- mählich über die Unterlage sich fortschiebt, an letztere festgeklebt. Als ‚Klebstoff wird die Substanz der glashellen äußeren Hülle des Eies be- nutzt, welche beim Austritte der Eier aus den Genitalöffnungen eine 1 Comptes rendus. T. 78. 1874. p. 24—30. Entwicklungsgeschichte der Asterina gibbosa Forbes. 5 zähflüssige klebrige Beschaffenheit besitzt und erst später oberflächlich erhärtet. Die Eier werden meist dicht neben einander aber ohne be- stimmte Ordnung abgelegt und zwar scheint jedes Weibchen, wenn es während der Eiablage nicht gestört wird, seinen gesammten Vorrath an reifen Eiern in continuo abzulegen. Die frischgelegten Eier haben durchschnittlich eine Größe von 0,5 mm und sind ihrer Form nach ziemlich genau kugelrund, mitunter ein klein wenig länglich. Sie be- stehen aus der völlig undurchsichtigen Dotterkugel und einer dieselbe umhüllenden glashellen Schicht, welch’ letztere einen Diekendurchmesser von durchschnittlich 0,09 mm besitzt. Die an das Deutoplasma gebun- dene Färbung der Dotterkugel ist bald ein reines Gelb, bald mehr orangefarben, bald.ein Gelb mit einer deutlichen Beimischung von Rosa. Diese Farbendifferenz, die vielleicht mit Nahrungsverhältnissen in Zu- sammenhäng steht, zeigt sich nur zwischen Eiern verschiedener Indi- viduen; die Eier eines und desselben Individuums sind unter einander immer gleichmäßig gefärbt. Von besonderem Interesse war mir die Beobachtung, dass bei Asterina etwas einer Begattung Ähnliches vorkommt. Während nämlich ein Weibchen mit der Eiablage beschäftigt ist, findet man stets in seiner Gesellschaft ein, zwei oder drei Männchen, welche sich so dicht an das Weibchen herandrängen und mit ihren Armen sich in solch’ enger Weise über und unter die Arme des Weibchens schieben, dass der austretende Samen seinen Weg vorwiegend an die Unterseite des Weibchens und damit an die dort austretenden Eier nehmen muss. In Fig. 4 habe ich ein Weibchen und zwei Männchen genau in der eben erwähnten und häufig von mir beobachteten Haltung abgebildet. Männliche und weibliche Thiere unterscheiden sich in diesem Zeitpunkte gewöhnlich auch durch eine etwas verschiedene Färbung des Körpers. Während auf der Oberseite des Weibchens im Allgemeinen ein kräftiges Grün vorwaltet, ist der Grundton des Rückens beim Männchen ein fahles Blaugrün. Derartige Fälle von Farbenverschiedenheit beider Geschlechter bei Echinodermen sind in geringer Zahl bereits bekannt. So macht A. Acassız! darauf aufmerksam, dass bei Asterias pallida und A. berylinus so wie auch bei Seeigeln beide Geschlechter zur Zeit der Fortpflanzung ver- schieden gefärbt sind. Ferner hat Studer? sexuelle Farbenverschieden- heiten bei Oreaster turritus und bei Ophiothrix Petersi wahrgenommen. ‘Wenn man in einem Zeitpunkte, wie er in der vorhin angeführten Abbildung (Fig. 1) festgehalten ist, die Eier unter das Mikroskop 1 North American Starfishes. 4877. p. 3—4. 2 Zoolog. Anzeiger. 4880. Nr. 68. p. 545—546. 6 Hubert Ludwig, bringt, so findet man sie von zahlreichen Zoospermien 'umschwärmt. Das Weibchen verweilt nun aber nicht über den abgelegten und be- fruchteten Eiern um dieselben schützend zu überdecken, etwa so wie es von Echinaster sanguinolentus bekannt ist, sondern verlässt den Eierhaufen. Eine eigentliche Brutpflege, wie wir sie in verschieden- artigster Weise bei vielen Echinodermen kennen gelernt haben!, kommt also bei Asterina nicht vor. Von dem Furchungsprocess der Asterina-Eier habe ich nur diejenigen Verhälinisse studirt, welche sich an dem lebenden Eie unmittelbar zur Anschauung bringen lassen. Auf eine Erforschung der feineren Vor- gänge im Inneren der Eizelle und der Furchungskugeln habe ich ebenso wie auf eine Ermittelung des Befruchtungsvorganges verzichtet, ein- mal weil die Behandlung dieser Fragen mich von meiner nächsten Auf- gabe zu weit abgeführt hätte, dann aber und besonders aus dem Grunde, weil die Eier der Asterina wegen ihrer Undurchsichtigkeit für derartige Studien ein verhältnismäßig so ungünstiges Objekt sind, dass die auf- gewandte Mühe voraussichtlich in sehr schroffem Gegensatze zu dem etwaigen Resultate gestanden haben würde. Was nun den Furchungsprocess selbst anbelangt, so verläuft der- selbe, wenn wir von größeren und kleineren keineswegs seltenen Un- regelmäßigkeiten absehen, in der Regel in folgender Weise. Die beiden ersten Furchungskugeln sind fast gleich groß; ihre geringe Größen- differenz ist oft so wenig ausgesprochen, dass siekaum bemerkbar wird. Bezüglich ihrer Zusammensetzung verhalten sie sich ganz ähnlich. Nie- mals gelang es mir mit Sicherheit zu konstatiren, dass in der einen die Deutoplasmaelemente in größerer Menge angehäuft seien als in der anderen. Die etwas kleinere obere der beiden ersten Furchungszellen wollen wir mit J, die größere untere mit 1/ bezeichnen. ‚Beide theilen sich, jedoch die Zelle J etwas früher als II, so dass wir vorübergehend ein dreizelliges Furchungsstadium bekommen (vgl. Fig. 2). Die aus der Theilung von / entstandenen Zellen wollen wir I, s nennen. Die Theilungsebene der beiden Zellen J, + steht senkrecht zur Theilungsebene der beiden ersten Furchungskugeln. Bald theilt sich nun auch die Zelle 1/ in zwei Hälften, die I/, + heißen mögen. Die Theilungsebene der beiden Zellen II, + ist aber nicht etwa die auf die Zelle II über- greifende Theilungsebene der Zellen I, s, sondern bildet mit letzterer, so wie auch mit der Theilungsebene der beiden ersten Furchungskugeln einen rechten Winkel. Man muss also das Ei aus der Lage, welche es ! Über Brutpflege bei Echinodermen vgl. namentlich die Zusammenstellung, weiche Stuper im Zoolog. Anzeiger 4880, Nr. 67 und 68 gegeben hat. Entwicklungsgeschichte der Asterina gibbosa Forbes. _ 7 in Fig. 2 hat, nach links oder rechts drehen um sich von der stattgefun- denen Theilung der Zelle II zu überzeugen (Fig. 4). Dreht man das vierzellige Stadium nicht, sondern belässt man dasselbe in der Stellung der Fig. 2, so unterscheidet es sich von dem dreizelligen Stadium nur dadurch, dass die allein sichtbare der beiden Zellen II,» mehr ab- gerundet ist als es die ungetheilte Zelle // vorhin war (vgl. Fig. 3). An den vier Zellen, aus welchen das Ei nunmehr besteht, macht sich jetzt schon eine Lageverschiebung bemerklich, welche in der nächsten Zeit zu immer deutlicherem Ausdrucke gelangt. Es hört nämlich die Be- rührungsfläche zwischen /und /J und deren Abkömmlingen I, s und IT, », welche anfänglich eine horizontale Ebene war, immer mehr auf eine solche zu sein. Es geschieht dies dadurch, dass die beiden Zellen 7, ; mit dem ihrer gegenseitigen Berührungsfläche entgegengesetzten Theile sich immer mehr nach unten vorschieben und dass umgekehrt die beiden Zellen II, 4 gleichfalls mit dem ihrer gegenseitigen Berührungsfläche ent- gegengesetzten Theile sich immer mehr nach oben vordrängen. Auf solche Weise schieben sich (vel. Fig. #) die Zellen /, rechts und links nach abwärts zwischen die Zellen I/, ,, indem sie die gegenseitige Berührungs- fläche der beiden Zellen II, , zugleich verkleinern, und umgekehrt schie- ben sich die beiden Zellen /Z, » vorn und hinten in die Furche zwischen den beiden Zellen /,s+. Dreht man in diesem Stadium das Ei aus der Lage, welche es in Fig. 3 hatte, so um eine quere Achse, dass man von oben auf die Zellen /, , blickt, so bekommt man das in Fig. 5 gezeichnete Bild. Dreht man das Ei um dieselbe Achse aber so, dass die Zellen IT, ; nach oben zu liegen kommen, so erhält man eine Ansicht wie in Fig. 6. Auch der Vergleich der Fig. 5 mit Fig. 6 lehrt, dass die immer kleiner werdende Berührungsebene zwischen den beiden Zellen 7, , rechtwinklig ‚steht zu der ebenfalls immer kleiner werdenden Berührungsebene der beiden Zellen II, +. Weiterhin umgreifen sich die beiden aus je zwei Zellen bestehenden Zellengruppen (die beiden Zellen I, + und die beiden Zellen II, s) gegenseitig immer mehr, bis schließlich ein Stadium erreicht wird (vgl. Fig. 7), in welchem man bei erster flüchtiger Betrachtung fast glaubt vier in gleichartiger Weise um die Achse des Eies gelegene Furchungszellen vor sich zu haben, die so angeordnet sind, dass sich ihre Berührungsebenen zur Kugelgestalt des Eies wie Meridianebenen verhalten. Die genauere Untersuchung lehrt aber, dass auch hier noch Differenzen in Form und Lagerung der Zellen I, ı und I/, » vorhanden sind. Die Zellen J, s ragen am oberen Pole des Eies über die Zellen IT, ; hervor, während umgekehrt am unteren Pole die Zellen II, + über die Zellen /, + hinausreichen. Ferner fällt die ungleiche Abrundung der vier Zellen an ihrem oberen und unteren Ende auf: sämmtliche vier 3 Hubert Ludwig, haben von außen betrachtet eine eiförmige Gestalt; bei den beiden Zellen J, + liegt aber das stumpfere Ende der Eiform nach dem oberen Pole des Eies gerichtet, das spitzere Ende nach dem unteren Pole, während umgekehrt das stumpfere Ende der beiden Zellen II, s nach unten, das spitzere Ende nach oben liegt. Vom oberen Pole aus be- trachtet sieht man, dass die beiden Zellen J, , sich daselbst auch jetzt noch eine ganz kurze Strecke weit berühren, während am unteren Pole die beiden Zellen II, + in ähnlicher Weise eine kurze und noch immer zur Berührungsfläche der Zellen /, rechtwinklig gestellte Berührungs- fläche besitzen. Das nächste Stadium des Furchungsprocesses wird dadurch erreicht, dass die vier vorhandenen Zellen sich quer zu ihrer Längsachse in je zwei unter sich ziemlich gleich große Zellen theilen ; die neu auftreten- den vier horizontalen Theilungsebenen liegen aber nicht in gleicher Höhe, sondern entsprechend den Lageverhältnissen der vier Mutterzellen liegen die beiden Theilungsebenen zwischen den Theilstücken der beiden Zellen I, etwas höher, d. h. näher zum oberen Pole des Eies, als die beiden Theilungsebenen zwischen den Theilstücken der beiden Zellen II, +. Die aus der Theilung der beiden Zellen I, + entstandenen vier Zellen wollen wir J, 2 und die aus der Theilung der beiden Zellen IJ, ; entstandenen vier Zellen /J,a nennen. In dem jetzt gebildeten acht- zelligen Furchungsstadium, wie es Fig. 8 darstellt, bilden die vier Zellen I, a einen unvollständigen nach unten nicht geschlossenen Ring; die vier Zellen /I, 2 bilden in ähnlicher Weise einen unvollständigen, aber nach oben nicht geschlossenen Ring, der zugleich rechtwinklig zu dem unvollständigen Ringe der Zellen /,3 gestellt ist. Beide Ringe greifen also, um ein Beispiel zu gebrauchen, so in einander wie zwei Glieder einer Kette oder wie zwei in einander gehakte Finger. Aus diesem achtzelligen Furchungsstadium entsteht nunmehr ein sechzehnzelliges und zwar in der Weise, dass alle acht Zellen sich durch eine meridiane Theilungsebene tbeilen; die aus der Theilung der vier Zellen /,2 entstehenden acht Zellen nennen wir /,5 und die aus der Theilung der vier Zellen JJ, 3 nennen wir II,3. Es entstehen also aus dem oberen vierzelligen Halbringe der Fig. 8 jetzt zwei neben einander gelegene Halbringe, von denen ein jeder vier Zellen zählt und ebenso bilden sich aus dem Halbringe der vier Zellen II, a in Fig. 8 jetzt zwei neben einander gelegene, je vier Zellen zählende Halbringe. Die beiden oberen aus den Zellen J, 3 zusammengesetzten Halbringe bleiben aber nicht parallel neben einander liegen, sondern weichen in der Mitte, in der Umgebung des oberen Poles des Eies etwas aus einander und eben- so verhalten sich die beiden unteren aus den Zellen I/,$ gebildeten Entwicklungsgeschichte der Asterina gibbosa Forbes. 9 Halbringe am unteren Pole. Denkt man sich jetzt das Ei aus der Stel- lung, welche es in Fig. 8 hatte, um 90° von links nach rechts oder von rechts nach links gedreht, so erhält man das in Fig. 9 wiedergegebene Bild. Während man in diesem A6zelligen Stadium meist noch deutlich wahrnehmen kann, dass die Zellen /, 3, also die Abkömmlinge der oberen mit I bezeichneten ersten Furchungskugeln, etwas kleiner sind als die Zellen II, 5, wird diese Größendifferenz von nun an immer unmerk- licher. In Folge dessen ist es in den folgenden Stadien nicht mehr mög- lich die Abkömmlinge der beiden ersten Furchungszellen mit Bestimmt- heit von einander zu unterscheiden. Wenn durch weitere Theilung der sechzehn Zellen des zuletzt betrachteten Stadiums ungefähr die doppelte Anzahl von Zellen gebildet ist, so umgeben dieselben in einschichtiger Anordnung einen inneren Hohlraum, bilden also eine Blastosphaera (vgl. Fig. 10). Bezüglich des inneren Hohlraumes ist bemerkenswerth, dass derselbe schon sehr früh- zeitig auftritt. Schon in dem vierzelligen Furchungsstadium lassen die Zellen in der Mitte des Eies einen kleinen Spaltraum zwischen sich frei, der von hier an durch alle folgenden Stadien wahrnehmbar bleibt und an Ausdehnung gewinnt. Ein solides Morulastadium istalso bei Asterina niemals vorhanden, sondern es entsteht durch den Furchungsprocess sofort eine Blastosphaera miteinschichtiger Wandung. Diese Entwicklungsstufe wird von den Eiern schon am ersten Tage nach der Eiablage und Befruchtung erreicht. Am zweiten Tage vermehren sich die Zellen in der Wand der Keim- blase immer mehr, bleiben aber in einschichtiger Lage neben einander liegen. An demselben Tage tritt das Ei über in das Gastrulastadium. - Die Gastrula wird durch Einstülpung gebildet. Dain den späteren Furchungsstadien die Abkömmlinge der beiden ersten Fur- B chungskugeln keine bemerkbaren Unterschiede zeigen, so konnte ich mich nicht unmittelbar überzeugen, ob der Ort der Einstülpung dem unteren Pole des Eies entspricht und ob der sich einstülpende Theil des Blastoderms lauter Abkömmlinge der unteren, größeren der beiden ersten Furchungskugeln enthält. Indessen lassen die Beobachtungen anderer Forscher an anderen Echinodermen kaum einen Zweifel daran aufkommen, dass es sich auch hier bei Asterina so verhalte. Bevor noch die Einstülpung zur Bildung der Gastrula beginnt, bedeckt sich die ganze Keimblase mit einem feinen Wimperkleide, welches bei beginnen- der Einstülpung besonders leicht und schön an dem Einstülpungsrande zu beobachten ist. Die Einstülpungsöffnung ist anfänglich (vgl. Fig. 11 und 42) viel weiter als später (vgl. Fig. 14). — Während der Gastrula- 10 Hubert Ludwig, bildung verändert das Ei auch seine Form; es nimmt eine längliche Ge- stalt an. Die Einstülpungsöffnung rückt während dieser Streckung des Eies immer mehr an den einen unteren Pol der Längsachse, ohne den- selben jedoch zu erreichen. Anfänglich, wenn das Vorwalten einer Längsachse deutlich zu werden beginnt (Fig. 14), liegt die Gastrulaöff- nung fast in gleichem Abstande von den beiden Polen der Längsachse. Nachher aber rückt dieselbe immer mehr in die Nähe des unteren! Poles, wo sie schließlich in subpolarer Lagerung Halt macht (vgl. Fig. 15, 49, 20). Im Vorstehenden haben wir gesehen, dass der Furchungsprocess der Asterina ein inäqualer ist, bei welchem allerdings die Ungleichheit der Furchungszellen schon gleich Anfangs nur unbedeutend ist und später ganz verwischt wird. Barroıs? scheint die Größenunterschiede der Zellen in den ersten Furchungsstadien nicht beachtet zu haben, denn er bezeichnet die Furchung ohne Weiteres als eine reguläre. Ver- gleicht man das, was wir von der Furchung und Gastrulabildung der Asterina kennen gelernt haben mit demjenigen, was wir über die gleichen Verhältnisse bei anderen Echinodermen wissen, so ergiebt sich das Folgende: Bei Asterien beobachtete A. Acassız den Furchungsprocess von Asterias berylinus und fand denselben, wie namentlich aus seinen Ab- bildungen hervorgeht, als einen totalen, bei welchem die einzelnen Furchungszellen nur unbedeutende Größenunterschiede aufweisen. Fernere Beobachtungen über die Furchung von Seesterneiern besitzen wir von GREEFF® an Asterias rubens. Derselbe giebt aber nicht an, ob die Furchungszellen in diesem Falle von Anfang an genau gleich groß sind oder ob auch bei ihnen eine unbedeutende Inäqualität vorhanden ist. Noch vor Asassız hat aber schon einer der ersten Forscher auf dem Gebiete der Entwicklungsgeschichte der Echinodermen, M. Sars, die ungleiche Größe der beiden ersten Furchungskugeln bei Echinaster san- guinolentus beobachtet, wie aus seiner Abbildung und der Bemerkung seines Textes hervorgeht: »Der Dotter des Eies war in zwei halbkuge- lige, durch eine Furche geschiedene, nicht völlig gleiche Theile getheilt.« Zahlreicher sind die Beobachtungen über die Furchung des Seeigel- eies. Nach SELENKA 5 ist dieselbe auch hier eine totale und die Furchungs- 1 Ich bezeichne diesen Pol als den unteren im Hinblick auf die Regionen, die wir an den späteren Larvenstadien zu unterscheiden haben. 2] 76. 3 Vierte Mittheil. 1876. p. 35. * M. Sars, Fauna littoralis Norvegiae. I. Christiania4846. p.50. Taf. 8, Fig. 42. 5 Diese Zeitschrift. Bd. XXXIIT. 1879. p. 44—42, | Entwicklungsgeschichte der Asterina gibbosa Forbes. 11 zellen sind während der ersten Stadien meistens, aber nicht immer, von gleicher Größe. Aber auch bei anfänglich gleicher Größe machen sich ‘doch bald Größenunterschiede bemerklich, so dass die schließlich aus der Furchung hervorgehende einschichtige Zellenblase an dem einen, sich später einstülpenden Pole höhere und breitere Zellen besitzt. Damit stehen auch die älteren Beobachtungen von A. Acassız an Strongylocen- trotus droebachiegsis im Einklange!. Auch aus den Untersuchungen von ‘0. Herrwıc ? und H. For ? geht hervor, dass bei Strongylocentrotus livi- dus schon in den ersten Furchungsstadien das eine Mal geringe Größen- differenzen auftreten, das andere Mal aber anscheinend eine völlige ‘Gleichheit der ersten Furchungszellen vorhanden ist. Ferner scheinen bei Toxopneustes variegatus die beiden ersten Furchungskugeln von fast genau gleicher Größe zu sein“. Neuerdings hat R. S. Bercn5 die Fur- | chung von Echinus miliaris untersucht; er betont, dass hier die Fur- chungszellen anfänglich alle von gleicher Größe sind. Über die Furchung des Ophiureneies besitzen wir nur die Beob- ': achtungen von METScHnIKoOFF® an Amphiura squamata. Demnach ist die Furchung hier eine totale, welche anfänglich »regelmäßig abläuft, indem die einzelnen Segmente unter einander alle gleichartig sind«; bald aber werden sie an einer Seite des Eies kleiner als an der anderen, so dass ‘ die aus der Furchung entstehende einschichtige Zellenblase an einer Seite eine dieckere Wand besitzt als an der anderen. Unter den Holothurien fand Kowaevsey” bei der von ihm als Psoli- nus brevis bezeichneten Holothurie aus dem Golfe von Neapel eine totale Furchung, bei welcher die einzelnen Furchungszellen von fast genau gleicher Größe sind. Ganz ähnliche Verhältnisse beobachtete er auch bei Pentacta doliolum (= Cucumaria Planci)®. Bei der letztgenannten Art, so wie auch bei Holothuria tubulosa hat dann Serenka 9 die Furchung genauer verfolgt. Er bezeichnet dieselbe als eine nur scheinbar regel- mäßige, in Wirklichkeit aber inäquale, da schon die beiden ersten Furchungskugeln Größendifferenzen zeigen, die allerdings häufig so un- bedeutend sind, dass es nicht leicht gelingt, sie wahrzunehmen. I A. Agassız, Revision of the Echini. p. 710. ‘2 Morphol, Jahrb. Bd. I. 1875. Taf. XII und X. 3 H, For, Recherches sur la fecondation etc. 4879. Pl. VI et VII. * E. SELENkA, Zoologische Studien, Bd. 1. 1878. Taf. Ill. 5 Videnskab. Meddelels. Naturhist. Forening, Kjebenhavn 1879—1880. p. 255 bis 264. 6 Mem, de l’Acad. Imp. St.-Petersbourg 4869. p. 44. 7 Mem. de l’Acad. Imp. St.-Petersbourg 1867. p. 2—3. Fig. 1—6. 21.c. p..6: 9 Diese Zeitschrift. Bd. XXVII. 4876. p. 159—160, 167—168, 12 Hubert Ludwig, Bei den Crinoideen ist nach den Angaben von W. Tuomson! die Furchung eine totale mit unbedeutenden Größendifferenzen der Fur- chungszellen. Wenn wir Alles zusammenfassen, was wir demnach bis heute über den Furchungsprocess bei den Echinodermen wissen, so müssen wir denselben als einen totalen bezeichnen, der durch eine früher oder später auftrelende und bald bedeutendere, bald geringere Größendiffe- renz der einzelnen Furchungszellen das Schema einer durchaus äqualen Furchung verlässt und sich als eine inäquale Furchung charakterisirt; diese Inäqualität des Furchungsprocesses der Echinodermen ist aber immer nur eine verhältnismäßig geringe. "Bezüglich der Anordnung der Furchungszellen ist zu betonen, dass ein eigentliches Morulastadium ebenso wie wir es bei Asterina vermiss- ten, so überhaupt bei den Echinodermen niemals vorzukommen scheint. Beiallen bis jetzt darauf untersuchten Echinodermenist das Resultat des Furchungsprocesses keine Morula, son- dern eine echte Blastula mit einschichtiger Wandung, deren Hohlraum schon während der Furchungsich bildet. Das Blastulastadium ist bis jetzt von folgenden Formen bekannt: A) Asterien. Asterias rubens durch Hensen? und durch GrEEFF >; Aste- rias berylinus durch A. Acassız t; Asterina gibbosa durch die oben mit- getheilten Beobachtungen. 2) Ophiuren. Amphiura squamata durch METScHNIKOFF®. 3) Echinoideen. Strongylocentrotus droebachiensis durch A. Asassız 6; Strongylocentrotus lividus durch SELenkaA 7; Echinus miero- tuberculatus durch SeLenk4 8; Echinus miliaris durch Bereu ?; Sphaere- chinus granularis durch SeLenka 10; Arbacia pustulosa durch SeLenka !!; Echinocardium cordatum durch SerenkA!2. 4) Holothurien. Psolinus brevis durch Kowarevsky !?; Gucumaria Planci durch KowaLevsky ! und SELENkA 15; Holothuria tubulosa durch Serenka 16. Philosoph. Transact. Roy. Soc. London. Vol. 455. 1865. p. 513. Archiv für Naturgesch. 4863. p. 242. Vierte Mittheil. 1876. p. 35. North American Starfishes. 1877. p. 7—8. Pl. 1. l. e. p. 14. Taf. I, Fig. 3) 6 Revision of the Echini. p. 740. Diese Zeitschrift. Bd. XXXIM. 4879. Taf. VII, Fig. 32. Diese Zeitschrift. Bd. XXXI11l. 4879. Taf. V, Fig. A. Vidensk. Meddelels. 4879/80. p. 257—258. 10 Diese Zeiischrift. Bd. XXXIM. 4879. Taf. VI, Fig. 20. 11 Diese Zeitschrift. Bd. XXXIll. 1879. Taf. VII, Fig. 34. 12 Diese Zeitschrift. Bd. XXXIII. 1879. Taf. VII, Fig. 38. 13 ]. c. 4867. Fig. 7. 12.],.C.. 2.6. 15 Diese Zeitschrift. Bd. XXVII. 4876. Taf. XI, Fig. 16, 17. 16 Diese Zeitschrift. Bd. XXV1l. 41876. Taf. IX, Fig. 4, 2. Sr DazaTr QyeETRTESTED I Entwicklungsgeschichte der Asterina gibbosa Forbes. 13 Bei allen diesen Formen ist die Blastula in gleicher Weise gebaut. | Wir finden stets eine einschichtige Zellenblase, deren Wand an einer ' Seite mehr oder weniger deutlich verdickt ist, entweder von Anfang an oder erst in den späteren Stadien. Die Oberfläche der Blastula ist mit | einem Cilienkleide bedeckt, welches unter den oben aufgeführten Formen “nur allein bei der Blastula von Amphiura squamata zu fehlen scheint. Auch die Art und Weise wie aus der Blastula die Gastrula entsteht, scheint allen Echinodermen gemeinsam zu sein. Wir sahen oben, dass bei Asterina die Gastrula sich durch Einstülpung bildet. Ganz derselbe Vorgang kehrt bei allen bis jetzt darauf untersuchten Echinodermen ‚ wieder. Nachdem die Gastrulabildung durch Einstülpung unter den Echinodermen zuerst von A. Kronn! bei Strongylocentrotus lividus auf- ‚ gefunden worden war, beobachteten denselben Vorgang Acassız bei ' Asterias berylinus, HEnsen und GREFFF bei Asterias rubens; ich selbst nach nicht veröffentlichten Beobachtungen bei Asterias glacialis, SELENKA bei Echinus microtuberculatus, Sphaerechinus granularis, Arbacia pustu- losa, Strongylocentrotus lividus, Echinocardium cordatum; Bercn bei Echinus miliaris, Acassız bei Strongylecentrotus droebachiensis ; SELENKA bei Cucumaria Planci und Holothuria tubulosa; Kowarzvsky bei »Pso- ' Iinus brevis«? und Cucumaria Planci. Ein anderer Modus der ' Gastrulabildungalsderdurch Einstülpungdesmehr oder ' weniger verdickten Blastodermtheiles ist bis jetzt bei keinem einzigenEchinoderm konstatirt; wir dürfen annehmen, dass auch in denjenigen Fällen, in welchen wir nur die fertige Gastrula, nicht aber ihre Entstehungsgeschichte kennen, dieselbe sich durch In- vagination gebildet habe. Das fertige Gastrulastadium kennen wir bis heute von folgenden Echinodermen:: 1) Asterien. Asterias rubens durch Hensen ® und durch GREEFF ; Asterias berylinus durch Acassız5; Asterina gibbosa durch ‚obigeBeobachtungen. 2) Ophiuren. Amphiura squamata durch MErscnanı- KOFF6. 3) Echinoideen. Strongylocentrotus lividus durch Kronn”’ und I Beitrag zur Entwicklungsgeschichte der Echinodermen. Heidelberg 1849 = pr 48. Tat. I, Fig. 2,3. | 2 Ich setze diesen Namen in Anführungszeichen, weil sich nicht mehr kon- statiren lässt, welche der bei Neapel vorkommenden Holothurien KowALevsky unter dieser Bezeichnung versteht. 3 Archiv für Naturgesch. 1863. p. 242. 4 Vierte Mittheil. 4876. p. 33. 5 North American Starfishes. 1877. p. 8. Pl. 1. 6 1. c. 1869. p. Ah. T].c. 4849. p. 18. Taf. S, Eig. 2, 3. 14 Hubert Ludwig, durch Senenkat; Strongylocentrotus droebachiensis durch Asassız 2; Echi- nus microtuberculatus durch Joa. MüLLer ? und durch Serenka; Echinus miliaris durch Beren 5; Sphaerechinus granularis durch SELENnkKA®; Ar- bacia pustulosa durch Ser£enka’; Echinocardium cordatum durch SELENKA®. 4) Holothurien. »Psolinus brevis« durch KowaLevskyY?; Cucumaria Planci durch Kowarervskv !0 und durch SerenkaA !!; Holothuria tubulosa durch SeLenk4 12. 5) Crinoideen. Antedon rosacea durch GörtE!3. Der eingestülpte Theil des Blastoderms, der zum Gastruladarme wird, also das Entoderm, legt sich bei Asterina, wie auch bei den übri- gen Echinodermen, nicht dicht an die Innenseite des nicht eingestülpten Blastoderms, d.h. des Ektoderms, an, sondern zwischen beiden primären Keimblättern bleibt ein Zwischenraum, welcher der Rest der Furchungs- höhle ist und eben so wie die Furchungshöhle des Blastulastadiums von einer Flüssigkeit erfüllt ist. Diese Flüssigkeit bezeichnet bekanntlich Hensen !* als den »Gallertkern«. Mir scheint aber diese Bezeichnung nur dann zulässig, wenn man eine gallertige Beschaffenheit der Sub- stanz nachweisen könnte. Das ist aber bislang in keinem Falle ge- schehen. Im Gegentheil, man erhält bei Beobachtung lebender Echino- dermenlarven durchaus den Eindruck als wenn die Substanz, welche die Furchungshöhle und später den Zwischenraum zwischen Ektoderm und Entoderm ausfüllt, viel dünnflüssiger sei als dass man sie als Gallerte bezeichnen könnte. Auch wenn man beobachtet wie die Meso- dermzellen, die wir sogleich näher zu besprechen haben werden, mit größter Leichtigkeit hin und her zu kriechen vermögen, hält es schwer an eine gallertige Konsistenz jener Substanz zu glauben. Ich möchte also lieber die Hensen’sche Bezeichnung »Gallertkern« überhaupt nicht in Anwendung bringen. Die Entstehung dieser flüssigen Substanz, ! Diese Zeitschrift. Bd. XXXIII. 1879. Taf. VII, Fig. 33. 2 Revision of the Echini. p. 74. 3 4852. Vierte Abhandlung. p. 24. Taf. VI, Fig. 4. (Joa. MÜLLER nennt die Art: Echinus pulchellus Ag.) - 4 Diese Zeitschrift. Bd. XXXII. 4879. Taf. V, Fig. 5, 6. > ]. c. Videnskab. Meddelels. 1879/80. Figur auf p. 7 des Separatabdruckes. 6 Diese Zeitschrift. Bd. XXXIM. 1879. Taf. VI, Fig. 23, 24, 25. 7 Diese Zeitschrift. Bd. XXXIll. 4879. Taf. VII, Fig. 35, 36. 8 Diese Zeitschrift. Bd. XXXIII. 1879. Taf. VII, Fig. 40, 41. 9 1. c. 1867. Fig. MM. 10 1. cc. 4867. Fig. 14. 1 Diese Zeitschrift. Bd. XXVII. 4876, Taf. XI, Fig. 20. 12 Diese Zeitschrift. Bd. XXVII. 4876. Taf. IX, Fig. 3. 13 Archiv für mikroskopische Anatomie. 4876. Taf. XXV, Fig. 14, 14 |.c. Entwicklungsgeschichte der Asterina gibbosa Forbes. 15 welche das Blastocoel der Blastula und später den Zwischenraum zwi- schen Ektoderm und Entoderm der Gastrula erfüllt, kann nur durch Abscheidung seitens der Furchungszellen erfolgt sein. Später, nach oder gleichzeitig mit der Entstehung der Gastrula, wird dann jene Flüssigkeit dadurch zu einem Bestandtheile des mittleren Keimblattes, dass Zellen in dieselbe einwandern, sich dort vermehren und vielleicht durch theil- weise Aufsaugung die Flüsssigkeit immer mehr verdrängen. Es wäre von Interesse gewesen auch bei Asterina der Entstehung der einwandernden Mesodermzellen nachzuspüren. Leider ist auch hierfür das Ei der Asterina ein sehr ungünstiges Objekt; wirklich entscheidende Beobachtungen lassen sich bei der Undurchsichtigkeit des lebenden Embryo nicht anstellen. Ich muss mich desshalb darauf beschränken, dasjenige kritisch zusammenzustellen, was man überhaupt über die ersteAnlage desMesodermsbeidenEchinodermen bis jetzt in Erfahrung gebracht hat. Dieselbe ist besonders in der neueren Zeit genauer verfolgt worden, während die Kenntnis der Meso- dermzellen selbst schon älteren Datums ist. Kronn! ist der Erste ge- wesen, welcher die Mesodermzellen, bei dem sich entwickelnden Strongylocentrotus lividus, gesehen hat. Derselbe ist dabei allerdings, wie schon Jos. MüLLer? bemerkte, in den Fehler verfallen, die Zellen nur als »Kerne« zu betrachten; er hat aber die Umwandlung dieser »Kerne« »in das feine, netzartig verflochtene Fadengewebe, das in späteren Perioden die ganze Leibeshöhle durchzieht und zur Befestigung des Nahrungsschlauches dient« richtig beobachtet. Eben so ist auch schon von Kronun gesehen worden, dass die Mesodermzellen sich an- fänglich an derselben Stelle, dem » stumpfen Pole«, der Blastula befin- den, die sich später einstülpt um den Urdarm zu bilden. Nachdem dann das Vorkommen der Mesodermzellen bei anderen Echinodermen- larven mehrfach konstatirt worden war, so durch Jon. MüLLer3 und durch Kroun !, finden wir erst bei Hrusen ® wieder eine Angabe über die t 1.c. 4849. p. 47. Taf. I, Fig. A, 2. 2 48592. Vierte Abhandlung. p. 25. 3 Zweite Abhandl. 4849. p. 8. Taf. I, Fig. 7; Beschreibung der Mesoderm- zellen der Bipinnaria von Helsingör. — Dritte Abhandl. 4850. p. 7. Taf. I, Fig. 2, 8; Beschreibung der Mesodermzellen bei Auricularien, wozu auch zweite Abhandl. 1849, Taf. V, Fig. 4—3 zu vergleichen ist. — Vierte Abhandl. 4852. p. 8. Taf. II, Fig. —3; Mesodermzellen von Auricularien. — Vierte Abhandl. 4852. Taf. III, Fig. 8 und Taf. V, Fig. 4; Mesodermzellen von Bipinnarien. — Sechste Abhandl. 1853. p. 4. Mesodermzellen der Holothurienlarven. * MürLer's Archiv für Anat. und Physiol. 4854. p. 345; Mesodermzellen von Auricularien ; Kronn bezeichnet auch hier die Zellen nur als »Kerne«. 5 Archiv für Naturgesch. 1863. p. 242. 16 Hubert Ludwig, Entstehung derselben. Er beobachtete, dass bei Asterias rubens die Mesodermzellen sich von der inneren Oberfläche des sich einstülpenden Urdarmes abschnüren. Auch Acassız! sind die Mesodermzellen der Asterien- und Echinenlarven nicht entgangen; er nennt sie » Dotter- zellen«. Glücklicherweise ist diese höchst unzutreffende Bezeichnung von keinem anderen Forscher acceptirt worden. Weitere Mittheilungen über die Mesodermzellen der Larven der Holothurien, Ophiuren, Aste- rien und Echiniden verdanken wir METSCHNIKOFF 2; auch er fand, dass die Mesodermzellen, seine » Cutiszellen«, auf der inneren Oberfläche des Larvendarmes ihren Ursprung nehmen. Noch bestimmter lauten die Angaben Serrenka’s3. Nach ihm schnüren sich die Mesodermzellen schon vor der Einstülpung des Urdarmes oder wenigstens gleichzeitig damit von den Blastodermzellen ab und gelangen so in das Blastocoel; dieser Vorgang findet stets an der etwas verdickten Stelle des Blastoderms statt, welche sich später zum Urdarm einstülpt. Zu dem gleichen Ergebnisse ist derselbe Forscher später auch für die Echinoideen gelangt‘. Bei Echinus microtuberculatus, Sphaerechinus granularis und Arbacia pustulosa findet die Bildung der Mesodermzellen schon vor der Einstül- pung des Urdarmes statt, jedoch stets an der sich später einstülpenden Pariie des Blastoderms, d. h. dem späteren Entoderm. Eine Betheili- gung der übrigen, das Ektoderm darstellenden Zellen des Blastoderms an der Bildung der Mesodermzellen wird von SerenkA auf das Bestimm- teste in Abrede gestellt. Er bezeichnet die gegentheiligen Befunde von GREEFF5, welcher bei Asterias rubens die Erzeugung von Mesodermzellen an beliebigen Stellen des Blastoderms vor sich gehen sah, als Produkte pathologischer Vorgänge. Dem steht aber entgegen, dass neuerdings auch R. S. Bercn® die Bildung der Mesodermzellen bei Echinus miliaris nicht nur von dem Entodermabschnitte, sondern auch von allen anderen Punkten des Blastoderms, also auch dem Ektoderm, ausgehen sah und demzufolge die Angaben GrEErFF’s gegen SrrenkA in Schutz nimmt. Eine ganz andere Auffassung über die Entstehung des Mesoderms vertritt Kowarevsky’. Nach ihm soll sich dasselbe bei »Psolinus brevis« ! North American Starfishes, an verschiedenen Stellen. 2 ].2C. 3 Diese Zeitschrift. Bd. XXVII. 1876. p. 160—461. Taf. IX, Fig. 3; p. 168. Taf. XI, Fig. 18. | 4 Diese Zeitschrift. Bd. XXXIII. 1879. p. 45—47. Taf. V, Fig. 2—4; Taf. VI, Fig. 24, 22; Taf. VIl, Fig. 39. 5 Sechste Mittheil. 1879. p. 51—352. 6 1. c. p. 261—264. Abbildung auf p. 261. 71. €. 4867..p. 3. Rie. 10. | Entwieklungsgeschichte der Asterina gibbosa Forbes. 17 in der Weise bilden, dass die Blastodermzellenschicht sich in zwei über einander gelegene Zellenschichten spaltet, deren innere das Mesoderm ist. Indessen Angesichts der sämmtlichen vorhin erwähnten Beobach- tungen scheint mir, dass man Kowarevskv's Ansicht könne auf sich beruben lassen, und das um so mehr als Niemand im Stande ist die Kowausvsky’sche Angabe zu kontrolliren, so lange man nicht weiß, was für eine Holothurie mit seinem »Psolinus brevis« gemeint ist. Aus dem Vorstehenden können wir als allgemeines Resultat entnehmen, dass die Mesodermzellen der Echi- nodermen zwar im Allgemeinen Abkömmlinge des Entoderms sind, aus dessen Zellenlage sie sich ab- schnüren und als Wanderzellen in die Flüssigkeit des Blastocoelseindringen, dassaberauchausdemEktoderm sich Zellen abschnüren und zu Mesodermzellen werden können. In ein neues Stadium ist die Frage nach der ersten Anlage des Mesoderms der Echinodermen durch die Angabe SeLenka’s getreten, dass bei Echinoideen das sich entwickelnde Mesoderm, der »Mesodermkeim«, ein bilateralsymmetrisches Gebilde ist!. »In der Mitte des verdickten Theiles des Blastoderms, sagt SELENKA, entsteht, zusammenfallend mit der Längsachse der späteren Gastrula, von innen her eine trichterartige Vertiefung, welche sich nach ungefähr einer Stunde in eine spaltartige Rinne verlängert, die erst nach erfolgter Bildung des Mesodermkeimes wieder verstreicht. Durch diese Rinne ist auch die seitliche Symmetrie des Larvenkörpers fixirt; beiderseits nämlich von diesem Spalt entstehen durch Theilung einer geringen Anzahl von Entodermzellen die Mesoderm- keime in Form von zwei, je vier bis acht Zellen umfassenden Zellen- haufen, die sich bald vom Mutterboden abtrennen um endlich als amöboide noch mehrfachen Theilungen unterworfene Zellen den Gallert- kern zu durchwandern.« Bercn? schließt sich für Echinus miliaris diesen Angaben von SeLenkA an, bemerkt aber, dass er »die Bildung der trichterförmigen Rinne oder Spalte nicht mit so großer Bestimmtheit wie SELEnKA habe verfolgen können«. Noch weiter scheint HATscHrk 3 in die ersten Entstehungsverhältnisse des Mesoderms eingedrungen zu sein, indem es ihm gelang »bei Toxopneustes lividus das Mesoderm auf zwei in der Medianebene einander berührende Zellen am Entodermpole der ! Diese Zeitschrift. Bd. XXXII. 4879. p. 45—46. Taf. V, Fig. 1—5; Taf. VI, Fig. 241; Taf. VII, Fig. 38—39. 2]. c. p. 260. 3 Entwicklungsgeschichte von Teredo. 1880. p. 30. . Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XXXVEI. Bd. ) 18 Hubert Ludwig, Blastula zurückzuführen, welche unter Theilungsvorgängen in die Furchungshöhle rücken «. Bei dem großen Interesse, welches eine bilateral-symmetrische Anlage des Mesoderms, wenn sie sich als eine bei den Echinodermen allgemein verbreitete herausstellen sollte, für den Vergleich mit der bilateralen Mesodermanlage anderer Thiergruppen haben würde, werden sich spätere Untersuchungen auf diesen Punkt hinlenken müssen. Vor der Hand aber scheint es mir noch verfrüht, die Angaben von SeLEnkA, Bercn und Harscark, die sich ja alle nur auf Seeigel beziehen, zu ver- allgemeinern und schon jetzt allen Echinodermen eine bilateral-symme- trische Anlage des Mesoderms zuzusprechen. III. Bildung des Larvendarmes, des Enterocoels und der Anlage des Hydrocoels. Wir haben den Embryo der Asterina verlassen in dem Stadium, in welchem er sich am Schlusse des zweiten Entwicklungstages befindet. Die verengerte Gastrulaöffnung hat sich dem unteren Pole genähert und dort ihre subpolare Lagerung eingenommen. Diejenige Seite des Em- bryo, auf welcher sich die Gastrulaöffnung befindet, ist die Vorder- oder Bauchseite der Larve. Der Gastruladarm selbst setzt sich aus zwei Haupttheilen zusammen, dem kurzen cylindrischen Anfangstheile, in welchen die Gastrulaöffnung zunächst hineinführt und dem geräumigen blasenförmigen, blindgeschlossenen Endabschnitt. In diesem Stadium ist die Wandung beider Theile des Gastruladarmes von ziemlich gleicher Dicke. Am dritten Tage aber treten Veränderungen an dem Gastrula- darme auf, welche die Bildung des eigentlichen Larvendarmes und des Enterocoels einleiten. Zum besseren Verständnis will ich vorgreifend gleich bemerken, dass aus dem blasenförmigen Endtheile des Gastrula- darmes das Enterocoel entsteht, indem sich dasselbe von dem An- fangstheile abschnürt; Letzterer aber wird zum Mitteldarm und Enddarm der Larve. Als erstes Anzeichen der beginnenden Enierocoelbildung legt sich der blasenförmige Theil des Gastruladarmes, da wo er sich mit dem Anfangstheil verbindet, mit einer rechten und einer linken Aus- buchtung über die Verbindungsstelle hinüber (vgl. Fig. 20). Wie man in derselben Figur, welche die linke Ausbuchtung des blasenförmigen Endabschnittes des Gastruladarmes in ihrem ersten Beginne darstellt, bemerkt, fängt gleichzeitig die Wand des blasenförmigen Theiles des Gastruladarmes an sich im Vergleich zu der Wand des nicht erweiterten, cylindrischen Anfangstheiles zu verdünnen. Diese Verdünnung wird von da an, wie aus den folgenden Figuren hervorgeht, immer bedeuten- der und augenscheinlicher. Die beiden rechts und links von dem An- Entwicklungsgeschichte der Asterina gibbosa Forbes. 19 fangstheil des Gastruladarmes befindlichen Ausbuchtungen werden immer tiefer, indem gleichzeitig das innere Ende des Anfangstheiles des - Gastruladarmes immer höher in das Lumen des blasenförmigen End- abschnittes hinaufrückt. Die beiden Aussackungen des letzteren wollen wir als linke und rechte Enterocoeltasche unterscheiden, indem wir die Bezeichnung Enterocoel überhaupt auf den ganzen blasen- föormig aufgetriebenen Theil des Gastruladarmes anwenden. Die Be- rechtigung zu dieser Bezeichnung folgt, wie wir später zur Genüge erkennen werden, aus dem Umstande, dass aus diesem Theile des Gastruladarmes die Leibeshöhle (und als Abspaltung davon auch das Wassergefäßsystem) des Seesternes entsteht. Den nicht erweiterten eylindrischen Anfangstheil des Gastruladarmes wollen wir einfach den Larvendarm nennen, dabei aber im Auge behalten, dass aus demselben, wie der weitere Verlauf der Entwicklung zeigen wird, nicht der ganze Larvendarm, sondern nur der Magendarm (Mitteldarm) und Afterdarm (Enddarm) der Larve daraus hervorgeht, während der Munddarm der Larve durch eine besondere neue Einstülpung gebildet wird. Die Enterocoelblase steht also, wie aus dem Gesagten ohne Weiteres erhellt, anfänglich in offenem Zusammenhang mit dem Larvendarme; sie ist ja eigentlich nichts Anderes als eine blasige Auftreibung des blind ge- schlossenen Endes desselben. Die linke und rechte Enterocoeltasche sind Ausweitungen der Enterocoelblase, welche sich an der linken und rechten Seite des Larvendarmes in der Richtung nach dem unteren Pol des Embryo vorschieben. Je höher der Larvendarm nun weiterhin in dem Körper der Larve nach dem oberen Pole aufsteigt, desto tiefer senken sich die beiden Enterocoeltaschen links und rechts am Larven- darm herab. Die Übergangsstelle des Larvendarmes in das Enterocoel erweitert sich gleichzeitig; anfänglich besitzt das Lumen des Larven- ‚, .darmes an dieser Stelle einen kreisförmigen Querschnitt. | - Der Bau des Embryo ist jetzt noch immer in allen Stücken bilateral-symmetrisch. Eine durch die Gastrulaöffnung und die Längs- achse des Embryo gelegte Ebene zerlegt den Körper des letzteren in zwei spiegelbildlich gleiche Hälften, eine linke und eine rechte. Sehr bald aber beginnt diese Symmetrie einem unsymmetrischen Baue Platz. ı zu machen. Die erste Spur davon giebt sich an den beiden Enterocoel- ‚ taschen zu erkennen. Schon am Abend des dritten Tages sind die bei- den Taschen nicht mehr von gleicher Größe, sondern die linke zeigt ein stärkeres Wachsthum. Am vierten Tage ist die Ungleichheit in den bei- ‚ den Enterocoeltaschen noch erheblicher geworden und auch an dem , Larvendarm treten am vierten Tage erhebliche Umänderungen auf, die ‚ schließlich eine vollständige Abschnürung des Enterocoels von dem 9* 20 Hubert Ludwig, Larvendarme zur Folge haben. Um uns diese Vorgänge klar zu machen, wollen wir zunächst die Fig. 22—24 ins Auge fassen. Fig. 23 zeigt uns den Embryo am vierten Tage von der linken Seite, Fig. 24 denselben Embryo von der rechten Seite. Fig. 22 stellt einen Längsschnitt dar, der quer zur Medianlinie so geführt ist, dass die Gastrulaöffnung in die Schnittebene fällt. Man erkennt vor Allem in diesen drei Figuren, dass die linke Enterocoeltasche stärker entwickelt ist als die rechte und dass sie weiter nach unten reicht. Damit ist also die bilaterale Symmetrie bezüglich der inneren Organisation aufgegeben. An den drei Figuren ist ferner zu beachten, dass die Übergangssteile des Larvendarmes in das Enterocoel in den beiden Seitenansichten (Fig. 23 und 24) einen größeren Durchmesser besitzt als in der Vorderansicht (Fig. 22). Daraus, so wie auch an Schnitten, welche genau quer durch die Über- gangsstelle des Larvendarmes in das Enterocoel hindurchgehen, ist ersichtlich, dass jene Übergangsstelle jetzt nicht mehr wie am dritten Tage ein kreisförmiges Lumen besitzt, sondern ein elliptisches; die Längsachse dieser Ellipse fällt in die Medianebene des Embryo. Auch die äußere Körperform ist im Vergleich zum vorhergehenden Tage eine andere geworden. Von der Seite betrachtet hat der Embryo nunmehr eine dreiseitige Körperform mit abgerundeten stumpfen Ecken (vgl. Fig. 23 und 24); von vorn betrachtet ist der Kontur des Körpers ungefähr birnförmig (vgl. Fig. 22). Die dreiseitige Körperform des Em- bryo (in der Seitenansicht) kommt dadurch zu Stande, dass das Entero- coel unter fortschreitender Verdünnung seiner Wandung nach oben und hinten sich ausweitet und so den oberen Theil der Hinterseite des Embryo buckelförmig vortreibt. An der Vorderseite des Embryo tritt am vierten Tage eine neue Einstülpung auf, welche wir bis jetzt noch nicht beachtet haben (Fig. 23 und 24). Über der Mitte der Vorderseite senkt sich das Ektoderm in Gestalt eines hohlen Zapfens ins Körperinnere und buchtet die anstoßende Wand des Entoderms, da wo Larvendarm und Enterocoel in einander übergehen, ein. Diese Einstülpung des Ektoderms ist die Anlage des Mundes und des Munddarmes der Larve, wie die nächsten ‚Stadien zeigen. Sobald der Embryo diese Entwicklungsstufe erreicht hat, mitunter aber auch schon vor der Bildung der Mundeinstülpung, verlässt er die Eihülle, welche ihn bis dahin noch schützend umgab und schwimmt mit Hilfe des Cilienkleides, welches seine gesammte Oberfläche über- zieht, frei im Wasser umher. In Fig. 16, 17 und 18 habe ich eine Larve, die soeben ausgeschlüpft ist, abgebildet. Fig. 16 stellt die Larve von der Hinterseite, Fig. 17 von der Vorderseite und Fig. 18 in der Seiten- Entwickiungsgeschichte der Asterina gibbosa Forbes. 31 ansicht dar. In Fig. 17 und 18 ist die subpolar geiegene Gastrulaöffnung, welche zum After der Larve wird, deutlich zu sehen. Die Mundein- - stülpung auf der Bauchseite war an diesem Exemplar beim Ausschlüpfen noch nicht gebildet ; in anderen Fällen ist sie aber vorhanden und leicht wahrnehmbar; als kleine kreisförmige Grube. deren Durchmesser aber den Durchmesser des Larvenafters immer bedeutend übertrifft, liegt sie an der Bauchseite (Vorderseite), genau in der Mittellinie unterhalb der wulstförmigen Verdickung, welche das Oberende der Larve umgiebt (vgl. auch Fig. 23 und 24). Die eben erwähnte wulstförmige Verdickung am oberen Ende der jungen Larve umgiebt ein in der Mitte vertieftes Feld, welches schief zur Längsachse der Larve steht; aus diesem schief abgestutzten und um- wulsteten Oberende der Larve, dessen Form im Übrigen am besten aus den Abbildungen erhellt, entwickelt sich der zum Kriechen bestimmte Lokomotionsapparat der Larve, der eigentliche Larvenapparat, den wir besonders in vergleichend-anatomischer Hinsicht später noch. zu betrachten haben werden. Gegen Ende des vierten Tages, häufig auch erst am fünften Tage erfolgt die vollständige Abschnürung des Enterocoels von dem Larvendarme und der Durchbruch desMunddarmes inden letzteren. Schon in dem vorhin besprochenen Stadium sahen wir, dass die Übergangsstelle des Larvendarmes in das Enterocoel ein elliptisches Lumen angenommen hatte. Dadurch dass der Querdurch- messer dieser Ellipse sich immer mehr verkürzt, werden die seitlichen Ränder der Übergangsstelle einander mehr und mehr genähert; aus der Ellipse ist dann eine feine Längsspalte geworden, die schließlich durch Verwachsung der Ränder völlig verschlossen wird. Ist das geschehen, so stellt das Enterocoel einen zwar vom Urdarme aus entstandenen, nun aber vollständig von ihm abgetrennten Hohlraum dar, welcher im All- gemeinen eine hufeisenförmige Gestalt hat; der mittlere Theil des Huf- eisens erfüllt den oberen Theil des Larvenkörpers, die beiden Schenkel des Hufeisens aber, von welchen der linke länger ist als der rechte, liegen links und rechts vom Darme im mittleren und unteren Theile der Larve. Fig. 29 stellt einen Längsschnitt durch eine Larve dar, bei welcher das Enterocoel noch in offenem Zusammenhang mit dem Larvendarm steht, während der Schnitt Fig. 30 einer Larve entnon- men ist, bei welcher das Enterocoel sich vom Larvendarme durchaus abgeschnürt hat. In beiden Abbildungen ist auch wieder die schon oben besprochene stärkere Entwicklung der linken Enterocoeltasche zu bemerken. Sobald die Abschnürung des Enterocoels vom Larvendarme beendigt ist, bildet sich auch der Munddarm der Larve. Die Mundeir- 33 | Hubert Ludwig, stülpung legt sich mit ihrem blinden Ende (vgl. Fig. 26) an den jetzt nach oben ganz geschlossenen Larvendarm und bricht hier schließlich in den letzteren durch. Wir können dann eine kurze Zeit hindurch drei Theile an dem Darme der freischwimmenden Larve unterscheiden, die den drei Ab- schnitten, die wir von dem Larvendarme anderer Echinodermen kennen, ähnlich sind: erstens den Munddarm, der durch eine besondere Einstül- pung seitens des Ektoderms gebildet wurde, zweitens den Mitteldarm und drittens den kurzen Enddarm, der mit dem After nach außen mündet; Mitteldarm und Enddarm sind aus dem 'Gastruladarme entstanden; alle drei Abtheilungen des Darmes, so wie übrigens auch das Enterocoel tragen auf ihren Zellen Cilien. Der After bleibtjedoch nur kurze Zeit bestehen; manchmal fällt es schon am fünften Tage an den lebenden Larven schwer desselben ansichtig zu werden; in anderen Fällen konnte ich denselben aber noch am sechsten Tage erkennen. An den in Weingeist konservirten Individuen gelang es mir nach dem vier- ten Tage niemals mehr die Afteröffnung mit Sicherheit zu sehen. Auch in dem konservirten Individuum, von welchem die Abbildung Fig. 26 herrührt, war keine Afteröffnung aufzufinden, wohl aber lagen an der- jenigen Stelle, wo sich bei anderen gleich alten oder wenig jüngeren Larven die Afteröffnung als ganz feiner Porus zu erkennen gab, End- darm und Körperwand dicht an einander. Es tritt nach meinen Beob- achtungen gewöhnlich am fünften, seltener erst am sechsten oder schon am vierten Tage eine Obliteration ir Afters ein. An dem fünften Entwicklungstage, demselben, an welchem ge- wöhnlich die Afteröffnung verschwindet, treten an den beiden Entero- coeltaschen wichtige Veränderungen auf. Während dieselben bis dahin links und rechts vom Darme lagen, dagegen sich weder in der vorderen noch hinteren Mittellinie der Larve berührten (vgl. auch Fig. 27), um- greifen sie nunmehr in immer fortschreitendem Maße von vorn, hinten und unten den Larvendarm. Schon Fig. 28 zeigt den Beginn der Um- wachsung des Darmes durch die beiden Enterocoeltaschen. Man be- merkt auch hier wieder, dass die linke und rechte Enterocoeltasche sich nicht gleichmäßig verhalten. Die linke Tasche erreicht früher das untere Ende des Larvendarmes und besitzt ein größeres Lumen als die rechte Tasche. Durch die stärkere Entwicklung der linken Tasche wird jetzt schon der Darm ein wenig aus seiner medianen Lage heraus und nach rechts hinübergedrängt; ein Verhalten, welches in den spä- teren Entwicklungsstadien immer deutlicher wird. Vorn und hinten berühren sich sehr bald die beiden Enterocoeltaschen und zwar scheint das hinten etwas früher aufzutreten als vorn. Vorn bleibt es nicht bei Entwicklungsgeschichte der Asterina gibbosa Forbes. 23 einer bloßen Berührung, sondern die beiden Enterocoelsäcke vereinigen dort ihre Lumina und bilden so an der Vorderseite des Darmes einen - einzigen Hohlraum. An der Hinterseite des Darmes aber fließen die Hohlräume der beiden Enterocoeltaschen nicht zusammen, sondern bleiben durch eine von der Körperwand zum Darme hinziehende Scheidewand, eine Art Mesenterium, von einander getrennt. Diese Scheidewand besteht aus den sich berührenden Wänden der linken und rechten Enterocoeltasche, zwischen welche sich eine dünne Meso- dermlage einschiebt. Sie liegt nicht etwa in der Medianebene, sondern nach rechts verschoben (vgl. Fig. 103 und 105). Auf den eigenthüm- lichen Verlauf und die Bedeutung dieser Scheidewand werden wir später näher einzugehen haben. Auch die Berührungs- und spätere Durchbruchsstelle der beiden Enterocoeltaschen an der Vorderwand des Darmes liegt nicht in der Medianebene, sondern ist nach links verschoben. Diese Abweichun- gen der vorderen, vergänglichen ZT und der hinteren dauernden Scheidewand zwischen linker Enterocoel, des Larrenorgans und rechter Enterocoeltasche F stehen mit dem Umstande in Zusammenhang, dass die rechte Enterocoeltasche sich vorzugs- weise .über die Vorderwand des Darmes hinüberschiebt, die linke rechte ------\: Enterocoeltasche aber über die 7779 @eltasch? Hinterwand des Darmes. Von ‘der linken Entero- coeltasche aus bildet sich im Laufe des fünften Tages die Anlage des Ausbuchtung yzur Bildung ‚"\ des Aydrozoels. aalınden,s Enterocvellasch? Wassergefäßsystemes des Seesternes. Es buchtet sich näm- lich die der Körperwand anliegende Außenwand der linken Entero- coeltasche zur Bildung einer besonderen Tasche aus; so dass dann das gesammte Enterocoel auf einem quer zur Medianebene der Larve geführten Längsschnitte von vorn gesehen die in obenstehendem Hoiz- schnitt gezeichnete Form hat (vgl. Fig. 104, 102). Mit Ausnahme der Porenkanäle der Madreporenplatte entsteht das gesammte Wasser- gefäbsystem des Seesternes aus dieser taschenförmigen Ausbuchtung der linken Enterocoeltasche; zur bequemeren Bezeichnung wollen wir für diese Ausbuchtung und für ihre späteren Umbildungen den Terminus Hydrocoel in Anwendung bringen. In Fig. 25 ist die Hydrocoeltasche als Aussackung der Außenwand der linken Enterocoel- tasche deutlich zu erkennen; ebenso in Fig. 404. Die Hydrocoeltasche 94 | Hubert Ludwig, reicht vorn bis an die linke Seite des Munddarmes, hinten bis nahe zur Mittellinie des Rückens ohne aber diese letztere zu erreichen. Nach oben steht sie in offenem Zusammenhang mit dem Enterocoel. Nach unten hat sie anfänglich einen einfach bogenförmigen mit der Konvexi- tät nach unten gerichteten Kontur. Das ändert sich aber sehr bald. Schon am sechsten Tage findet man den unteren Rand der Hydrocoel- tasche nicht mehr einfach bogenförmig, sondern fünflappig; das Hydro- coel hat fünf anfänglich nur sehr seichte bald aber tiefer werdende Ausbuchtungen gebildet, welche nichts anderes sind als die ersten Anlagen der fünfradiären Hauptgefäße des Wassergefäß- systemes (vgl. Fig. 104). Gleichzeitig mit der Bildung des Hydrocoels von der linken Entero- coeltasche aus, hat sich auch der Rückenporus der Larve angelegt. Es enisteht derselbe in der Weise, dass auf der Hinterseite der Larve ungefähr gegenüber dem Larvenmunde, jedoch nicht genau in der Medianebene, sondern ein wenig links von derselben, eine Einstülpung des Ektolerms sich in das Innere des Körpers einsenkt und sobald sie in Berührung mit der linken Enterocoeltasche gekommen ist, in diese sich öffnet. Durch diesen Porus wird also eine offene Kommunikation zwischen der Außenwelt und dem gesammten Enterocoel, mit Einschluss des von letzterem sich ausbuchtenden Hydrocoel, hergestellt. In Fig. 25 ist die Lage der Einstülpung, aus welcher sich der Rückenporus der Larve entwickelt, angedeutet; für die Lage und Verbindung des Rücken- porus, nach Durchbruch desselben, vergleiche man die Fig. 31 und 36 so wie auch Fig. 103 und 104. | Um die Entwicklungsvorgänge des fünften Tages zu erledigen, wäre noch der äußeren Form der Larve zu gedenken. Dieselbe ünterörheidet sich von der eben ausgeschlüpften Larve des vierten Tages vorzugsweise durch die stärkere Entwicklung des oberen Körperabschnittes; die schiefe Fläche, welche das vordere Körperende von vorn und unten nach hinten und oben abstutzt, vergrößert sich und ragt bald vorn und hinten über den übrigen Larvenkörper hinaus; die Larve geht all- mählich über in eine Form, wie wir sie am nächsten Tage finden (vel. Fig. 33, 34, 35). An dem schief abgestutzten oberen Körperende können wir in der Seitenansicht einen vorderen kurzen Lappen, den wir den vorderen Kopflappen nennen wollen und einen hinteren längeren Lappen, den hinteren Kopflappen unterscheiden. Vorderer und hinterer Kopf- lappen bilden zusammen das Larvenorgan, welches später, beim Übergange in die Seesterngestalt, resorbirt wird. Das Thierchen ist nach wie vor auf seiner gesammten Körperoberfläche mit einem feinen Cilien- kleide bekleidet und schwimmt mit Hilfe des letzteren gewöhnlich in ni nun nn nn | | | Entwicklungsgeschichte der Asterina gihbosa Forbes. 35 bogenförmigen Touren, bei welchen die Kopflappen vorausgehen; das Citienkleid bleibt durch alle folgende Stadien erhalten und wird in den - Seestern hinüber genommen. Die bis jetzt geschilderten Entwicklungsstadien der Asterina gibbosa sind von Barroıs! ganz wesentlich anders dargestellt worden. Ich bin . desshalb genöthigt auf die Angaben dieses Forschers näher einzugehen. Nach Barroıs soll dem Gastrulastadium ein Entwicklungszustand folgen, in welchem die Gastrulaöffnung ganz geschwunden ist und die Larve einen allseitig geschlossenen länglichen Sack darstellt und von außen nach innen aus folgenden Schichten zusammengesetzt ist: 1) einem mit Cilien bekleideten Ektoderm, von dem aus sich die Zellen der skelettgebenden Schicht (Mesoderm) zu bilden scheinen ; 2) dieser skelettbildenden Schicht; 3) einem aus platten kleinen Zellen zusammen- gesetzten Entoderm, welches eine strukturlose eiweißartige Masse um- schließe. Ich bedaure behaupten zu müssen, dass dieses Barroıs’sche Stadium des »sac cilie ferme de toutes parts« überhaupt nicht vorkommt. Ich kann mir seine Beschreibung und Abbildung nur so erklären, dass er nur einige vereinzelte Schnitte untersucht hat, die allerdings, je nachdem sie das Thier getroffen hatten, etwas seiner Schilderung Ähn- liches zeigen können. Die Gastrulaöffnung wird, wie ich Barroıs gegen- über auf das Entschiedenste behaupten muss, zuerst auf einige Zeit zum Larvenafter und verschwindet dann erst, nachdem sich das Enterocoel abgeschnürt und die Mundöffnung gebildet hat. Am fünften Tage sind fast immer drei Öffnungen auf der Oberfläche der Larve wahr- zunehmen: 4) die jetzt erst verschwindende Gastrulaöffnung — After der Larve; 2) die Mundöffnung der Larve und 3) der Rückenporus. In Bezug auf den letzteren will ich gleich hier bemerken, dass derselbe in diesen und allen späteren Stadien Barroıs vollständig unbekannt ge- blieben ist. Auch in Bezug auf die Schichten, aus denen Barroıs den »sac cilie ferme de toutes paris« zusammengesetzt sein lässt, bin ich nicht mit ihm einverstanden. Schon die Meinung, dass die skeleitgebende Schicht (das Mesoderm) sich von dem Ektoderm aus, und zwar von einem be- sonders differenzirten inneren Abschnitte der ektodermalen Zellenlage, sich bilde, ist durch keine genügende Beobachtung gestützt; das Objekt ist gerade für die Frage nach der Abstammung des Mesoderms so un- günstig, dass es eine beweisende Beobachtung gar nicht zulässt. Ganz unverständlich aber ist mir, wie Barrors dazu gekommen ist in dem Entoderm eine Lage platter Zellen zu sehen. Die Zellen des Entodernis N]. c. 36 Hubert Ludwig, sind ebenso deutliche, langgestreckte Cylinderzellen, wie diejenigen des Ektoderms. Aus dem in Wirklichkeit gar nicht existirenden Stadium des »sac cilie ferme de toutes parts« entsteht nach Barroıs das dreilappige Sta- dium »le stade trilobe«. Barroıs meint damit die Larve nach Bildung des vorderen und hinteren Kopflappens, welche ja in der Seitenansicht eine dreilappige Form hat. Barroıs orientirt die Larve so, dass er sich die beiden Kopflappen nach unten gerichtet denkt. Allerdings von dem Zeitpunkte an, in welchem die Kopflappen sich zum Kriechorgan der Larve ausgebildet haben, ist ein scheinbarer Grund für diese Orientirung ‚vorhanden. Die Lage des Larvenmundes aber, so wie ferner die Lage von Larvenafter und Rückenporus lassen gar keinen Zweifel über die Art und Weise, in welcher man die Asterina-Larve im Vergleich zu anderen Echinodermenlarven aufstellen muss. Aber nicht nur in Bezug auf das oben und unten, sondern vorderer Ksopflappen auch in Bezug auf vorn und hin- ie, ten hat Barroıs die Larven falsch \defpper sorientirt. Wie aus nebenstehen- der übersichtlichen Darstellung ersichtlich, nennt Barroıs den vorderen Kopflappen den hinte- Bi N Reken ren und den hinteren Kopflappen al den vorderen. Ich weiß nicht ob — Larrentörpsr Barroıs die Larven beim Schwim- Air ad men beobachtet hat. Er hätte dann schon bemerken können, dass sein »lobe postörieur« beim Schwimmen vorausgeht. Ganz gewiss aber wäre Barroıs nicht zu seiner verkehrten Orientirung der Larven gekommen, wenn er nicht durch alle Stadien der Entwicklung in völ- iger Unbekanntschaft mit dem Rückenporus geblieben wäre. Auch die Entstehung des Larvendarmes und des Enterocoels ist von Barroıs irrthümlich aufgefasst. An seiner Darstellung ist nur die allgemeine Auffassung richtig, dass Larvendarm und Enterocoel sich vom. Gastruladarm ableiten; im Einzelnen aber ist seine Darstellung durch- aus falsch. In dem Stadium seiner Fig. 2, in welchem nach meinen Beobachtungen (vgl. Fig. 22, 23 und 24) die beiden Enterocoeltaschen schon angelegt sind und sich der spätere Larvendarm, wenn auch noch in offenem Zusammenhang mit dem Enterocoel, doch schon deutlich von demselben unterscheiden lässt, ist nach Barroıs noch nichts von dem späteren Larvendarm vorhanden. Derselbe soll sich erst später durch Einstülpung an dem unteren (nach Barroıs’ Orientirungsweise oberen) Entwicklungsgeschichte der Asterina gibbosa Forbes. 37 Bezirke der Entodermblase bilden. Barroıs fasst das Verhältnis des Enterocoels und des Larvendarmes zum Gastruladarm so auf, dass er nach dem fälschlich von ihm angenommenen Verschluss der Gastrula- ; öffnung den ganzen Gastruladarm zu einer Enterocoelblase werden lässt, - an welcher sich später durch Invagination der Larvendarm bilde, wäh- rend in Wirklichkeit der Gastruladarm zu einem Theile unmittelbar den Larvendarm liefert und zum anderen Theile das Enterocoel bildet, welches dann in zwei seitlichen Aussackungen den Darm überwächst. An dem Larvendarm beschreibt Barroıs richtig die Zellen als Gylinder- zellen, giebt aber nicht an, wie dieselben aus den von ihm im vorigen Stadium beschriebenen platten Entodermzellen entstanden sind. Diese Schwierigkeit besteht übrigens in Wirklichkeit nicht, denn wir haben ja oben gesehen, dass das Entoderm auch im vorigen Stadium aus cylin- drischen Zellen aufgebaut ist. | Auch die Lage der Hydrocoelanlage ist in den Barroıs’schen Ab- bildungen ! und in seiner Beschreibung unrichtig angegeben. Nach ihm liegt dieselbe nach oben (in seiner Orientirungsweise nach unten) von dem Larvenmunde. Bei all’ den Hunderten von Larven, die ich unter- sucht, konnte ich auch nicht ein einziges Mal diese Lagerung der Hydrocoelanlage beobachten; immer liegt dieselbe nach unten vom Larvenmunde. Auch ist die Hydrocoelanlage in der Barroıs’schen Figur 5 verhältnismäßig viel zu klein gezeichnet. So viel über die Barroıs'schen Angaben über die Bildung des Larvendarmes, des Enterocoels und der Anlage des Hydrocoels bei Aste- rina. Bevor wir in der Schilderung der weiteren Entwicklung unseres Seesternes fortfahren, wollen wir noch die Angaben, die wir von anderer Seite über die zuletzt besprochenen Stadien bei anderen Echinodermen besitzen, kritisch zusammenzustellen versuchen. Nach dem Vorher- gehenden brauche ich wohl kaum noch vorauszuschicken, dass ich an Stelle der gebräuchlichen Ausdrücke: Peritonealblasen und Wasser- gefäßblase die Bezeichnungen : Enterocoel und Hydrocoel vorziehen zu müssen glaube. Bei den übrigen Asterien geht, so weit bekannt, die Bildung des Enterocoels und des Hydrocoels in etwas anderer Weise vor sich als wir es von Asterina kennen gelernt haben. Es schnürt sich das Enterocoel bei ihnen nicht in Gestalt einer einzigen quer gelagerten Blase vom Gastruladarme ab, sondern es lösen sich von letzterem zwei Blasen, eine rechte und eine linke, von denen die letztere durch eine neue Ab- schnürung eine dritte Blase, das Hydrocoel, erzeugt. Dieser Vorgang ist i pl. 1, Fig. 5, 6,7. 38 Hubert Ludwig, zuerst von Acassız ! bei Asterias berylinus, dann von METscHnIkorF ? bei der von ihm untersuchten Bipinnaria, von Greerr” bei Asterias rubens und endlich von Görtz an Bipinnarien und bei Asterias glacialis beob- achtet worden. Indessen sind bei den Asterien auch schon Fälle be- kannt geworden, die sich ganz an das Verhalten der Asterina anschließen. So fand GörteE 5, dass bei Asterias glacialis das Enterocoel zwar gewöhn- lich als zwei paarige Blasen gebildet wird, dass aber mitunter auch nur eine unpaare Enterocoelblase sich abschnürt, die dann später erst in eine linke und eine rechte Blase zerfällt. Das was also bei Asterina kon- stant ist, die Ablösung eines einzigen Enterocoelsackes vom Gastrula- darme, kann auch bei Asterias glacialis als Ausnahmefall auftreten. Auch bei den Echinoideen ist die Bildung des Enterocoels zuerst von Acıssız6 beobachtet worden und zwar bei Strongylocentrotus droeba- chiensis. Die Anlage des Ennterocoels besteht auch hier aus einer rechten und linken Blase. Indessen äußert sich Acassız nicht ganz bestimmt darüber, ob beide Blasen sich durchaus getrennt vom Gastruladarme abschnüren oder ob sie anfänglich durch ein queres Zwischenstück mit einander verbunden sind, also anfänglich ein unpaares Gebilde dar- stellen, welches erst nach der Abschnürung vom Gastruladarme in eine linke und eine rechte Anlage zerfällt; nach: seinen Abbildungen hat es den Anschein als ob Ersteres der Fall sei. Bei den von SELENkA ’” unter- suchten Seeigeln hingegen wurde übereinstimmend die Abtrennung des Enterocoels vom Urdarme in Gestalt eines unpaaren quergelagerten Sackes beobachtet, der sich erst nachher in eine linke und rechte Blase theilt. Es beziehen sich diese Beobachtungen auf Echinus microtuber- culatus, den SELENkA irrthümlich E. miliaris nennt, Sphaerechinus granu- laris = Toxopneustes brevispinosus hei SELENKA, Strongylocentrotus lividus, Arbacia pustulosa und Echinocardium cordatum. Bei all’ diesen Seeigeln finden wir also eine Art der Enterocoelabschnürung, welche an diejenige von Asterina erinnert. Bei den Ophiuren ist zwar der Entstehungsvorgang des Enterocoels noch nicht unmittelbar beobachtet worden. Jedoch ist durch MrrTscant- 1 Embryology of the Starfish. 1864. 2 p. 33. Taf. XI, Fig. 1,3. 3 Vierte Mittheilung. 1876. p. 36. 4 Entwicklungsgeschichte der Comatula. p. 610. Taf. XXVI, Fig. 24, — Zoolog. Anzeiger Nr. 59. 4880. p. 324—325. 5}. c. Zoolog. Anzeiger Nr. 59. 6 On the Embryology of Echinoderms. 1864. p. 4 sqaq. 7 Diese Zeitschrift. Bd. XXXIH. 1879, Entwicklungsgeschichte der Asterina gibbosa Forbes. 29 Korr ! konstatirt, dass das Enterocoel der Ophiuren anfänglich in Gestalt zweier Blasen rechts und links vom Larvendarme sich befindet. Es kann kein Zweifel sein, dass dasselbe auch bier durch Abschnürung vom Urdarme entsteht; zweifelhaft aber ist, ob diese Abschnürung sofort ‘ zur Bildung eines Blasenpaares führt, oder ob sich erst eine unpaare ' Enterocoelblase bildet, die sich später theilt. Genauere Kenntnisse besitzen wir über die Bildung des Enterocoels ' bei den Holothurien. Hier hat SerenkA? bei Holothuria tubulosa und Cucumaria Planci (= doliolum) die Entstehung des Enterocoels Schritt - für Schritt verfolgt und den Nachweis geführt, dass dasselbe sich als ‚ eine unpaare Blase vom Urdarme abschnürt. Eine andere Form der Enterocoel- und Hydrocoelbildung beob- achtete Görte 3 bei Antedon rosacea. Hier sollen sich nämlich vom ' Gastruladarme drei Blasen, jede für sich, abschnüren, von denen zwei ‚ rechts und links ihre Lage haben und die Enterocoelblasen darstellen, die dritte unpaare Blase aber, welche bei allen anderen Echinodermen nicht direkt vom Darme, sondern erst von dem Enterocoel sich abschnürt, ist das Hydrocoel. Ich will hier die Gründe nicht aus einander setzen, wesshalb mir die GörtE'schen Angaben einer Revision bedürftig er- scheinen, sondern nur darauf hinweisen, dass, wenn wirklich, wie ich zunächst nicht bezweifeln will, bei Antedon rosacea das Enterocoel und das Hydrocoel in der von GöTTE angegebenen Weise entstehen, doch keine Veranlassung vorhanden ist, darin ein ursprüngliches Verhältnis zu erkennen, auf welches die Enterocoel- und Hydrocoelbildung der übrigen Echinodermen zurückzuführen sei. Gerade bei Antedon und überhaupt den Comatuliden wissen wir, dass wir es mit relativ jungen Thiergestalten zu thun haben, die einen letzten Ausläufer einer einst mannigfaltig entwickelten Thierklasse darstellen. Hier ohne Weiteres ursprüngliche Verhältnisse annehmen zu wollen, scheint mir nicht ge- stattet zu sein gegenüber der Thatsache, dass andere Echinodermen- gruppen, so die Asteriden, Ophiuriden und Echinoideen sich in ihrem Gesammtbaue verhältnismäßig reiner und weniger verändert auf ältere Perioden zurückführen lassen als die Comatuliden. Doch sei dem für den Augenblick wie ihm wolle — das Eine können wir mit Bestimmtheit aussprechen, dass bei allen Echinodermen, so weit zuverlässige Beobachtungen reichen, das Enterocoelundindirekt 21. c. 4869. p. 45. Taf. III B, Fig. 6 von Amphiura squamata. — p. 24. Taf. V, Fig. 2 von Ophiothrix fragilis. — Taf. V, Fig. 3 von Pluteus paradoxus. 2 Diese Zeitschrift. Bd. XXVII. 1876. p. 162—163, 470—A7TA. Taf. IX, Fig. 5; Taf. XI, Fig. 21. 3 Archiv für mikr. Anatomie. Bd. XII. 4876. p. 590. 30 Hubert Ludwig, (oder direkt bei Antedon) auch das Hydrocoel durch eine Ab- schnürung vom Gastruladarme entsteht. Nur in einem ein- zigen Falle ist bis jetzt eine damit nicht vereinbare Behauptung aufgestellt worden. Kowarevsky! will beobachtet haben, dass das Wassergefäß- system des » Psolinus brevis« sich durch eine Einstülpung des Ektoderms anlege. Bei dem fundamentalen Gegensatze, in welchem diese Angabe zu Allem steht, was wir bei anderen Echinodermen zuverlässig wissen, und bei der schon oben hervorgehobenen Unmöglichkeit die KowALEVSKY- schen Behauptungen konirolliren zu können, verdienen dieselben weiter keine Beachtung. 5 Wenn nun aber auch bei allen Echinodermen die Abstammung des Enterocoels und des Hydrocoels vom Gastruladarme als feststehend gel- ten kann, so sind doch im Einzelnen mancherlei Differenzen gegeben, die mir aber alle von keiner einschneidenden Bedeutung zu sein scheinen. Schon vorhin sahen wir, dass bei den einen Echinodermen das Entero- coel sich als unpaares, bei den anderen als paariges Gebilde ablöst und dass Beides bei einer und derselben Species: Asterias glacialis vor- kommen kann. Andere Differenzen beziehen sich auf die zeitliche Auf- einanderfolge in der Bildung einer rechten und linken Enterocoelblase und der Abschnürung eines Hydrocoels. Immer aber entwickelt sich das Hydrocoel an der linken Seite, sei es von einer unpaaren oder paaärigen Enterocoelblase aus (wenn wir die oben besprochene Ent- stehung des Hydrocoels bei Antedon als besondere Abweichung außer Acht lassen) und falls das Enterocoel die Gestalt zweier von einander abgeschlossener Blasen annimmt, kommt später doch immer wieder eine Vereinigung beider Blasen zu einem gemeinsamen Hohlraume zu Stande. So haben wir bei den bis jetzt darauf untersuchten Asterien meistens eine rechte und eine von jener gänzlich getrennte linke Enterocoelblase; letztere geht zum Theil auf in der Bildung der Hydrocoelblase, zum anderen Theil vereinigt sie sich mit der rechten Enterocoelblase zur Bildung des Enterocoels (Leibeshöhle) der Larve und des Seesterns. Bei Asterina aber kommt es niemals, wie uns auch die weitere Entwicklung bestätigen wird, zur. Bildung einer gesonderten rechten und linken Enterocoelblase, sondern von Anfang an ist das Enterocoel ein einziger Raum, der zwar zwei Taschen (die beiden Enterocoeltaschen) bildet und _ von der linken Tasche aus auch das Hydrocoel entstehen lässt, aber niemals in zwei völlig getrennte und sich später wieder vereinigende Räume zerfällt. Bei den Echinoideen kommt es wieder zur Bildung zweier getrennten iye iso pn Entwicklungsgeschiehte der Asterina gibbosa Forbes. 31 Enterocoelblasen, die aber später, nachdem sich von der linken das Hydrocoel abgeschnürt hat, wieder zusammenfließen. Dieser Vorgang ‘wurde namentlich von Seıenka ! bei den von ihm untersuchten Echinoi- deen genau festgestelli. Und auch die älteren Beobachtungen von "METscHnikorr ? stehen damit im Einklange. Nur bei Spatangoidlarven, . die wahrscheinlich zu Schizaster canaliferus gehören, macht METSCHNIKoFF? ‚eine Angabe, die mit seinen übrigen eigenen und auch mit den Angaben ‚von SeLenka nicht stimmen will. METScHNIkorF giebt nämlich an bei ' diesen Larven zwei rechts und links vom Larvendarm liegende Bläschen - gefunden zu haben, von welchen das linke sich in die Wassergefäßanlage, ‘das Hydrocoel, verwandele, das rechte aber sich zurückbilde; später beschreibt er dann bei älteren Larven noch eine rechte und linke ‚»Lateralscheibe«, d. h. Enterocoelblase. Es scheint mir fast zweifellos, dass die hier von Merscnnikorr behauptete Rückbildung des rechten \Bläschens nicht stattfindet, sondern dass dasselbe nichts Anderes ist als die rechte Enterocoelblase und dass das linke Bläschen nicht nur das ‚ Hydrocoel, sondern auch die linke Enterocoelblase liefert. Zur Stütze , meiner Deutung kann ich mich auf GöTTE ? berufen, depim Wesentlichen ‚ dieselbe Erklärung der betreffenden Mrrscunikorr’schen Angaben ge- . geben hat. | Für die Ophiuren bedürfen wir noch genauerer Untersuchungen über die erste Anlage des Hydrocoels als wir sie zur Zeit besitzen. ' Während man nämlich erwarten sollte, dass auch hier das Hydrocoel lediglich von den linken Enterocoelblasen gebildet werde, giebt METSCHNIKOFF® an, dass auch von der rechten Enterocoelblase sich eine Hvdrocoelblase abschnüre. Allerdings werde dies rechts gelegene Hydro- coel gewöhnlich rückgebildet, so dass das Wassergefäßsystem der Ophiure gleichfalls nur eine Weiterbildung der linken Hydrocoelanlage sei, in selteneren Fällen aber, sagt METscHnikorr®, entwickele sich auch die rechte Hydrocoelanlage weiter. Nach METschNIKoFF hätten wir also bei den Ophiuren eine paarige Wassergefäßanlage. Von späteren Forschern ist auf diese Angabe METschunikorr’s mehrmals hingewiesen worden um die sonst völlig haltlose Behauptung zu stützen, dass die Wassergefäß- anlage der Echinodermen überhaupt eine paarige Bildung sei, die sich 1 ].c. 4879. p. 49. ’ 21. c. 4869. p. 42. Ich will bei der Gelegenheit nicht unbemerkt lassen, dass das, was METSCHNIKOFF die »Lateralscheiben « nennt, dieselben Gebilde sind, die ich Enterocoelblasen nenne, und dass seine »Wassergefäßanlage« identisch ist mit meinem » Hydrocoel «. 3]. ce. p. 46—47. & 1, c. 4876. p. 609. 51]. c. 41869. p. 16, p. 21 Sag. 6 1.c. p. 16, p. 62. 32 Hubert Ludwig, erst durch Rückbildung der rechts gelegenen Anlage zu dem unpaaren Gebilde umgewandelt habe, welches wir konstant an der linken Seite des Larvendarmes aller Echinodermen finden. Eine Angabe, welche Jon. MüLLer in der ersten seiner sieben Abhandlungen über die Ent- wicklungsgeschichte der Echinodermen gemacht hat, wird gleichfalls in jenem Sinne zu verwerthen gesucht. Es will mir aber so vorkommen als wenn man hier, wie leider nur noch zu oft, zur Begründung einer phylogenetischen Vermuthung gerade auf solche Angaben sich stütze, die nichts weniger als hinreichend sichergestellt sind. Was zunächst die erwähnte Behauptung von Jon. Mürzer anbelangt !, so rührt dieselbe aus der allerersten Zeit, in welcher Mürzer sich mit der Entwicklung der Echinodermen beschäftigte; MürzLer hat damals in verschiedenen Punkten irrthümliche Auffassungen geäußert, welche theils noch von ihm selbst, theils von anderen Forschern korrigirt worden sind. Schon desshalb scheint mir diese Angabe von Jon. MüLLer weniger Gewicht zu haben; ferner aber ist auch die betreffende Abbildung MüLter’s, nament- lich wenn man den damaligen Stand der Kenntnis der Echinodermen- entwicklung mit in Anschlag bringt, nicht klar und beweisend genug. Ich will nicht bestreiten, dass eine rechte und linke Hydrocoelanlage vorkommen könne, aber auch den Mertscanixorr'schen Angaben gegen- über muss ich behaupten, dass eine genauere Untersuchung derartiger Fälle unbedingt nöthig ist, bevor man darauf weittragende Schlüsse bauen will — auch bleibt festzustellen, in wie weit hier pathologische Verhältnisse eingreifen. METscanıkorr ?2 hat dann später auch einen Fall von einer Seesternlarve beschrieben, in welcher zwei Hydrocoelanlagen, eine rechte und eine linke, vorhanden waren. Dieser Fall ist der am genauesten bekannt gewordene, aber auch er scheint mir nur die Be- deutung einer Monstrosität zu haben und in seiner Isolirtbeit keiner allgemeineren Verwendung fähig zu sein. Jedenfalls ist das Material, welches bezüglich einer paarigen Hydrocoelbildung bei Echinodermen bis jetzt vorliegt, noch ein so außerordentlich kärgliches, dass irgend eine sichere Auffassung der etwaigen phylogenetischen Bedeutung jener Fälle nicht möglich ist. Hier ist erst eine Lücke in den Beobachtungen auszufüllen, bevor man Sich in einer Deutung, und wäre dieselbe auch nur ein »Nothbehelf« 3, versucht. | Bei den Holothurien sahen wir das Enterocoel in Gestalt einer un- paaren Blase entstehen. Dieselbe zerfällt aber nicht wie die unpaare 1 Jon. MüLLer, Erste Abhandl. 4848. p. 5—6. Taf. I, Fig. 2. 2 Studien über die Entwicklung der Medusen und Siphonophoren. Diese Zeit- schrift. Bd. XXIV. 4874. p. 75 mit Fig. 7 auf ders. pag. 3 SELENKA, Diese Zeitschrift. Bd. XXXIII. p. 50. Entwicklungsgeschichte der Asterina gibbosa Forbes. 33 Enterocoelblase der Echinoideen zunächst in eine rechte und eine linke. Sie rückt vielmehr in toto an die linke Seite des Larvendarmes und theilt sich hier in zwei über einander gelegene Blasen, von denen die obere das Hydrocoel darstellt, die untere aber theilt sich dann wieder in zwei, von denen die eine an der linken Seite des Larvendarmes verbleibt = die - linke Enterocoelblase; und die andere über die hintere Seite des Larven- darmes hinüber auf die rechte Seite rückt —= die rechte Enterocoelblase. ' Die Theilung des Enterocoels in eine rechte und linke Blase wird also ‘ bei den Holothurien zeitlich überholt von der Abschnürung des Hydro- coels von dem Enterocoel. Der hier für die Holothurien kurz geschilderte Vorgang wurde in wesentlich übereinstimmender Weise von METScHnI- KOFF! bei Synapta und von SELENkA ? bei Holothuria tubulosa und Cucu- maria Planci beobachtet. Auch diejenigen Differenzen müssen noch erörtert werden, welche sich für die einzelnen Echinodermengruppen ergeben, wenn wir die | zeitliche Beziehung der Enterocoelbildung zur Bildung des Larvenmundes ins Auge fassen. Bei Asterias berylinus fand ‚ Agassız?, dass die Bildung der Mundeinstülpung und der Durchbruch ı derselben in den Gastruladarm stattfindet, bevor noch die Absonderung . des Enterocoels von dem letzteren geschieht. Eben so fand Mrtscani- ‚ xorr* bei den von ihm untersuchten Asterienlarven den Larvenmund bereits gebildet, bevor noch das Enterocoel sich vom Darme völlig ab- geschnürt hat. Das Gleiche beobachtete Görtz bei Asterias glacialis. Umgekehrt geht nach Acassız® und Serenka” die Abschnürung des | Enterocoels bei den Echinoideen der Bildung des Mundes vorauf. Ähn- lich wie die Echinoideen verhalten sich nach den Beobachtungen des letztgenannten Forschers® auch die Holothurien. Bei den Ophiuren be- sitzen wir keine genaue Angabe über das zeitliche Verhältnis zwischen der Bildung des Enterocoels und derjenigen des Larvenmundes. Bei den Crinoideen bildet sich nach GörrE’s Beobachtungen an Antedon rosa- cea der Mund erst nach der Abschnürung des Enterocoels. ‚Bei den meisten Echinodermen scheint demnach die Ablösung des Enterocoels von dem Gastruladarme der ' Bildung desLarvenmundes voraufzugehen. Eine Ausnahme machen die Asterien. Doch kommt auch bei den Asterien das Verhalten I 1.c. 4869. p. 4—5. Taf. I, Fig. 5—7. 2 Diese Zeitschrift. Bd. XXVII. 4876. p. 163—164. Taf. X, Fig. 40, 12—14. — p. 171. Taf. XII, Fig. 22. | 3 North Americ. Starfishes. 2]. ec. 1869-..p.'38. 5 Zoolog. Anzeiger. 1880. p. 324—325. 6 Revision of the Echini. p. 712. 7 Diese Zeitschrift. Bd. XXXIII. 4879. p. 50. 8 Diese Zeitschrift. Bd. XXVII. 1876. p. 163, 174. Zeitschrift f,. wissensch. Zoologie. XXXVI1. Ba. 3 34 Hubert Ludwig, der übrigen Formen vor, denn wir sahen oben, dass bei Asterina die Mundeinstülpung erst dann in den Darm sich öffnet, wenn das Entero- coel sich abgeschnürt hat. Was die zeitliche Beziehung im Auftreten des Rückenporus zur Enterocoel- und Hydrocoelanlage, so wie auch die anfängliche Verbin- dung des Rückenporus mit dem Enterocoel und Hydrocoel anbelangt, so sahen wir bei Asterina, dass dort der Rückenporus erst nach der ersten Anlage des Hydrocoels auftritt, dass derselbe aber nicht direkt in das Hydrocoel hineinführt, sondern in die linke Enterocoeltasche, welche das letztere liefert; und da die linke Enterocoeltasche mit der rechten in offenem Zusammenhang steht, so führt der Rückenporus der Asterina anfänglich in den Gesammtraum von Enterocoel und Hydrocoel. Bei anderen Asterien, bei welchen es zur Bildung einer getrennten linken und rechten Enterocoelblase kommt, führt der Rückenporus nach den übereinstimmenden Beobachtungen von Acassız, METSCHNIKOFF, GREEFF und Görte in die linke Enterocoelblase und zwar schon zu einer Zeit, in welcher die letztere die Hydrocoelblase noch nicht abgeschnürt hat. In selteneren Fällen tritt bei Asterias glacialis nach GöTTE sogar ein ähnliches Verhalten auf, wie wir es bei Asterina kennen lernten; es führt dann der Rückenporus in die unpaare Enterocoelblase, die erst später in linke und rechte Enterocoelblase und in die Hydrocoelblase zertheilt wird. Bei den Echinoideen setzt sich nach Acassız, METSCHNIKOFF und SELEnkA der Rückenporus mit der linken Enterocoelblase in Verbindung und zwar auch hier wieder früher als sich von letzterer das Hydrocoel abschnürt. Dasselbe ist der Fall nach MErscunikorr bei den Ophiuren. Anders aber liegen die Verhältnisse bei den Holothurien nach den Beob- achtungen von J. MÜüLLer, Baur, METScHNIKOFF und SELENKA; dort ver- bindet sich der Rückenporus schon mit der unpaaren Enterocoelblase, bevor dieselbe irgend eine weitere Umbildung in die beiden Enterocoel- blasen und das Hydrocoel erfahren hat. Man hat sich daran gewöhnt den Rückenporus der Echinodermen- larven als die primäre Kommunikationsöffnung der Außenwelt mit dem Wassergefäßsystem zu betrachten. Diese Auffassung halte ich nicht für ganz zutreffend. Man haı dabei einen Umstand nicht in Betracht ge- zogen, der eine größere Beachtung verdiente — ich meine den Umstand, dass, wie aus allen vorhin angeführten Beobachtungen hervorgeht, der Rückenporusanfänglich niemals nur mit dem Hydrocoelin Verbindung steht, sondern in einen Raum führt, der zugleich die linke Hälfte des Enterocoels oder das gesammte Enterocoel repräsentirt. Mir scheint es demnach den Thatsachen besser zu entsprechen, wenn man Entwicklungsgeschichte der Asterina gibbosa Forbes. 35 den Rückenporusin seinerprimärenBedeutungalseinen ‘in das Enterocoel führenden Porus betrachtet, welcher erstsekundär in engere Beziehung zu dem von dem En- terocoel abgespaltenen Wassergefäßsysteme tritt. Das primäre Verhalten des Rückenporus als Entero- ‘ coelporus wird festgehalten von den Crinoideen. Hier führt, wie ich ' früher! gezeigt habe, der primäre Porus der Larve in das Enterocoel ‚und eben so verhalten sich alle die zahlreichen Kelchporen, welche sich ‚bei den erwachsenen CGomatulen finden?, so wie auch die fünf Kelch- ‘ poren des Rhizocrinus®. Der Einwurf, dass auch in diesem Falle das ' Verhalten der Crinoideen nicht ais ein ursprüngliches betrachtet werden ‘könne, da ja nach meiner oben bei einer anderen Gelegenheit (vgl. ıp. 29) geäußerten Ansicht, die Comatuliden verhältnismäßig zu junge ! Formen seien, lässt sich leicht zurückweisen: einmal durch den Hinweis auf Rhizocrinus, der ja einer zweifellos älteren Crinoideengruppe an- ‘ gehört als die Comatuliden; zweitens ist kein Grund vorhanden die " Kelchporen der noch älteren rein fossilen Crinoideen für etwas Anderes ‚als für eine den Kelchporen der Gomatulen und des Rhizocrinus durch- ‘aus homologe Einrichtung zu halten. Auch bei den erwachsenen Holothurien besteht eine Einrichtung, ‘ welche man im ersten Augenblick für eine recht alte und ursprüngliche ‚ halten könnte; ich meine die Kommunikation zwischen dem Wasser- . gefäßsystem und der Leibeshöhle, also dem Enterocoel. Dieselbe kommt ‚ aber bei den Holothurien nicht etwa dadurch zu Stande, dass die bei der Larve, vor vollständiger Abtrennung der Hydrocoelblase, vorhan- dene Verbindung zwischen Enterocoel und Hydrocoel erhalten bleibt. \ Es tritt vielmehr erst eine völlige Trennung des Hydrocoels von dem Enterocoel ein, welche, wie neuere Untersuchungen gezeigt haben, bei einzelnen Holothurien * in ähnlicher Weise das ganze Leben hindurch ‚ erhalten bleibt, wie es bei den Asterien, Ophiuren5 und Echinoideen ® ! Über d. primären Steinkanal d. Crinoideen etc. Diese Zeitschr. Bd. XXXIV. p. 315. (Morphol. Stud. II. p. 39.) 2 Beiträge zur Anat. d. Crinoideen. Diese Zeitschr. Bd. XXVII. p. 309 sqq. | (Morphol. Studien. I. p. 55 sqq.) 3 Zur Anat. d. Rhizocrinus lofotensis. Diese Zeitschr. Bd. XXIX. p. 63. (Morph. Stud. I. p. 447.) 4 Bei Kolga hyalina nach DanıeLssen und Koren: Fra den Norske Nordhavs- ' expedition. Echinodermer. Nyt. Mag. f. Naturvid. 25. Bd. 1879. 5 Über den Mangel einer von Anderen behaupteten Kommunikation zwischen \ Wassergefäßsytem und Leibeshöhle der Asterien und Ophiuren vgl. meine Beiträge ‘ zur Anat. d. Asteriden und Neue Beiträge zur Anat. d. Ophiuren. 6 Nach neuen eigenen Untersuchungen. 3* 36 Hubert Ludwig, der Fall ist. Bei den meisten Holothurien aber löst sich während des Jugendlebens der Rückenporus mit dem sich daran ansetzenden, in das Hydrocoel führenden Steinkanal von der Körperwand ab und kommt frei in das Enterocoel zu liegen, um nunmehr eine durchaus sekundäre Verbindung zwischen diesem und dem Hydrocoel herzustellen. Ein interessantes Übergangsstadium zwischen dem anfänglichen und dem definitiven Verhalten des Steinkanals der meisten Holothurien habe ich neuerdings bei den Jungen der lebendiggebärenden Chirodota zu beob- achten Gelegenheit gehabt !. IV. Weitere Entwicklung desHydrocoels; Anlage des Blutgefäßsystemes und des Munddarmes des Seesternes. Wir haben die Larve der Asteriua am Schlusse des fünften Ent- - wicklungstages verlassen. Am sechsten -und siebenten Tage sind es namentlich die weitere Umbildung der Hydrocoelanlage und die Ent- stehung des Blutgefäßsystemes, welche unsere Aufmerksamkeit in An- spruch nehmen. Die Hauptzüge der jetzt näher zu beschreibenden Entwicklungsstufen des Hydrocoels habe ich schon oben kurz angedeutet. Für die Einzelheiten wird es sich empfehlen die betreffenden Abbil- dungen Fig. 31—55 zu betrachten. Wir beginnen mit Fig. 36. Dieselbe zeigt uns die Larve in der Ansicht von links. Das Hydrocoel bildet eine nach oben mit dem Enterocoel zusammenhängende Tasche, welche sich an ihrem Rande in fünf Buchten ausgelappt hat. Von diesen fünf Buch- ten liegt eine, welche wir mit Nr. 7 bezeichnen wollen, dicht an der linken Seite des Munddarmes der Larve. Die vier anderen folgen nach hinten in bogenförmiger Anordnung; die zweite von ihnen, also Nr. 5 der ganzen Reihe, nimmt die unterste Lage ein. Nr. 7 und Nr. 5, so wie Nr. 2 und Nr. 4 liegen manchmal auf ziemlich gleicher Höhe; meistens aber liegen Nr. 4 und Nr. 5 etwas höher als Nr. 2 und Nr. 4. Die fünf Buchten sind, wie wir bereits wissen, die Anlagen der fünf radiären Wassergefäße des Seesternes. Hinter der fünflappigen Wassergefäß- anlage, zwischen ihr und dem Rückenporus, befindet sich, gleichfalls an . der linken Seite des Larvendarmes, ein Theil der linken Enterocoel- tasche, welcher an dieser Stelle die Kommunikation des Enterocoels, welches den Darm umgiebt, mit dem Enterocoel in dem Kopflappen her-. stellt. In dieses Verbindungsstück zwischen dem links vom Darm ge- legenen Enterocoel mit dem Enterocoel des Kopflappens führt .der Rückenporus hinein. Dreht man die Larve so, dass Hydrocoel und Rückenporus über einander zu liegen kommen, so kann man jetzt schon bemerken, dass letzterer in Bezug auf seine Lage zu den fünf Ausbuch- 1 Über eine lebendiggebärende Synapt. Taf. III, Fig. 8. Entwicklungsgeschichte der Asterina gibbosa Forbes, 37 tungen des Hydrocoels zwischen die vierte und fünfte (nach der oben gewählten Numerirung) fällt. Der Rückenporus ist, wie wir uns über- zeugen werden, die Anlage der Madreporenöffnung des jungen Seesternes. Bekanntlich liegt die Madreporenöffnung bei allen Echinodermen aus- - nahmslos in einem Interradius. Diese typische Lage zu den die Radien bestimmenden radiären Wassergefäßen besitzt also der Rückenporus der Asterina von seinem allerersten Auftreten an. In Fig. 31 ist gleichfalls , die Verbindung des Rückenporus mit dem Enterocoel an derjenigen . Stelle zu erkennen, an welcher das Enterocoel des Kopflappens mit dem Enterocoel, welches den Darm umgiebt, kommunicirt. In Fig. 32 blickt man von vorn auf die durchsichtig gemachte Larve und erkennt links vom Larvenmunde die beiden Lappen Nr. # und Nr. 2 der dort befind- ‘ lichen Wassergefäßanlage, welche nach oben in der Richtung des Pfeiles mit dem Enterocoel des Kopflappens in offenem Zusammenhang steht. ‚ Nach unten aber ist das Hydrocoel vollständig gegen das Enterocoel ab- geschlossen, wie man besonders dann mit Leichtigkeit konstatiren kann, ' wenn man die Larve so aufstellt, dass man auf ihr unteres Körperende ' blickt. Die Figur 37 ist einer derartig aufgestellten Larve entnommen ‚ und lässt den vollkommenen Abschluss des Hydrocoels, von welchem ‚, man bei relativ hoher Einstellung, wie die Abbildung zeigt, nur die ' unteren Enden der Hydrocoellappen Nr. 2 und 3 sieht, mit aller Sicher- ‚ heit erkennen. Trennt man an einer Larve dieses Stadiums durch einen | Flächenschnitt die Körperwand der linken Seite ab, so erhält man einen ' besonders deutlichen Überblick über die fünf Buchten oder Lappen des Hydrocoels (vgl. Fig. 38). An all’ den zuletzt erwähnten Figuren ist , übrigens zu beachten, dass die Zellenschicht der Hydrocoelwand be- ‘ deutend höher ist als die niedrige Zellenlage des Enterocoels; an der Übergangsstelle des Hydrocoels in das Enterocoel gehen beide Zellen- ' schichten ganz allmählich in einander über. An dieser Übergangsstelle hat es mitunter den Anschein, als wenn jetzt schon durch eine vom , oberen Rande der Bucht Nr. 7 zum oberen Rande der Bucht Nr. 5 hin- , überstreichende dünne Enterocoelfalte einen Abschluss des Hydrocoels , auch gegen das Enterocoel des Kopflappens bewerkstellige; so zum Bei- spiel in Fig. 38. Genauere Untersuchung zeigt aber, dass diese Falte nur sehr niedrig ist und zwar eine Einschnürung an der Übergangs- stelle, nicht aber eine völlige Abschnürung bewirkt (vgl. auch Fig. #7). Die vollkommene Abschnürung des Hydrocoels von dem Enterocoel tritt vielmehr erst bedeutend später ein. Für den jetzt noch bestehenden weiten Zusammenhang des Hydrocoels mit dem Enterocoel sind auch die Abbildungen Fig. 48, 51 und 55 sehr instruktiv. Es ist übrigens zu bemerken, dass die Weite der anfänglichen Kommunikationsöffnung, 38 ’ Hubert Ludwig, so wie auch später der Grad, bis zu welchem die allmähliche Abschnü- rung des Hydrocoels fortgeschritten ist, zur selben Zeit bei durchaus eleichalterigen Larven nicht immer genau derselbe ist. Die Dauer in den Entwicklungsstadien der einzelnen Organe sowohl wie auch der ganzen Thiere ist mannigfaltigen Schwankungen unterworfen, so dass auch die von mir angegebenen Zeiten immer nur als Durchschnittsan- gaben gelten können. Von besonderem Interesse ist am siebenten Tage die Abschnürung eines Kanales an der dem Körperinneren der Larve zugekehrtien Seite des Hydrocoels. In der Richtung auf den in das Enterocoel einmünden- den Rückenporus bildet sich an der dem Körperinneren der Larve zu- gekehrten Wand des Hydrocoels eine Rinne aus, welche sich sehr bald zu einem Kanal schließt. Dieser Kanal mündet mit dem einen Ende in das Hydrocoel und zwar zwischen der Basis der vierten und fünften Ausbuchtung des letzteren (vgl. Fig. 47). Mit dem anderen dem Rücken- porus zugekehrten Ende mündet der Kanal in das Enterocoel. Seine Einmündungsstelle und die Einmündungsstelle des Rückenporus in das Enterocoel liegen in unmittelbarster Nachbarschaft dicht neben einander und es bedarf genauer Untersuchung, um sie als zwei differente Öffnungen wahrzunehmen (vgl. Fig. 45). Der in Rede stehende Kanal ist der Steinkanal des zukünftigen Seesternes. Steinkanal und Rückenporus setzen sich also bei Asterina nicht sofort — später geschieht dies allerdings — in geschlossene Verbindung mit einander, so dass alles durch den Rückenporus aufgenommene Wasser direkt in das Hydrocoel gelangen müsste, sondern beide führen anfänglich dicht neben einander in das Enterocoel und die Kommunikation zwischen dem Seewasser und dem Hydrocoel ist keine direkte, sondern eine indirekte durch Vermittelung des Enterocoels. Damit haben wir bei der Larve der Asterina ein Verhältnis zwischen Rückenporus und Steinkanal wie wir es bis jetzt einzig und allein bei den Grinoideen sowohl in den Jugendstadien ais auch bei den Erwachsenen kennen. Bei Asterina besteht dieses Verhältnis allerdings nur vorübergehend; später tritt eine direkte und geschlossene Verbindung zwischen Steinkanal und Rücken- porus auf, in seltenen Fällen kann diese geschlossene Verbindung sogar schon am siebenten Tage (vgl. Fig. 39) auftreten. (Ich bin übrigens zweifelhaft, ob nicht diese verfrühte geschlossene Verbindung zwischen Rückenporus und Steinkanal bei der für die Fig. 39 benutzten Larve pathologisch ist.) Verfolgt man die Veränderungen, welche das Hydrocoel nach dem 1 cf. Lupwiıs, Beiträge zur Anat. der Crinoid.; — Zur Anat. d. Rhizocrinus; — Über den primären Steinkanal d. Crinoideen. un Di a a Entwicklungsgeschichte der Asterina gibbosa Forbes. 39 siebenten Tage erfährt, so bemerkt man zunächst, dass die fünf Buchten - oder Lappen ihre einfach abgerundete Form nicht behalten, sondern erst dreilappig und dann fünflappig werden. Es erfahren aber die fünf Lappen oder Buchten die Umgestaltung nicht etwa gleichzeitig, sondern ' so, dass die Bucht Nr. 3, also die mittelste, den übrigen vorausgeht, ‘ dann folgen Nr. 2 und Nr. 4, und schließlich auch Nr. 47 und Nr. 5. ; So findet man Nr. 5 schon dreilappig, während die vier übrigen noch gar keinerlei Ausbuchtungen zeigen, und wenn Nr. 3 schon fünfbuchtig geworden ist, sind Nr. 2 und Nr. 4 gewöhnlich erst auf dem drei- buchtigen Stadium angelangt, während Nr. 1 und Nr. 5 noch gar nicht geändert sind. Die fünf Buehten, die sich so allmählich an jeder der ‘ fünf primären Buchten des Hydrocoels entwickeln, sind immer so an- ' geordnet, dass eine unpaare das blinde Ende der primären Bucht ein- , nimmt, die vier anderen aber sich paarig an den Seiten der primären Bucht gegenüber liegen. Die beiden Paare seitlicher Buchten können wir \ als das proximale und das distale Paar unterscheiden; letzteres grenzt | an die unpaare terminale Bucht. Ihre Bedeutung für die Weiterentwick- ' Jung ist diejenige, dass die terminale unpaare Bucht die Anlage des | Fühlers ist, die beiden paarigen Buchten aber sind die Anlagen ı derersten beiden Füßchenpaare. So wie am jungen Seesterne | neue Füßchenpaare immer zwischen dem Fühler und dem nächst ge- ‚ legenen und zuletzt gebildeten Füßchenpaare entstehen, so verhalten sich | auch schon die Anlagen der beiden ersten Füßchenpaare zu einander: ' Das proximale Paar ist das ältere, zuerst gebildete, das distale Paar das ' jüngere. Alle später bei dem jungen Seestern auftretenden Füßchen- paare bilden sich zwischen dem distalen der beiden ersten Paare von Füßchenanlagen und der terminalen Ausbuchtung. Letztere ist also streng genommen nicht nur die Anlage des Fühlers, sondern auch des radiären Wassergefäßes und aller Füßchenpaare desselben vom zweiten Füßchenpaare an bis zur Armspitze. Für die dreibuchtige und fünf- ‚ buchtige Umgestaltung der fünf primären Hydrocoelbuchten bitte ich ‚ namentlich Fig. 73, 77, 78, 86 und 95 zu vergleichen. Ganz ähnliche Umformung der fünf primären Hydrocoelbuchten in eine erst dreitheilige, dann fünftheilige Form sind ja auch schon von anderen Echinodermen hinlänglich bekannt; so z. B. bei Asterien durch Acassız! und METScanı- KOFF 2, bei Ophiuren durch METSCHNIKOFF 3. Während das Hydrocoel die eben beschriebenen Umbildungen er- leidet, schreitet auch die Weiterentwicklung der äußeren Gestalt der 1 North American Starfishes. Pl. VI, Fig. 7, 8. 2]. c. 1869. p. 38. Taf. XI, Fig. 41. 3]. c. 4869. p. 47. Taf. IV, Fig. 10, 42—44; p. 23. Taf. VI, Fig, 81. 40 Hubert Ludwig, Larve lebhaft vorwärts. Indessen wollen wir die äußeren Formverände- rungen der Larve vom siebenten Tage an lieber erst im nächsten Kapitel, im Zusammenhang mit der Bildungsgeschichte des Skelettes behandeln. Hier braucht nur darauf aufmerksam gemacht zu werden, dass das Hydrocoel in seiner weiteren Entwicklung die Körperwand dien Larve, so weit sie das Hydrocoel überdeckt, nach außen vorwölbt. In Folge dessen ragt schon am achten Tage (vgl. Fig. 62) an der linken Seite der Larve eine fünflappige Erhebung über das Niveau der Körperoberfläche her- vor. Jeder der fünf Lappen entspricht einer darunter gelegenen primä- ren Bucht des Hydrocoels. Weiterhin prägt sich auch die Dreitheilung und noch später die Fünftheilung der Hydrocoelbuchten auch in der Form der oberflächlichen Erhebungen aus (vgl. Fig. 66, 67, 69, 70). Bevor wir uns jetzt zu einem anderen wichtigen Ereignisse des sechsten und siebenten Entwicklungstages, nämlich zur Anlage des Blutgefäßsystemes wenden, bedarf die Form, welche der Darm der Larve unterdessen angenommen hat, noch einer kurzen Besprechung. Oben habe ich schon erwähnt, dass der Darm frühzeitig aus seiner medianen Lage heraus nach der rechten Körperhälfte hinüber gedrängt wird. Der Larvendarm wird in seiner Lage gehalten 4) durch den Munddarm (eine Afteröffnung oder ein Rest einer solchen ist am sieben- ten Tage niemals mehr wahrzunehmen); 2) durch die Scheidewand zwischen linker und rechter Enterocoeltasche an der Hinterseite des Darmes, 'welche wir der Einfachheit halber kurzweg das Mesenterium nennen wollen und nachher noch genauer ins Auge fassen müssen ; 3) dadurch, dass die Darmwand dort, wo sie dem Hydrocoel zugekehrt ist, eine demgemäß nach links gerichtete Ausbuchtung bildet, welche sich mit Hilfe einer dünnen Mesodermlage dem Hydrocoel anlagert. Diese letzterwähnte an der linken Seite des Larvendarmes auftretende Ausbuchtung ist, wie ich bemerken will, die Anlage des Mund- darmes des Seesternes. Man erkennt Form und Lage derselben in Fig. 39, 42, 43, 51 und 55. Ah dem unteren Rande dieser Darmausbuchtung nun bemerkt man die ersten Spuren des Bluigefäßsystemes. An dieser Stelle nämlich tritt in der zwischen der Wand des Hydrocoels, der Wand des Enterocoels und der Wand des Darmes befindlichen Mesodermschicht eine Spalte auf, welche eine sehr niedrige Zellenauskleidung aufweist. Damit ist, wie die späteren Stadien zeigen, die Anlage des Blutgefäß- systemes und zwar speciell des oralen Blutgefäßringes gegeben. Die Lage der Spalte ist auf Fig. 102 mit X bezeichnet; auch in Fig. 51 ist sie deutlich zu erkennen. Dä das Mesoderm ja dadurch entsteht, dass sich die ursprüngliche Furchungshöhle, das Blastocoel, durch Ein- Entwicklungsgeschichte der Asterina gibbosa Forbes. 41 wanderung von Zellen in die dieselbe erfüllende Flüssigkeit (» Gallert- kern« HEnsen) in eine zellige Gewebsschicht umwandelt, so kann man mit Recht vermuthen, dass die Spalte, welche als erste Anlage des oralen Blutgefäßringes bemerkbar wird, eine unmittelbare Fortsetzung der ursprünglichen Furchungshöhle ist, gewissermaßen der letzte Rest derselben. Den genauen Nachweis aber, ob die Mesodermspalte wirk- lich ein Überbleibsel des Blastocoels ist oder ob sie eine Neubildung ist, vermochte ich nicht zu führen. Da aber bisher überhaupt von keinem einzigen Echinoderm die Entstehung des Blutgefäßsystemes be- kannt geworden ist und sich aus meinen Beobachtungen wenigstens das ' Eine mit Sicherheit ergiebt, dass das Blutgefäßsystem als eine Mesoderm- spalte auftritt, also als eine Art von Schizocoel, so glaube ich doch nach ‘ dieser Richtung einen erheblichen Schritt weiter gekommen zu sein als meine Vorgänger. Die Spalte, welche an der vorhin besprochenen Stelle ‚als Anlage des oralen Blutgefäßringes auftritt, steht nirgends in Zu- sammenhang mit den anderen Hohlräumen des Larvenkörpers. Nach ‘ vorn (vgl. Fig. 50 und 53) hört sie blindgeschlossen auf, nach hinten und oben aber (vgl. dieselben Figuren so wie auch Fig. 54, 55 und 22) setzt sie sich in einen Spaltraum fort, welcher neben dem Steinkanal ' hinzieht, dann umbiegt und in das Mesenterium eindringt, in welchem er schließlich gleichfalls blindgeschlossen sein Ende findet. Der neben dem Steinkanal und dann in dem Mesenterium verlaufende Spaltraum ist die Anlage desCentralgeflechtes des Blutgefäßsyste- mes. Um die Lagebeziehung der Centralblutgeflechtanlage namentlich zu dem Steinkanal richtig aufzufassen, müssen wir jetzt auch die Lage des schon mehrmals erwähnten Mesenteriums genauer betrachten. Wie Fig. 103 und 405 deutlich zeigen, verläuft in den vorhergehenden Stadien das Mesenterium so, dass es rechts von dem Rückenporus un- gefähr in der Medianebene beginnt und von da aus schief nach unten und rechts an der hinteren und rechten Wand des Darmes herunter- zieht. Die obere Grenze des Mesenteriums liegt in derselben Höhe, in welcher Rückenporus und Steinkanal dicht neben einander in das Enterocoel einmünden. Die untere Grenze des Mesenteriums entspricht der Stelle, an welcher früher der Darm mit der jetzt geschwundenen Afteröffnung nach außen führte. Das Mesenterium bleibt bei den in den späteren Stadien auftretenden Verkrümmungen des Larvendarmes in seiner Lage, wird aber kürzer, so dass sein unteres Ende dem oberen näher rückt. Da es an seinem oberen Ende rechts neben dem Rücken- porus und dem Beginn des Steinkanales liegt, so ist damit schon die erste Andeutung eines konstanten Lageverhältnisses gegeben, welches wir bei allen erwachsenen Asterien wieder finden. Wie nämlich zuerst 49 Hubert Ludwig, SırsoLp ! und später ich selbst? hervorgehoben haben, liegen Steinkanal und Centralblutgeflecht der Asterien stets so neben einander, dass bei der Ansicht von der Dorsalseite das Gentralblutgeflecht rechts vom Steinkanal sich befindet und auch bei den Ophiuren kehrt dieselbe kon- stante Lagerung wieder®. Am besten erkennt man dieses schon in der ersten Anlage des Centralblutgeflechtes ausgesprochene Verhältnis in Fig. 54. Von den Veränderungen, welche wir schon oben während des siebenten Tages an dem Larvendarme vorübergehend kennen lernten, sind einige noch einer näheren Besprechung werth. Was zunächst die Anlage des Munddarmes des späteren Seesternes anbelangt, so bildet sich dieselbe, ‘wie wir sahen, durch eine Ausbuchtung an der linken Seite des Darmes. Dieselbe geht niemals von dem Munddarme der Larve aus, sondern stets von dem oberen Theile des aus dem Gastruladarme entstandenen Hauptabschnitte des Darmes. Sehr bald nach ihrem Entstehen nimmt diese Ausbuchtung eine deutlich drei- lappige Form an (vgl. Fig. 43). Legt man dann einen Querschnitt durch die Ausbuchtung, so erkennt man, dass auch ihr inneres Lumen in drei Buchten zerfällt. Beachtet man die Richtung der drei Buchten der An- lage des Seestern-Munddarmes, so ergiebt sich ein Lageverhältnis, welches fast ausnahmslos bei allen darauf untersuchten Larven nach- gewiesen werden konnte. Blickt man nämlich von der linken Seite auf die Larve, so liegt die Anlage des Seestern-Munddarmes stets dicht hin- ter der Hydrocoelanlage und ihre drei Buchten sind im Vergleich zu den fünf primären Buchten des Hydrocoels fast ausnahmslos so gerichtet, dass die eine vordere Darmbucht in die Richtung der ersten Hydrocoel- bucht, die zweite untere Darmbucht zwischen die zweite und dritte Hydrocoelbucht und die dritte hintere Darmbucht in die Richtung der vierten Hydrocoelbucht fällt (vgl. Fig. 53). Es ist nun interessant zu bemerken, dass diese Lagebeziehung zwischen den Buchten der Munddarmanlage des Seesternes und den Anlagen der fünfradiären Wassergefäße (=den primären Buchten des Hydrocoels) sich durch die ganze Metamorphose hindurch verfolgen und auch nochan dem jungen fertiggebildeten Seesternenachweisen lässt (vgl. Fig. 95). Eine andere Veränderung, die bei manchen Larven schon am siebenten Tage, bei den meisten aber erst später, am achten und neunten Tage, auftritt, ist die Rückbildung des Larvenmunddarmes. 1 MüLrer’s Archiv. 41836. p. 293, 2 Beiträge zur Anat. d. Asterien. p. 168 und Holzschnitt p. 166. 3 Lupwıs, Neue Beiträge zur Anat. d. Ophiuren, Taf. XIV, Fig. 3. Entwicklungsgeschichte der Asterina gibbosa Forbes. 43 Man findet schon am siebenten Tage neben solchen Larven, bei welchen der Munddarm noch intakt ist, mitunter solche, bei welchen die Ver- bindung zwischen Munddarm und Haupitheil des Darmes unier- brochen ist und ersterer sich zu einer blindgeschlossenen Grube, in welche die Mundöffnung hineinführt, umgebildet hat. In diesen Fällen kehrt der Munddarm gewissermaßen auf sein Anfangsstadium, in wel- chem er als blindgeschlossene Ektodermeinstülpung dem Gastruladarme entgegenwuchs, zurück. Fig. 54 ist einer derartigen Larve mit frühzeitig reducirtem Munddarme entnommen; da wo früher der Munddarm zum Magen hinüberzog, ist jetzt nur noch eine von der Zellenlage des Entero- coels überkleidete Mesodermplatte vorhanden. V. Die äußere Körperform; das Larvenorgan; Anlage der Skeletttheile. Die äußere Körperform der Larve hat während der im vorigen Kapitel geschilderten Entwicklungsvorgänge gleichfalls eine Weiterentwicklung erfahren. Wir wollen uns bei Besprechung derselben aber nicht auf den sechsten und siebenten Tag beschränken, sondern auch die nächstfolgenden Stadien gleich mit in Betracht ziehen. Ich gehe aus von dem uns bereits bekannten Stadium der Fig. 33, 34 und 35. Die beiden Kopflappen, der vordere kleinere und der hintere größere, bilden zusammen ein besonderes Lokomotionsorgan der Larve, welches am siebenten, achten und neunten Tage seine stärkste Entwicklung er- langt. Wir wollen das ganze Gebilde, da es ausschließlich der Larve angehört und später bei der Verwandlung der Larve in den Seestern vollständig rückgebildet wird ohne in ein bestimmtes Organ des See- sternes überzugehen, einfach „das Larvenorgan« nennen. Die Wand des Larvenorgans besteht (vgl. Fig. 71) aus den drei Körperschichten der Larve: zu äußerst findet sich eine hohe Ektodermschicht, zu innerst eine niedrige Entodermlage, zwischen beiden eine Mesodermlage, welche hier wie an anderen Körperstellen aus einer Zwischensubstanz und darin eingelagerten verzweigten Zellen besteht. Auf der Außenseite der Ento- dermschicht hat sich eine dünne Lage von neben einander gelagerten feinen Muskelfasern gebildet. Die Entodermschicht umschließt den ge- räumigen Innenraum des Larvenorganes, welcher ein Theil des Entero- coels ist und sowohl mit dem den Darm umgebenden Enterocoel als auch mit dem Hydrocoel in offener Verbindung sieht. In Folge der Muskulatur der Wandung vermögen sich die beiden Lappen des Larvenorganes zu verkürzen und nach rechts und links, oben und unten zu krümmen. Einströmung von Enterocoelflüssigkeit vermag die verkürzten Lappen wieder zu verlängern. Die Larve benutzt, wie das schon von dem ersten 44 _ Hubert Ludwig, Beobachter, Lacaze-Duruıers !, richtig gesehen worden ist, das Larven- organ in ganz ähnlicher Weise, wie der Seestern seine Saugfüßchen. Da die Larve die beiden Lappen des Organes abwechselnd oder auch gleichzeitig zu bewegen und sich damit anzusaugen vermag, so dienen ihr dieselben sowohl zur Fortbewegung als auch um sich an irgend einer Stelle längere Zeit festhalten zu können. Beachtenswerth er- scheint mir der Umstand, dass mitunter bei einzelnen Larven einer der beiden Kopflappen sich gegabelt hat und zwar ist das dann immer der vordere, über dem Larvenmunde gelegene. Wenn schon die Lage, die Funktionsweise und die Beziehung des Larvenorganes zu dem Entero- coel keinen Zweifel daran aufkommen lassen kann, dass das Lar ven- organ der Asterina den Armen einer Brachiolaria im All- gemeinen homolog ist, so lässt sich diese Homologie dann, wenn der vordere Lappen sich gegabelt hat, also in ein Lappenpaar getheilt ist, auch im Einzelnen durchführen. Betrachten wir z. B. eine Brachiolaria, wie sie uns Acassız 2 oder Jon. Mürrer® abbilden, so finden wir auch dort über dem Munde die drei Arme so orientirt, dass zwei von ihnen paarig angeordnet sind und dem Munde zunächst liegen, der dritte un- paare aber weiter von dem Munde entfernt ist. Ein ganz ähnliches Larvenorgan, wie wir es hier von Asterina kennen gelernt haben, ist übrigens in wesentlich gleicher Form schon von einigen anderen See- sternen bekannt. So beschreibt Sars schon im Jahre 18444 und dann wieder ausführlicher im Jahre 18465 bei Echinaster (Sarsii) sanguino- lentus und Asteracanthion Mülleri besondere Anheftungsorgane der Larven, welche sich nur dadurch von dem Larvenorgan der Asterina unterscheiden, dass sie nicht nur dreitheilig, sondern viertheilig und schließlich sogar fünftheilig werden. Sars hat bei einer späteren Ge- legenheit auch schon die morphologische Identität der Arme der Brachio- laria mit den Haftorganen von Echinaster Sarsii und Asteracanthion Mülleri ausgesprochen 6. Noch früher aber und wohl zuerst von allen Autoren hat J. MüLzer ? das Larvenorgan des Echinaster (Sarsii) sanguinolentus als homolog mit den Armen der Brachiolaria erkannt. Derselben Ansicht ist auch Asassız3 und W. Tnuomson ®. Letzterer hat bei Asteracanthion 1 Comptes rendus. T. 78. Paris 1874. p. 26. 21.c. Pl. VI. Fig. 8. 3 Zweite Abhandl. Taf. III, Fig. 1—4. 4 Archiv f. Naturgesch. 4844, Bd. I. p. 169 sqq. 5 Fauna littoralis Norvegiae. Bd. I. 1846. 6 Nyt Magazin for Naturvidenskab. XII. 1863. p. 324—337. 7 J. MÜLLER, Über den allgemeinen Plan in der Entwicklung der Echinodermen. Berlin 4853. p. 12. 8 North American Starfishes. 9 W. Tuomson, On the Embryology of Asteracanthion violaceus. (Quart, Journ. Mier. Soc. 1861; so wie auch in::) Natural History Review July 4863. p. 14. Fig. 3A. Entwicklungsgeschichte der Asterina gibbosa Forbes. 45 violaceus ein Larvenorgan wahrgenommen, welches sich ganz so verhält wie das Larvenorgan der Asterina; doch ist es bei Asteracanthion stets dreitheilig, während es bei Asterina gewöhnlich nur zweitheilig bleibt. Die obere Fläche des Larvenorganes besitzt bei Asterina anfänglich (vgl. ‚ Fig. 17) eine ungefähr eiförmige Vertiefung, welche Veranlassung dazu ‚ gegeben hat, dass LacazE-Duruiers, welchem alle wirklichen, dauernd \ oder zeitweilig vorhandenen Öffnungen.am Larvenkörper entgangen sind, ‚ an dieser Stelle eine Mundöffnung beschrieb. Schon in dem Stadium ‚ der Figuren 33—35 erhebt sich vom Grunde jener Vertiefung eine ; buckelförmige Erhebung und in späteren Stadien werden diese Er- ; hebungen immer zahlreicher ohne eine bestimmte Regelmäßigkeit in " Form, Zahl oder Anordnung erkennen zu lassen ; auch wechselt die Kon- / figuration der oberen Fläche wie überhaupt des ganzen Larvenorganes “sehr mannigfaltig je nach dem Kontraktionszustande desselben. Um ' eine Anschauung davon zu geben, stellt Fig. 58 eine Ansicht des Larven- | organes von einer achtlägigen Larve von oben betrachtet dar. Eben so ‚ alt ist die Larve, welche in Fig. 56 von der linken Seite und in Fig. 57 ‘ von unten gezeichnet ist. Bei anderen Larven, die kaum älter sind, haben sich an der linken ' Seite schon fünf eine Rosette bildende Buckel hervorgewölbt, welche den darunter gelegenen Ausbuchtungen des Hydrocoels, also den Anlagen ‚ der fünf radiären Wassergefäße entsprechen. Ich habe dieselben in Fig. 62 mit Nr. 1 bis 5 bezeichnet. Fast gleichzeitig sind aber noch fünf andere Vorwölbungen der Körperoberfläche zu Stande gekommen, die mit der Bildung der Arme des Seesternes in engstem Zusammenhange ı stehen und nichts Anderes darstellen als die Anlagen der dorsalen Be- ‚ zirke der Seesternarme. Während aber die fünf über den Hydrocoel- ‚ buchten gelegenen Vorwölbungen weniger durch eine Verdickung der | Körperwand als vielmehr durch eine Vordrängung derselben nach außen ‚ durch das von innen andrängende Hydrocoel zu Stande kommen, bilden Sich jene fünf anderen Vorwölbungen durch Verdickungen der Körper- wand, welche dadurch entstehen, dass an den betreffenden fünf Stellen sich die Mesodermelemente lebhafter vermehren. Es sind also jene Vor- ‘ wölbungen nur der äußere Ausdruck von fünf Mesodermverdickungen. ' Da aus ihnen die dorsalen, d. h. antiambulacralen Bezirke der Arme des Seesternes hervorgehen, so wollen wir sie die antiambulacralen Armanlagen nennen; die fünf Vorwölbungen über dem Hydrocoel aber werden dann, da aus ihnen die ambulacralen Bezirke der Arme ihre Entstehung nehmen, passend als die ambulacralen Armanlagen bezeichnet werden können. Während ich die letzteren in den Abhil- 46 | Hubert Ludwig, dungen mit den arabischen Ziffern von 1 bis 5 numerirt habe, habe ich den ersteren die lateinische Bezifferung J bis V gegeben. Wie die Abbildungen Fig. 62 und 63, welche dieselbe Larve von links und von rechts gesehen darstellen, lehren, liegen die erste und zweite der antiambulacralen Armanlagen ganz an der rechten Seite der Larve; auch Nr. III liegt noch vorzugsweise rechts; Nr. IV und V aber befinden sich links von der hinteren Mittellinie der Larve. Betrachtet man die Larve von vorn und hinten, so zeigt sich, was übrigens auch schon die Seitenansichten lehren, dass die drei rechts gelegenen anti- ambulacralen Armanlagen der Vorderseite, die zwei links gelegenen aber der Hinterseite angehören. Alle fünf antiambulacralen Armanlagen haben also zusammen eine bogenförmige Anordnung; die Konkavität des Bogens ist nach oben gerichtet; der Bogen ist nach oben offen, nicht zu einem Kreise geschlossen. Der Bogen liegt in Medianebene Bezug auf die Medianebene der Larve Lage des De schief und zwar so, dass er rechts und nach unten von dem Larvenmunde be- ginnt, dann nach unten und zugleich nach hinten unter allmählicher An- näherung an die Medianebene sich fortsetzt, dann am unteren Ende des Larvenkörpers die Medianebene über- schreitet und nach oben und hinten aufsteigt. Der Bogen der antiambula- cralen Armanlagen liegt aber auch nicht parallel mit dem Bogen der ambula- cralen Armanlagen, sondern macht Ansicht von vorn, schematisch. I—V= die antiambulacralen Armanlagen; einen viel spitzeren Winkel mit der 1—5 — die ambulacralen Armanlagen. : Medianebene als jener. Das Lagever- hältnis beider Bogen zu einander kann man sich schematisch ungefähr in obenstehender Weise denken, wobei die Larve ohne Berücksichtigung des Larvenorganes einfach als Ellipsoid gedacht ist. In dieser schema- tischen Figur sind die auf der Vorderseite gelegenen Theile des anti- ambulacralen und des ambulacralen Bogens mit doppeltem Kontur ge- zeichnet; die fünf Stücke, aus denen sich jeder Bogen zusammensetzt, sind in so fern übereinstimmend numerirt, als wir als erstes Stück das vorderste, dem Larvenmunde zunächst gelegene bezeichnen und von diesem aus der Reihe nach weiterzählen. Die Lage des antiambulacralen und des ambulacralen Bogens zu einander bleibt nun aber nicht dauernd dieselbe, sondern sie rücken einander allmählich näher, bis die Ebenen beider Bogen fast parallel zu Entwicklungsgeschichte der Asterina gibbosa Forbes. 47 einander liegen. Gewöhnlich tritt diese Verschiebung am achten Tage ein. Sie geht Hand in Hand mit der immer kräftiger werdenden Ent- wicklung der ambulacralen und antiambulacralen Armanlagen. So finden wir denn am Ende des achten Tages (vgl. Fig. 66—70) die beiden ' Bogen in einer gegenseitigen Lage zu einander, wie sie sich schematisch ungefähr in der untenstehenden Weise (Fig. IV) ausdrücken lässt. Man ' bemerkt jetzt schon, dass die gleichnumerirten Stücke beider Bogen nicht genau über einander zu liegen kommen, dass namentlich die anti- ‘ ambulacrale Armanlage Nr. / nicht unter die ambulacrale Anlage Nr. 7 ‚ rückt, sondern weiter nach rechts geschoben wird, dass dagegen Nr. II ‘ unter Nr. 1 und Nr. III unter Nr. 2 zu liegen kommen. Noch deutlicher I—V die antiambulacralen Armanlagen; 1—5 die ambulacralen Armanlagen; letztere sind in Fig. V unter, erstere über der Ebene des Papiers zu denken. ‚ wird das, wenn man in einer Richtung, wie sie in derselben Figur durch den Pfeil « angedeutet ist, auf die Larve blickt. Man erkennt dann ein Lageverhältnis der antiambulacralen und der ambulacralen Armanlagen zu einander, wie es sich schematisch etwa in obenstehender Fig. V aus- drücken lässt. Wir werden später bei der Metamorphose der Larve in den jungen Seestern sehen, dass die hier schon auftretende Verschiebung des ambulacralen Bogens / bis 5 gegen den antiambulacralen Bogen I bis V eine wichtige Rolle spielt. Wir werden dann auf das Stadium des achten Tages zurückgreifen müssen. Für die Betrachtung der Entwicklung des Skelettes müssen wir zwei Gruppen von frühzeitig auftretenden Skeletttheilen unterschei- den, von denen die eine die primären Anlagen der Wirbelstücke oder Ambulacralstücke der zukünftigen Seesternarme umfasst, die andere 48 Hubert Ludwig, aber die Anlagen der primären Skelettstücke der Dorsalseite des See- sternes in sich begreift. A. Entstehung der Ambulacralstücke der Seesternarme. Sobald an dem fünfbuchtigen Hydrocoel die einzelnen Buchten sich etwas zu ver- längern und dann dreilappig zu werden beginnen, bemerkt man, dass rechts und links von der Basis einer jeden Hydrocoelbucht ein winziges Kalkkörperchen auftritt; ja selbst noch vor der Dreitheilung der Hydrocoel- buchten sind meist schon die ersten Spuren der Kalkkörperchen wahr- zunehmen. So bekommen wir also an dem ganzen Hydrocoel fünf Paare derartiger Kalkbildungen. Das erstgebildete dieser fünf Paare ist das- jenige, welches zu der Hydrocoelbucht Nr. 5 gehört, die ja, wie wir sahen, in ihrer Entwicklung den vier anderen Buchten etwas voraus ist; dann folgen sehr bald die Paare, welche zu den Hydrocoelbuchten Nr. 2 und 4 gehören und schließlich auch diejenigen zu Nr. 4 und. In Fig. 38 habe ich in der einer Larve vom siebenten Tage entnommenen Abbildung an der Hydrocoelbucht Nr. 7 eines jener Kalkkörperchen, welches in der Schnittebene lag, eingezeichnet. Dass man bei einem Schnitte, wie dem dort gezeichneten, nicht alle fünfPaare von Kalkkörper- chen zur Ansicht bekommt, hängt mit der Lage derselben zusammen. Sie liegen nämlich nicht neben den Hydrocoelbuchten, sondern nach innen von ihnen. Bei der durch eine Falte (vgl. Fig. 101) eingeleiteten Abschnürung des Hydrocoels vom Enterocoel gelangt eine Mesoderm- schicht an die untere und innere, d. h. dem Körperinnern der Larve zugekehrte Wand des Hydrocoels; in dieser Mesodermschicht ist die Matrix für die Entstehung der uns beschäftigenden Kalkkörper gegeben. Jedes derartige Kalkkörperchen ist die Anlage für ein Ambula- eral- oder Wirbelstück des späteren Armskelettes. Durch alle Stadien vom siebenten Tage an kann man die ersten jungen Ambu- lacralstücke erkennen; stets und immer liegen sie rechts und links von den fünf primären Hydrocoelbuchten und zugleich tiefer nach innen als diese und ausnahmslos lässt sich konstatiren, dass sie in der Mesoderm- platte entstanden sind, welche das Hydrocoel an seiner unteren und inneren Seite von dem Enterocoel trennt. In den Abbildungen der Taf. I, IV und V, welche sämmtlich Stadien angehören, in welchen die jungen Ambulacralstücke schon angelegt sind, habe ich absichtlich unterlassen sie einzuzeichnen, um die Abbildungen nicht zu kom- plicirt zu machen. Um die anfängliche Lage der Ambulacralstücke klar zu machen, wird es, denke ich, genügen, dass ich sie in eine Ab- bildung, welche dem neunten Tage entnommen ist (Fig. 77), in der Ansicht von der Fläche, ferner in eine Abbildung einer zehntägigen Larve gleichfalls von der Fläche (Fig. 91), und in einen Schnitt durch Entwicklungsgeschichte der Asterina gibbosa Forbes. 49 „eine gleichfalls zehntägige Larve (Fig. 90) in der Seitenansicht einge- tragen habe. Namentlich die letzterwähnte Figur giebt eine deutliche Vorstellung von der Lage der jungen Ambulacralstücke nach innen von den Anlagen der radiären Wassergefäße. Bekanntlich haben die Ambu- _ laeralstücke bei den erwachsenen Seesternen ganz dieselbe Lagebe- ziehung zu den Wassergefäßen. So lange die primären Hydrocoelbuchten ‚ auf dem Stadium der dreilappigen Form verharren, oder auch dasselbe noch nicht ganz erreicht haben, findet man einer jeden entsprechend auch immer nur ein Paar von ambulacralen Skelettanlagen (vgl. in Fig. 77 die beiden Hydrocoelanlagen Nr. 7 und 5). Sobald aber die Hydrocoel- bucht anfängt fünflappig zu werden, tritt zwischen dem proximalen und dem distalen Paare der Lappen, d. h. der Füßchenanlagen, ein zweites Paar von ambulacralen Skelettanlagen auf. So zeigt sich also in Zeit und Ort des Entstehens von Anfang an dieselbe Beziehung der ambula- cralen Skelettstücke zu den Füßchen, welche wir bei den erwachsenen Asterien als ein charakteristisches Verhalten kennen. Füßchenpaare und Paare von ambulacralen Skelettstücken alterniren mit einander; jedem Füßchenpaare entspricht ein Paar von ambulacralen Skelettstücken und zwar immer dasjenige Paar, welches proximal von dem betreffenden Füßchenpaare liegt; zunächst am Munde liegt also in jedem Radius ein Paar von ambulacralen Skelettstücken, dann folgt ein Füßchenpaar u. s. w. Zu dem Vorstehenden will ich noch hinzufügen, dass wir damit überhaupt zum ersten Male die primäre Anlage der Asterienwirbel kennen gelernt haben ; so weit meine Kenntnisse reichen, sind dieselben bisher noch in keinem Falle erkannt worden. Bei den Ophiuren aber {ireten die Wirbel in ganz ähnlicher Weise auf, wie wir das soeben von Aste- rina gesehen haben. In Bezug auf die Entstehung der Ophiurenwirbel erlaube ich mir auf meine Mittheilungen zur Entwicklungsgeschichte des Ophiurenskelettes zu verweisen !, B. Enisiehung der primären Skelettstücke des dorsalen Perisoms des Seesiernes. Wir wenden uns nunmehr zu einer Besprechung der übrigen Skelettstücke, welche wir bei den Larven des siebenten bis neunten ‚ Tages bemerken. Dieselben treten sammt und sonders in demjenigen Theile des Mesoderms auf, welches dicht unter dem Ektoderm liegt, also mit anderen Worien im Mesoderm der Körperwand. Es sind im Ganzen elf Skelettstücke des späteren Seesternes, welche sich schon am siebenten Tage anlegen (vgl. Taf. II). Unter diesen elf Skelettstücken, welche man an aufgehellten Larven bei entsprechender Orientirung alle ‚auf einmal übersehen kann (natürlich bei verschiedenen Einstellungen des Mikroskopes), ist doch eines, welches den übrigen zehn fast immer 1 Diese Zeitschr. Bd. XXXVI. p. 481—487. (Morphol. Studien. II. p. 9—97.) Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XXXVII. Bd. [A 90 Hubert Ludwig, etwas voraus ist in Bezug auf die Zeit seines ersten Auftretens. Es ist das dasjenige, welches in der citirten Abbildung, so wie auch in den Abbildungen späterer Stadien mit JR 5 bezeichnet ist (vgl. auch Fig. 84, 85). Dasselbe besitzt eine höchst bemerkenswerthe Konstanz seiner Lage in Bezug auf den Rückenporus; es liegt nämlich immer und unabänder- lich rechis von demselben. Schnitte durch die Gegend, in welcher es sich befindet, zeigen, dass es seiner Lage nach ziemlich genau dem oberen Ende des Mesenteriums entspricht. Aus diesem Skelettstück wird dieMadreporenplatte des Seesternes. Der Rückenporus liegt also ursprünglich nicht in der späteren Madreporenplatte, sondern links von derselben. Erst später wird er von dem linken Rande der Madreporenplatte umwachsen und so in dieselbe aufgenommen. Diese Beziehung des Rückenporus zu der jungen Madreporenplatte entspricht einigen eigenthümlichen Verhältnissen bei anderen Echinodermen, auf welche ich neuerdings die Aufmerksamkeit gelenkt habe. Bei Ophiuren-: konnte ich nämlich feststellen, dass auch dort die Öffnung der Madre- porenplatte nicht in der Mitte der letzteren liegt, sondern immer am linken Rande (links bei der Ansicht vom Rücken der Ophiure her). Ferner fand ich, dass auch bei den Pentacrinus-förmigen Jugendstadien der Gomatulen der primäre Kelchporus nicht in der Mitte eines Orale liegt, sondern am linken Rande eines solchen?. | Die zehn übrigen Skelettstücke, die sich am siebenien Tage anlegen, treten nicht alle auf einmal auf; man vermisst anfänglich das eine oder | andere, auch zeigen die jungen Anlagen verschieden schnelles Wachs- ihum; es gelang mir aber nicht bestimmte Gesetzmäßigkeiten in dieser Hinsicht aufzufinden. Sind alle elf uns hier interessirenden Skelettstücke angelegt, so lässt sich leicht erkennen, dass fünf von ihnen in den Meso-' dermverdickungen entstanden sind, die sich als die uns bereits bekann- ten fünfantiambulacralen Armanlagen über die Körperoberfläche der Larve’ erheben. In der Mitte einer jeden derartigen antiambulacralen Armanlage liegt ein kleines ästiges Kalkgebilde. Die spätere Entwicklung liefert den! zweifellosen Beweis, dass diese fünf Kalkgebilde nichts Anderes sind als dieAnlagen der»Radialia« oder wie ich sie lieber nennen. möchte der »Terminalia« der Arme des Seesternes. Ent- sprechend der Numerirung der antiambulacralen Armanlagen, in denen sie entstehen, bezeichne ich sie in den Abbildungen mit T4 bis Ts. Die fünf Terminalia liegen in ziemlich gleichen Abständen von einander mit 1 Neue Beiträge zur Anat. d. Ophiuren. Diese Zeitschr. Bd. XXXIV. p. 336, (Morphol. Stud. II. p. 60.) | 2 Über d. primären Steinkanal d. Crinoideen etc. Diese Zeitschr. Bd. XXXIV| p. 318. (Morphol. Stud. 11. p. 42.) l Entwieklungsgeschichte der Asterina gibbosa Forbes. 51 Ausnahme von Terminale » und Terminale 5, welche einen größeren Abstand haben. Nach innen von dem nach oben nicht geschlossenen Kreise der Terminalia liegen sechs andere Skelettanlagen, von welchen wir eine, nämlich die Anlage der Madreporenplatte, schon kennen. Diese letztere liegt rechts von dem Terminale 5 und links von dem Ter- minale s, jedoch dem ersteren viel näher als dem letzteren. Zwischen Terminale s und 3, ferner zwischen a und 3, 3 und z, z und 5 finden wir jedes Mal eine junge Skelettplatte; dieselben sind in den Abbildungen mit JR4, JRa, JRz, JRz bezeichnet. Es sind das die Anlagen der primären Interradialplatten des Seesternrückens, die be- kanntlich aus vergleichend-anatomischen Gründen mit den Genitalplatten am Apex der Echinoideen und meiner Ansicht nach ! auch mit den Mund- schildern der Ophiuren gleichzustellen sind. Zu ihnen gehört auch die junge Madreporenplatte JRs. Die fünf primären Interradialplatten bilden einen ganz ähnlichen nach oben ofle- nen Kreisbogen, wie ihn die fünf jungen Terminalia bilden; nur ist der Radius des Bogens der Interradialia kleiner als der des Bogens der Ter- minalia; der Bogen der Interradialia liegt innerhalb des Bogens der Termi- nalia. Das elfte Skelettstück bildet sich ungefähr in der Mitte der beiden Bogen der Terminalia und Interradia- lia; es ist die Anlage der Cen- tralplatte des Seesternrückens und in den Abbildungen mit C be- zeichnet. Ähnlich wie die junge Ma- dreporenplatte JRs eine bestimmte Beziehung zum oberen Ende des’ Mesenterium erkennen lässt, so auch das Centrale; dasselbe entspricht der Stelle, an welcher an der Innenseite der Körperwand das Mesen- terium sein unteres Ende besitzt. Zeichnet man in eine schematische Figur die elf primären Skelettstücke ein und nimmt man dabei an, dass man auch hier wieder die Larve in einer Richtung betrachtet, wie sie der Pfeil a in Fig. IV auf p. 47 bezeichnet, so erhält man die oben- stehende Übersicht. In diesem Schema sind die Terminalia durch acht- strahlige, die Interradialia durch vierstrahlige und das Centrale durch einen sechsstrahligen Stern angedeutet; die fünf Terminalia und die fünf Inter- radialia sind durch eine punktirte.Bogenlinie mit einander verbunden. ! Neue Beiträge zur Anat. d. Ophiuren. Diese Zeitschr. Bd. XXXIV. p. 358. (Morphol. Stud. II. p. 79.) ı* 52 Hubert Ludwig, Nachdem wir so die Entstehung der Ambulacralstücke und der Skelettstücke des Seesternrückens kennen gelernt haben, müssen wir noch einen Augenblick bei einigen allgemeinen Verhältnissen der Skelett- bildung verweilen. Wir sehen bei Asterina alle Skelettstücke — auch diejenigen, denen wir erst später begegnen werden — im Meso- derm entstehen. Es fragt sich, ob das eine den Echinodermen ge- meinsame Erscheinung ist. Die älteste Angabe über die Gewebsschicht, von welcher die Bildung von Skeletttheilen bei Echinodermen ausgeht, findet sich bei Jon. Mürzer !. Derselbe bemerkt im Anschlusse an die Beobachtungen Kronn’s, dass die Ablagerung der Kalkleisten des Larven- skelettes von Echinus microtuberculatus von Zellen ausgeht, welche zwischen der »aus Zellen bestehenden Rindenschicht des Embryo« (d. h. Ektoderm) und der »gleichfalls aus Zellen bestehenden Wand des Verdauungsschlauches« (d. h. Entoderm) gelegen sind. Damit sind | offenbar die Zellen des Mesoderms gemeint, wie namentlich auch die Mürzer’schen Abbildungen bestätigen. »Diese Zellen sind um die Kalk- leisten gruppirt« und sind »über die Kalkleisten hinaus verbreitet da, wohin sich die Kalkleisten demnächst vergrößern ; man sieht die fernere Ablagerung des Kalkes schon durch die Zellen vorbereitet.« Ganz über- einstimmende Beobachtungen machte Acassız? an den Larven von Strongylocentrotus droebachiensis. Ein ganz besonderes Augenmerk aber richtete METScHnIKorF 3 auf die Herkunft der Skeletitheile. Seine Untersuchungen an den Larven von Seeigeln, Holothurien, Ophiuren und Asterien führten ihn zu dem allgemeinen Resultate, dass bei allen Echinodermen die Bildung der Skeletttheile von Zellen des Mesoderms (METscunIKkorr’s »Cutiszellen«) ausgehe. Mit Bezug auf die Echinoideen ist SELENKA * zu demselben Ergebnisse gelangt, ebenso GrEEFF 5 für Aste- rias rubens und GörttE® für Antedon rosacea. Demnach scheinen alle ü Beobachtungen, zu denen nun auch diejenigen an Asterina hinzukommen, übereinzustimmen. Nur von einer Seite aus ist eine gegentheilige Be- hauptung aufgestellt worden ; SELEnKA”? hat nämlich behauptet, dass bei Holothurien, speciell bei Cucumaria Planci, »die Kalkplatten der Haut nicht in den » Cutiszellen« Merschnikorr's, sondern im eigentlichen Ekto- derm entstehen«. Srıenka hat aber diese Behauptung auch auf die 1 Vierte Abhandlung. 4852. p. 24—25,. Taf. VI, Fig. 1, 2. 2 Revision of the Echini. p. 712, 713. 3 ].0C: 4 Diese Zeitschrift. Bd. XXXIH. 4879. p. 46. 5 Sechste Mittheilung. 4879. p. 52. 6 Archiv für mikr. Anatomie. 1876. p. 595. 7 Diese Zeitschrift. Bd. XXVII. 1876. p. 169. Entwicklungsgeschichte der Asterina gibbosa Forbes. 53 anderen Echinodermen auszudehnen versucht, denn er setzt hinzu: » Dasselbe gilt ganz gewiss auch von sehr vielen (vielleicht allen?) Echino- dermen. Man vergleiche nur die Figuren von Jos. MÜLLER, METSCHNIKOFF u. A., um die Überzeugung zu gewinnen, dass ein Kalkskelett sich auch an jenen Stellen bilden kann, zu welchen gar keine Mesodermzellen ge- langt waren.« Nun stehen aber diese Behauptungen SELENkA’S nicht allein im Widerspruch zu der Ansicht aller anderen Forscher, sondern auch zu dem Resultate, zu welchem er selbst einige Jahre später bei Echinoideen gelangt ist. Bei Echinoideen bestätigt er die Auffassung der anderen Forscher; um so auffälliger ist es, dass er bei dieser Gelegen- heit seine eigene frühere, allerdings zunächst nur für die Holothurien, aber mit aller Bestimmtheit ausgesprochene, durchaus entgegengesetzte Ansicht gar nicht mehr erwähnt, sondern stillschweigend übergeht. Demnach darf man wohl annehmen, dass SELENKA sich unterdessen selbst von der Unrichtigkeit seiner ersten Ansicht überzeugt hat. SELEnKA giebt übrigens auch bei den Holothurien keinerlei näheren Nachweis für die Richtigkeit seiner Behauptung; es wäre doch eine sonst noch von Nie- manden gesehene Kalkkörperbildung im Ektoderm eines Echinoderms eines genauen Beweises sehr bedürftig gewesen. SELENKkA beruft sich auch auf die Abbildungen von Joa. MÜLLER, METSCHNIKOFF und Anderen, giebt aber leider die betreffenden Abbildungen nicht genau an — ich habe sämmtliche Abbildungen der beiden genannten Forscher darauf angesehen, kann mir aber aus keiner einzigen irgend eine Stütze für die Richtigkeit der SeLenka’schen Behauptung holen. Demnach glaube ich es als sichergestellt betrachten zu dürfen, dass die Skeleittheile der Echinodermen überhaupt im Mesoderm die Stätte ihrer Entstehung haben. In Betreff des histologischen Vorganges bei der Bildung der -Skeletitheile besitzen wir nur die Angaben von Serenkal. Derselbe be- trachtet diesen Vorgang als einen der Cuticularbildung ähnlichen Ab- Scheidungsprocess. Die Mesodermzellen erzeugen »unter Beibehaltung der amöboiden Natur, das Kalkskelett als Cuticularbildung. Man kann deutlich wahrnehmen, wie innerhalb zweier lateral-symmetrisch ge- lagerter Zellen zuerst ein Kalkkörnchen sich ablagert, wie jedes zu einem regelmäßigen Dreistrahler auswächst, und wie die skeletogene Zelle sich dann auf einen Strahl zurückzieht, um unter steter Ablagerung von Kalksalzen (und organischer Achsensubstanz) an der weiter- wachsenden Spitze sich fortzuschieben. Neue Mesodermzellen lagern sich an und bewirken das Wachsthum der anderen beiden Strahlen, ! Diese Zeitschrift. Bd. XXXII. 41879. p- 46. 54 | Hubert Ludwig, wieder andere erzeugen die Seitenäste.« Die wenigen Beobachtungen, welche ich selbst in Neapel an verschiedenen Echinodermenlarven nach dieser Richtung anstellen konnte — die Asterinalarven sind dafür zu undurchsichtig — bestätigen die Angaben von SELENKA. VI, Rückbildung des Larvenorganes; Bildung des Seesternes; Entstehung des Nervensystems. Wir haben in dem letzten Kapitel gesehen, dass an der sieben- und achttägigen Larve schon eine ganze Anzahl von Theilen angelegt sind, welche dem aus der Larve entstehenden Seesterne angehören: Die Metamorphose der Larve in den jungen Stern ist durch die ambulacralen und antiambulacralen Armanlagen eingeleitet und wird am neunten und zehnten Entwicklungstage vollendet. Eine bestimmte Grenze zwischen einem besonderen Larvenstadium und einem Stadium der Metamorphose lässt sich bei Asterina überhaupt nicht ziehen. Der Übergang aus der aus der Gastrula entstandenen Larve in den jungen Seestern geht allmählich unter Betheiligung fast sämmtlicher Organe der Larve vor sich. Es giebt nur zwei Organe der Larve, welche sicher nicht in den jungen Seestern herübergenommen werden, nämlich das Larvenorgan und der Munddarm der Larve; auch von dem After der Larve steht fest, dass er nicht direkt zum After des Seesternes wird, indessen scheint sich letzterer doch an derselben Körper- und Darm- gegend zu bilden, an welcher ersterer geschwunden ist. Was zunächst das Larvenorgan betrifft, so beginnt dasselbe schon am neunten Tage in einen Rückbildungsprocess einzutreten, der sich dadurch geltend macht, dass das Gesammtvolumen des Larvenorganes abnimmt. Insbesondere werden die beiden Lappen desselben immer _ mehr verkürzt unter gleichzeitiger Verengerung des inneren vom Entero- coel gebildeten Hohlraumes. Schließlich, am Ende des zehnten, manch- mal aber auch erst am elften Tage, ist statt des vorher so mächtig ent- wickelten Larvenorgans nur noch ein kurz gestielter kolbenförmiger Fortsatz an dem jungen Thiere vorhanden. Form und Lagerung des reducirten Larvenorganes ist aus Fig. 91 und 94 ersichtlich. In dieser Form ist das rückgebildete Larvenorgan auch noch an den jungen, im Übrigen durchaus fertigen Seesternen vorhanden, wird aber immer rudimentärer bis zum schließlichen vollständigen Schwunde. Sein innerer Hohlraum, der früher, so lange das Hydrocoel sich noch nicht vollständig geschlossen hatte, mit letzterem in Verbindung stand, steht nach dem Verschluss des Hydrocoels nur noch mit dem übrigen Entero- coel in Verbindung. Wir werden darauf bei Besprechung der Art und Weise, wie sich der Ringkanal des Wassergefäßsystemes bildet, näher Zr Entwicklungsgeschichte der Asterina gibbosa Forbes. 55 eingehen müssen. Hier interessirt uns zunächst mehr das Verhalten des reducirten Larvenorganes in so weit es äußerlich sichtbar wird. Wie die beiden Figuren, die ich vorhin citirte (Fig. 91 und 94), erkennen lassen, liegt der Rest des Larvenorganes schließlich an der Bauchseite des jungen Seesternes und ist mit seinem kurzen Stiele in der Um- sebung der später durchbrechenden definitiven Mundöffnung befestigt. Er liegt stets und immer in einem Interradius und es ist dieses aus- ı nahmslos derselbe Interradius, in welchem, wie wir sehen werden, der ‘Schluss des Wassergefäßringes zu Stande kommt. Mit Bezug auf die ‘ Lage der Madreporenplaite ist der Interradius, welcher den Larvenrest beherbergt, stets derjenige, welcher, wenn man den Stern von seiner ' Rückseite betrachtet (vgl. Fig. 94), nach rechts auf den Interradius der ' Madreporenplatte folgt. In der reducirten Form, in welcher wir das Larvenorgan bei den | jungen Asterinen finden, ist dasselbe auch schon von einer Anzahl anderer " Asterien beschrieben worden. Da aber die vorhergehenden Entwick- ‚ lungsstadien den betreffenden Forschern entweder gar nicht oder nur ‚ unzureichend bekannt waren, so ist begreiflich, dass sich eine gewisse ‘ Unsicherheit in der Beurtheilung des kolbenförniigen Restes des Larven- organes geltend macht. So z. B. hat Desor! bei Echinaster sp. einen '»eigenthümlichen Pedunkel« auf der Mundseite des jungen Sternes beobachtet, der offenbar der Rest eines ganz ähnlichen Larvenorganes war, wie wir dasselbe bei Asterina kennen lernten und wie es Sars ja ‚auch schon früher gerade bei einer Echinasterart, Echinaster (Sarsii) 'sanguinolentus, und bei Asteracanthion Mülleri bekannt gemacht hat. ' Desor ist der irrthümlichen Meinung, es habe das von ihm gesehene \ Gebilde die Bedeutung eines Dottersackes. Ähnliche Stadien, wie die von Desor beobachteten sind auch von Buscn ? in aller Kürze erwähnt worden. Ferner beobachtete auch schon L. Acassız® an einem nach Gattung und Art nicht näher bezeichneten Seesterne, dass die jungen Sterne an der Bauchseite ein stielförmiges Organ besitzen. Das gleiche Gebilde hat dann später W. Tuomson auch noch von den Jungen von ' Asteracanthion violaceus beschrieben und abgebildet; nach ihm soll ' auch bei dem jungen Sterne eine Kommunikation zwischen dem Hohl- ' raum des Larvenorganes und dem nunmehr ringförmig geschlossenen / ' Wassergefäßringe bestehen; das ist bei Asterina sicher niemals der 1 Müurer’s Archiv. 4849. p. 79—83. 2 W. Busc#, Beobachtungen über Anatomie u. Entwicklung einiger wirbellosen Seethiere. Berlin 1854. p. 77—80. Taf. XII. 3 MüLrer's Archiv. 4854. p. 122. * Natur. Hist. Review. 1863. p. 14. Fig. B. 56 Hubert Ludwig, Fall und scheint mir nach der die innere Anatomie nur sehr flüchtig be- handelnden Darstellung von W. Tnouson auch bei Asteracanthion viola- ceus mindestens sehr zweifelhaft. Schließlich habe ich hier noch einer Beobachtung zu gedenken, welche Pnırıpri! gelegentlich der Beschrei- bung einiger neuen Seesterne aus Chile mitgetheilt hat. Bei Asteracan- thion varium fand er eine ähnliche Brutpflege wie sie bei Echinaster vorkommt. Das Thier hatte »den Rücken der Scheibe fast beutelförmig in die Höhe gehoben, den Ursprung der Arme genähert und auf diese Weise einen Brutsack gebildet. Die Jungen hatten die ‚Gestalt eines Fünfeckes. Es ist noch kein Mund, keine Furche für die Füßchen, kein Füßchen, kein Stachel zu sehen und vom Centrum der Unterseite (Mund- seite) entspringt ein langer Strang, der das junge Thier an das Mutter- thier befestigt«. Ich zweifle nicht, dass wir in diesem Strange ein dem Larvenorgan der Asterina entsprechendes Gebilde vor uns haben. Ich kann mich demnach PaıLıppi nicht anschließen, wenn er weiter dem Strange die Bedeutung eines » Nabelstranges, durch den das junge Thier wahrscheinlich seine Nahrung von der Mutter erhält « zuspricht; ich bin vielmehr der Ansicht, dass wir es hier ebenso wie in all’ den aufgezähl- ten Fällen lediglich mit einem Bewegungs- und Haftorgan der Larven zu thun haben, welches beim Übergang der Larve in den Seestern früher oder später funktionslos wird und dann der Reduktion und schlieblichem Schwunde anheimfällt. | Das andere Organ der Larve, welches bei Asterina ebenfalls mit Bestimmtheit nicht in den jungen Seestern aufgenommen wird, ist der Munddarm der Larve. Wir haben schon bei den Larven des sieben- ten Tages gesehen, dass mitunter der Munddarm die Verbindung mit dem Magen aufgegeben hat und sich zu einem dem Larvenmunde nach innen aufsitzenden blindgeschlossenen Rudimente umgebildet hat. Das Gleiche findet in der Regel am neunten und zehnten, manchmal auch erst am elften Tage bei allen Larven statt. Da aber die neue Mund- öffnung, die Mundöffnung des Seesternes, jetzt noch nicht nach außen durchbricht, so besitzt die Larve in diesem Entwicklungszu- stande keinerlei Öffnungen für den Verkehr des Darmes mit der Außenwelt. Der aus dem Gastrulamunde entstandene Larvenafter ist schon früher obliterirt und wenn auch das dem Larven- munde zunächst liegende Stück des Larvenmunddarmes, so wie auch die Larvenmundöffnung oft noch am zehnten Tage vorhanden ist, so be- sitzt doch der Magen keinen Zusammenhang mehr mit dem Reste des sich rückbildenden Larvenschlundes. Eine Nahrungsaufnahme kann also 1! R. A. Pn:Lıppı, Neue Seesterne aus Chile. Arch, f. Naturgesch. 1870. p. 273. Taf. III, Fig. c. Entwicklungsgeschichte der Asterina gibbosa Forbes. 57 auch in diesem Stadium nicht stattfinden. Ähnlich wie also beim Schmetterlinge während des Puppenstadiums die ‚Nahrungsaufnahme sistirt, so auch beim Seesterne in dem Stadium, welches der Vollendung des jungen Sternes unmittelbar voraufgeht. Der Mund des Seesternes bildet sich in der Weise, dass die Ausbuchtung, welche wir schon in den füheren Stadien links am oberen Theile des Magens auftreten sahen, die Körperwand erreicht und schließ- ' lich nach außen durchbricht. Mertscunikorr ! hat ähnliche Verhältnisse hei der von ihm untersuchten Bipinnaria, jedoch nur sehr unvollständig beobachtet und ist der Meinung, dass die Bildung des definitiven Mundes eine Durchbrechung des Hydrocoels bedinge. Er glaubt nämlich sich überzeugt zu haben, dass bei seiner Bipinnaria das Hydrocoel von Anfang an keine bogenförmige Gestalt hat, welche später erst sich zu einem Ringe schließt, sondern dass dasselbe hier die Form einer Rosette habe, welche in ihrer Mitte von dem sich neubildenden Schlunde des Seesternes durchbrochen werde. Der Wassergefäßring des Seesternes bildet sich nach METScHnIKoFF nicht so, wie er es selbst bei Holothurien und Ophiuren konstatirte, durch Umwachsung des Schlundes seitens einer anfänglich bogenförmigen und erst später ringförmigen Wassergefäß- anlage, sondern durch eine centrale Durchbrechung einer rosettenförmigen Wassergefäßanlage durch den neuen Schlund. Ich habe diesem Punkte bei Asterina mein ganz besonderes Augenmerk zugewendet und konnte mit aller Sicherheit verfolgen, wie hier im Gegensatze zu METSCHNIKOFF’S Ansicht keine Durchbrechung des Hydrocoels durch den entstehenden Seesternschlund stattfindet, sondern eine Umwachsung des letzteren von Seiten des anfänglich bogenförmigen Hydrocoels. Mrrscunikorr’s Auffassung ist zwar mit großer Bestimmtheit von ihm ausgesprochen worden, doch wird sie schon abgeschwächt durch den Umstand, den er selbst anführt, dass er nämlich »die Neubildung des Schlundes nicht direkt beobachten konnte«; er ist also zu seiner Auffassung nur auf indirektem Wege gelangt, wobei die Möglichkeit eines Irrthumes eine relativ große ist. Auch bin ich nicht der Einzige, welcher sich genöthigt sieht, betreffs der Bildung des Wasser- gefäßringes der Seesterne auf Grund eigener Beobachtungen anderer An- sicht zu sein als Mrrscanikorr. So beobachtete Sars?, — METSCHNIKOFF scheint von dieser Beobachtung keine Kenntnis gehabt zu haben — dass bei einer neuen Brachiolaria, die er 1862 bei Christiansund auffischte, die fünflappige Hydrocoelanlage nicht (wie es nach METScHnIKoFF sein müsste) von Anfang an einen geschlossenen Kreis darstellt, sondern einen 4,1.)e21p: 37-238, | ® M. Sars, Nyt. Magaz. f. Naturvidensk. Bd. XII. 1863. p. 331, 335—336. 58 Hubert Ludwig, Kreis, der an einer Stelle offen ist. Ganz übereinsiimmend damit sind die Angaben, welche neuerdings GörtE ! gleichfalls mit Bezug auf eine Brachiolaria gemacht hat. Demnach glaube ich zu der Annahme berech- tigt zu sein, dass ebenso wie ich es bei Asterina genau verfolgen konnte, so auch bei den übrigen Seesternen der sich bildende definitive Schlund von dem sich bildenden Wassergefäßringe umwachsen wird. Bevor aber noch diese Umwachsung bei Asterina zu Stande kommt, hat sich das Hydrocoel vollständig von dem Enterocoelab- geschnürt. Allerdings hat sich schon früher die Hydrocoelbucht Nr. 7 nach vorn vor den Larvenschlund gelegt und reicht mit ihrem blinden Ende hinüber auf die rechte Seite des Larvenkörpers (vgl. Fig. 73, 74 und 60); weiter aber ist die Umwachsung nicht vorgeschritten. Die Ab- schnürung des Hydrocoels vom Enterocoel geschieht nun in der Weise, dass sich an der bisherigen Übergangsstelle des Hydrocoels in das Entero- coel des Larvenorganes eine Scheidewand erhebt, welche ihren Aus- gangspunkt an derjenigen Wand des Hydrocoels nimmt, welche dem Darme und dem Körperinneren, oder einfacher der früheren Medianebene der Larve, zugekehrt ist. Diese Scheidewand springt allmählich immer mehr in der Richtung nach der der Körperwand anliegenden Hydrocoel- wand vor um diese endlich zu erreichen und so schließlich das Hydro- coel vollständig von dem Enterocoel abzuschnüren. In einem Schnitt, der parallel mit der Hydrocoelanlage dicht unter der Haut die Larve schneidet, wird man also in einem mittleren Stadium der Hydrocoelab- schnürung noch eine Kommunikation zwischen Hydrocoel und Enterocoel auffinden, während ein etwas tieferer Schnitt die abschnürende Wandung getroffen hat und demnach Hydrocoel und Enterocoel ganz von einander abgeschlossen zeigt (vgl. Fig. 76, 77, 78). Figur 76 zeigt bei stärkerer Vergrößerung recht deutlich den Verlauf der abschnürenden Wand. Die- selbe umgreift von hinten, unten und vorn die zum Seesternschlunde werdende Darmausbuchtung, jedoch so, dass zwischen ihr und der letzteren noch ein Zwischenraum übrig bleibt, der mit dem Enterocoel in Zusammenhang bleibt. Dieser Raum, den wir mit Bezug auf den später auftretenden Mund des Seesternes das orale Enterocoel nennen wollen, umgreift aber nicht nur anfänglich den sich bildenden Seestern- schlund, sondern überdeckt auch dessen nach der Körperwand der Larve gerichtete Oberfläche. Der Seesternschlund wächst also in das orale Enterocoel hinein und erst dann, wenn der junge Schlund die gegen- über liegende Körperwand erreicht hat und sich mit derselben verbindet, erst dann hat das orale Enterocoel eine ringförmige Gestalt. Es verhält sich also das orale Enterocoel zum sich entwickelnden Seesternschlunde 1 Archiv f. mikr. Anat. 41876. Taf. XXVI, Fig. 22. Entwicklungsgeschichte der Asterina gibbosa Forbes. 59 genau so wie sich nach Mrrscanikorr bei Bipinnaria das Hydrocoel ver- halten soll. Die Verbindung des Larvenschlundes mit der Körperwand erfolst bei Asterina erst am elften oder zwölften Tage; der Durchbruch des See- ‚sternmundes aber noch später, am dreizehnten oder vierzehnten Tage. Die ‚Schließungder Wassergefäßanlage zu einem den Seestern- | schlund rings umgebenden Ringe kommt am elften und zwölften ' Tage zu Stande. Unmittelbar vor dem Schlusse des Ringes hat die Ä Wassergefäßanlage die in Fig. 95 gezeichnete Gestalt. Die Anlagen des ‚ ersten und fünften radiären Wassergefäßes haben sich einander genähert und an ihrer Basis bildet die Anlage des Wassergefäßringes zwei einan- der entgegenwachsende, jetzt noch blindgeschlossene Buchten, welche ‘sich in den nächsten Stunden verbinden und ihre Lumina mit einander ‘ vereinigen. Diese Schlussstelle des Wassergefäßringes liegt immer in dem- ‘ selben Interradius, in welchem sich der Rest des Larvenorganes befindet und verhält sich zu dem Stiel des letzteren so, dass sie denselben umgreift; ‘der Stiel des Larvenorgans kommt also nach innen von dem durch das " Wassergefäß gebildeten Ringe zu liegen und verdeckt, bei der Ansicht von der Mundseite des Seesternes, die Schlussstelle des Wassergefäßringes. In diesem Stadium hat sich auch eine andere wichtige Veränderung an dem Wassergefäßsystem vollzogen. Wir haben früher gesehen, dass ‘der Rückenporus und der junge Steinkanal anfänglich nicht in direkter “und geschlossener Verbindung mit einander stehen, sondern dicht neben einander in das Enterocoel münden. Jetzt aber vereinigen sich die ‚inneren Mündungen des Steinkanals und des Rückenporus, , so dass nunmehr das durch den Rückenporus aufgenommene Wasser nur noch allein in den Steinkanal und weiter in die übrigen Theile des ' Wassergefäßsystemes gelangen kann (vgl. Fig. 84 und 88). Es hat dann das Wassergefäßsystem das Stadium völliger Abgeschlossenheit von dem ' Enterocoel erreicht, wie ich es früher für die erwachsenen Asterien über- | haupt feststellen konnte. | An derjenigen Stelle, an welcher sich die inneren Öffnungen des Steinkanals und des Rückenporus verbinden, finde ich bei den Asterina- larven eine kleine Ausbuchtung, in welcher ich die erste Andeu- tung der Ampulle zu erkennen glaube, welche GrEEFF ? und ich? an der Innenseite der Madreporenplatte der Seesierne beschrieben haben. Von großem Interesse sind die Umbildungen, welche der Darm während der Metamorphose erleidet. Dieselben be- 1 Vgl. Beiträge z. Anat. d. Asteriden. Diese Zeitschr. Bd. XXX. p. 403 sqgq. (Morphol. Stud. I. p. 154 sqq.) 2 Dritte Mittheilung. p. 100. 3]. c. p. 159 sqq. 60 Hubert Ludwig, ginnen mit einer eigenthümlichen Verkrümmung des schon in den früheren Larvenstadien in die rechte Körperhälfte der Larve hinübergedrängten Magens. Dieselben sind schwer zu beschreiben, auch nicht so regel- mäßig, dass sie sich schematisch leicht wiedergeben ließen. Ich muss desshalb auf die Abbildungen verweisen, namentlich auf die Fig. 74 und 75. Hand in Hand mit dieser Verkrümmung geht die Bildung von fünf Buchten des Darmes und schließlich wird so der Darm in einen fünfbuchtigen Sack umgeformt, der in einer Fläche ausgebreitet ist, welche parallel der antiambulacralen Oberfläche des jungen Seesternes liegt. Blickt man also auf die letztere, so erhält man bei durchsichtig gemachten Larven (vgl. Fig. 84) einen Überblick über die fünf Darm- buchten und erkennt sofort, dass jede primäre Darmbucht sich der Mittellinie einer Armanlage zuwendet, also mit Bezug auf die Körper- regionen des Seesternes radiär gestellt ist. So unregelmäßig auch mitunter die Verkrümmungsstadien des Darmes aussehen, immer ist das Resultat das Gleiche: die Bildung eines mit fünf radiär gestellten Buchten versehenen Darmsackes. Dabei verschiebt sich der Darm auch mit Bezug auf den sich entwickelnden Seesternschlund. Letzterer, der bei seinem ersten Auftreten oben links am Magen der Larve entstand, kommt schließlich in die Mitte des fünfbuchtig gewor- denen Darmes zu liegen. In Bezug auf die linke und rechte Seite des Larvendarmes in den Stadien des vierten und fünften Entwicklungstages kennte ich durch eine nur sehr schwierig anzustellende Beobachtungs- reihe feststellen, dass die beiden radiären Darmbuchten, welche unter die antiambulacralen Armanlagen Nr. 7 und 5 zu liegen kommen, der ursprünglich rechten Seite des Larvendarmes, die drei anderen Darm- buchten aber, welche unter die antiambulacralen Armanlagen Nr. 2, 5 und 4 gerathen, der ursprünglich linken Seite des Larvenmagens ent- sprechen. Diejenige Stelle des Larvendarmes, welche früher mit der After- öffnung der Larve nach außen führte, gelangt auf diese Weise in eine Region, welche zwischen den Darmbuchten Nr. 7 und 5 einerseits und Nr. 2, 5 und 4 andererseits liegt; gleichzeitig bleibt sie rechts neben dem unteren Ende des Mesenteriums und gelangt so schließlich an die rechte Seite des sich dort entwickelnden centralen Skelettstückes des Seesternrückens. Genau an derselben Stelle, in dem Interradius, welcher zwischen der antiambulacralen Armanlage Nr. 7 und 2 liegt, bildet sich der dauernde After des jungen Seesternes, wie wir später sehen werden. Während alle die im Vorstehenden geschilderten Vorgänge am Wassergefäßsystem und Darm sich abspielen, hat sich auch die äußere Entwicklungsgeschichte der Asterina gibbosa Forbes. 61 Körperform der Larve zu derjenigen des jungen Seesternes umge- formt. Wir haben die äußere Körperform unserer Larven auf dem Stadium des achten Tages verlassen. Die weitere Entwicklung am neun- ten und zehnten Tage besteht nun einmal in der uns schon bekannt ge- wordenen Rückbildung des Larvenorganes, dann aber auch darin, dass die beiden Bogen der fünf ambulacralen und der fünf antiambulacralen Armanlagen ihren Abstand immer mehr verkürzen (vgl. Fig. 79—81), bis schließlich das distale Ende einer jeden ambulacralen Armanlage mit dem distalen Ende einer antiambulacralen Anlage in Berührung kommt. Entsprechend der unterdessen statigefundenen Weiterentwicklung des gesammten Hydrocoels ragen jetzt auch alle Füßchen- und Fühleranlagen in Gestalt kugeliger Wärzchen über die Körperoberfläche empor (vgl. Fig. 79—81 sowie auch Fig. 91). Durch die Berührung einer jeden ambulacralen Armanlage mit einer antiambulacralen erhalten wir die Anlagen für die fünfArme des Seesternes. Die Metamorphose der Asterina lehrt uns also, dass die antiambulacrale und die ambula- crale Region eines Seesternarmes sich getrennt von einander anlegen und erst später mit einander in enge Verbindung treten. Diese pri- märe gegenseitige Unabhängigkeit derambulacralen und der antiambulacralen Region eines Seesternarmes findet einen noch viel schärferen, geradezu überraschenden Ausdruck in einem anderen Verhältnisse. Wir haben die ambulacralen und antiambulacra- len Armanlagen von ihrem ersten Auftreten an so bezeichnet, dass wir die zumeist nach vorn und neben dem Munde der Larve gelegene Anlage mit Nr. 7 (T) bezeichneten. Wir sahen, dass jede der beiden Gruppen von Armanlagen einen nach oben offenen Bogen bildet, dessen Öffnung bei der von uns gewählten Numerirung zwischen Nr. 4 (I) und Nr. 5 (V) zu liegen kommt. Bei der Bildung des jungen Seesternes schließen sich nun beide Bogen und man sollte erwarten, dass die Verschlussstellen beider Bogen über einander zu liegen kommen, dass also auch die gleichnumerirten antiambulacralen und ambulacralen Anlagen über einander liegen, z. B. Nr. / über Nr. 1, Nr. V über Nr. 5 u. s. w. Das ist nun aber merkwürdigerweise nicht der Fall. Schon bei dem Stadium des achten Tages (vgl. p. #7) habe ich an der dort gezeichne- ten schematischen Figur V darauf aufmerksam gemacht, dass eine Ver- schiebung der beiden Bogen der Armanlagen eintritt, in Folge deren die gleichnumerirten Anlagen nicht mehr genau über einander liegen ; auch die Öffnungen der beiden Bogen liegen nicht genau über einander. Der Verschluss beider Bogen geschieht nun so, dass sich die Enden beider Bogen in entgegengesetztem Sinne über einander schieben, wie ich das in der schematischen Figur V p. 47 durch die beiden Pfeile anzudeuten 62 Hubert Ludwig, versucht habe. Der Bogen der antiambulacralen Armanlagen schließt sich also in der Weise, dass die Anlage Nr. / sich immer mehr bis zur schließlichen Berührung der Anlage Nr. V nähert; der Bogen der ambula- cralen Armanlagen aber gelangt dadurch zum Schlusse, dass Nr. 5 immer weiter nach Nr. 7 hin- über rückt. Das Resultat des ganzen Vorganges habe ich in nebenstehen- des Schema eingetragen, wozu ich auch Fig. 94 zu vergleichen bitte. Die beiden Verschlussstellen sind in dem Schema, wel- ches sich in allem Übri- gen an dasjenige auf p. 47 anschließt, mit ei- nem \ bezeichnet. Man sieht, dass die Verschie- bung beider Bogen gegen einander genau einen Radius des Seesternes beträgt, dass demnach die ambulacrale Armanlage Nr. 7 sich mit der antiambulacralen Anlage Nr. II verbindet, Nr. 2 mit Nr. III, Nr. 5 mit Nr. IV, Nr. 4 mit Nr. V und Nr. 5 mit Nr. I. Die beiden Interradien, in welchen sich der Schluss der beiden Bogen der Armanlagen vollzieht, können wir passend als den Interradius desambulacralen und den Interradius des antiambulacralen Schlusses be- zeichnen. Wie aus den früher betrachteten Entwicklungsvorgängen, welche Darm und Wassergefäßsystem durchlaufen, ohne Weiteres klar sein wird, ist der Interradius des ambulacralen Schlusses derselbe, in welchem der Schluss der bogenförmigen Wassergefäßanlage zu einem den Schlund umgreifenden Ringe stattfindet, ferner liegt in diesem Interradius, wie ich schon früher erwähnte, der Rest des Larvenorganes, so wie auch die- jenige Stelle des Darmes, welche später als After des Seesternes sich nach außen öffnet. Der Interradius des antiambulacralen Verschlusses aber ist identisch mit demjenigen Interradius, in welchen der Stein- kanal, der Rückenporus mit der Madreporenplatte, so wie auch das Centralblutgeflecht hineinfallen. Alle diese Lagebeziehungen kann man sich in einer schematischen Figur, etwa wie die nachstehende Fig. VII, übersichtlich zur Anschauung bringen, wobei man sich das Thier durch- sichtig und in der Rückenansicht denken möge. So hätten wir denn den jungen Seestern in allen seinen Beziehungen „Jnterradiuns des ambulacralen Schlusses. Entwicklungsgeschichte der Asterina gibbosa Forbes. 63 zur Larve, aus welcher er durch allmähliche Umbildung entsteht, kennen gelernt. Man könnte nun die Frage aufwerfen, ob denn nicht am jungen Seesterne irgend eine Symmetrieebene aufzufinden sei, welche der Medianebene der Larve entspreche, gewissermaßen deren Fortsetzung sei? Die Entwicklung zeigt aber, dass keine derartige Ebene am See- stern vorhanden ist und vorhanden sein kann. Man muss ein für allemal darauf verzichten eine entwicklungsgeschichtlich begründbare Symme- trieebene in den Seestern hineinzulegen. Es ist für den Seestern, und wie wir gleich hinzufügen können, für die Echinodermen überhaupt, gerade das Asymmetrische ein charakteristischer Grundzug des ganzen ‚Alerradis des ambulacralen Schlusses N Fig. VI. Z > - Jnterradius des antam- bulacralen Schlusses Stelle des spaleren Aflers Se. Br I ee nme N RUN 2) N, d D GE Zu Wr 7 \ ' a n \ Darm mit seinen 5 radıaren Buchten Baues. Die Asymmetrie ist aber darum keine regellose, sondern sie ist ebenso bestimmten Gesetzmäßigkeiten unterworfen, wie die Symmetrie im Aufbaue anderer Thiere. Wenn wir nun aber auch die Medianebene der Larve nicht mehr im Seesterne wiederfinden, so können wir natür- lich auch das rechts und links der Larve in den Regionen des Seesternes nicht mehr festhalten. Es ist einfach unmöglich irgend eine Ebene — ich bemerke, dass ich nur von geraden, nicht von gekrümmten Ebenen spreche — in den Seestern zu legen, welche nach der einen Seite nur Theile liegen lässt, die ursprünglich der linken Körperhälfte der Larve, und auf der anderen Seite Theile, die ursprünglich der rechten Körper- hälfte der Larve angehörten. 64 Hubert Ludwig, Wohl aber giebt uns die Entwicklung der Asterina die Möglichkeit auch noch am ausgebildeten Seesterne eine bestimmte Region zu be- zeichnen, welche hei der Larve oben war; es ist das derjenige Inter- radius, welcher den Rest des Larvenorganes beherbergt — aber auch von diesem Interradius lehrt uns die Metamorphose, dass wir ihn nicht in toto als eine Fortsetzung der oberen Region der Larve betrachten können, sondern dass das nur in so weit von ihm gilt als er der Mundseite des Seesternes angehört; in so fern er aber der Rücken- seite des Seesternes angehört, lag er an der Larve nicht oben, sondern vorn und rechts. In demselben Interradius entwickelt sich aber auch der After des Seesternes und zwar höchst wahrscheinlich genau an derselben Stelle, an welcher auch der After der Larve lag. Der After der Larve lag aber ursprünglich vorn unten. So finden wir also in der- selben Region des Seesternes, nämlich in dem Interradius des Larven- organes, Theile, von denen der eine ursprünglich oben, der andere vorn rechts, der dritte vorn unten lag. Es ist bekanntlich öfters darüber gestritten worden, ob man einen bestimmten Radius oder Interradius der Seesterne als den vorderen be- zeichnen könne. In Bezug auf die Lokomotion giebt es bekanntlich kein vorn und hinten bei einem Seestern. Es kann sich hier nur darum handeln, ob sich aus morphologischen Gründen eine bestimmte Region des Seesternes als die »vordere« erweisen lasse, so dass man für die systematische Beschreibung der Seesterne und auch für die Vergleichung derselben mit anderen Echinodermen wenigstens den Vortheil einer im Baue der Thiere begründeten Orientirung derselben gewonnen hätte. Mir scheint nun die Entwicklung der Asterina zu zeigen, dass, wenn überhaupt bei dem fertigen Seesterne ein Radius oder Interradius als der vordere zu bezeichnen ist, dies dann einzig und allein der Inter- radius sein kann, in welchem sich derRest desLarvenor- gansbefindetund der zugleich der Interradius des Afters und desambulacralen Verschlussesist. Demüfiach schlage ich vor, die Asterien in Zukunft so aufzustellen, dass dieser Interradius nach vorn gerichtet ist. Derselbe ist am ausgebildeten Seesterne stets leicht aufzufinden. Denn, wenn auch keine Spur des Larvenorganes mehr vorhanden ist, so ist er doch durch die Lage des Afters gekennzeichnet. Und fehlt auch der After oder ist er schwer aufzufinden, so kann der vordere Interradius immer noch durch seinkonstantes Lageverhältnis zum Interradius der Madre- porenplatte gefunden werden; er folgt stets als erster Interradius nach rechts auf den Interradius der Madreporenplatte, wenn man den Seestern vom Rücken betrachtet. Wenn also nach der hier von mir auf Entwicklungsgeschichte der Asterina gibbosa Forbes. 65 Grund der Metamorphose der Asterina vorgeschlagenen Orientirungsweise der Seesterne ein einzelner Seestern richtig aufgestellt ist, so ist er mit einem Radius genau nach hinten, mit einem Interradius genau nach vorn gerichtet und die Madreporenplatte liegt im vorderen linken Inter- radius. In untenstehendem Schema habe ich einen Seestern in der vorgeschlagenen Orientirung gezeichnet. Kehren wir aber zu unserer Asterina zu- Fg.E. rück, so haben wir linker vorderer Radius: rechter vorderer Radius noch ein Organsystem N ” : F vorderer Jhlerradius # zu berücksichtigen, von welchem wir bis- lang noch gar nicht ge- sprochen haben, das sich aber schon wäh- ur rend der letzten Sta- dien der Metamorphose anlegt und demnach noch an dieser Stelle zu besprechen ist; es hinterer Radius ist das Nervensy- stem. Schon in den letzten Stadien der Metamorphose, sobald sich der Wassergefäßring schließt, bemerkt man auf vertikalen Schnitten durch den jungen Seestern, dass das Körperepithel über dem Wasser- gefäßringe sich verdickt und dass diese Verdickung dadurch zu Stande kommt, dass die Cylinderzellen des Epithels noch länger werden als sie vorhin schon waren und dass zu gleicher Zeit Zellen, die in der Tiefe des Epithels liegen und wahrscheinlich durch Theilung aus den cylin- drischen Epithelzellen entstanden sind, sich lang spindelförmig ausziehen und sich mit ihrer Längsachse parallel zur Oberfläche der Haut lagern. In diesen Spindelzellen glaube ich die ersten Anfänge des Nervensystems zu erkennen. Bei jungen Seesternen, etwa acht Tage nach der Meta- morphose, findet man an der Stelle der Spindelzellen die feinfaserige mit eingelagerten Kernen versehene Nervensubstanz, wie ich! sie früher von den ausgebildeten Seesternen beschrieben habe. Das Nervensystem der Seesterne legt sich also, wie Asterina zeigt, ursprünglich an in Gestalt eines die Stelle der späteren Mundöffnung umkreisenden epithelialen Ringwulstes. Damit stehen die Madreporenplatte V kinder vorderer =. Jrlerradius 7 p After rechter vorderer „nterradiits SCEwrre a ng rechter hinlerer Radıus Be . D v/ f ; 7 7 /7; Ss Tinker hinteren. Julerradiits rechter hanterer Jhterradius 1 Beiträge zur Anatomie d. Asteriden. Diese Zeitschr. Bd. XXX. p. 132 sqq. (Morphol. Stud. Bd. I. p. 183 sqq.) Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XXXVII. Bd. 5 66 Hubert Ludwig, ganz fragmentarischen Notizen!, welche wir bis jetzt in der Litteratur über die Entstehung des Nervensystemes der Echinodermen überhaupt besitzen, im Einklange. e Um das Kapitel über die Metamorphose der Larve in den Seestern zu beendigen, möchte ich mir noch einige kritische Bemerkungen gegen Barroıs’ Angaben gestatten. Nach ihm geht die Larve dadurch in den Seestern über, dass sich ihr Körper von vorn nach hinten abplattet 2. Die Unrichtigkeit dieser Behauptung ist aus meinen oben mitgetheilten Beobachtungen und den beigefügten Abbildungen ersichtlich. — An der Bildung des antiambulacralen Theiles der Arme betheiligt sich nicht, wie es nach einer knappen Angabe von Barroıs ? scheinen könnte, nur das Ektoderm, sondern auch und zwar in ganz hervorragender Weise als skelettgebende Schicht das Mesoderm. Ebenso ist das Mesoderm auch bei dem Aufbau der ambulacralen Armanlagen betheiligt, während ‚Barroıs die letzteren nur aus Ektoderm und Entoderm entstehen lässt. — Die Verschlussstelle des Bogens der antiambulacralen Armanlagen ist von BArroıs nicht ganz unbeachtet gelassen worden, er giebt aber ihre Lagebeziehung zur Verschlussstelle des Wassergefäßringes falsch an und hat überhaupt die höchst eigenthümliche Verschiebung der beiden Bogen der ambulacralen und antiambulacralen Armanlagen nicht er- kannt. Er meint die antiambulacrale Schlussstelle, wenn er sagt: »La jeune etoile porte souvent une profonde Echancrure; cela ne r&pond pas du tout A une torsion, mais correspond simplement aA un etranglement general produit par la fermeture du collier du systeme aquifere; l’on ne deit donc pas ajouter grande importance ä ce caractere.« VII. Weitere Entwicklung des jungen Seesternes. Es verlohnt sich den nunmehr fertig gebildeten Seestern noch eine Zeit lang zu verfolgen, um die Grundzüge in der weiteren Entwicklung desselben festzustellen. Ich will dabei die einzelnen Organsysteme der Reihe nach vornehmen und zu zeigen versuchen, welche hauptsächlichen Veränderungen an ihnen in den ersten Wochen des Seesternlebens auf- treten, und beginne mit dem Skelette. 1 Vgl. Merscunikorr’s unbestimmte Angabe über das sich entwickelnde Nerven- system eines aus einer Bipinnaria sich entwickelnden Seesternes, ]. c. p. 38, so wie desselben Forschers nicht minder unbestimmte Angaben über die Entwicklung des Nervenringes der Holothurien, ibidem p. 8, 12. 2 Barroıs, l.c. p. 3: »l’aplatissement du corps embryonnaire se fait constam- ment d’avant en arriere«. Sl.ıc. p.A. *].c. p. 4; vgl. auch Barroıs’ Abbildung Pl. I, Fig. 12. Entwicklungsgeschichte der Asterina gibbosa Forbes. 67 1) Das Skelett. Am Schlusse der Metamorphose besteht das Skelett erstens aus den zweimal fünf Paaren von Wirbelstückanlagen, zweitens aus den elf Skelettanlagen des Rückens, nämlich dem Centrale, den fünf Interradialia und den fünf Terminalia. Noch bevor zu diesen Skelettstücken weitere Anlagen von Wirbelstücken oder dorsalen Skelett- _ platten hinzutreten, beginnt die erste Entstehung der Stachel. Dieselbe reicht sogar zurück bis in die letzten Stadien der Metamorphose. ' Die ersten Stachelanlagen treten in paariger Anordnung in den: anti- ambulacralen Armanlagen auf; in jeder der beiden Spitzen, in welche sich am zehnten Tage eine jede antiambulacrale Armanlage an ihrem peripherischen Rande auszieht (vgl. Fig. 94), entsteht ein junger Stachel. ' Die Zahl der Stachel vermehrt sich aber bald und so finden wir schon ' am 16. Tage (vgl. Fig. 99) über einem jeden nun bedeutend gewach- senen Terminale nicht weniger als sechs junge Stachel in paariger An- , ordnung; dieselben sind in der eben angeführten, schematisch gehal- tenen Figur, entsprechend der Form ihrer ersten Anlage als kleine Kreise eingezeichnet. Unterdessen haben sich aber auch über dem Centrale und ‘ über den Interradialia, wie dieselbe Figur zeigt, Stachelanlagen ent- “ wickelt. Über dem Centrale zählen wir deren fünf, über jedem der Interradialia mit Ausnahme desjenigen, welches Madreporenplatte ist, ‘zwei und über der Madreporenplatte vier. Diese Zahlen stellen aber ' keine konstanten Verhältnisse dar. Konstant ist nur die paarige Anord- nung über den Terminalia und die größere Anzahl der Stachel über der "Madreporenplatte als über den vier anderen Interradialien. Wenn wir nun aber die Entwicklung der Stachel etwas | näher ins Auge fassen, so bemerken wir zunächst, dass auch sie gleich | den schon vorhandenen Skelettstücken im Mesoderm entstehen, jedoch | in einer oberflächlicheren Schicht des Mesoderms, so dass sie also nie- ‚mals auf gleichem Niveau oder gar tiefer als die dorsalen Skelettplatten ‚auftreten, sondern stets über den letzteren. Als allererste Anlage eines Stachels findet man einen winzigen dreistrahligen Kalkkörper, der durch ‚Theilung seiner drei Strahlen sehr bald sechssirahlig wird. Alsdann bildet jeder Strahl des kleinen sechsstrahligen Sternes an seinem freien ‚Ende einen linken und einen rechten Fortsatz, mit welchem er seinem | ‚Nachbarn entgegenwächst. Im nächsten Stadium erreichen sich die ‚Fortsätze, verschmelzen mit einander und bilden so aus dem sechsstrah- ‚ligen Sterne ein sechsspeichiges Rädchen (vgl. Fig. 400). Dieses sechs- ‚speichige Rädchen ist die Basalplatte des künftigen Stachels. Dasselbe ‚erinnert lebhaft an die Basalplatte der sog. »Stühlchen « in der Haut der ‚Holothurien und an die Rädchen der Chirodoten. Von den letzteren ‚wissen wir, dass sie in der äußeren Cutisschicht entstehen und, wie ich . 5* 68 Hubert Ludwig, auch selbst! neuerdings nachweisen konnte, sich auf ganz überein- stimmende Weise entwickeln, wie die Basalplatten der jungen Seestern- stachel. Es scheint mir demnach keinem Zweifel zu unterliegen, dass die Chirodotarädchen den Basalplatten der Seesternstachel gleichzusetzen sind, gewissermaßen rudimentäre Stachel darstellen, bei denen sich die ganze Ausbildung auf die Entwicklung einer Basalplatte reducirt hat. Interessant ist, dass auch die Stachel der Echinoideen sich über einer sechsstrahligen Basis aufbauen. Ich habe zwar selbst noch keine Ge- legenheit gefunden darüber eingehendere Beobachtungen anzustellen, glaube aber in der nachfolgenden Mittheilung von Jon. MüLLer Beweis genug dafür zu haben. Derselbe äußert sich über die jungen Stachel der Echineideen ?: »Das Kalkgerüst der jungen Stachel stellt ein sechs- kantiges Prisma dar, welches aus regelmäßig gefenstertem Gitterwerk von Kalk besteht, das am Ende in einige winzige Zacken ausläuft. In der Dicke des Stachels ist die Anordnung des Balkennetzes radial, so dass das Ende des Stachels, vertikal angesehen, einen sechsarmigen Stern darstellt. Ehe das Gerüst des Stachels so weit ausgebildet ist, hat es bei seiner ersten Erscheinung ganz die Gestalt eines Kandelabers. Die Basis des Stachelgerüstes ist nämlich ein Stern von sechs Strahlen, aus dessen Mitte sich ein einfacher Balken erhebt, der sich sogleich in einige sich wieder vereinigende Balken theilt. Hier- durch wird ein Knopf gebildet, der einige Zacken nach außen ausschickt. Aus dem Knopfe erhebt sich die Fortsetzung in der Längsrichtung wie- der, indem von hier sechs lange Arme ausfahren, welche parallel in die Höhe steigen und nach außen Zacken abwerfen.« Wir werden gleich sehen, dass die jungen Seesternstachel auch in ihrer weiteren Entwick- lung in Manchem an das erinnern, was Jon. MürLer hier von den jungen Echinoideenstacheln mittheilt, dass sich aber bei ihnen eine merkwürdige Gesetzmäßigkeit in der Wachsthumsrichtung konstatiren ließ, die viel- leicht auch bei den Seeigelstacheln vorhanden ist, aber von Jon. MÜLLER übersehen wurde. Damit aus dem sechsspeichigen Rädchen ein Stachel werde, erhebt sich zunächst aus dem Centrum desselben und zwar auf der der Körperoberfläche zugewandten Fläche ‚ein kleiner dreispitziger Fortsatz, der in der Mitte der drei horizontal gestellten Spitzen eine vierte vertikale Spitze in die Höhe treibt. Mitunter tritt dieser Fortsatz 2 schon auf, wenn die Basis noch nicht die Rädchen-, sondern erst die Sternform hat, meist aber erst nach Bildung des Rädchens. Untersucht man die Stellung der drei horizontalen Spitzen des Fortsatzes genauer, so bemerkt man, dass dieselben nicht in eine und dieselbe horizontale R, 1 Über einelebendiggeb. Synaptide. Arch. de Biol. Vol. II. 1881. p. 51. Fig. 5,6, 7. 2 Erste Abhandlung. 1848. p. 14. Taf. Vl1, Fig. 9—12, 4 und 4+t. Entwicklungsgeschichte der Asterina gibbosa Forbes. 69 Ebene fallen, sondern in verschiedener Höhe liegen. Die drei Spitzen haben unter einander gleichen Abstand, bilden also Winkel von 120° mit einander. Geht man von derjenigen Spitze aus, deren Ebene der Ebene der Basalplatte am nächsten liegt, es ist dies diejenige, welche in der Ab- bildung Fig. 100 f direkt auf den Beschauer gerichtet ist, so findet man die nächst höher gelegene Spitze links von ihr, die dritte höchstgelegene aber rechts. Man muss also die mittlere, vertikale Achse, von welcher die drei Spitzen ausstrahlen, wenn man von der untersten der Spitzen zur nächst höheren und von dieser zur höchsten aufsteigen will, im Sinne einer rechts gewundenen Spirale (rechts gewunden im Sinne der Mecha- niker, — Deltaspirale) umwandern. Im nächsten Stadium der Stachel- entwicklung erhebt sich auf der Peripherie der der Körperoberfläche zugekehrten Seite der rädchenförmigen Basalplatte jeder Speiche ent- sprechend ein kurzer Fortsatz. Von diesen sechs Fortsätzen verbinden sich je zwei an ihrer Spitze mit einander so wie auch mit dem äußer- sten Ende einer der drei von der vertikalen Achse der Stachelanlage aus- strahlenden horizontalen Spitzen. So bekommen wir dann die erste ‚ Bildung aufrecht stehender Maschen über der Basalplatte und zugleich die Anlage der drei Kanten, die wir von nun an am jungen ; Stachel wahrnehmen. Um ‚ das Gesagte verständlicher zu ‚ machen möge nebenstehende ; schematische Figur dienen. Der weitere Aufbau des Stachels geschieht nun in der Weise, dass über jeder der | drei horizontalen Spitzen, die Ansicht von außen auf die junge Stachelanlage; a, b, c, die sechs Erhebungen auf dem Randtheile des Rädchens, wel- jetzt mit je zwei Erhebungen che sich paarweise mit einander verbinden und zugleich sich verbinden mit 1, 2, 3, den drei horizontalen Spitzen - desRädchenrandes verwach- der Achse. In der Tiefe die sechs Maschen und sechs S Speichen des Rädchens; +, -+, +, die drei Stellen, an wel- ı sen sind, und zwar an den in chen sich im nächsten Stadium ein senkrechter Stachel ‚ der nebenstehenden Abbil- er dung mit + bezeichneten Stellen sich ein senkrecht aufsteigender Stachel erhebt. Wir haben dann im Ganzen vier senkrecht aufsteigende Stachel, einen centralen und drei peripherische. Diese vier Stachel bleiben aber nicht isolirt von einander, sondern es bilden sich an dem centralen in ‚ der Richtung auf jeden peripherischen Stachel und an jedem periphe- rischen Stachel in der Richtung auf den centralen Stachel je ein hori- , zontaler Fortsatz. Die einander zugekehrten Fortsätze des centralen und ‚ der peripherischen Stachel wachsen auf einander los, berühren sich und | verwachsen schließlich mit einander; auf diese Weise bilden sich zwi- der vertikale -- \AxenfDrls@iz 70 Hubert Ludwig, schen den vier Stacheln drei senkrecht gestellte Maschen. Unterdessen sind die Stachel weiter gewachsen und sobald sie eine gewisse Höhe erreicht haben, wird der Process der Maschenbildung wiederholt. So bauen sich schließlich um den mittleren Achsenstachel drei aus über einander gestellten Maschen formirte, und im Winkel von 120° von einander gestellte senkrechte Wände auf, deren Außenränder dem jungen Seesternstachel eine dreikantige Form verleiht. Wir haben vor- hin gesehen, dass die drei ersten horizontalen Spitzen, die an dem cen- tralen Achsenstachel auftreten, im Sinne einer rechts gewundenen Spirale angeordnet sind. Ganz das Gleiche trifft für die Maschen zu. Auch sie ordnen sich in solcher Weise um den centralen Achsenstachel, dass man, um von der ältesten und der Basalplatte zunächst gelegenen Masche suc- cessive zu den nächst jüngeren und nächst höheren Maschen aufzusteigen, die mittlere Achse im Sinne einer rechts gewundenen Spirale umwan- dern muss. Auch die drei peripheren Spitzen, welche die Kanten des jungen Seesternstachels bilden, sind immer im gleichen Sinne angeordnet; immer sind sie von ungleicher Höhe, so dass ihre Spitzen nicht in eine horizontale Ebene, sondern in eine rechts gewundene Schraubenebene hineinfallen. Die hier erörterte Gesetzmäßigkeit in der Wachsthums- richtung lässt sich also kurz so ausdrücken: der Stachel wächstin einer rechtswindenden Spirale. Die Weiterentwicklung des antiambulacralen Skelettes be- steht theils in der Größenzunahme der schon vorhandenen elf Kalkplatten, theils im Hinzukommen neuer Platten. Wenn wir z. B. den jungen Seestern am 16. Tage vom Rücken her betrachten (vgl. Fig. 106 oder die schematisch gehaltene Fig. 99), so finden wir außer dem Centrale, den fünf Interradialia und den fünf Terminalia noch 15 andere Platten. Von diesen 15 neu hinzugekommenen Platten liegen fünf in der Richtung der Radien und zehn andere paarweise in der Richtung der Interradien. Die fünf in der Richtung der Radien gelegenen sind die Vorläufer einer immer größer werdenden Menge von Kalkplatten, welche sich nach und nach zwischen die elf primären Platten des Seesternrückens einschieben und am besten als intermediäre Platten zu bezeichnen sind; sie bilden später am erwachsenen Seesterne die Hauptmasse des dorsalen Kalk- skelettes der Scheibe und der Arme. Vergleichend-anatomisch viel wichtiger scheinen mir die fünf Paare von Skelettstücken zu sein, die wir bei unserem A6tägigen Seesterne in den Interradien finden. Sie schließen sich an den adoralen Rand der primären Interradialia an und behalten diese Lage durch die nächsten zwei bis drei Wochen hindurch. Dann erst werden auch sie von den primären Interradialien getrennt durch die Zwischenlagerung intermediärer Skeletttafeln. Entwicklungsgeschichte der Asterina gibbosa Forbes. 71 Wenn es, wie kaum zu bezweifeln, richtig ist, dass die primären Interradialia der Seesterne homolog sind mit den Genitaltafeln der Echi- noideen, so eröffnet sich auch für jene fünf Paare von Skeletttafeln, die am adoralen Rande der Interradialia des Seesternes auftreten, eine Ver- gleichung — sie entsprechen nach ihrer Lagerung den paarigen Inter- ambulacralplatten der Echinoideen, stellen gewissermaßen ein erstes Paar vonInterambulacralplatten dar. Adoralwärts von ihnen, auf der Bauchseite des jungen Seesternes finden wir in jedem Interradius noch eine vorher nicht vorhandene Skelettplatte. Dieselbe liegt genau in der Medianebene des Interradius und lässt sich in ihrer ersten Anlage schon am 13. Tage wahrnehmen (vgl. Fig. 97). Sie liegt ferner über der interradiären Berührungsstelle der ersten Wirbelstücke. Sie ist die An- lage desjenigen Skelettstückes, welches man bei erwachsenen Seesternen stets an dieser Stelle findet und welches neuerdings von VIGUIEr ! unter dem, wie ich aus einander gesetzt habe ?, sehr unglücklich gewählten, Namen »Odontophor« von einer ganzen Menge von Arten abgebildet und beschrieben worden ist. Im Gegensatze zu meiner früheren Auffassung, ‚ wonach dieses Skelettstück als die erste intermediäre Skelettplatte be- zeichnet werden müsste, bin ich jetzt zu der Ansicht gelangt, dass das- selbe mit den vorhin besprochenen paarigen Interambulacralplatten in eine Reihe gehöre und demnach als unpaare Interambulacral- ‚ platte aufzufassen sei. Wir sehen ja auch bei Echinoideen die Reihe ' der Interambulacralplatten in vielen Fällen, so bei den Spatangiden und ‚ Clypeastriden® am Peristom mit einer unpaaren Platte beginnen, auf welche dann erst weiter aboralwärts die paarigen Interambulacralplatten folgen. Betrachten wir nun die Weiterentwicklung der ambulacralen Skeletttheile, so haben wir auch jetzt, am 16. Tage, noch in jedem Ambulacrum nur zwei Paare von Wirbelstücken, deren erste Anlage ‚ wir ja früher kennen gelernt haben. Sie sind jetzt oberhalb des radiären ı Wassergefäßes paarweise in Berührung und gelenkige Verbindung mit | einander gekommen. Rechts und links von dem radiären Wassergefäße ‚ entwickeln die jungen Wirbelstücke einen ventralwärts gerichteten Fort- satz, an welchen sich der untere Quermuskel der Wirbel anseizt; dieser untere Quermuskel ist am ersten Wirbel schon am 43. Tage zu erkennen (vgl. Fig. 97). Die ersten Wirbelstücke verbinden sich aber auch in den ! Vieuier, Anat. comparee du squelette des Stellerides 1879. Arch. zool. exper. et gen. T. 7. ? Das Mundskelett der Asterien und Ophiuren. Diese Zeitschr. Bd. XXXI. p. 673, (Morph. Stud. Bd. II. p. 41.) 3 Vgl. Lovkn, Etudes sur les Echinoidees. Do. Hubert Ludwig, Interradien, nachdem sie sich dort his zur Berührung einander genähert haben, durch einen Muskel mit einander. Später verschmelzen das erste und zweite Paar der Wirbelstücke mit einander und bilden den sog. ersten Wirbel der erwachsenen Asterie, wie ich das hei einer früheren Ge- legenheit! des Näheren beschrieben habe. In die feste Verbindung des ‚ Kadıale, sive Zerminale sıve ER Levoie, Über die Schleimkanäle der Knochenfische. MüLer's Archiv 1850. Hier ' wird (Taf. IV, Fig. 3) eine ganz ähnlich geformte Schuppe, »Knochenrinne«, von Lota ' vulgaris abgebildet. 9%* 132 Emil Bodenstein, sehr dichten mit sehr zahlreichen Kernen versehenen Bindegewebsfasern umlagert; von den Flächen der Schuppe setzt sich das Bindegewebe in weniger dichten Fasern ab; auch sind auf den Flächen der Schuppe die spindelförmigen Bindegewebskerne in nicht so großer Anhäufung gelagert als an den sich zusammenneigenden Enden. Die Substanz der Schuppe stellt eine vollständig homogene Masse dar, in welcher eine Schichtung wahrzunehmen ist, welche sich durch das ganze Gebilde erstreckt. Die Dicke der Schuppensubstanz beträgt 0,044—0,018mm; nach der vorderen und hinteren Seite hin nimmt die Mächtigkeit etwas ab. Während demnach die Wandung des Rumpfkanals von Elementen der Haut gebildet ist, welche in ihrer Entfaltung eine deutliche leicht zu konstatirende Regelmäßigkeit offenbaren, finden sich in der Wandung der Kopfkanäle in mancher Beziehung abweichende Verhältnisse, welche be- sonders wchl dadurch bedingt sind, dass hier das Organsystem in den verschiedenen Deckknochen des Kopfes Schutz gefunden hat. Schon die Form derKanäle ist hier Schwankungen unterworfen, indem dieselbe sich der verschiedenen Form der Knochenkanäle angepasst hat; neben fast kreisrunder Form kann dieselbe bis zu breitgezogener elliptischer Gestalt im Querschnitt differiren. Theils um den Verlauf der Kopfkanäle festzustellen, besonders aber um die histologischen Elemente in denselben genau ersehen zu können, wurden mehrere Schnittserien durch das ganze Kanalsystem gelegt, nachdem vorher die Knochen in starkem Alkohol durch allmähliches Zu- setzen von Salzsäure entkalkt und die Objekte in Karmin gefärbt waren. Die Entkalkung war so weit vorgeschritten, dass sich der Knochen leicht durchschneiden ließ, ohne dass die sonstigen Gewebselemente sich durch Einwirkung von Säure verändert hatten. Aus einer Schnittserie, welche vom Rumpf her durch eine Schädelhälfte gelegt war, ging zunächst deut- lich hervor, dass eine Kommunikation der Kanäle beider Seiten in der Hinterhauptsgegend besteht, und dass ferner der Unterkieferkanal in keiner Weise mit dem Kanal des Schädeldaches in Verbindung steht. Die Knochen, in denen die verschiedenen Kanäle verlaufen, sind nun folgende: Vom Rumpf setzt sich zunächst der Kanal in den Theil des Suprascapulare fort, welcher sich eng an den Schädel ansetzt. Nach dem Durchtritt durch diesen Knochen geht vom Hauptkanal der mit dem Kanal der anderen Körperseite anastomosirende Kanal ab, welcher die hintere Region des Parietale durchsetzt. Der Hauptkanal tritt dann in seinem Verlauf bis zum Auge durch das Os mastoideum; dieser Knochen bietet jedoch eine Eigenthümlichkeit; während nämlich weiterhin die Kanäle des Parietale und Frontale diese Knochen selbst durchsetzen, haben sich auf dem Mastoideum Knochenrinnen oderKnochenbrücken gebildet, welche Der Seitenkanal von Cottus gobio. - 133 die knöcherne Wand des Kanals darstellen. In der Region vor dem Mastoi- deum theilt sich der Kanal; der Supraorbitalast setzt sich durch das Fron- tale fort in einem Kanal, welcher parallel dem Augenrande dieser Seite verläuft, während der Infraorbitalast den Knochenring der Infraorbitalia durchbricht. Eine zweite Schnittserie wurde durch den Unterkiefer und das Praeoperculum gelegt, und daran die Kontinuität des hier verlaufenden Kanales sichergestellt. Am skelettirten Unterkiefer sind leicht große ovale Durchbrechungen an der ventralen Seite das Dentale zu konstatiren, welche den Öffnungen der Ausführungsgänge desKanals entsprechen, während an den geschlossenen Stellen des Knochens, welche mit ersteren in regelmäßi- ger Weise abwechseln, die Nervenendhügel liegen. Das Praeoperculum, in welches sich der Unterkieferkanal fortsetzt, bildet einen zweischenkligen Knochen; der eine dieser Schenkel liegt gleichsam in der Verlängerung des Unterkiefers, während der andere, rechtwinklig zu diesem stehend, sich nach oben der Schädeldecke zu in die mittlere Region des Mastoideum fortsetzt; in diesem Schenkel steigt der Kanal auf. Im ersteren Schenkel finden sich gleiche ovale Durchbrechungen wie im Dentale des Unter- kiefers; die Anzahl derÖffnungen in beiden Knochen entspricht der Anzabl der nach unten verlaufenden Ausführungsgänge des Unterkieferkanals. Gehe ich nun zur Beschreibung der histologischen Eigenthümlich- keiten der Kopfkanäle über, so ist zunächst zu bemerken, dass das Haut- system des Kopfes sich von dem des Rumpfes dadurch unterscheidet, dass in der Kopfregion die Cutis nicht in zwei getrennte Lagen geschichteten Bindegewebes gesondert ist; es setzt sich an die Epidermis ein geschich- teies Bindegewebe an, welches in ein maschiges areoläres Gewebe über- geht. In der Region, in welcher in der Haut des Rumpfes die untere Lage geschichteten Bindegewebes zur Bildung gekommen ist, finden sich dann am Kopfe die Deckknochen des Schädels. Als Grundlage des gesammiten Kanalsystems findet sich auch in den Kopfkanälen ein epitheliales Rohr, dessen Elemente denen des Rumpf- kanals vollkommen gleich sind. Während jedoch im Rumpfkanal die Wand dieses Rohres von durchweg gleicher Mächtigkeit ist, ist sie in den Kopfka- nälen an einigen Stellen schwächer an anderen stärker entwickelt. Wenn- gleich hierin eine regelmäßige Abwechslung keineswegs vorhanden ist, so ist doch leicht zu konstatiren, dass im Allgemeinen die epitheliale Wan- dung da am wenigsten entwickelt ist, wo der Kanal von außen am meisten geschützt ist, also in den Regionen, in welchen der Kanal in den Knochen verläuft; oft besteht das Kanalepithel hier nur aus einer einschichtigen Zellenlage. Weit stärker ist die Wandung des epithelialen Rohrs da, wo der Kanal der knöchernen Umgebung entbehrt, indem sie hier meist von zwei bis drei Zellenlagen gebildet wird. 134 Emil Bodenstein, Das maschige Bindegewebe, welches das epitheliale Rohr auch in den Knochenkanälen umschließt, setzt sich aus dem Gewebe der Cutis fort. Wie in dem gleichen Gewebe aus der Umgebung des Rumpfkanals finden sich überall zahlreiche spindelförmige Bindegewebskerne zwischen die Bindegewebsfasern eingelagert, und überall ist ein reiches Gefäßnetz in dem Bindegewebe vorhanden. Eine Differenz gegenüber dem Verhal- ten am Rumpfkanal besteht aber wieder darin, dass dies Bindegewebe hier sehr ungleich mächtig entwickelt ist. In den Regionen, in welchen der Kanal in vollständig geschlossenen Knochenröhren verläuft, sind die Bindegewebsfasern oft sehr spärlich entwickelt; an einigen Stellen — Kanal des Suprascapulare — ist das Epithel des Kanals von der Knochen- wand nur durch äußerst feine Bindegewebszüge getrennt, so dass es oft scheinen könnte, als setze sich das Epithel direkt an dieKnochenwand an. In den Regionen, in welchen der Kanal nicht von Knochenleisten überbrückt ist, verläuft derselbe an vielen Stellen in der Höhe des ge- schichteten Bindegewebes der Cutis. Knorpelgewebe, mit denjenigen Eigenthümlichkeiten, welche von dem gleichen Gewebe aus der Umbhül- lung des Rumpfkanales geschildert wurden, findet sich auch in der Um- gebung der am Kopf verlaufenden Strecken dieses Kanalsystemes. In seiner Vertheilung fehlt aber jene regelmäßige Anordnung, mit welcher es am Rumpfkanal auftritt und höchstens kann in dem Verhalten des im Unterkiefer verlaufenden Kanales eine annähernd diesem ähnliche Ver- theilung gefunden werden. In den oberen Kopfkanälen sind es vornehm- lich die Ausführungsgänge, welche besonders nahe der äußeren Öffnung, von einem Gewebe umgeben werden, welches ganz die geschilderten Eigenthümlichkeiten des Knorpeigewebes in der Wandung des Rumpf- kanals hat; es sind auch hier die Bindegewebsfasern radiär gegen die Wandung der Kanälchen gerichtet und in den arkadenförmig geschlossenen Maschen finden sich zahlreiche elliptisch gestaltete Zellen eingelagert. Doch ist hier das Gewebe nicht so reichlich entwickelt, und nicht in der bestimmt abgegrenzten Form in der Umgebung der Ausführungsgänge zur Ausbildung gekommen, wie sich dasselbe im Rumpfkanal darstellt. Ein besonderes Interesse bietet die Wandung des Unterkieferkanals, indem hier das Knorpelgewebe in fast regelmäßiger Anordnung wieder- kehrt. Wie erwähnt bilden die Ausführungsgänge in diesem Kanal große Öffnungen, welche in schräger Richtung über den einzelnen Nervenend- organen im Bereich des Kanals selbst liegen, so dass die Ausführungs- gänge fast als Lücken in der nach außen sehenden Wand des Kanals erscheinen. Diesen Stellen entsprechen die bereits erwähnten großen ovalen Durchbrechungen im Deckknochen des Unterkiefers, und hier findet sich, an das Epithel der Ausführungsgänge angrenzend, ein Knorpel- Der Seitenkanal von Cottus gobio. 135 gewebe, welches sich bis an die Wand des Epithelkanals fortsetzt. Es bietet diese Kanalstrecke somit oflenbar einen Anklang an die Verhält- nisse, welche im Rumpfkanal in so regelmäßiger Weise zur Ausbildung ge- kommen sind, indem die Regionen, welche in letzterem von der Schuppen- substanz umgeben werden, den Stellen entsprechen, welche im Unter- kieferkanal durch die geschlossene knöcherne Wand gebildet werden. Eine wesentliche Differenz besteht allerdings auch hier darin, dass die Knorpelmasse sich im Unterkiefer nicht vollständig in die Umhüllung des Hauptkanals fortsetzenkann; denn während im Rumpfkanal die Schuppen- substanz nicht in kontinuirlicher Fortsetzung den Hauptkanal umsgiebt, sondern in der ganzen Umgebung des Kanals vom Knorpelgewebe unter- brochen wird, bildet im Unterkiefer das Dentale an der innern Seite des Epithelkanals eine ununterbrochene knöcherne Wandung, und nur an den Stellen, wo sich die nach außen gerichteten ovalen Durchbrechungen im Dentale finden, kann das Knorpelgewebe bis in die Umhüllung des ' Epithelrohrs treten. | Ein ferneres Resultat, welches den verschiedenen Schnittserien ent- nommen werden konnte, war, dass auch in den Kopfkanälen jedem ı Nervenendorgan ein Ausführungsgang entspricht, so dass beide in wechselseitiger Beziehung zu einander stehen. In Betreff der Nervenendorgane muss zunächst bemerkt werden, " dass ich meine Untersuchungen nicht auf die Endigungsweise der Nerven | selbst ausgedehnt habe. Ich werde mich auf die sonstigen anatomisch- | histologischen Verhältnisse beschränken, welche die Endorgane bieten | und welche theils für die Klarlegung der entwicklungsgeschichtlichen ‚ Resultate nöthig sein werden. | Es bilden die Nervenhügel länglich oval gestaltete Zellenkomplexe, ‚ deren größte Dimension im Rumpfkanal der Längsachse des Körpers paral- 'lel gerichtet ist und welche auch in den Kopfkanälen stets in der jeweiligen ‚ Längsachse der Kanäle liegt. Die Größe der Nervenendhügel ist beim aus- | gewachsenen Stadium im ganzen Rumpfkanal ziemlich die gleiche; die- '\ selbe beträgt im Rumpfkanal in der Längsrichtung etwa 0,153 mm und ] in der Querrichtung etwa 0,073 mm. Fast gleiche Größenverhältnisse | bieten die Nervenendhügel in den Kanälen des hinteren und mittleren Kopftheiles; ‚dagegen sind diejenigen, welche in den Kanälen der vorderen | Kopfregion und in demjenigen des Unterkiefers stehen, um etwas größer. \ In einem Sinneshügel lassen sich leicht zwei Regionen unterscheiden; | eine periphere, welche von den cylindrisch gestalteten Stützzellen ge- ‚bildet wird, und eine centrale, in welcher die birnförmig gestalteten Enewellen liegen (Fig. 8 m). Im Umfange eines Sinneshügels ist die ‚oberflächliche Zellschicht des epithelialen Rohres zu einer scharfen Kante 136 Emil Bodenstein, emporgehoben (Fig. 9 und 10). Jeder Nervenendhügel wird von einem von der Seite hinzutretenden Nerv versorgt, welcher bis unter die cen- trale Partie des Endhügels tritt (Fig. 7). Sehr beachtenswerth ist die Er- scheinung, dass je zwei benachbarte Endorgane durch einen feinen Faden unter einander in Verbindung stehen. Von Sorger! wird eine gleiche Bildung von Forellenembryonen erwähnt; zwei Endorgane werden da- durch mit einander verbunden, dass vom Ende eines spindelförmigen End- organs eine Streifung ausgeht, welche sich bis zum benachbarten End- organ erstreckt. Bei Gottus gobio ist also eine gleiche Verbindung auch im erwachsenen Stadium vorhanden, und wie aus einer Querschnitt- serie konstatirt werden konnte, geht dieselbe aus dem centralen Theil eines Endorgans hervor und erstreckt sich in deutlicher Weise von einem Sinneshügel bis zum anderen. Der Faden verläuft dabei in der unteren Schicht des Kanalepithels und besteht aus feinen Fasern mit angelagerten langgestreckten Kernen. Ob diese Verbindungsfäden zwischen je zwei Endorganen Anastomosen zwischen den Nervenausbreitungen in den Endhügeln darstellen, habe ich nicht entscheiden können. | Auf der centralen Partie eines Endorgans konnte an vielen Stellen, sowohl im Rumpfkanal wie im Kopfkanal, ein in mannigfacher Form sich darstellendes Häutchen konstatirt werden, welches nach Osmiumsäure und Karmintinktion, offenbar in Folge der Einwirkung derselben, ein körniges, dunkles Aussehen angenommen hatte. Das Gebilde ist jedenfalls das gleiche wie jenes, welches zuerst von F. E. Scuuzze? auf den End- organen nachgewiesen wurde, ein Ausscheidungsprodukt der indifferen- ten Cylinderzellen; und dient ohne Zweifel zum Schutz der feinen Sinnes- härchen, welche sich auf der Spitze der birnförmigen Sinneszellen finden. Allerdings kenne ich sein Verhalten nicht im frischen Zustande, son- dern nur nach Behandlung mit Reagentien, welche mit einer Verdichtung und Verfestigung seiner‘Substanz auch wohl eine Veränderung seiner ur- sprünglichen Form herbeigeführt haben mag. Welche verschiedene Ge- staltung diese Gebilde annehmen können, ist in den Figuren 9 und 10 | als Querschnitt zum Ausdruck gebracht. Vergleicht man diese Figuren mit einem Querschnitt durch das Ge- hörbläschen mit Otolithen eines etwa 44 mm großen Fisches, so wird man leicht die große Übereinstimmung, welche zwischen beiden Nervenend- | apparaten besteht, anerkennen müssen. Bereits von Leypıe wurde der | gieiche histologische Bau beider Endorgane hervorgehoben, indem er \ 1 SoLGER, Neue Untersuchungen zur Anatomie der Seitenorgane derFische. Ar- chiv für mikroskopische Anatomie. XVIII. Bd. p. 385. 2 F. E. SchuLze, Über die Sinnesorgane der Seitenlinie bei Fischen und Amphi- bien. Archiv für mikrosk. Anatomie. VI. Bd. 1870. Der Seitenkanal von Cottus gobio. 137 besonders betonte, dass wir beide Endapparate auf einem bindegewebi- gen Stroma antreffen, in dem zahlreiche Gefäße zur Bildung gekommen sind, und dass beide Endorgane im Schutz fester Gebilde geborgen sind. Andere Forscher stimmten der Ansicht Leyvıg’s bei, und besonders F. E. Schurze brachte die analoge Bildung der Elemente der Endorgane zur Geltung und verwies auf die Ausscheidung einer homogenen Masse auf dem Gipfelfelde eines Sinneshügels im Seitenkanalsystem. Von vielleicht größter Bedeutung für die Anschauung, dass wir im Seitenkanalsystem der Fische ein accessorisches Gehörorgan vor uns haben, dürften wohl die Resultate sein, welche P. Mayser in der in neuester Zeit er- schienenen Arbeit: »Vergleichend anatomische Studien über das Gehirn der Knochenfische mit besonderer Berücksichtigung der Cyprinoiden«! (p.309), liefert. Es geht dieser Forscher auf die Nerven selbst ein, welche das Seitenkanalsystem versorgen und strebt den Nachweis zu führen, dass alle diese Nervenfasern in innigster Beziehung zu den Fasern des Acusticus stehen, ja, meist ihren Ursprung aus Theilen des Acusticus selbst haben. Die Ergebnisse meiner Untersuchungen über das epitheliale Rohr des Seitenkanalsystems und seiner Umhüllung lassen die Vergleichung zwi- schen ihm und dem Gehörapparat noch weiter fortführen. Die gerinnende Flüssigkeit im Seitenkanal lässt sich vielleicht der Endolymphe entgegen- stellen; wie das häutige Labyrinth locker suspendirt im knorpeligen oder knöchernen Theile des Gehörorganes liegt, so liegt das epitheliale Rohr des Kanals gleichfalls locker, nur durch geringes areoläres Bindegewebe getragen im Lumen eines Kanales, der seine Festigkeit der Entwicklung von Knorpel und Schuppensubstanz verdankt. Unentschieden mag sein, ob die Ausbildung der mit ungleichen nervösen Endapparaten ausgerüste- ten kanalförmigen Strecken des Gehörapparates Verzweigungen im Be- reiche des Seitenkanalsystemes an die Seite gestellt werden kann; aber augenfällig ist die Übereinstimmung zwischen dem Ductus endolymphati- cus der Plagiostomen und seinen auf der Scheitelfläche gelegenen Aus- mündungen und den Ausführungsgängen der Seitenkanäle, um so mehr, als wir hier bei Cottus, wie dort bei den Haien, Mündung auf quer ver- laufenden Kanälen in derMitte der Scheitelfläche antreffen. Die frühzeitige Anlage zeichnet ja den Gehörapparat vor dem Kanalsystem aus, so dass dieser gleichsam als eine in der Bildung verspätete Wiederholung des gleichen Apparates erscheint. Mit einer solchen Auffassung wird die Stellung, welche die das Gehörorgan einschließenden Knochen bei mor- phologischer Betrachtung einnehmen müssen, den Nachbarknochen gegen- über noch schärfer präcisirt. In der Haut von Cottus gobio haben ein gewisses Interesse auch die 1 Diese Zeitschrift. Bd. XXXVI. 138 Emil Bodenstein, Hautpapillen, deren Vorkommen sich auf die Kopfregion und hier auf die Region des Schädeldaches beschränkt; in mehreren Reihen geordnet, stehen sie um den hinteren Augenrand herum. Am Rumpf wie an der unteren Kopfseite fehlen sie; doch finden sie sich noch in ziemlich reicher Entfaltung auf den Kiemenbögen. Eine besondere Gestaltung beruht bei Cotius gobio in den Papillen darin, dass sich dieselben mit ihrem Gipfel weit über das gewöhnliche Niveau der Epidermis hinaus erstrecken, so dass die Papillen zumal in der gehärteten Haut als höckerartige Vorsprünge erscheinen. Die Form der Papillen ist die eines Kegels, welcher oft nach oben bedeutend in die Länge gezogen sein kann; die Höhe der Papillen der Kopfregion beträgt im Mittel etwa 0,144 mm, die Breite an der Basis etwa 0,108 mm,an der Spitze etwa 0,036 mm; diese Verhältnisse ändern indess bei flacher gestalteten Papillen ab. Die Papillen auf den Kiemen- bögen haben kleinere Dimensionen; ihre Höhe beträgt etwa 0,036 mm und ihre Breite 0,025 mm. Die Epidermis nimmt auf den Papillen sehr an Mächtigkeit ab; das Gipfelfeld einer Papille ist oft von wenigen Zellen- lagen bedeckt; auch fehlen auf dem oberen Gipfelfelde der Papillen in der Epidermis die großen Schleimzellen vollständig. Diese Papillen, bei welchen Fischen sie auch vorkommen, sind be- kannterweise sehr häufig dadurch ausgezeichnet, dass auf ihnen eine zweite Art von’Nervenendorganen zur Ausbildung kommt; von Levnig!, welcher dieselben zuerst auffand, »becherförmige Organe« genannt, wer- den dieselben von Merkeı in dessen Schrift: »Über die Endigungen der sensiblen Nerven in der Haut der Wirbelthiere« (p. 59), als Endknospen bezeichnet; wie dieser Forscher hervorhebt, unterscheiden sich diese Endorgane von den Nervenendhügeln in dem Seitenkanalsystem darin besonders, dass sie das Bestreben haben, die Hautoberfläche zu erreichen oder zu übersteigen, während letztere sich in die Tiefe der Haut zurück- ziehen. Das Vorhandensein solcher Endknospen ist daher stets an die Entwicklung einer Hautpapille geknüpft; aber umgekehrt setzt die Bildung von Hauipapillen nicht das Vorhandensein einer Endknospe voraus. So auch bei Cottus gobio; auf den Kopfpapillen ist die Entwicklung solcher Enrdknospen fast spärlich zu nennen, da auf den meisten Papillen solche Endknospen vollständig zu fehlen scheinen; in solchen Papillen findet man denn auch nur Gefäße und keine Spur von einem Nerv. Sind die Endknospen vorhanden, so stehen sie meist auf dem äußersten Ende einer Papille; doch können sie auch his an die Seitenflächen verschoben sein. In bedeutend größerer Entwicklung finden sich diese Endknospen auf den Papillen der Kiemenbögen; hier scheint auf jeder Papille ein solches Gebilde zu stehen. Es bilden die Endknospen einen aus wenig 1 Leypıe, Über die Haut einiger Süßwasserfische. Diese Zeitschr. Bd. II. Der Seitenkanal von Cottus gobio. 139 Zellen bestehenden Zellenkomplex, welcher sich den übrigen Epidermis- zellen gegenüber scharf abhebt; meist haben die Zellen, in deren unteren Theilen die Kerne liegen, eine langgezogene cylindrisch birnförmige Ge- stalt. Eine Differenz zwischen centralen und peripheren Zellen war kaum zu erkennen. Die Höhe der Gebilde ist etwas schwankend ; während die Endknospen der Kopfregion eine Höhe von 0,008—0,048 mm haben, beträgt die Größe derjenigen der Kiemenbögen etwa 0,044—-0,048 mm. In den Papillen dieser letzteren Region war ein Nerv an mit Osmiumsäure " behandelten Präparaten sicher zu konstatiren, welcher sich bis dicht unter . die Endknospe erstreckte; eine Verbindung der Zellen des Endorgans mit den Ausläufern des Nerven konnte jedoch nicht nachgewiesen werden. Zur Kenntnis der Entwicklungsgeschichte des Seitenkanalsystems. i Das Material, welches zum Studium der Entwicklungsgeschichte diente, bestand aus Fischen, welche eine Größe von 41 mm und circa N} 20 mm hatten; während an ersteren die ersten Stadien des eigentlichen Kanalsystems konstatirt werden konnten, ließ sich an letzteren die fortschreitende Bildung des Kanals feststellen. | Wie zuerst vonF. E. ScnuLze! beobachtet wurde, zeigen dieKnochen- fische, welchen im ausgewachsenen Stadium ein vollständig ausgebildetes ' Kanalsystem zukommt, in ihren jüngsten Stadien freistehende Endorgane. Von ihm ist auch bereits kurz angegeben, in welcher Weise aus einer ‚ Rinnenform durch Annäherung und Verschmelzung der Ränder der Kanal ‚ sich bildet. Meine hier folgenden Darstellungen sollen zeigen, in welcher Weise Fi DE Norsang an den verschiedenen Strecken des Kanalsystemes auftritt. , Die jüngsten untersuchten Stadien des Cottus gobio waren, wie bemerkt, ij DE chen von AA mm Länge. Äußerlich waren diese Fischehen wenig | ausgezeichnet; die Pigmentirung war noch sehr gering. Da bei ober- ; flächlicher Betrachtung auch unter dem Mikroskop weder von Kanälen noch von Endhügeln etwas zu entdecken war, so wurden einige Exemplare ; in Karmin gefärbt und dann in Serien von Quer- und Längsschnitten zer- | legt. Es ergaben sich darauf bei diesem Stadium folgende Verhältnisse: I ‚Das Hautsystem hat eine Dicke von 0,0065 mm und besteht vorwiegend. 4 ‚aus epithelialen Zellen; die Gutis stellt sich als eine sehr dünne Schicht mit . spärlichen E esssähskermen dar. Die Anlage des Seitenorgansystems ist in sehr ungleicher Weise in den verschiedenen Körperregionen vorge- ‚schritten; während am Rumpf wie am hinteren Kopfende ausgesprochen ‚deutliche Sinneshügel im Bereich der Epidermis frei zu Tage treten ohne \ ı F, E. SchuLze, Über die Sinnesorgane der Seitenlinie bei Fischen und Amphi- ‚bien. Archiv für mikr. Anatomie. VI. Bd. p. 69. 140 Emil Bodenstein, eine Spur von Kanalbildung zu zeigen, ist in der, später ausführlich zu schildernden, vorderen Kopfregion in einzelnen Partien bereits ein Kanal vorhanden, in dessen Schutz die Sinneshügel stehen. Lassen wir jedoch zunächst die Kopfregion außer Acht und betrach- ten vorläufig die Verhältnisse, welche uns am Rumpf entgegentreten. Aus einer Längsschnittserie, welche sich von der dorsalen Seite her durch den ganzen Rumpf erstreckte, konnte konstatirt werden, dass die Ent- wicklung von Sinneshügeln noch nicht über den ganzen Rumpf vorge- schritien war; etwa der vierte Theil der hinteren Körperlänge zeigte keine Endorgane. Die Entwicklung des Organsystems schreitet somit offenbar in der Richtung vom vorderen Körperende nach hinten vor. Wie im aus- gewachsenen Stadium ist auch hier die Anzahl der Nervenendorgane den Ligamenta intermuscularia in gleicher Strecke gleich, und zwar steht in diesem Stadium je ein Endorgan in einer Hauteinziehung, welche im ge- härteten Thiere durch ein Ligamentum hervorgebracht wird; dabeinehmen bereits die spindelförmig gestalteten Sinneshügel mit ihrer Längsaus- dehnung dieRichtung des späteren Kanals ein. Eine solche segmentale An- ordnung der Nervenendorgane wurde, wie schon erwähnt, von mehreren Autoren bei Fischen konstatirt, welche sich noch im embryonalen Stadium befanden. In wie weit in histologischer Beziehung die Endorgane ausgebildet sind, soll später in Erwägung gezogen werden. Die Verhältnisse der Kopfregion wurden einer Querschnitiserie ent- nommen. Es ergaben sich folgende Resultate: am Unterkiefer ist bereits die Schließung eines Kanals eingetreten, jedoch nur in der Ausdehnung der Sinneshügel selbst; in den Regionen zwischen den Nervenendhügeln fehlt noch der geschlossene Kanal, hier ist nur ein rinnenförmiger Halb- kanal vorhanden. Der Schluss des Kanales ist indess erst im vorderen Theile des Unterkiefers eingetreten ; in den hinteren Regionen desselben ist auch an den Stellen der Nervenendhügel nur erst ein Halbkanal ge- bildet. In den geschlossenen Kanalregionen ist der Deckknochen, welcher später den Kanal umgiebt, bereits angelegt; es erstreckt sich derselbe bis zu den Seiten des Kanals. Die Weite des Kanals beträgt an den geschlos- senen Kanalstellen etwa 0,046—0,02 mm. Die Schließung zum Kanal scheint hier jedoch nicht symmetrisch auf beiden Körperhälften vor sich zu gehen; in einer Querschnittserie fand sich auf gleichen Schnitten nur über dem Sinneshügel der rechten Körperseite eine Hautleiste gebildet, während der entsprechende Sinneshügel auf der linken Körperseite noch in einem Halbkanal stand. In anderen Kopfregionen konnte ein solches Verhalten nicht konstatirt werden. Der Infraorbitalkanal ist in seinem vordersten Theile, in der Region Der Seitenkanal von Cottus gobio. 141 des vorderen Augenrandes bereits geschlossen; weiter nach hinten geht er in einen Halbkanal über, in dessen Grunde die Sinneshügel stehen. Der Supraorbitalast erscheint in der Gegend der Nasengrube als ein Halbkanal auch an den Stellen eines Sinneshügels; in der Region zwischen den Augen, also des späteren Frontalkanals, ist jedoch bereits ein geschlos- sener Kanal zu konstatiren; in der Region hinter dem Auge, in der Laby- rinthregion, ist eine Kanalbildung überall noch nicht vorhanden. Der Prae- opercularkanal ist bereits in den Theil, welcher nach der Schädeldecke zu verläuft, geschlossen, während die Sinneshügel, welche in der Ver- längerung des Uniterkiefers liegen, noch in einem Halbkanal stehen. Ausden soeben geschilderten Verhältnissen geht also hervor, dass sich die Kanalbildung am Unterkiefer wie an den Infraorbitalia zunächst am vordersten Körperende einstellt und von hier nach hinten vorschreitet; während am Supraorbitalast die Schließung zum Kanal zunächst zwischen den Augen beginnt und sich von hier aus nach vorn und hinten erstreckt. Dieses außergewöhnliche Verhalten ist vielleicht in Einklang damit zu bringen, dass gerade dieser Kanal in dem späteren Frontale verläuft, welcher Knochen in diesem Stadium bereits angelegt ist. Ein ähnliches Verhalten stellt der Praeopercularkanal dar, indem derselbe ebenfalls in seinen hinteren Regionen zuerst eine Schließung zum Kanal eingeht. Einer vollständigen intakten Schnittserie ließ sich ferner das Resultat entnehmen, dass in den verschiedenen Kopfregionen in diesem Stadium bereits eben so viel Sinneshügel angelegt waren, als dem ausgewachse- nen Thier zukommen. Was die Sinneshügel selbst betrifft, so ist zunächst zu bemerken, dass die Größe derselben in den verschiedenen Kopfregionen ziemlich die gleiche ist; es haben dieselben eine Längenausdehnung von etwa 0,026 mm; fast gleiche Größenverhältnisse zeigen die Sinneshügel in der vordersten Rumpfregion, während die am hinteren Rumpfende gelegenen Sinneshügel etwas kleiner sind. Neben bedeutenderer Ausdehnung zei- . gen nun auch die Endorgane der Kopfregion in histologischer Beziehung ‚ bereits eine vorgeschrittenere Entwicklung. Während in den Sinnes- ‚ bügeln der letzten Körperhälfte Cylinderzellen und birnförmig gestaltete ‚ Sinneszellen noch nicht in typischer Gestaltung neben einander zu er- ‚kennen sind, ist an den Sinneshügeln der Kopfregion bereits eine cen- | trale und periphere Partie zur Sonderung gekommen; der letzteren Re- 'gion entsprechen bekanntlich die indifferenten Stützzellen, während in ‚der ersteren die eigentlichen Sinneszellen liegen. DieSinneszellen haben ‚hier etwa eine Höhe von 0,007—0,018 mm; ausgezeichnet sind diesel- ben in diesem Stadium gegenüber den anderen Epidermiszellen, abge- sehen von ihrer Gestalt, noch durch einen verhältnismäßig großen Kern, 142 Emil Bodenstein, dessen Dimension bis zu 0,0035 mm beträgt. Die Zahl der Stützzellen | ist noch sehr gering; ihre Höhe beträgt etwa 0,0108 mm. Die Thiere des nächsten Stadium, hwellires zur Untersuchung kam, hatten eine Größe von 21—23 mm. Mit starker Lupe betrachtet zeigen sich am Kopf wie am vorderen Rumpfende feine Poren, welche die Öfl- nungen der bereits gebildeten Ausführungsgänge eines geschlossenen Kanalsystems vorstellen. Eine völlige Schließung der Kanäle ist also hier jetzt eingetreten, aber dieselbe erstreckt sich nicht über den ganzen Kör- per, sondern nur bis zur Hälfte des Rumpfes; etwa in der Mitte des Körpers hört der geschlossene Kanal auf und es schließt sich an ihn ein Halbkanal an, welcher nach hinten mehr und mehr sich verflacht, bis schließlich am hinteren Körperende die Sinneshügel im oberen Niveau der Haut liegen. Die Schließung zum Kanal beginnt also auch am Rumpfe zunächst am vorderen Theile, wahrscheinlich indem der am Kopf einge- | leitete Vorgang auf den Rumpf hinübergeführt wird, und schreitet dann nach hinten vor. Während nun an den ganz geschlossenen Kanälen des | Kopfes und des vorderen Rumpfendes die Öffnungen des Kanalsystems sehr fein sind, werden sie nach der Mitte des Rumpfes hin größer. Hier am Rumpfe geht die Bildung des Kanals dabei so vor sich, wie das schon von F. E. ScuuszE nachgewiesen wurde, dass sich an den einzelnen Sinneshügeln, getrennt von einander, je dorsal und ventral von der Zell- gruppe des Nervenendapparates zunächst eine längslaufende verdickte Epithelmasse in Form einer Leiste findet; im nächstfolgenden Stadium hat sich diese im mittleren Theile zu einer Falte emporgezogen, zwischen deren Blätter von der Gutis her das Bindegewebe sich eingeschoben hat. Diese Faltenbildung geht dann weiter, die Ränder der Falten wöl- ben sich gegen einander, bis sie sich berührend zur Verschmelzung unter einander gelangen. So entstehen kurze, anfänglich von einander ge- trennte Kanalstrecken, welche durch eine Fortsetzung dieser Entwick- lung am vorderen und hinteren Ende mit den Nachbarstrecken zusammen- treffen und sich vereinigen ; die Ausführungsgänge entstehen dabei auf die Weise, dass an einer Stelle der vollständige Schluss des Kanals nicht erfolgt. In den ganz geschlossenen Strecken des Kanals besteht auf diesem Stadium darin eine Differenz, als der Kanal am vorderen Rumpfende eine größere Weite als in der Mitte des Körpers zeigt; in der vorderen Rumpf- region beträgt dieselbe etwa 0,098 mm, in der mittleren Körperregion, wo also erst soeben ein Schluss zum Kanal eingetreten ist, dagegen nur 0,072 mm. Da nun beim vollständig ausgebildeten Kanal eine so be- ende Größendifferenz in Bezug auf die Kanalweite in den verschie- denen Rumpfregionen nicht besteht, so muss nach erfolgtem Schluss | | | a Der Seitenkanal von Cottus gobio. 143 noch ein Wachsthum an ihm eintreten, durch welches das Lumen des Kanals vergrößert wird. Die Elemente, welche in diesem Stadium die Wandung des Rumpf- kanals bilden, sind nun folgende: Bereits an denjenigen Strecken, in welchen nur die Form des Halbkanals besteht, ist die Schuppensubstanz gebildet und stellt hier ein flach muldenförmiges Plättchen vor, welches unter der epithelialen Rinne liegt. Sobald diese Rinne zum Kanal sich schließt, entwickelt sich auch in ihrer Umgebung das geschilderte Knorpel- gewebe in verhältnismäßig gleicher Ausdehnung wie im erwachsenen Zustande. Das Epithel des Kanals hat in diesem Stadium mit dem äuße- ren Epithel größere Übereinstimmung als im vollständig ausgebildeten Zustande, indem die Formen der Elemente in beiden fast gleich gestaltet sind; der Unterschied besteht allerdings auch jetzt schon zwischen bei- den, dass im äußeren Epithel bereits Schleimzellen entwickelt sind. Pigmentzellen wurden in diesem Stadium in der Epidermis nicht beob- achtet. Ein besonderes Interesse bieten bei der Kanalbildung die Kopf- knochen, in denen der Kanal verläuft. Wie erwähnt, besitzt im aus- gewachsenen Zustande das Mastoideum als Umhüllung desEpithelialrohres, Knochenkanäle, welche ihm aufgesetzt zu sein scheinen, doch so, dass sie mit dem Mastoideum selbst fest verschmolzen sind. Bei der Bildung dieser Knochenkanäle sind nun zwei Möglichkeiten vorhanden; entweder bildet sich der Knochen und gleichzeitig die knöcherne Wandung des Kanals mit demselben, oder es legt sich der Kanalknochen gesondert an und erst später tritt eine Vereinigung beider ein. Betrachten wir zur Lösung dieser Frage die Verhältnisse, welche uns in diesem Stadium entgegentreten, und welche einer Schnitiserie entnommen wurden. Im Unterkiefer zeigt sich bereits eine vollständig geschlossene knöcherne Wandung in der Umhüllung des Epithelkanals, eben so im Praeopercu- lum, Frontale und Parietale; auch in dem Knochenring der Infraorbitalia findet sich an den Stellen eines Nervenendhügels bereits ein geschlos- sener knöcherner Kanal. Und in allen diesen Fällen ist es die Masse des Knochens selbst, welche das Epithelialrohr einscheidet. Ein gleich weit vorgeschrittenes Stadium zeigt auch der Kanal des Mastoideum, und wie nun in der Schnittserie konstatirt werden konnte, war ein gesondert an- gelegter Knochenkanal in der Umhüllung des Epithelrohres nicht vor- handen, sondern die Substanz des Knochens bildete an allen Stellen die Wand des Kanals. Es ist somit wohl nicht zu zweifeln, dass die Knochen- ‚kanäle, welche im ausgewachsenen Stadium auf dem Mastoideum er- ' scheinen, nicht accessorische Gebilde sind, sondern von dem Mastoideum 144 Emil Bodenstein, 5 gebildet werden und somit als Theile des Knochens selbst angesehen werden müssen. j Im Aufbau der Sinneshügel zeigen sich die typischen Elemente be- reits in vollständiger Ausbildung; die Breite eines Sinneshügels beträgt in den vollständig geschlossenen Kanalstellen im Rumpf etwa 0,052 mm, die Höhe der Sinneszellen etwa 0,044 mm und die der Stützzellen 0,048 mm. Fassen wir zum Schluss die Resultate zusammen, welche außer der Bestätigung der von F. E. ScauLze gegebenen Schilderung von der Bil- dung des Kanalsystemes erhalten wurden, so ist wohl zunächst hervor- zuheben, dass sowohl die Entwicklung der Sinneshügel wie die Bildung des Kanals am Rumpfe in der Richtung von vorn nach hinten vorschreitet ; ein Verhalten, welches dem von Haifischen her bekannten entspricht. Damit ist nicht gesagt, wo der erste Ausgangspunkt der Entwicklung überhaupt zu suchen ist. Bei dieser Ausbreitung des sich entwickelnden Kanalsystemes erfolgt am Rumpfe die am Kopf nicht vorhandene meta- mere Vertheilung der Endorgane und dem entsprechend der Poren ; diese segmentale Anordnung der Endorgane im Rumpfkanal ist wohl darauf zurückzuführen, dass die Sinneshügel an den bereits vorher gebildeten Ligamenta intermuscularia einen am meisten geschützten Ort für ihre Entstehung finden ; denn dass die Ligamenta in bedeutend früherer Zeit als die Endorgane entstehen, ist wohl der Thatsache zu entnehmen, dass bei dem jüngsten Stadium die’ Endhügel noch nicht über den ganzen Rumpf verbreitet sind. Was schließlich die Größenverhältnisse der End- organe selbst betrifft, so ist aus den angeführten Zahlen leicht ersichtlich, ‘dass mit dem Wachsthum des Körpers sowohl eine Größenzunahme eines Endorgans erfolgt, als dass auch ein Wachsthum der Elemente selbst eintritt. Göttingen, im März 1882. Erklärung der Abbildungen. Tafel X. Fig. 4. Darstellung des Verlaufs des Seitenkanalsystems mit den Öffnungen der Ausführungsgänge ’; A, auf der Oberseite des Kopfes, B, am Unterkiefer. a, Supra- orbitalast ; b, Infraorbitalast; ce, Unterkieferkanal; e, Kanal vom Hinterhaupt bis zur Verzweigung am hinteren Augenrande; d, Verbindungskanal in der Hinterhaupts- gegend; g, Nasenöffnung ; f, zweite Vereinigung der beiderseitigen Kanäle. 11/5 natür- licher Größe. Fig, 2. Querschnitt durch den Kanal %, in der Region das Knorpelgewebes a; b, Epithel des Kanals; c, Bindegewebe in der Umhüllung des Epithelkanals; d, Quer- Der Seitenkanal von Cottus gobio. 145 schnitt von Gefäßen ; e, maschiges areoläres Bindegewebe der Cutis; f, geschichte- tes Bindegewebe; g, Epidermis; h, Schleimzellen; i, Pigmentzellen in der Cutis; 7, Pigmentzellen zwischen den Epidermiszellen, 450malige Vergrößerung. Fig. 3. Querschnitt durch einen Ausführungsgang mit den lippenartigen Erhebun- - gen; k, Kanal; b, veränderte Epidermis in der Umgebungeines Ausführungsganges ; a, Knorpelgewebe, dessen Fortsetzung in die Umhüllung des Ausführungsganges bei r nicht mehr vollständig getroffen ist; d, Kanalepithel; c, Bindegewebe in der Umge- bung desselben ; d, Gefäßdurchschnitt; e, maschiges areoläres Bindegewebe; f, ge- schichtetes Bindegewebe; g, Epidermis ; i, Pigmentzellen. 450malige Vergrößerung. Fig. 4. Querschnitt durch den Kanal in der Region eines Sinneshügels s; a, Schuppe; 5, Epithel des Kanals; c, Bindegewebe in der Umgebung des Epithel- rohrs; e,maschiges Gewebe der Cutis; f, geschichtetes Bindegewebe; g, Epidermis ; i, Pigmentzellen;; k, Durchbrechung in der Schuppe. 150malige Vergrößerung. Fig. 5. Eine isolirte Schuppe;; a, große Durchbrechung zum Durchtritt des Nervs; b, kleinere Durchbrechungen. 20malige Vergrößerung. | Fig. 6. Zellen des Kanalepithels mit den kuppenartigen Erhöhungen. Starke Vergrößerung. Fig. 7. Flächenschnitt durch den Kanal; bei m sind die Kanalregionen getroffen, - in welchen derselbe flache Ausbiegungen nach außen macht; in regelmäßiger Alter- - nation treten Knorpelgewebe a und Schuppe b im Schnitt auf. 50malige Vergröße- rung. Fig. 8. Flächenschnitt durch den Kanal in den Regionen der Sinneshügel; bein ‚ist der Kanal in den Regionen der Ausführungsgänge gehoben, so dass das Binde- " gewebe in der Umhüllung des Epithelrohrs im Schnitt getroffen ist; m, Sinneshügel ‚ mit centraler und peripherer Region; s, hinzutretender Nerv; r, Zellenstrang, wel- ‚cher zwischen zwei Sinneshügeln verläuft; db, Epithel des Kanals; e, maschiges Ge- - webe der Cutis. 50malige Vergrößerung. Fig. 9 und 10. Querschnitte durch Sinneshügel s, mit Ausscheidungsprodukt r; | a, Epithel des Kanals zu den Seiten des Sinneshügels emporgehoben; c, maschiges Bindegewebe; d, Gefäße; e, Schuppe. 400 malige Vergrößerung. | D \ Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XXXVII. Bd. Ey Über die Färbung der Nestjungen von Eclectus (Wagl.). Von A. B. Meyer. Da bei den Arten der Papageiengattung Eclectus die Männchen grün, die Weibchen roth gefärbt sind, so liegen — will man nicht ganz | andere Farben in Betracht ziehen — hinsichtlich der Färbung der Nest- jungen drei Möglichkeiten vor. Sie können | erstens: in beiden Geschlechtern grün, zweitens: in beiden Geschlechtern roth sein, es kann | drittens: das junge Männchen grün, das junge Weibchen roth sein. | Die Möglichkeit, dass das junge Männchen roth, das junge Weibchen grün | sei, dass also beide sich umfärben müssten, ist so wenig wahrscheinlich, | dass ich sie nicht berücksichtigen will. Jede der genannten drei Möglich- | keiten ist von verschiedenen Seiten als thatsächlich bestehend behauptet worden. | 1) Die Jungen sind grün. | In der ersten Abhandlung über die Eclectus-Frage! meinte ich, ' das Jugendkleid von E. polychlorus, in welche eine Art ich alle sieben | | damals bekannten zusammenzog, sei »einfarbig grün bei Männchen und ” Weibchen«. Es bestimmte mich hierzu der Umstand, dass fast alle rothen ” Exemplare, welche ich auf Neu Guinea erlegt hatte, mehr oder weniger Spuren von Grün aufwiesen; diese eben sah ich als Reste des Jugend- | | kleides an: »Und so besitze ich noch mehre Exemplare in so unzweifel- ” haften Übergangskleidern von Grün in Roth, wenn auch letztere Farbe bei Weitem vorwiegt, dass ich eigentlich nicht verstehe, wieso dieser” Umstand so lange hat übersehen werden können..... Nach allem Diesen zweifle ich nicht, dass man es mit mir als erwiesen ansehen wird, dass‘ 1 A.B. Meyer, Über einen bemerkenswerthen Farbenunterschied der Geschlech- | ter bei der Papageiengattung Eclectus (Wagler) und über die Zusammenziehung | | der sieben Arten: E.polychlorus, intermedius, Westermanni, Linnei,| grandis,cardinalisundCorneliae ineine: Eclectus polychlorus Scop.: Verh. | d. k. k. zool. bot. Ges. in Wien. vol. XXIV. p. 479—190. 4874. 2 1. c. p. 168. Über die Färbung der Nestjungen von Eelectus (Wagl.). 147 der junge Vogel aller dieser Formen grün gefärbt ist. Ich wurde in dieser Auffassung auch durch die bekannte These Darwın’s bestärkt, welche folgendermaßen lautet?: »When the adult female is more conspicuous than the adult male, the young of both sexes in their first plumage re- semble the adult male.« Es kann allerdings ein Zweifel darüber obwal- ten, welches der beiden Kleider das glänzendere sei, allein, da in den wenigen überhaupt bekannten und von Darwın zusammengestellten Fällen ähnlicher Art, wenn auch in keinem die Geschlechtsdifferenz auch nur annähernd den Grad erreicht wie bei Eclectus, der Umstand eine Rolle spielt, dass die einfacher gefärbten Männchen das Brutgeschäft über- nehmen, so müsste zugegeben werden, dass der männliche Eclectus in dieser Lage durch das Grün seines Gefieders in ausgezeichneter Weise geschützt wäre, während das rothe Weibchen gerade besonders zwischen grünem Laubwerk auffiele. Forses> hat auch in der That die Frage auf- geworfen, ob bei Eclectus nicht das Männchen auf den Eiern sitze. Dieses ist jedoch nicht der Fall. Ich selbst habe schon in meiner ersten oben citirten Abhandlung mitgetheilt, dass einer meiner Jäger »behauptete, auch schon gesehen zu haben, dass der rothe und der grüne Vogel ab- wechselnd auf den Eiern sitze, d.h., dass, wenn der eine fortfliegt, sich der andere darauf setze«®, allein ich legte kein großes Gewicht auf diese Angabe, da Eingeborenen in solchen Dingen im Allgemeinen, besonders wenn man Fragen an sie stellt, nicht zu trauen.ist. Die Züchtungsversuche in der Gefangenschaft jedoch, welche auf meine Anregung hin unter- nommen worden sind, und derjenige, welchen ich selbst unternahm, be- weisen alle, dass das rothe Weibchen brütet und nicht das grüne Männ- chen; es findet auch nicht etwa eine Ablösung bei diesem Geschäfte statt, sondern das Männchen füttert stets das ruhig sitzenbleibende Weibchen. So ist es in der Gefangenschaft, und man hat wohl keinen Grund zu ver- muthen, dass esim Freileben anders sei. Das Weibchen (E. Linnaeiauct.), welches ich selbst lebend mit von Neu Guinea heimbrachte, und welches noch heutigen Tages bei mir lebt, legt von Zeit zu Zeit Eier und bebrütet dieselben wochenlang, wenn sie nicht fortgenommen werden. Übrigens hat Darwın sich der von WALLAcE zuerst ausgesprochenen . Ansicht, dass in den Fällen, wo das Männchen brütet, die weniger auf- _ fällige Farbe desselben acquirirt worden sei, weil es dadurch eines bes- ' seren Schutzes genieße”, nicht angeschlossen, sondern er erklärt diese ° ].c.p. 188. % CHARLES Darwin, Descent of man. Vol. II. p. 200. 1874. | 5 W. A. Forses, Recent observations on the parrots of the genus Eclectus: '/ The Ibis 1877. p. 282. ee. c.p. 179. 7 A. R. WaALLAcE, Mimicry and other protective resemblances among animals: ' Westminster Review July 1867. p. 38. Siehe auch desselben Autors Contributions 10* 148 A. B. Meyer, abnorme Erscheinung durch geschlechtliche Zuchtwahl, indem er an- nimmt die Männchen haben aus irgend welchem Grunde von ihrer ge- wöhnlichen, größeren vitalen Energie und Agressivität eingebüßt, oder die Weibchen seien aus besonderem Anlasse relativ zahlreicher und kräftiger geworden, so dass diese sich um jene bewerben mussten, und desshalb Schmuck anlegten oder mit Stimme begabt wurden: »Thus an almost complete transposition of the instincts, habits, disposition, colour, size and of some points of structure, has been effected between the two sexes . Alle hierher gehörigen Fälle jedoch haben nur eine gewisse entfernte Ähnlichkeit mit dem Falle bei Eclectus, die Geschlechtsdifferenzen sind relativ unbedeutende und sie können nicht zur Erklärung des letzteren dienen. Sie betreffen nach der Zusammenstellung von Darwın einzelne Arten der folgenden Gattungen °: Milvago (?) (Falconidae, Aceipitres) Eurostopodus(?) (Caprimulgidae, Passeres fissirostres) Climacteris(?) (Certhiidae, Passeres tenuirostres) Turnix (Tetraonidae, Gallinae) Dromaeus, Casuarius (Gasuaridae, Struthiones) Eudromias (Charadriadae Limosa, Rhynchaea (Scolopacidae? Grallae) Phalaropus (Phalaropidae und einige andere. Es ist jedoch noch nicht bei all diesen nachgewiesen, dass die Jungen den Männchen gleichen, aber bei allen sind die Weibchen die schöner gefärbten oder stärkeren und von den meisten ist es bekannt, dass die Männchen das Brutgeschäft vollführen 19. Die Ansicht, dass die Jugendkleider bei Eclectus dem Kleide des Männchens gleichen, welche übrigens von verschiedenen Seiten adoptirt worden ist, habe ich jedoch später wieder aufgegeben, und zwar zu Gunsten der zweiten Möglichkeit. 2) Die Jungen sind roth. Zu dieser neuen Annahme veranlasste mich in erster Linie ein grünes to the theory of Natural Selection 4870. p.444. WarraAce hat übrigens diese Ansicht später aufgegeben. Siehe: Tropical Nature 1878. p. 242. 31. cp. 207: 91. c. p. 204—206 mit Figur 60. 10 Bei einer Tadorna-Art (Anatidae, Anseres) ist zwar das Männchen das schönere, aber dieJungen beider Geschlechter gleichen den Männchen und nicht den Weibchen. Bei einer Chloephaga-Art (Anat., Ans.) gleichen die Jungen wenige Wochen dem Männchen, dann färbt sich das Weibchen um (siehe unten). Auch der männliche Condor brütet ?/3 der Zeit, wie jüngst ein Paar im Dresdner Zoologischen Garten darthat. Über die Färbung der Nestjungen von Eelectus (Wagl.). 149 Exemplar des Berliner Museums (Nr. 22428), welches mit rothen Flecken, besonders auf den Schwingen, bedeckt ist: »These patches appear to be in dissolution, or fading away; and if this really is the case, and if the specimen is a normal one, we have the proof, that the youug male is coloured like the female — a fact which would be in accordance with nu- merous others in ornithology «!!. Ich nahm ferner an, dass auch das junge Weibchen roth gefärbt sei, und nicht grün, wie ich früher aus den vielen Resten von Grün an den rothen Vögeln geglaubt hatte schließen zu müssen, jedoch machte mich in der letzteren Ansicht ein anderes Exem- plar des Berliner Museums (Nr. 21 049), welches ich im Jahre 1878 sah, erst sicher: »Es ist dieses ein rother Nestvogel, der jedenfalls beweisen dürfte, dass das junge Weibchen roth ist, während Nr. 22428 beweist, dass das junge Männchen es auch ist«!2. Dieselbe Meinung hegte Rausay!?: »There is in the series an appa- rently quite adult bird in thered and violet plumage (E. linnaei), in which the bill is becoming yellow, and there is also a patch ofcerimson amongthe blue under wing-coverts; the axillaries are tinged and margined with green; and there are several feathers tip- ped with red on the sides; some ofthe flank-feathers are margined with green, as are three or four of the adjacent upper tail-coverts; and the sixth secondary quill on the outer web near the base has a spot of green; and several of the scapularies are tinged with the same colour at their bases. From these facts it would appear that the young, perhaps of both sexes, are red-and-blue from the nest, and that they retain this state of plumage for a considerable time, after which the males assume the green plumage, with red sides and under wing coverts.« Dass der Schnabel dieses Exemplares, wie Ransay sagt, im Begriffe sei gelb zu werden, d. h. die Farbe des männlichen Schnabels anzu- nehmen, trotzdem ein rother Vogel vorliegt, ist nicht wahrscheinlich, da eine solche Umfärbung wie wir sehen werden, überhaupt nicht stattfindet. Entweder ist das betreffende Exemplar noch ein jüngeres, bei welchem der Schnabel noch nicht schwarz geworden ist, da alle Jungen einen helleren, bräunlichen Schnabel haben, oder die gelbe Färbung fällt in dieselbe Kategorie von Erscheinungen, wie die von Rausay geschilderten anomalen Federpartien, welche, wie ich unten darzuthun versuchen werde, vorübergehende sind. 11 A. B. Meyer, Some additional proof, if needed, of the fact, that the red Eclecti are the females of the green ones: Proc. Zool. Soc. of London 4877. p. 801. 12 A.B.Me£yer, Die Farbenunterschiede in den Geschlechtern bei den Edelpapa- seien (Eclectus Wagl.): Orn. Centralbl. 1878. p. 4149. 13 E. P. Rausay, Letter to the Editors of »The Ibis«: vollI. 4.ser. 4878. p.379, 150 A. B. Meyer, Trotzdem es a priori am meisten für sich haben dürfte, dass die Nest- jungen das Kleid des Weibchens tragen, und trotzdem eine Reihe von Umständen diese Annahme zu stützen scheint, so ist dieselbe dennoch zu verlassen zu Gunsten der dritten Möglichkeit. 3) Das junge Männchen ist grün, das junge Weibchen roth. Dieses wurde zuerst von BEccarı ausgesprochen!?: »Per quanto sembri strano & tuttavia certissimo che gli Eclectus verdi sono i maschi degli Eclectus rossi. Cid io avevo imparato in Aru dai miei cacciatori; anche i giovanissimi presentano la stessa differenza.« Es ist auffallend, dass SaLvanorı diese wichtige Mittheilung, wenn sie sich auch nicht auf Autopsie zu stützen scheint, gar nicht berücksich- tigt hat, wenigstens suchte ich vergebens in seiner ausführlichen Dar- stellung der Arten der Gattung Eclectus!5 auch nur nach dem Citat jenes Ausspruches. Dagegen sagt Sarvanorı bei Eclectus pectoralis (= polychlorus und Linnaei auct.): »Secondo il Meyer le femmine giovani di questa specie e delle affıni sarebbero verdi; la qual cosa egli arguisce dall’ osservare come sovente le femmine abbiano in una parte od in altra qualche traccia di color verde; tuttavia la cosa & ancora da dimostrare, giacche non si sono trovati ancore individui giovanissimi di queste specie«!®. Ferner beiEclectusroratus (=polychlorusund grandis auct.): »Tuttavia & da dire come non si conosca ancora l’abito giovanile di questa specie. Se veramente quello delle femmine giovani & verde, si avrebbe in questa e nelle specie affıni del genere Eclectus il fatto singolare che le femminegiovani hanno l’abito dei maschi«!?. SALvADoRI lässt also die Frage offen, scheint jedoch keinenfalls Beecarr’s Ansicht adoptirt zu haben, da er dieselbe in seiner sonst so ausführlichen Dar- stellung nicht einmal erwähnt. Dann hat Ramsay !8, welcher vorher die oben mitgetheilte Ansicht hegte, dass die Jungen beider Geschlechter roth seien, sich dazu be- kannt, dass die Geschlechtskontraste schon im Nestkleide ausgeprägt seien, ohne aber dass er auf seine frühere Ansicht zurückkam: »I may 14 Q, BEccArı, Letiera ornitologica int. agli Uccelli osserv. durante un suo vi- aggioallaN. Guinea, d. d. Ternate, 4. August: Ann. del Mus. civ. d. St. Nat. d. Genova. vol. VII. p. 745. 4875. Übrigens theilt mir van MUsscHENBROER mit, dass er bereits im Jahre 4874 bei Dodinga auf Halmahera 2 junge Vögel aus einem Nest erhielt: der eine grün, der andere roth; sie gingen jedoch leider verloren; ich hatte im Jahre 1873 v. M., welcher damals Resident in Ternate war, auf die Eclectus-Frage auf- merksam gemacht. 15 T. SıLvAoorı, Orn. pap. Vol. I. p. 497—246. 4880. 16°]. ec. p. 208. 71. pP. 210 18 E. P. Ramsav, Proc. Linn. Soc. of New South Wales. vol. III. p. 253. 4879. Über die Färbung der Nestjungen von Eeleetus (Wagl.). 151 mention, that Morton, assures me that the young males assume thegreen dress, andthe young femalesthered dress from the nest during the first year and that both young red and young green birds were taken out of the same hollow bough in which they were hatched.« Ferner bemerkte ScLAter !? von einem jungen Vogel von Duke of York: »The skin of Eclectus polychlorus is of much interest, as it is that of a nestling bird, and in the green plumage, and shows, that as regards this much vexed species the male is green from the nest. I assume that ihe specimen is a male, alihough the sex has unfortunately not been determined.« Neuerdings endlich hat Fınsca 20 folgende, wie es scheint, auf Au- topsie beruhende Angabe gemacht: »I may state that nestlingsare coloured justthesameasthe oldbirds, only less brightly.« Wir sahen also, dass die Annahme der ersten der drei Möglichkeiten: dass die Nestjungen beider Geschlechter grün seien, sich eigentlich nur darauf stützte, dass bei fast allen rothen Vögeln mehr oder weniger grüne Federn oder grüne Flecken oder Streifen auf den rothen Federn vorkom- men, welche eben als Reste des grünen Jugendkleides angesprochen wurden, welche schließlich aber auch anders erklärt werden könnten. Dennichhabe mehrfach bei derMauserung desschon oben erwähnten Exemplares von Eclectus Linnaei, welches ich von Neu Guinea lebend mitbrachte, beobachtet, dass einzelne ganz grüne Federn auftreten an den unteren Schwanzdecken, ferner sehrbreite grüne Ränderanein- zelnenSchwingen und überhaupt ein grünlicher Schim- merhierundda, wasjedochAllesspäter, wenn dieMauser vollendet ist, wieder vollständig oder doch zum Theil verschwindet. Als ich diese auffallenden Erscheinungen zuerst be- obachtete, konnte ich sie nicht erklären und hielt sie, als sie von selbst wieder verschwanden, für Anomalien, wie sie bei in Gefangenschaft ge- haltenen Vögeln manchmal vorkommen. Wir sahen ferner, dass die Annahme der zweiten der drei Möglichkei- ten: dass die Nestkleider roth seien, sich stützt hinsichtlich der Weibchen auf das Berliner Exemplar eines rothen Nestjungen (Nr. 21 049), hinsichtlich der Männchen auf die Serie von Exemplaren mit mehr oder weniger Grün "zwischen dem Roth und mit Resten von Roth auf dem Grün. Das Grün | 19 P. L. ScLATErR, On birds from Duke of York island. Proc. Zool. Soc. 1880. . P. 66. | 20 0. Fınsch, Ornithological Letters from the Pacific. VIII. New Britain. d. d. Ma- 'tupi, New Britain, March 4881. The Ibis. vol. V. 4. ser. 1884. p. 537. 152 A. B. Meyer, konnte man ansehen als den Beginn der Umfärbung ‚von Roth in Grün, und das Roth als letzte Reste dieses Verfärbungsprocesses aus dem rothen Jugendkleide in das grüne männliche Kleid; allein beide Erscheinungen ließen sich ebenfalls auf andere Weise erklären, wie unten gezeigt wer- den soll. Die Annahme der dritten der drei Möglichkeiten, dass die jungen Männchen grün, die jungen Weibchen roth seien, stützt sich nun — ab- gesehen von den oben angeführten Angaben der Reisenden, an welche doch immer, falls es sich nicht um notorische Autopsie handelt, Kritik an- zulegen ist — einerseits auf einen ganz neuerdings gelungenen Züch- tungsversuch von FrenzeL ?!, welchen wir sogleich näher betrachten wollen und welcher den Beweis brachte, dass es grüne Nestvögel giebt, andererseits auf den Berliner Nestvogel Nr. 21 049 22, welcher mir schon früher den Beweis geliefert hatte, dass es eben solche rothe giebt. Der Frenzer’sche Züchtungsversuch hat also jedenfalls das Verdienst, die letzten Zweifel in dieser Frage weggeräumt zu haben, so dass wir nun- mehr sicher wissen, dass die jungen Eclecti schon im Nestkleide die- selben Farbenunterschiede aufweisen wie die erwachsenen, während jetzt diejenigen Kleider, welche bisher als »Übergangskleider« angesehen wurden, anders erklärt werden müssen, sollen sie nicht ganz räthselhaft bleiben. Seit mehren Jahren schon bemühen sich eine Reihe von Vogel- wirthen um die Züchtung der Edelpapageien, und ich erhielt bereits seit 1880 Eier eingesandt, welche zum Ausschlüpfen reife Junge bargen 2. Allein weiter waren diese Bemühungen an verschiedenen Stellen nicht gediehen, bis es FrenzeL Ende des Jahres 1881 glückte, ein Junges auf- zuziehen. Dasselbe wurde von der Mutter im dunklen Nistkasten gefüt- tert, jedoch leider nach neunwöchentlicher treuer Pflege von derselben — vielleicht zufällig — todt gebissen und dann angefressen. So lag es todt eine Zeit lang im Nistkasten, und ich erhielt es in schon so vertrock- netem Zustande, dass es nicht mehr möglich war, das Geschlecht mit Sicherheit zu eruiren; ich neige jedoch, unabhängig von dem Umstande der grünen Färbung der Federn, aus anatomischen Gründen dazu, es für ein Männchen zu halten. Die Größe des Exemplares ist bereits eine ziem- lich beträchtliche, wie folgende Maße im Vergleich mit denen eines Er- wachsenen ergeben: | 21 Monatsschrift des Deutschen Vereins zum Schutze der Vogelwelt. vol. VIL 1882, p. 124—1297. 22 Professor PETERS hatte die besondere Güte mir denselben, wie Nr. 22438 zur genauen Inspektion zu übersenden. 23 Siehe u.a.: A. B. MEver bei A. FREnzEL, Zur Naturgeschichte d. Edelpapageien. Monatsschrift des D. Ver. zum Schutze der Vogelwelt. vol. VI. 4881. p. 26 fg. Über die Färbung der Nestjungen von Eelectus (Wagl.). 153 juv. ad. ken + :E 22: :.45 mm 46 mm mbhtaseın 2 #35060, 5» 62 » bumerus.rn 5.267.» 60 »; antebrachium. 47 » 80 » Die wenigen Federn nun, welche dieses interessante Exemplar (Nr. 6346 der Dresdner Sammlung) auf dem fast nackten, nur spärlich von Dunen bekleideten Leibe aufweist, sind glänzend grün und schön roth: Grün auf Brust, Hals und Wangen (wie es auch einen ganz grünen Schimmer überall aufwies, als es todt aus dem Neste genommen wurde, was jetzt, in Spiritus, nicht sichtbar ist, beim Trocknen aber wieder zum Vorschein kommt), roth an den unteren Flügeldecken wie bei den aus- gefärbter Männchen, und man ist daher zu der Annahme so gut wie ge- zwungen, dass die jungen grünen Vögel Männchen, die jungen rothen dagegen Weibchen sind. Die Angabe von Fınsc# (l. c.), dass die Nest- jungen weniger glänzend gefärbt seien, wird jedoch weder durch die glänzenden Farben der wenigen Federn des Dresdner grünen Exempla- res Nr. 6346, noch durch die geradezu brillanten Farben des Berliner rothen Nestjungen Nr. 21 049 unterstützt. Dieser Unterschied der Färbung in den Geschlechtern von Jugend auf ist sehr auffallend, und steht ähnlich, fast isolirt, da, wie die Thatsache dieser bedeutenden Farbendifferenz der Geschlechter — es ist eine größere Verschiedenheit in der Färbung eigentlich kaum denkbar — überhaupt. DArwın 22 hat bereits den Fall, dass die jungen Vögel dieselben Ge- schlechtsdifferenzen wie die alten aufweisen, unter folgender Überschrift besprochen: » The young in their first plumage differ from each other according to sex; the young males resembling more or less closely the adult males, and the young females more or less the adult females«. Darwın stellte fast alle bekannten Fälle zusammen; es sind die folgenden : Aithurus polytmusl. Eustephanus fernandensis King.2\Trochilidae| Passeres tenui- » Leyboldi Gld.*s rostres Dendrophila frontalis Horsf. Anabatidae 2% ].c.p. 249. Ich eitire nach der A. engi. Ausg., da mir eine spätere nicht vorliegt. Die deutsche 3. (1875), nach der »neuen« engl. von 4874, unterscheidet sich nicht von der ersten in Bezug auf unsere Frage. 25 Darwın führt diesen Fall (p. 220) auf die Autorität von GovLp hin an und meint, derselbe sei bis dahin unpublicirt gewesen. Er wurde jedoch schon 1866 von Lanpseck bekannt gegeben, s. Proc. Zool. Soc. 1866. p. 557: »These birds were obser- ved paired, and the red and green young ones found together in the same nest«, und die Thatsache war wahrscheinlich schon Bringes 4854 bekannt. (S. The Ibis 1871. p. 179 Anm.) 26 Diese der vorigen nahe verwandte Art nannte Darwin nicht. 154 A. B, Meyer, Sylvia atricapillal. Saxicola rubicolal. Turdus merulal. Petrocincla cyanal. | \ Luscinidae Passeres dentirostres . (Turdida Orocetes , sen Mimus polyglottusLl. Tanagra rubraL.?” Tanagridae, Passeres conirostres und erklärt sie zum Theil so, dass er annimmt, die Männchen hätten ihre Farben ihren männlichen Nachkommen schon für eine frühere Lebens- zeit vererbt, als diejenige war, zu welcher sie selbst diese Farben ur- sprünglich acquirirt hatten — was eine Ausnahme von dem allgemeinen Princip der Vererbung zu korrespondirenden Lebensaltern ist —, denn wenn sie selbst schon so früh variirt hätten, so würden sie wahrschein- lich die betreffenden Eigenschaften ihren Jungen beiderlei Geschlechtes übertragen haben. Unter all diesen Fällen sind jedoch nur zwei, welche sich mit dem von Eclectus vergleichen ließen, und zwar Eustepha- nus fernandensis von Juan Fernandez und E. Leyboldi von Mas afuera: die Männchen schön rothbraun mit roth metallisch schillerndem Kopfe?®, die Weibchen grün oben, weiß unten, mit schön grün metal- lisch schillerndem Kopfe?%. Männchen und Weibchen wurden daher auch, gerade wie bei Eclectus, früher als verschiedene Arten beschrie- ben, so noch von Gour» an den unten citirten Stellen. Allein den Jungen fehlt der Metallschimmer auf dem Kopfe 3%, während bei Eclectus die Farbendifferenzen in ihrem vollen Umfange und in voller Intensität vom ersten Kleide an auftreten. Darwın sagt von Eustephanus: »In con- sidering this last case, if, as before we take the plumage of the young as our guide, it would appear, that both sexes have been independently rendered beautiful; and not that ihe one sex has partially transferred its beauty to the other. The male apparently has acquired his bright colours through sexual selection in the same manner as, f. i., the pea- cock or pheasant; and the female in the same manner as the female Rhynchaea or Turnix. But there is much difficulty in understan- ding how this could have been effected at the same time with the two sexes of the same species. Mr. SıLvın states, that with certain humming- 27 Von Chloephaga magellanica Gm. (s. oben), bei welcher Gans wie bei allen sieben Arten dieser Gattung die Geschlechter in der Färbung stark von einan- der abweichen, theilte ScLATER (P. Z. S. 1858 p. 289) mit, dass die Jungen zwar kurze Zeit beide dem Männchen gleichen, aber nach wenigen Wochen schon sich differen- ziren, und zwar fängt die Verfärbung des Weibchens bei den Füßen an. 28 J. GouLn, Monogr. Trochilidae. vol. IV. Taf. 267. Das Dresdner Museum be- sitzt ein Männchen von E. fernandensis. 29 ]. c. vol. IV. Taf. 266. Das Dresdner Museum besitzt ein Weibchen von E. fernandensis. % P,Z.S. 1866. p. 557. Über die Färbung der Nestjungen von Eelectus (Wagl.). 155 birds the males greatly exceed in number the females, whilst with other species inhabiting the same country the females greatly exceed the males. If, then, we might assume that during some former lengthened period the males of the Juan Fernandez species had greatly exceeded the fema- les in number, but that during another lengthened period the females had greatly exceeded the males, we could understand how the males at one time, and the females at another time, might have been rendered beautiful by the selection of the brighter-coloured individuals of either sex; both sexes transmitting their characters to their young at a rather earlier age than usual. Whether this is the true explanation I will not pretend to say; but the case is too remarkable to be passed over without notice. « Zur selben Zeit besprach ScrAter ®! die mögliche Genese der drei nahe verwandten Eustephanus-Arten von Chili, Mas atierra, Mas afuera und Juan Fernandez, aus welchem geistreichen Raisonnement uns momentan nur interessirt, dass er annimmt, die drei Arten stammen von einer Festlandsart ab, welche in beiden Geschlechtern grün war (wie jetzt noch E. galeritus®2). Das Männchen wurde roth auf den Inseln durch »natural selection«, während das Weibchen kaum abänderte. Diese Auffassung erscheint einfacher als die Darwın’sche, jedoch auch sie lässt den Umstand unerklärt, dass das Männchen sein Gefieder schon auf sofort vererbt, während es sonst erst in späteren Lebensaltern zur Erscheinung gelangt. Endlich hat Warrace 33 diese Eustephanus-Frage eingehend er- örtert; in dem betreffenden, sehr lesenswerthen Abschnitte seines Kapi- tels »Humming birds« führt er ebenfalls die Abänderung der Farbe von Grün in Roth auf die bekannten allgemeinen Darwın’schen Principien zurück, und sagt dann u.a.: »It is to be noted that the change from green to red is in the direction of the less refrangible rays of the spec- irum, and is in accordance with the law of change which has been shown ‚to accompany expansion in inorganic, — growth and development in ‚ organic forms.« Die Frage der-Vererbung des männlichen Kleides schon ‚auf das Nestkleid des Männchens lässt er unberührt. | Wenn zur Noth die Entstehung der rothen Körperfarbe bei den | Männchen zweier insularer Arten der Gattung Eustephanus einiger- ‚ maßen plausibel gemacht werden kann— vorausgesetzt, dass die Annahme 31 The Ibis 1871. p. 182. | %2 Das Dresdner Museum besitzt eine Reihe von Männchen und Weibchen h dieser Art. Sie kommt in Chili, auf Juan Fernandez (neben E. fernandensis)und ‚ auf Mas atierra vor. 3 A. R. WALLACE, Tropical nature and other essays. 1878. p. 140. 156 | A, B, Meyer, richtig ist, dass das Roth erst nach der Isolirung von der grünen Stamm- form entstand — so liegt bei Eclectus die Sache anders, und, wie mir scheint, komplicirter und schwieriger. Allerdings regt es zu Vergleichen an, dass es sich auch hier um Roth und Grün handelt, welche Farben bei Papageien gewöhnlich sind, wohingegen das Roth der Männchen von Eustephanus bei den Kolibris ziemlich isolirt steht. Bei Eclectus aber sind es die Weibchen, welche unter sich verschiedener sind, also abgeändert haben, wenn man von einer gemeinsamen Stammform aus- geht, bei Eustephanus differiren die Männchen mehr als die Weib- chen unter einander. Die rothen E. Linnaei, grandis, cardinalis, Gornelia und Riedelii sind relativ sehr verschieden von einander, die grünen E. polychlorus, intermedius und Westermanni kaum von einander zu unterscheiden, sie blieben konstanter, während die Weibchen in Folge der insularen Isolirung abänderten. Dies erlaubt, falls wir uns auf das schwanke Gebiet der Hypothese wagen wollen, den Schluss, dass die konstantere Form die ältere ist, also hier die männ- liche, während es bei Eustephanus die weibliche war. Wenn also die Stammform von Eclectus in beiden Geschlechtern grün gewesen ist, so würde die Aufgabe vorliegen, die Entstehung des rothen Kleides zu erklären. Die Eclectus nächst verwandte Gattung ist Tanygna- thus, welche von FınscnH z. B. nicht anerkannt, sondern mit Eclectus verschmolzen wurde; wie mir scheint mit Unrecht, da die Tanygna- thus-Arten in beiden Geschlechtern grün und gleichmäßig gefärbt sind. Man kennt sieben Arten der letzteren Gattung: T.megalorhynchus, affinis, gramineus, Mülleri, luconiensis, Everetti undBur- bidgii, welche alle mehr oder weniger ausgesprochene Ähnlichkeiten mit den männlichen Eclectis aufweisen, selbst in der auffallenden Schnabelform. Allein sie bieten, so weit ich sehe, keinen Anhalt zur Erklärung der Entstehung des rothen Kleides von Eclectus, auch ver- breiten, wie mir scheint, alle oben angedeuteten Erklärungsversuche ähnlicher Fälle hier keinerlei Licht; es können auch die nahe verwandten Tanygnathus-Arten nicht ohne Weiteres als ältere oder Stammformen angesehen werden, zumal die geographische Verbreitung derselben in Bezug auf diejenige von Eclectus bis jetzt keinen weiteren Aufschluss gewährt, ganz abgesehen davon, dass auch hier die Vererbung des einen Kleides — wenn die obige Hypothese richtig — des weiblichen auf den weiblichen Nestvogel unverständlicher ist. Die Behauptung, dass die Nestvögel schon roth und grün sind, war bis dahin so schwer annehmbar, weil so viele scheinbare »Übergangs- kleider« existiren : Grüne Vögel mit rothen Flecken, und rothe mit grünen, und wenn nicht die Thatsache der Färbungsdifferenz der Nesivögel so Über die Färbung der Nestjungen von Eclectus (Wagl.). 157 sicher stünde — durch den Frenzer’schen Züchtungsversuch und den rothen Berliner Nestvogel einerseits, und durch die Angaben der Reisen- den andererseits —, so könnten jene »Übergangsexemplare« an derselben irre machen, es sei denn, dass man zu der ganz unwahrscheinlichen An- nahme greifen wollte, dass die jungen Männchen roth, die jungen Weib- chen grün seien, und dass beide sich ganz umfärben. Ich glaube aber die Färbung jener »Übergangs«-Exemplare, welche grüne Federn zwi- schen den rothen und rothe zwischen den grünen aufweisen, oder welche einzelne Federn und Federpartien theils roth theils grün gefärbt haben, erklären zu können. Ich erwähnte bereits, dass bei der Mauser eines bei mir lebenden rothen Weibchens grüne Federn erschienen, welche aber mit dem Ende des Processes zum Theil wieder verschwanden. Diese grünen Federn bei den Weibchen und andere Anähnlichungen an das Männchen sind daher wobl aufzufassen alsErbstücke vom Vater, und, wenn sie bereits bei rothen Nestjungen vorkommen sollten, oder doch bei jungen Vögeln (siehe oben Ramsay’s Angaben), so würden sie eben so zu deuten sein. Der vielfach erwähnte Berliner rothe Nestvogel weist keine Spur einer anomalen Färbung auf, sondern er ist in jeder ‚ Beziehung schön und normal gefärbt; einige Exemplare der Dresdner Sammlung jedoch bieten ein paar interessante Anomalien dar durch Cha- raktere, welche dem männlichen Gefieder entlehnt sind: Nr. 1939 (E. Linnei auct. von S. OÖ. Neu Guinea): Jüngerer Vogel mit viel Grün auf dem Schwanze. Nr. 1312 (E. Linnei auct. vonN. W. Neu Guinea): Rückenfedern grün gebändert. Nr. 1346 (E. Linnei auct. von Jobi): Viel Grün auf den Schwingen 3. Ordnung. Nr. 1323 (E. Linnei auct. von N. W. Neu Guinea): Etwas Grün an den unteren Flügeldecken nahe dem Flügelrande. Nr. 1320 (E. Linnei auct. von Mafoor): Viel Roth an den unteren Flügel- decken statt des Blau, eine interessante andere Anähnlichung - an das Kleid des Männchens. Nr. 1344 (E. Linnei auct. von N. W. Neu Guinea): Die Brust mit röth- lichen Flecken, eine Anomalie sui generis, welche eben nur zu beweisen scheint, wie relativ wenig konstant die Fär- bungen bei dieser Art sind in Folge der großen Farbendiffe- | renz zwischen Männchen und Weibchen. | Nr. 1936 (E. cardinalis auct. von Buru?): Grüne Feder auf dem Bürzel. Nr. 569 (E. grandis auct. von Halmahera): Spur von Roth an den | rechtsseitigen unteren Flügeldecken. Ä 158 A. B. Meyer, Nr. 573 (E. grandis auct. von Batjan): Untere Flügeldecken zum Theil und Brustseiten schön roth, statt blau. Nr. 2974 (E. Riedelii Meyer von Timorlaut): Viel Grün an den Schwingen 2. Ordnung. Die rothen Federn oder Federstellen dagegen bei den grünen Männ- chen — natürlich abgesehen von dem Karmesinroth an den Körperseiten. und an den unteren Flügeldecken — sind Erbstücke der Mutter, vorübergehende oder vielleicht auch hier und da bleibende, bei der Mause- rung oder auch schon beim ersten Federkleide auftretende Erscheinungen. Fast dürfte man sich wundern wenn es nicht so wäre. Ein bisher übersehener Charakter aller grünen Eclecti, welcher in die Art-Dia- gnose aufgenommen und als Erbtheil der Mutter bezeichnet zu werden verdiente, ist der, dass die Basis der Federn an den Halsseiten und am Nacken röthlich und selbst roth sind; unter einer großen Serie von Exemplaren fand ich nur bei einem jüngeren Exemplare (Nr. 4344) diesen Charakter weniger deutlich ausgesprochen, und der oft genannte Berliner junge grüne Vogel zeigt denselben gar nicht, dagegen eine Reihe jüngerer Vögel des Dresdner Museums sehr deutlich, so z. B. Nr. 1305 und 4203. Bei denjenigen Exemplaren, bei welchen die grünen Federn rothe Flecken zeigen, sieht man auch sehr deutlich (besonders mit der Lupe) worin der Unterschied der Färbung besteht. Er besteht in der Färbung der Federäste (rami); diese sind grün bei den grünen Vögeln, roth bei den rothen, wohingegen die Nebenstrahlen oder Fasern (radii) meist dunkelpurpur bis schwarz sind, sowohl bei den grünen als auch bei den rothen Vögeln. (Die Federschäfte sind schwarz.) Erscheint ein rother Fleck auf grüner Feder, so sieht man, wie an einer umgrenzten Stelle die rami roth sind, während die radii überall die gleiche Fär- bung haben. Dass zwischen diesen Farbstoffen eine nahe chemische Verwandtschaft bestehen muss, liegt auf der Hand. KruKENBERG’s interes- sante Untersuchungen 3% haben zwar bis jetzt nur die Verschiedenheit der zwei Farbstoffe ergeben (das Grün wird hervorgerufen durch einen gelben Farbstoff auf dunklem Grunde, das Roth durch einen rothen Farb- stoff), allein nach neuerlichen brieflichen Mittheilungen dieses Forschers ist zu erwarten, dass es ihm noch gelingen werde Einblick in den Farben- wechsel selbst zu erlangen. Folgende an das Kleid des Weibchens erinnernde Anomalien ka ich unter der Serie grüner Eclecti des Dresdner Museums namhaft machen: 3 C. Fr. W. KrUKENBERG, Über die verschiedenartige Färbung eines Eclectus polychlorus-Paares aus Neu Guinea. Vergl.-physiol. Studien. II, 4. Abth. p. 164 bis 465. 4884, Nr. Nr. Nr. Nr. Über die Färbung der Nestjungen von Eelectus (Wagl.). 159 . 4340 (E. polychlorus auct. von N. W. Neu Guinea): Einige Rückenfedern mit dunkel rothbraunen Flecken. . 1306 (E. polychlorus auct. von N. W. Neu Guinea): Jüngerer Vogel: Unterseite purpurbräunlich angelaufen, undeutlicher röthlicher Fleck auf einer Schwinge 2. Ordnung. 1929 (E. polychlorus auct. von Halmahera?): Jüngerer Vogel in der Mauser. Rothe und blaue Federn auf der Brust. (Ein Männchen vonE. grandis auct. wie die Nuance von Blau auf der Brust zeigt, und nicht von E. Linnei. Die grünen poly- chlorus als Männchen von grandis und Linnei sind be- kanntlich nicht zu unterscheiden.) 3756 (E. polychlorus auct. von Neu Guinea?): Die Hälfte des Schwanzes und der unteren Schwanzdecken roth. (Abgebildet Proc. Zool. Soc. 1877. pl. LXXIX.) 567 (E. polychlorus auct. von Halmahera): Rothbraune Nuance auf einigen Kropffedern. .5035 (E. polychlorus auct. von S. O. Neu Guinea): Unterseite bläulich überlaufen. 5096 (E. intermedius auct. von Buru): Am Halse einzelne ganz rothe Federn, ebenso am Oberschenkel. 1937 (E.intermedius auct. von Buru): Jüngerer Vogel: Viel rothe Federn am Halse, blaue auf der Brust. Ich habe schon in der ersten Abhandlung über die Eclectus- Frage35 eine Reihe von Exemplaren namhaft gemacht, deren anomale Färbungen ich je als Erbtheile der Mutter und des Vaters be- reits damals auffasste, und komme nunmehr auf anderem Wege zu dem- selben Resultate. Schließlich benutze ich diese Gelegenheit, um anzuführen, in wel- chen Zwischenräumen das bei mir lebende Eclectus-Weibchen in der Gefangenschaft Eier gelegt hat: Am 8. September 1878 1 Ei » November » A » 2.9. » 18794 » » 23. Februar 141880 4 » (sehr klein) » 23. December » 41» » 9. April 1881 A » » September » 2 Eier » December » AEi. 3 Verh. Zool. bot. Ges. 4874. p. 488 und 489. 160 A. B. Meyer, Über die Zeit der Mauser habe ich erst se dem Jahre 1880 Buch geführt, und zwar fand dieselbe statt: Vog die Von Juni bis Juli 1880. » März » Juni 1881 » November 1881 » Februar 1882. Anhang. Wie sehr Ornithologen, wissenschaftliche Reisende, Sammler und elzüchter sich für die »Eclectus-Frage« interessirt haben, beweist folgende Zusammenstellung, welche die Titel aller mir bekannt ge- wordenen, seit 1874 erschienenen Abhandlungen und Notizen über diese Frage enthält: Ä 1) 2) 3) 4) 14) 4, März 4874. A. B. Meyer: Über einen bemerkenswerthen Farbenunterschied der Geschlechter bei der Gattung Eclectus (Wagler) und über die Zu- sammenziehung der sieben Arten: E. polychlorus, intermedius, Westermanni, Linnei, grandis, cardinalis und Cornelia in eine: Eclectus polychlorus, Verh. der k. k. Zool. bot. Gesellsch. in Wien. vol: XXIV. p. 179—1490. Mai 4874. A. B. Meyer: Über die Papageiengattung Eclectus: Zoolog. Garten. vol. XV. p. 4614—175. Mai 1874. H. ScHLEGEL: Revue de la coll. des perr. (Psittaci), faisant partie du Mus. d. Pays Bas. (Bestreitung der Thatsache.) Oktober 4874. P. L. Scrarer: Dr. A. B. Meyers Ornithological Discoveries in New Guinea. Ibis. 3. ser. vol. IV. p. 449—420. (Zweifel.) Mai 4875. A. B. Meyer in: Die Papageien Neu Guineas. Verh. der Ges. »Isis« zu Dresden. p. 77. Juli 4875. A.B. Meyer: Eclectuspolychlorus in: Ornithol. Mitth. T. Mitth. a. d. kgl. zool. Mus. zu Dresden. Vol. I. p. 11—13. 4. August 4875. O. Beccarı in: Lettera ornitologica: Ann. Mus. civ.d. stor. nat. di Genova. vol. VII. p. 745. 1875. T. Sarvanorı: Eclectus polychlorus in: Cal. d. Ucce. di Halmahera e della Papuasia. Ibid. p. 756—757. 4875. T. Sarvanorı und L. M. D’ALBERTIS in: Uccelli papuani. Ibid. p. 810. 4. Juli 4876. I. Casanıs: Sind Edelpapageien (Eclectus Wagl.) in der Ge- fangenschaft gezüchtet und wie hat sich die Verschiedenheit der Färbung der zwei Geschlechter bei den Alten und bei den Nestjungen verhalten ? Orn. Centralblatt. vel. I. p. 5. ) 1876. J. CABanıs und A. REICHENoWw : Journ. f. Orn. vol. XXIV. p. 324. 19. Februar 4877. G. Brown: Letter on Eclectuspolychlorus. Proc. Zool. Soc. p. 107 (apud ScLATEr). (Bestreitung der Thatsache.) Mai 4877. T. Sarvanorı in: Prod. Orn. Pap. et Mol. III. Psittaci. Ann. Mus. civ. di Genova. vol. X. p. 31. 4. Juni 4877. H. FiEeDdLer in: Ornithol. Centralblatt. vol. Il. p. 87. (Bestreitung der Thatsache.) Über die Färbung der Nestjungen von Eeleetus (Wagl.). 161 45) 43. Juni 4877. E. Linpen: Ibid. vol. III. p. 137. 46) Juli 1877. W. A. Forses: Recent observations on the parrots of the genus Eclectus. The Ibis. Ser. 4. vol. 4. p. 274—283. 47) 25. Juli 1877. T. Sarvaporı: A few words on the parrots of the genus Eclec- | tus Wagler. Ibid. p. 474—476. 48) 20. November 4877. A.B. MEyEr: Some additional proof, if needed, of the fact, that the red Eclecti are the females of the green ones. Proc. Zool. Soc. p. 800—802. plate LXXIX. 49) 1877. T. SaLvAnorti in: Uccelli della N. Guinea. Ann. mus. civ. di Genova. vol.X. PIAB1. 20) 5. März 4878. P. L. ScLAter in: Birds from Duke of York Island. Proc. Zool. Soc. p. 290. 2%) Juli 4878. E. P. Ramsay: Letter on eloctus polyehlorus and Linnaei. Eheibis. % ser. vol. 1. p. 379. 23) Juli 4878. G. Brown: Letter onEclectuspolychlorusandLinnaei. Ibid. p. 379—380. 23) 43. Juli 4878, A. B. Meyer: Die Farbenunterschiede in den Geschlechtern bei den Edelpapageien (Eclectus Wagl.). Orn. Centralbl. vol. III. p. 149. 24) August 4878. H. v. ROSENBERG in: Die Papageien von Insulinde:: Zoolog. Garten. vol. XIX. p. 348. Anm. 2. (Bestreitung der Thatsache.) 25) A. September 4878. J. D. E. SchmELtz: Orn. Centralbl. Vol. II. p. 435 und Be- richtigung dazu. Ibid. p. 137. 26) 9. September 1878. A. B. Meyer: Das Ei von EclectusLinnei. Ibid, p. 137. 27) 45. September 1878. H. FıeDLer: Über die Geschlechter bei Eclectus. Ibid. p. 137. (Zweifel.) 38) 45. September 4878. H. Borau: Geschlecht von Eclectus polychlorus. Ibid. p. 137. 29) 30. September 1878. E. P. Ransavy: Junge von Eclectus polychlorus. Proc. Linn. Soc. N. S. Wales. vol. III. p. 253 (1879). 30) 4. Oktober 1878. A. B. Meyer: Eclectus polychlorus in J. GouLp: Birds 3 of New Guinea. pt. VI. pl. 4. 34) A4.November 4878. A.B. Meyer: Noch einmal die Geschlechtsverschiedenheiten in der Papageiengattung Eclectus (Wagl.). Zool. Garten. vol. XIX. p. 377 bis 379. ‚ ) 26. November 4878. T, SaLvavorı: Proc. Zool. Soc. p. 78 (E. roratus). 33) 1878. A. E. Brenn: Illustr. Thierleben. I. p. 60—70. (Zweifel.) ) 14.Januar 4879. O. Fınsc# in: Birds from Duke of York Is. Proc. Zool. Soc. p. 12. ) März 1879. A. FrenzEL: Aus meiner Vogelstube. 5. Eclectuspolychlorus. Monatsschr. der D. Ges. zum Schutze d. Vogelwelt. vol. IV. p. 46—49. 36) 15. März 1879. J.D. E. Schmerz: Über Edelpapageien. Orn. Centralbl. vol. IV. p. 47 und 48. 37) 47. April 4879. K. Russ in: Die 4. Ausstellung der »Ornis«e. Gef. Welt. vol. VIH. pP. 167—168. 38) 1.Mai1879. A.B. Meyer: Beitr. zur Kenntn. d. Edelpapageien. Ibid. p. 185—186. 39) 34. Juli 4879. K. Russ in: Die Vögel des Herrn Dr. PrAten. Ibid. p. 330. 40) 7. August 4879. H. SchrusA in: Mitth. über versch. Papageien. Ibid. p. 341. 4A) AA. September 1879. A. FREnzeL : Zur Kenntn. der Edelpapageienetc. Ibid. p.391. 42) 18. September 1879. H. FırpLer : Edelpapageien etc. Ibid. p. 400. (Zweifel.) ) 3) 25. September 1879. K. Russ in: Die Vogelliebhaberei etc. Ibid. p. 408 u. 440. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XXXVII. Bd. aA EI 162 A. B. Meyer, Über die Färbung der Nestjungen von Releetus (Wagl.). 44) 25. September 14879. A. FrEnZEL: Züchtung. Ibid. p. 444. 45) Oktober 4879. H. B. Trıstram in: On birds from the Solomon Is. etc. The Ibis. Ser. 4. vol. III. p. 442. 46) 2. Oktober 4879. A. FrenzeL: Über Edelpapageien. Gef. Welt. vol. VII. p. 424 bis 422. 47) 30. Oktober 1879. K.Russ in: Wiederum ein Züchtungserfolg. Ibid. p. 461 —462. 48) A879. T. Sarvanorı: Ann. Mus. eiv. di Genova. vol. XIV. p. 639. | 49) 3, Februar 4880. P. L. ScrAater: On birds from Duke of York island. Proc. Zool. Soc. p. 66. 50) 48. März 4880. A. EserLE: Ein zahmer Edelpapagei. Gef. Welt. vol. IX. p. 132 bis 133. 54) 8. April 1880. K. Russ in: Die 2. Ausstellung der »Ornis«. Ibid. p. 168. 52) 20. Mai 4880. E. Römnıch und A. VoLGer: Paarung von E. polychlorus und grandis. Ibid. p. 235. 53) 45. Juni 4880. T. SaLvAport in: Orn. pap. vol. I. p. 197—2146. 54) 24. Juni 1880. K. Russ in : Aus meiner Vogelstube. Gef. Welt. vol. IX. p. 288. 55) Juli 1880. E. L. C. Layarp in: Coll. trip. in theN. Hebrides etc. The Ibis. 4. ser. vol. IV. p. 301. 56) 19. August 14880. E. Römmica und A. VoLGer: Zur Züchtung der Edelpapageien. Gef. Welt. vol. IX. p. 3741—372. 57) 24. September 1880. K. Russ in: Über die fremdländischen Stubenvögel ete. Vor- trag: Tageblatt der Naturf.-Vers. in Danzig. p. 162. (Auch: Gef. Welt. vol. IX. p. 540.) 58) 4880. A. B. Meyer in K. Russ: Fremdl. Stubenvögel. vol. III. p. 446, 449 u. 852. 59) 1880. K. Russ: Die Papageien. (Fremdl. Stubenvögel. vol. III.) Vorrede p. VII, p. 432—449 und 852. 60) Januar 4884. A. FrenzeL: Zur Naturgeschichte der Edelpapageien. Monatsschr. d. D. Ver. zum Schutze der Vogelwelt. vol. VI. p. 22—26. 64) Januar 1884. A. B. Meyer in A. FRENZEL: Zur Naturgesch. etc. Ibid. p. 26—27. 62) März 4881. O. FınscH: Orn, Letter. VIII. The Ibis. 4. ser. vol. V. p. 538. | 63) 1884. C. Fr. W. Krukengere: Über die verschiedenartige Färbung einesE. poly- chlorus-Paares aus Neu Guinea. Vergl.-phys. Stud. vol. II. p.164—1465. Siehe auch vol. II. 2. Abth. Tafel I (1882). 64) November 1884. A.B. Meyer: Die Farbstoffe der Federn der Edelpapageien..... nach Unters. von Dr. KrukEngBerg. Mitth. d. Orn. Ver. in Wien. vo!. V. p. 83—85. Siehe auch vol. VI. p. 44 (1882). 65) 10. November 1884. A. FrenzeL: Züchtung. Gef. Welt. vol. X. p. 541. 66) 40. November 4884. K. Russ: Züchtung. Ibid. p. 511. 67) 29. November 1884. A. B. Meyer: On a new species of Eclectus from the Timorlaut Islands. Proc. Zool. Soc. p. 881—883. 68) 8. December 1884. K. Russ: Gezüchtete Edelpapageien. Ibid. p. 554—552. 69) 1882. A. FrenzeL: Zur Naturgeschichte der Edelpapageien. IV. Monatsschr. d. D. Ver. zum Schutze der Vogelwelt. vol. VII. p. 124—497. 70) 1882. A. B. Meyer: Über den Xanthochroismus der Papageien. Stzgsber. d. k. pr. Ak. d. W. zu Berlin. p. 5417—524. 74) 4882. K. Russ: Die erste Züchtung der Edelpapageien. Gef. Welt. vol. XI. p. 239— 24. Dresden, Februar 1882. — ı Su 7 \ Beiträge zur Anatomie von Ankylostoma duodenale (Dubini) — Dochmius duodenalis (Leuckart). Von Wilhelm Schulthess, I. Assistent der propädeutischen Klinik in Zürich. Mit Tafel XI und XI. Während der Monate Februar bis September 1881 wurde auf der propädeutischen Klinik des Herrn Professor Dr. Oscar Wyss in Zürich eine Anzahl von Gotthardtunnelarbeitern behandelt, welche mit Anky- lostoma duodenale behaftet waren und an der sogenannten Gotthard- anämie litten, deren ätiologisches Moment, wie die Erfahrungen der letzten zwei Jahre lehren, zweifelsohne in jenem Parasiten zu suchen ist. Die durch Darreichung von Extract. fil. mar. aether. abgetriebenen Würmer lieferten das Material zu der vorliegenden Arbeit; dasselbe wurde mir von Herrn Professor Wyss, meinem hochverehrten früheren Lehrer und jetzigen Vorgesetzten bereitwilligst vollständig überlassen. Ich spreche ihm sowohl dafür als auch für die Unterstützung und Auf- munterung, die er mir in stets wohlwollender Weise während der zeit- ‚ raubenden Untersuchungen hat angedeihen lassen, meinen herzlichen Dank aus. Eben so danke ich Herrn Professor Dr. HrEınricHn Frey und Herrn Dr. phil. Asper für manche freundliche Rathschläge und Unter- stützung durch Litteratur, welch letztere mir auch von anderer Seite in ‚ sehr anerkennenswerther Weise zu Theil wurde. Ich gedenke in Folgendem die Krankengeschichten derjenigen ‚ Patienten !, welche die Parasiten in größerer Zahl beherbergten, in ‚ knappem Auszuge wiederzugeben, und werde hauptsächlich auf die i ! Dieselben Krankengeschichten sind verwendet in der Dissertation von ‚ ALEXANDER Monienrtti: »Ein Beitrag zur Pathologie der Anchylostomoanämie«. \ Zürich 1881. Eben daselbst sind einige meiner Untersuchungsresultate in der kurzen | Beschreibung des Thieres bereits angegeben. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XXXVII. Bd. 12 \ 4 £& Wilhelm Schulthess, früheren Aufenthaltsorte der betreffenden Leute, die Zeit, welche sie im Tunnel zubrachten, ferner die Applikation des Vermifugiums, die Zeit des Abganges der Würmer, ihre Zahl, ihr Geschlecht, endlich auf die Formen der Eier Bedacht nehmen, weil diese Punkte alle von Interesse sind für die Biologie des Parasiten. FallI. Solar, Joh. Bapt., 31 J. Tunnelmaurer aus Süd-Tirol. Ein- getreten 13. II. 81. Anamnese. Pat. war in der Heimat immer gesund, verließ dieselbe vor 8 Jahren, war als Erdarbeiter zuerst in Baiern, dann in der Nähe von Kassel, dann in Würtemberg, endlich im Kanton Zürich beschäftigt. Um das Neujahr 1880 übernahm er Arbeit im großen Gotthardtunnel, welchen er im Mai desselben Jahres noch in voller Gesundheit verließ um nach Brunnen überzusiedeln, wo er in den kleinen Tunnels der Gotthardlinie be- schäftigt wurde. Während des Sommers 1881 stellten sich die Symptome der Anämie ein nebst dyspeptischen Beschwerden, welche den Patienten veranlassten am 2. X. 81 in das Spital in Schwyz einzutreten, woselbst er an Magenkatarrh behandelt worden sein soll. Nach fast dreimonatlicher Be- handlung trat etwelche Besserung ein, Patient arbeitete wieder circa 14 Tage, musste aber wegen ähnlicher Beschwerden wie vorher die Arbeit ganz auf- geben, kam nach einigen Wochen Herumtreibens auf die prop. Klinik. Diagnose: Hochgradige Gotthardanämie. Die Stühle enthalten nur wenige Eier von Ankylostoma duodenale. Die antiparasitäre Therapie wird erst in den nächsten Tagen ein- geleitet. 15. II. Patient erhält Nachmittags: Ol. Ricin. 2 Esslöffel. Abends: Extract. fil. mar. 10,0. Pulv. fil. mar. qu. sat. ut. f. pil. No. 1 Davon werden heute 30 Stück eingenommen. 46. II. Patient nimmt die übrigen 70 Pillen während des Morgens, eine Stunde später Ol. Ricin. £ Sämmtliche Stühle werden nach Verdünnung mit Wasser genau unter- sucht. In denjenigen vom Nachmittag finden sich die ersten Exemplare von Ankylostoma duodenale. 17. U. Die heute Morgen abgegangenen Stühle enthalten die letzten | Exemplare von Ankylostoma. Die Zahl sämmtlicher abgegangener Thiere beträgt 142, man findet darunter keine männlichen Thiere. 5. III. Im Stuhl keine Eier von Ankylostoma nachzuweisen. Nach zweitägiger flüssiger Diät werden gereicht: Extract. filic. mar.aeth. 15,0. Pulv. fil. mar. qu. s. u. f. pil. No. 150. Die Pillen werden innerhalb 10 Stunden genommen, nachher Ol. Ricinl N Vollständig negatives Resultat der über mehrere Tage ausgedehnten ge- | nau durchgeführten makroskopischen und mikroskopischen Stuhluntersuchung. Der Kräftezustand hat sich etwas gebessert. Beitr. zur Anat. von Ankylostoma duodenale (Dubini) = Dochmius duodenalis (Leuckart). 165 17. II. Nach zweitägiger flüssiger Diät werden abermals gereicht: Extract. fill. mar. aeth. 25,0 Pulv. fil. mar. qu. sat. u. f. pil. No. 250. Die Pillen wurden in circa 42 Stunden eingenommen. Ol. Ricin. In den Stühlen werden weder Parasiten noch Eier gefunden. 7. IV. Patient verlässt vollkommen arbeitsfähig das Spital. Die Anämie ist fast ganz geschwunden. Falll. Grundler, Anton, 27 J. Maurer, Tirol. Eingetreten: 5. IV. 81. Anamnese: Patient war in der Jugend gesund, verließ die Heimat in seinem 13.Jahre, blieb aber in Tirol, arbeitete später in der Schweiz (Aarau, Bülach, bei Zürich), dann in Würtemberg an verschiedenen kleinen Tunnels. Vor circa 21/, Jahren siedelte er nach Amsteg über, war dort im Freien be- schäftigt. Im Februar 1880 trat er im großen Gotthardtunnel in Arbeit. Sein Gesundheitszustand war während dieser Zeit leidlich, erst im Februar fühlte sich Patient unwohl. Er bekam Husten, Bauchschmerzen, es stellte sich all- gemeine Prostration ein. In Folge dessen ließ er sich in das Arbeiterspital in Göschenen aufnehmen. Anfang März 1881 traten Diarrhoen ein, Patient verließ das betreffende Spital Ende März. Eintritt in das hiesige Spital auf Rath eines Arztes in Andermatt. Resume des Status praes. : Hochgradige Anämie, ziemlich starke Pig- mentirung der ganzen Hautoberfläche. Narbe einer operirten Hasenscharte. Rasselgeräusche über den unteren Partien der rechten Lunge. Druck- schmerz in der rechten Ileocoecalgrube und etwas oberhalb. Dünne Stühle, welche sehr zahlreiche Eier von Ankylostoma duodenale enthalten, meist mit 2—4ı Furchungskugeln. Therapie: Chin. tann. Gute Ernährung. 19. IV. Diarrhoe besteht fort. Subjekt. Befinden, Kräftezustand etwas verschlimmert. In den Stühlen immerfort Eier von Ankylostoma duodenale. Würmer oder Theile derselben werden nicht gefunden. 20. IV. Flüssige Diät. Ol. Ricin. 21. IV. Extract. fil. mar. 15,0. Bulv il mar. qu.s. u. f. p. No. 150. Die Pillen werden in 10 Stunden genommen, nachher Ol. Ricin. 22. IV. In den heute abgegangenen Stühlen finden sich 647 Ankylo- stomen, darunter 4188 Männchen. Patient klagt nicht mehr über das lästige Gefühl unterhalb des rechten Rippenpfeilers. Auffallende Verbesserung der Stimmung, welche bis jetzt immer etwas hypochondrisch war. 13. V. Eier werden im Stuhl nicht mehr gefunden. Die Diarrhoen sind vermindert, aber nicht vollständig zurückgeblieben. Patient verlässt in gutem Kräftezustand das Spital. Fall III. Tacca Jiovanni, 27 J. Handlanger, Süd-Tirol. Eingetre- ten: 26. IV. 81 4 Anamnese: Patient war in den ersten Lebensjahren schwächlich (Rhachitis),, später gesund, trat, nachdem er die Heimat verlassen hatte, so- 12* 166 Wilhelm Schulthess, gleich im großen Gotthardtunnel in Arbeit, woselbst er fünf Jahre lang blieb. Der Gesundheitszustand war bis in die letzte Zeit gut. Seit September 1880 fühlte er sich oft schwach und müde und trat wegen Diarrhoe, zunehmender Schwäche Mitte Oktober 1880 in Göschenen in das Spital, wurde daselbst einen Monat lang ohne Erfolg behandelt. Nachdem er sich wieder eine Zeit lang in Luzern aufgehalten, wurde er nochmals 2!/; Monat im Spital von Zug, wie es scheint nicht mit Antiparasiticis, ohne Erfolg behandelt. Resume des Status praes.: Mäßige Anämie, Druckschmerz und spontan. Schmerz in der lleocoecalgegend und etwas oberhalb; Eier von Ankylostoma duodenale in den Stühlen, bei 80facher Vergrößerung in einem Gesichtsfeld 3—4. 13. V. Nach zweitägiger flüssiger Diät: Extract. fil. mar. 15,0 Puly. fil. mar: :qu.,s. u... p.. No0,.150. Innerhalb 5 Stunden eingenommen, nachher kleine Dosen Kalomel und Ol. Ricin. 14. V. In den gestern abgegangenen Stühlen werden 64 Würmer und zwar 51 weibliche und 13 männliche Ankylostomen gefunden, daneben vier Exemplare von Trichocephal. dispar und zehn von Oxyuris vermicularis. Das Gefühl von Druck an der erwähnten Stelle ist verschwunden. Die Stim- mung des Patienten bedeutend heiterer als bisher. 21. V. In den Stühlen werden keine Eier mehr gefunden. Patient, der sich rasch erholt hat, wird entlassen. FallIV. Rossi Jiovanni, %4J., Maurer, Verona. Eingetreten: 13.V. 81. Anamnese: Patient war früher nie krank. Er verließ die Heimat im Jahr 1875, arbeitete in Zürich (1875 und 1876), in Baden und Würtemberg (1878 und 1879), Lothringen (Ende 1879 und Anfang 1880), endlich im großen Gotthardtunnel vom Februar bis December 1880. Er gab die Arbeit daselbst auf wegen allmählich sich einstellender Schwäche, um im Arlbergtunnel wie- der für zwei Monate dieselbe Beschäftigung zu übernehmen. Es trat in dieser Zeit keine Besserung ein. Seitdem hat sich Patient meist in Zürich herum- getrieben, wird heute auf Empfehlung der medicinischen Poliklinik aufge- nommen. Resume des Status praes., aufgenommen bei der Vorstellung des Patienten in der medicinischen Klinik durch Herrn Professor Wyss am 16. V.: Sehr hochgradige Anämie, anäm. Herzgeräusche. Im Stuhl Eier von Ankylostoma duodenale. Gotthardarbeiter. 17. V. Nach zweitägiger flüssiger Diät und Ol. Ricin. Extract. fil. mar. aeth. 15,0 Pulv. fil. mar. qu. s. u. f. p. No. 150. Die Pillen werden in 10 Stunden genommen. Ol. Riein. um 14 und ah, In den am Nachmittag abgegangenen Stühlen finden sich 250 Ankylo- stomen, sämmtlich Weibchen, fast alle Exemplare von derselben ziemlich be- trächtlichen Größe. 933. V. Patient hat seit der Kur etwas Gastritis. 6. VI. Kräftezustand gebessert, Patient klagt noch hier und da etwas über Magenschmerzen, wird entlassen. | | | | Beitr, zur Anat. von Ankylostoma duodenale (Dubini) = Dochmius duodenalis (Leuckart). 167 FallV. Pedrotti Jiovanni, 30 J., Handlanger aus Trient. Einge- treten‘: '25.'V. 81. Anamnese: Verließ die Heimat im Jahre 1874, arbeitete drei Monate in Baiern, nachher immer in der Schweiz und zwar während der fünf foi- genden Jahre in Bülach, Brugg, Basel, Waldshut. Im Februar 1880 ging er nach Wasen (Kanton Uri), wurde dort an der Gotthardbahn beschäftigt und zwar wederin einem größeren noch in einem kleineren Tunnel. Im März begab er sich nach Wollishofen bei Zürich, Mitte des Sommers 1880 nach Konstanz, Anfang 1881 nach Waldshut, immer mit Erdarbeiten beschäftigt, nie in einem Bergwerk oder Tunnel. Seit Anfang dieses Jahres leidet Patient an Symptomen von Anämie. Er war nie bettlägerig. Resume des Status praes. und der klinischen Vorstellung durch Herrn Professor Wyss: Anämie. Hypertrophie des linken Ventrikels, mäßige Vergrößerung nach rechts, systol. Geräusch an der Mitralis. — Im Stuhl viele Eier von Ankylostoma duodenale, meistens in vorgeschrittenen Stadien der Furchung 20—30 Kugeln. Keine lebenden Embryonen. Therapie: Gegenwärtig Ferrum. 3. VI. Nach zweitägiger flüssiger Diät: Extract. fil. mar. aeth. 15,0 Pulv. fil. mar. qu. s. u. f. pil. No. 150,0. Die Pillen werden in circa 10 Stunden eingenommen, nachher Ol. Ricin. Am Nachmittag findet man in den dünnen Stühlen 152 weibliche und 1 männ- liches Exemplar von Ankylostoma duodenale nebst einem Trichocephal. dispar. 17. VI. Die Untersuchung der Stühle gab seit der Kur immer negatives Resultat. Patient hat sich bedeutend erholt, sein Aussehen ist viel weniger anämisch. Die Untersuchung des Herzens ergiebt dasselbe Resultat wie beim Eintritt. In der Vagina sämmtlicher mikroskopisch untersuchter Thiere fanden sich Eier, die lebendige Embryonen enthielten, obgleich die Thiere 24 Stun-- den in Mürzer'scher Flüssigkeit gelegen hatten. Fall VI. Petechi, 25J., Mineur aus der Umgebung von Mantua. Ein- getreten: 7. VI. 81. Anamnese: Patient litt in seiner Jugend oft an Wechselfieber. Im Jahre 1874 ging er nach Frankreich in die Nähe von Marseille, nach 4 Jahr als Mineur nach Afrika in die Umgebung von Bone, lag dort lange am Fieber krank, kehrte nach 1°/, Jahren nach Mantua zurück, woselbst er an einer Krankheit daniederlag, die mit starker Anschwellung der Extremitäten und des Unterleibes einherging, während welcher der Urin sehr trübe gewesen und in geringer Menge abgesondert worden sein soll. Erst nach einem Jahr war Patient so weit hergestellt, dass er wieder arbeiten konnte. Er hielt sich einige Monate inRom und Mantua auf. Vor zwei Jahren kam er in die Schweiz (Kanton Tessin) arbeitete vom März 1880 bis Januar 1881 im großen Gott- hardtunnel und zwar 8 Monate an der Südseite, 2 Monate an der Nordseite. Symptome von Anämie, Diarrhoeen und Hämorrhoidalbeschwerden veran- lassten ihn in das Spital in Göschenen sich aufnehmen zu lassen. Nach der Entlassung daselbst, ohne bedeutende Besserung, arbeitete er noch in einem 168 Wilhelm Schulthess, kleineren Tunnel der Gotihardbahn, die genannten Beschwerden besserten sich nicht und Patient wurde in äußerst verwahrlostem Zustande hier auf- genommen. : Resume des Status praes.: Mäßige Anämie, Condylomata; Eier von Ankylostoma duodenale in den Stühlen, meist in den niedrigeren Stadien der Furchung. 2—4 Kugeln, nur einzelne zeigen 20—30. Therapie besteht einstweilen in der Behandlung der Condylome. 10. VI. Nach zweitägiger flüssiger Diät: Extract. fil. mar. aeth. 15,0 Pulv. fil. mar. qu. s. u. f. pil. No. 150. Patient nimmt in circa 10 Stunden 100 Pillen, weigert sich die übrigen zu nehmen. — Ol. Riein. — In den Stühlen 135 Ankylostomen, davon 20 Männchen. 16. VI. Patient wird gebessert wegen Platzmangels entlassen. Die Stühle enthalten keine Eier mehr. Fall VII. Buzzi Marcello, 30 J., Erdarbeiter, Piemont. Eingetreten: INT. 81. | Anamnese: Patient war in seiner Jugend vollkommen gesund. Er arbeitete bis vor zwei Jahren in der Nähe seiner Heimat. Vom Februar bis September 1880 im großen Gotthardtunnel. Besonders in diesem Monat trat eine rasch zunehmende Schwäche und Müdigkeit, insbesondere auch Be- engung ein. Patient der sich seitdem immer in der Nähe des Tunnels herum- trieb, kann seit December 1880 gar nicht mehr arbeiten, kam aber erst jetzt in sehr elendem Zustande in das hiesige Spital. Resume des Status praes.: Sehr hochgradige Anämie, Ödeme der Füße, Collapserscheinungen. Eier von Ankylostoma duodenale in den Stühlen. Therapie: Tinct. nerv. Bestuch. 1A. VI. Seit zwei Tagen flüssige Diät. Extract. fill. mar. aeth. 10,0 Pulv. fil. mar. qu. s. u. f. pil. No. 100 während des Vormittags eingenommen, nachher Ol. Ricin. 18. VI. In den Stühlen sind 222 weibliche, 8 männliche Ankylostomen und ein Trichocephal. dispar. gefunden worden. 12. VII. An den Knöcheln immer noch leichte Ödeme, Patient wird auf Wunsch gebessert entlassen. Die Stühle enthielten keine Eier mehr. Historisches. Obgleich die Behaftung mit Ankylostoma duodenale ein in vielen Fällen schweres Krankheitsbild hervorruft, obgleich dieses Krankheitsbild in seinen verschiedenen Formen, tropische Chlorose, Sumpf-Cachexie, Mineuranämie sehr weit verbreitet und schon sehr lange bekannt ist, wurde doch der genannte Parasit erst im Jahre 1838 und zwar in Italien entdeckt. Dr. Dusını fand ihn in Mailand hei der Sektion einer weiblichen Leiche und nur in geringer Zahl im Duodenum. Die erstgefundenen | Exemplare waren sämmtlich weibliche, allerdings wurden bald nachher | Beitr. zur Anat. von Ankylostoma duodenale (Dubini) = Dochmius duodenalis (Leuckart), 169 auch männliche gefunden. Bei genaueren Nachforschungen stellte es sich heraus, dass in 20°/, sämmtlicher Leichen der Wurm vorhanden war. Dusını sucht die Erklärung für die relativ späte Entdeckung dieses Nematoden erstens in der öfters vorkommenden Vernachlässigung der Darmuntersuchung, zweitens in der Art derselben. Spült man nämlich den Darm ab, sagt der betreffende Autor, so wird man selten einen Wurm finden. Man muss zu diesem Zweck den aufgeschnittenen Darm, ohne die Fäces abzuspülen, ausbreiten und die letztern, besonders aber den vorhandenen Schleim, genau durchsuchen. Von dieser Zeit an ist kein Jahrzehnt verstrichen, in welchem sich nicht der Bezirk der geographischen Verbreitung des Ankylostoma um ein Bedeutendes erweitert hätte. Busnion giebt in seiner im Mai dieses Jahres erschienenen Arbeit über die Gotthardepidemie ! u. a. eine ausführliche Übersicht über das allmähliche Auftauchen neuer Fundorte. Es sei mir gestattet dieselbe hier im Auszuge wiederzugeben. Das Ankylostoma duodenale wurde nachgewiesen: 1847 in Ägypten durch Pruner 2 1852 » Kairo » BiLHARZ® 1854 » Ägypten » GRIESINGER4 1866 » Bahia » _ WUCHERER® 1866 » Pavia » SANGALLI® 1867 » Mayotta (Comoren) » Dr. GrENET et MONESTIER 7 41874 » Bahia » DELIOUX DE SAvIGnAc®8 ca. 4874 » Cayenne » _Rıon DE KERANGEL9 1872 » der Provinz von Rio Janeiro » RODRIGUEZ DE Mour4 10 1872 » Wien (aus Italien eingeschleppt) » Kunprata!l 1 Revue medicale de la Suisse romande. No. 5. — Busenion, Ankylostome duo- denal et anemie du Gotthard (planche 5). 2 Krankheiten des Orients. Erlangen 1847. 3 Ein Beitrag zur Helminthographia humana nach Briefen des Dr. BıLuArz aus Kairo von v. SıEBOLD. — Diese Zeitschr. 1852. Bd. IV. 4 Klin. u. anat. Beobachtungen üb. die Krankheiten v. Ägypten. Anchylostomen- krankheit u. Chlorose. ViERORDT'S Archiv f. phys. Heilkunde. Jahrg. 13. 1854. p. 54. 5 WUCHERER, Üb. Anchylostomenkrankheit. Deutsch. Arch. f. klin. Medicin. 1872. 6 Geografica elmintologica, Anchylostoma e Trichina, Giornale d’anatomia e fisiologia patologica. Vol. 3. 1866. 7 Presence de l’anchylostome duodenal sur un sujet mort A Mayotte de cachexie aqueuse ou mal-coeur. Arch. de med. Paris 1867. p. 70. 8 Bull. de ’Acad. de med. de Paris 4874. p. 765. 9 Busnıon, Revue med. (Distrib. geographique). 10 De l’hypohemie intertropicale consideree comme maladie vermineuse, Gazette med. d. Paris 28. IX. 72, p. 477. 11 Österr. Zeitschr. f. prakt. Heilkunde. Nr.2 40.1.4875 (in ScumArDA, Zoologie. 1877. p. 443 eitirt). 170 Wilhelm Schulthess, 4877 in Florenz durch Sonsıno! und MOoRELLI 4877 » Indien nach Berichten von DAvAIınE 3 4877 » Abessinien » Berichten von DAvAınE 41878 » Pavia durch CiniseLLı*, GrAssı, PARONA® 1878 » Mailand » GrAssı und PAronA6 4879 » der Umgebung von Turin » Dr. GRAZIADEIT 4879 » Java und Borneo » Rorn in Basel 8 4880 » Carignano am Po, Provinz Turin » PERRONcITo 9 4880 auf den Antillen » LomBaArp !0 4880 in Novarra » Bozzoro !1 4880 » Toscana » BozzoLo 1880 » Neapel » BozzoLo 4880 bei einem Arb. vom Gotthardtunnel aus d. Klinik v. Prof. CoxcArto in Turin? 4884 in Sicilien durch Grassı 13 41881 in verschiedenen Bergwerken in Ungarn auf Veranlassung von Prof. PERRON- cıro 1% gesucht und gefunden. Von den italienischen Forschern wird hervorgehoben, dass die Orte, wo die Ankylostomen heimisch sind, gewöhnlich sehr missliche hygieni- sche Verhältnisse aufzuweisen haben. Sumpfiges Terrain, schlechte, enge, meist nur provisorische Wohnungen charakterisiren die Umgebungen der Ziegelbrennereien, woselbst außer in den Reispflanzungen unsere Para- siten häufig sind. Berücksichtigen wir den Gotthardtunnel, die Bergwerke, so kommt wohl zu den oben genannten Verhältissen noch der nicht zu unterschätzende Faktor, »die hohe Temperatur «. 1 L’anchilostom. duoden. in relazione coll anaemia progressiva perniciosa. Imparziale No. 8. 30. IV. 1878. 2 Intorno ad un caso di anaemia progressiva con ucyl nun! duodenale. Lo Sperimentale, Gennajo, 1878. fasc. A. 3 DAvaAıne, Traite des Entozoaires Paris. vol. 4. 4877. p. 148. — vol. 2. 1878. p. CXVIII et 931. * Contributo allo studio degli anchilostomi. Annal. univers. dimed.1878.p. 389. 5 Grassı, E. ParonA, C. PAronA, Intorno all Anchilostoma duodenale. Ann. univers. di med. 1878. 6 Dieselben in Ann, univers. di med. 4879. Intorno all anchilostomiasi. 7 Bucnıon, Revue med. (Distrib. geographique). 8 Eben daselbst. Ich stehe nicht an, den daselbst notirten Fall als einen Beweis für das Vorkommen des Thieres an genannten Orten aufzufassen, weil der betreffende Patient direkt gereist ist. 9 R. Accad. di med. di Torino Sedute del 40. et 47. XII. 1880. — L’Osservatore 1880. Nach dieser Mittheilung sollte die Infektion 4 Jahre früher und zwar in Mantua erfolgt sein. 10 Traite de climatologie med. Paris. t. II. 4879. p. 409et4641.t. 1IV.4880.p. 390. 11 Busnıon, Revue med. Privatmitth. v. Prof. BozzoLo wie bei d. beiden folgenden. 12 Lava, L’Osservatore, Gazetta delle cliniche de Torino. No. 6. 40. II. 1880. 13 wie 11, 14 Der Dochmius und verwandte Helminthen in ihren Beziehungen zur Berg- cachexie. Centralblatt f. d. med. Wissenschaften. 4881. Nr. 24. Beitr. zur Anat. von Ankylostoma duodenale (Dubini) = Dochmius duodenalis (Leuckart), 171 Über die muthmaßliche weitere Verbreitung des Ankylostoma lesen wir in der Arbeit von Bucnıon folgendes Citat aus einem Briefe von Dr. BozzoLo, Professor der propädeutischen Klinik in Turin: »Je ne doute pas, qu'il ne soit repandu non seulement en Italie, mais en France, en Allemagne et en Suisse; il faut seulement le chercher. Je suis aussi convaincu qu’un grand nombre d’anemies pernicieuses pro- gressives ne sont autre chose que des cas d’ankylostomasie.« Diesen Worten gegenüber vertrete ich mit voller Überzeugung die An- sicht von Herrn Professor Wyss, welche er in derKlinik ausgesprochen hat: »Wenn auch noch da und dort in Frankreich, Deutschland, in der Schweiz sich dieser Parasit zeigen sollte, so wird er immer auf Orte be- schränkt bleiben, wo er die Bedingungen findet, die nach unsern jetzigen Kenntnissen zu seiner Fortpflanzung und Überführung in den mensch- lichen Organismus nothwendig sind, also: ziemlich hohe Temperatur, Un- reinlichkeit, besonders in Bezug auf das Trinkwasser. Mit den Gotthard- arbeitern werden auch die Ankylostomen die Schweiz verlassen.« Die zweite Behauptung BozzoLo’s, nach welcher ein großer Procent- satz der Fälle von progressiver perniciöser Anämie nichts Anderes als Ankylostomenanämien wären, möchte ich noch mehr in Zweifel ziehen, wenigstens für unser Land. Der Untersuchung des Stuhls bei perniciöser Anämie ist hier und gewiss auch anderwärts viel Aufmerksamkeit geschenkt worden, die Eier der Parasiten wären der Beobachtung nicht entgangen, noch weniger bei Autopsien die Würmer selbst oder die von ihnen herrührenden Verände- rungen der Darmschleimhaut. Es wurden bei diesen Fällen immer ge- naue Darmsektionen gemacht und gesetzt, die Thiere wären dabei sämmt- lich mit den Fäces weggespült worden, was sehr unwahrscheinlich ist, so hätten doch Ecchymosen und blutiger Darminhalt auf die ohnehin bei Arbeiten über perniciöse Anämie! nicht unberücksichtigt gelassene parasitäre Natur hingeleitet. Es geht also der oben citirte Ausspruch Bozzoro’s jedenfalls in jeder Beziehung zu weit. Der Beschreibung Dusınt's?, welche mir nur durch den Auszug in Schnipr’s Jahrbüchern? bekannt ist, entnehme ich Folgendes : »Cylindri- scher, 41/, Linien langer, der Länge nach etwas gekrümmter Wurm, der in seinem Vordertheil durchsichtig ist, in drei Viertheilen durch geschlängelte gelbliche, braune oder röthliche Streifen gefärbt erscheint. Eine kugel- 1 Siehe Hermann MüLLer, »Die progressive perniciöse Anämie«. 2 Omobkı, Annal. universal. d. medicina. Aprile 1843. 3 Band41. 1844. p.145—486. Über einen neuen Darmwurm — Agchylostoma duodenal. bei Menschen; von Dr. Dusını. 172 ‚Wilhelm Schulthess, förmige schwarze Masse bildet die Mitte. Das Weibchen hat ein abge- stumpftes wenig gekrümmtes, das Männchen ein fächerförmig erweitertes stärker gekrümmtes Hinterleibsende, in welchem die Genitalien sich befinden. Das Mikroskop konstatirt: Haut durch transversale Streifen gefurcht. Am Ende des Kopfes vier blaue, nach der Saugöffnung gebogene Häk- chen. Unterhalb derselben steigen vier Erhabenheiten aus dem Pharynx, zwei kleinere und zwei größere. Der Oesophagus steigt, sich erweiternd, abwärts, verengt sich an der Magenmündung, zeigt daselbst vier weiche Erhabenheiten, die in das Lumen des Magens hineinragen. Der Magen, mit schwarzer Materie gefüllt, verlängert sich in den Darm, der beim Weibchen vom Ovidukt, beim Männchen vom Samenkanal umgeben ist und in einer Seitenvertiefung an der Spitze des Schweifes sich öffnet. Der Samenkanal erweitert sich in der Mitte der Länge des Wurmes zu einem Samenbläschen, geht von hier wiederum verdünnt zu den Genitalien am Schweif. Derselbe ist aus dem untersten Theil des Darmes, der in der Mitte sich cirkelrund öffnet, dem keulenförmigen Penis, mit welchem die Vasula deferens zusammen münden, und aus einer membranösen Aus- breitung zusammengesetzt. Die letztere bildet eine Art Trichter, dessen Wandungen durch 11 blinde Anhängsel unbestimmter Natur verstärkt sind. Zur Differentialdiagnose von Oxyuris wird angegeben : Dem Ankylo- stoma fehlt die den Kopf erweiternde Blase, er ist größer als der Oxyuris und hat nicht dessen milchweiße Farbe. Dem Oxyuris fehlt die fächer- föormige Ausbreitung des Schweifes, sein Sitz ist das Rectum. Andere Verwechselungen kaum möglich. Dieser ersten anatomischen Beschreibung folgte im Jahre 1850 eine zweite von demselben Autor!. Durch diese, welche mir wie auch das jedenfalls werthvolle Werk von Morın ?2 leider trotz vieler Bemühungen nicht erhältlich war, aber durch Angaben v. Sıesorv’s und LEUCKART’S zum Theil bekannt geworden ist, erfahren wir ferner: Körper gegen das obere Ende etwas verschmächtigt. Pharynx (jetzt Mundkapsel genannt) von blassgelber Farbe und mit festen Wänden. Der Oesophagus ist flei- schig. Aus der Haut entspringen an der Grenze des ersten und zweiten Sechstheils der ganzen Körperlänge zwei kleine konische einander gegen- über stehende Erhabenheiten. In derselben Höhe endigen zwei längliche Körper (Corpi fusiformi)®. Der Anus mündet seitlich in geringer Distanz von dem hinteren Ende. 1 Dusını, Entozoografia humana. Milano 1850. 2 Morin, Il sottordine degli Acrofalli. Memorie dell’ Istituto Veneto delle Scienze. vol. 9, Venezia 4860. p. 61 (Dochmius ancylostomum). 3 Es stammt diese Bezeichnung von Dusını und nicht, wie Busnıon, Revue medi- cale angiebt, von BıLHARz. Beitr. zur Anat. von Ankylostoma duodenale (Dubini) = Dochmius duodenalis (Leuckart). 173 Im Ganzen sind genaue anatomische Beschreibungen ziemlich spär- lich vorhanden und es ist in der Litteratur wohl mehr Platz verbraucht für öfters vorkommende Kontroversen in Betreff der zoologischen Ein- theilung, für die verschiedenen Deutungen der ersten Veröffentlichungen als für die Aufzeichnung neuer anatomischer Beobachtungen. So lesen wir bei Pruner !: Das Ankylostoma duodenale hat einen vierfächerigen Saugrüssel mit 40 Haken zur Befestigung an die Darmwand. Dıesine 2 lässt die Zähne sich kreuzweis gegenüberstehen, was später durch v. SıesoLp mit Recht als Fehler hervorgehoben wird, während Dıesıng’s Bezeichnung »limbo ventrali excisa« für die Bursa ganz gut passt und eben so seine Anschauung der Schwanzrippe »radio dorsali bieruri ramis apice furcatis« jedenfalls ganz richtig ist. Die Seitenrippen betrachtet er als zwei Gruppen von je fünf Rippen. Zu Anfang der ö0ger Jahre lieferte BırLHarz ? einen recht werthvollen Beitrag zur Kenntnis des Ankylostoma und der durch diesen Wurm ver- ursachten Krankheit. Er findet außer den im Darm liegenden oder da- selbst sehr fest gesogenen Würmern noch welche in kleinen Höhlen unter der Darmschleimhaut liegen. Besonders die letzteren, aber auch andere, zeigen einen mit Blut gefüllten Darm. Ferner: Die Corpi fusiformi Dusınr’s sind sehr deutlich vorhanden. Sie sind ein Sekretionsorgan, spindelför- mig, bilden nach ihrer Vereinigung eine Ampulle (der Zeichnung nach bilden sie zwei!), münden in der Gegend der Mitte des Oesophagus. Die Mundöffnung ist der Rückenseite zugekehrt; Geschlechts- und Aftermün- dung liegen auf der entgegengesetzten Seite. Der Penis ist doppelt und schmächtig. Einmal fand Bırnarz ein Pärchen in coitu. — Die der Ar- beit beigegebenen Bilder stellen ein Männchen, ein Weibchen, einen Kopf, die Halsdrüsen, die Bursa in der Seiten- und Rückenansicht dar. Die Zahl der Männchen verhält sich zu der der Weibchen wie 1:3. v. SIEBOLD macht dazu folgende Zusätze : Dizsing hat die Mundtheile verkannt, ihre Beschreibung soll lauten : Os acetabuliforme subcorneum, apertura oris ampla, circularis, subdorsalis, Dentes in fundo oris intra aperturae marginem abdominalem quatuor uncinati. Die Halspapillen sind Tastorgane, bis zu welchen wahrscheinlich die Thiere in die Submucosa eindringen. Die Bursa ist zweilappig, die Rückenrippe an der Spitze gabelig getheilt. Die sämmtlichen Radien der Bursa bilden eine dreithei- lige am Rücken liegende und zwei viertheilige Gruppen. Das Hinterleibs- ende des Weibchens ist spitz konisch. ! Krankheiten des Orients. Erlangen 1847. p. 244. 2 Systema Helminthum. vol. II. Vindobonae 4851. p. 321. 3 Diese Zeitschr. 1853. IV.Bd. p. 53. — EinBeilrag zur Helminthographia hu- mana aus Mittheilungen v. Dr. BıLuarz in Kairo nebst Bemerkungen von v. SIEBOLD, 174 Wilhelm Schulthess, Der Ausdruck : Radius dorsalis apice furcatus scheint uns keines- wegs eine Verbesserung der schon angeführten Dizsıne’schen Definition zu sein, allerdings muss zugegeben werden, dass v. Sırzoın nach der Birnarz’schen Zeichnung, welche die Dreitheilung eines jeden Endastes der Rückenrippe nicht wiedergiebt, zu oben angegebener Definition be- stimmt worden sein kann. KüchHENNEISTER! führt in seiner Beschreibung des Ankylostoma haupt- sächlich die von SırßoLn verbesserten Dizsıne’schen Definitionen an, es besteht aber darin eine Verwechslung der eminentiae conicae im Grunde des Pharynx (Mundkapsel) und den eminentiae conicae in der halben Höhe des Oesophagus, den Halspapillen, nach Dusını punguli tegumentarii. Der »Traite des Entozoaires« von DavaınE? giebt uns ebenfalls nur eine aus den Darstellungen früherer Beobachter kombinirte Beschreibung des Anchylostome duodenal. Nach ihm bildet, wie nach Küch£EnmEisTEr, Ankylostoma eine Gattung. Die Dicke des Wurmes beträgt 0,27 mm. Bedeutend gefördert wurde die Kenntnis der Nematoden und damit auch unseres Parasiten durch die im Jahre 1866 erschienene Monographie von ScHnEIDER 3. Leider konnte sich dieser scharfe Beobachter mit spe- ciellen Untersuchungen über Ankylostoma nicht viel abgeben, weil ihm die nothwendige Anzahl von Exemplaren fehlte. Bei Zusammenfassung des im allgemeinen Theil, in der Genus- und Artdiagnose Erwähnten, hätten wir ungefähr Folgendes, was neu ist oder von den bisherigen Anschauungen abweicht, zu erwarten: Das Ankylostoma duodenale, von ScHNEIDER zum Genus Strongylus gerechnet und als Strongylus duodenalis beschrieben, ist ein Meromyarier, besitzt also eine in acht Längsstreifen angeordnete Muskulatur. Diese Längsstreifen sind durch schiefe von den Median- zu den Seitenlinien gehende Grenzen in einzelne Abtheilungen von mehr oder weniger rhom- bischer Form, Muskelzellen genannt, eingetheilt. Die Ränder derselben erheben sich vorn stärker, hinten weniger stark von der Haut, so dass diese Muskeln mehr oder weniger seichte Rinnen darstellen. Der Innen- seite der Muskeln liegt die zugehörende Märksubstanz dicht an, welche | mit dem Muskel vom Sarkolemma umschlossen ist. Die der Außenfläche | der Muskulatur unmittelbar anliegende und mit ihr den Leibesschlauch bildende Haut ist aus verschiedenen Schichten zusammengesetzt. Die Mundkapsel trägt an der vorderen Öffnung jederseits zwei Zähne, | ! Die in und an dem Körper des lebenden Menschen vorkommenden Parasiten von Dr. FRIEDRICH KÜCHENMEISTER. Leipzig 1855. p. 297. 2 Traite des Entozoaires et des maladies vermineuses par C. DAvAıneE. Paris 1860. 3 Monographie der Nematoden von Dr. Anton SCHNEIDER. Berlin 1866. Beitr. zur Anat. von Ankylostoma duodenale (Dubini) = Dochmius duodenalis (Leuckart). 175 die ventralen sind in je zwei scharfe krallenartige Spitzen getheilt, ihre Schneide ist nach innen gerichtet, die dorsalen haben eine abgerundete nach außen gebogene Spitze. Nach Analogie müssten sie nicht beweglich sein, man findet bei verwandten Arten keine Muskeln, um die Zähne zu bewegen. Der Oesophagus besteht aus radial gestellten Fasern, Längs- fasern scheinen zu fehlen. Sein Lumen ist dreispaltig [eine Spalte zeigt immer genau nach der Bauchlinie), mit einer resistenten Haut ausge- kleidet. Diese trägt wiederum auf ihrer äußeren Fläche sechs leisten- artige längs verlaufende Verdiekungen. Der ganze Oesophaguskörper ist von einer strukturlosen Membran bekleidet. In seiner Substanz liegen da und dort Kerne zerstreut, sein hinteres Ende theilt sich in drei läng- liche abgerundete Zapfen, umfasst vom Darmkanal. Dieser wird gebildet von einer Zellschicht, welcher außen und innen eine feste Cuticula aufliegt. Die innere zerfällt in eine Stäbchenschicht! und eine strukturlose Membran, welche den Zellen direktanliegt. Muskel- fasern sind im hintern Theil des Darmes nicht gefunden. Das Markgewebe reicht bis an den Darmkanal heran, ist mit demselben verwachsen, wenn nicht Genitalschlingen dazwischen liegen.. Bursa rings geschlos- sen, breiter als lang, einen Trichter bildend, drei kurze undeutliche Hinterrippen, Seitenrippen getrennt, Vorderrippen an einander liegend. Spicula 2 mm lang, dünn gleich lang. An der Geschlechtsöffnung der Männchen ein glockenförmiges aufgeschlitztes Gebilde. Es sind diagonal verlaufende Musculi bursales vorhanden. Vagina 4,5 mm vom Schwanz- ende entfernt, mit einfachem Längsmuskelbelag, mündet rechtwinklig in den aus vier Zellenreihen gebildeten, mit zwei Schichten spiralig, im ent- gegengesetzten Sinn gewundener Muskelfasern bedeckten Uterus, dessen beide Schenkel diametral aus einander weichen. Neben dem Schwanz- ende sind zwei Papillen zu erwarten. Die nächste bedeutendere Arbeit, aus der wir über unsern Wurm wieder etwas Neues erfahren, ist die von LeuckArr?. Er beschreibt das Ankylostoma als »Dochmius duodenalis« und schenkt der Schilderung der Anatomie desselben einen längeren Abschnitt. Es sind darin alle Or- gane ausführlich beschrieben und ich will gleich hier bemerken, dass ich meine Untersuchungen größtentheils an der Hand dieser Leuckarr’schen Beschreibung vorgenommen habe. Wir entnehmen ihr hier Folgendes: Die Haut zeigt zwei oder drei Schichten. In den Seitenlinien ver- laufen drei Kanäle, deren einer im Porus excretorius mündet. In der ! Von KörLLıker zuerst beschrieben: Verhandlungen der physikal. medic. Ge- sellschaft in Würzburg. Bd. VIII. Über sekundäre Zellmembranen. ? Die menschlichen Parasiten und die von ihnen herrührenden Krankheiten von RupoLr LeuckArrt. II. Bd. 2. Lfg. p. #40. Dochmius duodenal. 176 Wilhelm Schulthess, vorderen Körperhälfte laufen neben ihnen zwei am vorderen Leibesende mündende deutlich von den Seitenfeldern trennbare Kopfdrüsen her. Schlundring 0,3 mm hinter dem Kopfende. Die Halspapillen fungiren wahrscheinlich als Haftorgane. Die Mundkapsel ist nicht so groß wie Dusinı und BırHnarz sie abgebildet haben. Die Bauchwand ist fester als die Rückenwand. Die randständigen Zähne gehen ohne scharfe Grenze in die Kapselwand über. Im Grunde finden sich ebenfalls zwei Zähne, auf der Rückenwand eine kegelförmige Spitze, die fast bis zur Mundöff- nung emporragt. Darm weit, aus feinkörniger Masse bestehend, trägt außen eine dünne strukturlose Tunica propria, innen eine dicke, borstig zerklüftete Cuticula. Beim Männchen finden sich Analdrüsen. Der männ- liche Genitaltraktus beträgt das Doppelte, der weibliche das —Sfache der Körperlänge. Beide zeigen drei Abschnitte: Hoden, Samenblase und Ductus ejaculatorius respect. Ovarium, Eileiter und Uterus mit Vagina !. Die Bursa ist dreilappig, die Rückenrippe am hinteren Ende gespalten mit je drei kurzen zapfenförmigen Ausläufern, deren innerer nur halb so lang ist als die beiden äußeren. Fünf Seitenrippen, von denen die drei mittleren einem gemeinschaftlichen Stamm aufsitzen, während die hin- teren aus der Wurzel der Rückenrippe hervorgehen. Spicula, 4 mm lang, liegen in einem hohlsondenartigen Chitinstück. Endigungen der Eiröhren oberhalb der 1 mm hinter der Körpermitte gelegenen Vagina. Üterus von vier Zellenreihen gebildet. Vagina von komplicirtem Bau. Weibchen bis 18 mm lang, Männchen bis 10 mm, meist aber geringer (I0—12 und | 6—8 mm). Im Jahr 1872 wurde bekannt gegeben, dass WUCHERER?, der den Wurm in Bahia entdeckt hat, auch den Versuch gemacht hat, die Embryo- logie durch Brütungen zu erforschen. Im Anatomischen verweist er auf LEucKART. Während des letzten Jahrzehntes haben italienische Forscher sich große Verdienste um das Studium der Embryologie erworben. Wenn es ihnen auch noch nicht gelungen ist dieselbe zu einem befriedigenden Abschluss zu bringen und wir uns auf diesem Gebiet immer an die von L£uckArr erforschte Embryologie des verwandten Dochmius trigonocepha- lus halten müssen, so sind doch durch sie die ersten Stadien der Ent- wicklung genau beobachtet worden. In der anatomischen Beschreibung lehnen sie sich immer an die LeuckArr’sche und Dusint'sche an. 1 Mit Vagina bezeichnet LEUCKART den gesammten muskulösen Theil des Geni- talrohrs, welchen ScHhnEIıDErR mit Ausnahme des kurzen Querganges, der von der | Vuiva in die beiden Genitalröhren führt, noch zum Uterus rechnet. Die Histologie dieser Theile ist bei LEUCKART ausführlich besprochen. 2 Deutsches Archiv für klin. Medicin 1872. Über Anchylostoetrane irop. Chlorose oder tropische Hypoämie von Dr. WUCHERER. | j Beitr. zur Anat. von Ankylostoma duodenale (Dubini) = Dochmius duodenalis (Leuckart). 177 Es bleibt mir noch übrig einige Punkte zu erwähnen, welche sie in ihren Arbeiten berühren: Sınsarııl erwähnt einen Befund von 700 todten Ankylostomen bei einer Sektion. Blut will er nur ganz selten im Darm der Thiere gesehen haben, bezweifelt in Folge dessen, dass sie sich von Blut nähren, ver- muthet, dass Darmschleim ihre Nahrung sei. Auch später erklärt der- selbe Verfasser? noch einmal den Befund von Blut im Darm des Ankylo- stoma für eine Seltenheit. 1877 erschien in Pavia eine Arbeit von Pırona und Grassı3, welche eine neue Species von Dochmien, Dochmius Balsami, beschrieb. Unter den differentiell diagnostischen Merkmalen dieses bei einer Katze gefun- denen Parasiten mit dem Ankylostoma duodenale finde ich einige wichtige Punkte erwähnt, welche nach unserer Auffassung für das Ankylostoma duodenale charakteristisch sind. Von Busnıon ist in neuerer Zeit die Ansicht ausgesprochen, dass der betreffende Wurm der Dochmius tubaeformis sei. In neuester Zeit hat Bucnıon * bei Besprechung der Gotthardanämie noch eine kurze anatomische Beschreibung des Parasiten geliefert. Er hatte, wie es scheint, auch das Glück, ein Pärchen in Kopulation zu sehen, nach seiner Meinung ein häufiges Vorkommnis, und es ist jedenfalls diesem Umstand zuzuschreiben, dass er die bis jetzt beste Zeichnung der Umrisse der Bursa gegeben hat. Die Rippen sind allerdings nicht genau gezeichnet, esfehlt die Theilung der Vorderrippe. Unter seinen Zeichnungen findet sich ferner eine Skizze des Skelettes der Mundkapsel, welches ich sonst noch nirgends abgebildet gefunden habe. Die vier Zähne des Bauch- randes sitzen auf Verdickungen der Kapselwand. Das Lumen des Oeso- phagus ist von drei gezähnten chitinösen Lamellen begrenzt. In die Hals- papillen tritt ein filet nerveux ein. Die Bursa ist zweilappig, das sind die wesentlichen neuen Anschauungen Busnıon’s; in den übrigen Punkten schließt er sich Leuckart an. Das neueste Werk über menschliche Para- siten 5 bringt uns keine neuen anatomischen Daten. ! Sopra alcuni punti controversi di Elmintologia. — Osservazioni del prof. SAn- GALLI e lette nell’ adunanza del 27. 1.76 del Istituto Lombardo di Scienze e lettere. Memorie del Reg. Istit. Lombardo. vol. 43. 4877. Imparziale 4877. 2 Annotazione critiche sul anchilostoma duodenale, nota de M. E. prof. G. San- GALLI leita al R. Istituto Lombardo nel Adunanza del 6. VII. 78. Rendiconti del R. Istituto Lombardo. Milano 4878. p. 460. 3 Di una nuova specie di Dochmius, Dochmius Balsami. —Nota del Dott. ConrADo ParonA e di Battısta Grassı. Presentato dal Prof. G. SancArLı e letta nel adunanza del 45. III. 77 del Reg. Istit. Lomb. d. Scienze e lettere. * Revue medicale de la Suisse romande. Bucnıon, Ankylostome duodenal et an€emie du Gotthard. Planche 5. 5 Die Parasiten des Menschen von Dr. F. KücHEnmEister, Medicinalrath und Dr. med. F. A. Zürn, Prof. an der Universität Leipzig. 178 | Wilhelm Schulthess, Makroskopisches. Die Angaben über makroskopische Kennzeichen finden sich nur spär- lich in der Litteratur und nirgends zusammengefasst. Abgesehen von den Werken Dusints und LeruckArrT's bestehen sie gewöhnlich nur in Größenangaben, welche hier und da ziemlich verschieden sind, was den wirklich vorkommenden starken Schwankungen entspricht. Dusinı giebt an: 41/, Linien Diesing und nenn 3 Ai) Küchenmeister ) Weibchen My BıLuarz und \ v. Sırsoın ee DAvAInE Männchen 6—8 mm Weibchen 8—10 » SCHNEIDER Männchen 1) Weibchen 1279 LEUCKART Männchen bis 10» Weibchen » 18 » meist aber geringer Männchen 6—8 » Weibchen 10—12 » Bu6nIoNn Männchen 6—10 » Weibchen 9—18 » KÜcHENMEISTER | Männchen 6—10 » und Zürn f Weibchen 12 —18 » Es veranlasst mich das Gesagte hier nochmals die makroskopisch er- kennbaren Eigenschaften zusammenzufassen, sie sind ja für den Arzt von Wichtigkeit. Das Ankylostoma duodenale ist ein beinahe cylindrischer Wurm von 6—18 mm Länge und 0,4—1,0 mm Dicke. Die Thiere, welche man in den Stühlen nach Anwendung von Anthelminthieis findet, sind gelblichweiß oder grauweiß, an den Rändern und am vorderen Körperende durchscheinend. Etwa 1,5 oder 2 mm hinter dem Kopfende entdeckt man öfters einen schwarzen Punkt (wie Dusını sagt der Magen, es ist, wie die mikroskopische Untersuchung beweist, der Anfangstheil des Darmes). In den hinteren zwei Drititheilen sieht man das Körperinnere entweder roth oder grau durchschimmern. Ersteres ist der Fall, wenn noch un- verdautes Blut im Darmkanal sich befindet, letzteres, wenn dieses fehlt und besonders bei sehr starker Entwicklung des Genitaltraktus. Stühle, welche erst längere Zeit nach der Entleerung untersucht werden, zeigen weniger roth gefärbte Würmer als frisch untersuchte, was offenbar von der Zersetzung des im Darmkanal befindlichen Blutes herrührt. Ferner Beitr. zur Anat. von Ankylostoma duodenale (Dubini) = Dochmius duodenalis (Leuckart). 179 findet man unter denselben Umständen öfters, und zwar vorwiegend im Halstheil des Wurmes, eine spindelförmige Anschwellung um den dop- pelten oder dreifachen Durchmesser (wie die mikroskopische Unter- suchung lehrt, blasige Abhebung der Cuticula). Die weitere Beschreibung des Äußeren muss für beide Geschlechter gesondert gegeben werden. Die Männchen, welche schlanker. in Folge der relativ geringern Entwicklung der Sexualorgane heller, mehr durchscheinend sind als die Weibchen, zeigen fast durchweg nach derselben Seite (wie das Mikroskop lehrt, immer der Rückenseite) umgebogene Körperenden. Der Hinterleib, welchen man an einer scheinbar kolbigen Anschwellung des äußersten Endes (Bursa) erkennt, ist meist bedeutend stärker gebogen als das Kopf- ende, er kann sogar eingerollt erscheinen. Die Länge der vollständig ent- wickelten Thiere, d. h. solcher, deren Hodenkanal schon eine beträcht- liche Anzahl von Windungen zeigt, beträgt nach eigenen Messungen 6 bis 11,5 mm (nach LeuckArr höchstens 10 mm). Der Querdurchmesser ist von der Bursa bis ungefähr zur Grenze des mittleren und vorderen Dritt- theils ziemlich derselbe, 0,4—0,5 mm, von da an verjüngt sich der Leib allmählich, zeigt am vordersten Ende auf die Strecke von circa mm eine plötzlich stärkere Verschmächtigung, endet als abgestutzter Konus. Öfters ist man bei scharfem Betrachten deı Bursa von unten her im Stande zu erkennen, dass sie mit zwei seitlichen Blättern ein Lumen einschließt, was sich aus der wirklichen Gestalt dieses Gebildes (s. mikroskopische Untersuchung) leicht erklären lässt. Die im Allgemeinen größeren Weibchen schwanken in ihren Längs- dimensionen stärker als die Männchen, nach eigenen Beobachtungen 6 bis15 mm (18mm Leuckarr). Es ist mir aufgefallen, dass bei dem einen Patienten durchweg große, bei dem anderen durchweg kleinere Exemplare gefunden wurden. Bei Rossi, Fall IV, hatten fast alle (sämmtlich Weib- chen) dieselbe Größe. Sicherer als die Länge, auf welche nach dem obenstehenden Verzeichnis fast alle Beobachter Werth legen, unter- scheidet die Weibchen der größere Querdurchmesser von den Männchen. Nahe dem hinteren Leibesende beträgt er oft 1 mm oder wenig darunter, nach vorn verjüngt sich der Körper allmählich, das hintere Leibesende ist durch eine konische Zuspitzung von circa 1 mm Länge gekennzeichnet. Dies ist wohl der sicherste Anhaltspunkt zur Diagnose des Geschlechts, welche sich bei einiger Übung beim ausgewachsenen Thier makroskopisch immer mit aller Sicherheit machen lässt. Erwähnenswerth ist noch, dass die weiblichen Thiere gewöhnlich in flachem Bogen über die Rücken- fläche gewölbt erscheinen. Ich habe die am häufigsten vorkommenden, für die beiden Geschlech- Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XXXVI. Bd. 13 180 Wilhelm Schulthess, ter wirklich charakteristischen Formen in natürlicher Größe zusammen- gestellt (Taf. XI, Fig. I «a, b, c, Männchen, d, e, f, Weibchen). Über das Verhältnis der Zahl der Männchen zu der der Weibchen finde ich in der Litteratur nur eine Angabe, die von BıtHarz, der 1:3 an- giebt. Aus der Einleitung ersieht man, dass in unsern Fällen noch immer bedeutend mehr Weibchen vorhanden waren, ja dass zwei Patienten gar keine Männchen zu beherbergen schienen. Von der daselbst angeführten Zahl von 1621 waren 230 Männchen und 1391 Weibchen, procentisch also circa 14%/, Männchen und circa 86°), Weibchen. Im Fall II verhielt sich die Zahl der Männchen zu der der Weibchen allerdings ungefähr wie 1:3. Für diese Fälle, bei denen die Männchen fehlten, ist man wohl ge- zwungen anzunehmen: Entweder — die Männchen widerstehen den Medicamenten besser als die Weibchen, oder — die Männchen haben eine kürzere Lebensdauer als die Weibchen. Der Patient, der nur solche be- herbergt, befände sich also auf dem Wege der Spontanheilung und wir reichten ihm das Antiparasiticum zu einer Zeit, in der schon alle Männ- chen abgestorben waren. Die erstere Annahme wird durch andere Fälle, in denen bei Anwendung desselben Mittels viele männliche Thiere ab- gingen, unwahrscheinlich gemacht. Fast unhaltbar erscheint sie bei Be- trachtung des Falles I. Nach wiederholter Darreichung von bedeutend verstärkten Dosen Extractum filic. maris fand sich bei der ganz gewissen - haft durchgeführten Untersuchung sämmtlicher Stühle auch nicht ein ein- zigesThier. Patient ging, von den Parasiten befreit, seiner Heilung entgegen. Der zweiten Annahme, einer Vermuthung, welche ich schon bei Be- handlung des letztgenannten Falles geäußert, steht von klinischer Seite kein Einwand entgegen, von zoologischer dürfte um so weniger ein solcher zu erwarten sein, als die Kenntnisse in Bezug auf das Vorkommen und die Lebensdauer der Männchen und Weibchen noch ungenügende sind. Die Differentialdiagnose mit anderen menschlichen Entozoen kann makro- skopisch ebenfalls mit ziemlicher Sicherheit gemacht werden. Leicht unterscheidet man das Thier von dem porzellanweißen, schlanken, mit langer pfriemenförmiger Schwanzspitze versehenen Oxyuris vermicula- ris, und dem bedeutend längeren Trichocephalus dispar, welche beide öfters neben dem Ankylostoma gefunden werden. Mikroskopische Untersuchung. Der Leibesschlauch. A. Die Haut. Die Haut bedeckt das ganze Thier mit Ausnahme der Spitzen der beiden am Rückenrande der Mundkapsel gelegenen Zähne, wie das auch in fast allen Abbildungen des Kopfes bei LeuckArT, Bucnıon, am schön- sten bei ScunEiDer dargestellt ist. Die Bauchzähne sind bis über den vor- Beitr, zur Anat. von Ankylostoma duodenale (Dubini) = Dochmius duodenalis (Leuckart). 181 dersten Punktihrer Konvexität von derselben eingehüllt (s. Taf. XII, Fig. 4). Die Haut ist ferner wasserhell, ohneirgend welche Präparation vollkommen durchsichtig, verhältnismäßig dick. Die Dicke wechselt etwas nach dem Geschlecht und der Größe der Thiere, bedeutend nach der Körperstelle. In der Mitte des Körpers gemessen beträgt sie bei mittelgroßen Männchen 0,0259—0,0404 mm, bei mittelgroßen Weibchen 0,0404—0,0449 mm. Am Kopf bis auf ein Fünftel der genannten Maße (0,0043—0,0086 mm) abnehmend, zeigt sie nahe dem Hinterleibsende des Männchens ein etwas größeres (0,0404—0,0449 mm), nahe der Schwanzspitze des Weibchens ein wiederum kleineres (0,0086—0,0129 mm in Höhe der postanalen Pa- pillen gemessen) Maß. Ich muss diese Angaben! im Gegensatz zu LEUCKART festhalten, welcher angiebt, dass die Dicke der Cuticula 0,01 —0,017 mm betrage und an den Körperenden nur wenig geringer sei. Diese Maße stammen jedenfalls von stark geschrumpften Spiritusexemplaren. Die Außenfläche der Haut zeigt fast durchwegeine feine Querstreifung, welche von jeher bekannt war. Wir haben sie in unseren Zeichnungen darzustellen versucht, esist jedoch nicht möglich, die Zartheit dieserLinien, welche von feinen im Allgemeinen parallelen Furchen herrühren, wieder- zugeben. Frei von dieser Streifung fanden wir nur einen kleinen, halb- mondförmigen Raum unterhalb des Rückenrandes der Mundöffnung (Taf. XI, Fig. 1 und2). An der Bursa, welche eine Hautduplikatur ist, besteht eine besondere in den Zeichnungen angedeutete Anordnung derselben, welche wir bei Beschreibung der Geschlechtsorgane zu erwähnen ge- denken. An dem Hinterleibsende des Weibchens hinter den von uns daselbst entdeckten postanalen Papillen (?)2 sind diese Furchen sehr un- deutlich, oft gar nicht mehr zu erkennen. Sie stehen an verschiedenen Körperstellen nicht gleich weit von einander ab. Nach eigenen Beobach- tungen kommen am Kopfende 320—400 auf I mm, am hinteren Körper- ende 186—266, in der Mitte des Körpers 186—226. Demnach wäre all- gemein gesprochen die Streifung da am dichtesten, wo die Haut die ge- tingste Stärke besitztund umgekehrt. Es stimmen diese Angaben ungefähr mit den L£uckArr'schen überein, der als Entfernung eines Querstrichs vom andern 0,003—0,005 mm angiebt, demnach also 200—250 Furchen auf | mm annehmen würde. Bei kleineren Thieren finden wir die Furchen öfters enger, hier und da aber auch weiter stehend als bei größeren. Eine genauere Betrachtung ! Sie sind alle von Präparaten gewonnen, die in Glycerin aufgehellt waren. An frischen Thieren gemessen betrug allerdings die Dicke der Haut am Kopfe nur !/4 oder 1/3 derjenigen in der Leibesmitte. Diese Art der Messung dürfte aber eine etwas mangelhafte sein, da die untersten Schichten der Cuticula mit der Muskelschicht im Bilde leicht verschmelzen. 2 Darüber siehe später. 13° 182 Wilhelm Schulthess, lehrt, dass nicht alle (wahrscheinlich gar keine) Querstreifen das Thier vollständig ohne Unterbrechung umkreisen. Auch bei starker Vergröße- rung (Harrnack 9, Ocul. 2) entdeckt man fast in jedem Gesichtsfeld zwei Querlinien, welche unter einem Winkel von circa 60% zusammenlaufen und von ihrem Vereinigungspunkte wieder eine neue ausgehen lassen. Die benachbarten schmiegen sich diesem Unterbruch in so fern an, als sie an dieser Stelle eine kleine Einbiegung erleiden. Treten dieselben zwei Querlinien zweimal in dieser Weise zusam- men, so entsteht dadurch ein langgestrecktes Sechseck (s. Taf. XI, Fig.3). Es würde also dieses Verhalten der Haut demjenigen bei den Ascariden im Ganzen entsprechen, doch konnte ich ein ähnliches Bild, wie es ScuneI- per! von der Haut von Ascaris megalocephala giebt, nie bekommen. Wenn eine Querlinie einmal frei zu endigen schien (s. Taf. XI, Fig. 3 a), so standen dieser Endigung regelmäßig ein oder zwei ziemlich scharfe Ein- knickungen der benachbarten gegenüber, so dass diese Art der Endigung nur alseine nicht vollständig ausgebildete Gabel betrachtet werden muss2. Über die Struktur der Haut Folgendes: Schon bei Anwendung von ganz schwachen Aufhellungsmitteln, ja schon im Wasser, kann man an allen Exemplaren unseres Wurmes in der Cuticula überall mit Ausnahme der dem Mundrand zunächst gelegenen Partien zwei Schichten erkennen. Die innere, von derselben optischen Beschaffenheit wie die äußere, ist etwa um die Hälfte dünner wie die letztere. Dasselbe ist auf Querschnit- ten zu konstatiren. Weil die äußeren Partien der inneren Schicht etwas dunkler gefärbt sind als die inneren Lagen der Außenhaut, ist die Schei- dung für das Auge immer eine scharfe. Öfters wird dieselbe bei längerem Liegen der Thiere im Wasser oder bei Anwendung von Kalilauge noch dadurch erleichtert, dass die Außenschicht von der Innenschicht blasig abgehoben wird. Bei dieser Gelegenheit kann man sich bequem ein Ur- iheil über die Dicke der inneren Schicht verschaffen und Täuschungen, welche durch Imbibition des subcutanen Raumes entstehen könnten, aus- schließen. Querstreifung dieser oder irgend einer tieferen Lage der Haut, wie sie LEUCKART beobachtet hat, konnte ich nie konstatiren. Weitere Re- sultate haben mir Chromsäurepräparate ergeben. Lässt man ein Thier längere Zeit in sehr verdünnter Chromsäure liegen, und fertigt dann ein Präparat der Körperbedeckungen, so sieht man öfters eine äußere quer- gestreifte, leicht gelblich gefärbte Schicht in unregelmäßig begrenzten oder viereckigen Schollen zerfallen, und darunter eine zartere helle her- ! Monographie der Nematoden. Taf. XXI, Fig. A. 2 Die am häufigsten vorkommenden Anordnungen der Querlinien sind in Taf. XI, Fig. 3 zusammengestellt. Nur die letzierwähnte Endigung lag in dem betreffenden Präparate nicht in demselben Gesichtsfeld wie die andern. Beitr. zur Anat. von Ankylostoma duodenale (Dubini) = Dochmius duodenalis (Leuckart). 183 vortreten, die mit schief zur Querachse verlaufenden, sich oft kreuzenden. glänzenden Linien versehen ist. Der Richtung dieser Linien oder vielmehr Spalten entsprechend theilt sich auch diese helle Lage bei der Präparation in schmale Streifen. Die im entgegengesetzten Sinne verlaufenden Spal- ten entsprechen einer zweiten ähnlichen Schicht, welche in derselben Weise zerfällt. Hier und da glaubte ich noch eine dritte Schicht unter den genannten, welche jedenfalls als gekreuzte Faserschichten (im Sinne ScHNEIDER’S) aufzufassen sind, zu entdecken?. Auf der Innenfläche der Haut findet man eine etwas unregelmäßige Zeichnung von wellenförmigen, nur auf kurze Strecken verfolgbaren und in Gruppen parallel verlaufen- der Streifehen. Aus der tieferen Lage geht eine am Hinterleibsende des Weibchens regelmäßig vorhandene 0,0172—0,021 mm lange pfriemen- förmige Schwanzspitze hervor. Sie tritt durch einen Ring in der äußeren Schicht heraus, ist etwas resistenter als die übrige Haut, scheint ziem- lich hart zu sein, bricht hier und da ab. In sie hinein setzt sich das Gewebe der Muskelschicht spitz trichterförmig fort (s. Taf. XI, Fig. 6 c). Ich lasse es dahingestellt, ob die Worte, Feminae extremitate acute conica (v. SIEBOLD, S. histor. Einleitung), ferner: Femelle termine posterieure- ment en pointe cönique (Busnion, Revue medicale), diese Schwanz- spitze beschreiben sollen. Weitere Andeutungen dieses bei vielen Nematoden vorkommenden Stachels habe ich in der Litteratur über Ankylostoma nicht gefunden. Bemerkenswerth ist, dass er oft in einer trichterförmigen Einziehung des Hinterleibsendes begraben liegt. Man findet nämlich öfters bei den weiblichen Exemplaren unseres Nema- toden, so wie es SCHNEIDER U. a. von Strongylus invaginatus und Hedruris androphora berichtet, das Hinterleibsende eingestülpt und zwar nie bis an die Stelle, wo der Stachel aus der Haut hervortritt, sondern stets nur in dem Grade, dass ein kleines Stück des Hinterleibsendes mit dem Stachel, ähnlich einer Pickelhaube, den Grund des Trichters ausfüllt. Diese Ein- stülpung fand sich auch bei demjenigen Exemplar, welches unter allen von uns beobachteten am wenigsten entwickelt war und zwar war sie dort sehr tief. Am Kopf sehen wir die Haut eine leichte Verdickung bilden, welche sich nahe dem Mundrand quer über die Bauchhälfte legt (s. Taf. XI, 1 Wie bei Strongylus armatus. SCHNEIDER. 2 Stelle ich die Resultate der Untersuchungen an Querschnitten und Flächenprä- paraten zusammen, so komme ich zu keinem befriedigenden Abschluss. Ich kann nur vermuthen, dass die in Schollen zerfallende obere Lage mit der auf Querschnit- ten gesehenen oberen Schicht identisch sei, die zwei oder drei übrigen mit der tieferen der Seitenansicht und der Querschnitte. Nach LEUckART wäre die erstere als Epidermis mit Corium, nach Schneiper als Cuticula im engern Sinne aufzufassen. Es folgten die gekreu2ten Faserschichten. Körnerschicht oder Subcuticularschicht wäre die innerste von mir nicht immer mit Sicherheit beobachtete. 184 Wilhelm Schulthess, Fig. A l).. Eben so finden sich daselbst zwei kleine Längswülste, welche über die Wölbung des Ventraltheils der Mundkapsel emporsteigen (siehe Taf. Xli, Fig. 2 w). In den Porus excretorius, die Genital- und After- öffnung, schlägt sich die Haut ein Stück weit hinein. Die Papillen, zum Theil ebenfalls Hautgebilde, gedenke ich später zu erwähnen. B. Die Muskelschicht. Diese möchte ich am liebsten mit einer Lage platter, von strukturloser Membran vollständig umgebener, neben einander gereihter Schläuche vergleichen, welche je nach ihrer Füllung als Muskeln oder Längslinien bezeichnet werden, als erstere, wenn fibrilläre und Marksubstanz, als letztere, wenn körnige Masse mit eingelagerten ovalen oder runden dop- pelt konturirten, mit zwei oder drei Kernkörperchen versehenen Kernen vorhanden ist. Ich betone diese vollständige Einschließung der Muskeln sowohl als der Längslinien durch eine strukturlose Membran. ScHNEIDER lässt esim Zweifel, ob das Sarkolemm auch die äußere Fläche der Muskeln bedecke, LEUCKART spricht sich nicht bestimmt darüber aus. Auf dünnen Querschnitten kann man jedoch öfters das oben Gesagte konstatiren. Die gelegentlich auf Querschnitten zu Gesichte kommenden Verbindungen zwischen Mitte der inneren Oberfläche der Längslinien und dem Sarko- lemm der Muskeln andererseits darf ich wohl als zum Querfasersysiem gehörig taxiren. Es ist dieses letztere in sehr hohem Grade entwickelt, obgleich bisher nicht beobachtet. Wir ziehen vor die verschiedenen Theile der Muskelschicht einzeln zu besprechen. 1) Die Längslinien. Unser Dochmius besitzt deren vier, wie bekannt zwei schwächer entwickelte einfach gebaute Medianlinien, zwei bedeutend breitere Seiten- linien von etwas komplicirterem Bau (s. Taf. XI, Fig. 4 a, «, c). Allen gemeinsam ist die körnige Füllungssubstanz und die darin mehr oder weniger regelmäßig eingelagerten schwer sichtbaren Kerne. Gewöhnlich fanden sich dort, wo das Querfasersystem stärker entwickelt war, auch mehr Kerne in den Längslinien. Das genaue Verhalten am vorderen und hinteren Körperende kann ich nicht angeben und kann nur so viel dar- über sagen, dass nicht alle das hintere Körperende erreichen. Die Bauchlinie ist wenigstens am hinteren Rand der Mundkapsel schon deutlich zu sehen, reicht beim Weibchen über die Analöffnung hinaus, ist beim Männchen nahe dem Abgange des ventralen Bursallappens noch deutlich zu sehen. Breite fast durchweg 0,022 mm. Porus excretorius, und beim Weibchen Genital- und Analöffnung durchbrechen dieselbe. Da die erstere eine ziemlich breite Spalte (0,089 mm) ist, so erfährt auch \ { | | | Beitr. zur Anat. von Ankylostoma duodenale (Dubini) = Dochmius duodenalis (Leuckart). 185 die Bauchlinie bei der Durchtrittsstelle derselben eine entsprechende Ver- breiterung (s. Taf. XI, Fig. 4). Die Rückenlinie ist durchweg gleich breit, meist etwas breiter als die ventrale Medianlinie an den schwächeren Stellen. Sie erreicht beim Weibchen sowohl wie beim Männchen die Leibesenden nicht vollständig, die Ränder der Muskelzellen berühren sich an den genannten Stellen unmittelbar. Diese eben beschriebenen Medianlinien haben außer der körnigen mit Kernen versehenen Substanz keine anderen Bestandtheile aufzuweisen (s. Taf. XI, Fig. 4 f). Die Seitenlinien oder, wie sie von SCHNEIDER ge- nannt werden, Seitenfelder bestehen aus je zwei neben einander gelager- ten Zügen körniger Substanz, oder, wenn wir die obige Auffassung bei- behalten wollen, aus zwei Schläuchen. LeuckArr hat sie bei unserem Parasiten genau beschrieben. Sie liegen der Innenseite der Haut in der sanzen-Ausdehnung des Thieres an, sind beim Weibchen bis in die Nähe der pfriemenförmigen Schwanzspitze zu verfolgen, beim Männchen schei- nen sie ebenfalls, wenn auch in etwas modificirter Gestalt, den Ursprung der Bursa zu erreichen (s. Taf. XI, Fig. 1 25 und Taf. XII, Fig. 100). Ihre Begrenzungen weichen nämlich unweit der genannten Stelle aus einan- der, die obere geht in die Rückenrippe (s. Taf. XII, Fig. 8 sl), die untere in die gespaltene Vorderrippe über; das nähere Verhalten besonders der einzelnen Theile an dieser Stelle habe ich noch nicht untersucht. Die Breite eines Seitenfeldes beträgt in der Leibesmitte circa 0,116 mm, vorn etwas mehr, ist im Ganzen annähernd gleich der Breite einer schmalern Muskelfaser, wie LEuckArr das auch schon angegeben hat (die weitere anatomische Beschreibung s. beiL£uekarr). Er verlegt die Endigung des median verlaufenden membranösen Kanals in den Porus excretorius, über die hintere Endigung spricht sich LEuckArT nicht aus, nach ScHNEIDER müsste man wohl, wegen Analogie mit anderen Arten, blinde Endigung annehmen. Eigene Untersuchungen haben mir darüber leider noch keine Gewissheit verschafft. Die Schläuche konvergiren nahe der Bursa ziemlich stark, sie schienen mir in der Nähe der kleinen muthmaßlichen (s. später) Papillen, welche am Grunde der Bursa liegen, zu endigen, sind dort sehr stark geschlängelt, weiter nach vorn weniger stark. Beim Weibchen sind sie nahe der Schwanzspitze noch zu sehen. Die in den Seitenschläuchen verlaufenden Kanäle, welche ich auf Querschnitten nur selten zu Gesicht bekam, finde ich, wie LzuckArr, nicht mit einer Membran ausgekleidet; öfters schienen mir auf Flächenansichten Ausläufer davon abzugehen. Die runden oder ovalen Kerne sind hier in sehr schönen Reihen angeord- ! Nach Eserta (Untersuchungen über Nematoden. Leipzig 4863) wären wohl die schon erwähnten postanalen Papillen als die hinteren Endigungen, resp. Aus- führungsgänge, aufzufassen. 186 Wilhelm Schulthess, net längs der Außenränder des Seitenfeldes (s. Taf. XI, Fig. 4 e und die entsprechenden Stellen), sie stehen oft so dicht, dass sie einander zu be- rühren scheinen. Einige Male sah ich auch einige Zellen näher der Scheide- wand, es war dies jedoch ein seltenes Vorkommnis. Der Chitinstab ist an seiner äußeren Seite von derselben Membran überzogen wie der ganze Seitenschlauch, queroval, die breitere Seite der Haut, resp. der Scheide- wand, zugekehrt. Er zerbricht besonders in Chromsäurepräparaten sehr leicht, rollt sich bei Begießen des Wurmes mit Kalilauge, nachdem die Körperdecken zerstört sind, spiralig auf, ist stark lichtbrechend. Von der Höhe des hinteren Oesophagusendes an verschmächtigt er sich nach vorn ziemlich beträchtlich, scheint mit der äußersten außerordentlich fein aus- gezogenen Spitze den vorderen Rand der Mundkapsel nicht zu erreichen, ist jedoch regelmäßig in der Mitte der vorderen Hälfte des Oesophageal- rohres noch deutlich zu sehen. Beim Weibchen ist er bis zur Schwanzspitze zu verfolgen, die hintere Endigung beim Männchen ist mir unbekannt. 2) Die Muskeln. Dem über die Muskulatur Bekannten! habe ich nur Weniges beizu- fügen. Die rautenförmigen Muskelzellen, welche ich, wie LEuckART, etwa 2 mm lang, aber etwas breiter finde, wie dieser Autor (0,15—0,17 mm), lassen sich in das von ScHnEIDEr für die Meromyarier gegebene Schema unterbringen. Hier und da bleibt allerdings eine dreieckige Zelle übrig, abgeschnitten durch eine ungewöhnlich von der Seitenlinie und vorn nach der Medianlinie und hinten verlaufende Trennungsfurche. Die Marksub- stanz ist fein körnig, deutlich ist das diese und den fibrillären Theil um- schließende Sarkolemm zu sehen. Die Kerne, in der Marksubstanz gelegen, konnte ich nicht in allen Präparaten finden. Sie sind (s. Taf. XI, Fig. 5f) größer und sehr viel deutlicher zu sehen als die Kerne der Längslinien. Die fibrilläre Substanz lässt besonders bei Erhärtung in stark verdünnter Chromsäurelösung oder in MürLer’scher Flüssigkeit die außerordentlich feine (3 —mal so fein als die Hautstreifung) Längsstreifung sehen. Ana- stomosen scheinen vorhanden zu sein. Die von LEUCKART erwähnten wel- ligen Biegungen sind besonders (s. Taf. XI, Fig. 5 d und ee) bei der oben e:wähnten Erhärtungsmetliode sehr deutlich, jedenfalls artefakt. Die Rinnenform des fibrillären Theiles ist an den Enden der Zellen deutlicher als in der Mitte. Dort scheinen wirklich, wie ScHnEIDErR sich ausdrückt, die Ränder sich von der Haut zu erheben, während im mittleren Theil eine etwas größere Höhe der den fibrillären Theil bildenden randständi- gen Leisten die Rinnenform bedingt. Man findet ferner ein sehr gut entwickeltes Querfasersystem, ganz 1 Verweise auf das im historischen Theil Gesagte. | | Beitr, zur Anat. von Ankylostoma duodenale (Dubini) = Dochmius duodenalis (Leuckart). 187 analog dem bei den Ascariden beschriebenen. Fertigen wir ein Flächen- präparat des Leibesschlauches, so springen uns sofort die queren, meist stark gespannten, theilweise glänzenden, öfters in einander übergehenden, Knoten bildenden Fasern entgegen. Wenn man auch im ersten Augenblick glaubt, ein Gefäß- oder Nervensystem vor sich zu haben, dessen äußerste Endigungen sich in die Muskeln einsenken, so veranlassen uns doch bald der meist schnurgerade Verlauf (s. Taf. XI, Fig. 5 c und 5), die scheinbar vorhandene Spannung, die außerordentlich regelmäßige, pinsel- oder fächerförmige Vertheilung, an Organe mit anderer physiologischer Be- deutung zu denken. Auf der Bauchlinie, unter der Rückenlinie zieht zu- weilen ein langer glänzender Streif desselben Gewebes dahin. Von diesem Strang gehen in regelmäßigen Abständen, seitlich alternirend, dünnere oder dickere Querfasern ab. Wie SchnEIDEr von anderen Nematoden schreibt bildet der Strang jeweilen beim Abgange einer Querfaser eine leichte, seitliche Ausbiegung. Der Rückenstrang ist im Ganzen regelmäßiger ge- baut als der Bauchstrang, d.h. er ist fast überall gleich dick, die Quer- fasern verlassen ihn in sehr gleichmäßigen Abständen. Wie bei anderen Nematoden häufen sich diese Querfasern an einzelnen Stellen zu förm- lichen Quersträngen, so z. B. in der Nähe der weiblichen Genital- und Analöffnung (s. Taf. XI, Fig.4 d). Diese Stränge inseriren sich aber jeweilen in jedem Muskelinterstitium, welches sie passiren, wenigstens mit den äußeren Fasern (s. Taf. XI, Fig. 49), die mittleren überbrücken bisweilen diese Lücken. Am Rande der Seitenlinien, eben so in der Mitte der Seiten- linie, scheinen sich alle zu inseriren, es ist mir aber nicht möglich zu sagen, ob sie jeweilen durch das Interstitium bis auf die Hautschicht hinuntersteigen. Einige meiner Querschnitte sprechen dagegen. Von diesen Quersträngen geht während des Verlaufs meist seitlich eine Anzahl von Fasern ab, um sich an dem Sarkolemm der Muskeln zu inseriren, sei es in der Mitte der Zellen (s. Taf. XI, Fig.4hund5b), sei es am Rande, was häufiger vorkommt (s. Taf. XI, Fig.5c). Selten senkt sich eine von einem Medianstrang abgehende Faser gleich in die zunächst liegende Muskelzelle; meist wird sie überbrückt, die Zelle erhält rückläufige Fasern (s. d. Figu- ren). Die bogenförmigen Anastomosen sind an den Stellen, wo keine Querstränge liegen, sehr häufig, öfters entdeckt man an der Vereinigungs- stelle mehrerer und dort immer verbreiterter Fasern kleine Zellen. Diese beiden Arten der Vertheilung machen einem zuerst glauben, dass man zwei Arten von Querfasern vor sich habe, erst der gleiche Ursprung von den Längssträngen lässt uns dieselben als gleichartige Gebilde auffassen. Fibrilläre Textur konnte ich in diesen Querfasern nirgends sehen, nur die äußersten Endigungen zeigten jeweilen eine feine Faserung. Ahnliche starre Fasern sieht man auch da und dort von der Körper- 188 Wilhelm Schulthess, wand zum Darm verlaufen, in der hinteren Körperhälfte mehr als in der vorderen. Der Darm ist auch daselbst seitlich mehr oder weniger strafi an der Leibeswand fixirt, so dass er platt gedrückt erscheint. Die Musculi bursales und einen bisher nicht beobachteten starken von der Seitenlinie zur Vaginalöffnung verlaufenden Muskel gedenke ich bei den Geschlechtsorganen zu beschreiben. Vor dem Querfasersystem zeichnen sie sich durch eine ganz deutliche fibrilläre Textur mit einge- lagerten streifig angeordneten körnigen Massen aus. Fragen wir wie weit sich das Längsmuskelsystem nach vorn erstreckt, so müssen wir mit LEucKART sagen, dass es den Lippenrand nicht erreicht. Die Muskelzellen hören mit bogenförmiger Begrenzung auf. Unterhalb dieser Grenze sehen wir die Fibrillen entspringen, oberhalb senkt sich eine Anzahl kurzer radial gestellter Fäserchen in die Haut ein (s. Taf. XII, Fig. I und 2 n). Diese Grenzen treten bei Tinktionspräparaten immer sehr deutlich her- vor. Sie liegen am Rückenrande etwas weiter vorn als am Bauchende, woselbst die Muskeln in der Mitte oder unter der Mitte der Länge der Kapsel aufhören. Zwischen diesen Bogen findet man schmale bandförmige Portionen grobgestreiften Gewebes, welche etwas höher hinaufreichen (die sechs rippenförmigen Papillen Levuckarr's?) als das übrige Gewebe und sich, ohne den Lippenrand (s. Taf. XII, Fig. 1 ba) zu erreichen, in der Haut verlieren. Mit den zwei seitlichen derselben verlaufen die Kopf- drüsen, welche aber bis zum Lippenrand emporsteigen. Die hinieren Endigungen der Muskulatur liegen beim weiblichen Thier am Grunde der Schwanzspitze, woselbst die Muskelfelder von den Seiten her stark zusammengedrängt werden, beim männlichen reichen sie oben und unten etwas weiter als an den Seiten. Der Zusammenhang mit den Bursal- rippen ist mir nicht bekannt. 3), Die Papillen. Schon Dusını hat an unserm Parasiten ein Paar in halber Höhe des Oesophagus seitlich gelegener ziemlich großer Papillen entdeckt. Diesel- ben bestehen aus einem ziemlich derben, etwas nach hinten gerichteten Zapfen von QCuticularsubstanz, in welchen ein spitzer Fortsatz körnig streifigen Gewebes eintritt, derselbe endigt mit einem (oder zwei) feinen Knötchen. In welcher Beziehung diese Papillen zu den Seitenfeldern stehen, ist bis jetzt nicht untersucht, eben so wenig das genaue Verhalten des Schlundringes zu denselben. In der Umgebung der Mundöffnung fehlen eigentliche Hautpapillen, es werden wohl die schon bezeichneten Fortsätze der Muskelschicht als solche aufgefasst werden müssen. Über die physiologische Bedeutung dieser Fortsätze lässt sich noch nichts sagen, so lange die Fortsetzungen derselben nach hinten nicht erforscht sind. N | \ | Beitr. zur Anat, von Ankylostoma duodenale (Dubini) = Dochmius duodenalis (Leuckart). 189 Zwei bisher nirgends erwähnte Gebilde sehe ich mich genöthigt hier abzuhandeln. An der Bauchseite der männlichen Thiere findet man näm- lich, nahe der Wurzel der Vorderrippe, die Haut auf jeder Seite von einem feinen Ästchen subeuticularen Gewebes durchsetzt. Leider ist es mir bis jetzt noch nicht vollsiändig klar geworden, ob dieser Fortsatz solide oder röhrenförmig, also im letzteren Falle wohl ein Ausführungsgang sei. Ist der Fortsatz solide, so sitzt gewiss eine kleine Hautpapille auf demselben. Trotz eifrigen Suchens konnte ich dieselbe nicht finden. Nahe der Schwanzspitze des Weibchens, ziemlich weit hinter der Analöffnung, liegen zwei ähnliche Gebilde einander gegenüber zu beiden Seiten des Thieres (s. Taf. XI, Fig. 6 d). Gewöhnlich durchbrechen diese Gebilde etwas schiefer (von vorn nach hinten gerichtet) als in der eben angegebenen Figur die Haut, wie ich mich nachträglich überzeugt habe. Die Analogie mit anderen Nematoden lässt es sehr wahrscheinlich werden, dass diese Gebilde Papillen sind, wenn auch beim Männchen die Kanäle der Seiten- linien in der Nähe derselben zu endigen scheinen. Eben so veranlasst mich die Ähnlichkeit, welche diese Gebilde mit den äußersten Endigungen der Bursalrippen haben, in ihnen Papillen zu vermuthen. DiePapillen der Bursa werden bei Besprechung der Geschlechtsorgane abgehandelt werden. Die Hals- und Kopfdrüsen. Wenn ich diese Organe gleich hier nach Besprechung des Leibes- schlauches einfüge, so geschieht es hauptsächlich desswegen, weil, wäh- rend ihre physiologische Bedeutung noch nicht ganz sicher gestellt ist, auf ihren Zusammenhang mit dem Gefäßsystem, resp. mit dem Gewebe der Seitenfelder, vielfach Bezug genommen wird. So werden ja die Hals- drüsen anderer Strongylusspecies von ScHnEIDER als Wucherung des Ge- webes der Brücke bezeichnet, in denen die Gefäßanastomose liegt. Kopf- drüsen erwähnt ScHnEIDEr in seiner Monographie nicht, MeuLis! spricht von hei Strongylusarten vorkommenden Schläuchen, welche sich in die Mundhöhle öffnen und betrachtet sie als Speichelorgane. Es wäre mög- lich, dass er damit die Kopfdrüsen gemeint, die erst LeuckArr genau be- schrieben und unter die Sekretionsorgane gerechnet hat. Als solche sind schon seit langer Zeit die von Dusını als »Corpi fusiformi« bezeichneten Halsdrüsen betrachtet worden. BırHarz schreibt an Tu. v. SırsoLn2, dass er das von ihm in der Bacer- schen Dissertation beschriebene Sekretionsorgan bei diesem Wurme sehr schön finde. Die Abbildung davon giebt auch die beiden spindelförmigen, das hintere Ende des Oesophagealrohres ziemlich überragenden, an der- 1 Isis 4834. p. 81. 2 Ein Beitrag zur Helminthographia humana. Diese Zeitschr. 1852. Bd. IV. 190 Wilhelm Schulthess, vorderen Endigung jederseits zu einer Ampulle erweiterten Drüsen. Der im hinteren erweiterten Theil liegende wasserhelle Kern ist meist deutlich zu sehen, hier und da, offenbar bei ungünstiger Lagerung der Drüse, gar nicht ; er misst ein Dritttheil der Breite der ganzen Drüse, welche 0,146.bis 0,242 mm beträgt!. In dem vorderen ampullär erweiterten Theil, welchen ich bei LeuckArrt nicht näher besprochen finde, liegt ein Kern von der Größe eines Eies unseres Dochmius, von derselben Beschaffenheit wie der Kern, den SchnEiper bei Strongylus armat., Ascaris megalocephala und Jumbricoides in den Gefäßen der Seitenfelder vor dem Eintritt in die Verbindungsbrücke gefunden hat. Er enthält ebenfalls kleine Kugeln und ist von einer homogenen Membran umschlossen. Die Wandung der Drüse selbst ist nach LeuckArt ebenfalls eine homo- gene Membran, ich möchte aber doch in diese Angabe Zweifel setzen. Wenn es mir auch nicht gelungen ist ein Präparat anzufertigen, welches das Vorhandensein einer zelligen Wand beweisen könnte, so glaube ich doch nicht, dass die oft recht regelmäßigen langgezogene rhombische Figuren begrenzenden Linien, welche an Stellen zu sehen sind, die ihren Inhalt entleert haben, als Faltenbildungen zu betrachten sind. Die Kerne freilich dieser Zellen habe ich noch nicht beobachtet, man wird natürlich durch den körnigen Inhalt der Zelle leicht getäuscht. Die Kopfdrüsen finde ich ebenfalls regelmäßig vorhanden und von dem von LEucKkART beschriebenen Bau. Wie LeuckArr erwähnt, kann niemals davon gesprochen werden, dass dieselben nur einen Theil des Seitenfeldes repräsentiren, überall sind sie davon scharf getrennt, er- scheinen auf Flächenpräparaten den Seitenlinien nur leicht adhärent, unterscheiden sich in Tinktionspräparaten durch ungleich stärkere Fär- bung von denselben. Den sie durchziehenden Hohlraum habe ich nicht immer gesehen. Die Art der Befestigung an den Seitenlinien kenne ich noch nicht. Die Fixation ist übrigens keine sehr feste, oft trennen sich bei Präparation wenigstens einzelne Stücke. Eine ähnliche, jedoch weni- ger feste Fixation des hinteren, wie bei der Halsdrüse aus einem leeren Zipfelchen bestehenden Endes mit einzelnen Genitalschlingen ist öfters zu beobachten. Nicht nur bei Dochmius trigonocephalus, sondern auch bei diesem Dochmius steigen die vorderen Endigungen dieser Drüsen an den Seiten des Mundnapfes empor, bis zum Lippenrande, und zwar muss die Mündung ungefähr in der Mitte des seitlichen Umfanges neben dem dem Rücken näher gelegenen Zahne des Bauchrandes liegen. Ob sie in die Kapsel hinein führt, oder außen auf den Lippen liegt, ist bis jetzt 1 Der hintere Theil dieser Drüsen entspricht genau dem Bilde in: EBERTA, Untersuchungen über Nematoden. Leipzig 1863. Taf. VIII, Fig. 3. Sklerostomum dentatum. Beitr. zur Anat. von Ankylostoma duodenale (Dubini) = Dochmius duodenalis (Leuckart). 191 nicht entschieden, doch wird man wohl in Ermangelung des Nachweises einer äußeren Öffnung das erstere annehmen müssen. Diese Drüsen reichen nach hinten beim Weibchen nicht ganz bis zur Höhe der Geschlechtsöffnung, beim Männchen bis zur Körpermitte. Das Nervensystem. Über dieses stehen mir keine Untersuchungen zu Gebote, es wird auch unser kleiner Dochmius kaum dazu angethan sein in dieses bei den Nematoden noch wenig erforschte und immer noch zu vielen Kontrover- sen Veranlassung gebende Gebiet mehr Klarheit zu bringen. Der Schlund- ring ist immer deutlich als ein den Oesophagus etwas vor der Mitte seiner Länge umspinnendes Konglomerat von Fasern zu sehen. Feinere und sröbere Stränge steigen von da nach oben längs des Oesophagus und nach unten an die Muskulatur. Der Verdauungskanal. Dieser beginnt mit der starken Mundkapsel, an welche sich der Oeso- phagus anschließt, der zum Darm fortgesetzt in ziemlich gerader Rich- tung den Körper durchzieht. Der Anus liegt beim Weibchen unweit der Schwanzspitze an der Bauchseite, beim Männchen in dem Trichter der Bursa, ebenfalls nahe dem Bauchrande derselben. 4) DieMundkapsel. Die Mundkapsel ist ein sehr komplieirt gebauter Fixationsapparat und war von jeher ein Gegenstand vieler Kontroversen. Dusinı nennt sie Pharynx, sagt, sie sei mit festen Wänden ausgestattet, trage am oberen Rand vier gegen die Mitte umgebogene Häkchen, in der Tiefe noch wei- tere vier Erhabenheiten. In welcher Weise diese Auffassung im Laufe der Zeit Veränderungen erfahren hat, in wie fern sie auch missverstan- den worden ist, geht aus dem historischen Theil hervor. Dadurch so- wohl, als auch durch die Resultate unserer Untersuchungen, sehen wir uns veranlasst, diese Theile in anderer Weise zu beschreiben. Die Mundkapsel ist ein glockenförmiges, aus verschiedenen unter einander mehr oder weniger fest zusammenhängenden Skelettstücken bestehendes chitinöses Organ. Es lassen sich an demselben zwei Theile unterscheiden, welche anatomisch und physiologisch verschieden sind: N) Die Kapsel im engeren Sinn, 2) der dieselbe krönende Zahnapparat. Die erstere setzt sich wiederum aus mehreren über einander liegen- den Chitinlamellen zusammen, welche nach oben an Dicke und Zahl ab- nehmen, an denen ich keine Unterschiede der Struktur konstatiren konnte, 192 Wilhelm Schulthess, so dass also die Behauptung Scuneiper’s, dass die Chitinsubstanz homogen sei, dadurch unangetastet bleibt. Die genaue Zahl und Begrenzung dieser Blätter kann ich nicht angeben. Bemerkenswerth ist nun, dass diese Kapsel an der Bauchseite eine vollständige, ununterbrochene stark, gewölbte Wand besitzt, während ihr Rückentheil sich durch geraden Verlauf, ge- ringere Länge auszeichnet. Ferner wird diese Rückenwand durch eine median vom hinteren bis beinahe zum vorderen Rand gehende Spalte in zwei Hälften getheilt, welche nur durch eine ganz schmale am vorderen Rand liegende Brücke zusammenhängen (Taf. XII, Fig.35r). Die Wöl- bung der in der Seitenansicht (Taf. XII, Fig.5 rü) fast gerade verlaufen- den Rückenwand ist demnach eine cylindrische oder konische, die der Bauchwand eine kugelige (s. Taf. XII, Fig.5 bau). Gegen die gewöhnlich geschlossene Dorsalspalte (s. Taf. XII, Fig. 6 g) begrenzt sich die Chitin- substanz durch eine schmale sehr zart gebaute mit kleinen Öffnungen versehene Leiste (s. Taf. XII, Fig. 3 fu. 6). Diese Öffnungen liegen beider- seits auf gleicher Höhe, haben viereckige oder unregelmäßige Gestalt, durchsetzen die ganze Breite der Leiste, sind aber jeweilen noch von einer feinen Linie überbrückt und durch dieselbe gegen innen abge- schlossen (s. Taf. XII, Fig. 6 Rh). Diese Leisten gehen am vorderen Ende der Kapselspalte bügelförmig in einander über und bilden so einen Theil der Brücke, weichen am hinteren Ende fast rechtwinklig aus einander, verlaufen gegen das hintere von stumpfer Spitze gebildete Ende der Bauchwand. Die Kapsel ist vorn und hinten zu Ungunsten der Rücken- wand schief abgestutzt. Die Verkürzung des Dorsaltheils wird in Folge dessen eine sehr bedeutende (s. Taf. XII, Fig. 5). Hintere und vordere Kapselöffnung sind wesentlich verschieden. Die hintere ist ein ovales Loch (s. Taf. XII, Fig. 3 mo), begrenzt von den tieferen Lagen der Kapselblätter. Diese springen am dorsalen Umfang mit eckigen Endigungen in die Öffnung vor. Die die Rückenspalte be- grenzenden Leisten erreichen dieselbe nicht vollständig. Ich muss hier bemerken, dass ich diese hintere Öffnung nicht in allen Präparaten ge- sehen und desshalb Grund habe an der allgemeinen Gültigkeit dieser An- schauung zu zweifeln. Es wäre ja möglich, dass durch Verschiebung einzelner Kapselblätter obiges Bild entstanden ist. Die Untersuchung der vorderen bedeutend komplicirter gestalteten Öffnung ist durch den daselbst angebrachten Zahnapparat erschwert. Der vordere Rand der schmalen Verbindungsbrücke zwischen den beiden Kapselhälften geht unmittelbar über in die in leichtem Bogen lateral ver- laufende, in den seitlichen Theilen höher als in der Mitte stehende Grenze des Rückentheils der Kapsel im engeren Sinn (s. Taf. XII, Fig. 3 und sp). Sie setzt sich jederseits in eine etwas unter der Mitte der Seitenwand | u Beitr. zur Anat. von Ankylostoma duodenale (Dubini) = Dochmius duodenalis (Leuckart). 193 | liegende fast senkrechte ziemlich tiefe Spalte fort (s. Taf. XII, Fig. 5 sp’), vier andere ebenfalls ziemlich tiefe (1/, der Länge der Bauchwand einnehmende) theilen nun den Rand des ventralen Umfanges in fünf Fortsätze, einen “ median liegenden ziemlich breiten nach oben sich verschmälernden (s. Fig. A innerhalb ks’) lappenförmigen und vier seitliche schmale finger- . förmige paarweise angeordnete (s. Fig. 5/fund ff’). Der erstere reicht nicht ganz bis zum vorderen Kapselrand, wohl aber die anderen. Aus dem Ge- sagten geht hervor, dass der von mir in Obigem als Kapsel im engeren ‘ Sinn bezeichnete Theil an seinem vorderen Umfange einen ganzrandigen Rückentheil (ohne Einkerbungen) aufweist, der mit einem winkligen Fort- satz (s. Fig. 5) gegen die Bauchhälfte abschließt, welche einen mittleren \ breiteren und zwei Paare schmaler seitlicher Fortsätze trägt. An diesem Theil liegen noch andere bemerkenswerthe Gebilde: Über der Rückenspalte liegt, dieselbe vom vorderen Ende an ein ‘ Stück weit bedeckend, eine chitinöse eigenthümlich gestaltete und scharf ' begrenzte Lamelle. Es ist die regelmäßig in allen entsprechend gelager- ten Präparaten sichtbare, nahe unter dem Einschnitt zwischen den Rücken- ‚ zähnen gelegene, einem halbgeöffneten Regenschirmdach ähnliche Figur (s. Taf. XII, Fig. 1,3 u.6 e). Dieses Stück wölbt sich wie eine Sprungfeder über dem oberen Theil der Rückenspalte, verbreitert sich bei Druck auf das Präparat und reißt bei stärkerer Kompression median von der Mitte ' des hinteren Umfanges an, woselbst immer ein kleiner Einschnitt zu sehen ist, nach oben durch. Zu gleicher Zeit weichen die Begrenzungen ‚ der Rückenspalte hinten aus einander (wie bei Taf. XII, Fig. 1). Unter diesem Gebilde liegt noch eine zweite rinnenartige bedeutend schmalere ' nach hinten sich etwas verbreiternde Lamelle, welche in den Raum unter ‚ der ersteren gleichsam hineingeschoben erscheint, die Spalte aber in | etwas größerer Ausdehnung deckt, mit der konkaven Seite gegen diese ‚ gewendet. Ihre untere Begrenzung (s. Taf. XII, Fig. 3 kl und 5 kl) liegt zwischen dem unteren Rand der erstbeschriebenen Lamelle und dem ' Punkt, wo die oben beschriebenen Leisten aus einander weichen. Sowohl von der hinteren Grenze dieses Stückes, als besonders von den ausge- ‚ schweiften Rändern des erstbesprochenen, sieht man zu beiden Seiten die ; Ränder dicker, die Kapsel oberhalb verstärkender Chitinblätter gegen den ‚ Ventraltheil und die hintere Endigung der Kapsel verlaufen (s. Taf. XII, ‚ Fig. 3 und 5 /a). Die Kapsel zeigt demnach in einer Zone, welche von ‚ der Verbindungsbrücke der beiden Hälften am Rücken (Fig. 3br und 1 e) ‚ nach der hinteren Endigung am Bauch (Fig. 3 und 5 en) hinläuft, die ‚ größte Stärke. Als ebenfalls noch zur Kapsel im engeren Sinn gehörend erwähnen ‚ wir die zwei im Grunde des Mundkapseltrichters stehenden, symmetrisch 194 Wilhelm Schulthess, gestellten (s. Taf. XII, Fig. 2,4 u.5 tu. t, ferner Taf. XI, Fig. 2 bei) Chitin- spitzen. Sie sind ziemlich massive dreiseitige Pyramiden und engen den Raum im hinteren Theil der Mundkapsel derart ein, dass von der ven- tralen Hälfte nur noch ein schmaler Kanal übrig bleibt, welcher direkt in den Oesophagus führt. Die innere Seite dieser Spitzen bildet ein recht- winkliges Dreieck, dessen Fläche der Medianlinie zugewendet und paral- lel ist, dessen Hypothenuse sich an die Bauchwand anlehnt, dessen hin- tere Spitze fast in der hinteren Kapselöffnung liegt (s. Taf. XII, Fig. 5 2). Die zweite Seite der Pyramide ist gegen die quere Mittelebene der Kapsel gewendet, derselben jedoch nicht parallel, sondern nach hinten und unten (ventralwärts) abweichend, die dritte gegen die vordere Kapsel- öffnung. Stellen wir uns diese Pyramide etwas schlank vor, die Kanten etwas ausgeschweift (die zur Kapselöffnung laufende trägt in der Mitte öfters noch eine kleine Spitze) (s. Taf. XII, Fig. 2 und ?‘), die Spitze etwas nach außen gewendet, so haben wir ein ungefähr richtiges Bild dieser Gebilde, welche nach der bisherigen Anschauung dazu bestimmt sind, während der Saugbewegungen die andrängenden Weichtheile zu spießen und zu verletzen. An der Stelle, wo diese Spitzen der Kapsel- wand anliegen, findet man die letzteren durch der Innenfläche aufge- lagerte Chitinschichten bedeutend verdickt. Die Innenfläche der Kapsel zeigt eine schief von vorn tiäch hinten gegen die Rückenspalte gerichtete nicht sehr dichte Streifung. Wie schon gesagt, ist diese so gebaute Kapsel vorn von einem sehr elegant gebauten Zahnapparat gekrönt. Es besteht derselbe aus einem Reif resistenter (Chitin-) Substanz, in dessen ventrale Hälfte die längst bekannten und beschriebenen hakenförmigen Zähne, seine Kontinuität unterbrechend, eingeschaltet sind. Der Rückentheil dieses Reiis präsentirt sich uns als eine auf dem Querschnitt ovale, etwa 180% oder etwas mehr umfassende Spange (s. Taf. XII, Fig. i, 2, 3 und 5 g), die sich mit ihren Enden an die zunächst stehenden fingerlörmigen Fortsätze des Bauchrandes der Kapsel, resp., wie wir später sehen werden, an die diesen Stücken ent- sprechenden Zähne, anlehnt. Die Mitte dieser Spange liegt genau auf der Verbindungsbrücke der beiden Kapselhälften (Taf. XII, Fig. 3 br), zeigt da- selbst eine leichte Ausbiegung nach hinten und eine modifieirte Gestalt. Der vordere Rand derselben erhebt sich nämlich hier zu zwei dicht links und rechts von der Mitte gelegenen pyramidenförmigen (s. Taf. XII, Fig. 1, 2,3 unddcundc’) Zabnfortsätzen. Sie sind in älteren Beschreibungen offenbar unter die vier eminentiae conicae des Pharynx (Dusint, v. SIEBOLD) gerechnet, SCHNEIDER hat sie zuerst genauer beschrieben und in seinem Atlas abgebildet!. Lruckarr und Bucnıon haben sie in derselben Weise 1 Monographie der Nematoden. | I | | Beitr. zur Anat, von Aukylostoma duodenale (Dubini) = Dochmius duodenalis (Leuckart), 195 aufgefasst. Diese nicht sehr starken und offenbar aus diesem Grunde des erünlichen Schimmers der Bauchzähne entbehrenden Gebilde fallen an den einander zugewendeten Seiten steil ab und begrenzen, weil sie nahe (0,0224 mm bei größeren Exemplaren) bei einander liegen, einen ziem- lich tiefen (0,0292 mm) (s. Taf. XII, Fig. 1,2 und 5 d) Einschnitt, an den enigegengesetzten Seiten geht ihre Begrenzungslinie nur allmählich in die Konturen des vorderen Rückenrandesüber. Ihre Achsen verlaufen un- gefähr in der Richtung der Kapselwand, sind etwas nach innen und gegen einander geneigt, nur die oberste Spitze ist ganz leicht nach außen ge- bogen. Auf der Innenseite zeigen diese Zähne eine leichte median ver- laufende Furche. An der Bauchhälfte der vorderen Kapselöffnung ist der genannte Reif durch eine an dem medianen Kapselfortsatz quer befestigte rundliche (stark lichtbrechende) Leiste repräsentirt, welche sich durch stärkere Bundung vor den entsprechenden Theilen der Rückenhälfte auszeichnet (s. Taf. XII, Fig. 1 und 4 v). In den nun noch übrigen Lücken finden wir die vier Zähne des Bauchrandes. Diese, leicht gebogene spitze konische Zapfen, stehen in Kontinuität mit starken leistenförmigen Chitinstücken, deren Länge ungefähr !/, der Länge der Kapsel ausmacht. Wie umge- kehrte Sirebepfeiler, das dünnere Ende nach hinten gewendet, lehnen sich diese Zahnträger an die schon besprochenen vier fingerförmigen Fortsätze der Kapselwand. Die Spange, welche den Rückenrand bildet, geht mit ihren Endi- gungen in die Konturen des der queren Medianebene (s. Taf. XU, Fig. I, 2, 3b), die Leiste am Bauchrand in die Konturen des der sagittalen Median- ebene näher stehenden Zahnes über (s. Taf. XI, Fig. ! und 3 a). Wir be- zeichnen der Bequemlichkeit halber diese letzteren Zähne als »erste«, die beiden anderen als »zweite« Zähne. Der Zusammenhang zwischen dem ersten und zweiten Zahn jeder Seite wird durch einen an der Umbiegungs- stelle gelegenen kurzen, queren stabförmigen Fortsatz hergestellt, den man gelegentlich bei Präparation als Stumpf an einem der beiden Zähne sitzen sieht. Die Form dieser sämmtlichen vier Zähne ist ziemlich die gleiche (s. Taf. XII, Fig. 1,2,3,4 a und b). Sie sind sehr spitz, hakenför- mig, der erste (a) ist etwas kleiner als der zweite (b) und zeigt ungefähr in der Höhe, in welcher sich die Leiste des Bauchrandes an denselben ansetzt, einen kleinen zahnartigen Vorsprung, der nicht bei allen Exem- / plaren gleich stark ist (s. Taf. XH, Fig. 1 und 3a). Feine Blätter von Chi- tinsubstanz bedecken das ganze Zahngerüst und den oberen Theil der | Kapsel und tragen offenbar nicht wenig dazu bei den ganzen Zahnapparat | zu stützen und mit der Kapsel zu verbinden (s. Taf. XII, Fig.5z). Dem- ‚ selben Zweck dienen wahrscheinlich auch die (in Fig. I h gezeichneten) Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XXXVII. Ba. Ah 196 Wilhelm Schulthess, in der Ansicht von der Dorsalseite die Zähne des Bauchrandes schleier- artig bedeckenden Membranen oder Blätter. Sie stehen in Zusammen- hang mit einem Überzug der Zähne, über dessen Natur und Zweck ich weiter nichts aussagen kann. Es bleibt noch übrig zu erwähnen, wie der dreieckige Raum zwi- schen der den Rückenrand umfassenden Spange, der oberen Begrenzung der Kapsel im engeren Sinn, und dem dorsalen Rande der den zweiten Zähnen entsprechenden Kapselfortsätzen ausgefüllt sei. Ererscheint schon beim nicht präparirten Thier hell, fast ganz durchsichtig und ist in dieser Eigenschaft auch in vielen früheren Zeichnungen erwähnt. Man findet in dieser Lücke regelmäßig eine vom Rückenrande herunterhängende, daselbst befestigte dünne Chitinlamelle, welche bei der Präparation ge- legentlich sich nach außen schlägt, aber immer mit der Spange des Rückenrandes im Zusammenhang bleibt (s. Taf. XI, Fig. I, 2,3 und Die in der Kapsel gelegenen Spalten (s. Taf. XII, Fig. 5 sp, sp’, ks””, Fig. 3 sp u. Fig. 4 ks’ u. ks”) sind wie die an den Seiten und der Bauch- fläche der Kapsel vorhandenen mit einer Substanz ausgefüllt, welche sich von dem benachbarten Chitin hauptsächlich dadurch unterscheidet, dass sie sich sehr leicht tingirt, und allen möglichen Reagentien bedeutend geringeren Widerstand zu leisten vermag als dieses. Nahe dem hinteren, mit stumpfer Spitze versehenen Ende, findet man an der Dorsalseite, so wie an der ventralen, je einen kleinen aus resi- stenter Substanz gebildeten Fortsatz, der beinahe rechtwinklig auf der äußeren Kapseloberfläche aufsitzt. Der dorsale dieser Fortsätze schließt sich direkt an die hintere Begrenzung der schmalen, tiefer liegenden, die Rückenspalte deckenden Lamelle an, der ventrale steht dem hinteren Kapselende sehr nahe (s. Fig. 3 und 5 am hinteren Ende von kl). Beide bezeichnen die Grenze, bis zu welcher die Muskulatur des Oesophagus reicht und sind jedenfalls Muskelansatzpunkte. (Näheres über dieses Ver- hältnis siehe bei Besprechung des Oesophagus.) Die Mundkapsel ist in das vordere Ende des Hautmuskelschlauches tief eingesenkt, und zwar so tief, dass sie mit Ausnahme der Spitzen der Zähne des Rückenrandes von der Haut, welche eine ventral und median gelegene hutförmige Erhebung und zwei seitliche Längswülste zeigt, über- all überragt ist. Wie weit die Muskelschicht reicht ist schon bei Be- sprechung derselben erwähnt, eben so ist an geeigneter Stelle hervorge- hoben worden, dass die Kopfdrüsen an der Seite der Mundkapsel bis zum Munde hinaufsteigen. So weit unsere auf eigenen Untersuchungen basirenden Ansichten: im Nachstehenden gedenke ich noch einen Blick zu werfen auf die bis- herigen Anschauungen über den Fixationsapparat des Ankylostoma, welche Beitr. zur Anat, von Ankylostoma duodenale (Dubini) = Dochmius duodenalis (Leuckart). 197 sich, da die Untersuchungen nur spärlich sind, auf kleinen Raum zu- sammendrängen lassen. Fast alle Autoren beschränkten sich darauf, dem Parasiten eine hor- nige, bauchige Mundkapsel zuzuschreiben. Specielle Angaben, und zwar nur über die an derselben sitzenden Gebilde, d. h. der verschiedenen Zähne, giebt eigentlich nur LeuckArr und nach ihm Bucnton, der unge- fähr in dieselben Fußtapfen tritt. An der Stelle, wo wir die Rückenspalte beobachtet haben, fand ersterer Autor einen Zapfen, der nicht solide, nur von Chitinsubstanz bekleidet, eine längsgestreifte weiche Pulpa einschließt. Er liegt der inneren Seite der Kapselwand an und steht möglicherweise im Zusammenhang mit der Nahrungsaufnahme. Da ich trotz immer und immer wieder wiederholter Untersuchung aller meiner Präparate ein diesem Zapfen ähnliches Gebilde nicht finden konnte, wohl aber seine Lage genau der Stelle entspricht, an welcherich die Rückenspalte mit den ihr anhängenden Gebilden gefunden habe, so muss ich annehmen, dass sich die Lzucrarr'sche Beschreibung auf diese bezieht, muss aber dessen ungeachtet bei meiner Auffassung stehen bleiben. Buenton nennt dasselbe Gebilde eine »Eminence conique, limit6e par deux lames chitineuses entre les quelles vient aboutir une sorte de rainure ou de canal qui m’a paru se prolonger dans la direction de l’oesophage.«. Wenn auch diese Beschreibung der unsrigen sehr viel näher steht als die LeuckArr'sche, so ist sie doch sogar in den Grundzügen gänzlich davon verschieden. Das beweisen nicht nur die angeführten Worte, sondern noch viel deutlicher die Zeichnungen. In dem in den Text eingedruckten Holzschnitt setzt sich der die vermeintliche Rinne andeutende Strich noch ein gutes Stück in den Oesophagus fort, was ja unmöglich wäre, wenn man sich diese Grenze durch die an einander tretenden Kapselhälften zu Stande gekommen vorstellen würde. Ferner sind die Konturen der vor- deren breiteren die Rückenspalte deckenden Lamellen so gezeichnet, als ob sie unter der schmalen lägen. Es beweist dies zur Genüge, dass Busnion eine absolut andere Auffassung dieser Gebilde hat, als wir in Obigem dargethan haben. Suchen wir in der Monographie von Schneider nach Angaben, welche sich auf diesen Theil der Mundkapsel beziehen könnten, so ist wohl das einzige hier Verwerthbare die Erwähnung eines kegelförmigen, spitzen Zahnes, der an der Dorsalseite der Kapsel verwandter Arten vorkommt, und wahrscheinlich auch bei Ankylostoma vorhanden sei. Wir stehen dieser, wie aus dem Gesagten ersichtlich, nicht einmal ganz sicheren Beobachtung ähnlich gegenüber wie der LeuckArr'schen, sind nur auf das ‘ Vermuthen angewiesen und erlauben uns daher keinen sicheren Schluss. Die beiden im Grunde der Mundkapsel, und zwar näher der ventralen 1h* 198 Wilhelm Schulthess, Hälfte stehenden, von dieser ausgehenden pyramidenförmigen Zähne, sind in den ältesten Beschreibungen jedenfalls in den »vier eminentiae conicae des Grundes der Mundkapsel« mit inbegriffen. Wiederum war es aber erst LEUCKART, der diese nach seiner Definition »leistenförmigen, einem Sägezahn vergleichbaren Spitzen« einer speciellen Beschreibung würdigte. Buenıon schließt sich dieser Ansicht über die »lames pharyngiennes« an und stellt sie in der Zeichnung als mit der chitinösen Auskleidung des Oesophaguslumens in Kontinuität stehend dar. Ich habe mich oft bemüht die letztgenannte Thatsache zu konstatiren, es ist mir aber nie gelungen ein Präparat zu fertigen, welches dieselbe außer allen Zweifel gesetzt hätte. Ferner kann ich weder dem Ausdrucke »leistenförmig « noch »lames pharyngiennes« beipflichten, so viel ich sehen konnte er- heben sich diese Spitzen von breiter Basis und sind also, wie schon früher angegeben, pyramidenförmig. Aus leicht begreiflichen Gründen haben die Zähne des Vorderrandes der Mundkapsel viel weniger zu Kontrover- sen geführt als die besprochenen Bildungen. Die vier zierlichen Häkchen an der ventralen Hälfte des Randes sind fast durchweg gleich beschrie- ben. Über ihre Fixation vernehmen wir Folgendes: »Die Zähne entspringen von eben so viel Erhabenheiten der hornigen Mundkapsel« (v. SregoLp), »von einer kieferartigen Verdickung der Kapsel- wand« (LEUCKART), »sont fixes sur un Epaississement de la paroi du sucoir (Busnion).« Die Resultate der eigenen Untersuchungen würden sich dem- nach am ehesten an die Beobachtungen von Sırsorp’s anschließen. Die zwei Zähne des Rückenrandes hat erst ScHnEIDER genau beschrieben und gezeichnet, die folgenden Beobachter bringen über diesen Punkt nichts Neues. Den den vorderen Kapselrand bildenden Ring, die Spalten der Kapsel, ihren komplieirten Bau, finde ich nirgends erwähnt. Die sparsamen, in den bemerkenswerthesten Werken über Ankylo- stoma verbreiteten Zeichnungen des Kopfes leiden mit wenigen Ausnahmen an Ungenauigkeiten. In der Bırnarz’schen Arbeit erscheinen, wie LEUCKART hervorhebt, die Mundkapseln zu groß, hingegen giebt doch die Rücken- ansicht ein recht genaues Bild der Umrisse der Mundöfinung. Eben so ist in der Ansicht des Kopfes, welche sich in der Schneiper’schen Monogra- phie findet, der Eingang in die Mundhöhle mit den Zähnen recht treffend ausgeführt, während der übrige Theil nicht ganz den natürlichen Verhält- nissen entspricht. Das LruckArr’sche Bild der Rückenansicht des vorderen Körperendes ist schwer verständlich. Die Rückenspalte der Kapsel über- ragt den Einschnitt an der dorsalen Hälfte, des vorderen Kapselrandes, ein Irrthum, welcher natürlich mit der Auffassung dieses Gebildes als Rückenzapfen Hand in Hand geht. Die grundständigen Zähne haben in Wirklichkeit ganz andere Form als auf dem Bilde, eine Einschnürung im Beitr. zur Anat. von Ankylostoma duodenale (Dubini) = Dochmius duodenalis (Leuckart). 199 Halstheil habe ich nie beobachtet. Der Ansatz der hakenförmigen Zähne scheint durch eine quere Leiste vermittelt zu sein. Die Busnıon’schen Zeichnungen sind von den bis jetzi erschienenen die genauesten. Busnton ist der Erste, welcher das Kapselskelett dargestellt und dabei schon die Struktur der Kapsel angedeutet hat. Mit der Darstellung der Zähne kann ich mich trotzdem nicht befreunden, sie scheinen in einer wulstigen Scheide zu liegen. Es ist zwar möglich, dass das schon er- wähnte dünne Blättchen, welches die ersten Zähne des Bauchrandes ver- bindet, in eine Art Scheide übergeht, aber Busnton scheint mir durch die gerade an denselben Stellen über die Zahnrücken laufenden Hautränder zu dieser Auffassung veranlasst worden zu sein. Diese lassen wirklich bei bestimmter Einstellung des Mikroskops die Bugnion’schen Bilder her- vortreien, bei Präparaten der isolirten Kapsel erscheint der Zahnrücken vollkommen glatt !. 2) Der Oesophagus. Wie ein Eierbecher das Ei, so trägt der cylindrische in seinem hin- teren Theil kolbig angeschwollene Oesophagus in-einer seichten Aushöh- lung seines vorderen Endes die Mundkapsel (s. Taf. XI, Fig. 2 Nr. 4 und Taf. XII, Fig. 2 und / o). Der dorsale Theil der letzteren wird von dem- selben etwas mehr umfasst als der ventrale. Während dieser nur zu einem ganz kleinen Theil noch innerhalb des Bechers des vorderen Oesophageal- endes liegt und den größten Theil seines Verlaufes außerhalb hat, liegt die dorsale Fläche fast zur Hälfte auf der daselbst etwas verbreiterten Muskulatur des Oesophagus (s. Taf. XII, Fig.2s). Wiederum ein Moment mehr, welches dazu beiträgt, die Ebene der Mundkapselöffnung dem Rücken zuzuwenden. Die Bucnion’schen Zeichnungen geben sehr natur- 1 Die Charakteristik des Genus Dochmius in LEUCKART'S Parasiten (p. 409), einige weitere Angaben über die Mundkapsel anderer Dochmien, die Erwähnung des Vor- kommens eines kegelförmigen Zahnes an der Rückenfläche der Kapsel mehrerer hier- her gehörender Strongylusformen bei Schneıper (Monographie der Nematoden), die Zeichnung der Mundkapsel des Dochmius cernuus, das von mir selbst (an zwei Prä- paraten, welche Herr Professor Bucnion die Güte hatte mir zu übermitteln) bei Doch- mius trigonocephalus und tubaeformis konstatirte Vorkommen der die Rückenspalte der Kapsel deckenden größeren Lamelle: Alle diese Punkte lassen mich vermuthen, dass die »Mundkapsel im engeren Sinn«, so wie sie oben von mir beschrieben wor- den ist, ein Hauptcharakteristikum sei für die Dochmien, dass sich alle Details mit Ausnahme der natürlich wechselnden Zahl der Fortsätze, an welchen sich die Zähne ansetzen, eben so bei anderen Dochmien nachweisen lassen und sich die einzelnen Species, wie LEUCKART andeutet, durch den Zahnapparat unterscheiden lassen. Es ist dies, abgesehen von dem anatomischen Bau, ein Moment, welches mir ein Grund mehr war, eine strenge Scheidung in Kapsel »im engeren« Sinn und »Zahnapparat« durchzuführen. 200 Wilhelm Schulthess, getreu dieses Verhältnis wieder, es ist hingegen weder in der dazu ge- hörenden Beschreibung noch anderswo gebührend erwähnt. Leuckart hat nachgewiesen, dass das Oesophagealrohr unseres Parasiten, wie dasjenige anderer Nematoden, aus radial auf die Längs- achse gestellten kurzen Fasern besteht, dass dieselben theils durch die dreistrahlige Bildung des Oesophagealrohres, theils durch in der Längs- richtung verlaufende Körnerspalten zu verschiedenen Längszügen grup- pirt sind. Längsfasern, welche von ScunEIDEr bei anderen Nematoden ge- funden worden sind, konnte ich mit Sicherheit, wie LEUCKART, auch nicht finden, es erwachsen übrigens dieser Untersuchung durch den genauen Anschluss des Schlundringes und seiner Ausstrahlungen an den Oesopha- gus große Schwierigkeiten. Die Länge dieses Theiles muss ich etwas größer annehmen, als LeuckArrt, der !/,, der ganzen Körperlänge angiebt. Ich fand öfters !/; und noch mehr. Die Breite des cylindrischen Theiles (inHöhe des Schlundringes gemessen bei Weibchen von 40,3 und 10,5 mm Länge) finde ich 0,0853—0,0943, diejenige des kolbig verdickten Theiles 0,170—0,176 mm, also ebenfalls größer als Leuckart. Das oben drei- eckige, aber rasch dreistrahlig werdende Lumen ist, wie z. B. bei den Ascariden, mit einer festen Substanz ausgekleidet, diese ist dem Baumate- rial der Mundkapsel vollkommen gleich. Diese Auskleidung zeigt durch den ganzen Oesophagus überall ähnliche Struktur, nur unterscheiden sich hintere und vordere Hälfte durch geringe aber deutliche Modifika- tionen ihrer Stärke und Form. Bedeutendere erleiden sie am vorderen und hinteren Ende. Bei LrvckArr lesen wir, dass sechs Leisten diese Auskleidung des Lumens stützen, Buanıon lässt dasselbe durch »lamelles dentel&es« geschehen. Ich gebe dem letzteren Ausdruck den Vorzug. Be- trachten wir nämlich den Oesophagus oder das isolirte Chitingerüst in der Seitenlage, so sehen wir immer drei bis vier oder mehr gezähnte Linien die drei Spalträume begleiten (siehe Taf. XI, Fig. 2 bei 5 und Taf. X1l, Fig. 2 und 4 ch). Starkes Lichtbrechungsvermögen, grünlicher Schimmer, lassen, wie bei den Zähnen der Mundkapsel, auf massiven Bau der von diesen welligen Linien begrenzten Gebilde schließen. Auf den Quer- schnitten sehen wir, dass nahe dem Ende der Strahlen des Oesophagus- lumens Vorsprünge von halbkreisförmigem Durchschnitt auf der Außen- seite des Chitingerüstes aufgelagert sind (s. Taf. XII, Fig. 7). Würden wir an jedem Querschnitt diese nach außen in die Muskulatur vorspringenden Figuren sehen, wäre damit bewiesen, dass wirklich Stäbe die chitinöse Auskleidung begleiten. Die in der Seitenlage beobachtete gezähnte Linie bliebe also unerklärt. Wir machen aber an einer größeren Zahl von Querschnitten folgende Beobachtung: Versuchen wir bei recht starker Vergrößerung auf die äußeren Kon- Beitr. zur Anat, von Ankylostoma duodenale (Dubini) = Dochmius duodenalis (Leuckart). 201 turen der besprochenen Vorsprünge einzustellen, so gelingt dies immer nur auf einer Seite einer Spalte des Oesophagus, erst nach leichter Ver- schiebung mit der Mikrometerschraube tritt die äußere Kontur des gerade gegenüber liegenden, vorher nur undeutlich durchschimmernden Vor- sprunges scharf hervor, während die erstgesehene verschwindet. Dadurch wird zweierlei bewiesen. A) Wir haben es nicht mit Stäben zu thun, sondern mit Längsreihen kleiner rundlicher Vorsprünge. 2) Diese Vor- sprünge stehen alternirend auf beiden Seiten der Oesophagusspalten. Dass diese Gebilde wirklich alternirend angeordnet sind, sieht man deut- lich auch an solchen Präparaten, bei welchen es uns gelingt, eine der drei Kanten des Gerüstes in kleinerer oder größerer Ausdehnung zu übersehen (s. Taf. XII, Fig. 4 ch). Die Beobachtungen an Querschnitten erklären und ergänzen also in jeder Beziehung die Längsansichten. Ich glaube diese Übereinstimmung giebt die Berechtigung an den oben erwähnten Schlüs- sen festzuhalten. Diese knotenförmigen Vorsprünge sind auf Längsleisten fixirt, welche sich, wie es scheint, gar nicht oder nur sehr schwer im Querschnitt gegen die innerste Chitinschicht abgrenzen lassen. Immerhin müssen wir das letztere vermuthen; ich beobachtete nämlich hier und da bei macerirten Präparaten, welche ich zu zerzupfen mich bemühte, dass ein ziemlich breiter Streif von Chitinsubstanz besetzt mit den be- schriebenen Knoten sich ablöste. In so fern hat also die LeuckArrt'sche noch mehr aber die Bucnıon’sche Ansicht ihre Berechtigung. Dass diese Knoten dazu beitragen, den Muskeln noch günstigere Ansatzpunkte zu bieten als leistenförmige Verdickungen, versteht sich von selbst. Mindestens sechs derartige Reihen durchziehen die ganze Länge des Oesophagus und sind überall deutlich zu sehen. Um Weiteres darüber sagen zu können, müssen wir auf die schon angedeuteten Unterschiede der vorderen und hinteren Hälfte des Gerüstes übergehen. Man beobachtet nämlich schon bei Thieren, welche nur in Glycerin eingebettet sind, dass etwas über der Höhe des Schlundringes die be- sprochenen Vorsprünge, welche bis zu diesem Punkte eine durchaus gleichmäßige Form, Größe und Anordnung zeigen, plötzlich kleiner, flacher, spärlicher werden. Da und dort fehlt einer, man sieht an seiner Stelle nur eine flache Erhebung der Leiste. Ferner konstatirten wir noch: Das Chitingerüst ist in der vorderen Hälfte des Oesophagus stär- ker als in der hinteren, man findet in der ersteren nahe dem Ende der einzelnen Strahlen vier Reihen von Knoten (a und b), im Ganzen also 12, in der hinteren nur sechs (s. Taf. XII, Fig. 7 mit der Erklärung der Tafeln). Nur im hinteren Theil haben wir die von Lruckarr gefundene flache leistenartige innerhalb der Knotenreihen gelegene Erhebung des Gerüstes gefunden (s. Fig. 7 c). 202 Wilhelm Schulthess, Am vorderen Ende sieht man von den Spitzen der Spalten stabför- mige Fortsätze von Chitinsubstanz divergirend (s. Taf. XII, Fig. % chl) zuder Umgebung der hinteren Kapselöffnung gehen, um sich daselbst zu fixi- ren, nachdem sie, wie ich aus den Ansichten in der Seitenlage schließen muss, zuerst durch Einknickung von allen Seiten zu einer leichten Ver- engerung des Oesophaguslumens geführt haben. Das letztere bleibt in- dess eine Vermuthung, es ist mir nicht gelungen eine genügende Zahl von Querschnitten gerade durch diese Gegend zu erhalten. Über die Art und Stelle der Fixation oben genannter Fortsätze, resp. Übergang in Theile des Kapselskelettes, kann ich nur Weniges angeben. Diejenigen, welche von der nach der Bauchfläche gerichteten Spalte des Oesophagus ausgehen, inseriren sich am unteren Umfange der hinteren Kapselöffnung nahe der Stelle,an der dieWurzel der grundständigen Zähne liegt. (Nach der Busnıon- schen Zeichnung wäre eine direkte Fortsetzung in diese anzunehmen, wie ‚schon früher erwähnt worden ist.) Die Verbindung geschieht durch ein zähes, farbloses, scheinbar strukturloses, der Kalilauge, der Fäulnis weniger als die Chitinsubstanz Widerstand leistendes Gewebe, welches nebst der Elastieität der Chitineinlagerung des Oesophagus dem Kopf eine bedeutende Beweglichkeit gestattet. Das hintere Ende des Oesopha- gus wird von den das Gerüst begleitenden Verdickungen nicht vollständig erreicht, wenigstens die äußeren hören mit scharfer Grenze auf (siehe Taf. XI, Fig. 7 Ve), das Lumen verengert sich rasch, bildet im untersten Theil wieder ein kleines Dreieck. Verschiedene Male habe ich bei Untersuchung dieses Chitingerüstes eine Beobachtung gemacht, welche vielleicht hinsichtlich des Muskelan- satzes an das Chitingerüst beachtenswerth ist. Bei halb macerirten Präpa- raten löste sich nämlich hier und da ein Streifen farblosen Gewebes, der auf der einen Seite glatt, auf der anderen Seite derart mit Fransen ver- sehen war, dass diese Seite ungefähr das negative Bild der daneben liegenden abgerissenen Muskelendigungen darbot. Haben wir es hier mit einer die Verbindung des Chitins und der Muskeln vermittelnden Zwischen- substanz zu thun? Der Oesophagus schließt gegen den sein hinteres Ende umfassenden Darm nach Dusinı mit vier, nach LeuckArT mit drei rundlichen Zapfen ab, deren jeder nach letzterem Autor einen rundlichen Kern enthalten soll. Den letzteren habe ich leider wahrscheinlich in Folge ungeeigneter Präparation nicht finden können. Die drei rundlichen Zapfen scheinen mir hingegen an ihrer inneren Seite noch je ein etwa dreimal kleineres rundliches Anhängsel zu haben. Sämmtliche drei Zapfen bestehen aus körniger Substanz und sind von der den Oesophagus überziehenden struk- turlosen Membran bedeckt. Zweifelsohne ist die Ansicht, diese Körper- . Beitr. zur Anat. von Ankylostoma duodenale (Dubini) = Dochmius duodenalis (Leuckart). 203 chen repräsentiren einen Klappenapparat, der das Regurgitiren des Darm- inhaltes verhindere, die richiige. Vergeblich habe ich mich bemüht, im oberen Theil einen solchen aufzufinden, auch die Grenze der vorderen und hinteren Hälfte des Saugrohrs (Taf. XII, Fig. 2 bei 5) scheint kein derartiges Organ zu bergen. 3) Der Darm. Der Darm durchzieht in fast gerader Richtung den ganzen Körper vom hinteren Ende des Oesophagus bis zu den beim Männchen in einer Papille, beim Weibchen etwas vor der Schwanzspitze liegenden After, ist fast durchweg gleich weit, verengt sich am hinteren Ende rasch. Die Hautbedeckung setzt sich ein kleines Stück in den Anus hinein fort. Die Angaben LruckArr's, dass er aus einer äußeren gelblichen körnigen Schicht, welche wiederum aus großen Zellen zusammengesetzt erscheint, und einer inneren borstig zerklüfteten Schicht aufgebaut sei, kann ich bestätigen, und zwar findet sich die letztgenannte Schicht im ganzen Ver- laufe des Darmes bis zu der Stelle, wo die Verengerung beginnt. Fast auf dem ganzen Verlaufe zeigen die Querschnitte des Darmes ganz unregelmäßige, nach allen Seiten ausgebogene und ausgebuchtete Form. Nur im hintersten Theil, nahe dem After, war er bei allen Exem- plaren, welche ich durch Querschnitte zerlegte, eine quere Spalte. An diesen Stellen fand sich auch regelmäßig eine ziemlich große Zahl der beim Querfasersystem besprochenen Fasern, aber nie waren dieselben, wie es von SCHNEIDER bei einzelnen Ascariden nachgewiesen ist, zu eigent- lichen Bündeln oder Strängen verstärkt. Man findet diese bei einem tingir- ten Präparat schon durch die Haut durchschimmernden Verbindungsfasern in geringer Zahl nicht nur an dieser Stelle, sondern in unregelmäßiger Vertheilung im ganzen Verlaufe des Darmes. Am größten ist ihre Zahl in der Nähe der weiblichen Geschlechtsöffnung und nahe der Cardia. Sie scheinen bei den weiblichen Exemplaren überhaupt häufiger vorzu- kommen als bei den männlichen. Der Darminhalt ist nach Lruckarr häufig, nach Sıncarıı äußerst selten menschliches Blut. Der letztere Beobachter glaubt daher, die Thiere nähren sich von Darmschleim. In unsern Fällen waren, wenn die Stühle frisch untersucht wurden, viele Thiere mit blutigem Darminhalt, wenn sie erst nach 12 oder 24 Stunden untersucht wurden, wenige oder gar keine mit dem roth durch die zarten Körperbedeckungen durchschimmernden Streifen zu sehen. Da in Italien meines Wissens die Sektionen erst spät gemacht werden dürfen, liegt vielleicht darin der Grund der Beobachtung SANGALLI'S. Das Blut zersetzt sich natürlich sehr rasch, oder wird, wenn das Thier noch lebt, verdaut. Es unterliegt gewiss (das beweist u. a. auch 204 Wilhelm Schulthess, das durch die Ankylostomen hervorgerufene Krankheitsbild) keinem Zweifel, dass unsere Thiere sich von Blut nähren. Endlich möchte ich noch auf eine makroskopische Beobachtung auf- merksam machen. Dusinı schreibt in der ersten Veröffentlichung der Entdeckung des Ankylostoma (siehe Historisches): Ein schwarzer Punkt bezeichnet die Stelle des Magens. Bei der Mehrzahl der Thiere habe ich ebenfalls beobachtet, dass der vorderste Theil des Darmes gefüllt war und als schwärzlicher Punkt durchschimmerte, schon für das unbewaff- nete Auge deutlich zu erkennen. Es ist mir nicht gelungen in der Litte- ratur eine Erklärung für diese Thatsache zu finden, möglicherweise giebt es bei verwandten Thieren Analoga. Der betreffende Darmabschnitt zeigt sich regelmäßig stark gefaltet (s. Taf. XI, Fig. 2 bei 12), histologisch konnte ich absolut keine Unterschiede entdecken, führe die Thatsache nur als möglicherweise der Beachtung werth an. 4) DieAnaldrüsen. Die zwei großen, von Lruckart bei diesem Dochmius vermissten Drüsen, habe ich ebenfalls nicht auffinden können. Die vier eigenthüm- lichen birnförmigen, in die männliche Kloake mündenden, waren bei unseren Exemplaren regelmäßig vorhanden, und zwar waren sie bei ver- hältnismäßig unentwickelten Thieren gewöhnlich schon so groß wie bei älteren (s. Taf. XI, Fig. 2 bei29 und Taf. XII, Fig. 10 dund d’). In Bezug auf das Nichtvorkommen beim Weibchen möchte ich mich vorsichtig aus- drücken. Bei einem noch sehr unentwickelten Weibchen schienen mir ähnliche Gebilde vorhanden zu sein. Leider konnte ich diese Beobachtung nicht weiter verfolgen, da mir derartige Exemplare nur in ganz beschränk- ter Zahl zu Gebote standen. Bei entwickelten Thieren weiblichen Ge- schlechts habe ich sie bis jetzt nicht auffinden können. Sollten diese Drüsen beim Weibchen nicht vorhanden sein, so würde dies natürlich auf einen Zusammenhang mit dem Genitalsystem hindeuten. Sie sind auch von Leuckarr daselbst erwähnt. G. Der Genitaltraktus. Das Genitalsystem ist bei beiden Geschlechtern, besonders aber beim Weibchen, sehr stark entwickelt und es ist das größere Volum des weib- lichen Thierleibes hauptsächlich der stärkeren Entwicklung des Genital- kanales zuzuschreiben. Kaum kann man, wie LEUCKART Sagt, einen Quer- schnittanlegen, ohne dieGenitalröhre vier bis sechsmal zu durchschneiden. Wir haben sogar öfters neun, zehn und mehr Durchschnitte gefunden. 4) Der männliche Genitaltraktus. An demselben findet man, wie bei anderen Nematoden, die drei von LeuckArT genauer beschriebenen Abschnitte, Hoden, Samenblase und ee 2ZEEEEREBEEESEEEEEEE Beitr. zur Anat. von Ankylostoma duodenale (Dubini) = Dochmius duodenalis (Leuckart). 205 Ductus ejaculatorius. Die Länge dieser drei Theile, welche von ihm auf das Doppelte der Körperlänge geschätzt wurde, beträgt nach unseren Messungen im Mittel wirklich genau so viel. So ergab sich bei einem Thier von 7,5 mm Länge: Für den Hodenkanal 11,5 mm » die Samenblase 1,0 » » den Ductus ejaculatorius 3,2 » Immerhin giebt es Exemplare, bei denen sie das Dreifache betragen ' mag. Weitere zum Genitalsystem gehörende Organe sind die Spicula und die Bursa. Der dünne fadenförmige Hodenkanal liegt größtentheils im zweiten _ Viertel des Thieres. Die vordersten Schlingen überragen auch bei star- ker Entwicklung nur wenig das hintere Ende der kürzeren der beiden ' Halsdrüsen. Die Vermuthung Leuckarr's, dass sein Verlauf schematisch auf einen von der Samenblase nach vorn gegen die Cardia und einen von oben genannter Stelle wieder zurücklaufenden Schenkel zurückzuführen ‘sei, wird durch unsere Untersuchungen ebenfalls bestätigt. Der ab- ' steigende Schenkel endigt gewöhnlich etwas hinter der hinteren Grenze der Samenblase (s. Taf. XI, Fig. 2 bei 79). Dieser Verlauf findet sich an jungen Exemplaren, konnte aber durch Präparation auch an älteren Thie- ren nachgewiesen werden. Die bei starker Entwicklung sehr große Zahl von Schlingen, die scheinbar ungeordnet durch einander liegen, muss man sich auf folgende Weise entstanden denken. Die beiden Schenkel des Hodenkanals weichen bei fortschreitendem Wachsthum allmählich von dem ursprünglichen Verlauf an der ventralen Fläche des Darmes dadurch ab, dass sie immer größer werdende Ausbiegungen in immer steigender Zahl bilden und zwar in gleicher Weise nach beiden Seiten. Diese ver- jassen aber die Außenfläche des Darmes nicht, sondern steigen bei zu- nehmender Ausdehnung an den Seiten desselben in die Höhe, um bei noch stärkerer Entwicklung über denselben herüber zu wachsen und mit ' denjenigen der anderen Seite zusammenzutreffen. Geht das Wachsthum dann noch weiter, so wachsen von der Kuppe der Schlinge (s. das eben- falls hierher passende Schema Taf. XI, Fig. 9 bei b) wiederum nach vorn ‚ und nach hinten weitere sekundäre Schlingen aus, deren Verlauf also ‚ wiederum der Längsachse des Körpers parallel geht. Denkt man sich ‚ diese Entwicklung recht weit vorgeschritten, so sieht man ein, dass an ‚ der Ventralfläche des Darmes der ursprüngliche Verlauf des Hadenz; resp. N | | i i ‚ Ovarialkanals derart entstellt ist, dass er nicht mehr der Längsachse des ‚ Darmes parallel gefunden wird, onen dieselbe vielmehr häufig kreuzt, da ja in dem Fall immer die Schlinge der einen Seite in diejenige der ‚ anderen übergeht. Gewöhnlich machen der auf- und der absteigende 206 Wilhelm Sehulthess, Schenkel zusammen diese Touren, man findet auch dem entsprechend bei | frischen Thieren meist einen heller gefärbten und einen dunkleren Theil des Schlauches neben einander. Ersterer stammtaus einem mehr peripher, | letzterer aus einem mehr central gelegenen Theil. Dass bei großer Zahl | der sekundären Schlingen öfters Modifikationen dieses Schemas vorkom- men, ist selbstverständlich, aber in einer ganzen Anzahl präparirter Thiere | konnte ich es wiedererkennen. Z. B. kommt häufig ein Übergreifen der Schlingen über die Mitte der dorsalen Fläche des Darmes vor, doch ge- \ lang es mir bei den meisten Thieren von nicht allzustarker Entwicklung | noch den Darm durch Abstreifen der Schlingen nach beiden Seiten (ohne | diese zu häufig zu zerreißen) zu befreien. Die Genitalschlingen haften, | wie wenn sie von einer klebrigen Substanz überzogen wären, sowohl an dem Darm als auch besonders an den Enden der Halsdrüsen (s. daselbst), endlich auch an den benachbarten Schlingen; die mikroskopische Unter- suchung lieferte mirjedoch kein materielles Substrat für diese Eigenschaft. Ungefähr in der Leibesmitte geht der Hodenkanal in die Samenblase über (s. Taf. XI, Fig. 2 bei 78). Der Übergang ist, wie Leuckarrt sagt, im Gegensatz zu Dochmius trigonocephalus ein ziemlich plötzlicher. Ihre Länge beträgt nach unseren Messungen meist I—1,5 mm. Die Breite | 0,5 mm. So viel ich sehen konnte, ist ihre Wand homogen. Den S-förmig gekrümmten Gang, durch welchen sie in den Ductus ejaculatorius ein- münden soll, habe ich bis jetzt nicht gesehen. Der letztere erfüllt fast die Hälfte der Leibeshöhle, nur der Darm verläuft noch daneben, und zwar an der oberen Seite. Abgesehen von der feinen queren Streifung (LeuckArr) fielen mir bei mehreren Präparaten im oberen Theil dichter, im unteren weniger dicht stehende tiefere quere Einschnitte auf (s. Taf. XT, | Fig. 2 bei 20). Regelmäßig finden sich Bursalmuskeln (s. Taf. XI, Fig. 9 | und 10 beiA) (Scuneiper) in Form von schmalen (etwa !/, der Breite einer Muskelfaser des Leibesschlauches) durch kleine Zwischenräume getrenn- | ten Bündeln, welche in etwas schräger Richtung von der Seitenlinie nach hinten und der Bauchlinie gehen. Die hiniersten senken sich in die Pa- pille ein, auf welcher die Kloake mündet, vielleicht auch nur in das Ge- webe unter derselben. Diese Muskeln sind nicht in der ganzen Länge | des Ductus ejaculatorius vorhanden, sondern nur etwa über dem hinter- | sten Dritttheil desselben. Die Spicula finde ich, wie SchnEiDEr, meist 2 mm lang (s. Taf. XI, Fig.2 bei 25 und Taf. XII, Fig.8und 10»). Sie liegen mit ihren oberen Enden in der Rückenhälfte des Thieres zu beiden Seiten des Darmes (s. Fig. 8). Gegen das hintere Leibesende zeigen sie konvergenten Verlauf, treten | gleichzeitig etwas tiefer, gehen zwischen den vier Analdrüsen durch (siehe | Fig. 10 bei d und d’), haben eine gemeinschaftliche Austrittsstelle an der Er gen in 0 Beitr. zur Anat, von Ankylostoma duodenale (Dubini) = Dochmius duodenalis (Leuckart). 207 dorsalen Seite der Analpapille. Sie erscheinen am oberen Ende von der Seite gesehen (s. Taf. XIl, Fig. 2 bei 26 und 27) ziemlich breit, verschmä- lern sich im oberen Dritttheil verhältnismäßig rasch, um im weiteren "Verlauf noch eine allmähliche Zuspitzung zu zeigen. Vom Rücken oder von der Bauchfläche aus gesehen erscheint das obere Ende nur wenig verdickt (s. Taf. XII, Fig. 8), die Verschmälerung erscheint in dieser Lage geringer. Das obere Ende, welches demnach oval wäre, zeigt eine eigen- thümliche Konfiguration. Es sieht aus wie ein ovaler Stab, der von beiden platten Seiten keilförmig zugespitzt ist (s. Taf. XI, Fig. 7). Bis nahe an die Spitze zeigen beide Spicula eine feine Querringelung. Jedes besitzt eine lange, aus feinkörnigem Gewebe bestehende Scheide (s. Taf. XI, Fig. 7 c und Taf. XII, Fig. 8 ps), welche sich nach vorn bis beinahe an das vor- dere Ende des Ductus ejaculatorius, nach hinten bis in die unmittelbare Nähe der Analpapille verfolgen lässt. Auf ihrem ganzen Verlaufe kann man einen centralen Kanal erkennen. Die Insertion ist mir nicht bekannt. Bei den Präparaten, welche vorgestreckte Spicula zeigten, war die Scheide über dem oberen Theil der letzteren quer gefaltet (s. Taf. XII, Fig. 8). Die Austrittsstelle der Spicula ist durch ein von LEUCKART mit einer Hohl- sonde verglichenes kurzes Chitinstück (s. Taf. XI, Fig. 2 bei 50 und Taf. XII, Fig. Jund 10 Rh) gekennzeichnet. Dasselbe liegt im dorsalen Theil der Basis ‘der Analpapille, ist leicht konvex gegen die Bauchfläche gekrümmt. An ' dieser Seite liegen auch die Spicula. Das obere Ende dieses eigenthüm- lichen, auch die bräunliche Färbung der Spicula besitzenden Gebildes ' scheint durch faseriges Gewebe nach vorn fixirt zu sein. Es liegt bei allen möglichen Stellungen der Spicula am gleichen Ort. Bei der großen ' Mehrzahl der von uns beobachteten Thiere waren die letzteren reichlich ai | "u zur Hälfte vorgestreckt, wie auf Taf. XII, Fig. 8 angedeutet. Die hinteren Enden liefen immer gabelig aus einander, während der übrige Theil parallelen Verlauf zeigte. Die Gestalt der Bursa ist von den verschiedenen Beobachtern ver- schieden angegeben worden, und die Beschreibungen sind wiederum M verschieden gedeutet worden. Fassen wir vorerst nur die Bursa im enge- ‚ ren Sinne, d. h. die Hautduplikatur, ins Auge mit Außerachtlassung | der sog. Rippen. Dusinı nennt sie in seiner ersten Veröffentlichung einen Trichter, ; seine spätere Beschreibung ist mir unbekannt. Nach Dissine (Systema ‚ | | Helminthum) ist die Bursa cyathiformis limbo ventrali exeisa, v. SIEBOLD hält an der Bezeichnung biloba fest, welche auch bei KücnenmEister an- | } | geführt wird. Nach unserer Auffassung muss ich der Bezeichnung Dissıng’s ! er ‚ei den Vorzug geben. Wie durch unsere Zeichnungen dargethan wird, zeigi Ri die Bursa nirgends eine Spaltung bis auf den Fuß, d. h. den Ausgangs- 208 Wilhelm Schulthess, punkt der Duplikatur. Demnach müsste also streng genommen die Be- i zeichnung »lappig« ganz fallen gelassen werden. Immerhin mag es nicht unstatthaft erscheinen, die durch mehr oder weniger seichte Einschnitte in zwei sehr lange Seitentheile (s. Taf. XII, Fig. 8 g, 9 gund 10 9), einen etwas kürzeren Dorsaltheil (s. Taf. XII, Fig. 8,9, 10 f) und einen bedeu- tend kürzeren Ventraltheil (s. Taf. XII, Fig. 9und 10 /) geschiedene Bursa als vierlappig zu bezeichnen mit der soeben angegebenen Einschränkung " des Begriffes. Die bedeutende Kürze des Ventrallappens hat wohl Dissing zu obiger Definition veranlasst. Der Vorwurf, welchen Lzverarr der Scuneiper’schen Darstellung (Holzschnitt im Text) macht, wonach die Bursa vorn, d. h. an der Ventralseite, ganzrandig und geschlossen ist, | während sie nach der Vorstellung des ersteren Autors dreilappig an der Bauchseite offen sein soll, kann mir also, wie aus Obigem hervorgeht, nicht gerechtfertigt erscheinen. Wenn auch der Ventrallappen kurz ist, | so ist er doch unzweifelhaft vorhanden. Jedenfalls muss man in diesem Punkt diejenigen Beobachter das entscheidende Wort sprechen lassen, welche Pärchen in coitu, d. h. die Bursa über den Cylinder des weib- | lichen Körpers ausgebreitet, gesehen haben. Demnach wären Bırnarz und Busnton unsere Gewährsmänner. Bei genauer Betrachtung ihrer hierher gehörenden Zeichnungen wird man auch die Übereinstimmung unserer | oben gegebenen Beschreibung herausfinden. | Außer den bezeichneten vier Einschnitten sind noch eine Anzahl ganz seichter Einziehungen von mir beobachtet worden. Sie stehen im Zusammenhang mit der Anordnung der Rippen und sollen bei diesen be- sprochen werden, während ich hier noch die Modifikationen anzuführen habe, welche die Hautstreifung an der Bursa erleidet. Die Querstreifung der Cuticula bleibt bis an den Ursprung der Bursa, d.h. bis an den mehr oder weniger deutlichen Winkel, welchen die Bursallappen mit der Haut des übrigen Körpers bilden, vollständig regel- mäßig (s. Taf. XII, Fig. 8, 9 und 10). An den Seitentheilen können diese | Streifen noch eine Strecke weit vorhanden sein, die Enden dieser natür- lich nicht mehr cirkulären Parallelstreifen bilden dann verbunden eine \ Dreiecksform, deren Basis auf der letzten vollständigen cirkulären Furche | liegt (s. Taf. XII, Fig. 8). Der ganze untere Rand der Bursa zeigt an Innen- und Außenfläche eine auf dem ersteren im Allgemeinen senkrecht stehende Streifung, und zwar scheinen die Streifen um den Rand herum von der: Innen- auf die Außenfläche überzugehen. Eine Ausnahme macht schein- | bar nach unserer Zeichnung Fig. 9 (Taf. XII) der Ventrallappen. Er zeigt‘ 1 Wenn in unseren Zeichnungen diese Einschnitte tiefer erscheinen als in den genannten, so ist das durch die Ausbreitung der Präparate in einer Ebene zu er- klären, die Falte ist jeweilen auch eingezeichnet. | Beitr. zur Anat. von Ankylostoma duodenale (Dubini) = Dochmius duodenalis (Leuckart). 209 eine Querstreifung. Da aber gerade dieser Theil in dem betreffenden Präparat stark gespannt war, so ist es möglich, dass die wahrscheinlich vorhandene senkrechte Streifung zerstört worden, und eine durch leichte Fältelung producirte künstliche Querstreifung geschaffen worden ist. Dafür spricht die in der Nähe der Falten noch zurückgebliebene senk- rechte Sireifung. Einen Übergang der Furchung des Randes der Bursa in die quere des Stammes habe ich nie beobachten können. Die letztere schien immer scharf abzuschneiden. An der Innenseite der Bursa habe ich an den Seitenlappen, weniger deutlich am Dorsallappen, in bestimm- ter Entfernung vom Rande, eine große Zahl gabeliger Vertheilungen (siehe Taf. XII, Fig. 9 na) gefunden, so dass ich geneigt wäre, daselbst eine Naht- linie anzunehmen. Auf der Außenseite habe ich diese Beobachtung nicht gemacht, die Streifung ist daselbst regelmäßiger. Um die den Rippen aufsitzenden Papillen gehen die Streifen in leichtem Bogen herum. Einen integrirenden Bestandiheil der Bursa bilden die 11 Rippen oder Radien, über deren Vorkommen und Zahl alle Beobachter dasselbe aussagen, welche ferner öfters zur Differentialdiagnose verschiedener Species benutzt worden sind. Die Anordnung in einige sehr zierliche Gruppen hat aber zu sehr verschieden klingenden Beschreibungen Ver- anlassung gegeben. Dusını und Diesing unterscheiden z. B. zwei laterale Gruppen von fünf Rippen und eine median stehende Rippe, v. SırsoLD schlägt in der Bırsarz’schen Arbeit die Eintheilung in zwei laterale viertheilige und eine mediane dreitheilige Gruppe vor. Davame schließt sich der An- schauung v. SıesoLD’s an. ScänEIDEr fördert die Kenntnis auch dieser Gebilde ganz bedeutend. Er zeichnet die Gruppirung genau so, wie sie später von LeuckArT geschildert wird. Wir entnehmen der Arbeit ferner noch: Die Rippen endigen mit Papillen, und zwar (nach der Genus- diagnose): Die Hinterrippen am Rand und auf der Innenseite der Bursa, die hintere Außenrippe (erste Seitenrippe LeuckArr’s, vom Rücken her gezählt) etwas entfernt vom Rande auf der Außenseite, die Mittelrippen (zweite und dritte Seitenrippe, Leuckarr) am Rand und auf der Innen- seite, vordere Außenrippe (vierte Seitenrippe, LeuckArr) entfernt vom Rand auf der Außenseite, Vorderrippen an einander liegend (vordere gespaltene Seitenrippen, LeuckArr) am Rand und auf der Innenseite der Bursa. LEUcKART scheint über diese Art der Endigung keine Untersuchungen gemacht zu haben, erwähnt nur das Vorkommen einer Cuticularpapille im Gegensatz zu Eserrn, welcher! diese für eine Öffnung und die Rippen in Folge dessen für Drüsenschläuche hält. Die Schilderung der Gruppi- ! Bei verwandten Arten! 210 Wilhelm Schulthess, rung giebt Leuckarrt sehr treffend. Er unterscheidet eine Rückenrippe, fünf Seitenrippen, von denen die drei mittleren einem gemeinschaftlichen Stamm aufsitzen, während die hintere aus der Wurzel der Rückenrippe hervorgeht, eine vordere Seitenrippe, welche der Länge nach gespalten ist. Ich glaube kaum, dass man eine passendere Beschreibung finden kann, es lässt sich das am besten nach der Betrachtung der Fig. 8und 10 | auf Taf. XII beurtheilen. Wir gehen zu der Besprechung der einzelnen Rippen über. Die wichtigste, weil von komplicirtem Bau, und von allen Rippen für die Diagnose der verschiedenen Species am meisten verwerthet, ist die Rückenrippe. In den früheren Beschreibungen stehen sich wiederum die Ansichten Dissine’s und v. SıesoLp’s gegenüber. Der erstere definirt: Radius dorsalis bicruris, ramis apice furcatis. Letzterer Autor schlägt dagegen radio dorsali apice furcato vor, eine Beschreibung, welche aller- dings der Bıruarz’schen Zeichnung, welche die nunmehr längst bekannte Dreitheilung der äußersten Äste der in Frage stehenden Rippe nicht wiedergiebt, vollkommen entspricht, die wirklichen Verhältnisse aber nicht so genau schildert wie die Dissinge’sche Definition. Bei SCHNEIDER finden wir nur die Erwähnung von drei kurzen Hinterrippen. Die ge- nauere Beschreibung Leverarr’s (Schwanzrippe, am äußersten Ende ge- spalten, mit je drei kurzen zapfenförmigen Ausläufern, deren innerer nur halb so lang ist als die beiden äußeren) kann ich nicht ganz zu- treffend finden. Sie entspricht in erster Linie nicht der Schneiper’schen Zeichnung, ferner auch nicht unseren Präparaten (s. Taf. XII, Fig.8 u. 9 hr). Ich möchte daher vorschlagen: Die Rückenrippe theilt sich nahe ihrem hinteren Ende in zwei kurze Äste, deren jeder drei endständige kleine fingerförmige Fortsätze trägt. Diese sind durch zwei Einschnitte getrennt, deren äußerer tiefer ist als der innere. Diese Beschreibung passt auf alle unsere Präparate, während die LeuckaArr'sche sich desswegen nicht. darauf anwenden ließ, weil man den äußeren Fortsatz häufig kurz findet, oder öfters der mittlere der längste ist. Ferner könnte man, wenn es auch eigenthümlich erscheint, ganz füglich daran denken, die Definition, welche uns Pırona und Grassı von der Rückenrippe des Dochmius Bal- sami liefern, auf das Ankylostoma zu übertragen. Die betreffenden Worte lauten: I due radj secondarj del radio del lobo mediano della horsa geni- tale sono divisi all’ apice in due rami, l’interno di questi in due altri. Es kann einer genauen Beobachtung nicht entgehen, dass bei Anky- lostoma: 1) der äußere der drei Fortsätze immer etwas stärker ist als die inneren, 2) dass sich von dem Einschnitte aus, der den äußeren von den beiden inneren trennt, eineschwach sichtbare, aber deutliche Trennungs- linie, welche jedoch nie zu einer Lücke im Parenchym wird, bis über die Beitr. zur Anat. von Ankylostoma duodenale (Dubini) = Dochmius duodenalis (Leuckart), 214 Stelle der gabeligen Theilung centralwärts verfolgen lässt (s. Taf. XII, Fig.8und9hr). Eine Entscheidung über diese beiden Definitionen wird nur derjenige zu treffen im Stande sein, der mit der Anatomie, speciell dieser Theile, von vielen verwandten Dochmien vertraut ist !. Ob die kleinen Fortsätze Papillen tragen, kann ich nicht entschei- den, ich habe hier und da an dem einen oder anderen eine solche zu sehen geglaubt, kann aber wegen zu geringer Übung im Suchen derarti- ger Gebilde von einem sicheren Resultate nicht reden, wohl aber habe ich an den Enden aller anderen Rippen Papillen gesehen. Leider ist es mir nicht überall gelungen zu bestimmen, ob dieselben an der Innenseite oder Außenseite der Bursa liegen. Nur von den vorderen Außenrippen (ScHNEIDER; vierte Seitenrippe, Leuckarr) kann ich mit Sicherheit an- geben, dass ihre Papille auf der Außenseite der Bursa liegt. (Ein Präpa- rat, welches dies beweist, ist in Fig. 9 srp abgebildet.) Die übrigen Rippen haben alle ihre charakteristische Form. Rückenrippe, Hinterrippe und die gespaltene Vorderrippe sind relativ schmächtig, die Spaltung der letz- teren geht etwas über die Hälfte oder bis zur Hälfte der Länge. Die mittleren, in einer Gruppe beisammen stehenden Seitenrippen, zweite, dritte und vierte, sind, wie LEUcKART schon sagt, von plumperem Bau (s. Fig. 10 Sr”, Sr’, Sr""). Die hintere Sr” ist die längste, und stets etwas nach hinten gerichtet, die mittlere gleichmäßig zugespitzt, die vordere (ventrale) Sr"" kurz, dünn, nach der Bauchseite gebogen. Die hintere Grenze der mittleren lässt sich bis an die Wurzel über die hintere ver- folgen (s. bei Fig. 10 Sr’”), denselben Verlauf zeigen einige bei starker Aufhellung daselbst zu Tage tretende Fasern. Über die Histologie dieser Rippen ist meines Wissens bis jetzt nur bekannt, dass sie Fortsetzungen des subcuticularen Gewebes seien. Man erkennt darin streifige und körnige Partien, die ersteren wiegen aber vor (frisch allerdings die körnigen), und man kann an den Seitenrippen sehr gut die an den Theilungsstellen der Rippen auch sich theilenden Fasern sehen. Ferner möchte ich als vielleicht beachtenswerth erwähnen, dass an denselben Stellen bei Glycerinpräparaten nach längerem Liegen rund- liche, von welliger Linie begrenzte Körperchen hervortreten, welche im Parenchym der Rippen liegen. Die Natur dieser Gebilde, an denen ich 1 Wie aus obiger Bemerkung hervorgeht, bin ich also nicht der Ansicht, als sei durch die erwähnte Beschreibung der ungleiche Bau des Endes der Rückenrippe des Ankylostoma und des Dochmius Balsami erwiesen, aus dem einfachen Grunde, weil sich die genannten Autoren auf eine Beschreibung der Rückenrippe des Ankylostoma beziehen, welche wir nach dem oben Gesagten nicht für richtig halten können. Sie ist den Werken von Morın und LEUcKART entnommen, bezieht sich auch auf die Länge der kleinen Fortsätze und lautet: i radj secondarj sono divisi in tre rami ' decrescenti di lunghezza d’all esterno all interno. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XXXVII. Bd. 415 212 Wilhelm Schulthess, keine weiteren bemerkenswerthen Eigenschaften finden konnte, ist mir ‚ganz unklar. Dass die Seitenlinien in einer näheren Beziehung zu den Rippen stehen, geht schon aus der BıruArz’schen Zeichnung hervor. Jene verbreitern sich nämlich nahe dem hinteren Leibesende, die eine Kontur geht in die Rückenlinie, die andere in die gespaltene Vorderrippe über (s. Taf. XII, Fig. 10 o mit Fortsetzung nach hinten). Endlich müssen wir noch auf die Beziehungen der an der Bursa beobachteten Einschnitte zu der Lage der Rippen zurückkommen. Gegenüber der Endigung der gespaltenen Vorderrippe liegt regel- mäßig der Einschnitt, welcher den Ventraltheil der Bursa von den Seiten- wänden trennt (s. Taf. XII, Fig. 9 vr), so dass die Vorderrippen beider Seiten diesen seitlich begrenzen. Gegenüber der Theilungsstelle der Rückenrippe liegt eine kleine seichte Einbuchtung, beiderseits von einer flachen Erhebung des Bursalrandes begrenzt, welche den drei kleinen Aus- läufern der Endäste entspricht (s. Fig.8 und 9, Mitte des Dorsallappens). Die Einschnitte, welche den Rückenlappen der Bursa begrenzen, fallen gerade zwischen die Rückenrippe und die von ihrem Stamm ab- gehenden hinteren Seitenrippen. Gegenüber der zweiten und der dritten Seitenrippe fand ich in einigen Präparaten! (s. Taf. Xi, Fig. 2 bei 42, 45, 44,45) ebenfalls ganz leichte Einziehungen des Randes, so dass sich also aus dem Gesagten ergeben würde, dass allen denjenigen Rippen, welche nach ScHneiper auf der Innenseite der Bursa endigen, seichtere oder tiefere Einschnitte gegenüber stehen. Die Angaben Scunziper’s über die Entfernung der Rippenenden vom Rande bestätigen unsere Figuren auch bei diesem Dochmius. Die Papille, auf welcher Darm und männliche Geschlechtsorgane münden, ist ziemlich groß, liegt an der Bauchseite der Bursa direkt vor | dem Abgange des Ventraltheils vom Stamm, erscheint daher in der Seitenansicht ventralwärts der drei mittleren Seitenrippen (s. Taf. XI, Fig. 10). Ihre beiden Seiten werden von zwei fingerförmigen Fortsetzungen des subcuticularen Körperparenchyms begrenzt (s. Taf. XII, Fig. 10 n und Fig.9 n). Es sind dies dieselben Längszüge, aus denen weiter vorn die beiden früher beschriebenen Porus oder Papillen hervorgehen. Zwischen den Spitzen dieser Fortsätze (s. Taf. XII, Fig. 9 pa) sieht man eine kleine durchsichtige, pyramidenähnliche Figur, die mit ovaler Spitze endigt. | Die kleine Längsspalte, welche nach LzuckArr die Öffnung des Ver- | dauungskanals bildet, habe ich nicht finden können, bin überhaupt außer Stande, über die Lage der Einmündungen der verschiedenen Kanäle und Drüsen in die Kloake Angaben zu machen. Das hohlsondenartige Chitin- 1 Es schien mir, längere Glycerineinwirkung zerstöre diese Einschnitte, sie sind desshalb in einigen Figuren nicht gezeichnet. Beitr. zur Anat, von Ankylostoma duodenale (Dubini) = Dochmius duodenalis (Leuckart). 213 stück liegt mehr dorsal als die Papille. Auch der Zeichnung Busnton’s, welche ein Pärchen in Kopulation darstellt, konnte ich in dieser Hinsicht nichts Neues entnehmen. Busnıon erwähnt (und zeichnet auch), dass die Spieula dabei nicht in die Vagina eingesenkt waren, sondern längs der Ventralfläche des weiblichen Thieres lagen. 2) Der weibliche Genitaltractus. Den Körper eines geschlechtsreifen Weibchens sehen wır schon bei Betrachtung eines absolut nicht präparirten Thieres von der Höhe der Cardia bis zum Anus von einer ungleich größeren Zahl von Schlingen und Windungen eines dünnen Kanales erfüllt als den des Männchens (siehe Taf. XI, Fig. 40). Bald entdeckt man Unterschiede in der Dicke, aber alle diese Kanäle sind Theile des Genitalkanals, der aus zwei langen, etwas hinter der Körpermitte sich vereinigenden und daselbst durch einen kurzen gemeinschaftlichen Ausführungsgang mündenden Röhren besteht. Man unterscheidet darin die über einander liegenden, durch anatomischen Bau und Inhalt geschiedenen Vaginae, Uteri und Oviducte mit Ovarien. Die letzteren unterscheiden sich nur durch den Inhalt. Von der Vulva, welche durch eine vor ihr liegende flache Erhebung der Cuticula gekennzeichnet ist (s. Taf. XI, Fig. 10 bund Fig. 4 ), und als quere Spalte die daselbst bis zu 0,095 mm verbreiterte Bauchlinie durchbricht, steigt ein kurzer muskulöser Hohlcylinder in den Leibes- raum des Thieres hinein. Sein oberes Ende ist etwas nach vorn geneigt. Von diesem zweigt sich, sowohl nach vorn als nach hinten ein circa 0,6 mm langer, sehr stark gewundener, ebenfalls noch muskulöser Gang ab, die Vagina. Leuckarr hat diese histologisch genau beschrieben, unsere, nach einem Präparat gefertigte Zeichnung, entspricht seiner Be- schreibung ziemlich genau (s. Taf. XI, Fig. 11). Offenbar zum Genitalsystem gehörend sind zwei ziemlich breite Streifen feiner aber starrer in Büscheln gruppirter Fasern, welche beide von dem Chitinstab derselben Seitenlinie, oder in dessen unmittelbarer Nähe in einer Breite von circa 0,26 mm ihren Ursprung nehmend, sich allmählich etwas verschmälernd, in einem Winkel von circa 30—40° gegen einander laufen, um sich an der Vulva, direkt an den erwähnten kurzen Gang anschließend, zu treffen. Anfänglich glaubte ich einen von SCHNEIDER bei anderen Nematoden an dieser Stelle beobachteten kreuz- förmigen Muskel vor mir zu haben, eine größere Zahl von Präparaten hat mich indess zur Annahme genöthigt, dass diese Stränge (Taf. XI, Fig. 4 k) nur auf einer Seite vorhanden seien, und zwar auf der rechten. 1 Z. B. konstatirte ich diese Thatsache in zehn unmittelbar nach einander ge- fertigten Präparaten, so sonderbar sie mir selbst vorkam. 15% AA | Wilhelm Schulthess, Ich glaube diese Stränge wegen der Starrheit der Fasern, der büschel- weisen Gruppirung und der eingelagerten Körnersubstanz als Muskeln ansprechen zu müssen. Kerne konnte ich mit Sicherheit nicht ent- decken. Über diesen Muskel habe ich in der Litteratur keine Angabe gefunden. Die an die peripheren Enden der Vaginae sich ansetzenden Uteri (s. Taf. XI, Fig. 10 c und 11 5) verlaufen in mehr oder weniger flachem Bogen nach der Cardia, resp. Anus. LEUCKART giebt die Länge eines Ute- rus auf mindestens 4 mm an. Bei unseren Präparaten habe ich gewöhn- lich 7—7,5 mm gemessen. Die Breite 0,095—0,19 mm. Die beiden Zellenreihen waren deutlich zu sehen, besonders an frischen Präparaten. An den genannten Stellen geht der Uterus plötzlich in ein dünneres, an der Stelle der größten Breite nur 0,076 mm messendes Rohr über, den Eileiter mit dem Ovarium. Diese Röhren sind es, welche die Masse von Schlingen und Windungen bilden. Wir finden nicht dasselbe Gesetz des Verlaufes, wie es LEUCKART aus Analogie mit dem Dochmius trigonocepha- lus auch für diesen Parasiten annimmt. Danach würde der hintere Ei- leiter ungefähr vom After nach demKopfende gehen und dort endigen, der vordere vom Ursprunge nahe der Cardia nach hinten bis zur Vulva, dort umkehren, nach vorn laufen, um hier und da noch einmal nach hinten um- zuwenden, ohne aber die Vulva zu überschreiten, so dass also die vordere Eiröhre auf die vordere Körperhälfte beschränkt bleiben würde. Durch genaue Präparation mehrerer nicht allzustark entwickelter Exemplare fand ich eine Vertheilung, wie sie in dem Schema Taf. XI, Fig. 8 angedeutet ist. Die vordere Eiröhre (top) läuft vom Ursprung bis in die Nähe des Anus, wendet dort um, und kehrt wieder in die Nähe ihres Ursprunges zurück, woselbst sie gewöhnlich etwas vor dieser Stelle endigt. Die hintere Eiröhre (klmn) geht vom Ursprung bis in die Nähe der Cardia, wendet dort um, läuft zurück bis zur Höhe der Vulva, oder wenig dar- über hinaus, kehrt nochmals um, und endigt in der Nähe der Endigung der anderen Eiröhre. Aus dieser Art der Vertheilung geht hervor, dass beide Eiröhren ungefähr gleich lang sind, denn jede derselben passirt viermal die Hälfte der Distanz zwischen Cardia und Anus. Dem ent- sprechend beträgt die Länge eines jeden Eileiters ungefähr 2,5 cm bei mäßig entwickelten Thieren. Ferner muss man aus dieser Vertheilung schließen, dass die vordere Hälfte auch stärker mit Genitalschlingen ge- füllt sei als die hintere. Man findet in Wirklichkeit die Theile gerade vor der Vulva am stärksten mit Schlingen gefüllt. DieSchlingenbildung kommt nach dem schon beim männlichen Genitalsystem gegebenen Schema zu Stande; auch hier gehen meist zwei Röhren zusammen, und zwar wie dort, gewöhnlich eine .auf- und eine absteigende, was wiederum, weil Beitr. zur Anat. von Ankylostoma duodenale (Dubini) = Dochmius duodenalis (Leuckart). 215 dann die eine mit Dotterhaufen, die andere mit Eikeimen gefüllt ist, eine hell gefärbte Röhre in Begleitung einer dunkler gefärbten erscheinen lässt. Nach dem oben Gesagten beträgt die Länge des ganzen Genitalkanales bei mäßig entwickelten Thieren, Vaginae + Uteri + Ovarien inclusive Ovidukte = 0,64+15+-50 = 65,6 mm, es bestätigt sich also wiederum die Vermuthung Leuckarr’s, dass die Länge des Genitalkanals ungefähr das fünffache der Körperlänge betrage. Die Eier haben im Uterus ihre Reife erlangt, sie sind alsdann von einer dünnen, doppelt konturirten Schale bedeckt, der Dotter ist körnig und graugelblich, ihre Gestalt ist oval, öfters ist die eine lange Seite etwas abgeplattet (s. Taf. XII, Fig. 11). Die Vagina enthält dagegen meist ge- furchte Eier, das Stadium der embryonalen Entwicklung kann aber ein verschiedenes sein. Häufig trifft man zwei oder vier Furchungskugeln. Die Länge und Breite der (wohl meistens im Stuhl gefundenen) Eier schwankt etwas nach den verschiedenen Beobachtern. Busnion giebt folgende Tabelle: Länge 0,044 Breite 0,023 LEUCKART »..0.05 » 0,027 » >» .:0,052 » 0,032 PERRONCITO » 0,0626 » 0,0349 HinDEenLANG, BÄUMLER » 0,064 » 0,032 Rorta » 0,072 ». 0,024 » » 0,060 » 0,0399 Bu6nIon » 0,0589 » 0,044 » Eigene Messungen ergaben: Länge 0,0602 Breite 0,0382 » 0,0602 » 0,0449 » 0,0674 » 0,0359. Wenn es auch scheinen möchte, die Größe der Eier sei bedeutenden Schwankungen unterworfen, so kann ich das nach meinen Untersuchungen nicht bestätigen. Dieangegebenen Zahlen geben die extremsten Werthe der sehr zahlreichen, aber mit demselben Instrument angestellten Messungen. Bemerkenswerth mag erscheinen, dass ich im Falle V bei der Unter- suchung der Thiere, welche sofort nach der Entleerung in MürLer’sche Flüssigkeit gelegt worden waren, 24 Stunden später lebende Embryonen in den noch in der Vagina liegenden Eiern fand. Herr Professor Frey hatte die Güte diesen Befund zu verificiren. Auffallend war, dass gerade bei demselben Patienten (s. Einleitung) im Stuhl hochentwickelte Eier gefun- den wurden. Abgesehen davon, dass dieser Befund wieder von Neuem die große Lebenszähigkeit der Nematoden beweist, fordert derselbe zu 216 Wilhelm Schulthess, genauen Nachforschungen auf in Betreff der Zeit, in welcher die Eier das Mutterthier verlassen. Diese Frage kann um so eher nur von den Beobachtern gelöst werden, welche lebendige Exempläre zu untersuchen Gelegenbeit haben, weil die Eier unter günstigen Umständen rapid, in 8 bis 10Stunden, die Stadien der Entwicklungbis zum Embryo durchlaufen. Obgleich aus den Grenzen dieser Arbeit heraustretend, erlaube ich mir die Abbildungen der zufällig mir in die Hände gekommenen Formen der ersten Entwicklung wiederzugeben. Zürich, im März 1882. Erklärung der Abbildungen !. Tafel XI, Fig. 1. Ankylostoma duodenale in natürlicher Größe, nach Exemplaren gezeich- net, die den Stühlen entnommen sind, abgegangen nach Darreichung von Extract. fil. mar. a, b, c, Männchen, d, e, f, Weibchen. | Fig. 2. Männchen. 50mal vergrößert, nach einem Präparat in verdünnt. Alk. gehärtet; Karminfärbung, Aufhellung durch Glycerin. 1, Mundkapsel (von Dusisı u. A. Pharynx genannt); 2, Hautrand der Mundöffnung; 3, der Bauchwand der Mundkapsel anliegende Zähne; 4, Oesophagus (LEUCKART, Pharynx früherer Autoren); 5, Grenze desoberen cylindrischen, mitstärkerem Chitingerüst versehenen, und des unteren bauchigen mit schwächerem Chitingerüst ausgekleide- ten Theiles des Oesophagus;; 6, Übergang der Höhle der Mundkapsel in das Lumen des Oesophagus; 7, Stelle des Schlundringes, hier nur durch mehrfach sich kreuzende Stränge gekennzeichnet; 8, Porus excretorius; 9, hinteres Ende des Oesophagus; 10, Haut; 79, Muskelschicht; 472, vorderer Theil des Darmes; 15, rechtsseitige, 74, linksseitige Halsdrüse;; 15, vorderer Theil derlinksseitigen Halsdrüse ; 76, Darm; 77, Hodenkanal; 18, Vesicula seminalis; 79, blinder Anfangstheil des Hodenkanales; 20 und 24, Ductus ejaculatorius; 22, innere Fläche des hier rinnenförmigen Ductus ejaculatorius; 25, linksseitige Papille (s. den Text); 24, Analpapille; 25, Grenze des linken Seitenfeldes; 26 und 27, vorderes Ende des Penis; 28, Penisscheide ; 29, Analdrüsen ; 50, hohlsondenartiges Chitinstück (LEUCKART); 1 Die mit (*) bezeichneten Zeichnungen auf Taf. XII, hatte Herr Envarn Boos, Zeichenlehrer aus Zürich, die Güte auszuführen, nachdem ich jeweilen mit Hilfe der Camera lucida die Umrisse gezeichnet und sich Herr Boos sowohl durch eigene Beobachtung, als auch durch meine Beschreibung, eine Vorstellung der betreffenden Theile verschafft hatte. Beitr. zur Anat. von Ankylostoma duodenale (Dubini) = Dochmius duodenalis (Leuckart), 217 31, linke Vorderrippe; 52, rechte Vorderrippe; 33, Stamm der 2., 3. und 4. Seitenrippe, bezeichnet mit 40, 59, 38; 34, vierte, 35, dritte, 56, zweite Seitenrippe rechterseits; 37, eingeschlagenes Stück des Ventraltheils der Bursa; 41, Hinterrippe (mit den entsprechenden Theilen der Bursa vom linken Seitenlappen bedeckt; 42, 45, 44, 45, den Rippenendigungen gegenüberstehende Einkerbungen des Bursalrandes, Fig. 3. Furchen der Haut, bei sehr starker Vergrößerung gezeichnet. Fig. 4. Ventrale Hälfte des Muskelschlauches. Ansicht von innen. Nach einem in verdünnter Chromsäure gehärteten Präparat. Es sind nur die Grenzen der ein- zelnen Muskelzellen berücksichtigt. mz, Muskelzellen; a und a,, Seitenfelder; b, Chitinstäbe der Seitenfelder ; c, ventrale Medianlinie; d, das Detail der Seitenfelder und der ventralen Medianlinie ausgeführt. An derselben Stelle befindet sich ein Querfaserstrang, e, Reihen von rundlichen Zellen längs der Grenzen der Seitenfelder; f, Reihen von rundlichen Zellen in der Medianlinie; g, einzelne Querfasern sich in ein Muskelinterstitium senkend; h, einzelne Querfasern in das Sarkolemm ausstrahlend; i, Vaginalspalte, die Medianlinie durchbrechend ; k, zwei starke Muskelbündel von der Seitenlinie zur Vaginalöffnung gehend. Fig. 5. Einzelne Muskelfaser. Bei a von einem Querfaserstrang überbrückt. b, in das Sarkolemm ausstrahlende Querfasern; c, Querfasern, die sich nach Verbreiterung in das Interstitium einsenken; d und e, zickzackförmige Bänder, charakterisirt durch das Verschwinden der Längsstreifung, sehr wahrscheinlich artificiell; f, Muskelkern. Fig. 6. Hinterleibsende des Weibchens, vom Rücken her gesehen. Aufhellung in Glycerin. a, Haut; 5, tiefe Schicht der Haut; c, aus dieser hervorgehende, die äußeren Hautschichten durchbrechende Schwanzspitze; d, postanale Papillen (?), s. den Text. Fig, 7. Vorderes Ende des Penis. Frisches Präparat in Aqu. destill. a, vorderes (oberes) Ende von der Seite gesehen; b, Penis; c, Scheide. - Fig. 8. Schema der Vertheilung der Eiröhren im Körper. a, Mundkapsel; db, Oesophagus; c, Darm;; d, Rectum;; e, Anus; f, Quergang, der die beiden Schenkel der Vagina mit dem Introit. v verbindet; h, Ende des vorderen, g, Ende des hinteren Vaginalschenkels; i, Ende des vorderen Uterus (LEUCKART); k, Ende des hinteren Uterus; i, 0, p, vordere, k, !, m, n, hintere Eiröhre (Ovarium + Ovidukt). Fig. 9. Schema der Schlingenbildung der Eiröhren. a, einfache Schlinge; db, Schlinge mit zwei sekundären Schlingen ; c, Richtung der Körperachse. Fig. 10. Seitenansicht eines weiblichen Exemplares circa aus der Mitte. Auf- hellung in Glycerin, leichte Kompression, a, Haut; db, Vagina mit d, vorderem und d,, hinterem Schenkel ; c, vorderer, c,, hinterer Uterus; d, (darunter nur diejenigen Buchstaben nahe dem oberen Rand des Bildes) Eiröhren. 218 Wilhelm Schulthess, Fig. 11. Vagina mit den Anfängen der Uteri, nach einem frischen Präparat. a, Quergang an der Theilungsstelle in die beiden Schenkel abgerissen ; b, Uteri; cund c, (c, ist im Bilde nicht vorhanden, es gehört an Stelle von c in der rechten Seite des Bildes), Beginn des zweiten Theiles je eines Vaginal- schenkels (flaschenförmiger Theil, LEUCKART); k und d, äußere zarte, frisch bräunlich gefärbte Schicht; i und e, (innere) Muskelschicht; g und f, Zellen; h, Eier. Die scharfe Knickung bei c (rechte Seite) ist natürlich Folge der Präparation, Der natürliche Verlauf ist besser nach der anderen Seite oder nach Fig. 40 d und d, zu beurtheilen. Tafel XII. (*) Fig. 1. Kopf eines weiblichen Thieres (gehärtet in Alkohol, gefärbt in Karmin, aufgehellt in Glycerin) vom Rücken her SL, Die Umrisse mit der Camera lucida gezeichnet. a, erster Zahn des Bauchrandes; b, zweiter Zahn des Bauchrandes; c, konischer Zahn am Rückenrande; d, Einschnitt am Kapselrand, gebildet durch die Zähne des Rückenrandes; e, breite dreieckige, die Rückenspalte deckende Lamelle; f, Leiste, die Rückenspalte der Kapsel begrenzend; g, Spange, welche die Rückenhälfte des Zahnapparats bildet; h, dünne Lamelle (Chitin ?), die ersten Zähne beider Seiten halb bedeckend, i, Hautrand; k, äußere Peripherie der Kapse]; l, hutförmiger Hautwulst über dem ventralen Rande der Kapsel. m, Grenze der Muskelschicht nach außen; n, Grenze der Muskelschicht nach vorn; o, Oesophagus; p, Chitinplatte, zum Zahnapparat gehörend (s. den Text); r, Rückenspalte der Kapsel (durch Druck erweitert); v, Spange, welche die Verbindung der mittleren Zähne des Bauchrandes vermittelt ; mh, Mundhöhle. (*) Fig. 2. Kopf eines weiblichen Exemplares von der Seite mit geringer Ab- weichung nach rechts. Die hier nicht angeführten Buchstaben haben dieselbe Bedeutung wie in Fig. 1. b, linker, b,, rechter zweiter Zahn; g,, Spange am Rückenrand, von innen gesehen; t, rechtsseitiger, £,, linksseitiger Zahn im Grunde der Kapsel an der Bauch- wand; s, vorderer Saum des Oesophagus; w, Hautwülste; ch, Chitingerüst des Oesophagus; dr, Kopfdrüse (2); sp, Spalte zwischen der Kapsel und der Lamelle p. Fig. 3. Mundkapsel, isolirt, von der Rückenfläche her gesehen (mit Cam. luc.). Anm. Die Präparate, nach welchen die Figuren 3, 4 und 5 dieser Tafel an- gefertigt sind, wurden auf folgende Weise gewonnen: Eine größere Anzahl von Würmern wurde in Wasser der Fäulnis überlassen, und nachdem diese so weit ge- diehen, dass die Weichtheile nur noch einen formlosen Schleim repräsentirten, wur- den die Chitinskelette herausgefischt, auf dem Objektträger gewaschen, mit etwas Alkohol entwässert, mit Ol. Terebinth. begossen und sogleich in Dammarharz einge- Beitr. zur Anat. von Ankylostoma duodenale (Dubini) = Dochmius duodenalis (Leuckart). 219 schlossen. Die Herstellung der für unsere Zwecke günstigen Lagerung, die große Brüchigkeit der sehr kleinen Objekte, waren wohl die größten Schwierigkeiten, die sich dieser Präparationsmethode entgegensteliten. br, Stelle der festen Verbindung von rechter und linker Kapselhälfte am Rücken; kl, tiefer liegende längliehe, die Rückenspalte deckende Lamelle; la, Rand der obersten Lamelle der Kapsel; en, stumpfe hintere Endspitze der Kapsel; mo, hintere Kapselöffnung (?). Die übrigen Bezeichnungen wie in Fig. A. Fig. 4. Mundkapsel, isolirt, von der Bauchfläche aus gesehen. gr, seitliche Grenze der Kapsel im engeren Sinn; ks’, ks’, Kapselspalten ; chl, Chitinleisten, welche die Kapsel mit dem Chitingerüst des Oesophagus verbinden. Die übrigen Bezeichnungen wie in Fig. 1—3. Fig. 5. Mundkapsel, isolirt, von der Seite gesehen (mit Camera lucida). z, Chitinlamelle; ff und /f’, Fortsätze der Kapsel im engeren Sinn: ks"'', Kapselspalte; sp’, Kapselspalte als Fortsetzung von sp; ce und c’, Zähne des Rückenrandes. Die übrigen Bezeichnungen wie in Fig. 1—4. Fig. 6. Rückenfläche der Mundkapsel, Ansicht von innen. Der Schnitt parallel dieser Fläche hat den Oesophagus noch mit getroffen. a, Haut; b, äußere Begrenzung (Schnittlinie) der Kapsel ; c, äußere Begrenzung des Oesophagus; d, Grenze des Oesophagus nach der Rückenseite hin; e, Chitiniamelle; f, Leiste, die Rückenspalte begrenzend, mit kleinen Lücken (h); 9, Rückenspalte; Ah, Lücken; i, Chitinauskleidung des Oesophagus; k, Grenze des Lumens des Oesophagus nach der Rückenseite hin. Fig. 7. Schnitt durch das Chitingerüst des Oesophagus, von successiven Quer- schnitten abgezeichnet. I, aus dem obersten Theil, ganz nahe der Mundkapsel ; II, aus einem anderen Theil der vorderen Hälfte ; III, in Höhe der Papillen;; IV, aus der unteren Hälfte; V, aus unmittelbarer Nähe des unteren Endes. Das Übrige siehe den Text. (*)Fig. 8. Ansicht der Bursa vom Rücken her gesehen (Härten in Alkohol, Fär- bung in Karmin, Aufhellung in Glycerin). (Gezeichnet mit Camera lucida.) a, Haut; b, Grenze der Muskelschicht; c, Stamm der Rückenrippe und der beiden ersten Seitenrippen, g, Grenze des linken Seitenlappens der Bursa ; f, Rückenlappen der Bursa ; 220 Wilhelm Schulthess, Beitr, zur Anat. v. Ankyl. duod. (Dub.) = Dochmius duod. (Leuck.). v, Verdauungskanal; p, Penis; ps, Penisscheiden ; : Sr’, Sr", Sr"", Sr"", = erste, zweite, dritte, vierte Seitenrippe; Vr, Vorderrippe ; kr, Hinterrippe oder Rückenrippe. (*) Fig. 9. Ansicht der Bursa von der Bauchfläche her. Präparationsmethode dieselbe wie bei voriger Figur (Camera lucida). | h, hohlsondenförmiges Chitinstück (LEUCKART); pa, Analpapille; k, Musculi bursales; i, Falte zwischen den angrenzenden Lappen der Bursa; Srp, Papille am Ende der vierten Seitenrippe links; na, siehe den Text. Die übrigen Bezeichnungen wie in Fig. 8. (*) Fig. 10. Ansicht der Bursa von der Seite. Präparationsmethode wie bei den beiden vorigen (Camera lucida). m, linksseitige Papille (s. den Text); n, Fortsätze der Muskelschicht in die Analpapille (s. den Text); I, eingeschlagener ventraler Lappen der Bursa; g’, Rand des rechten Seitenlappens; d, oberes, d’, unteres Analdrüsenpaar; o, Seitenfeld. Die übrigen Bezeichnungen wie in Fig. 8 und 9. Fig. 44. Verschiedene Formen der Eier, alle aus dem Stuhl, die zwei letzten Figuren nach Aufstellen desselben in einem geheizten Raum von 20—250C. auf- gefunden. Die Ontogenie von Reniera fligrana 0. Schm. Von William Marshall in Leipzig. Mit Tafel XIII und XIV. I. Eigene Beobachtung. An der Westseite von Scoglio Vido, der Stadt Corfu gegenüber, findet sich, in einer Tiefe von 10 Fuß an, auf der Unterseite von Steinen nicht eben selten eine Reniere, die ich für Reniera filigrana O. Schm. halte. Sie ist, wie alle Renieren, sehr polymorph; meist bildet sie ziemlich dicke Krusten mit einzelnen Kraterartig sich erhebenden Individuen, die theils eine Mundöffnung besitzen, theils ohne eine solche sind. Ihre Größe richtet sich selbstverständlich zunächst nach der Größe des Steines, an dem sie sich angesiedelt hat, aber auch auf den größten Steinen, wo ihr Raum genug zur freien Ausdehnung geboten ist, bildet sie doch nur Stöcke, die nicht über handtellergroß werden. Ihre Farbe ist immer röthlich-gelb, aber von verschiedener Intensität und in verschiedener Mischung, indem einige Individuen mehr ins Gelbliche, andere mehr ins Röthliche ziehen. Der Schwamm ist weich und sein Gewebe leicht zer- reißlich, in trockenem Zustande ist er sehr zerbrechlich und missfarbig. Das Skelett besteht aus sehr zahlreichen Nadeln von zwei Formen, wie Schnipr für seineR. filigrana angiebt, nämlich spitzspitze und stumpfspitze. Über die Ursache dieses Dimorphismus der Skelettelemente bin ich mir nicht klar geworden, beide Formen liegen durch einander; nur schien es mir als ob nach der Oberfläche hin und in unmittelbarer Nachbarschaft der Kanäle und parallel zu ihnen die stumpfspitzen Nadeln präponderir- ten und mit ihrem spitzen Ende dem Wasserstrom entgegenlägen. Über weitere anatomische Details behalte ich mir vor bei einer anderen Ge- legenheit Mittheilung zu machen. Im August und September hatten diese Spongien, die Zwitter sind, reife Genitalprodukte. In der Bindesubstanz lagen zahlreiche Eier in allen möglichen Stadien der Entwicklung. Die jüngsten als solche er- 222 William Marshall, kennbaren Eizellen waren oval (das Verhältnis der Länge zur Breite un- gefähr wie 4 zu 3, aber schwankend) und 0,05 mm groß. Vor ähnlichen Zellen der Bindesubstanz zeichnen sie sich durch regelmäßige Konturen aus; sie besitzen einen großen länglich runden decentralen Kern mit rundem, sehr stark lichtbrechenden Kernkörperchen, das übrige Plasma ist mit äußerst feinen Körnchen erfüllt, die um den Kern herum dichter gedrängt liegen als nach der Peripherie. Wenn die Eizelle bis auf circa 0,15 mm gewachsen ist, wobei die Körnchen an Zahl und Größe etwas zunehmen, so theilt sie sich, die Theilungsebene ist gerade und nicht, wie Barroıs! von seiner Isodictya rosea beschreibt und abbildet, gekrümmt. Der weitere Furchungsprocess verläuft ganz regelrecht, in der Weise, wie sie von F. E. Scaurze? für Halisarca, Euspongia, Plakina etc. be- schrieben und dargestellt wurde. Während des Furchungsprocesses wächst das Ei in toto bedeutend, aber die einzelnen Zellen nehmen fort- dauernd in allen ihren Theilen (Inhalt, Kern) an Größe ab. Die 64zel- lige Morula ist circa 0,3 mm groß, ihre einzelnen Elemente messen da- gegen nur 0,06 mm, während das reife, befruchtungsfähige Ei 0,15 mm misst. Unter fortgesetzter Theilung wird nun der Embryo zur Blastula, indem die Furchungskugeln eine einschichtige, kontinuirliche Wan- dung bilden, die einen Innenraum umschließt. Dass dieser Innenraum zu irgend einer Zeit ein Hohlraum ist, glaube ich nicht, kann freilich das Gegentheilnicht beweisen. Diese Höhlung tritt schon sehr zeitig auf, schon nach der vierten Theilung, also bei einer Morula von 32 Zellen erscheint eine kleine, unregelmäßige, centrale, allseitig geschlossene Furchungs- höhle, was verhältnismäßig leicht zu beobachten ist, da die Furchungs- zellen von hellgelblicher Farbe, sehr durchscheinend und relativ arm an Dotterkörnchen sind. Je weiter nun die Furchung geht, desto regel- mäßiger und desto größer wird der Innenraum und nach der 41. Thei- lung etwa, wenn die Zahl der Furchungszellen auf ungefähr 2000 ge- stiegen ist, scheint die Blastosphäre fertig zu sein. Jetzt vollziehen sich verschiedene, wichtige Veränderungen an dem Embryo: die Wandungs- | zellen (Furchungszellen) verändern ihre Gestalt, aus rundlichen Körpern, die sie bis dahin waren, gehen sie in gestreckte prismatische über, die in der ganzen Peripherie gleich sind und nicht etwa an einem Pole größer und länger erscheinen. Mit der ganzen Zelle verändert auch ihr Kern seine Gestalt, indem er statt einer runden eine längliche Form annimmt, | und es schwinden die im Zellinhalt suspendirten feinen Körnchen fast | ganz, so dass derselbe schließlich nahezu homogen mit leichter gelblicher | | 1 Ann. sc. nat. 6 ser. zool. T. III. p. 64, Art. Nr. AA. Pl. 45. Fig. 44. | 2 Vgl. die verschiedenen fundamentalen Abhandlungen F. E. ScauLze's in dieser Zeitschr. von Bd. XX\V an, | Die Ontogenie von Reniera filigrana 0. Schm. 3233 Färbung erscheint. Während dieser Vorgänge trübt sich der Inhalt der Furchungshöhle mehr und mehr, so dass die äußeren Furchungszellen bald einen hellen Mantel um eine dunklere Centralmasse bilden. Diese Centralmasse, die sich bekanntlich später in Meso- und Entoderm scheidet, will ich als Coenoblastem (#0,v05, gemeinsam)! bezeichnen. Die Trübung dieses Coenoblastems beruht auf dem Auftreten feiner Körnchen, welche zuerst unmittelbar unter dem äußeren Zellmantel (dem Exoderm) sich dergestalt bilden resp. ansammeln, dass sie eine innerste wasserhelle Masse umschließen, die in Folge der immer zahlreicher werdenden Körn- chen kleiner und kleiner wird und schließlich bald vollkommen ver- schwindet. Dieser Vorgang ist es besonders, der, abgesehen von theore- tischen Gründen, das Vorhandensein einer (mehr oder weniger zähen) Flüssigkeit in der Furchungshöhle wahrscheinlich macht. In dem Coenoblastem treten nicht nur Körnchen, sondern sehr bald auch Kerne auf, deren Herkunft mir freilich eben so dunkel ge- blieben ist, wie die der Körnchen. Ich habe niemals Theilungsvorgänge an der Innenseite der Exodermzellen oder Einwanderung von Zellen von dieser Seite her beobachten können, halte dieselben auch für das Zu- standekommen des Coenoblastems nicht für absolut nothwendig. Den durch wirklich beobachtete Thatsachen gewonnenen Boden für kurze Zeit verlassend, möchie ich Folgendes zu bedenken geben: Dass die Eier und Embryonen Nahrung aufnehmen, wird von Niemand bezweilelt wer- den, denn sie wachsen, und dass die Nahrungsaufnahme (Eier und Em- bryonen sind gleichsam Parasiten im mütterlichen Körper) nur auf dem Wege der Osmose möglich ist, liegt auf der Hand. Auch das Goenobla- stem wird zunächst verändert, d. h. vergrößert und wohl auch ver- diehtet durch Nahrung, die das Exoderm assimilirt2. Dass diesem Keim- blatt die Fähigkeit der Assimilation auch hei erwachsenen Spongien innewohnt, wissen wir durch direkte Beobachtungen von KrUKENBERG 3. Jene Körnchen nun, die wir im Coenoblastem und zwar zuerst unmittel- bar unter dem Exoderm und dann weiter und weiter nach innen sich ausdehnend antreffen, gleichen vollkommen jenen Körnchen, die man bei eben gesättigten, ausgewachsenen Spongien in unmittelbarer Nähe der Wandungen der zuführenden Kanäle und, bei manchen wenigstens, der Körperoberfläche findet. Es dürfte wohl nicht zu viel gethan sein, 1 Das Coenoblastem würde dem entsprechen, was METSCHNIKOFF die neutrale parenchymatische Innenschicht der Spongienlarve nennt, aus welcher ‚ letzteren dann die definitiven Meso- und Entodermschichten, als sekundäre Bildun- gen, hervorgingen. Diese Zeitschr. Bd. XXXIH. p. 378. An anderen Stellen nennt METSCHNIKOFF das Coenoblastem einfach Mesoderm. 2 Vgl. auch METscHNIKoFF, Diese Zeitschr. Bd. XXXII. p. 383. 3 Vergl.-physiologische Studien an den Küsten der Adria. pP 224 William Marshall, wenn man sie als assimilirte Nahrung anspricht. Die ersten Körnchen, die wir im Coenoblastem beobachten, mögen vielleicht jene sein, die aus den Zellen des Exoderms, wie oben gesagt, bei deren Streckung ver- schwunden sind. Vielleicht, dass im Coenoblastem auch freie Kernbil- dung stattfindet; so sehr man sich auch gegen die Annahme einer solchen bei Genese der Gewebe sträubt, wird man doch zugeben müssen, dass Kerne sich ab und zu frei bilden, sie sind ja eins der Kriterien der höher differenzirten Zellen, denen phylogenetisch stets, ontogenetisch häufig, ein kern- und hüllenloses, primäres Gewebselement, eine Cytode, wird vorausgegangen sein. Was aber einmal geschehen ist — Bildung eines Kernes durch Umlagerung der Moleküle im Inhalt einer Zelle —, wird sich unter Umständen immer wiederholen können und es ist mir sehr wahrscheinlich, dass dies im Coenoblastem der Renieren-Embryo- nen der Fall ist. — | An dem reifen Embryo bemerkt man noch eine auffallende Erschei- nung: an seinem einen Pole, den ich als vorderen bezeichnen will, tritt ein runder, braunviolett pigmentirter Fleck (calotie, Barroıs) auf. In statu nascendi ist der Embryo also folgendermaßen beschaffen : er ist oval, 0,5 mm groß, das kontinuirlich zusammenhängende Exoderm ist hellgelblich, seine Zellen sind prismatisch mit gestrecktem Kern und mit sehr geringem Körncheninhalt; an dem einen Pole des Embryo sammelt sich ein dunkles Pigment an. Der Exodermmantel umhüllt vollständig ein Coenoblastem, das durch die Anwesenheit von Kernen und zahlreichen Körnchen weit dunkler als das Exoderm erscheint; diskrete Zellen sind in demselben nicht wahrnehmbar. In diesem Zustande liegen die Em- | bryonen sehr nahe dem Kanalsystem oder den Geißelkammern des elter- lichen Körpers, ja meist unmittelbar unter deren einschichtiger Zellaus- kleidung (resp. Exoderm). Die Geburt, der Augenblick, wo der Embryo | diese auskleidende Membran durchbricht, um als Larve ein mehr oder weniger freies Leben zu beginnen, konnte ich leider nie beobachten und weiß daher auch nicht, wie und wo das Wimperkleid der Larve entsteht; die freien Larven sind ohne Ausnahme alle mit diesen Wimpern versehen, die den einzigen Unterschied zwischen den ganz jungen Larven und den \ reifen Embryonen bilden. In diesem Zustande (Fig. 1) verlässt die Larve aber den elterlichen Körper noch nicht, sie treibt sich munter schwim- | mend in zahlreicher Gesellschaft in dessen Kanalsystem herum. Zer- schneidet man indessen eine solche trächtige Spongie, so zeigt es sich, dass die Larven schon in einem so jugendlichen Alter sehr hurtig umher- | schwimmen können : bei normaler Bewegung hat die Larve den pigmen- tirten Pol vorn und schwimmt, von links nach rechts sich um die eigene Achse drehend, vorwärts, bald gleichmäßig, bald ruckweise ; sie kann Die Ontogenie von Reniera filigrana 0. Schm. 335 jedoch, ganz so wie die meisten Infusorien, eben so gut rückwärts schwimmen, nur vollzieht sich der Wimperschlag dann in einer anderen Richtung und dreht sich die Larve von rechts nach links um ihre Achse. Die Larven wachsen nun bis auf 0,8 mm Längsdurchmesser und zwar mit sehr ungleicher Geschwindigkeit, was auf mehr oder weniger reichliche Nahrungsaufnahme zurückzuführen ist. Die beiden Gewebe aber, das Exoderm und das CGoenoblastem, wachsen durchaus nicht har- monisch, das erstere nimmt lange nicht in dem Maße zu wie das innere; die Folge davon ist, dass diesem der Exodermrock bald zu enge wird und es denselben zersprengt, was an zwei Stellen, nämlich an den bei- den Polen, wie es scheint gleichzeitig, geschieht und mit einigen ander- weitigen Organisationsveränderungen der Larve verbunden ist. Diese zeigt nach Durchbruch des CGoenoblastems folgende Verhältnisse: sie ist (Fig. 2) in der Ruhe und bei behaglicher Bewegung cylindrisch, in der Mitte des uhrglasartig konvexen Vorderendes ist die kreisrunde, wimper- lose Durchbruchstelle des Goenoblastems mitten durch die pigmentirten Zellen hindurch, die jetzt um den Durchbruch einen braunvioletten Ring bilden. Unmittelbar hinter diesem Ring ist ein Kranz besonders differen- zirter Cilien, die wohl zehnmal länger und entsprechend stärker sind, als die übrigen Wimpern; wie jede einzelne von diesen, so sitzt auch von ihnen eine jede einer Zelle auf, die freilich bedeutend kleiner ist, als die übrigen Zellen des Exoderms, da ja ein weit größerer Theil ihres Inhaltes zur Bildung der langen Geißel verwandt wurde. Dieser Geißel- kranz ist beim Schwimmen der Larve in fortwährender lebhafter Bewe- gung und seine einzelnen Cilien legen sich häufig mit ihren freien Enden zusammen, wodurch ein spitzer Schopf entsteht. Das hintere Viertel der Larve bildet einen Kegel, an dessen Spitze die hintere, gleichfalls wimperlose Durchbruchstelle des Coenoblastems, die nur halb so groß wie die vordere ist, sich befindet. In diesem Zustande verlassen die Larven den elterlichen Körper und schwimmen oft tagelang munter in den kleinen Aquarien, die ich be- nutzte, umher. Sie sind ziemlich lichtscheu und sammeln sich in größe- ren Aquarien immer an der vom Licht abgewendeten Seite an. Dreht man das Glas, so sieht man, wie alle Larven nach der Stelle fliehen, die jetzt am schattigsten ist und dieses Schauspiel kann man sich so oft 1 Verließe die Larve den elterlichen Körper, bevor dasCoenoblastem durchgebro- chen wäre, also mit geschlossenem Exodermrock, so würde das Wachsthum der- selben auf Veränderungen im Aggregatzustande der Körpermoleküle, Aufnahme von Wasser etc. zurückzuführensein. Aber die Kommunikation des Coenoblastems mit der Außenwelt, also die Möglichkeit der Aufnahme fester, organischer Substanz, tritt schon in den Kanälen des elterlichen Leibes ein, in dem die Larve bis zu diesem Zeitpunkt gewissermaßen als Parasit auf osmotischem Wege Nahrung aufnahm und wuchs. 226 William Marshall, wiederholen, wie man will. Es liegt verführerisch nahe, diese Empfind- lichkeit gegen das Licht mit dem Vorhandensein der Masse dunklen Pigments an dem einen Pole in Zusammenhang zu bringen. Häufig ändern die Larven auf kurze Zeit ihre Gestalt. Bald läuft eine Bewegungswelle peristaltisch von vorn nach hinten, der rasch einige andere folgen, bald schnürt sich die Larve für längere Zeit in der Mitte ein, so dass ihr Längsschnitt biskuitförmig (Fig. 3) wird; bald tritt vor- übergehend an der einen oder anderen Stelle eine Ausbuchtung oder ein Buckel auf. Auch Deformitäten konnte ich beobachten, von denen die interessanteste die Gestalt einer Flasche mit unregelmäßigem, nur ein- seitig entwickeltem Bauche hatte. Dergleichen Missbildungen gehen bald zu Grunde. Je näher der Augenblick des Festsetzens rückt, desto zahlreicher werden an der Larve gewisse Bewegungserscheinungen: es treten zahl- reiche, flache Höcker und Buckel auf, die bald an der einen Stelle ver- schwinden, um an einer anderen wieder zum Vorschein zu kommen. Wahrscheinlich liegt der Grund dieser Gestaltveränderungen in Bewe- gungserscheinungen des Goenoblastems. Dieses befindet sich in einer gewissen Unruhe, wie an den beiden Polen, wo es frei zu Tage tritt, be- obachtet werden kann. Der vordere, vom Pigmentring umgebene Theil wird nun einmal eingezogen, dann wieder hervorgepresst; der hintere, am spitzen Pol befindliche, fängt an amöboide Bewegungen zu zeigen, er entsendet meist wasserhelle kurze, abgerundete Fortsätze (Fig. 5), die bald wieder verschwinden, um neuen Platz zu machen. Einmal beobachtete ich, wie am hinteren Pol einer Larve eine ganze Portion des Goenoblästems ausgetreten war (Fig. 6) und als langer flottirender Fortsatz nachschwamm, dessen Ränder wasserhell waren, während sein Inneres Körnchen und ein- zelne Kerne zeigte, welch letztere von der rundlichen Gestalt, die sie im Inneren der Larve besitzen, in eine längliche übergegangen waren. Be- sonderes Gewicht möchte ich auf diese, einmal beobachtete Erscheinung indessen nicht legen; es ist mir wahrscheinlich, dass die Larve, obwohl sie im ausgeschliffenen Objektträger beobachtet wurde, irgend einen | gewaltsamen Druck zu erleiden gehabt hatte, der einen Theil ihres | ! Inhaltes nach außen drängte. Während der Bewegungen des Goenoblastems verhält sich dar Exoderm keineswegs indifferent: zeitweilig hört das Spiel der großen Kranzwimpern auf, dieselben stehen starr um den Pigmentring herum. | Auf der Körperoberfläche verschwinden theilweise die Wimpern, sie H % werden, und dies geschieht besonders auf den hervortretenden Buckeln (Fig. 4), von ihren Zellen eingezogen. Die betreffenden Zellen | verändern dann ihre Form etwas, sie werden weniger schmächtig und Die Ontogenie von Reniera filigrana 0. Schm. 337 ihr Kern nimmt eine runde Gestalt an (Fig. 8). Nach einer Weile treten die Wimpern wieder auf, die Zellen repräsentiren sich in ihrer früheren Beschaffenheit. Das Auftreten von Buckeln und Höckern an der Larve hört auf, sie nimmt ihre ursprüngliche Gestalt an, das Spiel ihrer großen Kranzwimpern beginnt wieder, sie schwimmt herum, ganz so wie sie den elterlichen Körper verließ. Nach einiger Zeit zeigen sich die krampf- haften Bewegungen des CGoenoblastems wieder, die oben beschriebenen Vorgänge wiederholen sich und danach kehrt die Larve abermals zu ihrer ursprünglichen Beschaffenheit zurück. Dies wiederholt sich stun- denlang, aber es ist zu bemerken, dass jene Intervalle, in denen die Larve die Gestalt aufweist, in der sie den elterlichen Körper verließ, kürzer und kürzer werden. Endlich fängt die Larve an sich festzusetzen; ‚dies geschieht mit dem vom Pigmentring abgewendeten Pole, wobei die amöboide Bewegung zeigenden Fortsätze des Goenoblastems eine große Rolle spielen. Sie sind jetzt vielansehnlicher alsin den Fällen, wo sie bei freien Larven auftreten, ja nach und nach geht ein ansehnlicher Theil des CGoenoblastems in sie über, die hintere Lücke des Exoderms erweitert sich zugleich, die Larve nimmt statt der gestreckten Form eine sackartige an, indem sich das hintere Ende zu einer Ansatzbasis verbreitert (Fig. 10). Noch zeigen sich hin und wieder auf dem Exoderm Wimpern, noch schwingen ein- zelne Geißeln des Wimperkranzes, aber nach und nach werden jene zu- rückgezogen und scheinen diese sämmtlich abzufallen. Nur kurze Zeit zeigt nun das Exoderm sich aus discreten Zellen zusammengesetzt, die nach Einziehen der Wimpern weit dicker sind als die Wimpern tragen- den (Fig. 9), bald verschwinden die Zellgrenzen, das Exoderm bildet eine kontinuirlich zusammenhängende ! Masse mit runden Kernen und feinen Körnchen (Fig. 41), die letzteren allerdings in viel geringerer An- zahl als in dem Coenoblastem, das sich dem zufolge auch fortdauernd von dem Exoderm wohl geschieden zeigt. Der am vorderen Pol frei zu Tage tretende Theil des Coenoblastems ist gleichfalls in Bewegung (Fig. 7). Bald wird er zurückgezogen, bald hervorgedrängt, ja in einzelnen Fällen konnte ich beobachten, wie er lebhafte amöboide Bewegungen ausführte, indem er Fortsätze aus- schickte, die nicht wie am hinteren Pol kurz und lappig waren, sondern ' die lang und spitz ausgezogen wirklich den Pseudopodien gewisser nie- derer Organismen glichen. Die junge Spongie flacht sich rasch ab, indem ihre Basis sich ver- größert; der Rand derselben erscheint in lappige Fortsätze ausgezogen, ! Ähnlich von Merscunikorr beobachtet an der Larve von Halisarca Dujardinii. ' Diese Zeitschr. Bd. XXXII. p. 356. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XXXVII. Bd. 16 223 William Marshal', in die auch Theile des Goenoblastems eintreten. Diese Fortsätze bewe- gen sich: bald treten sie hervor bald werden sie zurückgezogen, aber die Bewegung ist so langsam, dass man sie nur aus der veränderten Ge- stalt der jungen Spongie, wenn man diese in Zwischenräumen beoh- achtet, erschließen kann. Noch zeigt sich der Pigmentring um die Lücke des Exoderms. Dieses selbst verliert seine Kerne und seine Zusammen- setzung aus einzelnen Zellen kann nur noch, wie bei erwachsenen Spon- gien, durch die Anwendung von Reagentien (Argentum nitricum 1/,ige Lösung) nachgewiesen werden. Die Entwickelung des Exoderms hat, abgesehen von der Größenzunahme, ihr Ende erreicht, alle weiteren Differenzirungen gehen von jetzt ab lediglich vom Goenoblastem aus, das freilich gleich durch die erste dieser Differenzirungen sein Anrecht an diesen Namen verliert. Es entsteht zunächst in dem CGoenoblastem unterhalb seiner oberen Durchbruchsstelle eine kleine, runde platte Lücke, die bald zunimmt und kegelförmig mit nach oben gerichteter Spitze wird (Fig. 12 u. 13). Auf Schnitten, die durch die junge Spongie und quer durch diese Lücke ge- führt werden, sieht man, dass dieselbe von einem besonders differen- zirten, vom übrigen Goenoblastem durchaus abweichenden Gewebe aus- gekleidet ist. Während jenes, bei der in Rede stehenden Spongie wenigstens, keine Zellgrenzen erkennen lässt, sondern als wahres Syn- cytium erscheint, in dem Kieselnadeln und Kerne, umgeben von zahl- reichen Körnchen suspendirt liegen, besteht dieses aus wohl gesonderten, großkernigen Cylinderzellen: das Coenoblastem hat sich durch diesen Vorganginein Ento- und Mesoderm zerlegt. Der kegelförmige Hohlraum, ‘den wir als Magenraum anzusprechen | haben und der wahrscheinlich von einer Flüssigkeit erfüllt ist, erweitert sich und zwar besonders nach oben und durchbricht die Ober- fläche der jungen Spongie (Fig. 14) innerhalb des noch vorhan- denen, freilich nun bald vollständig verschwindenden Pigmentringes, | folglich lediglich durch das Meso- nichtdurch dasExoderm hindurch, sodass beiReniera von einerEinstülpung dieses Koimbiatteis in die Gastralhöhle hinein nicht die Rede! seinkann. Diese Durchbruchsstelle, die Mundöffnung, ist zunächst genau | so groß, wie die vorher vom Goenoblastem ausgefüllte Lücke des Exoderms. Die nächsten Veränderungen betreffen lediglich den Magenraum und seine Wandung; in dieser treten radiär angeordnete Divertikel in Gestalt von Halb-Hohlkugeln auf und zwar immer in Mehrzahl (k—6) zu- gleich, in die sich die auskleidende Zelllage der primären Magenhöhle, | das Entoderm, hinein schlägt (Fig. 15)!. | 1 Diesen Entwicklungszustand der Spongie möchte ich als Protactinie bezeichnen. —— i | u 1 Ve EEE EN EEE Die Ontogenie von Reniera filigrana 0. Schm. 229 Nie während ihres Lebens ist eine Spongie mehr coelenteratenartig, als in diesem Jugendzustande, und der Anblick desselben hat mich, der früher gegen die Coelenteratennatur der Schwämme gewisse Zweifel heste, vollständig bekehrt. Bald wird nun das Bild ein anderes: auf dem ganzen oberen Theil des Gastralraumes treten dergleichen Divertikel auf, die aus der Halb- kugelform in die Kugelform übergehen, selber wieder zu Räumen mit Seitendivertikeln auswachsen und schließlich mit der Magenhöhle nur noch durch einen engen Gang zusammenhängen. Alles, Magenraum, Gänge, Divertikeltrauben, ist von derselben einfachen Lage großkerniger Cylinderzellen ausgekleidet. Die Divertikeltrauben treten mit der Außen- welt nun noch in folgender Art in Verbindung: Es bilden sich an ihnen Ausstülpungen, die nicht zu Hohlkugeln sondern zu engen, in mehr oder weniger gerader Linie centrifugal weiter wachsenden Gängen werden: häufig trifft es sich, dass solche Gänge auf einander stoßen, sich ver- einigen und nun gemeinsam centrifugal nach der Außenseite des Schwammes zu wachsen. Hier endlich öffnen sie sich, aber nicht, in- dem sie selbst das Exoderm direkt durchbrechen, sondern indem viel- mehr ein kleiner buckelförmiger Fortsatz des Mesoderms vor ihnen her sich durch das Exoderm durchdrängt und in diesem eine von ihm aus- gefüllte kleine, runde Lücke bildet (Fig. 16). Durch diese Lücke bricht der Gang nach außen. Es wiederholt sich also bei diesem Durchbruch der Gänge dieselbe Erscheinung, die der Bildung des Mundes vorherging: zunächst wird das Exoderm vom Coenoblastem (Larven-Mund) resp. vom ‚Mesoderm (fertige Spongien-Pore) an einer runden Stelle aus einander getrieben und _ durch diese, von den genannten Geweben verschlossene Lücke, bricht dann ein von Entoderm ausgekleideter Theil des Gastrovascularsystems, — mit anderen Worten: das Gastrovascularsystem bei Re- niera filigrana entsteht nicht unter Betheiligung einer Einstülpung des Exoderms, sondern lediglich durch Auswachsen der primären, allseitig geschlossenen, von Entoderm ausgekleideten Leibeshöhle und mittels DurchbrechungdesExoderms, — beiderLarvedurch das CGoenoblastem, dem der Mund als Öffnung des Magen- raumes folgt, — bei der jungen Spongie durch das Me- soderm, das dem sich nach außen Öffnen der zuführen- ‚den Kanäle, der Bildung der Poren, vorangeht. Es ist mithin beiReniera das ganze Gastrovascularsystem vom Entoderm ausgekleidet. Nachdem die Gänge sich nach außen geöffnet haben und nur dann 16* 230 William Marshall, erst, geht eine Differenzirung des Entoderms vor sich: diejenigen Zellen desselben, die die Divertikeltrauben auskleiden, werden zu Geißelzellen und damit die Divertikel zu Geißelkammern. Diese 'Zellen haben die Eigenthümlichkeit Geißeln zu bilden erst erworben durch den beson- deren Modus der Wasserbewegung in der Spongie. Auch die übrigen Zellen des Entoderms unterliegen einigen Veränderungen, sie verlieren ihre Kerne und werden aus Cylinderzellen zu polyedrischen Plattenzellen. Die Geißelkammern gruppiren sich gleichfalls anders, sie geben den traubigen Typus auf und isoliren sich mehr, indem die halbkugeligen _Divertikel rund werden, sich abschnüren und nur durch enge Gänge mit einander in Zusammenhang bleiben. Man sieht aber aus diesem onto- genetischen Vorgange, dass dertraubige TypusderGeißelkam- mern derältereist. Es würde nun noch erübrigen, meine Beobachtungen über die Ge- nese des Skeletts mitzutheilen. Die ersten wahrnehmbaren Andeu- tungen fand ich im CGoenoblastem älterer, freischwimmender Larven in Gestalt kleiner, feiner Kieselröhrchen, die jedenfalls einen Centralfaden umschlossen. Ihr Verhältnis zu etwaigen Zellen konnte ich nicht kon- statiren, da es mir überhaupt nicht gelingen wollte diskrete Zellen im Coenoblastem zu finden. So viel war indessen unschwer zu beobachten, dass sie immer in unmittelbarer Nähe eines Kernes lagen. Die erste An- lage dieser Nädelchen wird sich wohl nie belauschen lassen ; bei dem durchsichtigen Material, aus dem sie gebildet sind, werden sie über- haupt erst wahrnehmbar, wenn sie schon eine gewisse Größe haben. Mir ist es aber sehr wahrscheinlich, dass der Nadel der Gentralfaden vorausgeht und dass dieser auf Strömungsverhältnisse des Zellinhalts zurückzuführen sein dürfte; denn auch in dem Goenoblastem von Re- niera werden diskrete Zellen nicht fehlen, wenn sie sich auch der Be- obachtung entziehen. Zuerst treten die kleinen Nadeln sehr einzeln in der Nähe des vor- deren Poles der Larve auf, aber ich könnte nicht sagen: »nur unmittel- bar unter dem Exoderm«, es schien mir vielmehr, dass sie sich auch im Innern des Coenoblastems bilden. Bald werden sie zahlreicher im gan- zen Goenoblastem und bei der eben festgesetzten Larve liegen ihrer schon viele aber regellos durch einander. Differenzirung der Form und regelmäßige Anordnung der Nadeln tritt erst mit Bildung des vollständigen Gastrovascularsystems ein und ist in erster Linie eine Folge des geregelten, den Spongienleib durch— spülenden Wasserstromes. a nn mn nn nn | | | | ! | | \ Die Ontogenie von Reniera filigrana 0. Schm. 231 II. Vergleichung mit früheren Beobachtungen. Die im vorhergehenden Abschnitt mitgetheilte Untersuchung ent- hält zum größten Theil Bestätigungen und Erweiterungen früherer Be- obachtungen, steht aber in einzelnen Punkten in Widerspruch mit den- selben. Die Bildung des Eies und die Entwickelung des Embryo bis zur Larve geschieht ganz in der Weise, wie sie Carter 1, besonders aher F. E. Scuuzze ? von Halisarca beschrieben haben : die Furchung ist eine to- tale, die Furchungsebenen sind gerade und es tritt keine Diflerenzirung der Furchungskugeln ein. Nach der vierten Theilung (bei 16 Furchungs- kugeln) ist eine Furchungshöhle deutlich erkennbar. Wir sehen, wenn wir die Kalkschwämme als eine in jeder Hinsicht besonders entwickelte Spongiengruppe überhaupt aus dem Spiele lassen, dass auch bei den übrigen Spongien, die wir der Bequemlichkeit halber mit Craus als Fibrospongien bezeichnen wollen, die Furchungsvorgänge ganz erheblich von einander abweichen und oft bei sehr nahe mit ein- ander verwandten Formen. Generalisiren ist bei ontogenetischen Spon- gienuntersuchungen sehr übel angebracht! Bei Halisarca, Reniera (Isodietya ?), Esperia (Desmacidon) und Pla- kina ist die Furchung äqual und total und bildet sich eine Blastula, bei Spongilla und Euspongia findet sich gleichfalls reguläre, totale Furchung, es tritt aber keine Blastula auf sondern eine Morula. Bei Chalinula ist bei totaler Furchung die Differenzirung der Furchungskugeln schon nach der ersten Theilung eine ungemein große, es bildet sich ein der Morula vergleichbarer Zellenhaufen, in dem Krııer ? eine wahre Gastrula sieht. Bei Esperia endlich findet nach O. Schmipr5 ein deutlicher Furchungs- process überhaupt nicht statt. Die Verschiedenheiten könnten bei so nahe verwandten Geschöpfen kaum größer sein! Auch bei der weiteren Entwickelung zeigen die Lar- ven und Embryonen der darauf hin untersuchten Fibrospongien ganz erhebliche Differenzen. Bei Halisarca Dujardinii bildet sich (nach Merscunikorr's Ansicht, nicht Beobachtung‘), das »zweite Blatt« nach der Analogie mit einigen anderen Schwämmen, namentlich mit Ascetta, aus Zellen, die für Ein- wanderer aus dem Blastoderm angesehen werden müssen. ! H.J. Carter, Development ofthe marine Sponges. Ann. and M. nat. hist. IV ser. T. XIV. p. 330. 2 Diese Zeitschr. Bd. XXVII. p. 29. 3 Nicht Isodyctia, wie Barroıs konsequent schreibt. * Diese Zeitschr. Bd. XXXIII.p.334. 5 Diese Zeitschr. Bd. XXV, Suppl.p. 134. 6 E. METSCHNIKOFF, Spongiolog. Studien. Diese Zeitschr. Bd. XXXIl. p- 354. 232 William Marshall, Auch F. E. Seuuze ! ist der Meinung, dass bei Plakina monolopha und bei Corticium candelabrum Zellen in die gallertige Binnenmasse einwandern, ohne freilich direkte Beobachtungen über dies Einwandern haben machen zu können. Ich habe oben auf die Möglichkeit freier Kernbildung im CGoeno- blastem hingewiesen und möchte die Aufmerksamkeit auf Beobachtungen lenken, die Kowarzvsky 2 beim Studium der Ontogenie von Eucope ge- macht hat, die überhaupt in den ersten Stadien eine merkwürdige und bedeutsame Ähnlichkeit mit derjenigen von Reniera zeigt. Auch bei jener Campanularide bildet sich nach Ablauf der gleichmäßigen und to- talen Furchung eine Blastula, deren Hohlraum sich von der Innenseite der Wand her füllt, aber nicht durch einwandernde Zellen, sondern durch fetttropfenartige Ballen, die zwischen den Ektodermzellen spärlich nach innen hervorknospen, sich loslösen, dann ersteinen Kern erhalten und nun anfangen sich durch Theilung zu vermehren. Es würde dies — (wenn nicht etwa ein Beobachtungsfehler vorliegt und wir es bei jenen Ballen doch am Ende mit wahren, einge- wanderten Exodermzelien zu thun haben) — mit dem von mir an Re- niera-Embryonen Beobachteten stimmen, nur dass bei diesen keine lo- kalisirten Ballen an der Innenseite der Blastulawand hervorsprossen, sondern dass von dieser Innenseite in toto her eine an feinen Körnchen reiche Masse in die Furchungshöhle eindringt und diese unter Bildung von Kernen (Zellen) nach und nach vollständig ausfüllt. Über den Ursprung der Innenmasse der Larven von Reniera, Es- peria und Amorphina macht O. Schmipr 3 zwar keine Angaben, aber er konstatirt, dass dieselbe keine deutlichen Zellenelemente aufweist, also ganz wie ich es bei den Embryonen der dieser Unter- suchung zu Grunde liegenden Reniera gefunden habe. Auch Barroıs* bemerkt von den Embryonen seiner Isodietya (Re- niera) rosea: »la masse centrale rose de l’embryon ainsi que la calotte rouge qui est posterieure dans la marche m’ont toujours semble formees par une masse continue de plasma avec pseudocelles, grains de pigment, granules et noyaux cellulaires, globules gras et albumineux; je consi- dere cet ensemble comme le resultat de la desagregation de toutes les | cellules du germe; je n’y ai jamais reconnu d’elementcellu- laire net.« 1 Diese Zeitschr, Bd. XXXIV, p. 416; Bd. XXXV, p. 423. 2 Nachrichten d. kaiser!. Gesellsch. d. Freunde d. Naturerkenntnis etc. Taf. I (leider russisch!). Auszug in: Barrour, Handb. der verg!. Embryol. Bd. I. p. 147 und LEUCKART, Jahresbericht 4872/75. p. 99. "lc. p. 132. 22]..C.p..66. | I) | Die Ontogenie von Reniera filigrana 0. Schm. 933 CARTER (l. c.) theilt keine einschlagenden Thatsachen mit und die Beobachtungen Keırer’s an Embryonen von Chalinula führen Betreffs der Genese der Keimblätter zu Resultaten, die so sehr von meinen Befunden abweichen, dass ein tertium comparationis gar nicht vorhanden ist. — Interessant ist bei den Larven von Reniera filigrana und schon bei den jüngsten Formen, dass der durch Pigment und besondere Cilien dif- ferenzirte Körperpol der vordere ist, dass die Larve mit diesem Pole voran schwimmt, dass sie sich mit dem entgegenstehenden festsetzt und dass nach späterem Durchbruch der Leibeshöhle nach außen der pig- mentirte Kopftheil der Planula sich als oraler Pol dokumentirt. Diese Thatsachen stehen mit den bisherigen Beobachtungen einiger- maßen in Widerspruch: die Larven von Chalina, Reniera, Esperia, Pla- kina etc. etc. schwimmen nach dem übereinstimmenden Zeugnis von SCHULZE, CARTER!, OÖ. ScHmiDT, KELLER, BarRoIs u. a. mit dem weniger differenzirten Pol voran. Bei den Larven anderer Fibrospongien habe ich mich von der Richtigkeit dieser Angabe vollauf überzeugen können, aber die von Reniera filigrana, die ich vierzehn Tage lang in Corfu zu Hun- derten beobachtet und untersucht habe, thun dies nur ganz ausnahms- weise und vorübergehend. Der Pigmentfleck an einem Körperpol scheint ein häufiges Attribut der Fibrospongien-Larve zu sein. Barroıs beobachtete ihn bei Reniera, Esperia und bei einer Aplysina, Carter bei Chalina, F. E. ScruLze bei Spongelia und bei Plakina dilopha, während bei Pl. monolopha, ähnlich wie bei den Larven von Halisarca kein eircumscripter Pigmentfleck auf- trat, sondern die Färbung in der hinteren Körperhälfte überhaupt inten- siver wird. An der Larve von Euspongia officinalis tritt nach F. E. Schulze an jedem Pole ein schwarzer Pigmentfleck auf und Barroıs ? hai beobachtet, dass bei Larven von Esperia abnormerweise statt eines zwei bis drei Pigmeniflecke nicht eben selten auftreien, leider wird über die Lage dieser accidentellen Flecke keine Mittheilung gemacht. In allen diesen Fällen handelt es sich bei der Farbe der Pigment- anhäufungen um eine Steigerung der Färbung der ganzen Larve, in dem von mir beobachteten Falle indessen sind die Farben von »calotte« und Larvenkörper komplementär. Bei Untersuchung der allermeisten (bis 80°%/, und darüber nach meiner Erfahrung) zweifarbigen Thiere oder zwei- farbigen, vollständigen Theilen von Thieren werden wir finden, dass die Zweifarbigkeit auf eine Steigerung oder Abschwächung der Grundfarbe (sehr oft bis zum scheinbaren Schwarz einer- oder bis zum scheinbaren Weiß andererseits) oder aber auf komplementärer Nebeneinanderstellung beruht. Zi.e.p. 332. 2] @ 1% Op. 234 William Marshall, Wie entsteht nun dieser Pigmentfleck und was mag er bedeuten? Den ersten Theil der Frage beantwortet Barroıs dahin, dass schon beim ganz jungen Embryo (d. h. vor Auftreten der Cilien) von Reniera rosea! das Pigment, das vorher durch den Embryokörper ganz gleichmäßig vertheilt war, sich zum größten Theil nach dem einen Pole hinziehe. Bei der Larve von Euspongia offieinalis liegt, wie F. E. Schuzze mittheilt, das Pigment in Gestalt sehr feiner Körnchen in den Randzonen der exodermalen Geißelzellen. Mit dieser Beobachtung stim- men meine eigenen Befunde vollkommen überein, jedoch, im Wider- spruch mit Barroıs, muss ich konstatiren, dass das komplementär-farbige Pigment bei Reniera filigrana sich nicht aus dem übrigen Körper der jungen Larve nach dem einen Pole hinzieht, dass es vielmehr dort als Neubildung auftritt und zwar (zuerst in der Centrumstelle des späteren Fleckes) in Gestalt einzelner Punkte, die sich als Ballen sehr feiner Pig- mentkörnchen ausweisen, die in je einer Zelle liegen, es folgen dann benachbarte Zellen und der Umkreis des Fleckes nimmt zu, aber immer ist der centrale Theil desselben der am intensivsten gefärbte, wie das ja auch von anderen Seiten mehrfach beobachtet wurde. Über die Bedeutung dieser Pigmentansammlung hat sich, meines Wissens, bis jetzt noch Niemand ausgesprochen, aber ich bin überzeugt, Mancher ist bei ihrem Anblick auf dieselbe, naheliegende Idee verfallen, wie ich und der ich im ersten Abschnitte dieser Abhandlung schon schüch- tern Ausdruck verlieh, — auf die Idee nämlich, dass wir es hier mit einem, allerdings noch sehr primitiven Sinnesorgane zu thun hätten, das, wenn auch nicht als Auge zum Sehen, so doch als differenzirte Exodermstelle zum Empfinden von hell und dunkel gelten könnte. Die Empfindlichkeit der Spongienlarven gegen Licht ist jedem Beobachter aufgefallen, aber es wäre interessant, wenn sich bei fortgesetzter Beob- achtung herausstellen sollte, dass solche Spongienarten, die an dunkeln Orten, in großer Tiefe, unter Steinen, in Höhlungen etc. angetroffen wer- den, auch Larven mit derartigen differenzirten Pigmeniflecken hätten, während die Larven nicht lucifuger Arten gleichmäßig gefärbt wären. Die wenigen bis jetzt bekannten Thatsachen, so weit sie Fibrospongien betreffen, scheinen einer solchen Vermuthung nicht zu widersprechen; so ist die Larve von Aplysina aerophoba, einer bekanntlich sehr frei und offen wachsenden Spongie, vermuthlich ohne eine derartige Differenzirung des Exoderms, da wenigstens ein so sorgfältiger Beobachter wie F. E. ScHuLZE ihrer bei Beschreibung der Larve nicht Erwähnung thut. Bei mehreren von mir und auch von F. E. Schutze untersuchten Embryonen von Fibrospongien lag das Pigment ausnahmslos in geißel- 1 1. c. p. 67 des Separatabdr. Die Ontogenie von Reniera filigrana 0. Schm. 235 tragenden Zellen. Bei den Larven von Chalina simulans befindet es sich indessen nach Carter ! in geißellosen Zellen, die eine stark gewölbte, von sroßen Geißeln umgebene Vorragung oder aber einen Ring bilden, frei- lich sind diese Larven schon auf einem weiteren Standpunkt der Ent- wicklung. Ganz anders stellt Kerrer ? die Verhältnisse von Embryonen der Chalinula fertilis dar: das Pigment sammelt sich bei der freischwim- menden Larve am hinteren Pole — an jener Stelle, die bei dem Embryo als ein deutlich umgrenztes, dem Entoderm angehöriges Feld imponirt und die Krırer bei der freischwimmenden Larve als Entodermpfropf be- zeichnet. — Die wichtigste Veränderung, die sich zunächst an der frei gewor- denen Larve vollzieht — das Durchbrechen des Coenoblastems nach außen —, ist von mehreren Seiten schon beobachtet worden. CARTER 3 hat die vordere und hintere Durchbruchsstelle bei Larven von Halisarca und Chalina gesehen, wie sich besonders aus seinen Ab- bildungen ergiebt. Die ringförmige, oben erwähnte Anordnung der Pig- mentzellen in einem Falle dürfte wohl auch dahin zu erklären sein, dass Exodermzellen (Pigmentzellen der Callote) von durehbrechendem Coeno- blastem auf die Seite gepresst wurden, wie bei den Larven von Reniera filigrana. In hohem Grade mit meinen Befunden stimmen die von Barroıs (. c.) an Larven von Esperia gemaehten Beobachtungen: hier wächst die innere Masse, ohne dass der äußere Zellbelag mit ihrem Wachsthum Schritt zu ‚ halten vermag, dem zufolge durchbricht die innere Masse (Coenoblastem) das Exoderm und zwar normalerweise an dem nicht differenzirten ‚ Pol. Die Fälle, wo das Coenoblastem das Exoderm an anderen Stellen oder an mehreren zugleich durchbricht, ist Barroıs geneigt für anomal anzusehen. Zugleich wendet er die Aufmerksamkeit auf das Interesse dieser durchbrechenden Massen mit Rücksicht auf den Akt des Festsetzens. Für die Weise, auf die Spongienlarven sich festsetzen, scheint Ge- ‚ meingültiges nicht zu existiren, und dürfte es besonders gefährlich sein, gerade hier generalisiren zu wollen; nahe verwandte Arten verhalten ‚sich schwankend in dieser Hinsicht, ja bei manchen scheinen Modifika- l \ I ! | | l | | tionen rein individueller Natur vorzukommen. Nach CARTER ? setzen sich die Larven von Chalina mit dem hinteren (differenzirten) Ende fest, wahrscheinlich ist dies auch der Fall bei Pla- kina dilopha, auch die Larve von Esperia fructicosa verfährt fast immer auf diese Weise. O. Scnnipt (l. c.) beobachtet, dass an den Larven von Reniera und Flre.p.332. 2 ].c.p. 335. 3]. c. Tab. XX, Fig. 12 und Tab. XXI, Fig. 24 und 22. 2 ].c. p. 333. 236 William Marshall, Amorphina das Festsetzen an einer beliebigen Stelle der Seiten vor sich gehen konnte; und dieLarven von Reniera rosea heften sich nach Barroıs! eben so häufig mit dem vorderen (nicht differenzirten) wie mit dem hin- teren (differenzirten) Pole an. Nach Krıırr setzen sich die Larven von Chalinula fertilis mit einer der abgeflachten Seiten fest, die zur Basis des künftigen Schwammes wird. Die Larve von Spongilla befestigt sich mittels der Exodermzellen ihrer hinteren Hälfte. | Alle von mir endlich beobachteten Larven von Reniera setzen sich mit dem nicht differenzirten (in diesem besonderen Falle dem hinteren) Ende fest und zwar mittels Fortsätzen des Coenoblastems, nicht mittels Exodermzellen. Angesichts dieser Beobachtungen dürftees unmöglich sein mit einiger Wahrscheinlichkeit zu behaupten, welche Art des Festseizens die ur- sprüngliche sei und namentlich in wie weit die, doch immerhin unnatür- | lichen Verhältnisse, unter denen sich die empfindlichen Spongienlarven zur Disposition des Untersuchers befinden, hier alterirend mit einwirken. Aller Analogie nach freilich ist mir nicht undenkbar, dass gerade die Larven von Reniera filigrana die ursprüngliche Art des Schwimmens der Larve (mit dem differenzirten Pole, einem mit Sinnesorgan und spä- terem Munde versehenen Kopfende voran) und des Anheftens (mit dem weniger differenzirten, hinteren Pole) bewahrt haben. Ich will gern zu- geben — besonders mit Rücksicht auf die von Barroıs gemachte Beob- achtung, dass Reniera rosea sich eben so oft mit dem hinteren wie mit dem vorderen Pole festsetzt, und mit Rücksicht auf die von mir beob- achteten und in Fig. 7 abgebildeten pseudopodienartigen Fortsätze der Innenmasse an der vorderen Durchbruchsstelle —, dass auch die | Larven von R. filigrana sich unter Umständen wohl einmal in der Weise, | wie z. B. die von Chalina anheften werden, wenn ich dies auch freilich in Hunderten von Fällen nicht ein einziges Mal beobachten konnte. Auch die Bildung des Gastrovascularsysiems ist bei den Larven der Fibrospongien nach den Arten recht verschieden, am eigenthümlichsten, und meiner Meinung nach am abweichendsten vom ursprünglichen Ent- wicklungstypus bei den Myxospongien. Hier entstehen nach MErscanI- KOFF 2 schon bei der freischwimmenden Larve Kanäle, die aus angehäuf- | ten feinkörnigen Mesodermzellen gebildet zu werden scheinen, ein Vorgang, der mir, aufrichtig gestanden, nicht ganz deutlich ist. Bilden sich erst die Kanalhohlräume, und differenzirt sich um diese eine beson- dere Zellwand, oder häufen sich Zellen zu strangartigen Gruppen zu- sammen, in denen die Kanäle später auftreten ? lc Pe12: 2 Diese Zeitschr. Bd. XXXI. p. 357. nn ee 1 Die Ontogenie von Reniera filigrana 0. Schm. 237 F. E. Scnuurze ! beobachtete an den festgesetzten Larven von Hali- sarca lobularis an mehreren Stellen Invagination, zugleich differenzirten sich im Inneren Geißelkammern, die »zuweilen in offener Verbindung mit den von Ektoderm ausgekleideten Einstülpungen angetroffen wurden«. Nach demselben Forscher 2 tritt der Magenraum bei Plakina mono- lopha zunächst in Gestalt einer ringförmigen Delamination auf, deren Wandungen aus differenzirten niedrigen Gylinderzellen bestehen, diese Ringspalte schmilzt später zu einem sackförmigen Hohlraum zusammen. Um ihn bilden sich in annähernd koncentrischen Kreisen die Geißel- kammern, die als Divertikel der Sackhöhle entstehen (l. c.p. 437). Ein, merkwürdigerweise decentrales, Osculum wurde gleichzeitig mit Poren beobachtet und glaubt ScuuLze, dass die letzteren dem ersteren vorher- gingen, und dass dieses auf mechanischem Wege, durch den Andrang des durch die Poren aufgenommenen Wassers gewissermaßen gewaltsam ge- bildet würde, eine gewiss berechtigte Auffassung, der auch Barroıs für das Zustandekommen des Osculums bei den Kieselschwämmen huldigt, wobei dieser französische Spongiologe betont, das Osculum der Spongien sei nicht als homolog der Mundöffnung der wahren Zoophyten aufzufassen °. CARTER fand, dass sich an dem freien Pole der fixirten Larve von Halichondria simulans eine Einsenkung bildete, aber »the single vent, now the end of the branched excretory canal-system, may be observed to traverse the cavity of the investing membrane and to open on the surface«. Bei der Larve von Chalinula fertilis bricht nach den Beobachtungen Kerrer’s der Magenraum nach außen durch, eben so bilden sich später die Poren durch Durchbrechung des Exoderm von innen her. Die Geißelkammern sind in ihrer ersten Anlage Haufen brauner Zellen, die sich zu Hohlkugeln anordnen und zunächst nach dem Magenraum hin durchbrechen. Auch bei der jungen Spongilla gehen, wie Gann kon- statiren konnte, von der nahezu obliterirten archenterischen Höhlung Auswüchse aus, welche die Wimperkammern entstehen lassen. Freilich die Entstehung des definitiven Osculums und der definitiven Poren ge- staltet sich hier durch das Auftreten der problematischen Mesodermhöhlung sehr abweichend. Doch behauptet auch Ganın, dass bei Spongilla der Mund sich lediglich bilde durch das Auseinanderweichen der Mesoderm- und Entodermzellen an der oberen Wand der Magenhöhle, und dass Ento- derm und Exoderm hier immer von einander getrennt blieben. Auch er 1 Diese Zeitschr. Bd. XXVIIL. p. 34. 2 Diese Zeitschr. Bd. XXXIV. p. 417. ep. 74. 2 ].c.p. 336. Tab. XXII, Fig. 33. 5 Ganın’s leider russisch geschriebene Abhandlung über die Ontologie von Spon- gilla ist für die nicht russischen Forscher unzugänglich, Ich citire theilsnach BALFOUR, theils nach Zoolog. Anzeiger, Bd. I, 4878, p. 195 ff. 238 William Marshall, ist endlich der Ansicht, dass das Entodermblatt als einschichtiger Über- zug. alle inneren Oberflächen des Schwammes (allerdings excl. der sogenannten Leibeshöhle) überziehe, und dass die Dermalporen dem Osculum homolog seien. Ganz im Gegentheil zu dieser Ansicht nimmt F. E. Scuurze an, alle Hohlräume, Gänge und Kanäle des ableitenden Systems von den Geißel- kammer-Ausgangsöffnungen an bis zum Rand der Oscularöffnung hin seien, so wie die Geißelkammern selbst, von Entoderm ausgekleidet, — die Außenfläche des Schwammes und sämmtliche zuleitende Spalten und Kanäle aber seien von der freien Oberfläche an bis zu den Geißelkammer- Eingangsporen von Exoderm überzogen. » Wenn, « fährt SchuLze fort, »nach der von innen her eintretenden Ausbildung der das Ektoderm fast erreichenden Geißelkammern deren äußere Poren durchbrechen, so muss sich in diesen Löchern das äußere Ektodermzellenlager mit den Kragenzellen der Geiljelkammern, also mit echten Entodermzellen direkt berühren.« Dies wird zutreffend sein in Fällen, wo eben die Geißelkammern direkt durch das Exoderm nach außen sich öffnen, wo aber dies Öffnen nach außen nicht direkt, sondern mittels Kanälen, und seien diesel- ben noch so kurz, von den Geißlelkammern her erfolgt, wie bei Reniera filigrana, da liegt die Sache doch anders. Auch ist nicht einzusehen, warum nun etwa beim Weiterwachsen sich die Beschaffenheit der Poren- ränder, an denen Ento- und Exoderm sich direkt berühren, dergestalt verändern sollte, dass hier das Exoderm sich einstülpe, das Wachsthum des einen Keimblatts, des Entoderms, auf Kosten eines anderen also hiermit sistirt würde. Und — wären wir schließlich nicht auch in Fällen, wo die Entwick- lung des Kanalsystems sich so vollzieht, wie bei Plakina, vielleicht be- rechtigt, jene Theile des Exoderms, die sich in das zuführende Kanal- system einschlagen, kurzweg als Entoderm zu bezeichnen? Am Ende nicht weniger, als wenn wir die Zellenauskleidung einer durch Invagi- nation gebildeten Gastrula als Entoderm, als etwas Neues ansprechen. In beiden Fällen werden eingestülpte Theile (bei der Spongie die zu- führenden Kanäle, bei der Gastrula der Magenraum) auf gleiche Weise von der sich in dieselben hineinziehenden Zellenlage des ursprünglichen Exoderm ausgekleidet. In dem Bau der die zuführenden sowohl wie abführenden Kanäle auskleidenden Zellen sehe ich nicht nur nicht bei Reniera, sondern über- haupt bei keiner der von mir untersuchten Spongie einen Unterschied, wohl aber ist der Zellenbelag der zuführenden Kanäle häufig von dem der Oberfläche darin verschieden, dass bei ersteren die Zellgrenzen auch Die Ontogenie von Reniera filigrana 0. Schm. 239 ohne Zuhilfenahme von Reagentien, lediglich durch schräge Spiegelstellung erkennbar, im Exoderm meist aber erst nach Anwendung von Höllen- steinlösung nachweisbar werden. Jedoch betone ich ausdrücklich, dass ich diesen letzteren Umstand für durchaus nebensächlich halte. Alle diese Beobachtungsbefunde weichen sehr von einander und zum Theil sehr von meinen ab. Die Spongien sind jedenfalls ein sehr alter Zweig des Coelenteratenstammes, bei denen in Folge zahlreicher späterer Anpassungen, Vereinfachungen, Abkürzungen etc. die Ontogenie nur noch ein sehr mangelhaftes und verwischtes Bild der Phylogenie giebt. Ich glaube aber, dass gerade durch die Entwicklungsgeschichte von Reniera filigrana die Phylogenie besser rekapitulirt wird, als durch die meisten übrigen, bis jetzt bekannt gewordenen Ontogenien und wollen wir im Schluss die Spongien einmal auf ihre Coelenteratennatur hin an der Hand der gefundenen Thatsachen prüfen. Es ist bekannt (aber es schadet nichts von Zeit zu Zeit wieder dar- auf hinzuweisen), dass LEuUCKART! in seiner Besprechung der LiEBERKÜHN- schen Beiträge über die Anatomie der Kalkschwämme, indem er die von dem Verfasser gewonnenen Resultate bis »in die letzten Konsequenzen hinein« verfolgt, zuerst in entschiedener und begründeter Weise die Zugehörigkeit der Poriferen zu den Coelenteraten betonte. Er homologisirte zuerst die Flimmerhöhle der einfachen Kalk- schwämme (Grantien) mit der Leibeshöhle eines Hydroidpolypen, die Mundöffnungen beider mit einander, wobei er einen etwaigen Einwurf wegen der bei Spongien fehlenden Tentakeln von vorn herein von der Hand wies. Die Poren der Spongien spricht er als gleichwerthig den bei Goelenteraten sehr allgemein verbreiteten Wasserlöchern an 2. »Allerdings,« fährt LeuckArr fort, »sind nun nicht alle Poriferen so einfach organisirt, wie die Kalkschwämme, vielmehr ist die Mehrzahl derselben mit einem Höhlensystem versehen, welches mit der weiten Leibeshöhle der Grantien und Syconen nur geringe Ähnlichkeit hat, allein es ist zur Genüge bekannt, dass der coelenterische Apparat auch sonst durch peripherische Ausstülpung und Verästelung die mannig- fachsten Formen annimmt.« Damit ist, was den Vergleich der morphologischen Verhältnisse der Spongien und Coelenteraten betrifft, eigentlich schon Alles gesagt, höch- ! Jahresberichte 1864/65. p. 196 und 497. 2 HAEcKEL, der, auffallend genug, diese Deduktionen LEUcKART’s nicht gekannt hat, vergleicht sechs Jahre später die Spongien und »Acalephen« fast in ganz gleicher Weise. Kalkschwämme. Bd. I. p. 462 und öfter. 240 William Marshall, stens, dass diese Ideen sich noch etwas ausspinnen und über die onto- und phylogenetischen Verhältnisse beider großen Gruppen sich einige Worte hinzufügen lassen. - Barrour ! ist geneigt, die Schwämme als ein selbständig aus den Protozoen hervorgegangenes Metazoenphylum zu betrachten und zwar scheint ihm dies aus folgenden Gründen bewiesen zu werden: 4) durch die auffallenden Eigenthümlichkeiten der Schwammlarven, 2) durch die frühzeitige Entwicklung des Mesoblast bei den Schwämmen und vor Allem 3) durch den merkwürdigen Charakter des Systems der verdauen- den Kanäle. Was den ersten Grund betrifft, so möchte ich ihn doch nicht so all- gemein halten; die auffallenden Eigenthümlichkeiten der Schwamm- larven gegenüber den Larven der übrigen Coelenteraten dürften sich doch wohl nur auf die Kalkschwämme beschränken, die Fibrospongien stimmen im Bau und der theilweisen Entwickelung ihrer Larven merk- würdig mit gewissen höheren Coelenteraten (z. B. Eucope) überein. Nun könnte man freilich die Larven dieser Gampanularide als zweischichtig ansehen und Barrour thut das, es frägt sich aber ob dies Verfahren nicht etwas willkürlich ist. Man könnte den Vorgang doch auch wohl so deuten: In den Hohlraum einer Blastosphäre dringen vom Exoderm her Gewebselemente, die diesen Hohlraum nach und nach füllen und somit ein Goenoblastem bilden. Jetzt tritt in diesem CGoenoblastem Delamina- tion ein und damit theilt sich dasselbe sofort in ein Mesoderm und in ein Entoderm, das die Delaminationshöhle zunächst umgiebt und (man vergleiche auch Fig.8 auf KowaLzvs&y’s Originaltafel) aus Zellen besteht, die dem Rest des Coenoblastems, dem Mesoderm, gegenüber besonders differenzirt erscheinen. Auch der zweite Grund Barrour’s scheint mir eine Diskussion wohl | zuzulassen. Die Spongien sind ein uralter Zweig der CGoelenteraten und seit sehr langer Zeit im ausgebildeten Zustande sessil, wahrscheinlich seit einer längeren Zeit als irgend ein anderes festsitzendes Coelenterat, wie wir ' aus dem relativ früh auftretenden Anheften der Larven und den zahl- reichen Anpassungen der Spongien an diese Lebensweise wohl folgern | dürfen. hier, das Auftreten eines Skeletis, das, sei es nun kalkiger, kieseliger oder horniger Natur im Allgemeinen (einige hochgradig rückgebildete | Formen ausgeschlossen) von Generation zu Generation, als äußerst | wichtig für die Spongien, sich vergrößert und befestigt haben wird. Das | ! Handbuch der vergl. Embryol, Bd. II. p. 309. Die Sessilität bedingte aber, wie wir es fast überall sehen, so auch | | Die Ontogenie von Reniera filigrana 0. Schm. 241 Skelett ist aber nicht nur ein Produkt des Mesoderms dieser Organismen, es ist sogar sein Hauptprodukt und dadurch wird das Mesoderm, je mehr namentlich auch die Spongien aufhörten Einzelindividuen zu bleiben und je mehr sie zur Stockbildung neigten, sich immer mehr ausgebreitet haben, bis es endlich sogar, wie wir an vielen ausgebildeten Spongien- _ stöcken zu sehen Gelegenheit haben, die eigentlichen Magenräume über- ' wucherte und zu rudimentären Organen bis zum Verschwinden herab- drückte. Dass ein von Haus aus so ungemein wichtiges Organ wie ein Magen- raum und mit ihm eine Mundöffnung unter Umständen zum rudimen- tären Organe werden konnte, hat seinen Grund wieder darin, dass bei den Spongien mit den Funktionen des coelenterischen Apparates merk- ‘ würdige Veränderungen vor sich gegangen sind, Veränderungen, durch welche die jedenfalls uralten Wasserporen der Coelenteraten hier zu Nahrung aufnehmenden Organen, die coelenterischen Gefäße selbst zu ‘ verdauenden Cavitäten werden konnten!. Eine weitere Folge dieses " Funktionswechsels ist die wunderbare Formmannigfaltigkeit und Körper- schmiegsamkeit der meisten Spongien, die sich in den verschiedensten Bildungen von Interkanalsystemen, Pseudogastralräumen etc. ergeht, doch immer so, dass die äußeren von Exoderm überzogenen Flächen an ‘ Ausdehnung und damit die Nahrung aufnehmenden Poren an Zahl zunehmen. Die Summe aller dieser Erscheinungen war der ‚ Entfaltung des Mesoderms nicht nur günstig, diese war vielmehr eine nothwendige Folge jener. Diese Deduktion würde nun freilich nur erklären, warum das Me- soderm bei den erwachsenen Spongien in so hohem Grade präponderirt, aber sie würde noch nicht dazu geeignet sein, den zweiten oben mitge- theilten Grund Barrour’s, in den Spongien keine Coelenteraten zu sehen, im mindesten zu entkräften. Hierzu wird es nöthig auf gewisse Gesetze der Vererbung zurück- zugreifen. Das Gesetz der Vererbung im korrespondirenden Lebensalter (Haecrer’s homochrones Gesetz) mag im Allgemeinen richtig sein, scheint aber doch gewissen Modifikationen zu unterliegen, namentlich, indem es mit dem Gesetz der befestigten Vererbung in Konkurrenz tritt. Diese letztere Art der Vererbung hat die Neigung, erworbene und als nützlich sich erwiesen habende Eigenschaften in den nächsten Genera- tionen von Generation zu Generation etwas früher auftreten zu lassen: — jeeher die Nachkommenschaftin Besitz vonihren Vor- ! Der ganze Vorgang dieser Rückbildung lässt sich recht wohl gewissen Folgen . des Parasitismus an die Seite stellen. 242 William Marshall, fahrenerworbenerundals vortheilhaft erprobter Eigen- schaften gelangt, desto günstiger für sie (wenn nicht etwa eine reine Rekapitulation der Phylogenie noch bessere Chancen bietet) und beruht hierauf größtentheils die Erscheinungsreihe der abgekürzten Vererbung. Diese Erscheinungen treten nun selbstredend nicht immer in so krasser Form, wie z. B. bei gewissen Crustaceen auf, sie bilden vielmehr eine mannigfach nuancirte Stufenfolge, entsprechend den un- endlich mannigfachen Existenzbedingungen der Lebewesen. Es folgt hieraus, dass die Entfaltung des Mesoderms, wie es sich bei den erwachsenen d. h. fortpflanzungsfähigen Spongien in so hohem Grade und sicher während unendlich vieler Generationen entwickelt und befestigt hat, nach und nach anfangen musste auch auf die freischwim- menden Larven überzugehen, namentlich wenn es für diese nicht nur nicht nachtheilig sondern vielleicht sogar vortheilhaft war. Dies letztere dünkt mich sehr wahrscheinlich z. B. für die Kieselnadeln, die schon so zeitig in den freien Schwammlarven auftreten und die jedenfalls manche derselben vom Gefressenwerden bewahren mögen. Ich glaube nicht, dass etwa freilebende Ahnen der Spongien je ein Skelett besessen hätten, dies wird sich, aller Analogie nach, erst in Folge der Sessilität gebildet haben. Der dritte Grund endlich, den Barrour gegen die Coelenteraten- natur der Spongien ins Feld führt, ist von besonderem Interesse, weil er einer von denen ist, die LEucKkarr bestimmen, sich für die Zugehörig- keit dieser Wesen zu den Coelenteraten zu entscheiden, nur dass eben | der eine Forscher die Unterschiede des Entwickelungsmodus des coelenterischen Apparates bei beiden Gruppen, der andere das Über- einstimmende in den Vordergrund setzt; nun wissen wir aber, dass, ' wenn essich um Modifikationen homologer Organe, wie doch | wohl in diesem Falle handelt, das Übereinstimmende auf den alten, genetischen Zusammenhang deutet, also das Essen-| tielle ist, während das Unterscheidende auf specielle Erwer- bung hinweist, also aceidentel ist. In beiden Gruppen sehen wir, dass vom Gastralraum aus ein cen- trifugal verlaufendes Kanalsystem differenzirt ist, das oft (bei Spongien, | mit Ausnahme der problematischen Physemarien, immer) das Exoderm durchbricht und mit konstanten oder veränderlichen Poren nach außen h ‘ mündet; wo Tentakeln vorkommen, können die Kanäle oder ein Theil von ihnen in dieselben eintreten und sich hier (Actinien) oder auch an anderen Stellen (Rhizostomen) mittels Poren nach außen öffnen und da in letzterem! Y Falle Astomie eingetreten ist, so wird, ganz wie bei den Spongien, durch! diese dermalen Endporen des Kanalsystemes Nahrung aufgenommen. Die Ontogenie von Reniera filigrana 0, Schm. 243 * Geißelzellen sind im Gastrovascularsystem der Coelenteraten weit verbreitet, wenn sie auch freilich nicht nesterweise als »Geißelkam- mern« zusammentreten, aber das thun sie auch keineswegs bei allen Spongien!. Wenn Bırrour? bemerkt, dass die Geißelzellen, welche die Wimper- - kammern oder in manchen Fällen die Radialtuben auskleiden, unzweifel- haft von den eingestülpten Zellen (sc. 1. den Wimperzellen des Exoderms) abstammen, so möchte ich dem gegenüber konstatiren, dass sie das unzweifelhaft nicht thun, sie sind vielmehr bei Spongien und Coelen- teraten differenzirte Elemente des Entoderms, das ja seinerseits freilich in gewissen Fällen vom Exoderm direkt herstammen kann (Inva- gination) aber bei Weitem nicht immer direkt herzustammen braucht (Delamination). Wenn wir noch einmal die Verhältnisse des nnalsgsiemen höherer Coelenteraten und Spongien vergleichen, so sehen wir, dass dasselbe hei beiden frei nach außen münden, bei beiden mit vom Entoderm abstam- ; menden Geißelzellen in geringerer oder größerer Ausdehnung ausge- kleidet sein und dass es endlich bei beiden durch seine Endporen Nah- rung aufnehmen kann resp. muss! Ein anderer gegen die Zugehörigkeit der Spongien zu den Coelen- teraten öfters geltend gemachter Einwurf weist auf den Mangel von " Tentakeln, besonders aber von Nesselkapseln oder etwas dem Ver- wandtes hin. Indem ich nun nicht zu großes Gewicht auf das Fehlen beider bei ‚ Bero&, als einer in dieser Hinsicht rückgebildeten Form legen will, will ‚ich nur erörtern : haben die Ahnen der Spongien je Nesselorgane und ‚ Tentakeln besessen und im Falle von ja, wie haben sie dieselben einge- "büßt? im Falle von nein aber, wesshalb sind beide nicht im Laufe der | Zeit erworben worden ? Nesselkapseln oder ihre Homologa resp. Analoga und Tentakeln sind ‚so weit verbreitet bei niederen Wasserthieren und treten bei so ver- schiedenen Formen auf, dass sie im Allgemeinen keine Kriterien der ‚ Verwandtschaft abgeben che sondern oft als Anpassungen sua sponte ‚aufzufassen sind. Da sie aber bei den höheren Coelenteraten 3 in ver- Is denen Modifikationen fast ausnahmslos vorkommen, so scheinen sie gerade hier eine uralte Stammeseigenthümlichkeit zu sein, die sich im ‚Kampf ums Dasein als sehr praktisch bewiesen hat und desshalb eine so | ! Vgl. schon KöLLırer (1864), Icon. histiolog. 4. Heft. p. 66. | 2 l.c. Bd. I. p. 444. 3 Die man als Teliferen oder als Nematophoren, Huxr. (da die Benennung Cni- ‚daria, Nesselthiere, den Begriff nicht deckt), den Poriferen gegenüber stellen könnte, Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XXXVII. Bd. 47 244 William Marshall, weite und allgemeine Verbreitung durch Vererbung, in einzelnen Fällen vielleicht durch Neuanpassung finden konnte. Auch spricht für ein hohes Alter, dass Nesselorgane schon bei den freischwimmenden Larven einzelner Formen vorkommen, was jedoch nicht als Regel, sondern als Ausnahme anzusehen sein dürfte, hervor- gerufen durch lang fortgesetzte Vererbung, wie das in ähnlicher Weise, nach früheren Auseinandersetzungen, mit dem Mesoderm bei den Spon- gienlarven geschah. Denn Nesselorgane und Homologa haben sich, nach meiner Ansicht wenigstens, zuerst bei ausgebildeten Thieren und zwar in Correlation mit den Tentakeln entwickelt, wie sie bei Bero& in Cor- relation mit diesen wieder verschwunden sein dürften!; es sind Theile derselben (nach Gnun modificirte Muskelzellen), die sich zunächst im Interesse der Erlangung von Beute so merkwürdig differenzirt haben, Dass sie später auch die Rolle von Vertheidigungsorganen übernehmen und damit eine allgemeinere Verbreitung über den Körper erfahren konnten, scheint am Ende nicht so sehr wunderbar 2. Schwierig dürfte es nun sein festzustellen, ob die Spongien Betrefis dieser Organe und der Tentakeln rückgebildet sind oder nicht, ob ihre Ahnen sie je besaßen oder nicht; von eminenter Bedeutung ist dies bei dem Versuch der Klarlegung der Coelenteratennatur der Spongien übri- gens nicht. In der Ontogenie der Spongie sehen wir niemals einen Zustand, wo etwas Homologes vorkäme, so wenig wie wir bei einer ausgewachsenen Spongie entsprechende Organe auch nur im Rudiment finden, aber bei-' des ist nicht von beweisender Kraft für die Annahme, dass sie über- haupt niemals vorhanden gewesen sein könnten: auch hier kann durch Vererbung während einer enormen Zeit das ontogenetische Bild der Phylogenie verwischt sein. Es ist, im Falle die Spongienahnen je Ten-, takeln und Nesselorgane besessen haben sollten, nicht schwer zu ver- in stehen, wie dieselben wieder verloren gehen konnten. | Es war dies die naturgemäße Konsequenz des Funktionswechsels! der Wasserporen und des coelenterischen Apparates, — Nahrung ein- strudelnde Geißelzellen traten an Stelle von Nahrung ergreifenden Ten- takeln und mit diesen verschwanden die Nesselorgane und zwar um so i Wäre Protohydra, gesetzt, dass sie ein vollentwickeltes Geschöpf ist, so hur- tig und energisch wie Bero&, so würde auch sie des Schutzes durch Nesselkapseln bei fehlenden Tentakeln nicht bedürfen. Wenn aber in Wahrheit Tentakeln a Primäre, Nesselorgane das Sekundäre sind, so ist Protohydra auf keinen Fall ein« urserüngliche, sondern eine rückgebildete Form. 2 Vgl. Betreffs Nesselorgane und ihr Vorkommen bei Ehaleriidraten Pac STECHER'S Allgem. Zool. Bd. II. p. 24—97, besonders Bd. IV, p. 254—263. — Caun) ‘Mikroskop. Waffen d. Coelenteraten, Humboldt Bd. I, Heft 2. 1882. Die Ontogenie von Reniera filigrana 0. Schm. 245 leichter, je weniger die Spongien bei ihrem immens entwickelten Skelett, das außerdem oft sehr scharfe Nadeln, ja den Nesselorganen ganz ana- loge Gebilde (z. B. bei Euplectella die so sonderbar gebauten und so merkwürdig oberflächlich gelegenen! floricomo-hexaradiaten Nadeln) “ besitzt, eines weiteren Schutzes bedurfien. Spongien, die außerdem häufig widerlich riechen, scheinen nicht viel Feinde zu haben, ja für andere Thiere ungenießbar zu sein, was wir auch aus den Schreck- farben (schwefelgelb, orange, zinnoberroth etc.) der nicht tief vorkom- menden Arten gewiss schließen können. Auch die so häufig in ihren ‘ Hohlräumen hausenden Geschöpfe sind, vielleicht mit Ausnahme einiger allerdings im Inneren der Gewebe vorkommenden niederen Pflanzen, keine eigentlichen Parasiten, sondern Kommensalen oder gar nur Inqui- linen, die in den vermiedenen Spongien Schutz suchen und finden. Es ist nun freilich nicht unmöglich, dass die Schwämme sich auf einer Entwicklungsstufe des Coelenteratenstammes abzweigten, auf dem Tentakeln und Nesselorgane überhaupt noch nicht differenzirt . waren. Unwesentlich bei Beurtheilung der Frage von der Zugehörigkeit der Spongien zu den Coelenteraten würde auch der Einwurf sein, dass ein radiärer Bau bei Spongien in eben dem Grade Ausnahme, wie bei den übrigen Coelenteraten Regel sei: beide Formen werden wohl bilateral symmetrische Ahnen gehabt haben, aus denen, vielleicht in Korrelation ‘ mit den Tentakeln die höheren Coelenteraten als Radiärthiere sich ent- ‚ wickelten, dieser Bau kommt aber auch bei jungen Spongien (vgl. die Protactinienform von Reniera Taf. XIV Fig. 15) und gelegentlich bei er- wachsenen vor. Folgendes dürften die Punkte der Übereinstimmung von Spongien und höheren Coelenteraten sein ?: Beide Gruppen sind Metazoön mit Gastralräumen, Mesenterial- ‚ taschen (die bei den Spongien zu Geißelkammern werden können), cen- trifugal verlaufenden, vom Gastralraum entspringenden Kanälen, die ‚ mittels Poren sich nach außen öffnen , und (unter Umständen ja auch bei höheren Coelenteraten) Nahrung aufnehmen. Diese Kanäle sind, wie die Magenräume (bei Reniera) von Entoderm ausgekleidet, das bei bei- den Geißelzellen differenzirt. Die Geschlechtsprodukte beider entwickeln sich im Mesoderm, aber beide können sich noch auf ungeschlechtlichem ! Vgl. F. E. SchuuLze, On the struct. and Arrang. of the soft parts in Eupl. aspergillum. Voyage of H. M.S. Challenger, Sponges, Hexactin. Pl. A, Fig. 3, 4, 5. ? Es liegt dieser Vergleichung selbstverständlich ein ideelles Bild zu Grunde, das aus den einzelnen Eigenschaften aller Coelenteraten, die doch alle nur Differen- zirungen eines Typus sind, konstruirt wurde. 47* 346 William Marshall, Die Ontogenie von Reniera filigrana 0. Schm. _ Wege durch Knospung (Tethya) vermehren, resp. durch Sprossung Stöcke bilden, wozu beide wie zur Sessilität (die bei Spongien ausschließlich ist) sehr neigen. Beide (die Spongien immer, die übrigen Coelenteraten meist) zeigen ein bedeutend entfaltetes Mesoderm und verbreitete Ske- lettbildung. In beiden Gruppen giebt es Formen, die bis zur eingetre- tenen Sessilität sich auf ganz gleiche Weise entwickeln. Wir können nun, indem wir einen Ausspruch Hazcker’s! etwas mo- dificiren, die Ergebnisse gegenwärtiger Untersuchung zusammenfassend, sagen: Poriferen und Teliferen (sit venia verbo) sind z wei di- vergirende Äste des Coelenteratenstammes, welche sich aus der gemeinsamen Stammform der Protactinie ent- wickelt haben. Leipzig, März 1882. Erklärung der Abbildungen. Tafel XIII und XIV. Alle Figuren beziehen sich auf Reniera filigrana. Die Skelettelemente, die bei ihrer großen Zahl und Dichtigkeit nur verwirren, sind weggelassen. Fig. A. Junge Larve. Fig. 2. Altere, das Coenoblastem ist hinten und vorn durch den Pigmentfleck durchgebrochen. Am vorderen Pole lange Geißelhaare. Fig. 3. Vorübergehendes Stadium. | Fig. 4. Die Larve wird sich bald festsetzen; Unruhe im Coenoblastem, der vor- dere Theil eingezogen, Buckel auf der Oberfläche mit theilweisem Verlust der Cilien des Exoderms. | Fig. 5. Hinterende mit runden, pseudopodienartigen Fortsätzen des Coeno- blastem. Fig. 6. Einmal beobachteter Fortsatz des Coenoblastems. Fig. 7. Vorderes Ende mit spitzen, pseudopodienartigen Fortsätzen des Coeno- blastems. Fig. 8. Theilansicht einer ähnlichen Larve wie in Fig. 2 abgebildet, vgl. Längs- schnitt. Fig. 9. Veränderungen des Exoderms. Exoderm der freischwimmenden Larven, a, mit spielenden Cilien, d, mit eingezogenen Cilien. c, die Zellgrenzen, d, die Kerne sind verschwunden. | Fig. 10. Eben festgesetzte Larve. i Fig. 41. Länger festsitzende Larve. Fig. 12. Junge Spongie, in der Mitte, im Pigmentring, schimmert die Leibes- höhle durch. Fig. 43. Dieselbe im Querschnitt. Fig. 44. Die Leibeshöhle ist nach außen durchgebrochen. Fig. 45. Protactinienstadium, der Gastralraum zeigt eine Anzahl (Mesenterial- | taschen-artige) Divertikel, die in Fig. 46 durch weitere Abschnürungen zu einem System von Geißelkammern | geworden sind, die sich mittels Kanälen und Dermalporen nach außen öffnen. Fig. a—m, schematische Darstellung der Entwicklung von Reniera filigrana O0. Schm,; blau, Exoderm ; roth, Mesoderm ; gelb, Entoderm;; orange, Coenoblastem; | Skelettelemente schwarz. | 1 r 1 Kalkschwämme. Bd. I. p. 461. Beitrag zur Kenntnis der Struktur und der Funktion des Herzens der Knochenfische. Von Kasem-Beck und J. Dogiel in Kasan. Mit Tafel XV und XV. Das Herz des Menschen und der Thiere erfüllt seinen Zweck nicht nur verschieden bei verschiedenen Thieren, sondern auch bei einem und demselben Individuum während der verschiedenen Entwicklungs- 'phasen desselben. Das Herz des Menschen und der höheren Thiere (Säuger, Vögel) enthält vier Höhlen, von welchen zwei für das venöse, ‚ zwei für das arterielle Blut bestimmt sind. Das Batrachierherz besitzt drei Höhlen (zwei Atrien und einen Ventrikel), in diesen findet eine ‚ Vermischung des venösen Blutes mit dem arteriellen statt. Das Herz der Fische endlich bietet in dieser Hinsicht ein besonderes Interesse dar; ‚ hier finden sich, den Sinus venosus und Bulbus arteriosus nicht mit- | gerechnet, zwei Höhlen: ein Atrium und ein Ventrikel, vor. Es dient ‚ausschließlich zur Weiterbeförderung des venösen Blutes. Zu der ' wechselnden Zahl der Herzhöhlen bei den verschiedenen Thierklassen ‚ kommt als unterscheidendes Merkmal noch die Vertheilung der Blut- ‚gefäße des Herzens in Betracht. In Bezug auf die Innervation des Her- zens ist hiergegen nach den Untersuchungen von J. DocmeL! kein ‚ wesentlicher Unterschied bei vielen Thieren und beim Menschen kon- - statirbar. In letzterer Zeit jedoch behauptet Dr. VıenaL? in seiner ‚kurzen, vorläufigen Mittheilung, dass die Vertheilung der Nervenzellen im Herzen der Knochenfische eine andere sei, als in dem anderer Thiere ‚—— Frösche ete. Dieser Ausspruch von VıenaL, wie der Wunsch, die von j | ! Arbeiten der Gesellschaft für Naturwissenschaften, Anthropologie und Ethno- | graphie zu Moskau 4880. | 2 Note sur le syst&me ganglionnaire du coeur des poissons osseux par VIGNAL ‚ (Gazette Medicale de Paris. Nr. 45. p. 557. 1878. T. VII. 5 serie). | ui 248 Kasem-Beck und J. Dogiel, J. DosıeL in der erwähnten Arbeit konstatirten Thatsachen über die Innervation des Herzens zu erweitern, ließen uns eine genaue Unter- suchung des Nervenapparates der Fische vornehmen. Als Untersuchungs- objekte dienten uns die in Kasan am leichtesten zugänglichen Herzen vom Hecht (Esox lucius) und Sterlet (Acipenser ruthenus). Ein Schnitt durch die Brusthöhlenwandung und das Pericardium- legt beim Hecht das aus Atrium, Ventrikel und Bulbus arteriosus be- stehende Herz frei (vgl. Fig. 6, a, c, b; Fig. 7, b, c, a; Fig. 13, b, a, c). Die Ventrikelhöhle steht mit dem Bulbus arteriosus und mit dem Atrium, letzteres mit dem Sinus venosus in Kommunikation. An diesen Öffnungen finden sich zwei- und dreizipfelige Klappen und zwar zwi- schen dem Sinus venosus und dem Atrium eine zweizipfelige, an der Atrioventricularöffnung eine dreizipfelige (Fig. 8, c) und an der Grenze zwischen dem Bulbus arteriosus und dem Ventrikel wieder eine zwei- | zipfelige Klappe. Die verschiedenen Herzabtheilungen sind verschie- den gebaut. Der Sinus venosus wird durch das Zusammentreten der r beiden Cardinalvenen gebildet (Fig. 13) und erinnert durch die An- ordnung seiner Muskelbündel, wie durch den Verlauf der Nerven an [ das Atrium des Froschherzens. Der Vorhof besitzt im angefüllten Zu- stande eine Pyramidenform und ist arm an Blutgefäßen. Über den Nervenverlauf in diesem Herzabschnitte wird weiter unten die Rede |! sein. Da der Bau des Herzventrikels beim Hecht bedeutend von dem beim Frosch abweicht, müssen wir bei der Besprechung desselben uns hi länger aufhalten. | Macht man oben oder unten am Herzvenirikel des Hechts mit einem Skalpell einen seichten Einschnitt und bläst hierauf durch ein Röhrchen in diese Öffnung Luft, so bemerkt man, dass letztere nicht in die Ventrikel- ' höhle, sondern in einen besonderen, zwischen der äußeren und inneren Muskelschicht befindlichen Raum eindringt. Diese (von uns als ober-| flächliche Muskelschicht bezeichnete) von der tieferen, eigent- lichen Ventrikelmuskulatur durch obige Manipulation getrennte Schicht! lässt sich leicht mittels einer Schere vom ersten Einschnitt aus, in der ganzen Länge des Ventrikels spalten und mit Hilfe einer Pincette vom eigentlichen Ventrikel abziehen oder abtrennen, wie es in Fig. I ver-) anschaulicht ist; unter c sieht man den eigentlichen Ventrikel des Hecht- herzens, unter d dessen oberflächliche Schicht. Gleiches Resultat, d. h. Absonderung der oberflächlichen Muskelschicht erzielt man, wenn man diese mittels einer Pravaz’schen Spritze durchsticht und Wasser in\) den Raum zwischen den beschriebenen Muskelschichten des Hecht herzventrikels einspritzt. Ähnliche blasenförmige Abhebung der ober- | flächlichen Muskelschicht des Ventrikels bemerkt man auch nach Quet- 3 I" Beitrag zur Kenntn. der Struktur u. der Funktion des Herzens der Knochenfische, 349 schung der Ventrikelspitze mit einer stumpfen Pincette, wie es von BERNSTEIN! in seinen Versuchen am Froschherz behufs Isolation der Herzspitze, ohne vollkommene Kontinuitätstrennung, ausgeführt wurde. Eine solche Manipulation am Hechtherzen hat eine Ruptur des eigent- lichen Ventrikels zur Folge, und das in den Raum zwischen den Muskel- schichten eindringende Blut sondert diese leicht von einander ab. Die Abtrennung der oberflächlichen Muskelschicht von dem eigent- lichen Ventrikel gelang uns nach den angeführten Methoden nicht nur bei Knochenfischen, sondern auch bei einigen Ganoiden (Sterlet) stets leicht. Nur in zwei bis drei Fällen stießen wir in der Nähe der Herz- spitze auf einigen Widerstand, welcher darin bestand, dass hier an 3—% Stellen die oberflächliche Muskelschicht mit dem eigentlichen Ven- trikel durch dünne Fädchen verbunden war. Auf zwei Schichten der Ventrikelmuskulatur einiger Fische hat schon DoELLinGer ?2 hingewiesen, wie es aus den Citaten MıLne EpwArns® und von Rartuke zu ersehen ist. Nach Mırne Epwarns fand auch Cuvırrd beim Schwertfisch (Espadon) zwei Muskelschichten des Herzventrikels. DOoELLINGER setzte sogar das Vorhandensein einer besonderen Höhle zwischen.diesen Schichten vor- ' aus (une cavit&e accessoire — Mırne Epwarns). Jedoch schon RATHkE widersprach DoELLINnGER, indem er daran zweifelte, dass bei vollkommen frischen Herzen eine so leichte Trennung der Muskelschichten stattfände. Man könnte ferner annehmen, dass die oberflächliche Muskelschicht des Hechtherzens mit dem Iymphoiden Körper, welcher auf dem Bulbus arterio- sus und dem Herzventrikel einiger Ganoiden (Stör, Sterlet) in Form von vielen, einzelnen, runden Höckern angetroffen wird, identisch ist. Ob- wohl dieser drüsige Körper schon lange den Anatomen (VALsaLvA, KoEL- REUTER, E. BAER, MEcKEL, STAnNnIus, Leypig) bekannt war, ist er erst in neuester Zeit von R. HerrwıG® genauer beschrieben worden. Unsere Untersuchungen überzeugten uns, dass beim Sterlet und wahrscheinlich auch bei anderen Ganoiden der Herzventrikel aus drei Schichten be- steht (angenommen, dass der Iymphoide Körper keine Muskelfasern ent- hält) und zwar: 4) aus der äußersten Schicht — dem Iymphoiden Körper (Lymphdrüse — Thymus?), 2) aus einer schwach entwickelten Muskel- schicht, welche sich leicht von der tieferen Schicht abtrennen lässt (und 1 PrLüser's Archiv. 2 DOELLINGER, Über den eigentlichen Bau des Fischherzens (Wetterauer Annalen. A841. t. II. p. 341, 324). 3 MıLne EpwArps, Lecons sur la physiologie et ’anat, comparee. T. II. p. 320. 4 RATBKE, Über die Herzkammender Fische (Mecker’s Arch. für Physiol. 1826. T.I. p. 452). 5 CuviEr, Histoire des poissons. t. I. p. 512. 6 R. Herrwis, Die \ymphoiden Drüsen auf der Oberfläche des Störherzens (M. SCHULTZE’S Arch. f. mikrosk. Anatomie. Bd. IX. p. 62. 250 Kasem-Beck und J. Dogiel, der oberflächlichen Muskelschicht des Hechtes entspricht) und 3) aus der tieferen Muskelschicht oder dem eigentlichen Ventrikel. Herrwie ! giebt an, dass die Ventrikelmuskulatur in keiner direkten Verbindung mit dem Iymphoiden Körper steht, während STtannıus? in dem Iymphoiden Körper quergestreifte Muskelfasern antraf, welche all- mählich in die übrige Ventrikelmuskulatur übergehen sollen. Auf Grund unserer Untersuchungen können wir die Angaben von Herrtwıe und Stannıus über den Iymphoiden Körper des Störs nur theil- weise für richtig erklären. Stannıus hatte in so fern Recht, dass nach der Abtrennung der ober- flächlichen Muskelschicht von dem eigentlichen Ventrikel des Sterlet- herzens, nach den angeführten Methoden, man außer dem Iymphoiden Körper noch quergestreifte Muskelfasern antrifft. Diese Muskelfasern gehen indess nicht in die eigentliche Ventrikelmuskulatur über ; wenig- stens kann man beide Gebilde ziemlich leicht am frischen Sterletherzen von einander isoliren. Weiter ist auch vollkommen richtig, dass die beiden Ventrikel- schichten an Herzen vom Hecht und überhaupt von Knochenfischen viei deutlicher von einander abgegrenzt sind, als an Sterletherzen. Folglich findet sich eine oberflächliche Muskelschicht, wie beim Hecht, auch beim Sterletherzen ; sie darf mit dem lymphoiden Körper auf dem Herzen der Ganoiden nicht verwechselt werden. Die oberflächliche Schicht des Herzventrikels beim Hecht und bei an- deren von uns darauf untersuchten Knochenfischen ist nicht nur desshalb unterscheidbar, weil sie vom eigentlichen Ventrikel leicht abzutrennen ist, sondern auch, weil sie einen von letzterem abweichenden Bau auf- weist. Als Bestandtheile der oberflächlichen Schicht sind an- zuführen: Endothel, Bindegewebe, Muskeln, Nerven, Blut- und Lymph- gefäße. Endothel. Atrium, Ventrikel, Bulbus arteriosus des Hechtherzens sind von außen vom Endothel bekleidet (Fig. 8, 1 und Fig. 2). Die Ventrikeloberfläche eines solchen Herzens ist vollkommen glatt, wodurch es sich auch vom Herzen von Sterlet und Stör unterscheidet. Auch die Innenfläche der oberflächlichen Schicht ist vom Endothel bedeckt, wovon man sich leicht durch Imprägnation mit salpetersaurem Silber überzeugen kann, obgleich es in der Form vom ersteren abweicht. 1 M. Scaurtze’s Arch. f. mikr. Anat. Bd. IX. p. 65: »Die Muskelsubstanz zeigt sich überall von dem Pericardium viscerale überzogen, welches an einigen Stellen | durch Fettablagerung verdickt ist (Fig. 2 d). Auch unter den drüsigen Höckern ist | das Pericardium als eine zarte gewöhnlich fettfreie Bindesubstanzlage nachweisbar und grenzt die Muskeln vollständig scharf von den in Rede stehenden Gebilden ab.« 2 Stannius, Vergl. Anat. der Wirbelthiere. 2. Aufl. 1854. p. 238. Beitrag zur Kenntn. der Struktur u. der Funktion des Herzens der Knochenfische.e. 251 Diese beiden Endothelschichten schließen Muskeln, Blut- und Lymph- gefäße und Nerven zwischen sich ein. Muskeln. Die longitudinal und transversal verlaufenden Muskel- fasern machen den Haupttheil der oberflächlichen Ventrikelschicht des Hechtherzens aus (Fig. 10, b, c). Diese muskulöse Schicht wird von einer geringen Menge Bindegewebe und vom Endothel bedeckt (Fig. 11, a, a). Sowohl durch den Verlauf der Muskelfasern, wie durch den Ge- halt an Blut- und Lymphgefäßen, welche dem eigentlichen Ventrikel abgehen, unterscheidet sich die oberflächliche, letzterem anliegende Ventrikelschicht des Hechtherzens. Nirgend findet sich ein Übergang der Muskelfasern einer Schicht in die andere vor. Den Verlauf der Muskelfasern in der äußeren Ventrikelschicht von Fischherzen hat schon RATHkE ziemlich genau beschrieben. Er fand, dass die Muskelfasern hier hauptsächlich in zwei Richtungen verlaufen und sich mannigfaltig durchkreuzen. Letztere Beobachtung erweist sich als unrichtig, da eine genaueUntersuchung ergiebt, dass, wie wir schon oben bemerkt haben, die Muskelfasern der oberflächlichen Ventrikelschicht nur quer und longitudinal verlaufen und beim Übergang in den Bulbus arteriosus und den Vorhof eine Art von Sphinkter bilden (Fig. 8, 13, 2). Bindegewebe. Bei der Beschreibung der oberflächlichen Ven- trikelschicht des Hechtherzens kann man das subendotheliale Binde- gewebe (Fig. 10, a) nicht unerwähnt lassen, welches besonders stark bei Ganoidenherzen entwickelt ist und das Skelett des Iymphoiden Kör- pers bildet. Blut- und Lymphgefäße. Nach Hyrrır ! giebt es gefäßlose und nur theilweise vaskularisirte? Herzen bei einigen Vertebraten. 1867 bemühte sich M. JourDaın ? durch Injektionen zu zeigen, dass ! Hyrrı, Vorläufige Anzeige über gefäßlose Herzen (Sitzber. d. Math.-Naturw. Kl. d. Wiener Akad. Bd. XXX). 2 Hyarı kam zu folgenden Resultaten: »1) Das Herz der Urodelen, der Gymno- phionen und der Batrachier ist vollkommen gefäßlos. 2) Das Herz aller beschuppten Amphibien (Saurier, Chelonier und Ophidier) besitzt nur eine sehr dünne, gefäßreiche Corticalschicht. Alle tiefliegenden Muskelstrata des Herzens sind durchaus gefäßlos (Coluber, Vipera, Crotalus, Testudo, Homopus, Lacerta, Varanus). 3) Die totale und partiale Gefäßlosigkeit des Amphibienherzens hängt von dem Grade des cavernösen | Baues der Herwand ab. 4) Das Fischherz verhält sich wie das Herz der beschupp- ten Amphibien (Cor cavernosum?). 5) Die Ganoiden besitzen ein in allen Schichten gefäßreiches Herz. Bei Acipenser Huso und Acipenser ruthenus verlaufen in der Achse der größeren Fleischbündel der Herzkammerwandschicht unansehnliche Zweige der Arteria coronaria, welche dieselben mit Capillargefäßnetzen versehen, welche jenen gleichen, die in der Rindenschicht des Herzens angetroffen werden.« 3 Sur la structure du coeur des poissons du genre Gade. Note deM. Journaın, ' presentee par MıLnz EpwAros (Compt. rend. 1867. p. 193). 252 Kasem-Beck und J. Dogiel. außer gefäßlosen und gefäßreichen Herzen solche vorkommen, deren Ventrikel nur theilweise mit Blutgefäßen versorgt sind. Herzen letzterer Art besitzen nach Jourvarmm die Knochenfische; das Gadidenherz soll jedoch, wie das Batrachierherz, gefäßlos sein. (»LesGades nous ont offert une exception, que le mode de circulation des poissons rend digne de remarque. Gomme le coeur des Batraciens, celui des Gades est depourvu de l’element vasculaire. Le bulbe aortique seule possede des ramuscules tres-greles, ne depassant jamais la scissure qui s&epare cette derniere chambre cardiaque de celle qui la precede.«) Um über die Blutgefäßvertheilung im Herzen der Knochenfische uns Aufschluss zu verschaffen, verführen wir wie folgt. Hat man beim Hecht das Herz freigelegt, so erblickt man auf dem Bulbus arteriosus ein aus der zweiten Kiemenvene enistammendes Blutgefäß (Arteria coronaria). Am unteren Theile des Bulbus arteriosus theilt sich die Arterie meist in zwei Hauptäste (Fig. 6, 7). Mittels einer Hohlnadel der Pravaz’schen Spritze lässt sich dieses Gefäß leicht mit einer gefärbten Masse (einer Lösung von Berlinerblau) füllen, wonach man bequem seine weitere Verzweigung an der oberen und unteren Fläche des Herzventrikels ver- folgen kann (Fig. 6, 7, 8). Größere Zweige der Kranzarterie verlaufen bald in der Mitte, bald an den Rändern des Ventrikels. Auf der oberen Ventrikelfläche giebt ein bedeutender Ast der Arterie einen zur Atrio- ventriculargrenze verlaufenden Zweig ab, welcher später zur Ventrikel- spitze hinzieht. Von diesem Zweige stammt auch ein Gefäßchen zum fast gefäßlosen Atrium (Fig. 8, A, Atrium; B, Ventrikel; 5, Blutgefäß, von welchem ein Zweig zum Atrium abgeht). Folglich wird sowohl die obere, wie die untere Ventrikelfläche reichlich mit Blutgefäßen versorgt. Schon mit unbewaffnetem Auge sieht man an Querschnitten solcher injicirten Herzen , dass die Blutgefäße sich nur in der oberflächlichen Schicht verzweigen. Geringe Vergrößerung (Syst. 2, Ocul. 3, HARTNAcK) eines solchen Querschnittes demonstrirt das Gesagte noch besser (Fig. 9, «). Eine genaue Besichtigung der Quer- und Längsschnitte aus injicirten Hechtherzen zeigt, dass die in der Dicke der oberflächlichen Schicht ver- laufenden Blutgefäße die Muskelfasern der Länge nach begleiten und sich dabei durch Queranastomosen mit einander verbinden (Fig. 10, d). Die Muskelfasern der oberflächlichen Ventrikelschicht liegen also gleichsam in Hülsen aus Blutgefäßmaschen. Folglich unterscheidet sich die Blut- gefäßvertheilung in der oberflächlichen Ventrikelschicht desHechtherzens | nicht von solcher in Herzen von Vögeln, Säugern und Menschen. So viel wir Konstatiren konnten, bilden die Blutgefäße auf dem | Herzen der Ganoiden ein reiches Netz, welches schon dem unbewafi- Beitrag zur Kenntn. der Struktur u, der Funktion des Herzens der Knochenfisce. 253 neten Auge, sowohl an den mit dem Iymphoiden Körper bedeckten, als auch freien Stellen der Ventrikeloberfläche, zugänglich ist. An Quer- schnitten kann man sich überzeugen, dass auch hier, wie beiden Knochen- fischen, die Blutgefäße nur bis zum eigentlichen Ventrikel verlaufen. Da die oberflächliche Ventrikelschicht beim Sterlet schwächer entwickelt ist als beim Hecht, so treten auch die Blutgefäßmaschen entsprechend schwächer hervor. Lymphgefäße. Bekanntlich sind beim Sterlet und Stör der Herz- ventrikel und Bulbus arteriosus mit lymphoiden Massen bedeckt, welche nach Jon. MÜLLER, StannIus und Leypıe mit Lymphgefäßen in Verbindung stehen sollen. Hinsichtlich der Lymphgefäße des Herzens der Knochen- fische (Hecht) können wir angeben, dass solche in bedeutender Menge vorhanden sind. Wenn man durch einen Einstich in der Nähe des Blut- gefäßes auf dem Bulbus arteriosus die Lymphgefäße injicirt, so erhält man ein starkes Netz auf dem Bulbus arteriosus (Fig. 41) und auf dem Ventrikel, wo sie in Begleitung der Blutgefäße auftreten (Fig. 12, 6). Wenn wir, nachdem wir nun den Bau der oberflächlichen Ventrikel- schicht kennen gelernt, unsere Aufmerksamkeit der leichten Ablösbar- keit vom eigentlichen Ventrikel des Hechtherzens und der scharfen Grenze zwischen diesen beiden Muskelstrata zuwenden, so bleibt uns nichts Anderes als die Annahme einer besonderen Höhle an dieser Stelle übrig. In diesem Sinne hatte sich schon DoELLINgEr ausgesprochen, stieß aber bei Ratake auf Widerspruch. Wenn auch Rartake seinen Einspruch nicht besonders motivirt hat, blieb doch die Annahme von DoELLINGER auch unbewiesen. Es ist wahr, dass nach der Entfernung der ober- flächlichen Schicht die Oberfläche des eigentlichen Ventrikels vollkom- men glatt ist, doch diese Thatsache genügt nicht, um die Abwesenheit einer Verbindung zwischen den beiden Ventrikelschichten des Herzens zu beweisen, kurz, der Nachweis eines Hohlraumes zwischen den letz- teren war noch nicht geliefert worden. Erst die Feststellung eines sowohl die innere Fläche der oberflächlichen Schicht, als auch den eigentlichen Ventrikel bedeckenden Endothels giebt der Voraussetzung DOoELLINGER’s sicheren Boden (Fig. 4). Der eigentliche Ventrikel des Hechtherzens wird aus sich verschieden durchkreuzenden Muskelfaserzügen gebildet. Hierdurch treten in demselben Vertiefungen und Aushöhlungen von verschiedener Größe auf (Cor cavernosum?), wie man es auch im Herzventrikel des ' Frosches antrifft (Fig. 9, 6; Fig. 8, 5). Die Innenfläche des Ventrikels ' ist ebenfalls vom Endothel bedeckt. Somit besteht der Herzventrikel der Knochenfische (Hecht etc.) 254 | Kasem-Beck und J. Dogiel, und einiger Ganoiden aus zwei Schichten!, deren Flächen vom Endothel bedeckt sind, womit hier die Existenz zweier Höhlen, einer vollkommen entwickelten und einer gleichsam in Anlage vorhandenen, gegeben ist. Letzterer Raum steht mit den übrigen Herzhöhlen in keinerlei Verbindung. Die Innervation der Fischherzen ist wiederholt untersucht worden. Diese Untersuchungen verhinderten jedoch keineswegs, dass von Zeit zu Zeit auftauchende neue Thatsachen unsere Kenntnisse über diesen Gegen- stand bedeutend erweiterten. Dieses Thema behandeln die Arbeiten von E.H. Weser, BÜCHNER, Stannıus und C. HorrmAann. Letzterer machte seine Beobachtungen an Cyprinus carpio, Perca fluviatilis, Barbus fluviatilis, Leuciscus vulgaris, Esoxlucius. Srannıus giebt an, dass der Ramus cardia- cus bei Fischen ein Zweig des Ramus pharyngeus oder des Ramus oeso- phageus ist und den Ductus Guvieri bis zum Vorhof begleitet. Nach E. H. WEBER stammt der Ramus cardiacus vom Nervus oesophageus ab. Büchner verfolgte den N. cardiacus a ram. intestinali bis zum Vorhof. C. Horrmann, der genauer den Verlauf des N. cardiacus und die im Herzen vorhandenen Ganglien untersuchte, fand, dass derselbe an der Übergangsstelle des Ductus Guvieri in den Sinus venosus als ein Zweig vom N. oesophageus abgeht und sich weiter in dem Sinus venosus und dem Vorhof bis zur Atrioventriculargrenze verfolgen lässt. Was die Nervenzellen anbetrifft, so gelang es allem Anschein nach GC. Horrmann nicht ihre Vertheilung genau zu konstatiren, obwohl er angiebt, dass dieselben in größerer oder geringerer Menge sich vorfinden und in be- deutenderen Gruppen an der Grenze zwischen dem Sinus venosus und dem Vorhof und zwischen letzterem und dem Ventrikel anzutreffen sind. Im Ventrikel selbst fand er keine Nervenzellen !. Die Vertheilung der Nerven und Nervenzellen im Herzen von Men- schen und verschiedener Thiere, u. A. auch bei Fischen, hat schon J. Dosıer beschrieben?. Eine noch genauere Beschreibung über den Verlauf der Nerven und die Lage der Nervenzellen im Froschherzen lieferte J. Docızr in seiner Arbeit: »Neue Untersuchungen über die In- nervation des Herzens«3. J. Dosısr kommt zum Schluss, dass die Innervation des Herzens heim Frosch und bei den Fischen ein gleiches Gepräge trägt. Hiergegen behauptet VıenaL*, dass die Nervenzellen über die ganze 1 Er sagt: »Unmittelbar an der Ventrikelmündung finden sich auch in dem Ventrikel selbst, bei der mikroskopischen Untersuchung, zahlreiche Nervenfasern, ohne dass ich jemals im Stande gewesen wäre, selbständige Zweige oder Ganglien- zellen in dem Ventrikel selbst bei den zahlreichen von mir untersuchten Herzen nachzuweisen.« 2 J. Dosırr, Die Ganglienzellen des Herzens bei verschiedenen Thieren und bei Menschen. Arch. f. mikr. Anat. Bd. XIV. p. 470. Sure al] lac. Beitrag zur Kenntn. der Struktur u. der Funktion des Herzens der Knochenfische. 255 Ventrikelfläche zerstreut sind. (Chez les poissons, le ganglion ventri- eulaire au lieu d’etre forme, comme chez la grenouille, par deux ou trois petites masses situees A la base du ventricule, est compos& de cellules sanglionaires appendues par petits groupes ou isolement aux nerfs, qui se destribuent fort inegalement sur toute la surface ventriculaire.«) So weit es uns bekannt ist, blieb diese Mittheilung Vıenar’s ohne eingehendere Beschreibung und genügende Begründung. Die Bestäti- gung dieses Ausspruches von VıenaL wäre aber von weittragender Be- deutung nicht nur zur Erklärung der Herzfunktion bei Fischen, sondern auch der Herzthätigkeit überhaupt gewesen. Dieses erwägend, suchten wir uns Aufschluss zu verschaffen, wie weit die Behauptung von VıienAL mit dem Faktischen übereinstimmt. Wenn man das Herz und die Venen in der Nähe des Herzens (Fig. 43, n, n’) freilegt, so bemerkt man in der Nähe der hinteren ' Cardinalvene einen dünnen Nervenfaden (n’). Verfolgt man ihn weiter, so sieht man, wie er auf die Vene selbst übergeht, wo letzterer die vor- ' dere Gardinalvene aufnimmt. Hierauf durchsetzt der Nervenfaden den Ductus Cuvieri und verläuft an der Innenfläche der Vene und des Sinus venosus bis zur Grenze des letzteren mit dem Vorhof. Kurz vor dieser Stelletheiltsich der Nervenfadengewöhnlich in zweiZweige, welcheihrer- seits wieder, in der Nähe der Grenze des Sinus venosus mit dem Vorhof, ‚ weiter zerfallen. Alle diese («—7) Nervenfäden umgeben die Kommuni- kationsöffnung des Sinus venosus mit dem Vorhof (Fig. 15, 4). Die Nerven der beiden Körperhälften kreuzen sich während ihres Verlaufes ' an der inneren Wand des Sinus venosus und tauschen hierbei gegen- seitig ihre Fasern aus, wie es im Froschherzen beim Eintritt der Nerven ‚ auf die Atriumscheidewand festgestellt ist. | GC. Horrmann (»Bis hierhin war ich nicht im Stande Ganglienzellen ‚ im Verlaufe dieser Nervenzweige aufzufinden«) und Vıenar trafen keine | Nervenzellen im Sinus venosus (»sinus qui ne contient pas de cellules ‚ ganglionaires«) an, obgleich sich solche, wenn auch in geringer Menge, sogleich nach dem Eintritt der Nerven in den Ductus Cuvieri vorfinden. ‚ Zur bequemeren Untersuchung der Vertheilung der Nervenzellen und ‚ihres Verhältnisses zu den Nervenfäden entfernten wir einen Theil des ‚ Vorhofs und des Sinus venosus und behandelten den übrigen Theil mit 1%/,iger Lösung von Osmiumsäure. Die auf solche Weise erhaltenen Prä- | parate demonstriren bei geringer Vergrößerung (Syst. 2, Ocular 3, | Hirrnack) deutlich die gruppenweise um die Öffnung in der Nähe der ı Klappen gelagerten Nervenzellen. Ihre Zahl ist nicht überall gleich: an ‚ der Stelle, wo die Klappen an einander stoßen , ist sie größer als in der ' Mitte jeder Klappe (Fig 15, 16 und Fig. 17, B, Klappe). Die zur 256 Kasem-Beck und J. Dogiel, Grenze des Sinus venosus mit dem Vorhof angelangten Nerven theilen sich, links und rechts Zweige um die Kommunikationsöffnung selbst absendend, welche mit ebensolchen Zweigen der anderen Seite sich verbinden und einen Plexus mit eingelagerten Nervenzellen bilden. Der Plexus ist am dichtesten an der Stelle, wo die Klappen an einander stoßen. Aus ihm gehen Nerven der Nachbarschaft, des Atrium und der Klappen, hervor. Die Klappenzipfel enthalten Nerven und Nerzenzellen (Fig. 17, 6). Ein dem Plexus entstammender Nervenfaden geht auf die Klappe über und gelangt hierauf, längs dem freien Rande jeden Zipfels der zwei- zipfeligen Klappe verlaufend, zur Atriummuskulatur. Längs dem Ver- lauf der Nerven in der Klappe und im Atrium liegen Nervenzellen. Wenn wir die Nerven an der Vorhofsbasis und im Ventrikel weiter verfolgen, so finden wir hier ziemlich starke Nervenfäden. Zuerst liegen sie nahe an einander, gehen aber, je näher sie zum Ventrikel gelangen, um so bemerkbarer aus einander. An der Atrioventricularöffnung zerfallen diese Nerven in Zweige, welche theils die obere, theils die untere Ventrikelwand versorgen. Der Herzventrikel des Hechtes erhält außer den angegebenen noch Nerven, welche den Verzweigungen der Arteria coronaria folgen. Diese letzteren Nerven verlaufen Anfangs auf dem Bulbus arteriosus (Fig. 414, A, Art. coronaria; a, Lymphgefäße; 1, Nerven), dann gehen sie auf den Ventrikel über und vertheilen sich hier auf der ganzen Ventrikeloberfläche, von der Basis bis zur Spitze. Nervenzellen, welche nach Vıenar über die ganze Ventrikelober- fläche zerstreut vorkommen sollen, konnten wir nicht finden. Im Hecht- herzen findet man, so weit wir es konstatiren konnten, Nervenzellen: 1) beim Übergang der Nerven auf den Sinus venosus und längs ihrem Verlauf in dem letzteren, obwohl hin und wieder und meist einzeln; 2) an der Grenze des venösen Sinus mit dem Vorhof und in der hier be- findlichen Klappe (die bedeutendste Gruppe) und 3) an der Atrioventri- culargrenze. Die Nervenzellenvertheilung und der Verlauf der Nerven stimmt also in Vielem mit der Innervation des Froschherzens überein. In Bezug auf das Verhältnis der Nervenzellen zu den Nerven und ihre Struktur im Herzen der Knochenfische finden wir dem von J. DosızL! über diese Fragen Mitgetheilten nichts hinzuzufügen. Größere Unterschiede zwischen den Herzen von Knochenfischen und Ganoiden und denen von Fröschen lassen sich in der Zahl der Höhlen und im Bau | des Ventrikels nachweisen. Letzterer besteht beim Hecht aus zwei L,1! ce. Beitrag zur Kenntn. der Struktur u. der Funktion des Herzens der Knochenfische. 357 Schichten, und die oberflächliche Schicht enthält eine Menge von Blut- und Lymphgefäßen. Folglich stellt das Herz einiger Fische gleichsam einen Übergang von vascularisirten zu gefäßlosen Herzen vor und könnte als halbvas- cularisirt bezeichnet werden. Was die Frage nach der Bedeutung der vascularisirten Schicht des Herzens der Knochenfische anbelangt, so kann man hierauf nur eine be- friedigende Antwori von der Erforschung der Entwicklung desselben bei dieser Thierklasse erwarten. Vorläufig können wir nur einige Vor- aussetzungen über die Bedeutung dieses Stratums uns erlauben. Die Ernährung des Herzens des Menschen, der Säuger und der Vögel wird durch seine zahlreichen Blutgefäße vermittelt. Leicht begreiflich ist auch der Modus der Ernährung des Froschherzens, dessen schwammiger Ven- irikel mit arteriell-venösem Blut in Berührung kommt. Das Fischherz ist im Grunde nur ein venöses, es dient ja zur Wei- terbeförderung von venösem Blut. Zur Ernährung bedarf es des arte- riellen Blutes. Die an Blut- und Lymphgefäßen so reiche oberflächliche Ventrikelschicht vermittelt die Ernährung, da sie doch in so naher Be- ziehung zum ausgeprägt schwammigen, eigentlichen Ventrikel steht; durch letzteren Umstand wird jedenfalls der Gas- wie Stoffwechsel zwi- schen den Elementen des eigentlichen Ventrikels und dem Blute der äußeren Schicht möglich. Diese soeben von uns vorgetragene Ansicht über die Bedeutung der äußeren, vascularisirten Ventrikelschicht wird durch den von Hyrrı gemachten Ausspruch, dass der cavernöse Bau und die theilweise oder totale Gefäßlosigkeit des Amphibienherzens im Connex stehen sollen, bestätigt. (»Die totale und partielle Gefäßlosig- keit des Amphibienherzens hängt von dem Grade des cavernösen Baues der Herzwand ab. Das Fischherz verhält sich wie das Herz der be- schuppten Amphibien [Cor cavernosum|].«) Physiologie, Die Frequenz, Kraft und der Rhythmus der Herzkontraktionen lassen sich sehr leicht am freigelegten Herzen der Knochenfische (Hecht) beobachten. Da die Kontraktionen des Herzens ein Resultat der Arbeit seiner Muskeln unter dem Nerveneinfluss ist und da der Bau der Muskulatur ‚und die Innervation des Fischherzens nicht wesentlich vom Bau der ‚gleichen Elemente des Frosch- und Säugethierherzens abweicht, so wird es gewiss interessant sein zu erfahren, in wie fern hier auch die Funktion übereinstimmt. Zu den ersten Beobachtungen, welche am Fischherzen gemacht 258 Kasem-Beck und J. Dogiel, sind, ist die von GLirt! an Cyprinus carpio zu zählen. Er suchte den Einfluss des Gehirns und Rückenmarks auf die Frequenz der Herzkon- traktionen festzustellen. Es erwies sich, dass die Abtrennung des Rückenmarks vom Gehirn eine Steigerung, die Zerstörung des ersteren eine Verlangsamung der Herzkontraktionen bei Fischen zur Folge hat. Eingehender beschäftigte sich schon G. Horrmann? mit der Unter- suchung der Herzkontraktionen bei Fischen. Er beabsichtigte den Ein- fluss der Temperatur und der Nerventhätigkeit auf die Herzkontraktionen zu konstatiren und kam zum Schluss, dass 4) die Durchschneidung der Rami pharyngei und Rami oesophagei eine Zunahme der Frequenz und 2) ein Schnitt durch die Atrioventriculargrenze Stillstand der Herzkon- traktionen herbeiführt. 3) Hinsichtlich des Temperatureinflusses auf das Fischherz konnte er sich nicht mit den Schlussfolgerungen ScHELSKkF’S ® einverstanden erklären. Außerdem finden wir bei Horrmann eine ziemlich richtige Beschrei- bung der Schlagreihenfolge des Fischherzens. Zuerst kontrahirt sich der venöse Sinus, dann die Gegend zwischen dem Sinus venosus und dem Vorhof; hierauf folgt die Atriumkontraktion, welche auf die Atrioventri- culargrenze übergeht, und endlich die Kontraktion des Ventrikels und des Bulbus arteriosus; nach der hierauf eintretenden Pause beginnt die- ser Process von Neuem. Aus den Beobachtungen von Vıenar über he Herzkontraktionen der Knochenfische wäre nur anzuführen, dass er den Herzventrikel auch nach seiner Abtrennung vom Vorhof und Bulbus arteriosus weiter pul- siren sah *. Unsere Untersuchungen über die Kontraktionen des Hechtherzens führten zu folgenden Resultaten. Nachdem das Hechtherz freigelegt, macht es bei gewöhnlicher Zimmertemperatur 30—54 Kontraktionen in der Minute; am häufigsten zählten wir30—42 Herzschläge in der Minute. Die Schlagreihenfolge war die, welche Horrmann beschrieben hat. Anzuführen ist, dass Kontraktionen des Bulbus arteriosus eigentlich nicht existiren, wenigstens in dem Sinne wie es bei anderen Herztheilen der Fall ist, da der Bulbus arteriosus keine Muskelelemente, wohl aber zahl- | reiche elastische Fasern besitzt. Das in den Bulbus arteriosus hinein- getriebene und denselben ausdehnende Blut wird schon in Folge der 1 MeEckeEr’s Archiv 1846. Bd. II. p. 4140 (aus: Phil. Transact. 1845). 2 1.cr | 3 Dr. RuDoLF SCHELSkKE, Über die Wirkung der Wärme auf das Herz (Verh. des m me send Vereins zu Heidelberg 1859). * »Lorsqu’on le divise (le ventricule) en deux parties egales, de maniere avoir la | partie auriculaire d’un cot& et la pointe de l’autre, ces deux pa rtiescontinuen&| de battrerythmiquement.« (Vıenan, |. c.) i Beitrag zur Kenntn. der Struktur u. der Funktion des Herzens der Knochenfische. 259 Elastieität seiner starken Wandung weiter getrieben. Jedenfalls hat die mechanische oder auch elektrische Reizung des Bulbus arteriosus nach seiner Abtrennung vom Ventrikel keinen Effekt. Während der Kontraktion wechselt nicht nur die Größe des Her- zens, sondern man bemerkt auch eine Bewegung des Ventrikels in seiner Längsachse. Reizt man das periphere Ende des durchschnittenen N. cardiacus, so erhält man Stillstand des Herzens in Diastole. Gleichen Erfolg hat die mechanische oder elektrische Reizung des Sinus venosus, besonders an der Grenze desselben mit dem Vorhof. Außerdem bemerkt man diasto- ‘ lischen Herzstillstand nach Durchschneidung oder nach dem Anlegen einer Ligatur auf den Bulbus arteriosus. Die Dissektion des Herzens ergab Folgendes. Ein Schnitt durch die Grenze des venösen Sinus mit dem Vorhof hat den Stillstand beider Herz- theile zur Folge; nach einiger Zeit fangen beide Theile wieder an zu schlagen. Führt mfan mit einer Schere einen Schnitt durch die Atrio- ventrieulargrenze, so erhält man Stillstand des Ventrikels, obgleich zu- ‚ weilen der Ventrikel hierauf eine starke Beschleunigung seiner Kontrak- ' tionen, welche bis auf 96 in der Minute anwachsen, zeigt; der Vorhof verbleibt in der Diastole und erst nach einiger Zeit fängt er wieder und zwar bis 30mal in der Minute an zu schlagen. Wird der Ventrikel nach seiner Trennung vom Vorhof auch vom Bulbus arteriosus getrennt, so erfolgt Stillstand, zerschneidet man ihn aber nun in zwei gleiche Stücke, so fangen beide Hälften an zu pulsiren (die untere Hälfte 30, die obere 12—18mal in I Minute), wenn auch die Kontraktionen von kurzer Dauer ‚sind. Die abgeschnittene Ventrikelspitze (kleiner als 1/,) führt keine rhyth- ‚mischen Kontraktionen aus, man möge sie noch so lange beobachten. | Um ferner die Wirkungen von Atropin und Muscarin auf das Hecht- ‚ herz zu untersuchen, verfuhren wir folgendermaßen. Auf das freigelegte Hechtherz wurden einige Tropfen einer Lösung ‚von Atropinum sulfuricum gebracht und die Herzkontraktionen vor und nach dieser Operation mittels eines Chronometers gezählt. So weit ‚solche Versuche es zulassen, kann man konstatiren, dass Atropin auf das ‚Hechtherz eben so wie auf das Frosch- und Säugethierherz wirkt. Zum ‚besseren Verständnis wollen wir hier gleich einen von diesen Versuchen ‚anführen. | Die Zahl der Kontraktionen des freigelegten Herzens betrug 54 in ‚I Minute. Hierauf wurden einige Tropfen einer Lösung von schwefel- ‚saurem Atropin (0,004 in A ccm Wasser) auf das Herz gebracht. Nach 5 Minuten pulsirte das Herz 66mal in 1 Minute und diese Beschleuni- ‚gung blieb ohne Veränderung. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XXXVII. Ba. 18 260 Kasem-Beck und J. Dogiel, Als wir hierauf den N. cardiacus in eine Ligatur nahmen, so dass sein peripheres Ende bequem mittels des inducirten Stromes zu reizen war, sahen wir weder während der Anlegung der Ligatur noch auf Rei- zung mittels Elektricität Stillstand oder Verlangsamung der Herzschläge eintreten; im Gegentheil, die Reizung des peripheren Endes vomN. car- diacus, des Sinus venosus, der Gegend zwischen dem venösen Sinus und dem Vorhof, oder endlich der Atrioventriculargrenze hatte immer eine Beschleunigung der Herzkontraktionen zur Folge. Folglich lähmt das Atropin den Hemmungsapparat des Hechtherzens eben so, wie es von diesem Alkaloid schon in Bezug auf das Frosch- und Säugethierherz bekannt ist. Auch das Muscarin äußert auf das Fischherz analoge Wirkungen wie auf das Frosch- und Säugethierherz, wie man es aus folgendem Ver- such entnehmen kann. Nachdem man das Herz eines lebendes Hechtes freigelegt hatte, brachte man auf dasselbe eine Lösung von schwefelsaurem Muscarin. Die Herzschläge wurden vor und nach der Vergiftung gezählt. Das Re- sultat führt folgende Tabelle vor. Ä Die Zahl der Herzschläge in 10". Wie viel Zeit seit der Muscarin- Vor der Muscarinvergiftung Nach der Muscarinvergiftung vergiftung verflossen 7 6 97307 nicht volle 5 5’ 4 6’ nicht volle 4 il 3 40’ 3 13’ nicht volle 3 Ah! 2 30 Hierauf brachte man eine wässrige Atropinlösung auf das Herz, we worauf eine Beschleunigung der Herzkontraktionen erfolgte, wie die fol-' gende Tabelle zeigt. | Die Zahl der Herzschläge in 10". ee Anmerkungen j 5 0” 7 AN 30), 8 2’ 30” 8 | 353.07 9 5’ ) 6’ aA Reizung des Sinus venosus mihfale| Elektricität (Spiralenabstand =' Gleich nach der Reizung mit 4 cm). Elektrieität 40 1' nach der Reizung 12 In [' i Beitrag zur Kenntn. der Struktur u. der Funktion des Herzens der Knochenfische 261 Darauf wurde das Herz ausgeschnitten. Die Zahl der Kontraktionen eines solchen Herzens betrug 36 in 4 Minute. Auf Reizung dieses Her- zens (an der Grenze des venösen Sinus mit dem Vorhof) erfolgte eine starke Beschleunigung der Herzkontraktionen, so dass 108 Schläge in 4 Minute gezählt werden konnten. Weiter ergab die Trennung des Vorhofs vom Ventrikel mittels eines Schnittes durch die Atrioventriculargrenze nicht Stillstand des letzteren, sondern eine Beschleunigung seiner Kontraktionen. Auf die Reizung des Ventrikels an der Stelle des entfernten Vorhofs mittels des inducirten Stromes antwortete er mit 138 Kontraktionen in 4 Minute. Auch nach Abtrennung des Bulbus arteriosus fuhr der Ventrikel fort zu schlagen ; endlich pulsirt auch die abgeschnittene Herz- spitze von der Größe eines mm, welche Erscheinung, wie wir gesehen, an dem unvergifteten Herzen fehlt. Wie beim Frosch finden sich also im Herzen der Knochenfische (Hecht) motorische Nervenzellen und Nerven. Die Regelmäßigkeit, Be- schleunigung oder Verlangsamung der Herzkontraktionen wird bei diesen Fischen eben so durch die Interferenz der Kräfte bedingt, wie es J. DociEL in seinem Artikel »Neue Untersuchungen über die Innervation des Herzens« aus einander gesetzt hat. Im Wesentlichen muss die Wirkung des Atropins und Muscarins auf das Herz der Knochenfische als analog ihrer Wirkung auf das Frosch- und Säugethierherz erklärt werden. Nachtrag. Erst nach Beendigung unserer Untersuchungen über die Structur und Funktion des Herzens der Knochenfische erhielten wir die Arbeit von W. VısnaL: »Recherches sur l’appareil ganglionaire du coeur des vertebres«1. Die Resultate von VignaL erschüttern jedoch nicht im geringsten unsere Ansicht über den Bau und die Nervenverzweigung und die Ver- theilung der Nervenzellen im Herzen der Knochenfische. Gleichfalls fin- den wir an den physiologischen Angaben nichts zu ändern. Übrigens gedenken wir die Resultate der Kontrolle von Vıenar’s Ar- beit bald speciell mitzutheilen. Kasan, April 1882. ! Travaux de l’annee 1881 publies sous la direction de L. RAnvIEr, professeur d’anatomie generale. Paris. p. 186. 18* 262 _Kasem-Beck und J. Dogiel, Beitrag zur Kenntn. der Struktur u. der Funktion etc. Erklärung der Abbildungen. Tafel XV und XVl. Fig. 1. Die oberflächliche Schicht des Hechtherzens vom eigentlichen Ventrikel abgetrennt. a, Bulbus arteriosus; db, Vorhof; c, der eigentliche Ventrikel; d, die oberflächliche Ventrikelschicht, abgetrennt und zurückgeschlagen. Fig. 2. Endothel, welches den Ventrikel, Vorhof und Bulbus arteriosus von: außen bedeckt. Fig. 3. Endothel, welches die innere Fläche der oberflächlichen Ventrikelschicht bedeckt. Fig. 4. Endothel der Oberfläche des eigentlichen Ventrikels. Fig. 5. Endothel aus dem eigentlichen Ventrikel. Fig. 6. Hechtherz mit injicirten Blutgefäßen. a, Vorhof; b, Bulbus arteriosus; c, Ventrikel; d, Arteria coronaria und ihre Zweige. Fig. 7. Seitenansicht des Herzventrikels mit seinen Gefäßen. a, Bulbus arterio- sus; d, ein Theil des zerschnittenen Vorhofs; c, Ventrikel. Fig. 8. Querschnitt eines Theiles vom Ventrikel und Vorhof. A, Vorhof; B, Ven- trikel; C, Atrioventricularklappe;; 7, 1, Endothel, welches die Oberfläche des Vor- hofs und des Ventrikels bedeckt; 2, 4, 5, Blutgefäße ; 5, Muskulatur des eigentlichen Ventrikels. Syst. 4, Ocular 3, HARTNAcK. Fig. 9. Querschnitt der oberflächlichen Ventrikelschicht mit injicirten Blutgefäßen.. a, oberflächliche, vascularisirte Ventrikelschicht; b, eigentlicher, gefäßloser Ven- trikel. Syst. 2, Ocular 3, HARTNACK. Fig. 40. Querschnitt der oberflächlichen, vascularisirten Ventrikelschicht. a, Bindegewebsschicht; 5, longitudinal verlaufende Muskelfaserbündel der oberfläch- lichen Schicht im Querschnitt; c, quer verlaufende Muskelfaserbündel der oberfläch- lichen Ventrikelschicht; d, Blutgefäße der oberflächlichen Ventrikelschicht des Hechtherzens. Syst. 5, Ocular 3, HARTNACK. Fig. 44. Lymphgefäße an der Grenze des Bulbus arteriosus mit dem Ventrikel des Hechtherzens. Syst. 4, Ocular 3, HARTNAcK. Fig. 12. Lymphgefäße der oberflächlichen Ventrikelschicht des Herzens. a, a, Blutgefäße; b, db, Lymphgefäße. Lupenvergrößerung. Fig. 43. Venen, welche zur Bildung des Sinus venosus zusammentreten ; Ver- lauf des N. cardiacus; das Herz, n, n, N. cardiacus; db, Vorhof; a, Ventrikel; c, Bul- bus arteriosus; d, Kardinalvenen;, e, Leber. Fast normale Größe. Fig. 44. A. Ein Theil der Arteria coronaria auf dem Bulbus arteriosus. a, a, Lymphgefäße, welche die Art. coronaria begleiten. 4, 4, Nerven, welche auf dem Bulbus arteriosus, in der Nachbarschaft der Art. coronaria verlaufen und schließlich auf den Ventrikel übergehen. Syst. 2, Ocular 3, HARTNAcK. Fig. 45. Ein Theil des venösen Sinus und des Vorhofs. A, Muskelbündel des Sinus venosus, B, Theil vom Vorhof; a, b und c, Nerven und Nervenzellen. Fig. 16. Der Grenzbezirk zwischen dem Sinus venosus und dem Vorhof. a,qa,qa, Kreis von Nerven und Nervenzellen; A, ein Theil vom Sinus venosus; B, B, die zweizipfelige Klappe. Fig. 17. A, Vorhofsmuskulatur ; B, die eine Hälfte der an der Grenze des Vor- hofs mit dem Sinus venosus befindlichen Klappe ; a, ein Nerv mit Nervenzellen; b, | ein am Rande des Klappenzipfels verlaufender Nerv. | | | | | | | | 1 | | | | 1 | Beiträge zur Kenntnis der Gestoden. » Aus dem Zoologischen Institut der Universität Heidelberg «.) Von Dr. Zoltän von Rohoz aus Ungarn. Mit Tafel XVII und XVIIL. Die vorliegenden Untersuchungen an Solenophorus megalocephalus (Crepl.) sind im Zoologischen Institut der Universität zu Heidelberg aus- ‚ geführt worden. Wenn sich aus denselben vielleicht einige Daten zur ' Kenntnis der CGestoden ergaben, so ist dies der richtigen Anwendung der in neuerer Zeit so vorgeschrittenen technischen Methoden zuzu- schreiben. Bevor ich jedoch die Ergebnisse meiner Untersuchungen der Öffent- lichkeit übergebe, sei es mir gestattet, Herrn Professor Dr. Otto Bütscnui, ' dem Leiter des oben erwähnten Institutes, auch an dieser Stelle meinen ‚ innigsten Dank auszusprechen für seine werthvollen Rathschläge und die ‚ viele Mühe, welche er mir im Laufe meiner Untersuchungen zuwandte. Die Cuticula und die subeuticularen Zellenlager. Bei Solenophorus megalocephalus ist die ganze Oberfläche des Kör- ‚ pers mit einer durchsichtigen, homogenen, strukturlosen Membran um- geben, welche eben so die zwei stark entwickelten Saugnäpfe, wie den ‚ Porus genitalis auskleidet. Die bei den Cestoden ziemlich verbreiteten hakenartigen Gebilde ‚am Scolex kommen hier nirgends vor; jedoch finden sich — auf der ‚ganzen Oberfläche des Körpers zerstreut und am beständigsten im ı Porus genitalis — einzelne Cuticularpapillen. Die Dicke dieser Grenzmembran ist an verschiedenen Stellen sehr ‚ verschieden ; während sie im Inneren der Saugnäpfe 0,005 mm beträgt, ‚erreicht sie auf den einzelnen Proglottiden hier und da 0,01@mm. Nur wenn diese Cuticula — oder besser diese Grenzmembran des binde- 264 Zoltan von Roboz, gewebigen Körpers — unverletzt erhalten ist — was aber gewöhnlich nur auf kürzeren Strecken der Fall ist — nur dann können wir über deren wahre Natur ins Reine kommen. Sie erscheint aufQuer- wie Längsschnitten (wenn diese hinreichend dünn sind), !bei Anwendung stärkerer Vergrößerung, als eine ziemlich stark Licht brechende, homogene Membran, welche aller elementaren Zusammensetzungen entbehrt und eine sehr wenig scharfe Grenze gegen das darunter liegende Bindegewebe besitzt. Das einzige Struktur- verhältnis, welches man an dieser Membran beobachten kann, ist eine zur Oberfläche des Körpers senkrecht verlaufende, die ganze Membran durchsetzende, außerordentlich feine Strichelung, welche den Poren- kanälchen entspricht; das Vorhandensein solcher bei den Cestoden ist zuerst von SomMErR und LanpoIs! nachgewiesen worden. Eben so deut- lich können wir uns von der Anwesenheit dieser Poren auf dünnen Flächenschnitten überzeugen, indem wir sie mit 45procentigem Kali cau- sticum behandeln ; die Poren erscheinen dann als außerordentlich feine, helle oder dunkle Punkte, entsprechend der verschiedenen Einstellung. Dort, wo die Quticula bedeutendere Dicke erreicht, ist sie eigen- thümlich umgewandelt; sie enthält dann immer feine Körner, einzelne Spalten und kreisförmige Lückenräume (Fig. 1), jedoch begegnen wir niemals solchen Schnitten, von welchen wir mit Monızz?2 behaupten könnten: »... la cuticule presente en m&me temps des cellules fusi- formes entieres et des fibres , des corpuscules calcaires en un mot, tous les elements des couches sous-jacentese. — Bei dieser eigenthüm- lichen Umbildung der Cuticula kann man sich davon überzeugen, dass siedurch eine mehr oder weniger deutliche Spalte von der darunter liegenden neu gebildeten stark Licht bre- chenden Guticula abgesetztist, wesshalb wir auch darin mit R. LeuckaArt 3 eine Häutung sehen. Die Angaben von Sommer und Lanpoıs , welche später von mehre- ren Forschern, unter Anderen von SCHIEFFERDECKER ® und STEUDENER ® in verschiedener Weise getheilt oder bestätigt wurden — dass nämlich die Porenkanälchen zum Durchtritt der Ausläufer der subcuticularen Zellen ! »Über den Bau der geschlechtsreifen Glieder von Bothriocephalus latus.« in: Diese Zeitschr. Bd. XXI. p. 42. ' 2 »Me&moires sur les Cestodes.« in: Travaux de l'institut zoologique de Lille. Paris 1881. p- 130. 3 »Die Parasiten des Menschen.« Leipzig 1884. Bd. I. p. 362. 4.]. cp. 428 5 „Beiträge zur Kenntnis des feineren Baues der Taenien.« in: Jenaische Zeit- schrift für Naturwissenschaft. Bd. VII. p. 471—476. 6 „Untersuchungen über den feineren Bau der Cestoden.« in: Abhandlungen der j | naturforschenden Gesellschaft zu Halle. Bd. XIII. p. 283. Beiträge zur Kenntnis der Cestoden. 265 dienen — konnte ich trotz der dünnsten und in verschiedenster Weise behandelten Schnitte nie bestätigt finden. Ich konnte die protoplasmati- schen Fortsätze der subcutieularen Zellen nie durch die Porenkanälchen verfolgen und sie niemals über der Cuticula als freie Cilien heraus- stehen sehen. Wenn wir von einem Glied dünne Flächenschnitte machen, so er- blicken wir dicht unter der Cuticula, eine einfache Lage bildende, in querer Richtung verlaufende Fasern , welche außerordentlich fein sind ; ihr Durchmesser beträgt 0,002 mm ; sie verlaufen dicht neben einander (Fig. 2 bf), mehr oder weniger wellenförmig und sind durch eine Kitt- substanz vereinigt. Die einzelnen Fasern nehmen keine Farbstoffe auf und machen danach (auch ihres optischen Verhaltens wegen) eher den Eindruck von Bindegewebsfibrillen als von Muskelfasern, wofür sie neuerdings R. LeuckArr! erklärt und mit den darunter liegenden Längs- muskeln als den Hautmuskelschlauch der Cestoden betrachtet. Unter diesen quer verlaufenden Bindegewebsfibrillen finden wir die zuerst von StiepA ? bei Bothriocephalus latus aufgefundenen glatten Muskelfasern, welche eben so nur eine einfache Lage bilden, aber nach der Längsrichtung verlaufen (Fig. 2 !). Sie ziehen in geringen Ent- fernungen neben einander hinab, entweder von einfach spindelförmiger Gestalt, oder indem sie sich — bloß an einem oder auch an beiden En- den gabelförmig in zwei Äste theilen; während ihre Länge, den verschie- denen Zusammenziehungen entsprechend, sehr verschieden ist, bleibt ihre Breite ziemlich konstant und beträgt ca. 0,004mm. Durch Ammon- Karmin werden sie schön roth gefäbt, so dass sie auf dünnen Flächen- schnitten leicht von den darüber liegenden Bindegewebsfibrillen (mit welchen sie ein Gitter zu bilden scheinen), nicht nur der Gestalt nach, sondern auch wegen der Unempfindlichkeit der letzteren gegen Farb- stoffe leicht zu unterscheiden sind. Trotz vieler Mühe konnte ich mich von dem Vorhandensein eines Kernes in diesen glatten Muskelzellen nicht überzeugen. Im Laufe meiner Untersuchungen konnte ich mich davon überzeugen, dass die wahre Natur der sogenann- ten subeuticularen Zellen, in Bezug aufihr Verhalten zu dem darunter liegenden, den ganzen Körper ausfüllen- } | | ) | | | den Bindegewebe, von keinem Forscher richtig erkannt ' war. Während nämlich R. LeuckıArr 3 in der ersten Auflage seines vor- are. p. 368. 2 »Ein Beitrag zur Anatomie des Bothriocephalus latus.« in: MürLer’s Archiv für Anatomie und Physiologie. 41864. p. 480. 3 »Die menschlichen Parasiten.« 1869. Bd.1. 266 Zoltan von Roboz, trefllichen Werkes, die unter der Cuticula liegende Schicht »körnerreiche Parenchymschicht« nennt und sie als das Epithel der Cuticula betrach- tet, erkennt unter Anderen Schirrrervecrer ! in derselben wirkliche Epithelzellen. Und da wir gewöhnt sind, die Oberfläche der Thiere mit Epithel versehen zu betrachten, so ist nichts natürlicher, als dass diese Angaben allgemein anerkannt wurden; und nur zwei Forscher betrach- teten die Cestoden als epithellos, der eine war A. ScunEiper?, der andere RınDFLEISCH ®. A. ScHnEiDer hat seine Ansicht auf zwei Gründe gestützt, einerseits darauf, dass die Embryonen einzelner Cestoden das wimpernde Ekto- derm abwerfen, andererseits darauf, dass dicht unter der Cuticula die auch oben erwähnten Fasern verlaufen, welche es nicht zulassen, diese als ein Epithelial-Derivat zu betrachten. Anders lauten jedoch die Angaben von Rinprteisch : »Unter Sub- cuticularschicht verstehe ich den Theil der Rinde, welche außen von der Cuticula, innen von dem bindegewebigen, die Kalkkörperchen enthalten- den Parenchym begrenzt wird«.... »Welches ist nun die feinere Struk- tur und welches sind die Strukturelemente der Subeuticularschicht? Ich sehe sie, mit Ausnahme einer schmalen peripherischen Zone in ihrer ganzen Dicke radiär gestreift, und diese Streifung rührt davon her, dass sie eine große Anzahl schmaler spindelförmiger Körper enthält.... Kann man sich überzeugen, dass die Spindeln kernhaltige Zellen sind, was sie unter einander verbindet, ist eine fein granulirte Grundsubstanz, die nach innen unmittelbar in die geschwungenen Fibrillen des paren- chymatösen Bindegewebes übergeht. Die Hauptmasse der Subcuticular- schicht ist also bindegewebiger nicht epithelialer Natur, und auch der erwähnte schmale peripherische Saum ist lediglich aus Bündeln feinster Bindegewebsfibrillen zusammengesetzt.« Neuerdings erkennt R. LzuckArr * die Richtigkeit der oben eitirten Worte RınprreiscH's an und damit auch die bindegewebige Natur der subcuticularen Zellenlage. Auf gut gefärbten und dünnen Schnitten überzeugt man sich davon, dassdie, unter der GCuticulaliegenden, die sogenannten subcuticularen Zellenlager bildenden einzelnen Zellen, eben somit einander wie mit der Guti- cula durch eine ziemlich stark entwickelte, fein granu- lirte, auf den ersten Blick vollständig homogen schei- l. c. p. 47. » Untersuchungen über Plathelminthen.« Gießen 1873. p. 69. » Zur Histologie der Gestoden.« in: Archiv für mikrosk. Anat. Bd. I. p. 20. l. c. Neue Auflage. Bd. I. p. 366. » ® DD er Beiträge zur Kenntnis der Cestoden. 267 nendeIntercellularsubstanz verbundensind, in welcher nach gründlichem Studium auch feine Bindegewebs- fibrillen zu unterscheiden sind. Die einzelnen Zellenhaben an verschiedenen Stellen verschiedene Gestalt; während sie in älteren Gliedern langgestreckt sind, mit einem dünnen feinkörnigen Protoplasma und einem mehr oder weniger kreisförmi- gen Kern von 0,004 mm Durchmesser, in welchem auch ein Kernkörperchen zu unterscheidenist,—habensieim Scolex und in jüngeren Gliedern die verschiedenste Ge- stalt. Hier finden wir nämlich theilsspindelförmige Zel- len, welche eben so nach der Guticula wie nach demIn- neren des Körperseinenkürzeren oderlängeren Fortsatz senden — theils solche, die am äußeren Theil mehr aus- gebreitet sind und sich nach der Guticulain zwei — nach demInneren desKörpers in einem Ausläufer fortsetzen; wir finden Zellen, welche nach außen in einen langen Ausläufer enden, nach innen besser ausgebreitetundin zwei Fortsätze getheilt sind; neben diesen solche, die eben sonach der GCuticula, wienach denanliegendenZel- len je einen Ausläufer senden und bei welchen sich das ' Protoplasma in zwei feine nach dem Inneren des Körpers gerichtete Fortsätze theilt; u. s. w. u.S. w..... Mit einem "Wort, dieeinzelnen Zellen der subcuticularen Zellenlage nehmen die verschiedensten und bizarrsten Gestalten ‚an (Fig. 3). Untersuchen wir diese Zellen mit stärkerer Vergröße- ‚rung, dann überzeugen wir uns noch besser von deren ‚wahrer Natur. Die einzelnen Zellen haben einen kreis- ‚förmigen, mit Alaun- und Boraxkarmin sich schön roth ‚färbenden Kern von 0,004 mm Durchmesser, in welchem in ‚der Mitte oder etwas nach der Seite gerückt, auch ein Kernkörperchen zu unterscheiden ist; das Protoplasma, welches den Kern umgiebt, hatein feinkörniges Aussehen ‚undistseineAbgrenzung von derzwischen deneinzelnen ‚Zellen liegenden Intercellularsubstanz nur bei gründ- ‚licher Beobachtung wahrzunehmen; nehmen wir dieein- ‚zelnen Zellenausläufer in Betracht, so sehen wir, dass ‚die nach der Cuticula gerichteten, welche nicht selten imitjenen derbenachbarten Zellen zusammenschmelzen, B ‚sich bis zuden, unter der Cuticula liegenden, quer ver- 268 Zoltan von Roboz, laufenden Bindegewebsfibrillen fortsetzen undan diese gleichsam anklammern; durch die gegen einander ge- richteten Ausläufer stehen die Subecuticularzellen unter sich in Verbindung, während sie durch dienach dem In- neren des Körpers gerichteten — theils mit den unmittel- bar darunter liegenden Bindegewebszellen, beziehungs- weise mit deren Ausläufern — theils mit den, wegen ihres starken Lichtbrechungsvermögens von dem Aus- läufer der Bindegewebszellen zuunterscheidbareBinde- gewebsfibrillen, im Zusammenhangstehen. In den älteren, geschlechtsreifen Gliedern sind die Subeuticular- zellen, wie oben erwähnt, ziemlich umgewandelt und es ist deren Untersuchung durch das Vorhandensein der die ganze Rindenschicht ausfüllenden Dotterkammern erheblich erschwert, jedoch ist auch hier, wenn auch nicht so deutlich wie im Scolex und in jüngeren Gliedern, die Bindegewebsnatur der subeuticularen Zellen unverkennbar ausgeprägt. Auf Grund der hier aufgezählten Thatsachen kann also bei den entwickelten Gestoden keine Rede sein von einem Epithel, und eben so wenig von einer eigentlichen Cuticula, sondern wohl von der Grenz- membran des den ganzen Körper ausfüllenden Bindegewebes. Grundsubstanz (Parenchym). Die Zertheilung des Gestodenkörpers in Rindenschicht einerseits und in Mittelschicht andererseits hat zwar praktische, jedoch keine morpho- logische Bedeutung, denn beide haben genau dieselbe histologische Struk- tur, der eine bildet eine Fortsetzung der anderen, und sie gehen ohne Unterbrechung in einander über, wenn wir nicht in einzelnen von der Behandlung herrührenden Spalten eine Leibeshöhle sehen wollen; diesen Fehler scheint PAGEnsSTECHER ! begangen zu haben. Von einem Goelom ist hier keine Spur, sondern es ist der ganze Körper von der Grundsub- Stanz ausgefüllt, welche den in ihr eingebetteten Organen zur Stütze dient. Während diese Grundsubstanz nach StıepA? nur aus einfachem Bindegewebe mit dicht neben einander liegenden Zellen besteht, nennt | sie R. Leuckart 3 ein einfaches hyalines Bindegewebe; nach Sommer und Lanpois ? jedoch besteht sie aus einer beträchtlichen Anzahl großer Zellen mit kreisförmigen oder ovalen Kernen und aus der in geringerer Menge | vorhandenen Intercellularsubstanz, welche eine Ausscheidung dieser Zellen zu sein scheint. 1 »Zur Naturgeschichte der Cestoden Arhynchotaenia critica.« in: Diese Zeitschr. Bd. XXX. p. 177. 2 1. c. p. 480. 3 1. c. Bd. I. p. 354. * 1..0.:p.)44. | Beiträge zur Kenntnis der Cestoden. 369 Als Ergebnis meiner Untersuchungen über dieses Gebilde kann ich mittheilen, dass die Grundsubstanz zu dem fibrillären Bindegewebe ge- hört und theils von den in ziemlicher Anzahl vorhandenen Bindegewebs- zellen, theils von der fein granulirten, auf den ersten Blick vollkommen homogen scheinenden Intercellularsubstanz gebildet wird ; diese Inter- cellularsubstanz ist eben so in älteren wie in jüngeren Gliedern vorhan- den, was wir besonders desswegen erwähnen, weil nach Monızz’s! Worten in den älteren Gliedern: »il n’y a pas trace de substance inter- cellulaire «. Was in erster Linie die Bindegewebszellen selbst betrifft, so haben diese entweder einen ovalen 0,005 mm langen und 0,003 mm breiten Kern, oder einen kreisförmigen von 0,004 mm Durchmesser, der mit Alaun- und besonders mit Boraxkarmin schön roth gefärbt wird, in diesem Kern ist ein Kernkörperchen zu unterscheiden, nur selten finden wir solche mit mehreren. Diese Kerne sind mit fein granulirtem Proto- plasma umgeben, welches einer Membran entbehrt, so dass seine Ab- grenzung von der Intercellularsubstanz nur sehr schwer wahrzunehmen ist. Dieses Protoplasma setzt sich entweder in zwei lange Ausläufer fort und dann haben wir eine mehr oder weniger spindelförmige Zelle vor uns, oder es geht in drei, vier bis fünf Fortsätze über, welche sich hier und da auch sekundär verzweigen, und dann hat die Zelle eine stern- förmige Gestalt. Die Bindegewebszellen stehen durch diese ihre Aus- läufer theils unter einander, theils mit den Bindegewebsfibrillen in Zu- sammenhang (Fig. #). Die Bindegewebsfibrillen selbst besitzen ein starkes Lichtbrechungs- vermögen, bleiben von jedem Farbstoffe unberührt, verlaufen theils mehr oder weniger gerade, theils schlangenförmig und bilden mit einander ‚ und mit den Ausläufern der Bindegewebszellen das schönste Netz. Bei Gelegenheit der Besprechung der Grundsubstanz wäre es hier ‚ an der Stelle, jene eigenthümlichen Gebilde der Cestoden, welche unter dem Namen der Kalkkörperchen bekannt sind, mit einigen Worten zu besprechen. Bei Solenophorus megalocephalus sind diese Kalkkörperchen eben ‚so in der Rinden- wie in der Mittelschicht vorhanden, während jedoch ‚ihre Anzahl in der letzteren nur eine geringe ist, nimmt sie in der ‚ Rindenschicht um ein Beträchtliches zu. Ihre Gestalt ist sehr verschieden ; wir finden in ein und demselben ‚ Schnitte kreisförmige mit einem Dan von 0,044 mm, ovale mit ‚ Längsdurchmessern von 0,013 mm und 0,009 mm Breite, wir finden | " biskuitföormige, welche also an beiden Enden mehr ausgebreitet sind als | Tl. e.p. 129. | 270 Zoltan von Roboz, in der Mitte u. s. w. Bei allen bemerken wir eine koncentrische Schichtung. Viele Forscher betrachten die Kalkkörperchen als Ausscheidungs- produkte des Wassergefäßsystems, und glauben jene mit den feineren Ästen der Wassergefäße in Zusammenhang zu sehen. Diese Ansicht stammt von CLaPArkpe !, welcher sie in Bezug auf die Kalkkörperchen der Trematoden mittheilte; er sieht die Kalkkörperchen in einer beutelförmigen Ausbuchtung des Wassergefäßsystems einge- lagert. Trotz der großen Mühe und der feinsten Schnitte konnte ich einen Zusammenhang zwischen ihnen und den feineren Ästen des Wassergefäßsystems nirgends wahrnehmen und es bezeugt die Unwahr- scheinlichkeit der oben erwähnten Ansicht auch die Thatsache, dass die Kalkkörperchen, wenn auch nicht in so großer Anzahl wie in der Rin- denschicht — doch in der Mittelschicht vorkommen, obwohl dort keine Spur eines Wassergefäßsystems vorhanden ist. Muskulatur. Entsprechend dem allgemeinen Plan, welcher in der Muskulatur der CGestoden ausgeprägt ist, verlaufen die Muskeln bei Solenophorus megalocephalus nach drei verschiedenen Richtungen: wir unterscheiden daher Längs-, Ring- und dorsoventrale Muskeln. Unter diesen sind die Ringmuskeln am wenigsten entwickelt, so dass sie in älteren geschlechtsreifen Gliedern kaum bemerkbar werden. Sie verlaufen von einem Rande der Proglottis zum anderen ohne mit einander zu anastomosiren oder um die den größten Theil der Ge- schlechtsorgane enthaltende Mittelschicht einen geschlossenen Kreis zu bilden. Die einzelnen Muskelfasern haben einen Durchmesser von 0,002 mm, verlaufen geschlängelt und an beiden Enden zugespitzt, nicht nur innerhalb der Längsmuskeln, sondern auch zwischen densel- ben in der Rindenschicht in ziemlichen Entfernungen neben einander, und nehmen Farbstoffe in beträchtlichem Maße auf. Eine stärkere Ausbildung als diese zeigen die Dorsoventral-Muskeln, welche sich besonders zwischen dem Längskanal der Wassergefäße und dem Proglottisrand in großer Menge vorfinden; bezüglich ihrer Gestalt, ihrer Dimensionen und ihres Verhaltens gegen Farbstoffe, zeigen sie | | vollständige Übereinstimmung mit den Ringmuskelfasern; in ihrem Verlaufe klammern sie sich — zwischen den Matrixzellen fortgehend — mit ihren zugespitzten Enden an die unmittelbar unter der Cuticula lie- | genden Bindegewebsfibrillen an. ! »Über die Kalkkörperchen der Trematoden und die Gattung der Feira cos « in: Diese Zeitschr. Bd. IX. p. 99. Beiträge zur Kenntnis der Oestoden. 271 Die stärkste Entwickelung zeigen die Längsmuskelfasern ; sie füllen in jüngeren Gliedern beinahe die ganze Rindenschicht aus, während sie in älteren Gliedern verhältnismäßig stark — durch die Geschlechts- organe — zurückgedrängt werden. Wir finden immer mehrere glatte Muskelfasern durch eine feine Kittsubstanz zu einem Bündel verbunden. Bei eingehenderen Untersuchungen wird es nothwendig, auch Isolations- präparate zu Hilfe zu nehmen, zu deren Herstellung am besten entweder eine 3öprocentige Lösung von Kali causticum oder 25procentige Salpeter- säure geeignetist. Die Länge der so isolirten Muskelfasern variirt zwischen 0,835 und 0,890 mm, und während sie in der Mitte ausgebreitet sind (0,008—0,0414 mm), spitzen sie sich an beiden Enden zu. Nach einem Kerne suchte ich vergebens; das Einzige was an diesen Muskelfasern zu beobachten war, ist eine in der Längsrichtung verlaufende fibrilläre Streifung (Fig. 5). Erwähnenswerth scheint mir noch der interessante Umstand, dass ich mit Hilfe der oben erwähnten Isolationsmethode einzelne Muskel- fasern erhielt, in deren ausgebreiteter Mitte zwei außerordentlich feine Fibrillen endigen, welche vorher außerhalb der Muskelfaser zu einer ganglienartigen Ausbuchtung sich vereinigen und dann nach der anderen Seite in eine feine Faser übergehen (Fig. 5 bu.c). Es erinnert dies an eine Nervenendigung an den glatten Muskelfasern, analog den Beobach- tungen vom FRANKENHÄUSER!, Löwiır?2 und GschHEiDLen® bei anderen , Objekten; trotzdem kann ich es nicht mit Bestimmtheit als Nerven- endigung betrachten, da bekanntermaßen bei den Cestoden die Deter- ‚ mination der Nervenfasern mit den größten Schwierigkeiten verbun- ‚ den ist. Wassergefäßsystem. Über diesen Exkretionsapparat der Cestoden, — in welchem ‚ PLattner* nach seinen folgenden Worten zu schließen: »Bekanntlich ‚geschieht bei den meisten Arten der Gattungen Taenia und Bothrioce- ‚phalus die Vertheilung der Nahrungsflüssigkeit durch gefäßartige Längs- 'kanäle, die zu beiden Seiten des Körpers herablaufen und sich bei einigen ! »Die Nerven der Gebärmutter.« 1867. 2 »Die Nerven der glatten Muskulatur.« in: Sitzungsberichte der math.-natur- | wissenschaftlichen Klasse der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften. 1875. \Bd. an p. 355. 3 »Beiträge zur Lehre von der Nervenendigung in den glatten Muskelfasern.« im: an für mikroskopische Anatomie. Bd. XIV. p. 331—332. | * »Beobachtung am Darmkanal der Taenia solium.« in: MüLLer’s Archiv für Ana- Pe und Physiologie. 1838. p. 572. | 272 Zoltan von Roboz, durch dem Anfange der einzelnen Glieder entsprechende Querkanäle mit einander in Verbindung setzen« — den Verdauungskanal der CGestoden sieht, welche Ansicht neuerdings Brumserg ! wieder zur Geltung bringen wollte auf Grund der falschen Beobachtungen, dass die feineren Äste der Wassergefäße, in welchen er auch Chyluskörperchen zu sehen glaubte, mit den Poren der die Saugnäpfe auskleidenden Cuticula in Zusammen- hang stehen — herrschen trotz der Übereinstimmung in vieler Hinsicht die verschiedensten Ansichten, sowohl in Bezug auf die Anzahl der in den einzelnen Proglottiden herablaufenden Längskanäle, wie hinsichtlich ihres gegenseitigen Verhaltens in den einzelnen Gliedern und im Scolex. Nach G. WAGENER 2, v. SIEBOLD®, van BENEDEN ? sind in den Proglotti- den vier Längskanäle vorhanden, welche nach den Angaben des letzteren Forschers im Scolex mit einem Netz ihren Anfang nehmen, und bei einigen Arten in den einzelnen Gliedern mit einander anastomosiren; StIEDA 5 beschreibt bei Bothriocephalus latus nur zwei Längskanäle, zwi- schen welchen in den einzelnen Gliedern jede Verbindung fehlt; Srru- DENER® hingegen beobachtete ebenfalls bei Bothriocephaliden acht breitere | und acht schmalere Kanäle, welche mit einander, unabhängig von den einzelnen Gliedern, in Verbindung stehen. Während nach den Angaben dieses Forschers bei den größeren Taenien jedem Saugnapfe entsprechend je zwei Kanäle ihren Anfang nehmen, welche sich jedoch bald ver- einigen, so dass in die Strobila nur vier Längskanäle eintreten, beginnt nach R. LevekArt? das Wassergefäßsystem den vier Saugnäpfen ent- sprechend nur mit vier Ästen, welche unter dem Rostellum mit ein- | ander durch einen Ringkanal in Verbindung treten; von diesem Ring- kanal nehmen vier Längsgefäße ihren Anfang, welche in den jüngeren Gliedern durch ein Ringgefäß, in den älteren Gliedern, wo zwei Längs- kanäle gewöhnlich rückgebildet sind, bloß durch einen Querkanal in Zu- | | sammenhang stehen. Über das Wassergefäßsystem von Solenophorus megalocephalus er- | 1 »Ein Beitrag zur Anatomie der Taenia plicata.« in: Archiv für wissenschaft- | liche und praktische Thierheilkunde. 4877. p. 39—40. | 2 »„Enthelminthica.« 1848. p. 24. »Die Entwicklung der Cestoden.« Breslau’ 1854. p. 44. »Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Eingeweidewürmer.« Ver- handlung von d. holl. Matsch. d. Wet. Harlem 1857. 43. Versamml. p. 7. 3 »Über den Generationswechsel der Cestoden.« in: Diese Zeitschr. Bd. I. p. 206—207. | * »Recherches sur les vers Cestodes du littoral de Belgique.« in: Mem. de ’Acad. roy. de Belgique. XXV. p. 37. 3 1. c.p. 184. 6 1. e. p. 287— 292. 7 1. c. Bd. I. p. 379—386.) I Beiträge zur Kenntnis der Cestoden. 273 schien kürzlich eine Abhandlung des französischen Forschers Poirter !, nach welchem sechs Längsgefäße vorhanden und nur die zwei inneren durch einen Querast in Verbindung sind. Der Irrthum Porkter’s bezüg- lich der Anzahl der Längsgefäße wurde von Monızz ? berichtigt, und wir haben uns auch selbst überzeugt, dass bei der in Frage stehenden Art zu beiden Seiten zwei also im Ganzen nur vier Längsgefäße vorhanden sind. Und es ist der Irrthum Poirıer’s sehr einfach, wenn auch nicht verständlich; er sagt nämlich: »Le vaisseau externe, arrive dans le scolex, s’enfonce plus profondement en passant sous les deux autres, monte le long de la fente, qui separe les deux bothridies jusque vers lextremite du scolex; la il se divise en deux branches qui vont se rami- fier dans chaque bothridie«, denn jene zwei äußeren Längsgefäße Porrıer’s sind nichts Anderes als das schön entwickelte Nervensystem. Es sind also bei Solenophorus auf jeder Seite zwei, zusammen vier Längsgefäße vorhanden, welche am Rande der Mittelschicht in geringen Entfernungen neben einander mehr oder weniger wellenförmig ver- laufen. Wie bei einer großen Anzahl der Cestoden das eine Längsgefäß der Rückbildung unterworfen ist, so finden wir dies auch hier und zwar immer bei dem äußeren. Während der Durchmesser des nach Innen gelegenen Längsgefäßes 0,1 mm beträgt, hat das nach außen gelegene an derselben Stelle einen Durchmesser von nur 0,044 mm, und während das Lumen des inneren in Gliedern, deren Uterus schon mit Eiern aus- gefüllt ist, fortwährend zunimmt, wird der Durchmesser des äußeren verhältnismäßig immer kleiner, und es verschwindet schließlich vor dem Auge des Beobachters, so dass man in den hinteren Gliedern der Stro- bila nur mehr zwei Längsgefäße findet. Am hinteren Ende jeder einzelnen Proglottis sind die beiden inneren Längsgefäße durch einen Querkanal verbunden, dessen Durchmesser zu jenem der inneren Längsgefäße in einem bestimmten Verhältnisse steht; ‚er beträgt 0,04 mm wo diese, — wie in den älteren Gliedern — einen größeren Durchmesser besitzen, weniger in den jüngeren Gliedern. Die zwei Längsgefäße treten in den Scolex (unter welchem sie einen ganz gleichen Durchmesser von 0,048 mm haben) — bezüglich in die Scheidewand ein, welche die zwei stark entwickelten Bothridien von ein- ander trennt und bilden dort ein reiches Gefäßnetz, ! »Sur l’appareil excreteur du Solenophorus megalocephalus.« in: Compt. rend. de l’Acad. Paris 4878. p. 4043—4045. ? »Sur quelques points d’organisation du Solenophorus megalocephalus.« in: Bulletin scientifique du Dep. du Nord. 2. Serie. p. 143—193. 274 Zoltan von Roboz, indem das äußere Gefäß bis zum untersten Drittel der Scheidewand emporsteigt und sich dortin zwei 0,035 mm breite Äste theilt, von welchen dereinein demrechten, der andere in dem linken Saugnapfe in die Mitte des Parenchym eintritt und dort mit den entsprechenden auf gleiche Weise von dem äußeren Gefäße der anderen Seite herrührenden Ästen in Verbindung tritt, so dass in beiden Saugnäpfen ein halbringförmiges Wasser- gefäß entsteht (Fig.6a), welches wieder sowohlnach unten wie nach oben eine Anzahl feine Gefäße sendet; das innere Längsgefäß steigt bis zum obersten Drittel der Scheidewand empor und theilt sich erst dort in zwei ebenfalls 0,035 mm breite Äste, von welchen der eine in dem rechten, der andere in dem linken Saugnapfe in die Mitte des Parenchym eintritt und ebenfalls mit den entsprechenden auf gleiche Weise von dem inneren Längsgefäße der anderen Seite herrührenden Ästen in Verbindung tritt, so dass auch hier in beiden Saug- näpfen ein halbringförmiges Wassergefäß entsteht (Fig. 6b), welches wieder sowohl nach oben wie nach unten eine große Anzahlfeine Gefäße sendet; diesenach unten gerichteten feinen Gefäße treten mit jenen des unteren Ringes in Zusammenhang und bilden so das den ganzen Scolex umspinnende reiche Gefäßnetz (Fig. 6). Wir können uns eben so auf Längs- wie auf Querschnitten von dem Vorhandensein feiner in größerer oder geringerer Ausdehnung am Rande der Rindenschicht sich ausbreitender Gefäße überzeugen, welche wahr- scheinlich zu einem oberflächlichen Wassergefäßsystem gehören, das zuerst von Knoch! und BorTcHer? bei Bothriocephalus latus gefunden und | neuerdings bei mehreren anderen Arten nachgewiesen wurde, jedoch der Zustand meiner Exemplare, welche längere Zeit in Alkohol konser- virt waren, gestattete mir nicht die eingehendere Untersuchung des- | selben. Aus demselben Grunde konnte ich mich von der Art und Weise der Endigung der feineren Wassergefäßäste nicht überzeugen, und muss daher verzichten auch bei dieser Arteinen Beweis für die von OÖ. BürscHLi® 1 »Die Naturgeschichte des breiten Bandwurmes.« 1862. 2 »Das oberflächliche Gefäßnetz von Bothriocephalus latus.« in: VIrcHoW'S Archiv. Bd. 47. 3 »Bemerkung über den exkretorischen Gefäßapparat der Trematoden.« in: Zoolog. Anzeiger. 4879. Nr. 4. {} | md I Dr TR nn Beiträge zur Kenntnis der Öestoden. 21» stammende und neuerdings von Fraıpont! und PInTner? weiter ausge- führten Angaben zu liefern. Was schließlich die feinere Struktur der Wassergefäße anbelangt, so sind sie aus einer dünnen, völlig homogenen strukturlosen Membran gebildet (ich brauche kaum zu erwähnen, dass die von Laczkö? her- rührende Angabe, dass das Wassergefäß von Tetrarhynchus diese Mem- bran entbehrt, nur eine Folge oberflächlicher und unrichtiger Beobach- tungen ist) ; sie bleibt von allen Farbstoffen unberührt und entbehrt ein eigentliches Epithel. Wir finden zwar darauf hier und da Zellen, in welchen Pınrner * Epithelzellen sieht, sie sind jedoch einfache Bindege- ‚ webszellen und stehen durch ihre Ausläufer theils mit anderen Binde- gewebszellen, theils mit einzelnen Bindegewebsfibrillen in Zusammen- hang. | Die einzige interessante Thatsache, welche wir von diesen Wassergefäßen mittheilen können, ist, dass die im Scolex und in der Strobila verlaufenden Längs- kanäleeben so wie die verbindenden Äste zwischen den beiden inneren Längskanälen eine selbständige Musku- latur besitzen, welcher Umstand, wie es scheint, bis jetzt der Aufmerksamkeit aller Forscher entgangen ist. ‘ Verfertigen wir von einer Proglottis dünne Flächen- oder Längsschnitte, so können wir uns leicht die Über- zeugung verschaffen, dass auf der homogenen struktur- ‚losen Membran — welche die Gefäßwand bildet — Fa- ‚sern verlaufen, deren Richtung und wahre Natur bei ‚stärkerer Vergrößerung leicht zu ermitteln ist. Sie ‚bilden auf der äußeren Oberfläche der die Gefäßwand ‚bildenden Membran zwei Lagen und zwar eine innere ‚durch Ringfasern und eine äußere durch Längsfasern. Was die Ringfasern betrifft (Fig. 7 r), so verlaufen sie unmittelbar ‚auf der Membran in geringen Entfernungen neben einander, ohne mit ‚einander zu anastomosiren ; ihre Breite beträgt 0,002 mm und zwar in ‚der Mitte, wo sie mehr ausgebreitet sind als an beiden Enden, mittels ‚welcher sie an die Gefäßwand inseriren. Die Längsfasern (Fig. 7 I) bil- ! »Recherches sur l’appareil excreteur des Trematodes et des Cestodes.« in: ‚Extrait des Archives de Biologie publi6es par van BENnEDEN. Vol. I. 4880. p. 415 bis 456. | * »Untersuchungen über den Bau des Bandwurmkörpers.« in: Arbeiten aus dem ‚ zoologischen Institut der Universität Wien und der zoologischen Station in Triest. ‚Tom. III. 2. Heft. p. 163—249. | 3 »Beiträge zur Kenntnis der Histologie der Tetrarhynchen.« in: Zool. Anzeiger. ‚1880. p. 429. 4]. c.p. 4183. | Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XXXVII. Bd. 19 | 276 Zoltan von Roboz, den mit diesen ein Gitter, verlaufen in 0,004 mm betragenden Entfer- nungen neben einander, ihre Länge beträgt 0,056 mm, ihre Breite 0,003 mm und sie inseriren mit beiden zugespitzten Enden an die Ge- fäßwand. Sie gehören eben so wie die Ringfasern zu den glatten Mus- kelfasern. Beide, sowohl die Längs- wie die Ringfasern, haben eine längsverlaufende fibrilläre Streifung, beide entbehren einen Kern und werden durch Borax-Alaun-Karmin roth, durch Osmium braun gefärbt. | | | | Nervensystem. Die ersten Angaben über das Nervensystem der Gestoden stammen | von dem französischen Forscher BrancHAarn !; er sagt von Bothriocepha- lus: »Vers la moitie de la longueur de la tete, tres pres des bords late- 7 raux, il existe un centre nerveux de forme oblongue. En avant et en arriere, jai suivi dans une certaine longueur de nerf auquel il donne ” naissance.« Dass es jedoch wirklich das Nervensystem war, was BLAn- f CHARD gesehen hatte, darüber sind wir auch heute noch nicht im Reinen, da wir keine Abbildungen zur Aufklärung seiner Worte finden. Später " erwähnt WAGEneEr?, dass im Scolex von Tetrarhynchus ein mächtig ent- wickeltes Ganglion vorhanden sei, von welchem feinere Äste ausgehen, | und bildete es auch ab; die Angaben dieses Forschers wurden jedoch | auch bezweifelt, bis aus den schönen Untersuchungen von Lang? her- | vorging, dass Wagener wirklich das Nervensystem gesehen hatte. So blieb die Beobachtung von Brancharn und Wagener lange Zeit unbestätigt und die Ansicht allgemein angenommen, dass die eine para- sitische Lebensweise führenden Cestoden ein Nervensystem entbehren. | Die Erweiterung unserer Kenntnisse in dieser Hinsicht verdanken wir SCHIEFFERDECKER *, welcher die von Sommer und Lannoıs bei Bothrio- cephalus latus und bei Taenia mediocanellata aufgefundenen, als »plas- matische Längsgefäße« bezeichneten Gebilde, worin sie den Ernährungs-' apparat der Cestoden zu sehen glaubten — auf Grund histologischer! Beobachtungen als das Nervensystem derselben bezeichnete. Bald be- stätigten BLUMBERG®, STEUDENER ®, KAHAnE? und mehrere andere Forscher! ! »Sur l’organisation des vers.« in: Ann. des Sciences Natur. T. X, XI. 1849. | | p. 114. | 2 „Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Eingeweidewürmer.« Haarlem 1857. p. 94. 3 »Das Nervensystem der Cestoden im Allgemeinen und dasjenige der Tetra, rhynchen im Besonderen.« in: Mitiheilungen aus der zoolog. Station zu Neapel! Bd. II. Heft 3. p. 372—400. 4]. c. p. 473. SEl.=C.p. 28. 6.1. €.:p.:293. 7 »Anatomie von Taenia perfoliata.« in: Diese Zeitschr. Bd. XXXIV. p. 247. Beiträge zur Kenntnis der Cestoden, 377 die Angaben ScHIEFFERDECKER’S, SO dass die Sommer- und Lanpoıs’schen Gebilde allgemein als das Nervensystem der CGestoden angenommen wurden. Wie schon oben erwähnt, ist das dritte äußere Längswassergefäß von Porkıer nichts Anderes als das bei Solenophorus megalocephalus so schön entwickelte Nervensystem; es besteht auch hier aus einem cen- tralen und einem peripherischen Theil, das erstere in der Mitte des Sco- lex, das letztere in den zwei Saugnäpfen und in der Strobila. Die Erkennung des peripherischen Theils in den einzelnen Proglot- tiden ist auf Querschnitten ziemlich schwierig, obwohl ihn das geübte Auge auch hier auffindet; um so leichter überzeugen wir uns aber auf Längs- und Flächenschnitten — vorausgesetzt, dass wir alle von einem Glied herrührenden Schnitte sorgfältig aufbewahren — dass er aus zwei längsverlaufenden Strängen besteht, von welchen einer auf der einen, der andere auf der anderen Seite der Proglottis eingelagert ist; und während jeder Strang bei vielen Taenien wieder in drei Äste getheilt scheint, kann dies bei Solenophorus nirgends beobachtet werden. Sie verlaufen in der Mittelschicht, mehr oder weniger wellenförmig und zwar außerhalb des äußeren Längskanals des Wassergefäßsystems in geringer Enifernung von demselben. Verfertigen wir von dem Scolex eine Serie von feinen Längsschnit- ten, so finden wir in seinem mittleren, die zwei Saugnäpfe von einander trennenden Theile, innerhalb der Wassergefäße in das Parenchym ge- lagert und in 0,242 mm Entfernung vom vorderen Ende des Scolex — das Centrum des Nervensystems. Am vorderen Ende breiten sich die zwei 0,026 mm breiten, aus der Strobila in den Scolex eintretenden Ner- venstränge bis zu 0,060 mm aus, und scheinen zwei ganglienartige Aus- buchtungen zu bilden, welche durch eine 0,045mm breite Querkommissur verbunden sind. Was die histologische Struktur dieses Nervencentrums betrifft, so besteht es, ohne Unterschied der Kommissur oder der ganglien- artigen Ausbuchiung, theils aus außerordentlich feinen Nervenfasern, theils aus Ganglienzellen, welche letztere in so großer Anzahl vorhanden sind, dass sie jene in beträchtlichem Maße zurückdrängen. Die einzelnen Ganglienzellen haben einen Kern von 0,004 mm Durchmesser, in wel- chem auch ein Nucleolus zu unterscheiden ist. Der Kern ist von fein- körnigem Protoplasma umgeben, welches meistens in zwei Ausläufer übergeht, obwohl, wie es scheint, auch tripolare Nervenzellen vorkom- men; diese Ausläufer kann man oft in Zusammenhang mit den feinen Nervenfasern sehen. Von den zwei ganglienartigen Ausbuchtungen des Nervencentrums gehen auf jeder Seite je eine, also zu- 19%* 278 Zoltan von Roboz, sammen vier Nervenstränge aus (Fig. 8), welche in die zwei Saugnäpfe eintretend, unmittelbar unter den Ringmuskeln der Saugnapföffnung verlaufen, und mit einanderin Verbindung treten, wodurchin beiden Saug- näpfen je ein Nervenring von 0,053 mm Durchmesser zu Stande kommt (Fig. 9 nr). Von diesen Nervenringen gehen feinere Äste aus, sowohl nach oben, um die starke Mus- kulatur der Saugnapföffnung zu versehen, alsauch nach unten, wo sie unter den Matrixzellen verlaufen, welche zu der dasLumen der Saugnäpfe auskleidenden Guticula gehören; außerdem entspringen aus denzweiimScolex herablaufenden Hauptsträngen — welche sich in die Seitenstränge der Proglottiden fortsetzen, — je 3—4 Nervenäste (Fig. 9a); auch diese treten in diezwei Saug- näpfe ein, wo sie unter den Matrixzellen der das Lumen der Saugnäpfe auskleidenden Guticula verlaufen und verzweigen sich ebenfalls nach oben wie nach untenin zahllose feine Äste, welche mit einander in Verbindung treten und so das den ganzen Scolex einspinnende Ner- vengeflecht zu Stande bringen (Fig. 10). Was die histologische Struktur des Nervengeflechtes in den Saug- näpfen betrifft, so zeigt sie mit derjenigen des Nervencentrums verglichen einige Abweichungen; denn während in letzterem die Anzahl der Nerven- zellen gegenüber den Nervenfasern überwiegt, ist das Verhältnis im ersteren gerade umgekehrt, so dass wir zwischen den so schön ent- wickelten Nervenfasern nur hier und da bipolare Nervenzellen eingelagert finden. Noch einige Worte von den Seitensträngen. Diese entspringen aus den zwei ganglienartigen Ausbuchtungen des Nervencentrums, laufen innerhalb der Wassergefäße herab und biegen sich am Ende des Scolex nach außen, so dass die zwei, in die Strobila eintretenden Seitenstränge in den Proglottiden außerhalb der Längskanäle des Wassergefäßsystems | herablaufen und zwar mehr oder weniger wellenförmig, wie dies schon oben erwähnt wurde; und eben dies ist der Grund, wesshalb wir diese zwei Seitenstränge in wechselnden Entfernungen von den äußeren Längs- kanälen des Wassergefäßsystems finden. Bezüglich der histologischen | ! | | u —— Struktur dieser zwei Seitenstränge sei erwähnt, dass Kauane! und Levcxart? darin außer den Nervenfasern auch Nervenzellen gesehen | haben, während Lane 3 sich nicht von dem Vorhandensein der letzteren | überzeugen konnte. 1 1.c. p. 247—248. 2 ]. c. Bd. I. p. 378. 8]. C..P2390. Beiträge zur Kenntnis der Cestoden. 279 Meine Beobachtungen über diese Frage — die am besten mit Hilfe von feinen Flächen- und Längsschnitten zu entscheiden ist —, ergaben auch keine anderen Resultate als die der oben erwähnten Forscher, trotzdem bin ich auch heute noch nicht im Reinen darüber, was meh- rere Forscher unter dem »maschenförmig angeordneten Stützgewebe « verstehen. Ich sehe bei Solenophorus megalocephalus die zwei seitlichen Nerven- stränge — welche in ihrem ganzen Verlaufe eine selbständige Hülle ent- behren und nur einfach in das Bindegewebe eingelagert sind — immer aus den schönsten Nervenfasern und aus bipolaren Nervenzellen gebil- det (Fig. 11) —, und zwar treten diese elementaren Theile besonders deutlich hervor, wenn man die einzelnen Glieder mit Aprocentiger Os- miumsäure behandelt; wir finden dann, dass einzelne feine Nervenfasern mit einander in Verbindung stehen und dass die Nervenzellen einen kreisföormigen Kern von 0,004 mm Durchmesser besitzen; er hat ein Kernkörperchen und ist mit fein granulirtem Protoplasma umgeben, welches sich meistens in zwei lange Ausläufer fortsetzt, die in den meisten Fällen mit den Nervenfasern in Verbindung stehen. Von einem maschenförmigen Stützgewebe findetsich jedoch keine Spur. Außerdem sehen wir aus den seitlichen Nervensträngen feine Nervenäste herausgehen, welche bloß aus Nervenfasern bestehen und im Bindegewebe nur auf sehr kurze Strecken zu verfolgen sind, da sie sehr bald vor dem Auge des Beobachters verschwinden. Geschlechtsorgane. Es war eine der größten Schwierigkeiten über den Zusammenhang der Geschlechtsorgane bei Solenophorus megalocephalus ins Reine zu kommen, nicht nur wegen des komplicirten Baues derselben, son- dern auch desshalb, weil man sie aus Schnitiserien rekonstruiren und um einen Irrthum zu vermeiden, jeden der aus den einzelnen Proglotti- ‚den gefertigten Quer-, Längs- und Flächenschnitte sorgfältig abzeichnen imuss. / Enisprechend dem allgemeinen hermaphroditischen Bau der Cesto- den finden wir auch bei Solenophorus megalocephalus sowohl männliche als weibliche Geschlechtsorgane in jeder Progloitis entwickelt (Fig. 12). Die männlichen kommen zuerst zur Reife, so dass wir einzelne Glieder finden — natürlich in der Nähe des Scolex —, in welchen die weiblichen entweder ganz fehlen, oder durch die eigenthümliche Lagerung der Bindegewebszellen — welche die ganzen Geschlechtsorgane bilden — nur angedeutet sind, während die Entwicklung der männlichen schon ziemlich fortgeschritten ist. 280 Zoltan von Roboz, Bekannterweise fehlt bei einigen Cestoden die selbständige Uterus- öffnung, bei Solenophorus megalocephalus jedoch ist sie vorhanden und zwar mit dem Porus genitalis auf derselben Fläche (Fig. 12), welche eben desshalb Bauchfläche genannt ist und während die Geschlechts- öffnung am vorderen Ende gelegen ist, hat die Uterusöffnung am hin- teren Ende der einzelnen Proglottiden ihren Platz. Der leichteren: Über- sicht halber wollen wir zuerst die weiblichen und dann die männlichen Geschlechtsorgane behandeln. a) Weibliche Geschlechtsorgane. Diese sind bei Solenophorus mehr gegen die Bauchfläche der ein- zelnen Glieder in der Mittelschicht gelegen, mit Ausnahme der Dotter- stöcke, welche die ganze Rindenschicht auszufüllen scheinen. Die weiblichen Geschlechtsorgane bestehen auch hier aus der Vagina, dem Ovarium, Oviductus und Uterus, wozu noch die Dotter- stöcke und die Schalendrüsen hinzukommen (Fig. 42 und 13). — Auf der Bauchfläche liegt die 0,027 mm messende Geschlechtsöfl- nung, welche in den mit Cuticularpapillen dicht belegten, trichterförmi- gen, 0,1149 mm langen Sinus genitalis führt, in welchen wieder zwei Öffnungen münden, und zwar führt die eine am Grunde desselben zur männlichen Geschlechtsöffnung, die andere an der hinteren Wand zur Vagina. An dieser Stelle wollen wir nur die letzteren in Betracht ziehen. Es ist dies eine ovale Öffnung, deren größerer und kleinerer Durch- messer 0,026 und 0,020 mm beträgt; sie führt unmittelbar in die Va- gina, welche auf einer kurzen Strecke rechtwinkelig zur Längsachse der Proglottis verläuft, und sich dann in der Mittelschicht nach unten biegt; sie macht oberhalb des Uterus mehrere Windungen, läuft dann un- | mittelbar neben diesem herab und wendet sich, an dem hinteren Ende der Proglottis angekommen, unter dem Ovarium der Rückenseite zu, in- dem sie in der Mitte der Mittelschicht ein 0,060 mm breites und 0,142 mm | langes Receptaculum seminis bildet (Fig. 13 rs), welches ich immer mit | Spermatozoen ausgefüllt fand. Aus diesem Receptaculum seminis führt | ein 0,009 mm breiter und 0,079 mm langer Kanal in den Oviduct (Fig. 13 a). Der Durchmesser der Vagina ist an verschiedenen Stellen verschie- den, man kann ihn jedoch im Mittel mit 0,014 mm angeben. Bezüg- ! lich ihrer histologischen Struktur finden wir, dass sie) nicht nur aus einer dünnen, homogenen und ziemlich! lichtbrechenden Membran gebildet, sondern auch mit einer einfachen aus Zellen von 0,005 mm Durchmesser bestehenden Schicht ausgekleidet ist (Fig. 44); diese Zellen‘ Beiträge zur Kenntnis der Cestoden. 281 haben einen Kernkörperchen in sich schließenden Kern von 0,003 mm im Durchmesser, welcher durch Alaun- und Borax-Karmin schön roth gefärbt wird; das ihn umgebende Protoplasma ist ziemlich homogen und die Begrenzung der einzelnen Zellen nur schwer zu unterscheiden. Von dem Ovarium selbst ist nur Weniges zu sagen. Es ist am hinteren Ende jedes Gliedes in dem der Bauchfläche zugekehrten Theile der Mittel- schicht eingelagert (Fig. 13). Seine Länge beträgt 1,038 mm, seine Breite in der Mitte 0,058 mm und an beiden Enden 0,121 mm. Das ganze Ovarium besteht aus mehreren Drüsenschläuchen, welche aus einer mit einem einfachen Plattenepithel ausgekleideten Membrana propria ge- bildet sind; die einzelnen Epithelzellen, die Mutterzellen der jungen Ei- zellen, haben einen mehr oder weniger ovalen Kern von 0,003 mm Durchmesser, welcher mit einer dünnen Schicht feinkörnigen Proto- plasmas umgeben ist. Aus dem mittleren schmalen Theile des Ovarium entspringt der Eileiter (Fig. 13 od), dessen Durchmesser im Mittelwerth 0,020 mm be- trägt. Er verläuft senkrecht zur Längsachse der Proglottis nach dem der Rückenseite zugewandten Theile der Mittelschicht und nimmt ungefähr in der Mitte der letzteren den aus den: Receptaculum seminis kommen- den feinen Kanal auf; im weiteren Verlaufe krümmt er sich nach links und vereinigt sich mit dem Dottergang. Was die histologische Struktur des Eileiters betrifft, so ist er nicht nur aus einer dünnen homogenen und ziemlich lichtbrechenden Membran gebildet, sondern auch mit einem Epithelaus- gekleidet, wie in Fig. 15 (nach einem Längsschnitt ge- zeichnet) zu sehen ist; die einzelnen Zellen haben einen ovalen Kern mit dem Durchmesser von 0,005 und 0,002 mm; in dem Kern, welcher im Gegensatz zu dem homogenen Protoplasma durch Alaun- und Borax-Karmin schön roth gefärbt wird, sind mehrere Kernkörperchen wahrzunehmen. Von den einzelnen Zellen ragen in das Lu- men des Eileiters eigenthümliche haarförmige Gebilde. Es erinnertan dasCilienepithel, obwohl es ganz unwahr- scheinlich ist, dass letzteres nach so langer Konservi- rung des Materials noch erhalten blieb. Die Dotterstöcke, welche in reifen Gliedern die ganze Rindenschicht auszufüllen scheinen, bestehen aus mehreren Drüsenschläuchen;; diese haben zumeist eine ovale Gestalt mit dem Längsdurchmesser von 0,093 und dem Querdurchmesser von 0,040 mm. Sie sind einfach in das Bindegewebe eingelagert und aus einer strukturlosen Membrana propria gebildet, welche eines eigentlichen Epithels entbehrt. Den Inhalt der einzelnen Drüsenschläuche betreffend können wir nur sehr wenig sagen, 282 Zoltan von Roboz, weil der Zustand der seit längerer Zeit konservirten Untersuchungs- objekte zum Studium desselben keine Gelegenheit bot. Hier und da sehen wir in den Drüsenschläuchen außer Fettkugeln nur einzelne Zellen mit einem Kern von 0,006 mm Durchmesser, welcher von ziemlich grob- körnigem Protoplasma umgeben ist. Die Membrana propria jedes einzelnen Drüsenschlauches setzt sich in einen 0,004 mm breiten Ausführungs- gang fort, welcher jedoch auf Schnitten zwischen dem Bindegewebe nur auf kurze Strecken zu verfolgen ist. Diese Ausführungsgänge münden in einander und bilden einen 0,022 mm breiten Kanal, welcher am hin- teren Ende der Proglottis bei seinem Eintritte in die Mittelschicht (Fig. 12 und 13) den Befruchtungskanal aufnimmt und sich in den Frucht- behälter fortsetzt. | Der Uterus, welcher in den jüngeren Gliedern einen 0,027 mm breiten Kanal bildet, nimmt seinen Anfang auf der Rückenseite der Mit- telschicht, krümmt sich nach vorn, wendet sich dann nach der Bauch- fläche und endet auf derselben nahe am hinteren Ende der Proglottis in einer selbständigen Öffnung. In dieser Weise ist er natürlich nur in jüngeren Gliedern entwickelt, während er dort, wo die Befruchtung schon beendet ist, in Folge der immer stärkeren Ansammlung von den mil chitinöser Hülle umgebenen Eiern immer größer wird und sich schließ- lich zu einem die ganze Mittelschicht ausfüllenden Sack ausbreitet. Dort wo der Uterus seinen Anfang nimmt, münden die Schalen- drüsen. Jede einzelne Drüse ist aus einer einfachen Zelle gebildet, deren Länge 0,029 mm beträgt, und welche am oberen Ende, wo sich der 0,003 mm messende Kern befindet, 0,009 mm breit ist. Die Membran der Drüsenzellen setzt sich in einen 0,002 mm breiten Ausführungs- kanal fort, welcher an der oben erwähnten Stelle in den Uterus mündet. | b) Männliche Geschlechtsorgane. | | Das männliche Geschlechtsorgan besteht aus den Hoden, den Aus- | führungsgängen derselben, welche in ihrem weiteren Verlaufe ein ge- meinsames Vas deferens bilden, und aus den Befruchtungsorganen (Fig. 12). Die ovalen Hodenschläuche, deren Länge 0,080 mm, die | Breite 0,034 mm beträgt, sind in die Mittelschicht eingelagert. Sie sind | aus einer homogenen Membrana propria gebildet, welche ein eigentliches | Epithel enibehrt; diese Membrana propria setzt sich in einen 0,002 mm | breiten Ausführungsgang fort, der jedoch in dem Bindegewebe nur dann auf kurze Strecken zu verfolgen ist, wenn er Samen enthält (Fig. 16). | In jüngeren Gliedern sehen wir die Hodenschläuche mit Zellen aus- gefüllt, welche einen 0,005 mm messenden, durch Alaun- und Borax- | r Beiträge zur Kenntnis der Cestoden. 283 karmin schön roth gefärbten Kern enthalten; es sind dies die Bildungs- zellen der Spermatozoen. Wir finden Schnitte, auf welchen die Zell- kerne in zahllose Theile gespalten sind; um jedes dieser Theilchen sammelt sich eine geringe Menge Protoplasma, wodurch aus jeder Mutter- zelle mehrere Spermatozoen entstehen. Jedes einzelne hat einen kreis- förmigen, stark lichtbrechenden Kopf von 0,001 mm Durchmesser und einen 0,054 mm langen Schwanzanhang. Die Ausführungsgänge der Hodenschläuche münden an der Rücken- “ seite der Mittelschicht in einander, und bilden eine mit Ringmuskel- fasern umgebene Blase von 0,080 mm Durchmesser (Fig. 12 A), welche unmittelbar in das Vas deferens übergeht. Dieses ist ein cylindrischer Gang von 0,021 mm Durchmesser im Mittelwerth, welcher an der Rücken- seite der Mittelschicht beinahe bis zum vorderen Rande des Gliedes auf- steigt, sich hier nach der Bauchseite wendet und sich nach mehreren Windungen zu einer 0,083 mm langen, 0,045 mm breiten Blase aus- ' breitet (Fig. 125), welche wir in Gliedern, deren männliche Geschlechts- organe funktionsfähig sind, immer mit Spermatozoen ausgefüllt finden. ' Der vordere Theil derselben ist mit dem Cirrusbeutel in Berührung, bricht resp. in diesen durch und setzt sich in einen 0,028 mm breiten Kanal fort, welcher das Kopulationsorgan des Solenophorus bildet. Bezüglich der histologischen Struktur des Vas de- ferens istzu bemerken, dass es eben so wie die anderen Leitungskanäle aus einer dünnen strukturlosen Mem- bran gebildet wird, auf welcher innen eine einfache Zellenschichtsitzt; die einzelnen kreisförmigen Zellen haben einen durch Borax-Karmin schön roth gefärbten Kern von 0,002 mm Durch- messer. Das Befruchtungsorgan selbst hat hingegen, wie aus seinem ' Querschnitte leicht zu sehen, eine sehr dicke Cuticula, von welcher ein- zelne Längsfalten (6—7) in das Lumen des Kopulationsorganes vor- springen, so dass der Querschnitt desselben als 6—7eckiger Siern er- scheint (Fig. 17). Dieses Befruchtungsorgan hat bei Solenophorus eine sehr beträchtliche Länge, so dass es im Cirrusbeutel, welcher es umgiebt, mehrere Windungen bildet. Der Cirrusbeutel, welcher im oberen Theile der Proglottis liegt, steht an seinem äußeren Ende mit dem Sinus genitalis in Berührung und eben an diesem Berührungsorte ist die männliche Geschlechtsöffnung ange- bracht, während das hintere Ende des Cirrusbeutels mit dem blasenartig ausgebreiteten Theile des Vas deferens in Verbindung steht. Er ist ein sehr muskulöses Organ, und dies ist auch der Grund, wesshalb man den Cirrusbeutel auf Schnitten von verschiedenen Gliedern in verschiedener Gestalt und Größe findet. Im Mittelwerth können wir seine Länge mit 234 Zoltan von Roboz, 0,347, seine Breite mit 0,127 mm angeben. Die einzelnen Fasern der äußeren Muskellage laufen von einem Ende des Cirrüsbeutels bis zum anderen, während die zweite von den radialen Muskeln gebildet wird, welche zwischen den ersteren entspringen und auf der Wand des Cirrus inseriren ; der zwischen diesen Muskelfasern und zwischen diesen und dem Cirrus befindliche Raum ist mit Bindegewebe ausgefüllt. Heidelberg, 25. Mai 1882. Erklärung der Abbildungen. Tafel XVII und XVIII. Fig. 4. Die umgebildete Cuticula (SEIBERT: !/jg Hom. Imm., Oc. II). Fig. 2. Die unter der Cuticula verlaufenden Fasern nach einem Flächenschnitte. bf, die querverlaufenden Bindegewebsfibrillen;; !, Längsmuskelfasern (SEIBERT : Obj. VII, 0c.D. Fig. 3. Querschnitt von dem Scolex. c, Cuticula; sc, Subcuticularzellen; D, Bindegewebszellen; f, Bindegewebsfibrillen (SEIBERT: 1/}5a Hom. Imm., Oc. II). Fig. 4. Grundsubstanz nach einem Flächenschnitte. s, Bindegewebszellen; 7, Bindegewebsfibrillen; m, Kalkkörperchen (SEıBERT: 1/3, Hom. Imm., Oc. Il). Fig. 5. Isolirte Längsmuskelfasern. a (SEIBERT: Obj. VII, Oc, II), d und c (SEI- BERT : 1/19 Hom. Imm., Oc. II). Fig. 6. Das Wassergefäßsystem einer Seite des Scolex. e, äußeres Längsgefäß; a, der von demselben gebildete untere Wassergefäßring; i, inneres Längsgefäß; b, der von demselben gebildete obere Wassergefäßring (aus nach verschiedenen Rich- tungen ausgeführten Schnittserien schematisch zusammengestellt). Fig. 7. Der eine der in den Proglottiden herablaufenden Längskanäle des Wassergefäßsystems nach einem Flächenschnitte. r, Ringmuskelfasern; I, Längs- | muskelfasern (SEIBERT : Obj. VII, Oc. 0). Fig. 8. Querschnitt von dem Scolex. ne, Nervencentrum; nr, Nervenring (SEI- | BERT: Obj. IV, Oc. 0). Fig. 9. Längsschnitt vom Saugnapfe. c, Cuticula ; v, Wassergefäße; nr, Nerven- | ring; n, Nervenäste (SEIBERT: Obj. V, Oc. ]). Fig. 40. Das Nervensystem im Scolex. n, der aus den Proglottiden in den Scolex aufsteigende Nervensirang; a, die aus demselben entspringenden und in die Saugnäpfe eintretenden Nervenäste; nc, Nervencentrum; nr, Nervenring (aus nach verschiedenen Richtungen ausgeführten Schnittserien schematisch zusammen-' gestellt). | Fig. 41. Ein in den Proglottiden herablaufender seitlicher Nervensiranz nach einem Längsschnitte (SEIBERT: 1/ja Hom. Imm., Oc. II). Fig. 42. Geschlechtsorgane schematisch este pg, Porus genitalis; sg, \ | 1! I il Sinus genitalis; cd, Cirrusblase ; vd, Vas deferens; h, Hoden; v, Vagina; rs, Recepta- culum seminis; ds, Dotterstöcke; dy, Dottergang; ov, Ovarium; od, Oviductus; sch, Schalendrüsen ; v, Uterus. Beiträge zur Kenntnis der Cestoden. 285 Fig. 43. Der Zusammenhang der weiblichen Geschlechtsorgane. 0v, Ovarium; od, Oviductus; dg, Dottergang; u, Uterus; sch, Schalendrüsen; v, Vagina; rs, Re- ceptaculum seminis; a, der aus demselben in den Eileiter führende feine Gang (aus nach verschiedenen Richtungen ausgeführten Schnittserien schematisch zusammen- gestellt). Fig. 14. Querschnitt der Vagina. m, homogene Membran; z, die letztere aus- kleidenden Zellen (SEIBERT: 1/;a Hom. Imm., Oc. II). Fig. 45. Längsschnitt des Eileiters. m, homogene Membran; e, die letztere bekleidenden Zellen (SEIBERT : !/jg Hom,. Imm., Oc. II). Fig. 16. Hoden nach einem Flächenschnitte, m, Membrana propria; a, Aus- führungsgang; b, Bildungszellen ; s, Spermatozoen (SEIBERT: Obj. V, Oc. IM). Fig. 47. Cirrus im Querschnitt (SEIBERT:: 1/jg Hom. Imm,, Oe. III). Vergleichend-embryologische Studien. Von Elias Metschnikoff. Mit Tafel XIX und XX. 3) Über die Gastrula einiger Metazoen. Obwohl die vergleichende Embryologie der Thiere in ihren all- gemeineren Spekulationen von der Lehre über die Keimblätter der Wirbelthiere ausgegangen ist, musste sie doch bald den umgekehrten Weg antreten und die ersten Phasen der Keimblätterbildung bei den niedersten mehrzelligen Organismen in Angriff nehmen. Es musste gerade im Bereiche der niederen Metazoen ein fester Boden für das Ver- ständnis der primitiven Organe gewonnen werden, worunter selbstver- ständlich der Darmkanal, als einer der ältesten und der am meisten ver- breiteten Körperbestandtheile eine hervorragende Rolle einnahm. Im Jahre 1847 beschrieb Dersts! die Larvenbildung bei Echinus I esculentus und erwähnte unter Anderem ein Stadium, welches einen doppelten Sack mit einer Hautschicht und einem nach außen offenen Blinddarme repräsentirte. Diese auf der Fig. 14 bei Dersts abgebildete Larvenform bekam ein Vierteljahrhundert später durch Hascker den Namen Gastrula, welcher bald in der ganzen Gelehrtenwelt adoptirt wurde. Während nun Dersis glaubte, dass die Öffnung der Darmanlage den Mund repräsentire, zeigte im Jahre 1849 Aucust Kroun?, dass die- | selbe dem künftigen After des Pluteus entspricht. Außerdem hat der- selbe Forscher zum ersten Male die Bildungsweise der Darmanlage be- | schrieben, welche gegenwärtig als embolische Invagination bezeichnet wird. »Es hat nun ganz den Anschein — sagt unser Verfasser — = —— =. 1 Annales des sciences naturelles. 3° Serie. Bd. VIII. p. 94 ff. und Taf. V, jr Fig, 18—1B. | 2 Beitrag zur Entwicklungsgeschichte der Seeigellarven. Heidelberg 1849. p. 18. Vergleichend-embryologische Studien. 287 bilde sich diese Grube (die erste Darmanlage) dadurch, dass die Haut sich allmählich in die Leibeshöhle einsackt oder einwärts stülpt. Die Einsackung senkt sich immer tiefer in die Leibeshöhle hinab, und zieht sich auf diese Weise in einen Kanal aus, der endlich die dem spitzen "Pole zugekehrte Portion der Leibeshöhlenwandung erreicht. Der so entstandene, mitten durch die Leibeshöhle sich erstreckende Blindsack ist nichts weiter als das Rudiment des Nahrungsschlauches, während der Rand oder Umkreis der ursprünglichen Grube zu einer in den Kanal führenden Öffnung geworden ist, welche den After darstellt.« Im Jahre ‚4851 fand BuscnH ! die Gastrula bei Asteracanthion glaciale und Echino- ‘cidaris neapolitanus, nur hielt er irrthümlich die Einstülpungsöffnung für den Mund. In demselben Jahre beschrieb Kronn ? junge Auricula- rien mit der schlauchförmigen, durch eine Afteröffnung ausmündenden Darmanlage und hob bereits die große Übereinstimmung solcher Stadien mit jungen Seeigellarven hervor. Somit war die Gastrula für drei Hauptklassen des Echinodermentypus festgestellt. Der letztgenannte Forscher konnte einige Jahre später? eine ganz ähnliche Larvenform auch bei einem Coelenteraten (Pelagia noctiluca) beobachten. Bei dieser (Meduse fand er zweischichtige Embrvonen mit einem blindgeschlos- 'senen Magen und Mundöffnung. Kronn beschränkte sich bloß auf die ‚Beschreibung solcher Stadien, ohne auf die Ähnlichkeit derselben mit den von ihm selbst bei Echinodermen gefundenen Larvenformen Rück- sicht zu nehmen. — Auch bei einigen anderen Repräsentanten ‚des Coelenteratentypus hat sich eine Gastrula erwiesen. So beschrieb ‚CossorLp* noch im Jahre 1853 bei Actinia mesembryanthemum einen ‚sackförmigen Embryo, ohne indessen die denselben zusammensetzenden ‚Blätter näher bezeichnet zu haben. Im Anfange der sechziger Jahre ist das Gastrulastadium von Auzxanper Acassız bei Asteracanthion bery- ‚linus näher untersucht worden und wurde dann auch bei verhältnis- ‚mäßig so hoch stehenden Formen wie den Lungenschnecken von LERE- 'BOULLET entdeckt. | Die erwähnten Beispiele von Gastrulae standen aber als isolirte ‚Thatsachen und dabei im grellen Widerspruch mit der hauptsächlich an ‚Wirbelthieren gewonnenen Ansicht über die Keimblätterbildung, sie | lieben somit ohne Bedeutung für die vergleichende Embryologie bis 5 Kowarevsky gelang nachzuweisen, dass eine Gastrula auch dem ! Beobachtungen über Anatomie und Entwickl. einiger wirbellosen Seethiere. 11851. p. 81, 89. 2 Archiv für Anatomie und Physiologie. 4851. p. 347. Taf. XIV, Fig. 2, 8. | ® Archiv für Anatomie und Physiologie. 4855. p. 493. Taf. XX, Fig. 1—5. | * Annals and Magazine of Natural history. Vol. XI. 1853. p. 122. | 288 Elias Metschnikoff, niedersten Wirbelthiere und vielen Wirbellosen zukommt. Außer Amphioxus, hat er sie bei Gereanthus, Lineus, Phoronis, Sagitta, Asci- dien, Aurelia und beim Regenwurm nachgewiesen, so dass er bereits im Jahre 1866 die Überzeugung aussprach, »dass dieser Modus der Ent- wicklung (d. h. Darmbildung durch Einstülpung) sehr verbreitet ist und wahrscheinlich allen Thieren zukommt, die eine Segmentationshöhle be- sitzen«1. Im darauf folgenden Jahre äußerte KowaLevsky dieselben An- sichten in noch präciserer Weise. So sagt er?: »Bei allen von mir hier erwähnten Embryonen (Amphioxus, Phoronis, Limnaeus, Asteracanihion, Ophiura, Echinus, Sagitta, Ascidia, Escholtzia, Gestum, Sepiola) geht die Bildung der beiden erwähnten Schichten oder Blätter (der äußeren und inneren) ganz auf dieselbe Weise vor sich. Bei allen bildet sich nach der Theilung des Dotters eine Furchungshöhle und eine sie umgebende Schicht von Zellen — das Blastoderm, welches sich von einer Seite ein- stülpt und die erste Anlage des Darmkanals bildet; bei allen hier er- wähnten Thieren geht die Furchungshöhle oder der Nahrungsdotter, | welcher die letzte ausfüllt, in die Leibeshöhle des künftigen Thieres über, die Öffnung, welche von der Einstülpung bleibt, wird zum Anus, und endlich bildet sich die Mundöffnung durch die Verschmelzung der Wände der eingestülpten Zellenschicht und der Wände des Körpers und | durch die Bildung einer Öffnung an dieser Stelle. — Die Reihe dieser zusammengestellten Thatsachen giebt uns schon ein gewisses Recht, in der beschriebenen Bildung einen Grundplan, wenigstens für sehr viele Formen, zu sehen.« In demselben Jahre vertheidigte KowALEvsky eine Inauguralthese (Nr. 2), nach welcher »der Darmkanal bei Thieren, deren Eier eine totale Furchung durchlaufen, sich durch Einstülpung bildet .«. | In seiner Überzeugung von der typischen Ähnlichkeit sämmtlicher Ga- strulae, glaubte Kowarevsky entschieden, dass die Einstülpungsöffnung nicht in den Mund, sondern in den After des definitiven Thieres über- geht. Er ging in dieser Beziehung so weit, dass er in seiner Doktor- . e ° pi D D \ dissertation über Phoronis? den Nachweis zu liefern glaubte, dass auch‘ bei diesem Thiere die Einstülpungsöffnung zum Anus wird, resp. dass der vordere kappentragende Körperabschnitt der Actinotrocha den ana- len Theil der Larve repräsentirt. Nachdem nun diese Angabe zurück- gewiesen und es zugleich festgestellt wurde, dass bei Phoronis die Ein- ! | 1 Entwicklungsgeschichte der einfachen Ascidien. Mem. del’Acad. de S. Petersb X. Nr. 45. 1866. p. 5. 2 Entwicklungsgeschichte des Amphioxus lanceolatus. Mem. de l’Acad. ai S. Petersb. XI. Nr. 44. 1867. p. 5. 3 Auaromia u ucropia passuria Phoronis, in 3au. Ara. Haykz. llpuno Nr. 1. 4867. p. 24. 1 | Vergleichend-embryologische Studien. 289 stülpungsöffnung in die Mundöffnung der Larve übergeht, verfiel KowaLevsky ins andere Extrem und behauptete sogar, dass ein solcher Übergang auch bei Pentacta doliolum stattfindet !. Damit hat er jeden- falls zugestanden, dass die früher von ihm angenommene große Über- _ einstimmung der Gastrulae in Wirklichkeit nicht existirt. Auch fand er, dass bei einigen Thieren, wie Lumbricus, die Einstülpungsöffnung (oder - Blastopor, wie man sie jetzt bezeichnet) in die innere Pharyngealmün- dung übergeht, während dieselbe bei anderen den definitiven After dar- ‘ stellt. Seine früheren Angaben über den Übergang des Blastoporus in die Anusöffnung bei Amphioxus, Sagitta und Ascidien berichtigte er selbst, indem er konstatiren konnte, dass derselbe bei diesen Thieren verwächst, während der definitive After eine Neubildung darstellt. Bei der weiteren Verfolgung seiner embryologischen Aufgaben ‘ machte Kowarzvsky die wichtige Entdeckung, dass bei Euaxes, wo sich das Entoderm nicht durch Invagination bildet, es auf eine Weise ent- steht, welche mit diesem Modus die größte Ähnlichkeit zeigt. »Die Um- wachsung der Darmdrüsenzellen bei Euaxes — sagt er? — können wir wohl mit demselben Processe bei den Lumbricineen und der Sagitta ver- gleichen, nur erlaubte die starke Entwicklung des unteren Blattes der- selben nicht sich einzustülpen und die Zellen des oberen Blattes müssen ‚ die großen unteren umwachsen. Mit einem Worte, die Umwachsung der großen Zellen des Darmdrüsenblattes bei Euaxes und die Einstülpung bei den Lumbrieinen sind nur als verschiedene Extreme, als Stufen eines und desselben Processes anzusehen.« Wenn wir auf der einen Seite gesehen haben, dass KowALkvsKky seine | ursprüngliche Ansicht über das gleiche Schicksal des Blastoporus auf- geben musste, so musste er auf der anderen Seite selbst seine früher aufgestellte Ansicht über den gleichen Modus der Entodermbildung bei den Thieren mit totaler Furchung fallen lassen. Noch im Jahre 1868 | machte er die Beobachtung ?, dass bei Eucope die Entodermzellen durch Ablösung vom Blastoderm entstehen, ohne dass dabei eine Invagination ‚ zu Stande kommt, und etwas später kamen noch andere Untersuchungen | hinzu, welche die Überzeugung von einem Allgemeinherrschen der In- ‚ vagination erschütterten. h Aus dem Gesagten sehen wir, dass KowALevsky auf dem besten Wege war, sämmtliche Erscheinungen der Entodermbildung einem 1 Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Holothurien. Mem. de l’Acad. de S. Petersb. Bd. XI. Nr. 6. 1867. p. 4. 2 Embryologische Studien an Würmern und Arthropoden. Mem. de l’Acad. de S, Petersb. Bd. XVI. Nr. 12. 1874. p. 28. 3 Göttinger Nachrichten. 1868. Nr. 7. p. 155. 290 Elias Metschnikoft, allgemeinen Gesetze unterzuordnen, dass aber der Drang der Thatsachen ihn stets darin verhinderte. Nachdem er einen vergeblichen Versuch machte,die Invagination bei einigen niederen Coelenteraten, wie Siphono- phoren und Geryoniden zu konstatiren, musste man wohl einsehen, dass gerade in diesem niedersten und wohl primitivsten Thierstamme eine leicht zu findende allgemeine Regel für die Entodermbildung nicht existirt. In seiner reichhaltigen Abhandlung: » Beobachtungen über die Entwicklung der Coelenteraten !« giebt er sogar keinen allgemeinen Überblick, obwohl er im Anfange derselben (p. 13) einen solchen ver- spricht. Viel geringer mussten alle hervorgehobenen Hindernisse den Augen Harcrezr’s erscheinen, indem er keinen Anstand nahm auf Grund der Untersuchungen von KowALkvsky und einiger anderen Embryologen, zum Theil auch mit Unterstützung weniger eigener, sehr flüchtiger Be- obachtungen, seine nunmehr genug bekannte Gastraeatheorie zu pro- klamiren 2. Den 1866 von KowaLevsky ausgesprochenen, in seinen letz- teren Arbeiten aber nicht mehr wiederholten Satz über die vollkommene Übereinstimmung sämmtlicher Gastrulae, nimmt HAEckEL, nur in einer noch bestimmteren Weise, wieder auf. So sagt er im Jahre 187%: »Die Annahme dieser Stammform (Gastraea) ... ist fest begründet durch die Homologie oder die morphologische Identität der Gastrula bei den ver- schiedensten Tbierstämmen « (p. 20). Diese Identität wird freilich durch Nichts bewiesen; es wird nicht einmal auf die Angaben über das ver- schiedene Schicksal des Blastoporus Rücksicht genommen. Bei der Be- sprechung der Bedeutung der Gastraeatheorie für die Homologie der Typen schiebt zwar HarckeL die Bemerkung ein: »Die ursprüngliche Mundöfinung der Gastrula scheint sich nur auf die Zoophyten und viel- leicht auf einen Theil der Würmer vererbt zu haben. Sie scheint sich noch in dem Rusconxt’ schen After der Vertebraten zu wiederholen (p. 42).« Er lässt dabei aber unerwähnt, dass der Blastoporus, nach übereinstim- menden Angaben von Kronn, Acassız, HEnsen, KowALEVSKY und mir in den After der Echinopaedien übergeht, was natürlich die angenommene »Identität« sämmtlicher Gastrulae sehr abschwächen musste. In dieser Beziehung, so wie in Betreff mancher anderen Hauptthesen der Theorie steht Haecker auf dem Standpunkte früherer Arbeiten KowaLkvsky’s aus dem Jahre 1866 und 1867, ohne auf seine späteren berichtigenden An- gaben Rücksicht genommen zu haben. So stellt er die Delamination ganz in den Hintergrund und macht sogar den Versuch, diesen Bildungs- | modus als nicht erwiesen zu betrachten. Aus den späteren Arbeiten | 1 Mspteria Odmecrsa Aroureneh Ecrecrzosuanuia. Mockza 1873, 2 Biologische Studien. II. Studien zur Gastraeatheorie. Jena 1877. Vergleichend-embryologische Studien. 2391 Kowaevskv’s entlehnt Harcker vor Allem die oben angeführte Ansicht über die durch starke Ausbildung des Nahrungsdotters hervorgerufene Modifikation in der Entodermbildung bei Euaxes und erweitert dieselbe zur Lehre über die Amphigastrula. Auf eigenen Füßen steht Haczcker in seiner Theorie der Disco- und Perigastrula, wobei aber zu bemerken ist, dass diese Embryonalformen etwas durchaus Heterogenes darstellen, wie es zum Theil bereits von BaLrour ! nachgewiesen worden ist. Obwohl nun die Gastraeatheorie Harcker’s im Ganzen unter dem Niveau der Embryologie der siebziger Jahre stand, so übte sie doch als eine Popularisirung der Schriften Kowauzvsky’s (wobei verschiedene Schwerpunkte umgangen wurden) einen um so größeren Einfluss, als die damalige Wissenschaft noch keine abgerundete embryologische Theorie besaß. Es entstand, namentlich in der deutschen Litteratur, eine ganze Reihe Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorgänge verschie- denster Thiere, wobei natürlich die von Hazcker nicht ganz berücksich- tigten Hindernisse bald mit neuer Kraft auftauchen mussten. Die Frage über das Schicksal des Blastoporus spielte in dieser Beziehung die her- vorragendste Rolle. Nachdem es von mehreren Seiten bemerkt worden war, dass, so lange der Blastoporus bei verschiedenen Thieren die ver- schiedenartigste Bedeutung hat, es unmöglich ist eine wirkliche Homo- logie sämmtlicher Gastrulae anzunehmen, machten BÜTscuhLı und HATSCHEK (1876) den Versuch, diese Schwierigkeit zu überwinden. Der erstere sprach die Vermuthung aus, »dass die Einstülpungsöffnung der hypo- thetischen Gastraeathiere, welche die Urahnen sämmtlicher Metazoen vorstellen sollen, nicht allein physiologisch, sondern auch morphologisch der Mund- und Afteröffnung der Metazoen entspreche. Das heißt, dass sich Mund- und Afteröffnung ursprünglich durch Differenzirung der ein- fachen Gastraeaöffnung gebildet, sich etwa durch theilweise Verwach- sung der Ränder der einfachen Gastraeaöffnung hervorgebildet hätten.« Diese Annahme wird von BürscHLı für den speciellen Fall des verschie- ‚ denen Schicksales des Blastoporus bei Gastropoden verwendet. HATscHER hat eine ähnliche Ansicht in einer viel allgemeineren Weise und in Be- ziehung auf sämmtliche Bilaterien durchgeführt. Nach ihm schließt sich der Gastrulamund längs einer Linie — Gastrularaphe — welche der Mittellinie der späteren Neuralseite des Thieres entspricht. Im Allge- ! Handbuch der vergleichenden Embryologie. Deutsch von VETTER. Bd. II. 1884. p. 306. 2 Entwicklungsgeschichtliche Beiträge. Diese Zeitschrift. Bd. XXIX. 1877. p. 231. 3 Beiträge zur Entwicklungsgesch. und Morphol. der Anneliden. Sitzungsber. d. k. Akad. d. Wissensch. Bd. LXXIV. 4877. p. 446 ff. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XXXVII. Bd. 20 292 Blias Metschnikoft, meinen erfolgt diese Schließung von hinten nach vorn, so dass von dem Anfangs sehr großen Blastoporus nur ein kleiner Rest in den Mund über- geht. In einigen Fällen verwächst der Gastrulamund vollständig. Nach dieser Theorie soll die Gastrula der Bilaterien von Anfang an oder we- nigstens sehr frühe einen bilateralen Bauplan zeigen, welcher sich na- mentlich in der schlitzförmigen Gestalt des Blastoporus manifestiren soll. Bei dieser Fragestellung ist zum ersten Male ausdrücklich auf die hohe Bedeutung der Untersuchung des Bauplanes früherer Embryonalstadien hingewiesen worden, was an sich schon einen großen Fortschritt in der vergleichenden Emoryologie bezeichnete. In seinen Specialarbeiten suchte HATscHEk seine theoretischen Ansichten näher zu begründen. In der Verfolgung des bilateralen Bauplanes kam er zu dem Schlusse!, dass derselbe bereits in der Eizelle » bei allen bilateralen Thieren seinen Aus- druck finde«. Obwohl er annimmt, dass die Bilaterien »von einer ein- achsigen Gastraea abstammen«, so vermuthet er doch, »dass bei allen Bilaterien nicht nur die Gastrula, sondern auch die Keimblase, die Fur- chungsstadien und selbst die Eizelle bilateral gebaut seien«.. Einen schlitzförmigen Blastoporus beobachtete er bei Pedicellina?2 und Anneli- den3. In seiner letzten Arbeit über Amphioxus scheint Harscaek That- sachen wahrgenommen zu haben, welche mit den Forderungen seiner Theorie nicht gut übereinstimmen. So konnte er die bilaterale Symmetrie erst »von dem Stadium der vollendeten Einstülpung an erkennen«®. Die früheren Invaginationsstadien (Fig. 22,23) versucht er selbst nicht unter den bilateralen Bauplan unterzubringen und auch die späteren Gastrulae lassen sich nur in gewissem Sinne als bilaterale auffassen. Die bilaterale Symmetrie des flachen Gastrulastadiums erkennt Harscuek » bei der Pro- filansicht und der Unregelmäßigkeit der Wölbung«, so wie auch »bei Be- trachtung des Embryo vom Gastrulamunde aus, wobei der Umriss nicht als ein kreisrunder, sondern etwas oval erscheint« (p. 30). Leichte Un- regelmäßigkeiten der Wölbung kommen überaus häufig vor ohne eine scharfe Bilaterie anzudeuten, der »etwas ovale« Blastopor ist aber durch- aus nicht ein Zeichen des bilateralen Bauplanes, da er als Regel bei den zweistrahligen Thieren, z. B. CGtenophoren, vorkommt. Auch ist hier hervorzuheben, dass wir bei HarscHek vergebens nach Abbildungen der 1 Über Entwicklungsgesch. von Teredo. Arbeiten aus dem zool. Institut in Wien. Bd. III. 4880. p. 26. 2 Embryonalentwicklung und Knospung der Bedicelins echinata. Diese Zeit- schrift. Bd. XXIX. 1877. p. 526. 3 Studien über Entwicklungsgesch. der Anneliden. Arbeiten des zool. Inst. zu Wien. Bd. I. Heft 3. 4878. p. 4. * Studien über Entwicklung des Amphioxus. Arbeiten aus dem zool. Inst. in Wien. Bd. IV. 41881. p. 28. | l I N! Vergleichend-embryologische Studien. 293 älteren Amphioxusembryonen von der Gastralfläche aus suchen werden, welche doch außerordentlich wünschenswerth wären um sich ein Ur- theil über seine Ansichten von der Gastrulaschließung zu bilden. Während einige Gastraeatiker, wie z.B. Rasr !, die wichtigste Frage in der Morphologie der Gastrula noch für unerledigt halten, glauben an- dere Anhänger der Theorie, wie z. B. die Gebrüder Herrwıe, dass sie »uns für den zweiblätterigen Zustand des Keimes volles Verständnis er- rang«2. An diesem Glauben festhaltend, erachteten sie wahrscheinlich es auch für unnöthig eine genauere Auskunft über die Gestalt und Schließung des Blastoporus bei den von ihnen untersuchten Chaetogna- then zu geben, obwohl dieser Punkt unstreitig die wichtigste von KowA- LEVSKY und BürschLı in ihren Untersuchungen dieser Thiere gelassene Lücke bildet. Unter den Abbildungen über die Sagittaentwicklung, von denen viele uns um keinen Schritt weiter führen, findet man bei O. und R. Herrwıc keine einzige, auf welcher der ganze Blastoporus zu sehen wäre. Aus diesem kurzen Überblicke ist wohl genug zu ersehen, dass die Morphologie des so wichtigen Embryonalstadiums, wie es die Gastrula ist, noch weit entfernt ist vollständig aufgeklärt zu sein. So lange dies aber der Fall ist, bleibt es unmöglich, sich einen Begriff über die phyloge- netische Bedeutung dieser Embryonal-, resp. Larvenform zu machen. Aus diesem Grunde habe ich eine Reihe Beobachtungen unternommen, wobei ich natürlich den möglichst ursprünglichen Gastrulaformen, d.h. den sog. Archigastrulae, vor Allem meine Aufmerksamkeit widmen musste. Zunächst habe ich die Gastrula der Echiniden untersucht, aus dem Grunde, weil die Echinodermengastrula in mancher Hinsicht ganz besonders typisch erscheint. Aus dem Wurmtypus wählte ich verhält- nismäßig so ursprüngliche Formen wie Lineus, Polygordius, Phoronis und ging dann zu einfachen Ascidien über, deren Gastrula bereits mehr- mals untersucht worden ist. Die Untersuchungen sind zum größten Theile auf der zoologischen Station in Neapel im Winter 1880, zum Theile aber (Lineus) in Messina und (Polygordius) in Odessa angestellt worden. Ich gehe nun zur speciellen Darstellung meiner Ergebnisse über, wobei ich mit Echinus miliotuberculatus beginne. Über die Entwicklung dieser Echinide (freilich unter dem Namen Echinus miliaris) hat im Jahre 1 Über die Entwicklung der Tellerschnecke. Morphol. Jahrbuch. Bd. V. 1879. p. 607. 2 Die Coelomtheorie. Jenaische Zeitschr. Bd. XV. 1881. pe. F 90* 294 Elias Metschnikoff, 1879 Serenka ! berichtet, ohne auf die uns hier besonders interessirende Hauptfrage des Blastoporus speciell Rücksicht genommen zu haben. Die erste Differenzirung der Keimblätter beginnt bei dem genannten Seeigel, wie bei so vielen anderen Thieren, mit einer Verdickung der unteren Blastodermzellen, welche in Gestalt verlängerter mehrseitiger Prismen erscheinen und ganz allmählich in kürzere Elemente des übrigen Blasto- derms übergehen. Bevor nun die verdickten Zellen sich einzustülpen anfangen, erzeugen sie bekanntlich eine Anzahl Wanderzellen, welche zum größten Theile die spätere Cutis liefern ? und als Mesoderm- oder Mesenchymzellen in Anspruch genommen werden. SELENKA behauptet, dass diese Zellen in Form von zwei Zellenhaufen durch Theilung der verdickten Blastodermzellen entstehen und auch auf einigen späteren Stadien ihre ursprüngliche Symmetrie zum großen Theile bewahren. Meine Erfahrungen stimmen mit diesen Angaben in so fern nicht überein, als sie lehren, dass eine solche Symmetrie und Regelmäßigkeit der ersten Mesodermanlage nicht vorhanden ist. Auf dem ersten Stadium, wo ich die Mesodermzellen als abgesonderte Elemente wahrnahm (Fig. 1), bil- deten sie einen Haufen verschiedenartig geformter Zellen, welche noch nicht in die Segmentationshöhle hervorragten und keine Spur einer sym- metrischen Anordnung zeigten. Auf etwas späteren Stadien lösen sich, unter Zunahme ihrer Anzahl, die Mesodermzellen immer auffallender von den sie umgrenzenden verdickten Blastiodermzellen los und erscheinen nunmehr (Fig. 2, 3) als ein gesonderter Zellhaufen im Inneren der Seg- mentationshöhle. Bei Durchmusterung von hunderten solcher Stadien findet man wohl einige wenige Exemplare mit paariger Anordnung der Mesodermelemente; jedoch bilden solche Individuen eine Ausnahme von der Regel, welche ich an mehreren Serien festgestellt habe. Auf welche Weise sich die ersten Mesodermelemente bilden, d. h. ob sie durch Quertheilung der verdickten Blastodermzellen entstehen, oder ganze ein- gewanderte Zellen repräsentiren, konnte ich nicht entscheiden. Die von SELENKA beschriebene trichterförmige, sich dann verlängernde Spalte im verdickten Blastodermtheile habe ich wohl gesehen, konnte mich aber nicht von ihrem Zusammenhang mit der vermeintlichen Symmetrie der Mesodermanlage überzeugen. Wenn ich hier die zuerst sich differenzirenden Wanderzellen gleich- gültig als Mesoderm- oder Mesenchymelemenie bezeichne, so geschieht es aus dem Grunde, weil ich mich nicht der Ansicht der Gebrüder HErT- wıg anschließen kann, nach welcher Mesoderm und Mesenchym » zwei 1 Keimblätter und Organanlage der Echiniden. Diese Zeitschrift. Bd. XXXIH. 1879. p. 39 ff. ?2 Man vgl. darüber den Zool. Anzeiger 4884. Nr. 78. p. 141. Vergleichend-embryologische Studien, 295 ganz verschiedene Bildungen« repräsentiren sollen 1. Ohne hier in eine Kritik der Coelomtheorie einzugehen, willich bloß ein Paar Bemerkungen einschalten, welche nothwendig sind, um meinen Standpunkt zu recht- fertigen. Faktisch sind die beiden Dinge bei einer ganzen Reihe Em- bryonalformen (so z. B. bei den Embryonen vieler Anneliden, Arthro- poden und Vertebraten) von einander nicht zu trennen; principiell dür- fen sie auch nicht für etwas ganz Verschiedenes angesehen werden. Wenn man dem vollkommen richtigen Principe der Gebrüder Herrwie treu bleiben will,dem Principe, nach welchem »um in die Processe, welche den Aufbau der Organismen bedingen, einen Einblick zu gewinnen, man immer gut {hun wird, da zu beginnen, wo sie in ihrem ersten Auf- treten und in ihrer ursprünglichen Einfachheit zu beobachten sind, wo sie sich, man möchte fast sagen, vor den Augen des Beobachters ab- spielen« (Coelomtheorie, p. 2), so muss man unbedingt mit den ein- fachsten Metazoen, den Spongien, anfangen, einer Thiergruppe, welche auffallenderweise von den Gebrüdern Herrwie vollständig ignorirt wird. Bei den Schwämmen sehen wir selbst bei ausgewachsenen Formen einen Übergang abgelöster Entodermzellen in wandernde Mesenchymelemente sich vollziehen, welch letztere wiederum zum Geißelepithel der Gastrovas- cularkanäle sich umbilden können ?. Diese Kanäle, die man allgemein mit dem »Entoderm« ausgekleidet denkt, können aber nach den Ansichten der Gebr. Herrwie als Urzustände ihres wahren Mesoderms aufgefasst werden. Bei Echinodermen sind ja die Mesenchymzellen auch nichts An- deres als abgelöste Theile der gemeinschaftlichen Anlage des Ento- und Mesoderms (im Sinne der Gebr. Herrwıg). Der ausschließlich histologische Standpunkt der Gebr. Herrwıc und der von ihnen angenommene »ausge- sprochene Gegensatz« »zwischen zwei verschiedenen Gewebsformen, dem Epithel und dem Mesenchym« (a. a. O. p. 78) kann bei der Betrachtung einfachster Zustände des Mesoderms eben so wenig durchgeführt werden, wie etwa der Unterschied zwischen knorpeligen, einen soliden Strang bildenden Entodermzellen der Hydroidtentakeln und den, einen Kanal auskleidenden epithelialen Entodermzellen der Tentakeln vieler Medusen. Hier muss ich auch den von Barrour ? gemachten Einwand wiederholen, dass selbst die Entodermanlage nicht selten aus mesenchymartigen Zellen zusammengesetzt erscheint, ohne den ihr so eigenen epithelialen Cha- rakter zu zeigen. Ungefähr zwanzig Stunden nach der Befruchtung beginnt die Inva- gination, in welcher ein Theil der verdickten Blastodermzellen des un- ! Die Coelomtheorie. Jenaische Zeitschr. Bd. XV. 4884. p. 120. 2 Man vgl. diese Zeitschr. Bd. XXXII. p. 375 ff. 3 Handbuch der vergl. Embryologie. Bd. II. p. 322. 296 Elias Metschnikoff, teren Larvenabschnittes die Rolle spielt. Anfangs ist die ganz seichte Grube von der Gastralfläche aus noch nicht zu sehen; erst wenn die Einstülpung tiefer geworden ist, kann man den Blastopor unterscheiden, welcher mehr oder weniger regulär kreisförmige Konturen zeigt (Fig. 4)1. Der Durchmesser des Blastopors gleicht ungefähr einem Drittel des Durch- messers des unteren ebenfalls kreisförmigen Larventheiles. Mit der wei- teren Entwicklung nimmt der Blastopor allmählich an Größe ab, wobei er seine ursprüngliche Gestalt und centrale oder subcentrale Lage behält, was darauf hindeutet, dass die Blastoporränder ganz gleichmäßig wachsen. Nachdem der invaginirte Entodermsack sich ungefähr bis zur Mitte der Gallerthöhle emporgehoben hat, fängt die Larve an ihren radiären Bau- plan in einen doppelt symmetrischen umzuändern. Der letztere wird durch eine ziemlich starke Krümmung des oberen Larventheiles (Fig. 9) hervorgerufen, wodurch zuerst eine (den künftigen Mund beherbergende) Bauchfläche von einer etwas mehr gewölbten Rückenfläche unterschieden wird. Die Bilaterie wird noch durch den Beginn von Skelettausschei- dung erhöht, welche, wie ich hier beiläufig erwähnen will, im Inneren von Mesodermzellen erfolgt (Fig. 9—11). Etwas später neigt sich der Entodermsack gegen die obere Partie der Bauchfläche (Fig. 12) zu, wo- durch eine bilaterale Lage dieses Organes zu Stande kommt. Der Blasto- por behält dagegen die dem radiären Bauplan entsprechende Bildung, indem er seine kreisrunde Form noch schärfer als früher aufweist, ob- wohl er noch bedeutend an Größe abnimmt. Seine Verkleinerung schreitet auch auf weiteren Stadien immer fort, so dass er bei der auf der Fig. 13 abgebildeten Larve kaum ein Drittel seines ursprünglichen Durchmessers behält. Er wird bekanntlich zum After, so dass wir hier ein typisches Beispiel der sog. analen Gastrula vor uns haben. Die Mund- öffnung (Fig. 13 0) ist so weit vom Blastopor entfernt und die Stelle, an welcher dieselbe entsteht, wird so früh markirt, dass an eine Zusam- menstellung derselben mit einem Theile des ursprünglichen größeren Blastopors gar nicht zu denken ist. Die Theorie des schlitzförmigen Blastopors kann somit bei unserem Thiere keine Anwendung finden, trotzdem dass die Larve ziemlich früh ihre doppelt symmetrische Gestalt erhält. Wenden wir uns nun zum Typus der Würmer. Harschek ? glaubte bei Lumbricus eine »ziemlich unverfälschte (primäre)« Gastrulabildung ! Ich muss hier ein für alle Mal bemerken, dass diese, so wie sämmtliche übrigen Abbildungen mit dem Prisma gezeichnet wurden, wobei besonders auf die detail- lirte Genauigkeit der Konturen Rücksicht genommen wurde. 2 Beiträge zur Entwicklungsg. u. Morphol. d, Anneliden. Wiener Sitzungsber. 1877. p. 448. Vergleichend-embryologische Studien. 397 gefunden zu haben, welche er auch als Basis seiner oben erwähnten Theorie ansieht. Indessen trägt die ganze Entwicklungsgeschichte der Regenwürmer so auffallende Zeichen einer adaptiven Verkürzung, dass man kaum die Meinung HarscHer’s annehmen kann. Die inäquale Fur- chung, die Abwesenheit einer Metamorphose weisen schon deutlich auf das Eintreten sekundärer Entwicklungsverhältnisse hin und genügen, um anderen Anneliden mit einem, verlängerten Entwicklungscyklus den Vor- zug zu geben. In dieser Beziehung habe ich große Hoffnungen auf solche primitive Anneliden gesetzt, wie Polygordius, und glaube darin mich nicht geirrt zu haben. Die Eier dieser Thiere (ich meine unsere pontische Form P. flavocapitatus) durchlaufen eine regelmäßige Dotterzerklüf- tung, welche zu einer Blastula und dann zu einer Invaginationsgastrula hinführt; noch im Blastulazustande beginnt das Larvenleben, welches sich dann in einer eigenthümlichen Trochophoraform offenbart!. Nach- dem ein Theil der Blastodermzellen sich stark verdickt hat, beginnt de- ren Einstülpung ins Innere des Embryo; die Invaginationshöhle ist An- ' fangs sehr gering und trotzdem sind deren Ränder sehr scharf markirt, so dass man mit bester Klarheit den Blastopor untersuchen kann. Bei Betrachtung von der Gastralfläche erscheint derselbe in Form eines cen- tralen Kreises, dessen Durchmesser etwas unter dem Drittel des gan- zen Durchmessers des Embryo steht (Fig. 42). Die Ähnlichkeit einer solchen Gastrula mit der oben beschriebenen Echinuslarve (man vgl. die ı Fig. 42, 43 mit Fig. 4, 5) ist ganz besonders auffallend. In beiden Fällen ‚ haben wir nach dem radiären Bauplane konstruirte Gastrulae mit kreis- ‚ rundem centralen Blastopor und drei Schichten. Bei Polygordius befin- den sich nämlich in der Segmentationshöhle einzelne isolirte Zellen, welche die ersten Mesodermelemente darstellen und, wie RrpIAcuorr be- ‚ reits angedeutet hat, höchst wahrscheinlich aus dem Entoderm ihren Ursprung nehmen. Die Unterschiede zwischen beiden Gastrulae sind ‚sämmtlich quantitativer Natur. Bei Echinus ist die Segmentationshöhle (der sog. Gallertkern) bedeutend größer, der Entodermsack dagegen ver- ‚ hältnismäßig kleiner, als bei Polygordius ; beim ersten flimmert das ganze ‚Ektoderm, beim letzteren nur ein Theil desselben. Nicht bedeutsamer ‚ist der Unterschied, welcher darin besteht, dass die Polygordiusgastrula ‚die Eihülle behält, welche in der Gegend des Blastopors eine uhrglas- ‚lörmige ve zeigt (Fig. 43 c). Bei weiterer Entwicklung nimmt | ‚die Gastrula unserer Annelide eine mehr verlängerte Gestalt an, wobei | ! Über die Embryologie des Polygordius flavocopitatus siehe die Mittheilung ı RepiacHorr's im Zool. Anz. 4881. Nr. 94. p. 518. Die Angabe, nach welcher dieser "Wurm keine Metamorphose durchlaufen soll, und aus dem Gastrulazustande direkt \ in ein wurmförmiges Stadium übergehe, Beruhr auf einem Irrthum. | 298 Elias Metschnikofl, der Entodermsack sich auf gewöhnliche Weise vertieft (Fig. 44), unter allmählicher Verkleinerung des Blastopors. Der letztere behält übrigens seine reguläre kreisrunde Gestalt bei oder wird etwas oval, in Überein- stimmung mit dem radiären Bauplane der ganzen Larve. Auch in späte- ren Stadien schließt sich der Blastopor nicht, sondern erhält sich, wird aber ins Innere des Larvenkörpers versenkt, was als Folge einer Neu- bildung des Oesophagus zu Stande kommt. Das letztgenannte Organ ist ektodermalen Ursprungs und bildet einen geräumigen trichterförmigen Körper, welcher nach außen durch eine große ebenfalls kreisrunde oder etwas ovale definitive Mundöffnung mündet (Fig. 45 oe). Zur Zeit der Oesophagealeinstülpung verliert die Larve ihre ursprüngliche radiäre Körperform und wird nunmehr ausgesprochen doppeltsymmetrisch. Der letztere Bauplan wird sowohl durch die Gestalt des gesammten Körpers, als auch (und zwar in noch stärkerem Grade) durch die Verschiebung des Entodermsackes (Mitteldarmes) dokumentirt, welcher sich an das Ektoderm anlegt. Die durch Zusammenziehung ihrer Ränder verschließ- bare Mundöffnung behält noch die Lage am unteren Körperpole der Larve, welche mit pfeilschneller Geschwindigkeit im Wasser umhersch wimmt. Der Darmkanal bleibt einige Zeit blindgeschlossen, um später einen kur- | zen mit einer Afteröffnung mündenden Hinterdarm zu erhalten. So ähnlich die Gastrula des Polygordius mit der Echinidengastrula auf den ersten Stadien auch war, so verschieden erweist sich nunmehr das Schicksal ihrer Theile. Während wir bei Echinus eine typische ra- diäre anale Gastrula sahen, bekommen wir bei Polygordius eine eben so typische und radiäre, aber eine orale Gastrula. Es wird wohl kaum mög- lich sein einmal den Nachweis zu liefern, dass die in allgemeinen Zügen beschriebene Polygordiusgastrula eine sekundärere Form als etwa die Gastrula der Lumbriceinen oder vieler anderer Polychaeten darstellt, resp. dass die radiäre Form der Polygordiusgastrula eine sekundäre aus einer ursprünglicheren bilateralen Gastrula abgeleitete ist. Ich glaube vielmehr annehmen zu können, dass wir hier eine verhältnismäßig pri- mitive Embryonalform vor uns haben, von welcher sich die charakter- istischen Eigenthümlichkeiten anderer Annelidengastrulae durch sekun- däre Anpassungsvorgänge ausgebildet haben. So meine ich, dass unter Anderem auch der große schlitzförmige Blastoporus eine später erworbene Eigenschaft der Annelidengastrulae darstellt, welche vielleicht im Zusam- menhange mit der vorzeitigen Differenzirung der Bilaterie und eines mäch- tigen Entoderms entstanden ist. Einen solchen Blastoporus hat z. B. Grarp! | ——— 1 Note sur l’embryogenie de la Salmacina Dysteri. Comptes rendus de l’Acad. | d. Sciences 47. Janvier 1875. p. 2669. Vergleichend-embryologische Studien. 299 bei Salmacina Dysteri, RepıacHorr ! bei Saccocirrus, GöTTE? bei Nereis beschrieben und er ist auch für Oligochaeten wohl als Regel anzu- sehen; das sind aber lauter Formen, welche jedenfalls in Bezug auf die Ursprünglichkeit mit Polygordius nicht konkurriren dürfen. Eine Schizogastrula ist ferner bei Nematoden (Görtz), Brachiopoden, Gastero- poden, Crustaceen und Insekten beschrieben worden, also auch bei Thieren, welche phylogenetisch nicht so tief als Polygordius stehen und welche bei Weitem nicht einen so ausführlichen Entwicklungscyklus durchlaufen, als die genannte Annelide. Die Resultate, welche aus der Gastrulation des Polygordius hervor- gehen, werden noch verstärkt durch die Thatsachen, welche uns die Betrachtung der niederen Würmer liefert. Wenn wir von den Formen mit inäqualer Furchung (wie z. B. den Dendrocoelen) absehen, in der Furcht hier zu viele sekundäre Erscheinungen anzutreffen, und uns nur an die Turbellarien mit regulärer (primordialer) Furchung, einer Blastula- bildung mit Segmentationshöhle, einer reinen Invaginationsgastrula wen- den, so müssen wir an erster Stelle die Nemertinen mit Pilidiumbildung herbeiziehen. Da meine früheren Angaben über die Entwicklung von Lineus lacteus® nicht vollständig genug waren um über die Frage des Blastopors eine genaue Auskunft zu geben, so habe ich die Entwicklung desselben Thieres von Neuem untersucht. Zu dem früher von mir über die Beschaffenheit der Eier Gesagten muss ich jetzt hinzufügen, dass ‚jedes Ei mit einer Gallerthülle umgeben ist; durch Zusammenkleben ‚solcher Hüllen entstehen bisweilen kleine Eihaufen, welche sich in tiefe ‚ Wasserschichten einsenken. Nach der totalen und regulären Dotterzer- ‚klüftung entsteht eine Blastula mit einer nicht sehr umfangreichen Seg- ‚ mentationshöhle (Fig.15). Die Anfangs ziemlich ungleichmäßigen Blasto- 'dermzellen ordnen sich dann in zweierlei Elemente, wovon die unteren ‚ (Entodermzellen) dicker und größer als die oberen (Ektodermzellen) er- ‚scheinen. In enger Nachbarschaft mit den ersteren befinden sich in der ‚Segmentationshöhle einige Mesodermzellen (Fig. 16—18 m), welche ‚höchst wahrscheinlich (wenn nicht ganz unzweifelhaft) aus den Ento- ‚dermzellen abstammen, eben so wie es bei Echinodermen der Fall ist. ‚Die Blastodermzellen bedecken sich früh mit kurzen Wimperhaaren und ‚die Blastula beginnt ihre Rotationsbewegungen im Inneren der Eihülle. 1 a.a.0.p. 548. 2 Abhandl. zur Entw. der Thiere. 4. Heft. Leipzig 1882. p. 86. | 3 Man vgl. meine Studien über die Entwicklung der Echinodermen und Nemer- ‚tinen. M&m. de l’Acad. des Sciences de S. Petersb. Bd. XIV. Nr. 8. 4869. p. 49. ‚Die dort beschriebene Nemertine ist Lineus lacteus, eine bei Messina recht häufige ‘Thierform. i N {' u H N 300 Elias Metschnikoff, Der Embryo nimmt dann eine charakteristische, auf der Fig. 17 wieder- gegebene Gestalt an, wobei er den radiären Bauplan in prägnantester Weise aufweist. Die untere abgeplattete Fläche eines solchen Stadiums enthält hohe Entodermzellen, welche bald sich einzustülpen anfangen. Nicht selten bricht die Larve bereits auf einem solchen Stadium die Ei- hülle durch und fängt an als freie .Blastula im Wasser umherzuschwim- _ men; häufiger aber bleibt sie längere Zeit in derselben eingeschlossen und schlüpft erst in der Gastrulaform heraus. Die Invagination erfolgt gleichmäßig auf der unteren Fläche der Larve und der Anfangs ziemlich große Blastopor (Fig. 19) weist eine mehr oder weniger vollkommene kreisrunde Gestalt auf; er liegt ganz oder fast ganz central. Die junge Gastrula (Fig. 19—21) erscheint zu dieser Zeit überhaupt in Form eines radiär gebauten Wesens, wenn man von ganz geringen Unregelmäßig- keiten in der Konturirung des Entodermblindsackes absieht. Eine solche radiäre Gastrula zeigt eine große Übereinstimmung sowohl mit der oralen Gastrula des Polygordius, als mit der analen Gastrula des Echi- nus; die Unterschiede erscheinen dagegen in jeder Beziehung unbe- deutend. Nur bleibt die radiäre Gestalt bei Lineus kurze Zeit bestehen und mit jedem Schritte der weiteren Entwicklung tritt die bilaterale Symmetrie immer schärfer hervor. Zuerst offenbart sie sich in der Biegung des Entodermsackes, welche bei der Profilansicht (Fig. 24) auf- fällt; der nunmehr kleiner gewordene Blastopor verändert zugleich seine kreisrunde Gestalt in eine eiförmige (Fig. 22), so dass man an ihm einen spitzen und einen stumpfen Pol unterscheiden kann. Mit der Oeso- phagealeinstülpung wird der zum Mitteldarm gewordene Entodermsack immer weiter verschoben, so dass er an die hintere Körperwand des Pilidium stößt (Fig. 25, 26). Der Blastopor wird durch die Bildung des Oesophagus ins Innere eingezogen und die an seiner Stelle aufgetreiene Mundöffnung nimmt allmählich an Größe zu (Fig. 27). Wir gelangen somit zu den Verhältnissen, welche für Pilidium charakteristisch und zum Theil bereits bekannt sind. Wenn wir die Pilidiumgastrula mit den oben beschriebenen Ent- wicklungsstadien des Polygordius vergleichen, so müssen wir vor Allem eine auffallende Homologie in den Hauptpunkten konstatiren. Die Pili- diumgastrula ist ebenfalls eine Anfangs radiäre, dreischichtige, orale Gastrula, deren Übergang zur Bilateralsymmetrie durch Verschiebung des Entodermsackes zuerst bedingt wird. Man kann wohl annehmen, dass die Polygordiuslarve einen vorübergehenden Pilidiumzustand durch- läuft (Fig.45), welcher u. A. durch einen blindgeschlossenen Mitteldarm charakterisirt wird. Ein ganz ähnliches Stadium kommt auch anderen Thieren zu. So kann ich die von Hartschzk auf seinen Fig. 16—20 ab- Vergleichend-embryologische Studien, 301 gebildeten Pedicellinaembryonen und den auf der Fig. 15 von demsel- ben Autor abgebildeten Embryo von Teredo schlechtweg als Pilidium- zustände dieser Thiere bezeichnen. Daraus folgt, dass Pilidium überhaupt eine sehr alte Larvenform repräsentirt. Wenn ich mich demnach ent- schieden gegen den Versuch Harscnzr’s, Pilidium »auf die Trochophora- form zurückzuführen .«!, aussprechen muss, so kann ich mich der Ansicht BaLrour’s? vollkommen anschließen, dass die Trochophora aus dem Pili- dium abzuleiten ist, und dass die letztgenannte Larvenform überhaupt einen sehr primären und in pbhylogenetischer Beziehung wichtigen Larventypus bildet. Die Gastrulabildung bei Phoronis schließt sich in mancher Bezie- hung an die bei Pilidium wahrgenommenen Verhältnisse an. Die Seg- mentation und Blastulabildung sind in hohem Grade übereinstimmend. Die Zellen einer Hälfte des Blastoderms verdicken sich frühzeitig um die erste Anlage des Entoderms zu erzeugen; die Anfangs ziemlich geräu- ınige Segmentationshöhle reducirt sich dabei auf einen kleinen spalt- förmigen Raum (Fig. 29). Bald darauf fängt die Bildung des Mesoderms an, welche, eben so wie bei anderen bisher behandelten Thieren, in Form einiger wenigen, vom Entoderm abstammenden Zellen entsteht (Fig. 30,34n). Etwas später beginnt die Invagination, welche im An- fange so seicht ist, dass sie von der Gastralfläche gar nicht zu bemerken ist. Nur bei Betrachtung des ovalen Embryo im optischen Längsschnitte (Fig. 34) ist die Einstülpung deutlich zu unterscheiden. Bei genauerer Untersuchung kann man bereits auf diesem Stadium einen doppelt ; symmetrischen Bauplan des Embryo konstatiren. Der Rest der Segmen- ‚ tationshöhle erscheint an einem Ende größer als an dem anderen, wess- ‚ halb am ersteren sich die Mesodermzellen ansammeln (Fig. 31 m). Bei ‚ der weiteren Vertiefung des Entodermsackes wird dieses Verhältnis | v \ I N immer deutlicher, wie es auf den Figuren 32 und 33 wiedergegeben ist. Der Blastopor nimmt aber noch keinen Antheil an dieser doppeltsym- metrischen Bildung, indem er auf einige Zeit die regelmäßige kreisrunde Form behält (Fig. 32). Bald darauf, unter Größenabnahme, wandelt er seine Form in die eines zugespitzten Ovals um (Fig. 34). In passender Lage des Embryo (Fig. 36) kann man eine in Verbindung mit dem Blastopor befindliche longitudinale Furche wahrnehmen, welche zum Hinterende des Embryo hinzieht und sich nur auf das Ektoderm be- ‚ schränkt. Diese Furche erhöht den bilateralen Bauplan des .Embryo, , erscheint indessen als eine vergängliche Bildung, welche man auf spä- | | | | | | | teren Stadien vergebens suchen würde. Die weitere Entwicklung kon- ! Studien zur Entwicklungsgesch. der Anneliden. p. 104. ? Handbuch der vergleichenden Embryologie. Bd. II. p. 334. 302 Elias Metschnikoft, centrirt sich hauptsächlich auf der vorderen oder Kopfregion des Embryo, in welcher sich auch die Leibeshöhle (aus der ursprünglichen Segmen- tationshöhle entstanden) mächtig ausbildet (Fig. 37—39). Der Blastopor verkleinert sich sehr bedeutend und nimmt dabei eine herzförmige Ge- stalt an; seine Konturen bleiben aber nur im hinteren Abschnitte deut- lich erhalten, während vorn sie mehr oder weniger vollständig verloren | gehen. Dieser Umstand ist mit der beginnenden Oesophagealeinstülpung in Zusammenhang zu bringen, welche aber hauptsächlich im vorderen Körperabschnitte erfolgt (man vgl. die Fig. 37 und 39). Auf diesem Stadium ist die oben erwähnte Longitudinalfurche bereits verschwun- den; es hat sich aber dafür in der Nähe des unteren Körperpols auf der Gastralfläche des Embryo eine kleine Öffnung — der After — gebildet (Fig. 38 an). In der Leibeshöhle sind bereits viele Mesodermelemente enthalten, welche an beiden Körperschichten des Embryo haften bleiben, um eine doppelte Mesodermauskleidung darzustellen (Fig. 37—39 m, m’). Die Weiterentwicklung in denselben Richtungen führt zu dem Resultate, dass sich am Kopfende der bekannte schirmförmige Anhang bildet, wel- cher schließlich den letzten Rest des Blastopors vollständig überdeckt (Fig. 40 und 41). Auf diesem Stadium verlässt der Embryo seine Brut- stätte und fängt an als Larve im Wasser frei umherzuschwimmen. Die zu diesem Zwecke erforderlichen Wimperhaare bilden sich indessen schon viel früher, noch während des Gastrulastadiums aus. Die Gastrulation der Phoronis lehrt uns, dass wir hier ein Beispiel einer früheren Differenzirung des bilateralsymmetrischen Bauplanes vor uns haben, als dies bei Echinus, Polygordius oder Lineus der Fall ist. Bei Phoronis sehen wir zum ersten Mal diesen Bauplan noch auf dem frühesten Stadium der Entodermeinstülpung auftreten, so dass wir hier kein Recht mehr haben von einer radiären Gastrula zu sprechen. Be- merkenswerth ist jedoch, dass in der Manifestirung dieses Planes der Blastopor längere Zeit keinen Antheil nimmt, und dass dabei die Haupt- rolle der Lagerung des Entodermsackes zukommt. Indem die Phoronisgastrula dem Typus der dreischichtigen oralen Gastrula anzureihen ist, wird ihre Verwandtschaft mit der Pilidium- gastrula schon an und für sich sehr wahrscheinlich. Aber auch die jüngste Actinotrocha zeigt eine auffallende Ähnlichkeit mit den zum Pili- diumtypus gehörenden Planarienlarven (z. B. Stylochopsis), so dass man sie wohl am besten für eine aftertragende weiter entwickelte Larve dieses Typus ansehen kann. Die von BaLrour! betonte Ähnlichkeit mit | Echinodermenlarven muss dagegen als Folge sekundärer Anpassungen 1 Handbuch der vergleichenden Embryologie. Bd. II. p. 343. Vergleichend-embryologische Studien. 303 ‚ angenommen werden, zumal die Gastrulation eine ganz andere als bei Echinodermen ist. Wenn sich die Phoronisgastrula hauptsächlich durch frühere Bila- . terie von den übrigen hier betrachteten oralen Gastrulae auszeichnet, so ist dieser Unterschied mit der verkürzten Entwicklung jener Thierform ‘in Zusammenhang zu bringen, was jedenfalls auch mit dem späteren " Beginn der freien Metamorphose im vollkommenen Einklange steht. Um die daraus hervorgehenden Folgerungen zu kontirolliren, musste es vor ‚ Allem nothwendig sein, eine sog. Archigastrula bei einem Thiere mit notorisch verkürzter Entwicklung zu untersuchen. Diesen Forderungen ‘schienen mir die Ascidien am besten zu entsprechen, weil es bei ihnen sar nicht zur Bildung einer bewimperten Larvenform kommt. Die Larve schlüpft bereits in einem hohen Ausbildungsgrade aus dem Ei aus, so dass aller Grund vorhanden ist, gerade hier eine abgekürzte Embryo- ‚ nalentwicklung anzunehmen. Aus dieser Gruppe wählte ich die Aseidia mentula, wegen der Durchsichtigkeit und sonstiger guter Eigenschaften ‚ihrer Eier. So vollständig in mancher Hinsicht die Arbeit Kowauevsky’s, » Weitere Studien über die Entwicklung der einfachen Ascidien«!, auch ist, so giebt sie uns doch keine genügende Antwort auf die Frage der ' Ausbildung des Bauplanes und der Gestaltung des Blastopors auf ver- schiedenen Stadien, so dass ich sofort zur Auseinandersetzung meiner ; Beobachtungen übergehen muss. Das letzte Stadium, auf welchem der radiäre Bauplan überhaupt noch wahrzunehmen ist, ist eine Blastula mit verdickter vegetativer ‚ Hälfte, ein Stadium, welches auf der Fig. 46 wiedergegeben ist und welches bis auf die fehlenden Mesodermzellen und Wimperhaare dem ‚ Pilidiumembryo der Fig. 17 entspricht. Die Bilateralsymmetrie erscheint | ‚ noch während des Blastulazustandes auf einem vorgastralen Stadium und wird durch eine bestimmte Anordnung der Entodermzellen dokumentirt ‚ (Fig. 47). Auf beiden Seiten sieht man je ein Paar größerer Zellen her- ‚ vortreten, welche gegen einander konvergiren. Außerdem spricht sich ‚ der bilaterale Bau noch in der unregelmäßigen Krümmung des ganzen ‚ Embryo aus (Fig. 48), so dass man bereits auf diesem Stadium ganz ‚ deutlich den Kopftheil des Embryo, von dessen Schwanztheile, vorn ‚ und hinten, unterscheiden kann. Das nächste Stadium wird dur Ai eine | | | | | ganz seiohte Einstülpung charakterisirt und zeigt dabei eine noch auf- ‚fallendere Bilaterie als früher. Der Kopftheil wird jetzt noch schärfer von dem dünneren Schwanzabschnitte unterschieden und selbst der | ‚ freie Kontur des sich invaginirenden Entoderms zeigt deutlich ganz { Archiv für mikroskopische Anatomie. Bd. VII. 4874. p. 104. 304 Elias Metschnikoff, ähnliche Differenzen (Fig. 50). Die bilaterale Anordnung wird jetzt nicht ” nur an den vier oben erwähnten Zellen, sondern an den meisten die | beiden Schichten zusammensetzenden Elementen wahrnehmbar (Fig. 49): Der ganze Embryo wird in zwei symmetrische Hälften durch eine von Zellgrenzen bedingte Linie zerlegt, auf deren beiden Seiten die Zellen ganz regelmäßige Reihen bilden. Der Blastopor, welcher erst von diesem u Stadium an unterschieden wird, nimmt einen großen Theil der Gastral- fläche ein und zeigt sofort einen vollkommen ausgeprägten bilateralsym- metrischen Bauplan. Er hat im Ganzen eine ungefähr hufeisenförmige Gestalt und ist oben, d. h. in der Kopfregion, scharf rundlich konturirt; | auf beiden Seiten ist er von den vier oben erwähnten größeren Zellen umgeben, unten flacht er sich ganz allmählich ab, so dass seine Kon- turen in dieser Gegend gar nicht hervortreten (Fig. 49). Ein solcher Blastopor, den man übrigens durchaus nicht als einen schlitzförmigen bezeichnen kann, zeigt eine große Formähnlichkeit mit dem mancher Mollusken und Brachiopoden (namentlich mit dem von Argiope nach‘ Kowaevsky). Mit der weiteren Entwicklung der Anlage der Chorda und dem Fortschreiten der Invagination im Zusammenhange steht die Um-' gestaltung des Blastopors, dessen beide Seitenränder gegen einander konvergiren, so dass der Blastopor nunmehr eine herzförmige Gestalt annimmt; dabei nimmt er auch merklich an Größe ab (Fig. 52). Um diesen Vorgang direkt zu beobachten, kann man einen lebenden Embryo unter dem Mikroskope fixiren und die Kontur seines Blastopors von Zeit zu Zeit mit Hilfe des Prisma abzeichnen. Auf diese Weise habe ich zwei, Konturen erhalten, welche auf der Fig. 53 wiedergegeben, und welche in einem Zwischenraum von anderthalb Stunden genommen worden sind. Beim Vergleiche kann man sich leicht überzeugen, dass die Blasto- porränder im Kopftheile und am unteren Pole stärker als von den Seiten wachsen, was auch die weiteren Erscheinungen zur Genüge erklärt. Eine Zeit lang behält der Blastopor noch seine subcentrale Stelle; mit, jedem weiteren Schritte wird er aber immer tiefer nach unten gezogen. Auch bei Ascidia mentula lässt sich, eben so wie wir bei Phoronis ge- sehen haben, eine an den Blastopor stoßende Ektodermfurche wahr- nehmen (Fig. 56 und 58 s), welche bis zum unteren Körperende des Embryo reicht und sich später mit der Neuralfurche verbindet (Fig. 60). Überhaupt sind die geschilderien Embryonalerscheinungen beider ge- nannter Thierformen in mancher Beziehung äußerlich sehr ähnlich; nur die weiteren Phänomene bekunden eine prineipielle Verschiedenheit. So zieht sich bei Phoronis der Entodermsack in den Hintertheil des Kör- pers, bei Ascidia begiebt er sich dagegen in den mächtig entwickelten Kopftheil; während der Blastopor beim letztgenannten Thiere sich in Vergleichend-embryologische Studien. 305 der unteren Körperregion koncentrirt, bleibt er bei Phoronis im Kopf- abschnitte, um in die Pharyngealöffnung überzugehen. Bei seiner Ver- kleinerung verliert der Blastopor unserer Ascidia seine frühere Gestalt und verwandelt sich in eine beinahe kreisrunde Öffnung (Fig. 57, 59), welche als centrale Öffnung in der nunmehr ringförmigen Chorda (Fig. 57 ch) auf einige Zeit bestehen bleibt. Die anwachsenden Ränder der Neuralfurche verdecken sie bald darauf und enthüllen sie den Augen des Beobachters. Von allen geschilderten Gastrulae entspricht diejenige der Ascidien am meisten den Forderungen der Theorie Hatscuer’s, weil wir hier die früheste Ausbildung der Bilateralsymmetrie und den größten und dabei ebenfalls doppeltsymmetrischen Blastopor antrefien. Nur wird wohl kaum Jemand in diesen Erscheinungen nunmehr ein Zeichen ursprüng- licher palingenetischer Phänomene wahrnehmen. Der Vergleich der As- eidiengastrula mit der von Hatscutk selbst geschilderten Gastrulation des Amphioxus wird genügen, um zu zeigen, dass die oben erwähnten Eigen- schaften der ersteren als Folgen einer verkürzten Embryonalentwicklung anzusehen sind. So sehr Harscazk geneigt ist den bilateral-symmetrischen Bauplan der Amphioxusgastrula möglichst früh zu erkennen, so kann er denselben doch nur nach dem zweiten Gastrulastadium konstatiren ; der Blastopor bleibt aber auch dabei noch längere Zeit gleichmäßig oval, d. h. zweistrahlig. Die erste Schlussfolgerung, die ich hier notiren muss, ist die, dass die von Harckeı angenommene Identität der sog. Archigastrulae (Gastraeatheorie p. 20 und 154) in der Wirklichkeit nicht existirt. Die oben beigebrachten Thatsachen haben dies bereits genügend nachge- wiesen. Ferner muss ich hervorheben, dass die Annahme, eine Archi- gastrula müsse unbedingt zweiblätterig sein, ebenfalls zu verwerfen ist. Wir haben verhältnismäßig sehr primitive Archigastrulae gesehen, wel- che noch während des Blastulastadiums bereits einige Mesodermzellen besaßen. Zweiblätterige Archigastrulae sind überhaupt ziemlich selten: außer solchen Thieren, deren Mesoderm ausschließlich durch Faltung des Entoderms entsteht (wie Amphioxus, Brachiopoden, Sagitta), findet man eine solche Gastrula noch bei den Coelenteraten, wie Acalephen und Actinien, wo das Mesoderm entweder sehr spät oder auch gar nicht erscheint. Es wurde schon oben mehrmals hervorgehoben, dass die Archi- gastrulae nicht nur bei Echinodermen, sondern auch bei den übrigen nie- deren Bilaterien Anfangs radiär gebaut sind. Bei der Ausbildung des dop- peltsymmetrischen Bauplanes manifestirt sich dieser zunächst in der 306 Elias Metschnikoff, Lagerung des Entodermsackes und in der allgemeinen Körperform und erst später wird er auf die Gestalt des Blastopors übertragen. In den Fällen, wo der letztere von Anbeginn bilateral-symmetrisch erscheint, bildet sich dieser Bauplan noch während des Blastulastadiums aus, so dass man eine Regel aufstellen kann, nach welcher der Blastopor erst in zweiter Linie, sekundär, doppeltsymmetrisch wird. Von diesem Gesichts- punkte aus kann man dem geschlitzten großen Blastopor keine palinge- netische Bedeutung zuschreiben und muss ihn als eine embryonale An- passungserscheinung ansehen. | Wenn man somit die radiäre Gastrulaform als die primäre annimmt, so drängt sich uns sofort die Frage auf, ob die äußerlich so ähnlichen Gastrulae der Echinodermen und niederer Würmer (Lineus, Polygordius) als wirklich homologe zu betrachten sind. Einer Beantwortung im posi- tiven Sinne folgt die Nothwendigkeit, den After der Echinopaedien für das Homologon der Pharyngealöffnung der Würmer zu halten, was jeden- falls außerordentlich riskirt ist!. So kühne Annahmen würden nur dann zulässig sein, wenn die Gastraeatheorie uns in jeder anderen Beziehung den Schlüssel zum Verständnis morphologischer Probleme abzugeben im Stande wäre. Dies ist aber entschieden nicht der Fall. Ich habe bereits mehrmals hervorgehoben, dass die Theorie einer Invaginationsgastrula uns bei der Betrachtung der Embryonalerscheinungen niederster Me- tazoen im Stiche lässt. Die für die niedersten Schwämme (Halisarca und Ascetta) und Hydromedusen (Eucope, Obelia, Tiara, Zygodactyla u.a.) charakteristische Entodermbildung durch Auftreten einzelner Zellen in der Segmentationshöhle, welche zunächst ein solides Parenchym er- zeugen und erst in zweiter Instanz eine epithelartige Entodermschicht bilden, ein Modus, welchen man als Parenchymulabildung durch Migra- tion bezeichnen kann, kann unmöglich als eine Verkürzung des Invagi- nationsprocesses angesehen werden. Abgesehen davon, dass diese Zellen- migration faktisch eine längere Zeit als die Invagination in Anspruch nimmt, ist auch der ganze Vorgang unsireitig ein ausführlicherer zu nennen. Dagegen kann die Entodermbildung durch Invagination, welche bei den höheren Coelenteraten (Acalephen, Actinien, z. Th. Ctenophoren) vorkommt, ganz ungezwungen als ein abgekürzter Process aufgefasst werden. Im letzteren Falle? wird der Entodermsack nicht nur auf ein- 1 Absichtlich werden hier die Mollusken vermieden, weil die widersprechen- den Angaben von R. LAnkEster und BürschLı einerseits und RAsL andererseits eine erneute Untersuchung der Paludinaentwicklung wünschenswerth machen. 2 Da ich meine Beobachtungen über die Entodermbildung der Coelenteraten erst später zu publiciren hoffe, so verweise ich einstweilen auf die russische Ab- handlung von KowALEvskY aus dem Jahre 4873, wo man den Migrationsprocess bei Vergleichend-embryologische Studien. 307 mal gebildet, sondern es wird das Parenchymulastadium einfach über- sprungen und die Gastralhöhle durch Invagination gebildet. Da wir keinen Grund häben die Entodermbildung durch Migration als eine se- kundäre caenogenetische Erscheinung zu betrachten, müssen wir ihr unbedingt einen Platz geben bei jedem Versuche, die ersten Embryonal- vorgänge zu erklären. Die echte Delamination, wie sie bei den meisten Hydropolypen, Siphonophoren und so vielen Schwämmen vorkommt, kann schon eher als das Resultat einer gewissen Abkürzung des ursprüng- licheren Migrationsprocesses aufgefasst werden, was noch im höheren Grade auf die typische Invagination anzuwenden ist. Wenn Barrour ! behauptet, dass »die Abspaltung in einigen Fällen wenigstens sekundär aus der Einstülpung sich entwickelt habe«, so muss man nicht außer Acht lassen, dass er solche Fälle nicht aus dem Bereiche der Schwämme oder Cniden, sondern aus dem Gebiete der Brachiopoden (Thecidium) und Ne- mertinen citirt. Nun sagt aber Kowauzvsky? selbst, dass er den Ursprung der Entodermzellen bei Thecidium nicht verfolgt hat und es genügt, einen Blick auf seine Abbildungen (Taf. III, Fig. 6—8) zu werfen, um sich zu überzeugen, dass die Entodermbildung bei diesem Brachiopoden noch lange nicht aufgeklärt ist. In noch höherem Grade muss dasselbe über die Angaben der Delamination bei Nemertinen (Tetrastemma) gesagt werden, welche wahrscheinlich auf ungenügender Beobachtung beruhen, was hier um so begreiflicher wird, als die direkte Nemertinenentwick- lung zu den schwierigsten Kapiteln der Embryologie gehört. Ich erlaube mir, als Vermuthung auszusprechen, dass bei erneuten Beobachtungen der Entodermbildung bei Thecidium und Tetrastemma (welche im In- teresse der vergleichenden Embryologie ganz besonders wünschenswerth wären) ein Gastrulastadium aufgefunden wird. Die neuerdings von Arostorives? behauptete Delamination bei Ophiothrix beruht wahr- scheinlich auf einer Verwechselung des Mesoderms mit dem Ento- derm. Um der Gastraeatheorie treu zu bleiben, muss man also behaup- Obelia (Eucope polystyla) mit der Invagination bei Acalephen, Actinien und Cerean- thus vergleichen kann. ! Handbuch der vergleichenden Embryologie. Bd. II. p. 304. ? Siehe dessen Abhandlung über die Entwicklung der Brachiopoden im XIV. Bande der Nachrichten der Moskauer Gesellschaft. 1874. p. 44, 45. ® Anatomie et developpement des Ophiures. 4884. p. 72ff. Wenn ich mich gegen die Annahme einer Delamination bei Ophiotrix ausspreche, so muss ich ArostoLipes vollkommen beistimmen, wenn er gegen meine frühere Angabe be- hauptet, dass bei den Embryonen von Amphiura squamata ein Hinterdarm nebst After vorkommt. Ich habe selbst diese Bildungen bei einer erneuten Untersuchung des Gegenstandes beobachtet. Zeitschrift £. wissensch. Zoologie. XXXVII. Bd, 24 308 Blias Metschnikoff, ten, dass der Wurmkopf dem Hinterende der Echinodermenlarve mor- phologisch entspricht, ferner, dass die Entodermbildung niederster Metazoen und die bei ihnen so häufige Parenchymula unerklärliche Er- scheinungen sind, denen man keine phylogenetische Bedeutung zuschrei- ben darf. Die niedersten Würmer, d.h.die parenchymatischen Turbellarien (die sog. Acoela) muss man nach dieser Theorie als rückgebildete Nach- kömmlinge solcher Thiere ansehen, welche ein ausgebildetes Darmlumen besaßen, obwohl bei jenen kein Parasitismus oder festsitzende Lebens- weise, d. h. die bekannten Ursachen einer Degeneration, vorkommen. Alle diese Schwierigkeiten können leicht überwunden werden durch die Annahme, dass die Gastraea nicht die ursprünglichste Metazoenform darstellt, sondern dass sie einen späteren Zustand repräsentirt, welcher auf Metazoen ohne Darmlumen und mit einem inneren verdauenden | Parenchym (Meso-Entoderm) folgte. Von diesem Gesichtspunkte müssen die Parenchymlarven der Spongien und Hydroiden, so wie die niedersten darmlosen Turbellarien für nahe Verwandte unter sich und auch für die phylogenetisch ältesten Metazoen angesehen werden. Erst später bilde- ten sich aus ihnen höhere Thierformen mit einem differenzirten Darm- kanale, etwa wie die heutigen Hydropolypen, deren Ontogenie die wichtigsten phylogenetischen Phasen (Migration der Entodermzellen, Bil- dung des soliden Parenchyms und spätere Ausbildung eines Darmlumens, resp. Mundöffnung) wiederholt. Die einfachsten Hydroiden, wie die Protohydra!, entsprechen am meisten der hypothetischen Gastraea, ob- wohl sie nicht niedriger und primitiver organisirt sind als die Schwämme oder Acoela. Durch abgekürzte Entwicklung erschienen die Hauptmerk- male solcher Hydroiden immer früher im Laufe der Ausbildung, was zu | einem ontogenetischen Gastrulastadium führte. Wie ein solches ent- stehen konnte, hat Ray Lank£ster ausführlich dargelegt?. Durch die Ten- denz der möglichst frühzeitigen Differenzirung stark ausgebildeter Organe (das frühe Auftreten der Gephalopodenaugen, der Wirbelthierchorda etc.) kann die immer frühere und raschere Ausbildung des Entoderms im | Kreise der Metazoen erklärt werden, was jedenfalls einen großen Ein- | fluss auf den Process der Gastrulation ausüben musste. So sehen wir Gastrulae mit einem enormen Blastopor entstehen (Ascidien, Mollusken, ; Insekten), welche, wie oben bemerkt wurde, am leichtesten als em- bryonale Anpassungserscheinungen begriffen werden können. Von die-' | | 1 Die von GrErFF entdeckte Protohydra wurde von mehreren Forschern igno- rirt. Dieselbe Thierform ist im vorigen Jahre von Reınnarn bei Odessa gefunden und auch von mir, obwohl außerordentlich selten, beobachtet worden. 2 Notes on Embryology and Classification. Quart. Journ. of Mier. Sc. 1877. p. 410. 1 Vergleichend-embryologische Studien. 309 sem Gesichtspunkte aus können auch solche Vorkommnisse erklärt wer- den, wie das Auftreten mehrerer Gastrulastadien während der Entwicklung einer und derselben Thierform. In letzterer Zeit hat sich wirklich ein embarras de richesse von Gastrulae ergeben. Ich meine nicht nur die Wirbelthiere, wo,wie z.B.beiKnochenfischen, ganz verschiedene Gastrula- bildungen beschrieben worden sind (man vgl. die Angaben Kurrrer’s mit denen anderer Embryologen), oder einige Arthropoden, bei welchen Bırrour (Handb. II, p. 306) sekundäre Gastrulae erwähnt, sondern sogar niedere Metazoen. So besitzen die Acalephen zwei Gastrulastadien. Die erste erfolgt während der Invagination des Entoderms und sie gehört somit zu den frühesten Embryonalstadien; die zweite Gastrula bildet sich nach dem Fesisetzen der Larve zur Zeit der Entstehung des sekun- dären Mundes (Ascula). Ich kann Harcrer nicht beistimmen, wenn er! »die Bildung der sekundären Mundöffnung bei den Discomedusen nicht als eine wirkliche Neubildung, sondern vielmehr als die Wiedereröffnung eines Kanals, der einige Zeit hindurch völlig geschlossen war« betrachtet. Nun ist die Gastrula der Aurelia aurita (derselben Meduse, welche auch HAEcKEL untersuchte) von der Ascula durch ein langes Zwischenstadium getrennt, während welchem die mundlose Planula ein beträchtliches Wachsthum und Ausbildung von Nesselorganen erfährt; in einigen Fällen verschmelzen mehrere Individuen zusammen, um eine neue kolossale Planula darzustellen. Nach dem Festsetzen vergeht auch erst eine (bis- weilen sehr geraume) Zeit, bis sich endlich der Nachmund herausbildet, welcher, wie Hazckeı richtig bemerkt, mit der Stelle des Blastopors über- einstimmt?. Ich sehe demnach keinen Grund, das Vorhandensein einer Mundöffnung während des ganzen Planulastadiums anzunehmen, zumal die mit Mund versehenen Larven anderer Thiere sich während des freien Larvenlebens ganz anders verhalten. Auch muss ich für meine Anschau- ungsweise einen analogen Fall aus dem Gebiete der Kalkschwämme an- führen. Sycandra ist in so fern interessant, als sie uns während ihres Entwicklungscyklus drei Gastrulaformen aufweist: zuert die von F. E. SeuuLze beschriebene Pseudogastrula, dann die Amphigastrula und schließlich die jüngste, mit einem Munde versehene Schwammform (das Vorhandensein von Mesodermzellen kann nicht als Einwand angeführt werden, da solche auch bei anderen Gastrulae vorkommen). Zwischen beiden letzteren Stadien ist ein charakteristischer Zustand eingeschoben, welcher sich durch eine vollkommene Mundlosigkeit auszeichnet; das 1 Metagenesis und Hypogenesis von Aurelia aurita. Jena 1884. p. 12. 2 Ich will hier beiläufig bemerken, dass nach meinen an Beroe angestellten Untersuchungen auch bei diesem Thiere die Lage des Blastopors mit der des künf- ligen Mundes übereinstimmt. 21 * 310 Elias Metschnikofl, Osculum bricht erst lange nach dem Festsetzen, resp. nach der Skelett- bildung durch. Dieses Beispiel zeigt uns noch, dass die oben vermuthete Abkürzung in der Entwicklung sich nicht auf einmal, sondern so zu sagen etappenweise eingestellt hat. Das erste Abkürzungsstadium hat nur die frühzeitige Entodermbildung und dessen Einschließen ins Innere der Larve erreicht. Bei einem solchen Sachverhalte leuchtet es von selbst ein, dass von den mehreren Gastrulae wenigstens eine (oder einige) eine mehr oder weniger rein adaptive Bedeutung hat. Von diesem Gesichts- punkte können die Verschiedenheiten der Gastrulae, welche eine solche Schwierigkeit der Gastraea-Theorie darbieten, als ähnliche embryologi- sche Erscheinungen aufgefasst werden, wie etwa die verschiedene Em- bryonalkrümmung bei so nahe verwandten Thieren, wie Isopoden und Amphipoden. Wenn es bei einigen Thieren zu einer Hypergastrulation kommt, so können andere Thiere als Beispiele der Bildung von Pseudogastrulae, d.h. von Gastrula ähnlichen, aber ihnen durchaus nicht entsprechenden Stadien angeführt werden. So behauptet Köruiker !, dass die von E. van BEDEDEN beim Kaninchen beschriebene Gastrula einem solchen Stadium durchaus nicht entspricht, da das bleibende Ektoderm von dem Ento- derm van BEnEDEN’s abstammt etc. Auch habe ich mich gegen die von E. van BEneDen bei Diceyema angenommene Gastrula ausgesprochen ?, welche höchst wahrscheinlich ebenfalls eine Pseudogastrula repräsentirt. Ein interessantes Beispiel eines solchen Stadiums bieten uns die cyclo- stomen Bryozoen dar. Die von Barroıs bei mehreren Gattungen (Pha- langella, Crisia, Diastopora) beschriebenen Gastrulae sind eben reine Pseudogastrulae, wie ich mich bei der Untersuchung verschiedener Cy- clostomata, namentlich der Discoporella radiata überzeugt habe. Das Entoderm bildet sich viel früher, als dies von BAarroıs 3? angegeben wurde, aus; ich habe dasselbe, allerdings in einem noch wenig entwickelten Zustande, bereits auf dem frühesten von mir beobachteten Embryonal- stadium wahrgenommen (Fig. 61). Bei einem größer gewordenen Em- bryo bilden die Entodermzellen eine ganze Schicht abgeplatteter Zellen (Fig. 62), so dass das betreffende Stadium eine sog. Diblastula reprä- sentirt. Der Zustand, welcher einer wirklichen Gastrulation entspricht, muss also schon früher abgelaufen sein. Eine Hälfte der Diblastula stülpt sich nun in ganz ähnlicher Weise ein, als dies bei der Bildung 1 Die Entwicklung der Keimblätter des Kaninchens. Festschrift. Leipzig 1882. p- 38. 2 Untersuchungen über Orthonectiden. Diese Zeitschrift. Bd. XXXV. 4881. p: 300. 3 Recherches sur l’embryologie des Bryozoaires. Lille 41877. p. 61 ff. Taf. Ill. | | | Vergleichend-embryologische Studien, 311 einer radiären Invaginationsgastrula erfolgt (Fig. 63). Die Einstülpungs- höhle ist Anfangs sehr seicht und der Pseudoblastopor beinahe kreisrund (Fig. 64). Die weiter fortschreitende Invagination übt einen Druck auf das Entoderm aus, so dass die Darmhöhle zu einem spaltförmigen Lu- men wird (Fig. 65). Noch auf diesem Stadium kann man leicht verführt werden den beschriebenen Embryo für eine dreiblätterige Gastrula anzunehmen, obwohl bereits am Grunde der Invaginationshöhle ein verdächtiger Zapfen zum Vorschein kommt. Die Weiterentwicklung des- selben überzeugt uns bald, dass wir es hier mit einem sog. Saugnapfe zu thun haben, einer Bildung, welche bei den Bryozoenlarven überhaupt sehr häufig vorkommt (Fig. 66). Der eingestülpte Sack ist demnach eine Ektodermbildung, welche größtentheils die Saugnapfscheide darstellt und an der Basis den Saugnapf selbst erzeugt. Während des Festsetzens kommt der letztere aus seiner Scheide heraus und dient zur Anheftung der Larve. Der eigentliche Entodermsack bleibt noch längere Zeit ge- schlossen ; bei der fertigen Larve bricht er jedoch durch eine centrale kreisrunde Öffnung durch, so dass wir schließlich eine sekundäre, mit einem Saugnapfe versehene gastrulaähnliche Form erhalten (Fig. 67). Odessa, den 2/14. Mai 1882. Erklärung der Abbildungen. Tafel XIX und XX. Fig. —14 beziehen sich auf Echinus miliotuberculatus. Fig. 4. Ein Stück des unteren Theiles eines Embryo während der ersten Bil- dung von Mesodermzellen. Ocular 3 +4 Syst. 9 (trocken) von HarrtnAck. Osmium- dämpfe. Fig. 2. Ein Haufen Mesodermzellen einer 48stündigen Larve von oben betrach- tet. 3-+- 7. Osmiumsäurepräparat. Fig. 3. Eine Larve 20 Stunden nach der Befruchtung im optischen Längsschnitte. 3 + 7. Osmiumsäure. Fig. 4. Eine ebenfalls 20stündige, aber bereits in der Gastrulation begriffene Larve von der Gastralfläche aus betrachtet. 3 + 5. Nach dem lebenden Objekte. Fig. 5. Dieselbe Gastrula im optischen Längsschnitte. 3 + 5. Nach dem leben- den Objekte. Fig. 6. Ein weiteres Gastrulastadium. Von der Gastralfläche. 3+5. Nach dem lebenden Objekte. Fig. 7. Dasselbe im optischen Längsschnitte. 3 + 5. Nach dem lebenden Ob- jekte. Fig. 8 und 9. Eine etwas ältere Gastrula mit beginnender Skelettbildung. 3 +5, 312 Elias Metschnikoff, Fig. 10. Eine 23stündige Gastrula von der Gastralfläche. 3+5. Nach dem lebenden Objekte. Fig. 44. Eine isolirte skelettbildende Mesodermzelle derselben Larve, 3 + 8. Nach dem lebenden Objekte. j Fig. 12. Dieselbe Larve im optischen Längsschnitte. : Fig. 13. Ein 39stündiger Pluteus zur Zeit der Mundbildung. Das Skelett ist weggelassen. 3 + 5. Nach dem lebenden Objekte. o, Mundbucht. Fig. 14. Die Afteröffnung derselben Larve. 3 + 8. Fig. 15—28 bezieht sich auf Lineus lacteus. Fig. 45. Eine Blastula. 3 -- 7. Osmiumsäure. Glycerin. Fig. 16. Ein weiter entwickeltes Stadium während der begonnenen Mesoderm- bildung (m). 3 + 5. Essigsäure. Glycerin. Fig. 47. Eine Blastula mit verdicktem Entoderm. 3-+5. Osmiumsäure. Glycerin. Fig. 18. Derselbe Embryo von oben. Fig. 19. Ein frühes Gastrulastadium von der Gastralfläche. 3-+5. Osmiumsäure. Glycerin. Fig. 20, Derselbe Embryo im optischen Längsschnitt. Fig. 21. Derselbe Embryo um 900 gedreht. Fig. 22. Eine bilateralsymmetrische Gastrula von der Gastralfläche. 3 + 5. Osmiumsäure. Glycerin. Fig. 23. Dieselbe Gastrula im Frontalschnitte. Fig. 24. Dieselbe Larve im Sagittalschnitte. Fig. 25. Ein zwei Tage altes Pilidium von der Gastralfläche. 3 + 5. Nach dem lebenden Objekte. Fig. 26. Dasselbe Pilidium im Sagittalschnitte. 3 +5. Fig. 27. Ein etwas weiter entwickeltes Pilidium von der Gastralfläche. 3 + 5. Nach dem lebenden Objekte. Fig. 28. Dasselbe Pilidium im Sagittalschnitte. Fig. 29—40 beziehen sich auf Phoronis hippocrepina und sind alle nach Präpa- raten in saurem Karmin und Glycerin bei 3-+5 angefertigt. Die Wimperhaare sind überall weggelassen. Fig. 29. Eine Blastula mit verdickiem Entoderm. Fig. 30. Eine weiter entwickelte Blastula mit Mesodermzellen m. Fig. 34. Das früheste Gastrulastadium. Fig. 32. Eine weiter entwickelte Gastrula von der Gastralfläche. Fig. 33. Dieselbe Gastrula im Sagittalschnitte. Fig. 34. Ein noch älteres Gastrulastadium von der Gastralfläche. Fig. 35. Dasselbe im Sagittalschnitte. Fig. 36. Dasselbe in einer Zwischenlage, um die Furche s zu zeigen. Fig. 37. Ein weiter entwickeltes Stadium mit bereits verstrichener Furche. m, Visceralblatt des Mesoderms; m’, Dermalblatt desselben. Fig. 38. Derselbe Embryo auf 900 um die Längsachse gedreht. an, After. Fig. 39. Derselbe Embryo im Profil. m, m’ wie in Fig. 37. Fig. 40. Eine Larve mit großem Kopflappen von der Gastralfläche. Fig. 44. Eine weiter entwickelte Larve. Fig. 49—45 beziehen sich auf Polygordius flavocapitatus und sind nach mit Osmiumdämpfen bearbeiteten Präparaten dargestellt. Fig. 42. Eine Gastrula von der Gastralfläche. 3 + 9. | | Vergleichend-embryologische Studien. 313 Fig. 43. Dieselbe Gastrula im optischen Längsschnitte. 3 + 9. c, Auftreibung der Eihülle. ; Fig. 44. Eine weiter entwickelte Gastrula mit begonnener Oesophagealeinstül- pung. 3 + 9. Fig. 45. Eine freischwimmende Larve mit eingestülptem Oesophagus oe. 3 +8. Fig. 46—60 beziehen sich auf Ascidia mentula. Sämmtliche Embryonen nach dem Leben bei 3 + 5 (mit Ausnahme der Fig. 53) gezeichnet. Fig. 46. Eine 32zellige Blastula. Fig. 47. Das letzte Blastulastadium mit symmetrischer Anordnung der Zellen, von der Gastralfläche aus. Fig. 48. Dasselbe Stadium im optischen Längsschnitte. Fig. 49. Ein frühes Gastrulastadium von der Gastralfläche aus belrachtet. Fig. 50. Dasselbe im optischen Längsschnitte. Fig. 54. Dasselbe vom hinteren Ende aus betrachtet. Fig. 52. Derselbe Embryo eine viertel Stunde später. Fig. 53. ZweiKonturen des Blastopors einer Gastrula, wovon der zweite (innere) anderthalb Stunden nach dem ersten entnommen wurde. 3 + 7. Fig. 54. Ein weiteres Gastrulastadium mit herzförmigem Blastopor. Fig. 55. Derselbe Embryo im optischen Längsschnitte. Fig. 56. Derselbe in die Lage gebracht um die Furche s zu zeigen. Fig. 57. Ein weiter entwickelter Embryo mit ringförmiger Chorda ch. Fig. 58. Derselbe mit der Furche s. Fig. 59. Das letzte Gastrulastadium mit dem kleinen Blastopor und zwei Reihen von Nervenzellen. Fig. 60. Derselbe Embryo mit der Furche s. Fig. 64—67 beziehen sich auf Discoporella radiata. Fig. 61. Eine Diblastula mit nur wenigen Entodermzellen. 4 + 8. Essigsäure. Fig. 62. Eine weiter entwickelte Diblastula mit großer Gastralhöhle. 3 + 8. Fig. 63. Eine Pseudogastrula im optischen Durchschnitte. 3 — 8. Essigsäure. Fig. 64. Ein weiter entwickeltes Stadium von der Pseudogastralfläche. 3 + 8. Fig. 65. Eine noch weiter entwickelte Pseudogastrula mit tiefer Saugnapfein- stülpung. 3 +7. Fig. 66. Eine frei schwimmende Larve mit entwickeltem Saugnapfe. 3 +7. Fig. 67. Eine festgesetzte Larve mit Mundöffnung und zum Theil ausgestülp- tem Saugnapfe. Ra VEReET > Fr DER “ VHDDSHLER ER RIESTER E kiheie: N ; # Hr, oyaa Sralnbar Sy Über Bau und Entwicklung des Dinophilus apatris. Von Dr. Eugen Korschelt in Freiburg im Br. Mit Tafel XXI und XXI. Schon seit längerer Zeit wurde im Seewasseraquarium des Frei- burger zoologischen Instituts ein fast mikroskopisch kleiner Wurm be- merkt, welcher anfänglich für eine Annelidenlarve gehalten wurde. Bei näherer Untersuchung erwies sich mir derselbe als der Gattung Dinophi- lus angehörig. Da es nun sehr wünschenswerth erschien, über diese wenig bekannte und von den übrigen Turbellarien ziemlich abweichende Gruppe Genaueres zu erfahren, benutzte ich die sich darbietende günstige Gelegenheit, den Dinophilus des hiesigen Aquariums einer eingehenden Untersuchung zu unterwerfen. Die Resultate derselben sind in Folgen- dem zusammengefasst. Ehe ich auf eine nähere Beschreibung des Thieres selbst eingehe, möchte ich einen kurzen Überblick der über Dinophilus existirenden Arbeiten geben. Ich halte dies desshalb nicht für überflüssig, weil_die Gattung Dinophilus ziemlich wenig bekannt zu sein scheint, wie aus ' dem in der neuesten Auflage unseres umfangreichsten zoologischen Lehr- , buches von Craus (5 pag. 440) über Dinophilus Gesagten hervorgeht. I. Zusammenstellung der bereits bekannten und Merkmale der neuen Species. Der Gründer der Gattung Dinophilus ist Oscar Schmidt, welcher | den ersten Dinophilus auf seiner Reise nach den Faröern im Jahre 1848 | auffand (24). Er nannte denselben Dinophilus vorticoides und reihte ihn den rhabdocoelen Turbellarien an, wollte aber für Dinophilus »nicht nur ein neues Geschlecht sondern sogar eine neue Familie« ge- sründet wissen. Zu gleicher Zeit entdeckte auch P. J. van BENEDEN eine Turbellarie, welche er Chloridella benannte (2). Er selbst erklärte die- Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XXXVII. Bd. 323 316 Eugen Korschelt, selbe für identisch mit dem Dinophilus vorticoides, als ihm O. Schnipr's Arbeit zu Händen kam, was allerdings merkwürdig genug erscheint, wenn man die Abbildungen beider Thiere vergleicht. Dieselbe Species, Dinophi- lus vorticoides, wird noch von MERESCHKOWSKY (20) beschrieben, welcher dieselbe im weißen Meere auffand. Seine Species stimmt genau mit der von ScHnmipt beschriebenen überein, während diese beiden in der Kör- perform und Bewimperung mancherlei Verschiedenheit von der belgi- schen Form zeigen. Letztere wird desshalb von MEREScHKoWwsKY als Va- rietas belgica bezeichnet. Im Jahre 1856 entdeckte O. Scumipr im Hafen von Neapel einen anderen, den von ihm als gyrociliatus bezeichneten Dinophilus. Während Dinophilus vorticoides stets roth gefärbt erscheint, ist Dino- philus gyrociliatus gänzlich farblos. Einen anderen Unterschied zwischen beiden Thieren bildet die Vertheilung der Wimpern, die bei Dinophilus gyrociliatus in acht Gürteln um den Körper angeordnet sind (25). Eine ebenfalls farblose Species, Dinophilus sphaerocepha- lus, welche er im Brakwasser in der Nähe von Guayaquil fand, erwähnt a in seinem großen systematischen Werk (23). Er stellt die- selbe zu der Familie der Naiden, führt aber keinen Grund dafür an, ob- gleich ihm bekannt war, dass die Gattung Dinophilus von O. Schmidt zu den Rhabdocoelen, von van BENEDEN zu den Nemertinen gerechnet wurde. Leider fehlt eine Abbildung und die Beschreibung ist ungenügend, doch geht aus ihr hervor, dass auch dieser Dinophilus wie die übrigen äußer- lich segmentirt, so wie mit »Borsten « und Wimperreifen versehen ist. Eine vierte Species bildet der von HaLızz auf der zoologischen Sta- tion zu Wimereux gefundene Dinophilus metameroides (10). Sein Dinophilus unterscheidet sich von den früher bekannten besonders durch den gedrungenen Bau, die stark hervortretende Gliederung des äußeren Körpers, durch die anders vertheilte Bewimperung desselben, so wie durch die Form der Mundöffnung, welche hier einen Längsspalt bildet, während sie bei Dinophilus vorticoides und gyrociliatus einen dreistrahligen Spalt darstellt. Von den beiden letztgenannten Species wurden stets nur Weibchen gefunden, während von Dinophilus vorti- coides alle Autoren beide Geschlechter beschreiben, ein Umstand, auf welchen wir späterhin näher einzugehen haben werden. Diesine führt in seiner Revision der Turbellarien (7) das Plagiosto- mum boreale O. Scummpr's (26) (Vortex vittata von Frey und LEuckART) als Dinophilus borealis an, wofür durchaus kein triftiger Grund vorliegt, da eine Ähnlichkeit dieser Turbellarie mit Dinophilus nicht vorhanden ist. Endlich spricht auch Jensen noch von einem Dinophilus (16), wel- | | | | | N! | 1 | \ Über Bau und Entwieklung des Dinophilus apatris. 317 chem er einen Speciesnamen nicht gegeben zu haben scheint. Die be- treffende Arbeit stand mir leider nicht zu Gebot; aus einer Skizze, wel- che ich von seiner Abbildung dieses Dinophilus erhielt, scheint mir aber hervorzugehen, dass das betreffende Thier kaum der Gattung Dinophilus zuzurechnen ist. Dies würde ein kurzer Überblick des über Dinophilus Bekannten sein; auf Einzelheiten aus den Arbeiten der genannten Autoren, von denen sich übrigens keiner eingehender mit Dinophilus beschäftigt zu haben scheint, werde ich in den einzelnen Kapiteln dieser Arbeit zurück- kommen. Was nun den von mir untersuchten Dinophilus anbelangt, so weicht derselbe in verschiedenen Merkmalen von den bisher bekannten Arten ab. Es muss desshalb für ihn eine neue Species aufgestellt werden, für welche ich, weil die Heimat des Thieres unbekannt ist, den Namen Dinophilus apatris! in Vorschlag bringe. Die charakteristischen Merkmale der neuen Species sind folgende: Am Vorderende des Kopfes stehen vier starke Wimpern, der Körper ist regelmäßig von acht Wim- perringen umgeben, die Bauchfläche ist stets bewimpert, die Mundöff- nung bildet einen dreistrahligen Spalt, der Schwanzanhang ist kurz und ungegliedert. Diese Merkmale gelten nur für die Weibchen, denn diese müssen zur Bestimmung der Species benutzt werden, da die Männchen einiger anderen Arten noch gar nicht bekannt sind, wie wir oben sahen. Da die Männchen (Fig. 3 und 4) des Dinophilus apatris in Körperform und Organisation völlig von den Weibchen (Fig. I, 2 etc.) abweichen, muss ich beide Geschlechter getrennt betrachten und werde erst die Weibchen und sodann die Männchen behandeln. II. Die Weibchen von Dinophilus apatris. 1) Lebensweise. Wie schon oben bemerkt wurde, lebt der Dinophilus apatris im Seewasseraquarium des Freiburger zoologischen Instituts. Die Wände des Aquariums sind dicht mit Algen bedeckt und in diesen hält sich das Thierchen in großer Menge auf. Es scheint sehr geselliger Natur zu sein, denn immer fand ich eine ganze Anzahl der Thiere zusammen, wie dies auch frühere Beobachter angeben. Ihre Nahrung besteht meist aus Dia- tomeen und anderen Algen, doch verschmähen sie auch animalische Kost nicht und halten sich mit Vorliebe in der Nähe verwesender thierischer Substanzen auf. Dies benutzte ich, um mir die Thiere auf bequeme 1 änergıs, einer, der kein Vaterland hat, dessen Vaterland man nicht kennt. 297 318 Eugen Korschelt, Weise zu verschaffen ; ich brachte nämlich einen Regenwurm als Köder an die Wand des Aquariums und schon nach wenigen Tagen fanden sich eine große Menge Dinophili in dessen verwesendem Körper. Eben so fand ich sie oft an den von Actinien ausgeworfenen und nurtheilweise verdauten Stoffen in deren unmittelbarer Nähe. Vielleicht ist hierdurch das von VAN BENEDEN (2) und Harızz (10) angeführte Vorkommen des Dinophilus vorticoides und metameroides an Actinien zu erklären. Harızz fand den Dinophilus metameroides stets an Actinien von gleicher Farbe und macht es wahrscheinlich, dass auch bei den von van BENEDEN auf Actinien ge- fundenen Dinophilus vorticoides dasselbe der Fall war. Er bezeichnet dies als Anpassung » dans un but &vident de protection«. Es scheint mir pun nicht unmöglich, dass Ähnliches auch bei Dinophilus apatris der Fall ist. Die Actinien, für welche das Freiburger Aquarium angelegt wurde und mit denen jedenfalls der Dinophilus apatris in dasselbe gelangte, sind roth gefärbt und mit grünlichen Punkten überstreut, deren Farbe ganz mit der des Dinophilus übereinstimmt. Letzterer würde in Folge dessen an ihnen nur schwer aufzufinden und dadurch vor den Nachstel- lungen anderer Thiere geschützt sein. Demnach wäre also der Dinophi- lus gewissermaßen als Commensale der Actinien zu betrachten. Freilich ist dabei nicht recht einzusehen, wesshalb die Actinien den Dinophilus nicht selbst verzehren sollten, da es ihnen so bequem gemacht wird ; Thatsache ist aber, dass ich sehr oft Dinophili ganz im Bereich der Ten- takeln auffand. Dagegen sah ich direkt am Körper der Actinien keinen Dinophilus, was vielleicht daher rührt, dass sich im Aquarium auch außer den von den Actinien ausgeworfenen Stoffen die Nahrung in Hülle und Fülle findet, während Thiere, die dem Dinophilus nachstellen, nicht vorhanden sind. Letzterer konnte daher ohne Gefahr den beschränkten Kreis in der Umgebung der Actinien verlassen. 2) Die Körperform. In seinem ganzen Habitus gleicht der Dinophilus apatris am meisten dem Dinophilus gyrociliatus. Der Körper ist langgestreckt, nur wenig abgeplattet und sehr kontrahirbar. Seine Länge ist auch bei geschlechts- reifen Thieren ziemlich verschieden. Die größten Weibchen, welche ich auffand, besaßen eine Länge von 1,2 mm. Wie bei den übrigen Species der Gattung Dinophilus kann man auch am Körper des Dinophilus apatris einen Kopf-, Rumpf- und Schwanzabschnitt unterscheiden (Fig. 1). Der Kopf läuft nach vorn konisch zu und zeigt einen vorderen und zwei seit- liche Vorsprünge (lobe median et lobes lateraux von Harızz). Dem Kopfe gehören die beiden Augen und die Mundöffnung an. Zwei Wim- perringe umgeben ihn und am vorderen Vorsprung stehen vier längere UL un Über Bau und Entwicklung des Dinophilus apatris. 319 dicke und dazwischen vertheilt mehrere feine Cilien. Der Rumpf er- scheint in sechs Abschnitte gegliedert, die besonders stark hervortreten, wenn sich das Thier kontrahirt. Mit dem Kopfe ist der Rumpf durch einen schmalen gegen die übrigen Segmente ganz zurücktretenden Ab- schnitt verbunden (Fig. 1 Sg). Die Segmentirung ist, wie dies auch frühere Autoren schon hervorhoben, nur eine äußerliche und übt kei- nerlei Einfluss auf die innere Organisation des Thieres aus. Jedes der scheinbaren Segmente trägt einen Wimperring. Im Rumpfe liegt der ge- sammte Verdauungskanal mit Ausnahme eines kurzen vorderen Theiles. Eigenthümlich geformt ist der hintere Abschnitt des Körpers. Von der Seite gesehen endet derselbe mit zwei Zacken, von denen die obere die Umbiegung der Rückenfläche nach unten, die untere weiter nach hinten reichende die Verlängerung der Bauchfläche darstellt. Zwischen beiden liegt der After des Thieres (Fig. 2 A). Sieht man das Thier vom Rücken aus, so erscheint die obere der beiden Zacken in der Mitte ausgebuchtet, die untere läuft nach hinten spitz zu und wird als Schwanzanhang be- zeichnet (Fig. 1). Derselbe ragt nur wenig unter der Rückenfläche her- vor und ist im Vergleich zu dem entsprechenden Körpertheil der übrigen Dinophili sehr schwach entwickelt, auch fehlt ihm die Gliederung, wel- che bei jenen vorhanden ist. 3) Die Körperbedeckung. Der Körper des Dinophilus apatris ist von einer Epidermis über- deckt, welche aus einer Schicht unregelmäßig polygonaler Zellen besteht. Die letzteren treten bei Behandlung des Thieres mit salpetersaurem Sil- beroxydi, welches aber nur kurze Zeit einwirken darf, deutlich hervor (Fig. 7). Wie in der Form sind die Epithelzellen auch in der Größe sehr verschieden. Sie besitzen einen Kern mit Kernkörperchen, welcher durch Färben mit Pikrokarmin gut erkennbar wird. Nach außen schei- den die Epidermiszellen eine deutliche Cuticula ab (Fig. 17, 21 u. 22). Stäbchen, wie sie Scamivr (24) und Harızz (10) von Dinophilus vorticoides und metameroides beschreiben, finden sich bei Dinophilus apatris nicht. Doch liegen in der Haut desselben, was besonders bei jungen Thieren gut sichtbar ist, eine Menge kleiner runder Körper, wel- che in ihrem Lichtbrechungsvermögen den Stäbchen der Turbellarien gleichen und es scheint mir nicht unmöglich, dass sie diesen ent- sprechen. 1 Ich tödtete die Thiere entweder mit einer 40/yigen Lösung von Osmiumsäure oder mit 1—20/,iger Chromsäurelösung. Für die Färbung ergaben (nach genügender Härtung mit Alkohol) die besten Resultate das WEıGErT'sche Pikrokarmin (VIRCHOW’S Archiv f. path. Anat. Bd. 84) und Alaunkarmin. 320 Eugen Korschelt, An den gefärbten Präparaten finden sich regelmäßig zwischen den Epithelzellen solche, welche alle übrigen an Umfang übertreffen und weniger gefärbt erscheinen als diese (Fig. 17 Kd). Ich. hielt dieselben anfänglich für eine pathologische Erscheinung, bewirkt durch das Ein- dringen von Wasser in die Epithelschicht und glaubte, dass sie identisch seien mit den »wasserklaren Räumen« von Max ScuuLtze (29), deren Entstehung Harıez (11) ebenfalls durch Eindringen von Wasser erklärt. Doch sind diese »wasserklaren Räume« nur an gedrückten Thieren zu bemerken, während sie bei Dinophilus apatris auch an solchen Exem- plaren vorhanden sind, welche keinerlei Druck ausgesetzt waren. Sie finden sich nur an der Bauchseite des Thieres, während sie sich doch eben sowohl an der Rückenfläche bilden könnten, wenn sie durch Auf- quellen der Epithelzellen entständen. Außerdem besitzen sie eine sehr große Ähnlichkeit mit den Klebzellen, welche Lane von Gunda segmen- tata (17, Taf. XIV, Fig. 42) beschreibt. Wie diese zeigen sie einen deut- lichen Kern und erscheinen bald dunkler bald heller gefärbt, was jeden- falls davon herrührt, dass sie einmal ihr Sekret noch enthalten, während sie es das andere Mal bereits entleert haben (Fig. 13). Nach alledem darf man diese Zellen wohl als einzellige in die Haut eingelagerte Drüsen betrachten, zumal sich das Thier selbst an ganz glatte Flächen, wie die Wände eines Glasgefäßes, so fest anzuheften vermag, dass man dasselbe durch einen darüber hinweg geleiteten starken Wasserstrom nicht ent- fernen kann. Eine größere Anhäufung solcher Drüsen findet sich in dem nach unten umbiegenden Ende der Rückenfläche (Fig. 17 Kd), während sie im Übrigen, wie schon früher bemerkt, nur an der Bauchfläche auf- treten. Sie umlagern hier die Ausmündung des Darms und die unter- sten legen sich an ein Bündel von 5 bis 6 flaschenförmigen Zellen an, die in Bezug auf Färbung ganz dasselbe Verhalten zeigen wie die Kleb- zellen und welche ich nach ihrer sogleich noch zu betrachtenden Funk- tion als Spinndrüsen bezeichne (Fig. 2 Spd). Sie liegen im Schwanz- abschnitt (Fig. 2 u. 17 Spd), an welchem man ihre Ausführungsgänge als feine Kanäle zwischen den Epithelzellen nach außen münden sieht (Fig. 4 Spd) und sondern ein zähes farbloses Sekret in dünnen Fäden ab, welche eine bedeutende Länge erreichen können. So hefteten sich die Thiere oft an die Präparirnadel fest und ich konnte sie an dieser ver- mittels Fäden, welche die Länge der Thiere drei-, viermal übertrafen, im Wasser nachziehen. Auf diese Weise fixirt führen die Thiere auch die rotirende Bewegung aus, welche Harızz von seinem Dinophilus me- tameroides beschreibt. Da eine andere Verwendung der vorerwähnten »Klebzellen«, welche die Ausmündung des Darmes umlagern und sich an die Spinndrüsen anlegen, nicht wohl denkbar ist, so glaube ich, dass Über Bau und Entwicklung des Dinophilus apatris. 3231 ihr Inhalt in diese letzteren und durch deren Ausführungsgänge nach außen gelangt. In Folge dieser Einrichtung würde dann eine um so größere Menge von Sekret an der Spitze des Schwanzes ausgeschieden werden können. Eigentliches Pigment, wie es viele Turbellarien aufweisen, besitzt der Dinophilus apatris nicht, doch finden sich in der Haut hier und da srünliche Körperchen (Fig. 1 Kg) einzeln oder in größerer Anzahl zu- sammengeballt. Es scheint dies eine fettartige Substanz zu sein, welche den CGhlorophylikörnern der Hydra nicht unähnlich ist; das bei ver- schiedenen Turbellarien vorkommende Chlorophyll zu beobachten, hatte ich bis jetzt keine Gelegenheit. Ein Hautmuskelschlauch wurde bislang bei Dinophilus noch nicht nachgewiesen, doch ist ein solcher vorhanden. Er liegt unter dem Körperepithel und besteht aus einer Ring- und einer Längsmuskel- schicht. Die beiden Schichten lassen sich durch Behandlung des Thieres mit 2%/,iger Ohromsäurelösung deutlich machen ; man erkennt dann, dass die Fasern der letzteren bedeutend stärker sind als die der ersteren (Fig. 11). Doch besitzt die ganze Körpermuskulatur nur eine sehr un- bedeutende Entwicklung, so dass ich dieselbe auf Schnitten nie mit Be stimmtheit erkennen konnte. 4) Die Bewimperung des äußeren Körpers. Die Wimpern sind hier wie bei allen anderen Turbellarien Fort- sätze der Zellen des Körperepithels. Die wimpertragenden Epithelzellen unterscheiden sich von den wimperlosen auf keine Weise. Bei Anwen- dung von starker Vergrößerung (Harrnack, 4, XII) sieht man, wie die Wimpern die an den betreffenden Stellen siebartig durchbohrte Cuticula durchbrechen (Fig. 12). — Es lassen sich bei Dinophilus zwei Arten von Wimpern bestimmt unterscheiden, nämlich kürzere, geschmeidige und längere, welche letztere von den früheren Autoren gewöhnlich als Borsten bezeichnet wurden. Die kurzen Wimpern sind bei Dinophilus apatris nicht über den ganzen Körper des Thieres vertheilt, wie es von Dinophilus vorticoides und metameroides beschrieben wird, sondern finden sich ähnlich wie ‚ bei Dinophilus gyrociliatus in acht regelmäßig um den Körper angeord- neten Ringen (Fig.1, 2, 43 und 45); außerdem ist die ganze Bauchfläche | von dem Vorderende des Kopfes bis zur Spitze des Schwanzabschnittes bewimpert (Fig. 2 und 45). Eine Wimperung zwischen den Wimper- ringen, wie sie Osc. Scumipr als zuweilen bei Dinophilus gyrociliatus vorkommend angiebt, ist bei Dinophilus apatris, ausgenommen an der Bauchfläche, nie vorhanden. Der erste Wimperring liegt unmittelbar 322 Eugen Korschelt, vor, der zweite nahe hinter den Augen, die übrigen sechs Ringe ge- hören den Segmenten des Rumpfes an. Die kurzen Wimpern, welche, so lange das Thier munter ist, sich in lebhaft schlagender Bewegung befinden, vermitteln die Ortsbewegung, so wie in der Nähe des Mundes das Herbeistrudeln der Nahrung. Die geschilderte regelmäßige Verthei- lung der Wimpern, verbunden mit der Segmentirung des Körpers, giebt dem Dinophilus apatris, was auch Scamiwr von dem Dinophilus gyro- ciliatus hervorhebt, beinahe das Ansehen eines Gliederwurms, besonders tritt dies bei jungen Thieren hervor, deren Segmentirung noch stärker ausgeprägt erscheint. Ganz frappant fand ich diese Ähnlichkeit bei einigen sehr großen Exemplaren des Dinophilus apatris, bei denen die Wimpern in Folge irgend welcher pathologischen Veränderung völlig starr waren und das Aussehen von Borsten angenommen hatten. Vom Rücken betrachtet machten diese Thiere ganz den Eindruck eines Borsten- wurms, da man von jedem Wimperring nur zwei steife Büschel zu bei- den Seiten des Körpers bemerkte. Vielleicht wurde auch Scumarpa (23) nur durch diese äußere Ähnlichkeit veranlasst, die Gattung Dinophilus der Familie der Naiden einzureihen. | Zu erwähnen sind noch die langen Wimpern (Fig. 1 Wst). Von denselben stehen vier starke zu zwei Paaren am Vorderende des Kopfes; zwischen ihnen finden sich mehrere eben so lange, aber sehr feine und nur bei starker Vergrößerung wahrnehmbare Wimpern. Zwei Paare eben so starker Wimpern, wie die erstgenannten, stehen am Ende des Schwanzabschnittes und zwei Büschel schwächerer beiderseits am Ende der Rückenfläche. Der Name von Borsten (cils raides et immobiles nach Hırzez), welchen die früheren Autoren diesen langen Wimpern oder Cilien beilegen, scheint mir nicht gerechtfertigt, da dieselben aus der nämlichen protoplasmatischen Substanz bestehen wie die kurzen Wim- ‘pern. Sie führen eben solche schlagende Bewegungen aus wie diese, doch gehen dieselben viel langsamer vor sich und machen mehr den Eindruck des Hin- und Hertastens. Die tastenden Bewegungen sieht man das Thier ausführen, wenn es beim Vorwärtsschwimmen aufirgend einen festen Körper stößt. Demnach scheinen die langen Wimpern wie die sog. Borsten der übrigen Turbellarien zur Vermittelungdes Tastsinns zu dienen, wofür ja auch ihre Lage an den äußersten Enden des Körpers spricht. 5) Der Leibesraum. Ich bediene mich ausdrücklich der völlig indifferenten Bezeichnung » Leibesraum « für den weiten zwischen Darm und Körperwand gelegenen Hohlraum, um einer Verwechslung desselben mit der »Leibeshöhle« der Enterocölier von vorn herein vorzubeugen. Der Leibesraum des Dino- m nme ———tln Über Bau und Entwicklung des Dinophilus apatris. 323 philus apatris und, nach den Abbildungen der früheren Autoren zu ur- theilen, auch der der übrigen Dinophili, stellt eine weite Höhlung dar, wie sie sich bei keinem Thier in der ganzen Ordnung der Turbellarien zu finden scheint. Diese Höhlung wird von nur wenigen sehr feinen Bindegewebszügen durchsetzt, welche von der Körperwand ausgehen und sich an der Darmwandung inseriren (Fig. 8 Bz). Dass auch die letztere von dem Mesenchymgewebe überzogen wird, glaube ich nicht, wenigstens konnte ich auch mit sehr starker Vergrößerung keine Spur davon entdecken. Die Bindegewebszüge bestehen aus Zellen mit langen Fortsätzen, Kerne sind nur selten in ihnen zu erkennen. An Präparaten so wie auf Schnitten konnte ich die Bindegewebszüge nicht auffinden, sie sind jedenfalls zu zart, um erhalten zu bleiben. Im Kopfe erscheinen sie in größerer Anzahl und bilden ein lockeres Gewebe, welches den vorderen Theil des Kopfes ganz erfüllt. Dasselbe findet im Schwanzan- hang statt, wo das Mesenchymgewebe die Spinndrüsen umgiebt und in ihrer Lage befestigt. Der Leibesraum des Dinophilus scheint auf den ersten Blick ein ganz eigenartiges Gebilde zu sein und keine Ähnlichkeit mit dem Schizo- coel der Turbellarien, wie O. und R. Hrrrwıe (14) das Coelom der Pia- thelminthen bezeichnen, zu besitzen, da dieses nur eine Anzahl wenig umfangreicher Lücken in einem parenchymatösen Gewebe, jener da- gegen einen weiten Hohlraum darstellt. Betrachtet man jedoch beide näher, so findet man bald große Übereinstimmung zwischen ihnen. Beide werden nach außen von der Körpermuskulatur begrenzt und durchsetzt von Bindegewebszügen, welche allerdings bei den Turbella- rien so bedeutend entwickelt sind, dass vom Leibesraum nur kleine Lücken übrig bleiben, während sie bei Dinophilus fast ganz zurücktreten, wodurch ein Zusammenfließen der kleinen Räume zu einem einzigen großen bedingt wird. Körpermuskulatur und Bindegewebszüge .des Dinophilus zeigen so große Ähnlichkeit mit denen der Turbellarien, dass man wohl auch ohne ihre embryonale Entstehung zu kennen, ihren mesenchymatösen Ursprung als gewiss annehmen darf. Demnach würde also der Leibesraum des Dinophilus eben so wie der der übrigen Tur- bellarien als ein Schizocoel zu betrachten sein. 6) Der Ernährungsapparat. Der Ernährungsapparat des Dinophilus apatris ist dem des Dino- philus vorticoides, wie ihn Osc. Scumipr beschreibt (24), am ähnlichsten, wohingegen er von dem des Dinophilus gyrociliatus und metameroides in Einzelheiten abweicht. Ich bezeichne seine einzelnen Abschnitte desshalb mit den von Scnmipr gewählten Namen. Der Verdauungskanal 324 Bugen Korschelt, beginnt mit der bauchständigen Mundöffnung. Dieselbe bildet einen dreistrahligen Spalt und man kann an ihr einen vorderen mehr geraden und zwei seitliche geschweifte Ränder unterscheiden (Fig. ! und 6 M). Ihrer Lage nach gehört sie mit ihrem vorderen Theil dem Kopf, mit dem nach hinten gerichteten Strahl dem auf den Kopf folgenden wenig ent- wickelten Rumpfsegment an. Fig. 45 M zeigt die Mundöffnung so, wie sie erscheint, wenn man das Thier genau im Profil sieht. Die Mundöff- nung ist außerordentlich dehnbar; sie muss das sein, weil der volumi- nöse Rüssel durch sie nach außen gestülpt wird. Die seitlichen Ränder werden dann aus einander gezogen und die Öffnung nimmt die Gestalt eines Rechtecks an. Diese Formveränderung geschieht nicht allein da- durch, dass der vorgestülpte Rüssel die seitlichen Ränder aus einander drängt, sondern es inseriren sich an diesen Rändern eine Menge feiner Muskelfasern (Fig. 6 Mu), welche nach den Seiten oder nach hinten ver- laufend an ihrem anderen Ende in die Körperwandung übergehen und das Erweitern und Verengern der Mundöffnung mit bewirken. Die Ränder dieser letzteren sind mit lebhafter Wimperung versehen, welche zum Hineinstrudeln der Nahrung in den Schlund dient. Der erste Abschnitt des Nahrungskanals ist der Schlund (Fig. 1, 2 9). Es ist dies ein weiter stark flimmernder Raum. Seine itupein schlagen nach hinten und befördern die Nahrung in den zweiten Ab- schnitt, den mit starker Wandung versehenen Vormagen (Fig. 1, 2 Vm). Derselbe ist bedeutend kleiner als der vorhergehende Abschnitt, wie dieser besitzt er eine starke Flimmerung. In ihm werden die Nah- rungstheilchen, nachdem sie mit dem Sekret der sogleich näher zu be- schreibenden Drüsen in Verbindung gebracht worden sind, durch fort- währendes Herumstrudeln zu einem runden Ballen geformt und sodann in den Magen hinabgedrückt. Die erwähnten Drüsen, welche ich mit Osc. Scumipr als Speicheldrüsen bezeichne, sind in der Zweizahl vor- handen und liegen zu beiden Seiten des Vormagens. Sie besitzen trau- bige Form und ihr Stiel, welcher der Länge nach gestreift erscheint, setzt sich an die zwischen Schlund und Vormagen befindliche Verenge- rung an (Fig. I, 2 und 46); das Drüsensekret ergießt sich also jeden- falls in den letzteren. Die Drüsen bestehen aus einer Anzahl großer Zellen, in denen man einen Kern mit Kernkörperchen deutlich erkennen kann (Fig. 16). Dem Dinophilus metameroides scheinen diese drüsigen Gebilde zu fehlen, wenigstens erwähnt Haızzz nichts von ihnen. Eben so wenig führen van BENEDEN (2) und Merescukowsky (20) dieselben an, obgleich sie bei Dinophilus vorticoides von Osc. Scnumpr (24) genau ab- gebildet werden. Dass die beiden von Scanipr (25) in seiner Abbildung von Dinophilus gyrociliatus gezeichneten »drüsigen Zellenhaufen «, von Über Bau und Entwieklung des Dinophilus apatris. 325 welchen er » dahin gestellt sein lässt, ob sie mit den Speicheldrüsen von Dinophilus vorticoides identisch sind«, diesen wirklich entsprechen, scheint mir ihrer ganzen Lage nach zweifellos zu sein (Fig. 9). Der Vormagen verbindet sich durch einen kurzen verengerten Ab- schnitt mit dem Magen. Dieser Abschnitt ist für gewöhnlich geschlossen und öffnet sich nur, um den im Vormagen geformten Nahrungsballen hindurchtreten zu lassen. Der Magen umfasst den bei Weitem größten Theil des Ernährungsapparates, er ist ein weiter cylindrischer Sack mit dicker Wandung. Eine Flimmerung der Magenwandung wurde von den früheren Autoren nicht beobachtet, doch ist eine solche vorhanden, allerdings in viel geringerem Grade als in den vorhergehenden Abschnit- ten des Darms. Am besten bemerkt man diese Flimmerung, wenn man das Thier einem geringen Druck unter dem Deckglas aussetzt. Drückt man das Thier stärker, so lösen sich bald die einzelnen Zellen des Magens und Darms von einander, da sie nur in wenig fester Verbindung mit einander zu stehen scheinen und bewegen sich, nachdem auch die Körperhaut geborsten ist, vermöge ihrer langen Wimpern im Wasser fort. Während sie vorher eine unregelmäßig polyedrische Form zeigten (Fig. 10), runden sie sich bei ihrem Freiwerden ab und zeigen ein bei- nahe heliozoenähnliches Aussehen (Fig. 14). MErEscHKkowskY (20) spricht von »ganz farblosen, rundlichen Zellen, die leicht durch das Zerzupfen ‘ des Thieres zu erhalten sind und wie echte Amöben herumkriechen «. ' Ich habe solche nie bemerkt, doch ist es möglich, dass dieselben mit ' Darmepithelzellen identisch sind; ihre Gestalt können diese Zellen, in- dem sie Fortsätze ausschicken, mannigfach verändern (Fig. 44), allerdings ‚ nicht so bedeutend, wie dies nach Mereschkowsky bei Dinophilus vorti- ‚ coides der Fall ist. Die Epithelzellen besitzen einen großen, feingranulirten ‚Kern (Fig. 14 K) und sind mit grünlich gefärbten Ölkugeln, welche ‚jedenfalls ein Produkt der Verdauung darstellen, in größerer oder ge- ringerer Anzahl erfüllt. Diese Ölkugeln, die sich bei Dinophilus apatris ‚nur in der Magen- und Darmwandung finden und dem Thiere eine schwache grünliche Färbung verleihen, sind nach MErzscHkowsky und ‚Haırıez bei Dinophilus vorticoides und metameroides im Bereich des ‚ganzen Körpers vertheilt und bedingen die rothe Färbung dieser Thiere. ‚Harızz fand nun im Darmkanal des Dinophilus metameroides nie andere ‚als roth gefärbte Diatomeen und andere Algen und nimmt desshalb an, ‚dass die rothe Farbe der Algen, ob modifieirt oder nicht, lässt er dahin- gestellt sein, in die der Ölkugeln übergehe. »Le cas des Dinophilus est ‚certainement le plus beau que l’on puisse citer dans l’etat actuel de la ‚science, comme exemple de linfluence de l’alimentation sur la coloration ‚des animaux, et par suite du röle que peut jouer la nourriture comme a 326 Eugen Korschelt, facteur du mimetisme.« Vielleicht ließe sich dies auch für Dinophilus apatris verwerthen. Ich fand nie roth gefärbte, sondern nur gelbliche und grüne Algen in dessen Nahrungskanal. Die Fettkugeln in den Zel- len des Darmkanals sind bei ihm von grünlichgelber Farbe und im übri- gen Körper findet sich, wie wir früher sahen, ein grünliches Pigment. Die Färbung des Dinophilus apatris würde demnach eben so wie die des Dinophilus metameroides mit der Farbe der aufgenommenen Nahrung übereinstimmen. Ich kehre nach dieser kurzen Abschweifung wieder zur Beschrei- bung der einzelnen Darmabschnitte zurück. Der Magen verengert sich nach hinten plötzlich und geht in den Darm über (Fig. I und 2 D). Dieser zeigt, je nachdem das Thier ausgedehnt oder zusammengezogen ist, eine mehr gestreckte oder eine aufgetriebene Form. Seine Wandung ist weniger dick als die des Darmes und flimmert stark, wodurch die aus dem Magen in ihn gelangten Nahrungstheilchen im Kreise umher- getrieben und vollends verdaut werden. Der Darm mündet vermittels eines kurzen und engen Abschnittes, welchen ich mit Harırz als Rectum bezeichne, durch den, zwischen dem Schwanzanhang und der Rücken- fläche gelegenen After nach außen (Fig. 2 A). Rectum und After sind mit starker Flimmerung versehen. | Was die Histologie des Nahrungskanals anbetrifft, so besteht dessen Wandung aus einer einschichtigen Lage von Flimmerepithel, dessen Zellen weniger groß im Schlund und Vormagen, so wie im Darm, um so um- fangreicher aber im Magen sind. Ob der Vormagen eine Muskulatur be- sitzt, wie Scumipr von Dinophilus vorticoides angiebt, konnte ich nicht erkennen, doch ist es mir bei der Dicke seiner Wandung wahrscheinlich. 7) Der Rüssel. Ein eigenthümliches und, wie Harızz (10) sehr richtig sagt, für das ganze Geschlecht Dinophilus charakteristisches Organ ist der Rüssel. Seine Lage ist eine für die Beobachtung sehr ungünstige und daher kam es wohl auch, dass dieses Organ bisher ganz verschieden beschrieben wurde, obwohl eine so große Verschiedenheit der einander im Übrigen so nahestehenden Species kaum anzunehmen ist. Außerdem stimmen die von den verschiedenen Autoren gegebenen Beschreibungen und Ab- bildungen, vielleicht die von HALLEz ausgenommen, mit gewissen Lagen des Rüssels überein, wie ich sie an Dinophilus apatris beobachtete, so dass ich bestimmt glaube, eine abermalige Untersuchung der bereits be- kannten Species würde auch in diesem Punkte eine Übereinstimmung mit Dinophilus apatris ergeben. van BEnEDEN hat den Rüssel als solchen nicht erkannt, doch sagt er (2): »L’oesophage est un peu plus large en Über Bau und Entwicklung des Dinophilus apatris. 327 avant qu'en arriere, et on voit des stries transverses sur son trajet; ces stries semblent form6es par une partie assez solide destinee sans doute au soutien des parois.« Diese solide quergestreifte Masse der Oesopha- gealwand dürfte jedenfalls mit dem Rüssel identisch sein, wenigstens ist eine solche Verwechslung sehr leicht möglich, wenn man das Thier von der Rücken- oder Bauchfläche betrachtet. Eine Abbildung, welche zu der Beschreibung van BENEDEN’S ausgezeichnet passt, giebt Osc. ScHMIDT vom Rüssel des Dinophilus gyrociliatus, obgleich er dessen Natur damals schon erkannt hatte. Ich füge eine Kopie dieser Zeichnung der Bequem- lichkeit halber bei (Fig. 9). Scuuipr beschreibt den Rüssel Anfangs als ein im Schlund gelegenes Organ, widerruft dies aber später, indem er von Dinophilus gyrociliatus angiebt, dass dessen Rüssel in einer eigenen Höhlung, seiner Zeichnung nach augenscheinlich unterhalb des Schlun- des, liege. Weder seine, noch Merescakowsky’s Zeichnungen sprechen gegen eine Ähnlichkeit des Rüssels von Dinophilus vorticoides und gyro- ceiliatus mit dem von Dinophilus apatris. Anders verhält es sich bei Dinophilus metameroides. Zwar weicht auch die eine Zeichnung HaLLez’ (10, Taf. IV, Fig. 3 {) kaum von den genannten ab, aber merkwürdiger- weise giebt HaıLrz an, dass der Rüssel bei Dinophilus metameroides auf der Rückseite, also oberhalb des Schlundes gelegen sei. Da dies Schmipr’s so wie meinen Beobachtungen völlig widerstreitet, so glaube ich fast, dass hier ein Irrthum Harızz’ vorliegt, zumal derselbe auch von einer Schlundscheide (gaine du pharynx) spricht, deren Bedeutung weder aus dem Text noch aus der Zeichnung zu ersehen ist. Eben so wenig giebt die betreffende Zeichnung (10, Taf. IV, Fig. 5) darüber Aufschluss, auf ‚welchem Wege der mit dem Schlunde von dieser Scheide umschlossene Rüssel nach außen vorgestülpt wird, ich glaube eher, dass diese sog. Schlundscheide der noch zu erwähnenden Rüsselscheide des Dinophilus apatris entspricht. Nach meinen an einer großen Menge von Präparaten und am leben- den Thier gemachten Beobachtungen verhalten sich Lage und Bau des Rüssels folgendermaßen. Der aus solider Masse bestehende, nicht wie bei Dinophilus metameroides (nach Haıızz) hohle Rüssel liegt unterhalb des Vormagens, bez. Schlundes (Fig. 1, 2 und 24). Ungefähr in der Mitte ist er geknickt und bildet ein Knie, dessen Konvexität nach unten, also nach der Bauchfläche des Thieres gewandt ist (Fig. 2 und 45). So kann man einen vor und einen hinter dem Knie gelegenen Schenkel unterscheiden. Letzterer legt sich an die Wand des Magens und Vor- magens an. Er läuft nach vorn breit zu und setzt sich in den vorderen nach unten und vorn gerichteten Schenkel fort. Dieser bildet eine vorn ausgeschweifte und zugeschärfte Platte und ist etwas länger und bedeu- 328 Eugen Korschelt, tend umfangreicher als der hintere Schenkel. An ihm ist wieder ein hinterer quer gestreift erscheinender und ein vorderer Abschnitt von homogener Beschaffenheit zu unterscheiden. — Beide Schenkel des Rüssels zugleich sind natürlich nur bei einer Seitenlage des Thieres sichtbar (Fig. 2 und 45); betrachtet man dasselbe von der Bauchseite, so wird der hintere Schenkel von dem vorderen verdeckt und das Bild, welches der Rüssel in dieser Lage bietet, gleicht oft ganz den von O. Schmipt gezeichneten (Fig. 9). Da der Rüssel in der Seitenansicht cylindrisch und von oben oder unten gesehen als breite Platte erscheint, so macht es Anfangs viel Schwierigkeiten, seine rechte Form zu erken- nen, wodurch wohl, wie ich bereits früher bemerkte, die verschieden- artigen Angaben über dieselbe entstanden. Umgeben ist der Rüssel von einer Scheide, welche als Einstülpung der Körper- und Darmwandung, da wo diese in einander übergehen, erscheint. Dieselbe lässt einen Theil des vorderen Schenkels frei, legt sich dann aber so dicht an diesen an, dass sie nicht mehr von ihm gesondert erscheint. Ungefähr von der Stelle, an welcher sich die Scheide fest mit dem Rüssel verbindet, ver- läuft ein Bindegewebsstrang nach unten zur Körperwand und verliert sich in deren Muskulatur (Fig. 2 und 45 Rt). Derselbe ist stärker als die übrigen Bindegewebszüge des Leibesraums und es scheint, als ob er die Stelle eines Rückziehmuskels des Rüssels vertritt. In Betreff der Histologie des Rüssels ist zu erwähnen, dass der hin- tere Schenkel und der an ihn stoßende Abschnitt des vorderen aus star- ken dicht an einander gelagerten Ringmuskelfasern, welche deutliche Querstreifung zeigen, gebildet werden (Fig. 15 Rmu). Unter ihnen liegt eine Schicht schwächerer Längsmuskelfasern. In dem vorderen Ab- - schnitt, welcher der Muskulatur völlig entbehrt, findet sich eine Menge der schon früher erwähnten hellen Körperchen, von denen eine Anzahl in Kreisen angeordnet sind, während andere unregelmäßig vertheilt lie- gen. Der vordere Schenkel des Rüssels wird, so weit sich die Scheide nicht an ihn anlegt, von einem äußerst dünnen Epithel überzogen. Das Ausstülpen des Rüssels geschieht durch die Mundöffnung, in welche die Rüsselscheide ausmündet. Der ganze Rüssel streckt sich da- bei und verlängert sich durch Kontraktion der Ringmuskeln. Erleich- tert wird das Vorstülpen des Rüssels dadurch, dass der hintere Schenkel mit seinem Ende etwas nach vorn gelegen ist, wodurch die Strecke zwi- schen Rüsselende und Mundöffnung erheblich verkürzt ist. So kann sein Vorderende bis in die Gegend der Augen vorgeschnellt werden. Das Zurückziehen geschieht in Folge des Schlaffwerdens der Muskeln und wird jedenfalls durch den als Rückziehmuskel gedeuteten Bindegewebs- strang unterstützt. Beide Bewegungen werden äußerst rasch vollzogen. Über Bau und Entwieklung des Dinophilus apatris. 329 Was die Funktion des Rüssels anbelangt, so schließe ich mich Harızz’ Meinung an, welcher von ihm sagt: »la trompe doit surtout ser- vir & brosser la surface des vegetaux pour en detacher les diatomees et quelques debris de la plante, et non a saisir un animal vivant comme la trompe des Prostomes et autres genres probosciferes«.. Wenn das Thier- chen an Algenfäden oder dgl. hinschwimmt, so sieht man oft, wie es plötz- lich mehrmals hinter einander mit dem Rüssel gegen dieselben stößt, was sicher zu dem von Hırızrz erwähnten Zweck geschieht. Jedenfalls mag der Rüssel auch dazu dienen, die verwesenden Stoffe, von denen sich, wie wir sahen, dasThier ebenfalls nährt, aufzurühren, damit sie leichter in die Mundöffnung hineingestrudelt werden können. Eine andere ähnliche Funktion des Rüssels werden wir später noch kennen lernen (s. p. 342). Suchen wir nach Analogien für den Rüssel des Dinophilus, so fin- den wir ein ganz ähnliches Organ im Rüssel der Prostomeen, von wel- chem Grarr eine sehr eingehende Beschreibung giebt (9). Wie der Prostomeenrüssel ist er als »doppelte Einstülpung des Integuments« zu betrachten, in welches seine Scheide übergeht. Retraktionsmuskel fin- det sich bei Dinophilus apatris allerdings nur ein einziger, doch beschreibt Harızz bei Dinophilus metameroides deren mehrere. Grarr unterscheidet am Prostomeenrüssel einen hinteren muskulösen und einen vorderen papillösen Abschnitt; den ersteren lernten wir bereits kennen, seine Ringmuskeln zeigen bei Dinophilus eben so wie bei Prostomum Quer- streifung. Dem papillösen Theil entspricht der vorderste Rüsselabschnitt bei Dinophilus. Nesselorgane besitzt derselbe allerdings nicht, doch wäre es möglich, dass die in ihm gelegenen hellen Körperchen, welche ich schon früher als Stäbchen deutete, den Nesselorganen entsprächen. Die letzteren entstehen ja aus Stäbchen und diese würden bei Dinophilus auf der niederen Entwicklungsstufe stehen geblieben sein, da der Rüssel hier nicht als Waffe gebraucht wird. Welchen Zweck freilich die hellen Körperchen im Rüssel des Dinophilus haben, ist schwer zu sagen. Viel- leicht sind sie als Endorgane von Nerven, als Tastkörperchen zu deuten, eine Funktion, die GrAFF (9) mit Max ScHuLtze (29) den Stäbchen zu- schreibt, wenn sie auf niederer Entwicklungsstufe stehen blieben, d.h. ‚sich nicht zu Nesselkapseln umwandelten. Dann würde also der Rüssel des Dinophilus neben seinen anderen Funktionen auch die eines Tast- organs besitzen. Trotz dieser außerordentlich großen Ähnlichkeit im Bau findet sich doch eine bedeutende Verschiedenheit zwischen dem Rüssel des Dinophilus und dem der Prostomeen. Es ist dies der Unter- schied in der Lage. Der Rüssel des Dinophilus liegt ventral, der der Prostomeen dorsal vom Darmkanal, wodurch eine Vergleichung beider nicht wenig erschwert wird. 330 Eugen Korschelt, 8) Das Nervensystem und die Sinnesorgane. Ein Nervensystem ist von keiner der bekannten Species beschrieben worden. Aus der ziemlich hohen Organisation der Augen darf man aber wohl auf das Vorhandensein eines centralen Nervensystems schließen. Man bemerkt oft, besonders bei jungen, sehr durchsichtigen Thieren hinter den Augen, an einer Stelle, welche der Lage des centralen Ner- vensystems der Turbellarien entspricht, einen dunklen Körper (Fig. 43 u. 45 N) und auch an Präparaten findet sich in ganz der nämlichen Lage sehr oft eine, dunkler als das Parenchym des Kopfes gefärbte Masse, an der ich aber eben so wenig wie beim lebenden Thier bestimmte und regel- mäßige Umrisse unterscheiden konnte. Wohl sah ich oft von dieser Masse Ausläufer zu den Augen abgehen, doch konnte ich nur bei einem einzigen (mit Alaunkarmin gefärbten) Präparat eine solche Form er- kennen, wie sie die Fig. 23 darstellt. Man sieht von dem hinter den Augen gelegenen dunklen Körper zwei Stämme nach vorn zu den Augen und zwei nach hinten abgehen, die letzteren würden als Wurzeln der Längsstämme zu deuten sein. Das Bild gleicht in Form und Lage dem centralen Nervensystem der Turbellarien außerordentlich, und es scheint mir, obgleich ich es nur einmal so deutlich erhalten konnte, sicher zu sein, dass es das Gehirn des Dinophilus darstellt. Die beiden an der dorsalen Seite des Kopfes gelegenen Augen be- stehen, wie dies MErEscHnKkowsky (20) von Dinophilus vortieoides angiebt, »aus einer Menge tiefrother, rundlicher, nicht ganz regelmäßiger, stark lichtbrechender und nierenförmiger Körperchen«. Fig. 24 b zeigt das Auge so, wie es am Präparat erscheint. Diese Figur stimmt ganz mit den von MERESCHKOWSKY und HaLLEz gezeichneten überein. Beide Autoren bemerken aber ausdrücklich, dass eine Linse nicht vorhanden ist; bei Dinophilus apatris finden sich dagegen in jedem Auge zwei Linsen, wel- che in das Pigment eingelagert sind (Fig. I u. 24 a). Behandelt man ein dem Drucke des Deckglases ausgesetztes Thier mit verdünntem Am- moniak, so sieht man oft, wie die Augen in zwei Theile zerfallen, von denen jeder den Eindruck eines vollständigen Auges macht, da er aus einer Linse und einem Theil des Pigments besteht (Fig. 24 c). An mit Silber imprägnirten Präparaten kann man deutlich bemerken, wie das Körperepithel die Augen überdeckt und so gewissermaßen die Stelle der Cornea vertritt. Tastorgane sind die am Kopf und Körperende stehenden starken Cilien ; dieselben wurden bereits früher besprochen. — Als Wimper- gruben, welche Scumipr von Dinophilus vorticoides und Harzzz von Di- nophilus metameroides beschreibt, sind vielleicht die länglichen wim- Über Bau und Entwicklung des Dinophilus apatris. 331 pernden Spalten zu deuten, welche man zuweilen hinter dem zweiten Wimperring wahrnehmen kann (Fig. I Wg). 9) Das Wassergefäßsystem. »Von Gefäßen waren nur zwei seitliche Stämme sichtbar,« sagt Schmipr von Dinophilus vorticoides. Dies ist die einzige Angabe, welche über das Wassergefäßsystem des Dinophilus existirt und auch meine Untersuchungen über dasselbe haben zu keinem völlig befriedigenden Resultate geführt. Ich theile dieselben trotzdem hier mit, weil sie eines- theils bestimmt erkennen lassen, dass ein Wassergefäßsystem bei Dino- philus wirklich vorhanden ist, was HaLLzz von Dinophilus metameroides direkt verneint und sodann, weil mir die Hauptbestandtheile desselben denen des Wassergefäßsystems der übrigen Plattwürmer zu entsprechen scheinen, wie sie neuerdings von FrAIpont (8), Pıntner (24) und Lane (17) übereinstimmend beschrieben wurden. Bei starker Vergrößerung (Hırrnack 4, XII) erkennt man an ver- schiedenen Stellen des Körpers Wimperflammen; dieselben liegen der Körper- oder Darmwandung an oder finden sich mitten im Leibesraum in den Bindegewebszügen, welche diesen durchsetzen. Die Wimper- flamme ist, wie dies Lane (17) von seiner Gunda segmentata beschreibt, mit ihrem breiten Ende an der Basis eines Hohlkegels befestigt und führt ihre schlagenden, wellenförmigen Bewegungen nach dessen Spitze zu aus (Fig. 26 u. 28). Die Basis des Hohlkegels erscheint abgerundet; eine Geißelzelle, welche nach Pınrner bei den Bandwürmern den Hohl- | kegel abschließt, konnte ich bei Dinophilus nicht auffinden ; dieselbe N scheint auch bei Gunda segmentata nicht vorhanden zu sein, da Lane " ihrer nicht Erwähnung thut. An seiner Spitze setzt sich der Hohlkegel in einen engen Kanal fort. In der Umgebung des Wimpertrichters fin- ' den sich gewöhnlich einige helle Bläschen (Fig. 26 V), die wohl den Exkretionsvakuolen Lang’s entsprechen. Setzt man das Thier unter dem Deckglase einem Drucke aus, der gerade genügt, um dasselbe am Fortschwimmen zu hindern, so erscheint bald an einzelnen Stellen des Körpers ein Netzwerk von hellen, äußerst feinen Kanälen (Fig. 29) und nach einiger Zeit ist dasselbe über den Bereich des ganzen Körpers sichtbar. Obgleich ich leider eine Verbin- | Paung der von den Wimpertrichtern abgehenden Kanälchen mit diesem " Kanalsystem , welches direkt unter der Haut liegt, nicht nachweisen ) jzonnie, so möchte ich dennoch die Vermuthung aussprechen, dass es mit \ dem Kapillargefäßnetz der übrigen Plattwürmer identisch ist. Wenigstens \ kann ich eine befriedigendere Erklärung für diese Erscheinung nicht ‚finden. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XXXVIL Bd 33 332 Eugen Korschelt, Als Hauptkanäle betrachte ich die im ganzen Körper mit Ausnahme des Kopfes sichtbaren wimpernden Kanäle, deren Lumen ganz erheblich weiter ist, als das der Exkretionskapillaren. Ich konnte dieselben ziem- lich lange Strecken weit verfolgen. Figur 27 stellt einen solchen sich ga- belnden Kanal aus der Gegend des Rüssels vor. Am öftersten fand ich sie im hintern Theil des Körpers auf; hier, in der Gegend des Ovariums an der Bauchfläche sah ich auch die Mündung eines solchen Kanals nach außen (Fig. 25). Einen der Kanäle durch den ganzen Körper zu ver- folgen, gelang mir eben so wenig, wie ihre Verbindung mit den Kapillaren aufzufinden, doch mag dies wohl daher kommen, dass das Thier durch den Druck des Deckglases bei seiner außerordentlichen Zartheit stets mehr oder weniger verletzt wird und auch Lang sagt von seiner Gunda segmentata, dass er, wenn das Thier verletzt war, nie gute Resultate erhielt. — Die eben beschriebenen Kanäle weichen in so fern von den Längsstämmen des Wassergefäßsystems der Plattwürmer ab, als sie in ihrem ganzen Verlauf Flimmerung aufweisen, doch flimmern nach Fraı- pont auch die Längsstämme von Trematoden an ihrem Endabschnitte eine Strecke weit. Eine Flimmerung,. welche sich über den ganzen Be- reich der Hauptgefäßstämme erstreckt, ist jedenfalls sehr zweckmäßig, da sie das Fortführen der Exkretionsstoffe bedeutend erleichtern muss und ihr Vorhandensein kann wohl kaum gegen die Deutung der be- sprochenen Kanäle als Hauptstämme des Wassergefäßsystems sprechen. 40) Die Geschlechtsorgane. Dinophilus apatris ist getrennt-geschlechtlich wie die übrigen Spe- cies der Gattung Dinophilus. Angaben über die weiblichen Geschlechts- organe finden sich bei Osc. Schmidt und van BENEDEN. Ersterer lässt die Eier in vier zu je zwei an den Seiten des Magens liegenden Behältern entstehen (24). Nach van BENEDEN (2) besteht das Ovarium aus ein oder zwei seitlich vom Magen gelegenen Taschen, in denen sich die Eier bil- den. Dem entsprechend ist auch die Zeichnung Mereschkowsky's (20). Bei Dinophilus apatris existirt nur ein Ovarium. Dasselbe liegt unter- halb des Nahrungskanals da, wo sich der Darm vom Magen absetzt (Fig. A, 2 u. 45 Ov). In ihm finden sich je nach dem Alter des Thieres Eier von der verschiedensten Größe und zwar so, dass die jüngsten und kleinsten Eier am weitesten nach hinten, die reifen dagegen nach vorn liegen. Was die Entstehung der Eier und damit des Ovariums anbe- trifft, so scheint es mir, als ob dieselben aus dem Epithel des Darm- kanals hervorgingen, ein Umstand, der nach den Untersuchungen von Lane an Gunda segmentata (17) nicht so merkwürdig erscheint. Bei Gunda segmentata entstehen die Eikeime aus dem Epithel der Darm- Über Bau und Entwicklung des Dinophilus apatris. 333 divertikel. Leider konnte ich dies bei Dinophilus an Schnitten nicht nachweisen, da die große Zartheit der Körper- und Darmwandung die Herstellung für diesen Zweck genügend feiner Schnitte unmöglich machte; doch lassen sich auch aus Präparaten sehr junger Thiere gewisse Schlüsse ziehen. An Thieren, welche eben ausgeschlüpft waren, konnte ich ein Ovarium nicht bemerken, an solchen dagegen, welche, nach der Größe zu urtheilen, nur um weniges älter waren, fand sich ein kleines, ‚aus verhältnismäßig wenigen Eikeimen bestehendes Ovarium der Darm- ‘wandung an der beschriebenen Stelle dicht anliegend (Fig. 45 Ov). Die mit Keimbläschen versehenen Eikeime sind von den Zellen des Darmes nur dadurch zu unterscheiden, dass von ihnen mehrere über einander lagern, während die Darmepithelzellen nur eine einschichtige Lage bil- den. Die Bildung des Ovariums würde demnach so zu denken sein, dass sich Zellen des Darmepithels von diesem emancipiren und durch Theilung vermehren. Diese Vermehrung geht jedenfalls sehr rasch vor sich, denn bei den kleinsten Thieren, bei welchen ich überhaupt schon ein Ovarium auffinden konnte, bestand dieses bereits aus 15—20 Zellen (Fig. 45 Ov) und bei solchen Thieren, welche ihrer Größe nach noch gar kein bedeutendes Alter besaßen, war das Ovarium bereits mit einer großen Menge von Eikeimen erfüllt. Dass die Bildung der Eikeime aus den Epithelzellen des Darmes auch beim geschlechtsreifen Dinophilus noch vor sich geht, wie es bei Gunda segmentata der Fall ist, glaube ich nicht, da ich die jüngsten Eikeime in diesem Alter stets bedeutend kleiner fand als die Darmzellen. Ich glaube eher, dass die Lebensdauer des Thieres mit dem Erschöpfen der Eikeime zu Ende geht, denn es sind deren beim geschlechtsreifen Thier eine solche Menge vorhanden, dass dasselbe sehr lange leben müsste, um sie alle aufzubrauchen, zu- ' mal die Eikeime nur langsam zu Eiern heranreifen. Außerdem ist es | ja möglich, dass die von außen her ernährten Eikeime sich wieder und wieder zu theilen vermögen. Die Ernährung des Ovariums wie die der ‚ übrigen Organe wird jedenfalls durch eine dasselbe umspülende, den ‚ Leibesraum erfüllende Nahrungsflüssigkeit bewirkt. Die Eikeime sind Anfangs alle gleich groß, allmählich nehmen aber die im Ovarium am | weitesten nach vorn gelegenen Keime an Größe zu. Bis zu einem ge- ‚ wissen Punkte zeigen sie vollkommen homogene Beschaffenheit ihres , Protoplasmas (Fig. 48 und 19 Kır), dann aber beginnt eine Einlagerung | von hellen Körnchen in dieses und das Wachsthum der Eier wird da- ‚ durch ein äußerst rasches. In Figur 18 und 19 ist die Dotterbildung bei \ den mit Kr] bezeichneten Eikeimen mehr oder weniger weit fortge- j schritten und dieselben zeigen desshalb größeren oder geringeren Um- \ | fang. Auf welche Weise der Dotter entsteht, konnte ich nicht klarlegen; 3’ 23* i 334 Eugen Korschelt, ein Dotterstock wie bei den übrigen Turbellarien ist bei Dinophilus nicht vorhanden. Die Eier lösen sich erst vom Ovarium ab, wenn sie völlige Reife erlangt haben. Es ist oft eine solche Menge vorhanden, dass der hintere Körpertheil ganz von ihnen erfüllt und der Darm nach oben gegen die Körperwand gedrängt wird (Fig. 22). Der Körper eines sol- chen Weibchens erscheint dann unförmlich aufgetrieben. Die Zahl der reifen Eier ist eine verschiedene, zuweilen finden sich nur zwei bis drei, während ich andere Male deren bis zu 12 vorfand. Regelmäßig sind aber zweierlei reife Eier vorhanden, nämlich größere, welche völlig un- durchsichtig sind und kleinere, die nur den dritten Theil der Größe der vorigen besitzen und etwas heller erscheinen als diese (Fig. I und 20 Eunde). Die ersteren sind von ovaler, die letzteren meistens von Kugel- form, aus jenen entwickeln sich die Weibchen, aus diesen die Männchen, wesshalb ich die beiderlei Eier forthin als weibliche und männliche be- zeichnen werde. Über die Art und Weise, auf welche die Eier nach außen gelangen, macht nur van BENEDEN eine Angabe. Ich führe hier seine eigenen Worte an: »J’ai vu les oeufs se repandre au dehors a la suite d’une faible pression, c’est par la que j’ai pu m’assurer que l’orifice de l’appareil (femelle) est situ& au devant de l’anus et comme lui sur la ligne mediane.. ....: Les oeufs se deforment completement pendant la ponte et reprennent leur forme arrondie apres leur sortie.« Ich kann dies durchaus bestätigen, da ich den Vorgang auf ganz dieselbe Weise mehr- mals beobachtete (Fig. 20). Die Masse der Eier tritt in einem ganz dünnen Strahl nach außen, so dass ich, als ich den Vorgang zum ersten Mal sah, glaubte, das Thier sei geborsten und die Dotterkörnchen der Eier flössen aus einander, zumal ich die Geschlechtsöffnung nicht an jener Stelle, sondern in der Nähe des Afters vermuthete, doch nahmen die Eier nach dem Austritt sofort ihre frühere Form wieder an und das Keimbläschen, welches ebenfalls in die Länge gezogen worden war, rundete sich wieder ab. Das Thier selbst aber war völlig unverletzt. Die Geschlechtsöffnung schließt sich unmittelbar, nachdem die Eier ab- gelegt worden sind und weder am lebenden Thier noch am Präparat konnte ich eine Spur von ihr entdecken. Daher kommt es wohl auch, dass keiner der früheren Beobachter außer van BENEDEN ihrer Erwäh- nung thut. — Ein Eileiter existirt nicht. Die vom Ovarium losgelösten Eier fallen in den Leibesraum und werden von hier unter großen An- strengungen des Thieres auf die beschriebene Weise nach außen be- fördert. Die im Körper des Thieres befindlichen reifen Eier erscheinen völlig hüllenlos, so wie sie aber nach außen in das Wasser gelangt sind, sieht | | | Fl Über Bau und Entwicklung des Dinophilus apatrıs. 2335 man, wie sich eine Kapsel um sie bildet, die jedenfalls durch Aufquellen einer bereits früher um die Eier vorhandenen gallertigen Masse entsteht. Wie die Substanz der Kapsel im Körper des Mutterthieres um die Eier gebildet wird, konnte ich nicht eruiren; eine eigene Drüse, welche das Sekret dazu liefert, fand ich niemals. Vielleicht sind es Zellen des Mesenchymgewebes, welche diese Funktion ausüben. Sicher ist die Kapsel aber schon vor der Ablage der Eier vorhanden, denn ich fand sie mehrmals bei geschlechtsreifen Weibchen, die nach ihrem Absterben noch längere Zeit im Wasser belassen wurden, innerhalb des Thieres um die zum Ablegen reifen Eier gebildet. Die Kapsel umgiebt fast immer mehrere Eier zugleich, die dann unmittelbar nach einander ab- gelegt werden. Sie scheint aus einer äußeren faserigen Schicht und einer schleimigen Füllmasse zu bestehen (Fig. 31), denn einen Hohlraum kann die Faserschicht nicht umschließen, da die Eier fixirt erscheinen; andererseits sieht man wieder, wie die reifen Embryonen innerhalb der Kapsel umherkriechen und die äußere Schicht durchbohren, so dass Lappen von dieser nach außen zurückgeschlagen werden. Die Zahl der in einer Kapsel befindlichen Eier ist sehr verschieden, meist sind nur zwei weibliche und ein männliches Ei in ihr vorhanden, doch fand ich auch solche Kapseln, die bis zu acht großen und mehrere kleine Eier enthielten (Fig. 30 und 31). III. Die Männchen von Dinophilus apatris. Männliche Geschlechtsorgane sind von den schon mehrmals erwähn- ten Species nur bei Dinophilus vorticoides aufgefunden worden und zwar durch alle drei Forscher, welche ihn beschrieben. Die beiden Geschlech- ter sind hier äußerlich nicht verschieden. Von Dinophilus gyrociliatus und metameroides sahen Scamipor und Haııez stets nur Weibchen. Eben so ging es mir trotz allen Suchens bei Dinophilus apatris, bis ich auf die verschiedene Größe der Eier im Körper des Mutterthieres auf- merksam wurde und später die abgelegten Eikapseln auffand. Auch sie enthielten Eier von verschiedener Größe und ich schloss daraus, dass sich ähnlich wie bei den Räderthieren aus den großen Eiern die Weibchen und aus den kleinen die jedenfalls kleineren und desshalb noch nicht aufgefundenen Männchen entwickeln möchten. Ich isolirte nun eine große Menge von Eikapseln, doch gelang es mir erst nach vielen vergeblichen Versuchen, die Embryonen zum Ausschlüpfen zu bringen. Meine Erwartungen wurden nicht getäuscht, denn während ‚ sich aus den großen Eiern die Weibchen entwickelten, gingen aus den N kleinen Individuen von völlig anderer Form hervor (Fig. 3 und 4). Die- selben sind 0,04 mm lang, während die Länge der eben ausgeschlüpften 336 Eugen Korschelt, Weibchen im Durchschnitt 0,23 mm, und die der erwachsenen bis zu 4,2 mm beträgt. Sie besitzen eine kurze gedrungene Form, der Körper ist hinten etwas breiter als vorn. Das vordere Körperende ähnelt dem Kopf der Weibchen, zumal sich hier entsprechend dem ersten Wimperring jener, ebenfalls ein Kreis langer Wimpern findet; eben so ist die eine Fläche des Körpers, welche ich desshalb als Bauchfläche bezeichne, vom vor- deren bis zum hinteren Körperende mit Wimpern bedeckt. Dieselben sind kürzer als die des Wimperringes. Die langen Cilien, welche beim Weibchen das Tasten vermitteln, sind hier nicht vorhanden, eben so wenig besitzt das Thier Augen. Der Körper ist von einer deutlichen Cuticula überzogen. Stets findet sich ungefähr in der Mitte des Körpers eine Menge kleiner, stark lichtbrechender Bläschen (Fig. 3 und 4 Bl) in unregelmäßiger Vertheilung vor; ob dieselben in der Körperwand oder in dem Leibesraum der Thiere liegen, konnte ich nicht entschei- den, da diese leider sehr wenig durchsichtig sind. Am hinteren Ende findet sich ein eigenthümliches Organ, welches ich seiner wahrschein- lichen Funktion wegen als Begattungsorgan bezeichne (Fig. 3 und 4 B). Es besteht aus einem kegelförmigen durchbohrten Körper, welcher in einer Höhlung liegt und in dieser vorgestülpt und zurückgezogen werden kann. Von der Höhlung führt ein kurzer Gang nach außen. Der kegel- förmige Körper ist in seiner Längsachse von einem Kanal durchbohrt, welcher sich nach dem Leibesraum zu erweitert. Ob dieser Kanal weiterhin so verläuft, wie ich es in der Figur 5 durch punktirte Linien (Vd?) angegeben habe, kann ich nicht mit Bestimmtheit sagen, da ich ihn nur einmal so zu erkennen glaubte, doch scheint es wohl am natür- lichsten so, da ja der Kanal sich auf irgend eine Weise nach hinten fort- setzen, bez. mit dem Körperinnern in Verbindung treten muss. Setzt. man das Thier dem Drucke des Deckglases aus, so erkennt man deut- lich, wie das Begattungsorgan einer Einstülpung der Leibeswandung, entspricht. Figur 5 stellt das Hinterende eines solchen gedrücklen Thieres dar. Die Körperwand (Kw) erscheint von mehr homogener, alles Übrige von körniger Beschaffenheit. Von dem Leibesraum konnte ich nicht erkennen, ob er von Mesenchymgewebe durchsetzt ist, oder wie bei den Weibchen einen Hohlraum darstellt, jedenfalls aber ist die innere Organisation eine sehr einfache, ein Nahrungskanal und mit ihm Mund und After fehlen gänzlich. Auch irgend ein Körper, welcher die Hoden darstellen könnte, war im Innern des Thieres nicht wahrzunehmen. Ich vermuthe, dass die Spermatozoen, denn solche bringt das Thier her- vor, wie wir sogleich sehen werden, aus den vorerwähnten, im mittle- ren Theil des Körpers vertheilten hellen Bläschen entstehen. Dieselben gelangen dann vielleicht, ähnlich wie die Eier beim Weibchen, in den Über Bau und Entwicklung des Dinophilus apatris. 337 Leibesraum und werden von hier durch das Begattungsorgan nach außen befördert. Obgleich es mir von Anfang an unzweifelhaft war, dass die be- sprochenen Thiere von rudimentärer Organisation den Männchen des Dinophilus apatris entsprächen, so galt es doch, dies bestimmt nachzu- weisen, da ich Samenfäden in ihrem Innern nie mit Bestimmtheit er- kennen konnte. Zu diesem Behufe brachte ich ein Männchen mit zwei Weibchen, welche eine Menge reifer Eier enthielten, in ein Uhrschälchen zusammen. Das Männchen, welches vorher nach der Gewohnheit dieser Thierchen ruhig an einem Orte verharrte, begann plötzlich aufgeregt umherzuschwimmen, wenn eines der Weibchen in seine Nähe kam. Diese dagegen, welche erst lustig umherschwamman, wie es die Weib- chen immer zu thun pflegen, verblieben jetzt ruhig an derselben Stelle und während mehrerer Stunden, in denen ich die Thiere beobachtete, bewegten sich die Weibchen kaum. In dieser ganzen Zeit shwamm das Männchen fortwährend dicht an eines oder das andere der nicht weit von einander entfernten Weibchen gedrängt an diesen auf und ab oder war unter denselben verborgen, doch konnte ich von einer Begattung schon desshalb nichts bemerken, weil ich die Weibchen vom Rücken sah und die Geschlechtsöffnung an der Bauchfläche liegt. Ob die Samen- fäden direkt in die Geschlechtsöffnung des Weibchens gebracht oder nur ins Wasser entleert werden und von da aus in dieselbe gelangen, ist desshalb schwer zu entscheiden, doch ist wohl das erste bei der penis- artigen Bildung des Begattungsorganes wahrscheinlicher. Nachdem ich die Thiere lange Zeit beobachtet hatte, schwamm eins und bald darauf auch das andere Weibchen weg; ich saugte nun sofort das Wasser ab, um das an Ort und Stelle verbliebene Männchen mit stärkerer Vergrößerung ' (SEıBERT, Oc. 3, Obj. V) untersuchen zu können. Am hinteren Körper- ' theil desselben entdeckte ich denn auch bald einzelne Samenfäden, und ' während ich das Thier beobachtete, wurde das Bögaitungscres ein ' wenig nach vorn bewegt und wieder zurückgezogen, worauf eine Menge ‘von Samenfäden nach außen gelangten. Figur A stellt das betreffende ' Männchen dar. Die Spermatozoen bestehen aus einem länglichen vorn ‚ zugespitzten Kopf, der sich nach hinten verschmälert und in den Schwanz ‚ fortsetzt. Die Länge der Spermatozoen beträgt etwas mehr als den drit- | ten Theil der Körperlänge des Thieres. — In den mit den Männchen zusammen gewesenen Weibchen konnte ich Spermatozoen nicht erken- | nen, doch wird dies bei deren Kleinheit durch die Körperbedeckung hindurch überhaupt kaum möglich sein, außerdem machten die dicht \ an einander gelagerten Eier den hinteren Theil der betreffenden Thiere | | fast ganz undurchsichtig. Jedenfalls muss aber die Befruchtung der u 1 338 Eugen Korschelt, Eier im Inneren der Weibchen vor sich gehen, da die abgelegten Eier von einer doppelten Hülle, der Eihaut und Eikapsel, umgeben sind. Die Lebensdauer der Männchen ist entsprechend ihrer niederen Or- ganisation eine sehr kurze. Die Männchen, welche ich mit Weibchen zusammen in Uhrschälchen hielt, waren immer schon nach wenigen Tagen abgestorben. Die längste Zeit, welche ich ein Männchen am Leben erhielt (ich spreche nur von solchen, deren Ausschlüpfen ich beob- achtete), betrug 10 Tage, während die Weibchen unter den nämlichen Lebensbedingungen Monate lang lebten. Die Uhrschälchen wurden in ein Glasgefäß gebracht, dessen Boden mit Wasser bedeckt war, in wel- ches beständig Luft eingeleitet wurde. Das Gefäß war mit einer Glas- platte bedeckt, welche ziemlich dicht schloss, so dass die Luft immer genügend feucht blieb und ein Verdunsten des Wassers in den Uhr- schälchen verhindert wurde. — Die Zahl der Männchen verhält sich, den abgelegten Eiern nach zu urtheilen, zu der der Weibchen wie 1:2. Es finden sich immer ungefähr doppelt so viel weibliche als männliche Eier in jeder Kapsel. Bei der Kleinheit der Männchen (ihre Größe beträgt ungefähr den dreißigsten Theil von der der ausgewachsenen Weibchen und wird z. B. von der vieler Infusorien mehrmals übertroffen) ist es leicht möglich, dass sie den früheren Beobachtern entgangen sind. HaLLez sagt über das Fehlen der Männchen: »CGe fait constitue un point de plus a signaler dans l’histoire si interessante de ces types aberrants.« Jedenfalls wären erneute Untersuchungen sehr wünschenswerth, um zu erfahren, ob sich auch bei Dinophilus gyrociliatus und metameroides ein solcher auffallen- der Geschlechtsdimorphismus findet, denn es ist merkwürdig genug, dass sich die in den äußeren Lebensbedingungen so wenig von einander abweichenden Arten von Dinophilus in dem männlichen Geschlecht so verschieden verhalten, wie es bei Dinophilus vorticoides und apatris der Fall ist. IV. Entwicklungsgeschichtliches über Dinophilus apatris. _ Über die Entwicklung des Dinophilus war bis jetzt so gut wie nichts bekannt. Nur van BenzDen (3) giebt einige Abbildungen von Embryonen des Dinophilus vorticoides und spricht die Vermuthung aus, dass der- selbe lebendig gebärend sei, obgleich er, wie er sagt »un nid contenant une dizaine d’oeufs« gefunden hat und in seiner früheren Arbeit das Ab- legen der Eier beschreibt. Osc. Scumipr macht die kurze Angabe (2%), dass die Furchung des Eies eine totale sei und der Embryo bis auf die Geschlechtsorgane völlig ausgebildet die Eihülle verlasse. Beide Angaben kann ich für Dinophilus apatris bestätigen und ihnen weitere hinzufügen. N mt re Über Bau und Entwicklung des Dinophilus apatris. 339 Doch sind meine Beobachtungen nicht vollständig. Ich führe sie aber dennoch hier an, weil über die Entwicklung der rhabdocoelen Turbel- larien noch wenig bekannt ist und weil die des Dinophilus von der durch Harıez (40) bekannt gewordenen Entwicklung der Rhabdocoelen des süßen Wassers abweicht. Dass meine Untersuchungen trotz der darauf verwandten Mühe lückenhaft blieben, kommt davon her, dass die Un- durchsichtigkeit der Eier die Beobachtung außerordentlich erschwert und sie in höheren Stadien sogar unmöglich macht. Außerdem sind die Eier sehr zart und nur bei der größten Sorgfalt bis zum Ausschlüpfen der Embryonen zu bringen. Die Eier werden, wie wir bereits sahen, in gelatinösen Kapseln ab- gelegt (Fig. 30 und 31). Jedes Ei ist von einer körnigen, undurchsich- tigen Dottermasse erfüllt, in welcher das Keimbläschen liegt; einen Keimfleck konnte ich nie erkennen. Umgeben wird das Ei von einer Hülle, welche ihm nicht fest anliegt (Fig. 34). Der Zwischenraum zwi- schen ihr und dem Ei scheint mit einer Flüssigkeit angefüllt zu sein, die sich durch starkes Lichtbrechungsvermögen auszeichnet. Zerstört man ein noch ungefurchtes Ei, so bemerkt man an den mit dem Wasser in Berührung gekommenen Dotterkörnchen eine vibrirende Bewegung, welche über eine halbe Stunde lang anhalten kann. Die Größe der Eier ist durchschnittlich folgende: die weiblichen messen 0,414 mm in der Länge und 0,092 mm in der Dicke, die männlichen 0,042 mm in der Länge und 0,034 mm in der Dicke. Ich betrachte zunächst die Entwicklung der weiblichen Eier, die wegen ihrer Größe der Beobachtung günstiger sind. Richtungskörper werden zwei gebildet, dieselben erhalten sich sehr lange und sind oft noch sichtbar, wenn der Embryo bereits mit Wimpern bedeckt ist, wie dies auch Harızrz (10) von Leptoplana tremellaris angiebt. Nach der Ab- lage der Eier vergeht einige Zeit, ehe die Furchung beginnt. Die letz- tere erfolgt verhältnismäßig langsam. Bei den von mir unter gleichen Bedingungen beobachteten Eiern lag zwischen dem Beginn der Furchung ‚und der Vollendung des in Figur 37 dargestellten Stadiums immer ein Zeitraum von 7 bis 8 Stunden. Die Furchung des Eies ist eine in- äquale. Die Ebene der ersten Furche liegt vertikal zur Längsachse des Eies und mehr dessen einem Pole genähert, so dass zuerst eine größere und eine kleinere Kugel entstehen. Figur 32 zeigt den Beginn der Fur- chung, Figur 33 das vollendete erste Stadium. Von der Kernfigur konnte ich nichts sehen, weil das Ei im hängenden Tropfen in der feuchten Kammer beobachtet wurde und die Eier nur durchsichtig sind, wenn sie komprimirt werden. Die kleinere der beiden Furchungskugeln zerfällt jetzt durch eine zweite Furche, die in der Ebene der Längsachse des 340 Eugen Korschelt, Eies liegt, in zwei gleich große Kugeln (Fig. 34) und hierauf schnürt sich von der großen Kugel eine kleinere ab, welche die Größe der beiden vorher gebildeten Kugeln besitzt. Dieselbe rückt sofort nach ihrer Ab- schnürung gegen die beiden letzteren hin und drängt die ihr zunächst gelegene nach oben, wodurch das völlig symmetrische Bild der Figur 35 zu Stande kommt. Von diesem Stadium findet sich eine getreue Ab- bildung bei van BENEDEN (3), es scheint dies das einzige zu sein, welches er bestimmt erkannt hat. — Während die drei kleinen Kugeln einige Zeit unverändert bleiben, theilt sich jetzt die große von Neuem in zwei Abschnitte von gleicher Größe (Fig. 36). An einem Ei von diesem Sta- dium beobachtete ich einmal eine eigenthümliche Erscheinung. Kurz nach der Bildung der beiden großen Furchungskugeln erschienen die unteren Konturen derselben plötzlich eigenthümlich höckerig, eine Menge einzelner Dotterkörnchen löste sich ab und es schien, als ob das Ei in Zerfall begriffen sei. Bald aber wurden die zahlreichen innerhalb der Eihülle regellos umherliegenden Dotterkörnchen wieder von den beiden Zellen, denen sie vorher angehörten, angezogen und in sie aufgenommen. Diese erschienen bald wieder völlig abgerundet und die Furchung nahm ihren ungestörten Fortgang. Man muss diese Erscheinung wohl als eine anormale auffassen ; eigenthümlich ist es dann, dass die Weiterentwick- lung des Eies durch sie keineswegs gestört wurde. Die eine der beiden großen Furchungskugeln des zuletzt betrachteten Stadiums scheint jetzt in mehrere kleine zu zerfallen, so dass nur eine große Kugel übrig bleibt, wie dies die Figur 37 darstellt. Bis zu diesem Stadium konnte ich die Entwicklung mehrmals an ein und denselben Eiern beobachten, weiter- hin machte es aber die Undurchsichtigkeit derselben vollkommen un- möglich, die Schicksale der bisher gebildeten Kugeln an Eiern im hängen- den Tropfen weiter zu verfolgen. Die weitere Entwicklung wurde desshalb an verschiedenen Eiern beobachtet, die durch den Druck des Deckglases durchsichtig gemacht wurden. Auch eine Präparation der Eier versuchte ich; dazu müssen dieselben aber vorher aus der Kapsel entfernt werden, da diese so wie das Aufeinanderlagern mehrerer Eier ein deutliches Erkennen der einzelnen verhindert. Gelingt diese bei der Kleinheit der Objekte ziemlich schwierige Operation, so erhält man durch Härtung mit 1°/,iger Osmiumsäurelösung und Alkohol, so wie Färbung mit Pikrokarmin zuweilen brauchbare Resultate. | Ich stelle in Folgendem die erhaltenen Entwicklungsstadien so zu- sammen, wie ihre Aufeinanderfolge am natürlichsten erscheint. Als erstes führe ich das in Figur 38 abgebildete Stadium an. Dasselbe zeigt eine große und eine Menge kleiner Furchungskugeln, deren Anzahl dar- auf hinweist, dass sie durch Zweitheilung der kleinen Kugeln des zuletzt Über Bau und Entwicklung des Dinophilus apatris. 341 beschriebenen Stadiums entstanden sind. Dieses Bild habe ich so oft erhalten, dass an einen Irrthum Betreffs des in Figur 37 dargestellten Stadiums und an ein Erhaltenbleiben der anfänglichen beiden großen Kugeln, welches nach dem nächsten Stadium (Fig. 39) sehr wahrschein- lich erscheint, nicht zu denken ist. Die große Kugel theilt sich nämlich jetzt in zwei neue, welche nun erhalten bleiben und allmählich von den kleinen sich fort und fort vermehrenden Kugeln umwachsen werden. Diese stellen also das Ektoblast, jene das Entoblast dar und es findet demnach bei Dinophilus eben so wie bei den übrigen Turbellarien die Bildung der Gastrula in Folge einer epibolischen Invagination statt. Die weitere Bildung der Ektoblastzellen scheint nicht ganz gleichmäßig vor sich zu gehen. In Figur 39 finden sich unter ihnen noch einige größere, _ von denen zwei eben in der Theilung begriffen sind. An beiden waren nämlich die Kernspindeln deutlich zu sehen. Figur 40 stellt ein etwas weiter vorgeschrittenes Stadium dar. Man sieht dasselbe von der Seite, so dass die eine der beiden Entoblastzellen durch die andere verdeckt wird. Die beiden Entoblastzellen sowohl, wie verschiedene der Ekto- blastzellen zeigen Protoplasmafortsätze, die den Pseudopodien der Rhizopoden außerordentlich ähnlich sind und die vielleicht zur Bewe- gung des bis dahin wimperlosen Embryo innerhalb der Eihülle dienen. Es ist dies jedenfalls eine ganz ähnliche Erscheinung wie die neuerdings von Weismann (30) und Merscunikorr (19) beschriebenen. WeEISMANN sah nämlich die neugebildeten Keimhautzellen von Biorhiza eine Menge »kurzer und langer Forisätze aussenden, welche den Pseudopodien der Radiolarien sehr glichen« und wie diese ihre Gestalt veränderten. Sie werden zum Einziehen der zurückgebliebenen Dottermasse in die Zellen verwandt, doch giaubt sie Weısmann nicht »als eine nur zu diesem Zweck bestehende Bildung ansehen zu dürfen, da sie auch bei Eiern von Chironomus spec. vorkommt, bei welchen er niemals Dotterreste _ außerhalb der Keimhaut antraf«. Die Frage »ob sie bloß ein Ausdruck [ | des lebhaften Stoffwechsels dieser Zellen sind, oder ob sie eine prak- tische Bedeutung haben «, lässt er unentschieden. — Pseudopodienähn- liche Fortsätze besitzt auch die kolossale Entodermzelle der von MErTscHnikorr beschriebenen Larve von Cunocthanta parasitica. Hier dienen die Pseudopodien nach der Schilderung METscanikorr’s zweifellos ‚ zur Bewegung des Thieres, und dies scheint mir, wie bereits bemerkt, ‚ auch bei dem Embryo von Dinophilus der Fall zu sein. Hervorgebracht Ä | | | | wird diese Bewegung jedenfalls dadurch, dass sich die Pseudopodien ‚ abwechselnd an die Eihaut anlegen und wieder zurückziehen. Ich kehre zur Beschreibung der Entwicklungsstadien zurück. An dem eben besprochenen Stadium treten zwei in der Figur 40 mit Z be- 342 Eugen Korschelt, zeichnete Ektobhlastzellen besonders hervor, welche sich vor den ande- ren dadurch auszeichnen, dass sie am gefärbten Präparat heller erscheinen als diese; ob sie eine besondere Bedeutung haben, ist mir unbekannt; an späteren Stadien konnte ich sie nicht auffinden. — Beinahe ganz vollendet ist die Umwachsung im Stadium der Figur 41, welche den Embryo von unten, d. h. vom Blastoporus aus, zeigt. Ob hier bereits Wimpern vorhanden sind, konnte ich nicht erkennen, doch werden die- selben jedenfalls um diese Zeit gebildet, da der Embryo jetzt lebhaft in der Eihülle zu rotiren beginnt. Über die Anlage der Organe kann ich nichts berichten, da die völlige Undurchsichtigkeit der Eier in diesen Stadien eine weitere Beobachtung verhindert. Die Entwicklung des Embryo nimmt mehrere Wochen in Anspruch. Aus den Eiern, an denen ich die geschilderten ersten Entwicklungsvorgänge beobachtet hatte und die ich alle aufbewahrte, schlüpften die ersten Embryonen nach 19 Tagen aus, die der anderen Kapseln folgten ihnen in wenigen Tagen. — Nachdem die Eihülle mit Hilfe des Rüssels gesprengt ist, fin- den sich die jungen Thiere noch innerhalb der Kapsel und es gilt jetzt, auch dieses viel widerstandsfähigere Hindernis zu beseitigen, um ins Freie zu gelangen. Ich habe mehrmals beobachtet, wie das Durch- hrechen der Kapsel bewerkstelligt wird. Die Thiere legen sich nämlich mit der Bauchfläche dicht an die Wandung der Kapsel an und schnellen den Rüssel fortwährend gegen einen bestimmten Punkt derselben vor. Haben sie sich an einem Punkte lange Zeit erfolglos abgemüht, so ver- lassen sie diesen, um denselben Versuch an einer anderen Stelle zu er- neuern, kehren aber oftmals bald wieder an den ersten Punkt zurück. Ist es einem der Thiere auf diese Weise endlich gelungen, die Wand der Kapsel an einer Stelle zu sprengen, so sucht es die Öffnung zu erweitern, indem es fortwährend den Kopf hindurchsteckt und wieder zurückzieht, bis es schließlich durch die Öffnung ins Freie zu gelangen vermag. Die anderen noch in der Kapsel befindlichen Thiere folgen ihm dann auf dem nämlichen Wege, wenn sie sich nicht bereits selbst eine Öffnung hergestellt haben, denn oft findet man Kapseln mit mehreren Öffnungen. Das junge Thier (Fig. 43), welches eine Länge von 0,23 mm besitzt, zeigt, abgesehen von dem Mangel der Geschlechtsorgane, nur wenige unbedeutende Unterschiede von dem alten. Die Segmentirung des Kör- pers tritt bei ihm mehr hervor, der Kopf ist im Vergleich zum Körper umfangreicher als bei dem alten Thier. Am Vorderende des Körpers findet sich stets ein merkwürdiges Organ, dessen Bedeutung mir völlig dunkel geblieben ist. Es besteht aus drei hinter einander liegenden, stark lichtbrechenden und mit einer körnigen Substanz erfüllten Bläs- chen (Fig. 42—44 O), von denen die beiden hinteren etwas größer sind Über Bau und Entwicklung des Dinophilus apatris. 345 als das vordere. Dieses Organ verschwindet bald und ist bei älteren Thieren nicht mehr aufzufinden. Es scheint daher nur Bedeutung für das Embryonalleben bezüglich für die erste Zeit des Freilebens der jungen Thiere zu besitzen. Die männlichen Eier durchlaufen ganz dieselben Stadien der ersten Entwicklung wie die weiblichen, dies geht schon aus den wenigen Be- obachtungen hervor, welche ich über diesen Punkt machen konnte. Auch bei ihnen treten zwei Richtungskörper auf (Fig. 46). Von der Furchung habe ich nur die dargestellten Stadien mit Sicherheit erkannt. Die Fi- guren 47 u. 48 entsprechen dem zweiten und dritten Stadium der weib- lichen Eier; Fig. 49 zeigt ein Stadium, bei welchem, der Anzahl der kleinen Furchungskugeln nach, so eben die Theilung der großen Kugel in die zwei kleineren erfolgt ist; dieses Stadium würde also zwischen die in Fig. 38 u. 39 dargestellten Stadien der weiblichen Eier zu liegen kommen. Im Stadium der Fig. 50, welches ungefähr dem der Fig. 41 entspricht, ist die Umwachsung der Entoblast- durch die Ektoblastzellen schon ziemlich weit fortgeschritten und die epibolische Gastrula beinahe vollendet. Der männliche Embryo rotirt, nachdem er die Wimperbeklei- dung erhalten hat, viel rascher in der Eihülle umher als der weibliche. Die Entwicklung schreitet Anfangs bei männlichen und weiblichen Eiern gleichmäßig fort; ich fand die abgebildeten männlichen Eier zusammen ' mit weiblichen Eiern von denselben Stadien in den nämlichen Kapseln, doch scheint sie späterhin bei den Männchen langsamer vor sich zu gehen, da die männlichen Embryonen immer später ausschlüpfen als die weiblichen, was darauf hindeutet, dass die dem Männchen fehlenden Organe erst angelegt und später wieder rückgebildet werden, wozu | | | natürlich mehr Zeit erforderlich ist. V. Die systematische Stellung des Dinophilus. Über die Beziehungen der Gattung Dinophilus zu den übrigen Ab- ‚theilungen der Würmer sind die Meinungen der Autoren sehr aus ein- ‚ander gehende. Osc. Scunipr, der Entdecker des Dinophilus, zählte ihn ‚den rhabdocoelen Turbellarien bei. Diesing (7) zieht noch engere Gren- ‚zen, indem er ihn der Familie der Mikrostomeen einreiht, welchem Bei- spiele auch Craus (5) in seinem Lehrbuche folgt. Max ScauLtze (28) hin- ‚gegen stellt ihn als gleichwerthige Familie den Mikrostomeen enigegen; ‚beide Familien fasst er dann den Rhynchocoelen (Nemertinen) gegenüber als Arhynchia zusammen, da ihm das Vorhandensein eines Rüssels bei Dinophilus nicht el war. Von van BENEDEN (2) wird Dinophilus ‚für einen Nemertinen gehalten, zu weicher Abtheilung ihn auch Harızz 10) in Beziehung setzt. Ganz abweichend von den angeführten An- ' | I 344 Eugen Korschelt, sichten ist die Scumarna’s (23), welcher den Dinophilus in die Familie der Naiden aufnimmt, so wie die von METscunıIKorr (18), der ihn für eine »stationäre Annelidenlarve« hält!. MerscaniKorr zieht diesen Schluss aus der »außerordentlich großen Ähnlichkeit des Dinophilus mit einigen An- nelidenlarven und besonders mit der von ihm in Neapel gefundenen Larve der Gattung Lysidice«.. Die angekündigte Beschreibung dieser Larve konnte ich nirgends finden, er scheint dieselbe leider nicht ver- öffentlicht zu haben, doch zeigen auch die von ihm und CLArArkpe (X) geschilderten Larven von Ophryotrocha eine gewisse Ähnlichkeit mit Dino- philus, welche besonders durch die Wimperringe, die eben erst ange- deutete Segmentirung, den Schwanzanhang und die langen Cilien am Vorder- und Hinterende hervorgebracht wird. Solche dem Dinophilus ähnelnde Larvenstadien von Polychaeten (Arenicola, Chaetopterus) zeich- net auch Eon. B. Wırson (31, Taf. XXIII, Fig. 4 u. 6). Diese Ähnlich- keit scheint mir um so auffallender, als die von ihm beschriebene Ent- wicklung der Clymenella, Arenicola und des Chaetopterus in den ersten Stadien ganz und gar und auch weiterhin in verschiedenen Punkten mit der des Dinophilus apatris übereinstimmt. Man vergleiche Wırson’s Fi- guren k—6, 25 u. 26 Taf. XX, 37—41 Taf. XXI und 67—71 Taf. XXI, die ganz den Stadien entsprechen, wie ich sie von Dinophilus beschrieben habe. Von Merscunikorr wird noch als Merkmal der Übereinstimmung des Dinophilus mit den Anneliden die Ähnlichkeit des Rüssels beider hervor- gehoben. METScunIKoFF sagt: »Der eigenthümliche von Scunipt beschrie- bene Rüssel findet kein Analogon im Nemertinenrüssel, sondern verhält sich eben so wie derjenige von vielen Anneliden.« Diese Ansicht wird man leicht erklärlich finden, wenn man z. B. die Abbildungen betrach- tet, welche R. Horst (15) von Larven der Arenicola piscatorum giebt, bei denen Rüssel und Schlund den entsprechenden Organen des Dinophilus i Nachdem ich das Manuskript bereits abgeschlossen habe, kommt mir der erste Theil der neuen Auflage von Osc. Scumipr’s Lehrbuch der vergl. Anatomie (27) zur Hand. In demselben findet sich der Dinophilus mehrmals erwähnt, und zwar sagt Schmipt von ihm: »Wenn wir früher die eigenthümliche Gattung Dinophilus den eigentlichen Turbellarien beizählten, so müssen wir jetzt die Ansicht würdigen, in ihr einen isolirten, durch die Wimperreifen an Larvenformen erinnernden Würmerzweig zu erblicken,« und weiterhin :: »Wie es auch unter den Wirbelthieren Larvenformen giebt, welche sich geschlechtlich fortpflanzen (Axolotl), so lässt sich Dinophilus als eine äußerlich auf dem Larvenstadium verharrende Art betrachten.« ScHMipT spricht also hier eine ähnliche Ansicht wie METSCHNIKOFF aus, und indem er die Gattung Dinophilus als einen »isolirten Würmerzweig« bezeichnet, kommt seine Meinung mit dem Resultat zusammen, zu welchem ich am Schlusse dieser Arbeit gelaugt bin. Über Bau und Entwicklung des Dinophilu apatris. 345 sehr ähnlich erscheinen. Allerdings ist diese Ähnlichkeit nur eine scheinbare, in so fern bei dieser Form, wie auch bei denen, welche METScHnIKoFF im Auge hatte, der Rüssel stets eine muskulöse Verdickung der Schlundwand darstellt, während der des Dinophilus zum Verdau- ungsapparat in keinerlei Beziehung steht, sondern nur durch die Mund- öffnung ausgestülpt wird. Hingegen lässt sich eine gewisse Ähnlichkeit in Lage und Form zwischen dem Rüssel des Dinophilus und dem » mus- kulösen Anhangsorgan« am Oesophagus des Protodrilus Leuckarti, eines neuerdings von HartscHek (43) beschriebenen Archianneliden nicht ver- kennen und es erscheint mir überhaupt nicht unmöglich, dass sich in Folge der hier angeführten Ähnlichkeiten Beziehungen zwischen dem Dinophilus und den Anneliden und somit zwischen diesen und den Platt- würmern finden könnten. Ehe ich dazu übergehe, die systematische Stellung des Dinophilus näher zu erörtern, sei es mir noch gestattet, ein Verhältnis zu besprechen, welches bisher noch nicht berührt wurde. Es scheinen mir nämlich ge- wisse Beziehungen zwischen dem Dinophilus und den Räderthieren zu bestehen. METSCHNIKOFF weist in der oben erwähnten Arbeit auf eine »auffallende Verwandtschaft« der Gattung Dinophilus mit den Ichthydi- nen hin. Dieselbe scheint mir aber viel geringer zu sein als die mit den eigentlichen Rotatorien. Besonders geeignet für einen Vergleich ist der Schwanzanhang des ‘ Dinophilus und der sog. Fuß der Räderthiere. Der Schwanz des Dino- philus ist eine bloße Verlängerung der Bauchfläche und auch der Fuß ‚der Räderthiere ist, wie dies SıLenskv’s Untersuchungen (22) klar gelegt ‚ haben, als ventraler Anhang des Rumpfes zu betrachten. Der After liegt ‚ in beiden Fällen dorsal vom Schwanz- bez. Fußanhang. Der Schwanz- ‚ anhang einiger Dinophilusarten (D. gyrociliatus und metameroides) ist ‚ ebenfalls gegliedert, wie der Fuß der Rotatorien. Dass diese Gliederung anderen, wie dem Dinophilus vorticoides und apatris, fehlt, könnte ‚ darauf hinweisen, dass sich diese bereits weiter von der Stammform ent- ‚ fernt haben. — Vielleicht ließe sich auch ein Vergleich zwischen dem ‚ Räderorgan der Rotatorien und den Kopfwimperringen des Dinophilus | ziehen; beide Organe sind sich im Ansehen und in der Form sehr ähn- ‚lich, Eonders tritt dies beim Männchen hervor, welches nur einen ME uneırine besitzt. MerscunIkorr (48) erwähnt eines Räderthieres aus der Gruppe Notommata, welches sogar eine Bewimperung der Bauch- ‚ fläche besitzt; dieselbe würde die Ähnlichkeit mit Dinophilus nur um so mehr hervortreten lassen. — Bei Weitem größer noch ist die Überein- ' stimmung beider Abtheilungen in verschiedenen Punkten der inneren Organisation. Die Räderthiere besitzen wie Dinophilus einen weiten | j' | | 346 Eugen Korschelt, Leibesraum, welcher von nur wenigen Mesenchymzügen durchsetzt wird. Ein Hautmuskelschlauch fehlt den Räderthieren, bei Dinophilus ist derselbe allerdings vorhanden, aber nur wenig und schwächer als bei allen übrigen Turbellarien ausgebildet, so dass er als hier zum ersten Male auftretend zu betrachten wäre. Der Darmkanal des Dinophilus zeigt dieselbe großzellige Beschaffenheit und die nämlichen Abschnitte wie der der Räderthiere, es tritt dies z. B. in den Abbildungen Conn’s (6, Taf. XII, Fig. 1 und Taf. XIV, Fig. 2 u. 3) deutlich hervor. Der bei den Räderthieren als Mundhöhle bezeichnete Abschnitt würde dem Schlunde, der Schlund der Räderthiere dem Vormagen des Dinophilus entsprechen, allerdings fehlt dem letzteren die Kieferbewaflnung. Ma- gen und Darm entsprechen sich in beiden Abtheilungen völlig, beide sind mit Flimmerepithel ausgekleidet. Eine weitere Ähnlichkeit bietet sich in der Lage des Ovarıums in dem Einschnitt zwischen Magen und Darm dar. Ähnlich wie bei den Räderthieren entwickeln sich bei Di- nophilus (apatris) Männchen und Weibchen aus Eiern verschiedener Größe und weichen auch in der Organisation von einander ab. Aller- dings scheint dies bei Dinophilus ein erst sekundär entstandener Vor- gang zu sein, da bei Dinophilus vorticoides beide Geschlechter gleiche Größe und Organisation besitzen. Dieser Umstand würde demnach nicht zur Vergleichung benutzt werden können, doch ist es in Folge der vor- her angeführten Gründe wohl nicht ungerechtfertigt, gewisse Beziehungen der Gattung Dinophilus zu den Räderthieren anzunehmen. Es scheint mir dies besonders interessant im Hinblick auf die Harscaer’sche Trocho- phoratheorie (12). In dieser werden bekanntlich die Anneliden von einer den heutigen Rotatorien (Trochosphaera) sehr nahe stehenden Urform, dem Trochozoon, abgeleitet, da sich in ihrer ontogenetischen Entwick- lung die sog. Trochophoraform sehr rein erhalten findet. In Folge der Ähnlichkeit des Dinophilus mit den Rotatorien auf der einen und mit den Turbellarien auf der anderen Seite würden sich erneute Beziehungen zwischen der, trotz vieler Versuche, sie dem System einzureihen, bis dahin so isolirten Gruppe der Räderthiere und den Plattwürmern ergeben. Die Plathelminthen würden sich vielleicht eben so wie die Anneliden auf Formen zurückführen lassen, die den Räderthieren nahe verwandt sind und man könnte sich dann vorstellen, wie beide Gruppen einer segmen- tirten Form entstammten, welche sich allmählich aus dem Trochozoon® (um mich Harscuer’s Bezeichnung zu bedienen) entwickelt hatte. Auf eine solche gemeinsame Stammform scheint mir auch die oben bespro- chene Ähnlichkeit einiger Annelidenlarven mit dem Dinophilus, der zweifellos niedrigsten Turbellarienform, hinzuweisen. Bei den Anneli- den würde die Segmentirung der Urform zu immer weiterer Ausbildung Über Bau und Entwicklung des Dinophilus apatris. 347 gelangt sein, während sie bei den Plattwürmern rückgebildet wurde und schließlich ganz verloren ging. Als Reste davon wäre dann wohl die Segmentirung von Planarienlarven, wie sie Acassız (1) beschreibt, und die bei den Nemertinen angedeutete Segmentirung zu betrachten. Wirft man nun die Frage auf, welche systematische Stellung dem Dinophilus zukommt, so dürfte sich deren Beantwortung ziemlich schwierig gestalten, da der Dinophilus, wie wir so eben sahen, Bezie- hungen zu den verschiedensten Abtheilungen aufweist. Vor allen Dingen ist die Ansicht zurückzuweisen, nach welcher er direkt den Anneliden zugerechnet wird; eben so wenig darf man ihn den Nemertinen zuzählen, mit denen er nur durch den Besitz des Afters und die Eingeschlechtig- keit übereinstimmt, während er im Übrigen eine viel niedere Organisa- tion aufweist. Am meisten Ähnlichkeit besitzt der Dinophilus mit den Turbellarien, doch zeigt er auch wieder mancherlei Verschiedenheiten von ihnen, wie die am Körper angedeutete Segmentirung, die Verthei- ' lung der Wimperung an demselben, die eigenartige Beschaffenheit des mit After versehenen Darmkanals, die Lage des Rüssels hinter der Mund- öffnung und den Bau der Geschlechtsorgane. In Folge dieses abweichen- den Verhaltens würde für Dinophilus mindestens eine neue Familie innerhalb der Ordnung der Turbellarien zu gründen sein, wenn er nicht gar aus der letzteren ausgeschieden und als besondere Gruppe betrachtet | werden müsste. Diese würde dann zwar ganz in die Nähe der Turbel- ‚ larien, aber auf eine tiefere Stufe als sie zu stehen kommen und das ' Verhältnis des Dinophilus zu ihnen würde dann etwa dem der Archi- ‘ anneliden zu den Anneliden entsprechen. 1 1 Die vorstehende Arbeit wurde im zoologischen Institut der Univer- sität Freiburg ausgeführt und ich erlaube mir, hier meinem hochverehr- ten Lehrer Herrn Geh. Hofrath Professor Dr. Weısmann und Herrn ‚Privatdocent Dr. A. Gruszer für die Freundlichkeit, mit der sie mir ‚ jederzeit ihren Rath, so wie die Hilfsmittel des Instituts zur Verfügung stellten, meinen herzlichsten Dank auszusprechen. Freiburg im Mai 1882. | | | | | \ | ) Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XXXVIL. Bd. 24 348 Eugen Korschelt, Litteraturverzeichnis. . Aukx. Acassız, »On the ycung stages of a few Annelids (Planaria angulata).« Annals Lyceum Nat. Hist. of New York. Vol. VIII. 1866. Diese Arbeit stand mir leider nicht zu Gebote, ich entnahm die betreffende Notiz BALFoUR's »Handbuch der vergleichenden Embryologie«, übersetzt von B. VETTER. Jena 1880. Bd I. p. 187. P. J. van BENEDEN, »Sur un nouveau Nemertien de la cöte d’Ostende.« Bulletins de lacademie royale de Belgique. Tom. XVII, A. Derselbe, » Recherches sur la faune littorale de Belgique.« M&moires de l’aca- demie royale de Belgique. Tom. XXXII. 1861. E. CLAPARkDE und E. METSCHNIKOFF, »Beiträge zur Kenntnis der Entwicklungs- geschichte der Chaetopoden.« Diese Zeitschr. Bd. XIX. 1869. C. Craus, »Grundzüge der Zoologie.« IV. Auflage. Marburg 1880. F. Conan, »Über die Fortpflanzung der Räderthiere.« Diese Zeitschr. Bd. VH. 1856. C. Dızsıng, »Revision der Turbellarien.« Sitzungsberichte der k. Akademie der Wissenschaften zu Wien. Bd. XLIV, 4 und XLV, A. . J. FrAIPpoNT, »Recherches sur l’appareil excr&teur des Trematodes et des Cesto- des.« Archives de Biologie. Tome I. 4880. 9. L. GrAFF, »Zur Kenntnis der Turbellarien.« Diese Zeitschr. Bd. XXIV. 1874. 23. . P. Hıırez, »Contributions a l’histoire naturelle des Turbellaries. Lille 1879. Travaux de liinstitut zoologique de Lille. Fascicule II. Derselbe, » Sur le Prostomum lineare.« Archives de Zool. experimentale et gene- rale. Tome II. 1873. B. HATschek, »Studien über Entwicklungsgeschichte der Anneliden.« Arbeiten aus dem zool. Inst. der Universität Wien. 1878. 3. Heft. . Derselbe, »Protodrilus Leuckartii, eine neue Gattung der Archianneliden.« Ar- beiten aus dem zool. Inst. der Universität Wien. Tom. III. 4880. O. und R. Herrwig, » Die Coelomtheorie.« Jena 1881. . R. Horst, » Bijdrage tot de Kennis der Anneliden van onze Kust.« Tijdschrift der Nederlandsche dierkundige Vereenigung 1881. . JENSEN, »Turbellaria ad litora Norvegiae occidentalia.« Bergen 1878. . A. Lang, »Der Bau von Gunda segmentata und die Verwandtschaft der Plathel- minthen mit Coelenteraten und Hirudineen.« Mittheilungen aus der zool. 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Derselbe, »Neue Rhabdocoelen aus dem nordischen und adriatischen Meer.« Sizungsberichte der k. Akademie der Wissenschaften zu Wien. Bd. IX, 2. 1852. 37. Derselbe, »Handbuch der vergleichenden Anatomie.« 8. Auflage. Jena 4882. 38. MAxSchuLtzE, Über die Mikrostomeen, eine Familie der Tubellarien.« TroscHEr’s. Archiv. Bd. XV, 4. 4849, 29. Derselbe, »Beiträge zur Naturgeschichte der Turbellarien.« Greifswald 4851. 30. A. WEısMmAnn, »Beiträge zur Kenntnis der ersten Entwicklungsvorgänge im In- sektenei.« Bonn 4882. (Separatabzug aus der Festschrift zu HEnteE’s 50jäh- rigem Doktor-Jubiläum.) 34. Epmunp B. WıLson, »Observations on the early developmental stages of some polychaetous Annelids.« Jonn Hopkins University, Baltimore. Studies from the biological laboratory. Vol. Il. 4382. Erklärung der Abbildungen. Tafel XXI. Fig. 1. Verh.!/ioo.- Rückenansicht eines geschlechtsreifen Weibchens von Dino- philus apatris. In der Gegend des Ovariums liegen mehrere völlig ausgebildete und zur Ablage reife Eier. Nach dem lebenden Thier gezeichnet. Die beiden Linien nebenan zeigen das Größenverhältnis der ausgewachsenen Weibchen zu den Männchen in A00facher Vergrößerung, ‚Wr, Wimperring ; M, Mundöffnung;; ‚ Wst, starre Wimpern (Tastcilien); R, Rüssel; Wg, Wimpergruben?; Sd, Speicheldrüsen ; Sg, das kleine auf den Kopf folgende Seg- Ov, Ovarium ; ment; E, weibliche Eier; ‘ Kg, grünliche Körper in der Haut; e, männliche Eier; Spd, Ausführungsgänge der Spinndrüsen. Fig. 2. Seitenansicht eines Weibchens von Dinophilus apatris. Nach dem leben- den Thier gezeichnet. Kw, Körperwandung; Vm, Vormagen, Rs, Rüsselscheide; Sd, Speicheldrüsen ; Rt, Retraktionsmuskel des Rüssels; Ma, Magen; R, Rüssel ; D, Darm; Rm, muskulöser, Re, Rectum; Rp, papillöser Theil des Rüssels; A, After; S, Schlund; Ov, Ovarium. Die übrigen Buchstaben haben die gleiche Bedeutung wie in Fig. 1. 24% 350 : Eugen Korschelt, Fig. 3. Verh. !/ego-. Männchen von Dinophilus apatris. Nach dem lebenden Thier gezeichnet. Wr, Wimperring; B, Begattungsorgan ; Bl, helle Bläschen (Mutterzellen der Spermatozoen?). Fig. 4. Männchen von Dinophilus apatris unmittelbar nach der Begattung. W, Bewimperung der Bauchfläche; C, Cuticula; S, Samenfäden. Die übrigen Buchstaben wie in Fig. 3. Fig. 5. Hinterer Körpertheil eines männlichen Dinophilus apatris im optischen Längsschnitt. B, Begattungsorgan ; Lr, Leibesraum;; C, Cuticula; Vd, Ausführungsgang des Samens. Seine H, Hohlraum, in welchem das Begattungs- Fortsetzung gegen den Leibesraum hin organ liegt; ist so, wie ich sie einmal zu erkennen Oe, Mündung dieses Hohlraumes nach glaubte, mit punktirten Linien (Vd?) außen; angegeben. Kw, Körperwand; Fig. 6. M, Mundöffnung; Mu, Muskeln, die zu ihrer FrIlleune. bez. Ver- engerung, dienen. Fig. 7. Körperepithel, nach einem mit Silber imprägnirten und nachher mit Pikrokarmin gefärbten Präparat gezeichnet. Kern und Kernkörperchen der Epithel- zellen sind ausgezeichnet erhalten. Fig. 8. Ein Theil vom Körper eines Weibchens im optischen Längsschnitt. Dw, Darmwandung; Kw, Körperwandung; C, Cuticula; Lr, Leibesraum;, Bz, Bindegewebszüge, welche den letzteren durchsetzen. Fig. 9. Kopie nach Osc. Scuamipr (25). Vorderer Körperabschnitt eines Weib- chens von Dinophilus gyrociliatus. 0, 05; I, Pharynx sive organon suctorium exsertile ; oe, Oesophagus; g, Glandulae salivales. Fig. 40. Darmepithei, nach einem mit Pikrokarmin gefärbten Präparat spaeiebe net. In den Epithelzellen sind Ölkugeln (Oe) reichlich vertheilt. Fig. 44. Körpermuskulatur eines Weibchens bei Behandlung des Thieres mit 30/,iger Chromsäurelösung. | L, Längsmuskeln ; R, Ringmuskeln. Fig. 12. Ein Stück der Körperwand im optischen Längsschnitt. Man sieht, wie die Wimpern die Cuticula durchsetzen. Kw, Körperwand; C, Cuticula; W, Wimpern eines Wimperringes. Fig. 43. Klebdrüsen, wie sie auf einem Schnitt durch das hintere Ende des Rückens (entsprechend der in Fig. 17 mit Kd bezeichneten Stelle) erscheinen. Die Über Bau und Entwicklung des Dinophilus apatris. 351 dunkler gefärbten Zellen sind jedenfalls mit Sekret gefüllt, welches von den helle- ren bereits entleert ist. Die Kerne der Drüsenzellen erscheinen in beiden Fällen dunkel gefärbt. Fig. 14. Durch Zerdrücken des Thieres isolirte stark flimmernde Zellen des Darmepithels. Oe, Ölkugeln; K, Kerne der Darmzellen. Fig. 45. Der Rüssel, von der Bauchfläche aus gesehen, so dass nur sein vor- derer Schenkel sichtbar ist. Rm, muskulöser, Rp, papillöser Theil des Rüssels; Rmu, quergestreifte Ringmuskeln ; K, helle Körperchen im papillösen Theil; E, dünne Epithellage am vorderen Abschnitt. Fig. 16. Die Speicheldrüsen, nach dem lebenden Thier gezeichnet, Kern und Kernkörperchen der einzelnen Drüsenzellen sehr gut sichtbar. S, Schlund: Vm, Vormagen. Fig. A7. Ein etwas schematisirter optischer Längsschnitt eines mit Pikrokarmin gefärbten Thieres. Ov, Ovarium ; Ke, Körperepithel ; De, Darmepithel; Kd, Klebdrüsen ; C, Cuticula; Spd, Spinndrüsen. Fig. 48 und 49. Ovarien von Dinophilus apatris.. Nach Präparaten gezeichnet (Vergr. SEIBERT, 3, II). M, Magen; D, Darm; Kr, Kıı, Kırı, Eikeime in verschiedenen Entwicklungsstadien, In den mit Krıı bezeichneten Keimen hat bereits die Einlagerung von Dotterkörn- chen begonnen; E, ausgebildetes weibliches Ei. Fig. 20. Hintertheil eines Weibchens während des Ablegens der Eier. M, Magen; Ov, Ovarium; D, Darm; E, weibliches, A, After; e, männliches Ei; Kb, Keimbläschen. Tafel XXII, Fig. 24. Querschnitt durch ein Weibchen von Dinophilus apatris in der Gegend des Schlundes. m, Vormagen; Ep, Epithel des Schlundes; Sd, Speicheldrüsen ; Ke, Körperepithel; R, Rüssel; C, Guticula. Fig. 22, Querschnitt durch ein Weibchen von Dinophilus apatris in der Gegend des Ovariums. D, Darm; E, ausgebildete © Eier; N Ep, dessen Epithel; Ke, Körperepithel; Ov, Ovarium; C, Cuticula. 352 Eugen Korschelt, Fig. 23. Vorderer Körperabschnitt eines Weibchens, nach einem mit Alaun- karmin gefärbten Präparat gezeichnet. A, Auge; N, centrales Nervensystem ; S, Schlund. Fig. 24. a, Auge, wie es am lebenden Thier, b, wie esam Präparat erscheint; c, Auge eines mit Ammoniak behandelten Thieres. Fig. 25. Öffnung eines Wassergefäßstammes nach außen. Kw, Körperwand; C, Cuticula; W, Wassergefäßstamm ; Oe, dessen Mündung nach außen. Fig. 26. Wf, Wimperflamme; V, Vacuolen in deren Nähe. Fig. 27. Flimmernder Kanal, der sich in zwei Äste gabelt. Aus der Nähe des Rüssels. Fig. 28. Wf, Wimperflamme; H, Hohlkegel, in welchem dieselbe liegt; C, Kanal, in welchen sich der Hohlkegel fortsetzt. Fig. 29. Ein Theil des kapillären Gefäßnetzes. Aus der Gegend des ersten Segmentes. Fig. 30. Verh. l/ı5o. Eine soeben abgelegte Eikapsel von Dinophilus apatris, welche sieben weibliche und drei männliche Eier enthält. K, Kapsel; Eh, Eihaut; E, weibliche Eier; e, männliche Eier. Fig. 34. Kapsel mit zwei weiblichen und einem männlichen Ei. Rb, Richtungsbläschen ; K, Kapsel; Eh, Eihaut. Fig. 32. Beginn der Furchung bei zwei weiblichen Eiern aus derselben Kapsel. Fig. 33. Stadium I der Eifurchung. Es ist eine größere und eine kleinere Kugel gebildet. Fig. 34. Stadium //. Die kleinere Furchungskugel des vorigen Stadiums hat sich in zwei neue getheilt. Fig. 35. Stadium I/II. Von der großen Zelle hat sich eine kleine abgeschnürt. Fig. 36. Stadium IV. Die große Zelle ist in zwei neue zerfallen. Fig. 37. Aus der einen der beiden großen Zellen des vorigen Stadiums haben sich mehrere kieine gebildet. Fig. 38. Beginn der Umwachsung der großen Zelle durch die kleinen. Fig. 39. Die große Zelle hat sich in zwei neue Zellen getheilt, welche als Ento- dermzelien zu bezeichnen sind. Die Ektodermzellen zeigen in diesem Stadium sehr unregelmäßige Größe und sind in fortwährender Theilung begriffen. Zwei Kern- fizuren sind sichtbar. Fig. 40. Der Embryo liegt so, dass man nur die eine der beiden Entodermzellen sieht. Die Umwachsung ist weiter fortgeschritten. Ektoderm- und Entodermzellen zeigen pseudopodienähnliche Fortsätze (Ps). Über Bau und Entwicklung des Dinophilus apatris. 353 Z, zwei Zellen, die über die anderen hervorragen und an dem mit Pikro- karmin gefärbten Präparate heller als die übrigen Zellen erscheinen. Fig. 44. Die epibolische Gastrulation ist fast ganz vollendet. Fig. 42. Ein zum Ausschlüpfen reifer Embryo. R, Rüssel; 0, Organ, dessen Bedeutung nicht bekannt ist. Fig. 43. Verh. 1/aog. Ein soeben ausgeschlüpftes Weibchen. Wst, starre Wimpern (Tastcilien); BEER... VIE EN. 2: 2 2.8. 8% Wimperring;; O0, Organ, dessen Bedeutung unbekannt ist; - N, centrales Nervensytem; R, Rüssel. Fig. 44. Das am Vorderende des jungen Thieres gelegene Organ. Fig. 45. Ein junges Weibchen, bei welchem sich erst wenige Eikeime im Ova- rium finden. Das Thier ist genau im Profil gezeichnet, so dass die Kontur der Bauchfläche die Medianlinie vorstellt. Diese geht durch den nach hinten laufenden Strahl der Mundöffnung, wesshalb die letztere hier als weite Öffnung erscheint. M, Mundöffnung; Rs, Rüsselscheide ; N, centrales Nervensystem ; Rt, Retraktor des Rüssels ; Ov, Ovarium. Fig. 46. Ein männliches Ei, dessen Furchung noch nicht begonnen hat. Rb, Richtungsbläschen. Fig. 47. Männliches Ei dem Stadium // (Fig. 34) der © Eier entsprechend. ° Fig. 48. Männliches Ei dem Stadium /{/ (Fig, 35) der © Eier entsprechend. Fig. 49. Männliches Ei in einem Stadium, welches jedenfalls zwischen den in Fig. 38 und 39 dargestellten Stadien der weiblichen Eier liegt. Fig. 50. Männliches Ei, bei welchem die Bildung der Gastrula durch Epibolie ziemlich vollendet ist. Studien über die Lampyriden. Von Heinrich Bitter v. Wielowiejski aus Lemberg. Mit Tafel XXIII und XXIV. Die glänzenden Resultate, die der modernen physiologischen, so wie auch synthetischen Chemie auf dem Gebiete der Phosphorescenzerschei- nungen der lebenden Materie in den letzten Jahren zu Theil wurden 1, waren es, die mich, noch als Schüler von Professor Rapzıszewskı in Lemberg, anregten, die anatomischen und mikrochemischen Beweise der neuesten Theorien des organischen Leuchtens auch am Körper unserer einheimischen Leuchtkäfer zu suchen. Die als specifische Leuchtsub- stanzen von den Chemikern nachgewiesenen organischen Verbindungen, also vielleicht gewisse Alkohole, Kohlenwasserstoffe, Aldehyde, Fette etc. — nicht mehr den schon mit Recht ganz diskreditirten Phosphor, nach welchem die älteren Forscher mehrmals und vergeblich suchten, einerseits, und die durch die Theorie erforderlich gemachte alkalinische Reaktion bewirkenden Alkaloide andererseits — galt es in den leuchten- den Theilen der erwähnten Thiere mikroskopisch nachzuweisen, ihre Verhältnisse zu den Bestandiheilen der dieselben zusammensetzenden Zellen, also dem Protoplasma und Zellkern, festzustellen, wie auch zu versuchen, in den Veränderungen, die uns das Mikroskop an diesen Gebilden in verschiedenen Stadien ihrer Thätigkeits-, Reiz- oder Er- schöpfungszustände zu demonstriren im Stande wäre, gewisse Gesetz- mäßigkeit aufzufinden. | Das ziemlich reichlich während des Sommersemesters 1881 in Jena ! Ich erwähne hier nur die Arbeiten von Professor RAnzıszEwskı: »Über das Leuchten des Lophius.« Berichte der deut. chem. Gesellsch. 4877 und »Über die Phosphorescenz der organischen und organisirten Körper« in Justus Liesıe’s Anna- len der Chemie. 1880. Studien über die Lampyriden. 355 sich darbietende Material an Lampyris splendidula (erwachsenen Thieren) und L. noctiluca (Weibchen und Larven) — so wie auch die Güte Herrn Professor Oskar Herrwig’s, welcher mir sein Laboratorium zur Verfügung stellte und mir in den ersten Schwierigkeiten der histo- logischen Arbeit mit seinem Rath zu Hilfe kam — waren die Beweg- gründe, die mich zur Aufnahme der erwähnten Probleme in letzter In- stanz veranlassten. Dass ich in Betreff der außerordentlich schwierigen physiologisch- chemischen Fragen nicht zu erwünschten Resultaten gekommen bin, mag außer der Unzulänglichkeit meiner Kräfte, theils in dem Umstande gelegen sein, dass die zum Nachweis des Vorhandenseins der in den erwähnten chemischen Arbeiten als Leuchtsubstanzen beschriebenen Verbindungen dienenden Methoden meistentheils für die Mikroskopie unzugänglich sind; theils auch in dem schon mehrfach von den Lam- pyrisforschern beklagten Umstand, dass die erwähnten Thiere verhält- nismäßig nur eine kurze Zeit leuchten, so dass einem jeden der ersteren erst dann die besten Behandlungs- und Versuchsmethoden einfallen, wenn die Flugzeit der erwachsenen Geschlechtsthiere entweder ver- ‚flossen ist, oder ihrem Ende entgegen geht. Die rein morphologischen Probleme aber, die sich mir während meiner Arbeit darboten, gelang es 'mir zum Theil in befriedigender Weise zu lösen. Indem ich mich somit ‚auf dieser Stelle oft mehrfach mit bloßer Andeutung der ersten Kate- gorie der sich an unsere Objekte knüpfenden Fragen begnügen muss, gestatte ich mir die wichtigsten der diese letzteren betreffenden Resultate \mitzutheilen. Vorerst aber kann ich nicht umhin, Herrn Professor (Oscar Herrwis in Jena, in dessen Laboratorium ich die vorliegende | Arbeit angefangen, undHerrn Geheimrath Professor Dr. Runorpu L£uckArT in Leipzig, unter dessen trefflicher Leitung ich dieselbe zum | Abschluss brachte, für ihre wohlwollende Unterstützung meinen ‚innigsten Dank auszusprechen. 1 Historisches und Kritisches. | Was die, unseren Gegenstand betreffende Litteratur anbelangt, so | ist diese bis jetzt viel weniger umfangreich, als man es nach dem Inter- esse, welches die Leuchtihiere sogar bei Laien in Anspruch nehmen, ‚erwarten würde. Nichtsdestoweniger ist sie reich an Widersprüchen, - wie sich das aus der Vergleichung der von den bedeutendsten Forschern erlangten Resultate ergeben wird. Die erste histologische Untersuchung der Leuchtorgane angestellt zu haben, ist Levpig’s Verdienst. Er wies ihre zellige Struktur nach! und 1 Lehrbuch der vergleichenden Histologie. 1857. p. 343 ff. 1 | | | 356 Heinrich Ritter v. Wielowiejski, hielt dieselben für Theile des Fettkörpers, dessen Zellen nur eigenthüm- lich modifieirt und mit dunklen Körnchen (dieselben konnten dem da- maligen Zustande der Mikrochemie gemäß wohl noch als phosphorhaltig in Anspruch genommen werden) erfüllt seien. Die leider allzuknapp zusammengestellten und durch keine Abbil- dungen näher erläuterten, nichtsdestoweniger aber bis auf den heutigen Tag, den späteren Arbeiten zum Trotze, geltenden Resultate der Untersuchungen Körıker’s! sind es, welche die chemische Zusammen- setzung dieser wichtigsten Bestandtheile des Protoplasmainhaltes der Leuchtzellen feststellten. Durch vollkommen überzeugende Reaktionen wird darin dargethan, dass die so vielfach in diesen Organen in den Vor- dergrund tretenden dunklen Körner und Krystalle Harnsäureverbindungen (harnsaures Ammon) sind, die als Endglieder der durch die Oxydation der Eiweißsubstanzen sich entwickelnden Derivatenreihe anzusehen sind, und somit nicht — wie es mit dem Phosphor der Fall sein würde — die Leuchtsubstanz selbst vorstellen. Die daran sich anschließenden Angaben betreffen den Bau des Leuchtgewebes und die Anordnung der darin verlaufenden Tracheen und Nerven. | Ihrem Inhalte nach werden die Zellen des ersteren in »blasse«, körnchenärmere, und »weiße«, von Körnchen oft vollgestopfte unter- schieden. Die körnchenreicheren Zellen, die bei den ventralen, in den hinteren Abdominalsegmenten der erwachsenen Individuen gelegenen Leuchtplatten die Oberseite bedecken, bei den knollenförmigen in den Seitentheilen des Abdomens des Weibchens von Lampyris splendi- dula zu fünf bis sechs Paar angeordneten Leuchtorganen aber auf der ganzen, der Leibeshöhle zugekehrten Oberfläche zerstreut sind, sollen nicht scharf von den »blassen« gesondert sein, da sich Übergänge zwischen beiden finden, und eben so wenig als integrirende Theile der Leuchtorgane anzusehen sein, weil sie mitunter auch fehlen. Die vom Inneren des Körpers in die Leuchtorgane hineintretenden Tracheen werden ganz richtig als zwi- schen den »blassen« Zellen sich reichlich verästelnd und schlingenförmigsich miteinander verbindend dargestellt ?, was nachher von M. ScnuLtze kategorisch bestritten wurde. Auch die reiche Vertheilung der Nerven zwischen den Zellen wurde von KöLLiker nicht übersehen : Verbindungen der beiden Elemente ge- lang es ihm aber nicht zur Ansicht zu bekommen, obwohl .er dieselben für möglich, ja aus physiologischen Gründen für so nothwendig hält, i Monatsberichte der Akademie der Wissenschaften zu Berlin. 1857. Verhand- lungen der Würzburger phys. med. Gesellschaft. Bd. VIII. 1857. 212. c.pe 2. Studien über die Lampyriden. 357 dass er weiterhin sogar die ganzen Leuchtorgane als nervöse, vorzüglich _ durch Nervenreize zur Funktion gelangende Apparate in Anspruch nimmt. Die von Leypıe angenommene Homologie der Leuchtorgane mit dem Fett- . körper wird somit in Abrede gestellt, vielmehr eine nähere Analogie mit | den, gleichfalls als nervöse Organe gedeuteten, elektrischen Organen der ‘ Fische vermuthet. Danach folgt die erste der zwei Arbeiten Pr. Owssan- ‚nıkow’s (»Über das Leuchten der Larven der Lampyris noctiluca«. Bull. ‚ de ’acad. des sciences de St. Petersbourg Tome VII pag. 55—61). Die ‚ physiologischen Ergebnisse derselben brauchen wir nicht näher anzu- ‚ führen, da sie im Wesentlichen nur die schon früher erkannte Noth- , wendigkeit des Luftzutrittes für die Lichterscheinungen und die Schäd- ‚lichkeit der Einwirkung anderer Gase konstatirt. Nur mit der Erklärung ' des spontanen Erlöschens des Lichtes können wir uns nicht einverstan- den finden, da er dasselbe als Folge des Einziehens der knollenförmigen ' Leuchtorgane in die Leibeshöhle ansieht, und diese dort durch »die Ein- ‚geweide und andere Theile« versteckt werden lässt. Wir haben uns nämlich vergebens bemüht, an diesen Organen oder den zugehörigen ‚Tracheenstämmen Muskeln aufzufinden und glauben nicht, dass die "Kontraktion des Abdomens allein die erwähnte Erscheinung hervorzu- “ bringen im Stande wäre, zumal die Leibeshöhle, besonders in den die Leuchtorgane umfassenden Theilen, durch innere Organe wie auch den ‚ mächtig entwickelten und ein zusammenhängendes Netz bildenden Fett- - körper vollständig gefüllt ist. — Es wird danach wohl richtiger sein, das - Intermittiren des Lichtes beim Reizen dem direkten Einfluss der reich- lich vorhandenen Nerven zuzuschreiben. Die bekannte, oftmals sogar als das letzte Wort in der Histologie der Leuchtorgane citirie Arbeit Max ScnuLtze’s! ist es, die wir jetzt näher ins Auge zu fassen haben, nicht ‚nur desshalb, weil sie für uns selbst den Ausgangspunkt abgegeben hat, sondern auch desshalb, weil sie in einigen Punkten die überaus rich- tigen Angaben Köruıker’s (l. c.) in den Hintergrund zu stellen ver- - mochte. | Was zunächst die im Abdomen befindlichen Leuchtplatten der Männ- chen von Lampyris splendidula anbetrifft (nur diese hat Max ‚ SCHULTZE untersucht), so bildet er einen im Serum angefertigten Sagittal- ‚schnitt ab, um die Lage der schon von Köruiker (l. c. p. 2) angedeuteten ‚Schichten zu veranschaulichen. Die ventral gelegene und der durch- | siehtigen Chitinhaut zugewendete Platte besteht aus durchsichtigen oder —— REDEN N u) ! »Über den Bau der Leuchtorgane der Männchen der Lampyris splendidula.« | | Sitzungsber. der niederrheinischen Gesellschaft für Natur- und Heilkunde. 4864. — ''»Zur Kenntnis der Leuchtorgane der Lampyris splendidula.« Archiv für mikr. Ana- -/tomie. Bd. I. 1865. | 838 Heinrich Ritter v. Wielowiejski, gelblich durchschimmernden, äußerst feinkörnigen Zellen, die aber in keinem Falle — wie es die Anwendung des polarisirten Lichtes zur Prü- fung des Brechungsvermögens der in ihr enthaltenen und auch sonst im Körper vorkommenden Krystalle und Konkremente von harnsauren Sal- zen beweisen soll — eine Spur von Harnbestandtheilen enthalten. Die dorsale, schwerer in einzelne, »weiße« Zellen zerlegbare Schicht soll sich dagegen durch massenhaftes Auftreten der harnsauren Verbindungen »wesentlich« von der erstgenannten unterscheiden und von derselben »scharf abgesetzt « sein. Es ist dieselbe Schicht, welcher der Bauchner- venstrang und die übrigen Eingeweide aufliegen und durch welche die in die ventrale Schicht sich begebenden Tracheen- und Nervenäste hin- durchtreten. Muskelbündel, die in den anderen Leibessegmenten der Bauchdecke dicht anliegen, stoßen an dieselbe von der dorsalen Seite an, ohne sich jedoch mit ihr direkt zu verbinden (l. e. p. 4126). — Die wichtigste Aufgabe, die sich Max SchuLtze in diesen Untersuchungen stellte, war die, über das Verhalten der in die Leuchtorgane hereintre- tenden Tracheen und Nerven näheren Aufschluss zu finden. Es war auch die nächste Frage, die sich den chemischen und physiologischen Errungenschaften auf diesem Gebiete damals anschließen konnte. Denn dass die Athmung für das Zustandekommen der Leuchtprocesse unent- behrlich sei, das zeigten schon die von Max ScHULTZE angezogenen Unter- suchungen von TieDzmann! und Mitne-Epwarns? (die Arbeit von OwsJan- NIKOW Scheint ScuuLtze nicht gekannt zu haben) — dass diese Processe unter dem direktesten Einflusse des Nervensystems stehen, wurde mehr- mals von KöLLiker (l. c. p. k, 7, 8) betont. Es war also ein dringendes Postulat geworden, das bis jetzt nicht untersuchte Verhältnis zwischen den letzten Tracheenverzweigungen und den eigentlichen »Leuchtzellen« der ventralen Schicht aufzuklären und auch, womöglich, die Nervenendigungen an denselben aufzufinden, was Köruikzr (l. c. p. 8) — allen Bemühungen zum Trotze — nicht ge- lingen wollte. Das erste Resultat, welches Max SchuLTze in diesen Un- tersuchungen zu verzeichnen hatte, bestand darin, dass die letzten En- den der von ihm beobachteten Tracheenverzweigungen konstant nicht mit Luft, sondern mit einer Flüssigkeit erfülli waren. Der Verfasser scheint zwar diesen Umstand nur in so fern beachtet zu haben, als er in ihm die Ursache der Schwierigkeiten fand, die dem Auffinden der Tra- cheenendigungen in frischen Präparaten entgegenstanden; wir müssen ihm aber einige Aufmerksamkeit schenken, da er auch von anderen For- schern hervorgehoben wurde und ein recht abweichendes Verhalten 1 Physiologie des Menschen. Bd. I. 1830. 2 Lecons sur l’anatomie et la physiologie comparee. 1863. Studien über die Lampyriden. 359 des Tracheensysiems unserer Thiere von fast allen bis jetzt bekannten ‚erwachsenen Insekten bedingen würde, wenn wir den darauf bezüg- lichen Angaben eine unbedingte Beweiskraft beilegen könnten !. | Weiter gelang es ScuuLtze mit Hilfe der Maceration der Leuchtplat- ten in Oxalsäurelösung und Jodserum — seiner Meinung nach — die letzten Tracheenenden aufzufinden, die er als den feinsten Ästchen auf- sitzende sternförmige Zellen beschreibt und abbildet. »Das Tracheenstämmchen« — sagt er |. c. p. 131 — »ist (Taf. I Fig.4 u.5) bis an sein Ende vollkommen isolirt. Die Spiralfaser reicht so weit, als Luft in dem Röhrchen vorhanden ist; darüber hinaus setzt sich die Röhre in ein sehr blasses Fäserchen fort, welchesein feingranu- lirtes Aussehen hat und nicht mehr hohl zu sein scheint, sich schnell verdicktundineinenkleinen sternförmigen Körper übergeht, welcher das Ende des Tracheenäst- chens darstellt. Die Substanz, aus welcher diesesstern- förmige Gebilde der Trachee besteht, ist eine farblose, gsranulirte Masse von gleicher Beschaffenheit wie die Fortsätze, die zu 4 bis 6 oder mehr nach verschiedenen Richtungen ausstrahlen, und von denenimmer nureiner mit einem Tracheenästchen in Verbindung steht. Das Innere umschließt — wie es scheint, konstant — einen kleinen ovalen oder rundlichen Kern, so dass wir be- rechtigt sind, die Gebilde als Zellen zu betrachten, de- ren Protoplasma jedoch eine Abgrenzung durch eine besondere Membran abzugeben scheint.« »Die meisten der von diesen Zellen ausgehenden Fortsätze« — fährt er weiter fort — »scheinen zugespitzt oder wie abgerissen aufzuhören. Einzelne theilen sich vorher. Bezüglich ihrer feineren Struktur scheint aber — den Tracheen- stiel abgerechnet — keine Verschiedenheit obzuwalten. Eine Verbindung der Fortsätze benachbarter Zellen un- ter einander habe ich nie gesehen. Dagegen scheint es mir nicht unwahrscheinlich, dass der Zusammenhang, welchen ich wiederholt zwischen einzelnen dieser stern- förmigen Zellen und Parenchymzellen bemerkte, auf einer Verbindung beider mittels ihrer Fortsätze be- ruhbe.« Eine wesentliche Förderung erhielt die Kenntnis dieser Tracheen- ! Näheres darüber siehe weiter unten bei der Darlegung unserer eigenen Re- Sultate. 360 Heinrich Ritter v. Wielowiejski, endzellen — und, wie bekanntlich, die Histologie überhaupt — durch die von Max SchuLtze bei dieser Gelegenheit in die mikroskopische Technik eingeführte Anwendung der Überosmiumsäure. Die betreffenden Gebilde wurden nämlich durch die Einwirkung dieses Reagens, falls die Thiere noch lebend in die Lösung übertragen wurden und etwa eine Stunde darin verweilt hatten — und eben so verhielten sich auch die also behandelten, frisch herauspräparirten Leuchtorgane — sammt ihren Ausläufern tief schwarz gefärbt, da sich zwischen ihren Theilchen die durch Reduktion der Osmiumsäure ausgeschiedenen Osmiummoleküle in feiner Vertheilung ablagerten. Andererseits hat dieser scheinbare Vortheil aber auch die Folge gehabt, dass dem Beobachter die wahre Struktur und Bedeutung der betreffenden Gebilde unbekannt geblieben sind, da die allzu intensive Schwärzung derselben die Entdeckung der darin verlaufenden Tracheenästehen unmöglich machte und zur Über- schätzung ihrer physiologischen Bedeutung hinführte — wie wir es in dem speciellen Theile unserer Arbeit darzuthun haben. Dazu sei hier weiter noch bemerkt, dass die Schwärzung, welche sich auf alle Aus- läufer der »Tracheenendzellen« ausbreiten und als Mittel zur Feststellung ihrer Beziehungen zu den übrigen Elementen der Leuchtorgane dienen sollte, unseren Verfasser auch in so fern im Stiche gelassen hat, als er in Folge derselben nicht nur nichts Näheres über das Verhalten dieser Fortsätze erfahren konnte, sondern sogar die völlig richtigen Angaben Köruıker’s (l. cc. p. 2) über die Verbindung der Tracheenendästchen un- ter einander für unrichtig zu erklären sich berechtigt hielt. Was die Innervation der Leuchtorgane anbetrifit, so ist übrigens auch Max ScHuLTzE zu keinem definitiven Resultate gekommen, da ihm nicht gelang, die Nervenästchen in Verbindung mit den Parenchymzellen bioßzulegen. Die Abbildungen, welche er seiner Arbeit beifügt, drängen uns aber die Überzeugung auf, dass er die letzten Nervenendigungen wirklich gesehen hat — und zwar in Form der von ihm (l.c.p.136) er- wähnten zarten, die Grenzen des Messbaren erreichenden Fäserchen —, derselben Gebilde, deren Verhalten später von Pu. Owssannıkow (Mem. de l’acad. de St. Petersb. VII Ser. Vol. 11) an der Lampyris nocti- luca näher studirt und jeizt von mir an Lampyris splendidula einer wiederholten Prüfung unterworfen wurde. Es ist zum Schlusse der Darstellung der von Max ScHuLTze erzielten Resultate noch hervorzuheben, dass dieser Forscher auch die lateralen Leuchtorgane der Weibchen von Lampyrissplendidula untersucht hat, in denselben aber die auf Osmiumsäure reagirenden Zellen ver- misste. Dafür aber bemerkte er eine pinselförmige Anordnung der Tracheenendästchen, eine Bildung, welche von uns gerade als das Wesent- Studien über die Lampyriden, 361 liche in jeder »Tracheenendzelle« nachgewiesen werden soll. Dass ihn diese Bilder übrigens nicht zur genaueren Untersuchung der letzteren geführt haben, ist wahrscheinlich mehr dem Mangel an entsprechen- dem Materiale, als dem Beobachter selbst zuzuschreiben. Die Litteratur über die zweite, größere Species der in Mitteleuropa vorkommenden Leuchtkäfer — Lampyris noctiluca — beschränkt sich auf zwei Abhandlungen, deren eine von Tarcıonı-Tozzerri herrührt, (als zweiter Theil der Arbeit : »CGome sie fatto l’organo che fa lume nella lucciole volante« etc. in: Mem. della Soc. italiana di scienze naturali. Mi- lano 1866. p. 11), während die andere von Ps. Owssannıkow (»Zur Kennt- nis der Leuchtorgane der Lampyris noctiluca« Mem. de l’acad. de St. Petersb. VII Ser. Vol. 11) verfasst ist. Der erstere bildet die bis dahin unbekannten Leuchtorgane des erwachsenen Weibehens ab und be- schreibt die nämlichen Organe bei der Larve als im vorletzten Abdomi- nalsegment gelegene, ovale Körperchen von etwa 0,20—0,25 mm Länge, die von einer dünnen, strukturlosen Membran umzogen sind und aus einer »Materia giallastra, semifluida, granulare« bestehen sollen, in wel- cher zerstreut größere und kleinere Bläschen zu finden sind. (Diese letzteren verglich er mit den von ihm in den »Acini digitiformi« der Luciola italica aufgefundenen Gebilden, die er Anfangs als den ScauLtze’schen » Tracheenendzellen« entsprechende Organe deuten wollte fa. a. ©. p. 13]). Der russische Forscher — welchem die erwähnte Arbeit unbekannt geblieben war — beschreibt dieselben Organe. Indessen lautet seine Darstellung vielfach abweichend. So findet er in den knollenförmigen Organen der Larve anstatt einer zähflüssigen Substanz die von KöLLıker und MAx ScnuLtze beschriebenen Zellen und Nerven, sogar in inniger Verbindung mit einander (a. a. ©. p. 45). In den von Tarsıonı-TozZzerri beschriebenen Bläschen erkannte er mittels Essigsäure und Karmintink- tion deutliche, mit Kernkörperchen versehene Zellkerne, die nur bei der Larve sich durch ihre bedeutendere Größe von denen der erwachsenen Geschlechtsthiere unterscheiden. Auch bei den letzteren fand er ähn- liche Verhältnisse. Er beschreibt die betreffenden Organe — in Über- einstimmung mit den älteren Forschern — als aus rundlichen in zwei Schichten angeordneten Zellen gebaut. Die Leuchtplatten dieser Species unterscheiden sich nach der Schil- derung des Verfassers von denen der L. splendidula darin, dass die Parenchymzellen auf der Oberfläche in einzelne, der Zahl der sie ver- sorgenden Tracheenäste entsprechende, polygonale Felder gruppirt sind, »wodurch das ganze Organ das Aussehen einer mehrlap- pigen Drüse erhält« (l.c.p. 4) und beim Zerdrücken mehr in 362 Heinrich Ritter v. Wielowiejski, geraden Linien an einander gereiht erscheinen sollen, als es für die an- dere Species angegeben wird. Was OwsJannıkow aber- als Hauptunter- schied zwischen beiden Arten andeutet, ist der Umstand, dass er in den Leuchtorganen der Larven wie auch der erwachsenen Individuen von Lampyris noctiluca trotz allen Bemühungen die »Tracheenend- zellen« mit ihrem charakteristischen Verhalten nicht finden konnte. Zwar will er die Existenz derselben nicht entschieden ableugnen, da ihm die Beschaffenheit der mit Osmiumsäure behandelten Tracheenendästchen es unmöglich machte, dieselben in ihren ganzen Verlaufe zu verfolgen. Man braucht aber nur einen flüchtigen Blick auf die entsprechenden Gebilde bei Lampyris splendidula zu werfen und dieselben mit den in seiner Arbeit (Fig. 7) gelieferten Abbildungen zu vergleichen, um alsbald zu ersehen, dass die Bedenken des Verfassers kaum berech- tigt waren, da er die betreffenden Apparate weit über die Stellen, an denen die »Tracheenendzellen« bei Lampyris splendidula zu finden sind, hinweg, bis zu den Mıx Scaurtzz unbekannt gebliebenen feinsten Tracheenendästchen verfolgt hat. Auch die bei M. ScuuLtze vermisste Verbindung zwischen Parenchymzellen und Nerven hat er nachgewiesen. Er stellt dieselbe der von Prrüser in Epithelialzellen vorgefundenen zur Seite, eine Angabe, von deren Richtigkeit auch wir uns überzeugt haben, obwohl wir das Eindringen der Nervenfäserchen bis zum Zellkern selbst — wie er es angiebt — nicht nachweisen konnien. Die Ansicht Körniker’s, dass das Leuchten nur unter Nerven- einfluss erfolge, widerlegte er durch den entscheidenden Versuch, dass er herauspräparirte Organe der Einwirkung starker Nervengifte, wie Strychnin, Curare und Calabar aussetzte und ihr Leuchten auch in ziemlich starken Lösungen unverändert vor sich gehen sah. Methode der Untersuchung. Der Darstellung unserer eigenen Resultate müssen wir an dieser Stelle einige Bemerkungen über unsere Objekte und die bei der Behand- lung derselben angewandten Präparationsmethoden vorausschicken. Während der Flugzeit, als mir lebende Exemplare massenhaft zu Gebote standen, zerzupfte ich die herausgenommenen Leuchtorgane theils (nach M. Scnurrze’s Empfehlung) in Jodkalium, Oxalsäurelösung oder Jodserum, theils in Wasser oder Glycerin. Die ungenügende Übung in der Handhabung so außerordentlich zarter Objekte und die Unmöglich- keit lebende Exemplare der Lampyris splendidula nach der Flugzeit am Leben zu erhalten (die Weibchen derselben vertrockneten außerordent- lich rasch in der Zimmeratmosphäre oder verfaulten sammt den ab- gelegten Eiern in meinen mit feuchten Blättern gefüllten Gläsern) sind Studien über die Lampyriden. 363 unter Anderem vielleicht die Ursachen, dass ich mittels dieser Methode zu den allerwenigsten Resultaten gelangt bin. Die dunklen, aus der »Uratschicht« M. Scuurtze’s stammenden Körnchen, resp. Krystallmassen verdeckten auch die feineren Strukturverhältnisse der Gewebe gänzlich — das Auspinseln der Präparate wiederum vernichtete meistens sowohl die »Parenchymzellen« als auch die Peritonealhülle der Tracheen und die von M. Scuurtze entdeckten » Tracheenendzellen « —, so dass nur nackte Tracheenstücke mit den später zu beschreibenden Tracheenend- ästchen in der Zusatzflüssigkeit flottirend wahrgenommen werden konnten!. Durch Essigsäureeinwirkung erhielt ich auch eine Masse der typischen » wetzsteinförmigen « Harnsäurekryställchen, zwischen denen aber oft auch andere Krystallformen anzutreffen waren, die ich nicht beschreiben will, da ich ihre Zusammensetzung nicht ermittelt habe. In Präparaten, welche längere Zeit (eine Woche oder länger, bei Sommer- temperatur) auf ausgehöhlten Objektgläsern in Oxalsäurelösung oder Jod- serum geblieben waren, bildeten sich allmählich nach vorhergehender Auflösung der runden Körnchen von harnsaurem Ammon, große, oft bis 0,5 mm im Durchmesser erreichende ziemlich runde oder knollenförmige Steinchen, die im Inneren einen gröberen radiären Bau zeigten und das Licht mit weingelber Farbe durchschimmern ließen. In schwacher Kali- hydratlösung fließen dieselben ziemlich rasch aus einander, gewöhnlich ein Stück organisirte Substanz: Chitin, bindegewebiges Häutchen etc. zurücklassend (Gegenstände, die — wie es auch sonst oft bei Krystalli- sationen wahrzunehmen ist — Attraktionscentra für die sich nieder- schlagenden Moleküle dargestellt haben). Bei dieser Behandlung fiel es mir bisweilen auf, dass die Anfangs blasse Färbung dieser Steinchen im Laufe der Kalilaugeeinwirkung bis zu einem gewissen Grade in eine orange- oder ziegelrothe überging, um nachher gänzlich zu verschwinden. Die besten Präparate, die ich besitze, verdanke ich meistentheils ' der Behandlung mit Osmiumsäure. Schwärzung der Tracheenendzellen I und zum Theil ihrer Fortsätze, deutliches Hervortreten der feinen Tracheenästchen, deutliche Scheidung der Leuchtplatten in einzelne Zellenterritorien mit gut fixirten und sogar nach längerer Zeit zu färben- ‚ den Zellkernen, ziemlich gute Konservirung der Nerven in den Leucht- | organen und oft prachtvolle Bilder der Hypodermis sammt den in ihr ‚ enthaltenen Tastzellen und Nervenplexus — das Alles bietet ein noch unvollständiges Bild von den Vortheilen, welche dieses Reagens gewähren ! Dass dem berühmten Anatomen bei der nämlichen Behandlung der Objekte | die pinselförmige Anordnung dieser Röhrchen, wie es unsere Fig. 40, Taf. XXIII ‚ zeigt, nicht vor die Augen gekommen ist, ist mir völlig unbegreiflich! Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XXXVIL. Bd. i 2325 364 Heinrich Ritter v. Wielowiejski, kann. Das von uns eingeschlagene Verfahren war im Wesentlichen das- selbe wie das von M. ScuuLtze: ich legte die lebenden und leuchtenden Thiere in verschieden koncentrirte (von 0,1 bis 1%/,)! Lösungen der Os- miumsäure, oder setzte dieselben durch Aufhängen mittels eines Fadens im Gläschen über der Oberfläche der Lösung dem Einflusse der sich ver- flüchtigenden Substanz aus. Später wurden die Objekte in destillirtem Wasser ausgewaschen, oder direkt in Alkohol oder eine wässerige Glyce- rin-Alkoholmischung übertragen. Die einige Monate lang in Alkohol aufbewahrten Organe wurden vor der weiteren Bearbeitung meistens — des erforderlichen Erweichens wegen — in verdünntes Glycerin oder ammoniakalische Karminlösung (welche die stark zusammengeschrumpften fast hornartig gewordenen Parenchymzellen zur gelinden Quellung brachten) eingelegt. Gute Prä- parate erhielt ich auch durch Färbung mit Hämatoxylin oder Pikrokarmin (welches sich aber für diese erhärteten Objekte weniger eignet), so wie mit der von MAyZEL und STRASBURGER empfohlenen essigsauren Methyl- grünlösung, welche ein besonders empfindliches Reagens für Zellkerne abgiebt, dieselben schnell und scharf, obwohl nicht sehr dauerhaft, färbend. Nachherige Präparation wurde bei den feinsten Sachen mit feinen Pinseln bewerkstelligt. Als Zusatzflüssigkeit erwies sich, besonders bei der Untersuchung feiner, nicht zu färbender Chitingebilde, Nerven etc., sehr vortheilhaft das essigsaure Kali in ziemlich dünner Lösung, welches durch sein schwächeres Brechungsvermögen die stark lichtbrechenden Tracheen- kapillaren in ihrem Verhalten zu den Parenchymzellen oft sehr schön hervortreten ließ. Die Schnitte durch die in absolutem Alkohol gehärte- ten Exemplare wurden mittels des Schlittenmikrotoms in der im hie- sigen zoologischen Institut gebrauchten alkoholischen Seife angefertigt. Die Einbettung geschah auf die Weise, dass ich die Thiere in die nach dem Schmelzen dünnflüssige Masse hineinbrachte, dieselbe noch einige Zeit erwärmte, oder sogar kochen ließ, wobei die Masse nicht nur in alle Hohlräume des Körpers, sondern auch in das Tracheensystem hineindrang, sogar oft die feinsten Ästchen desselben injicirte. 1 Es ist mir leider unmöglich, die von mir gebrauchte Koncentration der Lösung mit der M. Scnurtze’schen zu vergleichen, da er dieselbe ziemlich N als »500 bis 41000fach verdünnt« bezeichnet. | 11 " IN Studien über die Lampyriden. 365 Das Parenchym der Leuchtorgane. a) Ventrale Leuchtorgane der geschlechtsreifen Thiere. Da die gröberen Verhältnisse der uns beschäftigenden Organe durch die früheren Forscher zur Genüge bekannt geworden sind, so brauche ich nur zur ersten Orientirung anzuführen, dass dieselben aus großen, auf der hier durchsichtigen (des dunklen Pigmentes entbehrenden) Bauch- decke des vorletzten und vorvorletzten Abdominalsegmentes ausgebreite- ten Platten bestehen, die einen ziemlich bedeutenden (bis !/,) Theil des Querdurchmessers der Leibeshöhle einnehmen und durch die betreffen- den Körpertheile mit gelblich weißer Färbung hindurchschimmern. Bei den Weibchen der Lampyrisnoctiluca gesellen sich noch zwei kleine, im letzten Segmente gelegene, knollenförmige Leuchtorgane hinzu (siehe Tarcıont-Tozzerri, 1. c. Taf. I, Fig. 6 und 7). Um über die von den früher erwähnten Autoren behandelten feine- ren Strukturverhältnisse dieser Gebilde näheren Aufschluss zu erzielen, untersuchten wir dieselben mittels verschiedener Methoden, die uns zu ziemlich übereinstimmenden, von denen der ersteren in einigen Hinsich- ten abweichenden Resultaten führten. An frischen Präparaten konnten wir an den erwähnten Bauchplatten beider Species keine zellige Struk- tur — so wenig wie auch die anderen Forscher — erkennen: desto vor- theilhafter aber erwies sich die erwähnte Fixirung mit Osmiumsäure und Maceration in verdünntem Glycerin und Alkohol, wobei die einzelnen Zellen (durch Auflösung etwaiger Kittsubstanzen?) sich von einander trennten und die Beobachtung wesentlich erleichterten !. Die von den früheren Forschern beschriebene Zusammensetzung dieser Organe aus zwei von einander deutlich gesonderten und durch- aus verschiedenen Schichten ist es, die wir zuerst in Betracht ziehen wollen, da sie uns bei der erwähnten Behandlung in etwas anderem Lichte erschien. Durch längeres Liegen im Wasser oder verdünntem Glycerin werden die in der »Uratschicht « körnig-krystallinisch nieder- geschlagenen Salze bis auf geringe Spuren ausgezogen, und dann über- zeugt man sich sehr leicht, wie wenig sich die beiden Schichten von einander unterscheiden. In ihren wesentlichen Merkmalen, in der Ge- stali, der Größe der sie zusammensetzenden Zellen, wie auch im Verhalten derselben zu den Tracheen- und Nervenverästelungen, mit denen sie so reichlich versorgt sind, ist überhaupt kein Unterschied ! Ich bedaure sehr, die Arbeit von Owssannıkow etwas zu spät erhalten zu haben und nicht mehr im Stande gewesen zu sein, die von ihm empfohlene Be- handlung mit Höllensteinlösung an frischen Objekten vorzunehmen. 25% 366 Heinrich Ritter v. Wielowiejski, zwischen beiden zu spüren. Beide bestehen aus typischen, durch gegen- seitige Kompression polygonal gestalteten, nur an den Rändern des Or- ganes ihre ursprünglich rundliche Form behaltenden Parenchymzellen von etwa 0,02—0,04 mm Durchmesser, welche oft mit scharfen, etwas lamellenförmig ausgezogenen Kanten versehen sind oder auch hier und da einzelne feine Fortsätze aufweisen. Von einer Zellmembran ist nir- gends eine Spur vorhanden, so wenig wie auch von einer Membran zwischen den beiden Schichten, wie Tarcıonı Tozzerrı bei Luciola italica sie gefunden haben will (Mem. della soc. ital. d. sc. nat. 1866. p. 7 — was aber auf der Abbildung Taf. I, Fig. 3 nicht hervortritt). Wohl ist aber jede Leuchtplatte im Ganzen von einem zarten bindege- webigen Häutchen umhüllt, an welchem bei guter Färbung die kleinen runden Zellkerne leicht zu bemerken sind. Was den Inhalt der Parenchymzellen in diesem Zustande anbetrifft, so können wir wohl gewisse Unterschiede nachweisen, allein dieselben erscheinen zum Theil durch Übergangsformen vermittelt, so dass wir ihnen einen morphologischen Werth durchaus absprechen müssen. Am konstantesten finden wir in ihnen einen runden oder läng- lichen Zellkern von ungefähr 0,005 mm Durchmesser. Das Kernkörper- chen ist meistens durch Körnchen vertreten, die sich in der ventralen Schicht durch ihre bedeutendere Größe von den sonstigen im Proto- plasma aufgespeicherten Körnchen unterscheiden. Die letzteren nun sind es gerade, die das Hauptmerkmal der beiden Schichten bilden. Die Körnchen der »Uratschicht« überwiegen im frischen Zustande oder in gewöhnlichen Alkoholpräparaten vor dem übrigen Zell- inhalte so bedeutend, dass man gewöhnlich auf den ersten Blick die der ventralen Schicht leicht übersieht: an frischen Präparaten schon dess- wegen, weil sich die ersteren über alles Andere sehr leicht ausstreuen. Bei näherer Betrachtung aber sieht man — was auch M. ScHuLtze in seinen Abbildungen andeutet —, dass auch die ventralen Zellen von sehr kleinen, rundlichen, dunklen, meist aber nicht sehr scharf kontu- rirten Pünktchen durchsetzt sind, so dass ihr Protoplasma oft wie ein äußerst kleinmaschiges in den drei Dimensionen des Raumes entwickel- tes Netzwerk aussieht, das aus lauter dicken, hyalinen und struktur- losen ! Balken besteht. Dass es sich in diesen Körnchen um Umsatzprodukte handelt, die mit den Leuchtprocessen in mehr oder weniger nahen Konnex stehen, lässt sich kaum bezweifeln — ihre specifische Natur zu ermitteln wird aber wahrscheinlich, ihrer außerordentlichen Kleinheit wegen, nicht 1 So erscheinen sie wenigstens bei der Betrachtung mit dem Trockensysteme F von Zeıss. Studien über die Lampyriden. 867 leicht gelingen. Max ScnuLtze erklärt dieselben (l. c. p. 130) auf Grund seiner Untersuchungen mittels des Polarisationsapparates für nicht harnsäurehaltig, indem er sie mit den harnsäurehaltigen Körnchen der »Uratschicht« vergleicht, im Gegensatz zu den letzteren aber keine Doppelbrechung an ihnen konstatirt. Dieses Kriterium finden wir jedoch in unserem Falle wenig stichhaltig, einfach desshalb, weil Max ScaHuLTzE bei seiner Auffassung unpassenderweise von dem optischen Verhalten der krystallinischen Substanzen ausging und die Doppelbrechung als charakteristisches Merkmal der Harnsäure in allen ihren Modifikationen ansah. Die Resultate seiner Untersuchungen, welche ich mittels des Polari- sationsapparates selbst konstatirt habe, vermögen uns daher nur die Überzeugung aufzudrängen, dass die Körnchen in den Zellen der haupt- sächlich leuchtenden Schicht in der Regel amorph, die der dorsalen aber, ihrer Mehrzahl nach, in einem der doppeltbrechenden Systeme krystal- linisch sind, was die Annahme nicht ausschlösse, dass es beide Male sich um eine und dieselbe Substanz handle. Durchgreifendere Unterschiede zwischen dem körnigen Inhalte der dorsalen und ventralen Schichten scheinen dagegen erst in dem verschie- denen Verhalten gegen Lösungsmittel gegeben zu sein. Die Körnchenmassen der »Uratschicht« sind in Alkohol völlig unlöslich: weder ein mehrmonatliches Verweilen im starken Alkohol, noch das Kochen in dieser Flüssigkeit kann dieselben zum Schwinden bringen. Die Körnchen der ventralen Schicht scheinen dagegen in Alko- hol löslich zu sein, wie ich wenigstens aus der Untersuchung von Ob- jekten erschließe, welche lebend in starken Alkohol gebracht, in dem- selben mehrere Monate lang aufbewahrt und nachträglich noch in absolutem Alkohol gehärtet wurden. An den Schnitten, welche ich aus solchen Präparaten anfertigte, war der Inhalt der ventralen Zellen ganz hyalin und durchsichtig, ohne jedwede Spur von Körnchen. Gegen Wasser, verdünnten Alkohol und Glycerin verhalten sich die erwähnten Substanzen umgekehrt. Lässt man die Leuchtorgane in die- sen Flüssigkeiten längere Zeit maceriren, so verschwinden wiederum die krystallinischen Körnchen der dorsalen Schicht vollständig, nachdem sie vorher hell geworden sind und ihre Doppelbrechung verloren haben. Sie hinterlassen nur — wenn die Objekte gehärtet waren — kleine, von dem Protoplasmagerüst der Zellen durch dunklere Beschaffenheit unter- schiedene Pünktchen, welche wahrscheinlich nichts Anderes sind, als die jetzt mit der Zusatzflüssigkeit gefüllten Räume, in welchen sie vor- her enthalten waren. — Die ventrale Schicht bleibt unter dieser Behand- lung völlig unverändert. 368 Heinrich Ritter v. Wielowiejski, Da nun die Körnchen der ersteren Schicht Harnsäure! enthal- ten — wie es KöLLIkEr ganz sicher nachgewiesen hat —, -so können wir auf Grund der hier erwähnten Unterschiede die der ventralen Schicht mit Max ScuuLtze als »nicht harnsäurehaltig« ansehen, ohne jedoch eine weitergehende Vermuthung über ihre Zusammensetzung anzuknüpfen. Die letzterwähnte Auflösung der Harnsäurekonkremente der dorsa- len Schicht bringt an den solcherweise behandelten Querschnitten der Leuchtplatten oft Bilder hervor, welche zu großen Täuschungen Veran- lassung geben. Bei Betrachtung der Querschnitte, welche in der Seife angefertigt und nach dem Auswaschen mit Alkohol in verdünntes Glyce- rin übertragen wurden (Fig. 1), glaubt man oftmals zwischen der dorsa- len und der ventralen Schicht noch eine Zellenlage unterscheiden zu können, welche sich von der »Uratschicht« durch Mangel an Harnsäure- konkrementen, von der ventralen durch bedeutendere Größe der Körn- chen unterscheidet. Es würde nun auf den ersten Blick angemessen erscheinen, diese Zellenlage als eine eigene »Mittelschicht« anzusehen. Erst mehrfache Auflösungsversuche und die Beobachtung, dass sich der. Umfang dieser Schicht dabei auf Kosten der dorsalen allmählich ver- größert, konnten den Beweis liefern, dass es sich hier nur um Zellen handle, deren Körnchen, als solche, aufgelöst und verschwunden sind. Als ein sehr augenfälliger Unterschied in den chemischen Eigen- schaften beider Schichten muss auch das von mir ermittelte Verhalten gegen Indig-Karmin gelten. Die Querschnitte, welche in eine oxal- saure Lösung dieses Farbstoffes?2 hineingebracht wurden, färbten sich rasch intensiv und gleichmäßig; brachte man dieselben aber in eine alkoholische Oxalsäurelösung Behufs Ausziehens der überschüssigen Fär- bung, so erwies es sich, dass nur die dorsale Schicht — und sogar ziemlich rasch — entfärbt wurde. Die ventrale Schicht blieb, obwohl sie auch eine schwache Entfärbung erfuhr, sehr lange tiefblau tingirt, scharf von der anderen sich dadurch absetzend. Ungeachtet der hier angeführten Unterschiede zwischen beiden Zellenlagen der ventralen Leuchtorgane, glaube ich die Möglichkeit eines funktionellen Überganges zwischen denselben, namentlich die Möglichkeit einer allmählichen Umwandlung der Zellen der harnsäurefreien Schicht in die der harnsäurehaltigen annehmen zu dürfen. Der Mangel einer Über- 1 Welches von den harnsäuren Salzen hier vorliegt, scheint freilich noch nicht sicher festgestellt zu sein. KÖLLIKErR hält es für harnsauren Ammoniak, andere Forscher wollen harnsauren Kalk darin sehen u.s. w. Die erstere Auffassung ist mir nach meinen Beobachtungen wohl viel wahrscheinlicher. 2 Die Lösung wurde nach der von Professor Tuıersch angegebenen Vorschrift (Frey’s »Mikroskop«, sechste Aufl., p. 98) verfertigt. Studien über die Lampyriden. 369 gangsschicht scheint allerdings gegen eine solche Behauptung zu sprechen; indessen können dafür doch einige andere, sogleich anzuführende That- sachen geltend gemacht werden. — So bemerkt man an den meisten Quer- schnitten, dass die Grenzlinie beider Schichten eine sehr unregelmäßige | ist, und die Zellen der einen vielfach in die der anderen hineinragen (Fig. 4 und 2). Außerdem ist die relative Dicke derselben sehr ver- schieden: an einem Exemplare überwiegt die dorsale Schicht, an einem anderen dagegen die ventrale. Sogar an einem und demselben Exemplar können diese Verhältnisse sich als wechselnd erweisen, wie es an Fig. 1 zu sehen ist. Eine definitive Bestätigung dieser Meinung kann freilich nur durch physiologische Experimente geliefert werden, und solche habe ich für den nächsten Sommer in Aussicht genommen. b) Die lateralen Leuchtknollen der Weibchen von Lampyris splendidula. Wie schon KöLuikzr (l. c. p. 1) erwähnt, besitzen die Weibchen der kleineren Lampyrisart in den Seitentheilen des Abdomens Leuchtorgane. Da dieselben von Niemandem näher beschrieben worden sind, so darf ich wohl einige Worte über dieselben einfügen. Es sind rundliche oder ovale Knollen, etwa von der Größe eines Stecknadelkopfes, welche je einem kurzen, von dem Stigma ausgehenden Tracheenstamm aufsitzen und mit demselben leicht bei der Präparation herauszunehmen sind. An den Querschnitten durch den entsprechenden Theil des Abdomens nehmen sie gewöhnlich das obere Ende der Seitenzipfel ein, in welche ' der Pleuraltheil des Thieres ausgezogen ist. Sie sind demselben gewöhn- lich so knapp angepasst, dass sie den betreffenden Theil vollständig ausfüllen, und nur selten noch Platz für ein wenig Fettgewebe zwischen ' ihnen und der äußeren Leibeswand übrig bleibt. In Fig. 3 sehen wir | ) ' einen Querschnitt durch den Körper unseres Thieres, an dem die be- schriebenen Gebilde in ihrer natürlichen Lage sich befinden. Wir er- kennen dabei auf den ersten Blick, dass es nur diese Lage ist, welche das Aussenden des Lichtes nach oben und auf die Seiten ermöglicht. Bis- weilen: finden wir unsere Leuchtknollen jedoch etwas weiter gegen das - Innere der Leibeshöhle vorgerückt und in dem Fettkörper der ent- sprechenden Gegend eingebettet. Da diese Lage für das Leuchten weni- ger günstig sein muss, indem die Fettkörperballen, wegen der Anhäufung von Harnsäurekonkrementen, nur sehr wenig Licht durchlassen, so liegt die Vermuthung nahe, dass die Leuchtknollen je nach Bedarf ins Innere ı eingezogen werden können, besonders, da die fast ganz lose neben ein- 370 Heinrich Ritter v. Wielowiejski, ander liegenden runden Fettkörperballen einer solchen Ortsveränderung nur sehr geringen Widerstand leisten würden. Was den Bau der Leuchtknollen anbetrifft, so ist es nicht schwer, denselben an Querschnitten oder an gehärteten Objekten zu studiren. Äußerlich bemerken wir zunächst eine dünne Membran, welche von der an den ventralen Leuchtplatten befindlichen sich nicht unter- scheidet. An der unteren (basalen) Seite jeder Knolle wird dieselbe von je einer Trachee und einem Nerven durchbohrt, welche in diesem Punkte in das Organ eintretend, nach oben sich immer feiner und feiner ver- zweigen. Die Trachee geht aus dem Hauptstamm hervor, in der un- mittelbaren Nähe des entsprechenden, ventral gelegenen Stigmas, der Nerv aus dem entsprechenden Bauchganglion. Die Zellen, welche den wesentlichen Theil der Leuchtknolle ausmachen, gleichen sowohl in ihrer Größe wie in ihrer Form und ihrem sonstigen Verhalten denen der unteren Schicht der ventralen Platten ganz auffällig. Sie erscheinen auch, wie diese, hell und (an entsprechend behandelten Objekten) körnerfrei und tingiren sich mittels Indig-Karmin auf gleiche Weise. Nur ihre Anordnung ist, natürlich, abweichend, da sie nicht eine flache Lage bilden, sondern sich in dieser Hinsicht mehr an die Verästelungs- weise des im Inneren der Leuchtknolle ein förmliches Gerüst bildenden Tracheensystemes halten müssen. Zellen, die denen der dorsalen Schicht entsprechen würden, habe ich hier gar nicht gefunden. Wenn die Angabe Köruiker’s, welcher (l. c. p. 2) von dem Vorhandensein dieser Zellen spricht, ganz sicher ist (und hier konnte eine Täuschung sehr leicht vorliegen, da oftmals die harn- säurehaltigen dem Leuchtorgan anhaftenden Fettkörperballen nur schwer als solche erkannt werden können, auch die Schnittmethode in der Zeit, wo KörLiker’s Arbeit erschien, noch unbekannt war), so würde dieselbe für die oben ausgesprochene Vermuthung einer Umbhildung der »par excellence« leuchtenden und der harnsäurehaltigen Zellen eine neue Stütze liefern. c) Die Leuchtknollen der Larven. Die Leuchtorgane der Larven von Lampyrisnoctiluca wurden schon von Tarcıoni-TozzeErtı (Mem. soc. ital. di scienze naturali 1866. Separatabdr. p. 11) und Owssannıkow beschrieben. Es sind ovale, im vorletzten Abdominalsegmente liegende Knollen, denen gleich gestaltete durchsichtige Stellen in der Haut entsprechen. Da ich das Verhalten des Tracheensystems derselben weiter unten behandeln werde, so will ich hier nur in Betreff der sie zusammensetzenden Substanz erwähnen, dass dieselbe eine schleimige Masse darstellt, welche sich in einzelne Studien über die Lampyriden. 371 Zellterritorien — durch die von mir angewandten Härtungsmethoden wenigstens — nicht zerlegen lässt. Die Zellkerne treten aber in der Tinktion sehr zahlreich hervor und zeichnen sich durch ihre beträcht- liche Zahl und Größe aus. Durch die Härtung erfährt die letztere übri- gens eine sehr beträchtliche Reduktion, damit beweisend, dass die be- sagten Gebilde sich während des Lebens in einem sehr wasserreichen Zustande befinden. Harnsäureablagerungen sind in diesen Leuchtknollen nicht zu finden. Das Leuchten der Larven von Lampyris splendidula scheint bis jetzt noch nicht bekannt zu sein. Diese Thiere, welche im erwach- senen Zustande die Länge der erwachsenen Weibchen besitzen, und sich von denselben lediglich durch bedeutendere Breite auszeichnen, kommen meist in der zweiten Hälfte der Flugzeit zum Vorschein, und sind dann noch lange nach deren Abschluss zu beobachten. (So fand ich in dem Kurort Krynica in Galizien mehrere hell leuchtende Exem- plare in den letzten Tagen des August vorigen Jahres!.) Ihr Leuchtver- mögen unterscheidet sich darin von dem der Larven von Lampyris noctiluca, dass es nicht auf ein Leibessegment beschränkt ist, son- dern dem ganzen Abdomen zukommt. An den wenigen Exemplaren, welche ich untersuchen konnte, ergab sich, dass diese Erscheinung durch laterale knollenförmige Organe bedingt ist, welche ähnlichen Bau wie die der erwachsenen Weibchen aufweisen, aber meist kleiner sind. Was ihre Lage zwischen den Eingeweiden anbetrifft, so fand ich diesel- ben auf meinen Querschnitten immer mehr gegen das Innere des Kör- pers vorgerückt, als es bei denen der Weibchen der Fall war, und zwischen den Fettkörperballen versteckt. Da das Leuchten dieser Jugendformen in Betreff seiner Intensität dem der erwachsenen Weib- chen nicht nachsteht, so wird man vielleicht wohl annehmen dürfen, dass die Leuchtknollen derselben während der Funktion auch die den letzteren zukommende Lage bewahren und nur nachträglich durch den undurchsichtigen Fettkörper überdeckt werden. Ventrale Leuchtplatten konnte ich nicht auffinden; indessen schienen nur die letzten lateralen Knollen, welche gerade in der Nähe der später von den Leuchtknollen eingenommenen Stelle gelegen waren, an einigen Exemplaren stärker entwickelt zu sein. Der Bau des Tracheensystems erwies sich dem der ‚ Leuchtorgane der Larven von Lampyris noctiluca identisch. In welcher Beziehung die beschriebenen Leuchtorgane beiderlei Larven zu denen der geschlechtsreifen Thiere stehen, konnte ich, wegen Mangels an Material, nicht ermitteln. 1 Ob diese Larven — wie die der Lampyris noctiluca — das ganze Jahr hindurch leuchten können, ist mir unbekannt. 3172 Heinrich Ritter v. Wielowiejski, Das Tracheensystem der Leuchtorgane.- Wir wenden uns jetzt zur Schilderung des Tracheensystems, dessen üppige und eigenthümliche Entwicklung mit Recht als eins der wichtig- sten morphologischen Merkmale der Leuchtorgane bei Insekten über- haupt angesehen werden darf und schon auf den ersten Blick die Art der in denselben vorwiegenden, chemischen Processe voraussetzen lässt. Die gröberen Einzelheiten des Verhaltens dieser Organe wurden schon von den früheren Autoren ziemlich genau beschrieben. Die mächtigen Queranastomosen, welche in jedem Abdominalsegmente die seitlichen Längsstämme des Körpers mit einander verbinden, entsenden — in Ge- meinschaft mit einigen von den entsprechenden Stigmata hinzutretenden Tracheenröhren — mehrere feinere Äste, die sich auf der oberen Fläche der Leuchtplatten dicht der umhüllenden Membran anschmiegen und durch dieselbe hindurch ins Parenchym ihre immer feineren Verzwei- gungen treiben. Diese letzteren verästeln sich wiederum aufs feinste, um die Zellen, in welchen die Leuchtstoffe aufgespeichert sind, reichlich und allseitig mit athmosphärischer Luft zu versorgen. Das Verhalten ihrer letzten Endigungen, die natürlich die Hauptrolle dabei spielen müssen, war aber bis jetzt — wenigstens bei Lampyris splendi- dula, da Max ScuuLtze die Angaben Körtıker’s (l. c.) kurzweg in Abrede stellie— noch sehr ungenügend bekannt. Die, wie gewöhnlich, mit einem Spiralfaden versehenen Chitinröhrchen sollten, der Max ScahuLTtze'schen Ansicht nach, in den von ihm entdeckten sternförmigen Zellen ihre definitive Endigung finden, und mit einem hyalinen proto- plasmatischen Fortsatze derselben unter Verlust des Spiralfadens ver- schmelzen. Unsere Untersuchung hat aber zu anderen Resultaten geführt. An den Präparaten, wo die » Tracheenendzellen « nicht allzu inten- siv mit Osmiumsäure geschwärzt worden sind, erkennt man nämlich mit Deutlichkeit, dass eine solche Trachee in die sternförmigen Gebilde selbst hereintritt, darin aber, anstatt zu verschwinden, sich noch weiter verästelt und in jeden der von M. ScuuLtze beschriebenen Ausläufer ein feines, glattes, der Spirale entbehrendes Chitinästchen entsendet. 4 Unsere Taf. XXIM führt uns einige typische Formen dieser »Tracheenendzellen« vor die Augen. Außer den sternförmi- gen (Fig. 5 und 8) finden wir auch andere, verschieden gestaltete Ge- bilde: so haben die in Fig. 4, 7 und 9 dargestellten eine abgerundete Basis und nur wenige (in Fig. 9 nur zwei) nach vorn gerichtete Aus- läufer, was ihnen eine von der typischen recht abweichende Gestalt verleiht. In Fig. 7 und 9 erblicken wir außerdem eine eigenthümlich Studien über die Lampyriden. 373 ungleichmäßige Vertheilung des Osmiumniederschlages, welcher sich hauptsächlich in dem der Haupttrachee zugekehrten Ende ansammelte und den anderen Theil der Zeile fast unberührt ließ. In Fig. 11 nehmen wir wiederum eine tiefgeschwärzte Tracheenendzelle wahr, an welcher _ keine von den erstgenannten Strukturverhältnissen zu erkennen sind, welche aber anstatt dessen eine Sonderung in einen centralen Theil und einen durch eine helle Linie (a) scharf davon abgegrenzten feinen, aber tiefschwarzen Saum zeigt, der als eine besondere peripherische Schicht oder Membran gelten könnte!. Was aber unser Auge an diesen Bildern am meisten fesselt, sind die Tracheen. Überall sehen wir, dass der (oft Osmiumniederschläge enthaltende) Endtheil der Haupttrachee, welcher hier und da schon in einiger Entfernung von der Zelle seine Chitinspi- rale eingebüßt hat (z. B. auf Fig. 4 und 5), sich in mehrere, der Zahl der _ Ausläufer der ersteren meist entsprechende, Ästchen theilt, die Anfangs auch Osmium enthaltend, strahlenförmig, oder wie Haare eines Pinsels ‚ abstehen. Weiter in der Zelle verlaufend verlieren sie allmählich ihren schwarzen Inhalt, um endlich als gänzlich hyaline, ziemlich stark licht- brechende, doppelt konturirte und überall gleich breite? Röhrchen die- selbe zu verlassen und zwischen den Parenchymzellen des Organes ihren Verlauf zu nehmen. In seltenen Fällen (Fig. 6) enthalten die Ausläufer der Tracheen- :endzelle, die dem entsprechend auch stärker entwickelt sind, je zwei ‚solche Röhrchen, die sich in ihrem Inneren vielfach schlängeln, ohne jedoch mit einander zu anastomosiren, und erst in einiger Entfernung ‚ von ihrer Ursprungsstätte aus einander weichen. | Alle die erwähnten Bilder sind Osmiumsäurepräparaien entnommen worden, welche nach der von M. Scuurtze gelieferten Vor- | schrift hergestellt worden sind — und doch können wir nicht umhin, ‚auf den ersten Blick bedeutende Unterschiede in der Schwärzung der Tracheenendzelle wahrzunehmen! Neben solchen Objekten, wie das in Fig. 8 dargestellte, welche, der Hauptsache nach, den von M. ScnuLtze ‚abgebildeten (a. a. ©. Taf. VI, Fig. 8 und 9) entsprechen, finden wir ‚jedoch andere (unsere Fig. 4 und 5), an welchen uns nur eine kaum ‚ wahrnehmbare Schwärzung entgegentritt, obwohl der fixirende Einfluss ‚ der Osmiumsäure auch hier in der Konsistenz und dem Brechungsver- ‚mögen des Protoplasmas sich kundgiebt. Dazwischen sehen wir auch Übergangsformen, wie solche die Fig. 7 und 9 darstellen. Durch welche Umstände diese Unterschiede bedingt werden, gelang | N 1 Solche Präparate sind aber allzuselten, als dass wir durch dieselben bestimmt ‚ werden könnten, an allen »Tracheenendzellen« eine solche Schicht anzunehmen. 2 Ihr Querdurchmesser beträgt durchschnittlich etwa !/ggo mm. 374 Heinrich Ritter v. Wielowiejski, uns bis jetzt nicht definitiv zu ermitteln. Dass die helle Färbung der Zellen durch die schwache Koncentration der angewandten Osmium- säurelösung verursacht worden wäre, glauben wir nicht annehmen zu dürfen, da die entsprechenden Präparate den anderen ganz ähnlich be- handelt wurden, und auch die Lösung, deren sich M. ScuuLtze zur Her- stellung seiner Präparate bediente, aller Wahrscheinlichkeit nach, wie sich aus seiner Angabe schließen lässt !, noch schwächer als die unserige gewesen ist. Wir könnten daraufhin selbst vermuthen, dass die stärkere Osmiumsäurelösung weniger intensiv schwärzt, weil die größere Menge des im Verlauf der Tracheen sich bildenden Osmiumniederschlages (und dies haben wir mehrmals wahrgenommen) dem weiteren Vordringen der Osmiumdämpfe ? Widerstand leistet....... Andererseits freilich ist es die Frage, ob nicht auch die funktionellen Unterschiede zwischen den behandelten Geweben, also die Verschiedenheit des Reduktionsvermö- gens der Tracheenendzellen in den verschiedenen Thätigkeitsstadien, hier im Spiele sind. Dass die erwähnten Strukturverhältnisse an den frischen oder durch Macerationsmittel behandelten Tracheenendzellen unsichtbar sind, findet vielleicht durch das starke Hervortreten der Zellkerne und Granulationen, so wie auch die nicht selten auftretenden Faltungen seine Erklärung. Bei den in Osmiumsäure geschwärzten Objekten verhält sich das anders, indem die Zellen hier als glatte, meistens auch flache und dünne Häut- chen erscheinen, die mit den Endothelzellen der Wirbelthiere zu ver- gleichen sind und schwimmhautartig zwischen den Tracheenkapillaren sich ausspannen ®. Bei Behandlung mit verdünnter Kalilauge lassen sich natürlich noch an den durch Osmium am intensivsten gesch wärzten Tracheenendzellen diese Verhältnisse wahrnehmen. Schon nach einigen Sekunden der Einwir- kung werden dieselben heller, quellen allmählich auf (nie aber mehr als um zwei, höchstens drei Durchmesser), nehmen sämmtlich, auch wenn sie vorher sternförmig waren, eine mehr rundliche Gestalt an, und lassen dann die in ihnen enthaltenen, vorher durch den Osmium- ! Vgl. oben p. 364 (Anmerkung). 2 Da ich, in Übereinstimmung mit M. ScHuLTZzE, in den gröberen Tracheen, auch . nach der Maceration in der Osmiumsäurelösung, Luft gefunden habe, so darf ich wohl mit Recht annehmen, dass die Säure auch unter diesen Umständen im gasför- migen Zustande in die Tracheenendzellen gelangt. 3 Was die Granulationen an den frischen Tracheenendzellen betrifft, so liegt es nahe, da sie den in Parenchymzellen angehäuften überaus ähnlich aussehen, dieselben als bei der Präparation ausgestreute und den Tracheenendzellen anhaftende Partikelchen der letzterwähnten zu deuten. Wenn die gehärteten Parenchymzellen bei der Präparation intakt bleiben, erscheinen die Tracheenendzellen fast ganz hyalin. Studien über die Lampyriden, 375 niederschlag verdeckten Tracheenkapillaren deutlich durchschimmern. Endlich verschwindet die sie zusammensetzende Substanz gänzlich, so dass nur die Trachee mit ihren Endverzweigungen zurückbleibt!. Da bei der erwähnten Aufhellung der Tracheenendzellen die durch Schwärzung unsichtbar gewordenen Zellkerne niemals mehr zum Vor- schein kommen, so glauben wir mit Recht vermuthen zu dürfen, dass dieselben schon durch die Fixirung mittels Osmiumsäure sehr tiefe Ver- änderungen der Konsistenz erleiden; und diese Meinung wird auch durch den Umstand gestützt, dass sie sogar in sehr wenig geschwärzten Zellen durch die gewöhnlichen Färbemittel meistens schwer nachzu- weisen sind, und sich dadurch von den entsprechenden Theilen der an- deren Zellarten unterscheiden. Die geschilderten Verhältnisse sind aber bloß in den ventralen Leuchtorganen der kleineren Species — Lampyrissplendidula — zu finden. Fassen wir die größere Lampyris noctiluca ins Auge, so haben wir recht auffällige Unterschiede zu konstatiren. Schon Ows- JANNIKOW (a. a. O.) deutet darauf hin, dass er in seinen Untersuchungen die durch Osmiumsäure sich schwärzenden Tracheenendzellen vermisst habe. Freilich spricht er sich in dieser Hinsicht mit einiger Vorsicht aus, vermuthlich, weil es ihm auffallend erschien, dass zwei so nahe ver- wandte Species durch scheinbar so wichtige und den Bau des Tracheen- systems beeinflussende Eigenthümlichkeiten getrennt sind: wir können aber diesen Mangel entschieden bestätigen, und unsererseits behaupten, dass derselbe iheilweise schon auf dem wesentlich verschiedenen Ver- halten der Tracheen beruhe. Wir finden uns hiermit an dieser Stelle veranlasst, einen Blick auf den Verzweigungsmodus dieses Organsystems bei beiden Species zu werfen, zumal da derselbe vergleichend noch nicht behandelt wurde, und sonst nur ziemlich unbestimmt als »äußerst zierlich « (KöLuiker, 1. c. p. 2) oder » elegant « (Peters, Ann. d. sciences naturelles. ser.2. T.17) bezeichnet worden ist. . In Betreff dieser Verzweigungsweise können wir zwei Haupttypen unterscheiden. Der erste, auch sonst in den verschiedensten Organen der übrigen Insekten anzutreffende, würde als »baumförmig« zu be- zeichnen sein. Er besteht darin, dass die in ein Organ eintretenden 1 Die beiden erwähnten Stadien unserer Reaktion finden wir auf Fig. 8 und A0, Taf. XXIII, abgebildet. Die erstere zeigt zwei in mäßiger Quellung begriffene Tra- cheenendzellen, in denen die Tracheenkapillaren soeben zum Vorschein gekommen und ihre entlegeneren Theile von der sie überziehenden Protoplasmaschicht der Ausläufer befreit worden sind. Die letztere stellt wiederum ein von der Peritoneal- haut ganz freies Tracheenstück mit seiner Verästelung vor, wie es mitunter auch in ' frischen ausgepinselten Präparaten anzutreffen ist (s. oben). 376 Heinrich Ritter v. Wielowiejski, Tracheenröhren, ganz so wie ein Baumzweig in einige Äste von kleine- rem Durchmesser zerfahren, welche letztere immer feinere und feinere Röhrchen treiben, denen schließlich die feinsten, der Chitinspirale ent- behrenden und meistens unverzweigten Kapillaren ! entsprossen. Der zweite Typus, der vermuthlich einem größeren Athmungsbe- dürfnisse entsprechen dürfte, würde der sein, welcher vorzugsweise in unseren Leuchtorganen vorgefunden wird. Seine erste Modifikation, welche die ventralen Leuchtorgane der geschlechtsreifen Lampyris splendidula charakterisirt, haben wir schon oben genauer geschildert. Seine specifische Eigenthümlichkeit liegt darin, dass die Tracheen- kapillaren in der Regel in größerer Anzahl auf den äußersten Spitzen der letzten noch mit Chitinspirale versehenen Tracheenröhr- chen aufsitzen und von diesen Punkten nach allen Richtungen hin ins Leuchtgewebe ausstrahlen. Die zwischen den ersteren schwimmhaut- artig ausgespannte, eigenthümlich erweiterte Peritonealhaut liefert unsere »Tracheenendzellen«. In den nämlichen Organen der Lampyris noctiluca, so wie auch in den lateralen Leuchtorganen des Weibchens und der Larve von Lampyris splendidula tritt uns zwar im Großen und Ganzen derselbe als»büschelförmig« zu bezeichnende Verzweigungstypus entgegen: bei näherer Betrachtung aber zeigt er doch gewisse Unterschiede. In den von uns untersuchten Exemplaren fanden wir nämlich, dass die Tracheenkapillaren in den Fällen, wo sie an den Enden der nächst dickeren Ästchen entspringen, theils in kleinerer Zahl (zu zwei oder seltener drei) zu finden sind, theils auch in ihrer Gruppirung eine größere Freiheit zeigen, indem sie nicht nur an den Enden, sondern auch sonst im Verlaufe der feineren, wie sogar der viel dickeren, mehr dem Hauptstamme genäherten Tracheenästen ihren Ursprung nehmen. Unsere Abbildungen führen uns solche Verhältnisse vor Augen. In Fig. 12 sehen wir eine Kapillare gerade an einem Orte entspringen, wo gewöhn- lich be Lampyrissplendidula erst eine mit Chitinspirale versehene Trachee ihren Ursprung nehmen würde; dasselbe sehen wir in Fig. 13 und 14, wo mehrere an derselben Stelle eines stärkeren Tracheenstam- mes angeheftet sind, eine Art Büschel bildend; in Fig. 15 tritt uns wie- derum eine unregelmäßig von allen Seiten mit Kapillaren besetzte Trachee entgegen. Dass bei einer solchen Verzweigungsweise des Tracheensystems von den typischen Tracheenendzellen, wie dieselben von Max Schutze geschildert wurden, kaum die Rede sein kann, wird uns viel- i Ich benutze den Ausdruck, welcher nach der Analogie dieser Röhrchen mit den Biutkapillaren von Lryvıc (Histologie, p. 388) angewandt worden ist. Studien über die Lampyriden. 817 leicht jetzt weniger auffallend erscheinen. In diesem Falle könnten ja nur höchstens solche degenerirte Formen dieser Zellen vorkommen, wie wir sie bei Lampyrissplendidula außerhalb der ventralen Leucht- organe antreflen: als zwischen den abgebildeten, gabelig von einander abstehenden Kapillaren sich ausspannende Häutchen. Und dieses haben wir auch wirklich bei anderen hier und da wahrgenommen, ohne jedoch in der Lage gewesen zu sein, durch Einwirkung der Osmiumsäurelösung in verschiedenen Koncentrationen und Dampfform die für die echten Tracheenendzellen charakteristische Färbung zu erzielen. Desto auffallender aber wird uns die Thatsache erscheinen, dass gerade die Peritonealschicht an den diekeren Anfangsstämmen der Trachee es ist, welche bei den LarvenvonLampyris.nocti- luca ein oft sehr deutlich ausgeprägtes Reduktionsvermögen gegen Os- miumsäure aufweist. An den erwähnten Stämmen nämlich, die bei der Larve dicht hinter dem Stigma zu mehreren aus der Hauptröhre ins Innere des Körpers ausstrahlen, und sich auch an die Leuchtknollen von der Rückenseite her anlegen, bemerken wir (Fig. 16), dass diese Schicht verhältnismäßig enorm entwickelt ist, auch einen körnigen Inhalt und massenhaft kleine Zellkerne aufweist, so dass es den Anschein hat, als wäre sie in Wucherung begriffen. In vielen Fällen wird dieselbe nun (unsere Abbildung zeigt einen derartigen, auf der Rückenseite der Leuchtknolle liegenden Ast) durch die Osmiumsäure, wenn diese auf das lebende Thier eingewirkt hat, sehr tief und so dauerhaft gebräunt, dass sie sogar nach längerer Maceration in Kalilauge nicht vollständig zu ent- färben ist. Ein ähnliches Verhalten der Peritonealhaut größerer Tracheenäste scheint auch schon OwsJannıkow beobachtet zu haben, wenn er ([l. c. p- 5) berichtet, dass die ersteren in seinen Osmiumsäurepräparaten schwarz wurden, die Tracheenkapillaren in den Leuchtorganen der Weibchen von Lampyris.noctiluca aber weiß blieben. Nach seiner Abbildung (l. c. Fig. 7) dürfen wir aber vermuthen, dass die von ihm erzielte Schwärzung viel tiefer gegen die Tracheenkapillaren vorge- drungen ist, als es bei mir der Fall war. Das Ausbleiben der Reduktion der Osmiumsäure in den feinen Tracheenästchen ist ziemlich schwer zu erklären. Da wir aus physiolo- gischen Gründen einen thatsächlichen Unterschied der Reduktionsfähig- ' keit beiderlei Röhrchenkaliber kaum annehmen könnten, indem diese Fähigkeit zweifellos mit der Hauptfunktion der Peritonealhaut der Kapil- laren in viel näherem Konnex steht, als mit der der größeren Stämme, so liegt es viel näher, die erwähnte Erscheinung durch die Annahme zu motiviren, dass die ganze, im Tracheensystem aufgenommene Osmium- 378 Heinrich Ritter v. Wielowiejski, säuremenge schon in den Anfangsröhren reducirt wurde und nicht mehr zu den feinsten Verzweigungen vorzudringen im Stande war. Dass die hervorgehobenen Unterschiede in der Zusammensetzung des Tracheensystems zwischen den beiden Arten nicht von principieller Bedeutung sind, ersehen wir schon daraus, dass dieselben hauptsäch- lich nur in dem, die ventralen Leuchtplatten versorgenden Theile des- selben sich geltend machen. Betrachten wir nämlich die lateralen Leuchtknollen der Weibchen von Lampyris splendidula, so finden wir nicht nur die auffällige Thatsache, dass die Tracheenendzellen auch hier gänzlich fehlen, sondern weiter noch, dass die pinselartige Anordnung der Kapillaren in diesen Organen mehr in den Hintergrund tritt, und dem gewöhnlichen baumförmigen, oder dem den Leuchtorganen von Lampyris noctiluca zukommenden Verzweigungstypus Platz macht. Zu einem ähnlichen Ergebnis gelangen wir, wenn wir eine größere Anzahl der aus verschiedenen Organen unserer Species herstammenden Tracheenendzellen mit einander vergleichen. Die, besonders im Hinter- theil des Abdomens (bei den erwachsenen Individuen von Lampyris splendidula) auf den Fettkörperklumpen, den Geschlechtsorganen oder dem Darme sehr zahlreich sich vorfindenden Endzellen sind näm- lich, obwohl sie bei Osmiumsäurebehandlung den in den Leuchtplatten befindlichen ganz ähnlich sich verhalten 1, sowohl in ihrer äußeren Ge- stalt, wie auch nach der Zahl der in ihnen enthaltenen Tracheenkapilla- ren oft sehr erheblich von den für die Leuchtplatten charakteristischen »Tracheenendzellen« unterschieden. Von den wenigen Abbildungen (Fig. 17, 48, 19), welche wir von diesen Gebilden entworfen haben, wollen wir besonders die letztere hier näher betrachten, da dieselbe einen Übergang zu dem Verhalten der Tracheen bei Lampyris nocti- luca bildet und die Zurückführung der beiderlei Formen plausibel macht. So ist in dieser Zelle, deren Körper im Vergleich zu den drei mächtig entwickelten und mit Osmium deutlich geschwärzten Ausläufern an Größe ziemlich zurücktritt, zu bemerken, dass eines der feinen Röhr- chen, welche aus derselben ihren Ursprung nehmen, nicht, wie die zwei anderen Kapillaren, mit einer ganz homogenen Wandung versehen ist, sondern auch eine feine Chitinspirale enthält, von der es wahrschein- lich bis zu einer anderen Zelle begleitet wird. Wenn wir uns nun die ohnehin nur schwach entwickelte Peritoneal- haut an diesen Gebilden bis zu ihrem gewöhnlichen Volumen redueirt denken, so erhalten wir die Bilder, wie sie uns das Tracheensystem der i Auf dieselben hat auch schon Max ScHULTZE seine Aufmerksamkeit gerichtet. | Studien über die Lampyriden. 379 Lampyrisnoctiluca in seinen uns bekannten Entwicklungsstadien darbietet (man vergleiche besonders die letztbeschriebene Fig. 19. mit der für Lampyris noctiluca geltenden Fig. 15). Verfolgen wir jetzt die weiteren Schicksale der in den Tracheenend- zellen oder sonst an den Enden der noch mit Chitinspirale versehenen Tracheenästchen entspringenden Kapillaren. Meine hierauf bezüglichen Untersuchungen haben zunächst die von Max ScnuLtzE beschriebenen Fortsätze der Tracheenendzellen in ein anderes Licht gestellt. Max Scnurtze betont nämlich an der schon angeführten Stelle seiner Abhandlung ausdrücklich, dass Verbindungen zwischen diesen Gebilden gänzlich fehlten, dieselben aber wohl mit den feinen protoplasmatischen Fortsätzen der Parenchymzellen verschmelzen könnten. Kein Zweifel jedoch, dass der berühmte Forscher nur’ dadurch zu diesem Ausspruch verleitet worden ist, dass er seinen Oberflächen- bildern (l. c. Taf. II, Fig. 8), so wie den durch Zerreißung der Tra- cheenkapillaren entstandenen »kleinen Blüthen auf verzweigten Blüthenstielen« allzuviel Zutrauen geschenkt, und die Behandlung der Leuchtorgane mit Alkalien unterlassen hat. Sobald man nämlich zu einem Präparate, wie das l. c. Taf. II, Fig. 8 abgebildete, einen Tropfen verdünnter alkalinischer Lösung zufügt, und die durch allzu stürmisches Auseinanderfließen erfolgende Zerreißung der unquellbaren Elemente verhindert, gelangt man sehr leicht zu Bildern, wie unsere Fig. 20 es zeigt. Man sieht jetzt, dass die dabei zu Tage tretenden feinen Tracheenendästchen der benachbarten Tracheenendzelien gegen einander gerichtet sind, und entweder gänzlich in einander übergehen, oder sich mit ihren Enden derart berühren, dass man entweder eine Zer- reißung und Verschiebung derselben während der Quellung anzunehmen berechtigt ist, oder vermuthen muss, dass sie nur durch unvollständiges Auswachsen an einem Zusammentreffen verhindert seien. Die bei der Quellung erfolgende Schlängelung oder gar Verknäue- lung der Tracheenkapillaren, die man auch dann leicht beobachten kann, wenn man diese Gebilde in eine wasserentziehende Flüssigkeit über- trägt, beweist deutlich, dass dieselben in ihrer ganzen Länge mit einem ' protoplasmatischen Überzuge umgeben sind, welcher zwar optisch, seiner Zartheit wegen, nicht direkt hackwieishar ist, trotzdem aber durch ' seine ungleichmäßige Quellung oder Schrumpfung auf den Verlauf des eingeschlossenen Chitingebildes einen Einfluss ausgeübt hat. Dass dieser Überzug nichts Anderes darstellt, als die Fortsetzung ' der Ausläufer von Tracheenendzellen, die Max Scuurtze’sche Behauptung demnach unrichtig ist, brauchen wir kaum noch hervorzuheben ! — Diese - Anastomosenbildung zwischen den Tracheenkapillaren kann man auch Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XXXVII. Bd. 26 380 Heinrich Ritter v. Wielowiejski, noch an älteren, in Alkohol aufbewahrten Leuchtorganen wahrnehmen, wenn man dieselben in einer schwach lichtbrechenden-Flüssigkeit vor- sichtig zerzupft. Fig. 21 zeigt uns einige solche anastomosirende Röhr- chenstücke, die sammt den ihnen anhaftenden körnigen Zellen aus der peripherischen, der Mündung der Haupttrachee entgegengesetzten Schicht einer lateralen Leuchtknolle des Weibchens von Lampyrissplendi- dula herstammen, und daselbst ein förmliches Netz im Parenchym zu bilden scheinen !. Das Verhalten der Tracheenkapillaren zu den von ihnen umsponnenen Parenchymzellen der Leuchtorgane zu erfor- schen, ist für mich eine ziemlich schwierige Aufgabe gewesen. An fri- schen Präparaten war es schon desshalb unmöglich, weil die Konturen der Zellen zu wenig scharf hervortreten. — In gewöhnlichen, in Glycerin untersuchten Alkoholpräparaten, waren wiederum die Kapillaren ihres specifischen Lichtbrechungsvermögens wegen, auf den Zellen schwer zu unterscheiden. Erst mäßig gehärtete und mit wässeriger Hämatoxylin- lösung gefärbte Objekte, die ich außerdem noch in einer schwächer lichibrechenden Zusatzflüssigkeit (Wasser, essigsaurer Kalilösung) nach vorhergehender vorsichtiger Behandlung mit feinen Pinseln untersuchte, vermochten die betreffende Frage zu lösen. Es zeigte sich dabei, dass unsere Röhrchen sich dicht den Parenchymzellen anschmiegen und so fest damit verkleben, dass sie oft leichter zerbrechen als von ihren Zellen sich ablösen lassen. Dieser letztere Umstand erklärt auch die Thatsache, dass man in Zerzupfungspräparaten oft Zellen findet, die mit kurzen Stücken der Tracheenkapillaren zusammenhängen und die leicht zur Meinung führen könnten, dass die letzteren nur ihre Fortsätze wären. So sehen wir bei M. ScuuLtze (l. c. Taf. VI, Fig. % c) solche Zellen mit hyalinen Fortsätzen abgebildet, von denen wir wohl annehmen dürfen, dass sie nichts Anderes vorstellen, als Tracheenstückchen, an denen der auf dem Körper der Zelle liegende Theil übersehen wurde. Oft findet man die Tracheenkapillaren auch in einer rinnenförmigen Vertiefung der Zellenoberfläche eingebettet, wie es in unserer Fig. 22 zu ersehen ist; von einem Eindringen derselben ins Innere der Zelle kann man dagegen nichts bemerken. Der Verlauf dieser Röhrchen an den Zellen ist meistens, besonders in den von der Haupttrachee entfernteren Stellen des Leuchtgewebes, ganz unregelmäßig: hier sieht man zwei bis drei derselben in ziemlich gerader Linie sich verbinden, dort wiederum in allen Richtungen sich R} i Die außerordentliche Brüchigkeit der a gestattet leider nicht größere Strecken desselben freizulegen. Studien über die Lampyriden. 381 schlängeln, bald eine einzige Zelle von mehreren Seiten umspinnend, bald Schlingen bildend und erst dann auf andere übergehend. Den angeführten Ergebnissen steht übrigens eine recht auffallende Ansicht entgegen, welche von Hrınemann in Betreff der Verbindung der Tracheenröhrchen mit Parenchymzellen der Leuchtorgane der amerika- nischen Cucujus- (Pyrophorus-) Arten ausgesprochen worden ist. In seiner Arbeit über die»Leuchtorgane der bei VeraCruz vor- kommenden Leuchtkäfer« (Archiv für mikr. Anat. Bd. VII. 1872. p: 467) behauptet derselbe nämlich, dass die Parenchymzellen von den Tracheenästchen durchbohrt würden und an denselben » wie Perlen auf einer Schnur aufgereiht « seien, was besonders dann zu Tage treten soll, wenn durch Behandlung mit 35procentiger Kalilauge die Kittsubstanz zwischen denselben gelöst wird. — Dass sich die Parenchymzellen in ihrer Anordnung mehr an die Tracheenkapillaren halten, mit denen sie auch fester sich verbinden können als mit einander, haben wir auch an unseren Präparaten bestätigen können; für die Annahme jedoch, dass Zellen irgend wo von Tracheen durchsetzt wären, dürfte in der ganzen Histologie der Insekten kein Analogon zu finden sein. Ich bin desshalb geneigt, die Richtigkeit dieser Angabe zu bezweifeln, zumal ich mich selbst überzeugt habe, wie leicht in diesbezügliche Beobach- tungen ein Irrthum unterläuft. Und das um so mehr, als auch die bis jetzt bekannten embryologischen Thatsachen ! gegen einen solchen Be- fund zu sprechen scheinen; haben wir doch allen Grund zu dem Ana- logieschluss, dass die Tracheenkapillaren der Lampyriden durch spindel- formiges Auswachsen der zelligen Bestandtheile primitiver ceylindrischer Tracheenanlagen in ähnlicher Weise ihren Ursprung genommen haben, wie es bei den Dipteren (Weısmann, |. c. Fig. 97) nachgewiesen worden ist. Von diesen zarten Gebilden aber würde es doch kaum anzunehmen sein, dass sie in irgend welche fremde Zellen sich einzubohren ver- möchten! Wenden wir uns jetzt zur Betrachtung der Struktur und Zusammen- setzung der Tracheenkapillaren unserer Leuchtorgane, so ergiebt sich sogleich, dass die Intima derselben in ihrem ganzen Verlaufe wesentlich aus Chitin besteht. Unsere Macerationsmittel, besonders die Kalilauge, beweisen es aufs deutlichste. Der Nachweis aber, dass diese Gebilde wirklich Röhrchen sind und nicht etwa solide Chitinfädchen, wie es ‚auf den ersten Blick oft erscheinen möchte, vorstellen, war nicht so leicht zu liefern. Der doppelte Kontur der Wände war nicht überall 1 Siehe Herm. MEYER, Über die Entwicklung des Fettkörpers, der Tracheen und keimbereitenden Drüsen der Insekten. Diese Zeitschr. Bd. I und Weısnmans, » Ent- wicklung der Dipteren.« Ebendaselbst Bd. XIII und XIV. 26 * 382 Heinrich Ritter v. Wielowiejski, nachweisbar, da die Röhrchen kaum mehr als 0,001 mm im Durchmesser haben und die Dicke ihrer Wände kaum mehr als !/, ihrer Breite be- trägt, so dass dieselben sogar mit dem Trockensystem F von Zeıss nicht in jeder Zusatzflüssigkeit deulich genug von dem Inneren zu unterschei- den sind. Vielleicht würde man erwartet haben, dass die Untersuchung dieser Gebilde, wie überhaupt des Tracheensystems in frischem Zu- stande, durch das Vorhandensein der Luft in denselben und die dadurch erfolgende Schwärzung, wesentlich erleichtert werden dürfte: wir haben hier aber den seltsamen Fall vor Augen, dass uns dieser subtile Theil der Respirationsorgane des Insektes ganz der Luft beraubt ent- gegentritt und nur mit einer Flüssigkeit erfüllt erscheint. Schon Max ScuuLtze (l. c. p. 31) wies auf den Umstand hin, dass die ihm bekann- ten, angeblich in den Tracheenendzellen endigenden Tracheenendäst- chen ihren gasförmigen Inhalt sammt der Chitinspirale ! einbüßten. Später hat Tarsıonı-Tozzersı (» Sull’ organo che fa lume nelle luceciole volanti d’Italia« in Bull. della Soc. Entomolog. Italiana. vol. II. 1870) dasselbe Verhalten für die in seinen »Acini digitilormic« der Leucht- organe von (Lampyris) Luciola italica verlaufenden Tracheenästchen angegeben, und die sie ausfüllende helle Flüssigkeit sogar näher ge- schildert, auch die Vermuthung ausgesprochen, dass dieses feine Kapil- larnetz wesentlich an der Bluteirkulation sich betheiligen könnte....... Erst durch Injektion mit Seife und der Untersuchung gut getrock- neter Leuchtorgane war es mir möglich, die hier vorliegende Frage mit Sicherheit zu entscheiden. Die erstere erfolgt sehr leicht, wenn man die aus dem Alkohol herausgenommenen Objekte in einer warmen alkoho- lischen Seifelösung einige Minuten stehen lässt. Nach dem Erstarren der Masse findet man unsere Röhrchen, die man in gewöhnlicher Weise herauspräpariren kann, ganz oder zum großen Theil mit der Seife inji- cirt, welche letztere, besonders wenn sie vorher gefärbt worden ist, das Innere derselben ziemlich scharf von den Chitinwänden unterscheiden lässt. Die zweite Methode hat mir nicht nur das Vorhandensein des Lumens in den Kapillaren nachgewiesen, sondern mich auch zu einer näheren Einsicht in die Umstände geführt, welche das konstante Fehlen der Luft in demselben während der gewöhnlichen Beobachtung bedingen 1 Der von MAx ScHULTzZE statuirte Zusammenhang zwischen dem Vorhanden- sein der Luft in der Trachee und der Länge des mit der Chitinspirale versehenen Theiles ist entschieden nur in einzelnen Specialfällen anzutreffen. Ich habe mich vielfach überzeugt, dass die Trachee bis zur Ursprungsstelle der Kapillaren mit Chi- tinspirale versehen sein könne, ohne dass die in ihr enthaltene Luft so weit reichte, oder umgekehrt, dass die Chitinspirale schon in einiger Entfernung von diesem Punkte aufhöre (z. B. in Fig. 2), ohne dass die Luft gehindert sei, weiter in den Anfangstheil der Kapillaren vorzudringen. Studien über die Lampyriden. 383 könnten. Da mir nämlich die Annahme einer anderen Funktionirung des Tracheenapparates gerade in Organen, welche der in ihnen vor sich gehenden chemischen Processe wegen viel Luft bedürfen müssen, sehr unwahrscheinlich schien, auch der anatomische Befund selbst, in der Histologie der Hexapoden fast ganz isolirt war (nur Leyvie in: ReicHerr und nu Boıs Reymonv’s Archiv. 1859. p. 70 schildert ein ähnliches Ver- halten des Tracheennetzes in dem Flügelmuskel der Fliegen), richtete ich mein besonderes Augenmerk darauf, mich zu versichern, ob nicht aller Vorsicht zum Trotze die beschriebene Flüssigkeit erst bei der Präpara- tion in das Tracheensystem eindringe. Es handelte sich, mit anderen Worten, um den Beweis, dass die kapillare Anziehung, welche von den Wänden unserer Röhrchen auf die hier in Betracht kommenden Flüssig- keiten ausgeübt wird, die Adhäsion der in ihnen zeitlebens vorhandenen Luftsäule leichter zu überwinden vermag, als dies in den dickeren Tracheen der Fall ist!. Die Untersuchung der ausgetrockneten und lufthaltigen Präparate, die in etwas verdünntem Glycerin vorgenommen wurde, scheint diese Frage gelöst zu haben. Anfangs boten die von einzelnen Punkten (den Enden sekundärer Tracheenäste) nach allen Richtungen ausstrahlenden und sich kreuzenden lufthaltigen Kapillaren ein schönes Bild, aber schon nach Verlauf der ersten fünf Minuten fing dasselbe an sich zu verändern: Die silberglänzenden, manchmal röthlich durchschimmern- den dunklen Luftlinien, welche unseren Blick vorher fesselten, wurden an mehreren Stellen unterbrochen. Eine Zeit lang schien der Inhalt wie von äußerst feinen Perlen gebildet, aber schließlich verschwand die Luft gänzlich, während die dickeren Tracheenäste noch eine lange Zeit hindurch das frühere Bild darboten. Wir überzeugten uns auf solche Weise ganz entschieden, dass sich das Tracheensystem in der That, so- gar mit einer dickflüssigen Substanz, von den Kapillaren aus, füllt, und dürfen darauf hin mit Bestimmtheit behaupten, dass das früher hervorgehobene Verhalten nur ein Kunstprodukt ist, dadurch bedingt, dass die das Leuchtgewebe durchtränkenden Flüssigkeiten durch die bei der Präparation erfolgten Verletzungen und den Mangel der Athembewe- gungen, welche der in den Tracheen enthaltenen Luft einen höheren Spannungsgrad verleihen, in die Röhrchen eindringen. Ich will hier noch die Aufmerksamkeit der Leser auf eine anato- mische Eigenthümlichkeit des Tracheensystems unserer Lampyrisarten hinlenken, welche meines Wissens in derselben Entwicklung wohl bei keinem anderen Insekt bis jetzt gefunden worden ist, und auch sonst 1 Diese letzteren sind nämlich an frischen Präparaten immer mit Luft gefüllt. 384 Heinrich Ritter v. Wielowiejski, nur wenige Analoga in der Histologie dieser Thiere besitzen möchte. Ich meine das Verhalten derPeritonealhaut der Tracheenin den außerhalb der Leuchtorgane gelegenen Körperregionen von Lampyris. Wenn uns bei anderen Insekten diese chitinogene Schicht in der Regel als ein glatter und unansehnlicher Überzug vor die Augen tritt, dessen zellige Zusammensetzung in den erwachsenen Individuen oftmals nur durch die von Stelle zu Stelle auftretenden Zellkerne sich kundgiebt, so verhält sie sich in unseren Objekten oft sehr abweichend. In unseren Abbildungen erblickt man nämlich, dass von den Tracheenästen in ver- schiedenen Abständen von einander blasse, meist sehr zarte Fädchen abgehen, welche durch die Fixirung mittels Osmiumsäure eine derbere Konsistenz angenommen haben, und durch Farbstoffe kaum zu impräg- niren sind. In der Regel sind dieselben mit dreieckigen, den Nerven- hügeln ähnelnden Platten an der Peritonealhaut angeheftet. Bei vor- sichtiger Präparation kann man diese Fäserchen vielfach bis zu anderen inneren Organen verfolgen und mit denselben in Verbindung treten sehen. An Objekten, welche durch längeres Verweilen in einer mit: Wasser verdünnten Mischung von Glycerin und Alkohol macerirt sind (besonders Larven von Lampyris splendidula) kann man diese Fädchen in ihrer ganzen Länge verfolgen. Fig. 23 führt uns ein solches Präparat vor die Augen. Die gesagten Fädchen sind hier außerordent- lich lang und dünn, treten vielfach mit einander in Verbindung und ver- knäueln sich oft derartig, dass das Aufnehmen solcher Bilder außerordent- liche Schwierigkeiten darbietet. Unsere Abbildung stellt desshalb nur einen verhältnismäßig wenig komplicirten Theil eines solchen Geflechtes dar. An einigen Stellen sind die Fäserchen mehr flächenhaft entwickelt und zu verschieden gestalteten polygonalen Knotenpunkten geworden, von denen oft noch feinere Fädchen ausstrahlen. Alle diese Gebilde erscheinen auf den ersten Blick mit ihren drei- eckigen Ansatzstellen und ihren multipolaren Ausbreitungen den feine- ren, in Muskelfasern endigenden Nervenfibrillen oder unteren subeutanen Nervenplexus so ähnlich, dass ich dieselben Anfangs durchweg für solche zu halten geneigt war. Diese Meinung schien noch in dem Umstande eine Verstärkung zu finden, dass ich mehrere Male ein solches Fädchen an einen Nervenstamm sich ansetzen sah. Die Beobachtung aber, dass dieselben oft nur zwischen den Tracheen verlaufen, letztere mit einan- der verbindend, so wie auch die nachher gewonnene Erkenntnis, dass die gesagte Verbindung mit einem Nerven nur dessen bindegewebige Scheide betrifft, mussten mich natürlich zwingen, ihnen die nervöse Natur abzusprechen. Es sind mithin rein bindegewebige Ele- mente, die zur Befestigung der inneren Organe dienen, und besonders Studien über die Lampyriden. 385 bei den Larven unserer Thiere auftreten, da dieselben in ihrer räube- rischen Lebensweise viel ausgiebigere und intensivere Bewegungen voll- ziehen, als es bei den erwachsenen Individuen, zumal den sehr trägen Weibchen, der Fall ist. Besonders tritt die eben hervorgehobene Funktion dieser Gebilde in ihrer Verbindung mit den unten (bei Gelegenheit des Fettkörpers) näher zu schildernden großen, frei in der Leibeshöhle liegenden Zellen hervor, indem diese letzteren lediglich durch die sich an ihre Membran ansetzenden Bindegewebsfäserchen mit den anderen Organen, haupt- sächlich Tracheen, verbunden werden. In Fig. 37 (a) sehen wir einige dieser räthselhaften Zellen in dem hier beschriebenen Verhalten abge- bildet. Die Membran der Zelle zieht sich an einzelnen Stellen in feine fadenförmige Zipfel aus, um sich mittels derselben an die Peritonealhaut einer benachbarten Trachee anzuheften; eine andere (Fig. 37 b) Zelle wird selbst durch eine von der Tracheenkapillare gebildete Schlinge umfasst, und außerdem durch zwei von der Peritonealhaut der Kapil- lare abgehende und sich an ihrem verjüngten Ende ansetzende Fäserchen noch besser befestigt etc. Was die Entstehung dieser bindegewebigen Elemente anbetrifft, so darf man, besonders auf Grund von Bildern, wie solche z. B. Fig. 24 vorzeigt, wohl annehmen, dass dieselben auf eine ähnliche Weise, wie die Peritonealhaut der Tracheenkapillaren !, durch spindelförmiges Aus- wachsen der zuerst gesondert neben einander liegenden trachealen Epi- thelzellen sich entwickelten, nur mit dem Unterschiede, dass sie kein chitinöses Röhrchen in ihrem Inneren ausscheiden, vielmehr in allen Fällen solid bleiben. Wenn wir uns nach etwaigen Homologen der hier geschilderten Elemente umsehen, dann stoßen wir einstweilen nur auf eines, den von Leyvis 2 beschriebenen und abgebildeten Theil des Tra- cheensystems aus der oberen Region des Eierstockes bei Locusta viridissima, welches der namhafte Forscher, wohl nicht mit Unrecht, ‚als eine Stütze für die von ihm vertretene Ansicht von der morpholo- gischen Zusammengehörigkeit der trachealen Peritonealhaut und des Fettkörpers in Anspruch genommen hat. Man sieht ja in beiden Fällen von dieser Schicht Fortsätze abgehen, die mit einander anastomosiren, und hier und da auch an den Knotenpunkten zellige Erweiterungen auf- weisen: nur dass die bei unseren Objekten vorkommenden Fortsätze viel zarter gebaut sind, und mit ihren Geflechten nicht so viel Raum in 1 WEISMANN, Über Entwicklung der Dipteren. 1864. Fig. 97. 2 LEypıg, »Zum feineren Bau der Arthropoden« in REICHERT und pu Boıs REYMonD's Archiv für Anat. und Physiol. 4854. Auch Lehrbuch der Histologie. 4857. p. 387. Fig. 200 B. | 386 Heinrich Ritter v. Wielowiejski, Anspruch nehmen. Auch die Funktion beiderlei Gebilde fällt gänzlich in Einem, der Befestigung benachbarter Organe, zusammen. Ähnliche, obwohl nicht mit dem Tracheensystem in Beziehung tretende Fädchen beschreibt neuerdings Tu. EngELmann (» Über Drüsennerven « in PrLüger’s Archiv für die gesammte Physiologie. Bd. XXIV. p. 177ff.) an den Speicheldrüsen und Marricursschen Gefäßen der Insekten als vinter- peripherische Verbindungen«, im Gegensatz zu Leyvıe !, Cuun 2 und Kuprrer, welche diese Gebilde als Nerven gedeutet haben. Aber nicht nur das Bindegewebe ist es, welches mit der Peritoneal- haut der Tracheen in direkte Verbindung tritt. Es kommen auch, frei- lich nicht allzu oft, am häufigsten noch aus dem hinteren Theile des Ab- domens, Tracheen vor Augen, an denen wir eine unleugbare Verbindung mit Nerven wahrnehmen. Dass hier nicht etwa eine Verwechslung mit Bindegewebe vorliegt, dafür wird vielleicht der Umstand eine genügende Sicherheit geben können, dass die erwähnten Nerven (Fig. 25) nicht zu den allerfeinsten gehören, sich auch mit gangliösen Erweiterungen, in denen mehrere größere Zellkerne zu finden sind, verbinden, und mittels der Ausläufer derselben (hier und da auch direkt) mit dem Bauchstrang oder dessen Nervenstämmen in Beziehung treten. Mit welcher Funktion diese Verbindung in Zusammenhang zu bringen ist, muss man einst- weilen dahingestellt sein lassen. Dass man daraus nicht direkt die Mög- lichkeit eines Einflusses des Nervensystems auf die Respiration, resp. den Gasaustausch, erschließen darf, erhellt vielleicht schon aus der Thatsache, dass an den Tracheen der Leuchtorgane und in erster Linie an den Tracheenendzellen derselben eine solche Verbindung überhaupt gänzlich vermisst wird®. Es könnten diese Nerven vielleicht richtiger für sensible, die von den Respirationsorganen bedingten inneren Ge- fühle zum Bewusstsein bringenden Zuleitungsapparate gehalten werden. Es wäre schließlich noch von der Verbreitung der Tracheenend- zellen im Körper unserer Insekten zu sprechen. Schon Max ScHULTZE hat in der oft citirten Arbeit (Archiv für mikr. Anat. Bd. I. p. 135) das Vorhandensein derselben auf den Samenschläuchen unserer Thiere be- tont. Wir finden diese Gebilde aber im Abdomen noch weiter verbreitet: 1 Leypis, Lehrbuch der Histologie. p. 474. — Derselbe, »Bemerkungen über die Farbe der Hautdecken und Nerven der Drüsen bei Insekten.« Archiv f. mikr. Anat. Bd. XI. p. 542. 2 Cuun, »Über den Bau, die Entwicklung und physiologische Bedeutung der Rektaldrüsen bei den Insekten.« Aus den Abhandlungen der SENCKENBERG’SChen naturforschenden Gesellschaft in Frankfurt a. M. Bd. X. p. 23. 1875. 3 Ich glaube nur einmal, bei der Präparation eines Leuchtorganes von Lam- pyrissplendidula einen solchen, mit einem Nerven verbundenen Tracheenast gefunden zu haben. Studien über die Lampyriden. 387 auf dem Darme, den Marrıicur'schen Gefäßen, den hinteren Theilen der _ Geschlechisorgane, und besonders auf den Fettkörperballen, die oft zu mehreren durch dieselben verbunden werden. Auf diesen Organen aber lassen dieselben häufig die typische sternförmige Form vermissen, _ welche sie im Parenchym der Leuchtplatten charakterisirt, da die An- zahl der von den stärkeren Tracheenröhrchen hervorsprossenden Kapil- laren, auf minder intensive Oxydationsprocesse hinweisend, sich ver- ringert. Fig. 26 zeigt uns drei Fettkörperballen eines erwachsenen Indivi- duums von Lampyris splendidula, welche durch die Kapillaren umfasst, und ziemlich fest vereinigt werden. Eben so stellt Fig. 27 ein auf der äußeren Haut des Hodens ausgebreitetes Geflecht von Kapillaren sammt geschwärzten Tracheenendzellen dar. Die verhältnismäßig be- ‚ deutende Entwicklung, welche nur der in den Leuchtorganen nachsteht, wird wohl gleichfalls durch die Bedürfnisse des in voller Ausbildung und Thätigkeit sich befindenden Organes zu erklären sein. An dersel- ben Figur (a) bemerken wir noch eine ziemlich seltene, fast abnorm entwickelte flächenhafte Ausbreitung der Peritonealhaut einer mit Chitin- spirale versehenen Trachee. Nach dem, was wir über die echten , Tracheenendzellen festgestellt haben, wird dieses Gebilde wohl ‚ auch in dieselbe Kategorie zu stellen .sein, da es gleichfalls als Ur- sprungsstätte der, hier in Einzahl vorhandenen, Tracheenkapillaren gilt. Beiläufig mag hier noch das eigenthümliche Verhalten erwähnt sein, ' welches an vielen der bei den Larven von Lampyrissplendidula seitlich in den Abdominalsegmenten befindlichen Tracheen wahrzu- nehmen ist. Die mit der Spiralfaser noch versehenen Tracheenäste lösen ‚sich hier nämlich nicht, wie es sonst der Fall ist, in eine große Anzahl feiner Kapillaren auf, sondern enden (Fig. 28) in ziemlich kurzen und | breiten, jedoch ganz glatten Röhrchen, welche an ihren Enden sich auf- fallend verbreitern, und scheinbar abgerissen aufhören. Ihre Peritoneal- haut, welche sich meistens mit Osmium bräunt, ist an der äußersten | Spitze etwas verbreitert und treibt nach allen Richtungen hin feine hya- |line Ausläufer, die den beschriebenen Bindegewebsfäserchen ähnlich ‘sich verzweigen und durch gegenseitige Verbindung ein oftmals außer- ordenulich verwickeltes Geflecht (Fig. 23 b) bilden. In welcher Bezie- ‚hung diese Gebilde zu anderen Organen der Leibeshöhle stehen, gelang ‚mir, wegen Mangels an entsprechendem Material, nicht näher zu ermitteln. | | | | | Das Nervensystem. | Schon KöLLıker und Max ScHuLtze (a. a. O.) haben auf den großen ‘Nervenreichthum der Leuchtorgane bei den Lampyriden hingewiesen, 388 Heinrich Ritter v. Wielowiejski, so wie auch hervorgehoben, dass dieser anatomische Befund mit der so prägnanten Abhängigkeit der Leuchtprocesse von psychischen Zuständen in Einklang zu bringen sei!. Max ScnuLtze gelang es sogar bis zu den feinsten Verzweigungen der im Leuchtparenchym sich verbreitenden Nervenästchen vorzudringen : ihre Verbindung mit den einzelnen Zellen dieses Gewebes vermochte er aber nicht zur Ansicht zu bringen. Pu. Owssannıkow (Mem. de l’acad. de St. Petersbourg 1868. ser. VI. T. I) hat später diesen Zusammenhang an den Bauchplatten der Weib- chen von Lampyris noctiluca weiter verfolgt und außer Zweifel ge- stellt (s. 1. c. p. 5 und Fig. 6). Ich selbst habe mir seit Beginn der hier vorliegenden Studien große Mühe gegeben, dasselbe auch an frischen oder mittels Reagentien frisch behandelten Exemplaren von Lampy- ris splendidula aufzufinden, ohne dabei aber zunächst zu einem definitiven Resultate zu kommen. Erst die später wieder an konservir- ten Objekten aufgenommene Untersuchung (namentlich der oben ge- schilderten lateralen Leuchtorgane solcher Weibchen, welche mehrere Monate hindurch in einer etwa 50procentigen Alkohollösung aufbewahrt waren) vermochte die ersehnten Resultate zu liefern. Sobald die betreffenden Organe mit alkoholischer Hämatoxylinlösung gefärbt und durch vorsichtige Behandlung mit Pinseln etwa der Hälfte ihrer Zellen beraubt waren, ließen sich die Nerven deutlich nachweisen. Sie erscheinen als Fäden, welche an ihren Eintrittsstellen in das Organ ungefähr den Durchmesser des Tracheenstammes erreichten, an ihren Endpunkten aber den der Tracheenkapillaren gewöhnlich übertrafen und sich dann, wie es schon von M. ScHuLtzz und OwssannıkoWw beschrie- ben ist, unter stumpfen Winkeln verzweigten. Die letzten Ausläufer der Nervenästchen treten nun, wie es an Fig. 29 ersichtlich ist, mit je einer Parenchymzelle des Leuchtorgans in Verbindung. An den von mir in angeführter Weise hergestellten Prä- paraten schien der Zusammenhang ziemlich fest zu sein, da er durch eine in der Zusatzflüssigkeit bei gelindem Aufdrücken des Deckglases erzeugte Strömung meist nicht zu lösen war. Das betreffende Nerven- 1 OwsJAnNIKOoW (Bulletin de ’acad. de St. Petersb. T. VIl. p. 55—64) wollte einst das momentane Aufhören des Leuchtens bei den Larven von Lampyris noctiluca durch den Umstand erklären, dass er annahm, die Leuchtknollen wür- den dabei tiefer in die Leibeshöhle hineingezogen und von den Eingeweiden über- deckt, so dass das Licht nicht aufhöre, sondern nur unsichtbar werde. Da die Thatsache der so ausgiebigen Innervation dieser Organe für die Erklärung der be- sagten Erscheinung ausreicht, ist diese Annahme um so eher entbehrlich, als der fest zusammenhängende Fettkörper der Larven solcher Verschiebungen (wie sie vielleicht bei den Weibchen von Lampyris noctiluca noch möglich wären) unfähig ist. Studien über die Lampyriden. 389 element, welches bisweilen in einiger Entfernung von seinem Ende einen bedeutenden Zellkern besaß (Fig. 30), war nicht weiter in das Zell- protoplasma hinein zu verfolgen und scheint demnach gleich mit den ‚peripherischen Schichten desselben zu verschmelzen. Um so weniger "konnte ich die Fortsetzung desselben bis zum Zellkerne konstatiren, wie es OwsJanNIKOW (a. a. O.) beobachtet haben will; ich glaube mich viel- mehr berechtigt, zu vermuthen, dass der erwähnte Forscher durch den ' Schatten, welchen eine in der Richtung der eintretenden Faser an der ‘ gehärteten Parenchymzelle verlaufende Kante auf den Zellinhalt wirft, | getäuscht worden sei, da solche Bilder Anfangs auch von mir für den Ausdruck des von ihm betonten Verhaltens gehalten worden sind. Es scheint mir überdies, dass, nach Allem dem, was sonst über die Funk- ‚tion des Zellkernes und des Protoplasmas bekannt ist, die Annahme einer ‚solchen Verbindung nur wenig für sich hat. Als die eigentliche reizbare "Substanz der Zelle gilt mit Recht ausschließlich das Protoplasma, da es ‚allein auf äußere Einwirkungen durch Veränderungen (z. B. Formver- ‚änderungen der gereizten Rhizopoden, Muskelzellen etc.) antwortet, ohne dass der Zellkern sich dabei bemerklich betheiligt. Was die Konsistenz der Nervensubstanz in den Leuchtorganen anbe- ‚trifft, so müssen wir auf Grund unserer Untersuchungen schließen, ‚dass sich dieselbe in sehr gequollenem Zustande befindet, da die letzten ‚ Nervenverästelungen nicht nur ihrer Zartheit wegen, sondern auch durch ‚ihr specifisches Lichtbrechungsvermögen sich der Beobachtung an frischen ‘oder schwach gehärteten Objekten entziehen, und es erst einer lange ‚ dauernden Härtung und intensiven Färbung bedarf dieselben sichtbar zu | machen. | Der innere Bau der besprochenen Nerven zeigt keine besonderen ' Strukturverhältnisse. Außen sind dieselben von einem starken Neuri- 'lemm umhüllt, welches an den mit Osmiumsäure fixirten und nachher | in einer mit Wasser verdünnten Mischung von Glycerin und Alkohol ‚ macerirten Objekten inhaltleer erscheint, während sie im Inneren deut- ‚lich wahrnehmbare Fibrillen enthält. An den Verästelungsstellen der ‚Nerven kann man bisweilen einige durch bedeutendere Größe ausge- zeichnete Zellkerne wahrnehmen, was auf das Vorhandensein etwaiger | Ganglienzellen hindeutet. | Über das Verhalten der nervösen Elemente in der Unterhaut werden | wir später bei der Besprechung des Hautsystemes noch ein paar Worte zu sagen haben. Dafür aber mag hier einiger Gebilde Erwähnung ge- ‚schehen, die dem Nervensystem zugehören, ihrer Bedeutung nach uns | aber einstweilen unbekannt sind. | An einigen Nervenästen, meist in der Nähe ihrer freien Endigung, | 390 Heinrich Ritter v. Wielowiejski, finden wir längliche oder ovale, denselben gewöhnlich in Mehrzahl auf- sitzende Körperchen, welche von einer dünnen Membran und einem körnigen, das Licht wie Nervensubstanz brechenden, protoplasmatischen Inhalte gebildet sind und gewöhnlich mehrere ziemlich große Zellkerne aufweisen. Unsere Fig. 31 (a und b) führt uns zwei solche Nervenäst- chen vor. An Fig. 31 (b) scheinen die genannten Körperchen nur eine Verlängerung oder terminale Umbildung des betreffenden Nervenästchens darzustellen, da dieGrenze zwischen ihnen und den letzteren nicht scharf hervortritt. An Fig. 34 (a) wiederum sehen wir sie ein solches Ästehen so dicht und allseitig besetzen, dass dasselbe unserem Blicke dadurch fast gänzlich entzogen wird. Max ScuuLtze hat ähnliche Gebilde im Körper der Männchen von Lampyris splendidula gesehen und abgebildet (Archiv für mikr. Anat. Bd. I, Taf. I, Fig. 7). Seine Deutung aber, die dahin geht, dass dieselben den von Leyvis entdeckten Tastzellen zugehören, scheint uns auf bedeutende Schwierigkeiten zu stoßen. Ganz abgesehen davon, dass sie den »Tastzellen«, welche Leynıs (Histologie p. 210 und 241, Fig. 113 und 114) beschreibt, und welche auch auf unseren Fig. 40 und A1 vorliegen, desshalb nicht sehr ähnlich sind, weil sie durch die größere Anzahl von Zellkernen im Inneren als vielzellige Gebilde er- scheinen, und durch ihre abgerundete Form eine Verbindung mit Tast- haaren nicht vermuthen lassen, dürfte auch ihre Anhäufung so wie ihre Anordnung rings um einen Nervenast solcher Deutung kaum günstig sein, da durch dieselbe eine Anschmiegung an die flach ausgebreitete Unterhaut nur verhindert werden würde. Dass diese Körperchen ganglionäre Endigungen der be- treffenden Nerven vorstellen, scheint übrigens keinem Zweifel zu unter- liegen. Ihre nähere Deutung aber ist hauptsächlich dadurch erschwert, dass wir den Ort, in welchem sie in der Leibeshöhle des Abdomens auftreten, nicht näher bestimmen können, da wir dieselben nur an solchen Präpa- raten gefunden haben, die schon vorher zerzupft waren, und auch eine nähere Ortsangabe bei MAx ScHuLTzE vermissen. Es würde vielleicht nahe liegen, dieselben mit den von Leypdıe (»Über die Geruchs- und Gehörorgane der Krebse und Insekten« Reıcazrr und nu Boıs’ Archiv 1860, p. 300 so wie Taf. IX, Fig. 18) an den Subcostalvenen der Flügel von Dyticus marginalis gefundenen Gehörnervenendigungen zu homologisiren, wenn nicht das’ gänzliche Fehlen der an den letzteren auftretenden eigenthümlichen Sinnesstäbchen einen durchgreifenden Unterschied ausmachte. Weit wahrscheinlicher scheint es uns, dass diese Nervenendigungen dazu dienten, die durch Lageveränderungen der Studien über die Lampyriden. 391 Organe bedingten Druck verhältnisse in derselben Weise, wie die Pacını- schen Körperchen der Wirbelthiere, zur Perception zu bringen. Zum Schlusse will ich hier noch der eigenthümlichen Gebilde ge- denken, welche ich im Kopfe der erwachsenen Larven von Lampyris noctiluca an den Enden der aus dem oberen Schlundganglion hervor- gehenden Nervenstränge vorgefunden habe. Es sind, wie es Fig. 32 zeigt, knollenförmige, etwa !/, mm im Durch- messer haltende Körperchen, welche im Inneren einer dünnen Um- hüllungshaut eine sehr feinkörnige Protoplasmamasse mit zahlreichen kleinen Zellkernen enthalten und neben der äußerst innigen Verbindung mit dem Inhalte des zugehörigen Nerven in der Regel auch mit einer an der entsprechenden Stelle meist gekrümmten stärkeren Trachee zusam- menhängen. Diese letztere Verbindung scheint gleichfalls sehr fest zu sein, denn die Entfernung der beiderlei Organe war nicht ohne Ent- blößung der Trachee von ihrer Peritonealhaut zu bewerkstelligen, und doch war die Grenze zwischen beiden ganz scharf zu sehen. Auf den ersten Blick war ich der Annahme zugeneigt, dass diese merkwürdigen, bis jetzt wohl bei keiner Käferlarve beobachteten Organe für specifische Sinneswerkzeuge, ähnlich denen zu halten seien, welche ich bei den ge- schlechtsreifen Individuen gefunden hatte, allein die Bemerkung meines hochverehrten Lehrers, Herrn Geheimerathes LeuckArtT, dass es sich bei diesen der Verpuppung nahen Larven möglicherweise auch um Organanlagen handeln möchte, wie dieselben von Wrısmann als »Ima- ginalscheiben« beschrieben worden seien (vielleicht Anlagen von zusammengesetzten Augen oder Antennen des geschlechtsreifen Indivi- duums), hat die angedeutete Vermuthung in den Hintergrund gedrängt. Leider habe ich kein genügendes Material (und namentlich keine Puppen) gehabt, um weitere Untersuchungen über diese Organe anstellen zu können. Fettkörper und verwandte Organe. Im Gegensatz zu vielen anderen Insekten, in denen der Fettkörper als ein zusammenhängendes, aus verbundenen Lappen bestehendes Ge- bilde erscheint, tritt er uns in den erwachsenen geschlechtsreifen Indi- viduen beider Lampyrisarten als eine Masse von kleineren oder größeren, ganz lose in der Leibeshöhle zerstreuten und lediglich mittels Tracheenverzweigungen einigermaßen zusammengehaltener Körperchen oder Ballen entgegen, deren jedes von einer besonderen dünnen Mem- bran umhüllt ist. Gestalt und Größe derselben scheint in einem und demselben Exemplare von Lampyrissplendidula weniger zu vari- iren, als solches bei der Lampyris noctiluca der Fall ist. Bei den 392 Heinrich Ritter v. Wielowiejski, Männchen der ersteren Species sind die Fetikörperballen fast durchweg kleiner, als die der weiblichen Individuen, was schon Levpie (Lehrbuch der Histologie, p. 343) aufgefallen ist. Die Weibchen von Lampyris noctiluca zeichnen sich (wenigstens die von mir untersuchten Exem- plare) dadurch aus, dass die Größe und somit auch die Gestalt der Fett- körpermassen viel bedeutenderen Variationen innerhalb eines und des- | selben Individuums unterliegt. So sehen wir an Fig. 33 mehrere frei | neben einander liegende, bisweilen durch sehr feine Bindegewebsfädchen verbundene, rundliche oder ovale Körper, deren einige sehr klein, und | nur einzellig erscheinen, während die anderen verhältnismäßig riesen- groß sind und der Anzahl der Kerne gemäß als vielzellige Gebilde sich | erweisen, so dass sie einige Annäherung an die bei anderen Insekten | vorkommenden Verhältnisse darbieten. Ä In einigen Körperregionen, wie z. B. in den von den Leuchtknollen bei den Weibchen der Lampyris splendidula nicht ganz ausge- | füllten Seitentheilen der Abdominalsegmente, sind unsere Gebilde so | dicht gegen einander gepresst, dass sie scheinbar einen einheitlichen | Körper bilden. Nur die auf dem Querschnitte leicht zu entdeckenden | Membranen sind es, welche die ursprüngliche Zusammensetzung solcher | größeren Klumpen aus einzelnen Fetikörperballen kund thun. | Der Inhalt dieser Körper weist eine verschiedene Beschaffenheit | auf. In den einen Fällen besteht derselbe nur aus gewöhnlichem Proto- | plasma, in welchem das Vorhandensein einer Mehrzahl Zellkerne auf die! Entstehung durch Zusammenfließen eben so vieler embryonaler Zellen‘ hinweist, in anderen Fällen treten dagegen diese fundamentalen Bestand- | theile in den Hintergrund, indem sie durch oft sehr mächtig angehäufte Einschlüsse überdeckt oder fast gänzlich verdrängt werden. | In unseren Präparaten erwies sich besonders der Fetikörper der Lampyris splendidula in letzterer Hinsicht als charakteristisch. | Die erwähnten runden Ballen sind ofımals, wie es schon von Leypıe (l. c.) dargethan worden ist, mit kugelrunden Körnern, die sich durch einen strahligen, krystallinischen Bau und eine gelbliche oder bräunliche! | (im reflektirten Lichte schneeweiß erscheinende) Färbung auszeichnen) i und aus einem harnsauren Salze bestehen, so dicht erfüllt, dass sie ganz) undurchsichtig werden, und selbst ihre Membran nur schwer erkennen! | lassen. Dass dieselben mit den doppeltbrechenden Körnchen der »Urat- | schicht« identisch sind, und lediglich durch ihre viel beträchtlichere Größe sich von dieser unterscheiden, haben schon die früheren Forscher‘ hervorgehoben. Im Fettkörper der von mir untersuchten Exemplare von Lam py- | ris noctiluca waren diese Konkremente bei Weitem nicht so zahlreich! | | | | Studien über die Lampyriden. 393 und groß wie bei Lampyrissplendidula. Ob dieses abweichende Verhalten auf dauernde oder nur vorübergehende funktionelle Unter- schiede zwischen den untersuchten Objekten hinweist, können wir nicht entscheiden, da die Gesetze der hier eintretenden Veränderungen gar nicht bekannt, ja sogar die Ursachen und die Bedeutung der Anhäufung dieser Exkretionsstoffe noch nicht ermittelt sind. Die Behandlung sol- cher Fettkörpertheile mit den oben für die Harnsäurekonkremente der dorsalen Schicht der Leuchtorgane als Lösungsmittel angeführten Flüssig- keiten, bleibt auch hier nicht ohne den erwarteten Erfolg. Die kugeligen Körperchen werden, mehr oder weniger rasch, sämmtlich aufgelöst. Kommt diese Auflösung langsamer zu Stande, so kann man diese Er- scheinung Schritt für Schritt verfolgen. Man ersieht dann, dass dieselbe nicht, wie sonst an den Krystallen, von außen nach innen fortschreitet, sondern gewöhnlich zuerst eine mittlere, zwischen dem Centrum und der Peripherie befindliche Zone betrifft, indem diese ihre strahlige Struktur einbüßt und durchsichtig wird. Später verschwindet der Kern, so dass dann eine nur sehr dünne, peripherische Lage (vielleicht aus einer anderen Substanz bestehend ?) übrig bleibt, die in Gestalt eines zarten Ringes noch eine längere Zeit sich erhält. In Fig. 46 sehen wir eine Anzahl solcher in Auflösung begriffener Kugeln: mitunter treffen wir auch solche, in deren Innerem noch zwei oder drei, dem äußersten ähnliche Ringe auftreten. Nach dem vollständigen Verschwinden dieser Gebilde können an den vorher so vollgestopften Fettkörperballen von Lampyris splen- didula natürlich nicht mehr die ursprünglichen Bestandtheile nachge- wiesen werden. Dafür aber treten die Reste des Protoplasma, welches diese Konkremente in sich einschloss, gar oftmals unter der Form eines zarten und zierlichen gitterartigen Gerüstes entgegen, wie es auf Fig. 26 ersichtlich ist. Was das Fett, den sonst am häufigsten vorkommenden Einschluss dieses Gewebes, betrifft, so kann man sein Vorhandensein in den ge- - schlechtsreifen Thieren nur in den allerwenigsten Fällen konstatiren !. In den Fettkörperballen von Lampyris noctiluca konnte ich freilich gelegentlich in dem erwähnten Stadium noch Fettkügelchen oder Tropfen wahrnehmen; bei Lampyris splendidula aber ist es mir fast niemals vorgekommen. Der Fettkörper der Larven von Lampyris noctiluca zeigt wie- derum eine andere Gestaltung. Im Gegensatz zu den erwachsenen ! Beim Beginn der Flugzeit kann man freilich männliche Individuen von Lam - pyris splendidula antreffen, deren Fettkörperballen noch ziemlich deutliche Scheidung in einzelne Zellen, so wie auch Fetttröpfchen aufweisen, 394 Heinrich Ritter v. Wielowiejski, geschlechtsreifen Thieren, bei denen er aus lose zerstreuten Ballen von verschiedener Größe besteht, zeichnen sich hier seine Elemente durch eine regelmäßigere Gestalt undeeine durchaus gleiche Größe aus. Der wichtigste Charakter desselben aber besteht darin, dass alle Ballen durch bindege- webige hyaline Stränge miteinander verbunden sind und ein äußerst zier- liches Netzwerk bilden. Dieses Gewebe, welches, besonders in diesem Falle, sich mit den Netzen der Wirbelthiere vergleichen lässt (s. Leyvıs, Histologie, p. 342), umfasst den Darmtraktus und die sich bildenden Geschlechtsdrüsen, die Leibeshöhle vollständig und dicht aus- füllend. In Fig. 34 sehen wir einige solche Fettkörperballen, deren jeder mehrere von der bindegewebigen Umhüllungshaut ausgehende weiße Fäden gegen die anderen entsendet. Da diese Ballen übrigens nicht in eine einzige Lage angeordnet sind, so bemerkt man an vielen derselben noch Fäden, welche anderen Richtungen des Raumes entsprechen, auf unserer Abbildung aber nicht wiedergegeben werden konnten. Das Innere lässt den gleichen Inhalt bemerken, wie bei den reifen Individuen. Nur an einigen günstigeren Objekten konnte ich an Quer- schnitten (Fig. 35) eine deutliche Scheidung des um die zahlreichen Zell- kerne angehäuften Protoplasmas in einzelne, durch deutliche Linien be- grenzte Zellterritorien wahrnehmen, was auf den ursprünglichen Bau dieses Gewebes hinweist. In Betreff der nicht eiweißartigen Einschlüsse ist hervorzuheben, dass ich in den untersuchten Exemplaren nur selten Harnsäurekonkremente auffand. Fett ist aber in bedeutender Menge ab- gelagert. Im Kopfe erleidet dieses Gewebe eine eigenthümliche Umänderung. Der von der Membran umschlossene Inhalt verödet hier oft bis auf ge- ringe Spuren, so dass dann erstere allein mit den erwähnten Binde- gewebssträngen übrig bleibt. Dieses Verhalten führt uns zu eigenthümlichen, einzelligen Gebilden hinüber, welche in der Leibeshöhle sowohl der geschlechtsreifen Indi- viduen beider Arten wie auch in deren Larven oft sehr zahlreich vor- kommen und ihrer Funktion nach gänzlich räthselhaft erscheinen !. Es sind das auffallend große Zellen, durchschnittlich, in gehärteten Objekten, 0,07 mm groß, welche von den übrigen Zellen unserer Thiere und anderer Insekten sich in vieler Hinsicht unterscheiden. Ihre Form ist (Fig. 36 und 37) rund oder oval, oft mit ausgezogener Spitze. Einige 1 Erst nachträglich erfahre ich, dass ähnliche Gebilde schon von GrABER (Über den propulsatorischen Apparat der Insekten. Archiv für mikr. Anat. Bd. IX) bei mehreren anderen Insektengruppen beschrieben worden sind. Es sind demnach die von ihm genannten veingesprengten Zellen«, die ich aber als »einzellige Drüsen« aufzufassen auf keinen Fall geneigt bin. Studien über die Lampyriden. 395 derselben erscheinen von verschiedenen Seiten unregelmäßig zusammen- gedrückt (Fig. 38), wie das besonders in den Larven von Lampyris noctiluca anzutreffen ist. Von außen von einer außerordentlich feinen, nicht einmal immer nachweisbaren Membran umgeben, bestehen diese Zellen aus einem hellen und durchsichtigen etwas gelblichem Proto- plasma, welches in der Mehrzahl der von mir untersuchten Exemplare nur spärliche, äußerst zarte, kleine Körnchen und einen großen, eben- falls hellen, oft die Hälfte des Durchmessers, der Zelle einnehmenden Zellkern enthält, um den die ersteren gruppirt sind. Bei der Färbung mit Karmin oder Methylgrün treten die Kerne sehr deutlich hervor, indem das Protoplasma meist farblos bleibt. In den Weibchen von Lampyrissplendidula finden wir diese Gebilde gruppenweise in den Abdominalsegmenten neben den lateralen Leuchtorganen den fein verästelten Tracheen anhängend, so dass sie oft äußerst zierliche kleine Trauben bilden, wie Fig. 36 es vorstellt. Bei den Männchen derselben Species kommen dieselben noch viel zahlreicher vor, indem sie hier auch in Menge den Querstämmen aufsitzen, welche in jedem Segmente des Abdomens die entprechenden Tracheenbäumchen verbinden. Ihre Untersuchung aber ist hier oft (besonders an Alkohol- material) durch die große Ähnlichkeit mit den kleinen und wenig Fett enthaltenden Fettkörperzellen erschwert. Bei Lampyris noctiluca hingegen sind diese Gebilde sehr spärlich und nicht so regelmäßig angeordnet. Die in Fig. 38 abge- bildeten, durch Druck aber verunstalteten, sehr blassen Zellen stammen von einer Larve her, die dieselbe sowohl zwischen den Fettkörperlappen wie auch unmittelbar unter der Haut aufwies. Unsere Fig. 39 führt uns ein aus dem Weibchen derselben Species herstammendes, interessantes Präparat vor Augen, in welchem eine solche Zelle mit einem großen Fettkörperballen mittels ihrer in einen feinen Ausläufer ausgezogenen Membran zusammenhängt; ein Umstand, welcher ein gewisses Licht auf die organologische Bedeutung dieser merkwürdigen Gebilde zu werfen scheint, indem er die Zugehörigkeit resp. den genetischen Zusammenhang derselben mit dem Fettkörper ver- muthen lässt. Was die oben erwähnte Verbindung mit dem Tracheensystem anbe- trifft, so ist diese sehr charakteristisch 1. So sehen wir in Fig. 36, wie I Tarsıonı-Tozzerti, welcher (» Sull’ organo che fa lume nelle luciole vo- anti d’Italia.« Bull. della Soc. Entom. Ital. vol. II. 4870) ähnliche große Zellen in Luciolaitalica aufgefunden hat, berichtet, dass er das Eindringen der Tracheen- ästchen in das Innere derselben wahrgenommen habe. An unseren Objekten konn- ten wir aber ein solches Verhalten nicht konstatiren. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. Bd. XXXVII. 37 396 Heinrich Ritter v. Wielowiejski, sich die Trachee in zahlreiche, der Chitinspirale entbehrende Kapillaren (welche hier aus Mangel an Raum nicht alle dargestellt werden konnten) auflöst, mittels deren sie die einzelnen Zellen umfasst. Hier und da treten diese Kapillaren mit einander in anastomosirende Verbindung, was die Verbindung noch begünstigt. Außerdem aber bemerken wir in Fig. 37 b, dass von diesen feinen Röhrchen noch feinere abgehen, welche zu den oben beschriebenen Bindegewebsfäserchen gehören, und sich an die Membran einer Zelle ansetzen. In Fig. 37 a habe ich eine Zelle abgebildet, welche sich in zwei feine Ausläufer auszieht, und sich mittels derselben, unmittelbar und fest, der Peritonealhaut eines stärkeren Tracheenästchens verbindet. Das Hautsystem. Die Körperbedeckung der mir bekannten Lampyrisarten ist je nach dem Entwicklungsstadium und dem Geschlechte unserer Thiere sehr verschieden, in mancher Hinsicht recht auffallend gebildet. Die äußere Chitinlage der geschlechtsreifen Individuen und der Larven von Lampyris noctiluca, so wie der Männchen von Lam- pyris splendidula, ist stets tief braun gefärbt. Das Pigment durch- dringt dieselbe ganz gleichmäßig, ohne an besondere zellige Elemente gebunden zu sein. Abgesehen von den Gelenkhäuten, die hier wie über- _ haupt, eine hellere Farbe zeigen, findet man nur an der Bauchseite der hinteren Abdominalsegmente, da, wo die Leuchtorgane liegen, größere nicht pigmentirte Stellen, welche weiß oder gelblich erscheinen und durch ihre Durchsichtigkeit das Herausströmen des Lichtes ermöglichen. Im Gegensatze dazu zeichnet sich das Weibchen vonLampyrissplen- didula sehr auffallend dadurch aus, dass es eine völlig farblose und durchsichtige Haut besitzt. Diesem Umstande verdankt dasselbe denn auch die Fähigkeit mit dem ganzen Abdomen zu leuchten. Außen ist diese Chitinschicht an allen Stellen des Körpers, ohne Ausschluss sogar der Leuchtfenster, mit zahlreichen, in gleichen Abständen angeordneten echten Tasthaaren bedeckt, welche in je einem ringwallartig begrenzten Grübchen eingepflanzt sind und durch die kugelgelenkartige Bildung ihrer Wurzel zu einer freien und vielseitigen Nachgiebigkeit befähigt werden. Die Hypodermis sowohl der geschlechtsreifen Thiere, wie der Larven von Lampyris splendidula ist eine einfache dünne Lage kleiner, polygonaler, pflasterartig angeordneter Zellen, deren Grenzen sehr oft bei passender Osmiumsäurebehandlung und Härtung zum Vor- schein treten. Auf ihrer unteren Fläche breitet sich der zur Sinnes- funktion des Tastens dienende Nervenplexus aus. Wie es unsere Fig. 40 Studien über die Lampyriden. 397 und 41 zeigen, besteht der letztere aus fein verzweigten Nervenfädchen, welche an ihren Theilungsstellen etwas verbreitert sind, größere Zell- kerne enthalten und an gangliöse Endzellen sich ansetzen. Da ein ähn- liches Verhalten schon früher von Leynie bei den Larven von Gorethra plumicornis u. a. genau beschrieben worden ist (diese Zeitschrift 1857; Lehrbuch der Histologie, p. 210 und 211, Fig. 113), kann ich mich hier auf die Bemerkung beschränken, dass die bei Lampyris vorkommenden Tastzellen von denen der erwähnten Species in so fern sich unterscheiden, als sie oftmals mehrlappig sind, mitunter sogar aus zwei, kaum mit einander verbundenen Hälften bestehen und ein trüb- körniges, fast drüsiges Aussehen haben. Dieser letztere Umstand ist so auffallend, dass ich lange Zeit mich nicht entschließen konnte, dieselben für Ganglienzellen zu erklären, vielmehr geneigt war, in ihnen Hautdrüsen zu sehen. Erst die nach längerer Untersuchung gewonnene Überzeugung, dass die Chitinhaut nirgends von Ausführungsgängen durchbohrt sei, und dass die oben beschriebenen Tasthaare nicht als solche funktioniren könnten, belehrte mich von der Unhaltbarkeit dieser Auffassung. Eigenthümlich ist das Verhalten dieser Zellen gegen Osmium- säure. An den in dieser Substanz getödteten Thieren bemerkt man nämlich, dass sich dieselben gleich den » Tracheenendzellen « tief dunkel- braun färben, meist aber eine ungefärbte (nicht dem Zellkerne ent- sprechende), runde Stelle aufweisen. Der Zellkern scheint hier auch meistens zu schwinden. Dagegen erblickt man (Fig. #1) in jeder Zelle drei bis vier runde, tief geschwärzte Punkte, welche ich jedoch nicht mit dem Zellkerne in Beziehung setzen kann, theils weil sie kleiner und zahlreicher sind, theils auch desshalb, weil meines Wissens der Zellkern nirgends das Reduktionsvermögen des Zellenprotoplasma besitzt. Ihre Bedeutung muss ich daher einstweilen dahingestellt sein lassen. Die Substanz der Tastzellen tritt, allem Anscheine nach, mit dem _ protoplasmatischen Inhalt der Sinnesborstien in Verbindung. Vergleichen wir mit den beschriebenen Organen das Hautsystem ‚ der erwachsenen Larven von Lampyris noctiluca, so bemerken wir | . bedeutende und unerwartete Unterschiede. Was zunächst die Chitingebilde anbetrifft, so erscheint deren äußere ' Lage, mit Ausnahme der den Leuchtknollen entsprechenden Stellen, der Gelenkhäute, einer auf dem Rücken sich hinziehenden Längslinie und der dreieckigen Punkte an den Seiten jeder Rückenplatte tief schwarz ge- _ färbt und auf ihrer ganzen Oberfläche mit kleinen, helleren Warzen be- setzt. — In durchfallendem Lichte betrachtet weist die Haut eine poly- " gonale Felderung auf, welche durch starke Balken bedingt ist, die zu 27* 398 Heinrich Ritter v. Wielowiejski, einem ziemlich regelmäßigen Gitterwerk vereinigt sind und an dem Vordertheile der hinteren Leibessegmente sich mit einem dicken Längs- stabe verbinden (Fig. 42). An Querschnitten, welche ‘man durch den Thierkörper hindurch gelegt hat, so wie an Präparaten, an denen die brüchige Außenlage der Epidermis entfernt worden ist, bemerkt man folgende Sirukturverhältnisse. Unterhalb der Oberfläche breitet sich ein hyalines, aus stark lichtbrechendem Chitin bestehendes Gitterwerk aus, welches durch dünnere, senkrecht stehende Wände (an unserem Quer- schnitte sehen dieselben wie beiderseits verbreiterte Balken aus) mit einem zweiten ganz Kongruentem Gitterwerke verbunden ist, das der Leibeshöhle näher gelegen ist und der Innenfläche eine wabenarlige Be- schaffenheit giebt. Die in dem Wabenraume befindliche protoplasma- tischeH ypodermis istdurch sehr auffallende Beschaffenheit ausgezeich- net. Anstatt wie bei allen anderen Insekten aus einem mehr oder minder deutlichen Pflasterepithel zu bestehen, stellt sie eine ziemlich kompakte, feinkörnige Schicht vor, welche meist (wie es unser Querschnitt Fig. 35 zeigt) eine sehr bedeutende Mächtigkeit besitzt, und der wabenförmigen Struktur der Ghitingebilde entsprechend, aus polygonalen Platten be- steht, die man bei vorsichtiger Präparation von einander trennen kann. Was den Inhalt dieser Platten anbetrifft, so bemerken wir an den gefärb- ten Querschnitten (Fig.35), dass er stets körnig ist, und außerdem größere und kleinere, runde oder unregelmäßig gestaltete, stark sich färbende Körperchen enthält, welche alsZellkerne, resp. deren im Zerfall begrifiene Theile angesehen werden dürfen,und durch ihre unregelmäßige Anordnung ein recht auffallendes Verhalten darbieten. In der Mitte einer jeden sol- chen Platte bemerken wir außerdem noch der Insertion eines Haares gegenüber eine rundliche oder ovale, einen oder mehrere große Zellkerne enthaltende Zelle, welche von der geschilderten breiigen Masse umgeben, gegen den Körper hin ein feines Fäserchen aussendet. (An unseren Ab- bildungen konnten diese letzteren nicht in allen Fällen dargestellt wer- den, weil sie ihrer Feinheit wegen nur selten auf Querschnitten getroffen werden.) Die Deutung der beschriebenen Gebilde war eine ziemlich schwierige Aufgabe. Es lag zuerst nahe, die unter den Haaren gelegenen Zellen für Hautdrüsen zu halten, deren Inhalt durch den Hohlraum der ersteren nach außen befördert werden könnte. Aussehen und Volu- men schienen in der That dafür zu sprechen. Allein die nähere Unter- suchung der betrefienden Haare und die Vergleichung derselben mit den als Ausführungsgänge für Hautdrüsen fungirenden Borsten, wie solche z. B. von Leypie (Histologie, p. 115, Fig. 59) bei Bombyx rubi be- ‚ schrieben worden sind, veranlasste mich schließlich denselben eine ner- vöse Natur zuzusprechen. Während die echten »Gifthaare « nämlich in | | | Studien über die Lampyriden. 399 der Regel sehr scharfe, oft am Ende gekrümmte oder in ganzer Länge gebogene, unbeweglich mit der Guticula verbundene Stacheln darstellen, sind die hier auftretenden Borsten stumpf, gelegentlich selbst an den Enden keulenförmig verbreitert, und in der Regel, wie die der erwachsenen ge- schlechtsreifen Thiere, beweglich an der Guticula eingelenkt, so dass sie nicht leicht brechen, wie es doch nöthig ist, um ihren Inhalt zu entleeren. Andererseits bietet auch das Vorhandensein des Fädchens, welches von jeder solchen Zelle gegen die Leibeshöhle hinläuft, um sich auf der inne- ren Fläche des beschriebenen Gitterwerkes mit einem Nervenplexus zu verbinden!, einen Hinweis auf den nervösen Charakter dieser Gebilde dar. Die eigenthümliche drüsenähnliche Beschafienheit der übrigen Hypo- dermis ließe sich vielleicht durch die physiologische Thätigkeit dieser Schicht erklären. Indem dieselbe nämlich bei den geschlechtsreifen Thieren bloß eine Stütze für den nervösen Apparat abzugeben braucht, hat sie bei den Larven, welche, wie bekannt, mehreren Häutungen unterliegen, die Aufgabe, eine sehr bedeutende Chitinmasse zu produ- eiren. Vielleicht dass die dazu nothwendigen Materialien derselben ein trübes Aussehen verleihen. Eben so könnte man etwa vermuthen, dass die dabei ablaufenden intensiven Stoffumsatzprocesse die ungewöhnliche Vertheilung ihrer Kernsubstanz bedingten. Da voranstehend mehrfach von Tasthaaren die Rede war, will ich hier eines recht ungewöhnlichen Fundortes derselben erwähnen. Es ist näm- ich der Afterdarm der Larve von Lampyris noctiluca. An einer etwa im vorletzten Abdominalsegment gelegenen Stelle findet man im Inneren dieses Organes eine kurze Strecke, an der die chitinöse Ausklei- dung ganz typische, kleine, spitze Sinnesborsten trägt, wie es der von uns abgebildete Querschnitt (Fig. 43) zeigt. — Welche specifische Bedeutung denselben an einer solchen Stelle des Körpers zuzuschreiben sei, muss einstweilen dahingestellt bleiben. Wäre es sicher gestellt, dass dieser Theil des Darmes sammt dem im letzten Abdominalsegment be- findlichen Haftorgan nach außen ausgestülpt wird, so würden wir ihnen wohl die Fähigkeit der Tastempfindung zuschreiben können: bis jetzt ist es uns aber nicht gelungen, eine solche Ausstülpung wahrzunehmen. Organologische Stellung der Leuchtorgane, Fast alle Forscher, die sich bis jetzt mit der Struktur und den Funktionen dieser merkwürdigen und so isolirt zwischen allen anderen Gewebsarten des thierischen Organismus dastehenden Apparate beschäf- 1 Dieses Letztere ist wohl deutlich nur an den Gelenkhäuten und am Kopfe zu beobachten, wo die Tastzellen ihre Beschaffenheit beibehalten, der kammerige Bau der Chitinhaut aber fehlt. 400 Heinrich Ritter v. Wielowiejski, tigten, haben dieselben immer unter gewisse bestehende histologische oder physiologische Rubriken zu stellen versucht, und hiermit auch mehr oder weniger ausgesprochene Hypothesen über ihre Entstehung aus an- deren Geweben verbunden. So reiht Leypıs (Histologie, p. 343) diese Organe dem Fettkörper KöLLiker (l. c. p. 7) tritt dieser Ansicht mit Nachdruck entgegen, indem er dieselben für »nervöse Apparate« hält. OwsJannıkowW hingegen (Memoires de l’acad. de St. Petersb. ser. VII. Tom. 11, p. 4) spricht sich folgendermaßen aus: »Die Zellen der Leuchtplatien gehören ihrem Aussehen und ihrem mikroskopischen Charakter nach zu den Epithelzellen, und haben mit diesen Gebilden die größte Ähnlichkeit. So wie die Epithelzellen der Drüsen dieses oder jenes Sekret produciren, so produciren diese Zellen eine leuchtende Substanz. « Obwohl, wie wir Solches im nächsten Kapitel noch weiter hervor- zuheben haben, diese Organe in der That einigermaßen mit Drüsen ver- gleichbar sind, so ist dieser Vergleich doch nur auf ihre Funktionsweise und nicht auf ihren Bau zu basiren. Morphologisch betrachtet bieten die sie zusammensetzenden Parenchymzellen sowohl ihrer Gestalt als ihrer Anordnung nach mit den Zellen, aus welchen die echten Drüsen bestehen, nur sehr unbedeutende Ähnlichkeiten dar. Im Gegensatz zu den letzteren, welche ja in der Regel cylindrische, einschichtig um einen Hohlraum angeordnete Gebilde darstellen, sind sie polyedrische, unregelmäßig in mehreren Schichten angehäufte Zellen, welche viel eher mit denen, welche (auf Querschnitten) an den Fetikörperballen (Fig. 35) deutlich hervortreten, zu homologisiren sind, besonders da diese letz- teren auch denselben trübkörnigen Inhalt besitzen, der sich in gleicher Weise bei zahlreichen Drüsenzellen nachweisen lässt. Auch in einen genetischen Zusammenhang mit Epithelialgebilden sind diese Organe, dem heutigen Stande unserer diesbezüglichen Kennt- nisse gemäß, sehr schwer zu bringen. Freilich könnte man sich diesel- ben, als Mesodermgebilde auch aus irgend einem Epithel hervorgegangen denken, und diese Annahme würde nach der neuesten » Coelomtheorie « der Gebr. Herrwig große Wahrscheinlichkeit haben !, aber wir wissen bis jetzt nicht, ob dasselbe nicht etwa aus anderen, in früheren Perio- den der Entwicklung bestehenden Organen oder deren Anlagen hervor- geht, welche möglicherweise ja schon vor ihrer Umwandlung in die uns beschäftigenden Organe ihren ursprünglich epithelialen Bau eingebüßt haben können. 10. und R. Herrwie, Coelomtheorie. Jen. Zeitschr. f. Naturwissensch. 4881. Studien über die Lampyriden. | 401 Ähnliche Schwierigkeiten dürften wohl auch der oben eitirten Körriser'schen Auffassung entgegenstehen, wenn sich dieselbe nicht wesentlich auf die physiologischen Erscheinungen bezöge, und den merk- würdigen Umstand in den Vordergrund stellte, dass das Nervensystem und der Willen des Thieres einen so entschiedenen Einfluss auf die Lichtentwickiung ausübt, dass letztere fast augenblicklich! sistirt werden kann. | Sollte auch uns gestattet sein, unsere Vermuthungen in der uns interessirenden Frage auszusprechen, so würden wir auf Grund der Ver- gleichung aller von uns im Laufe der vorliegenden Arbeit hergestellten Präparate vorläufig nur der ältesten, an erster Stelle erwähnten Auffas- sung Leynie’s beistimmen, mithin eine nähereBeziehung derLeucht- organe mit dem Fettkörper für wahrscheinlich halten. Freilich sehen auch wir im Großen und Ganzen zwischen beiden Organsystemen auf den ersten Blick recht augenfällige Unterschiede: bei ersterem mehr massive Konsistenz, größere Koncentration und (schon nach der gewöhnlichen Härtung in Alkohol) deutlich wahrzunehmende Sonderung in einzelne Zellenterritorien, bei letzterem eine Vertheilung auf klei- nere, entweder frei in der Leibeshöhle flottirende und nur durch Tra- cheen fesigehaltene, oder durch die oben beschriebenen bindegewebi- gen Stränge mit einander zu einer Art Netz verbundene rundliche Ballen, deren Zellen zu einer einzigen, vielkernigen protoplasmatischen Masse verschmolzen sind! Alle diese Gegensätze glauben wir aber nicht allzu- hoch schätzen zu dürfen, da eine nähere Betrachtung unserer Objekte die Schroffheit derselben um ein Beträchtliches zu vermindern und so- gar wichtige Äbnlichkeiten zu Tage zu fördern im Stande ist. Wenn wir nämlich einen größeren Fettkörperballen aus einem erwachsenen Individuum mit einem kleinen, lateralen Leuchtorgane des Weibchens oder der Larve von Lampyris splendidula vergleichen, so bemer- ken wir auf den ersten Blick, dass dieselben im Ganzen nichts Anderes als rundliche Säckchen darstellen, die durch eine dünne und durchsich- ! Wir können übrigens die Angabe nicht bestätigen, dass das Aufhören des Leuchtens eben so schnell und so vollständig auf einen Willensakt erfolge, wie z.B. das Aufbören einer Muskelkontraktion. Vielmehr haben wir immer noch nach Auf- hören des intensiven Leuchtens einen schwachen Schimmer an den Leuchtstellen sich kundgeben sehen. Ein Anderes wäre auch unserer Meinung nach ganz undenk- bar, da wir sonst einen Einfluss des Nervensystems nicht nur auf die Produktion der Leuchtsubstanz in den Parenchymzellen, sondern auch auf die Oxydation des nach dem Eintreten des Willensimpulses unoxydirt gebliebenen Restes, also auf die Athmung der Parenchymzellen, bzw. Diffusion des im Blute aufgelösten Sauerstoflfs in dieselben annehmen müssten, wofür wir doch bis jetzt kein einziges Analogon in der ganzen Physiologie aufweisen könnten. « 402 Heinrich Ritter v. Wielowiejski, tige, hier und da kleine Zellkerne aufweisende bindegewebige Haut ge- bildet sind und in ihrem Inneren einen vielkernigen Protoplasmaklumpen enthalten. Dass die Umhüllungshaut sich an beiden Organen ganz gleich bleibt, und zu den von außen mit denselben in Verbindung tretenden Organen, wie Tracheen und Nerven, in gleichem Verhältnisse steht, ist kaum her- vorzuheben : die erwähnten Gebilde legen sich in beiden Fällen dicht derselben auf, oder treten, wo nöthig, durch dieselben hindurch ins Innere des Säckchens hinein, natürlich im Leuchtorgane, seinen physio- logischen Leistungen gemäß, sich viel reichlicher verzweigend und in innigere Verbindung mit dem Inhalte tretend. Aber auch die Beschaffenheit des letzteren ist in beiden Fällen viel- fach ähnlich. Gelang mir doch auch an einigen Präparaten die Sonde- rung des in den Fettkörperballen enthaltenen Protoplasma in einzelne Zellen wahrzunehmen. Ein solches Präparat habe ich in Fig. 35 abgebil- det. Es stellt den Theil eines durch das Abdomen einer erwachsenen Larve von Lampyris noctiluca gelegten Querschnities dar, an dem die Fettkörperballen, die hier einen so beträchtlichen Theil der Leibeshöhle ausfüllen, ja in eine Anzahl polygonaler, durch verhältnismäßig scharf hervortretende Linien von einander geschiedener Felder zerfallen und in einem jeden derselben einen großen, runden Zellkern aufweisen. Obwohl sonst bei morphologischen Betrachtungen die physiologi- schen Momente (wie das Verhalten der in Geweben enthaltenen Stoffum- satzprodukte) gewöhnlich, und meistens auch mit Recht, keine Berück- sichtigung verdienen, so können wir doch nicht umhin, hier auch diese in unsere Parallele hineinzuziehen. Wir finden nämlich in unseren Fett- körperballen, besonders bei den oben beschriebenen geschlechtsreifen Exemplaren der Lampyrissplendidula, unter gewissen Umständen eben so massenhafte Konkremente harnsaurer Salze, wie im Paren- chym der Leuchtorgane, nur in so fern abweichend, als dieselben hier in der Regel größer sind und sich (wie oben beschrieben) durch gewisse kaum schwer wiegende Eigenthümlichkeiten auszeichnen. Da wir nun aber eine so lebhafte Bildung, bzw. Anhäufung der erwähnten Sub- stanzen in keinem anderen Organe des Insektenkörpers, nicht einmal in den Marrisut’schen Gefäßen antreffen, so dürfen wir auch diese Eigen- thümlichkeit wohl für ihre Verwandtschaft geltend machen, wie es auch Leyvic (]. c.) gethan hat. Aber selbst unverkennbare morphologische Zwischenglieder können wir, sogar in demselben Individuum, zwischen dem Fettkörper- und Leuchtgewebe auffinden. Betrachten wir die oben geschilderten großen, einkernigen, mit Tracheenästchen verbundenen Zellen, so finden wir Studien über die Lampyriden. 403 dieselben mit den Parenchymzellen der Leuchtorgane (besonders denen der ventralen Schicht, die nur spärlich körnige Einschlüsse enthalten) einerseits, und unseren »Säckchen« andererseits sehr nahe verwandt. Von den ersteren unterscheiden sie sich nur durch eine etwas beträcht- lichere Größe und den Besitz einer Membran, von den letzteren sind sie wiederum lediglich durch die Einzahl des Zellkernes geschieden: aber die beiden Momente sind von so geringer Bedeutung, dass wir daraus unmöglich einen Gegengrund gegen unsere Ansicht entnehmen können. Und das um so weniger, als bei unseren Thieren auch Feit- körperballen vorkommen, welche kleiner sind und nur wenige Zellkerne aufweisen. Damit soll nun aber nicht behauptet sein, dass die Leuchtorgane der Lampyriden als direkte Abkömmlinge des Fettkörpers anzu- sehen wären. Wahrscheinlicher vielmehr däucht uns die Annahme, dass beiderlei Gebilde denselben embryonalen Zellen ihren Ursprung ver- danken, einer indifferenten Masse, aus der dann eben sowohl der Fett- körper, wie auch die Leuchtorgane hervorgehen. Doch die vorliegende Frage ist einstweilen noch nicht spruchreif! Es fehlt ja noch an den embryologischen Untersuchungen, welche allein im Stande wären die- selbe mehr aufzuklären, gänzlich ! Welcher morphologischen Gruppe die » Tracheenendzellen« zuge- hören, wird viel weniger schwer zu ermitteln sein. Nachdem wir näm- lich nachgewiesen haben, dass dieselben keine wirklichen Endigungen von Tracheen darstellen, sondern nur die gemeinsame Wurzel der feinen » Tracheenkapillaren « abgeben, kann uns die Zugehörigkeit dieser Gebilde zur chitinogenen Schicht des Tracheensystems, der sog. »Peritonealhaut« oder »Matrixschicht« der Tracheen, nicht einen Augenblick zweifelhaft erscheinen. Sie werden somit bloß eigen- thümlich erweiterte und flächenhaft ausgebreitete Stellen derselben darstellen, deren Form und Größe wesentlich durch die Zahl und An- ordnung der aus ihnen hervorgehenden Tracheenröhrchen bedingt ist. en a — —— en nenn So sehen wir die Tracheenendzelle in den Fällen, wo die Haupttrachee in viele, fünf bis sechs, Kapillaren sich verzweigt, eben so viele Fortsätze sich ausziehen, um mittels derselben die in das Parenchym des Leucht- organs eintretenden, oder an sonstigen Organen sich ausbreitenden Chi- tinröhrchen in ihrem ganzen Verlauf zu umfassen, sie durch die oben beschriebenen Bindegewebsfädchen zu befestigen, und wahrscheinlich auch bei der Häutung zu regeneriren. Wo dagegen die Trachee nur wenige Endästchen aussendet, da _ weist auch die Tracheenendzelle nur wenige solche Fortsätze auf. Dieselben werden, je mehr sie sich von ihrer Ursprungsstätte enti- 404 Heinrich Ritter v. Wielowiejski, fernen, desto dünner; sie verlieren dabei das charakteristische, haupt- sächlich den Tracheenendzellen zukommende Verhalten gegen Osmium- säure und bilden schließlich einen so dünnen kernlosen Protoplasma- überzug auf den Kapillaren, dass sie sich sogar in vielen Fällen der direkten Beobachtung entziehen. Aber nicht überall gelangen die Tracheenendzellen zu ihrer typi- schen Gestaltung. So sehen wir in den Fig. 17—19 abgebildeten Fällen, welche schon früher als Übergänge zwischen den beiden damals be- schriebenen Verzweigungstypen in Anspruch genommen wurden, dass der Körper der (hier kernlosen) Zelle weit in den Hintergrund tritt, während die Fortsätze dafür desto üppiger sich entwickeln, indem sie sowohl in Länge wie in Breite die gewöhnlichen verhältnismäßig bedeu- tend übertreffen. Solche eigenthümliche Formen sind aber in den Leuchtorganen viel seltener, als auf den weniger mit Tracheenkapillaren versorgten Organen vonLampyrissplendidula, wie z.B. auf dem Fettkörper. Übrigens kann die Peritonealhaut der Tracheen, ohne dass die in ihr verlaufende Chitinröhre eine besondere Verzweigung eingeht, ähnliche Eigenschaften aufweisen, wie die Tracheenendzellen. Nicht bloß, dass dieselbe durch Osmium ziemlich tief geschwärzt wird, hier und da zeigt sie auch eine Diflerenzirung der oberflächlichen Schicht, wie das in unserer Fig. I1 für die Tracheenendzellen dargestellt ist. Um über die Entstehungsweise der uns hier interessirenden Gebilde eine vorläufige Vorstellung zu gewinnen, werden wir am besten thun, dieselben mit gewissen Vorkommnissen zu vergleichen, wie sie bei an- deren Insekten auf einer früheren Entwicklungsstufe zur Beobachtung kommen. Schon vor vielen Jahren hat Hermann Meyer? ganz ähnliche » Tra- cheenendzellen« an den sich entwickelnden Tracheen der Schmetier- lingsembryonen, Ichneumoniden und Syrphiden beobachtet, und als Erweiterungen der Tracheenmatrix gedeutet. Er sah dieselben an größeren Tracheenstämmen vorzüglich dort, wo sich letztere in feine Ästchen verzweigen sollten. Je nach der Zahl der neu entstehenden Ästchen war auch die Gestalt der sie in ihrem Inneren erzeugenden Endzellen verschieden. »Am interessantesten, sagt er, tritt dies Ver- hältnis (der jungen Nebenästchen zum Tracheenstamm) an solchen Stellen. i Auf solche Differenzirung der oberflächlichen Schicht der Tracheenmairix macht auch WEISMAnN in seiner Arbeit, »Über die Entwicklung der Dipteren« (diese Zeitschr. Bd. XIII und XIV. Separatabdr. p. 79 und 447. Taf. VII. Fig. 97 c), auf- merksam., 2 »Über die Entwicklung des Fettkörpers der Tracheen und keimbereitenden Geschlechtstheile bei Lepidopteren.« Diese Zeitschr. Bd. I. (1849.) Studien über die Lampyriden. 405 hervor, wo ein Tracheenstamm plötzlich in viele Äste zerfährt. An sol- chen Stellen befindet sich als Endzelle des Tracheenstammes eine stern- förmige, ausgewachsene Zelle, in deren einzelnen, sehr verlängerten Strahlen sich die Spiralfäden der Äste ablagern.« Auch bildet er dabei (Fig. 6 seiner Tafel) ein schon ganz ausgebildetes Tracheenstämmchen ab, an dessen Ende mehrere »gleichfalls mit Chitinspirale versehene Ästehen entspringen, die an der Basis durch einen hautartig ausgebrei- teten und einen Zellkern enthaltenden Theil der Peritonealhaut verbun- den sind«. Diese Angaben unseres Autors, welche mit anderen, weniger rich- tigen fast gänzlich in Vergessenheit gerathen sind, wurden 15 Jahre später durch Weısmann (l. c.) an viel günstigeren Objekten, den Dipte- renlarven, in glänzender Weise bestätigt. Er wies nicht nur das Vorhandensein der »Tracheenendzellen« an den in Entwicklung be- griffenen Respirationsorganen dieser Thiere nach, er verfolgte auch ihre Entstehung aus den die primitiven Tracheenstämme zusammensetzenden, zuerst selbständigen Epithelzellen, welche unter wiederholter Kernthei- lung in oft sehr lange Ausläufer heranwachsen, die ursprünglich kugelige mit einer mehr spindelförmigen Gestalt vertauschen und schließlich in ihrem Inneren (nicht wie die im Umkreis des Hauptstammes stehenden!) ein feines, hyalines Chitinröhrchen ausscheiden, welches letztere sich nachher mit Luft füllt und zur Tracheenkapillare wird. Man ersieht aus dem Angeführten auf den ersten Blick, wie ähnlich die Verhältnisse der feinsten Tracheenverzweigungen in den Leuchtor- ganen unserer Lampyris splendidula mit denen der erwähnten Larven erscheinen. Man braucht nun nur den embryonalen Zustand der Tra- cheenenden, welcher aller Wahrscheinlichkeit nach auch bier ähnlich sein wird, bis in den Imagozustand fortbestehend sich zu denken, um die Tracheenendzellen der Leuchtorgane vor Augen zu haben. Physiologisches. Die Frage nach dem Wesen und der Ursache der Lichtproduktion bei den lebenden Wesen der Natur, also einer Erscheinung, welche von je her, besonders durch ihr prachtvolles Auftreten auf dem Meere, die Auf- merksamkeit auf sich gelenkt hat, ist schon von vielen Seiten und mit verschiedenem Erfolge behandelt worden. Ohne eine Geschichte der darauf bezüglichen Forschungen geben zu wollen!, möchten wir doch 1 Diese ist ja mit großer Ausführlichkeit von H. MıLne-EpwArps in seinen: »Lecons sur l’anatomie et la physiologie compar&edel’homme et des animaux« TomeVIll. 4863. p.100 und ff., so wie auch in PrLücer’s Arbeit, »Üüberdiephysiologische Verbrennungindenlebendigen Organis- 406 Heinrich Ritter v. Wielowiejski, die wichtigsten zur Lösung dieses Problems angezogenen Hypothesen mit einander vergleichen, um den Standpunkt, auf welchem sich unsere Kenntnisse in diesem Augenblick befinden, näher präcisiren zu können. Zuerst ist unsere Erscheinung mit dem an vielen leblosen, organi- schen wie anorganischen Körpern nach vorhergehender Insolation statt- findenden Leuchten parallelisirt worden. Man war der Ansicht, dass das Licht von den leuchtenden Körpern bei Tage aufgespeichert werde, um dann Nachts auszuströmen. Dass diese Theorie für die Leuchtthiere durchaus unhaltbar sei, wurde schon vor langer Zeit durch PrTers Über das Leuchten der Lampyris italica« in J. Mürter’s Archiv für Anat. und Physiol. 1841, p. 234) und Marteuccı (»Lecons sur les pheno- menes physiques des corps vivants.« 1847) nachgewiesen, indem die er- wähnten Forscher das Leuchten selbst an solchen Individuen beobachten konnten, welche neun Tage in totaler Finsternis gelebt hatten... Auch die Annahme der Übereinstimmung des thierischen Leuchtens mit dem elektrischen konnte nicht länger aufrecht gehalten werden. Als Macaıre (Annales de Chimie et de Physique. 1821. t. XVII; Bibl. uni- verselle deGeneve. 1824), Martzucci (op. eit.) und Pn. Owssannıkow (Bull. de l’acad. des sciences de St. Petersb. T. VII. 1863) nachwiesen, dass die Luftentziehung das Leuchten der Thiere unmöglich macht, eine Sauerstoffatmosphäre dasselbe aber außerordentlich begünstigt; als KöLLiker auf die in den Leuchtorganen befindlichen Umsatzstoffe hin- wies, und außerdem noch Groruus (Annales de Chimie 1870. T. 64) zeigte, dass Thiere, welche in der Sauerstoffatmosphäre, in Folge des eingetretenen Todes zu leuchten aufgehört hatten, oft noch durch An- wendung eines starken Oxydationsmittels (wie Salpetersäure), zum Auf- leuchten zu bringen seien, konnte natürlich nicht mehr von einer solchen Theorie die Rede sein. Dafür aber ging aus allen diesen physiologischen und den sich hinzugesellenden anatomischen Thatsachen (besonders der reichlichen Entwicklung des Tracheensystems in den Leuchtorganen) zur Genüge hervor, dass das Leuchten mit der Respiration Hand in Hand gehe und somit auf Verbrennungsprocessen beruhen müsse. Es entstand nun die Frage, in welcher Beziehung dieser physio- logisch-chemische Process mit den Phosphorescenzerscheinungen stehe. Leypıg (Lehrbuch der Histologie, 1857, p. 343) glaubte die Frage dadurch gelöst zu haben, dass er die in dem Leuchtgewebe der Lampy- riden befindlichen eigenthümlichen Körnchen für Phosphor erklärte. KöLLıker, der (»Über die Leuchtorgane der Lampyris.« Verhandlungen der Würzburger phys.-med. Gesellsch. Bd. VIII. 1857) diese Auffassung men.« PFrLüscEr’s Archiv für die gesammte Physiol. Bd. X. p. 275 u. ff. geliefert worden. Studien über die Lampyriden. 407 widerlegte, indem er die besagten Körnchen als harnsäurehaltig nach- wies, stellte an deren Stelle eine andere Theorie in den Vordergrund, welche von den Beziehungen zwischen der Phosphorescenz und der spe- cifischen Wirkung des Nervensystems ausging. Es stützte sich diese Theorie auf die Thatsache, dass alle Reize, welche man auf mechanischem oder chemischem Wege oder durch Rlektricität auf unsere Thiere oder auch bloß deren Leuchtorgane ausübt, ein Leuchten hervorrufen oder wesentlich verstärken, so wie ferner darauf, dass ein mit dem Galvano- meter (Multiplikator) in leitende Verbindung gebrachtes Insekt während des Leuchtens einen merklichen Einfluss auf die Magnetnadel ausübt. Dieser Theorie gemäß wäre das Licht entweder als direktes Umsatzpro- dukt der in den Nerven obwaltenden Kräfte anzusehen, oder müsste als eine Erscheinung gelten, welche durch die unter dem Einflusse des Nervensystems erfolgende Steigerung der Oxydationsprocesse der leben- den Eiweißsubstanz zu Stande kommt. In gewissem Grade mit dieser Auffassung übereinstimmend erweist sich die Theorie, durch welche Professor E. PrLüser in seiner wichtigen Arbeit»Über die physiologische Verbrennungin den leben- digen Organismen« (Prrücer’s Archiv für die gesammte Physiologie. Bd. X, p. 275 ff.) die Leuchtprocesse im ganzen organischen Reiche nach einem Princip zu erklären versucht hat. Durch zahllose Zeugnisse, die er aus der überaus reichen und sorgfältig zusammengestellten, auf unse- ren Gegenstand bezüglichen Litteratur vorbringt, so wie gestützt auf eigene, an leuchtenden Thieren verschiedener Klassen ausgeführte Unter- suchungen sieht derselbe sich veranlasst, die bei der Oxydation das Licht hervorbringende Substanz als»lebendes und reizbaresEi- weiß«, als Protoplasma also zu erklären, und dasselbe als die ein- zige Quelle alles organischen Leuchtens anzusehen, da bekanntlich an den leblosen organischen Körpern, welche phosphoresciren (auf modern- dem Holz, todtem Fleisch etc.) lebende niedere Organismen, wenn nicht überall sicher nachgewiesen, doch wenigstens mit großer Wahr- scheinlichkeit zu vermuthen sind. Seine Beweisführung beruht hauptsächlich auf folgenden That- sachen: Erstens ist das Leuchten, wie jede Lebenserscheinung, an die Anwesenheit der Luft oder eines oxydirenden Stoffes gebunden. Konnte doch OwsJannıkow (l. c.) sogar die allmähliche Abnahine der Lichtinten- sität direkt beobachten, indem er den Thieren resp. deren Leuchtorganen unter der Glocke einer Lufipumpe die Luft entzog ! Zweitens: Die Lichterscheinung verschwindet unter der Einwir- kung aller solcher Substanzen und Bedingungen, welche dem Leben 408 Heinrich Ritter v. Wielowiejski, selbst nachtheilig sind. Zu solchen sind nach den übereinstimmenden Untersuchungen von Macamre in Genf (Giuserr’s Archiv. Bd. X), von PrArr, EHRENBERG, ArTAUD, Tırestus, Beccarıa, MoNTI, GALEATI Bausı, So wie auch von KöuLiker und OwsJannıkow folgende Stoffe zu zählen: Schwefelwasserstoff, anorganische sowohl wie koncentrirte organische Säuren und Alkalien, die Salze schwerer Metalle, so wie ferner alle coa- gulirenden und Wasser entziehenden Substanzen. Ferner sind die Tem- peraturgrade, unterhalb 10° und oberhalb 40°, für beide Erscheinungs- reihen überhaupt gleich ungünstig, da das Optimum derselben zwischen 20% und 35° im Durchschnitt zu liegen scheint. Drittens: Das Leuchten der Thiere hängt von den Reizungszu- ständen derselben, resp. deren Leuchtorgane ab. So wird dasselbe nicht bloß von dem Willen des Thieres beeinflusst, welcher erregend oder hemmend wirken kann, sondern auch durch allerlei mechanische, che- mische und elektrische Reize hervorgerufen, was schon seit A. v. HumBoLDT von vielen Forschern, besonders aber von KörLiker (]. c.) allseitig be- wiesen worden ist. Viertens wird auch der Umstand als ein Beweis für die Richtig- keit der Auffassung angesehen, welche das lebende Protoplasma als specifische Leuchtsubstanz erklärt, dass die betreffende Erscheinung durch allzu oft erfolgende Reizung der Thiere oder deren Leuchtorgane einer Erschöpfung unterliegt, was allerdings in der Regel nur für die lebende und reizbare Substanz charakteristisch ist. Da die Chemie nun aber im Laufe der Zeit eine ganz bedeutende Anzahl organischer, oft sogar künstlich auf synthetischem Wege darstell- barer Verbindungen! als fähig erwiesen hat, unter gewissen Umständen (in alkalischer Reaktion und entsprechender Temperatur) durch lang- same Oxydation die Phosphorescenzerscheinungen zu zeigen, so sind wir, in Übereinstimmung mit anderen Forschern, wie Prison (Comptes 1 Ich verweise hier auf die oben citirten chemischen Arbeiten von Professor Br. Ranzıszewskı in Lemberg: »Über dasLeuchten des Lophius.« (Berichte. der deutschen chemischen Gesellschaft. Bd. X. p. 70. 4877.) »Über die Phos- phorescenz der organischen und organisirten Körper.« (Justus Lie- Bis’s Annalen der Chemie. 1880); so wie dessen Aufsätze in den Berichten der deut- schen chemischen Gesellschaft. Bd. X. p. 324 und 493, wo folgende organische »exakt definirte« Verbindungen unter den erwähnten Bedingungen als leuchtend aufgezählt werden: »Methylaldehyd,, sogenanntes Dioxymethylen,, Para!dehyd, Metaldehyd, Acrolein, Disacryl, Traubenzucker und weiterhin die durch Einwirkung von Am- moniak auf Aldehyde entstehenden Verbindungen, wie Aldehydammoniak, Acryl- ammoniak, Hydrobenzamid, Lophin, Hydroanisamid, Anisidin, Furfurin, Hydrocu- minamid, Hydrocinnamid« so wie in lebenden Organismen angetroffene Körper, wie Lecithin, Fette, Cholesterin, Spermacet (Cetylalkohol), Wachs (Myricylalkohol), ätherische Öle, Gallensäuren und noch einige andere. Studien über die Lampyriden. 409 rendus de l’academie des sciences. Tome LI. p. 51. LXXV. p. 547), Panceri (Annales des sciences nat. 5° ser. »Etudes sur la phosphores- cence des animaux marins) und Rapzıszewskı (Liesig’s Annalen. 1880) nicht mehr gezwungen, die Phosphorescenz an das lebende Protoplasma als solches gebunden zu denken. Vielmehr liegt es heute wohl nahe, auf Grund derselben Thatsachen, welche Professor Prrücer als Stützen seiner Theorie anführt, zu behaupten, dass das Protoplasma der Leucht- organe nicht die » Leuchtsubstanz« selbst vorstellt, sondern dieselbe durch seine Lebensthätigkeit producirt, dass mit anderen Worien die Zellen der Leuchtorgane diese letztere unter der Kontrolle des Nerven- systems, und angeregt durch allerlei Reize nach Art der Drüsen Zellen besitzen. Dass das Parallelisiren der Leuchtorgane mit Drüsen haltbar ist, und sich gut mit den angeführten Thatsachen verträgt, ist schon auf den ersten Blick ersichtlich: es kann ja keine Drüse unter der Einwir- kung starker Säuren, Wasser entziehender Substanzen oder coaguliren- der Wärme ihre ausscheidende Thätigkeit fortsetzen. Eben so ist eine jede derselben für nervöse oder sonstige Reize empfänglich, und anderer- seits auch nach fortgesetzter, angestrengter Wirkung zu erschöpfen! Aber es giebt noch Thatsachen, die für diese letztere Auffassung allein zu Sprechen scheinen. | An erster Stelle das Leuchten der mechanisch aus dem Körper ent- fernten oder durch Zerquetschen zerstörten Leuchtorgane. — Wiewohl es immerhin möglich wäre, dass die betreffenden Apparate nach dem Herauspräpariren aus dem Leibe ihrer Träger noch einige Zeit unter günstigen Verhältnissen fortleben könnten, so ist es doch höchst unwahr- scheinlich, dass dieselben 49 und sogar 78 Stunden, wie es OwSJANNIKOW (Memoires de l’acad. de St. Petersb. 1868. p. 8) angiebt, ihr Leuchtver- mögen beibehalten würden. Noch weniger aber ist es möglich, noch die nach dem Zerdrücken des Thieres hinterbleibende, fortleuchtende Flüs- sigkeit für lebendes Protoplasma zu halten! Beide Thatsachen aber ‚stimmen mit unserer Auffassung völlig überein : wenn unter den ange- führten Bedingungen von einem eigentlichen Leben nicht die Rede sein kann, so istes doch selbstverständlich, dass eine in den Zellen des Leuchtgewebes aufgespeicherte, oder durch die erst während der Unter- suchung erfolgte Reizung ausgeschiedene Leuchtsubstanz unabhängig davon, ob die Zelle weiter lebt oder nicht, sich oxydiren und somit 2 leuchten wird. Noch wichtiger aber und überzeugender ist hier die Thatsache, die auch von OwsJannIkow (l. c. p. 9) festgestellt wurde und dahin geht, dass die Behandlung herausgenommener Leuchtorgane mit starken Lösungen organischer Gifte, die wie Curare, salpetersaures 410 Heinrich Ritter v. Wielowiejski, Strychnin oder einer Abkochung von Kalabarbohnen, nach dem Übertragen in das Blut des Frosches selbst in sehr kleiner Menge sofort ihre tödliche Wirkung, besonders auf das Nervensystem des Thieres ausüben, nicht die geringste Beeinträchtigung der Lichtentwicklung wahrnehmen lässt. »Die Präparatestandenineinem dunklen Zimmer 11), Stunde lang und leuchtetensohell,als wenn sie mit Wasser oder irgend einer indifferenten Flüssig- keit benetzt wären!« Ist diese Angabe sicher, so wird sie allein schon ausreichen, das Leuchten der organischen Substanz als nur eine sekundäre Erscheinung scharf von den Lebensvorgängen zu trennen, ist es denn doch unzweifelhaft, dass das Leuchten noch lange über den Tod der Zelle! hinaus fortdauert! Was ist nunmehr diese von dem lebenden Plasma gesonderte Leucht- substanz? Wie und woraus wird sie in den Leuchtorganen gebildet? Wird sie vor jedem Leuchten, resp. während desselben ausgeschie- den, oder ist sie vielleicht in den Leuchtorganen aufgespeichert? Alles Fragen, deren befriedigende Lösung noch sehr fern zu sein scheint! Die Chemiker haben uns darüber bis jetzt erst wenig gesagt! .... Die einzigen in dieser Hinsicht vorliegenden, obwohl auf andere Thierformen sich beziehenden Angaben stammen von Pnırson (Comptes rendus. LI. p. 51 und LXXV. p. 547), Pancerı (»Etudes sur Ja phospho- rescence des animaux marins.« Ann. d. sciences naturelles. 5 ser.) und Craus (Grundzüge der Zoologie. #. Aufl. Bd. U. p. 39) her, deren erster die leuchtende Substanz als eine graue, klebrige, nach Kapronsäure riechende Masse gesammelt hat, ohne ihre Natur näher chemisch defini- ren zu können; während die letzteren sie (namentlich in den Leucht- organen von Phyllirrhoe bucephala) als ein »fetthaltiges Sekret« bezeichnen. Panczrı erklärt dieselbe bei Trachypterus lris sogar entschieden für Fett. Neuerdings hat sich auch Leyvie (» Die augenähn- lichen Organe der Fische.« Bonn 1881) dieser Behauptung angeschlossen. Über die Licht erzeugende Substanz der Leuchtkäfer fehlen seit den negativen Resultaten KörLıker’s, welcher bekanntlich den von Leypie in denselben gefundenen Körnchenmassen die Fähigkeit zu leuchten ent- schieden absprach und sie für Stoffumsatzprodukte erklärte, nähere An- gaben so gut wie gänzlich. Die Behauptung, dass es sich auch hier um Fett handle, welches bei langsamer Oxydation unter der Kontrolle des Nervensystems eine Lichtentwicklung vermittie, scheint desshalb auch ohne Weiteres ziemlich gewagt zu sein. Wir haben freilich die Beob- 1 Es war mir unmöglich, diesen interessanten und höchst wichtigen Versuch zu wiederholen, weil ich die Arbeit Owssannıkow’s erst nach dem Tode meiner Lam- pyrisexemplare zur Ansicht bekam. Hl } Studien über die Lampyriden. 411 achtung gemacht, dass das Erwärmen der Thiere in kochendem, starken (96°/,igen) Alkohol die oben beschriebenen Zellen der eigentlich leuchten- den Schicht ihres körnigen Inhaltes mehr oder weniger vollständig zu be- rauben vermag, was mit den Körnchen der sog. » Uratschicht« nicht der Fall ist, sich aber mit der Annahme einer fettartigen Natur ziemlich gut vertragen würde, aber andererseits steht dieser Behauptung der Umstand entgegen, dass die Körnchenmassen der dorsalen Schicht, welche seit Köruiker als Endprodukte der Leuchtprocesse aufgefasst werden, durch- weg aus harnsauren Salzen bestehen, aus Verbindungen also, welche nur aus stickstoffhaltigen Substanzen abgeleitet werden können. Ähnliche Schwierigkeiten bietet die Frage, in welchen Formbestand- theilen der Leuchtorgane die uns interessirenden Funktionen stattfinden und welche Bedeutung demnach diesen Bestandtheilen zuzuschrei- ben ist. Es fällt dabei zunächst natürlich der Umstand ins Gewicht, dass die Bauchplatten der erwachsenen Geschlechtsindividuen in zwei di- stinkte, durch ihre Einschlüsse von einander abweichende Schichten zerfallen. Unsere morphologischen Betrachtungen haben freilich darge- than, dass diese beiden Schichten sowohl in Bezug auf die Form und die Größe der sie zusammensetzenden Zellen, als auch durch ihr Verhalten zum Tracheen- und Nervensystem, völlig mit einander übereinstimmen; trotzdem aber scheinen sie sich physiologisch, in ihren extremen Theilen wenigstens, von einander sehr wesentlich zu unterscheiden. Die dorsale Schicht enthält in ihren Zellen gewaltige Ablagerungen krystallinischer, Harnsäure enthaltender Konkremente; die ventrale aber entbehrt jedes doppeltbrechenden Inhaltes; die erstere ist undurchsichtig, die letztere aber durchsichtig. Von besonderer Wichtigkeit wird bei der Abschätzung der hier vorliegenden Unterschiede natürlich eine entschiedene Beant- wortung der Frage sein, ob die Lichtproduktion nur auf eine von beiden Schichten beschränkt sei, oder ihnen beiden, wenn auch vielleicht nicht in gleichem Maße, zukomme. Doch die Antwort auf diese Frage liegt dermalen noch nicht vor. KöLLiker, welcher die uns hier interes- sirende Unterscheidung zuerst gemacht hat (Verhandlungen der Würzb. phys.-med. Gesellsch. Bd. VIII. 1857) sprach, wie bekannt, seinen »weißen Zellen« ein Leuchtvermögen gänzlich ab und Owssannıkow (Mem. de l’acad. de St. Petersb. ser. VII, Bd. XI, p. 5) stimmt dieser Angabe bei. M. ScauLtze hingegen scheint hierüber zu keinem sicheren Resultate gekommen zu sein: an einer Stelle seiner Arbeit (Archiv für mikr. Anat. Bd. I, p. 126: »..... die ventrale Schicht leuchtet stärker als die dorsale«) behauptet er, die dorsale Schicht könne gleichfalls Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XXXVI. Bd. 98 412 Heinrich Ritter v. Wielowiejski, ein schwaches Leuchten hervorbringen, an anderen (l. ec. p. 128 u. 130) aber widerspricht er dem. Aus den Beobachtungen, welche ich an den mir zugänglichen Exem- plaren gemacht habe, scheint wiederum die erste Ansicht M. ScHuLtze’s einige Stütze zu gewinnen. Ich öffnete die Thiere von oben, entfernte die auf den Leuchtplatten gelegenen Eingeweide, und fand die dorsale Fläche meistens schwach leuchtend. Da diese Angabe aber vielleicht etwas suspekt erscheint, indem ja eine künstliche Übertragung der leuchtenden Substanz von der ventralen auf die dorsale Fläche bei der Präparation gar leicht geschehen kann, mag hier noch ein älteres Zeugnis angeführt werden. Es ist das Zeugnis NEwPORT’S (»Natural history of Glowworm.« Proceedings of the Linnean Society 1857. p- 49), welcher in seinen interessanten Studien über die Lebenser- scheinungen der Lampyris noctiluca gleichfalls ein Leuchten der nämlichen Organe von der dorsalen Fläche aus beobachtet und sogar ein gewisses Gewicht auf diese Thatsache legt, da sie ihm erklärt, warum die nach dem Öffnen des Leibes der Weibchen hervortretenden Eier und Eingeweide gleichfalls ein schwaches Leuchten zeigen. | Sollte es sich durch weitere Beobachtungen bestätigen, dass auch der dorsalen Schicht ein Leuchtvermögen zukommt, sollte dann ferner auch die von KÖLLIKErR zugegebene, von mir noch entschiedener betonte Möglichkeit einer Zurückführung der beiden Schichten auf einander an Wahrscheinlichkeit noch gewinnen, dann ist die Bedeutung der sog. »Uratschicht« leicht klar zu machen. Man würde dieselbe dann als denjenigen Theil des Leuchtorganes anzusehen haben, in welchem die Leuchtsubstanz durch intensive Funktionirung mehr oder minder voll- ständig erschöpft und durch die immer mehr sich anhäufenden Umsatz- produkte (Ermüdungsstoffe) ersetzt wäre. Dass die knollenförmigen Leuchtorgane der Larven, so wie die der Weibchen von Lampyris splendidula dieser Schicht entbehren, würde sich dann auch leicht durch die Annahme erklären lassen, dass dieselben, vermöge ihrer ver- hältnismäßig viel bedeutenderen Fläche (sie sind bekanntlich sehr klein) ihre Umsatzprodukte leicht nach außen, d. h. gegen andere Organe der Leibeshöhle, hin befördern könnten. Nicht weniger interessant scheint die Frage zu sein, ob die Leucht- substanz, resp. die Leuchtsubstanzen! unmittelbar vor dem Verbrauch 1 Nach den Ergebnissen, welche die chemischen Untersuchungen über die Be- dingungen des Leuchtens organischer Substanz erzielt haben, müsste eigentlich immer von zweierlei Verbindungen die Rede sein: die eine, die eigentliche Leucht- substanz, welche einer langsamen Oxydation fähig wäre, die andere, welche die für das Leuchten unentbehrliche alkalische Reaktion der Lösung bewirken würde. Studien über die Lampyriden. 413 erzeugt werden, oder schon vorher als solche in den Parenchymzellen aufgespeichert sind, zumal die Lösung derselben über die physiologische Stellung der Leuchtorgane den anderen Apparaten des thierischen Kör- pers gegenüber entscheidend sein würde. Nach den bisher vorliegenden Thatsachen scheint die Annahme einer vorherigen Aufspeicherung der betreffenden Verbindungen unhaltbar zu sein: denn wäre eine solche vorhanden, so würde es gar nicht erklärbar sein, wie es den Thieren möglich ist, durch den Einfluss des Nervensystems das Leuchten zu unterdrücken. Da die anatomischen Thatsachen entschieden auf den Um- stand hinweisen, dass diese Erscheinung nicht durch eine Hemmung der Luftzufuhr in die Leuchtorgane zu Stande kommt, — specifische Muskel- einrichtungen fehlen an den Tracheen der Leuchtorgane, und der gewöhn- liche Stigmenverschluss kann doch unmöglich in so kurzer Zeit das er- wähnteResultat erzielen —, so würde man, falls dem so wäre, nothwendig annehmen müssen, dass das Nervensystem auf die reinchemischen Processe (Oxydation), oder die physikalischen (Bewegung der Gase im Leuchtgewebe), einen direkten Einfluss ausübe, was doch kaum zu- lässig erscheint. — Im Gegensatz hierzu liegt es zwar ziemlich nahe, das so lange Zeit nach dem Herauspräpariren der Leuchtorgane noch fort- dauernde Leuchten zu betonen, das doch schwerlich von einer neuen Produktion der Leuchtstoffe abhängt; der Umstand aber, dass die Leucht- organe durch die bei dieser Operation erfolgende Reizung zu einer energischen Thätigkeit veranlasst werden, in Folge deren die gebildeten Produkte für eine längere Zeit ausreichen, würde vielleicht im Stande sein, diesem Umstand die Beweiskraft zu entziehen. Wir sind demnach berechtigt, mit Owssannıkow (l. c.) unsere Leucht- organe physiologisch für Drüsen zu halten, für Drüsen freilich, welche sich von den gewöhnlichen Sekretionsorganen dadurch unterscheiden, dass die in ihnen erzeugte Substanz nicht nach außen befördert, sondern in den Zellen selbst wieder verbraucht wird. Wir haben bei unseren bisherigen Betrachtungen die Frage über diephysiologischeBedeutung der Tracheenendzellen außer Acht gelassen. Die Entdeckung dieser Zellen und ihrer Osmiumsäure- reaktion scheint bei den Forschern ein großes Aufsehen gemacht zu haben. Man glaubte in denselben die specifischen Leuchtorgane, oder Leuchtherde gefunden zu haben, besonders da aus den Untersuchungen M. ScauLtze’s hervorging, dass ihnen eine große Affinität zum Sauerstoff und ein bedeutendes Reduktionsvermögen zukommt, und dass »beim rhythmischen An- und Abschwellen des Lichtes, welches diese Thiere ı meist deutlich zeigen, das erste Auftreten des Lichtes in einem Auf- ‘ funkeln kleiner im Leuchtorgan zerstreuter Punkte besteht, deren Zahl 28* 414 Heinrich Ritter v. Wielowiejski, und Anordnung etwa der der Tracheenendzellen, wie wir sie in Osmium- präparaten kennen gelernt haben, entspricht«. (Archiv: für mikr. Anat. Bd. I. p. 134.) Wiewohl, meiner Überzeugung nach, aus den hier angezogenen Worten M. Scnurtze's (l. c. p. 135) nicht zu entnehmen ist, dass der berühmte Anatom diesen Zellen ausschließlich die Leuchtfunktion bei- legte, da er weiter auch der Parenchymzellen gedacht hat und ihre Theil- nahme an der Lichtproduktion für wahrscheinlich hielt, so wurde der Ausspruch doch ausschließlich in diesem Sinne aufgefasst und in die physiologischen Betrachtungen hineingezogen. So verwerthet ihn Professor Prrücer (»Über die physiologische Verbrennung in den lebendigen Organismen.« Archiv für die gesammte Physiol. Bd. X, p. 295) für seine Theorie der Phosphorescenz lebender Körper folgendermaßen: »Für die Leuchtkäfer hat Max ScnuLtze in einer höchst wichtigen Untersuchung bestimmt festgestellt, dass die leuchtende Materie eine Zelle sei, die am Ende des Luftrohres, d. h. der sogenannten Trachee sitzt, dass die Luft mit ihr in unmittel- bare Berührung kommt«, für eine Behauptung, die außer Zweifel lässt, dass er einen von M. ScHuLtzze als Vermuthung ausgesprochenen Satz für thatsächlich bewiesen hält. Eimer wiederum will Bemerkungen über die Leuchtorgane der Lampyris splendidula.« Archiv für mikroskopische Anatomie, Bd. VII, p. 653) auf Grund einer oberflächlichen Ähnlichkeit mit den »kleinen Ganglienzellen der grauen Rinde des Hirnes von Säugethieren oder vom Menschen «, auf welche Max Scaurtzze (l. c. p. 131) hingewiesen hat, eine nähere Analogie zwischen den Tracheenendzellen und den von Pıncerı entdeckten, ebenfalls leuchtenden » Ganglienzellen«! der Phyl- lirrhoe bucephala folgern, und aus unseren Gebilden nervöse Organe machen, obwohl er selbst gesteht, nicht einmal einen Zusammenhang zwischen ihnen und den im Leuchtparenchym sich ausbreitenden Nerven- plexus nachweisen zu können. Dass den Tracheenendzellen der ventralen Leuchtplatten von Lam- pyris splendidula durchaus nicht die Hauptrolle zuzuschreiben ist, erhellt übrigens auf den ersten Blick aus der kleinen Reihe von That- sachen, auf welche wir die Aufmerksamkeit der Leser hinzulenken uns gestatten: 4) Die Tracheenendzellen befinden sich nicht nur in den ventralen Leuchtplatten, sondern auch auf der Oberfläche anderer, in 1 Neuerdings wird die nervöse Natur übrigens auch den Leuchtorganen von Phyllirrhoe bucephala abgesprochen. So von Craus (Grundzüge der Zoologie. 4, Aufl. 4884. Bd. II. p. 39), der dieselben für Drüsenzellen erklärt. Studien über die Lampyriden. 415 der Leibeshöhle der Geschlechtsthiere gelegener Organe (wie Fettkörper, Geschlechtsorgane etc.) und zwar an Stellen, welche nicht leuchten, und, besonders bei den Männchen, durch undurchsichtige Gewebe oder dunkel pigmentirte Haut bedeckt sind. 2) Die Tracheenendzellen können in den Leuchtorganen gänzlich fehlen. Dieser Fall ist in den seitlichen Leuchtknollen der Weibchen von Lampyris splendidula, so wie bei den Weibchen und erwachsenen Larven der nahe verwandten Lampyrisnoctiluca konstatirt worden. 3) Wie aus unseren Untersuchungen hervorgeht, lässt sich an den Tracheenendzellen nirgends die Andeutung einer Verbindung mit Nerven aufweisen, was bei der Berücksichtigung des tiefgreifenden Einflusses, welchen das Nervensystem auf das Leuchten ausübt, mit Nothwendigkeit vorausgesetzt werden müsste. k) Das Aussehen und die Beschaffenheit des Protoplasmas der Tra- cheenendzellen ist derartig, dass man demselben jede Fähigkeit, flüssige Stoffe abzuscheiden, absprechen muss. Alle Zellen nämlich, denen solche Funktionen zukommen, zeichnen sich durch runde Umrisse, be- deutendes Volumen und einen üppigen, mehr oder weniger trüben In- halt aus. Im Gegensatz hierzu lassen sich die Tracheenendzellen viel eher, was ihre Massenentwicklung anbetrifft, mit Endothelzellen ver- gleichen; und das um so eher, als die Granulationen, welche dieselben in frischem Zustande aufweisen, lediglich von außen anhaftende Partikel- chen der »Parenchymzellen « zu sein scheinen, da sie durch die Härtung des Organes zum Schwund gebracht werden (s. oben). Es würde nur ein Umstand zu Gunsten der von uns angefochtenen Auffassung vorgebracht werden können, nämlich die von Max SchuLtzE entdeckte und von ihm, wie auch Anderen, stark betonte Schwärzung der Tracheenendzellen durch Osmiumsäure, das bedeutende Reduktions- vermögen also, welches denselben zukommt und auf ein größeres Sauerstoffbedürfnis hinweist. Diese starke Affinität zum Sauerstoff bewirkt aber durchaus noch nicht eine direkte Beziehung der Tracheenendzellen zu den Leucht- processen. Die thierische Physiologie bietet uns mehrere Beispiele eines solchen Verhaltens, ohne dass dadurch der Schluss auf eine etwaige intensivere Funktion gerechtfertigt erscheint. Hierher gehört zunächst das Verhalten der rothen Blutkörperchen bei den Wirbelthieren. Es ist allgemein bekannt, dass diese Gebilde als Träger des Sauer- stofis zwischen den Respirationsorganen und den Geweben des Körpers ein starkes Absorptionsvermögen gegen dieses Gas zeigen und sogar auf 416 Heinrich Ritter v. Wielowiejski, einige sauerstoffhaltige Substanzen reducirend zu wirken vermögen. Wer würde desshalb aber diese Zellen als den Sitz der Oxydationser- scheinungen im Organismus überhaupt ansehen wollen? Wer würde heute noch glauben, dass die aus dem Körper ausgeschiedene Kohlen- säure, dass die bei den Oxydationsprocessen entwickelte thierische Wärme in ihnen allein entstünde, und nicht vielmehr hauptsächlich in den des Sauerstoffs und der freien Kraft bedürfenden, durch die Er- müdungsstoffe zur weiteren Funktion untauglich gewordenen Organen ihre Bildungsstätte hätte? Freilich muss den betreffenden Gebilden in beiden Fällen ein ziemlich reges Oxydationsvermögen, oder sagen wir genauer: eine große Menge leicht oxydirbarer Substanzen zukommen, da sonst eben sowohl das Rothwerden des venösen Blutes in den Re- spirationsorganen wie die Reduktion der Osmiumsäure unmöglich wären. Aber was würde uns zu der Behauptung berechtigen, dass die in Rede stehende Oxydation intensiv genug sei, um etwa die Kohlen- säure- oder Wärmemenge zu erzeugen, oder Lichterscheinungen hervor- zurufen? Liegt es hier nicht viel näher, dieselbe als eine schwache und vergängliche Verbindung des Sauerstoffs mit dem Hämoglobin, resp. einer in den Tracheenendzellen befindlichen Substanz anzusehen, etwa mit jener vergleichbar, welche das Wasser mit dem Aethylalkohol oder vielen krystallinischen Salzen eingeht? Die Reduktion der Osmiumsäure, einer der unbeständigsten Metallverbindungen in den Tracheenendzellen, oder gar die Regeneration des Oxyhämoglobin der rothen Blutkörperchen, welches schon durch die Athmungsprocesse der Hefezellen (ScHürzen- BERGER, »Les fermentations«) reducirt wird, können uns doch unmöglich eine derartige Überzeugung aufdrängen | Um wenigstens annäherungsweise ein Bild von der physiologisch- chemischen Bedeutung der Tracheenendzellen so wie der von ihnen aus- ‚gehenden trachealen Peritonealhaut zu gewinnen, können wir nach dem Gesagten uns vorstellen, dass diese Gebilde, den rothen Blutkörperchen der Wirbelthiere analog, den Sauerstoff aus der in den Tracheenendäst- chen enthaltenen Luft absorbiren, aufspeichern, und dann an die zunächst gelegenen Parenchymzellen abgeben. Dass diese Auffassung mit der von M. Scnurtze betonten Thatsache des Aufleuchtens einzelner der Tra- cheenendzellen entsprechender Punkte beim Beginn des Phosphores-. cirens nicht im Widerspruch steht, ist leicht einzusehen: die durch das Nervensystem erregten Parenchymzellen, resp. deren Sekrete beginnen von diesen Stellen aus zu leuchten, weil sie hier zunächst eine größere Menge von Sauerstoff erhalten. Das Verhalten der Tracheenendzellen scheint auch auf die physio- logische Bedeutung der Peritonealhaut an den Tracheen überhaupt, mit Studien über die Lampyriden. 417 der sie in so nahem Verhältnis stehen, ein Licht werfen zu können. Kann man doch leicht sich vorstellen, dass auch diese Peritonealschicht, wenn- gleich vielleicht in geringerem Maße, mit einem Absorptionsvermögen gegen den Sauerstoff der in der Chitinröhre befindlichen Luft ausgestattet ist, und dieses Gas den mit ihr im Zusammenhang stehenden Organen und Flüssigkeiten abgiebt, demnach nicht ausschließlich ein Überbleibsel der Bildungsschicht der Chitinröhre darstellt, während der Respiration sich passiv verhaltend. Dass die in manchen Fällen durch Osmiumsäure- einwirkung erfolgende schwache Schwärzung dieser Vermuthung im hohen Grade günstig ist, braucht kaum hervorgehoben zu werden. In welchem Zustande sich der absorbirte Sauerstoff in den Tra- cheenendzellen befindet, ob er hier, wie es für die rothen Blutkörperchen für wahrscheinlich gehalten wird (Gorur-Besanzz, Lehrbuch der physio- logischen Chemie, p. 59), in Ozon, resp. aktiven Sauerstoff (ScHönßEın, Löw, Fupakowskı, RanzıszEwski) übergeführt wird, ist eine Frage, die für jetzt leider dahingestellt bleiben muss. Die wichtige Rolle, welche dieses Gas bei der Phosphorescenz vieler Substanzen spielt (RanzıszEwskf1, l. c. p. 7), dürfte immerhin, wenn sie auch eine derartige Vermuthung nicht geradezu plausibel macht, die Aufmerksamkeit der Forscher auf diesen Gegenstand hinlenken, zumal in dieser Beziehung schon einige schwache Andeutungen vorliegen. So hat vor einigen Jahren (1879) Jousset DE BELLEsME allen Ergebnissen der bisherigen chemischen Untersuchungen zum Trotze, die in den Leuchtorganen oxydirende Leuchtsubstanz für Wasserstoffphosphid erklärt, einfach aus dem Grunde, weil er an den von ihm untersuchten Lampyriden einen Knob- lauchgeruch verspürte (Journal de l’anat. et physiol. par Rosın et Poucaer. Bd. XVI. p. 124 und Entom. monthly Magaz. Bd. XVI. p. 244). Da nun der Geruch des oxydirenden Phosphors und seiner Wasser- stoffverbindungen gerade von dem dabei erzeugten Ozon bedingt wird, so könnte man vielleicht diese Angabe, wenn sie überhaupt stichhaltig ist, als einen Beweis für das Vorhandensein dieses Gases verwerthen können. Mir ist es, vielleicht aus subjektiven Ursachen, nicht gelungen, diesen Geruch zu erkennen. Eine andere Beobachtung aber, welche ich hier, freilich mit einer gewissen Vorsicht, zur Stütze einer derartigen Auf- fassung anführe, ist die, dass ich in einer Jodkaliumlösung, in welcher ich ein Weibchen von Lampyris splendidula zerzupfte und dann einige Stunden lang liegen ließ, mittels Stärke eine Zersetzung nachzuweisen in der Lage war. 418 Heinrich Ritter v. Wielowiejski, Zum Schlusse dürften vielleicht noch einige Worte über das Leuchten der Eier am Platze sein. Bei einem Vergleich der hierbei vorliegenden Angaben fällt zunächst ins Auge, wie wenig dieselben, sogar in Betreff der Thatsächlichkeit der Erscheinung, selbst unter sich übereinstimmen. So haben die von Newrorr citirten Autoren: Murray und Rocerson (Philos.-Magaz. Vol. LVIIM), so wie auch Tıepemann diese Erscheinung durchweg in Ab- rede gestellt. Anders Newport (»On the natural History of Glowworm.« Proceed. of Linnean Society 1857, p. A9ff.), der nicht nur die gelegten Eier der Beobachtung unterzog, sondern dieselben auch im Körper des Weibchens selbst untersuchte. Was nun die ersteren anbetrifft, so konnte er ein schwaches Leuchten an ihnen in der That konstatiren : er bemerkte so- gar, dass die Eier schon leuchtend aus dem Körper des Weibchens von Lampyris noctiluca heraustreten können, was in so fern von Wichtigkeit ist, als es beweist, dass die Erscheinung durch keinerlei Verwesungs- processe bedingt ist. Um weiter zu prüfen, ob die Eier auch schon im Ovar (oder im Eierkelch, in welchem dieselben vor der Befruchtung in größerer Menge sich ansammeln) leuchteten, wurde das Mutterthier von der Rückenseite her vorsichtig geöffnet. Das Ergebnis war ein negati- ves. Die zum Vorschein kommenden Eingeweide und Eier ließen aller- dings ein schwaches Licht wahrnehmen; aber es war dasselbe nicht ihr eigenes Produkt, sondern stammte aus den ventralwärts gelegenen Leuchtplatten des Thieres. Die herausgenommenen Eier leuchteten nicht. Ich führe seine eigenen Worte an: »It was thus evident to me, thattheova whichare withintheovarium certainly do not emit light before deposition, but merely transmit-that ofthe segments beneaththem; but when the ova are de- posite, laminclined to admitthata very slightlumino- sityissometimesappearent,thoughitisduerathertothe fluid covering oftheegg, thentotheegg itself« (l.c. p.50). Dieser letzteren Angabe tritt wieder Owssannıkow (l. c. p. 7) ent- gegen, indem er berichtet, dass die von ihm aus dem Körper des Weibchens herausgenommenen Eier, wie die gelegten, leuchtend waren. Ich habe auch den von beiden Forschern ausgeführten Versuch an den Weibchen von Lampyris splendidula wiederholt. Nach dem Öffnen des Thieres von oben erblickte ich in der That ein deutliches Leuchten der Eier: es war aber offenbar, dass auch hier das Licht in den darunter gelegenen Bauchplatten und den lateralen Leuchtknollen entstand. Nach dem Herausnehmen einzelner Eier aus dem Eierkelche war ich ebenfalls in der Lage, an vielen derselben ein schwaches Licht Beeren Studien über die Lampyriden. 419 wahrzunehmen, vergleichbar jenem, welches man an den Fingern be- merkt, wenn man ein Leuchtorgan zerdrückt. Der Umstand, dass nicht alle Eier im Inneren des Thieres als leuchtend gefunden wurden, scheint für die Selbständigkeit der Lichtentwicklung bei den Eiern, d. h. für das Vorhandensein etwaiger Leuchtstoffe im Inneren des Eies ungünstig zu sein. Denn wäre solches in der That der Fall, dann könnten doch wohl kaum Ausnahmen von der Regel vorkommen. Es ist demnach heute wahr- scheinlicher, dass das Leuchten dadurch zu Stande kommt, dass bei der erwähnten Präparation, welche selbstverständlich bei Lampenlicht aus- geführt wurde, die äußerst weichen und zarten Leuchtorgane zerrissen oder zerdrückt worden sind, und die aus denselben hervorquellende, neben Blut und Zellenresten auch die Leuchtsubstanz enthaltende Flüs- sigkeit bis an die Eier kommt, deren Oberfläche zu benetzen. Ein Gleiches geschieht auch mit anderen Organen des Körpers, welche bei dieser Operation sich sehr leicht als leuchtend erweisen, ohne dass ihnen das Leuchtvermögen an sich zukommt. Wer nur je mit dem Aufschnei- den oder Abheben des Rückenpanzers eines Insektes zu thun gehabt hat, wird die Schwierigkeiten, welche sich in dieser Behandlung der Lam- pyrisweibchen entgegenstellen, würdigen können, und zugeben, dass die drüsigen Organe dabei unmöglich ganz unversehrt bleiben können. Ich meinerseits bin desshalb geneigt, den Umstand, dass bei OwsJannıkow die Eier im Inneren des Mutterleibes sämmtlich leuchteten, diesen Schwierigkeiten zuzuschreiben. Immerhin aber ist offenbar, dass diese zarte Frage noch vieler und genauer Untersuchungen bedarf, um definitiv beantwortet zu werden. Der hier ausgesprochenen Meinung, der zufolge die Eier nur zufäl- lig mit der Leuchtsubstanz in Berührung kommen, könnte vielleicht die schon von NEewPorr (l. c.) beobachtete Erscheinung entgegengestellt wer- den, dass die Eier auch nach der in normaler Weise erfolgenden Ablage sich als leuchtend erweisen. Ich bin indessen nicht geneigt, diesen Um- stand zu überschätzen. Bei einer so prallen Ausfüllung des Eierkelches mit Eiern, wie sie an reifen Weibchen oft anzutreffen ist, bei der festen Verklebung derselben durch eine zähe, eiweißartige Masse!, darf man ja leicht und mit einiger Wahrscheinlichkeit vermuthen, dass die Eiab- lage durch die dabei stattfindende Fortbewegung einer enormen Masse, die den größten Theil der Leibeshöhle einnimmt, und an Volumen alle übrigen Organe zusammengenommen übertrifft, Zerreißungen und 1 Bei der Härtung unserer Objekte konsolidirt sich dieselbe und bildet im Inne- ren des Eierkelches ein starkes Fachwerk, so dass das ganze Organ aus einzelnen, ziemlich diekwandigen Kammern zusammengesetzt erscheint. 420 Heinrich Ritter v. Wielowiejski, Quetschungen hervorruft, Eingriffe, die eine Übertragung der Leucht- substanz auf einzelne Eier ganz gut ermöglichen würden. Eine derartige Annahme wird auch durch den Umstand verstärkt, dass einerseits die Weibchen in der Regel kurz nach der Eiablage, vielleicht in Folge der stattgefundenen Verletzungen zu leben aufhören, andererseits nicht alle Eier es sind, welche leuchten. In Betreff dieser letzteren That- sache sind übrigens noch ein paar Umstände zu berücksichtigen, welche leicht zu Täuschungen Veranlassung geben. Einmal nämlich kann das Leuchten der gelegten Eier nicht nur durch eine aus dem mütterlichen Körper stammende Leuchtsubstanz bedingt sein. An feuchten Stellen, an denen dieselben abgelegt werden, kann das Leuchten leicht von Ver- wesungsprocessen herrühren. Und einen solchen Fall glaube ich in der That auch einmal vor mir gehabt zu haben. Andererseits kann es auch möglich sein, was schon NEwProrr mit Rücksicht darauf hervorhebt, dass auch die kaum aus dem Ei heraus- geschlüpften Larven leuchten, dass das Leuchten der Eier von dem im Inneren enthaltenen Embryo herstamme. Ein derartiges Verhalten wird freilich nur bei Eiern zu beobachten sein, welche wenigstens 6 Wochen nach dem Beginn der Flugzeit aufgefunden werden, da das Ausschlüpfen der jungen Larven meist in den ersten Tagen des August stattzufinden pflegt. Einige allgemeine Bemerkungen und Zusammenfassung. Wenn meine Untersuchungen vielleicht Einiges zur genaueren Ein- sicht in die morphologischen Verhältnisse unserer Lampyrisarten beige- bracht haben, so kann ich doch nicht umhin, zu gestehen, dass dieselben nicht nur Vieles unberührt gelassen haben, sondern auch die Bedeutung des Bekannten nicht überall in genügender Weise aufzuklären vermoch- ten. Mehr aber als das Vorliegende zu leisten, gleichzeitig mit den anatomischen Untersuchungen auch entscheidende physiologische Experi- mente vorzunehmen, war ich im Laufe dieser Arbeit, bei der mir nur im Anfang lebendes Material zu Gebote stand, nicht im Stande. Ich be- gnüge mich einstweilen damit, die Aufmerksamkeit der Forscher auf manches Eigenthümliche und Bemerkenswerthe hingelenkt und dabei dargethan zu haben, wie wichtige Fragen noch der künftigen Unter- suchung vorbehalten bleiben. Anhangsweise möchte ich noch eine Bemerkung hinzufügen, welche vielleicht zur Charakteristik unserer Lampyrisarten nicht ohne Interesse ist. Sie betrifft das häufige Vorkommen von Organen, die ihrer Be- schaffenheit nach auf frühere, sonst fast nur bei den Larven oder gar Embryonen anderer Insekten angetroffene Zustände hinweisen. So Studien über die Lampyriden. 421 erweisen sich die »Tracheenendzellen« der Leuchtplatten unserer Lampyrissplendidula als Organe, die bloß in den bis jetzt unter- suchten Embryonen der Schmetterlinge, Ichneumoniden, Syrphiden (Herm. Meyer) und Fliegen (WEısmann), so wie bei den Tipulidenlarven ! zu finden sind. Auch die großen Zellen 2, welche fast frei in der Leibes- höhle vorkommen, anstatt zu einem zusammenhängenden Gewebe ver- bunden zu sein, sind wohl kaum anders zu deuten, als in ihrer Weiter- entwicklung gehemmte Embryonalzellen, wie sie in den Anlagen der Leibeshöhle bei den Insektenembryonen von allen Forschern, seit Herm. Meyer, angetroffen wurden. Außerdem aber finden wir auch in der Muskulatur unserer Thiere Zustände, die einen kaum verkennbaren embryonalen Charakter tragen. In dem Körper der Weibchen von Lampyris splendidula kom- men an mehreren Stellen (Fig. 45) feine, quergestreifte Muskelfasern vor, an denen gewöhnlich gegen die Mitte hin je eine oder zwei große, helle, halbmondförmige Anschwellungen zu bemerken sind, deren kleinere Achse ungefähr dem Durchmesser des Fadens gleicht, während die größere (der Hauptachse der Faser parallele) denselben ums doppelte übertreffen kann. Diese letzterwähnten Gebilde, welche wohl nur an frischen oder frisch gefärbten (nicht gehärteten) Objekten zu beobachten sind, weisen einen körnigen Inhalt und je einen großen Zellkern auf und sind für nichts Anderes als Reste der embryonalen Bildungszellen zu halten, aus denen die quergestreifte Muskelfaser sich differenzirt haben mag. Ä Wenn wir zu allen diesen Thatsachen noch weiter hinzufügen, dass die weichen und flügellosen Weibchen ihrer äußeren Ausbildung nach nur unbedeutend höher als ihre Larven stehen, dann wird uns die un- vollkommene Ausbildung unserer Thiere im geschlechtsreifen Zustand noch augenscheinlicher werden. Welche Vortheile im Kampfe ums Dasein unseren Thieren durch das ihnen in so exquisitem Maße zukommende Leuchtvermögen gewährt werden, ist eine Frage, welche, obwohl sie sich einem Jeden von selbst aufdrängt, doch endgültig noch lange nicht beantwortet ist. Dass diese Eigenschaft bei den fortpflanzungsfähigen Thieren ein sehr passendes sekundäres Geschlechtsmerkmal abgiebt, ist nicht zu bezweifeln, zumal es sich durch die Beobachtungen Newporr’s (Proceed. of Linn. Soc. 1857) herausgestellt hat, dass dieselben in der Begattungszeit am hellsten ! Unmittelbar unter der Haut der Corethralarve kann man vielfach solche Erweiterungen der Peritonealhaut der Tracheen wahrnehmen. 2 Von dem Vorkommen dieser Gebilde auch bei anderen Insektenarten habe ich mich erst nachträglich überzeugt (siehe auch GrABER, |. c.). 422 Ä Heinrich Ritter v. Wielowiejski, leuchten, und auch das Verhalten der unbefruchteten, isolirt in Ge- fangenschaft gehaltenen Weibchen diese Behauptung sehr auffallend unterstützt. Nach dem Einfangen zeigen sich diese nämlich (l. c. p. 48) einige Tage lang sehr aufgeregt; sie kriechen ungeduldig in ihrem Ge- fängnis umher, ersteigen die etwa in demselben vorhandenen Grashalme und produciren ein möglichst intensives Licht (wobei sie das Ende ihres Abdomens mit den Leuchtplatten in die Höhe heben), wahrscheinlich in der Absicht, die Männchen herbeizulocken. Wenn uns aber auch die Larven vom Ausschlüpfen aus, oder gar noch vor demselben leuchtend entgegentreten, so können wir uns wohl (wie es schon OwsJannıkow, Bull. de l’acad. de St. P6tersbourg. T. VII. p. 61. 1863 bemerkt hat) nicht mehr mit dieser Erklärung begnügen. Da die Eigenschaft des Leuchtens, falls sie keinen hervorragenden Nutzen brächte, die Thiere ihren Feinden gegenüber im hohen Grade exponiren müsste, so ist es auch unmöglich, dieselbe bei den Larven als eine bloß durch Vererbung von den Geschlechtsthieren sich erhaltende, »rudimentäre« Erscheinung zu betrachten: sie muss ohne Zweifel für die Larven selbst von Nutzen sein ! | Und dieser Nutzen könnte vielleicht dem parallelisirt werden, wel- chen einige übelschmeckende oder für die insektenfressenden Thiere giftige tropische Schmetterlingsarten aus ihrer auffallenden, grellen Färbung ziehen. Aus den schönen Beobachtungen Nrwrorr's, über die Ernährungsweise der Larven von Lampyris noctiluca, stellte sich nämlich heraus, dass der Biss dieser Thiere für die ihnen als Nahrung dienenden Schnecken giftig ist, da diese letzteren durch denselben gelähmt werden, was nur dann nicht der Fall zu sein scheint, wenn die Larven ihre Giftvorräthe vorher erschöpft hatten. Wäre solches auch, wenn gleich vielleicht nicht in demselben Maße, in Bezug auf die in der Nacht ihre Nahrung suchenden insektenfressenden Thiere der Fall, so würde das Leuchten der Lampyriden überhaupt als Abschreckungsmittel gegen ihre Feinde anzusehen sein. Fassen wir die wichtigsten Resultate- unserer Studien zusammen, so ergiebt sich etwa Folgendes: | 4) Die vonM. ScauLtze entdeckten, durch Osmiumsäureeinwirkung sich schwärzenden »Tracheenendzellen« sind nicht, wie der Name es vermuthen ließe, wahre Endigungen der Athemröhrchen. Diese letz- teren verzweigen sich nämlich in ihrem Inneren pinselförmig in noch viel feinere, der Chitinspirale entbehrende Röhrchen (Kapillaren), welche sehr lang sind und, von ihrer Peritonealhaut bekleidet, sich reichlich im Leuchtgewebe verbreiten. Studien über die Lampyriden. 423 2) Die»Tracheenkapillaren« endigen verhältnismäßig selten blind in den Leuchtorganen: sie anastomosiren vielmehr mit einander, eine Art unregelmäßiger Netze bildend. 3) Die Verbindung dieser Gebilde mit den Parenchymzellen erfolgt - nicht durch das Eindringen ins Innere dieser letzteren: dieselben ver- laufen vielmehr auf ihrer Oberfläche, sich unregelmäßig schlängelnd und die Zellen vielseitig umfassend. k) Die » Tracheenendzellen « sind nichts Anderes als die hautartig verbreiterte Peritonealschicht an der Basis der Tracheenkapillaren, welche pinselförmig von einer mit Chitinspirale versehenen Trachee aus- strahlen; ihre peripherischen Ausläufer stellen die Fortsetzung dieser letzteren auf die Kapillaren dar. Das ganze Verhalten ist mit gewissen embryonalen Zuständen des Tracheensystems zu homologisiren. 5) Die»Tracheenendzellen« stellen nicht den Sitz oder Aus- gangspunkt der Lichtentwicklung vor. Wenn diese Erscheinung zuerst in ihrer Nähe zu Stande kommt, so ist es nur Folge davon, dass jene Gebilde durch ihre Verwandtschaft zum Sauerstoff einen Vorrath dieses Gases in sich aufgespeichert haben und nun denselben an die benach- barten Parenchymzellen in größerer Menge abgeben. 6) Das Leuchivermögen ist lediglich an die Parenchymzellen der Leuchtorgane gebunden. Es erfolgt durch langsame Oxydation eines von denselben unter der Kontrolle des Nervensystems gebildeten Stoffes. 7) Die Parenchymzellen, aus denen die beiden, von den Autoren ' an den ventralen Leuchtorganen gefundenen Schichten bestehen, sind ihren morphologischen Eigenschaften (Gestalt, Größe, Verhalten zu Tra- cheen und Nerven) nach einander ganz gleich. Der Unterschied zwischen denselben beruht einzig und allein auf der chemischen Beschaffenheit ihrer Einschlüsse. 8) Die Parenchymzellen (ob alle?) sind mit feinen Nervenendäst- chen verbunden. 9) Die Leuchtorgane sind morphologisch dem Fettkörper gleich- werthig. Anhang. Das Leuchten der Eier vonLampyris splendidulabe- treffend. Schon nachdem die vorliegende Arbeit zum Drucke abgeliefert war, bin ich in die Lage gekommen, die an Grashalmen und Blättern abge- legten Eier unserer Thiere näher zu untersuchen. Dabei kam ich zu ‚ Resultaten, welche meine oben ausgesprochenen Vermuthungen entschie- ' den bestätigen. Ich fand nämlich, dass die Eier, welche gewöhnlich 424 » Heinrich Ritter v. Wielowiejski, zu mehreren abgelegt werden, falls sie sich als leuchtend erwiesen, auf ihrer Oberfläche eine größere oder kleinere Menge aus der Leibeshöhlestammender Substanzen, besonders die durch ihren Inhalt leicht erkennbaren Fettkörperballen enthielten. Es ist nun offenbar, dass bei der Eiablage sehr weit- gehende Zerreißungen und Zerstörungen im Inneren des Körpers unserer Thiere stattfinden müssen. Dass dabei auch die Leuchtorgane nicht ver- schont werden können, erhellt schon auf den ersten Blick, wenn man ihre Lage und Verhältnis zum Fettkörper und zu den Geschlechtsorganen be- rücksichtigt. Die aus denselben stammende Substanz ist es also, welche bei diesen Vorgängen mit Eiern entleert, das Leuchten derselben, resp. ihrer nächsten Umgebung bewirkt. Leipzig, den 15. Februar 1882. Litteratur. Rapzıszewskı, Über die Phosphorescenz der organischen und organisirten Körper. Justus Lıesig’s Annalen der Chemie. 4880. Leyois, Lehrbuch der vergleichenden Histologie. 1857. KÖLLIKER, Über den Bau der Leuchtorgane der Männchen der Lampyris splendidula. Sitzungsber. d. niederrh. Gesellschaft für Natur. und Heilkunde. 1864. KÖLLIKER, Über das Leuchten der Lampyris. Verhandlungen d. Würzb. phys.-med. Gesellsch. 4857. Pu. Owssannıkow, Über das Leuchten der Larven von Lampyris noctiluca. Bull. de l’acad. des sciences de St. Petersbourg. Tome VII. p. 55—61. Max SCHULTZE, Zur Kenntnis der Leuchtorgane der Lampyris splendidula. Archiv f. mikr. Anat. Bd. I. 1865, TIEDEMANN, Physiologie des Menschen. Bd. I. 4830. MıLne-EpwArps, Lecons sur l’anatomie et physiologie compar6e. 1863. Tarcıonı-TozzETTı, Come sia fatto l’organo che fa lume nella lucciole volante. Mem. della soc. italiana di scienze naturali. Milano 4866. PH. OwsJAnNIKOW, Zur Kenntnis der Leuchtorgane der Lampyris noctiluca. Mem. de l’acad. de St. Petersbourg. VII ser. Vol. 11. Levpie, Anatomisches über die Larve von Corethra plumicornis Diese Zeitschrift. 1857. O. und R. Herrwısc, Coelomtheorie. Jen. Zeitschr. für Naturwissenschaften. 4884. WEISMAnN, Über die Entwicklung der Dipteren. Diese Zeitschr. 14864. HerM. MEYER, Über die Entwicklung des Fettkörpers der Tracheen und keimberei- tenden Drüsen bei den Lepidopteren. Diese Zeitschr. Bd. I. (4849.) E. Prrüser, Über die physiologische Verbrennung in den lebenden Organismen. Archiv für gesammte Physiologie. Bd. X. PETERS, Über das Leuchten der Lampyris italica. MüLzer’s Archiv für Anat. und Physiol. 1844, Studien über die Lampyriden. 425 MATTEUcCI, Lecons sur les ph&enome£nes physiques des corps vivants. 4847. PAncerı, Etudes sur la phosphorescence des animaux marins. Ann. de sciences nat. 5me ser. CrAus, Grundzüge der Zoologie. 4. Aufl. Bd. II. Leypig, Die augenähnlichen Organe der Fische. Bonn 4881. JoussET DE BELLESME, Journal de l’anat. et physiol. par Rosın et Poucker. Bd. XVI, p. 424 und Entomol. monthly Magaz. Bd. XVI. p. 244. NEwPoRT, On {he natural History of Glowworm. Proceedings of the Linnean Society 4857, Ta. Eimer, Bemerkungen über die Leuchtorgane der Lampyris splendidula. Archiv _ für mikr. Anatomie. Bd. VIII. p. 653. Tarsıoni-TozzETTiı, Sull’ organo che fa lume nelle lucciole volanti d’Italia. Bull. della Soc. Entom. Ital. vol. II. 4870. Leypıe, Über die Geruchs- und Gehörorgane der Krebse und Insekten. ReicHERT u. pu Bois REyMonD’s Archiv 1860. Levpie, Bemerkungen über die Farben der Hautdecken und Nerven der Drüsen bei Insekten. Archiv für mikr. Anat. Bd. XI. C. Caun, Über den Bau, die Entwicklung und physiologische Bedeutung der Rectal- drüsen der Insekten. Abhandlungen der SENcKENBERG'schen naturf. Ge- sellschaft in Frankfurt. 4875. Ta. EnGELMAnN, Über Drüsennerven. PrLücer's Archiv für die gesammte Physiologie. Bd. XXIV. Leyopısg, Zum feineren Bau der Arthropoden. REICHERT und Du Boıs REymonD's Archiv für Anat. und Physiol. 1857. HEINEMANN, Über die Leuchtorgane der in Vera Cruz vorkommenden Leuchtkäfer. Archiv für mikr. Anatomie. Bd. VIII. 1873. Erklärung der Abbildungen. Tafel XXI und XXIV. Fig. A. Senkrecht zur Längsachse eines weiblichen Individuums von Lampy- rissplendidula gelegter Schnitt durch die ventrale Leuchtplatte. Alkoholpräpa- rat, nachher Behandlung mit verdünnter Glycerin-Alkoholmischung. Vergr. 235, a, ventrale »Leuchtschicht«; c, dorsale, doppeltbrechende Konkremente von harnsaurem Ammon führende Schicht; d, in diese letztere eingepresster Längsmuskel ; b, durch Einwirkung der Glycerin-Alkoholmischung von den Konkremen- ten befreiter, an deren Stelle entsprechende punktförmige Hohlräume enthaltender Theil der dorsalen Schicht; e, äußere Körperhaut (durchsichtige Cuticula) mit Tasthaaren. Fig. 2. Ein anderer Schnitt durch dasselbe Organ. Vergr. 235. Bezeichnung wie in voriger Figur. Die dorsale Schicht durch das erwähnte Reagens gänzlich ihrer Einschlüsse beraubt und dadurch bedeutend aufgehellt. An beiden Abbildungen fällt die Unregelmäßigkeit der Abgrenzungslinie beider Schichten deutlich in die Augen. 426 Heinrich Ritter v. Wielowiejski, Fig. 3. Theil eines Querschnittes durch ein erwachsenes Weibchen der Lam- pyrissplendidula. Dieselbe Behandlung. Vergr. 235. a, seitliche Leuchtknolle; ir, Trachee derselben ; bb, Fettkörperballen nach Auflösung der Konkremente; c, Cuticula. Fig. —14. Verschiedene Formen der »Tracheenendzellen« bei verschiedener Intensität der Osmiumsäureeinwirkung. Vergr. 550. tr, Trachee; tre, Tracheenkapillare. Fig. 4 und 5. Haupttrachee schon vor dem Eintritt in die Tracheenendzelle ihrer Spiralfaser beraubt. Fig. 6. Ein seltener Fall, wo in Ausläufern der Tracheenendzelle mehr als eine Tracheenkapillare verläuft. Fig. 7 und 9. Ungleichmäßig geschwärzte Tracheenendzellen. Fig. 8. Durch Kalilauge aufgehellte Tracheenendzellen, den Verlauf der Kapil- laren am deutlichsten zeigend. Fig. 40. Nach totaler Auflösung der Tracheenendzellen hinterbleibendes Tra- cheenendästchen mit Kapillaren. Fig. 44. Intensiv geschwärzte Tracheenendzelle mit der Andeutung einer diffe- renzirten Oberflächenschicht (a). Fig. 42 und 43. Tracheenstücke aus den lateralen Leuchtknollen der Weibchen von Lampyrissplendidula. Vergr. 550. Fig. 44 und 45. Tracheenstücke aus den Leuchtknollen der Larve von Lampyris noctiluca. Fig. 44 550mal, Fig. 45 235mal vergrößert. Fig. 46. Ein auf der Leuchtknolle der Larve von Lampyris noctiluca liegender starker Tracheenzweig mit (durch Osmium) gebräunter, üppiger Matrix. Vergr. 235. ma, Matrix; n, Zellkerne derselben. Fig. 47—49. Tracheenendzellen aus der Oberfläche der Fettkörperlappen und anderen inneren Organen von Lampyris splendidula. Fig. 47 und 48. Vergr. 235. Fig. 49. Vergr. 550. Fig. 20. Anastomosirende Tracheenkapillaren aus den ventralen Leuchtplatten von Lampyris splendidula. Nach Behandlung mit Kalilauge gezeichnet. Verg. 550. Fig. 24 und 22. Zellen aus dem Parenchym der Leuchtorgane von Lampyris splendidula in ihrem Verhalten zu den Tracheenkapillaren. In Fig. 24 sieht man die Vereinigung (Anastomosen) der von allen Seiten her kommenden Kapillaren. Vergr. 550. Fig. 233 a—c und Fig. 24. Verschiedene Tracheenstücke (aus geschlechtsreifen Individuen wie auch Larven beider Species) mit den sich an dieselben ansetzenden Bindegewebsfädchen. ir, Tracheenintima ; pe, Peritonealhaut der Trachee; bd, Bindegewebsfädchen. Fig. 25. Tracheenstück in Verbindung mit einem Nerven. Vergr. 235. Fig. 26. Drei neben einander liegende und durch Tracheenendzellen verbun- dene Fettkörperballen. Osmiumsäurepräparat. Die krystallinischen Konkremente extrahirt. Studien über die Lampyriden. 427 Fig. 27. Tracheengeflecht von der Oberfläche der männlichen Drüsen von Lampyris splendidula. Tracheenendzellen. Kapillaren. Bei a verbreiterte Matrix. Osmiumsäurepräparat. Vergr. 550. Fig. 38. Tracheenendstück aus der Seitenregion des Abdomens der Larve von Lampyrissplendidula. Vergr. 550. a, verbreitertes Tracheenende; bd, Bindegewebsfädchen (? vielleicht im Inneren feine Chitinröhrchen ent- haltend); Fig. 29. Ein Nervenendstück aus der lateralen Leuchtknolle von Lampyris splendidula, mit den damit verbundenen Parenchymzellen. Vergr. 235. Fig. 30. Eine einzige » Leuchtzelle« mit dem Nervenfädchen und zwei Stücken von Tracheenkapillaren. Vergr. 550. ne, Nerv; ir, Tracheenkapillaren. Fig. 34 a und b. Unbekannte Nervenendigungen aus dem Körper der Lampyris noctiluca. ne, Nervenstück ; m, zellige, vielkernige (vielleicht freie Nervenenden darstellende) Gebilde, welche in (a) den ganzen Seitenast des Nervenstückes dicht besetzen. Vergr. 550. Fig. 32. Knollenförmige Verdickung eines an eine Kopftrachee herantretenden Nerven der Larve von Lampyrisnoctiluca. N, Nervenast; ir, Tracheenintima; ma, Tracheenmatrix; n, Zellkerne. Fig. 33. Verschieden große Fettkörperballen aus der Leibeshöhle des Weibchens von Lampyrisnoctiluca. Vergr. 235. Alkoholpräparat. n, Zellkerne; f, Fetttropfen ; Gm Drachee. Fig. 34. Netzförmig durch Bindegewebsstränge mit einander verbundene Fett- körperballen aus der erwachsenen Larve von Lampyris noctiluca. Vergr. 235. Fig. 35. Theil einesQuerschnittes durch das Abdomen einer erwachsenen Larve von Lampyris noctiluca. Oberer Seitenzipfel des Körpers. Alkoholpräparat. Ver- größerung 235. Cu, äußere Chitinhaut; B, hypodermales Chitingerüst; Hy, protoplasmatische Hypodermis mit Zellkernen; T, Tastzellen; N, mit letzteren verbundene Nervenfädchen ; F, dicht an einander gepresste, einzelne kernhaltige Zellenterritorien auf- weisende Fettkörperballen. Fig. 36. Ein Tracheenästchen aus dem Seitentheile des Abdomens eines weib- ‚ lichen Individuums von Lampyris splendidula, mit seinen Verzweigungen " und durch letztere resp. feine Bindegewebsfädchen befestigten großen Zellen. Ver- N größerung 335. Osmium-Alkoholpräparat. Ma, Tracheenmatrix; Ca, Tracheenkapillaren (durchweg doppelt konturirt und hell gehalten); Bd, Bindegewebsfädchen (durchweg dunkel gehalten); Z, große Zellen; N, Zellkerne derselben. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XXXVII. Bd. 29 4238 Heinrich Ritter v. Wielowiejski, Studien über die Lampyriden. Fig. 37 a und b. Zwei »große Zellen« in ihrem Zusammenhang mit Tracheen dargestellt. Vergr. 550. Osmiumsäurepräparat. Tr, Trachee; Trz, Tracheenendzellen (hier nur mit einem »Fortsatz «); Ca, Tracheenkapillare, in (d) eine Schlinge um die hier aus ihrer ur- sprünglichen Lage verschobene Zelle; Bd, zur Befestigung der Zelle an die Tracheenmatrix dienende Bindege- websfädchen. In a sind sie sehr kurz, fast nur durch eine Ausstülpung der Zellmembran dargestellt. Fig. 37 c. Zwei solche Zellen dem Verbindungsfaden zweier Feitkörperlappen der Larve von Lampyrisnoctiluca aufsitzend. Fig. 37 d. Eine mit mehreren Fortsätzen der Membran versehene Zelle. Ver- größerung 550. Fig. 38. Drei mit einander verklebte große Zellen aus der Leibeshöhle der Larve von Lampyris noctiluca. Vergr. 235. Fig. 39. Ein Fettkörperballen des Weibchens von Lampyris noctiluca mit einer »großen Zelle« verbunden. Vergr. 235. Fig. 40. Stück der Hypodermis eines weiblichen Individuums von Lampyris splendidula, mit Nervenausbreitung und Tastzellen. Osmiumsäurepräparat. Färbung mit Hämatoxylin. Vergr. 235. N, Nerv; T, Tastzellen;; Tb, Tastborsten; Hy, deutlich unterscheidbare Hypodermiszellen mit ihren Kernen. Fig. 44. Stärker durch Osmium afficirte Tastzellen. Vergr. 235. P, schwarze runde Osmiumniederschläge. Fig. 42. Oberflächenansicht der Haut der erwachsenen Larve von Lampyris noctiluca. Vergr. 50. Fig. 43. Innerer Theil eines Querschnittes durch den Mastdarm einer Larve von Lampyris noctiluca. Vergr. 235. a, Ringmuskel; b, zellige Auskleidung des Darmes; c, Chitinauskleidung mit Tasthaaren. Fig. 44 (I-II). Senkrechte Schnitte durch die Haut der Larve von Lampyris noctiluca. Vergr. 232. (I/in der Herzgegend.) a, den Tasthaaren korrespondirende Unterhautzellen mit ihren als Nerven- fädchen gedeuteten Ausläufern ; b, chitinöses Gerüst der Unterhaut; c, innere, tief schwarze, undurchsichtige Schicht der Cuticula; d, äußere, durchsichtigere und mit Warzen versehene Schicht derselben ; e, ein Dorsoventralmuskel ; f, Fettkörperballen (in Umrissen); h, Herz; i, eigenthümliche Verdickung der hier durchsichtigen, hellgelb gefärbten Chitinschicht. Fig. 45. Einige Muskelfasern aus dem Körper der Lampyris splendidula (@) mit deutlich hervortretenden Resten der Bildungszellen. Vergr. 235. Fig. 46. In Auflösung begriffene Harnsäurekonkremente aus dem Fettkörper von Lampyris splendidula. Vergr. 550. Berichtigung. Aufp. 354 Z.3 v. u. lies: Lophins statt: Lophius. Über Knochenverdickungen am skelette von Knochenfischen. Von Max Köstler. Mit Tafel XXV, Vorliegende Arbeit wurde im zoologischen Institute der Universität München begonnen und im histologischen beendigt. Meinen hochverehr- ten Lehrern Herrn Geheimrath v. SıesoLp und Herrn Professor KuPprrEr sei hier an erster Stelle der Dank ausgesprochen sowohl für die rege Theilnahme, welche sie meiner Arbeit widmeten, als auch für die Unter- stützungen mannigfachster Art, welche sie mir bei derselben angedeihen ließen. Das Skelett der Fische zeigt größere Mannigfaltigkeit in Bezug auf Form und Aufbau, als das irgend einer anderen Wirbelthierklasse. Von den einfachsten, primitivsten Verhältnissen durchläuft es eine lange Reihe von Entwicklungsstadien, bis es endlich die höher entwickelte, den Knochenfischen eigene Gestalt erhält. Außer den wesentlichsten Bestandtheilen des Skelettes der Knochenfische, die zum größten Theil bei allen Individuen, wenn auch in variabler Gestalt und Größe wieder- kehren, finden sich in dieser Ordnung an einzelnen Arten ganz eigen- _ thümliche Knochenbildungen, wie wir sie weder bei einer anderen Ord- nung der Fische, noch auch in ähnlicher Weise bei einer anderen Klasse der Wirbelthiere beobachten können. Fast jeder Theil des Skelettes kann Träger einer solchen Knochen- bildung sein. Am Kopfe sind bei einigen Arten nicht nur einzelne Knochen verdickt, sondern es finden sich ganz merkwürdige helm- formige Stücke auf das Schädeldach aufgelagert. Wirbel sind theils alle, theils einzelne zuweilen so verdickt, dass ihre wirkliche Gestalt gar nicht mehr erkenntlich ist. Rippen und Dornfortsätze verdicken und verlängern sich und bieten gekrümmt und gebogen ein eigenthümliches 29* 430 Max Köstler, Aussehen dar. An den Flossenträgern der After- und Rückenflosse zeigen sich uns sehr häufig runde oder birnförmige Auswüchse, die ganz gewaltige Dimensionen anzunehmen im Stande sind. Auch der Schulter- gürtel kann solche Verdickung aufweisen, indem die Glavicula ihre ur- sprüngliche Gestalt verlassend bedeutend am Volumen zunimmt. Diese Verdickungen schon vorhandener Knochen oder diese Neu- bildungen von Knochenstücken im Zusammenhange mit vorhandenen Skeleittheilen sind erblich geworden. Es scheinen also diese patho- logischen Gebilde Monstrositäten zu sein, die persistirten, sich auf die Nachkommen übertrugen und jetzt ein bleibendes Merkmal der Art ge- worden sind. Wie schon erwähnt, finden sich solche Knochenverdickungen wie bei Knochenfischen weder bei einer anderen Ordnung der Fische, noch in einer anderen Wirbelthierklasse. Die bei Säugethieren !', Vögeln? und und Reptilien ! bekannten Hyperostosen unterscheiden sich dadurch von denen bei Fischen, dass sie nie erblich sind, dass sie ferner diese außer- ordentliche Größe im Verhältnisse zum übrigen Skelette nie besitzen, dass sie endlich hinsichtlich des histologischen Baues keine solch charak- teristische Abweichungen erkennen lassen. Wenn wir uns nun umsehen, welchen Familien die Träger dieser monströsen Knochenbildungen angehören, so sind es zunächst zwei große Gruppen, Unterordnungen, die der Acanthopteri und die der Anacanthini. Die Acanthopteri sind Hariflosser mit kammförmigen Kiemen, mei- stens mit getrennten unteren Schlundknochen und brusiständigen, selten kehl- oder bauchständigen Bauchflossen. Eine Luftblase ist meistens vorhanden, nie aber besitzt dieselbe einen Luftgang. In der Familie der Anacanthini, die ja ohnehin kleiner ist, finden wir weniger der hier zu besprechenden Formen. Die Anacanthini sind Weichflossenstrahler mit meist kehlständigen Bauchflossen. | Hinsichtlich des inneren Baues schließen sie sich enge den Acaniho- pteri an. Die Schwimmblase ist ebenfalls immer ohne Luftgang. Zu der Unterordnung der Acanthopteri gehört die Familie der Squamipennes oder Schuppenflosser. Da die meisten der fossilen Über- reste und der noch jetzt vorkommenden Hyperostosen Fischen aus dieser 1 PAUL GERVAIS, De l’hyperostose chez l’homme et chez les animaux, In: Journal. de Zoologie par P. Grrvaıs. Tome IV. No. I. Paris 4875. p. 272. 2 O. LArcHER, M&moire pour servir A !’histoire des aflfections des organes de la locomotion chez les oisseaux. In Journal de l’anatomie et de la physiologie normales et pathologiques de !’homme et des animaux par CHARLES Ropın. XI. annee. Paris 1875. DB. 224, Über Knochenverdickungen am Skelette von Knochenfischen. A431 Familie zuzuschreiben sind, so möge dieselbe hier einer näheren Be- trachtung unterzogen sein. Die Squamipennes besitzen einen seitlich stark komprimirten, hohen, ovalen oder rundlichen Leib. Der ganze Körper, so wie die Flossen sind mit Schuppen — Ctenoidschuppen — bedeckt. Die Bauch- flossen sind brustständig und stehen unter den Brustflossen. Der Kopf ist klein, zuweilen schnauzenförmig verlängert und enthält in den Kie- fern meist lange, biegsame Borstenzähnchen. Seltener finden sich diese am Gaumen. Es sind dies lebhaft gefärbte Fische, die die tropischen Meere bevölkern und schon frühe wegen ihrer Farbenpracht die Aufmerk- samkeit der Reisenden auf sich zogen. Ferner haben wir es hier noch mit Vertretern folgender Familien zu thun: Familie der Barsche (Percidae), der Berycidae, Sparidae oder Meer- brassen, Scianidae oder Umberfische, Trichiuridae, Scomberidae oder Makrelen. In der Unterordnung der Anacanthini ist als hierhergehörig die Familie der Gadidae oder Schellfische zu erwähnen. P. J. van BEnEDEN ! beschreibt in einer vor Kurzem erschienenen Abhandlung diese »corps enigmatiques«, die sich in einer Ablagerung in der Nähe von Antwerpen fossil finden. Man könnte auf den ersten Blick, berichtet der oben genannte Autor, einige von diesen Stücken für pflanzliche Überreste, andere für thierische, eiwa für Kalkschwämme, für Zähne oder Knochen von Cetaceen halten. Bei näherer Betrachtung der Form und genauer Untersuchung der Struktur ergiebt sich, dass diese räthselhaften Körper nichts Anderes als eigenthümliche Knochenbildungen von Fischen sind. Es ist also zu- nächst die auffallende, sehr verschiedene Gestalt, dann der oft mangel- hafte Erhaltungszustand fossiler Reste, was die Bestimmung dieser Stücke erschwert und endlich der Umstand, dass von allen Squamipennes, die _ als Nahrung für die gefräßigen Plagiostomen, von deren Anwesenheit ‚viele Überreste zeugen, sehr zahlreich vorhanden gewesen sein müssen, nur die Knochenverdickungen allein vom ganzen Skelette übrig ge- blieben sind. Da jede der verschiedenen Formen durch mehrere Exemplare ver- treten ist, so nimmt vAn BENEDEN an, dass sie von Fischen verschiedener Arten herrühren und hat denseiben auch verschiedene Namen gegeben. 1 P. J. van BENEDEN, Sur un poisson fossile nouveau des environs de Bruxelles et sur certains corps &nigmatiques du crag d’Anvers. In Bulletins de !’Academie royale de Belgique. IIIme serie. tome I. no. 2. 4884. 432 Max Köstler, Bei der folgenden Betrachtung der fossil vorkommenden Knochen- sticke mögen zunächst nur die makroskopischen Verhältnisse bertick- sichtigt werden. : Platax cuneus trug auf dem Kopfe einen keilförmigen Aufsatz. Die Form dieser Hyperostose kann man sich aus einem vierseitigen Keil da- durch entstanden denken, dass zwei gegenüber liegende Seiten über die Kanten hinaus sich verlängern und sich krümmen, so dass sie dann zwei gemeinschaftliche Kanten bekommen, die anderen gegenüberliegen- den Seiten werden hierdurch verschwinden. Die dritte Seite mit der das Stück auf dem Kopfe saß ist in dem jetzigen Erhaltungszustande schwach konvex. Nach dieser Beschreibung entsteht ein Körper, dessen Horizontalschnitt linsenförmig, dessen Vertikalschnitt dem eines Keiles mit gewölbter Deckfläche gleicht. Vier oder fünf Exemplare dieser Art wurden gefunden und es stimmten sämmtliche nicht nur an Gestalt, sondern auch an Größe über- ein. Die Länge des Horizontalschnittes beträgt etwa 4 cm, die Breite desselben 3 cm. Der Schnitt wurde nahe an der Basis geführt. Drei Stücke von ganz bedeutender Größe schreibt van BENEDEN einem Platax physeteroides zu, wegen ihrer großen Ähnlichkeit mit Physeterzähnen. Ihre Strukturverhältnisse und eine tiefe Furche, die von einem Ende zum anderen das ganze Stück der Länge nach durch- zieht, beweisen, dass wir es hier nicht mit Zähnen, sondern mit Knochen- stücken zu thun haben, die nicht Theile des normalen, regelmäßigen Fischskelettes sind, sondern die jenen eigenthümlichen Bildungen zuzu- zählen sind, deren Betrachtung Zweck dieser Zeilen ist. Die bedeutenden Dimensionen des Knochens (Länge 12 cm, Breite 5 cm) weisen darauf hin, dass er jedenfalls einem sehr großen Fische aus der Familie der Squamipennes angehörte, dessen Schädel er wahr- scheinlich aufgelagert war. Eine Ähnlichkeit mit einer Mütze, man könnte fast sagen mit einer phrygischen Mütze, zeigen mehrere Stücke, die in der gleichen Gegend wie die früheren gefunden wurden. Ihre Größe ist etwa der eines mittleren Apfels gleich. Weniger zweifelhaft als im vorigen Falle er- scheint es, dass wir es hier mit einer Hyperostose zu thun haben, die den Kopf des von van BENEDEN Platax pileum genannten Fisches zierte. Eine eigenthümliche Form zeigt ein Knochen, der mit keinem der anderen gefundenen Stücke an Gestalt übereinstimmt. Wir sehen einen 8—9 cm langen, schwach kantigen, etwas ge- bogenen Stab, von 1,5 cm Dicke. An der konvexen Seite zieht sich der ganzen Länge nach eine Rinne hin. Welchem Theile des Skelettes von Platax costatus dieses Stück angehörte, lässt sich wohl schwer sagen. Über Knochenverdickungen am Skelette von Knochenfischen. 433 Seine Form spricht wenig für die Annahme, dass es den Schädel eines Fisches bedeckte; viel eher lässt sich annehmen, dass es ein Bruchstück eines bedeutend verlängerten, verdickten und gekrümmten Flossen- sirahles der Rückenflosse ist, wie wir solche an dem recenten Zeus faber sehen können. Etwa 20 Stücke haben Ähnlichkeit mit dem von PauL Gervaıs für Pagrus unicolor beschriebenen, später zu besprechenden Kopfaufsatz. Pagrus pileatus heißt van BEneDen den Träger dieser Hyperostose. Diese Stücke stimmen nicht wie die früheren an Größe, wohl aber an Gestalt überein. Sie haben Ähnlichkeit mit dem Horn eines Rhinozeros. An der Spitze etwas abgestumpft, nach einer Seite gebogen und an der Basis ausgehöhlt, saßen diese Stücke auf dem Schädel des Fisches, denselben entweder vollständig bedeckend, so dass die Ver- tiefung an der Basis die Wölbung des Schädeldaches aufnahm, oder nur mit einer dem Kopfe unmittelbar aufsitzenden, oben abgerundeten Knochenverdickung in Beziehung tretend. In der Familie der Sparidae besaß Pagrus torus eine kammförmige Knochenbildung. Dieselbe besitzt eine Länge von 15 cm und in besse- rem Erhaltungszustande das Aussehen eines Kammes, dessen Kanten und Ecken und dessen Zähne durch häufigen Gebrauch abgestumpft sind. In schlechterem Erhaltungszustande, in dem sich auch mehrere Stücke vorfanden, sehen wir einen Wulst vor uns, dessen oberste Seite benagt erscheint. Dieser Fisch muss der Länge der Hyperostose nach, die wahrscheinlich dem Schädel aufgelagert war, von ganz bedeutender Größe gewesen sein. Alle bis jetzt betrachteten Knochenverdickungen sind nach van BENE- DEN’S Ansicht zum Schädel gehörig und es lässt sich auch der Form nach bei der Mehrzahl keine andere Lage denken. Auch die große Ähnlich- keit mit solchen Knochenbildungen bei recenten Thieren spricht für diese Annahme. Fossil sind außer den Verdickungen auf und am Schädel auch noch solche an den Wirbeln und am Schultergürtel bekannt. Bei Caranx carangopsis, einem Fische aus der Gruppe der Acan- thopteri und der Familie der Scomberidae fand STEInDAcHnER ! die Wir- bel mit Ausnahme der vordersten und einiger der letzten Schwanzwirbel derart verdickt, dass sie von allen Seiten von Knochenmasse umlagert erscheinen, und dass ihre wirkliche Form gar nicht mehr erkannt werden 1 STEINDACHNER, Beiträge zur Kenntnis der fossilen Fischfauna Österreichs. In: Sitzungsber. der math.-naturw. Klasse der k. Akademie der Wissensch. zu Wien. XXXVII. Bd. 1859. (Separatabdr. p. 16.) 434 Max Köstler, kann. Sie gleichen einer mehr oder weniger rundlichen, fast eiförmigen Masse, welche seitlich etwas zusammengedrückt ist. Bei dem wievielten Wirbel diese außerordentliche Bildung beginne, wo sie ihren Höhepunkt erreiche, wo sie wieder abnehme, lässt sich nicht mit Gewissheit sagen, da sich die Knochen dieses Fisches fast ausschließlich lose und zerstreut im Hernalser Tegel unweit Wien finden. Die Rippen sind nur wenig gekrümmt und zeigen alle Übergänge von der normalen Form zu einer verdickten, cylindrischen. Der Flossen- träger des ersten Strahles der Rückenflosse, berichtet STEINDACHNER, zeigt die abnormste Gestalt und wäre unmöglich als solcher zu erken- nen, wenn nicht der recente Caranx carangus einen ähnlichen Träger hätte. Er zeigt im Allgemeinen die Form einer Halbkugel, nur ist er vorn und unten in einen stumpfen Winkel ausgezogen, von welchem aus eine kleine dreieckige Fläche nach rück- und aufwärts geht, die die Begrenzung dieses Knochens bildet. Wahrscheinlich waren an diesem Fische auch noch andere Skeletttheile verdickt, analog dem recenten Caranx carangus. Das vollständige Fehlen wichtiger Stücke oder der schlechte Erhaltungszustand mehrerer lässt dieses nicht mit Bestimmi- heit feststellen. Der Vollständigkeit halber mag hier noch erwähnt sein, dass WoopwArD in seinem Grundriss der Geologie Norfolks Knochenstücke beschreibt, die Ähnlichkeit mit den von van Benepen Platax physeteroi- des genannten besitzen. Dieselben befinden sich im britischen Museum. Näheres darüber zu erfahren war mir unmöglich, da Woonwarv’s Werk: »An Outline of the geology of Norfolk « für mich nicht zugänglich war. Diese besprochenen fossilen Hyperostosen mögen wohl nur einen verschwindend kleinen Bruchtheil dieser Fälle ausmachen. Es sind wahrscheinlich nur die größten und merkwürdigsten Formen beschrie- ben worden; die kleineren minder auffälligen Stücke sind wohl häufig unbeachtet geblieben oder möglicherweise auch Bnnjehike gedeutet worden. Zahlreicher als fossil finden wir diese Hyperostosen an recenten Fischen, und da sie mit dem Skelette vereinigt sind, geben sie nicht zu solch nesohen Irrungen Veranlassung und be nicht die Schwie- rigkeit des Bestimmens wie die fossilen. Anders gestaltet sich allerdings das Verhältnis, wenn sie vom Skelette getrennt, eiwa von der See ans Ufer geschwemmt, sich vorfinden; Über Knochenverdickungen am Skelette von Knochenfischen. 435 in diesem Falle wusste man oft lange nichts mit ihnen anzufangen und kam in Folge dessen auf die abenteuerlichsten Einfälle. Einen Beleg hierfür bietet das sogenannte os Wormianum. Neben anderen monströsen Bildungen ist bei Ephippus gigas und Chaetodon arthriticus der erste Flossenträger der Afterflosse mit einer bald der Kugelform sich nähernden, bald mehr cylindrischen Verdickung versehen. Orıus Worm? beschreibt in seinem Werke »Museum Wormianum « die Sehenswürdigkeiten seiner Sammlung und darunter auch einen Knochen, der die Gestalt einer am Boden sitzenden Maus hat. Am vorderen Ende befinden sich zwei bewegliche Schnäbel, von denen der kleinere oberhalb, der größere unterhalb angefügt ist. Der Körper selbst ist dick, kugelförmig und fast von der Größe eines Hühnereies. Auf der unteren Seite läuft eine Furche vom vorderen Ende bis zu dem des Schwanzes. ' Worn ist davon überzeugt, dass er einen Knochen vor sich hat; von welchem Thiere er stammt und zu welchem Skeletttheile er gehört, ver- mag er nicht anzugeben. Unwahrscheinlich aber erscheint ihm die Annahme, dieses Stück sei aus dem Kopfe eines Fisches Remora und habe dort als Stütze für den Saugapparat gedient, mit dem sich dieser Fisch an die Schiffe fest- heftet. Der Kopf des Remora dünkt Worum zu klein, um diesen großen Knochen aufnehmen zu können. In der Kunstkammer der fürstlichen Residenz Gottorff wurde auch dieser merkwürdige Knochen aufbewahri. Der Bibliothekar und Anti- quar dieser Sammlung Avam OLzarıus 2 beschreibt das Exemplar, weiß es nicht zu deuten, sondern giebt nur der Vermuthung Raum, »es könne in der Erde generiret sein, da die Naturkündigen schreiben, dass unterschiedliche Knochen in der Erde wachsen sollen «. OLIGER JacoBAEUS 3 liefert eine kurze Beschreibung und eine Ab- bildung des Knochens und berichtet hierzu, derselbe würde dem Fische Remora zugeschrieben und desshalb os Remorae genannt. Wırtam Beır’s* Angaben über diese eigenthümliche Bildung an dem ersten Flossenträger der Afterflosse stützen sich auf die Zergliederung eines Chaetodon. Als er dieselbe zum ersten Mal sah, glaubte er, es 1 Museum Wormianum. Lugdini Batavorum 4655. p. 270. 2 Die Gottorffische Kunstkammer, beschrieben durch Apam OrEArıum. Schles- wig 1666. p. 20. ® Museum regium. Descript. ab OLıGERo JAcoBAEO. Hafniae 1696. p. 18. 4 WırLam BEL, Description of a species of Chaetodon, called by the Malays »Ecan Bonna«. In: Phil. Transact. 1793. p. 7. 436 Max Köstler, wäre eine krankhafte Bildung an dem ihm vorliegenden Thiere. Bei der Untersuchung mehrerer Exemplare fand er aber immer wieder die gleiche Erscheinung und auch die Fischer versicherten -ihn, dass sich einige Knochen immer in der gleichen monströsen Gestalt vorfänden ; hieraus zog Ber den Schluss, dass diese Hyperostosen Eigenthümlich- keiten der Art wären. Die Frage, welcher Vortheil hieraus für das Thier entstehe, legt er sich auch vor, vermag sie aber nur schwer zu beant- worten. Er vermuthet, diese Knochenauswüchse böten den Muskeln größere Ansatzstellen und vermehrten so deren Leistungsfähigkeit. Ferner berichtet Ber, diese Anschwellungen seien porös, mit Öl gefüllt und so weich, dass man sie mit einem Messer schneiden kann. Mit den beiden letzten Angaben stimmen die Beobachtungen der wenig- sten Autoren überein. Eine genaue Beschreibung des os Wormianum liefert GOTTHELF Fischer ! in Reır’s Archiv für die Physiologie. Derselbe schenkt der eigenthümlichen Artikulation der Afterflossen mit der Anschwellung des Flossenträgers besondere Aufmerksamkeit. Dieselbe geschieht durch Ringe, die in einander greifen, so dass man den kleineren Knochen von dem größeren nicht trennen kann, ohne einen der Ringe abzubrechen. Da dies meistens der Fall ist, so sieht man sehr häufig nur die zwei Ge- lenkknöpfe, selten aber die beiden Ringe. GOTTLOB SCHNEIDER ? erwähnt ebenfalls einen Ghaetodon arthriticus sive plumbeus, dessen Flossenträger sowohl der Afterflosse als der Rückenflosse Verdickungen tragen; am auffälligsten schien ihm die des ersten Flossenträgers der Afterflosse. MEckEL® schreibt in seiner vergleichenden Anatomie: »Bei einer Chaetodonart (Chaetodon arthriticus) finden sich: 4) an dem oberen Ende des ersten oberen Nebendornes; 2) an vier der oberen Dornen der hinteren Hälfte ungefähr in der Mitte ihrer Länge, doch etwas weiter nach oben, so dass sich immer zwischen je zwei, auf diese Weise ge- bildete eine gewöhnliche legt; 3) an dem unteren Ende des sehr langen, ersten unteren Dorns und der Mitte eines der letzten sehr starke, rund- liche, schwammige, weiche mit öligem Mark gefüllte Anschwellungen, von welchen die oberen und hinteren unteren ungefähr die Hälfte, die vordere untere ungefähr ein Viertel der Länge des ganzen Dornes betragen. Nach der ausdrücklichen Angabe der Beobachter kommen sie an allen 1 Ein Brief an Professor von BLUMENBACH von G. FIscHEr. In: Reın's Archiv für die Physiologie. IV. Bd. p. 89. Halle 1800. 2 M.E. Brocat, Systema Ichthyologiae. Ed. J. G. Scuneiper. Berolini 4804. 3 J. F. MEcKEL, System der vergleichenden Anatomie. II. Theil. I. Abth. Halle 1824. pP. 237. Über Knochenverdiekungen am Skelette von Knochenfischen. 437 ' Fischen derselben Art und immer an denselben Knochen vor. Ihr Ein- fluss auf die Lebensweise ist unbekannt, vielleicht Null, wenigstens - kaum von Bedeutung auf die langsame Bewegungsweise des Fisches, ‘ die bei mehreren vorkommt, ohne dass das Skelett auf diese Art ab- _ weicht. Ein Ersatz für die dadurch etwas vermehrte Schwere ist in- ‚ dessen vielleicht die ansehnliche Größe der Schwimmblase.« | Auch Bensamın Worr!, dem außer einigen Exemplaren des os ' Wormianum noch ein in Weingeist konservirter Ghaetodon zur Ver- fügung stand, unterzog dessen verdickte Knochen einer eingehenden Besprechung. Die Bestimmung des Fisches ist nach Guvıer, welcher Wour's Ar- beit in seiner »Histoire naturelle des poissons« erwähnt, unrichtig; Worr nennt das von ihm besprochene Exemplar, cheinuet durch dessen geringe Körpergröße verleitet, Chaetodon faber ; Cuvıer bemerkt ' hierauf, Chaetodon faber habe nie monströse Knochenanschwellungen, und durch Vergleichung zweier Skelette verschiedener Arten, aber von ‚ gleicher Größe, sei er zu dem Schlusse gekommen, dass diese Ver- ' diekungen nicht Unterscheidungsmerkmale des Alters, sondern solche der Art sind. Bei der Zergliederung legt Worr das Hauptgewicht auf das os Wormianum ; er findet dasselbe sehr hart und bezeichnet dessen Struktur, die er’ an einem Querschnitte betrachtet, als porös. Im ' Übrigen verweist er auf die ausgezeichnete von G. Fıscurr gelieferte Beschreibung des Knochens und der Artikulation der Afterflosse mit ‚ demselben. Von der Verdickung der Crista des Schädels und der einiger Dorn- ' fortsätze macht WoLr nur kurze Erwähnung; ingleichen auch davon, ‚ dass bei Chaetodon glaucus sich ähnliche Knochenbildungen und, wenn ‚ auch weniger, bei Acanthurus monoceros vorfänden. | Cuvier ? liefert von den eigenthümlichen Bildungen am Skelette des ' Chaetodon arthriticus (Platax arthriticus, Platax noduleux) eine ausführ- ‚ liche Beschreibung. | Die dem Schädeldache aufsitzende Crista ist sehr hoch, drei- eckig und außerordentlich verdickt; die Verdickung ist am ondorei Rande etwas abgerundet, am hinteren kantig. Der erste Flossenträger ' der Rückenflosse schwillt plötzlich zu einer großen, ovalen, unregel- ı mäßig gestalteten Masse an, auf welcher der erste Strahl der Rücken- flosse eingelenkt ist. Das os Wormianum findet sich in der schon N 1 BENJAMInUS WOLF, De osse peculiari Wormio dicto. Diss. inaug. medica. Bero- lini 1824, 2 CuviER et VALENCIENNES, Histoire naturelle des poissons. Paris 1834. T. VII. p. 421. 438 Max Köstler, beschriebenen Form. Auch Cuvıer fand den Knochen mit Öl gefüllt und mit einem Messer schneidbar. Ferner bezweifelt derselbe Autor nicht, dass alle jene merkwürdigen Knochenbildungen, die so häufig in Natu- ralienkabinetten gezeigt werden, wohin sie von Reisenden, die das Fleisch dieser Fische in Indien aßen, gebracht wurden, und die bis auf Ber nie richtig gedeutet wurden, dem Chaetodon arthriticus oder dem Ephippus gigas angehören. Pıur GervaIs! giebt zwei sehr gelungene Abbildungen von einer verdickten Schädelcrista und einem Flossenträger, der eine mehr lang- gestreckte, eylinderförmige Knochenanschwellung besitzt. Ob dieser letztere zur Rücken- oder Afterflosse gehört, lässt sich nicht mit Be- stimmtheit sagen. Nicht minder merkwürdig als das Skelett des Ephippus gigas ist das des Chaetodon arthriticus. Bei diesem Fische scheinen nur die An- schwellungen der Schädelcrista und des ersten Flossenträgers der After- flosse konstant zu sein. Solche an den Flossenträgern der Rückenflosse, an den oberen und unteren Dornfortsätzen, ferner sonstige Verdickungen am Schädel und an den Rippen scheinen zu variiren. CGuvier beschreibt Hyperostosen, die er an mehreren Exemplaren von Ephippus gigas fand. Er bespricht eingehend den helmförmigen Kopfaufsatz, das os Wormianum, bemerkt aber, dass wenigstens bei den von ihm untersuchten Individuen die Flossenträger der Rücken- flosse regelmäßig gestaltet waren. PıuL Gervaıs hat außer den beiden soeben erwähnten Anschwel- lungen noch eine solche am ersten Träger der Rückenflosse gesehen. Von Ephippus gigas besitzt die vergleichend-anatomische Samm- lung zu München ein herrliches Exemplar, das nicht nur monströse Knochenbildunger an und auf dem Schädel, sondern auch noch solche an den Rippen, dem bekannten Flossenträger, den unteren Dornfort- sätzen und an den Schlüsselbeinen trägt. ' Auf dem Schädeldache ist eine Knochenmasse aufgelagert, wie wir eine solche schon bei mehreren Arten sowohl fossil als recent fanden. Sie entsteht dadurch, dass die senkrechte Leiste, die bei vielen Fischen, mehr oder minder ausgebildet, auf dem os ocecipitale superius steht, und an die sich nach rückwärts, ebenfalls in der Medianebene, die Dornfort- sätze der Wirbelsäule anreihen, nicht nur außerordentlich hoch, sondern auch sehr breit und massig ist. Diese Crista erhält in diesem Falle die Gestalt eines gleichschenkligen Dreieckes, dessen ungleiche größte Seite mit dem Schädel zusammenfällt; nur an der Basis ist dieselbe in ihrer 1 P. GervAıs, De !’hyperostose chez l’homme et chez les animaux. In: Journal de Zoologie par P. GervAıs. Tome IV. Paris 4875. p. 453 und 456. Über Knochenverdickungen am Skelette von Knochenfischen. 439 ursprünglichen, normalen Dicke zu sehen; sonst ist sie in der Weise angeschwollen, dass sie von oben nach unten an Stärke zunimmt. Sämmtliche Rippen sind an dem gleichen Exemplare verdickt. An ihrer Ansatzstelle sind sie vollständig normal gestaltet, hierauf nehmen sie allmählich an Stärke zu, erreichen ihren Höhepunkt in der Mitte und nehmen dann wieder ab, so dass sie an ihrem ventralen Ende nichts mehr von einer außergewöhnlichen Bildung erkennen lassen. Jede Rippe erhält so das Aussehen einer etwas gebogenen Spindel. Der erste Flossenträger der Afterflosse, das os Wormianum, ist an seinem unteren Ende mit einer großen, man könnte sagen, fast birn- förmigen Masse versehen, welche an ihrem hinteren Ende eine Furche trägt, in die sich der erste untere Dornfortsatz und der Flossenträger des nächsten Flossenstrahles einfügen. Mit der Knochenanschwellung selbst artikuliren die zwei ersten Flossenstrahlen der Afterflosse, und zwar in einer solch eigenthümlichen Weise, dass sich auf dem Gebiete der vergleichenden Anatomie schwer- lich ein analoges Verhältnis finden dürfte. Die Artikulation geschieht durch Ringe, die in einander greifen; ferner haben sowohl die Flossenträger als die Flossenstrahlen je zwei Gelenkknöpfe, welche genau an einander anschließen und selbst in ihrer Mitte die Gelenkflächen bilden, aber die gegenseitigen Bogen auf- nehmen, auf welchen die Hauptbewegung zu beruhen scheint. Zwischen den Geienkknöpfen ist eine längliche Vertiefung, in welche die Bögen eingesenkt sind. Ohne dass ein Gelenkbogen ab- gebrochen ist, ist eine Bewegung nach links oder rechts undenkbar. Von der abenteuerlichen Form, welche die Berichterstatter des 17. und 18. Jahrhunderts diesem os Wormianum gaben, reducirt sich dieselbe auf das Maß eines — allerdings höchst sonderbar gebildeten — birn- oder keulenförmig verdickten Knochens, der außer durch seine kolossale Stärke noch durch die eigenthümliche Artikulation der ersten zwei Flossenstrahlen der Afterflosse unsere Aufmerksamkeit zu bean- spruchen berechtigt ist. Einige obere Dornfortsätze und fast alle unteren tragen an der Stelle, wo sie mit den Wirbeln zusammenbängen, etwa bohnengroße An- schwellungen; von diesen nähern sich einige der Kugelform, andere dagegen erscheinen mehr in die Länge gezogen und zeigen eher eine eylindrische Gestalt. Ob das Schlüsselbein an den früher beschriebenen Exemplaren vollständig normal war, oder ob die ganz bedeutende Knochenanschwellung an demselben immer übersehen wurde, vermag ich nicht zu sagen. An dem in Rede stehenden Ephippus gigas bietet die Clavicula von der Seite gesehen das Aussehen eines breiten flachen 440 Max Köstler, Knochens, wie wir solche bei den normalen Schlüsselbeinen vieler an- derer Fische ebenfalls sehen. Die ventrale Seite dagegen ist durch eine keulenartige Anschwellung derart verändert, dass das Schlüsselbein die Öffnung zwischen dem Kopfbrusistücke und dem Bauche bedeutend verengt. - Gegen das Ende der Clavicula zu, wo die rechte mit der linken in der Medianebene zusammenstößt, wächst allmählich die Hyperostose zu einer ganz enormen, starken Anschwellung an. Ä An dem besprochenen Exemplare sind die Hyperostosen von glei- cher Härte wie die übrigen Knochen. Dass durch die Schwere dieser riesigen Knochenmassen ein etwas langsameres Schwimmen des Fisches bedingt ist, ist sehr leicht mög- lich. Es entfernt sich der Ephippus gigas, berichten die Reisenden, nie weit vom Lande und wird von den Eingeborenen der langsamen Be- wegung halber »the old wife« genannt. Dieser Familie der Squamipennes, zu der außer Chaetodon arthri- ticus und Ephippus gigas noch die fossilen von P. J. van BEnEDENn Platax cuneus, physeteroides, pileum und costatus genannten Fische gehören, schließt sich die Familie der Sparidae oder Meerbrassen an, von der sich fossile und recente Repräsentanten vorfinden. Die Sparidae, zu denen die schon erwähnten Pagrus pileatus und torus und von den Fischen der Jetztzeit Pagrus unicolor und Pagellus lithognatus gehören, fallen durch ihren hohen, seitlich komprimirten Leib, der meist von großen, feingezähnelten Gtenoidschuppen bedeckt ist, auf. Die Zähne stehen selten im Gaumen und Vomer, gewöhnlich nur in den Kiefern. Die Rückenflosse ist lang, häufig in eine Furche zurücklegbar ; die Brust- und Bauchflossen zugespitzt, die ersten groß, zuweilen sichel- formig, die letzteren bauchständig. Pagrus unicolor aus dieser Familie ist nach Gervaıs! dadurch be- sonders merkwürdig, dass er auf dem Kopfe zwei getrennte, sich nur an einander anlegende Hyperostosen trägt. Die direkt auf dem Schädel aufsitzende entsteht wie bei Ephippus gigas durch die Verdickung der Crista des os occipitale superius und hat auch eine ähnliche Gestalt, wie die bei Ephippus beschriebene, nur mit der Ausnahme, dass ihr oberer nach rückwärts zu gelegener Theil etwas abgeplattet ist; an dieser Stelle setzt sich ein zweiter kleinerer Knochen an. Dieser hat die Form einer Olive, eine viel geringere Größe als der vorhin beschriebene und ist ebenfalls an der Berührungsstelle etwas abgeplattet. Damit man . Pat: Über Knochenverdickungen am Skelette von Knochenfischen. 441 sich eine Vorstellung von der bedeutenden Stärke der Hyperostosen machen kann, sei hier erwähnt, dass der größere eine Länge von 0,100 m, eine Höhe von 0,067 m und eine Dicke von 0,027 m besitzt. Des kleineren Knochens Länge beträgt 0,040 m, Höhe 0,024 m, Dicke 0,049 m. Über die Härte dieser Stücke, so wie darüber, ob noch an anderen Knochen sich Verdickungen vorfinden, fand ich nichts erwähnt. Bei Pagellus lithognatus haben wir eine von den bisherigen-Formen abweichende Bildung zu betrachten. Zu beiden Seiten des Kopfes in der Wangengegend befinden sich große, dreieckige Knochenstücke, die durch ein Ligament mit dem Schädel verbunden sind. Von außen ge- sehen stellt der Knochen ein ungleichseitiges konvexes Dreieck dar, das nach unten sich in ein zweites, kleineres fortsetzt, welches ebenfalls ganz unregelmäßig gestaltet, sich bis zur Höhe der Zähne des Unter- kiefers fortsetzt. Die innere Seite des Knochens ist bis auf eine kleine Erhebung, welche mit dem Zwischenkiefer in Beziehung zu stehen scheint, vollständig eben. Von der Familie der Trichiuridae weisen zwei Vertreter — Trichiu- rus lepturus und Lepidopus argyreus — Hyperostosen, wenn auch an ganz verschiedenen Theilen des Skelettes auf. Die Trichiuriden sind langgestreckte, seitlich komprimirte See- fische, deren Haut entweder nackt oder mit kleinen Schuppen bedeckt ist. In ihren Kiefern und am Gaumen haben sie starke Zähne. Die Rückenflosse und gewöhnlich auch die Afterflosse ist sehr lang, wäh- rend dagegen die Bauchflossen zuweilen rudimentär sind oder ganz fehlen. I Aus dieser Familie trägt Trichiurus lepturus auf dem Schädel einen großen Knochenaufsatz ähnlich dem bei Pagrus unicolor beschriebenen. Lepidopus argyreus hat an mehreren Flossenträgern der Rücken- flosse, an der Stelle, wo sich die Flossenstrahlen ansetzen, kugelige Anschwellungen von verschiedener Größe; zum Theil sind sie so groß wie eine Kirsche, zum Theil nur wie ein kleiner Kirschkern. Nicht an ‚ allen Flossenträgern finden sich diese Bildungen, und wo sie vorhanden, ‚ oft nicht in regelmäßiger Aufeinanderfolge. Auf einige Flossenträger mit | Hyperostosen folgen oft zwei oder drei ohne diese Bildungen. Obwohl ' die Flossenstrahlen direkt mit diesen Anschwellungen in Beziehung ‚ treten, konnte ich nie eine solche eigenthümliche Artikulation wie beim ' os Wormianum des Ephippus gigas wahrnehmen. Als charakteristisches Merkmal der Gattung Corvina führt Cuvier die bedeutende Größe und verdickte Form des zweiten Stachels der | Afterflosse an. 442 Max Köstler, Corvina gehört in die Familie der Sciaenidae oder Umberfische, welche einen zusammengedrückten, langgestreckten, mit Gtenoidschup- pen bedeckten Leib haben, und welche sich besonders durch die starke Entwicklung der Stacheln der ersten Rückenflosse — es sind zwei Rückenflossen vorhanden — und der Afterflosse auszeichnen. Von einer Serranusart aus der Familie der Percidae oder Barsche beschreibt Paur Gervaıs! Knochenanschwellungen, die sich auf dem Kopfe entwickeln, aber nicht auf gleiche Weise, wie das bei Pagrus, Ephippus und den übrigen beschriebenen Fischen der Fall ist. Wäh- rend sich bei diesen die auf dem os occipitale superius senkrecht stehende Leiste verdickt, schwillt bei jenen das os frontale derart an, dass es von oben gesehen die Form einer Halbkugel hat und von unten zwei halhkugelförmige Aushöhlungen zeigt, unter denen sich die Augen befinden. Aus der Familie der Scomberidae oder Makrelen sind auch zwei Arten in Bezug auf ihre eigenthümlichen Knochenbildungen zu be- sprechen. Diese Fische haben einen langgestreckten, zuweilen kom- primirten, zuweilen mehr spindelförmigen, mit kleinen Schuppen bedeckten Leib. Die Rückenflosse, aus einem Stachelstrahlentheil und einem weichstrahligen Theil bestehend, ist häufig sehr lang, vom Kopf bis zum Schwanz reichend und entweder so, dass diese beiden Theile zusammenhängen, oder dass der stachelstrahlige vom weichstrahligen getrennt ist, und dieser letztere kann sich dann auch in mehrere kleine Flossen zertheilen. Die Schwanzflosse ist meist tief halbmondförmig ausgeschnitten. Die Bauchflossen stehen an der Brust oder an der Kehle; selten fehlen sie. Von Caranx carangus befindet sich im k. k. zoologischen Kabinett zu Wien ein mehr als 4 Fuß langes Skelett, an dem viele Knochen anor- male Bildungen aufweisen. STEINDACHNER liefert in seinen Beiträgen zur fossilen Fischfauna Österreichs eine Beschreibung dieses recenten Fisches. Es sind anor- mal gestaltet: der Humerus (Clavicula GEsGEnBAuR) jedoch nur in seinem unteren Ende; die sogenannten Beckenknochen; der Flossenträger des ersten Strahles der ersten Dorsale; eben so derselbe Knochen der Anale, welcher zugleich mit dem verdickten Stützknochen dieser Flosse in eine Masse verschmolzen ist; die vier letzten der sieben Rippenpaare (dar- unter das vorletzte Paar am bedeutendsten, das letzte dagegen nur sehr wenig); endlich die oberen Bogenschenkel des fünften bis zwölften Wirbels, unter welchen wieder die des neunten Wirbels den größten 8 2 ].c. Über Knochenverdickungen am Skelette von Knochenfischen. 443 Umfang erreichen; die vor und hinter demselben liegenden Dornfort- sätze nähern sich, je weiter sie von demselben entfernt sind, immer mehr der regelmäßigen Gestalt. Zugleich ist zu erwähnen, dass bei Caranx carangus eben diese oberen Bogenschenkel an ihrer Basis und Spitze noch ganz regelmäßig gestaltet sind und nur im mittleren Drittel ihrer Höhe diese kugelähnliche Anschwellung liegt. Die erste der ver- dickten, cylindrischen Rippen, nämlich die vierte, gehört dem sechsten Wirbel an, welcher schon das zweite Paar der, von der regelmäßigen Bildung abweichenden, oberen Bogenschenkel trägt. Zeus faber besitzt einen sehr hohen, stark komprimirten Leib. Die Rückenflosse beginnt schon weit vorn und erstreckt sich bis in die Nähe der Schwanzflosse, eben so weit erstreckt sich auf der unteren Seite des Körpers die unmittelbar hinter dem After beginnende Afterflosse. Sowohl Rücken- als Afterflosse zerfallen in zwei Theile, einen stachel- strahligen und einen weichstrahligen, die aber nicht getrennt sind, son- dern zusammenhängen. Die Stachelstrahlen der Rückenflosse, gewöhn- lich neun, zeichnen sich durch ihre bedeutende Größe und Stärke und ihre Krümmungen aus. Dieselben neigen sich ganz unregelmäßig nach links oder rechts, manche sogar machen schwach schraubenförmige Krümmungen. An den drei Skeletten dieses Fisches, die mir zu Gebote standen, war an allen Stacheln diese Abnormität zu sehen. An der Rücken- und Afterflosse ziehen sich zu beiden Seiten, genau an der Stelle, wo der Flossenstrahl mit dem Flossenträger in Verbindung steht, nierenförmige Knochenhöcker, oft von beträchtlicher Dicke und Größe hin, von denen zwei gabelartige stachelförmige Fort- sätze ausgehen. Diese Knochenstücke sind nicht in konstanter Zahl vor- handen, auch nicht so, dass je einem Flossenträger mit Flossenstrahl je eine solche Knochenbildung entspräche, sondern es befinden sich zwischen zwei korrespondirenden Knochenhöckern zwei oder mehrere Strahlen mit Trägern. Die seitlichen Stücke sind zuweilen stark ver- dickt, so dass sie eine halbkugelförmige Gestalt besitzen, zuweilen ab- geplattet; konstant ist immer das Verhältnis, dass sie an der Rücken- flosse bedeutend stärker entwickelt sind als an der Afterflosse, an welcher sie zu einer sehr geringen Größe reducirt sein können. Eines auffallenden Verhältnisses muss hier noch gedacht werden: | Wie erwähnt zieht sich die Afterflosse vom After fast bis zur Schwanz- ‚ flosse, auf beiden Seiten von den besprochenen nierenförmigen Knochen- ‚ platten oder Höckern begleitet; diese ziehen aber, sobald die After- flosse aufhört, ohne dieselbe weiter bis zum Schädel, durch kleine ' horizontal liegende Knochentäfelchen verbunden und bilden so an der Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XXXVII. Ba. 30 444 Max Köstler, Bauchseite des Fisches eine Rinne, die nur am After zum Durchtritt des Enddarmes und der Geschlechtsorgane eine runde Öffnung besitzt. An diese Hyperostosen, die zum größten Theil im Zusammenhang mit dem Skelett betrachtet werden konnten, schließen sich jene an, die nur isolirt zur Untersuchung gelangten und bei denen es zuweilen un- möglich ist anzugeben, welchem Fisch oder welchem Skeletttheil eines solchen sie zuzutheilen sind. Gervaıs ! kaufte von einem Naturalienhändler ein Knochenstück von spindelförmiger Gestalt, das Ähnlichkeit mit dem bei Corvina beschrie- benen verdickten, zweiten Stachel der Afterflosse besaß und nur etwas größer in den Dimensionen war. Die mikroskopische Untersuchung er- gab unzweifelhaft die Zugehörigkeit zu einem Fischskelett. Zu welchem Theile aber, lässt sich nicht angeben. Derselbe Autor erhielt zur Bestimmung zwei Knochenstücke, welche die Form eines gebogenen Pfriemens besitzen und ungefähr 0,09 m lang sind. Ihre dickere Partie hat die Form einer Spindel, welche sich allmählich in einen Stachel auszieht. Die Struktur des Knochens ist porös, die denselben nach außen begrenzende Schicht aber stark und kompakt. Weichem Fisch und welchem Theil des Skelettes diese Stücke angehört haben mögen, ist schwer zu sagen ; in der Medianebene können sie nicht gelegen haben, da sie sich in keiner Weise in zwei symmetrische Hälften zerlegen lassen. Endlich sei noch ein Rückenwirbel erwähnt, der sich im Besitze von VALENCIENNES befand, und der jetzt im vergleichend-anatomischen Museum zu Paris gezeigt wird. Derselbe trägt eine Verdickung von der Größe und Gestalt eines Hühnereies, welche derart gelagert ist, dass der ganze Rückenmarkskanal verengt ist, und dass das Rückenmark eine bedeutende Kompression erfahren haben muss. Die Bildung dieser Wirbel erinnert an die vom fossilen Caranx carangopsis bekannten. Wenn auch nicht an Größe, so besitzen sie doch an Gestalt einigermaßen Ähnlichkeit. Zu dieser Besprechung der Hyperostosen bei Fischen dienten mir die hierzu passenden Objekte der sehr reichhaltigen vergleichend-ana- tomischen Sammlung zu München ; über Hyperostosen an Fischen, die sich nicht in dieser Sammlung befinden, lieferte mir eine ziemlich reichhaltige ältere und neuere Litteratur Beschreibung und Abbildung. Der so überaus interessanten und berechtigten Frage nach dem histologischen Baue dieser Hyperostosen konnte mittels der an Skeleiten in der oben erwähnten Sammlung befindlichen Knochenverdickungen entweder keine oder nur eine ungenügende Antwort zu Theil werden. 1 rc: Über Knochenverdickungen am Skelette von Knochenfischen. 445 Selbst wenn ein Theil eines solchen, meist zu den größten Seltenheiten gehörenden und daher nur einzeln vorhandenen Exemplars zum Zwecke einer mikroskopischen Untersuchung geopfert wurde, so konnte doch nur die Anordnung der anorganischen Bestandtheile gesehen werden, während die Weichtheile des Knochens durch die Maceration vollständig zerstört waren. Bei Merlucius vulgaris aus der Familie der Gadiden finden sich an den unteren Wirbelbogen (Haemalbogen) blasige, zum Theil ziemlich beträchtliche Anschwellungen. Auf ein anderes Beispiel von Knochenverdickung hatte mein hoch- verehrter Lehrer, Herr Geheimrath von SıEsoLD, die Güte mich aufmerk- sam zu machen. Beim Schellfische (Gadus aeglefinus) sind die Schlüsselbeine in ihrer vorderen, kopfwärts gelegenen Hälfte konisch, oft in einer ganz bedeutenden Stärke, verdickt. Da der Schellfisch in großer Menge in der Nordsee gefangen wird und während der kälteren Jahreszeit sehr zahlreich als Handelsartikel nach Süddeutschland versandt wird, so bot derselbe mir in seiner Clavicula das gewünschte Objekt zu einer histo- logischen Untersuchung. Ich konnte sowohl ganz frische Knochen ent- kalken und dann die Struktur der Weichgebilde am Schnitte unter- suchen, als auch von macerirten und getrockneten Stücken Schliffe anfertigen. Da uns ein Stück des Schultergürtels von Gadus ausschließlich be- schäftigen wird, so wird es zunächst nothwendig sein, festzustellen, welche Bedeutung diesem Stücke selbst und dem Schultergürtel der Fische zuzutheilen ist. Durch das Vorkommen untergeordneter Modifikationen einzelner Theile, durch das Fehlen oder die außergewöhnliche Entwicklung ein- zelner Stücke ist bei Fischen eine Mannigfaltigkeit in der Zusammen- setzung des Schultergürtels gegeben, wie solche bei keiner anderen Klasse der Wirbelthiere vorkommt. Derselbe besteht bei Knochenfischen aus paarigen Seitentheilen. Ein knöchernes Bogenstück bildet den Haupttheil und diesem schließen sich nach innen und hinten zwei bis drei andere knöcherne Stücke an. Diese sind selten knorpelig, auch selten kommt es vor, dass an ihre Stelle ein einziges, großes, knöcher- nes Stück tritt. Diese Theile sind ohne Gelenkverbindung an einander gelagert und nur mit dem hinteren Rande ist die Brustflosse beweglich verbunden. Diese Verbindungsstelle bildet die Grenze zwischen Schul- tergürtel und Extremität. Das größte und bedeutendste Stück des Schultergürtels, das in der Medianebene entweder mit dem der anderen Seite zusammenstößt oder sich mit demselben durch eine Naht ver- 30* 446 Max Köstler, bindet, wurde von den älteren Ichihyologen, wie von Gouvan, als Glavi- cula gedeutet. i Cuvırr ? widersprach dieser Deutung, indem er die Clavicula nach Gouan eher als Schulterblatt gedeutet wissen wollte. GEOFFROY ST. Hıraıre ? betrachtet den in Rede stehenden Knochen ebenfalls als Clavicula und zwar desshalb, weil er sich mit dem der anderen Seite verbindet, um sich an dieser Verbindungsstelle auf das Sternum zu stützen, während das andere Ende ein System von Knochen trägt, welches mit den Strahlen der Flossen endigt. Barker? deutet diesen stark entwickelten Knochen als Clavicula und Humerus und nennt ihn Coenosteon, da es ihm unwahrscheinlich erscheint, dass Carpus und Humerus mit einander verbunden wären, was aber der Fall sein müsste, wenn das Coenosteon nur die Glavicula allein darstellte. Cuvier 5 giebt die Anfangs ausgesprochene Ansicht auf, die Clavicula nach Govan wäre Schulterblatt, und bezeichnet diesen Knochen, der zwar in gewisser Beziehung die Rolle der Clavicula spielt, als Humerus. Owen 6 hält dieses Hauptstück des Schultergürtels für das Goracoid. MEckEL ? hingegen erklärt diesen Knochen für die Clavicula; das Gleiche thut auch Srtannıus®. Eben so verschieden wie über das Hauptstück sind die Ansichten über die übrigen Stücke des Schultergürtels. GEGENBAUR 9 unterscheidet drei verschiedene Formen an dem Schul- tergürtel der Fische: Die erste Form, repräsentirt bei den Ganoiden durch Accipenser und Polyodon, findet sich bei den Teleostiern nur bei den Welsen. Der gesammte primäre Schultergürtel bildet hier einen zusammenhängenden Knochenkomplex, der schon früh ossificirt und keinerlei knorpelige Theile unterscheiden lässt. Er liegt der Innen- und Hinterfläche der sehr mächtigen, im Allgemeinen die Form eines Säugethierunterkiefers 1 A. GouAn, Historia piscium. Argentorati 4770. p. 64. 2 G. Cuvızr, Vorlesungen über vergleichende Anat. I. Leipzig. 1809. p. 298. 3 GEOFFROY St. HıLaAıre, Annales du museum d’hist. nat. Vol. IX.. Paris 1817. p. 38i. * BAKKER, Osteographia piscium,. Groningae 1822. p. 90 und 410. 5 GuVvIEr, Histoire naturelle des poissons. Paris 4828. I. p. 373. 6 Owen, Lectures on the comparative anatomy and physiology of the vertebr. anim. I.4. London 4846. p. 418. 7 MEcKEL, System der vergl. Anatomie. 1.1. p. 277. 8 Stannıus, Lehrbuch der vergl. Anatomie der Wirbelthiere. Berlin1846. p.43. 9 GEGENBAUR, Untersuchungen zur vergl. Anatomie der Wirbelthiere. Leipzig 1865. p. A446. Über Knochenverdickungen am Skelette von Knochenfischen. 447 nachahmenden Clavicula an und ist mit dieser an drei Stellen theilweise durch Zackennaht verbunden. Die zweite Form, unter den Ganoiden durch Amia und Lepidosteus vertreten, kommt unter den Knochenfischen hauptsächlich bei Gyprinoi- den, Sahkadhidten und Caracinen vor. Der primäre Schultergürtel verknöchert hier fast vollständig, doch bleiben zuweilen auch Knorpelreste bestehen und es zeigt sich außerdem noch die Eigenthümlichkeit, dass die Ossifikation an drei verschiedenen Punkten auftritt und drei besondere Stücke liefert. Wir haben in diesen Stücken Skelettiheile zu suchen, die bei den höheren Thieren durch Scapula, Coracoid und Procoracoid vertreten sind. Die dritte Form bietet folgende Charaktere. Der primäre Schulter- gürtel besteht hier nur aus zwei Stücken, dem Scapulare und dem Pro- coracoid, die beide an der inneren Seite der Glavicula sitzen. Es ist dieses die unter den Teleostiern am meisten verbreitete Form. Sie findet sich bei allen jenen Malacopterygii abdominales, bei denen die vorhin beschriebene zweite Form nicht vorhanden ist. Auch bei den Gadiden findet sich diese Form; Scapulare und Pro- coracoid sind stark entwickelt und betheiligen sich beide an der Verbin- dung mit der Brustflosse. Zwischen beiden bleibt ein kleiner Knorpelrest bestehen. Zwischen Scapulare und Procoracoid ist eine Durchbohrung — eine meist kreisrunde Öffnung — vorhanden. Das Procoracoid liegt nicht seiner ganzen Länge nach der Glavicula an, sondern entfernt sich, macht einen flachen Bogen und legt sich erst mit seinem zugespitzten Ende wieder an die Seite derselben an. Die Clavicula ist durch die Ossa supraclavicularia an dem os squa- mosum und dem os occipitale posterius befestigt; von dieser Ansatzstelle aus geht sie zuerst nach unten, umzieht dann, sich schwach krümmend, die Kiemenhöhle und stößt in der Medianebene mit der CGlavicula der an- deren Seite zusammen; die beiden Stücke berühren sich nur, sind nie durch eine Naht verbunden. Durch die Krümmung, die sie bei dem Umziehen der Kiemenhöhle erfährt, bekommt sie einige Ähnlichkeit mit einem zahnlosen Unterkiefer höherer Thiere. Sie ist im normalen Zustande ein breiter, platter, dünner Knochen, dessen obere Kante etwas dicker als die untere ist, so dass das Schlüsselbein die Gestalt einer flach geschliffenen Messerklinge bekommt. Diese normalen Verhältnisse finden sich, wie ich mich an vielen Exem- plaren überzeugen konnte, an allen Gadiden bis auf Gadus aeglefinus. Sogar Gadus morrhua — der Dorsch — zeigt immer diese beschriebene Bildung und nie eine davon abweichende Form. Anders verhält es sich bei Gadus aeglefinus. Hier stimmt zwar der primäre Schultergürtel wit 448 Max Köstler, der beschriebenen dritten Form überein, das Schlüsselbein aber zeigt eine auffallende Verdickung. : Dasselbe ist an dem in der Nähe des Craniums gelegenen Theile nur schwach verdickt, so dass hier noch die flache Form vorherrscht; in ihrem weiteren Verlaufe, kurz nach der Biegung, beginnt die Clavicula sich zu verdicken und zwar meistens allmählich bis zu einer beträcht- lichen Stärke. Ein Schnitt in der Gegend der größten Dicke geführt zeigt die Gestalt eines Ovals; diese Gestalt behalten die Schnittflächen bei bis zum vorderen Ende, nur mit immer kleiner werdenden Dimensionen. Zuweilen hat die Verdickung eine cylindrische Form und nur die äußerste Spitze bietet das Aussehen eines Kegels dar; meistens aber hat die ganze Knochenbildung von der Stelle an, da sie die beträchtlichste Dicke erreichte, die Form eines unregelmäßigen, steilen Kegels mit ova- ler Grundfläche. Kleine Erhabenheiten und Vertiefungen, zuweilen kleine Furchen, finden sich namentlich an der nach außen gekehrten Seite. Da sie weder eine regelmäßige Anordnung zeigen, noch regelmäßig wieder- kehren, kann ich eine nähere Beschreibung umgehen. Diese Verdickung am Schlüsselbein von Gadus aeglefinus kehrt an allen Individuen der Art wieder. Ich habe eine beträchtliche Anzahl von solchen Stücken sammeln können, ferner habe ich von den verschieden- sten Seiten Nachrichten erhalten — alle Thiere dieser Art (bei uns Schellfische Sensu str. genannt) haben diese monströse Knochenbildung, während sie selbst bei den zunächststehenden Arten nie beobachtet wurde. Auch ist immer eine symmetrische Ausbildung der beiden ver- dickten Schlüsselbeine vorhanden. Dass bloß das Schlüsselbein einer Seite verdickt, das der anderen aber weniger angeschwollen oder ganz normal wäre, wurde nie beobachtet. Was die Stärke der Verdickung betrifft, so ist dieselbe der Größe des Fisches proportional; bei jungen Exemplaren ist sie verhältnismäßig ge- ring, bei älteren oft ganz bedeutend umfangreich. Der Ansicht van BENE- DEN’S!, Gadus aeglefinus zeige diese Verdickung der Clavicula besonders dann, wenn er die gewöhnliche Größe überschritten habe, kann ich nicht beistimmen. Ich habe bei ganz kleinen, anscheinend sehr jungen Exem- plaren immer die besprochene Bildung — wenn auch nicht stark ent- wickelt — gesehen. Ehe ich auf den histologischen Bau dieser Knochenverdickungen bei Fischen eingehe, wird es sich lohnen, einen kurzen Blick auf die Struktur der Fischknochen im Allgemeinen zu werfen. 1 van BENEDEN, |. c. 2 A. KÖLLIKER, Über verschiedene Typen in der mikroskopischen Struktur des Skelettes der Knochenfische. In: Verhandlungen der physikal.-medic. Gesellsch. zu Über Knochenverdickungen am Skelette von Knochenfischen. 449 KÖLLIKER macht zuerst auf die Thatsache aufmerksam, dass eine große Anzahl von Knochenfischen in ihrem Skelette keine Spur von Knochenkörperchen besitzt und somit des echten Knochengewebes ganz ermangelt. Dasjenige, was bei diesen Fischen Knochen genannt wird, ist nichts als eine homogene, faserige, sehr häufig von dentinartigen Röhrchen durchzogene, osteoide Substanz, die selbst zu wirklichem Zahnbein werden kann. Lange Zeit wurde diese Thatsache vollständig unbeachtet gelassen. Wirrıamson, der im Besitze einer großen Sammlung mikroskopischer Präparate der Hartgebilde von Fischen war, macht ebenfalls von dieser Bildung keine Erwähnung. Quzck£rtr ! führt eine Reihe von Fischgattungen an, bei denen die Knochen ohne Zellen sind. Diese Untersuchungen wurden aber nicht weiter geführt, so dass Leypıe ? im Jahre 4858 in seiner Histologie nur die Leptocephaliden, den Tetragonurus und den Orthagoriscus als solche Fische aufführt, deren Knochen ohne strahlige Zellen sind. Gestützt auf 800 mikroskopische Präparate von 289 Arten aus den verschiedensten Abtheilungen der Fische konnte KöLLıker es unternehmen, drei verschiedene Typen in der feineren Struktur des inneren Skelettes der Fische aufzustellen. Bei den Fischen, deren Skelett knöchern ist, haben wir nach Köruı- KER Zwei große Abtheilungen zu unterscheiden : 4) Fische ohne Knochenzellen, 2) Fische mit Knochenzellen. Echtes Knochengewebe mit Knochenzellen besitzen die meisten höher organisirten Fische. Jene mit Luftgang der Schwimmblase, mit komplieiriem Gehörorgan und entwickelterem Gehirn. Auch zwischen den einzelnen Abitheilungen dieser beiden großen Gruppen — Fische ohne und mit Knochenzellen — bestehen Unterschiede in der Struktur der Hartgebilde. Diese Verschiedenheit bezieht sich auf Größe und Gestalt der Knochenkörperchen, auf die Zahl und Anordnung der von diesen ausgehenden Primitivröhrchen, auf das häufige oder weni- ger häufige Vorkommen oder gänzliche Fehlen der Havers’schen Kanäle. Würzburg. VIII. Bd. p. 257; ferner: C. WıLLıamson, Investigations into the structure and developpment of the scales and bones of fishes. In: Phil. transactions. Part. II. London A854. p. 643 und: G. PoucaET, Du developpement du squelette des poissons osseux. In: Journal de l’anatomie et de la physiologie par Ca. Rosin. Xl.annee. Paris 1875. p. 288. 1 QuEckertT, Histological catalogue of the college of surgeons of England. London 1855. Bd.Il. 2 Leyvıg, Lehrbuch der Histologie des Menschen u. der Thiere. Frankfurt a. M. 1858. p. 156. 0 | Max Köstler, Sind Havers’sche Kanäle vorhanden, so liegen die Knochenkörperchen in den umfassenden Lamellen, fehlen diese Kanäle ganz oder theilweise, so ist damit auch eine andere Lage der Knochenkörperchen bedingt. Bei der zweiten Gruppe, den Fischen, die nur osteoides Gewebe, keine Knochenzellen besitzen, mehren sich noch die Unterschiede. Die Knochen bestehen zuweilen aus ganz strukturloser, homogener Masse oder sie zeigen faserigen Bau und bestehen aus einem eigenthümlichen Gemenge von Knorpel und osteoider Substanz, wie das bei Orthagoriscus und Lophius der Fall ist. Die meisten dieser Gruppe angehörenden Fische zeichnen sich durch das Vorkommen besonders feiner Röhrchen in ihren Knochen aus, die denen des Zahnbeins entsprechen. Bei schöner Entwicklung dieser Röhrchen nimmt der Knochen eine Struktur an, die von der des Zahnbeins in keiner Weise sich unterscheidet. Wenn wir uns nun der histologischen Struktur der Hyperostosen zuwenden, so muss vor Allem das auffallen, dass die Träger der be- sprochenen Knochenverdickungen sämmtlich der zweiten Gruppe mit osteoidem Gewebe angehören; es ist mir kein einziger Fall bekannt, wo wirkliches Knochengewebe mit Knochenkörperchen vorhanden wäre. Auch Gadus aeglefinus gehört unter die Fische der zweiten Gruppe. Im ganzen Skelett ist keine Spur von Knochenkörperchen zu finden; das- selbe besteht aus faseriger, von häufigen dentinartigen Röhrchen durch- zogener Substanz. Die Clavicula besitzt natürlich eben so wenig Knochenkörperchen wie das übrige Skelett, bietet aber doch ein eigenartiges Aussehen dar. Zur Darstellung der Hartgebilde für mikroskopische Untersuchung verfuhr ich nach der Vorschrift von Ranvier! unter Anwendung einer von dem Präparator der hiesigen anatomischen Anstalt, Herrn A. Bönm, bewährt gefundenen Modifikation. Es werden die auf gewöhnliche Weise hergestellten, möglichst dünnen und glatten Schliffe 3 bis A Tage in Benzin gelegt, um die langwierige der Imbibition vorausgehende Mace- ration zu ersetzen. Auf Filtrirpapier werden die Schliffe getrocknet und nun nach Ranvıer’s Vorschlag in die alkoholische Lösung des in Wasser unlöslichen Anilinblau gebracht und während einiger Stunden darin gelassen, dann die Lösung mit den Schliffen auf dem Wasserbade bis zur vollständigen Eintrocknung erwärmt, und die mit Farbstoff bedeck- ten Schliffe auf beiden Seiten auf einer mit physiologischer oder mit 2procentiger Kochsalzlösung befeuchteten matten Glasplatte abgeschliffen, mit derselben Lösung gewaschen und in mit Kochsalz gesättigtem Glyce- rin eingeschlossen. (Der Zusatz von Kochsalz geschieht, um die Unlös- 1 Ranvier, Technisches Lehrbuch der Histologie. Deutsch von Nicarı und Wvss. Leipzig 1877. p. 287 und 288. Uber Knochenverdickungen am Skelette von Knochenfischen. 451 lichkeit des Anilinblau vollständig zu sichern.) Auf diese Weise gelingt es Knochenkörperchen nebst den Primitivröhrchen zu imbibiren, in- gleichen füllen sich auch die Havers’schen Kanäle mit dem Farbstoff. Mit saurem Karmin führt eine ähnliche Behandlung zu gutem Resultat. Die nach Benzin getrockneten Schliffe werden zwei bis drei Tage in saurem Karmin gelassen, dann unter Wasser auf einer matten Glasplatte nachgeschliffen, hierauf nach Alkohol und Nelkenöl in Kanadabalsam eingeschlossen. Ein auf eine der angegebenen Weisen behandelter Querschliff durch die Clfavicula des Gadus aeglefinus zeigt schon bei Lupenvergrößerung eine außerordentlich große Anzahl meist kreisrunder Lumina, die dem ganzen Schliffe ein fast siebförmiges Aussehen geben. Fig. A zeigt einen solchen Querschliff, geführt in der Nähe der größten Dicke. Die osteoide Substanz ist durch schwarze Striche ange- deutet, während die Hohlräume weiß gelassen sind. Es zeigt sich auf den ersten Blick, dass die Knochensubstanz, oder besser die osteoide Substanz, im Verhältnis zu den Lücken bedeutend zurücktritt. Die Betrachtung des Längsschnittes (Fig. 5) giebt über diese Hohl- räume nähere Aufklärung. Es sind dies im Querschnitt meist senkrecht getroffene Kanäle, die hauptsächlich der Länge nach die Clavicula durch- ziehen und die häufig in einander übergehen, selten aber ihre Haupt- richtung, die mit der Achse parallel ist, ändern. Außer diesen Lücken sind am Querschliffe noch verschiedene, scharf abgegrenzte, excentrisch geordnete Schichten zu sehen. Nahe einer der längeren Seite des Ovals, wenn von Seite ge- sprochen werden darf, findet sich ein Kern mit drei Ausläufern nach drei verschiedenen Richtungen. Etwas Näheres über Kern und Aus- läufer lässt sich bei schwacher Vergrößerung nicht bestimmen, man kann nur sagen, dass sie als feste, kompakte, nicht poröse Masse er- ' scheinen. Um diesen Kern herum legt sich die poröse, osteoide Sub- stanz, welche durch eine die Form des ganzen Querschliffs wiederholende, ‚ ovale Randschicht abgegrenzt wird, die das gleiche Aussehen darbietet, ‚ wie der Kern mit den Ausläufern. Nun folgt eine breitere, Lumina zeigende Schicht, hierauf wieder ‚ eine schmälere Randschicht. Diese Anordnung kann sich beliebig oft ‚ wiederholen. Bei kleinen, anscheinend jungen Exemplaren, sah ich nur zwei Schichten ; das Schlüsselbein war also noch sehr wenig ver- | dickt. Bei einem großen Gadus aeglefinus zählte ich sieben solcher | Schichten und die Clavicula hatte eine ganz bedeutende Stärke erreicht. \ Die Schichten sind nicht koncentrisch, sondern excentrisch um den Kern gelagert. Dieser liegt an der Elasieulo mehr lateral, in beifolgen- 452 Max Köstler, der Abbildung nach oben gerückt, in Folge dessen das Gleiche auch bei allen Schichten der Fall ist. Die Verhältnisse, von denen hier die Rede ist, beziehen sich nur auf Schnitte, die in der Nähe der größten Dicke geführt sind. Hier sind alle Schichten in der größten Ausdehnung zu sehen. Von hier aus gegen die Spitze zu nehmen alle Schichten an Aus- dehnung ab. Mit Hilfe des Längsschnittes zeigt sich, dass die Ovale des Querschnittes nebst der von ihnen eingeschlossenen, porösen Masse die Grundfläche eines Kegels bilden, die in einander tütenförmig gesteckt erscheinen. Ein jeder solcher äußerer Kegel besteht aus der porösen Schicht und der sich darum anlegenden Randschicht, während der mitt- lere Theil nicht wie die äußeren einen Hohlkegel, sondern einen voll- ständigen mit poröser osteoider Substanz angefüllten Kegel darstellt. Bei kleinen Exemplaren haben wir nur wenige, bei großen dagegen mehrere solche Kegel. Als besondere Eigenthümlichkeit mag hier erwähnt werden, dass, wenn man einen solchen Knochen etwas länger, als er zur Entkalkung braucht, in einer Mischung von 1/,procentiger Chrom- und 1/sprocentiger Salzsäurelösung liegen lässt, sich diese verschiedenen Schichten derart von einander ablösen, dass die Hohlkegel, bestehend aus poröser Schicht und Randschicht aus einander herausgenommen werden können. Ein jeder solcher Kegel besteht für sich als geschlossenes Ganzes; nie wird die Randschicht durch ein Kanälchen durchbrochen, sondern sie reichen alle nur bis zu derselben. Bei stärkerer Vergrößerung finden wir, dass der Kern aus Fasern besteht, welche die Clavicula der Länge nach bis zur Spitze des mittle- ren, nicht hohlen Kegels durchziehen; diese Fasern strahlen vom Kerne aus nach drei verschiedenen Richtungen hin in einer zur Achse senk- rechten Stellung aus. Mit Karmin lassen sich diese verkalkten Fasern sehr schön färben und wir nehmen dieselben dann an feinen Querschliffen als Punkte, die sich in die Ausläufer senkrecht abbiegenden Fasern dagegen als Streifen wahr. Auch die kompakten Randschichten bestehen aus Faserbündeln, die meist der Länge nach die Clavicula durchziehen, doch sind auch viele, sich mit diesen kreuzende, quer verlaufende Faserzüge vorhanden. | Dieses angegebene Verhalten der Fasern wurde an entkalkten Schnitten bestätigt. Zur Entkalkung bediente ich mich entweder koncen- trirter Pikrinsäure oder einer Mischung von !/,procentiger Chrom- und i/„procentiger Salzsäure. Die nach erster Methode (in einem Zeitraume von etwa 3 Wochen) vollständig entkalkten Schnitte nahmen nur Karmin gut als Färbestoff an, während bei den anderen (die nur 8 Tage zur Über Knochenverdickungen am Skelette von Knochenfischen. 453 Entkalkung bedurften) jedes Färbemittel mit Erfolg angewandt werden konnte. An solchen Schnitten zeigten sich deutlich die Faserzüge, die in der Achse der Länge nach, in den davon ausgehenden Ausläufern quer, und in den Randschichten sich kreuzend verlaufen. m nn rien Die Knochenmasse der porösen Schichten besteht aus homogener, osteoider Substanz, mit lamellöser, die Kanäle koncentrisch umfassender Anordnung. Nur im mittleren Kegel erstreckt sich faseriges, verkalktes ‚ Gewebe zuweilen zwischen die Kanäle hinein. Da die Kanäle sehr nahe an einander gerückt sind, so ist die osteoide Substanz zwischen denselben sehr spärlich. Durch wenige koncentrische Lamellen ist der Zwischenraum ausgefüllt. Wenn wir uns nun den Kanälen selbst zuwenden, so sehen wir, dass die Wandungen derselben einen Endothelbelag besitzen. Es ge- ‚lingt schwer denselben in seiner richtigen Lage zu erhalten, da er sich sehr leicht ablöst und dann ins Innere der Lumina hineinfällt. | Mit Hämatoxylin und mit Karmin lassen sich die platten Kerne dieser Zellen sehr schön färben. Blut war noch in einigen dieser Kanäle zu sehen; die kernhaltigen Fischblutkörperchen ließen sich durch ein Färbemittel nachweisen, das , von Norris und SuAkespearE ! empfohlen ist, und wodurch die Blut- .körperchen eine nur ihnen eigenthümliche grüne Färbung annehmen. | Ob bloß ein Endothelbelag vorhanden ist und dieses Endothel dem- nach als Blutgefäßendothel anzusehen sei oder ob innerhalb desselben ‘noch geschlossene Kapillargefäße vorhanden sind, konnte ich nach den von mir angefertigten Präparaten nicht entscheiden. Außer den Endo- thelien an der Wandung des Kanals habe ich keine weiteren, also auch nicht die ein Kapillargefäß darstellenden gesehen. Die Clavicula ist bis ‚auf den Theil, der als Basis für die in einander eingeschobenen Kegel ‚gedeutet werden kann, von der kompakten nicht porösen Randschicht 1 W.F. Norrısand E.O. SHAKESPEARE, A new method of double staining. Ameri- can Journal of the medical sciences. January 1877. Referat hierüber in den Jahresber. von HormAnN U. SCHWALBE. Litt. 4877. p. 5. | Karmin 2 Indigokarmin 8 | Borax 8 Borax 8 Wasser 430 Wasser 130 Die Ingredientien jeder der beiden Mischungen werden sorgfältig in einem Mör- ser zerrieben, die überstehende Flüssigkeit nach einiger Zeit abgegossen und filtrirt. i Minuten in eine Mischung aus gleichen Theilen der rothen und blauen Flüssigkeit "und für ziemlich eben so lange Zeit in eine gesättigte Lösung von Oxalsäure gebracht, ‘ durch Auswaschen von derselben befreit und dann in Kanadabalsam aufbewahrt. | 454 Max Köstler, umgeben; an diesem Theile liegt die poröse Substanz frei, und hier ist auch Raum für den Eintritt der Gefäße gegeben. Es lässt sich also die Behauptung aufstellen, dass die Clavicula des Gad. aeglef. aus einer zweiten Modifikation osteoider Substanz mit zahl- reichen Havzrs’schen Kanälen besteht. Was die mikroskopische Struktur der übrigen beschriebenen, fossi- len und recenten Hyperostosen betrifft, so glaube ich zu der Annahme berechtigt zu sein, dass dieselbe ganz gleich der für die verdickte Clavi- cula bei Gadus aeglefinus beschriebenen ist, wenn auch zuweilen die verschiedenen Schichtungen zu fehlen scheinen. P. J. van BEenepen beschreibt einen Schliff von dem Kopfaufsatze des fossilen Platax cuneus. Um einen Kern, der die Größe einer Haselnuss besitzt, lagern sich mehrere Schichten, welche unmerklich abnehmen. Er zählte an dem Objekte 15 solcher Schichten. | Von der Hyperostose bei Platax physeteroides erwähnt der gleiche Autor, dass sich eine Randschicht und eine mittlere poröse Schicht unter- scheiden ließe. | P. Gervaıs giebt Abbildungen der Struktur der Hartgebilde bei den Knochenverdickungen von Pagrus unicolor, Pagellus lithognatus, ferner mehrere in verschiedener Richtung durch die Verdickung des ersten Flossenträgers der Afterflosse bei Ephippus gigas. Bei Pagrus unicolor besteht die Knochenmasse, die dem Schädel aufgelagert ist, aus verschiedenen Schichten, die von ernährenden Kanä- len durchzogen sind. Diese Schichten sind von einander durch eine kompakte Knochensubstanz getrennt. Nach dem gleichen Autor hat die Hyperostose bei Pagellus lithogna- tus eine von der soeben erwähnten nur wenig abweichende Struktur. Bei Ephippus gigas durchziehen Kanäle mit größerem und geringerem Lumen die Knochensubstanz und sind ebenfalls durch Randschichten in verschiedene Abtheilungen getrennt. Der ganze Knochen wird durch eine fibrilläre Schicht begrenzt. | Bei den Hyperostosen von Lepidopus argyreus und Zeus faber konnte ich mich selbst von der Struktur der Hartgebilde überzeugen. Es be- stehen hier nur die mittlere, von Kanälen durchzogene, und die äußere, kompakte Randschicht. | Was das Wachsthum dieser Knochen, speciell der Clavicula betrifft, so scheinen sich, ähnlich dem Dickenwachsthum bei pflanzlichen Gebil- den, neue Schichten an schon bestehende anzusetzen, so dass eine um so größere Anzahl von Schichten sich zeigt, je älter das Thier ist. Poucher sagt: » Diese regelmäßig über einander gelagerten Schichten an einer Hyperostose auf dem Kopfe eines Fisches, welche mehr oder Über Knochenverdiekungen am Skelette von Knochenfischen. 455 ‘ minder zahlreich nach der Größe des Fisches sind, zeigen an diesen Ge- "bilden eine Art der Entwicklung, wie sie bei den Säugethieren nicht bekannt ist, oder wie sie durch die ganze oder theilweise Resorption der zuerst gebildeten Theile unmöglich gemacht ist.« Durch diese Annahme des Wachsthums der besprochenen Gebilde ließen sich auch einigermaßen die verschiedenen Angaben über den 'Härtezustand des os Wormianum erklären. Die einen Berichterstatter ‚fanden den Knochen sehr hart, die anderen weich, schneidbar mit einem ‚Messer. Es ist nun denkbar, dass die ersteren an einem Fische den ‘Knochen untersuchten, wo die Bildung einer neuen, der äußersten Schicht ‚ vollständig abgeschlossen war, wo sie ganz osteoides Gewebe war; die letzteren untersuchten möglicherweise ein os Wormianum, an dem ge- 'rade eine neue äußere Schicht sich bildete und da diese noch nicht ver- kalkt war, so fanden sie den Knochen bis zu einer beträchtlichen Tiefe ‘weich und schneidbar. Da wir diese Bildungen am Skelette der Fische entschieden als Knochenstücke anzusehen haben, so würde an die bekannten Struktur- verhältnisse der Knochen bei Knochenfischen eine neue Art der Struktur der Hartgebilde anzureihen sein. Den Knochen, welche mit Knochenkörperchen versehen und welche zum größten Theil mit mehr oder weniger zahlreichen Havzrs’schen Kanä- ‚len durchzogen sind, und jenen, welche bloß aus osteoider Substanz be- stehen und häufig mit feinen dentinartigen Röhren versehen sind, reihen sich die abnormen, monströsen Knochenbildungen an, deren Substanz aus Gewebe mit lamellöser Anordnung besteht und von außerordentlich ‚vielen Havers’schen Kanälen durchzogen ist. Ist es einerseits die eigenthümliche, abweichende Struktur, welche ‚diese Hyperostosen auszeichnet, so muss andererseits das Dickenwachs- 'thum dieser Knochen durch Adposition das größte Interesse bean- ‚spruchen, da solches in dieser Weise nirgends beobachtet wurde und ‚wie es vielleicht bloß durch die reichliche Ernährung dieser Knochen -vermittels der zahlreichen Havzrs’schen Kanäle möglich ist. München, 1882. 456. Max Köstler, Über Knochenverdickungen am Skelette von Knochenfischen. Erklärung der Abbildungen. Tafel XXV, Fig. A. Schultergürtel nebst Brustflosse von Esox lucius. (Rechte Seite.) cl, normale Clavicula; pc, Procoracoid; sc, Scapulare, mit der Clavicula verwachsen; o, runde Öffnung zwischen Procoracoid und Scapulare, durch dieselbe der untere Rand der Clavicula sichtbar; b, Basalia der Brustflosse ; h, Brustflosse. Fig, 2. Schultergürtel nebst Brustflosse von Gadus aeglefinus. (Rechte Seite.) cl, verdickte Clavicula; sc, Scapulare, nicht mit der Clavicula verwachsen. Die übrigen Bezeichnungen wie in Fig, A. Fig. 3. Verdickte Clavicula von Gadus aeglefinus. (Rechte Seite.) a, vorderer, in der Medianebene mit der Clavicula der anderen Seite zu- sammenstoßender Theil; b, hinterer, dem Schädel seitlich angelagerter Theil; von abisce nimmt die Verdickung konisch zu; | c, dickste Stelle, an der die Schnitte für Lupenvergrößerung geführt sind, Fig. 4. Horizontalschnitt (senkrecht zur Längsachse der Clavicula), geführt an der dicksten Stelle derselben. (Lupenvergrößerung.) Die Hohlräume sind weiß ge- lassen, die schwarzen Striche deuten die osteoide Substanz an. k, Kern mit drei Ausläufern; r, Randschicht; p, poröse Schicht. Fig. 5. Vertikalschnitt (parallel mit der Längsachse der Clavicula). Lupenver- größerung.) Hohlräume weiß, osteoide Substanz schwarz. r, Randschicht; p, poröse Schicht. An dieser Figur sind die in einander eingefügten Hohlkegel zu sehen. Fig. 6. Längsschnitt bei stärkerer Vergrößerung. (Lertz, Oc.], S. 3.) c, die sich verzweigenden Havezrs’schen Kanäle ; c', ein solcher schief getroffen, desshalb die untere Wand auch sichtbar ; o, die osteoide, lamellös angeordnete Grundsubstanz.. Fig. 7. Querschnitt bei stärkerer Vergrößerung, (Leitz, Oc. I, S. 3.) cc', Kanäle wie bei Fig. 6; da dieselben meist senkrecht getroffen sind, rundliche Lumina; 0, wie in Fig. 6; Bindegewebsfibrillen erstrecken sich zuweilen in die osteoide Substanz; b, senkrecht getroffene, mit der Achse parallel laufende, den Kern dar- stellende Bindegewebszüge ; b’, senkrecht in die Ausläufer ausstrahlende Bindegewebsfibrillen. Zur Entstehung und Entwicklung der grünen Zellen bei Hydra. Von Dr. Otto Hamann, Assistenten am zoologischen Institut in Jena. Mit Tafel XXVI. Durch die Untersuchungen der letzten Jahre ist die Frage: Besitzen die Thiere Chlorophyll wie die Pflanzen? ihrer Lösung zwar näher ge- bracht, doch noch keineswegs gelöst worden. Den Mittheilungen von Branpr (14) zufolge haben wir es überall da, wo überhaupt Chlorophyll bei Thieren auftritt mit niedersten Algen, mit einzelligen Organismen, zu thun. Auf Grund seiner Untersuchungen stellt Branpr den Satz auf, dass die bei Thieren vorkommenden chloro- phylihaltigen Körper nicht von ihnen selbst erzeugt sind, sondern als ‚ besondere Organismen, einzellige Algen, aufgefasst werden müssen, die ‚, morphologisch und physiologisch unabhängig von ihren Wirthen sind. ‚ Mit Sicherheit glaubt er die Zellnatur der grünen Körper festgestellt zu ‚ haben, zumal nach dem Tode ihres Wirthes dieselben weiter leben und _ ' da endlich chlorophylifreie Organismen (Infusorien) mit grünen Körpern ‚ infieirt werden konnten. | Diesen Anschauungen stehen die von GEDDEs (13) gegenüber, welcher die grünen Körper bei Radiolarien, Aktinien, Siphonophoren und Me- ' dusen untersucht hat. Dieser Forscher bringt die Chlorophyll enthalten- den Thiere in drei Gruppen unter. Er sagt: »Thus, than, the list of supposed chlorophyll-containing animals with which we started, breaks up into three categories: first, those which do not contain chlorophylil at ' all, but green pigments of unknown function (Bonellia, Idotea etc); se- | eondly those vegetating by their own intrinsic chlorophyll (Convoluta, Hydra, Spongilla); thirdly, those vegetating by proxy, of one may so ‚speak, rearing copious algae in their own tissues, and profiting in every way by the vital activities of these.« An einer anderen Stelle (1%) ne. re ee Zn er = 458 Otto Hamann, spricht sich derselbe Autor direkt gegen die Branpr’schen Ansichten aus. Auch R. Lınkester (15) bestreitet dieselben, so das Due eines Kernes in den grünen Körpern und Anderes. Dass die Branpr’schen Angaben so wenig Glauben fanden, beruht darin, dass derselbe die Fortpflanzung von grünen Körpern nicht beob- achtet hat. Sobald aber über dieselbe etwas bekannt ist, können wir die Frage nach der Natur dieser grünen Körper als gelöst bezeichnen. Außer dem Nachweis einer Fortpflanzung ist die Beantwortung folgender Frage besonders wichtig: Wie gelangen diegrünenKörperindasEivonHydra, welches bis zu einer gewissen Zeit frei von diesen Ele- menten ist, daesimExoderm entsteht, diegrünen Kör- per jedoch nur im Entoderm zu finden sind? Es sind hier zwei Fälle möglich. Einmal können die Körper in der Eizelle gebildet werden. Wir hätten dann einen Vorgang, der der Bildung der Pseudo- zellen analog wäre. Oder aber sie wandern in die Eizelle ein, sei es nun auf aktive oder passive Weise. Um diese Frage zu beaniworten, muss die Untersuchung an lebendem Material Hand in Hand gehen mit der an Schnitten, welche durch die verschiedensten Entwicklungsstadien der Eizelle gelegt sind. Bevor wir jedoch die eigenen Untersuchungen referiren, wollen wir die Darstellung KLeıinengere’s (4) von der Entstehung der grünen Körper anführen. Nach ihm findet die Bildung auf folgende Weise statt: » In ganz unregelmäßiger Weise zerstreut, oft zahlreich, oft auch ganz vereinzelt, liegen kuglige Körper im Ei, theils schon von grüner Färbung, theils denen ähnlich, die man in den Entodermzellen des Magentheils von Hydra grisea und aurantiaca antrifft, farblos oder schwach gelblich. Ihr erstes Auftreten kann eben so gut im centralen Theil des Eies wie in den Fortsätzen statifinden. Da sie gleich zu Anfang durch ihr blasses helles Aussehen leicht kenntlich sind, lässt sich konstatiren, dass sie alle farblos entstehen und die Ausscheidung des Farbstoffes erst dann eintritt, wenn das Plasmakügelchen seine definitive Größe erreicht hat. Es stimmt dies ganz mit den Beobachtungen Horusıster’s über die Ent- ‚wicklung der Chlorophyllkörper von Vaucheria und Bryopsis überein.« Da nun aber zur selben Zeit, wo die Körper auftreten, auch die Pseudo- zellenbildung beginnt, so ist es wohl möglich, dass KLEINENBERG’S »farb- lose Plasmakügelchen« Entwicklungsstadien der Pseudozellen sind. Jedenfalls ist an Situspräparaten kein genügender Einblick in die Ent- stehung der fraglichen Körper zu gewinnen. Um aber auf den Schnitten durch Hydra und die Eizelle die grünen Körper womöglich noch in ihrem normalen Zustande mit Konservirung Zur Entstehung und Entwicklung der grünen Zellen bei Hydra. 459 des Chlorophylis zu erhalten, bediente ich mich folgender Methode, welche allein zum Ziele führte. Man bringt die Hydren in eine Probirröhre, welche man etwa ein Viertel ihrer Höhe mit Wasser angefüllt hat. Haben sich nun die Thiere aus- gestreckt, so fügt man ein paar Tropfen einer A procentigen Essigsäurelösung hinzu. Hierauf fügt man tropfen weise 5procentige Chromsäure hinzu, bis die Lösung eine gesättigt gelbe Färbung angenommen hat. Alsbald fülle man 70procentigen Alkohol hinzu, so dass die Probirröhre jetzt beinahe bis an den Rand gefüllt ist. Nach und nach wird nun die Flüssigkeit aus der Probirröhre entfernt, und an ihre Stelle 70procentiger Alkohol hin- zugefügt, und hiermit so lange fortgefahren, bis sich die Hydren in reinem Alkohol von dem angegebenen Procentsatz befinden. Die Färbung der so getödteten Thiere geschieht mit Boraxkarmin. Nach der Färbung werden dieselben für wenige Minuten in absoluten Alkohol gebracht, mit Chloroform aufgehelli und in Paraffin nach der im Zoologischen Anzeiger Nr. 99 angegebenen Weise eingebettet. Ist die Behandlung gelungen, so bieten die angefertigten Schnitte ein schönes Bild dar. Das Protoplasma der Zellen ist rosa gefärbt. Die grünen Zellen haben ihre grüne Farbe behalten. Die Stützlamelle ist als hellrosa gefärbte dünne Membran er- kennbar. Die Muskelfasern erscheinen als feine Punkte der Stützlamelle von außen anliegend. Der zapfenförmige Inhalt der Pseudozellen end- lich erscheint rothgelb tingirt. Verfolgen wir jedoch nun die Eizelle von ihrer Entstehung an bis zu dem Auftreten der ersten grünen Körper in derselben ! Sobald als die erste Anlage des Ovarıums zu beobachten ist, das heißt, sobald als in der ungefähren Körpermitte die interstitiellen Zellen anfangen zu wuchern und sich zu vergrößern, beginnt an der entsprechen- den Stelle im Entoderm eine Zunahme der grünen Körper. Schon wenn man mit unbewaflnetem Auge das Thier von außen betrachtet, erkennt man diese Ansammlung derselben an der dunkleren Färbung, welche an . dieser Stelle sich findet. Das Ovarium bildet einen Wulst, welcher un- gefähr drei Viertel des Umfanges einer Hydra einnimmt. Gewöhnlich wächst nun eine der im Centrum des Wulstes gelegenen interstitiellen Zellen zur Eizelle heran. Ich sage gewöhnlich, denn es kommen Fälle vor, in denen zwei Eizellen sich entwickeln und die normale Größe er- reichen. Es scheint, dass, sofern genügend Nahrungsmittel vorhanden sind, sich mehr als eine interstitielle Zelle zur Eizelle umbilden kann. Durch diese Thatsache wird die Kluft überbrückt, welche zwischen Hydra und denjenigen Hydroidpolypen besteht, bei welchen Eier und Sperma an beliebigen Punkten in beliebiger Anzahl entstehen können. Dass bei Hydra die Fähigkeit der interstitiellen Zellen zu Eizellen zu Zeitschrift f, wissensch. Zoologie. XXXVII. Bd. 34 460 Otto Hamann, Hilden werden nur an einem bestimmten Körpertheile sich erhalten hat, nämlich der Körpermitte, mag wohl darin seinen Grund haben, dass die Hydren Zwitter sind und die oberhalb der Körpermitte liegenden Zellen nur zu Hodenzellen sich umbilden können. Hat nun die Eizelle die Gestalt erreicht, welche KLEinEnBErG mit einem » Schmetterlinge mit ausgespannten Flügeln « verglichen hat, so ist auch das erste Auftreten der Körper zu erkennen. Irgend welche Bil- dungen im Ei, welche etwa als Entwicklungszustände angesehen werden könnten, habe ich nicht beobachten können. Die grünen Körper sind plötzlich da. Sie wandern vom Entoderm aus mit Durchbrechung der Stützlamelle in die Eizelle ein. Besonders schön ist das auf den Schnit- ten an solchen Stellen zu sehen, wo dieselben dicht angehäuft zusammen- liegen (man vergleiche den Querschnitt Fig. 3). Die Einwanderung der grünen Körper findet nun fort und fort statt, so dass sich ihre Zahl mehr und mehr vergrößert. Zugleich hat die Bildung der Pseudozellen begon- nen. Die ausgewachsene Eizelle gleicht dann mehr einer von Pseudo- zellen und grünen Zellen angefüllten Kugel, in welcher das Protoplasma netzartig vertheilt ist. | Es ist nun die andere Frage zu beantworten, nämlich, wie gelangen die Körper in die Eizelle? Bewegen sie sich aktiv etwa nach Art der Ri- zellen der Hydroidpolypen, welche im Exoderm entstanden sind, die Stützlamelle durchbrechen, um in das Entoderm Behufs besserer Ernäh- rung zu gelangen? Da ihnen irgend weiche Organe, mit welchen sie sich bewegen könnten, mangeln, so ist nur die passive Einwanderung möglich, das heißt, die grünen Körper werden an Stellen, wo der Nah- rungsaustausch vom Entoderm aus besonders stark ist, in die zu ernäh- rende Eizelle mit hineingerissen. Dies scheint die einzig mögliche Erklä- rung zu sein. Dass an der Stelle, wo die Eizelle entsteht, vom Entoderm aus ein besonders starker Stoffwechsel besteht, wird durch die Anhäufung der grünen Körper, von welcher schon oben die Rede war, bezeugt. Vermehrung der grünen Körper. Um die grünen Körper während ihrer etwaigen Vermehrung zu be- obachten, wurden dieselben aus Hydra und Spongilla isolirt und in Tropfen in feuchter Kammer gezüchtet. Hierbei wurden alle nöthigen Vorsichtsmaßregeln beobachtet. Vor Allem aber wurde auf andere Algen Obacht gegeben, welche sich oft an Hydra festsitzend finden. Unter dem Mikroskop wurde dann die Vermehrung an ein und derselben Zelle beob- achtet. Um es kurz zusammenzufassen, so pflanzen sich die grünen Körper durch Viertheilung, Tetradenbildung fort. Sowohl an den eben erst aus Hydra isolirten Zellen, denn mit solchen >>, Q Bi: = Zur Entstehung und Entwicklung der grünen Zellen bei Hydra, A461 haben wir es zu thun, wie weiter unten aus einander gesetzt werden soll, als auch in den Kulturen konnte die Tetradenbildung beobachtet werden. Die Vermehrung dauerte in den Kulturen Tage lang. Man kann also mit Sicherheit den Schluss ziehen, dass die Existenzbedingun- gen, unter welchen die grünen Zellen innerhalb der Thiere leben, nicht oder nur wenig verschieden sind von denen, welchen sie im freien Zu- stande ausgesetzt sind. Der Beginn der Teiradenbildung ist zunächst durch das Auftreten der kreuzförmigen Theilungsebenen kenntlich (s. Fig. 5). Die vier Theil- stücke sind also allemal zwei an einander liegenden Kugelquadranten vergleichbar. Erst mit der weiteren Entwicklung wird die Lage der vier Tochterzellen zu einander unregelmäßig, wie Fig. 6 zeigt. In kurzer Zeit lösen sich die vier Zellen von einander, um jede für sich zu einer neuen Zelle heranzuwachsen, welche nach Erreichung einer gewissen Größe sich von Neuem auf diese Weise fortpflanzt. In den jungen Theil- zellen ist der Chlorophylikörper halbmondförmig angeordnet (s. Fig. 7). Diese Fortpflanzung durch Tetradenbildung findet auch in dem Körper von Spongilla statt, eben so wie in denen von Paramaecium, wie mir mein Freund Dr. Darmer in Straßburg mittheilt, welcher dieselbe hier beobachtet hat und zwar an frisch aus den Thieren isolirten Zellen. Nach diesen eben mitgetheilten Beobachtungen scheint mir die Na- tur unserer grünen Körper als Algen unzweifelhaft festgestellt zu sein. Eine Vermehrung durch Bildung von Schwärmsporen habe ich nicht beobachtet, doch ist dies auch keineswegs nöthig, da es ja niederste Algen giebt, welche sich nur durch Theilung vermehren. Die Beobachtungen von Branpr über Form und Inhalt der grünen Zellen kann ich bestätigen. Mit Hämatoxylin behandelt treten stark ge- färbte Flecke im Inneren der Zellen auf, welche als Kerne zu deuten sind!. Bei in Tetradenbildung begriffenen Zellen sind oft, wenn auch nicht immer, vier Kerne deutlich zu unterscheiden. Im Allgemeinen kann man wohl Folgendes über die grünen Körper aussagen: DieinHydra,Spongilla, Paramaeciumbisherals Chlorophyllkörner beschriebenen Körper sind niedersite einzellige Algen, welche sich durch Tetradenbildung fortpflanzen. Sie sind von muldenförmiger Gestalt. In ihrem Inneren bergen sie neben ungefärbtem Proto- plasma einen Öhlorophyllkörper. Sie besitzen einen Zell- kern sowie eineZellmembran. Bei einemgroben Theile ! Auf den Abbildungen von Branpr (44) sind die Zellkerne sehr deutlich darge- - stellt. In der Natur sind sie keineswegs so groß und deutlich zu erkennen, wie auf seinen Bildern, welche eine beliebige Vergrößerung darstellen. 31* 462 Otto Hamann, sind Stärkekörner durch Jodjodkalium nachweisbar, be- sonders bei den in den Eiern von Hydra vorkommenden. An welche Stelle im System haben wir aber diese grünen Algen zu setzen ? Brannr hat angenommen, dass sämmtliche in Thieren vorkommenden Arten neue Arten seien und dieselben desshalb auch mit neuen Namen belegt. So nennt er die in Hydra lebende Form Zoochlorella conductrix, die in Spongilla lebende Zoochlorella parasitica u. s. f. Da aber bis jetzt die Naturgeschichte der niedersten Algen. als noch nicht vollkommen erforscht gelten kann, so sind neuere Untersuchungen abzuwarten, welche erst Aufklärung bringen können, ob wir es hier mit neuen Arten oder etwa gar mit Entwicklungsstadien höherer Algen zu thun haben. Die Entscheidung dieser Frage gehört in das Gebiet der Botanik. An dieser Stelle will ich nur kurz die von Branpr aufgestellte Be- hauptung, dass Hydra viridis und fusca identische Arten seien, zurück- weisen. Er will bemerkt haben, » dass, wenn man einige grüne Armpoly- pen in Wasser setzt, das schon ungefärbte Hydren enthielt, nach einiger Zeit nur Hydra viridis vorhanden war«. »Die naheliegendste Deutung, « fährt er dann fort, »für diese Erscheinungen ist jedenfalls die, dass un- gefärbte Hydren durch Infektion mit grünen Körpern in Hydra viridis umgewandelt werden können.« Die verschiedensten Versuche, die ich anstellte, missglückten sämmt- lich. Es wurden nicht nur braune Polypen mit den Algen zusammen- gebracht, sondern durch künstliche Einschnitte wurden letztere den Polypen eingeimpft. Obgleich die Thiere lange fortlebten, wurde auch nicht ein einziges Mal eine braune Hydra angetroffen, in welche die Algen eingewandert wären und sie zur grünen Art umgewandelt hätten. Sollte aber auch jemals dieses Experiment gelingen, so wäre hiermit noch keines- wegs die Identität beider Arten bewiesen, wie BRANDT irrigerweise an- nimmt. Seine Behauptung, dass beide Arten im Grunde nur eine seien, konnte er nur in völliger Unkenntnis der Speciesunterschiede aufstellen ! Während nämlich Hydra viridis sich mit dem Körperende festsetzt, so besitzt die braune Art einen langen Stiel, mit welchem die Anheftung bewirkt wird. Zweitens sind die Eier beider Arten gänzlich verschieden! Die grüne Art besitzt eine getäfelte Eischale, während bei der braunen Art dieselbe mit Stacheln besetzt ist! Außerdem ist auch der Größen- unterschied beider Arten nicht zu übersehen! ! Was für ein Vortheil bietet sich aber den Algen dar, indem sie in den Thieren leben und welcher Vortheil entsteht für die Thiere ? ! Vergleiche die Abbildungen beider Arten, so wie die ihrer reifen Eier in BroNN’s Klassen und Ordnungen des Thierreichs. II. Bd. Aktinozoen. Taf. X, Fig. 1 u. ff. dc re Zur Entstehung und Entwicklung der grünen Zellen bei Hydra. 463 In den letzten Jahren sind eine Menge von Fällen in der Botanik be- kannt geworden, wo Algen in höheren Pflanzen schmarotzend gefunden wurden. Man hat dieses Verhältnis mit den Namen Symbiose! zusammen- gefasst. Welcher Vortheil erwächst nun aber den Algen, wenn sie in die Gewebe höherer Pflanzen eindringen? Diese Frage beantwortet Kress? auf folgende Weise. Er sagt: »Sie suchen einen geschützten Platz für ihre Entwicklung; es sind, wenn man so sagen darf, » Raum- parasiten«. Bei häufigeren Beobachtungen der kleinen Algenformen, wie Palmelaceen, Diatomeen ete. bemerkt man deutlich, wie gern diese winzigen Organismen sich irgend wo festsetzen oder irgend wo hinein- kriechen, sei es in abgestorbene größere Algenzellen, wie z. B. die kleineren Euastren und Cosmarien in Closterium Lunula oder in leere Grustaceenschalen « oder aber, können wir hinzufügen, in Thiere, welche vermittels ihrer Durchsichtigkeit ihnen dieselben Bedingungen bieten, unter denen sie im Freien leben. Die in Thieren lebenden Algen haben wir also auch als Raumparasiten aufzufassen. Sie sind voll- kommen unabhängig in Bezug auf ihre Ernährung. Wie steht es aber mit den Thieren, in welchen die Algen leben? Hier scheint nun viel- leicht der Fall vorzuliegen, dass die Thiere sich von den Algen ernähren lassen, sobald sie selbst gehindert werden für ihre Ernährung zu sor- gen. Denn es gelingt z. B. Hydren wochenlang in filtrirtem Wasser zu erhalten, sobald nur die Algen Licht haben, um assimiliren zu können. Diesen Versuch hat bereits Branpr angestellt. Ich kann ihn be- stätigen. Ob nun etwa die Algen durch Aufnahme von Kohlensäure und Abgabe von Sauerstoff den Thieren von Nutzen sind, lasse ich dahinge- stellt, da im Wasser selbst hinreichend Sauerstoff zur Athmung vorhan- den ist. — Fassen wir noch einmal kurz zusammen, so erscheint die eben beschriebene Einwanderung der Körper in die Eizelle, vor Allem aber die Fortpflanzung durch Tetradenbildung die Zellnatur unserer Körper zu bestätigen. Wir können also sagen, dass im Thierreich nie- mals Ghlorophyllkörper vorkommen, sondern, wo dieser Farbstoff auftritt, wir es mit grünen Algen zu thun haben, die in den Thieren leben. Jena, . Juli 1882. 1 pe Bary, Die Erscheinungen der Symbiose. Vortrag. Straßburg 1879. 2 Kress, Beiträge zur Kenntnis niederer Algenformen. Separatabdruck aus der Botan. Zeitung. 4881. p. 19. 4 464 Otto Hamann, Zur Entstehung und Entwicklung der grünen Zeilen bei Hydra, — — Zusammenstellung der einschlägigen Litteratur. Max ScCHULTZE, Beiträge zur Naturgeschichte der Turbellarien. Greifswald 1851. p-. 16 u. f E. Hazcker, Biologische Studien. Heft4. Studien über Moneren und andere Pro- tisten. Leipzig 1870. p. 149. CIENKOWSKY, Über Schwärmerbildung bei Radiolarien. Arch. für mikroskopische Anatomie. Bd. VII. 1874. KLEINENBERG, Hydra. Eine anatomisch-entwicklungsgeschichtliche Untersuchung. Leipzig 1872. p. 38. v. Hiper, 'Sagartia troglodyles Gosse. Ein Beitrag zur Anatomie der Aktinien. Sitzungsberichte der k. Akademie zu Wien. Math.-naturw. Klasse. Bd. 75. Abtheilung 1. 4877. p. 385. GEpDDES, Sur la fonction de la chlorophylle avec les Planaires vertes. Comptes rend. 4878. T. 87. p. 4005. Herrtwic, Die Aktlinien, anatomisch u. histologisch untersucht. Jena 1879. p. 39. SenPEr, Die natürl. Existenzbedingungen der Thiere. Bd.I. p.90. Leipzig 1880. BrANDT, Untersuchungen an Radiolarien. Monatsber. d. Berliner Akademie. 4881. Hamann, Die Mundarme der Rhizostomen und ihre Anhangsorgane. Jen. Zeit- schrift für Naturwissenschaft. Bd. XV. N. F. VIII. 48814. BrAnDT, Über die morphol. u.physiolog. Bedeutung des Chlorophylls bei Thieren. Archiv für Anatomie und Physiologie. 41882. Physiolog. Abtheilung. Entz, Biologisches Centralblatt. Nr. 21. 1882. ) Geppes, Nature. Nr.639. 4882. Further researches on animals containing Chlo- rophyll. p. 303. Geppes, Nature. Nr. 642. 1882. Researches on animals containing Chlorophyll. p- 361. LAnKESTER, Symbiosis of Animals with Plants. Quart. Journ. Mikr. Sci. XX1. 1882. HAMANN, Der Organismus der Hydroidpolypen. Jena 1882 u. Jen. Zeitschr. Bd. IX. Erklärung der Abbildungen. Tafel XXVI, Sämmtliche Figuren:;beziehen sich auf Hydra viridis. Fig. A. Querschnitt durch das Ovarium von Hydra. Die große Eizelle ist noch frei von den grünen Algen. Vergr. Zeiss D. Oc. 2. Fig. 2. Querschnitt durch die Eizelle. Es sind bereits in derselben Algen zu sehen. ZEISss F. Oc. 2. Fig. 3. Querschnitt durch ein spätes Entwicklungsstadium. In der Eizelle sieht man neben den Algen die Pseudozellen liegen. Zeıss F. Oc. 2. Fig. 4. Algen aus Hydra isolirt. Man sieht den Kern deutlich. Fig. 5. Beginn der Tetradenbildung. Fig. 6 und 7. Tetradenbildung und Zerfall in die Tochterzellen. Fig. 4—7 Vergr. Zeıss F. Oc. 4. In Figur 1 bedeutet: ov, Eizelle; ex, Exoderm (Epithelmuskelzellen); ovar, Ovarium (interstitielle Zellen); stl, Stützlamelle;; ent, Entoderm; Alg, Algen. In Figur 3 bedeutet: psd, Pseudozellen ; ecm, Exodermmuskeln. ni N ‚R R RD Re N % Über Coelenteraten der Südsee. Von Dr. R. v. Lendenfeld in Melbourne. I. Mittheilung, Cyanea Annaskala nov. sp. Mit Tafel XXVII—XXXII und einem Holzschnitt, Obgleich die 1862 von L. Acassız! aufgestellte Familie der Gyani-. dae kosmopolitisch ist, so schien doch die Gattung Gyanea selbst bisher auf die nördliche Halbkugel beschränkt zu sein?. Eine, im Vergleich mit der deutschen und nordamerikanischen Gyanea zwar kleine, aber zweifellos diesem Genus angehörende Qualle ist in Port Phillip, so wie an anderen Orten der Südküste von Australien sehr häufig. Sie er- scheint oft in ungeheuren Schwärmen in der Nähe der Küste und ist vereinzelt fast immer zu finden. Unsere Cyanea erreicht einen Schirmdurchmesser von 90 mm, je- doch sind auch schon solche von 35 mm Durchmesser geschlechtsreif. Sie ist demnach die kleinste bisher beobachtete Cyanea. Der Schirm ist sehr dünn, etwa 7mal so breit als hoch und an lebenden Thieren nie- "mals in der Mitte eingezogen, wie bei anderen Cyanea-Arten zuweilen, sondern stets konvex (Taf. XXVIII, Fig. 3). Ruhend hängt der Schirm- rand schlaff herab und liegt nahezu der Achse parallel. In der Mitte des Schirms erheben sich weit vorragende Nesselwarzen (Taf. XXVII, Fig. %), wie bei Stenoptycha. Dieselben bilden bei erwachsenen Thieren eine ‚ kleine Gruppe in der Mitte der Umbrella. Junge Thiere zeigen ihre ganze ‚ Exumbralfläche mit solchen Zapfen besetzt. Gegen die Peripherie hin 1 L. Asassız, Monograph of the North American Acalephae. Contributions to | the natural history of the united states. 2 E. HarckeL, System der Medusen. p. 528. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XXXVII. Bd. 33 466 R. v. Lendenfeld, ist die äußere Schirmfläche von seichten radialen, in den Radien der Verwachsungsstreifen und in den Adradien liegenden Rinnen durch- zogen, die in die Einschnitte des Lappenrandes auslaufen. Über jedem Oculareinschnitt ist die über jedem Randkörpergefäß dickere Schirm- gallerte plötzlich schief abgestutzt (Taf. XXVII,- Fig. 4 RF). Die 16 Ephyralappen sind durch 16 Einschnitte in 32 Lappen gespalten (Taf. XXVII, Fig. 2, #4, 6)! Diese in den Radien der Ver- wachsungsstreifen liegenden Einschnitte sind tiefer als die Ocularein- schnitte. Die adradialen Einschnitte reichen bis in den Kreis der Rand- körper hinein und es erscheinen in Folge dessen die Oktanten mit je vier Lappen und dem Randkörper in der Mitte scharf von einander abgesetzt, eine Erscheinung, die bei starker Kontraktion der Subum- brellarmuskulatur noch schärfer hervortritt. Die Ocularlappen springen etwas weiter vor als die Tentakellappen. Sowohl die einen wie die anderen sind elliptisch; nur ist bei den Ocularlappen die lange Achse der Ellipse radial, bei den Tentakellappen hingegen tangental gelegen. Die Entfernung der Randkörper vom Schirmrand beträgt ein Zehntel des Schirmradius und erscheint somit etwas geringer als bei anderen Cyanea-Arten. Die Magendecke zeigt in der Mitte ein in die Schirm- gallerte eingesenktes A6eckiges Feld, welches eben oder schwach faltig erscheint (Taf. XXVII, Fig. 2). Die 46 Seiten dieses tiefsten centralen Magentheiles sind nach innen konvex vorspringend. Von den 16 Ecken gehen eben so viele Rinnen (Taf. XXVIN, Fig. 2, 3, A) ab, welche in den Per-, Inter- und Adradien liegen. Die zwischen den Rinnen ge- legenen Theile springen in den Magen wulstförmig vor. Die Ver- wachsungsstreifen reichen etwas über die Mitte zwischen Peripherie und Centrum der Scheibe und enden hier ein wenig verbreitert. Sie sind stets gerade (Taf. XXVII, Fig. 2). An jener Stelle, wo sich die Schirmgallerte plötzlich verdünnt, die also der Kranzfurche entspricht, verdünnen sich natürlich auch die Magentaschen und zwar geschieht diese Verdünnung plötzlich an einer scharfen Kante, an welcher die Exumbrellagallerte siufenförmig nach unten vorspringt (Taf. XXVII, Fig. 2, 3 X). Die Verwachsungsstreifen halbiren keineswegs die Winkel zwischen den Per-, Inter- und Adra- dien, sondern liegen immer den Radien der Randkörper näher als den anderen. Es erscheinen somit, wie das auch bei anderen Cyanen der Fall ist, die perradialen und interradialen Magentaschen viel schmäler als die adradialen. Der per- und interradiale Winkel zwischen je zwei Verwachsungsstreifen beträgt etwa 15 und der adradiale demnach 30 Grad. Es sind somit die Randkörpertaschen des Magens halb so breit als die Tentakeltaschen (Taf. XXVIII, Fig. 2, 6 VS). Die oben erwähnte Über Ooelenteraten der Südsee. 467 stufenförmig vorspringende Kante (K) erscheint in der Tentakeltasche gerade und tangental verlaufend, während sie in der Oculartasche nach innen winkelförmig vorspringt. Auf diese Weise werden abwechselnd T- und Y-förmige Figuren gebildet, welche am lebenden Thier sehr auf- fallend sind (Taf. XXVII, Taf. XXVII, Fig. 2 K). Die centrifugalen Ausläufer des Gastrovascularraums sind reich verzweigt, ohne jedoch Anastomosen zu bilden. Besonders breit und weit gegen die Peripherie vorspringend erscheinen die Magentaschen der Ocularlappen. Sowohl diese wie auch die schmäleren Gefäße der Ten- takellappen entsenden nur von einer Seite Nebenäste. Diese Nebenäste liegen stets mit Ausnahme jener, die von den »Hörnern«! entspringen, dem Verwachsungsstreifen zugekehrt. Die Nebenäste der Hörner da- gegen versorgen die »Sinnesfalten«2 und stehen demnach auf der vom Verwachsungsstreifen abgewendeten Seite (Taf. XXVII, Fig. 2, 6). Man kann in jedem Ocularlappen zwei, in jedem Tentakellappen sechs Haupt- äste, mit einer großen und wechselnden Zahl von kurzen Nebenästen unterscheiden. Wesentlich verschieden von den besprochenen Gefäßen sind jene, welche den Adradien zunächst liegen und den Tentakel- lappen angehören. Es sind stets neun von dem Adradius nach beiden Seiten an Länge zunehmende fingerförmige Gefäße. Dieselben sind eben so breit als die dazwischen liegenden Verwachsungsstreifen. Sie füllen einen sektorähnlichen Raum aus, dessen Mittelpunkt in den centrifugalsten Berührungspunkt zweier Tentakellappen fällt. Diese Ausstülpungen des Magens entbehren stets der Nebenäste (Taf. XXVII, Fig. 2, 6). Die Ansatzstellen der Tentakel bilden acht U-förmige Linien. Centrifugal stehen die Tentakel in einer einfachen Reihe. Hier an den peripherischen Enden der Schenkel des U bilden sie eine gerade Linie. Weiter nach innen wird die Reihe zickzackförmig, noch centripetaler sind die Tentakel in zwei Reihen angeordnet und endlich in der Krüm- mung des U stehen sie dicht und unregelmäßig in vier oder mehr Reihen _ angeordnet. Sowohl Kranz- als Lappenmuskel sind stark entwickelt und liegen auf knorpelharten Gallertleisten, die, der Verlaufsrichtung der Muskelfasern entsprechend, im Kranzmuskel tangental, im Lap- penmuskel radial verlaufen. Das oberhalb der Muskeln liegende Entoderm des Magenbodens bildet nach unten vorspringende Falten, welche auf den Muskelstützleisten senkrecht stehen (Taf. XXX, Fig. 35, 1 T. Eimer, Die Medusen, physiologisch und morphologisch auf ihr Nervensystem untersucht. ?2 0. und R. Herrwıc, Das Nervensystem und die Sinnesorgane der Medusen. 32* 468 R. v. Lendenfeld, 36 C). Zur Bildung von tentakelartigen Papillen der Subumbrella, wie bei Cyanea arctica, kommt es bei C. Annaskala jedoch nicht. Die Außen- seite der Subumbrella ist nur von parallelen geraden Rinnen und Leisten durchzogen. Der Kranzmuskel bildet einen breiten ununterbrochenen Ring, was besonders an seinem inneren Rande, centripetal von den inneren Enden der Verwachsungsstreifen, schön zu sehen ist (Taf. XXX, Fig. 35). Wo der Kranzmuskel über die Verwachsungsstreifen hinweg- zieht, sind die Muskelstützleisten etwas niederer und natürlich fehlen dort auch die stets sehr auffallenden Entodermfalten, wesshalb der centri- fugale Theil des Kranzmuskels aus 16 Feldern zu bestehen scheint, die abwechselnd breiter und schmäler zwischen den Verwachsungsstreifen liegen. Die 16 Lappenmuskel, auf dieselbe Weise wie der Kranzmuskel über den Verwachsungsstreifen scheinbar unterbrochen, sind schmale, etwa so weit nach außen wie die Tentakelansatzlinie sich ersireckende Muskelbänder. Sie liegen über den Verwachsungsstreifen.- Mit breiter Basis am äußeren Rande des Ringmuskels beginnend, verschmälern sie sich nach außen hin erst rasch, dann langsam, und sind am centrifuga- len Ende mit einer dem Randkörper zugekehrten Verbreiterung ver- sehen. Sie schließen somit auf der per- und interradialen Seite eine schmale hufeisenförmige, muskelfreie, auf der adradialen Seite eine U-förmige, die Tentakeln tragende, breitere Fläche zwischen sich ein (Taf. XXX, Fig. 35 m’). Bei einer 90 mm breiten Gyanea Annaskala hatte der Kranzmuskel eine Breite von 20 mm, der centrale ununterbrochen erscheinende Theil war 3 mm breit. Es endet demnach bei unserer Meduse, wenn sie er- wachsen ist, der Kranzmuskel centripetal etwa 3 mm der Achse des Thieres näher als die Verwachsungsstreifen. Die Lappenmuskel dersel- ben Qualle waren 23 mm lang und am äußeren Ende 6 mm breit. Diese Maße drücken das normale Verhältnis aus (Taf. XXX, Fig. 35). Die interradialen, etwa bis zu einem Drittel der Mundarme herab- hängenden Genitaltaschen (Taf. XXVli, Taf. XXVIII, Fig. 3, Taf. XXXIH, Fig. 68) sind deutlich dreilappig, »fleure de lis« ähnlich gebaut. Die reich gefalteten Mundarme hängen etwa bis zu zwei Drittel des Schirmdurchmessers herab (Taf. XXVII, Taf. XXVIIL, Fig. 3). Der knorpel- harte Mundring geht allmählich in die Subumbrella und in die Mundarme über und zeigt daher keinen so ausgesprochen kreisförmigen Querschnitt (Taf; XX VII, Fig. 3) wie bei anderen Cyaniden. Die Mundarme sind am Rande verdickte, im Übrigen dünne Platten. Die centralen, von den vier perradialen Ecken des kreuzförmigen Mundes entspringenden Gallert- leisten der Mundarme, verdünnen sich gegen das centrifugale Ende der Über Goelenteraten der Südsee, 469 Mundarme hin und erscheinen besonders in der Nähe des Mundes mit einer tiefen Längsrinne versehen, die sich gegen das Ende hin ausflacht (Taf. XXXIL, Fig. 65). Wie andere Cyanea-Arten ist auch die C. Annaskala mit prächtigen Farben ausgestattet. Der Schirm ist farblos, nur das Entoderm der Magen- decke erscheint, besonders in den Rinnen der unteren Fläche der Exum- brella, intensiv rostgelb gefärbt. Die Tentakel zeigen einen schwach vio- letten Schimmer. Die Farbe der hernienartigen Genitalkrausen schwankt je nach Alter und Geschlecht zwischen orangegelb und rosa. Mit reifen Genitalprodukten versehene Geschlechtsdrüsen sind inten- siver gefärbt als jene jungen Thiere. Die Spermasäcke sind rosa, die Eier gelbbraun (im durchfallenden Licht), so dass die Männchen rosen- rothe, die Weibchen hingegen gelbe Genitalkrausen besitzen. Die Mund- arme sind am frischen Thier prächtig purpurroth, eine Farbe, die beson- ders am verdickten Randsaum der Mundarmfahnen sehr intensiv ist (Taf. XXVM). Die beschriebenen, ohne Mikroskop erkennbaren Verhältnisse sind wohl als die normalen anzusehen. Abweichungen von diesen Bauver- hältnissen zeigen etwa 100/, der Medusen. Sehr häufig ist eine unregel- mäßige Anordnung der Randkörper, indem zuweilen zwei Randkörper einander so nahe rücken, dass der Bogen zwischen ihnen statt einem Winkel von 45° zu entsprechen, über einen solchen von 15—10° aus- gespannt ist. Die Randlappen zwischen zwei auf diese Weise einander genäherten Randkörpern unterscheiden sich von den an anderen Schirm- theilen nur durch ihre geringere Breite. Die Tiefe der Einschnitte, welche die Ocularlappen von den Tentakellappen trennen, ist bei jungen Thieren so variabel, dass kaum zwei gleich große Larven gefunden werden können, die hierin genau übereinstimmten. Konstanter zeigt sich die Formation der Randlappen bei erwachsenen Thieren. Die Länge und der Faltenreichthum der vier Mundarme ist auch öfters ungleich, wobei ‚sich aber keine Korrelation mit Missbildungen des Schirmrandes auf- finden lässt. Ausnahmsweise konstant ist die Färbung. Nur die Tiefe der Bräunung der Magendecke ist Schwankungen unterworfen, welche wohl auf verschiedene Ernährungsverhältnisse zurückzuführen sein dürften. Was nun die systematische Stellung unserer Cyanea anbelangt, so ist es in Anbetracht der unsicher bestimmten, bisher aufgestellten Arten schwer, ihr den richtigen Platz innerhalb des Genus Cyanea anzuweisen. Wenn wir von den Arbeiten älterer Autoren, wie P£ron und LESUEUR, 470 R. v. Lendenfeld, GaEDE, EscnscuoLtz u. A. absehen, so haben wir die Acassız’sche 1 und Hazcker’sche 2 Zusammenstellung in Betracht zu ziehen. HaEckEL hat die Acassız’sche Art C. fulva gestrichen und mit C. arctica P. etL. für iden- tisch erklärt und zugleich die Berechtigung der Aufstellung der vier Arten ©. arctica P. et L., C. capillata Esch., C. Lamarkii P. etL. und C. versicolor L. Ag. in Frage gestellt, obwohl er sie als specifisch ver- schieden im System aufführt 3. Wenn wir die sechs Hazcker’schen Species annehmen und die für die Systematik verwerthbaren Charaktere vergleichen, so zeigt sich uns das auf der nebenstehenden Tabelle dargestellte Verbältnis. Der Größe nach stimmt also Cyanea Annaskala am meisten mit G. Lamarkii und C. versicolor überein, während die Randlappenbildung mehr jener von C. Postelsii ähnelt. Wichtig erscheinen einige Charaktere unserer Gyanea, welche sie von allen Cyanea-Arten der nördlichen Hemisphäre wesentlich unter- scheidet und welche Übergänge zu anderen Genera der Cyanidae bilden. Während bei den nördlichen CGyanen die Tentakelansätze auch am centrifugalen Ende mehrreihig angeordnet sind, erscheinen dieselben bei GC. Annaskala der Peripherie zu in einer einzigen Reihe angeordnet. Diese Eigenthümlichkeit stempelt unsere Meduse zu einem Übergangsgliede zwischen den Gattungen Cyanea und Desmonema. Bemerkenswerth erscheint auch die unserer Gyanea eigenthümliche Gestalt der peripheren Magengefäße, welche nicht wie bei anderen Cyanea-Arten nach beiden Seiten hin Nebenäste entsenden, sondern dieselben nur auf einer Seite besitzen. Der Gentralmagen und die durch die Gefäßlamelle verbundenen Gefäße theilen die Meduse in zwei Theile: die ventrale Subumbrella und die dorsale Exumbrella. Während die Subumbrella durch mannig- faches Wachsthum und durch sehr stark divergirende Bildungen, sowohl. des Ektoderms wie des Entoderms, ausgezeichnet ist, bleibt der über der Gefäßschicht liegende Theil der Meduse, die Exumbrella, einfach. An der Grenze von Sub- und Exumbrella liegen die Gentralorgane des Nervensystems, die Randkörper. Wir wollen der erwähnten Anordnung der Körpertheile gemäß nach einander Exumbrella, Magen, Randkörper und Subumbrella besprechen. 2 L. Acassız, Contrib. to the nat. h.ofthe un. st. A.IV. Monograph of Acalephae. p. 160-162, 2 E. HAEcKEL, System der Medusen. 3 E. HAECKEL, System der Medusen. p. 529—532. 471 Über Coelenteraten der Südsee. J19]ewyoSs -19A Jydıu sıseg Jop ue qrosogueso | [oyyıdeussen\usddeg “Jloyyod uaddeg 19MZ u } woaaındand | — 1901u9S0A souneigq [dl ur Yıuyasurg U9JON y9anp vr: Che 3 —8 ° 2. ° epeyseuuy JA9JEWUYISIHA SISeg I9P ue usddeT "94995 uaddey 19MZ 006—00% _ = woagqjod ol ur YıTuyasurg u9Jor} yaanp Y 1:9—Y “27° 08]09504 0s—07 | — q[93 yoırqla? 9q194] 9JYy919S “yasıyeapenb % y:0—% 08 BIUSNAIIH yopueı 08°—0 1} uneaqjfoy UJ01U9SOA ysıpneiq -9gösne wney ‘yosyeapenb 97—g v:37—8 “2 2.20[091819 A (ayyıdaussen 00° — 004 uneug yJoagq][o3 souneig |Jopueaadsne wney ‘S11097y994 € | :9—Y 2 5 ZPOWONV: 0801 . neq neqrpoy neg S1799191p & VaTze “0° dee] [oyııda -uaden sau 001—08 uneaqq[93 yaııyJ0oa |-nerqypıg]od yosmeaıpenb € :9—Y - ee 2 weljiden w | i HuBstoTegLugg | orLELquoseMN rien) A9SSOLL oma aan 1op ur Anz Ssreaquamag sorods ınz OITEAYULITYOS -NOAnpwaIgog op STUNTETLOA OgIeHT SWILUIS 'SOP | uoddererkydy | wAoT 1op STugegAoA | ‚uojJry-eoueÄ) 10p OpoTyosıoyunseraodg oyTTeJKEoSusLuLmesnZz yasııEeTjoge,L 472 R. v. Lendenfeld, Die Exumbrella (Taf. XXVII, XXX). Unten von der Magendecke und oben von dem Ektoderm der Schirmoberfläche begrenzt bildet die Schirmgallerte einen in der Mitte dicken, an der Kranzfurche plötzlich sich verdünnenden uhrglas- formigen Körper. Die obere konvexe Fläche erscheint mit Ausnahme jener Stellen, wo sich Nesselwarzen befinden, ganz glatt, während die untere konkave Fläche ein Negativ der Oberseite des Gastrovascular- raumes darstellt und demgemäß von Furchen durchzogen und unregel- mäßig ist. Der Schirm ist farblos und besitzt, wie bei anderen Gyani- den, eine ziemlich bedeutende Festigkeit. Die Gallerte. Craus ! giebt an, dass die Schirmgallerte von Gyanea jeglicher Zellelemente entbehre, indem er Körriker’s? gleichlautende Angabe be- stätigt. Es ist wohl anzunehmen, dass hierbei Cyanea capillata gemeint sei. T. Eimer giebt an, dass die Gallerte von C. capillata nur von Fasern durchzogen sei und außer einigen mit Ausläufern versehenen Zellen in der Nähe der Oberfläche eingelagerter Zellen entbehre. Auf Tafel II stellt Eimer in Figur 5 die Fibrillen der Schirm- gallerte aus der Mitte der Umbrella von C. capillata dar und auch dort sind keinerlei Zellen gezeichnet. Aus den übereinstimmenden Angaben dieser Forscher geht mit Sicherheit hervor, dass C. capillata der Binde- gewebszellen in der Gallerte, der Colloblasten, wie ich sie mit Hamann > nennen werde, entbehrt. CGyanea Annaskala besitzt, im Gegensatz hierzu, Colloblasten von zweierlei Art, wovon die eine Form in der Schirmgallerte vorkommt. Diese Zellen (Taf. XXIX, Fig. 7, 12, 43) liegen unregelmäßig zerstreut in der Gallerte. Sie scheinen in der Nähe des Ektoderms etwas häufiger zu sein als in der Mitte der Gallerte und fehlen in der Nähe des Schirm- randes gänzlich. Es sind kleine kugelrunde, mit stark lichtbrechenden Körnchen erfüllte Zellen von 0,004 mm Durchmesser. Meist liegen sie paarweise, viel seltener einzeln oder in Gruppen zu vieren. Zweifellos vermehren sie sich durch Theilung. Die eigenthümliche, vorwiegend 1 C.CrAus, Über Charybdea marsupialis. p.39. Arbeiten aus dem zoologischen Institut Wien. I. p. 259 und: Quallen und Polypen der Adria. p. 15. 2 A. KÖLLIKER, Icones histologicae. 2. Abth. A. Heft. p. 99. 3 T. Eimer, Die Medusen etc. p. 182, 488. 4 T. Eımer, Die Medusen etc. 5 Otto Hamann, Die Mundarme der Rhizostomen etc. Jen. Zeitschr. Bd. XV. p. 259. } = Über Coelenteraten der Südsee. 473 paarweise Anordnung deutet darauf hin, dass die zwei Tochterzellen so lange an ihrer Entstehungsstelle beisammen bleiben, bis sie sich selbst zu theilen anschicken und dann rasch aus einander weichen. Diese Zellen gleichen den von Emer! von Cassiopea borbonica abgebildeten. Ich finde sie übereinstimmend mit den entsprechenden Bildungen im Schirm der Rhizostomen, nur etwas kleiner. Die Fasern liegen in der Nähe des Ektoderms sehr dicht, am schüttersten stehen sie in der Mitte des Schirmes. Emer? giebt an, dass die Fasern im Schirm der CGyanea capillata unregelmäßig netzförmig angeordnet sind. In der Nähe des Randkörpers von C. capillata zeigen nach diesem Forscher die Fasern eine regelmäßig büschelförmige An- ordnung3. Die Fibrillen der Gallerte von Gyanea Annaskala durchsetzen den Schirm in einer der Achse annähernd parallelen Richtung. Sie wiederholen auf diese Weise die Verhältnisse, welche bei den kleinen Craspedoten vorliegen. In der Nähe sowohl der ektodermalen wie der entodermalen Begrenzung der Exumbrella biegen die Fibrillen um und verlaufen dicht unter dem Epithel in tangentaler Richtung (Taf. XXIX, Fig. 7). Wenn man auf das Ektoderm der Umbrella einstellt und dann den Tubus langsam nach abwärts verschiebt, so erscheint gleich nach dem Verschwinden des Epithels ein dichtes Netz von Fibrillen. Bei noch tieferer Einstellung erscheint das Gesichtsfeld punktirt, wobei die Punkte nichts Anderes als die optischen Querschnitte der vertikalen Fibrillen sind. Die büschelförmige Anordnung der Fibrillen in der Umgebung des Randkörpers der Cyanea Annaskala stimmt mit der entsprechenden oben erwähnten Bildung der C. capillata überein. Diese Fibrillen sind zweierlei Art (Taf. XXIX, Fig. 14, 15). Die einen sind glatt und hyalin, die anderen rauh und körnig. Eımer* hebt hervor, dass die Fibrillen der C. capillata theils hyalin und theils körnig seien, und bemerkt, dass diese beiden Faserarten durch Zwischen- formen derartig in einander übergehen, dass man dieselben als gleich- artige Gebilde ansehen muss. Die beiden Faserarten der C. Annaskala sind wohl unterschieden und es giebt gar keine Zwischenformen. Ich werde sie desshalb ge- trennt besprechen. Die an Zahl weit überwiegenden, etwa 99°/, oder mehr ausmachen- den hyalinen Fasern sind sehr lang und dünn, sie reichen wahrscheinlich 1 T. Emer, Die Medusen etc. Taf. VI, Fig. 2. 2 T. Eimer, Die Medusen etc. p. 182. Taf. II, Fig. 5. 3 T. Eımer, Die Medusen etc, Taf. VI, Fig. A. * T. Eimer, Die Medusen etc. p. 182. 474 | R. v. Lendenfeld, von der aboralen bis zur oralen Exumbrellarfläche, denn es gelingt nie das Ende einer Fibrille aufzufinden. Sie anastomosiren wahrscheinlich nicht und sind nur sehr selten verzweigt. Sie unterscheiden sich daher wesentlich von den von Eimer! beschriebenen Fibrillen der C. capil- lata, welche nach diesem Forscher ein dichtes Netz anastomosirender Fasern bilden. Die hyalinen Fasern haben wahrscheinlich eine kreis- cylindrische Form, sie sind alle ziemlich gleich dick und haben einen Durchmesser von 0,0045 mm. Außer den erwähnten sehr spärlichen Verzweigungen kommen hier und da Anschwellungen von spindelförmi- ger oder unregelmäßiger Gestalt (Taf. XXIX, Fig. 14) an ihnen vor. Wesentlich verschieden sind die körnigen, relativ sehr seltenen Fibrillen (Taf. XXIX, Fig. 7 ). Sie sind dicker als die hyalinen Fasern, indem sie einen Durchmesser von 0,0025—0,003 mm erreichen. Die Dicke derselben ist überhaupt bei Weitem nicht so konstant, wie die der hyalinen, indem sehr dünne körnige Fasern neben den dicken vorkom- men. Man kann öfter Verzweigungen dieser Fibrillen beobachten (Taf. XXIX, Fig. 15), wobei gewöhnlich von einer als Stamm anzu- sehenden Faser von Stelle zu Stelle ungemein dünne Zweige körniger Substanz abgehen. T. Eimer? nimmt nun diese Fibrillen als Nervenfasern in Anspruch und sagt: »sie könnten entstehen durch gegenseitige Entfernung zweier ursprünglich aus einer und derselben Anlage hervorgegangener Lager von Ektodermzellen« (die bei Gyanea capillata nach Eımer vorkommende Form des Nervensystems). Nun sind aber die Fibrillen bei C. Annaskala nicht zwischen Partien des Ektoderms, sondern zwischen Ektoderm und Entoderm ausgespannt und können daher nicht als die Bahn der ektodermalen Bildungsstätten bezeichnende Zellschwänze angesehen wer- den. In der Nähe der Randkörper sind auch bei Gyanea Annaskala die Fibrillen eben so wie bei C. capillata von der einen Ektodermfläche zur anderen ausgespannt, jedoch so, dass sie radial von den dorsalen Riech- falten sowohl gegen das Ektoderm der Schirmfalten als auch gegen das Entoderm des Randkörperkanales hin ausstrahlen. Jedoch sind diese stets gerade verlaufenden Fibrillen auf die über der Entodermlamelle liegende Gallerte beschränkt und setzen sich in keinem Fall in die Sub- umbrella fort (Taf. XXXI, Fig. 60 f, 2). Über die Details dieser Verhältnisse, so wie über die, die Sinnes- lappen scheinbar quer durchsetzenden Fibrillen, wird bei den Rand- körpern gehandelt werden. Jedenfalls sind die hyalinen Fasern 1 T. Eimer, Die Medusen etc. Taf. II, Fig. 5. 2 T. EiMER, Die Medusen etc. p. 184. Über Coelenteraten der Südsee. 475 einfache Bindegewebsfibrillen. Die körnigen Fasern hingegen können vielleicht als nervöse Elemente angesehen werden. Eine Sicherheit hierüber wäre nur durch den Nachweis eines Zu- sammenhanges zwischen Ganglienzellen und körnigen Fasern zu er- langen. Dieser Nachweis ist aber noch nicht erbracht. Das ektodermale Schirmepithel. Der herrschenden Vorstellung gegenüber, dass die äußere Schirm- fläche aller Acraspeden von einem Plattenepithel, wie die der Graspedo- ten (F. E. Scaurze!, OÖ. und R. Herrwie?) bedeckt sei, giebt Eimer ? an, dass das Exumbrella-Ektoderm von Cyanea capillata aus hohen Cylin- derzellen zusammengesetzt sei. Wenn wir von den Nesselwarzen und den kleinen über den Randkörpern liegenden Bezirken absehen, so ist die Rückenfläche der Umbrella von Gyanea Annaskala mit einem Platten- epithel bedeckt. Dieses Epithel (Taf. XXIX, Fig. 7, 9, 10, 14, 24 ec) stimmt mit dem Plattenepithel vom Schirmrücken der Sarsia tubulosa, welches F. E. Scaurze * beschreibt, überein. Es sind sehr flache polygonale fünf- oder sechseckige Zellen. Sie sind 0,05—0,03 mm breit und von wechselnder Höhe. Der größte Theil des Schirmrückens wird von solchen flachen, nur 0,003 mm hohen Deckzellen bekleidet. Diese sind in der Mitte, wo der Kern liegt, höher als an den Rändern. Der gewöhnlich ovale oder von oben nach unten linsenförmig abgeplattete Kern hat einen größten Durchmesser von 0,004 mm. Das spärliche Protoplasma drängt sich um den Kern zusammen und entsendet Ausläufer bis an die seitlichen Zell- ' grenzen, welche der dorsalen oberflächlichen Seite der Zellen anliegen. Ich halte die Bönm’sche ® Angabe, dass die Massenzunahme des Plasmas mit der Größenzunahme der Zelle nicht gleichen Schritt hielt, und so nur dünne Plasmafäden in der großen Zelle übrig blieben, für sehr plau- sibel. Denn es steht das Epithel des Schirmrückens unter sehr ungünsti- gen Ernährungsbedingungen, da es von dem Magen durch die mächtige | Gallerte getrennt ist, und so wird wohl das Plasma des Schirmrücken- | epithels nicht so viel Substanz assimiliren können wie das Plasma von U F, E. ScauLzE, Über den Bau von Syncoryne Sarsii etc. p. 16. Taf. II, Fig. 9 u.a. 0. 2 O0. und R. Herrwis, Der Organismus der Medusen. p. 5. 3 T. Eimer, Die Medusen etc. p.A85ff. Taf. II, Fig. 9. Aus einer anderen Stelle in Eimer’s Arbeit (p. 479) scheint hervorzugehen, dass er nur ganz junge Thiere von wenigen Gentimetern Durchmesser untersucht hal, was diesen auffallenden Unter- schied vielleicht erklärt. 4 F. E. Schutze, Über Syncoryne Sarsii etc. 5 R. Bönm, Helgolander Leptomedusen. Jen. Zeitschr. Bd. XII. p. 73. 476 R. v. Lendenfeld, Zellen, welche in unmittelbarerer Verbindung mit der verdauenden Kavi- tät stehen. Im Gegensatz zu dem Deckepithel der Graspedoten zeigt die äußere Ektodermschicht der Cyanea Annaskala stets deutliche Zellgren- zen und ich möchte desshalb eine, wenn auch unbeträchtliche Kittsub- stanz zwischen den ektodermalen Zellen annehmen, da die Zellhaut iso- lirter Elemente viel dünner ist als der halbe Durchmesser der Zellgrenzen am lebenden Epithel beträgt. Jedoch liegen diese Verhältnisse wegen ihrer Feinheit bereits an der Grenze der Wahrnehmung. In der Nähe ‚der Nesselwarzen geht das Plattenepithel über in ein aus nahezu kubi- schen Elementen zusammengesetztes. Dieses (Taf. XXIX, Fig. 11) findet sich als schmaler Ring in der Umgebung jeder Nesselwarze so wie um die später zu besprechenden Riechfalten. Die Kerne dieser von den -platten Zellen nicht verschieden gebauten Elemente sind kugelförmig und enthalten meist (oder immer?) einen Nucleolus. Auch diese Zellen füllt das Plasma nicht aus. Alle diese Zellen entbehren der Cilien und besitzen auf der Außenseite eine »getüpfelte Guticula«, wie sie F. E. Scaurzei und O. und R. Herrwie? für verschiedene Craspedoten be- schrieben haben. Sie erscheint in Flächenansichten getüpfelt und an ‘Querschnitten zeigt sie »eine auffallend regelmäßige Zusammensetzung aus abwechselnd stärker und schwächer lichtbrechenden Theilchen«®. O. und R. Herrwıc * haben gezeigt, dass bei Cunina sol maris diese Er- scheinung durch Zapfen hervorgerufen wird, welche von der Quticula aus in die Zellen hineinragen. Aus den Abbildungen von F. E. ScnuLze> hingegen scheint hervorzugehen, dass die Querstreifung der Cuticula von CGordylophora lacustris nicht auf centripetale Vorsprünge, sondern auf eine innere Struktur der Guticula zurückzuführen ist. An den kubischen Epithelzellen des Schirmrückens von Cyanea Annaskala, welche in der Nähe der Riechfalten liegen, ist die Querstreifung besonders schön an der dort beträchtlich dicken Cuticula zu sehen (Taf. XXIX, Fig. 14). Diese Querstreifung wird nicht von centripetalen Zapfen wie bei Cunina, sondern wie bei Gordylophora durch eine innere Struktur der centripetal glatten Guticula hervorgerufen. | Die Oberfläche der Gallerte unter den Plattenzellen ist glatt. Die platten so wie die kubischen Epithelzellen besitzen keine basalen Aus- u Kr läufer, sie enthalten nirgends Nesselzellen und schließen an keiner Stelle Sinneszellen oder einzellige Drüsen zwischen sich ein, was im Gegensatz 1 F. E. Scuuze, Über Cordylophora lacustris. p. 18. 2 O0. und R. HerTwie, Der Organismus der Medusen. p. 3. 3 F. E. SchuLze, Cordylophora lacustris. p. 48. * O0. und R. Herrwic, Der Organismus der Medusen. p. 3. 5 F. E. ScuuLze, Cordylophora lacustris. Taf. VI, Fig. 10. Über Ooelenteraten der Südsee. 477 zu den Angaben Eımer’s! über Cyanea capillata hervorgehoben zu wer- den verdient. Diese einfache Bildung des besprochenen Theiles des Schirmrückenepithels steht mit dem vollständigen Fehlen der subepi- thelialen Schicht? unter den platten und kubischen Zellen im innigen Zusammenhang. Die körnigen Fibrillen der Schirmgallerte sind unter diesen Theilen des Epithels nicht seltener, wie unter den Nesselwarzen, was sehr gegen die Anschauung spricht, dass diese oben beschriebenen Fasern nervöse Elemente seien. Unregelmäßig über die ganze Schirmoberfläche zerstreut finden sich Warzen, welche bereits ohne Vergrößerung als weiße Punkte und Flecken imponiren (Taf. XXVII). Bei genauerer Betrachtung erkennt man sofort, dass diese Warzen zweierlei Art sind. Die einen nehmen die Mitte des Schirms ein (Taf. XXVII, Fig. W), während die anderen auf den von den ersteren freien Schirmtheil beschränkt sind. Die den mittleren Theil des Schirmrückens einnehmenden Warzen erscheinen hoch über die Schirmfläche erhaben auf einem Stiele sitzend, der von einer ringförmigen Vertiefung der Exumbrella umgeben ist (Taf. XXIX, Fig. 8, 22), die mehr der Peripherie zu gelegenen hingegen sind nur unbedeutend über die Oberfläche erhaben (Taf. XXIX, Fig. 21, 23). Ich werde mit der.Besprechung der letzteren, als gewöhnliche Nessel- warzen zu bezeichnenden Gebilde beginnen. Umgeben von einem ein- bis dreireihigen Ring kubischer Ektodermzellen stehen diese Nesselwarzen auf einem rauhen Theil der Gallertoberfläche (Taf. XXIX, Fig. 25). Wir erkennen in ihnen deutlich zwei Schichten: das äußere Deckepithel und centripetal die subepitheliale Schicht. Die Zellen, welche mit einem Ende die Oberfläche erreichen, sind dreierlei: Stützzellen, Sinneszellen und Nesselzellen. Die Stützzellen (Taf. XXIX, Fig. 17) sind schmale, unten spitz zulaufende und oben ver- breiterte miteiner kurzen Wimper versehene Gebilde. Sie besitzen eine in wechselnder Höhe liegende Anschwellung, in welcher der Kern liegt. An ihrem unteren Ende setzen sie sich in feine Fasern fort, die je- ‚doch niemals auf eine beträchtlichere Entfernung hin verfolgt werden ' konnten. Sie stimmen mit einigen Elementen ziemlich genau überein, welche Eımer ® und besonders Gebr. Herrwıc * abbilden und letztere als Stützzellen deuten. Ich glaube, dass Betrefis der Richtigkeit der 1 T. Eımer, Die Medusen etc. p- 185, 187. 2 So nenne ich mit Gebr. HErTwıG die von KLEINENBERG als »interstitielles Ge- webe« bezeichnete Schicht. 3 T. Eımer, Die Medusen etc. Taf. IV, Fig. 6, 13, 14. * O0. und R. Hrrrwıc, Das Nervensystem und die Sinnesorgane der Medusen. Taf. V, Fig. 41, 12 u.a. 0. 478 R. v. Lendenfeld, Herrwig’schen Annahme über die Funktion auf die beschriebene Weise gebauter Zellen, zumal bei CGyanea Annaskala, kein Zweifel besteht. Die Sinneszellen (Taf. XXIX, Fig. 18) erscheinen im Gegensatz zu den stets mehr oder minder pyramidalen Stützzellen spindelförmig. Sie erreichen wie die Stützzellen in den Nesselwarzen eine Länge von 0,02 mm und haben eine wechselnde Dicke. Während das Protoplasma der Stützzellen sehr durchsichtig und, wie Osmium-Karminpräparate darthun, ziemlich eiweibarm ist, erscheint das Plasma der Sinneszellen grobkörnig undurchsichtig und dicht. Durch kurze Einwirkung (2 Se- kunden) starker Osmiumsäure (1°/,) gelingt es die Sinneszellen braun zu färben, während die Stützzellen fast farblos bleiben. Die Sinnes- zellen tragen auf ihrem freien Ende ein langes steifes Haar, welches am lebenden Thier den Zellenleib an Länge übertrifft. Durch Einwir- kung von Reagentien wird diese » Tastborste« sehr stark verkürzt und sie verdickt sich hierbei oder fällt ab, so dass sie an Isolationspräpara- ten nur selten zu finden ist und immer sehr kurz erscheint. Von dem centripetalen Ende der Sinneszellen gehen Ausläufer ab, welche nicht wie jene der Stützzellen unmessbar dünn, sondern von beträchtlicher Dicke sind. Sie bestehen aus körnigem Plasma und enden in einiger Entfernung von der Basis der Sinneszelle. Von ihren Enden gehen sehr feine Fibrillen aus, welche oft auf eine beträchtliche Entfernung hin ver- folgt werden können. Ich nehme diese Fibrillen als Nervenfasern in An- spruch und habe mehrmals eine Verbindung zwischen einer Sinneszelleundeiner subepithelialenGanglienzelle durch eine solche Faser beobachtet (Taf. XXIX, Fig. 18). Diese Sinneszellen stimmen mit solchen von anderen Theilen der Medusen ziemlich gut überein und gleichen den von Eımer ! und Gebr. Herrwig?2 abgebildeten und als Sinneszellen gedeuteten Elementen. Sie unterscheiden sich jedoch von diesen durch die größere Länge der Tastborste. In dieser Hinsicht gleichen sie den von F. E. ScuuLze ®? abgebilde- ten Tastzellen der Tentakel von Syncoryne. Ich möchte aber auf die in den oben erwähnten Arbeiten angegebenen Unterschiede in der Länge des Palpocils keinen allzugroßen Werth legen, da dieselbe durch Rea- gentien so stark beeinflusst wird. Die dritte Art von Zellen, welche die Oberfläche erreichen, sind die Nesselzellen. Sie stimmen in ihrem Bau mit den von F. E. Schuze? 1 T. Eimer, Die Medusen etc. Taf. IV, Fig. 4, 6 u.a. ©. 2 O.u.R. Herrwıc, Das Nervensyst. u. die Sinnesorg. d. Medusen. Taf. VI, Fig. 8; Taf. IX, Fig. 7—13. 3 F. E. SchULzE, Syncoryne Sarsii etc. Taf. I, Fig. 4. 4 F. E. ScHULZE, Syncoryne Sarsii. p. 8—10. Taf. I, Fig. 6—8. ‘Über Ooelenteraten der Südsee. 479 so schön beschriebenen Nesselzellen der Syncoryne überein. Es giebt auf dem Schirmrücken nur eine Art von Nesselkapseln. Sie gleichen den größeren von den beiden Formen, welche über Tentakel und Mund- arıne verbreitet sind. Die Nesselkapsel ist eiförmig und zeigt an dem freien über die Nesselzelle hinausragenden Ende eine cirkuläre Ein- schnürung (Taf. XXIX, Fig. 16). Die ausgewachsene Nesselkapsel hat einen größten Durchmesser von 0,04 mm. In dem centrifugalen Theile derselben liegt der Nesselfaden aufgerollt. Der ausgestülpte Nesselfaden erreicht eine Länge von 1,5 mm, ist nahe der Basis verbreitert und im übrigen Theile eylindrisch; er verschmälert sich seinem Ende zu nicht!. Der ausgestülpte Nesselfaden zeigt eine schöne doppelte Spirale (Taf. XXIX, Fig. 28, 29), welche an der Nesselkapsel beginnend bis an das Ende des Fadens zu verfolgen ist. Bei sehr starker Vergrößerung gelingt es eine zarte Querstreifung der bandförmig vorspringenden Spi- ralen (Fig. 29) zu erkennen. Es wäre demnach möglich, dass die beiden spiralig aufgerollten Bänder nichts Anderes sind als dicht stehende, in zwei Spiralen angeordnete Widerhaken. Kleine, durch die Epithel- flimmerung bewegte Körnchen haften öfters an den Nesselfäden. Wenn man genau beobachtet so findet man jedoch, dass dieselben nur dann hängen bleiben, wenn sie in centrifugaler Richtung sich bewegend an den Nesselfaden stoßen, allein an demselben vorübergleiten, wenn sie sich centripetal bewegen. Dies scheint darauf hinzuweisen, dass der Nesselfaden mit Widerhaken bekleidet und nicht klebrig ist. Die Spirale kann man auch an dem aufgerollten, noch nicht ausgestülpten Nessel- faden beobachten. Von der kreisförmigen Erhebung des Plasmas in der Umgebung der Nesselkapsel aus geht ein etwa 0,008 mm langer Cnidocil ab, welcher scheinbar aus mehreren parallelen Fäden zusammengesetzt ist. Derselbe liegt stets so, dass er unter einen Winkel von etwa 45° zur Körperober- fläche stehend, über die Nesselkapsel hinwegzieht. An der Basis dieses Cnidocils nun finden sich in allen großen Nesselzellen der Gyanea Anna- skala kleine krystallinische Sternchen (Taf. XXIX, Fig. 16 s, 27,28 s u.a.0.). Diese vielzackigen Sternchen erreichen einen Durch- messer von 0,004 mm und sind auch zuweilen an leeren Nesselkapseln zu erkennen. Sie sind resistenter als die Otolithen des Randkörpers und widerstehen dünnen Lösungen von Osmium- und Chromsäure. In Essigsäure lösen sie sich ziemlich rasch auf, werden jedoch auch von den ersteren Säuren nach einiger Zeit derart angegriffen, dass sie an Präparaten nicht mehr so deutlich wie an lebenden Nesselkapseln ge- 1 F. E. ScauLze, Syncoryne Sarsii. Taf. I, Fig. 5. 480 R. v. Lendenfeld, sehen werden können. Meines Wissens sind solche Sternchen bei keiner anderen Meduse beschrieben worden, dürften aber desshalb eine weitere Verbreitung haben, weil ich sie an der hier ungemein häufigen Cram- bessa mosaica (Rhizostoma mosaica Huxley) ebenfalls habe auffinden können. Die Nesselzelle umhüllt allseitig die Kapsel mit einer dünnen Protoplasmaschicht, welche an der gewöhnlich seitlich und innen liegen- den kerntragenden Stelle beträchtlich verdickt erscheint. Der Kern ist abgeplattet und enthält stets ein Kernkörperchen. Von dieser kerntragen- den Verdickung der Plasmahülle aus geht ein dicker körniger Fortsatz ! (Taf. XXIX, Fig. 16n) ab. Ich habe an Isolationspräparaten den direk- ten Zusammenhang von Nesselzellen und subepithelialen Ganglien- zellen mittels dieses Fortsatzes mehrmals beobachtet (Taf. XXIX, Fig. 16). Eine solche Verbindung zwischen Ganglien und Nesselzellen aufzu- finden gelingt zwar selten, allein die von mir beobachteten Fälle machen es doch höchst wahrscheinlich, dass eine solche Verbindung der Cnido- blasten, welche die größere Nesselkapselart enthalten, bei Cyanea Annaskala stets vorhanden ist. Die übereinstimmende Ansicht von Craus? und F. E. ScuuLze 3, dass die Nesselzellen der Gnidarien sich von selbst ohne Willensthätig- keit des Thieres entladen können, erscheint besonders durch die Auf- findung der Sternchen an der Basis der Cnidocils gestützt. Die mechanische Leistung des Cnidocils und Sternchens besteht darin, dass ein fester Körper, der in die Nähe der Nesselwarze gelangt, auf das CGnidoeil drückt. Der Druck wird durch das Gnidocil auf das Sternchen übertragen, das mit einer oder mehreren seiner Spitzen gegen die dünne gespannte Haut der Nesselkapsel gepresst wird, diese durch- bohrt und so eine Öffnung gebildet wird, durch welche sich der Nessel- faden ausstülpt. Andererseits weist die Verbindung der Nesselzellen mit Ganglien- zellen darauf hin, dass die beiden in nervösem Zusammenhang stehen. Nun scheint es aber in Anbetracht der Kürze der Cnidocils nicht wahr- scheinlich, dass die Cnidoblasten als Tastborsten tragende Sinneszellen fungiren und so möchte denn doch der Zweck der Verbindung zwischen Nessel- und Ganglienzelle darin bestehen, Nervenreize in centrifugaler Richtung auf die Nesselkapseln zu übertragen. In Folge dieser Erwägung habe ich Versuche mit Essigsäure ange- stellt, aus denen die Richtigkeit der obigen Annahme unzweifelhaft hervorgeht. Im Absterben begriffene abgefallene Tentakel wurden mög- 1 Vgl. F. E. ScHULzE, Syncoryne Sarsii etc. Taf. I, Fig. 5. 2 C. Cravus, Studien über Quallen und Polypen der Adria. p. 13. 3 F. E. SCHULZE, Syncoryne Sarsii etc. p. 11, 12. Über Coelenteraten der Südsee. 481 lichst ausgestreckt in Meerwasser unter das Mikroskop gebracht. Solche Tentakel kontrahiren sich auf chemische Reize nur sehr langsam und sind daher für unseren Versuch besonders geeignet. Wenn man wäh- rend der Beobachtung das eine unter dem Deckglase vorschauende Ende mit koncentrirter Essigsäure betupft, so entladen sich sogleich eine große Zahl von großen Nesselkapseln in der ganzen Erstreckung des Tentakels, lange bevor die Essigsäure sich mit dem Meerwasser gemischt hat, was durch daneben liegende Tentakel bewiesen wird, die erst später, wenn die Säure sie erreicht, Nesselfäden auszustoßen beginnen. Sollte es Nesselzellen ohne Verbindung mit Ganglienzellen geben, so hätten wir Apparate vor uns, die rein mechanisch wirken. Für die mit Ganglienzellen in Verbindung stehenden Nesselzellen — und es ist das, wie aus obigem Versuch hervorgeht, ein großer Theil, — ist es sicher, dass sie sowohl auf äußere Reizung direkt, mechanisch, als auch indi- rekt durch nervöse Umsetzung eines centripetalen Reizes an der einen Stelle in centrifugale Erregung an der anderen Stelle, zur Entladung veranlasst werden können. Die subepitheliale Schicht der Nesselwarzen setzt sich aus Ganglien- zellen von geringer Größe (Taf. XXIX, Fig. 26) und aus jenen Zellen zusammen, in welchen die Nesselkapseln entstehen. Die Ganglienzellen haben einen Durchmesser von 0,04 mm und sind flach ausgebreitet. Sie entsenden Ausläufer, welche aber alle in einer zur Körperoberfläche tangentalen Ebene liegen. Diese Ausläufer bilden ein weitmaschiges Netz auf der Oberfläche der Gallerte und stehen, wie oben erwähnt, mit den Sinnes- und Nesselzellen in Verbindung. Das körnige Plasma gleicht dem oben von den Sinneszellen beschriebenen. Solche Ganglienzellen sind in dem subepithelialen Gewebe der Nesselwarzen recht spärlich eingestreut. Den weitaus überwiegenden Theil bilden die jungen Nessel- zellen. Ungefähr dann, wenn die mit ihrer langen Achse stets der Ober- fläche parallel liegenden sich entwickelnden Nesselkapseln die halbe Größe erreicht haben, differenzirt sich der Nesselfaden. Kleinere Nessel- 'kapseln zeigen einen homogenen mit Osmiumsäure sich intensiv braun- grün färbenden Inhalt. Alle Zellen, welche die Nesselwarzen zusammen- setzen, sind mit Plasma erfüllt und zeichnen sich hierdurch vor .den platten und kubischen ektodermalen Deckzellen aus. Die der Oberfläche zunächst liegenden tragen stets frei vorragende Fortsätze, Cilien, Palpocils und Cnidocils, welche den Bialton und kubi- schen Bndermzellen durchaus fehlen. Diese Nesselwarzen beginnen erst an Medusen von 25 mm Durch- messer aufzutreten. Die erste Anlage besteht aus einer schwachen Vor- wölbung einer kleinen Gruppe der platten Ektodermzellen, welche durch Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XXXVII. Bd. 33 489 R. v. Lendenfeld, die mächtige Entwicklung der subepithelialen Schicht hervorgerufen wird. Bald weichen die platten Ektodermzellen auf der Kuppe der Wöl- bung aus einander und aus den immer weiter klaffenden Spalten drängen sich wimpertragende Zellen vor. Diese Zellen sind ausschließlich Stütz- zellen. Zu gleicher Zeit haben sich aber auch schon Nesselkapseln in der subepithelialen Schicht zu bilden begonnen, die aber erst später sich aufzurichten beginnen und erst dann an die Oberfläche gelangen, wenn sich schon Sinneszellen gebildet haben. Da die Bildung der Nesselwarzen allmählich erfolgt, wobei die centripetalsten die ältesten sind, so hat man an jeder jungen Meduse Gelegenheit alle diese Ent- wicklungsstadien zugleich neben einander zu beobachten. Woher die subepithelialen Polster stammen, aus denen sich dann die Nesselwarzen entwickeln, lässt sich nicht angeben. Es ist wohl kaum wahrscheinlich, .dass sie von den darüber liegenden platten Deckzellen stammen. Sie möchten eher auf beim centrifugalen Wachsthum an einzelnen Stellen zurückgebliebene subepitheliale Zellen des Schirmrandes zurückzuführen sein, worauf einerseits das zerstreute Vorkommen subepithelialer Zellen in der Nähe des Schirmrandes junger Medusen und andererseits die öfter auf kleine Strecken radiale Anordnung der Nesselwarzen hinweist. Die zweite Form von Nesselwarzen ist von der oben besprochenen wesentlich verschieden. Der Unterschied liegt nicht in dem Nesselwulste selbst, sondern in der Umgebung desselben. Während nach Abpinse- lung der gewöhnlichen Nesselwarzen die Gallertoberfläche, von den schwachen Eindrücken der subepithelialen Zellen abgesehen, ohne Er- hebung oder Senkung eine kontinuirliche Fläche unter der Warze bildend sich erweist, zeigt die Gallerte unter der hier zu besprechenden zwei- ten Form der Nesselwarzen eine zapfenförmige Erhebung. Die termi- nale Fläche des Gallertzapfens enthält dieselben Vertiefungen wie die Gallerte unter den gewöhnlichen Nesselwarzen. Der Zapfen ragt be- trächtlich, I—3 mm weit, über die Schirmoberfläche vor und ist von einer ringförmigen Vertiefung der Gallerte umgeben (Taf. XXIX, Fig. 8, 22, 2k). Das centrifugale Ende des Zapfens trägt eine Nesselwarze, welche sich in keiner Weise von den stiellosen gewöhnlichen Nesselwarzen unterscheidet. Die Mantelfläche des eylindrischen Zapfens ist mit kubi-. schen Ektodermzellen bekleidet, die an dem Rande der terminalen Zapfenfläche in das modificirte Nesselsinnesepithel übergehen. Näher der Basis des Zapfens finden sich glatte Muskeln, welche den Zapfen auf eine beträchtliche Strecke hin (Taf. XXIX, Fig. 22 u) gürtelförmig um- geben. Isolationspräparate zeigen, dass diese Muskeln Epithelmuskel- zellen sind (Taf. XXIX, Fig. 149). Sie bestehen aus einer kubischen Über Coelenteraten der Südsee. 483 Ektodermzelle, die aber im Gegensatz zu den nicht muskeltragenden kubischen Ektodermzellen eine Wimper trägt. Die Zellen gleichen den KLEINENBERG’schen ! »Neuromuskelzellen« so wie einigen Epithelmuskel- zellenarten des Entoderms der Actinien?. Als Neuromuskelzellen können diese Elemente desshalb nicht angesehen werden, weil ihr kon- traktiler Theil durch Nervenfasern erregt wird und die Erregung nicht von dem epithelialen Theil der Zelle ausschließlich ausgeht. Die Muskeln bewirken durch ihre langsam erfolgende Kontraktion eine be- deutende Verlängerung und Verdünnung des Zapfens, so dass, wenn die Muskeln ganz zusammengezogen sind, die kugelförmig gewordene Nesselwarze auf einem langen dünnen Stiel steht. Eine solche Erhe- hung dieser gestielten Nesselwarzen erfolgt, wenn die Schirmoberfläche gereizt wird. Gewöhnlich sind die Zapfen etwa anderthalbmal so hoch als dick und unter dem Muskelgürtel nicht eingeschnürt (Taf. XXIX, Fig. 22). Dies ist die Ruhelage. Berührt man nun die Schirmoberfläche mit einer Nadel, so dass keine Nesselwarze getroffen wird, so zeigt sich keine Veränderung der gestielten Warzen. Trifft man aber eine der- selben, so beginnen sich sogleich alle zu erheben. Es muss also eine Leitung zwischen den Nesselwarzen bestehen und dieser entlang geht der Reiz von den Ganglienzellen der berührten Nesselwarze durch die Nervenfasern zu den Epithelmuskelzellen der anderen gestielten Warzen. Durch die Erschütterung des Wassers kann kein zur Muskel- kontraktion genügender Reiz des epithelialen Theiles der Epithelmuskel- zelle ausgelöst werden, weil bei Berührung des gefühllosen Deckepithels, wobei die gleiche Erschütterung statt hat, keine Kontraktion der Epi- thelmuskeln und dadurch bedingte Erhebung der Warzen erfolgt. Dies beweist den Zusammenhang der Muskeln mit Nerven, und ein Muskel, der durch einen Nerven mit einer Ganglienzelle der subepithelialen Schicht zusammenhängt, kann nicht Theil einer Neuromuskelzelle sein. Diese gestiellen Nesselwarzen erscheinen den anderen gegenüber als die phylogenetisch älteren, indem sie bei den kleinsten mir zu Ge- sicht gekommenen Medusen bereits die ganze Rückenfläche bedeckten. Die Zahl derselben nimmt zu, bis sich die ungestielten Warzen zu ent- wickeln beginnen. Später bilden sich keine solche Nesselzapfen mehr und desshalb bedecken sie nur den centralen Theil der Schirmoberfläche der erwachsenen Thiere. Zweifellos fällt sowohl den palingenetisch gestielten, wie auch den 1 KLEINENBERG, Hydra. 2 O. und R. Herrwis, Die Actinien. Jen. Zeitschr. Bd. XIII. Taf. XXII, Fig. 14 u.a. 0., Bd. XIV, p. 51 u.a. 0. 33% 454 R. v. Lendenfeld, coenogenetischen ungestielten Nesselwarzen die Bedeutung von Defensiv- waffen zu. Besonders wichtig erscheint es, dass diese palingenetischen Nessel- warzen die einzigen Theile der Gyanea Annaskala sind, wo wir Epithel- muskelzellen vorfinden. Wenn sich nun, wie wohl anzunehmen ist, die höhere coenogenetische Form des Muskelgewebes der Medusen durch Herabrücken der Epithelmuskelzelle in die subepitheliale Schicht gebildet hat, so ist das Zusammenvorkommen dieser Epithelmuskelzellen mit Ganglien und Sinneszellen, welche jenen der Medusentheile, wo sich ausschließlich subepitheliale Muskelzellen finden, vollkommen gleichen, ein Beweis, dass sich keine Sinneszellen aus den centrifugalen Theilen der Epithelmuskelzellen entwickelt haben. Diese Thatsachen bieten eine gute Illustration zu der CLaus’schen ! Ansicht, dass sich die Sinnes- und Ganglienzellen nicht aus dem epithelialen Theile der Epithelmuskelzellen, sondern für sich, in nicht muskulösen Ektodermtheilen gebildet haben und erst sekundär mit den Muskeln in Verbindung traten. Der Schirmrand (Taf. XXVIM). Da bereits oben der Schirmrand der ausgebildeten Meduse be- schrieben worden ist, will ich hier nun auf die Ontogenese desselben eingehen. Die kleinste Larve, welche ich erhalten habe (Taf. XXVII, Fig. 5 a), hatte einen Schirmdurchmesser von 5 mm und zeigte einen so ephyraähnlichen Bau, dass man sie mit Recht Ephyra nennen kann. Acassız ? hebt die außerordentliche Seltenheit von Jugendstadien aller von ihm beobachteten Cyanea-Arten hervor, und giebt an, nur drei Larven unter einem Zoll Durchmesser gesehen zu haben. Das kleinste von ihm beobachtete Exemplar hatte einen Durchmesser von 1/5 engli- schen Zoll, also etwa IX mm. Da meines Wissens auch Jugendformen von Cyanea capillata nicht beschrieben sind, so fehlen mir Anhaltspunkte zur Vergleichung der Lappenentwicklung von CGyanea Annaskala mit der anderer Arten derselben Gattung. Asassız ? giebt an, dass die wenigen von ihm beobachteten Jugend- formen vollkommen mit entsprechend alten Larven von Aurelia über- einstimmen. Dem entgegen ist die Entwicklung des Lappenrandes von Cyanea Annaskala von der von Ascassız ‘und besonders eingehend von Craus geschilderten Entwicklung des Schirmrandes von Aurelia sehr verschieden. Während bei Aurelia die Randlappenvermehrung durch 1 C. Craus, Quallen und Polypen der Adria. p. 29. 2 L. Acassız, Acalephae. Contrib. Bd. IV. p. 109. 3 L. Acassız, Acalephae. Contrib. Bd. IV. p. 109, 4112. * G. Craus, Quallen und Polypen der Adria. p. 19 ff. a Über Goelenteraten der Südsee. 485 Intercalation erfolgt, wird dieselbe bei Cyanea Annaskala durch Fission der Ephyralappen hervorgerufen. Es stimmt somit Gyanea mit den meisten Scheibenquallen überein und dürfte die oben angeführte Acassız- sche Angabe einer Ähnlichkeit in der Entwicklung mit Aurelia schon desshalb auf einem Irrthum beruhen, weil bei den meisten Cyanea-Arten Ocular- und Tentakellappen keineswegs scharf getrennt sind, ja bei einigen sogar überhaupt keine Einkerbung der 16 Ephyralappen an der erwachsenen Meduse zu finden ist (vergleiche die Tabelle im systemati- schen Theil), Die 16 Lappen der oben angeführten 5 mm im Durchmesser halten- den Ephyra (Taf. XXVII, Fig. 5 a) sind breit lanzettförmig und unter- scheiden sich von den ziemlich ähnlichen Lappen der Aureliaephyren durch das Auseinanderweichen der Spitzen. An dieser Larve waren die adradialen Einschnitte etwas tiefer als die Augenbuchten, und es stimmte in dieser Beziehung die mit acht Tentakeln versehene Larve mit der erwachsenen Cyanea überein. Von diesem Stadium an habe ich eine große Zahl von Jugendformen bis zu großen, vollkommen geschlechtsreifen Thieren zu beobachten Ge- legenheit gehabt. Wie oben erwähnt ist der Kontur des Schirmrandes der Jugendformen jedoch so überaus veränderlich, dass es schwer ist den normalen Entwicklungsgang auszuspüren. Larven mit 24 Tentakeln stimmen mit der oben beschriebenen Form noch ziemlich überein, jedoch zeigen Formen mit 40 Tentakeln, die einen Durchmesser von etwa 9 mm erreichen, bereits eine mächtig entwickelte Deckplatte (Taf. XXVIII, Fig. 5 b, D) und beginnt bei ihnen bereits eine Einkerbung der adradialen Seite des Ephyralappens sich bemerkbar zu machen. Zu gleicher Zeit wird dadurch, dass die adradialen Einbuch- tungen seichter und flacher werden, und dass die Ephyralappen mit ihren ocularen Rändern zusammenstoßen, dem Schirmrande eine für dieses Stadium charakteristische Form aufgeprägt. Die häufigst vor- kommende Gestalt der mit 40 Tentakeln versehenen Larve von 9 mm Durchmesser habe ich in Fig. 5 5 (Taf. XXVIN) abgebildet. Der Einschnitt, welcher in diesem Stadium eine seichte Kerbe war, wird nun rasch tiefer und spitzt sich zu. Zu gleicher Zeit runden sich die Ocularlappen ab und stellen in jenem Stadium, in welchem die Ten- takeln zahlreich, jedoch ir einer Reihe angeordnet sind, breite, eiförmige Lappen dar, deren Ränder bereits zur Bildung des Kanales, in welchen dann der Randkörper zu liegen kommt, über einander hinwegwachsen (Taf. XXVII, Fig. 5 e). Die Deckplatte hat bereits annähernd die rela- tiven Dimensionen derselben bei der ausgebildeten Meduse angenommen. 486 R. v. Lendenfeld, Die adradialen Ephyrabuchten solcher, etwa 13 mm im Durchmesser haltender Larven sind noch abgerundet und verhältnismäßig flach. Der Größe nach stimmt diese Form mit der kleinsten von Acassız ! beobachteten Cyanealarve überein. Es kann jedoch die letztere mit dieser Form nicht verglichen werden, da sie, im Besitze von nur 24 Ten- takeln, auf einer viel tieferen Stufe der Entwicklung stand. Es ist wohl natürlich, dass die zwanzigmal größere Cyanea arctica auch größere Larven wie die geschlechtsreif nur 90 mm breite Cyanea Annaskala hat. Jedenfalls ist die kleinste von Acassız beobachtete Gyanea mit einem Sta- dium der Gyanea Annaskala zu vergleichen, welches zwischen Fig. 5 a und 5 5b (Taf. XXVII) liegt. Es ist hierbei die Tentakelzahl das Krite- rium, an dem das Alter der Larven zu beurtheilen ist. Der Übergang aus dem Desmonemastadium (Taf. XXVII, Fig. 5 c) in die ausgebildete Meduse scheint nicht immer durch ein allmähliches Übergehen der einen Form in die andere zu erfolgen, wenn auch dies das Häufigste ist. Ich habe nämlich einige Mal Larven von 20—25 mm Durchmesser beobachtet, bei denen die adradiale Seite der Ephyralappen schwach ausgerandet war, die also dem Stadium Fig. 5 b glichen. Doch bildeten diese Fälle nur einen kleinen Procentsatz der Larven von dieser Größe, die in den meisten Fällen eine Mittelform zwischen Fig. 5 c und dem erwachsenen Thier darstellten. Besonders einflussreich auf die Ge- staltung des Schirmrandes der ausgebildeten Meduse ist das in späten Larvenstadien stark überwiegende Wachsthum der Tentakellappen, welche hierdurch weit vorgeschoben werden und sich mit ihren adra- dialen Rändern schließlich berühren. Die Lappen des ausgebildeten Thieres stoßen dicht an einander und berühren sich entlang einer gera- den Linie im Adradius. Sie übergreifen einander jedoch nie, wie die Ocularlappen, und weichen auch nie an ihrer Basis aus einander, wie dies bei Cyanea Postelsii der Fall ist. In Betreff der Konfiguration des Lappenkranzes der ausge- bildeten Meduse verweise ich auf die oben gegebene Darstellung. Im feineren Bau weichen die Randlappen nur dadurch von dem centralen Theile des Schirmes ab, dass die Gallerte in dieser dünnen Randzone der kugeligen Zellen entbehrt. Fibrillen kommen eben so wie im Schirm in zwei Arten vor und sie zeigen, mit Ausnahme der unten zu besprechenden, anders gelagerten Fibrillen in der Umgebung der Randkörper dieselbe oben tangentale und in der Mitte axiale Anord- nung wie diese. Die Nesselwarzen auf der Oberseite enthalten aus- schließlich Nesselkapseln der größeren Art, während auf der Unterseite, 1 L. Acassız, Acalephae. Contrib. Bd. IV. p. 109. Über Ooelenteraten der Südsee. 487 in dem Ektoderm der Subumbrella, sowohl diese wie auch die kleinere Art vorkommt. Die Gefäßlamelle endet einen Millimeter innerhalb des Randes der Lappen. Die centrifugal liegende sehr dünne Gallertplatte, welche die Subumbrella mit der Exumbrella verbindet, zeigt keine be- sondere Eigenthümlichkeiten. Am Rande scheint die Platte ein wenig verdickt, so dass der Schirmrand mit einem freilich nur mit dem Mikro- skop wahrnehmbaren Randwulst versehen ist. Die Ektodermzellen auf dem Wulste gleichen den oben beschriebenen Platienzellen, nur sind sie etwas höher. Sinneszellen kommen hier eben so wenig wie an der Exumbral- fläche zwischen den Deckepithelzellen vor und beschränken sich auf die auf der Ober- und Unterseite des Wulstes wohl vorkommenden, jedoch kleinen und spärlichen Nesselwarzen. Am Rande selbst, der Kante auf- sitzend, habe ich nie Nesselwarzen beobachtet. Es ist die Armuth dieses Schirmtheiles an Sinneszellen um so auffallender, weil, wie wir sehen werden, in der Nähe der ocularen Ränder die Sinneslappen außerordent- lich reich an Sinneszellen sind, welche hier zwischen den Deckzellen und nicht in Nesselwarzen stehen. Das Gastrovascularsystem (Taf. XXVII und XXX). Über die makroskopischen Verhältnisse des Magens und der Gefäße wurde schon oben gehandelt, es erübrigt uns noch auf die Entwicklungs- geschichte einzugehen, so wie den feineren Bau des Entoderms der Magenwände und der Gefäßlamelle zu schildern. Das Gefäßsystem der kleinsten mir bekannt gewordenen Larve, welche ich oben als Ephyra beschrieben habe, war dem Gefäßsystem gleich alter Ephyren anderer Medusen, z. B. der Aurelia, vollkommen ähnlich. Es fanden sich an dieser 5 mm im Durchmesser haltenden mit acht Tentakeln versehenen Medusenlarve noch gar keine Gefäßäste vor. Die Kanäle der Ephyralappen waren ganzrandig und reichten etwa bis zur Mitte derselben (Taf. XXVII, Fig. 5 a). Sie fielen besonders wegen ihres engen Lumens auf und waren am centrifugalen Ende schwach gegen den Randkörper hin gekrümmt. Im Verhältnis zu diesen waren sehr kurze adradiale Gefäße, welche an der Ursprungsstelle des primä- ren Tentakels endeten, bereits ausgebildet, so dass von dem Central- magen acht breite, centrifugal gespaltene lange und acht kurze und schmale Gefäße abgingen. Es wäre dieses Stadium etwa mit der von Craus! abgebildeten 5 mm großen Ephyra von Pelagia noctiluca zu ver- gleichen. 1 C. Craus, Quallen und Polypen der Adria. Taf. VI, Fig. 27. 488 R. v. Lendenfeld, Während nun die zu den Randkörpern führenden Gefäße im Wachs- ihum zurückbleiben, d. h. die Spaltung der Gefäßlamelle in ihrer Um- gebung langsamer vor sich geht als an anderen Stellen, wachsen die adradialen Gefäße sehr rasch. In dem Stadium, in welchem die Larven 40 Tentakeln besitzen, und in welchem die beiden Äste der Randkörper- gefäße noch keine Seitenzweige absenden und glattwandig erscheinen, ist bereits der centrifugale Rand der adradialen Gefäße deutlich gezäh- nelt (Taf. XXVII, Fig. 5 db), was von den hier bereits entwickelten Seitenzweigen der Hauptgefäße herrührt. Nun gliedern sich die Ränder der Gefäße immer reicher, bis end- lich die oben beschriebene Konfiguration der Gefäße der ausgebildeten Meduse erreicht wird. Die Gefäßlamelle bildet bei Cyanea Annaskala zusammen mit der dorsalen Entodermbekleidung des Magens und der Gefäße eine kontinuir- liche Platte, welche bis in die Nähe des Schirmrandes reicht, und etwa einen Millimeter innerhalb desselben endet. Ich habe diese Entoderm- platte bereits oben als Trennungsfläche von Sub- und Exumbrella an- geführt. Das Entoderm, welches die gastralen Räume auskleidet, ist von demjenigen verschieden gebaut, welches die Gefäßlamelle bildet. Wir wollen mit der Besprechung des ersteren beginnen. Alle Gefäße, so wie die Oberseite des Magens und jene Theile der Unterseite desselben, welche nicht den hernienartigen Genitaltaschen und der entodermalen Seite der Mundarme angehören, sind von gleich- artigem Entodermepithel ausgekleidet. Auch die entodermale Ausklei- dung der Tentakelkanäle stimmt mit dem Magenepithel, wie wir unten sehen werden, überein. Das entodermale Epithel besteht aus Geißelzellen und Drüsenzellen. Die Geißelzellen (Taf. XXX, Fig. 33) sind niedrige Cylinderzellen, die fast so dick als hoch erscheinen. Jede derselben trägt, wie Bönm! an Craspedoten nachgewiesen hat, eine sehr lange Geißel, die sich jedoch, eben so wie die langen Borsten der ektodermalen Sinneszellen, bei der Einwirkung härtender Reagentien stark verkürzt. Die Zellen selbst er- reichen eine Höhe von 0,009 mm. Sie sind stets mit körnigem Plasma ganz angefüllt. Außerdem finden sich in ihnen meist zahlreiche, stark lichtbrechende Körnchen und besonders an den der freien Oberfläche zugekehrten Enden braune Pigmentkörnchen. Auch Fetttropfen kommen in den entodermalen Geißelzellen vor. Der stets im freien Ende der Zelle liegende kugelförmige Kern enthält einen Nucleolus. Die Drüsen- zellen unterscheiden sich von den Geißelzellen durch den Mangel der ! R. Bönnm, Helgolander Leptomedusen. Jen, Zeitschr. Bd. XlI. p. 108. Über Coelenteraten der Südsee. 489 Cilie. Auch habe ich nie an der freien Oberfläche derselben eine Mem- bran gesehen, so dass sie wohl in die Kategorie der Becherzellen gehören dürften. Sie sind stets von stark lichtbrechenden Körnchen prall aus- gefüllt und zeigen gewöhnlich unregelmäßige Formen (Taf. XXVII, Fig. 34), wobei die ursprüngliche Cylindergestalt zum Theil verloren geht. Einen Kern konnte ich in denselben nicht nachweisen, was wohl in Anbetracht der großen Undurchsichtigkeit dieser Elemente erklärlich erscheint. Gewöhnlich ist die Basis der Zelle breiter als ihr freies Ende. Die Drüsenzellen sind in allen Theilen des Gastrovascularsystems gleich- mäßig vertheilt und bilden etwa 5°/, der Entodermzellen. Zwischen den Abschnitten des Gastrovascularsystems ist eine Zell- schicht ausgespannt, welche Craus! bei anderen Acalephen als »Gefäß- lamelle« beschrieben hat. Nach den Arbeiten dieses Forschers, so wie der Gebrüder Herrwıe ?2, kann über die Bedeutung dieser von den Letzteren »Entodermlamelle« genannten Zellplatte kein Zweifel sein. Sie bildet (Taf. XXX, Fig. 32) eine Platte niedriger Entodermzellen, welche nicht ganz von Protoplasma ausgefüllt sind, sondern, wie die platten ektoder- malen Deckzellen, nur ein den Kern umspinnendes Plasmanetz enthal- ten. Die Gefäßlamelle der Cyanea Annaskala unterscheidet sich von der durch die Gebr. Herrwıs3 abgebildeten Gefäßplatte von Carmarina hastata dadurch, dass man an ihr stets deutliche Zellgrenzen nachzuweisen im Stande ist. Auch sind die Zellen derselben etwas höher, wie dies in der Gefäßlamelle der meisten anderen darauf hin untersuchten Medusen der Fall zu sein scheint. Das Plasma der Zellen der Gefäßlamelle ist stets sehr durchsichtig und unterscheidet sich von jenem der Entodermzellen der Gastrokanal- wände durch den vollständigen Mangel von stark lichtbrechenden Körn- chen, Pigmentkörnchen und Fetttropfen. Dieser Unterschied ist darauf zurückzuführen, dass die Zellen der Gefäßlamelle nicht direkt, wie jene der Magenwandung, an der Imbibition assimilirbarer Stoffe betheiligt sind. Die seitlichen Ränder der Gefäße, welche an eine solche einschich- tige Gefäßlamelle angrenzen, sind glatt. Craus* hat darauf aufmerksam gemacht, dass die Gefäßlamelle vielleicht durch Zusammenwachsen zweier Zellschichten entstanden, und erst später einschichtig geworden sei. Er sagt (l. c.): »Dieselbe fand ich zwar übereinstimmend mit KöLLiker stets einschichtig, will es aber 1 C. Craus, Quallen und Polypen der Adria. p. 21, 22 u.a. O. 2 0. und R. Herrwie, Der Organismus der Medusen. p. 42fl. 3 O0. und R. Herrwie, Der Organismus der Medusen. Taf. I, Fig. A. * C. Craus, Quallen und Polypen der Adria. p. 21, 22. 490 R. v. Lendenfeld, doch dahin gestellt sein lassen, ob sie nicht erst einschichtig geworden ist und der Entstehung nach die Elemente der oberen und unteren gleichsam an einander gepressten Gefäßwände in sich enthält.« Diese, vielleicht nicht genügend begründete Hypothese erscheint durch die Ver- hältnisse der Gefäßlamelle der Gyanea Annaskala zur sicheren That- sache erhoben, und ich muss gestehen, dass ich es dieser Hypothese verdanke, wenn ich den nun zu schildernden Bauverhältnissen der Ge- fäßlamelle der Cyanea Annaskala besondere Aufmerksamkeit schenkte. Man sieht wieder, wie werthvoll die Phantasie auch beim Mangel einer thatsächlichen Basis sein kann. An Flächenbildern gewisser in der Nähe des Schirmrandes liegen- der Gefäße halb erwachsener Medusen fiel mir der außerordentlich un- regelmäßige Kontur der Gefäße auf und ich fand, dass an diesen Stellen der Übergang von den stark pigmentirten undurchsichtigen Entoderm- zellen der Gefäßwand in die durchsichtigen Zellen der Gefäßlamelle ein lange nicht so rascher war, wie an anderen Stellen (Taf. XXX, Fig. 34). Querschnitte zeigten nun, dass die Gefäße an diesen Stellen mehr platt gedrückt waren, und sich in der Gefäßlamelle auskeilten (Taf. XXX, Fig. 30); und weiter, dass die zwischen diesen Gefäßen ausgespannte Lamelle zweischichtig war. Der Übergang von den Entodermzellen der Gefäßwand in die Zellen der Lamelle war deutlich zu verfolgen und zwar setzte sich die obere Gefäßwand kontinuirlich in die obere Zellplatte, die untere eben so in die untere Platte der zweischichtigen Gefäßlamelle fort. Hierbei war der Übergang so allmählich, dass man die Linie nicht genau feststellen konnte, an welcher das Gefäß endete und die Lamelle begann. Die Zellen solcher doppelschichtigen Partien der Gefäßlamelle sind etwas höher wie jene, welche in den einschichtigen Theilen der Gefäßplatte vorkommen. Da nun die Gefäßlamelle von allen jungen Schirmtheilen, d. h. zunächst dem Rande, zweischichtig, in den älteren centralen Theilen jedoch einschichtig ist, und die Gefäße, besonders in den doppelschichtigen Partien unregelmäßige Konturen zeigen, mithin es dort eben zur Bildung von Nebengefäßen kommt, so erscheint der Schluss gerechtfertigt, dass die Gefäßlamelle alseine zweischichtige Platte entsteht und erst später an den Verlöthungsstel- len,einemrudimentärenÜOrganegleich, verkümmertund einschichtig wird. Wenn man zwei feine Nadeln in ein solches Gefäß einführt und auf diese Weise dasselbe dann aufreißt (es gelingt dies am besten an dicken Querschnitten), so kann man zuweilen die beiden Zellschichten einer doppelschichtigen Partie der Gefäßlamelle auf größere Strecken von einander trennen. Über Coelenteraten der Südsee. 491 Centrifugal endet die hier meist doppelschichtige Gefäßlamelle etwas innerhalb des Schirmrandes in einer scharfen Linie scheinbar abgestutzt. Die Gefäße erreichen das Ende der Gefäßlamelle und erscheinen hier eiwas breiter und niederer als an anderen Stellen. Hier am äußeren Rande vermehren sich die Entodermzellen durch Theilung, und auf diese Weise wächst die Gefäßlamelle zugleich mit den übrigen Körpertheilen -in centrifugaler Richtung immer fort. Ob die neugebildeten Zellen der centrifugalen Ränder der beiden Zellplatten an einander haften oder nicht, konnte ich weder an Radialschnitten noch an Flächenansichten erkennen. Über die Modifikationen des Entoderms der oralen Magenwand wird unten bei Besprechung der einzelnen Theile der Subumbrella gehandelt werden. Zunächst wollen wir uns den am ausgebildeten Thier zwar auf der Unterseite des Schirms liegenden, genetisch aber dem Rande angehören- den Randkörpern zuwenden, und im Zusammenhang mit diesen auch die Umgebung derselben besprechen. Die Randkörper und ihre Umgebung (Taf. XXXI und XXX). Die acht per- und interradial liegenden Randkörper sind bei der ausgebildeten Meduse ziemlich weit innerhalb des Schirmrandes ge- legen. Das starke Wachsthum der Deckplatte in centrifugaler Richtung bewirkt diese scheinbare Wanderung des Randkörpers gegen die Mitte hin. So wie die Deckplatte wachsen auch die dem Randkörper zuge- kehrten Theile der Ephyralappen so stark, dass sie bald über einander hinwegwachsen. Zugleich werden sie durch die Deckplatte nach ab- wärts gedrängt, so dass sie schließlich mit der Deckplatte eine Röhre bilden, in welche der Randkörper zu liegen kommt. Auf der dorsalen Seite der Deckplatte, gerade über dem Randkörper, findet sich eine seichte radiale Furche in der steilen Wand, mit welcher der dicke centripetale Theil der Deckplatte sich in seinen dünneren Randtheil absetzt. Diese Furche ist von cirkulären seichten Falten durchzogen, welche mit Sinnes- epithel ausgekleidet sind. Der Randkörper selbst steht auf einem Ekto- dermwulst, der ebenfalls mit Sinnesepithel bekleidet ist. Dieses Sinnes- polster erstreckt sich in centrifugaler Richtung eben so weit als die dor- sale Verlängerung des Randkörpergefäßes (Taf. XXXI, Fig. 66 E) reicht. Etwas innerhalb des Randkörpers erhebt sich das Sinnesepithel zu einem mächtigen Wulste (Taf. XXXI, Fig. 50 B), der von einer lakunär erweiterten Strecke des Randkörpergefäßes größtentheils ausgefüllt wird. Auch dieser sich nach hinten allmählich ausflachende Wulst, so wie die beiderseitig angrenzenden Epithelstrecken (Taf. XXXI, Fig.53 S) werden, 492 R. v. Lendenfeld, wie der basale Theil und der Stiel des Randkörpers selbst, von Sinnes- epithel bedeckt. Außerdem finden sich zwei Paare von Sinnesepithel- wülsten an einem Orte an der Basis der Sinneslappen, und zwar je ein Paar auf der dorsalen, dem Randkörper zugewendeten, und je ein Paar an der ventralen, vom Randkörper abgewendeten Seite derselben (Taf. XXXI, Fig. 60 u, v). Das Entoderm ist nur dort, wo es die Otolithen gebildet hat, zur Bildung von Hilfsapparaten der Sinnesorgane verwendet. Im Übrigen von dem Entoderm anderer Körpertheile nicht zu unterscheiden. Wir haben es also mit folgenden percipirenden Theilen zu thun: 4) dem Randkörper, 2) dem basalen Sinnesepithelpolster, 3) dem centripe- tal vom Randkörper liegenden Sinneswulst, 4) den zwei paarigen kleinen Sinneswülsten an der Basis der Sinneslappen und 5) den dorsalen Riech- falten. . Das Epithel, welches zwischen den erwähnten Partien ausgebreitet ist, wird von gewöhnlichen Plattenzellen gebildet (Taf. XXXI, Fig. 53), welche keine Nesselzellen tragen. Das Epithel auf der äußeren ventra- len Seite der Sinneslappen bildet nahe dem ocularen Rande derselben eine Übergangsform zwischen dem Sinnesepithel der Randkörperbasis und dem Nesselepithel der Subumbrella (Taf. XXXI, Fig. 53). Zwischen den etwas höheren Deckepithelzellen dieser Strecke finden sich zahl- reich eingestreute Sinneszellen, so wie einzelne Nesselzellen. Diese ge- hören ausschließlich der kleinen Form an. Wir wollen die als nervös zu betrachtenden Theile des Randkörpers und seiner Umgebung in der oben angegebenen Reihenfolge besprechen. 4) Der Randkörper (Taf. XXXI, Fig. 47, 50, 53; Taf. XXXI, Fig. 59, 66). Der Randkörper von Gyanea Annaskala hat die Gestalt eines abge- stutzten, in der Mitte an zwei gegenüber liegenden Stellen eingedrückten (Taf. XXXI, Fig. 47) Kegels. Er ist bilateral symmetrisch. Die Sym- metralebene geht durch die Achse der Meduse und den betreffenden Per- oder Interradius. Er zeigt somit den bilateral-symmetrischen Bau aller Anhangsorgane unserer Meduse. Eine Vergleichung der Schnitte (Taf. XXXI, Fig. 47 und Taf. XXXI, Fig. 66) zeigt, dass die Randkörper durch die oben erwähnten zwei Einsenkungen der Oberfläche in der Mitte etwas seitlich komprimirt erscheint. Seine beiden Enden sind ab- gerundet, das vordere stärker als das hintere, centripetale (vergleiche die Figuren). Der Stiel! des Randkörpers ist stark verkürzt, so dass 1 Ich meine damit nicht, wie Eımer, den basalen Theil des Randkörpers, der kontinuirlich in den Otolithen tragenden Endtheil übergeht. Über Coelenteraten der Südsee. 493 man sagen könnte, der Randkörper von Oyanea Annaskala ist »sitzend«. Er ist sehr dünn. Hierdurch erscheint der Randkörper von dem basalen Sinnespolster sehr deutlich abgesetzt. Seine Längsachse liegt der Riechfaltenfläche annähernd parallel. Sie ist unter einem Winkel von 55° gegen die Achse der Meduse geneigt und liegt in der Symmetralebene des Randkörpers so, dass das centri- fugale Ende derselben nach unten sieht (Taf. XXXI, Fig. 66). Der Randkörper der Gyanea Annaskala unterscheidet sich demnach sowohl von dem Randkörper der Cyanea capillata! wie von dem der Gyanea arctica? dadurch, dass er stärker nach abwärts geneigt und an seinem Ende dünner als an der Basis ist, während die Randkörper der beiden obengenannten Species nahezu senkrecht zur Achse der Meduse stehen und am centrifugalen Ende keulenförmig verdickt erscheinen. Der Rand- körper erreicht eine Länge von 1,5 mm bei einer größten Breite von 0,7 mm. O. und R. Herrrwic, T. Eimer und C. Craus haben sehr detaillirte Beschreibungen des Baues der Randkörper einiger Medusen geliefert. Wie alle anderen Theile der Medusen sind auch die Randkörper aus drei Schichten, dem Ektoderm, der Stützlamelle und dem Entoderm zu- sammengesetzt. Das Ektoderm des Randkörpers von CGyanea Annaskala ist auf dem centripetalen Theile Sinnesepithel, auf dem centrifugen Abschnitte, über dem Otolithensäckchen, Plattenepithel. Der ganze proximale Theil, welcher aus Sinnesepithel besteht, ist gleichartig gebaut und es kommt weder zur Bildung von Pigmentflecken noch zu lokalen Anhäufungen von Sinneszellen. Wie jedes Sinnesepithel besteht auch das des Rand- körpers aus der epithelialen und der subepithelialen Schicht. Die epi- theliale äußere Schicht enthält Sinneszellen und Stützzellen. Die erste- ren (Taf. XXXI, Fig. 46 S) haben eine spindelförmige Gestalt und ‘ entsenden von ihrem äußeren stets spitzen Ende eine lange Borste. Von dem centripetalen Ende gehen entweder Ausläufer aus, welche sich ver- zweigen können und zuweilen an den Verzweigungsstellen verdickt sind, oder es gehen die inneren Enden der Sinneszellen direkt in eine der großen Ganglienzellen über, welche in der subepithelialen Schicht liegen. Das Protoplasma ist stets feinkörnig. Der ovale Kern mit seinem Körperchen liegt in der spindelförmigen Erweiterung in der Mitte der Zelle. Die Länge dieser Sinneszellen beträgt 0,015—0,02 mm. Sie gleichen somit den Sinneszellen in den Nesselwarzen. Eimer’, welcher sowohl diese wie auch die dazwischen liegenden 1 T. Eımer, Die Medusen etc. Taf. II, Fig. 7. 2 L. Acassız, Acalephae. Contrib. Bd. IV. Pl. Va, Fig. 8. 3 T. Eimer, Die Medusen etc. p. 170, 471. 494 R. v. Lendenfeld, Stützzellen als nervös betrachtet, beschreibt für Gyanea capillata sehr ähnliche Zellen, welche jedoch nicht eine lange Borste, sondern ein kurzes Stäbchen am äußeren Ende tragen, als Sehspindeln. Eine Ver- schiedenheit in dem Körnchenreichthum der Zellen, wie er von Eımzr 1 für verschieden weit entwickelte Sehspindeln der Aurelia aurita be- schrieben wird, kommt bei GC. Annaskala nicht vor. Ich möchte diesen stets pigmentlosen Zellen nicht eine lichtperei- pirende Thätigkeit zuschreiben, sondern sie mit dem Otolithenhaufen in Zusammenhang bringen und ihre Borsten als »Hörhaare« deuten. Die Stützzellen, welche bei Gyanea Annaskala ausnehmend breit erscheinen, sind hohe cylindrische, mit einer kurzen und dünnen Geißel versehene Elemente. Die Geißeln sind stets nach dem Ende des Randkörpers hin geneigt (Taf. XXXI, Fig. 47, 46). Diese Stützzellen enthalten nur in ihrem centrifugalen Ende eine Anhäufung von Protoplasma, welches den stets oberflächlich gelagerten Kern allseitig umgiebt. Eimer? beschreibt für Cyanea capillata einigermaßen ähnliche Zellen von den Sinnesfalten, welche jedoch in ihrem peripheren Ende Pigment enthalten, was bei den Stützzellen der CGyanea Annaskala nirgends der Fall ist. Wie Gebrüder Herrwic® für Pelagia, Phacellophora und Aurelia nachgewiesen haben, findet sich auch bei Cyanea Annaskala eine feine Guticula auf dem Rand- körper, an welcher jedoch keine innere Struktur (Querstreifung) nach- weisbar ist. Die subepitheliale Schichtim Randkörper der Acraspeden ist von Gebr. Herrtwiıg ? als ein dichtes Netzwerk von feinen Fibrillen, von CLaus5 und Eimer 6 hingegen als eine sowohl Nervenfibrillen als auch Ganglienzellen enthaltende Lage beschrieben worden. Das bei den meisten Medusen und auch bei Gyanea capillata ? sehr dichte Nervennetz zwischen Ektoderm und Stützlamelle ist am Rand- körper von Cyanea Annaskala verhältnismäßig sehr schwach entwickelt und bietet an Querschnitten nicht das Bild eines punktirten Streifens, wie ich es in Europa an Aurelia und Pilema (Rhizostoma Guvieri) beob- achtet habe. Dieses eigenthümliche Verhalten unserer Meduse wird wohl zum Theil dadurch erklärt, dass ein großer Theil der Sinneszellen den Ganglienzellen direkt aufsitzt. Die Untersuchung der Ganglienzellen und Nervenfibrillen, welche . Eıner, Die Medusen etc. p. 459. . EIMER, Die Medusen etc. p. 484. Fig. 29. . u, R. Herrwig, Das Nervensystem u. die Sinnesorgane d. Medusen. p. 110. u. R. Hertwıc, Das Nervensystem u. die Sinnesorgane d. en p. A141. . CrAus, Quallen und Polypen der Adria. p. 26. . Eimer, Die Medusen etc. p. 165. . Eimer, Die Medusen etc. p. 170. ıo a Po» BHnoo-s-+ % Über Ooelenteraten der Südsee. 495 der Stützlamelle aufliegen, wird hierdurch sehr erleichtert. Die sub- epitheliale Schicht des centripetalen Theiles des Randkörpers von Cyanea Annaskala besteht aus Nervenfibrillen und Ganglienzellen, und sie ent- spricht, abgesehen von der geringeren Dichte der Fibrillen, den auf Aurelia bezüglichen Schilderungen von Craus und Eımer. Die Ganglien- zellen, welche nicht in, sondern auf der Stützlamelle liegen, sind in tangentaler Richtung flach ausgebreitete, ziemlich niedere mit Fortsätzen versehene Zellen (Taf. XXXI, Fig. 47, 48, 56). Sie stehen, wie oben erwähnt, mit den Sinneszellen im Zusammenhang und werden außer- dem unter einander durch Fibrillen zu einem nervösen Plexus (Fig. 48) welcher sich durch Entfernung des Epithels leicht bloßlegen lässt, ver- bunden. Die Fasern, welche diesem Plexus angehören, stimmen mit den die Sinnes- und Ganglienzellen verbindenden Fibrillen überein. Sie erscheinen als sehr feine, körnige Fäden. An den Fäden finden sich zuweilen spindelförmige Verdickungen. Die Fasern sind ziemlich reich verzweigt. Die Verzweigung findet sowohl an den Stellen, wo die Fasern spindelförmig verdickt erscheinen, als auch an anderen Orten statt. Eımer! hält diese Verdickungen für Auftreibungen der Hüllen der Nervenfasern und giebt an, den sie durchsetzenden centralen Theil der Nervenfaser stets deutlich gesehen zu haben. An Cyanea Annaskala gleichen diese Verdickungen nicht aufgeblähten Membranen, sondern scheinen mir eher Zellkerne zu sein, welche der Nervenfaser angehören, da sie in ihrem mikrochemischen Verhalten den Kernen benachbarter Ganglienzellen vollkommen gleichen. Ich möchte sie daher den Kernen, welche den Rrwmar’schen Fasern anliegen, vergleichen. Wir werden unten, bei der Besprechung des centripetal vom Randkörper liegenden Sinneswulstes, hierauf zurückkommen. Die Ganglienzellen selbst (Taf. XXXI, Fig. 56), welche vier bis sieben und mehr Fortsätze entsenden, sind keineswegs so einfach ge- baut, dass man ihnen jene tiefste Stufe der Entwicklung, wo sie von Bindegewebszellen noch kaum zu unterscheiden sind, zuertheilen könnte. Eine solche Ganglienzelle besteht aus zwei verschieden gebauten Theilen und zeigt, trotz der Unregelmäßigkeit der Zahl und Anordnung der Fortsätze, stets einen kugelig vorgewölbten Theil (Taf. XXXI, Fig. 56 a), welcher ein Drittel oder die Hälfte des Umfanges bildet, und von welchem keine Fortsätze ausstrahlen. Dieser Theil der Ganglienzelle besteht aus gleichmäßig feinkörnigem Protoplasma, während in dem fortsatztragenden Theile eine deutliche Faserung auftritt. Die Fasern entspringen büschelförmig, wie dies bei den höchst entwickelten Gan- 1 T. Eımer, Die Medusen etc. p. 182. 496 R. v. Lendenfeld, glienzellen bekannt ist, von den Ansatzstellen der Fortsätze, und scheinen zum Theil aus dem einen Fortsatz in den anderen überzugehen. In diesem Theile der Ganglienzelle finden sich auch dunkle Kugeln, über deren Bedeutung sich keine Anhaltspunkte bieten. Diese Kugeln fehlen in der körnigen Zellhälfte durchaus. Zwischen den beiden verschieden gebauten Theilen der Ganglien- zelle liegt der gewöhnlich eiförmige, wohl auch kugelige Kern, in dessen Mitte sich stets ein stark lichtbrechender Nucleolus erkennen lässt. Es scheinen demnach diese Ganglienzellen vom Randkörperstütz- blatte eben so hoch entwickelt wie jene birnförmigen vom Nervenringe der Garmarina hastata !, welche die größten und in die Augen fallendsten Ganglienzellen der Medusen sein dürften. Die Fortsätze sind nicht so fein wie die Nervenfibrillen, sie haben einen beträchtlichen (0,001 mm) Durchmesser. Diese Dicke behalten sie eine Strecke weit bei und gehen dann plötzlich in einer kleinen Ent- fernung von der Ganglienzelle in die feinen Nervenfibrillen über. Die Fortsätze selbst sind nie verzweigt, wohl aber kann die Verzweigung der Fibrillen so nahe dem Ende des dicken Basaltheils der Nervenfaser beginnen, dass es den Eindruck macht, als ob mehrere feinste Fibrillen aus dem Ende des verdickten Basaltheils entspringen würden. Einen ähnlichen Eindruck machen zum Theil einige der von Gebr. Hrrrwıc ? abgebildeten Ganglienzellen der Actinien. Außer diesen Elementen finden sich keine Zellen, weder in der epithelialen noch in der subepithelialen Schicht, und es ist besonders hervorzuheben, dass, wie Eımer? bemerkt hat, Nesselzellen in den Sinnesepithelien der Randkörper vollständig fehlen. Ich kann noch hin- zufügen, dass auch Drüsenzellen, welche auf der Unterseite des Schirmes sonst häufig sind, am Randkörper nicht vorkommen. Diese Darstellung entspricht nur dem ausgebildeten, völlig geschlechtsreifen Thiere. Auf Jugendformen werde ich unten zu sprechen kommen. Wesentlich verschieden von dem Ektoderm am centripetalen Ende des Randkörpers ist jenes am distalen Ende gebaut. Eimer? giebt an, dass er unter den wimpertragenden Plattenzellen Ganglienzellen bei Cyanea capillata gefunden hat. Cyanea Annaskala besitzt im Gegensatz hierzu im ausgebildeten Zustande weder Wimpern auf den Plattenzellen, noch ist unter den- selben eine subepitheliale Schicht nachweisbar. Die Plattenzellen, in 1 Vergleiche die Abbildungen in den Arbeiten der Gebr. Herrwıe u. von EIMER. 2 O0. u.R. Herrwis, Die Actinien. Jen. Zeitschr. Bd. XIII. Taf. XX, Fig. 8, 9. 3 T. Eimer, Die Medusen etc. p. 172. 4 T, EımEr. Die Medusen etc. p. 171. Über Goelenteraten der Südsee. 497 die das hohe eylindrische Sinnesepithel nicht so plötzlich wie bei Aurelia übergeht (Taf. XXXI, Fig. 47), gleichen vielmehr den Deckzellen der Exumbrella und besitzen eine feine quergestreifte Guticula. Die Stützlamelle des Randkörpers ist sehr dünn und ich habe in derselben weder Fibrillen noch Zellen auffinden können. Die weit- gehende Maceration, welche erforderlich ist um die Epithelien von der- selben zu entfernen, macht aber auch das negative Resultat in diesem Falle sehr zweifelhaft, um so mehr, als Eımer ! Fibrillenzüge aus der Randkörperstützlamelle von Aurelia aurita beschreibt. Gebr. Herrwıc ? geben an, dass die Stützlamelle im Randkörper von Aurelia dieselben Bindegewebselemente wie die Umbrella enthält, jedoch eine größere Festigkeit besitzt. Selbst an unserer CGyanea, die einen viel derberen Schirm hat als Aurelia, fällt die größere Festigkeit der Stützlamelle des Randkörpers auf. Wie bei anderen Acraspeden ist auch hier die Stütz- lamelle über dem Otolithenhaufen ungemein dünn, erscheint jedoch an der Basis desselben etwas verdickt (Taf. XXXI, Fig. 47). Fast eben so dünn, wie am distalen Ende, wird die Stützlamelle in dem halsförmigen Stiel des Randkörpers. Das Entoderm ist im centrifugalen Ende des Randkörpers mehr- schichtig und enthalten die dort angehäuften Zellen je einen Otolithen (Taf. XXXI, Fig. 47). Es ist dies, mit Ausnahme der Genitalorgane, die einzige Stelle des Medusenkörpers, wo ein mehrschichtiges Ento- derm angetroffen wird. Die Otolithen haben die Gestalt sechseckiger ‚ Prismen, die Enden sind konvex und zeigen eine tiefe trichterförmige Einsenkung in der Mitte (Taf. XXXI, Fig. 49). | Nach der Auflösung der Otolithen, welche, wie bei Aurelia mit ‚ einer longitudinalen Zerklüftung beginnt und ohne Aufbrausen erfolgt, ‚ bleibt ein kernhaltiges Plasmanetz übrig >. Über die chemische Zusammensetzung dieser krystallähnlichen, in ‚ihrer Länge und Dicke je nach der Ausbildung sehr verschiedenen Oto- ‚lithen lässt sich nur ermitteln, dass sie nicht CO, enthalten, wie Enren- ‚ BERG angegeben hat, da sie sich ohne Aufbrausen in Säuren lösen. Sehr ‚ wahrscheinlich enthalten sie Ga, wofür außer der Schwerlöslichkeit in ‚SH50, besonders die Analogie dieser Bildungen mit anderen sicher ‚aus einem Galciumsalze bestehenden Otolithen spricht. Die Vermuthung | Eımer’s , dass die SH,O, wegen zu großer Koncentration nicht wirkte, 1 T. Eimer, Die Medusen etc. p. 167. 2 O0. u.R. Herrwic, Das Nervensystem u. die Sinnesorgane d. Medusen. p. AA. 3 Vergleiche O0. und R. Herrwıs, Das Nervensystem und die Sinnesorgane der ‚ Medusen. p. 412. ‚4% T. Eimer, Die Medusen etc. p. 468. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XXXVII. Bd. 34 j 498 R. v. Lendenfeld, halte ich desshalb für ungerechtfertigt, weil im ersten Momente jedenfalls die SH,O, im verdünnten Zustande, vermischt mit der Leibesflüssigkeit, eingewirkt haben muss, indem doch wohl ausgetrock- nete Otolithen nur von EHRENBERG untersucht worden sein dürften. Ich möchte demnach die freilich jeden exakten Beweises ermangelnde Ver- muthung aussprechen, dass sie aus einem organischen Kalksalze be- stehen. Der Otolithenhaufen erfüllt den vorderen unteren Theil des Rand- körpers (Taf. XXXII, Fig. 66). Der der unteren Randkörperwand an- liegende Theil des Otolithenhaufens läuft in centripetaler Richtung in eine schmale Spitze aus (Taf. XXXI, Fig. 50). Die Seiten dieses Zipfels sind konkav. Eben so ist die centripetale dem Randkörperlumen zuge- kehrte Begrenzungsfläche konkav, so wie sie Eimer! für Aurelia angiebt. Was die Lage der Otolithen anbelangt, so ist dieselbe zwar im All- gemeinen unregelmäßig (Taf. XXXI, Fig. 47), ausnahmsweise jedoch ist einige Regelmäßigkeit erkennbar. Besonders auffallend ist dies an dem centripetalen Zipfel des Otolithenhaufens, hier liegen die Krystalle nämlich fast immer so, dass ihre Längsachse senkrecht auf die Symme- tralebene des Randkörpers zu stehen kommt. Hier und da habe ich eine ähnliche Regelmäßigkeit auch in dem centrifugalen Theile beobachtet, halte dieselbe jedoch im Gegensatze zu CLArk? für ausnahmsweise und zufällig. Das Entoderm, welches den Hohlraum auskleidet, unterscheidet sich von dem oben beschriebenen Entoderm des Magens nur dadurch, dass hier die Drüsenzellen fehlen. 2) Das basale Sinnespolster (Taf. XXXIM). Das ganze, die Ursprungsstelle des Randkörpers umgebende Ekto- derm besteht aus Sinnesepithel. Und zwar reicht dasselbe in centrifu- galer Richtung eben so weit über den Randkörper hinaus, als sich die dorsale Ausstülpung des Randkörpergefäßes erstreckt. Dieser Theil des Sinnesepithels (Taf. XXXII, Fig. 59 und 66 E) zeigt am Querschnitt zwei Erhebungen, welche einer besonders dicken Nervenfibrillenschicht auf- sitzen. Ä Ich glaube nicht irre zu gehen, wenn ich dieses Sinnespolster mit dem von Craus3 an Aurelia entdeckten Sinnespolster identificire. ı T. Eimer, Die Medusen etc. p. 467. 2 Crark, Contributions to nat. hist. of U. S. A. Bd. IV. p. 44 ff. 3 C. Craus, Quallen und Polypen der Adria. p.26: ... »findet sich an der Basis des Randkörpers in der Augenbucht eine paarige, in Form zweier Zapfen ange- schwollene, Verdickung des Ektoderms «. 7 Über Goelenteraten der Südsee, 499 Das Sinnesepithel dieser paarigen Ektodermaufwulstung stimmt mit dem beschriebenen des Randkörpers so vollkommen überein, dass ich darauf verweisen kann. Eine besondere Wichtigkeit beansprucht dieses Sinnesepithelpolster aber desshalb, weil es, eben so wie das Epithel der später zu besprechenden Riechfalten, nicht über einer Entoderm- fläche, sondern über einem, der Gefäßlamelle entbehrenden Theil der Gallerte steht. Aus diesem Grunde ist hier der Ort nach einer Verbin- dung der unten zu besprechenden Fibrillen mit den Ganglienzellen der subepithelialen Schicht zu suchen. Ich kann nur mittheilen, dass ich, trotzdem dass die Fibrillen der Gallerte aus dem subepithelialen Plexus hervorzugehen scheinen, eine solche Verbindung nicht habe auffinden können. 3) Der centripetal vom Randkörper liegende Sinneswulst (Taf. XXXI und XXXI]). Dieser bei Cyanea Annaskala besonders mächtig entwickelte Sinnes- epithelwulst entspricht der »Tastplatte« Harcker’s! und ist auch von Eimer 2 für Aurelia eine bedeutende Entwicklung des Sinnesepithels, centripetal von der Randkörperbasis, beschrieben worden. Dieser Tast- hügel (Taf. XXXI, Fig. 50, 53 B) imponirt als eine mächtige, längsfal- tige Aufwulstung. Wie oben erwähnt ist hier das Randkörpergefäß stark erweitert und füllt den größten Theil des Wulstes aus, so dass zwischen dem Entoderm und dem ektodermalen Sinnesepithel des Wulstes nur eine dünne Stützlamelle übrig bleibt (Taf. XXXI, Fig. 66). Die Längsfalten, welche besonders seitlich den Wulst durchziehen, vertiefen sich gegen das centrifugale Ende hin. Die zwischen den Falten sich erhebenden sekundären Längswülste enden distal mit abgerundeten, über die Wulst- oberfläche vorragenden Zapfen. Diese Zapfen erreichen eine beträcht- liche Länge und machen den Eindruck, als strebten sie die Randkörper- basis zu umfassen. Die seitlichen Zapfen sind die längsten, nach der Mitte des Wulstes zu werden sie kürzer, entsprechend den dort seich- teren Längsfalten (Taf. XXXI, Fig. 50). Die Untersuchung des feineren Baues dieses Gebildes lehrt nun, dass die Stützlamelle glatt unter den Zapfen und sekundären Wülsten hinwegzieht (Taf. XXXI, Fig. 54), so dass also hier eine Komplikation im Baue des ektodermalen Sinnesepithels vorliegt, wie sie an keiner an- deren Stelleunserer Cyanea Annaskala vorkommt und wie sie meines Wissens auch noch an keiner acraspeden Meduse beobachtet 1 E. HacckeL, System der Medusen. p. 458. 2 T. Eimer, Die Medusen etc. p. 471. 34% 800 R. v. Lendenfeld, worden ist. Sinnes- und Stützzellen, ganz der gleichen Art und auch in derselben Vertheilung, wie ich sie von den Randkörpern beschrieben habe, decken die äußere Fläche der sekundären Wülste, während die Ganglienzellen und Fibrillen an der inneren Seite der sekundären Wülste und Zapfen der Stützlamelle anliegen. Es hatsichalsohier die epitheliale Schicht von der subepithelialen abgeho- ben und es erscheint daher dieser Theil des Ektoderms unserer Meduse eben so deutlich dreischichtig, wie der muskulöse Theil der Subumbrella von Aequorea!. Die sekundären Wülste und die Zapfen sind von einer strukturlosen Gallerte ausgefüllt, welche, wie aus dem Obigen hervorgeht, von der Stützlamelle durch die subepitheliale Schicht der Ganglienzellen und Nervenfibrillen getrennt erscheint. Diese Gallerte ist von Nerven- fibrillen quer durchzogen, welche die peripheren Sinneszellen mit den centralen Ganglienzellen verbinden. Wie oben erwähnt gleicht das Sinnesepithel dem vom Randkörper vollkommen (Taf. XXXI, Fig. 55). Die Stützzellen entbehren, wie hier deutlich zu sehen ist?, der centripetalen Ausläufer und grenzen sich mit einer konvexen Fläche von der Gallerte ab. Die Sinneszellen sind von den Sinneszellen des Randkörpers nur dadurch unterschieden, dass von jeder nur ein Ausläufer, und dieser in der Richtung der Längsachse der Zelle abgeht. Dieser eine Nerven- faden, welcher den Fibrillen des Randkörperplexus gleicht, verbindet die Sinneszelle mit der nächstliegenden Ganglienzelle. Gewöhnlich gehen von einer Ganglienzelle drei bis fünf Nervenfäden zu Sinneszellen ab. Diese sind selten (Fig. 55) verzweigt. ‚In der Mitte eines jeden dieser Nervenfäden findet sich eine spindel- förmige Anschwellung, die aus einem Kern und einer dünnen Plasma- hülle besteht. Die Kerne dieser Gebilde (Taf. XXXI, Fig. 55 g’) gleichen den Kernen der Ganglienzellen. Es unterliegt wohl keinem Zweifel, dass wir es hier mit denselben Elementen zu thun haben, welche an den Fibrillen des Plexus der Randkörper (Taf. XXXI, Fig. 48) vorkommen. Da nun diese sich als Kerne erweisen, so wird dies auch für die anderen gelten. Es drängt sich hier die Vorstellung auf, als stünde dieser Kern in derselben Beziehung zu dem anliegenden Nervenfaserstück, wie das Muskelkörperchen zu seiner Muskelprimitivfibrille. Es entspricht also je ein solches Nervenstück mit seinem Kern dem Werthe einer Gan- 1 O0. und R. Herrwig, Der Organismus der Medusen. p. 70. 2 Dieses Objekt erscheint für histologische Untersuchungen desshalb besonders geeignet, weil es wegen seiner Kleinheit und Durchsichtigkeit sowohl lebend mit den stärksten Vergrößerungen untersucht werden kann, als auch desshalb, weil hier die Theile weit aus einander gerückt erscheinen. Über Ooelenteraten der Südsee. 501 glienzelle und es ist in diesem Falle die weitgehende Differenzirung, welche an anderen Stellen vorliegt, noch nicht erreicht, da bier noch ein dünner Plasmamantel den Kern umgiebt. Die Ganglienzellen, welche denen des Randkörpers gleichen, stehen auch wie jene durch einen Nervenplexus unter einander in Zusammenhang. Auch an den Fibrillen dieses Plexus kommen anliegende Kerne vor. Zwischen dem centrifugalen Ende der zapfenartig vorragenden Theile der sekundären Wülste und ihrer proximalen Fläche schiebt sich keilförmig das Ektoderm eine Strecke weit ein (Taf. XXXI, Fig. 5%), so dass die Ganglienzellen dieses Theiles auf das Ektoderm zu liegen kommen. Diese von dem Endtheil des Wulstes bedeckte Partie des Ektoderms hat keine subepitheliale Schicht, welche erst jenseits des Wulstendes wieder auftritt (Fig. 54). Diese eigenthümliche Lagerung des erwähnten Ektodermtheiles ist eine Folge des Wachsthums der sekundären Wülste. Sie wachsen nämlich in centrifugaler Richtung über das distal liegende Ektoderm hinweg. Dies lässt sich leicht an jungen Thieren erkennen, bei denen die Entwicklung der sekundären Wülste erst beginnt. 4) Die zwei paarigen Sinnesepithelstrecken an der Basis der Sinneslappen (Taf. XXX). Eimer! hat an den Sinneslappen von CGyanea capillata eine Stelle gefunden, wo das ektodermale Epithel in centripetaler Richtung wuchert und so Zellengruppen aus dem Ektoderm in die Gallerte wandern. Wohl diesen Stellen entsprechend findet sich an den Sinneslappen von Gyanea Annaskala, sowohl an der dorsalen Außenseite wie auch an der ventralen Innenseite je eine elliptische Sinnesepithelinsel (Taf. XXXIL, Fig. 60 u, v). Diese beiden Sinnespolster zeigen unter einander und mit dem Randkörperepithel so große Ähnlichkeit, dass ich auf die oben - gegebene Darstellung verweisen kann. Auch von diesen Epithelstellen gehen Fibrillen in die Gallerie ab, deren Zusammenhang mit dem sub- epithelialen Nervenplexus ich jedoch auch hier nicht konstatiren konnte. 5) Die Riechfalten (Taf. XXX). Craus? hat die bei Aurelia, den Rhizostomen und auch sonst viel- fach vorkommende trichterförmige Einziehung der Deckplatte (Trichter- platte, Craus) auf der dorsalen Seite als Riechgrube beschrieben und als Sinnesorgan gedeutet. Später hat Eımer? diesen Befund bestätigt. 1 T. Eımer, Die Medusen etc. p. 483. 2 C. Craus, Quallen und Polypen der Adria. p. 24. 3 T. Eimer, Die Medusen etc. p. 139. 502 R. v. Lendenfeld, Der letztere Forscher giebt an!, dass bei Cyanea capillata an Stelle der Riechgrube eine Radialfurche vorhanden und diese von demselben Epithel ausgekleidet ist, welches Craus? von der Riechgrube von Aurelia beschrieben hatte. Während nun diese Furche bei CGyanea capillata glatt ist, erscheint dieselbe bei GC. Annaskala durch quer stehende Falten (Taf. XXXII, Fig. 66 RF) gerieft. Diese Falten erheben sich nicht zu bedeutender Höhe. Es finden sich gewöhnlich fünf oder sechs solche Querfalten. Ich nenne diese Falten, in Übereinstimmung mit Craus, Riechfalten, möchte aber hier gleich bemerken, dass ich die Graus’schen und Emer’schen Riechorgane der Medusen eher für Geschmacksorgane erklären möchte, da wir über die Funktion eines Nervenepithels nach unserer subjektiven Empfindung schließen müssen, und wir die Perception von in Wasser gelösten Substanzen Geschmack nennen. Riechen können wir jeden- falls nur gasförmige Stoffe und für die Perception und Erkennung solcher sind jedenfalls die » Riechpolster « ete. der Medusen nicht eingerichtet. Was den feineren Bau des Epithels dieser Riechfalten anbelangt, so stimmt derselbe mit dem Sinnesepithel des Randkörpers sehr genau überein. Vielleicht Craus3 und jedenfalls Eımer* nehmen für dieses Sinnesepithel einen von anderem Sinnesepithel abweichenden Bau an, es erscheint daher auffallend, dass das Epithel der Riechfalten von Cya- nea Annaskala von dem der Randkörper kaum zu unterscheiden ist. Der einzige Unterschied, den ich auffinden kann, besteht darin, dass die Sinneszellen hier etwas dicker sind und an der Basis eine größere Zahl von Ausläufern entsenden als andere (Taf. XXXIl, Fig. 63, 6%). Mit dem Sinnesepithel an dem basalen Sinnespolster (Taf. XXXII, Fig. 59, 66 E) stimmt das Epithel der Riechfalten dadurch überein, dass es einer mächtigen Schicht feinster Fibrillen aufsitzt, ein Verhältnis, welches Craus5 an Aurelia entdeckt hat. Craus® giebt an, dass er einen direkten Zusammenhang der Sinnes- zellen und Fibrillen vermuthe. Dasselbe setzt Eımzr als selbstverständ- lich voraus. Es erscheint nun bemerkenswerth, dass es mir nie gelingen wollte einen solchen direkten Zusammenhang zu konstatiren, man erhält stets nur Bilder wie Taf. XXXII, Fig. 64. . Eimer, Die Medusen etc. p. 479. . CrAus, Quallen und Polypen der Adria. p. 24. . Craus, Quallen und Polypen der Adria. p. 24. . EiMER, Die Medusen etc. p. 180. . Craus, Quallen und Polypen der Adria. p. 24. . Craus, Quallen und Polypen der Adria. p. 24. Ba monde ana=snan+e \ Über Goelenteraten der Südsee. 503 Fasern in der Gallerte der Umgebung der Randkörper. Emer! bildet einen Querschnitt durch die Umgebung des Rand- körpers von Cyanea capillata ab, hat jedoch in der Figur die Gefäßla- melle so wie die zu beiden Seiten jedenfalls durchschnitienen Gefäße nicht eingezeichnet, so dass aus der Figur eine direkte Verbindung von Ektodermtheilen durch die Fibrillen der Gallerte hervorgeht, eine Ver- bindung, die eben in Folge der Unterbrechung der Fibrillen durch die entodermale Gefäßlamelle nicht besteht. Die Verhältnisse, wie sie an derselben Stelle von Cyanea Annaskala vorliegen, sind in Fig. 60 (Taf. XXXI) dargestellt; es ist dies der Schnitt nach der Geraden A (Fig. 66) senkrecht auf den Randkörperradius. Das Entoderm erstreckt sich, wie aus Fig. 66 (Taf. XXXII) ersicht- lich ist, bis E. Erst centrifugal von E könnten die Fasern als direkte Verbindung des dorsalen und ventralen Sinnesepithels angesehen wer- den. Da jedoch diese Fasern sich weder von den Fibrillen, welche ge- rade über dem Randkörper liegen (Taf. XXXII, Fig. 66 zwischen A und B) und möglicherweise das Randkörpergefäß umziehen und die anstoßenden Theile der Gefäßlamelle durchbrechen, noch von solchen unterscheiden, die durch mächtige Gastralkavitäten unterbrochen sind, so möchte die Thatsache, dass die Fasern an der Stelle E zwei Sinnesepithelstrecken zu verbinden scheinen, wohl kaum einen solchen Schluss auf ihre physiologische Leistung gestatten. An einzelnen Stellen finden sich in der Gallerte, eine Strecke weit unter dem Epithel der Riechfalten, am Längsschnitt, nicht scharf umgrenzte trübe Flecken, von denen büschelförmig die Fibrillen abgehen. An Querschnitten ist von solchen trüben Flecken nichts zu sehen, und an ihrer Stelle ein dichtes Netz von Fibrillen vorhanden (vergleiche die Figuren 59, 60 und 66 der Tafel XXX). Diese Bilder geben Aufschluss darüber, dass es sich um Fibrillenbündel handelt, welche den Riechfalten parallel unter diesen hinwegziehen. Ich stehe nicht an sie mit den bei vielen Discomedusen vorkom- menden und von Craus? als Nervenfibrillenbündel gedeuteten radiären Zügen, welche den dort radiär angeordneten Riechfalten parallel sind, zu identificiren. Diese Bündel sind weder an lebenden Medusen noch an Osmiumpräparaten zu erkennen, erscheinen aber an Goldpräparaten stets sehr deutlich. Sowohl die Fibrillen in den zu den Riechfalten parallelen Bündeln, wie auch in den von diesen abgehenden Büscheln gleichen den Fibrillen, 1 T. Eimer, Die Medusen etc. Taf. VI, Fig. A, 2 C. Craus, Quallen und Polypen der Adria. p. 24. 504 R. v. Lendenfeld, welche ich von der Umbrella oben beschrieben habe, vollkommen. Nur sind hier die körnigen Fäden zahlreicher wie dort, eine Thatsache, welche besonders für die nervöse Natur der letzteren spricht. Es ist jedoch zu bemerken, dass sich an ihnen nie Kerne finden, welche an den sicher nervösen subepithelialen Netzen der Sinnespolster nirgends fehlen. Ähnliche Fibrillenbüschel, wie an den Riechfalten, finden sich auch in der Nähe der übrigen Sinnespolster. Sie sind überall strablenförmig angeordnet. Zellen fehlen in diesen Theilen der Gallerte durchaus. Ich muss hervorheben, dass ich an der hier sehr häufigen Grambessa mo- saica schöne große Ganglienzellen in der Gallerte unter der Riechgrube an Goldpräparaten stets gefunden habe. Über die Entwicklung aller dieser an einer Stelle zusammenge- drängten empfindlichen Epithelien und Sinnesorgane haben sich einige bemerkenswerthe Thatsachen ermitteln lassen. Bis zu Medusen von etwa 14 mm Durchmesser habe ich, von den kleinsten, mir bekannt ge- wordenen Larven (Taf. XXVII, Fig. 5 a) an, keine anderen Verände- rungen beobachtet, als jene, welche durch die Umgestaltung des Schirm- randes in der Umgebung der Randkörper bewirkt werden, Verände- rungen, welche von Craus und Acassız bereits sehr genau beschrieben worden sind. Die Sinnesfalten von Medusen mit 14 mm Durchmesser (Taf. XXXI, Fig. 53) decken den Randkörper noch nicht, sondern greifen nur in ihrem centrifugalen Theile mit ihren Rändern über einander. Der Randkörper hat eine mehr birnförmige Gestalt, indem sein centripetales Ende kugelartig angeschwollen erscheint. Die Stützzellen sind noch ganz mit Plasma erfüllt, welches sich von dem der Sinneszellen mikrochemisch nicht unterscheiden lässt. Auch die Differenz in der Länge der Cilien der Sinnes- und Stützzellen ist lange nicht so bedeutend, wie am aus- gebildeten Thiere. Hierbei sind die Cilien der Stützzellen länger, wäh- rend die Borsten der Sinneszellen die gleiche Länge haben, wie solche erwachsener Medusen. Eine sehr auffallende Abweichung, welche Eımzr! an Cyanea capillata, die er auch im Jugendstadium beobachtet hat, nicht fand, ist die, dass der Basaliheil, von welchem der Randkörper entspringt (Randkörperrohr, Emer), nicht Sinnesepithel, sondern blasiges Stütz- epithel trägt (Taf. XXXI, Fig. 53). Dieses Epithel gleicht dem von Gebr. Herrwıs? an den Gehörgruben von Mitrocoma Annae entdeckten Stütz- epithel so sehr, dass ich nicht anstehe, dieses mit jenem zu identificiren und ihm die gleiche Funktion zuzuschreiben. Die Zellen, aus welchen 1 T. Eımer, Die Medusen etc. 2 O. u. R. Herrwie, Das Nervensystem u. die Sinnesorgane d. Medusen. p. 32. | | Über Ooelenteraten der Südsee, 505 es besteht, sind dickwandige kubische Elemente mit einem wasserhellen Inhalt. Später schwindet dieses Epithel, indem von der subepithelialen Schicht aus Sinnes- und Stützzellen gewöhnlicher Art zwischen den blasigen Elementen emporwachsen, und diese hierbei allmählich atro- phiren. Dieser Vorgang zeigt einige Ähnlichkeit mit der Entwicklung der coenogenetischen Nesselwarzen an der äußeren Schirmfläche. Das Tastpolster ist ein eiförmiger Hügel, centripetal von der Rand- körperbasis und entbehrt noch jeglicher sekundärer Wülste, so dass seine Oberfläche glatt erscheint. Das Sinnesepithel ist auch hier noch nicht so deutlich aus Sinnes- und Stützzellen zusammengesetzt, wie am erwachsenen Thier. Es überzieht das Tastpolster kontinuirlich. Zu bei- den Seiten des Sinneshügels erstreckt ‚sich das Sinnesepithel ziemlich weit und umgiebt auch das centripetale Ende des Tastpolsters. Jedoch ist dieses Epithel von einzelnen Deckzellen unterbrochen (Taf. XXXI, Fig. 53), was man an Osmiumpräparaten deutlich erkennt. CGentripetal endet dieses Sinnesepithel mit einer Geraden, senkrecht auf den Radius stehenden Begrenzungslinie, und geht hier rascher wie an anderen Stel- len in das subumbrale Deckepithel über. Die-zwei paarigen Sinnes- epithelpolster an der Basis der Sinneslappen habe ich an so jungen Thieren nicht auffinden können. Die bereits entwickelte Riechfurche entbehrt der Querfalten. Das Epithel derselben ist vindifferentes Sinnesepithel«, wie dieses Stadium wohl am besten benannt werden dürfte, und geht, so wie das Sinnes- epithel in der Umgebung des Tasthügels, allmählich in das umgebende Deckepithel über. Von größerem histogenetischen Interesse erscheint die Bildung des von den Sinnesorganen centripetal liegenden Theiles des Epithels der Subumbrella. Man erkennt nämlich in diesem Theile der oralen Schirm- wandung von Gyanea Annaskala, sowohl am lebenden Thier, wie auch be- sonders deutlich nach kurzer (2 Sekunden) Einwirkung starker Osmium- säure, ein Büschel von strahlenartig vom Randkörper in centripetaler Richtung abgehender Nerven (Taf. XXXI, Fig. 53 n). Diese Nerven erstrecken sich, immer schmäler werdend, bis in die Nähe des Ringmuskels. Sie verzweigen sich hierbei öfters und bilden unter einander zahlreiche Anastomosen. Die Zahl derselben beläuft sich _ bei jungen Thieren auf acht bis zehn. Im Allgemeinen symmetrisch um die Radialebene vertheilt, erscheinen die mittleren Fibrillenbündel am dicksten und längsten. Nach beiden Seiten hin nehmen sie sowohl an Mächtigkeit wie auch an Länge rasch ab. Ausgebildete Medusen besitzen eine größere nicht konstante Zahl solcher Bündel an der entsprechenden 506 R. v. Lendenfeld, Stelle; auch diese sind in der Mitie am längsten und dicksten. Es ist jedoch nicht zu verkennen, dass die letzteren durch Spaltung aus den Fasern junger Thiere hervorgehen, da sie an Dicke hinter jenen zurück- stehen, und sich auch öfter paarweise einander genähert vorfinden. Die Fasern der älteren Thiere sind glattrandig und viel schwerer erkennbar als die mit vielfach geknickten Begrenzungslinien versehenen Fasern der jungen Medusen. Die Untersuchung des feineren Baues und der Lage- verhältnisse dieser Fibrillenbündel ergiebt sehr bemerkenswerthe und für die Histogenese des Nervensystems der Medusen wichtige Eigen- thümlichkeiten. Sowohl die Fasern der Larven, wie jene der ausgebildeten Thiere, bestehen aus dicht neben einander liegenden parallelen Fibrillen, denen öfters Ganglienzellen anliegen. Die Zahl der überaus feinen, von den Fi- brillen des nervösen Plexus der Randkörper nicht zu unterscheidenden, mit sehr spärlichen Kernen versehenen Nervenfasern, welche die Bündel zusammensetzen, schwankt je nach der Dicke derselben ; es sind jedoch auch in den feinsten, als solche noch erkennbaren Bündeln, stets viele Fi- brillen enthalten. Ob eine Verzweigung in einzelne Fibrillen an jener Stelle stattfindet, oder ob dieselbe erst in der Muskelzone und in den Subumbrellaranhängen beginnt, lässt sich nicht erkennen, da diese Ver- hältnisse nur an intakten Schirmtheilen, welche eine Anwendung der besten Linsen wegen ihrer Größe nicht zulassen, studirt werden können, und bei einem Abheben des Epithels die Fasern stets zerrissen und zum größten Theil mit entfernt werden. Die den Fasern anliegenden Ganglienzellen finden sich sowohl an Verzweigungsstellen als auch an anderen Orten. Sie liegen den Bündeln fest an und ist von ihnen öfters nur der Kern deutlich erkennbar. Sie veranlassen stets eine Verdickung des Nerven, und stellen somit ge- wissermaßen gangliöse Anschwellungen dar. Die Fibrillenbündel sammt ihren Ganglienzellen liegen bei jungen Thierenin der epithelialen, bei aus- gebildeten in der subepithelialen Schicht. Es gelingt an guten Osmiumpräparaten diesen Unterschied schon an Flächenbildern zu erkennen (Taf. XXXI, Fig. 57, 58). Der Nerv der jungen Meduse grenzt sich mit gebrochener Linie gegen die nebenliegen- den platten Deckepithelzellen scharf ab, wobei Nerv und Epithel bei der gleichen Einstellung deutlich erscheinen. Wie oben erwähnt weichen die Nerven älterer Medusen durch ihren glatten Kontur von dieser Form ab, man erkennt bei guter Beleuchtung deutlich, dass die epithelialen platten Deckzellen bei diesen ununterbrochen über die Nerven und Gan- glienzellen hinwegziehen (Taf. XXXI, Fig. 58). Über Coelenteraten der Südsee, 507 Querschnitte (Taf. XXXI, Fig. 51, 52) erheben diese Beobachtung über allen Zweifel und es ist hiermit der exakte Beweis für die Herrwic- sche!, a priori angenommene, Ansicht geliefert, dass der subepitheliale Sinnesplexus der Medusen, wenigstens hier, aus dem Deckepithel durch Herabsinken von Theilen desselben in die subepitheliale Schicht entsteht. Besonders schön sehen wir an Flächenbildern die peripherische Lage des Nerven an jenen Siellen, wo dieselben sehr dünn, ziekzackförmig, zwischen den polygonalen Deckzellen dahinziehen (Taf. XXXI, Fig. 53). Was nun die Funktion aller dieser Theile anlangt, so lässt sich hierüber außer der sicher für die Perception von Schallwellen eingerich- teten »Hörhaare« in der Umgebung des Otolithenhaufens schwer etwas ermitteln. Es erscheint zweifelhaft, ob Gyanea Annaskala für Lichtein- wirkung empfindliche Nervenendapparate besitzt, da keine der Sinnes- zellen besonders hierzu geeignet, pigmenthaltig, erscheint. Es ist wohl anzunehmen, dass einzelne Theile des Sinnesepithels auf Druckver- änderungen, andere auf Änderungen in der chemischen Beschaffenheit des umgebenden Mediums und wieder andere auf Temperaturände- rungen hin, also durch Wärmewellen, erregt werden. In Übereinstimmung mit Craus? nimmt HazckzL 3 chemische Sinnes- organe (die Craus’sche Riechgrube) bei den Medusen an. In wie weit jedoch den Sinnesepithelien specifische Energien zuzuschreiben sind, und in wie weit sie auf einer physiologisch mehr indifferenten Stufe stehen, lässt sich hier, wo außer dem Otolithenhaufen alle Nebenappa- rate fehlen, schwer ermitteln. Vielleicht deutet der etwas verschiedene Bau der Sinneszellen und ihrer Nerven in den Wülsten des »Tastpolsters« (HaAeckeL) und der Sinneszellen anderer Orte (vergleiche oben) darauf hin, dass diesem Sinnesorgan eine specifische Energie zukommt. Die Subumbrella und ihre Anhänge. Wie schon oben hervorgehoben erscheint die Subumbrella, der Exumbrella gegenüber, viel mehr entwickelt. Sie trägt die mannig- fachen Anhänge, welche als Offensivwaffen dienen, und die zum Fangen und Einbringen der Nahrung verwendet werden. An ihr sprossen die Genitalorgane und sie trägt auch die mächtige Muskulatur, welche zur Orts- und Gestaltveränderung der Meduse dient. Der Subumbrella ge- hören beim ausgebildeten Thier endlich auch die Sinnesorgane der Randkörper und der größte Theil der in denselben vorkommenden Nerven- und Ganglienzellen an. Die Gallerte der Subumbrella gleicht 1 O0. u. R. Herrwıe, Das Nervensystem u. die Sinnesorgane d. Medusen. p. 127. 2 C. Craus, Quallen und Polypen der Adria. p. 24, 25. 3 E. HAEcKEL, System der Medusen. p. 459. 508 R. v. Lendenteld, der viel mächtigeren der Exumbrella, nur in den Genitalorganen enthält sie eigenthümliche amöboide Zellen. Die Epithelien sind an der Subum- brella höher entwickelt als an der Exumbrella. Das Ektoderm besteht an den meisten Stellen aus zwei Lagen, der epithelialen und sub- epithelialen Schicht. Epithelmuskelzellen, wie ich sie von den retrakti- len Nesselwarzen der Exumbrella beschrieben habe, kommen im Ekto- derm der Subumbrella nicht mehr vor. Wir finden hier ausschließlich die auf einer höheren Stufe stehenden subepithelialen Muskelprimitiv- fibrillen mit ihren Muskelkörperchen vor. Auch die Nesselwarzen unterscheiden sich von den exumbralen dadurch, dass in ihnen neben den oben beschriebenen großen auch kleine Nesselkapseln vorkommen, welche der Exumbrella vollständig fehlen. Ich werde die einzelnen Theile der Subumbrella, in centripetaler Richtung, nach einander beschreiben. Die centrifugal von den Tentakeln und Muskeln liegenden Theile (Taf. XXX, Fig. 35) sind abwechselnd schmale hufeisenförmige und breite U-förmig begrenzte Felder, welche centrifugal durch die Unterseite des Lappenkranzes zusammenhängen. | Ich habe bereits oben den feineren Bau der schmalen, centripetal von den Randkörpern liegenden Theile geschildert. Von diesen weichen die breiten Felder durch den Mangel an Nerven ab. Sowohl in den schmalen und breiten Feldern, wie auch an der Unierseite des Lappen- kranzes, finden sich einzelne kleine Nesselwarzen, welche ein oder zwei große und mehrere kleine Nesselkapseln enthalten. Dieselben fehlen in der Nähe des Nervenbüschels in den schmalen Feldern. Die Ektoderm- zellen sind hier etwas höher als die Deckzellen des Schirmrückens, er- reichen jedoch nicht die Höhe der Zellen, welche den Muskelzonen aufsitzen. Diese Deckzellen enthalten, wie die Stützzellen der Sinnesepithe- lien, nur an ihrem freien Ende Protoplasma. Hier liegt auch der kuge- lige Kern. Zwischen diesen Zellen finden sich nun, was den Unterschied des subumbralen Ektoderms von dem des Schirmrückens noch größer macht, Sinneszellen und Drüsenzellen. Die ersteren sind zwar an diesem Theile der unteren Schirmfläche selten, jedoch an Flächenansichten von Os- miumpräparaten stets als braune Punkte wahrnehmbar. Bei der richtigen Behandlung erhält man drei verschiedene Inten- sitäten der vom Osmium herrührenden Bräunung der Zellen. Die Deck- zellen sind sehr licht, die Sinneszellen hellbraun und die undurchsich- tigen Drüsenzellen fast schwarz gefärbt. Die Sinneszellen bilden hier etwa 1/,°/,, die Drüsenzellen 4 1/5%/, der Über Goelenteraten der Südsee. 509 Zahl der Epithelzellen. An Isolationspräparaten habe ich nie gut erhal- tene Sinneszellen gefunden und kann daher nichts über den feineren Bau derselben mittheilen. Da sie aber an Flächenbildern den unten zu besprechenden Sinneszellen der Muskellage vollkommen gleichen, so möchte ich für sie auch denselben Bau annehmen, welchen jene besitzen. Auch die Drüsenzellen sollen unten an derselben Stelle genauer be- schrieben werden. Eine subepitheliale Schicht fehlt in diesem centrifugalsten Theile des Subumbrellaepithels vollständig, mit Ausnahme jener Stellen, wo sich Nesselwarzen befinden. Ganz gleich gebaute Nesselwarzen wie hier finden sich an den Tentakeln. Da diese letzteren jedoch viel größer und auch leichter zu untersuchen sind, so verweise ich auf die Schilderung derselben bei den Tentakeln. Hier sei nur bemerkt, dass nach Entfernung des Epithels die Stellen, wo die Nesselwarzen gestanden haben, durch eine sehr schwache hügelförmige Erhebung der Subumbrellagallerte bezeichnet werden, und dass die Oberfläche dieser Gallerthügel, wie dies bei den _ entsprechenden Bildungen der Exumbrella der Fall ist, kleine Einsen- ' kungen — den Abdruck der subepithelialen Zellen der Nesselwarze — enthält. Die Tentakel (Taf. XXVII, XXX und XXX). Die jüngste mir bekannt gewordene CGyanea Annaskala (Taf. XXVIII, Fig. 5 a), welche einen Durchmesser von 5 mm halte, und die ich oben ' als Ephyra beschrieben habe, besaß acht Tentakel. Neben jedem pri- mären Tentakel fand sich noch ein Paar Ektodermverdickungen, die wohl als erste Anlage der 16 sekundären Tentakel anzusehen sein dürften, obwohl die adradiale Gefäßtasche noch nicht bis zu jener Stelle reichte. Larven mit 7 mm Durchmesser besitzen 24, solche mit 9 mm 40 Tentakel. Jugendformen mit 13—16 mm Durchmesser zeigen in jedem Octanten eine einfache Reihe von Tentakeln und stehen also auf dem Desmonemastadium (Taf. XXVII, Fig. 5 c). Später beginnen am centripetalen Theile der Tentakelinsertionsstelle Knospen zwischen den | primären und sekundären Tentakeln aufzutreten, welche jedoch näher dem Rande liegen als die ältesten Tentakel. Mit zunehmender Größe sprossen die Tentakel auch zu den Seiten hervor und es wiederholt sich dieser Vorgang, so dass schließlich der Bogen der U-förmigen An- \satzfläche mehrere Reihen von Tentakeln trägt. Erst bei beginnender | Geschlechtsreife sprossen Tentakel auf der Innenseite der centripetalen Enden der Schenkel des U hervor, welches immer eckigere Formen an- nimmt und am vollkommen ausgebildeten Thier endlich aus drei geraden, | | | \ j 510 R. v. Lendenfeld, unter stumpfen Winkeln zusammenstoßenden Theilen besteht. Der centripetale Theil der Ansatzfläche der Tentakelgruppe ist rechteckig und steht mit seiner Längenausdehnung senkrecht auf dem Adradius. Die beiden centrifugalen Schenkel laufen den Verwachsungsstreifen parallel. In ihnen liegen die Tentakelansatzstellen an der centripetalen Basis zweireihig und sind im centrifugalen Ende in einer Reihe ange- ordnet (Taf. XXX, Fig. 35). Wie oben im systematischen Theil hervor- gehoben wurde vermittelt also unsere Cyanea Annaskala den Übergang von anderen CGyanea-Arten, bei denen die Tentakel auch centrifugal mehrreihig angeordnet sind, zu der mit einer einfachen Tentakelreihe versehenen Gattung Desmonema. L. Acassız ! giebt an, an seiner 14 mm großen Larve von Cyanea acht Tentakel und 16 Knospen gesehen zu haben, wie ich an meiner 5 mm Larve beschrieben habe. Eben so stimmt seine30 mm große Larve ? von Cyanea versicolor durch den Besitz von 24 langen und 46 kurzen Tentakeln mit meiner 9 mm großen Larve überein. Im Gegensatz hierzu soll eine andere, ebenfalls 1 Zoll (30 mm) im Durchmesser haltende Larve, welche sein Sohn beobachtet hat, 48 Tentakel besessen haben, wovon in jedem Octanten die mittleren zwei die anderen an Größe über- troffen hätten. Ich glaube diese Angabe auf einen Irrthum zurück- führen zu müssen, da durch meine Beobachtungen das HarcokeLsche ® Geseiz, für die Vermehrung der Tentakel der Discomedusen, für Cyanea Annaskala in Kraft erkannt wurde, und auch die zwei oben an- geführten Beobachtungen von L. Acassız dasselbe bestätigen. Was die histologischen Details der ersten Entwicklung der Tentakel anbelangt, so erscheinen meine Beobachtungen nur als eine Bestätigung der, Aurelialarven betreffenden Angaben von Craus?, auf die ich ver- weise. Die Tentakel erreichen eine Länge von einem halben Meter und können sich bis auf 5 mm zusammenziehen. Sie bestehen aus den drei Schichten, welche alle übrigen Theile des Medusenkörpers zusammen- setzen: dem Ektoderm, der Stützlamelle und dem Entoderm. Jede dieser drei Schichten bildet einen cylinderförmigen Sack, und es er- scheint jede der drei Schichten als eine kontinuirliche Fortsetzung der betreffenden Schicht der Subumbrella. Die Tentakel sind im ausgestreck- ten Zustande überall gleich dick und es fehlt auch irgend welche bulböse Anschwellung an der Basis derselben, so dass sie dem subumbralen 1 L. Acassız, Acalephae. Contrib. Bd. IV. p. 410. 2 L. Asassız, Acalephae. Contrib. Bd. IV. p. 109. 3 E. HAEcKEL, System der Medusen. p. 461. * C. Craus, Quallen und Polypen der Adria. p. 20. a nn nn m m Über Coelenteraten der Südsee. 511 Boden gleich dichtstehenden Tannenstämmen entragen. Frisch einge- fangene Thiere lassen meist ihre Tentakel gerade herabhängen, wie dies in Taf. XXVII dargestellt ist. Auch die große Cyanea arctica scheint diese Gewohnheit zu haben, wie aus dem prachtvollen Sonrzr’schen ! Bilde ersichtlich ist. Die Meduse umspinnt ihre Beute sofort mit einer solchen Menge von Tentakeln, dass das Beutethier allseitig von denselben umschlossen erscheint. Hierbei treten jedoch immer nur die Tentakel derjenigen Gruppe, an welche das Beutethier zuerst stieß und zuweilen auch noch Tentakel der beiden benachbarten Gruppen in Aktion. Ich habe jedoch nie mehr als drei Gruppen zugleich an der Bewältigung eines Thieres thätig gesehen. Die oben erwähnte schwach violette Färbung der Tentakel ist sehr konstant, vielleicht aber auf eine Interferenz des Lichtes und nicht auf ein Pigment zurückzuführen, weil gerade die ausgestreckten Tentakel die Farbe am besten zeigen und ein violettes Pigment mit dem Mikro- skop nicht nachweisbar ist. Ich will nun den feineren Bau der Tentakel besprechen. Jeder Tentakel ist bilateral-symmetrisch gebaut und es geht die Symmetralebene durch die Achse des Tentakels, den Radius des Tentakels und durch die Achse der Meduse. Die dicke gallertige Stützlamelle zeigt nämlich eine tiefe, der Ten- takelachse parallel laufende Furche, welche in gleicher Breite und Tiefe den ganzen Tentakel seiner Länge nach durchzieht. An Querschnitten (Taf. XXXIIl, Fig. 74) erkennt man dieses Ge- bilde ohne Schwierigkeit. Die Furche erscheint hier als tiefer Einschnitt in die Stützgallerte und fixirt die Lage der Symmetralebene. Diese Furche liegt stets in der inneren centripetalen Seite des Tentakels. Ab- gesehen von dieser Furche werden dadurch Unregelmäßigkeiten in der eylindrischen Oberfläche der Tentakelgallerte hervorgerufen, dass ziemlich dicht stehende spindelförmige Wülste über die Cylinderfläche vorragen (Taf. XXXIN, Fig. 67 W). Diese Wülste erkennt man an solchen Ten- takeln, die ihres ektodermalen Epithels entkleidet sind, an Flächenan- sichten ganz leicht. An Querschnitten erscheinen dieselben als abge- stutzte Zapfen (Taf. XXXII, Fig. 7%), deren äußeres Ende in Folge der grubenförmigen Abdrücke der dort anliegenden subepithelialen Ekto- dermzellen gezackt aussieht. Die Buchten zwischen den zapfenartigen Erhebungen haben einen halbkreisförmigen Querschnitt. Diese Verhält- nisse der Gallertoberfläche werden durch mäßige Kontraktion der Ten- takel nicht geändert, sind aber um so besser zu erkennen in einem je 1 Contributions to the natural history of the United Stat. A. Bd. IV. Taf. IH. 512 R. v. Lendenfeld, ausgedehnteren Zustande der Tentakel erhärtet wurde. Die innere Be- grenzungsfläche der Stützlamelle ist stets ein nahezu drehrunder Cylin- dermantel. \ Wir wollen mit der Besprechung des Ektoderms beginnen. Das ganze über dieäußere Oberfläche der mächtigen Stützlamelle ausgebreitete Ektoderm besteht überall aus mindestens zwei Schichten: der epithe- lialen und subepithelialen Schicht. An einigen Stellen wird das Epithel durch bedeutende Wucherungen der subepithelialen Lage mehrschichtig. Auf den oben erwähnten spindelförmigen Aufwulstungen der Stütz- lamelle liegen Nesselwarzen, während die dazwischen liegenden Thäler von Muskelgewebe eingenommen werden. In der tiefen, einem gothischen Spitzbogen im Querschnitt ähnlichen Längsfurche finden sich ein eigen- thümliches subepitheliales Gewebe, welches für sich besprochen werden soll, und Muskeln. Die Nesselwarzen unterscheiden sich von den nicht retraktilen Nesselwarzen der Exumbrella dadurch, dass sie neben den großen auch kleine Nesselkapseln enthalten. Ihre Gestalt ist eine spindelförmige, wird jedoch, wenn der Tentakel stark zusammengezogen ist, kreisrund. Im Querschnitt (Taf. XXXIH, Fig. 7%) erscheinen sie rundlich und auf- fallend hoch, so dass ihre Höhe die Breite übertrifft. Sie nehmen nur den höchsten Theil der spindelförmigen Gallertwülste ein, auf deren Seiten Muskelgewebe liegt. An der Oberfläche liegen Stützzellen, Sinneszellen und Nesselzellen mit je einer großen oder je einer kleinen Nesselkapsel, während die sub- epitheliale Schicht dieser Nesselwarzen, eben so wie in den Nesselwarzen des Schirmrückens, sich aus Ersatznesselzellen mit jungen Nesselkapseln und Ganglienzellen zusammensetzt. Die Stützzellen (Taf. XXXII, Fig. 70) sind verschieden geformte, keilförmige, pyramidale oder cylindrische Elemente, welche sich überall zwischen die Sinnes- und Nesselzellen einschieben. Die unregelmäßige Gestalt derselben wird dadurch hervorgerufen, dass sie sich an die von den großen Nesselkapseln aufgewulsteten Nesselzellen dicht anschmiegen. Das freie Ende derselben enthält feinkörniges Protoplasma, welches im hasalen und mittleren Theile der Zelle vollständig fehlt. Der Kern liegt in der Mitte des Protoplasma am freien Ende. Er ist kugelförmig und enthält einen Nucleolus. Jede Stützzelle trägt eine Cilie, wodurch die Ähnlichkeit derselben mit den Stützzellen der Sinnesepithelien noch ver- mehrt wird. Die Stützzellen besetzen etwa die Hälfte der Oberfläche der Nesselwarzen und erscheinen demnach verhältnismäßig viel weni- ger zahlreich wie an den Nesselwarzen der Exumbrella. Die Sinneszellen gleichen den oben mehrfach beschriebenen Ele- Über Goelenteraten der Südsee. 513 menten, welchen auch eine Sinnesfunktion zuertheilt worden ist, voll- kommen. Sie sitzen den Ganglienzellen der subepithelialen Schicht direkt auf (Taf. XXXII, Fig. 70 S) und entsenden keine nervösen Ausläufer von ihrem centiripetalen Ende, mit Ausnahme eben des einen dicken Stieles, der die Verbindung mit der Ganglienzelle herstellt. Dieser. Stiel ist jedoch nicht als nervöser Ausläufer, sondern als der basale Theil der Sinneszelle selbst anzusehen. Die Nesselzellen, welche die größeren Kapseln enthalten, stimmen mit den oben beschriebenen der Exumbrella vollkommen überein. Auch hier finden wir das krystallinische Sternchen an der Basis des Cnidocils, die doppelte Spirale am Nesselfaden und die direkte Verbindung der verdünnten Basaltheile der Nesselzellen mit den subepithelialen Gan- glienzellen vor. Etwas anders gestaltet erscheinen die Zellen, in welchen die kleinen Cnidoblasten liegen. Sie ähneln in ihrer äußeren Gestalt den Stützzellen und sie sind mit Protoplasma ganz ausgefüllt. Dieses Protoplasma zeigt jedoch nicht denselben Körnchenreichthum wie das Plasma jener Nessel- zellen, welche die großen Kapseln enthalten. Ich habe auch eine stiel- förmige Verlängerung des centripetalen Endes dieser Nesselzellen stets vermisst und möchte daher annehmen, dass dieselben nicht, wie die großen, mit subepithelialen Ganglienzellen in Verbindung stehen, und dass sie demnach ausschließlich durch direkte mechanische Reizung zur Entladung gebracht werden können. Die Nesselkapsel selbst ist etwa dem Volumen nach gleich einem 27stel der großen Kapsel, da ihre linearen Dimensionen gleich einem Drittel der entsprechenden Dimensionen der großen Kapseln sind (Taf. XXXILI, Fig. 70, vel. Nund N’). Im Übrigen zeigen sie dieselbe birnförmige Ge- stalt und tragen seitlich von ihrem freien Ende ein Cnidocil. An dem sehr feinen Nesselfaden konnte ich keine Struktur wahrnehmen, und ‚ eben so vermisste ich hier an der Basis des Gnidocils Bildungen, welche NE a | etwa den Sternchen der größeren Nesselzellen zu vergleichen wären. Ich bin oben ausführlich auf ein physiologisches Experiment einge- gangen, welches ich an absterbenden Tentakeln ausgeführt habe und welches mir die Möglichkeit der Entladung der großen Nesselkapseln auch ohne direkte mechanische Reizung, also den physiologischen Zu- sammenhang derselben mit Nerven zu beweisen scheint. Eben so bewies dasselbe Experiment, dass die kleinen Cnidoblasten nicht physiologisch mit Nerven zusammenhängen, da sie sich erst dann entluden, wenn die Essigsäure sie erreichte. Diese Thatsache legt der Beobachtung, dass diese Gnidoblasten keine centripetalen Ausläufer be- sitzen, erhöhte Sicherheit bei. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XXXVII. Bd. :35 514 R. v. Lendenfeld, Abgesehen hiervon reicht bereits eine geringere Intensität des äuße- ren Reizes hin um die kleinen Nesselkapseln zur Entladung zu bringen, als erforderlich ist, um die großen zu sprengen. Der Unterschied ist nicht bedeutend, es gelingt jedoch durch Eintauchen der Tentakel in stark verdünnte Essigsäure zuweilen alle kleinen Kapseln zur Entladung zu bringen, während die großen zum größten Theil intakt bleiben. Ich benutzte hierzu etwa 0,3procentige Essigsäure und eine Einwirkungs- dauer von 1—2 Sekunden. Es scheint je nach der Frische des Objektes die erforderliche Reizintensität zu schwanken. Die subepitheliale Schicht enthält dieselben Elemente, welche wir von den Nesselwarzen der Exumbrella kennen gelernt haben. Die Gan- glienzellen sind jedoch hier etwas größer und zeigen öfters bereits An- deutungen jener Differenzirung, welche die Ganglienzellen der subepi- thelialen Schicht des Randkörpers auszeichnen. Sie besitzen nämlich einen rundlich vorgewölbten fortsatzlosen Theil (Taf. XXXIH, Fig. 70 g). Diejenigen subepithelialen Zellen, welche als Nesselersatzzellen auf- zufassen sind, enthalten die Jugendformen der großen und kleinen Kapseln. Eine solche Zelle enthält entweder eine große oder ein bis zwei kleine Kapseln. Sie ist ganz von Plasma erfüllt und stimmt mit den oben beschriebenen entsprechenden Elementen der Exumbrella überein. Es scheint demnach, dass die kleinen Kapseln im Gegensatz zu den großen zu zweien in diesen Zellen entstehen können. Wie oben hervorgehoben, tragen die spindelförmigen Wülste auf ihrer Außenfläche kleine flache Gruben, in welchen die subepithelialen Zellen der Nesselwarzen liegen. Diese Gruben sind unregelmäßig an- geordnet, jedoch von konstanter Größe. Zwischen Gruppen von kleinen Grübchen finden sich einzelne größere. Ich zweifle nicht, dass die größeren Grüben die Ganglienzellen, die übrigen nur Nesselersatzzellen im Leben enthalten. Nachweisen lässt sich dies jedoch nicht, da diese Verhältnisse nur an jenen Partien der Oberfläche der Stützlamelle deut- lich erkennbar sind, von denen das Epithel entfernt worden ist. Was die Zahl und Anordnung der spindelförmigen Nesselwarzen anbelangt, so überziehen dieselben etwa die Hälfte der Tentakeloberfläche. Die Spindeln (Taf. XXXII, Fig. 67) greifen mit ihren spitzen Enden so zwi- schen einander, dass die Spitzen zumeist zwischen den verdickten Mittel- theilen der nächsten Spindeln liegen. Die Längenausdehnung der spindel- förmigen Nesselwarzen liegt stets der Tentakelachse parallel. Das Ektoderm zwischen den Erhebungen, also in den anastomosi- renden Längsthälern (Taf. XXXII, Fig. 67 u), gleicht dem unten zu beschreibenden, leichter zu verarbeitenden Epithel des Ringmuskels vollkommen. Über Coelenteraten der Südsee, 515 Es besteht, wie dieses, aus den epithelialen Deck- und Drüsenzellen, scheint aber der Sinneszellen zu entbehren, welche auf dem Kranz- muskel vorkommen. Die subepitheliale Schicht enthält wie dort quer- gestreifte Muskelfibrillen, jedoch keine Ganglienzellen. Die Muskelzellen stimmen mit den unten zu beschreibenden Elementen des Kranzmuskels überein. Ein sehr eigenthümliches Gewebe, welches der subepithelialen Schicht angehört, füllt die oben erwähnte Längsfurche auf der inneren Seite der Tentakel aus. Es ist wohl dasselbe Gebilde, welches von den Autoren als » Längs- muskelband« beschrieben worden ist. HarckeL! giebt an, dass ein »einseitiges Längsmuskelband« die Kontraktion der Tentakel bei den Cyaniden bewirke, und dass in Folge dieser einseitigen Lage des Muskel- bandes das Entodermrohr zu einer Spirale zusammengezogen werde, eine Thatsache, welche schon L. Acassız 2? bekannt gewesen ist. Die ganze Furche ist bei Gyanea Annaskala (Taf. XXXII, Fig. 74 Se) von polyedrischen Zellen ausgefüllt, welche eingestreute Ganglienzellen enthalten. Die polyedrischen Zellen sind von Protoplasma ausgefüllt; dasselbe ist schwach feinkörnig und ziemlich durchsichtig. Sie enthal- ten kugelige Kerne. Die dazwischen liegenden Ganglienzellen, welche von den polyedrischen Zellen rings umgeben werden, entsenden nach allen Richtungen Fortsätze, welche in einiger Entfernung in feinste, nicht weiter zu verfolgende Fibrillen übergehen. Sie zeigen keine fortsatzlose Vorwölbung und unterscheiden sich von allen anderen Ganglienzellen durch die in jeder Richtung mehr gleichmäßige Dicke. Die Lage anderer Ganglienzellen auf der Oberfläche der Gallerte oder zwischen den Deck- zellen und der Muskelfibrillenlage bedingt die mehr flache abgeplattete Gestalt derselben. Da bei den Ganglienzellen der Furche eine solche Ursache einer Abplattung wegfällt, sind dieselben auch nach allen Richtungen hin gleichmäßig entwickelt. Ich glaube den polyedrischen Zellen die Bedeutung von subepithelialen Stützzellen zuertheilen zu sollen, die gewissermaßen eine bindegewebige Hülle um die Ganglienzellen bilden. Wir hätten also hier ein sehr indifferentes ektodermales Binde- gewebe vor uns. Die Begrenzungsfläche dieses Zellenstranges gegen die Gallerte hin wird von Muskelfibrillen eingenommen, die sich von den Fibrillen an- derer Theile des Tentakels nicht unterscheiden. Aus dem Obigen ist die Gestaltung der Muskelplatte am Tentakel der Cyanea Annaskala ersichtlich. Muskeln finden sich an allen von den 1 E. HAEckEL, System der Medusen. p. 521. 2 L. Acassız, Acalephae. Contrib. Bd. IV. Taf. III, 35 * 516 | R. v. Lendenfeld, Nesselwarzen freigelassenen Theilen der Tentakeloberfläche. Eine Ober- flächenvermehrung, und dadurch bedingte Massenzunahme des Tentakel- muskels wird dadurch erreicht, dass die muskeltragenden Partien der Oberfläche der Stützlamelle halbkreis-cylinderförmige Längsthäler dar- stellen. Diese Längsthäler bilden mit Ausnahme jener Stelle, wo sich die Längsfurche findet, ein anastomosirendes Netz. Im Ganzen sind diese Verhältnisse also lange nicht so entwickelt, wie sie Gebr. Herrwıe ! von Carmarina beschrieben haben. Da an der Stelle, wo die Längsfurche liegt, auf den gleichen Sektor eine größere Muskelmasse entfällt, wie an irgend einer anderen Stelle, so wird die Wirkung der Muskeln der Längs- furche die Wirkung anderer, eine gleich große Partie der Oberfläche ein- nehmender Tentakelmuskeln überwiegen und so ein ähnliches Resultat erzieli werden, als ob sich an der Stelle der Längsfurche ein Muskel- band befände, und als ob alle anderen Theile der Tentakeloberfläche muskelfrei wären. Die Stützlamelle der Tentakel von Gyanea Annaskala, deren äußere Gestaltung aus dem Obigen erhellt, ist ein mächtiges Gallertrohr. Die Gallerte enthält weder Zellen noch gleichmäßig vertheilte Fasern. Nur in der Mitte derselben findet sich eine schmale Zone im Allgemeinen cirkulärer Fasern (Taf. XXXII, Fig. 74 f). Diese besteht ausschließlich aus hyalinen Fibrillen, wie sie im Schirm vorkommen, indem die körnigen Fasern vollständig fehlen. Das Rohr, welches diese Fasern bilden, hat einen hufeisenförmigen Querschnitt und liegt so, dass man daran die bilaterale Symmetrie des ganzen Ten- takels leicht erkennen kann. Von dem tiefsten Theile der Längsfurche gehen seitlich zwei Faserplatten ab, welche den hufeisenförmigen Bogen der Faserplatte auf der der Achse der Meduse zugekehrten Seite des Ten- takels abschließen. Zwischen den Ecken, welche das Fibrillenrohr zeigt, und dem Grunde der Längsfurche inserirt sich eine rinnenförmige Faser- platte, welche innerhalb der von der Furche abgehenden Partien des Faserrohres liegt. Dem ganzen, an Querschnitten von Ösmiumpräparaten leicht zu er- kennenden Gebilde, dürfte die Funktion zukommen, die Tentakel zu verlängern, wenn die Längsmuskeln erschlaffen, indem es in Folge seiner Elastieität dann sein Rohrlumen zu verkleinern strebt, wenn dasselbe, bei starker Kontraktion des Tentakels stark erweitert ist. Es käme so- mit diesem differenzirten Gebilde dieselbe Funktion zu, welche Craus? für die ganze Stützlamelle des Tentakels von Charybdea annimmt. 1 0. und R. Herrwic, Der Organismus der Medusen. p.9. 2 C. Craus, Über Charybdea marsupialis. Arbeiten aus dem zoologischen In- stitut Wien. I. Bd. 2. Heft, p. 238 (18). a Über Goelenteraten der Südsee. 517 Das kreis-cylinderförmige Entodermrohr besteht aus denselben Ele- menten, welche die Wandungen des Magens zusammensetzen. Auch hier sind die Geißeln sehr lang, so dass sie am lebenden Thier den srößeren Theil des Tentakellumens ausfüllen. Bereits ältere Autoren haben berichtet, dass die Tentakel absterben- der Thiere abfallen. Diese Erscheinung ist an Gyanea Annaskala leicht zu sehen. Es ist dies wohl darauf zurückzuführen, dass in der Nähe der Basis es eine Stelle giebt, wo das Fibrillenrohr der Gallerte fehlt. Wenn man dem lebenden Thier Tentakeln ausreißt, so brechen dieselben auch immer dicht über der Ursprungsstelle ab. Diese Thatsachen scheinen besonders die festigende Funktion des Fibrillenrohres zu erweisen, dem man sonst vielleicht, in Folge der An- heftung an den Grund der Längsfurche, eine nervöse Thätigkeit zuer- theilen zu sollen glauben könnte. Die Muskulatur derSubumbrella (Taf. XXVII und XXX). Die Muskelfibrillen, welche uns hier entgegentreten, gehören, wie Craus! an Aurelia nachgewiesen hat, ausschließlich dem Ektoderm an. Dem feineren Bau nach können wir quergestreifte und glatte Muskeln an der Subumbrella unterscheiden. Wir finden demnach einen Gegensatz zwischen der Tentakelmusku- latur und der Subumbrellamuskulatur, der dadurch hervorgerufen wird, dass in den Tentakeln die, wohl als palingenetisch anzusehenden, glat- ten Fasern von den coenogenetischen quergestreiften ganz verdrängt worden sind, was an der Subumbrella nicht der Fall ist. Freilich treten die schwachen und unbedeutenden glatten Fasern auch hier, gegenüber den mächtig entwickelten Faserzügen der quergestreiften Fibrillen sehr zurück. Dieser Unterschied dürfte wohl darauf zurückzuführen sein, dass die Tentakel in stärkerer Berührung mit der Außenwelt sich höher entwickelten als die minder beeinflusste Subumbrella.. Wo glatte Fasern vorkommen, liegen sie in der subepithelialen Schicht und kreuzen stets annähernd in senkrechter Richtung die quer- gestreiften Faserzüge. Sie sind stets radial angeordnet und bilden an einzelnen Stellen der Kranzmuskelzone, nämlich unter den Verwach- sungsstreifen, netzförmige Faserzüge. Im Gebiete des Lappenmuskels, so wie in dem, der quergestreiften Muskulatur entbehrenden centrifuga- len Theil der Subumbrella, kommen zuweilen unregelmäßige, grob- maschige Netze glatter Muskelfasern vor, wie wir sie viel dichter und mächtiger im ektodermalen Epithel der Genitalorgane finden. Vollkom- 1 C. Craus, Quallen und Polypen der Adria. p. 27. 518 R. v. Lendenfeld, men frei von glatten Fasern scheinen außer den Tentakeln nur die »Fel- der« des Kranzmuskels zu sein. { An Isolationspräparaten findet man zuweilen glatie Fasern, wel- chen dann, genau so wie den quergestreiften, eine membranlose Zelle, ein Plasmaklumpen mit Kern anliegt. Sie unterscheiden sich von den quergestreiften demnach nur durch die niederere Ausbildung, auf welcher der kontraktile Theil der Zelle zurückgeblieben ist, durch den Mangei der Querstreifung. Craus! giebt an, dass bei Aurelia diese Elemente Epithelmuskelzellen seien, und ich habe in Folge dessen mir besondere Mühe gegeben einen Zusammenhang der glatten Fasern der Subumbrella mit epithelialen Zellen, eben so wie ich ihn an den retraktilen Nessel- warzen gefunden hatte, nachzuweisen. Es ist mir dies jedoch nicht ge- lungen, und ich fand stets, wenn ich das Epithel abgezogen hatte, was sehr leicht gelingt, die glatten Fasern der Subumbrella anliegen und nie dem Epithelhäutchen anhaftend. Da nun das abgezogene Epithel keine den Muskelkörperchen der glatten Fasern entsprechende Lücken zeigte, scheint mir die subepitheliale Lage dieser Fasern, sammt ihren Muskelkörperchen, erwiesen. Es schien mir bei der Beobachtung der subepithelialen Muskelschicht solcher der Deckzellen beraubter Theile der Subumbrella jedoch, dass die Muskelkörperchen der glatten Fasern viel weiter emporragten als jene naheliegender quergestreifter Fasern. An Stellen, wo das Deckglas das Präparat nicht drückte, erschienen bei der Abwärtsbewegung des Tubus stets zuerst die Muskelkörperchen der glatten Fasern und erst später andere Theile der subepithelialen Schicht, wie Ganglienzellen, deutlich. Ich möchte daher für die glatten Muskel- zellen der Subumbrella von Gyanea Annaskala dieselbe Lagerung in Be- zug auf das Deckepithel annehmen, welche Gebr. Herrwie ? für gewisse Muskelzellen der Actinien angegeben haben, und sie in Übereinstimmung mit jenen Autoren »intraepithelial« nennen. Viel wichtiger für die Ortsbewegung der Meduse sind die querge- streiften Muskeln der Subumbrella. Das Muskelsystem, welches bei der Wölbung des Schirmes thätig ist, besteht aus zwei wohl zu unier- scheidenden Theilen : einem ununterbrochenen eirkulären Kranzmuskel und 16 radiären Lappenmuskeln. Die Lage und Form der von diesen Muskeln eingenommenen Bezirke der Subumbrella wurde bereits oben beschrieben. Dem feineren Bau nach stimmen diese Muskelflächen mit einander überein. Ein Unterschied findet sich nur zwischen jenen Muskelpartien, 1 C. Craus, Quallen und Polypen der Adria. p. 27. ?2 0. und R. Herrwie, Die Actinien. Jen. Zeitschr. Bd. XIV. p. 43. Über Goelenteraten der Südsee. 519 welche den Verwachsungsstreifen aufliegen, und jenen, welche sich unter den Magentaschen ausbreiten. Mit bloßem Auge erkennt man an allen Theilen dieser Muskeln, mit Ausnahme jener, welche unter den Verwachsungsstreifen liegen, zwei sich schneidende Systeme dunkler Linien (Taf. XXX, Fig. 35). Die einen sind breiter und matter, die anderen schmäler und schärfer. Wir wer- den sehen, dass die matten Linien der Ausdruck von leistenförmigen Gallertwülsten sind, an deren äußerer Leistenfläche die Muskelfibrillen in gleicher Richtung mit der Richtung der Leisten liegen, und dass die scharfen Linien durch Entodermfalten hervorgerufen werden. Die Gallertleisten, welche die Muskeln tragen, die ich Muskelstütz- leisten nennen möchte, und deren Lage zugleich die Lage und Wirkungs- richtung der Muskelfibrillen präcisirt, sind in verschiedenen Theilen des Muskels verschieden angeordnet. Im centripetalsten Theil des Kranz- muskels bilden sie kreisförmige, koncentrische Ringe, deren Mittelpunkt in der Achse der Meduse liegt. Diese ringförmigen Leisten sind durch- aus von gleicher Mächtigkeit. Vier solche Ringleisten finden sich stets, welche centripetal von den inneren Enden der Verwachsungsstreifen liegen. Diejenigen Leisten, welche in den 16 abwechselnd breiteren und schmäleren sogenannten Feldern liegen, sind nicht kreisförmig, sondern gerade. Dieselben stehen senkrecht auf jenem Radius, welcher das betreffende Feld in zwei symmetrische Hälften theilt, der also ein Per-, Inter- oder Adradius ist. Die Leisten der Felder, welche dieselbe Form wie die ringförmigen centripetalsten Leisten haben, nehmen gegen die Peripherie zu an Höhe ab (Taf. XXVIH, Fig. 3). Sie gehen unter den Verwachsungsstreifen in viel niedrigere, nur eine flache Erhebung darstellende Leisten über, und es sind durch diese Zwischenstücke die Leisten benachbarter Felder verbunden. Dem entsprechend finden wir in allen Feldern die gleiche Zahl von Leisten. Es finden sich an aus- gebildeten Medusen 16 bis 48 solcher Leisten in jedem Felde, die alle zusammen eben so viele koncentrische Sechzehnecke bilden, deren Seiten abwechselnd länger und kürzer sind. Außerhalb des größten centrifugalsten Leisten-Sechzehneckes liegen auf jedem Verwachsungsstreifen je ein Lappenmuskel. Die 16 Lappen- muskel sind am centrifugalen Ende abgerundete und gegen die Rand- körperradien geneigte Muskelplatten, die sich gegen den Schirmrand hin eben so weit als die Tentakelansatzstellen erstrecken. Die Leisten dieser Muskelbezirke liegen radial. Die unter dem Verwachsungsstreif befind- lichen sind viel niedriger als jene, welche den Magentaschen aufliegen. Im Gebiete des Kranzmuskels kreuzen die Entodermfalten die Muskelstützleisten annähernd senkrecht und liegen somit radial. Im 520 R. v. Lendenfeld, Lappenmuskel hingegen liegen dieselben im adradialen Theile unter einander parallel, gegen die Muskelstützleisten jedoch schief, so dass sie, in adradialer Richtung verlängert, sich im Adradius unter einem stumpfen, nach außen offenen Winkel schneiden würden. In dem dem Randkörper zugekehrten Theile des Lappenmuskels liegen die Ento- dermfalten so, dass sie von einem im Randkörperradius liegenden Punkte auszustrahlen scheinen. Wenn wir mit dieser Darstellung die Abbildungen von Acassız ! und Hazcker? vergleichen, so fällt uns auf, dass bei Cyanea arctica und Desmonema Annasethe die äußersten cirkulären Leisten der Felder sich in die Leisten der Lappenmuskeln winkelig umbiegen, während die _ Muskelstützleisten des Kranz- und Lappenmuskels bei Cyanea Annaskala gesonderte Systeme bilden. L. Acassız 3? hat an den von ihm untersuchten Cyaniden gefunden, dass vom Entoderm des Magenbodens sackförmige Ausstülpungen ab- gehen, welche, in der Muskelzone regelmäßig in Reihen geordnet, die Gallerte und das Ektoderm vor sich herschieben. Auf diese Weise ent- stehen vorgestülpte Blasen, welche morphologisch den Tentakeln gleich- gesetzt wurden. Harckzı * bestätigt diese Beobachtung, giebt jedoch nicht an, ob eine solche Bildung bei allen oder nur bei den höchst entwickelten Cya- niden vorkommt. Die Untersuchung des feineren Baues der Muskelzone der Subumbrella von Cyanea Annaskala nun hat gezeigt, dass hier be- deutend einfachere Verhältnisse vorliegen. Quer- und Längsschnitte geben über den Bau der Muskelzone Auf- schluss. Es hat sich gezeigt, dass die Muskelstützleisten unserer Cyanea ununterbrochen sind und dass von den oben erwähnten Entodermfalten keine Ausstülpungen abgehen. Die Gallerte der Muskelzone zeigt dem- nach folgenden Bau. Wir können uns vorstellen, sie bestünde aus einer beträchtlich dicken, von parallelen Ebenen begrenzten Gallertplatte, auf welcher an beiden Seiten Leisten liegen. Die beiden Leistensysteme, deren Elemente unter einander parallel sind, kreuzen sich unter an- nähernd rechtem Winkel, so dass auf der Innenseite an dem einen, auf der Außenseite an dem anderen Schnitt eine gerade, ununterbrochene Begrenzungslinie des Schnittes entsteht (Taf. XXX, Fig. 37, 38). Die äußeren Leisten sind die Muskelstützleisten, die inneren fassen die Entodermfalten ein. Die Muskelstützleisten erscheinen am Querschnitt 1 L. Acassız, Acalephae. Contrib. Bd. IV. Taf. IV. 2 E. HaEckEL, System der Medusen. Taf. XXX, Fig. 2, 4. 3 L. Acassız, Acalephae. Contrib. Bd. IV. p. 103. * E. HaEckEL, System der Medusen. p. 520. Über Coelenteraten der Südsee. 521 (Taf. XXX, Fig. 38) als sehr nahe an einander liegende Zapfen, die zwei bis dreimal so hoch als breit sind. Ihre freien Enden sind ellip- tisch abgerundet, ihre Seiten sind Ebenen, welche senkrecht auf der Subumbrella stehen. Die Thäler zwischen den Leisten haben einen halbkreisförmigen Querschnitt. Die durch die Leisten bedingte Ober- flächenvermehrung wird durch das Verhältnis der Fläche, von welcher sie sich erheben, zu der Fläche, welche die Muskellage einnimmt, aus- gedrückt. Dieses Verhältnis ist an der Stelle des Kranzmuskels von Cyanea Annaskala, wo die Leisten am höchsten sind, also im centripe- talen Theile des Kranzmuskels, wie #4 :1; ein annähernd richtiges Resul- tat, welches wir erhalten, wenn wir die Summe der Leistenseitenflächen und der Basalfläche durch die Basalfläche dividiren. Während nun diese Leisten äußerst regelmäßig, gewissermaßen nach mechanischen Grundsätzen konstruirt erscheinen, sind die Leisten der Innenseite unregelmäßig. Dies lässt sich schon bei Lupenvergröße- rung daran erkennen, dass die scharfen Linien, welche der Ausdruck der Entodermfalten sind, in wechselnder Entfernung von einander liegen und sich auch stellenweise verzweigen (Taf. XXX, Fig. 36). Die Folge hiervon ist, dass an solchen Schnitten, welche quer durch diese Leisten geführt sind, dieselben verschieden breit erscheinen (Taf. XXX, Fig. 37). Am Querschnitt erscheinen diese Leisten als halbkreisförmig in das Magenlumen vorspringende Bogen, die etwa halb so hoch wie breit sind. Die Furchen zwischen den Leisten sind in Folge der konvexen Form der letzteren schmale, von steilen Wänden begrenzte Thäler. An Flächen- ansichten der muskeltragenden Zone der Subumbrella erscheinen dem- nach mehrere undurchsichtige Entodermzellenreihen in den Furchen hinter einander, was die Ursache der Schärfe und Intensität dieser Linien ist. Wir wollen nun die histologischen Details der Muskelzone beschrei- ben und hierbei die drei Schichten, aus welchen sie besteht : Ektoderm, Gallerte und Entoderm nach einander besprechen. Das Ektoderm der Muskelzone besteht überall aus einer epithelialen und subepithelialen Schicht. Die epitheliale Schicht enthält Deckzellen, Drüsenzellen und Sinneszellen. Cnidoblasten fehlen am Muskel durch- aus. Es weicht hierin also Gyanea Annaskala von Aurelia, Ghrysaora und Umbrosa (Discomedusa Cl.), bei welchen Craus! Nesselzellen im Epithel der Muskelzone nachgewiesen hat, ab. Abgesehen hiervon besteht ein wesentlicher Unterschied der von Craus? näher beschriebenen Aca- lephen und unserer Gyanea darin, dass die letztere in der Subumbrella 1 C. Craus, Quallen und Polypen der Adria. p. 27. 2 C. Craus, Quallen und Polypen der Adria. p. 27. 522 R. v. Lendenfeld, keine Epithelmuskelzellen, sondern, wie Gebr. Herrwıs! an einigen Craspedoten, z. B. Aequorea Forskalea gefunden haben, nur subepithe- liale Muskelzellen besitzt. Während also Craus in der äußeren Epithel- schicht der Muskelzone der von ihm untersuchten Acalephen Epithel- muskelzellen und Cnidoblasten gefunden hat, finden sich an derselben Stelle von Cyanea Annaskala die oben erwähnten drei Zellenarten. Es wäre somit für unsere Cyanea und wohl auch für die anderen Cyaniden eine in dieser Beziehung höhere Entwicklung gegenüber den Ulmariden (Aurelia, Discomedusa) und Pelagiden (Chrysaora) anzunehmen. Die Deckzellen der Muskelzone (Taf. XXX, Fig. 37, 38, 40, 23) ver- mitteln gewissermaßen die Stützzellen der Sinnesepithelien und die Deckzellen der Exumbrella. Sie stehen so zwischen diesen Elementen, dass man sie vielleicht mit besserem Rechte Stützzellen nennen könnte. Es sind Cylinderzellen, die je nach ihrer Lage eine mehr ceylindri- sche oder mehr keilförmige Gestalt besitzen. An den ebenen Flächen der Seiten der Muskelstützleisten sind sie cylindrisch. In den konkaven Thälern und auf den konvexen Leistenfirsten sind sie keilförmig. Im ersteren Falle haben sie eine verbreiterte Basis, im letzteren einen ver- dickten terminalen Theil. Im Allgemeinen sind sie ungefähr zweimal so hoch als breit. An der freien Oberfläche vermissen wir die quergestreifte Cuticula des Schirmrückens. Die centrifugalen Zellflächen sind konvex vorgewölbt und tragen eine Cilie (Taf. XXX, Fig. 43). Die Cilie ist an der lebenden Zelle etwas länger als der Zeilkörper, schrumpft jedoch bei der Einwirkung von Reagentien so stark, dass sie an Querschnitten mit Osmium gehärteter Thiere nur als knopfförmige Vorragung erscheint. Das Plasma ist auf einen schmalen distalen Bezirk der übrigens leer erscheinenden Zelle beschränkt und bildet hier einen das centrifugale Ende der Zelle ausfüllenden linsenförmigen Klumpen. In diesem liegt der kleine schwach abgeplattete oder kugelförmige Kern, in dessen Mitte sich meist ein Nucleolus erkennen lässt. Diese Deckzellen erreichen eine Höhe von 0,015 mm. Die Seitenwände erscheinen als ebene Flächen, die senkrecht auf die Oberfläche stehen, und daher an Flächen- bildern (Taf. XXX, Fig. 40) als scharfe Zellgrenzlinien erscheinen: die Zellen sind zu polygonalen Säulen gegenseitig abgeplattet. Die Basalfläche der Zellen entbehrt stets der Ausläufer und erscheint unregelmäßig ausgezackt. Sie ist ein genauer Abdruck der darunter liegenden subepithelialen Elemente. Etwa 95°/, der Oberfläche der Muskelzone wird von solchen Deckzellen eingenommen. Wie oben 1 O0. und R. Herrwie, Das Nervensystem und die Sinnesorgane der Medusen. p. 79 und: Organismus der Medusen. p. 9. nn En un Über Goelenteraten der Südsee. 523 erwähnt stimmen sie mit den auf den Muskelzügen der Tentakel vor- kommenden Deckzellen genau überein. Die Sinneszellen (Taf. XXX, Fig. 42,43) sind verhältnismäßig dicke (Fig. 43), seltener spindelförmige (Fig. 42) dünne Gylinderzellen, welche in allen wesentlichen Merkmalen mit den Sinneszellen der Sinnesepithe- lien am Randkörper übereinstimmen. Vielleicht ist die » Tastborste« hier länger wie an anderen Stellen. Sicherheit lässt sich hierüber desshalb schwer erlangen, weil die Länge derselben so stark von äußeren Einflüssen verändert wird. Die basalen nicht zahlreichen Ausläufer der Sinneszellen lassen sich auf eine Strecke weit verfolgen. Ich habe jedoch eine direkte Verbindung mit den sub- epithelialen Ganglienzellen, welche wohl eben so wie an anderen Stellen auch hier bestehen dürfte, nicht nachweisen können. Diese Sinneszellen liegen sowohl in den Thälern wie auch auf den Leistenfirsten. Sie fehlen an den Seiten der Leisten durchaus und dokumentiren sich durch ihre Lage als Tastzellen. Die Drüsenzellen stimmen mit den von dem muskelfreien centri- fugalen Theile der Subumbrella beschriebenen überein. Es sind un- regelmäßige, zuweilen mehr cylindrische, zuweilen mehr keilförmige Zellen (Taf. XXX, Fig. 37, 38 d). Die meisten stehen mit ihrem centri- petalen Ende auf der subepithelialen Schicht. Einige jedoch, welche wohl als dieälteren, von ihrer Bildungsstätte, der subepithelialen Schicht, entfernten, anzusehen sind, erscheinen als platte, breit keilförmige Ele- mente, welche nicht mit der subepithelialen Schicht im Zusammenhang stehen. Solche Drüsenzellen bedecken dann den größten Theil der äußeren Oberfläche der benachbarten Deckzellen. Es scheint also hier dasselbe Wandern in centrifugaler Richtung von der subepithelialen Schicht an die Oberfläche stattzufinden, welches für die Cnidoblasten der Goelen- teraten schon lange bekannt ist. Eimer! giebt an, dass die aborale Schirmoberfläche von Aurelia, Cyanea capillata und anderen Medusen schleimabsondernde Becherzellen enthalte. Wie schon oben hervorge- hoben wurde, fehlen bei Cyanea Annaskala Drüsenzellen im Schirm- rücken durchaus. Jedoch stehe ich nicht an die zahlreichen mit stark lichtbrechenden Körnchen dicht erfüllten Zellen der Subumbrella als schleimbildende Elemente aufzufassen. Ob diese Zellen, die stets der Cilien entbehren und auch von keiner Cuticula überzogen werden, Becherzellen sind, oder ob sie vielleicht als Ganzes abgestoßen werden und erst außerhalb des Körpers in Folge von Imbibition platzen, kann ich nicht entscheiden. 1 T. Eimer, Die Medusen etc, p. 185, 186. 524 R. v. Lendenfeld, Die subepitheliale Schicht, welche keinen Theil der äußeren Fläche der Gallerte frei lässt, kann durch Abpinseln der äußeren Epithelschicht an Präparaten, welche zuerst der Einwirkung dünner Osmiumsäure unterworfen wurden und hernach in dünner Essigsäure gelegen haben, sehr gut zur Anschauung gebracht werden. Durch fortgesetztes Mace- riren, gelingt es dann auch die Bestandtheile der subepithelialen Schicht zu isoliren. Wir können in derselben zwei Lagen unterscheiden, eine äußere, welche von Ganglienzellen und Nervenfasern eingenommen wird, und eine innere, welche aus den Muskelfibrillen mit ihren Muskelkörperchen besteht. Craus? hat ähnliche Zellen, wie die Ganglienzellen der Muskelzone von Cyanea Annaskala, an Chrysaora entdeckt und dieselben als moto- rische Ganglienzellen 3 gedeutet. Gebr. Herrwıc * beschreiben ähnliche sternförmige Zellen aus der Subumbrella der Graspedoten, und haben solche von Aequorea Forska- lea5, welche den Ganglienzellen des Kranzmuskels von Cyanea Annaskala überaus ähnlich sind, abgebildet. Es ist diesen Forschern auch gelungen eine direkte Verbindung dieser Elemente mit dem Ringnerv nachzu- weisen ®. Im Gegensatz zu Craus erklärt Eımer 7, dass solche große motorische Ganglienzellen bei allen von ihm untersuchten Acraspeden, also auch Cyanea capillata, nicht vorkommen. Die Verhältnisse, welche wir in der subepithelialen Schicht der Muskelzone von Cyanea Annaskala an- treffen, bestätigen die Graus’sche auch von HAzEckEL ® anerkannte Ent- deckung. Diese motorischen Ganglienzellen unterscheiden sich von den Gan- glienzellen des Randkörpers und der Nesselwarzen dadurch, dass ihnen der halbkugelförmig vorgewölbte fortsatzlose Theil fehlt. Sie sind, wie ! Ich habe die Herrwie’sche Isolationsmethode, ein sehr verdünntes Gemisch von Essigsäure und Osmiumsäure anzuwenden, in so fern modificirt, dass ich zu- erst kurze Zeit dünne Osmiumsäure einwirken ließ und dann das etwas gehärtete und gewaschene Präparat in dünner Essigsäure über Nacht maceriren ließ, 2 GC. Craus, Quallen und Polypen der Adria. p. 27. 3 C. Craus, Grundzüge der Zoologie. 4. Auflage. p. 279 und: Quallen und Poly- pen der Adria. p. 26, 27. * O. u. R. Herıwıc, Das Nervensystem u. die Sinnesorgane d. Medusen. p.128. 5 O0. u. R. Herrwıc, Das Nervensystem u. die Sinnesorgane d. Medusen. Taf. VI, Fig. 9. 6 O0. u.R. Herrwıs, Das Nervensystem u. die Sinnesorgane d. Medusen. p.79, 80. 7 T. Eimer, Die Medusen etc. p. 139. 8 E. HAEcKEL, System der Medusen. p. 459. Über Goelenteraten der Südsee. 525 die oben angeführten, von Gebr. Hrrrwıc entdeckten Elemente, stern- förmig (Taf. XXX, Fig. 41, 39). Die Größe ist nicht konstant, und es gleichen die kleineren den größten Ganglienzellen vollkommen. Das Plasma ist körnig und scheint der Streifung zu entbehren, welche ich in den Ganglienzellen der Randkörper gesehen habe. Der kugelige Kern liegt in der Mitte der Zelle und enthält einen verhältnismäßig großen Nucleolus. Die ganze Zelle erscheint abgeplattet und es liegen alle Fort- sätze annähernd in einer Ebene der Oberfläche der Muskellamelle an. Die Fortsätze sind ziemlich dick und verdünnen sich, wie dies an den meisten Ganglienzellen unserer Gyanea zu beobachten ist, plötzlich zu einem dünnen körnigen Nervenfaden. Sowohl an den nicht häufigen Verzweigungen der sehr spärlichen Nervenfäden (Taf. XXX, Fig. 39), wie auch an anderen Stellen im Ver- laufe derselben, finden sich spindelförmige Verdickungen (g’), die ich für Kerne halte. Auch hier lässt sich diese Deutung, wie an anderen Nervenfäden der Cyanea Annaskala, durch Tinktion mit großer Wahr- scheinlichkeit erweisen. An Querschnitten erkennt man die Ganglienzellen (Taf. XXX, Fig. 38 g) als platte, der Muskellamelle dicht aufliegende Körper. Der Nervenplexus ist aber wegen seiner schwachen Ausbildung an Schnitten nicht nachweisbar. Der unterste und wichtigste Theil des Ektoderms der Muskelzone wird von der Muskellamelle eingenommen. Die Fibrillen, aus denen sie besteht, bilden eine ununterbrochene einschichtige Platte (Taf. XXX, Fig. 39). Die Fibrillen sind, wie Brücke! an Aurelia entdeckt und Craus? auch an anderen Acraspeden nachgewiesen hat, platte Bänder, welche aus quergestreifter Substanz bestehen. DieFibrillen der Cyanea Annaskala sind etwa dreimal so breit als dick und laufen an beiden Enden in feine Spitzen aus (Taf. XXX, Fig. k4, 45). An Isolationspräparaten krümmen sie sich gewöhnlich $-förmig nach der schmalen Seite und liegen dann immer so, dass man die Konturen der breiten Seite sieht. Nur selten gelingt es eine Fibrille von oben zu sehen, wie dies Figur 45 darstellt. Durch die Vergleichung dieser Bilder mit Querschnitten gelingt es die Bandform der Fibrillen zu erkennen. In der Muskellamelle liegen diese Bänder so, dass sie sich mit den breiten Seitenflächen berühren und mit einer Kante der Gallerte an- liegen. Das Muskelkörperchen, ein kleiner Plasmaklumpen mit Kern, liegt ! E. Brücke, Über die mikroskopischen Elemente, welche den Schirmmuskel der Medusa aurita bilden. Sitzungsber. der k. Akademie der Wissenschaften Wien. Bd. 48. 2 C. Craus,.Quallen und Polypen der Adria. p. 27. 526 R. v. Lendenfeld, stets der äußeren Kante der Fibrille an jener Stelle an, wo dieselbe am dicksten ist. Ich habe ein besonderes Augenmerk auf die Verbindung der Muskelelemente mit den Nervenfäden gerichtet, konnte aber hierüber zu keinem entsprechenden Resultate gelangen. Öfters findet man Muskel- körperchen, die einen Fortsatz entsenden (Taf. XXX, Fig. 44), und es wäre vielleicht möglich, dass sich die Nervenfaser in das Muskelkörper- chen direkt fortsetzt. Ich halte dies zwar selbst nicht für sonderlich wahrscheinlich, möchte aber jene Fachgenossen, die sich mit der Frage beschäftigen, darauf aufmerksam machen. Durch die Auffindung der von dem Randkörper radial ausstrahlen- den Nerven scheint es wohl wahrscheinlich, dass die motorischen Gan- glienzellen der Muskelzone mit den Sinnesepithelien der Randkörper und ihrer Umgebung in nervösem Zusammenhang stehen. Was die Mechanik der Bewegungen des Schirmes unserer Meduse, welche durch die Fibrillen des Kranzmuskels und der Lappenmuskeln bewirkt wird, anbelangt, so ist dieselbe eine sehr einfache. Harcker ! deutet im Einvernehmen mit Mertens? die Muskelstützleisten als Ge- bilde, welche dem Skelett höherer Thiere zu vergleichen wären. Ich möchte es für wahrscheinlicher halten, dass dieselben mehr die Funktion elastischer Fasernetze, wie sie bei Wirbelthieren in den Wan- dungen der großen Blutgefäße vorkommen, haben, und dass physiolo- gisch die Verwachsungsstreifen der Meduse als Skelett anzusehen sind. Zweifellos sind die Muskelstützleisten einfach durch die erhöhte Thätigkeit des Muskels entstanden, welcher Anfangs flach ausgebreitet, später sich in Falten legte, um den erhöhten Anforderungen zu ent- sprechen, wie Gebr. Herrwıs® annehmen. An sich hatten also die Muskelstützleisten ursprünglich keinen Zweck; es füllte eben nur die Gallerte die Falten passiv aus, welche die Muskellamelle allmählich aktiv bildete. Erst sekundär können sie kat’ exochen eine Bedeutung erlangt haben und kommt ihnen jedenfalls dieselbe Funktion zu, welche die ur- sprünglich flache Gallertplatte der Muskelzone besessen hat, nämlich durch ihre eigene Elastieität dann den Schirm der Meduse wieder aus- zuflachen, wenn er durch die Muskelkontraktion eingekrümmt worden ist. Nur hoch entwickelte Thiere, und auch diese nicht ausschließlich, besitzen Muskeln, welche alle Bewegungen ausführen, so dass wir von Paaren entgegengesetzt wirkender Muskeln reden können. Niedere 1 E. HAEckEL, System der Medusen. p. 520. 2 MERTENs, Memoir. Acad. Petersbourg. Bd. IV. p. 376. 3 0. und R. Herrwisc, Der Organismus der Medusen. p. 40, 44. Über Coelenteraten der Südsee. 527 Thiere, wie die Medusen, haben statt der entgegengesetzt wirkenden Muskelpaare, einerseits Muskeln und andererseits elastische Elemente, welche, sobald die Muskelkontraktion aufhört, die Theile wieder in ihre Gleichgewichtslage zurückbringen. Den Muskelstützleisten, sowohl des Kranzmuskels, wie auch der Lappenmuskeln kommt somit die Funktion elastischer Stäbe zu, die durch die Muskelkontraktion in longitudinaler Richtung zusammengedrückt, also verkürzt werden und beim Aufhören der Muskelkontraktion sich wieder verlängern. Kranz- und Lappen- muskel üben durch ihre Kontraktion ganz die gleiche Winkung auf den Schirm aus. Bei beiden wird durch die Muskelzusammenziehung die untere Schirmoberfläche verkleinert, wodurch die lokomotorisch wichtige Einkrüämmung der Schirmränder erzielt wird. Wir sind gewohnt, bei höheren Thieren dort Skeletttheile zu finden, wo die durch Muskeln und Sehnen ausgeübten Kräfte angreifen. Dem- gemäß müssten wir die Verwachsungsstreifen als Skelett deuten, weil hier die Kräfte, welche in den Muskelfeldern ausgelöst werden, an- greifen, und weil die Verwachsungsstreifen es sind, welche die Bewe- gung auf die zu wölbende oder auszuflachende Exumbrella übertragen. Auch an den Tentakeln finden wir, wie wir gesehen haben, nur für die Kontraktion Muskelfasern, während die Ausdehnung und Verlänge- rung derselben eine Folge der Elasticität des oben beschriebenen Faser- rohres ist. Die Gallerte der Muskelzone, deren äußere Gestaltung bereits oben besprochen worden ist, entbehrt jeglicher eingelagerter Zellen. Jedoch finden sich in derselben Büschel überaus feiner, hyaliner Fibrillen, welche Ektoderm und Entoderm verbinden. Von den Entodermfurchen strahlen diese Büschel (Taf. XXX, Fig. 37) aus und erfüllen den ganzen äußeren Theil der Gallerte. Nur die entodermalen Leisten bleiben von Fibrillen frei. Es liegt hier die Vorstellung nahe, dass längs der Fibril- len, oder vielleicht durch dieselben, Nahrungsstoffe dem Ektoderm zu- geführt würden. Freilich könnten sie eben so gut die Funktion haben, die Gallerte zu festigen. Das Entoderm, welches die inneren Leisten der Gallerte der Muskel- zone auskleidet, stimmt mit dem Entoderm der Magendecke und der Gefäße, welches oben beschrieben worden ist, vollkommen überein. Die Genitalorgane (Taf. XXX). An vier interradial liegenden Orten beginnt sich schon an jungen Thieren von 20 mm Scheibendurchmesser die dünne Subumbralwand vorzuwölben.. Es sind diese Vorwölbungen die ersten Anlagen der 528 R. v. Lendenteld, Genitaltaschen 1. Durch das rasche Wachsthum aller Theile des vorge- wölbten Subumbrellatheils vertieft sich der Genitalsack immer mehr, wobei er sich einzufalten beginnt. Der Genitalsack des ausgewachsenen geschlechtsreifen Thieres hängt bis zu einem Drittel der Länge der Mund- arme herab (Taf. XXVI). Flach ausgebreitet erscheint derselbe fleurs de lis-ähnlich (Taf. XXXIU, Fig. 68) durch zwei tiefe Einbuchtungen in drei Abschnitte gespalten, die ihrerseits wieder durch kleine Falten in eine größere Anzahl distaler Abschnitte getheilt werden. Betrachtet man das distale Ende des ausgebreitet ziemlich flachen Genitalsackes mit der Lupe, so gewahrt man ein in sehr regelmäßiger Weise zickzackförmig gebogenes dunkleres Band, welches der Wand des distalen Endes der Genitaltasche anzuliegen scheint (Taf. XXXII, Fig. 69). Dieses Band zieht im Ziekzack von oben nach unten auf der einen Seite, biegt unten um und steigt auf der anderen Seite im Zick- zack einer jeden zwischen zwei Falten gelegenen Vorwulstung auf. Man erkennt, dass dieses Band kontinuirlich ist und in allen vorstehenden kleinen Wülsten des centrifugalen Endes der Genitaltasche die gleiche zickzackförmige Anordnung besitzt. In diesem Bande liegen die Genital- produkte. Im Ektoderm des Genitalsackes finden sich überall zahlreiche intra- epitheliale glatte Muskelfasern. Diese sind zu Netzen vereint, welche den Genitalsack in radialer Richtung zumeist verlaufend überall um- spinnen, und welche durch ihre langsam erfolgenden Kontraktionen die Gestalt des Genitalsackes fortwährend verändern. Abgesehen von diesen Muskeln gleicht Ektoderm, Gallerte und Entoderm der Genital- säcke den entsprechenden Schichten des centrifugalen, von der quergestreiften Muskulatur freien Theiles der Subumbrella. Die Intra- epithelmuskelzellen selbst stimmen mit den radial unter den Ver- wachsungsstreifen liegenden vollkommen überein. Das Genitalband, wie es uns bei Lupenvergrößerung erscheint, kann als Ganzes leicht aus dem Genitalsacke herauspräparirt werden, nachdem man diesen zuerst eröffnet hat. Das Band der geschlechts- reifen, 90 mm im Durchmesser haltenden Cyanea Annaskala hat eine Länge von 300 mm. Es breitet sich, nachdem die Anlleftubigästefie, wo es der Genital- sackwandung sur durchschnitten ist, flach und gerade aus. Wenn man durch einen Theil des Bandes, an welchem man die Wandung des Genitalsackes hat hängen lassen, Querschnitte anfertigt, so gelingt es in den überaus verwickelten Bau dieses Gebildes einen näheren Einblick zu gewinnen. 1 Vergleiche C. Craus, Quallen und Polypen der Adria. p. 24. Über Ooelenteraten der Südsee. 529 Von der Innenseite der distalen Wandung des Genitalsackes (Taf. XXXII, Fig. 77) gehen kurze und kleine Genitalfilamente («) ab. In nicht großer Entfernung von den Filamenten erhebt sich von der Innenfläche der Genitalsackwand eine beiderseits mit Entoderm be- kleidete dünne Lamelle (#), weiche einen gegen die Filamente hin kon- vexen Bogen bildet. Ich werde diese Lamelle im Folgenden den Genitalträger nennen. Dieser Genitalträger ist an seiner Basis sehr dünn, verdickt sich aber in einiger Entfernung von der Ansatzlinie. Die bandförmige Lamelle, welche den Genitalträger bildet, ist eiwa zweimal so breit als die Fila- mente lang sind. An seinem Ende zeigt er einen tiefen Einschnitt an jener Seite, welche der Genitalsackwand zugekehrt ist. Von dem äuße- ren Ende des Einschnittes geht eine sehr dünne und zarte Lamelle ab, welche die Verbindung des Genitalträgers mit dem äußeren Schutzband (y) herstellt. Das äußere Schutzband ist ein mächtiges, von einer dicken Gallertlamelle ausgefülltes Band, welches mit der einen Hälfte frei in das Lumen des Genitalsackes vorragt und mit der anderen Hälfte in jene Rinne hineinragt, welche die Genitalsackwand zusammen mit dem Genitalträger bildet. Der Basaltheil des Genitalträgers steht senkrecht auf die Genitalsackwand, der Endtheil aber liegt der Sackwand fast parallel. Die gleiche Lage hat das äußere Schutzband. Von dem inneren Ende des erwähnten Einschnittes entspringen zwei Ränder: gegen das Ende des Genitalträgers zu ein kleines, dünnes und schmales, am freien Rande gabelig gespaltenes inneres Schutzband, näher dem Basaltheile des Genitalträgers das Genitalband (GB). Das Genitalband enthält in der Nähe seiner Ursprungsstelle junge Geschlechtsprodukte, in seiner Mitte reife Eier oder Spermasäcke, und ist am freien Rande steril. Es ist durch feine Fäden mit dem Genital- träger verbunden. Ehe wir nach diesem allgemeinen Überblick auf die feineren Details eingehen, wollen wir dieses Gebilde mit den von anderen Forschern beschriebenen Genitalorganen der Acraspeden vergleichen und die Homologie der Theile feststellen. Gebr. Herrwig 1 haben die Genitalorgane von Pelagia einer genauen Untersuchung unterzogen und wir werden keine Schwierigkeit haben den Bau des Genitalapparates der Cyanea Annaskala mit jenem von Pela- gia zu vergleichen. Der »Genitalsinus« der Gebr. Herrwie? ist offenbar jenem schmalen Spalt gleichzustellen, welcher zwischen dem Genital- träger und dem Genitalband der Cyanea Annaskala liegt. Der wesent- ! 0. und R. Herrwie, Die Actinien. Jen. Zeitschr. Bd. XIII. p. 608 ff. 2 0. und R. Hrrrwic, Die Actinien. Jen. Zeitschr, Bd. XIII. p. 607. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XXXVII. Bd. 36 530 R. v. Lendenfeld, liche Unterschied; abgesehen von den accessorischen Schutzbändern unserer Cyanea und Pelagia in der Bildung der Genitalorgane besteht also darin, dass bei der ersteren das Genitalband von einem Genital- träger entspringt, während es bei Pelagia der Genitalsackwandung direkt aufsitzt. Das Genitalband selbst stimmt, wie wir sehen werden, in seinem Bau mit dem Bande der Pelagia überein, und erscheint auch der Genitalsinus (so nenne ich den Spalt zwischen Genitalband und Genital- träger) dem von Gebr. Herrwic so benannten Gebilde von Pelagia homo- log. Die Ähnlichkeit wird noch durch das Vorhandensein feiner Fäden, welche mit den Fäden des Genitalsinus von Pelagia übereinstimmen, erhöht. Aus der Graus’schen ! Schilderung der Genitalorgane von Aurelia scheint hervorzugehen, dass hier eine weiter nicht von der Wand des Genitalsackes abgegliederte bandförmige Verdickung vorliegt, in welcher die Genitalprodukte liegen. Dass dieselben vom Entoderm durch eine Schicht flüssiger Gallerte getrennt sind, weist darauf hin, dass wohl auch bei Aurelia eine ähnliche Einrichtung wie bei Pelagia bestehen möchte; dies ist jedoch sehr fraglich, da Craus nichts davon erwähnt. Hazckrı 2 giebt an, dass eine bandförmige Verdickung in der Wand des Genitalsackes ohne weitere Differenzirung das primäre, bei allen niedrig organisirten Medusen anzutrefiende Verhältnis ist. Es scheint somit, dass Cyanea Annaskala, und vielleicht auch andere Cyanea-Arten?, die höchste bisher an Medusen beobachtete Entwicklung der Geschlechts- organe aufweisen. Zwischen dieser hoch differenzirten und der von HaEckEL als primär erkannten einfachen Form der Genitalorgane steht also die einfache Faltenbildung der Pelagia mitten inne. Alle Theile, welche an der Bildung der Genitalorgane der Cyanea Annaskala betheiligt sind, zeigen mit Ausnahme des Genitalbandes selbst ziemlich übereinstimmende histologische Verhältnisse. Die Filamente der Genitalträger und die beiden Schutzbänder be- stehen aus Gallertfäden oder -platten, welche überall mit entodermalem Epithel bekleidet sind. An allen diesen Theilen zeigt das Epithel den gleichen Bau. Eben so ist auch die Gallerte aller dieser Theile von der gleichen Art, sie entbehrt überall zelliger Einlagerungen so wie der Fi- brillen. Das entodermale Epithel besteht aus Geißelzellen, Drüsenzellen und Nesselzellen. Diese accessorischen Theile der Genitalorgane der Cyanea Annaskala sind die einzigen Orte, wo das entodermale Epithel 1 C. Craus, Quallen und Polypen der Adria. p. 31. 2 E. HAECKEL, System der Medusen. p. 468. 3 L. Acassız, Acalephae. Contrib. etc. Bd. IV. p. 13 u.a. O. Über Ooelenteraten der Südsee. 551 des Gastrovascularsystems Nesselzellen enthält. Die Geißelzellen dieser Theile, so wie die Drüsenzellen unterscheiden sich nicht von den oben aus anderen Entodermtheilen beschriebenen entsprechenden Elementen. Die Nesselzellen stehen in kleinen Gruppen vereint und bilden niedrige Nesselwarzen, welche unregelmäßig am Genitalträger und auf den Schutzbändern zerstreut sind. Die Nesselwarzen fehlen sowohl allen, selbst den an den Genitalträger anstoßenden Theilen der Genitalsack- wand, wie auch dem Genitalbande und der den Genitalsinus begrenzen- den Wand des Trägers durchaus. - Der Genitalsinus wird also von einem nesselzeilenlosen Epithel aus- ‚gekleidet. Nach Gebr. Herrwic ! giebt es auch in dem Genitalsinus der Pelagia keine Nesselzellen. An allen Stellen, wo Nesselwarzen liegen, ist eine subepitheliale Schicht, ein »Nesselzellenmutterboden«, entwickelt. Die Nesselzellen dieser entodermalen Theile unterscheiden sich wesent- lich von den ektodermalen Nesselzellen. Sie stehen nämlich nicht zwischen den umgebenden Zellen, sondern sie liegen in denselben. Sie durchbrechen die Entodermzellen gerade so wie es Schulze? für die ektodermalen Nesselzellen der Hydra fusca beschreibt und abbildet. Die Entodermzellen, welche von den CGnidoblasten durchbohrt werden, unterscheiden sich nicht wesentlich von anderen nicht durchbrochenen entodermalen Geißelzellen. Die Nesselkapseln haben eine ähnliche Gestalt wie die ektodermalen, stimmen jedoch in ihrer Größe weder mit der größeren noch mit der kleineren Art der ektodermalen Nesselkapseln überein. Sie halten der Größe nach etwa die Mitte zwischen den beiden ektodermalen Formen. Kurze Gnidocils sind leicht nachweisbar. Sternchen fehlen jedoch an der Basis derselben. Der Nesselfaden scheint mit dem der größeren ektodermalen Kapseln darin übereinzustimmen, dass er eine doppelte Spirale von Widerhaken besitzt, doch haben meine Beobachtungen über diesen Punkt keine sichere Entscheidung geliefert. Sinneszellen, welche ich überhaupt im Entoderm des Gastrovascu- larsystems nirgends gefunden habe, fehlen auch den entodermalen Nesselwarzen der Genitalorgane. Die subepitheliale Schicht unter denselben ist dünn und scheint außer Nesselbildungszellen keine Elemente zu enthalten, und namentlich der Ganglienzellen zu entbehren, was auf eine ausschließlich mechani- sche Entladungsmöglichkeit der Kapseln hinweist. Gebr. Herrwie® geben an, dass der Genitalsinus von Pelagia von 1 O0. und R. Herrwie, Die Actinien. Jen. Zeitschr. Bd. XIII. p. 607. 2 F. E. ScauLze, Cordylophora lacustris. p. 22. Taf. VI, Fig. 10. 3 O0. und R. Herrwic, Die Aclinien. Jen. Zeitschr, Bd. XII. p. 607. 36* 532 . R. v. Lendenfeld, niederen endothelartigen Zellen ausgekleidet sei, während die anderen entodermalen Oberflächen der Genitalorgane von hohem Gylinderepithel bekleidet sind. i Ein ähnlicher Unterschied findet sich auch bei der Vergleichung der entsprechenden Epithelstrecken der Cyanea Annaskala, nur ist hier die Differenz lange nicht so bedeutend (Taf. XXXIN, Fig. 75, 76 en). Das Genitalband ist mit dem Genitalträger durch zarte Fäden ver- bunden (Taf. XXXII, Fig. 75, 76, 77 F) welche, wie oben hervorge- hoben, mit den entsprechenden Bildungen der Pelagia! übereinstimmen. Diese Fäden beginnen etwas innerhalb jener Stelle, wo die Grenze des fruchtbaren Theiles des Genitalbandes liegt, und stehen um so dich- ter, je mehr wir uns der Ursprungsstelle des Genitalbandes nähern. Die Fäden haben eine feine Gallertachse und sind von entodermalem Plattenepithel überkleidet. Es ist dies die einzige Stelle unserer Oya- nea, wo ein solches, dem Entoderm angehörendes Plattenepithel vorliegt. Das Genitalband der Weibchen ist makroskopisch nicht von jenem der Männchen zu unterscheiden und auch an Querschnitten stimmen die Ovarial- und Spermasackbänder ihrer Gestalt nach überein. Was den feineren Bau des Genitalbandes selbst anbelangt, so stimmt derselbe mit der für Pelagia entworfenen Schilderung der Gebr. Hertwig ? so sehr überein, dass meine Beobachtungen nur dazu dienen konnten die weitere Verbreitung der Genitalbandform der Pelagia dar- zuthun und zugleich die Angaben der Gebr. Hrrrwıc zu bestätigen. Am proximalen (dem Ursprung des Genitalbandes zunächst liegen- den) Rande des Genitalbandes finden wir beim Weibchen stark ver- größerte Entodermzellen, welche dem Epithel des Genitalsinus ange- hören. Gegen die Mitte des Bandes hin erscheinen diese Eikeime stark vergrößert und birnförmig. Die spitzen Enden der jungen Eier werden durch das Sinusepithel des Bandes immer weiter von der Oberfläche weggedrängt, bis endlich die Eier in der Mitte des fruchtbaren Theiles des Bandes ganz in die Gallerte zu liegen kommen, und eine kugelför- mige Gestalt annehmen. Da diese Verhältnisse der Abbildung der Gebr. Hertwie ? entsprechen, habe ich unterlassen sie graphisch darzustellen. Die vollkommen reifen Eier finden sich dort, wo der sterile Theil ‚des Bandes beginnt. | Die Oberflächen des Genitalbandes werden auf beiden Seiten von Entoderm bekleidet. Das Epithel der dem Gastralraum zugekehrten Fläche (Taf. XXXII, Fig. 75, 76) entspricht dem Entoderm der übrigen 1 O0. und R, Herrwıe, Die Actinien. Jen. Zeitschr. Bd. XIll. p. 607. 2 O0. und R. Herrwıc, Die Actinien. Jen. Zeitschr. Bd. XII. p. 607 ff. 3 0. und R. Herrwie, Die Actinien. Jen. Zeitschr. Bd. XIII. Taf. XXV, Fig. 1. Über Goelenteraten der Südsee. . 589 Theile des Genitalorganes, nur entbehrt dasselbe der Nesselwarzen. Das Epithel der dem Sinus zugekehrten Fläche hingegen erscheint eiwas niedriger (vergleiche die Figuren), jedoch keineswegs so platt, wie bei Pelagia. Die reifen Eier sind durch hohe cylindrische Zellen an der Oberfläche der Sinusseite angeheftet. Diese in kreisförmigen Gruppen von etwa 20 angeordneten Zellen unterscheiden sich von den benachbarten Zellen nur durch ihre größere Höhe. Sie sind ganz von Plasma erfüllt, tragen eine Cilie und enthalten am freien Ende einen Kern (Taf. XXXII, Fig. 75). Sie unterscheiden sich also von den mit einem Netz von Plasmafäden erfüllten und den Kern am centripetalen Ende enthaltenden »Palissadenzellen« (Gebr. Herr- wis, 1. c.) der Pelagia ziemlich bedeutend. Auch ist ihre Lage eine andere, indem dieselben bei Pelagia über die Oberfläche des Genital- bandes kronenartig vorragen, was bei CGyanea Annaskala nicht der Fall ist. Die reifen Eier selbst sind Kugeln von 0,05 mm Durchmesser. Aus der Darstellung der Gebr. Herrwıcg ! scheint hervorzugehen, dass die Eier von Pelagia weder einen Follikel noch eine Dotterhaut besitzen. Dem entgegen hat Craus? einen Follikel an den reifen Eiern der Chrysa- ora nachgewiesen. Ecker? fand an Eiern der Gephea und Harrıng ® an jenen von CGyanea capillata eine Doiterhaut, jedoch keinen Follikel. Die Dotterhaut soll nach Harrıng bei Cyanea capillata auch eine Radiär- streifung besitzen. Die Eier von Cyanea Annaskala haben keinen Follikel, besitzen je- doch eine Dotterhaut. Diese Dotterhaut (Taf. XXXII, Fig. 75) ist sehr dünn und entbehrt der Radiärstreifung. Sie scheint aus koncentrischen Schichten zusammengesetzt zu sein. Ich habe an reifen Eiern der hier sehr häufigen Crambessa mosaica jedoch, welche keinen Follikel, aber eine sehr dicke Dotterhaut besitzt, eine sehr starke und auffallende Ra- diärstreifung der Dotterhaut beobachtet, so dass ich annehmen muss, dass diese Verhältnisse in der Gruppe der Discomedusen großen Schwan- kungen unterworfen sind. Das Plasma der Eizelle ist grobkörnig. Der Kern liegt stets peri- pherisch an jener Stelle des Eies, welche den Palissadenzellen des 1 O0. und R. Herrwis, Die Actinien. Jen. Zeitschr, Bd. XIII. p. 608. Taf. XXVI, Fig. 3. 2 C. Craus, Quallen und Polypen der Adria. p. 5, 6. 3 EcKER, Über die Entwicklung einer Scheibenqualle (Cephea Wagneri). Bericht über die Verhandl. der naturforschenden Gesellschaft in Basel. VIII. 1849. p. 53. * P. Harrına, Notices zoologiques faites pendant un s&jour A Scheveningue. Niederländisches Archiv für Zoologie. Bd. VI. 594 R. v. Lendenfeld, Sinusepithels anliegt. Er ist ein kugelförmiges Bläschen von 0,017 mm Durchmesser. Sein Inhalt erscheint viel feinkörniger als das Plasma des Dotters. Er enthält einen Nucleolus, in dessen Innerem sich kleine, sehr stark lichtbrechende Körnchen, meist drei an der Zahl, finden. Ich habe einige Mal den Kern amöhoide Bewegungen machen sehen, dies scheint jedoch nur selten vorzukommen. Es erscheinen somit die Eizellen von Cyanea Annaskala den von Gebr. Herrwıc für Pelagia abgebildeten (l. c.) sehr ähnlich. Die reifen Eier liegen nie so dicht, dass sie sich berühren würden, sondern sind stets durch Gallertlagen von einander getrennt. Auch erreichen sie niemals die Magenseite des Genitalbandes. Die Gallerte des Ovarialbandes unterscheidet sich wesentlich von der Gallerte der übrigen Theile des Organs dadurch, dass sie zahlreiche Zellen enthält. Ich möchte diese Zellen jenen amöboiden Zellen ver- gleichen, welche Gebr. Hrrrwıs ! zwischen den Eizellen des Cerianthus entdeckt haben (Taf. XXXIH, Fig. 75 a, 71). Es sind sehr kleine Zellen, welche einen ovalen Kern und mehrere stark lichtbrechende braune Körnchen enthalten. Sie besitzen sehr lange fadenförmige Ausläufer. Diese Ausläufer sind so angeordnet, dass von dem einen Ende der langgezogenen Zelle ein einziger sehr langer, und von dem anderen Ende ein Büschel kürzerer Ausläufer abgehen. An Schnitten ist leicht zu erkennen, dass diese Zellen durch ihren langen Fortsatz mit dem Epithel der Magenseite des Genitalbandes verbunden sind und dass die Ausläufer des anderen Endes zu den Eizellen hin- ziehen und sich an dieselben anlegen. Die langen Fortsätze stehen stets senkrecht auf das Entodermepithel. Zu jedem Ei gehört eine Gruppe von solchen Colioblasten. Diese umspinnen mit ihren centripetalen Aus- läufern die Eihaut derart, dass dieselbe von einem dichten Netz feinster Fibrillen überzogen erscheint. Es ist wohl wahrscheinlich, dass diese Zellen an der Ernährung der Eier theilnehmen, um so mehr, weil sie nicht nur in Folge ihrer Lage hierzu besonders geeignet erscheinen, sondern weil sie auch stets jene braunen Körnchen führen, die die Entodermzellen dicht erfüllen. Wie oben erwähnt unterscheiden sich die Genitalorgane der Männ- chen makroskopisch nicht von denen der Weibchen. Auch im feineren Bau besteht der Unterschied ausschließlich darin, dass statt der Eier Säcke in der Gallerte des Genitalbandes liegen, welche aus einer ein- fachen Schicht platter Zellen bestehen (Taf. XXXIII, Fig. 76). Am proxi- malen Rande des Genitalbandes finden sich zapfenartige Wucherungen der Genitalsinusepithelzellen in die Gallerte des Genitalbandes hinein. 1 0. u. R. Herrwis, Die Actinien. Jen. Zeitschr. Bd. XII. Taf. XXIV, Fig. 13 il. a. 0. Über Goelenteraten der Südsee. 535 Weiter ab von der Ursprungsstelle des Bandes finden wir diese Zapfen von einigen Zellen an ihrem distalen Ende ausgefüllt. Durch lebhafte Theilung der im Inneren des Zapfens gelegenen Zellen entstehen über- aus kleine rundliche Elemente, welche den immer größer werdenden Zapfen schließlich nicht mehr ganz ausfüllen, sondern nur die innere Oberfläche des nun gebildeten Sackes auskleiden. Die Zellen, welche den Sack bilden, vermehren sich durch Theilung nur kurze Zeit, das weitere Wachsthum des Sackes wird dadurch bewirkt, dass sie sich immer mehr abplatten. Die Samenmutterzellen (Taf. XXXII, Fig. 72), welche einen mehr- schichtigen inneren Wandbeleg des Sackes bilden, wandeln sich allmäh- lich in Spermatozoiden (Taf. XXXII, Fig. 73) um. Die reifen Sperma- säcke haben eine eiförmige Gestalt (Taf. XXXII, Fig. 76). Die lange Achse steht senkrecht auf der Flächenausdehnung des Genitalbandes. Sie haben eine Länge von 0,075 mm und eine Breite von 0,05 mm. Sie sind also nur wenig größer als die Eizellen. Wir finden auch hier Palissaden- zellen an der Anheftungsstelle des Spermasackes. Der beschriebenen Entwicklung der Spermasäcke gemäß gehen die an der Begrenzung des Sinus theilnehmenden Palissadenzellen in die Zellen des Spermasackes über, so dass dieser an keiner Stelle mehrschichtig ist. Die Zellen des Sackes selbst sind sehr platte, plasmaerfüllte und kernhaltige Elemente, deren Zellgrenzen man gewöhnlich nur schwer erkennt. Wie im Ovarialband umspinnen auch hier die proximalen Ausläufer von Colloblasten, welche den oben beschriebenen vollkommen gleichen, die Genitalprodukte mit einem engmaschigen Netz feinster Fibrillen. Die Spermatozoiden bekleiden in einer kontinuirlichen einfachen Schicht die innere Wand der reifen Spermasäcke. Es sind verhältnismäßig große Gebilde (Taf. XXXII, Fig. 73), die aus einem einer Lanzenspitze ähn- lichen schmalen Kern und aus einem sehr langen Schwanze bestehen. Dadurch, dass sich die in mehreren Schichten gelagerten Samenmutter- zellen in radialer Richtung in die Länge ziehen, wird so viel Raum an der Sackwand frei gemacht, dass sie schließlich alle neben einander in eine kontinuirliche Schicht zu liegen kommen. Die Kerne der Sperma- tozoen liegen stets gegen die Oberfläche hin gewandt, die Schwänze centripetal, so dass der ganze Spermasack im optischen Querschnitt eine radiäre Streifung zeigt. Im intakten Spermasack schienen mir dieSamen- thierchen stets ruhig zu sein. Wenn derselbe jedoch durch den Deck- glasdruck eröffnet wurde, und Meerwasser eintrat, begann sofort eine lebhafte Bewegung der Schwänze. Selbst noch nicht ganz reife Sperma- tozoen, deren Kopf noch nicht die schöne, schmal lanzenspitzenähnliche Form zeigte, sondern dicker, plumper und kürzer war, fingen zu wim- 536 R. v. Lendenfeld, meln an. Reife Spermatozoen habe ich auch in dem Genitalsinus zweier Weibchen gefunden, kann jedoch nicht dafür einstehen, dass dies eine gewöhnliche Erscheinung ist. 5 Die Entwicklung der Genitalorgane, welche sich an Thieren von 410—40 mm Scheibendurchmesser studiren lässt, und welche einiges Licht über die so verwickelten Verhältnisse des ausgewachsenen Thieres verbreitet, werde ich im Folgenden besprechen. Craus! schildert die erste Anlage der Genitalorgane von Aurelia als einen »schmalen Streifen, welcher einer Verdickung der Entoderm- bekleidung entspricht und aus kleinen indifferenten Zellen in bandförmiger An- ordnung gebildet ist«. Sol- che erste Anlagen finden sich an Ephyren von 40 bis 12 mm Durchmesser. Unsere CGyanea zeigt als erste Anlage des Geni- talorganes eine bandför- mige Verdickung in dem Genitalradius. Dieses Band bildet einen nach außen konvexen, kurzen und nur schwach gekrümmten Bo- gen. : Die kleinsten Larven, welche ein solches Band besitzen, haben, wie bei Aurelia, einen Scheiben- durchmesser von 10 mm. Die bandförmige Genital- verdickung solcher 10 mm Larven zeigt einen schwach, bogenförmig gegen das Lu- men des Magens vorsprin- genden Querschnitt (Z). Es ist bemerkenswerth, dass die erste Anlage der Genitalorgane schon zu einer Zeit vorhanden ist, wo noch keine Spur einer Vorwölbung jenes Theiles der Subumbrella besteht, welcher schließlich den Genitalsack 1 GC. Craus, Quallen und Polypen der Adria. p. 24. Über Coelenteraten der Südsee. ° 537 bildet. Die Genitalverdickung, welche also in der Entwicklungsge- schichte der Cyanea Annaskala jenes Stadium der phylogenetischen Ent- wicklung derselben reproducirt, in welchem ihre Ahnen einfach band- förmige Verdickungen der Subumbrella als Genitalorgane besaßen, besteht aus einem verdickten Gallertstreifen mit einfachem, nicht ge- schichteten Epithel auf beiden Seiten. Nur am centrifugalen Rande des Streifens wuchern die Zellen (a) des Entoderms und wachsen in die Gallerte in centripetaler Richtung hinein. Es scheint also ein kleiner Unterschied im feineren Baue der Genitalanlagen von Aurelia und Cya- nea Annaskala zu bestehen, da bei der ersteren (Craus, 1. c.) der ganze Streifen aus wuchernden Entodermzellen besteht, während bei der letz- teren nur sein centrifugaler Rand von solchen eingenommen wird. Die wuchernden Entodermzellen weichen, nachdem sie zuerst den ganzen Streifenrand erfüllt hatten, bald aus einander, jedoch nicht über- all, so dass die entstehende Falte von queren Gallertfäden, welche mit Entodermzellen überzogen sind, durchsetzt erscheint. Diese Falte ver- tieft sich so rasch, dass es nur selten gelingt an Querschnitten durch Larven von 14—16 mm Durchmesser dieselbe im Status nascens aulzu- finden. Figur I] stammt von einer 15 mm Larve und stellt dieses Sta- dium dar. Schon 18 mm Larven zeigen diese in centripetaler Richtung sich vertiefende Falte mit den kurzen Querfäden bis an den inneren Rand des Verdickungsstreifens vorgeschoben (Ill). Dieses Stadium gleicht den von Gebr. Herrwıc! für die ausgebildete Pelagia beschriebenen Ver- hältnissen so sehr, dass man es mit Recht das Pelagiastadium nennen kann. In diesem Stadium beginnen sich auch schon die Anfangs nicht differenten Epithelstrecken an verschiedenen Stellen von einander zu unterscheiden. Besonders fällt das rasche Schwinden der Nesselwarzen, welche früher alle Entodermtheile, die an der Bildung der Genitalorgane Theil genommen hatten 2, erfüllten, im Genitalsinus sehr auf. An der Magenseite des flach der Subumbrella anliegenden Genitalbandes schwin- den die Nesselwarzen erst später, während sie an anderen Stellen, wie wir gesehen haben, auch beim geschlechtsreifen Thier erhalten bleiben. Wir finden am proximalen Rande des Genitalbandes bereits Wuche- rungen der Sinuszellen, welche, wie am ausgebildeten Thier, den ganzen proximalen Theil des Genitalbandes auszufüllen scheinen. Diese Wuche- rungen stellen in dem nächsten Stadium schon Eier oder Spermasäcke dar, so dass die Entwicklung der Genitalprodukte schon beginnt, ehe noch die Genitalorgane fertig sind. Zugleich fällt uns eine Bildung auf, 1 0. und R. Herrwis, Die Actinien. Jen. Zeitschr. Bd. XIII. p. 603 ff. 2 Vergleiche C. CrAaus, Quallen und Polypen der Adria. p. 5 u.a. O. 538 . R. v. Lendenfeld, deren erste Anlage wir jetzt schon bemerken, und welche durch ihre weitere Ausbildung die hohe Differenzirung der Genitalorgane unserer Cyanea bedingt. Es ist eine kleine Einfaltung des Entoderms zwischen der Ansatzlinie des Genitalbandes und der Zone der Filamente (III b). Diese, von gewöhnlichem Entoderm ausgekleidete Falte vertieft sich nun rasch und wächst in centrifugaler Richtung immer weiter, während die übrigen Theile unverändert bleiben. Die Abbildungen /V, V und V/ sind Larven von 20, 25 und 30 mm entnommen. Sie illustriren die Wirkung dieser Faltenbildung. Wäh- rend die Falte immer tiefer wird und schließlich (VT) die Ansatzlinie des Bandes erreicht, weichen ihre Flächen derart aus einander, dass endlich das ausgebildete Thier eine senkrecht auf die Genitalsackwand stehende, beiderseits von Entoderm bekleidete Platte besitzt, welche als Genitalträger fungirt. Medusen von 40 mm Durchmesser zeigen be- reits die volle Entwicklung ihrer Genitalorgane (VII), wie sie oben be- schrieben worden ist. Wir ersehen aus diesen durch die außerordentliche Fülle des Mate- rials mir möglich gemachten Beobachtungen, wie sich die einzelnen bandförmigen Theile bilden, welche die Genitalorgane der ausgebildeten Meduse zusammensetzen. Sowohl das äußere wie das innere Schutzband gehen aus Subum- brellapartien hervor, die in Folge der Abspaltung, welche die innere Falte bewirkt, von ihrer ursprünglichen Lage in der Wand des Genital- sackes in centripetaler Richtung entfernt wurden. Der Genitalträger ist die aufgehobene innere Hälfte jenes Theiles der Genitalsackwand, wel- cher bei Pelagia den Genitalsinus begrenzt, und die Fäden, welche das Band mit demselben verbinden, diejenigen Stellen, wo sich das Band von der Subumbrella nicht abgespaltet hat. Das Band selbst erscheint als der Verdickung, welche bei niederen Medusen das Genitalorgan ist, der Entstehung und Funktion nach homolog. Ich habe oben erwähnt, dass der freie Rand des Ovarialbandes bei CGyanea Annaskala eben so wie bei Pelagia steril erscheint. Diese sterile Zone nimmt nun bei zunehmendem Alter der Medusen an Breite zu. Ich fand dasselbe bei den größten, also wohl ältesten, Medusen zwei- bis dreimal so breit als bei solchen, welche ausgewachsen, jedoch nicht so alt, nämlich um wenige Millimeter kleiner waren. Im Gegensatz hierzu ist die Breite der fruchtbaren Zone des Ovarial- bandes stets konstant. Wenn wir diese Thatsachen damit vergleichen, dass wir stets vollkommen reife Eier am Rande der fruchtbaren Zone, dort wo sie in die sterile übergeht, finden, so erscheint die Annahme gerechtfertigt, dass die Eier fortwährend am centrifugalen Rande der Über Coelenteraten der Südsee. 539 fruchtbaren Zone frei werden, und dass die sterile Zone nichts weiter ist als jener Theil des Bandes, welcher seine Arbeit schon gethan hat, und wo die Lücken, welche die Eier zurückgelassen haben, durch Gal- lerte ausgefüllt wurde, wofür besonders die geringe Dicke des sterilen Theiles im Vergleiche zum fruchtbaren Theile spricht. Abgesehen von der am Querschnitt zu verfolgenden Entwicklung wächst das Band während der Zeit, in welcher die Larven die oben be- sprochenen Stadien durchlaufen, sehr bedeutend in die Länge und schlängelt sich in Folge dessen, da durch seitliche Theilung der Zellen, welche es zusammensetzen, das Genitalband so lang wird, dass der Raum für eine gerade Erstreckung desselben bald zu enge wird. Da es nun immer rascher sich verlängert, als die anderen Theile des Genital- sackes wachsen, kommt es auch in jenen Theil desselben zu liegen, welcher die größte Oberflächenentfaltung zeigt: ans distale Ende. Die Mundarme (Taf. XXVI, XXVIH und XXX]. Die makroskopischen Verhältnisse, welche bei der Betrachtung der reichgefalteten und prächtig purpurroth gefärbten Mundarme auffallen, zeigen, dass Cyanea Annaskala, was die Mundarme anbelangt, nicht wesentlich von der von L. Acassız ! beschriebenen Cyanea arctica ab- weicht. Der Knorpelring am Munde hat nicht jenen kreisförmigen Quer- schnitt, wie ihn andere Gyaniden besitzen, und erscheint überhaupt nicht scharf abgesetzt, sondern nur als eine nach innen vorragende Ver- dickung des Basaltheils der Mundarme (Taf. XXVII, Fig. 3). Der Mund selbst (Taf. XX VIII, Fig. 2) hat eine ausgesprochen kreuzförmige Gestalt. Seine vier Zipfel erscheinen stark ausgezogen. Querschnitte durch die Mittelrippe (Taf. XXXI, Fig. 65) zeigen, dass dieselbe in der Nähe ihres centripetalen Endes eine tiefe Rinne (7) enthält und stark nach außen vorspringt. Weiter gegen das Ende hin jedoch (ZI, III) wird sie flach und niedrig, bis sie sich in der Nähe des Mundarmrandes gänzlich ausflacht. Im feineren Bau gleichen die Mundarme den Tentakeln außerordent- lich. Sie bestehen aus dem Ektoderm, welches sich oben direkt in das Ektoderm der Subumbrella fortsetzt, der Stützlamelle und dem Entoderm. Von besonderer theoretischer Wichtigkeit erscheint der feinere Bau des Randes der vielgefalteten Platten, welche die Mundarme bilden, und ich werde diesen daher später gesondert besprechen und meine Schilde- rung vorläufig auf die übrigen Theile der Mundarmplatten beschränken. Die ganze äußere Oberfläche ist von Nesselwarzen besetzt. Diese 1 L. Acassız, Acalephae. Contrib. Bd. IV. 940 R. v. Lendenfeld, haben eine rundliche Gestalt und stehen um so dichter, je mehr wir uns dem Rande der Mundarme nähern. Sie enthalten, mit Ausnahme der dem Rande zunächst liegenden, beiderlei Arten der ektodermalen Nessel- zellen. Die centrifugalsten Warzen jedoch enthalten ausschließlich die kleinere Form. Überall finden wir Stütz-, Nessel- und Sinneszellen in der ober- flächlichen, Ganglienzellen und Nesselmutterzellen in der subepithelia- len Schicht. Alle Nesselwarzen stehen auf zapfenförmigen, nach außen vorragenden Verdickungen der Stützlamelle (Taf. XXXI, Fig. 61), welche an ihrem centrifugalen Ende die:Abdrücke der Zellen der sub- epithelialen Schicht der Warzen, seichte Gruben, enthalten. Die feineren Bauverhältnisse stimmen so vollkommen mit den von den Tentakeln be- schriebenen überein, dass ich auf die oben gegebene Darstellung ver- weisen kann. Auch jene Nesselwarzen, welche dem Rande zunächst liegen, und nur die kleinere Nesselkapselart enthalten, gleichen den Warzen der Tentakel mit Ausnahme des Mangels der großen Nessel- kapseln durchaus. Ich habe jedoch die Vorstellung gewonnen, dass in diesen Warzen verhältnismäßig mehr Sinneszellen vorkommen wie an den mehr centripetal gelegenen. Das Ektoderm, welches die flachen Räume zwischen den erhabenen Nesselwarzen auskleidet, besteht aus denselben wimpernden Deckzellen, welche ich von dem Kranzmuskel beschrieben habe und einer subepi- thelialen Muskelschicht. Die Deckzellen erscheinen jedoch hier platter wie am Kranzmuskel und an den Tentakelmuskeln; sie enthalten nur in ihrem oberflächlichen Theile Protoplasma. Auf der subepithelialen Muskelschicht habe ich keine Ganglienzellen auffinden können, welche eben so an den Tentakelmuskeln vermisst wurden. Vielleicht ist den in den Nesselwarzen enthaltenen Ganglienzellen eine motorische Wirkung zuzuschreiben. Es scheint, dass an allen Muskelflächen, in deren Nähe sich keine ganglienhaltigen Nesselwarzen befinden, ein Plexus von Gan- glienzellen nachweisbar ist, dass aber speciell dem Muskel angehörende Ganglienzellen fehlen, wo solche Nesselwarzen vorkommen. Die subepitheliale Muskelschicht besteht aus quergestreiften Elemen- ten, welche sich von den Muskelzellen des Kranzmuskels nicht unter- scheiden. Sie treten zu Bändern zusammen, die in allen Richtungen die äußere Fläche der Stützlamelle der Mundarme überziehen. Eine Regel- mäßigkeit in der Vertheilung dieser Muskelbänder habe ich nicht auf- finden können. An Schnitten trifft man stets der Quere und der Länge nach durchschnittene Muskelbänder an (Taf. XXXII, Fig. 62 u). Die Stützlamelle erscheint als eine dünne, der zelligen und fibrillä- ren Einlagerungen entbehrende Platte, welche außen Höcker trägt, auf Über Coelenteraten der Südsee. 541 welchen die ektodermalen Nesselwarzen sitzen (Taf. XXXII, Fig. 61). Diejenigen Theile der äußeren Oberfläche der Stützlamelle, welche zwischen den warzentragenden Zapfen liegen, erscheinen schwach ver- tieft. Die innere entodermale Seite ist durchaus glatt. Sie enthält nur seichte Gruben und schwache Vorwölbungen, welche den Höckern und Vertiefungen der ektodermalen Seite derart entsprechen, dass einem je- den Höcker gegenüber eine Einziehung der Oberfläche liegt. Ob bei der Bewegung der Mundarmfahnen, eben so wie an anderen Theilen der Meduse den in einer Art wirkenden Muskeln die Elastieität der Stützlamelle entgegenwirkt, oder ob für jede Bewegungsart eigene Muskelbänder bestehen, lässt sich nicht mit Sicherheit angeben. Es er- scheint jedoch wahrscheinlich, dass das Letztere der Fall ist, da eben in jeder Richtung hin verlaufende Muskelbänder in den Mundarmfahnen vorkommen. Die entodermale Auskleidung der Mundarme unterscheidet sich wesentlich von der Bekleidung des Gastrovascularraumes nur dadurch, dass sich im Entoderm der Mundarme neben jenen Elementen, welche wir oben besprochen haben, auch Cnidoblasten finden, welche die Entoderm- zellen durchbohren. Es liegen hier also ähnliche Verhältnisse vor wie an den Genitalorganen. Die Nesselzellen stehen jedoch hier nie in Gruppen vereint, sondern unregelmäßig über die ganze Entodermfläche zerstreut. Die Nesselkapseln stimmen mit den Kapseln der Genitalorgane überein. Ich habe öfters, sowohl hier wie auch besonders unter den Nessel- kapseln der Genitalorgane einzelne gefunden, welche seitlich oder unten einen tiefen halbkugelförmigen Eindruck zeigten. Dieser Eindruck fand sich gewöhnlich nur an solchen Kapseln, die sich schon entladen hatten. Über die Bedeutung und Ursache dieser Eigenthümlichkeit habe ich keine entsprechende Vorstellung gewonnen. Die wimpertragenden Zellen besitzen ein grobkörniges, besonders an der Oberfläche, wo auch der Kern liegt, sehr undurchsichtiges Plasma. Das Pigment scheint auf die Entodermzellen beschränkt zu sein. Es wird von intensiv roth gefärb- ten Körnchen, welche in den Entodermzellen liegen, gebildet. Zuweilen glaube ich auch in den Ektodermzellen dieses Theiles der Mundarme Pigmentkörnchen gesehen zu haben. Rothe Pigmentkörnchen finden sich gegen den Rand zu auch in der Stützlamelle, und es ist dies der Grund, warum ausgebreitete Mundarnmie bei durchfallendem Licht hellroth und von einer breiten dunkelrothen Randzone eingesäumt erscheinen. Der Rand der Mundarmfahnen ist außerordentlich lang und es sind -desshalb die Mundarme in so dichte Falten gelegt. Man erkennt an Quer- schnitten leicht, dass der ganze Rand von einem Wulste gebildet wird, 542 R. v. Lendenfeld, der sich an Flächenbildern ganz erfüllt von Nesselkapseln zeigt. Quer- schnitte durch diesen verdickten Randtheil (Taf. XXXII, Fig. 62) geben über den feineren Bau des Wulstes Aufschluss. Der Wulst ragt nach innen mehr vor wie nach außen und besteht, wie wir sehen werden, ausschließlich aus der Stützlamelle und aus Ektoderm. Das Ektoderm geht nicht an der distalen Kante in das Entoderm der Mundarme über, sondern greift auf die innere Seite der Mundarme hinüber und bedeckt das centrifugale Ende des Entoderms, welches sich unter dem Ektodermwulste auskeilt. Der Randtheil der Stützlamelle erscheint auf der Außenseite kon- vex und glatter, auf der Innenseite dagegen mehr eben und voll von dichtstehenden Grübchen (Taf. XXX, Fig. 62), welche die Abdrücke der ektodermalen Zellen der Subepithelschicht sind. Auch dieser Theil der Stützlamelle entbehrt der Zellen und Fibrillen, er enthält jedoch stets rothe Pigmentkörnchen, welche besonders gegen den distalen Rand hin außerordentlich dicht stehen (Taf. XXXII, Fig. 62). Der ganze Rand- wulst hat den nämlichen Bau wie die ihm zunächst stehenden Nessel- warzen, er ist nichts Anderes als eine riesige in die Länge gezogene Nesselwarze. Die oberflächliche Schicht enthält Stützzellen, Nesselzellen mit ausschließlich kleinen Kapseln und verhältnismäßig sehr zahlreiche Sinneszellen. In der aus mehreren Schichten bestehenden mächtigen subepithelialen Lage finden wir zu oberst sehr zahlreiche Ganglienzellen, welche einen förmlichen Plexus bilden und unter und zwischen diesen Nesselersatzzellen, welche junge Nesselkapseln, ausschließlich der kleineren Art in allen Stadien der Ausbildung enthalten. In den tiefsten, der Stützlamelle zunächst liegenden Zellen, welche auf der inneren Seite der Stützlamelle eine dicke Lage bilden, finden sich zwar noch keine Anlagen von Nesselkapseln, ich zweifle aber nicht, dass auch diese Zellen nichts Anderes als Nesselersatzzellen sind. Diese letzteren polyedrisch abgeplatteten Zellen erinnern einigermaßen an die oben aus der Tentakelfurche beschriebenen Elemente, obwohl ihnen eine andere Funktion zukommen dürfte wie jenen. Die einzelnen Elemente stimmen vollkommen mit den von den Ten- takelwarzen beschriebenen Zellen überein. Wie oben erwähnt, deckt dieser ektodermale Randwulst das sich darunter auskeilende Ende des Entoderms derart zu, dass, wenn irgend welche tentakelartigen Anhänge aus demselben vorragen würden, dieselben von Ektoderm bekleidet sein würden. Es erscheint somit nicht unwahrscheinlich, dass die über den Mundarmrand hinaus ragenden fingerförmigen Fortsätze der Aureli- den und anderer Semostomen ebenfalls von Ektoderm überkleidet seien. Diese Ansicht steht im Einklange mit den Angaben von Über Ooelenteraten der Südsee. 5453 Cıaus! und Hamann 2, welche die Digitellen der Rhizostomen und daher wohl auch die analogen Bildungen der Semostomen, die »Mundfäden «, als Tentakelchen betrachten, welche von Ektoderm überkleidet wer- den. Diese Deutung des Epithels der Digitellen habe ich auch in meiner vorläufigen Mittheilung über Pseudorhiza ® durch einige Angaben zu stützen versucht. Ich glaube, dass besonders die oben beschriebene ausschließlich ektodermale Bekleidung der Armränder der Cyanea Anna- skala dafür spricht, dass auch die aus den Mundarmrändern hervorge- gangenen Mundfäden und Digitellen der Semostomen und Rhizostomen, so wie die Digitellen meiner dazwischen stehenden Pseudorhiza (l.c.) von Ektoderm bekleidet seien. Die embryonale Entwicklung der Mundarme geht auf die von ‚ HaıeckeL angegebene Weise durch mächtiges Wachsthum der Ränder der Buccalplatten vor sich. Schon früh erscheinen die Mundarme an Thieren, bei denen die Genitaltaschen noch kaum vorgewölbt sind, stark gekräuselt. Die histologische Untersuchung des Mundarmrandes ergab nur an den jüngsten mir zugekommenen Ephyren von 5—8 mm Durchmesser, welche noch ein ziemlich einfaches Mundrohr besitzen, bemerkenswerthe Abweichungen von dem Bau des Mundarmrandes der ausgebildeten Thiere. Es fand sich nämlich, dass bei diesen das Entoderm bis an den Rand reichte. Eine Verdickung des Randes selbst, die erste Anlage des Randwulstes, tritt erst später auf. Es hält das Übergreifen des Ekto- derms über das Entoderm gleichen Schritt mit der Umwandlung des Mundrohres der Ephyra in die vielfaltigen Fahnen der ausgebildeten Semostome. Schlussbemerkung. Wenn wir die obigen histologischen Beobachtungen überblicken, so finden wir, dass an dem Aufbau unserer Cyanea nur wenige Zellenarten Theil nehmen. Außer der großen Übereinstimmung, welche verschiedene Strecken des Ektoderms in dieser Beziehung zeigen, fällt es besonders auf, dass der ganze Gastrovascularraum überall mit den nämlichen Ento- dermzellen, den Drüsen- und Geißelzellen in gleicher Vertheilung aus- ‚gekleidet ist. Besonders schien mir die Thatsache wichtig, dass die 1 C. Craus, Über einige bislang noch unbekannte Larvenstadien der Rhizosto- men. Zoologischer Anzeiger Nr. 76. 1881. 2 O. Hamann, Die Mundarme d. Rhizostomen etc. Jen. Zeitschr. Bd. XV. p. 268. ‚3 R. v. LENDENFELD, Über eine Übergangsform zwischen Semostomen und Rhizostomen. Zoologischer Anzeiger Nr. 116. 1882. * E. HAECEkEL, System der Medusen. p. 463. 544 R. v. Lendenfeld, ektodermalen Sinneszellen, welche auf den verschiedensten Körpertheilen vorkommen, und auch an verschiedenen Orten verschiedene Reize zu percipiren haben, alle unter einander den gleichen Bau haben. Es ist wohl anzunehmen, dass einige derselben auf chemische Reize reagiren, während andere wieder unzweifelhaft als Hörorgane fungiren und Schallwellen in Nervenerregung umzusetzen haben, und noch an- dere endlich den Tastsinn vermitteln. Freilich scheint die Form der schmalen Cylinderzelle mit der langen Wimper für diese drei Funktionen geeignet. Größere Unterschiede treffen wir bei der Vergleichung ver- schiedener Ganglienzellen an. Es gestattet uns jedoch die mangelhafte Kenntnis, welche wir über diese Gebilde haben, nicht, aus der Struktur auf die Funktion derselben zu schließen. Eine noch größere Abwechs- lung bieten die Muskelzellen, da wir außer den wenigen, exumbralen, palingenetischen Epithelmuskelzellen quergestreifte subepitheliale und glatte intraepitheliale Muskelzellen gefunden haben. Die größten Differenzen endlich zeigen die verschiedenen als Stütz- und Deckzellen beschriebenen Gebilde, welche wimpernd oder cilienlos, platt oder cylindrisch, regelmäßig oder unregelmäßig gestaltet sein können, und auch ihrem Plasmagehalt nach stark variiren. Die Nessel- zellen liegen im Ektoderm zwischen, im Entoderm in anderen Epithel- zellen, und wir konnten zwei ektodermale und eine dritte entodermale Form der Nesselkapseln unterscheiden. Drüsenzellen scheint es im Ektoderm und Entoderm nur je eine Art zu geben. Die Gallerte enthält Fibrillen von zweierlei Art und es kommen in derselben auch zwei Arten von Colloblasten vor. In ihr scheinen ner- vöse Elemente entweder zu fehlen, oder doch nur eine sehr unterge- ordnete Rolle zu spielen. Die Nervenfasern mit anliegendem Kern zeigen stellenweise Anklänge an Ganglienzellen und scheinen bei ausgebildeten Thieren fast ganz auf die Grenzfläche zwischen Oberflächenepithel und Subepithel oder zwischen Epithel und Gallerte beschränkt zu sein. Die entodermalen Wimperzellen, welche in allen Theilen des Magens, der Gefäße und der Innenseite der Mundarme gleich gebaut sind, differen- ziren sich an den Genitalorganen zu platten, so wie zu hoch cylindri- schen Elementen, aus ihnen gehen auch die Genitalprodukte hervor. Ich bin der großen Lückenhaftigkeit dieser Arbeit wohl bewusst und muss besonders bedauern, über die erste Entwicklung der Gyanea Annaskala keine Mittheilungen machen zu können. Auch die Litteratur habe ich nicht in entsprechender Weise zusammenstellen können. Der, in wissenschaftlicher Beziehung der Tendenz des »christlichen Mittel- alters« gleichzusetzende Standpunkt der hiesigen Bevölkerung, so wie Über Goelenteraten der Südsee. 545 die zum größten Theil aus Kirchenvätern bestehenden hiesigen Biblio- theken, in welchen, trotz ihrer großartigen Zahl von Werken, abgesehen von den Zeitschriften, auch Lehr- und Handbücher vollkommen fehlen, mögen mich entschuldigen, wenn ich auf meine eigene, von Europa mit- gebrachte Bibliothek und auf meine eigenen Instrumente angewiesen, eine der außerordentlichen Fülle des Materials nicht entsprechend voll- kommene Darstellung habe bieten können. Sollten jedoch trotz der Hindernisse, die ein rubiges und durch die nöthigen Hilfsmittel gehörig unterstütztes Arbeiten unmöglich mach- ten, meine Beobachtungen dennoch irgend welchen Werih beanspruchen können, so verdanke ich dies meinem theuren und unvergesslichen Lehrer, Professor F. E. Scuuzze, und ich schätze mich glücklich, eine Gelegenheit zu finden, meinen tiefgefühlten Dank aussprechen zu können. North Brighton bei Melbourne, Mai 1882. Nachschrift. Da mir Scrärer’s ! Arbeit über das Nervensystem von Aurelia und der allgemeine Theil des Harckzr’schen ? Medusenwerkes erst nach Abschluss und Absendung meiner Arbeit zugekommen sind, so muss ich mich leider darauf beschränken, die Resultate Scnärer’s und Hazcker’s mit den meinigen in einer Nachschrift zu vergleichen. : Das Nervensystem von Gyanea Annaskala stimmt mit dem von Au- relia zwar nahe überein, es ergeben sich aber dennoch einige Unter- schiede von principieller Bedeutung. Eben so wie ich hat Scrärer 3 die Nervenfasern der Medusen mit den Remacr’schen Fasern der Wirbel- thiere verglichen. Er beschreibt Anschwellungen mit oder ohne Kern, gerade so, wie sie bei CGyanea Annaskala, sowohl im subumbralen Nervenplexus wie auch unter den Sinnesepithelien vorkommen. Eine Längsstreifung der Fasern jedoch konnte ich mit den mir zu Gebote stehenden Linsen (Zzıss, L) nicht erkennen, eben so wenig habe ich eine Nervenscheide gesehen. Allerdings ergeben sich nach Reagentienein- wirkung Räume zwischen den Fasern und der Umgebung, ich halte diese aber nicht für Bilder des optischen Durchschnittes der Scheide, sondern 1 E. A. ScHÄFER, On the nervous system of Aurelia aurita. Philosophical Trans- actions of the Royal society of London. II. 1878. 2 E. Hacckeı, Medusen. II. Theil. 3 E. A. ScHÄFER, ]. c. p. 564. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XXXVII. Bd. 546 R. v. Lendenfeld, für leere Räume, welche durch die Schrumpfung der Nervenfaser selbst entstanden sind. Obwohl Scuärer ! die Möglichkeit einer solchen Ent- stehung der Zwischenräume anerkennt, hält er es doch für wahrschein- licher, dass die Nerven Scheiden besitzen. Wenn man Alkohol absolu- tus unter dem Deckglase einwirken lässt, so trübt sich zwar das epitheliale Gewebe stark, es gelingt aber doch zuweilen eine Nervenfaser, während der Einwirkung im Auge zu behalten, und man erkennt dann _ deutlich, wie der Nerv allmählich an Dicke abnimmt und allmählich die Zwischenräume sich bilden. Ich halte diese Erscheinung für beweisend, dass die Nervenfasern von Cyanea Anna- skala keine Scheiden besitzen, und die Zwischenräume lediglich durch Schrumpfung entstehen. Was die Anordnung der Fasern betriffi, so hat Scnärer das Aus- strahlen der Nerven von dem Sinnesepithel an der Basis des Rand- körpers an Aurelia nicht beobachtet. Er sagt?: »Although a certain number of nerve fibres may generally be traced converging towards each of these structures... .« (Sinnesepithel centripetal vom Randkörper). Diese Fasern sind jedoch nicht mit meinen identisch, da er nur einfache Fäden, wie an anderen Stellen der Subumbrella, damit meint3, und nicht dicke, von vielen parallelen Fäden gebildete Fasern, die mit mächtigem Stamme aus dem Sinnesepithel beim Randkörper entspringen, und sich centripetal unter Anastomosenbildung verästeln, von Aurelia beschreibt. Er hebt im Gegentheil hervor, dass die Nerven in der Nähe der Rand- körper von Aurelia aus besonders feinen Fibrillen bestehen. Von principieller Bedeutung ist die Angabe Scnärer’s5, dass die Nerven der Subumbrella von Aurelia keine Anastomosen eingehen, und dass somit der Reiz von der einen Faser auf die andere nur an den Be- rührungsstellen der Fasern durch »Induktion« übertragen wird. Ich habe in Folge hiervon den Nervenplexus der Subumbrella von Gyanea Anna- skala einer erneuerten Untersuchung unterzogen, und finde, dass hier, wie ich oben genau ausgeführt habe, Verzweigungen und Anastomosen der einfachen Fibrillen vorkommen. Im Zusammenhang hiermit steht der Unterschied zwischen den subepithelialen Ganglienzellen der Aurelia und der Cyanea Annaskala, indem bei der ersteren ausschließlich bipolare®, bei der letzteren aber überwiegend multipolare Ganglienzellen über dem Ringmuskel vorkommen. A. SCHÄFER, l.c. p. 564—565. A. SCHÄFER, 1. c. p. 565. A. ScHÄFER, 1. c. Taf. 50, Fig. 4. A. ScHÄFER, |. c. p. 565. . A. SCHÄFER, |. c. p. 566. 6 E. A. Scuärer, I. c. Taf. 50 u.a. O. (>, (as) Seelet EEE SEEN BHkmmk Über Ooelenteraten der Südsee. 547 Die größere Zahl der Sinneszellen in der Umgebung des Rand- körpers besitzt bei Aurelia! sehr lange Geißeln und stimmt somit mit den von mir oben beschriebenen Sinneszellen der Gyanea Annaskala überein. Scuärer giebt an?, dass die Entodermzellen am Ende des Rand- körpers der Aurelia von ihrer Basis (der der Stützlamelle zugekehrten Seite) Fibrillen entsenden, welche zum Theil die dünne Stützlamelle durchbrechen. Ähnliche Verhältnisse konnte ich bei Cyanea nicht kon- statiren, gestehe aber, dass diese Verhältnisse an unserer Cyanea nur schwer erkennbar sind. An Macerationspräparaten, an welchen die Stützlamelle des Randkörperendes sowohl ihres Entoderms, wie auch ihres Ektoderms beraubt worden war, konnte ich nie ein Sieb nach- weisen, was doch an einer solchen Flächenansicht sich zeigen müsste, wenn wirklich Durchbohrungen von Seite feiner Nervenfibrillen vor- handen wären. Es würde wohl zu weit führen, wenn ich auf alle wichtigen Punkte der neuesten Publikation Harceker'’s eingehen würde, ich beschränke mich darauf, zwei derselben zu besprechen. HaEckEL giebt an, dass die Gefäßplatte ursprünglich stets aus zwei Zellschichten zusammengesetzt ist3 (in Übereinstimmung mit Craus®) und bildet einen Schnitt von Periphema regina ab, in welchem nicht allein die doppelte Gefäßplatte noch erhalten, sondern auch die Differenz des dorsalen und ventralen Entoderms noch deutlich ist. Das Entoderm ist nach HaAEckEL 6 auf beiden Seiten des Magens der Medusen verschieden und zwar besteht überall das dorsale Entoderm aus platteren, das ventrale aus mehr cylindrischen Zellen. Einen solchen Unterschied konnte ich bei CGyanea Annaskala nicht nachweisen, er ist hier jedenfalls, wenn vorhan- den, doch sehr unbedeutend. Jedenfalls sind aber die Zellen der von mir beobachteten doppelten Gefähplatten alle einander gleich, jedoch von den benachbarten Entodermzellen, welche die Gefäße auskleiden, ganz verschieden. Harcker’s Abbildung zeigt jedoch, dass in der von ihm beobachteten doppelten Gefäßplatte die Zellen mit den die gastralen Hohlräume auskleidenden Entodermzellen übereinstimmen. Das von HaeckeL beobachtete und abgebildete (l. c.) Stadium entspricht somit 1 E. A. ScHÄFER, 1. c. p. 568 u.a. O. 2 E. A. ScaÄrer, l.c. p. 569—570. 3 HAEcKEL, 1. c. p. 477. * G. Craus, Quallen und Polypen der Adria. Vergleiche oben. 5 E. HAEckEL, Il. c. Taf. XXV, Fig. 10. 6 E, HAEcKEL, |. c. p. 944—A45, an 548 | R. v. Lendenfeld, einer früheren Entwicklungsstufe der Gefäßplatte, als das von mir ab- gebildete. Harcrer bestätigt nun! die Angaben von Craus? über die ektoder- male Natur der Digitellen der Rhizostomen und stimmt somit auch mit meinen Resultaten überein. North Brighton, Juli 1882. Erklärung der Abbildungen. Alle Figuren beziehen sich auf Cyanea Annaskala. In allen Figuren gleichbedeutende Bezeichnungen. b, runde Bindegewebskörperchen; B, Sinnespolster an der Basis des Randkörpers; Ce, Cnidocil ; d, Drüsenzellen des Entoderms; d’, Drüsenzellen des Ektoderms; ec, ektodermales Pflasterepithel; ec’, ektodermales Cylinderepithel ; en, entodermales Cylinderepithel ; f, glatte Fibrillen; g, Ganglienzellen ; g', ganglienzellenartige Anschwellungen der Nerven (Kerne), G, Genitalorgane ; GB, Genitalband; GL, Gefäßlamelle ; K, Zeilkerne; I, körnige Fibrillen ; m, eirkulare, quergestreifte Muskeln (Kranzmuskel); m’, radiale, quergestreifte Muskeln (Lappenmuskel); mk, Muskelkörperchen; M, Mund; MA, Mundarme; n, Nerven; N, große Nesselkapseln ; N’, kleine Nesselkapseln; Ot, Otolithenhaufen ; R, Randkörper; RF, Riechfalten ; s, Sternchen der Nesselzellen ; > S, Sinneszellen; 1 E. HAEcKEL, ]. c. p. 182. 2 C. Cravs, Über Rhizostoma etc. Zoologischer Anzeiger. Vergleiche oben. Über Goelenteraten der Südsee, 549 Se, subepitheliale Zellen; St, Stützlamelle; T, Ursprungsstellen der Tentakel; VS, Verwachsungsstreifen. Tafel XXVII. Fig. 4. Ein geschlechtsreifes Weibchen, nach dem Leben gemalt, in natür- licher Größe. Tafel XXVIII. Fig. 2. Magen und Gefäße des erwachsenen Thieres in natürlicher Größe. L, Rinnen in der Unterseite der Exumbrella ; CM, Centralmagen; K, Stufe der Magendecke, wo die geräumigen tiefen Magentaschen plötz- lich in die engen peripheren Gastrovasculartaschen übergehen. Fig. 3. Querschnitt durch die erwachsene Meduse in natürlicher Größe. Bezeichnungen wie in Fig. 2. Fig. 4. Ansicht der Umbrella von oben in natürlicher Größe. W, auf Stielen stehende, vorstülpbare Nesselwarzen. Fig. 5a. Larve von 5 mm Durchmesser. 30:4. Fig. 5b. Larve von 9 mm Durchmesser. 35:4, D, Deckplatte. Fig. 5c. Jugendform im Desmonemastadium von 43 mm Durchmesser. 30:4. Fig. 6. Erwachsene Meduse. 3:4. Tafel XXIX. Fig. 7. Querschnitt durch die Exumbrella. 600:4. Fig. 8. Retraktiler Nesselwulst aus der Mitte der Exumbrella von oben ge- sehen. 200:4. Fig. 9. Getüpfelte Cuticula des Plattenepithels der Exumbrella. 600:4,. Fig. 10. Querschnitt durch ektodermales Plattenepithel aus der Mitte der Exum- brella. 4000:4A. Fig. 44, Querschnitt durch ektodermales Cylinderepithel aus der Nähe der Riechfalten. 800:4. Fig. 42. Ansicht der Schirmgallerte, nach Entfernung des Epithels, an der Außenfläche der Exumbrella von der Fläche. 300 :1. Fig. 13. Runde Bindegewebskörperchen (b) aus der Schirmgallerte. 2000:4. Fig. 14. Glatte Fibrillen (f) aus der Schirmgallerte. 2000 :4. Fig. 15. Körnige Fibrillen (l) aus der Schirmgallerte. 1500 :4. Fig. 16. Nesselzelle aus einer retraktilen Nesselwarze der Exumbrella in Zu- sammenhang mit einer Ganglienzelle. 800:4, Fig. 17. Isolirte Stützzellen aus einer retraktilen Nesselwarze der Exumbrella. 1000:4. Fig. 48. Sinneszellen aus einer Nesselwarze der Exumbrella. 4000:4. Fig. 19. Epithelmuskelzelle von dem Stiele einer retraktilen Nesselwarze der Exumbrella. 4000:4. Fig. 20. Glatte Muskeln von dem Stiele einer retraktilen Nesselwarze der Exum- brella. 800:4. 550 R. v. Lendenfeld, Fig. 24. Stiellose Nesselwarze der Exumbrella. Flächenansicht. 600:4, Fig. 22. Längsschnitt durch eine retraktile Nesselwarze der Exumbrella. 300:4. «#, glatte Muskelfasern. Fig. 23. Querschnitt durch eine stiellose Nesselwarze der Exumbrella. 500:4. Fig. 24. Längsschnitt durch den Gallertzapfen einer retraktilen Nesselwarze nach Entfernung des Epithels. 300 :4. Fig. 25. Querschnitt durch die Ansatzfläche einer stiellosen Nesselwarze der Exumbrella. 300:4. Fig. 26. Ganglienzelle aus der subepithelialen Schicht einer Nesselwarze der Exumbrella. 600:4. Fig. 27. Krystallinische Sternchen (s) von der Basis der Cnidocils. 2000 :4. Fig. 28. Nesselkapsel aus einer Nesselwarze der Exumbrella mit ausgestülptem Nesselfaden. 800: 4 Fig. 29. Stück desselben Nesselfadens in der Nähe der Basis. 2000 ;A. Tafel XXX. Fig. 30. Querschnitt durch ein Gefäß und die Gefäßplatte aus einem centrifu- galen Theile der Gefäßzone. 500:4. Fig. 34. Flächenansicht eines Gefäßes und der Gefäßlamelle aus dem centrifu- galen Theile der Gefäßzone. 500:4. Fig. 32. Querschnitt durch ein Gefäß und die Gefäßlamelle aus einem centripe- talen Theile der Gefäßzone. 500 :1. Fig. 33. Entodermzellen aus dem Epithel des Centralmagens. 2000:4. Fig. 34. Drüsenzelle aus dem Epithel des CGentralmagens. 2000:4. Fig. 35. Subumbrella von unten gesehen. 3:4. Fig. 36. Flächenansicht eines Stückes des Kranzmuskels. 20:4. &, radiale Rinnen der Subumbrella. Fig. 37. Schnitt durch den Kranzmuskel parallel az Muskelfaserverlaufe. 600:4,. g, querdurchschnittene Entodermfalten des Magenbodens. Fig. 38. Schnitt durch den Kranzmuskel senkrecht zu der Verlaufsrichtung der Muskelfasern. 600:4, Fig. 39. Flächenansicht eines Stückes des Kranzmuskels nach Entfernung des Epithels. 4000:4. Fig. 40. Flächenansicht des den Kranzmuskel deckenden Epithels. 800.:4. Fig. 44. Isolirte Ganglienzelle des Kranzmuskels. 4500:4. Fig. 42. Isolirte Sinneszelle von dem Epithel des Kranzmuskels. 4000:4. Fig, 43. Stütz- und Sinnesepithelzellen des Kranzmuskels. 1000:4. Fig. 44. Isolirte Muskelfibrillen des Kranzmuskels. Ansicht von der Seite. 4500 :4, Fig. 45. Isolirte Muskelfibrille des Kranzmuskels von oben. 4500 ::4. Tafel XXXI, Fig. 46. Querschnitt durch das Ektoderm des Randkörpers. 4000:4. Fig. 47. Längsschnitt durch den Randkörper senkrecht auf die Symmetralebene desselben. 00:4. Fig. 48. Der Stützlamelle des Randkörpers außen anliegende Ganglienzellen nach Abpinselung des Epithels. 800:%, Fig. 49. Otolithen. 4500:4, Über Coelenteraten der Südsee. 551 Fig. 50. Ansicht des Randkörpers der erwachsenen Meduse von unten. 60:4. Fig. 51. Querschnitt durch die Subumbrella, centripetal vom Randkörper der erwachsenen Meduse (Fig. 58). 500:4. Fig. 52. Querschnitt durch die Subumbrella, centripetal vom Randkörper einer 44 mm im Durchmesser haltenden jungen Meduse (Fig. 57). 500:4. Fig. 53. Flächenansicht des Randkörpers und seiner Umgebung einer 14 mm im Durchmesser haltenden jungen Meduse von unten. st, blasige Stützzellen am Randkörperstiel. 200:4. Fig. 54, Längsschnitt durch einen der Wülste des Sinnespolsters an der Basis des Randkörpers. 400:1. Fig. 55. Stück eines solchen Längsschnittes (Fig. 54). 4000:1. Fig. 56. Ganglienzelle aus der subepithelialen Schicht des Randkörpers. a, körniger Theil; b, faseriger Theil. 2000 :4. Fig. 57. Flächenansicht der Subumbrella, centripetal vom Randkörper einer 44 mm im Durchmesser haltenden jungen Meduse. 500:4. Fig. 58. Flächenansicht der Subumbrella, centripetal vom Randkörper einer erwachsenen Meduse. 500:1. Tafel XXXII. Fig. 59. Querschnitt durch den Randkörper nach der Linie B der Fig. 66. E, Endtheil des Sinnespolsters, von welchem der Randkörper entspringt. 100:4. Fig. 60. Querschnitt durch den Randkörper nach der Linie A der Fig, 66. u, Sinnesepithelpolster an der Innenseite der Ephyralappen; v, Sinnesepithelpolster an der Außenseite derselben. 100:4. Fig. 61. Längsschnitt durch einen Mundarm. 500:4. Fig. 62. Querschnitt durch den Rand eines Mundarmes. u, quergestreifte Muskeln. 1000:4. _ Fig. 63. Sinnes- und Stützepithelzellen von den Riechfalten. 1500:4. Fig. 64. Querschnitt durch die Riechfalten über dem Randkörper. 400 :4. Fig. 65. Querschnitte durch einen Mundarm in natürlicher Größe. I, nahe am Munde; II, in der Mitte; III, nahe dem Rande. Fig. 66. Schnitt des Randkörpers durch seine Symmetralebene. E, Ende des Sinnespolsters, von dem der Randkörper entspringt; A, Ort des Schnittes Fig. 60; B, Ort des Schnittes Fig. 59. 400:4. Tafel XXXIII, Fig. 67. Ansicht der Oberfläche eines Tentakels nach Entfernung des ober- flächlichen Epithels. 3 “#, longitudinale Muskelzüge; W, muskelfreie Erhebungen der Gallerte. 400:4. Fig. 68. Ein Genitalsack. 2:1. Fig. 69. Frontalansicht einer Falte des Genitalsackes. 20:1. 552 R. v. Lendenfeld, Über Coelenteraten der Südsee. Fig. 70. Theil einer Nesselwarze eines Tentakels. 4500:4. Fig. 74. Amöboide Zellen aus dem Genitalbande. 1000:4. Fig. 72. Spermatoblasten. 4000 :4. Fig. 73. Spermatozoen. 2000 :4. Fig. 74. Querschnitt durch einen Tentakel. 500:4. Fig. 75. Querschnitt durch das Genitalband eines Weibchens. F, Fäden, durch welche das Genitalband an dem Genitalträger be- festigt ist; en’, entodermales Plattenepithel dieser Fäden; a, amöboide Zellen der Gallerte des Genitalbandes; Ch, Dotterhaut; P, hohe Cylinderzellen an der Anheftungsstelle der Eier. 600:4. Fig. 76. Querschnitt durch das Genitalband eines Männchens. Bezeichnungen wie in Fig. 75. Ss, Spermasack ; sp, Spermatozoen ; P', hohe Cylinderzellen an der Anheftungsstelle der Spermasäcke. 6004. Fig. 77. Querschnitt durch das Genitalband. a, Gastralfilamente ; ß, Genitalträger; y, äußeres Schutzband; d, inneres Schutzband. Beiträge zur Anatomie, Entwicklungsgeschichte und Biologie von | Trombidium fuliginosum Herm. Von Hermann Henking aus Jerxheim in Braunschweig. Mit Tafel XXXIV—XXXV. Einleitung. In vorliegender Abhandlung werden Abschnitte aus der Anatomie, Entwicklungsgeschichte und Biologie von Trombidium fuliginosum Herm. behandelt werden. Der Entwicklungsgeschichte ist eine Übersicht über die Entwicklung der übrigen Milbengruppen beigefügt. Es war nicht die Absicht des Verfassers, eine Monographie von Trombidium fuliginosum zu schreiben, sondern nur durch Mittheilung der. von ihm gemachten Beobachtungen unsere noch recht lückenhaften Kenntnisse der Milben in Etwas zu vermehren. Die anatomischen An- gaben schließen sich daher an die Angaben von PAGENSTECHER und ÜRONEBERG an, Verkanntes verbessernd, Neues hinzufügend. In der Entwicklungsgeschichte wird das Thier durch alle Stadien vom Ei an bis zum Prosopon verfolgt werden. Abgesehen von einigen kurzen meist unrichtigen Bemerkungen von Mtenın über Ei und Larve von Trombidium fuliginosum ist von der Entwicklung der Trombidien nicht nur, sondern auch von der der landlebenden Prostigmatia Acarina überhaupt nur wenig bekannt. Eine neue für die einzelnen Entwicklungsstadien vorgeschlagene Nomenclatur hat den Zweck, die durch die etwas zweideutigen von CLAPARkDE eingeführten Namen bereits hervorgebrachte Verwirrung zu beseitigen. Gelegenheit, diese Nomenclatur an den Vorgängen bei an- deren Milbengruppen zu erproben, so wie Vergleiche anzustellen, giebt die beigefügte entwicklungsgeschichtliche Übersicht. Dieselbe dürfte 994 Hermann Henking, zugleich bei etwaigen ferneren Untersuchungen durch kurze Mittheilung des bisher Bekannten nicht unwillkommen sein. In der Biologie des erwachsenen Thieres wird manches von der scheinbar allgemein verbreiteten Ansicht über die Lebensweise unseres Thieres Abweichende, aber durch zahlreiche Beobachtungen Erhärtete mitgetheilt werden. Auch die Lebensweise der Jugendformen ist aus- führlicher beschrieben. Die Untersuchungen, deren Resultate hier mitgetheilt sind, wurden in der Zeit von Sommer 1881 bis Sommer 1882 im zoologisch-zootomi- schen Institute der Universität Göttingen unter der Leitung des Direktors desselben, Herrn Professor Dr. E. Enters, angestellt. Es ist für mich eine angenehme Pflicht, meinem hochverehrten Lehrer, Herrn Professor Euers, auch an dieser Stelle für die mır stets erwiesene Güte und Freundlichkeit meinen innigsten Dank auszusprechen. Über die Anatomie von Trombidium holosericeum speciell liegen drei ausführliche Abhandlungen vor. Die älteste derselben ist von TrE- vırAnus (75), die zweite von H. A. PıGEnsTEcHer (63), die letzte von A. Gronzgerg (10). Bei einer Vergleichung der Arbeiten unter einander zeigen sich so viele Abweichungen in der Darstellung von PAGENSTECHER gegenüber der von Trevıranus und CronEBerg, dass die Vermuthung nahe liegt, jene Autoren hätten trotz der übereinstimmenden Benennung verschiedene Beobachtungsobjekte vor sich gehabt. Die Nachforschungen, die ich anstellte, um darüber ins Klare zu kommen, scheinen mir nun mit großer Währscheinlichkeit erwiesen zu haben, dass Treviranus und CRONEBERG das wirkliche Trombidium holosericeum L. zergliedert haben, während die Untersuchungen von PAGENSTECHER (63) an Trombidium fuliginosum Herm. angestellt sind. Als Beweis für letztere Vermuthung führe ich zuerst an, dass meine am Trombidium fuliginosum Herm. ge- machten Beobachtungen mit denen von PAGEnSTECHEr im Gesammthabi- tus übereinstimmen, wie sich im Folgenden zeigen wird, dann aber, dass viele Angaben desselben den Diagnosen der in Betracht kommen- den Systematiker widersprechen, d. h. eben derjenigen Systematiker, welche Trombidium holosericeum und fuliginosum als gesonderte Arten aufführen. Zum besseren Verständnis gebe ich kurz die hauptsächlichsten Unterscheidungsmerkmale beider Arten an: Beiträge zur Anat,, Entwicklungsgesch. u. Biologie von Trombidium fuliginosum Herm, 555 Trombidium fuliginosum Herm. Trombidium holosericeum L. Körper vorn breit, nach hinlen zuge- | Körper hinten fast abgestutzt, in der Mitte spitzt, abgerundet. hinten eingekerbt. Körperfarbe bräunlichroth, wenig leb- | Körperfarbe sehr lebhaft orangeroth. haft. Borsten gefiedert, zugespitzt, am gan- | Borsten am Rücken an der Spitze stark zen Körper gleich gestaltet. kolbig verdickt, nach der Basis zu gefiedert, die übrigen zugespitzt und gefiedert. Die Figur 28 der Tafel V bei Trevıranus (75) stellt nun aber deut- lich ein Trombidium holosericeum dar, das beweist die Gestalt des Thieres und die tiefe Einkerbung des Hinterleibes. — Dass auch Crone- BERG (10) Trombidium holosericeum untersucht hat, erhellt aus der von ihm (p. 235) gemachten Bemerkung, dass die gefiederten Haare nur an der Bauchseite spitz zulaufen, während sie an den Seiten und auf dem Rücken fast keulenförmig abgestumpft erscheinen. Eine dünne. chiti- nöse Verlängerung am Ende der Cheliceren den Krallen gegenüber fehlt in seiner Fig. 3. Sie kommt jedoch beiden Arten zu und ist bereits von Trevıranus (75, Taf. V, Fig. 99 i) so wie von PAGENSTECHER (63, Taf. I, Fig. IV db) dargestellt. Etwas umständlicher ist der Beweis, dass PAGENSTECHErR das eben genannte Thier nicht untersucht hat. Derselbe sagt (63, p. 27): »Die äußere Form des Trombidium tinctorium ist der des Trombidium holo- sericeum sehr ähnlich, aber weniger zugespitzt.« — Nun ist bei den von mir zum Vergleich herangezogenen Trombidium tinctorium ge- rade das Gegentheil der Fall. Bei ihnen ist der Körper nach hinten zu etwas verjüngt, während vom Trombidium holosericeum schon DE GEER (21) sagt: »Le corps de ces Mittes est... . de meme largeur par de- vant que par derriere.« Trombidium fuliginosum ist dagegen etwas mehr zugespitzt als Trombidium tinctorium. Die für beide in Frage stehenden Arten so höchst charakteristischen Borsten werden von PAGENSTECHER (63, p. 5) folgendermaßen beschrie- ben: »Sie sind an einzelnen Stellen... einfach und glait, im Allge- meinen jedoch und so auf der ganzen Fläche des Hinterleibes sind sie mit Ästen versehen und wurden desshalb gefiedert genannt.« Eins dieser Fiederhaare ist in Taf. I, Fig. 9 abgebildet und ist genau so gestaltet, wie die am Körper von Trombidium fuliginosum. Von den kolbigen Haaren dagegen, wie sie übereinstimmend von DE GEEr (21) an bei den Naturforschern beschrieben werden, ist Nichts erwähnt. Als weiterer Beweis dient die Anmerkung 7 auf Seite 3 in PacEn- «556 Hermann Henking, STECHERS (63) Abhandlung, die ich der Einfachheit halber genau wiedergebe: 7) Auch an anderer Stelle (Cuvıer, Regne animal: Les Arachni- des par Dusks et MıLne Enwarns p. 94) gedenkt derselbe Autor (Ducks) dieser Milbe, trombidion satine, holosericeum, tres commun au prin- temps dans les jardins, abdomen presque carre, retreci posterieure- ment, avec une echancrure; dos charge de papilles velues a leur bases et globuleuses ä leur extremite (?!) d’un rouge couleur du sang. Aus dem im Original fehlenden Frage- und Ausrufungszeichen hinter der durchaus korrekten Beschreibung von Dueks scheint mir ganz sicher hervorzugehen, dass PAGENSTECHER jene kolbigen Haare nicht ge- sehen hat, d.h. dass Trombidium holosericeum überbaupt nicht sein Untersuchungsobjekt gewesen ist. Dass PAGENSTECHER aber Trombidium fuliginosum untersucht habe, schließe ich daraus, dass die übrigen Trombididen mehr oder weniger selten sind (cf. Hermann [34] ete.) und man davon wohl kaum Hunderte von Exemplaren findet, wie es PAGENSTECHER (63) von seiner Art be- richtet. Ein so häufiges Vorkommen ist nur von den beiden genannten . Arten bekannt, und es bleibt natürlich die eine übrig, wenn die andere ausgeschlossen ist. Außerdem stimmen die Untersuchungen PAGENSTECHER’S, wie schon gesagt, in der Hauptsache so sehr mit den meinigen überein, dass ich nicht an der Identität unserer Beobachtungsobjekte zweille. Hat aber Pıgenstecuer die beiden Arten überhaupt unterscheiden können? Nach der von ihm angeführten Litteratur ging es nicht an, da gerade das wichtige Werk von Hermann (34) ihm unzugänglich gewesen ist (63, p. 3, Anm. 1), und in den übrigen Schriften Trombidium holo- sericeum und fuliginosum nicht unterschieden wurden. Andere beschreibende Werke als die citirten älteren scheint der- selbe damals zur Feststellung der Art nicht benutzt zu haben, obgleich seit Herrmann beide Arten getrennt beschrieben wurden, so von WAL- CKENAER (76) und C. L. Kocn (35, 36). Letzterer trennt (36) sogar nach dem eingekerbten oder abgerundeten Hinterrand des Körpers zwei Gruppen B und C von einander, deren typische Vertreter Trombidium holosericeum und fuliginosum bilden. Überhaupt scheint man ziemlich allgemein zu glauben, Trombidium holosericeum sei die häufigste Art unter den Trombididen. Für die nördlicheren Länder, wie Schweden, wo Linn&t und DE GEER es zuerst beschrieben, für Russland (Groneser«) und das nördliche Deutschland (TREVIRANUS) mag das zutreffen, in südlicheren Gegenden aber scheint Beiträge zur Anat., Entwicklungsgesch, u. Biologie von Trombidium fuliginosum Herm,. 557 Trombidium fuliginosum viel häufiger als ersieres zu sein. Schon Her- MANN (34) sagt von Letzterem: »On trouve cette espece tr&s-copieuse- ment et en societe, surtout au printemps, dans les jardins, oü des les premiers beaux jours on les rencontre principalement au bas des murs exposees au midi, courant sur la ierre, entre les feuilles seches ou grimpant sur le bas des troncs d’arbres« (p. 24). Vom Trombidium holosericeum dagegen berichtet er: »Le trombide soyeux se trouve au contraire de preference A la campagne; je ne l’ai trouve qu’une ou deux fois dans les jardins.« Stellenweise fand er es jedoch »en grande ‚sociele«. WALCKENAER (76) geht (p. 180) so weit, dass er sagt: ... .. »nous pensons que le nom de Trombidium holosericeum devrait appartenir ä l’espece la plus commune, et c’est sans contredit celle des jardins«. Meine eigenen Nachforschungen haben für die betreffenden Gegen- den ebenfalls die verhältnismäßige Seltenheit des Trombidium holoseri- ceum mir gezeigt. Während ich bei Göttingen und im Braunsch weigi- schen Hunderte von Exemplaren von Trombidium fuliginosum ziemlich leicht sammeln konnte, bestand meine Ausbeute an ersterer Art bei Göttingen nur aus wenigen vereinzelt aufgefundenen Exemplaren, bei Braunschweig aus einer etwas größeren Anzahl. Ich glaube daher, dass man an Stelle des in den zoologischen Lehr- büchern fast durchweg als gemeinsten Vertreter ‘der Trombididen be- zeichneten Trombidium holosericeum mit größerem Rechte das Trombi- dium fuliginosum Herm. setzen dürfte. Angabe der in vorliegender Arbeit citirten Abhandlungen. 1. G.J. ALLman, Description of a new Genus and Species of tracheary Arachni- dans. in: The annals and magazine of natural history. 1847. Vol, XX. p. 47—52. 2. ARISTOTELES, J7eol dawv iotogies TO E ed. Schneider. Leipzig 1841. P. J. van BENEDEN, Recherches sur !’histoire naturelle et le d&veloppement de l’Atax ypsilophora. in: Nouveaux Memoires de l’Acad&mie royale. Bruxel- les. 1850. Tome 24. 4, P. 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Untersuchungsmethode, Lange Zeit hat es gedauert, ehe es mir gelang, eine Färbungs- methode zu finden, welche brauchbare Untersuchungsobjekte lieferte. Die Färbeflüssigkeiten drangen durchaus nicht in das Thier ein, selbst die sonst so vorzügliche Karmin-Boraxlösung von GRENACHER erwies sich als wirkungslos. Waren die Thiere vorher angeschnitten, so zeigten wohl die die Schnittstelle begrenzenden Zellen eine diffuse Färbung, mehr war aber nicht zu erreichen, selbst wenn die Thiere mehrere Tage in der betreffenden Flüssigkeit lagen. Auch halbirte Thiere nahmen keine Farbe auf. Erwärmtes Karmin-Borax lieferte nur wenig bessere Resul- tate. Als ich aber ein in Paraffin eingebeitetes Thier halbirte, das Fett mit Äther auszog, und dann die Grenacher’sche schwach alkoholische Karmin-Boraxlösung anwandte, bekam ich eine ausgezeichnete Kern- färbung. Seitdem habe ich alle Thiere mit Äther behandelt und immer eine schöne Durchfärbung erziell. Es war sogar nicht einmal immer nöthig, dass ich dieselben anschnitt. Eine große Veränderung wird, so viel mir bekannt, durch diese Behandlungsweise an den Zellen nicht verursacht, da ich öfter Gelegenheit hatte, die so gefärbten mit unge- färbten Präparaten zu vergleichen. Wollte man aber Äther direkt auf das Thier einwirken lassen, so würde natürlich sofort eine bedeutende Schrumpfung eintreten. Dess- halb muss man einen etwas umständlicheren aber sichereren Weg ein- schlagen. Die Milbe wird aus schwächerem Alkohol allmählich in absoluten gebracht, und dieser letztere wird ganz langsam durch tropfenweises Zusetzen von Äther verdrängt. Dann wird mit gleicher Vorsicht der rückläufige Weg eingeschlagen. Es kann dies Verfahren immerhin eine Woche oder länger in Anspruch nehmen. Aus dem schwächeren Alkohol kommt das Thier dann in die alkoholische Karmin- Boraxflüssigkeit von GrENAcHER und bleibt so lange darin, bis es eine dunkelrothe Färbung angenommen hat. Meist ist eine mehrtägige Ex- traktion der überflüssigen Farbe in ganz schwach mit Salzsäure ange- säuertem Alkohol absol. nöthig. Eine Durchfärbung ist, wie gesagt, bei dieser Behandlung immer eingetreten und zuweilen war die Kernfärbung Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. Bd.XXXVII. 38 Es Hermann Henking, ganz vorzüglich. Meine anatomischen Untersuchungen am Prosopon sind daher meist an Thieren angesteilt, die in der beschriebenen Weise ge- färbt waren. Die Schnitte wurden nach bekannter Behandlung mit ätherischem Öl und Einbettung in Paraffin-Vaseline mit einem Schlitten- mikrotom angefertigt und in Colophoniumbalsam konservirt. Integument, Schon PAGENSTECHER (63) hat zwei Chitinschichten vom Körper unseres Trombidium beschrieben, eine äußere homogene und eine innere netzförmige, welche dicht auf einander liegen, aber leicht trenn- bar sind. Auch Üronzserc (10) giebt ein gleiches Verhalten bei dem von ihm untersuchten Thiere an. Über die Matrix dieser Schichten sind die Angaben dagegen weniger bestimmt. Nach PAGEnsTECHER ist sie als zusammenhängendes Zellenlager nicht darzustellen und auch Croxe- BERG (40) hat in der Hypodermis keinen deutlich zelligen Bau zu erkennen vermocht (p. 235). Die beiden Chitinschichten sind sehr leicht zu erkennen; doch konnte ich auf Schnitten durch gut gefärbte Thiere ferner beobachten, dass, wenn der Schnitt dicht unter der Haut und parallel mit derselben verlaufen war, sich unter der netzförmigen und regelmäßig gebauten inneren Chitinschicht (Fig. 4 n) eine weitere Netzschicht (Fig. 1 m) be- fand. Ihre Maschen waren viel unregelmäßiger, die Verbindungsfäden meist beträchtlich dünner wie ihre Knotenpunkte. Die ganze Schicht -war deutlich gefärbt und an den dickeren Stellen, ja auch an den dün- neren Fäden zeigten sich hin und wieder rundliche Gebilde von 0,00277 mm Durchmesser, welche für Kerne (Fig. 1 k) gehalten werden könnten. Zellengrenzen waren in den Fäden dieses mehr den Eindruck eines Bindegewebes machenden Netzwerkes nicht zu er- kennen. Wollte man dasselbe für die Matrix des chitinigen Integumen- tes halten (eine andere Schicht wurde niemals unter der Cuticula he- merkt), so ist man vor die Alternative gestellt, entweder das Netzwerk als aus sternförmigen Zellen zusammengesetzt zu betrachten, oder an- zunehmen, dass die subcuticularen Zellen dadurch das Bild eines Netz- werkes erzeugen, dass jede einzelne Zelle von einer Art Vacuole erfüllt, _ während der periphere, den Kern einschließende Theil des Zellleibes mit gleichen Theilen der Nachbarzellen in solcher Weise vereinigt sei, dass dadurch das Gerüst des Netzwerkes entstanden. Dass diese letztere Annahme der Fall ist, wird sehr wahrscheinlich durch die von mir an der Larve gemachten und weiter unten beschriebenen Beobachtungen. Die Matrix innerhalb der Beine und der Augenstiele (Fig. 11 ma) er- scheint ebenfalls netzförmig. Beiträge zur Anat,, Entwieklungsgesch. u. Biologie von Trombidium fuliginosum Herm. 563 Extremitäten. Dass jedes Beinpaar am Ende des letzten Gliedes zwei Krallen und zwei Haftbürsten trägt, ist schon lange bekannt. Pacensteoner (63) hat die Verhältnisse dann näher beschrieben, jedoch nicht so, dass nichts mehr hinzuzufügen wäre. Was die Bürsten anbetrifft (Fig. 2 und 3), so bestehen dieselben nicht aus einfachen Borsten, wie man nach PAgEn- sreener’s Abbildung (Taf. I, Fig. 17) vermuthen sollte, sondern aus viel- fach und fein pinselförmig verästelten Borsten (Fig. 3 h), so dass die- selben ein höchst zierliches und zartes Gebilde darstellen. Beim Gebrauch legen sich die Härchen in sehr regelmäßige Querreihen (Fig. 2) hinter einander. Die Borsten hatten in einem Falle, von der Mitte der Bürste nach den Enden, besonders dem basalen Ende abnehmend, eine Länge von 0,0535—0,0235 mm. Offenbar sind es diese Bürsten, welche den Trombidien ermöglichen, an glatten, senkrecht stehenden Gegenständen umherzukriechen, ja so- gar auf Glasplaiten sich fortzubewegen, während der Rücken der Thiere nach abwärts gewandt ist. Um dieses möglich zu machen, dazu dürften nun aber die Borsten allein nicht ausreichen. In jedem Endgliede der Beine finden wir unterhalb der grubenförmigen Vertiefung, welche zur Bergung der Klauen dient, eine sackförmige Drüse (Fig. 3 und 4 d), die am kleinsten im ersten Beinpaare ist, am größten im Beinpaare II zu sein scheint, während die der übrigen Beine nicht erbeblich differirt. Die Drüse hat die Gestalt eines einfachen stellenweise etwas gebogenen Schlauches oder Sackes. Die Wandung desselben scheint nur aus einer einfachen Zellenlage zu bestehen. Die Drüsenzelien sind rundlich und haben einen Durchmesser von eiwa 0,0407 mm und einen kleinen stark gefärbten Kern (Fig. 3 k) von 0,0024 mm. An der Drüse des zweiten Beinpaares wurde auch der Ausführungsgang bemerkt: derselbe (Fig. % «) bildet eine allmähliche Zuspitzung der Drüse und mündet schließlich in geringer Entfernung hinter der Einlenkungsstelle der Klaue mit einer länglichen Öffnung aus, welche von einem etwas stärkeren Chitinsaum begrenzt wird. Der feine histologische Bau des Ausführungsganges konnte an dem vorliegenden hierfür wenig günstigen Präparate nicht erkannt werden. Das Sekret der Drüse könnte vielleicht zum Ausfließen gebracht werden durch den Druck, welchen der ziemlich mächtige unter ihr durchziehende Beuger (Fig. 3 und A b) der Krallen und Bürsten bei seiner Kontraktion auf sie ausübt. Zugleich werden Krallen und Bürsten dadurch in die grubenförmige Vertiefung gesenkt und das Drüsensekret vermag an die letzteren zu gelangen. Dass dieses Sekret wirklich zum 38* 564 Hermann Henking, Festkleben der Bürsten dient, dafür dürfte folgende Beobachtung sprechen: Ich ließ Milben eine Zeit lang auf Fließpapier umherlaufen, um ihre Füße von etwaiger Feuchtigkeit zu befreien, und ließ sie dann innerhalb eines Glasringes auf der Unterseite eines frisch geputzten Deckgläschens sich bewegen, wobei sie genau mit dem Mikroskope ver- folgt wurden. Es zeigte sich nun, dass dort, wo sie hingetreten hatten, sich ganz kleine oft aus einander gewischte Tröpfchen einer Flüssigkeit befanden, die dann oflenbar ihren Ursprung aus jener Drüse genommen hätten. Später wurde mir die Beobachtung von H. Dswırz (12) bekannt, dass Stubenfliegen sich an der Fläche des Glases durch einen glashellen Klebestoff befestigen, welcher von den Spitzen der am Haftlappen be- findlichen Härchen abgesondert wird (p. 6). Dasselbe sollen nach Dewırz die meisten Dipteren und Wanzen, viele Hymenopteren, Coleopteren und Orthopteren ihun, so wie manche Larven (Museiden, Chrysomeliden, Gecidomyien). An Muskeln finden wir im letzten Beingliede nur den schon er- wähnten Klauenbeuger |Fig. 3 und 4 b). Die einzelnen Muskelfäden entspringen in der unteren Hälfte des Gliedes. Ein einzelner deutlich quergestreifter Muskelfaden dagegen ist im vorletzten Gliede an der dor- salen Wand eine kurze Strecke hinter der Gelenk verbindung des ersteren mit dem letzten Gliede inserirt (Fig. 3 b’). Mit den längsten Sehnen sind die am weitesten unten inserirten Muskelfäden ausgerüstet, die kürze- 'sten haben die der Unterseite des Gliedes. Die Sehnen sämmtlicher Muskelfäden vereinigen sich aber noch eine gute Strecke unterhalb der Klauen zu einer gemeinschaftlichen stark lichtbrechenden Sehne (Fig. 3 s) und diese inserirt sich dann auf dem gemeinschaftlichen Fußstück der beiden Klauen, indem sie zwischen letzteren durchzieht und die Klauen- achse, wie wir jenes Fußstück auch nennen können, noch eine kurze Strecke von oben nach unten umgreift (Fig. 3 .). Der Muskelbauch des Streckers der Klauen (Fig. 3 st) befindet sich im vorletzten Gliede. Er besteht aus kräftigen quergestreiften Muskel- fäden und ist mit den Klauen (Fig. 3 kl) durch eine lange homogene Sehne (Fig. 3 S) verbunden, welche durch die ganze Länge des End- gliedes hinzieht, der Unterseite desselben anliegend. Gleich der Sehne des Beugers greift sie, von unten kommend, noch eine Strecke um die gemeinschaftliche Achse der Klauen herum, um dann damit zu ver- schmelzen (Fig. 3 J). Sie hat eine Länge von 0,36 mm in vorliegendem Falle. Die Klaue (Fig. 3 kl) ist 0,15 mm lang und 0,0244 mm breit. In das letzte Fußglied erstrecken sich noch einige feine Tracheenfäden (Fig. 3 ir), deren Endigung aber nicht wahrgenommen werden konnte. Beiträge zur Anat., Entwicklungsgesch. u. Biologie von Trombidium fuliginosum Herm. 565 Unter der äußeren Chitinhülle war die Matrix derselben (Fig. 3 m) bemerkbar und zeigte sie bei Flächenansicht eine netzförmige Gestalt. Die zarten Tastborsten (Fig. 3 und A tb), die auch an den hinteren Beinpaaren in geringer Anzahl vorhanden waren, werden weiter unten näher besprochen werden. Respirationsorgan, Mundtheile und Saugapparat. Der vordere zum größten Theil stark chitinisirte Abschnitt des Tracheensystems steht in so inniger Verbindung mit den Mundtheilen und speciell mit den Cheliceren, dass es am zweckmäßigsten erscheint, diese Organe neben einander zu schildern. Daran möge sich dann eine Beschreibung des Saugapparates schließen. Die äußere Gestalt der Mundtheile ist durch frühere Autoren schon hinreichend genau beschrieben worden, so dass hier nicht weiter darauf eingegangen werden soll. Oronzserc (10) hat auch bereits über den inneren Bau der Mundtheile von Trombidium holosericeum Mittheilungen gemacht. Das von ihm Beschriebene findet sich, wenn auch in etwas anderer Form, bei unserem Thiere wieder. Während die Cheliceren (Fig. 5, 6, 7 ch) in einer dorsalen Ein- buchtung des Mundkegels liegen, bilden sie selbst an ihrer dorsalen Seite und um ungefähr ein Viertel der ganzen Chelicerenlänge von ihrem Hinter- rande entfernt eine gemeinsame ziemlich stark gewölbte Vertiefung, welche sich in der Mittellinie des Thieres befindet. Die Cheliceren be- rühren sich in der Mittellinie und jede von ihnen bildet die Hälfte des Bodens dieser Vertiefung (Fig. 6 2). In dieser Vertiefung ruht derjenige Theil des Tracheensystems, welchen wir die erste Lufikammer (Fig. 6 Ik) nennen wollen. — Das Tracheensystem besteht nämlich aus dem Tra- cheenstamm und den von ihm ausgehenden zarten und unverästelten eigentlichen Tracheen. Der Tracheenstamm ist ein annähernd cylindri- sches Rohr, an dem ich folgende Abschnitte unterscheide: Erste Luft- kammer, weichhäutiger Röhrenabschnitt, zweite Luftkammer, Endab- schnitt. An die erste Lufikammer schließt sich in allmählichem Übergange jenes eigenthümliche schuppenketienförmige Gebilde an, welches schon früh die Augen der Beobachter auf sich gelenkt hat. Dasselbe ist der Cuticula des Kopftheiles dicht aufliegend nach hinten gerichtet, ist schwach bogig nach außen gekrümmt in der Weise, dass es der dorsa- ien Medianlinie des Thieres seine konkave Seite zuwendet. In ent- sprechender Weise ist der Stigmenschutzapparat, wie wir das Gebilde wohl nennen können, der anderen Seite gestaltet. Eine Berührung zwischen beiden findet nicht statt, sie werden verbunden durch eine ziemlich derbe Chitinplatte (Fig. 6 cp). 556 Hermann Henking, Ein Einströmen von Luft geht jedenfalls nicht seitlich neben den Schutzapparaten her, wie PAGENSTECHER (63) angiebt, denn seitlich sind sie fest abgeschlossen, sondern, wie mir scheint, durch eine feine Längs- linie (Fig. 6 /!), welche über die Mitte jener Gebilde der Länge nach hinzieht, und je näher nach dem Ende derselben zu um so schwerer er- kannt wird. Am deutlichsten tritt diese Öffnung auf Querschnitten hervor. Bei dem Zurückziehen des Saugkegels werden die Schutzapparate wahrscheinlich zum Theil noch bedeckt von einem oberlippenartig vor- ragenden Fortsatz (Fig. 7 v) des folgenden noch mit stark chitinisirten Wandungen versehenen Körperabschnittes. Der Tracheenstamm bildet mit dem Schutzapparat einen nach hin- ten offenen spitzen Winkel und hat etwa die Form eines umgekehrten Circumflexes (Fig. 7). Die erste Konkavität (cf. zweite Luftkammer) ist nach hinten und oben, die zweite viel flachere nach unten gerichtet (ef. Endabschnitt). Die erste Luftkammer ist durch ein feines Ligament in der Vertiefung der Cheliceren befestigt und zeigt bei Seitenansicht einen ungefähr isodiametrischen Raum (Fig. 7 Ik); nicht so bei einer Betrach- tung von vorn, wie man sie auf einem passenden Querschnitt durch die Kopfregion anstellen kann. Der Raum würde ein ziemlich genaues Oval bilden, wenn nicht die der Medianebene zugewandte Seite abgeplattet wäre, dadurch, dass hier die Luftkammer der rechten und der linken Seite an einander grenzen. Die der Medianebene anliegende Fläche jeder Luftkammer stößt mit ihrer entsprechenden Lateralfläche unten in einem spitzen Winkel zusammen (Fig. 6 !k). Die längste Achse in dem auf diese Weise zur Anschauung gebrachten Raum bildet mit der Me- dianebene einen nach oben offenen spitzen Winkel. An die hintere Unterseite der ersten Luftkammer schließt sich an der weichhäutige Röhrenabschnitt (Fig. 7 ge). Die dem Hinter- rande des Thieres zugewandte Seite desselben ist etwas vorgewölbt und ist länger wie die Vorderseite. Die Membran ist meist in Querfalten ge- legt und trägt eine netzförmige Zeichnung. Ein Verschluss des Tra- cheenapparates wird wahrscheinlich an diesem Abschnitte stattfinden. Auf ihn folgt die von derben een Wänden eingeschlossene zweite Luftkammer (Fig. 5, 6, 7 zl). Sie bildet einen ziemlich langen von beiden Seiten ed ssinmengbäriickien Hohlcylinder, welcher in flachem Bogen schräg nach abwärts und hinten strebt und bei Seitenansicht eine oben konkave, unten konvexe Begrenzunsslinie uns vorführt. Seine Außenfläche ist mit einer schwach sichtbaren Zeich- nung geschmückt, welche langgestreckten Rhomben ähnelt. Ungefähr x Beiträge zur Anat., Entwicklungsgesch. u. Biologie von Trombidium fuliginosum Herm. 567 am Ende des vorderen Drittels seiner Unterseite entspringt von ihm ein derber schräg nach oben und außen ziehender Zapfen jederseits (Fig.5 2), welcher sich mit der unten näher bezeichneten Chitinbrücke in Verbin- dung setzt. Auch die Unterseite der Lufikammer scheint an jener Stelle mit der Chitinbrücke verwachsen zu sein. An der vorderen und oberen Seite der ersteren inseriren sich einige zum Adduktor der Cheliceren- klaue gehörende Muskelfäden und auch die Hinterseite, so wie der größte Theil der Seitenfläche dient, abgesehen von einem kleinen Theil vorn, einer großen Zahl von Muskeln (Fig. 5 und 7 mm) zum Ansatz. Dieselben ziehen von dort nach oben und inseriren sich an der hinteren Verlängerung des eigentlichen Körpers der Cheliceren (Fig. 5 Ch). Der Mechanismus der Respiration und die Art und Weise des Verschlusses des Tracheensystems ist mir nicht recht klar geworden. Vielleicht ist der Gebrauch der erwähnten Muskeln für beides nicht unwesentlich. Ihre große Anzahl und Stärke garantirt jedenfalls einen bedeutenden Effekt und ist es nur unsicher, ob bei der Kontraktion der- selben die Cheliceren an der Spitze mehr emporgehoben werden, oder ob die zweite Chitinkammer stärker in die Höhe gezogen wird. Ein puncetum fixum für die Tracheen besteht in der Verbindung der zweiten Luftkammer mit der Chitinbrücke. — Auf die erstere folgt nach hinten in allmählich vermitteltem Übergange der weniger stark chitinisirte und in seinem Verlaufe etwas nach unten sich biegende Endabschnitt (Fig. 7 en), der zahlreiche Ringfalten trägt und den feinen Tracheen (Fig. 7 ir) den Ursprung giebt. Was die Tracheen anbetrifft, so ver- ringern dieselben ihr Lumen immer mehr je weiter sie sich von dem Tracheenstamm entfernen. Für das der Zeichnung (Fig. 7) zu Grunde gelegie Objekt waren die Dimensionen der einzelnen Abschnitte der Tracheenstämme folgende: Die Länge des schuppenkettenförmigen Gebildes bis zum Übergange in die erste Luftkammer war bei Seitenansicht ungefähr 0,05136 mm lang und breit. Die Hinterseite des weichhäutigen Zwischenstückes war 0,03424 mm, die Hinterseite der zweiten Luftkammer 0,1926 mm lang. Der Endabschnitt hatte fast dieselbe Länge wie letztere. CronEBEre’s (10) Supraösophagealleisten finden sich auch hier, in Gestalt einer halbkreisförmigen Brücke (Fig. 5 br) auf einem dicht hinter dem Hinterende der Stigmenschutzapparate beginnenden und schräg von oben nach unten und vorn ziehenden Schnitte. Sie entspringt unter den Hinterenden der Cheliceren seitlich von ihnen (Fig. 5, 6, 7 ch) und zwar von der äußeren Chitinwandung der Maxillarrinne (Fig. 5 m«) und wird der Länge nach durchzogen von dem gemeinsamen Ausfüh- rungsgange (Fig. 5 und 7 sp) der Speicheldrüsen. Die beiden schlauch- 568 Hermann Henking, förmigen Speicheldrüsen setzen sich nämlich je in einen ziemlich weiten tracheenähnlichen, jedenfalls chitinisirten Ausführungsgang fort, welcher, wie schon ÜroneBerc (10) richtig angiebt, die Ausführungsgänge (Fig. 7 sp) der übrigen Speicheldrüsen in seinem Verlaufe aufnimmt. Dann steigt er in die Höhe, zieht dicht unter den Augen dahin (Fig. 11 sp), senkt sich wieder und durchsetzt nach einigen Schlängelungen der Länge nach jene Chitinbrücke (Fig. 5 br). An welcher Stelle er aber aus der starren Chitinbrücke wieder heraustritt, das zu ermitteln hat mir nicht gelingen wollen. Ebenfalls ist mir unbekannt geblieben, was ein zarter im unteren Drittel in den Hohlraum der Chitinbrücke einmündender Kanal (Fig. 5 c) zu bedeuten hat. Die Cheliceren ruhen innerhalb der Maxillarrinne auf einer nicht sehr derben chitinösen Membran (Fig. 7 mb), welche die eigentliche Grenzdecke der letzteren nach oben bildet. Diese Membran beginnt an der Chitinbrücke und zieht schräg nach unten und vorn zur Mundöfinung, um die obere Grenze des Mundes darzustellen. Ihr Verlauf ist jedoch kein ganz ebener, sondern auf halbem Wege bis zur Mundöffnung biegt sie sich zu einer Feder ein, indem sie von ihrer anfänglichen direkt auf . die Mundöffnung zu strebenden Richtung im Bogen nach unten und dann nach hinten abschwenkt. Nach Zurücklegung einer kurzen Strecke wendet sie im Bogen nach unten und vorn um und zieht nun wieder im gleichen Sinne weiter wie Anfangs. Auf einem Längsschnitt durch die Mundtheile bildet die Membran folglich an der beschriebenen Stelle eine «@-förmige Figur in der Weise, dass die untere und hintere Krümmung derselben ihre konkave Seite dem Vorderrande des Thieres zuwendet (Bie. uf). An der Mundöffnung biegt die Membran alsdann unter ganz spitzem Winkel in die Mundhöhle um und zieht eine Strecke dicht unter dem von ihr zurückgelegten Wege hin. Ungefähr unter dem Hinterrande der Chelicerenklaue biegt sie dann in kurzem Bogen wieder nach vorn und unten um (Fig. 7 !) und setzt sich an das Vorderende der stärkeren oberen Wandung (Fig. 5 und 7 ow) des Saugorganes an. Ganz vorn an der Mundöfinung steht ein von den feinsten Haaren gebildeter reusenförmiger Apparat (Fig. 7 r), welcher nur Flüssigkeiten einen Eingang in den Verdauungstraktus gestattet. Die Haare ent- springen dicht bei dicht oben wie unten, neigen sich schräg nach vorn und oben, resp. unten, und treffen in der Mitte zusammen. Um einen luftdichten Abschluss beim Saugen zu ermöglichen, ist die Mundöffnung und auch der über ihr befindliche Raum, in dem sich die Gheliceren- klauen bewegen, von einer kreisförmigen, ringsum abstehenden, zarten Chitinmembran (Fig. 7 s) umgeben, welche sich nach Anbohren eines Beiträge zur Anat., Entwicklungsgesch. u. Biologie von Trombidium fuliginosum Herm. 569 Thieres und der dabei jedenfalls erfolgenden Befeuchtung, der Wund- stelle anlegen muss wie der Rand eines Saugnapfes. Dass die feinen membranösen Chitinfortsätze der oberen und vorderen Chelicerenränder dazu dienen, den Schluss der Maxillarrinne zu vervollständigen, ist mehr als wahrscheinlich. Den unteren Theil des Mundes und des auf ihn folgenden Saug- apparates stellt eine im Querschnitt halbmondförmig erscheinende Chi- tinrinne (Fig. 5 und 7 uw) dar, welche sich in der Mittellinie der Chitin- hülle des Mundkegels anlegt, sich aber weiter hinten davon abhebt und eiwas nach oben steigt. Die Chitinhülle des Mundkegels birgt unter der Mundöfinung einen eine kurze Strecke nach hinten ziehenden spalten- förmigen Hohlraum (Fig. 7 ho), welcher eine durch Karmin gefärbte Substanz ohne erkennbare Zellstruktur enthält. Auf der vorderen Hälfte der ihn nach unten begrenzenden Chitinhülle steht eine Anzahl glatter Borsten (Fig. 7 b). Die Mundöffnung führt in einen Schlund über, welcher dieselbe Pumpvorrichtung besitzt, wie sie bei Larve und Nymphe vorhanden ist. Ein weiter und mit dünnen Wandungen versehener Gummischlauch, dessen Oberseite wir uns der Länge nach bis auf die untere eingedrückt denken müssen, giebt eine gute Vorstellung von der vorliegenden Ein- richtung. Strebt die obere Seite in ihre alte Lage zurück, so entsteht in dem Schlauche ein lufiverdünnter Raum und die vor seinen Öffnun- gen befindlichen Medien ergießen sich hinein. Hier ist nun die untere Rinne (Fig.5 und 7 uw) derb chitinig und in ihrem vorderen Theil durch Verwachsung fest mit der Wandung des Mundkegels verbunden, die obere (Fig. 5 und 7 ow) ist jedenfalls ela- sisch und kann daher dem Zuge der einerseits auf ihr und andererseits an dem dorsalen Seitentheile der Maxillen inserirten Saugmuskeln (Fig. 5 und 7 sm) Folge leisten. Dadurch wird die Körperflüssigkeit des erbeuteien Thieres eingesogen. Um dieselbe dann aus dem Schlunde weiter zu befördern, ist eine Reihe von Schluckmuskeln (Fig. 5 u. 7 qm) in der Rinne angebraehi, welche durch ihre Thätigkeit die obere Rinne in ihre alte Lage zurückbringen. Die Längsachse der Schluckmuskeln steht senkrecht auf der Längsachse der Rinne und parallel mit der Bauch- fläche des Thieres. Kontrahiren sie sich, so werden die oberen freien Ränder der Rinne zusammengebogen, und die Folge davon ist, dass der mittlere Theil nach abwärts drückt. Damit aber die Nährflüssigkeit ihren Weg durch den Ösophagus zum Lebermagen nehme, ist eine weitere Einrichtung getroffen. Wahrscheinlich ist nämlich die oben erwähnte &o-förmige Umbiegung (Fig 7 f) der oberen Wandung elastisch und federnd, und wirkt antagonistisch den Saugmuskeln entgegen; denn 570 | Hermann Henking, vorn senkt sich die außerdem hinten weit stärker emporgehobene obere Rinne sofort beim Erschlaflen der Saugmuskeln nieder, vielleicht bis zum völligen Verschluss nach vorn, so dass die Flüssigkeit nur nach hinten ausweichen kann. Befördert wird es noch durch den Umstand, dass der Hohlraum zwischen beiden Rinnen in der Richtung von vorn nach hinten sich vermindert. Es wirkt somit die Bewegung des Schlun- des nicht nur als Saug-, sondern auch als Druckpumpe. Man kann sich eine Anschauung von dem oben geschilderten Vor- gang verschaffen, wenn man eine auf der Seite liegende lebende Larve in Wasser einige Zeit beobachtet. Man sieht alsdann, wie durch die starken und ruckweisen Kontraktionen der Saugmuskeln die obere Rinne weit emporgerissen wird und wie sie sich an ihrem Vorderrande zuerst senkt. Die Kontraktionen der Schluckmuskeln dagegen gelangen so natürlich nicht direkt zur Beobachtung. Die Saugmuskeln (Fig. 5 und 7 sm) sind ganz nach dem Princip der Zweckmäßigkeit meist mit ziemlich langen Sehnen ausgerüstet, welche zwischen den Schluckmuskeln (Fig. 5 und 7 qm) durchziehen und sich in der Mitte der etwas verdickten basalen Partie der oberen Mundrinnen- hälfte inseriren (Fig. 5 ow). Die Schluckmuskeln sind im Verhältnis zu ihrer Länge sehr breit (ihre Breite verhält sich ungefähr zur Länge wie 2:7) und setzen sich ohne bemerkbare sehnige Verbindung den Seiten- theilen des Saugorganes an (Fig. 5 qm). Bemerkt wurde noch ein Nerv (Fig. 7 n), welcher oberhalb des Saugorganes hinzog und sich schließlich an seiner Spitze in zahlreiche feinste Äste auflöste, die sich rispenförmig nach allen Seiten ver- breiteten. Zu beiden Seiten des Saugorganes und mit ihrem Hinterende ungefähr bis zum Ursprung der Maxillartaster (Fig. 6 mt) reichend, treffen wir zwei sackförmige Gebilde, welche als Giftdrüsen (Fig. 5 gf) zu bezeichnen sind. Sie sind nur bei Nymphe und Prosopon vorhanden, wenigstens habe ich bei der Larve nichts dergleichen bemerkt. Im Querschnitt zei- gen die Giftdrüsen einen centralen Hohlraum, der von ziemlich langen Cylinderzellen mit abgerundetem Ende begrenzt wird. Ein kleiner Kern tritt in diesen deutlich hervor. Die Drüsen münden unmittelbar in die Mundöffnung aus, indem sie sich zu einem zarten Ausführungsgang zu- spitzen. Verdauungsapparat. Der Darmtraktus ist bereits genauer von PAGENSTECHER (63) und von CRONEBERG (10) beschrieben worden, und schließen sich meine Beob- achtungen auch hier mehr dem letzteren Autor an. — Auf den oben | Beiträge zur Anat., Entwicklungsgesch, u. Biologie von Trombidium fuliginosum Herm. 571 näher betrachteten mit Chitinwandungen versehenen Saugapparat folgt der zarte eylindrische Ösophagus (Fig. 7 und 8 oe), welcher bekanntlich das Gehirn (Fig. 7 g) durchsetzt und dasselbe in ein Ober- und Unter- schlundganglion (Fig. 8 og und ug) theilt. Nach dem Austritt aus dem Gehirn zieht er noch eine Strecke in der Richtung schräg nach oben hin und mündet dann auf einer kleinen nach innen gerichteten Papille (Fig. 8 p) in die untere Seite des Lebermagens (Fig. 8 und 9 Im). In dem Lebermagen haben wir die verdauende Gavität des Thieres vor uns. Er erscheint als ein einziger aber durch Einschnürungen seiner Wandung unregelmäßig gestalteter Hohlraum und füllt den oberen Theil des weichhäutigen Hinterleibes vollständig aus, während der Grad seiner Ausdehnung nach unten von der Reife der Geschlechtsorgane abhängig ist. Sowohl vorn wie hinten ist der Lebermagen durch eine mediane longitudinale Einfaltung zweilappig geworden, beide Lappen liegen aber jederseits dicht neben einander. Die besonders in den Seitentheilen des Körpers von der dorsalen nach der ventralen Seite ziehenden Muskeln schnüren den Lebermagen ein, während er zwischen ihnen wulstförmig bis zum Integumente vordrängt. Die Wandung des Lebermagens besteht aus einer Tunica propria (Fig. 9 ip), welche an der in das Lumen desselben gerichteten Seite die verschieden großen, seltener isodiametrischen, meist cylindrischen oder lang keulenförmigen Zellen (Fig. 9 vz) trägt. Dieselben haben einen feinkörnigen oder auch bläschenförmigen Inhalt und in der unteren Hälfte einen bei den größten Zellen 0,011 mm messenden kugligen Nucleus (Fig. 9 k). Ziemlich allgemein kommt nur ein Nucleolus vor, der annähernd central gelagert ist und bei starken Vergrößerungen sternförmige Ausstrahlungen zeigt. Diese Strahlen hat man wohl als Theile eines weiter nicht erkennbaren Kernnetzes aufzufassen. Unter den größeren Zellen des Lebermagens trifft man viele an, welche neben ihrem granulirten Plasma noch eine größere oder geringere Menge von dunkel erscheinenden Körnchen enthalten. Dieselben finden sich besonders in der oberen freien Spitze der Zellen (Fig. 9 g). Dann mehrt sich diese Substanz in der Spitze und letztere sondert sich scharf von dem helleren Theil der Zelle. Nun beginnt sich die Zelle unter der Spitze einzuschnüren (Fig. 9 g’), die Einschnürung wird tiefer und tiefer (Fig. 9 g”) und schließlich muss es zur völligen Abtrennung kommen, denn man trifit solche rundliche Zellenspitzen frei in dem Hohlraume des Leber- magens (Fig. 9 s). Der Inhalt derselben dürfte wohl von den im End- darm vorgefundenen Stoffen nicht sehr verschieden sein und haben wir in ihnen also von den Zellen secernirte Ausscheidungsprodukte der Er- nährung vor uns. Ähnliches berichtet R. Rösster (69) von Phalangiden 572 liermann Henking, p- 677: »Wachsen sie (die Zellen der Blindsäcke des Mitteldarmes), so füllen sie sich mit Fettkugeln, nehmen cylindrisch-kolbenförmige Gestalt an und schnüren sich an der Basis ein; sie sind dann, ‘vorzüglich an ihren Enden, vollgepfropft mit Granulationen.« — pag. 678: »Sie schnüren sich jedoch nicht ab, sondern die Zellmembran zerreißt und entleert ihren Inhalt.« Unregelmäßig gestaltete und sehr verschieden große Massen einer feinkörnigen Substanz sind wohl von dem Thiere aufgenommene Nah- rungsmittel (Fig. 9 na). Die Substanz ist zu indifferent, als dass man aus ihren Bestandtheilen einen sicheren Schluss auf ihre Herkunft machen könnte. Der Lebermagen ist mit den übrigen Organen verknüpft und wird in situ erhalten durch ein aus körnigen Fäden bestehendes bindege- webiges Geflecht ohne bemerkbare Kerne, dessen Fasern unregelmäßig durch einander ziehen (Fig. 9 b). | Der von mir für den Enddarm (Fig. 8 und 9 ed) gehaltene Theil des Verdauungsapparates ist von PAGENSTECHER (63) als Enddarm und Fett- körper, von ÜronzBEre (10) als Exkretionsorgan beschrieben. Er tritt. uns bereits im vorderen Theil des Lebermagens entgegen und ist dort seitlich in zwei kurze Schenkel Y-förmig ausgezogen, durchzieht in halbmondförmig gebogener Gestalt den Hinterleib des Thieres und mün- det mit seinem hinteren Schenkel im After (Fig. 8 und 9a) nach außen. Leider habe ich die Kommunikation des Enddarmes mit dem Leber- magen nicht mit voller Sicherheit erkennen können. Ich bin jedoch der Überzeugung, dass sich an der vordersten Spitze des ersteren eine Öfl- nung befindet, welche aber wegen der dort befindlichen großen Menge von Lebermagenzellen schwer zur Anschauung gebracht werden kann. Bis ziemlich an das Vorderende ließ sich der Enddarm als deutlich ab- gegrenztes Organ besonders gut auf Querschnitten verfolgen, dann aber wurden die Verhältnisse undeutlich, und weder Quer- noch Längs- noch Frontalschnitte ließen mich zu einer klaren Erkenntnis der Sachlage kommen. — Es ist daher nicht zu verwundern, wenn ÜRONEBERG (10, p. 241) einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen Magen und After in Abrede stellt, und das, was ich als Enddarm bezeichnet habe, für ein Exkretionsorgan hält. Ich kann mich jedoch dieser Anschauung nicht anschließen, und glaube auch, dass der Zusammenhang zwischen End- darm und Lebermagen noch mit voller Sicherheit konstatirt werden wird. Es ist bekannt, dass der Enddarm fast immer angefüllt ist mit einer schneeweiß erscheinenden Masse, welche aus kleinsten Kügelchen, Körn- chen und Kryställchen besteht. Es fragt sich doch nun vor Allem, woher kommt diese Substanz, die zu allen Zeiten in so reichlicher Menge vor- Beiträge zur Anat., Entwicklungsgesch. u. Biologie von Trombidium fuliginosum Herm. 573 handen ist? Der Enddarm wird seiner ganzen Länge nach ausgekleidet von einer Schicht von Pflasterepithelzellen (Fig. 9 pf), die einen ovalen Kern (Fig. 9 ke) von höchstens 0,011 mm Länge und 0,0066 mm Breite mit mehreren Kernkörperchen besitzen und doch wohl kaum eine Ab- scheidung der von ihnen umschlossenen Stoffe vornehmen dürften. Dann tritt noch die andere Frage heran: Was sollte wohl aus dem Leber- magen werden, wenn die von demselben secernirten Stoffe (vgl. oben) nicht nach außen geführt würden? Er würde unzweifelhaft gar bald von ihnen ausgefüllt sein und eine Ernährung wäre unmöglich. Wenn PAGENSTECHER (63) schreibt (p. 12), dass die Stiele trauben- förmiger Leberzellen Ästchen des sich vielfach ausstülpenden und so die Leberlappen bildenden Darmrohres seien, so hat er eine entschieden falsche Vorstellung von diesem Organe. Sollte sich wirklich eine Öff- nung am Vordertheil des Enddarmes nachweisen lassen, so kann man sich den Lebermagen vielmehr als durch eine einzige ringförmige, nicht etwa zwei seitliche, Ausstülpung des ursprünglich einfachen Darmrohres entstanden denken. Diese Ausstülpung beugte sich besonders nach hin- ten in den weichhäutigen Leibestheil und erlangte gewaltige Dimensionen vorzüglich in ihrer dorsalen Partie. Vorn und hinten konnte sie außer- dem sackförmige Divertikel treiben. Seitlich wurde sie, wie schon ge- sagt, von der Körpermuskulatur stellenweise eingefaltet. Ihre innere Wand legte sich dicht der Wandung des Enddarmes auf, so dicht, dass ein schließliches Verwachsen beider eintrat. Dass aber der Lebermagen, wenn überhaupt, so eine ringförmige Ausstülpung des Urdarmes ist, welche sich nach hinten über den Enddarm fortgeschoben hat, scheint mir aus Querschnitten durch ein passendes Thier deutlich hervorzugehen. Man bekommt im vorderen Theile des Lebermagens wohl Bilder, wo der Hohlraum desselben den Enddarm von allen Seiten umgiebt. Nach hin- ten zu wird dieses Verhältnis aber anders; da ist der Enddarm nur noch dorsal- und lateralwärts vom Lebermagen umhüllt und grenzt ventral mit einem schmalen Streifen an die Leibeshöhle. Von der anhaftenden Wandung des Lebermagens ist nur ein kleines Stückchen des Enddarmes frei, dasjenige nämlich, welches nach Ver- engerung seines Lumen und nach kurzem durch Faltenbildung etwas unregelmäßigem Verlaufe (Fig. 9 r) im After nach außen mündet. Der After (Fig. 8 und 9 a) ist geschützt durch zwei seitlich stehende, an ihrem freien Ende zugeschärfte hoble Chitinplatten (Fig. 9 pl). Seitlich an ihn herantretende Muskeln (Fig. 9 m) mögen ein Öffnen desselben bewirken. PAGENSTECHER (63) beschreibt (p. 13) von unseren Thieren blass-grau- gelbe oder bräunliche Kothballen, 0,14—0,17 mm groß und zähe, aus 974 Hermann Henking, denen sich sehr zahlreiche Pilzvegetationen entwickeln, und sollen die- selben Fett in Stücken und Tropfen und Epithelien neben den Pilzen enthalten. Ich habe niemals etwas dergleichen gesehen und weiß ich nicht, ob PAgeEnstecHer das Ablegen solcher Kothmassen direkt beob- achtet hat. Die Thiere haben oft genug vor meinen Augen ihre Exkrete ent- leert, sogar auf dem Objektträger, auf welchen ich sie zur besseren Beobachtung gesetzt hatte. Es war stets dieselbe schneeweiße und flüs- sige Masse, die, wie wir wissen, auch im Enddarm vorhanden ist und welche PAGENSTECHER (63, p. 17) als Inhalt seines Fettkörpers beschrie- ben hat. Diese Beschaffenheit des Exkretes stimmt vollständig mit dem von anderen Milben bekannten Verhalten überein. Die Untersuchungen über den Darm werden am besten an herbst- lichen erwachsenen Thieren angestellt, da bei ihnen der Bau desselben noch am klarsten hervortritt. Die sommerlichen Prosopa zeigen die Ver- hältnisse bei Weitem undeutlicher, da bei ihnen durch die massige Ent- wicklung der Geschlechtsorgane der Verdauungsapparat auf einen verhältnismäßig sehr geringen Raum in dem dorsalen Theile des weich- häutigen Hinterleibes beschränkt ist. Möglich ist auch, dass zu dieser Zeit eine Reduktion im Baue desselben eingetreten ist. Fettkörper. Zerlegt man ein gut gefärbtes sommerliches Prosopon in Schnitte, so zeigt sich, dass besonders ganz bestimmie Zellen den Farbstoff mit großer Begierde aufgenommen haben und zurückhalten. Man findet diese Zellen der Peripherie des Lebermagens angelagert, aber nicht in kontinuirlicher Schicht, sondern in einzelnen Koinplexen. Wo Muskeln den Lebermagen einengen, mögen sie wohl zugleich als Polster dienen, um denselben gegen zu großen unvermittelten Druck zu schützen. Ihre Größe ist verschieden und ihre Gestalt sehr unregelmäßig polygonal (Fig. 10) und brauchen sie nicht unmittelbar an einander zu grenzen. Der Durchmesser einer großen Zelie betrug 0,03 mm zu 0,023 mm, der rundliche bis schwach ovale Kern maß 0,0! mm. Der Kern (Fig. 10 k) zeigte eine sehr schöne Färbung und barg in seinem Innern ein großes Kernkörperchen (Fig. 10 n), welches in feinste und unregelmäßige Fortsätze ausstrahlte, jedenfalls die Andeutung eines Kernnetzes. Das Plasma der Zellen ist homogen. Man muss diese Zellen wohl als Fettkörper bezeichnen, und sind sie jedenfalls identisch mit den von ÜRONEBERG (10, p. 236) erwähnten Feitkörperzellen, mit denen sie auch die begierige Aufnahme von Karmin gemein haben. Am herbstlichen Prosopon findet man diese Zellen auch bereits als * Beiträge zur Anat., Entwicklungsgesch. u. Biologie von Trombidium fuliginosum Herm. 575 kleine flächenförmige Ansammlungen der Außenwand des Lebermagens anliegend (Fig. 9 f). Die Zellen selbst sind hier sehr klein im Verhält- nis zu der Größe derselben im sommerlichen Thiere ; der Kern ist deut- lich in ihnen zu bemerken. Die Blutkörperchen (Fig. 4 dl) haben einen stark körnigen Inhalt und sind amöboid beweg- lich. Man kann sie in Salzlösung von geeigneter Koncentration ihre stumpfen Fortsätze ausstrecken sehen. In einem schön gefärbten Thiere zeigen auch sie deutlich ihren kleinen punktförmigen Kern von 0,00244 mm Größe. Sie selbst maßen etwa 0,00856 mm (Fig. 3 bi). In Bezug auf das Gehirn will ich nur bemerken, dass dasselbe in seinem centralen Theile aus Fasern besteht, die sich zum Theil in größeren oder kleineren Bündeln nach den verschiedensten Richtungen durchkreuzen. Umgeben ist diese Fasersubstanz von einer dichten Schicht von Ganglienzellen (Fig. 7 ga), deren Kerne 0,00445 mm messen. Die Zellgrenzen waren an ihnen nicht zu bemerken; doch kann man aus der dichten Anhäufung der Kerne erkennen, dass die Zellen sehr klein sind. Dort, wo ein Nerv ent- springt, zieht sich die centrale Fasersubstanz ungefähr in Gestalt einer Weißweinflasche aus und der Hals bildet in seiner Verlängerung den Nerven. Dass die derbe Hülle (Fig. 7 hü) des Gehirns sich auch auf die Nerven fortsetzt, wurde bereits von PAGsNsTECHER (63) bemerkt. Sinnesorgane. a) Sowohl bei der Nymphe wie beim Prosopon befindet sich auf der Mittellinie der vorderen Rückenpartie und mit seinem Vorderrande bis auf gleiche Höhe mit dem Ursprung der Augen reichend ein eigenthüm- liches Chitingebilde (Fig. 40 und 49 va), welches trotz seiner auffallen- den Gestalt bisher keine nähere Beschreibung erfahren hat. Vorn liegen zwei ungefähr isodiametrische Räume (Fig. A1 r) neben einander, nach hinten schließt sich in der Mittellinie ein dritter daran von etwas ge- streckter Form und deltoidischer Gestalt mit abgerundeten Ecken. Alle drei sind umschlossen und von einander getrennt durch eine feste Chitin- umhüllung (Fig. 41 ch). Denken wir uns eine Blumenvase mit eiför- migen unten spitz zulaufendem Bauche, deren Hals mit zwei großen Herkeln versehen ist, so modificirt, dass nach dem Schwunde des Halses sich die Henkel direkt berühren, so bekommen wir eine Vorstellung von dem vorliegenden Gebilde: der Bauch der Blumenvase, oder vielmehr 976 Hermann Henking, ein Längsschnitt durch ihn, repräsentirt die hintere unpaare Kammer, die beiden Henkel die paarige Schutzkammer eines Sinnes- organes. & Wir sehen nämlich sowohl bei der Nymphe wie beim Prosopon von der äußeren Vorderkante der beiden letzterwähnten Kammern je eine sehr lange Borste (Fig. 11 5b) entspringen, welche von den am Körper der Milbe sonst noch vorkommenden Haargebilden sehr verschieden ist. Sie ist von Grund an nur sehr zart und endet schließlich in eine feine Spitze, vor ihrer Endigung noch einige ganz kurze und zarte, schwer wahr- nehmbare Fiedern entsendend. Ein ähnliches ausgezeichnetes Borsten- paar ist an entsprechender Stelle bei der Larve unserer Form vorhanden. Die Richtung der Borsten ist schräg nach vorn und oben, etwas nach außen. Machen wir einen Querschnitt durch das Chitingebilde, so sehen wir, dass wir die beiden vorderen Kammern mit Fug und Recht Kam- mern genannt haben; denn jederseits ist ein Hohlraum durch Chitin- wandungen größtentheils eingeschlossen (Fig. 40 und 49 ka). An der vorderen und äußeren Seite tritt uns nun aber die oben erwähnte Inser- tionsstelle der beiden Borsten entgegen und zwar in einer Gestalt, welche im ersten Augenblicke an ein Otolithen-Bläschen (Fig 43 bl) erinnert: Ein kreisförmiges, scheinbar selbständiges Gebilde schließt in seiner Mitte noch zwei Kreise ein. Ein günstiger etwas schräg geführter Frontalschnitt ließ nun aber die Verhältnisse um Vieles klarer erkennen. Da zeigte es sich denn, dass die Vorderwand der Schutzskammer eine mit ziemlich großer kreis- förmiger Öffnung beginnende Vertiefung trug (Fig. 11 !), deren etwas verdünnte Seitenwandung mit deräußeren Begrenzungswand der Schutz- kammer einen spitzen Winkel bildete, so dass die Basis der Vertiefung einen größeren Durchmesser hatte, wie die nach außen führende Öff- nung. Der Boden der Einsenkung erhob sich wieder schwach hügel- förmig und dieser dünnwandige Hügel trug abermals in der Mitte eine .querovale Vertiefung, in welcher die beschriebene Borste eingefügt war. Ein zarter an die Wurzel der Borste herantretender Faden dürfte wohl als Nerv (Fig 11 n) aufzufassen sein. Dass das vorliegende Organ als Sinneswerkzeug fungire, darauf scheinen die beschriebenen ziemlich komplicirten Verhältnisse hinzu- deuten. Welchem Sinne es aber diene, darüber kann man wohl ziem- lich werthlose Spekulationen anstellen, nicht aber nach unserer bisheri- gen Kenntnis eine nur einigermaßen sichere Entscheidung treffen. b) Über die Augen kann ich nur wenig berichten. Zu jeder Linse (Fig. 44 li) zieht von der Basis des Augenstieles an ein gesonderter Nerv. Beiträge zur Anat., Entwicklungsgesch. u. Biologie von Trombidium fuliginosum Herm. 577 Einige Mal wurde halbwegs bis zur Retina ein Zellhaufen daran be- merkt. Der Nerv endigt unterhalb der Linse in einer ovalen Verdickung (Fig. 44 vd), die wir wohl als Retina anzusehen haben. Eine zellige Struktur wurde nicht darin bemerkt, nur einige Längsstreifen. Unter der Linse war der ovale Körper wie abgestutzt. Zu erwähnen sind noch einige stark lichtbrechende rundliche Körner (Fig. 11 kö) von schmutzig gelber Farbe, welche in dem ovalen Körper erscheinen, nicht aber stets in so regelmäßiger Anordnung wie in Fig. 11. Ihre Bedeutung ist mir vollkommen unbekannt und kenne ich eben so wenig ein Homologon derselben bei anderen Thieren. — Unter der Chitinhülle des Augenstieles ist die maschige Matrix (Fig. 41 ma) unschwer zu bemerken. c) Sinnesborsten. Dass unser Trombidium das erste Beinpaar zum Tasten fast noch mehr benutzt wie zum Marschiren, ist eine That- sache, von der sich jeder Beobachter ohne Mühe überzeugen kann. Mit ihm wird erst das Terrain geprüft, ehe sich der Körper der Milbe dar- über fortbewegt. Um aber diese Aufgabe erfüllen zu können, muss das erste Beinpaar auch mit passenden Organen ausgerüstet sein; und das ist es in der That. Schon bei einer äußeren Betrachtung des besonders in Rechnung zu ziehenden letzten Gliedes bemerkt man auf der etwas längeren Unterseite zwischen den dort meist nur einseitig gefiederten Borsten (Fig. 12 fb) in großer Anzahl, auf der durch die Krallenhöhle etwas verkürzten Oberseite nur vereinzelt ganz glatte Borsten (Fig. 1210), die sich sehr fein zuspitzen und etwa die Gestalt eines sehr schmal- klingigen Türkensäbels uns vorführen, oder auch eine Krümmung erst mehr nach der Spitze zu bekommen. Dieselben oder wenigstens sehr ähnliche Gebilde hat Harzer (32) am ersten Beinpaare von Atax aufgefunden (p. 42) und Taf. IV, Fig. 2 st abgebildet. Er ist geneigt, dieselben für » Gehörorgane einfachster Art« zu halten, da er für den Tast- und Geruchssinn bereits andere Borsten in Verwendung gezogen hat. Aus dem Folgenden wird erhellen, dass ich Harrer’s Deutung nicht beitreten kann, da Nichts dafür spricht, in diesen Gebilden Gehörorgane zu vermuthen; doch glaube ich aus dem unschwer zu beobachtenden Gebrauche der mit diesen Borsten besonders ausgerüsteten Organe den Schluss ziehen zu dürfen, dass wir in ihnen ganz specifische, dem Tast- sinne dienende Bildungen vor uns haben. Die Fiederborsten sowohl wie die Tastborsten sind am kürzesten an der unteren und vorderen Spitze des ersten Beinpaares; letztere messen dort nur etwa 0,012 mm, nehmen dann aber nach der Basis des letzten Gliedes zu bis auf 0,032 mm. Die Dicke der Chitinwandung des letzten Zeitschrift f. wissensch, Zoologie, XXXVII. Bad. 39 578 Hermann Henking, Beingliedes beträgt an der Spitze ebenfalls nur 0,0054 mm, an der Basis 0,015 mm. Ein Längsschnitt zeigt den zu den Tastborsten gehörenden Nerven- apparat. Diese sowohl, wie die Fiederborsten sitzen dem Ende eines Kanales auf, der quer durch die Chitinhülle des Beines hindurchsetzt und in das Lumen des letzteren hineinzumünden scheint. Der Kanal aber, der zu der Tastborste hinführt, ist dadurch ausgezeichnet, dass durch seine Mitte ein feines Fädchen (Fig. 12 in) hinzieht und in der Tastborste endet, da in deren unterem Theile öfter eine feinkörnige durch Karmin schwach röthlich gefärbte Substanz bemerkt wird. Gleich nach dem Austritt aus dem Chitinkanal wendet sich der Faden schräg nach hinten und nach der Mitte des Gliedes und umschließt dann wahrschein- lich in allen Fällen einen länglich ovalen Kern (Fig. 12 nk) mit deutlichem Kerrkörperchen und annähernd 0,00428 mm Breite und 0,00856 bis 0,041284 mm Länge. Dieser Kern konnte nur an einigen günstigen Stellen mit voller Sicherheit erkannt werden. Im unteren Theile des letzten Beingliedes verschwindet der hinter dem Kern stärker erscheinende Nerv sodann nach kurzem Verlaufe in. einem strangförmigen verdickten Gebilde (Fig. 12 ig), welches in einer ziemlich homogenen Grundmasse eine große Anzahl von Kernen enthält, während Zellgrenzen nicht wahrzunehmen waren. Die Kerne waren 0,00214—0,00321 mm groß. Nach der Basis des Gliedes zu verschmälert sich dies Gebilde allmählich, verliert die Kerne und geht in einen fein gekörnelten Strang über. Es setzen sich immer die Nerven von mehre- ren Tastborsten mit je einem solchen Gebilde in Verbindung. Die Zahl dieser Gebilde mehrt sich nach der Spitze des Fußgliedes zu erheblich und bildet dort ein dichtes Konglomerat (Fig. 12 ig’), in dem aber Längs- linien die Zusammensetzung aus getrennten Bestandtheilen erkennen lassen. Die Kerne in ihnen sind häufig von einem etwas helleren Hofe umgeben. \ In dem unteren Theile der Zellenmasse lagen im vorliegenden Schnitt noch andere Zellen (Fig. 12 gg), von bedeutender Größe aber in geringer Zahl. Sie sind 0,015—0,0214 mm lang, 0,0407—0,01712 mm breit. Ihr Plasma ist stark granulös und besitzt nur um den Kern eine hellere Zone, der Kern ist 0,00428—0,00642 mm groß. Diese Zellen schienen ebenfalls mit den Zellsträngen in Verbindung zu stehen. Dass wir es in der vorliegenden Zellenmasse mit Nervenelementen, also einem Tastganglion zu ihun haben, ist wohl nicht zweifelhaft. Die Zellenmasse setzt sich nach der Basis des Gliedes zu wieder in Fasersubstanz fort, und diese ist es wahrscheinlich, welche mit dem Beinnerven in Verbindung tritt. Der Hauptübergang der Fasern in den Beiträge zur Anat., Entwicklungsgesch. u. Biologie von Trombidium fuliginosum Herm,. 579 Nerven war leider durch den Schnitt fortgenommen. Dennoch konnte man den Stamm des Nerven des letzten Gliedes (Fig. 12 bn) von der Basis desselben an erkennen. Er war am Grunde 0,00428 mm breit, begann sich aber alsbald dendritisch zu verästeln. Die Äste verschwan- den einerseits unter dem Tastganglion, andererseits unter dem Klauen- beuger (Fig. 12 d) oder in demselben, andererseits vertheilten sie sich auf der Wandung des Gliedes zu ungemein feinen Fäden. Der Haupt- stamm aber löste sich schließlich, obgleich noch von ziemlicher Breite, scheinbar in dem Tastganglion auf. Sehr ähnliche Verhältnisse hat GrAsBEr (24) im zweiten Segment eines Tabanus abgebildet (Taf. XXX, Fig. 2), wo sich ein Hautnerv in Äste mit ein- und mehrkernigen terminalen Ganglienzellen auflöst. Er bezeichnet dieselben (p. 562) als »die gewöhnlichen Hautsinneszellen «. An zwei Tastborsten tritt je ein fadenförmiges Gebilde, welches nach Taf. XXXI, Fig. 14 mit einem mehrkernigen Terminalganglion in Ver- bindung steht. Ein Tastganglion finden wir ferner noch in dem Theile, der nach dem ersten Beinpaare wohl am meisten zum Tasten verwandt wird, im Endglied des Maxillartasters, dem sog. Anhang. Der hineintretende Nerv (Fig. 13 n) dehnt sich schon vor der Mitte des Gliedes aus und be- kommt eine große Menge der schon oben genannten kleinen Ganglien- zellenkerne (Fig. 13 ig). Vor dem Ende des Gliedes zerfasert er sich besenförmig und die einzelnen Fädchen (reten auch hier vermuthlich durch die Chitinwandung an die reichlich vorhandenen glatten Tast- borsten hinan, die besonders die Spitze des Gliedes einnehmen und zuweilen an der Basis von einem großen hellen Hofe umgeben sind. Die übrigen Beinpaare tragen nur vereinzelte Tastborsten (Fig. 3 !b), da sie ja auf einem bereits untersuchten Terrain sich fortbewegen, auch stehen die Borsten aus begreiflichen Gründen mehr auf der Außen- wie auf der Innenseite der Glieder. Ein freiwilliges Rückwärtsgehen der Thiere wurde nie beobachtet; nur wenn sie von vorn angegriffen werden, weichen sie etwas zurück, drehen sich aber alsbald um, um ihren Körper wieder in normaler Weise fortzubewegen. Die längste an einem der beiden Hinterbeine (Fig. 3 tb) gemessene Tastborste war 0,0535 mm lang. Geschlechtsorgane, Bereits A. Cronsgserg (10) hat (p. 245) die Bemerkung gemacht, dass die Untersuchungen von Pıgenstecuer (63) in Bezug auf die Ge- schlechtsorgane mit denen von Trrviranus (75) ganz ungemein wenig übereinstimmen. Dennoch haben sie beide angeblich dasselbe Thier, in Wirklichkeit (p. 554—556) aber wenigstens sehr nahe verwandte Arten 39* 580 Hermann Henking, untersucht, und wäre eine so große Verschiedenheit in den Geschlechts- organen allerdings staunenerregend. CronzserG (A0) ist nun durch seine Untersuchungen dahin geführt, sich rückhaltlos auf die Seite von Trevı- RANUS (75) zu stellen, und auch ich muss dem Grundschema nach den beiden letztgenannten Autoren beitreten, da die bei unserem Trombi- dium vorhandenen Unterschiede wohl nur mit der Verschiedenheit der Species zusammenhängen. Andererseits glaube ich aber im Stande zu sein, die so sehr abweichenden Mittheilungen PAGENSTECHER’S mit den wirklichen von TREVIRANUS, GRONEBERG und mir konstatirten Thatsachen in Einklang bringen zu können, wenn ich die einfache Manipulation vor- nehme und die von PAGENSTECHER beschriebenen Geschlechter vertausche, d.h. wenn ich sage, dass die wirklichen Weibchen von ihm als Männ- chen, die wirklichen Männchen als Weibchen beschrieben sind. Dann stimmen die äußeren Verhältnisse der Genitalien schon auffallend über- ein: ÜRONEBBERG (10) hält die am Ovarium nach außen vorragenden Eier für unzählbar, und auch PAGensTechHer (63) giebt die Zahl der ovalen Zellen am Hoden (also dem wirklichen Ovarium) zu mehreren Hunderten an (pag. 24), andererseits entsprechen die von Letzterem am Ovarium (dem wirklichen Hoden) beschriebenen 20 bis 30 beerenförmigen Taschen der von Üronesere am Hoden beobachteten und durch zahl- reiche unregelmäßige Querfalten hervorgebrachten Anzahl von kommuni- cirenden Abtheilungen. Wie ich dazu kam, eine Vertauschung der Geschlechter im Sinne PAGENSTECHER’S vorzunehmen, wird aus dem Folgenden hervorgehen. PAGENSTECHER (63) beschreibt als Samentasche bei den Weibchen einen großen Anhangsschlauch, der nach Cronzgerg (10) bei keinem Geschlechte von Trombidium holosericeum vorkommt. Bei Trombidium fuliginosum ist derselbe in Wirklichkeit vorhanden, fast genau in der Gestalt, wie ihn PAGENSTECHER darstellt. Nun geschah das Eigenthüm- liche, dass von den Milben, welche isolirt ihre normal sich entwickeln- den Eier in großer Menge abgelegt hatten und gleich nach der Ablage untersucht wurden, niemals eine einen derartigen Anhangsschlauch besaß, der doch nach PAGEnstecHer (63, p. 22) die Diagnose der Ge- schlechter sichert. Kein Rudiment oder auch nur die geringste Andeu- tung eines vielleicht früher vorhanden gewesenen Schlauches machte sich bemerkbar. Keine Spur eines Anhangsschlauches fand sich ferner bei Thieren, die noch nicht abgelegt hatten, deren Ovarium aber in der- selben Weise, wie es Grongserc (10) von Trombidium holosericeum beschreibt, zwischen den großen fast gereiften und mit orangegelben Doitermassen gefüllten Eiern noch junge mit deutlichen Keimbläschen versehene Ovula von verschiedener Größe enthielt. Dass die vor- Beiträge zur Anat., Entwicklungsgesch. u. Biologie von Trombidium fuliginosum Herm. 581 liegenden Gebilde wirklich Eier waren, wurde durch die Ähnlichkeit der fast reifen Eier mit den bereits abgelegten und sich entwickelnden zur Evidenz erwiesen. So lange nun aber bei der Unterscheidung der Geschlechter die Ge- ‚schlechtsprodukte selbst als die sichersten Kriterien hingestellt werden, nicht aber accessorische Anhängsel von untergeordneter Bedeutung, so lange wird man auch den Schluss berechtigt finden, dass jene zwar schlauchlosen aber eierlegenden Formen als unzweifelhafte Weibchen ‚anzusehen sind. Sperma habe ich nirgend bei ihnen beobachtet. Nun findet man aber bei einer großen Anzahl unserer Milben den Geschlechtsapparat anders gebaut wie bei den vorigen, und ziemlich genau So, wie ihn PAGENSTECHER (63) von seinen Weibchen (Taf. II, Fig. 12) abbildet, nur mit einer beschränkten Zahl beerenförmiger bis sackförmiger Ausstülpungen am Keimschlauch und auch mit dem oft er- wähnten Anhangsschlauch ausgerüstet. Da nun das Äußere zu PıcEn- ‚STECHER’S Beschreibung und Abbildung so gut passt, warum betrachten wir diese Geschöpfe nicht als Weibchen, wie PAGENSTECHER angiebt? Erstens habe ich niemals reifende Eier bei ihnen wahrgenommen, geschweige denn das Ablegen von Eiern beobachtet. PAGENSTECHER hat Letzteres überhaupt nicht gesehen, ich dagegen habe es bei der oben er- wähnten Form deutlich konstatiren können. Zweitens: Was PAGENSTECHER für Furchungsstadien resp. Embryo- nalanlage in den Eiern hält, ist nichts Anderes als Samenbildungszellen, die später den Spermatozoen Platz machen. Drittens: Die Thiere besitzen einen sehr komplicirt gebauten aber deutlichen Penis, wie denn ja auch CRroNEBERG (10) bei Trombidium holosericeum (p. 251) ein sehr ähnliches Organ beschrieben hat und auch Könıke (37) ein komplicirtes Chitingerüst am Vas deferens von Atax crassipes und Nesaea nodata Müll. für einen Penis hält. Die von PAGeEnstEcHer abgebildeten Organe gehören sehr jugend- lichen und noch weit von ihrer Vollreife entfernten Thieren an. Wie ich weiter unten (p. 593) näher begründet habe, hat derselbe seine Untersuchungen höchst wahrscheinlich im Spätsommer und Herbst ange- stellt, zu einer Zeit also, wo geschlechtsreife Thiere nicht oder jedenfalls nur selten vorkommen. Wenn PAGENSTECHER (63) Ovarien und Hoden als paarige Theile be- zeichnet und abbildet (Taf. II, Fig. 12 und 15), deren freie Enden durch Tracheen und Bindegewebe verbunden seien, so ist das entschieden falsch, und die von Oronggere (10) bei Trombidium holosericeum kon- statirte kreisförmige Anordnung des Genitalapparates ist bei Trombidium fuliginosum ebenfalls vorhanden. 82 Hermann Henking, Gehen wir nun zur Beschreibung der Organe selbst über: a) Die Ovarien (Fig. 14), deren Größe je nach dem Entwicke- lungszustande der Eier eine sehr ungleiche ist, haben eine ungefähr hufeisenförmige Gestalt und ihre nach außen gewandten Seiten zeigen bei einem etwa im Winter untersuchten Thiere eine traubige Beschaffen- heit, indem ihre Oberfläche dicht mit den nach außen vorragenden wie Beeren erscheinenden Eiern (Fig. 14 e) von etwas verschiedener Größe bedeckt ist. Deutlich bemerkt man in ihnen außer den nach der Größe des Eies verschieden großkörnigen Parablastiden ! das Keimbläschen. Die Eier werden auf ihrer Außenseite von der zarten Tunica propria ovarii umschlossen. An der Innenseite des Ovariums fehlen die Eier oder deren Anlagen vollständig, und dient dieser Theil wohl zum Fortleiten der gereiften Eier (Fig. 14 iu). Fast ganz an der Spitze des hufeisenförmigen Ovariums entspringen die ziemlich kurzen und dabei mehr muskulösen Ovidukte (Fig. 14 ov), welche sich in der Mittellinie des Körpers zu dem umfangreichen bogig nach oben gekrümmten Uterus (Fig. 14 ut) vereinigen. Derselbe ist meist mit einer bei auffallendem Lichte weiß erscheinenden Masse er- füllt und erreicht seine größte Ausdehnung am Anfang des letzten Drittels. Schließlich verschmälert er sich wieder erheblich, nach abwärts steigend, wird damit zur Vagina, welche zwischen den bereits von PAGENSTECHER näher beschriebenen Schamlippen ausmündet. — Der Uterus ist von einer großen Anzahl von quergestreiften aber von den sonstigen etwas abweichenden Muskeln umsponnen, welche wahrschein- lich zum Hinauspressen der Eier dienen. Unter ihnen bemerkt man bei Flächenansicht polygonal erscheinende Zellen. Dieselben sind in ein- schichtiger, vielleicht auch in wenig schichtiger Lage vorhanden, wie ich nicht genau entscheiden konnte. Nach innen schließen sich ‘daran bläschenförmige Gebilde, die den Uterus bis auf einen kleinen centralen Hohlraum anfüllen und wie ein lockeres parenchymatisches Pflanzen- gewebe daliegen. Ob es Zellen sind oder Ausscheidungen von solchen, konnte ich auch mit Schnitten nicht entscheiden. Einen Kern bemerkte ich in ihnen nicht. Wie steht es mit der Follikelbildung der Eier? Oronzgerg (10) giebt an, weder durch direkte Präparation noch an Schnitten sei es ihm ge- lungen, die Stiele der Follikel deutlich zu erkennen, obgleich die das Ei umgebende Follikelmembran sehr leicht zu sehen sei. — Ich habe 1 Parablastiden nennt Professor E. EnLers in seinen Vorlesungen die geform- ten Bestandtheile des Parablastes. Beiträge zur Anat., Entwicklungsgesch. u. Biologie von Trombidium fuliginosum Herm. 583 zwar öfter die Eistiele deutlich gesehen, immer aber schien es, als wenn sie direkt zum Ei gehörten und nicht aus besonderen Zellen beständen. Der follikuläre Zustand des Eies muss sehr rasch vorübergehen, da man nur äußerst selten Stadien bekommt, die man vielleicht als Follikelbildung in Anspruch nehmen dürfte. Ich habe solche Stadien stellenweise an Schnitten gesehen, welche durch ein besonders schön gefärbtes vollreifes und jedenfalls dicht vor der Eiablage befindliches Weibchen gelegt waren. Dort zeigte sich an einigen der kleinen Eier außer dem großen roth gefärbten Keimbläschen (Fig. 16 kb) noch eine Anzahl bedeutend kleinerer und mehr ovaler Gebilde (Fig. 16 f) von gleicher Gestalt und ungefähr gleichem Abstande von einander, die durch ihre rothe Färbung deutlich von dem ungefärbten Parablast ab- stachen. Es dürfte vielleicht gerechtfertigt erscheinen, die vorliegenden Gebilde als die Kerne der im Übrigen bereits geschwundenen Follikel- zellen zu bezeichnen. Auch sie müssen nur eine kurze Existenz haben, sonst würde man sie gewiss öfter beobachten können. Da die Eier bis zu ihrer Vollreife, wo wir sie von einer derben chitinähnlichen Schale umgeben finden, ihren Durchmesser, von jenem follikulären Zustande an gerechnet, noch um das Drei- bis Vierfache ver- größern (cf. Fig. 16 eu. E), so darf man wohl mit Sicherheit annehmen, dass die Follikelzellen am Aufbau der Schale nicht betheiligt sind. Das Keimbläschen (Fig. 15 und 16 kb), welches eine Größe bis zu 0,044 mm erreicht, haben wir als ein multinucleoläres zu bezeichnen. Man kann an gut gefärbten Objekten leicht eine größere Anzahl von ver- schieden großen Keimflecken unterscheiden, deren Zwischenräume von punktirter Substanz angefüllt sind. Die größeren derselben erscheinen bläschenförmig. Umgeben ist das Keimbläschen von einem hellen Plasmahof (Fig. 15 und 16 pl) und beide Gebilde nehmen in jungen Eiern häufig eine excentrische, bei reifen Eiern dagegen, wie es scheint, stets eine genau centrirte Stellung ein. Bei letzteren hat der Plasmahof nicht mehr eine so regelmäßig abgerundete Gestalt wie früher. — In einigen seltenen Fällen kamen Eier zur Beobachtung, welche an Stelle des einen Keimbläschens zwei, ja auch drei einem Keimbläschen durch- aus gleichende Gebilde enthielten (Fig. 16 A). Ein besonderer Plasma- hof umgab ein jedes derselben und sie schienen außerdem durch eine schmale Schicht von Parablastiden von einander getrennt zu sein. Woher diese Gebilde stammen ist mir nicht bekannt. Die Parablastiden zeigen sich bei den jüngsten Eiern als feinste Körnchen (Fig. 16 pb). Dieselben wachsen, wie das Ei größer wird, nehmen eine fein blasenförmige Gestalt an (Fig. 15 und 16 pd’), um in dem ausgewachsenen Ei als kleinere und größere tropfenartige Gebilde 984 Hermann Henking, (Fig. 16 pb”) uns entgegenzutreten, von denen erstere mehr eine cen- trale Lagerung innezuhalten scheinen. Die größeren derselben stehen an Umfang kaum hinter den Keimbläschen zurück. Als ich am 13. December 1884 ein frisch getödtetes Weibchen auf seinen Geschlechtsapparat hin untersuchte, zeigten die Eier schon bei starker Lupenvergrößerung ganz merkwürdige dunkle Flecken, welche sich bei Betrachtung unter dem Mikroskope als unzweifelhafte Dottier- kerne herausstellten. Fast in jedem der reiferen Eier befand sich ein Dotterkern (Fig. 15 dk) und hob sich mit seiner schön orangerothen Fär- bung prachtvoll von dem hellen Inhalt der Eizelle ab. Die Gestalt desselben ist eine verschiedene, bald rundlich, bald länglich oder birnförmig, zuweilen scheinbar aus zwei ungleich großen Theilen zu- sammengesetzt mit schwach hervortretender Trennungslinie (Fig. 15 dk). Er misst bis 0,017 mm in der Länge, bis 0,014 mm in der Breite und besteht aus einer Anzahl dicht neben einander liegender gefärbter Körnchen. Ich habe den Dotierkern noch öfter in den Eiern bemerkt, niemals aber so deutlich wie in dem beschriebenen Falle. Es scheint, als wenn. der Farbstoff desselben allmählich an die Parablastiden überginge; denn dort, wo der Dotterkern wegen seiner blassen Farbe schwer zu erkennen war, war das Innere der Eizelle schon etwas gefärbt und liegt daher der Gedanke nahe, dass eine Ausbreitung des Farbstoffes stattgefunden habe. Später verschwand der Dotterkern mit dem Wachsthum der Zellen ganz, diese füllten sich mit gefärbten Parablastiden undeerschienen dann überall gleichmäßig orangegelb. Dass der Dotterkern in einem ursächlichen Ver- hältnis zur Entstehung und Entwicklung der Parablastiden stehe, wurde nicht bemerkt. b) Der Hoden hat eine dem Ovarium recht ähnliche Gestalt, ist also auch hufeisenförmig. Ebenfalls sitzen hauptsächlich an der nach außen gewandten Seite des Hufeisens die Hodenbläschen (Fig. 17 hb), in mäßiger Zahl, wie PıAsenstecuer (63) schon bei seinen Ovarien (p. 22) angiebt, und zusammen gewiss nie mehr wie 20 bis 30, eher im Durchschnitt noch etwas weniger. Die jugendlichen Hoden haben eine solche Gestalt und solche eiförmige kurzgestielte Hodenbläschen, wie sie PAGENSTECHER (Taf. II, Fig. 12) abbildet. Wie das Thier aber seiner Vollreife entgegen- geht, dehnen sich die Stiele mehr und mehr aus und schließlich sitzen die Hodenbläschen dem gemeinsamen Ausführungsgang mit breiter Basis auf. Wir nähern uns damit mehr dem Bilde, welches Cronsser« von dem Hoden seines Trombidium holosericeum entworfen hat. Die Hodenbläschen (Fig. 17 hb) zeichnen sich durch eine sehr schöne orangerothe Färbung aus, welche aber nicht gleichmäßig vertheilt, son- Beiträge zur Anat., Entwicklungsgesch. u. Biologie von Trombidium fuliginosum Herm. 585 dern mehr netzförmig angeordnet ist und besonders an den gleichmäßi- ger und stärker gefärbten Enden (Fig. 17 f) sehr markant hervortritt. Je reifer das Thier ist, um so weniger ist ihr Basaltheil gefärbt. Sie sind von einer zarten Tunica propria eingehüllt (Fig. 17 ip). Die Spermatogenesis wurde nicht genau verfolgt und sollen nur einige Daten aus derselben gegeben werden, wie sie zur Beobachtung gelangten. In dem Hoden eines Anfang Januar 1882 präparirten Thieres zeigten sich Gebilde, welche vielleicht als Spermatogemmen (Fig. 18.A, sg) in Anspruch genommen werden dürften: Eine Membran (Fig. 18 A, mm), wahrscheinlich die Membran der Spermamutterzellen repräsentirend, umschloss eine größere oder geringere Anzahl von kleinen runden Spermazellen, welche je einen deutlichen ovalen Kern mit mehreren Kernkörperchen erkennen ließen (Fig. 18 A, k), während das Plasma farb- los war, und eine zarte Membran besaßen. — Am 13. Januar fand ich freie, den Spermazellen sehr ähnliche Bildungen, welche sich aber wesentlich davon unterschieden durch den Umstand, dass der Kern (Fig. 18 A, h) viel schmaler und halbmondförmig gebogen war. Andere kleinere und den Spermatozoen sehr ähnliche Formen wurden auch hier schon beobachtet. Reife oder wenigstens ihrer völligen Ausbildung sehr nahe stehende Spermatozoen zeigten sich in einem am 7. März darauf hin untersuchten Thiere. Die Hodenbläschen erschienen besonders an den Spitzen des hufeisenförmigen Hodens als breit sackförmige Ausstülpungen desselben und waren besonders in ihrem unteren Theile mit den bei auffallendem Lichte schneeweißen Samenmassen erfüllt (Fig. 17 sm). Die Spermato- zoen sind ganz ungemein klein. In Salzwasser und Humor aqueus vom Froschauge untersucht zeigten sie eine unverkennbare, wenn auch nicht sehr erfolgreiche Beweglichkeit, wohl zu unterscheiden von der tanzen- den und schwingenden Molekularbewegung sonstiger im Gesichtsfelde befindlicher Körperchen. Die in ihrer Gesammtform als plan-konvexe Linsen erscheinenden Spermatozoen haben eine Länge von ungefähr 0,0023 mm. Man kann eine etwas abgeplattete und eine stark gewölbte Seite an ihnen unterscheiden (Fig. 18 B, b und r); von der gewölbten oder abgeplatteten Seite gesehen, ist ihr Umriss oval. Sehr bald fällt an ihnen ein ziemlich breiter Streifen auf (Fig. 18 B, st), welcher als größter Meridian der Länge nach über das Samenelement hinzieht und von stärkerem Lichtbrechungsvermögen ist als das glänzende Spermato- zoon, daher dunkler erscheint. Häufig bekommt man auch Bilder, in denen man das Ende des Streifens zu erblicken glaubt (Fig. 18:B, e), da man nur an beiden Polen je ein zapfenförmiges Bild desselben bemerkt, während sich zwischen ihnen ein heller Raum befindet. Es ist das aber 586 Hermann Henking, Täuschung und was wir so erblicken, ist nur ein Bild, welches einer parallel zu der abgeplatteten Fläche durch den Körper des Spermatozoon gelegten Ebene entspricht und durch tiefere Einstellung-erhalten wird; denn bei Behandlung mit Essigsäure verschwindet von dem Samenele- ment Alles bis auf ein ringförmiges Gebilde (Fig. 18 B, 4), welches uns denselben Umriss vorführt, wie ein intaktes Spermatozoon bei Seiten- ansicht. Bei Kantenansicht zeigt der Ring die Gestalt eines geraden Stäbchens (Fig. 18 B, 5) mit abgerundeten Enden. Eine Kombination der Kanten- und Seitenansicht ergiebt, dass der Körper des Ringes einen runden oder mehr ovalen Querschnitt besitzt und könnte man ihn viel- leicht mit einem ringförmig zusammengebogenen Gummischlauch ver- gleichen. — Stellt man also bei Betrachtung von der gewölbten oder ab- geplatteten Fläche tiefer auf den Körper des Spermatozoon ein, so sieht man an jedem Pol desselben nur den Querschnitt des Ringes in Gestalt eines zapfenförmigen Vorsprunges (Fig. 18 B, e). Die Widerstandsfähigkeit des Ringes gegen Essigsäure lässt er- kennen, dass wir in ihm den Kern des Spermatozoon zu suchen haben, und wäre es vielleicht möglich, dass er aus der Anfangs ovalen, später halbmondförmigen Gestalt der vermuthlichen Spermazellen (Fig. 18 A, k und h) zu seiner jetzigen Form herangewachsen wäre. Wie bewegen sich nun aber die Spermatozoen ? Einen Schwanz- anhang habe ich nicht an ihnen auffinden können und doch war eine Eigenbewegung unverkennbar vorhanden. Allerdings war dieselbe sehr eigenthümlich und scheinbar ein unregelmäßiges Schwanken von links nach rechts und rechts nach links und ein theilweises Drehen um die Längsachse, zu vergleichen der Bewegung des Cylinders in einer Cylin- deruhr. Eine Fortbewegung erfolgte sehr langsam. — Leider kann ich die Ansicht, die ich von der Ursache dieser Bewegung habe, nicht zur völligen Gewissheit erheben, da die stärksten mir zu Gebote stehenden Vergrößerungen (Hırrnack Obj. 14 Immersion, Ocul. 4 — ausgezogener Tubus) nicht ausreichten, um die höchst minutiösen Lokomotionsorgane dieser winzigen Gebilde mit Sicherheit zu erkennen. Doch ist es mir häufig so vorgekommen, als wenn der Länge nach über den dunklen Kernstreifen, — der ja der Peripherie des Sperma- tozoon anliegt, — und zwar in der Richtung senkrecht zur Längsachse desselben, Etwas in unregelmäßigem wellenförmigen Zuge von rechts nach links und wieder von links nach rechts wie ein Schatten fort- husche, eine Erscheinung, welche, wenn sie zu Recht besteht, doch nur von einer schwingenden Membran oder einem wellenförmig schlagenden Wimpersaum herrühren kann, der der Länge nach über dem Kernring inserirt sein müsste. Das Schwingen einer solchen Membran oder eines Beiträge zur Anat., Entwicklungsgesch. u. Biologie von Trombidium fuliginosum Herm. 587 solchen Saumes würde auch die wackelnde Bewegung des Samen- elementes leicht erklären. Einige Mitte Mai untersuchte Männchen zeigten die Spermatozoen in gleicher Weise; jedoch trat der Kernring am lebenden Samenelement weniger deutlich hervor. Die Spermatozoen entfernen sich dann aus den Hodenbläschen und streben oftmals, wie man an dem mit Glycerin aufgehellten Hoden sehen kann, in langem Zuge dem Vas deferens (Fig. 17 vd) zu. Dieses beginnt ungefähr in der Mitte des Schenkels vom Hufeisen jederseits, vom Mittel- punkte des Hufeisens an gerechnet. Die beiden Vasa deferentia sind etwas muskulös und nicht sehr weit. Sie ziehen etwas nach vorn und münden dann in einem geräumigen rundlichen Behälter aus, welcher vielleicht die Funktion einer Vesicula seminalis hat (Fig. 17 vs), wenigstens kann man in ihm eine ziemliche Anzahl Samenelemente wahrnehmen. Weiterhin folgt wieder ein kurzer und etwas engerer unpaarer Gang, welcher sich nach unten zur Geschlechtsöffnung herabsenkt, nach oben aber eine fast kuglige Ausstülpung trägt, welche wohl als Bursa expulsa- toria bezeichnet werden dürfte (Fig. 17 be), da sie von einer ungemein reichen Anzahl von Muskeln dicht umsponnen ist. Am Ende des Ausführungsganges finden wir einen sehr kompli- cirten aus Chitinleisten zusammengesetzten Penis. CGronzBErg (10) hat ein ähnliches Gebilde bei Trombidium holosericeum beschrieben. An der Unterseite des Ausführungsganges befindet sich eine zu einer ovalen Figur zusammengebogene Leiste (Fig. 17 ol), welche an ihrem hintern Ende in eine schwach gekrümmte und mit feinsten schräg verlaufenden Furchen versehene Spitze ausläuft. Diese Spitze geht an ihrer Oberseite mit konkaver Linie allmählich in einen derben zapfenförmigen Chitin- fortsatz über, von dem jederseits ein ein wenig nach unten gebogener Chitinstab entspringt (Fig. 17 cs), welcher innerhalb des letzten Theiles des Ausführungsganges verläuft und mit der Chitinleiste einen spitzen Winkel bildet. Deutlich quergestreifte Muskeln entspringen in großer ' Zahl an den Chitinstäben, aber alle ziehen schräg nach hinten, sowohl die an ihrer Oberseite, wie die an ihrer Unterseite entspringenden. Der Endtheil des Ausführungsganges, zu dem ja auch die Bursa expulsatoria gehört, ist gewaltig mit Muskeln ausgestattet und daher wohl zu einer kräftigen Austreibung des Samens, wie auch zu der Vorstülpung des Penis befähigt. Genauere Nachforschungen über den Bau des kleinen schwer zu untersuchenden Gebildes, so wie über das Verhältnis und die Lage seiner einzelnen Theile in Bezug auf den Ausführungsgang und die Ausmündung desselben wurden nicht angestellt. Als accessorischer Bestandtheil des Hodens und sehr leicht in die 588 Hermann Henking, Augen fallend ist der von PAGEnSTECHER (63) unter dem Namen einer Samentasche beschriebene Anhangsschlauch (Fig. 17 ah) zu betrachten. Mehrfach gewunden liegt er zwischen den beiden Hodenschenkeln, durch Bindegewebe mit ihnen verknüpft. Außer der keulenförmigen Endan- schwellung des Schlauches bemerkt man noch eine zweite Erweiterung, deren Lage aber nicht genau fixirt ist, da sie bald diesseits, bald jenseits der Mitte der Schlauchlänge auftritt. Den Anfangstheil, den Pıczn- STECHER (63, p. 23) als keulenförmig ausgedehnt beschreibt, habe ich bei den von mir untersuchten Thieren nicht eben dicker gefunden wie den übrigen Theil des Schlauches. Am meisten weiche ich aber von den Angaben ab, die PAGENnsSTECHER über die Ausmündung dieses Organes macht. Derselbe giebt an, der Anfangstheil münde mit einem kurzen engen, wie abgeschnürien Kanale in den Grund der Scheide »oder« das untere Ende einer Tube, und die Mündung zeige strahlig angelegte Falten (p. 23). Ich habe nie dergleichen gesehen, sondern der Kanal endigte stets mit abgestutztem oder kurz zugeschärftem Ende (Fig. 17 md) auf der Mitie des abgerundeten Endes der oben erwähnten spangen- förmigen Chitinleiste (Fig. 17 ol) des Penis. Die Farbe des Schlauches ist orangegelb, gelber wie die Farbe der Hodenbläschen. Ein mit Glycerin aufgehellter Schlauch lässt besonders deutlich auf der Fläche der Endanschwellung die Konturen der ihn zusammensetzenden polygonalen Zellen erkennen. Die Wandung des Schlauches hat annähernd denselben Querdurchmesser, wie das mit deutlicher Grenzlinie versehene Lumen. Ein Chitinrohr aber, wie es nach PAGENSTECHER das Innere des Schlauches auskleiden soll, habe ich nicht bemerken können. Querschnitte durch den mit Hämatoxylin ge- färbten und in Paraffin und Vaseline geschnittenen Schlauch eines noch nicht ganz reifen Hoden zeigten mir vielmehr Folgendes (Fig. 19): Die Wandung besteht aus einer einfachen Schicht von Cylinderzellen, deren Querdurchmesser an der äußeren Peripherie etwas größer ist als an der inneren. Der ovale Kern (Fig. 19 k) nimmt ungefähr die Mitte der Zelle ein und liegt in einem sehr feinkörnigen sternförmig ausstrahlenden Plasma (Fig. 19 pl), so dass wir also Vacuolen (Fig. 19 v) führende Zellen vor uns haben. Die äußere Peripherie der Zellen ist glatt, die innere dagegen besteht aus einem kurzen buckelförmigen Fortsatz, der in zwei bis drei zarte aber deutliche Spitzchen ausgezogen ist (Fig. 19 sp) und ist von Hämatoxylin besonders stark gefärbt. Ein Mitte Mai 1882 untersuchtes Männchen zeigte den Schlauch angefüllt mit feinen Körn- chen und Bläschen, die bei Verletzung desselben in dicker Masse daraus hervorquollen. Beiträge zur Anat., Entwicklungsgesch. u. Biologie von Trombidium fuliginosum Herm. 589 Wir haben diesen Schlauch wohl als eine Art von Prostata aufzu- fassen. Eine Spermatophorenbildung wurde nicht bemerkt. II. Biologisches über die sommerlichen erwachsenen Trombidien. Während wir bei sämmtlichen Autoren den Aufenthaltsort der Trom- bidien in übereinstimmender Weise angegeben finden, gehen die spär- lichen Angaben über den Nahrungserwerb und die Nahrungsmittel der- selben weit aus einander. Beobachtungen hierüber scheinen in neuerer Zeit nicht gemacht zu sein und finden wir in den jüngsten Schriften die Angaben älterer Autoren einfach wiederholt. Die erste allerdings etwas undeutliche Angabe hierüber giebt uns J. A. Scororı (72), indem er bei der Beschreibung seines Acarus holo- sericeus sagt: »plures simul vidi in Cadavere Falconis cujusdam,« — die zweite ScHranck (71, p. 516 No. 1064. Acar. holosericeus) mit den Worten: »Victus cadavera minuta putrescentia.« Später berichtet dann E. Weser (77) folgendermaßen (p. 26): »Da- hin gehören besonders die Pflanzenmilben, unter denen die blutrothe Erdmilbe (Trombidium holosericeum) im Frühjahre in Gärten gemein ist, in deren Erde sie lebt und durch Verzehren von jungen Räupchen sogar nützlich werden kann.« In der Neuzeit scheint man sich nun, wahrscheinlich im Anschlusse an die PAGENSTEcHer’schen Angaben (63), ziemlich allgemein der An- sicht zuzuneigen, dass man es in den Trombidien mit harmlosen Vege- tarianern zu thun habe, die im erwachsenen Zustande von ihrer im Jugendleben ausgeübten räuberischen Ernährungsweise ganz abgegangen seien und sich zur Pflanzenkost bekehrt hätten. Folgende Belegstellen vertreten jene Ansicht: PAGENSTECHER (63, p. 25): »Ich möchte nach der Art, wie die Trom- bidien die Pflanzen absuchen, glauben, dass ihre Nahrung in sehr kleinen vegetabilischen Produkten bestände, vorzüglich in Pilzfädchen und Spo- ren, woraus dann die massenhafte und rasche Pilzbildung aus den festen Exkrementen leicht zu erklären wäre.« Me£enın (ö1, p. 12): »Apres l’hivernage ... ils (d. h. die Leptus autumnalis) se transforment definitivement en Trombidions adultes ex- clusivement phytophages et aptes ä la reproduction.« G. Harzer (26, p. 6): »Die Trombidien nähren sich bloß in ihrer Jugend als fleischfressende Parasiten, im Alter schmarotzen sie nicht mehr, sondern sind Pflanzenfresser.« (Übersetzt aus M&tenın [49]: Me- moire s. I. Cheyletides paras. 1878. p. 418.) — (P. 62): »Die Nahrungs- 590 Hermann Henking, weise, wie sie den Trombidien zukommt, nämlich die Pflanzenkost, ist ihnen (den parasitischen Cheyletiden) verwehrt.« P. Kramer (38, p. 227): »Die echten Trombidien sind langsame Thiere, wahrscheinlich pflanzenfressend oder wenigstens nicht von selbst- gefangener Beute lebend.« Nun haben meine im Folgenden zu beschreibenden Beobachtungen zur Evidenz erwiesen, dass die von den letztgenannten Autoren vertre- tene Ansicht durchaus unrichtig ist, und dass die Angaben von ScoPoLt, ScHrANcK und Weser sich dem wirklichen Thatbestande mehr annähern. Zwar mögen die Trombidien gelegentlich süße Pflanzensäfte zu sich nehmen, dann aber wohl nur der Feuchtigkeit wegen, da sie bei trocke- ner Witterung sehr gern Wasser einsaugen. Im Ganzen dürfte das aber nur selten vorkommen und lässt sich ihre Raubthiernatur trotzdem nicht anzweifeln. — Am 13. September 1881 fand ich eine Frucht von Prunus domestica, welche durch den Fall vom Baume so verletzt war, dass aus einem Spalt der Saft hervordrang. Ein Trombidium hatte seine Vorder- beine und den Rüssel leicht in die Flüssigkeit eingetaucht und sog offen- bar davon, da ich mit der Lupe deutlich betrachten konnte, wie das Thier zuweilen den Rüssel herauszog, ihn wieder hineinsenkte, bis es, nach öfterer Wiederholung dieses Manövers, schließlich scheinbar ge- sättigt davonlief. Dies ist der einzige Fall, in dem ich ein Trombidium pflanzliche Nahrung zu sich nehmen sah, während ungleich häufigere Beobachtungen mich belehrten, dass wir es in den erwachsenen Trombidien mit Raub- thieren zu thun haben, die, im Gegensatz zu der Kramer’schen Angabe, sich fast ausschließlich vom Fange kleinerer Thiere, besonders von Blatt- läusen, ernähren. Wenn PAGENSTECHER (63) sagt (p. 14): »Auch sah ich selbst eben so wenig diese Milben andere lebende Thiere angreifen, als ich dies von irgend einem Beobachter angegeben fand«, so nimmt mich das sehr Wunder, da es, wenn man die Thiere in größerer Menge züchtet, bei einiger Ausdauer gar nicht so schwer zu beobachten ist, dass sie die ihnen vorgesetzten Nährthiere angreifen oder sich gegenseitig anfeinden, ganz im Gegensatz zu der Angabe von PAGEnsTEcHRER (p. 25), dass die Thiere unter einander Frieden hielten. Die gegenseitige Anfeindung war es gerade, welche mich zuerst die wahre Natur der Trombidien erkennen ließ. Anfang Mai hatte ich eine größere Menge von Trombidium fuliginosum gesammelt und dieselben in eine Glasschale gesetzt, deren Boden ich mit angefeuchteter Erde be- deckt hatte. Kurze Zeit darauf bemerkte ich, dass einige Milben, heftig mit den Vorderbeinen schlagend, andere angriffen und, falls diese nicht Beiträge zur Anat., Entwicklungsgesch. u. Biologie von Trombidium fuliginosum Herm. 591 stärker waren oder sich ihnen sofort durch die Flucht entzogen, sie mit ihren Greifwerkzeugen meist oben an dem weichhäutigen Leibestheile packten. Die mit den Spitzen nach oben gerichteten und von unten nach oben sich bewegenden Klauen der Cheliceren sind aber allein nicht im Stande, irgend einen wirksamen Eflekt auszuüben, da sie das betreffende Objekt nur emporheben oder bei einiger Senkung des Kopftheiles nach vorn schie- ben würden. Angegriffene lebende Thiere würden natürlich ebenfalls be- strebt sein, in der Richtung dieses Druckes zu entfliehen. Soll also die Arbeit der Cheliceren von Erfolg gekrönt sein, so muss das ergriflene Ob- jekt daran verhindert werden, diesem Drucke nachzugeben, oder noch besser, es müssen Organe vorhanden sein, welche bestrebt sind, dasselbe in entgegengesetzter Richtung also von oben nach unten, resp. von vorn nach hinten zu schieben. Es ist das die Aufgabe der ziemlich kurzen aber stämmigen und sehr muskulösen Maxillartaster, die zu dem angegebenen Zwecke abwärts gekrümmt sind und wohl lediglich eine Bewegung nach oben oder unten auszuführen vermögen. Eine geringe seitliche Bewe- gung wäre wenigstens nur in der basalen Einlenkungsstelle möglich ; der Körper des Tasters selbst ist starr und gestatten die Glieder nur eine vertikale Verschiebung gegen einander, besonders in der Richtung von oben nach unten. Denn auf der Oberseite stoßen die Chitinhüllen der Glieder dicht an einander, auf der Unterseite dagegen befindet sich zwischen ihnen ein weites und nachgiebiges sich einfalzendes Ligament. Die Glieder können sich nicht geradlinig an einander fügen, da sie selbst etwas und alle in gleichem Sinne gekrümmt sind. Bei der größten Biegung nach oben zeigt der Taster doch noch eine oben konvexe, unten schwach konkave Begrenzungslinie seines Körpers. Das obere Ende des vierten Gliedes ist in eine gewaltige ebenfalls mit der Spitze nach unten gerichtete Klaue ausgezogen, deren Länge: das unter ihr eingelenkte keulenförmige Endglied fast erreicht. Selbiges ist der beweglichste Theil am Taster und wird bei der aggressiven Be- nutzung desselben ganz nach hinten zurückgebogen, so dass es der Unterseite des vorletzten krallentragenden Gliedes anliegt. Beim Ergreifen eines Thieres wirken also die Cheliceren und der sie tragende Kopftheil einerseits und die Maxillartaster andererseits gegen einander wie die Backen einer Zange. Wir haben also im Principe hier eine Art und Weise des Beißens, wie wir sie ganz ähnlich bei den Säuge- thieren allgemein verbreitet vorfinden, ein neuer Beweis dafür, dass die Natur eine zweckmäßige Einrichtung mit den verschiedensten Mitteln hervorzubringen im Stande ist. Dass das beschriebene Zusammenwirken von Cheliceren und Maxil- 599 Hermann Henking, lartastern wirklich stattfindet, darüber belehrte mich die Beobachtung bald, und würde die Angabe von PAGENSTECHER (63, p. 11): »Wenn auch Maxillar- und Mandibularhaken schwerlich zusammen etwas fassen, so können letztere doch das von ersteren Beigebrachte ablösen«, danach zu korrigiren sein. Sehr schön ließen sich die Folgen eines solchen Bisses an den weichhäutigen Trombidien selbst beobachten, da die nachgiebige fast plastische Haut die Wirkung desselben noch eine Zeit lang modellirt uns vorführt. Zwischen den Angriffspunkten der Cheliceren auf der einen Seite, der Maxillartaster auf der anderen erhob sich jedes Mal eine Quer- falte, wie es ja auch die nothwendige Folge der beschriebenen Greif- weise sein muss. Wurde das ergriffene Thier losgelassen und an einem andern Punkte des weichen Körpers gepackt, so schob sich an der ersten Stelle die Falte meist wieder glatt, während sich an dem neuen Platze eine neue erhob. Die Haut der Trombidien ist ungemein fest, nach PAGENSTECHER (63, p. 25) undurchdringlich für den Stich einer Wanze (Miris). So ist es denn weiter nicht wunderbar, dass sie auch den Waffen der Trombidien selbst einen erheblichen Widerstand entgegensetzt. Dennoch wurde das einmal fest ergriffene Opfer jedes Mal überwältigt, wenn auch oft erst nach heftiger Gegenwehr. Gleich am ersten Tage nach dem Herbeischaffen einer größeren An- zahl unserer Thiere wurde der Kampf zweier Trombidien während 1!1/ Stunde beobachtet. Das schwächere Thier suchte vergebens durch Hin- und Herdrehen des Körpers sich dem Griffe seines Gegners zu ent- ziehen. Bei einbrechender Dunkelheit wurden einige in dieser Weise kämpfende Paare je durch ein darüber gestülptes Glasgefäß von den übrigen Thieren getrennt und Sorge getragen, dass sie nicht unter dem Rande durch entwischen konnten. Am andern Morgen zeigte der Kampf- platz folgende Beschaffenheit: der Sieger hatte. einen beträchtlich stärker gefüllten Leib, der Besiegte aber war todt und ausgesogen. Kopftheil und Beine des letzteren hatten zwar, Dank der Starrheit ihrer chitinösen Bedeckung, ihre alte Form beibehalten, der Leib dagegen war leer und bestand nur aus den zusammengefallenen Häuten. Dass das schwächere Thier von dem stärkeren wirklich verzehrt war, daran scheint hiernach kein Zweifel mehr zu sein. Einige Tage später fand ich dann im hiesigen botanischen Garten, der mir hauptsächlich mein Milbenmaterial lieferte, ein Trombidium, welches an einer kleinen Fliege sog und kurze Zeit darauf zwei Indi- viduen, welche am Fuße einer Tilia grandifolia zwei Aphis tiliae ver- zehrten. Beiträge zur Anat., Entwicklungsgesch. u. Biologie von Trombidium fuliginosum Herm. 593 Als Nahrung setzte ich desshalb den Thieren Blatlläuse vor, von denen sie besonders die kleineren und weichhäutigen Arten sehr gern fressen. Aphis rosarum und eine andere auf Geum urbanum Anfang Sommer gefundene ziemlich große Art verschmähten sie. Hauptsäch- lich setzte ich ihnen Aphis tiliae, ribis und sambuci vor und gediehen sie recht gut dabei, wenn auch ein bestimmter Procentsatz wahrschein- lich in Folge des Eingesperrtseins umkam. Sehr leicht konnte beobachtet werden, wie sie sich der festgesogenen Blattläuse ohne Schwierigkeit, der frei umherschweifenden aber mit kleinem Anlauf und sofortigen Er- greifen bemächtigten und das sich sträubende Opfer bewältigten und aussogen. Da mir nicht immer passende Blattläuse zu Gebote standen, so machte ich den Versuch, ob sich die Thiere nicht auch mit Fleisch ernähren ließen. Geräucherte Schlackwurst verschmähten sie nicht und füllten ihren Leib damit, so weit es die Ausdehnungsfähigkeit ihrer Haut zuließ. Untergerührtes feingepulvertes Karnıin fand ich bei der mikroskopischen Untersuchung in ihrem Verdauungstraktus wieder auf. Eine Begattung der Thiere, wie sie PAGEnstEcuer beschreibt, habe ich nicht beobachten können, obgleich ich dieselben täglich in Augen- schein nahm. Wahrscheinlich ist es, dass dieselbe schon vorher im Freien stattgefunden hatte. Eier wurden von den Thieren im Laufe des Sommers in großer Zahl abgelegt, und lasse ich eine genaue Liste dersel- ben sammt Angabe des Datums der Auffindungszeit unten (p. 654) folgen. PAGENSTECHER (63) berichtet uns (p. 25) : »Spärlich abgelegte Eier wurden mit großer Mühe im Aufbewahrungsglase an Holz, Blättern, Moos gefunden, wobei durch die röthliche Farbe die Zugehörigkeit einigermaßen wahrscheinlich wurde. Ein Ei maß nur 0,12 mm an Länge«. — Ferner (p. 26) : »Etwa zehn erwachsene Milben, welche von den letzten Untersuchungen im Herbste übrig geblieben waren... . als sie am Schlusse des Jahres wieder hervorgeholt wurden, zeigten sie sich umgeben von einer kleinen Nachkommenschaft. Die jungen Thiere maßen nur 0,12—0,25 mm an Länge und den dritten Theil an Breite.« Hieraus und aus den anatomischen Angaben von PAGENSTECHER schließe ich, dass derselbe seine Untersuchungen lediglich im Herbste angestellt hat, d. h. an geschlechtlich noch unreifen Thieren. Die er- wähnten »vereinzelt abgelegten« Eier, so wie das von ihm Taf. 2, Fig. 48 abgebildete Ei gehören nicht zu unserem Trombidium. Dieses Thier legt seine Eier nicht vereinzelt, sondern in Haufen von 4100 Stück und noch weit darüber, seltener unter Steinen oder dgl. ab, sondern meist in feuchte Erde, in die sich das Thier zu diesem Zwecke einwühlt. In zwei Fällen wurde bei der allmorgentlich statt- Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. Bd. XXXVL. 40 994 | Hermann Henking, findenden Durchmusterung des im Behälter befindlichen Erdreiches je ein Thier bei der Ablegung der Eier angetroffen. In dem einen Falle lag das Thier auf dem Rücken, die Eier waren in derselben Weise wie Menge es von den Spinnen beschreibt, wie in einem Gusse aus der Ge- schlechtsöffnung ausgetreten und lagen als ein kompakter Haufen über ihr und dem Bauche des Thieres. In dem anderen Falle stand das Thier aufrecht über seinem Eihaufen ; doch befanden sich beide sonst in der entsprechenden Lage zu einander wie bei ersterem Thiere. Der erste Eihaufen wurde in der Gefangenschaft am 14. Mai Vor- mittags aufgefunden, war also in der Zeit vom 413. Nachmittags bis zum erstgenannten Termine abgelegt worden. Ein am 20. desselben Monats im botanischen Garten zu Göttingen unter einem Grottensteine gefundenes Eihäufchen trat einen Tag früher in das Schadonophanstadium als das erstgenannte, mag also einen oder wenige Tage früher abgelegt sein. Das letzte Häufchen bekam ich am 7. Juliund kann man hiernach die Legezeit mit ziemlicher Sicherheit als von Anfang Mai bis Mitte Juli reichend bezeichnen. In selteneren Fällen mag dieselbe aber immerhin überschritten werden : So fand ich zuletzt eine vereinzelte auf einer schwarzen Blattlaus des Spargels parasitirende Larve am 20. September, und würde bei einigermaßen normaler Ent- wicklung die Ablage des Eies, aus dem sie hervorging, frühestens An- fang August stattgefunden haben müssen. Um einzelne Thiere nach erfolgter Eiablage untersuchen zu können, wurde eine Anzahl derselben, die ich für trächtig hielt, dadurch isolirt, dass ich über jedes ein Glasgefäß stülpte. Bald legten sie auch die Eier ab. Auf diese Weise bekam ich mehrere Thiere, von denen ich über- zeugt sein konnte, dass sie sich ihrer reifen Eier vollständig entleert hatten. Einige wurden für die Untersuchung reservirt, wobei sich ergab, dass wirklich alle reifen Eier fort waren, andere, 10 an Zahl, wurden in ein besonderes Gefäß gesperrt und gefüttert wie die übrigen. Nach ungefähr vier bis sechs Wochen, nämlich am 26. Juni, fand ich zu meinem größten Erstaunen in der Erde des Behälters zwei Eihaufen, am 27. Juni vier dessgleichen, am 29. Juni abermals einen und den letzten am 7. Juli, zusammen also acht Eihaufen. Die Zahl der Eier in einem jeden Haufen war nicht so groß wie bei der ersten Ablage, sie waren auch nicht so gut unter einander verklebt. Selbst in dem Falle, dass sich ein oder zwei Thiere vor der ersten Ablage mit unter die Internir- ten gemischt hätten, ein Fall, der aber nicht wahrscheinlich ist, so könnten doch von ihnen die zu so verschiedenen Zeiten abgelegten Eier 1 A. MEnez, Preußische Spinnen. I. Abtheilung. p. 33. in: Schriften der natur- forschenden Gesellschaft in Danzig. Neue Folge. Heft 3. Bd. I. 1866. Beiträge zur Anat., Entwicklungsgesch. u. Biologie von Trombidium fuliginosum Herm. 595 ‚nicht herrühren, müssen also von den übrigen herstammen. Der größte Theil derselben entwickelte sich in normaler Weise, ging in das Schadonophanstadium über und später schlüpften die Larven aus, die sich dann allerdings mit den übrigen vermischten. Dieses Experiment verdient jedenfalls noch einmal angestellt zu werden, um den Fall mit vollster Evidenz zu beweisen. Da ein Recepta- culum seminis bisher bei diesen Thieren nicht aufgefunden wurde und wohl auch nicht vorhanden ist, so bleibt uns nur die Annahme einer parthenogenetischen Fortpflanzung übrig. ‚Die geschlechtsreifen Individuen verschwinden im Sommer ganz allmählich und habe ich nach Mitte Juli nur vereinzelte im Freien auf- gefunden. In meiner Zuchtanstalt starben die letzten ungefähr zu der- selben Zeit, und wird die Art von da ab im Freien eine Zeit lang nur durch die Jugendformen repräsentirt. III. Entwicklungsgeschichte. 1. Nomenklatur für die Entwicklungsgeschichte, CLAPAREDE (8) unterschied bei der Entwicklung von Atax fünf Sta- dien und benannte sie folgendermaßen: 4) Entwicklung im’ Ei und Bil- dung des Deutovum. — 2) Entwicklung innerhalb des Deutovum. — 3) Erste Larvenform. — 4) Rückkehr zu einem eiähnlichen Stadium und Bildung der zweiten Larvenform. — 5) Bildung des ausgebildeten Thieres. — Bei der Entwicklung von Myobia musculi schiebt sich dann noch in das Stadium 2, also vor dem Ausschlüpfen der ersten Larven- form (3), ein Tritovumstadium ein, wie es jener Autor nachwies. Ein solches Stadium ist bisher bei keiner Milbe weiter beobachtet worden. An Stelle der Ausdrücke »erste« und »zweite« Larvenform haben sich seitdem zwei andere bessere Termini, auf Veranlassung von Mtenın besonders, Eingang verschafft, nämlich die Bezeichnungen »Larve« für ersteres und »Nymphe« für letzteres Stadium. Unter Larve verstehe ich die sechsfüßige Jugendform, unter Nymphe die achtfüßige Jugendform, welche vom Prosopon durch ein »eiähnliches Stadium« im Sinne CLapı- REDE’S getrennt ist. Nun haben aber in jüngster Zeit die Ausdrücke Deutovum und Tritovum eine Verwirrung in der Terminologie hervorgerufen, indem dieselben in mehreren Publikationen von G. Harızr fälschlich für die von ÜLAPAREDE »eiähnlich« genannten Zustände der Stadien 4 und 5 gebraucht sind. Harzer legt also denselben einen Sinn bei, der ihnen nach der Bestimmung von CLAPArkDE durchaus nicht zukommt. Folgende Citate mögen zum Beweise dienen: Die Milben als Para- 40* 596 Hermann Henking, siten der Wirbellosen von G. Harzer (26, p. 16): »Die Hypopen ver- wandeln sich, indem sie unter dem Schutze der alten Chitinhaut den vorhandenen Körper auflösen, zunächst wieder zu einem sekundären Ei (daher der oft gehörte Ausdruck Deutovumstadium).« — 1. c. p. 42 (und p. 88): »Hierher (zu den Hygrobatidae) gehört die Gattung Atax. ... Das Tritovumstadium wurde von Unrmann wiederholt an den Beinen kleiner Libelluliden gefunden.« — Ferner sagt er (cf. Zoologischer An- zeiger vom 25. Juli 1884: Die Mundiheile und systematische Stellung der Milben. Vorläufige Mittheilung von G. HıLLer, p. 385): » Dieselbe (die Entwicklungsgeschichte der Milben) bietet in der sechsbeinigen ersten Larvenform Anknüpfungspunkte mit dem Nauplius der Grusta- ceen, welcher ja ebenfalls nur drei Beinpaare besitzt (sic!), in den Deutovum und Tritovumstadien Ähnlichkeit mit der Puppenruhe der In- sekten.« — 1. c. p. 386: »postembryonale Entwicklung (der Acaroidea) nicht selten durch Deutovumstadien unterbrochen «. Unter solchen Umständen und in Erwägung der Thatsache, dass. die Ausdrücke Deutovum und Tritovum allerdings sehr leicht zu Ver- wechslungen Anlass geben können, möchte es vielleicht am Platze sein, eine neue Nomenklatur einzuführen, die sämmtliche Perioden während der Entwicklung gleichmäßig berücksichtigt. Der Verfasser erlaubt sich daher, die weiter unten folgenden Termini für die einzelnen Epochen vorzuschlagen. Nicht nur im Ei tritt die von CLArArkDE (8) »Zwischenhaut« ge- nannte spätere Hülle seines Deutovum auf, sondern auch in den »eiähn- lichen « Stadien, in welche Larve und Nymphe übergehen. Ich bezeichne- diese Membran durchweg als Apoderma!, da dieselbe nur verhält- nismäßig kurze Zeit dem Thiere als Hülle dient, dann aber abgeworfen wird. Das eiähnliche Stadium, aus dem die Nymphe hervorgeht, nenne ich Nymphochrysallis?2, das eiähnliche Stadium, aus dem das erwachsene Tbier (v&Agıog) hervorgeht, Teleiochrysallis 2. Mit dem Auftreten des Apoderma geht die Milbe im Ei in das. Schadonophan-Stadium (oxadwv, 7 — Larve), in der Nymphochrysallis 1 nodeoue To detracta pellis. 2 Chrysallis wird zwar ziemlich allgemein mit nur einem ] geschrieben, doch ist es jedenfalls korrekter, ein doppeltes l anzuwenden. Wenn die Franzosen meist chrysalide und die Engländer chrysalis schreiben, so ist das auch falsch. — Cf. außer den griechischen Lexicis von Rost und von Par den maßgebenden Thesaurus Grae- cae linguae ab HEnR. Stepuano. Parisiis 1865: (yovoaAdis, idos, 7) govcakis, (dos, N Aureola Ss. Aurelia.... Ad sceripturam quod attinet, non dubitandum quin yovoaAAis ubique scribendum Sit, quod ap. Theophr. quoque H. Pl. 2, 4, 4 etC. Pl. 5, 7, 3, Urbinas aliique libri servarunt. ... G. Dısp. Beiträge zur Anat., Entwicklungsgesch. u. Biologie von Trombidium fuliginosum Herm. 597 in das Nymphophanstadium, in der Teleiochrysallis in das Teleiophan- stadium über. Aus dem Schadonophan-, Nymphophan-, Teleiophanstadium geht aber zugleich mit dem Abwerfen des Apoderma die Larve, resp. die Nymphe, resp. das erwachsene Thier oder das Prosopon hervor. Nach einander folgen die Stadien also in dieser Weise: Ei — Schado- nophanstadium — Larve, — Nymphochrysallis — Nymphophanstadium — Nymphe, — Teleiochrysallis — Teleiophanstadium — Prosopon = erwachsenes Thier. | Eine schematische Übersicht möge das Verständnis leichter machen: Ruhende Stadien Freilebende Stadien DPF mn m ———— mn m 4. Ei en Schadonophanstadium „ Larve Be o © 8 og e- ge = 23. Nymphochrysallis ©< Nymphophanstadium SS Nymphe = 09 [e) g= = = a 3, Teleiochrysallis “ “ | Teleiophanstadium “in Prosopon In den drei großen Perioden, in welche die Entwicklungsge- schichte von Trombidium zerfällt, entsprechen die einzelnen Stadien einander in höchst wunderbarer Weise, wie wir es weiter unten sehen werden, und diesem Verhältnis wurde bei der Nomenclatur, so weit es irgend anging, Rechnung getragen. Im Schema sind die einander ent- sprechenden Stadien durch Vertikalstriche verbunden. 2. Übersicht über die Entwicklungsgeschichte der einzelnen Milbengruppen. Der Zweck der folgenden Mittheilungen ist der, einen Überblick über den jetzigen Stand unserer Kenntnisse in Bezug auf Entwicklungsgeschichte sämmtlicher Acarinen zu geben und so eine Vergleichung der entwicklungs- geschichtlichen Vorgänge und Stadien der einzelnen Gruppen unter einander und speciell mit denen der Trombidien zu erleichtern. Manche scheinbar ganz vergessene Angaben älterer Autoren werden bei dieser Betrachtung wohl in einem bedeutungsvolleren Lichte erscheinen als bisher. Geordnet sind die Familien der Milben nach der von P. Kranmer (38) eingeführten auf dem Tracheensysteme beruhenden Eintheilung, da dieselbe wohl die größte Verbreitung gefunden hat. A. Acarinatracheata. Prostigmatia. Trombididae (s. str.). Die von M&cnın (51) herrührenden Angaben beziehen sich auf Trombidium fuliginosum Herm. und Trombidium holoseri- 598 Hermann Henking, ceum L., und werden, da sie mit den Beobachtungen des Verfassers dieses nur wenig übereinstimmen, im Laufe vorliegender Abhandlung noch häu- figer citirt werden, so dass eine Besprechung derselben an diesem Platze kaum noch nöthig sein dürfte. Rhyncholophidae. Ducks (14) machte die Beobachtung, dass die achtfüßige Nymphe von Rhyncholophe cendr& mit einer Häutung (Teleiochry- sallis) zum erwachsenen Thiere (Prosopon) wurde (p. 33). FRAUENFELD (18) beschreibt (p. 889 bis 893) die von ihm z. Th. beob- achtete Entwicklung von Rhyncholophus oedipodarum Frauenf. Die an Oedipoda variabilis Pall. schmarotzenden sechsfüßigen Larven häuteten sich und wurden vollständig zu einer sackartigen anhangslosen und nadelrissigen Puppe, an welcher die abgestreifte sechsbeinige Larvenhaut hängen blieb. Daraus hervor ging eine achtbeinige von ihm für das vollkommene Thier ge- haltene Form, eine Nymphe. Diese Beschreibung enthält nun aber die einzige Andeutung von einem im postlarvalen Zustande der Milben beobachteten Apoderma; denn aus der Darstellung ist ersichtlich, dass die Puppe eine neue Hülle, eben das Apo- derma, erhalten hat, während die Larvenhaut hinfällig geworden ist. In der Puppe FrAUENFELD’s, deren Beschreibung durchaus mit dem bei Trombidium vorkommenden Verhalten übereinstimmt, haben wir es zweifelsohne mit dem Nymphophanstadium zu thun. Tetranychidae. Dusks (14), welcher in seinen fundamentalen Unter- suchungen über die Entwicklung der Milben zuerst mit Sicherheit be- hauptete, dass die sechsfüßigen Arten LATREILLES, wie Leptus, Ocypete, Astoma, Achlysia und Caris nur die Jugendzustände von achtfüßigen Milben seien, wies unter andern auch schon für Tetranychus telarius Dug. (Trom- bidium tiliarium Mem. I, p. 27) durch direkte Beobachtung nach, dass aus dem Ei eine sechsfüßige Jugendform ausschlüpfe. Die Eier von Tetranychus telarius waren es ebenfalls, welche viel später CLAPAREDE (8) die Bildung des Blastoderms erkennen ließen. Inmitten eines Körnchenhaufens erschien an der Oberfläche des Eies ein wahrschein- lich vom Keimbläschen herstammender weißlicher Zellkern, und aus ihm entstand durch fortgesetzte Theilung und schließliches Zusammenrücken der neu gebildeten Zellen das Blastoderm (p. 485 ff.) Die Bildung der Glied- maßen erfolgt wie überall bei Milben durch Auswachsen wulstförmiger Er- hebungen der Keimschicht; doch wird die Untersuchung des schon weit entwickelten Embryo dadurch erschwert, »dass einige beständige Falten der Dotterhaut auftreten«. Sollten diese sonst etwas unverständlichen Falten vielleicht durch ein Apoderma erzeugt sein, obgleich CLAPAREkDE ein Deutovum in Abrede stellt? Hinzu kommt noch, dass er niemals das Reißen der Dotterhaut und das Aus- schlüpfen der Larve beobachtet hat (p. 490). Erythraeidae. Duvcks (14) hat festgestellt, dass Erythraeus cornige- rus, obgleich er schon achtfüßig (eine Nymphe) war, eine Form, welche Dusks sonst stets irrthümlicherweise für vollendet hielt, doch noch eine Häutung durchzumachen hatte (Mem. III, p. 60). Rhaphignathidae. Duscks (14) verfolgte die Entwicklung von Rhaphignathus ruberrimus vom Ei ab und konstatirte das Vorhandensein der sechsfüßigen Larve, der Nymphochrysallis und Nymphe. Beiträge zur Anat., Entwicklungsgesch. u. Biologie von Trombidium fuliginosum Herm. 599 Hydrachnidae. Ducss (14) hat die vollständige Entwicklung von Hydrachna cruenta Müll. erforscht und beschrieben (p. 165—171). — Aus den im Mai in den Stamm von Potamogeton fluviatilis abgelegten Eiern schlüpften nach mehr als sechs Wochen die sechsfüßigen von Aupovın Achlysia genannten Larven aus, welche Nepa cinerea, die Ranatren, Dytisciden und Hydrophilus angreifen und, ohne diese ihre Nährthiere zu verlassen, zu immer noch wachsenden und saugenden (?) Nymphochrysal- liden werden. Die ausgeschlüpften freischwimmenden Nymphen wurden nach einigen Wochen zur Teleiochrysallis (nymphe secondaire Duges), und daraus ging dann das erwachsene Thier (Prosopon) hervor, dem diejenigen Beine fehlten, welche Duczs der Nymphe vor der Verpuppung abgeschnit- ten hatte. Schon SwamMERDAMM (74) hatte die Nymphochrysallis von Hydrachna cruenta an Nepa cinerea gefunden und hatte durch Präparation die schon fast ganz darin entwickelte Nymphe mit ihren vier Beinpaaren freigelegt und Taf. III, Fig. 5 abgebildet. DE GEER (21) sah die Nymphochrysallis ebenfalls an Nepa und Dytis- ciden und beobachtete auch das Ausschlüpfen der achtbeinigen Nymphen (p- 14a—445). Hygrobatidae. Duscks (14) hatte für Atace arlequin (Hydrachna histrionica Herm.) und Diplodontus scapularis Dug. nachgewiesen, dass aus den Eiern sechsfüßige Larven hervorgingen und zwar hatten diejenigen der letzteren Species bis zu ihrem im Juni erfolgten Ausschlüpfen eine Ent- wicklungsdauer von zwei Wochen in Anspruch genommen (p. 152). In neuerer Zeit ist besonders die Gattung Atax bearbeitet. P. J. van BENEDEN (3) beschreibt in großen Zügen die im Ei vor sich gehende Embryo- nalentwicklung des in Anodonta parasitirenden Atax ypsilophora (F. KönıkE [37] schlägt für die von van BENEDEN irrthümlicherweise Atax ypsilophora Bonz. genannte Milbe den Namen A. intermedius vor, da er dieselbe für neu hält), hat das Auftreten des Blastoderms und das wulstförmige Hervor- knospen und allmähliche Auswachsen der Beine wohl bemerkt, und erwähnt (p- 17), dass die sechsfüßige Larve nach einer Häutung mit vier Beinpaaren versehen ist. Aber den mustergültigen Untersuchungen von CLAPAREDE (8), angestellt an dem in Unio batavus schmarotzenden Atax Bonzi Clap. (p. 451 bis 465), war es vorbehalten, die so hoch interessanten und die Milben durchweg charakterisirenden Vorgänge bei den Häutungen in genauerer Weise, als es bisher geschehen war, darzustellen. Zwischen der Anlage des Embryo und der äußeren Schale bildet sich eine nach CLAPAREDE’s Annahme von der Keimhaut abgeschiedene homogene und strukturlose »Zwischenhaut« aus (unser Apoderma), welche sich später dehnt und in Falten legt, und den die Eischale durchbrechenden Embryo als Deutovummembran einhüllt (unser Schadonophanstadium). Der zwischen ihr und dem Embryo befindliche Raum ist mit einer hellen Flüssigkeit angefüllt, in welcher Hämamöben langsam hin und her kriechen. Aus dem Deutovum bricht dann nach einiger Zeit die sechsfüßige Larve nach außen. Die Lebensdauer derselben ist beschränkt, bald begiebt sie sich zur Ruhe und schwillt, nach CLArArkpe’s Annahme durch Eindringen von Wasser, zur Kugel an, wobei die Chitinhülle vom Körper und von den Extremitäten 600 Hermann Henking, abgehoben wird. Letztere werden »förmlich eingezogen«, und wachsen dann wieder hervor, und zwar nicht nur drei, sondern vier Paare. Welches Beinpaar hinzukommt, wird nicht angegeben. Die ausschlüpfende » zweite Larve« (unsere Nymphe) ist zwar bereits achtbeinig, aber noch nicht geschlechtsreif und besitzt nur vier Genitalnäpfe am Hinterkörper. Um zum geschlechtsreifen und mit zehn Genitalnäpfen versehenen erwachsenen Thiere (Prosopon) zu werden, muss dieselbe eine letzte Häutung durchmachen, welche unter gleichen Erscheinungen vor sich geht, wie die der Larve. Sie wird dadurch zur Teleiochrysallis. In welcher Weise sich Larve und Püppe ernähren, ob innerhalb oder außerhalb der Muschel, ist nicht angegeben. Von Atax crassipes Bruz. (p. 471 —474) sind die erwachsenen Thiere und die Nymphen freilebend, die Larven dagegen schmarotzen ebenfalls an Unionen und werden dort auch zur Nymphochrysallis. Limnesia pardina weicht nach NEumAn (60) in der Weise vom typischen Verhalten ab, dass sie das Larven- und Nymphochrysallisstadium überspringt und gleich als Nymphe das Ei verlässt. Eylaidae. Ducks (14) beobachtete das Ausschlüpfen der sechsfüßigen Larven von Eylais extendens Mull. (pl. 10, Fig. 34). — In jüngster Zeit hat C. J. Neuman 60) eine Mittheilung über das Genus Eylais Latr. gemacht. Von den im August abgelegten Eiern soll die Hälfte nach fünf Wochen, die anderen dagegen sollen erst im April des folgenden Jahres auskommen (venir a bien). Die Larven steigen an die Oberfläche des Wassers, woraus NEUMAN schließt, dass sie, ähnlich wie die Larven von Limnochares, auf Insekten leben, welche sich an der Oberfläche des Wassers aufhalten (Hydrometra etc.). Limnocharidae. pEGEER (21, Acarus aquaticus holosericeus p. 151 bis 152) und nach ihm Dvusks (44, Limnochares aquaticus p. 161) konstatir- ten für Limnochares holosericeus Koch das Auftreten von sechsfüßigen Lar- ven und letzterer bemerkte weiter, dass dieselben auf Gerris lacustris schma- rotzen, dann zur Nymphochrysallis (Nymphe immobile Duczs) werden, und dass nach 15 Tagen die achtfüßige Nymphe erscheint. Cheyletidae. P. M&cnın (49) beschreibt in seinem Me&moire, ohne weitere entwicklungsgeschichtliche Angaben, Ei, sechsfüßige Larve, achtfüßige Nymphe und das Prosopon von Cheyletus parasitivorax Megn. und Gh. ma- cronycus Megn. Dasselbe geschieht mit Harpirhynchus nidulans Megn. (= Sarcoptes nidulans Nitzsch?), und hat er an den Eiern dieses Thieres die gleichen Vorgänge beobachtet, wie CLArAripE (8) an Myobia musculi (etwa auch ein Tritovumstadium?). Von Cheyletus heteropalpus Megn. wird außer den übrigen Stadien auch die sechsfüßige Larve beschrieben (p. 427). Wie sich die von demselben Autor (355) in den Annales de la societe entomol. 1880 veröffentlichte Angabe, dass aus den gruppenweis mit einem feinen Gewebe überzogenen Eiern von Cheyletus heteropalpus Mögn. (auf Cardinalis fulgens Ch. Bonap. gefunden) direkt achtfüßige Larven [les larves de cette espece sont octopodes en naissant« p. LXXXIV) hervorgehen, mit der vorigen Angabe zusammenreimt, ist mir unklar geblieben. Hierher gehört wohl auch der von C. Nörner (62*) beschriebene, mit Tracheen ausgerüstete Syringophilus bipectinatus Heller. NÖRNER hat die mit einer Mikropyle (p. 44) versehenen Eier, die Larve und die Nymphe ge- sehen. Die Nymphe wird mit einer letzten Häutung zum Prosopon (p. 46). — Beiträge zur Anat., Entwicklungsgesch. u. Biologie von Trombidium fuliginosum Herm. 601 Die Angaben über die Häutung sind sehr merkwürdig. Eiförmige Zustände, wie bei Atax, sollen nicht vorkommen (p. 45). P. 14 heißt es: »Bei dem Häutungsprocess löst sich die Cutis von der darüber liegenden Epidermis los, zieht sich ein wenig nach dem Körperinnern zurück und scheidet eine neue Epidermis ab.« — Bei der Häutung werden die Beine nicht aus den Haut- hülsen herausgezogen (p. 45). Nur nach außen zu, gegen den alten Haut- balg, ist die Milbe scharf abgegrenzt. Im Übrigen besteht sie aus einem gleichmäßigen, feinkörnigen, granulirten Inhalt. Über Tydidae, Megameridae, Pachygnathidae und Bdelli- dae sind bisher keine entwicklungsgeschichtlichen Momente bekannt ge- worden. Oribatidae. NıcoLET (61) hat die Entwicklung der Eier von Hoplophora magna stu- dirt und die von ihm bemerkten nach und nach eintretenden Veränderungen in 6 Figuren abgebildet (Pl. 2, Fig. 1—1 d). Derselbe hat das Zurückweichen des Dotters von der Eischale und dann das Hervorknospen der Extremitäten beobachtet. Bei der Ablage des Eies ist der Embryo schon ziemlich weit entwickelt. Dasselbe Verhalten zeigt nach CrarArkne (8) das Ei von Hoplophora contractilis Cl. (Phthiracarus contractilis Perty); zu denken giebt aber seine Angabe, dass die Eihülle sehr dünn und eigenthümlich gefaltet war (p. 514), ferner, dass der Embryo außer den Cheliceren, Maxillen und drei Beinpaaren noch ein letztes Wulstpaar aufzuweisen hatte, das CLAPAREDE als die beiden Hälften des Pygidiums bezeichnet (p. 515 und Taf. XXXIV, Fig. 2 29). Aus dem Ei dieser Hoplophora schlüpften sechsfüßige Larven aus, wäh- rend NıcoLEr (61) angegeben hatte, dass die Larven der Hoplophoren beim Verlassen des Eies achtfüßig seien, die der übrigen Oribatiden sechsfüßig. Bei der ersten Häutung der letzteren sollte dann das zweite Beinpaar, außer- dem aber die Geschlechtsöffnung hinzukommen. Eine wie große Anzahl von Häutungen die Oribatiden durchzumachen haben, ist in NicoLEr's Arbeit nicht angegeben. Die jetzt Nymphen genannten achtfüßigen Jugendformen begreift derselbe auch mit unter dem Namen Larve, und sind die von ihm p. 394 bis 399 beschriebenen und auf den entsprechenden Tafeln abgebildeten »Larven« Nymphenformen in unserem Sinne. Nur bei Oribata punctata 'p. 394) bildet er beide Stadien ab, Pl. II, Fig. 3a u. 3 b, die sechsfüßige Larve, Fig. 3c die achtfüßige Nymphe, und hinzu kommt Pl. IV, Fig. 7 das er- wachsene Thier, dessgleichen von Damaeus geniculatus (p. 396) die Larve Pl. I, Fig. 7, die Nymphe PI. II, Fig. 8, das erwachsene Thier Pl. VII, Fig. 1. MicnAeL (57) hat kürzlich die Entwicklung der Larve aus dem Ei von Damaeus geniculatus und D. clavipes beschrieben, und ferner bis zum Proso- pon hinaus verfolgt die Entwicklung der Larve von Oribata punctata Nic., Nothrus theleproctus Herm., Tegeocranus latus Koch, Leiosoma palmicincta Mich., und die der Nymphe von Nothrus palustris Koch, Pelops acromios Herm., Oribata quadricornuta Mich., Nothrus segnis Koch, Tegeocranus ve- latus Mich., Hermannia reticulata Thorell ete. so wie auch einer wasserlebi- gen Form, der Oribata sphagni Mich. Von Hermannia bistriatus (— Nothrus bistriatus Nic., die NICoLET 602 | Hermann Henking, fälschlich für die Nymphe von Nothrus palustris hielt) berichtet MicnAEL (58) das interessante Faktum, dass die Nymphen amphibiotisch sind und sich gleichmäßig im Wasser und auf dem Lande in das Prosopon verwandeln (p- 41). — In Bezug auf die Häutung der erwachsenen Nymphe wird ange- geben (57, p. 233), dass dieselbe bewegungslos wird und mit ausgestreck- ten Beinen ungefähr 44 Tage wie todt daliegt. Die einzelnen Theile des er- wachsenen Thieres bilden sich unabhängig von den ihnen entsprechenden Partien der Nymphe und die neuen Beine liegen dem Körper an und nicht in der Höhlung der alten. Vorher aber hat die Nymphe von Nothrus theleproctus und anderen zwei Häutungen durchgemacht, während bei Tegeocranus latus, Oribates quadricornutus, Leiosoma palmicincta, Damaeus verticilipes, Nothrus segnis und auch bei Nothrus theleproctus (ef. Pl. X, Fig. 3 [57]) noch die Eigen- thümlichkeit hinzukommt, dass sowohl die Larvenhaut wie die abgeworfenen Nymphenhüllen dem Rücken des erwachsenen Thieres angeheftet sind, und zwar in der Weise, dass sie mit ihren Rändern entweder koncentrische Ellip- sen bilden, während sie dem Rücken des Thieres flach anliegen (Tegeocranus latus Pl. IX, Fig. 2 |57]), andererseits aber auch kegelförmig erhaben sein können (Leiosoma palmicincta |58]) oder weniger regelmäßig angeordnet sind. Auch nach Harzer (28) bedecken sich manche Larven, z.B. von Damaeus geniculatus, mit den abgestreiften Häuten, denen noch allerlei andere Körper hinzugefügt werden. Das Prosopon der Hoplophora contractilis Cl. entsteht nach CLAPAREDE (8) in einer acarusähnlichen mit weichem und farblosem Integument beklei- deten achtbeinigen Milbenform, die wir also als eine Nymphe zu bezeichnen hätten. Die Anfangs ebenfalls farblose und weiche Hülle des ausgeschlüpften Thieres bekommt erst allmählich die Festigkeit und dunkle Färbung, welche die Hoplophora auszeichnet. Wenn HaALLer (28) angiebt, dass die Oribatiden nur im Sommer ovovi- vipar sind, gegen den Herbst hin dagegen ein einziges großes Winterei, meist in die abgestreifte Haut, ablegen, so würden dieselben, falls sich jene An- gabe bewahrheiten sollte, auch noch im erwachsenen Zustande Häutungen durchzumachen haben. Gamasidae. M&snin (52) theilt in seiner Monographie der Gamasiden dieselben in die vier Genera Gamasus, Pteroptus, Uropoda und Dermanyssus ein. Die beiden ersteren sind ovovivipar, die letzteren ovipar (p. 321). Eine sechsfüßige Larve ist vorhanden bei Gamasus, Dermanyssus und Uropoda, achtfüßig ist sie bei Pteroptus. Dass das junge Thier der letzteren Gattung mit acht Füßen zur Welt kommt, hatte schon Nırzsch (62) an Pteroptus vespertilionis L. Duf. beobachtet, zugleich war es ihm aber gelungen zu konstatiren, dass dasselbe als jüngerer Fötus oder Embryo nur sechs Füße hat, also im Mutterleibe schon eine Veränderung erfährt. Derartige sechs- oder achifüßige in dem Leibe eines trächtigen Weibchens beisammen gefundene und herauspräparirte Embryonen sind von ihm Taf. VIII, Fig. 4—3 abgebildet. Es ist dies Verhalten ein sehr schönes Beispiel für abgekürzte Entwick- lungsgeschichte. Den Übergang vom Ei in die sechsfüßige Larve, Nymphochrysallis und Beiträge zur Anat,, Entwicklungsgesch. u. Biologie von Trombidium fuliginosum Herm. 603 Nymphe, wobei das vierte Beinpaar hinzukam, sah schon Duvscks (14) bei Dermanyssus avium. Die genaueren Vorgänge bei der Häutung hat M&snın (56) unter Ande- ren an Pteroptus vespertilionis L. Duf. beobachtet und bereits 41874 mitge- theilt: Die Häutung der Milben bestände nicht einfach darin, dass sie ihren Körper von der alten Chitindecke loslösten und die Beine aus den alten Hül- sen herauszögen, sondern dass die Weichtheile völlig verflüssigt würden und dass das Thier ein sekundäres Ei darstelle, an dem dieselben Vorgänge ein- treten sollten, wie am ersten Ei (cf. dazu Guppen, unten p. 612). Die sechsfüßigen Larven von Gamasus werden nach MEenın (52) unter den eben beschriebenen Vorgängen zu Nymphochrysalliden und ist das Re- sultat derselben ein achtfüßiges Thier, welches aber noch weich und nur wenig größer ist, als die Larve (deuxieme forme). Da erst nach einer abermaligen Häutung die eigentliche Nymphe mit den Andeutungen der Panzerstücke an Brust und Rücken daraus hervorgeht, so haben wir jenes Stadium wohl zu identificiren mit dem Nymphophansta- dium der Trombididen, welches uns das Abwerfen des Apoderma hier erst nach einer eingeschobenen freilebenden Zeit vorführt. Aus der demnächst eintretenden Teleiochrysallissoll dann das geschlechts- reife Männchen und das begattungsfähige junge Weibchen hervorgehen. Dieses letztere scheint keine vollständige Häutung mehr durchzumachen, be- vor es trächtig wird, wenn auch MeEenın (52) sagt (p. 324): »la femelle deyra encore subir une mue pour etre tout a fait adulte«; denn unter »mue« versteht er, wie er selbst auf der vorhergehenden Seite (p. 323) aus einander setzt, eine vollständige Verflüssigung des Thieres und ein Zurückgehen sämmt- licher Organe zu einem eiähnlichen Zustand. Hier aber sagt er des Weite- ren: »A lage nubile on voit deja chez la jeune femelle les lineaments de l’organe d’accouchement qui apparait comme A travers un voile; en effet, ce voile se dechire bientöt et tombe en meme temps que le plastron dorsal en deux parties, ce qui indique un &tat encore imparfait chez les gamases du troisieme sous-genre. La femelle est alors completement adulte.« — Wenn überhaupt noch eine Häutung bei diesen Weibchen stattfindet, so scheint es danach ein bloßes Abstreifen einer Haut zu sein. P. Kramer (40) beschreibt kurz eine sechsfüßige Larvenform (unsere Larve), eine erste (entsprechend einem freien Nymphophanstadium oder der Nymphe) und zweite achtfüßige Larvenform (entsprechend der Nymphe oder einem freien Teleiophanstadium) und die reife Form (Prosopon) von Uropoda tecta Kr. (p. 403), Trachynotus pyriformis Kr. (p. 420), Sejus serratus Kr. (p. 429) — die gleichen Entwicklungsstadien mit Ausnahme der sechsfüßigen Larvenform von Uropoda ovalis Koch (p. 408) und Uropoda clavus Haller (p. 414) —, von Uropoda splendida Kr. die zweite achtfüßige Larve. Zu den Gamasiden gehört nach Brapy (6, p. 309) auch die von ALLMAN (1) im Meerwasser entdeckte Halarachne Halichaeri, welche wahrscheinlich vivipar ist und sofort die sechsbeinigen Larven zur Welt bringt. Dieselben sollen jedoch die Anlage des vierten Beinpaares in Form eines konischen ee Zapfenpaares schon unter dem Imegtinenie tragen (1, Pl. I, Fig. 41 604 Hermann Henking, Ixodidae. Die älteren Arbeiten von CHABRIER (7), W. J. Mürter (59) und H. Lucas enthalten nur Angaben über die Eiablage von Ixodes. : Die sechsfüßigen Larven, achtfüßigen Nymphen und die erwachsenen Thiere hat PAGENsTEcHEr (64) beschrieben und abgebildet. Eine Häutung der Nymphe und Übergang in die folgende Gestalt soll während einer Nacht stattgefunden haben, wobei das festgesogene Thier seinen Platz veränderte. An der verlassenen Stelle konnte keine Spur der Haut gefunden werden (p. 21). Es scheint demnach diese Häutung doch etwas problematisch zu sein. Die Nymphe hat nach PAGENSTECHER (64) das vierte Beinpaar neu er- halten. M&cnın (54) machte die Beobachtung, dass aus den von einem Ixodes in der Zeit vom 22. Mai bis 23. Juni abgelegten Eiern zwischen dem 25. Juli bis 9. August junge sechsfüßige Larven ausschlüpften, welche, ohne Nahrung aufzunehmen, allein aus dem von der Mutter mitgegebenen Nahrungsdotter die Kosten ihrer sämmtlichen Metamorphosen bestreiten sollen. Es ist das aber nur Hypothese, da M&£enın dieselben nicht verfolgt hat. Die Entwicklungsdauer zwischen Ei und Larvenstadium beträgt hier also, wenn wir die entsprechende Distanz der angegebenen äußersten Ter- mine berechnen (22. Mai bis 25. Juli und 23. Juni bis 9. August), an- nähernd zwischen 47 und 64 Tagen, während die gleichen Stadien bei Trom- bidium fuliginosum nur durch eine Zwischenzeit von 27 bis 40 Tagen ge- trennt sind. Tarsonemidae sind bisher nicht untersucht. Myobiidae. Wir verdanken CLAPArkDE (8) eine Beschreibung der so höchst eigen- tnümlichen Verhältnisse, wie sie bei der Entwicklung von Myobia musculi Clap. eintreten (p. 526—529). Nachdem sich im Ei das zellige Blastoderm angelegt hat, sprossen bald fünf Wulstpaare hervor, von denen die beiden ersten zu einem aus zwei Hälften bestehenden Rüsselfortsatze verschmelzen, während die übrigen drei die Anlage der Beine vorstellen. Die Gliedmaßen verstreichen aber nicht lange nach ihrem Entstehen wieder, der Embryo hat inzwischen eine Cuticula (Apoderma) abgeschieden, und durchbricht mit einem daran befindlichen Zahnfortsatze die Eischale, indem er so ein Deutovum bildet (unser Schadono- phanstadium). Nun ziehen sich die Weichtheile von der Hülle zurück, die Gliedmaßen sprossen wieder hervor, indem sie sich nach vorn richten, jedoch nur, um abermals zu verstreichen. Wiederum hat der Embryo eine Hülle abge- schieden und durchbricht die Deutovummembran. Jetzt stellt er das Trito- vum CLAPAREDE’S dar (Il. Schadonophanstadium), und in ihm entwickelt sich die sechsfüßige Larve in ihrer definitiven Gestalt. Eine derartige zweifache embryonale Häutung ist bisher von keiner andern Milbe bekannt geworden. MEsnın (49) führt die einzelnen Stadien von Myobia musculi an (Ei — Beiträge zur Anat., Entwicklungsgesch. u. Biologie von Trombidium fuliginosum Herm. 605 sechsfüßige Larve — achtfüßige Nymphe —- Prosopon), ohne weitere ent- wicklungsgeschichtliche Angaben zu machen. B. Acarina atracheata. Glyciphagus. FumouzE et RoBın (20) gaben eine kurze Beschreibung der Eier, Larve, Nymphe und des Prosopon von Glyciphagus cursor Gerv. (p. 574) und Glyciphagus spinipes Koch (p. 578). In jüngster Zeit hat Kramer (39) Beobachtungen über die Entwicklung von Glyciphagus mitgetheilt. Die aus dem Ei ausgeschlüpften sechsfüßigen und noch nicht mit einer Gechlechtsöffnung versehenen Larven (I. Stadium) zeigten im Nymphophanstadium langsam auf der innern Fläche der todten Haut hin und her kriechende amöbenartige Häufchen. Was sie bedeuten und was aus ihnen wird, hat KrAMeEr nicht erkannt. Nach der Häutung ist aus der Larve eine mit acht Füßen und bereits mit einer Geschlechtsöffnung versehene Nymphe geworden (ll. Stadium KrAMER’s) ; sie besitzt aber nur zwei Saugnäpfe. Das vierte Beinpaar ist neu hinzugekommen. Mit einer abermaligen Häutung geht die Milbe in das Ill. Stadium Kramer’s über, in dem die Geschlechtsöffnung mit vier Saugnäpfen ausge- rüstet wird. Geschlechtsunterschiede scheinen noch nicht vorhanden zu sein. Dieselben treten ein mit der letzten Häutung, welche die Milbe in das vierte Stadium überführt, und beruhen hauptsächlich auf der verschiedenen Anord- nung der Leisten und der Geschlechtsöffnung bei beiden Geschlechtern. Tyroglyphus. Die älteste Nachricht von der Entstehung eines Tyroglyphus stammt von ARISTOTELES (2) her und möge desshalb hier einen Platz finden, wenn sie auch keine näheren Angaben enthält: »Kat &v unolw de ylyveraı rakaıov- uevo, wgrreo Ev EVAw LCwov, 6 dn doxsl EAaxıorov eivaı rov Luwv cav- Tv nal naheiraı Üxagı, Aevnov nal uungov« (p. 238). Sehr genaue und sorgfältige Beobachtungen über die Begattung, Ei- ablage und Entwicklung einer Milbe, in der wir nach dE GEEr (21) den Acarus domesticus zu erblicken haben, rühren von LEEUWENHOoER (45) her und sind in Epistola 77 vom Januar 1694 beschrieben. Einige der träch- tigen Milben setzte er in ein Glasgefäß, gab ihnen als Nahrung ein Stückchen Zwieback (panis bis coctus) und verschloss das Gefäß genau. Bald legten dieselben Eier ab, und da LEEUWENHOoEk das Gefäß in der Tasche bei sich trug, um die kalte Temperatur des Oktobers fern zu halten, so schlüpften bereits nach acht Tagen die jungen Milben aus: »sed quod mirabar, illi non nisi sex habebant pedes, cum ii, qui paulo erant vetustiores, 8 pedibus essent instructi«. Weitere Beobachtungen LEEUWENHoER’s (44) rühren vom Jahre 1708 her. Der Autor fand Milben an Feigen in einem Krämerladen und trug wiederum die trächtigen Weibchen in einer Büchse eingeschlossen in der Tasche mit sich herum, und bemerkte, dass die Anfangs hellen Eier allmäh- ich dunkler wurden und dass nach 1% Tagen die Jungen ausschlüpften, 606 Hermann Henking, während Eier, welche er im November und December frei im Zimmer stehen ließ, ihre Entwicklung erst im Laufe von sieben Wochen vollendeten (p. 406). on scheint also der Erste gewesen zu sein, der das Auftreten einer sechsfüßigen Jugendform bei einer Milbe konstatirt hat. DE GEER (21) sah ebenfalls das Auftreten einer sechsfüßigen Larve bei Acarus domesticus (= Tyroglyphus Siro nach WALCKENAER und GERVAIS [76 p. 261]), und Duczs (14) kannte außerdem die Nymphe, welche das vierte Beinpaar hinzu ergänzt hatte (p. #1). Sämmtliche Formen, also Ei, Larve, Nymphe und Prosopon, erwähnen Fumouze et Rosın (20) für Tyroglyphus siculus R. et F. (p. 586). Bei Tyroglyphus longior Gerv. hat FumouzeE (20) beobachtet (p. 584), dass nach 10 bis 15 Tagen aus dem Ei eine sechsfüßige nicht sexuirte Form hervor- gehe. Merkwürdigerweise fehlt nun gerade bei diesem Thiere jegliche wei- tere Beschreibung oder Erwähnung der Larve, deren Gestalt etc. bei den sonst besprochenen Individuen stets, wenn auch nur kurz, von ihnen charakterisirt ist. Sollte da nicht der Gedanke herantreten, dass aus dem Ei nicht die Larve herausgekommen ist, sondern vielleicht eine sechsfüßige Schadonophanform, die wohl von Fumouze für eine Missgeburt gehalten und nicht beschrieben wurde ? Weitere Angaben rühren von CLAPAREDE (8) her. Bei Tyroglyphus Siro und Tyroglyphus Dujardinii Clap. (p. 492—500) sprossen, wie gewöhnlich, an dem sich verdickenden Blastoderm fünf Wulstpaare hervor, aus denen die Gliedmaßen der sechsfüßigen Larven sich bilden. Nach einer Häutung werden dieselben achtfüßige Nymphen, welche bei der letztgenannten Milbe noch zwei Häutungen durchzumachen haben, bevor sie zum Q Prosopon werden. In anderen sich häutenden Nymphen sah CLAPAREDE (8) achtfüßige Hypopusformen entstehen, so dass er zu der Ansicht kam, die Hypopus seien die männlichen Tyroglyphen (p. 504—502), während Dusarpın (15) die mundlosen Hypopus für Jugendformen von Gamasiden gehalten hatte. Dagegen hat nun Meenın (47; 50) für Tyroglyphus rostro-serratus Megn. und Tyroglyphus mycophagus Megn. den Nachweis geliefert, dass die Hypopus derselben nichts Anderes als adventive und heteromorphe Nymphen sind, welche nur den Zweck haben, die sehr langsamen und bei Trocknis sofort absterbenden Tyroglyphen einerseits vor dem Aussterben zu bewahren, andererseits zu verbreiten. Desshalb sind sie mit Saugnäpfen ausgerüstet und lassen sich von Insekten und anderen Thieren an günstige Orte tragen, wo sie sich in normale Tyroglyphus-Nymphen zurückverwandeln können. Vor dem Austrocknen aber schützt sie die Festigkeit ihres Panzers. Die normalen Nymphen gehen also durch eine Hypopichrysallis in die Form des Hypopus über, und dieser wird wieder zur normalen Nymphe nach der Umwandlung in eine (zweite) Nymphochrysallis. Von beiden Thieren sind die einzelnen Entwicklungsformen, also Ei, sechsfüßige Larve, achtfüßige Nymphe und Prosopon beschrieben und auch die Nympho- und Teleiochrysallis erwähnt (47, p. 380—381). Beachtens- werth ist die Angabe, dass die weiblichen Thiere nach der Begattung noch eine Häutung durchmachen, nach der die Geschlechtsorgane erst die für die Eiablage nöthige Ausbildung erlangen sollen, während bei den männlichen Thieren diese Häutung fehlt. Beiträge zur Anat., Entwicklungsgesch. u. Biologie von Trombidium fuliginosum Herm. 607 Die histiolytischen Vorgänge bei der Häutung der genannten beiden Formen und auch von Tyroglyphus Siro Latr. hatte MEenın schon früher beobachtet. Ei, sechsfüßige Larve, achtfüßige Nymphe und Prosopon von Tyrogly- phus sironiformis hat Rosın (66) beschrieben (p. 436). HALLER (33) beschreibt »achtfüßige normale Larvenstadien« (p. 272— 273) seines auf Eichhörnchen lebenden Dermacarus nov. gen. und spricht die Vermuthung aus, dass Homopus sciurinus Koch eine hypopiale Nymphen- form desselben sei. | Kraner (41) erwähnt das Ei, die sechs- und die achtfüßige »Larve«, so wie das Prosopon von Tyroglyphus carpio Kram. Dermaleichus. CH. Rogın et P. Meenın (67) haben die einzelnen Stadien in der Ent- wicklung ihrer Sarcoptides plumicoles (spec. Pterolichus falciger) näher be- schrieben. Ihre »1!° phase« handelt de l’etat ovulaire et embryonnaire (p. 232). Merkwürdig ist dabei folgende Angabe: La segmentation du vitellus n’est pas encore commencee sur le plus grand nombre, lorsqu’a lieu la ponte; cependant il est quelques especes chez lesquelles le vitellus est deja divise en quatre globes vitellins, alors que l’oeuf est encore contenu dans l’oviducte. La division a lieu par plans perpendiculaires au grand axe du vitellus (p. 233). Es bleibt abzuwarten, ob sich diese Beobachtung einer vitellinen totalen Furchung, wie sie unter den Arachniden bisher nur bei Chelifer von METSCHNIKOFF beschrieben ist, in der Zukunft bestätigen sollte. Die Larven (2° phase) sollen lediglich zum Zwecke ihrer Körperver- größerung 2 bis 3 Häutungen durchmachen (p. 233—235). Bei der sich entwickelnden Nymphe sprosst hinter dem dritten Beinpaare das vierte als neu hervor (p. 244). Die Angabe in Betreff der Häutungen der Nymphe (3° phase) scheint mir doch etwas unsicher zu sein, da die Anzahl derselben nach einem recht zweifelhaften Merkmale bestimmt wurde; denn p. 237 heißt es: »Les enve- loppes octopodes abandonnees par les nymphes sont de plusieurs grandeurs et d’apres les varietes de leurs dimensions on voit, que ces animaux subissent en moins deux ou trois mues en restant a l’etat de nymphe, avant d’arriver a l’etat sexue, et qwäa chaque mue l’Acarien sort plus grand quil w’etait auparavant.« Es werden doch hier schwerlich die gleichaltrigen Nymphen genau von derselben Größe sein, und sind verschieden große Thiere daher wohl im Stande auch bei nur einmaliger Häutung Chitinhüllen von den verschiedensten Dimensionen zu liefern, wie ich es beiTrombidium in jeder Puppenruhe hin- länglich konstatiren konnte. Die durch eine Häutung aus den Nymphen hervorgegangenen Männchen und Weibchen kopuliren, und noch während des Begattungsaktes geht das Weibchen in ein neues Puppenstadium über, wie es kürzlich auch von HALLER (30) bestätigt ist, indem er sagt : »Wenn dieselbe vom Männchen begattet wird, hat die letzte Häutung schon begonnen, vom früheren Larvenzustande ist nur die äußere Haut übrig, in welcher das geschlechtsreife Weibchen 608 Hermann Henking, bereits vollkommen vorgebildet, aber noch unbeweglich und mit an der Bauchfläche gekreuzten Beinen ruht« (p. 382). Nach dieser Häutung haben die Weibchen die 4° phase MEenın’s er- reicht und sind zu »femelles accouplees« geworden. Es gehören hierher die Genera Pterolichus C. R., Pteronyssus C.R., Dermaleichus Koch, Proctophyllodes C. R., Pterophagus M. und sind be den Species die einzelnen Stadien dem äußeren Habitus nach beschrieben. Während Rosın et MEsnın (67) die plumicolen Sarcoptiden als ovipar bezeichnen (cf. p. 607) hält Harzer (29; 30) dieselben für ovovivipar oder gar für vivipar. Im Übrigen stimmen die Angaben HALrer’s mit denen der oben genannten Forscher überein, nämlich dass die sechsbeinigen Larven zwei und die Nymphen mehrere Häutungen durchmachen, wobei in letzterem Stadium bei der auf Meleagris ocellata gefundenen Freyana ovalis HALLER (31) die Anfangs randständigen Hinterbeine allmählich bauchständig werden. Außerdem giebt Harzer (29; 30) noch an, dass bei Dermaleichus nach der Begattung eine zweite und in selteneren Fällen eine dritte Weibchenform auftrete. Das Hervorgehen der sechsbeinigen Larve aus dem Ei hatte schon DE GEER (21) bei seinem Acarus avicularum (= Dermaleichus passerinus nach Harrer |[29, p. 72]) beobachtet. Myocoptes. CLAPAREDE (8) hat das Ei, die sechsfüßige Larve und das Prosopon von Myocoptes musculinus abgebildet und beschrieben (p. 530—534), aber keine entwicklungsgeschichtlichen Daten gegeben. Phytoptus. A. ScuEuten (70) beschreibt eine, Gallen an Birnbaumblättern bewoh- nende, vierfüßige Larve und die dazu gehörende achtfüßige Milbe (Taf. VI, Fig. 4), welche Typhlodromus pyri genannt wird. Außerdem wird noch eine »merkwürdige Zwischenform (zwischen Larve und Milbe)« erwähnt, deren beide vordere Beinpaare stummelartig und, wie aus der Abbildung zu ersehen (Taf. VI, Fig. 6), dreigliedrig sind, während das dritte und vierte Beinpaar stilettförmig ist und zwar das dritte zweigliedrig, letzteres einglied- rig. Vielleicht ist das eine Nymphe. — Die auf Lindenblättern lebende Larve von Flexipalpus tiliae Scheut. ist ebenfalls nur vierbeinig (Taf. VII, Fig. 9) und gehört dazu die Taf. VII, Fig. 114 abgebildete achtfüßige Milbe. Über Phytoptus vitis H. Land. hat H. Lanooıs (43) einige entwicklungs- geschichtliche Angaben gemacht. — Den Durchmesser des länglich runden Eies giebt derselbe auf —— m lässt d b 1 —— 1 m a 3 2 0, 28 n, ass ann aber mit zuneh mendem Wachsthum des Embryo die Eihülle sich bis auf das Doppelte der ursprünglichen Länge, bis 0,075 mm ausdehnen und zeichnet dieselbe auf Taf. XXXIH, Fig. 17 nicht mit straff gespannten Konturen, wie man ver- muthen sollte, sondern mit gezackter und gebogener Umgrenzung, wie es nur eine ziemlich weite Hülle zulassen kann. Beide Momente scheinen dafür zu sprechen, dass wir hier nithe mehr die ursprüngliche jedenfalls doch chitinähnliche und wenig dehnbare Eihülle Beiträge zur Anat., Entwicklungsgesch. u. Biologie von Trombidium fuliginosum Herm, 609 vor uns haben (das Ei Fig. 14 hat ganz scharfe Umrisse), sondern ein Apo- derma, so dass dann ein Schadonophanstadium vorliegen würde. Betrachtet doch auch Lanpois das Abwerfen dieser sich den Körpertheilen eng an- schließenden »Eihülle« als erste Häutung, eine Auffassung, die sonst wohl schwerlich gerechtfertigt sein dürfte. Die ausschlüpfende Larve hat nur zwei Beinpaare, ein neues a tritt auf in der dritten Häutung, während durch die zweite die Larve nur ge- wachsen war. Das letzte Beinpaar entwickelt sich in der vierten Häutung, aus welcher die Milbe geschlechtsreif hervorgeht. Die Möglichkeit einer weiteren Häutung (zwischen der zweiten und dritten) wird angedeutet. Wie sehr aber die Entwicklung von Phytoptus im Widerspruch steht mit der der übrigen Milben, zeigt besonders der Umstand, dass hier nicht ein, sondern zwei Beinpaare im Laufe der Entwicklung hinzukommen. Jedenfalls hat die Lebensweise einen bedeutenden Einfluss auf die Entwicklung des Thieres gehabt. Man ist vielleicht zu dem phylogenetischen Schlusse berechtigt, sämmt- liche Milben hätten früher, in gleicher Weise wie heute noch die Larven von Phytoptus, nur zwei Beinpaare besessen und die übrigen seien erst im Laufe der Zeit von ihnen erworben worden. Dass diese Annahme nicht ohne Weiteres von der Hand zu weisen ist, erhellt aus der Thatsache, dass die weitaus größte Anzahl von Milben noch eine lange Zeit, nämlich während des Larvenstadiums, mit nur drei Beinpaaren ausgerüstet sind und das vierte Beinpaar erst später erhalten. Andererseits giebt es aber Milben, welche das sechsfüßige Stadium überspringen und gleich achtfüßig geboren werden. Den Übergang zu diesen Formen bildet Pteroptus vespertilionis, welcher, wie wir oben sahen (p. 602), nach der Entdeckung von NitzscH (62) das sechsfüßige Stadium im Mutterleibe durchmacht. Das Verhältnis der erwähn- ten beiden Gruppen, der mit sechs und der mit acht Beinen auf die Welt kommenden Formen, zu einander ist ähnlich, wie das der ersteren von ihnen zu Phytoptus. Bei Phytoptus ist die vierbeinige Form erhalten geblieben, bei den anderen wird sie nicht mehr ausgebildet. Der große Zeitraum, der bei Phytoptus zwischen dem Auftreten des zweiten und dritten Beinpaares liegt, ist bei ersteren im Laufe der Zeiten kürzer und kürzer, vielleicht gleich Null geworden. Zwischenformen sind hier nicht bekannt. Ob sie ganz fehlen, wie wohl kaum anzunehmen ist, das zu entscheiden ist Sache der Zukunft. Phytoptus würde also uns ein mehr ursprüngliches Verhalten vorführen. Wir hätten danach die sechsfüßige Form auch hier als Larve im Sinne der übrigen Milben zu bezeichnen, wovon die vierfüßigen Formen vielleicht als Primärlarven zu unterscheiden wären. LAnnDoIs giebt an, dass die Milben vor der Häutung sich vollständig in das Innere der alten Haut zurückziehen und einige Zeit unbeweglich zusam- mengezogen in derselben liegen, ohne histiolytische Vorgänge dabei zu er- wähnen. Demodex. Die von E. Wırson (78) näher beschriebene und Pl. XVI, Fig. 11—24 abgebildete Entwicklung des Eies von Entozoon folliculorum ist so absonderlich, dass hier nicht weiter darauf eingegangen werden soll. Nach MEcnın (48) sind die weiblichen Demodex folliculorum Ow. vivipar Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XXXVI. Bd. A) 610 Hermann Henking, und gebären »de petites larves, rhomboidales, a extremite anterieure ar- rondie et sans trace de bouche ni d’ouverture en tenant lieu, a extremite posterieure allongee et pointue«. Dieselben sind fußlos und sollen rasch von einer Länge von 0,060 mm zu 0,090 mm und dann zu 0,150 mm heran- wachsen, indem sie »vivent certainement par imbibition ou absorption cutande puisqu’elles sont astomes« (p. 118). Unter der Hülle legen sich dann die Beine als drei Paare von ungegliederten Höckern an (deuxieme äge), und während die Larve fortfährt zu wachsen, soll auch das vierte Beinpaar warzen- förmig hervorsprossen (troisieme äge), so dass also demnach aus der ersten Form direkt eine achtfüßige Nymphe entstände. Über die Umwandlung der- selben in das Prosopon sind keine Angaben gemacht. Die Entwicklung von Demodex ist nun aber von MEGnIN jedenfalls nicht vollständig beobachtet worden. Es giebt schon der Entdecker der Haarbalg- milben, G. Sımon (73), mit aller Bestimmtheit das Vorkommen sechsfüßiger Larven an, welche in seiner Arbeit als die » vierte Form« beschrieben sind. So sagt er p. 232: »Es sind mir bis jetzt... .. von der vierten (Form) nur sechs Exemplare vorgekommen, die ich aber jedes Mal sehr deutlich gesehen habe, so dass ich mich namentlich über das Fehlen des einen Fußpaares bei der vierten Form auf das Bestimmteste zu überzeugen im Stande war.« In Taf. XI, Fig. 1 bringt er eine Abbildung dieser Form. Eine so zuversichtliche Angabe scheint mir nun aber durch die An- gaben MEsnın’s (48) durchaus nicht entkräftet zu werden, noch dazu, da sie mit den sonst von Milben bekannten Verhältnissen vollkommen im Einklang steht. Außerdem hat auch Wırson (78) sechs- und achtbeinige Formen ge- sehen, und sagt (p. 316) von seiner »kurzen Varietät«: »the production of an additional pair of legs becoming apparent after the throwing of one of the exuviae«. — Viel wahrscheinlicher ist es, dass MEsnın (48) dieses Larven- stadium übersehen hat, und bestrebt war, die weiter von ihm beobachtete Nymphochrysallis (Fig. 7 O0) in etwas gewaltsamer Weise mit dem Schado- nophanstadium (Fig. 7 B) in Zusammenhang zu bringen; denn wohl kaum ist das Hervorgehen der einen Form aus der anderen unter dem Mikroskope verfolgt worden, sondern die fertig vorgefundenen Formen werden in der dort beschriebenen Weise durch Kombinationen mit einander verknüpft sein. J. Csoxor (11) hat die Entwicklung des auf Schweinen lebenden Demo- dex phylloides verfolgt. Die »fußlosen Larven« MEenın’s (48), welche hier spindelförmig gestal- tet sind, hält Csokor (11) für die Eier der Thiere. Auch Sımon (73) hatte die gleichen Gebilde bei Demodex folliculorum für Eischalen angesprochen. Innerhalb derselben entsteht die sechsfüßige Larve, welche durch Platzen der Eihülle frei wird. Ohne ein förmliches Puppenstadium beobachtet zu haben, lässt Csokor durch Zurückweichen der Organe von der Chitinhülle diese letz- tere abgeworfen werden und das vierte Beinpaar entsteht unterhalb des drit- ten als ein Knötchen rechts und links nahe der Medianlinie. Aus der lose gewordenen Larvenhülle geht die achtfüßige Nymphe hervor und diese wird mit einer abermaligen Häutung zum Prosopon. Sarcoptidae. Bei dem Interesse, das diese’ Milben begreiflicherweise von jeher ein- geflößt haben, ist über sie und speciell über Sarcoptes scabiei, eine ungemein Beiträge zur Anat., Entwicklungsgesch. u. Biologie von Trombidium fuliginosum Herm. 611 reiche Litteratur vorhanden. Ein mit staunenerregendem Fleiße zusammenge- tragenes vollständiges Litteraturverzeichnis findet sich in dem Foliobande von FÜRSTENBERG (19) auf den ersten 172 Seiten, wo die Werke von 297 Autoren besprochen werden. —Es interessiren hier natürlich nur die wichtig- sten und neuesten Abhandlungen ; jedoch möge es gestattet sein, die durch ihr hohes Alter ehrwürdige Angabe des ArıstoTELes (2) zu citiren, da sie Ja auch die Entstehung der Milben zu erklären versucht: Oi de pIeiges | Ex Toy CagAWV' yiyvovran de, Orav uehhwow, olov LovFoL uıxgol, 00x EYOVTES 7TVOV ' TOUTOVS AV TIG KEVvENoN, 84 TOVTWwv EEEEKoVTaL pFEigeg. (p- 236—237 Key. xe.) Die Entwicklung des Eies von Sarcoptes scabiei hat Boursvıcnon (5) sehr ausführlich, aber für unsere jetzigen Anschauungen sehr wenig brauch- bar beschrieben (p. 133—145) und das Beschriebene auf Pl. 7 und 8 illu- strirt. Einige Angaben scheinen mir jedoch beachtenswerth zu sein. So sagt derselbe (p. 140) vom Ei am sechsten Tage: »Quand on examine la figure (46, pl. 8), il semble, qu'il y ait deux membranes d’enveloppe: une premiere, qui serait la coque de l'oeuf, et une seconde, qui serait la mem- brane interne dont nous avons parle laquelle contiendrait lembryon. La membrane externe existe il est inutile de le dire ; mais la membrane interne . m’existe pas. Cette sorte de poche interieure, dans laquelle le jeune acarus parait enveloppe, n’est autre chose qu’une atmosphere de liquide comme albumineux, qui, sous l’effect du compresseur s’etend regulierement autour de l’embryon, de maniere a simuler une membrane d’enveloppe.« Ferner beschreibt er p. 141: »Des corpuscules granuleux spheriques . sont isoles et irregulierement repandus dans lespace libre que la coque et l’embryon laissent entre eux.« Abgebildet sind dieselben Pl. 8, Fig. 46 p. 47, 49, 50, 51, Pl. 9, Fig. 52 und 53, und entsprechen sie jedenfalls den von CLAPAREDE (8) beobachteten Hämamöben so wie jenen bei Trombi- dium vorkommenden eigenthümlichen Mutterzellen des Apoderma. Es liegt daher auch die Vermuthung nahe, dass wir es in jener den Anschein einer Membran erweckenden Zone mit einem wirklichen Apoderma zu thun haben. Es würde interessant sein, wenn spätere Untersucher hierauf einmal ihr Augenmerk lenken wollten. Das Auftreten eines Blastoderms hat GerrAch (22) an Eiern von Sar- coptes hominis beobachtet und p. 175 als »helle Zone« beschrieben. Auch Mzenın (53) beschreibt (p. 175) die Entwicklung des Eies, ohne jedoch auf irgend welches Detail einzugehen. Er giebt nur an, dass das Ei ein Blastoderm bekäme, welches an jeder Seite fünf Knospen triebe, von denen die beiden ersten zu Mandibeln und Maxillen, die drei letzten zu Beinen würden. — Die Dauer der Entwicklung beträgt nach Boursvienon (5) und Eıcustepr (17) 10 Tage, nach Guppen (25) etwa 8 Tage, nach FÜRSTENBERG (19) 6bis 7 Tage, nach GerLAcH (22) 3 Tage, während nach M&enin (53) unter günstigen Bedingungen schon nach 24 bis 48 Stunden die sechsfüßigen Lar- ven hervorschlüpfen sollen. Nach Eıchsteort (47, p. 108) und FÜrsTEnBERG (19, p. 200) geht aus der sechsfüßigen Larve bereits nach der ersten Häutung die achtfüßige Nymphe hervor, während MEenın (53) zwei bis drei Häutungen angiebt. Diese Ansicht wird aber mit gleich schwachen Gründen gestützt, wie die- selben Angaben bei den plumicolen Sarcoptiden (v. 0. p. 607). Er sagt 44% 612 Hermann Henking, nämlich: »Les larves, avant d’acquerir la 4° paire de pattes, c’est-a-dire de passer au second äge, subissent deux ou trois mues, ce qui est indique par les tailles diverses que l’on constate a cet äge et qui sont manifestes sur- tout chez les Psoroptes.« Ein anderweitiger Beweis wird nicht gegeben. Ferner sagt derselbe (p. 179): »Les mamelons lateraux donnent naissance a de nouvelles pattes, qui ne se forment pas du tout dans l’interieur des au- tres comme dans un etui, ainsi que l’ont dit EICHSTEDT, GERLACH, BOURGUIGNON, FURSTENBERG.« Ich kann nicht unterlassen zur Rechtfertigung der genannten Autoren anzuführen, dass es ihnen gar nicht eingefallen ist, eine derartige Angabe zu machen, wie es ihnen von MEsnın (53) zugemuthet ist. So sagt EIcHSTEDT (p. 109): »Es bildet sich nämlich in der alten Haut hinter dem Kopfe ein neuer Kopf und neben diesem vier neue Vorderfüße, und eben so hinter den Hinterfüßen vier neue Hinterfüße, welche schon mit den langen Haaren be- setzt sind, die man gekreuzt auf dem Bauche fast bis zu den Vorderfüßen hinaufragen sieht.« Die Abbildungen Fig. 5 a und 6 beseitigen vollends den letzten Zweifel an den Beobachtungen EıcHstTEpr's. FÜRSTENBERG (19) dagegen schreibt (p. 199): »Sobald die Oberhaut sich von der Gutis getrennt hat, welches bald früher, bald später, nachdem die Thiere vollständig regungslos daliegen, Statt hat, werden die Beine aus den Hülsen herausgezogen und so stark gebeugt, dass sie an den Bauch zwischen der losgetrennten Oberhaut und der jungen Oberhaut zu liegen kommen. .. Die gekrümmten nun leicht zu streckenden Vorderbeine er- scheinen bei näherer Betrachtung als leere Hülsen« etc. GERLACH (22) aber stellt eine Häutung und folglich auch eine Neubil- dung der Beine innerhalb oder außerhalb der alten Beinhüllen überhaupt gänzlich in Abrede. Denn er sagt (p. 38): »Eine Häutung, in welcher die Milben längere Zeit in einen passiven Zustand versetzt sind, eine Häutung mit auffälliger Veränderung des ganzen Körpers, mit Ausbildung oder Rück- bildung einzelner Theile, eine Häutung als wirkliche Metamorphose existirt bei den Krätz- und Räudemilben nicht.« — — Über das Wesen der Häutung bei Milben hatte schon Eıcustepr (17) eine sehr richtige Vorstellung, wie aus folgenden Worten erhellt (p.108—109): »Man ist der Meinung, die Häutung sei ein bloßes Abstreifen der alten Haut, unter welcher die neue Haut, fertig gebildet, die Stelle der verbrauchten ver- trete und die Häutung habe nur die Bedeutung einer raschen Abschuppung. Diese Ansicht ist nicht richtig, denn die Beobachtung weiset nach, dass die Häutung ein viel tiefer greifender Process ist und demselben ein wahrer Larvenzustand vorausgeht.« Ab Noch treffender schildert aber Guppen (25, p. 28) diese Verhältnisse. Er sagt: »Schon Eıchstepr hat die Häutung in ihrem Wesen richtig beschrie- ben. Sie besteht gewissermaßen in einer Rückkehr der Milbe in den Em- bryonalzustand, in dem die Milbenhaut wieder zur Eischale wird. So weit es die Konsolidation der letzteren gestattet (um so weniger, je älter die Milbe ist) nähert sich ihre Form dem ursprünglichen Eiovale. Die Vorderbeine legen sich dem Kopfe an, und das Thier liegt starr und unbeweglich in seinem Gange. Unterdessen verwandeln sich, wobei die Höhlung der Extremitäten abgesperrt zu werden scheint, sämmtliche innere Beiträge zur Anat., Entwicklungsgesch. u. Bioiogie von Trombidium fuliginosum Herm. 613 Theile wieder in eine amorphe Masse, wie die des Eies war, und aus dieser erst gestaltet sich, in derselben Weise, wie beim Ei, das neue Thier.« Man sieht also, dass dieselben Beobachtungen, welche MEcnın (56) 1874 in den Comptes rendus mittheilte (v. oben p. 603), schon in derselben Weise und eben so vollständig im Jahre 1855 von Guppen (25) gemacht sind, und gebühren jedenfalls dem letzteren Autor die Ehren des ersten Ent- deckers dieses Vorganges, wenn auch MEsnın unabhängig von ihm zu gleichen Resultaten gekommen ist. Auch KÜCHENMEISTER (42) beschreibt die Häutung der Milben in der- selben Weise: »Der Inhalt ihres Leibes zerfällt indessen in eine amorphe Masse, fast wie im Ei und bei seiner Furchung« (Abth. I, p. 399). Es ist aber nicht ersichtlich, ob KÜcHEnMEISTER diese Beobachtung selbst ge- macht hat oder nur die Angaben des vielfach von ihm citirten GUDDEN wiedergiebt. Guppen (25) giebt für Sarcoptes im Ganzen drei Häutungen an, FÜRSTEN- BERG (19) ebenfalls drei, zu denen aber nach der Eiablage bei den Weibchen noch eine vierte hinzukommen kann. Bei der ersten werden die sechsfüßigen Milben achtfüßig, bei der dritten geschlechtsreif. Nach Meenın (53, p. 182) ist unter den Nymphen (2° äge) kein be- deutender Größenunterschied vorhanden, »ce qui prouve quil n’y a que peu ou point de mues dans le cours de cet äge«. Mit einer Häutung gehen aus ihnen hervor die Männchen und die »jeunes femelles puberes« (3° äge. — Age de l’accouplement MEsnin’s). Während das Männchen mit dieser Häutung seine definitive Gestalt und Ausbildung erlangt hat, erleidet nach Mesnın das Weibchen kurz nach (Sarcoptes) oder schon während der Begattung (Psoroptes, Chorioptes) eine letzte Häutung (4° äge. — Age de la ponte). — MEcnın giebt die verschiedenen Entwicklungsstadien der Varietäten von Sarcoptes scabiei Latr. bald mehr bald weniger vollstän- dig an (p. 79—93). Dasselbe geschieht mit Sarcoptes notoedresBoug. et Delaf. (p. 95—116), so wie mit den Varietäten von Psoroptes longirostris Megn. (p. 138—142) und schließlich mit Chorioptes spathiferus M., Chorioptes setiferus M., und Ch. ecaudatus M. (p. 154—161). Den Übergang der sechsfüßigen Larve von Sarcoptes incurvatusM. und Psoroptes equi Gerv. in die achtfüßige Nymphe hatte MEenın (56) schon früher beobachtet. FÜRSTENBERG (19) beschrieb auch Ei, sechsfüßige Larve, achtfüßige Nymphe und Prosopon so wie verschiedene Häutungen von Dermacoptes und Dermatophagus. | Die zum Schluss zu erwähnenden Formen gehören nach M&enın in das deuxieme sous-genre du genre Sarcoptes. Rosın (68) beschreibt kurz das Ei, die sechsfüßige »Nymphe« so wie das Prosopon von Sarcoptes mutans Ch. Rob. (p. 218—219). Diese Milbe ist vivipar (p. 220) und gebiert sechsfüßige Junge nach M&enın (53, p. 193). Der Letztgenannte hat außerdem die achtfüßige Nymphe beschrieben (p. 116). Die von Euters (16) auf Munia maja gefundene und Dermatoryctes fos- sor genannte Sarcoptide ist vivipar oder ovovivipar, und wird die junge sechsbeinige Larve schon innerhalb des mütterlichen Körpers fertig gebildet. Das Auftreten des Keimstreifens und das wulstförmige Hervorsprossen der 614 Hermann Henking, Mundtheile und Extremitäten wurde beobachtet und abgebildet (Taf. XIII, Fig. 1—5). Die sechsfüßige Milbe geht durch eine Puppenruhe in die acht- füßige noch nicht geschlechtsreife Nymphe über, welche eine in gleicher Weise verlaufende letzte Häutung durchmacht und mit ihrer letzten Gestalt daraus hervorgeht. i Mesnın (46) hat die Entwicklungsstadien des im Unterhautzellgewebe von Hühnerarten lebenden Sarcoptes cysticola Vizioli und des in den Luft- säcken derselben Thiere vorkommenden Cytoleichus sarcoptoides beobachtet. Beide sind ovovivipar. Bei der ersteren unterscheidet er Larve, Nymphe und geschlechtsreifes Männchen, außerdem eine jeune femelle pubere und eine femelle ovigere. Dieselben Formen sollen auch bei Cytoleichus sarcop- toides vorkommen, während es einigermaßen unklar erscheint, wesshalb noch eine »larve octopode« unterschieden wird, von der er weiter Nichts be- richtet, als dass sie »semblable a la nymphe « sei. 3. Entwicklung und Metamorphosen. a) Vorbemerkungen über die Entwicklungsgeschichte. Die Entwicklung der Trombididen ist bisher nur von M&enın (51) studirt worden. Nach ihm wäre das Trombidium phalangii (Tr. du Faucheur) die Jugendform von Trombidium fuliginosum, Leptus autum- nalis die Larve von Trombidium holosericeum. Beide Larvenformen sollen fertig ausgebildet das Ei verlassen (Pl. 44, Fig. 8 bei M£enın [51], bei Harzer [26, p. 52] Fig. 12), würden also durch Überspringen des Schadonophanstadiums sich nicht unwesentlich von der Entwicklungs- weise der nahe verwandten Hygrobatide, Atax Bonzi Clap., unter- scheiden. Nun wird im Folgenden gezeigt werden, dass der Gang der Ent- wicklung von Trombidium dem von Atax vollkommen entspricht. Da aber bei der vorliegenden Untersuchung die Bildung sämmtlicher Sta- dien aus den vorhergehenden kontinuirlich beobachtet wurde, so dient dieselbe zugleich zur Bestätigung der Kombinationen von CLAPAREDE (8). Die ausgeschlüpfte sehr bewegliche Larve von Atax entzog sich alsbald seiner Beobachtung und musste er die Hypothese machen, dass die in den Kiemen der Unionen vorkommenden unbeweglichen und in der Ver- wandlung begriffenen Larven aus ersteren hervorgegangen seien. Daran dürfte jetzt wohl kein Zweifel mehr sein, wenn auch die Umwandlung nicht direkt beobachtet ist. Unsicher bleibt aber die Annahme CraPı- REDE’S, dass die Schwärmzeit der Larve in der Mantelhöhle der Muschel nur wenige Augenblicke dauere, worauf sich das Thier wieder in das Kiemengewebe einhohre um zur Nymphochrysallis zu werden. Wahr- scheinlich wird vielmehr bier eben so wie bei Trombidium und anderen Thieren das Larvenstadium zur Nahrungsaufnahme benutzt, um dem Beiträge zur Anat., Entwicklungsgesch. u. Biologie von Trombidium fuliginosum. Herm. 615 Körper neues Bildungsmaterial zu seiner Weiterentwicklung zuzu- führen. Die gleiche Lücke ist für Atax vorhanden in Bezug auf die Thätig- keit und das freie Leben der Nymphe. Dass aus ihr das geschlechtsreife Thier hervorgeht, so wie es CLaParkpeE beschreibt, ist gewiss; dagegen ist die Ansicht nicht ohne Weiteres berechtigt, dass die »zweite Larve« sich ebenfalls nach kurzer Zeit wieder in das Kiemengewebe hinein- bohre, um eine weitere Metamorphose zu erleiden. Auch hier wird das Thier, sei es innerhalb oder außerhalb der Muschel, sich von Neuem für die weiteren Veränderungen verproviantiren, gerade wie es Trombidium thut. Neue Untersuchungen wären hier am Platze, da wahrscheinlich beide Jugendformen zur Verbreitung des Thieres dienen, eine Erschei- nung, wie sie bei Milben so häufig vorkommt. b) Entwicklung imEi. Die Eier sind bei ihrer Ablage, wie es M&anın (54, p. 9 Anm.) rich- tig angiebt, von einer schön orangerothen Färbung. Nach einiger Zeit sollen sie dann braun werden und noch später in zwei Halbkugeln zer- fallen, die durch ein gelbes membranöses Band mit einander verbunden sind (cf. 1. c. Pl. A1, Fig. 7und 8). Durch Zerreißen dieses Bandes soll dann die sechsfüßige Larve frei werden. Meine Beobachtungen haben nun allerdings ein anderes Resultat ergeben. Braun wurden die Eier immer nur dann, wenn sie verdorben waren, d. h. wenn sie nicht genügend feucht gehalten wurden und ein- trockneten, oder wenn sie von Pilzen befallen waren, die bei der großen Hitze des Sommers sich auf der angefeuchteten Erde leider nur zu leicht ansiedelten. Entwickelten sich dagegen die Eier, so behielten sie ihre anfängliche Farbe bei, wurden sogar allmählich immer heller, je mehr der dunkle Dotter verschwand und das junge Thier sich heranbildete. Unter einander sind die Eier durch einen Klebstoff verbunden, der wohl vom Uterus des Thieres abgeschieden wird. Ein solcher zum Fixi- ren der Eier dienender Stoff kommt bei Milben häufig vor. Myobia musculi klebt nach Crarartpe (8) die Eier durch einen konischen Auf- satz an Mäusehaare an, während Pytoptus vitis nach H. Lanpoıs (43) dieselben an einen fadigen Auswuchs des Blattes anheftet. Weitere Bei- spiele hierfür finden sich auch sonst noch zahlreich in der Litteratur. Der Klebstoff zieht sich bei den Trombidiumeiern oft fadenförmig von einem Ei zum anderen, ist jedoch nicht zu verwechseln mit den Pilzfäden, welche bald mehr vereinzelt, bald in größerer Menge die Ei- haufen umspinnen und mit den umliegenden Erdkrümchen verbinden. Die Fäden erwecken sehr leicht den Anschein eines wirklichen Gespinstes; 616 Hermann Henking, doch wurde ich über ihre wahre Natur bald aufgeklärt, als, nach Zer- reißung der Verbindungsfäden zwischen Eihaufen und Erdreich, diesel- ben bald wieder nachwuchsen. Die Verbindungsmasse der Eier erhärtet im normalen Zustande mit der Zeit so sehr, dass die Eihaufen bei der Berührung oder dem Versuch der Abtrennung einzelner Eier weit fort- springen. Die Eier haben eine ziemlich genau kugelige Gestalt und eine Größe von 0,208—0,220 mm. Das einzelne Ei hatte eine derbe chitin- ähnliche Hülle, deren Dicke 0,002 mm betrug. Die Farbe des Eies rührt von den bläschenförmigen Parablastiden her. Von dem Keimbläschen konnte in dem abgelegten dunkeln Ei nichts bemerkt werden und eben so wenig, in welcher Weise dasselbe etwaige Theilungen einleitete, um das Blastoderm zu bilden. Nur so viel konnte ich konstatiren, dass nach einiger Zeit bei auffallendem Lichte weißlich erscheinende Flecke an der Peripherie des Eies auftraten (Fig. 20 und 21 f), die jedenfalls den von CLAPAREDE (8) bei der Entwicklung derEier von Tetranychus telearius (p. 485) beobachteten Kernen entsprechen. Niemals zeigten dieselben aber eine so regelmäßige Anordnung, wie es CLArarkpe (l. c. Taf. XL, Fig. 3, 4, 5) abbildet. Die Entwicklung des Eies wurde im Übrigen nicht näher studirt, da erhebliche Abweichungen von den Darstellungen CrAPrArkpe's nicht vorzukommen scheinen und der Hauptizweck der Untersuchung die Kon- statirung der postembryonalen Entwicklungsperioden war. Nach Anlegung der Gliedmaßen hat sich das Apoderma gebildet, und zwar vermuthlich in derselben Weise wie in der Nympho- und Teleiochrysallis. Dicht vor dem Übergange in das Schadonophanstadium zeigt der Embryo folgende Lage: Die Cheliceren (Fig. 23 ch) und Maxillar- taster (Fig. 22 und 23 mx) sind abwärts gerichtet, das erste Beinpaar (Fig. 22 und 23 51) strebt wagerecht auf einander zu und biegt am Ende etwas nach hinten um. Das zweite und dritte Beinpaar ist ebenfalls im Anfange direkt gegen die Mittellinie gerichtet, dann aber wendet sich letzteres (Fig. 22 und 23 53), fast unter rechtem Winkel von der ersten Richtung abbiegend, direkt nach vorn. Auch das zweite (Fig. 22 und 23 b2) wendet sich eine Strecke nach vorn, biegt dann aber wieder um und bildet mit der Medianlinie des Körpers einen rechten Winkel. In der Mittellinie berühren sich die Extremitäten der rechten und der linken Seite, wobei die Enden des ersten bis dritten Beinpaares in der Richtung von vorn nach hinten normal auf einander folgen. Der Dotter (Fig. 22 und 23 d) füllt vom Ursprunge der Beine an den dorsalen Theil des Em- bryo, und hat hinten einen winkelförmigen Einschnitt, in dem man schon Beiträge zur Anat,, Entwicklungsgesch. u. Biologie von Trombidium fuliginosum Herm. 617 einige Exkretkügelchen bemerken kann, gerade so, wie es auch Crarı- REDE beschrieben hat. Umhüllt ist der Embryo von dem an den Beinen stark faltig zusammengezogenen Apoderma. Der Druck des wachsenden Embryo sprengt dann die Eischale durch einen Riss, der ungefähr dem ersten Beinpaare gegenüber entspringt und ungefähr über das letzte Drittel des Rückens fortgehend das Ei umzieht, und die Scheinlarve wird frei. c) Entwicklung während des Schadonophanstadiums. An einem am 20. Mai im botanischen Garten unter Grottensteinen ge- fundenen Eihäufchen nahm ich das Auftreten des Schadonophanstadiums zuerst wahr. Dies Eihäufchen zeigte am 2. Juni früh bei der Revision der Eier ein eigenthümlich aufgeblähtes, fast schaumiges Aussehen. Sein Volum war viel größer geworden und seine Farbe viel heller als vorher. Die Betrachtung mit der Lupe ergab dann, dass an Stelle. der meisten Eier je ein kleines milbenähnliches Geschöpf unbeweglich dalag, welches am Rücken noch die orangerothe Farbe der Eier zeigte, nach vorn aber drei helle nicht sehr lange Beinpaare ausstreckte. Die gleiche Erscheinung zeigten am folgenden Tage (3. Juni) das in der Gefangen- schaft zuerst abgelegte Eihäufchen vom 14. Mai, so wie zwei andere Häufchen, die zwischen dem 1%. und 16. Mai aufgefunden waren. Auch die übrigen Eier gingen nach und nach, wie es in der Tabelle (p. 654), dargestellt ist, in diesen Zustand über. Seit der Ablage der Eier waren im Minimum 14, im Maximum 24 bis 26 Tage vergangen. Der Druck auf die Eischale wird wohl hauptsächlich von den Beinen ausgeübt. Weicht dieselbe dem Drucke, so strecken sich die Beine so- fort gerade aus und zwar mit einem plötzlichen Ruck. In einem Falle wurde der Vorgang unter dem Mikroskope beobachtet. Beim Wälzen eines Eies in Wasser unter dem Deckglas wichen seine beiden Hälften plötzlich aus einander und an seiner Stelle lag ein Gebilde, das Thier im Schado- nophanstadium, wie es im Folgenden weiter beschrieben werden soll. Bei Seitenansicht kann man den Körper des Thieres kahnförmig nennen, der Kiel des Kahnes würde dem Rücken entsprechen. Ventral- wärts wird das Bild aber gestört, dort ragen ausgestreckt die Extremitä- ten empor. Das Thier hat eine geringe Größe: Die Länge des Apoderma be- trägt circa 0,315 mm, die Strecke vom Rücken bis zu den Fußspitzen circa 0,368 mm. Von der Seite gesehen ist die Rückenfläche des derbhäutigen Apo- derma ziemlich stark konvex gebogen und läuft nach hinten in eine stumpfe Spitze (Fig. 24 und 25 H’) aus. Von dort nach unten geht das 618 Hermann Henking, Apoderma direkt in die Hüllen des letzten Beinpaares über, indem es nur in gleicher Höhe mit der Ansatzstelle desselben gewöhnlich ein wenig flach muldenförmig eingebogen ist. Die vordere Spitze (Fig. 24 u. 25 H) ist von der Krümmung des Rückens ebenfalls durch eine gelinde Ein- senkung getrennt, und fällt nach unten mit ziemlich starker Neigung ab. Auf der Unterseite umzieht die Hülle die ziemlich stark verlängerten Cheliceren und Maxillartaster so wie die Beine und bildet für jeden ein- zelnen der genannten Körperanhänge eine besondere taschenförmige Ausstülpung, steht aber ziemlich weit von ihnen ab und berührt sie nur an der Spitze. In der Ansicht von oben oder unten erscheinen außer der vorderen und hinteren noch je drei seitliche stumpfe Erhöhungen, die durch gleichmäßig gebogene Einsenkungen von einander und von den ersteren getrennt sind. Die vorderste prominirt am meisten (Fig. 25 h), die letzte (Fig. 25 h”) am wenigsten, während die zweite (Fig. 25 h’) auch in der Höhe zwischen beiden die Mitte hält. Zwei Linien, welche auf beiden Seiten die höchsten Punkte derselben tangirten, würden nach hinten spitzwinklig konvergiren. Das Apoderma (Fig. 24 ap) war in sehr zierlicher Weise mit kleinen chitinigen Höckerchen besetzt, die dasselbe ziemlich dicht bedeckten und nur an zwei Stellen fehlten. Denn dorsal von der vorderen und ventral von der hinteren Zuspitzung befand sich eine vollkommen glatte Fläche (Fig. 24 gl und g!‘), ein Verhalten, welches einen sehr mecha- nischen Grund hat. An den erwähnten Stellen nämlich lag das Apoderma der Eischale dicht an. Wenn der Embryo die letztere sprengt, so berstet sie in zwei Stücke aus einander und die Extremitäten werden durch den Riss vorgestreckt. Die eine Hälfte haftet dann noch am hinteren Körperpol (Fig. 24 und 25 es), während die andere (Fig. 24 und 25 es’) ziemlich fest mit der erwähnten glatten Nackenstelle des Apoderma zu- sammenhängt. Ehe man zur Betrachtung des Embryo schreiten kann, ist es jedes Mal nöthig, die Schalenstücke abzupräpariren, da sonst so- wohl die Farbe derselben als auch die darunter gefangene Luft ein Er- kennen der Gegenstände sehr erschwert. Dass zwei seitliche ziemlich lange und scharfe Spitzen (Fig. 30 sp), welche ungefähr in gleicher Höhe mit dem Ansatz des dritten Beinpaares, aber der Rückenlinie mehr ge- nähert, vom Apoderma entspringen, seiner Zeit beim Spalten der Eischale einen Dienst leisteten, ist immerhin nicht unwahrscheinlich. Die junge Milbe berührt außer mit den Spitzen der Extremitäten das Apoderma Anfangs höchstens noch mit ihrem Hinterende. Die Zwischen- räume zwischen Körper und Hülle sind gleichmäßig angefüllt mit höchst eigenthümlichen zelligen Gebilden (Fig. 24 z), die der Lage nach den Beiträge zur Anat., Entwicklungsgesch. u. Biologie von Trombidium fuliginosum Herm, 619 von CLAParkDe (8) beobachteten Hämamöben entsprechen. Ich habe je- doch niemals irgend eine Bewegung an ihnen wahrnehmen können. Ihre Gestalt ist kugelig und kann beim Zusammenstoßen mehrerer polyedrisch werden, ihr Durchmesser ist sehr verschieden. Das fein- körnige Plasma beschränkt sich auf eine periphere Zone und wird der Kern nur schwierig in einer verdickten Stelle desselben wahrgenommen. Der größte Theil der Zelle ist von einer Vacuole gebildet, die eine klare Flüssigkeit enthält. Ganz gleiche Zellen scheinen in der Nympho- und Teleiochrysallis das Apoderma abzusondern. Sollte sich das bestätigen, so ist man unstreitig zu dem Analogieschluss berechtigt, dass die vor- liegenden Zellen hier ebenfalls dem Apoderma den Ursprung gaben. Was sie nach event. Erfüllung dieser Aufgabe noch zu thun haben, ob sie nur als Polster für den Embryo dienen, um dessen zarte Oberfläche vor der Berührung mit dem Apoderma zu bewahren und den nach und nach auftretenden Borsten einen Spielraum für ihre Entwicklung offen zu halten, oder ob sie noch irgend welche tiefer liegende Funktion zu er- füllen haben, konnte nicht ermittelt werden. Thatsache ist, dass ihre Zahl sich mit der Reife der Larve verringert und dass dicht vor dem Ausschlüpfen derselben nur noch wenige zu bemerken sind. Die den dunklen Lebermagen auf dorsaler Seite überziehende Zell- schicht der Hypodermis (Fig. 24 hy) ist ziemlich dünn; sie verdickt sich ventral und geht kontinuirlich in die Wandungen der Beine über, inner- halb deren sie einen am Ende fadenförmig erscheinenden, am Ansatz der Beine breiter werdenden und mit umgekehrt trichterförmiger Mün- dung sich in die Leibeshöhle öffnenden Hohlraum begrenzt. Die Oberfläche der Beine ist bereits schwach wellenförmig gebogen, ein Ausdruck der allmählich eintretenden Gliederung. Nach einer Fär- bung mit Karmin-Borax zeigten sie sich zusammengesetzt aus rundlichen Zellen (Fig. 26 zl), welche einen punktförmigen Kern enthielten. Die Beine enden mit je drei hyalinen nur gering gekrümmten Fortsätzen, den späteren Klauen der Larve (Fig. 24 und 26 kl). Das Basalglied der Beine steht rechtwinklig zur Längsachse des Körpers oder ist ein wenig nach hinten geneigt. Im zweiten Gliede tritt dann aber eine stumpfwinklige Umbiegung ein in der Weise, dass der Rest des Beines etwas nach vorn gerichtet ist. An der Umbiegungsstelle entspringen auch die besonderen Beintaschen des Apoderma. Die Fußspilzen sämmt- licher Beine neigen einander zu und befinden sich die des hinteren Beinpaares (Fig. 24 52) ungefähr senkrecht über der Ursprungsstelle der mittleren Beine. — Als ziemlich große wulstförmige unge- gliederte Hervorragungen sieht man die Maxillartaster (Fig. 24 ma) und die Cheliceren (Fig. 24 ch) hinter einander und mehr der Medianlinie 620 Hermann Henking, genähert daliegen. Die kleinen Maxillarladen sind vollständig von ihnen verdeckt. Der vordere mit abgerundeter Spitze versehene Körperpol setzt sich durch eine seitlich an den letztgenannten Theilen vorüber- ziehende Linie mit dem ersten Beinpaar (Fig. 24 5b!) in Verbindung, und es ist desshalb nicht ganz leicht, genau den Insertionspunkt des letzteren anzugeben: Der Anschein ist vorhanden, als wenn es mehr neben als hinter den Maxillartastern (Fig. 24 ma) entspränge. Der Lebermagen (Fig. 24 u. 25 Im) ist angefüllt mit gelben Dotter- kügelchen und besitzt beim Anblick von der Seite eine nach unten drei- lappige Gestalt. Der mittlere Lappen, der zwischen der Ansatzstelle des dritten (Fig. 24 b?) und zweiten Beinpaares (Fig. 24 52) liegt, ist der kleinste, die beiden übrigen haben ungefähr gleiche Größe. — Von oben gesehen zeigt der Lebermagen vorn und median eine tiefe und breite Bucht (Fig. 25 b), seitlich je eine stumpfe dem mittleren Seitenlappen entsprechende Vorwölbung, hinten eine seichte Kerbe. Durch dieselbe zieht der etwa auf der Mitte des Lebermagens zum Vorschein kommende mit schneeweißen Exkrementen gefüllte und nach abwärts steigende Enddarım (Fig. 24 und 25 ed). Besondere Aufmerksamkeit verdient noch ein ganz eigenthümliches jederseits am Körper des Thieres befindliches Gebilde, welches ungefähr die Gestalt eines Trichters hat. Die weite Öffnung desselben ist der Körperwandung eingefügt, das Abflussrohr ist schräg nach hinten und unten gerichtet und setzt sich an eine im Apoderma vorhandene Öffnung. Bei Seitenansicht erhebt sich der Vorderrand des Trichters dicht hin- ter oder neben der Ursprungsstelle des ersten Beinpaares, sein Hinter- rand auf der Höhe der hinteren Begrenzung des ersten Lebermagenlappens (Fig. 24 ut). Die hintere Begrenzungsfläche biegt dann unter einem Winkel, der nur wenig größer ist als ein rechter, von ihrer Anfangs schräg nach vorn und unten gewandten Richtung nach hinten und unten ab, während auch die vordere Fläche ihre Anfangs innegehaltene Rich- tung nach hinten und unten wieder einschlägt, nachdem sie eine Strecke davon abgewichen und ziemlich direkt nach hinten gezogen war. So kommt es denn, dass wir einen an der Basis ziemlich breiten (= Trich- ter), an seinem unteren Theile dagegen cylindrisch gewordenen nach hinten und unten gerichteten Körper (— Abflussrohr) vor uns haben. Derselbe mündet nach außen, indem er sich mit seinem Ende an eine im Apoderma befindliche kreisförmige und mit doppelt konturirter Um- grenzung versehene Öffnung (Fig. 27 und 29 st) ansetzt. Die Wandung des Organes ist der Körperwandung gleich, und umschließt im basalen Abschnitt einen Theil der Leibeshöhle, welche sich weiterhin als schma- ler Kanal bis zu der äußeren Öffnung fortzusetzen scheint. Beiträge zur Anat., Entwicklungsgesch. u. Biologie von Trombidium fuliginosum Herm. 621 Es ist immerhin nicht unmöglich, dass jenes eigenthümliche Ge- bilde der Rest einer Urtrachee wäre, welche dem vom Apoderma um- schlossenen Embryo zur Vermittelung der Respiration diente. Sobald aber die Eischale gesprengt ist, oder zum Theil auch wohl schon kurz vorher, da nicht alle Embryonen ein ganz gleiches Verhalten zeigten, beginnt das Organ seine Verbindung mit dem Apoderma zu lösen. Binnen Kurzem hat es sich ganz zurückgezogen und erscheint dann nur noch als ein kurzer und breiter Zapfen dicht hinter dem ersten Bein- paare (Fig. 27 ut). So lange also der Embryo in der Eischale eingeschlossen war, ging die Luft durch diese hindurch um von der Urtrachee aufgenommen zu werden. Mit dem Wegfall der Eischalen obliterirten auch die Urtracheen, nur die Urstigmen blieben in Thätigkeit. Sie ermöglichen es, dass der Embryo trotz der starren Chitinhülle des Apoderma stets von einem sauerstoffreichen Medium umgeben ist. — Die Beine bekommen nun im Lauf der Entwicklung eine immer deutlichere Gliederung; sie tritt zuerst besonders deutlich zwischen Glied eins und zwei auf, eben dort, wo die Beine die Biegung nach vorn erfahren haben. Zugleich tritt auch die Hüfte (Fig. 27 co) deutlicher als eine geringe Erhebung der Körper- oberfläche hervor. Die ersten Borsten werden sichtbar als ganz helle aber ziemlich lange Fortsätze an den Beinen und der Bauchfläche des Embryo (Fig. 27 bo). In dem Maße als ihre Zahl sich vermehrt oder sie deutlicher werden, beginnen die Glieder der Beine sich schärfer von einander abzusetzen und sich in die Länge zu strecken. Da sie aber durch das Apoderma am geradlinigen Wachsthum verhindert werden, krümmen sie sich in ihren basalen Gliedern derart, dass sie jene oben erwähnten drei seitlichen Vorwölbungen des Apoderma auszufüllen stre- ben. Der Druck bei diesen Wachsthumsvorgängen mag es mit bewirken, dass die drei Klauen (Fig. 27 kl) an den Fußspitzen allmählich die nöthige Krümmung erhalten. Die des ersten Beinpaares wenden ihre konkave Seite der Mittellinie des Körpers zu, die des zweiten und dritten Bein- paares dagegen nach vorn. Die Spitze des Endgliedes der Beine wird durch eine an dessen dorsaler Seite sich bildende Einsattelung zu einem dünnen fast cylindrischen Fußstück für die Klauen. Die Borsten be- kommen dann eine Fiederung. Die Beine zeigen zum Schluss eine ganz gewaltige Verkrümmung ihrer Basalglieder gegen einander, und schräg median- und rückwärts vom ersten Beinpaar bemerkt man die Urtrachee (Fig. 27 ut), die sich mehr der Bauchseite des Thieres genähert hat. An der Spitze der Maxillartaster treten schon früh deutliche Borsten auf (Fig. 27 bo’), von denen die erste die übrigen bald überragt und zur 622 Hermann Henking, Klaue der Larve wird. Die Gestalt der Taster wird gedrungener, eine Gliederung aber ist innerhalb des Apoderma schwer zu bemerken. Die Cheliceren erscheinen nicht lange einfach wulstförmig, sondern nähern sich mehr und mehr ihrer definitiven Gestalt. Vorn erhalten sie bald die starke Klaue (Fig. 27 kl’). Unter ihnen liegen die Anfangs ge- trennten Maxillarladen. Der cylindrische Ösophagus (Fig. 28 oe) lässt sich fast von seinem Ursprunge an bis dahin verfolgen, wo er nach Durchtritt durch den Nervenknoten (Fig. 28 g) unter dem Lebermagen verschwindet. Letzterer bekommt vorn eine immer tiefere Einbuchtung, ihr entgegen rückt von hinten her der sich mehr und mehr mit weißen Exkrementen füllende Enddarm. Der vordere seitliche Leberlappen steht bald hinter dem letz- ten an Größe zurück. Ungefähr am fünften Tage zeigte sich die Rückenfläche des jungen Thieres bedeckt mit Querreihen von erhabenen Leisten (Fig. 27 Is), die vorn am breitesten und stumpfsten, hinten am schmalsten und schärf- sten waren. Kurze Zeit darauf schien es, als habe sich in jeder dersel- ben eine Längsfurche eingestellt, vorn wenigstens, während am hinteren Körperende die Einkerbung unregelmäßiger war (Fig. 29 ek). Schon vorher machte sich die Anlage der Augen bemerklich (Fig. 28 au). Sie erscheinen oberhalb der vordersten seitlichen Ver- längerung des Lebermagens jederseits als ein sich mehr und mehr er- hebender Doppelhöcker. Ein schwaches an der Basis zuerst auftretendes röthliches Pigment erhalten sie (Fig. 30 au) erst dann, wenn der übrige Körper anfängt, sich mit einer derberen Chitinschicht zu überziehen. Letzteres wird auch bemerklich einerseits durch die deutlicher hervor- tretenden Borsten (Fig. 29 bo), andererseits durch einige den Körper überziehende Querfurchen (Fig. 29 u. 30 fu). Es zeigen sich jetzt schon sehr deutlich bei seitlicher Ansicht die am Körper der Larve so charak- teristisch angeordneten Rückenborsten (Fig. 29 bo). Die Beine haben inzwischen ihre vollständige Gliederung erhalten, so wie ihren Borstenbesatz. Die Klauen stehen auf ihrem deutlich vom Endgliede abgesetzten Fußstücke. Die in den Hohlraum der Beine ein- tretenden Muskeln (Fig. 28 m) sind unschwer zu erkennen. Dessgleichen hat das vom Ösophagus durchsetzte Gehirn (Fig. 28 und 30 g) bereits dieselbe Gestalt wie in der ausgeschlüpften Larve. Das Tbier beginnt nun stärkere Pigmente zu bilden und bekommt allmählich die schön orangerothe Farbe der Larve. In der Basis der Beine bemerkt man zuweilen einige mehr kirschroth gefärbte Körperchen. Wenn alle Theile die nöthige Festigkeit erlangt haben, beginnt das Thier die ersten Bewegungen zu machen. Die Klauen werden angezogen, Beiträge zur Anat., Entwicklungsgeseh. u. Biologie von Trombidium fuliginosum Herm,. 623 vibriren hin und her und werden wieder gestreckt, die Beine werden gehoben und gesenkt und auch die Mundtheile werden in Thätigkeit ge- setzt. Bald nehmen die Bewegungen an Energie zu, die Beine werden wohl ganz aus ihrer Hülle herausgezogen und finden nicht wieder in ihr altes Quartier zurück, der Kopftheil wirkt wie ein Keil gegen die Vorderwand des Apoderma, dieses wird schließlich gesprengt und die Larve ist frei. d) Die Larve. Einige Zeit dauert es noch, bis die Larve das Apoderma völlig ab- gestreift hat und bis die in demselben so sehr verkrümmten Basalglieder der Beine sich gerade gestreckt haben, dann aber läuft sie hurtig und behende umher, um für weitere Entwicklungen neue Nahrung aufzu- nehmen. a. Gestaltund Anatomie. Der Körper der Larve hat eine elliptische Gestalt und misst vom Vorderrande (excl. der Mundtheile) bis zum Hinterrande 0,304 bis 0,3325 mm, in der Breite aber 0,18—0,199 mm. Die Rückenpartie des Chitinpanzers ist durch die schon oben erwähnten Querfurchen in eine Anzahl von Segmenten und Segmentkomplexen getheilt, sechs Querfurchen sind deutlich zu erkennen (Fig. 34 f!—f®). Die wirkliche Anzahl der ursprünglichen Segmente wird aber durch eine regelmäßige Borstenan- ordnung angegeben. Vom Vorderende des Thieres bis zum After sind zwölf quere Borstenreihen vorhanden. — Die erste Furche (Fig. 31 f1) zieht vor der Ansatzstelle des ersten Beinpaares hin und schneidet ein kleines oberlippenähnliches vorn abgerundetes Stück ab (Fig. 31 ol), welches rechts und linkseine ziemlich starke aber nur kurz gefiederte Borste trägt. Die zweite Furche (Fig. 31 f2) findet sich in einiger Entfernung hinter den Augen (Fig. 31 au), über welche weiter unten noch Einiges mitge- theilt ist, und oberhalb der Ansatzstelle des zweiten Beinpaares (Fig. 32 b2). Das durch dieselbe nach hinten begrenzte Rückenfeld trägt vier in zwei Reihen angeordnete Borsten, welche, wie die übrigen Rückenborsten, am Ende abgestumpft und mit feinen und kurzen, von der Spitze abwärts an Länge abnehmenden Seitenhärchen besetzt er- scheinen. Ein zwischen diesen beiden Reihen stehendes mittleres Borstenpaar (Fig. 31 sb) ist der Mittellinie etwas mehr genähert als jene und unterscheidet sich von ihnen durch seine Insertion und seine zartere und schlankere Gestalt. Es sitzt nicht, wie die sonstigen Rücken- borsten, einfach in einer kleinen Hauteinstülpung, welche bei der An- 624 Hermann Henking, sicht von oben als kreisförmiger Hof erscheint, sondern jede Borste ist in einiger Entfernung von einem Doppelkreise umgeben. Wohl bei fast allen Milben ist ein so besonders markirtes Borsten- paar an entsprechender Stelle vorhanden, ein Beweis dafür, dass der- jenige Sinn, in dessen Dienst dasselbe steht, nicht nur einer Species oder Familie zukommt, sondern sich einer allgemeinen Verbreitung in der Ordnung der Acarina erfreut. Wenn es mir auch wegen der un- mittelbar darunter liegenden Speicheldrüse nicht hat gelingen wollen, einen herantretenden Nerven wahrzunehmen, so möchte ich doch dafür plaidiren, dieses Organ als ein Sinnesorgan aufzufassen. Das erwachsene Thier hat an entsprechender Stelle das gleiche Gebilde, dessen Bau mir näher bekannt geworden ist. Es ist p. 575 f. beschrieben. Die dritte Querfurche (Fig. 31 f?) liegt über dem Ansatz des dritten Beinpaares und trägt ebenfalls sechs Borsten, von denen die vier vor- deren in einer Querreihe angeordnet sind, während die beiden hinteren eine weitere Querreihe markiren. Mit dieser Furche schließt das cephalothorakale Gebiet ab und wir kommen zu dem beinlosen und mit den für die Arachniden charakteristi- schen Organen versehenen Abdomen. Es setzt sich oberflächlich nicht scharf gegen den Thorax ab, ist vielmehr in seiner ganzen Breite damit verwachsen, ein Verhalten, welches der von Duscis (14) angewandte Ausdruck Thoracogaster sehr gut bezeichnet. — Drei Querfurchen (Fig. 31 f4—f®) sind noch zu bemerken und in jedem der drei durch sie begrenzten Felder stehen vier Borsten in einer mehr oder weniger stark gebogenen Querreihe ; im ersten Felde kommt jederseits noch eine schon ziemlich weit seitlich gerückte Borste hinzu. Die vier Borsten des End- feldes stehen auf stärkeren hügelförmigen Erhebungen des Körpers wie die vorhergehenden, in zwei Paaren hinter einander gruppirt. Die Rückenborsten haben eine Länge von 0,0577—0,0685 mm. Ein bereits an der Unterseite der Larve hinter dem After nicht ganz am Hinterende aber über dem letzten Lappen des Lebermagens stehen- des Borstenpaar ist noch gerade so wie die Rückenborsten gestaltet und wird daher von mir als dem letzten der ursprünglichen Körpersegmente zugehörig betrachtet. Die ganz bedeutende Verkürzung des ventralen Theiles der Abdominalsegmente hat nicht nur den After so weit nach vorn geschoben, sondern auch wohl diesem Borstenpaar die ventrale Stellung verschaflt. Die übrigen Borsten der Unterseite sind im Gegensatz zu den Rücken- borsten nach ihrem Ende zu scharf zugespitzt und befiedert. Ein Paar steht etwas vor und seitlich vom After (Fig. 32 a), ein anderes Paar über der Anlage der Geschlechtsorgane (Fig. 34 und 32 ov), ein drittes der ! | Beiträge zur Anat., Entwicklungsgesch. u. Biologie von Trombidinm fuliginosum Herm. 695 Mittellinie genähert zwischen Beinpaar 2 und 3. Sonst tragen nur noch die Epimeren der drei Fußpaare an ihrem vorderen Rande eine Borste mehr nach der Mitte des Körpers zu. Die Chitindecke des Körpers zeigt eine fein wellenförmige Streifung (Fig. 32 w) in ganz regelmäßiger Anordnung. Die Streifen ziehen meist quer über den Körper, also senkrecht zur Mediane des Thieres. Parallel . zur Medianebene ziehen sie in dem die Epimeren des ersten und zweiten Beinpaares der rechten und linken Seite trennenden Raume. Hinter dem zweiten Beinpaare biegen sie nach den Seiten. Um die Borsten des Körpers bilden sie eine große Anzahl koncentrischer Kreise, mit der Borste als Mittelpunkt. Außerdem zeigt das Integument eine äußerst feine gelbliche Punktirung, vorzüglich am vorderen Körpertheil. Unter der Chitinhülle des lebenden Thieres bemerkt man an günsti- gen Stellen eine netzförmige Schicht, in der wir die Matrix der Cuticula vor uns haben. Sie ist gerade so gestaltet, wie die entsprechende Schicht am erwachsenen Thier (Fig. 1 m). Kombinirt man das Flächenbild mit der Seitenansicht, so ergiebt sich, dass die Matrixzellen annähernd iso- diametrisch gestaltet, aber durch Berührung polygonal geworden sind. Ihr Durchmesser beträgt 0,0831—0,01385 mm. Das Plasma ist wand- ständig feinkörnig und umschließt den hellglänzenden ovalen Kern mit vielleicht 0,002 mm als größtem Durchmesser. Den größten Theil der Zelle erfüllt eine helle Vacuole und sie bewirkt durch ihre Durchsichtig- keit, dass diese Zellen bei Flächenansicht den Anblick eines Netzwerkes gewähren; denn nur der Randkontur der sich berührenden Zellen mit dem Plasmabelag ist dann sichtbar, der helle Binnenraum erscheint als eine Lücke. Sie sind den unter dem Apoderma befindlichen vacuolisirten Zellen sehr ähnlich. | Unier den Beinpaaren ist das letzte nicht ganz so lang als der Kör- per der eben ausgeschlüpften Larve, dabei etwas länger als das erste, während das zweite das kürzeste von den dreien ist. Die Beine ver- jüngen sich alle ein wenig nach der Spitze zu, am stärksten das letzte Beinpaar. Am ersten Beinpaare ist das letzte Glied wieder um ein Ge- ringes stärker als das vorhergehende. Abgesehen von den Epimeren | haben die Beine nur fünf Glieder, also eines weniger als die des Proso- , pon und der Nymphe; welches Glied hier aber fehlt, lässt sich schwer ", entscheiden. Sie entspringen von den fest an den Körper angefügten \ Epimeren, welche an der Ansatzstelle der Beine ihre größte Breite haben, nach der Mittellinie des Körpers zu sich mehr (Beinpaar 1) oder weniger , (Beinpaar 2 und 3) verschmälern und hier bogig enden. Die Epimeren ‚ des zweiten Beinpaares (Fig. 32 ep?) stehen annähernd rechtwinklig zur Ki Längsachse des Thieres, die des ersten Beinpaares (Fig. 32 ep!) bilden Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XXXVII. Bd. 43 626 | Hermann Henking, damit einen nach vorn, die des leizten Beinpaares (Fig. 32 ep?) einen nach hinten offenen spitzen Winkel. Besonders ihre Vorderränder sind sehr stark chitinisirt, die Hinterränder nur schwach und sich bei Bein- paar 3 kaum von der sonstigen Körperhaut unterscheidend. Die des ersten und zweiten Beinpaares stoßen mit ihren Vorder-, resp. Hinter- rändern dicht zusammen, ein Zwischenraum trennt davon die des dritten Beinpaares. Das Endglied der Beine ist stets das längste; es folgen dann an Länge das zweite und vierte, schließlich das erste und dritte Glied. Glied 1 (von der Basis der Beine an gezählt) trägt nur eine große bogig gekrümmte Borste; die Zahl der Borsten mehrt sich an den übrigen Glie- dern und wächst vom zweiten Gliede bis zum Endgliede kontinuirlich. Die Borsten scheinen stets nur an der dem Beine abgewandten Seite ge- fiedert zu sein. Das Endglied der Beine ist in eine lineare Spitze ausgezogen. Es entsteht dieselbe dadurch, dass die obere Seite des Gliedes plötzlich ziemlich steil nach unten abfällt, dass aber der so entstandene Abhang mit sanfter Krümmung allmählich in eine Linie übergeht, welche der Unterseite des Gliedes fast parallel ist. Die Spitze trägt vorn eine Ein- senkung, in welcher die gemeinschaftliche Basis der Klauen ruht. An allen Beinpaaren treten uns je drei Klauen entgegen, von denen die mittlere von den seitlichen deutlich verschieden ist. Die größte Biegung der ersteren (Fig. 32 mk) liegt an der Basis: Gleich nach ihrem Ur- sprunge biegt sie rechtwinklig nach oben in kurzem und flachen Bogen, um von dieser Richtung wiederum rechtwinklig in etwas längerem Bogen nach vorn zu ziehen. Sie endigt mit gekrümmter Spitze. — Kürzer als sie aber stärker sind die beiden Seitenklauen. Sie ziehen in sanfter Krümmung direkt nach vorn, um mit kürzerem Bogen ihre Spitze wieder schräg nach hinten zu richten. Haftbürsten fehlen hier. DieMundwerkzeuge sind nach demselben Typus gebaut wie am erwachsenen Thiere. Die Cheliceren sind eingliedrig (Fig. 31 Ch) und tragen an ihrem Vorderrande die stark gebogenen und scharf zugespitzten nach oben und unten beweglichen Klauen (Fig. 32 Chk). Sie liegen dicht neben einander und verschließen den oben offenen Saugkegel (Fig. 32 sa), in dessen Höhlung sie vorn ganz eingesenkt sind. Unten ist er durch Verwachsung der ihn zusammensetzenden Komponenten, der beiden Maxillarladen, verschlossen. Um beim Saugen einen luftdichten Ver- schluss herbeizuführen, enden sie mit einem zarten seitlich ausge- breiteten Chitinsaum (Fig. 32 cs), der auch die beiden mit den Spitzen konvergirenden Klauen der Cheliceren umgreift.- Letztere scheinen dann beim Anblick von unten (denn die Öffnung des Saugkegels ist Beiträge zur Anat,, Entwicklungsgesch. u. Biologie von Trombidium fuliginosum Herm. 697 nach unten gerichtet) rings von den Maxillarladen eingehüllt zu sein. Diese sind aber mit ihren dorsalen Rändern nicht mit einander verwach- sen; denn es wurde beobachtet, dass die Cheliceren völlig aus der Mundrinne herausgehoben wurden. Unter dem oberen Rande der Mundöffnung steht jederseits ein kleiner an der Spitze behaarter Zapfen (Fig. 32 za). Wir haben in ihm vielleicht ein Sinnesorgan zu vermuthen. Am oberen Rande der Mundöffnung ist jederseits ein kleines Spitzchen vorhanden. | Die Maxillartaster (Fig. 32 m&) sind nur wenig länger als der Saugkegel, aber sehr stämmig gebaut. Sie bestehen aus drei Gliedern ; das unterste ist am längsten, das zweite am kürzesten, das letzte endet mit einer wenig gebogenen an der Spitze getheilten Kralle (Fig. 32 kr). Die innere Spitze ist etwas länger als die äußere. Das letzte Glied trägt nach vorn und unten eine scharf umschriebene Stelle von abgeplatteter Gestalt (Fig. 32), auf welcher außer drei Fiederhaaren noch ein kleiner linearer Zapfen steht, welcher vermuthlich ein Sinnesorgan, wohl kaum das Rudiment eines weiteren Gliedes ist. Außerdem finden wir noch auf dem letzten Gliede dorsal eine lange charakteristisch gekrümmte und seitlich und nach außen gerichtete Fiederborste (Fig. 32 fb) so wie einige kürzere Fiederhaare und einige glatte Tastborsten. Darmtractus. Die Mundöffnung führt in einen Schlund (Fig. 32 s) über, welcher dieselbe Pumpvorrichtung besitzt, wie sie an der Nymphe und am Prosopon vorhanden ist, und wird desshalb auf die Darstellung des Baues bei letzterem verwiesen. Man kann den Vorgang des Schluckens leicht zu Gesicht bekommen, wenn man eine auf der Seite liegende lebende Larve in Wasser beobachtet. | An den Schlund fügt sich der eylindrische Ösophagus (Fig. 32 oe). Er durchsetzt das Gehirn (Fig. 32 g), zieht noch eine kurze Strecke auf dem Unterschlundganglion hin, und mündet dann in den geräumigen Lebermagen ein. DerLebermagen (Fig. 31 und 32 /m) nimmt den größten Theil des Körpers ein. Er reicht vom Hinterende des Leibes bis unter die Epi- meren des ersten Beinpaares. Seine Gestalt ist bilateral-symmetrisch, in jeder Körperhälfte ist er in Lappen von bestimmter Lagerung aus- gezogen. Auf der Grenze von Abdomen und Thorax hat er eine beträchtlich eingeschnürte Gestalt, verbreitert sich aber wieder sehr in den abdomi- nalen Segmenten. Hinten und an den Seiten besitzt dieser letztere Theil eine Einbuchtung, so dass er schwach vierlappig erscheint, und können die beiden größeren Endlappen abermals eine seitliche Beugung ihrer Peripherie zeigen. — Der thorakale Theil bietet ähnliche Verhältnisse. 49* 628 Hermann Henking, Die vordere Bucht ist hier sehr erheblich und von dem Oberschlund- ganglion ausgefüllt. Jederseits haben wir einen zweilappigen Fortsatz zu unterscheiden, welcher mit seiner vordersten Spitze oben bis über die Augen und unten bis über den Hinterrand der Epimeren des ersten Fußpaares hinausragt. Der zweite Lappen deckt die Epimeren des drit- ten Fußpaares von innen. Jeder Lappen ist wiederum schwach einge- buchtet. Die Wand des Lebermagens besteht aus einer zarten Tunica propria, welche an ihrer Innenseite ein Epithel aus Cylinderzellen trägt (Fig. 32 Iz2). Dieselben maßen an einem aufgehellten Thiere 0,0107 mm, der Kern 0,002 mın. Den Enddarm (Fig. 31 ed) treffen wir dorsal und häufig angefüllt mit bei auffallendem Lichte schneeweiß erscheinenden Kryställchen und Kügelchen. Die Wandung des Enddarmes besteht hier vermuthlich aus ähnlichen Zellen, wie bei dem Prosopon; doch habe ich es auch am auf- gehellten Thiere nicht erkennen können. Er entspringt am medianen Vorderrande des Lebermagens, hat eine wechselnde Ausdehnung ent- sprechend seinem Füllungszustande, verschwindet auf der Höhe der ab- dominalen Seitenfurchen des Lebermagens, dessen Endlappen hinter ihm zusammengreifen, und mündet ventral in dem schlitzförmigen After aus. Der After (Fig. 32 a) liegt als eine längliche von doppelt konturir- ter Wandung umgebene Öffnung auf gleicher Höhe mit der seitlichen tiefen Einbuchtung des abdominalen Theiles des Lebermagens, also be- twrächtlich weit vom Hinterende des Körpers entfernt. Zum Verdauungsapparat gehören noch zwei Paar innerhalb des ersten Segmentkomplexes und zu den Seiten des Ösophagus gelegene Speicheldrüsen. Das eine Paar (Fig. 31 sp!) liegt mehr dem Rücken des Thieres genähert und hat eine wurstförmige Gestalt. Das vordere Ende dieser Drüse liegt etwas vor jenem eigenthümlichen jederseits mit einer Borste versehenen Sinnesorgane. Sie zieht von dort zuerst nach hinten, biegt dann aber wieder nach vorn um, ohne dass aber dieser Abschnitt den ersteren an Länge erreichte. Die sie zusammensetzenden Zellen sind bedeutend größer als die der anderen weiter unten zu beschrei- benden Drüse und polygonal; es konnten auf dem Breitendurchmesser in der Rückenansicht nur zwei derselben neben einander bemerkt wer- den. — Die Form der Drüse scheint anzudeuten, dass die große schlauch- föormige Drüse des Prosopon aus ihr hervorgeht, welche bei allerdings viel größerer Länge dieselbe eigenthümliche Schlingenbildung zur Schau irägt. Mehr ventral ist ein zweites Drüsenpaar gelagert (Fig. 31sp2). Ihre Ge- stalt ist rundlich oval, die sie zusammensetzenden Zellen erschienen sehr klein, 0,00532—0,0043 mm groß, und zeigten einen deutlichen Kern von en Beiträge zur Anat., Entwicklungsgesch. u. Biologie von Trombidium fuliginosum Herm, 629 kaum 0,002 mm. — Die Ausführungsgänge der Drüsen konnten wegen der darüber und darunter liegenden Muskulatur nicht bemerkt werden. In dem ersten abdominalen Segmente sind sowohl bei der Ansicht vom Rücken wie vom Bauch zwei bohnenförmige bis ovale Körper sicht- bar (Fig. 31 u. 32 ov), welche am lebenden Thiere von mir nicht deut- lich bemerkt werden konnten. Am aufgehellten Thiere zeigen sich die Grenzen der Körper schärfer, auch treten dann Zellen mit Kernen her- vor. Die Zellen maßen 0,0032 mm, der Kern 0,0015 mm. Es ist wohl kein Zweifel, dass wir in diesen Gebilden die Anlage der Geschlechts- organe vor uns haben, welche hier noch völlig getrennt sind, später aber durch Verwachsung zu einem unpaaren Organe werden. — Es bleibt noch übrig das Gehirn (Fig. 33) zu besprechen. Dasselbe besteht aus einem großen Unterschlundganglion (Fig. 32 u. 33 vg) und einem kleine- ren Oberschlundganglion (Fig. 31 und 33 og). Ersteres liegt dicht unter der ventralen Körperdecke und zum Theil noch unter dem Lebermagen und hat eine herzförmige Gestalt, da der Eintritt des Ösophagus vorn eine deutliche Einstülpung verursacht. Es erstreckt sich von den Epi- meren des ersten bis über die des dritten Fußpaares hinaus und misst in der Länge 0,0856 mm, in der Breite 0,075 mm. Zu jedem Beinpaare (Fig. 32 und 33 np!—np?°) giebt dasselbe einen starken Ast ab, den man bis in das zweite Glied derselben verfolgen kann, wo er aber unter den Muskelmassen verschwindet. Dicht neben der Mittellinie des Hinter- endes entspringt jederseits ein Nerv (Fig. 32 und 33 en), welcher nach kurzem Verlaufe sich gabelt und dann aufhört sichtbar zu sein. Am me- dianen Hinterende wurde ferner noch ein ziemlich breiter Fortsatz eine kurze Strecke weit verfolgt (Fig. 32 und 33 fs); doch muss aus Mangel an frischem Material es unentschieden gelassen werden, ob es ein Nerv oder nur ein mesenteriales Band war. Ob zwischen den erwähnten seit- lichen Endnerven noch einer oder zwei jederseits entspringen, konnte nicht mit voller Sicherheit entschieden werden. Das Ganglion supraoesophageum (Fig. 31 und 33 og) liegt in der vorderen tiefen Bucht des Lebermagens und schimmert auch bei der An- sicht von unten durch. Es ist im Durchschnitt etwas schmaler als das Unterschlundganglion und bedeckt auch in der Längsrichtung nur un- gefähr drei Fünftel des letzteren. Es ist lang 0,0535 mm, breit dagegen 0,0685 mm. — Dicht über der Eintrittsstelle des Ösophagus entspringt ein unpaarer medianer Nerv (Fig. 32 und 33 mn), welcher zu dem Saug- apparat hinzieht. Seitlich davon aber mehr dorsalwärts entspringt jeder- seits ein Nerv (Fig. 32 und 33 chn), welcher sich zu den Cheliceren zu begeben scheint. Er lässt sich ziemlich weit verfolgen. Ein weiteres Nervenpaar steht dann noch seitlich von diesem. Es trägt in einiger 630 Hermann Henking, Entfernung von seiner Ursprungssielle eine kleine ganglienähnliche körnchenhaltige Anschwellung (Fig. 32 und 33 gn), spitzt sich dann wie- der zu und verschwindet. Dorsal von letzterem und entschieden vom Oberschlundganglion kommt noch ein anderer Nerv, welcher nach länge- rem etwas gebogenem Verlaufe in gleicher Weise anschwillt, wie der vorhergehende (Fig. 31 und 32 gno). Dann tritt eine allerdings sehr ungleiche Spaltung ein: Ein sehr zarter und nach kurzem Verlaufe ver— schwindender Faden zieht geschlängelt weiter nach vorn (Fig. 33 zn), der bei Weitem stärkere Ast biegt dagegen unter spitzem Winkel wie- der nach hinten und nach der Seite um und bildet den Nervus optieus (Fig. 31 und 33 no), welcher unschwer bis zu seiner Endigung am Auge (Fig. 31 und 33 au) verfolgt werden kann. Sinnesorgane. In gleicher Höhe mit dem Vorderrande des Gehirns und auf den hinteren Ecken des ersten Segmentkomplexes liegt jeder- seits ein Doppelauge (Fig. 31 au). Schon bei Lupenvergrößerung tritt auf dem orangerothen Untergrunde der prachtvoll blutroth gefärbte Augenhügel hervor, welcher 0,026 mm lang, 0,019 mm breit ist. Die nach vorn gerichtete Linse ist etwas größer als die mehr nach hinten schauende. Der percipirende Apparat zeigte sich an einem aufgehellten Thiere in Form eines Kegels unter jeder Linse. Mit dem spitzen Ende desselben tritt der Nervus opticus in Verbindung (Fig. 33 au). Außer dem schon oben erwähnten doppelt gehöften Borstenpaare (Fig. 31 sd) des ersten Segmentkomplexes sind als Sinnesorgane ferner- weit in Anspruch zu nehmen etwas gekrümmte und ganz glatte Borsten mit stumpfer Spitze, wie sie vereinzelt zwischen den Fiederborsten an den letzten Beingliedern vorkommen (Fig. 32 tb). Es sind wohl nur feinere Tastorgane, da kein Moment dafür spricht, ihnen irgend eine tiefere Bedeutung zuzuschreiben. In einer am gefärbten und aufgehell- ten Thiere ziemlich homogenen mit dunklen Punkten (Kernen?) durch- setzten Masse, wie sie im Endgliede besonders des ersten Beinpaares gefunden wird (Fig. 32 pm), haben wir vielleicht ein Homologon des bei Nymphe und Prosopon am gleichen Orte vorhandenen nervösen End- apparates vor uns. Blut. Ein Herz konnte hier eben so wenig wie bei den erwachsenen Thieren beobachtet werden. Die Bewegung der Blutflüssigkeit wird wohl einerseits durch die Kontraktion der im Körper vorhandenen Muskulatur, andererseits durch die Gestaltveränderungen der Blutkörper- chen bewerkstelligt. An durchsichtigen Körperstellen, z. B. in dem Raume zwischen Unterschlundganglion und der ventralen Körperdecke konnten die amöboiden Bewegungen der Blutkörperchen sehr schön beob- achtet werden (Fig. 32 bl). Bei Kugelgestalt ist ihr Durchmesser circa Beiträge zur Anat,, Entwicklungsgesch. u. Biologie von Trombidium fuliginosum Herm. 631 0,00645 mm groß. Sie sind angefüllt mit kleinen stark lichtbrechenden Körnchen, strecken in langsamem Wechsel bald hierhin, bald dorthin einen stumpfen Fortsatz aus und rücken vom Platze, indem der Inhalt des Körperchens in einen derselben hauptsächlich nachströmt. Zuweilen wurde eine große tropfenartige Vacuole in ihnen bemerkt. Diese Vacuole war stellenweise so groß, dass das Blutkörperchen sich seiner Gestalt nach bedeutend der Form der unter dem Apoderma befindlichen Zellen näherte. Solche Vacuolen bemerkte ich regelmäßig in den Blutkörper- chen der von mir im Wasser gehaltenen, dabei aber sehr lebendigen Larven. Die Respiration wird entweder durch die gesammte Körperdecke oder durch das aus der Urtrachee hervorgegangene Gebilde besorgt (Fig. 39 ut). Letzteres liegt auf der hinteren und äußeren Fläche der Epimeren des ersten Fußpaares, ein wenig über die Oberfläche der- selben erhoben. Auf einer nach dem lebenden Thiere gezeichneten Ab- bildung finde ich die vordere Fläche halbmondförmig gestaltet, am auf- gehellten Thiere dagegen eine mehr ovale Oberseite, wohl dadurch entstanden, dass die konkave hintere Spange des Halbmondes sich nach hinten umklappte. In letzterem Falle lag unter dem Gebilde ein körniger Haufen von unbekannter Bedeutung. Ähnliche Organe finden wir in der Litteratur auch bei den Larven anderer Milben erwähnt. So sagt CLarAaripe (8) von der ovoviviparen Hoplophora: »Zwei kleine halbkreisförmige Verdickungen dieser Haut zeichneten regelmäßig die Schultergegend des Embryo aus (Taf. 34, Fig. 2a, zwischen Beinpaar 4 und 2 gezeichnet) .« — Cu. Rosin (66) er- wähnt an der sechsfüßigen Larve seines Tyroglyphus sironiformis »un cirre mousse, peu renfle, et un poil fin entre les epim£res de la premiere et de la deuxieme paire« (p. 436). — M&cnın (50) beschreibt ebenfalls bei den Larven von Tyroglyphus mycophagus M. zwischen Beinpaar 1 und 2 (p. 237) »un cirre mousse, renfle, tubuleux« und sagt in der Er- klärung zu der Fig. 3 und 3a, Pl. VIII »c’est un tube qui donne issue A des gaa«. — Auch am Rouget (Leptus autumnalis) hat M&enın (51) Ähnliches be- merkt (p. 13): »Les epimeres de la premiere paire de pattes pr&sentent pres de leur bord externe une paire de grands stigmates circulaires «, während er in der Erklärung zu Fig. 6s, Pl. 12 angiebt : »stigmate perc& & la face inferieure de la hanche de la premiere paire de pattes, ou ventouse d’adherence«. — Gegen die Auffassung des Gebildes als Saugnapf dürfte wohl bei unserer Larve das gänzliche Fehlen von . Muskulatur sprechen. 632 Hermann Henking, 8. Bemerkungen zur Segmentirung der Larve. Harrer (27) und im Nachgange von ihm P. Kramer (39*) haben kürzlich die Ansicht ausgesprochen, die beiden letzten Beinpaare der erwachsenen Milben seien als abdominale Gliedmaßen aufzufassen. Die Beobachtungen an der Larve von Trombidium haben für diese Form wenigstens die Unmotivirtheit einer derartigen Erklärung mit genügen- der Sicherheit ergeben. MıcnArı (58) berichtet von den frühesten Stadien der Oribatiden, dass das Abdomen häufig deutliche Spuren einer Gliederung zeige, dass diese aber bei vorrückendem Alter verschwinde. — Auch bei unserer Larve ist am Rücken des Körpers durch die Querfurchen sowohl wie durch die Vertheilung der Borsten die Andeutung einer Gliederung ge- geben, während bei der Nymphe wie beim Prosopon, so weit mir be- kannt, keine Spur davon vorhanden ist. Machen wir die Annahme, dass ein jedes Segment des Larvenkörpers ursprünglich nur eine Querreihe der vorhandenen Rückenborsten trug, so würden wir die Anzahl der ursprünglichen Segmente erhalten, wenn wir die Borstenreihen zählen. Zugleich muss die Anzahl der ventralen Segmentanhänge des Gephalothorax mit der Zahl der so gefundenen Seg- mente übereinstimmen. Das ist nun auch in der That der Fall. Vom vorderen Ende des Körpers bis zu den Augen oder bis zur zweiten Rückenfurche (Fig. 31 f2) zählen wir vier Querreihen von je zwei Borsten, und in gleicher Weise treffen wir an dieser Region vier Paare von Segmentanhängen, nämlich Cheliceren, Maxillen, erstes und zweites Beinpaar. Dass die Segmente dorsal verwachsen und einge- engt, die Anhänge auf ventraler Seite sehr verschoben, resp. koncentrirt sind, kann nicht Wunder nehmen, da das Verhältnisse sind, wie sie so ungemein häufig und meist in Folge von Anpassungen sich einzustellen pflegen. Weiter sehen wir bis zur vorderen Grenze des Abdomens (Fig. 31 f3) zwei quere Borstenreihen auftreten, deren erste aus vier, deren zweite aus zwei Borsten besteht. Danach würde dieses Stück aus zwei Segmenten hervorgegangen sein. Noch wahrscheinlicher wird diese An- nahme durch das Verhalten der Rückenmuskulatur gemacht. Wir sehen. nämlich, dass in den folgenden Segmenten an deren vordere Grenze sich je ein Muskelpaar mit gemeinsamer (Abdominalsegment I) (Fig. 31 rm?) oder getrennter (Abdominalsegment II) Ursprungsstelle (Fig. 31 rm?) an- setzt, um je an der hinteren Wand des folgenden Segmentes mit ge- trenntem Ansatz zu endigen. Sie dienen offenbar zur Bewegung der Beiträge zur Anat., Entwicklungsgesch. u. Biologie von Trombidium fuliginosum Herm. 633 Segmente und zur Verschiebung derselben gegen einander, da sie zwi- schen ihren Ansatzpunkten jedes Mal eine eingefaltete Segmentgrenze haben. Nun finden wir aber an vorliegender Rückenregion jederseits neben der Mittellinie und nach hinten etwas divergirend einen Muskel, welcher an der vorderen Wand entspringt und direkt an der hinteren Wand endigt (Fig. 31 rm). Derselbe hat also keine nachgiebige Stelle zwischen seinen Ansatzpunkten, wenn nicht die ganze Partie elastisch und bieg- sam ist. Jedenfalls darf man wohl den Schluss ziehen, dass sich ur- sprünglich zwischen den Ansatzpunkten dieses Muskels ebenfalls eine Segmentgrenze befand, dass die beiden von ihm umspannten Segmente dann aber als solche verschwanden, um zu einem Segmentkomplex zu verschmelzen, während der Muskel noch von dem früheren Zustande Kunde giebt. In einigen Fällen habe ich in der Mitte dieses Segment- komplexes noch eine undeutliche Querfurche bemerkt. Der cephalo- thorakale Theil würde danach also aus sechs Segmenten bestehen. — Ein weiterer Muskel entspringt an der Vorderwand des eben er- wähnten Segmentkomplexes, um an dem Hinterrande des ersten ab- dominalen Segmentes zu enden (Fig. 31 rm!). Derselbe hat also auch nur eine nachgiebige Grenzfurche zwischen seinen Wurzeln. Ob er früher zwei solcher Biegungspunkte beherrschte, oder erst mit dem Schwunde der Naht zwischen den beiden verwachsenen Segmenten seinen Ansatzpunkt von dort weiter nach vorn verlegte, ist schwer zu entscheiden. — Auf der ventralen Seite der eben besprochenen Körperregion treffen wir aber auf diesem Stadium nur ein Beinpaar an, bei dem mit der nächsten Häutung herbeigeführten Stadium stellt sich dann ein zweites unmittelbar hinter jenem ein, und wie es un- zweifelhaft dieser Region angehört, kennzeichnet es ebenfalls dieselbe nunmehr als einen zweigliedrigen Segmentkomplex. Es stimmt somit auch hier die ventrale mit der dorsalen Seite überein. Dass wir es vom folgenden Segment ab mit dem Abdomen zu thun haben, beweist einerseits der gerade dort sehr stark eingeschnürte Lebermagen, so wie die Lage der embryonalen Geschlechtsorgane und auch die Stellung des dritten Beinpaares. Die nach der Zahl der Borsten- reihen anzunehmenden sechs abdominalen Segmente haben durch Ver- kürzung ihrer ventralen Abschnitte, wie schon oben erwähnt, zum Theil eine Verschiebung auf die Bauchfläche des Thieres erfahren (cf. Fig. 29). y. Biologisches. Unsere Larve ist schon lange bekannt. Sie wurde zuerst beschrie- ben und abgebildet von ne Gerr (21) unter dem Namen Mitte des 634 Hermann Henking;, Pucerons oder Acarus Aphidis (Tome VII, p. 121—123) in der IV. Fami- lie: Des Mittes, qui vivent sur d’autres Insectes. Seine kurze Charakte- ristik lautet: Mitte ovale rouge, ä yeux noirs, dont les pattes anteri- eures sont arrondies au bout. Des Weiteren beschreibt derselbe sehr gut die Körpergestalt, die Form der Borsten, die nach abwärts gerichtete Lage des Rüssels etc. Er fand diese Milben im Juli auf Blattläusen einer Campanula-Art. Auch Gozze£ (23) erwähnt (p. 271): »Ich habe schon oft an Blatt- läusen und Fliegen rothe Milben gefunden.« Hermann (34) giebt in seiner Beschreibung fast dasselbe wie DE Ger. WALCKENAER (76) nennt die Larve Trombidion du puceron (Tr. aphi- dis) oder Trombidium aurantiacum. Er giebt an, dass die Borsten sehr regelmäßig am Körper in Querlinien vertheilt sind und fand diese Lar- ven »d’une espece curieuse de Trombidion« auf schwarzen Blattläusen de la bardanne in Gentilly bei Paris. Dusks (14), der zuerst die Vermuthung aussprach, dass derartige Parasiten Larven von Trombidien seien, erwähnt auch les parasites du puceron. Fast ein Jahr nach meinen diesbezüglichen Untersuchungen fand ich, dass bereits M. Coste (9) eine von ihm an Phylloxera, zuweilen auch an Thrips schmarotzend gefundene Milbenlarve als die Larve von Trombidium fuliginosum Herm. bezeichnet. Wesshalb er das thut, ob nur desshalb, weil er auch erwachsene Exemplare von Trombidium fuliginosum auf der Jagd nach Phylloxera antraf, oder aus einem ande- ren Grunde, wird nicht angegeben. Wenn auch die kurze Beschreibung wenig genau ist, so wird das betreffende Thier doch wohl mit unserer Larve identisch sein. Auch P. Pıcnarn (65) fand an den gallenbewohnenden Formen von Phylloxera eine sechsfüßige rothe Schmarotzermilbe, welche er als ein »Acarien du genre Trombidium« bezeichnet. Die Beschreibung passt im Allgemeinen sehr gut auf die Larve von Trombidium fuliginosum und weicht nur darin ab, dass Pıcnarn angiebt, das letzte Fußglied trage deux ongles charnus, während unsere Larve drei Klauen hat. Dusss (14) giebt uns eine Abbildung (Taf. I, Fig. 17, 18) eines jungen Trombidium und hat dieses Thier aus Larven gezüchtet (p. 38), welche auf einem Phalangium schmarotzten. (Bei oberflächlicher Be- trachtung gleicht die Abbildung vollkommen den mir erst später bekannt gewordenen Nymphen unseres Trombidium, unterscheidet sich jedoch wesentlich durch die Insertion der Augen: »Deux yeux d’un rouge fonce m’ont paru portes, non au bout d’un pedoncule &pais comme Beiträge zur Anat., Entwicklungsgesch. u, Biologie von Trombidium fuliginosum Herm. 635 chez le Trombidion satine, mais sur une expansion laterale en forme d’auricule.« Danach gehört es einer andern Art an.) Ebenfalls erklärt Mtenin (51, p. 10), dass seine aus den Eiern von Trombidium fuliginosum gezüchteten Larven identisch seien mit auf Phalangium cornutum gefundenen Parasiten, und dass er sie später auch auf »anderen« Insekten gefunden habe. Nicht wenig war ich daher ver- wundert, als ich bemerkte, dass meine sehr zahlreich gezüchteten Larven ganz erheblich von der von Meenın (51) gelieferten Beschreibung und Abbildung (Pl. 11, Fig. 9) abwichen, dass es, um es kurz zu sagen, ganz andere Thiere sind, wie eine Vergleichung seiner und meiner Be- schreibung zeigen wird. Nach der Mittheilung der beiden genannten Autoren setzte ich dess- halb den Larven jüngere und ältere Phalangien vor und sperrte sie in einem engen Gefäße damit zusammen. Sie wollten jedoch durchaus nicht anbeißen, fielen immer wieder ab, wenn ich sie auch wiederholt den Phalangien aufsetzte. Schließlich blieb mir Nichts weiter übrig, als mein Heil mit an- deren Thieren zu versuchen, und sammelte ich desshalb verschiedene kleinere Insekten. Cicadinen, Thysanuren und Dipteren wurden eben- falls verschmäht, Aphididen dagegen, von denen ich gerade Aphis tiliae L. zur Hand hatte, wurden sofort von den Larven bestiegen. Ich be- schaffte sogleich ein nöthiges Quantum von Blattläusen, welche mir An- fangs von Aphis sambuci L. gestellt wurden. Später habe ich die ver- schiedensten Blattläuse dazu genommen und ist keine Art von ihnen verschmäht, weder die bräunliche auf Disteln lebende Aphis jaceae L., noch die den Mehlthau verursachende Aphis evonymi F., noch die lang- beinige Aphis rosae L. Besonders die etwas trägeren, meist dunkel gefärbten Arten werden von ihnen mit Vorliebe angegriffen, so Aphis fabae und sambuci; aber auch auf der hellen aber trägen Aphis ribis habe ich sie in einem Garten ungemein zahlreich angetroffen. Diese trägeren Thiere besteigen sie sehr gewandt und fangen auch sofort an sich festzusaugen, wo sich ihnen nur eine einigermaßen weiche Körperstelle darbietet. Bei empfindlicheren Arten, wie es z. B. Aphis rosae ist, gelingt ihnen das nicht so leicht; denn dieselben heben bei der geringsten Berührung nicht nur den Hinterleib in die Höhe, wie die erstgenannten, sondern schlagen auch mit ihren Beinen nach den ver- schiedensten Richtungen förmlich aus. Ich habe es öfter gesehen, dass die Larven weit fortgeschleudert wurden, wenn sie im Begriff waren, an einem Beine der Blattlaus emporzuklimmen. Haben die Milben ihr zukünftiges Nährthier bestiegen und sich einen 636 Hermann Henking, Platz ausgesucht, von dem sie nicht leicht vertrieben werden können, so ankern sie sich mit den Krallen ihrer ausgestreckten Beine fest und be- ginnen ihr Opfer anzubohren. Man kann zwar wegen der Kleinheit der Mundtheile diesen Vorgang nicht direkt verfolgen, ihn wohl aber er- schließen; denn kurze Zeit nach dem Festsetzen der Milbe beginnt die Blattlaus unruhig zu werden, sie versucht, den Parasiten mit den Beinen abzustreifen oder durch heftiges Hin- und Herschlagen mit dem Körper aus dem Sattel zu heben, dreht sich wohl um ihren eingebohrien Rüssel wie um eine Achse und versucht schließlich, natürlich eben so vergeb- lich, sich durch die Flucht ihrem Peiniger zu entziehen. Später aber sieht man die Blattläuse meist wieder festgesogen, während die Milbe mehr und mehr heranwächst. Merkwürdig ist, wie wenig fest die älteren Parasiten an ihrem Nähr- thiere anhaften, vorzüglich wenn ihr Körper erst etwas angeschwollen ist. Sie fallen bereits bei gelinder Berührung herab und vermögen dann auch nicht ganz leicht ein neues Thier zu besteigen. Auf behenderen Thieren als es gerade die Blattläuse sind, würden sie sich desshalb wohl kaum halten können. Bei meinen Zuchtversuchen schlüpften die ersten Larven am 18. Juni aus, aus einem Eihaufen, den ich am 20. Mai im botanischen Garten gefunden hatte; dann am 19. Juni die Larven aus dem am 14. Mai in der Gefangenschaft zuerst abgelegten Eihaufen, während die letzten am 2. August auskamen. Im Freien traten die Larven etwas früher auf und waren sie vor- züglich Ende Juni in sehr großer Anzahl auf den schwarzen Blattläusen von großen Bohnen im botanischen Garten, so wie auf den hellen — röth- liche Auftreibungen an den Blättern der Johannisbeere bewirkenden — Aphis ribis L. in einem anderen Garten bei Göttingen sehr zahlreich vor- handen. Sie verschwanden ungefähr zu derselben Zeit als meine letzten ausschlüpften; doch fand ich noch, wie schon erwähnt, ein vereinzeltes Exemplar am 20. September im heimatlichen Garten bei Braunschweig. Die Zeit ihres hauptsächlichsten Auftretens bleiben aber die Monate Juni und Juli. Nicht unerwähnt lassen will ich einen Versuch, der vielleicht in Rücksicht auf die Hydrachniden einiges Interesse verdient. Am 22. Juni setzte ich eine der frisch ausgeschlüpften Larven in Wasser, und da ich. bemerkte, dass ihr dasselbe nicht sehr nachtheilig zu sein schien, so setzte ich verschiedene Wasserthiere mit hinein, in der Hoffnung, sie würde sich an eines derselben festsetzen. Das geschah nun zwar nicht, auch frisch durchschnittene Culexlarven reizten sie nicht durch ihr Fleisch ; doch hat die Milbe 12 Tage lang, bis zum 4. Juli, in dem Wasser Beiträge zur Anat., Entwicklungsgesch. u. Biologie von Trombidium fuliginosum Herm. 637 gelebt, an welchem Tage ich sie todt vorfand. Sie ist jedenfalls haupt- sächlich an Nahrungsmangel zu Grunde gegangen. Wenn man für die Larven ein passendes Nährthier findet, ist es vielleicht möglich, sie im Wasser zur Verpuppung zu bringen. Bei einem späteren Versuche werde ich nicht versäumen Unionen und Anodonten in Verwendung zu ziehen, zwischen deren Kiemen ja die nahe verwandten Ataxarten schmarotzen. Erst später wurde mir die Beobachtung Micnazr’s (58) bekannt, dass die Nymphen von Hermannia bistriatus sowohl im Wasser als auf dem Lande die Metamorphose in das erwachsene Thier durchzumachen vermögen, so dass auch hier ein ähnliches Verhalten nicht zu den Un- möglichkeiten gehören dürfte. Eihaufen, welche die Trombidien kurze Zeit vor dem 8. Mai 1882, an welchem Tage ich dieEier auffand, in der Gefangenschaft abgesetzt hatten, legte ich in ein Gefäß mit Brunnenwasser. Sie entwickelten sich ganz normal darin, gingen in das Schadonophanstadium über und am 5. Juni bemerkte ich die ersten ausgeschlüpften Larven, welche munter im Wasser umherkrochen. Heute, am 10. Juli, habe ich immer noch lebende Larven darin. Am 23. Juni 1881 setzte ich zwei Larven, die sich bereits an Blatt- äusen vollgesogen hatten, in Wasser. Sie lebten noch am 2. Juli, also nach neun Tagen, waren dann aber verschwunden und wahrscheinlich von Dipterenlarven verzehrt. Um aber mein Material für die Weiter- entwicklung nicht zu sehr zu decimiren, stellte ich für dieses Mal die Versuche ein. \ Denn so gross auch die Anzahl der Larven war, die aus den Eiern | ausschlüpften,, so gering war verhältnismäßig die Anzahl der Thiere, ‚ die für die Verpuppung reif wurden. Die nicht unbedeutende Ana] \ der Blattlausvertilger waren natürlich auch Feinde der Milben, so ver- schiedene Wanzenarten und Schlupfwespen sammt ihren Larven, vor Allem aber Syrphuslarven, welche in einer Nacht oft kolossale Ver- wüstungen in meiner Zuchtanstalt anrichteten, während sie vorher nicht zu bemerken waren. Hinzu kommt noch die mangelhafte Ernährung, ] welche in Wasser gestellte Zweige den Blattläusen gaben, während unter | ' den zum Zwecke der Isolation darüber gestülpten Glasglocken oder Gaze- ! behältern Pilze ganz ungemein gediehen, die größten Feinde von Züch- | tungsversuchen. " Immerhin war die Zahl der vollgesogenen Individuen groß genug, | ‚um einige Veränderungen während der Puppenruhe zu studiren und die ] ‚folgende Entwicklungsform kennen zu lernen, zumal da ich von außen | | EEE STREER IR IIIERINET, 638 Hermann Henking, Succurs erhielt durch Blattläuse, welche bereits mit denselben Milben beladen waren. Die gesättigten und abgefallenen Thiere wurden gesammelt und in Glasgefäße mit reinem weißen sorgfältig ausgeschlemmten Quarzsand gebracht. Derselbe wurde stets feucht gehalten, und die Glasgefäße da- durch isolirt, dass sie in mit Wasser angefüllte Porzellanteller gesetzt wurden, wie es schließlich auch mit den Eiern gemacht war. Mehrere Tage liefen die Thiere noch in den Gefäßen umher, dann krochen sie in den Sand und verpuppten sich. Die ersten Puppen fand ich am 2. Juli. Die selbstgezüchteten Thiere wurden getrennt gehalten von denen, die ich im Freien gefunden hatte, um Irrthümer und Ver- wechslungen möglichst zu vermeiden. e) Nymphochrysallis. Die vollgesogenen Larven haben eine Länge von 0,5 mm, eine Breite von 0,3 mm; doch sind hier nach oben und unten individuelle Schwankungen möglich. Öfter gingen ganz bedeutend kleinere Thiere in den Puppenzustand über. — Der sehr gefüllte und damit die Gesammit- form des Thieres bedingende Lebermagen der vollgesogenen Milbe hat eine ganz andere Gestalt als bei der eben ausgeschlüpften Larve. Er hat sich ganz erheblich ausgedehnt und erscheint von oben gesehen un- regelmäßig gelappt, ein Verhalten, welches durch den Verlauf der dorso- ventralen Muskelzüge hervorgerufen wird. Ein sehr einfaches Merkmal scheidet die unbeweglichen in der Histiolyse befindlichen Thiere von den gestorbenen:: Letztere krümmen die Beine wohl immer unter den Körper, erstere dagegen strecken die- selben wie krampfhaft seitlich aus. Es scheint diese Geradstreckung hauptsächlich durch den Druck der vacuolisirten Zellen, vielleicht aber auch mit durch die Elasticität der chitinigen Beinhüllen bewirkt zu werden, welche durch die Muskulatur nicht mehr in Schranken gehal- ten wird. Die histiolysirten Individuen zeigen an Stelle des bisherigen Inhaltes von Beinen und Mundtheilen diese vollgepfropft mit jenen eigenthüm- lichen vacuolisirten Zellen, wie wir sie schon unter dem Apoderma der Larve bemerkt haben. Ob dieselben Derivate der Hypodermis sind, oder einen andern Ursprung haben und etwa die Hypodermis aufzehrten, ist mir unbekannt. Das Pigment der Beine verschwindet von der Spitze nach der Basis immer mehr, nachdem es sich in unregelmäßige Körnchen und Bläschen vertheilt hat. Auch die Zellen nehmen von der Spitze der Beine nach der Basis hin an Zahl zu; wenn sie noch keine Vacuole haben sind sie 0,0081 —0,0108 mm groß, mit Vacuole dagegen 0,0108—0,0162 mm. Beiträge zur Anat., Entwicklungsgesch. u. Biologie von Trombidium fuliginosum Herm. 639 Auch am Rumpfe schieben sich zwischen Cuticula und Körper des Thieres derartige Zellen ein (Fig. 3% z) und heben erstere vom letzteren ab. Das Thier erhält dadurch ein aufgeblähtes Aussehen. Allmählich rücken die Zellen aus den leer werdenden Beinen in den Hohlraum der alten Rumpfhülle und zwar in der Regel in der Weise, dass von vorn nach hinten fortschreitend die Mundtheile und das erste Beinpaar zuerst, das letzte Beinpaar zuletzt entleert werden. Die leeren Beinhäute brechen dann sehr leicht ab, und sieht man sie den weiter entwickelten Thieren nur noch stückweise anhängen (Fig. 36 5). Eine Epidermis habe ich Anfangs am lebenden Thier nicht mit Sicherheit erkennen können; es hat den Anschein, als sei der dunkle Lebermagen direkt von den vacuolisirten Zellen umschlossen. Die Anlage der neuen Beine ist an dem völlig undurchsichtigen Thiere nicht ganz leicht, aber nach einiger Übung wohl zu bemerken. Die Beine haben sofort die Stellung, welche der Nymphe und dem er- wachsenen Thbiere zukommt. Das einzelne Bein ist Anfangs zapfen- föormig, und wahrscheinlich ungegliedert. Bald aber ist Gliederung zu erkennen und wird an den drei vorderen Beinpaaren bei Seitenansicht auch durch paarweise neben einander stehende blutrothe Pigment- flecken, von denen in einem besonders deutlichen Falle sechs Paare hinter einander standen, angedeutet (Fig. 34, 35 und 36 b!—D3). Das vierte Beinpaar (Fig. 34, 35, 36 bt) haben wir als das neu hinzugekommene zu betrachten. Es wird das nicht nur durch seine Lage bewiesen, sondern auch dadurch, dass es als vollkommen farb- loser Wulst auftritt, dass ihm also die eben erwähnten Pigmeniflecke vollständig fehlen. Die drei vorderen Beinpaare liegen Anfangs ziemlich genau unter der Ursprungsstelle der früheren, Verschiebungen in dieser Lage treten aber sehr bald ein. Das neue vierte Beinpaar entspringt dicht hinter dem dritten und ein wenig mehr der Mittellinie des Bauches genähert als ein wegen seiner völligen Farblosigkeit Anfangs schwer wahrzunehmendes Zapfenpaar. Ebenfalls als farblose Vorsprünge ent- stehen die Mundtheile; durch ihre Größe werden zuerst die Maxillar- taster (Fig. 35 und 36 ma) bemerkbar, später auch die dicht neben ein- ander liegenden Cheliceren (Fig. 37 Ch) über ihnen, beide anfänglich als einfache Vorwulstungen. Während nun die Beine allmählich in die Länge wachsen, umgiebt sich die junge Milbe wieder mit einer deutlich wahrnehmbaren Epidermis (Fig. 36 ep). Zwischen ihr und der alten Chitinhülle befinden sich in großer Zahl die vacuolisirten Zellen (Fig. 36 z). Nach kurzer Zeit tritt nun in der Umgebung der Milbe eine neue Chitinhülle auf (Fig. 37 ap), welche ganz dem Apoderma der Larve entspricht und ihren Ursprung 640 Hermann Henking, scheinbar von den vacuolisirten Zellen nimmt; denn sie entsteht weitab von der neuen Körperoberfläche, zwischen ihr und der letzteren liegen in mehreren Lagen jene Zellen (Fig. 37 z), nach außen aber stößt sie direkt an das alte Chitinkleid (Fig. 37 ac). Niemals, weder vor noch nach der Abscheidung des Apoderma, habe ich eine etwa vorhandene besondere oder sich von den Vacuolenzellen unterscheidende Matrix des- selben wahrnehmen können. Sollte sie doch vorhanden sein, so muss sie ein sehr kurzes Dasein haben, und bei der Frage nach ihrer Ent- stehung drängen sich doch wieder die Vacuolenzellen auf, die bei jeder anderen Erklärung ein kaum hinwegzuräumendes Hindernis bilden. Bemerken will ich aber noch, dass die Abscheidung nicht direkt beob- achtet wurde. Das Apoderma besitzt auch hier eine beträchtliche Oberflächenent- wicklung. Zahlreiche Fältchen, welche zickzackförmig erscheinen und ihren Ursprung jedenfalls der unregelmäßigen Lagerung der Mutter- zellen verdanken, geben dem Apoderma jenes »nadelrissige Aussehen «, welches schon FrauEnreLD (18) bei seinem Rhyncholophus oedipodarum beobachtet hat (Fig. 37 ap!). f} Nymphophanstadium. Mit dem Auftreten des Apoderma haben wir das Nymphophansta- dium vor uns, in welchem das Thier Bewegungen nicht zeigt. Ein Durchbrechen der alten Chitinhülle in analoger Weise wie am Ei nach dem Auftreten des Apoderma findet nicht durchweg statt, da die Larvenhaut ja ziemlich weit ist und bei nicht sehr gut genährten Thie- ren der Entwicklung des neuen Individuums genügenden Spielraum gewährt. — Auch hier ist jeder Körperanhang von einer besonderen weit sackförmigen Ausstülpung des Apoderma umgeben (Fig. 37 ap). Häufig ‚sprengten die wachsenden Beine, welche auch hier wohl wie im Ei, den größten Druck auf die alten Chitinhüllen ausübten, dieselben auf ventraler Seite und ragten mit ihren Spitzen aus dem Riss hervor, so dass wir dann ein deutliches Analogon des Schadonophanstadiums vor uns haben. Eine weitere Folge der Durchbrechung war, dass die alte Hülle allmählich mehr oder weniger vollständig abblätterte und ver- loren ging. | Im weiteren Verlaufe der Entwicklung setzt sich dann der Kopftheil hinter Beinpaar 2 deutlich vom Rumpfe ab (Fig. 38 ct), die Beine wer- den länger und bekommen deutlichere Gliederung (Fig. 38 b'—b3), das vierte (Fig. 38 b*) ziemlich lange farblos bleibende Beinpaar färbt sich eben so wie auch die Mundtheile gelblich und wird den übrigen Beinpaaren Beiträge zur Anat., Entwieklungsgesch. u. Biologie von Trombidium fuliginosum Herm. 641 immer ähnlicher. An diesen haben sich die rothen Pigmentflecke mehr und mehr verwischt und vertheilt. Die Lagerung der Beine zu einander ist folgende: Das erste Bein- paar ist das längste und ziehen beide Beine neben einander zur Seite der Medianlinie des Thieres nach hinten (Fig. 37 bl). Die gleiche Rich- tung haben die übrigen Beine. Die Verlängerungslinien aller Beine würden sich ziemlich genau in einem Punkte schneiden, und dieser Punkt rückt beim Wachsthum derselben auf der ventralen Medianlinie des Körpers nach hinten und schließlich über den Körper hinaus. — Abweichungen von der regelmäßigen Anordnung kommen gewiss nur selten vor; doch wurde in einem Falle beobachtet, dass die letzten Glieder des rechtsseitigen dritten Beinpaares anomaler Weise über das vierte Bein nach hinten fortwuchsen, dasselbe kreuzend, statt vor und neben ihm herzuziehen (Fig. 37 rb3). — Die Peripherie der jugendlichen Beine besteht aus hohen Cylinderzellen mit kleinem Kern. Die Vacuolen-haltigen Zellen ballen sich häufig zu körnig er- scheinenden Häufchen zusammen und blutrothe Pigmentflecke treten hier und da in ihnen auf (Fig. 38 pm). Was es für eine Bewandtnis damit hat, ist mir unklar geblieben. Das von den Augen der Larve herstammende (Fig. 34 au) und zurückgezogene Pigment (Fig. 35 au) sitzt Anfangs in länglicher, in der Mitte eingeschnürter Gestalt unmittelbar der vorderen Rückenfläche des werdenden Thieres auf; dann aber hebt es sich warzenförmig in die Höhe und wird schließlich auf einem Stiele emporgetragen (Fig. 38 au). Die Linsen sind wohl Guticulargebilde und entstehen, wenn der übrige Körper seinen Chitinüberzug erhält. Dann werden auch die Haare und die Klauen der Füße deutlicher, welche zuerst als hyaline kaum bemerk- bare Fortsätze uns entgegentreten. Dass die Klaue des Maxillartasters (Fig. 36—38 mx) dem vorletz- ten Gliede desselben angehört, und dass der kolbenförmige Anhang des- selben wirklich das letzte Glied bildet, wird durch die Entwicklungs- geschichte bestätigt. Anfangs sind alle Glieder völlig gleichwerthig und durch flache Einkerbungen von einander abgesetzt; der Taster verjüngt sich nach vorn etwas. Dann aber erhebt sich der vordere und dorsale Theil des vorletzten Tastergliedes buckelförmig (Fig. 38 bu), und dieser Buckel neigt sich bei weiterem Wachsthum dem letzten Gliede zu. Auf diesem Buckel erhebt sich die Klaue (Fig. 39 kl), welche später der dorsalen Seite des letzten kolbenförmig werdenden Gliedes (Fig. 39 anh) dicht aufliegt und fast bis zu dessen Spitze reicht. Mit Ablauf dieser Entwicklung wird das Thier nun befähigt, eine Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XXXVII. Bd. 43 849 Hermann Henking, Zeit lang wieder ein freies Leben zu führen. Es beginnt sich in seiner Hülle zu bewegen und durchbricht dieselbe. g) Nymphe. &. Gestaltund Anatomie. Die frei lebende Nymphe ist, wie auch das Prosopon, mit vier Bein- paaren versehen und unterscheidet sich von dem letzteren nur sehr wenig. Im Allgemeinen ist dieselbe jedoch leicht kenntlich durch ihre erheblich geringere Größe, so wie durch ihre ovale, fast eiförmige Ge- stalt. Am meisten gleicht sie den erwachsenen Männchen. Die totale Länge eines eben ausgeschlüpften Thieres beträgt von hinten bis zur Spitze der Cheliceren, in ganz ausgestrecktem Zustande 0,9—1,25 mm, die größte Breite 0,532—0,675 mm. Ein weiterer Unterschied vom erwachsenen Thier ist die geringe Ausbildung der inneren Geschlechisorgane. Während die Nymphen beim Ausschlüpfen von einer schön orange- rothen Färbung sind, tritt später, wahrscheinlich in Folge der aufgenom- menen Nahrung, hierin meist eine bedeutende Veränderung ein, indem ihre Farbe ins Ziegelrothe, sehr häufig ins Braunrothe, seltener ins Schwarzbraune übergeht. Die vom Darmtractus nicht überdeckten Theile behalten eine hellere Färbung bei, also der Kopftheil, die Beine und ein Längsstreif an der Bauchseite. — Da die Kocn’schen Arten (35) außer nach den verschiedenen Farben auch nach der eben so variabeln Faltenbildung des Hinterleibes, so wie dem gleichfalls mit der Ernäh- rung wechselnden Verhalten der Länge von Körper und Beinen haupt- sächlich unterschieden sind, so fallen jedenfalls viele derselben zusam- men. Die Abbildungen und kurzen Beschreibungen gestatten es, folgende seiner Arten auf diese Nymphe zu beziehen: Trombidium assiratum (15.5), Trombidium molliculum (15.13), Trombidium corrugatum (15.16), Trombidium assimile (15.19 et20 var.), Trombidium erythrellum (15.24). Von den von Hermann (34) beschriebenen Milben ist vielleicht Trombi- dium pusillum Herm. oder Trombidium bicolor Herm. mit ihr identisch. Sonst ist meines Wissens die Nymphe nicht weiter in der Litteratur erwähnt. Sie ist aber auch von allen Entwicklungsformen unseres Trombidium die am wenigsten interessante, und fällt ihrer Kleinheit und ihrer Lebensweise wegen nur wenig auf. An der Basis der Cheliceren treffen wir dorsal die beiden schuppen- kettenförmigen Stigmenschutzapparate (Fig. 40 st). Von den Urtracheen ist keine Spur mehr vorhanden. Weiter nach hinten stehen am Gephalo- thorax die gestielten, an der Spitze blutroih gefärbten Doppelaugen | Beiträge zur Anat., Entwicklungsgesch. u. Biologie von Trombidium fuliginosum Herm. 643 (Fig. 40 au), auf gleicher Höhe mit ihnen in der dorsalen Mittellinie des Körpers und nach hinten sich erstreckend die eigenthümliche Figur der Schutzkammer für das mit je einer langen Borste versehene paarige Sinnesorgan (Fig. 40 ka), kurz lauter Verhältnisse, wie sie uns am Proso- pon in gleicher Weise entgegentreten. Der Körper trägt jetzt keine Borstenreihen mehr, wie bei der Larve, sondern ist dicht bekleidet mit spitz auslaufenden Fiederhaaren (Fig. 40 f). Verhältnismäßig wenig behaart ist nur die dorsale stärker chitinisirte Region des Vorderkörpers bis dahin, wo sich der weichere den Lebermagen enthaltende Hinterkörper wulstig emporwölbt. Dort sind die Borsten länger und schlanker und weniger stark gefiedert. Das letzte Glied der Beine trägt die zwei Haftbürsten (Fig. 40 bü) und nur zwei Klauen (Fig. 40 Äl). Auch die Mundtheile zeigen keine abweichende Bildung vom er- wachsenen Thiere, abgesehen davon, dass Alles einen kleineren Maßstab hat. Im Vordertheil des Gamerostoms liegt bereits jederseits das direkt in die Mundöffnung ausmündende Giftdrüsenpaar. Es ist eine Beschrei- bung aller der Organe vom erwachsenen Thiere gegeben, und möge darauf verwiesen sein. Die inneren Organe scheinen ebenfalls keine qualitativen Abweichun- gen von denen des Prosopon darzubieten. Der Lebermagen ist jederseits in fünf Lappen ausgezogen und in der Mittellinie schimmert dorsal bei einem eben ausgeschlüpften Thiere der stark mit Exkrementen erfüllte schneeweiß erscheinende Enddarm durch. Der Lebermagen zeigte unter dem Mikroskope häufig eigenthümliche Kontraktionen; die einzelnen Seitenlappen zogen sich bald in der Reihen- folge von vorn nach hinten, bald von hinten nach vorn zusammen und bewirkten ein Hin- und Herströmen des Inhaltes desselben. In diesem Inhalte fielen besonders fettglänzende Tröpfchen von gelbrother Farbe auf, welche durch die Kontraktionen des Darmes hin und her, nach vorn und hinten getrieben wurden. Ob dieselben mit den oben beschriebenen von den Lebermagenzeilen vermuthlich abgeschnürten Exkretkügelchen identisch sind, kann ich nicht angeben. Jedenfalls scheinen wir in ihnen Homologa der von Donrn (13) bei Pantopoden beschriebenen Darmkörper (p. 55 und 56) vor uns zu haben. Dort sitzen stark lichtbrechende ver- schieden gefärbte Kügelchen oder Tröpfchen an der Peripherie einer durch- sichtigen centralen Kugel, welche Donrn »freie Vacuole« nennt. Diese Gebilde werden ebenfalls durch die peristaltischen Bewegungen des Darmes fortdauernd hin und her getrieben. Donrn glaubt, dass dieselben losgelöste und veränderte Darmzellen oder aber von zu groß gewordenen Darmzellen losgelöste Theile seien. — Die Kontraktionen erfolgen aber der 13* 644 Hermann Henking, Zeit nach sehr wenig regelmäßig; doch wäre es möglich, dass sie, ähn- lich wie der, allerdings rhythmisch, schwingende Darm) des Eiyclops} mit einen Einfluss auf die Blutbewegung hätten. Die Geschlechtsorgane haben noch eine rudimentäre Form, während die Geschlechtsöffnung bereits vollkommen ausgebildet ist und jeder- seits die drei äußerlich nicht sichtbaren Saugnäpfe trägt. Die inneren Geschlechtsorgane waren bei der Larve paarig, hier treten sie uns als ein unpaares Gebilde entgegen. Das Ovarium (Fig. 41 ov) hat eine huf- eisenförmige Gestalt, die beiden Schenkel desselben sind nach vorn ge- richtet. Es wird gebildet aus Zellen, welche einen Durchmesser von 0,0043 mm haben und einen fast halb so großen rundlichen Kern ent- halten. Vorn von den Schenkeln des Ovarıums, wenn auch nicht ganz an deren Spitze, zweigen sich mit einer Richtung nach hinten und innen die kurzen Oviducte (Fig. 41 od) ab, um sich mit dem gedrungenen mit seinem hinteren Ende ein wenig über den Hinterrand des Ovarıums hinausragenden Uterus (Fig. 41 ut) zu vereinigen. Zellgrenzen konnten weder am Uterus noch an den Oviducten wahrgenommen werden, doch waren beide dicht mit kleinen länglichen Kernen besetzt. Muskeln (Fig. 41 m) treten an die Geschlechtsöffnung heran. Wenn ich im Vorhergehenden von Ovarium, von Oviduct und Uterus gesprochen habe, so geschah das lediglich, weil die vorliegenden Gebilde ihrer ganzen Gestalt nach sehr an die Geschlechtsorgane der weiblichen Prosopa erinnern. Indifferente Ausdrücke wären vielleicht besser ge- wesen, da ein Geschlechtsunterschied hier noch nicht ausgebildet zu sein scheint, wenigstens ist bei den untersuchten Exemplaren stets ein gleicher Bau beobachtet. Bei der Kleinheit des Objektes konnte die Ge- stalt desselben nur auf Schnitten, besonders gut auf Horizontalschnitten durch das ganze Thier, zur Beobachtung gebracht werden. Da Männchen und Weibchen ungefähr gleich häufig sind, so ist wohl kaum anzu- nehmen, dass die von mir untersuchten Tbiere unglücklicherweise nur aus Weibchen bestanden hätten und dass mir die etwaige Anlage des großen Anhangsschlauches am Hoden entgangen wäre. Leider war die Färbung nur selten so gut, dass die Zellen des Ovariums deutlich erkannt werden konnten und wurde ein etwa in der Form der Zellen vorhan- dener Geschlechtsunterschied aus dem Grunde nicht bemerkt. Der von dem Ovarıum in einem besonders wohlgenährten Thiere eingenommene Raum betrug in der Länge 0,137 mm, in der Breite 0,1443 mm. Beiträge zur Anat., Entwicklungsgesch. u. Biologie von Trombidium fuliginosum Herm. 645 P. Biologisches. Die erste Nymphe schlüpfte am 21. Juli aus, und an demselben Tage fand ich auch im botanischen Garten bei den großen Bohnen (Vicia Faba L.), an denen die Larven in so großer Zahl vorgekommen waren, die Nymphen auf der Erde und auf niedern Pflanzen umherlaufend. Von da ab traten sie zahlreicher auf. Beim Fressen wurden sie öfter angetroffen und zwar leben sie ebenfalls von Blattläusen, von denen sie öfter Thiere verzehrten, die viel größer waren als sie selbst. Eine Nymphe verzehrte auch eine kleine nicht mehr bestimmbare Milbe. Ihre Beute ergreifen diese Thiere in gleicher Weise wie die Erwach- senen: Sie halten sich mit den Hinterbeinen an Erdstückchen oder Pflanzentheilen fest, während die Vorderbeine zum Fixiren des ergrif- fenen Thieres verwandt werden. In einem Falle aber wurde beobachtet, wie eine der im botanischen Garten eingefangenen Nymphen von einer größeren Blattlaus losgerissen und fortgetragen wurde. Erstere hielt sich nun am Körper der letzteren fest, ganz in derselben Weise, wie wir es bei der Larve kennen gelernt haben, und fuhr fort, ihr Opfer anzubohren. Wir haben aber trotzdem nicht die Nymphen als Schmarotzer anzusehen, und der von van BENEDEN (4) gemachte Unterschied zwischen Raub- thieren und Schmarotzern trifft hier sehr gut zu: Die Nymphe, eben so wie das Prosopon, ist bestrebt, das einmal ergriffene Opfer möglichst rasch zu tödten; dazu auch das Giftdrüsenpaar im Munde. Der Larve fehlt die Giftdrüse, es ist ihr eigener Vortheil, wenn sie ihr Nährthier möglichst wenig belästigt; denn nur so kann sie sich allmählich für ihre Weiterentwicklung hinreichend verproviantiren. Die Larve ist somit ein Schmarotzer, Nymphe und Prosopon sind Raubthiere. Auch im heimatlichen Garten bei Braunschweig fand ich am 9. August unter Kohl verschiedene Nymphen und beobachtete am 19. August sehr viele dabei, wie sie an Blattläusen desselben (Aphis brassicae L.) fraßen. Dass die Nymphen aber auch zu andern Jahreszeiten als nur im Spät- sommer vorkommen, zeigte sich darin, dass ich im Mai 1882 im botani- schen Garten einige offenbar überwinterte Exemplare fangen konnte. Ein Exemplar noch im Juni. Gehalten wurden die Thiere in Glasgefäßen, deren Boden mit einer ziemlich dicken Schicht von Fließpapier bedeckt war, um eine möglichst gleichmäßige Feuchtigkeit darin erhalten zu können. Über das Papier streute ich eine dünne Schicht reinen Quarzsand. Geschlossen wurden die Gefäße nicht wie früher mit einer Glasplatte, sondern es wurde feine Gaze darüber gebunden. Ein in der Mitte derselben hineingeschnittenes und am Rande mit Papier verklebtes kreisförmiges Loch von willkür- 646 Hermann Henking, licher Größe wurde mit einer Glasscheibe bedeckt und gestattete nicht nur einen Einblick, sondern auch einen Eingriff in das Innere des Ge- fäßes, ohne dass die Gaze hätte abgenommen werden müssen. Auf diese Weise war wenigstens für Luftwechsel hinreichend gesorgt. Ernährt wurden die Thiere mit möglichst kleinen Blattläusen, da sie größere in der Gefangenschaft nur ungern angriffen. Am liebsten hielten sie sich an der Glaswand hinter dem Fließpapier auf, andere liefen in dem Gefäße umher oder wühlten sich in den Sand ein. Von ersteren fand ich dann am 21. August drei Verpuppte auf und stellten sich in der Folge noch mehr Puppen ein, wie es in der Tabelle verzeichnet ist. Die Anzahl reichte gerade aus, um einige Momente in der Entwicklung zu skizziren und die erwachsene Form festzustellen. Aufbewahrt wurden die Puppen in gleicher Weise wie die früheren. h) Teleiochrysallis. Die Verpuppung der Nymphen geht in derselben Weise vor sich wie die der Larven. Sie suchen ebenfalls geschützte Örtlichkeiten auf, um dort die Metamorphose zu überstehen. Die Teleiochrysalliden sind gleich- falls leicht kenntlich an dem aufgedunsenen Körper und den starr ausge- streckten mit vacuolisirten Zellen erfüllten Beinen. Je nach dem Ernährungszustande der Nymphen zeigen sie eine eiwas verschiedene Körpergröße. Der dichte Haarbesatz der Nymphenhaut, so wie der dunkle Leber- magen machen es ganz unmöglich, an dem lebenden Thiere die ersten Veränderungen, wie die Anlage der neuen Beine etc., zu erkennen und an aufgehellten Exemplaren ist nur wenig mehr zu beobachten. Nur auf Schnitten ist etwas zu sehen. Die folgenden Beobachtungen sind an einer in Querschnitte zerlegten Teleiochrysallis angestellt, bei der der Hohlraum der Beine vollständig von vacuolisirten Zellen erfüllt war, während man von den inneren Ver- hältnissen so ohne Weiteres nichts bemerkte. Die Beobachtungen konnten nur an diesem einen Exemplare angestellt werden, da mir nicht mehr Material zur Verfügung stand. Die Extremitäten waren, wenn auch noch sehr kurz, so doch schon als deutlich gegliederte und im Inneren mit quergestreiften Muskeln ver- sehene Körperanhänge vorhanden. Sie lagen innerhalb der alten Nymphenhaut, ihre Spitzen waren bei der jetzigen Kürze noch der Mittellinie des Körpers ziemlich senkrecht zugewandt. Die Peripherie derselben (Fig. 42 b!) besteht aus rundlichen Zellen und geht kontinuirlich in die allgemeine Körperumgrenzung (Fig. 42 ku) über. Letztere bildet aber nur an den Beinen und in deren Umgebung ' Beiträge zur Anat., Entwicklungsgesch. u. Biologie von Trombidium fuliginosum Herm. 647 eine deutliche Schicht durch nahes Aneinanderrücken der Zellen, die übrigen Partien sind weniger deutlich, vorzüglich bei nicht ganz zarten Schnitten, da die Zellgrenze verwischt ist und nur der gefärbte Kern hervortritt. Die Oberflächenzellen sowohl, wie auch diejenigen fast aller inneren Organe zeigen nun aber ein ganz charakteristisches Verhalten, welches jedenfalls eine Folge der Histiolyse ist. Sie sind nämlich blasig gewor- den und haben eine gewaltige Vacuole in ihrem Inneren bekommen, er- leiden also keine »fettige« Degeneration, wie sie nach Wrısmann bei den Insekten vorkommt, sondern eine » hydropische « Degeneration. Schnitte durch die Mundtheile zeigten, dass hier nur deren Chitin- hüllen vorhanden waren. Die das Innere vorher füllenden Gewebe waren verschwunden, an Stelle derselben aber war dicht gedrängt eine große Menge jener vacuolenhaltigen Zellen vorhanden , welche auch den Hohlraum der Beine erfüllten und deren Bekanntschaft wir schon im Schadonophanstadium machten und bei der Nymphochrysallis erneuten. Am längsten innerhalb der Mundtheile scheint sich die Gift- drüse zu halten, wenigstens konnte im vorliegenden Falle ihre Form noch deutlich wahrgenommen werden. Sie ist aber rings von jenen vacuolenhaltigen Zellen umschlossen, liegt außerhalb des neuen Körpers und ist daher jedenfalls auch der Vernichtung preisgegeben. Auf dorsaler Seite lag der Körper des neu sich bildenden Thieres noch dicht der netzförmigen Chitinschicht der Nymphenhaut an, während sich zwischen ersterer und der homogenen äußeren Chitinhülle (Fig. 42 as) ein Hohlraum befand, in dem man einige vacuolenhaltige Zellen be- merken konnte (Fig. 42 ho). — Ein gleiches Verhalten zwischen beiden Schichten zeigte sich an ventraler Seite; nur der Umstand kommt hinzu, dass hier auch die netzförmige Schicht (Fig. 43 ns) weit vom Körper des neuen Thieres absteht, um den sich weiter entwickelnden Extremi- täten Raum zu geben. Zwischen letzterer und dem Körper befindet sich nun die große Masse der vacuolenhaltigen Zellen (Fig. 42 z) und trifft man sie in diesem Stadium besonders zahlreich in der vorderen Körper- region. In geringer Anzahl bemerkt man auch hier die Zellen zwischen den beiden Chitinschichten der Nymphenhaut (Fig. 42 2’). Ein Schnitt durch die Augen zeigt, in welcher Weise bei ihnen die Veränderung erfolgt. Die Hypodermis (Fig. 43 ma) und die von ihr umschlossene streifig erscheinende Inhaltsmasse, wohl hauptsächlich aus Nervensubstanz (Fig. 43 n) bestehend, hat sich von der Chitin- wandung (Fig. 43 cw), besonders aber von den Linsen (Fig. 43 l) zurück- gezogen ; letztere erscheinen noch vollständig homogen, zwischen ihnen und der zurückweichenden Gewebsmasse liegen einige der großen 648 Hermann Henking, vacuolenhaltigen Zellen (Fig. 43 z). In der Masse sind deutlich wahr- nehmbar und unregelmäßig vertheilt jene eigenthümlichen stark licht- brechenden Körnchen von schmutzig gelber Farbe (Fig. 43 gk), welche schon bei der Anatomie des erwachsenen Thieres erwähnt sind. Auf demselben Schnitte treffen wir zwei scharf umschriebene Gebilde, welche bereits dem neuen Thiere angehören und in denen wir ver- muthlich die Cheliceren (Fig. 43 Ch) zu erblicken haben. Sie haben eine ovale Gestalt, sind von einer Zellschicht begrenzt und der Quere nach von einer großen Zahl deutlich quergestreifter Muskeln (Fig. 43 m) durchsetzt. Sie liegen mit ihren oberen Rändern ungefähr rechtwinklig neben einander, eine nach unten ofiene Rinne bildend. Innerhalb der Rinne liegen dichtgedrängt die Querschnitte der feinen Tracheen (Fig. 43 ir) ; doch auch zwischen diesen trifft man jene vacuolenhaltigen Zellen an. Die Cheliceren sind die einzigen Gebilde, welche den Körper des neuen Thieres nach vorn überragen, die übrigen Körperanhänge haben hier eine deutliche ventrale Lagerung. Ein Querschnitt, der den neuen Mundkegel trifft (Fig. 42 ml) durchschneidet auch einen Theil des Leber- magens (Fig. 42 Im). Die Anlage des von einer deutlichen aus rundlichen bis würfel- förmigen Zellen bestehenden Zellschicht umgebenen Mundkegels, d.h. die Cheliceren (Fig. 43 Ch) und weiter die Maxillen (Fig. 42 ml) mit ihren seitlichen noch ziemlich kleinen Tastern (Fig. 42 mt) treffen wir also ventral und median am Vorderkörper. Die Maxillen sind an der Basis mit einander verschmolzen, haben jedoch je eine verhältnismäßig große freie Lade (Fig. 42 mi), die im weitern Verlauf ganz rückgebildet werden muss. Wo die Laden in der Mittellinie zusammenstoßen, be- findet sich ein undeutlicher Zellwulst (Fig. 42 zw), von dem querge- streifte Muskeln schräg nach rechts und links und oben ziehen. Es ist das also die Anlage des Saugapparates. Das Tracheensystem der Nymphe geht nicht in das Prosopon über. Den Tracheenstamm derselben und zum Theil die feinen von ihm aus- gehenden Tracheen treffen wir in dem jetzt mit vacuolisirten Zellen er- füllten Kopftheil der Nymphenhaut; der Tracheenstamm wird zugleich mit der letzteren abgeworfen. Nun liegen in dem Körper des sich entwickelnden Thieres neben der oberen Ursprungsstelle der Maxillartaster zwei rundliche Gebilde dicht an der Mittellinie, welche wir als die Anlage des neuen Tracheen- stammes (Fig. 42 trs) zu bezeichnen haben. Diese Gebilde erscheinen als Querschnitte je eines Hobhleylinders, also ringförmig, als eine einfache aus etwa würfelförmigen bis recht- Beiträge zur Anat., Entwicklungsgesch. u. Biologie von Trombidium fuliginosum Herm. 649 eckigen Zellen bestehende Zellschicht, die den neuen chitinigen Tracheenstamm abscheiden wird. Im Innern dieser Gebilde liegen bündelförmig vereinigt und durch die Länge derselben hinziehend die feinen von der Nymphe herstammenden Tracheen, welche einige vacuolenhaltige Zellen zwischen sich haben. In welcher Weise diese Tracheen aus dem Lumen des neuen Tracheenstammes entfernt werden, bleibt noch zu untersuchen. Von dem letzteren ziehen bereits die quer- gestreiften Muskeln nach oben, welche sich an das Endstück der Cheli- ceren ansetzen (Fig. 43 im). | Von den Speicheldrüsen der Nymphe scheint nur die schlauch- förmige erhalten zu sein. Von den übrigen konnte nicht die geringste Spur aufgefunden werden und scheinen sie gänzlich aufgelöst zu sein. Der chitinähnliche gemeinsame Ausführungsgang derselben geht nicht in das neue Thier über. In den Leibeshohlräumen des Körpers treffen wir nun überall, so- wohl im Rumpf als im Mundkegel, die vacuolenhaltigen Zellen in ver- schiedenster Größe an (Fig. 42 und 43 z), außerdem sind aber noch andere ganz bedeutend kleinere Zellen oder Kerne in ziemlich großer Anzahl vertreten (Fig. 42 k). Was sie zu bedeuten haben und wo sie herrühren, ist mir unbekannt. Der Lebermagen zeigt ganz eigenthümliche Verhältnisse. Seinem Lumen zugewandt sind die ihn charakterisirenden großen Zellen (Fig. 42 Iz), welche einen deutlichen Kern und einen großkörnigen In- halt besitzen. Unter ihnen aber, d. h. zwischen ihnen und der als eine dünne Lamelle erscheinenden Tunica propria desselben (Fig. 42 ip) liegen höchst sonderbare »hydropische Zellen« (Fig. 42 hz). Sie haben meist eine rechteckige oder rhombische Gestalt und außer der wellig hin und hergebogenen Membran und einem mutbmaßlichen, nur selten wahrnehmbaren, durch Karmin rothgefärbten »Kerne« wurde kein wei- terer Inhalt bemerkt. Möglich wäre es aber auch, dass diese den An- schein von hydropischen Zellen erweckenden Gebilde gar keine Zellen wären, sondern nur ein Fasergeflecht, in dem allerdings die Regelmäßig- keit der Maschenbildung auffallend erscheint. Dann wären die hin und wieder beobachteten »Kerne« vielleicht gleichwerthig mit den kleinen bereits erwähnten Zellen oder Kernen, wie sie in den Leibeshohlräumen des Thieres häufig vorhanden sind. Aus Mangel an Material muss ich diese Frage oflen lassen. Die dorsoventrale Muskulatur (Fig. 42 dum) des Rumpfes scheint in- takt zu sein. Das Gehirn hat bisher keine bemerkbare Veränderung erfahren und zeigt im Inneren deutlich das Fasergeflecht, außen die dicke Schicht 650 Hermann Henking, von Ganglienzellen. Es wird durchsetzt vom Ösophagus, der nach Ver- lassen des Gehirnes emporsteigt und in der Mittellinie in den Lebermagen ausmündet. i Auch am Geschlechtsorgane ist keine auf Histiolyse hindeutende Erscheinung wahrzunehmen. Der Querschnitt zeigt, dass die keim- bereitenden Zellen des U-förmig gekrümmten Genitalschlauches in dicker Schicht an der Außenseite des U liegen, an der Innenseite da- gegen der spaltförmige im Querschnitt einem Halbmond vergleichbare Ausführungsgang, der nach innen nur von einer Zellschicht begrenzt wird. Leider stand mir kein Material mehr zu Gebote, um nähere und eingehendere Untersuchungen in Bezug auf die Neubildung unserer Milben anstellen zu können. Auch die auf das Teleiophanstadium be- züglichen Angaben sind nach einem einzigen Exemplare gemacht worden. ij) Teleiophanstadium. In diesem unbeweglichen Stadium sind die Extremitäten und der Mundkegel vollständig ihrer vacuolenhaltigen Zellen entleert. Das Apo- derma erscheint als eine nadelrissige Hülle (Fig. 4«—46 ap) dicht unter der alten stellenweise abbröckelnden Nymphenhaut; dasselbe umgiebt jede Extremität, wie immer, mit einem besonderen glattkonturirten sackartig weiten Auswuchs (Fig. 44—46 ap!). Es ist getrennt vom Kör- per des Thieres durch die vacuolenhaltigen Zellen (Fig. A4—46 2). Dem After der Nymphenhaut entsprechend (Fig. 44 a) ist auch am Apoderma eine längliche Verdickung bemerkbar. Betrachtet man ein Stück des Apoderma (Fig. 47) bei stärkerer Vergrößerung, so bemerkt man außer den regelmäßigen Falten noch warzenförmige aber unten hohle Erhebungen (Fig. 47 eh), die 0,004—0,005 mm hoch und 0,004—0,006 mm breit sind. Bei der Ansicht von oben zeigt ihr op- tischer Querschnitt zwei koncentrische Kreise (Fig. 47 eh’), welche der inneren Höhlung und der Peripherie der Warze entsprechen. Die Beine liegen der Länge nach der Bauchseite des Thieres an (Fig. kA). Sie sind deutlich gegliedert und ihre Wandung besteht scheinbar aus einer Zellschicht (Fig. 44 w). Außer der Muskulatur be- merkt man in ihnen, besonders im ersten Beinpaare, einen Nerven (Fig. 4 n), welcher sich im drittletzten Gliede gabelt und im letzten Gliede an der Anlage des Tastganglions (Fig. 44 ig) endet. Unterhalb der Ansatzstelle der Endklauen bemerkt man je ein rundliches drüsen- artiges Gebilde (Fig. 4% dr) von dem vielleicht die Klauen ihren Ursprung nehmen dürften. Beiträge zur Anat., Entwicklungsgesch. u. Biologie von Trombidium fuliginosum Herm. 651 Ein sehr eigenthümliches Ansehen hatten die Linsen der alten Chi- tinhülle. Während sie in der Teleiochrysallis noch ganz gleichmäßig lichtbrechend waren, zeigt ihre Struktur jetzt eine merkwürdige Diffe- renzirung. Innerhalb der hellen Linse (Fig. 48 Ii) befindet sich ein Kör- per von stärkerem Lichtbrechungsvermögen. Er hat die Form eines umgekehrten Pilzes (Fig. 48 pi) und kann man leicht den Hut und den nach oben gerichteten und an der Spitze wieder etwas verbreiterten Stiel unterscheiden. Die Ursache dieser Differenz ist mir unbekannt geblieben. Von dem Auge (Fig. 48 au) war natürlich nur die Chitinhülle vorhanden. Hat das Thier nun seine definitive Gestalt bekommen, so durch- bricht es seine Hülle und ist im folgenden Frühling zur Vermehrung der Art befähigt. Eine abermalige Häutung konnte nicht konstatirt werden, obgleich ich die Thiere fortwährend weiter hielt. Niemals bemerkte ich etwas, was an eine Puppe erinnern konnte, niemals auch etwa abge- worfene Häute. k) Prosopon. Biologisches über die Thiere im Herbst und Winter. Gleich nach dem Ausschlüpfen aus dem Apoderma hat unser Thier (Fig. 49) natürlich seine definitive Größe noch nicht erreicht, ist aber bereits deutlich größer als die Nymphe. Wenn es aber gut ernährt wird, wächst es schon im Herbst zu dem Umfange heran, den es uns im Frühjahr vorführt. Bei der im Allgemeinen vollkommenen Übereinstimmung mit den sommerlichen Thieren ist es in der Litteratur nicht besonders erwähnt. Nur in dem Koc»’schen Werke (35) stimmen einige Abbildungen und Beschreibungen recht gut damit, und steht bei der Kürze der letzteren wenigstens Nichts entgegen: Trombidium cordiforme (15.4), Trom- bidium bicolor K. (15.18), Trombidium hortense (15.3) könnte man vielleicht hierher beziehen. | Das erste Thier schlüpfte mir aus am 24. September, ein anderes am 30. desselben Monats, und setzte ich es in eines der Glasgefäße, die ich wie oben beschrieben eingerichtet hatte. Beim Fressen habe ich es nie beobachtet, obgleich ich ihm Blatt- läuse, die von den im Freien gefangenen mit großem Eifer verspeist wurden, in reichlicher Menge vorsetzte. Von den noch übrigen gesun- den Puppen, eine Anzahl war verdorben, kamen nur noch zwei aus; ein Thier erschien am 20. Oktober. Es konnte sich aber kaum bewegen und führte auch dann nur eine geringe Ortsveränderung aus, als ich 652 Hermann Henking, es einige Tage im geheizten Zimmer hielt. Für gewöhnlich wurden die Thiere in einem ungeheizten Raume aufbewahrt. Die letzte Milbe schlüpfte erst Mitte December aus. Es liegt darin wieder ein Beweis für die retardirende Wirkung kühler Temperatur auf die Entwicklung. Wenn im Folgenden meine Beobachtungen über den Nahrungs- erwerb unserer Thiere etwas sehr ausführlich angegeben werden, so möge das seine Begründung darin finden, dass etwaige Zweifel an der Raubthiernatur der Trombidien, wie sie nach den abweichenden An- gaben PAGENnSTEcHER'S (63) etc. wohl erhoben werden könnten, durch die Fülle der Thatsachen möglichst beseitigt werden sollten. Im Freien fand ich die ersten Prosopa sehr vereinzelt am Anfange des August auf Büschen umherlaufend, zu einer Zeit also, wo die Nymphen noch in großer Zahl vertreten waren. In dem Maße aber, wie letztere verschwanden, mehrten sich die ersteren, bis ihre Zahl von Anfang bis Mitte September ihre Akme erreicht hatte. Sie scheinen weniger gern auf der Erde als auf niederem Buschwerk ihrer Nahrung nachzugehen, wo sie sich aber durchaus nicht auf Blattläuse beschrän- ken. So zerdrückte ich am 5. September 1881 auf einem Rosenblatte einer circa 4 cm langen grünen Raupe den Kopf: Am folgenden Tage fand ich, dass eins unserer Trombidien daran sog. Am 8. September verzehrten zwei Trombidien zwei geflügelte Aphididen, ein Trombi- dium war auf das Netz einer Dictyna viridissima Walck. gestiegen und sog mit derselben gemeinschaftlich an einer Fliege, drei andere an einer Musca vomitoria, wieder eins an einer Chrysopa perla, welche beiden Thiere noch umsponnen waren und vermuthlich von einer Meta segmen- tata, die unmittelbar darüber ihr Gespinst hatte, aus dem Netze geschleu- dert waren. Auch von getödteten Stubenfliegen, die ich in Folge dieser Beob- achtungen den eingefangenen Exemplaren vorsetzte, nährten sich die- selben. | Der 11. September war ein schöner sonniger Herbstiag, und sehr viele Milben tummelten sich auf den Blättern der Büsche umher. Auf Himbeeren zählte ich 12 unserer Thiere, die hinzugeflogene schwarze Aphididen verzehrten, in einem Falle sogen zwei derselben an einer Blattlaus. Zwei andere Prosopa hatten zwei Nymphen derselben Spe- cies überwältigt. Eine Milbe sog an der leeren abgestreiften Hülle | einer Clubiona. An diesem Tage wurde wiederum beobachtet, dass unsere Thiere Fliegen oder Blattläuse, die sich in Spinngeweben kleine- rer Spinnen gefangen hatten, aussogen, während die Spinne dabei saß. In einem Falle theilte sich die letztere mit einer Milbe in die Beute, jedes Thier sog von einer Seite. Beiträge zur Anat., Entwicklungsgesch. u. Biologie von Trombidium fuliginosum Herm. 653 Am 26. September sogen wieder zehn Milben an geflügelten Aphi- diden, darunter zwei Paare an zwei Blattläusen. Dessgleichen ver- zehrten am 29. September abermals drei Milben dunkle geflügelte Blattläuse. Am 3. Oktober traf ich noch ein Prosopon beim Verzehren einer Nymphe an. Es ließ sich aufheben und unter einem Simplex besehen, ohne seine Beute fahren zu lassen. Überhaupt ist es bemerkenswerth, wie fest die Milben ihr Opfer halten: Man kann Beide in ein Glas fallen lassen und nur selten lässt sich die Milbe dadurch im Fressen stören. Hiermit schließen meine dahin zielenden Beobachtungen im Freien. An den gefangenen Thieren konnte ich dieselben aber noch reich- lich fortsetzen. So gab ich am Anfang Oktober denselben drei Blätter von Viburnum Opulus L., an denen geflügelte Blattläuse ihre Jungen in großer Zahl abgesetzt hatten. Ich zählte dann drei, resp. 13, resp. 45 Milben auf den drei Blättern, die zu gleicher Zeit beim Fressen be- schäftigt waren. Den Winter verbringen die Thiere in der Erde, in einer Tiefe von bis 20 cm ungefähr, und mit besonderer Vorliebe, wie es scheint, am Fuße von Bäumen. Ausgrabungen im December und Januar lieferten die Thiere unter der gefrorenen Erddecke weg. Anfangs waren sie natürlich recht schwerfällig, wurden aber in der Zimmerwärme bald mobil. — Am 40. Februar 1882, einem schönen und warmen Tage, wurden am Fuße einer so recht von der Sonne beschienenen Tilia grandifolia im botanischen Garten acht Trombidien aufgefunden, welche aus der Erde hervorgekommen waren. Ihre Bewegungen waren noch träge. Am folgenden Tage wurden an demselben Platze vier Indivi- duen gefangen. Alle diese Thiere mussten sehr oberflächlich im Boden überwintert haben; denn beim Nachgraben zeigte sich derselbe in einer Tiefe von circa 7 cm noch vollständig gefroren und dort lagen die Milben noch unbeweglich. Vom Ende des Februar ab mehrten sich die - Individuen erheblich, liefen auf der Erde oder an Bäumen umher, die Spalten und Risse derselben nach Nahrung absuchend. In diesem Jahre legten die in der Gefangenschaft gehaltenen Thiere bereits gegen Ende April verschiedene Eihaufen ab. 1 1 2 1 1 1 1 1 el ne = 1 = = 2 S =! 4 S 1 .- 3 1 2 2 2 1 2 1 12 2 1 i 1 1 2 << 1 5 li: Zahl der Eihaufen Datum der Auffindung 20. Mai im bot. G. 14. Mai 14.—16. Mai 14.—16. Mai 14.—16. Mai 14.—16. Mai 17. Mai 20.—22. Mai 28.—30. Mai 31. Mai 3. Juni 4. Juni 4. Juni im bot. G. 5. Juni 5. Juni 6. Juni 6. Juni 7. Juni 10. Juni 12. Juni 13. Juni 14. Juni 14. Juni 16. Juni 19. Juni 19. Juni 22. Juni 28. Juni 30. Juni 7. Juli 24.—26. Juni 27. Juni Datum des Eintrit- tes in das Schado- nophanstadium 2. Juni 3. Juni (21 Tage) 3. Juni (19-21. T.) 4. Juni (20-22 T.) 5. Juni (21-23 T.) 8. Juni (24-26 T.) 5. Juni (20 Tage) 9. Juni (19-21 T.) 19. Juni (21-23 T.) 19. Juni (20 Tage) 25. Juni (22 Tage) an een 25. Juni (20 Tage) 26. Juni (21 Tage) 26. Juni (20 Tage) 27. Juni (21 Tage Bares one 29. Juni (19 Tage) 1. Juli (20 Tage) 2. Juli (20 Tage) 30. Juni (17 Tage) 2. Juli (19 Tage) 3. Juli (18 Tage) 1.? Juli (13 Tage) 3. Juli (15 Tage) 7. Juli (16 Tage) Auftreten der ersten Larven 18. Juni 19. Juni (16 Tage) 20. Juni (17 Tage) 21. Juni (17 Tage) 22. Juni (17 Tage) oralen 22. Juni (17 Tage) . . OD 28. Juni (19 Tage) 2. Juli (14 Tage) 2. Juli (14 Tage) 9. Juli (15 Tage) 9. Juli (15 Tage) 9. Juli z Tage) 13. Juli (15 Tage) 13. Juli (12 Tage) 14. Juli (12 Tage) 14. Juli (15 lage) 14. Juli (12 Tage) 17-18. Juli(14-15 T.) 17-18.Juli(16-17 T.) 17-18.Juli(14-15 T.) 21. Juli (14 Tage) 9. Juli (11 Tage) |28-29.Juli(19-0 T.) a re er . . 28—29. Juli 2. August 25. Juli 13. Juli (17 Tage) 125-27.Juli(l2-14 T.) Dauer der; Entwicklung 37 Tage 36—38 Tage 37—39 Tage 38—40 Tage ° . ® o e 37 Tage 38—40 Tage 35—37 Tage 34 Tage 37 Tage 35 Tage 35 Tag 34 Tage 32 Tage 32 Tage 32 Tage 31 Tage 32—33 Tage 29—30 Tage 29—30 Tage 30 Tage 30—31 Tage 29—30 Tage 27 Tage 30—32 Tage 29—31 Tage | Zeitdes Auftretens der Nymphochrysallis 2.—7. Juli (12—17 Tage) 7. Juli bis 19. August Auftreten der Nymphen Datum der Auffin- dung von Teleiochrysallis 21. Juli 1 Thier 26. Juli 3 Thiere 14. August 1 Thier 21. August 3 Thiere b. G. 27. Juli 5 Thiere |23. August 2 Thiere b. G. 29. Juli 3 Thiere |24. Auenet Thiere 31. Juli 5 Tkiere 25. August 1 Thier 2. August 11 Th. 26. August 1 Thier b. G. 4. August 7 Th. |27. August 5 Thiere b. 6. 5. August 3 Th. |29. August? Thiere b. @. 5. August 1 Thier b. ©. T. aut! Thier |1.Sept. 1Thierb.G. b. G. 8. August 3 Thiere,(21.Sept.5 Th. b.G. schon etwas entw.) 13. August 2 Th. 14. August 1 Thier 14. August 1 Thier b. G. 20. August 1 Thier 20. August 2 Thiere b. G. 22. August 3 Thiere 22. August 1 Thier b. @. 26. August 3 Thiere 29. August 1 Thier 1. Sept. 3 Thiere 4 Sept. 9 Thiere 30. August? Thiere nen Expl. dur Auftreten der erwachsenen Thiere 24. Sept. 1 Thier 30. Sept. 1 Thier 20. Oktober 1 Thier Mitte December 1 Thier b. G. = bezieht sich auf die Ver- änderungen, welche die im bo- tanischen Garten eingefange- chmachten, [] = zweite Brut (cf. p. 594 £.), 7 = die Thiere sterben ab, Beiträge zur Anat., Entwicklungsgesch, u, Biologie von Trombidium fuliginosum Herm. 655 5. Zusammenstellung der Hauptergebnisse. Wenn ich kurz die Resultate der vorliegenden Abhandlung zu- sammenfassen will, so dürften folgende Punkte der Erwähnung wohl am meisten würdig sein: 4) Es wird der Nachweis zu führen versucht, dass PAGENSTECHER in seiner bekannten Monographie nicht Trombidium holosericeum L., sondern Trombidium fuliginosum Herm. untersucht hat. 2) Sackförmige Drüsen im letzten Gliede der Beine dienen wahr- scheinlich dazu, durch ihr Sekret den Thieren eine Bewegung an senk- recht stehenden glatten Gegenständen zu ermöglichen. 3) Beschreibung des Beugers und des Streckers der Fußklauen, so wie 4) des Tracheensystems. 5) Bau und Mechanismus des Saugorganes. 6) Beschreibung eines Giftdrüsenpaares. 7) Die Tunica propria des Lebermagens trägt keulenförmige Zellen, welche ihre mit dunklen Massen gefüllten Spitzen abschnüren. 8) Fettkörperzellen liegen gruppenweise am Lebermagen. 9) Ein paariges eigenthümlich gestaltetes Sinnesorgan liegt in der dorsalen Mittellinie zwischen den Augen. 10) Die Beine tragen Tastborsten. Ungemein zahlreich sind die- selben am Endgliede des ersten Beinpaares und stehen sie dort durch Nervenfäden mit einem umfangreichen Tastganglion in Verbindung. 14) Ein Tastganglion findet sich ferner im Endglied des Maxillar- tasters. 12) Was PAGENSTECHER in seiner Monographie als Männchen be- schreibt, sind in Wirklichkeit die Weibchen, seine Weibchen aber die wirklichen Männchen. 13) Die Eier enthalten zu gewissen Zeiten einen schön orange- gelben Dotterkern. 1%) Die ovalen plan-konvexen Spermatozoen besitzen einen ring- förmigen Kern, keinen Schwanzanhang und bewegen sich vielleicht mit Hülfe einer Membran. 15) Am Vas deferens folgt auf eine sehr muskulöse Bursa expulsa- toria ein komplicirt gebauter chitiniger Penis. 46) Der Anhangsschlauch mündet am Anfang des Penis aus und seine Wandung besteht aus vacuolenhaltigen Gylinderzellen. 656 Hermann Henking, Entwicklungsgeschichte. 17) Neue Nomenklatur. 18) Die kugligen orangegelben Eier werden in Haufen von 100 "Stück und darüber abgelegt. 19) Ehe der Embryo die Eischale sprengt, hat er sich mit einer | chitinigen Hülle, dem Apoderma, umgeben. 20) Unter dem Apoderma bemerkt man eigenthümliche vacuolen- haltige Zellen. 21) Eine bei dem Sprengen der Eischale noch durch eine Öffnung im Apoderma mit der Außenwelt direkt kommunicirende »Urtrachee« wird rückgebildet. 22) Allmähliche Entwicklung der Larve während des Schadono- phanstadiums. 23) Aus einer regelmäßigen Anordnung der Rückenborsten der sechsfüßigen Larve kann man schließen, dass sowohl Cephalothorax als auch das Abdomen ursprünglich aus je sechs Segmenten bestand. 24) Die Hypodermis der Larve besteht, wie wahrscheinlich auch die des Prosopon, aus ungefähr isodiametrischen Zellen, welche wand- ständiges Plasma und einen wandständigen Kern, so wie eine große Vacuole enthalten. Daher erscheint die Hypodermis bei Flächenansicht als Netzschicht. 25) Mundtheile und Verdauungsapparat der Larve sind denen des erwachsenen Thieres sehr ähnlich. 26) Zwei Paar Speicheldrüsen sind vorhanden (Larve). 27) Die Anlage der Geschlechtsorgane ist paarig (Larve). | 28) Unter den vom Gehirn abgehenden Nerven wurde der Nervus opticus bis zum Auge verfolgt (Larve). 29) An Sinnesorganen wurden außer dem paarigen Doppelauge, Sinnesborsten an den Beinen, so wie ein doppelt gehöftes Borstenpaar am Rücken zwischen den Augen beobachtet (Larve). 30) Aus der »Urirachee« haben sich eigenthümliche Gebilde ent- wickelt (Larve). 31) Die sechsfüßige Larve geht durch eine Metamorphose in eine zweite frei lebende Jugendform, die noch ungeschlechtliche bereits acht- füßige Nymphe über; diese wird durch eine weitere Metamorphose zum geschlechtsreifen Prosopon. | 32) Die Metamorphose wird dadurch eingeleitet, dass in den Beinen und unter der Cuticula des Körpers vacuolenhaltige Zellen in großer Menge auftreten. 33) Bei der Teleiochrysallis zeigte es sich, dass auch im Innern hy- ) eier rn nu Beiträge zur Anat., Entwicklungsgesch. u. Biologie von Trombidium fuliginosum Herm. 657 dropisch gewordene Zellen vorhanden sind, so die Lebermagenzellen (oder bei letzteren ein Fasergeflecht?). | 34) Die Beine und Mundtheile werden neu angelegt und bilden An- fangs kleine wulstförmige Erhebungen. 35) Die Nymphe bekommt als ganz neu hinzu das vierte Beinpaar, wie man aus der Farblosigkeit seiner Anlage gegenüber der bestimmt gefärbten der übrigen drei Beinpaare, so wie aus der Lage der letzteren zu den Beinen der Larvenhülle schließen kann. 36). Außerhalb der vacuolenhaltigen Zellen und wahrscheinlich von ! ihnen abgeschieden bildet sich ein Apoderma; wir haben damit das Nympho- resp. Teleiophanstadium vor uns. 37) Die Nymphe unterscheidet sich vom Prosopon hauptsächlich durch ihre viel geringere Größe. 38) Im Inneren des Lebermagens derselben werden fettglänzende gelbrothe Kügelchen hin und her getrieben, wahrscheinlich den von Dourn bei Pantopoden beschriebenen Darmkörpern homologe Gebilde. 39) Die Geschlechtsorgane der Nymphe sind unpaar, noch wenig entwickelt. Die übrigen Organe sind so gestaltet wie am Prosopon. Biologisches. 40) Die sechsfüßige Larve vom Trombidium fuliginosum schmarotzt auf Blattläusen. Die von M£enın als solche beschriebene auf Phalangium schmarotzende Larve gehört nicht hierher. kN) Die Larven vermögen lange Zeit in Wasser zu leben und auch die Eier entwickeln sich, in Wasser liegend, in normaler Weise. 42) Nymphe und Prosopon sind keine Pflanzenfresser, sondern ex- } quisite Raubthiere. Sie nähren sich zumeist von Blattläusen, letztere fressen aber auch andere weichhäutige Thiere, so wie Muskelfleisch von Vertebraten. | 43) Bei dem Ergreifen einer Beute wirken Cheliceren und die mit ‚ einer Klaue bewehrten Maxillartaster gegen einander. 4%) Um die Metamorphosen durchzumachen, verkriechen sich die ‚ Thiere in feuchte Erde; dort werden auch die Eier abgelegt. Göttingen, im Juni 1882. Nachträgliche Bemerkung. | j | _ Der Druck der vorliegenden Abhandlung war fast beendigt, als ich | durch Nr. 126 des Zoologischen Anzeigers vom 27. November 1882 | Zekehrift £ wissensch. Zoologie. Bd.XXXVII, hh ! 658 Hermann Henking, Kunde erhielt vom Erscheinen eines Aufsatzes von Pu. Bertkau: Bruch- stücke aus der Lebens-, namentlich Fortpflanzungsgeschichte unserer Zecke, Ixodes ricinus in : Verhandlungen des naturhistorischen Vereines der preußischen Rheinlande und Westfalens. Jahrg. 38, Bonn 1881. Sitzungsberichte p. 145—148. Zur Ergänzung der Litteratur-Übersicht führe ich den Aufsatz hier an, ohne auf den Inhalt näher eingehen zu können. Göttingen, d. 4. December 1882. Erklärung der Abbildungen. Für alle Figuren gültige Bezeichnungen. ap, Apoderma; mx, Maxillartaster ; au, Augen; n, Nerv; bi bis b4, Beinpaar A bis 4. oe, Ösophagus; bl, Blutkörperchen; ib, Tastborsten ; Ch, Cheliceren; ir, Tracheenfäden; ed, Enddarm; z, vacuolenhaltige Zellen unter dem Apo- Im, Lebermagen ; derma. Tafel XXXIV, Fig. 4. Ansicht der hypodermalen Netzschicht. Vergr, circa 700. n, netzförmige Chitinschicht; m, Netzschicht der Hypodermazellen; %, Kerne derselben. Fig. 2. Haftbürsten und ihr Aussehen beim Gebrauch. Vergr. circa 60. Fig. 3. Längsschnitt durch ein Bein des dritten Beinpaares. Vergr. circa 200. d, Fußdrüse, k, Kerne der Zellen derselben; h, fein verästelte Borsten der Haftbürste; Al, Klaue; db, Klauenbeuger; bl, einzelner im vorletzten Gliede des Beines entspringender Muskelfaden des Klauenbeugers; s, Sehne des Klauenbeugers, i, Insertionspunkt derselben an der Klauen- achse; si, Strecker der Klauen, S, Sehne desselben, J, Insertionspunkt der Sehne an der Klauenachse; ir, Tracheenfaden ; m, Matrix der Chi- tinhülle (ch). Fig. 4. Letztes Glied eines Beines des zweiten Beinpaares nach Fortnahme der Klauen und Haftbürsten von oben gesehen. Vergr. circa 490. d, Fußdrüse, a, Ausführungsöffnung derselben; b, ch, s wie in Fig. 3. Fig. 5. Darstellung eines schräg von oben nach unten und vorn durch den Kopftheil geführten Querschnittes, welcher kurz hinter dem Stigmenschutzapparate (Fig. 7 st) beginnt und durch die Chitinbrücke (Fig. 7 br) hindurchgeht. Vergröße- rung circa 120. J zl, zweite Luftkammer; z, ein an ihr befestigter Chitinzapfen ; mm, Muskelfäden: dr, Chitinbrücke; sp, Ausführungsgang der Speichel- drüsen innerhalb der Chitinbrücke; c, Kanal; mx, äußere Chitinwan- Beiträge zur Anat., Entwieklungsgesch. u. Biologie von Trombidium fuliginosum Herm. 659 dung der Maxillarrinne; ww, untere Wandung der Schlundrinne; ow, obere Wandung derselben; gm, Schluckmuskeln; sm, Saug- muskeln; gf, Giftdrüse. Fig. 6. Fast genau senkrechter Querschnitt durch den Kopftheil, beginnend ungefähr an der Übergangsstelle des Stigmenschutzapparates (Fig. 7 st) in die erste Luftkammer (Fig. 7 Ik). Vergr. circa 135. a, laterale, i, mediane Wandung der Cheliceren (Ch); Ik, erste Luftkam- mer; si, Stigmenschutzapparat;; 1, Längsspalt in demselben; cp, Chi- tinplatte; z/, zweite Luftkammer; mt, Maxillartaster. Fig. 7. Seitlich neben die Medianlinie des Thieres gefallener Längsschnitt. Ver- größerung circa 410. mm, uw, 0w, qm, sm wie in Fig. 5; Ik, st, zl wie in Fig. 6; ge, weichhäu- | tiger Röhrenabschnitt; en, Endabschnitt des Trachenstammes; kl, Cheli- cerenklaue;; br, Chitinbrücke, mb, Membran, f, federförmige Biegung derselben, /!, Umbiegung des unteren Membrantheiles; r, reusenförmi- ger Apparat der Mundöffnung; s, abstehende Chitinmembran; ho, spaltenförmiger Hohlraum; 5, glatte Borsten; sp’, besonderer Gang einer Speicheldrüse; sp, gemeinsamer Ausführungsgang der Speichel- drüsen; v,oberlippenartiger Vorsprung; g, Gehirn; ga, Ganglienzellen desselben ; hü, Hülle des Gehirns. Fig. 8. Schematisirter Längsschnitt durch ein weibliches Prosopon. Der Schnitt liegt dicht neben der Medianebene. Vergr. circa 33. s, Chitinmembran; so, Saugorgan; og, Oberschlundganglion ; ug, Unter- schlundganglion ; sp, Speicheldrüsen; p, Papille; ed, Enddarm; a, After; ui, Uterus; sl, Schamlippe; om, Schnitt durch das Ovarium; x, muthmaßliche Einmündungsstelle des Enddarmes in den Leber- magen; trs, Tracheenstamm. Fig. 9. Querschnitt durch ein herbstliches Prosopon. Vergr. circa 75. ip, Tunica propria des Lebermagens (lm); vz, Lebermagenzellen;; k, Kerne derselben; g, g', 9’, Körnchenansammlung in der Spitze der Leber- magenzellen und allmähliche Abschnürung der Spitze ; s, abgeschnürte Zellenenden; na, Nahrungsmittel; db, bindegewebiges Fasergeflecht ; | ed, Enddarm ; pf, Pflasterepithel desselben; ke, Kerne der Epithelzellen; \ r, freies Stück des Enddarmes; a, After; pl, chitinöse Schutzplatten | des Afters; m, an den After herantretende Muskeln; f, Fettkörper. Fig. 40. Fettkörperzellen eines sommerlichen weiblichen Prosopon. Vergr. , Zu SUTS nn: % N, SS, z alte Te 8. er u e D > 2 n 37 Ms 5 NN... Er gie CH »> of m m N I & vootl I A PAMONAOUN Mr > CR R 3 not PRNESILIEN Po NOTE UN FIRMA [0) ERSTER LEHRER TRETEN a . Fig.62. | > Tier aıl E - e Verlag TTRik Engelmann Leis. Lith.Anst r Memer 2 Winter Frankfurt SM. ri a0 - aan SCH Tertay vMhEngelmann Feen. en Zeitschrift f wiss.Zoologie. Ba. XENÜIT. : Y — - 2 del. rg 2gel) et iss. Zoologie. Ba.XXNTT, Fig.88. Ferlag FE WR. Engelmenn Leipzig. ERS SeOss S S% = IS E S & 5 & Zeitschrift f- wiss.Zoologie. Ba. KIM. N N N BD) | RICHT ; ae Va | eo 08.9 heil 7 4 | N) C) @ Ö | RR RN) $ Ss RS U, AL Telag EWINERgelmann, Leip2g. | Lich AnsEw. Wirnen de Winzen Brauckfure Ten Walk. Engelmann, Leipzig. 1. Zoologte Dal KIN liez Wiiilkelm Schultkess, : T Verlag v Wilh Engelmann, 2: ” Isehrft [. wiss. Zoologie. Ba XXXVH Verlag eIMÜR Engelmann Teipzig > Tin strNörmer Mint Fran ft | \ iM M 9a / MU LLRLELLEEN \ | I zutschrft [miss Zoologie. Ba MA. ! Tu Anser Werner Wintepranilar S) a S S : Se Fa Ss | ’ 3 a a | N N S S $ S N ee DRM | } 8: + £ 4 u id S N [SS I Q S S N IN 3 3 S & = \ R “ u > = — S ß ” Zeitschrifi £wi Kiss Zoolagie DAL. PHgGN. ZunänstrHömer Winter rankfare: giel del Verl eNilh Engelmann, Leipzig. AU kehrift wiss. Zoologie. Ba KKAWN. Alogiel del y N en Se ET I, ie > EN En e 5 x } A | \ R 1 107 ı \ } h N fe 4 v } - ' . Be N % 13 > $ 4 ) - ) ologt EN I IS. N. S Ss ee re Zeitschrüft f wi. Zo { 5 L a0 Kl / FE LithrWerner & Winter, Hnkfare 07. if BE. Zoologie Ba XNNH Te . EI Maschnlojf del Terag Nik Ergelmann. Tai = BEER. ) = h { eh ee 2 2 - & 2 $ $ / : 5 ne = ; - Br : S > = 3 2 r ö r z £ 2 ; r 2 En = = r a | Fe = SE { ö = = 2 > i i 5 ; - } = z = 2 : 2 RE i ö ) = Re = = S \ 23 =. Ce z = \ EEE E ERS SS : IE : 5 S en 2 er I > f 5 > EN Sr ee z : $ z x 3 SE \ 2 : - RER > SS 2 = = ft F wiss. Zoolog BAALIAZ. ‚All Würzburg. Litnv.J.A.Hofmann, Wü Verlad von Wilhelm Enselmann in Leipzis. EheiLde Ber” Tr Tatschrift f wiss. Zoologie Ba. IXAVI ; Taf EXIT ® Fig.23. f Wr. } Fig.25_ Fig.26.- Fig.il. | Füg.34. OEL ee se Sr OS t ze on S N Q @) CT, @) > ie @) Q j0) „Verlag von Wilhelm Engelmann. Leipzig. x LithJ’A Hofmann, Würzburs. Zeitschrift £ wiss. Kool. Bd. IXAVIT. S ? [7 ES TNSUEA2 YYVYUOyPRRRYDT ‚Verlag v.Wilh. Engelmann, Leipzig | _—— re —— TUE Taf. KNUT. Zeitschrift Eiweiss. Zool. Ba. XXX. De F | Sn Fig.26. Verlag v. Wilh. Engelmann, Leipzig. | i Teitschrift Kwiss. Zoologie Ba _LUITH. TafXıT. Verlag ou Wilh Engelmann in Leipzip, R I N | Ze), D,: LitnAnstvEAFunke,beipzig.. A ‘ [\ . 5 “ . \ 5 ) g z \ z > x z et { € T n ; i ı z ’ £ J p \ T. N} = 3 ( n x 7 8 24 } 1 - & o = ; / E [ F} = + x r 5 \ i \ ER H ASE= ; x ji MEFEN x - & FL. \ ) 3. = { 1 . { z{ U = S ! - \ r Ö : \ / en = 3 S \ a = Ä = = Y \ = ; i ? j e ; \ Fr } - | i an % f i \ \ x % = C (= = 0 J 7 = wi - S 1 Y = 2 S nn 5 \ = ; RE ne 2 4 L 3 ) £ = S & £ ü 5 - N er 2 iz x 2 5 S = = N = R : S IR: 2 E a x a \ % e a7, - & f = : R 3 5 423 Be 2 5 * % : ? 2 H \ 2 = Nee z R Fr * © Zeitschrift miss. Zool. Ba. XXXVE. ß | Taf XXW. | a ! | Big. Fig 2. Fig.3. Fig. 6. del. 0. Hamann, Verlag v.Wilh. Engelmann, Leipzig. Lith. Anst.v. J Bach Leipziß. kurt ith Anstv.Werner £ Winter Fran b 7. KAX 4 logıe. Ba. 183. Z00 En i rl l LS Verlag v.Wilh. Engelmann Lei Zei TER TU GE EEE TEE Zoologie Bd NEE u De > re — u} v Da DSH A > H S r h a Rn S i { RUGRRLSET ARE y R 3 & = ! 3 al 5 x R U u ji er =) BAR |. r \ e N r N a dr Ü & B ; L B ; ; : 5 = } - { j 8 { ? f ) = > N \ g: A | 4 : 3 1 N - \ ) Lv 2 i > { \ N | X ; “ ” | io Ä i - 4 (an, r Y \ ö 4 ; 3 j \ - s } 7 z Er S \ 2 A: j h \ g & ‘ 3 ) a 2 EN, 37 4 ? N £ RO | 4 R N B e EST JE a 9] i = £ 7 J } ü 5 Zr 5 \ y TE { r L 2 h a ; ’ SE \ & 5 N B 5 15 i se R R r | E : ; en h : in A 3 S ” “ Ed \ = 5 1 : a DB»: “ ü " ca, \ Z 2 T Pe b \ } Es 0 En i n ) ' ö el » ( 2 7 g Verlag Will. Engelmann Seypzig | TEIRAnsey Kerns Winter Frankfurt Vi PX Bu Zeitschrift [ weiss. Zoologie Bl XNNUH. g-' ZithAnstvWerner£ Winter Franikfüirt © 000 20002 208, iS on EL / ANRSSAU AR SELTEN = S RÄRRIRER zitil| 1 SOSE. 900000, 220% os 2, ls S S S ıS B | S E S ie R E och - Y) B 55 ZI Be Bi; 7 | 7 E-, = 2 = Sk oylehun ne ae R — 1} RER SERIE ER (e o 8 a0, e ® 92080 RER | Ei o | RS je! & BE M = ‚or a ae ri HN B) S te, 3 S Zee 3% = gen: ga & OSENE TER EZ : age So Va = \ SS & h \ 2 > S © ES ARD SS NO ES SEN et IR N I 3: 88: 8 2 Q SBe080, DIE 7 ET SEE EIG M Zu, EIITOR [) note 2 wderfelt 4: I n Ruf / 3 Kon er an a nn EN u we * er" j 5 rad; an pn Aalimimsshl d2. m - i »» “ i j J \ f) | | . 5 : | > S 5 Ei j | F = | < fi N u 5 £ | | | | % RES | { | RS) r k 1 1 | R= N \ f | ’ | er [i “ ' UNSER | )% N i ’ f PR 2 | | ü \ 7 : | fi l \ | 2 h | } ı \ re { 5 | | Er * J {! nn TE x 1 \ E nen = — | —— . a Jr NEE 2 _ z — -— —_— — — —_— on — — nn _ _ € | r wen —_— — _— — mm 0 R N) 2 — = “ ot r @ ° Ä us = = . 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Siebenunddreissigster Band. Erstes Heft. Mit 10 Tafeln und 12 Holzschnitten. LEIPZIG, Verlag von Wilhelm Engelmann. 1882, Ausgegeben den 1. August 1852. Inhalt. Seite Entwicklungsgeschichte der Asterina gibbosa Forbes. Von H. Ludwig. (Mit Taf. I=VIH u. 12°Holzschn 2 22.2 a m re 1 Marginella glabella L. und die Pseudomarginellen. Von J. Carriere. {Mit Tat. IX.) ae. 99 Der Seitenkanal von Cottus gobio. Von E. Bodenstein. (Mit Taf. X.) 121 Über die Färbung der Nestjungen von Eclectus (Wagl.) Von A. B. Meyer 146 Mittheilung. Beiträge für die Zeitschrift bitten wir an Herrn Prof. Ehlers in Göttingen einzusenden. Im Interesse einer raschen und sicheren Veröffentlichung liegt es, dass die Manuskripte völlig druckfertig eingeliefert werden, da mit nachträglichen Einschüben und aus- gedehnten Abänderungen während der Korrektur Zeitverlust und sonstige Unzuträglichkeiten verbunden sind. Bei der Disponirung der Zeichnungen ist darauf zu achten, dass der Raum des in der Zeitschrift üblichen Tafelformates nicht überschritten wird. Für Holzschnitt bestimmte Zeichnungen sind auf besonderen Blättern beizulegen. Die Verlagshandlung Die Herausgeber W. Engelmann. v. Siebold. v. Kölliker. Ehlers. Die Herren Mitarbeiter der »Zeitschrift für wissenschaftliche — Zoologie« erhalten von ihren Abhandlungen und Aufsätzen 40 Separat- abzüge gratis; eine größere Zahl auf Wunsch und gegen Erstattung der Herstellungskosten. Charles Darwin’s Correspondenz. Mir liegt sehr viel daran, von meinem Vater, dem verstorbenen Charles Darwin, an seine deutschen Correspondenten gerichtete Briefe zu erhalten und ich werde Jedem, welcher mir die Einsicht in Briefe meines Vaters, die sich in seinem Besitz finden, gestatten will, außerordentlich verbunden sein. Ich verpflichte mich dazu, die Briefe nach Anfertigung einer Ab- schrift zurückzusenden und verspreche auch, dass nicht ein einziger Satz aus denselben gedruckt werden soll, ohne die vollständige Zu- stimmung derer, welche mir die Briefe anzuvertrauen die Güte hatten. Diejenigen, welche geneigt sind, mich zu unterstützen, werden ‚ganz besonders gebeten, alle Briefe direct an mich zu schicken. Niemand in Deutschland ist in irgend welcher Weise von mir auto- risirt, meines Vaters Briefe zu sammeln. Francis Darwin, Down, Beckenham. London S. E. England. . i : Re ee, In meinem Verlage ist soeben erschienen: Naturwissenschaftliche Reise nach Mossambique auf Befehl 4 Seiner Majestät des Königs Friedrich Wilhelm IV, 4 in den Jahren 1842 bis 1848 ausgeführt Wilhelm €. H. Peters. | ‚ Zoologie. III. Amphibien. Mit drei und dreissig Tafeln. Preis: S0 %. Berlin, den 25. Mai 1882. G. Reimer. er Im Verlage von Leuschner & Lubensky in Graz, k. k. Universitäts- Buchhandlung, erschien soeben: Systematische Übersicht des Thierreiches zum Gebrauche bei akademischen Vorlesungen von Dr. med. Aug. von Mojsisovies, ur: a. ö. Professor der Zoologie an der k. k. technischen Hochschule in Graz. Taschen-Format. Eleg, gebunden Preis 3 Fl. 6. W. oder 5 .@, I Dieses Buch will nicht nur dem akademischen Unterricht dienlich sein, indem es dem Studirenden das Nachschreiben des »Systems« erspart und ihm [7 rasche Auskunft ertheilt über die Stellung aller typischen Gattungen, sondern | es wird sich auch als Taschenbegleiter bei zoologischen Excursionen brauch- | bar und nützlich erweisen. £ Zu beziehen durch alle Buchhandlungen. as SE Teen et Soeben erschien in meinem Verlage: Über die I in Meteoriten entdeckten Thierreste. Von Dr. D. F. Weinland. Mit 2 Holzschnitten. Preis 2 X. Esslingen. Georg Fröhner, zes en are Fee ze 7 a rn — Im Verlage von Arthur Felix in Leipzig ist soeben erschienen: Odontologische Forschungen. Von Dr. Robert Baume, Verfasser des Lehrbuchs der Zahnheilkunde und Redacteur der Vierteljahrsschrift für Zahnheilkunde in Berlin. Erster Theil. Versuch einer Entwickelungsgeschichte des Gebisses. Mit 97 in den Text gedruckten Holzschnitten. In gr. 8. VIII.. 307 Seiten. broschirt. Preis: 13 %. Der zweite Theil, enthaltend die Defeete der harten Zahnsubstanzen, erscheint in Kurzem. Be ve = I TEEN Redigirt unter Verantwortlichkeit von Prof. E: Ehlers in Göttingen. _ Druck von Breitkopf und Härtel in Leipzig. Zeitschrift WISSENSCHAFTLICHE ZOOLOGIE herausgegeben von Carl Theodor v. Siebold, Professor an der Universität zu München, und Albert v. Kölliker, Professor an der Universität zu Würzburg, unter der Redaktion von Ernst Ehlers, Professor an der Universität zu Göttingen. Siebenunddreissigster Band. Zweites Heft. Mit 10 Tafeln. LEIPZIG, Verlag von Wilhelm Engelmann. 1582. Ausgegeben den 27. September 1882. Inhalt. Seite Beiträge zur Anatomie von Ankylostoma duodenale (Dubini) = Dochmius duo- denalis (Leuckart). Von W. Schulthess. (Mit Taf. XI.u. XIL) . . 163 Die Ontogenie von Reniera filigrana O. Schm. Von W. Marshall. (Mit Tat, XIH u. XIV) 20.0 lan ee ee 221 Beitrag zur Kenntnis der Struktur und der Funktion‘ des Herzens der Knochenfische. Von Kasem-Becku. J. Dogiel. (Mit Taf. XV u.XVI.) 247 Beiträge zur Kenntnisder Cestoden. VonZ.v. Roboz. (Mit Taf. XVIIu. XVIIL) 263 Vergleichend-embryologische Studien. 3) Über die Gastrula einiger Metazoen. Von BE. Metschnikotf. (Mit Tat XIX usXX, a a 2 Mittheilung. Beiträge für die Zeitschrift bitten wir an Herrn Prof. Ehlers in Göttingen einzusenden. Im Interesse einer raschen und sicheren Veröffentlichung liegt es, dass die Manuskripte völlig druckfertig eingeliefert werden, da mit nachträglichen Einschüben und aus- gedehnten Abänderungen während der Korrektur Zeitverlust und sonstige Unzuträglichkeiten verbunden sind. Bei der Disponirung der Zeichnungen ist darauf zu achten, dass der Raum des in der Zeitschrift üblichen Tafelformates nicht überschritten wird. Für” Holzschnitt bestimmte Zeichnungen sind auf besonderen Blättern beizulegen. Die Verlagshandlung Die Herausgeber W. Engelmann. v. Siebold. v. Kölliker. Ehlers. Die Herren Mitarbeiter der » Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie« erhalten von ihren Abhandlungen und Aufsätzen 40 Separat- abzüge gratis; eine größere Zahl auf Wunsch und gegen Erstattung der Herstellungskosten. Charles Darwin’s Correspondenz. Mir liegt sehr viel daran, von meinem Vater, dem verstorbenen Charles Darwin, an seine deutschen Correspondenten gerichtete Briefe zu erhalten und ich werde Jedem, welcher mir die Einsicht in Briefe meines Vaters, die sich in seinem Besitz finden, gestatten will, außerordentlich verbunden sein. Ich verpflichte mich dazu, die Briefe nach Anfertigung einer Ab- schrift zurückzusenden und verspreche auch, dass nicht ein einziger Satz aus denselben gedruckt werden soll, ohne die vollständige Zu- stimmung derer, welche mir die Briefe anzuvertrauen die Güte hatten. Diejenigen, welche geneigt sind, mich zu unterstützen, werden ganz besonders gebeten, alle Briefe direct an mich zu schicken. Niemand in Deutschland ist in irgend welcher Weise von mir auto- risirt, meines Vaters Briefe zu sammeln. Francis Darwın, Down, Beckenham. London S. E. England. 4 et, 5 A h Er HR x a en En VE are EEE eneen Verlag von Wilhelm Engelmann in Leipzig. Carl von Linne _ | als Arzt und seine Bedeutung für die medieinische Wissenschaft. Ein Beitrag zur Geschichte der Medicin von Dr. Otto E. A. Hjelt, Professor der Medicin a. d. Universität zu Helsingfors. gr. 8. 1882. 2 4. Biologische Probleme, zugleich als Versuch einer rationellen Ethik. Von W. H. Rolph. 27.8, 1882.27 3.0. Der Kampf der Theile im Organismus. Ein Beitrag mechanischen Zweckmässigkeitslehre. Von Dr. Wilhelm Rouxs, Privatdocent und Assistent am anatomischen Institut zu Breslau . gr. 8. 1881. 4.0. zur Vervollständigung der Demnach erscheinen: PRODROMUS “) der europäischen Orthoptern von C. Brunner von Wattenwyl, .. k. k. Ministerialrath in Wien. a: 11 Tafeln, einer Karte und 1 Holzschnitt . 7ER.28.20C9 7 100.7. Monographie der Turbellarien. I. RBhabdocoelida. 1 Bearbeitet und herausgegeben mit Unterstützung der Kel. Akademie der Wissenschaften zu Berlin I von a ” 2 - Dr. Ludwig von Graff, En: Professor der Zoologie an der Forstlehranstalt Aschaffenburg. I Mit 12 Holzschnitten und einem, Atlas von 20 z. Th. colorirten Tafeln. Fol. ca. 80 .#. | P. üb» a | Iy i ka - Se Eur: ol N Redigirt unter Verantwortlichkeit von Prof. E. Ehlers in Göttingen N a | Druck von Breitkopf und Härtel in Leipzig. A Zeitschrift WISSENSCHAFTLICHE ZOOLOGIE e. herausgegeben von Carl Theodor v. Siebold, Professor an der Universität zu München, und Albert v. Kölliker, Professor an der Universität zu Würzburg, unter der Redaktion von Ernst Ehlers, Professor an der Universität zu Göttingen. Siebenunddreissigster Band. ‚ Drittes Heft. 2 Mit 6 Tafeln. LEIPZIG, Verlag von Wilhelm Engelmann. 1882. | Ausgegeben den 1. November 1882. Inhalt. ” Seite Über Bau und Entwicklung des Dinophilus apatris. Von E. Korschelt. (Mit Lak XXI WORTE) ee ee ee 315 Studien über die Lampyriden. Von H. Ritter v. Wielowiejski. (Mit Taf, AUT UENXXIV. nal are rn a N 354 Über Knochenverdickungen am Skelette von Knochenfischen. VonM. Köstler. (Mit. Tat. XV.) 2 ee a ee 429 Zur Entstehung und Entwicklung der grünen Zellen bei Hydra. Von 0. Ham ann... {Mit Taf: AXVL)N. 2. er ee 457 Mittheilung. Beiträge für die Zeitschrift bitten wir an Herrn Prof. Ehlers in Göttingen einzusenden. Im Interesse einer raschen und sicheren Veröffentlichung liegt es, dass die Manuskripte völlig druckfertig eingeliefert werden, da mit nachträglichen Einschüben und aus- gedehnten Abänderungen während der Korrektur Zeitverlust und sonstige Unzuträglichkeiten verbunden sind. Bei der Disponirung der Zeichnungen ist darauf zu achten, dass der Raum des in der Zeitschrift üblichen Tafelformates nicht überschritten wird. Für Holzschnitt bestimmte Zeichnungen sind auf besonderen Blättern beizulegen. | Die Verlagshandlung Die Herausgeber W. Engelmann. v. Siebold. v. Kölliker. Ehlers. Die Herren Mitarbeiter der » Zeitschrift für wissenschaftliche Zıoologie« erhalten von ihren Abhandlungen und Aufsätzen 40 Separat- abzüge gratis; eine größere Zahl auf Wunsch und gegen Erstattung der Herstellungskosten. Museen, Fachleute und Liebhaber machen wir darauf aufmerksam, dass unsere Preis - Verzeichnisse texanischer Käfer, europäischer Lepidoptera, Hymenoptera, Neur- optera, Orthoptera und Hemiptera, sowie von naturwissenschaftlichen Lehrmitteln durch uns franco und gratis zu beziehen sind. Dieselben enthalten viele Seltenheiten der heimatlichen und exotischen Faunen. Die Insecten sind größtentheils von anerkannten Autoritäten und Mono- sraphisten bestimmt und können als Typen gelten. Schulen und Lehr- anstalten genießen besonderer Begünstigungen. Billige Bezugsquelle für Utensilien jeglicher Art. Bernsteininsecten. Nordd. Museum für Naturgeschichte auf Rügen. Dr. 6. Haller & Cie. in Puttbus. Anfang nächsten Jahres erscheint der Katalog der Bibliothek des Herrn ? Professor Dr. C. 6. Giebel, Halle. In 2 Abtheilungen: 1) Zoologie. 2) Mineralogie, Geologie, Paläontologie. — Bestellungen zu richten an List & Francke, Buchhändler, Leipzig. Verlag von Gustav Fischer in Jena. Vor Kurzem erschien: Otto Hamann Der Organismus der Hydroidpolypen. Mit 6 Tafeln und 4 Holzschnitten. (Sep.-Abdr. a. d. Jen. Zeitschrift f. Naturwissenschaft.) Preis 6 X. CC. Hasse, 0.6. Professor d. menschl. u. vergl. Anatomie a. d. Univ. Breslau. Das | natürliche System der Elasmobranchier 1 auf Grundlage des Banes und der Entwicklung ihrer Wirbelsäule, Eine morphologische und palaeontologische Studie. Unter Mitwirkung der Herren Assistenten Prosector Dr. @. Born, Dr. A. Strasser und Dr. Ph. Stoehr. Besonderer Theil. Dritte (Schluss- Lieferung. Mit 17 Tafeln. Preis 40 %. Ed. Oscar Schmidt, Professor der Zoologie und vergl. Anatomie a.d. Univ. zu Strassburg. | Handbuch der vergleichenden Anatomie. | Leitfaden bei zoologischen und Zootomischen Vorlesungen. ale umgearbeitete und mit Holzschnitten versehene Auflage. | Preis 7.4 50 2. Robert Wiedersheim, Professor in Freiburg i. Br. Lehrbuch der vergleichenden Anatomie der Wirbelthiere auf Sauntlege der Entwicklungsgeschichte bearbeitet von Dr. Robert Wiedersheim, Professor in Freiburg i. Br. Erster Theil. Preis 12 4. | Verlag von August Hirschwald in Berlin. ‚oeben erschienen: Beiträge vergleichenden Anatomie des Auges von Dr. Hans Virchow. gr.8. Mit 1 Tafel und 21 Holzschnitten. 3 #%. Verlag von B. F. Voigt in Weimar. I Id Die | 3 chmarotzer -|auf und in dem Körper unserer Haussäugethiere, sowie durch erstere veranlassten Krankheiten. deren Behandlung und Verhütung. Von Dr. F. A. Zürn, Professor der Veterinärwissenschaften an der Universität Leipzig. In zwei Teilen. I. Teil: Die Tierischen Parasiten. | Zweite stark verm. Auflage. Mit 4 Folio-Tafeln in Tondruck. 1882. Geh. 9 4. II. Teil: Pflanzliche Parasiten. Mit 4 Tafeln Abbildungen. gr. 8. Geh. 9 M. Vorrätig in allen Buchhandlungen. Jetzt vollständig erschienen! Verlag von B. F. Voigt in Weimar. Die Praxis der Naturgeschichte, Ein vollständiges Lehrbuch über das Sammeln lebender und toter Naturkörper ; deren Beobachtung, Erhaltung und Pflege im freien und gefangenen Zustand; Konservation, Präparation und Auf- stellung in Sammlungen "ete. Nach den neuesten Erfahrungen bearbeitet von | Phil. Leop. Martin. h | In drei Teilen. & Erster Teil: Taxidermie oder die Lehre vom Beobachten, Konservieren, Präparieren etc. Zweite vermehrte Auflage. Mit Atlas von 10 Tafeln. gr.8. Geh. 6 M. Zweiter Teil: | Dermoplastik und Museologie oder das Modellieren der Tiere und das Aufstellen und Erhalten von Naturaliensammlungen. Zweite verm. und verb. Auflage. Nebst einem Atlas von 10 Tafeln. gr. 8. Geh. 7.2502. | Dritter Teil: | ® Naturstudien. | Die botanischen, zoologischen und Akklimationsgärten, Menagerien, Aquarien und Terrarien in ihrer gegenwärtigen Entwickelung. — Allgemeiner Naturschutz ; Einbürgerung fremder Tiere und ng ] Gesundheitspflege gefangener Säugetiere "und Vögel. . # ı2 Bände, mit Atlas von 12 Tafeln. gr. 8. Geh. 123.4 50 %. Preis des kompleten "4 Werkes 26 4. ri Vorrätig in allen Buchhandlungen. - 1. Redigirt unter Verantwortlichkeit von Prof. E. Ehlers in Göttingen. id Druck von Breitkopf und Härtel in Leipzig. Zeitschrift WISSENSCHAFTLICHE ZOOLOGIE herausgegeben Carl Be V. BISnU. Profes n der Un sıtät zu München und Albert v. Kölliker, Professor an der Universität zu Würzburg, unter der Redaktion von Ernst Ehlers, Professor an der Universität zu Göttingen. Siebenunddreissigster Band. Viertes Heft. Mit 11 Tafeln und 1 Holzschnitt. LEIPZIG, Ausgegeben den 22. December 1882. 1] Verlag von Wilhelm Engelmann. | I nd | Inhalt. Seite Über Coelenteraten der Südsee. Von R. v. Lendenfeld. I. Mittheilung. Cyanea Annaskala nov. sp. (Mit Taf. XXVII—XXXIII u. 1 Holzschn.) 465 Beiträge zur Anatomie, Entwicklungsgeschichte und Biologie von Trombidium fuliginosum Herm. Von H. Henking. (Mit Taf. XXXIV—XXXVI.) 553 Über einige Lebenserscheinungen der Süßwasserpolypen und über eine neue Form von Hydra viridis. Von W. Marshall. (Mit Taf. XXXVII) . 664 Nachträgliche Bemerkung über Dinophilus. Von E. Korschelt..... 702 Mittheilunse. Beiträge für die Zeitschrift bitten wir an Herrn Prof. Ehlers in Göttingen einzusenden. Im Interesse einer raschen und sicheren Veröffentlichung liegt es, dass die Manuskripte völlig druckfertig eingeliefert werden, da mit nachträglichen Einschüben und aus- gedehnten Abänderungen während der Korrektur Zeitverlust und sonstige Unzuträglichkeiten verbunden sind. Bei der Disponirung der Zeichnungen ist darauf zu achten, dass der Raum des in der Zeitschrift üblichen Tafelformates nicht überschritten wird. Für Holzschnitt bestimmte Zeichnungen sind auf besonderen Blättern beizulegen. Die Verlagshandlung Die Herausgeber W. Engelmann. v. Siebold. v. Kölliker. Ehlers. Die Herren Mitarbeiter der »Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie« erhalten von ihren Abhandlungen und Aufsätzen 40 Separat- abzüuge gratis; eine größere Zahl auf Wunsch und gegen Erstattung der Herstellungskosten. Im Verlage der Hahn’schen Buchhandlung in Hannover ist soeben er- schienen und durch alle Buchhandlungen zu beziehen: Leunis Synopsis der Zoologie. Dritte Auflage neu bearbeitet und mit vielen hundert Holzschnitten ver meh von Dr. Hubert Ludwig, Professor an der Universität zu Gießen, in zwei Bänden. Erster Band, 1. Abth. (Bog. 1—33 mit 393 Holzschn.). 1882. % 8. —. (Die zweite Abtheilunz dieses Bandes erscheint im Sommer 1883.) Ferner ist von Leunis Synopsis der drei Naturreiche erschienen: Synopsis der Botanik. Dritte Aufl., neu bearbeitet von Prof. Dr. Frank, in drei Bänden. Erster Band, 1. Abth. (Bog. 1—34 mit 615 Holzschn.). 1882. und erscheint der Schluss des ersten Bandes Anfang nächsten Jahres. Synopsis der Mineralogie und Geognosie. Zweite Aufl., neu Dear von Hofrath Dr. Senft, in drei Bänden. Erster Band: Mineralogie mit 580 Holzschnitten. 1875. .Y 12. —. Zweiter Band: Geologie und Gegzz nosie. 2. Abth. mit 455 Holzschn. 1875—1876. 4 16. 50. * Be m nenne Enselmann in Leipzig. Soeben erschien: Zoologischer Jahresbericht für 1881. Herausgegeben von der Zoologischen Station zu Neapel. In vier Abtheilungen. gr. 8. 1882. 1. Abtheilung. Allgemeines bis vormich, Mit De en von Prof. ). Vict. Carus in Leipzig. . 0 N, — 24 % Arthropoda. Mit Register. Redieirt von Dr. Paul Mayer in Neapel. . 00 0 108: B v Tunieata, Mollusea. Mit Reeister. "Redieirt von Prof. J. Vict. / Carus in Leipzig . 2 M 3 4, n Vertebrata befindet sich unter der Presse und erscheint Ars 1883. Prodromus der europäischen Orthopteren von C. Brunner von Wattenwy], k. k. Ministerialrath in Wien. Mit 11 Tafeln, 1 Karte und 1 Holzschnitt. gr. 8. X 16. —. Monographie der Turbellarien. I. Rhabdocoelida. Bearbeitet und herausgeoehen mit Unterstützung der kel. Akademie der Wissenschaften zu Berlin von Dr. Ludwig von Graff, Professor der Zoologie an der Forstlehranstalt Aschaffenburg. Mit 12 Holzschnitten und einem Atlas von 20 z. Th. colorirten Tafeln. 2 Bände. gr. Fol. 1882. cart. #4 100. — Die Mallophagen. Mit besonderer Berücksichtigung der von Dr. Meyer gesammelten Arten systematisch bearbeitet von Dr. O0. Taschenberg, Privatdocent in Halle. (Nova Acta der Kaiserl. Leop.-Carol.-Deutschen Akademie der Naturforscher. Band XLIV. Nr. 1) Mit 7 Tafeln. gr. 4 415. —. Im Verlag von Ferdinand Enke in Stuttgart erschien soeben: Die nutzbaren und die Bedingungen ihrer Existenz. Von Dr. Friedrich Heincke in Oldenbure. Mit 15 Holzschnitten. 8. geh. Preis 4 1X —. durch alle en zu belicken: Mit 9 Tafeln. Hoch 4. geh. 4 10. —. formen. Mit 26 Holzschn. gr. 8. geh. 44. — Verlag von F. C. W. Vogel in Leipzig. Soeben erschien: Zellsubstanz, Kern und Zelltheilung von Walther Flemming, Professor der Anatomie in Kiel. Mit 24 Textbildern und S Tafeln. gr.8. Preis .4 16. —. Verlag von F. A. Brockhaus in Leipzig. Soeben erschien: > Das Gehirn als Organ des Geistes. Von H. Charlton Bastian. 3 Theile Mit 184 Abbildungen in Holzschnitt. 8. Geh. 4 12. —. Geb. 4 14. —. (Internationale wissenschaftliche Bibliothek, 52. und 53. Redigirt unter Verantwortlichkeit von Prof. E. Ehlers in Göttingen. Druck von Breitkopf und Harte] in king ee Tiere der nordischen Meere | Professor Dr.. Leo .Gerlach, Die “Entstehungsweise der Doppelmissbildungen bei den höheren Wirbelthieren. Dr. H. Strasser, Zur Lehre von der Ortsbewegung dei Fische durch Bewegungen des Leibes und der unpaaren Flossen, mit Berücksichtigung verwandter Locomotions- I Be = orten Nee - z re erde r .. “ * Jones an > He Iuh BESTE ER eR Fer Ge nut“ AERHEREN, ei te rare re fr t S ran $ , ’ ae IE RR ‘ -. 2 & * > * En a 6 Sant N DEE ir En Hi Br BEA NEN NEN 3 Res